rn ee une Et a Eee r 2 en Deren we rkinunden rn en. ee ’r E a an en Ant ein am Br. . » . x N 4 \ ” r" : € - # } J x - 1 r b x " % v x den L e e “ \ 2 \ e " R is . \ x 9 + r x ” y \ & \ . € . -# 4 % 5 h Pr r a : En ri B £ " Räher, } fe r PR; I V a v > r! d 7’ c A \ den \ “ ji pP x 2; Ber h, SE. 205 « r L 5 1 £ % #; N En hi * “ uf u; . \ ‘ > “ bi $ is ı N Emma, les MN Be {in N an! RE en A u Leer ur EA Ei fr ja 00 Ei KR N, je \, Y' Mr eo EIN N wi N \ ri m N Bin nl, N Mr m ge NR a AR fl, ! "Mn „“ Y Ku Mn a hu Ri; ö ae Lu Bi Im vi OR. v- u ! "if nt ER men! tl, lt LU TELLERTTRRLLT PER MT DT u | Ra 0 mm. at, item, BR y "rl if! IM Hl Inh ‚ A h INA N I N in "a, AIR ABEL in N N f "u u, Bo KO UT a ri m BR a "ul Au LUMEN N; IN ei Hl ri h N „ln. if 1 era, & “ ih In. an en Y 8 Ihn ln. Won 1 IN MM a \ ulm Pan N W Mi " an " i } m N M A, I Ihe "n, BORN , h N Hin | me W N Yan rl 1 I, fl ıl N HLLM u! N ln, " | I \) Hu all, en! m N! en In ul lin an ul). none fl Ir N a Fly | Mi MN um | en au f I ann! u | A nt BL una \y af m! Hl In Hin Min, EN." M\ jr Kan ' ii " N , ’ f" un all ıN N RN N J "n, j! ö h N NN it LINKONEN fu Te " I, N \ | I ia IA I) ji iR Is ! Fri En ! ) AT N Hab I i \ ur Hin | h R. l ut hu "n a TON if I Mi i) 1, hal N N Mi) u A %, M un" um et Pi u NN i j ; a ’ an NR UL a a {\ " j jr Be f! N ty 1 Ir N | Nj ! AM u N A, Po M) h, PN BULUTERRN .: N j! i N un ! f Ü h I) \ Mi u BL BR ar RR N RO LO RR I ' h Ai N u a Bl In, ih, M TION er, u " ET ” lu N ni ih hl Ni ln. ih " j! \ u j' N Ih Ay ht FÜNRETLUMUN je N N W ) a! um \ l u, X . ol! Bla IM ji" M I, 1 "l „! Fa \ " ad wm “u a um N Tl L FR Mh Nm" he Alm) Sl M ut! N Nun LSA 1" H all "ytonsnangitn" il u { Pal Hi ı, a! i N A un RO a OS BORN DAR TR ‚N " it we ji f A al Ni Aa Ha h ua“ Pe u. ni ji Yu, Ni." af un" " l HH ji IM fl i f X N N ' f Kl x u N N el! Ni N N m j M rl Ken m nut, al N j a „it Da ER bi Km ‚l Mn" Me IM EITHER “N il alt Mh In" ee & Mi il Mi, Tat) a fl Km) ER Ku Me \ sa N Ken N A wm ar 5 \ ; wu | fi Da ll N Ih lt ul? I“ h N st! I Hit, Ki a Y nt N NR SENGG ul NE Kon | il, ) ul | ul Na un He um, u mM an 1 N "l bu Ben. RR m Mu \! N a N, mit ii HT OR MH tn a Ra mal! Ni 1 N I) BORLORN RL LIND. ' EU ee Hay Bl, In Aue) N, w fi R) RR a! N N ul h! ! | hu ! sale nennt, Mi | Er f ah „ul! u MM N anne! | “ Aa) | "il N PM "4 \\ 3 de u" h N N, m In" u ge ' Io N anti BANN uk) ji, NM m Malle , \ m" at "n Ku lo H fi RL NL ix > R \ man ERTL IM N, Me, h N, et un” | uannete N n m IM a PH ul “ DH IRB 11 Mi uf BUN | m IM | NM N IM nl ln N Iur I" il an, N" Ar, N AlN j Be a EN KON | an Il "u | Al il an“ N MON LOL J U \ at, h ' Mu | aM | a h IMEL In! ul Hm 1 il | N, ll lt ah, ATHLON HR j ! I Mi a & BONES au Au db Am LU ll il um Mi \ N Hl ‚ll N ıN N Tun TAN I N ! h N IT n N ih A TTRRMHLTON ul \ h I li, Au m \ nl, \, ul a a Ri an Al, I, tu., 1 Mn IT REED an In N a le Hl HN M In! "ul A! il) Mm N Ani" al Fa ag" "u, ] FR "a ! N j ze } f Al Ha If " "rl N ml "fe N I BEER LU h AL N fie ul I FINDER ul Mi, m in N, » ’ » Lu % Wen dio naturwissenschaftliche Forschung aufgiebt un meltum- fassonden Ideen und an !ocken- don Gebilden der Fhantasic, wird ihr reichlich orsetzt durch. den; Zauber der Wirklichkeit, dor ihre; Sehöpfungen schmückt. Schwendoner. BERN Redigirt von Dr. H. Potonie. SECHSTER BAND *7 (Januar bis Dezember 1891). —- D) 7 0 TI SEMPER VERITAS "5 BERLIN. m] ” 17 = 2 Wal Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung. } ie 1 f 311 U) Due vl Di D Inhalts-Verzeichniss. Die Original-Abhandlungen, -Mittheilungen und -Abbildungen sind durch die Beifügung der Abkürzung Seite Allgemeines und Verschiedenes. Baensch, Bau des Nordostseecanals Colley, Mischkin und Kasin, Ak- tinometrische Beobachtungen Domeny, Chromophotographie.. . Dreher, Das kör ns und flächen- hafte Sehen (Orig.) : Gaule, Was ist unser Nervensystem und was geht darin vor? . Graf, Sichtbarkeit des Eiffelthurms vom Montblanc aus Granzer, Die zoologischen Postfrei- marken . . Gravelius, Gesetz von der Erhaltung des Lebens (Orig.) . 142, Körber, Optische Täuschungen im Dienste der bildenden Kunst . Lueiani, Zur Physiologie des Hungerns du Prel, 2 tnamengloie des Spiri- tismus Preyer, Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens (Orig.) . 95, 352, Riss, Stabiler Kalender Schaefer, Ueber Gleichgewicht und Bewegungsempfindungen (Orig.) — Vom Naehtwandeln (Orig.) . Spindler,Wrangellu.Andr ussow, Russische Tiefseeforschungen im schwarzen Meer . . Wallenberg, Le Cat’scher Versuch und Erzeugung farbiger Schatten auf der Netzhaut . . B Weber, Aktinische Ortshelligkeit . Angelegenheiten der Naturwissenschaft- liehen Wochenschrift 42, 144, 174, 390, 43 Goethe ein Vorgänger Darwins? Philosophie. Carus, Die Apriorität der Denkformen (Orig -) Eos, Ueber die Entstehung ( der Denkformen (Orig.) nd Anthropologie. Alsberg, Rassenmischung im Juden- thum . CR (OrieN) Bartels, Ein geschwänztes Kind (Orig.) Buschan, Prähistorischer Samen von Culturpflanzen . . h Dorr, Steinkistengräber "bei Elbing Hahn, Waren die Menschen der Ur- zeit zwischen der Jägerstufe und der Stufe des Ackerbaues Nomaden ? Helm, Chemische Zusammensetzung der westpreussischen Bronzen 952 181 346 457 70 375 986 Lissauer, Entwickelung der prähisto- rischen Wissenschaft in der Provinz Westpreussen. . — Slavische Schläfenringe . 5 Mies, Körpermessungen zur Wieder- erkennung von Personen Montelius, Bronzezeit im Orient und Südeuropa EIN — Chronologie der jüngeren Steinzeit Schaaffhausen, Das Alter der Menschenrassen . Szombathy, Situla aus "Bronee Virchow, Kaukasische und transkau- kasische Alterthümer lee — Uebervölkerung Europas . . »86, Waldeyer, Reil'sche Insel u. Sylvi'sche Furche bei den Anthropoiden Zoologie. Auerbach, Zur Charakteristik von Ei und Samen R Balbiani, Der Kern von Loxophyleum meleagris SE: Ballowitz, Struetur der Spermatozoen Bernard, Hermaphroditismus bei Krustern 4 Boveri, Zellkernstudien! Büsgen, Pflanzenläuse und Honigthau Bütsehli u. Erlanger, Zwei Ciliaten- formen Carriere, Trichodina als Schmarotzer Collin, Ein seltener Fall von Doppel- bildung beim Regenwurm (mit 3 Abb.) (Orig) . Dahl, Vorräthe der Regenwürmern UNESSWAUR, Decaux, Wie sich schädliche Insekten verbreiten können . . Emin-Pascha, Stuhlmann Völtzkow, Eiablage ‘des nischen Krokodils . > Fischer, Fressen die europäischen Tropidonotus-Arten höhere Wirbel- thiere ? Flemming, Theilung von ı Pigment- zellen und Capillarrandzellen Frank, Fortpflanzung und Lebens- gewohnheiten der Kirschfliege Frenzel, Ein neues Mesozoon . Friedrich, Biber an der Elbe . Frogatt, Schutzfärbung Frommann, Protopl: asmastudien Haacke, Metamerenbildung am Säuge- thierkleide — Systematische und morphologische Bedeutung von Borsten am Säuge- thierkopf . Hartwig, Vögel der Madeira -Insel- gruppe Maulwürfe an und afrika- Seite 520 Harz, Futter für den Maulbeerseiden- spinner . . Hennig, Ueberz; ähligkeit von "Fingern und Zehen Herdman, Copepoden "als Nahrungs- mittel . Hilgendorf und Ballowitz, “Mini- opterus Schreibersii in Deutschland Ihering, Ueber die geographische Verbreitung der entomostraken Krebse des Süsswassers (Orig.) 403, Im hof, Leben unter der Eisdecke Klunzinger, Die Fischfauna der Schweiz nach Fatio (Orig.) Knauthe, Biologische Beob: ichtungen an einheimischen Lurchen . Koenig, Cygnus nigrieollis am Rhein Kolbe, Stimme des Todtenkopf- schmetterlings (Orig.) . Korsehelt, Zur Morphologie Physiologie des Zellkerns . und | Kükenthal, Anpassungen von Säuge- thieren an’'s Wasser Leche, Zur Anatomie des“ Myrme- cobius faseiatus . Leverkühn, II, Ornithologen- Congress (OT), € List, Herkunft des Pigmentes in der Oberhaut Lode, Farbenwechsel ider Fische Loeb, Heliotropische Krümmung bei Thieren . Loeper, Aus dem Leben der Inseeten (Orig.) Maas, Cr aspedote Medusen der Plank- ton-Expedition Marey, Mechanik des Inseetenfluges v.Martens, Etymologie von Plankton (Orig.) - Matzdorff, Der internationale 20010: gische Congress zu Paris 1889 (Orig.) ER 3? — Zur Zellenlehre II (Orig) 3 Michelson, Geschmacksempfindung im Kehlkoj De Miquel und indem Aus dem Seelenleben des Hundes (Orig. ia Müllenhoff, Einfluss des Windes auf den fliegenden Vogel. . Nehring, Elefanten- "Robbe im Greifs- walder Bodden ?!? (Orig.) . — Lemming - Dee in Nord- Amerika (Orig.) . Ba, — Maulwurfs-Art, eine neue, (Orig ) H Siehe unter Mineralogie N. Eh NG Plate, Herz der Röhrenschneeken Preyer, Zur Physiologie des Proto- plasma II. (mit Abb.) (Orig.) .1, Zur Physiologie des Protoplasma Ill. „Orig.“ gekennzeichnet. Seite 191 501 IV Inhalts-Verzeichniss. Te TTS Rath, Polycentrische SSICRINEN des Chromatins v. Schaeck, Ober- Savoyen und seine Alpen- Vogelwelt (Orig.) . 233, Schaefer, Ueber den Drehsehwindel bei Thieren (Orig.) Schäff, Ein Ei im Ei (mit Abb. ) (Orig.) Schlosser, siehe Mineralogie u. s. w. Schuberg, Stentor eoeruleus Schulze, Verzeichniss der Säugethiere von Sachsen u. s. Wer: Semper, Künstliche Frühgeburten beim gefleckten Erdsalamander . . Seydler, Noch ein Ei im Ei (Orig.) — Limnadia Hermanni in Daipzsusspn (Orig.) - Smith, Der Sandtloh (Orig.) . Solzer, Structur der Pigmentzelle Spengel, Häutung des Erdsalamanders Stejneger und Lucas, Der Brillen- komoran . Verson, Beziehungen zwischen Zell- kern und Plasma — Zur Spermatogenesis . Verworns, Protisten-Studien Voigt u. Haeffner, Inseeten und elektrisches Licht . . Walker, Bedeutung auffallender Far- ben und Geräusche bei Thieren Weber, Hermaphroditismusbei Vögeln Zehntner, Aus dem Leben des a olpen- seglers 2 Distomum . . Prairiehund (mit Abb). Schlammfisch . Zoogeographisches . Botanik. Ascherson, Geographische Verbrei- tung von Ledum palustre und My- Nicawealen ei. Ascherson, Hennings u. Potonig, Das königliche botanische Museum zu Berlin (mit Abb.) (Orig.) er Brefeld,MykologischeUntersuchungen Buchenau, Entstehung der eichen- blättrigen Form der Hainbuche . Buschan, siehe Anthropologie. Büsgen, Honigthau und Pflanzenläuse Bütschli, Bau der Bakterien u. s. w. Conwentz, Ueber zwei im Aussterben begriffene Pflanzen B Engelhardt und Penzig, Abnorme Birnen (mit Orig.-Fig.) (z. T. Orig.) Figdor, Die extranuptialen Nectarien beim Adlerfarn (mit z. T. Orig.-Abbh.) Fischer, Plasmolyse der Bakterien . Frank, Assimilation von Stickstoff aus der Luft dureh Robinia . Frank und Otto, Untersuchungen über Stickstoff- Assimilation in der Pflanze ee) 5 Friedel, Myrica gale "und Ledum pa- lustre (Orig.) . . Genassimoff, Function desZellkerns Haberlandt, Bau und Bedeutung der Chlorophylizellen von Covoluta Roscoffensis — Zustandekommen der Conjugation bei Spirogyren . . Hartig, Krankheits- Erscheinung der Fiehtentriebe . Kienitz-Gerloff, Neuere Forschun- gen über die Natur der Pflanze (Orig.) (mit Abb.) . Kobert, Abrus preeatorius und das Abrin (z. T. Orig.) £ Koehne, Gattungen der Pomaceen b Krabbe, Entwicklung und Morpho- logie der Cladonien Kraus Bevölkerung Europas fremden Pflanzen Krause, Die Ursachen des enlaren Baumwechsels in den Wäldern Mittel- europas (Orig.) . mit Seite Ludwig, Mirmeeophilie und Insecten- frass beim Adlerfarn (Orig.) . . Möller, Neue Methode der F ärbung der Bakterien-Sporen B Müller -Berolinensis, Carl, fettes Oel aus Lindensamen : Müller-Hallensis, Karl, Bıyophy- ten aus Spitzbergen (Orig.) Müller, Otto, Eine Tertiär- Baeilla- riacee noch lebend Nathorst, Ursprung der Grönländi- schen Flora Ein Olliver, Einfluss des Dunstes der Städte auf die Pflanzen . ee Palla, Zellfäden im Pollen von Strelitzia reginae . Palla, Zellhautbildung und“ Wachs- thum kernlosen Protoplasmas Pax, Ueber die Flora und die Vege- tation Spitzbergens (Orig. mit Abb.) Potonie, Die Beziehung zwischen dem Spaltöffnungssystem und dem Skelettgewebe bei den Wedelstielen der Filieineen (mit Orig.-Abh.) . Potonie, Was sind Blumen? . R Athay, Rebenblüthen (mit 2 Abb.) Sargent, Holzfarbe der Douglas- Tanne . Vöchting, Abhängigkeit ‘des Laub- blattes von seiner Assimilations- thätigkeit . Waage, Vorkommen und Rolle des Phloroglueins in der Pflanze (Orig.) Wettstein, Omorica - Fichte (mit 1 Abb.) . SSR En ter Di MERAN Winogradsky, Nitrification und Kohlenstoffassimilation ohne Licht und Chlorophyll : Zopf, “ Ra aus - Spitzbergen (Orig.) : : Blättehenstand Herbarium europaeum- von Baenitz Kartoffel-Krankheit . Rhizom-Begriff . £ Stachys affınis (mit: Abb.) : ur Wasserpest in Europa . 470, Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Ebert, Ueber das Alter der amerikanischen Anden (Orig.) i Ellery u. O'Reilly, Erdbeben in Italien und Australien am 7. Juni ee Engelhardt, Tertiärflora Chiles (Orig.) Etzold, Die jüngste Eruption des Vesuvs im Juni 1891 (mit Abb., süd- ON): u Fischer, F., Das "Mikr oskop im Dienste der Petrographie (Orig.) Friedel, Erhaltung von Schnee- feldern durch Staub und Detritus im Hochgebirge (Orig.) . Gümbel, Thermen von Bormio und das Ortlergebirge Habenicht, Howorth über den Unter- gang des Mammuths (Orig.) Howorth, Untergang des Mammuths Lapparent, Die Zukunft des Fest- landes . Nehring, Fossile Saiga- Reste i in Eng- land (Orig.) . — Fossile Wildschaf-Reste in “ Mähren (Oric)ruE Ochsenius, Bildungsweise "nariner Kalkabsätze und des Tiefseethones — siehe Ebert. iR Geologie der Insel Capri Orig : Philippsohn, Gebirgsbau des Belo- ponnes Potonie, Der bi ltische Bernstein (mit B) Abb.) (Orig.) Seite 436 437 391 518 Schlosser, Die Beziehungen der aus- gestorbenen Säugethiere zur Säuge- thierfauna der Gegenwart (Orig.) . Streng, Dolerit von Londorf Toula, Unsere geologischen Kennt- nisse der Balkanländer . Walther, Denudation in der Wüste Weed, Travertinbildung . . v. Wettstein, Fossile Flora der Höt- tinger Breceie Entstehung der steinerungen . . . . Geologische Karte von Europa : Riesenhöhlenbären ausgestellt Physik. Böhnert, Beseitigung einer Fehler- quelle in den Grundgleichungen der kinetischen Gastheorie (Orig) 319, pflanzlichen Ver- Dreher, Dulong-Petit’sches Gesetz (Orig. N : Se Dufour, Rotation eines Leiters im m agnetischen Felde Juhlin, Druck des gesättigten Wasser- dampfes über Eis zwischen 0° und —500% C. u.s. w. . Kronberg. Scheinbare des Wellenschlages (Orig.) 5 Lala, Zum Mariotte'schen® Gesetz Lenz u. Wilkitzky, Neue Bestim- mung der Länge des Secunden- pendels in Russland . Lommel, Schwingungsrichtung des polarisirten Lichtes Mann, Das Dulong’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärme- Ichregesee Mendelejew, ‚Abhängigkeit derDichte des Wassers von. der Temperatur Meyer, O., E., Grundgleichungen der kinetischen Gastheorie (Orig.) Meyer, O., E., u. Mützel, Innere Reibung der Flüssigkeiten . . Nickel, Dimensionen der physikali- schen Begriffe (Oh) > — Logarithmen der physikalischen Be- griffe (Orig.) . ß Pictet, Erzeugung von Temperaturen unter —100° Poincare, Die mechanische Erklärung einer physikalischen Erscheinung . Beruhigung durch Oel | Spiess, Hertz’sche Versuche über elektrische Wellen Mathematik. Gutzmer, Eine geometrische Frage Il. (OLE). TE Bee Henry, Construction des Schwer- punkts eines beliebigen Vierecks (mit Abb.) . Kronecker ‚Clausius’ scho Coor dinaten Russel, Die Dreiteilung eines be- liebigen Winkels (mit Abb.) . Selling, Ueber seine Rechenmaschine (Orig. 2 eh der sog. arabischen Ziffern . Astronomie. Abbe, Methode zur Ermittelung zeit- licher Abweichungen der Lothlinie Barnard, Neuer Nebelin den Plejaden — Sog. en des Thierkreis- lichtes Beck, Instrument zur Zeit- und Pol höhen- Bestimmung. . Boys, Wärme des Mondes und der Sterne Cameron, Grosses Meteor Auer Charlois, Neue Planetoiden . . 111, | Den ning, Neuer Komet PL eRG Ellacott, Wahrnehmung eines Ko- meten von Sonnenaufgang bis Mittag sten SDR Le Inhalts-Verzeichniss. V Seite Seite Seite Förster, Periodische Veränderungen Hampe, Oxydation von Gold . . „ 173 | Schott, Meeresströmungen und Tem- der Lage der Drehungsaxe der Erde 175 | Heumann, Neue Synthesen des In- peraturverhältnisse in den ostasiati- Franz, Parallaxe von P Ursae majoris 345 digos und verwandter Farbstoffe 9 schen Gewässern 4593 Green, Jupiter. . » 2» 2 .........162 | Kronberg, Die Gravitations - Valenz- Schwahn, Ueber den Erdmagnetismus Hall, Saturn. . 9 theorie und die Affinitäten des und seine kosmischen Beziehungen 273 Harkness, Constanten des "Sonnen- Kohlenstoffatoms (Orig.) . . . . 267 | Sieger, Niveauveränderungen anskan- systems . . i 50 Nickel, Falscher ‚Gebrauch des Be- dinavischen Seen und Küsten 305 Marchand, Sonnenbeobachtungen in griffs der periodischen Function bei Steiner, Ueber Photogrammetrie . 304 Lyon . ah. end‘ dem System der Grundstoffe (Orig.) 528 | v. Sterneck, Em ee UEungeL und Mast Bıhanen, Neuere Resultate aus — Zahlenbeziehungen in der Atomge- Lothabweichungen . 272 den Untersuchungen über periodische wiehtsreihe 2. 2.0.0. 201 | Stockton, Lothungen im "nördlichen Kometen (Orig.). ee 7 Zur Physiologie der oxyaromati- n Polarmeer u. s. w. b 265 Millosevich, Nena Planetoiden ill, 152 f schen V erbindungen (Orig.) - „9% | v. Toll, Forschungen im nordöstlichen Palisa, Neuer Planetoid . .„ 11 | Pietet, Chemisch- reines Chloroform . 193 Sibirien n 273 as Eine anehehe Ursache der . Proyen, en Ba System der Tomaschek, Die heutigen Bewohner ibration des Mondes . . 339 ülemente (Orig 523 Macedoniens . 282 Perrotin, Eine mögliche Ursache der Radenhausen, siehe Curtius. Zeppelin, Erforschung des Bodensees 294 R in ges ae ' 82 | ar a For -Verbindung 241 | Bericht über den IX. deutschen Geo- ritchar erope-Nebe e 152 | Scholvien, Jodophenin u ar32h graphentag . . 251 Stampe, Bewegung des Sonnensystems Schrodt u. Henzold, Untersuchun- Nordatlantische Eisdrift . 192 im Raume . . 418 gen über Butterfett 315 | Süsswasser auf Helgoland 418 Weinek, Beobachtungen auf derk.k. Villiers, Ueber Gährung . ; 397 a zu Prag im Jahre 1890 h Gasförmige Metallverbindungen . 450 Unterricht. (Orig.) . : er: _ Entdeckung einer Mondrille und er Geographie und Verwandtes. Frahm, Apparatzur Veranschaulichung eines Mondkraters . . 5 en! der scheinbaren Drehung des Him- Wolf, Leuchtende Wolken “0.0. 845 | Ball, Die Gezeiten (Orig.) . 165 melsgewölbes (mit Abb.) . 262 Astronomische Nachrichten. . . 224, 234 Belkn ap, Ueber die Tiefen des Stillen Poeller’s Men pa Ne Terkurdurehgang ER RORIRENNG Oceans : 101 skop . . 255 Mondfinsternisse . . . . . . 202, 470 | v. Benko, Datum auf den Philippinen 30 | Poruba, Projeetionsapparate im geo- nn een an ya iee, Fe Boganıı Zurückweichen der Niagara- graphischen Unterricht . 260 ternsehnuppen un eteore 6 . 48 fälle er Fat Botomune,, Brendelis botanische Mo- Wissenschaftliche Irrlichter . . . . 804 | Bolte, Verwerthung von Sternbe- delle (mit 4 Abb.) (Orig.) . 7) Wolf’s Komet von 1884 . 356 deekungen für die Chronometer- Die verbreitetsten naturwissenschaft- f kontrole auf See . . 306 lichen Schulbücher . - 121, 212 Meteorologie. Brückner, Schwankungen der Seen Fortbildungskurse an der Universität 5 Es 5 I Meere . . 48, 302 Jena für Lehrer 275 Andr6, Tägliche Schwankung der an P En = ne sphasiachen, Bekne ar ozan u. Baille, Mittlere Dichte der ar Modelle von Marchantia 369 Andries, Neues Elektrometer zur 2: ei - - Vorausbestimmung a Wetten nz: Ein Ausflug nach Spitz- 2 Medizin, Hygiene und Verwandtes. (Orig.) 23° 157 bergen (mit Orig.-Abb.) (Orig.) . 453 F an Beben ID: en Annunes- it Gliederung der Alpen . 260 | Ackermann, Jenner und die Frage — 5 Folie, Ueber die Frage der inneren der Immunität >16 wesen an den deutschen Küsten Klalsizkeituder Erde (Os Chi | | (Orig., mit Abb.) i 945 Flüssigkeit der Erde (Orig.) + 195 Binz, Chinin und Malariaamöbe (mit ” I ES Günther, Ueber einige ältere Ver- Orig.-Naehbildung) . : 497 Bödige, Sturmstatistik für's deutsche ; vr F Küstengebiet In suche, die Gestalt der Erde mit Boriziotti und Bordini, "Die In- Brückner, Klimaschwaı ankungen 48, 303 un eu Sonnen : N DR au Busch, Beobachtungen über die (Orig.) .- 431 | Brunner, Ausscheidung pathogener Gronen, Unbekannte Gebietei in Nord- Mikroorganismen durch den Schweiss 290 atmosphärische Polarisation . . 9 N c Amerika (Orig.) . 1355 | Cazeneuve,Selbstreinigung derFlüsse 182 Estes, Halobeobachtungen (mit Abh.) 324 | H Pr : : artl, V ermessungsarbeiten auf der Cohn, Sehvermögen bei Taubstummen 331 Galton, Interessantes meteorologisches : Bienen FE 245 Balkanhalbinsel. s 282 , Demme, Einfluss des Alkohols auf den Gravelius, Deber Wettersäulen (Orig.) 125 Hettner, Reise in Rio Grande do Sul 244 Organismus der Kinder. . 405 En Krümmel, Die Bermudas-Inseln 333 | Dittmann, Telegraphen- und "Tele- Gross,Me teorologische Resultate einer S : -ä 0 PR 919 | _ Sargassomeer 388 phondrähte als Blitzableiter . 9 en Falk, a N 21° aEnBeh, Die grössten Tiefen des h Ebstein, Die Kunst, das menschliche 3 A: ittelländischen Meeres 379 Leben zu verlängern . 32:1480 in Nordschweden . 354 ; ®nr | Mascart, Anomalien des Erdmagnetis- Fabini, Carbolsäure . 172 Krembser, Klima von Helgoland 265, 306 7 mus . 202 | Freire, Gelbes Fieber und Präventiv- Singer, Wolkennamen und Wolken- Me Geeunderchld 914 fi 358 photographie (Orig.) 109 | M eyer, Grundeisbi ung F karte impfung . b £ üller, Landesdurchforschung von Gottstein, Bacterienvernichtende Ei- Steen, Luftdruekänderungen während B 991 ya osnien und der Herzegowina 284 genschaft des Blutserums 22) der totalen Sonnenfinsterniss . 265 a Symons, Kälte im XI. 1890 ı | Nansen, Auf Schneeschuhen durch Guttmann, Anwendung des Koch- "7. 1891 Far I 139 Grönland (mit 9 Abb.) . af 103 schen Mittels bei Lungentuberkulose 46 "1. Dan en el = Die -wissenschaftlichen "Ergebnisse Hobein, Mikroorganismen in Unter- a Er der Grönland-Expedition (mit Abb.) 105 kleidern . 509 0% ur Neumayer, Magnetische Landesver- Klein, Gesichtlich- ERerchr Nach- Chemie. messungen . 251 weis von Blut . 160 Nossilow, Naturw. Studien auf No- Klemperer, G. und F., Versuche über Andre, Neues Doppelsalz . ; 241 waja Semlja Arc 530 Immunisirung und Heilung bei der Ber thelot, Gasförmige Eisenverbin- Oberhummer, Künftige Aufgaben der Pneumokokkeninfeetion. . 377 dung . . 450 historischen "Geographie : 303 | Kobert, Das Abrin (z. Th. Orig.) 73 Bodländer, Löslichkeit einiger Stoffe Peary’s arktische Expedition 293, 359 | Koch, Fortsetzung der Mittheilungen = en von Wasser und Al- Penck, Formen der Landoberfläche . 251 über ein Heilmittel gegen Tuberku- oho E 194 | v. Rebeur - Paschwitz, Wellen- losesgr: 33 Buchner, Arsengeh: ılt in rohen Säuren 162 bewegung des Er dbodens in Puerto — Weitere Mittheilungen über das Tu- Claus, Gewinnung von Kohlensäure. 182 Br ÖOrotava (mit 2 Abb.) (Orig.) 125 bereulin 445 Cu rtius u. Radenhausen, Stick- Richter, Temperaturverhältnisse der Kraus, Baetorien des ehe GenmeR stoffwasserstoffsäure _ ae. dr 285 österreichischen Alpenseen . 295 fleisches & 365 Cu nn: re Bestim- Rossikow, Neue Entdeckungen im Lannelongue, OperativeHeilversuche mung der freien Phosphorsäure . 200 Kaukasus . 418 der Idiotie . 387 Fischer, Altes und Neues aus der Rücker und Thorpe, Anomalien des Le Moult, Abkühlung des Trink- Chemie (Orig.) Demos Erdmasnetismusige. 212 wassers an Bord in den Tropen . 530 Giesel, Neues Alkaloid der javani- Schinz, Deutsche Interessensphäre in Liebreich, Therapeutische Wirkung schen Coeablätter . . 378 Südwestafrika. . 22.0.» 60 der cantharidinsauren Salze 115 VI Maassen, Gefäss zur Aufbewahrung steriler” Flüssigkeiten (mit Sub) Manz, Seelenblindheit Mering, Anaesthetieum Pental . Neelsen, Verwendung gebrauchter Watte SR RER TR A 4 Nothnagel, Grenzen der Heilkunst . Power, Giftigkeit der Robinia Pseuda- eacia-Rinde Eecknage nung . e Samelson, _ Kunstkaffeebohnen . . Schmitz, Gesundes Wohnen (mit Abb. ) Sommer brodt, Heilung der Tuber- kulose durch Kreosot Spilker u. Gottstein, Vernichtung von Mikroorganismen durch In- ductions-Elektrieität Studemund, Eiweissbedarf "des ge- sunden Menschen Tigerstedt, Bestimmung der von der linken Herzkammer marennebe nen Blutmenge . . Trautzsch, Wol ert's Luftprüfer (Orig.) (mit Abb Virchow, Wirkung des Koch’schen Mittels auf innere Organe Tuber- kulöser . Wallenstein, Kaffee- Appreturen Zürn, Tuberkulose des Rindviehs . Bacteriologisches über die Influenza . Homerianathee Versuche mit dem Koch’schen Mittel bei tuberkulösen Rindern . Wirkung des Koch’schen Mittels gegen Tuberkulose . 5 Zur Hygiene der Woh- 46 Landwirthschaft und Verwandtes. Marek, Wirkung gesteigerter Chili- salpeterdüngungen auf die Roggen- ELDREI- A . 3 Planta, Ueber Stachys "affinis . Russ, Nationaler und internationaler Vogelschutz s Waage, Ueber comprimirte "Vegeta- bilien . Stachys affınis, ein neues Gemüse (mit TEAHp SE a0 Tabakbau in Deutsch-Neu-Guinea . Technik. Beaumont, Schiffsschraube mit um- stellbaren Flügeln . . Biel , Verwerthung des Lichtbrechungs- vermögens der ätherischen Oele in der Praxis . Bourne, Regulator E Dampfmaschinen Bruylants, Zufällige oder betrüge- rische Veränderungen von Schrift- stücken . Buisine, Reinigung der Fabrik- und Trinkwässer Cailletet, Glas oder Porcellan mit Metallen zu verlöthen Dannstedt, Härtung von Gypsgüssen Eisenmann, pn Nee Kla- Niere: Erdholdu. 'Schaeffer, Verbesserter Phonograph NEN: Fischer’s Calorimeter zur " Bestim- mung hoher Temperaturen (mit Abb.) Gould und Gottschalk, Schutzvor- richtungen an Elektrieitätsleitern (mit Abb. )e : Gravelius, Eine Wanderung durch die Frankfurter Elektrotechnische Ausstellung (Orig.). . Gross, Riesen-F esselballon Hanausek, Künstliche Seide Hart's selbstthätiger Feuermelder (mit Abb.) . AP hl Kar 9 DIL Hasert’s Fernrohre . Inhalts-Verzeichniss. Haubtmann, Kosten der elektrischen Kraft. Hesse, Barthel’s selbstthi ätige Spiritus Gebläselampe und Spiritus-Löth- lampe (mit Abb.) (Orig.) Hunt, Festigkeit des Aluminiums . Kes el, Neue Constructionen von Theil- maschinen (mit Abb.) h Ketjen, Beseitigung und Ver erwerthung der Fäcalstoffe c Kentmann, Apparat zum Mischen von Flüssigkeiten unter Ausschluss der Luft Kietzer, Sicherheits- Löthlampe, Pa- tent Dr. Paquelin (mit Abb.) . Knauer, Methode zur Reinigung von Objeetträgern und Deckgläschen Lepsius, Das alte und das neue Pulver 5 Lewes, Selbstentzündung der Kohlen Lippmann, Photographie der Farben Müller, W., Pflanzenblutkohle . . M ürrle, Neues Wasserbad (mit Abb.) Neukir ch, Neues Fundirungsverfahren Otto, Darstellung und Verwendung des Aluminiums (Orig.) - Paschwitz, Taschenkompass Abb.) .. le Peitz, Gewinnung von Sauerstoff aus der "atmosphärischen Luft . Richter, Signalvorriehtung, um Damm- rutschungen anzuzeigen . 5 Schnauss, Heliochromie . Seger, Messung hoher Temper aturen Shermann, Abschwächen zu kräftig copirter Abdrücke beim ae phiren 06 e Siemens, Schiessbaumwolle . . Steinheuer &Co,., Rlektrische Signal- uhr (mit Abb.) Suchsland, Tabaksfermentation b Unna, Ein neuer DT (mit Abba) Befestigung der Stromufer vor grossen Tiefen Buchenholz u. s. Verwer thung zu Par- kettböden . : Einlassen von fruchtbarem Hochwasser der Ströme in die a en Niederungen . . Eisenbahnbrücke, die längste i in Eur opa Elektrische Beleuchtung nördlich vom Polarkreis . . Elektrotechnische Ausstellung i in Frank- furt a.M. 220, 230 (mit Abb), 21, Emaille, blaue, & Entfernung schädlicher Gase aus Senk- gruben u.dergl.. . Festigkeit von Kupfer- und Delta- metall-Drähten E Rt Nutzbarmachung der Niagarafälle B Papier, praktische Verw ae des Spaltens von, . I: Photographische Automaten Reinigen dünner Metallketten Städteheizung Taschenw ‚inkelwaage von Falter & Sohn (mit Abb.) . 5.0 ; Telephon-Verbreitung in "Norwegen Themsetunnel bei Blackwall Uhranlage in der Universität zu Berlin Vorgeschichte der mechanischen Fort- bewegung von Schiffskörpern (mit Biographieen, Nekrologe, Personalien. Albu, RudolfVirchow (Orig. mit Porträt) Gravelius, David Fabrieius (Orig.) . — Hermann v. Helmholtz ze: mit Porträt) .» Broen, August Wilhelm v. Hofmann zum "50jährigen Doctorjubiläum . Beequerel } nn. al 223 Delporte 7. Fabrieius-Denkmal. . . Helmholtz, zum 70. Geburtstag 82, 349, Kovalevsky Sonbie) > 6 Mathieu 7 5 Mousson 7 . Müller, Fritz Nägeli 7. Personalien, kurze "Angaben von Er- nennungen, Jubiläen, Todesfällen, Versetzungen u. dergl. 10, 205, 243, 254, 275, 305, 357, 347, 389, 398, 409, 419, 429, 437, 451, 462, 471, 480, 489, 501, 510, 521, 531. Scheiner und die Entdeckung der Sonnenflecken (mit 5 Abb.) . . Tyeho Brahe, nicht Tycho de Brahe . Virchow, Aufruf zur Feier seines 70, Ge- burtstages . . - Be Wilhelm Weber 7 . 440, Vereinswesen, Museen etc. Advancement of Science, British Asso- eiation . Advancement of Seienee, Association Avancement des sciences, Association frangaise EBEN ALIEN Aerztetag 5 Aerzte und Chirurgen, Congress der amerikanischen, .. . 3 R Anatomische Gesellschaft Anthropologische Ausstellung 3 Anthropologische Gesellchaft, deutsche, 254, 305, "American. Apotheker-Verein Astronomischer Congress Astronomische Gesellschaft Balneologen-Congress . Chirurgen-Congress, deutscher, Chirurgen- Congress, französischer, 0 Congress für innere Medizin & Elektrotechnische ne (vergl. auch unter Technik) . . Elektrotechnischer Congress : Entomologen-Verein, internationaler, : Forstakademie Tharandt 5 Forstmänner, Versammlung deutscher, Freunde der Astronomie und der kos- mischen Physik . 213, 223, Gepsraphenant deutscher, . . . 91, Geographischer Congress, französischer und internationaler, . 254, Geologen-Congress, internationaler, Geologen - Exeursion, internationale, nach dem Yellowstone-Park u.s. w. (Orig.) Geologische Gesellschaft, deutsche, Geometer- Verein, deutscher, Gesundheitspflege, deutscher Verein für, Gynäkologische Gesellschaft, deutsche, Hygiene und Demographie, nternatio- naler Congress für, 50 Irrenärzte, Verein deutscher, . Medical-Association, British, Medicinalbeamten-Verein Mikroskopie-Ausstellung . ! Naturforscher und Aerzte, Gesellschaft deutscher, 253, 316, 434, 459, 476, 487, Naturforscher - Versnann: austra- lische, N Ophtalmologen- Congr es. Ornithologen-Congress, internationaler, 153, Photographen-Congress, internationaler, : Preis-Ausschreiben 164, 203, 213, 233, 243, 327, 347, 399, 419. Soeidtes savantes Verein zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in den Na- wissenschaften . 242, Zoologische Gesellschaft, deutsche, Zoologischer Congress zu Paris 1889 , 293, Inhalts-Verzeichniss. VII Seite Litteratur. Alsberg, Rassenmischung im Juden- humane 1206 Ammon, Anthropologische Unter- suchungen der Wehrpflichtigen in Baden : .. 860 Beck, Flora von Niederösterreich I . 429 Backbause, The structure of the sidereal universe 409 Baumgarten, L’Afrique pittoresque 5ll — Nordische Fahrten . 531 Belding, Land Birds of the Pacific District . 368 Berge's Schmetterlingsbuch ; 91 Ber nstein, Die mechanische Theorie des Lebens 265 Blücher, Bakteriologie. ® 400 Brandt, Haeckels Ansichten über die Plankton- -Expedition . 318 Braumühl, Christoph Scheiner 194 Bravais, a) Symmetrische Polyeder der Geometrie u. b) Sn von symmetrischer Form . 461 Brehm'’s Thierleben II. I ONENELAS: mi R TIERE 230.00:255 = NEaL- . 481 Brockhaus’ Konversations- Lexikon . 501 Brunn, Grundzüge einer Maschinen- wissenschaft . 40:305 Budde, Allgemeine "Mechanik der Punkte und starren Systeme . 233 — Physikalische Aufgaben 390 Büsgen, Der Honigthau 133 Chatelain, Das Iıresein . . 369 Constantin u. Dufour, Flore des champignons . 472 Conwentz, Monographie “der 'balti- schen Bernsteinbäume (mit Abb.) 21 Cossmann, Deutsche Schulflora 52 Cullerre, Grenzen des Irreseins . 153 Dalla Torr e, Fauna von Helgoland 204 Darwin, Abstammung des Menschen 409 Deussen, Elemente der Metaphysik 275 Dioph antus, Arithmetik und Poly- gonalzahlen . 481 Dreher, Drei psycho- physiologische Studien . 111 — Gährungen und ansteckende Krank- heiten . AR. Drude, Pflanzengeographie 286 du Bois Reymond, Naturwissen- schaft und bildende Kunst - 489 Eberhardt, Morphologie der Polyeder 337 Eberth, Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkelbaeillen.. . 461 Emmerich, Die Brocard’ schenGebilde 317 Engler-Pr an tl, Natürliche Pflanzen- familien 5 62, 163, 243, 450, 502 Erdmann, Anleitung zur Dar stellung chemischer Pr: äpar rate . 328 Fiek, Physiologie des Menschen 491 F ink, Geschichte der Elementar- Mathematik . 52 Fischer, E., Elementar- Mathematik ji 400 Fischer, R., Chemie . 163 Fock, Ueber die physikalischen Eigen- schaften der Elemente und ihre an- schauliche Erklärung . 328 Forel, Hypnotismus . 502 For syth, Theory of Differential Equations . - 348 Frick, Physikalische "Technik . 214 Fuhrmann, Natur wissenschaftliche Anwendungen der Integralreehnung 72 Galilei, Unterredungen und mathe- matische Demonstrationen . 360, 512 Ganser, Freiheit des Willens 399 Gaudry, Vorfahren der Säugethiere in Europa . 133 Gauss, Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln. . . 134 Gillseh, Inhalts-Verzeiehnis der Jahr- gänge 1881—90 vom Bontralblätt der Bauverwaltung Eu 338 Girod, Les societes chez les animaux Glinzer, Elementar-Geometrie . Goette, Entwickelungsgeschichte des Flussneunauges Günther, Mathematische Geogr aphie Gundelfinger u. Nell, Tafeln zur Berechnung neunstelliger Loga- rithmen . . Haberland, Stellung. der Mathematik im System des erziehenden Unter- TICHTSER 002, 22 An © Haeckel, Plankton-Studien . Hallier, Aesthetik der Natur Hammarsten, Lehrbuch der physio- logischen Chemie Sk Rs Hansen, Pflanzen- Physiologie > Hensen, Die Plankton - Expedition und Haeckels Darwinismus Hertwig, Physiologische Grundlage der Tubereulinw irkung . h Hess, Zoologie . : Hinrichsen, Daslitterarische Deutsch- land Hittorf, Wanderungen ‘der Jonen Höck, Nährpflanzen Mitteleuropas . Hoffm: ann, Mathematische Geo- graphie . . Holst, Bakteriologie . > . Hostinsky, Herbart's Aesthetik . Huyghens, BERSnälinE über das Licht. . . : Isenkrahe, Fernkraft . . Jäger, Ein verkannter Wohlthäter Jaeger - Reiehenow, Handwörter- buch der Zoologie u. s. w. . Janke, Willkürliche Hervorbringung des Geschlechtes bei Mensch und Hausthieren Jasper, Das Vorkommen von Erdöl im Unter-Elsass. . Joachimsthal, Anwendung der Diffe- rential- und "Integralreehnung auf die allgemeine Theorie der Flächen NE BD Io lang Kayser, Geologische kunde £ . Kenngott, Elementare Mineralogie 5 Kerner, Pflanzenleben II (mit Abb.) Key, Sehulhygienische Untersuchun- gen . Kir chhoff, Vorlesungen über mathe- matische Physik. II. Optik . e Kirehner, NeRrorkontzere Pflanzen- welt des Süsswassers . Kloekmann, Lehrbuch der "Minera- logie . Knauer, Handwörterbuch der Zoologie Knuth, "Geschichte der Botanik in Schleswig-Holstein. I. Die Zeit vor Linne. Koehne, Die Gattungen der Pomaceen Koerber, Repetitorium der Geschichte der Philosophie SM. Kohl, Die offieinellen Pflanzen der Pharmacopoea Germanica v. Kövesligethy, Grundzüge einer theoretischen Speetralanalyse Kühl, Geometrie : nk: Laplace, Ivory, Gauss u. =. W., Ueber die Anziehung Homoseher Ellipsoide . LOB Lasswitz, Seifenblasen . Leunis, Analytischer Leitfaden. II. Botanik B 5 Leverkühn, Fremde Eier im Nest . Levy, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate . . Lewy, Compensirung der Klappon- fehler des Herzens © Loeb, Heteromorphose . Ludwig, Becher, Rahn, Abhand- lungen über den Speichel . Machold, Reformbestrebungen des Naturgeschiehts- Unterrichts in der Volksschule a1 5 Formations- Mai, Vademeeum der Chemie - Mantegazza, Das heuchlerische Jahr- hundert . Hygiene des Blutes lt Hygiene des Geschmacks . Hygiene der Haut. . . . Hygiene der Schönheit . Hygiene der Sinne Mathieu, Theorie de l’8lastieite des corps solides e 183, Mendel, Der Hypnotismus Menge, "Pfahlbauten . Meynert, Klinische Vorlesungen über Psy chiatrie . Ahle . Migula, Die Bakterien Molisch, Grundriss einer Histochemie der pflanzlichen Genussmittel ; Nansen, Auf Schneeschuhen durch Grönland (mit 10 Abb.) .. ; Niessen, Führer in die Pilzkunde No&, Geologische Uebersichtskarte der Alpen . . Ost, Eerchueh der technischen Chemie Ostertag, Der Petrefaetensammler Pax, Allgemeine Morphologie der PHanzen Petzold, Maxima, Minima "und Oeko- nomie . Pfeil, Kometische Strömungen 389, (Orig.) Pinner, Repetitoriı ium der or ganischen Chemie . . Pizzighelli, Photographie für Ama- teure und Touristen 6 Pohlig, Säugethiere der Diluvialzeit Poincare, Electrieit et optique . Potonie, Tllustrierte Flora . . Pirahl, Flora der Provinz Schleswig- Holstein Precht, Salz- Industrie von Stassfurt Rabenhorst’s Kryptogamenflora . Rand, Dictionary of the language of the Miemae Indians . Ratzel, Geographische Ver breitung des Menschen : - » -» Richter, Plantae europeae Roscoe, Speetralanalyse © Rudio, Analytische Geometri ie Raumes. . Br Sachs, Pflanzen- Physiologie . Salgorski u. Schneider, Flora der des Centralkar pathen 2 Sarrazin, Ver deutschungswör ter buch Schäff, Ornithologisches Taschen- buch . Scheiner, "Spectralanalyse der Ge stirne Se hiekhelm n Methode "des An- schauungs-Unterrichts auf psycho- logischer Grundlage . Schimper, Die indo - malayische Strandflora . 5:6 Scehinz, Deutsch- Südwest-Afrika . . Schop enhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung i — Parerga und Paralipomena Schubert, Pflanzenkunde II 5 Simroth, "Mor phölogische, Bedeutung der Weichthiere — Unsere Schnecken c Souchon, Traite d’ Astronomie . AR Steinhaus, Menstruation und Ovula- tion . Steinheil u. 7 oit, angewandten Optik. . Steinmann u. Graeff, Geologischer Führer der Umgebung von Frei- burg . Sterne, Allgemeine Weltanschauung Strieker, Behandlung der Nerven- krankheiten Teixeira, (Curso finitesimal Thonner, Anleitung . zum Bestimmen der Phanerogamen-Familien - © Handbuch der de | Analyse In- Seite 185 62 471 306 a7ı sl 471 922 438 11 510 254 VII Tseherski. Posttertiäre gauaeWiere Neusibiriens s BI Ule’s Warum und Weil Umlauft, Luftmeer . . : Vogel, Handbuch der Photographie i Voigt, Theorie der.piezo- und pyro- elektrischen u nneet an Krystallen . Wagner, Flora des unteren Lahn- thales . BR ulrite Wallace, Darwinismus . . Weber, Anwendung der Wellenlehre auf die Lehre vom Blutkreislauf Wettstein, Leitfaden der Botanik Weihrich, Beiträge zur Geschichte des chemischen Unterrichts an der Universität Giessen Wiedemannu.Ebert, Physikalisches Praktikum. . Winkelmann, Handbuch der Physik Wolf, Handbuch der Astronomie . . Zetzsche, Betrieb und Schaltungen der elektrischen Telegraphen . Ziegler, Ein geographischer Text zur geologischen Karte der Erde u: Ziehen, Leitfaden. der physiologi- schen Psychologie & Zimmermann, A., Zur Morphologie und Physiologie 'der Pflanzenzelle . — H., Rechentafel . Zöller, Die Universitäten und techni- schen Hochschulen . h Bienen, Litteratur über Faulbrut den, Botanische Wörterbücher 6 Epitomes of Three Sciences Illustrirte Floren rule ER Naturwissenschaftliche und mathe- matische Lehrbücher an den preussi- schen höheren Schulen. Thier-und Pflanzenwelt des Süsswassers Werke über Laufkäfer AIETACH, Bücherliste, Akademie-, Vereins- und Zeitschriften 12, 20, 32, 42, 52, 62, 12, 82, 92, 102, 112. 134, 144, 154, 164, 184, 194, 204, 214, 234, 244, 265, 266, 276, 286, 296, 317, 398, 338, 347, 348, 370, 380, 390, 409, 420, 430, 439, 452, 462, 472, 482, 492, 502, 512. 532. 908. = Verzeichniss der Abbildungen Land-Karten. Adlerfarn, jugendlicher Wedel extranuptialen Nectarien . mit und 401 Inhalts-Verzeichniss. Adlerfarn, ausgewachsenes Wedelstück mit extranuptialen Nectarien (Orig.) — Querschnitt durch extranuptiales Neetarium or an im Eisfjord Spitzbergens tig. Ir. Amöbe vor und nach Behandlung mit Chinin (Orig.-Nachbildung) . 5 — der Malaria” Dre - Nachbildung) Aurelia B nr Bade, Capitain, Portri ät (One) ag Bernsteinholz- Querschliff (ie -Nach- bildung). . : — Tangentialschliff(Orig. "Nachbildung B) Birnen-Abnormität (Orig.) Botanisches Museum in Berlin Calorimeter, Fischer's zur Bestimmung höherer Temperaturen (Orig.) Chätopode, anatomisches 5 Compass von Paschwitz. Dampftrichter von Unna 5 Diagramm eines barometrischen Mini- mums und Maximums (Orig.) . Diagramme von Frdbewegungen in Tenerife und Wilhelmshafen (Orig.) Dreitheilung eines Winkels a): Dytieus-Herz . 5 Echium- Blimen Modell Ein Ei im Ei (Orig.) . Eisfjord Spiläbersens (Orig.) . Farnwedelstielquerschnitte (Orig.) - Feuermelder von Hart . A Frahm’s Apparat zur Veransch aulichung der scheinbaren Drehung des Him- melsgewölbes 2 e Fraxinus-Blüthen-Modell . Fumarolen am Vesuv (Orig.) : Gletscher in der Recherche-Bai (Orig.) Godthaab Grönland- Abbildungen, 10 Stück 103— Halofiguren (z. Th. Orig.) e Hammerfest (Originale) . 463, Hauslängsschnitt mit Ventilationsein- richtungen 5 Helmholtz, Porträt. ä Herbariumraum im königl. botanischen Museum in Berlin . H 4 Heuschrecke, anatomisches Kern- und Zelltheilung bei der Mistel (Orig.) Ks TE Kihesbar, Ostufer (Orig.) — Südufer (Orig.) . Lahmeyer’sche Fer nleitun gsdynamo Seite 402 402 474 23 23 90 226 314 4 153 344 259 123 241 107 107 Lampe für Löthöfen . Maassen’s Gefäss für sterile Flüssigkeiten Maikäfer-Herz. Nemertine, anatomisches . Omoriea-Fichte Patent-Löthlampen . Prairiehund Profil der Bernstein-Formation (Orig. Nachbildung) . Protoplasma- Verbindungen (Orig. .) $ Pteridium-W edelstiel- Epidermis (Orig.) Recherche-Bai (Orig.) . Regenwurm mit Doppelbildung (Orig.) Saal im botanischen Museum in Berlin Saenuris, PINIE SESBESEAER. : Salix polaris He Saxifraga tlagell aris Scheiner's Pantograph Schutzvorrichtung an leitern Sehwerpunktsconstructionen an Vier- ecken (Orig.) . Siebröhren A Kürbis und der Kiefer (One) £ Beetle (Orig) ; Signaluhr, Blektrische Skler enchym des Pflaumensteines (Orig. ) Sonnenfleckenbewegung vom 18. 1V. 1625 und vom 11.—23. V. 1625 188, Spiritus - Gebläselampe (2 Abb, von denen eine Orig.) . Spiritus-Löthlampe . Spitzbergen-Karte (Orig.) £ Sputum Tubereulöser vor und nach der Injeetion mit Koch’scher Flüssig- keit .a8e 6 h Stachys affinis : Sturmsignale (Orig.) Taschenwinkelwaage . Theilmaschine von Kesel . Vacuole einer Zelle (Orig.) . Vitis-Blüthen- und Fruchtknoten-Modell Walstation Sörvär (Orig ) TER Wasserbad, ein neues, Amen Wetterkarten (Orig.) » Wetterkasten (Orig.) . Wolpert’s Luftprüfer 2318 Wurm, doppelschwänziger (Orig. -Nach- bildung) . . Zugstrassen der meteorologischen Mi- nima (Orig.) 5. DER Me Bieetrieitäts- Seite Sl 368 ERIIE Redaktion: —s : Par - Rss Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. Was die natarwissenschaftliche Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der. Ihre Schöpfungen schmückt. £ Schwendever. Dr. H. Potonie. = V1. Band. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Sonntag, den 4. Januar 1891. Nr. .l, Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- Zur Physiologie des Protoplasma.*) Von Prof. Dr. W. Preyer. Die Funktionen des Stoffwechsels. Die Stoffwechsel-Funktionen bestehen aus den Vor- gängen der Saftströmung (Cireulation), Athmung (Re- spiration), Ernährung (Nutrition) und Absonderung (Se- eretion), welche zwar in Gedanken einzeln betrachtet werden können, in Wirklichkeit aber untrennbar mit- einander verbunden sind. Denn es ist augenfällig, dass die drei letztgenannten Vorgänge ohne den erstgenannten nicht stattfinden können. Sie erlöschen thatsächlich, wenn die Bewegung des Wassers aufhört. Ferner ist eine Ernährung ohne Athmung nicht möglich, weil das assimilirte Nährmaterial zum Theil verbrannt werden muss, — selbst beim Embryo — um neuem Platz zu machen. Dass endlich sekretorische Prozesse ohne nu- tritive, welche ihnen das Material liefern, nieht bestehen können, liegt auf der Hand. Somit hängen diese vier Grundfunktionen miteinander fest zusammen. Nur ver- einigt ermöglichen sie den physiologischen Stoffwechsel. Dieser besteht allemal aus zwei Phasen: Assimilation und Dissimilation; erstere setzt sich zusammen aus der Stoffaufnahme und anaplastischen Nahrungsverwandlung, letztere aus der kataplastischen Umsetzung des assimilirten Materials und Entfernung der Umsetzungsprodukte (Ex- eretion. Für die Nahrungsaufnahme ist unerlässlich Flüssigkeit in strömender Bewegung, für die anaplastische (früher „progressiv“ genannte) Stoffmetamorphose, den „Anabolismus“, eine spezifische metabolische Thätigkeit des Protoplasma (Ernährung im engsten Sinne des Wortes), da Protoplasma in allen lebenden Geweben vorhanden ist und nur aus Protoplasma entsteht. Die kataplastische (früher „regressiv“ genannte) Stoffmeta- morphose, der „Katabolismus“, setzt aber die Athmung, zunächst die Sauerstoffbindung, seitens des Protoplasma *) Fortsetzung von Nr. 1 des vorigen Jahres, _Vertebraten voraus; die Beseitigung der ihm nicht nothwendigen Stoffe, namentlich der Verbrennungsprodukte, hat die Se- eretion zur Folge. Die natürliche Ordnung ist also: 1) Saftströomung, 2) Athmung, 3) Ernährung, 4) Ab- sonderung (einschliesslich der Ausscheidung). Da die strömenden Säfte selbst grossentheils respiratorische. nutritive und seeretorische Funktionen haben, so sei eine Ueber- sicht ihrer auffallendsten Verschiedenheiten in dem Thierreiche vorausgeschickt. Die strömenden Säfte. Die Körnchenströmungen des Protoplasma. Die Gastral- Flüssigkeit der Oölenteraten. Die perienterische Flüssigkeit vieler Würmer enthält Formelemente, theils farblose (bei vielen Anne- liden), theils rothe (bei manchen Nemertinen). Bei vorhandener Sonderung von Gefässsystem und Leibeshöhle heisst der Inhalt des ersteren blut. Die Blutflüssigkeit oder das Plasma ist theils farblos, theils gefärbt, roth bei Lumbrieinen (Hämoglobin), bei einigen anderen Würmern grün. Neben dem Blute in den Ge- fässen findet sich stets eine farblose Flüssigkeit (Chylus) in der Leibeshöhle und bei rückgebildetem Gefässsystem ist dieses perienterische Fluidum nicht selten roth (bei Glycereen). Bei Echinodermen die ernährende Flüssigkeit klar oder schwach opalescirend, selten trübe oder gefärbt, wahrscheinlich mit Wasser, das von aussen stammt, vermischt. Sie enthält aber zellige Formelemente. Die Arthropoden haben meist eine farblose Blutflüssigkeit, einige grünes oder rothes Plasma. Die Formelemente farblos, mannigfaltig; alle, auch die niederen Crustaceen, haben Blut- körperehen und diese enthalten bei Insekten häufig viele Fett- körnchen, auch farbige. Die Mollusken haben meist farbloses, auch bläuliches, opales- centes Blutplasma (Hämocyanin), Cephalopoden blaues, violettes, grünes, einige Gasteropoden auch rothes. Die Formbestandtheile des Blutes sind farblos, bei wenigen röthlich. Die Tunicaten haben farbloses Blut. Erst bei Wirbelthieren Blut und Lymphe völlig getrennt. Alle ausser Leptocephalus und Amphioxus haben im ausgebildeten Zustande rothe Blutkörper und gelbes oder farb- loses Plasma und farblose Lymphkörper im Blute. Hydrolymphe, Hämolymphe nur bei Evertebraten und bei Embryonen höherer Thiere. DV NaturwissenschaftlicheWochenschnift. Nr. 1. Unabhängig von allen diesen und vielen anderen Verschieden- heiten der strömenden oder sonst bewegten Säfte im Thierkörper ist die Ursache ihrer Bewegung. Längst wurde als ein Irrthum erkannt, was vor einem halben Jahrhundert ziemlich allgemein angenommen war, dass im Blute selbst eine Ursache seiner Be- wegung wenigstens zum Theil liegen müsse. Hingegen ist klar, dass wenn einmal die Säfte in Bewegung sind, deren Geschwindig- keit durch eine Aenderung der Beschaffenheit der Säfte, z. B. ihrer Viseosität und Körperehenmenge, nothwendig beeinflusst werden muss. Doch sehe ich hier ganz von solchen Nebenfragen ab und behandle allein die Ursache der Saftströmungen in dem ganzen Thierreiche, unabhängig von der Beschaffenheit der strömenden Säfte. Die- Saftströmung. So gewiss es ist, dass nicht alle in dem freien und in Zellen eingeschlossenen Protoplasma, sowie im Mikro- plasma vorkommenden Strömungen ausschliesslich auf Kontraktionen beruhen, da auch passive Ortsänderungen des Saftes durch Diffusion, Kapillarität, Verdampfung, Stoss, Druck, Schrumpfung u. s. w. zu Stande kommen können, wie bei einem mit Wasser gefüllten Bade- schwamm in der Luft, den man berührt, ebenso gewiss ist es, dass die normale Strömung im Protoplasma wesent- lich dureh die physiologische Kontraktilität desselben verursacht wird. Denn sie erlischt, wenn diese erlischt, und kann nur durch örtliche Druckänderungen erneuert werden. Die Flüssigkeit strömt von dem Punkte höheren Druckes an der kontrahirten Stelle an den Punkt ge- ringeren Druckes an der nicht kontrahirten. Dieser wiehtige Satz gilt für alle Saftströmüngen in der ganzen Thierreihe. Dass im der That alle centripetale und centrifugale, eireulatorische oder oseillatorische Saftbewegung im Thierkörper, die ganze Reihe hindurch, von der Amöbe an bis hinauf zum Wirbelthier mit seinem vollkommenen Blutkreislauf und Lymphstrom, durch aktive Kontrak- tionen von Protoplasma verursacht ist, so dass die Strö- mung still steht, wenn das Protoplasma sich nicht mehr kontrahirt, lässt sich zeigen, wenn man vergleichend physiologisch die Kreislaufsapparate und ihre Vorstufen bei niederen Thieren und die der höheren während ihrer ontogenetischen Entwicklung betrachtet, dabei immer die Ergebnisse der histologischen Untersuchung (den Nach- weis des Protoplasma in der Muskelfaser in erster Linie) und die Mechanik der Saftströmung im ganzen Körper im Auge behaltend. In dem freien Protoplasma und in dem in fast un- unterbrochener Durehmischung befindlichen der Rhizo- poden ist die Funktion an jedem Theile unmittelbar dureh Kontraktionen bedingt, wenn auch nicht überall so leicht zu erkennen, wie an den centrifugalen und eentripetalen Körnchenströnumgen in den Pseudopodien. Bei vielen Infusorien trifit man schon, trotz der Poly- dynamie ihrer Leibessubstanz, kontraktile Blasen und wandungslose Kanäle oder längliche Vacuolen, in welche jene eine Flüssigkeit, hier und da schon rhythmisch, hineintreiben. Die Systole und Diastole der mit Flüssig- keit gefüllten Hohlräume mancher Amöben und sehr vieler Infusorien wird sichtbar durch Protoplasmakontrak- tionen des Körpers, welche zugleich lokomotorisch sein können, bewirkt. Ein einfaches Schema (Fig. 1) ver- anschaulicht, wie in einem protoplasmatischen Körperchen durch die Expansion der centralen Vacuole ein centri- petaler Strom von aussen nach innen entsteht, während bei der Kontraktion des mit Flüssigkeit gefüllten Hohl- raums v sein Inhalt centrifugal durch die radiären „Saft- kanälchen“ an die Peripherie gelangt. Durch den amöboiden Wechsel der Scheinfüsse, bei Infu- sorien die Flimmerbewegung an der Oberfläche und bei Spon- gien die in den Wasserkanälen wird auch ein Ein- und Aus- strömen des Wassers der Umgebung nothwendig eintreten und zum Theil regulirt werden müssen. Hier ist also überall die Kontraktilität des Protoplasma die offen- kundige Ursache der Saftströmung im Parenchym und zwar des noch nicht differenzirten,, wo Membranen den kontraktilen Blasen wie den mit diesen in Verbindung stehenden kleinen und grossen Längsspalten fehlen. Man sieht dann diese wie jene bei der systolischen Ent- leerung verschwinden, um bei der Füllung erst wieder sichtbar zu werden. Was die Flimmerbewegung be- trifft, “so ist bekannt, dass sie unabhängig von irgend- welchem mit der Cilie oder deren Protoplasmawurzel zusammenhängenden Gebilde fortdauern kann, also dem Cilienprotoplasma selbst zukommt. Auch wo die von der Ernährung noch nicht topisch gesonderte Vertheilung des Körpersaftes durch damit gefüllte Hohlräume zu Stande kommt, welche mit dem Magen in direkter Verbindung stehen, wie bei dem Gastrovascularapparat der Cölenteraten, kann ausser der Flimmerbewegung an den Wänden der Taschen oder Aus- sackungen nur die Kontraktion des ganzen Körpers oder einzelner Theile desselben, namentlich häufig ab- und anschwellender Tentakel, die Ursache der Saftströmung sein. Je weniger die Kontraktilität des Körpers aus- geprägt ist, um so mehr wird diese oft sehr lebhafte Thätigkeit der Tentakel, also die lokale Protoplasma- kontraktion, für das Imgangbleiben der Flüssigkeitsbewe- gung und ihrer Vertheilung im Körper wirksam gefunden. Bei Medusen wirkt beides zusammen. Wenn die Meduse emporsteigt, so muss sie ihren Schirm energisch kon- trahiren und das Wasser unter dem Schirm, aber auch die Flüssigkeit in den verzweigten radiären Kanälen desselben bewegen (Fig. 2, gv). Die Beobachtung von der Seite im Glase zeigt wie oft der Rückstoss durch immer erneuerte Kontraktion stattfindet, um ein geringes Steigen zu ermöglichen. Dabei ist noch zu beachten, dass bei einigen Leptomedusen nach Hertwig und Haeckel an der Subumbrella kleine Papillen vorkommen, in welehe sich Ausbuchtungen des Ringkanals erstrecken. Diese münden nach aussen und an den Exkretionstrichtern findet sich Flimmerepithel. Man kann sich also vor- stellen, dass Flüssigkeit durch die Radiärkanäle nach aussen geht. Besondere Oeffnungen (Tentakelporen), Ausbuchtungen, radiäre Kanalnetze dienen überhaupt in vielen Fällen zur Regulirung der Füllung und Entleerung des cölenterischen Apparates. So mannigfaltig aber auch derartige Modifikationen des ursprünglichen Gastral- apparates sind, immer ist es das Protoplasma in den kontraktilen Geweben, welches durch seine Zusammen- ziehung und Ausdehnung die für die Strömung erforder- lichen Druckunterschiede schafft. Ganz dasselbe gilt für die grosse Abtheilung der Würmer. Diese bietet aber so verschiedene Einrichtungen, dureh welche Säfte in strömender Bewegung erhalten werden, dass von einer einheitlichen mechanischen Einrich- tung nicht die Rede sein kann. Das grösste physiologische Interesse knüpft sich hier an die beginnende Lokalisirung der Funktion, indem eine nicht geringe Anzahl von unvoll- kommenen Uebergangsformen zu einem geschlossenen Ge- fässsystem, sogar mit pulsirenden erweiterten Stellen, als primitiven eireulatorischen Centralorganen, sich vorfindet und damit im Zusammenhang zum ersten Male die Son- derung des Blutes von dem Chymus, der perienterischen Flüssigkeit, dem Chylus, Nährfluidum, Cölomsaft, dem Nährwasser und Parenchymsaft, und wie man sonst noch die Säfte, welche in ihrem Körper bewegt werden, ge- nannt hat, sich vollzieht. | Es lässt sich: aber in allen Fällen darthun, dass diese Nr. Naturwissenscehaftliche Wochenschrift. 3 Saftbewegung nicht ausschliesslich einem einfachen phy- sikalischen von der Protoplasma-Kontraktilität unabhän- gigen, etwa osmotischen Vorgang zugeschrieben werden kann, die letztere vielmehr das wesentliche ätiologische Moment bildet. Bei den Plattwürmern, die noch kein Coelom im engeren Sinne, sondern nur eine vom Darm geschiedene primäre mit Parenchymgewebe gefüllte Leibeshöhle, auch noch keine Gefässe, kein Herz haben, dringt die Flüssig- keit vom Darm aus in das Körper- parenchym nicht nur durch Diffusion, wie durch eine passive Membran, son- dern sie wird nothwendig durch die longitudinalen, eirkulären und radiären Muskelfasern nach der Resorption in unregelmässiger, wegen der Häufigkeit des Wechsels ausgiebiger Bewegung erhalten. Die darmlosen Würmer, welehe durch Endosmose, von der äusseren Umgebung her, sich ernähren, müssen doch immer die ihren Körper durchtränkende Flüssigkeit durch ihre eigenen Bewegungen, und seien diese auch nur lokomotorisch oder saugend, nothwendig mit in Bewegung, also in einer mehr oder weniger regelmässigen Strömung halten. So muss namentlich bei vielen Strudelwürmern, _Saug- würmern und Bandwürmern die aktive Körperbewegung als wichtigste Ursache für die Saftströmung gelten. Ist der Darm selbst oder nur der Schlund kon- traktil, kann der letztere aus- und ein- gestülpt werden und ist der Darm verästelt, so wird die Vertheilung des flüssigen Inhaltes desselben im ganzen Körper auch ohne besondere Leibes- höhle und ohne präformirte Kanäle im Parenchym schon wegen Herstellung eines erheblichen Filtrationsdruckes des zu resorbirenden Fluidum wesentlich unterstützt werden müssen. Beides trifft namentlich für die Planarien zu, welche in dieser Hinsicht den Cölenteraten nahe stehen. Aber auch bei den Aäderthieren und Bryozoen, welche beide. zwar keine Gefässe, aber eine besondere, Hämolymphe enthaltende Leibeshöhle besitzen, sind es die Kontraktionen des ganzen Körpers und, besonders bei den Bryozoen, der Tentakel, welche Po die Strömungen im Gang halten oder den Ortswechsel des Nährsaftes ver- mitteln. Bei den ebenfalls mit einer Leibeshöhle versehenen, aber gefässlosen Nematoden sind es die Kontraktionen und Expansionen des Hautmuskelschlauches, welchen jene Funktion zukonmt. Erst bei, den primitiven Formen der Anneliden (den Archanneliden), deutlich bei Polygordius findet sich der Anfang einer Lokalisirung derselben, ein medianes Rücken- gefäss mit blinden Seitenästen und einer den Darm um- fassenden Schlinge am Kopfende. Dass die Wandungen dieser zusammenhängenden Gefässe kontraktil sind und den Inhalt des Dorsalstammes von hinten nach vorn be- wegen, ist sehr wahrscheinlich, und da das rothe Blut in den Kanälen nieht stagniren kann, so müssen jedenfalls die Kontraktionen des Körpers es hin und her bewegen. Das Rückengefäss der Anneliden (Annulaten) ist im = Mundarme. Figur 1. Ein mittleres Volum der zwischen maximaler Expansion und Contraetion deutet der gestrichelte Ring an. Aurelia von unten. (Nach Gegenbaur.) a — Randkörper. — t — Randtentakel. — v —= Magenhöhle. gv = Kanäle des Gastrovascularapparats mit dem Ringkanal. — ov = Ovarium. Allgemeinen als kontraktil erkannt; in ihm geht peristal- tisch das Blut von hinten nach vorn. Dagegen wird die Bewegung der Leibeshöhlenflüssigkeit, die bei Oligochäten (Lumbrieimen) mit der Umgebung durch Poren in Ver- bindung steht, durch Bewegungen des ganzen Körpers vermittelt. Hierdurch, wie dureh die Schwellungen des- selben und Hervortreibungen einzelner Theile, muss die Blutbewegung in den longitudinalen Gefässstämmen noth- wendig stark beeinflusst werden. Die Trennung der in geschlossenen Blutgefässen vorhandenen Hämolymphe oder blutartigen Flüssigkeit von dem aus dem Darm stammenden chylusarti- gen Cölomsaft ist bei den Nemertinen (Fig. 3) vollzogen. In deren Rücken- gefäss d und Seitengefässen 27 wird dureh die Kontraktionen der Wandung der Inhalt nachgewiesenermassen peri- staltisch in strömende Bewegung ge- setzt, und zwar im medianen Dorsal- stamm d von hinten mach vorn und in den sSeitengefüssen Il von vorn nach hinten. Doch ist dabei eine wechselnde Compression und Streekung aller drei Arten von elastischen Röhren durch die lebhaften Locomotionen unvermeid- lieh. Auch die bei Hirudineen vor- handenen pulsirenden Strecken des Rückengefässes und die wenigstens zeitweise rhythmisch pulsirenden late- ralen durch Querkanäle mit jenem ver- bundenen Gefässe können nicht die Blutströmung von den locomotorischen und sonstigen allgemeinen Körperkon- traktionen emaneipiren, weil die Pulsa- tionen unregelmässig sind und öfters aussetzen. Jedoch ist in der an einer Stelle des dorsalen Blutsinus oder an dieser und an erweiterten Querkanälen auftretenden Pulsation, zum Beispiel bei Scoleinen, bereits eine prömitive Herzthätigkeit zu erkennen, welche den vielleicht bei allen mit kücken- und Bauch-Gefäss versehenen Würmern in jenem nach vorn, in diesem nach hinten fliessenden Strom beschleunigt, regulirt und von Körperbewegungen weniger abhängig macht (Figur 4). Wird doch der schlauehförmig er- weiterte Theil des Dorsalstammes, welcher sich verästelt und das Blut in Kiemen gelangen lässt, bei Terebellen schon als eine Art Aüiemenherz be- zeichnet; ebenso sind bei anderen Chätopoden die pulsirenden (Dorsal- und Ventral-Gefäss verbindenden erweiterten) (Querkanäle förmliche physiologische Anewrysmen. (Fig. & c.) Auch die blasigen Erweiterungen der (Queranasto- mosen zwischen dem ventralen Stamm und den aus lacu- nären Blutsinus gebildeten lateralen Gefässen sind, wie diese selbst, kontraktil bei Nephelis, und die Pulsationen, d. h. systolische und diastolische Zustände, können in den Seitengefässen mit einander alterniren. Bei Pontob- della wurde der vordere mit Ausbuchtungen versehene Abschnitt derselben in rhythmischer Thätigkeit gesehen. Aehnlich verhalten sich die gestielten an den lateralen Gefässen sitzenden kontraktilen Blutschläuche bei Bran- chellion und bei Lumbriculus. Wo, wie bei einigen Lum- brieinen, ein Capillarnetz ausgebildet ist, finden sich Vacuole 4 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 1. ebenfalls blutführende Divertikel. Bei Limieolen mit kon- traktilen Gefüssstämmen ist eine weite schlauchförmige seit- liehe Anastomose vorhanden. Während aber das Bauch- gefäss bei den meisten Würmern nicht kontraktil ist, zieht es sich bei Chätopoden (Fig. 5 v) peristaltisch zusammen, wie auch in einigen wenigen anderen Fällen. Kurz die Mannigfaltigkeit der Anordnung kontraktiler Sinus, lacu- närer Kanäle, longitudinaler, parietaler (transversaler) Gefässe, Schleifen, Schläuche und Blindsäcke, welche sämmtlich Blut führen, ist bei den Würmern, wie schon aus dem Angefübrten hervorgeht, gross. Immer wird aber die Bewegung des Blutes verursacht durch das aktive Protoplasma in den kontraktilen Theilen und zwar ist sie zum Theil ganz un- regelmässig, fast wogend, zum Theil sehon rhythmisch und, wenn auch peristaltischer Art, doch systolisch und diastolisch wech- selnd bei variirender Lage des primitiven eirculatorischen Cen- tralorgans. Bei den auffallend redueirten Gephyreen tragen ausserdem die Gefässwände Wimpern, welche den Blutstrom beeinflussen, wäh- rend die Acanthocephalen durch Ein- und Ausstülpen des Rüssels den Saft in ihrem Körper be- wegen, abgesehen von sonstigen bei allen Würmern die Blutströ- Figur 3. Nemertine. (Nach Quatrefages.) mung und die Bewegung der «= a ndane des Rüssels. .. .. . . .. ® ® = ussel, Cölomflüssigkeit mächtig beein- 2 _ Wimpergruben. flussenden, in vielen Fällen sie r= en an 7 2 1 . n' — lateraler ervenstamm. wahrscheinlich ausschliesslich ver- 7 _ seitı. Biutgefissstamm. ursachenden Körperkontraktionen. d = medianes Dorsalgefäss. Hingegen ist bei Kchino- dermen die Blutbewegung viel weniger abhängig von den Kon- traktionen und Expansionen des Körpers und seiner Theile (der Pedicellen, Tentakeln u. A.), welche mehr die Füllung und Entleerung der Wassergefässe und die Strömungen in diesen beein- flussen. Die kontraktilen Poli- schen Blasen am centralen peri- stomalen Ringkanal füllen bei ihrer Entleerung diesen ebenso wie die kleinen, gleichfalls dureh eine Muskelschicht sich zusammen- ziehenden und dadurch ihren wässerigen Inhalt in die Ambula- cralkanäle ergiessenden Ampullen der Saugfüsschen diese. So kommt ein sehr energischer Wechsel des Wassers in dem ausserdem überall an der Innenwand mit Flimmerepithel ver- sehenen Wassergefässsystem, namentlich bei den Seesternen zu Stande, indem einerseits die sich am Ringkanal nach der Entleerung wieder ausdehnenden Poli’schen Blasen durch Herstellung eines negativen Drucks neues Wasser durch die Madreporenplatte und den Steinkanal einziehen, andererseits die Saugfüsschen nach ihrer mit einer Erektion verbundenen Turgescenz das Wasser jedesmal wieder in die erschlafften Ampullen und die Ambulacral- kanäle ergiessen, sei es mit Retraktion durch Zusammen- ziehung longitudinaler Muskelfasern ihrer Wandung, sei es ohne Verkürzung derselben und ohne Erschlaffung Figur 5. Chätopode. (Nach Gegenbanur.) i= Darmhöhle. — d= Rückengefässstamm. — k = den Darmkanal umfassender Ast. — v’ — ventrales Darm- gefäss. — b = Kiemenarterien. — «a = Kiemenvenen. br = Kiemen. — n = Bauchmark. — v» —= Bauchgefäss- stamm (contractil). — D = Dorsal-, V = Ventral-Seite. der eirkulären Muskelfasern in ihrer Wandung. Mit welcher Kraft das Wasser bewegt wird, kann man an solehen Seesternen, besonders Luidia, sehen, die beim Herausnehmen aus dem Behälter es in starkem Strahl aus einer Oeffnung an der Spitze eines Radius von sich geben, wie ich oft beobachtete. Es giebt wohl im ganzen Thierreich keine Gruppe, welche die unmittelbare Ab- hängigkeit der Wasserbewegung im Körper von der Kon- traktilität des Myoplasma in thätigen Muskelfasern so augenfällig beweist wie die Echi- nodermen. In der Ruhe wird dagegen der viel weniger ener- gische Wasserwechsel wesentlich durch das Flimmerepithel der Wassergefässe vermittelt. Die Blutströomung in dem centralen zweifachen Ringgefäss mit seinen Querkanälen, radiären Aesten und an den Darm gehen- den Verzweigungen ist bei Wei- tem schwieriger zu verstehen. Jedoch ist gewiss, dass an ex- eentrischen schlauchförmig er- weiterten Stellen dieses wahr- scheinlich nicht überall geschlos- senen Blutgefässsystems Pulsa- tionen vorkommen, und wenn auch das sogenannte Herz der Echi- nodermen, ein pulsirendes Ver- bindungsstück des dorsalen und ventralen Ringgefässes, vielleicht diesen Namen nicht in jedem Falle mit Recht trägt, so ist doch eine Kontraktilität der Ge- fässwandungen und damit eine peristaltische Fortbewegung des Figur 4, Saenuris jung. Gegenbaur.) (Nach d — Dorsalgefässstamm. . 5 DR enträlgeflesntänn. Blutes an vielen Stellen unzweifel- c = Queranastomose (Herz. haft vorhanden. Irgend einen anderen Faktor als Ursache der Blutströmung anzunehmen, deren Richtung in den Ringgefässen vielleicht wechselt, liegt kein Grund vor. Namentlich muss wegen der oft stundenlangen schlafähnlichen Ruhe auch der grössten Haarsterne, See-Igel, Seesterne und Holothurien im Gegensatze zu der Beweglichkeit der meisten Würmer, die Blut- strömung auch ohne Betheiligung lokomotorischer Kontraktionen stattfinden können. Hierbei wird besonders die Kontraktilität der longitudinalen Darm-Gefässe der Holothurien wichtig. Sie stellen eine Art peripherer Herzen vor. Eine Flimmerbewegung ist in den Blutgefässen der Echinodermen überhaupt nicht beobachtet worden und die wimpertragende Hülle des Herzschlauchs der See-Igel kann kaum als ein we- sentlicher Theil des Kreislaufsapparates betrachtet werden. Bei den Arthropoden ist dagegen gerade der das Herz umgebende Blutraum, der sogenannte Pericardial- sinus, für die Füllung des mit spaltförmigen Oeffnungen an der Seite, zum Theil auch am hinteren Ende ver- sehenen schon viel selbstständigeren Herzens von sehr grosser Wichtigkeit, da er das aus der ganzen Leibes- höhle zurückkommende Blut sammelt. Doch wird diese Begünstigung der diastolischen Füllung des bei Krebsen kurzen, bei Insekten oft lang gestreckten und viel- Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 5 iii iin ll kammerigen dorsalen Herzrohres (Fig. 6, 7, 8), das den Strom von hinten nach vorn zu gehen zwingt und den Rückfluss durch Klappen verhindert, keineswegs in allen Abtheilungen gefunden. Näheres darüber findet man in dem Buche von Professor V. Graber über „Die Insekten“ (München, Oldenbourg 1877). Nicht wenigen Krustern (den Cirripedien, manchen Copepoden und Ostrakoden) fehlt das Herz. Bei diesen sind es andere kontraktile Gebilde, namentlich der mehr oder weniger periodisch sieh bewe- gende Darm, die Schwanz- und die Extremitätenmuskeln, welche in un- vollkommener Weise den Blutstrom im Gang halten oder ein Fluktuiren be- wirken. Doch ist auch bei sehr vielen mit einem pulsirenden Rük- kengefäss oder einem Herzen ver- sehenen Gliederthieren ausser diesem eirkulatorischen Centralorgan die Mitwirkung zahlreicher Muskeln für die Vertheilung des Blutes im Körper unentbehrlich. Denn wenn auch die systolische Entleerung desselben in eine kontraktile Aorta, in Arterien oder wenigstens cordifugale elasti- sche Gefässe für die erste Propulsion genügt, so ist doch der Rückstrom bei Figur 7. (Nach Graber.) Figur 6. Figur 8. zusammenziehen und so die Aspiration des Blutes durch die oft sehr zahlreichen paarweise lateral angeordneten mit Klappen versehenen venösen Ostien befördern und beschleunigen. Jedoch ist die diastolische Herzerweiterung durch diese lateralen Muskeln nicht so zu verstehen, als wenn sie unmittelbar am Herzen ziehend dessen Lumen vergrösserten — dadurch würde eine Abplattung des Herz- schlauchs entstehen —, sondern (wie Graber entdeckte) es wird durch die Kontraktion des Rückendiaphragma (be der Fig. d) das Herz, welches an der Rückendecke aufgehängt ist und durch Fasern mit dem Diaphragma zu- sammenhängt, bei dessen Abwärtsbe- wegung ausgedehnt. Die Automatie des Lepidopterenherzens, z. B. des Rückengefässes grosser Raupen, be- wiesen durch die Thatsache, dass ab- geschnittene Herzstücke isolirt sich kontrahiren und expandiren, steht damit nieht im Geringsten im Wider- spruche. Sie genügt aber, selbst mit Zuhülfenahme der Aktion der Herzdilatatoren nieht, um die oft sehr regelmässige Blutströmung in den offenen Spalträumen, Sinus und Laeunen im Körper zu bewirken. Qachrgraber) In der That sind auch in den: fastallgemeinen Fehlen vonVenen und der Seltenheit von Capillaren nieht ohne periphere Kompression des Fluidums in der Leibeshöhle und in den Organen vorstellbar. Die Laeunen, Sinus oderals Venenstämme bezeichneten kanalartigen blutführen- den Räume, welche das bald nur nach vorn, bald nach vorn und hinten zu- gleich, auch wohl seitlich vom Herzen entleerte Blut nach der Vertheilung im Körper in den Herzsinus zurück- strömen lassen, sind selbst nicht kon- traktil, sondern wandungslos, und eine diastolische Aspiration kann das Herz nur auf das bereits im pericardialen Blutbehälter angesammelte, es be- rührende Blut ausüben. Für die Füllung dieses Sinus selbst mit venö- sem Körper- und arterialisirtem Kiemenblut, mit Capillarblut oder auch Arterienblut, das keine Capil- laren, sondern nur Lacunen passirt, reicht die Herzthätigkeit allein nicht aus. Man braucht sie nur an völlig frischen durchsichtigen Insektenlar- ven sorgfältig zu beobachten, z. B. Fig. 6. Herz vom Maikäfer unten. Herz einer Zweiflügler- larve oben. — 5 = Interventrieularklappen. — e = Zipfel- klappe (Segelventil). — d=Zellventil. — a, c=Herzspalten (Ostien oder Spaltöflnungen des Herzens.) Fig. 7. Dyticus (Rückengefässstück), Muskelfasern in Spiraltouren. — c = geschlossene Herzspalte. — e = ge- öffnete Herzspalte. — a = dorsales Zwerchfell mit ein- gewebten Muskelfasern. Fig. 5. Herz d. i. das gegliederte Rückengefäss, in das einfache Rohr a, die Aorta, auslaufend. — 5 = segmen- tirtes Zwerchfell unter demselben. Figur 9. Heuschreeke. (Nach Graber.) a — Rückengefäss (Herz). — be = Rückendiaphragma. ! = Herzvorraum. — en — Bauchdiaphragma. fak = Rückenschiene. — Im = Bauchschiene. — dd = Haut- rippen — df, ik = Ex- und Inspirationsmuskel. g = Gang- diesen besondere, ebenfalls nur auf protoplasmatischer Kontraktilität be- ruhende Einrichtungen vorhanden, welehe dem Üentralorgan zu Hülfe kommen. Eine „Intervisceralmus- kulatur“, den „Zwischeneingeweide- muskeln des Herzens“ (Brandt) d. h. den Seitenmuskeln desselben ähnlich wirkende kontraktile Gewebsstränge und -Wände, diaphragmatische ven- trale Muskelmembranen (Graber) in den vom Herzen weit entfernten Kör- pertheilen, Fühlern, Flügeln, Beinen, besonderez. B.inden Tibien wiePump- werke wirkende kontraktile Gebilde (bei Ephemeralarven im Schwanze), ersetzen die zur cordipetalen Blutströ- mung nicht ausreichende Herzkraft. Kurz: wo man auch die Saft- strömung eines Gliederthieres, sei es eines Krusters, sei es einer Spinne, sei es eines Insektes, ätiologisch untersuchen mag, immer findet man einmuskulöses cardiales Centralorgan mit propulsatorischer Kraft oder an- dere die Blut genannte Leibeshöhlen- an einer Corethra, um sich davon zu überzeugen. Von den vielen hinter einander liegenden Herzkammern zieht sieh, wie ich fand, die hinterste immer zuerst und am stärksten zusammen, oft ehe die vorderste sich entleert hat, und im re- gelmässiger Folge, auch in den vorderen Kammern in einer Art Peristaltik, wird das Blut ein- und ausgepumpt durch sehr energische Diastolen und Systolen. Denn auch die ersteren können hier nicht rein passiver Natur sein, was schon aus der eigenthümlichen Insertionsweise der Flügelmuskeln am Insektenherzen wahrscheinlich wird, sowie durch die von A. Brandt (1866) entdeckte That- sache, dass nach Durchschneidung dieser Seitenmuskeln das Herzlumen abnimmt. Letztere können daher als diastolische Hülfsmechanismen bezeichnet werden, welche während der Systole etwas gedehnt, nach Ablauf derselben sich lienkette. — D = Darm. flüssigkeit bewegende kontraktile Gebilde als Motoren. In vielen Fällen ist beides vereinigt. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist dabei der (von Dogiel gelieferte) Nachweis, dass die quergestreiften Muskelfasern des dorsalen Herzschlauchs (bei Corethra- Larven) mit Nervenfasern und Ganglienzellen in Ver- bindung stehen, durch welche wahrscheinlich der Rhyth- mus der Herzkammerkontraktionen regulirt wird. Das Protoplasma der Nervenfasern muss mit dem der Muskel- fasern oder kontraktilen Zellen in Verbindung sein. Endlich ist längst festgestellt, dass bei Arthropoden Körperbewegungen die Frequenz der Herzschläge steigern. Dasselbe muss auch für die Pulsationen der erweiterten Gefäss- abschnitte (physiologischen Aneurysmen) und kontraktilen Ge- fässstücke der Eehinodermen und Würmer gelten. (Frts. folgt.) 6 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 1. Ueber Zellhautbildung und Wachsthum kernlosen Protoplasmas macht Ed. Palla in der „Flora oder all- gemeinen botanischen Zeitung“ interessante Mittheilungen. In seiner Arbeit „Beiträge zur Physiologie der Pflanzenzelle“ ist Klebs zu dem Schlusse gekommen, dass die Zellhautbildung und das Längenwachsthum an die Gegenwart des Zellkernes gebunden sind, indem er zeigt, dass, wenn bei Plasmolyse der Protoplast einer Zelle in zwei oder mehrere Theile zerfällt, nur jener Theilproto- plast sich mit neuer Zellhawt umgiebt und unter Um- ständen in die Länge wächst, der den Zellkern enthält. Die Beobachtung, dass kultivirte Pollenschläuche, die an der Spitze geplatzt waren, häufig unterhalb der Wund- stelle eine Cellulosekappe bildeten und auf diese Weise ihr Protoplasma gegen die Umgebung wieder gänzlich ab- schlossen, veranlasste Palla, das Verhalten namentlich des vegetativen Kerns zu diesem Prozesse zu verfolgen. Er kam hierbei bald zu der unerwarteten Thatsache, dass die Bildung einer Cellulosekappe auch dann stattfinden kann, wenn der Pollenschlauch beim Platzen seiner beiden Zellkerne verlustig gegangen ist. Beobachtungen dieser Art wurden an den Pollenschläuchen von Leucojum ver- num und Galanthus nivalis gemacht. Fortgesetzte Unter- suchungen ergaben weiterhin, dass in den Pollenschläuchen mancher Pflanzen, wie Seilla bifolia, Hyacinthus orientalis, Gentiana exeisa, der Protoplast in mehrere Theile zer- fallen kann, die sich sämmtlich mit einer neuen Mem- bran umgeben. Diese Erscheinung kann auch in den unverletzten Pollenschläuchen der zuletzt genannten Pflanzenarten auftreten, kommt jedoch am häufigsten dann zum Vorscheine, wenn der Pollenschlauch an der Spitze geplatzt war, wobei in den meisten Fällen die Kerne mit ausgestossen werden, so dass sämmtliche im Pollenschlauche gebildete Kapseln kernlos sind. Bei einer Anzahl von Pflanzen endlich, wie Seilla bifolia, Hemero- eallis fulva, Dietamnus albus, Cytisus Weldeni, wurde be- obachtet, dass aus dem Pollenschlauche ausgestossenes Protoplasma sich auch dann mit einer Membran umgab, wenn es keinen Kern enthielt; ja, bei Seilla bifolia, Cytisus Weldeni und Dietamnus albus konnte festgestellt werden, dass in einzelnen Fällen solche kernlose Kapseln zu einem mehr minder grossen Schlauche auswuchsen. Da die vorstehend erwähnten Erscheinungen zu den Beobachtungen von Klebs im Gegensatze stehen, wurden, um das Verhalten kernlosen Protoplasmas zur Zellhautbildung auch von Zellen anderer physiologischer Funktion verglei- chen zu können, plasmolytische Versuche mit den Blättern von Elodea eanadensis angestellt. Dasselbe Resultat ergab sich für die glattwandigen Rhizoiden von Marchantia poly- morpha und die Zellen einer Oedogonium-Art. Das End- ergebniss war, dass auch hier kernlose Plasmapartien sich mit einer Membran umgeben können. Ebenso konnte konstatirt werden, dass in Zuckerlösung kultivirte Wurzel- haare, die an ihrer Spitze geplatzt waren und hierbei ihren Kern verloren hatten, analog den Pollenschläuchen von Leucojum vernum und Galanthus nivalis eine Cellu- losekappe bilden konnten. Aus allen angeführten Beobachtungen ergiebt sich, dass es nicht nothwendig ist, dass der Proto- plast, wenn er eine Zellhaut ausbildet, sich während dieses Prozesses noch im Besitze seines Zellkernes befindet.*) Einen etwaigen Schluss, dass *) Vergl. hiermit den Artikel „Ueber die Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen“ auf S. 44 und 45 Ba. II der „Naturw. Wochenschr.“, in welchem die Abhandlung des Prof. G. Haberlandt gleichen Titels (Jena 1887) besprochen wird. Haberlandt thut dar, dass in Zellen, welehe ein lebhaftes lokalisirtes Längenwachsthum zeigen oder eine starke, einseitige Verdiekung ihrer Membran aufweisen, der Zellkern eine solche Lage einnimmt, dass er direkt in der der Prozess der Zellhautbildung überhaupt in gar keiner näheren Beziehung zu der Zellkernthätigkeit steht, darf man aus dieser Thatsache nicht ziehen; sie spricht durch- aus nicht dagegen, dass hier Nachwirkungserscheinungen einer die Zellhautbildung bedingenden Thätigkeit des Zellkerns vorliegen könnten. Hiermit soll nicht etwa ge- sagt werden, dass vielleicht die Zellhautbildung als solche direkt vom Zellkerne bewirkt wird; wir haben. ja guten Grund ‚anzunehmen, dass sie die spezifische Eigenschaft eines bestimmten Organs ist. Es handelt sich vielmehr darum, ob nicht irgend welche Funktionen des Zellkernes so eng mit der Thätigkeit des zellhautbildenden Organs zusammenhängen, dass die Funktion der Zellhautbildung stets nur auf eine solche vorausgehende Funktion des Zellkernes hin erfolgt. Wäre dies der Fall, so müsste, wenn das zellhautbildende Organ auch nach der Ent- fernung des Zellkernes aus dem Protoplast weiter seine Thätigkeit fortsetzt, die ganze Erscheinung für eime Nach- wirkung der früheren Zellkernthätigkeit erklärt werden. Ob nun wirklich eine derartige enge Beziehung zwischen der Zellkernthätigkeit und der Zellhautbildung besteht, darüber ein bestimmtes Urtheil abzugeben, sind wir der- zeit noeh nicht berechtigt, da wir über die physiologischen Funktionen des Zellkernes noch durchaus im Unklaren und nur soviel anzunehmen gezwungen sind, dass der Zellkern das übrige Protoplasma irgendwie beeinflussen muss; deshalb müssen wir uns bezüglich der Ein- kapselungen kernlosen Protoplasmas mit dem oben auf- gestellten allgemeinen Satze begnügen. Wenn Palla dessenungeachtet die Meinung ausspricht, dass wir es in den angeführten Fällen wahrscheinlich doch mit Nach- wirkungserscheinungen der Thätigkeit des früher vorhan- denen Zellkernes zu thun haben, so geschieht dies aus, wie ich glaube, wohl berechtigten Gründen. Ein guter Theil der Beobachtungen wurde — wie ge- sagt — an Pollenschläuchen gemacht, also an Organen, die sich dureh ihr ungemein rasches Wachsthum auszeichnen, mit dem selbstverständlieh die Ausbildung einer Zellhaut Hand in Hand geht. Weiter wurde ein Theil plasmolytischer Versuche an Wurzelhaaren und Rhizoiden angestellt, denen bekanntlich nieht minder schnelles Wachsthum zu- kommt. Palla weist endlich darauf hin, dass bei vielen Oedogonium-Fäden Theilung der Zellen zu beobachten war und dass die zur Plasmolyse verwendeten Blätter von Elodea canadensis noch im, wenn auch oft nur schwachen, Wachsthume begriffen waren. Es zeigt sich also vor Allem, dass die kernlosen Protoplaste, an denen die Neu- bildung einer Membran konstatirt werden konnte, solchen kernhaltigen Zellen entstammten, welche meist im Wachs- thume begriffen waren, jedenfalls aber noch ihre Zellhaut verdiekten. Daraufhin dürfte sieh der Gegensatz zwischen den Versuchen einerseits von Klebs, andererseits von Palla zurückführen lassen. Klebs stellte, soviel aus seinen Dar- stellungen zu entnehmen ist, seine experimentellen Unter- suchungen hauptsächlich im Spätherbste und im Winter an, also zu einer Zeit, wo sich zweifelsohne die zu den Experimenten verwendeten Pflanzen in einem Ruhezu- stande befanden; nach der Plasmolyse umgaben sich nur kernhaltige Theilprotoplaste mit einer Zellhaut, weil offen- bar eben nur diese dureh den Zellkern, der jedenfalls durch die plötzlich geänderten Lebensbedingungen zur Thätigkeit veranlasst wurde, zur Zellhautbildung angeregt werden konnten. Von Oedogonium scheint Klebs gleich- nächsten Nähe des stärksten Wachsthums oder der stärksten Zell- hautbildung sich befindet oder wenigstens durch Plasmafortsätze auf dem kürzesten Wege mit jenen Stellen verbunden ist. Aus diesen Lagerungsverhältnissen schliesst Haberlandt, „dass der Kern beim Wachsthum der Zelle, speziell beim Dicken- und Flächenwachsthum der Zellhaut eine bestimmte. Rolle spielt.“ Nr. 1. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 7 falls nur solehe Fäden benützt zu haben, an deren Zellen in dem Augenblicke, wo sie der Plasmolyse ausgesetzt wurden, weder Wachsthum noch Membranverdiekung statthatte. Es würden also unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, unter denen von Klebs und Palla experimentirt wurde, Klebs’ Versuchsergebnisse einer- seits, Palla’s Beobachtungen andererseits entschieden da- für sprechen, dass die Zellhautbildung zu irgend einer Art der Zellkernthätigkeit in enger Beziehung steht und demnach die Einkapselungen kernlos gewordener Proto- plaste oder Protoplastentheile Nachwirkungserscheinungen dieser Zellkernthätigkeit sind. Hierzu kommt noch ein weiterer Umstand, auf den Gewicht gelegt werden muss. Es ist bekannt, dass in den Pollenschläuchen der vegetative Kern immer mehr an Substanz abnimmt, als der Pollenschlauch länger wird, bis er sich schliesslich in vielen Fällen nicht mehr nachweisen lässt. Nicht minder auffallend ist es, dass er sich, trotzdem er mit der Befruchtung nichts zu thun hat, dennoch fast regelmässig in der Pollenschlauchspitze aufhält, also im der Nähe jenes Ortes, wo das Längen- wachsthum des Pollenschlauches vor sich geht. Aehn- lichem Verhalten wie bei den Pollenschläuchen begegnen wir auch bei den Wurzelhaaren und Rhizoiden; auch bei diesen hält sich der Zellkern unterhalb der fortwachsen- den Spitze auf und geht mit der Grössenzunahme dieser Organe oft weitgehende Fragmentationen ein. Beide Thatsachen aber, die Lagerungsverhältnisse sowohl als die Strukturveränderungen des Zellkernes, dürften hier gleichfalls wohl am besten durch die Annahme zu er- klären sein, dass zwischen der Zellkernthätigkeit einer- seits .und dem Wachsthume und der Zellhautbildung andererseits irgend ein Zusammenhang besteht. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass in solchen Pflanzenzellen, in denen von selbst ein Zerfall des Protoplasts in zwei oder mehrere Theile eintritt, es stets nur der den Zellkern enthaltende Theil war, an dem die Ausbildung einer Membran festgestellt werden konnte. Es ist nun nicht ausgeschlossen, dass hier ge- legentlich Einkapselungen auch kernloser Theile aufge- funden werden. Zweifellos tritt aber in den meisten Fällen eine Einkapselung nur der kernhaltigen Plasma- partien ein. Gerade mit Rücksicht auf die entgegen- gesetzten Resultate der experimentellen Versuche ver- dienen die hierher gehörigen Beispiele jedenfalls eine nochmalige eingehende Untersuchung; namentlich wäre es von Wichtigkeit, die ganze Erscheinung, wo möglich an lebendem Materiale, Schritt für Schritt zu verfolgen. Man könnte vielleicht gegen die Annahme der Zell- hautbildnng kernlos gewordener Protoplaste als einer Nachwirkungserscheinung die Einwendung machen, dass bei Elodea canadensis und Oedogonium die Zellhaut- bildung erst nach mehreren Tagen sich einstellte, während man doch, wenn sie eine Nachwirkung der Zellkern- thätigkeit wäre, erwarten möchte, dass sie möglichst bald in Erscheinung treten werde. Dagegen kann man aber immer annehmen, dass durch die Plasmolyse das zellhaut- bildende Organ zunächst derart beeinflusst wird, dass es vorerst nicht im Stande ist, seine zellhautbildende Funktion fortzusetzen; erst nach einiger Zeit, wenn sich der Proto- plast an die neuen Lebensbedingungen gewöhnt hat, wird das Organ befähigt, seine Thätigkeit wieder aufzu- nehmen. Schwieriger wäre es freilich, sich vorzustellen, wie es kommt, dass die nachwirkende Zellkernthätigkeit sich noch nach dem Ablaufe einer so langen Zeit geltend machen könne. Auf Erklärungsversuche zur Beant- wortung dieser Frage kann hier aber schon aus dem Grunde nicht eingegangen werden, weil zuerst die ver- das übrige Protoplasma näher erörtert werden müssten, was zu weit führen würde. Es ist jedoch klar, dass auch dieser schwierige Punkt gegen die Annahme einer Nachwirkung der Zellkernthätigkeit nieht geltend gemacht werden kann. Es soll hiermit übrigens nicht behauptet werden, dass die hier vorgebrachten Umstände, welche dafür sprechen, dass die Ausbildung einer Membran seitens ihres Kernes beraubter Protoplaste als eine Nachwirkungs- erscheinung der Thätigkeit des früher vorhandenen Zell- kernes aufzufassen ist, die Annahme einer solehen Nach- wirkung als über jeden Zweifel erhaben hinstellen. Eine sichere Entscheidung der Sache müssen uns erst fernere Untersuchungen bringen, denen namentlich obliegen wird, festzustellen, ob kernlos gewordene Protoplaste immer nur dann im Stande sind, eine Zellhaut zu. bilden, wenn an ihnen in dem Augenblicke, wo sie des Zellkernes ver- lustig wurden, eine Ausbildung der Zellhaut vor sich ging. „Fressen die europäischen Tropidonotus - Arten höhere Wirbelthiere?!* — Wie lohnend immer auf's Neue angestellte genaue Beobachtungen über unsere gewöhn- liehsten „Thiere der Heimath“ sind, geht aus einem Auf- satz Joh. von Fischer’s hervor, der die obige Frage auf Grund langjähriger Erfahrungen zur Entscheidung zu bringen scheint (Zool. Anz. 1890, S. 507). Fischer ver- neint dieselbe und befindet sich damit in Ueberein- stimmung mit Franz Werner und Fischer-Sigwart. Auch suehte er dureh Umfrage die vorliegende Frage zu lösen, und er erhielt auf etwa S00 Anfragen 627 gleichfalls ver- neinende Antworten. Er beobachtete selbst, dass unsere Ringelnatter wie auch ihre Verwandten Tropidonotus viperinus und tesselatus selbst in ausgehungertem Zustand nichts von Säugern, Vögeln oder Eidechsen wissen wollen. Sie beissen zwar dann, wie nach jedem sich bewegenden Thier, so auch in die genannten T'hiere, lassen aber jedesmal unter deutlichen Ekelbewegungen los. Diese Beobachtung konnte bis zu ihrem Hungertod fortgesetzt werden. Das geringe Accommodationsvermögen des Schlangenauges er- klärt das ergebnisslose Hinbeissen. Das Loslassen der Beute erfolgt offenbar weniger in Folge Geschmacks- als Tastempfindungen. Die Nahrung besteht also aus Lurchen, deren Larven, Fischen und Wirbellosen. Dr. €. M. Ueber die Bildungsweise der marinen Kalk- absätze und des Tiefseethones hat ©. Ochsenius kürzlich Erklärungen veröffentlieht. Er weist nach, dass die Seethiere den Gyps des Öceanwassers, entgegen früheren Annahmen, zu zersetzen vermögen, indem sie das Chlornatrium mit Hülfe der ihnen zu Gebote stehen- den Kohlensäure in Soda und freie Salzsäure verwandeln, letztere ausgeben und das erzeugte Natriumcarbonat mit dem Gypse umsetzen in Glaubersalz und Caleiumcarbonat, dieses für sich verwenden und jenes ebenso wie die Salz- säure aussondern. Die Salzsäure nimmt sich dann der im Meere gelösten kieselsauren Alkalien, die aus der Verwitterung der Silieatgesteine der Uferränder ete. her- rühren, an und macht die Kieselsäure zu Gunsten der Glasschwämme, Diatomeen ete. verfügbar, wogegen das Glaubersalz sieh mit Chlormagnesium in Bittersalz und Chlornatrium umsetzt und der Silieatrest, d.h. der Thon, in die Tiefe sinkt, wo bei 4000 m kein Kalkabsatz mehr zu Stande kommt, weil er von dem grossen Kohlensäure- gehalt mit starkem Druck gelöst wird. Die einzelnen Vorgänge, besonders die Zersetzung des Chlornatriums durch Kohlensäure, welche den Schwer- punkt der ganzen Erklärung bildet, belegt Ochsenius in mehrfacher Weise (s. darüber auch L. Liebermann in Chemik.-Ztg. 1890, 594), und fügt noch die Mittheilung schiedenen Möglichkeiten der Einwirkung desZellkernesauf | an, dass Thon keineswegs, wie früher behauptet, im 8 Naturwissenschaftliche Wochensehrift. Nr. 1. Globigerinenschlamm ganz fehle; derselbe geht jedoch sehr leicht zwischen den Kalkschälchen der Foraminiferen hindurch in die Tiefe; v. Gümbel hat solehen, wenn auch dementsprechend in nur geringer Menge, noch neulich in den marinen Kalksedimenten nachgewiesen (N. Jahrb. Min. 1890, 53; Natur 1890, 199; Chem.-Ztg. 1890 No. 27). X. Ueber die Wärme des Mondes und der Sterne hat der englische Physiker ©. V. Boys eine interessante Abhandlung veröffentlicht, auf deren Ergebnisse wir unsere Leser glauben aufmerksam machen zu müssen. Bekannt- lich benutzt man bisher zur Messung von so kleinen Wärmemengen, wie sie von dem Monde oder den Sternen zu uns gelangen, entweder die Thermosäulen oder aber das ungemein empfindliche Bolometer, einen Apparat, über dessen Leistungen wiederholt in diesen Spalten berichtet worden ist. Die Quarzfäden, über deren Herstellung, Verwendung und Leistung wir an dieser Stelle gleichfalls eingehend Bericht erstattet haben, sind nun von ihrem Entdecker Boys u. A. auch zu einem Apparate verwendet worden, der an Empfindlichkeit sogar das Bolometer über- treffen soll. Dies „Radiomikrometer“, wie der Apparat von Boys genannt worden ist, besteht im Wesentlichen aus einem Ringe von zwei Metallen, die thermoelektrisch verschieden sind, und aus einer Kupferdrahtverbindung. Dieser Kreisring hängt an einem Quarzfaden zwischen den Polen eines starken Elektromagneten; sobald die Löthstelle des Ringes von Wärmestrahlen getroffen wird, entsteht ein Strom im Ringe und der letztere wird abge- lenkt. Die zu erwärmende Masse des Ringes ist sehr klein, so dass es aussichtsvoll erschien, diesen ungemein empfindlichen Apparat zur Messung der Wärme des Mondes und der Sterne zu verwenden. Zu dem Zwecke sammelte Boys die Strahlen mittelst eines Refleetors und liess sie auf den Ring bezw. die Löthstelle fallen. Es waren natürlich Vorkehrungen getroffen worden, dass keine fremde Wärme aus der Umgebung des Apparates die Messungen störte und zugleich war eine Einriehtung zur Controle der Ein- stellung getroffen. Ohne auf das Detail der Einrichtungen einzugehen, sei erwähnt, dass die Beobachtungen in einem freigelegenen Garten angestellt wurden, und zwar fanden dieselben nur gelegentlich statt, im September und December 1888, im April 1859 und im April 1890. Unter den Ergebnissen dieser Messungen sei zunächst angeführt, dass der dunkle Theil des Mondes keine Spur von Wärme erkennen liess; der helle Theil hingegen brachte eine Ablenkung hervor, die in der Umgebung der Lichtgrenze erheblich geringer war. Ein interessantes Resultat hat Boys gelegentlich der Untersuchung des Vollmondes erhalten; er liess die Strahlen des Mondes einmal durch reines Glas gehen und dann erst auf die Löthstelle fallen, darauf entfernte er das Glas, so dass die Strahlen direet auf die Löthstelle trafen. Die Ab- lenkungen in beiden Fällen hat Boys in zwei Curven dar- gestellt, die auffallenderweise symmetrisch sind, allmäh- lich zu einem Maximalwerth — der Mitte der Vollmond- scheibe entsprechend — ansteigen und dann ebenso wieder sinken. Auffallend ist eben, dass beide Hälften der Mondscheibe gleiche Ablenkungen zeigen, also die gleiche Wärmemenge ausstrahlen, trotzdem die eine Seite bereits 7—14 Tage von der Sonne bestrahlt worden war. Ferner zeigen diese Curven, dass die durch das Glas gegangene Wärme 25 pCt. der ab- sorbirten Wärmemenge beträgt. Eine etliche Tage später angestellte Untersuchung der Theile des Mondes, an denen die Sonne eben aufgehört hatte zu scheinen, ergab keine Ablenkung. Was die Wärme der Sterne anbelangt, so waren die hierauf. gerichteten Untersuchungen von Boys ebenfalls nur fragmentarischer Art. Indessen geht aus den ge- machten Beobachtungen hervor, dass diese Wärmewirkung eine ungemein geringe sein muss, sie war mit diesem äusserst empfindlichen Instrumente nieht nachzuweisen. Die Versuche erstreckten sich auf die hellen Stellen im Pegasus, im Orion, in der Andromeda, ferner auf Alde- baran, Castor, Uapella, Saturn, Mars und andere helle Gestirne. Es zeigte sich stets, dass eine Wärmewirkung dieser Sterne nicht nachgewiesen, geschweige denn ge- messen werden konnte. Eine Bestimmung der Empfind- lichkeit des zu den Versuchen benutzten Radiomikro- meters ergab, dass das letztere sicher Y/;,000 der vom Vollmonde ausgestrahlten Wärmemenge würde haben er- kennen lassen. Indessen wurde eine derartige Wirkung bei keinem Sterne wahrgenommen. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Sternenwärme, im Gegensatz zu den Resultaten anderer Beobachter, schwer- lich wird gemessen werden können, selbst wenn die Empfindlichkeit des Instrumentes noch weiter getrieben wird, wie Boys es zu thun beabsichtigt. Interessant wäre eine Vergleichung der Untersuchungen Langley’s mit denen von. Boys, indessen glaubt der letztere hierauf vorläufig noch verzichten zu sollen, da der Apparat nicht die hierzu erforderlichen Einrichtungen anzubringen erlaubte. Boys beabsichtigt, systematische Beobachtungen anzustellen und zu dem Zwecke ein grösseres Teleskop und ein empfindlicheres Radiomikrometer mit kleineren Kreisen zu verwenden. Ferner soll alsdann die Ab- lenkung des Zeigers fortgesetzt auf photographischem Wege registrirt werden, um daraus die Curven mit einem grösseren Grade der Genauigkeit ableiten zu können. Mit diesen Mitteln glaubt Boys sogar örtliche Verschie- denheiten in der Wärme des Mondes auffinden zu können, was ihm bei den geschilderten, mehr orientirenden und fragmentarischen Beobachtungen nicht gelungen ist. Hoffentlich ist Boys bald in der Lage, diese ungemein interessanten Untersuchungen zur Ausführung zu bringen. Es sei zum Schlusse noch darauf aufmerksam ge- macht, dass Boys in einem vor der British Association in diesem Jahre gehaltenen Vortrage (vergl. „Nature“ vom 16. October 1890) sich sehr eingehend und klar über die Quarzfäden, ihre Herstellung und ihre Anwendung in dem Radiomikrometer sowie zu dem Cavendish Ex- periment ausgesprochen hat. Die Experimente, welche Boys vor der British Association mit beiden Instrumenten ausgeführt hat, sind sehr ausführlich und deutlich be- schrieben. Ueber die Rotation eines Leiters im magnetischen Felde hat H. Dufour eine Mittheilung veröffentlicht, deren Ergebniss wohl weiteres Interesse verdient. Wenn ein Leiter, etwa Kupfer, zwischen den Polen eines Magneten rotirt, so entstehen in demselben die sogenannten Fou- eault’schen Induktionsströme, welche die Rotation hemmen. Lässt man nun, wie dies gewöhnlich geschieht, einen Kupferwürfel etwa an einem gedrillten Faden zwischen den Polen eines Elektromagneten rotiren, so hört diese Drehung sofort auf, sobald der Elektromagnet in Wirk- samkeit versetzt wird. Die Erklärung für diese That- sache findet man gemeinhin in der Wirkung der Induktions- ströme. : Diese Erklärung kann aber schwerlich richtig sein. Denn lässt man einen Kupfereylinder um eine Axe rotiren, und setzt man den Elektromagneten in Wirksam- keit, so hört die Drehung; keineswegs auf, es tritt nur eine Verlangsamung derselben ein. Indem Dufour hierauf aufmerksam macht, führt er aus, dass die Foucault’schen Ströme zu ihrer Entstehung und Existenz die Drehung der Kupfermasse voraussetzen, dass sie mithin auch auf- Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 9 hören, sobald die Bewegung zum Stillstand kommt. Die Wirkung dieser Induktionsströme kann also nur in einer Verlangsamung der Drehung bestehen, wie dies bei einem Kupfereylinder zu beobachten ist. Dufour erklärt nun das Stillstehen des Kupferwürfels durch die diamagnetische Wirkung des Elektromagneten auf den letzteren; diese Wirkung hält der Torsion des Fadens das Gleichgewicht. Man muss gestehen, dass diese Erklärung vieles für sich hat. Schliesslich giebt Dufour noch an, dass, wie theo- retisch zu vermuthen war, die Rotationsbewegung einer Kupferscheibe im magnetischen Felde zwar unregelmässig aber periodisch ist. (Vergl. „Archive des seiences physiques et naturelles 1890). Beobachtungen über die atmosphärische Polari- sation hat Friedrich Busch in den Jahren 1886 bis 1889 angestellt. (Programm des kgl. Gymn. in Arnsberg.) — In seiner Abhandlung bringt Verf. zunächst eine sorgfäl- tige Literaturübersicht, dann folgen die Beobachtungen über die Wanderungen der neutralen Pnnkte von Arago und Babinet am Himmelsgewölbe, mit Angabe der nähe- ren Umstände der Beobachtungen und ihrer Ausführung, dann bringt er eine Diseussion der Resultate, sowie die Abweichungen einzelner Beobachtungsreihen vom Jahres- mittel, ferner sehr interessante und wichtige Beobachtungen über Polarisation der Wolken und des häufig auftretenden Sonnenringes von 22° Radius. Wir verdanken dem Ver- fasser das Gesetz, dass der Abstand des Babinet’schen Punktes von der Sonne bei Sonnenuntergang zu- und später wieder abnimmt, das umgekehrte Verhalten des früher allein bekannten Arago’schen Punktes hat bereits G. A. Kloeden 1837 festgestellt. In der Vergrösserung der Entfernung der Abstände dieser beiden Punkte, die im Jahre 1556 noch sehr bedeutend die normalen Werthe übertraf, lässt sich noch eine Nachwirkung der atmosphä- rischen Störung durch den Krakatau-Ausbruch erkennen. Auch über die Polarisation liefern die Arbeiten des Ver- fassers einige neue Sätze, deren wesentlichster ist, dass mit einer dichteren Zusammenlagerung und Grössen- zunahme der trübenden Theilchen in der Atmosphäre der Abstand der neutralen Punkte von der Sonne wächst, was durch die Beobachtungen von 1886 genügend unter- stützt wird. Indessen ist die eigentliche Ursache der atmosphäri- schen Polarisation noch nicht festgestellt, da es noch immer unentschieden ist, welchem Faetor die Haupt- wirkung zufällt, resp. inwieweit jeder derselben daran betheiligt ist, nämlich ob Beugung, Brechung oder Re- flexion des Lichtes oder alle drei gleichzeitig diese Er- scheinung hervorrufen. Der Verfasser erwartet weitere Aufschlüsse darüber nur durch eine Fortsetzung der Tyndall’schen Experimente, sowie durch systematisch fortgesetzte Polarisationsbeobachtungen der Atmosphäre. E. W. Neue Synthesen des Indigos und verwandter Farb- stoffe ist der Titel emer interessanten Arbeit, die Herr Prof. Karl Heumann in Zürich in den Berichten der deutschen ehemischen Gesellschaft veröffentlicht hat. Professor Heumann nahm als Ausgangspunkt seiner Ver- suche das Phenylglycocoll, das sich dadurch als ge- eignet zu der erstrebten Synthese empfahl, dass es die Atomgruppen in der erforderlichen Reihenfolge ent- hielt und durch Abspaltung von Wasser zum Ziele führen konnte. Ohne auf die theoretische Ueberlegung hier näher einzugehen, sei nur der Hauptpunkt der Synthese nach der genannten Quelle wiedergegeben: Wenn 1 Theil Phenylglyeocoll (weisse Krystalle, durch Erwärmen von Anilin mit Chloressigsäure darzustellen) mit etwa 2 Theilen Aetzkali in einer Retorte bei möglichstem Luftabschluss zusammengeschmolzen wird, so färbt sich bei etwa 260°, rascher bei noch höherer Temperatur, die stark aufschäu- mende Masse gelb und dann tief bräunlich orange. Bringt man nun mit einem Glasstab Proben der Schmelze in Wasser, so bildet sich augenblicklich an der Oberfläche der Flüssigkeit eine dunkelblaue, bald kupferroth schim- mernde Haut, welche aus reinem Indigo besteht. War jener Punkt erreicht, so ist das Erhitzen rasch abzu- brechen; andernfalls wird der Indigo liefernde Körper in der Schmelze bald zerstört. Nach dem Erkalten löst man letztere in Wasser und leitet einen Luftstrom hindurch oder setzt die Flüssigkeit in flachen Gefässen der Luft aus. In kurzer Zeit ist eine sehr voluminöse Ausscheidung pulvrigen Indigos erfolgt. Der Versuch gelingt so leicht, dass man ihn als Vorlesungsversuch im Reagensröhrehen in wenigen Mi- nuten ausführen kann. Nimmt man die Auflösung der Schmelze bei voll- kommenem Luftabschlusse vor, so wird eine gelbe Küpe erhalten, welehe beim Aussetzen an die Luft sofort Indigo abscheidet. Versetzt man die Lösung der Schmelze mit Eisenchlorid und Salzsäure, so scheidet sich ebenfalls Indigo aus. Statt des Aetzkalis kann auch Aetznatron bei der Schmelze verwendet werden, doch ist in diesem Falle die Reaetionstemperatur etwas höher. Wir fügen diesen interessanten Resultaten noch die Bemerkung hinzu, dass das beschriebene Verfahren der Indigogewinnung bereits in verschiedenen Ländern paten- tirt ist. Auch einige andere, mit der obigen verwandte Methoden der Darstellung des Indigos und ähnlicher Farb- stoffe sind zur Patentirung angemeldet worden. Die wissenschaftlieche Erforschung des erschlossenen Gebietes möchte Prof. Heumann sich und seinen Schülern vorbehalten. Jedenfalls bedeutet diese Synthese einen wichtigen Fortschritt in ehemiseher wie in technischer Beziehung. Ueber den Planeten Saturn. — Im Appendix II zu den Washingtoner Beobachtungen von 1885 theilt der amerikanische Ästronom Asaph Hall die Resultate seiner 15jährigen Untersuchungen des Saturn mit, welche am 26 zölligen Refractor der Washingtoner Sternwarte in den Jahren 1874-89 angestellt wurden. In Kürze ist das Ergeb- niss folgendes: Auf der Oberfläche der Saturnskugel selbst zeigten sich während der ganzen Zeit, mit Ausnahme eines eleich zu erwähnenden Falls, nur geringe Veränderungen; nach den Polen hin war die Farbe immer ein dunkles Grau mit einigen schwachen Streifen. Am 7. Dezember 1876 trat jedoch in der Nähe des Aequators ganz plötzlich ein weisser Fleck auf, der bis zum 2. Januar 18577 von mehreren Astronomen beobachtet werden konnte und durch seine Bewegung für die Rotationsdauer des Saturn den ziemlich sichern Werth 10 Stunden 14 Minuten und | 24 Sekunden lieferte, eine Zahl, die nur um 1'/, Minuten von derjenigen W. Herschel’s abweicht, wobei eine even- tuelle Eigenbewegung des weissen Flecks noch nicht berücksichtigt ist. Die von Trouvelot während der Oppo- sition 1574 gesehene Einkerbung. in der Grenzlinie des Saturnschattens auf dem Ring hat nie konstatirt werden können; dagegen machte sich 1876 eine geometrische Anomalie bemerkbar, indem nämlich die eonvexe Seite dem Planeten gerichtet erschien. — In Bezug auf das Ringsystem wurde Folgendes beobachtet: Der sogenannte „dunkle Ring“, der innerste, leuchtete in guten Nächten ziemlich hell und deutlich, und ein scharfer Uebergang von ihm zum nächsten der Hauptringe fand nicht statt. Von diesen ist der innere der hellere; er war nie mehrere Theile zerlegt. Die Cassini’sche der Kurve nach in 10 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. N le Trennung konnte in klaren Nächten gut verfolgt werden, doch kam es Hall so vor, als ob noch kleine, feine Materientheilchen in diesem relativ dunklen Raume zer- streut seien. Die „Encke’sche Trennung“ des äusseren Rings konnte nicht mit Sicherheit konstatirt werden. Im Ganzen war das Bild des Saturn bei den starken Vergrösserungen (bis zu 888facher) durch die Einflüsse der Atmosphäre mitunter grossen und schnellen Veränderungen unterworfen, nicht nur von einem Tag zum andern, sondern sogar während verschiedener Stunden eines und desselben Beobachtungsabends. M. Heinrich Will f. — Der Nachfolger Liebig’s zu Giessen, Prof. Heinrich Will, ist am 15. Oktober 1890 gestorben. Er gehörte nebst Kopp, Fresenius, v. Hof- mann und v. Pettenkofer zu den hervorragendsten Schülern Liebig’s; seine wissenschaftlichen Arbeiten, namentlich sein grosses Werk über Chemische Analyse, brachten ihm Weltruhm ein. Fragen und Antworten. In welcher Weise zeigt sich (Perlsucht) des Rindviehs ? Wir beantworten die obige Frage nach den Angaben F. A. Zürns, die er in seinem Werke „Die Schmarotzer auf und in dem Körper unserer Haussäugethiere“, 2. Aufl. (Verlag von Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1889) bietet. Im Grossen und Ganzen zeichnet sich die Tuberkulose die Tuberkulose der Hausthiere dadurch aus, dass sie — einige Aus- nahmefälle abgerechnet — sehr langsam verläuft, dass zunächst Abmagerung, trotz vorhandenem guten, ja selbst vermehrten Appetit und Aufnahme ausreichender Mengen Futters, bei den Kranken eintritt, die gradatim zunimmt und nach Wochen oder Monate langem Bestehen unter Auftreten prägnanterer Symptome von Ernährungsstörung, wie Anämie, Harthäutigkeit, Schwäche und Hinfälligkeit, zur vollen Auszehrung führt. Fieber ist oft schon Anfangs vorhanden, wenn die erkrankten Thiere noch fast ganz munter erscheinen; es ist meist während der ganzen Krankheit nachzuweisen, freilich bald stärker, bald ge- ringer, zuweilen nur periodisch wahrnehmbar oder einen intermittirenden Charakter aufzeigend. Die ersten Anfänge der Tuberkulose werden, da auf- fallende Gesundheitsstörungen fehlen, meist übersehen, werden nicht bemerkt. Je nach den Organen, welche Tuberkeln halten, je nach dem Körpertheil, der zuerst getroffen wird (primäre Tuberkulose) und von dem aus die Krankheit auf andere lebenswichtige Organe fort- gepflanzt wird (sekundäre Tuberkulose), müssen die Krank- heitszeichen sehr verschieden sein. Je nach der tuberkulösen Erkrankung der verschie- denen Organe spezifiziren und erweitern sich diese Kenn- zeichen. Bei der Lungentuberkulose ist Husten im der Regel das erste Zeichen, welches bemerkt wird; er tritt dann nicht oft ein, Morgens zumeist, wenn nach Oeffnen der Stallthür frische Luft in den Stallraum dringt, oder bei und nach dem Tränken, bei Aufnahme aufgebrühten Futters (Schlempe), nach dem Aufstehen der Thiere. Anfangs ist der Husten meist ein troekner, kurzer, dum- pfer, später treten länger dauernde Hustenanfälle ein, die das Thier quälen, und ist dann auch ein geringer Auswurf oder Nasenausfluss zu bemerken; bei sehon fort- geschrittener Krankheit kann es vorkommen, dass bei einem der krampfartigen Hustenanfälle plötzlich Erstiekung einzutreten droht, dann nämlich, wenn der erweichte In- halt der Tuberkelheerde oder der schmierige Inhalt der sogenannten Cavernen in den Lungen nach den grösseren Bronchien durchzubrechen Gelegenheit gehabt hat; der Nasenausfluss ist dann missfarbig und sehr übelriechend, oder schleimig-eitrig, diek, klumpig, käsig, auch meist von üblem Geruch. Das Athmen geschieht erschwert und ist beschleunigt, mit der grösseren Ausbildung der Krankheit nimmt solehes zu, zuletzt kann es sehr erschwert und keuchend sein. Bei Pferden wird oft Dampf durch die Athmungs- beschwerden vorgetäuscht. Alle mit der Krankheit behafteten Thiere suchen durch Einnehmen gewisser Stellungen und Lagen sieh das Athmungsgeschäft zu erleichtern, wenn das Uebel nur einigermassen in der Entwickelung fortgeschritten. Rinder stehen mit vom Brustkorb abgewendeten Schulter- blättern, oder doch breitspurig, bodenweit mit den Vorder- füssen. : Mit der Lungentuberkulose, wie mit jeder nicht lokal bleibenden Tuberkulose, geht Hand in Hand die sich nach und nach zur vollen Auszehrung steigernde Abmage- rung. Zurückgehen im Ernährungszustand, glanzloses, struppiges Haar, allmälig zunehmende Harthäutigkeit, eintretende Anämie (Blässe der sichtbaren Schleimhäute, der Haut, besonders am Euter und der Scham bei Kühen), trotzdem der Appetit der Patienten ungemindert, ja viel- leicht stärker als sonst war und Gelüste nach besonderen Nährsubstanzen kundgegeben wurden. Endlich treten auch Appetits- und Verdauungsstörungen ein, dies nament- lich wenn der Kräfteverfall, Schwäche und Hinfälligkeit deutlicher werden. Langdauernde, nieht zu beseitigende Blähsucht findet sieh vor, wenn die stark vergrösserten Lymphdrüsen des Mittelfelles die Speiseröhre zusammen- drücken. Das Finale bilden Erstickungsanfälle und wird der Tod durch Erstickung herbeigeführt, oder es treten schliesslich-Durchfälle ein, die die Kranken aus Erschöpfung sterben lassen. Die Tuberkulose der vorderen Athmungswege. Bei Rindern kommen Tuberkeln an den Nasenausgängen (Choanen), im Kehlkopfslumen und in der Luftröhre vor. Erschwertes Athmen gesteigert bis zu Erstickungszufällen können solehe Vorkommnisse kennzeichnen, jedenfalls ist ein schnaubendes Athmen oder gar ein Hartschnaufen vorhanden. Die Tuberkulose der Lymphdrüsen. Bei der Diagnose der in Frage stehenden Krankheit ist auf An- schwellung, Vergrössert- und Hartsein von Lymphdrüsen besondere Aufmerksamkeit zu richten. Von den tuberkulösen Erkrankungen der anderen Organe erwähnen wir nur noch, um nicht zu weitläufig zu werden, als besonders wichtig wegen des Milch- sebrauchs durch den Menschen, die Tuberkulose des Euters, die bei Kühen leider so häufig ist. Eine, ohne prägnante Entzündungserscheinung eintretende Schwellung eines Eutertheiles ist zunächst zu beobachten, die Schwel- lung ist Anfangs mehr diffus verbreitet, bei der Berührung der schon bei Beginn harten, später oft steinhart werden- den Geschwulst wird vom Patienten kein Schmerz kund- gegeben ; später wird die Schwellung begrenzter, unebener, höckerig, sehr hart. Milch im ersten Anfang normal, später wässerig und dünn, endlich versiegt sie im kranken Eutertheil; Baeillen sind stets in ihr vorzufinden, nament- lieh wenn man vor den einzuleitenden Färbeversuchen die Fettkügelehen der Milch durch geeignete Chemikalien entfernt hat. Die Milch tuberkulöser Kühe kann Tuberkel- baeillen enthalten, auch wenn das Euter solcher nicht mit Tuberkeln durchsetzt ist. Nr. 1. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 11 Litteratur. Menge, Die Pfahlbauten. Vortrag, gehalten im Alterthumsverein Sangerhausen. (Verlag von Bernhard Franke.) Sangerhausen und Leipzig ohne Jahreszahl. Der Verf. berührt zunächst kurz die Ueberlieferungen IIerodot’s und Hippokrates’ in Betreff von Pfahlansiedlungen in Thracien und an der Ostküste des schwarzen Meeres, schildert derartige Anlagen heutigen Ursprungs in Neu-Guinea und Hinter- indien und geht dann zur ausführlichen Besprechung der Meilener Entdeekung dureh Messikomer und Ferd. Keller über. Die geo- graphische Vertheilung der Pfahlbauten, die oft recht seltsamen, früheren Hypothesen über den Zweck dieser Anlagen werden er- wähnt. Verf. reconstruirt dann in Gedanken eine Pfahlansied- lung an der Hand der durch die Schussenrieder Funde erhaltenen Daten — nebenbei bemerkt, die hübseheste mir bekannte bild- liche Darstellung einer derartigen Anlage ist die von Violelle- Due, sie leistet mehr als alle Worte. Die Herstellungsweise der in der ersten und zweiten Periode ausschliesslich herrschenden Feuerstein-, Diorit-, Nephrit- ete. Beile und -Hämmer wird besprochen. wobei wir gelegentlich er- fahren, dass man, nach Forel's Versuchen, auch mit den denkbar primitivsten Mitteln, in einem halben Tage etwa, ein den Pfahlbau- beilen vollkommen ähnliches fertig zu stellen vermag. Hinsiehtlich der geschwärzten Thongefässe dürfte Manchen die Thatsache neu sein, dass dergleichen Geräthe zuweilen mit Zinnornamentik versehen vorkommen — dies wäre ein prähisto- risches Seitenstück zu den noch heutzutage in Indien gefertigten schwarzen Thonwaaren, deren Gravirung mit Zinnamalgam ein- gerieben wird, aus dem man später das Quecksilber durch Er- hitzen verjagt. Die indische Abtheilung des Berliner Völker- museums weist hübsche Proben davon auf. Sehr vollständig ist das Menu des Pfahlbauern vom Verfasser angegeben, woraus zu ersehen, dass es den Leuten in diesem Punkte keineswegs so schlecht ging, wie V. v. Scheffel uns Glauben machen will: „Und denk’ ich der Art, wie wir kochen, Gesteh’ ich selber: 's arg. Wir spalten dem Torfschwein die Knochen Und saugen als Kraftsaft das Mark.“ Das Fehlen der gebratenen Weihnachtsgans war allerdings ein entschiedener Mangel, der nur durch die Mittheilang: „Woh- nungen garantirt Ratten- und Mäuse- frei!“ in etwas gemildert wird. Genug. angelegentlichst empfohlen. Das kleine anregend geschriebene Essay sei hiermit A.N. F. Höck, Nährpflanzen Mittel-Europas, ilıre Heimath, Ein- führung in das Gebiet und Verbreitung innerhalb desselben. Verlag von J. Engelhorn. Stuttgart 1890. Das vorliegende Heft von 67 Seiten bildet Heft I des 5. Bd. der von Prof. Dr. A. Kirchhoff herausgegebenen „Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde“. Der Verfasser hat sehr fleissig und mit Verständniss das ihm zur Verfügung stehende Litteratur-Material über seinen Gegen- stand benutzt und seine Zusammenstellung ist daher brauchbar. Es ist über Ursprung und Einführung der Nährpflanzen so sehr viel geschrieben worden. dass man die Litteratur nur sehr schwer — und besonders wenn man genöthigt ist, an einem kleinen Örte zu arbeiten — zusammenzubringen im Stande ist. Man kann es dem Verfasser daher nicht weiter verargen, wenn er vielfach die ersten Quellen eitirt, die sich ilım bieten, ohne auf die Ur- quellen, aus denen jene geschöpft haben. zurückzugehen. Dass der Autor sich bezüglich der Heimath der Nährpflanzen im Ganzen auf A. de Candolle’s klassisches Werk: „Der Ursprung der Kulturpflanzen“ gestützt hat, ist selbstverständlich. Demjenigen, der eine kurzgedrängte Darstellung über den behandelten Gegen- stand wünscht, wird die Arbeit Höck’s gelegen kommen. ——— Rudolf v. Kövesligethy, Grundzüge einer theoretischen Spec- tralanalyse. Verlag von H. W. Schmidt, Halle a. S., 1590. Nach der Grundlegung der Spectralanalyse durch die epoche- machenden Arbeiten von Kirchhoff und Bunsen hat dieses Gebiet eine stetig wachsende Zahl von Forschern zu experimentellen Untersuchungen von mehr oder minder grosser Tragweite Anlass gegeben. Seit einer kurzen Reihe von Jahren macht sich aber immer merklicher das Bestreben geltend, eine theoretische Spee- tralanalyse zu schaffen, ein Forschungsgebiet, auf dem zwar be- reits schöne Resultate erlangt sind, welches aber noch viel mehr verspricht. Die Bedeutung der theoretischen Speetralanalyse er- hellt zur Genüge aus dem Umstande, dass sich die Akademie der Wissenschaften zu Berlin veranlasst gesehen hat, die wich- tigen Untersuchungen, welche Kayser und Runge über die Speetra der Elemente begonnen haben, pecuniär zu fördern. Auch der Verf. des vorliegenden Werkes ist in dem neuen Felde bereits früher mehrfach nach einzelnen Richtungen erfolg- reich vorgegangen; jetzt bietet er in seinen „Grundzügen“ eine systematische, zusammenhängende Darstellung der theoretischen Spectralanalyse. Dieses umfangreiche Werk wird sicher nicht ohne Einfluss auf die weitere Ausbildung des neuen Zweiges der mathematischen Physik bleiben, wenn auch vielleicht — was sich in einem noch nicht allseitig sicher fundirten Gebiete nicht gleich übersehen lässt — einzelne Schlussfolgerungen oder An- nahmen im weiteren Entwicklungsgange als nieht haltbar sich er- weisen sollten. Dem Versuch einer systematischen Darstellung wird man unter Berücksichtigung der demselben entgegenstehen- den Schwierigkeiten seine Anerkennung nicht versagen können. Das wichtige Werk weist mehrfach neue und eigenartige Wege auf. Der Verf. theilt sein Werk in vier Theile, deren erster als Einleitung dient und eine ebenso klare wie eingehende Darstellung der speetroskopischen Erscheinungen giebt. Hieran schliesst sich im zweiten Theile die „Schwingungslehre“, welche die Schwingungen isolirter, cohärenter und disereter Punktsysteme nebst den besonderen Eigenschaften der Schwingungen (Reflexion, Refraetion, Dispersion, Diffraction, Polarisation, Doppelbrechung) und dem Doppler'schen Prineip umfasst. Der dritte und längste Abschnitt behandelt dann die mathematische Speetralanalyse, auf welche an dieser Stelle nicht gut näher eingegangen werden kann, und den letzten Theil nimmt eine Theorie der astrophysikalischen Instrumente ein; die beiden letzten Theile sind fast durch- gehends neu. In Bezug auf den Weg, den der Verf. bei seinen Unter- suchungen befolgt, sei nur soviel allgemein bemerkt, dass er sich eine Gleichung des continuirlichen Spectrums, die sogenannte Speetralgleichung, herstellt, dieselbe einer experimentellen Prü- fung unterzieht, und nunmehr das ganze Gebiet der Speetral- analyse durehgeht, um die Gleichung in ihren äussersten Con- sequenzen zu prüfen; er gewinnt für das Spectrum einen Ausdruck als explieite Funetion des thermodynamischen Zustandes und vermag auch umgekehrt den letzteren aus den speetroskopischen Erscheinungen abzuleiten. Die Ausstattung des Werkes ist eine treftliche. S. Günther, Handbuch der mathematischen Geographie. Verlag von J. Engelhorn. Stuttgart 1890. Das vorliegende Handbuch der mathematischen Geographie bildet den 7. Band aus der Bibliothek geographischer Hand- bücher, die von Prof. Ratzel herausgegeben wird. Das all- gemeine jener Bibliothek zu Grunde liegende Programın musste also für den Verfasser mehr oder minder massgebend sein, Dem Inhalte des Programms entsprechend, sollte das Handbuch einerseits nicht in ausschliesslich mathematischer Fassung alle Probleme der betreffenden Diseiplin mittelst der höheren Mathe- matik behandeln, aber auch anderseits nicht ein ganz elementar gehaltenes Lehrbuch sein. Die Natur der zu behandelnden Aufgaben bedingte es aber dass bei einzelnen schwierigeren Parthien höhere Mathematik zur Anwendung kommen musste, wenn dieselben nicht übergangen werden sollten. Das gründliche Studium des Werkes setzt also gute Kenntnisse in der sphärischen Trigonometrie und in den Anfangsgründen der sogenannten höheren Mathematik, speciell der Differential- und Integralreehnung voraus. Wer sich aber bloss auf die Rech- nungsresultate beschränken will, ohne weiter auf die Herleitung derselben Gewieht zu legen, kann die weitaus grössere Zahl der Capitel mit Vortheil studiren, ohne auf allzugrosse Schwierig- keiten zu stossen. Der Verf. hielt esfür nothwendig, in einer längeren,interessanten, methodologisch-bibliographischen Einleitung zu fixiren, was man unter mathematischer Geographie zu verstehen habe und dem- gemäss die Grenzlinien zu ziehen, die diesem speeiellen Theil der allgemeinen Geographie anzuweisen sind. Er betrachtet als Hauptaufgabe der mathematischen Geographie die Lösung des Problems der allgemeinsten Ortsbestimmung oder Orientirung, mit anderen Worten, die Lösung der Aufgabe, „die Lage irgend eines dem Erdkörper angehörenden Punktes gegen ein im Raume an- genommenes Achsensystem mit jener Schärfe zu bestimmen, welche dem augenblieklicehen Stande der Theorie und Beobachtungskunst angepasst ist“. Demgemäss zerfällt nach ihm das Fundamental- problem der mathematischen Erdkunde und damit diese selbst in drei unter sich unabhängige Unterabtheilungen. Diese drei Unter- abtheilungen sind: 1. Grösse und Gestalt der Erde; 2. geographische Ortsbestimmung auf der Erde selbst; 3. die Erde als bewegter Körper im Raume. Die dureh diese Eintheilung bedingte gründ- liche Behandlung aller in Betracht kommenden Probleme führte nothwendiger Weise zu einer Beschränkung in der ausführlichen Behandlung verschiedener Gebiete, die man mit mehr oder we- niger Recht als zur mathematischen Geographie gehörig betrach- ten kann. Es blieben daher ausgeschlossen eine eingehende Be- handlung der Instrumentenlehre, die wissenschaftliche Kartogra- phie und Nautik, die astronomische Chronologie, sowie alle Einzel- heiten, welehe nur den Astronomen von Fach interessiven. Diese 12 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Ausschliessung der eben genannten Disciplinen ist jedoch nicht als eine absolute zu betrachten, indem überall dort, wo ohne sie das Hauptproblem der Ortsbestimmung nur theilweise oder un- vollständig lösbar gewesen wäre, die notlıwendigen Begriffe aus diesen Gebieten erläutert werden. Es werden daher die Lehren von der Bewegung der Erde um ihre Achse und des Erdschwer- punktes in einer Ellipse, sowie von den Schwankungen der Erd- achse vorgetragen, weil die Kenntniss dieser Lehren zum vollen Verständniss der Hauptaufgabe nothwendig ist. Was die Art und Weise der Behandlung der einzelnen Probleme. betrifft, so zog der Verfasser es vor, statt des rein dogmatischen Weges den geschichtlichen Entwieklungsgang zu Grunde zu legen, indem dieser fast stets auch das sach- liche Verständniss in hohem Grade erleichtert; er ver- folgt daher jedes einzelne Problem von seinem Ursprunge bis zur Gegenwart, was für den Leser auch den Vortheil mit sich bringt, dass er zugleich in die Geschichte des betreffenden Pro- blems eingeweiht wird. Die literarischen Nachweise und Quellen- angaben sind daher auch sehr zahlreich und erhöhen den Reiz, den das Studium des Werkes gewährt. Wenn der Verfasser aber bei einigen wichtigen Problemen, wie z. B. demjenigen der Prä- cession, zur Erklärung desselben auf einen Satz der Mechanik verweist, der in diesem oder jenem Werke nachzusehen sei, so erscheint dieses Verfahren nicht immer empfehlenswerth, weil der Leser, wenn er nicht zufällig das angeführte Werk besitzt, nicht weiss, wo er den betreffenden Satz anderswo suchen soll, also auch, solange er seinen Beweis nicht kennt, die gegebene Lösung selbst nur unvollständig verstehen kann. In dem an- geführten Falle hätte der betreffende Lehrsatz der Mechanik sich leicht in kurzen Worten darstellen, bezw. beweisen lassen, wodurch der Leser der Nothwendigkeit überhoben blieb, den- selben, vielleieht mühsamer Weise, selbst aufzusuchen und sich klar zumachen ; zudem wird mancher Leser durch solche kleinen Schwierigkeiten abgeschreckt. Im Uebrigen ist die Darstellung sehr klar und für jeden mathematisch hinreichend geschulten Leser leicht verständlich; daher kann das Werk recht empfohlen werden. Auf Seite 172 ist dem Verfasser ein lapsus ealami unter- laufen, indem er behauptet, die Astronomen zählten von Mitter- nacht zu Mitternacht durch 24 Stunden hindurch. Die astro- nomische mittlere Zeit wird allerdings durch 24 Stunden hindurch gerechnet, der astronomische Tag beginnt aber am mittleren Mittag und zwar um 12 Stunden später als der bürgerliche Tag. so dass z. B. dem Mittwoch, Mai 2, 10 Uhr Vormittags des bürgerlichen Tages der 1. Mai, 22 Uhr des astronomischen Tages entspricht. Ein ausführliches alphabetisches Namen- und Sach- register erleichtert das Nachschlagen sehr. Die äussere Aus- stattung des Handbuches ist gediegen und schön. Dirabren, H. Zimmermann, Rechentafel nebst Sammlung häufig ge- brauchter Zahlenwerthe. Verlag von Ernst & Korn (Wilhelm Ernst), Berlin 1589. Seit langem ist man bemüht gewesen, für die den Geist un- gemein ermüdende rechnerische Praxis Hülfsmittel zu schaften, die einerseits das Rechnen erleichtern und abkürzen, anderer- seits dem Ergebniss einen höheren Grad von Sicherheit ver- leihen sollen. Die logarithmischen Tafelwerke, die Rechen- scheiben, Rechenstäbe und Rechenmaschinen verdanken wesent- lich diesem Streben ihre Entstehung. Sie haben aber sämmtlich Mängel, die ihrer Verbreitung in weiten Schichten im Wege stehen. Verlangt der Gebrauch der Logarithmentafeln gewisse mathematische Kenntnisse, so haftet dem in vieler Beziehung ganz ausgezeichneten logarithmischen Rechenstabe der Mangel an, dass man ein gutes Auge und grosse Uebung im Abschätzen von Theilungswerthen besitzen muss, um dieses Instrument mit Vortheil benutzen zu können. Rechenmaschinen haben auch ihre Schattenseiten, namentlich macht es der hohe Preis nur Instituten möglich, sich dieses Hülfsmittel zu beschaften. Diese Erwägungen waren es, welche sich dem Verfasser des vorliegenden Werkes, Heryn Regierungsrath Zimmermann, in seiner rechnerischen Berufsthätigkeit darboten und denselben zu dem Entschlusse führten, eine einfache handliche Rechentafel herauszugeben. Nachdem wir dieselbe kennen gelernt und uns durch eine Reihe von Versuchen von der bequemen Hand- habung derselben überzeugt haben, stehen wir nicht an, dieses Nr.ale Werk der Aufmerksamkeit der interessirten Kreise zu empfehlen. Wir halten dafür, dass diese Tafeln in einer grossen Zahl von Fällen mit ausserordentlichem Nutzen verwendet werden können. Die Einrichtung derselben ist nach dem Vorbilde der Loga- vithmentafeln getroffen; das Werk enthält als wichtigsten Be- standtheil eine Produetentafel der Zahlen 1 bis 999 mal 1 bis 100. Die Anordnung der Produete ist eine sehr übersichtliche, so dass das gesuchte Resultat in sehr kurzer Zeit gefunden werden kann. Man kann also unmittelbar die Produete von 2- und 3-stelligen Zahlen der Tabelle entnehmen; hat man mehr- stellige Zahlen zu multipliziren, so theilt man sich die Factoren in leichtverständlicher Weise in Gruppen, sucht die entsprechen- den Producte in der Tafel auf und addirt unter Berücksich- tigung des Stellenwerthes. Ganz ähnlich gestattet die Tafel die Division, welche sich bei einiger Uebung ebenfalls ungemein kurz gestaltet; selbst bei Divisionen grosser Zahlen erlaubt die Tabelle eine vortheilhafte Benutzung und wesentliche Zeit- ersparniss, Eine zweite Tafel enthält die Factoren aller un- graden Zahlen von 1 bis 999 und ‚eine dritte eine Zusammen- stellung wichtiger Zahlenwerthe, die in der Technik namentlich häufig anzuwenden sind: die getroffene Auswahl halten wir für zweckmässig. Eine weitere kleine Tafel ist am Fusse der ersten Tafeln angebracht; sie enthält Potenzen, Wurzeln, Kreisbogen- längen, Kreisinhalte, reciproke Werthe und gemeine Logarithmen in sehr übersichtlicher Anordnung. Dem ganzen Werke ist eine ausführlich und klar geschriebene Erläuterung vorangeschickt, welche auch einem mathemathisch nieht Geschulten die vortheil- hafte Benutzung der Rechentafeln erschliesst. In diesen Er- läuterungen ist auch eingehend erklärt, in welcher Weise man Quadrat- und Cubikwurzeln u. s. w. bei Anwendung der vor- liegenden Tafeln zu berechnen hat. Die äussere Ausstattung des Werkes, Papier, Ziffernschnitt und Anordnung finden unseren vollen Beifall, auch der Preis ist als ein mässiger zu bezeichnen. Die Tafeln sind mit Benutzung aller möglichen Controlmittel hergestellt worden und dürften wohl eorreet sein. Für die Entdeckung und erste Anzeige eines Fehlers hat der Verfasser einen durch die Verlagsbuchhandlung auszuzahlenden Preis von 10 Mark ausgesetzt. Amsel, H., Leitfaden für die Darstellung chemischer Präparate. Zum Gebrauche für Studirende. Stuttgart. Baume, R., Lehrbuch der Zahnheilkunde. Leipzig. Bauschinger, J., Ableitung der Eigenbewegung von 90 tele- skopischen Sternen, welehe in den Münchener Zonen vorkommen. München. Beck v. Mannagetta, G. Ritter, Flora von Nieder- Oesterreich. Handbuch zur Bestimmung sämmtlicher in diesem Kronlande und den angrenzenden Gebieten wildwachsenden, häufig ge- bauten und verwildert vorkommenden Samenpflanzen und Führer zu weiteren botanischen Forschungen, für Botaniker, Pflanzenfreunde und Anfänger bearbeitet. 1. Hälfte. Wien. Behrens, W., Leitfaden der botanischen Mikroskopie. Braun- schweig. Bernstein, J., Die mechanistische Theorie des Lebens, ihre Grund- lage und Erfolge. Braunschweig. Böklen, H., Brechung der Lichtstrahlen an von Kugelflächen begrenzten Medien. Tübingen. Bremiker’s logarithmisch-trigonometrische Tafeln mit 6 Deeimal- 3. Aufl. 2. Hälfte. stellen Berlin. Buchenau, F., Monographia Juncacearum. Leipzig. Budde, E, Allgemeine Mechanik der Punkte und starren Systeme. Ein Lehrbuch für Hochschulen. 1. Bd. Mechanik der Punkte und Punktsysteme. Berlin. Briefkasten. Herrn H. V. — Auf Ihre Anfrage betreffend den Aufsatz des Herrn Dr. Lassar über die Krankheiten der Kopfhaut, deren Behandlung ete. theilt uns der Herr Verfasser Folgendes mit: der betreffende Aufsatz ist im Januarheft der Therapeutischen Monatshefte (1889) erschienen und, soweit der Vorrath reicht, von der Firma J. Springer, 3 Monbijouplatz, Berlin, zu beziehen. Inhalt: Prof. Dr. W. Preyer: Zur Physiologie des Protoplasma. II. (Mit Abbild.) — Ueber Zellhautbildung und Wachsthum kernlosen Protoplasmas. — „Fressen die europäischen Tropidonotus-Arten höhere Wirbelthiere?“ — Ueber die Bildungsweise der marinen Kalkabsätze und des Tiefseethones. — Ueber die Wärme des eines Leiters im magnetischen Felde. — Beobachtungen über die atmosphä Mondes und der Sterne. — Ueber die Rotation che Polarisation. — Neue Synthesen des Indigos und verwandter Farbstoffe. — Ueber den Planeten Saturn. — Heinrich Will Y. — Fragen und Antworten: In welcher Weise zeigt sich die Tuberkulose (Perlsucht) des Rindviehs? — Litteratur: Menge: Die Pfahlbauten. — F. Höck: Nährpflanzen Mittel- Europas. — Rudolf v. Kövesligethy: Grundzüge einer theoretischen Speetralanalyse. — S. Günther: Handbuch der mathematischen Geographie. — H. Zimmermann: Recehentafel nebst Sammlung häufig gebrauchter Zahlenwerthe. — Liste. — Briefkasten. Verantwortlicher Redakteur: Henry Potonie Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. ERITR Redaktion: Was die natarwissenschaflliche Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird An Dr. H. Potonie. Di Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 11. Januar 1891. Nr.:2. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft.. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Geologie der Insel Capri. Von Dr. Paul Oppenheim. Capri, das wundersame, sagenumwobene Idyll im Mittelmeere, die Insel der Sirenen Homer’s, die letzte Zu- flucht und der freiwillige Verbannungsplatz des von den Furien des Wahnsinns verfolgten Tiber, der strategische Schlüssel der beiden Golfe von Neapel und Salerno, dessen scharfgeschnittene, zweizackige Umrisse den nach der Farbenpracht und berauschenden Sinnlichkeit Italiens sehnsüchtig verlangenden Nordländer bei seiner Ankunft in Neapolis schon von fernher begrüssen, ist uns Deutschen insbesondere durch die ergreifenden, von südlicher Gluth durehwehten Schilderungen August Kopisch’s und Ferdi- nand Gregorovius’ so vertraut geworden, dass eine ge- nauere Beschreibung und Erklärung seiner physischen, ins- besondere der geologischen Verhältnisse auch von Seiten des Forschers ein gespannteres Interesse wohl erwarten darf, als man gemeinhin derartigen Lokalarbeiten ent- gegenzubringen pflegt. Indem ich daher hier eine ge- drängtere Uebersicht meiner während eines zweimaligen Winteraufenthalts dort erreichten und seither in der „Zeit- schrift der deutschen geologischen Gesellschaft“ *) nieder- gelegten Resultate zu geben versuche, glaube ich im Inter- esse der Leser dieses Blattes zu handeln. Capri ist im Wesentlichen aus bläulichen, stellenweise grauen oder bräunlichen, steil aufsteigenden Kalkmassen aufgebaut, deren ursprünglich vielleicht vorhandene Schich- tung, auf der Ostseite ganz verwischt, nur im Westen noch scharf hervortritt. Die organischen Ueberreste dieses karstähnlichen, vielfach unterwaschenen und dadurch zur Bildung von Grotten und unterirdischen Höhlungen wie geschaffenen Kalkmassives weisen seine Entstehung für den grössten Theil des Komplexes dem Tithon zu, jenem zwischen Jura und unterer Kreide liegenden Zeitabschnitte, welchem die Klippenkalke der mährisch-polnischen Ebene, *) Paul Oppenheim: Beiträge zur Geologie der Insel Capri und der Halbinsel Sorent: „Zeitschr. der deutschen geolog. Ge- sellschaft‘ 1890. wie ein Theil der unsere Alpen, Karpathen, die Balkan- halbinsel und Sizilien aufbauenden Gebirgszüge ihren Aufbau- verdanken. Die Bildung ist hier in Capri wie in Mähren (Stramberg), im Salzkammergut (Pürgl bei St. Wolfgang) und Sizilien (Mt. Pellegrno bei Palermo) eine im Wesentlichen korallogene, also als durch die Thätig- keit riffbildender Korallen bei fortdauernder positiver Strandverschiebung entstandene aufzufassen. Wahrschein- lich bildeten diese Korallenriffe der Tithonperiode, von welcher die Insel Capri einen bis auf unsere Tage erhal- tenen Ueberrest darstellt, eine fortlaufende Kette an den Ufern des damals noch bestehenden und erst in geologisch ganz junger Zeit, im Pliocän oder Quartär endgültig zer- störten grossen Kontinents, welcher das jetzige Tyrrhenische Meer einst überbrückte und dessen Vorhandensein wir so- wohl dureh die zoogeographischen Untersuchungen Forsyth- Majors, als durch die tektonischen Betrachtungen Eduard Süss’ zu folgern berechtigt smd; der ganze nördliche und centrale Theil der heutigen italienischen Halbinsel, vom Po bis Calabrien lag damals noch unter den Wassern des damaligen Mittelmeers begraben und erst später lagerten sich dort die Seichtwasserabsätze der Kreide ab, welche als Rudistenkalke den heutigen Apennin und die Balkan- halbinsel zusammensetzen. In diesem Korallenriff der Tithonzeit, welches die heutige Insel Capri darstellt, spielte nun ausser den zahlreichen, aber schlecht erhaltenen Hexakorallen ein mit kalkigem, lamellenförmig gebildetem Skelette ver- sehener Hydroidpolyp, die Ellipsaetinia ellipsoides Steinm. eine hervorragende Rolle. Wir finden die Ueberreste dieser Thierkolonien sowohl in Stramberg in Mähren als am Pürgl im Salzkammergut wie im Apennin und auf Capri selbst; sie stellen also ein sehr brauchbares Leit- fossil dieser Bildungen, der auf alpine Gebiete be- schränkten Tithonstufe, dar. Nach Ablauf dieser For- mation lagerten sich nun auf Capri auf den tithonischen 14 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 2. u eeeeeeererererertttinnnnniniirrtrrsstttt Tee — — — — — — — —— Korallenkalken die durch das reiche Vorkommen grosser Rudisten und Chamiden gekennzeichneten Seichtwasser- absätze der unteren Kreide in petrographisch völlig identischer Gestalt ab, wie wir sie insbesondere auf der Westküste, aber auch auf den höchsten Gipfeln der Ost- seite, am Mt. Tiberio und Telegrapho, wohl entwickelt antreffen. Absätze der oberen Kreide fehlen auf der Insel vollständig; wir werden deshalb zu dem Schlusse gedrängt, dass Capri damals sich aus den Wassern er- hoben hatte und als ein Theil des Festlandareals den Faktoren der Gebirgsbildung und Erosion unterworfen war, welche sich in ihrer Wirkung als eine Faltung der Sehiehtenverbände und eine allmähliche Abwitterung der Oberfläche darstellen. So wurden die Schichten des Tithons und der unteren Kreide auf Capri sattelförmig zusammengepresst und theils in Folge dieser langsamen aber stetigen gebirgsbildenden Thätigkeit der Erdkruste, theils in Folge der durch das Einsickern der atmo- sphärischen Gewässer in den Kalkmassiven bedingten grossartigen Unterwaschungen erfolgten starke Zu- sammenbrüche auf der Insel, welche beim Wiedervor- dringen des Meeres unter das Niveau desselben ge- langten. Hier lagerten sich dann während des ältesten Tertiärs, in der Eoeänperiode, graue, blaue und grüne Sandsteine, Thone, Mergel und Letten ab, welche meist versteinerungsleer von den italienischen Geologen als Macigno bezeichnet werden. Auf Capri enthalten diese auf der ganzen Sorrentinerküste weit verbreiteten Bildungen an einzelnen Punkten, bei dem Orte Capri selbst und oberhalb der blauen Grotte, Nummuliten, jene bekannten münzenähnlichen Foraminiferen, welche, hier in typischen, weit verbreiteten Arten, dem Nummulites variolaria Sow. und laevigatus d’Arch. ausgebildet, die Altersbestimmung der caprenser Maeignos als mittleres und oberes Eocän gestatten und sie als gleichaltrig mit den analogen Bildungen des pariser-londoner Beckens und des vicentiner Tertiärgebirges darstellen. An einem Punkte, an der blauen Grotte selbst, ist eine dieser Zeit- spanne angehörige Strandbildung entwickelt; dieselbe enthält Nummuliten in grosser Anzahl mit Fragmenten des Tithonkalkes zu einer Breecie zusammengebacken und in die Klüften und Spalten der damaligen Küste hineingespült. Im mittleren Tertiär ist die Insel wieder Festland und wahrscheinlich wieder im Zusammenhang mit der neuaufgetauchten Tyrrhenis. Erst im jüngsten Pliocän entstehen wieder Meeresbildungen auf ihr, welche wir auf der Spitze des Mt. Michele als durch gelbes Kalk- cement verbundene Breceien mit marinen, den jetzigen Arten des Mittelmeeres zugehörigen Molluskenresten und Seeigeln, wie in Löchern der Bohrmuschel (Litho- domus lithophagus) zu beobachten vermögen. Als quartär, unserer Eiszeit entsprechend, ist wohl ein grosser Theil der grauen Tuffe der Insel anzusehen, welche an vielen Punkten sieh zerstreut vorfinden und deren vul- kanische Bomben sich bei näherer Untersuchung als Au- gittrachyte, also als den Laven der phlegräischen Felder verwandte Eruptivgesteine herausstellten. Eine Provenienz derselben vom Vesuv her, wie sie früher gemeinhin ange- nommen wurde, ist durch diese Beobachtung natürlich aus- geschlossen. Vielleicht sind sie von Ischia aus auf die Insel gelangt; wahrscheinlicher ist uns jedoch, dass sie einem zwischen Ischia und Capri gelegenen, jetzt unter dem Spiegel des Golfes befindlichen seitlichen Eruptions- schlot ihren Ursprung verdanken. Capri war damals, d. h. im Quartär, jedenfalls noch von bedeutenderer Grösse; dies beweist einmal die durch mannigfache Be- lege gestützte Annahme, dass überhaupt die Bildung der beiden grossen Busen von Neapel und Salerno durch | zeit vor sich zu gehen begann. den Einsturz umfangreicher Küstengebiete erst in dieser Periode erfolgt sein kann; dann aber auch das Vor- kommen des neolithischen Menschen und seines Beute- thieres, eines grossen, entweder mit unserem Damhirsche oder mit dem Cervus corsicanus zu identifizirenden Hirsches auf dem quartären Capri. Die Anwesenheit des Menschen der Steinperiode ist durch die von Dr. Cerio, einem caprenser Arzte, auf der Insel in der Grotte del Felee nahe dem Arco na- turale vorgenommenen Ausgrabungen über jeden Zweifel erhaben; man fand hier Knochen und Schädel des Tro- glodyten, welche leider noch nicht näher untersucht wurden, seine aus Obsidian (Glaslava) geschnitzten Waffen (Lanzenspitzen und Pfeile), roh geformte Thon- geschirre und die Skelettelemente von Schaf, Ziege, Schwein und Hirsch. Knochen und Zähne des letzteren fand ich ebenfalls in grosser Menge in den Tuffen der Unghia Marina, südöstlich vom Orte Capri. Es erscheint mir nun zweifellos, dass eine kleine Insel von 15 qkm Inhalt nicht im Stande gewesen ist, zwei grosse Säugethiere zu ernähren, zumal wenn sie, wie hier, Verfolgern und Verfolgten zugleich den Unterhalt zu gewähren hatte. Wir müssen also für das quartäre Capri einen bedeutend vergrösserten Flächenraum annehmen, eine Hypothese, welehe durchaus im Einklange steht mit den allgemein verbreiteten Ansichten über die Entstehungsperiode der beiden Golfe von Neapel und Salerno. Wir stehen nunmehr nach Abschluss der Quartär- periode an der Schwelle der Jetztzeit und treten damit in die. historische Gegenwart der Insel ein. Es liegt uns natürlich fern, eingehender die Anfänge mensch- licher Gesehichte und Gesittung auf der Insel zu be- trachten; wir streifen hier nur die Thatsache, dass die Phönizier auch hier die ersten Kolonisatoren und Ueber- trager östlicher Kultur und Civilisation auf den rauhen Westen gewesen, dass auf ihre Besitzergreifung auch der Name der Insel (Karo&cı, Capreae) hinweist, welcher sich naturgemäss von dem semitischen caprajim, capharim — die Ortschaften ableitete, eine Erklärung, welche von der landläufigen Beziehung auf capra Vieles voraus hat; denn einmal ist das Vorkommen der Wildziege auf dem antiken Capri durch nichts bewiesen, dann aber wird durch diese Annahme der räthselhafte Plural, welchen wir sowohl in der griechischen als in der lateinischen Bezeichnung antreffen, nach keiner Richtung hin erklärt. Später wurde die Insel von den Griechen (den Teleboern Vergils) besiedelt und gerieth erst nach der Eroberung der Magna Graecia durch die konsularischen Heere unter das römische Scepter. Was uns hier aber noch ein- gehender beschäftigen muss, das sind die eigenthümlichen Strandverschiebungen, welchen Capri noch in historischer Zeit, nach den Tagen Tibers, ausgesetzt war und welchen, um es vorauszunehmen, die blaue Grotte ihre so oft durch Wort und Pinsel gefeierten optischen Phänomene ver- dankt. Das Verhältniss zwischen Land und Wasser hat sich auf der Insel noch in historischer Zeit verschoben, diese Thatsache ist mit derselben Sicherheit festzustellen, als ihre theoretische Erklärung, welche das so oft behandelte Problem von den Bewegungen der Küsten oder den Oscillationen des sie umgebenden Wasserspiegels be- handelt, bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse als eine fast unmögliche erscheint. Reste alter, auf festem Grunde erbauter Römerbauten liegen unter dem jetzigen Niveau des Meeres, an dem Bagni di Tiberio beobachten wir z. B. zwei Lagen von antiken Fussböden in Inter- vallen von mehreren Fuss auf einander befestigt, zum Zeichen, dass die Strandversehiebung schon zur Römer- An derselben Ruine Nr. 2. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 15 sehen wir aber auch, dass die Mauern in einer Höhe von 16—17 Fuss über dem jetzigen Wasserspiegel vom Meere zerfressen, abgerundet und ausgehöhlt sind, eine Thatsache, welche wiederum zu beweisen scheint, dass der sehr bedeutenden Senkung der historischen Zeit ‘be- reits in der jüngsten Vergangenheit eine säkulare Hebung folgte, welche der ersteren das Gegengewicht zu halten versuchte. Dazu gesellt sich eine deutliche Strandlinie, welche wir an dem ganzen Verlauf der Steilwände der Insel eingeschnitten sehen und deren Höhe über dem jetzigen Spiegel des Golfes an der Südwestspitze der Insel, an der Punta Carena, 12 Fuss, im Südosten, an den Faraglioni, 22 Fuss beträgt, eine bedeutende Diffe- renz, welche hier jedenfalls eher zu Gunsten der Theorie von den Oseillationen der Festländer zu sprechen scheint, als sie umgekehrt für die Bewegungen des Wasserspiegels als Beweismoment anzurufen wäre. An der Capri gegenüber liegenden Küste von Cam- panien, an dem berühmten Serapistempel von Puzzuoli, beobachten wir das gleiche Phänomen, eine Senkung und Hebung des Bodens in der historischen Gegenwart. Hier hat sich der Betrag dieser Niveauschwankungen ziffer- mässig berechnen lassen; man fand 35 Fuss Senkung, von denen etwa 16 Fuss durch die rückläufige Bewegung wieder eingeholt worden sind; die gleichen Masse werden wir auch für Capri anzunehmen haben, so dass auch jetzt noch die Insel sich etwa 20 Fuss unter dem Niveau der Römerzeit befindet. Wenn wir diese Verhältnisse nun aber auf die blaue Grotte übertragen, so begreift sich leicht, dass damals die weite, untermeerische Oeffnung, durch welche jetzt die ganze Lichtfülle in die Höhle hineinströmt, sich zum grossen Theile oberhalb des Wassers befand, dass mithin das Sonnenlicht ungehindert und un- gebrochen hineinfluthete, und dass sie somit damals alles dessen entbehrte, was sie heut zu einem der er- greifendsten und eindrucksvollsten Naturphänomene gestaltet. So, aber auch nur so, wird dann auch das Schweigen der antiken Historiographen über eines der seltensten und wirkungsreichsten Naturwunder der Welt vollauf ver- ständlich, dessen Zauber auch die Römer trotz ihrer verhältnissmässig schwachen Empfänglichkeit ästhetischen Naturgenüssen gegenüber sich nicht zu entziehen vermocht hätten. Ich bin auf diese, wie auch auf die historischen und biologischen Verhältnisse der Insel Capri in meinem oben eitirten Aufsatze wie in einer populär gehaltenen Ab- handlung (die Insel der Sirenen von ihrer Entstehung bis zur Gegenwart, Berlin, Herrmann Lazarus) näher ein- gegangen. Was die letzteren, die biologischen Verhält- nisse, anlangt, so zeigt insbesondere die Flora der Insel deutliche Anklänge an den tyrrhenischen Inselkomplex, an Korsika, Sardinien, den toskanischen Archipel und Sizilien; insbesondere lässt eine auf Capri ziemlich häufige Windenart, der Convolvulus Creorum, diese vom Stand- punkt der heutigen Vertheilung zwischen Wasser und Land unerklärliche Verbreitung erkennen. Leider ist Capris Flora bisher nur höchst mangelhaft bekannt. Eine genauere botanische Durchforschung der Insel unter vor- wiegender Berücksichtigung der geographischen Be- ziehungen würde demnach für die Wissenschaft ebenso werthvoll sein, als sie verhältnissmässig leicht zu be- werkstelligen wäre. Der Sandfloh. Von A. Smith in Joinville (Brasilien). Zu den schlechtest beleumundeten Thieren Brasiliens, meiner jetzigen Heimath, gehört der Sandfloh, Sarcopsylla penetrans. In viel verbreiteten Büchern, auch wissen- schaftlichen, wird Unrichtiges, hier und da Ungeheuer- liches hinsichtlich des Sandflohs behauptet. Er soll Ge- schwüre veranlassen, in welchen sich die Maden des Thieres entwickeln, Brand, Verlust von Gliedmassen, sogar den Tod herbeiführen. Taschenberg, „Bilder aus dem Inseetenleben“, sagt von ihm: „Entfernt man es nicht schleunigst, so bildet es sich eine dünne häutige Kapsel, aus der es nur die Leibes- spitze vorsehen lässt, um die Eier in's Freie ge- langen zu lassen. Kratzt man an den juckenden Stellen, so bilden sich bösartige Geschwüre, der Brand kommt häufig dazu und die Zehen müssen abgenommen werden“. Auch das ist nicht durchaus richtig. Wahr und auf genauen von und theilweise an mir selbst gemachten Beobachtungen beruhend ist das Folgende: Der Sandfloh ist ein bei Weitem kleineres Inseet als der jedem Euro- päer wohlbekannte, hüpfende, unangenehme Gast, welchen Linne oder ein Anderer Pulex irritans genannt hat. Mit diesem hat der Sandfloh die allgemeine Gestalt und die Farbe gemein; die Springfüsse sind aber nicht so ener- gisch ausgebildet. Er kann zwar auch springen, thut dies aber nur ausnahmsweise bei ganz besonderer Er- regung. Sonst begnügt er sich mit einem dem mensch- lichen Begriffsvermögen mehr zusagenden Laufschritt, was für den Besitzer schon ein grosser Vortheil ist gegenüber den unberechenbaren Parabolen Irritantis. Der Sandfloh ist auch in der Cultur in so weit vorgeschrittener, als er über das pure Jäger- und Nomadenleben bereits hinaus ist und sich gern sesshaft macht. Nachdem er das ihm zu Gebote stehende Gebiet einigermassen besichtigt, auch hier und da den Boden hinsichtlich seiner Tauglichkeit zu einer dauernden Niederlassung und geschützten Existenz geprüft hat, lässt er sich gewöhnlich in der Nähe eines Zehen-Nagels oder den diesem entsprechenden Theilen eines Thieres nieder. Ich bemerke, dass dies und das Nachstehende nur auf das schönere Geschlecht von Sareo- psylla penetrans Bezug hat; denn das Masculinum macht sich nicht fest ansässig, wenigstens niemals selbstständiger Weise. Ich habe jedoch ein paar Mal unter einer der nachher zu erwähnenden Sackbildungen zwei Sandflöhe gefunden und vermuthe, dass dabei das eine, wie mir schien etwas kleinere, Exemplar ein Männchen gewesen ist, welches der Erwählten seines Sandfloh-Gangliums in deren eigene Niederlassung gefolgt ist, eine Art Geld- heirath schliessend, den Sinn, wenn auch nicht auf baares Geld, so doch auf Grundbesitz gerichtet. Da ich eine mikroskopische Besichtigung leider unter- lassen habe, kann ich die masculine Qualität des be- treffenden zweiten Exemplars nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit behaupten. Bezweckt der weibliche Sandfloh eine Niederlassung, so empfindet die betroffene Person an der fraglichen Stelle einen gelinden Stich; untersucht man da sofort die Stelle, so findet man die Uebelthäterin festsitzend, un- fähig sich frei zu bewegen, und kann dieselbe ohne Mühe wesnehmen und vermittelst der landesüblichen Hinrich- tungsweise zum Tode bringen. Wartet man aber, so er- folgt alsbald die Eingrabung unter die Haut, und zwar | nieht bloss unter das oberste Häutchen, sondern tiefer. 16 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 2. Dabei entsteht ein heftiges andauerndes Jucken, und es ist sehr schwer, das Thier in diesem Stadium zu beseitigen; es lässt sich eher zerreissen als dass es losliesse. Das Zerreissen ist aber wegen der Kleinheit des Thieres und weil die als Instrument zu benutzende Nadel immer wieder abgleitet, auch nicht leieht. Nach etwa zwei Tagen ist die Eingrabung bis zu der für nöthig erachteten Tiefe vollendet; die Oberhaut schliesst sich scheinbar über der kleinen Oeffnung wieder und es bleibt im günstigen Falle ein dunkler, durch die Haut scheinender Punkt, an welchem der ergriffene Wohnplatz des Thieres ersichtlich ist, vielleicht aber auch gar kein sichtbares Zeichen. Die fortdauernde juckende Empfin- dung, durch die Saugarbeit des Thieres hervorgerufen, gestattet keinen bestimmten Schluss, indem sie sich auch an Stellen zeigt, wo der Sandfloh gar nicht sitzt, z. B. an den dem infieirten benachbarten Zehen. Dies ist aber eine menschliche nervöse Unvollkommenheit und nachbar- liches Mitgefühl. Nun beginnt die Entwickelung der Eier. Der sonst kleine Hinterleib erscheint bald sack- oder kugelförmig und wird enorm vergrössert*). Wenige Tage nach dem Eindringen des Sandflohs kann man diesen, der da noch klein ist, mit Leichtigkeit vermittelst einer Nadel aus- heben. Der angeschwollene Hinterleib wird nach und nach auch äusserlich leicht erkennbar, und erreicht schliesslich, wenn man das Thier gewähren lässt, die Grösse einer Erbse. Das Ende des Hinterleibes tritt an die Hautoberfläche, welche an dieser Stelle oft hornig wird. Und nun beginnt die Entleerung der reif gewor- denen Eier nach aussen. Wo Bekleidungsstücke nicht hindern, werden die Eier herausgeschnellt, wie manche Pflanzen ihre Samen fortschnellen. Hebt man das Insect heraus, so wird die Thätigkeit des Eierauswerfens keines- wegs ohne Weiteres eingestellt; man bemerkt an dem Leibe rothe, fast wie Muskeln aussehende Streifen, welche eine dem Athmen äusserlich ähnliche Bewegung herbei- führen. Jede solche Bewegung ist von dem Heraus- schnellen eines Eies begleitet. Dasselbe kann mehrere Zoll hoch fliegen, und da die Bewegung sich ziemlich schnell wiederholt, so kann man fast den Vergleich mit ‘einem kleinen Springbrunnen wagen. Aber dies wäre übertrieben. *) Nach den Beobachtungen von Karsten u. A. schwillt der Hinterleib des weiblichen Sandflohes zur Zeit der Geschlechts- reife stark an und wird kugelförmig. Eine Gliederung und Stigmen (Athmungslöcher) sind an dem aufgeschwollenen Leibe nicht zu bemerken; und nur in der trichterförmigen Vertiefung (Kloake) am Ende desselben finden sich neben der Mündung des Darmrohrs und der Geschlechtsorgane einige Stigmen. Der Mangel der Segmentirung des Hinterleibes wird dadurch erklärt, dass im vor- deren Theile die Chitinschieht während der Anschwellung sich absondert, während die letzten Leibesringe mit ihren Athmungs- löchern sich nach innen einstülpen und die erwähnte Kloake bilden. Vergl. W. Schimkewitsch, Zoolog. Anzeiger, 1884, S. 673 und H. Karsten, Beitrag zur Kenntniss des Rhynchoprion penetrans (Moskau, 1864.) — H. J. Kolbe. Emile Leonard Mathieu. — Am 19. October v. J. starb, wie wir in einer kurzen Notiz schon angezeigt haben, zu Nancy der französische Mathematiker Emile- Leonard Mathieu. Es mag uns vergönnt sein, dem An- denken dieses Mannes hier einige Worte zu widmen und auf seine Leistungen hinzuweisen mit dem Wunsche, dass seine Werke die Beachtung finden mögen, welche sie verdienen. Das Leben dieses Mannes ist nach aussen hin im Allgemeinen gleichförmig, ohne bemerkenswerthe Ereig- nisse, verlaufen, Zu Metz im Jahre 1835 geboren, bezog Lässt man den kleinen Floh unbehelligt, so tritt er nach und nach — sämmtliche Eier, welche im Eierstock vorgebildet waren, haben dann ihre Reife erlangt — aus der Haut aus und fällt schliesslich von selbst ab. Dies dauert aber ziemlich lange Zeit, mehrere Monate, und es ist nicht gerade zweckmässig, bis dahin zu warten. Aus dem ausgeworfenen Ei entwickelt sich innerhalb weniger Tage die Made, deren Lebensweise und Gestalt der des Pulex irritans gleicht. Sie sucht im Staube ihre Nahrung; vorzüglich liebt sie Brandstellen und san- digen Boden. Die Made verpuppt sich nach etwa 3 bis 10 Tagen, und heraus kriecht schliesslich das neue Thier. Innerhalb des Eiersacks oder des thierischen oder menschlichen Körpers kriecht keine Made des Sandflohs aus dem Ei; sie kann da nicht leben. Was also in dieser Beziehung geschrieben wird, ist Fabel*). Eine Erklärung für solche Fabel liegt jedoch nicht allzufern. Leute, welche, was ja in den heissen Gegenden sehr häufig ge- schieht, barfuss zu gehen pflegen, und welche, was auch sehr häufig geschieht, nicht für rechtzeitige Entfernung der ihnen anhaftenden Parasiten sorgen, sondern sich mit Kratzen etc. begnügen, führen dadurch oft kleine Ver- wundungen herbei, in welehen kleine Fliegen ihre Eier ablegen. Die daraus entstehenden Maden leben von dem in der Wunde sich entwickelnden Eiter und sorgen für Vergrösserung der Wunde. Es liegt nahe, dass dann der sachunkundige Besitzer die Fliegenmaden für Folge des Sandflohs hält und diesem zur Last legt, was die Fliege und die eigene Unreinlichkeit verschuldet. Wenn man sich nun denkt, dass es Leute giebt, die die Sandflöhe zu Hunderten an ihren Füssen arbeiten lassen und sich nicht die Mühe nehmen, sie zu entfernen, welche aber dureh Kratzen und durch Barfussgehen sich vielfach Ver- wundungen — wenn auch geringfügige — zuziehen, und wenn man bedenkt, wie in den heissen und feuchten Klimaten auch die geringsten Verwundungen leicht einen üblen und gefährlichen Verlauf nehmen, wenn sie nicht rechtzeitig curirt werden, so erklärt sich, dass es gar nicht so selten vorkommen mag, dass einem solchen Menschen eine Zehe oder auch der Fuss abgenommen werden muss.” Der Sandfloh aber bringt derartiges nicht hervor, was zu seiner Ehrenrettung gesagt sei. Das Aufkratzen der Stichwunde eines gewöhnlichen Flohes würde ganz dieselben Folgen haben können. Es geht aus dem Vorstehenden hervor, dass es viel leichter ist, sich von dem penetrans zu befreien, als von dem irritans, dass ersterer an sich ganz ungefährlich und ein, wenn auch nicht nützliches, so doch verkanntes und verleumdetes Thierchen ist, und dass seine blutigen Nei- gungen sich eigentlich der Sympathie aller empfindsamen Herzen erfreuen müssten. Denn was.bei dem Pulex irritans bloss eigennützige Blutgier, ist bei der Sarcopsylla penetrans — Mutterliebe. *) und schon früher widerlegt. H. J. K. Mathieu die Ecole Polyteehnique, war nach vollendeten Studien während einiger Jahre „Professeur libre“, und trat im Jahre 1867 an der Faculte des sciences zu Paris als „Charge de ceours“ für die mathematische Physik in das öffentliche Unterrichtswesen ein. Bald darauf, näm- lich im Jahre 1869, erfolgte seine Ernennung zum Pro- fessor an der Faculte des sciences zu Besancon, und von dort wurde er im Jahre 1873 in gleicher Eigenschaft nach Naney berufen, wo er bis an sein Lebensende thätig war. Seine Wirksamkeit als eine sehr Professor war Nr. 2. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 17 segensreiche. Collegen und Schüler beklagen in ihm den Verlust eines Lehrers, der es als seine höchste Aufgabe betrachtete, die Pflichten, welche ihm das Lehramt auf- erlegte, mit grösster Hingebung und unermüdlichem Eifer zu erfüllen. Begabt mit einem hervorragenden Lehr- talente verstand es Mathieu, seine Hörer in die schwie- rigsten Fragen der theoretischen Physik einzuführen und ihnen die Bahnen zu eigenen Entdeckungen zu eröffnen. Dabei erkannte er mit scharfem Blicke, welche Fragen der Eigenart eines jeden am angemessensten waren, und mit grosser Offenheit, die seinen von allen in Worten der höchsten Anerkennung gerühmten graden und grossherzi- gen Charakter offenbarten, wies er jedem sein Wirkungs- feld an. Mathieu’s wissenschaftlicher Ruhm gründet sich auf eine Reihe wichtiger Untersuchungen aus der Elastieitäts- theorie, die ihm auf dem Congress der gelehrten Gesell- schaften im Jahre 1867 eine goldene Medaille einbrachten, besonders aber auf sein grosses Werk über die theoretische Physik. Im Gegensatz zu manchen neueren Werken, die bisweilen den Charakter der Flüchtigkeit erkennen lassen, tragen Mathieu’s Schriften den Stempel der Reife, der voll- kommenen Abrundung und Klarheit in der Darstellung. Es weht uns bei der Lektüre dieser Bände etwas von dem Geist der grossen Klassiker entgegen, wie er am prägnantesten vielleicht bei Lagrange sich findet. Es sei uns gestattet, an dieser Stelle einige Worte über die ersten fünf Bände des „Trait® de Physique mathematique“, der auf neun oder zehn Bände geplant war, hinzuzufügen, indem wir uns vorbehalten, auf die beiden übrigen bisher erschiene- nen Bände später zurückzukommen. Leider scheint der Tod den Verfasser an der Vollendung seines Werkes verhindert zu haben. Das Werk beginnt mit dem im Jahre 1873 erschie- nenen „Cours de Physique Mathematique“, in welchem sich Mathieu das Ziel steckte, die in der mathematischen Physik verwendeten Integrationsmethoden zusammenzufassen. Unter Anlehnung an die grundlegenden Werke von Fourier, Poisson und Lame führt Mathieu seine Aufgabe mit grosser Klarheit durch, die Theorie an wichtigen Bei- spielen erläuternd.. Auf eine nähere Inhaltsübersicht müssen wir, um nicht weitschweifig zu werden, bei diesem Bande sowohl wie bei den folgenden Bänden verzichten. Der nächste Band, die Theorie der Capillarität behan- delnd, erschien erst nach einem zehnjährigen Zwischen- yaum. Hier nimmt der Verfasser auf die zahlreichen Untersuchungen des betrachteten Gebietes gebührend Rücksicht, doch enthält dieser Band auch sehr viele eigene Betrachtungen und Untersuchungen Mathieu’s, die als beachtenswerthe Bereicherungen der Capillaritäts- theorie gelten. Es folgten nun in den Jahren 1885 und 1886 die beiden Bände über die Theorie des Potentials und ihre Anwendungen auf Elektrostatik und Magnetis- mus, die vor Kurzem zu einem Bande vereinigt in deut- scher Uebersetzung erschienen sind. (S. „Naturw. Wochensehr.“ Bd. V, S. 270.) Da bei Besprechung der deutschen Ausgabe bereits ausführlich des Originals ge- dacht worden ist, so sei hier nur nochmals darauf hin- gewiesen, dass das Mathieu’sche Werk über die Potential- theorie zu den besten gehört und zugleich eine Reihe neuer, entwicklungsfähiger Gedanken enthält. Der fünfte und letzte der hier zu besprechenden Bände wurde im Jahre 1388 veröffentlicht; er behandelt die Theorie der Elektrodynamik. Auch dieser Band ent- hält zahlreiche eigene Untersuchungen Mathieu’s, die sich als ganz wesentliche Erweiterungen der bisherigen Ar- beiten über die Elektrodynamik darstellen Es sei hier vor Allem der Einführung der Doppelschicht gedacht, zu der Mathieu durch die Untersuchung eines von perma- nenten elektrischen Strömen durchflossenen Leiters geführt wurde. Es seien ferner die. eigenartigen Integrationen hervorgehoben, welche Mathieu zur Bestimmung der In- duetionsströme in einer rotirenden Scheibe (bei dem Arago’schen Probleme) ausgeführt hat. Von grosser Be- deutung und erheblichem theoretischen Interesse haben sich auch die Untersuchungen über die Bewegung der Elektrieität in Telegraphendrähten erwiesen. Bekanntlich hatte Sir W. Thomson für die Intensität des Stromes in submarinen Telegraphendrähten eine empirische Formel gefunden, die sich für die Praxis sehr nutzbringend er- wies. Dieses schwierige Problem greift Mathieu theore- tisch an und erhält nach sorgfältigen Untersuchungen zwar eine complieirtere Formel als die Thomson’sche, aber die nach beiden Formeln berechneten Resultate zeigen nur geringe Unterschiede. Indem wir von den beiden letzten der erschienenen Bände nur bemerken, dass sie sich auf die Theorie der Blastieität fester Körper beziehen, (wie bereits gesagt, wer- den wir später ausführlicher an anderer Stelle auf diese Bände zurückkommen), wir fügen hinzu, dass sich in allen diesen Schriften unschwer der Einfluss nachweisen lässt, den das Studium der deutschen Werke auf die Untersuchungen und auf die Darstellung Mathieu’s ausgeübt hat; man könnte fast sagen, dass in ihm die Vorzüge der deutschen und französischen Schriften sich zu schöner Harmonie vereinigt haben. Wir finden überall deutsche Gründlieh- keit und Gewissenhaftigkeit vereinigt mit der Eleganz, die französischen Werken in so hervorragendem Masse eigen ist. Das Denkmal, welches sich Mathieu in seinen Unter- suchungen und seinen Werken gesetzt hat, ist kein ver- gängliches. Beim Studium seiner Arbeiten werden wir stets auf’s lebhafteste bedauern, dass das Schicksal einen Mann von so hervorragenden Fähigkeiten in den besten Jahren dahingerafft hat. Zur Physiologie des Hungerns. — Einer der nam- haftesten italienischen Physiologen, Prof. Luigi Luciani in Florenz, hat unlängst eine höchst interessante kleine Schrift „Das Hungern. Studien und Experimente am Menschen“ verfasst, die mit einem Vorwort von Jacob Moleschott von Sanitätsrath Dr. M. ©. Fränkel in’s Deutsche übertragen worden ist. Es ist bekannt, dass die Mehrzahl der als Sport oder zum Geldverdienst bisher ausgeführten Hungerexperimente keine wissenschaftliche Ausbeute er- geben hat. Erst als Cetti:in Berlin seine zehntägige Hungerkur durchmachte, wiesen Senator und Zuntz darauf hin, welche Fülle wichtiger Thatsachen bei derartigen Experimenten gesammelt werden kann. Daraufhin hat nun Luciani die sich ihm bietende Gelegenheit, Sucei während eines 30tägigen Fastens beobachten zu können, mit Aufwendung aller wissenschaftlichen Hülfsmittel aus- genutzt. Die Resultate dieser Studien bringt die erwähnte Schrift in sehr anregender und geistvoller Darstellung. Auch dem Leser, welchen die Einzelheiten der Stoff- wechselmessungen nicht interessiren, wird die Lektüre Genuss und Belehrung in Fülle gewähren. Luciani be- ginnt mit einer psychologischen Analyse der Persönlich- keit Sucei’s. Man hat vielfach vermuthet, dass dieser Mensch nur durch seine psychischen Anomalien es fertig gebracht habe, die lange Nahrungsentziehung zu ver- tragen. Luciani widerlegt diese Anschauung sehr ent- schieden. Die Erklärung der erstaunlichen Hungerkur ist darin zu suchen, dass Sueei einen sehr leistungsfähigen Verdauungsapparat besitzt und in der Ruhe einen sehr geringen Stoffverbrauch hat. Dadurch ist er im Stande, in relativ kurzer Zeit einen grossen Vorrath an Fett und Eiweiss aufzuspeichern, von welchem er beim Fasten 18 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 2. zehrt. Der vielbesprochene Trank, welcher ihm das Hungern ermöglichen sollte, besteht im Wesentlichen aus Opium, das ihn das in den ersten Tagen vorhandene quälende Hungergefühl überwinden hilft. Bemerkenswerth ist die bis zum Ende der Hungerperiode bewahrte Leistungsfähigkeit der Muskulatur des Hungerers, der noch nach 30tägigem Fasten kräftige Leibesübungen aus- führte, wie Fechten, Wettlaufen, Reiten u. dgl. Auch die dynamometrische Prüfung der Druckkraft der Hand ergab eine sehr geringe Abnahme derselben. Um zunächst das Gesammtresultat der Beobachtungen mitzutheilen, sei er- wähnt, dass die Hauptfunetionen des Organismus: die Wärmeregulirung, der Kreislauf, die Athmung, die Muskel- und Nerventhätigkeit während des Fastens in den Grenzen der normalen Schwankungen bleiben, dagegen werden die zur Verdauung erforderlichen Functionen, die Secretionen der Verdauungssäfte, fast vollkommen aufgehoben. Die Gewichtskurve Sucei’s während der 30 Hungertage zeigt keine absolute Regelmässigkeit, sondern verschiedene Ab- weichungen, die wahrscheinlich auf äussere Umstände zurückzuführen sind. Der. totale Gewichtsverlauf nach Ablauf der ganzen Kur betrug 12 Kilogramm d. h. 0,4 Kilo- gramm pro Tag. In den ersten zehn Tagen wurden da- von 6,1 Kilogramm d. h. 0,61 Kilogramm pro Tag ein- gebüsst. Im Gegensatz zu den bei dem mageren Cetti gemachten Beobachtungen setzt der kräftig gebaute und entwickelte Sucei mehr Fett als Eiweiss zu, und darin ist wohl auch der Grund dafür zu sehen, dass Sucei die Hungerkur weit länger auszuhalten vermochte. Die Stick- stoffausscheidung Sucei’s betrug am ersten Tage 13,8 Gramm, am 17. Tage 7,3 Gramm, am 23. Tage 4,75 Gramm und nahm noch weiter ab, in dem Masse, als sich der Körper an das Hungern gewöhnte. Bei der zum Zweck des Experimentes öfters vorgenommenen Zufuhr kleiner Nah- rungsmengen zeigte sich, wie erwartet, eine Schwankung im Stoffwechselumsatz zu Gunsten des Organismus. Die Blutuntersuchung schliesslich hat eine rasche Abnahme der weissen Blutkörperchen, eine relative Zunahme der rothen Blutkörperchen in geringen Grenzen und eine Abnahme des Blutfarbstoffes ergeben. Dr. A. Ein Ei im Ei. — Durch die Redaction der „Naturw. Wochenschr.“ erhielt ich kürzlich ein interessantes „Ei im Ei.“*) Leider war die auffallende Erscheinung erst bemerkt worden, als das ein kleines Ei enthaltende Hühnerei gekocht gegessen wurde. Es blieb nur noch ein Schalenrest übrig und das kleine Ei, welches sich in dem grossen fand, so wie es die nebenstehende Figur in natürlicher Grösse veranschaulicht. Ob das grosse Ei im Allgemeinen normal gebildet und von gewöhnlicher Grösse oder ob es möglicherweise grösser war als sonst durehsehnittlich Hühnereier, war natürlich nicht fest- zustellen. Das kleine Ei ist von ovaler, normaler Form, die Schale ziemlich rauh und grobkörnig. Der längste Durchmesser beträgt 21,5 mm, der kürzeste 13,5 mm. Behufs innerer Untersuchung wurde es, da ich nicht wusste, ob das grosse Ei hart gekocht war, nochmals gekoeht und dann vorsichtig mit einem scharfen, an- gefeuchteten Skalpell in zwei Hälften zerlegt. Es zeigte sich, dass der Inhalt bereits im Zersetzungsprocess be- griffen und theilweise auch eingetrocknet war. Jedoch liess sich noch mit Sicherheit feststellen, dass sowohl Dotter als auch Eiweiss vorhanden war. Da die Kalkschale des Hühnereies in einem bestimmten, mit kleinen, die Kalksalze ausscheidenden Zotten besetzten Abschnitt des Eileiters gebildet wird, so muss das kleine Ei bis in diesen Abschnitt des Eileiters hinabgerückt gewesen und hier *) Uns wurde das Ojeet von Hr. W. Bothmer übergeben. Red. durch irgendwelche Umstände eine Zeitlang festgehalten worden sein, bis das normale Ei erschien. Wahrschein- lich ist dann das mit der harten Schale versehene kleine Ei in das weiche Eiweiss des grossen Eies eingedrungen, von jenem umhüllt und sammt jenem von der sich um das grosse Ei bildenden Kalkschale eingeschlossen worden. Die Lage des kleinen Eies im grossen hätte festgestellt werden können, so lange letzteres noch intact war. In dem Zustand, in welchem ich es erhielt, liessen sich weiter keine Untersuchungen ausführen, was sehr zu bedauern ist. Das Vorkommen zweier oder mehrerer Dotter innerhalb einer Eischale ist bekanntlich nicht so sehr selten. Vollständig ausgebildete, mit fester Kalk- schale versehene kleine Eier innerhalb grösserer sind da- gegen recht wenig beobachtet worden. W. v. Nathusius- Königsborn hat im „Journal für Ornithologie* 1871 und 1872 ähnliche Fälle beschrieben und zum Theil abgebildet. Dr. E. Schäff. Ueber die fossile Flora der Höttinger Breccie hat Dr. Riehard Ritter v. Wettstein im Jahre 1888 in den Sitzber. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien eine — in der „Naturw. Wochensehr.“ Bd. II, S. 149—150, ausführ- lich besprochene — Abhandlung veröffentlicht unter dem Titel: „Ahododendron Ponticum L., fossil in den Nord- alpen“ und in derselben den Nachweis erbracht, dass der charakteristische Pflanzenrest in der unter dem Namen „Höttinger Breccie“ bekannten interglacialen Ablagerung identisch ist mit dem recenten Rhododendron Ponticum L. Bei der grossen Wichtigkeit, welche die Flora dieser Ab- lagerung für die Pflanzengeschichte und insbesondere für die Geschichte der Flora von Mittel-Europa hat, hat v. Wettstein schon damals den Plan geäussert, eine zu- sammenfassende Bearbeitung jener Flora und der an diese sich knüpfenden Fragen vorzunehmen. In Ausführung dieses Planes hat er zunächst in den letzten Jahren ein ungemein reichhaltiges Material beschafft; durch eigene Aufsammlungen und solche, welche die Direetion des botanischen Museums der Wiener Universität vornehmen liess, wurde er in die Lage versetzt, auf Grund einer Sammlung von über 900 Exemplaren eine genaue Unter- suchung der Reste vorzunehmen. Zugleich hat v. Wett- sten auch Schritte eingeleitet, um zu einer genauen Kenntniss der Flora jener Gebiete, in denen Rhododendron Ponticum heute vorkommt, zu gelangen. Da der Ab- schluss seiner Untersuchungen noch einige Zeit in An- spruch nehmen wird, giebt er im Anzeiger der kais. Akad. der Wissensch. in Wien vom 13. November 1390 eine vor- läufige, ganz kurze Mittheilung der schon jetzt sicher- stehenden Resultate. In der eitirten Abhandlung hat v. Wettstein die Be- hauptung aufgestellt, dass gleichwie die für Rhododendron Pontieum bestimmten Pflanzenreste auch die anderen Fossilien solchen Pflanzen angehören, welche heute noch in gleichen oder ähnlichen Formen existiren. Die weiteren Untersuchungen haben diese Behauptung vollkommen ge- rechtfertigt; v. W. hat bisher Arten der Gattungen Pinus (2 Arten), Picea (1 Art), Taxus (1 Art), Salix (4 Arten), Carpinus (1 Art), Corylus (1 Art), Ulmus (1 Art), Nr. 2. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 19 Fagus (1 Art), Alnus (1 Art), BRhamnus (1 Art), Acer (1 Art), Viburnum (1 Art), Sorbus (1 Art), Hedera (1 Art), Vaccinium (1L—2 Arten), Fragaria (1 Art), Maianthemum (1 Art) u. A. sicherzustellen vermocht und zum grössten Theile vollständig übereinstimmend mit recenten Arten gefunden. Die Gesammtzahl der aufgefundenen Arten beträgt etwa 30. Sämmtliche Arten finden sich heute noch im Ver- breitungsgebiete des Rhododendron Ponticum und in Ge- sellschaft desselben. Es kann daher keinem Zweifel mehr unterliegen, dass in interglacialer Zeit die Flora der Gebirge des nördlichen Tirol und wahrscheinlich eines grossen Theiles der Alpen überhaupt, dieselbe Zusammen- setzung besass, wie gegenwärtig die Flora der östlichen Umgebung des schwarzen Meeres. (Pontische Flora.) Es ergeben sich daraus bestimmte Anhaltspunkte für die Beurtheilung der klimatischen Verhältnisse jener Zeit. Von den in der Höttinger Breeeie fossil erhaltenen Pflanzen sind nur wenige noch am Fundorte der Ab- lagerung lebend zu finden; die Mehrzahl findet sich noch gegenwärtig im Gebiete der Alpen, erreicht aber schon bei bedeutend geringeren Höhen die obere Grenze ihres Vorkommens; eine kleine Zahl von Arten ist im Bereiche der Alpen heute überhaupt nicht mehr zu finden und auf Gebiete milderen Klimas beschränkt. Albert Mousson f. — Am 6. November 1890 ist der bekannte Physiker Albert Mousson nach langen Leiden in Zürich verstorben. Am 17. März 1805 zu Solothurn geboren, erhielt er seinen ersten Unterricht zu Hofwyl, studirte dann zu Genf und Bern und wandte sich zunächst der Geologie zu. Später aber widmete er sich der Physik, habilitirte sich an der Züricher Hoch- schule, ging dann an das eidgenössische Polytechnikum über und lehrte hier bis zum Jahre 1878 hauptsächlich Experimentalphysik. Sehr bekannt ist sein geschätztes Hauptwerk „Physik auf Grundlage der Erfahrung“. Da- neben verfasste Mousson noeh viele kleinere Schriften und Aufsätze. Seine Vorliebe für Geologie, speciell für Conchylien, giebt sich in einer werthvollen Sammlung von 6000 bis 7000 Species der Conchylien kund, die jetzt an das Polytechnikum als Schenkung überge- gangen ist. Litteratur. Julius Steinhaus, Menstruation und Ovulation. Veit & Co. Leipzig 1890. Durch eine Frage aus dem Abonnenten- Kreise der „Naturw. Wochenschr.“ veranlasst, haben wir in Bd. IV. S. 86—87 schon einmal die Frage beantwortet: „Was wissen wir über die Physio- logie der Menstruation“. Als Beantwortung hatten wir die Aeusse- rung des tüchtigen Frauenarztes A. Martin in seiner Gynäkologie gegeben. Er sagt („Naturw. Wochenschr.“ IV. Bd. S. 87): „Die Blutung ist... nicht ein Zeichen des Eintrittes der Eireifung, sie bezeichnet den Abschluss einer reflektorischen Reizperiode, in wel- cher eine Konzeption nicht erfolgt ist. Tritt Schwanger- schaft ein, so entwickelt sich nicht „„das Ei der letzten Men- struation““, — das ist eben mit der Menstruation zu Grunde ge- gangen — sondern ein nach derselben gereiftes.“ Danach wäre die Pflüger’sche Anschauung, nach welcher das periodische Reifen der Graf’schen Follikel reflektorisch eine arterielle Kongestion der Genitalien bedinge und die Dehiscenz des Follikels, die Ovu- lation, zusammenfalle mit dem Blutaustritt aus der Uterusschleim- haut, also mit der Menstruation, nicht richtig. Aber Menstruation und Ovulation stehen doch — wie auch aus der obigen Antwort hervorgeht — in einer engeren Beziehung zu einander, und diese so weit als möglich aufzuklären ist die Aufgabe, welche sich Steinhaus gestellt hat. Wir wollen hier weder auf die 62 Seiten füllende „Geschichte der Lehren über Menstruation und Ovula- tion“ noch auf den II. Theil der Arbeit (S. 63—109). betitelt „Kritische Uebersicht der Lehren über Menstruation und Ovula- tion“, eingehen, sondern nur das im IIL, letzten Theil: „Zur Theorie der Menstruation und ihres Verhältnisses zur Ovulation“ Verlag von (S. 111—117) ausgesprochene Resultat anführen. Steinhaus be- trachtet die „Menstruation als eine besondere Art von physio- logischer Anpassung, deren Zweck die Unterhaltung des betreffen- den Organs, d. h. des Uterus, im Zustande von funktioneller Be- fähigung ist. In Ermangelung der menstrualen Veränderungen würde der Uterus der Fähigkeit verlustig werden, bei günstigen Bedingungen von Seiten der Befruchtung die Frucht zu be- herbergen und zu ernähren.“ Man wird dies besser verstehen, wenn man das Folgende be- rücksichtigt. Ein Uterus bildet sich bei „denjenigen Thieren ..., bei welchen die Eier nicht in demselben oder beinahe demselben Zustande hinausbefördert werden, in welchem sie von den Eier- stöcken geliefert werden, sondern im mütterlichen Organismus eine Reihe von Metamorphosen erleiden; die bedeutendste Diffe- renzirung des zum Uterus gewordenen Theiles der vereinigten Ausführungsgänge beobachtet man bei denjenigen Thieren, bei welchen die ganze embryonale Entwicklung der Brut sich im mütterlichen Organismus abspielt. In diesem Falle wird auch eine Reihe von Anpassungen und Mechanismen nothwendig, um die sich entwickelnde Frucht zu ernähren.“ „Alle diese Anpassungen und Mechanismen sind aber nur so- lange nöthig, wie die intrauterine Entwieklung der Frucht dauert; sowohl vor wie nach diesem Zeitabschnitte sind sie nicht nöthig und existiren auch nur in potentia. Es ist eben die Fähigkeit, aus sich selbst eine ganze Reihe von Vorrichtungen zu erzeugen, die charakteristische Eigenthüm- lichkeit des Uterus und speciell seiner Schleimhaut.“ Die Blutung ist nun eine nothwendige Folge der Eigenthüm- lichkeiten des Uterus, welche ihm die erwähnte Thätigkeit ver- leihen. Denn das Interglandulargewebe der Schleimhaut des Uterus ist ein Granulationsgewebe. „Dieser Charakter verleiht ihm die Möglichkeit zu prolife- riren, zu wuchern ete. — und eben dieses ist nothwendig, um dasjenige zu bilden, was während der Schwangerschaft in der That zur Ausbildung gelangt.“ Würde nun aber das Granulationsgewebe längere Zeit nicht proliferiren, nicht wuchern, so würde es sich in Narbengewebe umwandeln und somit seine specifischen Eigenschaften verlieren. Eine derartige narbige Umwandlung findet auch bei sehr langer Laetation (manchmal) und in der Klimax statt. Sonst ist immer Proliferation, Wucherung dieses Gewebes zu beobachten. Diese Wucherung führt zu einer Verdiekung der Mucosa, wobei die eigentliche Uterushöhle sich immer mehr verkleinert; die freien Schleimhautoberflächen schmiegen sich immer enger aneinander, üben einen gegenseitigen Druck aus und dieser Druck bringt die oberflächlichen Sehiehten zum Absterben. Die abge- storbenen Elemente werden desquamirt, wodurch einerseits das Plus an anatomischen Elementen, welches durch die Proliferation erzeugt worden ist, entfernt wird, und andererseits ein Minus an spezifischen Drüsen-, Flimmer- und Granulationszellen entsteht. Darauf folgt Regeneration — eine inherente Eigenschaft der Ge- webe — und dann wieder Wucherung des Granulationsgeweben über die Norm u. s. w. — es wird der schon beschriebene Oyklus von neuem wiederholt. Bei dem Absterben und der Desquamation der oberflächlichen Mueosaschichten findet bei gewissen Thieren (Affen, Fledermäusen u, s. w. — Lisfrane) und hauptsächlich beim Menschen eine durch die Eigenthümlichkeiten der Schleimhautvascularisation bedingte uterine Blutung statt. Jede Phase dieses Cyklus erfordert eine gewisse — caeteris paribus immer mehr oder weniger gleiche — Zeit, der ganze Cyklus dauert auch immer eine bestimmte Zahl von Tagen — darin liegt der Grund der Periodieität. Was nun das Verhältniss der Menstruation zur Ovulation an- geht, so ist — wenn man die Thatsachen in Erwägung zieht — kein Grund zu finden, der für eine Abhängigkeit der Menstruation (als einer Function des für specielle Zwecke spezifisch differen- zirten Theiles des Drüsenausführungsganges) von den Functionen der Drüse (also von der Ovulation) spräche, Dr. Precht, Die Salz-Industrie von Stassfurt und Umgebung. Verlag von R. Weicke (Ad. Foerster’s Buchhandlung). Stass- furt, 1389. Das nur 16 Seiten umfassende Heft bringt die wichtigsten Notizen über die Salz-Industrie der bezeichneten Steinsalzlager- stätte Stassfurts und Umgebung und zwar zur allgemeinen Orien- tirung in. aller Kürze Geschichtliches, Geologisches und sonst Wissenswerthes. Eine Tafel mit Querprofilen 1. der Schächte von der Heydt und Ludwig II., 2. durch Leopoldshall und 3. durch Neu-Stassfurt ist beigegeben. Dr. Franz No&, Geologische Uebersichtskarte der Alpen. Dazu „Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der Alpen. Nebst einigen einbegleitenden Worten von Eduard Suess“. Verlag von Ed. Hölzel, Wien, 1890. In den einleitenden Worten, welche Professor Suess dem kurzen erläuternden Text zu der vorliegenden geologischen Ueber- 20 Naturwissenschaftliche, Wochenschrift. Nr. 2. sichtskarte der ‚Alpen vorausgeschickt hat, heisst es: „Es 'darf gesagt werden, dass das hier von Dr. No@ gebotene Gesammtbild der Alpen ein weit vollständigeres ist, als jemals bisher uns vor- lag, und dass er mit, dieser mühevollen Arbeit den besten Dank der Lehrer wie der Forscher verdient hat.“ Diesem. Urtheile des ausgezeichneten Gelehrten können wir uns in vollem Umfange anschliessen, Die No@’'sche Karte kommt einem längst gefühlten Bedürfnisse entgegen, da seit der Veröffentlichung des kleinen Uebersichtskärtchens der. Alpen, welche B. Studer der im Jahre 1851 erschienenen „Geologie der Schweiz“ beifügte, keine den neueren Forschungen Rechnung; tragende und das Gesammtgebiet der Alpen umfassende geologische Karte in grösserem Massstabe angefertigt worden ist. Der Verfasser hat: die schwierige Auf- gabe, aus der grossen Anzahl der: vorliegenden Arbeiten der französischen, italienischen, schweizer, bairischen und österreichi- schen Geologen ein klares und einheitliches Bild von:dem Bau der Alpen zusammenzustellen, in sehr geschickter Weise gelöst. Die .topographische Grundlage bildet die V. v. Haardt’sche Üeber- sichtskarte der Alpen im Massstab 1:1000000,. auf weleher die Bergschraffur in sehr zartem grauen Tone dargestellt ist, so dass die ‚aufgedruckten. geologischen Farben vollständig Klar bleiben und selbst‘ die kleinsten geologischen Details in deutlicher Weise hervortreten.. Die Wahl: der Farben ist eine-sehr gelungene. Sie schliesst sich im Allgemeinen ‚an die herkömmliche geognostische Bezeichnungsweise an, weicht jedoch von der auf den internatio- nalen Geologencongressen für die geologische Karte von’Europa angenommenen Farbenscala in mancher- Hinsicht ab. il , Wir können. das treffliehe Werk nicht besser empfehlen, als wenn wir den Schluss; der begleitenden ‚Suess’schen: Worte; hier folgen lassen: „Möge diese schöne Karte recht weite Verbreitung finden. Sie umfasst das herrliehste Stück unseres : Welttheils. Der. junge Wanderer ‚jauchzt auf, wenn die Höhe erreicht ist, und indem er weit das Auge öffnet, um die Landschaft in sich aufzunehmen, öffnet sich auch das Herz für tiefe und: unvergess- liche Eindrücke. Nach langen Jahren, wenn er alt geworden ist, gräbt er. den Erinnerungen nach. bei. dem Lichte der Studirlampe und freut sich ihrer, als stünde er noch im Sonnenschein und in dem schneidigen Luftzuge von damals, und als würden sich noch heute vor ihm die scharfen weissen Umrisse von dem tiefblauen Himmel heben. All die Freude an dem Hochgebirge und alle Liebe zu demselben wird aber gesteigert und veredelt durch ernste Beschäftigung mit den Fragen.über seine Entstehung und seinen Aufbau. Möge diese Uebersichtskarte beitragen, um die Neigung zu solchen Studien :und das Verständniss für dieselben zu vermehren.“ Dr. F. Wahnschaffe. A. Hoffmann, Mathematische Geographie. Ein Leitfaden, zu- nächst für die oberen Klassen höherer Lehranstalten. Vierte vermehrte Auflage bearbeitet von J. Plassmann. Verlag von Ferdinand Schöningh, Paderborn 1890. Die neue Bearbeitung von Hoffmann’s Leitfaden aus der be- währten Feder Plassmann’s stellt sich nieht nur als eine „ver- mehrte“, sondern ’auch als eine „verbesserte* Auflage dar. Mit den getroffenen Aenderungen und Zusätzen findet der Heraus- geber unseren Beifall. Die gute, sehr grosse neue Sternkarte überragt weit ähnliche Karten selbst in 'theuren Werken. Etwas Widerstand nimmt alte Gewohnheit an der Einführung des Myrio- meters an Stelle der geographischen Meile; vielleicht hätte es sich empfohlen, zunächst beide Masse neben einander anzugeben. Wir wünschen dem trefflichen Leitfaden in seiner neuen Form die verdiente Verbreitung. Büttner, R., Reisen im Kongolande. Ausgeführt im Auftrage der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland. 4. Aufl. Leipzig. Catalog der Astronomischen Gesellschaft., 1. Abth. Catalog der Sterne bis zur 9. Grösse zwischen 80° nördlicher und 2° süd- licher Declination für das Aequinoxium 1875. Leipzig. GREEN L., Ueber eine neue mittel-europäische Daphne. rag. Claus, C., Lehrbuch der Zoologie. 5. Aufl. Marburg. Darwin, Ch., Die Abstammung des Menschen. und die geschlecht- liche Zuchtwahl. 5. Aufl. 2. Hälfte. Stuttgart. Dessoir, M., Bibliographie des modernen Hypnotismus. 1. Nach- trag. Berlin. Diophantus v. Alexandria, Die Arithmetik und die Schrift über Polygonalzahlen. Leipzig. Doelter, C., Allgemeine ‚chemische Mineralogie. Leipzig. - Draghicenu, M. M., Erläuterungen zur geologischen Uebersichts- karte des Königreiches Rumänien. Wien. - Drude, O., Handbuch der Pflanzengeographie. © Stuttgart. Eppinger, H.. Infeetion und Immunität. Graz. i Erdmann, H., Anleitung zur Darstellung; chemischer Präparate. Frankfurt. { : Exner, K., Ueber die polarisirende Wirkung der Lichtbeugung. 1. Mittheilung. Leipzig. | , N Fechner, G. Th. u. W. Preyer, Wissenschaftliche Briefe. Ham- burg. { Flache Benson, R. v., Zur botanischen Litteratur Schleswig- Holsteins, der angrenzenden Gebiete und Helgolands. Kiel. Fock, A., Krystallographisch-chemische Tabellen. Leipzig. Frech, F., Die Korallenfauna der Trias. I. Die Korallen der juvavischen Triasprovinz (Zlambachschichten, Hallstätter Kalke, Rhaet). Stuttgart. Frerichs, H., Zur Naturgeschichte des Menschen. 2. Aufl. Norden. Briefkasten. Hrn. Dr. A. K. — Die Frage naclı der Herkunft unserer sogen. arabischen Ziffern ist in der That noch nicht so entschie- den, dass die überwiegende Mehrzahl der betreffenden Forscher eine Meinung als die richtige anerkennt. Es kommt hier das persönliche Gewicht, das jeder Forscher den verschiedenen Grün- den beilegt, die für.die eine oder die andere Meinung sprechen, sehr in Betracht. Wir wollen deshalb auch nieht unsere eigene Ansicht hier angeben. Dass die Untersuchungen nach der Her- kunft unserer Zahlzeichen von grossem Interesse sind, unterliegt keinem Zweifel. Hinsichtlich der Literatur über diesen Gegen- stand würden wir Ihnen gern gefällig sein, doch würde diese Auf- zählung die uns hier gesteckten Grenzen weit überschreiten; wir müssen Sie daher schon -bitten, das ganz ausgezeichnete und jedem Mathematiker unentbehrliche „Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik“, das seit 1867 ‚regelmässig erscheint, nachlesen zu wollen. r Photographische Automaten giebt es in der That. Ben Akiba’s bekannte Behauptung, es sei alles schon dagewesen, scheint wirklich immer mehr zu Schanden’' werden zu sollen, Das neueste Unternehmen, welches die amerikanische Zeitschrift „The electrical world“ nach einer Notiz im „American Seientifie* vom 15. November. 1890 bespricht, ist die beabsichtigte Aufstellung von photographischen Automaten nach dem Muster der bei uns jetzt mehr als wünschehswerth beliebt gewordenen Chocoladen: Automaten. Will man sich schleunigst sein eigenes Konterfei verschaffen, so wirft man einen Vierteldollar (etwa 1 Mark) in den am Automaten befindlichen Spalt, nimmt hierauf die zum Photographiren geeignete Stellung an und ’zieht leicht an einer Schnur. Sofort verschwindet die Schutzscheibe vor der Front- linse der photographischen Camera, und der Apparat arbeitet nun selbstständig fort. Nach 2'/;Minute erscheint, aus einem besonderen Spalt sich hervorschiebend, das fertige „wohlgetroffene“ Bild des Photographirten und zwar aufgezogen auf zierlichen Kärtchen und obenein von einem medaillonförmigen, metallenen Rahmen umfasst. Tableau! um ı , ‘ Da man vermuthlich bei uns nur in heiterer Abendstimmung „photographielustig“ an den Apparat treten würde, der Apparat übrigens auch. nicht allerwärts „im günstigsten Lichte“ aufge- stellt werden kann, so ist der Erfinder vorsichtig genug gewesen, eine Vorrichtung angebracht zu haben, die den Benutzer des Apparates „in das rechte Licht“ setzt. Bei Dunkelheit setzt das in den Apparat einfallende Geldstück eine elektrische Batterie in Thätigkeit. Der von ihr erzeugte elektrische Strom bringt einen Platindraht wie in einem Glühlämpchen zum Glühen und der glühende Drath ‚setzt ein Magnesiumlicht in Brand, dessen Lichtstärke es gestattet, dass die zu photographirende Person nur 2 Sekunden in ihrer Stellung zu verharren braucht. Das Negativbild wird von einer biegsamen Celluloidplatte aufgenommen, welche über zwei Rädern laufend von zwei Gummiwalzen erfasst wird, durch welehe hindurchtretend die Platte nach einander durch die Entwieklungs-, Fixir-- und Waschflüssigkeit gezogen wird. Sämmtliche im Apparate sich .abspielenden Vorgänge werden von der elektrischen Batterie regulirt. Der Erfinder will sich den Apparat allerwärts patentiren lassen. C. M. Inhalt: Dr. Paul Oppenheim: Die Geologie der Insel Capri. — A. Smith: Der Sandfloh. — Emile Leonard “Mathieu. — Zur Physiologie des Hungerns. — Ein Ei im Ei. (Mit Abbild.) — Ueber die fossile Flora der Höttinger Breccie. — Albert Mousson +. — Litteratur: Julius Steinhaus: Menstruation und Ovulation. — Dr. Precht: Die Salz-Industrie von Stassfurt und Umgebung. — Dr. Franz No&: Geologische Uebersichtskarte der Alpen. — A. Hoffmann: Mathematische Geographie. — Liste. — Briefkasten. KG GG zT ee SS nz Verantwortlicher Redakteur: Henry Potonie Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für ‘den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin W. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. BERN N Redaktion: VI. Band. Sonntag, den 18. Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der-Ihra Schöpfungen schmückt. Schwendener. an er 2% TEN urn 07 Dr. H. Potonie. Januar 1891. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist A 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Y [010] A Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Der baltische Bernstein. Von H. Potonie.*) Eine referirende Behandlung der Bernstein-Frage ist augenblicklich zeitgemäss, weil sie durch eine kürzlich erschienene, umfangreiche und gewissenhafte Arbeit des Prof. H. Conwentz, Direetors des Westpreussischen Pro- vinzialmuseums in Danzig, in einer Hinsicht zu einem gewissen Abschluss gebracht worden ist.“*) Ich werde aber erst auf den Inhalt dieser Arbeit näher eingehen, nachdem ich vorerst zur allgemeinen Orientirung nament- lich einiges über Verwendung, Vorkommen und Ge- winnung des Bernsteins gesagt haben werde. Unser Fossil verdankt seinen Namen seiner leichten Brennbarkeit; Brennstein wäre uns daher im ersten Augenblick verständlicher. Bernstein kommt von dem altdeutschen Wort börnen, d. h. brennen, und dement- sprechend sagte man daher auch ursprünglich Börnstein, singt doch Caspar Henneberger 1576 Wenn ausz dem Westen der Wind weht, Allhie man viel des Börnsteins fäht. Der Bernstein ist dem Menschen schon seit sehr langer Zeit, namentlich — es brauchte kaum gesagt zu werden — als Verwendungsmittel für Schmucksachen bekannt. Aus der Steinzeit ist Bernsteinschmuck als Zeichen ältester Cultur in Nord- und Mittel-Europa gefunden worden, aus den Jahren 1000—800 vor unserer Zeit- rechnung. Die Durchbohrung der Stücke, z. B. grosser Perlen, ist offenbar nicht durch Metallinstrumente, son- dern durch Feuersteinsplitter hergestellt worden.***) *) Nach einem in der „Pharm. Gesellsch.“ zu Berlin am 4. Dec. 1890 gehaltenen, in der „Pharm. Ztg., Berlin“ abgedruckten Vortrag. **) H. Conwentz: „Monographie der baltischen Bernstein- bäume. Vergleichende Untersuchungen über die Vegetations- organe und Blüten, sowie über das Harz und die Krankheiten der baltischen Bernsteinbäume.“ Mit 18 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Mit Unterstützung des Westpreuss. Provinzial-Land- tages herausg. von der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. In "Commission bei Wilhelm Engelmann in Leipzig. Danzig 1890. *#*) Vergl. R. Klebs, „Der Bernsteinschmuck der Steinzeit.“ Königsberg 1882. Bei den alten Griechen hiess der Bernstein wie allbekannt — Elektron, von welchem Wort die Bezeich- nung „Rlektrieität“ abgeleitet wird, weil ja der Bernstein durch "Reibung sehr leicht negativ-elektrisch wird. Da nun bei Homer die Frauen zur Zeit des trojanischen Krieges Hals- und Armbänder von Elektron tragen, so scheint hiernach auch von Homer’s Helden der Bernstein Verwendung gefunden zu haben. Allerdings ist dabei zu beachten, dass der Name Elektron im Alterthum eine doppelte "Bedeutung hatte: man verstand nämlich dar- unter auch eine Metallmischung von etwa vier Theilen Gold und einem Theil Silber. Die sichere Entscheidung, was Homer unter „Elektron“ versteht, ist nieht leicht, möglicherweise ist es bei ihm bald Bernstein bezw. Edel- stein überhaupt, bald die genannte Metallmischung. Sicher aber gebrauchten die Alten den Bernstein zur Blüthezeit der Phönizier, die ihnen den Bernstein, den sie hauptsächlich im Golf von Genua erstanden, vornehmlich zuführten, als Räuchermittel und als Frauenschmuck. In der römischen Kaiserzeit kam er sogar in solcher Menge nach Rom, dass er ganz im Werthe sank. Auch andere Völker- schaften, wie die Etrusker, haben den Bernstein geschätzt. Gewisse Namen von Räucherharzen in der Bibel werden auf Bernstein bezogen. — Als Heilmittel ist unser Fossil und zwar namentlich im Mittelalter gebraucht worden, es ist das fast selbstverständlich, denn es ist Ja leichter anzugeben, was nicht als Heilmittel gedient hat, wie die unzählige Schaar von Stoffen zu nennen, die in der genannten Weise missbraucht worden sind. Wenn auch nicht der Bernstein selbst, so ist doch ein aus ihm dargestelltes Product, die Bernsteinsäure e, als ein die Nerventhätigkeit belebendes, krampfstillendes Mittel bis zum Erscheinen der II. Auflage unserer Pharmakopoe offieinell gewesen und wird auch wohl heute noch hier und da benutzt. Ausserdem haben aueh Bernsteinöl und bernsteinsaure Präparate medieinische Verwendung ge- 3 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. funden und finden sie vielleicht auch jetzt noch. Der Vollständigkeit wegen erwähne ich noch die Verwerthung von Bernsteingegenständen seit älteren Zeiten als Amu- lette und in Form von Ketten als vermeintliches Schutz- und Heilmittel gegen Rheumatismus und Zahn- schmerzen. — Wenn ieh endlich noch auf die Benutzung unseres Minerals zur Darstellung des Bernsteinlackes hinweise, so habe ich wohl alle seine Verwendungs- arten erwähnt. Das Vorkommen des baltischen Bernsteins (Suceinit) erstreckt sich über ganz Norddeutschland, Polen, die russischen Ostseeprovinzen und Finnland, andrerseits über Holland, England, Dänemark und Schweden; am häufigsten findet er sich im Samland bei Königsberg in Ostpreussen, wo alljährlich über 100 000 Kilo im Werthe von über 3 Millionen Mark gewonnen werden. Schon seit dem Alterthum und noch früher fliesst hier die Quelle, besonders die Phönizier zu Schiffe und andere Kaufleute zu Lande haben von hier durch Zwischenhandel den Bernstein den Römern zugeführt. „Der Bernsteinhandel — sagt Alexander von Humboldt — bietet uns in seiner nachmaligen Ausdehnung für die Geschichte der Welt- anschauung ein merkwürdiges Beispiel von dem Einfluss dar, den die Liebe zu einem einzigen fernen Erzeugniss auf die Eröffnung eines inneren Völker- verkehrs und auf die Kenntniss grosser Länderstrecken haben kann. Derselbe setzte zuerst die Küsten des nördlichen Oceans in Verbindung mit dem adria- tischen Meerbusen und dem Pontus.“ Er scheint in der That die Ursache des Beginnes der geographischen Kennt- niss unseres Nordens. Bei der Wichtigkeit des Samlandes will ich im Folgenden nur dieses berück- ablässig, nimmt den Bernstein auf und wirft ihn, da sein speeifisches Gewicht dem des Ostseewassers ungefähr gleichkommt, oftmals an den Strand. Auch diluviale Gletscher, welche einstmals unsere Heimath bedeckten, haben an der Zerstörung der Bernsteinschichten, die eine ausgedehnte westliche Verbreitung gehabt haben müssen, wesentlich Antheil genommen, und so ist der Bernstein als „Geschiebe“* in unser Diluyium, sowie in dasjenige Jütlands, der dänischen Inseln, Dänemarks und Schwedens hineingelangt. Aber die Wiederzerstörung der Ablagerungen der blauen Erde hat schon früher, zur Tertiärzeit selbst, begonnen, und es findet sich daher auch Bernstein in den Schichten über der blauen Erde, namentlich in den gestreiften Sanden. Wie mächtig die Zerstörung auch jetzt um sich greift, erhellt daraus, dass z. B. die St. Adalbertskapelle bei Fischhausen früher eine Meile vom Seeufer entfernt lag, die Ruinen derselben aber heutzutage in unmittelbarer Nähe des Strandes zu finden sind. Was nun die Gewinnung des Bernsteins*) an- betrifft, so wurde ursprünglich nur der Seebernstein ge- wonnen, später erst wurde Bernstein gegraben. Das Fischen, Schöpfen, geschah zunächst einfach durch Kätcher, jetzt durch Taucherei und Baggerei; aus dem primi- tiven Ausgraben hat sich Bergbau ent- wickelt. Bei dem Abteufen der Schächte zum Abbau der blauen Erde bietet der über dieser liegende Triebsand, das „schwimmende Gebirge“ der Bergleute, die grössten Schwierigkeiten, weil dessen Wasserzufluss unter Umständen nicht zu bewältigen ist. Nun zur Frage nach der ursprüng- lichen Herkunft des Bernsteins. Es ist allbekannt, dass der Bernstein sichtigen. — wie schon angedeutet — ein fossiles Harz ausgestorbener Nadelhölzer ist, also Die sogenannte blaue Erde des Sam- landes, ein glaukonitischer Sand, in wel- chem sich der Bernstein, ferner Holzstücke, zusammen mit Resten von Meeresthieren, wie Muscheln, Haifischzähne u. s. w. eingelagert finden, ist seimer zeitlichen Entstehung nach natürlich jünger als der Bernstein. Die Bäume, welche den Bernstein als Harz aussonderten, der Bernsteinwald, stand auf Trümmern der Kreideformation, er selbst gehört der Tertiärformation an und zwar älteren Schichten derselben, dem Alttertiär (Eoeän), während die blaue Erde mitteltertiären (specieller unteroligoeänen) Alters ist. Meereswasser hat den Bern- stein mit den begleitenden Resten und der blauen Erde zusammengeschwemmt: er befindet sieh somit im Sam- lande an zweiter Lagerstätte. Wird er in noch jüngeren, wie z. B. häufig genug in den das Tertiär überlagernden Diluvial-Schiehten angetroffen, so befindet er sich dem- nach hier an dritter Lagerstätte.e Nach W. Runge*) finden wir z. B. bei Gross-Hubniken — vergl. die bei- gegebene Profilzeichnung Fig. 1 — unter der blauen Erde eine Schicht, die sogenannte wilde Erde «a, der Östseespiegel trennt die blaue Erde 5 von darüber lagern- dem Triebsand c, dann folgt eine Lage weissen Sandes d, dann ein Braunkohlenflötz e, feiner gestreifter Sand /, endlich ° Diluvium g und als oberste Schicht Humus 4. Wie hier liegt auch anderswo die Bernstein führende Sand - Schieht meist unter dem Meeresspiegel und zwar vielfach unmittelbar am Meere und auch den See- grund bildend. Das Wasser zerstört die Schicht un- *) Die Bernsteingräbereien im Samlande. In der „Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem preussischen Staate,“ Bd. XVI. Berlin 1868. ein durch chemische Einwirkung der äusseren Agentien umgebildetes, erhär- tetes, ursprünglich zähflüssiges Harz. Schon Aristoteles „schliesst aus den im Bernstein vor- kommenden Inseeten, dass dieser Stoff ähnlich der Myrrba flüssig den Bäumen entquollen sei.“ **) Auch Cornelius Taeitus, der uns ja besonders inter- essiren muss, meint, man erkenne den Bernstein als ein Baumharz, „denn man sieht — sagt er — oft kriechende und selbst fliegende Inseeten durchschimmern, welche von der flüssigen Masse erfasst, nachmals bei deren Ver- härtung eingeschlossen wurden.“ Taeitus fährt fort: „Ich denke mir, dass, wie in den fernen Gegenden des Morgenlands, wo Weihrauch und Balsam ausschwitzt, es so auch auf den Inseln und Küsten des Abendlands fruchtbare Wälder und Haine giebt, wo Baumharz durch die Strahlen der nahen Sonne ausgesogen und flüssig gemacht in’s nächste Meer hinabrinnt und durch Sturmes- gewalt an’s gegenüberliegende Ufer geschwemmt wird.“ Ueber die Bedeutung der Harze für das Leben der Gewächse haben die Botaniker zur Zeit eine ziemlich übereinstimmende Ansicht. Hiernach fällt ihnen die Aufgabe zu, bei etwaigen Verletzungen die Wundstelle durch das ausgeschiedene Secret luftdicht abzuschliessen und so das verwundete Organ vor Ver- wesung und Fäulniss zu schützen. In der That werden z. B. die zum Zweek der Harzgewinnung angeschnittenen *) Vergl. R. Klebs, Gewinnung und Verarbeitung des Bernsteins. Königsberg 1883. **) R. Klebs, Der Bernstein und seine Geschichte. Königs- berg 1889. Nr. 3. Stämme von dem Secret überrieselt und die Heilung der Wunden ist regelmässig die Folge. das Harz enthalten, finden sich besonders in der Rinde der Stämme und Zweige, also in den am leichtesten Be- schädigungen ausge- setzten Theilen, sie sind aber auch im Holze reichlich vor- handen: es sind Ca- näle oder anders ge- staltete Räume, z. B. wie bei der Fichte, der Kiefer und auch den Bernsteinbäumen, welche alle ausser Harzeanälen sog. Harz- drusen oder Harzgallen aufweisen. Die Harz- drusen sind bestimmt vorgebildete parenchy- matische Zelleneom- plexe (sogenanntes ab- normes Holzparen- chym), welche ver- harzen. Nach den obigen einleitenden Bemer- kungen gehen wir nun- mehr ausführlicher auf den Inhalt der Con- wentz’schen Mono- graphie der balti- schen Bernstein- bäume ein; ganz kurz ist bereits in No. 18 des fünften Bandes der „Naturwissensch. Wochenschrift“ (vom 4. Mai 1890) in der Mittheilung über „die Flora des Bernsteins“ auf Seite 176—177 auf das damals im Druck befindliche, ge- nannte Werk aufmerk- sam gemacht worden, bei Gelegenheit der Besprechung der vom Westpreussischen Pro- vinzial-Museum auf der Allgemeinen Garten- bau-Ausstellung in Ber- lin ausgestellten Tafeln des älteren Werkes*) und von werthvollen Bernsteinmaterialien. Die sämmtlichen bis- her gefundenen Holz- reste der Bernstein- bäume sind, worauf Conwentz in seiner neuen Arbeit — aber aufmerksam gemacht scheiden. Conwentz Picea suceinifera. * hat, speeifisch nicht zu unter- war aber damals der Meinung, dass diese Holzreste eher mit Fichten verwandt seien, und er gab ihnen dementsprechend den Sammelnamen Auch in der neuen Arbeit bestätigt H. Conwentz: Die Angiospermen des Bernsteins. Mit 13 farbigen Tafeln in Lithographie. Danzig 1386. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Die Behälter, die BE i n T e 12 I } 0d R Hr HEN ii i Hei a an Ri Figur 2, Horizontal-(Quer-)schliff dureh Bernsteinholz in 5°, nach Conwentz. Im Sommerholz liegt eine Gruppe abnormer Holzparenchymzellen aP. Die Lücken im Gewebe sind durch Herausfallen einzelner Partieen während des Schleifens entstanden. M = Markstrahlen. — Hs = Hydrostereiden („Tracheiden*), — Be = Bernsteincanäle. SUSI ELEI IS er die Unmöglichkeit, die Holzreste anatomisch in mehrere deutliche Arten zu scheiden, hält es aber für zweck- mässiger, die Bezeichnung Picea in Pinus L. umzuwandeln, weil die Anatomie derselben der von Pinus im weiteren Sinne entspricht. Die Conwentz bekannt ge- wordenen Reste der Rinde, des Holzes und des Markes von — also jetzt — Pinus suceinifera (Goeppert) Conwentz (vergl. zum Folgenden die Fi- guren 1 und 2 und ihre Erklärungen) zei- gen also eine grosse Uebereinstimmung in ihrem anatomischen Bau und variiren nur innerhalb der Grenzen, welche für verschie- dene Organe und In- dividuen derselben Art bestehen. Wiewohl es hiernach den Anschein hat, als ob nur eine einzige Art unter den Holz- und Rindenres- ten vertreten sei — SO hebt doch Conwentz besonders hervor, dass in Anbetracht der grossen Gleichförmig- keit des anatomischen Baues der Abietaceen überhaupt, sowie in Anbetracht des durch Verharzung und Zer- setzung veränderten Er- haltungszustandes der Bernsteinhölzer im Be- sonderen, die Möglich- keit zugestanden wer- den muss, dass auch mehrere Baumarten darunter vertreten sein können. Indessen hält er nach unserer ge- genwärtigen Kenntniss der fraglichen Reste eine speeifische Tren- nung für wunthunlich und er hat auch nach- gewiesen, dass die von früheren Autoren auf- Figur 3. gestellten Arten nur Tangentialschliff durch Bernsteinholz in %, nach Conwentz. auf verschiedeneTheile Bgl = Bernsteingallen, 2 aus abnormem Holzparenchym hervorgegangene, lysigene und Entwicklungswei- Harzgänge. — M = Markstrahlen. Die mehrreihigen Markstrahlen umschliessen je einen sen derselben Art schizogenen Harzgang, Bernsteincanal: Be. — Hs = Hydrostereiden („Tracheiden‘). zurückzuführen sind. Die Rinden- und Holz- auch schon früher, 1886 — | reste deuten auf die Gattung Pinus im weiteren Sinne hin, Conwentz meint, dass sich im anatomischen Bau der Wurzel, des Stammes und der Aeste der Gattungen Picea und Pinus im engeren Sinne kein durchgreifendes Merkmal findet, wo- durch sich die Gattungen Picea und Pinus unterscheiden. Die Stellung der Holzreste zu Pinus hat er besonders wegen der bei dieser Gattung auftretenden ähnlichen Tüpfelung der radialen Wände des Strahlenparenehyms vorgenommen. 24 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. Bei den dem Autor bekannten lebenden Picea-Arten treten immer zahlreichere und sehr kleine Tüpfel auf, während sie bei den von ihm untersuchten jetzt lebenden Arten der Gattung Pinus im engeren Sinne, ähnlich wie bei Pinus suceinifera, weniger zahlreich und grösser sind. Da dieses Merkmal jedoch nur ein relatives ist und sich nicht für eine Gattungsunterscheidung eignet, so stellt Conwentz die Bernsteinhölzer zur Gattung Pinus im weiteren Sinne, wobei er zunächst die Frage offen lässt, ob Picea Link mit in Betracht zu ziehen ist; die Gattung Abies, in deren Nähe man früher die Bernsteinhölzer stellte, bleibt aber auf jeden Fall ausgeschlossen. Be- züglich der Verwandtschaft der Pinus sueemifera kommt Conwentz zu dem Schlusse, dass keine Kiefer der Gegen- wart mit den Bernsteinbäumen identifieirt werden kann. Die Schwarzkiefer oder österreichische Kiefer Pinus Laricio Poiret zeigt in ihren beiden Formen «) austriaca Endlieher und £) Pallasiana Endlicher anatomische Ver- wandtschaft mit Pinus suceinifera. Die fossilen Hölzer sind zu wenig bekannt, um hier einen Vergleich zu er- möglichen. Zu den Bernsteinbäumen reehnet Conwentz nach Blatt- und Blüthenresten vier Kiefernarten, von welchen aber keine einzige unserer Föhre oder gemeinen Kiefer, Pinus silvestris, nahesteht, ferner eine Fiechtenart, die der Picea ajanensis vom Amur und von der Insel Jezo ähnlich sieht, er nennt sie Pieea Engleri. Die Kıefern sind Pinus silvatica Goeppert und Menge, Pinus baltica Conwentz, Pinus Banksianoides@oeppert und Menge, Pinus cembrifolia Caspary. Ausserdem gedeihen immer- grüne Eichen und Buchen, zusammen mit Palmen und Lorbeer- artigen Gewächsen, mit Ternströmiaceen und Magnolia- ceen, von Gymnospermen ausser den genannten Abieta- ceen, den Bernsteinbäumen, noch Taxodium, Thuja u. a. Cupressaceen. „Es ist wahrscheinlich, dass alle diese verschiedenartigen Bäume und Sträuchernach versehiedenen Regionen gesondert waren und nicht etwa sich zu einem gemischten Wald zusammenschlossen. So bildeten die eigentlichen Bernsteinbäume für sich einen geschlossenen Bestand, welcher nur hier und da von anderen Baum- arten unterbrochen wurde. Die Kiefern nahmen hierin eine durchaus dominirende Stellung ein.“ Vergessen wir nicht, dass es sich um Urwälder handelt und nieht um wohlgepflegte Forsten, wie wir sie zu sehen gewöhnt sind. Um demnach einen Vergleich mit heutigen Ver- hältnissen zu haben, müssen wir den Urwald durehstreifen. Conwentz hat dies gethan und namentlich im Böhmer- wald Studien angestellt; er zieht aus diesen den Schluss, dass es im ganzen Bernsteinwald kaum einen gesunden Baum gegeben haben kann — das Pathologische war die Regel, das Normale die Ausnahme! Nicht allein durch Wind und Wetter, sondern auch durch pflanzliche Para- siten und Saprophyten, sowie durch Inseeten und andere Thiere vollzogen sich an ihnen unausgesetzt Beschädigungen, welche zu Harzflussund zu weiteren Krankheitserscheinungen Anlass boten. Es lag in der Natur der Dinge, dass die aus Anflug hervorgegangenen und gedrängtaufgewachsenen Bäume ihre unteren Aeste verloren, sobald diese bei mangelnder Beleuchtung nicht mehr genügend ernährt werden konnten. Bei der geringsten Erschütterung durch Wind oder Regen, durch Thiere oder andere Agentien brachen sie ab und hinterliessen eine offene Wunde, die in der Folge durch Harz und bei fortschreitendem Waehs- thum des Stammes durch Ueberwallung vernarben konnten. Obsehon auf diese Weise den Bäumen »kein erheblicher Schaden zugefügt wurde, ist dieser Process doch wegen seines allgemeinen Vorkommens nieht ohne Einfluss auf das Leben der Bäume geblieben; aber es spielten sich im Bernsteinwald auch mancherlei andere Vorgänge ab, wodurch erhebliche Beschädigungen angerichtet wurden, Alte, abgestorbene Bäume senkten sich zu Boden und streiften und knickten die Zweige anderer Bäume in weitem Umkreis, um dann mit der ganzen Wucht ihres Körpers auf alles das niederzufallen, was ihnen in ihrer Fallrichtung entgegenstand. Mit Vehemenz schlugen sie an die Nachbarstämme an, rissen ihre Borke auf weite Strecken hin ab und verletzten stellenweise auch den Holzkörper selbst. | Auch heftigere Winde und Orkane zogen über den Bernsteinwald hin und richteten in demselben die schlimmsten Verheerungen an. Was die Natur durch Jahrhunderte geschaffen, wurde im Verlauf weniger Augenblicke durch ein furchtbares Element zerstört. Ein Wirbelwind setzte sich in die mächtige Krone und drehte sie auf ihrem Stamme in kürzester Zeit ab; die stärksten Bäume wurden wie Grashalme über dem Boden gekniekt und kreuz und quer durcheinander geworfen. Andere Bäume wurden mit ihren Wurzeln aus der Erde gehoben und auf weite Strecken dureh die Luft gewirbelt, bis sie zu Boden fielen oder an irgend einem noch aufreehten Baum hängen blieben. Dieses Phänomen mag immer nur an einzelnen Stellen des Waldes aufgetreten sein, verschonte aber kaum ein Individuum, und riss daher grosse Lücken in den Bestand, wo nunmehr eine enorme Menge von todtem Material angehäuft wurde. Zu anderen Zeiten herrschte wohl eine drückende Schwüle im Bernsteinwald, und heftige Gewitter ent- luden sich über demselben. Blitze schlugen in die Baum- krone oder in einen alten Aststumpf und sprengten dann auf weite Strecken hin die Rinde ab, deren Fetzen theil- weise an den Wundrändern hängen blieben und frei in die Luft hineinragten; auch der Holzkörper wurde ge- spalten und die herausgerissenen Holzsplitter flogen, sammt einzelnen Rindenfetzen, weit fort. Zuweilen fuhr ein Blitzstrahl in einen absterbenden Baum oder auch in pilzkrankes Holz und bewirkte hier eine Entzündung. Das Feuer ergriff nicht nur den getroffenen Stamm und die Nachbarstämme, sondern lief auch am Boden hin und verzehrte das auf demselben lagernde, trockene Material. Auch das von Mulm und Moos umgebene alte Harz der Bäume wurde vom Feuer erfasst, konnte aber nicht hell aufflammen, sondern schwelte auf der schützenden Decke nur langsam fort und setzte eine schwärzliche Rinde an. Der Bernsteinwald wurde von einer sehr reichen Thier- welt belebt, denn Inseeten und Spinnen, Schnecken und Krebse, Vögel und Säugethiere hielten sich hier auf, ganz wie in den Wäldern der Jetztzeit. Das Leben der meisten stand in inniger Beziehung zum Leben der Bernsteinbäume, und es giebt unter ihnen viele, welche den grünenden Baum schädigten, während andere das todte Holz angegriffen haben. Grössere Thiere brachen muthwillig und unabsichtlich Aeste ab und verletzten dureh ihren Tritt die zu Tage liegenden Wurzeln. Eich- hörnehen sprangen von Zweig zu Zweig und schälten die junge Rinde derselben. Die Stille des Waldes wurde vom Klopfen des Spechtes unterbrochen, welcher in der Rinde und im Holz der Bernsteinbäume nach Insecten suchte, auch wohl Höhlen zum Nachtaufenthalt und zum Brutgeschäft in das Innere hineinzimmerte. Mit vereinten Kräften mögen auch beide Thiere die Zapfen der Nadel- bäume bearbeitet und zerstört haben. — Und so schildert Conwentz noch weiter die Beschädigungen, welchen der Bernsteinwald ausgesetzt war: nicht etwa aus seiner blossen Phantasie heraus, sondern gestützt auf eine Reihe von Erscheinungen im Bernstein selbst, welche er einer sorgfältigen Untersuchung und Vergleichung mit ähnlichen recenten Vorkommnissen in den jungfräulichen Waldbe- ständen des Böhmerwaldes und der Karpathen, der schwe- dischen und anderer Gebirge unterzogen hat. ‘Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 25 Th —— mm Tee en Ueberall wo eine Beschädigung stattfand — und sie kam ja an jedem Baum vielfältig vor — suchte die Natur durch Harzerguss die Wunde zu heilen; dieser trat aber gewöhnlich nicht so schnell ein, dass nicht vorher Pilzsporen anfliegen und zur Keimung gelangen konnten. Die weitere Entwicklung der Pilze wurde um so mehr begünstigt, als Wärme und Feuchtigkeit in reichem Masse vorhanden waren. Daher wurden nach und nach alle Bäume von einem:oder dem anderen, oft auch von mehreren, Parasiten gleichzeitig befallen. Auch höhere Pflanzen, wie mistelähnliche Gewächse, lebten parasitisch auf den Bernsteinbäumen. Sie führten reichlich Harz in allen ihren Theilen, vornehmlich aber — wie schon gesagt — in der Rinde und im Holze. Wenn man das normale Vorkommen der harz- bildenden Organe, deren Grösse und Vertheilung in’s Auge fasst, kann man einen erheblichen Unterschied von unseren heutigen Kiefern und Fichten nicht bemerken; ebenso finden die verschiedenen abnormen Bildungsweisen des Harzes durchweg ihre Analoga bei Abietaceen der Jetztzeit. Was aber die Bernsteinbäume in hervorragendem Masse auszeichnet, ist der Umstand, dass die ihnen so häufig zu Theil gewordenen Beschädigungen nicht allein den Harzausfluss, sondern auch die Neuanlage von Harz- behältern wesentlich begünstigten. Die verticalen Canäle führten etwa durch 17 oder 18 Jahre Harz und wurden später durch Zellenwucherungen (Thyllen-ähnlichen Ge- bilden) geschlossen, nachdem der Inhalt in die benach- barten Zellen diffundirt oder an die Oberfläche «eflossen war. Bei jeder Verwundung wurden nicht nur («lie kleineren, normalen, sondern auch die grösseren, ab- normen, mit Harz erfüllten Zwischenzellräume geöffnet, welche nun ihren Inhalt austreten liessen; derselbe über- z0g die Wunde und drang stellenweise wieder in die ab- sterbenden oder abgestorbenen Theile nach innen. Ferner machten die Wandungen der die Harzgänge umgebenden Zellen oder auch anderer, unabhängig von diesen vor- kommenden Zellen einen Umwandlungsprocess durch und gaben zur Entstehung von schizolysigenen bezw. lysigenen Räumen Anlass. In anderen Fällen bildete sich nach gewissen Beschädigungen im Cambium ein abnormes Parenchym (Wundparenchym), das später völlig verharzte. Wenn eine solche Stelle dureh Baumschlag geöffnet wurde, so lange der Inhalt flüssig war, trat derselbe natürlich an die Oberfläche; erhärtete er aber im Innern, so konnte er erst nach völliger Zersetzung des umgebenden Holzes frei werden. Es sind das die „Fliessen“ oder „Platten“ des Handels. Ueberdies wurde mittelbar und unmittel- bar durch zahlreiche Insecten ein geringerer oder stärkerer Harzfluss bewirkt, der unter Umständen auch den Tod des jungen Baumes herbeiführen konnte. Wo z. B. die Räupchen kleiner Wickler nagten, oder wo Bast- und Nagekäfer einen Ast oder jüngeren Trieb anbohrten, kam milehiges Harz zum Vorschein und legte sich trichter- förmig um die Frassstelle herum, oder floss, wie das Stearin einer dem Wind ausgesetzten Kerze, in Strähnen an der Rinde entlang. Die Bernsteinbäume waren also insgesammt in steter abnormer Harzbildung (Suceinose) be- griffen. Aus Astlöchern quoll diekflüssiges Harz in Form von Tropfen und ähnlichen Gebilden hervor, die sich, wenn sie zu Boden fielen, am oberen Ende langzogen und unten abplatteten. An Schälwunden und Baumschlag- stellen kamen grössere Mengen von Harz heraus, und wo etwa der Blitz eingeschlagen hatte, hing wohl auch ein langer Harzzapfen stalaktitenartig herunter. Alle diese mit Zellsaft gemischten und daher trüben Harz- massen erhärteten bald an der Luft, wurden aber später wieder durch Einwirkung der Sonnenwärme in dünn- flüssigen Zustand versetzt und geklärt. Das klare Harz überzog nun die Oberfläche des Stammes und der Aeste und nahm in diesem Zustande leicht vorüberfliegende Inseeten, sowie angewehte Pflanzenreste in sich auf: bei wiederholtem Fluss entstanden geschiehtete Stücke, die „Schlauben“ des Handels, welehe sieh durch den Reich- thum an organischen Einschlüssen auszeichnen. Das dünnflüssige Harz tropfte aber auch von Zweig zu Zweig und bildete in diesen freihängende Zäpfehen, welche durch Ablagerung neuer Schiehten immer mehr an Um- fang und Länge zunahmen; während dieses Vorgangs wurden gleichfalls kleine Thiere und Pflanzen ein- geschlossen. Mit Rücksieht darauf, dass dieser Process schnell vor sich ging und die einhüllende Masse dünn- flüssig war, zeigen die so erhaltenen Organismen ausser- ordentliche Schärfe. Wegen der Permeabilität der Harz- masse konnte jedoch eine Verwesung der Einschlüsse nicht verhindert werden; nur Kohlenreste, sowie Chitin und andere widerstandsfähige Substanzen finden sich noch in den Hohlräumen. Die vermeintlichen zarten Blüthen, Inseeten u. dergl. im Bernstein sind daher nur treue Naturselbstdrücke. Das dünnflüssige Harz fiel auch auf den Boden und verkittete den Mulm, unförmige Massen bildend, welche den Firniss des Bernsteinhandels geliefert haben. Das Wort Bernstein ist übrigens keine wissenschaft- liche Bezeichnung für eine bestimmte Harzart, sondern umfasst eine grössere Zahl von fossilen Harzen und harz- ähnlichen Körpern, welche nach ihrer Abstammung und Bildungsweise, sowie nach ihrem chemischen und phy- sikalischen Verhalten verschieden sind. Auch das geo- logische Vorkommen und, wie wir sahen, die geogra- phische Verbreitung der Bernsteine weicht von einander ab. Auch der baltische oder Ostseebernstein ist ein Colleetivname für heterogene Harze und Gummiharze. Die bisher beschriebenen Arten des Bernsteins sind I. Gedanit Helm, oder mürber Bernstein, rein gelb und durehsichtig, dureh Schlagen und Schneiden leicht aus- einandersplitternd und schon bei 140—180° ©. sich auf- blähend und bei weiterem Erhitzen bald schmelzend. Die Härte beträgt 1,5—2. II. Glessit Helm, gewöhn- lich braun und undurehsichtig; schon bei hundertfacher Vergrösserung zeigt der Glessit zahlreiche kugelrunde, zellenartige Gebilde, die mit einem körnigen Inhalt an- gefüllt sind. Helm vermuthet daher, dass Glessit, ähn- lich wie die reeente Benzoö, ein Gummiharz sei. Härte etwa 2. III. Stantienit Pieszezek, oder Schwarzharz, sehr spröde und zerbrechlich. IV. Beckerit Pieszezek, oder Braunharz, wie das vorige undurehsichtig, von zäher Beschaffenheit. Die ausser den genannten vier Arten noch zurückbleibende Hauptmasse des Bernsteins zerfällt in weitere Arten, die aber noch näher zu untersuchen sind. Am bemerkenswerthesten ist V. der Suceinit Helm und Conwentz (— Sueeinit Breithaupt zum Theil), dessen Bildungsweise und Abstammung von Pinus sue- einifera ich im Vorhergehenden angedeutet habe. Sue- einit ist durchsichtig, durchscheinend, von gelber Farbe, vom hellsten Gelb bis zum Orange- und Hyaeinthroth, tritt auch braunviolett, grün, wasserhell und endlich milchig bis kreideweiss auf. Er ist spröde und besitzt die Härte 2 bis nahezu 3. Das specifische Gewicht be- trägt 1,05—1,096. Er schmilzt bei 250—300° ©. ohne sich vorher aufzublähen. Er enthält 3—8 pCt. Bern- steinsäure, welghe den erstgenannten Bernsteinharzen fehlt. Die Aschenbestandtheile des samländisehen Sue- einits betragen 0,08—0,12 pCt. und bestehen aus Kalkerde, Kieselerde, Eisenoxydul, Schwefelsäure. Die Elementaranalyse ergiebt nach Helm 78,63 p©t. Kohlenstoff, 10,45 Wasserstoff, 10,47 Sauerstoff, 0,42 Schwefel. 26 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nrro} Ueber Gleichgewicht und Bewegungsempfindungen. Von Karl L. Schaefer. Wir haben uns gewöhnt, den Kampf um’s Dasein als vornehmsten Bildner und Erzieher der Thiergeschlechier zu betrachten und werden ihm auch einen organisato- rischen Einfluss auf die speeifische Körperhaltung zuer- kennen müssen, welche wir die uns umgebenden Lebe- wesen in der Ruhe und während ihrer Ortsveränderungen einnehmen sehen. Dieselbe ist für alle Individuen der- selben Thiergruppe dieselbe, für Individuen verschiedener Gruppen verschieden. Wenn der Sieg in dem allgemeinen Ringen um die Existenz nur dem zu Theil wird, welcher sich am erfolg- reichsten seiner Feinde erwehrt und seine Nahrung rascher und sicherer als die Gegner zu erbeuten weiss, so bedarf es vor Allem dazu der Fähigkeit möglichst ausdauernder und möglichst ungehinderter Loeomotion. In erster Linie muss die Schwerkraft eompensirt werden, was mit Unter- stützung seitens bestimmter Bänder und Faseien durch die Muskeln geschieht. Der Körper muss also mit an- deren Worten im Gleiehgewicht gehalten werden; eine Forderung, der auf mannigfache Weise Genüge geleistet werden kann. Im Sitzen wie im Liegen und beim aufrechten Stehen oder Gehen befinden wir uns im Gleichgewicht. Man kann aber auch den Rumpf fast im rechten Winkel nach vorn beugen, ohne zu fallen; ebenso ein gutes Stück nach hinten und zur Seite. Man kann ferner, ohne hinzustürzen, wie ein Thier auf Händen und Füssen laufen; ja, mit einiger Geschiekliehkeit auf dem Kopfe stehen: während wiederum das Beispiel dres- sirter Hunde und Bären zeigt, dass die ausschliessliche Benutzung der Hinterextremitäten auch Vierfüsslern ganz wohl möglich ist. Alle diese genannten Körperhaltungen genügen in gleicher Weise zur Erhaltung der Balance. In dem Kampfe um’s Dasein ist aber offenbar diejenige die bevorzugte, welche die gestellte Aufgabe mit dem geringsten Kraft- aufwande zu lösen vermag. Denn um so weniger braucht das Thier auszuruhen, um so mehr von seinen gesammten Kräften kann es zur Locomotion und zum Streite mit an- deren Geschöpfen verwenden. Indem also nur diejenigen Lebewesen zur Production einer fortdauernden Nach- kommenschaft gelangten, deren Körperhaltung allen ge- nannten Anforderungen am besten genügte, erbte die Nachwelt diese Haltung, und immer nur diese blieb durch die Generationen hindurch von Bestand, so dass wir heute alle Einzelindividuen derselben Gruppe mit der gleichen „Normalstellung“ den Kampf um’s Dasein kämpfen sehen. Diese normale Körperstellung (status) ist also üblich und nützlich (usus) zugleich und dürfte daher den Namen „Usustatus“ wohl mit Recht tragen. Der Usustatus des Menschen ist die Vertical- stellung auf den Füssen. In der That ist diese Haltung für uns die zweckmässigste. Eine Kopfdrehung genügt, um in einem Momente Alles zu übersehen, was rings um uns bis zum Horizont geschieht. Jeden Augenblick kön- nen wir nach allen Richtungen hin mit Leichtigkeit unsere Arme gebrauchen; stets sind wir gerüstet, momentan nach irgend einer Seite unseren Platz zu wechseln, zur Flucht, zur Verfolgung. Zugleich ist so die Schwere am besten compensirt: die unterstützenden Füsse nehmen den Mus- keln einen Theil der Last ab, und was diesen zu halten übrig bleibt, vertheilt sich meist gleiehmässig auf die symmetrischen Muskelgruppen. Wollte man etwa den Rumpf maximal vorübergeneigt tragen, so würden die den Rücken mit den Oberschenkeln verbindenden Muskeln die | ganze Last des Rumpfes allein tragen müssen und rasch ermüden, so dass häufige Ruhepausen die Locomotion er- heblich stören würden. Das Bestreben, den Usustatus, falls er aus irgend einem Grunde verloren gegangen, möglichst ohne Zeit- versäumniss wiederherzustellen, liegt mit in seinem Wesen begründet. Jeder weiss aus Erfahrung, dass er, wenn er in's Taumeln geräth, sofort eine zweckmässige eompen- satorische Bewegung macht, auch ohne, wie doch sonst bei jeder anderen activen Bewegung, vorher die klare Vorstellung gehabt zu haben, jetzt will ich dies oder das thun. Ja, die Empfindung des Fallens und der damit verbundene Schreck kommen meist erst zum Bewusstsein, wenn die Wiederherstellung des Usustatus bereits voll- zogen ist. Gelingt sie uns nieht sogleich, so beginnen wir bekanntlich zunächst eine Locomotionsbewegung zu machen, um durch Unterschieben der Beine den fallenden Rumpf zu stützen; alsdann aber auch mit den Händen in die Luft zu greifen, selbst wenn gar nichts zum Fest- halten in der Nähe ist; eine Handlung, die eben aus diesem Grunde entschieden als nutzlos gar nicht unter- nommen würde, wenn der bewusste Wille, die klare Ueber- legung Ursache dieser Compensationsbewegungen wäre. Die Muskelactionen zwecks Wiedererlangung des Usustatus gehen also unabhängig vom Willen, unwillkür- lich vor sich. Anfangs, als gleichsam der Usustatus der Thierwelt etwas Neues war, mag dazu Willensimpuls und Aufmerksamkeit nöthig gewesen sein. Später wurde dieser Willensaet im Grosshirn zur Abwickelung dieses so häufigen, schliesslich zur Virtuositätsbewegung werden- den Vorganges ebenso wenig mehr erfordert, wie ihn der Frosch beispielsweise zum Abwischen eines Tropfens Säure braucht oder zum Herausziehen seiner Hinterextremi- tät aus einem Glase voll ätzender Flüssigkeit. Die Physio- logie bezeichnet solche Vorgänge bekanntlich als Reflex- bewegungen. Diese sind eben dadurch charakterisirt, dass auf einer sensiblen Nervenbahn ein Reiz in das Centralorgan, Rückenmark oder Gehirn, gelangt, um von dort direet, ohne erst in’s Willensbewusstsein einzutreten, auf eine motorische Faser übertragen und so als Bewe- gungsimpuls der Muskulatur zugeleitet zu werden. Welches nun gerade die sensiblen Leitungswege sind, die uns einerseits den Anstoss zur Entstehung einer Be- wegungswahrnehmung, speciell zu der Perception von Aenderungen des Usustatus zuführen und andererseits den Impuls zu dessen Wiederherstellung in das Centralorgan gelangen lassen — das ist noch nicht definitiv beant- wortet, und ebenso wenig konnte bisher eine bestimmte Stelle des Centralorganes mit Sicherheit als das zuge- hörige Reflexcentrum erkannt werden. Allerdings erheben es eine Reihe wichtiger Thatsachen zur grössten Wahr- scheinlichkeit, dass wir das Kleinhirn als ein solches zu betrachten haben, und vollgültige Beweise für diese An- nahme dürften über kurz oder lang erbracht werden. Schwieriger zu lösen nnd viel umstritten ist die andere Frage nach dem Ursprunge der Bewegungsempfindungen. Eine ganze Schule von Forschern erblickt in den halbeirkelförmigen Canälen des inneren Ohres eine Art Sinnesorgan für die Perception von Körperbewegungen und die Wahrnehmung unserer Lage im Raum, gleichwie das Auge das Sinnesorgan für die Gesichtseindrücke und die Haut dasjenige für die Tastempfindungen ist. Alle Wirbelthiere, mit Ausnahme der niedrigsten Stufen, be- sitzen rechts und links je drei soleher Bogengänge, in Nr. 3. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 27 drei auf einander senkrechten Ebenen angeordnet, ent- sprechend einer horizontal, einer transversal und einer sagittal durch den Kopf gelegt zu denkenden Ebene. Darauf stützt sich die gewiss geistreiche Hypothese, dass dureh Drehung unseres Körpers um eine, z. B. die verti- cale Achse eine Flüssigkeitsströmung in dem zugehörigen, in diesem Falle in dem horizontalen Bogengange erzeugt wird und dureh Druck auf die dortigen Nervenendigungen zu der Perception der stattfindenden Bewegung Ver- anlassung giebt. Es sind genug experimentelle Forschun- gen, um diese Annahme zu stützen, ausgeführt worden. Man hat an ‚Tauben systematische Zerstörungen der Bogengänge vorgenommen und in der That die erwarteten Störungen der Orientirung im Raume beobachtet, die durch Zwangsbewegungen in Form unaufhörlicher Dre- hungen um eine der Achsen des Körpers zum Ausdrucke gelangen. Indessen bleibt der Einwand offen, dass es sich hier um Verletzung des allzu nahe benachbarten Kleinhirns gehandelt, und überdies weiss die Ohrenheil- kunde von einer Anzahl Menschen zu berichten, denen sämmtliche Bogengänge vollständig fehlten, ohne dass je Erscheinungen von Schwindel oder ein Defeet in der Coordination der Bewegungen aufgetreten wäre — von einigen anderen der Bogengangstheorie entgegenstehenden Schwierigkeiten ganz zu schweigen. Man ist daher heute mehr und mehr von letzterer zurückgekommen. Was aber soll an ihre Stelle treten ? Gewiss verdanken wir zum grossen Theil die Wahr- nehmung von Ortsveränderungen unseres Körpers oder einzelner Gliedmassen den Augen und nehmen nicht minder zu Tasteindrücken mannigfachster Art unsere Zuflucht; allein diese Hülfsmittel können im physiolo- gischen Experimente, ohne der Präeision der Bewegungs: empfindungen irgend wesentlichen Abbruch zu thun, aus- geschaltet werden. Es bleibt somit kaum etwas anderes anzunehmen übrig, als dass die Verschiebungen von arti- eulirenden Knochenenden aneinander, die Faltungen oder Dehnungen der Gelenkkapseln und besonders dieSpannungs- änderungen in der Muskulatur, die jede Bewegung noth- wendig begleiten, auch deren Perception auslösen. Dem- nach wären die Bewegungsempfindungen im Wesentlichen eine Function des Muskelsinnes. Diese Auffassung setzt das Vorhandensein sensibler Muskelnerven voraus, deren anatomischer Nachweis freilich noch nicht zu allseitiger Zufriedenheit gelungen ist, der aber fortwährend sich mehrende Beobachtungen an Kranken und in Experimenten eindringlich das Wort reden, so dass es zum mindesten erlaubt scheint, dem Muskelsinne in der Genese der Bewegungsempfindungen die Haupt- rolle zuzuschreiben. Die Beziehung zwischen jenem und diesen stellen wir uns nun wohl am einfachsten in folgen- der Weise vor. Bei jeder Bewegung, sie sei activ oder passiv, nähern sich die Ansatzpunkte gewisser Muskeln einander, wäh- rend diejenigen ihrer Antagonisten sich um ebensoviel von einander entfernen. Beide Muskelgruppen erfahren mithin, die einen durch Verkürzung, die anderen durch Dehnung, eine Aenderung ihres Spannungszustandes. Diese wirkt als sensibler Reiz, der von den sensiblen Muskel- nerven in’s Grosshirn geleitet wird, um als Bewegungs- wahrnehmung in’s Bewusstsein zu treten. Gefährdet ausserdem die die Spannungsänderung hervorrufende Be- wegung den Usustatus, so löst der gesetzte Reiz gleich- zeitig auf dem kürzeren Wege über das Kleinhirn re- fleetorisch dessen Wiederherstellung aus, indem er, im Cerebellum zum motorischen Impuls umgesetzt, einfach die Wiederzusammenziehung der über die Norm gedehnten Muskeln auf ihre gewöhnliche Länge veranlasst. Zur Physiologie des Protoplasma. Von Prof. Dr. W. Preyer. (Fortsetzung.) Für die grosse Abtheilung der Weichthiere, welche den Würmern betreffs ihrer eireulatorischen Functionen näher stehen, als den Gliederthieren, ist es festgestellt, dass vermöge der Kontraktilität ihres Körpers, namentlich wo starre Schalen fehlen, das Blut schnelle und massen- hafte Ortsänderungen erfährt, wodurch bald da, bald dort eine Turgescenz, Erection, Hervorstülpung, Einstülpung entsteht, auch wo von aussen Wasser nicht aufgenommen wird, wie bei Echinodermen und Cölenteraten. Die Haupt- sache aber ist das Vorhandensein von wenigstens einem, ursprünglich dem dorsalen Längsgefäss zugehörigen Her- zen, welches durch arterielle Gefässe das Blut in die Körpertheile treibt. Mag es nun eine oder mehr als eine Vorkammer haben, durch besondere kontraktile Venen- abschnitte, Kiemenherzen, unterstützt werden oder nicht, das zurückkommende Blut aus Venen oder Lacunen auf- nehmen, immer ist, bei sämmtlichen Brachiopoden und Mollusken, die Herzthätigkeit die primäre Ursache des Blutkreislaufs, das Herz ein physiologisch höchst wichti- ges Centralorgan, welches vermöge des Protoplasma seiner Muskelfasern schliesslich die Saftströmung im Körper auch in der Ruhe im Gang hält. Schon vor dem Ausschlüpfen schlägt das Herz der Schneeken-Embryonen oft lange Zeit mit der Regelmässigkeit eines Uhrwerks, wie ich wieder- holt wahrnahm. Aber auch die übrigen sichtbaren Er- scheinungen des Blutkreislaufs der Weichthiere sind sämmtlich unmittelbar abhängig von der Kontraktilität des Muskelprotoplasma, mag es, wie bei den Cephalopoden, zu eimem ausgebildeten Capillarnetz mit echten Venen kommen, mag der ganze Kreislauf noch un- geschlossen sein. Denn gerade die wandungslosen Sinus der Brachiopoden bedürfen der Compression durch die Muskeln des Körpers, wenn der Saft nicht stagniren soll. Wo das Herz noch nicht ausgebildet ist, wie bei den Larven von Gymnobranchiaten, ist es gleichfalls stets eine Muskelaetion — rhythmische Kontraktion des Haut- muskelschlauchs in der Nackengegend —, welche den Nährsaft hin und her bewegt. Aehnlich scheint sich die caudale Blase der Limax-Embryonen zu verhalten, welche erst kurz vor dem Ausschlüpfen der Jungen aus den Eiern, also lange nach dem Beginn der Herzthätig- keit sich zurückbildet. Die Pulsationen beruhen auf Muskelzusammenziehungen und -Ausdehnungen, also Proto- plasma-Kontraktilität. Auch wo ein centrales Herz, wie bei Dentalium, angeblich fehlt, gilt dasselbe. Denn der kontraktile Darm übernimmt dann wesentlich die Rolle desselben, und wie es auch mit der Vermischung von Wasser und Blut bei den Muschelthieren sich verhalten mag, gewiss ist, dass die Kontraktilität der Niere für die Bewegung der Leibeshöhlenflüssigkeit in vielen Fällen Wichtigkeit hat, zumal wenn die loeomotorischen und sonstigen Körperbewegungen pausiren. Es bedarf in der That einer gesonderten Betrachtung der Kreislaufsapparate der Mollusken nicht, um aus dem Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. bei allen physiologisch sehr ähnlichen Symptomeneomplex der Blutbewegung die Nothwendigkeit kontraktiles Proto- plasma enthaltender Faserzellen oder echter Muskelfasern als der Motoren für die ganze Saftströmung zu erkennen. Die Tuniecaten schliessen sich an. Möge die Blut- bewegung durch ein Herz ohne Gefässe oder ohne Herz oder durch ein Herz als kontraktile Ausweitung eines ventralen Gefässstammes zu Stande kommen, verursacht wird sie durch die Action des Protoplasma der hier quergestreiften Muskelfasern, und sie zeichnet sich aus durch den Wechsel der Strömungsrichtung, welcher auch bei Embryonen von Mollusken und bei einigen zum Theil zurückgebildeten Würmern (Gephyreen), sonst aber nor- maler Weise bei ausgebildeten Evertebraten nicht in vielen Fällen vorzukommen scheint. Diese Eigenthümlichkeit muss auf dem gänzlichen Mangel regulatorischer Vorrich- tungen für die Herzthätigkeit einerseits, auf einer weit- gehenden Ungleichheit der Erregbarkeit der kontraktilen Elemente, namentlich der Herzwand selbst, andererseits beruhen, abgesehen von der hier, wie bei allen Thieren mit Muskeln, den Blutstrom stark beeinflussenden Unregel- mässigkeit der Körperbewegungen. Der Nachweis, dass die am meisten differenzirten Kreislaufsapparate der Wirbelthiere m letzter Instanz einzig durch die Kontraktilität des Protoplasma die Ge- sammtheit der verwickelten Saftströmungen ermöglichen, erfordert ebenso wie die hier deutlich hervortretende, in den anderen Abtheilungen des Thierreichs kaum unter- suchte Abhängigkeit des Blutstroms vom Nervensystem die Anerkennung des erst später — in dem Abschnitt über die thierische Bewegung — zu begründenden Satzes, dass in den Muskelfasern des Herzens und der Gefässe nicht weniger als in ihren nervösen Bestandtheilen nur das Protoplasma das Bewegende ist. Zunächst ist zweifellos der wegen Mangels eines Centralherzens noch unvollkommene Kreislauf der Lepto- cardier durch die Pulsationen der Gefässe und zwar na- mentlich der Aneurysmen der Kiemenarterien verursacht. Die Wandungen der Blutgefässe von Amphioxus sind aber kontraktil vermöge ihres Protoplasma. Sodann ist gewiss, dass ausser dem Herzen bei allen Wirbelthieren grosse Abschnitte des Gefässsystems ver- möge einer sehr ausgebildeten Ringmuskulatur sich zu- sammenziehen und ausdehnen, je nach der Erregung der mit ihr in organischem Connex stehenden Vasomotoren. Aber auch nach Durchschneidung gefässverengernder Nerven (überhaupt unabhängig von solehen) können durch äussere Umstände, wie Kälte, die Arterien sich eontra- hiren (am stärksten vielleicht die Nabelarterien) und durch andere, z. B. Erwärmung, sich erweitern, und es ist nieht zu übersehen, dass bei sämmtlichen Wirbelthieren die weniger muskulösen Gefässe, die Venen, dureh die Action der sie umgebenden Muskeln comprimirt werden. Hierin liegt ein sehr wichtiger Factor für den normalen Ablauf des Kreislaufs selbst beim Menschen. Denn das Ein- strömen des venösen Blutes in das rechte Herz würde ohne die Mitwirkung von Muskeln — und seien es zeit-. weise nur die der Athmung — nicht so vollständig vor sich gehen können, wie es der Fall ist. Die gegenwärtig noch unter den Physiologen sehr verbreitete, wenn nicht fast allein herrschende Ansicht, dass die einzige Ursache der Herzbewegung in den in- tracardialen Ganglien zu suchen sei, kann schon deshalb nicht richtig sem, weil das ohne irgendwelche nervöse Gebilde pulsirende embryonale Herz der Vogelembryonen — höchstwahrscheinlich auch das ganz junge embryo- nale Amphibien- und Fischherz im Ei ebenfalls durch Herbeiführung von Druckunterschieden die Blut- bewegung im Gang hält. Es steht aber still, sowie die Hämatolymphe abgesperrt ist. Das Protoplasma der Herzmuskelfasern bedarf eben eines durch einen Blut- bestandtheil gegebenen Reizes zu seiner Kontraktion. Der einzige Physiologe, welcher für das ausgebildete Wirbelthier die Ursache der Herzthätigkeit nicht im Nervensystem, sondern im Herzmuskel selbst sucht, Gaskell, hat schon eine Reihe von Untersuchungen veröffentlicht, aus denen in Uebereinstimmung mit der hier vorgetragenen Lehre hervorgeht, wie wenig das Nervensystem als pri- märer Motor oder als Ursache des Blutkreislaufs gelten kann. Die Gefässnerven, zu denen die Herznerven ge- rechnet werden müssen, weil das Herz ein Theil des Gefässsystems ist, sind ontogenetisch und phylogenetisch Jünger als das Herz und ich spreehe nur eine Thatsache aus, wenn ich behaupte, dass die Herznerven, die be- schleunigenden und die hemmenden, die extracardialen und intracardialen (die sogenannten excitomotorischen wie die inhibitorischen Ganglien im ausgeschnittenen stundenlang weiter schlagenden Herzen) die Bedeutung von Regulatoren haben. Der Blutkreislauf an sich bedarf der Nerven nicht, um zu Stande zu kommen, aber um regelmässig zu bleiben, Störungen auszugleichen, die Blutvertheilung ent- sprechend den Anforderungen der Organe zu reguliren und die Differenz des Blutdrucks in den Arterien und Venen auf der erforderliehen Höhe zu erhalten, dazu sind die Herz- und Gefässnerven der Wirbelthiere als regulatorische Faetoren von der grössten Bedeutung. Jedenfalls kann. aus der Betheiligung des Nerven- systems an der Saftbewegung bei Wirbelthieren nicht auf eine geringere Betheiligung der Kontraktilität von Herz- muskelfasern und Muskelfasern der Gefässwände ge- schlossen werden, und was die ganze Thierreihe hindurch gilt, wie die obige Uebersicht zeigt, das verliert durch die feinere Ausbildung des Nervensystems in der obersten Abtheilung desselben seine Gültigkeit nicht, dass nämlich alle Saftströmung im lebenden Thierkörper ihre einzige Ursache in letzter Instanz in der Kon- traktilität des Protoplasma seiner Muskeln oder sonstigen kontraktilen Gebilde hat, wo nicht das erst in der Differenzirung begriffene Protoplasma allein die Saftbewegung bewirkt. Wo Nerven die letztere beeinflussen, haben sie wesentlich die Be- deutung von Regulatoren. ; Aber auch dann, wenn die letztere These nicht als allgemein gültig anerkannt werden sollte, wird doch der Satz, um welchen es sich hier handelt, vollkommen richtig bleiben, dass nämlich die ausnahmslos jedem lebenden Thiere während der ganzen Dauer seiner Lebensthätig- keit nothwendige Saftströmung nieht allein nieht ohne Protoplasma, sondern auchiin letzter Instanz nur durch‘ Stande kommt die Kontraktilität seines Protoplasma zu 3 (Forts. folgt.) und im" Gang bleibt. Neuerdings hat sich herausgestellt, dass die Rinde von Robinia Pseudacacia giftig ist. Seit mehreren Jahren besorgt der Unterzeichnete die aus einer wohlbewährten Anregung des Redacteurs der „Pharm. Ztg.“ Berlin, Herrn Dr. H. J. Boettger, entstandene Rubrik der „Pflanzenbestimmungen“ in dem genannten Blatt. Herrn Apotheker in jener Rubrik Vor Kurzem erhielt ich nun von H. Wolberg in Cassel zur Erledigung die folgende Nachricht und Anfrage. „Dem Corpsrossarzt des 11. Corps wurde von Ross- ärzten aus Darmstadt‘ heute dienstlich gemeldet, dass 7 Pferde nach Genuss der Rinde und Blätter von Ro- 2 ln 3A Nr. 3. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 31 genden aber geringere Tageszeiten. Nimmt man nun an, es sei an einem Orte, etwa in Berlin, der 1. Januar S Uhr Morgens, so fragt sich, welche Zeit zählen die Orte, welche von Berlin um 180° Länge differiren ? Geht man nach Osten, so muss man 12 Stunden zuzählen, man findet also den 1. Januar 3 Uhr Abends; geht man aber nach Westen, so muss man 12 Stunden abrechnen, man findet also den 31. December 8 Uhr Abends. Zweifellos ist die Ortszeit S Uhr Abends, es fragt sich nur, welches Datum haben diese Orte, den 31. December oder den 1. Januar? Diese Frage ist natürlich nicht mit Bestimmtheit, nach irgend welchen wissenschaftlichen Grundsätzen, zu beantworten, schon deshalb, weil ja der Anfangspunkt der Zeitzählung willkürlich ist. Bezieht man sich nun auf einen der verbreitetsten Anfangsmeridiane (Ferro, Greenwich, Paris), so schliessen diese ein schmales sphä- risches Zweieck ein, das als Anfangsregion der Zeit- zählung, insofern das Datum in Betracht kommt, be- trachtet werden kann. Das entsprechende, um 180° Länge entfernte Zweieck enthält alsdann die Orte, an denen die Datumzählung innerhalb der Grenzen eines Tages willkürlich geschehen kann, und zwar können diese Orte das Datum annehmen, als ob man vom ge- wählten Ausgangsmeridian nach Osten oder als ob man nach Westen gezählt hätte. Bekanntlich verläuft diese Datumsgrenze im Stillen Ocean. Im Allgemeinen ist auf den Orten dieses Gebietes dasjenige Datum beibehalten worden, welches die ersten europäischen oder amerikanischen Besiedler mitbrachten. Die Philippinen liegen zwar ganz ausserhalb jenes Ge- bietes, in welchem die Datumzählung willkürlich ist, dennoch haben sie bis vor 50 Jahren ein falsches Datum gezählt, und zwar als ob sie östlich des Gebietes des Datumwechsels lägen. Freiherr von Benko macht nun nachdrücklich darauf aufmerksam, dass diese Anomalie, welche ihren Grund darin hat, dass die Philippinen von Osten her entdeckt und besiedelt worden sind, und welche ungemein störend wirkte und ganz sinnlos geworden war, seit dem 30. De- cember 1844 thatsächlich beseitigt ist. Diese Aenderung des Datums auf den Philippinen geschah durch ein Ueber- einkommen zwischen der weltlichen und kirchlichen Be- hörde auf den Philippinen in der Weise, dass man auf den 30. December 1544 den 1. Januar 1545 folgen liess. Es ist auffallend, dass diese Thatsache in der Lite- ratur wenn nicht fast gänzlich, so doch zum grössten Theile unbekannt oder unbeachtet geblieben ist. Jeden- falls geben die bekannten Eneyklopädien und auch meh- rere wissenschaftliche Werke noch den alten Zustand an, wie er vor dem Jahre 1844 herrschte. Die Linie des Datumwechsels würde darnach in den Skizzen von der Behrings-Strasse östlich von Japan verlaufen, dann west- lich an den Philippinen vorübergehen und sich darauf im scharfen Winkel östlich von Australien und Neu-Seeland zum Südpol wenden. Diese Darstellung entspricht den thatsächlichen Verhältnissen durchaus nicht, die Linie des Datumwechsels verläuft vielmehr weit östlich von den Philippinen, ungefähr dem 150° ö. L. sich anschmiegend. Hoffentlich tragen die Hinweise und die documenta- rischen Belege, welche Freiherr von Benko gegen den erwähnten eingewurzelten Irrthum ins Feld führt, dazu bei, den letzteren endgültig auszurotten. Wir verweisen bezüglich der Einzelheiten auf die angegebene Quelle und erwähnen noch, dass daselbst auch das Deeret ab- gedruckt ist, durch welches die beregte Datumänderung auf den Philippinen bewirkt wurde. G. Litteratur. Paul Mantegazza, Die Hygiene der Schönheit. Uebersetzung. Verlag von Heinrich Matz. Königsberg ohne Jahreszahl. Mantegazza giebt Mittel und Rathschläge, wie der Mensch sich seine natürliche und seinem Lebensalter angemessene Schön- heit so lange als möglich erhalten könne, wie man Haut und Haar pflegen und sich zweckmässig kleiden müsse. Wie des Autors Werke überhaupt zeichnet sich auch dieses Buch dureh poetische Sprache und Gedanken-Reichthum aus. Gegen die „falschen“ Schönheiten, die vom Friseur und der Sehneiderin geborgt sind oder in den Anpreisungen auf der vierten Seite der Zeitungsblätter gesucht werden, richtet er besondere Angriffe. A. Schubert, Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen - Seminare. Theil II (dritter und vierter Cursus). Verlag von Paul Parey in Berlin 1389. Wenn Recensent die Besprechung des I. Theils der Schubert- schen Pflanzenkunde in der „Naturw. Wochenschr.“, Bd. II, S. 63 mit dem Wunsche schloss, dass das Buch andere unzweekmässige und unzuyverlässige botanische Schulbücher verdrängen helfen möge, so wird der seither erschienene II. Theil des Werkes sicher von sachverständigen Beurtheilern geeignet befunden werden, diesen Wunsch zu erfüllen. Derselbe bietet in zwei Cursen die natürliche Verwandtschaftsordnung der Blüthen- pflanzen in absteigender Ordnung mit besonderer Rücksicht auf ausländische Culturpflanzen und Ziergewächse, Einzelbeschrei- bungen kryptogamischer Pflanzen, die Grundzüge der Anatomie und Physiologie und einen kurzen Abriss der Pflanzengeographie. Analytische Familien-, Gattungs- und Art-Uebersichten geben Anleitung zur Uebung im Bestimmen der Pflanzen. Die Zier- gewächse der Gärten, Schmuckplätze, Friedhöfe und Park- anlagen, die Zöglinge der Blumenfreunde sind in Wort und Bild reichlich berücksichtigt, was der Bestimmung des Buches an- gemessen und ein Vorzug vor andern botanischen Schulbüchern ist. Von der Fülle des in unsrer Zeit schon sicher gestellten biologischen Beobachtungsmaterials der modernen Forschung wird man nichts Wesentliches vermissen. Die Familien-Charaktere sind theils kurz diagnostisch, in den Hauptfamilien ausführlich gegeben. Man vergleiche z. B. Gräser, Palmen, Nadelhölzer ete. Besondere Beachtung verdienen auch die eingeschobenen pflanzen- geographischen Landschaftsbilder aus der Heimath, welche vor- bildlich zur Auffassung der Gewächse in ihren natürlichen oder künstlichen Genossenschaften Anregung geben sollen. Die sprachliche Darstellung zeugt von demselben Streben nach Mustergültigkeit, wie es schon der I. Theil zum Ausdrucke brachte. Die Heranziehung poetischer Momente musste bei der Fülle des sachlich zu behandelnden Stoffes mehr zurücktreten. Die eonsequente Anwendung der Bezeichnungen Staub- und Frueht- blätter, die Unterscheidung der Früchte in Blatt- und Achsen- früchte, Benennungen wie „Keimvorrath“ statt Sameneiweiss, „Keimkörner“ neben Sporen und zahlreiche andere Einzelheiten sachlicher und sprachlicher Art zeugen von dem Streben des Verfassers nach Klarheit und Verständlichkeit und verdienen Nachahmung. Zahlreiche Abbildungen, ohne welehe naturwissen- schaftliche Bücher für das Selbststudium des Anfängers un- verständlich bleiben, erhöhen die Brauchbarkeit des Buches. x. F. Gomes Teixeira, Curso de Analyse Infinitesimal. Calculo Differencial, 2 Edicäo. Porto, Typographia Oceidental, 1890. In der letzten Zeit ist, namentlich in Frankreich, eine grössere Anzahl von Lehrbüchern der Differential- und Integralrechnung erschienen, von denen man nicht immer sagen kann, dass sie ihren Gegenstand in besonders geschiekter, einfacher oder ori- gineller Weise behandeln. Um so mehr verdient das vorliegende, in portugiesischer Sprache verfasste Werk Beachtung, als der Verfasser desselben, Direetor und Professor der Polytechnischen Hochschule zu Porto, ganz ausgesprochenermassen das Bestreben erkennen lässt, den neueren Untersuchungen und Ergebnissen in seinem „Curso“ gerecht zu werden. Der letztere ist keine ein- fache Um- oder Ueberarbeitung eines der vorhandenen Lehr- bücher, sondern zeigt deutlich die Spuren, dass der Verfasser nicht immer ausgetretene Wege wandelt, dass derselbe seinen Stoff vielmehr gründlich durehgearbeitet und wohl disponirt hat. Der erste Band, die Differentialrechnung, liegt nach dem auffallend kurzen Zeitraum von 2 Jahren bereits in zweiter Auf- lage vor. Die Vorzüge dieses Theils haben s. Z. allgemeine An- erkennung gefunden; auch die Königliche Akademie der Wissen- schaften zu Lissabon hat dem Verfasser ihre Anerkennung ge- zollt, indem sie demselben einen von dem König von Portugal gestifteten Preis zuerkannte. Das ganze Werk beginnt ohne Vorwort unmittelbar mit einer aus zwei Capiteln bestehenden Einleitung, in der die Theorie der irrationalen, negativen und imaginären Zahlen, der Grenzbegriff, die Elemente der Theorie der 32 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 3. Reihen, unendlichen Producte und Kettenbrüche, sowie die all- gemeinen Principien der Functionentheorie vorgetragen werden. Es ist hier, wie überhaupt durchweg, auf die wichtigen neueren Untersuchungen Bezug genommen oder doch hingewiesen worden; nur vermissen wir hier einen Hinweis auf die Kronecker’schen Untersuchungen über die Grundlagen der Arithmetik, die sicher zu erwähnen waren. An diese Einleitung schliesst sich die eigentliche Differential- rechnung, die in acht Capiteln behandelt wird. Ein genaueres Eingehen auf die letzteren würde uns zu sehr in Specialfragen verwickeln, zu deren Erledigung hier nicht der Ort ist. Wir können es uns aber nicht versagen, den beiden letzten Capiteln einige Worte zu widmen. Im Capitel VII werden nämlich die Singula- ritäten einiger Functionen betrachtet, die zu dem Prineip der Condensation der Singularitäten führen; daran schliesst sich die Behandlung des Weierstrass’schen Beispiels einer stetigen Function, die keinen Differentialquotienten besitzt. Dies leitet naturgemäss zu dem Capitel VIII über, in dem die Funetionen complexen Ar- gumentes in Angriff genommen werden. Auch hier bemerkt der kundige Leser den Einfluss der tiefgreifenden Forschungen von Weierstrass, von welchen natürlich nur die Grundzüge vorge- tragen werden, dem Plan und Zweck des Werkes angemessen. Auch die sich anschliessenden Untersuchungen von Mittag-Leftler finden Berücksichtigung und Anwendung auf Speecialfälle. Den letzten Theil nimmt die Darstellung der eindeutigen Funetionen ein, die sich in der ganzen Ebene mit Ausnahme isolirter Punkte regulär verhalten. Aus dem Gesagten dürfte erhellen, welche Grenzen sich der Herr Verfasser in dem vorliegenden Bande gesteckt hat, zugleich dürften die wenigen Andeutungen, welche wir hier gegeben haben, unsere Ansicht bestätigen, dass dieses Lehrbuch der Differential- rechnung Eigenthümlichkeiten aufweist, die auch deutschen Ma- thıematikern als Vorzüge erscheinen werden. Sollte die Absicht der Mathematischen Section der Gesellschaft deutscher Natur- forscher und Aerzte zur Ausführung gelangen, über die neueren Lehrbücher der Infinitesimalreehnung einen Bericht oder Vortrag zu veranlassen, so möchten wir wünschen, dass auch das vor- liegende Werk dabei Beachtung fände. Fuhrmann, A., Anwendungen der Infinitesimalrechnung in den Naturwissenschaften, im Hochbau und in der Technik. Lehr- buch und Aufgabensammlung. II. Theil: Naturwissenschaft- liche Anwendungen der Integralreehnung. Berlin. Fütterer, G., Abriss der pathologischen Anatomie. Wiesbaden. Ganser, A., Die Wahrheit. Kurze Darlegung der letzten und wahren Weltprineipien. Graz. Geinitz, H. B., I. Ueber einige Lycopodiaceen aus der Steinkohlen- formation. II. Die Graptolithen des königlichen mineralogischen Museums in Dresden. Cassel. Gerstendörfer, J., Die Mineralien von Mies in Böhmen. Leipzig. Grassmann, R., Das Gebäude des Wissens. 1. Bd. 2. Thl. und 2. Bd. 2. Thl. Stettin. Gutberlet, C., Lehrbuch der Philosophie. Metaphysik. 2. Aufl. Münster. Gutzmer, A., Remarques sur certaines equations aux differences partielles d’ordre sup6rieur. Paris. en O., Lehrbuch der physiologischen Chemie. aden. Hanamann, J., Ueber die chemische Zusammensetzung verschie- dener Ackererden und Gesteine Böhmens und über ihren agro- nomischen Werth. Prag. Handbuch der Physik. 1. Bd. Breslau. Hermite, M., sur les raeines de la fonetion spherique de seconde espece. Prag. Höhne, L. Ritter v., Ostäquatorial- Afrika zwischen Pangani und dem neuentdeekten Rudolf-See. Ergebnisse der Graf S. Teleki’schen Expedition 1857—88. Gotha. Holl, M., Ueber die Reifung der Eizelle des Huhns. Leipzig. en Ueber geokarpe, amphikarpe und heterokarpe Pflanzen. erlin. Jacobsen, E., chemisch-technisches Repertorium. jahr. 1. Hälfte. Berlin. Jellett, J. H., Die Theorie der Reibung. Leipzig. Jephson, A. J. M. u. H. M. Stanley, Emin Pascha und die Meuterei in Aequatoria.. Neunmonatlicher Aufenthalt und Gefangenschaft in der letzten der Sudan-Provinzen. Leipzig. (2. Bd.) Allgemeine Wies- 1889. 2. Halb- Kellen, T., Bilder und Skizzen aus dem Leben der Bienen und den Wundern ihres Staates. Nördlingen. Kerry, B., System einer Theorie der Grenzbegriffe. trag zur Erkenntnisstheorie. 1. Thl. Wien. Klausch, P.. Kurzes Lehrbuch der allgemeinen Zoologie in gemeinfasslicher Darstellung. Breslau. Ein Bei- Aufruf zur Errichtung eines Fabrieius- Denkmals. Auf dem Friedhofe des Dorfes Östeel bei Norden in Östfries- land liest man auf einer verwitterten Grabplatte von Sandstein die Inschrift: „Anno 1617 d. 7. May is de würdige un wolgeleerde Heer David Fabrieius, Pastor un Astronomus tho Östeel, van eenen geheten Frerik Hoyer iammerlyken vermoordet, in’t Jaer 53 sines Olders.“ Ausser einem primitiven Beobachtungs-Instru- mente, das in der Pastorei zu Östeel aufbewahrt wird, ist dieser moosbedeckte Grabstein das einzige Denkmal des Mannes, der zur Zeit Tycho de Brahe’s und Kepler’s, mit denen er in per- sönlichem und brieflichem Verkehr stand, neben andern wichtigen Beobachtungen in Gemeinschaft mit seinem Sohne Johann Fa- brieius zuerst die Sonnenflecken entdeckte und regelmässig be- obachtete, ein Ereigniss, dessen Tragweite in seiner Bedeutung für die Astronomie und Meteorologie erst in neuerer Zeit die ge- rechte Würdigung erfahren hat. Nachdem schon u. A. Professor Apelt in Jena 1852 in seiner „Reformation der Sternkunde“ mit Nachdruck wieder auf die Verdienste des Fabrieius hingewiesen, erwarb Oberlehrer Dr. Bunte in Leer sich das Verdienst, in dem 6., 7. und 8. Bande des Jahrbuchs der ostfriesischen Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Alterthümer hierselbst die urkundliehen Hauptquellen, ein von des Fahrieius eigener Hand geführtes Calendarium historieum, das sich in der landschaftlichen Bibliothek zu Aurich befindet, sowie seinen berühmten Briet- wechsel mit Kepler, der in der Bibliothek der Sternwarte zu Pulkowa aufbewahrt wird, wieder allgemein zugänglich gemacht zu haben, während im vorigen Jahre Dr. L. Häpke in Bremen durch einen Vortrag über „Fabrieius und die Entdeckung der Sonnenflecken“ im naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen (abgedruckt im X. Band der Abhandlungen des Vereins) die wissenschaftliche Welt von neuem an den Entdecker erinnerte und besonders dessen Verhältniss zu seinem Sohne klar stellte. Verstärkt wurde diese Erinnerung noch durch eine von Karl Tannen in Bremen gleichzeitig wieder aufgefundene Schrift des Fabrieius über Island und Grönland. Bei allen diesen Anlässen ist darauf hingewiesen, dass es eine Ehrenpflicht sei, den Grabstein des seltenen Mannes vor dem gänzlichen Verfall zu bewahren und ihm ein dauerndes Denkmal zu stiften. Bei der T5jährigen Stiftungsfeier der Natur- forschenden Gesellschaft zu Emden am 29. December 1889 wurde die Direction von der Festversammlung beauftragt, so bald wie möglich diese Ehrenpflieht abzutragen und Schritte zur Errich- tung eines Fabrieius-Denkmals zu thun. So wenden wir uns denn zunächst an unsere ostfriesischen Landsleute und über diesen engeren Kreis hinaus an die ganze wissenschaftliche Welt, soweit in derselben die Verdienste des Fabrieius gewürdigt werden, mit der Bitte, uns zur Erfüllung des ehrenvollen Auf- trages nach Kräften zu helfen. Indem wir die Sammlung für das Fabrieius-Denkmal, dessen Art, Form und Ausführung von der Höhe der eingehenden Bei- träge abhängig gemacht werden muss, hiermit durch eine Zeich- nung unsererseits von 100 Mk. eröffnen, ersuchen wir, die Beiträge bis zum I. Mai 1891 an unsern Schatzmeister, Herrn Kaufmann Peter de Jonge (Gr. Osterstrasse No. 46 in Emden), gelangen zu lassen. Emden (Ostfriesland), im December 1890. Die Direction der Naturforschenden Gesellschaft. Namens und im Auftrage derselben: Die Commission für das Fabrieius-Denkmal. G. Voss, Königl. Baurath a. D. H. Suur, Reetor der Kaiser-Friedrichs-Schule. H. Hofmeister, Königl. Tel.-Director. Th. Focken, Hauptlehrer. Peter de Jonge, Kaufmann. ee un IE en HR Tr Fe FE RE a a Be ne FT ER ER EEE Inhalt: H. Potonic: Der baltische Bernstein. (Mit 3 Abbild.) — Dr. Karl L. Schaefer: Ueber Gleichgewicht und Bewegungsempfin- dungen. — Prof. Dr. W. Preyer: Zur Physiologie des Protoplasma. (Forts.) — Die Rinde von Robinia Pseudacacia ist giftig. — Die Gattungen der Pomaceen. — Ueber die systematische und morphologische Bedeutung bisher unbeobachtet gebliebener Bor sten am Säugethierkopfe. — Das Datum auf den Philippinen. — Litteratur: Paul Mantegazza: Die Hygiene der Schön- heit. — A. Schubert: Pflanzenkunde für höhere Mädchenschulen und Lehrerinnen-Seminare. — F. Gomes Teixeira: Curso de Analyse Infinitesimal. Caleulo Differeneial. — Liste. — Aufruf: Fabrieius-Denkmal. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12, Nr. 3. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 29 binia pseudacacia erkrankten. Ein Pferd starb, die übrigen zeigten starke Vergiftungserscheinungen, wurden aber gerettet. In der mir zugänglichen Litteratur fand ich nirgends, dass Robinia pseudacacia bisher als giftig angesehen wurde, Leunis empfiehlt sogar die Blätter als gutes Vieh- futter.“ Meine Antwort („Pharmaceut. Ztg.“ vom 22. October 1890) war die folgende: „„Im Allgemeinen gilt Robinia Pseudacacia als nicht giftig. Rosenthal jedoch sagt auf S. 998 und 999 seiner „Synopsis plantarum diaphoricarum“ (1862): „Die Wurzelrinde ist süss und wurde als Surrogat der Süss- holzwurzel empfohlen, doch erregt sie leicht Brechen und Durchfall, selbst bedenklichere Vergiftungsfälle und wird nur in der Hauptpraxis bei katarrhalischen Zuständen bisweilen (in Amerika) angewendet. Die etwas scharfen Samen liefern reichliches Oel, und in Wasser macerirt, vortreffliches Mehl, auch hat man sie als Kaffeesurrogat empfohlen. Aus den Blüthen wird mit Zucker und Wein- geist ein wohlschmeckender Liqueur dargestellt... .“ Dass die Blätter ohne Nachtheil als gutes Viehfutter Ver- wendung finden können, ist richtig. Adelbert von Cha- misso sagt — um nur einen zu eitiren — in seiner „Uebersicht der nutzbarsten und der schädlichsten Ge- wächse, welche wild und angebaut in Norddeutschland vor- kommen“ (1827), dass das Laub „von allem Vieh gern gefressen wird.“ Flores Pseudacaciae waren früher offieinell; sie besitzen (ebenfalls nach Rosenthal) krampf- widrige Kräfte, und es lässt sich aus ihnen ein angenehm schmeckender, gelind abführender Syrup bereiten. — Sollte in dem von Ihnen erwähnten Falle nieht eine Ver- wechslung mit dem Goldregen, Cytisus laburnum, vor- liegen? Diese Art ist nämlich, wie sich besonders vor einigen Jahren herausstellte, in allen ihren Theilen giftig, namentlich enthalten die Samen ein giftiges, oft todt- bringendes Alkaloid.“* Auf Grund dieser Veröffentlichung erhielt nun die Redaction der „Pharmaceut. Ztg.“ von Herrn L. Reuter in Heidelberg die Nachricht (vergl. „Pflanzenbestimmun- gen“ in der „Pharmaceut. Ztg.* vom 29. October 1890), dass sich, wie schon gesagt, die Giftigkeit der Rinde von Robinia Pseudacacia neuerdings herausgestellt habe. Herr Reuter schreibt: „B. Power, welcher als Professor der Pharmacie an der Wiskonsin-University thätig ist und einer der tüchtig- sten Schüler Flückiger’s genannt werden darf, hat über die chemischen Bestandtheile der Robinia Pseudacacia und das giftige Prinecip der Rinde dieses Baumes Unter- suchungen angestellt („Pharmaeeut. Rundschau“, New-York 1890, VII. No. 2 S. 29—38), aus welchen hervorgeht, dass die Rinde ausser Fett, Tannin, Zucker, Farbstoff und Gummi Cholin, sowie zwei Eiweissstoffe enthält und zwar ein indifferentes Globulin und eine sehr giftige, in der Rinde zu 1,66 pCt. enthaltene Albumose. Letztere ist in Wasser löslich, wird in der Siedehitze des Wassers koagulirt und unwirksam, giebt die Biuretreaetion, wird durch Gerbsäure, sowie Kaliumwismuthjodid gefällt. Diese giftige Albumose wurde als Träger der physiologischen Wirkung der Akazienrinde erkannt.“ Der von Herrn Wolberg mitgetheilte Fall wäre dem- nach eine Bestätigung der Giftigkeit der Akazienrinde, da — wie Herr Wolberg mir nachträglich mittheilt — eine genauere Untersuchung der Pflanze dieselbe sicher als Robinia Pseudacacia ermittelt hat. Auch schon früher sind Vergiftungserscheinungen in Amerika durch die Rinde der Robinia Pseudacacia und zwar sowohl an Menschen als am Thier beobachtet worden, und diese Fälle haben die eingehendere Untersuchung Power's ver- anlasst. Entsprechend dem von Wolberg mitgetheilten Falle erwähnt Power einen Vergiftungsfall bei 2 Pferden, welehe an einen Robinien-Stamm angebunden worden waren und die Rinde benagt hatten: das eine der Pferde ging an Vergiftung zu Grunde, das andere konnte nur mit Mühe am Leben erhalten werden. Also nieht nur die Wurzelrinde, sondern auch die Rinde des Stammes und auch die Samen sind giftig. Ein Kind, welches von unreifen Samen — die unreif bohnenähnlich schmecken, reif hart und unschmackhaft sind — gegessen hatte, erkrankte schwer. 1 Die Gattungen der Pomaceen. — Die Pomaceen gehören zu denjenigen Pflanzenfamilien, über deren Ein- theilung in Gattungen die Ansichten der Systematiker weit aus einander gehen. Die bekanntesten bis jetzt auf- gestellten Systeme der Pomaceen rühren von Lindley (1846), Bentham und Hooker (1865), Th. Wenzig (1874), Decaisne (1875), Wenzig (1883) und Focke her. Eigenthümlich ist es nun, dass diejenigen Forscher, welche sich wirklich eingehend mit den Pomaceen beschäftigt und eine grosse Anzahl derselben auf ihren Blüthen- und Fruchtbau hin untersucht haben, eine beträchtliche Anzahl von Gattungen unterscheiden. So hatte Decaisne, der unsere Fa- milie am eingehendsten studirt hatte, 24 Gattungen auf- gestellt. Die übrigen Autoren hatten, sich mehr oder weniger auf die vorhandene Litteratur stützend, die Zahl der Gattungen bedeutend beschränkt. Wenzig stellte 1874*) vierzehn, 1883 sechszehn Gattungen auf, während Focke 1588 die Zahl wieder auf 14 beschränkte, die aber keineswegs mit denen Wenzig’s zusammenfallen. Eine Einführung der anatomischen Methode, mit der besonders Radlkofer so glänzende Resultate zu erzielen gewusst hat, hatte 1584 R. Gerard für die Pomaceen unternommen. Die Untersuchung des Stamm- und Blatt- baues ergab aber, dass die Pomaceen anatomisch eine scharf begrenzte, streng übereinstimmende Familie bilden, indem mit einziger Ausnahme von Eriobotrya japonica sie denselben Bau zeigen. Eine wiederholte Aufnahme der Prüfung der Gattungscharaktere war daher bei der bestehenden Verwirrung nur wünschenswerth. Dieser schwierigen Aufgabe hat sich nun letzthin E. Koehne**) unterzogen. Indem er sich absichtlich in Unkenntniss mit den vorhandenen Arbeiten hielt, um unbeeinflusst aus seinen eigenen Untersuchungen Gattungscharaktere zu bilden, kam er zu dem erfreulichen Resultat, dass er trotz einiger Abweichungen und namentlich trotz anderweitiger Unterbringung einzelner Arten, im Grossen und Ganzen die Gattungen Decaisne’s beibehalten musste. Für beide Theile gewiss ein glänzendes Zeugniss ihrer eingehenden Forschung! Während Decaisne als erstes unterscheidendes Merk- mal den Blüthenstand, dann die Knospenlage der Blumen- krone, die Gestalt der Petala und den Bau des Frucht- knotens bezw. der fertigen Frucht berücksichtigte, geht Koehne von dem letzteren Merkmale aus und theilt darnach die Pomaceen in 2 grosse Untergattungen: I. Crataegeae, bei denen die 1—5 Fruchtblätter zu 1—5 Steinen werden, und II. Sorbeae, bei denen sich keine Steine, selten 1 fünf- fächriger Stein mit dünnhäutigen Scheidewänden, finden. Zur ersteren gehören die 7 Gattungen: Cotoneaster; Pyra- cantha, Chamaemeles; Crataegus, Hesperomeles; Osteome- *) Von dieser Monographie sagt Decaisne: „Elle n’est q’une reproduction des trayaux anterieurs.“ > . **) E. Koehne, Die Gattungen der Pomaceen. Wiss. Beilage zum Programm des Falk-Realgymnasium zu Berlin, Ostern 1890, 338. 4°. 2 Tafeln. R. Gaertner's Verlagsbuchhandlung (Hermann Heyfelder). Berlin 189%. 30 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. .8: les, Mespilus. Die zweite Untergattung zerfällt je nach dem höheren oder geringeren Grade des Verwachsens der Fruchtblätter in vier Gruppen: «) Sorbus-Gruppe: Frucht- blätter grösstentheils frei; nur placental verwachsen und halb eingesenkt (Sorbus). b) Pirus-Gruppe: Fruchtblätter unterständig, die freien Griffel eine Strecke weit von einem dieken Diseuswulst eingeschnürt (Pirus, Cydonia). c) Fruchtblätter mindestens (sehr selten halb) centripetal oder centrifugal bis obenhin verwachsen: &«) Aria-Gruppe, wenn die Fruchtblätter keinen freien Mittelraum um- schliessen, (Aria, Photinia, Eriobotrya, Micromeles, Raphio- lepis). £) Malus-Gruppe, wenn die Fruchtblätter einen freien Mittelraum. umschliessen (Aronia, Stranvaesia; Cor- mus; Torminaria, Eriolobus, Docynia; Amelanchier, Pera- phyllum; Malus, Chaenomeles). Diese kurze Uebersicht dürfte wohl schon zur Genüge zeigen, dass ganz besonders Pirus und Malus von ein- ander verschieden sind. Obgleieh schon Decaisne beide Gattungen auf Grund des anatomischen Baues des Frucht- fleisches getrennt, aber sonst nahe bei einander gestellt hatte, welchem Vorgange sich dann Wenzig 1853 anschloss, hat dennoch Focke 1585 Malus als Untergattung II wieder zu Pirus gezogen, trotzdem selbst im anatomischen Bau beide Gattungen Unterschiede zeigen. Gerard sagt:*) „Les Malus s’eloignent des Pirus par leur perieyele, la moelle et les epidermes de la feuille. Les Pirus ont le perieyele, la moelle, la chair de fruit des Cydonia, mais ils possedent la feuille des Malus.“ Gerade weil die Familie der Pomaceen einen so ein- heitlichen Charakter zur Schau trägt, bedarf es um so eingehenderer Untersuchung aller Theile der Pflanze, und wenn schon die genaue Prüfung der Blüthen das eben mitgetheilte erfreuliche Resultat ergeben hat, so hofft Koehne, dass durchgehend einheitliche Untersuchung der Knospenlage der Laubblätter, der genauen Morphologie der Blüthenstände, des Verhaltens der Nebenblätter, der Quersehnittsformen der Früchte mit besonderer Berück- sichtigung der Scheidewandbildung und des anatomischen Baues manche Eigenheiten ergeben und besonders die Verwandtschaftsverhältnisse besser aufdecken wird. A. Zander. Ueber die systematische und morphologische Bedeutung bisher unbeachtet gebliebener Borsten am Säugethierkopfe sprach Wilhelm Haacke am 12. April 1590 m der Senekenbergischen Naturforscher- Gesellschaft zu Frankfurt a. M. (Bericht S. 175 ff.). Er fand, dass von den am Kopfe der Säugethiere vor- kommenden Borsten des Kinns, der Oberlippe, der Augenbrauen, der Lider, der Wangen und des Unter- kieferwinkels die an den beiden letztgenannten Stellen auftretenden die oben bezeichnete Bedeutung in hervor- ragendem Masse haben. Es stehen hier die Borsten in Büscheln, von denen sich auf jeder Wange eins oder zwei, am Unterkieferwinkel eins vorfinden, doch können sie auch fehlen. Die Wangenbüschel treten an drei Stellen auf, sodass Haacke ein oberes, ein mittleres und ein unteres Büschel unterscheidet. Er bezeichnet dieselben mit a, b und c, das Unterkinnbüschel mit d und setzt in seinen Formeln an Stelle der fehlenden Büschel eine 0, Die Untersuchungen, die nur an lebenden Thieren ge- macht werden können, umfassten so viele Arten, dass Schlüsse auf das Verhalten der Familien und Ordnungen gerechtfertigt erschienen. Die Affen besitzen keine der genannten Büschel, wie denn überhaupt bei hoch- *) R. Gerard, L’Anatomie comparde vegetale appliquce A la classification (Structure des Pomacees). Paris 1884, 69 S. 4 Taf. 4° (Nicht im Handel erschienen). S. 66. entwickelten Thieren diese bei ihren Vorfahren vorhan- denen Borstenbüschel verschwunden sind, und also ihr Fehlen eine hohe Entwicklungsstufe bezeichnet. Die Katzen zeigten die Formel «0c0c0a, d. h. es fanden sich nur die oberen und unteren Wangenborsten. Die Hunde und Hyänen ergeben a0cdc9a, die gleiche Formel die Rüsselbären, während beim Wasch- und Wickel- bären «a, bei der Gattung Ursus auch c und d verschwun- den sind, so dass die echten Bären keines der genannten Büschel besitzen. Unter den Musteliden steht der hoch- entwickelte Dachs auf der Stufe der Bären, während die Borsten des Baummarders, des Iltis, des Grisons und einiger anderer «OcdOa sind. Dem Seehund fehlen alle Büschel; andere Flossenfüssler konnten nieht unter- sucht werden. Elf beobachtete Viverriden wiesen wieder die bei den Raubthieren gewöhnlichste Formel a0 cdcOa auf. Die Fledermaus Öynonycteris collaris Illiger, hat zwar im erwachsenen Zustand keine Borsten, wohl aber besitzen ihre Jungen Wärzchen, die der Formel a0 cdeO0a entsprechen. Der afrikanische Steppenesel und das Tigerpferd sind borstenlos, der amerikanische Tapir be- sitzt nur das Kinnbüschel, während die horntragenden Wiederkäuer zum Theil keine Borsten, zum Theil die Formel a0cdeOa zeigen. Zu ersteren gehören z. B. der Yak, die Gemse, die Hirschziegenantilope, Hausziege und Hausschaf, der Muflon, das Mähnenschaf u. a., zu letzteren die Elenantilope und einige andere. Der Zebu vertheilt sich auf beide Gruppen, ebenso wie der Dam- hirsch. Die meisten geweihtragenden Wiederkäuer be- sitzen keine der hier in Rede stehenden Büschel, ausser einem Theil der (dann wohl degenerirten) Damhirsche weist nur der Muntjac und ebenso der Zwerghirsch (Tragulus meminna Erxl.) die Formel a«0cdeOa auf. Lamas und Kamele: 0000000; Hausschwein: 0004000; Dieotyles tajacu L. und Hyrax abyssinieus a0cdeoOa. Während nun bei allen bisher besprochenen Gruppen die Urformel aOcdeOa ist, gilt für die Zahnarmen (Borstengürtelthier), die Lemuren, die Nager, die Kerf- Jäger (Tanree), sowie die Beutler die Urformel 0604050, doch kann bei den Lemuren sie möglicher Weise auch a00d00a lauten. Alle nicht genannten Säugethier- gruppen standen der Beobachtung nicht zur Verfügung. Haacke ist nun der Meinung, dass von den Wangen- büscheln 5 ursprünglich gegeben war, und dass sich aus ihm durch Theilung «a und c gebildet haben. Sie sind wenigstens bei den Viverriden noch sehr genähert, die wie alle mit der Formel 060d05b0 auf niedriger Ent- wicklungsstufe stehen. Während ferner die Tasthaare auf den Lippen und in der Augennähe sich allenfalls durch Naturzüchtung erklären lassen, ist die Bildung der vorliegenden Borstenbüschel „nur durch Annahme be- stimmter ontogenetischer Wachsthumsrichtungen zu er- klären.“ Dr. C. M. Das Datum auf den Philippinen. — In einem im Erscheinen begriffenen, auf Befehl des K. K. Reichs- Kriegsministeriums, Marine-Seetion, verfassten Werke „Die Schiftsstation der kaiserlichen und königlichen Kriegs- Marine in Ostasien“ befindet sich ein Capitel über das Datum auf den Philippinen, das uns der Herr Verfasser, Jerolim Freiherr von Benko, freundliehst zur Verfü- gung gestellt hat und auf dessen Inhalt wir gern hin- weisen mit der Absicht, einen anscheinend weit verbrei- teten Irrthum ausmerzen zu helfen. Bekamtlich haben alle unter ein und demselben Halb-Meridian liegenden Orte ein und dieselbe : gemein- schaftliche Tageszeit. Die östlich vom Beobachter liegen- den Meridiane haben, weil diesen die Sonne schon früher aufgegangen ist, weiter vorgeschrittene, die westlich lie- KR x» En er = Redaktion: Was die issenschaftliche Forschung ufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schöpfungen schmückt. 2 Schwendener. SEIT Era Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Sonntag, den 25. Januar 1891. | Nr. 4. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Fortsetzung der Mittheilungen über ein Heilmittel gegen Tuberkulose. Von Professor R. Koch, Berlin *). Seit der vor zwei Monaten erfolgten Veröffentlichung (ef. diese Wochenschr. 1890, No. 46a) **) meiner Ver- suche mit einem neuen Heilverfahren gegen Tuberkulose haben viele Aerzte das Mittel erhalten und sind dadurch in den Stand gesetzt, sich durch eigene Versuche mit den Eigenschaften desselben bekannt zu machen. So weit ich die bisher hierüber erschienenen Publicationen und die an mich gelangten brieflichen Mittheilungen übersehe, haben meine Angaben im grossen und ganzen volle Be- stätigung gefunden ***). Darüber, dass das Mittel eine specifische Wirkung auf tuberkulöses Gewebe ausübt und infolgedessen als ein sehr feines und sicheres Reagens zum Nachweis versteckter und zur Diagnose zweifelhafter tuberkulöser Processe verwerthet werden kann, ist man wohl allgemein einig. Auch in Bezug auf die Heil- wirkung des Mittels wird von den meisten berichtet, dass trotz der verhältnissmässig kurzen Dauer der Kur bei vielen Kranken schon mehr oder weniger weitgehende Besserung eingetreten ist. In nicht wenigen Fällen soll, wie mir berichtet wurde, selbst Heilung erzielt sein. Nur ganz vereinzelt ist behauptet, dass das Mittel nicht allein bei zu weit vorgeschrittenen Fällen gefährlich werden könne, was man ohne weiteres zugeben wird, sondern dass es den tuberkulösen Process geradezu befördere, also an und für sich schädlich sei. Ich selbst habe seit anderthalb Monaten Gelegenheit gehabt, an etwa 150 Kranken mit Tuberkulose der verschiedensten Art im städtischen Krankenhause zu Moabit +) weitere Erfahrun- *) Aus „Deutsche Medieinische Wochenschrift“ No. 3 vom 15. Januar 1891. **) Vergl. den Abdruck der oben eitirten Veröffentlichung in „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 465 ff. Red. ’=*) Inder nächsten Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ werden wir über die Wirkung des Mittels ausführlicheres mit- theilen. Red. f) Die Mittheilungen in der nächsten Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ beziehen sich auf die im Moabiter Krankenhause gewonnenen Erfahrungen. Red. gen über die Heilwirkung und die diagnostische Ver- wendung des Mittels zu sammeln, und kann nur sagen, dass alles, was ich in letzter Zeit gesehen habe, mit meinen früheren Beobachtungen im Einklang steht, und dass ich an dem, was ich früher berichtete, nichts zu ändern habe *). So lange es nur darauf ankam, meine Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen, war es nicht erforderlich zu wissen, was das Mittel enthält und woher es stammt. Es musste im Gegentheil die Nachprüfung um so unbefangener ausfallen, je weniger von dem Mittel selbst bekannt war. Nachdem nun aber die Nachprüfung, wie mir scheint, in hinreichendem Masse stattgefunden und die Bedeutung des Mittels ergeben hat, wird es die nächste Aufgabe sein, das Mittel auch über den bisherigen Bereich der Anwendung hinaus zu studiren und womöglich die Prin- eipien, welche der Entdeekung desselben zu Grunde liegen, auch auf andere Krankheiten anzuwenden. Diese Aufgaben verlangen selbstverständlich die volle Kenntniss des Mittels, und ich halte deswegen den Zeitpunkt für gekommen, dass nach dieser Richtung hin die erforder- lichen Angaben gemacht werden, was in Folgendem ge- schehen soll. Ehe ich auf das Mittel selbst eingehe, halte ich es zum besseren Verständniss der Wirkungsweise desselben für geboten, ganz kurz den Weg anzugeben, auf welchem ich zur Entdeekung desselben gekommen bin. Wenn man ein gesundes Meerschweinchen mit einer Reinkultur von Tuberkelbaeillen impft, dann verklebt in der Regel die Impfwunde und scheint in den ersten *) In Bezug auf die Dauer der Heilung möchte ich hier an- führen, dass von den Kranken, welche’von mir. vorläufig als ge- heilt bezeichnet waren, zwei in das Krankenhaus Moabit zur weiteren Beobachtung wieder aufgenommen sind, und dass sich seit- drei Monaten keine Baeillen mehr im Sputum gezeigt haben; auch die physikalischen Symptome sind bei denselben allmählich vollkommen verschwunden. Ä 34 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Tagen zu verheilen; erst im Laufe von 10—14 Tagen entsteht ein hartes Knötehen, welches bald aufbrieht und bis zum Tode des Thieres eine ulceerirende Stelle bildet. Aber ganz anders verhält es sich, wenn ein bereits tuber- kulös erkranktes Meerschweinchen geimpft wird. Am besten eignen sieh hierzu Thiere, welche 4—6 Wochen vorher erfolgreich geimpft wurden. Bei einem solchen Thier verklebt die kleine Impfwunde auch anfangs, aber es bildet sich kein Knötchen, sondern schon am nächsten oder zweiten Tage tritt eine eigenthümliche Veränderung an der Impfstelle ein. Dieselbe wird hart und nimmt eine dunklere Färbung an, und zwar beschränkt sich dies nicht allein auf die Impfstelle selbst, sondern breitet sich auf die Umgebung bis zu einem Durchmesser von 0,5 bis { em aus. An den nächsten Tagen stellt sich dann immer deutlicher heraus, dass die so veränderte Haut nekrotisch ist, sie wird schliesslich abgestossen, und es bleibt dann eine flache Uleeration zurück, welche gewöhnlich schnell und dauernd heilt, ohne dass die benachbarten Lymph- drüsen infieirt werden. Die verimpften Tuberkelbaecillen wirken also ganz anders auf die Haut eines gesunden, als auf diejenige eines tuberkulösen Meerschweinchens. Diese auffallende Wirkung kommt nun aber nicht etwa ausschliesslich den lebenden Tuberkelbaeillen zu, sondern findet sich ebenso bei den abgetödteten, ganz gleich, ob man sie, wie ich es anfangs versuchte, durch niedrige Temperaturen von längerer Dauer, oder dureh Siede- hitze, oder durch gewisse Chemikalien zum Absterben gebracht hat. Nachdem diese eigenthümliche Thatsache gefunden war, habe ich sie nach allen Richtungen weiter verfolgt, und ergab sich dann weiter, dass abgetödtete Rein- kulturen von Tuberkelbaeillen, nachdem sie verrieben und im Wasser aufgeschwemmt sind, bei gesunden Meer- schweinchen in grosser Menge unter die Haut gespritzt werden können, ohne dass etwas anderes als eine locale Eiterung entsteht *). Tuberkulöse Meerschweinchen wer- den dagegen schon durch die Injection von sehr ge- ringen Mengen solcher aufgeschwemmten Culturen ge- tödtet, und zwar je nach der angewendeten Dosis inner- halb von 6-48 Stunden. Eine Dosis, welche eben nicht mehr ausreicht, um das Thier zu tödten, kann eine aus- gedehnte Nekrose der Haut im Bereich der Injeetions- stelle bewirken. Wird die Aufschwemmung nun aber noch weiter verdünnt, so dass sie kaum sichtbar getrübt ist, dann bleiben die Thiere am Leben, und es tritt, wenn die Injeetionen mit ein- bis zweitägigen Pausen fortgesetzt werden, bald eine merkliche Besserung im Zustande derselben ein; die ulcerirende Impfwunde ver- kleinert sich und vernarbt schliesslich, was ohne eine derartige Behandlung niemals der Fall ist; die geschwolle- nen Lymphdrüsen verkleinern sich; der Ernährungszustand wird besser, und der Krankheitsprocess kommt, wenn er nicht bereits zu weit vorgeschritten ist und das Thier an Entkräftung zu Grunde geht, zum Stillstand. Damit war die Grundlage für ein Heilverfahren gegen Tuberkulose gegeben. Der praktischen Anwendung solcher Aufschwemmungen von abgetödteten Tuberkelbaecillen stellte sich aber der Umstand entgegen, dass an den In- jeetionsstellen die Tuberkelbaeillen nieht etwa resorbirt werden oder in anderer Weise verschwinden, sondern unverändert lange Zeit liegen bleiben und kleinere oder grössere Eiterherde erzeugen. Das, was bei diesem Verfahren heilend auf den tuberkulösen Process wirkt, musste also eine lösliche *) Derartige Injeetionen gehören zu den einfachsten und sichersten Mitteln, um Eiterungen zu erzeugen, welche frei von lebenden Bakterien sind. Substanz sein, welche von den die Tuberkelbacillen um- spülenden Flüssigkeiten des Körpers gewissermassen aus- gelaugt und ziemlich schnell nm den Säftestrom über- geführt wird, während das, was eitererzeugend wirkt, anscheinend in den Tuberkelbaeillen zurückbleibt oder doch nur sehr langsam in Lösung geht. Es kam also lediglich darauf an, den im Körper sich abspielenden Vorgang auch ausserhalb desselben durchzuführen und womöglich die heilend wirkende Sub- stanz für sich allein aus den Tuberkelbacillen zu extra- hiren. Diese Aufgabe hat viel Mühe und Zeit beansprucht, bis es mir endlich gelang, mit Hülfe einer 40- bis 50 procentigen Glycerinlösung die wirksame Substanz aus den Tuberkelbaeillen zu erhalten. So gewonnene Flüssig- keiten sind es gewesen, mit denen ich die weiteren Ver- suche an Thieren und schliesslich am Menschen gemacht habe, und welche zur Wiederholung der Versuche an andere Aerzte abgegeben sind. Das Mittel, mit welehem das neue Heilver- fahren gegen Tuberkulose ausgeübt wird, ist also ein Glyeerinextract aus den Reineulturen der Tuberkelbacillen. In das einfache Extraet gehen aus den Tuberkel- bacillen natürlich neben der wirksamen Substanz auch alle übrigen in 50 Procent Glycerin löslichen Stoffe über, und es finden sich deswegen darin eine gewisse Menge von Mineralsalzen, färbende Substanzen und andere un- bekannte Extractivstoffe. Einige dieser Stoffe lassen sich ziemlich leicht daraus entfernen. Die wirksame Substanz ist nämlich unlöslich in absolutem Alkohol und kann durch denselben, allerdings nicht rein, sondern immer noch in Verbindung mit anderen ebenfalls in Alkohol unlöslichen Extractivstoffen ausgefällt werden. Auch die Farbstoffe lassen sich beseitigen, so dass es möglich ist, aus dem Extraet eine farblose trockene Substanz zu er- halten, welehe das wirksame Prineip in viel concentrir- terer Form enthält, als die ursprüngliche Glycerinlösung. Für die Anwendung in der Praxis bietet diese Reinigung des Glycerinextractes indessen keinen Vortheil, weil die so entfernten Stoffe für den menschlichen Organismus in- different sind, und also der Reinigungsprocess das Mittel nur unnöthigerweise vertheuern würde, Ueber die Constitution der wirksamen Substanz lassen sich vorläufig nur Vermuthungen aussprechen. Die- selbe scheint mir ein Derivat von Eiweiskörpern zu sein und diesen nahe zu stehen, gehört aber nicht zur Gruppe der sogenannten Toxalbumine, da sie hohe Temperaturen erträgt und im Dialysator leicht und schnell durch die Membran geht. Das im Extraet vorhandene Quantum der Substanz ist allem Anscheine nach ein sehr geringes; ich schätze es auf Bruchtheile eines Prozents. Wir wür- den es, wenn meine Voraussetzung richtig ist, also mit einem Stoffe zu thun haben, dessen Wirksamkeit auf tuberkulös erkrankte Organismen weit über das hinaus- geht, was uns von den am stärksten wirkenden Arznei- stoffen bekannt ist. Ueber die Art und Weise, wie wir uns die speeifische Wirkung des Mittels auf das tuberkulöse Gewebe vor- zustellen haben, lassen sich selbstverständlich verschiedene Hypothesen aufstellen. Ich stelle mir, ohne behaupten zu wollen, dass meine Ansicht die beste Erklärung ab- giebt, den Vorgang folgendermassen vor. Die Tuberkel- bacillen produeiren bei ihrem Wachsthum in den leben- den Geweben ebenso wie in den künstlichen Culturen gewisse Stoffe, welche die lebenden Elemente ihrer Um- gebung, die Zellen, in verschiedener Weise und zwar nachtheilig beeinflussen. Darunter befindet sich ein Stoff, welcher in einer gewissen Concentration lebendes Proto- plasma tödtet und so verändert, dass es in den von Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. be) — F Weigert als Coagulationsnekrose bezeichneten Zustand übergeführt wird. In dem nekrotisch gewordenen Ge- webe findet der Bacillus dann so ungünstige Ernährungs- bedingungen, dass er nicht weiter zu wachsen vermag, unter Umständen selbst schliesslich abstirbt. Auf diese Weise erkläre ich mir die auffallende Erscheinung, dass man in frisch tuberkulös erkrankten Organen, z. B. in der von grauen Knötchen durchsetzten Milz oder Leber eines Meerschweinchens, zahlreiche Bacillen findet, wäh- rend letztere selten sind oder gar fehlen, wenn die kolossal vergrösserte Milz fast ganz aus weisslicher, im Zustande der Coagulationsnekrose befindlicher Substanz besteht, wie man es häufig beim natürlichen Tode tuber- kulöser Meerschweinchen findet. Auf grosse Entfernung vermag der einzelne Bacillus deswegen auch nicht Nekrose zu bewirken; denn, sobald die Nekrose eine gewisse Ausdehnung erreicht hat, nimmt das Wachsthum des Baeillus und damit die Production der nekrotisirenden Substanz ab, und es tritt so eine Art von gegenseitiger Compensation ein, welche bewirkt, dass die Vegetation vereinzelter Bacillen eine so auffallend beschränkte bleibt, wie z. B. beim Lupus, in skrophulösen Drüsen u. s. w. In solehem Falle erstreckt sich die Nekrose gewöhnlich nur über einen Theil einer Zelle, welche dann bei ihrem weiteren Wachsthum die eigenthümliche Form der Riesen- zelle annimmt; ich folge also in dieser Auffassung der zuerst von Weigert gegebenen Erklärung von dem Zu- standekommen der Riesenzellen. Würde man nun künstlich in der Umgebung des Bacillus den Gehalt des Gewebes an nekrotisirender Sub- stanz steigern, dann würde sich die Nekrose auf eine grössere Entfernung ausdehnen, und es würden sich da- mit die Ernährungsverhältnisse für den Baeillus viel un- günstiger gestalten, als dies gewöhnlich der Fall ist. Theils würden alsdann die in grösserem Umfange nekro- tisch gewordenen Gewebe zerfallen, sich ablösen und, wo dies möglich ist, die eingeschlossenen Baeillen mit fortreissen und nach aussen befördern; theils würden die Baeillen soweit in ihrer Vegetation gestört, dass es viel eher zu einem Absterben derselben kommt, als dies unter gewöhnlichen Verhältnissen geschieht. Gerade in dem Hervorrufen solcher Veränderungen scheint mir nun die Wirkung des Mittels zu bestehen. Es enthält eine gewisse Menge der nekrotisirenden Sub- stanz, von welcher eine entsprechend grosse Dosis auch beim Gesunden bestimmte Gewebeelemente, vielleicht die weissen Blutkörperchen, oder ihnen nahestehende Zellen schädigt und damit Fieber und den ganzen eigenthüm- liehen Symptomencomplex bewirkt. Beim Tuberkulösen genügt aber schon eine sehr viel geringere Menge, um an bestimmten Stellen, nämlich da, wo Tuberkelbaeillen vegetiren und bereits ihre Umgebung mit demselben nekrotisirenden Stoff imprägnirt haben, mehr oder weniger ausgedehnte Nekrose von Zellen nebst den damit ver- bundenen Folgeerscheinungen für den Gesammtorganismus zu veranlassen. Auf solche Weise lässt sich, wenigstens vorläufig, ungezwungen der specifische Einfluss, welchen das Mittel in ganz bestimmten Dosen auf tuberkulöse Gewebe ausübt, ferner die Möglichkeit, mit diesen Dosen so auffallend schnell zu steigen, und die unter nur einiger- massen günstigen Verhältnissen unverkennbar vorhandene Heilwirkung des Mittels erklären. Das Mikroskop im Dienste der Petrographie. Von F. Fischer. Seit der Benutzung des Mikroskopes zur Erforschung der Gesteine hat die petrographische Wissenschaftgewaltige Fortschritte gemacht. Während heutzutage sich jeder Petrograph des Mikro- skopes bedient, und die Anwendung desselben eine all- gemeine ist, fand die neue Methode im Beginn wenig Anklang. Wohl hatten Studien, wie die Cordier’s an Basalten (1815), Brewster’s werthvolle Mittheilungen über Flüssig- keitseinschlüsse in Mineralien (1826), Nicol’s Beobachtungen an Dünnschliffen u. A. den Beweis geliefert, dass die Untersuchungen unter dem Mikroskope unsere Kenntnisse steigern können, aber nichtsdestoweniger wurde der An- wendung des Mikroskopes wenig Beachtung geschenkt. Selbst als Henry Clifton Sorby seine mit weit vervoll- kommneter Methode ausgeführte Arbeit über den kalkigen Sandstein von Yorkshire*) veröffentlichte, wurden die Petrographen nicht aus ihrer Gleichgültigkeit aufgerüttelt. Auch als Oschatz (1851) auf die Bedeutung von Gesteins- dünnschliffen für Structurstudien hinwies, verhielten sich die Petrographen indifferent. „Da geschah es nun, dass in jener langjährigen Stagnation, während welcher die fast gänzlicher Entmuthigung anheimgefallene mikro- skopische Forschung kaum einen wesentlichen Schritt vorwärts gethan hatte, Henry Clifton Sorby in Sheffield im November 1858 (Quart. Journ. of. geol. soe. X1V 453) jene für alle Zeiten klassische Abhandlung veröffentlichte, welche unter dem Titel: „On the mieroscopical structure of erystals, indieating the origin of minerals and rocks“ *) Quart. Journ. of geol. soc. 1850. VII. 1. eine Reihe mit bewunderungswürdigem Scharfsinn durch- geführter Untersuchungen brachte, die ihren Einfluss noch bis auf den heutigen Tag geltend machen.“ Zirkel, dessen „Einführung des Mikroskopes [in das mineralogisch-geologische Studium, Leipzig 1851“ jene Worte entlehnt sind, wurde bald durch persönliche An- regungen von Seiten Sorby’s dessen eifrigster Nachfolger auf dem Gebiete der Gesteinsmikreskopie. Seine werth- vollen Erstlingsstudien, die er 1563 unter dem Titel „Mikroskopische Gesteinsstudien*) veröffentlichte, sowie namentlich seine Untersuchungen über die Basalte (1570) überzeugten bald die Fachgenossen von der seither un- geahnten Bedeutung und nunmehrigen Unentbehrlichkeit des Mikroskopes bei petrographischen Studien. Bald hatte sich das Instrument in allen petrographischen Arbeitszimmern eingebürgert, und ein beispielloser Eifer entwickelte sich nun in der Herstellung und Untersuchung von Dünnschliffen. Reichlich wurde dieser Fleiss belohnt. Wir wollen hier nur erinnern an die in rascher Folge er- scheinenden Arbeiten von Zirkel und Rosenbusch, von Tsehermak und Vogelsang, von Fischer, Boricky, Dölter, Cohen und Klein, von Fouque und Michel-Levy, von Törnebom, Cossa und zahlreichen Anderen und damit zugleich an die Bereicherung unseres Wissens von der mineralogischen Zusammensetzung der Gesteine, an die Reformation der von altersher ererbten und, wie es sich jetzt herausstellte, haltlosen Assoeiationsgesetze der Mineralien, an die Erweiterung unserer nun das feinste Detail umfassenden Kenntnisse von der Structur der Ge- *) Sitzungsbericht der Wiener Akad. 1863, Bd. 47. 36 Naturwissensehaftliehe Wochenschrift. Nr. 4. steine, an die nun wesentlich vervollkommnete Inter- pretation der chemischen Gesteinsanalysen, an die viel- fache Umgestaltung, welche unsere Vorstellungen von der Entstehungsweise der Gesteine und von der unaufhörlich sich vollziehenden Wanderung und Wandelung der Stoffe im anorganischen Reiche erlitten. 1873 konnte die reiche Fülle neu gewonnener Thatsachen schon systematisch zusammengestellt werden: von Zirkel in der „Mikro- skopischen Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine,“ von Rosenbusch in der „Mikroskopischen Physiographie der petrographisch wichtigsten Mineralien“, der dann 1877 des Letzteren „Mikroskopische Physiographie der massigen Gesteine“ nachfolgte. In diesen Werken wurden die mineralogischen und krystallographisch-optischen Lehren streng wissenschaft- lieh auf die Gesteine angewendet, und unsere Kenntniss derselben durch die inzwischen bedeutend vervollkommneten Instrumente in hohem Grade gefördert. — Nach dieser historischen Einleitung wird es nun unsere Aufgabe sein, den Nutzen des Mikroskopes bei Erforschung der Gesteine genauer darzulegen. Bei körmigen Gesteinen, deren Gemengtheile deutlich von einander zu unterscheiden, also makroskopisch sind, stellen sich der Bestimmung ihrer mineralischen Natur keine besonderen Schwierigkeiten in den Weg. Haben sich auch die Mineralindividuen durch ihr Zusammen- gedrängtsein, durch ihre gegenseitige Verwachsung ge- wöhnlich in der Ausbildung zu vollkommenen Krystallen gehindert, so sind doch in der Spaltbarkeit, Härte und Farbe der Gesteinselemente, ihrem speeifischen Gewichte, Glanze und chemischen Verhalten noch genügende Merk- male gegeben, um ihre mineralische Natur zu kennzeichnen. Wie bekannt, ist aber eine grosse Reihe von Felsarten dieht ausgebildet, d. h. ihre Gemengtheile sind derart klein, dass das Gestein das Aussehen einer gleichartigen, homogenen Masse hat. Die Ermittelung der Gemeng- theile suchte man früher entweder durch die chemische Analyse der ganzen Felsart zu bewerkstelligen, oder man hielt sich an die hier und da in der diehten Grundmasse noch erkennbaren grösseren Krystalle und glaubte an- nehmen zu dürfen, dass diese letzteren auch in der kleinsten Ausbildungsweise an der Zusammensetzung des Gesteins theilnehmen. Mit vielem Scharfsinn waren Associationsgesetze auf- gestellt worden, nach denen das Vorkommen gewisser Mineralien die An- oder Abwesenheit anderer Mineralien bedingte. So schloss man z. B. aus dem Brausen eines homogen aussehenden sog. Grünsteims bei Behandlung mit Salzsäure auf die Anwesenheit von Kalkcarbonat, aus diesem auf die Gegenwart von kalkhaltigem Plagioklas, namentlich Labradorit, aus diesem mit Hülfe der Associationsgesetze auf das Dasein von Augit und daraus wieder auf die Abwesenheit von Quarz. Es liegt nahe, dass diese Methoden nieht die ge- nügende Sicherheit gewähren, da ihnen ja jegliche Controle der Richtigkeit fehlt, und blosse Vermuthungen wurden deshalb oft als konstatirte Wahrheiten ausge- sprochen. Ganz anders gestaltet sich jedoch die Unter- suchung derartiger Felsarten in Dünnschliffen unter dem Mikroskop, namentlich im polarisirten Licht; es gelingt, dichte Gesteine in deutliche Mineralaggregate aufzulösen und die Gemengtheile nach gewissen Unterscheidungs- merkmalen zu bestimmen. Felsarten, deren mineralogische Zusammensetzung als endgültig erforscht galt, lieferten bei ihrer Betrachtung mittelst der neuen optischen Methode bemerkenswerthe neue Resultate. So ergaben die Untersuchungen z. B., dass Augit in manchen Graniten vorkommt und dass dieses Mineral auch in Felsitporphyren und Lipariten von Wichtigkeit ist; ferner, dass Augitsyenite und Augittrachyte den eigentlichen Syeniten und Trachyten anzureihen sind; dass das eisenhaltige Silikat der Phonolithe gewöhnlich Augit und nicht Hornblende ist; dass nach Dathe’s Unter- suchungen ein pyroxenisches Mineral auch an den Trapp- granuliten sich betheilige. Ueberhaupt ist durch die neueren mikroskopischen Forschungen der Verbreitungs- bezirk des Pyroxens gegenüber dem des Amphibols be- deutend gewachsen und auch in den krystallinischen Schiefern ist Pyroxen weit verbreitet nachgewiesen worden. Ferner sei hier erinnert an den zuerst von Zirkel 1870, dann von Dathe 1874 hervorgehobenen Quarzgehalt der Diabase, an die von Tschermak schon 1869 ent- deekte Gegenwart von Olivin als wesentlichen Gemeng- theil vieler Melaphyre. Gleichzeitig mit diesen Unter- suchungen über die wesentlichen Bestandtheile der Ge- steine wurde auch die Kenntniss der accessorischen Be- standtheile erweitert und vermehrt. Ganze Reihen von Substanzen, die früher für äusserst selten und an einzelne Fundorte gebunden galten oder als gänzlich unbetheiligt an der Zusammensetzung der Gesteine betrachtet wurden, zeigen sich dem mikroskopirenden Petrographen, wenn auch in winziger Kleinheit, mehr oder weniger verbreitet. So ist z. B. der Apatit in weiter Verbreitung in den krystallinischen Massengesteinen, vorwiegend in der Form langer und dünner hexagonaler Säulen ausgebildet, auf- gefunden worden; er scheint überhaupt darin derart ver- theilt zu sein, „dass die Vorkommnisse, in denen er nach- weisbar vorhanden ist, diejenigen, in denen er wirklich fehlt, weitaus überragen. Dabei verdient es bemerkt zu werden, dass er sich durch die ganze Reihe von petro- graphisch und chemisch grundverschieden beschaffenen Felsarten hindurchzieht, angefangen bei den kieselsäure- reichsten mit Quarz und Orthoklas bis hinunter zu den kieselsäureärmsten mit basischen Plagioklasen, vielem Magneteisen und Augit, mit Leueit und Nephelin; in Graniten, Syeniten, Phonolithen, Melaphyren, Lipariten, Dioriten, Diabasen, Basalten u. s. w. In dieser Eigen- thümliehkeit kommt ihm nicht einmal das Magneteisen gleich. Hornblende- und Augitgesteine, sonst mehrfach von einander abweichend, sind in gleicher Weise mit Apatit ausgestattet.“ *) Diese weite Verbreitung des Apatites ist eine so wichtige Thatsache, da dadurch die Frage nach der Bezugsquelle der Phosphorsäure für die Pflanzen ge- löst ist. Eine ebenfalls grosse Verbreitung hat sich für den Tridymit ergeben. Schon bevor G. vom Rath 1868**) in den Spalten und Drusen eines Augitandesites von San Christobal bei Pachuca in Mexico den makro- skopischen Tridymit entdeckte, hatte Zirkel ***) denselben mit dachziegelartiger Aggregration in zahlreichen Tra- chyten und Andesiten wahrgenommen, aber nicht mit einem damals bekannten makroskopischen Mineral zu identifieiren vermocht. Nach jener Fixirung des Minerals war es aber möglich, bald eine ganze Reihe tridymit- haltiger Gesteine aufzufinden; namentlich sind Trachyte mit Sanidin und kieselsäurereicheren Plagioklasen die Heimath des Tridymits. Als mikroskopische Gemengtheile einer grossen An- zahl von Gesteinen haben sich auch Titaneisen, Enstatit und die trikline Verkörperung der Orthoklassubstanz, der Mikroklin Des-Cloizeaux’ erwiesen. Ferner ist der Rutil *) F. Zirkel, Mikrosk. Besch. d. M. 1873, S. 224. ”*) Poggs. Ann. 1868 Bd. 155 u. 135. **#) N. Jahrb. f. M. 1870 und Pogg. Ann. 1870 OXL. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 37 mikroskopisch sehr verbreitet. Es war zuerst F. Zirkel*), der auf winzige, mikrolithische Nädelehen in den Thon- und Dachsehiefern aufmerksam machte. Spätere Unter- suchungen ergaben die weite Verbreitung dieser „Thon- schiefernädelehen* in den genannten Gesteinen. Diese Gebilde wurden für Augit oder Hornblende gehalten, ohne dass diese Vermuthung durch chemische oder andere Nachweise gestützt worden wäre. E. Kalkowsky**) machte den ersten Anlauf zur exacten Bestimmung dieser Nädelchen und erklärte sie auf Grund einer an minimalem Material angestellten Analyse für Staurolith. Auch diese Ansicht war eine irrige, denn A. Cathrein***) führte 1851 den Nachweis, dass diese Thonschiefernädelehen Rutil seien. Nach diesen Untersuchungen muss dem Rutil eine ganz ausserordentliche Verbreitung auf der Erde zugesprochen werden; in jeder «uadratgrossen Schiefertafel sind Millionen feiner Individuen enthalten. Auch den Zirkon hat man als einen weit verbreiteten accessorischen Bestandtheil gefunden. Nach Thürach’s+) Untersuchungen, die sich mit der Verbreitung des Zirkons in den verschiedensten Eruptiv- und Scehichtgesteinen auf primärer und secundärer Lagerstätte beschäftigen, scheint er noch verbreiteter als Rutil zu sein. Ferner steckt der Turmalin mikroskopisch in vielen krystalli- nischen und Sedimentärgesteinen. Während er aber bisher als Bestandtheil der Sedimentärgesteine nur aus Sandsteinen und Sanden bekannt war, fand ihn Thürach auch in Kalksteinen und Mergeln fast ebenso verbreitet wie den Zirkon. Ebenso ist der Andalusit, welchen Rosenbusch accessorisch in eigenthümlichen Contact- gesteinen um elsässer Granite kennen lehrte, ein weit verbreitetes mikroskopisches Mineral. Auch der Leueit, den man anfänglich nur in den Laven Italiens, des Laacher-See’s und des Kaiserstuhles kannte, ist durch das Mikroskop als ein ganz gewöhnlicher Bestandtheil unzähliger anderer echter Laven, sowie zahlreicher Ba- salte, so von Sachsen, Böhmen, der Rhön und dem Thüringer Walde erkannt worden. Er ist ein durchaus auf tertiäre und recente Eruptivgesteine und ihre Tuffe beschränktes Mineral. Ferner war auch der Melilith+) früher nur in geflossenen Laven bekannt, ist aber jetzt in den Basalten Hessens und Sachsens und in den Eifeler Laven nachgewiesen. Besonders Stelzner lehrte seine weite Verbreitung kennen und erwies die Existenz eigentlicher Melilithgesteine, in denen also dieses Mineral statt der Feldspathe oder ihrer sonstigen Vertreter er- scheint. Aehnliches gilt vom Nesean, weleher früher auf den Vesuv, die Umgegend des Laacher-Sees und das Hegau in Baden beschränkt schien, dann aber in vielen Phonolithen Böhmens, der Lausitz, der Rhön, Central- Frankreichs gefunden wurde und durch seine charak- teristische Mikrostruetur gekennzeichnet ist. Mit derselben Struetur ausgestattet ist er auch von Borieky in den Basalten gefunden. So hielt man ferner auch den Olivin für einen aus- schliesslichen Gemengtheil der Basalte, bis das Mikroskop zeigte, dass er zugleich ein ganz charakteristischer accessorischer Bestandtheil des Gabbros gewisser Diabase und Melaphyre sei. Ebenso besitzt auch der Nephelin in Phonolithen, Trachyten, Basalten und Andesiten eine früher ungeahnt weite Verbreitung. *) Ueber d. mikr. Unters. von Thon- u. Dachschiefer. Pogg. Ann. 1871. **) N. Jahrb. f. M. 1879. ==*) N. Jahrb. f. M. 1881 1. 7) Verh. d. phys. med. Ges. zu Würzburg. N. F. XVIII No. 10, 1884. jr) A. Stelzner: Ueber Melilith und Melilithbasalte. N. Jahrb. f. M. 1882 II. Wenn schon diese Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchungen von der hohen Bedeutung und dem grossen Nutzen der Anwendung des Mikroskopes Zeug- niss ablegen, so wird uns die Betrachtung einer höchst wichtigen Arbeit Zirkel’s, nämlich die über die Basalte (Bonn 1870), den Nutzen des Mikroskopes für die Petro- graphie noch mehr vor Augen führen. Unter Basalt fasste man früher eine grosse Schaar dunkler, fast homogen erscheinender Gesteine zusammen, deren Zusammensetzung eine viel besprochene Frage bildete, bis dieselbe durch die mikroskopische Forschung beantwortet wurde. Diese ergab nämlich, dass jene in ihrem Aeussern höchst ähnlichen Gesteine nicht, wie man vermuthete, aus denselben Gemengtheilen zusammen- gesetzt sind, sondern, dass sich drei grosse Basaltgruppen nach den Gemengtheilen aufstellen lassen; diese drei Gruppen sind nach Zirkel: die Feldspath-, die Nephelin- und die Leueitbasalte. Dieser Eintheilung lassen sich auch die basaltischen Laven unterordnen, bei denen alle Typen der Mineral- combinationen der eigentlichen Basalte und alle Mikro- structurverhältnisse derselben in genauer Uebereinstimmung wiederkehren. Den Nachweis über die Zugehörigkeit irgend eines Basaltes liefert nur das Mikroskop, da mit dem blossen Auge oder durch chemische Analysen sichere Schlüsse auf die mineralische Beschaffenheit nieht gemacht wer- den können. Durch die Untersuchungen Boricky’s im böhmischen Mittelgebirge und durch die von Rosenbusch an Ge- steinen des Kaiserstuhls ausgeführten, wurde die Selbst- ständigkeit eines weiteren Typus der basaltischen Ge- steine nachgewiesen. Rosenbusch nannte ihn nach einem Fundort am Kaiserstuhl Limburgit, dessen Charakter im absoluten Mangel eines feldspathartigen Mineral- componenten liegt, während Boricky für diesen Typus im Hinblick auf die oft bedeutende Menge einer glasigen Basis den Namen Magmabasalt wählte. Ein weiterer recht verbreitete, durch die Combination Plagioklas- Augit mit Nephelin oder Leueit gekennzeichneter Ge- steinstypus, wurde unter dem Namen Tephrit und, wenn Olivin enthaltend, als Basanit aufgestellt. Von Stelzner wurde dann die Familie der Melilithbasalte geschaffen und von Dölter eine Gruppe mit der Bezeiehnung Augitit aufgestellt, die durch das Fehlen jedes feldspathähnlichen Gemengtheiles und des Olivins sich charakterisirt. Somit hätte die Ausdehnung des Begriffes Basalt seit der Einführung des Mikroskops in die Petrographie bedeutende Veränderungen erfahren. Diese hochwichtigen Resultate, welche durch das Mikroskop in wenigen Jahren zu Tage gefördert wurden, zogen nun mancherlei Aenderungen der früheren An- siehten nach sich. Die petrographischen Associations- gesetze wurden wesentlich corrigirt; in der Classification der Gesteine wurden manche Lücken ausgefüllt und die Interpretation der chemischen Pauschanalysen konnte viel sicherer und bestimmter ausgeführt werden. Viele der petrographischen Assoeciationsgesetze, d.h. derjenigen Gesetze, nach denen gewisse Mineralien sich mit Vorliebe zu einander gesellen, andere sich dagegen ausschliessen sollten, sind durch die mikroskopische Forschung als irrthümlich hingestellt worden. So wurde z. B. früher als Regel aufgestellt, dass Augit nicht in Gesellschaft mit Quarz und Orthoklas in den Gesteinen auftrete. Die Unhaltbarkeit dieser Regel ist durch die mikroskopische Forschung erwiesen. Ungültig geworden ist auch das alte Gesetz, dass Leueit und Plagioklas sich gegenseitig ausschliessen. Andererseits ist aber constatirt worden, dass manche dieser Regeln auch jetzt 38 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4 noeh ihre Gültigkeit. besitzen, denn es ist aueh mit Hülfe des Mikroskopes noch nicht gelungen, an Dünnschliffen z. B. Quarz neben Leueit zu beobachten. Durch das mikroskopische Studium sind nun auch, wie schon angedeutet, die relativen Beziehungen zwischen den älteren und jüngeren Eruptivgesteinen klarer gestellt und manche Lücken, die durch die makroskopische Be- trachtung sich ergeben hatten, ausgefüllt worden. So fehlten z. B. stets ‘die vortertiären Vorläufer der tertiären Basalte, bis die Melaphyre, in denen der Olivin nachge- wiesen wurde, sich als die ältere Auflage der basal- tischen Mineraleombination erwiesen. : Umgekehrt wurde im Augittrachyt eine spätere Auflage des Augitsyenits erkannt, und der olivinfreie Diabas erhielt seinen Nach- folger im Augitandesit. Gesteine, die den alten Hyper- sthengesteinen entsprechen, sind in der Tertiärzeit eben- falls nachgewiesen worden. Dagegen ist es aber noch nicht gelungen, in vortertiären Gesteinen Leueit oder Melilith aufzufinden. Diese Mineralien scheinen auf die Jüngeren Eruptivgesteine beschränkt zu sein. Für die richtige Deutung der chemischen Analysen ist die mikroskopische Untersuchung der Gesteine von der grössten Wichtigkeit. Während der Chemiker diesen oder jenen Stoff wohl nachzuweisen im Stande ist, nicht aber immer anzugeben vermag, welches Mineral der Träger dieses Stoffes ist, so entscheidet das Mikroskop diese Frage. So hat man in dem Auffinden von Apatit, Titaneisen, Rutil u. s. w. eine Erklärung gefunden für das Vor- kommen von selteneren Stoffen in den Gesteinen, wie z. B. Phosphorsäure, Titansäure u. a. Ein weiterer wesentlicher Nutzen des Mikroskopes bei Erforschung der Gesteine ist die Vermehrung unserer Kenntniss über die Structurverhältnisse der gesteins- bildenden Mineralien, an die sich wichtige Folgerungen in Bezug auf die Genesis der Gesteine knüpfen. Mikroskopische Einschlüsse, entweder fester oder flüssiger Natur, sind in den verschiedensten Gesteins- elementen nachgewiesen worden. Die festen Einschlüsse werden entweder von amorpher Glassubstanz (Glasein- schlüsse) oder von mikroskopischen Kryställchen (Mikro- lithen) gebildet. Glaseinschlüsse sind dadurch entstanden, dass ein aus dem geschmolzenen Magma sieh ausscheiden- der Krystall kleine Partikelehen des Schmelzflusses um- schloss, die dann bei rascher Erstarrung als Einschlüsse glasiger Substanz erscheinen. Das Vorhandensein solcher Einschlüsse giebt einen sehr wichtigen Anhaltspunkt für die Genesis der Gesteine, da sie beweisen, dass eine Felsart, in deren Bestandtheilen derartige Einsechlüsse sich zeigen, einst einen gluthflüssigen Zustand besessen haben muss. Da man Glaseinschlüsse in den Sanidinen, Augiten, Hornblenden, Nephelinen, Olivinen, Leueiten, Noseanen und Quarzen zweifellos eruptiver Gesteine, wie z. B. der Liparite, Phonolithe, Basalte, Melaphyre, Trachyte u. s. w., in grosser Häufigkeit findet, so geht daraus die Berechtigung obiger Schlussfolgerung hervor. Häufig finden sich in den sehr verschieden gestalteten Glaseinschlüssen kleine unbewegliche Bläschen, die ihre Entstehung nicht der Contraction der umhüllenden Glas- substanz verdanken, wie Sorby annahm, sondern vielmehr gerade selber die Veranlassung zur Entstehung von Ein- schlüssen gegeben haben, indem sie nämlich beim Auf- steigen durch die gluthflüssige Masse kleine Partikel derselben mit sich emporrissen. Trafen sie nun auf einen sich bildenden Krystall, so blieben sie an diesem hängen und wurden von dem weiterwachsenden Krystall einge- schlossen. Die zonenweise und den Conturen des sie einschliessenden Krystalls parallele Anordnung der Ein- schlüsse mancher Eruptivgesteine findet dadurch eine Er- klärung. Was nun die innerhalb der gesteinsbildenden Mine- ralien weit verbreiteten Einschlüsse mikroskopischer Kry- ställchen, sog. Mikrolithe, betrifft, so liegen sie vielfach ganz wirr in dem Mineral, oftmals sind sie aber in den Krystalloberflächen parallelen Zonen angeordnet. Nament- lich sind es die Mikrolithe im Leueit, welehe gewöhnlich die letztere Anordnung zeigen und dann im Krystalldurch- schnitt concentrische Kreise oder achteckige Querschnitte darstellen. In vielen Fällen hat man diese Mikrolithe auf bestimmte Mineralien zurückführen können, wie auf Horn- blende, Augit, Apatit, Feldspath; die mineralogische Zu- gehörigkeit der meisten ist aber noch nicht ermittelt. Vielleicht sind solche Mikrolithe die Träger seltener und wissenschaftlich interessanter, ja vielleicht für die Teehnik wichtiger Elemente. Wie sehon kurz erwähnt, kommen Mikrolithe auch in den glasartigen und halbglasigen, anscheinend homo- genen Gesteinen vor. In den Obsidianen und Pechsteinen erzeugen sie durch ihr massenhaftes Auftreten und strom- artige Anordnung diejenige Structur, für welche Vogel- sang den Namen „Fluidalstructur* einführte. Aus dieser geht hervor, dass das glutflüssige Magma nach Ausschei- dung unzähliger Mikrolithe noch Plastieität genug besass, um den Mikrolithen noch eine Zeit lang Bewegung zu gestatten. In Betreff der Flüssigkeitseinschlüsse sei erinnert, dass durch das Mikroskop die ausserordentliche Häufigkeit der- selben mit und ohne Luftbläschen (Libelle) nachgewiesen wurde. Entweder sind sie reines Wasser oder eine wässe- rige Lösung von Chlornatrium, Chlorkalium, Sulfaten von Natrium, Kalium, Caleium oder flüssige Kohlensäure; letztere z. B. in granitischen Quarzen und basaltischen Augiten, Olivinen und Feldspathen. Auch ausgeschiedene Kochsalzwürfelehen sind beobachtet worden, z. B. im Quarz des Granites von Johanngeorgenstadt. Es ist unzweifelhaft, dass die Flüssigkeitseinschlüsse bei der Bildung des Gesteines von letzterem umfasst wur- den und nieht später infiltrirt worden sind. Aus ihrer Gegenwart folgt, dass bei der Entstehung ihres Mutter- gesteines Gase oder Dämpfe thätig gewesen sind, welche sich beim Erkalten condensirten. Endlich sind in den krystallinischen Gemengtheilen vieler Eruptivgesteine mikroskopische Poren von eiförmiger oder kugeliger Gestalt, welche genau wie die grösseren Blasen zahlreicher Laven durch emporsteigende und im erkaltenden Magma steckenbleibende Gas- oder Dampf- blasen gebildet wurden. — Auch über die Umwandlungs- processe der Gesteinselemente giebt das Mikroskop inter- essante Aufschlüsse. Während die chemische Analyse und die makroskopische Untersuchung nur die Produete der Umwandlung erkennen lassen, kann man mit dem Mikro- skop an Dünnschliffen die Veränderungen der Mineral- gebilde Schritt für Schritt verfolgen. Der mikroskopirende Petrograph kann deutlich die Umwandlung des Magnet- eisens innerhalb der Gesteine zu Brauneisenerz wahr- nehmen; er sieht ferner, wie der Feldspath zu einem ver- worren-faserigen Aggregat, der Augit zu grasgrünen Horn- blendebüscheln sieh umwandelt; wie der Olivin der Um- wandlung zum Opfer fällt und zu einer schmutziggrünen oder gelbbraunen serpentinartigen Substanz umgeändert wird, wie die ganze Grundmasse gewisser Gesteine all- mählich eine andere Beschaffenheit gewinnt, und wie dann eigentlich in den verschiedensten Felsarten die Neuansied- lung zahlreicher Mineralien auf nassem Wege massenhaft von Statten geht, — das Alles ist mit dem Mikroskop und nur mit diesem Grad für Grad auf’s Deutlichste zu verfolgen. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 39 Alle diese Umwandlungsvorgänge werden durch nasse Processe vermittelt. Auf den verschiedensten Wegen dringen die mit mancherlei aufgelösten Bestandtheilen beladenen Siekerwässer in die einzelnen Mineralsubstanzen ein und bewirken deren Hinwegführung und Substituirung. Ein vortreffliches Beispiel für derartige Vorgänge bietet der Olivin in seiner Umwandlung zu Serpentin. Zahl- reiche Serpentine sind aus Umwandlung olivinreicher Ge- steine hervorgegangen; in vielen von ihnen sind die Be- weise der Entstehung aus olivinreichen Gesteinen dadurch gegeben, dass sich noch Olivinreste erhalten haben. Die Umwandlung des Olivins in ein filziges Aggregat farb- loser Strahlsteinnadeln (Pilit), wie sie von Becke in olivin- haltigen Kersantiten vom niederösterreiehischen Waldviertel beschrieben worden sind, hat Veranlassung zur Aufstellung von Pilit-Kersantiten gegeben. Die mikroskopische Untersuchung von Gesteinsdünn- schliffen gewährt nun auch den grossen Vortheil, die feinsten Structurverhältnisse, d. h. die Lagerung und die Verbindungsweise der Gesteinsgemengtheile zu erforschen. Zirkel’s Untersuchungen an Basalten stellten zuerst fest, dass man in Bezug auf die Struetur vieler Massen- gesteine eine falsche Vorstellung gehegt hatte: bis dahin hatte man angenommen, dass bei kryptomerer oder bei porphyrischer Ausbildung die Felsarten von krystallinischen Mineralindividuen gebildet würden. Die Untersuchungen jenes Forschers ergaben aber in vielen Gesteinen eine neben den krystallinischen Theilen auftretende amorphe Substanz, die mit dem Namen „Basis“ belegt und die je nach ihrer Homogenität als glasig oder durch Ausschei- dung von Nädelchen als theilweis und ganz entglast be- zeichnet wurde. Als mikrofelsitisch wurde dann noch eine nicht ganz structurlose Ausbildungsweise jener Basis bezeichnet. Je nach der Abwesenheit oder dem geringe- ren oder stärkeren Auftreten der Basis wurden von Zirkel 3 grosse Mikrostructurabtheilungen: die rein-, die halb- und die unkrystallinische aufgestellt. Der Nachweis der Basis in verschiedenen Gesteinen war sicherlich für die Theorie ihrer Genesis von grösster Wichtigkeit: diese Structur lässt auf Erstarrung aus feurig- flüssigem Zustande schliessen. Für zahlreiche Gesteine, wie Basalte, Trachyte, Melaphyre, Porphyre u. s. w., wurde dadurch ein weiterer Beweis für ihren pyrogenen Ur- sprung geliefert. Aber auch für die Genesis der Granite hat die mikroskopische Forschung wichtige Anhaltspunkte - gewonnen. Glaseinschlüsse und Glasbasis, welche für eine Festwerdung aus Schmelzfluss Zeugniss ablegen, sind ge- wöhnlich in den Graniten nieht vorhanden, während andererseits sich ihre Bildung unter hohem Druck bei Gegenwart von Flüssigkeiten oder von Gasen, die sich zu Flüssigkeiten eondensirten, feststellen lässt. Von grosser Wichtigkeit ist daher Lossen’s Beobachtung, dass der Granitgang im Bodethal in seinen Ausläufern als Felsit- porphyr erscheint, welcher nach Lossen’s und Cohen’s Untersuchung „Basis“ führt. Ferner sind auch von Sieg- mund ausgezeichnete Glaseinsehlüsse im Granit des Monte Mulatto bei Predazzo beschrieben worden. Gegen eine Entstehung des Granites auf eruptivem Wege wurde oft als Beweis die Aggregation der graniti- schen Bestandtheile angegeben, welche einem allgemein gültigen Gesetze zu widersprechen schien. Man nahm allgemein an, dass bei der Abkühlung einer geschmolzenen Masse das am schwersten schmelzbare Mineral zuerst er- starre. Nach diesem (Gesetz hätte sich nun aus dem granitischen Magma naclı den Graden der Schmelzbarkeit zuerst Quarz, dann Feldspath und zuletzt Glimmer aus- scheiden müssen. Die Beobachtung lehrt aber in vielen Fällen das Gegentheil. Nun hat aber einerseits Bunsen darauf aufmerksam gemacht, dass der Erstarrungspunkt eines für sich allein geschmolzenen Körpers nieht derselbe ist, wie der, bei welchem er aus seinen Lösungen in anderen Körpern fest wird, sondern in letzterem Falle ausser von dem Drucke hauptsächlich von dem relativen Verhältnisse der sich gelöst haltenden Substanzen bedingt wird; andererseits zeigte Daubree, dass die Ausscheidung der Silikate unter dem Einflusse des mit granitischer Masse gemengten Wassers in einer Reihenfolge geschehe, die oft ihrem Schmelzpunkt zuwiderläuft. Endlich hat auch Zirkel mit Hülfe des Mikroskopes gezeigt, dass in echten Laven so- wohı Augit Leueitkryställchen, wie der Leueit Augit- kryställchen umschliesst. Es hat sich daher der leicht schmelzbare Augit, bald der schwer schmelzbare Leueit zuerst ausgeschieden; es findet also eine gesetzmässige Reihenfolge in der Erstarrung der Mineralelemente der Lava nicht statt. Hiernach hat wohl derjenige Beweis, welchen man aus der Erstarrungsfolge der Granitgemeng- theile gegen den pyrogenen Ursprung jenes Gesteines ehemals ableitete, seine Stütze verloren. Rosenbusch *) vertritt jedoch die Ansicht, dass die Reihenfolge der Aus- scheidungen im Allgemeinen eine gesetzmässige sei; die krystallinische Entwicklung der silikatischen Gemengtheile entspreche der abnehmenden Basieität; die Erze und accessorischen Bestandtheile seien das erste, der Quarz das jüngste Produet der Gesteinsverfestigung. Schliesslich ist noch daran zu erinnern, dass das Mikroskop es ermöglicht, chemische Reaetionen der win- zigen Gesteinsbestandtheile vorzunehmen. Bei diesen Reactionen richtet man sein Augenmerk besonders auf die Kryställchen, die sich nach Behandlung eines Minerals mit dem Reagens bilden; aus ihren Formen macht man Schlüsse auf die Elementarbestandtheile der zersetzten Splitterehen. Enthält z. B. ein als Gesteins- element auftretendes, in Salzsäure lösliches Silikat Natrium, so werden sich bei Behandlung des Silikats mit Salzsäure auf der Oberfläche mikroskopische Chlornatrium-Hexaöder- chen entwickeln. Kalkhaltige Mineralien geben bei Be- handlung mit Schwefelsäure zierliche Gypskryställehen. Derartige mikrochemische Methoden sind namentlich von Borieky, Streng, Behrens, Haushofer u. A. mit über- raschend schönem Erfolge in Anwendung gebracht. Die Schwierigkeiten aber, welche einer econsequenten Anwen- dung der chemischen Methode zur Bestimmung der Ge- steinsgemengtheile dureh das feine Korn der Felsarten bereitet werden, haben die Methode der mechanischen Gesteinsanalyse wieder aufkommen lassen. Bei dieser letzteren Methode sondert man mittelst Flüssigkeiten von sehr hohem spec. Gewicht die Gemengtheile und unter- wirft sie dann der chemischen oder optischen Prüfung. Eine sehr gebräuchliche Flüssigkeit ist das Jodquecksilber- jodkalium, auf welche zuerst Sonstadt und Church hin- wiesen; Thoulet und Goldschmidt haben sie besonders in Anwendung gebracht. Gewöhnlich wird sie die Thoulet’sche Solution genannt. D. Klein und C. Rohrbach haben Flüssigkeiten von noch höherem spec. Gewicht kennen gelehrt; Ersterer in dem borwolframsauren Cadmium (sp. Gew. 5,231), Letzterer im Bariumquecksilberjodid mit dem sp. Gewicht von 3,58. *) Physiographie der massigen Gesteine. yS105 8 40 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Die Verwendung gebrauchter Watte zur Anferti- sung von Kleidungsstücken ist durchaus zu verwerfen, seitdem Neelsen nachgewiesen hat, dass in Kleidungs- stücken ete., zu welchen solche Watte benutzt wurde, sich eine ungeheure Menge von Bakterien, besonders von Sta- phylococeus pyogenes aureus befinden. Diese Krankheits- erreger werden, selbst durch das Färben der Stoffe nur zum Theil vernichtet. Die Gefahr einer Infeetion ist bei den Arbeitern, welche mit der rohen Verarbeitung solcher Watte beschäftigt sind, allerdings nieht eine so grosse, wie dieses z. B. der Fall ist bei Schneidern, Kürschnern ete., welche vielfach mit soleher Watte in Berührung kommen und infolgedessen der grössten Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind. Dr. R. ©. Stachys affınis, ein neues Gemüse. — Auf der Grossen Allgemeimen Gartenbau - Ausstellung zu Berlin im Frühling vorigen Jahres war auch das neue Japanische Gemüse, die unterirdischen, rosenkranz- förmig eingeschnürten Stengelknollen von Stachys affınis ausgestellt, und auch einige Stöcke dieser Pflanze (vergl. unsere Figur) in Töpfen. Man konnte an ihnen die nahe Verwandtschaft der in Rede stehenden älteren japanischen Culturpflanze mit unserem gewöhnlichen Sumpfziest, Stachys palustris, ersehen, welche vielleicht die Stammart der dann als Varietät von dieser zu be- trachtenden Stachys affınis ist. Um in dem damaligen Bericht des Unterzeichneten über die Grosse Allgemeine Gartenbau-Ausstellung in der „Pharmaceutischen Zeitung“ dem Leser dieses Berichts etwas Näheres mittheilen zu können, hatte er sich einige Knollen besorgt, um sie zu kosten. Sie wurden nach blossem Abwaschen (geschält werden sie nicht) in Anlehnung an eine von der grossen Pariser Firma Vilmorin, Andrieux & Co. gegebene An- weisung etwa 5 Minuten mit Salz in kochendem Wasser behandelt, um alsdann — nochmals 5 Minuten — in Butter knusprig gebraten zu werden. Sie dürfen im Ganzen nicht länger als 10—15 Minuten auf dem Feuer bleiben. So zubereitet bildeten sie im Geschmack ein Mittelding zwischen Kartoffel und Kastanie, schmecken aber weniger süss als die letztere. Andere finden im Geschmack Aehnlichkeit mit Spargel, Schwarzwurzel, Wallnuss u. s. w. Jedenfalls ist sie wohlschmeekend, und da sie auch leicht zu eultiviren ist, als Speisepflanze auch bei uns durchaus zu empfehlen. Auch andere Zubereitungsweisen als die oben an- gegebene liefern angenehme Gerichte. Man kann sie z. B. in Bouillon oder in Salzwasser kochen und sie in letztem Falle ganz wie Spargel mit geschmolzener Butter oder holländischer Sauce zubereiten, auch nach dem Re- cept der pommes de terre frites oder Teltower Rübchen behandelt, lassen sie sich geniessen. Man kann die Knollen auch anders als oben angegeben zubereiten, sie z. B. schmoren, in Essig einlegen u. s. w. Der Kenner der Gemüsepflanzen, Kgl. Garten- Inspektor Herr H. Lindemuth, schreibt mir freund- lichst: „Ich habe das Gemüse auf zweierlei Art zu- bereitet gegessen. Wie Teltower Rüben behandelt fand ich es sehr wohlschmeckend, ebenso wohlschmeckend mit Petersilie und einer weisslichen Sauce. In Butter knusprig gebraten kenne ich es nicht. Es wurden bei einer Probe auch absprechende Urtheile laut, jedoch nur von Leuten, deren Leibgericht Erbsen mit Sauerkohl ist und die feineren Gemüse nicht zu würdigen wissen. Ich habe das neue Gemüse auf beiderlei Art zubereitet sehr wohlschmeckend gefunden.“ Man legt die Knollen im März, 2—3 zusammen, in 10 em tiefe Löcher, am besten in lockeren, leichten Boden in beliebiger Lage mit einem allseitigen Abstand von 40 em und deckt sie mit Erde zu. Erst gegen Ende Oktober, Anfang November werden die Knollen reif, und da sie ganz winterhart sind, lässt man sie‘ am’ besten im Lande überwintern, um sie nach Bedarf heben zu können. Gegen Frost schützt man sie durch Blätter, Stroh u. dergl. Etwaige Vorräthe bewahrt man in Sand auf, denn sie dürfen nicht zu lange der freien‘ Luft aus- gesetzt bleiben, weil sie dann ihre schöne perlweisse Farbe verlieren und begreiflicherweise auch austrocknen. Man thut daher am Besten, nur einen kleinen Vorrath auf ein- mal der Erde zu entnehmen und diesen sofort in Sand zu thun. Im Grossen eultivirt wird Stachys affınis von A. Paillieux und D. Bois in Crosnes bei Paris, welche im Frühling 1832 von der Soeiete nationale d’acelimatisation in Paris Knollen erhielten. Der Accelimatisationsgesellschaft waren Knollen von Dr. Bretschneider, damals Arzt der russischen Gesandtschaft in Peking, zugegangen. Auf der weiten Reise waren alle Knollen bis auf 5 verfault, die sich Stachys affinis. Die Pflanze im oberen Theile des Bildes verkleinert, die einzelnen Knollen in natürl. Grösse, aber derart entwickelten, dass jeder Pflanzenstock eine reichliche Ernte gab. Im zweiten Jahre lieferten die im Freien gelassenen Pflanzen 2—3000 Knollen. In Frankreich und England wurden die Knollen nach dem ersten Orte, wo sie in Europa in grösserem Mass- stabe ceultivirt wurden, nach dem Vorgange Paillieux’, Crosnes genannt. Auch in Deutschland werden sie jetzt an mehreren Orten gebaut, z. B. von W. Hampel in Koppitz. Bei der Grossceultur werden etwa 12000 kg Knollen auf dem Hektar geerntet. Ungefähr 600 Knollen wiegen 1 Kilogramm. Die in der Erde gebliebenen, bei der Ernte über- sehenen Knollen entwickeln sich zu Pflanzen, die aber nur dann gastronomisch verwerthbare Knollen liefern, wenn sie verpflanzt werden. Von einer Pflanze erntet man etwa 300 Knollen. Nach Allem sind die Aussichten derartig, dass sich der Versuch einer Einführung der Stachys affınis als Culturpflanze sehr wohl empfiehlt. Carriere hatte in einer Analyse der Knollen 17,80 pCt. Stärkemehl in ihnen gefunden. Adolf von Planta (Revue generale de botan. 15. fevr. 1889, S. 85) konnte Jedoch Stärkemehl nicht auffinden, das übrigens auch mikroskopisch nicht nachweisbar ist. Nr. 4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 41 ——————— 11 Planta giebt die Zusammensetzung der Knollen wie folgt an: Zusammensetzung der frischen der Trocken- Knollen substanz pCt. pCt. Wasser. Marin ce 13,53 u Proteinstoffe 1,50 6,68 A A 1,67 a! Bett. (Aetherextraet) . .. ... 0,18 0,82 Stickstofffreie Extractstoffe, be- sonders Galaectan 16,57 76,71 Rohfaser (Cellulose) 0,73 3,38 Asche: weretih: 1,02 4,70 100,00 100,00 Die Menge des Gesammtstickstoffs beträgt: Procent Stickstoff in Eiweissstoffen Ä 0,91 - - Nuclein und anderen im Magen- saft unlöslichen Stoffen 0,13 b - nicht proteinartigen Substanzen 1,23 Gesammtstickstoff 2,27 Auch C. Simonis hat und zwar in der „Pharma- eeutischen Zeitung“, Berlin (vom 8. März 1890 S. 151) darauf aufmerksam gemacht, dass die Japanknollen keine Stärke enthalten. Er sagt: „Die Kohlehydrate, welche, auf ursprüngliche Sub- stanz berechnet, zu 16,56 pCt. in den Knollen enthalten sind, bestehen zum allergrössten Theile aus Zucker, nicht aus Stärke, wie bei den Kartoffeln, welche letzteren durchschnittlich 20 pCt. Stärke nach König enthalten.“ Simonis giebt die folgende Analyse: Procent Feuchtigkeit . . 30,4 Trockensubstanz . 19,6 In der Troekensubstanz: Inohaschegeny ua 0,59, darin Reinasche 0,53 SET a en u AUS Rohprotein 12,53, darin Reinprotein : 4,91 Berner :nRohfasen wi 0,35 IBeita a. B 2... Miu 00:20 Stickstofffreie Extractivstoffe (Kohlehydrate). . . . 86,03 Das Vaterland der Stachys affınis ist Nord-China, weshalb die Knollen ohne zu erfrieren bei uns in der Erde belassen werden können. In China heisst die Pflanze Kan-lu, in Japan Choro-Gi, bei uns spricht man wie in Frankreich von Crosnes oder auch von Japan- Knöllehen oder Knollenziest. Den wissenschaftlichen Namen Stachys affinis hat — wie schon angedeutet — Bunge (Enum. pl. ehin. No. 289) gegeben. Synonyme sind St. Sieboldi Mig. und St. tubifera Naudin, welch letzterer Name bei uns häufig benutzt wird. BR Eehter Hermaphroditismus bei Vögeln scheint bisher sicher nieht beobachtet worden zu sein. Professor Max Weber in Amsterdam berichtet nun über einen solchen Fall beim Buchfinken (Zool. Anz. 1890. S. 508). Der Vogel, der auf der rechten Seite männliche, links weibliche Merkmale zeigte, stammte aus der Nähe Amsterdams und zeigte im Federkleid folgende Unter- schiede beider Seiten. Es waren der Oberkopf r. grau- braun, ]. dunkel-olivenbraun, Zügel r. braungrau, 1. (nebst der Ohrengegend) hell-olivenbraun, Seite der Brust r. fahl rothbraun, 1. (nebst Kopf) bräunlich-grau, Bauch r. weiss, hinter dem Schenkel blaugrau, 1. weiss, Unterdeckfedern r. bräunlich-weiss, 1. weiss, Mantel r. gelblich-graubraun, l. dunkel-olivenbraun, Bürzel und Oberdeckfedern r. grün, l. hellgrün gefärbt. Der Hals war r. bräunlich-graublau, seine 1. Seite bräunlich-grau. Die Flügeldeckfedern waren schwarz mit weissen Enden, wodurch ein breites weisses und ein schmales gelbweisses Band entstanden, doch spielte die schwarze Farbe l. in’s Braune. Die Schwungfedern waren r. braunschwaız, 1. fahl in gleicher Farbe gefärbt, beiderseits mit sehr schmalen gelben Aussenrändern. Rechts war die Stirn schwarz, der Ring um das Auge, Wangen und Kropf rostbraun. Der Nacken ‚ war auf beiden Seiten bräunlich-weiss, ebenso der Schwanz gleiehmässig gefärbt, nämlich die mittleren Federn bräunlieh- dunkelgrau, die seitlichen braunschwarz und die beiden äussersten mit grossem weissen Fleck. Die Augen waren braun, die Füsse graubraun, der Schnabel hell-horn- farbig, an der Spitze schwarz. — Der Befund der innern Organe ergab nun auf der 1. Seite einen Eierstock, der zwar etwas kleiner war, als bei einem zum Vergleich untersuchten Weibehen, aber mikroskopisch keinen Unter- schied im Bau zeigte, auf der r. dagegen fast normal grosse und völlig normal gebaute Hoden. Es war der untersuchte Fink also in der That ein erwachsener Zwitter. Dr..C. M. . Fossile Saiga - Reste in England. — Dass die Saiga-Antilope, eines der Charakterthiere der ost- russischen und südwestsibirischen Steppen, während der postglaeialen Steppenzeit Mittel-Europas bis nach Frank- reich und Belgien hinein verbreitet war, steht schon seit längerer Zeit fest; interessant erscheint es, dass kürzlich ein Schädel dieser merkwürdigen Antilope so- gar in diluvialen Ablagerungen Süd-Englands gefunden worden ist, als Beweis, dass die beweglicheren Arten der postglacialen Steppenfauna einst bis nach dem damals mit dem Continent verbundenen südlichen Eng- land verbreitet waren. In Deutschland sind bisher auf- fallend wenige Saiga-Reste mit Sicherheit festgestellt worden. Wahrscheinlich kommen sie häufiger vor, als man weiss; sie werden wohl meistens mit den Resten von Reh, Schaf oder Gemse verwechselt. A. Nehring. Litteratur. Benno Lewy, Die Compensirung der Klappenfehler des Herzens. Versuch einer mathematischen Theorie. Berlin, Verlag von Julius Springer, 1890. Dass die Mediein eine Naturwissenschaft ist. dafür giebt es keinen besseren Beweis als diesen vorliegenden Versuch. Die Mathematik als ein Hülfsmittel der Erkenntniss für die Mediein — das ist gewiss eine originelle und sicher nieht unfruchtbare Idee. Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass das Verständniss aller physikalischen Krankheitserscheinungen dureh ihre mathematische Berechnung erleichtert werden wird. Nothwendig hat der Medi- einer die Mathematik ebensowenig wie die Kenntniss der tausend chemischen Formeln der Arzneimittel; wer sie aber hat. besitzt zweifellos einen Vorzug. Auf eine nähere Besprechung des In- haltes des Buches können wir hier nicht eingehen, es erfordert ein aufmerksames Studium zum Verständniss. Es sei indess her- vorgehoben, dass der Verfasser sowohl für den bekannten Krank- heitsverlauf der Herzfehler, wie für ihre Prognose und die Noth- wendigkeit der üblichen Therapie den strieten mathematischen Nachweis bringt. Dr. Hermann Wagner, Flora des unteren Lahnthales mit beson- derer Berücksichtigung der näheren Umgebung von Ems. Ver- lag von H. Chr. Sommer. Bad Ems 1890. Das Werk zerfällt in zwei Theile. 1. „Bestimmungstabellen“, die bis auf die Gattungen gehen. Dieses erste Heft mit elf Abbildungs-Tafeln, die aber nicht schön sind, ist also nur für Anfänger und zwar für die Schule berechnet. 2. „Beschreibung der Arten“. Eine Arbeit, die wegen der Angaben der Fundorte und der Verbreitung der Arten im Gebiet auch für den Floristen brauchbar ist. f 42 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 4. Man merkt dem Werke bald an, dass der Verfasser die Pflanzen des behandelten Gebietes wirklich kennt und offenbar eifrig und viele Jahre herumbotanisirt hat. Die Behandlung der Arten ist im Sinne der Koch’schen Synopsis geschehen. Wir finden demnach z. B. bei den Gattungen Rubus und Hieracium die neueren Arbeiten nicht berücksichtigt. Die Bestimmungs- manier in Heft 1 kann ich nicht zweckmässig finden, unter Führung des Lehrers wird der Schüler aber manches daraus lernen. Auf Seite V von Heft 2 nennt der Autor typische Arten der pontischen pflanzengeograpbischen Provinz „subalpin“(!), z. B. Onosma arenarium, Euphrasia lutea, Salsola Kali, Scorzonera purpurea, Jurinea eyanoides, Gypsophila fastigiata. 3 Klein, F., Vorlesungen über die Theorie der elliptischen Modul- funetionen. 1. Bd. Grundlegung der Theorie. Leipzig. Langenbeck, R, Die Theorieen über die Entstehung der Koralleninseln und Korallenriffe und ihre Bedeutung für geo- physische Fragen. Leipzig. Läska, W., Ueber gewisse Curvensysteme und ihre Anwendung zur eraphischen Integration der Differentialgleichungen. Prag. Lerch, M., Bemerkung zur Reihentheorie. Prag. Leser, E., Die specielle Chirurgie in 50 Vorlesungen. Ein kurz- gefasstes Lehrbuch für Aerzte und Studirende. Jena. Lippich, F., Zur Theorie der Halbschattenpolarimeter. Leipzig. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25,000. Nr. 219. Tauenzin. — Nr. 377. Beelkow. — Nr. 606. Belgard. — Nr. 869. Regenwalde. — Nr. 1928. Sady. Berlin. { Molischh H., Grundriss einer Histochemie der pflanzlichen Genussmittel. Jena. Nauwerck, C., Ueber Muskelgeneration nach Verletzungen. perimentelle Untersuchungen. Jena. Nitsche, A., Lehrbuch der Logik. 2. Aufl. Innsbruck. Noack, K., Leitfaden der Elementar-Mathematik. 2. Aufl. Berlin. Nussbaum, M., Anatomische Studien an ealifornischen Cirripedien. Bonn. Ostwald, W., Grundriss der allgemeinen Chemie. 2. Leipzig. Pulfrich, C., Das Totalrefleetometer und das Refraetometer für Ex- Auflage. Chemiker, ihre Verwendung in der Kıystalloptik und zur Untersuchung der Lichtbreehung von Flüssigkeiten. Leipzig. Richter, K., Plantae europeae. Enumeratio systematica et syno- nymica plantarum phanerogamicarum in Europa sponte cere- seentium vel mere inquilinarum. Leipzig. Ritzema Bos, J., Thierische Schädlinge und Nützlinge für Ackerbau, Viehzucht, Wald- und Gartenbau; Lebensformen, Vorkommen, Einfluss und die Massregeln zu Vertilgung und Schutz. Berlin. Ritsert, E., Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette. Berlin. Roscoe, H. E. u. C. Schorlemmer, Kurzes Lehrbuch der Chemie nach den neuesten Ansichten der Wissenschaft. 9. Aufl. Braun- schweig. Rütimeyer, L., Uebersicht der eocänen Fauna von Egerkingen, nebst einer Erwiderung an E. D. Cope. Basel. Sagorski, E. u. G. Schneider, Flora der Centralkarpathen mit specieller Berücksichtigung der in der Hohen Tatra vorkommen- den Phanerogamen und Gefäss-Cryptogamen. I. Hälfte. Ein- leitung. Flora der Hohen Tatra nach Standorten. Leipzig. Schäff, E., Steinböcke und Wildziegen. Photographische Dar- stellung der Gehörne mit begleitendem Text. Leipzig. Schaufuss, L. W., Preussens Bernstein-Käfer. Pselaphiden, Beilin. Scheiner, J., Die Spectralanalyse der Gestirne. Leipzig. Schmidt, A., Ueber den Begriff der Centrifugalkraft und die Ableitung ihres Gesetzes. Tübingen. Schneider, G., Die Hieracien der Westsudeten. II. Heft. Die Piloselloiden (Zwischenformen). Hirschberg. i Schnopfhagen, F., Die Entstehung der Windungen des Gross- hirns. Wien. Schumann, K., Neue Untersuchungen über den Blüthenanschluss. Leipzig. Sickenberger, A., Vierstellige logarithmisch -trigonometrische Tafeln zum Schul- und Handgebrauch. München. Städeler-Kolbe, Leitfaden für die qualitative chemische Analyse. Zürich. Stein, L., Leibniz und Spinoza. Berlin. Stöhr, Ph., Lehrbuch der Histologie und der mikroskopischen Anatomie des Menschen mit Einschluss der mikroskopischen Technik. 4. Aufl. Jena. Toula, F., Geologische Untersuchungen im östlichen Balkan und in den angrenzenden Gebieten. Leipzig. Uebersichtskarte des nordwest-böhmischen Braunkohlenbeekens Aussig-Komotau. Teplitz. Aus dem Leserkreise. Herr Dr. Kewitsch schreibt uns unter Bezugnahme auf die Fragebeantwortung in Bd. V Nr. 52 freundlichst folgendes: „Noch immer erhält sich das „de“ im Naınen des berühmten Astronomen Tyceho Brahe, obwohl längst nachgewiesen ist, das er ein Däne und ein „de* nicht führte, obgleich die Brahes Frei- herren waren. Sein Geburtsort ist Kundstrup bei Lund in Schonen, und dies stand unter dänischer Herrschaft.“ Da Tycho (dänisch Tyge) Vorname ist, so darf man jenen Astronomen nicht einfach Tycho nennen, wie es oft geschieht und wie es auch in jener Fragebeantwortung im Anschluss an Littrow (wo übrigens jener Astronom im Namenregister als Tycho de Brahe unter T steht!) geschehen war. Indem wir auf diesen ein- gewurzelten Irrthum aufmerksam machen, hoffen wir, ihn wenig- stens bei einigen Lesern auszurotten und danken Herrn Doctor Kewitsch dafür, dass er freundlichst hierzu die Anregung ge- geben hat. y , Aufruf. Am 13. October 1891 feiert Rudolf Virchow seinen sieb- zigsten Geburtstag. Es besteht der Wunsch und die Absicht, dem grossen Gelehrten, Forscher und Meister zu diesem Tage, in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste um die Wissen- schaft, eine Ehrengabe zu überreichen. Hierzu ist in erster Linie eine goldene Portrait-Gussmedaille in Aussicht genommen. Dieselbe soll in ansehnlicher Grösse (180 mm Durchmesser) von einem hervorragenden Künstler gefertigt werden. Denn nur eine aussergewöhnliche Gabe kann dem Zwecke und der Ge- legenheit entsprechen. Jedem Mitgliede der Familie Virchow’s und, falls die Mittel dies erlauben, einzelnen wissenschaftlichen Instituten soll eine Bronce-Nachbildung der Medaille übergeben werden. Die Herstellung erfordert namhafte Mittel. behufs deren Beschaffung die Unterzeichneten sich an die weiten Kreise der Schüler, Freunde und Verehrer Virchow’s wenden, in der Ueber- zeugung, dass Alle gern an einer würdigen Feier des bedeut- samen Tages sich betheiligen werden. Etwaige Ueberschüsse sollen Herrn Professor Virchow zu freier Verwendung (Gründung oder Vermehrung einer Stiftung o. dergl.) übergeben werden. Der geschäftsführende Ausschuss wird s. Z. den Betheiligten Bericht uber seine Thätigkeit erstatten. Beiträge bitten wir an unsern Schatzmeister Herrn ‘Adolf Meyer, Berlin SW., Königgrätzer- strasse 48, einsenden zu wollen. Der geschäftsführende Ausschuss. Prof. Dr. Waldeyer, Dr. W. Reiss, W., Lutherstr. 35. W., Kurfürstenstr. 98. Dr. Max Bartels, Prof. Dr. B. Fraenkel, W., Am Karlsbad 12/13. NW., Neustädtische Kirchstr. 12. Dr. P. Langerhans, Ad. Meyer, SO., Michaelkirchstr. 7. SW., Königgrätzerstr. 48. Zur Nachricht. Der bisherige stellvertretende Redacteur der „Naturw. Wochenschr.“, Herr A. Gutzmer, scheidet mit dem ersten Februar aus der RBedaction und wird von Herrn Dr. P. Andries ersetzt werden, Der Unterzeichnete kann nicht umhin, Herrn Gutzmer auch öffentlich seinen tief- gefühlten Dank für die umsichtige und gewissenhafte Führung der übernommenen Geschäfte auszusprechen und hinzuzufügen, dass ihm die „Naturw. Wochenschr.“ die wesentliche Förderung ihrer Aufgabe, die sie ihm verdankt, nicht vergessen darf. P. a Be ee NN be letzt en Inhalt: Prof. R. Koch: Fortsetzung der Mittheilungen über ein Heilmittel gegen Tubereulose. — F. Fischer: Das Mikroskop im Dienste der Petrographie. — Die Verwendung gebrauchter Watte zur Anfertigung von Kleidungsstücken. — Stachys affinis, ein neues Gemüse. (Mit Abbild.) — Eehter Hermaphroditismus bei Vögeln. — Fossile Saiga-Reste in England. — Litteratur: Benno Lewy: Die Compensirung der Klappenfehler des Herzens. — Hermann Wagner: Flora des unteren Lahnthales. — Liste. — Aus dem Leserkreise. — Aufruf: Rudolf Virchows 70. Geburtstag. — Zur Nachricht. JE ee Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr:”4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XI ESUTTTTTITTTTTEITTTTEDTETTTTTTSTETTTTITTTTTTTTTTTTTTTSTTTTTTSTTTSTTTTTTSTTTTTTSTSTETTITETTTETTTTTTETETTITTTITTTTTTTTITTTTT DS Franz Schmidt & Haensch BERLIN S. Stallschreiber - Strasse 4. Ba Werkstätten für physikalische u. optische Präeisions-Apparate. Specialität: Polarisations- und Spectral-Apparate, Mikroskope, Photometer. SSUNHEIDHHANDEIIDEINEEINDEINDEETTDENTDEETDDAUNDEANDEATDEANETDDETNDERNDEAUDDERNDERNDKDNDENDDEARDDATNDEATARUDDERNAUNANAIAANIGSE DT , _ —, nn Dresdener Gasmotorenfabrik Moritz Hille in Dresden Filialen: Berlin SW., Zimmerstr. 77. Leipzig, Windmühlenstr. 7. empfiehlt Gasmotore von 1 bis 100 Pferdekraft, in liegender, stehender, ein-, zwei- und viereylindriger Construction. 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ERIN x Redaktion: 7 Was die natarwissenschaftlichs Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der. Ihre Schöpfungen schmückt. > Schwendener. JE 3 rn, ‚Kal u 4 Se ir Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 1. Februar 1891. NrT9: Abonnement: anstalten, wie bei der Expedition. Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Y Der Vierteljahrspreis ist M 3.— & Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Vorkommen und Rolle des Phloroglucins in der Pflanze. Vortrag, gehalten in der Deutschen botanischen Gesellschaft von Th. Waage. Welches auch das erste Assimilationsproduet der Pflanzen sein mag, das erste sichtbare ist die Stärke, und diese bildet den Baustoff zur Synthese einer un- gezählten Menge von chemischen Verbindungen, die uns im Pflanzenkörper begegnen. Aber nicht die Stärke als solehe ist einer direeten Verarbeitung fähig, sie muss nach dem alten chemischen Grundsatze „eorpora non agunt nisi fluida“ zunächst in Lösung gehen. Die lösliche Form, welche hier in Frage kommt, ist Zueker und zwar eine Hexose der Formel C,H,,0,. Der Process, durch welchen die Pflanze eine derartige Lösung bewirkt, ist demnach eine Wasserzufuhr, was in der chemischen Grossindustrie bei der Darstellung des Stärkezuckers nachgeahmt wird. Umgekehrt muss also in der Pflanze überall da, wo eine Rückverwandlung von Zucker in Stärke sei es transitorisch oder als Reservestoff statt- findet, eine Wasserabspaltung eingeleitet werden C;H,50,; A H,O = C;H,00; Naturgemäss wird eine solehe bei gesteigerter Re- | actionsenergie nicht hierbei stehen bleiben, sie kann weiter gehen. Nehmen wir nun anstatt des Austrittes von 1 Molekül Wasser einen solehen von 3 Molekülen aus der Glncoseformel an und zwar in dieser Weise: CH;0H CH, | | CHOH co | | CHOH CH, | =3H,0+ | CHOH co | | CHOH CH, | | COH co _ so gelangen wir zu eimem Triketohexametylen, einem Körper, dem nach den Untersuchungen Baeyer’s das secundäre oder Pseudo-Phlorogluein entspricht. Dieser Körper kommt einem sofort bekannter vor, wenn man die zweite Constitutionsformel desselben C,H, = (OH), in's Auge fasst, welche als symmetrisches Trioxybenzol das tertiäre oder normale Phlorogluein ist. Der Beweis, dass die Bildung dieses Körpers auf dem angegebenen Wege erfolgt, wurde dadure) zu liefern ge- sucht, dass Blatthälften mit angeschnittenen Nerven einer seits auf einersterilisirten Traubenzuckerlösung, zumanderen auf reinem Wasser im Dunkelzimmer 6 Tage hindurch liegen gelassen wurden, nach Ablauf welcher Zeit in ersteren eine deutliche Phloroglueinvermehrung gegenüber letzteren ermittelt werden konnte. Der Versuch selbst ist als Beweis der Stärkebildung aus Glueose hinreichend bekannt. Anatomiseh ist hierfür noch anzuführen, dass das Phlorogluein niemals in den Chlorophylikörnern, sondern stets im Zellsafte gelöst aufgefunden wurde. Andern- falls hätte man versucht sein können, die Phlorogluein- bildung mit der Assimilation in Zusammenhang zu bringen, | denn ebenso wie aus 6C0, + 5H,0 — C,H, ,0; + 605 Stärke wird, so könnte aus 6CO, + 3H,0 = C,H,0,; + 60, Phlorogluein entstehen. Dies ist aber unzweifelhaft nicht der Fall, denn charakteristisch genug entbehren die Chlorophylikörner stets selbst der geringsten Spur einer Färbung mit Vanillin - Salzsäure, welches Reagens in O,1procentiger Lösung fast noch den millionsten Theil eines Gramms Phlorogluein anzeigen würde. Ist aber obige Annahme der Bildung des Phloro- glueins aus Zueker durch weiter gehende Wasserabspaltung richtig, so musste dieser Körper in phloroglueinhaltigen Pflanzen insbesondere da nachzuweisen sein, wo die Lebensthätigkeit und der Stoffwechsel anı stärksten zum Ausdrucke kommt, so in Neubildungen aller Organe, in den Blättern, Blüthen und Früchten. In der That entsprach der anatomische Befund dieser Forderung vollkommen. 44 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 5. In den Zellen nun, wo das Phlorogluein soeben ge- bildet wurde, trifft dasselbe mit Kohlensäure, welche als Produet der Athmung in statu nascenti vorhanden ist, zusammen, tritt mit dieser in Reaction und bildet Phloro- glueinearbonsäure: OH OH /_0H OH GH, —gH Sn H +00, COOH Inzwischen geht aber der Wasserabspaltungsprocess noch immer weiter, aus je 2 Molekülen Phlorogluein- earbonsäure tritt 1 Molekül H,O aus und es entsteht eine Diphloroglueinearbonsäure, welche von Schiff, der die Reaction makrochemisch verfolgte, Phloroglucingerb- säure genannt wurde: OH COOH 2 in SR GH, 04H ‚on jCH: Core) Dieser Körper erregt hier unser besonderes Interesse dadurch, dass derselbe dem Tannin, dem Gerbstoff par excellence isomer ist, was auch schon bei der Phlorogluein- carbonsäure der Fall war, welche der Gallussäure entspricht. Bereits von Büsgen wurde auf Grund des vorhin erwähnten Versuches gezeigt, dass auf Traubenzucker- lösung liegende Blätter im Dunkeln ihren Gerbstoffgehalt vermehrten. Das Gleiche erwies sich für Phlorogluein aus den angeführten Betrachtungen. Bei der auch ana- tomisch überall sich zeigenden Gleichmässigkeit des Auftretens beider Körper dürfte sich hieraus folgern lassen, dass bei der Rückbildung von Stärke aus Zucker Trioxybenzole entstehen: (OH), a Pyrogallol Phlorogluein welche durch Kohlensäure in statu nascenti in GH, 6008 *‘Gallussäure Phloroglueinearbonsäure übergehen, die dann durch weiteren Wasseraustritt (OH), COOH\ (OH,) /CsHs 002,07 Gallusgerbsäure Phloroglueingerbsäure bilden, woraus sich auch erklärt, dass das Tannin des Handels meist Gallussäure enthält. Wie nun das Tannin und andere Gerbstoffe durch Oxydation in Gerbrothe, „Phlobaphene“ übergehen und an der Bildung der An- thoeyane betheiligt sind, so gelang es mir, nachzuweisen, dass das Phlorogluein beziehentlich dessen Derivate an der Bildung beider Körpergruppen gleichfalls Antheil nehmen können, auch wurden den Gerbrothen sehr ähnliche „Phlorotanninrothe* nicht nur von Schiff bereits dar- gestellt, sondern sie bilden sogar eine ständige Verun- reinigung der synthetisch erhaltenen Phloroglueingerbsäure. In den bisherigen Erörterungen wurde stets ange- nommen, dass das Phlorogluein ein Nebenproduct der Pflanze sei. Auch dies wird durch die anatomische Betrachtung schlagend erwiesen. Vor dem herbstlichen Laubfalle findet keine Rückleitung des Phloroglueins statt, wie dies für Stärke, stickstoffhaltige Substanzen u. s. w. erwiesen wurde. Alljährlich gehen also grosse Mengen Phloro- gluein beim Blattfalle zu Grunde. Dasselbe findet statt bei der Abstossung der Borke, dem Abfallen der Knospen- schuppen, der Blumenblätter, der Frucht- und Samen- schalen. Würde das Phlorogluem ein der Pflanze werth- volles Product darstellen, so würde unzweifelhaft entweder die Aufspeicherung desselben nicht gerade in den Geweben C,H, % stattfinden, welche der Pflanze sehr bald verloren gehen, oder aber es würde eine Rückleitung ermöglicht sein. Ist nun auch das Phlorogluein für den pflanzlichen Organismus ein Nebenproduct, so darf dies keinesfalls ohne Weiteres mit Abfallstoff oder Exeret identifieirt werden. In vielen Fällen trifft auch dies allerdings zu, aber es wurde schon erwähnt, dass beispielsweise die Anthocyane das Phloroglucin zur Muttersubstanz haben können, welche, wie schon früher erkannt ist, sich wieder in farblose Verbindungen zurückverwandeln können, woraus auch auf eine Regeneration des Phloroglueins zu schliessen ist, in welchem Falle dasselbe dann nichts weniger als ein Exeret repräsentirt. Abgesehen von dem gelegenilichen Vorhandensein in zuckerigen Ausscheidungen ist hiermit zugleich die Frage nach der Funetion des Phloroglueins in der Pflanze erschöpft, wenn wir nicht noch die Bildung der Phloro- glueide und Phloroglucoside hier anschliessen wollen. Beides sind ätherartige den Glukosiden entsprechende, über sehr viele Pflanzenfamilien verbreitete Verbindungen, von denen die ersteren mit Säuren oder Alkalien direet Phlorogluein abspalten, während die letzteren bei der ersten Spaltung mit Säuren Glukose oder einen ähnlichen Zucker, bei der zweiten mit Alkalien dann Phlorogluein liefern. So spaltet sich z. B. das Phlosdein ‘Glukose /Phlorogluein - SPhloretin\Phloretinsäure sin ’/ LSoduleit /Phlorogluein das Quer eitrin Qnercetin“ ‚Quercetinsäure, die Phloroglueide sind also gleichzeitig die Spaltungsproduete der Phloroglueoside. Weitere Funetionen liessen sich für das Phlorogluein nicht nachweisen. Für die Gerbstoffe hat man deren mancherlei angegeben, so sollen sie als Schutzmittel gegen Thierfrass, gegen Fäulniss dienen, auch wohl zur Förderung der Hygroskopieität des Zellsaftes, der Permeabilität ver- holzter Membranen gewisser Organe für Wasser und Nährstoffe beitragen und anderes mehr. Alles dies ist ür Phlorogluein hinfällig, der süsse Geschmack desselben und das leichte Verderben seiner Lösungen lassen eher das Gegentheil vermuthen. Hieraus ergiebt sich als weiteres Resultat, dass das Phlorogluein ein Neben- produet in der Pflanze darstellt, welches zwar zur Bildung der Phlobaphene und Anthocyane sowie gewisser äther- artiger Derivate und zuckeriger Säfte Verwendung findet, in seiner Hauptmenge aber als Endproduct des Stoff- wechsels beziehentlich Exeret zu betrachten ist. Es würde hier zu weit führen, auf die Einzelheiten der physiologischen Fragen einzugehen, deren Unter- suchung ich mir erlauben werde, Ihnen in den Berichten demnächst vorzulegen. Es sei mir noch gestattet, auch die anatomischen Verhältnisse kurz zu erörtern. Als Reagens wurde stets Vanillin-Salzsäure verwendet, welche nur mit dem freien Phlorogluein die charakteristische Rothfärbung giebt, ob- gleich dieselbe durch gewisse andere Pflanzenstoffe sicher beeinflusst wird. Das Reactionsproduet ist Phlorogluein- Vanillein ersten ‚0CH C,H,— OH \ CH[C,H;(OR); | d.h. Vanillin, in welehem der Sauerstoff der Aldehydgruppe dureh 2 Phloroglueinreste ersetzt wurde. Die Röthung ist nur bei Gegenwart concentrirter Salzsäure vorhanden, verschwindet daher beim Auswaschen der Reactions- schnitte und tritt bei erneutem Zusatze eoncentrirter Salz- säure wieder auf. Der Weselsky’sche Nachweis mittelst Anilin- oder Toluidinsalz und Natriumnitrit erwies sich als bedeutend geringwerthiger. Auch Methylenblau gab Nr. 5. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 45 mit Phlorogluein so gut wie unlösliche Niederschläge, aus welchem Grunde das Methylenblau nicht mehr als specifisches Gerbstoffreagens zu betrachten ist. Wenn vorhin gesagt wurde, dass das Phlorogluein nurim Zellsafte gelöst vorkommt, so bezieht sich dies ausschliesslich auf lebende Zellen. In absterbenden Geweben, wie den Laubblättern beim Blattfalle und dem Korke, trocknet dasselbe mit dem Zellsafte in die Membran ein und ist später auch in den Zellwänden nachzuweisen. Als be- sonderer Fall ist noch zu erwähnen, dass selbst in den Gerbstoffblasen Phloroglucin aufgefunden wurde. Wenden wir uns jetzt zur Betrachtung des Vorkom- mens von Phlorogluein in den einzelnen Geweben. Hier- bei ist zunächst hervorzuheben, dass dasselbe bei der Ausbildung der Gefässe, Siebröhren und prosenchymatischen Elemente überhaupt für gewöhnlich schwindet. In Ge- fässen und Siebröhren ist ein Phloroglueingehalt äusserst selten, im Holzfasern kaum häufiger. Tracheiden und Bastfasern dagegen enthielten nicht gerade selten Phloro- gluein, doch war die vorhandene Menge gegen die pa- renchymatischer Elemente betrachtet stets höchst gering- fügig. Schon hieraus ergiebt sich für die Phlorogluein- vertheilung in den pflanzlichen Axenorganen, dass die Rinde ungleich phloroglueinreicher sein wird als der Holzkörper. Dies ist auch stets der Fall, sogar die Markstrahlen, welche doch eigentlich mit den Rinden- strahlen ein zusammenhängendes Ganzes bilden, stehen an Phloroglueingehalt letzteren meist nach. Im Cambium zeigen nur die eambialen Mark- beziehentlich Rinden- strahlzellen deutlichere Reaction. Die Markgrenze da- gegen hebt sich nach Behandlung mit Vanillin-Salzsäure recht häufig durch kräftigere Rothfärbung ab. Das Mark verhält sich ausserordentlich verschieden. In fast sämmtlichen Zellen desselben ist Phlorogluein bei vielen Coniferen vorhanden, häufiger sind indessen nicht alle, wohl aber der grösste Theil der Markzellen phlorogluein- haltig. Findet sich bei der Vertheilung derselben eine gewisse Regelmässigkeit,, so erscheint, wie auch beim Rindenparenchym, der Querschnitt nach Behandlung mit Vanillin-Salzsäure roth gefeldert. Noch deutlicher tritt eine solche Regelmässigkeit da zu Tage, wo überhaupt zwischen inhaltführenden und inhaltfreien Zellen zu unter- scheiden ist, wie z. B. bei Camellia und Rosa. Erstere pflegen sich durch stärkere Wandverdiekung grosse Po- rosität und geringeren Rauminhalt auszuzeichnen. Krystall- zellen aber führen höchst selten, solche mit oxalsaurem Kalke hier wie in der ganzen Pflanze niemals Phlorogluein. In noch anderen Fällen enthalten nur einige wenige Markzellen diesen Körper, endlich giebt es auch phloro- glueinhaltige Pflanzen, deren Mark frei davon ist (Acer platanoides, Populus alba, Cornus mas, Rhamnus Frangula, Prunus domestica). Im Uebrigen verhalten sich Wurzeln, Stämme, Zweige, Stengel und Stiele ganz analog, auch in der Wurzelhaube und den Wurzelhaaren, reichlicher noch in der Endodermis und dem Pericambium wurde Phlorogluein nachgewiesen; ebenso in den Trichomen, welche sich darin nach der Epidermis richten. In den Blättern entsprechen die Nervenbündel den Axenorganen, in dem übrigen Blattgewebe kann Phloro- gluein überall vorhanden sein. Eine Anhäufung desselben ist an den Blatträndern und den Bündeln zu bemerken; abgesehen hiervon pflegen die Palissaden beziehentlich deren äusserste Reihe amphloroglueinreichsten zu sein. Auch den Gerbstoffbrücken Westermaier's analoge Phlorogluem- brücken konnten in einigen Fällen nachgewiesen werden. Hierbei dürfte es angezeigt sein, auch die Möglichkeit einer Wanderung des Phloroglueins zu erörtern. Dass eine Ableitung bis zu einem gewissen Grade stattfindet, ist nicht zu verkennen. Hierfür spricht die Anhäufung an den Nerven, das Vorkommen von Phloroglueinbrücken, das Verschwinden ausGefässen, Siebröhren und Fasern, die Aufhäufung in Knospenschuppen, Frucht-und Samenschalen. Die Pflanze sucht sich eben überall dieses für ihren Stoff- wechsel überflüssigen Productes aus denjenigen Zellen zu entledigen, in welche sie eine erhöhte Functionsthätigkeit verlegt. Ist aber dieser Zweck erreicht, so ist auch die Ableitung zu Ende und für eine Wanderung im Sinne einiger Gerbstoffautoren aus den Blättern durch die Stiele und Zweige in den Stamm und die Wurzeln ergaben sich keine sicheren Anhaltspunkte, insbesondere erwiesen Ringelungsversuche dies nicht. — Was das allgemeinere Vorkommen von Phlorogluein im höheren Gewächsreiche anbetrifft, so kann man sagen: Gefässkryptogamen zieml. Phl. reich. Phane- / Gymnospermen zieml. Phl. reich. ‘rogamen \ Angiospermen /Monocotylen Phl. arm. N Dieotyl. /Choripetal. ziem]. Phl. reich. \Sympetalen Phl. arm. Bis zu einem gewissen Grade trägt auch die Ver- theilung von Holz- und krautigen Pflanzen hierzu bei. Denn von ersteren enthalten über 80,,°, von letzteren nur etwa 50°, Phlorogluein und auch diese meist nicht viel. Am reichsten daran sind die Rosaceen, Amentaceen, Pla- tanaceen, Hippocastanaceen, auch die Ternströmiaceen sowie Tiliaceen geben jenen nicht vielnach. Kein Phloro- gluein enthielten unter Anderem die untersuchten Ca- ryophyllaeeen, Papaveraceen und Solanaceen. Von den Sympetalen scheinen nur die Ericaceen einen erheblicheren Phloroglueingehalt zu besitzen. Im Ganzen wurde in 135 von 155 genauer untersuchten Pflanzen dieser Körper aufgefunden. Die Vertheilung des Phloroglueins innerhalb der ein- zelnen Gattungen pflegt derart zu sein, dass wo eine Art phloroglueinreich war, auch die übrigen diesen Körper wenigstens in einiger Menge enthielten, dass aber, wo eine völlig phloroglueinfreie Pflanze vorkam, auch keine andere Art derselben Gattung phloroglueinreich gefunden wurde, während bei durehschnittlieh mittlerem Gehalte sowohl phloroglueinreiche wie -arme Arten vorhanden sein konnten. Mit Rücksicht auf eventuell vorhandenen Gerbstoffe kann man sagen, dass alle Pflanzen, welche gerbstoff- reich erscheinen, auch Phlorogluein in beträchtlicher Menge enthalten und dass, wo letzteres nieht vorhanden ist, man ohne Weiteres auch auf einen nur geringen Gerbstoff- gehalt schliessen kann. Eine Ausnahme macht, soweit die Untersuchungen reichen, nur Vieia Faba, in welcher trotz ansehnliehen Gerbstoffreichthums nur sehr wenig Phlorogluein nachzuweisen ist. Wenn es mir am Schlusse meiner Ausführungen noch gestattet ist, einen Gedanken zu äussern, der an sich eine blosse Vermuthung, dennoch durch seine Ana- logie mit dem Phlorogluein und dem Tannin gestützt wird, so möchte ich als glaubhaft bezeichnen, dass auch Glueoside, Phloroglucide und Phloroglucoside Nebenproduete und wenigstens in ihrerHauptmenge analoge, Exerete wie erstere Körper sind, denn einmal entspricht die anatomische Ver- theilung dieser Körper soweit bekannt der des Phloro- glueins und Tannins, sodann scheinen auch die Gerb- stoffe grossentheils Glukoside oder ätherartige Anhydride zu sein. In diesem Falle liegt aber die Bedeutung der genannten Körper nieht in der geringen vorhandenen Glukosemenge, sondern in dem speeifischen Säurereste, ein Rest, der wie Phlorogluem und Tannin als Neben- produet aufzufassen sein dürfte, was natürlich nicht hin- dert, dass die Pflanze auch einem solehen noch eine ge- wisse Rolle zu Gunsten ihres Organismus zuweist. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Die Wirkung des Koch’schen Mittels gegen Tuberkulose. Ueber den im Titel genannten Gegenstand ist bis jetzt — trotzdem das Heilmittel doch erst seit ver- hältnissmässig sehr kurzer Zeit in Gebraueh ist: — schon unglaublich viel geschrieben worden. An dieser Stelle wollen wir vorläufig nur auf wenige Aeusserungen eingehen, zunächst auf zwei, die beide in der Berliner klinischen Wochenschrift veröffentlicht worden sind; wir meinen diejenige Paul Guttmann’s in Nr. 1 in dem Vor- trag: „Ueber die Anwendung des Koch’schen Mittels bei Lungentuberkulose* und die Rudolf Virchow’s in Nr. 2 in dem Vortrag: „Ueber die Wirkung des Koch’schen Mittels auf innere Organe Tuberkulöser*. Paul Guttmann bemüht sich, aus der grossen Masse der Einzelheiten das Allgemeine herauszuheben. Es sind 3 Punkte, die bei den Erfahrungen über die Wirkung des Koeh’sehen Mittels in erster Linie in Betracht kommen: wie es anzuwenden seil. als Reagens auf Lungentuber- kulose in zweifelhaften Fällen, 2. therapeutisch. 3. Welche Erfahrungen er bei Lungenschwindsüchtigen über die Wirksamkeit des Koch’schen Mittels gewonnen hat. 1. Das Koch’sehe Mittel ist ein ausgezeichnetes Reagens auf Tuberkulose, es erzeugt nur bei tuberku- lösen Erkrankungen Fieber und schon in kleinen Dosen, bei nicht tuberkulösen Erkrankungen nieht oder nur die niedrigsten Grade von etwa 38°C. und diese auch nur bei grösseren Dosen. Für viele tuberkulöse Erkrankungen innerer Organe und Gewebe, Drüsen u. s. w., deren Er- kenntniss bisher durch keine Untersuchungmethoden mit Sicherheit gelang, ist das Koch’sche Mittel das einzige Reagens, und für andere tuberkulöse Erkrankungen, die wir dureh die übrigen Hülfsmittel der Untersuchung er- kennen, ein noch besseres, ein feineres. Wie erkennt man nun in zweifelhaften Fällen, ob man Lungentuber- kulose vor sich hat oder nicht? d. h. welehe Dosis muss man anwenden, um bei etwaiger Anwesenheit von Tuber- kulose der Lungen die Fieberreaetion zu erlangen? Die Erfahrung hat Guttmann gezeigt, dass 1 Milligramm als erste Dosis allerdings in der Mehrzahl der Fälle eine mehr oder minder starke Fieberreaction giebt, aber in vielen anderen Fällen bleibt sie aus. Nun könnte man ja in begreiflicher Vorsicht mit dieser kleinen Dosis an- fangen und, wenn die Reaction ausbleibt, die Dosis bei der nächsten Injeetion auf 2 Milligramm, bei nochmaligem Ausbleiben auf 3 Milligramm steigern. Aber, hier liegt eben. das, was Guttmann als Erfahrungssatz aussprechen möchte: Es gelingt nämlich öfters nieht, durch allmählich gesteigerte Dosen die Reaction zu erhalten, in einzelnen Fällen kann man allmälig bis auf mehrere Centigramm aufsteigen, ohne dass Fieberreaction eintritt, wohl aber tritt sie ein, wenn sie nach der ersten, allmälig von 1 bis auf 3 Milligramm gesteigerten Dosis gefehlt hat, auf eine folgende sprungweise, beispielsweise auf 1 Centi- gramm gesteigerte Dosis ein. Man kann dieses Ver- fahren in der Dosirung zur Probe bei zweifelhaften Fällen von Tuberkulose versuchen. Man kann aber auch von vornherein zur Probeinjeetion eine grössere Dosis als 1 Milligramm benutzen. Bei Lupus injieirt man, da es sich um robuste Individuen handelt, als erste Dosis gleich 1 Centigramm. Da nun in zweifelhaften Fällen von Lungentuberkulose die Kranken ebenfalls einen gewöhnlich guten Kräftezustand darbieten, so kann man ohne Sorge als Probedosis 5 Milligramm injieiren. Im städtischen Krankenhaus Moabit in Berlin, dessen Direetor Guttmann ist, wurden sogar bei ausgesprochenen Phthisikern wiederholt als erste Dosis 5 Milligramm in- Jjieirt. Bei dieser Dosirung als Probeinjeetion werden Lungentuberkulöse wohl immer reagiren. Sollte die Re- action ausbleiben, und doch noch der Verdacht auf Tuber- kulose vorhanden sein, dann steigere man die nächste Injection sofort auf 1 Centigramm. Tritt darauf kein Fieber ein, dann ist Tuberkulose sicher auszuschliessen. Die Reaction ist ferner in denjenigen Fällen, wo es sich nicht blos um Tuberkulose der Lungen, sondern auch um Tuberkulose der Drüsen, der Gelenke, um Tuberkulose in anderen Geweben handelt, auch meistens eine locale; es treten an Drüsen und Gelenken Schmerz und Schwellung ein. Diese locale Reaction tritt zu- sammen mit der allgemeinen Reaction ein, sie kann aber auch in einzelnen Fällen ohne die erste eintreten. Diese locale Reaction überrascht in ihrer Feinheit immer aufs Neue. Die Reaction ist auch bei der Lungentuberkulose viel feiner als die Untersuchung auf Tuberkelbacillen. Es sind eine Anzahl Fälle bekannt geworden, wo bei häufig wiederholter Untersuchung keine Bacillen im Sputum gefunden wurden und wo doch die Fieber- reaction ganz prompt eintrat. Sehr merkwürdig ist auch, dass in einzelnen der genannten Fälle nach wieder- holten Injectionen die früher nieht nachgewiesenen Tuberkelbaeillen nun im Sputum auftraten, gleichsam als ob sie, eingeschlossen in Herden, aufgerüttelt wor- den und einen Weg nach aussen fanden. 2. Wie verhalten wir uns, fragt Guttmann zweitens, bei der therapeutischen Anwendung des Koch’schen Mittels bei Lungentuberkulose? Die Prineipien sind schon von Koch selbst gegeben worden.*) Im städti- schen Krankenhause Moabit ist man vorläufig dazu ge- kommen, die Grundsätze etwa in folgender Weise auf- zustellen: Man fängt mit 1 mg an, (Injection am frühen Morgen, etwa um 8 Uhr) lässt dann den zweiten Tag frei, einmal deshalb, um nun nach abgelaufener Wirkung in den fortlaufenden Temperaturmessungen die Ver- gleichung gegenüber den Temperaturen des Injeetions- tages zu haben und zweitens, weil in einzelnen Fällen, von denen wir ausgezeichnete Beispiele im Kranken- hause gesehen haben, am zweiten Tag erst die Reaction auftritt. Diese verspätete Reaction ist wahrscheinlich Folge eomplieirender Verhältnisse. Vermuthlich handelt es sich in solehen Fällen um Retentionen von käsigem Inhalt in kleinen Cavernen. Diese Retention kommt viel- leicht in der Weise zu Stande, dass das Koch’sche Mittel ‚eine Hyperämie der Schleimhaut, Schwellung, stärkere 'Seeretion hervorruft, dadurch werden die kleinen, in die betreffenden Hohlräume führenden Bronchien verstopft. Der vermehrte Höhleninhalt übt einen verstärkten Druck auf die Höhlenwand und dadurch findet Resorption von ‚eitrigem Inhalt statt. Es würde hiernach die Reaction, welche am zweiten Tage erst erfolgt, ein „Resorptions- fieber“ sein. Am dritten Tage macht man dann die zweite In- jeetion, und zwar nimmt man die gleiche Dosis, wenn die erste Injeetion eine Reaction hervorgerufen hatte. Ist das nicht der Fall gewesen, dann würde man um 1 Milligramm steigen. Man lässt den nächsten Tag wieder frei und fährt nun, immer mit einem Tag Zwischen- raum, in der Erhöhung der Injeetionsdose um 1 Milligramm fort, falls Reactionen nicht eingetreten sind, während man, falls Reaction vorhanden war, bei der folgenden Injeetion zunächst noch nicht steigt. Ist man in dieser Weise auf 6 Milligramm gelangt, dann kann jede folgende | *) Vergl. „Naturw. Wochensehr.“ (Bd. V. S. 465 ff.). N 9% Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 47 Dosis gleich um 2 Milligramm erhöht werden und sind Dosen von 1—1!/, Centigramm erreicht, dann kann man bei den folgenden Injectionen stets um 5 Milligramm steigen, selbstverständlich immer mit der Reserve, dass nieht inzwischen plötzlich etwas stärkere Reactionen auf- getreten sind oder dass nicht irgend ein anderes unan- genehmes Symptom zu einem vorläufigen Aussetzen des Mittels Veranlassung giebt. So kann man in en meisten Fällen nach 4 Wochen bei aller Vorsicht auf : 2, 3, öfters selbst auf 4 und 5 Centigramm steigen. Wenn die Kranken auf diese Dosis, wie das oft der Fall, nur noch wenig reagiren, so kann man stets um je ein Centigramm weiter steigen bis zu 1 Decigramm. Höher in der Dosirung zu gehen, würde nicht mehr zweckmässig sein. Diese hohen Dosen von 1 Deeigramm soll man dann aber nur in Zwischenräumen von 4 bis 5 Tagen geben. Es ist selbstverständlich, dass, wenn man zu den höheren Dosen aufsteigt, alsdann nicht mehr die Iproz. Lösung des Koch’sehen Mittels, sondern die 1Oproz. in Anwendung zu ziehen ist. 3. Zum Schluss macht G. Bemerkungen über die Er- fahrungen, die in dem von ihm geleiteten Krankenhause be- treffs der Heilwirkung des Koch’schen Mittels bei Tuber- kulose der Lungen gewonnen wurden. Es sind bis jetzt im Krankenhause Moabit dem Koch’schen Verfahren über 109 Lungensehwindsüchtige.unterworfen worden. Keiner dieser Kranken hat irgend ein anderes Medicament erhalten, bei Keinem ist die vorhergegangene Diät geändert wor- den, alle Kranken waren theils längere, theils kürzere Zeit schon im Krankenhaus gewesen. Von 109 Kranken waren 7 Kranke, die Koch selbst in das Moabiter Krankenhaus geschickt hat, schon seit Ende September bezw. Anfang October dem Verfahren unter- worfen worden. Von allen übrigen Kranken sind die ältesten seit 27 Tagen mit dem Koch’schen Mittel be- handelt, die anderen 5 Wochen, eine kleine Zahl noch kürzere Zeit.*) Es wurde nun folgendes eonstatirt: a) Bei einer ziemlich grossen Zahl von Kranken hat sich die Beschaffenheit des Sputums gebessert; das früher geballte, schleimigeitrige Sputum hat diese Beschaffen- heit allmählich verloren und ist mehr schleimig geworden. b) Die Menge der Sputa (welche alle 24 Stunden bestimmt wird), an sich bekanntlich ausserordentlich bei den verschiedenen Phthisikern schwankend, hat öfters nach den Injeetionen zugenommen, in vielen anderen Fällen nicht. Bei einzelnen Fällen konnte in der etwas späteren Zeit eine Verminderung constatirt werden. Wenn erst die Beobachtungszeit über die Wirkung des Koch- schen Mittels bei Phthisikern eine viel längere sein wird, so wird eine Heilwirkung sich auch geltend machen müssen in einer Abnahme der Sputummenge. ec) In einer kleinen Anzahl von Fällen, etwa 5 pCt. aller mit dem Koch’sehen Mittel behandelter Kranken, sind die vorher nachgewiesenen Tuberkelbacillen aus dem Sputum jetzt verschwunden. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass das Verschwinden ein dauerndes sein muss; die Tuberkelbaeillen könnten in wenigen Tagen wieder erscheinen. In einigen anderen Fällen haben die Tuberkelbaecillen an Zahl (Bestimmung nach der Gaffky’schen Scala) abgenommen. Doch können bekannt- lich Zufälligkeiten hierbei grosse Verschiedenheiten in den Ergebnissen liefern. d) Die Anfänge einer Veränderung an den Tuberkel- bacillen durch die Injeetionen wurden in. 2 Fällen con- statirt. Diese Veränderungen bestehen, wenn sie voll- *) Man beachte, dass bei den obigen Zeitbestimmungen von dem Tage zurückzurechnen ist, an welchem Guttmann seinen Vortrag, der am 18. Dezember 1890 stattfand, gehalten hat. kommen ausgebildet sind, in Zerfall der Tuberkelbacillen in kokkenähnliche Bildungen und Zusammenliegen der- selben in kleinen Häufehen, welehe mitunter von einem Zelleontour eingeschlossen sind. Nur diese Verände- rungen sind nach Koch’s Ausspruch als Folge der In- jeetionen zu deuten, da sie sonst in dieser Weise nicht beobachtet worden sind. e) Das Körpergewicht der Kranken hat in einer kleinen Anzahl von Fällen, welche bereits vor der Be- handlung mit dem Koch’schen Mittel einige Zeit im Krankenhause waren, während der Behandlungszeit zu- genommen. Es hat sich dabei oft die Thatsache gezeigt, dass die Körpergewichtszahlen in einem gewissen Ver- hältnisse zur Reaetionsstärke stehen; es sinkt das Körper- gewicht in der ersten Woche, wenn der Kranke durch beträchtliches Fieber nach den Injeetionen reagirt, es steigt dagegen das Körpergewicht in den folgenden Wochen, wenn der Kranke nieht oder nur wenig reagirt. Bei denjenigen Kranken, die vor Beginn der Injectionen erst kurze Zeit im Krankenhause waren, hat die bessere Krankenhausverpflegung gewiss ihren Antheil an der Zu- nahme des Körpergewichts; in der Mehrzahl der anderen Fälle, wo die Kranken schon einige Zeit im Kranken- hause waren, wird man die Erhöhung des Körpergewichts der Behandlung zuschreiben müssen. Die Gewichts- zunahmen im Verlaufe von 3—4 Wochen betragen 1-2), kg, in zwei Fällen sogar 4 und 4); kg. Andere Kranke hingegen, welche stark reagirt haben, beziehungs- weise welche mit andauerndem Fieber den Koch’ schen Injeetionen seit 27 Tagen unterworfen worden sind, haben an Gewicht abgenommen. f) In dem localen Befunde bei der physikalischen Untersuchung lassen sich Besserungen nachweisen gegenüber dem Befunde vor der Einleitung des Ver- fahrens.. Es hat nämlich in den erwähnten Fällen die Zahl der Rasselgeräusche abgenommen und es hat sich die Dämpfung ein wenig aufgehellt. Es sind das gerade diejenigen Kranken, bei denen auch das subjeetive Be- finden ein viel besseres ist, als vor den Injeetionen und bei denen auch erhebliehe Gewichtszunahmen vorhanden sind. Auch bei einzelnen der erst seit Ende November bezw. Anfang December behandelten Kranken haben die Rasselgeräusche entschieden an Zahl abgenommen, und zwar ist dieser Befund wiederholt festgestellt worden. Guttmann schliesst seinen Vortrag u. a. mit den Worten: „Die initialen Fälle von Lungentuberkulose, solche, bei denen eine Infiltration der Lungenspitzen erst be- gonnen hat, diese haben wir die Hoffnung, ja Zuver- sicht, in verhältnissmässig kurzer Zeit durch das Koch- sche Mittel heilen zu können Was die mässig vor geschrittenen Fälle von Lungen- tuberkulose betrifft, so elauben wir auch bei ihnen, auf Grund schon unserer jetzigen Erfahrungen, Besserung mit der Zeit erzielen zu können. Was die weit vorge- sehrittenen Fälle betrifft, so ist allerdings wenig von dem Mittel zu erwarten. Als dauernde Contraindicationen gegen die Anwendung der Injecetionen würde ich be- trachten: Kräfteverfall, Albuminurie, Herzaffeetionen; als zeitliehe Contraindieation das Auftreten von Hämoptysis; wenn letztere vorübergegangen, kann man natürlich das Verfahren einleiten. Es wird noch langer Beobachtung bedürfen, bis die Einwirkung des Koeh’schen Mittels bei Tuberkulose der Lungen in den verschiedenen Stadien festgestellt sein wird. Bis jetzt kann man nur von den ersten Eindrücken dieser Wirkung sprechen. Manches in der neuen Therapie der Lungentuberkulose wird abhängen von der zweck- mässigen Anwendungsart des Verfahrens BR (Fortsetzung folgt.) 48 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 5. Ueber die Lebensweise des afrikanischen Kroko- dils, namentlich über seine Eiablage liegen zwei neuere Mittheilungen vor, die auf Grund von an Ort und Stelle gemachten Beobachtungen veröffentlicht worden sind: A. Völtzkow, ein Beitrag zur Kenntniss der Ei- ablage bei Krokodilen (Zool. Anz. 1890, S. 190) und: Emin-Pascha und F. Stuhlmann, zur Biologie des afrikanischen Krokodils (Zool. Jahrb., Abth. f. Syst., Geogr. und Biol. d. Th., 5. B. 1890, S. 546). Völtzkow machte seine Beobachtungen am Osifluss im Witulande. Er bekam am 19. Januar d. J. aus einem Gelege 79 Eier in seinen Besitz. Dieselben waren weiss, rauh gekörnelt, hart, 5 cm lang und 5 em breit. Emin-Pascha und Stuhlmann behaupten, dass die 90 bis 100 Eier, die im Maximum ein Nest enthält (alte Thiere legen weniger), glatt und weiss, gelblich durchsehimmernd, sind. Unter der Kalk- schale befindet sich eine zähe Haut, die mit jener in einem etwa 4 em breiten Aequatorialgürtel verwachsen ist. Das Eiweiss ist zähflüssig, gallertig, stark riechend. Der Dotter ist hellgelb. Zwischen beiden ist eine dünnflüssige Schicht, die die Rotation des Dotters gestattet. Das Nest schildert Völtzkow als eine 5 bis 6 Schritte vom Ufer entfernte, etwa 6 Schritt im Durchmesser grosse, kreis- förmige, pflanzenentblösste Stelle. Sie ist dureh Um- drehung unter Bewegungen des Schwanzes vom Thier ge- säubert. Die Eier (insgesammt 85—90 Stück) waren in 4 etwa 2 Fuss tiefe Gruben abgelegt, die in den harten trockenen Boden schräg nach unten gegraben waren. Nach Angaben der Eingeborenen gräbt das Krokodil eine Grube, belegt diese mit 20—25 Eiern, schaufelt sie zu, fertigt am folgenden Tage eine zweite und fährt so fort, bis alle Eier abgelegt sind. Bis zum Ausschlüpfen der Jungen, das nach ungefähr 2 Monaten erfolgt, verweilt das Thier den Tag über auf dem Nest und schläft hier. Emin- Pascha und Stuhlmann stellen diese Angaben dahin richtig, dass die Thiere in Zwischenräumen, die nieht mehr als 2 Tage betragen, 4 bis 5 flache, 20 bis 50 em tiefe Gruben, bisweilen auch eine tiefe Grube in 2 oder 3 Etagen, belegen, dass das Weibehen in der Nähe der Eier bleibt, aber die oben nach Angabe der Eingeborenen ge- schilderte Brutpflege nicht ausübt. Die Zeit der Eiablage ist nach Völtzkow Ende Januar und Anfangs Februar, nach beiden genannten Forschern örtlich verschieden. An der Küste südlich des Gleichers findet sie im December und Anfang Januar, also zwischen der kleinen in den October fallenden und der grossen den April und Mai beherrschenden Regenzeit, statt, am oberen Nil und dem: Albertsee dagegen vom December bis zum Februar, d. h. nach der grossen und vor der kleinen Regenzeit. Die Menge des Wassers, die in der jeweiligen Zeit die Flüsse füllt, ist die Ursache dieser Verschiedenheit. Alle drei Beobachter stimmen darin überein, dass die Eiablage nur einmal im Jahre stattfindet. Wenn endlich Völtzkow leugnet, dass die Eier gegessen werden, so behaupten Emin-Pascha und Stuhlmann, aufz. Th. eigene Erfahrungen gestützt, das Gegentheil. Die Eier schmecken leicht nach Moschus, wie denn auch zur Legezeit die Moschusdrüsen bei beiden Geschlechtern stark angeschwollen sind und kräftig riechen. Emin-Pascha und Stuhlmann schildern weiter das Eintrocknen der Krokodile in den Schlamm, das ja bei vielen unter gleichen Bedingungen lebenden Thieren, z. B. Protopterus, Batrachier, Telphusa u. a. vorkommt, sowie die Thätigkeit der Blutegel u. a. auf dem Zahnfleische sich anheftenden Schmarotzer ab- suchenden „Krokodilwächter.“ Dr. €. M. Ueber „Klimasehwankungen“ hat in neuerer Zeit Professor Dr. Brückner in Bern höchst interessante Beobachtungen gemacht und dieselben in seinem kürzlich erschienenen Werk: „Klimaschwankungen seit 1700 nebst Bemerkungen über die Klimasehwankungen der Diluvial- zeit“ (Wien und Olmütz 1890) niedergelegt. — In Folgendem geben wir einige Resultate dieser Forschungen in Kürze wieder. Nachdem Verf. schon in früheren Veröffentlichungen, welche dem oben genannten grösseren Werke voraus- gehen, dargelegt hatte, dass die Schwankungen des Wasserstandes im Kaspischen Meer, im Schwarzen Meer und in der Ostsee eigenthümliche langdauernde Oseil- lationen ihres Spiegels aufweisen, deren Rhythmus eine unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Rhythmus der Gletscherschwankungen zeigen, gelang es Brückner weiter den Nachweis zu liefern, dass diese Spiegel- schwankungen mit Schwankungen der Witterung im Ein- zugsgebiet der erwähnten Meere zusammenhängen, und zwar sind diese Schwankungen nicht auf Europa allein beschränkt, sondern sie treten sowohl auf der ganzen Nord-, sowie Südhemisphäre auf. Ferner wurde gefunden, dass die Schwankungen des Regenfalles auf der östlichen Halbkugel durch entgegen- gesetzte Schwankungen über den ÜOceanen compensirt werden. — Diese Schwankungen des Regenfalles können nur durch Schwankungen des Luftdruckes, d. h. durch säculare periodische Aenderungen der Gesammtvertheilung desselben bedingt sein, welche selbst ihren Grund in den säcularen Schwankungen der Temperatur haben, so dass die Ursache der Klimaschwankung schliesslich wohl in der Sonne zu suchen ist. Die Klimaschwankungen finden jedoch unabhängig von den Schwankungen der Sonnenfleekenhäufigkeit statt; es können daher die ersteren wohl nur zu den Schwankungen der Sonnen- strahlung in Beziehung gebracht werden, welch’ letztere wahrscheinlich eine 36jährige Periode haben, doch ist es bei dem heutigen Stande unserer instrumentellen Mittel wie theoretisehen Kenntnisse noch nicht möglich, diese Periode nachzuweisen, obwohl dieselbe aus anderen, hier nicht näher zu erwähnenden Gründen angenommen werden muss. Dr. R. ©. 6. Barthel’s selbstthätige Spiritus-Gebläselampe und Spirituslöthlampe. — Erst vor kurzer Zeit brachte Herr G. Barthel zwei von ihm construirte Brenner in den Handel, einen Benzinbrenner zum Ersatz des Gas- gebläses und einen Spiritusbrenner zum Ersatz des Bunsen- brenners (s. „Naturw. Wochensehr.“, Band V, Nr. 34, S. 336); jetzt hat derselbe wiederum zwei Lampen con- struirt, von denen die eine eine selbstthätige Spiritus- gebläselampe, die andere eine Spirituslöthlampe ist. Der Aufbau der ersteren (Fig. 1 und 2) ist einfach. Ein Cylinder von ea. 14 cm Höhe und ca. 6,5 em Dureh- messer ruht horizontal auf einem Gestell, in dem er sich um seine Längsachse bewegen und in beliebiger Stellung durch eine Schraube festgestellt werden kann. In der Wand des Cylinders ist eine Oeffnung zum Einfüllen von Spiritus, die durch einen Schraubenaufsatz verschlossen werden kann. Die Lampe wird nieht mehr wie ”/,, bei horizontaler Stellung des Centralrohrs aber nur Y/, voll gefüllt, und der Verschluss wieder fest zugeschraubt. Durch den Spiritusbehälter geht ein eylindrisches Rohr, das zum Theil doppelwandig ist. Zwischen diesen Wän- den liegt ringsherum ein Docht, der zum Ansaugen und Vergasen des Spiritus dient. Von dem Dochtraum geht ein kleines Metallröhrehen wagerecht durch das Central- rohr. Ein kleines Loch in demselben lässt den vergasten Spiritus in das Centralrohr entweichen. Während der Nr; 9. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 49 äussere Mantel des doppelwandigen Brennrohrs nicht bis auf den Boden des Spiritusbehälters reicht, damit der Doeht in den Spiritus tauchen kann, geht das Central- rohr dureh den Behälter hindurch und ist unten durch eine aufgesetzte Kappe verschlossen. In dem Oentralrohr, wie in der Hülse oder Kappe befinden sich seitwärts zwei eorrespondirende ovale Löcher. Zu der Lampe ge- hört eine ringförmige, mit Handgriff versehene Pfanne, in die man Spiritus giesst und die man auf den äusseren Absatz um den oberen Theil des doppelwandigen Brenn- robrs setzt. Entzündet man den Spiritus in der Rinne der Pfanne, so wird der obere Theil der Lampe erwärmt: der dureh den Docht angesogene Spiritus verdunstet und entzündet sich an der Düse. Die Flamme erwärmt nun fürchten, weil die Flamme bei erhöhtem Druck in der Lampe von selbst erlischt. Der Verbrauch des Spiritus ist ein höchst sparsamer. Man verwende zum Brennen nur guten denaturirten Brennspiritus, nie aber solchen mit Politurspiritus verunreinigten, harzhaltigen. Die Gebläselampe ist sehr handlich, nimmt wenig Raum ein und ist daher für den Gebrauch äusserst be- quem. Sie stellt sich billiger als Gas- oder Paraffin- gebläselampen und bedarf nicht des umständlichen mechanischen Betriebes zur Erzeugung der nöthigen Press- luft. Wie beim Wasserstrahlgebläse bleibt bei Anwen- dung der Barthel’schen Gebläselampe Zeit, nebenher an- dere Arbeit auszuführen, weil man nicht gezwungen ist, zu irgend welcher Verrichtung bei der Lampe stehen zu bleiben. GÄRLENTELLLLLED Zi DECLRTEER, ELICHESALTIEZ, Fig. 1. die Luft im oberen Theil des Brennrohrs und reisst die von unten einströmende kalte Luft mit sich. Die Mischung der Spiritusdämpfe mit der Luft entflammt am oberen Ende des Centralrohrs und bildet eine ca. 15 cm lange Gebläseflamme. Die schon erwähnte Hülse am unteren Ende des Centralrohrs ist drehbar und gestattet, die Oeff- nung kleiner und grösser zu machen oder zu schliessen. Dadurch ist eine Regulirung des Luftzutritts ermöglicht. Erlischt die Flamme plötzlich, so war die Luftzufuhr zu gross; in diesem Falle verringert man die Oeffnung durch Drehen der Hülse. Wird nach längerem Brennen die Flamme kleiner, so ist dies ein Zeichen, dass der Spiritus- vorrath im Behälter zu Ende geht. Man bläst dann die Flamme sofort aus. Will man eine volle starke Flamme auslöschen, so schliesst man das Zugloch dureh Drehen der Kappe und bläst gelinde schräg von oben in das Centralrohr hinein. Der Spiritus im Behälter darf nie völlig ausbrennen. Eine Explosion ist niemals zu be- Fig. 3. Spiritus-Löthlampe. Lieferte die Gebläselampe auch nicht eine so con- stant ruhige Flamme, wie das mir zur Verfügung stehende Wasserstrahlgebläse, so gestattet sie doch, eine Reihe im Laboratorium vorkommender Gebläsearbeiten in bequem- ster Weise auszuführen. Ein Kupferdraht von 1 mm Stärke schmolz in der Flamme zu einer Kugel ab. 15 g CaCO, wurden nach zweimaligem, viertelstünd- lichem Glühen auf der Gebläselampe vollkommen in CaO übergeführt. Ein Aufschluss eines Silieats mit kohlen- saurem Natron-Kali gelang gut. Natronglas liess sich leicht schmelzen und verarbeiten; Kaliglas liess sich biegen, doch wurde ein Schmelzen und leichtes Aus- ziehen des Glases nicht erreicht. Einen Platintiegel bringt die Flamme der Gebläselampe zur hellen Roth- glut. Die Barthel’seche selbstthätige Spiritus-Gebläselampe ist schon deswegen zu empfehlen, weil sie an jedem be- liebigen Ort aufgestellt werden kann, unabhängig von 50 Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. 5. jeglicher Rohr- oder Schlauchleitung, ferner, weil sie nur einen sehr bescheidenen Raum einnimmt und verhältniss- mässig billig ist, sie kostet 12,50 Mark. Die zweite Lampe, die Spirituslöthlampe (Fig. 3), zeigt dieselbe einfache Construction, wie die Gebläse- lampe. Der Spiritusbehälter steht aber bei der Löth- lampe aufrecht und ist mit einem Handgriff versehen. Das Brennrohr, welches dem der Gebläselampe voll- kommen gleich ist, liegt wagerecht. Der Verschluss des Spiritusbehälters befindet sich oben auf der Lampe. Man füllt die Lampe nicht mehr wie halb voll, wozu '/; Liter Spiritus erforderlich ist. Nachdem der Ver- schluss wieder fest zugeschraubt ist, wird das doppel- wandige Brennrohr durch Auflegen und Anbrennen des in Spiritus getauchten Anzünders erwärmt. Innerhalb '/, Minute entzündet sich der vergaste Spiritus und entwickelt sich die Stichflamme zur vollen Grösse. Auch bei dieser Lampe regelt man die Luft- zufuhr durch Drehen der Kappe auf dem hinteren Ende des Centralrohrs. Man hat hier betreffs der Flamme das- selbe zu beachten, was bei der Gebläselampe schon ge- Der Verbrauch des Spiritus ist ein geringer. sagt ist. der innerhalb des Brennrohres auf dem Behälter ange- ordnet und mit diesem durch einen mit Canälen ver- sehenen Steg verbunden ist, dem Aussenrohre und dem in der Verschlussschraube angebrachten Sicherheitsventile; vergl. Fig. 4 u. 5. Das Sicherheitsventil dient dazu, die überschüssigen Benzingase abzuleiten. Es tritt in Funetion, wenn die Lampe entweder zu voll gefüllt ist, oder wenn die an- gesammelten Dämpfe wegen Verstopfung der Ausströmungs- öffnung des Brenners keinen anderen Ausweg haben. Hier- bei wird die im Innern der Kapsel des Ventils befind- liche Spiralfeder von der Dampfspannung im Behälter zurückgedrückt, wonach dann die Dämpfe durch eine kleine Oeffnung der Kapsel entweichen können. In Thätigkeit wird die Lampe folgendermassen gesetzt. Der Behälter wird zu °/, mit Benzin gefüllt und mit der Füllsehraube verschlossen. Das Brennrohr wird auf- gesetzt und alsdann die auf dem Behälter angebrachte Rinne, ungefähr halbvoll, ebenfalls mit Brennstoff gefüllt. Sobald man das Aussenrohr aufgesetzt hat, entzündet man das in der Rinne befindliche Benzin. Die dadurch Paquelinsche Patent-Löthlampe mit horizontaler Flamme. Die Flamme ist ruhig und beständig und genügt den an sie gestellten Anforderungen. Eine Explosionsgefahr ist auch hier ausgeschlossen. Die Lampe ist kleiner als die bisher gebräuchlichen Löthlampen und bedarf keiner zweiten Heizflamme, deren Zweck der beigegebene An- zünder erfüllt. Sie ist aber nicht nur wegen ihrer Ein- fachheit, Handlichkeit, Sicherheit und Leistungsfähigkeit bei geringem Spiritusverbrauch, sondern auch ihrer Billig- keit wegen bestens zu empfehlen. Der Preis für eine Lampe ist 7,00 Mark. Diese Löthlampe eignet sich nicht allein zum Gebrauch für Handwerker, sondern auch zum Glasblasen, zu Löthrohrversuchen u. s. w. für Labora- torien. Beide Lampen sind zu beziehen durch den Erfinder Gustav Barthel in Niederpoyritz bei Dresden. A. Hesse. Im Anschluss an die obige Mittheilung machen wir die Leser auch auf die zweckdienliche Sicherheits-Löth- lampe, Patent Dr. Paquelin, aufmerksam, die wir in Fig. 4—7 (die wir der Firma Ü. Goerg u. Co. ver- danken) ebenfalls zur Anschauung bringen. Die Paquelin’sche Patent-Löthlampe — sagt Hr. Kiet- zer im Polytechnischen Centralblatt, Berlin — besteht aus dem Benzinbehälter, durch den ein an beiden Enden offenes Rohr reicht, dem Brennrohre, welches die Ver- längerung: des durchgehenden Rohres bildet, dem Brenner, Fig. 6. Paquelinsche Patent-Löthlampe mit vertikaler Flamme. entwickelte Wärme bewirkt eine Vergasung des Brenn- stoffs im Behälter der Lampe; das gebildete Gas strömt aus der Ausströmungsöffnung des Brenners unter geringer Pression aus, reisst die in dem durchgehenden Rohre vorgewärmte atmosphärische Luft mit sich fort und ver- brennt, gut mit Luft gemischt, im oberen Theile des Brennrohres mit mächtig entwickelter, blauer, nicht russender Stichflamme. Nach dem Abbrennen des Benzins in der Rinne ist das Brennrohr glühend geworden und leitet fortwährend Wärme nach dem Behälter, wodurch die Dampfentwicklung ununterbrochen vor sich geht. Die Lampe erzeugt sich auf diese Weise das zur Erlangung der Stichfllamme nothwendige Gas selbst. Die eben beschriebene Sicherheitslöthlampe findet vornehmlich Verwendung zu Weichlöthungen aller Art sowie zum‘ Hartlöthen kleinerer Gegenstände. Sie ist sehr empfehlenswerth zum Löthen und Aufthauen von Gas- und Wasserleitungsrohren, zum Härten, Tempern und Ausglühen kleinerer Stahlwerkzeuge, zum Abnehmen von Lack und Farben auf grösseren Flächen, zur Herstellung von Löthstellen an Telegraphen- und Telephondrähten und an Leitungen von elektrischen Anlagen; ferner zum Löthen von Bandsägeblättern, wo unter Benutzung von Holzkohle die Löthung in kurzer Zeit ausführbar ist. Ausserdem findet die Paquelin’sche Sicherheitslöth- lampe mit verticaler Flamme (Fig. 6) geeignete Verwen- dung in Laboratorien und Versuchsstationen als Ersatz Nr. 5. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 51 des Bunsenbrenners zu zahlreichen Zwecken, zur Er- hitzung der Platinatiegel u. s. w. u. s. w. Neben diesen verschiedensten Verwendungsarten dient die Paquelin’sche Löthlampe noch dazu, die beim Löthen gebräuchlichen Löthkolben in einem Löthofen zu erwärmen. Die Lampe, die für diesen Specialzweck eine flache Form hat (Fig. 7), wird zunächst in derselben Weise wie die andere Löthlampe in Gang gesetzt und dann in den Ofen gestellt. 10 Paquelinische Lampe für Löthöfen. Fig ?. Die Hauptvorzüge der Paquelin’schen Sicherheitslöth- lampe gegenüber den bisherigen Spirituslöthlampen sind folgende: Sie ermöglicht eine kolossale Brennstoff- ersparniss, weil bei ihr neben dem Benzingas auch viel Luft zur Verbrennung gelangt und hier nur eine Flamme dauernd brennt, während die Spirituslampe die dauernde Unterhaltung von 2 Flammen erfordert. Ferner ist ihr hoher Heizeffeet von über 1200° Celsius von keiner an- deren Löthlampe erreicht worden. Dass man die Lampe in jeder Lage verwenden und dadurch an die schwierigst zu erreichenden Löthstellen herankommen kann, ist ein ganz besonderer Vortheil derselben. Die Lampe ist der- artig construirt, dass eine Explosionsgefahr vollständig ausgeschlossen ist. Zur grösseren Sicherheit ist zudem noch ein Sicherheitsventil angeordnet, damit bei etwaiger starker Pression die Dampfspannung in’s Freie austreten kann. Litteratur. Dr. Jacques Loeb, Untersuchungen zur physiologischen Mor- phologie der Thiere. I. Heteromorphose. Würzburg, Ver- lag von Georg Hertz, 1891. Es giebt eine Reihe von Thieren, bei denen ein verloren- gegangenes Organ durch ein neues ersetzt wird und es galt bisher für selbstverständlich (?), dass das neugebildete Organ dem verlorenen an Form und Lebenserscheinungen gleich sei. Jeder Zoologe kennt die Regenerationsversuche an zerschnittenen Polypen von Trenbley und Rösel von Rosenhof. Herr Dr. Loeb hat sich nun die Aufgabe gesetzt, „zu prüfen ob und durch welche Mittel es auch bei Thieren möglich sei, an Stelle eines verlorenen Organs mit Sicherheit ein typisch anderes, der Form und den Lebenserscheinungen nach vom verlorenen verschiedenes Organ wachsen zu lassen.“ Die Erscheinung, dass an Stelle eines verlorenen Organs eines von anderer Gestalt und Function (unter bestimmten Umständen) auftritt, nennt er Heteromorphose. Die Untersuchungen, welche Loeb darstellt, beziehen sich auf Hydroidpolypen, Einzelthiere und Stöcke, und zwar kommen Tubularia mesembryanthenum, Aglaophenia pluma, Plumularia pinnata, Eudendrium (racemosum?), Sertularia (polyzomias?), Gonothyraea Lovenii, Cerianthus membranaceus und einige Actinien in Betracht. Ich will den Gang seiner Untersuchungen zunächst verfolgen und dann einige kritische Bemerkungen anfügen. Loeb bestreitet die „Polarität“ der Hydroidpolypen, wie sie von Allman behauptet wird. Um sich die Nomenelatur der „formellen Morphologie“ zu vereinfachen, lehnt sich der Verf. an die botanischen Bezeichnungen an, und gebraucht an Stelle der Ausdrücke „Fuss“ und „Mund“, „Wurzel“ und „Spross“ in seiner „eausalen“ Morphologie. Herr Dr. Loeb hat aber bald eingesehen, dass damit im Thierreiche nicht auszukommen ist. und so finden sich schliesslich alle Ausdrücke der „formellen Morphologie“ neben seinen neuen. Doch dies nur nebenbei. 3ei Tubularia mesembryanthenum gelingt es Herrn Dr. Loeb nach Zerschneiden eines Polypen auf der aboralen Seite bei voll- kommener Umspülung mit Seewasser einen Tentakelkranz, d. h. nach seiner Ausdrucksweise einen neuen Kopf zu erzielen, und dies um so leichter, je näher der Schnitt dem oralen Pole liegt, zwei Köpfe wuchsen an einem Mittelschnitt. Dadurch glaubt er die Lehre Allman’s von der Polarität des Thierkörpers erschüttert zu haben. Am oralen Ende eine „Wurzel“ zu ziehen ist ihm nicht gelungen. Solche biapicale Individuen zog er auch von Aglaophenia pluma, aber auch bibasale, d. h. solehe mit zwei Wurzelenden, dadurch, dass er beide Enden abschnitt und das Bruchstück umgekehrt, mit der früheren Spitze (Sprossende) nach unten, aufhing. Die Wurzeln zeigten hier eine besondere Art von Contactreizbarkeit und eine Tendenz zur Abwärts- krümmung, dieselben sollen auch ein hervorragend starkes Spitzenwachsthum ähnlich dem der Pflanzenwurzeln beobachten lassen. Die Versuche an Plumularia pinnata kann ich übergehen, sie führten nicht weiter. Bei Eudendrium trat derselbe Fall wie bei Tubularia ein, zweiköpfige Individuen liessen sich ziehen, nicht aber zweiwurzelige, dazu fand sich positiver He- liotropismus der Sprosse. An Sertularia erzielte der Verf. am basalen Sehnittende theils Spross- theils Wurzelbildungen, letztere seltener. Die Sprossenden zeigen positiven, die Wurzeln nega- tiven Heliotropismus. Gonothyraea Lovenii liess nur zwei- köpfige Individuen ziehen, die übrigen Erscheinungen blieben dieselben, die Wurzeln zeigten starke Contaetreizbarkeit (posi- tiven Stereotropismus des Verf.). Abschnitte 10—13 der Ab- handlung besprechen die Untersuchungen, welche an Cerianthus membranaceus angestellt wurden. An diesem Thiere hat Herr Dr. Loeb die Versuche modifieirt. Er führte Einschnitte seitlich in den Thierkörper aus, und es fand sich, dass an den der oralen Seite zuliegenden Schnittkante eine neue Mundscheibe mit Tentakelkranz sich entwickelte, eine Mundöffnung aber nicht zu Stande kam. Dasselbe geschah an Aussehnitten aus der Leibeswand. Ausserdem zeigte sich, dass die Schwerkraft auf die Einstellung des Körpers von Cerianthus orientirend wirkt, dergestallt, dass das Thier sich immer nahezu senkrecht mit dem Munde nach oben zu stellen sucht. Was das Wachsthum der Tentakeln anbetrifft, so führt Herr Dr. Loeb die Turgescenz als Ursache ein, ob dieselbe jedoch die Bedeutung hat, welche er ihr zuschreibt, muss dahingestellt bleiben. Vergleichsweise werden noch Versuche an Actinien heran- gezogen. Durchschnittene Actinien nehmen an beiden Polen Nahrung auf; die Tentakeln reagiren nur auf bestimmte che- mische Reize, die Oberflächenbeschaffenheit des festen Körpers für die Auslösung der Fixirungsvorgänge ist nicht gleichgültig. (Die Actinien lieben Blätter von Ulva und Gehäuse von Mies- muscheln als Anheftungsstätten). Dies sind die hauptsächlichsten Resultate der an Actinien angestellten Versuche. So interessant die Untersuchungen sind, welche Herr Dr. Loeb in seiner Abhandlung über Heteromorphose vorführt, kann ich es doch nicht unterdrücken, die Meinung auszusprechen, dass sie zu einseitig angestellt und beurtheilt sind. Jeder Physiologe weiss, dass er ohne genaue Kenntniss des histologischen Baues eines Örganes jetzt kaum noch zu nennenswerthen Erfolgen gelangen kann. Herr Dr. Loeb hat eine Menge Fragen an- geregt, besonders die Frage der Heteromorphose vertieft, aber, wie mir scheint, nicht gelöst. Es handelt sich doch vielfach um Entwieklungsvorgänge, um vererbte Gewohnheiten u. s. w., öfters um einfache Knospungserscheinungen unter eigen- thümlichen Umständen. So schnell dürften aber die Schlüsse kaum gezogen werden, wie es Herr Dr. Loeb thut, zum min- desten setzen dieselben eingehendere genaue histologische Unter- suchung der sich neubildenden Gewebe voraus. und dabei wird auch die „rein formelle Morphologie“, von der Herr Dr. L.oeb nieht viel zu halten scheint, zu ihrem Rechte kommen. Wie nöthig das ist, zeigt ein Satz S. 46, wo Herr Dr. Loeb davon spricht, dass eine Leibeshöhle bei einem ausgeschnittenen Stück Cerian- thus (dasselbe rollt sich aber mit dem Entoderm nach innen zusammen) gar nicht vorhanden sei; die „formellen Morphologen“ dürften doch anderer Ansicht sein. Gerade die Gewebe müssen hier auf ihre speeifische Reizbarkeit untersucht werden, nicht bloss die Enden von Thierbruchstücken. Indess liest sich die Abhandlung mit Spannung und es ist ein grosses Verdienst, Fragen in Fluss zu bringen und zu vertiefen, deren Lösung das Ineinandergreifen verschiedener Disciplinen einer Wissenschaft erfordert. Dr. H. Trautzsch. 52 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. H. Cossmann, Deutsche Schulflora. Zum Gebrauch in höheren Lehranstalten sowie zum Selbstunterricht. Verlag von Ferdi- nand Hirt. Breslau 1890. Es sind in der vorliegenden, wie auch in anderen Schulfloren weggelassen worden: „l. die seltenen und nur an wenigen Orten vorkommenden Arten“, 2. „die Hybriden, Abarten und zweifel- haften Arten, sowie auch diejenigen Arten, welche von ver- wandten Arten nur schwer zu unterscheiden sind.“ Von der Gattung Rubus werden nur vier Arten (!) aufgeführt und zwar R. Idaeus, R. saratilis, R. caesius und R. futicosus, von Hieraeium nur sieben (!) u. s. w. Es liegt also keine vollständige, wissen- schaftliche Flora vor, sondern ein erstes Hilfsmittel für den Unterricht in der Botanik. Zu loben ist die besondere Berück- siehtigung unserer Zierpflanzen mit Einschluss der Topfgewächse. Denn es ist durchaus in der Ordnung, wenn die Schule vor allen Dingen diejenigen Dinge berücksichtigt, die uns alltäglich begegnen. Der Verfasser hat hier aber stellenweise wohl etwas zu wenig gebracht, andererseits ist er wohl etwas zu weit gegangen. Plectogyne variegata, Polianthes tuberosa, Nemo- phila insignis. Coleus und viele andere sehr häufige Zierpflanzen sind unberücksichtigt geblieben, hingegen finden wir Arten auf- geführt, die man doch in einer „deutschen“ Flora, auch wenn sie die Ziergewächse sehr weitgehend einbezieht, nimmermehr suchen würde, so Thea chinensis, Gossypium, Victoria regia u.s. w. Wenn auch die Vietoria bei uns thatsächlich als Zier- pflanze anzutreffen ist, so ist das doch so selten und vereinzelt, das man diese Art am ersten übergehen kann. An den eben aufgeführten Arten merkt man aber sofort, dass den Verfasser noch ein anderes Streben geleitet hat: er wollte offenbar durch Einführung auch derjenigen Gewächse, die in der Schule über- haupt Erwähnung verdienen, ein anderes botanisches Buch neben der Flora unnöthig machen. Uebrigens kenne ich die Schwierig- keit der Auswahl aus unseren Zierpflanzen für eine Flora sehr gut, da sie mir bei der Vorbereitung der 5. Auflage meiner illustrirten Flora in einem fort entgegentritt. Die Einführung speciell der Topfpflanzen macht am meisten Schwierigkeiten, auch wenn es sich nur darum handelt aus der grossen Fülle des thatsächlich Vorhandenen nur das „üblichste* herauszusuchen, weil die Mode hier von Jahr zu Jahr wechselt. Auch ist es nicht leicht eine Grenze zu finden. I Karl Fink, Kurzer Abriss einer Geschichte der Elementar- Mathematik mit Hinweisen auf die sich anschliessenden höheren Gebiete. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung, Tübingen 1590. Der Verfasser genannten Werkes beabsichtigt mit demselben, „Studirenden der Mathematik einen historischen Ueberblick über die elementaren Theile dieser Wissenschaft zu geben, und dem Lehrer der Elemente Gelegenheit zu verschaffen, mit wenig Zeitaufwand die ihm zum grossen Theil längst bekannten Dinge im Zusammenhang übersehen und beim Unterricht in gelegentlichen Bemerkungen verwerthen zu können.“ Die Geschichte der einzelnen Gebiete der Mathematik ist aber nicht zu einem eultur- historischen Gesammtbilde zusammengefasst worden, sondern es werden die elementaren Gebiete einzeln historisch durchwandert. Zunächst werden Zahlensysteme und Zahlzeichen behandelt, dann folgt ein Abschnitt über das gemeine Rechnen, dem sich ein weiterer, umfangreicher über allgemeine Arithmetik und Algebra anschliesst. Den vierten Haupttheil nimmt die Geometrie und den fünften die Trigonometrie ein, während Biographische Notizen, ein Litteratur- Verzeichniss und ein Register den Band be- schliessen. Im Allgemeinen ist die Darstellung des knappen Umfanges des Werkes eine recht geschickte, namentlich in den elementaren Theilen. Aber das Werk enthält auch „Hinweise auf die sich anschliessenden höheren Gebiete“, und hier möchte manches nicht den Beifall der fachmännischen Kritik finden. Es ist hier nicht der Ort, Detailfragen eingehender zu beleuchten; aber wenn der Leser auf Seite 144 liest: „Was Abel in der Theorie der elliptischen Functionen geleistet hat, ist eine hervorragende, jedoch nieht seine grösste Leistung. Die glänzendsten Erfolge erzielte er in der Theorie der nach ihm benannten Adel’schen Functionen, deren erste Entwicklung in die Jahre 1826—1832 fällt,“ und wenn es auf S. 269 unter den Ergänzungen und Berichtigungen mit Bezugnahme auf diese Stelle heisst: „Nach anderer, wohl mass- gebender Ansicht liegen die grössten Erfolge Abel’s auf alge- braischem Gebiet und auf dem Gebiet der elliptischen Funetionen“, so dokumentirt sich darin doch ein erheblicher Mangel an selbst- ständigem Urtheil, eine Eigenschaft, die der Historiker in hervor- ragendem Masse besitzen sollte. Ebenso möchten wir bemerken, dass der Verfasser bei der Anführung lebender Mathematiker theils etwas kritischer, theils etwas vollständiger hätte sein können. Die Bemerkung, dass Jacobi im Alter von 16 Jahren sehon einen Versuch machte, die Gleichung fünften Grades zu lösen, hätte wohl ganz gut unterdrückt werden können, sie ist ganz belanglos; ausserdem ist jener Versuch bekanntlich auch von anderen Mathematikern unternommen worden. Diese „Hin- weise“ sind überhaupt bisweilen recht dürftig; so werden z. B. die grossartigen durch Fuchs’ fundamentale Abhandlungen theils ausgeführten, theils veranlassten Untersuchungen über die Theorie der Differentialgleichungen mit dem „Hinweise“ erledigt: „Die neueren Untersuchungen über Differentialgleichungen, be- sonders über lineare, von Fuchs, Klein und Poincare stehen in enger Beziehung zur Functionen- und Gruppentheorie, sowie zur Theorie der Gleichungen und der Reihen“!! Bei der Behandlung der irrationalen Zahlen vermissen wir eine Erwähnung der Kronecker’schen Untersuchungen, auf die sehr wohl hätte hin- gewiesen werden müssen, u. s. f. u. s. f. Ohne hier Detail auf- zuhäufen, müssen wir unser Urtheil dahin abgeben. dass die „Hinweise auf die sich anschliessenden höheren Gebiete“ das Schwächste an dem Werke und überdies von grosser Ungleich- mässigkeit sind. Die biographischen Notizen bilden eine recht dankenswerthe Beigabe; die hervorragendsten Mathematiker sind durch fetten Druck gekennzeichnet. Wir hätten hierbei den Wunsch zu äussern, dass Grassmann und Galois, oder doch mindestens der letztere, ebenfalls dieser Auszeielnung zu Theil würden.. Das Verzeichniss der „Mathematiker der Gegenwart, welche an deutschen oder ausländischen Hochschulen wirken oder als Schriftsteller thätig sind“ soll nach Ansicht des Verfassers in keiner Weise Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Nun, dann hat dieser Anhang eigentlich keinen Sinn, es sei denn, dass nur wirklich hervorragende Forscher aufgenommen würden; aber wo soll die Grenze gezogen werden? Unseres Erachtens muss grade hier nach möglichster Vollständigkeit gestrebt werden. So wie dieses Verzeichniss vorliegt, enthält es recht unbekannte Mathe- matiker, während nicht einmal die Docenten vollständig aufge- zählt sind. An Ungenauigkeiten haben wir Folgendes bemerkt: bei Bolza muss es heissen: Worcester (Nord-Amerika), bei Heffter: Giessen und bei Kneser: Dorpat; Migotti ist zu: streichen, er ist bekanntlielı bei einer Hochgebirgstour um’s Leben gekommen ; O. Sehlesinser befindet sich in Basel. Trotz der zahlreichen Mängel, welche man bei weiterem kritischen Eindringen in dem vorliegenden „Abriss“ finden wird, hat dieses Werk doch das Gute, dass es den Sinn für das ge- schichtliche Moment weckt und zwar grade in dem Kreise, in dem von dem Studium der Geschichte der Mathematik grosser Nutzen für die Wissenschaft zu hoffen ist, nämlich dem der mathematischen Lehrer. Die Lektüre der Fink’schen Arbeit hat uns aber in der Ueberzeugung bestärkt, dass die Geschichte der Mathematik nur in Monographien über beschränkte Gebiete ge- schrieben werden kann; ein Einzelner kann die verschiedenen Zweige der Mathematik schwerlich in der Weise umfassen, dass er auch selbstständig darin zu urtheilen vermöchte. Vandas, K., Neue Beiträge zur Kenntniss der Flora Bosniens und der Herzegovina. Prag. Vogt, J. G., Das Wesen der Elektrieität und des Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffes. I. Thl. Die Constellationen der einheitlichen Substanz als die Träger der physikalischen Kraftäusserungen. Leipzig. Wagner, H., Flora des Reg.-Bez. Wiesbaden. der Gattungen. Bad Ems. Wernigk, F. G. F., Leibniz’ Lehre von der Freiheit des mensch- lichen Willens Würzburg. Wetterstrand, O0. &, Der Hypnotismus und seine Anwendung in der praktischen Medicin. Wien. Wiedemann, E. u. H. Ebert, Physikalisches Praktikum mit besonderer Berücksichtigung der physikalisch - chemischen Methoden. Braunschweig. Wiesner, J., Elemente der wissenschaftlichen Botanik. 1. Bd. Anatomie und Physiologie der Pflanzen. 3. Aufl. Wien. Zittel, K. A., Handbuch der Palaeontologie. II. Abth. München. I. Thl. Analyse Inhalt: Th. Waage: Vorkommen und Rolle des Phloroglueins in der Ptlanze. — Die Wirkung des Koch’schen Mittels gegen Lungentuberkulose. — Ueber die Lebensweise des afrikanischen Krokodils, namentlich über seine Eiablage. — Klima- schwankungen. — G. Barthel’s selbstthätige Spiritus-Gebläselampe und Spirituslöthlampe und Sicherheits-Löthlampe, Patent Dr. Paquelin. (Mit Abbild.) — Litteratur: Dr. Jaques Loeb: Untersuchungen zur physiologischen Morphologie der Thiere. — H. Cossmann: Deutsche Schulflora.. — Karl Fink: Kurzer Abriss einer Geschichte der Elementar-Mathematik mit Hin- weisen auf die sich anschliessenden höheren Gebiete. — Liste. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 5. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XII IT SS SS I I SS SS I SS I TTS 7 U N U ST I ST 52 von Poncet Glashütten-Werke Berlin SO., Köpenickerstrasse 54. Fabrikate: Hohlgläser, ordinär, ge- presst und geschliffen. Apparate, Gefässe und Utensilien für chemische, T pharmaceutische, physikalische und andere technische Zwecke. Batterie- gläser und Glaskästen, sowie Glüh- lampenkörper und Isolatoren für elec- troteehnische Zwecke. Flaschen, ordinär und geschliffen, für Li- queur- und P: arfümerie-Fabrikation, Fabrik für Apparate zur Krankenpflege I von Gebrüder Mechnig, BERLIN S., Alexandrinenstr. 98. Engros— Export. I CALCIE | I. eHtonupe|l Patentirte Inhalations- Apparate (Patent Nr. 19195). 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SB Redaktion: Was die natarwissenschaftliche Forschung sufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der Ihre Schöpfungen schmückt. Bakwengene* Su Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 8. Februar 1891. Nr..6. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das Dulong’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmelehre.“) Von Friedrich Mann. Das von Dulong und Petit (1815) empirisch gefun- dene Gesetz sagt aus, dass sich die speeifischen Wärmen der Grundstoffe, umgekehrt verhalten wie deren Atom- gewichte; oder, mit anderen Worten, dass das Produet aus speeifischer Wärme und Atomgewicht innerhalb der Reihe der Grundstoffe constant sei. Als Mittelwerth dieses constanten Productes ergiebt sich 6,4, wenn bei Festsetzung der Atomgewichte das Gewicht eines Wasser- stoffatoms als Einheit angenommen wird. Da speeifische Wärme die Wärmemenge ist, deren ein Kilogramm des betreffenden Stoffes bedarf, um in der Temperatur um 1 Grad Cels. erhöht zu werden, so wird das Product aus specifischer Wärme und Atom- gewicht die Wärmemenge darstellen, die man einem Atom geben muss, um dessen Temperatur um einen Grad zu erhöhen; weleher Wärmemenge bekanntlich der Name Atomwärme beigelegt worden ist. Man kann daher das Dulong’sche Gesetz auch so aussprechen: Sämmtlichen Grundstoffen kommt die nämliehe Atom- wärme zu. Die Empirie sagt nur aus, dass diese Beziehung stattfinde, dass, wenn man die experimentell gefundenen Atomgewichte der Grundstoffe (das des Wasserstoffs gleich 1) mit den experimentell festgestellten specifischen Wärmen derselben multiplieirt, als Mittelwerth der Pro- ducte 6,4 erscheint. Weshalb aber diese Beziehung zwischen specifischer Wärme und Atomgewicht statt- findet, weshalb in der Grundstoffreihe die speeifische Wärme in dem Verhältniss kleiner sein muss, als das Atomgewicht grösser ist, darüber vermag uns die ältere Ansicht über die Wärme, die einen Wärmestoff annahm, *) Bei der ausserordentlichen Klarheit, mit welcher der obige interessante Gegenstand von dem Verfasser behandelt worden ist, drucken wir obigen Artikel aus dem Sitzungsberichte der physikalisch - medieinischen Gesellschaft zu Würzburg voll- ständig ab. Red. keinerlei nt zu geben; die Emanationstheorie der Wärme steht, was rationelle Begründung betrifft, dem Dulong schen Gele ebenso rathlos segenüber, wie dies bei der Emanationstheorie des Lichtes hinsichtlich der Erscheinungen der Interferenz und Polarisation der Fall war. — Sehen wir nun zu, wie das Dulong’sche Gesetz sich im Liehte der mechanischen Wärmelehre ausnimmt, der zu Folge die Wärme eine Bewegung der Atome, der Moleküle ist. Was wir bei dieser Betrachtung aus der Mechanik zu Hülfe nehmen müssen, besteht wesentlich in Folgendem: Verleiht eine eonstante stetige Kraft von der Grösse P einer Masse M die Beschleunigung g, so ist P=M+.y Wenden wir diese Formel auf den 'speeiellen Fall an, da die wirkende Kraft die Schwere ist, so geht sie über in @—= M-g, wobei @ das Gewicht des Körpers und g die Beschleunigung der Schwere, eine von der Ent- fernung vom Erdmittelpunkt abhängige Grösse ist, die in unserer Gegend bekanntlich den Werth 9,8 m hat. Hat die bewegte Masse: M einen stets er Widerstand von der Stärke P zu überwinden und kann in bis die Geschwindigkeit » vollständig aufgezehrt, d. h. zu Null geworden ist, die Wegstrecke s zurück- a. so hat diese Masse eine mechanische Arbeit von der Grösse P.s verrichtet, welches Produet gleich !/,; Mv? ist. Wirkt eine eonstante stetige Kraft von der Cröske Jene die in Ruhe vorgefundene Masse M ein und verleiht sie dieser Masse die Geschwindigkeit v, so muss die Kraft an dieser Masse eine mechanische Arbeit von der ie !/, Mv2 verrichten, welcher Werth sich auch durch P- ausdrücken lässt, wenn s den durchlaufenen Weg = deutet. Nr? heisst lebendige Kraft. Eine Masse M, welehe die Geschwindigkeit » hat, besitzt die Fähigkeit, mechanische Arbeit vom Werthe !/,; Mv? zu verrichten. Bringe ich daher einer Masse M die Geschwindigkeit v 54 ; Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. bei, so lege ich damit in diese Masse eine Arbeitsgrösse gleich '/) Mv?. Wie verschieden auch die Massen M, und M, sein mögen, um die lebendige Kraft dieser Massen um gleichviel zu erhöhen, muss an beiden die nämliche Grösse an mechanischer Arbeit verrichtet werden. Diese letzteren Sätze machen die Regel aus, welche die Mechanik unter dem Namen: „Gesetz der lebendigen Kräfte“ kennt. Tragen wir nun die entwickelten Begriffe und das erwähnte Gesetz auf diejenige Atombewegung über, die man Wärme nennt. Ist a das Gewicht eines Atoms und m dessen Masse, x a 3 = : so haben wir a=m-g, also m—=—. In diesem Sinne ist es zu nehmen, wenn in der Folge von der Masse eines Atoms gesprochen wird. Empirisch versteht man unter Temperatur den Grad der Wärmewirkung nach Aussen. Besteht im Körper Temperaturhomogenität, so kann ein Atom als Reprä- sentant aller gelten, die Temperatur eines Atoms als Temperatur des Körpers genommen werden. Ist aber innerhalb des nämlichen Körpers die Temperatur der Atome verschieden, se erhält man die Temperatur des Körpers, wenn man das arithmetische Mittel aus den Temperaturen seiner Atome herstellt. Ist Wärme die vibrirende Bewegung des Atoms und erfolgt diese gleich- förmig gedachte Bewegung mit der Geschwindigkeit v, so ist, wenn m die Masse des Atoms bezeichnet, mv ein Mass für die Stärke des Einzelstosses. Der Einzelstoss kann aber bei Beurtheilung des Grades der Wärme- wirkung nach Aussen hin allein nicht massgebend sein. Denn wenn ein Atom 3 mal schwächer, aber in der näm- lichen Zeit z. B. in der Secunde 5 mal öfter stösst als ein zweites, so kommt jenem ersten Atom der stärkere Grad der Wirkung nach Aussen zu. Um im Sinne der mechanischen Wärmelehre ein Mass für. „Temperatur“ zu bekommen, müssen wir die Gesammtwirkung nach Aussen während einer bestimmten Zeit, z. B. einer Se- eunde feststellen. Durchläuft ein Atom vom einen Stoss bis zum folgenden die Wegstrecke /!, so ist mv! die einem Stoss entsprechende mechanische Arbeit, und da in der Secunde 1 Stösse stattfinden, so erhält man als a 5 ® secundliche Leistung m-v»-1-- = mv?. So und noch auf I verschiedene andere Arten lässt sich zeigen, dass die Temperatur eines Atoms im Sinne der mechanischen Wärmelehre nichts anderes ist, als die lebendige Kraft dieses Atoms. Und wie erhalten wir ein mathematisches Mass für die in einem Atom steekende Menge an freier Wärme ? Hat ein Atom, dessen Masse m, auf irgend eine Weise die Geschwindigkeit v erhalten, hört das Fliessen der Wärmequelle, d. h. die Kraftzufuhr auf, und wird nun diese mit der Geschwindigkeit » ausgestattete Masse m angehalten, Widerstände zu überwinden d. h. Arbeit zu leisten, so beträgt die Arbeitsgrösse, die bis zu dem Moment geleistet wird, da die Geschwindigkeit v ganz aufgezehrt, vollständig ausgenützt ist, Y,mv»?. Dieser Ausdruck ist ein Mass für die Menge freier Wärme, welche das Atom, das m zur Masse und © zur Ge- schwindigkeit hat, enthält, und um die im ganzen Körper steckende Menge freier Wärme zu erhalten, muss man die Werthe Y/,mv? für alle Körperatome herstellen und dann diese Ausdrücke addiren. Besteht Temperatur- homogenität, d. h. besitzen alle Atome des Körpers die gleiche Temperatur, so darf man, um die freie Wärme des ganzen Körpers zu erhalten, jenen den Wärmegehalt eines Atoms darstellenden Ausdruck nur mit der Anzahl Y SG Te - der Atome, d. h. mit as multiplieiren, wobei @ das Ge- wicht des ganzen Körpers, « dasjenige jedes seiner Atome darstellt. Die Einheit, auf welche die so gewonnene Wärmemenge sich bezieht, ist begreiflicherweise nieht die Calorie, sondern das Meterkilogramm. Um die Wärme- menge in Calorien zu erhalten, muss man die Anzahl der Meterkilogramme durch das mechanische Aequivalent der Wärme, nämlich durch 424 dividiren. Kann ein Atom mit der Masse m und der Ge- schwindigkeit v» bis zum Eintreten des Ruhezustandes eine mechanische Arbeit von der Grösse !/;mv? verriehten, so muss umgekehrt an diesem Atom Arbeit von der näm- lichen Grösse '/;mv®? verrichtet werden, um es vom Zu- stand der Ruhe auf die Geschwindigkeit © zu bringen. Oder mit anderen Worten: Ein mit der Geschwindig- keit » schwingendes Atom, dem die Masse m zukommt, das also die Temperatur mv? besitzt, kann bis zum Ein- treten des Ruhezustandes, d. h. der absoluten Wärme- losigkeit, eine Wärmemenge im Betrage von !/;mv? ab- geben und umgekehrt muss einem in Ruhe vorgefundenen Atom, um ihm die Geschwindigkeit v, also die Temperatur mv? beizubringen, eine Wärmemenge im Betrage von mv? gegeben werden. Da das Gesetz der lebendigen Kräfte, d. h. der Satz, „um die lebendigen Kräfte der Massen M, und M, um gleichviel zu erhöhen, muss an beiden die gleiche Grösse an mechanischer Ar- beit verrichtet werden“ —, da dieses Gesetz gilt, wie verschieden auch die Massen M, und 3% seien, und welches auch die Kraft sein möge, welche diese Erhöhung bewirkte, so muss dieses Gesetz auch in dem Falle gelten, wo die in ihrer jewegung zu steigernden Massen die Massen zweier Grundstoffatome sind und wo die wirkende Kraft die Wärme ist. Tragen wir daher das Gesetz der lebendigen Kräfte auf diejenige Bewegung der Atome über, die wir Wärme nennen, so ergiebt sich: Um die Atome zweier Grundstoffe (wie ver- schieden auch deren Gewichte sein mögen) in der lebendigen Kraft um gleichviel zu erhöhen, muss an ihnen die gleiche Grösse an mechanischer Arbeit verrichtet werden. Setzen wir nun statt Zunahme an lebendiger Kraft „Temperaturerhöhung“ und statt zu verrichtende Arbeits- grösse „Menge an aufzubietender Wärme“, so erhalten wir augenblicklich: Um die Atome zweier Grundstoffe in der Temperatur um gleichviel (z. B. um so viel, als empirisch einem Celsiusgrad entspricht) zu er- höhen, ist in beiden Fällen die nämliche Wärme- menge erforderlich, d. h. alle Grundstoffe haben die gleiche Atomwärme. Da das Gesetz der lebendigen Kräfte sicher richtig ist und ohne Zweifei auf den vorliegenden Speecialfall angewendet werden kann, so muss das Dulong’sche Ge- setz in aller mathematischen Schärfe gelten, sofern die Grundanschauungen dermechanischenWärme- lehre richtig sind und insofern es wahr ist, dass die Atomgewichte die Gewichte derjenigen kleinsten Massentheilechen ausdrücken, welche die schwingende Bewegung ausführen. Nun gilt freilich das empirisch gefundene Dulong’sche Gesetz nur annäherungsweise und auch an- näherungsweise nur innerhalb gewisser Temperaturgrenzen. Bei manchen Grundstoffen, namentlich bei Bor, Silieium Nr. 6. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 55 und Kohlenstoff, sind die Abweichungen beträchtlich grösser als die möglichen Fehler des empirischen Verfahrens. Diese Grundstoffe lenken erst dann in das Geleise des Gesetzes ein, wenn man die speeifischen Wärmen bei er- heblich hohen Temperaturen bestimmt. Auch treten die Grundstoffe mit kleinen Atomgewichten aus der Dulong- schen Regel heraus, und zwar in der Richtung, dass die empirisch gefundenen Atomwärmen nicht unbedeutend unter dem Mittelwerth 6,4 bleiben. — In diesen Abweichungen ist wohl die Ursache für Zweierlei zu suchen. Erstens dafür, dass die Chemiker zwar in Fällen, da die Analyse die Wahl zwischen meh- reren Werthen des Atomgewichtes lässt, sich des Dıdong- schen Gesetzes als Orientirungsmittel bedienten (d. h. sich für denjenigen Werth entschieden, der mit der speeifischen Wärme multiplieirt ein dem 6,4 am nächsten kommendes Produet liefert), im Uebrigen aber dem Gesetze keime weitere Beachtung zu Theil werden liessen; — und zweitens dafür, dass sich meines Wissens bisher Niemand die Mühe gab, eine rationelle Begründung des Dulong- schen Gesetzes zum Gegenstand des Nachdenkens zu machen. — (Schluss folgt.) Die Wirkung des Koch’schen Mittels gegen Tuberkulose. (Sehluss.) Ueber die pathologisch - anatomische Wirkung des Koch’schen Mittels äussert sich nun Rudolf Virchow. Bei uns — also in der Charite in Berlin —, sagte Virchow u. A. in seinem von Demonstrationen begleiteten Vortrage vom 7. Januar, sind vom Anfang der Injeetions- periode bis zum Ende des vorigen Jahres im Ganzen 21 Todes- fälle von Kranken vorgekommen, bei denen Injeetionen mit Koch’scher Flüssigkeit gemacht worden waren. Wir haben dann im Laufe dieses Jahres noch, glaube ich, 6 oder 7 Fälle gehabt; erst heute haben wir einige neue zur Untersuchung ziehen können. Selbstverständlich liegt dieses pathologisch - anato- mische Material nicht unerheblich verschieden gegenüber dem klinischen, wo die von aussen sichtbaren Processe im Vordergrunde der Beobachtung und des Interesses stehen, während wir begreiflicherweise viel mehr an- gewiesen sind auf innere Theile, von denen die meisten von aussen nicht erreichbar sind und deren Erkrankung auch durch die genaueste Untersuchung in vielen Fällen nur sehr oberflächlich festgestellt werden kann . Wie schon bei der äusseren Betrachtung die Wir- kung des Koch’schen Mittels auf die affieirten Stellen in erster Linie sich als eine irritative darstellt, indem schwere acute Reizungen unter starker Röthung und sehr starker Schwellung auftreten, so gilt das auch für die inneren Theile . Zunächst bespricht Virchow einen Fall von tubereulöser Hirnhautentzündung an einem 23/, Jahre alten Knaben. Nebenher, sagt Virchow, waren allerdings auch in der Lunge Veränderungen vorhanden: einige ältere käsig-pneumonische Stellen, die man als den Ausgang der metastatischen Arachnitis betrachten konnte, und eine Reihe von frischen entzündlichen Veränderungen. Nach 4 Injeetionen, von denen die letzte erst sechszehn Stunden vor dem Tode erfolgt war, im Ganzen 2 Milli- gramm, starb der Knabe und es fand sich eine so kolossale Hyperämie sowohl der Pia mater als auch der Hirnsubstanz selbst, dass ich mich nicht erinnere, jemals etwas Aehnliches gesehen zu haben. Ich darf wohl gleich bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass ich gerade in diesem Fall — es ist übrigens der einzige von Arach- nitis tubereulosa gewesen, den wir bis jetzt zur Unter- suchung hatten, — persönlich die Tuberkel untersucht habe; ich kann jedoch nieht sagen, dass ich irgend etwas an ihnen gesehen hätte, was auf einen Rückbildungs- process hätte schliessen lassen: die Tuberkel waren sehr wohl constituirt und in einem Zustande, wie ihn auch sonst Hirnhaut-Tuberkel zeigen. Solehe acuten Hyperämien und Schwellungszustände sieht man auch an anderen inneren Theilen. Namentlich ist wiederholt bei uns constatirt worden, dass auch die Oberfläche alter Lungenhöhlen ungewöhnlich starke Röthungen der Granulationssehiehten darbot; nicht selten kamen auch hämorrhagische Infiltrationen der Höhlen- wände vor, und selbst frische Blutungen in die Höhlen wurden beobachtet. Nun beschränken sich aber diese wahrnehmbaren Processe nicht bloss auf solche mehr vorübergehende hyperämische Schwellungen, von denen man annehmen kann, dass sie in kürzester Zeit vielleicht wieder ver- schwinden möchten, sondern es lässt sich nieht bezweifeln, dass in inneren Theilen positive Entzündungsprocesse, namentlich active Wucherungen in starkem Masse auf- treten. Dies gilt zunächst in Bezug auf zwei Stellen, die mit grosser Beständigkeit solche Erscheinungen darbieten: das sind einmal die Ränder bestehender Uleerationen und dann die nächstbetheiligten Lymphdrüsen, insbesondere die bronchialen und die mesenterialen. Die Lymphdrüsen zeigen in ganz ungewöhnlichem Masse Schwellungszustände, und zwar jene Form der markigen Schwellung, wie sie den acuten Reizungen eigenthümlich ist, hervorgebracht durch schnelle Wucherung der Zellen im Inneren der Drüsen. Es hängt dann wohl mit diesen grossen acuten Schwellungen zusammen, dass häufig auch eine Ver- mehrung der farblosen Elemente im Blut eonstatirt werden konnte, leucoeytotische Zustände, die dann vielleicht wieder beitragen mögen zu der relativen Häufigkeit, mit der allerlei Infiltrationen von farblosen Blutkörperchen im Um- fange der erkrankten Stellen, namentlich auch an Tuberkeln selbst, constatirt werden konnten. Diese Anschwellungen nehmen gelegentlich einen sehr gefährlichen Charakter an. Was diese Entzündungen anbetrifft, so begreifen Sie, dass es schwer wäre, von jeder Entzündung, die an einem solehen Patienten vorkommt, zu entscheiden, ob sie dureh die Einspritzung hervorgebracht worden ist oder wicht. Wir haben vorläufig für eine solche Unterscheidung kein Merkmal objeetiver Art. Ich bin nieht im Stande, ob- gleich ich eine grössere Zahl von diesen Fällen gesehen habe, genau zu sagen, woran man eine solche Art von Entzündung erkennen und von anderen Entzündungen, wie sie im Laufe der Phthise auch sonst entstehen, unter- scheiden kann. Immerhin giebt es Einiges, was einiger- massen auffällig erscheint, und ich will mich vorläufig darauf beschränken, das genauer anzugeben, was wir an den Lungen wahrgenommen haben. Es hat sich gezeigt, dass unter den tödtlichen Fällen von ulceröser Phthisis die grosse Mehrzahl frische Ver- änderungen von grosser Ausdehnung darbot, vorzugsweise solche in den Lungen selbst, gewöhnlich aber auch zugleich Pleuritis, und zwar meistentheils sehr schwere Pleuritis, einfache und tuberkulöse, häufig hämorrhagische und nicht selten doppelseitige. 56 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. Die Veränderungen in den Lungen selbst lassen sich in zwei ziemlich weit auseinandergehende Kategorien unterscheiden. Die eine derselben entspricht ungefähr dem, was wir gewohnt sind mit dem Namen der käsigen Pneumonie oder anatomisch mit dem Namen der käsigen Hepatisation zu belegen. Hier werden Sie begreifen, dass es sehr zweifelhaft ist, ob gerade eine käsige Hepatisation in irgend einem Zusammenhange mit der Einspritzung stehe. Ich würde einen solchen vielleicht auch meinerseits zurückweisen, wenn nicht einige dieser Fälle eine ganz besondere Bedeutung gehabt hätten. Von demjenigen, der das am meisten that, stammt das hier vorliegende Stück eimer Lunge, welche eine käsige Hepatisation von solcher Ausdehnung dargeboten hat, dass ich mich seit Jahren nicht erinnere, etwas Achnliches gesehen zu haben. Die Lunge war so gross und zwar in beiden Unterlappen, namentlich rechts, wie bei ge- wöhnlicher Hepatisation; aber es sind lauter einzelne Herde, jedoch so dieht an einander, dass fast gar kein freies Parenchym mehr dazwischen ist. Die Lunge sah frisch aus, wie ein Stück einer sehr- reichlich mit Speek durchsetzten Blutwurst. Was nicht von der käsigen Hepatisation eingenommen war, erschien schwarzroth und stach scharf gegen die käsigen Theile ab. Bei diesem Manne, einem 33jährigen Baumeister, waren 6 Injeetionen gemacht worden; die letzte 4 Wochen vor dem Tode; dann ist mit dem Injieiren aufgehört worden, nach der Angabe des Arztes, weil dauerndes Fieber und Infiltration der Unterlappen eintrat. Hier begann also die Infiltration erst nach den Injeetionen, nachdem vorher nur eine Induration der einen Lungenspitze gefunden war, von der sich nachher herausstellte, dass sie zum grossen Theil einen älteren, mehr indurativen Charakter hatte. Hier ist der acute Eintritt der Veränderung nach den Injeetionen zweifellos festgestellt. Aber auch in anderen Fällen war der ganze Habitus der Lungen in nicht geringem Grade abweichend von dem, was wir sonst bei Sehwindsüchtigen zu sehen pflegen. Ich will übrigens bemerken, dass unter den 16 Fällen von Phthise, die wir im December gehabt haben, 5 waren, welche in bald geringerem, bald grösserem Masse frische käsige Hepatisation darboten, keiner allerdings annähernd in dem Masse, wie der eben erwähnte. Nun zeigte sich aber noch eime zweite Veränderung in den Lungen, die gleichfalls als eine entzündliche be- zeichnet werden muss. Sie ist, nach meiner Auffassung wenigstens, in einem höheren Masse abweichend von dem, was wir gewöhnlich finden, obwohl ich auch hier sagen muss, dass ich ein allgemeingültiges pathognomo- nisches Merkmal nieht aufstellen kann. Die Pneumonien, welehe sich im Verlaufe der Phthise entwickeln, lassen sich bekanntlich in 5 verschiedene Kategorien zerlegen. Sie sind entweder käsige, oder ganz gewöhnliche fibrinöse — die auch vorkommen, oder katarrhalische, so- genannte glatte Pneumonien, wo wesentlich zellige An- häufungen in den Alveolen vorhanden sind. Das Alles sieht man gelegentlich auch sonst bei Phthisikern. Nun will ich gleieh bemerken, dass eine rein fibrinöse Pneu- monie im gewöhnlichen Sinne des Wortes bei keinem der gespritzten Fälle vorhanden gewesen ist. Die käsige habe ich schon besprochen. Was übrig bleibt, das würde also ungefähr eime der Formen sein, die man dem gewöhnlichen Ritus nach der katarrhalischen Pneumonie zureehnet. Die Injeetionspneumonie hat in der That mit der katarrhalischen Aehnlichkeit; aber ich muss sagen: sie hat auch gewisse Verschiedenheiten. Die gewöhnliche katarrhalische Pneumonie, wie wir sie bei Phthisikern finden, liefert leicht ausdrückbare, ver- hältnissmässig flüssige Anhäufungen in den Alveolen. Zuweilen sind sie so wässerig, dass sie wie sulzig er- scheinen, weshalb ja gerade auf der Beobachtung dieser Dinge jene alte Doetrin von Laennee begründet war, nach der er annahm, dass die tuberkulöse Infiltration, wie er sich ausdrückte, mit einer gelatinösen Infiltration beginne. So gelatinös ist das Produet hier nicht: im Gegentheil, es ist sehr wässerig und trübe, man könnte es eine trübe Infitration nennen. Es erinnert mehr an phlegmonöse Zustände. An einzelnen Stellen verdichtet es sich etwas; stellenweise nähert es sich im Aeussern einigermassen der käsigen Infiltration, ohne dass es aber doch den ausgemacht trockenen Charakter derselben an- nimmt, so dass, wenn beide neben einander bestehen, es keine Schwierigkeiten macht, sie aus einander zu bringen. Die katarrhalisch-phlegmonöse bringt weichere, feuchtere, schlaffere Zustände .. Diese Form hat noch etwas an sich, wodurch sie sich von der gewöhnlichen katarrhalischen Hepatisation wesentlich unterscheidet. Es kommt vor, dass mitten in diesen Stellen Erweichungsherde auftreten, die schnellen Zerfall des Parenchyms und eine Art von Höhlenbildung bringen, z. B. mitten im unteren Lappen, wie sie sonst fast nur bei gangräneseirender Bronchopneumonie vor- kommen. Freilich waren sie nicht sehr häufig. Dieser Ausgang scheint mir speciell darauf hinzuweisen, dass hier allerdings eine stärkere Noxe eingewirkt hat, als diejenige, welche wir sonst als Ursache der katar- rhalischen Pneumonie ansehen. Ich habe in der That die Vorstellung, dass — ich will nieht sagen, alle diese Fälle, aber ein gewisser Theil derselben einer Entzün- dung angehört, welche parallel zu stellen ist den ent- zündlichen Vorgängen, die wir nach der Injection an äusseren Theilen sich entwiekeln sehen und die je nach der Natur des Individuums und der Besonderheit des Falles bald einen höheren, bald einen niederen Grad erreichen. Was die übrigen Befunde betrifft, so hat sich eine Erseheinung herausgestellt, deren Bedeutung allerdings auch noch durch eine Reihe von klinisch gut beobachteten Verlaufsfällen geprüft werden muss: das ist das Auftreten frischer Tuberkel bei derartigen Patienten. Sie werden es verstehen, wenn ich über diesen Punkt sehr zurück- haltend spreche, denn wir besitzen überhaupt keinen sicheren Anhaltspunkt, um die Dauer kleiner Tuberkel, — ich spreche hier von den submiliaren Formen, — um das Alter submiliarer Tuberkel mit Sicherheit beurtheilen zu können. Indess, wir sind im Allgemeinen immer ge- neigt, solehe Tuberkel überhaupt als frische Bildungen zu betrachten. Einzelne Beobachtungen über nachträg- liche Eruption soleher Tuberkel im Gefolge von Injection sind schon auf klinischem Wege an der Schleimhaut des Larynx gemacht worden. Ich darf wohl darauf hin- weisen, dass unter den Augen der Beobachter sich da an Stellen, die bis dahin vollkommen frei schienen, plötz- lich kleine Tuberkel zeigten, die schnell neue Gesekwüre erzeugten. Man hat sich, wie ich wenigstens aus den Publieationen ersehe, damit geholfen, dass man ange- nommen hat, diese Tuberkel seien schon vor der Spritzung vorhanden gewesen, man habe sie nur nicht gesehen; sie seien eben dureh das Mittel angegriffen und zur Ver- nichtung gebracht, und so in Geschwüre übergeführt wor- den. Ich kann die Richtigkeit dieser Deutung in den ange- führten Fällen natürlich nicht prüfen; aber ich kann sagen, dass wir beinachträglicher Untersuchung an inneren Theilen, und zwar namentlich an denjenigen, welche ich immer als die zuverlässigsten für die Beobachtung dieser frischen Formen betrachtet habe, nämlich an den serösen Häuten, die Eruption von ganz frischen submiliaren T'uaberkeln unter Umständen gesehen haben, die es kaum wahrscheinlich Nr. 6. dass die Tuberkel älteren Datums waren. Das von der Pleura, von dem Pericardium und von dem Peritoneum. “Die Vermuthung, dass die Tuberkel durch die Einwirkung des Mittels stark an- gegriffen werden würden, dass die Substanz derselben gleichfalls mortifieirt werden würde, hat sich nirgends bestätigt. Alle die submiliaren Tuberkel, von denen ich hier spreche, waren ganz intaet, auch nachdem Spritzungen sehon Wochen vorher gemacht waren. Um so mehr habe ich die Vermuthung, dass die Eruption erst ex post ein- getreten ist. Von den Lungen selbst wissen Sie ja, wie schwierig machen, gilt namentlich es ist, diese feinsten Tuberkelformen in ihrem Inneren | sicher zu constatiren. Ich will daher ‚davon gar nicht sprechen und mich nur auf solche Theile beschränken, wo entweder, wie an der Schleimhaut des Larynx, Miliartuberkel erst nach der Einspritzung hervorgetreten, oder wo nach längerer Spritzung ganz frische und un- versehrte Tuberkel an serösen Häuten gefunden worden sind... So zeigte Virchnw einen Darm vor, an dem in der Nähe von alten Darmgeschwüren sich ganz frische submiliare Eruptionen vorfanden. Wie diese neuen Eruptionen zu erklären sind, Virchow fort, das wird wohl noch vorläufig ein wenig aus- gesetzt werden müssen. Indess möchte ich darauf aufmerk- sam machen, dass, wenn wir annehmen, dass alle Tuberkel durch Baeillen hervorgebracht werden, gerade solche ent- legenen Stellen, wie das Pericardium, eine besondere Auf- merksamkeit verdienen. Noch in einem anderen Falle zeigte das sogenannte Epicardium an einer Stelle, die gar keinen Contact mit einer affieirten Lungenstelle hatte, einen kleinen Herd, wo 4 solcher submiliarer Tuberkel neben fährt einander sassen, inmitten einer starken Hyperämie. Hier lag gar keine andere Möglichkeit vor, als dass die Keime im Wege der Metastase dahin gekommen seien. Wie sollten wir hier nicht an metastatische Processe denken? und die Vermuthung aussprechen, ob nicht in der That Bacillen mobil gemacht worden sind, ob sie nicht auf dem Wege der Ansteekung im Körper sich verbreitet haben? Da, wie Sie wissen, auch Herr Koch die Ba- eillen als genügend widerstandsfähig betrachtet gegen die Einwirkung seines Mittels, — auch wir haben nicht gefunden, dass sie zu Grunde gehen —, so lässt sich ja die Möglichkeit nicht verkennen, dass, wenn an En einer Stelle durch die Emwirkung des Mittels ein Er- weichungsprocess entsteht, der mehr flüssige oder wenig- stens bewegliche Zerfallsproduete schafft, diese Produete auch verschleppt werden und an anderen Stellen neue Herde erzeugen können. Eine solche Betrachtung liegt nicht ganz fern. Daran knüpft sich eine andere. Wenn wir sehen, dass während der Behandlung sich ein ganzer Unterlappen mit Herden käsiger Hepatisation erfüllt, so liegt der Gedanke gewiss nahe, dass Material, welches im Oberlappen frei geworden ist durch einen Zerstörungs- process und das nicht ausgehustet wurde, vielleicht aspirirt wird und eine Art von Schluckpneumonie, hier also eine käsige Schluckpneumonie, erzeugt. Ich halte mich für verpflichtet, diesen Gedanken wenigstens auszusprechen, um daran zugleich die War- nung zu knüpfen, mit noch grösserer Vorsieht zu operiren in Fällen, in denen man nicht ganz sicher ist, dass die Kranken auch die Kraft und die Gewohnheit haben, ihre Erweichungsstoffe vollständig auszuhusten, wo die Mög- lichkeit also nahe liegt, dass Verschleppungen des Ma- terials in andere Theile der Lunge entstehen, die dann wieder neue Herde hervorrufen. Nun gestatten Sie, dass ich noch einen kleinen Punkt berühre: das ist der Zerfall selbst, auf den Herr College Koch als auf das Hauptresultat der Einwirkung Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 57 seines Mittels einen vorzugsweisen Werth legt. Ich kann anerkennen, dass alles, was wir gesehen haben, dafür spricht, dass eine solehe Einwirkung an vielen Stellen zu Stande kommt. Es ist mir bis jetzt jedoch nieht klar geworden, worin es liegt, dass diese mortificirende Ein- wirkung nicht überall eintritt, dass z. B., wie ich schon gesagt habe, gerade die submiliaren Tuberkel an vielen Stellen resistiren. Ich erkenne an, dass manchmal, wie das von einigen der früheren Beobachter beschrieben worden ist, z. B. bei tuberkulöser Pleuritis, die einzelnen Tuberkel, namentlich wenn sie etwas grösser geworden sind, ein ungewöhnlich trübes, gelbliches Aussehen an- nehmen und dann in der That auch mikroskopische Zerfallzustände zeigen. Aber anderemale, auch nach Spritzungen, die bis zum Tage vor dem Tode anhielten, war das gar nicht der Fall. Auch grosse Tuberkel erwiesen sich als sehr re- sistent. Wir haben neulich einen sehr merkwürdigen Fall gehabt, wo bei einem 3jährigen Knaben vorzugs- weise Tuberkulose der Wirbel und der langen Knochen vorhanden war und. wo nachher grosse Tuberkel im Gehirn gefunden wurden. Die Injeetionen hatten im Ganzen 0,012 g betragen. Es war ein Fall von der ehirurgischen Station, in dem Wirbelearies mit Senkungs- abscessen und vielfachen Erkrankungen an den Gelenken und langen Knochen der Unterextremitäten bestand. Bei der Autopsie fand sich, dass der Knabe ungewöhn- lieh zahlreiche sogenannte Solitärtuberkel des Gehirns und des Kleinhirns hatte. Bekanntlich haben diese Tu- berkel ihren Namen davon, dass nur einer da sein soll, der dafür vielleicht wallnussgross ist; diesmal war es aber ein ganzer Haufen, ich glaube 7; sie waren also aber sie gehörten in dieses Ge- biet, es waren ganz grosse Käseklumpen. Weder an ihnen, noch in der Umgebung waren erhebliche Verände- rungen zu sehen. Ich bemerkte im Inneren einige weiche Stellen, aber solehe kommen gelegentlich auch sonst vor, ohne dass irgend etwas Besonderes geschehen ist. Jeden- falls zeigten die Knoten keinen stärkeren Zerfall. Schliesslich will ich Ihre Aufmerksamkeit noch lenken auf die beiden Hauptpunkte, die eigentlich bei allen Er- krankungen an Phthise in Betracht kommen, nämlich auf die Geschwüre der Därme und auf die Gesehwüre in den Respirationsorganen, namentlich m den Lungen. Was den Darm anbetrifft, so kann kein Zw eifel dar- über sein, dass ähnliche mortifieirende Processe, wie sie äusserlieh am Körper bei Lupus u. s. w. beobachtet wer- den, auch an Darmgeschwüren vorkommen; namentlich an älteren Geschwüren, die eine grosse Ausdehnung und dieke Ränder haben, in welehen wieder neue submiliare Eruptionen stattgefunden haben, sehen wir solehe Morti- ficationen in excessivem Masse. Dahin gehört ein vor- liegender Darm aus dem Januar, der von dem Mann mit den frischen Pericardialtuberkeln herstammt. Die morti- fieirende Zerstörung reicht da bis unmittelbar an die Serosa. Wenn der Mann noch ein paar Tage länger am Leben geblieben wäre, würde unzweifelhaft” eine Per- foration eingetreten sein, wie in einem anderen Falle, den, wie ich glaube, Herr B. Fränkel neulich erwähnt hat, und der inzwiseben durch eine solche Perforation zu Grunde gegangen ist. Obgleich ja auch sonst Perforationen und Mortificationen an tuberkulösen Darmgeschwüren vor- kommen, so halte ich mich doch für verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass wir hier schon in dem kleinen Rahmen von zwei Monaten ein paar recht schwere Fälle antreffen, bei denen der Vorgang der Mortifieation sich sehr schnell vollzogen haben muss. Das Nämliche gilt für spirationsorganen, bei eigentlich non solitaria, die Geschwüre in den Re- denen ein sehr schneller Zerfall 58 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. zu Stande kommt und die Grösse der sich ablösenden Massen zuweilen ganz ausser Verhältniss steht zu den Möglichkeiten, die das Individuum hat, dieselben nach aussen herauszubringen. Dadurch werden dann Reten- tions- und Aspirationszustände aller Art herbeigeführt... . Weitere Vorträge, die ‚Virchow in der Berliner medieinischen Gesellschaft gehalten hat, bieten Nach- träge zu dem Obigen, aber im Wesentlichen nichts Neues. Besonders bemerkenswerth erscheint m den Aus- lassungen Virchow’s die Behauptung der Möglichkeit der Entstehung einer Miliartuberkulose, also einer Tuberkulose des ganzen Körpers, nach Injeetionen mit der Koch’schen Flüssigkeit. Auch andere gewiehtige Stimmen mahnen zu grosser Vorsicht bei der therapeutischen Anwendung des Mittels. Wir führen diesbezüglich nur C. A. Ewald, den Direetor des Augusta - Hospitals zu Berlin, an, der in einem in No. 4 der „Berliner klinischen Wochenschrift“ ab- gedruckten Vortrag vom 21. Januar 1891 in der Berliner medieinischen Gesellschaft seine Erfahrungen an 114 Fällen besprochen hat. Er sagt als Resultat dieser Er- fahrungen, dass er bis jetzt keinen Fall gesehen habe, von dem er sagen könne, er wäre geheilt. Ja er macht Koch’s Veröffentlichungen auf mich gemacht haben, jetzt zurückzukommen und überzugehen in das Lager des Pessimismus, der sich bei Aerzten wie bei Laien — bei letzteren allerdings oft genug durch falsch verstandene Publieationen . hervorgerufen — geltend macht. Freilich habe ich weder im Anfange noch jetzt ausser Acht ge- lassen, was Koch selbst über sein neues Mittel gesagt hat. Denn das ist doch wohl das erste, was ein Autor beanspruchen darf. Und da möchte ich doch an alle, besonders aber, wenn sie aus ihren kasuistischen Er- fahrungen ein allgemeines Urtheil sich zu bilden ver- suchen, die Bitte richten, noch einmal die Koch’sche Mittheilung selbst zu studiren: „Beginnende Phthisis ist durch das Mittel sicher zu heilen“ — „theilweise mag dies auch noch für die nicht zu weit vorgeschrittenen Fälle gelten.“ — „Der Schwerpunkt des neuen Heilver- fahrens liegt, wie gesagt, in der möglichst frühzeitigen Anwendung.“ — „Das Anfangsstadium der Phthise soll das eigentliche Objeet der Behandlung sein“ — so heisst es an den verschiedensten Stellen der Mittheilungen.“ Bezüglich der Obductionsbefunde Virchow’s meint Neisser, dass, so bedeutsam sie auch immer sein mögen, was die Bereicherung des pathologisch-anatomi- Fig. I. Sputum vor der Injection. Sehr stark vergrössert. sogar auf bekannt gewordene ungünstige Ergebnisse sogar mit tödtlichem Ausgange besonders aufmerksam. Die ebenfalls in der genannten Nummer der „Berliner klinischen Wochenschrift“ von Dr. Vietor Liebman in Triest gebrachte Mittheilung, wonach er während resp. unmittelbar nach der Einspritzung mit Koch’sceher Flüssig- keit Tuberkelbaeillen im Blut gefunden haben will, hat im Augusta - Hospital und im Moabiter Krankenhause Nachuntersuchungen mit negativem Erfolge erfahren. Prof. P. Fürbringer vom allgem. städt. Kranken- hause Friedrichshain in Berlin sprach in Uebereinstimmung mit vielen anderen in der letzten Sitzung der Berl. med. Gesellschaft im Gegensatze zu Ewald u. a. von durchaus günstigen therapeutischen Ergebnissen, die er bei tuber- kulösen Lungenkranken erzielt habe. Beachtenswerth ist ferner ein in der vorletzten Num- mer der Deutschen medieinischen Wochenschrift veröffent- liehter Artikel des Prof. Albert Neisser in Breslau. Seine Beobaehtungen gründen sich auf Schleimhautlupus. Er sagt: „Mir liegt am Herzen, mich darüber auszusprechen, was man aus diesen am Schleimhautlupus gewonnenen Beobachtungen für Schlüsse auf das Koch’sche Verfahren im. Allgemeinen ziehen kann, und ich stehe nicht an, ganz rund heraus zu erklären, dass ich nach dem, was ich bisher an eigenem Krankenmaterial gesehen habe, und was an litterarisehem Material anderer Beobachter vorliegt, nach keiner Richtung hin einen Grund sehe, von dem ersten grossen entlwsiastischen Eindrucke, den Fig. 2. Sputum nach der Injection. Sehr stark vergrössert. schen Wissens angehe, so müsse man sich doch gegen- wärtig halten, dass sie über den Heilwerth des Koch- schen Mittels nichts besagen; in derlei Fällen, wie sie zur Section gekommen, seien die Koch’schen Einspritzun- gen gar nicht in der Erwartung, Heilung zu erzielen, ge- macht worden, sondern nur, um dem Willen des Patienten zu willfahren, dem man nicht die letzte Hoffnung hatte nehmen wollen. Ausbrüche von neuen Tuberkeln, wie sie im Ver- laufe der Koch’sehen Cur beobachtet wurden, sind auch bei Anwendung von Pyrogallussalbe bekannt. Neisser meint, dass es sich hierbei nur um Sichtbarwerden bis- her verborgener Herde und nicht um Propagation und Entwiekelung neuer Herde handle. Wir wollen es bei dem obigen Für und Wider he- wenden lassen: der Leser dürfte daraus den Stand der Sache zur Genüge ersehen. Wir kommen auf dieselbe erst dann wieder zurück, wenn eine Klärung erfolgt sein wird. Zum Schluss etwas Näheres über den Einfluss der Impfungen mit Koch’scher Flüssigkeit auf die Tuberkel- bacillen im Sputum,*) worüber wir schon einige Worte unter d auf S. 47 in dem in voriger Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ veröffentlichten Referat des Guttmann’schen Vortrages finden. Der Umstand, dass bei Phthisis das Koch’sche Mittel bald mit, bald ohne Erfolg angewendet worden ist, lässt *) Wir halten uns im Folgenden an ein in der „Pharma- ceutischen Zeitung“, Berlin, Nr. 6 (vom 21.1. 1891) gegebenes Re- ferat. Nr. 6. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 59 den Beobachtungen über die Einwirkung des Mittels auf die Baeillen des phthisischen Sputums bezw. deren Ver- änderungen durch dasselbe erhöhte Bedeutung beimessen. Schon in dem am 17. November 1890 im Verein für innere Mediein. von Herrn Geheimrathi Dr. Fraentzel gehaltenen Vortrage hob derselbe hervor, dass durch das Mittel die Tuberkelbaeillen selbst nieht zum Absterben gebraeht werden, sich jedoch vermindern, oder zuweilen sogar ganz verschwinden. Etwas ausführlicher spricht sich hierüber ein Bericht aus dem bakteriologischen La- boratorium in Davos von J. Amann aus („ÜUentralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde* 1891, Seite 1). Amann fand im Gegensatz zu Fraentzel mit Ausnahme von 4 Fällen eine Zunahme der Tuberkelbaecillen im Sputum und bei 17 Patienten wurde der vorher baeillenfreie Aus- wurf nach Anwendung des Koch’schen Mittels erst bacillen- haltig. Die oft beträchtliche Zunahme der Bacillenzahl im Sputum nach der Impfung hat Amann bei ca. 70 pCt. (154) Geimpften beobachtet. Eine darauf folgende Ab- nahme konnte er jedoch bisher nur in 2 Fällen eonstatiren, hält es jedoch selbst für zweifellos, dass der Zunahme eme Abnahme in kürzerem oder längerem Zeitabstande folgen müsse. Die Baeillen selbst zeigen, wie Fraentzel und Amann übereinstimmend constatiren, — wie also schon an der angeführten Stelle der „Naturw. Wochenscehr.“ mitge- theilt worden ist — nach Anwendung des Koch- schen Mittels gegenüber der Form der normalen Tuberkelbacillen deutlich nachweisbare Veränderungen (vergl. Fig. 1 und 2)*), so dass sich im Allgemeinen vier verschiedene Formveränderungen nachweisen lassen. Die meisten der Baeillen sind nach Fraentzel nach der In- Jeetion.um die Hälfte oder mehr kleiner. Ein Theil der- selben zeigt eine leichte Anschwellung an beiden Enden, ein Theil ist in der Mitte durchgebrochen, ein Theil besteht nur noch aus perlschnurartigen Bröckeln, welche letztere Form sieh nur bei lange Zeit bestehender Phthisis findet. Auch Amann beobachtete den Zerfall der Stäbchen in mikrokokkenförmige Stücke oder ganz kurze punkt- förmige Bacillen, welche formlose Häufehen bilden. *) Die Figuren sind den „Therapeutischen Monatsheften“ entlehnt. Endlich hat Amann die merkwürdige Thatsache fest- gestellt, dass durch die Behandlung mit dem Koch’schen Mittel die speeifische Widerstandsfähigkeit der gefärbten Tuberkelbaeillen gegen entfärbende Reagentien in einigen Fällen entschieden abgeschwächt werde und äussert sicli darüber folgendermassen: „Bisher habe ich mich zur Entfärbung der Präparate einer 20 proe. Schwefelsäure mit bestem Erfolge bedient. (Die mit Schwefelsäure entfärbten Präparate sind weit dauerhafter als diejenigen, welche mit Salpetersäure be- handelt worden sind.) Nun ist es mir in letzter Zeit bei der Untersuchung der Sputa von geimpften Patienten mehrfach passirt, dass trotz einer sehr vorsichtigen Be- handlung mit diesem Entfärbungsmittel (so dass z. B. die Kerne der Pflasterepithelien sämmtlich noch stark gefärbt erschienen), die Tuberkelbaeillen nur noch eine sehr schwache röthliche Färbung behalten hatten, so dass es bei etwas kräftiger Grundfärbung mittelst Malachitgrün oder Methyl enblau vieler Aufmerksamkeit bedurfte, "die: selben zu unterscheiden. Durch die „Umfär bungsmethode* gelang es mir, in einem Falle zahlreiche Tuberkelbaeillen in «einer Hälfte eines Präparates nachzuweisen, während die andere Hälfte desselben Präparates, welche mit H,SO, entfärbt worden war, gar keine Bacillen zeigte. Der Einwand, dass es eben möglich ist, dass die eine Hälfte eines Präparates zahlreiche Bacillen, die andere Hälfte aber gar keine enthält, trifft hier nieht zu. Seit etwa 3 Jahren präparire ich das Sputum nicht mehr auf Deckgläschen, weil bei dem üblichen „Herauszupfen eines Minimalpartikelehens“ der Zufall eine Hauptrolle spielen kann. Ich zerreibe die sämmtlichen verdächtig aus- sehenden (vorzüglich die eiterigen) Theile des Sputums zwischen zwei mattgeschliffenen Glasplatten, bis die Masse vollkommen homogen erscheint; damit werden mehrere (in der Regel 3) Objeetträger englischen Formats mög- liehst eleichmässig besehiekt und im Luftbade bei 60° ©. getrocknet. Das Fixiren auf freier Flamme ist nach dieser Methode überflüssig. Uebrigens will ich hier be- merken, dass es die langen und dünnen (alten ?) Bacillen sind (welehe für alte tuberkulöse Processe in der Lunge geradezu charakteristisch sind), die am leichtesten entfärbt werden.“ Ueber „Assimilation von Stickstoff aus der Luft durch Robinia Pseudacacia“ sprach vor einiger Zeit in der Deutschen Botanischen Gesellschaft Herr Professor Dr. B. Frank. Der Inhalt der Ausführungen des Redners war kurz folgender: Nachdem von einigen krautartigen Papilionaceen experimentell bewiesen worden ist, dass sie die Fähig- keit haben, atmosphärischen Stiekstoff zu assimiliren, und es immer wahrscheinlicher geworden, dass in dieser ganzen Pflanzenfamilie jene Fähigkeit besonders hoch entwickelt ist, so lag es nahe, auch einen Vertreter der Holzpflanzen daraufhin zu untersuchen. Nach neueren Forschungen *) ist die ausserordentlich energische Stickstoffassimilation bei den Lupinen, bei der Erbse und einigen anderen bis jetzt geprüften landwirth- schaftlichen Culturpflanzen die Folge einer Symbiose mit einem Spaltpilze, welche sich äusserlich in dem Auftreten der bekannten Wurzelknöllchen zu erkennen giebt, und welche diese Pflanzen befähigt, sogar von der ersten Entwieklung an, ihren sämmtlichen Stickstoffbedarf aus der Luft zu entnehmen, also auf völlig stickstofffreiem *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ 1890: Ki B. Frank: die Pilzsymbiose der Leguminosen“. „Ueber Boden zu wachsen und dennoch eine normale Stickstoff- production zu liefern. Diese erwähnte Pilzsymbiose ist nun thatsächlich über die ganze Familie der Papilionaceen verbreitet, es war somit sehr wahrscheinlich, dass auch ein Vertreter von den Holzpflanzen dieser Familie, die Akazie, Robinia Pseudaeaeia, welche an ihren natürlichen Standorten auf leichtem stiekstoffarmen Boden gedeiht, die vorgenannten Eigenschaften zeigen würde. Es wurden zu diesem Zweeke mit der Robinia eben- solche Versuche angestellt, wie früher mit den Lupinen und Erbsen*), auf deren eingehende Beschreibung jedoch einzugehen, hier zu weit führen würde. Die nach Beendigung der Versuchsdauer, welche eireca 125 Tage, vom 1. Mai bis 10. September, währte, aus Samen gezogenen und auf völlig stiekstofffreiem Boden zur normalen Entwieklung gelangten Pflanzen, denen nach Anordnung der Versuche auch sonst keine weitere Stiekstoffquelle als die Luft zur Verfügung gestanden hatte, ergaben bei der chemischen Analyse mit Wurzeln und Knöllehen 4,411 g Trockensubstanz und in dieser *) Vergl. „Ueber die Pilzsymbiose der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 486 ft. Leguminosen“, 60 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. befanden sich 0,092 g Stiekstoff. Eingeführt waren in den Versuch vorher durch 4 Samen 0,0024 g Stickstoff. Es ergiebt sich hieraus, dass die Robinia in dem vollständig stiekstofffreien Boden schon im ersten Sommer ihren aus Samen stammenden Stickstoff in Folge ihrer Vegetation um mehr als das 38-fache vermehrt hatte, und dieser Stiekstoff konnte aus keiner anderen Quelle als aus der Luft genommen sein. Die Robinia ist also eine Holzpflanze, welche bei der ersten Emährnng der Keimpflanze ihren stoffbedarf einzig und allen aus der Luft decken kann, für deren organische Produetion also lediglich, atmo- sphärische Luft mit ihrer Kohlensäure, ihrem Stickstoff und Wasser genügen, und welehe aus dem Erdboden nur die mineralischen Nährstoffe, wie Kalk, Magnesia, Kali, Phosphate und Schwefelsäure, beanspruchen. Dieser Baum spielt also für die Forsteultur dieselbe Rolle, wie z. B. die Lupine für den Ackerbau; er lässt sich auf ganz leiehtem stiekstoffarmen Sandboden eultiviren, was ja in der Forstwirthschaft längst anerkannt ist und wo- für hier die wissenschaftliche Begründung gegeben ist. Dr. R. Otto. ‚gleich Stiek- Ueber „Pflanzenblutkohle“, ein neues Reinigungs- mittel, welches dazu berufen sein dürfte, die vielfach in chemischen Laboratorien u. dergl. zum Filtriren und Klären von Flüssigkeiten in Gebrauch befindliche thierische Blut- und Knochenkohle vollkommen zu verdrängen, be- richtet W. Müller („Apotheker-Zeitung“ 1890, 5. 714.). — Der bisherigen allgemeineren Verbreitung der thierischen Blutkohle zu Filtrations- und Klärungszwecken im Kleinen, ist nach Verfasser einerseits der Umstand hinderlich, dass dieselbe nicht in gleicher Qualität zu jeder Operation zu verwenden ist, andererseits hält der enorm hohe Preis eines wirklich reinen Präparates die meisten von dem Gebrauche derselben ab. Ebenso stehen alle die mannig- faltigen Bemühungen, ein leichteres Filtriren und Klären von Flüssigkeiten durch allerhand andere Zusätze zu er- möglichen, ferner die Anwendung von Glas-, Sand- und Fliesspapierfiltern, welche bisher nicht immer zu einem befriedigenden Resultat geführt haben, weit zurück hinter dem Erfolge, den man bei richtiger Anwendung von Pflanzenblutkohle erhält. Dieselbe, der thierischen Blutkohle vollkommen gleichwerthig, wird erhalten durch vorsichtige Caleination alkalischer Laugen, wie sie beim Behandeln von Holz und ähnlichen Stoffen in der Wärme unter hohem Druck mit stark alkalischen Flüssigkeiten entstehen. Die Säfte (das Blut) der Pflanze gehen hierbei in Lösung — die Cellulose ist widerstandsfähig und bleibt unangegriffen — und man erhält aus diesem alkalischen Extracte ein ganz äquivalentes Produet wie durch Verkohlen von Blut mit Pottasche. Die ausserordentlich absorbirenden Eigenschaften dieser Kohle wurden seiner Zeit von Dr. P. Degener entdeckt, welcher nach langwierigen Versuchen auch eine Reinigungsmethode des Rohmaterials ausfindig machte, die demselben die grösste Wirksamkeit giebt. Der zehn- fach billigere Preis der Pflanzenblutkohle, welche voll- kommen gleichwerthig ist der besten animalischen Blut- kohle, ermöglicht es daher jetzt umfangreichere Arbeiten in Laboratorien damit vorzunehmen. Eine bereits längere Zeit im Gebrauche befindliche Pflanzenblutkohle soll nach dem Verfasser keineswegs an Wirksamkeit verlieren, vielmehr soll dieselbe durch Be- handeln mit reimer Salzsäure, Glühen und nachheriges tüchtiges Auswaschen vollkommen regenerirt werden. Doch muss bei der zu klärenden Flüssigkeit eine al- kalische Reaction, die mehr als 0,04 & Kalk in 100 g Flüssigkeit entspricht, vermieden werden, wogegen eine saure Reaction der Klärung niemals im Wege steht. Ein Zusatz von 0,5 bis 1 g dieser Kohle auf 11 macht nach den Versuchen des Verfassers jedes Wasser, welches vielleicht durch modrigen Geruch, zu grossen Gehalt an organischen Stoffen ete. sich nicht zu einer Destillation eignet, zu derselben tauglich; jeder muffige Geruch verschwindet und man erhält ein vollkommen klares, geruch- und geschmackloses Destillat. Verfasser führt im weiteren Verlaufe seiner Mit- theilung viele schöne Versuche hinsichtlich der Leistungs- fähigkeit der Blutkohle für Filtrations- und Klärungs- zwecke an, bezüglich deren wir jedoch auf das Original verweisen. Dr. R. Otto. Die deutsche Interessensphäre in Südwestafrika. — Im 4. Bande der „Fernschau“ veröffentlicht Dr. Hans Schinz in Zürich eine interessante Schilderung der deutschen Interessensphäre in Südwest-Afrika, der wir den nachstehenden Auszug entnehmen. Von Angra Pequena aus steigt das Land erst sanft, später rasch und steil an, um sich, nachdem die höchste Plateauerhebung erreicht ist, mit schwacher Neigung gen Osten wieder zu senken. Bei näherer Betrachtung lassen sich im Wesentlichen 3 Terrainformationen unterscheiden, 1. die Formation der Granit- und Gneismassive, 2. die der Sandsteinplateaus, 3. die der Kalahari Depression. Die Granit- oder Gmeisformation bildet ein zusammen- hängendes, die deutsche Interessensphäre gegen den Atlantischen Ocean abgrenzendes Gebirgsland. Zunächst der Küste wird dasselbe von Flugsand überlagert, aus dem die höchsten Gipfel gleich Inseln hervorragen. Die Höhe der durch und durch aus lockerem Sande auf- gebauten Dünen kann 30 m betragen. Dieselben werden oft in überraschend kurzer Zeit ab- und an einer anderen Stelle wieder aufgebaut. Ein kleiner unscheinbarer Busch kann die Veranlassung zur Bildung eines hohen Sandberges geben; wo der Reisende vor 2 oder 3 Tagen passirt ist, da verwehrt ihm heute ein gewaltiger Sand- hügel, der sich quer über die alte Spur hinzieht, die Weiterfahrt. Die Formation der Tafelberge, welche sich den aus Urgesteinen aufgebauten Gebirgen ostwärts anlehnt, kommt zu einer grösseren Geltung nur in Gross - Nama- land. Ihr Charakter wird durch die sogenannten Tafel- berge bestimmt, welche die Form abgestumpfter Kegel oder Prismen haben und nichts anderes sind als das durch Erosion herausmodellirte Gerippe eines grossen ehe- mals zusammenhängenden Hochplateaus sedimentären Ursprungs. Die mittlere Höhe desselben wird ungefähr 1450 m betragen. Die als Kalahari-Depression bezeichnete 3. Formation begreift das ganze übrige Gebiet der südwestafrikanischen Interessensphäre: die eigentliche Kalahari und ihre nordwestlichen Ausläufer, das sogenannte Amboland. Es ist dies das trocken gelegte und mit Sand überdeckte Beeken eines Systems ehemals ausgedehnter Binnenseen, als deren Ueberreste wir den Ngami und die zahlreichen der gänzliehen Austrocknung nicht mehr ferne stehenden Salzpfannen zu betrachten haben. Die Oberfläche dieser letzteren, die sämmtlich in Riehtung West-Ost längs ge- zogen sind, ist zur trockenen Zeit mit einer Efflorescenz- schicht von salpetersaurem Caleium bedeckt, die in einigen Gebieten von den Eingeborenen technisch aus- gebeutet wird. Das Becken des Ngami scheint der tiefste Punkt der ganzen Depression zu sein. Hinsichtlieh der klimatischen Verhältnisse lassen sich 2 Zonen unterseheiden, die der Küste und die des Hinter- landes. Der Hauptcharakter des Küstenklimas liegt in Nr._6. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 61 der verhältnissmässig niederen Temperatur, den zahl- | Blüthen an. — Für die Dünenzone ist Eetadium virgatum reichen, namentlich Nachts auftretenden Nebeln und der geringen Regenmenge; das Klima des Hinterlandes ist durch seine extremen Temperaturen ausgezeichnet. Zur Trockenzeit sinkt das Thermometer Nachts sowohl im Gross-Namaland als im mittleren Hereroland während einiger Tage im Mai und Juni, oft auch noch im Juli bis auf 7° unter Null, während Mittags nicht selten eine Temperatur von 40° beobachtet wird. Die einzigen auch zur Winterszeit fliessendes Wasser führenden Flussbetten sind der Oranje-, der Kunene- und der Okavango - Strom. Die beiden ersteren begrenzen das Schutzgebiet im Süden und Norden, keiner derselben ist schiffbar; der in den Ngami-See mündende Okavango ist stark versumpft. Der Ngami - See ist die einzige umfangreichere das ganze Jahr durch nie austrocknende Wasserfläche der deutschen Interessensphäre. Seine Oberfläche soll un- gefähr 14 deutsche DMeilen betragen, also 3'/,; Meilen grösser sein als die des Boden-Sees. Als durehschnitt- liche Tiefe fand Chapman bloss 3,5 m. Zur Zeit des niederen Wasserstandes ist das Wasser schwach salzig. Gross ist die Zahl der Omiramba genannten perio- dischen Flüsse. Dieselben bilden indessen selbst zur Regenzeit keinen ununterbrochenen Wasserfaden, sondern gewöhnlich fliesst das Wasser nur in einem Theile seines Bettes und nur so lange, als in dem Gebiet oder ober- halb desselben die Gewitterregen andauern. Das Wasser der grösseren Omirambos des Hererolandes erreicht durch- schnittlich alle 10 Jahr einmal das Meer. Von den Omirambo sind die „Vey’s“ durch einen mehr beekenartigen Charakter verschieden. Beide sind ein Produet des Regens und des Windes, eine unbedeu- tende Bodensenkung giebt Veranlassung zur Wasser- ansammlung; nach einer ausgiebigen Regenzeit findet man noch zu Ende des Winters in manchen der Vey’s genügend Wasser, um 100 Rinder zu tränken. Wirkliehe Quellen sind nur im Norden des Herero- landes von einiger Häufigkeit, wichtiger als diese sind jene zahlreichen Stellen, an welchen das Grundwasser offen zu Tage tritt, sei es ohne Zuthun des Menschen, sei es durch Brunnengrabungen. An manchen Orten ge- nügt es, die Kalkdecke zu durchschlagen, um schon bei 1 m Tiefe auf einen beinahe unerschöpflichen Wasser- vorrath zu stossen, während es anderswo viele Meter tiefer Brunnen bedarf. In der Kalahari liegt der Grund- wasserstand oft so tief, dass der Buschmann davon ab- stehen muss, sich einen Brunnen zu graben, und sich begnügt, mittels eines Gras- oder Schilfhalmes das im Sande kapillarisch emporsteigende Wasser einzusaugen, eine Operation, welche der Geduld und Zeitverachtung eines Buschmanns bedarf. Das Pflanzenkleid des südwest-afrikanischen Schutz- gebietes zeigt eine strenge Abhängigkeit von den klima- tischen Verhältnissen, selbst dem Nichtbotaniker muss die Verschiedenheit der Litoral- und Binnenlandvegetation auffallen. Die des Grundwassers entbehrende Küste von Gross - Namaland trägt eme sehr dürftige arten- und individuenarme Pflanzendecke; nur wenige Gewächse erreichen Meterhöhe, wie Salsola Zeyheri, ein sparriger Busch, dessen knorrige Wurzeln das Brennmaterial für die Faetoreiküche von Angra Pequena bilden, die kleinen Sträucher und Halbsträucher begnügen sich meist mit der Hälfte dieser Höhe, die krautartigen Pflänzchen legen sich platt dem Boden an, Bäume fehlen. Eine Eigenthümlichkeit der Strandvegetation ist der Mangel an einjährigen Gewächsen und die das ganze Jahr hin- durch ununterbrochene Vegetationsfrische; die Mehrzahl der Litoralpflanzen setzen alle 12 Monate hindurch & charakteristisch, ein düsterer Strauch mit ruthenförmigen Zweigen und gelbgrünen, lederdicken Blättern. Ihm kann der Wind mit seiner Zerstörungswuth nichts anthun; willig beugt er sein Haupt, wenn der Orkan dahin braust, aber schon im nächsten Augenblick erheben sich die dünnen biegsamen Zweige auf’s neue, ohne Schaden genommen zu haben. Der Uebergang von der Litoralvegetation zu jener des Binnenlandes wird durch die Zone des Melkbosches (einer Euphorbia aus der Seet. Arthrothamnus) vermittelt. Gleich Heuschobern auf einer ungeheuren Wiese stehen diese dunkelgrauen, 11/,—2!/; m hohen Büsche, welche umgekehrt in den Boden gesteckten Besen nicht unähn- lich sehen, auf der weissen, sandigen Fläche zerstreut. Ein nie fehlender Begleiter ist die schmarotzende Hyd- nora africana. — An der Grenze zwischen Euphorbien- und Binnenlandvegetation tritt endlich der erste Baum auf, die eigenartige Aloe diehotoma. Eine glatte gelbe Rinde, die sich in langen und breiten papierdünnen Streifen abziehen lässt und aloeartige Blätter, die gleich Rosetten am Ende der wurstartigen Aeste angeordnet sind, kennzeichnen diese seltsame Pflanze. Bald werden die Bäume häufiger; ausgedehnte Gras- fluren stehen auf, deren saftiges Grün im Frühjahr von zahlreichen farbigen Blüthen untermischt ist, während im Herbst, wenn der Wind über die silberglänzenden langen Federsehweife der Aristida fährt, die wogende Fläche wie eitel Silber erscheint. Wenden wir uns von Süden nach Norden, so sehen wir bei Rehoboth die ersten Galeriewälder auftreten; das Ufer der Flüsse begleitet ausnahmslos ein schmaler Gürtel dieht zusammengedrängter Büsche, vorzugsweise Akazienarten. Die Anzahl sämmtlicher Akazien-Arten der ganzen Interessensphäre beträgt nahezu 30. Die Pflanzendecke der Küstenregion des Hererolandes trägt wegen des hier vorhandenen Grundwassers einen etwas anderen Charakter, als die des litoralen Gross- Namalandes. Zwei Gewächse fesseln unsere besondere Aufmerksamkeit, die bekannte Welwitschia mirabilis und die nicht minder interessante zu den Cueurbitaceen ge- hörige Naras (Acanthosieyos horrida), deren über 1 kg schwere Früchte die Hauptnahrung der um Walfischbai und Sandwichhafen hausenden Toppnaer-Nation bilden. Wendet man sich von Hereroland nach der Kalahari- Depression, so gelangt man zunächst in die baumlose Steppe des Etosa-Beckens, in deren vorzugsweise aus Aristida-Arten gebildeten Grasmeer die grauen Salsola- Sträucher verschwinden. Bei Okaloko, ungefähr 18° süd- licher Breite, wird die Südgrenze der Hyphaena ventri- cosa erreicht, die von nun ab nordwärts recht häufig wird, aber niemals im geschlossenen Walde, sondern nur in Liehtungen vorkommt. Ausserhalb des Ambo-Landes trifft man die Hyphaena in grösseren Beständen erst wieder am Ngami-See, wo sich ihr eine Fiederpalme, die Phoenix spinosa, hinzugesell. — Noch mehr als die Hyphaena macht der Baobab, der nicht unter dem Schutz der Menschen steht, den Eindruck eines Fremdlings. — Je näher wir dem Kunene rücken, desto kraftstrotzender wird die Vegetation. Es erscheint wieder die knorrige Giraffenakazie und im Verein mit ihr die Stereulia tomen- tosa und eine. himmelanstrebende Cassia, deren Krone in gewaltiger Höhe über dem Walde einen zweiten Wald zu bilden scheint. Armsdieke Lianen, Strophantus- und Fockea-Arten schlingen sich von Baum zu Baum, die Aeste mit Guirlanden farbenprächtiger Blumen schmückend. Den Strom rahmt eine Galerie dunkler Eugenien ein. Am Ngami-See treffen und mischen sich die Floren des Herero- und Ambolandes, erstere ist namentlich durch 62 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 6. busehartige Akazienarten, letztere durch die Palme, den Baobab und die Stereulia vertreten. Die Vegetation ist recht dürftig und entspricht in keiner Weise dem Bilde, das man vom Kunene her mit sich gebracht hat. Die eigentliche Kalahari kann in ihrem nördlichen Theile wenigstens als ein gewaltiger, mit Strauchsteppe gemischter Buschwald bezeichnet werden. Bald durch- schreitet man stundenlang dichtes Akaziengebüsch, bald ausgedehnte Grasebenen, in denen die Giraffenakazien, wie in einem Obstgarten durch grosse Abstände getrennt, zerstreut sind. Das Grasfeld ist stellenweise dicht mit der sogenannten Tschama oder Wassermelone (Citrullus vulgaris?) bedeckt, deren bald bittere, bald indifferent .schmeekende Früchte - von den durstigen Ochsen ohne Auswahl verzehrt werden. Die sandigen, dünenartigen Bodenerhebungen der Kalahari tragen dagegen eine besondere Flora. Hier finden sich die strauchartige Bauhinia Urbaniana und die Elephantorhiza Burchelli, Entada arenaria, Termi- nalia sericea u. a. und auf dem Sandrücken zwischen ‘Karakobis und Lewisfontein endlich die beiden statt- lichsten Bäume dieses Gebietes, die Copaifera eoelosperma und Sterocarpus erinaceus. IE Litteratur. Paul Mantegazza, Das heuchlerische Jahrhundert. Aus dem Italienischen von Hulda Meister. Verlag von Hermann Coste- noble in Jena. Ohne Jahreszahl. In anziehender Form wie immer behandelt Mantegazza sein Thema. Man zerstreut sich gern mit dem Büchelchen, dessen Inhalt viel Beherzigenswerthes bietet. Besonders eifert der Auter gegen die Heuchelei, die wir mit unserem Körper mit Unterstützung von Schneider, Schuster, Kosmetik u. s. w. treiben. Als echter Naturforscher vergisst er nicht darauf aufmerksam zu machen, dass die Heuchelei kein Privileg des Menschen ist, sondern auch bei den Thieren vorkommt; auch die Mimiery rechnet Mantegazza zur Heuchelei, da doch durch sie die Thiere Dinge vortäuschen, die sie nicht sind. Wie Nordau’s Buch über die conventionellen Lügen, behandelt auch das vorliegende, aber weit kürzer, die gesellschaftlichen Lügen. Dr. Johannis Leunis’ Analytischer Leitfaden für den ersten wissenschaftlichen Unterricht inder Naturgeschichte. II. Heft: Botanik. Neu bearbeitet von Prof. Dr. A. B. Frank. 10. Aufl. Verlag der Hahn’schen Buchhandlung. Hannover 1890. Die Leunis’sehen Bücher sind gut und alt-bewährt; der vor- liegende Leitfaden ist für den Unterricht an Schulen berechnet und hierzu ausgezeichnet brauchbar. Er steht auf der Höhe der Wissenschaft, wofür der Name des Neubearbeiters bürgt. Den Forderungen der Schule entsprechend ist in dem Leitfaden das Hauptgewicht auf die Formenkenntniss der Pflanzen gelegt, auch soweit, dass er eine Flora entbehrlich macht, da man die wichtigsten Arten nach ihm bestimmen kann. Die von Herrn Prof. Frank neu eingeführten Abbildungen sind tadellos, von den alten Leunis’schen Abbildungen sollten aber wohl einige wenige durch neue ersetzt werden. So sind z. B. die Honigdrüsen der Weidenblüthen in den Figuren 376 a und b so unklar gezeichnet, dass derjenige, der ihre Stellung und ihr Aussehen nicht schon kennt, über dieselben aus den Abbildungen auch nichts lernen kann. In der Leunis’schen Fig. 362 a, die männliche Blüthe der Hasel- nuss darstellend, sind die Staubblätter nicht richtig angeheftet. Die Anforderungen, die man heutzutage an die Abbildungen stellen muss, sind derartige, .dass man alte Figuren — sobald es sieh um mehr als blosse Habitus-Abbildungen handelt — sehr oft nicht wieder verwenden kann. Aber ich weiss am besten, dass die Umstände den Autor oftmals fast zwingen, Concessionen zu machen: ich bitte nicht etwa daraus, dass ich mir gestattet habe, auf obige Uebersehen aufmerksam zu machen, schliessen zu wollen, dass mir nicht auch in meinen eigenen Büchern manche Figuren des Ersatzes würdig scheinen. & Prof. Dr. H. W. Vogel, Handbuch der Photographie. I. Theil. Photochemie und Beschreibung der photographischen Chemi- kalien. Vierte, gänzlich umgearbeitete, verbesserte und ver- mehrte Auflage. Verlag von Robert Oppenheim. Berlin 1590. Von dem bewährten Hanabuch der Photographie von Vogel, des Meisters der genannten Kunst, liest die 4. Auflage des 1. Theiles vor, der — wie im Titel gesagt — im Wesentlichen die Photochemie und die Beschreibung der photographischen Chemikalien enthält. Es sind 12 Jahre seit dem Erscheinen der 3. Auflage vergangen. Was diese Zeit bedeutet, braucht kaum gesagt zu werden: „sie hat eine geradezu phänomenale Um- wälzung‘“ in der Photographie mit sich gebracht, die gleich- zeitig zu einem so ungemein wichtigen und vielbenutzten Hülfs- mittel für viele Fälle der Praxis und der Wissenschaft geworden ist, wie es vor einem Jahrzehnt auch nicht einmal geahnt werden konnte. Es ist daher begreiflich, wenn die vorliegende 4. Auf- lage des Vogel’schen Handbuches so sehr von der dritten ab- weicht und — gemäss den Riesenfortschritten — so vieles mehr bringt, dass man sie als ein neues Werk bezeichnen muss. Das gewaltige Wachsthum des Stoffes bekundet sich in dem vor- liegenden 22 Bogen umfassenden Bande gegenüber den 8'/, Bogen, welche die Psotochemie in der 3. Auflage einnahm. Bemerkenswerth sind die vorzüglichen dem Buche beige- gebenen Proben der neueren photographischen Pressdruckver- fahren. Ausserdem finden sich eine Anzahl Abbildungen zur Erleichterung des Verständnisses. Das Buch trägt den Stempel der Sorgfalt wie alle Arbeiten Vogel's. Dem specieller Theile des Buches gehen drei kurze (S. 1—15) Abschnitte voraus, welche 1. die Geschichte der Photographie, 2. das Studium der Photographie und 3. die Wissenschaft der Photographie zum Gegenstande haben. Die 3 Capitel tragen die Ueberschriften: 1. Physikalische Wirkungen des Lichtes. 2. Photo- chemie oder Lehre von den chemischen Wirkungen des Lichtes. 3. Photographische Chemie oder Beschreibung der photographischen Chemikalien. Andrian, F., Frhr. v., Der Höheneultus asiatischer und europäi- scher Völker. Wien. Avenarius, R., Kritik der reinen Erfahrung. 2. Bd. Leipzig. Bach, C., Versuche über die Widerstandsfähigkeit ebener Platten. Berlin. Bauernfeind, C. M., Ergebnisse aus Beobachtungen der terres- trischen Refraction. München. Baur, L., Elemente der ınathematischen Geographie, zugleich als erläuternder Text für die Wandtafeln der mathematischen Geographie. Ravensberg. — u. W. Böhm, Wandtafeln zur mathematischen Geographie. 3 farbige Tafeln. Ebd. Bernatzik, W., u. A. E. Vogl, Lehrbuch der Arzneimittellehre. Mit gleichmässiger Berücksichtigung der österreichischen und deutschen Pharmacopoe. 2. Aufl. 2. Hälfte. Wien. Betten, R., Unsere Blumen am Fenster. Anweisung zur Zimmer- blumenzucht und Pflege. Frankfurt. Bezolt, W. v., Das königl. preussische meteorologische Institut in Berlin und dessen Observatorium bei Potsdam. Berlin. Biedermann, G., Moral-, Rechts- und Religions- Philosophie. Leipzig. Blind, A., Lehrbuch der Gleichungen des Il. Grades (quadratische Gleichungen mit einer Unbekannten). Stuttgart. Blomeyer, A., Die Cultur der landwirthschaftlichen Nutzpflanzen. 2. (Sehluss-) Bd. Leipzig. Bobek. K. J., Lehrbuch Stuttgart. Bravas, A., Abhandlungen über symmetrische Polyeder. Leipzig. Brehm’s Thierleben. 2. Bd. (Säugethiere — 2. Bd.) Leipzig. der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Büchner, E., Wissenschaftliche Resultate der von N. R Ir x 5 Sri e Przewalski nach Central-Asien unternommenen Reisen. Zoo- logischer Theil. 1. Band Säugethiere. Leipzig. Briefkasten. Herrn Dr. S. — Von Engler - Prantl’s natürlichen Pflanzen- familien (Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig) sind bis jetzt 54 Lieferungen erschienen. Lieferung 54 enthält einen Theil der Bearbeitung der Compositen von O. Hoffmann, eine sehr gewissenhafte Arbeit. Sobald wieder eine „Abtheilung* fertig vorliegt, wird eine Besprechung erfolgen. Inhalt: Friedrich Mann: Das Dulong’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmelehre. — Die Wirkung des Koch’schen Mittels gegen Tuberkulose. (Forts.). (Mit 2 Abbild.) — Assimilation von Stickstoff aus der Luft durch Robinia Pseudacacia. — Ueber Pflanzenblutkohle. — Die deutsche Interessensphäre in Südwestafrika. — Litteratur: Paul Mäntegazza: Das heuch- lerische Jahrhundert. — Dr. Johannis Leunis: Analytischer Leitfaden für den ersten wissenschaftlichen Unterricht in der Naturgeschichte. — Prof. Dr. H. W. Vogel: Handbuch der Photographie. — Liste. — Briefkasten. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni&e Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin. SW. 12. Nr. 6. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XV SROSSCEESS55555555 4 Zerlegbare Blüten- und Frucht-Modelle für den allgemeinen und höheren Unterricht in der Botanik, in sehr vergrössertem Mafsstabe aus Papiermäche ete. und in natürlichem Colorit unter : © EOOOOOEDDDSEOOOODEIDYN sorgsamsı hergestellt, Verlagsanstalt für Lehrmittel von R. Brendel, Ansbacherstr. 56. BERLIN W., * Preisverzeichnisse gratis und franko. SSAUJITEITTERITEITEEITETTEITTTTTTEITESERITTITTTEITEGTETEELTEEITE %) SI BERL wissenschaftlicher Anleitung liefert die UREITEESTTTTLTLITTTETTETTTETEITHETTTIT) Specia Ss Franz Schmidt & Haensch Stallschreiber - "MN Werkstätten für physikalische u. 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Was die naturwissenschaftlich Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der ihre Schopft schmückt. Schwendener, use EINE ns IE , Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntage, den 15. Februar 1891. Nr. 7. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 9%. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— [010] sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 3 extra. bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das Alter der Menschenrassen.*) Von Geheimrath Schaaffhausen. Die von uns auch heute noch unterschiedenen Haupt- | schätzte. Es ist leicht zu zeigen, wie Lyell zu solchen formen der menschlichen Gestalt hat man nicht unriehtig | Zahlen gekommen ist. Mit besseren Gründen können als verschiedene Wurzeln des-einen Stammes der Mensch- | wir für das Alter der Menschheit 10 000—15 000 Jahre heit bezeichnet, den sie alle vereinigt bilden. Der Be- | annehmen, aber auch das bleibt nur eine Schätzung. Als griff der Menschheit umfasst alle Rassen ohne Unterschied. | man die grosse Verbreitung der Gletscher in der Vorzeit Der Ausdruck Rasse befriedigt auch den, welcher | kennen gelernt hatte und eine Eiszeit annahm, im der an eine verschiedene Herkunft der Völker der Erde | auf weite Strecken alles organische Leben zu Grunde denkt. Wenn wir heute darüber ganz sicher sind, dass | ging, glaubte man, dass der Mensch erst nach dieser es eine Einheit des Menschengeschlechtes giebt, so wollen | Eiszeit entstanden sein könne, wogegen freilich Andere wir damit doch nur sagen, dass alle Rassen die gleiche | glaubten, dass gerade die Eiszeit den menschlichen Geist Naturanlage und dieselbe Entwicklungsfähigkeit besitzen. | geweckt und zur Erfindung der Feuerbereitung geführt Damit soll noch nicht gesagt sein, dass sie alle von einem | habe. Der Fund der Stäbe von Wetzikon in der Schweiz Paare und von einem Orte herkommen. hat uns mit dem Gedanken vertraut gemacht, dass der Erst auf einer gewissen Höhe der Cultur erkennt | Mensch während der Eiszeit oder zwischen zwei Perioden der Mensch seine Würde, erst dann glaubt er, dass der | derselben dort schon gelebt habe, vergl. „Archiv für Mensch nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen sei. Der | Anthr.“ VIII, 1575 135. Die Auffindung des Moschus- rohe Wilde hat keine Ahnung von einem solehen Vor- | ochsen zu Moselweis im Jahre 1879 mit Spuren der zuge. Ihm erscheint der Abstand vom Thiere viel ge- | menschlichen Hand bewies, dass der Mensch im Rhein- ringer. Ich führe zum Beweise dessen an, dass die | thal gelebt hat, als hier Polarkälte herrschte. Auch im Neger am Gaboon glauben, der Chimpansi spreche nicht, | südlichen Frankreich fand Christy Reste des Moschus- damit er nicht zur Arbeit angehalten werde. Wir haben | ochsen bei Steingeräthen und gespaltenen Röhrenknochen. aus der ältesten Zeit ein Zeugniss ähnlicher Art. Die | In der Höhle von Thayingen fand man sein in Knochen Karthager, die unter Hanno Afrika umschifften, glaubten | geschnitztes Bild. Dieselbe enthielt Reste vom Rennthier, mit wilden Menschen zu kämpfen, als sie zwei Gorilla- | Mammuth, Alpenhasen, Schneehuhn und Polarfuchs. Die weiber erlegten, deren Häute sie im Tempel der Astarte | Versuche, den Menschen schon in die Tertiärzeit zu zu Karthago aufhingen. setzen, sind nicht ohne Widerspruch geblieben.‘ _ Die Ich will nur flüchtig berühren, wie heute das Ur- | Kieselgeräthe des Herrn Bourgeois, jetzt im ‚Museum theil über das Alter der Menschheit ein anderes geworden | St. Germain, sind zum Theil unzweifelhaft vom Menschen ist. Nach der mosaischen Ueberlieferung nimmt man | verfertigt. Ob aber die Schichten, in denen man sie etwa 6000 Jahre für dasselbe an, wogegen Lyell das | fand, sicher tertiär oder posttertiär sind, ob ihre Lagerung Alter des Menschengeschlechtes auf 1 bis 200 000 Jahre | eine ursprüngliche ist, das ist ‘nicht über alle Zweifel ——— entschieden. Der, Ausspruch des italienischen Forschers *) Vortrag gehalten auf der 21. allgemeinen Versammlung | Capellini, den Menschen in Toscana für tertiär zu halten, der deutschen anthropologischen Gesellschaft in Münster im | weil in den Knochen des Balaenotus, eines tertiäreu Wal- August 1890. Vergl. das Correspondenzblatt der Gesellschaft | »_ f ‚£ Re : : . : s 1590, No. 10. Herr Geheimrath Schaaffhausen hat die Correetur | fisches, scharfe _ Einschnitte sich fanden, , wie vom für die „Naturw. Wochenschr.“ selbst übernommen. Menschen gemacht, auch diese Behauptung hat nicht 64 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. viel förmige Beifall gefunden. Solche scharfe, mondsichel- Schnitte kann man mit Feuersteingeräthen nicht machen. Man hat indessen die Gleichzeitigkeit des Menschen mit verschiedenen Thieren der Vorzeit nach- gewiesen und zum Theil durch Funde sicher gestellt. So hat der Mensch unzweifelhaft mit dem Rennthier gelebt. In Amerika hat man eine Reihe von Funden, die aber nicht genau geprüft sind, zusammengestellt, aus denen geschlossen wird, dass der Mensch mit dem Mastodon zusammengelebt habe, auf dessen Vertilgung auch alte Sagen sich beziehen. Auch haben wir Beweise, dass er in Europa mit dem Mammuth gelebt hat. Ob dies auch im westlichen Deutschland und in Frankreich der Fall war, bleibt zweifelhaft. Die Zeichnung auf der Lartet- schen Platte ist verdächtig. Ich habe darauf aufmerk- sam gemacht, dass der Fund bearbeiteter Mammuth- knochen für diese Annahme nichts beweist, sie können wie das Elfenbein viele Jahrhunderte nach dem Ver- schwinden dieser Thiere im Boden hart geblieben sein. Der Fund zerschlagener Röhrenknochen des Mammuth, die nur im frischen Zustande des Markes wegen ge- spalten wurden, ist allein ein sicherer Beweis. Und solehe Röhrenknochen hat schon Zawisza in den Höhlen von Krakau gefunden. Dieselbe Beobachtung wird uns in letzter Zeit mehrfach aus Mähren berichtet. Ich muss bestätigen, was Herr Hosius in Bezug auf die west- fälischen Höhlen gesagt hat, dass nach meiner Erfahrung von den Funden am Rhein keiner angeführt werden kann, der das Zusammenleben von Mensch und Mammuth beweist. Wohl haben wir in einer Höhle von Steeten an der Lahn eine Waffe aus einem Mammuthknochen gefunden, wie bei Krakau. Man kann es für wahrschein- lich halten, aber es ist nicht sicher, dass eine solehe vom lebenden Thiere herrührt. Die Geschichte der Schöpfung kann in verschiedenen Ländern in ungleicher Weise ab- gelaufen sein. In Ost-Europa kann das Mammuth länger gelebt haben als im Westen des Festlandes. Vor 5000 Jahren mag hier das Mammuth noch gelebt haben, während um 4000 vor Chr. schon die ägyptische Cultur blühte. Auch für den lebenden Elephanten besitzen wir die Nachweise, dass er zu .verschiedenen Zeiten in seinen alten Verbreitungsbezirken zu Grunde gegangen ist. Verh. des naturh. V. Bonn 1889, S. 61. Ich habe wiederholt, wenn ich über Rassen sprach, gesagt: die Rassen sind entstanden durch Klima und Cultur. Es giebt unzweifelhaft höhere und niedere, so- wohl was die Stufe der Gesittung, als was die körper- liche Bildung angeht. Wenn ein Entwicklungsgesetz in der organischen Welt sich vollzogen hat, so werden die niedersten Rassen die ältesten sein und die höheren sich daraus entwickelt haben. Diese Ansicht ist nicht neu, schon Link hat die äthiopische Rasse für die älteste und niederste gehalten. Wir müssen aber heute die Südsee- neger den afrikanischen Aethiopen an die Seite stellen. Dazu kommt die immer häufiger nachgewiesene Ueber- einstimmung von Merkmalen roher lebender und vorge- schichtlieher Rassen. Darin dürfen wir eine Bestätigung dafür finden, dass aus dem fossilen Menschen sich der lebende entwickelt hat. Die berühmte Kinnlade von la Naulette hat ihr Gleichniss in dem kinnlosen Unterkiefer der Wilden von Neu-Guinea; auch dem Schipkakiefer fehlt das Kinn. Der grosse letzte Backzahn der Australier, auf den R. Owen zuerst aufmerksam gemacht hat, be- gegnet uns ebenfalls in der grossen Alveole jenes der Mammuthzeit zugeschriebenen Kiefers von la Naulette. In letzter Zeit hat man einen neuen Beweis für die Annahme beigebracht, dass auch der aufrechte Gang des Menschen sich nur allmählich entwickelt hat. Die Zeug- nisse von Reisenden über den nach vorn gebeugten Gang Nr: der niedersten Rassen sprachen schon deutlich dafür, dass ihr Körper mehr nach vorn überhängt und ihre Beine im Knie nicht ganz gestreckt sind. Durch den Fund der von Fraipont beschriebenen Skelette von Spy in Belgien ist es nachgewiesen, dass im Kniegelenk das Schienbein bei ihnen mit dem Oberschenkelknochen einen Winkel bildete. Eine andere, länger bekannte Eigenthümlichkeit des Schädels niederer Rassen hängt damit zusammen; es ist die schon von Daubenton beobachtete Lage des Hinter- hauptloches mehr nach hinten beim Blick auf die Schädel- basis des Negers. Die stärkeren Leisten für die Muskel- ansätze am Hinterkopfe roher Schädel zeigen, dass der Kopf bei ihnen nicht so im Gleichgewichte auf der Wirbelsäule balaneirt, wie beim vollständig aufreehten Gange der eultivirten Völker. Die Beobachtung von Ecker, dass der Negerschädel eine geringere Krümmung des Wirbelrohres zeigt, in Folge dessen die Ebene des Hinterhauptloches mehr der horizontalen sieh nähert, ist ein anderer Ausdruck für dieselbe Thatsache der weniger entwickelten aufrechten Gestalt. Ebenso wird man die eigenthümliche schmale Form der Tibia niederer Rassen, die cbenso an fossilen Knochen gefunden ist, nur so er- klären können, dass die ebene Fläche an der hinteren Seite des Knochens deshalb fehlt, weil die Waden- muskeln bei den wilden Rassen höher liegen und viel weniger entwickelt sind, als bei uns. Damit hängt es zusammen, dass der Fuss der niederen Rassen nicht bloss zur Stütze des Körpers dient, sondern auch noch als eine Greifhand gebraucht wird, wie es in der voll- kommensten Weise bei den Anthropoiden geschieht. Ich habe bei fossilen menschlichen Funden darauf aufmerk- sam gemacht, dass die Gelenkfläche des Metatarsus der grossen Zehe hier oft eine grössere Aushöhlung hat und nicht wie bei uns, nur flach mit dem ersten Keilbein ver- bunden ist, so dass eine freiere Beweglichkeit der grossen Zehe möglich war. Das Loch im unteren Gelenkstücke des Humerus, welches sich bei den Anthropoiden häufig, beim fossilen Menschen und den rohen Wilden zuweilen findet, und dem Durchtritt eines Blutgefässes dient, schliesst sich beim aufrecht gehenden Menschen wahr- scheinlich in Folge der stärkeren Beugung des Vorder- arms, während derselbe bei den kletternden Affen sich meist in gestreckter Lage befindet. Benützt doch heute der Chirurg die starke Beugung der Gliedmassen, um den Blutumlauf in gewissen Gefässen zu hemmen. Auch für die hellere oder dunklere Farbe der Rassen giebt es eine Erklärung aus der Entwicklungsgeschichte. Die helle Farbe von Haar, Haut und Iris ist nichts Ur- sprüngliehes, denn wir kennen keine wilde Rasse, welche uns diese Eigenschaften zeigt. Ja auch bei den Thieren, die mit uns verglichen werden können, giebt es keine blaue Iris in der freien Natur. Nicht bei den Säuge- thieren, nieht bei den Anthropoiden, nicht bei den Wilden giebt es eine blaue Iris. Bei den Vögeln aber kommt sie vor. Hier ist zu bemerken, dass die Zähmung Ein- fluss auf dieselbe hat, die wilden Gänse haben ein braunes, die zahmen ein blaues Auge. Es ist mehrfach beriehtet worden, dass man bei Hausthieren, zumal Hun- den, eine blaue Iris fand. Einen Hund kenne ich, es ist ein weisser, schwarzgefleekter Teckel in Bonn, der Augen mit einer stahlblauen Iris hat. Ich höre, dass sich in Warendorf bei Münster eine Hündin befindet, die wie ihre Jungen eine stahlblaue Iris besitzt. Wir haben eine Reihe von Angaben alter Schrift- steller über die grosse Rohheit nordeuropäischer Völker, heute sind sie gesittet, also waren sie bildsam. Un- zweifelhaft sind die heutigen Bewohner solcher Gegen- den nieht ganz neue Einwanderer, sondern im Zusammen- Nr. Naturwissenschaftlicehe Wochenschrift. 65 hange mit den Resten der alten Bevölkerung. Heute sind dieselben Menschen gesittet, die früher Kannibalen waren. Die alten Beriehte werden bestätigt durch die rohe Form der Schädel, die wir da finden. Ich kann einen auffälligen Beweis dafür beibringen. Ein dem Neanderthaler ähnlicher Schädel von roher Bildung ist der des Batavus genuinus von der Insel Marken im Zuydersee, den Blumenbach beschrieben hat. Caesar spricht, B. g. IV, 10, von diesen Gegenden der Nord- küste und hebt hervor, dass die Inseln da, wo der Rhein sich theilt, von wilden und barbarischen Völkern be- wohnt seien. Es ist mir erst jüngst eine Urkunde Lud- wigs des Frommen bekannt geworden, in der er den Bischof von Utrecht ermahnt, sich die Bekehrung der Insel Walchern angelegen sein zu lassen, die er eine insula multum infamis nennt, weil dort Mütter und Söhne und Geschwister sich geschlechtlich miteinander ver- mischten, A. Holtzmann, German. Alterth. Leipzig 1873, S. 221. Kann es ein deutlicheres Zeugniss ursprünglicher, thierischer Rohheit geben? Kann es auffallen, wenn wir in solehen Gegenden und in ihrer Nähe die rohesten Schädel finden? Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, dass die niedere Bildung des Menschen in allen Ländern sich in ähnlicher Weise zeigt, daraus müssen wir schliessen, dass, unabhängig vom Klima, der Mangel der Cultur allein dem Menschen einen übereinstimmenden Typus aufprägt, der in dem Fortbestehen solcher Merkmale be- gründet ist, welehe durch den Einfluss der Cultur in gleichem Sinne verändert werden. Ich habe unter den Schädeln, die mit dem Neanderthaler verglichen werden können, solche angegeben, die in den verschiedensten Theilen Europas gefunden sind. Wir können deshalb annehmen, dass die Cultur, da sie in übereinstimmender Weise auf den Menschen wirkt, mit der Zeit die Unter- schiede der Rassen, und selbst diejenigen, welche im Klima begründet sind, mehr und mehr ausgleichen wird, weil die Cultur den Menschen vielfach vor den klima- tischen Einwirkungen schützt. Aber eine gewisse Mannig- faltigkeit wird der Menschheit doch erhalten bleiben, weil durch die Cultur solehe Unterschiede, wie sie durch die gemässigten Breiten oder die Tropenzone veranlasst sind, nicht ganz verwischt werden können. Die mensch- liche Bildung ist, was ihren geistigen Ausdruck angeht, mehr vom Culturgrad abhängig, als vom Klima, dieses aber bringt bei Mensch und Thier unter ähnlichem Himmelsstrich ähnliche Formen hervor. Die Anthropoiden Asiens und Afrikas gleichen einander wie Südseeneger und Afrikaner. Das kohlenstoffhaltige Pigment der dunkeln Rassen wird aber im kälteren Klima weggeathmet. Dass die Rassen, die wir kennen, sehr alt sind, das beweisen uns die ägyptischen Grabmalereien, die in den Werken von Rosselini und Champollion veröffentlicht sind. Da sehen wir in farbiger Darstellung blonde Menschen mit heller Haut und blauen Augen und von grosser Körpergestalt; Neger mit ächt äthbiopischen Zügen und krausem Haar, Juden mit der Habichts- nase, Mongolen, Chinesen mit schief gestelltem Augen- spalt und dem kleinen schwarzen Haarzopf auf dem nackten Scheitel. Diese Bilder rühren aus dem 15. Jahr- hundert vor unserer Zeitrechnung her. Neben rohen Rassen und den typischen Darstellungen überwundener Völker findet man auch regelmässige und edle Züge in dem Bilde der Herrscher, deren schöne Physiognomieen, abgesehen von der der ägyptischen Kunst eigenthüm- lichen Zeichnung des Auges, an das griechische Ideal erinnern, auf dessen Entstehung diese Bilder gewiss nicht ohne Einfluss waren. Es kann uns nieht wundern, wenn wir aus Bildern einer späteren Zeit während der höchsten Blüthe römischer Cultur in Aegypten Menschen erkennen, die so aussehen, als wenn sie unter uns lebten. Die Bildnisse von Fayum tragen das Gepräge einer Geistes- eultur, die man als der unsrigen ebenbürtig betrachten kann. Damals wie heute verschönerte die Cultur, die in den klassischen Werken des Alterthums niedergelegt ist, nicht nur das menschliche Leben, sondern auch die menschlichen Züge. Dem gegenüber beachte man, dass eine Gesichtsbildung, wie die des Neanderthalers, sich in Europa und wahrscheinlich auf der Erde nieht mehr findet. Diesen tiefen Stand der Bildung hat die Menschheit überwunden. Aber er gehört ihrer Geschichte an. Durch nichts wird der Unterschied des Menschen von dem Thiere deutlicher bezeichnet, als durch die Grösse seines Gehirnes. Die Zunahme des menschlichen Schädelvolums durch die Cultur ist durch den Vergleich des vor- geschichtlichen mit dem lebenden Menschen, durch den der rohen Rassen mit den gesitteten, und durch den der Individuen von verschiedenster Geistesbefähigung sicher gestellt. Die neueren Untersuchungen von le Bon, Welcker u. A. lassen darüber keinen Zweifel. Vergleicht man die Mittelzahl der Schädeleapaeitäten wilder Rassen — 1200 mit der gewöhnlichen des Europäers = 1350, so zeigt sich in einer Zunahme von 100—150 eem Hirn- substanz schon der Unterschied von Rohheit und Cultur begründet. Was die Grösse der Schädelvolumina be- deutet, zeigt ein Vergleich des Neanderthalers mit dem Gorilla und mit dem Philosophen Kant. Die Schädel- capacität eines jungen Gorilla zu Bonn ist 455 eem, die des Neanderthalers ist 1099 und die von Kant 1730! = Or Ein Volumen von in würde in Mitte zwischen dem von Kant und dem des Gorilla stehen. Das des Neanderthalers beträgt mehr als das Doppelte von dem des Gorilla, das von Kant mehr als 3, mal das des letzteren und nicht ganz 1”/, mal das des Neanderthalerss. Ausnahmen von der Regel, dass grössere Schädelvolumina eine grössere Begabung vor- aussetzen lassen, erklären sich aus der Thatsache, dass nicht allein die Intelligenz das Schädelvolum vergrössert. In der Liste von Bischoff gehörten die schwersten Ge- hirne gewöhnlichen Menschen an. Doch waren dies die seltensten Ausnahmen. Neben der Grösse des Hirnes ist auch der Windungsreichthum von Bedeutung. Man ver- gleiche das Hirn der Hottentotten - Venus bei Tiedemann oder den Schädelausguss des Neanderthalers mit dem windungsreichen Gehirn des Mathematikers Gauss, welches R. Wagner abgebildet hat. Der Redner legt die Bilder vor. Man hat gesagt, der Mensch habe sich nicht ver- ändert seit der quaternären Zeit. Ich glaube, dass man einem solchen Ausspruch entgegentreten muss. Dass es damals Lang- und Kurzschädel gab wie heute, beweist nicht, dass die Schädel und Gehirne. dieselben waren. Die Zahlen, die wir aus der Länge und Breite des Schädels ableiten, erschöpfen nicht das Wesen desselben. Ein Mensch kann heute leben, der die Länge = 200 und die Breite = 127 des Neanderthaler Schädels hat, aber doch nicht das Hirn desselben, noch die Schädelbildung. Ein Fortschritt der geistigen Bildung des Menschen seit Be- ginn der Quaternärzeit ist unabweisbar und die Organi- sation kann nicht davon getrennt werden. Zwischen jener Zeit und der Gegenwart liegt der ganze Fortschritt der menschlichen Bildung vom Zustande der Wildheit an bis zur höchsten Cultur, und dass ein solcher Fort- schritt geschehen sein könne, ohne eine feinere Ausbildung des Organismus, namentlich des Gehirns, ist undenkbar. Wohl kann man sagen, die allgemeine Form des Menschen, wie das auch für die jetzt lebenden Thiere der 66 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. INT gilt, war im Anfang der Quaternärzeit fertig, der Zu- nahme der Geistesbildung entsprechend muss aber eine weitere Entwicklung der ursprünglichen Organe statt- gefunden haben, die wir auch nachzuweisen im Stande sind, wie in der Zunahme des Schädelvolums, in der Abnahme des Prognathismus, in der Verkürzung der oberen Gliedmassen, in der Vervollkommnung des auf- rechten Ganges und gewiss auch der Sinne, Dass es im Alterthume schon Lang- und Kurzschädel gegeben hat, berechtigt doch nicht zu der Behauptung, der Mensch sei unverändert geblieben, er hat auch immer Augen und Ohren, Hände und Füsse von ähnlicher Grösse gehabt, aber ihre Leistungen sind vollkommnere geworden! Auch das Klima war nicht ohne Einfluss auf die Rassenbildung und auf die Entwicklung der Cultur. An den Polen giebt es keine Neger und unter den Tropen keine blonde Rasse. Das Klima übt seinen Einfluss auf die Ernährung und Beschäftigung des Menschen und deshalb auch auf seine Körperbildung. Der stärkste Beweis für den Einfluss des Klimas auf die Geisteseultur liegt aber in der Thatsache, dass die Geschichte der höchst gebildeten Völker sich weder nahe dem Pole noch in der Tropenzone vollzogen hat, sondern in ge- mässigten Breiten. In warmen Gegenden wird der Mensch entstanden sein, weil wir hier die höchstentwiekelten menschenähnlichen Thiere finden, aber unter gemässigtem Himmelsstriche fand er die günstigsten Bedingungen für seine weitere Vervollkommnung. Den unwirthlichen Norden wird er erst später, der Uebervölkerung und Verfolgung weichend, besiedelt haben. Während Darwin den Fehler seines ersten Werkes, in welchem er den äusseren Natur- einflüssen eine zu geringe Wirksamkeit auf die Abände- rung der Organisation eingeräumt hatte, später einsah, sehen wir in neuester Zeit wieder die Behauptung auf- stellen, dass das Klima keinen Einfluss auf die Rassen- merkmale seit der Diluvialzeit gehabt habe. Die Eiszeit, welche einen grossen Theil Europas betroffen hat, kann auf Ernährung und Lebensweise, also auch auf die Körperbildung des Menschen nieht ohne Wirkung ge- blieben sein, die in der Gegenwart aufgehört hat. Man zeige uns doch die lebenden Menschen mit der Hirn- schale des Neanderthalers und mit dem Unterkiefer von la’ Naulette! Kann die Kälte nicht die hellere Farbe der menschlichen Iris hervorgebracht haben wie die der Haut, da beide in warmen Klimaten immer dunkel sind? Wenn Kollmann auf der Naturforscher - Versammlung in Heidelberg 1889 sagte: „die Typen oder Varietäten Europa’s übertragen ihre Rassenmerkmale auf die Nach- kommen unverändert von äusseren Einflüssen. Seit dem Diluvium sind die Typenreihen constant geblieben in Europa, in Asien, in Amerika und wohl überall. Es giebt keine Erfahrungen, welche zeigen, dass das Klima einen umändernden Einfluss auf die Rasseneigenschaften seit dem Diluvium ausgeübt hätte“, so ist dieser Satz lediglich darauf aufgebaut, dass es in der Vorzeit Lang- und Kurzschädel, Lang- und Kurzgesichter und Mittel- formen gegeben hat wie heute und dass sie auch bei den aussereuropäischen Rassen sich finden. Liegt denn in den Zahlen der Schädelindices das Wesen der Rassen ? Welchen Einfluss veränderte Nahrung und Lebensweise auf die Körperbildung hat, sehen wir an den Verände- rungen, die man bei den Hausthieren sowohl in Folge ihrer Zähmung als ihrer später wieder eintretenden Ver- wilderung beobachtet hat. Es ist deshalb auch falsch, wenn Broca in Bezug auf die Körpergrösse der Rekruten in Frankreich gesagt hat: „keine äusseren Einflüsse können die Verschiedenheiten der Körpergrösse in ein- zelnen Bezirken erklären, sondern lediglich die Ver- schiedenheiten der in Frankreich vorkommenden Rassen“. Die Grösse der Körpergestalt ist freilich gewissen Ge- genden, wie England, seit den Zeiten des Alterthums eigen, sie ist zur Stammeseigenschaft geworden und ver- erbt sich mit grosser Hartnäckigkeit. Ursprünglich wird sie aber gewiss durch gute Ernährung und gemässigtes Klima hervorgebracht sein. Die 3 wohlhabendsten Pro- vinzen Preussens, Sachsen, Rheinland und Westfalen, stellen bei der Aushebung auch die grössten Leute. Dass die Rassen sich allmählich bildeten, konnte man auch bei der Annahme der Abstammung des Menschen von einem Paare sich als eine Folge der Wanderung durch verschiedene Klimate vorstellen und mit Recht wies man auf die Erfahrungen hin, welche die unter neue Naturverhältnisse gebrachten Hausthiere uns vor Augen stellen. Das in den Pampas verwilderte Pferd spanischer Abkunft änderte seine Gestalt und wurde dem wilden und dem fossilen Pferde ähnlich, das Schwein, das über die Welt am meisten verbreitete Culturthier, schlägt in die Form des wilden Ebers zurück, der nach Australien gebrachte Hund wird nackt von Haut. Das Alter der Hausthiere würde uns über das Alter der Rassen belehren können, wenn wir darüber etwas Genaueres wüssten. Ihre Zähmung reicht in die entfernteste Vorzeit zurück. Die Männer der skandina- vischen Steinzeit hatten schon den Hund, wie Steenstrup aus den von ihm benagten Knochen schloss, ehe seine Reste in den Kjökkenmöddinger gefunden waren. Wie die heutigen Lappen ihn nicht entbehren können zum Zusammenhalten ihrer Rennthierheerden, so wird ihn der vorgeschichtliche Rennthierjäger schon in seinen Dienst genommen haben. Zu den ältesten gezähmten Thieren gehört gewiss auch der asiatische Elephant, aber über seine Zähmung ist nichts, nicht einmal eine indische Sage bekannt. Auch ist er in gewissem Sinne nur ein halb- gezähmtes Thier, indem er nur in den seltensten Fällen sich in der Gefangenschaft fortpflauzt. Die vorgeschichtliche Forschung wird auch in Er- wägung ziehen müssen, dass die Besiedelung der Erde von einem oder mehreren Orten aus nur sehr allmäh- lich stattgefunden haben wird. Ein grosses Gebiet nördlich vom Himalaya, welches nur einige elende und verkommene Leptscha - Familien durchstreifen, ist erst durch die Engländer besiedelt worden. Es erscheint seltsam, aber es ist unbestreitbar, sagt ein neuerer Reisender (Köln. Ztg. 5. Aug. 1890, I), dass dieses grosse zwischen China und Indien, zwischen den beiden bevölkertsten Gebieten der Erde gelegene Land während jener Jahrtausende, auf welehe die Culturentwicklung der Menschheit zurückblickt, vollkommen unbesiedelt bleiben konnte, obsehon es an landschaftlicher Schönheit und Vorzüglichkeit des Klimas hinter keinem anderen Punkte unserer Erde zurücksteht. Ausgebreitete Theepflanzungen der Engländer gedeihen hier vortretflich. Vor den Kelten war Europa, wie es scheint, von Lappen bewohnt, die vor der zunehmenden Wärme mit dem Rennthier nach Norden zogen. Davor wird Europa unbewohnt oder doch nur schwach bevölkert gewesen sein. Wie selten sind die Reste des paläolithischen Menschen! Unter den zu- sammengeschwemmten oder, wieNehring glaubt, auch durch Schneestürme der Vorzeit in Menge getödteten quaternären Thieren fehlt fast immer die Spur des Menschen. Wenn wir uns fragen, wie Europa zur Rennthierzeit ausgesehen haben mag, so können wir annehmen, dass es theils mit Steppen, theils mit Wäldern und Sümpfen bedeckt war. Soll hier eine Urbevölkerung gewohnt haben? Da steht der Neanderthaler-Mann vor uns mit einer Schädelbildung, die nichts vom Kelten oder vom Lappen an sich trägt. Gehört er einer älteren Vorzeit an und hat er sich aus ‚der Terüärzeit herübergerettet, während die eintretende Nr. 7. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 67 Er Te FT Te ee ee Kälte die anderen hochentwickelten Thiere vernichtet hat, wie den Dryopitheeus in Frankreich und den Hylo- bates Fontani Owen ım Rheinland, der ein menschen- ähnlicher, dem Gibbon verwandter Affe war? Er steht höher als der heutige Gibbon und nähert sich dem Chim- pansi. Diese Anthropoiden sind vor der quarternären Zeit schon ausgestorben und eine weitere Entwicklung derselben ist nieht nachweisbar. Oder ist es wahrschein- lieher, dass der Neanderthaler seine Vorfahren im Lande gehabt hat, als dass er eingewandert wäre? Woher sollte er gekommen sein? Seine Schädelbildung spricht dafür, dass seine Organisation dem nordisch kalten Klima an- gepasst war. Sind aber die Anthropoiden in Europa ganz verschwunden und ohne Fortbildung geblieben, dann muss die Menschenschöpfung anderswo geschehen sein und das Neanderthaler Geschlecht war hier eingewandert. Es ist aus den geringen Resten der fossilen Affen zu schliessen, dass die lebenden Anthropoiden dem Menschen näher stehen, als ihre alten Vertreter in Europa, was auch für den von Gaudry jüngst beschriebenen Dryopitheeus silt. Wie Thiergeschlechter entstehen, können sie auch gänzlich untergehen. Die Bildung des Neanderthalers ist indessen nicht plötzlich verschwunden, sie hat sich vielmehr nach und nach abgeschwächt erhalten, wie es die Männer von Marken und Spy und die späteren so- genannten neanderthaloiden Schädel zeigen. Man kann es also für möglich halten, aber es bleibt ungewiss, ob Europa eine eingeborene Rasse gehabt hat. Leichter ist es, dies für Amerika in Abrede zu stellen, wo nicht nur alle Ueberlieferungen, sondern. auch die eraniologischen und ethnologischen Untersuchungen für die Einwanderung aus Asien und Europa sprechen, und wo, was wichtiger ist, die Entwicklung der thierischen Natur es nur bis zum geschwänzten Affen gebracht hat und die Anthropoiden gänzlich fehlen. Doch giebt es hier schr roh gebildete alte Schädel, die für eine frühe Einwanderung sprechen. Dieses gilt auch für den australischen Continent, der nur durch Einwanderung bevölkert sein kann, indem der Wirbelthiertypus sich hier nur bis zu den Beutelthieren fortentwickelt hat. Europa wird aber, wenn es auch einen Rest einer ursprünglichen Bevölkerung gehabt hat, zum grössten Theil durch Einwanderung von Asien aus besiedelt worden sein, woher ihm auch jede höhere Cultur zugeflossen ist. Ob wie der Elephas priscus und ein Hund der Steinzeit und nach Heer einige Pflanzen der Pfahlbauten, so auch Menschenstämme der ältesten Vor- zeit, wie die Iberer, aus Afrika stammen, bleibt ungewiss. Ami Boue hat einen Beweis für die frühe Bildung der Rassen darin finden wollen, dass die Rassen nieht durch die gegenwärtigen Meere, sondern durch die jetzt trocken gelegten Becken der jüngsten Tertiärzeit scharf getrennt seien, Denkschriften der Wiener Akademie III. 1852, Seite 69. Es ist üblich geworden, die Völker der Erde nach ihrem Sehädelbau in zwei Abtheilungen zu bringen und in Doliehocephale und Brachycephale einzutheilen. Aber das sind keine unveränderlichen Formen, damit allein können Rassen nieht bezeichnet werden. Wenn es auch sewiss ist, dass dieser Unterschied für ganze Völker- gruppen charakteristisch ist, so finden wir doch viele Ausnahmen, denn nicht in allen Fällen bleibt der Mongole brachycephal und der Neger doliehocephal, es giebt dolicho- cephale Chinesen und brachycephale Neger. Die Schädel- form desselben Volkes bleibt nieht unverändert, sie ist wandelbar. Die langen schmalen Schädel der germanischen Reihengräber sind bei uns verschwunden, die Deutschen neigen zur Brachycephale. In der Regel nimmt das Ge- hirn Theil an der Form des Sehädels, doch ist dies nicht immer der Fall. Der Neanderthaler Schädel ist 200 mm lang und 147 breit, sein Index ist also 73,5, er ist dolicho- cephal. Der Schädelausguss aber, dem Gehirn ent- sprechend, ist 169 lang und 135 breit, dessen Index ist 79,8, er ist also mesocephal und steht nahe am Anfange der Brachycephalie, die mit SO beginnt. Welch’ ein Wirrwarr entsteht, wenn man die Völker nach Schädel- indiees zusammenstellt, das zeigt ein Blick auf die Tafel, die Peschel in seimer Ethnographie veröffentlicht hat. Das Klima hat auf diesen Unterschied der Schädelformen wohl keinen Einfluss, wohl aber die Cultur, die den Schädel breiter macht. Wenn auch heute bei der Jahr- tausende langen Vermischung der Völker eine scharfe Grenze zwischen Doliehocephalen und Brachycephalen nicht mehr zu ziehen ist und beide Formen uns fast überall begegnen, so bleibt es doch wahrscheinlich, dass ein ursprünglicher Unterschied in dieser Beziehung vor- handen war, für den es keine andere Erklärung giebt, als die, dass derselbe mit dem doppelten Ursprung des Menschen in Asien und Afrika zusammenhängt und in den uns nächststehenden Thieren schon vorgebildet ist, wie ein Vergleich der Hirmform des Chimpansi und des Orang zeigt. Das Gehirn des jungen Chimpansi ist 1283 mm lang und 93 breit, sein Index also 72,6, das des jungen Orang ist 105 lang und 97 breit, der Index also 92,3. Der Redner legt die beiden Schädelausgüsse vor. Wenn man die kaukasische Rasse als eine Cultur- rasse ausscheidet, so bleiben nur zwei ursprüngliche Rassen übrig, die Mongolen und die Neger, und in diesen ist der Unterschied der Brachycephalie und Dolicho- eephalie am deutlichsten ausgeprägt. Aus der allgemeinen Form des Sehädels können wir auf die Herkunft und Verwandtschaft der Völker schliessen, doch ist sie nicht unverändert geblieben, die einzelnen Merkmale desselben verrathen uns aber den Bildungsgrad seines einstigen Trägers heute wie in der ältesten Vorzeit. Das Entwicklungsgesetz der organischen Welt ist heute die treibende Kraft in der Erforschung der lebenden Natur. Ohne dasselbe bleiben auch die Rassen unverständ- lieh und ihre Untersuchung ohne jegliches Ergebniss. Gesundes Wohnen. — „My house is my castle*, sagt der Engländer und meint damit das Haus als die Stätte seiner Selbstherrlichkeit. In gewissem Grade ist diese Selbstständigkeit des Einzelnen in seinem Hause, seiner Wohnung, in allen eivilisirtten Ländern anerkannt, das Recht im Hause, die Wohnung als Heiligthum geschützt. Als ein Heiligthum soll anderen unsere Wohnung gelten, ein Heiligthum soll sie uns selbst sein, denn von ihr und ihrem Zustande hängt unsere Gesundheit und die unserer Nachkommen, von ihr unsere Leistungsfähigkeit ab. Eine gesunde Wohnung ist die erste Bedingung für unsere Ge- sundheit. Man sollte es aber kaum glauben, dass in einer Zeit, wo alle Wissenschaften daran mitarbeiten, das Wohl des Einzelnen zu fördern, oft so geringes Gewicht auf das erste Erforderniss eimer gesunden Existenz gelegt wird, dass noch heute Tausende ihr Leben kümmerlich in Kellerwohnungen dahimschleppen, siech und krank einem qualvollen Tode entgegen. Manches ist schon geschehen und besser geworden, aber trotz aller Bauvorscehriften werden noch Tausende von Häusern aufgeriehtet, deren Einriehtung den ein- fachsten Regeln der Hygiene ins Gesicht schlägt. Da ist es immer von neuem mit Freuden zu begrüssen, wenn berufene Männer in Wort und Schrift das Ziel zu erreichen suchen, die Menschen aufmerksam zu machen 68 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 7. darauf, wie sie gesund wohnen, und wie sie gesund wohnen können. Herr Dr. Laurenz Schmitz, Kreis- physikus zu Malmedy, hat in einer eirca 50 Seiten um- fassenden Broschüre die Grundlage dafür klargelegt*). Da ist zuerst die Oertlichkeit und Lage der Wohnung in’s Auge gefasst. Wer die Wohnstätte frei wählen kann, suche sich eine milde Gegend mit reiner Luft, reinem Wasser und möglichst beständiger Witte- rung; denn Sumpfland bringt Fieber. Ungesund sind Industriedistrikte, grosse Städte, durch ihren Gehalt an Rauchluft. Viel blühender sehen die Gesichter auf dem Lande aus, und schon eine kleine Sommerfrische zaubert Rosen auf die Wangen unserer bleichen Stadtkinder. Eine Anlage der Wohnung auf hohen Bergen ist ebenso zu verwerfen, wie eine solche in tiefeinschneiden- den, engen Thälern. Auf den Bergen ändert sich die Witterung rasch, der Luftdruck ist gering, deshalb Athmung und Blutlauf beschleunigt, der Stoffwechsel stark angeregt. Als Kur- mittel für Schwache und bestimmte Kranke ist eine solche Wohnung sehr zu empfehlen, aber nicht für Gesunde. Die Thalengen dagegen leiden an ungenügendem Luft- wechsel, am Mangel an Sonnenlicht; die Gesichtsfarbe wird fahl, der Körper schlaff, die Menschen sehen aus, als kämen sie aus dem Gefängnisse. Der ungesundeste Aufenthalt für Menschen ist jedoch in Hof- und Keller - wohnungen. Besonders in den Grossstädten wachsen die Häuser zu Thürmen auf und nehmen den Höfen Luft und Licht, so dass selbst am hellen Tage künstliche Be- leuchtung sich nöthig macht. In höherem Grade gilt dies noch von den Wohnungen im Keller. Da dringt die Grundluft mit ihren Miasmen ein und schädigt die Ge- sundheit, zumal eine natürliche Ventilation kaum möglich ist. Da ist jede Dachwohnung, trotz der Sommerhitze und des hohen Treppensteigens vorzuziehen; sie prä- destinirt den Menschen doch nieht zur Schwindsucht, zu Knochengelenk- und Augenleiden. Um sich vor Ansteckungen zu hüten, sorge man dafür, dass die Wohnung sich nicht in der Nähe von Arbeitsstätten und Oertlichkeiten befinde, die durch ihren üblen Geruch die Nachbarschaft verpesten und durch ihre Abgänge den Boden verunreinigen. Mit letzterem streifen wir aber schon einen zweiten Punkt, der beim Hausbau zu beachten ist, das ist der Untergrund des Hauses. Da ist es eimerseits die Grundluft, andererseits das Grundwasser, welche berücksichtigt werden müssen. In den Erdboden sind allerhand Schmutzstoffe, Exceremente, Waschwässer, Verbandmaterial abgeführt, in und an denen sich unzählige Bodenmikroorganismen entwickeln, die von der aufsteigenden Grundluft mitgerissen nach aufwärts geführt werden. Es ist daher unumgänglich ge- boten, ihr Aufsteigen in die Wohnräume zu verhindern. Versumpfter Baugrund ist zu meiden oder muss minde- stens durch Drainage, Aufschütten von Sand und Lehm- erde trocken gelegt und verbessert werden. Aber alle Grundluft kann als gesundheitswidrig an- gesehen werden, darum ist es nothwendig, dass der Ober- bau des Hauses vom Untergrunde durch eine luftdichte Decke abgeschlossen werde. Dies erreicht man durch die Kellergewölbe, oder wo diese nicht anzubringen sind, durch einen Ventilationsraum zwischen dem Boden und dem Oberbau. Die Kelleröffnungen sind stets offen zu halten, damit ein Luftaustausch stattfinden kann, und der Keller- eingang ist am besten ausserhalb des Hauses anzu- bringen. *) „Gesundes Wohnen“. Druck und Verlag der Aschendorff- schen Buchhandlung. Münster, 1890. Gegen die Grundluft schützt man sich jedoch schon jetzt mehr als gegen das Aufsteigen der Bodenfeuchtig- keit. Um ihr Empordringen in der Porenleitung des Ge- steins zu verhindern, ist es gut, eine Isolirschieht von Asphalt zwischen den Grundmauern und dem zu Tage tretenden Mauerwerke einzufügen und die Balkenlager in gleicher Weise zu isoliren. Dann können die Wände troeken gehalten werden und sich nicht zu Brutstätten von allerhand Pilzen und Krankheitskeimen ausbilden. Die Erfahrung, dass bei Diphtheritis, Scharlach, Pocken, Rose, Typhus die feuchten Wände oft den Sitz der In- feetionsursache bilden, sollte Jedermann vor ihnen warnen, und dass man sich auf obige Weise vor dem Haus- schwamm schützt, dürfte manchen Hausbesitzer be- ruhigen. Von grösster Wichtigkeit für den Oberbau ist aber das Baumaterial. Es soll durchlässig sein für Luft, aber nieht zu sehr und nicht zu wenig durchlässig. Am besten eignen sich dazu gut gebrannte Backsteine, Sandsteine, Lava und dichtes Holz; sehr zweckmässig ist es, die Innenwand durch einen Isolirraum von der äusseren zu trennen, wenn man nicht die Luftziegel verwenden will, um trockene Zimmerwände zu erzielen. Bei Neubauten muss man immer in Betracht ziehen, dass das Mauerwerk Feuchtigkeit enthält und seine Austrocknung abwarten, ehe man das Haus bezieht. Bei zu durchlässigem Mauer- werk kann man sich durch Bewerfen helfen; feuchte Wände kann man aber nur durch Lüftung trocknen. Der vielbeliebte Anstrich mit Oelfarbe ist ganz zu verwerfen, da ein Abdunsten des Wasserdampfes nicht möglich ist, dieser sich vielmehr an den Wänden zu Tropfen nieder- schlägt. Nicht unterschätzen darf man den Einfluss des Füllmateriales der Zwischengeschossräume. Dasselbe soll frei sein von Zersetzungssubstanzen, am besten ist gut aus- gewaschener Sand, Kieselguhr ete. Alter Bauschutt ist ganz zu verwerfen, er ist nur eine Brutstätte für In- feetionskeime, die beim Undichtwerden der Dielen ein ganzes Haus verpesten können, und das weist uns darauf hin, dass ein sorgsamer Hausvater auch auf die Fugen- diehtigkeit der Zimmerböden bedacht sein muss. Nach einer Richtung wird aber beim Häuserbauen am häufigsten gefehlt, dadurch, dass man die Zimmer zu klein gestaltet und den Bau zu hoch aufführt. Soll die Luft rein erhalten werden können, so sind auf jeden Bewohner 60 ebm zu rechnen und nur bei guten Ven- tilationseinrichtungen kann man auf 20 ebm herabgehen. Zur Verstärkung der natürlichen Ventilation sind 'Lufteanäle nöthig, welche die Atmosphärenluft am Boden einführen, und ebensolche Lufteanäle, welche die ver- dorbene Luft von der Zimmerdecke aus wieder nach aussen führen. Einen klaren Einblick in die nothwendigen Ventilationseinriehtungen giebt die Zeichnung Fig. 1, die der Broschüre des Herrn Dr. Schmitz entnommen ist. Ebenso nöthig wie die Luft, ist auch das richtige Lieht. Die Summe der Fensterfläche eines Zimmers sollte so gross sein, wie der dritte Theil seiner Boden- fläche. Dem Uebelstande, dass die Bauherren zu hohe Häuser aufriebten, kann nur dadurch abgeholfen werden, dass sie gezwungen werden, mehr auf die Gesundheit ihrer Miether als auf ihren Geldbeutel zu sehen, freilich eine schwer erfüllbare Forderung. Für die Bequemlichkeit der Familien ist am entsprechendsten das zweistöckige Haus mit zusammenhängenden Zimmern und getrennten Vor- sälen. Hochwichtig ist aber und ganz besonders für die Grossstadt, die Anlage eines, wenn auch noch so kleinen Gartens. Ein Umstand ist selbst bei grossen Kasernenanlagen vergessen worden und das zeigt, wie wenig Sorgfalt auf denselben verwandt wird, trotzdem er für die Gesundheit der Hausbewohner von höchstem Einfluss ist: ich meine die Abortanlagen, die Leitungen für Schmutzwässer und die Abfallgruben. Alle solche Leitungen müssen aus ganz dichtem Ma- terial hergestellt und öfters eimer eingehenden Prüfung unterzogen werden. Die Gruben sind mit glasirten Ziegeln auszulegen, die mit Asphalt verbunden werden. Die in den Gruben sich entwickelnden Gase sind über den Dachfirst hinauszuführen und an dem Eindringen in die Leitungen der Aborte sind sie dureh Anlage von Wasserabschlussvorricehtungen zu hindern; dassdafür Wasser- spülung sieh nothwendig macht, ist wohl selbst verständlich. Fig. 1. Die Pfeile deuten den Weg an, welchen die Luftströmung nimmt. Um die Leitungen der Schmutzwässer vor dem Aufsteigen der Gase zu schützen, müssen Siphonen angebracht werden, d. h. an einzelnen Stellen sind die Röhren schwach zu biegen, wie es die beigefügte Zeichnung, Fig. 2 bei d, andeutet; ein Rückwärtsdrängen der Gase wird dureh den hier erzeugten Wasserabschluss unmöglich gemacht. Ist ein Haus den gesundheitlichen Bedingungen ent- sprechend gebaut, so hat es jeder Bewohner in der Hand, sich alle Vortheile derselben für seine Gesundheit zu ver- schaffen, aber seine Aufmerksamkeit und Thätigkeit ist dazu unumgänglich nothwendig. Zum gesunden Wohnen gehören: reine Luft, richtige Wärme, gutes Licht. Reine Luft kann man sich in seinen Zimmern nur durch fleissiges Lüften verschaffen und um dies zu er- leiehtern, wähle man die grössten Räume zum Wohn- und Schlafzimmer. Da wird mancher fragen, wann soll man lüften? Möglichst zu jeder Zeit und selbst während der Nacht kann man sich durch Offenhalten eines Fensters im Nebenzimmer oder eines Oberlichtes im Schlafzimmer frische Luft verschaffen. Unsere Geruchsorgane lassen uns aber oft bei der Prüfung der Luft auf ihre Reinheit Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 69 im Stich und deshalb ist es jedem zu empfehlen, sich nach dem Wolpert’schen selbstthätigen Luftprüfer zu richten. Fortwährendes Offenhalten von Fenstern und Thüren geht aber nicht an und darum ist es nöthig, Ventilatoren anzubringen, welche das Geschäft des Luftausttausches beschleunigen. Dazu dienen die Luftzufuhr- und Luftab- fuhrlöcher in der Zimmerwand, der Schornsteinventilator und der Wiel’sche Mantelofen. Der ersteren ist schon oben gedacht. Der Sehornsteinventilator hat den Vorzug, das Zimmer zu lüften, selbst wenn das Haus noch geheizt wird, da die über den Schornstein streichende Luft in demselben saugend wirkt. Jeder Zimmerofen trägt schon zur Vermittelung des Luftwechsels bei, indem er die Luft erwärmt, die dadurch nach oben steigt, und indem er die Verbrennungsluft selbst dem Zimmer entnimmt und durch den Schornstein entführt. Der Wiel’sche Mantelofen ist so construirt, dass die nach dem Ofen strömende Luft von einem den- selben umgebenden Mantel aufgenommen wird, der dureh eine Röhre mit dem Schornstein in Verbindung steht und die Luft immer wieder abgiebt, so dass ein fortwährendes Strömen vom Zimmer nach aussen stattfinden muss. Auch von Infeetionskeimen soll jeder seine Luft reinhalten und zu diesem Zwecke sorgsam darüber wachen, dass solehe nieht durch die Kleidung verschleppt oder durch ansteekende Kranke in's Haus gebracht werden; Rein- Fig. 2. liehkeit ohne Wasservergeudung beim Zimmerfegen ist das beste Sehutzmittel gegen Ansteckungen. Zum all- gemeinen Wohlbefinden gehört die richtige Zimmertempe- ratur, über die schon Vieles geschrieben worden ist. Und doch trifft man noch allzuhäufig Wohnungen, die über- heizt sind. Die beste Temperatur für die Zimmerluft des Wohnraumes liegt zwischen + 15° bis 20° C., dabei darf man jedoch nieht vergessen, der Luft den nöthigen Feuchtigkeitsgehalt zu geben, wie das vielfach beim Heizen der Oefen versäumt wird; dies geschieht am besten, wenn man eine flache Schale mit Wasser auf dem Ofen stehen hat, nota bene, das Wasser niemals ganz verdampfen lässt. Die richtige Wärme mit der nöthigen Feuchtigkeit trägt viel zur Behaglichkeit der Wohnung bei. Oben habe ich schon angedeutet, dass die Licht- menge, die den Räumen unseres Aufenthalts zugeführt wird, grossen Einfluss auf unser körperliches und geistiges Wohlbefinden ausübt. Helle, freundliche Zimmer machen freundliche Menschen, dunkle verdüstern den Geist. Aber auch die künstliche Beleuchtung verdient sorgfältige Be- achtung. Man hat für helles Licht zu sorgen. Das hängt ab einmal von der mehr oder weniger vollkommenen Verbrennung des Leuehtmaterials, andererseits von der Wegführung der durch die Verbrennung entstehenden Kohlensäure. Die Brenner müssen rein gehalten werden, die Zimmerluft soll sich nieht erhitzen und die direete Strahlenwirkung in der Kopfhöhe der Bewohner ist als gesundheitsschädlich zu meiden: darum sind Kronleuchter und Hängelampen, besonders aber die elektrische Be- leuchtung immer zu empfehlen. Es ist viel in's Auge zu fassen, wenn man sich seine Wohnung gesund erhalten und sich darin behaglieh fühlen will, aber andauernde Gesundheit ist das höchste Gut, dass man sich durch einige Aufmerksamkeit und guten 70 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. (Q. Willen erhalten und festigen kann. Alle diese Gesund- heitsregeln erfordern nur Achtsamkeit zur ‚rechten ‘Zeit und Beobachtung des eigenen Befindens. Aber die Menschheit muss öfters daran erinnert werden, was ihr gut ist, und darum schon ist die Broschüre von Dr. Laurenz Sehmitz als eine neue Aufmunterung mit Freuden zu be- grüssen. Alb Was ist unser Nervensystem und was geht darin vor? — Diese Frage beantwortet Professor Dr. Justus Gaule in der „Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane* Bd. 11. „In dieser Frage resumirt. sich jedenfalls das Ziel unseres Wissens auf physiologischem Gebiete.“ Herr Gaule hat sich diese Frage zur Beantwortung gestellt und theilt in einem Aufsatze seine Ansicht darüber mit, die zu den bisher verbreiteten Meinungen in vielfacher Hinsicht im Gegensatz steht und dieselben dureh ihre Consequenz und Klarheit bei weitem in den Hintergrund drängte. Der Verfasser hat sich den Reflex, als den deutlichsten Vor- gang der Nerventhätigkeit, zum Vorwurf genommen und sucht vom mor phologischen Gesichtspunkt die Reflexbalhın, vom ‚physiologischen den Reflexvorgang deutlich zu machen; was aber seiner Schrift den höchsten Werth verleiht, ist darin zu finden, dass er die innere Beziehung zwischen beiden gesucht hat. Der Reflex unterliegt dem Gesetze der Erhaltung der Kraft. Umgesetzt wird eine Kraftwirkung der Aussen- welt in einen Complex von Kräften, welche den Nerven- bahnen folgend wieder eine Kraftwirkung auf die Aussen- welt hervorrufen. Die specielle folgende: Jeder äussere Reiz wird an der Körperoberfläche aufgenommen, die Kräfte: der Aussenwelt treffen die Epithelien. Der Teleologe würde sich damit begnügen, die Epithelien als einen Schutz der Nerven anzusehen. Herr Gaule weist nun zunächst darauf hin, dass die Epithelzellen verhornen, dass also chemische Processe in ihnen stattfinden. Mit der chemischen Umlagerung muss ein Spiel von Kräften verbunden sein. Hier greift die Kraft ein, welche die Körperfläche trifft, sie stört den Vorgang, verändert ihn. Die Produete dieser Veränderung wirken in dem Organismus weiter, ihr Weg heisst Nerv; d. h. die Produete der Veränderung der Epithelien sind die Erreger der Nerven. Der Hensen’schen Hypothese gegenüber stützt sich hier Herr Gaule auf die Unter- suchungen von Herrn His, nach welehen im Embryo die sensiblen Nerven nicht aus dem Üentralorgan heraus, sondern in dasselbe hineinwachsen, wie denn auch die Degeneration der sensiblen Nerven auf Ernährungs- störungen derselben beruhend, in der Richtung nach dem Hypothese Herrn Gaule’s ist nun Gentrum erfolgt. Die Nervenwurzeln sind also die Nervenenden. Die Entstehung der Nerven erfolgt dureh am chesten der Secretion zu ver- hierfür findet der Autor Belege in den Unter- suchungen von Frenkel und Canini über die Epithelien des Froschlarvenschwanzes. Eine jede Störung des Ver- hornungsprocesses, jeder Reiz bewirkt eine Veränderung des die Nerven bildenden Seeretes. Die .Plexus der Nerven unter den Epithelien betrachtet Herr Gaule nun als hauptsächliehste Stütze seiner Hypothese; die ersten Zellen, welche zu ihrer Entwicklung Anlass geben, ent- stammen dem Epithel. — Da, wo in den tieferen Schichten des Plexus die Zellen zu Gruppen zusammentreten, finden einen Vorgang, der gleichen ist; sich die ersten Spuren der Wiederausscheidung, ein seeundäres Seeret, die Anfänge der Markscheide. So lange diese sich nieht ausbildet, bleiben die Nerven in einem netzartigen Zustande, wie "die sympathischen. Die Ausscheidung des Markes ist der Grund für die Isolirung der Nerven. Gegenüber Ranvier "betont nun Herr Gaule. die Gliederung des Achseneylinders, er be- trachtet ihn als dem Secret‘ der Nervenwurzel ent- sprechend. Bei der Erregung muss die Ausscheidung und die Resorption auf der ganzen Berührungslinie zwischen dem Achseneylinder und der Markscheide "stattfinden. Am centralen Ende werden nun die sensiblen Fasern durch Ganglienzellen unterbrochen, es sind jedoch nicht soviel Ganglienzellen vorhanden, als Fasern; diejenigen Fasern, welche also an der Zelle vorüberziehen, zeigen den kürzeren Weg: die Reflexbahn. Herr Gaule ver- meidet jede Analogie zwischen den sensiblen und moto- rischen Fasern und darauf beruht wesentlich die Klar- heit seiner Hypothese. An seinem centralen Ende löst sich wieder der Nerv in einem Plexus auf, der Achsen- eylinder vertheilt sich in den Maschen desselben. In dem Netze der Neuroglien liegen aber auch die mächtigen motorischen Ganglienzellen mit ihren Fortsätzen, die je- doch nach Golgi keinen direeten Zusammenhang haben. Diese Fortsätze besorgen aber nicht bloss die Ernährung der Zellen, sondern was sie den Zellen zuführen, bezieht sich auch auf ihre Function. Sie saugen jenes Secret ein, welches der ankommende sensible Nerv in das all- gemeine Netz ergossen und führen es ihren Zellen zu. Damit beginnt hier ein neues System. Die centri- petal geführten Stoffe, werden, aber verändert, nun ihren Weg in ungekehrter Richtung nach der Peripherie finden; denn die motorische Ganglienzelle entspriebt dem Ur- sprungsgebiet des sensiblen Nerven. Das Secret wird dureh den Achseneylinderfortsatz dem motorischen Nerven zugeführt und wandert zum Muskel, in den es ergossen wird. Nicht jede äussere Kraft wird den Lebensprocess der Epithelien in gleicher Weise stören, Druck wird vielleicht anders wirken, als Temperatur. Das andere Sekret wird andere Bahnen im Centralorgan einschlagen und so werden ganz prägnante Localzeichen sieh er- geben. Herr Gaule stellt sich also ein Nervensystem vor, das wirklich im Organismus lebt; „nieht einen Aufbau von Röhren, Drähten oder Fäden, der nur so m den Organismus hineingesteckt ist, und an dem sich gewisse Erscheinungen abspielen, der aber zu dem Lebensprocess nicht in den mindesten Beziehungen steht. Was lebt, das ist nieht eine Maschine, die von aussen her gebaut wird, sondern etwas, das sich selbst baut, und das, was uns als Funetion erscheint, ist niehts weiter, als ein Theil dieses sich selbst Bauens“. Herr Gaule verwahrt sich gegen das Misverständniss, als ob es sich um ein eigentliches Secret handele; er ist sich dessen bewusst, hält diese Ausdrucksweise aber für besser, als wenn er ganz neue, eigene Ausdrücke dafür erfinden wollte. Der Autor erwartet, dass er Widerspruch erfahren werde, und er sucht etwaigen Einwänden von vornherein zu be- gegnen; andererseits erwartet er aber auch mit Recht die Zustimmung der Pathologen. Mit seiner Hypothese stimmt die Thatsache zusammen, dass die Muskeln nach Durehschneidung der Nerven seeundär degeneriren, ebenso aber auch, dass bei gewissen Erkrankungen Ernährungs- störungen in entlegenen Organen auftreten. Die Ernäh- rungs- und Seeretionsverhältnisse der Nerven erklären vollkommen die sogenannten „trophischen Fasern“, oder machen sie vielmehr unnöthig. Es ist ein mächtiger Sehritt vorwärts, den die Physiologie hier thut und seines hohen Interesses wegen habe ich ihm eimen grösseren Raum gegönnt. Möge schliesslich die Hoffnung des Herım Gaule in Erfüllung gehen, die mikroskopischen Bilder auf die chemischen” Substanzen, die chemischen Substanzen auf die functionellen Veränderungen zu deuten, so dass wir dann wie in einem Buche die Schicksale des Lebens lesen. Dr. Trautzsch. Wilhelm Haacke macht darauf aufmerksam, dass sich „Metamerenbildung* nicht nur am Skelett, der Muskulatur u. s. f. der Wirbelthiere findet, sondern in einigen Fällen auch „am Säugethierkleide* nachweisen lässt. (Bericht über die Senckenberg. naturf. Gesellsch. in Frankfurt a. M. 1890, Seite 155.) Er fand einmal, dass die stufige Behaarung des Schwanzes der Rollaffen und Quistitis dadurch hervorgerufen wird, dass die Haare an den den Wirbelkörpern entsprechenden Hautstellen länger als an den die Schwanzgelenke überziehenden, und zweitens, dass die Querstreifung der hinteren Rücken- hälfte bei den Seidenäffchen, bei der Zebramanguste und bei der Surikate (Scharrthier) gleichfalls darauf beruht, dass die über den Wirbeln liegenden Hautstellen stärkere und längere Haare tragen als die zwischenliegenden. Da nun hier ferner die Haare verschiedenfarbig geringelt sind, muss eine Trugbänderung entstehen. Diese Matameren- bildung der Hautbedeekung, die Verf. nach Claus Tricho- merie nennt, kommt wahrscheinlich noch bei andern Säugern vor; sie scheint sich jedoch nur bei T'hieren einer niedrigen Entwicklungsstufe zu finden. Dr. C. M. Die Hertz’schen Versuche über elektrische Wellen, auf welehe wir unsere Leser in dem Artikel des Herrn Dr. von Wyss „Was ist Elektrieität?“ in Bd. IV, Nr. 1, 2 und 3 der „Naturw. Wochenschr.“ hingewiesen haben und die als experimentelle Stütze der elektromagnetischen Lichttheorie von fundamentaler Bedeutung sind, haben nunmehr aus den Kreisen der Gelehrtenwelt hinaus ihren Weg auch in die Oeffentlichkeit gefunden, indem sie den Hauptpunkt eines allgemein-verständlichen Vortrages bil- deten, welehen Herr P. Spies in den letzten Wochen in der populären, naturwissenschaftlichen Schau- und Lehrstätte „Urania“, deren Physiker Herr Spies ist, in Berlin hielt. Da der betreffende Vortrag „Wellen und Strahlen in ihrer Bedeutung für die neuere Natur- forschung“ behandeln wollte, erläuterte der Vor- tragende zunächst den Begriff der Wellenbewegung an Wasser- und Seilwellen und zeigte dann, wie man auf dem Gebiete des Schalls, der Wärme und des Lichtes den Wellencharakter der Erscheinungen nachweist und wie man quantitative Bestimmungen, insbesondere Mes- sungen der Wellenlänge zu machen im Stande ist. Die Polarisationserscheinungen führten schliesslich den Vor- tragenden auf den berühmten Faraday’schen Versuch der Drehung der Polarisationsebene durch den elektrischen Strom, der ersten unter den räthselhaften Beziehungen zwischen Licht und Elektrieität. Weiterhin wurden die Fernwirkungen der Elektrieität, Influenz und Induction, sowie die oseillatorische Entladung besprochen. Die Untersuchungsmethode, deren man sich bei der letzteren Erscheinung bedient, die Methode des rotirenden Spiegels wurde durch einen Demonstrationsversuch erläutert, die Ausbreitung elektrischer Schwingungen an Drähten nach- gewiesen unter Benutzung der Lecher’schen Modification der Hertz’schen Versuche. Ferner wurden die Hohlspiegel- und Drahtgitterversuche angestellt; der im secundären Leiter auftretende Funke wurde mittelst der Entladung eines Aluminiumblattelektroskopes nachgewiesen. Den Schluss bildete die Demonstration der Einwirkung ultra- violetter Strahlen auf elektrische Entladungen, eime Er- scheinung, welche man mit der elektromagnetischen Licht- theorie in Zusammenhang zu bringen ja auch schon ver- sucht hat. > Ä Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 5. N hr ee ee > = Sec Seren rn en ‘1 Litteratur. Dr. Heinrich Janke, Die willkürliche Hervorbringung des Geschlechtes bei Mensch und Hausthieren. Kleine Ausgabe. A. Zimmer’s Verlag (Mohrmann & Schreiber). Stuttgart 1889. Das interessante Buch richtet sich an einen über die Fach- leute hinausgehenden Leserkreis und bringt dementsprechend in seinen „Vorbetrachtungen“ einleitende Abschnitte 1. über Samen- fäden und Ei, 2. über den Geschlechtstrieb. Diesen Abschnitten geht eine „Einführung“ voraus, in der der Autor Angaben darüber macht, wie er zu einer näheren Inangriffnahme seines Gegen- standes gekommen ist und in der er sich über die Tragweite seiner Untersuchungen auslässt. Der „besondere Theil“ des Buches behandelt „die Hervorbringung des Geschlehts“ in der folgenden Disposition: I. Die Entstehung der Geschlechter. Einführung. Die Ent- wicklung der Geschlechtstheille bei der Leibesfrucht. Die Stellung des Weibes in der Schöpfung. Die Herleitung der Ge- schlechtsverschiedenheit. Die das Geschlecht bedingenden Ur- sachen: 1. Die Voraussage des Geschlechts der Leibesfrucht, 2. Die Ursachen der Geschlechtsverschiedenheit. Die gekreuzte Vererbung. II. Die willkürliche Hervorbildung des Geschlechts. Ein- leitung. Die Geschlechtsbestimmung bei den Hausthieren. Die Geschlechtsbeeinflussung beim Menschen. Knaben-Hervorbringung. Die Temperamente. Mädchenerzielung. Schlussbetrachtung. Das Resultat der Untersuehung des Verfassers, welches er durch eine grosse Fülle fleissig zusammengetragener und zum Theil auch selbst beobachteter Thatsachen stützt, ist das fol- gende. ° Verfasser stellt den Erfahrungssatz für die Geschlechts- bestimmung der Erzeugten auf, dass der im Begattungskampfe sich als der geschlechtlich stärkere erweisende Zeuger (d. h. der- jenige, hei dem Potenz und Passion die stärkeren sind) das dem. seinigen entgegengesetzte Geschlecht auf das empfangene Lebe- wesen überträgt. „Wird sonach die Thatsache als feststehend hingenommen, dass, wenn eine Tochter geboren wird, der Vater, und wenn ein Sohn die Mutter den entscheidenden Einfluss auf die Geschlechtsentstehung des einzelnen Kindes zur Geltung ge- bracht hatten, so lehrt die alltägliche Erfahrung, -dass dieser überwiegende Einfluss auch meist dem ganzen Charakter und individuellen Wesen des Kindes sich ausgeprägt zeigt, derart, dass mithin die Tochter ihrem geistigen Naturel nach dem Vater, der Sohn dagegen der Mutter nacharten, und dass dem entsprechend auch die Tochter entscheidend der Geschlechts- folgelinie ihres Vaters, der Sohn aber derjenigen seiner Mutter angehören und sie fortsetzen, indem der Lebensfunke, der sich durch die Generationen der väterlichen Seite bis auf diesen herab von Geschlecht zu Geschlecht hindurehzog, durch ihn auf die Tochter, und ebenso der durch die mutterseitlichen Ge- schlechtsfolgen überkommene Lebensfunke der Mutter allemal weiter auf den Sohn sich überträgt.“ Hat man einmal diese Erkenntniss erworben, so ist es nach dem Verfasser im Allgemeinen in der That möglich, wie nament- lich Experimente der Thierzüchter lehren, das Geschlecht will- kürlich hervorzubringen. Es würde eine ganze Abhandlung kosten, die Mittel hierzu anzuführen; ich beschränke mich in dieser Besprechung nur auf die Andeutung, dass nach dem Ver- fasser zur willkürlichen Knaben-Hervorbringung der Zeugungsstoff des Mannes durch erschöpfenden Geschlechtsumgang unmittelbar vor der befruchtenden Umarmung mit seiner Ehefrau, sowie dureh schmale Kost mögliehst für diesen Zeugungsakt geschwächt werden muss, während die Frau Mittel anwenden muss, die das Gegentheil bewirken. Ob ein solches Benehmen in der Praxis zu empfehlen oder zu verwerfen sei, haben wir an dieser Stelle nieht zu untersuchen: Die „Naturw. Wochenschr.* interessirt nur das rein Naturwissenschaftliche an der Sache, und es ist zweifel- los, dass das Buch Janke’s Beachtung von Seiten der Natur- forscher verdient. Bedenken, die vom Verfasser angegebenen Mittel in der Viehzucht zur Anwendung zu bringen, werden fast nirgends bestehen. In Band III, Seite 133, der „Naturw. Wochensehr.“ ist übrigens schon einmal unter dem Titel: „Ursachen der Geschlechtsbildung“ derselbe Gegenstand behandelt worden. Die Resultate des Verfassers, der von Fach Jurist ist, sieh aber fleissie und mit Verständniss in seinen Gegenstand einge- arbeitet hat, werden vom Naturforscher auf ihre Richtigkeit, mit Benutzung des Experimentes am Thiere geprüft werden müssen und bei dem hohen Interesse der Sache hoffentlich bald geprüft werden. Angenommen der Verfasser hätte recht, woran der Re- ferent vorläufig nicht zweifeln möchte, so würde sich mit Leichtig- keit die Thatsache erklären, warum während resp. nach einem Kriege, der vielen Männern das Leben gekostet hat, stets mehr Knabengeburten erfolgen, und warum andererseits dort, wo die Anzahl der Frauen geringer ist als die der Männer, stets mehr 72 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr Mädehen geboren werden. Wir würden somit verstehen, woran es liest, dass dort, wo ein Missverhältniss zwischen Frauen und Männern besteht, ein Ausgleich von selbst zu Stande kommt, also, um noch einmal kurz zu wiederholen, durch die Eigenthümlichkeit, dass im Allgemeinen ein mehr als die Frau erschöpfter Mann Knaben erzeugt, und dass im Allgemeinen eine mehr als der Mann erschöpfte Frau Mädchen zur Welt bringt. EB: Arwed Fuhrmann, Naturwissenschaftliche Anwendungen der Integralrechnung. Verlag von Ernst & Korn (Wilhelm Ernst). Berlin 1890. In Band IV, S. 240 der „Naturw. Wochenschr.“ haben wir den Plan des Verfassers, Aufgabensammlungen herauszugeben, welehe die Studirenden der Naturwissenschaften, des Hochbaues oder der Technik mit den Anwendungen der Infinitesimalrechnung in ihren besonderen Gebieten bekannt und vertraut machen, aus- einandergesetzt und das Unternehmen auf's wärmste befürwortet. Heute, nach etwa Jahresfrist, liegt uns nun der Theil II, „die Naturwissenschaftlichen Anwendungen der Integralreehnung“ vor, und wir können auch diesen der Beachtung nur nachdrücklichst empfehlen. Aeusserlich fast doppelt so stark als der Theil I, ist der zweite Theil dem Inhalt nach ein ungemein mannigfaltiger. Die Aufgaben sind je nach den Operationen, welche ihre Lösung bedingt, in vier Capitel getheilt, welche bezw. einfache Integrationen, mehr- fache Integrationen, Differentialgleichungen erster Ordnung, Diffe- rentialgleichungen zweiter Ordnung überschrieben sind. Mit Rück- sicht auf den Umstand, dass das Werk hauptsächlich Anfängern in die Hände gegeben werden soll, hat der Verfasser Aufgaben, welehe die Integration partieller Differentialgleichungen nöthig machen, von der Aufnahme ausgeschlossen. Wiewohl zum Stu- dium derartiger Probleme die ausgezeichneten Riemann’schen Vor- lesungen zu Gebote stehen, entschliesst sich der Verf. vielleicht bei einer neuen Auflage dennoch, ein Capitel derartiger Aufgaben aufzunehmen; gerade diese Aufgaben sind so ungemein wichtig, dass wir sie nur ungern in dem vorliegenden Bande vermissen. Ungemein gross ist, wie bemerkt, in diesem zweiten Theile wieder die Mannigfaltigkeit der Aufgaben; namentlich solchen aus der Chemie hat der Verfasser eine grosse Aufmerksamkeit zugewendet. In der Vorrede spricht er den Wunsch aus, dass die Studirenden der Chemie diese Aufgabensammlung recht fleissig benutzen und sich eine zu Anwendungen befähigende Kenntniss der Mathematik aneignen möchten. In der That wird jeder, der die neuere Entwicklung der Chemie verfolgt hat, zu- gestehen, dass gründliche mathematische Kenntnisse sowohl zum Verständnisse des bisher Erreichten als auch zum weiteren Aus- bau der Mechanik der Atome durchaus unerlässlich sind. Es braucht in dieser Beziehung, um ein Beispiel zu nennen, nur an Ostwald's Lehrbuch der allgemeinen Chemie erinnert zu werden. An die Aufgaben knüpft der Verf. mehrfach auch Anregungen, die wir für sehr werthvoll halten und welche wohl geeignet sind, zu eignen Untersuchungen den Anstoss zu geben. Entweder sind diese Anregungen der Art, dass sie auf die Litteratur über ge- wisse Fragen hinweisen, oder aber, dass sie auf Lücken aufmerk- sam machen, durch deren Ausfüllung der Wissenschaft ein Dienst geleistet würde. Beispielshalber sei erwähnt, dass eine experimen- telle Bestätigung der theoretischen Ergebnisse über chemische Vor- gänge dritter oder höherer Ordnung noch aussteht. Ueber die chemischen Vorgänge erster und zweiter Ordnung liegt bekanntlich eine Reihe mustergültiger Untersuchungen vor. Nach dem Gesagten könnte es scheinen, als ob die Aufgaben- sammlung einen einseitigen Charakter trüge, indem die Chemie stark bevorzugt wäre; diesen Eindruck wünschen wir jedoch durch diese Besprechung nicht hervorzubringen. Im Gegentheil betonen wir nochmals die grosse Mannigfaltigkeit und Verschie- denartigkeit der Gebiete, denen der belesene Verf. seine Probleme entlehnt hat. Es lag aber nahe, dass wir den chemischen Auf- gaben in diesem Referate besondere Beachtung schenkten, da die bisherigen Aufgabensammlungen meistens einseitige, rein mathematische oder allenfalls physikalische Beispiele boten. Wirft man einen Bliek auf die umfangreiche Litteratur, die der Verf. zu Hülfe genommen hat und welche sich in einem Anhange zusammengestellt findet, so muss man anerkennen, dass der Verf. sich seine Arbeit durchaus nicht leicht gemacht hat; zugleich er- sieht man daraus, dass es keineswegs eine leichte Sache ist, eine wirklich gute Aufgabensammlung zu schreiben. Möge der Erfolg die Mühe und Sorgfalt des Verf. lohnen; unsere wärmsten Em- pfehlungen begleiten auch den Theil II auf seinem Wege. G. Cranz, H., Das apollonische Berührungsproblem und verwandte Aufgaben. 2. Aufl. Stuttgart. Eichhorst, H., Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie für praktische Aerzte und Studirende. 3. Bd. Krankheiten der Nerven, Muskeln und der Haut. 4. Aufl. Wien. Engel, F., Der Geschmack in der neueren Mathematik. Leipzig. Engelhardt, F. B, Karte vom Preussischen Staate und den angrenzenden Ländern östlich von Berlin. 1:325,000. No. 4. Stralsund. — No. 9. Berlin. — No. 15. Posen. Berlin. Exner, K., Ueber die Seintillation. Eine Monographie. Leipzig. Frey, J., Untersuchungen von Bodenluft in Dorpat. Ausgeführt in den Monaten Juli bis September 1390. Dorpat. Fritsch, A., Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Perm- formation Böhmens. III. Bd. 1. Heft. Selachii (Pleuracanthus, Xenacanthus). Prag. Graefe, F., Auflösungen und Beweise der Aufgaben und Lehr- sätze aus der analytischen Geometrie des Raumes insbesondere der Flächen 2. Grades. Leipzig. Hanner, A., Analytische Geometrie des Punktes, der Geraden und der Kegelschnitte, nach neueren Methoden dargestellt. Prag. et F., Studien über die Schwingungsgesetze der Stimm- gabel und über die elektromagnetische Anregung. Dorpat. et F. R., Das königl. preussische geodätische Institut. erlin. —.— Die Schwerkraft im Hochgebirge, insbesondere in den Treefer Alpen, in geodätischer und geologischer Beziehung. erlin. Hellmann, G., Bericht über vergleichende Beobachtungen an Regenmessern verschiedener Construction zu Gross-Lichterfelde bei Berlin. Berlin. Hellriegel, H., Ueber Stickstoffnahrung landwirthschaftlicher Culturgewächse. Wien. Higier, C.,, Experimentelle Prüfung der psycho-physischen Methoden im Bereiche des Raumsinnes der Netzhaut. Dorpat. Hofmann, E. R. v., Lehrbuch der gerichtlichen Mediein. Mit gleichmässiger Berücksichtigung der deutschen und öster- reichischen Gesetzgebung. 5. Aufl. 2. Hälfte. Wien. Horn, J., Ueber Systeme linearer Differenzialgleichungen mit mehreren Veränderlichen. Beiträge zur Verallgemeinerung der Fuchs’schen Theorie der linearen Differenzialgleichungen. Berlin. Huyghens, Ch., Abhandlung über das Licht. Worin die Ur- sachen der Vorgänge bei seiner Zurückwerfung und Brechung und besonders bei der eigenthümlichen Brechung des isländischen Spathes dargelegt sind. Leipzig. Briefkasten. Herrn P.— Ein nicht zu umfangreiches und wirklich billiges Wörterbuch der Zoologie ist Dr. Friedrich Knauer’s „Hand- wörterbuch der Zoologie“, das der Genannte unter Mitwirkung von Prof. von Dalla Torre bearbeitet hat. Es kostet jetzt nur 5 Mark, obwohl es in Lex.-Format 828 Seiten und 9 Tafeln bringt. Der Verlag des Werkes hat gewechselt: es ist von Gustav Fock’s Buchhandlung in Leipzig übernommen worden. In der Einleitung des fleissigen und brauchbaren Buches findet sich eine sehr sach- kundige Auswahl der wichtigsten, vornehmlich deutschen zoo- logischen Litteratur zusammengestellt, was namentlich dem „an- gehenden Zoologen“ erwünscht sein muss. Sehr ausführlich und empfehlenswerth ist das erst von Jäger, dann von Reichenow herausgegebene „Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie“. (Verlag von Eduard Trewendt in Breslau). Die bisher erschienenen Bände I—V kosten 78 Mark; von Band VI sind — wie uns die Verlagsbuchhandlung mittheilt — 24 Bogen gedruckt, er wird voraussichtlich Ende dieses Jahres ausgegeben werden. Band V reicht bis zum Worte „Nervenrohr“. Weiteres über letztgenanntes Werk vergl. „Naturw. Wochenscehr.“ Band IV, Seite 72. Herrn Dr. C. 0. — Die Erklärung der arabischen Ziffern dureh eine Zusammensetzung von Strichen, welche Sie uns freundlichst mittheilen, war uns bekannt. Aber abgesehen davon, dass auf diese Weise die Null nicht erklärt werden kann, ist diese Er- klärungsart offenbar eine gekünstelte; es ist klar, dass nur auf historischem Wege die Entstehung unserer heutigen Zahlzeichen und ihr Ursprung aufgedeckt werden kann. — Für Ihr freund- liches Interesse besten Dank. Inhalt: Geheimrath Schaffhausen: Das Alter der Menschenrassen. — Gesundes Wohnen. (Mit 2 Abbild.) — Was ist unser Nervensystem und was geht darin vor? — Metamerenbildung am Säugethierkleide. — Die Hertz’schen Versuche über elek- trische Wellen. — Litteratur: Dr. Heinrich Janke: Die willkürliche Herstellung des Geschlechtes bei Mensch und Haus- thieren. — Arwed Fuhrmann: Naturwissenschaftliche Anwendungen der Integralreehnung. — Liste. — Briefkasten. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 7 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XVII EEFFFLLFLEFLEFFTTSTELTLEFFTTTTTTTFELFFTTFIN In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin erschien: Die Krankheiten der Lunge. » Von G. See, Professor der klinischen Mediein in Paris. Vom Verfasser revidirte, mit Zusätzen und einem Vorwort versehene autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Max Salomon. 3 Theile. Preis jedes Theiles 10 Mark. Inhalt: I. Theil. Bacilläre Lungen-Phthise. Mit 2 chromo-lithographirten Tafeln. XVI und 528 Seiten. Il. Theil. Die (nicht tuberculösen) specitischen Lungenkrankheiten. Acute Bronchiten; ‚par asitäre Pneumonie; Gangrän; Syphilis; Echinokokkus der Lunge. Mit 2 lithographirten Tafeln. XII und 454 Seiten. Ill. Theil. Die einfachen Lungenkrankheiten. Pneumo-bulbäres Asthma, cardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Lunge; Krankheiten der Pleura. XII und 546 Seiten. ELLLIIIIIIZZZZLZLLLLLLIITTITIITIZZZZTTTT LEEEEEESEHEEEN VERLLIRFRRRR NARFRAeIsIIeFeFIFRFRITEEn. ZZUUNNNRARUDEBNNLKLNLLLINITNAENINEKLNN JUNLSENIIERUINGOVIBRAIKKBONKEEUAUDLNAALUKHRALKKABRERSEHLARKAAURKEKHBALKOBRKEBLNKABNKALUBAALRLHLAREKADRLLKEANKEENARULAKKKAKE ARE LKRRUKL RITA RINDE in Ferd. Dümmlers Gerlaeauchterdung. Ueber Tundren und Steppen! der Jetzt- und Vorzeit mit besonderer Berücksichtigung ihrer Fauna. Sehen erschien in Berlin SW. 12: TEIITTRINNTRITHTUNDTETTATSTTHTANTNNTUTTNTTTTTTETT EINGTENTTTEETERLAENGEKKODRNK GERA NANUKHODKKHAUNEEIKKERRRKERKDTRENSEHDDBLKODKKODGENNEEHNIN ANLAGE: Von Dr. Alfred Nehring, Professor der Zoologie und Vorsteher der zoologischen Sammlungen an der Königlichen landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin. Mit 1 Abbildung im Text und I Karte der Fundorte. 266 S. gr. 8°. Preis 6 Mark. RUNNUNBUNTILNEENINNITTINNRAHHINTSEERLIUN IITEIEIIEEHUKTHIIUHNNNEN SZÜHIINNN ÄUINTERUNEHUKHERTREEDITKDIIKSETDHILEEERUKOERRUKERUKDERLORNHAHUHTEDD KENNT KT : Sauerstoll ;® “... = lin Stahleylindern.: $ Dr. Robert Muencke : Philip) ( Aylanıs : Dr. Th. 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Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. I David Fabricius. Ein Freund und Mitarbeiter Johann Keplers. Von Harry Gravelius. Draussen im friesischen Lande hat man sieh in diesen Wochen eines Mannes erinnert,*) den einst aus gemein- sehaftlichem Streben erwachsene Freundschaft mit dem grossen Kepler verband. Und das ist Recht! Mehr als so manch’ anderer, den man schon bei Lebzeiten in Stein und Erz aushaut, verdient David Fabrieius ein Denkmal, denn er war ein treuer Forscher auf dem Wege zur Wahrheit; und kein geringerer, als eben Johann Kepler, hat wiederholt in seinen Briefen anerkannt, wie vielen Dank er der wissenschaftliehen Aussprache mit Fabrieius schulde. Zu Esens in Ostfriesland wurde er im Jahre 1564 geboren, ist also sieben Jahre älter gewesen als Kepler. Ueber seinen Vater, sowie über Art und Richtung seiner Studien fehlen uns alle Nachrichten. Wir wissen nur, dass es der Pfarrer Heinrich Lampadius in Braun- schweig war, dem er die Grundlagen seiner theologischen wie mathematischen Kenntnisse verdankte. Kühn wird es freilich auch nicht sein, wenn wir noch annehmen, dass er sehr frühreifen Geistes war. Denn schon im Jahre 1584, also im Alter von 20 Jahren, treffen wir ihn als wohlbestallten Prediger zu Resterhave in der Ostfriesischen Herrschaft Dornum, wo er sich bald verheirathet und wo ihm 1587 ein Sohn Johann geboren wird. Wenn Kepler, ursprünglich zum Theologen bestimmt, sich nur schwer und widerwillig — unter dem Drucke der sich zur schönsten Blüthe entfaltenden Unduldsamkeit lutherischer Theologen — in die Bahnen der Wissen- schaft drängen liess, in der er heute zu den Unsterblichen gehört, so ist es anders bei Fabrieius. Kepler mit dem heissen süddeutschen, alemannisehen Naturell hat hart zu ringen gehabt in den Nöthen und Stürmen des Lebens. Er hat freilich auch waeker gesiegt. Unserem *) Vergl. „Naturw. Wochenschr,“ VI, No. 3, S. 32: Fabrieius lag die Liebe zur Astronomie und Mathematik tief im Herzen; aber da der Erfüllung seiner Wünsche sich Hindernisse in den Weg stellen, so resignirt er und wird Pastor im Lande seiner Heimath, Er resignirt, doch nicht als Schwächling, der verziehtet je an’s Ziel zu gelangen, weil er es nicht zu der Zeit und in der Weise kann, wie er wohl wünschte, sondern als zäher, ruhiger Mann, der nicht ablässt von dem, was er will, wenn er auch neue und andere Wege vielleicht gchen muss. Sehon in Resterhave hat er sich eifri ig: astronomischen und meteorologischen Beobachtungen gewidmet, die er mit vielem Interesse in einer ziemlich ausgebreiteten Corre- spondenz mit gelehrten Freunden discutirt. In seinem Freundeskreis tritt wohl zuerst auf der ausgezeichnete Jost Bürgi aus Lichtensteig im Toggenburg, der auch mit Kepler innig befreundet war. In diesem Bürgi sehen wir aus einem einfachen jungen Uhrmacher einen von dem Meister der Zeit, Tycho Brahe, hochgeschätzten Astronomen sich entwickeln, "ind den der astronomiefr eundliche Landgraf Wilhelm von Kassel wegen seiner Vollendung in aller mathe- matisch-technischen Kunst den „zweiten Archimedes“ nannte. Die hinterlassenen Aufzeichnungen Fabrieius’, welche Ölbers zusammengestellt hat, weisen aus diesen Jahren eine grosse Anzahl von Planetenbeobachtungen und methodischen Witterungsaufzeichnungen nach. Dabei war er auch vom Glücke begünstigt, indem er am 3. August 1596 (alt. Stil) den Stern Mira im Sternbilde des Wall- fisches entdeckte, jenen „merkwürdigen“ veränderlichen Stern, der im Mittel alle 532 Tage am grössten erscheint, wo er dann oft die Sterne zweiter Grösse an Glanz über- trifft, um nach und nach wieder bis zum völligen Ver- schwinden abzunehmen. Mira ist der erste regelmässig veränderliche Stern, der entdeckt wurde. Seit jener Zeit war Fabrieius mit Tyeho Brahe in Correspondenz ge- treten und soll jenen auch im Jahre 1597 einmal besucht 14 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 8. haben, was Olbers allerdings bezweifelt. Im November des folgenden Jahres lagen er und sein Sohn Johannes an der Pest darnieder, von der aber wenigstens der Vater sich bald erholt haben muss, da er schon im Dezember den ‚Jupiter vor und nach der Opposition beobachtet. Im Sommer 1601 vertraute ihm Graf Enno III von Friesland eine Mission an den damals am kaiserlichen Hofe zu Prag als ost- friesischer Gesandter weilenden Kanzler Thomas Franzius an. Der Aufenthalt in Prag währte nur sehr kurze Zeit, dort sah Fabrieius den Tycho wieder. Kepler war leider verreist. Aber nun entspann sich zwischen beiden Männern eine eifrige Correspondenz, und aus der gegen- seitigen wissenschaftlichen Theilnahme erwächst ein Freundschaftsverhältniss, wie es nicht herzlicher gedacht werden kann. Sie grollen einander, wenn einer ’mal säumig ist im Schreiben. Und wenn dann endlich der Brief kommt, so, ist auch die alte Liebe wieder da. Im Jahre 1603 wurde Fabrieius auf die Pfarrei nach Osteel versetzt, wo er seine Beobachtungen fortsetzte, an denen nun wohl schon der Sohn theilnahm, denn als dieser 1605 nach Wittenberg zum Studium der Mediein gesandt wurde, war ihm das keineswegs zur Freude, und 1608 schrieb er an Kepler, dass er sich ganz der Astronomie widmen wolle. Es gelang ihm, und er fand bald reichen Lohn seines Strebens, indem er gegen Ende des Jahres 1610 die Sonnenflecken entdeckte, eine Entdeckung, die seinen Namen für alle Zeiten erhalten wird. Doch schon 1615 stirbt er, geschätzt bereits von den gelehrten Freunden des Vaters. So widmete ihm Kepler in einem Briefe an David Fabrieius den ehrenvollen Nachruf: „Nachdem ich dein Prognostieum auf 1618 gelesen, das mir seinen frühen Tod meldete, spreche ich auch öffentlich meinen Schmerz aus, weil ich fühle, dass du eines braven Sohnes, der die Philosophie eifrig pflegte, und ich meines Lieb- Iings beraubt bm. Doch ist uns sein Werk über die Sonnenflecken erhalten, das ihn mehr ehrt als jede Lob- rede und Grabschrift, und für seinen späteren Ruhm Ge- währ, für unseren gemeinsamen Schmerz Linderung ist.“ Um jene Zeit arbeitete Kepler an seinem unsterb- liehen Werke, der „Neuen Astronomie“, in der er die wahre Form der Planetenbahnen zeigte. Eifrig war über den Gegenstand die Correspondenz mit Fabrieius. Kepler hatte anfänglich eine andere, ebenfalls ovale, krumme Linie, nicht die Ellipse, als Bahnform annehmen zu müssen geglaubt. Zwar war er selbst unbefriedigt von diesem Resultat und arbeitete weiter, bis er dann im Verlauf eindringlichster Untersuchungen wirklieh zur Ellipse kam, aber es muss doch zugestanden werden, dass auch David Fabrieius, nach Kepler’s eigenem Aus- spruch, nahe daran war, die Ellipse zu finden und so jenem zuvorzukommen. Denn von jener anderen Bahn- form hatte Fabrieius sehr bald zeigen können, dass sie nicht mit den Beobachtungen sich vereinen lasse. Fünf Jahre vor Vollendung der „Neuen Astronomie“ erschien, October 1604, ein neuer Stern, im Schlangen- träger, der anfänglich selbst die Sterne 1. Grösse über- glänzte und dann zu Anfang 1606 bis zu völligem Ver- schwinden abnahm. Kepler hat uns eine ausführliche Schrift über diesen Stern hinterlassen. Dem Fabrieius verdanken wir ebenfalls eine, die leider heute äusserst selten ist. Wiederholt, noch 1612 zu Goslar, aufgelegt ist der „Kurze gründliche Bericht von Erscheinung und Bedeutung des grossen neuen Wundersterns, so den 1. October des 1604. Jahres zu leuchten angefangen hat und noch zu sehen ist.“ Wenn Fabrieius hier von der „Bedeutung“ des neuen Sternes spricht, so gemahnt uns das, dass um jene Zeit die irre Schwester der Astronomie, die Sterndeuterei, noch frei auf Erden wandelte. Fabrieius soll ein Freund der Astrologie gewesen sein. Dass er’s gewesen ist, dürfte nicht so leicht zu zeigen sein. Es läuft das Märchen um, dass er selbst seinen Tod aus den Sternen habe vorausgesehen. Er ist am 7. Mai 1617, Abends, auf dem Kirchhofe zu Osteel von einem Bauern, Frerik Heyer, meuchlings erschlagen worden. Heyer hatte dem Fabrieius eine Gans gestohlen und dieser ihm von der Kanzel aus wohl allzuheftig die Wahrheit gesagt. Man erzählt nun, die Constellationen hätten ihm ein Unglück an jenem Tage vorausgesagt. Er habe sich auch den ganzen Tag sorgfältig zu Hause gehalten, bis etwa nach 10 Uhr Abends. Da habe er lächelnd zu seiner Frau gesagt: „Nun kann ich doch wohl dreist aus und noch etwas spazieren gehen. Der Tag ist vorbei, es ist nach 10 Uhr.“ Bald nachher sei ihm das Unglück widerfahren. Ein Märchen, wie es eine so bewegte Uebergangs- zeit, wie die Wende des 16. zum 17. Jahrhundert, sich ausgedacht hat! Sein Streben und Ringen, sein Schaffen an der Er- weiterung edelster Erkenntniss, hat des Fabrieius Namen die Jahrhunderte überdauern lassen, besser wohl noch als es der in der Kirche zu Osteel befindliche Grabstein gethan, der erzählt, wie „de würdige un wolgeleerde Herr David Fabrieius, Pastor und Astronomus tho Östeel, int Jaer 53 sines Lebens jammerligken vermordet“ ward. Und wenn nun in seiner Heimath der Gedanke wach geworden, dem Freunde Kepler’s eine Stätte liebevollen ehrenden Gedenkens zu errichten, so durfte man dort sicher rechnen auf freundlichen Widerhall nicht nur aus der immerhin doch kleinen Sehaar deutscher Astronomen, sondern auch aus weiten Kreisen unseres Volkes, das sich trotz aller Realpolitik doch immer noch den alten idealen Sinn bewahrt hat. Zur Zel Von Dr. ©. I. In emem früher*) veröffentlichten Aufsatze berichteten wir über einige Ansiehten, die neuerdings über das Leben und den Bau der Zelle und ihres Kerns ausgesprochen worden sind. Dieselben werden nach mehr als einer Richtung hin durch andere Arbeiten ergänzt, die, von den verschiedensten Seiten an die Probleme des Zelllebens herantretend, das Bild desselben immer klarer gestalten. Wir beginnen mit denjenigen unter ihnen, die den Bau *) Siehe Abschnitt I in der „Naturw. Wochenschr.“ Band V, Seite 351 ff. lenlehre. Matzdorff. des Protoplasmas, also des lebenden Zellkörpers, be- handeln. Wiederholt hat Prof. €. Frommann in Jena Bei- träge zur Kenntniss desselben geliefert. In seinem Auf- satz „über Beschaffenheit und Umwandlungen der Membran, des Protoplasmas und des Kerns von Pflanzenzellen* („Jenaische Zeitschr. für Naturw.“ 22. Band. Jena 1888. S. 47.) untersucht er die Bildung von Pflanzenmem- branen an Blättern und Stengeln, die Membranlücken, das Auftreten von Chlorophyll in den Zellhäuten, Bildung und Wacehsthum von Chlorophyll- und Stärkekörnern. Er stellt unter Zugrundelegung der von ihm entdeckten Nr. 8. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 1b) Netzstructur des Protoplasmas*) fest, dass die Pflanzenmem- branen aus der Umwandlung der äussersten Protoplasma- schichten hervorgegangen sind, indem sich wahrschein- lieh behufs der Parallelstructur derselben die Netzsehichten regelmässig angeordnet haben, dass der grüne Farbstoff der Membranen mit dem Chlorophyll identisch ist, dass Protoplasma in die Zusammensetzung der Membranen eingeht, und dass die Um- und Neubildungen derselben Lebenserscheinungen sind. Stärkekörner entstehen sowohl im gewöhnlichen als auch in dem glänzenden, homogenen oder genetzten Protoplasma (dem „Aglaoplasma*) und wachsen durch Apposition auf Kosten des sie umlagernden Protoplasmas; sie bilden sich als kleine Körnehen seines Netzes, die dann in verschiedener Form wachsen. Weiter behandelt Frommann in seinen „Beiträgen zur Kenntniss der Lebensvorgänge in thierischen Zellen“ („Jenaische Zeitschr.“ Band 23. Jena 1889, S. 389) zunächst die reifen Eier des Seeigels Strongylocen- trotus lividus, und zwar die bisher wenig beachtete Structur des Dotters dieses sonst schon mehrfach unter- suchten Objeets. Schon am unbefruchteten Ei besteht die homogene Grundsubstanz nicht aus isolirten Körnern, sondern sie ist aus häufig durch Fäden verbundenen Körnern, Knoten und Strängen zusammengesetzt. Diese Dotterstrueturen verändern fortwährend ihre Form und Grösse, die Fäden sondern sich in Körnehen, die Knoten ziehen die Fortsätze ein oder strecken neue aus, in den Fadenmaschen werden neue Körmer gebildet, kurz die am Protoplasma anderer lebenden Zellen beobachteten Vorgänge sind auch hier vorhanden. Genau ebenso ver- hält sich das befruchtete Ei. Sein homogener Kern ist wechselnd begrenzt, oft von einer anscheinend ununter- brochenen Linie, dann wieder von einer durch Fäden mit dem benachbarten Protoplasma zusammenhängenden Con- tur. Die von ©. Hertwig, Fol und Flemming seinerzeit als höchst regelmässig geschilderte radiäre Anordnung der Theile der Strahlenfiguren im befruchteten Ei besteht zwar im Allgemeinen, doch gehen die die Strahlen bildenden Formelemente, Körner, Knoten, Stränge, Fäden u. s. f. nur selten durch die ganze Figur, sind oft unzusammenhängend im gleichen Radius oder sind mit benachbarten Radien durch Fäden u. a. verbunden. Die Strahlen zeigen ferner keineswegs gleiche Abstände und wechseln im oben geschilderten Sinne fortwährend ihre Form. Die Grössenzunahme der Furchungs- und Sperma- kerne im Ei beruht auf Aufnahme verflüssigter, also homogen gewordener Dotterelemente, doch geschieht diese Verflüssigung ungleichmässig, und Körner und Zacken, Reste der derberen Dotterelemente, liegen hart an den Kernen. — Bei Embryonen mit 12 und mehr Zellen schienen protoplasmatische Fäden als Verbindungsbrücken die Zwischenzellräume zu durchsetzen und eine Zelle mit der andern zu verbinden. **) Die gleichen Verhältnisse im Bau und dieselben Lebensäusserungen zeigte die Grundsubstanz in den Ganglienzellen, die aus den Gehirnen des Zitterrochens (Torpedo marmorata)undSternrochens(Raja asterias) sowie aus dem elektrischen Organ des ersteren gewonnen wurden. Auch hier wechselte das Netzwerk mit seinen Knoten, Körnern und Fortsätzen Gestalt und Brechungs- vermögen, verlängerten oder verdickten, gabelten oder vereinigten sich die einzelnen Fäden und Körner. Bedeutende Förderungen unserer Kenntniss der als *) Siehe auch „Naturw. Wochenschr.“ Band. V, S. 2. Wir dürfen wohl auch an dieser Stelle ausdrücklich auf die umfassenden Aufsätze, die Prof. W. Preyer in der „Naturw. Wochenschr.” über die „Physiologie des Protoplasma“ veröffentlichte (V Seite 1 und VI Seite 1 u. 27) als auf eine nothwendige Ergänzung unseres Berichtes, aufmerksam machen. **) Siehe auch hierfür Band V, Seite 2 Spalte 1 unten. Einzelwesen selbstständig lebenden Zellen verdanken wir dem unermüdlichen, durch seine Bearbeitung der hierher gehörenden Abtheilung des Thierreichs in „Bronns Klassen und Ordnungen“ allgemein bekannten Heidelberger Zoo- logen O. Bütschli. „Ueber den Bau der Bakterien und verwandter Or- ganismen“ sprach er am 6. December 1859 im naturhist.- mediein. Verein zu Heidelberg. (Leipzig 1890.) Bütschli tritt hier vor allem der Frage näher, ob die von de Bary und ihm in die Nähe der Flagellaten gestellten genannten Organismen Moneren im Haeckel’schen Sinne sind oder nicht, d. h. ob sie einen Kern besitzen. Wie nun sehon genauere Untersuchungen den Begriff der Moneren immer weiter beschränkt haben, so kommt in vorliegender Schrift nun auch Verfasser zu dem Ergebniss, die Bakterien von ihnen auszuschliessen. Es ist demnach wohl die schon ein- mal in diesen Blättern besprochene Ansicht (s. Bd. V, S. 353), dass uns keine Moneren mehr bekannt sind, die richtige. — Schon Ernst fand 1585 in Bakterien Kerne. Bütschli legt seinen Untersuchungen die Ehrenberg’schen Schwetel- bakterien Monas Okenii und Ophidomonas jenensis zu Grunde. Ersteres, heute Chromatium Okenii ge- nannt, ist bohnenförmig und besitzt eine schraubenförmig sich bewegende Geissel. Auch Ophidomonas besitzt ein Flagellum. Bei der Bewegung geht oft das geissel- tragende Ende voran, oft folgt es. Die Geissel von Chromatium scheint von der Membran, die als eine fest gewordene Plasmaschicht anzusehen ist, auszu- gehen. Der Inhalt besteht aus einer äusseren rothen Schicht und einer farblosen innern, die allein die Schwefel- körner enthält. Den rothen Farbstoff, das Bakteriopur- purin, hält Verfasser für identisch mit dem Farbstoff der Euglena sanguinea und der Haematococeeen, also dem Haematochrom (Cohn). Es ist offenbar ein Fettfarb- stoff (Lipochrom.) Der farblose Haupttheil zeigt bei der Färbung die Eigenschaften eines Zellkerns und weist namentlich eine wabige Structur auf. In den Knoten- punnkte des Wabengerüstes sitzen kleine rothe Körner. Derselbe Bau konnte nun bei Ophidomonas jenensis, konnte aber auch, abgesehen von den Schwefelkörnern, an Oscillarien nachgewiesen werden. Auch hier schwankt die Grösse des intensiv färbbaren Haupttheils oder Centralkörpers bedeutend. Die rothen Körnchen, die Schmitz, Strassburger und Ernst gelegentlich für Kerne hielten, dringen bei allen genannten Formen zu- weilen in die Rindenschicht bis an die Membran ein. Bütschli konnte dieses Verhalten auch bei einer Nosto- cacee, wahrscheinlich Aphanizomenon, nachweisen. Das schwefelfreie Bacterium lineola war ein ver- kleinertes Abbild des Chromatium. Bei andern Bak- terien war die Rindenschicht nur an den Enden des Körpers oder überhaupt nieht mehr ordentlich zu unter- scheiden, so z. B. bei Spirillum undula. Andererseits wies diesen Unterschied Spirochaeta serpens deutlich auf. Schliesslich wurden Beggiatoa alba und mirabilis mit gleichem Ergebniss untersucht. Die geschilderten Befunde deutet Verf. dahin, dass der Centralkörper höchst wahrscheinlich emen Kern dar- stellt, der als der phylogenetisch ursprünglichste Bestand- theil der Zelle aufzufassen ist, und von dem das Plasma und die als Plasmamembran, Pellicula, aufzufassende Hülle abgeleitet werden müssen. Die Structur dieses Kerns bildet eine Stütze für Bütschli’s Ansicht von dem wabigen Bau der lebenden Substanz. Verf. hat, wie er in einer Nachschrift auseinandersetzt, den gleichen Kernbau bei pflanzlichen Epidermiszellen und in den rothen Blut- körpercehen des Frosches gefunden. Bütschli hat es nun auch versucht, auf Grund seiner Anschauungen vom Wabenbau des Protoplasmas diese 16 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 8. Struetur künstlich nachzuahmen: „Ueber die Struetur des Protoplasmas.“ (Verdl. des „naturbist.-med. Vereins“ zu Heidelberg. N. F. 4. Bd. 1889. S. 423. 441.) und „Fort- setzungen der Versuche zur Nachahmung von Protoplasma- strueturen.“ (62. Naturforscher - Versammlung zu Heidel- berg. Zool. Seetion. Sitzung vom 21. Septbr. 1889. S. Biol. Centralbl. 10. Bd. 1890. S. 441.) Bütschli erhielt feine, dem protoplasmatischen Netzwerk ähnliche Sehäume, wenn er eine dieke Schmierseifenlösung mit Benzin oder Xylol heftig und anhaltend schüttelte, oder wenn ein wenig Rohrzucker oder Kochsalz sehr fein pulverisirt und mit einigen Tropfen alten, lange gestandenen Oliven- öls zu einem zähen Brei verrieben, und ein Tröpfehen desselben in eine mit Wasser gefüllte mikroskopische Kammer gebracht wurde. Im ersteren Falle bildet die Seife das Wabengerüst, das Benzin bezw. Xylol den In- halt der Waben; im letzteren Falle zieht der Zucker bezw. das Salz das Wasser an und verwandelt sich in Tröpfehen von Zueker- oder Salzlösung, die den Oel- tropfen in einen feinen Schaum verwandeln. Derartige mit Glyeerin aufgehellte Tropfen zeigten eine so feine Struetur, dass dieselbe zum Theil nur mit starken homo- genen Immersionen erkannt werden konnte. An den feinsten Stellen konnte nur eine feine Punktirung er- kannt werden, die dem granulirten Bau des feinkörnigen Plasmas entsprieht. Weiter zeigte die Tropfenoberfläche eine feine Membran, „die Hautschicht*, die genau in derselben Weise radiär gestreift war (in Folge radiärer Anordnung der Schaumwaben), wie das von zalılreichen Protozoen bekannt ist. — Verf. stellte weiter fest, dass das Schaumigwerden des Oels auf seinem, wenn auch geringen, Seifengehalt beruht, dass diese Seifenmenge das Wasser anzieht, die im Oele nieht mehr lösliche wässerige Seifenlösung aber tropfenweise ausgeschieden wird. Gestützt dureh diese Erfahrung konnte Bütschli ferner das Strömen des Plasmas, wie es bei Amocba limax oder Pelomyxa beobachtet werden kann, da- durch nachahmen, dass er Breitröpfehen aus Olivenöl und Pottasche auswusch und mit verdünntem Glycerin ver- setzte. In letzterem strömten die Oeltropfen bis über 24 Stunden lang; ja es konnte sogar nach 48 Stunden dureh Erwärmung die Strömung auf’s Neue erregt werden. Die Strömungen werden dadurch erregt, dass an einer Stelle der Oberfläche des Oeltropfens einige kleine Sehaumwaben platzen, dadurch hier auf die von einer dünnen Oelhaut gebildete Tropfenoberfläche Seifenlösung tritt, die Oberflächenspannung verändert wird, und Ab- strömen erfolgt, sodass die Schaummasse dieser Stelle zuströmt. Die Erhöhung der Temperatur macht das Oel flüssiger und gestattet daher eine leichtere Bewegung. Die amöbeiden Bewegungen des Plasmas und die Strö- mungen des Oelschaumseifentropfens hält Verf., namentlich auch auf Grund seiner Untersuchungen an Amoeba proteus, für prineipiell übereinstimmend. — Durch sehr zähes eingedicktes Oel konnte Verf. faseriges Plasma nachahmen, z. B. durch dünne Fäder desselben den Achseneylinder einer Nervenfaser. Das Oel bildet dabei sehr langgezogene Waben, und Verf. hält die Plasma- fibrillen für ebenso gebaut. Endlich konnten dureh Zu- satz von Kienrusstheilchen und locale Aenderungen der Oberflächenspannung diese oder die Waben in radiäre Anordnungen versetzt werden, die mit den z. B. auch bei Zelltheilungen (s. Bd. V, S. 352) beobachteten Strahlungs- erscheinungen identisch sind. Dass die Strahlungsvor- gänge auf Diffusionserscheinungen beruhen, sprach Bütsehli schon 1376 aus. — In der oben erwähnten Sitzung der Heidelberger Naturforscher - Versammlung sprach derselbe Forscher „über zwei interessante Ciliatenformen“, die er zusammen mit R. von Erlanger untersucht hatte”) Von bemer- kenswerthem Bau ist die in der Umgebung Heidelbergs auf- gefundene neue Gattung und Art Hastatella radians. Dieses Infusorium ist einer Vorticellme ähnlich gebaut, besitzt aber weder Stiel noch hinteren Wimperkranz und schwimmt frei umher. Es ähnelt Astylozoon Engelm. Eigenthümlich sind ihm 2 Kränze von je S—10 Stacheln, die es beim Schwimmen nach hinten anlegt, beim Still- sitzen ausspreizt. Der vordere Kranz sitzt auf dem Perissomrand, der hintere auf einem Wulst in der Körpermitte. Die Stacheln bestehen aus einem Haut- überzug mit plasmatischem Inhalt und dienen offenbar zum Schutze. — Ferner hatten die genannten die selt- samen langen Tentakeln von Actinobolus radians untersucht und gefunden, dass deren Bau gegen eine Verwandtschaft des Thiers mit den Sauginfusorien spricht. Die Tentakeln bestehen aus einem sehr kurzen, kegel- förmigen Basaltstück, einem langen, fadenförmigen, all- mählich sich verengernden Haupttheil und einem dunklen dünnen Endstücke, dessen Ende schwach knopfig ist. Werden sie eingezogen, so gehen sie nicht gänzlich im Körperplasma auf, sondern die Enden bleiben in dem- selben getrennt liegen. Achnliche Stäbchen sieht man ausserdem unter der Körperoberfläche. Es sind das offenbar Triehocysten, die von den Tentakeln zum er- höhten Schutz über die Körperoberfläche emporgehoben werden. Bei durch Osmiumsäure getödteten Individuen sah man auch oft einen feinen Faden aus dem Knopf heraustreten. (Fortsetzung folgt.) *) Ausführlicher hat inzwischen Letztgenannter („Zur Kennt- niss einiger Infusorien*, Z. f. w. Z. Bd. 49. S. 649) hierüber be- richtet. Das Dulong’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmelehre. Von Friedrich Mann. (Schluss.) Wie lässt sich nun der mathematische Beweis für die Riehtigkeit des Dilong’schen Gesetzes in Einklang bringen mit den empirisch vorliegenden Abweichungen ? Wir müssen unterscheiden zwischen der empirisch gefundenen speeifischen Wärme ı und der wahren, den Begriff vollständig deekenden specifischen Wärme 0, wobei also unter ı, die Wärmemenge zu verstehen ist, welche lediglich die Erhöhung der Gewichtseinheit (des Kilogramms) um 1 Temperaturgrad und nichts weiter zu besorgen hat. Nun ist aber nicht zu hindern, dass bei jeder Erwärmung nicht nur Temperaturerhöhung eintritt, sondern dass ein Theil der aufgebotenen Wärme ver- wendet wird zur Bekämpfung der Molekularwiderstände bei Aenderung der Lage und Entfernung der Atome, bei Aenderung des molekulären Gefüges. Auch von der Wärmemenge ‘wo, welche wir einem Kilogramm des Grund- stoffes zuführen zu dem Zwecke, dessen Temperatur um 1 Grad zu erhöhen, wird, ob wir es beabsichtigen oder nicht, ein Theil, den wir 20, nennen wollen, zur Ueberwin- dung innerer Widerstände in Anspruch genommen werden. Es ist daher w=Ww, + Wy Nr. 8. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 77 nn wobei ı, lediglich die Temperaturerhöhung besorgt, also Wärme bleibt, während 0, sich in mechanische Arbeit umsetzt. Wie schon erwähnt, ist hierbei @w die empirisch gefundene, ıw, dagegen die wahre begriffsgemässe spe- eifische Wärme. Bezeichnen wir das Atomgewicht irgend eines Grund- stoffes durch «a, so ist wa —= (W + Wo)a = WA + wyd. Dass w, a, d. h. die wahre Atomwärme für alle Grundstoffe constant sei, haben wir aus den Anschauungen der mechanischen Wärme- lehre mathematisch nachgewiesen. Zeigt wa, d. h. die empirisch festgestellte Atomwärme innerhalb der Grundstoffreihe Abweichungen, so folgt daraus nichts anderes, als dass der zweite Summand des wa, nämlich ws, ca, von Grundstoff zu Grundstoff verschiedenwerthig sei, dass also zwar w,, nicht aber aueh ,, im um- gekehrten Verhältniss zum Atomgewichte stehe. Bei Grundstoffen mit kleinen Atomgewichten bleibt der Werth von za erheblieh hinter der Mittelziffer 6,4 zurück. Da für diese w, « genau so gross sein muss wie bei den Grundstoffen mit grossen Atomgewichten, so lässt sich der Minderwerth des w« nur durch die An- nahme erklären, dass ı a@ bei kleineren Atomgewichten kleiner sei als bei grösseren. Das Resultat unserer Untersuchung können wir in die Worte kleiden: Denkt man sich alles das weg, was den Wärmeaufwand w, veranlasst, d. h. stellen wir uns vor, die Atome schwängen einzeln, völlig ungehindert, es bestände keinerlei molekularer Verband, es wären also auch keiner- lei innere Widerstände zu überwinden, so müsste innerhalb der Grundstoffreihe das Dulong’sche Gesetz ohne irgend welche Abweichung mit voller mathematischer Schärfe gelten. Der con- stante Summand zo, «a ist der feste Kern, der aus dem empirisch gefundenen Dulong’schen Gesetz heraus schimmert, während der veränderliche Summand 0 «a den einhüllenden Nebel bildet. — Verlassen wir nun die Grundstoffe uns den chemischen Verbindungen zu. Neumann hat 1551 gefunden, dass das Dulony’sche Gesetz auch für chemische Verbindungen gleicher Con- stitution gilt in der Weise, dass sich immer die gleiche Constante ergiebt, so oft man innerhalb der nämlichen Gruppe chemischer Verbindungen die Molekulargewichte mit den speeifischen Wärmen multiplieirt, dass aber diese Constante von Gruppe zu Gruppe einen andern Werth annimmt und zwar um so mehr sich steigert, je com- plieirter die Zusammensetzung wird. Diese Constante, für die Reihe der Grundstoffe im Mittel gleich 6,4, wird z. B. für Verbindungen wie Zink- oxyd (Zn 0) und Kupferoxyd (Cu O0) schon 9, bei Eisen- oxyd (Fe, O,), Chromoxyd (Cr, 0,) 26 u. Ss. w. Offenbar drückt jede dieser Neumann’schen Con- stanten die Wärmemenge aus, welche nöthig ist, um ein Molekül der betreffenden ehemischen Verbindung in der Temperatur um 1 Grad C. zu erhöhen, also die Molekular- wärme dieser Verbindung. Der Sinn der Neumann’schen Erweiterung des Dulong- schen Gesetzes ist mithin der, dass die chemischen Verbin- dungen gleicher Constitution in der Molekularwärme über- einstimmen, und dass die Molekularwärme jeder chemischen Verbindung grösser als die Atomwärme eines Grundstoffs ist. Drücken wir die Diulong’sche Constante durch (\, die Neumann’sche durch € aus, so nimmt (einen um so grösse- ren Werth an, auf eine je complieirtere Verbindung sich dieses ( bezieht, immer aber, auch bei den einfachsten Verbindungen (wie bei Zu © z. B.) ist Ü grösser als (\. und wenden wir Woher kommt dies? warum ist C nicht gleieh €, sondern immer grösser als (, ? Darin kann der Grund nicht liegen, dass z. B. das Molekulargewicht des Zinkoxyds grösser ist als das Atom- gewicht des Zinks und des Sauerstoffs. Es giebt ja auch Grundstoffe, deren Gewicht das Molekulargewicht des Zinkoxyds übertrifft, — und das Wesen des Gesetzes der lebendigen Kräfte besteht ja gerade darin, dass zur Steigerung der lebendigen Kraft (Temperatur) um ein Gewisses stets die nämliche Grösse an mechanischer Arbeit (Wärmemenge) erforderlich ist, wie gross oder wie klein auch die Masse sein möge. — Wäre und bliebe z. B. das Molekül des Zinkoxyds eine starre Verbindung aus 1 Atom Zink und 1 Atom Sauerstoff, schwänge dieses Ziukoxydmolekül als starres unveränderliches Ganzes (ganz so, wie das Atom eines Grundstoffes) und hätte es bei diesem Schwingen des Gesammtmoleküls sein Bewenden, so müsste dem Gesetz der lebendigen Kräfte gemäss die gleiche Wärmemenge (mechanische Arbeitsgrösse) ausreichen, um 1 Molekül Zinkoxyd in der Temperatur (lebendigen Kraft) um ein Gewisses zu erhöhen, als um für ein Zinkatom die gleiche örhöhung zu Stande zu bringen und es müsste dann folg- lich die Nexmann’sche Constante €’ mit der Dulong’schen C, zusammenfallen. Da dem nun aber nicht so ist, da vielmehr die Erfahrung lehrt, dass ( grösser als C,, so folgt daraus, dass die einfachen Atome innerhalb des Moleküls gleichfalls Bewegungen ausführen, dass mithin jede Zufuhr an Wärme nur theilweise zur Erhöhung der Schwingungsenergie des Moleküls verwendet wird, während der andere Theil dazu dient, die Einzelbewegung der einfachen Atome zu steigern. Bei fortgesetzter Wärme- zufuhr wird zuletzt ein solehes Ueberwuchern der Be- wegung der einfachen Atome eintreten, dass von einer Zusammengehörigkeit derselben keine Rede mehr sein kann, das Band also, welches die einfachen Atome zu einer Gruppe, zu einem Molekül zusammenhielt, als zer- rissen betrachtet werden muss. Dann ist es der Wärme gelungen, die chemische Verbindung in ihre Bestandtheile zu zerlegen. Hieraus ergiebt sich Folgendes: 1) Schwänge bei der Temperaturerhöhung das Molekül der chemischen Verbindung be- ständig als starres Ganzes, d. h. existirte die Einzelbewegung der Atome innerhalb des Mole- küls nicht, so müsste die Neumann’selte Con- stante zusammenfallen mit der Dulong’schen, d.h. die Molekularwärme der chemischen Ver- bindung müsste übereinstimmen mit der Atom- wärme der Grundstofte. 2) Ist esder Wärme gelungen, die chemische Verbindung vollständig zuzerlegen, d.h. schwingt jedes Atom für sieh, und kommt die Gesammt- bewegung des Moleküls gänzlich in Wegfall, so ist der Wärmebedarf behufs Temperatur- erhöhung der Gesammtheit der Atome eines Moleküls offenbar genau gleich der Summe der Wärmemengen, deren die einzelnen Atome zum Zwecke der gleichen Temperaturerhöhung be- dürfen, d. h. wenn die chemische Verbindung zerlegt ist, muss die Molekularwärme genau gleich sein der Summe der Atomwärmen der im Molekül vorkommenden Atome. 3) Wenn aber durch Wärmeeinwirkung der Zusammenhang der Atome im Molekül zwar schon mehr oder weniger geloekert ist, die chemische Verbindung als solche aber noch besteht, d. h. wenn neben dem Schwingen der Einzelatome im Molekül noch das Schwingen des Moleküls ein- 18 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 8. hergeht, dann ist ein Zustand vorhanden, der zwischen den in I) und 2) geschilderten Zuständen liegt, woraus folgt, dass die Molekularwärme Jeder chemischen Verbindung zwar grösser als die Atomwärme eines Grundstoffs, zugleich aber kleiner als die Summe der Atomwärmen der im Molekül vertretenen Atome sein muss. Gestützt auf empirische Ergebnisse haben mehrere Forscher, zuletzt Kopp, den Satz aufgestellt: die Mole- kularwärme einer chemischen Verbindung ist gleich der Summe der Atomwärmen der sämmtlichen Atome des Moleküls, wobei also für bestehende Verbindungen be- hauptet wird, was unserer Beweisführung gemäss nur für schon getrennte Verbindungen gelten kann. Sofern die Grundansehauungen der Undulationstheorie der Wärme wahr sind, muss das Kopp’sche Ge- setz falsch sein, und bei näherem Zusehen ergiebt sich wirklich, dass die Empirie unsere Behauptung voll- ständig rechtfertigt. Denn Kopp beansprucht für sein Gesetz nur annähe- rungsweise Gültigkeit, und alle Abweichungen be- stehen in der That darin, dass die direct be- stimmte Molekularwärme der Verbindung hinter der Summe der ebenfalls direet bestimmten Atomwärmen zurückbleibt. Rechnen wir, um dies zu zeigen, zunächst mit Mittel- werthen. Dem Xopp’schen Gesetze gemäss müsste die Molekulärwärme einer Verbindung, deren Moleküle aus je 2 Atomen bestehen, 2 x 6,4 = 12,8 sein, sie ist aber 0. Die Molekularwärme einer Verbindung aus 5 Atomen müsste nach Kopp gleich 5 x 6,4 gleich 32 sein, während sie 26 ist. Auch die im mehreren Werken, z. B. in dem be- kannten Buch von Lothar Meyer*), als für das Kopp’sche Gesetz besonders beweiskräftig angeführten Beispiele sprechen für unsere Auffassung. So erhält man nach der Aopp’schen Regel als Mo- lekularwärme für Jodblei 20,9, für Bromblei 19,9, während die direeten Bestimmungen für Jodblei 19,6, für Brom- blei 19,5 ergeben. Da die Gültigkeit der Kopp’schen Regel die voll- ”) Die modernen Theorien der Chemie etc, zogene Trennung der Verbindung voraussetzt, so wird diese Regel mit um so grösserer Annäherung gelten, je mehr die Verbindung schon gelockert, je näher sie dem Augenblick der Trennung schon gerückt ist. Die Diffe- renz zwischen der Kopp’schen Molekularwärme (d. h. der genauen Summe der Atomwärmen) und der wirklichen stets kleineren Molekularwärme gestattet also einen Blick in die Beschaffenheit der chemischen Verbindung. Je grösser jene Differenz sich ergiebt, desto weiter muss die Verbindung noch vom Process der Trennung entfernt sein, d. h. desto fester ist sie noch. Manche der in den Tabellen aufgeführten Atom- wärmen sind indireet, d. h. mit Zuhülfenahme der Kopp- schen Regel gefunden. Ist nämlieh C eine chemische Verbindung aus den Grundstoffen A und DB, so müsste man, falls das Kopp’sche Gesetz richtig wäre, die Atom- wärme von D erhalten, wenn man von der direct be- stimmten Molekularwärme von C die direet bestimmte Atomwärme vom A abzöge. Da aber in Wahrheit die Molekularwärme von (nicht gleieh der Summe der Atomwärmen von 4 und B, sondern kleiner als diese Summe ist, so erhält man dureh dieses Rechnungsverfahren für die Atomwärme von B einen zu kleinen Werth, was durch die Empirie ebenfalls bestätigt wird. So erwähnt z. B. Ostwald*) ausdrücklich, dass bei mehreren der Grundstoffemit kleinem Atomgewieht, deren Atomwärme unter 6,4 bleibt, diese Atomwärme nicht direet bestimmt, sondern aus den Molekularwär- men von Verbindungen durch Abzug der auf die an- deren Elemente fallenden Antheile, also nach der Kopp- schen Regel berechnet worden seien. So kommen wir sogar zu dem Schluss, dass die Abweichung mancher Grundstoffe mit kleinem Atomgewicht vom Dulong’schen Gesetz, welche Abweichung wir als Folge eines Minderwerthes des Summanden «a vermuthen, lediglich in dem Umstande begründet sein dürfte, dass man die Atomwärmen dieser Stoffe nieht direct bestimmt, sondern nach der Kopp’schen Regel berechnet hat. *) Grundriss der allgemeinen Chemie von W. Ostwald 1889. Ueber Abrus preeatorius L. und das aus dem Samen dieser Pflanze dargestellte Abrin hielt Professor Kobert in der Dorpater Naturforscher-Gesellschaft einen Vortrag®). Die Geschichte dieser Pflanze — deren schar- lachrothe Samen, jeder derselben mit einem schwarzen Fleck, u. a. wie bekannt zusammen mit indischen Schnecken und Muscheln zur Verzierung von Nipp- schachteln und zu Halsschnüren Verwendung finden**) — reicht sehr weit zurück, indem schon die alten indischen Schriftdenkmäler dieselbe erwähnen. Die griechischen und römischen Schriftsteller des Alterthums scheinen die Pflanze nicht gekannt zu haben, während vom Mittelalter ab sie in allen einschlägigen Schriften vorkommt. Ibn Baithar nennt die Samen derselben, von denen allein hier die Rede ist, „Augen des Hahns“, eine Bezeichnung, welehe auch die türkischen und persischen Schriftsteller allgemein angenommen haben und die auf dem hahn- augenartigen Aussehen der Droge beruht. Wie der Inder, *) Nachfolgenden Bericht über seinen Vortrag hatte Herr Prof. Kobert die Güte in der Correetur zu lesen und zu erweitern. **) Vergl. über die physiologische Bedeutung der eigenthüm- lichen, auffallenden Färbung der genannten Samen „Naturw. Wochenschr.“ Bd. IV, S. 207. Potonie und Sterne, Die Verbreitung der Samen insbesondere der Paternostererbse. so wandten auch die Araber die Samen innerlich und äusserlich als Arzneimittel an. Bei den Indern bildet sie ausserdem die Einheit des noch jetzt üblichen Gewichts- systems, da das Gewicht der Samen im Durchschnitt 0,1 g beträgt. 1455 wurde unsere Pflanze von Aloysio Ca Da Mosto am Senegal aufgefunden. Leonhard Rauwolf in der Be- schreibung seiner berühmten Reise nach dem gelobten Lande (1573) erwähnt sie ebenfalls. Prosper Alpinus, welcher 1550 Aegypten bereiste, bespricht die Pflanze und ihre Samen ausführlich unter dem ägyptischen Namen Abrus. Er kennt die Giftigkeit der Pflanze, betont aber, dass sie trotzdem gekocht genossen wird. Aus dem Jahre 1601 stammt eine Abbildung der Pflanze von Clusius. — Für Brasilien, wo der Volksname für Abrus „Jequirity“ lautet, erwähnt das Vorkommen der Pflanze zuerst Guilelmus Piso (1648), ebenfalls mit der Bemer- kung, dass die Samen gegessen werden, aber sie seien ein nutrimentum noxium et flatulentum. Später hat man auch bei den Persern, Chinesen, auf den Antillen und bei den Malayen den Gebrauch unserer Samen eonstatirt. Die ältesten deutschen Namen sind Abruserbse, Pater- nosterbeere und Giftbohne, Jetzt nennt man sie meist Jequiritysamen, Nr. 8. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 19 Im jetzigen Jahrhundert hat sich allmählich in den Ländern, wo unsere Pflanze vorkommt, ein ganz fest- stehender Gebrauch der Samen eingebürgert, während die ganz anders wirkende Wurzel auf Veranlassung von Sloane (1700) und Berzelius (1527) als Süssholzersatz dient und seit 1344 zu diesem Behufe in Indien offieinell ist. Der Gebrauch der Samen ist merkwürdiger Weise in Brasilien ein ganz anderer als in Indien. In Indien wird das Mittel sowohl zu ärztlichen Zwecken äusserliceh und innerlich gebraucht als auch ver- brecherischer Weise zum Mord von Menschen und Vieh. Die Details dieser Anwendung, welche seit 1870 dureh Jayakar und Centner an’s Licht gezogen sind, wurden von Kobert in seinem Vortrage ausführlich besprochen. In Brasilien hat Castro e Silva 1567 zuerst die beim dortigen Volke längst bekannte Wirkung des kalten Samenauszugs auf's Auge veröffentlicht. Durch Wecker in Paris wurde diese Wirkung, welehe in einer acuten Entzündung der Bindehaut besteht, 1352 allgemein be- kannt und rief Hunderte von Publieationen in allen Welttheilen hervor. Die traurigste Rolle spielt in diesen zum Theil sehr polemischen Schriften der deutsche Oph- thalmolog Sattler, welcher 1833 irrthümlicher Weise diese Wirkung durch Bakterien erklären wollte. Dieselbe be- ruht vielmehr, wie unabhängig von einander Warden und Waddell in Indien, Salomonsen und Dirking Holmsfeld in Dänemark, Neisser in Deutschland und Klein in Eng- land fanden, auf einer Eiweisssubstanz, dem Abrin, welches von Sidney Martin und Wolfenden 1559 in zwei chemisch verschiedene, aber pharmakologisch gleichartig wirkende Albuminkörper zerlegt worden ist. Kobert hat sich mit dem Abrin schon seit zwei ‚Jahren beschäftigt, da es mit dem unter seiner Leitung von H. Stillmark dargestellten Riein so auffallende Aehnlichkeit besitzt, dass man an eine Identität beider denken kann. Beides sind sogenannte Toxalbumine. Es verdient hier hervorgehoben zu werden, dass das Riein von Kobert und Stillmark das erste pflanz- liche Toxalbumin ist, welches überhaupt darge- stellt wurde (nämlich mehrere Jahre vor den T Toxalbu- minen von Brieger). In einer früheren Nummer dieses Blattes haben wir bekanntlich auch ein von Prof. Ko- bert dargestelltes thierisches Toxalbumin, das Spinnengift, besprochen. Die von G. Bufalini angege- bene musearinartige Wirkung auf das Herz besitzt weder das Riem noch das Abrin; vielmehr besteht die Grund- wirkung beider, aus welcher alle Symptome sieh erklären lassen, in einer Coagulationswirkung auf gewisse Eiweiss- körper des Blutes und der Lymphe, wodurch Verstopfungen der Gefässe mit seeundären Embolien und Haemorrhagien namentlich im Darmecanal entstehen. Der Sectionsbefund ist genau derselbe, gleichgültig ob die Vergiftung durch Riein oder Abrin hervorgerufen worden ist. Die Wirkung erstreckt sich auf das Blut aller Wirbelthierelassen, ist jedoch nicht bei allen gleich in- tensiv. Sie ist das erste Analogon für die von A. Schmidt seit Jahren vertretene Ansicht, "dass ein gelöster Eiweiss- körper selbst in minimalen Mengen auf einen zweiten gelösten gerinnungserregend einwirken kann. Das durch Riein oder Abrin im Blute hervorgerufene Coagulum hat mit dem Schmidt’schen Fibrin grosse Aehnliehkeit. Beide lassen sich mit destillirtem Wasser auswaschen, bis alles Haemoglobin entfernt ist; beide lösen sieh in gesättigter Kalisalpeterlösung ete. Bei Einbringung in den Darmeanal werden sowohl das Riein als das Abrin dureh die Verdauungsfermente theilweise in ungiftiges Pepton umgewandelt. Kobert war im Stande, diese Entgiftung auch. extra corpus mit Kühne’scher Peptonlösung herbeizuführen. So er- klärt es sich, dass bei Einführung der beiden Gifte durch den Mund erst nach relativ grossen Dosen der Tod eintritt, während vom Blute aus sehon 0,00001—0,00002 Gramm pro Kilogramm Thier (Hund, Katze, Pferd ete.) tödtlich wirken, woraus sieh die für einen Menschen vom Blute aus nöthige Dose auf etwa ein Milligramm berechnen würde. Die Jequirityophthalmie lässt sich durch Riein ge- rade so hervorrufen wie durch Abrin. Die ausführliche Mittheilung über dieses interessante Gift ist in einer Dissertation des Herrn Hellin enthalten, welehe unter Prof. Kobert soeben beendet wurde und im siebenten Bändchen der Arbeiten des pharmakologischen Instituts zu Dorpat(1591) zur VB: kommen wird. Brendel’s botanische Modelle. — Mit dem Er- wachen der höheren Pflanzenwelt in der freien Natur beginnt in den Schulen auch wieder der Unterricht in der Botanik. Wir nehmen aber schon jetzt Veranlassung, auf einige wichtige botanische Lehrmaterialien auf- merksam zu machen, um noch zeitig genug hoffentlich hier und da die Beschaffung anzuregen. Wir hatten uns schon längst vorgenommen, die freundlichen Leser der „Naturw. Wochenschr.“ auf die Brendel’schen botanischen Modelle, von denen die Rede sein soll, hinzuweisen und finden jetzt insofern passendste Gelegenheit hierzu, als die Anfertigung dieser Modelle im kommenden März ihr 25jähriges Jubiläum feiert. Die Brendel’schen botanischen Modelle haben sich übrigens längst bewährt und auch der Unterzeichnete hat wiederholt in seinen botanischen Vorlesungen Gelegenheit gehabt, die eminente Zweckmässigkeit der Modelle prak- tisch zu erproben, die übrigens auch ohne Weiteres Jedem mit dem Doeiren und Unterricht Vertrauten einleuchtet, der diese Lehrmittel nur gesehen hat. Im Interesse der Förderung und Erleichterung des botanischen Unterrichts muss man ihnen daher die weiteste Verbreitung wünschen. Die Modelle sind in einer Grösse ausgeführt, welche ihre Benutzung in einem Klassenzimmer oder in einem kleinen bis mittelgrossen Hörsaal gestattet; wo erforder- lich, sind sie in sehr bequemer Weise zerleebar und ent- sprechen in Färbung, in den Grössenverhältnissen, in der Gestaltung der kleinsten Theilehen durchaus den wirk- liehen Organen, sind also durchaus verlässlich, wie dies bei der Sorgsamkeit der Bearbeitung der Modelle, bei welcher fachmännische Botaniker (z. B. ursprünglich Pro- fessor F. Cohn in Breslau, später Dr. E. Eidam in Breslau, Dr. K. Müller in Berlin, Professor Räathay in Kloster- neuburg u. s. w.) ihre wissenschaftliche Unterstützung gewährt haben, nieht weiter Wunder nehmen wird. — Besonders angezogen haben mich immer die Blüthen- modelle aus Papiermäche; einige derselben will ieh als Beispiele etwas erläutern. Ich wähle hierzu die mir gerade zur Verfügung stehenden Blumen von Atropa Belladonna und Ononis arvensis. Das Modell der Blume von Atropa ist gegen 34 cm, mit Abrechnung des Blumenstieles 22 em lang. Die röhrige Blumenkrone lässt sich aus dem Kelch heraus- nehmen und zeigt im Innern die am Grunde angehefteten 5 Staubblätter, von denen 2 geöffnete Beutel tragen. Auch der Stempel lässt sich herausnehmen und zwar derartig, dass von dem Fruchtknoten die eine Längs- hälfte im Kelch sitzen bleibt, die andere jedoch in Zu- sammenhang mit dem die Narbe tragenden Griffel ent- fernt werden kann, so dass sich auch der Bau des Längssehnittes dureh den Fruchtknoten mit semen Eichen bequem demonstriren lässt. Welchen Vortheil es hat, anschauliche Schülern eine Erläuterung geben zu können, bevor sie die Organtheile an den Organen der 80 Naturwissenschaftliche Wochensehrift. Nr. 8. Er I BERENERVERERSEHER >: 1272 > VESEHEESOHDREEEEN. - - __. Eee: — >27 Natur selbst untersuchen, was doch wegen der Kleinheit derselben immer einiges Geschick und einige Uebung er- fordert, brauche ich kaum auseinanderzusetzen, ge- schweige denn darauf aufmerksam zu machen, dass in einer regelrechten Vorlesung vor Anfängern eine Be- nutzung von Anschauungsmaterial, sobald solehes einmal passend geschaffen worden ist, fast unentbehrlich erscheint, und der Vortheil der Benutzung ein ganz unvergleichlicher ist, wie ich zu erproben hinreichend Gelegen- heit hatte, Das Blumenmodell der Ononis arvensis ist gegen achtfach ver- grössert. Die vom Keleh wumsehlossenen Organe lassen sich sämmtlich aus ihm herausnehmen; die Blumenkrone lässt sieh in Fahne, in die beiden Flügel und Schiffehen trennen; die Staub- blattröhre und auch der Stempel sind ent- fernbar, so dass sich also diese Blume im Ganzen in sieben Theile ausemander nehmen und der Bau der Papilionaceen - Blüthe ausserordentlich be- quem und anschaulich studiren lässt. Jede der beiden beschriebenen Blumen kostet elf Mark. Die Firma R. Bren- del - Berlin hat eine recht grosse Auswahl von Modellen geschaf- fen; in dem Verzeich- niss genannter Firma von 1889 finden wir Modell der Blüthe von Fraxinus excelsior. aufgeführt 12 Kryp- togamen-, 3 Üonife- ren-, gegen 15 Mo- nocotylen- und endlich Es handelt sieh hier um fünf verschiedene Modelle, die wir im Folgenden mit den No. 1—5 versehen. Es sind zur Darstellung gelangt: I. Blüthen der wilden dioeeischen Rebe in den Donauauen (Vitis silvestris Gmel.). No. I. Männliche Blüthe. Staubblätter wohl ent- wickelt: gerichtet. gerade und ausserdem auf- und auswärts Stempel wenig ausgebildet und griffellos. No. 2. Weibliche Blüthe. Staubblätter verkümmert: Kurz und nach aus- und abwärts gekrünmt. Stempel wohl entwickelt, aus Fruchtknoten, Griffel und Närbe bestehend. Il. Blüthen der eultivirten Rebe (Vitis vinifera L.). No.3. Zwitterige Blüthie des blauen Por- tugiesers (Oportorebe). Staubblätter wohl ent- wickelt: Lang, gerade und dabei auf- und auswärts gerichtet. Stempel gut ausgebil- det, aus Fruchtknoten, Griffel und Narbe Dbe- stehend. Der Stempel des Modells ist so zer- legbar, dass nach dem Wegheben seines einen Theiles der andere im Längensehnitte (Figur 3) erscheint. An diesem sieht man die ein- zelnen Theile. No. 4. Zwitterige Blüthe des blauen Por- tugiesers, welche sich eben öfinet. Das Mütz- chen abhebbar. Figur 2. Modell der Blüthe von Eehium vulgare. No. 5. Weibliehe Blüthe der Zimmet- traube. Staubblätter verkümmert: Kurz und nach aus- und abwärts fast 100 Dieotylen-Mo- ; BER gekrümmt. Stempel delle. Ausserdem finden i Eigun 327 | unbe fernölr wohl entwickelt, aus ö k = Kelch. — ne = Honizdrüse. — » = Wand des » = Wand des Fruchtknotens. \ rar wisModellerunAnato- Ninrgentenotene See ee een Fruchtknoten, Griffel mie und Entwieklunes- umgewendete Samenknospen. — ns —= Nabelstrang. menknospen. — dk = äussere und Narbe bestehend. N . Ei kg = Knospengrund. — kk = Knospenkern. — äk — Knospenhülle. — ik = innere > . geschichte, wie Holz- äussere Knospenhülle. — i%k = innere Knospenhülle. Knospenhülle. — kk = Knos- Das Modell zeigt, wenn modelle den Verlauf e= Embryosack. — km = Knospen- oder Keimmund. penkern. — e = Embryosack. man den oberen Theil der Blattspurstränge a SEHE: darstellend und Waechs- modelle zur a N A ne LE von Embryonen u. s. w. Die Figuren 1 und : 2, Blüthen von Fraxinus excel- sior und Eehium vulgare, geben eine Vorstellung von dem äusseren Ansehen und der Aufstellung der Modelle. Um nun auch für den höheren botanischen Unterricht bestimmte Modelle näher vorzuführen, greife ich die nach Angabe des Professor Emerich Räthay neu gearbeiteten Modelle der Rebenblüthen heraus, weil die Bespreehung derselben gleichzeitig eine Uebersie »ıt über die verschie- denen Rebenblüthen-Arten nach den Untersue :bungen Räthay’s bietet. (Vergl. Räthay, „Die Geschlechtsy. er- hältnisse der Reben il ihre Bedentune für den Wein- bau.“ Wien). gb, gb’ und gb" Gefässbündel. des Stempels abhebt, einen Quersehnittdureh den Fruchtknoten (Fig. 4) und in diesem Quersehnitte die einzelnen Gebilde. Zum Sehluss wollen wir noch den bemerkenswerthen Schimmelpilz-Modellen von Dr. E. Eidam wenige Worte widmen. Von Penieillium glaueum werden 9 Entwick- lungsstadien geboten, welche also die verschiedenen Zu- stände im Lebensgang des Pinselsehimmels vor Augen führen ; sie zeigen "zugleich, dass Penieillium wie so viele andere Pilze zwei ganz verschiedene Vermehrungsarten be- sitzt, die wir bekanntlich als Conidienträger und als Frucht- körper von einander unterscheiden. Auch die Sporen sind demgemäss verschieden und sie werden ja als Coni- dien und als Aseosporen bezeichnet. Nr. 8. Ausserdem hat Rhizopus nigrieans (Mucor stolonifer) eine Darstellung in 10 Entwicklungsstadien gefunden. Die Erkennung der Schimmelpilze in ihren verschie- denen EntwickInngsstadien ist u. A. besonders für den Bakteriologen der ‚ewig mit. ihnen zu kämpfen hat, durehaus nothwendig und das Studium dieser Pilze ist daher abgesehen davon, dass so häufige, oft unliebsame Gäste überhaupt ein allgemeines Interesse - beanspruchen — von Wichtigkeit. Dass die Modelle dieses Studium ungemein erleichtern, ist dankbar anzuerkennen. P& Henry H. Howorth über den Untergang des Mammuths. — Die hochinteressanten Mittheilungen des Herrn Prof. Nehring in Nr. 52 des Bandes V (1890) der „Naturw. Wochensehr.“* veranlassen mich, die Aufmerk- samkeit des Lesers auf einige Thatsachen zu lenken, welche wesentlich zur Vervollständigung des Bildes und Bekräftigung der Fluththeorie beitragen. . Ich gebe die Möglichkeit des Unterganges diluvialer Säugethiere durch Schneestürme in manchen Fällen gerne zu. So ist z. B. eine diluviale Meeresbedeckung für den grössten Theil Mittel-Europas unannehmbar, weil sich da keine Reste von Seethieren vorfinden, obgleich in dem unteren Diluvium von Norddeutschland z. B. einzelne derartige Funde gemacht wurden.: Manche Fundstellen, wie die bei Tonna in Thüringen, scheinen mehr für Süss- wasserüberschwemmung zu sprechen, wenigstens wurden daselbst, wie mir berichtet wurde, Fischreste in Gesell- schaft von solchen des Mammuths vorgefunden. Ganz anders aber liegen die Verhältnisse im nördlichen Sibirien, wo die Mammuthreste im Vergleich zu Deutschland un- gleich massenhaft und zum Theil mit allen Weichtheilen gut erhalten vorkommen. Wie häufig das letztere Vor- kommen ist, wissen wir nieht. Grosse Theile jener Ge- senden werden nie, die übrigen sehr selten von Menschen besucht. Die oberflächlich oder an Flussufern gelagerten Thierleichen werden durch Sommerwärme nur ganz all- mählich blossgelegt und verwesen oder werden von wilden Thieren verzehrt, daher dürfte wohl die Seltenheit des Auffindens wohl erhaltener Mammuthleichen zu erklären sein. Die Mammuthreste kommen vorzugsweise massen- haft im nördlichen Sibirien, auf Anhöhen, hunderte von Wersten abseits der Küsten- und Flussbetten vor, auf Gebieten, welehe ganz unzweifelhaft vom Diluvialmeer bedeckt waren. Wenn die Mammuthe im mittleren oder südlichen Sibirien dureh Schneestürme umgekommen und erst später durch die grossen Ströme nach Nordsibirien, ja bis zu den neusibirischen Inseln transportirt worden wären, so wäre ihre theilweise gute Erhaltung viel weniger er- klärlich als bei der Annahme eines plötzlichen Trans- portes durch eine grosse Meeresfluth während des Winters, oder mit darauffolgendem Klimawechsel, oder auch bei Annahme einer theilweisen Einbettung durch die Fluth an Ort und Stelle. Was das Vorkommen von Anzeichen des Untergangs der Mammuthe durch Meeresfluth anlangt, so äussert sich darüber Henry H. Howorth in seinem Werk „The Mammoth and the Flood“ (London. Sampson Low, Marston, Searle & Rivington. 1837) - S. 187 wie folgt: Die Gewässer des arktischen Meeres bedecken noch heute, wie bekannt, die reichsten Lagerstätten von Mam- muthresten, und haben das gethan seit jener Zeit, wo diese Theile und die angrenzenden Küstenstriche vom Meere bedeckt wurden, denn das Meer zieht sich hier allenthalben zurück. (Es bedeckte nachweislich den ganzen nördlichen Theil Sibiriens mehrere hundert Werst landeinwärts. Anm. d. Verf.). Nordenskjöld brachte bei den Liachof-Inseln Fragmente von Mammuthzähnen vom Naturwissenschaftliche Wochenschrift. s1 Meeresgrunde herauf, und erklärt, dass jedes Jahr da- selbst neue. Funde zu machen seien, welche durch .die Meeresbrandung blossgelegt würden. Meeresmuscheln wurden in (demselben Lager mit Mammuthresten weit landeinwärts gefunden von Pallas, Middendorf u. A. Nordenskjöld giebt eine ganze Liste von Seethierarten, deren Reste in Gesellschaft von solchen des Mammuth er angetroffen hat. Murchison beschreibt pleistoeäne Meeres- muscheln, welche er weit südlich des Weissen Meeres fand. Aehnliche Meeresmuscheln wurden, vermischt mit Mammuthresten, gefunden im Thal der unteren Somme, in den Ablagerungen des englischen Kanals, während wir wissen, dass der Meeresboden von Lowestoff bis Dunkirk förmlich besät ist mit grossen Massen von Mam- muthknochen; so in Torbay ete. In einem Appendix zu Beechey’s Voyage, 612, äussert sich Erman, nachdem er das haufenweise Vorkommen von Birkenresten unter den Tundren und in Neusibirien besprochen hat: „Es ist nur in den unteren Theilen der neusibirischen Holzberge, dass die Zähne jene Lage haben, welche die Annahme des Schwimmens oder unversehrten Untersinkens gestattet. Auf dem Gipfel der Berge (Hügel) liegen sie in der wildesten Unordnung durcheinander geworfen, entgegen- gesetzt ihrem Schwerpunkt, auf die Spitze gestellt und zerbrochen, als ob sie mit grosser Gewalt von Süden gegen die Uferbänke geworfen und daselbst aufgehäuft worden wären. Damals, als das Meer jene Lager auf den Berggipfeln verursachte, musste es 270 Fuss höher stehen als jetzt. Aber auch vor den letzten Ablagerungen von Sand und Schlamm musste es noch wenigstens 100 Fuss höher stehen als jetzt und bis an die hohen Uferbänke des Lenathales reichen. So ist es klar, dass zu jener Zeit, als die Elephanten und Baumstämme auf- gehäuft wurden, eine einzige Meeresfluth sich erstrecken musste von der Mitte des asiatischen Continents bis zu den fernsten Ufern des damaligen Weltmeeres.“ Zum Schluss erlaube ich mir noch zu bemerken, dass die Annahme einer plötzlichen Meeresfluth als Haupt- ursache des Unterganges diluvialer Säugethiere keines- wegs andere Ursachen ausschliesst. Der gewaltige Klima- wechsel, welchen eine so kolossale Vergrösserung der Meeresoberfläche bedingte, die weit massenhaftere Ver- dunstung und damit verbundene Wärmebindung, welehe wohl als Ursache der Eiszeit anzunehmen sind, musste vielen der damaligen Thiere, welche der Fluth ent- gangen waren, verderblich werden, die Vorfahren der jetzt lebenden Thiere aber akklimatisirten sich. Gewiss sind der allgemeinen Ueberfluthung durch das Meer, deren Höhe durchschnittlich nur 200 Fuss über dem heutigen Meeresniveau betragen haben mag, grosse Regengüss gefolgt, in Folge deren die Wässer der Seen und Flüsse bedeutend ansehwollen, wovon wir die deutlichsten Spuren allenthalben auf der Erde beobachten. Diese Süsswasser- überschwemmungen sind wohl auch vielfach den damaligen überlebenden Steppen- und Wüstenthieren verderblich ge- worden. Ebenso gewiss wohl auch die kolossalen winter- lichen Sehneefälle, welche wir zur Erklärung der eiszeit- lichen Gletscher anzunehmen gezwungen sind. H. Habenicht. Der XIII. Balneologen-Congress wird vom 5. bis 8. März unter Vorsitz des Professors Liebreich im Pharma- kologischen Institut in Berlin stattfinden. Anmeldungen zu Vorträgen sind an den Generalsecretär der Balneo- logischen Gesellschaft, Herrn Sanitätsrath Dr. Brock, Berlin W., Sehmidtstrasse 42, zu richten. 0.2] [80] Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 8. Litteratur. Adolf Hinrichsen, Das litterarische Deutschland. und 2. — 2. vermehrte und verbesserte Auflage. „Litterarischen Deutschland“, Berlin (Leipzig: C. acker) 1891. r Das „Litterarische Deutschland“ ist ein Biographieen-Lexikon der lebenden Schriftsteller Deutschlands. Die 2. Auflage soll 12 Lieferungen 4 2 Mk. umfassen und noch in diesem Jahre zum Abschluss gelangen; die vorliegenden beiden Lieferungen reichen bis Buchholz. Wir finden über jeden Schriftsteller. eine ganz kurze Biographie und im Anschluss daran einen Abschnitt über seine litterarische Thätigkeit. Nicht nur die belletristischen, die allerdings vorwiegend berücksichtigt sind, sondern auch die be- kanntesten und bekannteren Schriftsteller auf dem Gebiete der Naturwissenschaften u. s. w., kurz Alle, die sich bemerkenswerther litterarisch hervorgethan haben, werden in dem Werke auf- genommen. Hinrichsen sagt, es handele sich nicht nur um jene Wenigen, „deren Namen der breiten Masse des Volkes bereits vertraut klingen, sondern unser Werben gilt Allen, auch all den wackeren Streitern, deren Thätigkeit eine beschränktere, in engere Grenzen gebannte bleibt, während ihr Streben vielleicht nicht weniger muthig, edel und anerken- nungswerth ist.“ Die Einleitung aus der Feder des Prof. Dr. C. Beyer behandelt allerdings nur Geist und Inhalt der deutschen poetischen Litteratur. Das „Litterarische Deutschland“ hat schon in seiner ersten Auflage von berufenen Seiten mit Recht gute Beurtheilung er- fahren. 195 Lieferung 1 Verlag des F. Stein- Otto Ule’s „Warum und Weil“. Fragen und Antworten aus den wichtigsten Gebieten der gesammten Naturlehre. Zoologie— Botanik von R. Grotrian, Reetor in Gnesen. Berlin 1890. Klemann’s Verlag. Das sehr hübsch ausgestattete Büchlein bietet eine will- kommene Ergänzung des physikalisch - chemischen Theiles von Ule’s Werk. Die Abbildungen sind fast durchgängig gut.. Einige wenige Ausstellungen sind im Texte zu machen. So bei Beant- wortung von Frage 104 (S. 45): „Warum sind alle Hautkrank- heiten gefährlich und vielfach tödtlich? „Der Herr Verf. hätte wissen müssen, dass es sich bei den von ihm gemeinten Fällen: Röteln, Masern, Scharlach ete. um echte Blut-, aber keine Haut- erkrankungen handelt! Frage 237 wäre nebst Antwort besser fortgeblieben. Die Frage 746 „Warum ist ein Aufenthalt im Walde wäh- rend’des Nachts (sie!) weniger zuträglich?* wird vom Verf. nur halb beantwortet. Er sagt ganz richtig, dass während des Dunkels die Blätter, durch den sehr verminderten resp. still- stehenden Assimilationsprocess, der Waldatmosphäre nieht mehr jenes bedeutende Kohlensäurequantum entziehen wie am Tage — aber er übersieht die Hauptursache «der Luftverschleehterung, nämlich die Entwieklung von Kohlensäure durch die fast ausschliesslich bei Nacht stattfindende Athmungsthätigkeit der Blätter. Diese, bei einer neuen Auflage zu beseitigenden kleinen Mängel können indess den Werth des Ganzen nieht nachtheilig beeinflussen, und so mag es dem ihm bestimmten Leserkreise hiermit empfohlen sein. Dr. A. Nagel. Kaiser, A., Ueber die Verbindungen einiger homologer ein- basischer Fettsäuren mit «-Naphtol. Bern. ö Kapp, W., Untersuchungen über den Kohlensäuregehalt von Bodenluft, ausgeführt in Dorpat von Mitte Juli bis Mitte October 1390 n. St. Dorpat. Keck, E., Ueber das Verhalten der Bakterien im Grundwasser Dorpats, nebst Beschreibung von zehn am häufigsten in dem- selben vorkommenden Bakterienarten. Dorpat. Kirchner, O., Beiträge zur Biologie der Blüthen. Stuttgart. Klemeneic, J., Ueber die Untersuchung elektrischer Schwingungen mit Thermoelementen Leipzig. Klimpert, R., Lehrbuch über das specifische Gewicht fester, flüssiger und gasförmiger Körper. Stuttgart. —.— Lehrbuch der Statik flüssiger Körper (Hydrostatik). Ebd. Köhler, H., Carbolsäure und Carbolsäure-Präparate, ihre Ge- schichte, Fabrikation, Anwendung und Untersuchung. Berlin. Korn, E., Ueber Fortbildung der Arten durch Naturtriebe und Domestikation. Berlin. Inhalt: Harry Gravelius: David Fabrieius. — Dr. C. Matz Krüss, G. u. H. Krüss, Kolorimetrie und quantitative Spectral- analyse in ihrer Anwendung in der Chemie. Hamburg. Landois, L., Lehrbuch der Physiologie des Menschen einschliess- lich der Histologie und mikroskopischen Anatomie mit be- sonderer Berücksichtigung der praktischen Mediein. 7. Aufl. 2. Hälfte. Wien. Laplace, Ivory, Gauss, Chasles u. Dirichlet, Ueber die Anziehung homogener Ellipsoide. Leipzig. Loewenthal, A., Pseudo-Aristoteles über die Seele. Berlin. - Ludwig, C., E. Becher u. C. Rahn, Abhandlungen über den Speichel. Leipzig. Mantegazza, P., Die Hygiene der Liebe. 4. Aufl. Jena. — .— Die Physiologie der Liebe. 2. Aufl. Berlin. Maximowicz, C. J., Wissenschaftliche Resultate der von N. M. Przewalski nach Central-Asien unternommenen Reisen. Pars botanica. Vol. I. Flora tangutica. Fasc. 1. Thalamiflorae et Diseiflorae. Leipzig. dasselbe. Vol. II. Enumeratio plantarum hujusque in Mongolia nee non adjacente parte Turkestuniae sinensis leetarum Fase. 1. Thalamiflorae et Diseiflorae. Ebd. Merkel, F.,, Handbuch der topographischen Anatomie. Zum Gebrauch für Aerzte. 1. Bd. 3. (Schluss-) Lfg. Braunschweig. Messtischblätter des Preussischen Staates. No. 320. Zitzewitz. — No. 446. Sorenbohm. No. 447. Gr. Möllen. No. 452. Varzin. — No. 518. Kirchhagener Fichten. — No. 519. Robe. — No. 520. Langenhagen. — No. 525. Köslin.. — No. 600. Gr. Justin. No. 867. Zickerke. No. 571. Schivelbein. Berlin. Nonne, die, auch Fichtenspinner, Fiehtenbär, Rothbauch genannt (Liparis monacha). Naturgeschichtliche Beschreibung der Nonne, Darlegung der Lebensweise und des forstlichen Verhaltens der- selben, dann der Massnahmen zur Bekämpfung der Nonne. 2. Aufl. München. Observatorien, die königl., für Astrophysik, Meteorologie und Geodäsie bei Potsdam. Berlin. ee vatonaın, das königl. astrophysikalische, bei Potsdam. erlin. Ostwald, W., Lehrbuch der allgemeinen Chemie. metrie. 2. Aufl. Leipzig. Penzig, O., Pflanzen-Teratologie, systematisch geordnet. 1. Bd. Dicötyledones polypetalae. Berlin. 1. Bd. Stöchio- Aufruf. Uns geht der folgende Aufruf zu: Am 31. August ‚1891 vollendet Hermann von Helmholtz sein siebzigstes Lebens- jahr. Collegen. Schüler und Verehrer des grossen Forschers haben sich in dem Wunsche vereinigt, an diesem Tage dem Dank einen dauernden Ausdruck zu geben, den die gesammte wissen- schaftliche, ja die ganze gebildete Welt seinen bahnbrechenden Untersuchungen, seiner allseitig erleuehtenden und befruchtenden, weite Forschungsgebiete erschliessenden und durchdringenden Geistesarbeit schuldet. Eine Marmorbüste des Gefeierten soll der Nachwelt das Bild seiner äusseren Erscheinung vergegenwärtigen. Zur . bleibenden Erinnerung an seine geistige Persönlichkeit soll - eine Stiftung begründet werden, deren Ertrag an erster Stelle dazu bestimmt ist, die hervorragendsten unter den auf Helmholtz’schen Arbheitsgebieten thätigen Forschern aller Nationen durch Verleihung einer „Helmholtz - Medaille“ zu ehren. Die näheren Bestimmungen über die Anferti- gung der Marmorbüste, über die Verwaltung der Stiftung, die Verleihung der Medaille, sowie über die Verwendung eines etwaigen Ueberschusses wird das unterzeichnete Comite mit Herrn von Helmholtz vereinbaren. Wir ersuchen Sie, das Unter- nehmen durch Ihren Beitrag unterstützen und weiter für thätige Betheiligung wirken zu wollen. Am 31. August 1891 soll dann die Marmorbüste und die Stiftungsurkunde mit dem Verzeichniss derer, die sich bei dem Unternehmen betheiligt haben, Herrn von Helmholtz übergeben werden. Die Beiträge bitten wir an das Bankhaus Mendelssohn & Co. in Berlin bis spätestens Ende April 1891 gelangen lassen zu wollen. (Folgen fast 200 Unterschriften.) Ein engerer Ausschuss des Comite’s, bestehend aus den fünf Mitgliedern: E. du Bois - Reymond, L. Kronecker, A. Kundt, E. Mendelssohn-Bartholdy, E. Zeller, ist ermächtigt worden, die im Aufrufe vorbehaltenen näheren Bestimmungen mit Herrn von Helmholtz zu vereinbaren. dorf: Zur Zellenlehre. II. — Friedrich Mann: Das Dulong’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmelehre. (Schluss) — Ueber Abrus precatorius L. und das aus dem Samen dieser Pflanze dargestellte Abrin. — Brendel’s botanische Modelle. (Mit Abbild.) — Henry H. Howorth über den Untergang des Mammuths. — XIII. Balneologen-Congress. — Litteratur: Adolf Hinrichsen: ‘Das litterarische Deutschland. — Otto Ule: „Warum und Weil“. — Liste. — Aufruf: Hermann von Helmholtz’s 70. Geburtstag betreffend. mm ———— Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 8. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 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Poineare.*) Im Beginn seiner Vorlesungen über „die Maxwell- schen Theorien“**) hat Herr Poimeare einige Gedanken von hoher philosophischer Tragweite entwickelt, auf die einzugehen unseres Erachtens von Interesse ist. Descartes unterschied in der Materie die primären oder wesentlichen Eigenschaften (es sind dies die geo- metrischen und kinematischen, wie Ausdehnung, Be- weglichkeit, Trägheit) und die seceundären oder schein- baren Eigenschaften (es sind dies die physikalischen Eigenschaften der Materie, Farbe, Temperatur, elektrischer Zustand u. s. w.). Man kann sagen, dass seit Descartes alle Anstrengungen der mathematischen Physik darauf gerichtet waren, die secundären Eigenschaften auf die wesentlichen Eigenschaften zurückzuführen. Eine physikalische Erscheinung hat eine mechanische Erklärung erhalten, wenn man sich über dieselbe durch Bewegungen, sei es der gewöhnlichen Materie, sei es hypothetischer Fluida, die man Imponderabilia nennt, Rechnung abgelegt hat. Es ist unmöglich, alle Erschei- nungen auf Bewegungen der gewöhnlichen Materie zurückzuführen; daher hat man jene Fluida in die Wissenschaft eingeführt, welehe zu einer Zeit ebenso zahlreich waren wie die verschiedenen. Zweige der Physik, deren Zahl aber der Fortschritt der Wissenschaft vermindert hat. Man wird also annehmen, dass dieses Fluidum oder diese Fluida materielle Systeme sind, die gewissen Be- ziehungen unterworfen sind, und: indem man die Prin- eipien der Mechanik auf sie anwendet, wird man Con- *) Der nachfolgende Artikel- bildet eine gekürzte, etwas freie Wiedergabe der Ausführung der Poincar@’schen Betrachtungen, welche Herr Bernard ‚Brunhes im Bulletin des Sciences Physiques, Octobre 1890, veröffentlicht hat. G. ”*) Vergl. die Besprechung dieses Werkes in dieser Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ Seite 91. sequenzen ableiten müssen, die genau alle Besonder- heiten der Erscheinung wiedergeben, die uns die Erfahrung liefert. ***) Man wird noch etwas mehr annehmen. Die physika- lischen Erscheinungen gehorchen dem Gesetze von der Erhaltung der Energie, d. h. wenn ein System, ausgehend von einem gewissen Zustande, in denselben Zustand zu- rückkehrt, nachdem es irgend welche Umwandlungen er- litten hat, so ist die mechanische Arbeit, welche es nach aussen abgegeben hat, aequivalent der Wärmemenge, ) Man führt da eine Annahme ein, die. hervorgehoben zu werden verdient, nämlich die, dass die Prinei ipien der Mechanik anwendbar bleiben. Nun sind diese Prinei ipien offenbar experi- mentellen Ursprungs, die in dem Falle materieller Systeme, auf welche sich die Kxperimente ‘der Mechanik haben beziehen können, verifieirt sind; nichts beweist, dass sie in dem Falle sehr feiner materieller Partikel wahr sein werden, welche in ausser- ordentlich kleinen Abständen von einander wirken. Dies nimmt dem Folgenden übrigens nichts von seiner Strenge, es genügt, sich über das Wort „mechanise :he Erklärung“ zu verständigen. Es soll eine Erklärung durch Bewegungen bezeichnen, auf welche der Annahme nach die Grundprineipien der Mechanik anwendbar sind. Wir werden nur einen Punkt hervorheben, nämlich dass man den Prineipien der Mechanik und den daraus abgeleiteten Gesetzen nieht den Charakter vernunftmässiger Nothwendigkeit zuschreiben muss: diese Gesetze sind nothwendige Folgen der Prineipien, wenn diese einmal aufgestellt sind; aber sie sind an sich wesent- lich unsicher. Gewisse Philosophen haben sie als nothwendig betrachtet, ebenso wie die Sätze der Geometrie, welche von Grandbegriffen abgeleitet werden, deren empirischer Ursprung mit weniger Augenscheinlichkeit zu Tage liegt, ohne Zweifel weil der menschliche Geist sich durch eine lange Entwicklung ge- wöhnt hat, nicht ausserhalb der Grenzen dieser Begriffe zu denken; diese Philosophen haben diesen Charakter der "Nothwendigkeit als ein Argument zu Gunsten der Theorie betrachtet, welche aus den Vorstellungen des Raumes und der Zeit angeborene oder apriorische Ideen macht. Es scheint in ihrem Geiste eine Ver- wirrung zu herrschen zwischen der Nothwendigkeit geometrischer oder mechanischer Sätze an sich und deren Nothw endigkeit, in- | sofern sie Consequenzen sind. 34 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 9. welehe ihm von aussen zugeführt worden ist. Wenn wir die Wärme als eine besondere Form der Energie be- trachten,*) ebenso wie die mechanische Arbeit, werden wir hiernaeh sagen können, dass die Totalsumme an Energie, welche durch ein System ausgegeben wird, das einen geschlossenen Cyelus von Transformationen voll- endet, Null ist, und dass die Summe an Energie, welche aufgewendet wird, um aus einem gegebenen Anfangszu- stande zu einem gegebenen Endzustande überzugehen, nur von diesen Zuständen, und in keiner Weise von den intermediären Zuständen abhängt. Das System, welches die wahre Wirklichkeit vorstellt, ist nach Annahme ein rein mechanisches System: wenn man sagt, dass die obige Bedingung erfüllt ist, so heisst dies, es giebt eine Kräftefunetion. Wenn wir diese Kräftefunetion durch — U und die halbe lebendige Kraft oder die kinetische Energie des Systems durch 7' darstellen, so lässt sich die Bedingung der Erhaltung der Energie in der Form schreiben: (A) T+ U= const. Das System wird aus materiellen Molekülen (pon- derabler oder imponderabler Materie) gebildet, deren Anzahl sehr beträchtlich sein, aber immer als endlich vorausgesetzt werden kann; diese Anzahl sei p; es seien ferner m, Ms, ... m, die Massen dieser Moleküle und (2, Yıy 21) -- - (Xp) Yp, 2p) Ihre Coordinaten, dann werden die Bewegungsgleichungen lauten: der; dU dey: dU da dU a en En Ay. Saar wo man dem Index © die Werthe 1,2,..p beizulegen hat. Die Anzahl dieser Gleichungen ist also gleich 3 p. Die Gleiehung (1), wo 7 den Werth 1 2 (2) m; T== Nm; (e&?+Yy? + 2?) 5 hat, ist ein erstes Integral des Systems (2). Was ist nun dem Experimente zugänglich? Wir nehmen an, dass man die Erscheinungen vollkommen studirt und alle Gesetze derselben entdeckt habe. Das Experiment hat uns offenbar die Coordinaten ®;, y, 2i, die in den Gleiehungen (2) auftreten, nicht geliefert; es hat uns nur eine gewisse Anzahl von Grössen (Para- meter) gegeben, die wir durch 9, 9, -.. 9„ bezeichnen wollen. Wir wollen durch q,, @, ... 9. die Ableitungen dieser Parameter nach der Zeit darstellen. Wenn wir eine mechanische Erklärung haben, wenn wir das schein- *) Es liegt hier eine.ernstliche Schwierigkeit vor. Es er- scheint sehr leieht zu sagen, die Wärme ist einfach eine der Formen der Energie; man kann sie mechanisch erklären; es wird lebendige Kraft der Moleküle sein an Stelle der wahrnehmbaren lebendigen Kraft. Worüber man sich nicht leicht Rechenschaft ab- legen kann, ist die Thatsache, dass man diese wahrnehmbare leben- dige Kraft nach Belieben in lebendige Kraft der Moleküle verwandeln kann, dass aber die umgekehrte Umwandlung nur unter gewissen Bedingungen geschehen kann und niemals vollständig ist. Man hat wohl versucht, mechanische Erklärungen des Carnot’schen Prineips zu geben, aber in Wahrheit ist keine derselben recht be- friedigend. Es bleibt nichtsdestoweniger wahr, dass für ein be- liebiges physikalisches System die Energiemenge, welche es liefern kann, indem es von seinem gegenwärtigen Zustande, sei es in der Form cealorischer oder mechanischer Energie, ausgeht, nur von diesem gegenwärtigen Zustande abhängt; wenn wir uns speciell eine Modifieation ausdenken, welche diese gesammte potentielle Energie des Systems abgiebt, ohne eine calorische Erscheinung hervorzubringen, so wird die Energie gänzlich in der Form mecha- nischer Arbeit abgegeben sein, und dieser Gesammtbetrag an mechaniseher Arbeit, den das System zu liefern fähig ist, hängt einzig von seinem augenblicklichen Zustande ab. Daraus folgt nothwendig, dass, wenn es eine mechanische Erklärung giebt, das rein mechanische, reelle System, das hinter dem scheinbaren physikalischen System liegt, nur Kräften unterworfen ist, die ein Potential besitzen. bare Phänomen auf die dynamische Theorie zurückführen können, so heisst das: wir können die «, y, z als Func- tionen der gq, und zwar nur der g, ausdrücken; also: G=Qi (> 42, + -- In) Daraus folgt: REN dp: ‚dp; ‚dg: % 4 a, > de dg,’ die Ableitungen x’, y', 2’ sind also lineare homogene Funetionen der g’; T ist folglich eine quadratische Form der Grössen qg. ÜU hängt nur von den q ab, da es sich allein als Function der &, y, 2 darstellt. Was wird nun aus den Gleichungen (2) bei dieser Aenderung der Va- riabeln? Hier spielt die Lagrange’sche Transformation eine wesentliche Rolle. Die Gleichungen (2) gehen über in d dT ODER CHOE (3) ; - =; (k= 1,2, een): dt dg: dg: dgr y Wir haben nGleiehungen, denen die Grössen 9 genügen müssen, und dies sind jetzt Gleichungen, die durch das- Experiment direet verifieirbar sind. Es folgt daraus, dass es, damit ein physikalisches Problem mechanisch erklärbar sei, nothwendig ist, dass” man zwei Functionen 7 und U finden kann von der Art, dass die experimentellen Gesetze des Systems sich in die Form der Lagrange’schen Gleichungen bringen lassen. > Diese nothwendige Bedingung ist hinreichend. Wir’ haben die Gleichungen des Phänomens in die Form (3) gebracht, U ist allein eine Funetion der Parameter 9, welche den gegenwärtigen Zustand des Systems de- finiren, 7 ist eine Function der q und g’, aber eine quadratische Form der gq’. Es handelt sich darum, 3 p Fune- tionen &, Y, 2; der n Grössen q zu finden von der Art, dass, wenn man sie als die Coordinaten von p Punkten des Raumes betrachtet, 7’ die kinetische Energie und U die potentielle Energie des Systems darstellt. Für U, welches eine beliebige Function der x, y, z sein kann, ist es immer leicht, diese Variabeln als Functionen der q zu: wählen von der Art, dass U die gegebene Function der qg wird. 7 hat eine besondere Form, nämlich Inka +yr +2i?), wo die m willkürlich zu wählen sind; wir setzen diesen Ausdruck dem Ausdruck von 7 als Funetion der q’ gleich; da 7 eine quadratische Form n(n+1) 2 Gleichungen, welchen man immer genügen kann, da man über 3» unbekannte Functionen verfügt und da p so gross genommen werden kann als man will. Sobald man also die experimentellen Gesetze der Erscheinung in die Form der Lagrange’schen Gleichungen gebracht hat, ist eine mechanische Erklärung möglich. Wird man, einmal an diesem Punkte angelangt, weiter gehen können? Und wenn es nicht erlaubt ist, durch das Experiment das Wesen der Dinge zu erreichen, wird man nicht wenigstens beweisen können, dass eine als möglich nachgewiesene mechanische Erklärung die einzig mögliche ist? Keineswegs. Die Ueberlegung, welche die Möglichkeit einer mechanischen Erklärung beweist, sobald die Gesetze’ haben in die Form der Lagrange’schen Gleichungen ge- bracht werden können, zeigt zugleich die Möglichkeit von unendlich vielen Erklärungen. Die Bedingungen, denen die Functionen x, y, 2, deren Anzahl sogar von vornherein nicht bestimmt ist, unterworfen sind, sind bei weitem nicht ausreichend, um sie zu bestimmen. Man hat also unendlich viele Theorien, die alle in gleicher Weise dem Experi- mente angemessen sind und zwischen denen das Experi- der q’ ist, deren Zahl n ist, so liefert uns dies Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 85 ment zu entscheiden nicht im Stande ist.*) Dennoch giebt es nur eine einzige wahre; die Erfahrung ist un- fähig, sie von den falschen Theorien zu unterscheiden, welche ebenso gut zu richtigen Consequenzen führen. Um ein Beispiel der Elektrieität zu nehmen, so glaubt heute Niemand an die objeetive Existenz zweier Fluida, eines positiven und eines negativen Fluidums; jedermann sprieht dennoch von ihnen und man findet sich wohl dabei; aus der in Wirkliehkeit augenscheinlich falschen Theorie der beiden Fluida kann man richtige Folgerungen ziehen. Welches soll also das Kriterium sein, das uns zwischen den Theorien wählen lässt? Es wird ohne Zweifel eine Zeit kommen, wo die Physiker das Interesse an diesen, der positiven Wissen- schaft unzugänglichen Fragen verlieren und das Feld den Metaphysikern überlassen werden. Es werden also Gründe des persönlichen Geschmacks, des Gefühls sein, welche eine Theorie vor anderen bevorzugen lassen wer- den. Man wird im Allgemeinen einer einfacheren Theorie den Vorzug geben. Andere Betrachtungen können hinzu- kommen. Viele Geister sträuben sich dagegen, eine Fernwirkung zu begreifen; sie ziehen unter Umständen viel complieirtere Theorien vor. Wenn man die Fern- wirkung zugiebt, so ist, um z. B. die Schwere zu er- klären, nichts weiter zu sagen; aber es giebt Gelehrte, welche das nicht befriedigt. Maxwell wird eine Theorie, wo nur Wirkungen auf unmerklich kleine Distanzen, Modifieationen der durch Stösse oder durch Verbindungen hervorgebrachten Bewegungen, vorkommen, einer solchen Theorie gegenüber vorziehen, welehe Wirkungen auf *) Das Phänomen ist nach Annahme vollständig bekannt. Wenn es unvollständig bekannt wäre, so würde die Entdeckung eines neuen, von den früheren unabhängigen Gezetzes, welches folglich eine neue Gleichung giebt, vielleicht eine ganze Gruppe von Theorien ausschliessen, aber andere bestehen lassen; die Zahl der letzteren würde aber immer unendlich bleiben. grosse Entfernungen voraussetzt. Es giebt endlich Theorien, welche man ohne Discussion verwerfen wird einfach wegen ihrer Unbeholfenheit, weil sie, wie Max- well sagt, „elumsy* sind. Wenn man uns Moleküle als durch Systeme von Haken verbunden darstellt, weisen wir diese Theorie als lächerlich zurück. Dies liegt schon gänzlich ausserhalb des Gebietes der Wissen- schaft. Maxwell’s Werk ist ein ausgezeichnetes Beispiel, um darzuthun, worin die Rolle des Forschers besteht. Als ungemein fruchtbarer Geist hat Maxwell namentlich Ideen gesät. Er hat die elektromagnetischen Phänomene zu erklären gesucht, und er hat verschiedene Versuche zu solchen Theorien gegeben, wobei er sich wenig darum kümmerte, ob die gestern entwickelte Theorie nicht mit einer heutigen in Widerspruch stand; sollen sie unter einander in Einklang gebracht werden, so muss eine zu Gunsten einer andern durch eine Art natürlicher Auswahl verschwinden. Muss man nun schliessen, dass die mechanischen Theorien aus der Physik zu verbannen sind? Diese Schlussfolgerung würde offenbar übertrieben sein. Wenn es gewisse Theorien giebt, an denen man das Interesse etwas verloren hat, wie die kinetische Theorie der Gase, so giebt es andere, welehe ein Interesse ersten Ranges behalten, insofern sie „physikalische Gesetze, welehe uns die Erfahrung erkennen lässt, welche wir aber ohne Hülfe der Mathematik nicht einmal aussprechen könnten“,*) verknüpfen. Man darf nur nicht vergessen, dass es von dem AugÄnblicke an, wo eine mechanische Erklärung möglich ist, auch unendlich viele giebt, und dieser Ge- danke wird den Geist in jenem weisen Skeptieismus er- halten, den Saint-Claire Deville empfahl, als er rieth, „die Theorien anzunehmen, ohne daran zu glauben“. *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“, Bd. V, S. 272. Zur Zellenlehre. Von Dr. C. Matzdorff. (Fortsetzung.) Nieht unerwähnt möge die Arbeit von August Schuberg: Zur Kenntniss des Stentor eoeruleus, (Zool. Jahrb. Abth. f. An. u. Ont. d. Th. 4. Bd. 2. H. Jena 1890. S. 197) bleiben, die sich namentlich auf die Streifung u. a. Einzelheiten im Bau des grossen, im Süss- wasser häufigen Thierchens bezieht, auch für seine Thei- lung Beiträge liefert. Angeregt durch die Ansicht Bütschli’s (s. oben) von der „Wabenstructur“ des Protoplasmas untersuchte Bal- biani (Sur la Structure intime du noyau du Loxophy- leum meleagris. Zool. Anz. 1890. S. 110, 132) den kettenförmigen Kern des genannten einzelligen Wesens. Seine zwanzig oder mehr Abschnitte werden von einer gemeinsamen, auch die Verbindungsfäden bildenden Haut umgeben, während die getrennten Inhaltsmassen der Einzeltheile aus körnigem Plasma bestehen, in dem ein gewundener dunklerer Strang liegt. Es liegt also hier sehr deutlich der Fall vor, den Strasburger trotz An- fangs entgegengesetzter Meinung zugegeben hat, und der auch von Rabl und Waldeyer anerkannt worden ist, dass die Kernfäden schon im ruhenden Kern aus ge- trennten Stücken bestehen können. Diese Kern- (Chro- matin-) Fäden sind ferner, wie das Verf. schon 1881 an Chironomuslarven nachwies, fein quergestreift. Die Kernabtheilungen vermehren sich durel Quertheilung, die sich auf den Inhalt völlig ausdehnt, während die Haut im Zusammenhang bleibt. Das hier körnige Kernplasma (Caryochylema, Nueleochylema) entspricht dem Kernsaft der gewöhnlichen Kerne. Seine Körnchen sind aufge- lösten Nucleolen homolog, da diese selbst fehlen, und die erwähnten Körnchen bei der Karyokinese Veränderungen erfahren, wie sie sonst die Kernkörperchen erleiden. Zuweilen enthielten die Kernglieder abgerundete oder eirunde Massen anstatt der Kernfäden. — Schliesslich beschreibt Verf. die eigenthümlichen Umänderungen, die die Kernfäden unter Anwendung einer schwachen Ammoniaklösung zeigten. Sie blähten sich auf, um dann in eine Anzahl Stäbehenstücke zu zerfallen, deren Achse aus Chromatin, und deren Aussenschicht aus achromatischer Substanz besteht. Das Chromatin ist hier homogen oder besteht aus einer Reihe aneinander stossender Körner. Eine lange Reihe höchst wichtiger, weil zum Theil auf einem für Protozoen noch unbebauten Felde, nämlich dem Gebiet der Psychologie liegender Untersuchungen lernen wir durch die Veröffentlichungen Max Verworns kennen. (1. Psycho-physiologische Protistenstudien. Jena 1889. 2. Biologische Protisten - Studien I. Z. f. w. Z. B. 46, 1885. 3. Dass. II., ebend. B. 50, 1890. S. 441.) Der Verf. operirte in der erstgenannten Sehrift nit vielen verschiedenen Protozoen, um deren Seelenleben, das von 86 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 9. der Physiologie vielfach allzusehr vernachlässigt wird, näher zu treten. Das einzige Kennzeichen eines psychischen Vorganges bei andern Organismen ist die Bewegung. Um sie genauer kennen zu lernen, beobachtete der Verf. nicht allein die untersuchten Protisten, sondern er prüfte auch ihr Verhalten gegenüber künstlich veränderten Bedin- gungen, sowie bei operativen Eingriffen. Die Bewegungen des normalen Protistenkörpers sind entweder amöboid oder Wimperbewegungen oder seeretorisch, wie bei den Desmidiaceen. Im Innern des Körpers werden Con- tractionen ausgeführt, daneben kommt die bekannte Protoplasmaströmung, die Verf. „rheophorische Bewegung“ nennt, zur Geltung. Die spontanen Bewegungen sind vielfach schon bekannt, doch schildert Verf. dieselben unter Zugrundelegung zahlreicher neuer Beobachtungen. — Sodann wurden die Untersuchungsobjeete Reizen ver- schiedener Art ausgesetzt. Lichtreize übten auf sehr viele Protisten keinen Einfluss aus, so dass man die Lichtreizbarkeit dem Protoplasma nicht allgemein zu- sprechen darf. Die Bewegungen wurden bei andern Arten durch das Licht gefördert, wieder bei andern ge- hemmt. Bei einigen konnte die dem pflanzlichen Helio- tropismus entsprechende Photetaxis (Strasburger), die Einstellung auf die Achse, beobachtet werden. Auch die Lichtstärke und die Wellenlänge des angewandten Lichtes sind von Einfluss. Schliesslich konnte eine Nach- wirkung des Lichts in einzelnen Fällen festgestellt wer- den. — Für Wärmereize besteht bei einer jeden Form ein ganz bestimmtes Maximum und Minimum. Von dem Optimum aus, bei dem die Bewegungen der Cilien sowie die Zusammenziehungen der Vacuole am lebhaftesten sind, nehmen diese Bewegungen bei steigender und fallender Temperatur ab, bis Wärme- bezw. Kältestarre eintritt. Positiver und negativer Thermotropismus wurde bei Rhizopoden beobachtet. Wurde die Temperatur über das Maximum erhöht, so trat oft krampfhafte Zusammen- ziehung, Annahme der Kugeigestalt u. A. ein. Die Ciliaten zeigten eine bedeutende Anpassungsfähigkeit an höhere Temperaturen. — Mechanische Reize werden in sehr verschieden hohem Grade empfunden und fortge- pflanzt. Die Infusorien sind am reizbarsten. Fast stets entfernen sich die Protisten von der Reizquelle; sie zeigen negativen „Thigmotropismus“. Positiv ist derselbe in den Fällen, wo die Nahrung durch Umfliessen auf- genommen, oder wo an Fremdkörpern entlang gekrochen wird. Die Schleimpilze zeigen positiven „Rheotropismus“; sie kriechen dem fliessenden Wasser entgegen. — Auf akustische Reize zu antworten, scheint den Protisten gänzlich versagt zu sein. — Chemische Reize bringen bei den Wurzelfüsslern Contraetionserscheinungen, bei den Aufgussthieren Beschleunigung oder Verlangsamung der Wimper- und Vacuolenthätigkeit, Zuckungen der Myoide und andere Vorgänge hervor. Der Chemotropis- mus ist sehr bemerkenswerth in Bezug auf den Sauer- stoff, wie schon Engelmann nachwies. Hydrotropismus zeigen die Schleimpilze, Trophotropismus, d. h. die Fähig- keit, die Nahrung aufzusuchen, die gleichen, z. B. Aethalium. Gewisse Bakterien suchen unerklärlicher Weise ihnen sehädliche Stoffe auf. — Ueber den Einfluss galvanischer Reize hat Verf. schon früher berichtet. Die Protisten werden von ihnen wie von den schon genannten beeinflusst. Verf. konnte bei Ciliaten einen „Galvanotro- pismus“ beobachten, der darin bestand, dass sie bei Schliessung des Stroms in der Richtung der Stromeurven von der Anode zur Kathode schwammen. Was die Organe oder „Organoide“ betrifft, die zur Aufnahme der Reize dienen können, so finden sich ausser den streitigen „Augenflecken“ nur für die mechanischen Reize in Gestalt der Wimpern und Tentakeln solche vor. Offenbar ist hier das Protoplasma in seiner Gesammtheit für die allermeisten Reize sensibles Organ. Ein Vergleich mit den seelischen Vorgängen beim Menschen lässt die der Protisten als Reflexerscheinungen erkennen. Auch ihre spontanen Bewegungen sind solehe und impulsiv und automatisch. Eine Ichvorstellung und also Handlungen eines bewussten Willens können ihnen nicht zugeschrieben werden. So kann man auch die Nahrungsaufnahme z. B. auf Chemo- oder 'Thigmotropis- mus oder auf automatische Bewegungen, z. B. beim Peristomwimperschlag, zurückführen. Selbst der Gehäuse- -bau (s. unten) kann hierunter subsummirt werden. Die operativen Eingriffe ergeben, dass selbst kleine Theilstücke nach Ueberwindung des Reizstadiums die- selben Bewegungen wie der gesammte Körper ausführen. Gegen Verworn’s Behauptung, dass das auch an kern- losen Theilstücken ersichtlich sei, hat Bruno Hofer (siehe „Naturw. Wochenschr.“ V, S. 353) Einspruch erhoben. Nach Verworn ist der Kern keinesfalls ein Seelencentrum, sondern jedes Protoplasma-Elementartheilchen ist beseelt. Zu einer theilweisen Erwiderung auf die Entgeg- nungen Hofer’s kommt Verworn in seinem letzten der oben genannten Aufsätze. Er behandelt in demselben den Gehäusebau der Difflugien, jener eigenthümlichen Wurzel- füsser, die ihre Schalen aus Fremdkörpern aufbauen. Insbesondere hat Verfasser Difflugia lobostoma be- obachtet. Sie scheidet unter dem -Einfluss des Kernes gewisse Stoffe ab, die sich im Protoplasma als Kügelehen anhäufen. Dieselben wachsen und vermehren sich, um bei der Theilung des Protisten an der Oberfläche ab- gelagert und verkittet zu werden. So bildet diese Art ein Mittelglied zwischen den Formen, die eine zusammen- hängende Hülle, eventuell unter Einlagerung von Fremd- körpern, in toto ausscheiden, z. B. D. urceolata und Pamphagus, und solchen, die die Schalenstücke im Protoplasma vorgebildet haben, um sie bei der Theilung an die Oberfläche zu bringen, wie z. B. Euglypha und Quadrula. Die Wahl der Fremdkörper, die zum Bau der Schale dienen, hängt vom Vorhandensein sowie von der Grösse des Pyloms, also der Aufnahmeöffnung ab, wie aus Versuchen mit ungleich grossen Glassplittern hervorging. Weiter konnte Verworn Conjugationen von 3, ja 4 und 5 Individuen beobachten, wie sie auch Bütschli bei Arcella und Verworn bei den Gregarinen des Mehl- wurms fanden. Wenn, wie es oft geschieht, 3 conjugiren, so lagern sie sich regelmässig unter Winkeln von 120° mit den Pylomen an einander. — Wurden 2 Individuen, die in Conjugation begriffen waren, getrennt, so gelangten sie rasch wieder zu einander, mieden aber durchaus andere Stücke. Es gelingt auch eine künstliche Ver- einigung zweier beliebigen Individuen nicht. Es liegt hier offenbar ein Chemotropismus vor, wie ihn Pfeffer bei Flagellaten und Bakterien kennen gelehrt hat. Der Kern ist bei diesem Vorgang insofern von Bedeutung, als die Conjugation durch das Auftreten je eines kleinen, eigenthümlich gestalteten Kernes neben dem gewöhn- lichen charakterisirt wird, und dadurch, dass diese kleinen Kerne in Beziehung treten. — Bei künstlichen Theilungen konnte Verworn auch hier feststellen, dass sich das kernlose Theilstück nach Ueberwindung des Erregungsstadiums (s. 0.) genau wie das kernhaltige be- nimmt und erst nach Stunden abzusterben beginnt, ohne Frage deshalb, weil‘der Mangel des Kerns allmählich molekulare Störungen im Protoplasma hervorruft, die die normalen Bewegungen hemmen. Die von Hofer behauptete „Nachwirkung“ des Kerns, die die Bewegungen nach der Theilung hervorrufen soll, kann Verfasser nicht an- nehmen; ihm ist der Kern kein seelischer Mittelpunkt. Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 87 Eine neue Seite in der Lebensweise eines Infusors entdeckte Justus Carriere, indem er „Triehodina sp. (pedieulus?) als Blut- und Lymphkörperchen fressen- den gelegentlichen Schmarotzer im Seitencanal von Cottus gobio*“ nachwies. (Arch. f. mikrosk. Anat. 33. Bd., Bonn 1889, S. 402.) Die auf den Kiemen des Kaulkopfes neben Tardigraden und andern Infusorien lebenden Triehodinen vermögen sich mit ihrem Haft- apparat auch auf der glatten Haut der Fische festzu- halten. Hier gelangen sie an die schlotartigen Oeffnungen der Seitencanäle, die gerade so weit sind, um den 0,052 bis 0,056 mm im Durehmesser grossen Trichodinen den Einlass zu gewähren. Sie gelangen in den Seitencanal selbst und können sich hier bei dessen Weite von 0,25 Millimeter frei umher bewegen, zumal derselbe keinen Schleim, sondern Wasser enthält. Während sich nun diese Infusorien auf den Kiemen von mit dem Athmungs- wasser mitgeführten Nahrungstheilchen ernähren, fressen sie von den Ballen, die in den Canal ausgetretene Lymph- und Blutkörperchen mit Coagulum bilden. Sie ankern sich an ihnen fest und nehmen die durch sie ge- botene Nahrung gierig auf. In frisch eingewanderten Thieren kann man die alte und die neue Nahrung neben einander liegen sehen. Die Lymphkörper treten aus der Wandung der Seitencanäle wahrscheinlich an den Sinnes- hügeln aus, da hier die Epidermis, in welche sie oft in Menge einwandern, nur lose anschliesst. Die Blutkörper stammen wohl aus Rupturen feiner Haargefässe. Dass die Nahrung den Schmarotzern gut bekam, zeigte ihre im Vergleich zu den Kiementrichodinen grössere Kräftig- keit. Sie fanden sich in Menge bei einem erkrankten Fisch, sonst nur gelegentlich. Ob sie die Ursache der Erkrankung waren, ist möglich, wenn auch nicht er- weisbar. j Von Arbeiten, die sieh mit dem Bau bestimmter Ge- webszellen von Metazoen beschäftigen, nennen wir an erster Stelle drei Untersuchungen über Farbstoffzellen. Bernhard Solger beschreibt (Zur Struetur der Pigment- zelle. Zool. Anz., 12 Jahrg., S. 671) solche mit mehreren Kernen, die sich in den obersten Lagen der Lederhaut beim Stiehling und Hecht fanden. War das Pigment auf’s Aeusserste zusammengelagert, so erscheint die Zelle unter dem bekannten Bilde eines dunklen Klumpens, in dem nur die vom Melanin frei gelassenen Stellen, an denen die Kerne liegen, hell sind. Im entgegengesetzten Falle zeigt die Zelle die bekannte Strahlenfigur. Im ersteren Falle kann bei günstigen Objeeten eine feine Plasmastrahlung erkannt werden, die den Farbstoffkörper allseitig umgiebt. Manchmal wurde nun Folgendes beob- achtet. Es lagen im Zellinnern parallel, oder mit den Polen einander zugeneigt, zwei Kerne, zwischen denen ein kleinerer, heller Hof zu sehen ist, von dem die Pigmentkörnchen nach allen Seiten hin ausstrahlen. Oft liegen sie in der Peripherie des Hofes etwas dichter. Verfasser bringt diesen Befund mit der Rabl’schen An- schauung von der „Polstrahlung“* in Zusammenhang, nach der nicht allein die achromatischen Kernbestand- theile, sondern auch die Fadensubstanz des Zellleibes gegen eine homogene, stark lichtbrechende Stelle, das Polkörperehen, centrirt sind. Hier verdecken secundäre Einlagerungen, die „geformten inneren Plasmaproduete“ des Farbstoffs zwar die Zellstruetur, zeigen jedoch eime analoge Anordnung, sodass ihre Wanderung und Lage im Zellleibe von der Struetur des Protoplasmanetzes ab- zuhängen scheint. In einem Nachtrag sagt derselbe Verfasser (Zool. Anz. 1890. S. 93), dass die Centrirung der geformten Bestandtheile der Zelle schon vor Rabl von E. van Beneden — derselbe nennt das in Frage stehende Cen- trum „sphere attraetive“ — betont worden ist. In dem- selben Aufsatz spricht er die Auffassung aus, dass die Vermehrung der Kerne in den Pigmentzellen des Hecht- coriums nicht auf dem Wege der Mitose, sondern der einfachen Zerschnürung vor sich gehe. An diese Solger’sehen Aufsätze knüpft der bekannte Entdecker der Kerntheilungsfiguren, Walther Flemming in Kiel, mit einem Aufsatz „über die Theilung von Pig- mentzellen und Capillarrandzellen, Ungleichzeitigkeit der Kerntheilung und Zelltrennung“ an (Arch. f. mikrosk. Anat. 35. Band. Bonn 1890, S. 275). Die „Chromato- phoren“ im parietalen Bauchfell der Salamanderlarven zeigten, wenn die Zellformen klein waren, die gewöhn- liche Theilung. Bei dem Uebergang vom Dyaster zum Dispirem trat die Abschnürung im Aequator des Zellen- leibes ein. Dieselbe blieb dagegen bei den grossen Zellen oft aus, so dass zweikernige Zellen entstehen. Später trat sie ein. Verfasser betont, dass bei diesen durch ihre Ausläufer verbunden bleibenden Zellen freilich diese Absehnürung nicht bis zu einer eigentlichen Zell- theilung fortschreitet, sondern nur bis zu einer „halbirenden Zerlegung des Zellterritoriums.“ Alois Lode (Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Farbenwechsels der Fische. Sitzungsber. der Königl. Akad. d.Wissensch. Math.-naturw. Classe. 99. Band, H.1—3, Jahrg. 1390, Abth. 3. Wien. S. 130) stellte fest, dass die schon von Pouchet festgestellte bekannte Erscheinung, dass sich der Farbenwechsel der Chromatophoren nur mit Hülfe des Nervenwegs vollzieht, im Speziellen dahin ver- folgt werden kann, dass es der Sympathieus ist, der seine Zweige an die Farbstoffzellen entsendet. Verfasser konnte dies einmal anatomisch, durch Vergoldung der betreffenden Elemente, nachweisen, sodann aber auch physiologisch. Er benutzte als Versuchsthiere den Flussbarsch, die Forelle und den Hundsfisch. Wurden bei der Forelle die Pigmentzellen elektrisch gereizt, so entstanden in \/, bis 1‘ helle Flecken an der Stelle, an der die Elektroden angesetzt waren. Dieser Versuch gelang auch bei blinden Fischen, so dass die Blindheit nicht, wie Pouchet meint, die Chromatophoren geradezu paralysirt. Bei der Ein- führung von Curare wurden nur die vergifteten Haut- stellen dunkel. Es werden hier also, wie beim willkür- liehen Muskel die Nervenendplatten (Bernard), die Nerven- endigungen der Farbstoffzellen gelähmt. Die Chromato- phoren sind im Ruhezustand ausgebreitet, im gereizten zusammengezogen. Die rothen Flecken der Forelle, kleine Zellen mit spärlichen Fortsätzen, contrahiren sich erst nach langem Einwirken eines starken Stroms. Es liegt hier also wohl der Beginn einer „starren Pigmentirung“ (von Siebold) vor. Viertens bespricht der am 23. März v. J. in Graz verstorbene Joseph Heinrich List „die Herkunft des Pigmentes in der Oberhaut* im „Biol. Centralblatt“ 10. Band 1890, S. 22. Er bestätigt die 1885 von Aeby ausgesprochene Ansicht, dass es aus der Lederhaut ein- wandert, durch Untersuehungen an Lurchen und Fischen. Der Farbstoff benutzt dabei die Stellen des geringsten Widerstandes, die sich oft als gegen das Epithel vor- springende Bindegewebszüge ergeben und für seine Wanderung in die subepitheliale Schicht sind die Blut- gefässe die Strassen. Das Pigment entsteht, wie an dem Schwanzkamm des männlichen grossen Molches gefunden wurde, durch Degeneration der rothen Blutkörper schon innerhalb der Gefässe. Es ist kein Bau- oder Nähr- material, sondern ein Zerfall- oder Ausscheidungsproduct, das durch die Leukoeyten gegen die Oberfläche geschafft und von den Epithelzellen aufgenommen wird, um hier bekanntlich in anderer Weise zum Vortheil des Organis- mus Verwendung zu finden. (Forts. folgt.) 38 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 9. Noch ein Ei im Ei. — Die „Naturw. Wochenschr.“ brachte im VI. Bd. No. 1 eine interessante Mittheilung über ein Hühnerei, welches in seinem Innern noch ein zweites kleineres einschloss, was man aber erst beim Oeffnen des gekochten Eies wahrnehmen konnte. Es blieb also, wie die Abbildung zeigt, nur ein Schalenrest des grossen Eies übrig. Diese Erscheinung, nämlich ein Ei im Ei, ist auch schon von mir beobachtet worden. Ein auffallend grosses Exemplar wurde mir von einem hiesigen Bürger der Merkwürdigkeit wegen übersandt. Anfangs glaubte ich, ein. grosses Hühnerei mit zwei Dottern vor mir zu sehen, was ja nicht sehr selten vor- kommt; wurde aber durch das Scehütteln desselben bald belehrt, dass in dem grossen Eie sieh noch ein isolirter, schwerer Körper befinden müsse. Ich öffnete daher das rohe Ei vorsichtig auf der einen Seite und fand, wie, ich’s vermuthet hatte, in der Mitte desselben ein voll- ständig normal gebildetes kleineres Ei, das ich unversehrt herausnehmen konnte. In beiden Eiern waren Eiweiss und Dotter vorhanden. Das grosse hatte einen Längs- durchmesser von über 7 em, das kleine von beinahe 4cm. Beide habe ich in ein Glaskästehen eingeschlossen und so präparirt, dass sie nicht zerstört werden können. : Sie bilden in meiner naturhistorischen Sammlung unter zahlreichen Exemplaren abnormer Hühnereier einen inter- essanten Beitrag. Fr. Seydler, Konrektor. Ueber die Anpassungen von Säugethieren an das Leben im Wasser. — Willy Kükenthal, der jetzige In- haber der Ritter-Professur in Jena, hat auf seiner Reise nach Spitzbergen ein besonderes Augenmerk den Walen ge- schenkt. Vor Kurzem erschienen seine „vergleichend-anato- mischen und entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen an Walthieren* und jetzt liegt ein Aufsatz obigen Titels (Zool. Jahrb., Abth. f. Syst., Geogr. u. Biol. der Thiere, ' 5. Bd. 3. H., Jena 1890, S. 373) vor, der über die Verwandt- schaft der Seesäuger ein neues Licht verbreitet. Unter den Säugethieren bewohnen die Robben, Sirenen und. Wale insgesammt mehr oder weniger das Wasser, aus andern Ordnungen sind zu nennen: das Schnabelthier, der Schwimmbeutler (Chironeetes variegatus Illig.); von Nagern die Biberratte (Hydromys chrysogaster Geoffr.), Holochilus, die Wasserratte (Arvieola amphibius), die Zibethmaus (Fiber Zibethieus), der Biber und das Wasser- schwein (Hydrochoerus capybara Erxl.); die kerfjagende Wasserspitzmaus (Sorex fodiens Wagn.) und der Bisam- rüssler (Myogale); das Nilpferd, der Otter und der See- otter. Wasserleben angepasst sind, zeigen ihre Stellung im Die unter ihnen, die noch nieht lange an das System deutlich, räthselhaft dagegen ist die Verwandt-, schaft der Wale. Man hat sie einerseits von Ursäugern unter Heranziehung der Ichthyosaurier abstammen lassen, eine andere Ansicht bringt sie in die Nähe der Hufthiere und hält die Sirenen für das Bindeglied, oder man meint Raubthiere oder auch diphyletisch Raub- und Hufthiere (Weber) für ihre Vorfahren halten zu müssen. Leboueq hält sie für sehr alte Säuger, die nie Land-, sondern höchstens Sumpfbewohner zu Ahnen hatten. — Kükenthal ist nun der Ansicht, dass der vergleichend - anatomische Weg zur Entscheidung der vorliegenden Frage nicht ge- nügt. Er zieht in weitem Masse entwicklungsgeschicht- liche und biologische Beziehungen heran. Vor Allem stellt er den Grundsatz auf, dass alle Säuger ohne Aus- nahme von Landthieren abstammen. Was sodann die Ausbildung der Fischform des Körpers der Wassersäuge- thiere anbetrifft, so sind die Gliedmassen bei denen unter ihnen, die noch zeitweise das Land betreten (temporäre Wasserthiere), nicht in dem Grade flossenartig entwickelt, als bei denen, die stets das Wasser be- wohnen (stationäre). Während bei den ersteren die Beine vor den Armen als Schwimmwerkzeuge dienen, tritt bei den letzteren unter Schwinden der Beine der Schwanz als Bewegungsorgan auf, der schon bei vielen zeitweisen Wasserthieren (Biber, Schnabelthier) verbreitert ist und im äussersten Falle die Form einer Dampfer- schraube annimmt. Es springt der Vortheil dieser Bil- dung, wenn man die Leistungsfähigkeit eines Schrauben- mit der eines Raddampfers vergleicht, sofort in die Augen. Während die Ohrenrobben, die von allen See- säugern noch am meisten das Land betreten, mit Armen und Beinen schwimmen, sind bei den Seehunden die Arme ausser Thätigkeit beim Rudern, und die Beine, die nach hinten gerückt sind, bewegen sich schon ähnlich dem Walfischsehwanz. Die dritte Stufe zeigen die Sirenen und Wale. Hier ist die bewegende Kraft gänz- lieh m das Körperende verlegt, und die Körperform fischartig. Kükenthal besprieht eingehend weiter zwei Organ- systeme, um daran die Anpassungen an das Wasserleben zu erörtern, die Haut und die Vordergliedmassen, ohne zu leugnen, dass noch manche andere, z. B. die Zähne, die Atlımungswerkzeuge u. a. m., in gleichem Sinne der Erforschung bedürfen. Für die Wale kommt er dabei zu dem Ergebniss, dass sie sicher diphyletisch sind, so dass die Barten- und die Zahnwale keine gemeinsame Ab- stammung haben können. Wo ihr Ursprung zu suchen ist, lässt er freilich als offene Frage bestehen. ein Bei den temporären Wassersäugern genügt diehter und reichlieh eingefetteter Haarpelz, um die Wärmeausstrahlung des Körpers zu reguliren. Nicht so bei den stationären. Hier tritt in gleichem Sehritt mit dem Schwinden der Haarbedeekung die Ausbildung einer Fettschieht in der Haut ein, so dass man aus der Ent- wicklung beider Schutzvorkehrungen gegen Wärmeverlust ohne Weiteres auf den Grad des Wasserlebens schliessen! kann. Dass die Vorfahren der Wassersäuger haar- besitzende Landthiere gewesen sind, geht nun z.B. schon daraus hervor, dass die Sirenen, die fast gar keine Haare haben, im Embryonalleben die Spuren einer über alle Körpertheile gehenden dichten Behaarung , zeigen. Das Nilpferd hat nur auf der Oberlippe Borsten, die auf Nacken und Rücken sehr spärlich werden; das neu- geborene Thier ist aber auf Kopf und Nacken mit einer dichten lanugo bedeckt. Die Bartenwale besitzen selbst im Alter am Kopf einzelne Borsten, den Zahnwalen (ausgenommen den südamerikanischen Flussdelphin, Inia) fehlen sie, doch haben sie als Embryonen einige Spür- haare auf der Oberlippe. Weiss- und Narwal zeigen zu keiner Zeit mehr Haare. In zweiter Linie kann man den allmählichen Sehwund der Hautdrüsen, der glatten Muskulatur sowie der Hautnerven feststellen. Sehon hieraus geht hervor, dass die Bartenwale noch nicht so lange an das Wasserleben angepasst sind als die Zahn- wale, ein Ergebniss, das weiter unten noch weiter ge- stützt werden wird. Tiefgreifend ist der Unterschied zwischen beiden Gruppen dadurch, dass sich bei den Zahnwalen Reste eines Hautpanzers finden. Neomeris phocaenoides der indischen Flüsse trägt höckerige Platten und Reste von solehen auf verschiedenen Körperstellen, und seine Embryonen haben noch viele soleher Platten. Da nun auch die Kriechthiere in ähnlicher Weise den Hautpanzer verlieren (Heloderma, Dermochelys), so sind diese Platten wohl altererbt. Weiter lässt sich hieraus ein Grund für die Annahme ableiten, dass die Wale zu- erst in den Flüssen entstanden sind. Zeigen ja Inia und Platanista (der Gangesdelphin) bewahrte allgemeine Säugethiermerkmale am besten. Dass die Säugethiere allgemein gepanzerte Vorfahren hatten, darauf lassen Nr. 9. Naturwissenschaftliche. Wochenschrift. [0,0] De) auch die alten beschuppten Edentaten schliessen. Auch bei den Braunfischen finden sich Tuberkeln, freilich nur an der Vorderkante der Rückenflosse. Es liegt bei ihnen genau dasselbe Verhalten vor wie bei den nach Fraas gleichfalls von Landthieren abstammenden Ichthyosauriern, bei denen auch der Hautpanzer bis auf Schilder am Vorderrand der Finne geschwunden ist. Dass gerade hier der Hautpanzer sieh erhalten hat, lässt sich aus dem Bedürfniss erklären, bei der Schnelligkeit, mit der die Delphine und Ichthyosaurier das Wasser durchschneiden und durchschnitten, die Flossenkante zu festigen. An den Vordergliedmassen haben die Wasserratte, die Biberratte und die Zibethmaus keine Schwimmhaut erworben, beim Wasserschwein ist sie ‚hier angedeutet, beim Biber an den Füssen, beim Schnabelthier an Händen und Füssen entwickelt. Bei den Flossenfüsslern ist die Schwimmhaut bereits durch bindegewebige Stränge ver- grössert. Endlich umhüllt sie die ganze Hand, wie bei den Sirenen und Walen. Erstere besitzen noch Nägel, die letzteren haben auch diese verloren. In gleichem Sehritt wird die Funetion der einzelnen Gliedmassen- theile immer gleichartiger, sodass ihre physiologische (und demgemäss auch anatomische) Differenzirung immer mehr eingebüsst wird, und die Gelenke redueirt werden. Zweitens aber werden die Fingerknochen biegsamer. Die bei der Verknöcherung eintretende Vereinigung der Dia- physe und der Epiphyse der Phalangen tritt später ein, die Verknöcherung derselben verlangsamt sich und bleibt auf fortgeschrittener Stufe unvollständig. Weiter ent- wickeln sich doppelte Epiphysen, wie beim Schnabelthier andeutungsweise, mehr bei den Robben und Sirenen, am meisten bei den Walen. Denn auf diesem Wege ist nach Kükenthal’s Ansicht die Ueberzähligkeit der Fingerglieder bei den Walen entstanden. Sie ist nicht, wie Lebouegq annimmt, ein altes Erbtheil, beruht nicht, wie Weber, Ryder und Baur meinen, auf einer secundären Theilung des Knorpelstrahls, der sich an die letzte Phalange an- setzt, und ist auch nicht mit Howes auf intercalare Syndesmosen, wie bei den Amphibien, zurückzuführen. Das vierte Fingerglied findet sieh schon beim Lamantin und beim Dugong. Bei den Walen beginnt auch am Unterarm die Bildung neuer kleiner Skeletttheile in ent- sprechender Weise. Wie heutzutage bei den Walen, so war Hyperphalangie auch bei Plesiosaurus und Iehthyo- saurus entwickelt, ja bei letzterem sogar in höherem Masse als bei den Walen. Die secundären Fingerglieder können nun, wie aus Obigem hervorgeht, infolge Auf- gebens besonderer Funetionen gleich werden und höch- stens bis auf die Zahl 12 steigen. Mehr finden sich denn auch bei keinem Wal, mit Ausnahme des Grind- wales, bei dem offenbar durch Theilung der secundären Phalangen tertiäre entstanden sind. Die Erklärung für die Hyperphalangie ist in der Bedeutung der Vorder- gliedmassen als Steuer zu suchen, die, je mehr sie sich entwickelte, eine desto grössere Biegsamkeit des Organs erforderte. Diese wurde aber durch die Zerlegung der längeren in kürzere Knochen ermöglicht. Bedeutsam ist es,. dass bei den Zahnwalen (s. oben) die Ueberzählig- keit der Fingerglieder stärker als bei den Bartenwalen ist; auch ist ihr Arm sichelförmiger als der der letzteren. Schliesslich macht Kükenthal immer wieder darauf aufmerksam, dass die oft auffallend ähnlichen Bildungen der Zahn- und Bartenwale, der Ichthyo- und Plesiosaurier nur Ergebnisse einer durch gleiche Anpassungen erzeug- ten Convergenz sind, aber gar keinen Rückschluss auf eine Verwandtschaft gestatten. Alle vier Thiergruppen haben sich selbstständig aus Landbewohnern entwickelt. Dr. C. Matzdorff. Fossile Wildschaf- Reste in Mähren. — Während heut zu Tage das Verbreitungsgebiet der Wildschafe nur einen kleinen Theil von Europa, nämlich die Inseln Sar- dinien und Corsica, einschliesst, war dieses in der soge- nannten Diluvialzeit anders; damals waren Wildschafe in Europa ziemlich weit verbreitet, und zwar sowohl in Süd-Europa, als auch in West-Europa und in ge- wissen Theilen Mittel-Europas. Es liegen mir augenblick- lich einige ausgezeichnet erhaltene, echt fossile Knochen einer diluvialen Wildschaf-Speeies vor, welche der eifrige und glückliche Erforscher der mährischen Höhlen, Herr Professor Maska zu Neutitschein, in der Nähe von Stram- berg ausgegraben hat. Diese Knochen (Radius, Meta- carpus, Metatarsus ete.) liefern den Beweis, dass einst während eines gewissen Abschnittes der Diluvialzeit eine kräftige, wenngleich nieht sehr grosse Wildscehaf-Species in Mähren gelebt hat*). Nach den Dimensionen der Bein- knochen war diese Species grösser und kräftiger als der heutige Mufflon von Sardinien und Corsica, aber nicht so gross, wie das amerikanische Bergschaf und die grössten asiatischen Wildsehafe; sie kam ungefähr dem Ovis arkal Transkaspiens an Grösse gleich. Es ist sehr wahrscheinlich, dass gewisse Rassen des Hausschafes auf diese diluviale Art von Wildschaf zurückzuführen sind. Die zahlreichen und mamnigfaltigen Rassen des Hausschafes haben überhaupt keinen einheitlichen Ur- sprung, sondern sind aus der Domestication mehrerer wilder Ovis-Speeies, welche im Laufe der Jahrtausende in verschiedenen Ländern und von verschiedenen Völkern gezähmt wurden, hervorgegangen. Solche Domestieationen haben nicht nur in Asien, sondern auch in Europa statt- gefunden. Die vorliegenden mährischen Wildschaf-Reste liefern einen neuen, wichtigen Fingerzeig in dieser Rich- tung. — Dieselben sollen demnächst an einem anderen Orte genau beschrieben werden. Prof. Dr. A. Nehring. Abnorme Birnen. — Unser Mitarbeiter, Herr Ober- lehrer H. Engelhardt, schreibt uns als Erklärung der beiden von ihm eingesandten Abbildungen auf S. 90 in natürlicher Grösse das Folgende: „Im Herbste 1890 wurden auf einem Birnbaume sieben eigenartig gestaltete Früchte beobachtet, welche etwa einer grossen Eichel- frucht glichen. Drei Partien liessen sich an ihnen unterscheiden, von denen die unmittelbar an den Stiel sich anschliessende die grösste war und an ihrem oberen Rande fünf verwelkte Blattspitzen zeigte, die denen der Butze ganz und gar glichen und von ihnen nur durch die grössere gegenseitige Entfernung unterschieden werden konnten. Ueber dieser erhob sich eine kleinere, welche aus fünf mit ebenfalls vertrockneten, zu den unteren ab- wechselnde Stellung zeigende Spitzen gekrönten Theilen bestand, die an ihren untereinander festverwachsenen Grenztheilen eine geringe Vertiefung zeigten, von welcher nach beiden Seiten hin eine leichte Schwellung zu be- obachten war. Die dritte erschien zwar höher, war aber sonst gleich gebaut und hatte eine normal ausgebildete Butze. Mein erster Gedanke war, dass diesen Früchten wohl eine Perforation der Blüthen zu Grunde liegen könne, wie sie u. A. von Rosen bekannt ist. Um aber sicher zu gehen, durchschnitt ich die Früchte und fand zu meinem Erstaunen nicht ein einziges Kerngehäuse vor anstatt ihrer drei, wie ich erwartet, dafür sah ich aber den Stiel bis zur Spitze durchgehen. Unsere samenlose *) In Frankreich hat damals ein sehr grosses, argarli-ähn- liches Wildschaf gelebt, wie Dr. Pommerol 1879 nachgewiesen hat; seine Ovis antiqua hatte ungefähr die Schädeldimensionen des heutigen Katschkar Central-Asiens.. Pommerol meint zwar, dass jene fossile Art grösser gewesen sei, als jede heutige Wild- schaf-Speeies; dieses ist aber nicht zutreffend. 90 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 9. Frucht muss aus drei dieht übereinander liegenden Kelehen entstanden sein. Doppelte Kelehe sind gesetz- mässig bei den Dipsaceen zu finden, aber bei Pomaceen kommen sie nicht vor. Dass an den Blüthen die Pistille gefehlt, muss wohl angenommen werden, ob sie Staub- gefässe gehabt, kann nicht mehr nachgewiesen werden, vielleicht sind sie nur Scheinblüthen gewesen. Der Ge- schmack der Früchte war übrigens dem der regelrecht gebildeten gleich. Es wäre interessant, zu erfahren, ob gleiche Vor- kommnisse auch von anderer Seite beobachtet worden sind. Jedenfalls verdienen sie der Vergessenheit ent- rissen zu werden.“ Allerdings sind — worauf auch in der „Naturw. Wochenschr.“ von Herrn Garten -Inspeetor H. Lindemuth auf S. 205—206 von Bd. I hingewiesen worden ist — ähnliche Vorkommnisse, wie das obige, wiederholt beob- achtet und beschrieben worden, und es wurde bei diesen Gelegenheiten meist die Frage ventilirtt, ob die „Apfelfrucht“ phylogenetisch als verdiekte Achse zu denken sei, oder ob die ältere Annahme, dass die in Rede stehende Frucht phylo- genetisch aus Blättern hervor- gegangen sei, die grössere Wahr- scheinlichkeit verdiene. L. Witt- mack (Berichte d. Deutsch. botan. Gesellsch. II. Bd. 1854. S. 420 ff.) nimmt eine vermittelnde Stellung ein, indem er zu begründen sucht, dass sowohl die Achse 'als auch die Blätter an der Verdiekung Theil nehmen, oder anders aus- gedrückt, dass die Apfelfrucht ein verdickter Spross ist. Auch der obige Fall spricht für die Wittmack’sche Auffassung. Wer pflanzen - teratologische Dinge beschreibt, hat jetzt die fleissige, kürzlich im Selbstver- lage des Verf. erschienene „Pflanzen - Teratologie*“ von Dr. O. Penzig, Prof. der Botanik und Direetor des Königl. botanischen Gartens an der Uni- | versität Genua, von der (Genua, Druck von Angelo Cimmaco 1890) bis jetzt der I. Band, die polypetalen Dieotyledonen enthaltend, veröffentlicht worden ist, zur Hand zu nehmen. Es ist ein praktisches und umfassendes systematisch-geordnetes Nachschlagebuch. Penzig hat denn aus der Litteratur auch Alles über abnorme Birnen zusammengetragen, unter diesen solche, die nach seiner Ansicht „die Betheiligung von Achsen und Blattbasen an der Fruchtbildung definitiv beweisen“ (l. e. S. 447), d. h. also die Wittmack’sche Anschauung erhärten. Wie wir an dem folgenden Citat (S. 447—449 des Penzig’schen Werkes) sehen werden, befinden sich unter den von ihm genannten Abnormitäten auch solche, die der unsrigen durchaus gleichen. Penzig sagt: „Zunächst findet man nicht selten auf der Seite sonst normaler Früchte Blätter (Schuppen oder Laubblätter) entspringend, welche in ihren Achsen auch Knospen (Laub- oder Blüthenknospen) entwiekeln können ... Dann sind höchst interessant die sogenannten Stockwerk- birnen. In denselben entspringen nämlich die Blüthen- phyllome nieht am Gipfel der Achseneupula, sondern seitlich auf derselben. Solche „Stockwerkbirnen“, welche oft stark verlängert sind, zeigen also in der Mitte der Frucht (oder darunter) durch eine Einschnürung ge- zeichnet, einen Quirl von (oft verlaubten) Sepalen; weiter oben, durch ein mehr oder minder langes Internodium von diesen getrennt, die (oft sepaloiden oder auch ver- laubten) Petala, noch weiter oben (nieht immer) die Stamina, während die Carpelle meist in die Achseneupula eingesenkt und so im Niveau des obersten „Stockwerkes“ eingeschlossen sind. Bisweilen fehlen sogar die Carpelle vollkommen, und die so entstehenden Birnen sind oline Kerngehäuse und Samen. Nicht selten sieht man an diesen. monströsen Birnen die Blüthenphyllome nieht in Wirteln, sondern in Spiralen geordnet, zerstreut; sind die betreffenden Blätter daher klein, sepaloid, so er- scheint die Birne mit schuppiger Aussenseite. Am interessantesten aber sind die Bildungen, welche Carriere als „fruits sans fleurs“ bezeichnet hat; d.h. locale Hypertrophien einzelner Zweigregionen, an denen entweder das Rindenparenchym der Achse stark vermehrt und fleischig wird, oder die Basen von Blättern oder Blattstielen zu fleischigen Ge- bilden anschwellen, oder end- lich Achse und Blätter gemeinsam (in Knospen) hypertrophisirt wirk- lich fruchtähnliche Bildungen mit saftigem, geniessbarem Fleisch (sogar mit den für die Birnen eharakteristischen Steinzellen) und gelber Rinde hervorbringen kömen ..... Ganz ebenso, wie manchmal die Laubblätter an der Basis fleischig werden und so ein fruchtförmiges Gebilde hervorbringen, können auch die Blüthenphyllome hypertrophisch werden und fleischige Consistenz annehmen. Telegraphen- und Tele- phondrähte als Blitzableiter. — Das Publikum ‚glaubt viel- fach, dass die oberirdischen Telegraphen- und Telephon- drähte sowohl für diejenigen Gebäude, an oder auf denen sie angebrachtsind, als auch für diejenigen, über welche sie hinweggehen, die Blitz- gefahr erhöhen. Dieses ist jedoch keineswegs der Fall. Vielmehr haben neuere von Dittmann nach einem sehr starken Gewitter, welches im vergan- genen Sommer in Bremen stattgefunden, angestellte Untersuchungen deutlich bewiesen, dass es bei dem betreffenden Gewitter vornehmlich die dem Nachrichten- verkehr dienenden Drähte gewesen sind, welche eine grössere Gefahr von der Stadt abgehalten haben. Gerade diejenigen Gebäude, welche mit solchen Leitungen verschen sind, erweisen sich viel besser ge- sehützt, als die nicht damit versehenen. Durch eine grössere Anzahl von Drähten auf einem Hause ist aber auch zugleich der Gesammt-Querschnitt der Drähte ein grösserer, es wird infolgedessen die Leitungsfähigkeit derselben gesteigert und somit ist die Gefahr eines Ueber- springens des Blitzes auf das Gebäude gemindert. Ferner werden die seitens der Behörden sorgfältig angelegten Rohrgestänge noch mit besonderen Blitzableitern ver- sehen, so dass auch hierdurch schon eine Blitzgefahr für das betreffende Gebäude bedeutend verringert ist. Man sollte sich deshalb hinsichtlich des Anbringens von Ge- stängen und Drähten auf den Gebäuden nicht weigern. Nach Dittmann sind im Allgemeinen die Telegraphen- und Telephonleitungen viel bessere Blitzableiter als zahl- Nr. 9. .Naturwissenschaftliehe Woehensehnift. 91 reiche«der gewöhnlichen Blitzableitungen, zumal dieselben häufig von ‚Leuten. gelegt werden, welche nicht das volle Verständnis, ‚für, die bei soleher Anlage ‚in. Betracht kommenden... Grundsätze hahen; denn. eine ‚Blitzableiter- anlage, welehe nicht sachgemäss‘ mit: vorzüglicher Erd- leitung’ unter Berücksichtigung .der vorhandenen, örtlichen Verhältnisse ‚ausgeführt, ist, erhöht, ‚die., Blitzgefahr bedentend, anstatt sie zu.mindern. .; - Dr.-R. Otto. Der V. Französische nen -Congress wird unter Vorsitz. des Professors Gyon in der Osterwoehe, 30. März bis 4. April, in Paris tagen. "Der IX. Deutsche Geogräpkiänfag findet in Wien in der Zeit vom Mittwoch den 1. bis zum. Freitag den 3. April statt. Entsprechend Artikel 5 der Satzungen werden als Hauptgegenstände der Verhandlung nur wenige und zwar die folgenden Fragen vorgeschlagen: 1. Der. gegenwärtige Stand der geographischen Kennt. niss der Balkanhalbinsel. 2. Die Erforschung der Binnen- seen. Ferner werden statutengemäss schulgeographische Gegenstände zur Berathung kommen, sowie die Berichte der vom Geographentage eingesetzten Commissionen er- stattet werden. Anlässlich der Versammlung. wird eine geographische Ausstellung veranstaltet werden, welehe Karten, Reliefs, Bücher, Instrumente, Lehrmittel und Photographien umfassend, vornehmlich die Entwieklung der Kartographie von Oesterreich-Ungarn und den süd- östlich angrenzenden Ländern, sowie die litterarischen Er- scheinungen auf geographischem Gebiete während der letzten Jahre zur Anschauung bringen soll. Im Anschluss an die Tagung werden einige kleinere Ausflüge in die Umgebung von Wien unternommen werden. Ausserdem ist, üinter der Voraussetzung genügender Betheiligung, eine etwa einwöchentliche grössere Exeursion unter be- sonderer Führung nach Budapest, Fiume und den öster- reichischen Karstgebieten geplant. Versammlung und Ausstellung werden im neuen Universitätsgebäude statt- finden. Man kann dem Geographentag als Mitglied oder als Theilnehmer , beiwohnen. Das Eintrittsgeld für die Theilnehmer des Geographentages ist auf 2 fl. ö. W. fest- gesetzt. Die Mitgliedschaft des deutschen Geographen- tages wird durch einen Beitrag von 5 Mark oder 3 Al. ö. 7 für das Versammlungsjahr erworben. Nur die Mitglieder erhalten den ausführlichen offieiellen Bericht über die Verhandlungen des Geographentages ohne weitere Nachzahlung. Generalsecretär des Ortsausschusses ist Dr. Diener, Wien, I., Universitätsplatz 2, Obmann des Ausstellungseomites ist Prof. Dr. A. Penek, Wien, Uni- versität. Der Vorsitzende des Centralausschusses ist Geh. Admiralitätsrath und Director der deutschen See- warte in Hamburg, G. Neumayer, der Vorsitzende des Ortsausschusses k. k. Hofrath und Intendant des k. k. natur- historischen Hof-Museums in Wien, F. v. Hauer. Litteratur. Fr. Berge’s Schmetterlingsbuch. Bearbeitet von M. v. Heine- mann. Neu durchgesehen und ergänzt von Dr. Steudel. Siebente Auflage. Verlag von Julius Hoffmann. ee 1889. Das vorliegende, lange bekannte und beliebte Werk der Gross- schmetterlinge Mittel-Europas ist dadurch noch brauchbarer ge- worden als die vorletzte Auflage, dass die systematische Reihen- folge sich jetzt dem Staudinger’schen Cataloge anschliesst, nach welchem fast alle Verzeichnisse und Sammlungen sich richten. Das Werk ist dazu angelegt, den Naturfreunden ein schnelles Bestimmen- der- Schmetterlinge und Raupen zu ermöglichen, und wegen der Mannigfaltigkeit der in grosser Zahl abgebildeten Pflanzen, die den Raupen zur Nahrung dienen, macht es gleich- } zeitig soweit mit der heimischen Flora bekannt, wie dies für den Lepidopterologen wünschenswerth ist. Ausser den sehr “guten ‘Abbildungen (auf '50' Tafeln) der Schmetterlinge finden sich auf jeder Tafel auch solehe von Raupen und Puppen, sowie'der -Futterpflanzen. ‚ Die,Einleitung: oder der allgemeine Theil des Werkes:beginnt mit der Naturgeschichte der Schmetterlinge und umfasst, S. I— EXIV.. Der Inhalt des allgemeinen: Theiles ist sehr reichhaltig. ‚Der :specielle, Theil: umfasst» inel. ‚Register. und, einem Ver zeiehniss. der europäischen Gepssrhrnatienlierge 246 Seiten..| Das Werk: hat Quartformat. | H. J. Eu 1 H, Poincare, Electrieite ‚et Optique, I. Les Theories de Max- well et la theorie eleetromagnetique de la lumiere. Lecons professees pendant le second semestre 1888—89, redigees par J. Blöndin. Georges Carre, Paris 1890. Durch die wundervollen Hertz’schen Untersuchungen und Entdeckungen ist von Neuem das Interesse des theoretischen Physikers auf die ebenso wichtigen und originalen wie schwer verständlichen Arbeiten des englischen Physikers Maxwell gelenkt worden. Man wird es Herrn Poincar@ daher nicht nur in Frank- reich, sondern auch in Deutschland Dank wissen, dass er die Vor- lesungen, welche er an der Faeulte des Sciences zu Paris über die Maxwell'schen Theorien gehalten hat, durch das, vor- liegende Werk weiteren Kreisen zugänglich gemacht hat. Herr Poincare führt in der Einleitung dieses Buches aus, dass ein französischer Leser des Maxwell'schen Werkes über Elektrieität und Magnetismus sich bei aller Bewunderung für das letztere doch eines gewissen Misstrauens nicht erwehren kann, eines Gefühls, das Herr Poincare auf die übliche wissenschaft- liche Ausbildung und auf den Unterschied zwischen den alten Methoden und Theorien der mathematischen Physik und dem Ver- fahren Maxwell’s zurückführt. Während die klassischen Forscher der mathematischen Physik, von Laplace bis Cauchy, jedem Zweige ihrer Wissenschaft dieselbe Strenge wie der Mechanik des Himmels zu geben streben, ist dies bei Maxwell nicht durchaus der Fall, und aus diesem Umstande entspringt bei dem Studium seines Werkes das erwähnte Misstrauen. Was Herr Poincare hier für französische Leser bemerkt, dürfte auch vielfach für deutsche Leser des Maxwell’schen Buches zutreffend sein; demgemäss er- achten wir eine ausführlichere Analyse der vorliegenden Vor- lesungen für sehr angebracht. Ueber die Ziele Maxwell’s bemerkt Herr Poineare: „Maxwell giebt keine mechanische Erklärung der Elektrieität und des Magnetismus; er beschränkt sich darauf, nachzuweisen, dass diese Erklärung möglich ist. Er zeigt gleichfalls, dass die optischen Erscheinungen nur ein specieller Fall der elektromagnetischen Erscheinungen sind. Aus jeder Theorie der Elektrieität wird man also unmittelbar eine Theorie des Lichtes herleiten können. Das Umgekehrte ist leider nicht der Fall; aus einer voll- ständigen Erklärung des Lichtes ist es nicht immer leicht, eine vollständige Erklärung der elektrischen Erscheinungen zu ziehen . Der englise ;he Gelehrte sucht nicht ein einheitliches, definitives und wohlgeordnetes Haus zu bauen, es scheint vielmehr, dass er eine grosse Zahl provisorischer und unabhängiger Bauten ausführt, zwischen denen die Verbindungen schwierig und bisweilen un- möglich sind.“ Nach dieser allgemeinen Charakterisirung der Eigenarten Maxwell’s stellt Herr Poincare eine interessante Betrachtung über die Erklärung physikalischer Erscheinungen an, der wir die folgen- den Sätze entnehmen: „Wenn eine Erscheinung eine vollstän- dige mechanische Erklärung zulässt, so lässt sie unendlich viele andere zu, welche ebenso gut über alle durch die Erfahrung auf- gedeekten Besonderheiten Rechenschaft geben werden. Das Vorstehende wird dureh die Geschichte aller Theile der Physik bestätigt; in der Optik z. B. hält Fresnel die Schwin- gungsebene für perpendiculär zur Polarisationsebene; Neumann betrachtet sie als parallel zu dieser Ebene. Man hat lange ein experimentum cerueis gesucht, welches erlauben würde, zwischen diesen beiden Theorien zu entscheiden, und man hat es nicht finden können. Ebenso können wir, ohne das Gebiet der Elek- trieität zu verlassen, constatiren, dass die Theorie. der beiden Fluida und die des einzigen Fluidums alle beide in gleich be- friedigender Weise über alle in der Elektrostatik beobachteten Gesetze Rechenschaft geben .... Es. ist jetzt leicht zu ver- stehen, welches die Gr undidee Maxwell's ist. Um die Möglichkeit einer mechanischen Erklärung der Elek- trieität zu geben, haben wir uns nicht damit zu beschäftigen, diese Erklärung selbst zu finden, es genügt uns, den Ausdruck der beiden Functionen 7 und U zu finden, welche die beiden Theile der Energie sind, mit diesen beiden Functionen die La- grange'schen Gleie hungen zu bilden und darauf diese Gleichungen mit den experimentellen Gesetzen zu vergleichen. Wie soll man unter diesen möglichen Erklärungen eine Wahl treffen, für die uns die Hilfe der Erfahrung im Stich lässt? 92 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 9. Vielleicht wird ein Tag kommen, wo die Physiker das Interesse an diesen den positiven Methoden unzugängliehen Fragen ver- lieren und sie den Metaphysikern überlassen werden. Dieser Tag ist noch nieht gekommen; der Mensch verziehtet nicht so leicht darauf, den Hintergrund der Dinge zu erkennen.“ Herr Poinear€ hat nun in seinen Vorlesungen zwei voll- ständige, aber gänzlich verschiedene Theorien vorgetragen, von denen aber keine das Wesen der Dinge darstellt; die eine geht von der Annahme zweier Fluida aus, während die andere, an welche sich die Maxwell'sche Theorie knüpft, ein einziges Fluidum annimmt, von dem die Körper im neutralen Zustande eine gewisse Menge enthalten. Enthält ein Körper eine grössere Ladung als die normale, so heisst er positiv, im entgegengesetzten Falle ne- gativ geladen. Ohne Zweifel hat diese Art der Behandlung mehrerer gleichberechtigter Theorien nebeneinander grosse päda- gogische und wissenschaftliche Vortheile: der Leser resp. Hörer wird von einseitiger Anschauung abgehalten und seine eigene Kritik wachgerufen. Um eine Uebersicht über den Inhalt und Umfang des vor- liegenden Werkes zu geben, führen wir an, dass dasselbe in 13 Kapitel getheilt ist, welche nach einander behandeln: Formeln der Elektrostatik; die Maxwell’schen Hypothesen; die Poisson’sche Theorie der Dielektrika und wie dieselbe sich an die des In- duetionsfluidums knüpfen lässt; Deplacement der Leiter unter der Wirkung elektrischer Kräfte; Elektrokinetik; Magnetismus; Elektromagnetismus; Elektrodynamik; Induetion; allgemeine Glei- chungen des magnetischen Feldes; elektromagnetische Theorie des Lichtes; magnetische Rotationspolarisation und schliesslich experimentelle Bestätigungen der Maxwell’schen Hypothesen. Auf den Inhalt der einzelnen Kapitel näher einzugehen, gestattet weder der Raum noch die Rücksicht auf unseren Leserkreis. Immerhin dürfte aus den oben angeführten Sätzen zu entnehmen sein, dass Herr Poincare seinen Gegenstand ungemein gründlich behandelt und in äusserst interessanter Weise beleuchtet. In- wieweit einzelne Punkte einer Kritik zu unterziehen wären, das bleibe hier unerörtert; das gehört in die Fachzeitschriften. Ohne Zweifel wird das Poincare’sche Werk sehr anregend wirken, und wir wünschen demselben in Deutschland zahlreiche Leser. Das Interesse an dem vorliegenden Theile wird noch dadurch ganz wesentlich erhöht, als es zu einem zweiten Theile vorbereitet, in welchem die von Helmholtz’schen elektrodynamischen Theorien und besonders die mathematische Discussion der Hertz’schen Versuche vorgetragen werden sollen. Dieser Theil befindet sich bereits im Druck und soll sehr schnell folgen; es ist überflüssig zu sagen, mit welcher Spannung die wissenschaftliche Welt diesem Theile entgegensieht. F. Joachimsthal, Anwendung der Differential- und Integral- rechnung auf die allgemeine Theorie der Flächen und der Linien doppelter Krümmung. Dritte vermehrte Auflage, bearbeitet von L. Natani. Verlag von B. G. Teubner, Leip- zig 1890. Ein alter Bekannter in neuem Gewande ist es, den wir in dem vorliegenden Werke begrüssen. Es giebt keinen Mathe- matiker, der ihn nieht kennt und der nicht reiche Belehrung und Anregung aus ihm geschöpft hat. Unstreitig gehört ja die Theorie der Flächen und der Curven doppelter Krümmung zu den anziehendsten Gebieten der höheren Mathematik und ihrer Anwendung. Zur Verbreitung des Studiums dieses Gebietes haben die durch hervorstechende Klarheit und Eleganz aus- gezeichneten Universitätsvorlesungen Joachimsthal’s entschieden erheblich beigetragen und sie haben dadurch wichtige Fort- schritte der Erkenntniss der behandelten Gebilde veranlasst. Während die erste Auflage von einem Schüler Joachimsthal's, Liersemann, nach einer wortgetreuen Nachschrift; ausgearbeitet worden war, fand die zweite und ebenso die soeben erschienene dritte Auflage in L. Natani einen geschicekten Bearbeiter, der manche Aenderungen vornahm, eigene Entwicklungen hinzufügte und so den Umfang des Werkes erweiterte. Im Gegensatz zur zweiten Auflage, in der die von Joachimsthal herrührenden Theile von den Natani’schen getrennt waren, ist in der dritten eine Verschmelzung beider Theile vorgenommen worden — wie es uns bedünken will: zum Vortheil des Buches und seiner Leser. Sachlich ist dabei das von Joachimsthal Stammende unberührt geblieben, nur an wenigen Stellen wurden Umstellungen oder Vereinfachungen vorgenommen, die unseren Beifall haben. Wie zahlreich die Vermehrungen sind, welche die neue Auflage gegenüber der zweiten erfahren hat, kann man aus dem Inhalts- verzeichniss ersehen, in welchem diese Theile durch ein Zeichen kenntlich gemacht worden sind. Auch der Anhang ist in der neuen Auflage erheblich bereichert worden. So zweifeln wir denn nicht, dass die alten Freunde des Werkes das letztere in der neuen Gewandung ebenso freudig begrüssen werden wie die früheren Auflagen und dass sich zu den alten Verehrern zahlreiche neue gesellen werden. G Pettenkofer, M. v., Rerum cognescere causas. München. Aaen A., Repetitorium der organischen Chemie. 9. Aufl. erlin. Pleske, Th., Wissenschaftliche Resultate der von N. M. Przewalski nach Central-Asien unternommenen Reisen. 2. Band. Vögel. Leipzig. Radde, G., Karabagh. Bericht über die im Sommer 1890 im russischen Karabagh von G. Radde und J. Valentin ausgeführte Reise. Gotha. mnelaberg, C., Ueber die chemische Natur der Turmaline. erlin. Richter, O, Ueber die Systeme derjenigen Kegelschnitte, die eine bieireulare Curve 4. Ordnung viermal berühren. Leipzig. Sachs, J., Lehrbuch der ebenen Elementar- Geometrie (Plani- metrie). 3. Thl: Die geometrischen Gebilde und Lagen - Ver- änderungen. Die einfachen Vielecke. Stuttgart. Schmidt, E., Die Feinde der Biene. Leipzig. - Schrön, L., Siebenstellige gemeine Logarithmen der Zahlen von 1 bis 108000 und der Sinus, Cosinus, Tangenten und Cotangenten aller Winkel der Quadranten von 10 zu 10 Seeunden. 21. Aufl. Braunschweig. Specialkarte, geologische, des Königreiches Sachsen. 1: 25,000. No. 34. Radeburg von ©. Herrmann. — No. 119. Altenberg- Zinnwald von K. Dalmer. — No. 143. Oelsnitz-Bergen von E. Weise und M. Schröder. Tereg, J., Die Lehre von der thierischen Wärme. Auf Grund- lage der mechanischen Wärmetheorie, unter Berücksichtigung pathologischer Verhältnisse bearbeitet. Berlin. Wallenberg, G., Beitrag zum Studium der algebraischen Differenzialgleichungen I. Ordnung, deren Integrale feste Ver- zweigungspunkte besitzen, insbesondere derjenigen, welche die Ableitung bis zum dritten Grade besitzen. Berlin. Westerlund, C. A., Fauna der in der paläarktischen Region lebenden Binnenconchilien. Berlin. —.— Katalog der in der paläarktischen Region lebenden Binnen- eonchilien. Ebd. : Wisnar, J., Untersuchungen zur geographischen Namenkunde auf Grundlage von V. Brandl’s Erklärung topographischer Eigen- namen. Znaim. Wissmann, H. v., L. Wolf, C. v. Francois, H. Mueller, Im Innern Afrikas. Die Erforschung des Kassai während der Jahre 1883, I8S4 und 1885. 3. Aufl. Leipzig. Ziehen, Th., Leitfaden der physiologischen Psychologie in vier- zehn Vorlesungen. Jena. Zlatarski, G. N., Ein geologischer Bericht über die Srednja Gora, zwischen den Flüssen Topolnica und Strema. Leipzig. Briefkasten. Herrn Conrector Roedtke in Labes. — Aneroidbarometer für wissenschaftliche Zwecke liefert in bester Qualität Otto Bohne, Berlin Prinzenstrasse 90, und zwar Dosenaneroide in Taschen- format von 48 resp. 80 mm Durchmesser zum Preise von 40 bis 65 Mk. (mit Thermometer resp: für Temperatur eompensirt) und von 130 mm Durchmesser von 75—116 Mk. Letztere werden aus- schliesslich bei Traeirungen von Eisenbahnen, bei der Landesauf- nahme u.s. w. benutzt, während für sonstige Zwecke die kleineren Instrumente von Reisenden vorgezogen werden. Inhalt: H. Poincare: Ueber die mechanische Erklärung einer physikalischen Erscheinung. — Dr. C. Matzdorff: Zur Zellenlehre. (Fortsetzung.) — Noch ein Ei im Ei. — Ueber die Anpassungen von Säugethieren an das Leben im Wasser, — Fossile Wild- schaf-Reste in Mähren. — Abnorme Birnen. (Mit Abbild.) — Telegraphen- und Telephondräthe als Blitzableiter. — V. Chirurgen- Congress. — IX. Geographentag. — Litteratur: Fr. Berge: Schmetterlingsbuch. — H. Poincare: Hleetrieite et Optique. — F. Joachimsthal: Anwendung der Differential- und Integralrechnung auf die allgemeine Theorie der Flächen und der Linien doppelter Krümmung. — Liste. — Briefkasten. PER EEE EEE TE ör TI Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni& Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inscratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 9. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XXI NN NTANE IE Franz Schmidt & Haensch | |LANOJIN-Toilette-Cream -LAanolin BERLIN S. ä = Stallschreiber - Strasse 4. Vorzü g ick HH Werkstätten für physikalische u. optische Präcisions-Apparate. 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Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 8. März 1891. Nr. 10. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MH 3.— Bringegeld bei der Post 15 5 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens. Von W. Preyer. Das Axiom von der Erhaltung der Materie und das Prineip von der Erhaltung der Energie bilden die Grund- lage der neueren Naturlehre. Viele meinen, man könne sich durch den Versuch von der absoluten Richtigkeit beider Gesetze — ich nenne sie im Folgenden der Kürze halber das Stoffgesetz und das Kraftgesetz — überzeugen. In Wahrheit verhält es sich anders. Die absolute Richtigkeit des Stoffgesetzes kann nicht durch das Experiment bewiesen werden, vielmehr wird heutzutage dieselbe bei jeder Analyse und Synthese, bei jedem Experimente, schon vorher vorausgesetzt, so dass aus dem Fehlen einer grösseren oder geringeren Menge eines Stoffes beim Addiren der analytisch isolirten Be- standtheile einer chemischen Verbindung oder eines Ge- menges im Vergleiche zu der Menge vor der Analyse, Niemand auf das Verschwinden von Stoff, sondern Jeder auf einen Fehler der Analyse oder auf das Vorhanden- sein unbekannter Stoffe schliessen wird. Ebenso nöthigt ein nach der Zerlegung gefundener Ueberschuss zur An- nahme eines Wägungs- oder sonstigen Fehlers. Nie und nimmer wird daraus die Entstehung von Stoff aus Nichts hergeleitet werden können. Um das Stoffgesetz zu finden war das Experiment, war die Wage nothwendig, welche Lavoisier seine Ent- deekung ermöglichte, aber es kann experimentell nicht als vollkommen richtig bewiesen und ebensowenig durch irgend eine Erfahrung widerlegt werden, wenn man auch noch so viele gut stimmende Analysen und Wägungen ausführt und in noch so vielen Fällen die Fehler der nieht stimmenden Analysen nicht aufzufinden vermag. Das Stoffgesetz bedarf aber auch heutzutage keines empirischen Beweises. Denn es versteht sich von selbst. Mit dem Begriffe „Stoff“ oder „Materie“ ist zugleich die Unzerstörbarkeit und Unvermehrbarkeit als. davon un- trennbares Merkmal gegeben. Mit der Aussage „Die Menge des Stoffes ist unveränderlieh“ wird ausgedrückt, dass er nieht aus Niehts entstehen und nicht vergehen kann. Das Stoffgesetz spricht dieses aus und ist daher eine Definition von axiomatischem Charakter. Es ist als ein Prineip von regulativem Gebrauch in der Naturwissenschaft unent- behrlich, weil es allein den Funetionen des Menschen- verstandes genügt. Wäre der Stoff nicht unvergänglieh und könnte er aus etwas Anderem als Stoff entstehen, dann gäbe es keine Chemie, überhaupt keine Natur- wissenschaft. Den Begriff der Materie führt der Verstand in die Natur ein, weil er dieselbe sonst nicht erklären kann, Die Erfahrung kennt nur Körper. Der Stoff ist es, an.welehem, als dem Beharrenden, die Veränderungen — nämlieh die Verbindungen, Trennungen, Verwand- lungen, Umlagerungen, auch alle psychischen Vorgänge — sieh vollziehen. Die Formel omnıs materies e materie bezeichnet nur einen Theil der Definition, nämlich die Thatsache, dass kein Stoff ist, wo nicht anderer Stoff vorher war, und hat insofern einen klaren Sinn. Sie muss jedoch ergänzt werden durch die Formel, omnis materies fit materies. Jeder Stoff wird immer wieder in Stoff verwandelt: materies non evaneseit. Materie kann nicht verschwinden. Ganz ähnlieh verhält es sich mit dem Kraftgesetz. Es konnte nicht ohne wohldurehdachte Experimente ge- funden werden, aber es lässt sich nicht als vollkommen richtig durch das Experiment beweisen.. Fehlt, von der vor demselben vorhandenen Energiesumme nachher ein Bruchtheil, so schliesst Niemand. daraus, dass Energie verschwunden sei; und wenn nach dem, Versuch eine grössere Energiesumme als vorher gefunden wird, so be- weist dieses Ergebniss nur, dass ein Versuchsfehler ge- macht wurde, nieht aber dass Energie neu aus Nichts entstand. Wäre es anders, dann wäre ein perpetuum, mo- bile möglieh. Wenn noch so viele genaue Versuche vor- 94 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. lägen, könnte aus ihnen die strenge Gültigkeit des Kraftgesetzes nicht erwiesen werden, wie denn auch keine zwei Auswerthungen des mechanischen Wärme- Aequivalentes vollkommen genau miteinander überein- stimmen. Wenn man bei einer gegebenen Energiesumme noch so oft das durch Experimente herbeigeführte Defi- eit oder Plus an Energie auf Beobachtungsfehler nicht zurückführen kann, so folgt daraus nichts gegen die Gültigkeit des Kraftgesetzes. Denn dieses ist em er- kenntnisstheoretisches Gesetz, welches besagt, dass jede Veränderung durch eine ihr gleich grosse Ur- sache bewirkt ist und jede Ursache die Wirkung einer ihr gleich grossen Veränderung ist. Dabei ist wesentlich, dass ausnahmslos jede Ursache genau gleich gross ihrer Wirkung und keine Wirkung grösser oder kleiner als ihre Ursache ist. Die Redens- art „Kleine Ursachen, grosse Wirkungen“ ist falsch. Es muss heissen: „Kleine Anlässe, grosse Aenderungen“ (durch Auslösung). Eine Ursache ist nur dadurch Ursache, dass sie eine Wirkung haben kann. Eine Wirkung ist ihr einziges Merkmal. Eine Wirkung ist nur dadurch, dass sie verursacht ist. Angenommen nun, es könnte irgend einmal irgendwo die Ursache U grösser sein, als die Wirkung W, also es wäre VS er WS U dann müsste eine Ursache verschwinden, nämlich der Theil von U, um welchen U grösser als W wäre. Man kann sich aber nicht vorstellen, dass eine Ursache ver- schwände, ohne dass etwas Anderes an die Stelle träte, weil dann etwas, was nur da ist sofern es wirkt oder wirken kann, da sein müsste ohne wirken zu können, was sich selbst widerspricht. Wäre aber irgend ein- mal irgendwo die Ursache kleiner als die Wirkung, also UU dann gäbe es eine Wirkung ohne Ursache, was man sich ebenfalls nicht vorstellen kann. Denn es müsste dann etwas, was nur sofern es die Wirkung von etwas an- derem ist, existirt, doch existiren ohne die Wirkung von etwas Anderem zu sein, was unmöglich ist, weil es sich selbst widerspricht. Potentielle Energien sind vorräthige Ur- sachen. Actuelle Energien sind Wirkungen. Geht potentielle Energie in actuelle über, so verwandeln sich Ur- sachen in Wirkungen. Geht eine Form actueller Energie in eine andere Form actueller Energie über, so werden Wirkungen Ursachen von anderen Wirkungen, die sich gleich gross bleiben, zum Beispiel mechanische Arbeit und Wärme. Wird aber actuelle Energie in potentielle zurückverwandelt, so wird die Wirkung nicht direet Ur- sache einer neuen Wirkung, sondern zunächst vorräthige Ursache, zum Beispiel wenn im Sonnenlicht von der grünen Pflanze Stärke gebildet wird. Ueberhaupt ist jede Ursache selbst die Wirkung einer anderen Ursache. Der Fall, dass eine vorräthige Ursache sich direct in eine andere vorräthige Ursache verwandelte, ohne eine Wirkung als Zwischenglied, kann nicht vorkommen, weil eine Ursache nur dadurch Ursache ist, dass sie wirkt, aber nie dadurch, dass sie sich in anderer Weise änderte, also nie dadurch, dass sie etwas Anderes würde, als eine Wirkung, somit kann sie auch nicht ohne diese eine andere Art vorräthiger Ursache werden. Entsprechend findet man in der Natur und Technik, dass eine Form potentieller Energie in eine andere Form poten- tieller Energie direet — ohne das Zwischenglied der actuellen Energie — nicht übergeht — etwa chemische Affinität in Federspannkraft. Um einen Ar- beitsvorrath einer Art in einen solehen anderer Art zu verwandeln, ist allemal Arbeit nöthig. Ohne diese kann die Verschiebung nicht stattfinden. Die Verschiebung ist eine Veränderung, welche selbst eine ihr gleich grosse Ursache haben muss, sei sie auch noch so klein. Der ganze Inhalt des Kraftgesetzes fällt demnach unter den Satz von der Causalität. Das Kraftgesetz ist der physikalische Ausdruck für diesen Satz, welcher die Funetionen des Menschenverstandes allein zu befriedigen vermag. Ursache und Wirkung sind nichts als ver- schiedene Formen von Energien. Aber die physikalische Fassung ist an eine erfahrungsmässig nicht erfüllbare Bedingung geknüpft, von welcher die logische allge- meinere Formulirung frei bleibt. Die Bedingung ist, dass nur in einem allen äusseren Einflüssen völlig entzogenen geschlossenen System bewegter materieller Theilchen das Kraftgesetz Geltung haben kann. Das einzige wirkliche derartige System ist nach der Ansicht Eimiger der Inbe- griff aller bewegten Theilchen, also aller Systeme, das heisst die Welt. In Wahrheit aber weiss Niemand, ob die Welt jedem ausserweltlichen Einfluss entzogen ist, Niemand ob sie ein geschlossenes Ganzes oder unendlich gross ist. Beides kann man sich »icht vorstellen. Man weiss nur, dass sie unbegrenzt gross ist. Weil also ein solches System für sich nicht herge- stellt werden kann, ist der strenge experimentelle Beweis des Kraftgesetzes unmöglich. Seine Richtigkeit kann aber nicht nur überall angenommen werden, son- dern sie muss auch die Grundlage aller: Naturlehre bilden, weil letztere nieht existirte, wenn Energie aus Nichts entstehen oder vernichtet werden könnte, das heisst: wenn auch nur in einem einzigen Falle die Wir- kung grösser oder kleiner als die Ursache wäre. Solches verbietet die Causalität. Die Energie ist somit nothwendig veränderlich, aber unzerstörbar, unvermehrbar und anfang- los. Die Formel omnis vis e vi bezeichnet die letztgenannte Thatsache, dass also keine Energie ist, wo nicht vorher Energie war. Uebrigens darf diese Formel mit ihrem nothwendigen Complement ommnis vis fit vis nicht so ver- standen werden, als wenn jede beliebige Energieform in jede andere direet verwandelt werden könnte, da, wie ich oben zeigte, eine Form der potentiellen Energie nicht direct, sondern nur indireet in eine andere Form der poten- tiellen Energie übergehen kann. Hingegen besagt das Formelpaar unzweideutig, dass Energie nicht vernichtet, sondern nichts Anderes werden kann als Energie — vis non evaneseit — ebenso wie aus Stoff nur wieder Stoff wird. Beide smd veränderlich, aber unzerstörbar und nur je aus sich selbst erzeugbar. Wäre die Materie nicht unzerstörbar, dann wäre sie keine Materie, wäre die Energie nicht unzerstörbar, dann wäre sie keine Energie. Darüber ist nicht zu streiten. Dazu bedarf es keines Experimentes mehr. Ich habe nun gefunden, nachdem ich lange über die Anwendung des Gesetzes von der Erhaltung der Materie und des Gesetzes von der Erhaltung der Energie auf die lebenden Körper nachgedacht hatte, dass es noch ein drittes allgemeines Gesetz giebt, welches ich das Gesetz von der Erhaltung des Lebens genannt und in meinen Universitäts-Vorlesungen über allgemeine Physiologie be- gründet habe. Es mag im Folgenden der Kürze halber das Lebensgesetz heissen. Bezeichnet M die gesammte Materie im Universum, so heisst das Stoffgesetz M=— Const.-—:C, (D in Worten: Die „Stoffmenge in der Welt ist unveränder- lich“. Diese Stoffmenge besteht aus zweierlei Materie: erstens dem lebenden Stoffgemenge Mz in den lebenden Körpern, zweitens der Materie in den leblosen Körpern Mn. Die beiden Arten von Stoffgemengen unterscheiden Nr. 10. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 95 sich dadurch von einander, dass jene sich entwickeln, diese nicht. Eine dritte Art Materie existirt nieht, denn Mz und Mn bilden einen contradietorischen Gegensatz. Dann heisst also das Stoffgesetz Mz + Mn=( (II) Nun enthält M» die Nahrung für die lebenden Körper, z. B. auf der Erde Wasser, Kohlensäure, Nitrate, Phos- pbate, Sulphate, Chloride, Silicate, Eisenverbindungen, welche alle von den Pflanzen in Mz verwandelt werden. Wo diese Art Mn reichlich vorhanden ist, gedeihen die Pftanzen, wo nicht, nicht. Im ersteren Falle wird viel Mn schnell assimilirt und Bestandtheil der lebenden Körper, also in Mz verwandelt oder vitalisirt, im letzteren Falle nicht, weil dann eine Hungersnoth für die Pflanzen eintritt. Es wird aber durch das schnelle Gedeihen der Pflanzen, und damit der Thiere, also ihr Wachsthum und ihre Vermehrung, sehr bald soviel Mn verbraucht und soviel Raum in Anspruch genommen, dass ein weiteres Gedeihen nicht mehr stattfinden kann. Mn ist zu sehr vermindert worden, und die Pflanzen verdrängen und schädigen einander, entziehen einander Licht, Luft, Regen, Bodennahrung, wo sie dieht beisammen stehen. Darum müssen viele verkümmern, viele sterben. Dadurch wird aber wieder Mz in Mn zurückverwandelt und Nahrung neu aufgehäuft, Raum frei. Unter solehen Verhältnissen ist neues Gedeihen, Wachsthum und Vermehrung, die noth- wendige Folge. Und so geht es fort im steten Wechsel zwischen Zu- und Abnahme dessen, was ich einstweilen „Menge des Pflanzenlebens“ nennen will. Jedoch gilt das Gesagte nothwendig ebenso für alles übrige Lebendige, weil alles derselben Elemente, wie sie die Nahrung der Pflanzen enthält, bedarf, und wo diese reichlich vorhanden sind, nothwendig zunimmt, wo nicht, abnimmt. Der Tod regulirt die Coneurrenz in der Vitali- sation. Gleichviel ob Thiere oder Pflanzen, Protozoen oder Protophyten oder unbekannte lebende Körper, die anorganische Nahrung direet oder indireet — als Pflanzen- fresser oder Fleischfresser oder gewöhnliche chlorophyll- bildende Pflanzen oder Omnivoren — aufnehmen, die Vitalisation, das heisst die Assimilation des Anorganischen, hat eine Grenze. Diese Thatsache steht fest. Aus dieser Thatsache ergiebt sich eine wichtige Consequenz. Die Thatsache selbst wird genau formulirt durch den Aus- druck Mz: Mn=K (III) Das Verhältniss der sämmtlichen lebenden Stoffgemenge zu der ganzen gleichzeitig vor- handenen leblosen Stoffmenge oseillirt um eine Constante A. Mz ändert sich nur proportional Mn, sich folgendes: nach (III) ist Un V=M2iR nach (II) also M2 + Mz: K=( somit Mz2=0(0:(1+1:X) in Worten: Die Menge der Materie in den sämmt- lichen lebenden Theilen aller lebenden Körper der Welt ist unveränderlich. Mz ist eine Constante oder in jedem Augenblick dem Werthe, welcher ihr im vorhergehenden Augenblick zukam, so nahe, dass nie eine dauernde Abweichung vorkommen kann. Die Menge Mz ist stets dieselbe und die Menge Mn stets dieselbe. Beider Bestandtheile ändern sich fortwährend, und ohne Unterbrechung im Ganzen geht Mn in Mz und gleich- zeitig ebensoviel Mz in Mn über. Aber die Summe beider ist unveränderlich und das Verhältniss beider ist unver- änderlich. Darauf kommt es hier an. Mz und Mn sind beide Materie, also ohne Anfang und Ende, und können ihre Totalmengen weder vermehren noch vermindern. Durch die Assimilation, das Wachsthum, die Zeugung, die Daraus ergiebt fortschreitende Entwicklung, kurz die anaplastischen Pro- cesse wird Mn in Mz verwandelt, durch die Dissimilation, den Verfall, die Ausscheidungen, das Sterben, kurz die kataplastischen Processe wird Mz wieder zu Mn, ohne dass Mz: Mn sich änderte. Wäre es anders, dann müsste Mz unbegrenzt zu- nehmen oder unbegrenzt abnehmen. Im ersteren Falle würde die Nahrung bald nieht mehr reichen und der kaum für die sich rapide vermehrenden lebenden Körper, obwohl sie immer nur aus lebenden Körpern entstehen (omne vwivum e vivo) zu klein werden, wenn sie lange reicht. Im zweiten Falle müsste das Entwicklungsfähige unter den bisherigen günstigsten Entwieklungsbedingungen sich nicht entwickeln, was ebensowenig stattfinden kann wie etwa eine plötzliche rückläufige Bewegung eines Planeten. Denn sowie alle Bedingungen für die Ent- wicklung gegeben sind, kann dieselbe nieht ausbleiben. Bliebe sie aus, dann wäre eben die eine oder die andere Bedingung doch nicht erfüllt. Es bleibt also nichts Anderes übrig, als die Proportionalität von Mz und Mn, und damit ist die Constanz der Stoffmengen Mz und Mn gegeben, falls die lebenden und die leblosen Körper der ganzen Welt damit bezeichnet werden. Es ist dabei zu bedenken, dass es zwei Arten der leblosen Materie Mn giebt: solche, welche sich in den leblosen lebensunfähigen, also todten Körpern findet, Mt, und solche, welche sich in den leblosen lebensfähigen Körpern findet, Ma. Beide sind vielfach mit Mz ver- knüpft. Beispiele für die Mt sind: alle Leichen, Versteinerungen, Gesteine, alle nicht entwieklungs- fähigen Eier, alle Nahrung, welche nieht lebt, aber auch viele todte Theile lebender Körper, wie Schalen, Coneremente, epidermoidale Gebilde, für die Ma: alle anabiotischen Thiere und Pflanzen, alle entwieklungs- fähigen, aber noch nicht in der Entwicklung begriffenen Eier, Keime. Mz dagegen bezieht sich ausschliesslich auf die lebenden Theile der in actueller — fortschrei- tender oder rückschreitender — Entwieklung und sonstiger Lebensthätigkeit begriffenen Wesen. Nur Mz ist constant und Mn ist constant, nicht Mt und nicht Ma. Wenn nun die Menge der sich ununterbrochen ver- wandelnden Mz in den lebenden Körpern unvermehrbar und unverminderbar ist, so kann man sagen „Die totale Lebensmenge in der Welt ist constant.“ Das natürliche Maass für dieselbe liefert die Geschwindigkeit und Grösse der Assimilation der Mn und der gleichzeitigen Dissi- milation der Mz. Die Menge der assimilirten Mn ist in beliebigen Zeiträumen genau gleich der Menge der in denselben Zeiträumen dissimilirten M2. Diese hat also im Verhältniss zu aller sonstigen Materie stets dieselbe Menge, obgleich sie ununterbrochen wechselt — ein Merkmal alles Lebens ist Stoffwechsel — somit kann das Leben im Ganzen schlechterdings nicht vernichtet werden: vita non evameseit. Es haftet an Mz und dieses ist unvergänglich. Der Satz vivum non vita moritur gilt ebenso allgemein wie der Satz vivum non vita naseitur. Es kann auch nicht die Intensität der Lebensvorgänge im Ganzen, die Umwandlung von potentieller Energie in actuelle in den lebenden Körpern, und der umgekehrte Process, dauernd zu- oder abnehmen, sondern nur local und temporär. Denn die assimilirte Menge Mn müsste sich dann dauernd vermindern oder vermehren, was nach Obigem ausgeschlossen ist. Die Anzahl der leben- den Körper variirt fortwährend, und zwar die der In- dividuen jeder Ordnung, aber nicht die Menge Mz in allen zusammen. Die totale Lebensmenge in der Welt ist ebenso constant wie die totale Stoffmenge und Energie- menge. Fragt man nun nach der Natur des unvermehrbaren 96 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. und unverminderbaren und in continuirlichem Wandel begriffenen, Stoffgemenges, , welches in allen lebenden Körpern allein das Lebendige ist, nie entstand und nie verschwinden kann, so muss die Antwort lauten: es ist das Protoplasma, welches sieh nur aus sich. selbst er- zeugt und. sich in: ununterbrochener Assimilation und Dissimilation befindet. Also die Menge des lebenden, Protoplasma inder Weltisteonstant. Es kann keinen Anfang haben (omne plasma e plasmate) schon weil eine Urzeugung ausgeschlossen ist, was ich früher (1875). be- A te} oO ke} 2 x wiesen habe. Es kann aber auch nicht ein Ende haben, weil. lebendes Protoplasma erfahrungsmässig unter gün- stigen Entwieklungsbedingungen stets am Leben bleibt ebenso wie es unter ungünstigen stirbt. Bei der be- stehenden Weltordnung kann es aber niemals dahin, kommen, dass überall die ungünstigsten Entwicklungs: bedingungen zu gleicher Zeit verwirklicht seien, weil Tod bringende äussere Veränderungen nie überall zu- gleich in der Welt auftreten können. Das Anpassungs- vermögen der lebenden Körper hat sieh für die aller- verschiedensten äusseren Verhältnisse bewährt. einen den Tod bringt oder nicht taugt, ist dem anderen zum Leben nothwendig; und in dem Falle, dass die äusseren Lebensbedingungen local sehr ungünstig werden — etwa durch Katastrophen oder Klimawechsel — so dass viele lebende Körper zu Grunde gehen, werden die vorher für diese sehr ungünstigen Entwicklungsbedin- gungen für die Ueberlebenden wieder sehr günstig. Ueberhaupt kann, soviel ich sehe, nur von drei Punkten aus, die allgemeine Gültigkeit der vorgetragenen Begründung des Lebensgesetzes angegriffen werden. Man kann erstens geltend machen, dass ich den Begriff „Protoplasma“ weiter fasse und anders verstehe, als die Meisten, welche sich des Wortes bedienen, sofern ich seine Existenz nicht ausschliesslich an die gerade in der jetzigen Weltperiode an der Erdoberfläche herrschen- den Temperaturen und an Thiere und Pflanzen knüpfe, sondern auch in früheren Perioden und auf anderen heisseren Himmelskörperu das Protoplasma mit allen dem tellurischen zukommenden Lebensvorgängen als vorhanden ansehe. Aber ein Einwand ist bei näherer Betrachtung nicht auf diese Forderung zu begründen. Denn es giebt keine Thatsache, welche die irdischen Körpertemperatur- grenzen von etwa 0° und 50°C. als die einzig möglichen erwiese für den Ablauf der Lebensvorgänge, also der Strömungen, des Gaswechsels (der Athmung), des Stoff- wechsels (der Ernährung), der Absonderungen (Seeretionen und Exeretionen), der Wärmebildung (Oxydationen), der Contractionen und Expansionen, der Rlektrieitätsentwick- lung, des Wachsthums, der Differenzirung (Entwicklung), der Theilung (Zeugung), der Vererbungs- und der Em- pfindungsprocesse. Ein Stoffeomplex, welcher alle diese Funetionen zeigt, heisst eben Protoplasma, gleichviel ob er auf der Erdoberfläche oder im Fixstern lebt, wenn er nur lebt. Ein zweites Bedenken könnte gegen die thatsächliche Richtigkeit der Formel (III) erhoben werden. Wenn es auch zweifellos feststeht, dass niemals alles zugleich lebendig sein kann, da ja die lebenden Körper um so rascher sterben, je mehr sie sich vermehrt haben, wegen der Coneurrenz auch die Ausscheidung des Todten zu ihrer Lebensthätigkeit gehört — so liegt es doch nicht ebenso klar zu Tage, dass niemals alles in der Welt zu- gleich todt sein kann. Man könnte behaupten, der Quotient. Mz: Mn nähere sich asymptotisch der Null. Aber diesem widerspricht die Erfahrung, dass je mehr Körper sterben, um so mehr Mn von anderen auf- genommen wird, die sich dann vermehren müssen, ausser- Was dem: dem folgende Ueberlegung. Ein beliebiger lebender Or- ganismus ‚kann, ohne Gewichtsänderung in. messbarer Zeit, soviel wie sein Gewicht beträgt an Mn in sich auf- nehmen, muss also ebensoviel in derselben Zeit an Mn abgeben. In Wirklichkeit steht für jeden Organismus, solange er sein Gewicht nicht ändert, seine assimilirte Nahrung in einem constanten Verhältniss zu seinem Körpergewicht, und dieses, Verhältniss ist in jener be- stimmten ‚Zeit — 1. Ein Mensch assimilire z. B. in 7,Wochen an Mn soviel wie er wiegt, dann ist für ihn Mz: Mn =1, also in einer Woche = 1:7 und in 24 Stunden — 1:49. Wenn nun für jeden Organismus zeitweise ein solcher Assimilationscoöfficient in Folge der Stoffwechsel- bilanz Null besteht, so muss er für alle Organismen zu- sammen auch bestehen, so lange sie zusammen ihr Ge- wicht nicht ändern. Denjenigen, welehe an Gewicht zu- nehmen, entsprechend der positiven Bilanz während der fortschreitenden Entwicklung, stehen die mit ne- gativer Bilanz gegenüber, welche, in rückschreiten- der Metamorphose begriffen, verfallen, hungern und sonst ihr Mz vermindern. Wäre nun die Gleichung (III) falsch, dann müsste die Gesammtmenge der in einem gegebenen Zeitraum aufgenommenen Mn, welehe zu Mz wird, kleiner sein, als die in dem- selben Zeitraum ausgeschiedene totale Menge der Excrete, Leichentheile u. s. w., dann im folgenden Zeitraum noch kleiner u. s. f. Es könnte für alle zusammen eine Stoff- wechselbilanz Null nieht geben. Es giebt aber für uner- messlich viele Thiere und Pflanzen eine Bilanz Null, da sich thatsächlich längere Zeit hindurch ihr Körpergewicht nicht ändert, folglich ist für diese der Quotient Mz: Mn constant. Ferner ist für alle Embryonen und sieh ent- wickelnden, an Masse zunehmenden Wesen die Bilanz sogar positiv, die assimilirte Nahrung reichlicher als die ausgeschiedene Stoffmenge. Somit bleiben nur die deere- piden, absterbenden, an Gewicht abnehmenden Wesen mit negativer Bilanz zu Gunsten jener Annahme übrig, und zwar nur im Falle sie jene überwiegen. Aber sie können deshalb das Uebergewicht nicht erhalten, weil sie die Coneurrenz mit den anderen beiden Gruppen, den starken, nieht überleben. Also ist die dauernde Zunahme der Mn auf Kosten der M2, bis zum Verschwinden der letzteren, ebensowenig möglich wie die dauernde Zu- nahme der Mz auf Kosten der Mn. Wenn nun weder Mz noch Mn bis zum Verschwinden sich vermindern kann — die eine auf Kosten der an- deren — wenn demnach der Quotient Mz: Mn in noch so langer Zeit sich weder einem unendlich grossen Werth, noch der Null nähern kann, dann bleibt nur übrig, was die Formel (III) verlangt, dass er eonstant sei oder um einen bestimmten Werth oscillire. Ob die Schwankungen, nega- tive oder positive, local noch so gross sind, ist gleieh- gültig, denn sie müssen sich im Ganzen vollständig eompen- siren, sonst müsste doch schliesslich alles lebendig oder alles todt sein, was soeben widerlegt wurde. Es verhält sich hiermit ähnlich wie mit dem Kraft- gesetz, welches man gewöhnlich dureh die Formel P+ K&K= (onst. ausdrückt, dass heisst: „Die Summe der gesammten potentiellen und aectuellen (oder kimetischen) Energien im Universum ist in jedem -Augenbliek dieselbe.“ Wenn also X abnimmt, muss gleichzeitig P um ebensoviel zu- nehmen und umgekehrt. Ueber das Verhältniss von P zu K ist aber bis jetzt nichts sicher festgestellt. Es kann nur >1loder <1oder=1 sein. Im ersten Falle müsste nach und nach die Gesammtheit der Energien in der Welt zu potentieller Energie, also vorräthigen Ursachen, geworden und aufgespeichert sein ohne zu wirken, was Niemand annimmt oder auch nur diseutirt. Nr. 10. Im zweiten Falle müsste nach und nach die Gesammtheit der Energien in der Welt zu actueller Energie, Wirkungen, geworden sein und als solche beharren; vorräthigen Ursachen der Welt müssten vollständig auf- gebraucht sein und keine der Wirkungen könnte auch nur eine Form vorräthiger Ursachen (potentieller Energie) also alle liefern. Chemische Affinität wäre z. B. aus der Welt geschafft. Ein solcher Zustand des allgemeinen Welt- stillstandes lässt sich zwar nieht vorstellen, findet aber merkwürdigerweise seine wissenschaftliche Vertheidigung in der Physik. Indessen, selbst in dem Falle, dass die Ableitung der Entropie aus dem zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie, wie Clausius sie gab, einwandfrei wäre, würde seine Verallgemeinerung derselben, die Uebertragung von einem Systeme von Körpern auf alle Körpereomplexe, keinenfalls zulässig sein. Wenn man im Auge behält, dass das Kraftgesetz die Verwirklichung des Satzes von der Gleichheit der Ursache und Wirkung (causa aequat effectum) ist, so leuchtet ein, dass, falls P sieh ununter- brochen in X verwandelt, ohne dass gleichzeitig genau ebensoviel A in P übergeht, die Kraft-Bilanz der Welt nicht Null sein könnte. Wenn im Weltganzen die Rück- wandlung des A in P nicht ganz genau in demselben Maasse stattfände wie die Verwandlung des Pm K, dann müssten die Vorgänge mit negativer Kraft-Bilanz diejenigen mit positiver überwiegen oder umgekehrt, was sich beides nicht beweisen lässt. Einzig hieran hängt aber jene Prophezeiung von dem allgemeinen Temperaturausgleich oder Welttode, welcher ausge- sehlossen ist, wenn P:KX=1. In diesem Falle ver- wandelt sich stets ebensoviel A in P wie Pin X, und der Ablauf des Weltdaseins vollzieht sich in Perioden ohne Convergenz nach einem Ausgleich der eoexistirenden Energien. Wenn übrigens die Entropie der Welt einem Maximum zustrebte, dann müsste dieses bereits erreicht, der angekündigte Weltstillstand schon eingetreten sein. An Zeit hat es nicht gefehlt und die Anfanglosigkeit des Stoffs und der Energien wird durch Anerkennung des Stoffgesetzes und des Kraftgesetzes ausdrücklich allseitig anerkannt. Also die Hypothese von dem Maximum der Weltentropie kann als begründet nieht angesehen werden; doch ist hier der Ort nicht die dafür geltend gemachten Betrachtungen von Thomson, Clausius u. A. einzeln zu widerlegen. Das dritte Bedenken gegen das Gesetz von der Er- haltung des Lebens bes sagt, dass die Behauptung, es müsse zu allen Zeiten in jedem Augenblick die Menge des lebenden Protoplasma dieselbe sein, hinfällig sei, weil man nicht weiss, ob das Weltsystem geschlossen ist. Dieser Einwand ist vollkommen triftig, wendet sich aber genau ebenso gegen das Stoffgesetz und das Kraftgesetz. Sicherer als diese ist das Lebensgesetz freilich nicht. Aber es wäre viel erreicht, wenn das letztere, also die Unsterblichkeitdes Lebenden im Ganzen, welches Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 97 nicht entstanden ist und nicht vergehen kann, nicht zu- und nicht abnimmt, ebenso anerkannt wäre als jene beiden anderen Gesetze. Die kürzeste Formel für dasselbe lautet: Die Gesammtmenge des lebenden Protoplasma in der Welt ist unveränderlich (onme plasma e plas- mate vivo und moritur vivum non vita). Niekt die Selbsterhaltung ist es, welche die durch die Interferenzen der physiologischen Funetionen mittelst zahlloser Compromisse zu Stande kommende Wehtharmonie bedingt — denn die Träger des „Selbst“, die Individuen, sterben sämmtlich — auch die Art- erhaltung nieht — denn die Arten sind veränderlich, bleiben also nicht — sondern die Lebenserhaltung. Die nähere Begründuug und Anwendung dieses Satzes wird man in meinen Aufsätzen „Zur Physiologie des Protoplasma“ in dieser Zeitschrift finden. Der Grundgedanke hat mich sehr viel beschäftigt. Die Unmöglichkeit einer Uebervölkerung wegen der Re- eulirung durch den Tod bewies ich in meiner Schrift über den „Kampf um das Dasem“ (Bonn 1869 und „Aus Natur- und Menschenleben“, Berlin 15855). Das constante Verhältniss der Vitalisation des Anor- ganischen und der Desorganisation des Lebenden ist erläutert in meinem Aufsatz über die „Coneurrenz in der Natur“ (in der Zeitschrift „Nord und Süd“, Februar 1879, und für sich [Breslau 1582]), sowie in meinem Buche „Naturwissenschaftliche Thatsachen und Probleme“ (Ber- lin 1550), wo auch der hierhergehörige Aufsatz „Die Hypothesen über den Ursprung des Lebens“ vom Jahre 1575 und Auszüge aus zwei Aufsätzen über die Urzeugung und den Lebensbegriff (Kosmos 1877) abgedruckt sind. Zum ersten Male formulirt ist das Prineip von der Erhaltung des Lebens in meinem Leitfaden „Elemente der allgemeinen Physiologie“ (Leipzig 1883). Die auf der Permanenz des Protoplasma basirte Fassung der künftigen Aufgaben der Physiologie ist erörtert worden in einer Proreetoratsrede vom Juli 1885 in Jena und noch be- stimmter in einer Antrittsrede vom November desselben Jahres in der Universität Berlin, sowie in meinem Buche „Biologische Zeitfragen“ (Berlin 1889). Den Inhalt der vorliegenden Arbeit habe ich in meinen Vorlesungen im Sommer 1839 in Berlin vors BE Der trundgedanke von der Selbststeuerung de lebenden Natur entstand aber 1868 nach dem Studium der Darwinschen Theorie. Damals fehlte mir jedoch die Einsicht in den festen Zusammenhang des Gesetzes von der Erhaltung der Energie mit dem Satze von der Gleich- heit von Ursache und Wirkung. Diese gewann ich im Frühjahr 1889 bei Herausgabe der Briefe von „Robert von Mayerüber die Erhaltung der Energie“ (Berlin 1859). Darwin und Mayer sind diejenigen, deren Arbeiten der Leser kennen muss, um das Zwingende des hier darge- legten Gedankenganges ganz zu verstehen. Berlin, Ende Februar 1591. Eine bisher nur aus dem Tertiär bekannt ge- wesene Bacillariacee lebend gefunden. — Der Ba- eillariaceen-Forscher Otto Müller macht obige That- sache in seiner in den Berichten der „Deutschen bota- nischen Gesellschaft“ erschienenen Arbeit „Bacillariaceen aus Java. 1.“ bekannt. Schon bei oberflächlieher Betrachtung von Schlamm- Proben, die Prof. Tschirch in Kottabatu bei Buitenzorg auf Java gesammelt hatte, fiel eine grosse Melosira auf, welche theils einzeln, theils im Verbande mehrerer Individuen zu Fäden in. grosser Zahl vorhanden war. Die Bestim- mung führte zu eine "lebend bisher kannte Art vorlag: dass fossil be- dem überraschenden Ergebniss, niemals aufgefundene, nur Melosira undulata Kützg. Diese Melosira wurde 1840 zuerst von Chr. G. Ehrenberg als Gallionella undulata aus dem Polirschiefer des Habichtswaldes bei Cassel beschrieben, 1854 von demselben Fundorte und nochmals als Gallionella puncti- gera abgebildet. Fr. Tr. Kützing zog 1544 das Genus Gallionella ein, bezeichnete Melosira undulata als eine „bis jetzt nocht nieht lebend aufgefundene Art“ und als einzigen Fundort den Polirschiefer des Habichtswaldes. 98 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. A. Grunow führte 1852 dieselbe Form als selten aus dem Klebschiefer von Dübravica bei Neusohl in Ungarn auf und bemerkte, dass sie ihm ausserdem nur (fossil) vom Habichtswalde und Förarn (s. unten) bekannt sei; 1554 gab Grunow eine zuverlässige Abbildung. Eine ähnliehe Form bildete Ehrenberg aus dem Bilimer Polir- schiefer ab, deren Identität noch zweifelhaft ist. © Nicht identisch sind die als var. Samoönsis Grun. von den Samoa-Inseln und als M. (undulata var.?) Normanni Arnott von der Insel Förarn abgebildeten Formen. Die von Grunow als selten im Oregon-Tripel angeführte ähn- liche Art entspricht der im Kieselguhr von Down, Mourne Mountains, vorkommenden, von Ehrenberg als Gallionella biseriata abgebildeten Art. Aus einer brieflichen Mit- theilung von J. D. Möller in Wedel erfuhr Müller endlich, dass auch ihm M. undulata nur fossil und allein im Pohr- schiefer des Habichtswaldes bekannt sei. In Proben des fraglichen Polirschiefers vom Habichts- walde konnte Müller die Identität der dort abgelagerten Art mit jener in Kottabatu lebend vorkommenden un- zweifelhaft nachweisen. Besonderes Interesse erweckt dieser Befund dadurch, dass die Ablagerung des Polirschiefers vom Habichts- walde — wie schon gesagt — dem Tertiär angehört, etwa an der Grenze des Ober-Oligoeän und Mioeän liegt. 3jemerkenswerth ist ferner die Thatsache, dass beiden Localitäten, dem Habiechtswalde und Kottabatu, noch andere Arten gemeinsam sind, worüber sich Müller weitere Mittheilungen vorbehält. Auch der Klebschiefer von Dübravica gehört dem Tertiär an, und zwar der oberen miocänen Stufe. Auch dieser Klebsehiefer enthält Formen, welche in der Auf- sammlung von Kottabatu beobachtet werden, deren Auf- zählung ebenfalls vorbehalten bleibt. Aus den mitgetheilten Thatsachen geht hervor, dass M. undulata sich seit den Zeiten des mittleren Tertiär unverändert erhalten hat, lebend allein auf Java, fossil nur an zwei oder drei 50 Breitengrade nördlicher ge- lesenen Orten aufgefunden worden ist. Wenn nun auch eine grössere Zahl lebender Arten von hohem geologischen Alter bekannt sind, so ist doch das Vorkommen einer unter heutigen Verhältnissen tropischen Süsswasserart in den tertiären Ablagerungen des mittleren Europa neu oder überaus selten. Grunow führt einen ähnlichen Fall an; die im Schiefer von Dübravica häufig vorkommende Epithemia Cistula (Ehrbg.) var. lunaris Grun. kennt er lebend nur von Bengalen. Jedenfalls liefert dieser Nach- weis einen weiteren Beitrag zu der Annahme eines sub- tropischen Klimas im mittleren Europa während der Ab- lagerung der betreffenden Stufe des Tertiärs. Sehr bemerkenswerth sind auch die Aeusserungen 0. Müller’s über die Sporenbildung der Melosira undalata im Vergleich zu der der nächsten Verwandten Melosira varians. Müller sagt diesbezüglich: Die Aufsammlung von Kottabatu wurde am 28. De- cember 1585 gemacht; es fanden sich in derselben auch die Auxosporen von M. undulata. Dieselben haben deshalb ein besonderes Interesse, weil ihr Entwicklungs- gang von dem ihrer nächsten Verwandten, der weit ver- breiteten Melosira varians Agardh, abweicht. Im Allgemeinen erzeugten Mutterzellen von 30 w Durchmesser Auxosporen von 65 u; doch erzeugten Mutterzellen von 27 «w Auxosporen von 63 bis 71 u; solche von 29 u Auxosporen von 60 bis 73 u; von 30 u, 65 bis 75 u; von 31 ,u, 58 bis 66 w. Die - Auxo- sporengrösse schwankt demnach bei M. undalata nicht unbeträchtlich und ist der Grösse der Mutterzellen nicht immer proportional. Nach E. Pfitzer rundet sich die und Fr. Sehmitz zur Auxospore auswachsende Zelle von M. varians Agardh, nach Ausscheidung des Perizonium, nach der jüngeren Schale zur Kugelgestalt ab, d. h. die jüngere Schale entleert sich, Perizonium und Plasma ziehen sich aus derselben zurück; danach erfolgt an dieser Seite die Ausscheidung der ersten Schale der Erstlingszelle, welche Schale daher halbkugelig ist. In der älteren Schale bleibt das Perizonium der Wandung anliegend, theilweise bleibt die Sporenhaut also in dieser Schale der Mutter- zelle gewissermassen stecken, aber das Plasma zieht sich auch aus dieser theilweise zurück, bevor es an seiner Oberfläche die zweite Schale der Eırstlingszelle aus- scheidet. Diese ist deshalb durch einen Nabel auf dem Scheitel ausgezeichnet der etwa halb so hoch ist, wie die Mutterschale. Die Auxosporen von M. undulata unterscheiden sich von denen der M. varians nun dadurch, dass Sporen- haut und Plasma in beiden Schalen der Mutterzelle stecken bleiben, dass das vom Perizonium umhüllte Plasma sich weder aus der jüngeren Mutterschale voll- ständig, noch aus der älteren theilweise zurückzieht, be- vor es die entsprechenden Schalen der Erstlingszelle aus- scheidet, sondern während der ganzen Entwicklung die Mutterschalen erfüllt. Auch liegen die beiden Schalen der Erstlingszelle überall dem Perizonium unmittelbar an, und beide tragen mithin auf den Scheiteln einen Nabel von der Grösse und Form eines Abgusses des Innenraumes der entsprechenden Mutterzelle. Die Mutter- schalen können nicht abgeworfen werden, weil die nach innen vorgewölbte Fläche ihres cylindrischen Mantels eine feste mechanische Verbindung mit dem Nabel der Erstlingszelle sichert. Im jedem Entwieklungszustande trifft man daher Chromatophoren in beiden Mutterschalen an. Der Kern ist wandständig und wandert vor der Theilung aus der jüngeren Schale in den bauchigen Theil der Spore. Die Theilung der Erstlingszelle erfolgt dann in gewöhnlieher Weise. Häufig bleiben die beiden Zellen der zweiten Generation mit einander verbunden und geben dann mit dem jeder der beiden Erstlings- schalen eigenthümlichen Nabel nebst anhängender Mutter- schale das dargestellte Bild. Im Polirschiefer des Ha- bichtswaldes fand ich auch ein Fragment einer fossilen Auxospore. Dieses Fragment, ein Nabel, beweist, dass die Auxosporenbildung von M. undulata in jenen Zeiten genau so verlief, wie heutzutage. Die Schale der Erst- lingszelle liegt der Mutterschale eng an. Die Schalen der Erstlingszelle sind, wie die Schalen der vegetativen Zellen, von Poren durchbrochen; die Innenfläche der Membran ist aber noch nieht im der den Schalen der letzteren eigenthümlichen Weise gebogen; dagegen haben die jungen Schalen der zweiten Gene- ration diese Krümmung bereits ausgebildet. Die Grösse der Zellen erlaubte mir auch hier, wie bei den Auxo- sporen von Terpsino& musica Ehrb., den Nachweis, dass bereits die Schalen der Erstlingszelle einander umfassen und jede derselben ein Gürtelband ausbildet. Während die Auxosporenbildung von M. undulata ausnahmslos in der oben beschriebenen Weise verläuft, ich bei keiner der beobachteten zahlreichen Sporen die geringste Zurückziehung des Plasma aus den Mutter- schalen oder eine verkümmerte Nabelbildung gesehen habe, vollzieht sich der oben nach Pfitzer und Schmitz geschilderte Vorgang der Sporenbildung bei M. varians nicht immer typisch. Wohl hat die erste Schale der Erstlingszelle häufig die Form einer regelmässigen Halb- kugel; aber schon Pfitzer bemerkt, seltener habe sie eine stumpfe Erhebung am Ende und bildet diese Schalen nicht genau halbkugelförmig, sondern mit einer deutlichen Spitze ab. Auch E. Hallier sah einen „zitzenförmigen Nr. 10. Naturwissenschaftliche Woehenschritt. 99 Vorsprung“ und bildete solche Schalen neben balbkugelförmigen ab. In der That fand ich bei M. varians nieht nur so gestaltete Schalen, sondern alle Uebergänge, von der leichtesten Hervortreibung nach dem Lumen der jüngeren Mutterschale bis zum ausgebildeten Nabel, je vollkom- mener dieser, um so seltener allerdings. Solche Sporen waren dann denen von M. undulata mor phologisch gleich, jede der beiden Schalen trug einen vollkommenen, von der Mutterschale umschlossenen Nabel. Nebenhei be- merkt, sitzt bei M. varians der Nabel häufig schief auf. Diese Abweichungen vom typischen Verlaufe bei M. varians sind sehr bemerkenswerth; nachdem ich die Sporenbildung bei M. undulata kennen gelernt, welche seit den Zeiten des Tertiärs unverändert geblieben, kann ich dieselben nicht mehr als zufällige Hemmungen auf- fassen, sondern muss ihnen eine viel tiefer gehende Be- deutung als Rückschlagsbildungen beimessen. Sehr wahr- scheinlich hat M. varians die Auxosporen in früherer Zeit ebenso gebildet wie M. undulata; aber im Laufe genau von Jahrmillionen, unter veränderten Anpassungsbedin- gungen, sind Veränderungen eingetreten, welehe vermuth- lich der Art zum Vortheil gereichen. Ueber das Verhältniss der geographischen Ver- breitung von Ledum palustre zu der von Myrica gale, zwei Pflanzenarten, welche beide in der Volkssprache den Namen Porst führen, sprach der ausgezeichnete Kenner unserer heimathliehen Flora Prot. Ascherson im Botanischen Verein der Provinz Brandenburg in ge- wohnter anregender Weise. Eigentlich — so führte Ascherson aus — haben die beiden genannten Arten weiter nichts gemeinsam als das Vorkommen im Sumpf und den starken Geruch; dies mag dazu geführt haben, dass eine uralte Anwendung der Myrica später irrthüm- lich auf Ledum übertragen wurde, nämlich ihre An- wendung zur Würze des Bieres. Auch Vietor Hehn hält in seinem bekannten Werke „Kulturpflanzen und Haus- thiere in ihrem Uebergang aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das übrige Europa“ Ledum palustre für den von Alters her als Bierwürze benutzten Porst. Schübeler hat nachgewiesen, dass Myrica in Skandinavien allgemein als Bierwürze diente, che der Hopfen zu diesem Zwecke aufkam. Der Gebrauch oder vielmehr Miss- brauch der giftigen Ledum scheint in Schweden nicht über das vorige Jahrhundert hinaus nachweisbar zu sein; aus Deutschland wird er etwa um das Jahr 1606 berichtet. Was nun das Verhältniss der geographischen Ver- breitung beider Arten anbetrifft, so ist sehr merkwürdig, dass die beiden Pflanzen, während sie in den Küsten. ländern der Ostsee beide neben einander vorkommen, sich im grössten Theile der norddeutschen Ebene gegen- seitig auszuschliessen scheinen. Die Ostgrenze der Myrica fällt ziemlich genau zusammen mit der Westgrenze der Altmark*); bei Lauenburg erreicht sie die Elbe und bei Lübeck das Meer. Oestlich von dieser Scheide ist das Gebiet von Ledum palustre. Nur in Lauenburg greifen die beiden Bezirke ein wenig über einander. Wie nun aber Myrica noch einen abgetrennten Standort in dem östlichen Gebiet, nämlich bei Luckau hat, so giebt es auch im nordwestlichen Deutschland einige Fundorte für Ledum, nämlich bei Rothenburg zwischen Hamburg und Bremen, bei Hudemühlen a. d. unteren Aller südlich von Celle und im Resser-Moor bei Hannover. Die geschilderte *) Doch hat Prof. Ascherson Myriea im Herbst v. J. auch innerhalb der Provinz Sachsen bei Schmölau beobachtet, wonach dessen in diesen Blättern (Bd. V, S. 159) gemachte Angabe zu berücksichtigen ist. Vertheilung beider Pflanzen findet nach der Ansicht Ascher- son’s darin ihren Grund, dass Ledum auf eine kurze Vege- tationszeit angepasst ist, während Myrica eine grosse Luft- feuchtigkeit, also eine hohe Niederschlagsmenge bedarf. Daher weicht Ledum von der Küste zurück, wo die Vegetationsperiode sich verlängert, wie das Gedeihen der immergrünen Gewächse, z. B. des Kirschlorbeers zeigt. Dass die zunehmende Winterkälte nieht die Ursache ist, welehe das Gedeihen der Myrica in Ost-Deutschland ver- hindert, lehrt das Vorkommen derselben bei Petersburg und Torneä. Dass andererseits die Verbreitung von Ledum- nach Siiden und Westen nicht in der zunehmenden Sommer- wärme, sondern nur in der Verlängerung der Vegetations- periode eine Hemmung findet, zeigt sein Vorkommen bei Berlin und Kiev, deren Sommer entschieden wärmer ist als derjenige Bremens. In dem beiden Pflanzen gemein- samen Bezirk ist der Sommer feucht genug für Myrica und kurz genug für Ledum. Zur Physiologie der oxyaromatischen Verbindun- gen. — in Bd. IV, Nr. 39 der „Naturw. Wochenschr.“ habe ich die neueren Arbeiten über die Physiologie des Gerbstoffes besprochen und bei dieser Gelegenheit den Vorschlag gemacht, den Begriff des Gerbstoffs zu ersetzen durch den Begriff deroxyaromatischen Verbindungen. Ich verstehe unter jener Bezeichnung aromatische Verbindungen (Benzolabkömmlinge), welche Hydroxyl- gruppen im Kern enthalten. Die genannte Wortbildung scheint übrigens allseitig Anklang gefunden zu haben. Herr Prof. Reinitzer, von dessen jüngsten Unter- suchungen über das Gummiferment erst vor kurzem in dieser Zeitschrift die Rede war, hat die Freundlichkeit gehabt, in seiner neuesten Mittheilung über den Gerb- stoffbegriff („Lotos“ 1591. Neue Folge. Bd. 11, Sonder- abdruck S. 17) auch meines Vorschlags in Bezug auf die Physiologie des Gerbstoffes zu gedenken, indem er sagt: „So verlockend dieser Vorschlag auf den ersten Bliek zu sein scheint, so kann seine Annahme doch nicht em- pfohlen werden . Von einem Ersatz des Gerbstoff- begriffes kann gar keine Rede sein, da er für die Pflanzen- chemie vollständig überflüssig ist.“ Ich stimme Herrn Prof. Reinitzer darin vollständig bei. Ich meinte nicht einen unmittelbaren Ersatz des Gerbstoffbegriffs, sondern eine Verdrängung desselben durch den Begriff der oxyaromatischen Verbindungen. Hinsichtlich der letzteren stellte ich in der „Naturw. Wochenschr.“ a. a. O. die Behauptung auf, dass dieselben in physiologischer Beziehung eine Einheit bilden. Ich führte einige Fälle an, in denen bereits ein Zusammenhang der oxyaroma- tischen Verbindungen aus verschiedenen Reihen etwas bestimmter zu vermuthen ist. Ich wollte damit keines- wegs der experimentellen Prüfung der Frage vorgreifen, sondern im Gegentheil zu einer solchen die Anregung geben. Durch die Bearbeitung der zweiten Auflage meiner Schrift über die Farbenreaction der Kohlenstofl'verbin- dungen*) ist es mir nicht möglich gewesen, damals gleich experimentelle Arbeiten in jener Richtung aufzunehmen. Immerhin glaube ich durch meine Arbeiten über die Farbenreactionen gerade dazu beigetragen zu haben, dass der Nachweis der (oxy-)aromatischen Verbindungen in den Pflanzen gegen früher erleichtert ist und dass damit die Möglichkeit einer weiteren Erkenntniss von der Bedeutung jener Stoffe gegeben ist. Wenn ich aus dem grossen Bereich der aromatischen Verbindungen gerade die oxyaromatischen Verbindungen herausgriff, um ihnen den Rang einer physiologischen Einheit bei- *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 239. 100 Naturwissenschafiliche Wochenschrift. Nr. 10. zumessen, so geschah das auch aus dem Grunde, weil die aromatischen Kohlenwasserstoffe oder die amido- aromatischen Verbindungen und drgl., so weit bekannt, im Chemismus der Pflanzenwelt keine wesentliche Rolle spielen. Möglich wäre es freilich, dass die Abkömmlinge der Indolreihe (Indigo) und CUhmolinreihe (Chinin), deren Auftreten im Pflanzenkörper festgestellt ist, amidoaroma- tischen Verbindungen ihren Ursprung verdanken. Hinsichtlich der Farbenreactionen der oxyaromatischen Verbindungen bezw. der Gerbstoffe seien mir noch einige Bemerkungen gestattet. In der „deutschen Chemiker- Zeitung“ (1590, S. 135) ist unter Bezugnahme auf meine Schrift u. A. ausgeführt, dass auch Gallussäure und Tannin mit Nitroprussiden und Alkalien tief rothbraune Färbungen geben. Dem gegenüber erlaube ich mir daran zu er- innern, dass Kalilauge allein schon mit Gerbsäuren roth- braune und ähnliche Farbenreaetionen giebt (Sachs). Auch die Gallussäure liefert mit Kalilauge allein eine Farbenerseheinung. Ferner sei darauf hingewiesen, dass die Gerbstoffe nach Böttinger mit Phenylhydrazin Re- actionen ergeben. Für die Physiologie der oxyaromatischen Verbindungen ist es von Bedeutung, dass auch die Eiweissstoffe zu ihnen zählen. Weitere Versuche sind nothwendig, um zu entscheiden, ob die Ansicht von Prof. Westermaier riehtig ist, nach welcher aus anatomischen Gründen dem Gerbstoff eine Bedeutung für die Entstehung der Eiweissstoffe zukommt. In jedem Falle wird die systema- tische Anwendung von Reagentien auf oxyaromatische Verbindungen der Botanik manche Erkenntniss einbringen, die ohne das Hülfsmittel der Farbenreactionen viel schwerer zu erreichen ist. So erwies sich Prof. Haberlandt bei der Erforschung des reizleitenden Gewebes der Mimose die Farbenreaction durch Eisenchlorid von grossem Nutzen. Beim Studium der „Eiweissschläuche“ lassen sich nach Prof. Heinricher gleichfalls Gewebselemente dem Auge besser erkennbar machen durch Anwendung des Millon- schen Reagens. Auch ich selbst habe, indem ich Vanillin und Salzsäure als farbstoffbildendes Reagens verwandte, in Längsschnitten bei gewissen Pflanzenarten, worüber ich später ausführlich berichten werde, ausgezeichnete typische Erscheinungen des Zellenbaues beobachten können, die sich ohne Reagentien der Wahrnehmung entzogen. Dr. E. Nickel. Ueber Heliochromie veröffentlicht Dr. J. Sehnauss in der „Leopoldina“ die folgende Mittheilung. Seitdem es vor Kurzem einem Herrn Franz Veress in Klausenburg nicht nur gelungen sein sollte, farbige Photographien getreu den farbigen Originalen durch Copiren zu erhalten, sondern auch dieselben haltbar zu machen oder zu fixiren, erwachte das Interesse für die Heliochromie in der Gelehrtenwelt wieder. Leider war, wie gewöhnlich in solchen Fällen, in den Tagesblättern die „Entdeckung“ des Herrn Veress bei Weitem über- trieben worden, ohne sein oder seiner Berichterstatter Verschulden; es dürfte jedoch nieht überflüssig erscheinen, bei dieser Veranlassung an dieser Stelle einen Ueberblick über (die bisherigen Resultate der Forschungen auf diesem Gebiete Seitens der Gelehrten zu geben. Kein Geringerer als Goethe war es, der bereits im Jahre 1810 die Beobachtungen Seebeck’s veröffentlichte, dass sich feuchtes COhlorsilber im Sonnenspeetrum analog den farbigen Strahlen färbe. Nach ihm versuchte 1839 Sir John Herschel die farbige Wiedergabe des Sonnen- speetrums und ein Jahr darauf theilte auch Robert Hunt seine desfallsigen Versuche mit. Die meisten Erfolge er- zielten aber die späteren Forscher Beequerel und Niepee de Saint-Vietor, welche beide nicht, wie ihre Vorgänger, Papier als Träger der empfindliehen Schieht benutzten, sondern dieselbe direet auf Silberplatten, entweder dureh chemische Agentien oder durch Eimwirkung des gal- vanischen Stromes erzeugten. Wir wollen daher bei dem Verfahren der beiden letzteren etwas länger verweilen. Beequerel tauchte eine gereimigte Silberplatte eine Zeit lang in eine gesättigte Auflösung von Kupfersulfat und Chlornatrium, wodureh sich Silberehlorür von violetter Farbe bildete. Das Silberehlorür, entweder durch Be- liehtung des weissen Chlorsilbers oder auf ehemischem Wege erhalten, ist nämlich bis heute die einzige chemische Verbindung gewesen, welche zu ‚heliochromen Versuchen geeignet befunden wurde. Die Hauptschwierigkeit des Verfahrens bestand und besteht immer noch darin, die farbigen Bilder zu fixiren, im Dunkeln halten sie sich mehrere Jahre lang. Noch besser gelingt die Wieder- gabe des Speetrums, wenn man den Liehtstrahl durelı eine sehr verdünnte Auflösung von Chininsulfat gehen lässt. Niepee de Saint-Vietor ging von dem Grundsatze aus, dass diejenigen Chlorverbindungen, welche einer schwach leuchtenden Flamme eine bestimmte Fär- bung ertheilen, auch besonders zur Wiedergabe dieser Farben im Lichte geeignet sind, wenn man sie zur Be- reitung der empfindlichen Schieht benutzt. Er badete Silberplatten in den betreffenden Bädern, die hauptsäch- lich Chlorkupfer und Eisenchlorid enthielten, wusch sie ab und trocknete sie. Nach dem oberflächliehen Ab- wischen wurde die Platte belichtet und auf dem ent- standenen Silberchlorür nicht nur die Copie von Glas- gemälden im Copirrahmen erhalten, sondern man konnte dieselbe sogar auch in der Camera obscura belichten, jedoch nur im direeten Sonnenschein und ‚während längerer Zeit. Niepee glaubte auch einen Firniss ent- deckt zu haben, mit dem die farbigen Photographieen überzogen werden konnten, um kurze Zeit dem Tages- licht zu widerstehen. Beiläufig sei hier noch erwähnt, dass sowohl Poitevin wie Simpson einschlägige Versuche anstellten, der erstere auf Papier mit Zusatz von verschiedenen chemischen Körpern zur Beschleunigung der Liehtwirkung, und letzterer auf Chlorsilbereollodium. Die neuesten Arbeiten von Carey-Lea über das Photochlorid des Silbers scheinen darauf hinzudeuten, dass es diese Substanz ist, welche die Grundlage der farbigen Photographieen bildet. Franz Veress benutzt das farbenempfindliche Silberchlorür in Gestalt einer Collodium- oder Gelatine-Emulsion, die auf Papier oder Glas aufgetragen wird. Vorläufig erhält er die Farben nur durch Copiren unter einem bunten Glas- oder Papierbild;; diese Belichtung währt von 2 Stunden an bis zu 3 Tagen. Das Bild erscheint erst negativ, die dunklen Stellen weiss, die Farben entstehen erst nach und nach und werden in einem alkalischen Bade kräftiger. Auch hat derselbe einen Besehleuniger entdeckt, um die Belichtungszeit abzukürzen. Nach Professor Vogel’s Ver- suchen mit diesen farbigen Photographieen sollen sich die Farben der Originale theilweise nicht richtig wieder- gegeben haben und am Tageslichte bald verschwunden sein. Die neuesten heliochromen Versuche hat nach Veress wohl M. E. Vallot angestellt, der sehr schöne farbige Photographieen in einer photographischen Gesell- schaft vorlegte, die nach einem bunten Glasfenster er- halten worden waren. Er verfuhr auf folgende Weise. Starkes photographisches Rohpapier lässt man auf einer Lösung von 10 pCt. Chlornatrium schwimmen, trocknet es sodann schnell und maeht es durch Auflegen auf ein Bad von 2 pCt. Silbernitratlösung lichtempfindlich. Nachdem es in verdünnter Chlornatriumlösung zur Be- seitigung alles Silbernitrates, und dann in Wasser ge- Nr. 10. Naturwissenschaftlicehe Wochenschrift. 101 waschen worden, von 3 gr Zinnchlorürs in 100 eem Wasser und 10 Tropfen Schwefelsäure. Das entstehende Silberehlorür muss einen dunkelvioletten Ton erhalten haben, worauf das Papier nochmals gut ausgewaschen und getrocknet wird; damit dasselbe die natürlichen Farben wiedergebe, muss es erst noch einem Bade von gesättigter Lösung von Kupfer- sulfat und 5 pCt. Kaliumbichromatlösung unterworfen werden. Im direeten Sonnenlieht wird unter dem Glas- gemälde im Copirrahmen etwa °®/, Stunden belichtet und | sodann das Papier in sehr verdünnter Schwefelsäure ge- badet, wodurch die Farben erst klar und brillant hervor- treten. Darauf wird schnell gewaschen und das Bild mit Albumin überzogen. Leider fehlen auch ‘hier die An- gaben bezüglich” der Haltbarkeit und des Fixirens dieser farbigen Photographieen. de Ueber die Tiefen des Stillen Oceans hat der ame- rikanische Admiral Belknap in der asiatischen Gesellschaft von ‚Japan eine interessante Mittheilung gemacht. — Admiral Belknap war im Jahre 1574 in Japan als Befehls- haber des amerikanischen Schiffes Tuscarora, das die ge- plante Route des pacifischen submarinen Kabels ausmessen sollte. Die grösste bei dieser Reise ermittelte Tiefe be- trug 3257 Faden; das damals auf seiner Forschungsfahrt befindliche Schiff © hallenger hatte keine so grossen Tiefen Als die Tuscarora Yokohama verliess, fand Nur 100 See- und etwas gefunden. man wieder ausserordentlich grosse Tiefen. meilen von der Küste fand man 3427 Faden, ‚. weiter ging bei 4643 Faden die Leine aus, man den Boden erreicht hatte. Auch weiterhin wurden noch mehrmals über 4000 Faden gelothet; die grösste ge- messene Tiefe belief sich auf 4655 Faden. Nachdem | Hakodate berührt worden war, nahm das Schiff seine Vermessungen wieder auf, fuhr die Kurilen entlang und fand hier wieder sehr tiefes Wasser, mit Ausnahme einer Stelle, an der sich ein Landrücken befand, auf dem nur 1777 Faden gelothet wurde, während auf der westlichen Seite desselben 3754 und an der Ostseite 4037 Faden ge- funden wurden, und zwar nur 80 Seemeilen vom Lande. Admiral Belknap macht daher in seinem Vortrage die Bemerkung, dass augenscheinlich ein submarines Thal existirt, das parallel der japanischen Küste verläuft und etwa 250 Seemeilen breit ist. Ob nun der Kuro Siwo, der japanische Meeresstrom, welcher in ge- wissem Sinne dem Golfstrom entspricht, vielleicht mit dieser Gestaltung des Meereshodens in Zusammen- hang zu bringen ist, darüber kann man vorläufig nur Vermuthungen hegen. Seitdem die Tuscarora zuerst waltiger Meerestiefen nachgwiesen hat, sind weitere Ent- deekungen nach dieser Richtung gefolgt. So fand der Challenger bei seiner Abfahrt von Japan und nur 200 Seemeilen östlich vom Kingseap 3750 Faden, und fast dieselbe Tiefe fernere 200 Seemeilen weiter, wonach das Wasser bedeutend seichter wurde. Dasselbe Schiff fand 4475 Faden nur 150 Seemeilen von Guam (Carolinen- Inseln). entfernt. Das amerikanische Schiff Albatros fand 5820 Faden auf der Höhe der Aleuten, und der ameri- kanische Dampfer Blake lothete 4561 Faden 70 Seemeilen nördlich von Porto Rico, während die Egeria im südlichen Pacific Tiefen von 4428, 4295 und 4550 Faden entdeckte. Weitere Untersuchungen haben dargethan, dass sich die tiefsten Theile des Atlantie sowohl als auch des Pacifie ganz nahe den westlichen Küsten dieser Oceane befinden. Am Sehlusse seines interessanten Vortrages regte Admiral Belknap an, dass die japanische Marine die angebahnten Untersuehungen aufnehmen möchte, um die Gestaltung des Meeresbodens in der Nähe Japans und längs des Laufes die Existenz so ge- belichtet man es innerhalb einer Lösung: ohne dass | des Kuro Siwo zu erforschen: — gewiss eine dankens- werthe Unternehmung, der sich die Japanische Marine hoffentlich mit Eifer annehmen wird. G. Der XX. Congress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie findet während der Osterwöche, vom bis 4. April d. J. in Berlin statt. Ständiger Schriftführer ist Medieinalrath und Prof. Dr. Gurlt (W. Keithstrasse No. 6). Vorsitzender für das Jahr 1891 ist C. Thiersch. Der X. Congress für innere Mediein hält seine Sitzungen vom 6. bis 9. April 1891. unter Vorsitz von Liebreich (Berlin) zu Wiesbaden. Litteratur. Axel Key’s Schulhygienische Untersuchungen. In deutscher Be- arbeitung herausgegeben von Dr. Leo Burgerstein in Wien. Mit zwölf Kurventafeln. Hamburg und Leipzig, Verlag von Leopold Voss, 1889. Es ist unmöglie h, von dem reichen Inhalt dieses ausgezeichneten Werkes auch nur die Hauptsätze wiederzugeben. An die dureh graphische Tafeln verständlich gemachte Darstellung der Ergeb- nisse, welche die durch den namhaften schwedise hen. Physiologen Axel Key angestellten langjährigen Untersuchungen von 15000 Schulernt der höheren Lehranstalten und 3000 Schülerinnen der höheren Töchterschulen in Bezug auf alle schulhygienischen Ver- hältnisse gehabt haben, schliessen sich allenthalben Vorschläge zu Verbesserungen der aufgedeckten Mängel und Fehler der Scehuleinriehtungen. Sie gipfeln in drei Forderungen: 1. Hygienische Vorbildung der Lehrer, 2. Regelmässige hygienische Revisionen der Schulen unter Beiziehung eines Technikers und eines Arztes. Die in Schweden gemachten Beobachtungen sind ja nicht in allen Stücken auf Deutschland übertragbar, aber im Wesentlichen sind sie, wenn auch noch nieht in gleicher Ausdehnung, auch bei uns gemacht worden. Darum verdient Axel Key’s Werk das volle Inter- esse unserer Behörden sowohl wie aller Lehrer und Eltern. Durch das Buch wird eine reiche Fülle von Anregung gegeben, deren Nach- ahmung die segensreichsten Folgen für die körperliche und geistige Entwieklung unserer Schuljugend haben dürfte. Die skandinavischen Staaten sind, wie einst in der Einführung der Schulgymnastik und später des Schularztwesens, so jetzt in der Regelung der Ueber- bürdungsfrage vorausgeeilt, indem für jede Altersstufe die Grenze der täglich erlaubten Arbeitsdauer, sowie die Ausdehnung und das Ziel des Lehrunterrichts sicher festgesteckt haben. Es sie ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass wir auf demselben Wege zu dem gleichen günstigen Resultat gelangen können, Dr. med. A. J. F. Ostertag, Der Petrefactensammler. Zugleich eine Ein- führung in die Paläontologie für Seminaristen, Gymnasisten und Realschüler. Mit 460 Abbildungen auf 22 Tafeln und 16 in den Text gedruckten Illustrationen. 8°. Verlag von R. Lutz. Stuttgart 1890. Wollte man den Inhalt des vorliegenden Buches in kurzen Worten ausdrücken, so könnte er lauten: Beschreibung einer grossen Zahl von Versteinerungen aus der Juraformation Süd- deutschlands, einer kleineren Zahl von Versteinerungen aus der Trias- und Tertiärformation vorwiegend Süd-Deutschlands und einiger anderer Versteinerungen. Aber selbst unter dieser Devise möchte ich das Buch keinem Seminaristen, Gymnasiasten oder Realschüler als Mittel zur Einführung in die Paläontologie em- pfehlen, und von Petrefaetensammlern dürften höchstens solche, welche sich für den schwäbischen Jura interessiren, von dem Buche einigen Nutzen ziehen. Der Hauptfehler des Buches nach allen Richtungen hin ist die ungleichmässige Bearbeitung des Stoffes, sowie die geringe Berücksichtigung der heutigen Anschauungen und der modernen Systematik. Ich übergehe den allgemeinen geologischen Theil (S. 1—37), der mineralogische Kenntnisse bei den Lesern voraus- setzt und mancherlei Schwächen aufweist, und ‚wende mich direet zum speciellen, paläontologischen Theil. Derselbe zerfällt in zwei Abschnitte. I. Die Petrefaecten aus dem Thierreich. II. Die Petrefacten aus dem Pflanzenreich. Der erste Abschnitt (S. 38—164) beginnt mit den Wirbel- thieren. Diese sowie die Gliederthiere sind — da in erster Linie die Leitfossilien, sodann diejenigen Petrefaeten, welche in ent- wicklungsgeschichtlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung sind, berücksichtigt werden sollen — nur kurz behandelt und erfährt der Petrefactensammler nur das Allgemeine über diese Thiere ; 102 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 10. nur wenige Arten sind aufgeführt und nur einzelne mit Beschrei- bung versehen. Am eingehendsten werden die Malacostraca be- handelt, von denen zwei Arten aus der Trias, dreizehn aus dem Jura erwähnt werden, während von den Trilobiten nur vier Arten aus dem Silur und eine aus dem Devon beschrieben sind. Und diese vier silurischen Trilobiten können sich noch besonders glücklich schätzen. Denn sie sind die einzigen Versteinerungen, welche in dem Buche aus der Silurformation beschrieben werden. „Die zum Sammeln besonders geeigneten Schalthiere (Mol- lusken, Echinodermen, Cölenteraten) nehmen einen ungleich grösseren Raum ein.“ Sehen wir, in welcher Weise der Ver- fasser hier seiner Aufgabe gerecht geworden ist! Zunächst die Mollusken. Von den Cephalopoden werden zuerst die Dibranchiata in Gestalt von 15 jurassischen und 3 cretaceischen Belemniten nebst 1 Loliginites und 1 Onychites vorgeführt. Von den Tetra- branchiaten finden sich 1) einige Namen von Orthoceren aus Silur und Devon, 2) von Nautilus 2 Arten aus der Trias, 1 aus dem Jura und 2 Namen von Kreide-Arten, 3) 1 Clymenia, 4) 1 Go- niatites aus dem Carbon, 5) 2 Ceratiten. aus der Trias und — 6) 64 Ammoniten nebst 50 Variationen aus dem Jura und einige Namen von Kreide-Ammoniten. Nicht besser ist das Verhältniss bei den Gastropoden (der Autor schreibt Gasteropoden). Aus dem Silur, Carbon und Perm lernen wir keinen Vertreter dieser Gruppe kennen, aus dem Devon erfahren wir einen Namen, aus der Kreide wird eine Art be schrieben und ein Name genannt, aus der Trias 5 Arten und 1 Name, aus dem Tertiär bis Alluvium 38 Arten und einige Namen aus dem Jura dagegen werden 34 Arten beschrieben. Die Brachiopoden lieferten aus Silur, Kreide, Tertiär nichts, aus dem Carbon einen Namen, aus dem Devon 3 Artbeschreibun- gen, aus dem Perm eine aus der Trias 2, und aus dem Jura 39. Die Conchyferen haben aus Silur, Devon und Perm keine Vertreter, aus dem Carbon wird 1 Name genannt, aus der Kreide finden sich 3 Arten und 5 Namen, aus dem Tertiär 4 Arten und 4 Namen, aus der Trias 12 Arten und 2 Namen: aus dem Jura aber 58 Arten und 4 Namen. Von Eehiniden finden wir einen triassischen, einen Namen aus dem Tertiär, 3 Namen aus der Kreide und 17 Artbeschrei- bungen und drei Namen aus dem Jura. Von Asteriden 1 aus der Trias, 5 aus dem Jura. Von Crinoiden 1 aus der Trias, 18 aus dem Jura. Aus dem ganzen Paläozoicum ist keine Echinodermenform der Aufzählung für würdig gefunden worden. Und doch sind die Crinoiden gerade dort so entwickelt. Die Bryozoen werden zu den Korallen gestellt und 2 jurassi- sche Arten beschrieben, ausserdem Il Korallen und 14 Spongien aus dem Jura. Aus anderen Formationen ist nichts der Art ver- treten. Fassen wir also die Mollusken, Echinodermen und Cölenteraten zusammen und zählen die angeführten Namen als gleichbe- deutend mit beschriebenen Arten, so stehen 182 jurassischen Arten gegenüber 102 Arten der sämmtlichen anderen Formationen (4 de- vonische, 2 earbonische, 1 permische, 25 triassische, 13 eretaceische und 57 tertiäre bis alluviale); dass das Bild, welches der Petre- faetensammler aus dieser Zusammenstellung erhält, ein sehr ein- seitig jurassisches wird, muss jeder Unbefangene zugeben. Das Silur bleibt zudem eine terra incognita. Aber abgesehen von der Vertheilung der Arten auf die For- mationen ist auch die Auswahl der Gattungen eine sehr mangel- hafte.: So fehlt bei den Echiniden z. B. Ananchytes und Micraster, bei den Crinoiden jegliche paläozoische Form, bei den Conchy- feren Pholadomya, Leda, bei den Brachiopoden Stringocephalus, Pentamerus, bei den Gastropoden Pleurotoma und die paläozoi- schen Formen. Auf die vielen Unrichtigkeiten und Unklarheiten im Einzelnen einzugehen, das würde hier zu weit führen. Der zweite Hauptabschnitt giebt auf 13 Seiten eine kurze, aber trotzdem sehr mangelhafte Uebersicht über die allgemeinen Eigenschaften und die Systematik der wichtigsten Pflanzenver- steinerungen. Nur wenige Arten werden beschrieben. Das Gesagte dürfte genügen, um das im Eingang gefällte Urtheil als ein gerechtes erscheinen zu lassen. Th. Ebert. Dr. S. Levy, Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. Zweite umgearbeitete Auflage. Verlag von Ferdinand Enke. Stuttgart 1890. Eine wirkliche Einsicht in die Chemie wie überhaupt in die Naturwissenschaft gewinnt man nur, wenn man selbst forscht selbst die Objeete untersucht, mit ihnen arbeitet und ihrer Ent. stehung nachgeht. Das vorliegende Heft stellt sich speciell die Aufgabe, den Studirenden in die Kenntniss des Werdens organi- scher Verbindungen einzuführen. Der Verfasser hat hierzu ein- fache und vielbenutzte Präparate ausgewählt, andrerseits aber diese Auswahl so getroffen, dass möglichst alle Klassen der orga- nischen Verbindungen als Haupttypen vertreten sind. Die. hier und da eingefügten Abbildungen werden demjenigen, der sich selbst unterrichten will, die Sache wesentlich erleichtern. Bittner, A., Brachiopoden der alpinen Trias. 80 M.*) Blanckenhorn, M., Das marine Miocän in Syrien. Leipzig: Bredichin, Th., sur les ph&nomenes extraordinaires presentes par la grande comete de 1882. 1 M. Leipzig. Buchka, K, Lehrbuch der analytischen Chemie. Qua- Plaudereien über die Geistesstörungen. Wien. 1,50 M. chk I. Thl. iitative Analyse. 6 M. Wien. Chatelain, Das Irresein. 3 M. Neuchatel. Fulst, O., Bestimmung des Flächeninhalts des Mantels eines schiefen Kegels mit elliptischer Grundfläche. 1 M. Göttingen. Funke, R., Ueber eine neue Methode zur Prüfung des Tastsinns. 1 M. Berlin. l Gegenbauer, L., Einige Sätze über die Funetionen Cn (x). 3M. Leipzig. — ,— Zahlentheoretische Sätze. 1,80 M. Ebd. Haefcke, H., Ueber die chemische Constitution der Hornblende. 1 M. Göttingen. Hansen, A., Pflanzen-Physiologie. Die Lebenserscheinungen und Lebensbedingungen der Pflanzen. 6 M., geb. ? M. Stuttgart. Hertslet, W. L., Schopenhauer-Register. Ein Hülfsbuch zur schnellen Auffindung aller Stellen, betreffend Gegenstände, Personen und Begriffe, sowie der Citate, Vergleiche und Unter- scheidungen, welehe in A. Schopenhauer’s Werken, ferner in seinem Nachlasse und in seinen Briefen enthalten sind. 6 M., geb. 7 M. Leipzig. Hess, W., Specielle Zoologie, populär dargestellt. II. Bd. Die Reptilien, Amphibien. Fische und wirbellosen Thiere Deutsch- lands. 5 M., geb. 6 M. Stuttgart. Karte, topographische, des Königreiches Sachsen. 1: 25,000. No. 61. Geringswalde. 1,50 M. Leipzig. Kayser, E.. Lehrbuch der geologischen Formationskunde. Für ie ene und zum Selbstunterricht bearbeitet. 14 M. Stutt- gart. Kenngott, A., Elementare Mineralogie, besonders zum Zwecke des Selbststudiums leicht fasslich dargestellt. 5 M., geb. 6 M. Stuttgart. » Kissling, E., Die versteinerten Thier- und Pflanzenreste der Um- Bebupe von Bern. Exeursionsbüchlein für Studirende. 3,60 M. ern, Klemencic, J., Einige Bemerkungen über Normalwiderstände. 0,30 M. Leipzig. R 8 Kobald, E,, Ueber eine allgemeine Form der Zustandsgleichung. 0,50 M. Leipzig. F Koch, L., Die Arachniden Australiens, nach der Natur beschrieben und abgebildet. 9 M. Nürnberg. Kommerell, V., Beiträge zur Gauss’schen Flächentheorie. 0,80 M. Tübingen. Kremers, E., Beitrag zur Kenntniss der Isomerieverhältnisse innerhalb der Terpenreihe. 1,40 M. Göttingen. Krümmel, O., Ueber den Gebrauch des Aräometers an Bord zur Bestimmung des speeifischen Gewichts des Seewassers. 1 M. Berlin. Lang, V. v., Beitrag zur mechanischen Wärmetheorie. 0,20 M. Leipzig. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25,000. No. 451. ar — No. 605. Kerstin. — No. 1996. Dombrowska. A1M. erin. Nuttall, G. H. F., Beiträge zur Kenntniss der Immunität. 1,20 M. Göttingen. *) Einem mehrseitig aus dem Abbonnentenkreise ausge- sprochenen Wunsche folgend sollen von jetzt ab in der Litteratur- liste die Preisangaben wieder eingeführt werden. Inhalt: W.Preyer: Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens. — Eine bisher nur aus dem Tertiär bekannt gewesene Baeillariacee lebend gefunden. — Das Verhältniss der geographischen Verbreitung von Ledum palustre zu der von Myrica gale. — Zur Physiologie der oxyaromatischen Verbindungen. — Heliochromie. — Ueber die Tiefen des Stillen Oceans. — Congress für Chirurgie. — Congress für innere Mediein. — Litteratur: Axel Key’s Schulhygienische Untersuchungen. — J. F. Ostertag: Der Petrefaetensaunmler. — Dr. S. Levy: Anleitung zur Darstellung organischer Präparate. — Liste. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni& Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 10. Naturwissenschaftl iche Wochensehrift. XXII Dresdener Gasmotorenfabrik Moritz Hille in Dresden Filialen: Berlin SW., Zimmerstr. 77. Leipzig, Windmühlenstr. 7 empfiehlt Gasmotore von 1 bis 100 Pferdekraft, in liegender, stehender, ein-, zwei- und viereylindriger Construction. D. R. Patent. "D. R. Patent. Lanolin-Toitette-Cream-Lanolin u - zur Pflege rauber, rother Haut, aufgeiprungener v orzu g I IC h Hände und Lippen, nu = Pr ot AR Sor 6 - zur NReinhaltung und Beredung wunder Haute v orzu g I Ic h ftellen und Wunden. zur Erhaltung einer guten Haut, v uglich orzu g ıC fleinen Kindern. Zu baben in allen Apotheken wıd Drogerien. bejonders bei Barometer, Reisszeuge, Apparate, Electro-Motore, Uhren, Regulateure, Ketten. Silberne ördeloben. Physikalisch-techn. Institut Max Eichholz, BERLIN N., Linienstr. F. W. Thiele, 126. Mikroskope, Optisches Institut u. 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Englisches Lesebuch aus den be- deutendsten englischen Diehtern und Prosaikern mit einer Ueber- sicht der englischen Litteratur, er- läuterndenAnmerkungen und einigen Zeichen zur Erleiehterung der Aus- sprache; nebst einer besonderen Auswahl von leichten Materialien zu Styl- und Sprachübungen. Von Bernhard Schmitz. 3. Auflage. 2,50 M., geb. 3 M. mit ser Vorstehende Werke können auf Verlangen durch jede Buchhandlung zur Ansicht Leitfaden beim geographischen Unterricht. Nach den neueren An- sichten entworfen von F. Voigt, Professor an dem Kgl. Realgym- nasium zu Berlin. Zweiunddreissig- ste verbesserte und vermehrte Auf- lage. 1,20 M., geb. 1,50 M. Geschichte des brandenburg- preuss. Staates. Von F. Voist, Professor an der Kgl. Realschule in Berlin. Dritte verbesserte Aufl. Mit der Karte der territorialen Ent- wickelung des brandenburg-preuss. Staates. 7 M., geb: 8 M. Grundriss der brandenburgisch- preussischen Geschichte in Verbin- dung mit der deutschen. Von F. Voigt. Siebente Auflage. su Pf. Erziehungs- und Unterrichtslehre | Grundriss der alten Geschichte. für Gymnasien und Realschulen. Von F. Voigt. Vierte Aufl. 60 Pf. Von Dr. Wilhelm Schrader, a r E Geheimer Ober-Regierungsrath und Volkwirtschaftliche Ergänzungen Kurator der Universität Halle. zum Lehrstoffe d. Volksschule. Vom 5. Auflage. 10,50 M. christlich - nationalen Standpunkte i ö entwickelnd bearbeitet von A. Pa- Die Verfassung der höheren tuschka, Mittelschullehrer. 2 M. Schulen. Pädagogische Bedenken von ‚Dr. Ww ilhelm Schrader, Repetitorium des evangelischen Geheimer Ober-Regierungsrath und Religionsunterrichts. Bearb. von Dr. Hermann @. S. Preiss. Mit Kurator der Universitö Halle. Dritte, sorgfältig ergänzte Auflage. ausführlichem Register. Zweite Aus- gabe. Preis 2,40 M. 6 M. Karl Gustav von Gossler, Kanzler 2 IB i Deutsche Lieder in lateinischer Uebersetzung von Fr. Strehlke. des Königreichs Preussen. Ein Lebensbild von D. Dr. Wilhelm ı M. Enthält eine Anzahl deutscher klassischer Gedichte im Versmaass Schrader, Geh. Ober Regierungs- der Originale lateinisch übersetzt. Englische Grammatik. von Bern-| hard Schmitz. 6. Auflage. 3 geb. 3,50 M. Französisches Elementarbuch nebst Vorbemerkungen über Methode | und Aussprache. Von Bernhard| Schmitz. I. Theil. Vorschule der fran- zösisch.Sprache. 10. Aufl. besorgt von Adolf Neumann. 1,20 M. II. Theil. Grammatik und Uebungsbuch für mittlere Klas- sen. 5. Auflage. 1,80 M. Elementar-Grammatik der Fran- zösischen Sprache. Vierte Auflage des 1. Theils von Beumelburg's Lehr- gang. Umgearbeitet und bedeutend erweitert von Dr. J. Baumgarten. 1,60 M., geb. 2 M. ch rath und Kurator der Universität Halle. 240 M. | vorgelegt werden. =ü in XXIV Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 10. 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Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 % extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. (Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Dr. Fridtjof Nansen. In Band IV, No. 37 der „Naturw. Wochenschr.* ist nach Nansen’s eigenen Mittheilungen der Verlauf seiner Expedition über das grönländische Binneneis bereits geschildert worden, unter Beifügung einer Karte, in welcher sich die Nansen’sche Route eingetragen findet. Inzwischen ist nun der ausführliche Berieht Nansen’s über seine einzig dastehende Reise erschienen*), aus dem wir zur Ergänzung jener Mitthei- lungen eine Reihe von Einzel- heiten geben, die im Stande sind, von den ungeheuren Schwierigkeiten solcher Reise eine kleine Vorstellung zu geben. Die zur Erläuterung dienenden Abbildungen sind dem Nansen’schen Werke entnommen, die Cliches von Auf Schneeschuhen durch Grönland. (Fig. 1) von der Strömung volle 60 Meilen nach Süden getrieben und es war ein glücklicher Zufall, der die kühnen Männer vor dem Untergange in der Brandung am äusseren Eisrande bewahrte und sie am folgenden Tage auf die innere Seite des Gürtels führte, von wo aus sie mit Leichtigkeit die ‚seit langen Tagen sehn- süchtig betrachteie Küste erreichen konnten (Figur 2). Unter grossen Schwierig- keiten, oft mit Aexten und Brechstangen denBooten einen Weg durch das auch an der Küste vielfach dieht gepackt liegende Eis bahnend, vorüber an einer Anzahl Gletscher, die sich in’s Meer hinein vorschie- ben (Fig. 3) wurde der Weg nordwärts entlang der Küste der Verlagsanstalt freund- lichst zur Verfügung gestellt. Die ausser Nansen aus drei Norwegern und zwei Lappen bestehende, in jeder Hinsicht bis zu dem kegelförmigen Berge Kiatak (64° 20' n. Br.) fortgesetzt und in seiner Nähe die Reise über das Inlandeis angetreten. ZweiMalwar man auf das Sorgsamste ausge- auf der Küstenfahrt mit ost- rüstete Expedition ging be- kanntlich mit dem Post- dampfer nach der nordwest- lichen Halbinsel Islands und wurde dort von einem nor- wegischen Seehundsfänger, dem Jason, abgeholt, um am Rande des breiten von Norden kommenden Treibeisgürtels, der die ostgrönländische Küste so unnahbar macht, ab- gesetzt zu werden. Die erste Schwierigkeit, das Durch- brechen des Treibeisgürtels und die Landung an der Ost- küste, ging bekanntlich nicht so leicht vor sich, wie Nansen erhofft hatte. Die Expedition wurde mit Sehlitten und Booten auf einer grossen Treibeisscholle kampirend *) Dr. Fridtjof Nansen. Auf Schneesehuhen dureh Grönland. Mit 159 Original- Abbildungen und 4 Karten. 2 Bde. 8%. Ham- burg, Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter) 1891. Pr. 20 Mark. Figur l. grönländischen Eskimosin Be- rührung gekommen, die sich z. Th. auf dem Wege zu den dänischen Handelsniederlas- sungen befanden, hauptsäch- lich um Tabak zu holen, den sie mit Leidenschaft schnupfen. Diese Reise dauert übrigens gegen 3 Jahre und der Eskimo unternimmt sie deshalb mit Weib und Kind und Allem, was sein ist. Von ihren Stammesgenossen im Wes- ten unterscheiden sie sich durch ihr Heidenthum und den äusserst geringen Einfluss, den Europens Cultur auf sie bislang gewonnen hat. Nansen schildert in anziehender Weise das zwanglose Leben im Zelte, wobei es in hohem Masse auffällig erscheinen muss, dass diese Bewohner arktischer Gebiete im Zelte genau eben so sich kleiden, wie die Eingeborenen des tropischen Afrika, nämlich sich an einem Lendenschurz von minimalen Dimensionen genügen 104 lassen. Der Grund liegt in der hohen Temperatur, die sich in den sorgsam gebauten, in keiner Weise ventilirten, aber von unglaublich viel Menschen bewohnten Zelten ent- wickelt. Eigenartig sind die Mittheilungen über die eigen- thümlichen Waschungen der Eskimodamen. Indessen kann man hinsichtlich des Werthes regelmässiger Waschungen für das körperliche Wohlbe- i a hagen durch Nansens Mit- theilungen stutzig werden; ich kann mir nicht versagen, sie hier wörtlich wiederzugeben: Wenn ich erzähle, dass wir uns nicht wuschen von dem Augenblick an, wo wir den Jason verliessen, bis zu dem Tage, wo wir die Westküste erreichten, so werden kurz- sichtige Leser uns gewiss für grosse Ferkel halten. Aber das müssen wir hinnehmen. Ich will jedoch hinzufügen, dass wir unter gewöhnlichen Umständen die Gewohnheit hatten, uns zu waschen; wenn es aber auf dieser Reise nicht geschah, so hatte es seine guten Gründe. Erstens hatten wir auf dem Inlandeise nur: das wenige Wasser, das wir am Morgen und am Abend auf Spiritus schmolzen, und das noch geringere Quan- tum, das wir im Laufe des Tages auf unserem eigenen Körper schmelzen konnten. Wenn man nun, wie das bei uns stets der Fall war, einen brennenden Durst hatte und einem die Wahl gestellt wurde, diese Portion Wasser ent- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Figur 2. Nr. 11. gingen und ihre fünf Schlitten mit der gesammten Ausrüstung hinter sich herzogen, indem sie sich dabei auf lange Bambus- stangen stützten. Gerastet wurde unter dem Zelte, ge- schlafen in zwei grossen Schlafsäcken aus Rennthierfell für je drei Mann. Die Abbildung Fig. 4, eine Mittagsrast auf dem Eise dastellend, zeigt zahlreiche Einzelheiten in der Ausrüstung unserer Reisenden. An einigen Tagen war es auchmösglich, mit den Schlitten zu segeln. Je zwei wurden nebeneinander gestellt und gut verbunden, Theile des Zel- tes und der Decken an dem Bambusmaste als Segel befes- tigt, ein Mann lief voraus, die SchlittenstangeimderHandund steuerteundzweianderesassen hinten auf. So wurden mit sau- senderGeschwindigkeit bedeu- tende Strecken zurückgelegt. „Nicht ganz unbeträcht- lich“, wie Nansen sich aus- drückt, waren zum Theil die Temperaturen, deren An- griffen die Reisenden ausge- setzt waren. Sie hatten auf ungewöhnlich strenge Kälte bei dieser Jahreszeit nicht gerechnet und keine Thermometer mitgenommen, die mehr als —37° anzeigten. Diese Temperatur aber wurde unter- schritten im Zelte, in dem 6 Mensehen sich aufhielten! Wasserhaltige Nahrungsmittel (wie Leberpastete) wurden zu Stein, so dass die Axt zur Zerkleinerung benutzt und die nach allen Seiten umherfliegenden Stücke auf dem weder zum Waschen oder zum Trinken zu benutzen, oder | Schnee zusammengelesen werden mussten. auch, sich erst damit zu wa- schen und dann zu trinken, so glaube ich, dass selbst die beschränktesten Menschen, wenn es soweit kommen sollte, es vorziehen würden, das Wasser ausschliesslich zum Trinken zu benutzen. Zweitens ist es ein sehr zweifelhaftes Vergnügen, sich bei einer Temperatur zu wa- schen, in der das Waschwasser gefriert, falls es einige Mi- nuten steht, in der die Finger steif frieren, ehe sie aus dem Waschbecken an das Gesicht gelangen, und in der das Ge- sicht ebenso friert, sobald es mit dem Wasser in Berührung kommt. Ich glaube, es giebt nicht viele Menschen, die unter solchen Umständen et- was Anderes als eine theoretische Beredtsamkeit für die Reinlichkeit übrig haben. Es würde vielleicht einen guten Eindruck machen, wenn wir anstandshalber sagen wollten, dass es uns sehr schwer geworden sei, uns während einer so langen Zeit nieht waschen und unsere Kleider nicht wechseln zu können, leider aber schulden wir es der Wahrheit, zu gestehen, dass wir uns ganz ausserordent- lich wohl dabei fühlten. Ueber den Verlauf der Reise über das Inlandeis enthält der Nansen’sche Berieht dasWesentlichste. Die Reise wurde zurückgelegt, indem die6 Männer theils auf breiten Indianer-, theils auf schmalen, langen norwegischen Schneeschuhen Figur 3. Am sehwierigsten war der Auf- und Abstieg auf und vom Inlandeise. Die starke Stei- gung und die unglaubliche Zer- klüftung des Eises erschwer- ten zusammen mit der schwe- ren Schlittenlast diese beiden Theile der Reise auf das Aeusserste. Die grössten Ge- fahren drohten von den meist nicht breiten, aber langen und ungeheuer tiefen Spalten. Wa- ren sie offen, so konnten sie um- gangenoder unter Anwendung der nöthigen Vorsichtsmass- regeln aufvereinzelten Schnee- brücken kriechend überschrit- ten werden (Fig. ). Waren sie aber, wie in den höheren Thei- len des Inlandeises allgemein, unter einer dichten Schnee- decke verborgen, so musste Jeder Sehritt mit den Stöcken vorsichtig untersucht werden. Die Gefahr für das Leben bei dem Durchbrechen in solche Spalten (Fig. 7) wurde dadurch gemindert, dass die ein- zelnen mit einander an den gefährlichen Stellen durch Strieke verbunden waren. Doch gerieth Nansen auch in eine solche Spalte, als er auf Reeognoseirung und von seinen Begleitern weit entfernt war. Dazu kamen als erschwerender Moment die über 2m langen Schneeschuhe an seinen Füssen, die das Herausklettern aus der engen Eisspalte zu einemschwierigen Werke machten (Fig. 6). Aber alle diese Schwierigkeiten wurden überwunden und zurunsäglichen Freude der Lappen, die die Eiswüste schon längst für unendlich hielten, tauchte Nt4 al Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 105 im Westen Land auf und nur wenige von der Stelle ent- fernt, an der Nansen zu „landen“ gedacht hatte, erreichte er die ersehnte Küste. Aber noch immer hatte der Muth der Männer eine harte Probe zu be- stehen, denn nun galt es, zu Wasser die nächste An- siedlung von Europäern, Godthaab, zu erreichen und sie hatten kein Boot. In wahrhaft ge- nialer Weise wurde aus dem Stoffe des wasser- diehten Zel- tes mit Hülfe von Weiden- gestrüpp und Bambus -Stä- ben eine Art kurzen, brei- ten Troges gebildet, der mit eigen- artigen Ru- dern, gega- belten und mit Segel- tuch überzo- genen, an Bambus-Stäbe gebundenen Weidenzweigen, vorwärts bewegt wurde. Auf dieser lebensgefährlichen Einrichtung trat Nansen die Fahrt an mit nur einem Begleiter und kam nach mehreren Tagen glücklich in Godthaab (Figur 9) an. Das Nansen’sche Werk ist mit frischem, prächtigem Humor geschrieben und ent- hält eine Fülle von histo- rischen, geographischen, eth- nographischen und anderen Angaben. Die kurzen Mit- theilungen daraus sollen nur Veranlassung geben, dass möglichst Viele durch eigenes Studium des Werkes sich den gleichen Genuss verschaffen, wie Schreiber dieses. K. Keilhack. Die wissenschaftlichen Er- gebnisse der Nansen’schen Expedition. *) Durch die Nansen’sche Expedition ist es endlich bewiesen, dass das Inlandeis sich jedenfalls in dem be- reisten Theil Grönlands als eine zusammenhängende un- unterbrochene Decke über das Land von Küste zu Küste ausbreitet. Daraus können wir aber auch schliessen, dass dasselbe der Fall mit dem ganzen Inneren Grön- lands südlich des 75. Breitengrades sein muss; denn es *) Nach. einem Vortrage Nansen’s in der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin am 8. November 1890. — Vergl. Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin Bd. XVII, No. 8 u. 9. Figur 4. kann nur angenommen werden, dass hier überall un- gefähr dieselben atmosphärischen Verhältnisse obwalten. Wir können mit ziemlich grosser Bestimmtheit behaupten, dass es keine Inneren dieses Landesgiebt, ‚obwohl im- merhin ein- zelne Felsen- gipfel über die Schnee- decke hinaus- ragenmögen. Der Erfah- rung der Rei- senden nach scheint aber auch dies nicht wahr- scheinlich zu sein. Wie weit das Grönlän- dische In- landeis sich gegen Nor- den hin er- streekt, ist jetzt noch un- möglichzube- stimmen; nur so viel ist gewiss, dass es weiter ge- hen muss als bis zum 75. Breitengrad, da, entlang der ganzen Westküste bis an diese Breite mächtige Gletscher sich in’s Meer ergiessen. Ja, bei Upernivik befindet sich sogar ein gewaltiger Gletscher, der eine Bewegung bis zu 99 Fuss (ca. 31 Meter) in 24 Stunden hat. Solehe Gletscher müssen nothwendiger Weise von einer ununterbrochenen ste- tigen Eisdecke im Inneren des Landes kommen, sonst könnten sie nicht Material genug für ihre enorme Eis- production erhalten. Esmuss ja jetzt für Alle, welche die neueren Forschungen über Gletscher verfolgt haben, klar sein, dass es die Mäch- tigkeit der inneren Glet- schermasse oder der inneren Schnee- und Eisreservoirs, von welchen die Gletscher ihr Material erhalten, ist, welche die Grösse und schnelle Bewegung der Glet- scher hauptsächlich bedingt, und nicht die Schrägheit der Unterlage, so wie es von einigen Geologen und besonders solchen, welche nur die kleinen Gletscher der Alpen studirt haben, noch behauptet wird. Es verhält sich dagegen so, dass die kleineren Gletscher einen stärkeren Fall haben, als die grossen. Ob das Inlandeis auch nördlich von dem 75. Breiten- grad sich über das ganze Land ausbreitet, kann noch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Wir kennen zwar bedeutend nördlicher, unterm S0° n. Br., jenen enormen schneelosen Oasen im 106 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. Gletscher, welcher Humboldt-Gletscher genannt wird. | westlich und folglich mehr perpendikulär auf die Längs- Leider ist jedoch unsere genauere Kenntniss von dem- | achse des Landes ging, ist es ja natürlich, dass zuerst selben noch mangelhaft; soviel wir wissen, ist seine Be- | ein verhältnissmässig stärkeres Steigen als später gefunden wegung nicht bedeutend - werden musste. Wir kön- und sein Steigen gegen nen daraus folglich schlies- das Innere ziemlich stark. sen, dass der höchste Punkt Daher brauchen wir also des Eises in der Wirklich- nicht anzunehmen, dass er keit der Mitte des Landes durch eine grosse innere näher liegt, als es der Eismasse ernährt wird. Da Route nach aussieht. Wer- ferner Grinnells-Land, wel- den die Unregelmässig- ches diesem Theile Grön- keiten des Profils, welehe lands gegenüber liegt, nieht von diesen Verhältnissen, vollständig von Eis bedeckt wie auch von den Curs- ist, so besteht ja eine veränderungen der Route Möglichkeit, dass dasselbe herzuleiten sind, so gut auch hier der Fall ist; der wie möglich entfernt, dann Niederschlag ist vielleicht zeigt es sich, dass die zu unbedeutend, um eine Peripherie der Eisdecke grosse Eisdecke zu bilden. in einem Querschnitt des Von besonderem Inter- Landes perpendikulär auf esse ist die äussere Form der die Längsachse derselben Eisdecke. Die beigefügte eine beinahe genaue ma- Profilskizze, Fig. 10, welehe thematische Curve bildet, einen Querschnitt des Lan- welche ziemlich nahe mit des die Nansen’sche Route einem Theile einer Kreis- entlang darstellt, giebt peripherie zusammenfällt. eine Vorstellung von der Wenn wir die sphärische ganz merkwürdig regel- Form der Erde nicht be- mässigen Weise, in welcher achten und uns Grönland sich das Land von der auf einen flachen Plan ge- einen Küste bis zu der legt denken, dann beträgt anderen wölbt. Der höchste der Radius dieser Kreis- erreichte Punkt war un- peripherie ungefähr 10 400 gsefähr 2715 m. Nördlich Kilometer. Hauptsächlich von der Route stieg aber nur: in der Nähe der die Schneefläche an und Küsten fällt die Oberfläche dort wird man wahr- des Eises mit der Kreis- scheinlich noch grössere Figur 6. peripherie nicht zusammen, Höhen erreichen können. indem sie etwas schroffer Wie die Profilzeichnung zeigt, ist das Steigen der | in's Meer hinabgeht. Von Interesse kann es vielleicht Eisoberfläche in der Nähe der Küsten verhältnissmässig | sein, mit diesem Resultat der Expedition die Höhen- stark, während es sich gegen das Innere allmählich | verhältnisse der anderen bekannten Theile des In- vermindert. Ferner ist landeises zu vergleichen. das Steigen verhältniss- Im südlichen Grönland mässig stärker auf der Ostseite des Landes, als auf der Westseite. Den höchsten Punkt erreichte die Expedition ungefähr 150 Kilometer von der Ostküste und 270 Kilo- meter von der Westküste. Demnach scheint es, als wenn der höchste Theil des Eises der Ostküste be- deutend näher, als der Westküste liegt. Hier muss aber zweierlei berücksich- gefähr 8950 Kilometer hin, tigt werden. Erstens, dass — wenn die sphärische die Route nichtfquer, son- Form der Erde nicht in dern schräg über die Längsachse des Landes ging, wenn | Betracht gezogen wird. Im nördlichen Grönland ist diese der Mitte der Landesbreite entlang gelegt wird; und | Nordenskjöld’s letzte Expedition auf 681/,° n. Br. von zweitens, dass das Innere des Landes gegen Norden steigt. | besonderem Interesse. Seine Route fällt, soweit er selbst Da die Expedition sich im Anfang mehr nördlich als | kam, ganz überraschend gut mit einem Theil einer Kreis- später hielt*), und ausserdem einen Curs hatte, der nord- | peripherie zusammen, deren Radius jedoch sehr gross ist, ungefähr 23 400 Kilometer. Peary’s Route auf 69'/,° n. Br. *) Bezüglich der Route der Expedition s. die schon citirte ist zwar schr unsenau beschrieben, ‚un Inneren scheint Karte in der „Naturw. Wochenschr.“ IV, 8. 289. sie aber auch ziemlich genau mit einem Theile einer sind in dieser Beziehung von anderer Seite Unter- suchungen von Bedeutung unternommen worden. Zwi- schen 62° 40° und 62° 50/ nördlicher Breite hat die dänische Expedition unter Captain Jensen eine Eis- wanderungausgeführt. Das Steigen auf der Route dieser Expedition deutet auf eine Kreisperipherie mit einem Radius von un- Figur 78 2 Nr. 11. Naturwissenschaftliche. Wochenschrift. 107 ans ee , sännmäänuääsrrrrr tm Kreisperipherie, und zwar desselben Radius wie bei | Westküste liegen, sowie auch der Höhenrücken der Eis- Nordenskjöld zuzammenzufallen. deeke auf dieselbe Stelle kommen muss, also zwischen Als Resultat dieser Zusammenstellungen ergiebt sich, | die Mitte des Landes und die Wasserscheide des dass die Oberfläche des In- unterliegenden Landes. landeises sich in einer merk- Dass jedenfalls der würdig regelmässigen Weise als eine Öylinderfläche von der einen Küste bis zu der anderen wölbt. Der Radius dieses Cylinders ist jedoch sehr verschieden an den ver- schiedenen Stellen, indem er sich von Süden gegen Norden vergrössert. Was kann nun diese auffallende Form der Eis- decke bedingen? Dass sie jedenfalls in gewissem Grade von dem unterliegenden Lande unabhängig ist, kön- nen wir mit Sicherheit be- haupten. Niemand wird mählich und ziemlich regel- glauben, dass die Oberfläche mässig nach beiden Seiten des Landes solch eine regel- Figur 8. abnehmen,und daher müssen mässige Gestaltung wie die wir die Oberfläche der Eis- Oberfläche des Eises besitzen sollte. Man muss vielmehr | decke regelmässig gewölbt zu finden erwarten, so wie annehmen, dass Grönland aus Gebirgen und Thälern wie | wir sie wirklich gefunden haben. Höhenrücken oder, wenn man sich so ausdrücken kann, die Bewegungsscheide des skandinavischen Inland- eises nicht über der Wasser- scheide des Landes gelegen hat, scheint jetzt völlig be- wiesen zu sein; sie muss, wenigstens während der spätesten Eiszeit, bis 160 Kilometer mehr südöstlich gelegen haben. Von dieser Bewegungsscheide oder die- sem Punkte des grössten Widerstandes muss der Be- wegungswiderstand ganz all- z. B. Norwegen besteht, denn seine Küsten sind sehr | Das Schmelzen der Eisdecke an der Unterseite zerrissen, ja vielleicht noch (vergl. weiter hinten) hat mehr als die Westküste Nor- 7) 1 TRETEN DESERE ohne Zweifel auch dazu bei- wegens. Die regelmässige 3 getragen, dass die Schnee- Oberfläche des Eises muss fläche sich gegen das Innere dagegen den Gedanken dar- wölbt, indem es der Eis- auf hinleiten, dass ein an- decke da am dieksten zu derer Factor von einfacherer, werden gestattet, wo die mathematischer Natur auf Temperatur der Oberfläche dieselbe Einfluss hat. Dieser am geringsten ist, Factor ist, glaubt Nansen, Die Aenderungen des der Druck. Es muss nämlich Niederschlags auf den ver- daran erinnert werden, dass schiedenen Stellen werden die Eisdecke eine plastische ja auch einigen Einfluss auf Masse ist, die in Bewegung die Form der Oberfläche nach auswärts gegen die ausüben, was jedoch wohl Küsten zustrebt. Da, wo von weniger Bedeutung ist. der Widerstand gegen diese Wie diek ist die Bewegung am grössten ist, Eisdeeke Grönlands? muss man auch erwarten, : 2 Diese Frage wird immer dass die Oberfläche der Eis- Figur 9. sehr schwer zu beantworten masse das höchste Niveau sein, weil die Messung des einnimmt. Dieser Widerstand ist aber nothwendiger | Eises mit ungeheueren Schwierigkeiten verbunden ist. Weise an irgend einem Punkt in der Mitte des Landes | Es ist aber schon gesagt worden, dass Grönland wahr- am grössten. Die Lage dieses Punktes muss indessen | scheinlich einem Lande wie Norwegen etwa ähnlich ist, zum Theil von den insofern es seine Ge- grösseren Uneben- 2800 birgs- und Höhen- heiten der Unterlage 2000 verhältnisse betrifft. bedingt ‚werden, in- W 1200 Denken wir uns jetzt, dem dieselben den Se dass Norwegen unter Widerstand vergrös- Tan ET: einer ähnlichen Eis- sern oder vermindern { decke wie Grönland können. Wenn wir Eluursid: begraben wäre, dann z. B. annehmen, dass Verhältniss der Höhe zur Länge — 20:1. würden wir finden, der Höhen-Rücken dass der höchste oder die Wasserscheide des unterliegenden Landes in | Berggipfel „Galhöpiggen* 25—60 m im Schneemeer ver- der Nähe der Ostküste liegt, dann muss ja der Wider- | schwinden würde, wenn er inder Nähe des Höhenrückens stand gegen die Bewegung der Eismasse auf dieser Seite | der Eisdecke zu liegen käme. Ueber Stellen wie Fille- des Landes grösser als auf der anderen Seite sein. Die | fjeld und Hardangervidden (in den Gebirgen) würde die Eismasse muss ja hier zum Theil steigen, um nach der | Eisdecke 4000 bis 5000 Fuss (1300—1600 m), über den Küste zu gelangen — und der Punkt des grössten Wider- | Thälern z. B. Valders, Hallingdal, Gulbrandsdalen ete. standes muss folglich der Ostküste etwas näher als der | würde sie mindestens 6000 bis 7000 Fuss (1900—2200 m) 108 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. diek sein, und auf anderen Stellen, wie über den Seen Mjösen und Randsfort, noch viel dieker. In Grönland muss dies in ähnlicher Weise der Fall sein; und selbst wenn wir annehmen, dass Grönland etwas höher als Nor- wegen ist, so können seine Thäler durchschnittlich kaum mehr als 2000—3000 Fuss (600—1000 m) über dem Meere liegen. Ueber diesen Thälern erhalten wir dann noch immer eine Dicke der Eisdecke von 5000—6000 Fuss (1700—2000 m), während sie ja auf anderen Stellen etwas minder stark sein kann. Wir können hieraus er- sehen, dass die Eisdecke Grönlands eine nicht unbedeutende Dieke besitzen muss. Der Druck eines Gletschers von 6000 Fuss auf die Unterlage kann nicht minder als 160 Atmosphären be- tragen, und wenn eine solche Masse sich über den Grund bewegt, ist die Annahme wohl berechtigt, dass sie einen starken ausgrabenden Einfluss auf denselben ausüben muss. In dieser Beziehung wird der Gletscher wahr- scheinlich auch durch das Wasser und die Flüsse, die sich auf seiner Unterseite gebildet haben, unterstützt. In diesem Zusammenhange erscheint es von Interesse, darauf ‘aufmerksam zu machen, dass die Eisdecke Grön- lands einst, als sie sich über das ganze Land und auch über die Küsten erstreckte, noch viel stärker gewesen ist, und dass folglich damals der erodirende Einfluss auch viel kräftiger war, als jetzt. Die Beschaffenheit der Oberfläche des Inland- eises betreffend, hebt Nansen zunächst hervor, dass die Ex- pedition da beinahe keine Flüsse gefunden hat, und ferner, dass in einem verhältnissmässig kleinen Abstande von den Küsten die Oberfläche aus feinem trockenen Schnee besteht, auf welchem die Sonne nur in der Mitte des Sommers dünne Eiskrusten zu bilden im Stande ist. Aus solehem trockenen Schnee mit dünnen Eiskrusten in bestimmten Schiehten besteht die ganze Oberfläche des inneren Inlandeises. Unsere 2 m langen Stäbe konnten wir hineinstecken, ohne festes Eis zu finden. Die Temperatur, die die Expedition im Innern gefunden hat, ist für die Meteorologie von besonderem Interesse. Einige Nächte hatte sie ungefähr — 45° C., und die Mitteltemperatur im September betrug ca. — 30 bis 34° C. Dies ist mindestens 20° niedriger, als man den meteorologischen Gesetzen nach erwarten sollte. Selbst auf die Meeresoberfläche redueirt, ist diese Tempe- ratur wohl die niedrigste, welehe auf der Erde im Monat September beobachtet wurde. Es scheint also, dass im Innern Grönlands, wie Prof. Mohn sagt, der zweite Kältepol der nördlichen Halbkugel liegt. Ferner verdient noch besondere Erwähnung die grosse tägliche Schwankung zwischen den Tag- und Nachttemperaturen. Im Innern des Landes betrug diese 20 bis 25°; in den kältesten Nächten fanden sich unge- fähr — 40 bis 45°, während es bei Tage — 15 bis 20° war. Die jährliche Amplitude muss auch in diesen Gegenden erstaunlich gross sein. Zur Messung der niedrigsten Temperatur im Winter fehlen noch die Mittel. — Die Feuchtigkeit der Luft über dem Inlandeise war beträchtlich, es wurden mit wenigen Ausnahmen zwischen 90 und 100 %, gefunden. Ebenfalls war der Nieder- schlag verhältnissmässig gross; während der 40 Tage, solange die Riswanderung dauerte, waren 4 Tage Re- gen, 1 Tag Hagel und 11 Tage Schnee. Letzterer fiel im Innern wie feiner Staub oder Eisnadeln, ja von diesen fiel beinahe an jedem Tage ein wenig, wobei die Luft halb durchsichtig blieb, sodass durch sie die Sonne sogar gesehen werden konnte, und wobei sich immer Ringe um die Sonne und auch Nebensonnen bildeten. Wenn man sich vorstellt, dass es kein Schmelzen auf der Oberfläche des Eises im ganzen Innern giebt, und dass beinahe keine Verdampfung an der Oberfläche entstehen kann, weil die Luft zu kalt und feucht ist, dann muss die Frage nahe liegen, wodurch wird das Wachsen der Eisdecke verhindert; denn dass sie wächst, kann man nicht annehmen. Nansen glaubt, dass hier erstens die schon erwähnte Bewegung der Eismasse gegen die Küsten von Bedeutung ist, aber ausserdem kommt noch ein anderer Factor in Betracht: die Wärme der Erde. Dieselbe muss nämlich ein Schmelzen der Eismasse auf deren Unterseite hervorrufen. Darüber herrscht kein Zweifel, dass, wenn man in die Tiefe der Eismasse ein- dringt, ein Steigen der Temperatur stattfinden, und dass in einer bestimmten Tiefe die Temperatur bis zum Schmelzpunkte des Eises gestiegen sein muss. Nimmt man an, dass das Steigen der Temperatur in der Eis- decke dasselbe wie in der gewöhnlichen Erdkruste ist, und ferner, dass die jährliche Oberflächentemperatur der Eisdecke im Innern — 30° ist, dann ergiebt sich, dass die Temperatur des Eises schon in einer Tiefe von ca. 3000 Fuss beim Schmelzpunkte angelangt ist. Hier- bei setzt Nansen voraus, dass das Steigen einen Grad auf 100 Fuss beträgt,. was ja immerhin noch sehr un- sicher ist. Es wurde schon vorher erwähnt, dass die Eisdecke Grönlands an vielen Stellen 5000 bis 6000 Fuss dick sein muss; demzufolge können wir annehmen, dass jedenfalls in dieser Tiefe ein lebhaftes Schmelzen statt- finden muss. Das Wasser, das in dieser Weise gebildet wird, muss sich Abfluss nach den Küsten verschaffen ; und dies geschieht natürlich in der Weise, dass es Canäle auf der Unterseite des Eises bildet, durch welche es sich als Flüsse unter dem Eise Sommer wie Winter in’s Meer hinaus ergiesst. Nansen hat selbst Gelegenheit gehabt, solehe Flüsse im strengen grönländischen Winter zu beobachten. Diese Flüsse, die unter dem enormen Druck der Eismassen fliessen und ausserdem durch hydraulischen Druck unter der Eisdecke vorwärts gepresst werden, müssen auch eine grosse erodirende Thätigkeit ausüben und haben jedenfalls zu der Erosion des Eises während der früheren Eiszeit in Europa, sowie jetzt in Grön- land viel beigetragen. Nansen glaubt, ‚dass durch diese Erscheinung sich auch das Bilden der „Asar* in Schwe- den oder der „Kames“ in Schottland, England und Irland, sowie in Amerika sehr leicht erklären lässt. Zum Schluss noch einiges über den Luftdruck. Gewöhnlieh scheint ein sehr hoher Luftdruck über dem ganzen Innern Grönlands zu ruhen, daher wehen die Winde nach der Küste zu. Das Hochplateau des Innern scheint das Bilden von barometrischen Maxima oder Anticyklonen zu begünstigen; selten passiren barometrische Minima das Innere des Landes. Doch haben wir mehrfach beobachtet, dass das Innere Grönlands von Minima in der Baffinsbay, Davis- strasse und Dänemarkstrasse beeinflusst werden kann. Nur in einem Falle haben wir beobachten können, wie ein Luftdruck-Minimum wirklich den Höhenrücken passirte, indem nämlich am 8. September ein Sturmeentrum über uns hinging. Nach dem, was Nansen von Professor Mohn mitge- theilt worden ist, muss es ein secundäres Minimum gewesen sein, welches sich von einem Hauptminimum, dass sich einige Tage früher über der Baffinsbay befand, losgemacht hat. Nr..ıld: Ueber Versuche mit dem Koch’schen Heilmittel bei tuberkulösen Rindern liegen bisher vier Berichte vor, die sämmtlich gleich günstig lauten. Es hat sich ergeben, dass die Angaben Koch’s über die Wirkung seines Mittels auch. beim tuberkulösen Rindyieh ihre volle Bestätigung finden, vor Allem die diagnostische Verwerthbarkeit des Mittels. Als Erster hat die dies- bezüglichen Versuche W. Guttmann, Docent am Veterinär- institut in Dorpat, gemacht. Er injieirte drei zweifellos tuberkulösen Kühen, die er als solche schon während ihres Lebens erkannt hatte, Koch’sche Lymphe ein und stellte fest, dass bei sämmtlichen Thieren etwa elf Stunden nach der Impfung Fieber auftrat. Die Reaction und die Dauer derselben entsprach der Menge des in- Jieirten Stoffes. Die Temperaturen erreichten eine Höhe von 40° C. (nach 0,1 auf 3 cem Wasser), 40,5° ©. (nach 0,2 eem) und 41,7° C. (mach 0,3 eem) bei den drei ver- schiedenen Impfthieren. Zwei gesunde Controllrinder erhielten je 0,13 cem des Mittels, ohne die geringste Temperatursteigerung zu zeigen. 24 Stunden nach der Injeetion wurden diese Controllthiere geschlachtet, und bei der Obduction alle Organe gesund befunden. Aus diesen Versuchen schliesst Guttmann, dass die Koch’sche Flüssigkeit ein ausgezeichnet diagnostisches Mittel bei der Tuberkulose des Rindes ist und als solches der Ve- terinärmediein und der Landwirthschaft von dem grössten Werthe sein wird. — Die zweite Nachricht über die Impfung von Kühen mit Koch’scher Lymphe bringt Thierarzt Delvos aus Gladbach in der „Berl. Thierärztl. Wehsehr.“ Eine tuberkuloseverdächtige Kuh erhielt eine Einspritzung von 0,2 cem Lymphe in 4 ccm Wasser. Nach 15 Stunden war die Körpertemperatur von 50,4° C. auf 39,5° C. gestiegen und fiel nachdem wieder ab. Eine Probekuh zeigte nach der Injection derselben Lymphmenge keine Schwankungen der Temperatur. — Die dritte Mittheilung rührt vom Thierarzt Dr. Stricker in Köln her. Er spritzte vier der Tuberkulose verdächtigen Kühe, von denen eine in der Folge geschlachtet und tuberkulös befunden wurde, je 0,1 eem des Koch’sehen Mittels ein und erzielte bei einer derselben nach 7, bei den übrigen nach etwa 9 Stunden ausgesprochene fieber- hafte Reactionserscheinungen. — Der neueste Bericht schliesslich kommt aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, wo Prof. Dr. Schütz, der Reetor der König]. Thierarzneischule, und Regierungsrath Roeckl die bezüg- lichen Versuche anstellten. Die Ergebnisse derselben waren, dass bei zwei tuberkulösen Kühen, bei denen die Diagnose auf Tuberkulose durch die nachherige Seetion bestätigt wurde, elf Stunden nach einer Einspritzung von je 0,5 eem des Koch’schen Mittels eine deutlich fieber- hafte Reaction auftrat, die elf Stunden anhielt. Bei beiden Thieren fand sich auch eine Vergrösserung der Milz. Als Controllthier diente eine gesunde Ferse, bei der keine Reaction eintrat. Das Koch’sche Mittel scheint sonach die Aussicht zu bieten, die bisher so schwierige Diagnose der Tuberkulose bei lebenden Rindern zu er- möglichen, wodurch die wirksame Bekämpfung dieser Krankheit wesentlich erleichtert wird. Dr. med. A. — Ein neuer Bürger der deutschen Thierwelt ist die langflügelige Fledermaus, Miniopterus Schreibersii Natteres. Sie wurde bei Alt-Breisach am östl. Rheinufer gesammelt. Ueber diesen Fund berichten F. Hilgen- dorf (Sitzungs-Berichte der Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin, 17. Juni 1890 S. 114.) und E. Ballowitz („Zool. Anz.“ 1890 S. 531). Wie ersterer zusammenstellt, wurden bisher als europäische Fundorte dieses Thieres das Banat, das mittlere Italien, Triest, Dalmatien, St. Pölten bei Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 109 Wien, Grotte de Motiers im Jura am Neuenburger See, Bourg westl. von Genf, Besangon und Chur genamnt. Der Sammler berichtete ferner dem letztgenannten Verfasser, dass an dem genannten Orte sich die langflügelige Fleder- maus seit Jahren bereits während des Sommers und Winters aufhält. Ballowitz knüpft an seine Mittheilung „einige Be- merkungen über die Fortpflanzung deutscher Chiropteren“, die gleichfalls Interesse beanspruchen. Pagenstecher beob- achtete zuerst, dass im Januar die Gebärmutter der Zwergfledermaus wohl Sperma enthielt, dass die Ovu- lation aber noch nicht stattgefunden hatte. Van Beneden fand sodann, dass bei der gemeinen, der Bart-, Wasser- und Teichfledermaus die Begattung schon im November stattfindet, sich aber, wie beim Reh, die Eier erst im folgenden Frühjahr entwickeln. Benecke dagegen stellte fest, dass bei den Zwerg- und Öhrenfledermäusen die Be- fruchtung mit dem im Herbst aufgenommenen Sperma erst beim Erwachen aus dem Winterschlaf stattfindet. Dasselbe fand Eimer bei der Zwerg- und Speekmaus, und zu demselben Ergebniss kam Fries für zahlreiche Arten, unter denen sich auch von van Beneden untersuchte fanden. Letztgenannter stellte auch fest dass die Samen- wege der Männchen während des ganzen Winters und Frühjahrs mit lebenskräftigem Sperma erfüllt bleiben. Ballowitz’ Beobachtungen an der Zwerg- und Speck- maus bestätigen die Fries’schen, so dass er meint, dass auch während der Unterbreehungen des Winterschlafes Begattungen stattfinden. Bei der grossen Hufeisennase und der oben genannten langflügeligen Fledermaus aber konnte Ballowitz während des Winters kein Sperma im Uterus entdecken, und auch gemeine Fledermäuse aus Cöln liessen im September noch keine Anzeichen von Brunst sehen. Es ergiebt sich daraus, dass die Fort- pflanzungsverhältnisse sich bei den verschiedenen deutschen Fledermäusen, vielleicht auch bei derselben Art, je nach dem südlieheren oder nördlicheren Vorkommen verschieden gestalten. DrAChM. Wolkennamen und Wolkenphotographie. — I. Ge- naueste Beobachtung der Wolken nach Form und Zug in Verbindung mit der durch unsere Wetterkarten vermittelten Uebersicht der Bewegungsvorgänge in der Atmosphäre sind zweifelsohne von grösster Bedeutung für die weitere Ausbildung der praktischen Meteorologie. Für den bisher wunden Punkt der Bezeichnung der Wolkenformen besitzen wir nun in der von Abereromby und Hildebrandsson vorgeschlagenen Eintheilung ein System, welches, von einigen untergeordneten Punkten abgesehen, allen Anforderungen zu entsprechen scheint und deshalb in Bälde allgemein angenommen werden dürfte, Die Grundformen desselben sind für den Fachmann entweder aus Abereromby’s Instructions for observing Clouds (1 sh. 6 d), London 1888 — oder aus Hildebrandsson, Köppen und Neumayer's Wolkenatlas (12 Mk.), Hamburg 1590, zu ersehen. Für die grosse Zahl der Beobachter und Natur- freunde sind Abereromby’s so glücklich ausgewählte Photographien zu klein; die Aquarelle des H.-K,-N.'schen Wolkenatlas zu kostspielig, die demselben beigegebenen Lichtdrucke aber nicht durchweg befriedigend. Einen Atlas der typischen Wolkenformen nach guten und sorgfältig ausgewählten Photographien und in bester Reproduetion (Kupferlichtdruck) zu einem mässigen Preise allen meteorologisehen Beobachtern in die Hand zu geben, erscheint deshalb immer noch als eine dankbare Aufgabe und zur Mitarbeit hieran gestattet sich der Unterzeichnete alle meteorologischen Institute, Amateur- und Berufs- photographen einzuladen. Voraussetzungen: 110 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr-lA. 1. Erwünseht ist zunächst nur Einsendung*) von Copien, nicht der Negative selbst. 2. Die wichtigen Wolkenformen sind unten (IT) ge- kennzeichnet; bei jeder Photographie ist genaue Angabe des Orts und der Zeit der Aufnahme, sowie der inne- gehabten Richtung (gegen N., O., S., W.) beizufügen. 3. Die schliessliche Auswahl wird dureh den Unter- zeichneten in Einvernahme mit den Herren Dr. Lang, Director, und Dr. Erk, Adjunet der k. b. meteorologischen Centralstation, sowie Herrn Dr. Fomm erfolgen. 4. Alle sich durch Einsendungen betheiligenden In- stitute sind berechtigt, beliebig viele Exemplare des Atlas zum .Selbstkostenpreis (etwa 55 Pf.) zu beziehen. 5. Für jede reprodueirte Photographie werden Ama- (teurs 10 Exemplare des Atlas. frei gewährt, beliebige weitere zum Selbstkostenpreis. Berufsphotographen wollen ihre Ansprüche zugleich mit der Einsendung angeben. Die zur schliessliehen Reproduetion nothwendigen Negative werden auf Wunsch zurückgesandt. 6. Die 12.ausgewählten Bilder werden auf die Grösse 7 cm Höhe, 10 em Breite redueirt und auf zwei Tafeln zu 30x24 cm gedruckt. 7. Der Wolkenatlas soll spätestens Juni 1891 erscheinen. Zur Photographie der feinsten Wolken (Cirren ete.) ist die Anwendung von Eosinplatten zu empfehlen: die weitere Einschaltung einer Gelbscheibe schwächt dagegen die Wirkung des Himmelsblau unnatürlich ab. Für die niedrigen und Haufen-Wolken geben die gewöhnlichen farbenempfindlichen Platten gute Resultate. Teape be- fürwortete jüngst (Phot. W.-Bl. 1890, S. 352) Moment- verschluss mit '/,, Sekunden-Exposition und langsame Ent- wicklung unter Zusatz von Bromkalium, um die Contraste zu verstärken. Teape wendet einen entsprechend zu- sammengesetzten Pyrogallusentwickler an, doch haben sich auch Hydrochinonentwickler gut bewährt. Beson- ders erwünscht ist die Aufnahme von eirro stratus, eirro cumulus, alto stratus und alto cumulus. II. Eintheilung der Wolken nach Höhe und Form. Im Anschluss an die Classification von Howard werden vier Grundformen unterschieden: eirrus (ei) Feder- wolke, eumulus (cu) Haufenwolke, stratus (str) Schiecht- wolke, nimbus (ni) Regenwolke. Dabei mag sogleich bemerkt werden, dass im Allgemeinen die getrennten bezw. geballten Formen vorwiegend trockenem, — die ausgebreiteten oder schleierartigen Formen dagegen regnerischem Wetter entsprechen. Nach der Höhe der Wolken theilt man ferner dieselben ein in: I. obere Wolken, im Mittel etwa 9000 m [ei, ei str und ei eu]. II. Mittlere Wolken, ungefähr 3000—6500 m [alto str und alto cum]. II. Untere Wolken, meist unter 2000 m [str eu, str, ni]; ausserdem IV. Wolken im aufsteigenden Luftstrom, zwischen 1400 und 5000 m [eu und cu ni]. Wir erhalten also, mit den höchsten beginnend, folgende 10 Hauptformen: I. 1. eirrus, Federwolke. Haarige, faserige oder federartige, zarte und weisse Wolken. 2. eirro stratus, Schleierwolke. Verfilzte, jedoch noch zarte und hohe, weissliche Wolkenschicht, häufig als zarter Schleier dem Himmel ein weissliches Ansehen verleihend. Leuchtende Ringe um Sonne und Mond. 3. eirro eumulus. Hohe, zarte Flöckehen von Wolken. Eine Modifieation derselben besteht an Stelle der Flöck- chen aus zarten, wie Seide glänzenden Bällehen, ohne Schatten, — als Schäfchen (eiel pommele, mackerel sky) *) Alle Sendungen unter der Adresse „Kel. Bayer. Meteoro- logische Centralstation“ in München erbeten. wohl bekannt. [Abereromby Fig. 3 ist erste, beide Ab- bildungen im H.-K.-N.’schen Wolken-Atlas sind zweite Art.] II. 4. alto stratus. Dichter Schleier von grauer oder bläulicher Farbe, welcher in der Gegend der Sonne oder des Mondes einen helleren Fleck, aber keine Lichtringe darbietet. 5. alto eumulus, grobe Schäfchen. Grössere, weiss- graue Bällchen mit schattigen Theilen, in Herden gruppirt, häufig so dicht, dass ihre Ränder zusammenfliessen. 1I1. 6. strato cumulus. Uebergangsformen zwischen Haufen- und Schichtwolken, zwei wesentlich verschiedene Gattungen umfassend: a) grosse Massen grauer oder dunkler Wolken mit weichen Rändern. Häufig bedecken dieselben im Winter des nördlichen Europas den ganzen Himmel. b) Wolkenschichten, welche zu massiv und un- regelmässig geformt, um als stratus bezeichnet zu werden. [Beide Abbildungen im H.-K.-N.’schen Wolken-Atlas stellen Gattung a, Abereromby Fig. 6 Gattung b dar.) 7. stratus, Schiehtwolke. Eine dünne, gleichmässige Wolkenschicht oder auch abgelöste Theile flacher, struetur- loser Wolken in geringer Höhe. (Die vielbesprochene, von Howard herrührende Definition des stratus als „gehobener Nebel“, welche sich auch in H.-K.-N.’s Wolkenatlas wiederfindet, dürfte am Besten ganz zu ver- lassen sein und wären solche Gebilde, welche im Gegen- satz zu den Condensationen in der freien Atmosphäre noch den Zusammenhang mit der Erdoberfläche erkennen lassen, als „Nebelballen“ zu bezeichnen.) 8. nimbus, Regenwolke. Dunkle, formlose Wolken mit zerrissenen Rändern, aus welchen (gewöhnlich an- haltender) Regen oder Schnee fällt. Tiefhängende Wolkenfetzen dieser Art können als fraetonimbus bezeichnet werden. IV. 9. eumulus, Haufenwolke. Dichte, geballte Wolke mit mehr oder minder scharfer Begrenzung und kräftigen Schatten. Ihre einfachsten Formen sind unten flach, oben aufquellend oder kuppelförmig. Besonders bei windigem Wetter unterliegen ihre Theile fortwährender Auflösung: zerrissene Haufenwolken: fracto eumulus. 10. eumulo nimbus, Gewitterwolke, Schauerwolke. Mächtige, aufgethürmte Wolken, häufig oben mit faserigem Schleier (falschen Cirren), unten düster mit nimbus- ähnlichen Wolkenmassen. Dieselben bringen meist kürzere starke Regen, Hagelfälle und Graupelschauer. Dr. K. Singer. Ueber die Erhaltung von Schneefeldern durch Staub und Detritus im Hochgebirge. — Auf einem Anberg des Serles oberhalb des Wallfahrtsklosters St. Maria Waldrast bei Innsbruck hatte ich mehrere Jahre. hindurch ein in sehr rauher Gegend befindliches etwa in der Höhe von 7500 bis 8000 Fuss belegenes graues Feld mit dem Krimstecher beobachtet, welches ich mir nicht erklären konnte, da es nicht wie Schnee aussah, Sandblössen dort überhaupt nieht, und an so schroffen Hängen auch keine Erdmassen vorkommen. Von dem „Kalkofenweg“ aus führte mich eine dreiviertelstün- dige Wanderung über Muhren, Schotterfelder und grosse Blöcke bis hart an den hier viele hundert Fuss fast senkrecht, zum Theil überhängend vorstrebenden Kalkfels zur Stelle. Zu meiner Ueberraschung bemerkte ich, dass es sich doch um ein sogar ziemlich ausgedehntes Schneefeld handele, dass mit feinem grauen Kalkstaub und Kalkfels- Detritus zollhoch bedeckt war. Darunter befand sich der reine festhackende Schnee. Unter demselben folgte wieder nur eine Schicht Staub und Detritus, dann wiederum Sehnee und so fort sich mehrfach wiederholend. Der Schnee musste Jahre alt sein und nur unvollkommen abscehmelzen. Nr. 11. Bei den furchtbaren Stürmen, welehe die Hochalpen auch hier zeitweise im Winter durchtoben, wird der feine vom Felsen abgewitterte Kalkstaub und der etwas gröbere Detritus selbigen Ursprungs auf den Schnee geweht, bleibt dort haften, friert oder backt etwas an und schützt nun den Schnee auch gegen die sommerliche Hitze, die ihn in dieser Höhe Ende Juli schmelzen würde. Es kommt neuer Schnee hinzu, ebenso neuer Staub und so wieder- holt sich der Vorgang mehrere Jahre hindurch. Organische Reste, todte Schneemäuse, Alpenhasen u. s. f., die in diese Lagen von Schnee, Staub und Detritus hineingerathen, erhalten sich vorzüglich, so selbst der wollige Pelz des Lepus alpinus. Es ist aber auch hier gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. ‚Diese Schnee- und Staubfelder widerstehen nur so lange dem Schmel- zungsprocess, als sie im Schatten bleiben, wachsen sie derartig an, dass sie von der Sonne andauernd und kräftig beschienen werden und tritt Föhnwind mit war- mem Regen dazu, so kann es kommen, dass sie über- raschend schnell fortschmelzen. Sie bilden dann einen zähen Brei, der sich bei genügend geneigter Unter- lage als ein Schlammstrom abwärts wälzt. Diese Vorgänge im Hochgebirge erinnern mich im Kleinen an die grossartigen perennirenden Schneemassen mit Staub- und Flugsand-Schichten, deren Bedeutung für das organische Leben der Vorzeit und Jetztzeit von Professor Dr. Nehring sowohl m dem Buch über die Tundren und Steppen, sowie in mehreren Auf- sätzen der „Naturw. Wochenschr.“ (z. B. Band V, 1890, S. 516 f.) so anschaulich und überzeugend geschildert sind. Von diesem Standpunkt aus schien es mir nicht ganz unwichtig, hier eine Parallele zwischen Hochgebirge und Ebene zu ziehen. E. Friedel. Das Dulong-Petit’sche Gesetz im Lichte der me- chanischen "Wärmetheorie. — Veranlassung zu der folgenden Betrachtung bietet mir die Abhandlung: „Das Dulong - Petit’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmelehre* von Friedrich Mann („Naturw. Wochen- schrift“ Bd. VI, Nr. 6). i Das Dulong - Petit'sche Gesetz, dem zu Folge (bei gleichem Gewichte) die Wärmecapaeitäten der Elemente, ihre speeifischen Wärmen also, sich umgekehrt ver- halten wie ihre speeifischen, d. h. ihre Atom- oder Ver- bindungsgewichte, besitzt, wie bekannt, nur dann volle Gültigkeit, wenn sich die Elemente im „idealen“ Gas- zustand befinden. Dass dieser luftförmig-füssige Zustand erst dann erreicht ist, wenn die’Gase dem Mariotte’schen und dem Gay-Lussae’schen Gesetze durchaus unterworfen sind, dürfen wir als bekannt voraussetzen. — Die Erklärung dieses Gesetzes ist bei Zugrunde- legung der mechanischen 'Wärmelehre ebenso einfach wie einleuchtend, wie nachfolgende Betrachtung lehrt: Wir greifen hier der Einfachheit halber als Beispiel den Wasserstoff und den Sauerstoff heraus, von denen der Wasserstoff das Verbindungsgewicht — 1 und die Wärmecapacität — 16 besitzt, während dem Sauerstoff das Verbindungsgewicht = 16 und die Wärmecapaeität — 1 zukommt. — Nach dem Avogadro’schen Gesetze, welches verlangt, dass in gleichen Volumina (idealer) Gase eine gleiche Anzahl von Molekülen vorhanden ist, ent- hält dieselbe Gewichtsmenge Wasserstoff 16mal so viele Moleküle als Sauerstoff, indem das letzte Gas 16 mal so schwer ist als der als Einheit angenommene Wasser- stoff. Soll daher jedes Molekül beider Gase gleichen Gewichtes (gleicher Masse) um dieselbe Temperatur- grösse vermehrt werden, oder sollen, was dasselbe sagt, beide (ungleiche) Gasvolumina um dieselbe Tem- Naturwissenschaftliehe Woehenschrift. 111 peratureinheit erhöht werden, so muss der Wasser- stoff, weil er 16mal so viele Moleküle als der Sauer- stoff besitzt, auch 16mal so viel Wärme empfangen. Das Atomgewicht des Wasserstoffs zu dem des Sauer- stoffs verhält sich also umgekehrt wie die speeifische Wärme des ersten Elementes zu der des letzteren. Die Verallgemeinerung dieses Falles führt selbst- verständlich zum Dulong-Petit’schen Gesetze. Dr. Eugen Dreher. Neue kleine Planeten. — Laut den Astronomischen Nachriehten sind innerhalb weniger Tage, nämlich am 11., 12. und 14. Februar, drei neue Planetoiden entdeckt worden und zwar je eins von Charlois in Nizza, Millosevich in Rom und Palisa in Wien. Ein am 14. November 1890 von Charlois in Nizza als Planet 298 beobachtetes Object hat sich ebenfalls als neu heraus- gestellt und die Nummer 302 erhalten. Die Gesammt- zahl der bekannten Asteroiden steigt damit auf 305. — Verschiedene von Dr. J. Palisa in Wien in der letzten Zeit entdeckte Planeten haben die folgenden Namen er- halten: 290 Bruna, 291 Alia, 292 Ludovica, 295 Theresia; unbenannt sind noch die Planeten 296—305, M, Neuer Nebel in den Plejaden. — Bei einer genauen Durehmusterung der Sterngruppe der Plejaden mit dem 36zölligen Refractor der Liek-Sternwarte, deren Haupt- zweck die direete Bestätigung von neuen Nebeln auf den photographischen Platten der Gebrüder Henry war, ist es Herrn Barnard, allerdings unter äusserst günstigen Verhältnissen, gelungen, nicht nur die meisten der genannten Objecte zu finden, sondern ausserdem noch einen neuen hellen, runden, kometenähnlichen Nebel von 30” Durchmesser in der Nähe des hellen Sterns Merope, dessen starkes Licht augenscheinlich die Aufnahme des Nebels auf die photographische Platte bei längerer Expositionszeit verhindern würde. M. Litteratur. Dr. Eugen Dreher, Drei psycho-physiologische Studien. Ver- lag des Reichs-Medieinal-Anzeigers. (B. Konegen.) Leipzig, 1891. In der vorliegenden Schrift behandelt der Verf. drei sehr ver- schiedenartige Gegenstände: den Darwinismus und die Urzeugung, die Natur des menschlichen Geistes und die Frage nach den physiologischen Grundfarben. l. Auf Grund kritischer Betrachtungen gelangt er in der ersten Abhandlung zu dem Schlusse, dass „die Entstehung des Urplasmas, welches sich nach Schleiden wahrscheinlich im Ur- meere vollzog, als dieses, unter hohem atmosphärischen Drucke stehend, noch mit vielen Stoffen geschwängert war, die es heute nicht mehr fassen kann, für uns ein Räthsel ist, zu dessen Lösung die moderne Naturwissenschaft keinen Schlüssel besitzt.“ Zwei Umstände sind es besonders, aus denen dies nach des Verfs. Ausführungen hervorgeht. Einmal sind unsere Anschauungen von dem Wesen der Materie und der Wirklichkeit ihrer Kräfte derart, dass uns gemäss ihnen die Mechanik des mit Entwicklung verbundenen Wachsthums und die der Fortpflanzung unbegreiflich ist. Zweitens nöthigt uns (nach Dr. Dreher’s An- sicht) die Desecendenzlehre zu der Annahme, dass das erste Lebe- wesen bereits eine gewisse Art des Bewusstseins besass; da aber das Bewusstsein auch dann nicht (materialistiseh) erklärt werden kann, wenn wir selbst jedem Atom Bewusstsein - zu- sprechen, so kann uns die Urzeugung niemals als ein (sogenannter! Jord.) natürlicher Vorgang verständlich werden. In dem, was der Verf. über die Darwin’sche Lehre sagt, finden sich viele interessante Bemerkungen; doch kann ich nicht verhehlen, dass andere — mir wenigstens — unverständlich erscheinen. So stellt der Verf. (S.26) die Thatsache, dass aus dem Todten Vernunftbegabtes hervorgeht, ohne weitere Erläuterung als Beweis dafür hin, dass die Darwin’sche Lehre zu ihrer Grundlage die Annahme eines die Organismen beherrschenden Zweckmässig- keitsprincips bedarf, „als dessen mittelbare Verzweigung der Verstand der Einzelwesen anzusehen ist.“ (?) Hier schweben dem Verf. (metaphysische) Vorstellungen vor, die ich nicht zu erfassen 112 vermag. Uebrigens wenn Dr. Dreher von der prästabilirten Har- monie der Natur auf einen geistigen Urheber der Weltordnung schliesst (S. 26), so trete ich ihm in dem Glauben an einen solchen, an emen Lenker des Weltgeschehens, bei. — aber aus anderen Gründen. Zu den treffenden Ausführungen des Verfs. gehört die Ab- weisung. eines Angriffes, den Henle auf den Darwinismus unter- nommen hat und der an den Kampf um’s Dasein anknüpft. Wenn Henle die Frage aufwirft, wie es käme, dass ein im ersten Hervorsprossen begriffenes Flügelpaar sich im Kampfe um’s Dasein weiter entwickelt hätte, da es doch nichts mehr leistete als ein in der letzten Verkümmerung begriffenes, so bemerkt Dr. Dreher dagegen vollkommen richtig, dass — wenn auch ein in der Herausbildung begriffenes Organ so lange nichts leistet, wie es für das Individuum durchaus nutzlos ist — es doch von dem Augenblicke an, wo es im Kampfe um's Dasem Werth gewinnt, dem Individuum zu Gute kommt und so die Aussicht steigert, dass es durch Vererbung verpflanzt und weiter entwickelt wird. — Es entscheidet eben die Zweckmässigkeit neu auftretender Organe nicht von vornherein über ihr Dasein und ihre weitere Ent- wicklung; sobald solehe Organe aber benutzt werden können und auf Grund ihres Vorhandenseins die sie besitzenden Thiere ver- änderte Lebensbedingungen aufsuchen, werden unter den letzteren diejenigen Individuen den Kampf um's Dasein am besten bestehen, bei denen sich die Organe am vollkommensten ausgebildet zeigen. Die erste Ursache der Variation wird — wie es vor Allen Nägeli für das Pflanzenreich behauptet hat — eime innere, dem Mikro- skop unzugängliche, also nach Ulriei's Ausspruch (naturwissen- schaftlich) „unbekannte“ (?!) sein, zu deren Wirksamkeit die Darwin’schen Factoren der Anpassung und des Kampfes um’s Dasein eine mehr oder minder erhebliche Beihülfe gewähren. Nach meiner Meinung ist diese „unbekannte“ Ursache in der Wirksamkeit der Gust. Jäger’schen „Lebensstoffe“ zu erblicken, die durch mehrfache Umstände noch vor der Geburt eines neuen Wesens eine gegen die Lebensstoffe der Eltern in gewissen Punkten veränderte Beschaffenheit erlangen. Einen andern Einwand Henles gegen die Richtigkeit der Dar- win’schen Lehre widerlegt Dr. Dreher gleichfalls treffend, aber — wie mir scheint — nicht vollständig genug. Henle fragt nämlich, wie nach ‘der Descendenztheorie ein augenloses Geschöpf, das nichts von Licht weiss, dazu kommen sollte, einen licehtempfinden- den Nerven zu gewinnen, oder wie ein beliebiger Nerv „durch Anpassung“ lichtempfindend werden könnte, wenn ihn die Sonne beschemt. Es sei hier der Anpassungsfaktor nicht stichhaltig, da das Auftreten der neuen Reaction die Sache eines Moments sei und man sich mit Millionen von Jahren nieht über die Schwierig- keiten hinweghelfen könnte. Dr. Dreher verweist dem gegen- über darauf, dass das Urnervensystem offenbar kein völlig gleich- artiges gewesen sei, so dass an besonders dazu geeigneten Stellen Sehorgane entstehen konnten, wenn die chemische und physika- lische Beschaffenheit der Stoffe dies ermöglichte. Des Genaueren möchte ich noch bemerken, dass doch folgendes denkbar ist: An gewissen Körperstellen traten in Folge der freien Variation solche Stoffe in soleher Anordnung auf, dass die durch sie hindurch- tretenden Aetherwellen den Nerven, auf den sie trafen, so er- regten, dass er diejenige neue Empfindung hervorrief, welche wir als Helligkeit oder als Farbe bezeichnen. — Dr. Dreher führt ‚ weiter aus, dass die Energie eines Sinnes mehrfach in die eines andern hineinspielt oder dass ein Sinn in den andern übergeht, wie es das Beispiel von Gehör und Tastsinn, Geschmack und Ge- ruch, Geschmack und Tastsinn u. s. w. zeigt. — Dass wir Men- schen trotz dieser letzteren Thatsache doch im Ganzen zwischen den einzelnen Sinnesenergien scharf unterscheiden, liegt weniger an den verschiedenen Nerven, auch nicht hauptsächlich an der verschiedenen Beschaffenheit der Sinnesorgane, welche die ver- schiedenen Körper- und Aetherbewegungen aufnehmen, sondern an dem Verhalten unseres Geistes (unserer Psyche) den verschie- denen Nachriehten gegenüber, die von den Sinnesorganen zu ihm gelangen, daran, wie er diese auffasst und zu Empfindungen umge- staltet. Zieht man dieses grundsätzliche und von Anfang her so bestanden habende Verhalten des Geistes in Betracht, so istes im Uebrigen gar nichts so ungeheuerlich Neues mehr, wenn ein- mal ein Nery von den Aetherschwingungen, die wir Licht nennen, erregt wird, während bis dahin auf die Nerven nur Massen-Be- wegungen der Körper oder etwa Bewegungen, welche wir Wärme nennen, eingewirkt hatten. 2. In der zweiten Abhandlung, welche „die Innervation mit Bezugnahme auf den Hypnotismus“ betitelt ist, tritt der Verfasser Inhalt: Dr. Fridtjof Nansen. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 11. im Wesentlichen für den Gedanken ein, dass unser Ich nicht un- mittelbar mit der Materie in. Wechselwirkung steht, sondern dass ein anderer Theil des Geistigen in uns den Verkehr mit dem Körper unterhält, die Rolle des Vermittlers zwischen dem Ich und der Materie spielt: das Unbewusste, das aber doch — trotz- dem ihm das einheitliche Tagesbewusstsein des Ichs fehlt — mit einer gewissen Art von Bewusstsein begabt ist. Den Grund dieses Unbewussten erblickt Dr. Dreher in der selbständigen Be- seelung der Nervenzellen, bezw. des Nervenplasmas. Dieser letzteren Vorstellung zuzustimmen, möchte ich doch Bedenken tragen, zumal der Verfasser sogar so weit geht (S. 74), die Zweck- mässigkeit, welche sich namentlich in der Organisation höherer Wesen offenbart, zum grossen Theil auf eine Plasmabeseelung zurückzuführen und diesen Begriff der Plasmabeseelung mit dem alten Begriff der Lebenskraft für identisch zu erklären. — Die Lebenskraft im alten Sinne ist nichts anderes als die eigenartige Bewegung der „Lebensstoffe“ ! Für das Vorhandensein des Unbewussten sind dem Verfasser nicht nur die Reflexbewegungen ein Beweis, insofern als sie beab- sichtigt erscheinen, ohne doch — wie die Experimente es zeigen — vom Ich angeregt zu werden; sondern auch die Thatsache, dass wir Licht, Farbe, Ton, Wärme, kurz alle Sinnesempfindungen auf eine Aussenwelt beziehen, wozu das Ich vermöge seiner rein geistigen Natur nicht fähig ist. — Sehr beachtenswerth er- scheint mir die Bemerkung des Verfassers (S. 53), dass die Sinnes- energien nicht, wie man heute irrthümlicher Weise vermuthet, allmählich im Laufe der Generationen erlernt worden und so als etwas durch Erfahrung Erworbenes, durch Vererbung Angeborenes auf uns gekommen sind. Es ist durchaus zuzugeben, dass — wie ich es schon vorher erwähnt habe — die Sinnesempfindungen an sich, in letzter Hinsicht und im ganzen Umfange nieht durch Erfahrung erworben sein können, weil sie der geistigen Wesensbeschaffen- heit in uns angehören, ja die letztere in erster Linie ausmachen; wohl aber ist es denkbar, dass sie bei unseren Vorfahren anders beschaffen waren, als sie es heute sind. Nebenbei will ich noch bemerken, dass — was Dr. Dreher nicht anzunehmen scheint — die Causalität eine geistige Fähigkeit ist, die jedem Einzelnen angeboren, im Laufe der Phylogenese aber von uns erworben worden ist. (Vergl. meinen Aufsatz im „Kosmos“, 1886, Heft 3 u. 5: „Wie ist heute Humes Theorie der Causalität zu beurtheilen ?“) 3. Was die dritte Abhandlung des Verfassers betrifft, so will ich nur das Ergebniss mittheilen, zu dem ihn seine Versuche und Schlüsse führen: Als physiologische Grundfarben haben wir nieht Roth, Grün und Violett, sondern Roth, Gelb und Blau an- zusehen. Es würde zu weit führen, wollten wir die Gründe hier- für angeben oder gar des näheren erörtern. Die Betrachtungen, die der Verfasser über die Farbenblindheit anstellt, sind be- achtenswerth.*) Dr. K. F. Jordan. Pagenstecher, A., Beiträge zur Lepidopteren-Fauna des malayi- schen Archipels. (VI) Ueber Schmetterlinge von Ost-Java. 1 M. Wiesbaden. Penard, E., Catalog der nackten und schalentragenden Rhizo- poden von Wiesbaden. 0,80 M. Wiesbaden. —.— Die Heliozoön der Umgegend von Wiesbaden. 2 M. Ebd. m. ipber einige neue oder wenig bekannte Protozo@n. 1,60 M. Ebd. f Prel, C. du, Experimentalpsychologie und Experimentalmetaphysik. 4 M. Leipzig. Rodler, A., u. K. A. Weithofer, Die Wiederkäuer der Fauna von Maragha. 3,40 M. Leipzig. Schober, K., Ueber die Construction der Halbschattengrenzen der Flächen 2. Grades unter Voraussetzung von Kugelbeleuch- tung. 3,20 M. Innsbruck. Specialkarte, geologische, des Königreiches Sachsen. 1: 25,000. No. 69. Neustadt-Hohwald. 3 M. Leipzig. Spelter, P., Ueber die Athmungsorgane der Thiere. 0,80 M. Hamburg. Stapff, F. M. Les eaux Weissensee b. Berlin. Steinbrinck, C., Zur Theorie der hygroskopischen Flächenquellung und -schrumpfung vegetabilischer Membranen, . der durch sie hervorgerufenen Windungs- und Torsionsbewegungen. 2,40 M. Bonn. du tunnel du St.-Gothard. 16 M. *) Vergl. Dreher, Neue Farbenphänomene, ihre Erklärung und Bedeutung für unsere heutige Theorie der Farbenwahrnehmungen. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. IV, S. 260 u. ff Auf Schneeschuhen durch Grönland. (Mit 10 Illustrationen.) — Ueber Versuche mit dem Koch’schen Heilmittel bei tuberkulösen Rindern. — Ein neuer Bürger der deutschen Thierwelt. — Wolkennamen und Wolkenphotographie. — Ueber die Erhaltung von Schneefeldern durch Staub und Detritus im Hochgebirge. — Das Dulong-Petit’sche Gesetz im Lichte der mechanischen Wärmetheorie. — Neue kleine Planeten. — Neuer Nebel in den Plejaden. — Litteratur: Dr. Eugen Dreher: Drei psycho-physiologische Studien. — Liste. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 99 u im © März 1891. Nr..d2. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist A 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ein seltener Fall von Doppelbildung beim Regenwurm. Von Dr. Ant. Collin, Assistent am Königlichen Museum für Naturkunde zu Berlin. Doppelbildungen sind innerhalb der Thierreihe schon in vielen Klassen beobachtet und beschrieben worden: von den bekannteren Fällen sei für die Säugethiere nur an die zuweilen vorkommenden Doppelbildungen beim Menschen (z. B. die siamesischen Zwillinge *), beim Kalb und Schaf (doppelte Köpfe und Hinterleiber) erinnert. Eideehsen sind im Stande, ihren abgebrochenen Schwanz in dop- *) Die Redaetion der „Naturw. Woehenschr.“ erlaubt sich auch auf den traurigen aber interessanten Fall der Gebrüder Tocei, die sich zur Zeit in dem Passage-Panoptieum in Berlin se- hen lassen, aufmerksam zu machen. Unser zoologischer Mitarbeiter Herr Dr. Trautzsch schreibt uns über dieselben: Im Berliner Passage -Panopticum wird neuerdings ein Zwillingspaar ge- zeigt, welches geeignet ist, sowohl dem Arzt und Naturforscher als auch wei- teren Kreisen Interesse einzuflössen. Es sind die Gebrüder Tocei. Dieselben wurden am 4. Oktober 1877 von Marie Louise Tocei, damals 19 Jahre alt, zu Locana, Provinz Turin als Zwillinge ge- boren. Der Zwilling auf der rechten Seite ist auf den Namen Johann ge- tauft, während der an der linken Seite den Namen Jakob führt. Das Gewicht der Körper war bei der Geburt 4'/, kg, jetzt wiegen dieselben 61 kg. Beide Körper vereinigen sich an der sechsten Rippe derartig, dass die untere Körperhälfte den Zwillingen gemeinsam ist. Sie besitzen demnach im Ganzen 2 Beine, aber 4 Arme und 2 Köpfe u. s. w. Sie sind wenig kräftig entwickelt und zeigen besonders schwache Gliedmaassen. Leider haben genauere Untersuchungen in amato- miseher Hinsicht noch nieht stattgefunden; doch will ich hier angeben, was uns darüber bis jetzt bekannt geworden ist. Es sind zwei Herzen vorhanden, ob aber ein Magen oder zwei sich Figur 1. (Bauchseite.) Figur 2. Verzweigungsstelle vergrössert. (Bauchseite.) Regenwurm in natürlicher Grösse, pelter Anzahl zu regeneriren und Schlangen mit zwei Köpfen sind ebenfalls schon bekannt geworden. Fische haben zuweilen doppelte Köpfe oder Schwänze, ja man kann in dieser Thierklasse der- artige Bildungen künstlich erzeu- gen. Bei wirbellosen Thieren sind für Würmer Fälle von doppelter Sehwanzbildung zur Kenntniss ge- langt, und Seesterne ersetzen mit- unter einen abgebrochenen Arm herausstellen werden, muss eine Unter- suchung ergeben, die hoffentlich im wissenschaftlichen Interesse zu Stande kommen wird, so sehr sich die Eltern der Italiener dagegen sträuben werden. Besonders merkwürdig erscheint der ganz verschiedene Gesichtsausdruck der beiden Gesichter. Die Zwillinge sind auch ganz verschiedenen Temperaments. der eine ist mehr heiter angelegt und singt sich oft sein Liedehen, der andere neigt mehr zur Melancholie, der eine isst gern süss, der andere gern sauer. Während der eine wach ist, schläft der andere oft und auch umgekehrt. Jedenfalls ist eine geistige Einheit nicht vorhanden, der Wille verschieden ; es ist Figur 3. den beiden Knaben daher unmöglich, Doppelschwänziger Sich; mit ihren: Beinen fortzubewegen. rum: und diese sind wegen des Niehtgebrauchs Nach T. W. Kirk, Auf einer - sehr. wenig entwickelten Stufe. Auch ist es eigenthümlich, dass der eine von den Schmerzempfindungen des anderen völlig unberührt bleibt. Jedenfalls ist die geistige Verschiedenheit ein Räthsel für die Psychologie, eine genaue anatomische Untersuchung und Beobachtung dürfte daher geeignet sein, werthvolles anatomisches und physiologisches Material zu Tage zu fördern. Nach emer Mittheilung sind die Knaben schon vor S Jahren einmal in Berlin gewesen, haben ein grösseres Aufsehen aber nicht erregt. nur Herr Geheimrath Prof. Dr. Virchow hat dieselben einer Untersuchung und medieinischen Besprechung unterzogen, 114 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 112% vermöge eines Regenerationsprocesses dureh einen Doppel- arm. Die genannten Fälle lassen sich natürlich bezüglich ihrer Entstehungsweise nicht von demselben Gesichts- punkte betrachten; aber sei es, dass diese Doppelbil- dungen in anormalen Processen bei der embryonalen Entwicklung ihre Ursache haben oder eine Folge un- gewöhnlicher Regenerationsvorgänge sind, in beiden Fällen sind sie für die Wissenschaft von Interesse. Der vorliegende Fall von Missbildung besteht in der theilweisen Doppelbildung eines Regenwurms*), dessen vorderer Körpertheil beim Einsammeln verstümmelt wurde. Welcher Art der Wurm zugehört, liess sich in Folge des Mangels des Kopfes und der Geschleehtsorgane nicht mehr feststellen. Das noch vorhandene Stück des Rumpfes misst 13 mm und besteht aus 28 Segmenten (Fig 1). Dasselbe gabelt sich in zwei Schwanzenden, welche sich unter ziemlich gleichen Winkeln von der Längsachse ab- zweigen. Beide Schwänze sind von annähernd gleicher Länge (15 mm) und besitzen auch fast die gleiche An- zahl von Segmenten (ca. 75—80). Die äussere Ringelung des Körpers erleidet an der Verzweigungsstelle (Fig 2) keine Unterbrechung; dieses sei besonders erwähnt, weil in einem ähnliehen von Robertson**) mitgetheilten Fall an der Gabelungsstelle ein grosses dreieckiges Körper- stück ungeringelt war. Die in vier Reihen paarweise stehenden Borsten (D) sind am vorderen Körpertheil voll- ständig normal angeordnet und setzen sich an der äusseren Seite der Schwänze eontinuirlich bis zu den Aftern fort. In dem spitzen Winkel an der Gabelungs- stelle treten nun dorsal und ventral je zwei Reihen von Borsten (D') auf, welehe an der Innenseite beider Schwänze entlang laufen, so dass nach der Gabelung Jedes Schwanzende wieder seine 4 normalen Borsten- reihen besitzt, wie das Hauptstück. Der einzige äussere Unterschied der beiden Schwänze besteht nur darin, dass an dem (in Fig. 2) linksseitigen Ast an der Stelle, wo der Bauchnervenstrang verläuft (n) eine stärkere An- schwellung bemerkbar ist, als an der correspondirenden Stelle rechts (»‘), was wohl in der verschiedenen Stärke der. Muskeleontraction bei der Abtödtung seinen Grund hat, da der linksseitigen äusserlichen Anschwellung keineswegs eine stärkere Entwicklung des betreffenden Nervenstranges entspricht. Ein auffallender Unterschied in der Färbung der Schwänze einerseits und des Hanpt- stückes andererseits ist nicht. bemerkbar. Wäre ein solcher vorhanden, so könnte man von vornherein auf einen Regenerationsvorgang schliessen, da neugebildete Körpertheile stets eine viel hellere Färbung besitzen und dieselbe auch lange Zeit hindurch behalten. Was die innere Organisation des Wurmes anbelangt, so ist das vordere Rumpfstück vollständig regelmässig gebaut: in der Mitte der vom Hautmuskelschlauch ge- bildeten Röhre der Darm, darunter der Bauchnerven- strang, darüber das Rückengefäss, nach beiden Seiten die segmentalen Exceretionsorgane. An der Theilungs- stelle gabeln sieh der Darm, das Rückengefäss und das Bauchnervensystem in zwei Aeste, welche in die beiden Sehwanzenden ziehen. Auch die Segmentalorgane setzen sich ohne Unterbrechung in den einzelnen Segmenten beider Schwänze seitlich vom Darm fort. Der Darm mündet schliesslich am Ende jedes Schwanzes in je einem After aus. Bei dieser letzteren Thatsache sei auf einen Fall von Doppelbildung bei Acanthodrilus (Ver- ") Derselbe ist von einem Abonnenten der „Naturw. Wochenschr.“ Herın Oberlehrer Dr. E. Hoefinghoff in Luckau in ler Mark gefunden und durch Herrn Dr. H. Potonie in den Be- sitz der zool. Sammlung des Königl. Museums für Naturkunde ge- langt. **) (QJuart. Journ. Mie. Sc. New. Ser. VII. p: 157—158. wandter und Vertreter unserer Regenwürmer in Neusee- land) hingewiesen, welchen Kirk*) beschreibt (Fig. 3): die beiden Sehwänze sind bedeutend dünner als das vordere unpaare Stück, übertreffen aber dasselbe an Länge um das Doppelte; und, was das Seltsamste ist, der After befindet sieh nieht in doppelter Anzahl am Ende der Schwänze, sondern liegt als Fortsetzung des Darmkanales des Hauptstückes an der Gabelungsstelle (bei a) zwischen den beiden Schwänzen. Derartige doppelschwänzige Würmer sollen nach Kirk dort nicht gerade selten sein. Leider vermissen wir in Kirk’s Mit- theilung jede Angabe über den inneren Bau der Schwänze. — Ausser von Robertson (]. e.) und Kirk sind ähnliehe Fälle von doppelter Bildung des Hinterendes beim Regen- wurm von Jeffrey Bell, (Ann. & Mag. Nat. Hist. (5) 16 S. 475, 1855 (3. Fig.) — Horst (Tijdschr. Ned. Dierk. Vereen (2) I S. XXXII, 1855—S7 und Notes Leyden Mus. VIII. S. 42, 1556) Schmidt (Sitzb. Naturf. Ges. Dorpat VIII (1856) 1557, S. 146— 147) und Marsh (Amer. Naturalist XXIV, S. 375, 1590) besprochen worden; die betreffenden Missbildungen zeigten sich an den beiden Arten Lumbrieus terrestris und L. foetidus. Robertson, Horst und Marsh untersuchten auch die innere Organisation und fanden, dass sich Rückengefäss, Darm und Nerven- system im vorderen Theil vollständig normal verhielten und sich an der Bifureationsstelle theilten, wie in dem vorliegenden Fall. Es ist nun von Interesse, einige Betrachtungen dar- über anzustellen, in welcher Weise die besprochenen Doppelbildungen bei Regenwürmern zu Stande gekommen sein könnten. Einerseits wäre an eine anormale Bildung zu denken, welche schon im Ei stattgefunden hat, an- dererseits könnte die Missbildung als Folge eines ab- normen Regenerationsprocesses angesehen werden. Für die erstere Annahme wäre Folgendes in Betracht zu ziehen. Von Kleinenberg (Quart. Journ. Mier. Se. XIX New series, 1579, S. 206—244. Tf. 9—11) ist nachge- wiesen worden, dass bei Lumbrieus trapezoides die Eizelle doppelte Furcehung erleidet, und dass aus derselben normal zweilndividuen hervorgehen. Je zweiEmbryonen entwickeln sich gemeinsam, von einem Band zusammengehalten, welches später in Folge stärkerer Muskeleontraetionen sich löst. Hierbei läge die Vermuthung nahe, dass bei diesem Entwieklungsvorgang vielleicht zwei Individuen verwachsen resp. ungetrennt bleiben könnten. Und in der That ist diese Erscheinung von Kleinenberg öfter beobachtet worden. Auch früher hatten schon Duges, (Annales Se. nat. XV, S. 284-537, Tf. VII—IX, 1828), (für Lumbrieus trapezoides) und Ratzel und Warschawsky, (Zeitschr. f. wiss. Zool. XVII, S. 547—562, 'Tf. 41, 1868), (für Lumbr. terrestris) Gelegenheit ähnliche Doppel- embryonen zu untersuchen. Kleinenberg hebt indessen hervor, dass diese embryonalen Zwillingsbildungen stets nur äusserlich mit der Haut verwachsen waren: jede Hälfte hatte ihren eigenen Mund, Darm und After. Dass nun später eine vollständige Verwachsung der beiden Vorder- leiber der Embryonen stattgefunden haben sollte, während die beiden Sehwanzenden getrennt blieben, ist sowohl im Allgemeinen, als auch für den vorliegenden Fall kaum anzunehmen; denn bei dem letzteren ist keine Andentung einer einstigen Duplieität irgend eines sonst unpaaren Organes im vorderen Haupttheil vorhanden. Erst an der Abzweigungsstelle der beiden Hinterenden gabeln sich alle unpaaren Organe, um sich in den Schwänzen wieder ganz normal zu verhalten. *) Transact. & Proc. New - Zealand Inst. Vol. 19 S. 64—65, Tf. VIb. Wellington 1887. (1886), Nr. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a u nn nn nn ——————— | | | Viel mehr Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, dass die vorliegende Missbildung sowohl, wie alle oben besprochenen ähnlichen Fälle von Doppelbildung bei Regenwürmern auf dem Wege anormaler Regene- ration zu Stande kommen. Die Fähigkeit der Neubil- dung verloren gegangener Körpertheile ist bei den Land- und Süsswasser- bewohnenden Ringelwürmern in hohem Maasse ausgeprägt; ja, gewisse Oligochaeten unseres süssen Wassers (Naiden und Lumpbrieuliden) können sich ausser auf geschlechtlichem, auch auf ungeschlechtlichem Wege dureh Theilung fortpflanzen, indem die einzelnen Theile des Wurmes, sei es, dass derselbe in zwei oder mehr Stücke zerfallen ist, durch Bildung eines neuen Kopfes und Schwanzes, oder von beiden zugleich zu neuen vollständigen Individuen heranwachsen. Zahlreiche Experimente sind über die Art und Weise der Regene- ration schon angestellt worden, doch sollen davon nur | die von Bonnet (Ch. Bonnet, Oeuvres d’Hist. nat. et de Philosophie I, S. 167—337. — 4 Tafeln. Neuchätel 1779) und von Bülow (Arch. f. Naturg., 49. Jahrg.) als die wichtigsten für unseren Fall, m Betracht gezogen werden. Bonnet machte seine Versuche haupt- sächlich mit einer Art von Lumbrieulus, einem in unserem süssen Wasser häufigen Wurm. Um die erstaunlich grosse Regenerationsfähigkeit dieses Oligochaeten zu zeigen, sei nur nebenbei erwähnt, dass von einem Wurm, der (bei einer durehschnittlichen Länge von 4—5 en.) in 14 Theile zerlegt wurde, jeder Theil dureh Neubil- dung von Kopf und Schwanz zu einem vollständigen In- dividuum auswuchs, ja sogar von einem in 26 Theile zerstückeltem Thier einzelne Theile sich weiter ent- wiekelten. Bonnet beobachtete nun bei sich regeneriren- den Thieren an dem in der Neubildung begriffenen Kopf noch eine seitliche Knospe, welche sich nach nochmali- sem Abschneiden zu einem zweiten Kopfe entwickelte; beide Köpfe schienen ihren eigenen Willen zu haben. Ausser diesem Fall von doppelter Bildung des Kopfes infolge von Regeneration erwähnt Bonnet für Lumbri- eulus auch eine solehe seitliche Knospenbildung für das Sehwanzende, welche während der Neubildung desselben entstand, dann aber allerdings mit dem Wachsthum des Haupthinterendes verschwand. Die Versuche Bonnets wurden neuerdings von Bülow an Lumbrieulus variegatus zum Zwecke der Untersuchung der allgemeinen Regenerationserscheinungen in eingehen- der Weise wiederholt und erweitert. Bülow hatte hier- bei ebenfalls Gelegenheit, die Doppelbildung eines Schwan- zes zu beobachten (l. e. S. 55). Der eine (Haupt-)Schwanz verlief in der Längsachse des Wurmes, während der andere seitlich abstand. Bei der allmählichen Weiterent- wieklung des ersteren blieb der seitliche Schwanz jedoch nicht nur im Waehsthum zurück, sondern erfuhr schliess- lich eine gänzliche Rückbildung. Dass aber derartige Doppelbildungen von Schwänzen sich gut weiter ent- wiekeln und bestehen bleiben können, zeigen gleichfalls einige von Bülow beobachtete Fälle (l. e. S. 94). Nun ist allerdings für die Regenwürmer im engeren Sinne (Lumbrieiden, Landbewohner) die Entstehung von Doppelbildungen auf regenerativem Wege bisher noch nicht direet beobachtet worden, wie es für die wasser- bewohnenden Lumbrieuliden der Fall ist. Da aber, ab- gesehen von der geringeren Fähigkeit und Neigung der Erdwürmer zu Neubildungen, die allgemeinen Regenera- tionserscheinungen bei diesen in derselben Weise vor sich echen, wie bei den sehr regenerationsfähigen Wasser- bewohnern, so hat die Annahme viele Wahrscheinlichkeit für sieh, dass auch bei den ersteren gelegentlich Doppel- bildungen auftreten können. Somit dürften alle genannten Fälle von doppelter Schwanzbildung ihre Entstehung anormalen Regenerationsvorgängen verdanken. Ueber die therapeutische Wirkung der cantharidinsauren Salze. Von Oscar Liebreich.*) Die Canthariden sind sehon von Hippokrates benutzt. In seinem Werke lesen wir Fälle, wo ganz genau be- schrieben worden ist, was man mit denselben macht. Dann ist eine bekannte Stelle bei Plinius, von einem Ritter, der sich vergiftete, weil er bei einer Hautkrank- heit das Mittel in zu starker Dose benutzte. Der Fall ist nur insoweit interessant, als er zeigt, dass man bei Hautkrankheiten das Mittel sogar damals schon anwandte. Dann sehen wir weiter bis in die Mitte dieses Jahr- hunderts hinein diese Substanz benutzt, später aber wohl fast vollständig aufgegeben. Es mag mir gestattet sein, emige Worte darüber zu sprechen, weshalb man den innerlichen Gebrauch der spanischen Fliege aufgegeben hat, und über die Gründe, weshalb man diese Substanz, freilich in einer vollkommen veränderten Methode denn das ist hier der Fall wieder aufnehmen kann. Ich übergehe hierbei ganz die Vorstellung, welehe man davon hatte, dass die Can- thariden die Geschlechtsthätigkeit erregen; ich erinnere Sie nur daran, dass es in Italien „Diabolini“, in Frank- reich „Pastilles galantes“ gegeben hat, dass am Ende des vorigen Jahrhunderts in Frankreich das Mittel ver- boten war, weil Unfug damit getrieben wurde, dass es *) Gekürzte Wiedergabe nach einem in der Sitzung vom 25. Februar 1891 der „Berliner medieinischen Gesellschaft“ ge- haltenen. in der Nr. vom 2. März 1891 der „Berliner klinischen Wochenschrift“ veröffentliehten Vortrag. nur denen verabreicht wurde, welche sich gut legitimiren konnten. Nur eins möchte ich hervorheben, dass die interne Verabreichung so in Verruf gekommen war, «dass ein englischer Forscher holländischen Ursprungs, Groene- veld (Greenfield), sogar in Folge der Anschauung des College of Physieians in’s Gefängniss kam, weil er die Ganthariden innerlich angewandt hatte. Sie mögen daraus sehen, welehe Vorstellungen man von der Gefähr- liehkeit der internen Anwendung hatte. Nun sind aber besonders die früheren französischen Untersuchungen, welehe aus dem Hospital St. Louis in Paris herstammen, von grossem Interesse. Ich muss sagen, ich bedauere, dass mir nicht alle die Krankengeschichten zur Dispo- sition stehen, die in damaliger Zeit über die Behandlung geschrieben worden sind. Es ist der bekannte Alphee Cazenave, welcher erwähnt, einen wie grossen Nutzen diese Substanz leisten kann. Es wird von ihm beschrie- ben, wie durch die innerliche Anwendung von Can- tharidentinetur, die er zu Dosen bis 20 Tropfen reichte, innerhalb 2 Monaten ein Mensch, welcher Jahre lang von einer Psoriasis befallen war, geheilt wurde. Es wird ferner beschrieben, dass eine Reihe anderer Haut- erkrankungen geheilt sind, wir hören gelegentlich — das ist schon von Hufeland beriehtet — dass es sich um Lungenerkrankungen handelt, bei denen das Mittel mit Erfolg angewandt wurde. Auch in der englischen Literatur finden sich Fälle, welehe von günstigem Ein- 116 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 12. fluss auf die Lungenkrankheiten berichten. Es wurde damals stets die Tinetura cantharidum innerlich an- gewandt. Nun muss man sich klar machen, was man damit erreichen konnte. Von den Pflasterkäfern, zu denen die Canthariden gehören, giebt es eine grosse Reihe verschiedener Arten, deren Gehalt an Cantharidin von 0,5—0,6 pCt. schwankt. Sie sehen schon, in diesem schwankenden Procentsatz liegt eine ausserordentliche Gefahr für die Anwendung der Tinetur. Ich bin ein zu orthodoxer Pharmakologe, um es nicht aussprechen zu müssen, dass man bei allen scharf wirkenden Substanzen das entscheidende Gewicht für die Anwendung auf die genaueste Dosirung legen muss. Ich halte es für eine Unmögliehkeit, wenn man nicht die Dosirung genau kennt, bei den praktischen Erfahrungen ein sicheres Ur- theil zu gewinnen, denn alle Schlussfolgerungen, welche in Bezug auf Heilung und in Bezug auf etwaige schäd- liche Wirkungen gezogen werden, sind eigentlich in ge- wissem Sinne vollkommen hinfällig, wenn man nicht ge- nau die Höhe der Gabe kennt, was natürlich bei wechseln- dem Gehalt an wirksamen Stoffen unmöglich ist. Aus diesem Grunde schon hat die Canthariden- behandlung, welche an und für sich so günstige Re- sultate gab, fallen müssen, da durch die verschiedenartig zur Tinetur angewandten Canthariden leicht die Dose die doppelte Höhe der eigentlich beabsichtigten Gabe er- reichen konnte. In den Canthariden ist nun zuerst von Robiquet eine krystallinische Substanz gefunden, das Cantharidin, welehes in ehemischer Beziehung ein ausserordentliches Interesse darbietet. Es ist eine Substanz, welche die Formel C,,H,,s0, hat, an die eine Reihe anderer Sub- stanzen sich anknüpft. Ich erinnere hier an das Can- tharoxim, an die Cantharidinsäure, an die Cantharsäure, welche daraus hergestellt wird. Und im hiesigen phar- makologischen Institut sind augenblicklich von Herrn Dr. Spiegel auch andere Substanzen aus dem Can- tharidin hergestellt worden, und zwar die Verbindung des Cantharidin mit dem Phenylhydrazin. — Das Can- tharıdin kann man auf das Genaueste mit einer Waage abwiegen, und Sie können sich denken, meine Herren, wenn mir bei den Untersuchungen die Canthariden vor- seschwebt haben, dass ich niemals an die Canthariden etwa als inneres Mittel nach den Vorstellungen, die ich von der Dosirung habe, herangegangen wäre, sondern dass ich mich hier an das Cantharidin direet wandte. Die toxischen Wirkungen, welche nun von dem Canthari- din bekannt sind, bieten natürlich ein ausserordentliches Interesse dar. Es ist jedem von Ihnen bekannt, dass, wenn man die Canthariden äusserlich in einer öligen Masse auf die Haut bringt, hier ein Exsudat entsteht, und dass bei innerlicher Anwendung diese colossal reizende Eigen- schaft sich natürlich auf den ganzen Magendarmeanal be- ziehen musste, und so sehen wir hier bei der Anwendung die natürliche Begrenzung. Wir können eine entzündlich wirkende Substanz nicht in beliebiger Menge local zur Anwendung bringen. Nun sehen wir dann andererseits, und das war natürlich das Auffallendste, was an den Canthariden auf- trat — besonders sind ja Vergiftungsfälle sehr reichlich in der Literatur angegeben —, dass hier eine colossale Hyperämie der Nieren, der Geschlechtstheile u. s. w. ein- treten kann, und es ist in Folge dessen das Cantharidin selber direct der pathologischen Untersuchung unterzogen worden. Ich erinnere hier an eine ausgezeichnete Unter- suchung von Cornil, in welcher er nachwies, dass ein zelliges Exsudat vorhanden war, an eine weitere Unter- suchung von Ida Eliaschoff. Dann sind von Aufrecht in Magdeburg Versuche angestellt worden. Er fand, dass wenn er die nöthige Quantität Cantharidin einspritzte, und zwar beinahe bis zur toxischen Dose, bei Wieder- holung dieser Dose, eine in Schrumpfniere endende Ne- phritis eintrat. Man hat bei den pathologischen Resul- taten überhaupt die Nieren wesentlich betrachtet. Es zeigt sich dabei, «dass bei Anwendung von Dosen, die gerade ausreichen, um ein Kaninchen zu tödten, in den Bowman’schen Kapseln, wie dies von Dr. Hansemann nachgewiesen ist, ein nicht zellenenthaltendes, nicht zur Gerinnung neigendes Exsudat sich findet. Als Todes- ursache findet man Respirationslähmungen notirt. Bei der Section der Thiere zeigte es sich mir, dass hier die Lungen in einem eigenthümlichen Zustand sich befinden. Es ist nieht eigentlich ein Lungenödem vorhanden, aber die Lungen haben eine gewisse grössere Consistenz. Während sie sonst leicht collabiren, findet dies bei den mit Cantharidin vergifteten Thieren nicht statt. Nun, das Thatsächliche dieser Beobachtungen zeigt, dass das Cantharidin, wenn es innerlich genommen wird, bei diesem Grad der Vergiftung, nieht die entzündlichen Zustände hervorruft, die man eigentlich gewohnt ist, sich vorzustellen, wenn man die Röthung der Haut sieht, sondern dass ein eigenthümlicher Vorgang in den Ca- pillaren stattfindet, dureh welche Serum heraustritt. Dies ist die charakteristische Eigenschaft der Cantharidinwirkung. Die gleiche Exsudation, wie sie in den Glomerulis stattfindet, zeigt sich in den Lungen; sie ist die Ursache der grösseren Consistenz bei der Section. Bei der künstlichen Respiration zeigt sich, dass ebenso wie bei den Nieren, in den Lungen ein so starkes Exsu- dat stattfindet, dass die Thiere trotz der künstlichen Athmung ersticken; ein Versuch, den ich ganz kürzlich mit Herrn Dr. Langgaard gemeinsam unternommen habe. Man kann eine Hypothese machen, die, wie ich glaube, nieht zu gewagt ist, die eine gewisse anatomische Bereehtigung hat, dass nämlich zum Mindesten die Reiz- barkeit der Capillaren an den verschiedenen Stellen des Organismus sich verschieden verhält. Wenn ich mich grob ausdrücken. will, so würde es so sein, dass ich sage: wenn ich die Capillaren der Glomeruli mir in den Lungen denke, so würde keine Respiration stattfinden können, und wenn ich mir die Capillaren der Lunge in die Glomeruli versetzt denke, so würde es bier zu einer normalen Urinbildung nicht kommen. Es verhalten sich also die Körpercapillaren an den verschiedenen Stellen verschieden; man kann wohl hinzufügen, dass sie bei der Bildung dieses zellenfreien Exsudates nicht bloss als ein- fache Röhren zu betrachten sind, sondern dass hier noch andere Vorgänge unbekannter Natur stattfinden, vielleicht eine cellulare Thätigkeit. Von dieser Anschauung also bin ich ausgegangen und nahm weiter an, dass, wenn Capillaren in einem ge- wissen gereizten Zustande sich befinden, sie leichter eine Exsudatbildung zulassen. Wenn nun das Cantharidin ge- geben wird, welches in ganz kleinen Dosen unschädlich den Organismus verlässt, ohne eine Spur von Ver- änderungen zu erzeugen, man sich aber Capillaren vor- stellt, welehe inpathologischem, oder wir wollen liebersagen, in gereiztem Zustande sich befinden, so liegt die Mög- lichkeit vor, dass zwischen der toxischen Dose, in welcher die Substanz auf die normale Niere, die Lungen und vielleicht noch einige andere Organe einwirkt und ganz unwirksamen Gaben eine Dose liegt, welche nur auf die entzündlich afficirten Capillaren wirkt. Von diesem Ge- sichtspunkt aus kann man sich also eine Vorstellung machen, dass, wenn ich das Cantharidin in an sich un- schädlicher Dose gebe und ich an irgend einer Stelle eine Capillare habe, welche sich in einem gereizten Zu- stand befindet, hier ein Exsudat stattfinden wird. Das Nr. 12. Auftreten von Serum im Gewebe ist unter allen Umstän- den nicht zu unterschätzen. Was können wir von einem solchen Serum annehmen ? Wir können einmal annehmen, (dass es dazu dient, die Zellen zu emähren, schlecht genährte Zellen wieder in den normalen Zustand zurückzuführen. Wir sehen aber andererseits auch von dem Serum, welches abgesondert wird, dass es eine Eigenschaft höchst interessanter Natur besitzt, wie sie durch die bakteriologischen Untersuchun- gen von H. Buchner in München uns bekannt gegeben ist, ich muss sagen, eigentlich eine der für die Pharma- kologie interessantesten Beobachtungen der neuesten Zeit. Das Serum hat antibakterielle Wirkungen. Dies ist von ihm zuerst bei Kaninchen- und Hundeblut nachgewiesen worden und von Stern in der Breslauer Klinik ist weiter gezeigt worden, dass diese selbe antibakterielle Wirkung auch bei dem Menschenblut existirt. Also es würde ja eine Möglichkeit vorliegen können — und das ist wieder eine Hypothese — dass an irgend einem Locus affeetus das abgesonderte Serum eine wenn auch nur minime Einwirkung auf den krankhaften Vorgang ausübt. Ein Freund, dem ich dieses mittheilte, machte mir hier die Bemerkung, dass ja dies doch nun eigentlich eine humo- ralpathologische Anschauung wäre. Ich kann mir vor- stellen, dass mancher diese Auffassung theilen könnte, gerade so wie manche behaupten, wenn eine Dose sehr klein ist, dass das mit der Homöopathie etwas zu thun habe. Die Homöopathie hat bei der Aufnahme der klei- nen Dosen bekamntlich ganz andere Prineipien gehabt, als wir sie mit den Verdünnungen verbinden. Bei den Anschauungen, dass wir mit Säften arbeiten, muss ich sagen, wäre es eigentlich merkwürdig, wenn man hier an humoralpathologische Vorstellungen denken würde, das wäre besonders bei mir merkwürdig, wo meine gan- zen pharmacologischen Untersuchungen auf dem Boden der ceellularen Anschauung stehen, wie sie in der Cellular- pathologie Virchow’s niedergelegt worden ist und wie sie für uns in unserer mediemischen Wissenschaft als Codex dienen muss. Denn die cellulare Vorstellung schliesst nicht aus, dass man die Flüssigkeiten betrachtet, welche die Zellen ernähren. Die Vorstellung, die ieh — nun kann ich das Wort Humores gebrauchen — von diesen Flüssigkeiten habe, ist also die, dass unter Umständen an Ort und Stelle durch das Serum eine solche Desin- feetion eintreten kann. Von diesen, ich muss offen gestehen, nicht absolut fest begründeten Anschauungen, von diesen Hypothesen ausgehend, die ich gern bei längerer Untersuchung mehr bewiesen hätte, bin ich nun an die Versuche am Men- schen herangetreten. Ich kann sagen, dass mir hier zwei Dinge natürlicherweise nicht gerade sehr behaglich waren, erstens, dass ich in eine Periode kam, in der man durch die Koch’schen Injeetionen ausserordentlich in allen wissenschaftlichen Kreisen beschäftigt ist, und zweitens, eine Substanz bei einem Menschen subeutan zu gebrauchen, von der Cornil selber sagt, er habe die Ver- suche bei den Hunden ausgesetzt, weil sie eine colossale Eiterung unter der Haut hervorgerufen haben. Ich habe mir aber doch klar gemacht, dass, wenn man sehr vorsichtig vorgeht, dies erlaubt sein sollte. Das Cantharidin selbst besitzt nur Lösungsmittel, welche für die subeutane Injection ungeeignet sind; eine wässerige Lösung des Essigäthers, welche in Anwendnng gezogen wurde, wurde deshalb aufgegeben, weil mit dem Verdunsten des Essigäthers sich das Cantharidin wieder abschied. Das cantharidinsaure Natron wurde nicht be- nutzt, weil der Gehalt an Cantharidin in demselben ein wechselnder sein kann. In Folge dessen wurde aus- probirt, welche Mengen Alkali nöthig sind, um das Can- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Tre Tiere Eee Te" __ me U 117 tharidin in Lösung zu halten. Man erhält dann wasser- klare Lösungen; selbst eine solche wirksame von zwei Deeimilligramm im Cubikeentimeter hat nur einen leicht alkalischen Geschmack. Ich habe nun zuerst im Augustahospital unter der freundliehen Mitwirkung des Herrn Professor Ewald und des Dr. Gumlieh mit ungemein kleinen Quantitäten be- &onnen. Ich nahm /,, Milligranım. Hier wurde die In- jeetion bei einem Mensehen gemacht, der einen Oeso- phagustumor hatte. Man konnte sich überzeugen, dass local gar keine Reizung stattfand. Er gab am nächsten Tage freiwillig an, dass er sein Sputum leichter hätte auswerfen können. Die Dosen wurden nun gesteigert. Ich übergehe hier die Prüfung mit gesteigerten Dosen, bei denen sich jedesmal eine erleichterte Expeetoration ergab. Da nicht geeignete Fälle im Augustahospital vorhanden waren, wandte ieh mich nun an Geheimrath Professor Hahn, welcher in liebenswürdigster Weise mich unterstützte, und wir gelangten hier in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Bode, welcher sehr bei dieser schwierigen Sache mithalf, zu der Anschauung, dass wir bis zu Dosen von 6 Deeimilligramm kommen konnten. Das ist aber (die äusserste Dose, welehe man sub- eutan einspritzen kann. Auch bei dieser Dose war local noch gar keine entzündliche Erscheinung zu bemerken. Dagegen zeigte sieh bei zwei männlichen Patienten, dass hier ein eigenthümlieher Drang zum Harnlassen stattfand, mit leiehtem Kitzel in der Urethra, und bei einer Frau, dass hier die erste Spur von Blut zu bemerken war. Ich hatte hier also die äusserste Grenze der Dose er- reicht und ich kam zu dem Resultat, dass diejenigen Dosen, welche man für therapeutische Zwecke vielleicht empfehlen könnte, 1 bis 2 Deeimilligramm sein könnten. Bei einem Fall von tubereulöser Larynxaffeetion fiel mir auf, dass nach 2 Injeetionen eine entschiedene Besserung der Sprache eingetreten war. Herr Dr. Bode und ich konnten gemeinsam constatiren, dass hier eine leichte Veränderung stattgefunden habe und nach weiterem Con- feriren mit Herrn Hahn kamen wir zu der Ansicht, dass diese Affeetion wohl am meisten sich eignet, sich ein Bild zu machen, und dass es am besten sei, poliklinisches Material zu nehmen, bei dem man die Patienten allen möglichen Beschäftigungen nachgehen liess. Ich wandte mich nun an denjenigen Forscher über Larynxaffeetionen, der uns ja als Autorität bekannt ist und der sich gerade in letzter Zeit schr warm mit der Koch’schen Methode beschäftigt hatte, an Prof. B. Fränkel. Ich glaubte, dass zerade Jemand, der sich mit diesen Untersuchungen so intensiv beschäftigt hat, mir gewiss am besten ‚Be- scheid darüber sagen würde, ob ein solches Mittel einen günstigen Einfluss ausübe, oder nicht. Ausserdem wandte ich mich an Herrn P. Heymann und Herrn Stabsarzt Landgraf, die mir durch ihre wissenschaftlichen Unter- suchungen über die Larynxkrankheiten bekannt waren, von denen der Erstere so freundlich war, mit mir ge- meinsam und mit Unterstützung seines Assistenten Dr. Wohlauer Patienten seiner Poliklinik zu beobachten, während Herr Landgraf in seiner Privatpraxis einige Patienten damit behandelte und mir Bericht zugehen liess. Ich werde mieh über die praktischen Resultate dieser Herren nicht äussern, da die genannten Herren ihre Erfahrungen selbst mittheilen werden. Es war mir aber auffallend, dass schon nach zwei Injeetionen sich eine wesentliche Aenderung zeigte, die nicht von Fieber be- gleitet war. Die gemachte Voraussetzung, dass so kleine Quantitäten Cantharidin, welche in den Nieren keine Ver- änderung hervorrufen, an dem Locus affeetus eine Ein- wirkung zeigen, ist wohl durch die ganze Reihe der Ver- suche als bewiesen anzusehen. Ob hier die Ausscheidung 118 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. des vermehrten Serums die Ursache ist, bedarf natürlich eines stringenteren Beweises. Auch wirdes durch fernere Versuche bestätigt werden müssen, ob die Krankheitsur- sache, wie es vermuthet worden ist, direet getroffen wird. Es ist somit klar, dass ein solches Mittel, die Riehtigkeit der Hypothese vorausgesetzt, auch bei Erkrankungen wirken kann, die eine andere Ursache haben, als etw: den Tuberkelbaeillus; die Krankengesebichten früherer Zeiten haben es ja auch schon gezeigt, dass man bei verschiedenen Erkrankungen einen Nutzen von der An- wendung des Cantharidins wird erwarten können. Es ist also ganz müssig, hier die Frage aufzuwerfen, ob wir es mit einem Speeifieum zu thun haben oder nieht. Wir haben es möglicherweise mit einem Mittel zu thun, welches die Krankheitsursache treffen kann, die verschiedener Natur sein kann, oder nur auf die Ernährung der Zellen einen günstigen Einfluss ausübt. Bei der praktischen An- wendung hat sich eine us in einer nicht geringen Anzahl von Fällen gezeigt; ich möchte jedoch nach keiner Richtung hin etwa nie Hoffnungen für Heilungen zu hoch spannen. Aber eins möchte ich bei dieser Gelegenheit bemerken, und das ist das, was für einen Pharmeaologen namentlich von eimem besonderen Interesse ist und für die Praxis Bedeutung haben kann; wenn sich wirklich bestätigen sollte, dass wir in dem Cantharidin ein Mittel besitzen, welches an Ort und Stelle eine vermehrte Serum- absonderung erzeugt, so würden wir auch in die Lage kommen, Heilsubstanzen, welche sonst nieht mit Vorliebe an einen bestimmten Ort gehen, an diesen Ort coneen- triren zu können. Wir kennen Substanzen, welche in der Blutbahn eireulieren, hier zerlegt werden, welche durch die Capillaren nur mühsam hindurchtreten Wenn wir aber wissen, dass an einer erkrankten Stelle der Aus- tritt der Flüssigkeit aus den Capillaren erleichtert wird, so können wir uns vorstellen, dass hier eine Heilsubstanz in diesen Ort in reicherem Maasse übertreten, und so vielleicht auch eme an sich zu geringe desinfieirende Wirkung des Serum verstärkt werden kann. Es scheint mir nieht unmöglich, dass diese Art der Combination zweier Mittel für die Behandlung unter Um- ständen zu einer neuen therapeutischen Methode führen kann. In Bezug auf die Wirkung des Serums möchte ich hier noch erwähnen, dass man jetzt gewöhnt ist, alles auf die Bakterien als solehe zu schieben. Man muss auch auf die Erscheinungen zurückkommen, welche die Bakterien hervorrufen können. Wir wissen alle, welche wunderbare Anregung es gegeben hat, dass bei der Be- handlung des Lupus die Ery sipelkokken gewissermaassen heilend einwirken. Nun wissen wir, hier tritt Blasen- bildung ein und es ist eigentlich nicht der Kokkus, sondern wahrscheinlich die vermehrte Exsudation, welche hier diese Wirkung hervorruft. Ich erinnere Sie daran, meine Herren, ähnliche Wirkung hat man bei dem Lupus damit erreicht — und das scheint mir bei dieser Be- trachtung vergessen zu sein, dass man durch kleine Jantharidenpflaster hier das bekannte Exsudat hervor- rief, welches einen heilenden Einfluss ausübt. Was die praktische Anwendung betrifft, so hebe ich ausdrücklich hervor, dass man die Erscheinungen von Seiten der Niere besonders im Auge zu behalten hat, und bei erkrankten Nieren naturgemäss diese Methode gar nieht in Anwendung gezogen werden sollte. Auch würde ich nach den mir vorliegenden Erfahrungen dazu rathen, mit Dosen von einem Deeimilligramm zu beginnen und versuchsweise erst auf zwei Deemilligramm überzugehen. üs scheint ferner nicht erforderlich, die Injeetionen täg- lich zu machen, sondern Pausen von einem Tage mindestens eintreten zu lassen, Gygnus nigricollis am Rhein erlegt. — Am Syl- vestertage v. J. — berichtet der Bonner Privatdocent Dr. A. Koenig im „Weidmann“ wurde auf der rechten Rheinseite, gegenüber Bonn, zwischen Obercassel und Beuel, auf der Jagd des Herrn J. P. Hansmann, von dessen Jagdaufseher Schmitz ein Sehwarzhalsschwan erlegt. Diese Thatsache fällt dadurch in so hohem Grade auf, dass der schwarzhalsige Schwan eine typische Form Südamerikas ist, wo er auf den Falklands- Inseln brütet. Aus dieser seiner Heimath wandert er im Winter, wenn die Gewässer zufrieren, nordwärts und zwar an der Ostküste bis Santos in Brasilien, an der Westküste bis Peru. Jenseits des Aequators aber wurde er wohl niemals gesehen und beobachtet. Es liest nun frei- lich der Gedanke nahe, dass das betreffende Stück aus einem zoologischen Garten oder von dem Teich eines Liebhabers entflohen sei, allein König bemerkt, dass der Vogel keine Anzeichen der Gefangenschaft an sich trug, sondern im Gegentheil so intact und federrein war, dass man ihn hiernach als in der Freiheit aufgewachsen ansprechen musste. Ein Analogon zu dieser höchst auffallenden Vogel- erscheinung in Europa führt K. übrigens in einem Fisch- säuger an, der von der gleichen Breite Amerikas (Patagonien) herstammt, nämlich ein Auftreten der Ele- fantenrobbe (Cystophora proboseidea), die er gelegent- lich einer Segeljagdfahrt auf dem Greifswalder Bodden erblickt und unzweifelhaft erkannt hat; leider konnte er aber des interessanten Stückes nieht habhaft werden. Beide, sowohl die genannte Robbe als der wa sind vorher niemals an der Europäischen Küste, ge- schweige denn im Binnenlande, gesehen oder geschossen worden, sie müssen daher, falls von letzterem keine sicheren Nachriehten über das Entkommen aus einem zoologischen Garten oder dem eines Liebhabers einlaufen würden, um welche K. im Interesse der deutschen Vogel- kunde dringend bitten möchte, als zufällig nach Europa gewandert betrachtet, und es muss ihnen das deutsche Bürgerrecht eingeräumt werden. Ueber die Art und Weise, wie bei den Spirogyren oder Schraubenalgen die die Fortpflanzung bewirkende Gonjugation zustande kommt, hat G. Haberlandt eine zum Theil auf neue Beobachtungen gestützte Ansicht ausgesprochen, welche mir für die Lebensvorg änge der Organismen im Allgemeinen von 3edentung zu sein scheint, die aber in ihrem Wesen ebenso wenig unerhört, wie völlig neu ist. Bekannt ist es, dass die Conjug :ation der Spiroe ‚yren dadurch eingeleitet wird, dass von zwei Zellen, welehe verschiedenen, sich kreuzenden oder nahe bei einander liegenden, Algenfäden angehören und in den meisten Fällen die geringste Entfernung zwischen letzteren haben, Ausstülpungen der Zellwände erfolgen: sogenannte Copulationsschläuche; dieselben entstehen an den emander zugekehrten Seiten der Fäden und auch an genau gegen- überliegenden Punkten und wachsen derart einander ent- gegen, dass sie schliesslich mit vollkommener Sicherheit auf einander treffen. Dann verschmelzen sie mit einander, und das Plasma nebst Kern der einen (männlichen) 7 Zelle begiebt sich in die andere (weibliche), wo es sich mit dem hier vorhandenen Plasma nebst Kern vereinigt; bei manchen Arten kommt auch eine Vereinigung der Chlorophylibänder zustande. — Es entsteht nun die Frage, wie es geschehen kann, dass die Copulations- Nr. 12. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 119 schläuche in der angegebenen Art aus den Fäden her- vorwachsen, und zunächst, dass sie an den einander zu- sekehrten Seiten der letzeren auftreten. Von einem blossen Zufall kann nieht die Rede sein, weil ja diese Wachsthumsverhältnisse Regel sind. Haberlandt beant- wortet die Frage folgendermassen. (Sitz.-Ber. d. Wien. Acad. d. Wiss. 1890, Bd. XCIX, Abth. I, S. 1.) Anknüpfend an Overton, der die Vermuthung aus- gesprochen hatte, dass durch Absonderung eines Stoffes ein richtender Einfluss auf die Copu- lationsschläuche ausgeübt werde, nimmt auch Haberlandt eine gegenseitige Beeinflussung der beiden Fäden an, die «darin besteht, dass der männliche und der weibliche Faden je einen bestimmten Stoff aus- scheiden, welche beide durcheinander diffundiren. Die einander zugekehrten Seiten der Fäden befinden sich dann an den Orten relativ stärkster Coneentration, sie werden daher (dureh die Aussonderungsstoffe) am stärksten ge- reizt, so dass an ihnen die Copulationsschläuche angelegt werden. Da nun des ferneren die Beobachtungen zeigen, dass einer der Fäden (und zwar genauer entweder die männliche oder die weibliche Zelle) den Copulations- schlauch zuerst aussendet, so ist es klar, dass der dem letzteren gegenüberliegende Punkt des anderen Fadens dem Orte relativ stärkster Concentration entspricht und dass genau hier der zweite Copulationsschlauch sich bilden muss. Dass beide Copulationsschläuche im Ver- laufe ihres Wachsthums vollkommen sicher auf einander treffen, ist in derselben Weise verständlich, und wenn bei diesem Wachsthum Krümmungen der Schläuche erfolgen, wodurch ihre äusseren Enden auf einander zugeführt werden, so bezeichnet sie Haberlandt als chemotropische Reizkrüm- mungen. Die letzteren sind es nach ihm auch, welche die Copulation zweier benachbarter Zellen eines und des- selben Fadens ermöglichen. Die Entfernung, bis auf welche sich die gegenseitige Beeinflussung der Copu- lationsschläuche geltend macht, ist ziemlich bedeutend; sie kann das Doppelte des Fadendurchmessers be- tragen. — Soweit die Ausführungen Haberlandts. Ich möchte an dieselben folgende weitere Betrachtungen anknüpfen: 1. Insbesondere die letzte Angabe macht es wahrschein- lich, dass die ausgesonderten Stoffe in grosser Verdünnung in das umgebende Aufenthaltsmittel der Spyrog ‚yrenfäden (das Wasser, in dem sie leben) eintreten; ein Nachweis der Stoffe durch ein chemisches Reagens würde schwer- lich zu führen sein. Dennoch kann mit vollem Rechte ihr Dasein angenommen werden. 2. Von besonderen Or- ganen im Sinne derjenigen der höheren Lebewesen können die Stoffe nicht hervorgebracht werden, da die Spiro- gyren blosse Zellfäden sind. Demnach werden sie un- mittelbar aus dem Protoplasma (oder dem Kern oder beiden) stammen; denn dem Protoplasma (nebst Kern) schreiben wir ja bei den niedrigen Organismen alle wesentlichen Lebensverrichtungen zu, und eine solche haben jene Stoffe auszuüben. Umstande hervor, 3 Das letztere geht aus dem dass 3. sie es sind, welche gesteigerte Waehsthumserseheinungen hervorrufen. 4. Wir können (und müssen) diese Stoffe, da sie von den copulirenden Zellen ausgesondert und vom Protoplasma ab gesondert werden, als Zersetzungsproduete des letzteren an- sprechen. — Fassen wir das Gesagte zusammen, so stellt sich heraus, dass gewisse Zersetzungsproduete des Proto- plasmas der Zellen eines Spirogyrafadens in die Um- gebung heraustreten, den Faden stets ringsum umgeben und imstande sind, gewisse gesteigerte Wachsthums- erscheinungen zu verursachen, dadurch, dass sie mit anderen Stoffen von ähnlicher Beschaffenheit in Berührung gerathen; besondere Erwähnung verdient, dass diese Zer- setzungsproducte des Plasmas in feinem, verdünntem Zu- stande sich befinden. Liegt es nun angesichts dieser auf Thatsachen gestützten Ueberlegungen nicht nahe, auch das gewöhnliche Wachsthum der. Spirogyren, sowie die gesammten Lebenserscheinungen, die sie darbieten, auf die Zersetzungsproducte des Plasmas als Ursache zurückzuführen? Ist diese Annahme zulässig, so ist der Name „Lebensstoffe “ für sie wohl angebracht, und wir finden in ihnen dieselben Stoffe wieder, welche nach Gustav Jägers T’heorie des Lebens in allen Organismen sich bilden und bei normaler Beschaffenheit sowohl in ihnen wie ausserhalb ihrer Leben und Gesundheit her- vorrufen und bedingen, und die er selbst als „Lebens- agens“ bezeichnet hat. \. F. Jordan. Ueber die Zukunft des Festlandes hat nach der „Revue seientifique* der bekannte französische Geologe A. de Lapparent in der „Societe de geographie de Paris“ einen interessanten und aus so erfahrenem Munde beachtenswerthen Vortrag gehalten. Noch vor wenigen Jahren — meint Lapparent — wäre die Untersuchung nach der Zukunft des Festlandes, ob es etwa bestimmt sei einst ganz zu verschwinden, un- besonnen gewesen, weil genügende Erfahrungsthatsachen zu einer Lösung desselben noch bis vor kurzem gefehlt hätten, während die in letzter Zeit gemachten Fortschritte im Gebiete der physikalischen Geographie uns genügende Daten an die Hand geben, um eine solche Lösung wenig- stens zu versuchen oder doch anzubahnen. Nur vor 10 Jahren galt noch die Schätzung A. von Humboldt’s, nach welchem das ganze Festland die mittlere Höhe von 305 m über dem Meeresspiegel besitzen sollte, unter der Voraussetzung also, dass man sich alle Uneben- heiten ausgeglichen denkt. Gegen 1550 begann sich diese Zahl zu vergrössern, indem Krümmel sie auf 444 m brachte. Später kam Lapparent auf Grund neuer Ueberlegungen und Rechnungen zu dem Schluss, dass die in Rede stehende mittlere Höhe sicher über 500 m betragen müsse, ja sich wahrscheinlich 600 m nähere. Noch später sind dann John Murray, Penck, Supan und de Tillo auf Grund besseren kartographischen Materials in der Lage gewesen noch sicherere Schätzungen vorzunehmen und bis auf wenige Meter zu demselben Resultat gelangt, dass nämlich eine gleichmässige Plattform von etwa 700 m Höhe über dem Meeresspiegel dem Festlande entsprechen würde. Nun diese Masse festen Landes wird ununterbrochen einerseits vom Ocean andrerseits von den atmosphärischen Einflüssen angegriffen. Ströme und Bäche führen ununter- brochen Theilehen ins Meer; besonders an den Mündungen der Flüsse kann man eine Vorstellung von dem Maasse ge- winnen, mit welchem diese Thätigkeit das Festland ver- mindert. Murray giebt an, dass die 19 Hauptströme der Erde jährlich 3610 Cubikkilometer fester Theilchen absetzen. u diesen 3610 Cubikkilometern gehen 1,355 Cubikkilo- meter ins Meer, also etwa 35 T heile von 100000. Andrerseits sind die meteorologischen Beobachtungen heutzutage so vervollständigt, um eine annähernde Schät- zung des jährlichen Absatzes aller Flüsse der Erde zu ge- statten. Murray rechnet diesen auf 23000 Cubikkilometer. Wenden wir auf diese Zahl das oben bereehnete Ver- hältniss von 38:100000 an, so erhält man 10,43 Cubik- kilometer fester Theile, welche alljährlich von den Flüssen ins Meer geführt werden. Diesen Erfolg hat also die mechanische Thätigkeit der eontinentalen Gewässer. Was die Thätigkeit der Brandung und der Wellen anbetrifft, so ist diese keineswegs so zerstörend, wie man a priori annehmen möchte. 120 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 12. England kann als eins derjenigen Länder angesehen So oft nun diese 155/000 mm in 700 m also werden, dessen Küsten am meisten von der Thätigkeit des Meeres angegriffen werden. Die englischen Geologen scheinen in der Ansicht übereinzustimmen, dass das Zu- riicksehreiten der britanischen Küsten unter Einfluss des Meeres sicherlich nicht 3 m im Jahrhundert übersteigt. Allerdings schätzt man an anderen Orten, z. B. bei Havre, den Verlust des Gestades auf 0,25 m jährlich; an anderen Punkten soll die Vernichtung sogar 1 m in der gleichen Zeit betragen. Anderseits man kann die Thätig- keit der Wellen an anderen Oertlichkeiten vernachlässigen und an anderen bringt das Meer Material und erweitert die Küste. Aus solehen Betrachtungen Schluss ziehen zu dürfen, dass Abnahme der zuletzt genannten Art von etwa 3 m im Jahrhundert erfährt. Bei dieser Annahme ist die Wahr- scheinlichkeit, dass man eher zu hoch als zu niedrig rechnet. Wenn man ferner annimmt, dass die mittlere Höhe der Küsten 50 m beträgt, so würde folgen, dass eine jährliehe Abnahme derselben um 3 em, 1,50 ebm auf jeden laufenden Meter zum verschwinden bringen würde, oder 1500 ebm auf den laufenden Kilometer berechnet. Die Ausdehnung der Küsten kann nun auf Grund von Zahlen, die von Elisee Reclus angegeben worden sind, auf 200.000 km berechnet werden. Somit würden 1500 cbm Jährlicher Verlust auf den Kilometer, 300 Millionen Kubik- meter, d. h. %. ebkm ergeben. Während demnach das fliessende Gewässer 10\/, ebkm zerstört, erreicht das Meer nicht den 20. Theil dieser Zahl. Auch wenn die mittlere Höhe der Küsten höher an- genommen wird und die Zerstörung derselben bedeutender als angenommen sem sollte; wenn die Zahlen, welche zu den obigen Resultaten führen, z. B. verdreifacht werden, so kommt man doch nichts destoweniger immer zu Resul- taten, welehe die fast verschwindende Wirkung des Meeres gegenüber dem fliessenden Wasser zur Anschauung bringen. üs kommt hinzu, dass auch die auflösende Thätig- glaubt Lapparent den der ganze Globus eine keit des Wassers auf dem Festlande nicht übersehen werden darf. Die aufgelösten Materialien werden in nicht unbeträchtlicher Menge dem Meere zugeführt; in grösserer Menge als man es a priori erwarten sollte. Nach den Arbeiten englischer, amerikanischer und inter- nationaler Kommissionen, welche die Zusammensetzung des Wassers der Flüsse studirt haben, namentlich das- jenige des Mississippi, der Donau und der Themse, würde die Menge des in Lösung dem Meere zugeführten Ma- teriales nieht unter 5 ebkm jährlich betragen. Die beiden Resultate zusammen genommen, ergeben demnach gegen 15'/,; ebkm, sagen wir — um auch der Thätigkeit des Meeres Rechnung zu tragen — 16 cbkm Materialien des festen Landes, welche alljährlich in’s Meer gehen. Von der vom Meeresspiegel aus gerechnet 700 m hohen Plattform, von der anfänglich die Rede war, ver- niechten also die angegebenen Ursachen alljährlich 16 ebkm. Da nun die Oberfläche des festen Landes auf 146 Mill. (Quadratkilometer berechnet wird, so ist durch einfachste Rechnung ersichtlich, dass von dieser Plattform alljähr- lich eine Scheibe von der minimalen Dicke von nur 11/009 eines Millimeters verloren geht, deren Material in’s Meer geht und dessen Spiegel naturgemäss, wenn auch um ein noch so geringes erhebt. Da das Verhältniss der Oberfläche des festen Landes zu derjenigen der Meere sich ungefähr wie 100:252 verhält, so folgt daraus, dass die Höhe der Plattform über dem Meeresspiegel sich alljährlich um 155/900 eines Millimeters vermindert. 700 000 mm enthalten sind, soviel Jahre wären erforder- lich, zum gänzliehen Verschwinden des festen Landes. Diese Rechnung ergiebt, dass 4, Million Jahre genügen würden, das Festland vollständig abzusebleifen, wobei also vorausgesetzt wird, dass die vernichtenden Ursachen diese ganze Zeit hindurch die gleiche Intensität bewahren. Blicken wir auf die gesammte geologische Geschichte des Erdglobus zurück, so ist dem Geologen gewiss, dass diese nicht in einem verhältnissmässig so kurzem Zeit- raum sich abgespielt haben kann; cs muss demnach wiederholt das erreichte Gleichgewicht durch grosse Phänomene gestört werden sein, die allerdings zu selten aufgetreten sind, als dass noch der Mensch hätte Zeuge derselben sein können, und welche, indem sie ein Relief wieder herstellten, das im Begriff zu verschwinden war, den natürlichen Einflüssen neue Angriffspunkte boten. Die ins Meer gehenden Materialien breiten sich nicht gleichmässig über den ganzen Meeresgrund aus, sie bilden vielmehr Bänke. Murray meint, dass sich die Ab- lagerungen über etwa !/, des ganzen Meeresbodens atıs- breiten. Obwohl nun die Meeresoberfläche diejenige des festen Landes übertrifft, so folgt doch aus dem eben gesagten, dass nach Ablauf von 4—5 Millionen Jahren eine Ablagerungsmasse entstanden sein muss, welche im Mittel eine Lage von 750 m Dicke darstellt. Aber diese Lage müsste an versehiedenen Stellen sehr verschieden diek sen: Fast gleich O dort, wo die Absätze aufhören, sehr viel dieker in der Nachbarschaft der Küsten; wo eine Zahl von 2000, selbst 3000 m gewiss nicht zu hoch gegriffen ist. Um 45000 m zu erreichen, welche den geologischen sedimentären Sehichten entsprechen, würde man 15—20 Zeitperioden jede zu 4/, Mill. Jahren an- nehmen müssen, d. h. 67—90 Mill. Jahre, also weniger als 100 Mill. Jahre, welehe Sir William Thomson auf Grund ganz anderer Betrachtungen ausgerechnet hat. Man könnte Lapparent vorwerfen — heisst es in der Revue seientifigue —, dass er in dieser Rechnung den Beitrag, den die vulkanische Thätigkeit dem Festlande liefert, vernachlässigt hat. Cordier hat berechnet, dass seit geschichtlichen Zeiten, in 3000 Jahren, 500 ebkm Laven produeirt worden sind, jährlich '/, ebkm. Das ist sehr wenig im Vergleich zu dem was das Wasser hinwegführt. Die Photographie der Farben. — Die Tages- zeitungen haben bereits Berichte darüber gebracht, dass es G. Lippmann, Mitglied des Institut de France, ge- lungen ist, eine Photographie des Spectrums in natür- lichen Farben zu erreichen, Die vorliegende kurze Notiz hat den Zweck, das Verfahren, nach den eigenen Mit- theilungen des Herrn Lippmann, nach seinem wissen- schaftlichen Wesen zu schildern. Bereits früher sind ja schon Versuche in der Richtung der farbigen Photogra- phie gemacht, so bereits 1345 von niemand geringerem als Edm. Bequerel. Aber die Experimente hatten nur partiellen Erfolg, insofern zwar die Aufnahme der Farben gelang, aber den Bildern die Fixirung, d.i. die Lichtbeständigkeit fehlte. Die Erreichung der letzteren musste also das Ziel neuerer Arbeiten sein. Es ist vollkommen von Herrn Lippmann erreieht worden. Zunächst sorgte er für mög- liehst gleichförmige, eontinuirliche Vertheilung der sen- sibeln Masse auf der Platte. Dann lehnte er die prä- parirte Platte so in einen Rahmen, hinter dem er eine spiegelnde Quecksiberplatte angebracht hatte, dass die- selbe sich direet an die Platte anschloss. Exposition, Entwicklung, Fixirung und Waschung finden dann in der üblichen Weise statt. Wenn die Platte völlig trocken geworden, erseheint das farbige Bild darauf. Nr, 12. Das punetum saliens des Lippmann’schen Verfahrens ist die Einführung der spiegelnden Quecksilberfläche. Die einfallenden Strahlen, welche in der Camera das Bild erzeugen, interferiren mit den vom Quecksilber refleetirten Strahlen. Es entstehen also innerhalb der empfindlichen Schicht eine Reihe von Interferenzfrangen, d. h. es entstehen Stellen (Streifen) grösster Lichtinten- sität, die durch ganz dunkle Stellen getrennt werden. Nur die Maxima wirken natürlich auf die Platte, und werden nach Beendigung aller die Aufnahme constituiren- den Operationen registrirt sein als eine Reihe durch- seheinender Schichten von redueirtem Silber, die um die halbe Länge der betr. Lichtwellen, d. i. eben um den Abstand je zweier Maxima der Intensität, von einander getrennt sein werden. Ueberhaupt wird also die empfind- liche Sehieht in mehrere hundert dünner Blättehen getheilt sein, die an jeder Stelle die erforderliche Dieke gleich der halben Wellenlänge) besitzen, um dureh Re- flexion die Farbe des einfallenden Strahles zu reprodu- eiren, wie dies aus der bekannten Theorie der Farben dünner Blättehen unmittelbar ersichtlich ist. Es ist auch klar, dass die fertige Platte im durchfallenden Lichte negativ erscheint, d.h. in den Complementaerfarben der- jenigen, die sie bei auffallendem Lichte zeigt. Herr Lipp- mann hat durch zahlreiche Versuche sieh überzeugt, dass seine Platten ohne Gefahr sowohl dem Tageslichte, wie auch dem Lichte eines starken elektrischen Bögens aus- gesetzt werden können. Ju (64 Fragen und Antworten. Welches sind die verbreitetsten naturwissenschaft- lichen Lehrbücher an den preussischen höheren Lehr- anstalten (für Knaben) ?*) An den hier in Frage kommenden 537 Lehranstalten sind 155 naturwissenschaftliche Lehrbücher eingeführt, darunter sehr viele nur an einer Anstalt oder an ganz wenigen Anstalten; an 10 und mehr Anstalten werden von allen 155 Büchern nur 26 gebraucht. In der Physik werden 36 Lehrbücher verwendet, davon nur 6 an mehr als 10 Anstalten. Von diesen 6 sind 50 und mehr, also an mindestens etwa !/,, sämmt- licher Anstalten in Gebrauch. Koppe, Anfangsgründe der Physik. 172 Anstalten. Jochmann-Hermes, Grundriss der Experimentalphysik. 106 Anstalten. Trappe, Schulphysik. 79 Anstalten. In der Chemie sind 39 Bücher eingeführt, davon nur 4 an 10 und mehr und nur 1 an 50 und mehr Anstalten. Rüdorff, Grundriss der Chemie. 58 Anstalten. Viele Lehrbücher der Chemie, die natürlich fast nur an Realanstalten zu finden sind, enthalten auch Minera- logie. Die beschreibenden Naturwissenschaften weisen SO Bücher auf, die zum kleineren Theile die ge- sammten beschreibenden Naturwissenschaften behandeln, zum grösseren Theile nur je eine Diseiplin. In der Bo- tanik werden auch eine Anzahl Floren benutzt. Die Zahl der Bücher, die an 10 und mehr Anstalten gebraucht werden, beträgt 16; an 50 und mehr Anstalten sind ver- breitet Vogel, Müllenhoff, Kienitz-Gerloff, Leitfaden Zoologie. 106 Anstalten. der *) Nach dem „Verzeichniss der gegenwärtigan den preussischen Gymnasien, Progymnasien, Realgymnasien, Oberrealsehulen, Real- progyinnasien, Realschulen und höheren Bürgerschulen eingeführten Schulbücher“ im Juniheft 1890 des Centralhlattes für die gesammte Unterrichts-Verwaltung in Preussen. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Vogel, Müllenhoff, Kienitz-Gerloff, Leitfaden der Botanik. 104 Anstalten. Schilling, Kleine Schulnaturgeschiehte. 99 Anstalten. Bail, Methodischer Leitfaden der Botanik. 84 An- stalten. Bail, Methodischer Leitfaden der Zoologie. 72 An- stalten. Bail, Methodischer Leitfaden der Mineralogie. 71 An- stalten. Leunis, Analytischer Leitfaden (Zoologie: Ludwig; Botanik: Frank; Oryktognosie und Geognosie: Senft). 52 Anstalten. Dr. Egon Ihne. Litteratur. Alexander Goette, Entwicklungsgeschichte des Flussneunauges (Petromyzon fluviatilis). 1. Theil (Abhandlungen zur Entwiek- lungsgeschiehte der Thiere. 5. Heft). Hamburg und Leipzig. Leopold Voss. 1890. 95 S. 9 Tafeln. 4°. Der Verfasser ist durch eine lange Reihe sorgfältigster Unter- suchungen über die Entwicklungsgeschichte verschiedener Thiere (von mannigfachen kleineren Abhandlungen abgesehen sind als Hauptwerke zu nennen: Unke 1875, Würmer 18832 und 1884, Süsswasserschwamm 1886, Quallen 1887) sowie in weiteren Kreisen durch seine Studie „über den Ursprung des Todes“, den er in der Keimbildung findet, bekannt geworden. Die grosse Abhandlung über die Unke verwickelte ihn in einen lebhaften Streit mit Haeckel (siehe dessen „Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschiehte*. Jena 1375) und dieser Streit setzt sieh auch in dem vorliegenden Werk, und zwar in Gestalt einer ausführlicheren Polemik gegen Haeckel's Schüler, die Gebrüder Hertwig, fort. Ausser einer Zurück- weisung des Angriffs O. Hertwig's betreffs der Unterscheidung von Embryonal- und Dotterzellen, die nach Goette’s Ansicht immerhin eintreten kann, wenn auch das gesammte Entoderm einschliesslich der Dotterzellen bis zum Schluss der Gastrulation ungesondert bleibt, wendet sich Verfasser namentlich scharf gegen die Hert- wig’sche „Coelomtheorie“, nach der die Mesodermbildung der höheren Wirbelthiere an die der Amphioxus, sowie der Chaeto- gnathen u. a. Wirbellosen angeknüpft, und die Gruppe der „En- terocoelier* darauf begründet wird. Diese Theorie ist nach Goette’s Ansicht „naturwissenschaftlich unzulässig“, für sie „und ihre Con- sequenzen ist in der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Thiere kein Platz.“ Sie „präsentirt sich als ein Versuch, in die vergleichende Entwicklungsgeschichte eine neue Erkenntnisstheorie einzuführen, nämlich die Construetion der wirklichen Entwicklung eines Körpertheils nach den „Endresultaten“, wenn es nicht anders geht, auch im Widerspruch mit der Empirie“. — Ref. kann hier natürlich nicht auf eine Beurtheilung dieser scharfen Angriffe des Verfassers, der ja freilich auch von Haeckel in der oben eitirten Schrift nicht eben glimpflich behandelt wurde, eingehen und ver- weist im Uebrigen auf O. Hertwig's „Lehrbuch der Entwicklungs- geschichte des Menschen und der Wirbelthiere“, Cap. 6 (Coelom- theorie). Die thatsächlichen Befunde, die übrigens bereits schon nach dem Erscheinen der vorliegenden Schrift mehrfach durch gleichlaufende Arbeiten (s. Karl Nestler, „Beiträge zur Anatomie und Entwick- lungsgeschichte von Petromyzon Planeri, „Zool. Anzeiger“ 1890 S. 11 und „Archiv für Naturgeschichte“, 56. Jahrg. 1. B; €. Kupffer, die Entwicklung von Petr. Planeri, „Archiv für mikroskopische Anatomie“ 35. B., Seite 469; Charles Julin, Recherches sur l’apareil vaseulaire et le systeme nerveux peripherique de ’Ammocoetes etc., „Archive de Biologie“ T. 7. Seite 759) ergänzt werden, sind die folgenden. Goette unterscheidet 7 Entwieklungsperioden. Die erste umfasst die Blastula und Gastrula bis zum Schwunde der Keimhöhle. . Während der zweiten durchzieht die Urdarmhöhle eoncentrisch zur dorsalen Oberfläche das Entoderm des kugeligen Embryos in einem Halbkreise. Die Mesodermplatten sondern sich, das Centralnervensystem wird angelegt. In der dritten Periode wird der Embryo birnförmig, das Hinterende spitz. Der Vorderarm erweitert sich, die Leber wird taschenartig angelegt, die Medullar- leiste verdickt sich. 5 nl Während der 4. Periode umwächst die Rückenwand die En- todermmasse und tritt in der Medianebene leistenförmig hervor. Die Medullarleiste beginnt sich abzuscehnüren, die Chorda löst sich ab, das Mesoderm gliedert sich quer. 5. Periode: Der Kopf wächst stärker, das Hirnrückenmark wird hohl, Hirn- und Spinalnerven, Ohren und Augen erscheinen, die Seitenplatten und ersten Kiemen- taschen sondern sich. 6. Periode: Der eylindrische Vorderkörper krümmt sich hakenförmig gegen den kugligen Hinterleib. Das Herz wird angelegt. In der 7. Periode streckt sich der ganze Körper, und der Schwanz erscheint. Maul, Darm, Gefässe, Blut, Kiemen und Nieren bilden sich aus. — Die Sonderung der beiden 22 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Neal primären Keimschiehten beruht auf mechanischen Ursachen: „Die Embhryonalentwieklung ist eine ganz bestimmt organisirte Arbeits- leistung der bei den Zelltheilungen sieh fortdauernd auslösenden elementaren Bewegungen, indem diese unter ganz bestimmten Bedingungen ihrer Richtung und Stärke, also auch ihrer gegen- seitigen Beziehungen formbildend wirken.“ Diese „Formen- bedingungen“ sind die gleichen wie die vom Verf., für die Würmer (s. 0.) früher schon erörterten. Für die Mesodermbildung gilt, dass das Entoderm bis zum Schluss der Gastrulation un- gesondert bleibt. Sein mehrschichtiger dorsaler Theil beginnt sich in der 2. Periode umzubilden, indem sein Mitteltheil ein- sehiehtig wird (Chordaanlage), und sodann sich die oberflächliche Sehicht der Seitentheile abspaltet (Mesodermplatten), während das übrige Entoderm als Darmblatt (Enteroderm) zurückbleibt. Chorda- anlage und Mesodermplatten bilden eine durch flache Rerben ge- gliederte Sehieht, bis sich die erstere zusammenzieht, ihre Ränder nach unten krümmt und so ein Strang, wird, worauf sieh die Darmblattränder zur neuen Urdarmdecke verbinden. Die Me- sodermplatten werden später mehrsehichtig. gliedern sich medial quer (Mesomeren). während sie lateral (Seitenplatten) ungegliedert bleiben. Die ersten Mesomeren entstehen in der hinteren Kiemen- gegend und werden später hohl; sodann erfolgt die Quergliederung im Kopfe und übrigen Rumpfe an der zweihlättrigen Platte. Ihre Spaltung setzt sich vorn in die Seitenplatten fort (Leibes- höhle). lösung der Mesomeren von den Seitenplatten, worauf die Leibes- höhle auch hinten entsteht. — Ein Vergleich der hierher gehörigen Entwicklungen für 1. die Tunikaten und Amphioxus, 2. für Pe- troımyzon und die geschwänzten Lurche und 3. für die schwanz- losen Lurche ergiebt das Ergebniss, dass die ursprünglich weit offene Darmanlage (1. Thiergruppe) sich zuerst bis zur Chorda zusammenzog (2. Gruppe) und weiter bei den Anuren zum voll- kommenen Schlauch geschlossen wurde. — Der Schwanz des Neunauges entsteht aus dem ursprünglichen Schwanzende der Rückenwand und den anstossenden Prostomarändern. Dabei setzt sich der nahtartige Medullarabschluss bis in das Prostoma fort (Prostomanaht), woraus der neurocentrische Strang und der Scehwanzdarm entstehen. Der letzte Rest des Prostoma wird zum After, sodass die Prostomanaht also von diesem bis zur Schwanz- spitze reicht. — Für die bei Fischen und Lurchen als vorzugs- weise larvale Bildung auftretende Kopfniere gilt, dass sie bei den Vorfahren der Randmäuler und bei diesen aus frei in die Leibes- höhle hineinragenden Wimpertrichterröhrehen bestand, die bei Petromyzon insbesondere über dem Herzen zusammenrückten. Bei den Ganoiden und Knochenfischen zog sie sich zu einem geknäuelten Canal zusammen und stellt hier also einen secundären Zustand dar. Während sie aber hier durch die Peritonealbrücke von der Leibeshöhle abgeschlossen wird, ist dieser Abschluss bei den Lurchen zeitlich und räumlich beschränkt, sodass die Kopt- niere dieser Thiere nicht von der der höheren Fische, sondern allein vom Typus der Petromyzonvorfahren abgeleitet werden kann. — Goette schildert ausser den genannten Organen die Bildung der Mesomeren, der Seitenplatten, des Herzens, des Blutes, des Darms, .der Gefässe und der Leibeshöhle. — Zum Schluss möge seiner Ansicht Erwähnung gethan werden, dass die Verwandtschaft der Neunaugen zu den Lurehen eine grössere ist, als ihre bisherige Stellung im System anzunehmen gestattet, eine Ansicht, die sich ausser auf den soeben genannten Punkt auf die Aehnlichkeit im Kiemensystem u. a. Verhältnisse stützt. Matzdorff. Dr. Ferdinand Pax, Allgemeine Morphologie der Pflanzen mit besonderer Berücksichtigung der Blüthenmorphologie. Verlag von Ferdinand Enke. Stuttgart 1890. Pax’ Morphologie behandelt, wie das unter dem Titel Mor- phologie üblich ist, im Ganzen nur die Morphologie der äusseren Pflanzentheile. Diese werden — unterstützt von zahlreichen Figuren (126) — gemäss der Lehre von den Homologien, bei der namentlich die Stellungs- und Entwicklungsverhältnisse «in Betracht kommen, erörtert und auch rein beschreibend vorgeführt. Dem- entsprechend sagt der Autor: „Die Morpholögie nimmt . . . allein Die Trennung der beiden Höhlen erfolgt durch Ab-' Rücksicht auf die gegenseitige Stellung der Theile, auf die Art ihrer Anlage und ihrer Entwieklung, und von diesem Standpunkte aus hat sich gezeigt, dass man alle Organe der höher entwickelten Gewächse den morphologischen Begriffen Wurzel, Achse, (Caulom), Blatt (Phyllom) und Haar (Triehom) unter- ordnen kann.“ Ich bitte in diesem Satze auf das Wort „alle“ zu achten, das ich in dem Citat habe fett‘ drucken lassen. In der That ver- suchen die Autoren, welche sich mit der theoretischen Morphologie beschäftigen, im Allgemeinen alle Organe, sofern es. sich um höhere Pflanzen handelt — den genannten Begriffen unterzuordnen, und der obige Satz kann daher als das ganz präcis ausgedrückte Prineip der von Goethe-Schimper-Braun entwickelten Morphologie an- gesehen werden. Näheres Studium der Pflanzenorgane nach den oben genannten Gesichtspunkten zeigt aber, dass die ursprüng- lichen Betinitionen namentlich für Wurzel, Achse und Blatt inmanchen Pällen nieht passen, denn es giebt z. B. viele Organe, welche Be-. stimmungsstücke von zweien jener Begriffe enthalten. Anstattnun aber daraus zu folgern, dass entweder die Definitionen derselben eine Um- gestaltung zu erfahren haben, oder — wenn es für praktischer gehalten wird, die alten Definitionen beizuhalten — die nicht vollständig unter jene Begriffe zu bringenden Organe als Zwischen- formen zu bezeichnen, so wenden die Autoren auch 'auf diese Zwischenformen die Begriffe Thallus, Wurzel, Achse, Blatt oder Triehom an. Ich habe schon einmal auf diesen Fehler in der „Naturw. Wochensehr.*“ Bd. V. S. 46 in meinem Artikel „Die botanische (theoretische) Morphologie und Goethe“ hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass auf Grund dieser Unklar- heit der Morphologen eine Uneinigkeit unter ihnen unausbleiblich ist. Uebrigens ist es auch Pax klar, dass die erwähnten Grund- organe durch ihre Merkmale keineswegs scharf von einander ge- schieden werden. „Die Grenzen — sagt er — sind überaus schwankende und unsichere, und die Abweichungen so mannig- faltig, dass allgemeinere Definitionen sich kaum geben lassen.“ Will aber Pax die Definitionen schwankend lassen, so wird der ersteitirte Satz bedeutungslos, weil es dann selbstverständlich ist, dass man alle Organe unter die genannten, dann ganz vagen und beliebig knethbaren Begriffe bringen kann. Es bildet dann die Zugehörigkeit aller Organe zu jenen Begriffen keine erst durch Untersuchungen zu erwerbende Erkenntniss. Der aufge- wiesene Widerspruch bei unserem Autor ist sehr bemerkenswerth; er kann sich einerseits seiner besseren eigenen Erkenntniss nicht verschliessen, andererseits aber steht er zu sehr unter dem Ein- fluss der älteren Morphologie, auf deren Entwicklung die ungün- stige Einwirkung der deutschen sog. naturphilosophischen Schule im Anfange unseres Jahrhunderts nicht zu verkennen ist. Die Morphologie ist jetzt offenbar in Gährung begriffen: sie sieht einerseits die Unwissenschaftlichkeit der alten Methode ein, fühlt aber andererseits durch die Macht der Gewohnheit noch vielfach ihre Fesseln. Man kann dies an vielen Stellen des Pax’schen Buches herauslesen. Das Buch zerfällt nach einer zwölf Seiten langen Einleitung in zwei Theile: 1. Morphologie der Vegetationsorgane (S. 13—144), 2. Morphologie der Reproduktionsorgane (S. 145—392). Ein Re- gister beschliesst das Werk. Nach dem Vorwort des Verfassers wollte er ursprünglich nur die Blüthenmorphologie behandeln, die‘ Besprechung der Vege- tationsorgane möchte er „gewissermassen nur als eine vorberei- tende Einleitung für den zweiten Theil“ angesehen wissen. P. Briefkasten. Herrn Director B. — Ihre Annahme, die Aitken’schen Unter- suchungen über die Staubtheilchen in der Luft seien „ganz neu“ ist irrthümlich. Wir verweisen Sie auf den ausführlichen Artikel über diese Untersuchungen in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 297 ff. Ihr Ersuchen, auf die Sache in der „Naturw. Wochenschr.“ einzugehen, erledigt sich durch diesen Hinweis von selbst. Inhalt: Dr. Ant. Collin: Ein seltener Fall von Doppelbildung beim Regenwurm. (Mit 3 Abbild.) — Oskar Liebreich: Ueber die therapeutische Wirkung der eantharidinsauren Salze. — Cygnus nigricollis am Rhein erlegt. — Ueber die Art und Weise, wie bei den Spirogyren oder Schraubenalgen die die Fortpflanzung bewirkende Conjugation zustande kommt. — Ueber die Zukunft des Festlandes. — Die Photographie der Farben. — Fragen und Antworten: Welches sind die verbreitetsten natur- wissenschaftlichen Lehrbücher an den preussischen höheren Lehranstalten (für Knaben)? — Litteratur: Alexander Goette: Entwicklungsgeschichte des Flussneunauges (Petromyzon fluviatilis). — Dr. Ferdinand Pax: Allgemeine Morphologie der Pflanzen mit besonderer Berücksichtigung der Blüthenmorphologie. — Briefkasten. ur Die Erneuerung des Abonnements wird den geehrten Abnehmern dieser Wochenschrift hierdurch in geneigte Erinnerung gebracht. Die Verlagsbuchhandlung. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonic Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 12: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XxXVI SAUREN TINE Franz Schmidt & Haensch BERLIN S. Stallschreiber - Strasse 4. (Lanolii-Toilette-Cream-Lanolin Pr} - Ba Witfonlon.n tn : an zur Pflege vauber, vother Haut, aufgeiprungener Vo rzu g i Ic h Hände und Lippen. Vorzüglich zur NReinhaltung und Bercdumg wunder Haut itellen und Wunden- Vorzügl IC h zur Erhaltung einer guten Haut, bejonders bei Keinen Kindern, Zu haben in allen Apotheken und Drogerien. et: Werkstätten für physikalische u. optische Präcisions-Apparate. Specialität:! 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Die einfachen Lungenkrankheiten. Pneumo-bulbäres Asthma, cardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Lunge; Kraukheiten der Pleura. XII und 546 Seiten. ELTTLLLLILZLZLITTTZZLLIIZZ LEI TI TI I 2 Von = 'E Dr. Alfred Nehring, =| Professor der Zoologie und Vorsteher der zoologischen Sammlungen an der Königlichen landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin. Mit ı Abbildung im Text und 1 Karte der Fundorte. = 266 S. gr. S’. Preis 5 Mark. = NIE I AUIKIBANIKUIBALENIDDERERTEKRODLAD DEREN I DNITTNTNTNTITTTTTTTTIT DTETIITTT GERARASSERERF BEEEEEEELEERE XXVII Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 12: WHRRRERKKERKEERTRRRKERRRRERRERRERRERRKERRRRERUERKRRKKRKRUKHRKEN W. Hartig’s Nachf,, Curt Wiedemann, Leipzig. Glasschleiferei für Mikroscopie. ä Objectträger-Deckgläschen. | Präparatengläser. 3 Pre islisten gratis und franco- HRIRERTRRHRREKRRRARRRRERKKRRERERKTRTRERRERRERHREREERUEN NE Naturkraft ra Geisteswalten. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 29. März 1891. Nr. 23. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- [ Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 &. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— a sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 3 extra. A bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Wellenbewegung des Erdbodens in Puerto Orotava. Von Dr. E. von Rebeur-Pasehwitz. In den Vormittagsstunden des 5. Januar d. J. wurde | habe, unterworfen war. Gegen 6” a. m. beginnen sich durch ein seit dem Dezember v. J. hier in Puerto Oro- | die ersten Spuren von W ellen sehr kurzer "Periode zu tava, Tenerife, in der Ebene zeieen aber erst von 6” 37” des Meridians aufgestelltes an sind dieselben deutlich ge- photographisch registrirendes nug, um mittelst einer Loupe Horizontalpendel, eine selt- auf dem Photogramm gezählt same Wellenbewegung des werden zu können. Bis 7’ Erdbodens aufgezeichnet, wie 54”.4 lassen sich auf diese sie an diesem Instrument, mit Weise 103 einfache Oseilla- welchem ich nun seit bereits tionen erkennen, woraus sich 2 Jahren beobachte, noch nicht Figur I. Erdbewegung beobachtet in Tenerife am 5. Januar 1891. — Der die mittlere Dauer einer Os- wahrgenommen worden ist.*) Pfeil bezeichnet den Sinn, in dem die Zeit fortschreitet. eillation zu 45°, diejenige ei- Das Pendel ist freischwe- ner Welle somit zu 11/,”” er- bend und leicht beweglich. Bei Erschütterungen, z. B. schwachem Er dbeben geräth es sofort in mehr oder min- der starke Schwingungen. Im vorliegenden Fall ist dies je- doch nicht eingetreten, son- dern es hat eine sehr rasche periodische Veränderung der Gleichgewichtslage stattge- funden, deren Verlauf fol- gender war. Während der voraufge- henden Nacht vom 4. auf den 5. zeichnet sich die Curve durch grosse Ruhe aus und nimmt den der täglichen Pe- riodieität entsprechenden ge- wöhnlichen Verlauf. Ersteres giebt. Die periodische Be; wegung war sehr nahe iso- chron, denn für das Ende der 50. Oseillation, welche einen gewissen Abschnitt bil- det folgt aus obiger Zahl 7" 14”,6, während die Ab- lesung 7” 14”.8 ergiebt. Im weiteren Verlauf ist die Bewegung complieirter und die Amplituden nehmen zu. Es wurden bis 8” 42.4" 39 Oseillationen mit einer mittleren Dauer von 72° ge- zählt. Darauf wird die Be- wegung so unregelmässig und die Dauer der Oseillationen so ungleich, dass ich mich begnügen muss auf die bei- Figur 2. Erdbewegung verursacht durch das centralasiatische Erdbeben 2 7 ala n . A af . ‚m n x ist ein Beweis, dass zur ge- 10.—11. Juli 1859 in Wilhelmshaven Juli 1589. gefügte Kopie (Figur 1)*) nannten Zeit der Erdboden zu verweisen, welche die in keiner Bewegung ausser der täglich sich wiederholenden, | Folge der langsamen Bewegung des Papierstreifens eng zu- welche ich kürzlich in den „Astr. Nachr.“ besprochen sammengedrängten Schwingungen, freilich nicht so deutlich *) Einen unten erwähnten unsicheren Fall ausgenommen. | *) Die Kopie ist direkt von dem Original genommen, so Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 13: wie das Original erkennen lässt. Bemerkenswerth sind die zwei Wellen von längerer Dauer, welche etwa in der Mitte der über einen Zeitraum von 5 Stunden sich erstreckenden Bewegung liegen. Auch in den Amplituden sind während der beiden ersten Stunden regelmässige Veränderungen zu bemerken, welche so aussehen, als wären sie durch zwei neben einander bestehende Wellensysteme veran- lasst. Um 12” brieht die Curve ab, weil das Papier ge- wechselt wurde. Wir haben es also hier mit einer Wellen- bewegung zu thun, welche zu der angegebenen Zeit über den Beobachtunesort hingegangen 3 und sich in ihrem Anfange durch grosse Regelmässigkeit auszeichnet. Aehn- liche Bewegungen sind "wiederholt meist zufällig durch Beobachter an astronomischen Instrumenten an Wasser- wagen wahrgenommen worden. Ich selbst bemerkte eine solehe am 28. Nov. v. J., während ich auf dem platten Dache meiner Wohnung eine Zeitbestimmung mit einem kleinen Universalinstrument machte, und dabei sah, dass die Blase periodisch fast über die ganze sichtbare Theilung der Libelle hin- und herwanderte.e Am 5. Januar ist in- dessen die absolute Bewegung eine so ausserordentlich geringe gewesen, dass die durch dieselben erzeugten Niveauveränderungen kaum den Betrag von 0.2 er- langten, also für gewöhnliche Niveaus ganz unbemerkbar geblieben sein würden. Umsomehr muss man sich wundern, dass eine so minimale Bewegung sich über eine Stunde lang in isochronischen Wellen über ein so complieirtes Terrain, wie der vulkanische Boden Tenerifes, fortpflanzen konnte. Im Februar 1889 wurde an demselben Instrument eine ähnliche fast noch deutlicher ausgesprochene Be- wegung in Potsdam beobachtet. Ich habe dieselbe aber damals nicht beachtet, weil es ein vereinzelter Fall war, und derselbe ausserdem aus gewissen Gründen nieht ganz einwurfsfrei schien. Jetzt möchte ich annehmen, dass es sich um ein ähnliches Phänomen handelte, wie das hier erwähnte. Während ich im Begriff war, vorstehende Notizen niederzuschreiben, erhielt ich durch eine Zeitungsnachricht Kenntniss von einer in Madera am 6. Jan. beobachteten auffallenden Fluth des Meeres. Durch freundliche Ver- mittelung des deutschen Consuls in Funchal erhielt ich folgende Mittheilungen, welche z. Th. von P. Schmitz in Funchal in der französischen Zeitschrift Cosmos No. 313 und 514 vom 24. und 31. Jan. veröffentlicht sind. Am 6. Januar Nachmittags nach 4” wurde an den Desertas, einer kleinen unbewohnten Inselgruppe in etwa 10 Seemeilen Entfernung von Madera ein plötzliches Steigen des Meeres beobachtet, dessen Höhe auf 20 m geschätzt wurde. Gleichzeitig fiel das Meer an der Süd- küste Maderas derart, dass die kleinen Häfen der Orte Camara de Lobos und Machico, welche westl. und östl. von Funchal liegen fast trocken gelegt wurden. Un- mittelbar darauf stieg das Wasser in beiden Ortschaften bis zu einer noch nie beobachteten Höhe, indem es in «lass die Zeit in derselben von rechts nach links fortschreitet. Eine Abseissenlänge von 11 mm entspricht nahe einer Stunde, während für die Ordinaten als Maass die Relation 1 mm — 0.029320 gilt, d. h. wenn der Lichtpunkt sich im Sinn der Ordinate um 1 mm bewegt, so bedeutet dies eine Niveauyeränderung von 0.0292. Zur Vergleichung ist Fig. 2 beigefügt eine direete Kopie der Störung, welche das centralasiatische Erdbeben vom 11. Juli 1889 in Wilhelmshaven verursachte, aufgezeichnet durch ein damals dort aufgestelltes Pendel. Die Lücke in der Curve ist dadurch ent- standen, dass das vorher absolut in Ruhe befindliche Pendel zwei Stunden lang in starke Schwankungen versetzt wurde. Camara de Lobos das Kirehthor, in Maehio die Bäume der Promenade erreichte, woselbst beim Zurücktreten des Wassers Fische zurückblieben. An beiden Orten wurden Wiederholungen des Phänomens beobachtet, in Camara de Lobos waren zwei, in Machico drei deutlich ausge- sprochene wahrzunehmen, an letzterem Ort will man sogar bis zum Eintritt der Nacht alle 5 Minuten noch Wellen wahrgenommen haben. Merkwürdig ist, dass in Funchal, welches mitten zwischen beiden Orten liegt, das Phänomen fast unbemerkt vorüber gegangen zu sein scheint, obwohl man annehmen muss, dass es auch hier, wenn aueh viel- leicht in einer durch die Oertlichkeit veränderten Form aufgetreten sein muss. Am Tage und zur Zeit des Phänomens will man von den Desertas her einen dumpfen Lärm gehört haben und an den folgenden Tagen wird von grossen Felsrutschen in dieser Gegend berichtet. Ein in der Nähe der Desertas verlaufendes "Telegraphenkabel ist zu annähernd derselben Zeit gebrochen. Da das Cabel zur Zeit nicht in _Be- nutzung war, so lässt sich die genaue Zeit des Bruchs nicht angeben, obwohl feststeht, dass derselbe zwischen 10%. a.m am 6. Jan. und 8”. a. m am 7. Januar erfolgt sein muss. Ziemlich genau bestimmbar ist der Ort der Bruch- stelle, in 32° 26° Breite und 16° 36° Länge, ‘wodurch man auf einen Punkt in SW der Desertasgruppe .ge- führt wird. Ein direeter Zusammenhang, wie ich Anfangs ver- muthete, zwischen der in Tenerife beobachteten Erdbe- wegung und dem Phänomen der Fluthbewegung, kann, wie die Vergleichung der Zeiten ergiebt, nicht bestanden haben. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass die Ein- stürze auf den Desertas, welche die Fluthen hervorge- rufen zu haben scheinen, — am 11. Januar wurde gleich- zeitig mit einem grossen Erdrutsch ein erneutes Ansteigen des Wassers beobachtet — nur seeundäre Erscheinungen waren, und hervorgerufen wurden durch die Auslösung von Spannungen in Folge eines Vorganges in dem be- nachbarten submarinen Gebiet. Erstere haben auf das bier aufgestellte Pendel keinen Einfluss ausgeübt, wäh- rend sich doch eine grosse Anzahl von kleinen Erder- schütterungen im Verlaufe der Beobachtung wahrnehmen liessen. Hiernach möchte ich schliessen, dass die Be- wesung des Bodens am 5. Januar auf eine viel bedeu- tendere Störung zurückzuführen ist, als es die Vorgänge auf den Desertas waren, und die Vermuthung liegt nahe, dass dieselbe in einem ursächlichen Zusammenhange mit den Letzteren standen. Sollte aber auch diese Annahme unrichtig sein, so giebt vielleicht obige Mittheilung Veranlassung, die Be- richte kürzlich stattgehabter seismischer Phänomene zu vergleichen, welche mir hier leider unzugänglich sind. Wären hier oder in Madera selbstregistrirende Fluth- messer vorhanden, so würde man wohl zu vollständigeren Aufschlüssen gelangen. Da der Zeitpunkt da ist, wo unter der Voraussetzung einer Periodieität der vulkani- schen Thätigkeit, eine neue Aeusserung derselben auf diesen Inseln zu erwarten wäre, so muss begreiflicher- weise jedes Phänomen innerhalb eines gewissen Umkreises, welches etwa durch vulkanische Kräfte verursacht sein kann, ein besonderes Interesse erwecken.*) *) Febr. 5 und 6 in den Vormittagstunden verzeichnete das Pendel wiederum grössere Störungen, letztere von sehr ähnlichem Charaeter wie die Störung am 5. Jan., während erstere den Störungen ähnelt, welehe von entfernten Erdbeben herrühren und auch- in Norddeutschland während des Sommers 1889 in fast 30 Fällen beobachtet wurden. Nr. 13. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 125 Ueber Wettersäulen. Von Harry Gravelius. Unter den physikalischen Naturwissenschaften ist die Meteorologie diejenige, welche sich der grössten Be- vorzugung seitens der Allgemeinheit zu erfreuen hat, was erklärlich genug ist, da ein Jeder vom Wetter und seinen Aenderungen immer in ganz direeter Weise betroffen wird. So sind Thermometer und Barometer altgewohnte Hausgenossen geworden, so ist die Ecke unserer grossen Tageszeitungen eine der gesuchtesten, in der sich die synop- tischen Wetterkarten finden. So kommt es, dass die einen bedauernswerthen Mangel an Logik und gesundem Menschenverstand zeigende Irrlehre vom Einflusse des Mondes auf das Wetter m den letzten Jahrzehnten auf- gewärmt und dem Publikum noch dazu als Novum vor- gesetzt werden durfte. Immerbin aber tritt uns das erfreuliche Gesammtbild eines intensiven allgemeinen Interesses an der Entwick- lung einer jungen Wissenschaft entgegen. Und damit erwuchs und erwächst denn auch wieder für die letztere die Pflicht, jener freundlichen Theilnahme entgegen- zukommen, indem sie es sich angelegen sein lässt, das Verständniss der Naturerscheinungen immer weiteren Kreisen zugänglich zu machen, wobei sie dann nebenher noch die sehr segensreiche Mission erfüllt, die Leistungen der Wissenschaft und der Technik zu Gunsten eben jenes Verständnisses, sowie überhaupt im Interesse der Arbeit und des Verkehrs der grossen Mehrzahl der Menschen immer umfassender und eindringlicher zu verwerthen. Auf Grund solcher Bestrebungen sind schon seit längerer Zeit in verschiedenen Städten sogenannte „Wettersäulen“ errichtet worden, so in Frankfurt a. M. schon in den sechziger Jahren, die wohl die erste ihrer Art in Deutschland gewesen sein dürfte. Andere Städte sind dann nachgefolgt, und man hat mehr oder weniger monumental und künstlerisch ausgestattete Säulen ge- schaffen, an denen jeweilig die drei zunächst interessi- renden meteorologischen Elemente, Temperatur, Druck und Feuchtigkeit der Luft für Jedermann bequem und sicher ablesbar gemacht wurden, während zugleich auch dafür Sorge getragen war, dass die Säulen dem Publi- cum noch mannigfache weitere Belehrung, sowohl auf dem Gebiete der Meteorologie als auch namentlich auf denjenigen der Astronomie und der Geographie boten. Es muss aber bedauerlicher Weise constatirt werden, dass die Wettersäulen bisher nur geringe Erfolge auf- weisen konnten, dass vielmehr die guten Absichten ihrer Stifter und Aufsteller in nahezu allen Fällen vereitelt worden sind, da man bei der Ausführung der betreffen- den Einrichtungen die grossen Schwierigkeiten der Auf- gabe doch nicht hinreichend gewürdigt hat. Dadurch ist es denn z. B. in Berlin dahin gekommen, dass die Angaben der Wettersäulen auf das Urtheil des Publieums geradezu verwirrend einwirken konnten, worauf dann — wenn auch ganz ungerechfertigter aber doch erklärlicher Weise — die Laienwelt nicht nur den Wettersäulen, sondern gleich der meteorologischen Wissenschaft glaubte mit Misstrauen entgegentreten zu sollen. Wenn nun unter Aegide der Königlichen Sternwarte und des Königlichen Meteorologischen Instituts zu Berlin dort der Frage der Errichtung von Wettersäulen in Jüngster Zeit in sehr intensiver und von Erfolg begleiteter Weise näher getreten worden ist, so ist das eine An- gelegenheit, die in erster Linie von hohem wissenschaft- liehen Interesse ist und daher auch an dieser Stelle wohl eine Erörterung finden darf, Der gemeinsame Fehler aller bisherigen Einrichtungen der besprochenen Art besteht darin, dass man bei ihnen es versäumt hat, diejenigen Schutz- und Vorsichtsmass- regeln anzuwenden, durch welche auf meteorologischen Stationen die Gewährleistung dafür geboten wird, dass die Angaben der meteorologischen Instrumente auch wirk- lich wahre sind, d. h. dass sie auch wirklich diejenigen Werthe der meteorologischen Elemente angeben, welche für die Beobachtungszeit den meteorologischen Zustand der freien Luft in der Umgebung der Station charakterisiren. Anstatt nun aber den Zutritt dieser freien Luft zu den Instrumenten zu ermöglichen hat man — schematisch zu reden — die letzteren stets in Glaskästen aufgehangen, die mit einem Schutze gegen die direete Strahlung nicht versehen waren. Offenbar ist bei solcher Einrichtung keine richtige Temperatur- oder Luftdruckangabe zu er- warten, im Gegentheil wird der Fachmann von vornherein sich klar darüber sein, dass die Thermometer- und Baro- meterablesungen an solehen Säulen mit sehr groben Fehlern nicht nur behaftet sein können, sondern sein müssen, Denn es ist doch ganz offenbar, dass ein T'hermo- meter in einem solchen Glaskasten nicht die Temperatur der äusseren Luft, die allein man wissen will, sondern diejenige des im Kasten eingeschlossenen Luftquantums angiebt. Diese innere Temperatur wird aber von der äusseren sehr verschieden sein, da sie sehr wesentlich beeinflusst wird am Tage durch die starken Erwärmungen, welche der Säulenkörper durch die Sonne erfährt, und bei Nacht durch die starke Abkühlung desselben durch Ausstrahlung. Die Tagestemperaturen an den Säulen sind also immer zu hoch (zuweilen 4 -5 und selbst noch mehr Centigrade), und die Nachttemperaturen in gleichem Maasse zu niedrig. In ganz analoger Weise werden die Luftdruckangaben der bisherigen Wettersäulen verfälscht. Als daher ein sehr verdienstvoller Privatmann den Entschluss fasste, eine Reihe neuer Wettersäulen für Berlin zu schaffen und zu diesem Zwecke sich mit der Gesell- schaft „Urania“ verband, war es selbstverständlich die erste Forderung der eonsultirten wissenschaftlichen Autori- täten, dass für solche Vorrichtungen Sorge getragen werden müsse, welche durch eine kräftige Ventilation oder sogar 'eine energische und andauernde Aspiration der Luft in denselben die Garantie böten, dass man in den Ablesungen der meteorologischen Instrumente auch wirk- lich ein genaues Bild des jeweiligen Zustandes der Atmos- phäre vor sich habe. | Die für eine Schaffung einer solehen Aspiration noth- wendigen Betriebskräfte sind nun in der glücklichsten Weise gesichert dadurch, dass man die neuen Wetter- säulen — die sich, um ihre Verbindung mit der Gesell- schaft Urania zu markiren, Uraniasäulen nennen werden — auch mit Uhren nach dem System Mayrhofer aus- statten wird, zu deren Inganghaltung eben die Kräfte nothwendig gegeben sein müssen, die man denn auch noch zu besagtem Zweck ausnutzen wird. Es wird dann möglich, an geeigneten Stellen der Säulen eine so starke Luftströmung im Gange zuerhalten, dass die Angaben sowohl der gewöhnlichen Instrumente als auch derjenigen, welche dieselbstthätigen fortlaufenden Aufzeichnungen der Tempera- tur, des Druckes und der Feuchtigkeit der Luft besorgen, völlig frei sein werden von den groben Störungen, denen sie in den bisherigen Wettersäulen ausgesetzt waren, und dass sie somit vollkommen wissenschaftlichen Werth erlangen. Diese gegen Fehlerquellen gesicherte Anlage der 196 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr: 13 eigentlichen meteorologischen Theile der Uraniasäulen beruht auf dem bekanntlich von Herrn Assmann in neuester Zeit in die Wissenschaft eingeführten Prineip der Verwendung metallischer Schirme von möglichst ge- ringer Masse, die wenig Wärme absorbiren, in Verbin- dung mit der wiederholt als nothwendig betonten leb- haften Lufterneuerung. Die Hinzufügung von Resistrir- apparaten ist vor allen Dingen in wissenschaftlicher Hin- sieht mit besonderer Freude zu begrüssen, aber auch für weitere Kreise wird die Möglichkeit, den Verlauf eines meteorologischen Elementes während einer ganzen Woche hindurch im Bilde der registrirten Curve verfolgen zu können, von grossem Interesse sein, dürfte aber noch als ganz besonders schätzbar sich erweisen, wenn, wie es der Fall sein wird, Thermometer-, Barometer- und Psychrometereurven an einer Stelle der Säule vereinigt werden. Denn dann wird einem Jeden die Gelegenheit geboten, diese Curven mit einander zu vergleichen, etwaige Aehnlichkeiten, Zusammenhänge aufzusuchen, und auf diese Weise die beste Anregung geschaffen zum Nachdenken über die Gesammtheit der meteorologischen Vorgänge und der Art und Weise, wie sie sich gegen- seitig bedingen. Es wird dann auch das Verständniss der in den Säulen alltäglich auszuhängenden neuesten Wetterkarte und der diesen angeschlossenen, sachgemäss begründeten, Erörterung über den muthmasslichen Verlauf der Witterung sehr gehoben werden. Es ist bereits erwähnt, dass die Säulen auch Uhren besitzen werden, und zwar je zwei Zifferblätter, auf ent- gegengesetzten Säulenseiten. Diese Uhren werden unter Benutzung aller Vortheile, welche gegenwärtig die elek- trischen Leitungsnetze für die Zwecke der Zeitüber- tragung bieten, die Zeit stets auf die halbe Minute genau und richtig angeben. Eine solche Genauigkeitsgrenze in den Angaben öffentlicher Uhren erscheint aber vollkommen hinreichend und wird ja bis jetzt, abgesehen von den von der Berliner Sternwarte aus regulirten Normaluhren, auch nirgends erreicht. Im Gegentheil, eine jüngst auf Ver- anlassung des Geh. Rath Förster unternommene Con- trolirung der öffentlichen Uhren (diejenigen der Uhr- macher eingeschlossen) hat ganz überraschende Ab- weichungen der Zeitangaben von dem richtigen Werthe sowie auch untereinander ergeben. Es möge noch be- merkt sein, dass die Uraniasäulen auch in einem Felde mit dem Datum die jeweilige Lichtgestalt des Mondes plastisch zur Darstellung bringen werden. Auch eine Reihe anderer allgemein wissenschaftlicher Mittheilungen aus den Gebieten der Astronomie, Geographie (hier namentlich Zeitdifferenzen zwischen allen bedeutenderen Plätzen der Erde) und Statistik sollen den Wünschen des Pu- blikums, sich stets leicht und im vollen Sinne des Wortes „en passant“ unterrichten zu können, entgegen kommen. Die Geldfrage hat man in einer Weise zu lösen unternommen, der in Rücksicht auf den hohen idealen Werth des Unter- nehmers nur aufrichtig Erfolg zu wünschen ist. Die Uraniasäulen sollen nämlich die Mittel für Betrieb und Herstellung selbst erwerben, indem die von den wissen- schaftlichen Instrumenten theilweise freigelassenen Flächen zur Aufnahme vornehm gehaltener geschäftlicher Ankün- digungen (künstlerischer Glasmalereien) dienen sollen. Dieser Gedanke einer Verbindung von Wissenschaft und Industrie ist ja neu in Deutschland. Aber man muss zu- geben, dass er auch gut und klug ist. Wir wünschen ihm um der idealen Zwecke willen, die man mit ihm verfolgt, besten Erfolg. Wie ausserordentlich viel zur Verbreitung und Belebung naturwissenschaftlicher Kennt- nisse das neue Unternehmen sicher beitragen wird, ist schon daraus zu entnehmen, dass man allein in Berlin „zunächst“ hundert solcher Säulen aufstellen wird, deren Zahl aber noch vermehrt werden soll. Aber nieht nur in Berlin sollen die Säulen errichtet werden, sondern der rührige Mann, in dessen Kopf die verdienstreiche Idee vor einigen Monaten zuerst entsprang, hat dafür Sorge getragen, dass wir gegründete Aussicht hegen dürfen, dass im absehbarer Zeit, alle grösseren Städte Centraleuropas eine oder mehrere Uraniasäulen aufweisen werden, deren wissenschaftliche Bedienung unter einheitlicher Leitung der Urania zu Berlin und Oberaufsicht der am Anfange dieses Aufsatzes genannten wissenschaftlichen Centralstellen stehen wird. Und diese Ueberziehung ganz Centraleuropas mit einem Netze zuverlässigster, selbstthätiger, meteorolo- gischer Stationen ist das punetum saliens des ganzen Unternehmens und darin liegt dessen grosses wissen- schaftliches Verdienst. Mehr als erhebliche Dienste werden diese Säulen der Wissenschaft leisten, insofern sie ein Heer nie ermüdender Beobachter bilden, die über alle Vorgänge, selbst die kleinsten, kürzestdauernden stets einwurfsfreie Berichte liefern in den Curven ihrer Registrirapparate. Und aus einer wissenschaftlichen Zu- sammenstellung und Bearbeitung aller von den verschie- denen Säulen gelieferten Curven werden wir uns ein Bild der allgemeinen Witterungslage des ganzen Gebietes für einen bestimmten Zeitraum construiren können, wie es trotz der hohen Ausbildung der Wissenschaft und der unermüdlichen Hingebung ihrer Vertreter heute doch noch keineswegs immer möglich ist. Also ganz abgesehen von den sehr anerkennenswerthen Leistungen der Uraniasäulen auf dem Gebiete guter und zuverlässiger Popularisirung der wissenschaftlichen For- schung, stellen dieselben auch für die Wissenschaft selber einen so erfreulichen und bedeutsamen Fortschritt dar, dass ein Hinweis auf sie an dieser Stelle wohl be- gründet gewesen sein dürfte. Zur Zellenlehre. Von Dr. C. Matz dorff. (Schluss.) Eine andere Art von Zellen im Körper der höheren Thiere, die zeitweise sogar ein selbstständiges Leben führt, sind die Samenzellen oder -fäden. Mit ihrem feineren Bau hat sich neuerdings ausführlich Emil Ballowitz be- schäftigt: „Untersuchungen über die Structur der Sperma- tozoen, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom feineren Bau der eontractilen Elemente.“ „I. Vögel.“ „Arch. f. mikrosk. Anat.“ 1888, Bd. 32, 401. „II. Inseeten, 1. Coleopteren.* „2. 1. w, Z,“ 50, Bd., Leipzig 1890, S. 317, „IH. Fische, Amphibien und Reptilien.“ „Arch. f. mikr. Anat.“ 36. Bd., Bonn 1890, S. 225. Wenn wir von der ersten älteren Arbeit absehen, so lagen dem Verf. die Beobachtungen an 101 Käfern sowie die an Raja elavataL., Acipen- ser sturio, 11 Knochenfischen, der Geburtshelfer- und Knoblauchkröte, dem Salamander, 5 Tritonen, dem Axo- lotl, einer Schildkröte, 2 Sehlangen und 4 Sauriern vor. Die Formen, die Verf. (für die Käfer z. B. in gegen 100 Figuren) abbildet, zeigen im Einzelnen eine ganz ausser- Nr. 13. ordentliche Mannigfaltigkeit in den zahlreichen subtilen Einzelheiten des Spermatozoenkörpers. Die Kriechthiere besitzen Samenfäden, die denen mancher Vögel sehr ähn- lieh sind. Bei den Lurchen konnte der Nachweis geführt werden, dass die Contractionen von dem Randfaden der undulirenden Membran ausgehen. Es fallen hier also wieder Zusammenziehung und fibrillärer Bau zusammen, eine Thatsache, auf die Verf. schon mehrfach hingewiesen hat. — Bei den Käfern ist der Kopf des Spermatozoons auf das allermannigfaltigste gestaltet. An der Geissel kann man bei gleichfalls vielen Ver- schiedenheiten 3 selbstständige Hauptfasern unterscheiden: eine Saum-, eine Mittel- und eine Randfaser, die bei manchen Formen durch eine mehr oder weniger starre Stützfaser ersetzt wird. Die Saumfaser zerfällt leicht in Elementarfibrillen. Sie ist bei den Formen ohne Stütz- faser weniger regelmässig seitlich umgebogen als im Krausensaum die Formen der Stützfaser. Es finden sich aber hier, wie auch bei der mannigfaltiger gestalteten Mittelfaser, zahlreiche Uebergänge. Oft sind die Sper- matozoen selbst bei nahe verwandten Arten sehr ver- schieden gebaut, so besitzt der Moschusbock kleine, der Spiessbock sehr lange Samenfäden. Verfasser beobachtete auch die strauss- oder faden- förmigen Vereinigungen der genannten Gebilde, sogen. „Spermatozeugmen“, wie er diese Zusammenjochungen besser als Gilson nennt, der das schon von Milne-Edwards für die Needhamschen Körper der Tintenfische gebrauchte „Spermatophoren“ hierfür anwendet. Bei der Bewegung ist der Kopf nie aktiv thätig. Die Samenfäden mit Stützmembran verdanken ihre Be- wegung einer Flimmerung der Krausenmembran, die von vorn nach hinten fortsehreitet. Ein Schlagen der Geissel findet nicht statt. Rotirend war die Bewegung nur bei Hindernissen, im Absterben war sie zuckend. Die Flim- merung kann auch in umgekehrter Riehtung geschehen. Jeder Abschnitt der Membran hat wohl die Fähigkeit, sich zusammenzuziehen. Complieirter und schwerer fest- zustellen ist die Bewegung bei den Spermatozoen ohne Stützfaser. Sie findet hier nieht um dieses ruhig bleibende Organ statt, sondern besteht in Biegungen der ganzen Geissel, die von vorn nach hinten gehen. Das Durch- bohren des Spermatozoens in Spiralform täuscht Sehlän- gelung vor. Einen neuen Beitrag „zur Spermatogenesis“ verdanken wir Enrico Verson in Padua. („Zool. Anz.“ 1889, S. 100.) Er fand beim Maulbeerseidenspinner, dass die männliche Geschlechtsdrüse bald nach dem Ausschlüpfen der Larve nierenförmig ist, und 4 Fächer enthält, in deren jedem eine einzige grosse Keimzelle sich befindet. Ihr riesiger Protoplasmakörper strahlt in Arme aus und besitzt ausser einem grossen Kern mit Kernkörperchen mehrere kleinere Kerne, die centrifugal immer zahlreicher werden. Diese Kerne (man kann auf einer bestimmten Entwicklungsstufe die folgenden Gebilde neben einander im Hodenfach sehen) lösen sich los, werden selbstständig und umgeben sich mit einem Plasmahof. Es folgen rundliche Protoplasmaklumpen mit mehreren Kernen, die anfangs den Klumpen ausfüllen, später einen Wandbelag bilden. Die Kerne umgeben sich mit Protoplasma, werden spindelförmig, theilen sieh und füllen die ganze Höhlung der Blase aus, die allmählich birn-, dann schlauchförmig wird. Sodann werden die schon früh auftretenden komma- oder hufeisenförmigen Kernkörperchen frei, das Protoplasma löst sich in langausgezogene Tröpfehen auf. Endlich werden diese Gebilde zu varieösen Fäden. Eigenthümliche morphologische Wechselbeziehungen zwischen Zellkern und -protoplasma hat derselbe Verf. („Zur Biologie der Zelle.“ „Zool. Anz.“ 1890, S. 91.) Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 127 an Zellen beschrieben, die zu je 25—40 unterhalb der Athemöffnungen von Seidenspinnerraupen liegen. Sie er- reichen in dem zur Verpuppung reifen Thier eine Grösse von 0,3 mm. Sobald die Häutung beginnt, verliert der Kern seine Rundung und wird kleiner, während im Pro- toplasma helle Vaeuolen auftreten, die nach aussen rücken, sich öffnen und die ganze Zelle mit einem hellen, später körnigen Hof umgeben. Das’ Kernlumen zieht sich zu einer engen oft verzweigten Spalte zusammen. Das Pro- toplasma ordnet sich nun in radial gestellten stäbchen- saumähnlichen Fäden an. Bald jedoch wird der helle Umkreis dunkel, die jetzt hell gewordene Mitte rundet sich und wird zu einem neuen Kern. O0. vom Rath beschreibt „eine eigenartige polycen- trische Anordnung des Chromatins“ im „Zool. Anz.“ 1590, S. 231 ff. Er fand dieselbe in grossen, drüsenartigen Zellen im Kopfe der Assel Anilocra mediterranea Leach., konnte sie aber bei zahlreichen Untersuchungen an anderen Gliederfüsslern nicht wieder entdecken. Wahrscheinlich gehören die fraglichen Zellen Speichel- drüsen an, die ja nach Analogie der saugenden Kerfe hier bedeutender entwickelt sein werden als bei den kauen- enden Asseln und wohl auch z. Th. ein giftiges Secret ausscheiden, Die Zellen waren 40 bis 120 «, ihre Kerne bezw. 30 bis 50 u gross; auch die Gestalt der Zellen und Kerne wechselt mannigfaltig. Oft enthält eine Zelle mehrere (bis 4) Kerne. Man sieht nun in letzteren das Chromatin in genau radiär gestellten Stäbchen um mehrere Mittelpunkte, die oft hell, oft als ein dunkler Ring er- scheinen, herumgestellt, so dass sie ihn von allen Seiten umgeben. Zarte Fäden vereinigen alle Chromatinstäbchen eines Kernes zu einem zusammenhängenden Netzwerk. — Die vorliegende Erscheinung ist als eine Art der sogen. Fragmentation anzusehen, die schon vor einigen Jahren Ziegler mit Seeretion und Assimilation in einen biologi- schen Zusammenhang gebracht hat. Doch ist die geschil- derte Chromatinanordnung bisher nicht bekannt. An einen Theilungsvorgang ist hier nicht zu denken, da kein Chromatinelement die V-Form zeigt und keine achromatischen Spindeln sichtbar sind. Eine umfangreiche Studie über den ruhenden Zell- kern, der nach des Verfassers Ansicht der Karyokinese gegenüber noch allzuwenig in Betracht gezogen worden ist, veröffentlichte Eugen Korschelt in Berlin („Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkernes.* „Zool. Jahrb.“ Abth. f. An. u. Ont. d. Th., 4. Bd., S.1. Jena 1889.) Derselbe unterzog einmal die Kerne von Ei-, so- dann die von seeernirenden Zellen der Untersuchung. Entnommen waren die Zellen zahlreichen Kerfen (Gelbrand, Heupferd, Ohrwurm, Wasserskorpion, Rückenschwimmer, Erdhummel, Fleischfliege, Raupen, Phryganidenlarven), daneben dem Frosch, Stachelhäutern, Coelenteraten, Spinnen und Krustern. Die Kerne beider Zellarten wurden nach drei Gesichtspunkten hin beobachtet. Erstens wurde ihren Gestaltsveränderungen und den Beziehungen zu ihrer Umgebung, zweitens ihren Lageveränderungen und drittens ihren Structurveränderungen Aufmerksamkeit geschenkt. Es fand sich nun, dass der Kern nieht nur für die Theilungsvorgänge von Bedeutung ist. Er streckt z. B. in den Eiern nach der Seite, von weleher her die Nahrungs- oder Substanzaufnahme erfolgt, Fortsätze aus, um so durch Oberflächenvergrösserung dieselbe besser zu bewerk- stelligen. Bei den Drüsenzellen wiesen die Fortsätze nach der Seite hin, wo die abscheidende Thätigkeit erfolgt. In beiden Fällen verliert der Kern seine scharfen Grenzen, es schwindet der Unterschied zwischen Kern- und Zell- plasma. Oft verzweigen sich die Kerne durch die ganze Zelle hin, die Substanz wird vom Kern aufgenommen und abgegeben. Schon die Grösse der Drüsenzellkerne spricht 128 Naturwissenschaftliche -Wochensehrift. Nr. 13. für ihren massgebenden Einfluss. Ihre Wichtigkeit für die Ernährung geht daraus hervor, dass sich gewisse Nährstoffe sofort in die Kernnähe begeben. Mit dem Aus- senden der Fortsätze ist oft eine Anhäufung ehromatischer Substanz im Zellinnern verbunden, die dann später wieder schwindet. Damit im Zusammenhang stehen Umgestal- tungen des Kernkörpers und des Kernnetzes. Die Knoten- punkte der Maschen treten bald hervor, bald gegen die Fäden ganz zurück. Das Netz kann auch schwinden, und es kann sich im Zellinnern vorwiegend achromatische Substanz befinden. — Häufig rückt der ganze Kern an die Stelle, wo die Zellthätigkeit (Aufnahme oder Abgabe von Stoff) stattfindet oder am Energischsten ist. Dass diese Wanderung nicht auf Plasmaströmung, sondern auf der activen Kernthätigkeit beruht, geht aus der der Be- wegung entgegengesetzten Richtung der Wanderung, wie sie bei den Eiern statt hat, hervor. Die Frage nach ‚dem Vorhandensein einer Kernmembran beantwortet Korschelt so, dass sie sich bald feststellen lässt, bald offenbar fehlt. Je nach der Thätigkeit, in der sich die Zelle befindet, scheint sich das Auftreten oder Schwinden der Membran zu richten. Die von Henking angenommene freie Kern- bildung bezweifelt Verfasser. Ihm” scheint es unerwiesen, dass Protoplasına Kerne aus sich hervortreten lassen kann. Es ist übrigens selbstverständlich, dass trotz der nachge- wiesenen grossen Wichtigkeit des Kernes für die Lebens- vorgänge in der Zelle er nicht für jede Thätigkeit der- selben nöthig ist. Der bereits Bd. V. $. 258 der „Naturw. Wochenschr.“ eitirte scharfsinnige Schüler R. Hertwig’s, Boveri, hat seinen früher veröffentlichten Zellen- Studien eine dritte folgen lassen. Dort („Jen. Ztschr.“, 21 Bd. Jena. 1887. S. 423. eb. 22. Bd. 1888. S. 685) giebt er der Ansicht Raum, dass das Schema, wie es Flemming für die eigenthüm- lichen von ihm an den Epithelzellen von Salamander- larven entdeckten Umwandlungsvorgänge im Zellkern, die „Karyokinese“, aufgestellt hat, an zahlreichen, namentlich auch aus dem Bereich der Wirbellosen ent- nommenen Objecten geprüft werden muss; zugleich aber vermag er ie fast alle mühsam festgestellten Allgemein- folgerungen umstossenden Arbeiten Carnoy’s zu berich- tigen und dessen Beobachtungen zu Gunsten des karyo- kinetischen Vorganges zu deuten. Er untersuchte die durch Weismann” für seine Vererbungstheorie wichtig ge- wordenen sog. Richtungskörper in den Eiern des Pferde- spulwurms, Ascaris meg galocephala, und des Spul- wurm des Menschen, A. lumbrieoides. Erstere unter- suchten Schneider, Nussbaum, van Beneden und Carnoy und jeder bildet andere Figuren ab, kommt zu andern Resultaten. Verf. kommt zu dem Resultat, dass der Process der Richtungskörperbildung als typische karyo- kinetische Zelltheilung verläuft, wie bei andern Eiern. Namentlich die von den beiden letztgenannten gefundene Plasmastrahlung beruht auf technisch falscher Behand- lung, ist also ein Kunstproduet. Verf. ist ferner der An- sieht, dass die Flemming’schen Bezeichnungen (wie Aster, Dyaster, Spirem, Dispirem, Metakinese) keine Allgemein- gültigkeit beanspruchen dürfen. Eine karyokinetische Terminologie sei eben noch nicht durchführbar. Er sagt: „Einen für alle bekannten Fälle gültigen Verlauf der karoykinetischen Theilung glaube ich etwa in fol- gender Weise entwerfen zu "können: Zusammenziehung des chromatischen Kernmaterials in eine (bestimmte) An- zahl isolirter Stücke von charakteristischer nach der Zellart wechselnder Form, die ehromatisechen Elemente; Ausbildung einer achromatischen Fadenfigur, sei es aus Kern-, sei es aus Zellsubstanz, mit 2 Polen; Lagerung der chromatischen Elemente, soweit dies ihre "Zahl, Form und Grösse gestattet, in der Aequatorialebene der achro- matischen Figur; Theilung der cehromatischen Elemente in 2 Hälften, von denen jede einem andern Pol zugeführt wird; Auflösung der Tochterelemente in das Gerüst zweier neuer Kerne.“ Die Einzelheiten der Theilung der Eier beider Ascarisarten übergehen wir; Verf. bringt sie mit obigem Schema in Einklang und weist namentlich nach, dass Carnoy’s Funde in allen Stücken das Gegen- theil der Wirklichkeit sind. In seiner zweiten Studie kommt Boveri unter Be- nutzung Rabl’seher 1885 veröffentlichter Funde zu dem Schluss, dass die ehromatischen Kernelemente - selbst- ständige Individuen sind, die nicht nur während der Kerntheilung, sondern auch im ruhenden Kern ihre In- vidualität bewahren. Rabl hatte nachgewiesen, und Verf. bestätigt es durch die vorliegenden Untersuchungen, dass Zahl und Anordnung der Kernelemente in Mutter- und Tochterschleifen gleich sind. Damit wird nicht nur ein Anhalt gewonnen, den Bau der Zellen genauer und zwar als auf noch elementarer Individuen beruhend zu erkennen, sondern auch für die Vererbung und nament- lich die Erklärung der Kindes-Aehnlichkeit ein wichtiger Gesichtspunkt erschlossen. — Die Mechanik der Kern- theilung wird, wieder untersucht an den Ascariseiern, durch zahlreiche Thatsachen und Deutungen derselben gefördert. Neuerdings nun („Ueber das Verhalten der ehroma- tischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungs- körper und bei der Befruchtung.“ Jen. Ztschr. f. Natur- wissensch. 24. B. Jena, 1590. S. 314) hat Boveri seine Ansichten über die Bedeutung der Richtungskörper als 3. Zellen-Studie abgerundet und zusammengefasst. Er stellt die wichtigen Thatsachen fest, dass im befruchteten Ei die väterliche und mütterliehe Kernsubstanz sowohl an Menge, als auch an Zahl, Bau und Form der Chromo- somen (wie Waldeyer*) die von jedem Kern gebildeten Theilstücke genannt hat) gleich sind. Es bleiben ferner beide Substanzen isolirt, da jede primäre Furchungszelle je die Hälfte der väterlichen und mütterlichen Chromo- somen erhält. Das war schon von van Beneden in seiner bekannten Abhandlung über den Pferdespulwurm nach- gewiesen worden. Konnte man nun auch andere Fälle in gleichem Sinne deuten, so fehlten doch bisher sichere eleiche Nachweise für andere Thiere. Verf. gelang es, diese Hypothese von der Individualität der Chromosomen, die auch auf den ruhenden Kern ausgedehnt werden muss, für Eehinodermen (Eehinus mierotubereulatus), Weichthiere (Pterotrachea mutica, Carinaria medi- terranea, Phyllirrhoe bucephalum), Pfeilwürmer (Sa- gitta bipunctata), Seescheiden (Ciona intestinalis) und Medusen (Tiara sp.) zu bestätigen. Wir übergehen hier die Einzelbeobachtungen und die Zusammenstellung der Literatur und kommen zu den Allgemeinergebnissen. 1. Die Bildung der Riehtungskörper. Ihre Aus- stossung erfolgt unter den Erscheinungen echter Karyo- kinese fe. auch o.), d. h. die Chromosomen werden halbirt, und die Hälften werden auf die beiden Tochterzellen vertheilt. In einem und demselben Ei enthalten die beiden Riechtungsspindeln stets die gleiche Zahl von Chromosomen. Da dieselbe also bei der sogen. Eireifung dieselbe bleibt, so ist diese Beobachtung eine Stütze für die Ansicht von der Seibstständigkeit der Chromosomen auch im ruhenden Kern. — Die viertheiligen chroma- tischen Elemente der ersten Richtungsspindel entstehen durch Spaltung eines, nicht durch Vereinigung von 4 Chromosomen. — Der Umstand, dass bei vielen Thieren (Ascaris, Sagitta, Tiara, Pterotrachea) im ersten *) Man vergl. dessen wichtige zusammenfassende Arbeit im Arch. f. mikroskop. Anat, Band 32. Bonn 1888, Nr.=13. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 129 Richtungskörper zweitheilige Stäbchen oder Schleifen auf- treten, deutet darauf hin, dass die bei anderen Thieren noch bestehende Theilung des ersten Riehtungskörpers früher allgemein war, bei den obigen aber rudimentär geworden ist. 2. Befruchtung. Im ersten, selteneren Fall ver- schmelzen Ei- und Spermakern zum ersten Furehungs- kern, im zweiten, häufigeren lösen sie sich ohne Ver- schmelzung auf. Da nun aber beide Fälle bei denselben Thieren, z. B. Ascaris, Ciona und Eehinus, beob- achtet worden sind, ist der Unterschied ohne Belang. Eine weitere Folge ist aber die, dass die Chromosomen die selbstständigen Theile sind, und dass der Kern weder als morphologische noch als physiologische Einheit auf- gefasst werden darf, dass er nicht für die Individualisirung des Protoplasmas zu einzelnen Zellen von centraler Be- deutung ist. Unabhängig von der Zahl der Kerne treten in der sich theilenden Zelle zwei Pole auf, „die sich nun die kontrahierten Chromosomen .... überallher zusammen- holen, um dieselben auf zwei Gruppen zu vertheilen“. Aus dem Spermakopf gehen ferner entweder die väterlichen Chromosomen sofort hervor, oder ein ruhender Kern, der dann erst die Chromosomen entwickelt. Sie entsprechen im ersteren Falle den vom Eikern gelieferten mütterlichen Chromosomen, im letzteren den im Ei verbleibenden Tochterelementen der zweiten kRichtungsspindel. In 11 Fällen konnte sicher festgestellt werden, dass die vom Spermakern zur ersten Furchungsspindel gelieferten väter- liehen Chromosomen an Zahl, Grösse, Form und sicht- barem Bau mit den aus dem Eikern stammenden mütter- lichen genau übereinstimmen. Die Parthenogenese kann nun auf Grund dieser An- schauungen für einen Theil ihrer Fälle so erklärt werden, dass der zweite Riehtungskörper, d. h. das „abortive Ei, welches als phylogenetische Reminiscenz jeder Ovogenese anhaftet“, nicht ausgestossen, sondern wieder mit dem Ei vereinigt wird. Es kommt auf diese Weise wieder die gehörige Zahl Chromosomen zur Thätigkeit, und ein bei der geschlechtlichen Fortpflanzung entstandener Vorgang wäre sekundär rückgebildet. In anderen Fällen beginnt freilich die Entwicklung mit der Hälfte der Chromosomen, und ihre Verminderung wird erst im Organismus selbst ausgeglichen. Dass die Eier der Honigbiene und des Schwammspinners zwei, die der Wasserflöhe und Blattläuse nur einen Riehtungskörper aufweisen, steht damit im Zu- sammenhang, dass erstere faeultativ, letztere stets partheno- genetisch sich fortpflanzen. Boveri stellt schliesslich als „phylogenetische“ oder „Ei-Hypothese* für die Riehtungskörper ihre Auffassung als rudimentäre Eier fest. In manchen Fällen haben diese Rudimentärorgane bereits eine neue Function über- nommen, nämlich bei den parthenogenetischen Eiern. Aus dem Leben des Alpenseglers. — Die Sehil- derung, die im Brehm’schen Thierleben (2. Aufl. Bd. 4, S. 387 ff.) vom Alpensegler, Cypselus melba, wesentlich nach den Beobachtungen, die an einer auf dem Münster- thurm zu Bern wohnenden Colonie dieser Vögel gemacht worden sind, entworfen wird, ergänzt in mehreren Punk- ten Leo Zehntner. (Beiträge zur Entwickelung von Cypselus melba nebst biologischen und osteologischen Details. Arch. f. Natgesch. 56. J. 1. B. 3. H. Berlin 1590. S. 189.) Auch er beobachtete die genannte, 1559 besonders starke Colonie und wurde, wie frühere For- scher, wesentlich vom Oberwächter Reinhard darin ge- fördert. Ende März oder Anfang April kommen die ersten Vorboten, die wieder abziehen, um bald in grösserer Gesellschaft wiederzukehren. Wieder kehren einige zurück, aber von Tag zu Tag wird die Schaar grösser, bis alle (im genannten Jahre etwa 200) Köpfe versammelt sind. Die Vögel kommen wohlgenährt an, ein Vortheil, der bei dem Hunger, dem diese reicher Inseetennahrung bedürf- tigen Thiere namentlich in kalten Apriltagen ausgesetzt sind, von Bedeutung ist. Sie kauern bei kalter Witterung zusammengedrängt auf dem Thurm oder fliegen lautlos um denselben; einige sterben in jedem Jahre. Ist es warm geworden, so hört das Zanken und Lärmen nicht auf, und unermüdlich fliegen die Vögel umher. Ihr Flug dauert ohne Pause vom Morgengrauen bis zum Mittag und von 5 oder 6 Uhr Nachmittags, bis der Abend dunkelt. So ruhen sie tagsüber nur von 12 bis 5 oder 6 Uhr. Die Nacht wird unter lautem Gezwitscher zuge- bracht. Während ihres unermüdlichen Fluges haschen sie Kerbthiere, die sie nur fliegend fangen. — Die Nester des Alpenseglers befinden sich an den höchsten Stellen des Berner Münsterthurmes unter dem Dach, höher als die ebendort befindlichen Nester des Mauerseglers (C. apıs.. Da die Thiere auf dem Boden sehr schlecht gehen, sind die Nester stets mindestens ebenso hoch wie die Abflugstelle gelegen. Vom Boden vermögen sie nieht aufzufliegen, doch klettern sie unter Mithülfe von Flügel- schlägen an rauhen Mauern gut. Eine Erhöhung von Y/, bis 1 m genügt zum Abflug. Die Niststoffe werden aus der Luft aufgefangen. Häufig verwendeten die Al- pensegler die Knospenschuppen der Buche, daneben Stroh, Haare, Laub, Wolle, Baumwolle, die eigenen Federn, Holzstückehen, Samen (namentlich von Körbehenblütlern), Moos und Papier. Letzteres spendet ihnen der Thurm- wart, der auch bei anhaltender Trockenheit einen künst- lichen Regen aus der Giesskanne erzeugt, dessen Tropfen die Vögel geschickt forthaschen. Das Nest, das aus einer packpapierähnlichen Masse besteht, wird im der Weise hergestellt, dass die aufgezählten Baustoffe ver- schluckt und mit dem gummiartigen Speichel vermengt aufgemauert werden. Die Vollendung erfährt das Nest erst während des Brütens. Sie besteht in einem Ueber- zug aus Speichel, der, am oberen Rande oft '/; mm. dick, glashell ist. Das fertige Nest ist 12 etm. breit und 3 etm. tief. Schon wenige Tage nach dem Aus- schlüpfen der Jungen ist es zu klein, so dass diese sich an den Nestrand anklammern oder in der Nähe hocken müssen. — Die Paarung, die unter wüstem Lärm erfolgt und oft so heftig ist, dass die in einander gekrallten Thiere, freilich ohne Sehaden zu nehmen, herabfallen, beginnt Mitte Mai und findet während der Flugzeit statt. Anfangs Juni wird in das Nest ein, nach einigen Tagen ein zweites Ei gelegt. Damit ist das Gelege vollendet. Selten legt das Weibehen drei Eier. Diese sind spitz- oval, im Durchschnitt 30,76 mm. lang und 19,55 mm. breit. Die Bebrütung geschieht ohne Sorgfalt. Nach 15 bis 21 Tagen schlüpfen die Jungen aus. Sie wachsen rasch. Nach 6 Tagen treten die ersten Dunen auf, nach 12 Tagen ist das Dunenkleid fertig. 14 Tage alte Junge haben die Grösse der Eltern fast erreicht. Es erübrigt noch, die Federn und das Flugvermögen zu ent- wickeln. Noch am 12. Juli fand Zehntner frische Eier. Es sind daher in jedem Jahre einige T’hiere gezwungen, zurückzubleiben. Schon im Anfang des September ma- chen die Alten mit den Jungen grössere, oft auf den ganzen Tag sich ausdehnende Ausflüge. Die noch nicht flüggen Jungen müssen an solchen Tagen hungern, zum Antrieb des Fleisses im Fliegenlernen. Die Reise nach dem Süden beginnt Ende September; anfangs Oktober 130 Naturwissenscliaftliehe Wochenschrift. Nr. 13. zieht der letzte Schwarm ab. — Die Nahrung, auch der Jungen, besteht lediglich in Kerfen. Gänze Ballen der- selben werden in die hungrigen Rachen entleert. Diese Ballen sind von zähem Schleim umgebene Insek- tensammlungen, deren Inhalt oft noch lebhaft zappelt. In einem einzigen Ballen fand Verf. 156 Kerbthiere, darunter je 25 Tabaniden und Syrphiden, in einem andern 220 Stück Beute, darunter allein 30 Tabanus bovinus. Nütz- liche und schädliche Kerfe werden ohne Auswahl ge- fressen. Der Tagesverbrauch eines Vogels beläuft sich auf etwa 2000 Stück derselben. Dr. C. Matzdorff. Ueber den Einfluss des Windes auf den fliegenden Vogel hielt Dr. Müllenhoff-Berlin in der Januarsitzung der allgem. Deutschen Ornitholog. Gesellschaft zu Berlin eimen Vortrag. Das Verhalten des Vogels gegen den Wind ist sehr verschieden, je nachdem das Thier sich auf der Erde befindet, im Auffliegen begriffen ist, im Ruderfluge die Luft durchmisst oder im Segelfluge kreist. Der Vogel hat mit zwei verschiedenen Luftbewegungen zu rechnen, einmal mit dem absoluten Wind, der Fortbewegung grosser Luftmassen über die Erde, dann mit der Luft- bewegung, welche den Vogel infolge seiner Bewegungen von vorn trifft, das heisst mit der von ihm verdrängten Luftmenge. Der ruhende Vogel bietet die Stirn dem Winde dar, er fühlt den absoluten Wind wie jedes andere auf der Erde befindliche Lebewesen. Er wird stets darauf bedacht sein, eine Stellung einzunehmen, bei welcher der Wind möglichst wenig zwischen die anliegenden Federn gelangen kann, um die grösstmöglichste Körperwärme zu wahren. Will sich der Vogel vom Erdboden erheben, so richtet er bei einigermassen starkem Winde den Schnabel der Luftströmung entgegen und steigt mit starken Flügel- schlägen auf; bei zu schwachem Winde läuft er dem- selben entgegen, um einen genügend starken Gegendruck für sein Aufsteigen hervorzurufen. Sobald der Vogel den Erdboden verlassen hat, findet er seinen Stützpunkt einzig und allein in der ihn um- gebenden Luftmasse. Diese bewegt sich mit ihm, je nach der Stärke des Windes, mehr oder weniger schnell fort, gleichviel ob er seine Schwingen gebraucht oder nieht. Er würde wie ein Luftballon dahingetragen werden, natürlich aber seiner Schwere halber bald zur Erde sinken, wenn er nicht durch Bewegung der Schwingen die An- ziehungskraft der Erde überwände. Durch seine eigene Geschwindigkeit vermag er sich in der ihn umgebenden, sich mit ihm fortbewegenden Luftmasse nach jeder Rich- tung hin zu bewegen, ohne einen anderen Luftdruck als den durch ihn selber bei dem Fluge erzeugten zu spüren. Wie der Luftschiffer in der Gondel des Ballons keinerlei Luftzug selbst im stärksten Orkan verspürt, so fühlt auch der Vogel, mag er nun mit dem absoluten Winde oder gegen denselben fliegen, die Luftbewegung desselben nicht. Nur durch das Auge erfährt er, ob er schneller oder langsamer über die Erde hinschiesst. Irrig ist da- her die Ansicht, dass der Vogel ungern mit dem Winde ziehe, da ihm der Wind von hinten in die Federn blase. Die scheinbare Geschwindigkeit des Vogels setzt sich demnach zusammen aus der absoluten Gesehwindigkeit des herrschenden Windes plus oder minus der relativen Geschwindigkeit des Vogels gegen die ihn umgebende Luft. Er wird bei starkem Winde mit dem Wind fliegend sehr schnell vorwärts kommen, gegen den Wind ziehend nur mit der Differenz seiner eigenen und der Wind- geschwindigkeit gefördert werden. Segelpflug betrifft, so wird angenommen, dass diese Art der Fortbewegung nur bei starken Winden stattfindet, dass insbesondere entweder verschieden gerichtete hori- zontale Luftströmungen bei dem Segelfluge in Thätigkeit treten, oder auch ein aufsteigender Luftstrom. Honigthau und Pflanzenläuse. — Seit Plinius kennt man eine Erscheinung, welche, wenigstens an Linden- und Ahornbäumen, auch manchem Leser dieser Zeitschrift bereits aufgefallen sein dürfte und die auch an anderen Pflanzen recht weit verbreitet ist. Man findet nämlich in der ersten Morgenfrühe im Hochsommer die Blätter der Bäume befeuchtet von einer klebrigen Flüssigkeit, die wegen ihres süssen Geschmacks den Namen Honig- thau erhielt und die nicht selten so reichlieh vorkommt, dass sie herabtropft und die unter den Bäumen befind- lichen Gegenstände benässt und beschmiert. Ueber ihre Herkunft ist seit alter Zeit viel gestritten worden. Bald sollte sie vom Himmel fallen, bald aus der Erde als Dunst aufsteigen, bald aus den Pflanzen ausschwitzen. Schon im vorigen Jahrhundert wurde man jedoch auf die Pflanzenläuse aufmerksam, von denen sich heraus- stellte, dass sie eine süsse Flüssigkeit aus ihrem Hinter- theil von sich geben. Da sich aber sehr häufig in der Nähe der beschmierten Pflanzen und Gegenstände keine oder nur sehr wenige Pflanzenläuse nachweisen liessen, der Honigthau ‘dagegen meist in sehr reichlicher Menge erschien, so unterschied man bald einen Honigthau thieri- schen und einen solehen pflanzlichen Ursprungs. Diese Ansicht hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten, wiewohl nichts Sicheres darüber bekannt wurde, weder wie die Ausschwitzung des vegetabilischen Honigthaues vor sich geht, noch unter welchen Bedingungen sie er- folgt. Diese Honigthaufrage ist nun in einer vor kurzem erschienenen, vortreffliehen Abhandlung*) von Dr. M. Büsgen, Privatdocenten an der Universität Jena, end- gültig entschieden worden. Der Verfasser ist, um es gleich vorauszusagen, zu dem Ergebniss gelangt, dass es vegetabilischen Honigthau überhaupt nicht giebt, dass vielmehr aller Honigthau von Pflanzenläusen herrührt. Es liess sich zunächst feststellen, dass die glänzenden Tröpfehen, mit deren Auftreten der Honigthau beginnt, ausser aller Beziehung zum anatomischen Bau der Blätter stehen. Ausserdem sieht man nie ein Tröpfehen wachsen, was doch möglich sein müsste, wenn es von der Pflanze ausgeschieden würde. Hingegen zeigte sich, dass die Pflanzenläuse die Honigtröpfehen oft mehrere Centimeter weit fortschnellen und dass auch geflügelte Blatt-, sowie Schildläuse Honig von sich geben. Sehr häufig sind freilich die Läuse nur schwer aufzufinden, weil sie sich durch ihre Schutzfärbung der Beobachtung entziehen. Ueberall jedoch, wo Büsgen Honigthau begegnete, dessen Ursprung ihm nicht sofort klar war, bedeckte er die be- treffende Blattstelle mit Papier, und meist wurde ihm dann sofort oder nach einigen Stunden die Genugthuung, auch auf diesem die Tröpfehen erscheinen zu sehen. Auch entdeckte er beispielsweise an Camellienblättern, welche mit Honigthau bedeckt waren und an denen ein früherer Beobachter keine Laus gefunden hatte, 20 bis 30 mit der Lupe eben noch erkennbare Individuen. Was nun die Frage angeht, wieviel Honigthau eine Blattlaus wohl hervorbringen könne, so ergab sich, um nur ein Beispiel anzuführen, dass zwei Individuen der Ahornschildlaus in 12 Stunden 7 Tropfen von je 1 mm. Durchmesser erzeugt hatten. Aber innerhalb 48 Stunden *) Der Honigthau. Biologische Studien an Pflanzen und Pflanzenläusen. Jenaische Zeitschrift f. Naturwissenschaft. Bd. Was nun das Kreisen der Vögel, den sogenannten | XXV. Jena 1891. 151 ‚Nr..13. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. hatten sich diese zwei Individuen auf 16 vermehrt, | Zuckers müsste den Thieren immer neue Nahrung zu- welche 68 Tropfen produeirt hatten, sodass die Gesammt- production nach 4'/; Tagen 156 Tropfen betrug. Daraus ergiebt sich, dass, wenn alle 16 Thiere ausgewachsen sind, jede Viertelstunde 1, im Laufe eines Tages ca. 100 Tropfen. fallen würden... Und auf je ein Blatt nur 16 Läuse gerechnet, würde ein mit 15 Blättern besetzter Zweig jede Minute einen oder im Tage 1440 Tropfen liefern, sodass sich leicht begreift, dass im Hochsommer von. einem solehen Baume ein ‚ fortwährender Regen herab- fällt. Denn gerade im Hochsommer, bei trockenem, heissem Wetter, erreicht die Vermehrung vieler Blattläuse ihren Höhepunkt, und aus der Hyg roskopieität vieler Honigthauarten erklärt es sich, dass der Honigthau so ‚häufig am frühen Morgen nach einer kalten Nacht, zwi- schen heissen Tagen, bemerkt wurde. An einem solchen Morgen ist nämlich die Luft mit Wasserdampf übersättigt, der sich als gewöhnlicher Thau niederschlägt und die Blätter abwäscht oder von dem Honig angezogen und eondensirt wird. Andrerseits liess sich nachweisen, dass die Bedingungen zur Bildung eines wirklich vegetabilischen Honigthaues nirgends erfüllt waren. Büsgen hat sich aber mit diesen die Honigthau- entstehung betreffenden Ergebnissen nicht begnügt, er hat vielmehr sämmtliche biologische Beziehungen zwischen Blattläusen und Pflanzen experimentell und mikroskopisch eingehend studirt. Zunächst die Einrichtung des Rüssels oder „Schnabels“ der Läuse. Seine aus der Unter- lippe gebildete Scheide dient nicht zum Saugen, wie vielfach noch angenommen wird, sondern als ein Stütz- rohr, welches das Umbiegen und Ausweichen der von ihr fest umschlossenen Borstenorgane verhindert. Solcher Borsten sind vier vorhanden. Die äusseren zwei sind die Oberkiefer, welche niemals im Innern der angesaugten Zelle aufgefunden werden. Sie liegen ausserhalb von ihr, beseitigen beim Stechen die Widerstände durch Zerstören und Auseinanderdrängen, sind während des Saugens durch Rauhigkeiten ihrer Spitze im Pflanzengewebe verankert und verhindern so, dass sich der ganze Apparat von der Stelle bewegt. Die inneren Borsten sind die Unterkiefer. Sie haben an den einander zugekehrten Seiten zwei Rinnen, eine grössere und eine kleinere. Indem sie sich fest aneinanderlegen, entstehen in ihnen zwei Kanäle. Davon dient der weitere zum ‚Saugen, der engere leitet ein Sekret der Speicheldrüsen in die Stichwunde, welches gleich nach der Ausscheidung erstarrt und um das Borsten- bündel ein eng anschliessendes Rohr bildet, welches Krümmung und Auseinanderklaffen der Stechorgane im Innern der durchbohrten Pflanzenzellen und Intercellular- räume ebenso verhindert, wie dies die Unterlippenscheide ausserhalb der Pflanze thut. Der Stichverlauf ist bei den einzelnen Pflanzenlaus- arten verschieden. Es lassen sich in dieser Hinsicht drei Typen unterscheiden. Im ersten Typus gehen die Stiche durch die Mittellamellen der weicheren Zellwände unter völliger oder theilweiser Umgehung der Parenchymzellen, also intercellular, in die Cambium- und Siebtheile. Dieser Weg bietet den feinen Borsten offenbar den geringsten Widerstand, und es werden ‚dabei gerbstoffhaltige oder sonst den Blattläusen vermuthlich unangenehme Zell- inhalte umgangen, während die Thiere in den in Ver- mehrung begriffenen Zellen die besten Nährsubstanzen vorfinden. Die Thiere des zweiten Typus stechen in das Parenehym unter Durehbohrung der Zellen. Der Stich- kanal zeigt hier ab und zu Verzweigungen, indem das Saugrohr Zelle auf Zelle erschöpft. Wahrscheinlich tritt dabei durch den zweiten Kanal des Saugrohrs eine Stärke lösende Flüssigkeit in die Zelle. Eine solche Lösung unter fortwährender Absaugung des ‚entstehenden führen, indem sie neuen osmotischen Zustrom entsprechender Stoffe nach der angestochenen Zelle hin veranlassen würde. Im dritten Typus endlich geht der Stich wieder in die Cambium- und Siebtheile der Gefässbündel, durch- bohrt aber dabei die zu passirenden Zellen, ähnlich wie im zweiten Typus. Die durehstochenen Zellen sterben häufig ab. Bei einem Exemplar von Sinapis alba, in dessen Blüthen- stande die Axentheile vollständig weissgrau von der intercellular stechenden Aphis Brassicae waren, hatten die Stiche keine localen Absterbeerschemungen hervor- gerufen, aber der ganze befallene Pflanzentheil war ver- krümmt und die Blüthen und Früchte zum Theil nicht ordentlich ausgebildet. Es ist klar, dass die Entnahme der im Weichbast enthaltenen Stoffe die Entwicklung des befallenen Pflanzentheils beeinträchtigen muss. Die Faltungen und Kräuselungen der Blätter sind als Folgen einseitiger Wasserentziehung anzusehen. Im Grossen und Ganzen ist aber die Veränderung und somit der Schaden durch direete Einwirkung der Läuse im Freien sehr un- scheinbar. Anders in Gewächshäusern und Zimmern, wo die Läuse im Schutz gegen Unbilden des Wetters und ihrer Feinde überhand nehmen und wo die Pflanzen dureh nicht gehörig beleuchteten Stand verhindert werden, ihre Zellwände in normaler Stärke zu entwickeln. Auch der Honigthau wirkt nicht direet schädigend. Ebenso- wenig die Russthaupilze, welche nicht in die Pflanzen eindringen, sondern den Honigthau als Nährlösung be- nutzen. Gefährlichere Liebhaber des Honigthaus sind parasitische Pilze, vor Allem Botrytis einerea, der erst durch saprophytische Ernährung eben vom "Honigthau infeetionstüchtig wird. Dadurch wird jedes Tröpfehen des letzteren zum Herd einer gefährlichen Erkrankung. Andrerseits bringt der Honigthau den Pflanzen auch kaum einen Vortheil, was er etwa dadurch thun könnte, dass er Ameisen auf die Pflanzen loekt, die in der That für die Abfuhr des Exeretes sorgen. Wohl aber wird er hierdurch zu einem Schutzmittel für die Läuse selbst, indem diese durch die Ameisen gegen ihre Feinde, be- sonders gegen Coceinellenlarven und verschiedene Dip- teren, vertheidigt werden. Gegen erstere und gegen die Blattlauslöwen schützen sich aber die Läuse auch selbst. Der Honig stammt nämlich nieht, wie noch vielfach an- genommen wird, aus den sogenannten Honigröhren am Hintertheil der Thiere, sondern aus ihrem After. Jene Röhren aber sondern eine wachsartige Masse aus, welche die Läuse ihren Angreifern anschmieren die sie dadurch wenigstens momentan zurückschreeken. Dies der haupsächlichste Inhalt der ergebniss- reichen Arbeit, die als Muster einer biologischen Studie gelten kann und sich dadurch der vorzüglichen Abhand- lung von Stahl über Pflanzen und Schnecken würdig an die” Seite stellt. Kienitz- Gerloff. Nitrifieationund Kohlenstoffassimilation ohneLicht und Chlorophyll. — In den Annales de l’institut Pasteur 1890 hat der durch seine ausgezeichneten Untersuchungen über Sehwefel- und Eisenbakterien bereits vortheilhaft bekannte Forscher Winogradsky in Zürich zwei Ar- beiten veröffentlicht, welehe zu dem überraschenden Er- gebniss geführt haben, dass es Organismen giebt, die, ohne Chlorophyll zu enthalten und ohne Benutzung orga- nischer Stoffe zur Kohlenstoffassimilation befähigt sind. Es war sicher durch Schlösing und Müntz fest- gestellt worden, dass die Nitrification, d. h. die;Ueber- führung von Ammoniumsalzen in Nitrate und Nitrite, im Erdboden und Wasser nur unter dem Einflusse niederer Organismen vor sich geht. Aber vergeblich hatte man 132 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 13. versucht, diese Organismen zu bestimmen und zu isoliren, so dass endlich A. B. Frank im Widerspruch gegen die genannten Autoren zu der sicher ausgesprochenen Ansicht gelangte, die Ursache der Nitrifieation sei in organischen Vorgängen, besonders in der Wirkung alkalischer Sub- stanzen zu suchen. Winogradsky begnügte sich mit diesem negativen Resultat nicht. Wenn es Organismen giebt, schloss er, .welche ausschliesslich Eisensalze oxydiren (eben die Schwefel- und Eisenbakterien), so ist anzunehmen, dass es auch Organismen giebt, welche die reiche Energie- quelle benutzen, die ihnen durch Verbrennung der Am- moniumsalze des Bodens und des Wassers zu Gebote stehen. Nur die bisher angewendete Methode, diese Or- ganismen zu isoliren, nämlich ihre Züchtung auf Nähr- gelatine, ist wahrscheinlich unzureichend gewesen. Kennt man doch schon jetzt eine ganze Anzahl von Bakterien, welche auf Gelatine nicht wachsen. Winogradsky zog nun seine eigenen Culturen in Nährflüssigkeiten, welche ausgesprochen günstig für die Nitrifications- und ungünstig für die Reductionsvorgänge sind, so lange, bis alle darin enthaltenen Baeterienarten, welche. diesen Bedingungen nicht angepasst sind, zu Grunde gingen. Die constant gewordene Bevölkerung der Culturen wurde nun im ein- zelnen auf ihr Nitrificationsvermögen geprüft. Sie bestand aus drei Bacterienarten, einem Oidium und einem spross- pilzähnlichen Organismus. Es zeigte sich zunächst, dass der nitrifieirende Organismus sich nicht unter denen be- fand, welche auf der Culturflüssigkeit eine feine Haut bilden, dass es speciell nicht das Oidium war, welches jene Processe hervorruft. Indem Winogradsky zu der bereits nitrifieirten Culturflüssigkeit eine abgemessene Quantität Ammoniumsulfat zusetzte, verlängerte er den Nitrifieationsprocess und konnte damit erwarten, eine reichere Entwicklung des gesuchten Organismus zu er- zielen. In der That änderte sich jetzt der Bodensatz von kohlensaurem Magnesium dahin, dass darin Zooglöen von einem ovalen Bacterium entstanden, welche die Salz- partikelchen umhüllten. Da nun bei älteren Culturen Nitrifieation stets eingesetzt hatte, sobald man als Infec- tionsmaterial Theile des Bodensatzes verwendete, so war es höchst wahrscheinlich, dass der gesuchte Organismus sich in eben diesem Bodensatze befände. Mit diesem wurde deshalb eine von organischen Bestandtheilen ab- solut freie Nährlösung beschickt. Die Nitrifieation ging hierin weiter, und es verschwanden nach und nach alle Organismen mit Ausnahme des ovalen Bacteriums und des oben genannten Sprosspilzes, von denen also das eine oder das andere der Nitrificator sein musste. Rein- eulturen dieser Geschöpfe erhielt Winogradsky da- durch, dass er Gelatineschichten mit Tropfen aus dem Bodensatze besäete. Von diesen bildeten nur diejenigen Colonien, welche den Sprosspilz enthielten, die, in denen nur das Bacterium enthalten war, dagegen nicht. Be- nutzte man die steril gebliebenen Stellen der Gelatine zur Aussaat in Nährlösung, so trat wiederum der Nitri- fieationsprocess ein: der ihn hervorrufende Organismus lag demnach jetzt in dem ovalen Baeterium in Reincul- turen vor. Und dieses Bacterium, von Wino- gradsky Nitromonas genannt, gediehnichtallein in Nährlösungen, welche keine Spur organischer Bestandtheile enthielten, sondern es bildete im Dunkeln ebensogut wie im Licht aus der Kohlen- säure des Ammoniumearbonates organische Sub- stanz in nicht geringer Menge, die Winogradsky quantitativ bestimmte. Hinsichtlich der zu Grunde lie- genden chemischen Vorgänge neigt Winogradsky der Auffassung zu, dass auf Kosten der aufgenommenen Kohlensäure und des Ammoniaks zunächst eine Amid- verbindung, vermuthlich Harnstoff, gebildet wird, den man bekanntlich auch künstlich aus Kohlensäure und Ammoniak darstellen kann und der auch in thierischen Zellen aus diesen Verbindungen entsteht. Sei dem, wie es sei, jedenfalls steht jetzt soviel fest, dass es Orga- nismen giebt, welche ohne Mitwirkung von Chlorophyll und Licht aus Kohlensäure organische Substanz zu bilden vermögen. Kienitz-Gerloff. Vorweltliche Riesenhöhlenbären ausgestellt. — Eine eigenartige Austellung ist mit dem 1. März seitens der Firma „Linnaea“ in Berlin, einer bekannten Natura- lien- und Lehrmittelhandlung, eingerichtet worden. Wo- rauf schon durch die Ueberschrift hingewiesen wird, sind als interessanteste Stücke der ganzen Ausstellung die voll- ständig erhaltenen und aufgestellten Knochengerüste zweier Höhlenbären von gewaltigen Dimensionen, aus den Knochen- höhlen von Steiermark zu bezeichnen. Diese Bären waren über den grössten Theil Mittel-Europa’s verbreitet, und lebten bekanntlich in Gemeinschaft mit längst ausgestorbe- nen Riesenhirschen, Nashörnern, Nilpferden, Mammuthen, Höhlenlöwen u. dergl. Ihre Zeit reicht bis in die Existenz der alten Germanen hinein. Derartige vollständig erhal- tene Exemplare sind weder im Museum für Naturkunde, noch in der Königl. Bergakademie in Berlin vertreten. Schon aus diesem Grunde möchten wir nicht verfehlen auf diese bemerkenswerthen Funde hinzuweisen. — Mit dieser Ausstellung verbunden ist eine Schaustellung zoolo- gischer Präparate für Unterrichts- und Sammlungs-Zwecke. Besonders sehen wir in seltener Reichhaltigkeit vertreten interessante und buntfarbige Käfer und Schmetterlinge aus fast allen überseeischen Gebieten. Ferner: Lehr- reiche Präparate, bestimmt zur Demonstration des Ent- wiekelungsganges der Insecten, sowie eine prachtvolle Sammlung von Corallen und Schmuckmuscheln für Zimmerdecorationen, ferner grössere und kleinere Sammlungen von Conchylien, Mineralien, Versteinerungen ete. für Lehrzwecke. — In besonders sorgfältiger Aus- führung präsentirt sich eine reiche Colleetion hiesiger und überseeischer, zum Theil höchst interessanter Säuge- thiere, Vögel, Reptilien und Fische. So machen wir — um von Vögeln zu sprechen — besonders aufmerksam auf eine schöne Sammlung farbenprächtigster Paradies- vögel aus Kaiser-Wilhelmland, auch sind die jetzt im Aussterben begriffenen, mit haarartigen Federn versehenen, flügellosen Kiwis aus Neu-Seeland in zwei Exemplaren vertreten. Von nicht minder hohem Interesse sind einige Fisch- und Reptilienarten von Kaiser-Wilhelmsland. Die Wände zieren eine grosse Anzahl Geweihe, Gehörne, Stillleben, Thierköpfe, Vogelgruppen und ähnliche Deco- rationsobjeete, wie sie sowohl für Zimmerdecorationen, sei es für Private als auch für grössere öffentliche Ge- sehäftsräume jeder Art, geeigneter und zweckentsprechen- der kaum schöner geboten werden dürften. — Neben dem Genannten ist eine Anzahl höchst lehrreicher Prä- parate von papier-mache zur Demonstration des mensch- liehen Körpers ausgestellt, sowie auch eine grosse Col- leetion ethnographischer Gegenstände aus dem Hinterlande von Kamerun, wie Waffen, Musik-Instrumente, Haushal- tungs-, Schmuck- und Bekleidungsgegenstände ete. ete. — Die Ausstellung befindet sich in Berlin am Dönhofs- platze, Jerusalemer Strasse 33 I Treppe, und ist von Morgens 10 bis Abends 8 Uhr geöffnet. x Die Kälte im December und Januar dieses Winters im westlichen Europa. — G. Symons giebt in der letzten Nummer seiner Zeitschrift „Monthly Meteorologieal Maga- zine“ eine interessante Zusammenstellung der Minimal- temperaturen, die in dem Zeitraum vom 13, December Nr. 13. 1890 bis 22. Januar 1391 an 20 passend gewählten Stationen des westlichen Europas beobachtet worden sind. Zu nachstehender Tabelle ist noch zu bemerken, dass unter dem mittleren Minimum das arithmetische Mittel der an den 41 Tagen beobachteten niedrigsten Temperaturen, unter absolutem Minimum der absolut niedrigste Werth der Temperatur innerhalb jener Frost- periode und unter Frosttagen die Zahl der Tage zu ver- stehen ist, an denen die Temperatur unter 0° sank. Die Temperaturen sind in Celsius-Graden ausgedrückt. Mittleres Absolutes Frost- Minimum Minimum tage IHiSSabonmN re A + 8.037 —.1.1%C. #21 IMONACORS ee: + 5.6 — 0.6 2 IN SIer har see + 13 — 2.2 2 Valencia (Irland) ... + 2.0 — 2.2 5 Seilly-Inseln (England) + 3.2 — 17 8 BROT + 2.4 — 5.0 6 Donesal natur FR + 18 — 22 it Shetland-Inseln . + 19 — 2.8 6) Lewis (Hebriden) + 12 — 3.9 13 Berpisnane ‚ehem . + 02 — 83 21 Leith (Schottland)... — 0.9 — 641 25 Biarntzren — +02 — 12.2 21 NIOHkaN #2 near — 3.1 12.2 35 Eondone ge — 4.3 — 10.0 40 IBariSBABERA 0, — 6.0 — 13.3 37 Decler(Brüssel)‘. - -°... — 719 — 16.2 40 Stockholm - cr .*: — 87 — 11.8 41 Berlin ererent 3 ea gl — 18.9 39 München" „ui... % — 12.4 — 18.9 41 VVgen Sure us 3 al — 99 — 19.0 41 Frau Prof. Sophie Kovalevsky f. — Die schwedi- schen Zeitungen bringen uns die traurige Nachricht von dem Tode der Frau Sophie Kovalevsky, Professor an der Universität in Stockholm. Sie brachte die Weih- nachtsfeiertage im südlichen Frankreich zu, kehrte am 4. Februar nach Stockholm zurück und begann ihre Vorlesungen am 6. Februar. Am Abende dieses Tages fühlte sie sich unwohl und schon am 10. Februar starb sie an den Folgen einer Rippenfellentzündung. Sie wurde in Moskau im Jahre 1853 geboren und brachte die Zeit ihrer Kindheit in einer kleinen Stadt des westlichen Russ- lands zu, wo ihr Vater, Corvin-Krukovsky, als General der Artillerie stand; später lebte sie auf dem Gute ihres Vaters in demselben Theile Russlands. Den ersten Unterricht empfing sie von ihrem Vater; aber es scheint, dass der Ingenieur Schubert, ihr Onkel von mütterlicher Seite in ihr das Interesse an den exakten Wissenschaften weckte. Sie verlor frühzeitig Vater und Mutter und da sie in leidenschaftlicher Weise mit der damals in der russischen Jugend sich ausbreitenden Bewegung sym- pathisirte, so ersuchte sie um die Erlaubniss, in Peters- burg zu studiren und erlangte sie auch. Im darauffolgen- den Jahre 1869, als sie erst 16 Jahre zählte, wurde sie als Student an der Universität zu Heidelberg zugelassen und begann höhere Mathematik zu studiren. Um diese Zeit, also in sehr jugendlichem Alter, heirathete sie den bekannten Professor der Paläontologie an der Univer- sität Moskau, Kovalevsky. In den Jahren 1871—74 hielt sie sich wieder in Deutschland auf, diesmal in Berlin, und studirte unter Weierstrass Mathematik. Im Alter von 21 Jahren promovirte sie in Göttingen. Ihr Gatte starb im Jahre 1553. Im folgenden Jahre, im Juni er- hielt sie einen Ruf als Professor der höheren Mathematik an der Hochschule zu Stockholm unter der Bedingung, dass sie im ersten Jahre in deutscher und später in Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 133 schwedischer Sprache doeire. Sie folgte dem Rufe und doeirte mit grossem Erfolge. Ihre bedeutendsten mathematischen Abhandlungen sind: Ueber die Theorie der partiellen Differential- gleichungen im Journal für Mathematik, 1874, vol. LXX; über die Reduction einer Classe Abel’scher Integrale dritter Ordnung in elliptische Integrale (Acta Mathema- tica, 1884, vol. IV). Beide Abhandlungen fussen auf den Weierstrass’schen Untersuchungen. Ferner: Ueber den Durchgang des Lichtes in einem erystallinischen Medium (zuerst erschienen in den Förhandlingar, darauf in den Comptes rendus, 1884, vol. XCVIID); über einen beson- deren Fall des Problems der Rotation eines schweren Körpers um einen festen Punkt (Me&moires der Pariser Akademie; Savants &trangers, vol. XXXI, 1888). Der dritten dieser Arbeiten wurde von der französischen Akademie der Preis Baudin zuerkannt und zwar in doppeltem Betrage „wegen des ganz aussergewöhnlichen Dienstes, den Frau Kovalevsky damit der mathematischen Physik geleistet habe“. Sie wurde auch zum korrespon- direnden Mitgliede der Petersburger Akademie der Wissen- schaften ernannt. Neben ihren mathematischen Arbeiten begann auch in jüngster Zeit Frau Kovalevsky ihren sonstigen Ideen litterarischen Ausdruck zu verleihen. Ihre Autobiographie (Erinnerungen aus der Kindheit), die im verflossenen Jahre in einer russischen Zeitschrift erschien, ist eine der besten Productionen der modernen russischen Litteratur. Im Jahre 1887 veröffentlichte sie im der schwedischen Zeitschrift „Norna“ die Einleitung zu ihrer Novelle „Vae Vietis“. In der letzten Ausgabe der „Nordisk Tidskrift“ brachte sie unter dem Pseudonym Tanya Rerevsky ein Fragment einer längeren Novelle „Die Familie der Vorontsoffs“, welches sie im Manuskript für den Drucker fertig hinterliess. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass eine so hochbegabte Frau die Bescheidenheit selbst war. Sie nahm das lebhafteste Interesse an dem geistigen Leben in Schweden und hatte viele Freunde sowohl in Stock- holm als in England, welches sie im verflossenen Jahre besuchte. Sie hinterlässt eine Tochter im Alter von 11 Jahren. Die schwedischen Zeitungen sprechen mit der grössten Sympathie und dem lebhaftesten Bedauern von ihrem Professor „Sonya“ (der kleinen Sophie) Kovalevsky. Litteratur. W. Büsgen, Der Honigthau. Biologische Studien an Pflanzen und Pflanzenläusen. Verlag von Gustav Fischer. Jena 1891. Der Frager: „Wie kommt der häufig auftretende klebrige Ueberzug auf den Blättern vieler Laubbäume, z. B. Acer plata- noides zu Stande?“ (vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. II, S. 176) findet in der vorliegenden interessanten Arbeit Antwort, ausführ- licher als sie in Bd. II vermöge des damaligen Standes unserer Er- kenntniss in der Sache gegeben werden konnte, und er findet ferner auch eine definitive Antwort, während unsere Bemerkung an dem eitirten Orte mit dem Satze beginnen musste: „Der „klebige“ Ueberzug der Blätter ist zwar schon Plinius bekannt gewesen, seine Bedeutung und die Ursachen seines Auftretens sind uns aber noch heute völlig unbekannt.“ Das Heft umfasst 89 Seiten und bringt 2 Klapptafeln. Ein eingehendes Referat findet der freundliche Leser in dieser Nr. der „Naturw. Wochenschr.“ auf S. 150. Albert Gaudry, Die Vorfahren der Säugethiere in Europa. Aus dem Französischen übersetzt von William Marshall. Ver- lag von J. J. Weber, Leipzig 1891. Preis 3 M. Gaudry, der ausgezeichnete Kenner der fossilen Säugethiere, bietet in dem vorliegenden kleinen Buch die Naturgeschichte der ausgestorbenen Säugethiere Europas in möglichst allgemein-ver- ständlieher und sehr ansprechender Darstellung. Er behandelt seinen Stoff in sechs Hauptabschnitten. Der erste gibt kurz 134 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 13. eine geschichtliche Uebersicht ‚über die Fortschritte der Paläon- tologie, der zweite erörtert „Entwicklung und Darwinismus“, der dritte den phylogenetischen Zusammenhang der Säugethiere in den geologischen Zeitaltern. Diese drei Abschnitte nehmen nur 56 Seiten ein. Die nun folgenden Hauptabschnitte sind bei Weitem umfangreicher. Das ganze Buch hat 222 Seiten und ent- hält 40 Abbildungen und eine Tafel. Der vierte Abschnitt be- schäftigt sich ausführlich mit der von Gaudry besonders durch- forschten griechischen Fundstelle Pikermi und seinen reichen Knochenschätzen, der fünfte mit dem Licht, welches die Geologie auf einige Punkte über die Geschichte des alten Athens zu werfen im Stande ist, und der Schlussabsehnitt endlich mit der fossilen Säugethierwelt vom Berge Leberon in Frankreich. Das Buch ist wohl im Stande in die Kunde der fossilen Säugethiere einzuführen; es macht auch demjenigen, der kein tieferes Interesse für die Sache hat, das Studium leicht und dureh die gewandte, anziehende Sprache angenehm. Dr. A. Zimmermann, Beiträge zur Morphologie und Physio- logie der Pflanzenzelle. Heft I. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung. Tübingen 1890. Der in der Lehre von der Pflanzenzelle wohlerfahrene Ver- fasser will in einer Reihe von Heften die Ergebnisse seiner Unter- suchungen über die Morphologie und Physiologie der von ihm näher erforschten Inhaltskörper der Pflanzenzelle veröffentlichen. Das vorliegende Heft I bringt 5 Abschnitte: 1. Historische Notiz über Plasmaverbindungen, 2. Zur Kennt- niss der Leukoplasten, 3. Ueber die Chromatophoren in ehloro- tischen Blättern, 4. Ueber bisher nicht beobachtete Inhaltskörper des Assimilationsgewebes, 5. Ueber die Proteinkrystalloide. Lothar Meyer, Grundzüge der theoretischen Chemie, von Breitkopf und Härtel. Leipzig 1890. Die vorliegenden Grundzüge der theoretischen Chemie aus der Feder eines der berufensten Chemikers unterscheidet sich — wie zu erwarten — von denjenigen Werken, die denselben Gegen- stand behandeln, wie z. B. von den Büchern von Polis, Remsen und Ostwald. Der philosophisch angelegte, d. h. der ganze Natur- forscher wird kaum umhin können, das Buch eines Chemikers zur Hand zu nehmen, der die theoretischen Grundlagen der Chemie so wesentlich selbst gefördert hat, wie Lothar Mayer. Ich er- innere nur an die Mitarbeiterschaft Lothar Meyer’s in der nament- lich von Mendelejeff wesentlich geförderten Erkenntniss der Be- ziehungen der Elemente zu einander. „Bei der Abfassung .... — sagt L. Meyer in der Vorrede — habe ich nicht allein an die Bedürfnisse der Studirenden ge- dacht, sondern ich habe auch denjenigen Freunden naturwissen- schaftlicher Forschung etwas bieten wollen, welche nicht die Ab- sicht und die Zeit haben, sich in die Einzelheiten chemischer Forschung zu vertiefen, jedoch gern die allgemeineren Ergebnisse derselben kennen lernen .... Die allgemeine, ich darf wohl sagen philosophische, Uebersicht des Gebietes war mir die Haupt- sache, neben welcher die Einzelheiten zurücktreten sollten.” Die Einheit der Wissenschaft wird durch theoretisches Studium wieder zum Bewusstsein gebracht. Die theoretische Chemie speciell ist das Gebiet physikalischer Chemie. Verlag F. G. Gauss, Fünfstellige vollständige logarithmische und tri- gonometrische Tafeln. 32. Auflage. Halle a. S. Verlag von Eugen Strien. 1890. .. Die vorliegenden Tafeln erschienen im Jahre 1870 in erster Auflage und haben somit in 20 Jahren 32 Auflagen erlebt: gewiss ein Beweis ihrer Vortrefflichkeit. In der That verdienen die Gauss’schen Tafeln mit vollem Reehte das Lob und die gute Auf- nahme, welche sie in der Kritik, in der Schule als auch in der Praxis gefunden haben. Bei weitem die meisten Rechner und Lehrer sind allmählich zu der Ueberzeugung gekommen, dass man nicht unnöthigen Ballast an Ziffern und Zahlen in die Rechnung einführen soll und dass für die Bedürfnisse des praktischen Lebens und der Wissenschaft in den meisten Fällen fünfstellige Loga- rithmen vollkommen ausreichen. Gerade für den, der viel nume- risch rechnet, kommt es auf eine zweekmässige Oekonomie an. Es steht zu hoffen, dass die grösseren Tafelwerke, welche noch in einzelnen Lehranstalten Anwendung finden, ohne einen grösseren Nutzen zu gewähren, demnächst überall durch fünfstellige ersetzt werden, nachdem das preussische Cultusministerium einen Erlass in diesem Sinne hat ergehen lassen. Zur Einführung möchten wir überall die vorliegenden Tafeln empfehlen; wir halten sie zu Unterrichtszwecken für sehr geeignet. Da die Gauss’schen Logarithnentafeln eine ungemein grosse Verbreitung gefunden haben, so dürfen wir ihre sehr zweekmässige Einrichtung wohl als allgemeiner bekannt voraussetzen. Die Aus- stattung in Papier (stark, weiss) und Ziffernschnitt steht den besten Mustern nieht nach. Von dem Inhalte bringen wir in Erinnerung, dass neben den gewöhnlichen Logarithmen auch die natürlichen, sowie die Logarithmen zur Bereehnung der Summe oder der Differenz zweier Zahlen Aufnahme gefunden haben. Die Auswahl der übrigen Tafeln, häufig gebrauchter Constanten und Masse er- scheint uns sehr zweckmässig und den allgemeinen Bedürfnissen durchaus angemessen. Die beigegebenen Erläuterungen sind klar und leicht verständlich. 5 Adler, A., Ueber die zur Ausführung geometrischer Construktions- aufgaben 2. Grades nothwendigen Hilfsmittel. 1 M. Leipzig. Albert, E., Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre. 3. Bd. Die chirurgischen Krankheiten des Bauches, des Mastdarmes und der Serotalhöhle. 12 M. Wien. Algermissen, Spezialkarte von Ober-Elsass. 1: 200,000. 2 M. Leipzig. \ Alsberg, M., Die Rassenmischung im Judenthum. Hamburg. 0,80 M. Beck von Mannagetta, G., Ritter, Flora von Südbosnien und der angrenzenden Hercegowina. V. Thl. 1,60 M. Wien. Blanckenhorn, M., Grundzüge der Geologie und physikalischen Geographie von Nord-Syrien. 36 M. Berlin. —.— Karte von Nord-Syrien. 1: 500,000. 8 M. Ebd. Blasius, W., Neue Knochenfunde in den Höhlen bei Rübeland. 0,20 M. Braunschweig. Bödtker, E., Ueber die Darstellung und Oxydation der Sebacin- säure, sowie über einige neue Derivate der Glutarsäure. 0,60 M. Leipzig. Braem, F., Untersuchungen über die Bryozoen des süssen Wassers. 80 M. Cassel. Brezina, A., Ucher die Krystallform des Uranothallit. 0,60.M. Wien. . Britzelmayr, M., Hymenomyceten aus Südbayern. 24 M. Berlin. Budde, E., Allgemeine Mechanik der Punkte und starren Systeme, 2. Bd. 13. M. : Berlin. Büsgen, M., Der Honigtau. 3 M. Jena. Claus, C., Ueber die Entwieklung des Scyphostoma von Cotylor- hiza, Aurelia und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Seyphomedusen. 8 M. Wien. —.— Die Gattungen und Arten der mediterranen und atlantischen Haloeypriden, nebst Bemerkungen über die Organisation der- selben. 1,60 M. Ebd. Corsepius, M., Theoretische und praktische Untersuchungen zur Construktion magnetischer Maschinen. 6 M. Berlin. Credner, H., Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des Sächsischen Rothliegenden. 1 M. Berlin. Damm, L. A. Neura. Handbuch gebildete Nichtärzte. 1. Band. München. Du Bois-Reymond E., Naturwissenschaft und bildende Kunst, Rede. 1,20 M. Leipzig. Eberbach, O., Ueber das Verhalten der Bakterien im Boden Dorpats in der Embachniederung, nebst Beschreibung von 5 am häufigsten vorkommenden Bakterienarten 2 M. Dorpat. Eder, J. M., Geschichte der Photochemie und Photographie vom Alterthume bis in die Gegenwart. 3,60 M. Halle. der Mediein für Aerzte und 28. (Schluss-)Liefg. 0,380 M. Inhalt: Dr. E. von Rebeur-Paschwitz: Wellenbewegung des Erdbodens in Puerto Orotava. (Mit Abbildungen.) — Harry Gravelius: Ueber Wettersäulen. — Dr. C. Matzdorff: Zur Zellenlehre. (Schluss.) — Aus dem Leben des Alpenseglers. — Ueber den Einfluss des Windes auf den fliegenden Vogel. — Honigthau und Pflanzenläuse. — Nitrification und Kohlenstoff- assimilation ohne: Lieht und Chlorophyll. — Vorweltliche Riesenhöhlenbären ausgestellt. — Die Kälte im Dezember und Januar dieses Winters(im. westlichen Europa. — Frau Prof. Sophie Kovalevsky f. — Litteratur: W. Büsgen: Der Honigthau. — Albert Gaudry: Die Vorfahren der Säugethiere in Europa. — Dr. A. Zimmermann: Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. — Lothar Meyer: Grundzüge der theoretischen Chemie. — F. G. Gauss: Fünfstellige voll- ständige logarithmische und trigonometrische Tafeln. — Liste. ze Die Erneuerung des Abonnements wird den geehrten Abnehmern dieser Wochenschrift hierdureh in geneigte Erinnerung gebracht. = Die Verlagsbuchhandlung. SF mmmeissssseng Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. ERINE up Redaktion: "Was die natürwissenschaftlich Forschung sufgiebt an weltum- Zauber der Wirklichkeit, der Ihre Schöpfungen schmückt. SH Schwondoner. Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 5. April 1891. Nr. 14. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. & ji Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Ingeratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Neuere Resultate aus den Untersuchungen über periodische Kometen. Von Dr. B. Matthiessen. Einleitung. Obgleich die periodischen Kometen erst spät in ihrem eigentlichen Wesen erkannt worden sind, bilden sie doch Jetzt sehon eine der interessantesten Gruppen von Him- melskörpern; nicht etwa durch grosse Helligkeit und ab- norme Schweifbildung — sie sind im Gegentheil meistens nur teleskopisch, klein und schwach, sondern in theore- tischer Hinsicht durch ihre eigenthümlichen Bahnverhält- nisse, welche sie einerseits zur Massenbestimmung der grossen Planeten, andrerseits zur Entscheidung der Frage über das widerstehende Mittel, die ihnen überhaupt ihre Bedeutung verdankt, sehr geeignet machen. Als Mit- glieder unseres Sonnensystems — wie wir später sehen werden allerdings etwas unsichere — zeigen sie manche Aehnlichkeiten mit den Planeten, z. B. durchgängig rechtläufige Bahnen mit geringer Neigung gegen die Ekliptik, behalten aber dabei genug charakteristische Merkmale wie u. A. grosse Exzentrieität, eigenthümliches Speetrum, Veränderung im Aussehen u. s. w. Schon Newton war der Ansicht, dass alle Kometen in geschlos- senen wenn auch langgezogenen Bahnen einherziehen, doch weder ihm noch demjenigen Astronomen, welcher zum ersten Male die Wiederkehr eines Kometen bestimmt voraussagte, ward es vergönnt, den Triumph der Bestä- tigung zu erleben. Letzterer, der Engländer Halley, stellte im Jahre 1705 einen Katalog von 24 von ihm be- rechneten Kometen zusammen und hierbei fiel ihm die allerdings sehr frappante Aehnlichkeit in den Elementen dreier derselben in dem Masse auf, dass er nieht nur ihre Identität zu behaupten wagte, sondern auch die nächste Erscheinung für das Jahr 1755 verkündigte. Die Ungleichheiten in den früheren Umlaufszeiten erklärte Halley sofort scharfsinnigerweise durch die Einwirkungen der grossen Planeten, die sogen. „Störungen“ in der regelmässigen Bahn. Hier haben wir das erste Beispiel ‚ mehrt. ‘eines periodischen Kometen, der mit Recht der Halley- sche genannt wird; seine Geschichte ist sehr interessant: Halley selbst beobachtete ihn im Jahre 1682, Kepler ‚1607 und Apian 1531. Spätere Erscheinungen hat man, wenn auch natürlieb mit geringerer Sicherheit, bis zum ‘Jahre 11 v. Chr. verfolgen können. Im Jahre 1758 wurde der mit grosser Spannung erwartete Komet im Winter gefunden; er passierte allerdings, hauptsächlich ‚dureh den Einfluss Jupiters aufgehalten, sein Perihel erst im Frühjahr 1759, hierdurch die Newton’sche Gravita- tionstheorie vollkommen bestätigend. Für das Jahr 1855 konnte die Sonnennähe bereits bis auf wenige Tage genau vorausberechnet werden, und bei der nächsten Wiederkehr — nämlich 1910 — wird die Unsicherheit noch bedeutend kleiner sein. — Wie aus dem Ange- führten hervorgeht, hat der Halley’sche Komet eine Um- laufszeit von ungefähr 76 Jahren; er bewegt sich rück- läufig und entfaltet ziemlichen Glanz. Nach einer langen Pause, nämlich erst im Jahre 1515, wurde der zweite periodische Komet von Pons in ‚Marseille entdeckt; er trägt jedoch den Namen seines ' Berechners Eneke und ist noch bekannter geworden als der Halley’sche, hauptsächlich durch die Anomalien in seiner Bewegung, welche die Frage über das Vorhanden- sein eines widerstehenden Mittels neu. anregten. Der Encke’sche Komet ‚hat von allen bis jetzt bekannten die kleinste Umlaufszeit und kommt der Sonne sehr nahe. | In unserem Jahrhundert hat sich dann die Zahl der periodischen Kometen, was zum Theil der Vervollkomm- nung der Fernröhre, zum Theil dem gesteigerten Eifer im Suchen zuzuschreiben ist in ungeahnter Weise ver- Man theilt sie nach der Dauer der Umlaufszeit in 3 Klassen: 1. solehe von langer Periode, d. h. von 100 bis zu 10 000 Jahren (natürlich wächst mit der absoluten Höhe der Zahl auch. ihre. Unsicherheit); 136 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. 2. solehe von mittlerer Periode, wie der Halley’sche (76 Jahre) und der Olbers’sche; 3. periodische Kometen kurzer Umlaufszeit. Reehnet man zu diesen letzteren noch den Tuttle- schen mit einer Periode von 13 Jahren, so zählt die Klasse nicht weniger als 22 Glieder, wovon die meisten während der letzten 5 Decennien entdeckt sind. Sie sind fast ohne Ausnahme teleskopisch, meistens sogar sehr schwach und schwer zu beobachten, dabei aber theore- tisch entschieden die interessantesten, nicht allein wegen ihrer häufigen Wiederkehr, welche eine grössere Controle dureh Beobachtungen gestattet, sondern hauptsächlich auch dureh ihre speciellen Bahnverhältnisse. Es möge hier nur noch kurz die Frage beantwortet werden, wie bei einem neu entdeekten Kometen, in Bezug auf seine Periodieität resp. Identität, mit früheren entschieden werden kann. Das einfachste und schnellste Mittel bleibt der Vergleich der ersten Elemente mit denen der Cataloge; doch ist dieser Weg mit erheblichen Un- sicherheiten behaftet. In unserer Zeit, wo die Beobach- tungsmittel und -Methoden eine grosse Schärfe erreicht haben, und die Zahl der Sternwarten eine so bedeutende ist, dass selbst zu ungünstigen Jahreszeiten irgendwo Ortsbestimmungen des neuen Himmelskörpers angestellt werden können — stellt sich alsbald die Abweichung von der Parabel heraus, und führt alsdann die direete Substitution einer Ellipse (oder Hyperbel) zu sicheren Schlüssen. Das widerstehende Mittel und die Massen der grossen Planeten. Um nun den Anfangs schon erwähnten grossen Nutzen der mühevollen und zeitraubenden Bahnberech- nungen der periodischen Kometen besser erklären zu können, müssen wir einige allgemeine Grundbegriffe der Himmelsbewegungen in’s Gedächtniss zurückrufen. Nach dem Newton’schen Gravitationsgesetz werden die Körper des Sonnensystems von einander im Verhältniss ihrer Massen angezogen, doch nimmt die Kraft mit dem Quadrat des gegenseitigen Abstandes ab. Im Grossen und Ganzen wird also die Sonne den Planeten und Ko- meten eine bestimmte Bahn vorschreiben, allein jeder der übrigen Wandelsterne ist bestrebt, den andern sieh näher, zu bringen, und so entstehen die Abweichungen von der normalen Ellipse, die sog. „Störungen“, welche um so mehr anwachsen je näher der gestörte Planet an den störenden herankommt und je grösser der Letztere ist. Die Bahnen der Hauptplaneten sind bekanntlich nicht sehr exeentrisch, dagegen ziehen die periodischen Kometen zum Theil in sehr langgestreckten und wenig gegen die Ekliptik geneigten Ebenen einher und können demnach sehr grosse Störungen z. B. von Jupiter er- leiden. Umgekehrt ist aber klar, dass wenn ein solcher Körper sorgfältig beobachtet und berechnet wird, seine Abweichungen vom regelmässigen Laufe ein ausgezeich- netes Mittel zur Bestimmung der Masse des störenden Planeten liefert, wenn nicht die Sache sich durch andere Erscheinungen eomplieirt, von denen wir gleich sprechen werden. Beim Vergleichen der verschiedenen Erscheinungen des nach ihm benannten Kometen fand Encke alsbald heraus, dass die Umlaufszeit, unter Berücksichtigung aller Störungen, sich jedesmal um ungefähr 2!/, Stunden verkleinere und kam durch diesen Umstand zur Auf- stellung seiner berühmten Theorie des „widerstehenden Mittels im Raume“. Die Diehtigkeit desselben ist nicht etwa constant, sondern sie nimmt nach der Sonne hin im Quadrat der Annäherung zu; der wirkliche Wider- stand, den der passirende Körper erleidet, ist der Dich- tigkeit des Mittels und dem Quadrate der Jedesmaligen linearen Geschwindigkeit direet proportional. Die spä- teren sehr genauen Rechnungen von v. Asten und Back- lund, auf Grund neuerer und besserer Werthe für die Planetenmassen haben die Encke’schen Resultate in Be- zug auf den von ihm untersuchten Zeitraum der Bewe- gung des Kometen vollkommen bestätigt, und die Vor- ausberechnung ist stets unter Anwendung der Wider- standshypothese gemacht worden, wodurch man eine grosse Uebereinstimmung zwischen Theorie und Beob- achtung erzielte. In historischem Interesse mag bemerkt werden, dass Bessel sich nie für das widerstehende Mittel hat be- geistern können, während Olbers schon vor der Frage ' des Enceke’sehen Kometen die Theorie eines in Bewegung befindlichen Fluidums aufgestellt hatte und die Bestätigung mit froher Ueberzeugung annahm. Niehts lag näher, als dass man später auch andere periodische Kometen zum Vergleich und zur Prüfung heranzog. Nun bieten sich aber hierbei besondere Sehwie- rigkeiten dar; denn erstens muss ein soleher Komet, um als Kriterium dienen zu können, in mehreren, mindestens 4—5 Erscheinungen, beobachtet sein und zweitens kommt es sehr wesentlich darauf an, wie weit er sich in seiner Bahn der Sonne nähert. Von den sämmtlichen perio- dischen Kometen sind ausser dem Encke’schen nur zwei häufig genug in verschiedenen Erscheinungen beobachtet, um auf Grund einer genauen Berechnung verwendet werden zu können. Beide liefern ein lehrreiches Beispiel wie sorgfältig und vorsichtig bei derartigen umfang- reichen und schwierigen Arbeiten verfahren werden muss; zuerst fand sich nämlich in beiden Resultaten an- scheinend eine volle Bestätigung der Encke’schen Hypo- these, nach Durchführung der Rechnung mit strengster Genauigkeit jedoch ein entschieden negatives Resultat. Um Missverständnissen vorzubeugen, sei daran erinnert, dass man bei diesen wie bei manchen anderen astrono- mischen Problemen auf indireete Lösungsmethoden an- stufenweise sich der Wahrheit gewiesen ist und nur nähern kann. Der erste von den beiden in Frage kommenden Kometen wurde am 22. November 1843 von Faye auf der Pariser Sternwarte entdeckt; er ist teleskopischer Natur und hat eine Umlaufszeit von 7'/, Jahren. Nach den neueren und sehr genauen Rechnungen von Professor Axel Möller in Lund ist als erwiesen anzunehmen, dass der Faye’sche Komet keine Spur des Vorhandenseins eines widerstehenden Mittels zeigt, sondern seine Bewe- gungen sieh mit Hülfe der heutigen Störungstheorieen und der bekannten Planetenmassen vollkommen befrie- digend darstellen lassen. Doch ist zu bemerken, dass der Faye’sche Komet sich nahezu in einer kreisförmigen Bahn bewegt und eine grosse Periheldistanz (34.000 000 Meilen) besitzt, sodass er jedenfalls nicht als sicheres Kriterium gelten kann. — Für die Masse des Jupiter hat Möller “a den vom Kometen erlittenen Störungen den Werth —— 10 = Geeigneter schien der Winnecke’sche Komet, mit einer Periheldistanz von 0,85 und einer Umlaufszeit von 5—6 Jahren, der bis jetzt in vier Erscheinungen nämlich 1858, 69, 75 und 86 gut beobachtet wurde. Die ersten vorläufigen Bahnberechnungen sind von dem verstorbenen österreichischen Astronomen v. Oppolzer ausgeführt, und in dem Vortrage „Jst das Newton’sche Attractionsgesetz zur Erklärung der Bewegung der Himmelskörper aus- reichend ?“ äusserte er sich “über seine Resultate wie folgt: „Encke, dieser Meister der Rechenkunst, hat zuerst abgeleitet. Nr. 14. nachgewiesen, dass eine aussergewöhnliche Einwirkung auf den nach ihm benannten Kometen angenommen werden müsse, um dessen Bewegungen zu erklären. Meine Rechnungen über den periodisehen Winnecke- schen Kometen führen zu ähnlichen Abweichtmgen, doch sind diese Resultate in Folge der starken Jupiter- störingen und des noch nicht genügend vorhandenen Beobaehttngsmaterials noch nicht so über jeden Zweifel erhäben, um hier als schlagendes Argument in’s Feld ge- führt werden zu können.“ Wie seht! diese Zurückhaltung angebraeht war, hat die definitive Bearbeitung des Kometen Winnecke dureh den Freiherrn von Haerdtl in Innsbruck gezeigt. Während nämlich auch dieser Forscher noch ätf dem Astronomen- Kongress in Kiel im September 1857 die von v. Oppolzer gegebene Andeutung bekräftigen zu können glaubte, hat sein umfangreiches Werk betitelt „Ueber die Bahn des Kometen Winnecke in den Jahren 1855— 1886 nebst einer neuen Bestimmung der Jupitermasse“ (Wien, 1885) in Kürze die folgenden Ergebnisse gehabt: 1) Der yeriodisehe Komet Winneeke zeigt keine Aecceleration von mlauf zu Umlauf. 2) Für die Jupitermaasse ist ein etwas grösserer Werth als der bisher meistens angewandte (Bessel-Schur) nämlich m = „© vorzuziehen, denn diese Be- 1 1047.17 stimmung verdient wegen der Grösse der Störungen ziem- lich grosses Gewicht. Abgesehen von diesen beiden periodischen Kometen kurzer Umlaufszeit haben u. A. noch die von den Herren Dr. Kreutz und v. Rebeur-Paschwitz untersuchten Bahnen der Kometen 1882 II und 1852 I Wells, trotz der grossen Sonnennähe in Bezug auf irgendwelche Hemmung oder Veränderung durch ein widerstehendes Mittel negative Resultate geliefert. Noch räthselhafter wird die ganze Frage aber durch das weitere Verhalten des Eneke’schen Kometen; es hat nämlich nach Baecklund’s Untersuchungen im Jahre 1868 eine plötzliche Verminderung der Beschleunigung um nahezu die Hälfte stattgefunden, und die Richtigkeit und Fortdauer dieser Veränderung ist bei der Rückkehr im März 1885 vollständig bestätigt worden. Ja v. Haerdtl hat herausgefunden, dass wahrscheinlich eine viel häufigere Aenderung in der mittleren Bewegung stattfindet, an die sich noch, wie aus folgenden Worten am Schluss des 2. Theils der schon genannten Abhandlung hervorgeht, eine merkwürdige Relation knüpft: „Die Uebereinstimmung dieser Jahreszahlen — in welchen grössere Aenderungen der mittleren Bewegung vorkommen — mit denjenigen in welchen die Sonnenfleckenzahl ein Minimum erreichte (1533, 1845, 1856, 1867, 1879) ist eine so merkwürdige, dass es mir scheint, man könne sich nicht länger der Nothwendigkeit entziehen, an einen Zusammenhang zwischen den Veränderungen der Bewegung des Encke’schen Kometen mit der 11jährigen Sonnenfleekenperiode zu glauben, umsomehr als sich auch physikalisch ein Zu- sammenhang leicht erklären lässt, denn nach Zöllner wäre die 11 jährige Periode der Sonnenfleeken nichts anderes als das Resultat eines grossen in der Sonne und ihrer Umgebung gleichzeitig stattfindenden Ausgleichungs- processes von Druck und namentlich von Temperatur- differenzen“. Bekräftigt wird diese Vermuthung noch durch den Umstand, dass Berberich bei einer Unter- suchung über die Helligkeitsänderungen des Encke’sehen Kometen während eines Zeitraums von 100 Jahren, in welehem der Komet in 24 Erscheinungen beobachtet wurde, das merkwürdige Resultat findet, dass die hellen Erscheinungen um die Zeiten der Maxima, die licht- schwachen um die Zeiten der Minima der Sonnenthätig- Naturwissensehaftliehe Wochensehrift. 137 keit sieh gruppirenz sogar die Unregelmässigkeiten in der I4jährigen Periode (z. B. 1785 — 1804 und 1829—37) scheinen sich in der Kometenhelligkeit abzuspiegeln. Fassen wir nach dieser kleinen Absehweifung die Resultate aus den Beobachtungen und Berechnungen der periodischen Kometen kurz zusammen, so ergiebt sich, dass das Problem des widerstehenden Mittels noch immer ein ungelöstes ist und jede Gelegenheit zur weiteren Ver- folgung desselben mit Freuden begrüsst werden muss. Es möge hier nieht unerwähnt bleiben, dass ein ange- sehener und bewährter Forscher, nämlich Hirn in seiner „Constitution de l’espace eeleste*, selbst in Betreff‘ des Eneke’sehen Kometen zu einem entschieden negativen Resultat gekommen ist und die Bewegungsanomalien durch innere Vorgänge, hauptsächlich Reibungen und Massen- verschiebungen in der Sonnennähe, erklären will. Ueber den Ursprung der periodischen Kometen. Eine Lösung der interessanten Frage nach der Her- kunft der periodischen Kometen ist bereits in mehrfacher Weise versucht worden. Die sogenannte „Theorie de la capture“ ist von dem berühmten französischen Astronomen Tisserand aufgestellt worden und beruht auf Erwägungen, die im Vorher- gehenden schon kurz berührt worden sind. Es handelt sich hiebei um den Einfluss des mächtigen Planeten Jupiter; während nämlich im Allgemeinen die Sonne als Centralkörper vermöge ihrer Grösse überwiegen wird, kann bei den langgestreekten Bahnen der periodischen Kometen eine so bedeutende Annäherung an den Jupiter stattfinden, dass in dem Ausdruck für die Anziehung nach dem Newton’schen Gesetz der Faktor - (wo r die Entfernung des Kometen von Jupiter bezeichnet) der massgebende wird, Jupiter als neues Centrum der Be- wegung und die Sonne nur als störender Körper anzu- sehen ist; die genaueren mathematischen Verhältnisse hier- für sind von Tisserand in seiner „Me&canique eeleste“ unter- sucht und die Entscheidung auf eine einfache Relation zurückgeführt worden. Für die periodischen Kometen folgt daraus, dass sie ursprünglich in parabolischen Bahnen einherzogen, dann dem Jupiter zu nahe kamen und von ihm in eine neue Curve, Ellipse oder Hyperbel, gelenkt wurden. Hierauf werden wir bei der Ge- schiehte einzelner Kometen noch zurückkommen. Eine andere Theorie ist kürzlich von Bredicehin, dem durch seine Classification der Kometensehweife rühmlichst bekannten russischen Astronomen, jetzigem Direetor der Pulkowaer Sternwarte, veröffentlicht worden. Seine Sehlussfolgerungen lauten: Wie ein elliptischer Komet z. B. der Biela’sche sich getheilt hat und dieses sich aus mechanischen Gründen durch eine Explosivkraft erklären lässt, so ist es auch mit parabolischen oder hyperbolischen der Fall. Wenn die abgestossene Masse von der Ord- nung der erzeugenden ist und Coereitivkraft genug be- sitzt, um ein gravitirendes System zu bilden, dann wer- den wir nieht einen Sternschnuppenschwarm, sondern einen neuen periodischen Kometen als Produkt erhalten. Vielleicht sind alle so entstanden. Das Nachsuchen nach dem erzeugenden Kometen wird sehr erschwert durch die Ungenauigkeiten der Angaben in den alten Catalogen und Verzeichnissen von Beobachtungen. — Beim Kometen 1582 II hat Dr. Kreutz die relativen Lagen der Kern- theile genau bereehnet, deren Explosionszeit von Bre- diehin angegeben wird; es lässt sich aus der Zusammen- fassung schliessen, dass die beiden sonnennahen Theile elliptische, die beiden anderen hyperbolische Bahnen be- schreiben, und zwar werden nach einer graphischen Con- 138 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. struetion die Ellipsen der Bahn ähnlich. Das eingehende Studium der periodischen Kometen in Bezug auf ihren gegenwärtigen, vergangenen und künftigen Lauf hat schon für verschiedene eine eigene Geschichte zur Folge gehabt. Ueber die ehemalige Bahn des Kometen 1854 III (Wolf), welehe Dr. Lehmann- Filhes berechnete, ist schon in dieser Zeitschrift berichtet worden. Ein anderer interessanter Komet ist der Lexell- sche der „verloren gegangene“; er erschien im Jahre 1770 und bewegte sich, wie Bessel nachwies, in einer kurzen Ellipse von nur 6 Jahren Umlaufszeit. Diesem Rechnungsresultat stand jedoch die auffallende Thatsache gegenüber, dass der Komet weder vor 1770 gesehen worden war, noch nachher aufgefunden werden konnte. Die analytische Erklärung dieses scheinbaren Räthsels ist von Lexell angedeutet und von Laplace und Leverrier ausgearbeitet; hiernach hat im Jahre 1767 eine so starke Annäherung an den Jupiter stattgefunden, dass der Charakter der früheren Bahn des Kometen vollständig geändert wurde; im Jahre 1779 entzog dagegen ein ähn- liches Verhältniss ihn auf lange Zeit, wenn nicht auf immer, unseren Blicken. Erklärlicherweise ist man seit- her immer eifrigst bemüht gewesen, diesem merkwürdigen Himmelskörper auf die Spur zu kommen, und einer der allerneuesten periodischen Kometen, der am 6. Juli 1889 von Brooks entdeckte, scheint nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen des amerikanischen Astronomen Chandler mit dem Lexell’schen identisch sein zu können, doch werden erst weitere Untersuchungen das definitive Resultat liefern. Aus der interessanten Abhandlung im „Astronomical Journal“ heben wir die folgenden Stellen hervor: Das Zusammentreffen des Kometen Brooks mit Jupiter im Jahre 1586 hat eine völlige Veränderung der Bahn hervorgebracht. Während der Komet jetzt in einer kleinen Ellipse von 7 Jahren Umlaufszeit um die Sonne läuft, hatte er früher eine Periode von 27 Jahren; sein altes Aphel lag ausserhalb der Jupiterbahn und im früheren Perihel kam er der Sonne nicht viel näher als jetzt in dem Punkte, wo er am weitesten von ihr ab- steht. Die Riehtung der Arsidenlinie und die Lage der Knoten wurde fast um 20° gedreht, die Bahnebene 14° anders geneigt. Mehrere Monate vor dem Perihel, unge- fähr Anfang 1886, trat er m den Bereich der Jupiter- sphäre und wurde in eine hyperbolische Bahn um diesen Planeten hineingezogen, mehr als acht Monate allein dem Jupiter gehorchend, da die störende Kraft der Sonne während dieser Zeit fast unmerklich war. Die Excen- trieität dieser hyperbolischen Bahn war nur wenig grösser als die Einheit, so dass der Komet mit genauer Noth dem Schicksal entging ein Satellit des Jupiter zu werden. Bei der grössten Annäherung an Jupiter am 20. Mai 1856 war der Komet nur ungefähr neun Jupiter-Halb- messer vom Planeten entfernt und ging etwas ausserhalb des Erzeugers sehr der Bahn des 3. Satelliten vorbei. Vielleicht ist zu dieser Zeit der Grund zu den merkwürdigen Veränderungen seines Kerns, der sich später in Theile auflöste, gelegt worden. Unter Annahme genügender Sicherheit der Elemente kann vor 1779 keine andere Annäherung an einen der grossen Planeten stattgefunden haben, und gerade in diesem Jahre hat sich der Komet im selben Punkt wie der Lexell’sche dem Jupiter genähert. Die nächste bedeutende Annäherung wird erst im Frühjahr 1921 eintreten, und dann dürften wieder erhebliche Um- wälzungen vor sich gehen. Glücklicherweise sind die dazwischen liegenden Erscheinungen — in den Jahren 1896, 1903, 1910 und 1917 — alle in Bezug auf Sicht- barkeitsverhältnisse günstig, so dass man, wenn nicht andere störende Momente auftreten, den Kometen wird lange verfolgen können. Nieht immer waltet ein so glückliches Schicksal über dem Lauf dieser räthselhaften Himmelkörper; denn ab- gesehen davon, dass die Sicherheit der Vorausberech- nung oder Angabe des Orts, wo der Komet zu suchen ist, naturgemäss erst mit der genügenden Zahl von beob- achteten Erscheinungen verbürgt werden kann, kommt es noch ganz wesentlich auf die Stellung des Kometen zur Erde und Sonne beim Durchgang durch’s Perihel an. Diese kann so ungünstig sein, dass auf eine Ephemeride von vornherein verzichtet wird oder auch mit einer solehen die Auffindung des lichtschwachen Objeets missglückt. Letzteres ist z. B. im vorigen Jahre bei dem am 4. October 1551 von Denning in Bristol ent- deckten periodischen Kometen der Fall gewesen. Er versprach einer der interessantesten der ganzen Gruppe zu werden, hauptsächlich wegen der geringen Bahn- neigung gegen die Ekliptik, welehe bedeutende Annähe- rungen an mehrere der grossen Planeten und damit künftige genaue Massenbestimmungen in Aussicht stellte ; besonders, da die Aehnlichkeit mit einigen früher beob- achteten Kometen, wie dem 4. des Jahres 1519 und dem 1. von 1743, schon an den Elementen der ersten Er- scheinung deutlich zu Tage trat. Seine Umlaufszeit war, wie diejenige des Faye’schen, beinahe gleich ”/, der- jenigen Jupiters — ein Umstand, welchen der amerikanische Astronom Kirkwood neben dem Uebergreifen der Excen- trieitäten von kleinen Planeten und periodischen Kometen in einander als ein Zeichen der Zusammengehörigkeit an- führt, da Jupiter durch wiederholte gleichartige Störungen die Letzteren aus dem Ring der Ersteren gezogen haben soll. Aus allen diesen Thatsachen und Untersuchungen geht hervor, dass das hohe Interesse, welches von den Astronomen den periodischen Kometen entgegengebracht wird, ein wohlberechtigtes ist; man kann geradezu be- haupten, dass diese wunderbaren Himmelskörper als an- regendes und fruchtbringendes Moment in der Kometen- theorie aufgetreten sind und darf ohne Zweifel hoffen, dass aus ihrem Studium noch manche schöne Resultate für die Wissenschaft hervorgehen werden. Der Prai Aus der neuen Auflage von Der Name „Prairiehund“, welcher mehr und mehr gültig geworden ist, stammt von den ersten Entdeekern, den alten kanadischen Trappern oder Pelzjägern, her, welche unser Thierchen nach seiner bellenden Stimme benannten; in der äusseren Gestalt würde auch die gröbste Vergleichung keine Aehnlichkeit mit dem Hunde gefunden *) Vergl. die Besprechung von Bd. I, Naturw. Wochenschr, V,S. 440, von Bd, II in der vorliegenden No. auf S. 143. riehund. Brehms Thierleben.*) haben.**) Seine ausgedehnten Ansiedelungen, welche man ihrer Grösse wegen „Dörfer“ nennt, finden sich regel- mässig auf etwas vertieften Wiesen, auf denen ein zier- liches Gras einen wunderschönen Rasenteppich bildet und ihm zugleich bequeme Nahrung gewährt. „Zu welcher unglaublichen Ausdehnung die Ansiedelungen dieser fried- **) Der Prairiehund ist ein zu den Murmelthieren gehörendes Nagethier. Red. Nr. 14. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 139 lieben Erdbewohner herangewachsen sind“, sagt Balduin Möllhausen, „davon kann man sich am besten überzeugen, wenn man ununterbrochen tagelang zwischen kleinen Hügeln hinzieht, deren jeder eine Wohnung zweier oder mehrerer solcher Thiere bezeichnet. Die einzelnen Woh- nungen sind gewöhnlich 5—6 m von einander entfernt, und jeder kleine Hügel, welcher sich vor dem Eingange derselben erhebt, mag aus einer guten Wagenladung Erde bestehen, die allmählich von den Bewohnern aus den unterirdischen Gängen ans Tageslicht befördert worden ist. Manche haben einen, andere zwei Eingänge. Ein festgetretener Pfad führt von einer Wohnung zur anderen, und es wird bei deren Anbliek die Vermuthung rege, dass eine in- nige Freund- schaft unter diesen lebhaf- ten, kleinen Thierchen herr- schen müsse. Bei der Wahl einer Stelle zur Anlage ihrer Städte scheint sie ein kurzes, krauses Gras zu bestimmen, welches beson- ders auf höhe- ren Ebenen ge- deiht und nebst einer Wurzel die einzige Nahrung dieser T'hierehen aus- macht. Sogar auf den Hoch- ebenen von Neumexiko, wo viele Meilen im Umkreise kein Tropfen Was- ser zu finden ist, giebt es sehr bevölker- te Freistaaten dieser Art, und da in dortiger Gegend mehrere Monate hindurch kein Regen fällt, man auch, um Grundwasser zu erreichen, über 50 m in die Tiefe graben müsste, ist fast anzunehmen, dass die Prairiehunde keines Wassers bedürfen, sondern sich mit der Feuchtigkeit begnügen, welche zeitweise ein starker Thau auf den feinen Grashalmen zurücklässt. Dass diese Thierehen ihren Winterschlaf halten, ist wohl nicht zu bezweifeln, denn das Gras um ihre Höhlen ver- trocknet im Herbste gänzlich, und der Frost macht den Boden so hart, dass es unmöglich für sie sein würde, auf gewöhnlichem Wege sich Nahrung zu verschaffen. Wenn der Prairiehund die Annäherung seiner Schlafzeit fühlt, welches gewöhnlich in den letzten Tagen des Ok- tobers geschieht, schliesst er alle Ausgänge seiner Woh- nung, um sich gegen die kalte Winterluft zu schützen, und übergiebt sich dann dem Schlafe, um nicht eher wieder auf der Oberwelt zu erscheinen, als bis die war- men Frühlingstage ihn zu neuem, fröhlichem Leben er- wecken. Den Aussagen der Indianer gemäss öffnet er manchmal bei noch kalter Witterung die Thüren seiner Behausung. Dies ist alsdann aber als sicheres Zeichen anzusehen, dass bald warme Tage zu erwarten sind. Prairiehund (Cynomys ludovicianus). '/, natürl. Grösse. Aus der neuen, dritten Auflage von Brehms Thierleben. „Einen merkwürdigen Anblick gewährt eine solche Ansiedelung, wenn es glückt, von den Wachen unbeachtet in ihre Nähe zu gelangen. Soweit das Auge reicht, herrscht ein reges Leben und Treiben: fast auf jedem Hügel sitzt aufrecht, wie ein Eichhörnchen, das kleine gelbbraune Murmelthier; das aufwärts stehende Schwänz- chen ist in immerwährender Bewegung, und zu einem förmlichen Summen veremigen sich die feinen bellenden Stimmehen der vielen Tausende. Nähert sich der Be- schauer um einige Schritte, so vernimmt und unterscheidet er die tieferen Stimmen älterer und erfahrener Häupter; aber bald, wie dureh Zauberschlag, ist alles Leben von der Oberfläche verschwunden. Nur hin und wieder ragt aus der Oeffnung einer Höhle der Kopf eines Kundschafters hervor, welcher durch anhal- tend herausfor- derndes Bellen seine Angehö- rigen vor der gefährlichen Nähe des Men- schen warnt. Legt man sich alsdann nieder und beobachtet bewegungslos und geduldig die nächste Umgebung, so wird in kurzer Zeit der Wacht- posten den Platz auf dem Hügel vor sei- ner Thür ein- nehmen und durch unausge- setztes Bellen seine Gefähr- ten von dem Verschwinden der Gefahr in Kenntniss set- zen. Er lockt dadurch einen nach dem anderen aus den dunklen Gängen auf die Oberfläche, wo alsbald das harmlose Treiben dieser geselligen Thiere von Neuem beginnt. Ein älteres Mitglied von sehr gesetztem Aeusseren stattet dann wohl einen Besuch bei dem Nachbar ab, welcher ihn auf seinem Hügel in aufreehter Stellung mit wedelndem Schwänzehen erwartet und dem Besucher an seiner Seite Platz macht. Beide scheinen nun durch abwechselndes Bellen gegenseitig gleichsam Gedanken und Gefühle sich mittheilen zu wollen; fortwährend eifrig sich unterhaltend, verschwinden sie im der Wohnung, erscheinen nach kur- zem Verweilen wieder, um gemeinschaftlich eine Wande- rung zu einem entfernter lebenden Verwandten anzutreten, weleher nach gastfreundlicher Aufnahme an dem Spazier- gange theilnimmt; sie begegnen anderen, kurze, aber laute Begrüssungen finden statt, die Gesellschaft trennt sich, und jeder schlägt die Richtung nach der eigenen Wohnung ein. Stundenlang könnte man, ohne zu ermüden, das immerwährend wechselnde Schauspiel betrachten, und es darf nicht wundern, wenn der Wunsch rege wird, die Sprache der T'hiere zu verstehen, um sich unter sie mischen und ihre geheimen Unterhaltungen belauschen zu können.“ Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. Naturwissenschaftlicbe Wochenschrift. N. 14 140 Es ist eine bemerkenswerthe, durch verschiedene Beobachter verbürgte Thatsache, dass die Baue der Prairiehunde von zwei schlimmen Feinden kleinerer Nager getheilt werden. Gar nicht selten sieht man Murmel- thiere, Erdeulen und Klapperschlangen zu einem und demselben Loche ein- und ausziehen. Geyer meint, dass an ein friedliches Zusammenleben der drei verschiedenen Thiere nicht gedacht werden dürfe, und dass die Klapper- schlange im Laufe der Zeit em von ihr heimzesuchtes Prairiehundedorf veröden mache, weil sie alle rechtmässi- gen Bewohner nach und nach aufzehre; er irrt sich jedoch in dieser Beziehung. „Als ich“, schreibt mir Finsch, „im Oktober 1872 die Kansas-Paeifie-Eisenbahn bereiste, wurde ich durch eigene Anschauung mit den Dörfern des Prairiehundes zuerst bekannt. Das Vorkommen des letzteren ist, wie das des Bison und der Gabelantilope, an jene ausge- dehnten Hochebenen gebunden, welche, aller Bäume und Gesträuche bar, nur mit dem bezeichnenden Büffelgrase bedeckt sind und Büffelprairien heissen. Eine solche Prairie wird von der Kansas-Bahn, eine ebensolche von der Denver-Paeific-Eisenbahn durchzogen. Hier wie dort gehören Prairiehunde zu den gewöhnlichen Erscheinungen; dagesen erinnere ich mich nicht, sie auf der Hochebene von Laramie gesehen zu haben, und auf der trostlosen, nur mit Artemisien bestandenen Salzwüste zwischen dem Felsgebirge und der Sierra-Nevada fehlen sie bestimmt. Ansiedelungen von der Ausdehnung, wie sie von Möllhausen gesehen wurden, bemerkte ich niemals. Wie der Bison und die Antilope, hat sich auch der Prairie- hund an das Geräusch des vorübersausenden Eisen- bahnzuges gewöhnt, und unbekümmert darum sieht man ihn bewegungslos auf seinem Baue sitzen, den Zug ebenso neugierig betrachtend, wie die Insassen ihn selbst. Der Anblick der Dörfer gewährt eine höchst erwünschte Abwechselung auf der an und für sich langweiligen Fahrt, und öfters, zu meinem stillen Behagen jedoch stets ohne Erfolg, wird sogar von der Plattform der Wagen aus nach diesen harmlosen Thierchen gefeuert. Oft nämlich befinden sieh die Dörfer der Prairiehunde in nächster Nähe der Bahn, nur durch den Graben von ihr getrennt, dann wiederum begegnet man auf weiten Strecken keinem einzigen Baue; denn nicht immer siedelt der Prairiehund in Dörfern sich an. Als wir in der ersten Hälfte des Novembers von Kalifornien aus auf demselben Wege zu- rückkehrten, fanden wir die Prairiehunde in gleicher An- zahl vor: die grossen Brände, welche schon während unserer Hinreise wüteten, hatten ihnen nichts angethan. Auf gänzlich abgebrannten Stellen sah man sie über der Hauptröhre ihrer Hügel sitzen und deutlich konnte ma ihr unwilliges Kläffen vernehmen. Freilich musste man sich durchaus ruhig verhalten; denn ein Griff nach dem Gewehre zog das augenblickliche Verschwinden der Thiere nach sich. Was Geyer von der Vernichtung der Prairie- hunde durch Klapperschlangen erzählt, steht im geraden Widerspruche mit dem, was ich im Westen erfuhr. Jeder, welcher mit der Prairie und ihren Bewohnern vertraut ist, — und ieh befragte mieh bei sehr verschiedenen und durch- aus glaubwürdigen Männern — weiss, dass Prairiehtinde, Erd- oder Prairie-Eulen und Klapperschlangen friedlich in einem und demselben Bate beisammen leben. Ausstopfer im fernen Westen wählen das Kleeblatt mit Vorliebe als Vorwurf zu einer Tbiergruppe, welche unter dem Namen: „die glückliehe Familie* bei Ausländern nicht wenig Verwunderung erregt. Da ich in die Aussagen meiner Gewährsmänner nicht den leisesten Zweifel setze, stehe ich keinen Augenblick an, sie als wahr anzunehmen,“ „Furchtlos“, bemerkt Möllhausen noch, „sucht der Prairiehund seinen Weg zwischen den Hufen der wandern- den Büffel hindureh; doch der Jäger im Hinterhalte braucht sich nur unvorsichtig zu bewegen — und scheu und furehtsam flieht alles hinab in dunkle Gänge. Ein leises Bellen, welehes aus dem Schosse der Erde dumpf herauf klingt, sowie die Anzahl kleiner, verlassener Hügel verrathen dann allein noch den so reich bevölkerten Staat. Das Fleisch dieser Thiere ist schmackhaft, doch die Jagd auf sie so schwierig und so selten von Erfolg gekrönt, dass man kaum in anderer Absicht den Versuch macht, eins zu erlegen, als um die Neugierde zu be- friedigen. Da der Prairiehund höchstens die Grösse eines starken Eichhörnehens erreicht, so würden auch zu viele Stücke dazu gehören, um für eine kleine Gesellschaft ein ausreichendes Mahl zu beschaffen, und manches getötete Tierehen rollt ausserdem noch in die fast senkrechte Höhle tief hinab, ehe man es erhaschen kann, oder wird, falls man nachstehender Erzählung Glauben schenken darf, rechtzeitig noch dureh seine Genossen gerettet.“ — „Ein nach Prairiemurmeltieren jagender Trapper“, er- zählt Wood, „hatte glücklich einen der Wächter von dem Hügel vor seiner Wohnung herabgeschossen und ge- tödtet. In diesem Augenblicke ersehien ein Gefährte des Verwundeten, weleher bis dahin gefürchtet hatte, sich dem Feuer des Jägers auszusetzen, packte den Leib seines Freundes und schleppte ihn nach dem Innern der Höhle.“ Ein nur verwundeter, obschon tödlich getroffener Prärichund geht regelmässig verloren, weil er sich noch nach seiner Höhle zu schleppen weiss und verschwindet. „Selbst solche“, bestätigt Finsch, „welche von uns mit der Kugel getroffen wurden, besassen noch so viel Lebens- kraft, um sich in ihre Höhlen hinabgleiten zu lassen. Eher gelingt es, derer habhaft zu werden, welche sich etwas weiter von ihren Röhren entfernt haben, und ebenso ist es, nach Aussage der Prairiejäger, leicht, sie auszu- räuchern. Während des Baues der oben erwähnten Bahnen waren Prairiehunde bei den Arbeitern ein ge- wöhnliches und beliebtes Essen.“ „Phänomenologie des Spiritismus“ — dies ist der Titel eines Aufsatzes, den Dr. Carl du Prel, der be- kannte Verfasser der „Entwicklungsgeschichte des Weltalls“ (oder des „Kampfes ums Dasein am Himmel“) unter vielen andern Schriften, im der Zeitschrift „Sphinx“ (Bd. X, 1890. Gera, Reuss) veröffentlicht hat. — Wenn eine naturwissenschaftliche Zeitschrift, deren Be- streben es bisher stets gewesen ist, den modernen Stand- punkt der exacten Forschung einzunehmen, sich ohne vorgefasste Meinung dem Gebiete des Spiritismus zu- wendet, um auch im dieses forschende und prüfende Blieke zu werfen: so entsteht, wie die Dinge heutzutage liegen, die Gefahr, dass die Leser der Zeitschrift und diejenigen, welche von ihrem Unterfangen hören, „Ver- rath“ schreien und sich entrüstet abwenden, da „ein klar denkender, vernünftiger Mensch sich doch nicht mit offenbarem Schwindel, Aberglauben und Blödsinn auch nur entfernt abgeben dürfe und könne“ Wenn der Unterzeichnete, der kein Spiritist ist, es dennoch wagt, an dieser Stelle die oben genannte Abhandlung kurz zu besprechen, so hofft er einerseits, dass die Leser der „Naturw. Wochenschr.“ das Vertrauen zu Redaetion und Mitarbeitern gewonnen haben werden, dass sie allen unklaren und über das Thatsachengebiet hinausgehenden Phantastereien (z. B. der Naturphilosophie im Schelling- schen Sinne) fernstehen; andererseits aber ist er der Nr. 14. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 141 Ueberzeugung, dass es die Leser mit ihm als die Auf- gabe der freien und echten Wissenschaft betrachten, unbefangen und vorurtheilslos allem nahezutreten, was als thatsächliche Naturerscheinung oder als Folgerung aus einer solehen sich darstellt.*) Sind denn nun die angeblichen Thatsachen des Spiritismus wirkliche? — Ohne weiteres abstreiten lässt sich das nicht; am wenigsten kann sich derjenige auf den Standpunkt des grundsätzlichen Leugnens stellen, der nicht zu den Anhängern der materialistischen Welt- anschauung gehört, sondern von dem Dasein eines menschlichen Geistes — ich darf sagen: wissenschaft- lich — überzeugt ist. Es ist sogar wahrscheinlich, dass — wie in dem, was sich uns als Gesammtheit der hyp- notischen, mesmerischen, somnambulen und telepathischen Erscheinungen darbot, ein nicht unerheblicher Kern sich als wahr erwies — auch die spiritistischen Phänomene, kritisch gesichtet, gewisse nicht bestreitbare Wahrheiten ergeben werden. Jedenfalls ist es des Forschers nicht würdig, dasjenige, was ihm bei dem gegenwärtigen Stande seiner Naturerkenntniss und der Beschaffenheit seiner Weltanschauung unerhört und unbequem erscheint, von vornherein als nieht vorhanden von sieh abzuweisen. Welche von spiritistischer Seite verkündeten Thatsachen nun etwa als wirkliche anzuerkennen sind, vermag ich (der Unterzeichnete) selbst nieht zu entscheiden, da ich keine eigene Erfahrung auf dem Gebiet des Spiritismus besitze. Ich habe bisher nur einer Sitzung beizuwohnen Gelegenheit gehabt, und dies war vorwiegend eine Dunkelsitzung, in der wohl maneherlei geschah, was aber alles durch Taschenspielereien des Mediums hat zu Stande kommen können; jedenfalls haben mich die Er- fahrungen dieser Sitzung weder für noch gegen den Spiritismus einzunehmen vermocht. Du Prel weist nun in seiner Abhandlung auf Alexander Aksakow’s im vorigen Jahre (1890) erschienenes Werk „Animismus und Spiritismus“**) hin, in welehem eine Fülle spiritistischer Erfahrungen, und zwar sowohl solche des Verfassers wie fremde, in wissenschaftlicher Anordnung niedergelegt sind. Es lassen sich zwei Arten der hier in Betracht kommenden Thatsachen unterscheiden. Die einen können durch Kräfte verursacht gedacht werden, die im Medium liegen, während die andern nur die Erklärung zulassen, dass unsichtbare oder nur ausnahmsweise sichtbare in- telligente Wesen als Ursache wirksam sind, das Medium aber nur Bedingung für ihr Auftreten bildet. Die Thatsachen der ersteren Art nennt Aksakow animistische, die der letzteren ausschliesslich spiritistische. Dem Ver- suche Ed. von Hartmann’s, auch die letzteren ent- weder aus dem Medium oder sogar mit Hülfe des. ab- soluten Geistes zu erklären, tritt du Prel auf's Entschie- denste entgegen. Wenn v. Hartmann z. B. die so- genannten Materialisationen der Geister in der Weise deutet, dass das Medium die Illusion einer Geistergestalt bekommt und nun in dem Zuschauer, den es „magnetisch“ beeinflusst (hypnotisirt), dieselbe Hallueination er- weckt, so weist demgegenüber du Prel darauf hin, dass Geistergestalten photographirt worden seien und dass photographische Platten doch unmöglich hypnotisirt werden können. Der einfache Hinweis auf die Möglichkeit eines Be- truges, den das Medium in der Weise ausüben könnte, dass es statt einer Geistergestalt ein leuchtend gemachtes *) Die Redaction der „N. W.“ billigt die Vorsicht, mit der der Herr Referent von „angeblichen“ Thatsachen des Spiritismus spricht, für sich selbst erklärt sie ausdrücklich, dass sie eine wissenschaftliche Frage des Spiritismus nicht anzuerkennen vermag. E Grs. **) Leipzig. Mutze. 2 Bde. Mit 11 Taf. 8 M., geb. 10 M. Bild zum Photographiren hinhält, ist sehon in diesem Falle keine völlige Widerlegung, weil vielfach unter Beobachtung grosser Vorsichtsmassregeln experimentirt worden ist. Was will man aber vollends zu folgendem Beweise für die Thatsächlichkeit der Materialisation einer Geisterhand sagen, über den du Prel berichtet? — „Man füllt ein Gefäss mit kaltem, ein zweites Gefäss mit warmem Wasser, auf dessen letzterer Oberfläche eine Schicht geschmolzenen Paraffins schwimmt. Man ver- langt nun, dass die materialisirte Hand einen Augenblick in das flüssige Paraffın und sodann in das kalte Wasser sich eintauche. Wird dies mehrere Male wiederholt, so bildet sich auf der Hand ein Paraffinhandschuh von ge- wisser Dieke. Wie nun eine menschliche Hand aus einem zugeknöpften und um das Handgelenk eng schliessenden Lederhandschuh nicht herausschlüpfen kann, so könnte auch eine materialisirte Hand aus dem Pa- raffinhandschuh nicht herausschlüpfen, wenn sie nicht die Fähigkeit hätte, sich in demselben zu dematerialisiren. Die zurückbleibende Giessform kann sodann mit Gips ausgefüllt und darauf in siedendem Wasser abgesehmolzen werden. Die Gipsform zeigt dann bis in die kleinsten Details die genaue Form der Hand; dem Bildhauer aber ist eine solche Gipsform, weil sie keine Näthe zeigt, ganz und gar unerklärlich.“ — Solche Versuche sollen ' wiederholt angestellt worden sein. Ihnen gegenüber kann der Forscher nur Erstaunen hegen, wenn er nicht Medium, Zuschauer und Bericht- erstatter alle mit einander für Schwindler oder Narren ‚oder mindestens für Thoren erklären will. Dr. K. F. Jordan. Ueber ein fettes Oel aus Lindensamen hat vor Kurzem Dr. C. Müller (Berlin) recht interessante Unter- suchungen (vergl. „Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft“, 1890, Bd. VII, Heft 10) veröffentlicht. Das sogenannte „Lindenöl (Oleum tiliae)*, wie es der Verfasser nennt, welches eine ganze Reihe sehr werthvoller Eigenschaften besitzt und vielleicht berufen sein dürfte in Zukunft in der Pharmacie und in der Tech- nik eine Rolle zu spielen, scheint bisher verhältnissmässig wenig Beachtung seitens früherer Forscher gefunden zu haben. — Es wird allerdings berichtet, dass das Lindenöl bereits vor mehr als 100 Jahren sehon einmal dargestellt worden sei. So findet sich in dem 1794 erschienenen Buche: „Technische Geschiehte der Pflanzen, welche bey Handwerken, Künsten und Manufacturen bereits im Ge- brauche sind oder noch gebraucht werden können, auf- gesetzt von D. George Rudolph Böhmer“ folgende Notiz: „Linde. Ein französischer Arzt, Missa, hat zuerst be- merket, wie man aus den Früchten ein Oel oder eine Art Butter pressen könne, welche der aus dem Cacao völlig gleich komme. Marggraf, (Mem. de Berlin 1772, S. 3 u. f.) hat hierüber mancherley Versuche gemacht. Aus zwey Unzen Saamen hat derselbe nur zwanzig Gran Oel ausgepresset, auch nicht mehr erhalten, ob Er gleich das Pressen mit der Wärme angestellet. Dieses Oel schmecket wie ausgepresstes Mandelöl, wird aber nicht so steif, wie die Cacaobutter, es bleibt auch in der Kälte flüssig. Der geröstete und im Mörser zu einem Teig geriebene Saame hat bei der heissen Presse zwar mehr Oel gegeben, dieses aber niemals die Dieke einer Butter angenommen, sondern ist beständig flüssig ge- blieben, daher aeh die daraus bereitete Chocolade nie- mals einige Härte erlangen können*). Nach den Nach- *) In der That soll man unter Friedrich dem Grossen ver- sucht haben, aus Lindensamen Choeolade zu bereiten, was natür- lich nicht gelungen ist, da das Wesentliche an der Chocolade, ihr Gehalt, an Theobromin (Coffein) ist. D. Ret. 142 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 14. richten, welche in der Gothaischen Handelszeitung 1790, S. 40 stehen, soll ein Himten (1 H.— 31,51.) Linden- nüsschen, nachdem die äusserliche Capsel auf der Grütz- mühle abgesondert worden, ?/,, Theile des Himtens reine Saamenkörner geben und daraus 1°/, Pfund Oel geschlagen werden. Das Oel soll sich bald abklären, und 1 Loth Lindenöl drey Stunden brennen, hingegen Baumöl nur zwo Stunden.“ Diese letztere Notiz zeigt, dass vor 100 Jahren die Brauchbarkeit eines Oeles hauptsächlich in seiner Ver- werthung als Beleuchtungsmaterial erblickt wurde, da man ja bekanntlich damals eine Beleuchtung mit Pe- troleum, Gas oder gar Elektrieität nicht kannte. Ausser der obigen Notiz von Missa und Marggraf finden sich allerdings noch einige weitere Angaben über das Lindenöl in der Literatur. So sagt A. Richard in seiner „Medieinischen Botanik. Herausgegeben von G. Kunze, II. Thl., Berlin 1826“, S. 1178, dass die Samen der Linde eine gewisse Quantität fetten, milden Oels enthalten, dass man auch versucht habe, sie so zu behandeln, wie den Cacao, doch sei der daraus bereitete Teig weit weniger wohlschmeckend. Ferner weist G. F. W. Meyer (Chloris Hannoverana, 1336) auf die oleose Beschaffenheit der Lindensamen hin. In der neueren Literatur konnte der Verfasser nir- gends einen Hinweis darauf fmden, dass die Lindensamen ein Fett bezw. Oel liefern, mit Ausnahme der Notiz in Husemann-Hilger: „Pflanzenstoffe* (2. Aufl., S. 320), dass aus den Blüthen der Tiliae species durch Destillation eine geringe Menge eines aetherischen Oeles (0,05 pCt.) erhalten werden kann. Gehen wir nunmehr zu den Versuchen des Verfassers selbst über: Hiernach wird das Lindenöl erhalten, wenn man frisch gesammelte Lindenfrüchte von Tilia ulmifolia Scop. oder von anderen Arten bei Zimmertemperatur so lange trocknen lässt, bis man sie durch Zerdrücken unter einem Handtuche „schroten“ kann. Die von den Bruchstücken der Fruchtschalen befreiten Samen werden dann in einer gewöhnlichen Kaffeemühle zermahlen und liefern so ein graubraunes, fast violett-braunes, grobes Pulver, welch’ letzteres man nun mit Petroläther auszieht. Hierbei nimmt derselbe eine intensiv gelbe Farbe an. Nach dem Abdestilliren des Petroläthers erhält man eine ver- hältnissmässig sehr grosse Menge eines schön gelben, in seiner Farbe an die besten Sorten des Provencer Oeles erinnernden Fettes, welches Verfasser, wie sehon vorher erwähnt, mit dem Namen „Lindenöl (Oleum tiliae)“ be- zeichnet. Die Lindensamen enthalten nach den Untersuchungen von ©. Müller 58 pCt. dieses fetten Oeles, sie gehören also mit zu den fettreichsten der uns bis jetzt bekannten Pflanzensamen. Von unseren einheimischen Samen wer- den sie eigentlich nur von denen der Haselnüsse (Corylus Avellana L.) mit 62,59 pCt übertroffen, während unsere bekannten Oelsamen, wie z. B. die vom Raps (Brassiea Napus oleifera) mit 42,23 pCt. und Rübsen (Brassica Rapa oleifera) mit 33,53 pCt. weit hinter denselben zu- rückstehen. Im Geschmack, wie im Aussehen gleicht das Linden- öl dem besten Olivenöl, vor Allem ist es frei von jedem bitteren und aromatischen Beigeschmack. Es gehört ferner zu den nicht trocknenden Oelen, wird nicht im geringsten ranzig, hat also keine Neigung zur Bindung von Sauerstoff und der dadurch bedingten Verharzung, wodurch sich bekanntlich das Leinöl auszeichnet. Von den weiteren, rein chemischen Eigenschaften des Lindenöls abgesehen, sei hier nur noch hervorge- hoben, dass dasselbe beim Verseifen mit Natronlauge eine gelbliche Seife giebt, die beim Aussalzen nicht zu einer festen „Oberschale“ wird. “ Von grosser Wichtigkeit erscheint das Verhalten des Oeles gegen Kälte. Dasselbe widersteht hohen Kälte- graden; es konnte in eimer Kältemischung aus Schnee und Kochsalz bei — 21° ©. das Oel nieht zum Gefrieren gebracht werden. Dr. R. Otto. Kurze mathematische‘ Bemerkung zu dem Aufsatze des Herın Preyer „Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens“. (Naturw. Wochenschr. 1891 No. 10.) — Die nachfolgenden Bedenken gegen die Ausführungen des Herrn Preyer in dem angezogenen Aufsatze sind selbst- verständlich nur als mathematische zu verstehen, da ich über die eigentliche biologische Frage, die dort behandelt wird, mich als Astronom jedes Urtheils enthalten kann. Immerhin scheinen sie mir nicht deplaeirt zu sein, wenn in jener Wissenschaft überhaupt einmal die Mathematik Anwendung finden soll. Der Herr Verf. handelt — ich bleibe absichtlich rein mathematisch von zwei ver- änderlichen Grössen M. und M, („Naturw. Wochenschr.“ No. 10, S. 95, Zeile 5 bis 23 von oben), welehe durch die Gleichung M. + M„ = eonst. = ( verbunden sind. Er stellt es nun als ein Gesetz hin, dass diese veränderlichen Grössen auch noch der Bedingung M,, M, genügen. Soll hier X eine wirkliche Constante sein, so dürfte, mathematisch genommen, das zweite Gesetz sich nicht aufrecht erhalten lassen, da dann überhaupt die Variabilität der Grössen M,, M,„ aufgehoben wäre, wie dies übrigens der Fall sein muss, wenn diese beide Grössen zwei Gesetzen unterworfen werden. Sie sind dann eben für alle Zeiten constant.*) Soll aber unter X ein variabeler Parameter verstanden sein, so würde das Gesetz =K (ebenfalls eine Constante) UN K Muss: die allerdings nicht zu bestreitende Wahrheit ausdrücken, dass die beiden Grössen in jedem Zeitpunkt in irgend einem Verhältnisse stehen. Die Mathematiker würden allerdings der Gleiehung dann den Namen Gesetz nicht zubilligen können. Ich fürchte überhaupt, dass die Gleichung nieht wird zu halten sein. Es mögen nämlich zu irgend einer Zeit die Werthe von M., M,„ bezeichnet werden durch z und y. Dann möge eine endliche Aenderung in der Welt eintreten, die numerisch durch = d ausgedrückt werden kann. Die neuen Werthe & 7 von x, y sind dann en) ; NZ HE d, weil sein muss Erm—eıy. Ferner soll sein SR Ä nn 9 Das giebt nun des) 80 Yr6n Y ayEdy=ay (dr =ay — (E6R) oder +I(e + Yy)=0. *) Hier würde z. B. sein 6 ee] KO M2; — ——- FAR Nr. 14. Naturwissenschaftlicehe Wochenschrift. 143 Da nun d ausdrücklich als endlich bezeichnet ist, so müsste hiernach, auf Grund des zweiten, von Herrn Preyer aufgestellten, Gesetzes c+y=(0, d. h. die gesammte Materie Null sein. In dieser Consequenz, die sich strenge aus den Preyer’schen Gleichungen ergeben hat, glaube ich ein sehr schweres Bedenken gegen die Ausführungen des verehrten Herrn Verfassers finden zu dürfen, Harry Gravelius. Eine geometrische Frage. II. — Unter diesem Titel theilte ich in Band V, No. 40 dieser Wochenschrift den Satz mit, dass es unmöglich ist, ‚eine grade Anzahl von Punkten durch gradlinige Strecken in einem Zuge so zu verbinden, dass keine Strecke mehr als einmal durchlaufen wird, dass man hingegen eine ungrade An- zahl von Punkten stets in dieser Art verbinden kann. Am angegebenen Orte habe ich, worauf ich von betreun- deter Seite aufmerksam gemacht worden bin, eigentlich nur den zweiten Theil des Satzes streng bewiesen, so dass eine Verbindung der genannten Art bei einer graden Anzahl von Punkten (die übrigens nicht sämmtlich in der Ebene zu liegen brauchen) doch noch möglich. sein könnte. Es lässt sich aber leicht einsehen, dass dieser Fall in der That unmöglich ist. Am einfachsten etwa so: Es ist klar, dass bei einer graden Anzahl von Punkten von jedem einzelnen derselben eine ungrade Anzahl von Verbindungslinien ausgehen müssen, soll anders die Ver- bindung eine vollständige sein; geht man nun von einem Punkte PA, aus, so werden bei dem Rückkehren zum Punkte P, zwei von diesem Punkte ausgehende. Verbin- dungslinien erzeugt, und ebenso entstehen in jedem bei diesem Zuge berührten Punkte eine grade Anzahl Ver- bindungsstrecken. Hat man nun an jedem Punkte bereits die grösstmögliche grade Anzahl Verbindungslinien (bei -2n Punkten also 2n — 2 Linien von jedem der Punkte) erhalten, und ist man etwa in P, angelangt, so ist nur noch die eine Strecke P, P, möglich, wenn ?, der noch nicht mit P, verbundene Punkt ist; es entsteht dadurch -in den beiden Punkten ?, und P, und in nicht mehr Punkten die erforderliche Anzahl (2n — 1) Verbindungs- linien, während an jedem der übrigen 2n — 2 Punkte nur eine grade Anzahl von Verbindungslinien existirt. Diese Anzahl ist im äussersten Falle an jedem Punkte 2n— 2. Die Anzahl der Verbindungslinien beträgt also im maximo n (2n — 2) +1 = 2n? — 2n +1; zu einer voll- ständigen Verbindung sind aber n 2n — 1)—=2n?—n Verbindungsstrecken erforderlich; es fehlen also an der erforderlichen Anzahl von Verbindungslinien n — 1 Ver- bindungen; es ist klar, dass auch eine grössere Zahl von Verbindungen fehlen kann, ohne dass man im. Stande wäre, unter der auferlegten Bedingung weitere Ver- bindungen herzustellen. Das Maximum der fehlenden Verbindungen tritt offenbar dann ein, wenn man von 2 Punkten aus sämmtliche Strecken zieht, aber so, dass die übrigen 2n — 2 Punkte nur mit den beiden Punkten verbunden sind; die Anzahl der gezogenen Verbindungen beträgt dann 22n —2)+1=4n— 35, so dass an der zur vollständigen Verbindung erforderlichen Anzahl 2n®—5n--3 Verbindungen fehlen. Bei allen Versuchen, eine grade Anzahl von Punkten in der vorgeschriebenen Art zu verbinden, wird die Zahl der Verbindungen, die man unter der auferlegten Bedingung nicht mehr her- stellen kann, zwischen a — 1 und 2n’— 5n +3 liegen. Es ist übrigens leicht, sich davon zu überzeugen, dass man bei einer ungraden Anzahl von Punkten stets zu dem Ausgangspunkte zurückkehrt. A. Gutzmer. Die diesjährige Versammlung der Deutschen Zoolo- gischen Gesellschaft wird vom 2.—4. April im zoolo- gischen Institut zu Leipzig abgehalten werden. Vor- sitzender Geh, Rath Prof. Leuckardt. Die Eröffnung der internationalen Elektrotech- nischen Ausstellung findet in Frankfurt a. M. am 1. Mai statt und soll bis zum 15. Oktober dauern. Litteratur. Brehm’s Thierleben. Dritte, gänzlich neubearbeitete Auflage, Von Prof. Dr. Pechuel-Loesche. Säugethiere. Zweiter Band. Bibliographisches Institut. Leipzig und Wien 1890. — Preis 15 Mark. Nachdem bereits in Bd. V dieser Zeitschrift, Nr. 44, S. 440 auf die neue Auflage von Brehm’s Thierleben und speciell auf den ersten Band hingewiesen ist, erlauben wir uns heute auf den inzwischen erschienenen zweiten Band aufmerksam zu machen. Derselbe enthält zunächst die Hyaenen, Caniden und Ursiden, als Fortsetzung und Schluss der schon im ersten Bande theilweise behandelten Fleischfresser. Daran schliessen sich die Robben; dann folgen die Kerfjäger (Inseetivora), die Nager und die zahn- armen Säugethiere. Wenngleich der Text im Allgemeinen sich an den «der zweiten Auflage anschliesst, so bemerkt man doch an vielen Stellen die ergänzende und bessernde Hand der neuen Bearbeiter. So z. B. sind die Robben, welehe in der 2. Auflage noch neben die Walthiere gestellt und im 3. Bande behandelt waren, jetzt unmittelbar an die Fleischfresser angereiht, eine Reihenfolge, welche natürlich viel richtiger ist, als die ehemalige. Vielfach sind auch neue, bessere, zum Theil farbige Abbildungen eingefügt. Dass auch dieser Band des weltberühmten Werkes grosses Lob verdient, braucht kaum betont zu werden. In einzelnen Punkten bleibt ja immerhin Manches noch verbesserungsfähig; Referent erlaubt sich auf einige dieser Punkte aufmerksam zu machen, So z.B. ist das über das Backenzahngebiss der Hyaenen Gesagte (S. 4 oben) kaum verständlich. Seite 16 wird vom Ge- biss der Caniden bemerkt, dass die Zahl der Zähne 36—48 be- trage, und zwar soll Icticyon yenatieus gewöhnlich nur 36. Zähne (S. 72), Otoeyon caffer dagegen 48 Zähne haben (S. 208). Dieses ist nieht richtig; erstere Ärt hat normalerweise 38, zuweilen so- gar 40 Zähne, letztere Art hat normalerweise nur 46 Zähne. Wenn Gray in seinem „Catalogue of Carnivorous“ etc. S. 211 für Mega- lotis (Otocyon) die Zahl der Zähne auf 48 angiebt, so ist das ein Druckfehler oder Lapsus calami, welcher mit seiner eigenen Angabe auf S. 210 im Widerspruch steht. Bei den Seehunden kommt unsere grösste und in vieler Hin- sicht interessanteste Art (Halichoerus grypus) sehr knapp weg (S. 310), während andere weniger wichtige Arten sehr ausführlich behandelt werden. Referent glaubt, in verschiedenen, eingehenden Publieationen nachgewiesen zu haben, dass die Kegelrobbe (Halichoerus) in der That eine sehr interessante Art ist und namentlich an unseren ÖOstsee-Küsten eine Hauptrolle spielt. Siehe z. B.: „Die Seehunds-Arten der deutschen Küsten“, in d. Mitth. d. Seetion f. Küsten- und Hochseefischerei, 1887, Nr. 2—4, und über „das Gefangenleben der Kegelrobbe* im „Zoologischen Garten“, 1387. Der auf derselben Seite erwähnte kaspische Seehund ist nicht unserem gemeinen Seehunde (Phoca vitulina) nahestehend, sondern ist mit der Ringelrobbe (Ph. foetida) sehr nahe verwandt, _ wie Schädel und Gebiss aufs Deutlichste be- weisen. Vom Ziesel wird S. 443 die alte Angabe wiederholt: „Albertus Magnus hat ihn in der Nähe von Regensburg beobachtet, wo er jetzt nicht mehr vorkommt.“ Wie Prof. v. Martens schon vor vielen. Jahren und später Referent (unabhängig von Martens) nachgewiesen haben, beruht diese althergebrachte Angabe auf einem völlig missverstandenen Ausdruck des Albertus Magnus; letzterer sagt thatsächlich kein Wort von dem Vorkommen des Ziesels bei Regensburg. — S. 443 wird in Bezug auf den Bobak die vielfach verbreitete Angabe wiederholt, dass diese Mürmel- thier-Art „von dem südlichen Polen und Galizien an ostwärts“ verbreitet sei; diese Angabe ist höchst problematisch, wie Schauer schon vor längerer Zeit umständlich nachgewiesen hat (Arch. f. Naturgesch., Jahrg. 32, I, S. 106 ff... Thatsächlich kommt der Bobak heutzutage nur östlich vom Dniepr vor. In Bezug auf die Pfeifhasen heisst es S. 640: „Alle Pfeif- hasen finden sich auf den hohen Gebirgen Innerasiens zwischen 1000 und 4000 m über dem Meere.“ Dieses passt nicht auf den Zwerg-Pfeifhasen (Lagomys pusillus), der nach M. Bogdanow ein typisches Thier der hügeligen, nur wenige Hundert Fuss über das Meer sieh erhebenden süduralischen Steppen ist und noch im Südost-Winkel des europäischen Russlands Iinks der Wolga vor- 144 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 14. kommt. Ausserdem giebt es auch in Nord-Amerika Pfeifhasen.*) " Dem Referenten erscheint es auch wünschenswerth, dass bei manchen besonders interessanten und charakteristischen Arten auf ihre ehemalige, zum Theil sehr abweichende Verbreitung während der Diluvialzeit mit einigen Worten hingewiesen worden wäre. Es würde dieses der Popularität des Werkes keinen Abbruch gethan haben. Hoffentlich ist der Absatz der neuen Auflage ein so günstiger, ‚dass bald eine neue Auflage nöthig wird und bei dieser Gelegen- heit die oben erwähnten, kleinen Mängel beseitigt werden können, welche übrigens dem eigentlichen Hauptzweck des Werkes keinen Abbruch thun. Immerhin ist es erwünscht, dass ein so viel- gelesenes, hochangesehenes Werk auch in solchen Punkten, wie die angeführten es sind, möglichst dem Standpunkte der Wissen- schaft bezw. den Thatsächen entspricht.**) A.. Nehring. E. H. Weber, Ueber die Anwendung der Wellenlehre auf die Lehre vom Kreislaufe des Blutes und insbesondere auf die Pulslehre. ÖOstwald’s Klassiker der exakten Wissenschaften. Heft 6. Verlag von Wilh. Engelmann in Leipzig 1891. Die „Naturw. Wochenschr.“ brachte bereits in Band IV, S. 96 und in Bd. V, S. 70 Besprechungen der Hefte 1—5 dieser Sammlung nebst dem Hinweise auf die hohe Bedeutung derselben, nämlich die klassischen Arbeiten berühmter Gelehrten des In- und Auslandes jedem Leser für weniges Geld zugänglich zu machen. Die im Titel genannte Abhandlung bietet einen Versuch, die Leistungen des thierischen Organismus physikalischen Betrach- tungsweisen und experimentellen Prüfungen zu unterwerfen. In- dem der Verfasser von den umfassenden Vorarbeiten über die Wellenbewegung in Flüssigkeiten, die er in Gemeinschaft mit seinem Bruder Wilh. Weber früher ausgeführt hatte, ausgeht, sucht er den Unterschied zwischen Strombewegung und Wellenbewe- gung in elastischen Röhren zu zeigen und die Bedingungen ihres Ablaufes festzustellen. Der hohe Werth dieser Untersuchung geht daraus hervor, dass durch sie eine ganze Reihe von Fragen ihre Erledigung findet, wie die Bedeutung der Herzarbeit, der elastischen Gefässwand, der Widerstände im Capillargebiete so- wie der Blutmenge auf die Vertheilung und Bewegung des Blutes innerhalb des Gefässsystems. Einer weiteren Empfehlung dieser Forschungsresultate bedarf es daher nicht. P#A: A. Winkelmann, Handbuch der Physik. Verlag von Eduard Trewendt, Breslau 1889—90. Bereits früher („Naturw. Wochenschr.“, Bd. V, S. 30) ist auf das Handbuch der Physik aufmerksam gemacht worden, das von Prof. Dr. A. Winkelmann unter Mitwirkung von Prof. Dr. Auer- bach, Prof. Dr. Braun, Dr. Brodhun, Dr. Czapski, Prof. Dr. Exner, Prof. Dr. W. Feussner, Dr. Grätz, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Melde, Prof. Dr. Oberbeck, Prof. Dr. Pernet, Prof. Dr. Stenger, Dr. Waitz herausgegeben wird und einen Theil der grossartig angelegten „Eneyklopädie der Naturwissenschaften“ bildet, welche in gleichem Verlage erscheint. Das Werk ist, wie wir am angegebenen Orte bereits berichteten, auf 3 Bände be- rechnet und wird in Lieferungen ausgegeben. Der erste Band, Lieferung 1 bis 7 umfassend, liegt uns vor, und wir dürfen es aussprechen, dass die durch die ersten Lieferungen wachgerufenen Erwartungen im Allgemeinen durchaus erfüllt werden und dass wir die Empfehlung, die wir dem Werke gleich bei seinem Er- scheinen mit auf den Weg gaben, wiederholen können. Die eigenartige Arbeitstheilung, auf die wir a. a. ©. hin- gewiesen haben, und welche den Zweck hat, jedes Gebiet von einem Fachmanne bearbeiten zu lassen, der in demselben selbst- ständig forschend thätig gewesen ist, ist zwar einerseits, was wohl keiner weiteren Begründung bedarf, von sehr erheblichem Nutzen, aber wir dürfen andererseits nicht verschweigen, dass diese mono- graphische Darstellungsweise auch ihre Schattenseiten hat, nament- lich insofern, als die Gleichmässigkeit der Behandlung bisweilen *) Genauere Angaben über die Ziesel, den Bobak und den Zwergpfeifhasen hat Referent u. A. in seinem Buche über „Tundren und Steppen“ (Ferd. Diimmler’s Verlagsb., Berlin 1890) mitgetheilt, worauf hier verwiesen werden mag. Vergl. S. 78, 32 u. 83 ff. **) Auf Seite 138 der vorliegenden Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ geben wir eine kleine Probe aus Bd. II der neuesten nicht unerheblich beeinträchtigt wird. Nichts ist 'leichter,. als auf derartige Stellen in dem vorliegenden Bande ‚aufmerksam zu machen. Wir wollen dies aber unterlassen, da wir der An- sicht sind, dass die Vorzüge dieses Werkes bei weitem diese Schattenseiten überwiegen, und dass man bei einem Handbuche nicht den Massstab anlegen darf, der bei einem Lehrbuche an- gemessen erscheint. Wir heben noch hervor, dass dieses Handbuch in erster Linie für den Fachmann bestimmt ist. Es ist aber zu bemerken, dass auch jeder Laie, der mit allgemeinen naturwissenschaftlichen und mit einigen mathematischen Kenntnissen ausgerüstet ist, aus diesem Handbuch eine tiefere Einsicht in die Grundwissen- schaft aller Naturwissenschaften, die Physik, gewinnen wird. Der vorliegende Band gliedert sich in die „Allgemeine und specielle Mechanik“ als ersten und die „Akustik“ als zweiten Ab- schnitt. Der erste Abschnitt rührt im wesentlichen von Auerbach her, doch sind einzelne Theile dieses Abschnittes auch von anderen Fachmännern verfasst (Oberbeck, Braun, Graetz, Waitz); der zweite Abschnitt des Bandes rührt gänzlich von dem durch seine akustischen Forschungen bekannten ‚Marburger Physiker Prof. Melde her. Es sei noch hervorgehoben, dass die benutzte Litteratur bis in die allerneueste Zeit reicht; so haben wir uns beispielsweise gefreut zu sehen. dass auch Tanaka’s Untersuchungen über die Klangfiguren quadratischer Platten (vergl. „Naturwissen- schaftliche Wochenschrift“, Bd. II, S. 51) Berücksichtigung ge- funden haben. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, dass es ausser den angegebenen Klangfiguren quadratischer Platten noch viele andere giebt und dass z. B. nach der Tanaka’schen — wie uns scheint — richtigen Auffassung die Figg. d, e S. 732 nicht ver- schieden sind. — Ein Sach- und ein Namenregister beschliessen den Band. e Die Ausstattung ist eine würdige zu nennen; auch bei den zahlreichen Abbildungen haben wir nichts zu erinnern, abgesehen von einigen Fällen, in denen wir die Linien feiner und die ganze Figur heller gehalten wünschen würden. Dem weiteren Fortschreiten des Handbuches der Physik sehen wir mit Interesse entgegen. A. G. Eder, J. M., Ueber das siehtbare und das ultraviolette Emissions- spectrum schwachleuchtender verbrennender Kohlenwasserstoffe (Swan-sches Speetrum) und der Oxy-Hydrogen-Flamme (Wasser- dampfspectrum). 2,50 M. Leipzig. N Ettingshausen, C., Frhr. v., Ueber fossile Banksia-Arten und ihre Beziehung zu den lebenden. 0,80 M. Leipzig. Fearnley, C. u. Geelmuyden, H., Catalog der Sterne bis zur 9. Grösse zwischen 80° nördlicher und 2° südlicher Deelination für das Aequinoctium 1875. 7 M. Leipzig. Fick, A., Compendium der Physiologie des Menschen. 4. Aufl. 10 M. Wien. ; ; Fischer, E., Ueber neue Spaltungsprodukte des Leims. 1 M. Leipzig. RER A., Embryologische Forschungen. 2. Heft. A.. Die Stammesgeschichte der Nagethiere. B. Die Umkehr der Keim- blätter. 20 M. Wiesbaden. Foerster, W., u. E. Blenck, Populäre Mittheilungen zum ‚astro- nomischen und chronologischen Theile des königl. preussischen Normalkalenders für 1892. 1 M. Berlin. —.— u. P. Lehmann, Die veränderlichen Tafeln des astrono- mischen und chronologischen Theiles des königl. preussischen Normalkalenders für 1892. 5 M. Ebd. Frank, B. u. A. Tschirch, Wandtafeln für den Unterricht in der Pflanzenphysiologie an landwirthschaftlichen und verwandten Lehranstalten. 30 M. Berlin. Franke, B., Exakte Prineipien der Chemie. 0,60 M. Leipzig. Fraenkel, C., Grundriss der Bakterienkunde. 3. Aufl. 10 M. Berlin. Zur Nachricht. Durch Ueberhäufung mit anderweitigen Arbeiten sieht sich Herr Dr. P. Andries genöthigt, die stellvertretende und Mitredaction der Naturw. Wochenschrift niederzulegen. An seine Stelle ist seit dem 1. April der Herr Astronom Auflage von Brehm’s Thierleben. Red. Harry Gravelius getreten. P. Inhalt: Dr. B. Matthiessen: Neuere Resultate aus den Untersuchungen über periodische Kometen. — Der Prairiehund. (Mit Abbildungen.) — Phänomenologie des Spiritismus. — Ueber ein fettes Oel aus Lindensamen. — Die Erhaltung des Lebens. — Eine geometrische Frage. 1. — Deutsche Zoologische Gesellschaft. — Elektrotechnische Ausstellung. — Litteratur: Brehms Thierleben. — E.H. Weber: Ueber die Anwendung der Wellenlehre auf die Lehre vom Kreislaufe des Blutes und insbesondere auf die Pulslehre. — A. Winkelmann Handbuch der Physik. — Liste. — Zur Nachricht. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. 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Achelis „Ethnologie und Philosophie“ betont dieser Autor wieder, dass für die Fragen, mit denen sieh die Philo- sophie zu beschäftigen pflegt, erst dann eine der Wahr- heit entsprechende Lösung möglich ist, wenn diese auf naturwissenschaftlicher Grundlage versucht wird. Insbe- sondere erörtert er die Unterstützung, welche die Etlhno- logie, der Psychologie, Erkenntnisstheorie und Ethik zu leisten im Stande ist. Dieser Artikel hat eine von mir schon oft durchdachte Frage nach der Entstehung der Denkformen und die wichtigen Folgerungen, die sich aus der Beantwortung dieser Frage ergeben, wieder hervor- gedrängt. Ich hatte bisher niehts über den Gegenstand niedergeschrieben, aber stets die Absicht — sobald ich Zeit finden würde — eine ausführliche Ausarbeitung des Gegenstandes vorzunehmen. Ich werde aber, da ich vor der Hand auf lange Zeit hinaus mit Arbeiten überhäuft bin, vorläufig und so bald keine Musse dazu finden, glaube aber, dass der naturwissenschaftlich Geschulte die Be- gründungen der im Folgenden ausgesprochenen Anschau- ungen selbst finden wird. Es ist das nicht etwa eine bloss oberflächlich ausgesprochene, sondern eine wohlbe- gründete, erprobte Ansicht, deren Richtigkeit mich eben zu dieser Veröffentlichung veranlasst. Ich habe nämlich wiederholt die. Hauptpunkte meiner Ansicht Naturforschern aus meinem Bekanntenkreise vorgetragen, die stets volles Verständniss gezeigt haben. Wenn ich einige derselben besonders nennen darf, so wähle ich zuerst Herrn Hofrath Prof. W. Preyer, der in einer Unterhaltung, die ich mit ihm hatte, die im Folgenden ausgesprochenen Gedanken sofort als richtig erfasst und auch die Tragweite derselben gleich erkannt hat, ferner Herın Dr. .R. Mittmann, Herm Dr. K. F. Jordan und den Astronomen Herrn Harry Gravelius, von denen ich wie von anderen das Gleiche sagen kann, die ich aber deshalb an dieser Stelle nenne, weil sie die Freundlichkeit hatten, sich das vorliegende kleine Manuskript vor dem Druck vorlesen zu lassen und ich dadurch Gelegenheit hatte, mieh von der Verständlichkeit meiner Erörterungen auch in der vorliegenden — allerdings sehr knappen — Form zu überzeugen.*) Es ist somit die Vermuthung bei mir zur Gewissheit geworden, dass mich auch ohne nähere Ausführungen wenigstens diejenigen Naturforscher zunächst verstehen werden, denen der Darwinismus — dessen Kenntniss zum Verständniss des Folgenden nothwendig ist — wirklich in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich stehe daher nicht an, diese Notiz, in der ich vor allem auf den Hauptpunkt meiner Ansicht aufmerksam machen wollte, einer grösseren Arbeit vorauszusenden, welehe eine ausführliche Begründung und Folgerungen bringen soll. Ein fernerer Beweggrund, der mich veranlasst, diese Notiz zu veröffentlichen, ist die Hoffnung, vielleicht hier und da zu Bemerkungen über den wichtigen Gegenstand anzuregen, namentlich zu erfahren, ob sich in der Litte- ratur bereits Anklänge an die ausgesprochene Ansicht finden. Bei Herbert Speneer z. B. würde ich aus guten Gründen zuerst suchen. Ieh halte es allerdings für sehr unwahrscheinlich, dass die Litteratur in der genannten Hinsicht ergiebig sein wird, da es im höchsten Masse auffallend wäre, dass bei der hohen Bedeutung der Sache solehe Angaben so gut wie unbeachtet geblieben sein sollten, was auch daraus hervörgeht, dass ich bei Fach- *) Herr Prof. Preyer war zu der Zeit, als ieh das Manuskript fertig hatte, nicht in Berlin, er hatte aber die ausserordentliche Güte den Aufsatz in der Korrektur zu lesen. Die anderen Herren, die von ihrer naturwissenschaftlichen Weltanschauung aus meine ihnen mündlich vorgetragene Ansicht gebilligt haben, sind die Zoologen Hr. Kustos H. J. Kolbe und Hr. Dr. H. Trautzsch, sowie der Botaniker Hr. Dr. Karl Müller-Berlin. 146 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 15. genossen vergebliche Umfrage gehalten habe: keiner von diesen vermochte mir eine Angabe zu machen. Ange- nommen es sei der zu erläuternde Gedanke schon irgend- wo geäussert — und ich möchte vermuthen, dass sich mindestens Anklänge finden müssten — so hätte er also jedenfalls nieht diejenige allgemeinste Beachtung gefun- den, die ihm durchaus gebührt, und diese Thatsache rechtfertigt vollständig ein Eingehen auf denselben auch vor einer weitgehenderen, zeitraubenden Durchsuchung der Litteratur, als ich sie bis jetzt vornehmen konnte. Ich meine also, dass der Gegenstand einen Hinweis ver- dient, selbst mit der Gefahr, im Verlauf der folgenden Darstellung Manches zu sagen, das — vielleicht schon viel besser — ähnlich oder ganz gesagt worden ist. Das sehr aphoristische Kleid dieser Notiz bitte ich aus den angegebenen Gründen zu entschuldigen. Die Wiederholungen im Folgenden sind absichtlich: häufig versteht man den Autor nur dann ganz, wenn er seine Meinung in verschiedenen Fassungen vorträgt. An der Disposition ist vieles auszusetzen, ich bringe die Sätze, wie ich sie zuerst niederschrieb. Die Prineipien des Darwinismus gelten nieht nur für die körperliche, sondern auch für die geistige Entwiekelung der Organismen. Ist ein noch so einfach gestaltetes Lebewesen aus- gestattet mit der Möglichkeit der Selbst- und Art-Erhal- tung einmal gegeben, so verstehen wir aus diesem die Entstehung des ganzen Reiches der organischen Natur, vermöge der genannten Fähigkeiten und der übrigen, jenem ersten Lebewesen innewohnenden Eigenschaften, vor allem der Variabilität und der Vererbungsfähigkeit. In diesen liegt die Möglichkeit der Entstehung neuer Arten-Formen und zwar lebenskräftiger, d. h. solcher, die mit den Aussenverhältnissen in Einklang stehen. Mit den geistigen Aeusserungen ist es nicht anders. Auch hier bedarf es nur des Vorhandenseins einfachster Denk- regungen, um die Entstehung sämmtlicher jetzt that- sächlich vorhandener Formen des Denkens begreiflich zu finden. Der Physiologe Johannes Müller meinte,*) — sich gegen die angeborenen Kant’schen Kategorieen aus- sprechend — dass das einzige ursprüngliche Vermögen des menschlichen Geistes darin bestehe, aus den durch die Sinne zugeführten Vorstellungen allgemeine Begriffe zu bilden; im Gegensatz zu den Thieren, welehe höchstens zur Association gleichzeitig wiederkehrender Eindrücke sich erheben, wie Stoek und Schläge, Hutaufsetzen des Herrn und Spazierengehen solche für den Hund sind. Die Denkregungen nehmen wir also als gegeben an; wir wollen uns ja an dieser Stelle nicht mit der Frage nach der Herkunft dieser, sondern nur mit der Herkunft der aus den Denkregungen hervorgegangenen Denk- formen beschäftigen. Ganz entsprechend also wie auch Darwin die Frage nach dem Ursprung der ersten oder des ersten organischen Wesens nur ganz nebenbei und oberflächlich tangirt hat, da ihm nicht die Lösung dieser Aufgabe, sondern die nach der Ursache der Vielgestal- tigkeit der Organismen vorgeschwebt hat. Mag man mit Darwin annehmen, dass die ersten Organismen, von denen alle übrigen abstammen, von Gott erschaffen wurden, also auch die geistigen Eigenthümlichkeiten derselben, oder sei man eher geneigt mit Haeckel an eine Urzeugung der ersten oder des ersten Wesens zu glauben und somit auch hier die Entstehung der einfachsten Denkregungen *) Nach E. du Bois-Reymond, Leibnizische Gedanken in der neueren Naturwissenschaft. (D. B.-R., Reden, 1. Folge. Leipzig 1886.) S. 47. an eine Zeit geknüpft sich vorzustellen, oder neige man endlich zu der Ansicht, die Preyer jüngst in der „Naturw. Wochensehr.“ (Bd. VI, S. 95 ff.) eingehender zu begrün- den versuchte, dass nämlich das Leben, das Plasma, mitlin auch das Geistige in den Organismen von Ewigkeit her sei: so eminent erstrebenswerth die Lösung dieser Frage auch ist, es scheint mir nicht, dass dieselbe vorläufig genügend lösbar ist, oder vorsichtiger ausgedrückt, es hat in der erwähnten Rich- tung bisher noch niemand eine Meinung hinreichend an- nehmbar begründet“) Und wäre das geschehen, so würde wohl wieder ein „Aber“ dahinter liegen, denn „wer das Wenn erstiegen, sieht das „Aber“ liegen.“ Dass aber die geistigen Fähigkeiten sich erst allmählich zu ihrer heutigen Ausbildung entwickelt haben, ist zweifel- los, und wie und warum die Entwickelung der geistigen Fähigkeiten gerade in dieser Weise erfolgt ist, wie sie heute sind, scheint mir sehr wohl der Beantwortung fähig, wenn wir also — wie Darwin von den ersten, einfachsten Organismen — so hier von der Möglichkeit zu Denken, den einfachsten Denkregungen, ausgehen. Ich gebe hierbei vollständig zu, dass die Entwick- lung keineswegs leichter begreiflich ist als die Erschaf- fung, aber erstere entspricht eruirbaren Thatsachen, letztere nicht. Die Vernunft ist — sagt auch z.B. Lazarus Geiger**) — „wie die Gattung des Lebendiger, nieht plötzlich, nicht in aller ihrer Vollkommenheit sofort fertig, gleichsam durch eine Art von Katastrophe entstanden, sondern sie hat eine Entwicklung.“ Die Art dieser Entwieklung lässt sich aufweisen und nachdrücklich begründen, hier soll sie nur angedeutet werden. Ich will vorgreifen und von vornherein das Haupt- resultat angeben: Die sämmtlichen Denkformen sind ebenso entstanden im Kampfe um’s Dasein wie die Formen der organischen Wesen. Diesen Satz näher zu rücken soll die Aufgabe der folgenden Zeilen sein, eine tiefere Begründung ist also vorläufig nicht beabsichtigt. Die ‚Sinne versehen die Organismen mit Anschau- ungen, auch die sog. aprioristischen derselben sind ur- sprünglich durch die Sinne vermittelt worden. Ich meine also mit Locke, dass unsere Psyche durch die der Er- fahrung zugänglichen Dinge gebildet wurde. Bezüglich der aprioristischen Anschauungen sagt Th. Achelis***) „Ohne... das umfangreiche Material eines Tylor, Bastian u. a. anzuführen und zu zergliedern, darf wohl soviel daraus entnommen werden, dass durch die Theorie des Animismus+) der unanfechtbare Beweis geliefert ist, dass der gesammte Apparat des Apriori aus einer allmähliehen, unwillkürlichen und vielfach un- bewussten Vergeistigung sinnlieher Erscheinungen hervor- gegangen ist. Mit Recht hat desshalb Göring, der sieh speciell an die Ausführungen Tylor’s hält, in seiner Untersuchung über den Begriff der Erfahrung dieses Moment nachdrücklich hervorgehoben: „Diese empi- rische Kenntniss des Ausgangs- und Mittelpunktes, von *) Bezüglich der Preyer’schen Anschauung vergl. diesbezüg- lich auch „Naturw. Wochenschr.» VI, S. 142. *#) Nach Achelis a. a. O. S. 830. EEE el 281. 7) Als Animismus bezeichnet man in der Anthropologie die ‚bei den Naturvölkern beobachtete Neigung, die ihnen un- erklärlichen Erscheinungen der Natur sich durch Annahme seeli- scher Kräfte oder handelnder Persönlichkeiten in den Dingen begreiflich zu machen. P. Nr. 15. dem aus der Mensch sich allmählich seine unsinnlichen Wesenheiten erschafft, berechtigt vollkommen zur Auf- stellung des schon von Aristoteles auf die platonische Ideenlehre angewandten Satzes: Das Unsinnliche ist das Sinnliche noch einmal.** Ich möchte dem hinzufügen: Was man aprioristische Anschauungen nennt, sind ererbte, schon von den denkenden Ur-Organismen noth- wendig gebrauchte, uns daher jetzt zwar ohne Weiteres in der Anlage gegebene, aber dennoch ursprünglich aus der Erfahrung gewonnene. Ohne Erkenntniss von Raum und Zeit z. B. ist eben keine Handlung möglich, daher die Vorstellung von ihnen wohl die älteste, also be- sonders aprioristisch erscheinende ist. Da die ursprünglich durch den Einfluss der Welt entstandenen und demnach dieser entsprechenden Denk- formen uns vererbt sind und uns diese Entstehung daher nicht ohne Weiteres bewusst wird, so schloss man, da man die Denkformen durch Prüfung im alltäglichen Ge- brauch richtig, nützlich, findet, von dem näher liegenden Ich und nieht von der Aussenwelt ausgehend, dass das Denken in den logischen Formen ursprünglich sei, und glaubte weil es sich also aus dem angegebenen Grunde in „prästabilirter Harmonie“ mit den alltäglichen Dingen der Welt findet — dass es auch genüge, den Inhalt des ganzen Weltbildes schöpferisch aus sich zu erzeugen. Unsere Untersuchung deutet wieder die Irrthümlichkeit dieses Weges an und zeigt, dass sich die Naturforschung in dem richtigen Geleise befinde, wenn sie nur das für lösbar hält, was durch die Erfahrung erreichbar ist. Die Beziehungen, welche die logischen Formen aus- drücken, sind durch die Erfahrung gewonnen, sie sind erst im Verlaufe der Generationen erkannt worden. Auch die abstraeten Begriffe, deren Bildung nach Johannes Müller — wie oben angedeutet — das ur- sprüngliche Vermögen des menschlichen Geistes sein soll, sind Beziehungsformen des Denkens, die erst der Erfahrung entnommen sind. Die einzelnen Anschauungen, einzelnen Vorstellungen, sind die Elemente des Denkens, welches sich an ersteren bildet und sich nach Massgabe der Erweiterung der An- schauungen entwickelt. Die obigen Citate und viele andere Stellen in der Litteratur beweisen zwar das Vorhandensein der Einsicht, dass die geistigen Fähigkeiten sich allmählich entwickelt haben, namentlich Herbert Spencer hat schon längst (1855) eine Lanze für die Ansicht gebrochen, dass die höchsten geistigen Kräfte nur ganz stufenweise sich ge- bildet hätten, wie alle höheren geistigen Funetionen sich aus der einfachen Empfindung entwickelten, eine Ent- wieklung, die den gleichen Gesetzen folge, wie die der organischen und unorganischen Materie*), aber die Frage nach dem Wie dieser Entwicklung scheint bisher kaum nachdrücklich untersucht worden zu sein, wenig- stens habe ich in der Litteratur hierüber nichts zu finden vermocht. Denn sehe ich mich zunächst bei den philo- sophischen Schriftstellern um, so suche ich vergeblich nach einem Versuch diese Frage zu beantworten. Wenn die Autoren die Logik behandeln, nehmen sie den Inhalt derselben stets als gegeben an: sie unter- suchen nur die jetzt gegebenen Formen des Denkens, ohne nach ihrer Herkunft, nach dem Werden derselben zu fragen. Es ist blosse beschreibende Anatomie ohne Entwieklungsgeschichte. Auch bei den Naturforschern habe ich vergeblich Umschau gehalten und bei ihnen nach possitiven Aeusserungen über die Morgenröthe des *) Herbert Spencer, Principles of psychology. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 147 Denkens und nach Begründungen der Entwieklung des Denkens geforscht *). Die von mir gegebene Antwort scheint mir aber für Darwinisten so nahe liegend, dass sie nur ausgesprochen zu werden braucht, um eingesehen zu werden. Wir befinden uns augenblieklich hier noch in einem Stadium, welches im Hinblick auf unsere jetzige Anschauung über das System und über die Entstehung der organischen Formen mit der vordarwinischen Periode zu vergleichen ist. Vor Darwin wurden die organischen Arten, welche wenn wir einmal den Vergleich fest- halten wollen — den Denkformen entsprechen, ebenfalls einfach als gegeben angenommen und nur hier und da wagte es ein philosophisch angehauehter Naturforscher die Frage: „Wie sind die organischen Formen natürlich entstanden?“ aufzuwerfen. Das entsprechende Problem auf psychischem Gebiete ist „Wie sind die Denkformen entstanden?“ Ein Problem, dessen Aufstellung uns das Studium der organischen Natur zwingend aufdrängt, vor Allem die Erkenntniss, dass complieirte Erscheinungen in derselben sich aus einfacheren heraus entwickelt und nicht von vorn herein bestanden haben, und ferner, dass ein inniger Zusammenhang zwischen allen Erscheinungen besteht. Die Nachweisung oder Wahrscheinlichmachung der Zusammenhänge bildet einen Fortschritt in unserer Erkenntniss, wenn wir auch schliesslich immer wieder an eine Stelle gelangen, wo eine Anknüpfung nicht mehr möglich ist. So sind wir nicht in der Lage, die Entstehung des ersten organischen Wesens aus Einfacherem, aus Unorganischem zu begreifen: wir wissen nicht, ob es Zwischenglieder zwischen Organischem und Unorganischem giebt und so vermögen wir auch vor- läufig nieht zu verstehen, wie die ersten, einfachsten Denkregungen sich im Zusammenhang mit den materiellen Kräften befinden, wie 'sie sich aus diesen Kräften heraus entwickelt haben, wir wissen nicht, ob es vermittelnde Uebergänge zwischen beiden giebt, ob sich vielleicht ein tiefgreifender Unterschied zwischen beiden schliesslich gar nicht finden lässt. Dort müssen wir also — wie schon gesagt — von dem oder den ersten Lebewesen, hier von den ersten, einfachsten Denkregungen, beides als gegeben, ausgehen. Es ergeben sich aus dem schon erwähnten Resultat der Untersuchung der Denkformen in der genannten Richtung Folgerungen, die ein bedeutendes Licht auf viele Geistesfragen zu werfen im Stande sind, denen man bisher kaum wissenschaftlich energischer nahe zu treten vermochte. Ich habe schon gesagt, dass ich in einer späteren ausführlichen Arbeit hierauf näher ein- zugehen gedenke. *) Einen Tag nachdem ich Herrn Dr. Jordan das Manu- seript vorgelesen hatte, erhielt ich von ihm ein Schreiben, in welchem er mich bittet seines Aufsatzes über Hume’s Kausalitäts- lehre („Wie ist heute Hume’s Theorie der Kausalität zu beur- theilen?“ Zeitschrift „Kosmos“ 1886) zu gedenken und ihn als einen „Vorarbeiter“ meiner Theorie zu erwähnen. „Und zwar nicht fährt Herr Dr. Jordan fort — damit die Leser etwas über mich hören, sondern weil es so ist, und zwar aus fol- genden Gründen: 1. Ich gebe in meinem Aufsatz an, dass die Entstehung des Kausalitätsbegriffs in deseendenztheore- tischem Sinne aus einfacheren geistigen Thätigkeiten erfolgt ist, und das ist ja auch der Hauptgedanke Ihrer Ab- handlung. 2. Freilich habe ich den Gedanken der Nützlichkeit und den entgegengesetzten der Lebensgefährdung nicht heran- gezogen, und überhaupt spielt der Kampf um's Dasein bei mir noch keine Rolle. 3. Dafür zeige ich nun an einem bestimmten Beispiel genauer, woraus der Kausalitätsbegriff entstanden ist, nämlich aus der Ideenassociation, und auch wie er ent- standen ist, nämlich mit Hülfe der Faktoren Gewohnheit und ! Erfahrung (Kampf um's Dasein fehlt).“ 148 nn nn mm mm nn Wie die körperlichen Eigenthümlichkeiten der Wesen sich mit Hilfe darwinischer Prineipien aus den Einflüssen der Aussenwelt erklären lassen, nämlich durch Selection, durch Auswahl im Kampfe um’s Dasein, genau ebenso lassen sich die Eigenthümlichkeiten des Geistes in leichtester Weise durch Anpassung erklären. Wie die organischen Wesen in ihren Gestaltungsverhältnissen nach allen Richtungen variiren und von den Variationen nur die passenden, nur die lebenfördernden, oder doch die nicht lebenstörenden erhalten bleiben und sieh daher schliesslich vererben können, genau ebenso können von den zunächst nach allen Riehtungen hin zielenden Denk- regungen nur diejenigen erhalten bleiben, im Kampfe um’s Dasein ausgelesen und in Folge dessen vererbt werden, die nicht zu lebengefährdenden Handlungen führen. Noch einmal: Nicht nur der organische Körper hat die Fähigkeit zu variiren und neu entstandene Eigen- thümlichkeiten zu vererben, sondern auch die Psyche. Es ist nur nöthig daran zu erinnern (z. B. an die Ver- erblichkeit krankhafter Geistesbildung), einer näheren Ausführung bedarf es kaum, da das tägliche Leben diese Einsicht Jedem leicht verschafft. Hat daher eine Vorfahren - Reihe lebenerhaltende Erfahrungen erworben, so wird sie auch diese auf die Nachkommen vererben, die sie unbewusst anwenden, bei denen sich das Handeln nach diesen Erfahrungen schliess- lich als Trieb*) äussert. Die genannten beiden Haupteigenschaften — also Variations- und Vererbungsfähigkeit — sind vollkommen ausreichend, auch die Entwicklung des Geistes aus primitivsten Anfängen heraus zu begreifen. Und wie uns bei der Beurtheilung der Gestaltung der Organismen die durch Darwin’s Betrachtungen gewonnene Erkennt- niss der Ursachen der teleologisch scheinenden, der den Aussenverhältnissen durchaus angepassten Eigenthümlich- keiten des Baues und Lebens der Organismen einen tiefen Einblick in die organische Natur sewährt und uns einen mächtigen Schritt dem Verständnis der Lebewelt näher geführt hat, so können wir hoffen mit Anwendung der eleichen Methode auch die ohne Betrachtung ihrer Entwicklung uns ebenfalls wunderbar erscheinenden, mit den Weltverhältnissen in Einklang stehenden normalen Denkformen ihrer Entstehung nach zu begreifen. Die Parallelen, die wir bis jetzt zwischen Körper und Geist gezogen haben, sind nicht die einzig zulässigen: es finden sich deren noch mehr, und sie können — wie wir gleich sehen werden — auch fernerhin Dienste leisten. Ich sagte, dass die Organe den Aussenverhältnissen durehaus entsprechen, ganz vorsichtig ausgedrückt, hätte ich hinzufügen müssen „im allgemeinen“. Denn weiteres Eindringen in den Gegenstand zeigt bald, dass es auch Organeigenthümlichkeiten giebt, die keineswegs als zweck- mässige bezeichnet werden können, die aber dennoch nicht "lebengefährdend sind, weil sie, wenn auch nicht den Aussenverhältnissen angepasst, so doch auch nicht in Widerspruch mit ihnen stehen. Solche Organe dürfen daher auch nieht als unzweckmässig bezeichnet werden: sie sind indifferent. In ihrem Dasein, in ihrem Auftreten äussert sich eben die Variationsfähigkeit der Organismen. Würde sich in dem Vorhandensein eines solehen in- differenten Organes eine Unzweckmässigkeit herausbilden, so würde der Besitzer dieses Organes darunter leiden, *) Ich will damit nicht sagen, dass die Entstehung aller Triebe wie oben zu erklären ist. Gewisse Instinete sind wohl aus „unwillkürlichen“ Handlungen (z. B. aus Reflexbewegungen) im Laufe der Generationen durch Wirkung des Kampfes um’s Dasein entstanden. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 15. eventuell darüber zu Grunde gehen und die Vererbung der schädlichen Organisation würde allmählich eliminirt werden. Es giebt sehr viele Organ-Eigenthümlichkeiten, die — wie ich mich ausdrückte — indifferent und zwar ganz indifferent für das Leben sind, deren Vorhandensein oder Fehlen von keinerlei Bedeutung für das Lebewesen ist, und ferner erinnere ich an die jedem Naturforscher geläufige Thatsache, dass viele Organe gleicher Funktion bei den verschiedenen Lebewesen verschie- denen Bau aufweisen können. Diese Thatsachen will ich mit dem Geistesleben vergleichen, um weitere Paralle- len nachzuweisen. Ich bitte dabei festzuhalten, dass für den Bestand oder das Verschwinden körperlicher Eigenthümlichkeiten einzig und allein Förderung oder Behinderung im Leben ausschlagend ist und sich gleich- zeitig die Uebereinstimmung hiermit im Verhalten des Geistes klar zu machen, indem Aeusserungen desselben, die auf das Leben Einfluss haben, also Handlungen ver- anlassen, naturgemäss ebenfalls nur dann erhalten bleiben und sich vererben können, wenn die aus ihnen hervor- gegangenen Handlungen nicht Leben schädigend auftreten. Hieraus ergiebt sich schon ohne Weiteres die aufzu- weisende Parallele, mit der ich vor allen Dingen aus- drücken wollte, dass auch geistige Aeusserungen be- stehen bleiben und sieh vererben können, sofern sie nicht Leben störend sind, und ferner, dass geistige Aeusserun- gen, die gleiche lebenfördernde Ziele haben, doch ver- schieden sein können. Wie also viele Organe in ihrer Gestaltung eine Öseillation vertragen, ohne deshalb in ihrer Funktion eine Aenderung zu erfahren, so giebt es auch im Ge- biete des Gedankens solche Vorstellungsweisen, die von einander abweichen können, ohne dass deshalb die aus ihnen eventuell folgenden Handlungen lebenstörend wirken. Anders ist es für die Erreichung vieler Ziele der Lebensfunetion in bestimmten andern Fällen; so ist auf den Gebieten, woZahl und Maass herrschen, ein Pendeln meistens nicht möglich: es ist nieht gleichgültig für das Leben eines Thieres, “ob es die Breite einer zu überspringenden tiefen Felsenkluft richtig schätzt, oder ob es in Folge falscher Schätzung die Füsse auch nur um ein ganz Geringe es zu früh aufsetzt, um in diesem Falle nothwendig in die Tiefe zu stürzen. Die Sinne müssen hier, soll das Leben keinen Nachtheil erleiden, die Aussenverhältnisse richtig beur- theilen, denn falsche Beurtheilungen führen in solchen Fällen zum Verderben. Die Verstandeskräfte aber werden durch die Sinne gebildet, und es müssen Verstandesäusserungen bei allen Wesen dort übereinstimmen, wo eine falsche ‚Beurtheilung lebengefährdend wirkt. Letzteres trifft aber u. bei einer Nichtbefolgung mathematischer Gesetze — lern sie mit Handlungen in Beziehung stehen — zu. Die Mathematik ist eine Erfahrungswissenschaft: sie benutzt — von Thatsachen und einfachsten Handlungen (Bewegungen) ausgehend — lange Gedankenketten (Schlüsse), deren einzelne Glieder einfache Erfahrungs- gedanken sind, und sie kann eventuell zum Schlusse an der Natur experimentell prüfen, ob sie richtig gedacht (gerechnet) hat. Scheinen uns die mathematischen Gesetze in unseren Denken auch selbstverständlich, so sind sie wie die Denk- formen und Anschauungen doch erst durch Reibung mit der Natur erworben worden, während es für die Erhaltung des einzelnen Menschen nicht in Betracht kommt, ob er als Philosoph Materialist, Realist oder Idealist ist, da es sich bei den Ansichten dieser nur um Gedanken handelt, die keinen entscheidenden Einfluss auf das alltägliche Benehmen ausüben: sobald der Materialist oder Idealist Nrrln. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 149 mit der „rauhen“ Wirklichkeit zu thun hat, sieht man beide übereinstimmend sieh gleiehmässig verhalten, und es ent- springt das übereinstimmende Verhalten aus überein- stimmendem Denken, wenigsten dann sobald es sich um die Alltägliehkeit handelt. Auch die Mathematik also gründet sieh auf Erfah- rungen, was übrigens schon längst von Denkern wie John Stuart Mill u. a. erkannt worden ist. Erfahrungen der Raumverhältnisse liegen speciell der Geometrie zu Grunde*), die aus ihnen entnommenen grundlegenden Anschauungen sind die einzigen, die in geometrischen Erörterungen zur Anwendung kommen, und wenn wir mit Zuhilfenahme dieser eine Reehnung ausführen und zu einem Resultat gelangen, das wir wieder mit dem An- schauungssinn zu erfassen vermögen und es so bestätigt finden, so zeigt uns dies, dass das in der angedeuteten Weise gewonnene Resultat der Wahrheit entspricht. Dasjenige, dessen Wahrheit uns ohne Weiteres bewusst, klar ist, nennen wir-ein Axiom. Andere Wahrheiten sind uns nieht ohne Weiteres bewusst, wir müssen sie beweisen, d.h. sie uns als wahr durch Zubilfenahme der Axiome ins Bewusstsein führen. Demnach ist es eine Unklarheit, oder, sage ich direet, durchaus falsch für Axiome „Beweise“ zu suchen. Auch unsere logischen Denkformen sind -aus der Erfahrung gewonnene Axiome, Beziehungen, die uns ohne Weiteres einleuchten. Dass uns nun die mathe- matischen Begriffe und die logischen Denkformen so zwingend erscheinen, hat also seinen Grund darin, dass eine Nichtbefolgung derselben, z. B. eine Nichtberück- sichtigung der Axiome der Geometrie in solche Collisionen bringt, die das Leben unmöglich machen, wie dies durch das oben erwähnte Beispiel des springenden Thieres bereits angedeutet wurden. Würde dieses Thier z. B. nieht die Einsieht besitzen, dass zwischen zwei Punkten die grade Linie die kürzeste ist, so läge die Gefahr, dass es bei Ausführung des Sprunges zu Grunde ginge, be- greiflicher Weise noch näher. Werden demnach die Denkweisen im Allgemeinen dann nothwendig übereinstimmen, wenn Handlungen aus ihnen folgen, die das Leben hindern oder gefährden, so werden sie andererseits — wiederhole ich — oft dann bei den verschiedenen Individuen keine Uebereinstimmung zeigen, wenn der Kampf um’s Dasein keine Veranlassung hatte, klärend zu wirken, weil diese Denkweisen nicht zu lebengefährdenden Handlungen führen, anders ausgedrückt weil „der Irrthum .... in praktisch gleichgültigen Dingen unschädlich“ **) ist. Es ist — betone ich immer wieder — die Rücksicht auf die Erhaltung des Lebens das einzig Ausschlaggebende für den Bestand körperlicher oder geistiger Eigenthüm- lichkeiten, abgesehen wenn es sich in beiden Fällen um in der genannten Beziehung indifferente Erscheinungen handelt. Dieser Satz ist deshalb so wichtig, weil wir — wie schon angedeutet — aus ihm heraus verstehen lernen, woran es liegt, dass die Menschen bei ihren geistigen Beurtheilungen in gewissen Punkten alle zu dem gleichen, in anderen zu verschiedenen Resultaten gelangen. Es ist hierbei sehr bemerkenswerth, dass einmal ge- wonnene Denk-Anschauungen mit ausserordentlicher Zähig- keit festgehalten werden. Die Macht der Gewohnheit spielt hier eine gewaltige und — man muss wohl auch sagen — berechtigte Rolle; denn hat sich eine Denk- richtung im Leben bewährt, oder hat sie doch keinen *) Vergl. H. Helmholtz, Ueber den Ursprung und die Be- deutung der geometrischen Axiome. In seinen populären wissen- schaftlichen Vorträgen. Braunschweig 1376, Heft 3, p. 21 ff. & ’**) E. Dühring, Der Werth des Lebens. Leipzig 1881. 3. Aufl. 258. Anstoss gefunden, so liegt ja keine äussere Ursache vor, sie aufzugeben oder Verschwinden zu machen. Folgen wir einer erst durch Denken erworbenen, nützlich gefundenen Gewohnheit, so schwindet uns all- mählich das Bewusstsein des aus der Erfahrung ge- schöpften Grundes, warum wir ihr folgen. Ihr zu folgen erscheint uns dann in unserem Handeln olıne Weiteres selbstverständlich, in unserem Denken auch: sie nähert sich dem Aprioristischen immer mehr. P. Mantegazza macht in seinem Büchelehen „Hygiene des Kopfes“ den berufsmässig mit dem Kopfe Arbeitenden Vorschläge dahingehend, ihre Arbeiten an bestimmte Zeiten zu knüpfen, niemals über den Beginn der Ermüdung hin- aus zu arbeiten, von Reizmitteln keinen Gebrauch zu machen u. s. w.*) Diese Rathschläge können von denen, die bisher anderen Gewohnheiten folgten, deshalb leicht angenommen werden, weil die Denkthätigkeit ver- gleichsweise leicht neuen Gewohnheiten folgt. Mit der Denkrichtung ist es eben anders; denn, wie gesagt, die Gewohnheit, in einer bestimmten Richtung zu denken, auch wenn diese eine falsche aber nützliche oder indifte- rente ist, ist nur sehr schwer, oft garnicht zu überwinden. Die mit dem Hypnotismus Vertrauten**) erklären diese Thatsache durch Suggestion. „Einem jungen Katholiken — sagt Moll — werden fortwährend die Dogmen vor- getragen und eingepflanzt; später sitzen sie in ihm fest und beeinflussen sein ganzes Handeln. Es ist das Dogma für ihn zu einer Autosuggestion geworden, die durch keine wissenschaftlichen Gründe beseitigt werden kann; denn die Autosuggestion ist der grösste Feind der Fremd- suggestion. Jeder Mensch eignet sich diese Autosug- gestionen im Laufe der Zeit an. Auch die Vorurtheile sind solehe Autosuggestionen. Ideen, für die Menschen kämpfen, sind als Autosuggestionen aufzufassen.“ Die wissenschaftliche Logik ist gegenüber diesen Autosug- gestionen machtlos. „So sehen wir,***) dass gegenüber Vorurtheilen, Dogmen, politischen Ansichten, die Logik keinen allzugrossen Werth hat.“ Wenn wir diese T'hat- sache erwägen unter dem Gesichtspunkt, dass die con- stanten. Eigenschaften der organischen Wesen, sofern diese nicht zu Grunde gehen sollen, so beschaffen sein müssen, dass sie das individuelle Leben und die Art- erhaltung stets unterstützen oder jedenfalls doch nicht hindern, so müssen wir ohne Weiteres aus dem Gesagten die Folgerung ziehen, dass für das Leben und die Er- haltung der Organismen, speciell des Menschen, also wohl gewohnheitsmässiges Denken wichtiger ist als rein logisches. Ein vielleicht eigenthümliches, aber deshalb nicht minder richtiges Resultat, aus welchem wir die In- dividualitäten verstehen lernen, deren Eigenthümliehkeiten nur insofern bestehen, als sie im Kampf um’s Dasein nicht tangirt werden. Noch ein Wort über die Gewohnheit. Mantegazza sagt in dem eben eitirten Werkehen sehr hübsch: „Die sewohnheit ist eine der psychologischen Formen des all- umfassenden Trägheitsgesetzes, und sicherlich eines der elementarsten Gesetze der Bewegung, indem dieselbe, so- bald sie einmal eine Richtung emgeschlagen hat, nicht anhält, wenn sie nicht etwa auf Hindernisse stösst, die ihr eine andere Richtung zu geben oder sie in eine Kraft umzubilden vermögen. Ja sogar der Instinet ist wohl nichts Anderes als eine von Generation zu Genera- tion fortgeerbte Gewohnheit, als die vermittelst der Liebe übertragene Veränderung des Individuums ... Die Ge- wohnheit ist eine beständige Modification eines Organs *) Vgl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 501. *%) Vgl. z. B. Albert Moll, „Der Hypnotismus“, 1. Aufl. S. 35. SZREAR ar OMSMEH: 150 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr.' 15. oder einer Function, hervorgebracht durch die häufige Wiederholung einer und derselben Thätigkeit oder Hand- lung, infolgedessen dieselbe immer leichter und nothwen- diger wird.“ Werden nun auch die Laien in vielen Dingen in ihren Denkrichtungen von einander abweichen, so ist doch er- sichtlich, dass die Naturforscher speciell schliesslich im Ganzen deshalb zu denselben Resultaten gelangen müssen, weil sie das gleiche Ziel mit den gleichen Mittel ver- folgen: die reine Wahrheit zu erkennen und zwar alle mit dem einzigen Mittel, das es gibt, um dies zu erreichen, näm- lich durch Sammlung von Erfahrungen, durch Anstellung von Experimenten dort, wo die Natur nicht ohne Weiteres Aufschluss gibt, dureh kritische Prüfung der Alltagsan- schauungen, die, sich dann in so vielem als falsch ergeben. Unserer wissenschaftlichen Erkenntniss ist aber ein Ziel gesetzt, das wir sehr wohl begreifen und feststellen können. Wir erfahren die Dinge und Kräfte zunächst nur so- weit ihre Kenntniss für unser Leben von Wichtigkeit resp. nothwendig ist. Alles dahinter liegende, das „Ding „an sich“, das „Wesen“ der Dinge und Kräfte zu kennen, hat für unser Leben keine Bedeutung und wir bemühen uns daher vergeblich, hier eine Einsicht zu gewinnen, dieses „Wesen der Dinge“ zu enthüllen. Umgekehrt ist das Wesen der Dinge das, was wir mit unserer Erfahrung nicht erreichen können. Nur dasjenige nicht für unser Leben Nothwendige können wir erkennen, was sich durch unsere aus Alltags-Erfahrungen abstrahirte Logik behan- deln lässt. Diese Denkformen sind gleichsam ein Spiegel- bild der uns nützlichen Weltkenntnisse, und wenn man zugiebt, dass die Kenntnisse, die wir für das Leben nöthig haben, sehr versehwindend sind im Vergleich zu dem, was erkannt werden könnte, so liegt der Gedanke nahe, dass unsere Denkformen nicht ‘die möglichen Be- ziehungen in der Welt erschöpfen. Ist dies wahr, so können wir mit unserer jetzigen Logik die Welt nicht ganz erkennen, sondern haben nur die Hoffnung übrig, dass unsere Sinne genügen möchten, derartige Erfahrungen zu sammeln, dass unsere jetzigen Denkformen ergänzt werden. Die erst mit Hilfe der Wissenschaft erkannten Wahr- heiten sind naturgemäss solehe, deren Kenntniss für das Leben gleichgiltig ist, da sie sonst nothgedrungen bereits vor der Wissenschaft bekannt sein müssten. Man kann somit unterscheiden: 1. Lebenswahrheiten, 2. Wissenschaftliche Wahrheiten. Der zu weit ‚gehende Schiller’sche Ausspruch „Nur der Irrthum ist das Leben und das Wissen ist der Tod* (Kassandra) fliesst aus einer Einsicht, die Byron besser so ausdrückt: „Der Baum des Wissens ist nicht der des Lebens“ (Manfred). Denn man mache sich nochmals klar, dass die erst durch die Wissenschaft gewonnenen Wahrheiten niemals Lebenswahrheiten und die Lebenswahrheiten ausserordent- lich häufig keine wissenschaftlichen Wahrheiten sind. Ersteres ist leicht aus der Defmition der beiden Begriffe einzusehen, letzteres versteht sich sofort, sobald man die Sinnestäuschungen und die durch sie veranlassten, noth- wendig. falschen Gedanken berücksichtigt, die aber als irrthümliche erst durch das Interesse der Wissenschaft erkannt werden. Die Thatsache‘ des Vorhandenseins von Sinnes- täuschungen ist so recht geeignet zu erhärten, wie die Natur alles nur im Hinblick auf den Nutzen in der angedeuteten Weise schafft. Gehen wir von den ursprünglich gegebenen einfachen Denkregungen aus, so sind es die Sinne, welche dieselben in bestimmte Bahnen leiten. Die Sinneseindrücke wirken auf das Centralnervensystem, welches dadurch derartig gemodelt wird, dass dieses nun seinerseits, indem es Handlungen veranlasst, auf die Aussenwelt und zwar den Verhältnissen derselben entsprechend wirkt. Die Handlungen werden demnach von den Sinneseindrücken insofern beherrscht, als der Handelnde von der Annahme ausgeht, dass die Aussenwelt so ist, wie sie uns durch unsere Sinne gezeigt wird. Die jedem organischen Wesen anhaftenden Sinnestäuschungen, die generellen Sinnes- täuschungen, müssen, wie aus dem Gesagten ersichtlich ist, für das Leben gleichgültige Sinneseindrücke sein, da sie sonst, Handlungen veranlassend, schädigend wirken würden und so im Kampfe ums Dasein längst ver- schwunden sein müssten. Individuelle Sinnestäuschungen, die nur ausnahmsweise bei den einzelnen Individuen z. B. bei Geisteskranken, nicht bei ganzen Geschlechtern, vor- kommen, werden — wenn sie die Ursachen von Hand- lungen werden — meist lebenstörend sein; Handlungen auf Grund von Anschauungen, die der Wahrheit ent- sprechen, werden niemals lebenstörend sein können. Insofern ist Leben nichts anderes als Verhalten des Organismus entsprechend der Natur, oder, was dasselbe ist, entsprechend der Wahrheit. Wie wenig reine (wissenschaftliche) Wahrheit wir für das Leben nöthig haben, ergiebt sich daraus, dass unsere durch die Simnesthätigkeit in uns erzeugte An- schauung von der Welt in den meisten Punkten ja gar nicht der Welt an sich entspricht: das Weltbild unseres Denkens ist keine getreue Kopie der Welt. Wir erfassen die Welt nur in den Punkten richtig mit unseren Sinnen, die falsch zu deuten lebengefährdend wären. Sinnestäuschungen bleiben also den Organismen nur auf Gebieten, die der Kampf ums Dasein unberührt lässt, d. h. nur dann, wenn die Täuschungen nicht leben- störend sind. Die Natur hat dann kein Interesse daran, diese Täuschungen auszumerzen, weil sie für die Erhaltung, für das Leben der Organismen gleichgültig sind, d. h. aus ihnen keine lebengefährdenden Handlungen entspringen können. Wären die Gebiete der Sinnestäuschungen nicht in der angedeuteten Weise indifferent, so würden die mit ihnen behafteten Organismen zu Grunde gehen oder sie müssten allmählich im Kampf ums Dasein schwinden, wozu in Wirkliehkeit allerdings der Grund — im Hinblick auf die ästhetische Wirkung der Welt glücklicher Weise, im ausschliesslichen Hinblick auf die Wissenschaft leider — fehlt. Sind nun unsere Denkformen die Folge der ge- wonnenenErfahrungen, anders ausgedrückt die Erfahrungen die Ursachen der Logik, so erhellt ohne Weiteres, dass die Natur selbst das Denken regelt, sie zwingt uns logisch zu bleiben, wenigstens dort, wo es sich um das wahre Wohl und Wehe der Organismen handelt. Die Denk-Riehtungen, die für die Erhaltung des Individuums eine lebenerhaltende Wichtigkeit’ besitzen, sind zum Theil andere als die, welche gesellschaft- lichen Verbänden nützlich sind, die nicht die Erhaltung eines Individuums sondern die des Verbandes als Einheit im Auge haben. Denn gleiche Denkrichtungen können nur durch Einwirkung gleicher Aussenverhältnisse ent- stehen. Das ungesellige Individuum (der reine Egoist) steht aber allem gegenüber, was ausser ihm ist, das gesellige Individuum hingegen erkennt als Angehöriger eines Ver- bandes Rechte anderer Individuen neben sich an. Was bei dem freien Individuum, welches allein der ganzen Welt gegenübersteht und mit dieser allein den Kampf ums Dasein führt, Recht ist, ist dem Verbande daher oftmals nieht Reeht. Denn Recht ist das, was eine Einheit wünscht. Ist die Einheit ein Verband, so ist hier das Recht, was die Machthabenden innerhalb dieser Einheit wünschen, die ihre Anschauungen zur Anerkennung zu Nr. 15. Naturwissenschaftliche Woehensehritt. 151 J bringen versuchen. Die nicht mächtigen Individuen stehen den Machthabenden innerhalb des Verbandes in der gleichen Weise gegenüber wie der freien Natur: entweder nämlich sie folgen den Gesetzen, dort des machthabenden: Menschen, hier der Natur, oder aber sie gehen zu Grunde. Auf ethischem Gebiete sind die Machthabenden inner- Kunstkaffeebohnen lassen sich nach J. Samelson („Ztsehr. f. angew. Chem.“) leicht von den echten Kaffee- bohnen in der Weise unterscheiden, dass die letzteren stets beim Auseinanderbrechen m der Richtung der Rinne — der Kaffee darf jedoch nieht zu stark gebrannt sein — ein goldgelbes Samenhäutchen zeigen. Dasselbe ist auch bei stark gebrannten Bohnen stets mit Sicher- heit zu erkennen, nur ist es hier von dunklerer Farbe. Das Auseinanderbrechen der echten Kaffeebohnen geht leicht von statten, wenn man dieselben einige Zeit in Aether liegen gelassen hat; beim Kunstkaffee hingegen lässt sich das Zerbrechen nieht ohne Instrumente aus- führen. 0. Als ein kleiner Beitrag aus dem Seelenleben des Hundes geht uns von Herım cand. iur. Walther Miquel die folgende Mittheilung zu. Vor einigen Wochen wurde unser zwölfjähriger Bern- hardinerhund Barry wegen Krankheit vergiftet. Sein treuer Genosse, der etwa zweijährige Chak — dänische Dogge — war bei dem Act nicht zugegen und sah auch nieht, an welcher Stelle des Gartens der Hund eingegraben wurden. Am folgenden Tage wurde nun von drei Leuten zu verschiedener Zeit beobachtet, wie Chak sich längere Zeit auf dem Grabe des. Barry aufhielt, kläglich heulte und deutlich dadureh seiner Trauer Ausdruck gab. Es kann vorstehendes ein Beweis sein von dem Verstande und dem seelischen Gefühl, welches dem Hund im Gedanken an seinen verstorbenen Genossen die schmerzliehsten Empfindungen erweckte. Ein sehr ähnlicher Fall wird uns vom Kgl. Garten- Inspector Hrn. H. Lindemuth berichtet. Ich besass — schreibt Hr. L. — im Jahre 1874 zwei gleiehalterige, etwa 1!/; Jahre alte Hunde, einen Jagdhund und einen sehr kleinen Pintscher. Beide Thiere, die ich im jugendlichen Alter erhalten und auf- gezogen hatten, waren innig befreundet. Der Pintscher wurde von einem fremden Hunde todtgebissen und im- Garten begraben. Der Jagdhund lief häufig nach der Stelle, wo sein kleiner Freund vergraben war und scharrte ihn wiederholt heraus. Das Ausscharren unterblieb erst, nachdem ich grosse Steine hatte auf das Grab legen lassen. — Wenn man sagte: „Wo ist denn Mignon?“ (der Name der Pintsehers), so stiess der Jagdhund Klage- töne aus. — Ebenso heftig können sich Thiere hassen. Ich besass seit 12 Jahren einen Pintscher (Rattenfänger), den ich als kleines Thierehen erhielt und aufzog. Vor 5 Jahren erhielt ich eine grosse Ulmer Dogge geschenkt, die ich etwa ein Jahr lang besass. Der Pintscher hat sich nie mit der gutmüthigen Dogge befreundet, sie vielmehr fortwährend mit Hass und Neid verfolgt. Noch jetzt, nachdem die Dogge schon seit vier Jahren aus dem Hause ist, schlägt der Pintscher ein wüthendes Gebell an, wenn man sagt: „Schweizer (der Name der Dogge) kommt!“ Ob die Erinnerung des Pintsehers soweit zurück- reicht? Ob er wirklich bei jeder Nennung des Namens mit Hass und Neid an seinen Nebenbuhler zurückdenkt ? — Anfangs gewiss! Möglich ist es auch, dass durch halb einer Einheit in der Mehrzahl. Der Einzelne muss den ethischen Forderungen, die sich durch das Zusammen- leben entwickelt haben, folgen, oder er findet keinen gesellschaftlichen Platz. Diejenigen ethischen Gesetze, ohne welche ein Zusammenleben undenkbar ist, erscheinen uns begreiflicher Weise als kategorisch. wiederholtes und fortgesetztes Nennen des Namens „Schweizer“ der Pintscher sieh jetzt gewöhnt hat auf dieses Wort hin: wüthend zu bellen. Vielleieht würde der Jagdhund, wenn ich fortgesetzt gefragt hätte: „Wo ist Mignon“? nach Jahren noch an- fangs mit tieferen Empfindungen später aber gewohnheits- mässig geheult haben. Der Brillenkomoran, ein Schicksalsgenosse des Riesenalks. — Vor nicht ganz fünfzig Jahren starb bekannt- lich der Riesenalk (Alea impennis) aus oder richtiger, wurde der grosse, unbehülfliche Vogel durch den Menschen ausge- rottet. Es ist dies eine auch in weiteren Kreisen wohlbekannte Thatsache, da sowohl in wissenschaftlichen Arbeiten *) die Geschichte des grossen Alks und seiner noch relativ zahl- reich in Museen vorhandenen Ueberreste mehrfach be- arbeitet worden ist, als auch in populären zoologischen Büchern wohl ohne Ausnahme der Vogel als interessantes Beispiel einer in historischer Zeit untergegangenen Art figurirt. Weniger bekannt und nur in einigen Fach- schriften berührt ist dagegen die ganz ähnliche Thatsache, dass ungefähr zu derselben Zeit wie der Riesenalk ein zweiter grosser Vogel aus der Zahl der lebenden Arten ver- schwunden ist. Selbst in: wissenschaftlichen Werken waren bis vor Kurzem nur ziemlich dürftige Notizen zu finden; in allgemein-verständlichen und verbreiteten Schriften findet sich meines Wissens nirgends eine Mittheilung über den Vogel. In No. X der Contributions to the Natural History of the Commander Islands (erschienen in Proe. U. S. National Mus. Vol. XII. p. 83—94) liefern nun L. Stejneger und F. A. Lucas einen sehr werthvollen Beitrag zur Kenntniss des erwähnten Vogels unter dem Titel: Contributions to the History of Pallas’ Cormorant. „Pallas’ Kormoran“ nennen nämlich die Amerikaner unsern Vogel, weil Pallas ihn zuerst beschrieb in der Zoographia Rosso-Asiatica Bd. II. Der russische Naturforscher be- nannte das Thier Phalacrocorax perspieillatus, zu deutsch Brillenkormoran, und unter dieser Bezeichnung dürfte es bei uns am besten bekannt werden. Es rührt der Name von einem eigenthümlichen runzeligen, nackten Hautring her, welcher das Auge umgiebt und an eine Brille erinnert. 5 Der Brillenkormoran wurde im Jahre 1741 von Steller, welcher an der Beringsinsel mit seinem Schiff strandete, auf dieser Insel entdeckt und zwar in grosser Zahl. Auf Grund der Mittheilungen Steller’s lieferte Pallas a. a. O. die erste Beschreibung des Vogels, ohne jedoch das Thier selbst gesehen zu haben, da merkwürdiger Weise Steller keine Exemplare gesammelt zu haben scheint. Erst viel später, Ende der dreissiger Jahre unseres Jahrhunderts, brachte Capitän Beleher ein Exemplar, welches er in *) Die wichtigsten derselben sind folgende: Symington Grieve, the Great Ank, or Garefowl. Its History, Archaeology, and Remains. London 185. W. Blasius, Ueber die letzten Vorkommnisse des Riesen- Alks (Alea impennis) und die in Braunschweig und an andern Orten befindlichen Exemplare dieser Art. — III. Jahresber. Ver. f. Naturw. Braunschweig. W. Blasius, Zur Geschichte der Ueberreste von Alea impennis. — Journal f. Ornithol. 1884. 152 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 15. Sitka von dem dortigen russischen Gouverneur Kuprianoff erhalten hatte, nach London, wo es noch jetzt im Britischen Museum aufbewahrt wird. Der genannte Russe besass noch drei weitere Stücke und diese kamen in das Museum der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Peters- burg, von wo eins an das Leidener Reichsmuseum ver- kauft wurde. Diese vier sind, soweit bekannt, die einzigen noch erhaltenen Exemplare des Brillenkormorans. Ein selt- sames Geschick waltete über diesem Thier. Schon 100 Jahre, nachdem es der Wissenschaft bekannt ge- worden war, verschwand es für immer aus der Fauna der Jetztzeit — in der That eine wohl einzig dastehende Erscheinung! Die beiden St. Petersburger Exemplare von Sitka stammen übrigens aller Wahrscheinlichkeit nach auch von der Beringsinsel, da diese zum Verwaltungs- bezirk des in Sitka wohnenden russischen Gouverneurs gehörte und alle von der Insel kommenden Schiffe zu- nächst Sitka anliefen, welches ein Hauptstapelplatz für die nach Europa bestimmten Felle war. Dr. Stejneger fand 1832 auf der nordwestlichen Spitze der Beringsinsel einige Knochen des Brillenkormorans, welche in der oben eitirten Arbeit von F. A. Lucas be- schrieben und abgebildet worden sind. In derselben Arbeit giebt Stejneger eine eingehende Beschreibung des Vogels, welche von dem verstorbenen Akademiker Brandt nach den St. Petersburger Exemplaren angefertigt und für eine Monographie der Kormorane bestimmt war. Diese Monographie ist nie publizirt worden, doch erhielt Stejneger dureh die Erben Brandt’s denjenigen Theil des Manu- skriptes, welcher sich auf den Brillenkormoran bezieht, mit der Erlaubniss zur Veröffentliehung. Dieser in lateinischer Sprache gegebenen Beschreibung entnehmen wir die folgenden Angaben. Der Brillenkormoran hatte ungefähr die Gestalt unseres gemeinen Kormorans, war aber bedeutend grösser. Der vordere Theil des Kopfes war mit nackter, blau und weiss gefärbter Haut bedeckt, auf der sich an den Seiten ganz kurze Federchen fanden. Die Augen umgab, wie schon erwähnt, ein nackter, brillenartiger Hautring von weisser Farbe. Die rulenden Flügel reichten kaum bis zur Wurzel des spatelförmigen Schwanzes; dieser bestand aus 12 steifschäftigen Federn. Die Hauptfarbe des Ge- fieders war schwarz, an Kopf und Kehle mit violettem, an Hals und Rumpf je nach der Beleuchtung mit erz- grünem oder violettem Glanz. Die Flügeldecken zeigten matt glänzende röthlichviolette Färbung mit schwarzen Rändern, die grossen Schwingen waren schwarzbräunlich, diejenigen II. Ordnung schwarz ‚mit violett glänzendem Aussenrand, der Schwanz schwarz ohne Glanz. Auf dem vorderen Theil der Stirne erhob sieh ein fast viereckiger Federkamm, ein ähnlicher an Hinterkopf und Nacken. Am Kopf und am oberen Theil des Halses fanden sich schmale, fast borstenähnliche und kurze, pinselartige, weisse Federn eingestreut und an den Schenkeln sass ein dreieckiger weisser Fleck. Diese Beschreibung bezieht sich auf das ausgewachsene Männchen. Das Weibehen entbehrt (nach Steller, wie Brandt schreibt; letzterer hat also wohl keine Weibehen gesehen) der Federkämme und der Augen- ringe. Von dem Jugendkleid weiss man nichts. Nach Stejneger lebt der Vogel auch in der Erinnerung der Beringsinsulaner, was sehr wohl begreiflich ist, da das Thier noch vor 60 Jahren existirte, durch seine Grösse | in die Augen fiel und früher eine wichtige Rolle im Haus- halte der Menschen spielte, da er den grössten Theil der Fleischnahrung für den Winter lieferte. Dies mag auch wohl ein Hauptgrund seiner Ausrottung gewesen sein. Dr. Ernst Schäff. Eine Elefanten-Robbe im Greifswalder Bodden?!? — In der Nummer 12 der „Naturw. Wochensehr.“ S. 118 finde ich eine Notiz unter der Ueberschrift: „Cygnus nigricollis am Rhein erlegt“, in welcher berichtet wird, dass 1. ein Schwarzhals-Schwan unweit von Bonn am Rhein erlegt sei, und dass 2. Herr Dr. A. König im Greifswalder Bodden „gelegentlich einer Segeljagdfahrt eine Elefanten-Robbe (Cystophora proboscidea) er- blickt und unzweifelhaft erkannt habe“, ohne freilich dieses interessanten Stückes habhaft werden zu können. Ich erlaube mir nun, meinerseits die entschieden- sten Zweifel hinsichtlieh der letzteren Beobachtung auszudrücken. Die Robbe, welche Herr Dr. König im Greifswalder Bodden gesehen hat, war nach- meiner Ueberzeugung eine alte, männliche Kegelrobbe (Halichoerus grypus), deren cs im Greifswalder Bodden genug giebt, und keine Elefanten-Robbe (Cystoph, proboseidea)! Wer die starke, lange Schnauze einer alten, männlichen Kegelrobbe in natura noch nicht ge- sehen hat, der kann durch dieselbe allerdings einiger- maassen an den rüsselförmig verlängerten Schnauzentheil einer Elefanten-Robbe erinnert werden*). Der alte, männ- liche Halichoerus, der nun schon seit mehreren Jahren im hiesigen Aquarium lebt, zeigt diese verlängerte Schnauze resp. Nase ‚sehr deutlich. Ehe Herr Dr. König keinen besseren Beweis für das Vorkommen der Elefanten-Robbe im Greifswalder Bodden beibringt, als die offenbar nur flüchtige Beob- achtung, welehe er gelegentlich einer Segelfahrt machte, wird kein Zoologe an jenes angebliche Vorkommen glauben, geschweige denn jener Art „das deutsche Bürgerrecht einräumen“, wie er verlangt. Was den Sch warzhals-Schwan anbetrifft, so bin ich überzeugt davon, dass er der Gefangenschaft entstammt; er mag ja längere Zeit hindurch sehon in voller Freiheit gelebt und eine oder mehrere Mauser durchgemacht haben, so dass sein Aeusseres keine Zeichen der Gefangenschaft an sich trug, sondern durchaus „in- tact und federrein“ erschien. Das Verfliegen eines Schwarzhals-Schwans aus seiner eigentlichen Heimath (Patagonien ete.) bis nach den Rheinlanden dürfte vor- läufig als höchst problematisch zu betrachten sein, wenn- gleich es immerhin noch cher möglich wäre, als die von Herrn Dr. König angenommene Irrfahrt der Elefanten- Robbe von Patagonien zum Greifswalder Bodden. Prof. Dr. Nehring. Drei neue kleine Planeten. — Planet 306 wurde - am 16. Februar von Perrotin in Nizza entdeckt und ist von der Grösse 11”. 5; der 307., 11”. 0, am 1. März von. Millosevich inRom und der 308. am 5. März von Char- lois in Nizza, letzterer ist sehr schwach, nämlich von der 13. Grössenklasse. M. Der Merope Nebel in den Plejaden, weleher von Barnard als neu entdeckt angezeigt wurde, ist laut Mit- theilung von Pritehard in Oxford schon mehrmals seit 1889 auf der dortigen Sternwarte mit dem hellen Stern in seiner Nähe photographirt worden. M. Neuer Taschencompass, System Paschwitz. - Vorgenannter Compass von Ernst von Paschwitz in Rosenheim bei München ist mit einem drehbaren Glas- deckel versehen, auf welchem ein Pfeil 4 gemalt ist, dessen Spitze durch Drehen des Deckels auf jeden be- liebigen Punkt des Theilkreises gerichtet und sodann *) Man vergleiche meine ziemlich zahlreichen Publicationen über Halichoerus grypus; es wird kaum nöthig sein, dieselben hier aufzuzählen. all: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. durch Verschieben des Knöpfchens 3 festgestellt werden kann. Durch diese Vorrichtung wird die jeweilige Rich- tungslinie durch den Pfeil markirt und festgehalten und somit die Uebertragung der Compass-Eintheilung auf das Terrain in hohem Grade erleichtert. Für den Gebrauch in Deutschland ist die Abweichung der Magnetnadel von Norden durch einen im Gehäuse eingravirten Pfeil @ markirt; für die Verwendung in fernen Ländern jedoch, wo die magnetische Declination eine andere ist, als bei uns, ist ein Zeiger €’ angebracht, welcher mittelst des Schräubehens D auf die jeweilige Deelination verschoben und festgestellt werden kann. Das Knöpfehen F dient zum Arretiren der Magnet- nadel, bevor der Compass in die Tasche gesteckt wird. Vor dem Gebrauche des Compasses wird der Ab- weichungs - Winkel der jeweiligen Richtungslinie von Norden mit Hülfe einer Karte und eines Winkeltrans- porteurs ermittelt und sodann durch Drehen des Glas- deckels die Spitze des Pfeiles A auf diesen Winkel ge- stellt. Bei freier Aussicht nach dem Objecte kann das Richten des Pfeiles auch direct im Terrain erfolgen, in- dem man die blaue Spitze der Magnetnadel auf die Deelinationsmarke @, beziehentlich auf den Zeiger €, einspielen lässt und den Pfeil A auf das Objeet Tichtet und feststellt. Soll nun umgekehrt die Richtung eines Objeetes oder die verlorene Marschrichtung wieder aufgesucht werden, so lässt man die Magnetnadel auf die Declina- tionsmarke G, bez. ©, einspielen, worauf sodann der Pfeil A die gesuchte Richtung anzeigt. Aus vorstehender Beschreibung dürfte zu entnehmen sein, dass vorbeschriebener Compass erhebliche Verbesse- rungen gegenüber den bisherigen Taschencompassen be- sitzt und daher auf Märschen, Aussichtspunkten u. s. w. mehr leistet, als die bisher bemützten Instrumente. Auch für militärische Zwecke wird sich derselbe empfehlen, nachdem die Einführung der neuen Waffen eine Erweite- rung des Kartenwesens im Gefolge hatte und für Truppen- bewegungen häufig gedecktes Terrain abseits der Strassen oder die Dunkelheit der Nacht benützt werden muss. x. Der zweite internationale ornithologische Kongress soll vom 17. Mai ab in Budapest stattfinden. Die V. Jahresversammlung der Anatomischen Ge- sellschaft findet vom 18.—20. Mai in München statt. Der vierte Congress der Deutschen Gesellschaft für Gynaekologie wird vom 21.—23. Mai in Bonn tagen. ‚Laster, Litteratur. Dr. A. Cullerre, Die Grenzen des Irreseins. Ins Deutsche über- tragen von Dr. Otto Dormblüth. Verlagsanstalt und Druck A. G. (vormals J. F. Richter), Hamburg 1390. Das Buch ist in erster Linie für das grosse Publikum ge- schrieben und daher allgemein- verständlich gehalten. Es werden besprochen das Irresein, seine Erbliehkeit, geistige und sittliche Entartungen, die Zwangszustände, krankhafte Triebe, die Excen- trischen, die Verfolger, die Schwärmer, die Verderbten, die ge- schle Schtlich Abnorme :n, Fragen aus der gerichtlichen X Mediei in und endlich „Irresein und Civilisation® Bei dem hohen Interesse, welches die Betrachtung unserer Geistes- und Gemüthszust: ände für Jedermann hat, verdient das vorliegende, klar und angenehm geschriebene Buch des franzö- sischen Gelehrten allgemeinste Berücksichtigung; es ist so recht geeignet, dem Laien das Wesen soweit man darüber etwas sagen kann — und das Auftreten des Irreseins, des „grössten aller Unglücke* ‚ welehes den Menschen treffen kann, zum Verständ- niss zu bringen. Wollen wir das Irresein elassifhieiren, so müssen wir es zu der Familie der Neurosen stellen; keine der Eigenthümlichkeiten dieser fehlt ihm, vor allem die hauptsächlichste, nämlich die Ab- wesenheit für unsere Hülfsmittel nachweisbarer anatomischer Veränderungen; man pflegt daher die Neurosen als „funetionelle* Störungen zu bezeichnen. Die Neurosen, also auch das Irresein, können sich aber unter dem Einflusse oder bei Gelegenheit greif- barer Veränderungen des Nervensystems entwickeln. Aber nicht nur in systematischer, auch in physiologischer Hinsicht besitzen die Neurosen enge Verwandschaft. Moreau hat die engen dies- bezüglichen Bezie hungen des Irreseins zu Krämpfen, Hysterie, Idiotie, Epilepsie, Sehielen, Lähmungen, Neuralgien, Gen fiebern, Schlaganfällen, Excentricität, w underlichen Gewohnheiten, Stottern, Asthma und Taubheit hervor "gehoben. „Die Natur macht keine Sprünge“, dieses immer wieder zum Bewusstsein kommende Resultat beim Studium der organischen Welt, prägt sich auch bei der Untersuchung der Grenzen des Irreseins gewaltig ein; denn hier eine scharfe, stets deutliche Grenze zu finden, ist "unmöglich und giebt es auch nicht. Von der normalen Geistesthätigkeit bis zum zweifellosen Irresein giebt es alle Zwischenstufen, die bei einer allmählichen Folge von Erscheinungen überhaupt nur denkbar sind: wo das Irresein anfängt, kann man daher in sehr vielen Fällen nicht angeben, und der Streit darüber kann in Folge dessen nicht geschliehtet werden, er ist überhaupt müssig. Bei dieser Sac ‚hlage wird man die Meinung Griesinger's zu würdigen wissen, der da bemerkt, dass das Dilemma: „Dieser Mensch ist irre oder nicht“ ein Unsinn sei. Auch das Fehlen einer Grenzlinie zwischen Irresein und dem aber vor allem dem Verbrechen, worauf besonders Lom- broso nachdrücklich hingewiesen hat, wird auch von Qullerre betont. Wir haben speciell auf die Lombroso’schen Ansichten in unserem Artikel „Naturgeschichte des Verbrechers* in Bd. II No. 11 (S. 81 ff.) der „Naturw. Wochenschr.“ schon in aller Kürze hingewiesen. Es sind bei Lombroso wie bei Cullerre die Gewohnheitsverbrecher gemeint, die mit den aus erblicher Be- lastung Geisteskranken eine grosse Anzahl von Entartungszeichen theilen. Ja, wenn bei den beiden Gruppen ein Unterschied besteht, so ist es der, dass die bei den Verbrechern gefundenen Abweichungen die der Irren weit überragen, und die Erblichkeit ist ein gemeinsamer Boden, auf dem sich ganz unfraglich Ver- brechen und Irresein vereinigen. Cullerre's Ansicht unterscheidet sich aber etwas von der Lombroso’s. „Daraus, dass zahlreiche Aehnlichkeiten zwischen den geborenen Verbrechern und dem Irren aus Erblichkeit vor- handen sind, dass sie ihre fehlerhafte Gehirnbeschaffenheit aus einer gemeinsamen Quelle, der Erblichkeit. schöpfen, dass sie beide Erzeugnisse der Entartung des Stammes sind, dass endlich ein Mensch gleichzeitig Verbrecher und Irrer sein kann — aus alledem folgt nicht — sagt Cullerre —-, dass man sie einander gleichstellen und in einen einzigen Typus zusammenwerfen müsste. Es sind vielleicht zwei Aeste desselben Stammes, aber wenn sie an der Grundfläche zusammentreffen, so stehen sie am Gipfel auseinander und entwickeln sich in verschiedenen Rich- tungen. Wir glauben deshalb nicht, mit Lombroso sprechen zu können: „Das moralische Irresein ist eine Gattung, von der das Verbrechen eine Art bildet ““ Für uns sind beide vielmehr be- nachbarte Arten. Denn trotz ihrer Aehnliehkeitspunkte wird stets ein Grund- unterschied zwischen ihnen bestehen, auf dem die Diagnostik ganz und gar fussen muss: wenn der geborene Verbrecher und der Irre aus Erblichkeit alle Beide Sieche an Verstande sind, so ist doch nur der erblich Irre allein ein Kranker.“ Les extrömes se touchent gilt in sofern für die geistigen Aeusserungen, als der Gegensatz einer ausgesprochenen geistigen Störung wieder in’s Gebiet des zweifellosen Irreseins gehört. "So 154 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 15: steht der Platzangst die Klaustrophobie, der Kleptophobie, (d. h. der Furcht sich etwas anzueignen, was anderen gehört,) die Kleptomanie, (d. h. der unwiderstehliche Stehltrieb) gegenüber. Der Brandstiftungstrieb (die Pyromanie), der unwiderstehliche Drang Feuer anzulegen, hat als Gegenstück die Feuerfurcht (Pyro- phobie), die Furcht vor Zündhölzern und Feuer. Der Thierfurcht (Zoophobie), kann man die Thiersucht, (die übertriebene Liebe zu Thieren) gegenüberstellen, welche Magnan auf den Gedanken vom Irresein der Vivisectionsgegner gebracht hat. Ebenso be- gegnet man neben der Furcht vor unreinen Berührungen zu- weilen dem nieht auszuweichenden Drange, unsaubere Dinge zu berühren. Gelegenheitsursachen spielen für das Auftreten des Irrsinns eine nur unterordnete Rolle, vor Allem ist es — wie die vielen von (Cullerre gebotenen Beispiele (Krankengeschichten) immer wieder zeigen — die namentlich durch Vererbung geschaffene Anlage zu Geistesstörungen, welche zu berücksichtigen ist. Oft pflanzt sich also die Kranheitsanlage fort, die sich aber in den Nachkommen nicht immer in gleicher Weise entwickelt, sondern in verschiedenartigen, jedoch zu derselben Familie gehörigen Krankheitsäusserungen auftreten kann: die Nervenkrankheiten sind also in Bezug auf die Erblichkeit miteinander vollkommen solidarisch. Ursprünglich hat sich das Irresein „gewissermassen als Löse- geld für jeden Fortschritt des Menschengeistes“ allmählich ent- wickelt. Wie bei den wilden Völkern bleibt das Irresein fern, solange das Gehirn verhältnissmässig unthätig bleibt. Das Irre- sein ist also erworben. Dass Aristokratien und Dynastien leicht entarten, ist allbekannt. Das unter ihnen übliche Heirathen in der Blutsverwandtschaft reicht für die Erklärung dieser Entartung nach Cullerre nicht aus, denn es wirke nur unter der Bedingung schädlich, dass Mängel und Entartungskeime in der Verwandt- schaft bereits bestehen. Cullerre sagt: „Der Besitz der Vorrechte und der Macht scheint zu allen Zeiten den unseligsten Einfluss auf die geistige und sittliehe Gesundheit der damit Belehnten gehabt zu haben.“ Den durch den Lebenskreis bedingten Ver- richtungsstörungen des Verstandes und Gemüthes, sowie der erb- lichen Uebertragung dieses Entartungselements schreibt er das schnelle und verhängnissvolle Verschwinden der bevorrechteten Stände zu. Einer der ärztlichen Psychologen hat sogar den Ausspruch gethan: „Je höher die gesellschaftliche Stellung der Familie ist, um so schneller entartet und verkümmert sie, endet schliesslich durch Unfruchtbarkeit oder frühzeitige Todesfälle und hat noch Glück, wenn sie dem Irresein und dem Verbrechen entgeht.“ _Nieht nur die fürstlichen Familien und die Adelsgeschlechter, sondern auch die bevorrechteten Völker scheinen dem unseligen Gesetz der Entartung zu gehorchen. „Es ist gebräuchlich, die Gruppe von Nationen, welche an der Spitze der Civilisation marschiren, als „Das alte Europa“ zu bezeichnen. Europa ist vielleicht noch nicht eigentlich alt, aber es ist allermindestens in seinem reifen Alter, und der Tag wird kommen, wo es, wie alles, was in der Bewegung des Lebens steht, den Jüngeren Platz machen muss.“ Auf die interessante, zweifellos vorhandene Beziehung zwischen Genie und Irresein hatten wir schon Gelegenheit bei. der Be- sprechung des Lombroso’'schen Buches „Der geniale Mensch“ in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V. S. 379 einzugehen. Auch Cul- lerre muss sich in seinem Buche mit diesem Gegenstande be- schäftigen. Das Genie streift an die Gefahr des Irreseins, ja das Genie ist ein krankhafter Nervenzustand, eine wirkliche Nerven- aufregung, die sich in einem halbkranken Gehirn entwickelt hat. Moreau von Tours sagt: „Die Anlagen, welche bewirken, dass ein Mann sich von anderen durch die Ursprünglichkeit seiner Gedanken und Vorstellungen, durch seine Excentrieität oder durch die Energie seiner Gemüthsbewegungen, durch die Ueberlegenheit seiner Geisteskräfte unterscheidet, entspringen denselben organi- schen Bedingungen, wie die verschiedenen geistigen Störungen, deren vollster Ausdruck das Irresein und die Idiotie sind.“ Cul- lerre erinnert aber daran, dass die unleugbare Verwandtschaft zwischen Genie und Irresein doch nicht missverstanden werden dürfe, denn zwar seien einige hervorragende Menschen irre ge- worden, aber nie werde ein Irrer ein Mann von Genie. Das Genie schöpfe die Mittel in seiner Thätigkeit und Entwickelung nicht nur aus sich selbst, sondern es entnehme einen Theil davon den Umständen und der Umgebung. Die Thatsache, dass zu manchen Zeiten die Genies sich vermehren und zu anderen Zeiten vollkommen fehlen, sei ein charakteristischer Beweis dafür. Ferner produeirt jedes Zeitalter eine ‚besondere Form von Genies: die religiösen Genies erscheinen in den Zeiten des Verfalls und der gesellschaftlichen Zuchtlosigkeit, die militärischen in den Zeiten. ‚der Völkerkriege, die wissenschaftlichen, künstlerischen und literarischen in den Zeiten des Friedens und Reichthums, die politischen Genies in den Revolutionszeiten. Das Talent und das Genie, wie das Irresein sind das Ergebniss der erblich übertra- genen geistigen Erregung aufeinanderfolgender Generationen, Fraenkel, C., u. R. Pfeiffer, Mikrophotographischer Atlas der Bakterienkunde. 9. u. 10 Liefg. a 4 M. Berlin. Gauss, F. G., Vierstellige logarithmisch-trigonometrische Hand- tafel. 2. Aufl. 0,60 M. Halle. —.- Fünfstellige vollständige logarithmische und trigonometrische Tafeln. 33. Aufl. 250 M. Ebd. Gegenbauer, L., Einige Sätze über Determinanten höheren Ranges. 1 M. Leipzig. —.— Zur Theorie der Congruenzen mit mehreren Unbekannten 0,50 M. Ebd. x Graber, V., Vergleichende Studien am Keimstreif der Insekten 13 M. Leipzig. Graff, L. v., Die Organisation der Turbellaria acoela. 30 M. Leipzig. Grobben, C., Die Pericardialdrüse der Gastropoden. 3,20 M. Wien. Haeckel, E., Plankton-Studien. Vergleichende Untersuchungen über die Bedeutung und Zusammensetzung der pelag. Fauna und Flora. 2 M. Jena. Hagen, B., Anthropologische Studien aus Insulinde. Amsterdam. Hamann, O., Die Nemathelminthen. Monographie der Acantho- cephalen (Eehinorhynehen). 1. Heft. li M. Jena. Hansgirg, A., Physiologische und algologische Mittheilungen 1,20 M. Prag. Hartmann, E. v., Die Geisterhypothese des Spiritismus und seine Phantome. 3 M. Leipzig. Jäger, G., Die Geschwindigkeit der Flüssigkeitsmolekeln. 0,30 M. 5,60 M. Leipzig. Karte des Deutschen Reiches. Abth.: Königreich Preussen. 1: 100000. Nr. 279. Popowe. — Nr. 303. Powidz. — Nr. 495. Lewin. & 1,50 M. Berlin. —.— dasselbe. Abth.: Königreich Württemberg. 1: 100000. Nr. 607. Heidenheim. 1,50 M. München. —.— topographische, des oberschlesischen Bergwerks - Areals. 1:50,000. Bl. 1. Tarnowitz-Beuthen. — Bl. 2. Zabrze-Königs- hütte - Kattowitz - Nieolai. — Bl. 3. Rybnik - Loslau-Sohrau. — Bl. 4. Gleiwitz. — Bl. 5. Tost-Peiskretscham-Laband. — Bl. 6. Pless.. & 1,50 M. Berlin. —.— dasselbe. Bl. 7. Myslowitz - Dombrowa -Jaworzno. Ebd. 0,75 M. —.— topographische, des Königreiches Sachsen. 1: 25,000. Seet. 63. Rosswein. 1,50 M. Leipzig. Keller, R., Ueber Erscheinungen des normalen Haarverlustes an Vegetationsorganen der Gefässpflanzen. 3 M. Leipzig. Kniepf, A., Denken und Weltanschauung oder Theorie der Grund- probleme. 1 M. Leipzig. Knoblauch, H., Ueber die Polarisation der strahlenden Wärme durch totale Reflexion. 5 M. Leipzig. Körnich, A., Der Diluvialgletscher in der Umgebung von Meissen. 1 M. Meissen. Kossmann, B., Die Darstellung von Chlor und Chlorwasserstoff- säure aus Chlormagnesium. 2 M. Berlin. Küpper, K., Geometrische Betrachtungen über den Strahlen- Complex und die Congruenz. 0,40 M. Prag. Küster, E. v., Die deutschen Bundsandsteingebiete, ihre Ober- flächengestaltung und anthropogeographischen Verhältnisse. 3,20 M. Stuttgart. Lehmann, O., Die Krystallanalyse oder die chemische Analyse durch Beobachtung der Krystallbildung mit Hülfe des Mikro- skops, mit theilweiser Benutzung seines Buches über Molekular- physik. Leipzig. Lesser, E., Lehrbuch der Haut- und Geschlechts-Krankheiten. Für Studirende und Aerzte. 1. Thl. Hautkrankheiten. 6. Aufl. 6 M. Leipzig. Inhalt: H. Potonie: Ueber die Entstehung der Denkformen. — Kunstkaffeebohnen. — Kleiner Beitra Hundes. — Der Brillenkomoran, ein Schicksalsgenosse des Riesenalks. — Eine Rlefanten-Robbe im aus dem Seelenleben des reifswalder Bodden?!? — Drei neue kleine Planeten. — Merope Nebel. — Neuer Tascheneompass, System Paschwitz. (Mit Abbild.) — Internationaler ornithologischer Kongress. — Anatomische Gesellschaft. — Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynaekologie. — Litteratur: Dr. A. Cullerre: Die Grenzen des Irreseins — Liste. on Rn nn Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni& Berlin NW.6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 15. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XXXV DIITIIITITITITITIIIIITITTTTTTTTTTITIIIIIIIIIIIIITIIITIVITIIIIIIIIIIIIIIIIIII III Pe A a TE Geologisches u. mineralogisches Comtor Alexander Stuer 40 Rue des Mathurins in Paris. Lieferant des französischen Staates u. aller fremden Staaten. {vr} Lanolin-Toilette-Cream-Lanolin u r zur PBlege rauber, rother Haut, aufgeiprungener Vorzü g lic h Hände und Lippen. V orz u g |} I c h zur Neinhaltung und Bebechung wunder Hauts itellen und Winden. 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GET E TE E RNe e Te e Te Ta ne Se I Te ee Te ee DR Tee ee er ee ee ee ee ee er Ne a Er Tee ee Se ee hebeheheheshshehehshshubuhuhuhehutuhebubutuhebuhububuhetuhuhuheituhuhuhrtuhehtehetete ehe ehe sr ERIIERIE fertigt als Specialität > Dr. Robert Muencke n Alfred Wehrsen + ß J . Q ; 3 % Luisenstr. 58. BERLIN NW. Luisenstr. 58. $ Mechaniker © Technisches Institut für Anfertigung wissenschaftlicher Apparate © Alexanderstr. 8. BERLIN C. Alexanderstr. 8. 4 und Geräthschaften im Gesammtgebiete der Naturwissenschaften. > - - —_ il ‘ | DTIITIIIT IT N III N ANNE UDDEDEDENDDDDDDUDENENENEDEDDEDENDEDDEDEDNDDDENDEDDENDDEDENENDE In unserem Verlage erschien soeben: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. | Ueber die Reize des Spiels von Prof. Dr. M. Lazarus. geh. Preis 3 A; geb. Preis 4 #. Bl FE Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. Allgemein-verständiche naturwissenschaftiche Abhandlungen. Heft 15. 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LES ERS Redaktion: Was die natorwissenschaftlicho Forschung aufglebt an weltum- fassenden ldoen und an lockon- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der Ihra Schöpfungen schmückt. Schwondener. 2 EEE eg en Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. Dr. H. Potonie. VI. Band. Sonntag. den 19. April 1891. Nr. 16. Abonnement: anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist A 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- d Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Altes und neues aus der Chemie. Von Dr. Riehard Fischer. Die Chemie sammensetzung in ihre nieht ist die Lehre von der stofflichen Zu- der Körper. Sie zerlegt die Körper‘ weiter mehr stofilich theilbaren Kom- ponenten, die Elemente, — und setzt sie umgekehrt wieder aus den Elementen zusammen. Dies ist der Grundbegriff aller chemischen Wissenschaft neuerer Zeit, mit Einführung dieser Aufgabe beginnt die Chemie Wissenschaft zu werden. Die chemische Wissen- schaft ist neu, die Anfänge der Chemie selbst aber gehen bis in’s graue Alterthum zurück. So war schon zur Zeit Constantins des Grossen (324 n. Chr.) das Wort Chemie allgemein bekannt; man erzählte von Dioeletian, dass er die Bücher der Aegypter über Chemie des Goldes und Silbers habe verbrennen lassen. Neuere Schriftforschungen legen den Anfang der Chemie noch weiter zurück. Das Wort Chemie selbst wird auf verschiedene Weise zu deuten gesucht. Nach Plutarch soll es von „Chemi“, das schwarze Land, von dem koptischen Worte „cham“, „ehami“ — schwarz herkommend, abstammen, oder von „xnuie“ — die ägyptische Kunst, die Wissenschaft des schwarzen Landes, wovon wieder die alte deutsche Be- zeichnung „Schwarzkunst“ herrühren soll. Nach anderen’ soll es aus dem Griechischen kommen, von x&o, ysıo ich giesse, schmelze oder von xuwiov — Satt, guusi« — Vermischung. | . Wir müssen, und wollen es auch gerne dahingestellt sein lassen, was unsere heutige Chemie mit diesen oder' anderen Deutungen gemeinschaftlich hat; es kann uns dies völlig gleichgültig sein, denn das Wesen der Chemie hat mit allen diesen Dingen sicher nicht viel oder über- haupt nichts zu thun. Die Chemie gelangte erst zur Entwicklung durch Einführung eines wissenschaftlichen Prineips der Forschung. Hiervon ist uns aber aus jenen grauen Zeiten nichts überliefert, und auch die späteren Perioden entbehren derartig jeglicher Wissenschaftlichkeit, dass sie dem Chemiker fast werthlos erscheinen müssen; nur in geschichtlieh-philosophischer Hinsieht vermögen sie unser Interesse zu erwecken. Die Zeit der Alehemisten kennt nur einen Grund- satz — eine Idee beherrscht alle Köpfe: die Kunst aus- findig zu machen, um Gold aus minderwerthigem Metall herzustellen. Ein planloses Suchen, in. geheimnissvolles Dunkel gehüllt! Der Gedanke, dass es auf alle Fälle glücken müsse, den „Stein der Weisen“, das „Magisterium universale“, zu finden, stand so fest, wie der Glaube an übernatürliche Dinge; — er umfasste das ganze Denken und Trachten, und darüber übersah man eine Menge andere werthvolle Dinge, die sich als unmittelbare Folge dieser Sucht nach dem Stein der Weisen ergaben, mit dessen Hülfe man nicht allein edle Metalle herstellen könne, sondern der auch im Stande sei das Leben zu verlängern und dergl. Vom 4. Jahrhundert ab bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts war dies allein das leitende Prinzip der Chemie. Von der Traurigkeit dieser Epoche kann man sich ein Bild machen, wenn man. sich vorstellt, wie eine Menge dieser Alchemisten sich in prahlerischer Marktsehreierei überbot, den bewussten Stein thatsächlich gefunden zu haben; jeder beschrieb ihn nach seiner Weise, seine Eigenschaften und Wunder bis in’s detail erklärend. Die. Kenntniss von chemischen Dingen wurde mit. der Zeit zwar langsam vermehrt, ohne dass man sich aber, von dem herrsehenden Gedanken gefangen genommen, Rechenschaft davon geben konnte. Späteren Geschlechtern erst war es vorbehalten das verschwindend wenige, was werthvoll genannt werden konnte, von der er- drückenden Masse des unsinnig Nutzlosen. zu trennen. Die Zeit der Alehemie kann man nicht anders bezeichnen als Geschichte des Schwindels in der Chemie; — es war die Zeit des rohesten, mystischen, chemischen Hokus- pokus. Der erste, der die Chemiker entschieden vor alehe- mistischen Betrügereien warnt, war Stahl. Der Gedanke 156 Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. 16. der Metallveredlung reicht also bis in’s 17. Jahrhundert hinein. Die Chemiker der beiden vorauslaufenden Jahr- hunderte waren noch Alehemisten; aber sie räumten der Chemie noch einen anderen Zweck ein. Am Anfange des 16. Jahrhunderts erklärte Paracelsus, der Zweck der Chemie besteht nicht lediglich darin Gold zu machen, sondern hauptsächlich darin Arzeneien zu bereiten. Er sah in dem gesunden menschlichen Körper eine Summe chemischer Stoffe vereinigt; erführen diese aber eine Aenderung, so entstünden Krankheiten, die demnach durch chemische Heilmittel zu vertreiben seien. Was sich Paracelsus hierunter vorstellt, ist wieder so unsinnig und unhaltbar wie nur denkbar, auf keine einzige That- sache sich stützend. So waren z. B. nach seiner Ansicht die organischen Körper aus Quecksilber, Schwefel und Salz zusammengesetzt. Im menschlichen Organismus sollte ein Ueberhandnehmen des Schwefels Fieber und Pest, des Quecksilbers Lähmungen, des Salzes Durchfälle und Wassersucht erzeugen; — von anderem Unsinn gar nicht zu reden. Was Paracelsus aber bedeutend gemacht hat, ist sein rücksichtsloses Vorgehen mit oben aufge- stelltem Satze gegen die damaligen Lehren der Heilkunde. Er ist der Hecht im Karpfenteiche der medizinischen Wissenschaft, durch ihn wurde die arg heruntergekommene Heilkunde zu neuem Leben angefacht und die Chemie ihr unentbehrlieher Gehülfe. Der Schwindel des Alchemismus und des Paracelsus unklare Ideen mussten aber fallen, da Thatsachen ihnen nieht zu Grund lagen und Erfolge sich demgemäss natür- lich nicht zeigen konnten. Die von Bacon zu Anfang des 17. Jahrhunderts energisch geforderte induetive Methode des Forschens war für die Naturwissenschaften der Anbruch des Tages nach langer Nacht: „der Mensch kann auf keine andre Weise die Wahrheit enthüllen als durch Induction und durch rastlose vorurteilsfreie Beobachtung der Natur und Nach- ahmung ihrer Operationen. Thatsachen muss man zuerst sammeln, nicht durch Speculation machen.“ Der Mann, der mit offnem Blicke, mit unablässiger Ausdauer diesen Satz zur Richtschnur seiner Arbeiten machte, war der Engländer Boyle. Dank dieser neuen, auf ehemischem Gebiete noch nie angewandten Forschungsweise, ist er der Schöpfer der wissenschaftlichen Chemie geworden. Am besten erkennen wir dies in seinen eignen Worten: „ich habe versucht, die Chemie von einem ganz andern Gesichtspunkt zu behandeln, nicht wie dies ein Arzt oder Alelıymist, sondern ein Philosoph thun sollte. Ich habe hier den Plan einer chemischen Philosophie gezeichnet, welche, wie ich hoffe, durch meine Versuche und Beob- achtungen vervollständigt werden wird. Läge den Menschen der Fortschritt der wahren Wissenschaft mehr am Herzen, als ihre eignen Interessen, dann könnte man ihnen leicht nachweisen, dass sie der Welt den grössten Dienst leisten würden, wenn sie alle ihre Kräfte ein- setzten, um Versuche anzustellen, Beobachtungen zu sammeln und keine Theorie aufzustellen, ohne zuvor die darauf bezüglichen Erscheinungen geprüft zu haben.“ Boyle (1626—1691) giebt die erste treffende Erklä- rung für das chemische Element; es waren die nach- weisbaren, nicht weiter zerlegbaren Bestandtheile der Körper. Er definirte den Begriff einer chemischen Ver- bindung, die er als Vereinigung zweier Bestandtheile, mit ganz andern Eigenschaften als sie die Komponenten be- sitzen, hinstellte.e Es entstand auf diese Weise der Unterschied zwischen mechanischen Gemengen und chemischen Verbindungen. Seinem unermüdlichen Drange, die Zusammensetzung der Körper zu erforschen, dankt die analytische Chemie einen nicht germgen Aufschwung. Seine Untersuchungen mit Gasen führten zu dem seinen Namen tragenden Boyle’schen Gesetz. Auch die Ursache der Verbrennung suchte er zu ergründen. So erhitzte er z. B. ein abgewogenes Stück Blei in einer zuge- schmolzenen Retorte. Hierbei verwandelte sich’ natürlich ein Theil des Bleies in „Bleikalk*. Nach dem Eı- kalten brach er die Spitze ab, wobei er wohl hörte, dass Luft einströmte, ohne aber die richtige Erklärung dafür zu finden. Das Blei resp. den Bleikalk, wog er jetzt wieder und fand, dass es schwerer geworden war. Diesen Vorgang erklärte er dadurch, dass er annahm, das Blei habe „wägbare Wärme“ aufgenommen. Diesen Versuch wollen wir mit dem später beschriebenen des französichen Physikers Lavoisier vergleichen. Die Erklärung der bei der Verbrennung, resp. Oxyda- tion, auftretenden Erscheinungen war für die damalige Chemie der schwierigste Punkt. Ueber die Zusammen- setzung der Luft war ja noch nichts bekannt, der Sauer- stoff, das Verbrennungs-, resp. Oxydationsmittel, harrte noch seiner Entdeckung! Das Bestreben aber, für alle diese Erscheinungen eine wissenschaftliche Erklärung zu finden, kann nicht hoch genug angerechnet werden. Diese Erklärung wurde durch den genialen Professor der Mediein zu Halle, Stahl (1660—1734), durch seine Phlogistontheorie gegeben. Die Körper entfalten nach dieser Theorie einen Brennstoff, Phlogiston genannt, identisch mit dem Wasserstoff. Je heftiger ein Körper verbrennt, desto mehr Phlogiston enthält er, wie z. B. die Kohle. Ebenso enthalten die Metalle Phlogiston. Werden sie erhitzt, so entweicht das Phlogiston, sichtbar daran, dass sie den metallischen Habitus verlieren und in Metallkalke (unsere Metalloxyde) übergehen. Werden umgekehrt die Metallkalke mit Phlogiston (Wasserstoff) behandelt, so nehmen sie dieses wieder auf und bilden wieder das Metall mit dem bekannten metallischen Habitus. Verbrennung, Athmung und Verkalkung be- trachteten die Phlogistiker bereits "analog." Nur "einen Fehler hatte die Theorie, dass da, wo Phlogiston ent- weichen sollte, also bei der Verkalkung statt einer. Ge- wichtsabnahme eine Gewichtszunahme sich zeigte. Dieses Loch wurde aber einstweilen mit einer Hypothese zuge- stopft, und zwar mit der Boyle’schen Annahme, dass dieses Plus von der Aufnahme der Feuermaterie herrühre, dass also eine wägbare Wärmemenge sich mit dem Körper vereinige. Von der grossen Rolle aber, die die Luft bei allen diesen Vorgängen spielte, hatte man keine Ahnung, sie hatte nur den nebensächlichen Zweck, das entweichende Phlogiston aufzunehmen. Die eigenthümlichen Gewichtsverhältnisse, die sich bei der Verkalkung zeigten, konnten naturnothwendig der Aufmerksamkeit eines unbefangenen, von keiner Theorie bestriekten Forschers nicht lange mehr entgehen. Die damaligen Chemiker schenkten ihnen keine Beach- tung, weil für sie die Stahl’sche Theorie ausreichte. Einem Physiker erst, der gänzlich ausserhalb der Stahl- schen These vom Phlogiston stand, sollte es vorbehalten sein, von seinem Standpunkte aus neues Leben in die chemische Wissenschaft zu bringen. Es war Lavoisier, indem er bewies, dass die Wärme imponderabil sei, und dass die Gewichtszunahme bei der Verkalkung durch Aufnahme eines Theiles atmosphärischer Luft be- dingt sei. In eine Retorte brachte er ein Stück Zinn, ver- schloss dieselbe darauf fest und wog sie; nachdem er sie längere Zeit erhitzt hatte, wog er sie nach der Ab- kühlung wieder. Das Gewicht war dasselbe geblieben, es konnte demnach keine wägbare Wärme aufgenommen worden sein. Als er die Retorte öffnete, bemerkte er, dass Luft eindrang. Nun wog er das Ganze wieder und stellte eine gewisse Gewichtszunahme fest. Das Nr. 16. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 157 Zinn hatte er, bevor er es in die Retorte brachte, allein gewogen; durch das Erhitzen hatte sich Zinnasche ge- bildet, die er nun auch wog. Hierbei constatirte er, dass die Gewichtszunahme des ganzen Apparates an einge- strömter Luft gleich sei der Gewichtszunahme des Zinns. Das Zinn musste also beim Uebergang in Zinnasche dieses Quantum Luft aufgenommen haben. Dies war der epochemachende Versuch Lavoisiers, der Boyles An- nahme von der Absorption eines Wärmestoffs und Stahls Phlogistontheorie für immer begrub. Die Körper nahmen beim Verbrennen und beim Verkalken einen Theil atmo- sphärischer Luft auf. Ueber diesen Theil der Luft war sich aber Lavoisier nicht klar; er war eben so wenig Chemiker, dass er sogar annahm, es sei fixe Luft (Kohlensäure). Erst als Pristley und Scheele 1774 fast gleichzeitig den Sauerstoff entdeekten und auf seine Eigenschaften hin- wiesen, da ward sich auch Lavoisier über die Tragweite seines Experimentes klar, nun war ihm der Schlüssel zur Lösung des Räthsels in die Hand gegeben — und die neue Oxydationstheorie war fertig. Der Sauerstoff der Luft war also der räthselhafte Gewichtsvermehrer, und der schwer deutbare Verkalkungsprocess war in einen ein- fachen Oxydationsprocess umgewandelt. Die Versuche seiner Vorgänger und Zeitgenossen auf chemischem Ge- biete deutete nun Lavoisier von diesem neuen Gesichts- punkte aus. Seit Boyle’s Auftreten hat die Chemie einen durch- greifend wissenschaftlichen Charakter angenommen, und wenn wir nach ihrem wissenschaftlichen Ursprung suchen, so müssen wir ihn unbedingt dieser Zeit zusprechen. Ein bedeutender französischer Chemiker hat hingegen Lavoisier als den eigentlichen Begründer der chemischen Wissenschaft hingestellt und dieselbe quasi als fran- zösische Wissenschaft reklamirt. Lavoisier ist hierbei in ein soleh’ glänzendes Licht gesetzt worden, dass man im ersten Moment ‚davon ‚geblendet wird. Eine vorurtheils- freie Betrachtung, von keinem Nationalgefühl geleitet, macht uns bald nüchterner. Wir können uns Lavoisier ohne seine Vorgänger Boyle und Stahl u. a., ohne seine Zeitgenossen Pristley, Scheele u. a. nicht denken. Die- selben haben ihm das werthvolle Material zu seinen Ar- beiten geliefert; als Chemiker selbst aber reichte er keinem von ihnen das Wasser. Er wurde zum riehtigen Erklärer ihrer Versuche deshalb, weil er sie, unein- genommen von chemischen Theorien, von rein physika- lischem Standpunkte aus betrachtete. Diese Thatsache allein hat ihn gross gemacht und jenen vollwerthig zur Seite gestellt. Lavoisier's Ruhm wäre für uns noch strahlender gewesen, wenn seine Arbeiten nicht Zeugniss davon gäben, dass er über die Verdienste bedeutender Chemiker kurz hinwegging, ja dass er dieselben sogar oft als sein Eigenthum hinstellte.e Doch dies nur nebenbei. Die Entdeckung des Sauerstoffs ist der Grenzstein geworden für die alte Chemie und für die neue; die Auffindung des Oxygens war für alle chemischen Vor- gänge von soleher Tragweite, dass das alte, mühsam gestützte Haus der Chemie von Grund auf abgebrochen werden musste. Dafür entstand in erstaunlich kurzer Zeit ein gewaltiges, neues und gut fundirtes Gebäude, in dessen Grundmauern nur wenige taugliche Steine des alten eingefügt werden konnten. Die den Bau führenden Meister waren Dalton, Gay-Lussae, Berzelius, Gerhardt, Laurent, Liebig und viele andere von ebenso gutem Namen, wie A. W. Hofmann und Kekule, der Vater der Strukturformel. Die analytische Chemie konnte jetzt, nachdem der ponderabile Wärmestoff und die Feuer- materie, die ihr immer die Wege versperrt hatten, von der Bildfläche verschwunden waren, einen gesicherten Aufschwung nehmen. Das Ziel der Chemie war jetzt die Erforschung der Zusammensetzung aller Körper, aus der die Frage nach der Constitution der chemischen Ver- bindungen entstand. Der innere Bau der chemischen Verbindungen, die Anordnung und das Verhalten der Atome im Molekül, dies wurden die erstrebenswerthesten Objeete für den wissenschaftlichen Chemiker. Auf diesem Gebiete ist denn auch grossartiges geleistet worden und gerade in unserer heutigen Zeit hat man wiederum einen Anlauf genommen, um den Schleier etwas weiter von dem Molekül zu ziehen. (Schluss folgt.) Ein neues Elektrometer zur Vorausbestimmung des Wetters. Von Dr. P. Andries. Im Jahre 1852 entdeckten fast gleichzeitig Prof. Wolf in Bern, Gautier in Genf und Sabine im London bestimmte Beziehungen zwischen der Häufigkeit des Auf- tretens der Sonnenflecken und den Variationen der Magnetnadel. Sie erkannten einen vollständigen Parallelis- mus zwisehen der Häufigkeit der Sonnenflecken und der Grösse der Schwankungen der Magnetnadel in den einzelnen Jahresmitteln, sowie die gleichen Periodenlängen beider Erscheinungen; dabei zeigte sich, dass die magne- tische Variation ihren grössten Werth in der Zeit er- reicht, in weleher die Sonnenflecken am häufigsten, den kleinsten Werth jedoch, wenn dieselben am seltensten auftreten. Dieser parallele Gang hat sich in den fol- genden Jahren als ein so vollkommener erwiesen, dass es unmöglich erschien, die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges der beiden fraglichen Erscheinungen abzuweisen, und zwar um so weniger, als auch Hansteen 1857 nachwies, dass die Aenderungen der magnetischen Inklination sowie jene der Intensität die gleichen Perioden zeigen wie die Schwankungen der Deklination. Auch in der säkularen Aenderung der magnetischen Konstan- ten ergaben sich ähnliche periodische Schwankungen. Durch die Untersuchungen von Ellis wurde endlich nach- gewiesen, dass die elfjährige Periode der Sonnenflecken sich in allen Elementen des Erdmagnetismus vollständig abspiegelt, wofern das Beobachtungsmaterial nur einiger- massen vollkommen ist. Nachdem man diesen Zusammenhang erkannt hatte, lag es nahe, auch andere Erscheinungen in Bezug auf ihre Abhängigkeit von der Fleckenthätigkeit der Sonne zu prüfen, so die Polarliehter, den Luftdruck, die Luft- strömungen, die Bewölkung, die Regenmenge etc. In Betreff des Luftdrucks stellte ©. Hornstein 1872 den Satz auf, dass die jährlichen Schwankungen der Barometer- stände sehr befriedigend dargestellt werden durch die Voraussetzung, dass die jährliche Schwankung des Luft- drucks die längere, 7Ojährige Periode mit den Nord- liehtern und Sonnenfleeken gemeinsam hat und gleich- zeitig mit diesen Erscheinungen ihr Maximum und Mini- mum erreicht. Obgleich dieser Satz sich nieht vollauf bestätigte, wenn man die der Zeit nach weit rückwärts liegenden Maxima und Minima der Sonnenfleeken mit den Maxima und Minima der Luftdruckschwankungen verglich, so stellte sich doch heraus, dass gewisse Beziehungen 158 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 16. zwischen Luftdruck und Sonnenthätigkeit bestehen. In Indien z. B, finden höhere Barometerstände zur Zeit der Fleckenminima statt und niedrigere zur Zeit der Maxima. Wofern man aber annehmen darf, dass die letztere Beziehung thatsächlich besteht, ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass die Luftströmungen und Winde eine gleiche Abhängigkeit von der Sonnenthätigkeit, d. h. eine gesetzmässige periodische Aenderung in Bezug auf ihre Stärke und Richtung zu erkennen geben. Diese Frage wurde zuerst von Meldrum studirt; er fand in der That, dass in dem Zeitraum 1856—75 zur Zeit der Fleckenmaxima die Wirbelstürme im indischen ‚Ocean bis zum 34. Grade südl. Breite häufiger waren als in den anderen Zeiten. Zu gleichem Resultate führte die Zusammenstellung älterer bis zum Jahre 1731 rückwärts verfolgter Stürme im südl. indischen Ocean. Mit diesem Ergebniss stimmt auch das Resultat, zu dem Baxendell im Jahre 1872 gelangte; derselbe stellte auf Grund der Beobachtungen zu Oxford und St. Petersburg den Satz auf, dass die Kräfte, welehe die Bewegungen der Atmo- sphäre bedingen, in den Jahren grösserer Sonnenthätigkeit energischer sind, als zur Zeit der Fleckenminima. Es unterliegt nun gar keinem Zweifel mehr, dass elektrische Erscheinungen innerhalb der Erdatmosphäre auf die erdmagnetischen Elemente einwirken, denn jedes Nordlielt beweist das Vorhandensein einer solchen Ein- wirkung. Alle neueren Beobachtungen deuten ferner darauf hin, dass das elektrische Potential der Atmosphäre mit der Höhe stark wächst, dass überhaupt in den höheren Schiehten lebhafte elektrische Strömungen be- stehen müssen. Uebt nun die Sonne, die wir in Bezug auf ihre elektromagnetischen Eigenschaften ebenso wie die Erde als ein Solenoid betrachten müssen, emen Ein- fluss auf die Erdströme aus, so muss sie auch auf die Elektrizität der Atmosphäre einwirken und ‚man: könnte die Frage stellen, ob nicht die erstere Wirkung durch die zweite vermittelt und bedingt würde. Mag es sich betreffs dieses Punktes aber verhalten, wie es will, so steht soviel fest, dass gewisse Beziehungen zwischen der Magnetnadel und den atmosphärischen Strömungen be- stehen. Ueber diesen Punkt drückt sich der französische Meteorologe Marie-Davy im Jahre 1876 folgendermassen aus: „Obgleich wir noch weit davon entfernt sind, eine bestimmte und einfache Beziehung zwischen den 3jewegungen der Magnetnadel und den Schwankungen des Wetters feststellen zu können, so kann doch die Magnetnadel unter diejenigen meteorologischen Instru- mente eingereiht werden, die am meisten geeignet sind, nützliche Andeutungen über bevorstehende Witterungsän- derungen zu geben. Aus dem Studium dieses Zusammen- hanges geht hervor, dass Störungen oder geringere Ano- malien im Gange der Deklination fast stets und zwar mehrere Tage vorher das Auftreten einer stärkeren at- mosphärischen Störung im nordwestl. atlantischen Ocean oder das Hereinbrechen von regenbringenden Winden anzeigen.“ Der italienische Gelehrte Matteucei hatte ferner schon im Jahre 1364 gezeigt, dass in einem Stromkreise, der sich aus einer Erdschicht und einem Drahte, dessen beide Enden unter Anwendung aller Vorsichtsmassregeln zur Vermeidung jeder chemischen und thermoelektrischen Wirkung nach der Erde geleitet waren, zusammensetzte, stets ein ziemlich konstanter Strom entsteht, sobald zwischen den beiden Stellen des Erdbodens, in welche die Drabtenden eingesenkt waren, eine Höhendifferenz bestand. Dieser Strom bewegte sich stets von der tie- feren Stelle nach der höheren und zeigte bei jeder atmo- sphärischen Entladung eine plötzliche, aber nur einen Augenblick dauernde Verstärkung. Es wurden an vier verschiedenen Linien mit 600—36000 m Länge und Hö- hendifferenzen von 33—642 m Versuche ausgeführt, die übereinstimmende Resultate lieferten, jedoch mit dem Unterschiede, dass die längere Leitung und die grössere Höhendifferenz einen stärkeren Strom ergaben. Um diese Versuche experimentell im Kleinen zu bestätigen, stellte der französische Physiker de la Rive auf einem isolirten Fusse eine Kugel von 30 em Durchmesser auf, die aus poröser Erde oder aus mit angefeuchtetem Löschpapier bedecktem Holz bestand und die Erde darstellen sollte. Auf dem höchsten Punkte der Kugel befestigte er in direkter Berührung mit derselben eine kleine Metall- scheibe; eine zweite gleiche Scheibe brachte er in einem Abstande von 50 oder 90 Graden von der ersteren an. Hierauf verband er die beiden Scheiben mit’ den Draht- enden eines Galvanometers. Es zeigte sich kein Strom, auch wenn er die Kugel, sei es positiv oder negativ elektrisch lud. Jetzt hängte er mittelst eines isolirten Ständers eine schwachkonkav gekrümmte Metallplatte von soleher Grösse, dass sie nur einen kleinen Theil der Kugel bedeckte, über der ersteren oberen, mit der Kugel in Berührung stehenden Scheibe in einem Abstande von 2 bis 3 em. auf. Nunmehr theilte er der isolirten, die Erde darstellenden Kugel die negative Elektrieität einer Elektrisirmaschine mit, während die positive Elektrieität derselben auf die konkave, die Atmosphäre repräsen- tirende Metallplatte geleitet wurde. Sofort deutete das Galvanometer in ausgesprochener Weise einen von der unteren nach der oberen Scheibe gerichteten Strom an. Dieser Strom dauerte so lange als die Elektrisirmaschine in Thätigkeit blieb und war vollkommen regelmässig. Auf dieses Experiment sich stützend liess Abbe A. Fortin*) schon vor eirea 20 Jahren ein Elektrometer anfertigen, das in folgender Weise zusammengesetzt ist. Ein ausserhalb des Hauses, also im Freien aufgestellter, aus Zinnblättern bestehender Kondensator von grosser Oberfläche ist mit dem einen Ende einer Drahtspirale aus weichem, gut ausgeglühtem Eisen verbunden, während das andere Ende mit einem Goldblatte in Verbindung steht. Ueber dem Goldblatt ist eine vollständig isolirte Nadel aus Kupfer in gewisser Entfernung von der Draht- spirale und ebenfalls über derselben, mittelst eines Fadens aufgehängt. Eine unterhalb dieser Nadel angebrachte Kreistheilung ermöglicht die Grösse der Schwankungen der Nadel abzulesen. Der äussere grosse Kondensator ist nicht mit der Erde leitend verbunden. In der Nähe der Spirale ist ein zweiter kleinerer Kondensator ange- bracht. In Folge des grösseren Potentialwerthes des grossen Kondensators gegenüber den übrigen Theilen des Instrumentes entsteht ein Strom, der durch die Drath- spirale gehend, in dem Goldblatt seinen Abfluss findet und die leicht bewegliche Nadel beeinflusst. Je nach dem Grade des Abstandes der Kupfernadel von der Spirale sind die Schwingungen der ersteren grösser oder kleiner, man hat es also in der Hand, die Empfindlich- keit der Nadel und die Grösse ihrer Ausschläge zu steigern. Die Anwendung einer Kupfernadel anstatt einer Magnetnadel bezweckt, den Einfluss des Erdmagnetismus zu eliminiren, so dass das Instrument nur die Aenderungen der elektrischen Spannung der Athmosphäre andeutet. Dasselbe wird so aufgestellt, dass die Längsrichtung der länglichen Spirale in die nordsüdliche Richtung fällt. Abbe Fortin geht nun von dem Satze aus, dass die erdmagnetischen und atmosphärischen Störungen in dem Moment beginnen, wo auf der Sonne innerhalb der *) A, Fortin, le magnetisme atmospherique. Paris 1890, Nr. 16. Naturwissenschatftliehe Wochenschrift. 159 Strecke vom östlichen Rande bis zum Mittelpunkte neue Flecke auftreten. Er hebt dabei ausdrücklich hervor, dass man wohl zwischen neu auftretenden und alten Flecken unterscheiden müsse; nur erstere seien im Stande, Störungen des irdischen Magnetismus und der atmo- sphärischen Elektrieität zu erzeugen. Durch das Auf- treten dieser Störungen wird aber das Hereinbrechen von Cyklonen angedeutet und zwar bis zu 6 Tagen früher, als sie wirklich ‘zum Ausbruch kommen. Die Art der Bewegung der Nadel des oben erwähnten Instrumentes gibt nämlich einen Anhaltspunkt für die Art und Stärke der zu. erwartenden atmosphärischen Störung und die Zeit ihres Eintreffens. Bewegungen von 10—14 Grad, die sich von Stunde zu Stunde wiederholen, kündigen Regen und Wind an. Wiederholen sich diese Ausschläge während mehrerer Tage, so ist dauernder Regen zu erwarten. WLebhafte sich wiederholende Schwingungen von 25—30° deuten. auf schwere Regen; erfolgen diese Ausschläge stoss- oder ruckweise, wie diejenigen des Sekundenzeigers einer Taschenuhr, so stehen Gewitter bevor. Langsame, nicht ruckweise stattfindende Bewegungen von 30 bis 50° Am- plitude. der Nadel kündigen heftige Regen, Winde und Orkane an, aber keine Gewitter. Langsame, stetige Be- wegungen der Nadel mit einer Amplitude von über 50° lassen auf einen sehr entfernten Sturm, auf Nebel und Erdbeben innerhalb der äquatorialen Zone schliessen. Sehr langsame Bewegungen bis zu einer Abweichung von 90° kündigen Nebel für den folgenden Tag an. Lebhafte, ruckweise erfolgende Bewegungen mit Aus- schlägen von 50-90 Grad, Zittern der Nadel, Umkehren derselben zeigen Gewitter, Regen, Stürme, Hagel und Erdbeben an, die am Beobachtungsorte oder dessen Um- gebung mit einer Zeitdifferenz von nur wenigen Stunden aufeinander folgen, obgleich die Gesammtstör ung erst etwa nach 6 Tageı eintreten wird. Natürlieh gehört längere Zeit und Uebung dazu, um aus der. verschiedenen Art der Bewegung der Nadel mit Sicherheit die Art, die Stärke und die Zeit des Eintreffens einer atmosphärischen Störung voraussagen zu können. Der Erfinder des Instrumentes sucht daher auch an zahl- reichen Beispielen darzuthun, wie ihm mittelst seines In- strumentes die sichere Prognose von Stürmen, Gewittern, Regen und Hagel, je nach den Umständen, um 2—6 Tage vor ihrem Eintreten möglieh geworden sei. Gelegentlich stellt er auch neue Sturm-, Gewitter- und Hageltheorien auf. Ohne auf diese Theorien, die überhaupt von den gegenwärtig herrschenden Ansichten in manchen Punkten” bedeutend abweichen, näher einzugehen, möge doch Folgendes (von Seiten des Verfassers dieser Zeilen) über die Ursachen, die das empfindliche Instrument be- einflussen und daher zur Weiterprognose geeignet er- scheinen lassen, bemerkt werden. Ob die Sonne durch ihre störende Kraft direkt auf das Instrument wirkt, wie sein Erfinder zu glauben scheint oder indirekt mittelst der atmosphärischen Störungen, bleibe dahin gestellt. Letzteres erscheint jedoch bei weitem wahrscheinlicher, denn Jede atmosphärisch- elektrische Schwankung, sie mag entstanden sein wie sie will, muss das Instrument beeinflussen. Da nun, wie man in letzter Zeit immer mehr erkennt, die Vorgänge in den höheren Schichten der Atmosphäre für die Entstehung und Fortpflanzung von Cyklonen, Gewittern ete, von der grössten Bedeutung sind, so kann es nicht auffallend er- scheinen, wenn die dureh die Sonnenthätigkeit angeregten elektrischen Störungen sich geltend machen, ehe ihre Folgen, die Depressionen etc. am Beobachtungsorte zur Entwieklung gelangen. Die in den höheren Luftschiehten so häufig auftretenden, scharfbegrenzten und mit unge- heurer Geschwindigkeit (zuweilen mehr als 100 km pro Stunde)fortsehreitenden Luftströme müssen alselektrische Konvektionsströme betrachtet werden; denn eine Gradientkraft, die eimen solchen wahren Luftfluss, der mit einer scharf begrenzten Meeresströmung zu vergleichen ist und der oft eine Länge von über 1000 km erreichen mag, zu erzeugen im Stande ist, ist absolut undenkbar. Die Meeresströmungen werden ja 'äuch durch keine Druck- differenzen erzeugt. Einfache Druckdifferenzen können also eine solche Erscheinung unmöglich bewirken, wohl aber Potentialdifferenzen. Man darf nicht vergessen, dass die Luft elektrischen Einflüssen gegenüber sich viel em- pfindlicher verhält als man glaubt; man denke z. B. an das elektrische Rad (Mühle), Kinnerley’s Thermometer, die schlagenden Wetter. Der atmosphärische Sauerstoff, der !/, der Atmosphäre bildet, ist stark magnetisch, besonders in seiner Modification als Ozon, während der Stiekstoff sieh in dieser Beziehung vollkommen neutral verhält. Faraday wies nach, dass gewöhnliche Luft eine entschiedene magnetische Wirkung besitzt und dass warme Luft weniger magnetisch ist als kalte.*) Gerade die magnetischen Eigenschaften des Sauerstoffs und ihre Variationen bei Druck- und Temperatur- änderungen führten diesen Gelehrten zu der Ansicht, dass sie als die nächsten Ursachen der Variationen des Erd- magnetismus zu betrachten seien. Wie wären überhaupt solehe grossartige elektrische Entladungen in den höchsten Schiehten der Atmosphäre, wie sie sich in den Polarliehtern uns offenbaren, möglich, wenn nicht diesen Schichten die ebenhervorgehobenen Eigenschaften zukämen ? Beweisen doch diese Nordlichter mit "den sie begleitenden grossartigen Störungen der erdmagnetischen "Elemente, dass in der Atmosphäre gewaltige elektrische Ströme bestehen können oder vielmehr bestehen müssen. Ob diese Ströme, resp. die ihnen entsprechenden Potential- differenzen durch die Sonne direet oder indirecet hervor- gerufen werden, mag hier unerörtert bleiben, es genügt dass sie bestehen. Dann bleibt aber nur noch die Schlussfolgerung zu ziehen, dass solehen Differenzen auch elektrische Ströme entsprechen müssen, die als Träger die Luft selbst mit ihren elektrischen Eisnadeln benutzen. Ist dieser Träger selbst sehr leicht beweglich, so wird er mit in Bewegung gesetzt, es entsteht ein elektrischer Konvektionsstrom, (mechanisch: fortbewegte Elektrieität) dessen Geschwindigkeit der Potentialdifferenz entsprieht. Ein Konvektionsstrom besitzt aber alle Eigen- schaften eines Leiters, er beeinflusst also auch andere Leiter, die von ‚einem Strom durchflossen werden und ebenso die Magnetnadel. Es ist daher klar, dass ein soleher Strom schon aus grosser Entfernung auf. eine gegen elektrische Einflüsse empfindliche Nadel einwirken muss, dass also die Art ihrer Bewegungen und die Grösse ihrer Ausschläge auf eine grössere elektrische Störung schliessen lassen. Hat nun die Sonne in Folge der auf ihrer Ober- fläche stattfindenden elektrischen Stürme in den eis- und ozonhaltigen Schichten unserer Atmosphäre eine derartige grössere Störung verursacht, so wird diese zunächst auf *) Lässt man Ozon durch eine feine Spitze ausströmen, so ver- hält sich diese Spitze genau so, wie eine Metallspitze, aus welcher Elektrieität ausströmt. Man nimmt in der Nähe dieser Spitze einen elektrischen Geruch wahr, das ihr entgegengehaltene Papier mit Jodkaliumkleister wird gebläut, wie bei einer elektrischen Spitze. Dem Ozon ist also starke negative Elektrieität zuzu- schreiben. (Külp, Physik, Band III, S. 49.) Wird von Ozon be- freiter Sauerstoff in einer Glasglocke dem Drummond’schen Kalk- licht ausgesetzt und dann dureh eine Lösung von Jodstärkekleister getrieben, so bläut sich letzterer, was beweisst, dass durch die Belichtung Ozon gebildet wird. (Nach Dessans, La Nature 1581, Seite 27.) | : 160 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 16. die empfindliche Nadel einwirken. Da nun ferner die atmosphärischen Wirbel in Gestalt von Cyklonen, Tor- nados, Gewittern mit den elektrischen Konvektionsströmen in einem ursächlichen Zusammenhange stehen müssen, insofern ihrem Auftreten regelmässig grosse Schwankungen der besagten Nadel vorangehen, höchst wahrscheinlich auch die Lage der Bahn des Wirbels, seine Richtung und Fortpflanzungsgeschwindigkeit von den Konvektions- strömen bedingt werden, so leuchtet ein, dass wir in dem obigen Instument ein Mittel besitzen, um das Heran- nahen solcher Wirbel, je nach den Umständen, schon mehrere Tage vorauszusagen, wodurch ohne Zweifel der practischen Meteorologie ein grosser Vortheil erwächst. Dabei ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Wirbel weit nördlich oder südlich von dem Orte des Instrumentes vorübergeht oder schon vorher sich auflöst. In diesen Fällen giebt aber die Art der Bewegung der Nadel mit dem Näherrücken des Wirbels immer genügende Zeit vorher Aufschluss über die Richtung, die er einschlagen wird, so dass man bei einiger Erfahrung mit hinreichen- der Sicherheit die Bahnlage vorausbestimmen kann. Abbe Fortin behauptet wenigstens, auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen, dass dies wohl in allen Fällen möglich sei. Wenn derselbe dagegen behauptet, dass jede grössere atmosphärische Störung in direeter Ab- hängigkeit von dem Auftreten neuer Sonnenflecke stehe, so scheint er darin zu weit zu gehen. Dann müssten in fleekenarmen Jahren ungleich viel weniger Cyklonen, Tornados und Gewitter auftreten als in fleckenreichen. In fleekenarmen Jahren gehen Monate vorüber, ohne dass sich irgend ein grösserer Fleck auf der Sonne zeigt, während doch innerhalb eines solchen Zeitraums zahl- reiche atmosphärische Wirbel auf der Erde auftreten. Auf der Sonne zeigen sich in fleckenreichen Jahren oft zwanzig Mal mehr Flecke von grossem Umfange als in fleckenarmen und doch hat man eine entsprechend grosse Schwankung in der Zahl der in den einzelnen Jahren sich entwickelnden Cyklonen etc. nicht beobachtet, Sollte aber auch nicht immer die Sonne die atmo- sphärisch-elektrischen Störungen verursachen, sondern diese aus irgend einer anderen Ursache abzuleiten sein, so würden die oben hervorgehobenen practischen Folgerungen doch unverändert bestehen bleiben. Es dürfte daher für meteorologische Institute vortheilhaft sein, das oben beschriebene Instrument, , das, für 25 Franes bei Bertrand, 42, rue des Petites-Eeuries, Paris, zu haben ist, zu prüfen und eventuell zur Wetterprognose zu verwenden. Studien über den gerichtlich-chemischen Nach- weis von Blut ist die von A. Klein verfasste Inaug.- Dissertation betitelt. Wir entnehmen einem Auszuge der- selben in dem „Repertorium der Apotheker-Zeitung“ fol- gende interessante Mittheilungen: Der Nachweis von Blut beruht im Allgemeinen auf der Erkennung des Blutfarbstoffes im Speetroscope, der Auffindung von Blutkörperchen und der Darstellung der sog. Teiehmann’schen Blutkrystalle (Häminkrystalle) und kann auf diese Weise sehr sicher geführt werden, was jedoch zur Zeit noch nicht im gleichem Masse der Fall ist, sobald es sich um die Frage handelt, ob Blut- flecken gegebenen Falls von Menschen- oder Thierblut herrühren, und wie alt solche Flecken sind. Bezüglich des ersteren Punktes hat man allerdings in der Form und der Grösse der Blutkörperehen der verschiedenen Thierklassen, sowie in dem sogenannten Schweissgeruch, der beim gelinden Erwärmen des Blutes gewisser Thiere mit verdünnter Schwefelsäure sich kund- giebt, einige, wenn auch meist sehr zweifelhafte Anhalts- punkte, während die Altersbestimmung von Blutfleeken auf Zeug, Holz u. s. w. jetzt meistens aus der Färbung der- selben sowie aus dem Verhalten gegen lösende und bleichende Flüssigkeiten zu ermitteln gesucht wird. Behufs weiterer genauerer Entscheidung dieser höchst wichtigen Fragen stellte sich Klein eine genügende An- zahl Flecken von Menschen-, Ochsen-, Sehaf- und Schweine- blut auf ungefärbten, sowie verschieden gefärbten Ge- weben aus Leinen, Baumwolle, Wolle und Seide; des- gleichen auf Holz, Glas und Eisen her und beobachtete zunächst den mit der Zeit fortschreitenden Farben- wechsel von hochroth, rothbraun, braun bis schwarz- braun. Es zeigte sich, dass die Zeit in welcher der Farbenwechsel des Blutes vor sich geht, sowohl je nach der Natur des (hellen) Gewebes, als auch je nach der Dicke der Blutschicht eine sehr verschiedene ist. Einige Flecken wurden schon nach wenigen Stunden, andere erst nach mehreren Tagen braun; nach 3 oder 4 Tagen waren viele schon braunschwarz oder schwarz, während andere dazu Wochen und Monate gebrauchten. Bei Ochsen-, Schaf- und Schweineblut schien der Farb- wechsel im Allgemeinen schneller vor sich zu gehen, als bei Menschenblut, wenngleich auch aus diesen Beobach- tungen sichere Anhaltspunkte zur Unterscheidung von Menschen- und Thierblut nicht gewonnen werden konnten. | Weiter konnte Verfasser feststellen hinsichtlich der Zeit, in welcher verschiedene alte Blutfleeken durch gewisse Lösungsmitel extrahirt werden, dass durch eine wässerige Lösung von arseniger Säure (1:120) sich frische Blutflecken in «a. 5 Minuten, bis 24 Stunden alte in ca. 10 Minuten, 1 bis 5 Tage. alte in ca. 15 Minuten, etwa 3 Tage alte in 20 bis 30 Mi- nuten, gegen 2 Wochen alte in 40 bis 60 Minuten, 1 bis 2 Monate alte in 1 bis 2 Stunden, gegen 6 Monat alte in 3 Stunden vollständig oder nahezu vollständig ex- trahiren lassen. Bei Monate alten Blutflecken entstehen fast immer bräunliche Rückstände, deren Lösung auch in 12 Stunden noch nicht erreicht wird. Die Extracte zeigen bei frischen und wenige Stunden alten Blutflecken eine rein rothe Farbe, bei älteren Flecken sind sie braun- roth, bei 2 Monate und darüber hinaus alten bräunlich und oft trübe. i Es wurden weiter Bleiehversuche mit den auf ungefärbten Stoffen befindlichen Blutflecken angestellt, bei denen letztere direkt in Chlorwasser oder Chlorkalk- lösung eingelegt wurden. Es zeigte sich, dass die Flecke, entsprechend der Concentration des Bleichmittels in kürzerer oder längerer Zeit vollkommen entfärbt wur- den; doch konnte die Annahme nieht bewiesen werden, dass Blutfleeken, je älter sie sind, umso langsamer ent- färbt werden; die Zeitdauer der Entfärbung erwies sich vielmehr abhängig von der Dicke der Blutschicht. Doch ist nach Klein durch die Absorptions- speetren von Lösungen verschieden alter Blut- flecke ein Weg für deren ungefähre Altersbestimmung gegeben, indem Lösungen frischer Blutflecken nur das Oxyhämoglobinspeetrum geben; bei 1 bis 2 Stunden alten Flecken wird neben diesem Speetrum schon das Methä- moglobinspeetrum sichtbar. Letzteres tritt mit zunehmen- dem Alter der Flecken immer mehr in den Vordergrund, das Oxyhämoglobinspeetrum verschwindet allmählich, wie denn auch 6--8 Monate alte Flecken nur noch das Methämoglobinspeetrum zeigen. (Ueber die Darstellung Nr. 16. der zu diesen Beobachtungen erforderlichen Blutlösungen sei auf das Original verwiesen. D. Ref.) Auch das Verhalten von Blutfleeken und deren Lösungen zu Blausäure lässt, wenigstens bis zu einem Zeitraum von 6-8 Monaten, einen Schluss auf das Alter soleher Fleeke zu, indem nämlich Auszüge ganz frischer Flecken auch nach Zusatz von Blausäure (1 bis 2 Tropfen einer Lösung 1:1000) nur das Oxyhämoglobinspeetrum zeigen, während bei älteren (rothbraunen oder braunen) Fleeken nach Zusatz von Blausäure an Stelle des ver- schwindenden Methämoglobinspeetrums (im Roth) das des Cyanwasserstoffmethämoglobins (im Gelbgrün zwischen den Rändern des Oxyhämoglobins) auftritt. 5 Monate alte Flecken dagegen zeigen nur noch das Cyanwasser- stoffmethärnoglobinspeetrum. Schliesslich seien hier noch einige Untersuchungen des Verfassers über die Grösse von Blutkörperchen mitgetheilt. Danach betrug die Grösse derselben (nach der Struve’schen Methode gemessen) beim: Ochsenblut . 0,00546—0,00624 mm Kaninchenblut . ... . 0,00624—0,00702 - Menschenblut ... . 0,0075 —0,0081 - Bezüglich noch weiterer interessanter Untersuchungen des Verfassers, welche gleichfalls in dieser Arbeit mitge- theilt sind, wie z. B. „Versuche über den Nachweis des Blutes in gegen 10 Jahre alten Fleeken und Mischun- gen von Gartenerde und Sand“ sei auf das Original ver- wiesen. Dr. R. Otto. Weitere Untersuchungen über heliotropische Krümmung bei Thieren. — Seiner ersten grösseren Ab- handlung „über den Heliotropismus der Thiere und seine Uebereinstimmung mit dem Heliotropismus der Pflanzen“, die anfangs 1890 in Würzburg erschien, und über welche in der „Naturw. Wochensehr.“ Bd. V Seite 105 berichtet worden ist, hat J. Loeb eine zweite (in „Pflüger’s Archiv“, 47. Bd., Bonn 1890, S. 391) folgen lassen. Dass das Sachs’sehe Gesetz auch für die freilebenden Thiere gilt, wies Loeb (s. o. $S. 105) bereits nach, jetzt konnte er seine Gültigkeit auch für festsitzende Thiere bestätigen. Er legte seinen Beobachtungen den Borstenwurm Spiro- sraphis Spallanzanii, sowie Hydroidpolypen (Sertularia, Eudendrium) zu Grunde. Diese Thiere stellen die Sym- metrieachse ihrer strahligen Organe dauernd in die Riehtung des Lichtstrahls. Fiel das Licht einseitig ein, so trat bei den wachsenden Polypen sowie stets bei den mit biegsamen Röhren. ausgestatteten Würmern eine dauernde heliotropische Krümmung ein. — Diese Er- scheinungen, die man früher für Wirkungen eines In- stinets oder Willens hielt, müssen als Wirkungen physi- kalischer und chemischer Einflüsse angesehen werden. Der geschilderte Heliotropismus beruht auf dem des Liehtes; von der Reibung bedingter Stereotropismus ist es, wenn sich Thiere in Spalten verkriechen; auch be- ruht das Eindringen der Spermatozoen in’s Ei, sowie die Wanderung der Leukoeyten auf Contactreizbarkeit. Die verschiedenen Einflüsse können einander verstärken, können aber auch einander ganz oder theilweise auf- heben. Derselbe ' Forscher veröffentlicht weiter zusammen mit Theo. T. Groom im „Biol. Centralbl.“ 10. Bd. S. 160 und 219 Beobachtungen über den „Heliotropismus der Nauplien von Balanus perforatus und die periodischen Tiefenwanderungen pelagischer Thiere*. Wurden die genannten Larven in einem Glase an das Fenster ge- stellt, so hielten sie sich zu einem Theile (die positiv heliotropen) auf der Wasseroberfläche an der dem Liehte zugekehrten Seite, zum andern Theile (die Naturwissenschaftliehe Wochensehrift. a ————————,———————————————————— rer 161 negativ heliotropen) auf dem Boden an der Zimmerseite auf. Sie stellten sich alle mit der Medianebene in die Riehtung der Lichtstrablen und eilten, mit dem Mundpol voran, in den beiden entgegengesetzten Riehtungen fort. Da die Lichtstrahlen sehräg in's Zimmer fallen, befanden sich die positiv heliotropen oben, die negativ heliotropen unten im Glase. Dass die Richtung der Liehtstrahlen allein massgebend ist, konnte auch durch Versuche mit einer im Kreise herumbewegten Gasflamme festgestellt werden. Im Dunkel zerstreuten sie sich durch das ganze Glas. Die stärker breehbaren Strahlen des für uns sichtbaren Speetrums sind heliotropisch wirk- samer; auch waren die Bewegungen der Thiere bei 25° lebhafter als z. B. bei 15°. Zur Erklärung ihrer pelagischen Wanderungen konnten folgende Beobachtungen dienen. Nauplien, die längere Zeit im Dunkel verharrt waren, wurden positiv, solche, die belichtet waren, negativ heliotropisch. Je stärker das Lieht war, um so rascher trat die Umwandlung ein. Am Morgen waren sie positiv, gegen Abend mehr oder minder negativ heliotropisch. Eben ausgeschlüpfte Larven zeigten positiven, doch nach 15 Min. bis 2 Stunden negativen Heliotropismus. Nur bei sehr geringer Liehtstärke (1 Gas- brenner auf 3 m Entfernung dureh 12 Std.) trat kein Wechsel ein. Derselbe erfolgte unter blauem Glas schneller. Individuell war der Wechsel etwas verschieden. Kehrte man das Aufenthaltsglas schnell um 180° um, so trat bei der erfolgenden Wandernng aller Thiere oft für kurze Zeit ein Schwanken in der Richtung der Wanderung ein. Im Freien treibt nun das Tageslicht die 'Thiere in die Tiefe, zwingt sie das schwache Nachtlicht, in die Höhe zu steigen. Natürlich erfolgt hier die Wanderung senkrecht. Dass sie nieht bis in grosse Tiefen sinken, kommt daher, dass sie bei der Abnahme des Lichtes bald wieder positiv heliotropisch werden und also wieder zu steigen anfangen. Da sie in 1“ etwa 1 mm ’'zurück- legen, gelangen sie in 10 Stunden nur 30-40 m tief. Auch der von Chun auf die Wärmeveränderung zurück- geführte Umstand, dass die pelagische Wanderung sich im Sommer auf tiefere Regionen als im Winter erstreckt, lässt sich dureh die zu dieser Jahreszeit längeren Tage und helleren Nächte erklären. Sinken sie z. B. in 15 Tagesstunden 50 m tief, so kehren sie darauf in 9 Nachtstunden nur 30 m zurück. Am 2. Tage gelangen sie dann schon bis 70 m Tiefe u. s. f. Dr. C. Matzdorff. Die Vorräthe an Regenwürmern und anderen Erdbewohnern, die Maulwürfe anlegen, wurden’ früher als Wintervorräthe angesprochen. Friedrich Dahl in Kiel machte nun schon 1886 darauf aufmerksam, dass sie nicht für den Winter gesammelt sein dürften, da sie gerade am Ende einer längeren Frostperiode gefunden werden. Er hat nun dieses Thema weiter verfolgt und berichtet darüber: Die Nahrungsvorräthe des Maulwurfs (Zool. Anz. 1891 S. 9). Im Winter 1886—87, der durch geringe Kälte ausgezeiehnet war, wurden keine Vorräthe gefunden. Auch im November 1587 wies ein Bau keine auf, allein im April des folgenden Jahres fand man nach langem, starkem Frost in einem einzigen Bau 578 Regen- würmer, 67 Larven von Hepialus lupulinus L., 4 Enger- linge und 3 Sehnell-Käferlarven. Ebenso waren die an- fangs des Winters 1888—89 untersuchten Baue leer, die am Ende desselben nach längerem Frost ‘aufgedeckten aber enthielten sämmtlich Vorräthe. Der milde Winter 1889 —90 liess die Maulwürfe wiederum keine oder nur ganz unbedeutende Vorräthe (z. B. von 8 Würmern) an- sammeln. Offenbar kann also der Kerfjäger die Regen- würmer in der Winterstarre besser fangen, als wenn der 162 Näturwissenschaftliche: Wochenschrift. Nr. 16. Boden‘ nieht gefroren ist. Bei allen Würmern waren, wie auch bereits Döderlein beobachtete, das erste oder die ersten Segmente verletzt, so dass ihnen das Bohr- vermögen geraubt, nicht ‘aber ihr Leben zerstört war. Ausserdem fesselt der Maulwurf die‘ gewonnene Beute durch festes Eihmauern in die Wände der Kessel und der ‘Gänge. C. M. Neues Wasserbad. — Die Firma Gg. Ib. Mürrle- Pforzheim bringt neuerdings ein sehr brauchbares Wasser- bad zur Ausführung, welches entschieden einem Bedürf- niss im chemischen Laboratorium entspricht. So lange noch Wasser in der Glasflasche ist bleibt der Wasser- spiegel im kupfernen Wasserbade stets auf gleicher ‘Höhe, und reicht der Inhalt der beigegebenen 800 gr- ‘10 Stunden beizugeben. den Gebrauch stark gebaut, einfach, von keiner Wasser- ‘leitung abhängig und daher, überall. anwendbar. elektrophonische Klavier von dem gewöhnlichen. Flasche für 5’ Stunden aus. Je nach Bedürfniss kann man eine grössere Flasche aufsetzen, um Wasser bis zu Der Apparat ist für anhalten- Der Umstand, dass Alles durch ein Gestell zu einem Ganzen vereinigt ist, macht den Apparat stabil und handlich. x. Das vom Rechtsanwalt Dr. Richard Eisenmann erfundene: Eleetrophonische Klavier wurde. vor. einer: Anzahl ı geladener Gäste am .8. April in der Urania in, Berlin vorgeführt. — Aeusserlich unterscheidet nichts das, Sobald! man aber die obere Platte aufdeekt, übersieht man sofort, alle Einriehtungen, die hier getroffen sind. Die Ein-! richtung des Hammerwerks ist auch bei diesem Klavier, beibehalten worden. Quer über den Saiten ist eine Leiste, angebracht, an der nach unten gerichtete Hufeisen-: magnete sitzen, deren Pole von den Saiten einen bis, anderthalb Millimeter abstehen. Ferner lagert über den) Saiten eine grosse Platte, auf der ein halbes Dutzend) Mikrophone als Stromunterbrecher angebracht sind. Durch! sie wird es bewirkt, dass die Saiten nicht an den Elektro- magneten. haften, sondern in freier Sehwingung: bleihen.' Neben ‘der Elektromagneten-Leiste liegt eine zweite mit, ‚den Tasten in Verbindung stehende Leiste, 'an welcher die Vorriehtungen hergestellt sind, welehe die Contacte hervorbringen. Durch Niederdrücken eines besonderen Pedals wird der Strom geschlossen, dureh Niederdrücken! der Tasten’ werden die Contacte und mit ihnen die Ein- wirkung der Elektrizität auf die Saiten, d. h. die Töne, hervorgebracht. Die Einrichtung: des Klaviers ermöglicht eine verschiedenartige Spielweise. Man kann kombinirt, d. h. den Bass elektrisch und den Diskant mit dem ge- wöhnlichen Hammerwerk oder auch umgekehrt: spielen. Man kann aber auch nur ‚allein mit dem :Hammerwerk spielen, wie bei gewöhnlichen Klavieren, indem man: ein- fach das besondere: Pedal unberührt lässt und so dem Strom keinen Zutritt gestattet. Umgekehrt lässt sich aber auch dureh einen besonderen Meehanismus das Hammer- werk ausser:Function' setzen, so dass nur die Elektrieität als Tonerzeuger zur Anwendung kommt. Die Klangfarbe ähnelt mehr der des Harmoniums, als der des gewöhnlichen Klaviers. In den tiefen Lagen erinnert sie an die Orgel, in den. mittleren an das Cello und. in den hohen an Violine und Harfe. Als besondere Vortheile des neuen Klaviers kann man noch anführen, dass jeder. Ton in ungeschwächter Kraft beliebig lange ausgehalten. werden kann, und dass die elektrischen Töne allmählich an- schwellen können, was beim gewöhnlichen Klavier mit mechanischem Anschlage unmöglich ist. Ueber den Arsengehalt in rohen Säuren hat Buchner (Chem. Ztg.) Untersuchungen angestellt. Hier- nach betrug der Gehalt an arseniger Säure in der rohen englischen Schwefelsäure 131 gr As, O, in 100 kg Säure, wonach also ein Ballon (120kg) der betreffenden Schwefel- säure nicht weniger als 157 gr arseniger Säure ent- halten würde. Die rohe Salzsäure des Handels ergab sogar einen Arsengehalt von 592 gr (As, O,) in 100 kg Säure! Es würde für die Grossindustrie von grossem Vortheil sein, wenn man auf eine billige Weise den hohen Arsengehalt der Säuren, welcher bei vielen industriellen und gewerblichen Arbeiten sehr störend, vermeiden könnte. Der Planet Jupiter ist in Bezug auf die von seiner Oberfläche dargebotenen Erscheinungen in dem langen Zeitraum von 1859—87 von dem Engländer Green eifrig studirt worden, welcher seine Resultate kürzlich in den Memoirs der Royal Astronomical Society (Bd. 49) ver- öffentlichte. In günstigen Oppositionen ‘gelang es mehr als 100 Zeichnungen zu erhalten, in anderen wenigstens genügend viele, um eine sichere Controle zu ermöglichen. Die angewendeten Instrumente waren ein 4 und 5 zölliger Refractor, :sowie Refleetoren von 9,13 und 18 Zoll. Die Absicht, in weleher ich die Beobachtungsreiche so weit ausdehnte, sagt Green, war die, eine Kenntniss der mehr beständigen Thatsachen an der Oberfläche Jupiters und der Gesetze, welche die Veränderungen regieren, zu erlangen. Wir wollen aus der interessanten Abhandlung, welehe ‚auf 4 Tafeln nicht weniger als 21 verschiedene Ansichten des Planeten bringt, nur die Hauptresultate anführen. Der allgemeine Anbliek Jupiters hat demnach in den Jahren 1860-87 scharf getrennte Perioden durchgemacht, nämlieh 1. von 1860 —1868 wo der Aequator gewöhnlich von einer weissen Bande bezeichnet war, die jedoch unmittelbar nördlich und südlieh von dunklen umrahmt wurde. 2. Die 2. Periode dauerte von 1869—1872. Die Aequatorgegend ; war von einer deutlich ausgeprägten kupferrothen Farbe; die Banden bewegten sich auf beiden Halbkugeln allmählieh nach den Polen hin und nahmen stark an. Breite ab. 3. In den Jahren 1873—1878 erschien eine Menge von feinen Einzelheiten in der südlichen Hälfte, die Nr. 16. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. It Mer) o Kupferfarbe der Aequatorialgegend verblasste und trat gegen Schluss auf den nördlichen Streifen über. Beide Banden hatten sich wieder der Mitte der Scheibe, ge- nähert. 4. Die vierte Periode von 1879 an beginnend, kurz als diejenige des „grössen rothen Flecks“ bezeichnet werden. Der Planet hat während dieser Zeit, ‚die über- raschendsten Veränderungen in: Farbe ‚und. Form seiner Merkmale dargeboten. Die zuerst 1875 wahrgenommene rothe“ Farbe des Streifens nördlich vom Aequator wan- derte allmählich nach Süden und‘ trat 1383 sehr intensiv in der südlichen Bande auf, wo sie zuletzt-den bekannten rothen Flecken noch übertraf. Nach einer eingehenden Untersuchung über die Zu- sammengehörigkeit von dunklen und. hellen Partien auf der Jupiterscheibe und deren relative Höhe, sowie nach Besprechung der Erscheinungen des rothen Flecks in einem eigenen Capitel, kommt. Green zu folgenden allge- meinen Resultäten: Jupiter ist von einer Atmosphäre um- geben, die viel Wasserdampf enthält; dieser wird unter verschiedenen Umständen in unseren Wolken ähnliehe Gebilde eondensiert. Von 60° Breite bis zu den Polen bildet er ruhige, beinahe unveränderliche Kappen. von Wolken. Dieser hohe Betrag von Condensation setzt das Vorhandensein von ausgedehnten Wasserflächen voraus. Von je 45° Breite bis zum Aequator finden fort- während Veränderungen statt, nicht blos in der Atmo- sphäre sondern auch in dem darunter liegenden Festen; trotzdem sind Formen von beträchtlicher Constanz möglich wie der rothe Fleck und verschiedene Banden, die sich Jedoch alle parallel zum Aequator lagern. Obgleich Jupiter eine grosse eigene Wärme :haben mag, ist er doch nicht glühend; bestätigt wird dies durch die Begrenzung der von der Sonne verursachten Wechsel- erscheinungen, ‚auf, die ‚Zone + 45°. — Anders verhält sich die Sache mit dem rothen Fleck und der Kupfer- farbe der Streifen, welche wahrscheinlich durch innere Kräfte im Planeten hervorgerufen werden... ° Die häufige Verbindung zwischen dunklen und hellen Streifen kann dadureh erklärt werden, dass erstere relativ wolkenleere Partieen sind aus denen eine Menge Dampf emporsteigt und sich an der polaren als der kühleren Seite niederschlägt. Das Vorhandensein von Wind ist deutlich erwiesen, besonders in der Form von Passatströmungen; hierdurch erklärt sich der Ueberschuss an Bewegung . über die Rotationsgeschwindigkeit in Breiten bis 45°. . Die verschiedenen Farben der Jupiterscheibe, welche so deutlich in kräftigeren Instrumenten "hervortreten, mögen die Natur des unter der Atmosphäre liegenden festeren Kerns andeuten. Die Kupferfarbe, sehr der- ‚Jenigen der Marscontinente ähnelnd, gehört wahrscheinlich den dichtesten Bestandtheilen an, während die dunkel- grauen oder bläulichen Stellen auf Wasser schliessen lassen. Im Anschluss an diese Betrachtungen,: deren zum Theil rein hypothetischer Charakter wohl nicht besonders betont zu werden braucht, mag erwähnt werden, dass der berühmte „rothe Fleck® auf dem Jupiter in letzter Zeit noch ein Gegenstand von besonderem Interesse geworden ist, da man seine Geschichte an der Hand von alten Zeichnungen bis in das 17. Jahrhundert zurück ver- folgen zu können glaubt. M. kann | Litteratur. A. Engler und K. Prantl, Die natürlichen Pflanzen-Familien nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten insbesondere der Nutzpflanzen. III. Theil. 2. Abtheilung a. Verlag von: Wil- helm Engelmann. Leipzig 1891. Preis 9 Mk., Subskriptions- preis 4,50 Mk. Mit dem kürzlich erfolgten Erscheinen der 56. Engler - Prantl'schen natürlichen Pflanzen-Familien eine Abtheilung (III. Theil 2: Abth. a) fertig vor. Sie enthält die Podostemaceen (bearbeitet von E. Warming), die Crassula- ceen (S. Schönland), die Cephalotaceen, Saxifragaceen und Cuno- Lieferung der liegt wieder niaceen‘ (A. Engler), die Myrothamnaceen (F. Niedenzu), die Pittosporaceen (F. Pax), die Hamamelidaceen, Bruniaceen und Platanaceen (F. Niedenzü), alles kleine Familien mit Ausnahme der- Saxifragaceen, welche '/, des Umfanges der vorliegenden Abtheilung, im Ganzen 3 Lieferungen (51. 53. und 56 L.) um- fassend, einnehmen. Einschliesslich des Registers beträgt die Seitenzahl der vorliegenden Abtheilung 142; sie enthält nicht weniger als 484 Einzelbilder in 75 Figuren und 1 Tafel, alle maustergiltig. Die Tafel, nach einer photographischen Aufnahme des Reisenden Dr. Warburg, stellt Allingia 'excelsa, den Rasa- malabaum im ‚Bergwald von Java dar. Prof. Dr. H. Ost, Lehrbuch der technischen Chemie. von Robert Oppenheim. Berlin 1890. Die Disposition, nach welcher das vorliegende, empfehlens- werthe Werk den Stoff vorbringt, ist nieht nach einem einzigen Prineip gegliedert, sondern in "geschiekter Weise bald nach der Verwendung des Fabrikates, bald nach gemeinsamen Rohstoffen, bald nach gemeinsamen chemischen vo orgängen; die einzelnen Abschnitte bilden vollständige Gruppen: Verlag Wärmeerzeugung; Brennstoffe. — Kälteerzeugung; Eis- maschinen. — Technologie des Wassers. — Schwefel und Schwefelsäure. — Kochsalz und Soda; Chlor. — Kalisalze. — Alaun und Thonerdeverbindungen; Ultramarin. — Kunstdünger. — Sprengstoffe. — Kalk, Mörtel, Cement. — Glas. — Thonwaaren. — Metallurgie (bearbeitet von Dr. Friedr. Kollbeck). — Trockene Destillation; Leuchtgas; Kokereien; Sthinkehlentheer. A duneniskd: Erdöl; Paraffin; Trockene Destillation des Holzes. — Fette; Seifen‘; Stearinke »rzen. — Kohlenhydrate; Zucker und Stärke. — Gährungs- gewerbe. — Gerberei; -Leim. — Farbstoffe; Färbereien; Bleicherei und Zeugdruck. Eine dem Werk beigegebene schematische Tafel, in der die wichtigeren chemischen Fabrikätionen aufgeführt sind, giebt ein interessantes Bild des Ineinandergreifens und Zusammenhanges der Fabrikationen und Produete. Am Kopf der Tabelle sind Roh- stoffe der anorganischen und organischen Natur, am Fuss der- selben die hauptsächlichsten Endproduete genannt. Die 1. und 2. Horizontalreihe' zeigen die Rohproducte, welche unmittelbar aus den Rohstoffen gewonnen werden und zur weiteren Daı- stellung der Endproducte dienen. Vier derselben, nämlich Koks, Holzkohle, Schwefelsäure und Kalk, bilden wie die Tabelle bequem veranschaulicht — die Grundlage der gesammten chemischen Industrie. Das Werk enthält 205 Abbildungen, 4 Tafeln und umfasst mit dem Register 680 Oktavseiten, ist ‘also weniger umfangreich als das bekannte und, beliebte Wagner’sche :Handbuch der .che- mischen Technologie, ist aber gerade deshalb, weil es nur das Wesentlichere bringt und sich nicht in Einzelheiten verliert, und weil es von neuestem Standpunkte aus bearbeitet ist, für viele Bedürfnisse entschieden vorzuziehen. Für den Studirenden z.B. ist nur ein kürzeres Lehrbuch brauchbar. ) Dr. R. Fischer, Chemie. Fischer's medieinische Buchhandlung (H. Kornfeld.) Berlin NW., 1891. Preis 3 Mk. Von dem von Dr. H. Potonie herausgegebenen naturwissen- schaftlichen Repetitorium ist soeben das Heft IL, Chemie, von Dr. R. Fischer erschienen. Heft I, Physik, konnte besonderer Umstände halber noch nicht ausgegeben werden, ‚soll aber baldigst' nachfolgen. Es ist somit hier bei Gelegenheit: der Be- sprechung des zuerst erschienenen Heftes auch über die Principien, welche den Herausgeber: leiten, das Nöthige zu sagen. ) „Der .schon vor mehreren Jahren erfolgten, später öfter wiederholten Aufforderung-der Verlagsbuchhandlung, Repetitoriem für Studirende der Naturwissenschaften, der Mediein und Pharmaeie herauszugehen — sagt Dr. Potonie in seiner Vorbemerkung folge ich erst jetzt, nachdem .ich mich hinlänglich überzeugt habe, dass damit keineswegs ‚— wie ich zuerst anzunehmen geneigt war — eine blosse ‚Conceurwenzarbeit geschaffen wird. SAGSen: anderen Gründen sind die üblichen Repetitoriensammlungen für den Studirenden, der sich mit mehreren naturwis enschaftliehen Dis- eiplinen beschäftigt, möglichst -unzweckmässig: die Darstellungen der verschiedenen Diseiplinen sind nämlich ohne Rücksicht ‘auf einander abgefasst. Für die "Bearbeitung der einzelnen Gebiete habe ich Kutoren 164 Naturwissenschaftliche Wochenselirift. Nr. 16. gewonnen, (die mir als gewissenhaft und tüchtig genugsam bekannt waren; diese und ich darf hoffen bei der Devise, die uns bei der Arbeit geleitet hat: „Für den Lernenden ist das Beste gerade gut genug“ Erspriessliches und Brauchbares geleistet zu haben. Möchten unsere Bemühungen freundliche und ehrliche Be- urtheilung finden, und möchten sie denen, die sich der Wissen- schaft weihen wollen, leicht und schnell über Klippen hinweg- helfen, die Manchem von uns, deren Studienzeit weiter zurück- liegt, das Leben erschwert haben! Zunächst schliesse ich die Sammlung mit den vier Heften: 1. Physik, 2. Chemie, 3. Botanik, 4. Zoologie; finden sie Anklang, so besteht die Absicht, die Sammlung zu vervollständigen. Es würden dann auch Mineralogie, Geologie, kurz nach und nach alle Hauptgebiete in ähnlicher Weise wie die vier genannten Diseiplinen zur Behandlung gelangen, so dass die Sammlung dann eine bündige gesammt-naturwissenschaftliche Bibliothek bilden würde, deren sämmtliche Bändehen einander angepasst, wohl- geeignet erscheinen würden, die Einheit der Wissenschaft ein- dringlich zu machen.“ ä Dass die vorliegende Fischer’'sche Chemie in der That nicht lediglich dazu bestimmt ist, den zahlreichen Repetitorien der Chemie, die bisher erschienen sind, Coneurrenz zu machen, er- sieht man beim sorgfältigen Durchlesen derselben sehr bald. Es ist dem Verfasser voll und ganz gelungen, denjenigen Anforde- rungen gerecht zu werden, die man an ein derartiges Werk stellt. Eine besondere Geschicklichkeit hat er bewiesen bei der Bearbeitung des allgemeinen Theiles; die Definition von Atom, Molekül, Säure, Basis ete. zeichnen sich durch Kürze und zu gleicher Zeit durch Schärfe aus. Wer wie der Schreiber dieser Zeilen seit Jahren nicht allein speciell Studirende unterrichtet, sondern auch solehe, denen die Chemie Wissenschaft ist, weiss wie schwer es ist, den Anfängern die Grundbegriffe der Chemie beizubringen und in wie wenig chemischen ns gerade diese Grundbegriffe in kurzer und klarer Form dargestellt sind. Was den speeiellen Theil des Buches anbetrifft, so sehen wir, dass der Verfasser stets bestrebt gewesen ist, nur das wichtige hervorzuheben, von den unendlich vielen Verbindungen hat er nur diejenigen näher beschrieben, die von wissenschaftlichem Interesse oder von praktischer Bedeutung sind. Vortheilhaft wäre es gewesen, wenn dem Texte noch mehr skizzirte Zeich- nungen beigefügt worden wären, als es geschehen ist, z.B. beim Eisen eine Skizze des Hochofens, beim Arsen eine des March'- schen Apparates u. 8. w., sie wären ebenso am Platze gewesen wie diejenigen, die sich am Schlusse des Buches befinden und die Apparate zur Ausführung der Elementaranalyse därstellen. Ein kurzer Ueberblick über die qualitative chemische Analyse würde auch sehr wohl in den Rahmen des Repetitoriums passen. Den Studirenden der Pharmacie alg auch denen der Mediein muss das Buch empfohlen werden; nutzbringend wird es sich auch für den Botaniker, den Zoologen und überhaupt für den Naturwissenschaftler erweisen. Der nicht zu hoch bemessene Preis wird auch dazu beitragen, dem Buche eine grössere Ver- breitung zu verschaffen. Dr. P. Fernandez-Krug. Chemisches Laboratorium der Kgl. Bergakademie in Berlin. W. Voigt, Allgemeine Theorie der pi&zo- und pyroelektrischen Erscheinungen an Krystallen. Dieterich’sche Buchhandlung. Göttingen 1890. Die Anschauung wird einer Theorie zu Grunde gelegt, dass die bei der elektrischen Erregung von Krystallen durch äussere Kräfte (Druck) und bei derjenigen durch Temperaturänderungen (Erwärmung) beobachteten Erseheinungen in beiden Fällen durch die Deformation der Volumenelemente direkt bedingt seien, dass also die vielen Analögieen, welche Piözo- und Pyroelektricität darbieten, auf eine gemeinsame Ursache beider Erscheinungen zurückzuführen sind. Die auf Grund der Theorie zu erwartenden Erscheinungen werden mit schon vorliegenden Beobachtungen verglichen. Dann wird auf eine Reihe von Erscheinungen hin- gewiesen, deren Prüfung durch das Experiment noch vorzunehmen ist und die weitere Belege für die Richtigkeit der Theorie geben würden. Der gelehrte Inhalt der Abhandlung eignet sich nicht dazu, hier referiert zu werden. Es muss auf die wichtige Ab- handlung selbst verwiesen werden. Scheibe. Lukjanow, S. M., Grundzüge einer allgemeinen Pathologie der Zelle. 7,50 M. Leipzig. en, F., Ueber einen Satz der höheren Algebra. ‚lO M. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25,000. Nr. 270. Lauenburg i. Pomm. — No. 321. Stolp. — No. 528. Pollnow. No. 602. Treptow a. d. Rega. — No. 687. Stuchow. — No. 688. Greiffenberg i. Pomm. — No. 872. Reinfeld. a 1 M. Berlin. Metnitz, J. R. v., Lehrbuch der Zahnheilkunde für praktische Aerzte und Studirende. 10 M. Wien. Meyer, A., Wissenschaftliche Drogenkunde. Ein illustrirtes Lehrbuch der Pharmokognosie und eine wissenschaftliche An- leitung zur eingehenden botanischen Untersuchung pflanzlicher Drogen für Apotheker, 1. Theil. 12 M. Berlin. Nathusius, W. v., Die Vorgänge der Vererbung bei Hausthieren. 3 M. Berlin. Orth, J., Lehrbuch der speciellen pathologischen Anatomie. 6. Lfg. 3 M. Berlin. Ott, E., Elemente der Mechanik. 2. Aufl. 4 M. Zürich. Paetel, F., Catalog der Conchylien - Sammlung von F. Paetel. 18. (Schluss-)Lfg. 2,70 M. Berlin, Paulsen, F., System der Ethik mit einem Umriss der Staats- und Gesellschaftslehre. 2. Aufl. 11 M., geb. 12,50. Berlin. Pelzeln, A. v., Geschichte der Säugethier- und Vogel-Sammlung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums. 2 M. Wien, Petersen, J., Der Zustand im Erdinnern. 1 M. Hamburg. Pintner, Th., Neue Beiträge zur Kenntniss des Bandwurmkörpers. 4,80 M. Wien. / Rabe, C. Zur Naturgeschichte des Streptococeus der Druse. 2 M. Berlin. Rauscher, J. O, Ritter v., Darstellung der Philosophie. 1. Bd. Theoretische Philosophie. 3,50 M. Saulgau., Schiendl, C., Geschichte der Photographie. 8 M. geb. 10 M. Wien. Schiffner, V., Monographia Hellebororum. Kritische Beschreibung aller bisher bekannt gewordenen Formen der Gattung Helle- borus. 20 M. Leipzig. Schultze, Ucher Zelltheilung. 0,50 M. Würzburg. Schurtz, H., Grundzüge einer Philosophie der Tracht (mit be- Leipzig. sonderer Berücksichtigung der Negertrachten). Stuttgart. 3,60 M. Spezialkarte, topographische, von Mittel- Europa. 1:200,000. No. 172. Anklam. — No. 194. Waren. — No. 222. Zehdenick. — No. 370. Kreuzburg i. Schlesien. — No. 484. Klattau. & IM. Berlin. Strauch, A., Bemerkungen über die Schildkrötensammlung im zoologischen Museum der kaiserl. Akadeınie der Wissenschaften zu St. Petersburg. 7 M. Leipzig. Thonner, F., Anleitung zum Bestimmen der Familien der Phane- rogamen. 2,40 M.. geb. 3 M. Berlin. Weber, H., Elliptische Funetionen und algebraische Zahlen. 15 M. Braunschweig. Weber, L., Ueber das Galilei’sche Prineipr. 2 M. Kiel. Wendt, G., Die Entwicklung der Elemente. 2 M. Berlin. Werigo, B., Effeete der Nervenreizung durch intermittirende Kettenströme. 9 M. Berlin. Winckler, A., Ueber den Multiplieator der Differentialgleichung 1. Ordnung, II. 0,50 M. Leipzig. Wislicenus, W. F., Handbuch der geographischen Ortsbestim- mungen auf Reisen zum Gebrauch für Geographen und Forschungsreisende. 8 M. Leipzig. Wittstein, Th., Lehrbuch der Elementar-Mathemathik. 2. Bd. 2. Abthl. Stereometrie. 8. Aufl. 2,10 M. Hannover. —..— fünfstellige logarithmisch-trigonometrische Tafeln. 2 M. Ebd. 14. Aufl. Briefkasten. Herrn Prof. P. — Eine Preisaufgabe betr. das Gesetz der Primzahlen ist von der Pariser Akademie gestellt. Grand prix des sciences mathematiques. 3000 Fs. Termin 1892 Juni 1. Verlangt: Bestimmung der Anzahl der Primzahlen, die kleiner | sind, als eine vorgegebene Zahl. Inhalt: Dr. Richard Fischer: Altes und neues aus der Chemie. — Dr. P. Andries: Ein neues Elektrometer zur Voraus- bestimmung des Wetters. — Studien über den gerichtlich-ehemischen Nachweis von Blut. — Weitere Untersuchungen über heliotropische Krümmung bei Thieren. — Die Vorräthe an Regenwürmern und anderen Erdbewohnern, die Maulwürfe an- legen. — Neues Wasserbad. Jupiter. — Litteratur: A. Engler und K. 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Wenn die Wasser der Oceane in ihren täglichen Bewegungen, in dem steten Wechsel von Ebbe und Fluth, an unseren Küsten dahinrollen, so leisten sie eine Arbeit, verbrauchen einen bestimmten Betrag von Energie. Wenn nun auch hauptsächlich der Mond es ist, der die Gezeiten verursacht, so ist doch nicht etwa in der anziehenden Kraft desselben die Quelle zu suchen, aus der jene die Energie schöpfen, deren sie zu ihrer Arbeit bedürfen. Lange war man im Unklaren darüber, wo sieh jene Quelle wohl finden möge. Nun aber haben neuere mathematische Untersuchungen die Schwierig- keiten behoben, welche sich unserer Erkenntniss auf diesem Gebiete entgegenstellten, und es steht heute fest, dass aus der Drehung der Erde um ihre Axe der grosse Energievorrath erwächst, aus dem die Gezeiten unab- lässig schöpfen. Aber so gross jener Vorrath auch ist, er ist immer doch nur begrenzt und endlich; und jeder Einzelbetrag an Energie, den die Gezeiten ihm entnehmen, ist unwiederbringlich verloren für ihn und wird nicht wieder ersetzt. Aus dieser Thatsache wird aber die sehr bemerkenswerthe Folgerung zu ziehen sein, dass die Ge- schwindigkeit, mit der die Erde sich um ihre Axe dreht, zwar langsam aber sicher und stetig abnehmen muss; so dass also in der That die grossen Flutwellen als eine Art von Hemmschuh an der Axendrehung der Erde an- zusehen sind. Die Folge dieser so verursachten Ab- nahme der Drehungsgeschwindigkeit ist natürlich die Zu- nahme der Tageslänge. *) Sir Robert S. Ball, Royal Astronomer of Ireland, Dun- sink Observatory, Co. Dublin, ist zu unserer Freude in den Kreis der Mitarbeiter der „Naturw, Wochenschr.“ eingetreten und hat die Güte gehabt, uns zunächst ein Manuskript „The Tides*“ zu senden, dessen genaue Uebersetzung hiermit den Lesern vorgelegt wird. Grs. Weiteste Ausblicke in die entferntesten Zeiten der Erdgeschiehte werden uns so durch die Betrachtung von Ebbe und Fluth eröffnet. ‚Denn das muss festgehalten werden, dass die vorhin angedeuteten Aenderungen nur ganz ausserordentlich geringe Beträge erlangen, wenn wir nur mässige Zeiträume in’s Auge fassen. Kein Zweifel, dass die Länge des Tages vor einem Jahr- tausend um ein Weniges kürzer gewesen ist als zur Jetztzeit, aber dieses Wenige war nur ein ausser- ordentlich kleiner Bruchtheil einer Sekunde, so dass es auch verfeinerten Wahrnehmungsmitteln sich entziehen muss. Die Wichtigkeit der modernen Lehre von der Be- deutung der Gezeiten*) für die Geschichte unseres Pla- neten beruht darauf, dass die durch die Gezeiten hervor- gerufene Aenderung in der Tageslänge stets in der gleichen Riehtung vor sich geht. Wir haben es hier nieht mit einer periodischen Erscheinung (wenn auch von noch so grosser Periode) zu thun, wie bei so manch’ anderen Bewegungen, die wir in der Astronomie zu be- rücksichtigen haben (wie z. B. die Präcession der Aequi- noctien und die Aenderung der Excentrieität der Erdbahn), und die nach einem lang ausgedehnten Vorschreiten in einer Richtung, in einem bestimmten Zeitpunkte sich umkehren und zuletzt zum Ausgangswerthe der betreffenden Grösse zurückführen. Die ausserordentliche Bedeutung der „tidal evolution“ entspringt aus dem Umstande, dass die Wir- kungen der Gezeiten zwar langsame und kleine sind, dass sie sich aber ohne Unterlass summiren, anhäufen, und so zuletzt verhältnissmässig ungeheuere Proportionen an- nehmen können und müssen. Die Geologie zeigt uns, dass wir alle die einzelnen Phasen der Entwicklungs- *) Die englischen Gelehrten, welche sich mit dem Geeen- stand beschäftigen, haben für jene Lehre den Ausdruck „doctrine of tidal evolution“ eingeführt, der sich im Deutschen leider nicht in gleicher Kürze wiedergeben lässt. 166 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 17. geschichte der Erde nach Jahrmillionen abschätzen müssen. Und in diesen ungeheuren Zeiträumen war die Thätig- keit der Ebbe und Fluth sehr wohl fähig, aus kleinen öinzelwirkungen mächtige Gesammteffeete zusammen- zusetzen. Die Länge des Tages vor einer Million von Jahren ist ganz sicher merkbar geringer gewesen als heute. Es gab eine Zeit, da die Erde ihre volle Drehung um die Axe in 23 Stunden ausführte, statt wie heute in 24 Stunden. Und wenn wir unseren geistigen Blick noch weiter in die graue Vorzeit zurückschweifen lassen, so finden wir, wie die Länge des Tages immer kürzer ist, je weiter wir in die Vergangenheit eintreten. Es gab eine Zeit, da der Tag nur 20, noch früher eine, in der er nur 12 Stunden währte; und in dieser Folge rückschauender Betrachtungen der Erdgeschiehte kommen wir zu einer kritischen Zeit, da die Erde in etwa fünf bis sechs Stunden ihre Axendrehung vollendete. Und das ist die Zeit, wo die unter dem Einfluss der Gezeiten sich vollziehende Entwicklung (die „tidal evolution“) be- gann. Wenn es so in letzter Linie der Einfluss des Mon- des ist, der die Drehgeschwindigkeit der Erde auf ein Drittel oder ein Viertel des anfänglichen Werthes zurück- gebracht hat, so ist es offenbar, dass seine Wirkung von einer entsprechenden Gegenwirkung begleitet gewesen sein muss. Die Form, welche jene Gegenwirkung an- nimmt, ist eine sehr bedeutsame. Sie äussert sich in dem Bestreben, den Mond immer weiter von der Erde zu entfernen. So haben wir denn diese beiden Erschei- nungen nothwendig und unlösbar mit einander verbun- den: das Bestreben des Mondes seinen mittleren Abstand von der Erde zu vergrössern und die Verlängerung der Tagesdauer. Und lassen wir wieder den Blick zurückschweifen in eine ferne Vergangenheit, so finden. wir eine Zeit, wo der Mond der Erde etwa um ein Sechstel seiner heutigen Entfernung näher war; und je weiter wir zurückgehen, desto näher bei einander finden wir Erde und Mond, bis wir zuletzt einen Zustand erblieken, in dem ein voll- ständiges Aneinandersein, ein Berühren beider Himmels- körper stattfindet. Ich kann an dieser Stelle naturgemäss nicht auf eine mathematische Behandlung des Gegen- standes eintreten, sondern ich muss mich darauf be- schränken, als ein Ergebniss jener hervorzuheben, dass zu jener kritischen Zeit, in der die Dauer der Erddrehung etwa fünf bis sechs Stunden betrug, der Mond der Erde berührungsnahe war und seinen Umlauf um jene in einem Zeitraume vollendete, der mit der Dauer der Erddrehung vollkommen zusammenfiel. Es ist nun die kühne Vermuthung aufgestellt worden, dass der Mond nur ein Stück von der Erde selbst sei. In jener kritischen Zeit, von der ich eben sprach, waren beide Körper glühende Massen, die der festen Erde und dem Monde unserer Tage sehr unähnlich waren. Wir dürfen wohl annehmen, dass, als die Erde in jener Zeit mit mächtiger Geschwindigkeit sich um ihre Axe drehte, ihre Geschwindigkeit dem kritischen Werthe gefährlich nahe war, bei dessen Eintritt die Erde nicht länger als ein untheilbares, selbständiges Ganze hätte bestehen können. Und wenn dann wirklich ein Riss entstand und ein kleiner Theil von der Erdkugel sich loslöste, dann mussten die Theilchen der so entstandenen beiden neuen Körper, unter dem Einfluss ihrer eigenen gegenseitigen Anziehung, sich so zusammenlagern, dass die neuen Körper auch wieder kugelförmige Gestalten annahmen, und so allerdings ein System entstand, das dem System Erde-Mond gleicht. Sind wir bisher durch Betrachtung der Gezeiten- wirkungen in weite Vergangenheiten der Erde und des Systems Erde-Mond zurückgeführt worden, so können wir von demselben Standpunkte aus in die Zukunft jenes Systems voranschauen, solange es als System bestehen wird. Die Länge des Tages wird, wie wir sahen, immer mehr und mehr zunehmen, und der Mond wird immer weiter von der Erde zurückweichen. Aber weit in der fernsten Zukunft ist der Zustand vorbehalten, dem unser System als einem in gewissem Sinne abschliessenden sich immer mehr zu nähern strebt. Denn in’s Unendliche kann der Mond nicht zurückweichen, und die Erde kann ihre Drehgeschwindigkeit nieht bis Null verringern, also aufhören zu rotiren. Es giebt Grenzen, über die hinaus Jene Veränderungen nicht anwachsen können. Aus der Theorie sehen wir, dass der Tag nach und nach immer länger werden wird, bis er die Länge von siebenundfünzig unserer jetzigen Tage erreicht hat. Und der Mond wird langsam immer weiter zurückweichen, bis er einen mittleren Abstand von der Erde erreicht hat, dem eine Umlaufszeit von ebenfalls siebenundfünzig Tagen entspricht, sodass also Tag und Monat am Ende der Entwicklung wieder einander gleich sein werden, so wie sie es am Anfang derselben waren. Wenn jener Zustand erreicht ist, dann wird nicht Ebbe noch Flut sein, die Kraft wird ruhen, die alle jene Aenderungen gezeitigt hat; und es könnte scheinen, dass der so erreichte Zustand des Systems Erde-Mond dann auch ein dauernder, bleibender sein werde. Aber es muss nicht vergessen werden, dass auch in der Sonne eine flutherzeugende Kraft sich findet, deren Einfluss die Drehgeschwindigkeit der Erde noch bis zu einer bestimmten Grenze hinabdrücken wird, sodass dann endlich und end- siltig ein Zustand sich herausbilden wird, in dem der Tag länger ist als der Monat. Altes und neues aus der Chemie. Von Dr. Richard Fischer. (Schluss.) Bei den im vorigen Artikel gekennzeichneten neuesten Zielen der Chemie wollen wir kurze Zeit verweilen. Die Zusammensetzung einer chemischen Verbindung wird uns durch ihre auf analytischem Wege ermittelte Formel angegeben. Die empirische Formel — das ist diejenige, die uns die in der Verbindung enthaltenen Atome kurz summarisch angiebt — hat sich unzureichend erwiesen, weil sie über die näheren Beziehungen der die Verbindung zusammensetzenden Atome keine Andeutung gebend, einen tieferen Einblick in die Zusammensetzung der Körper nicht bot. Ausserdem, und dies dürfte wohl mit einer der Hauptgründe sein, kennt man in der organi- schen Chemie eine ganze Menge von Verbindungen, die alle ein und dieselbe empirische Formel aufweisen, dabei aber in ihrem chemischen und physikalischen Verhalten total verschieden sind. So gilt beispielsweise die em- pirische Formel C,H,0 nicht allein für das Aceton, sondern auch für den Propionaldehyd und den Allyl- alkohol. Diese Eigenschaft der chemischen Verbin- dungen, bei einer und derselben chemischen Zusammen- Nr. 17. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 167 setzung verschiedene chemische und physikalische Eigen- schaften zu haben, nennt man, wie bekannt, Isomerie. Man kam daher nach langem Irren und Suchen durch die aus der Liebig’schen Radicaltheorie sich entwickeln- den rationellen oder Constitutionsformeln auf die Structur- formeln. Die empirische Formel des Propans C,H, ent- spricht z. B. folgender Structurformel: Hu HucH birubamel H=6-0-0=H au] EIN EINE Auf Grund dieser Formel lassen sich die oben an- geführten, nach der empirischen Formel C,H,O nicht zu unterscheidenden Körper wohl charakterisiren: HH Hr OH Ist 1alı JB ae Kal snläng) H—C—-C—C—=0; H—C—-C—-C—-H; C=C—C—0OH Ira | | | | EIER H H H H Propionaldehyd Aceton Allylalkohol Aber auch die Structurformel zeigte sich nicht aus- reichend um eine grosse Zahl isomerer Fälle (erschöpfend) zu erklären, wie sich dies beispielsweise bei der Milch- säure und ihren Isomerien zeigt. Durch diesen und zahlreiche ähnliche Fälle wurde der Chemiker darauf hingedrängt auch die räumliche Lagerung der Atome in den Bereich seiner Untersuchungen zu ziehen und die ersten diesbezüglichen Betrachtungen wurden von dem Holländer van’t Hoff und dem französischen Forscher Le Bell der Oeffentlichkeit übergeben. Ganz besonders war es des ersteren Werk „la chimie dans l’espace“, das der neuen Anschauungsweise die wohlverdiente Aufmerksamkeit einbrachte. Heute nimmt dieses Gebiet bereits ein breites Feld der chemischen Wissenschaft ein und wir wollen die Grundgesetze, auf die sich die Stereo- chemie, — dies ist der offieielle wissenschaftliche Name des neuen Forschungsgebietes, — stützt, kurz rekapi- tuliren. Nach van’t Hoff und Le Bell ist das Kohlenstoffatom als Tetraöder anzusehen und zwar so, dass sich die 4 Valenzen des Kohlenstoffs nach vier symmetrischen Richtungen in den Raum erstrecken. Denn denkt man sich das Kohlenstoffatom mit seinen Valenzen so geschrieben, wie es bei der Structurformel nöthig ist — C—, so müsste es eigentlich 2 Chlormethylene geben, nämlich eines, wo die Chloratome benachbart sind und eines, wo sie durch ein Wasserstoffatom getrennt sind: Cl H | | CC Hr und CI Ce | | H H Eine solehe Isomerie ist nieht bekannt; sie ist aber, wenn wir uns die Valenzen des Kohlenstoffs tetra@drisch angeordnet denken auch unmöglich, da in diesem Falle die beiden Chloratome, wie wir sie auch stellen mögen, in derselben Stellung zu einander stehen. Man denke sich das Kohlenstoffatom in der Mitte eines Tetraöders befindlich und von hier aus seine 4 Werthigkeiten (Va- lenzen) nach den Ecken des Tetraöders sich erstrecken. In der Ebene lässt sich dies nur schwer veranschaulichen; die stereochemische Formel des Chlormethylens würde beispielsweise die folgende sein: Verbindet man die Chlor- und Wasserstoffatome ver- suchsweise durch gerade Linien, so erhält man die Tetraöderform mit dem in Mitte stehenden Kohlenstoffatom. Die räumliche, tetra&drische Vorstellung vom Kohlen- stoffatom mit seinen 4 Valenzen führt bei der Verkettung mehrerer Kohlenstoffatome selbstverständlich- zu ganz anderen Betrachtungen als wie sie durch die Struetur- formel veranlasst wurden. Während wir z. B. die Kohlen- stoffatome des Propans in gerader Linie aneinander ge- EISSESSEN (ale HC EM) | HEH lichen Vorstellung nicht möglich; sie liegen vielmehr jetzt in den Eeken eines Dreiecks, dessen Winkel be- stimmt sind durch denjenigen, unter welchen die Va- lenzenriehtungen des Kohlenstoffs einander schneiden. Es lässt sich dies auf dem Papier unmöglich veranschau- lichen; an der Hand entsprechender, leicht selbst zu fertigender Modelle lässt sich diese Sachlage jedoch leicht klar machen. Spinnt man diesen Gedanken der räumlichen Verkettung mehrerer Kohlenstoffatome fort, so liegt, worauf Bayer zuerst hindeutete, die Zurück- führung der „Ringschliessung“ auf ihre stereochemischen Ursachen sehr nahe und hiermit ist die Möglichkeit ge- geben über die wirkliche körperliche Gestalt des Benzol- Moleküls, der Laktone und zahlreicher anderer schlossener“ Moleküle weitere werthvolle Daten zu gewinnen. Die Stereochemie hat sich nun noch eines zweiten und sehr wunden Punktes der organischen Chemie mit Vortheil bemächtigt, nämlich der optischen Activität. Van’t Hoff und Le Bell wiesen darauf hin, dass Ver- bindungen, welche ein „assymmetrisches“ Kohlenstoffatom enthalten, einerseits der räumlichen Isomerie, andererseits der optischen Activität fähig sind. Unter einem assymme- trischen Kohlenstoffatom versteht man bekanntlich ein solches, dessen 4 Valenzen an 4 verschiedene Gruppen gebunden sind, wie dies die folgende stereochemische Formel der Milehsäure zeigt: H CH, 20 OH | COOH Hiervon kennt man 2 Modifieationen, die sich ver- halten wie ein Gegenstand zu seinem Spiegelbild. Nun sind aber auch eine ganze Reihe von Körpern bekannt, die wohl ein assymmetrisches Kohlenstoffatom besitzen und dennoch optisch inactiv sind. Auch diesen Körpern gegenüber erhielt van’t Hoff seine oben auf- gestellte Behauptung aufrecht, indem er die Inactivität dieser Verbindungen damit begründete, dass sie Mischungen von 2 Isomerien seien, von denen die eine rechts, die andere ebenso weit nach links drehe. Wenn man nun im Stande sei, eine dieser optischen Wirkungen aufzu- heben, so müsse der betreffende Körper aus dem in- kettet sehen ıst dies bei der räum- oe- „ge 168 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nero activen Zustand in den optisch activen übergehen. — Dies bewies dann Le Bell thatsächlich und glänzend an dem bisher als völlig inaetiv angesehenen Propylenglycol. CH;\_ HO—_\g__—-C00H | H Als man nämlich Schimmeleulturen (Mikroorganismen) auf einem Präparat von Propylenglycol entwickelte, wurde derselbe optisch activ. Die auf chemischem Wege nicht zu bewirkende Spaltung gelang also auf physiolo- gischem Wege. Die Mikroorganismen machen somit einen Theil der beiden sich ausgleichenden links- und rechtsdrehenden Moleküle unwirksam (ob sie denselben verspeisen, ist leider nicht festzustellen), wodurch die Inactivität in optische Activität übergeht. Diese Spal- tungen vermittelst Pilzwucherungen sind nun bei ver- schiedenen bisher optisch inactiven Körpern gelungen. Eine weitere Ausdehnung erhielt die Structurchemie durch die beiden folgenden Thesen van’t Hoff’s: erstens, dass zwei einfach gebundene Kohlenstoffatome frei um eine Axe rotiren, welche in der Richtung der verbinden- den Valenz liegt, — und zweitens, dass diese Rotation durch doppelte und dreifache Bindung aufhören muss. Man sieht dies leicht ein, wenn man 2 aus Holzstäbehen gefertigte, räumliche Formelmodelle mit einander com- binirt; sowie dann 2 oder 3 Valenzen des einen Theils mit 2 oder 3 Valenzen des anderen Theils verbunden sind, ist eine freie Rotation ausgeschlossen. Die Annahme der freien Rotation einfach verbun- dener Kohlenstoffatome führt natürlich zu einer Reihe weiterer Speculationen. So muss z. B. die Entfernung der mit dem Kohlen- stoff verbundenen Atome abhängig sein von der im ge- gebenen Augenblicke herrschenden stereochemischen „Configuration“. So können wir uns vom Dichloräthan folgende beiden Configurationen denken: H | H\ | „Aa 10! ‘0’ GC | und | ‚C | H Einmal stehen die beiden Cl- Atome direet über- einander, das andere Mal stehen sie in derselben Rich- tung mit H-Atomen. Da nun der Wasserstoff eine An- ziehung auf das Chlor ausübt, so wird das ganze Molekül stabiler sein, wenn der Wasserstoff in der Nähe vom Chlor steht. Dies nennt man dann eine „begünstigte Configuration“, während der erste Fall, wo gleiches über gleichem steht, eine „unbegünstigte Configuration“ ist. Hieraus ist zu folgern, dass die Körper mit unbegünstigter Configuration überhaupt nicht beständig sind oder Nei- gung zeigen in die begünstigte Configuration überzugehen. Körper können jedoch auch in der weniger begünstigten Lage dauernd gehalten werden, wenn die freie Rotation durch Ringschliessung aufgehoben ist, wie es die fol- gende Formel des Bernsteinsäureanhydrids zeigt: H H\ | ,c0 | C H/TNcO | H Hiermit wollen wir dieses Gebiet verlassen*) mit dem Hinweis auf den in diesen Blättern erschienenen Be- richt über die Naturforscherversammlung in Bremen **), der weiteren Einblick liefert in die theoretische Entwick- lung der wissenschaftlichen Chemie neuester Zeit. Mit den wissenschaftlichen Zielen der Chemie wuchsen Hand in Hand die technischen. Die chemische Industrie ist Grossindustrie wie keine andre geworden; was die ehemischen Forscher geheimnissvoll im Laboratorium er- gründeten, hat sie mit Ernst ergriffen, mit Raffinirtheit aus- gebeutet und auf die Bedürfnisse aller Gewerbe übertragen. Welch gewaltigen Umfang allein hat die Theer- farbenfabrikation angenommen! Wer konnte ahnen, dass die Kohle, der man nicht mehr als Heizzwecke zutraute, eine unerschöpfliche Schatzkammer werden würde für die prächtigsten Farbstoffe, die an Zahl und Schönheit die natürliche Pracht aller Blumenfarben übertreffen ? Bei der Farbe ist’s nicht geblieben, auch die herrlichsten Düfte entzieht man dem sonst nicht gerade angenehm duftenden Steinkohlentheer in grosser Menge, wie grosse, aromatische Riechstoffe herstellende Fabriken zeigen. Aber noch nicht genug hiermit hat der Steinkohlentheer auch den Arzneimittelschatz in werthvollster Weise be- reichert. Hier sei nur hingewiesen auf das dem Fiebern- den Linderung verschaffende Antipyrin (salzsaures Dimethyloxychinizin). Schliesslich dürfen wir auch das aus derselben Quelle kommende Saecharin (Benzoösäure- sulfinid) nicht vergessen, über dessen „grosse Zukunft“ die Meinungen noch auseinander gehen. In ebenso grossartiger Blüthe wie die Theer- farbenindustrie steht die Eisen- und Stahlgewinnung. Dureh einen Gehalt von Phosphor wird das Eisen zu fast allen technischen Zwecken unbrauchbar, da es in diesem Falle spröde und somit nicht verarbeitungsfähig ist. Die vorzüglich gelungene Entphosphorung des Eisens durch Ausfüttern der Schmelztiegel, — der Bessemer Birnen, — mit basischem Material (Dolomit und gebrannter Kalk) ist eine der grossartigsten Anwendungen chemischer Reaktionen auf den Grossbetrieb. Das Eisen geht fast phosphorfrei aus diesem Process hervor, während der das Eisen vordem entwerthende Phosphor nun in Gestalt von geschätzter Thomas-Schlacke (phosphorsaurer Kalk) dem Ackerbau vortreffliche Dienste leistet. Wenn ein bedeutender Chemiker von diesem Process sagt, er ver- wandele Steine in Brod, so hat er sicherlich nicht unrecht. Brod soll nun in Zukunft noch auf eine andere Weise bereitet werden als wir es bisher gewöhnt waren. Von der chemischen Wissenschaft verlangt man, dass sie die Holzfaser zu einer Quelle menschlicher Nahrung mache. Die Wälder mit ihren Hölzern sollen den Nähr- stoff der Zukunft liefern! Wenn auch der Laie hierbei ungläubig den Kopf schüttelt und an der Zurechnungs- fähigkeit eines derartig Spekulirenden zu zweifeln be- ginnt, so kann der Chemiker die Möglichkeit einer solchen Umwandlung wohl anerkennen, da für ihn die Holzfaser, die Cellulose, und das Stärkemehl in Betreff ihrer chemischen Zusammensetzung identisch sind. Wird die Frage — die Verwandlung von Holz in Stärke — ge- löst, dann freilich dürfte der Kampf um’s Dasein sein Ende erreicht haben und das schon so lange in Aussicht gestellte goldene Zeitalter der Glückseligkeit dürfte an- gebrochen sein. Bis dahin aber werden wir noch ge- duldig in dem Zeitalter weilen, das von Anbeginn an im Kampf und Wechsel der Dinge sich stets gleich blieb. *) Interessenten sei ausser van’t Hoft’s „la chimie dans lespace“ empfohlen: „Ergebnisse und Ziele der stereochemischen Forschung“ von Dr. Victor Meyer und die „Entwicklung der Stereochemie“ von Dr. K. Auwers. **) „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V S. 414 ff. Nr. 17. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 169 Rassenmischung im Judenthum. — Das neueste Heft der Virehow - Holtzendorff’schen Sammlung gemein- verständlicher wissenschaftlicher Vorträge bringt einen Aufsatz von Dr. Moritz Alsberg (Kassel) über Rassen- mischung im Judenthum, welcher einen neuen wichtigen Gesichtspunkt in die Anthropologie der jüdischen Rasse bringt. Bisher war die Reinheit derselben ein fast un- bestrittenes Dogma; nicht nur in Laienkreisen, sondern auch unter den Anthropologen war die Ansicht ziemlich allgemein verbreitet, dass die Kinder Israels den von ihnen vertretenen semitischen Typus von Vermischungen mit anderen Volkselementen frei erhalten und dass die- selben vermöge der Jahrtausende hindurch fortgesetzten Isolirung und Abgeschlossenheit diese Stammesreinheit bis auf den heutigen Tag bewahrt haben. Diese her- gebrachte Vorstellung erschüttert nun Alsberg auf Grund neuerer Forschungen englischer Anthropologen, die zu dem Schlusse drängen, dass schon vor Jahrtausen- den in Palästina und Vorderasien eine starke Vermischung des jüdischen Stammes mit einem indogermanischen Volke und wahrscheinlich auch mit Angehörigen der mongolischen Rasse stattgefunden hat. Für diese Annahme führt Alsberg eine Reihe von Momenten an, die hier im Wesentlichen kurz wiedergegeben seien. Die Hauptbeweiskraft kommt den ethnologischen Untersuchungen der altägyptischen Denkmäler durch die Engländer Osburne und Flinders Petrie zu. Sie wiesen u. A. auf die Thatsache hin, dass auf den Abbildungen der Tempel- und Gräberbauten aus der Zeit Ranıses II, die zu Abu Simbel erhalten sind, die Schasu von Kanana (Kanaan) sowie die Amaur (die Amoriten des alten Testaments) mit weisser Haut, blauen Augen, röthlich blondem Bart- und Haupthaar und ebensogefärbten Augen- brauen dargestellt sind. Da dies die kennzeichnenden Eigenthümlichkeiten des germanischen Zweiges der grossen arischen Völkerfamilie sind, so unterliegt es danach keinem Zweifel, dass bereits im 14. Jahrhundert vor Beginn unserer Zeitrechnung in Palästina eine Be- völkerung von indogermanischer Abkunft gelebt hat. Die Denkmäler und Aufzeichnungen Altägyptens lehren ferner, dass diese weisse, von der semitischen Bevölkerung des heiligen Landes sich wesentlich unterscheidende Rasse auch nach der Eroberung Palästinas daselbst weiter existirte. Die Beweise dafür sind im Alsberg’s Schrift nachzulesen. Reste dieser blonden Bevölkerung sind noch heute in einigen Gegenden Palästinas anzu- treffen. Diese weisse Rasse des alten Palästina war offenbar stammverwandt der ehedem in Nordafrika weit- verbreiteten weissen Bevölkerung, als deren Ueberreste die heutigen Kabylenstämme Algeriens zu betrachten sind, von welcher wahrscheinlich auch die Guanchen sich abgezweigt haben, die ausgestorbene weisse Be- völkerung der kanarischen Inseln, welche gegenwärtig auf denselben nur noch vermischt mit anderen Volks- elementen vorkommt. All diese verwandtschaftlichen Beziehungen werden neben anderen Beweisen auch durch die auffallende Uebereinstimmung in Bau und Einrichtung der Grabdenkmäler bewiesen. Auf den altegyptischen Wandgemälden sind ferner nach Flinders Petrie's Beobachtungen die Kheta, welche nach allgemeiner Annahme identisch mit den Hittitern der Bibel sind, mit gelbbrauner Hautfarbe, dunklen Augen und schwarzem oder dunkelbraunem Haupthaar dargestellt. ' Die zu Medinet-Habu sich findende Darstellung eines von Ramses III. zum Gefangenen gemachten Hittiter-Fürsten, ebenso wie zwei zu Tel el Yehudi unweit Heliopolis auf- gefundene, gegenwärtig im Britischen Museum zu London aufbewahrte Reliefplatten, welche Fürst und Fürstin der Hittiter zur Darstellung bringen, zeigen eine unverkenn- bare Annäherung an den mongolischen Typus, die sich insbesondere durch die Breite und das Hervortreten der dem Oberkiefer und den Wangenbeinen entsprechenden Gesichtspartie zu erkennen giebt. Auch auf eine Reihe anderer Momente lässt sich noch der Schluss stützen, dass die Hittiter derjenige Theil der Bevölkerung Palästinas waren, welcher dem Mongolenstamme angehörte und sich wahrscheinlich mit anderen Rassenelementen, amonitischen und semitischen, gemischt hat. Aus den dargethanen Beweisstücken ergiebt sich, dass die Juden eine bunt zusammengewürfelte Völkerrasse sind, in der neben dem vorwiegenden semitischen Ele- ment das indogermanische und wahrscheinlich auch das mongolische vertreten ist. Auf diese Weise erklärt sich auch das oft bewunderte Vorkommen blonder und blau- äugiger Juden in allen Gegenden der Welt, deren Zahl in Deutschland nach Virchows statistischen Erhebungen 11,2 vom Hundert bei Schulkindern beträgt. Dass dieses Verhältniss nieht auf in neuerer Zeit stattgefundene ge- schleehtliche Vermischungen zurückzuführen ist, ist aus dem Umstand zu schliessen, dass die Juden gerade seit dem Beginn der christlichen Aera unter den Völkern Europas eine isolirte Stellung eingenommen haben und die Zahl der Mischehen überhaupt erst in den letzten Jahrzehnten eine solche ist, dass sie statistisch in Betracht zu ziehen wäre. Bei der Annahme einer verschiedenen Rassenmischung unter den Juden verschiedener Gebiete erklärt sich auch die verschiedene Sehädelform bei den Juden, die bald eine langköpfige, bald eine kurzköpfige ist, ebenso auffallende Verschiedenheiten in der Körper- grösse- und Gestalt, Gesichtsbildung u. s. w. Wenn danach gewisse körperliche Eigenthümlichkeiten der Juden als bedingt durch die Rassenmischung, wie sie nachweislich schon vor Jahrtausenden in Palästina und Vorderasien stattgefunden hat, zu betrachten sind, so schreibt Alsberg im Gegensatz dazu eine Reihe anderer Eigenthümlichkeiten, die uns bei den heutigen Juden auffallen, überhaupt nicht einem Rassencharakter zu, son- dern dem Einfluss der sozialen Verhältnisse der ‚Juden, der isolirten Stellung unter den Völkern, die sie Jahr- hunderte lang eingenommen haben: der Gesichtsausdruck, die kümmerliche Entwickelung des Brustkorbes, die lange Lebensdauer, die grössere Kinderzahl, die Häufigkeit von Geisteskrankheiten und sonstigen körperlichen Gebrechen, die auf das Heirathen in der Verwandtschaft zurückzu- führen sind. Schliesslich glaubt Alsberg auch, dass die Vermischung des semitischen mit dem indogermanischen Elemente auch auf die Sitten der Juden einen gewissen Einfluss ausgeübt hat, z. B. an die Stelle der ursprüng- lichen Vielweiberei die Einehe gesetzt hat. Dem indo- germanischen Volkselement verdankt das Judenthum die Sittenreinheit, welche die Israeliten sehon im Alterthum vor ihren semitischen Stammverwandten auszeichnete. Soweit Alsberg. Ueberblieken wir das gesammte von ihm zur Stütze seiner Hypothese zusammengetragene Material, so hat er derselben zwar einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit verschafft, sie indess nicht zu einer Thatsache erhoben, die über jede Kritik erhaben wäre. Vielleicht werden die Ergebnisse weiterer Nachforschungen diese Lücke ausfüllen können. Uns will es scheinen, als ob, wenn wirklich eine Vermischung anderer Volks- elemente mit dem semitischen stattgefunden hat, daraus eine weit häufigere und stärkere Differenzirung hätte resultiren müssen, als sie thatsächlich - vorhanden ist. Alsberg ist vor Allem den strikten Nachweis dafür schuldig geblieben, dass das Auftreten indogermanischer Rassen- charactere unter den Juden nicht ein Product der Neu- zeit ist, sei es nun der währenddes stattgehabten ehe- 170 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 17. liehen Vermischungen oder der socialen Verhältnisse unter den Juden, die in der Neuzeit gerade sich wesentlich geändert haben und einen deutlich erkennbaren Einfluss in mancher Hinsicht ausgeübt haben. Jedenfalls ist uns ein soleher Einfluss der Neuzeit wahrscheinlicher als der von Alsberg angenommene Einfluss der früher isolirten Stellung der Juden unter den Völkern Europas, von der man eher eine conservirende als eine abändernde Wirkung erwarten sollte. Jedenfalls hat Alsberg der anthropologischen Forschung eine neue Frage aufge- worfen, deren Lösung auch weitere Kreise mit hohem Interesse verfolgen werden. Dr. med. A. Wanderungen der Lemminge in Nord-Amerika. — Ueber die Wanderungen der norwegischen Lemminge giebt es zahlreiche Berichte; auch über die Wanderungen der sibirischen Lemminge (Myodes obensis und M. tor- quatus) liegen manche Beobachtungen vor; dagegen ist in der europäischen Litteratur über die Wanderungen der nordamerikanischen Lemminge*), soviel ieh weiss, bisher wenig bekannt. Um so interessanter erscheinen die An- gaben, welche Dr. Rae kürzlich in dem Journal of the Linnean Society, Bd. 20, Zoology, S. 143 f. veröffentlicht hat. Ich erlaube mir, dieselben hier in deutscher Ueber- setzung mitzutheilen: „Als wir im Juni des Jahres 1851 südlich von der Küste des Eismeeres am Westufer des Kupferminen-Flusses und nördlich vom Polarkreise reisten, trafen wir Tausende von Lemmingen, welche nordwärts eilten, und da das Eis auf manchem der kleineren Flüsse aufgebrochen war, so war es unterhaltend, diese kleinen Geschöpfe vorwärts und rückwärts am Ufer hin und her rennen zu sehen, indem sie eine glatte Stelle mit sanfter Strömung suchten, um daselbst hinüberzuschwimmen. Nachdem sie eine solche gefunden hatten, sprangen sie hinein, schwammen sehr schnell, schüttelten sich beim Erreichen des andern Ufers, wie ein Hund es thun würde, und setzten ihre Reise fort, als ob nichts passirt wäre. In jener Jahres- zeit stand die Sonne volle 24 Stunden über dem Horizont, und wir reisten bei Nacht, um die Schneeblindheit zu vermeiden, indem dann die Sonne in unserem Rücken stand. Da die Lemminge bei Nacht zu wandern schienen, so würden wir sie nicht gesehen haben, wenn wir bei Tage gereist wären; denn dann verbargen sie sich unter Schnee und Steinen.“ „Der Mann, weleher unsere Kochutensilien und un- seren geringen Vorrath von Nahrungsmitteln trug, war beim Uebersetzen über einen Fluss durch die Strömung in ein tiefes Loch fortgerissen, wobei seine ganze Ladung verloren ging, und so mussten wir für 1—2 Tage haupt- sächlich von Lemmingen leben, welche zwischen dünnen Platten von Kalksteinen gebraten wurden. Wir fanden sie sehr fett und wohlschmeekend. Unsere Hunde tödteten mit Leichtigkeit so viel, als sie nöthig hatten“. „Gelegent- lich werden zahlreiche Lemminge an den Küsten der James Bay ertrunken gefunden; aber da man sie ge- wöhnlich nach einer sehr hohen Fluth sieht, so ist es ungewiss, ob sie auf der Wanderung begriffen waren, oder einfach auf ihren heimathlichen Wohnplätzen durch die Springfluth überrascht wurden. Sobald der Schnee in irgend ansehnlicher Tiefe fällt, verlässt der Lemming seine Sommerwohnung im Boden und baut sich aus Gras und Moos ein Winterquartier, von welchem aus er unter dem Schnee in einer oder mehreren Richtungen Gänge anlegt, um Nahrung zu erlangen. Sie scheinen keinen *) In den arktischen Gegenden von Nord-Amerika leben die- selben Lemmings-Arten, wie in Nord-Sibirien, nämlich; Myodes torquatus (= M. hudsonius) und M. obensis, Winterschlaf zu halten; denn als ich 1853-54 in einer Schneehütte an der Repulse-Bay überwinterte, pflegte ich während der ganzen kalten Jahreszeit zu hören, wie sie Gänge durch den Schnee kratzten“. Dr. Rae fügt noch als Anmerkung hinzu: „Viele Lemminge wurden bei dem Winterquartiere der Nares Artie Expedition unter 82° n. Br. gesehen, und man fand dort eine grosse Vorraths- kammer voll todter Lemminge, welche ein Eisfuchs her- gestellt hatte“. In obigen Mittheilungen Rae’s scheint mir Manches von Interesse zu sein; so z. B. der Umstand, dass die Lemminge am Kupferminenflusse im Monat Juni nord- wärts wandernd angetroffen wurden, ferner die bedeutende Schwimmfähigkeit der Lemminge beim Uebersetzen über Flüsse, endlich der Umstand, dass der Eisfuchs sich Vorräthe todter Lemminge anlegt. Es sind dieses Punkte, welche bei der Beurtheilung der in unserem deutschen Diluvium stellenweise so häufigen Lemmings-Reste offen- bar in Betracht zu ziehen sind.*) Prof. Dr. A. Nehring. Die russischen Tiefseeforschungen im schwarzen Meere vom Jahre 13%. — Auf Anregung der kaiserl. russischen geographischen Gesellschaft wurden im vorigen Jahre von der russischen Regierung Tiefseeforschungen im schwarzen Meere veranstaltet, zu deren Ausführung das Kanonenboot Tschernomorez unter dem Befehl des Kapitän-Lieutenants Spindler bestimmt wurde. An der Expedition, die vom 26. Juni bis 23. Juli dauerte, nahmen auch 2 Mitglieder der kaiserl. russischen geographischen Gesellschaft Theil, Baron F. F. Wrangell und Dr. N. J. Andrussow, von denen der erstere bei den hydrogra- phischen und meteorologischen Untersuchungen half, der letztere die biologischen und geologischen Untersuchungen übernahm. Die Ausrüstung war eine vorzügliche. Die Instrumente für die Beobachtung der physikalischen und meteorologischen Verhältnisse lieferte in bester Auswahl das Marine - Ministerium‘, während die‘ Ausrüstung zu biologischen und geologischen Forschungen auf Kosten der geographischen Gesellschaft erfolgte. Zur Erforschung der Durchsichtigkeit des Meeres benutzte Spindler 4 elektrische Lampen von je 8 Licht- stärken. Bei der Versenkung der Lampen zur Nachtzeit wurde sowohl das Verschwinden der Lichtpunkte wie des Kreises diffusen Lichtes, welcher dann noch sichtbar blieb, beobachtet. Durch Unterbrechung des Stromes liess sich die Lichtgrenze bis auf 30 em genau be- stimmen. Bei Batum verschwanden bei starkem Regen die Lichtpunkte bei 1,5 m, das diffuse Licht bei 2,1 m, in der Nähe von Sinope über grossen Tiefen die Licht- punkte bei 4 m, das diffuse Licht bei 4,3 m, weiter im Norden die Lichtpunkte bei 3,7 m, das diffuse Licht bei 7,7 m. Die Ergebnisse der Lothungen zeigen, dass das schwarze Meer ein tiefes Becken ist, dessen grössere Hälfte über 2000 m tief ist. Besonders steil ist der Ab- fall von 200 zu 1300 m; an der Ostküste bei Gelend- schik erreicht er 12°. Die grössten beobachteten Tiefen, über 2600 m, befinden sich südlich der Krim-Halbinsel. — Der nordwestliche Theil des schwarzen Meeres ist dagegen seicht. Nordwestlich von einer Linie, welche von 421/,° N. und 27°/,° östl. L. bis 44° nördl. Br. und 321/,° östl. L. verläuft, giebt es keine Tiefe über 200 m. Die Temperatur nimmt im Sommer nach der Tiefe zu erst rasch, dann langsam ab, dann steigt sie wieder langsam. Die Oberfläche zeigt eine Temperatur von 22—25°, in 55 m Tiefe findet sich die geringste Tlem- *) Vergl. meine Bemerkungen über „Tundren und Steppen“, S. 145 ff. Nr. 17. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 171 peratur von etwa 7°, von hier nimmt sie nach der Tiefe wieder zu, bis zu 9° C. in 2000 m. — Die Dichtigkeit, also der Salzgehalt, nimmt erst langsam, dann von 73 bis 730 m rascher, weiter wieder langsam zu. An der Oberfläche wurde die grösste Dichtigkeit in den mittleren Meridianen, namentlich in der Nähe der kleinasiatischen Küste gefunden, im Mittel 1,013—1,014; in grossen Tiefen betrug die Diehtigkeit (bei 17,5° ©. und 760 mm) 1,017. k Eine Eigenthümlichkeit des aus grösseren Tiefen stammenden Wassers ist sein Gehalt an Schwefelwasser- stoff. Schon von 75 m an ist der Geruch von diesem Gase wahrnehmbar, nach der Tiefe zu wird der Schwefel- wasserstoffgehalt stärker, sodass jedes organische Leben unmöglich wird. In der That haben auch die Dredgen aus der Tiefe nichts lebendes hervorgebracht, während in den höheren Wasserschichten ein reiches Thierleben herrscht. Als bemerkenswerthe Ergebnisse der biologischen Forschung bezeichnet Andrussow den Nachweis von Litho- thamnien Kalkschwämmen und Holothurien, welche bis jetzt aus dem schwarzen Meere nicht bekannt waren, sowie von zahlreichen Seesternen. Zwischen 55 und 150 m Tiefe findet sich eine Zone, welche durch das Auftreten zahlreicher kleiner Mollusken (Modiola phaseolina, Serobieularia alba, kleinen Trophon- und Cerithium - Arten) sowie durch Ophiuren, Aseidien und Polychaeten charakterisirt ist. Andrussow nennt diese Zone die Zone des Modiola- Schlamms. Unterhalb 180 m Tiefe hört das organische Leben bald auf. Es folgt ein hellgrauer zäher Schlamm, welcher halbfossile Schalen von Dreissena, Cardium und Micromelania entlält. Diese Zone erstreckt sich bis auf etwa 1800 m Tiefe. Der Boden der grossen Tiefen ist mit einem dunklen, graublauen Schlamm be- deekt, welcher Reste pelagischer Organismen, namentlich Diatomeen Coseinodiseus-Arten und Fischgräten enthält. — Das Vorkommen der halbfossilen Brackwasserformen in den Tiefen von 360—720 m erklärt Andrussow durch die Annahme, dass ursprünglich brackiges Wasser diese Tiefen bedeckte, welches aber bei der Bildung des Bos- porus durch Salzwasser ersetzt wurde. Dadurch ging ein Theil der Brackwasserfauna zu Grunde, während ein anderer sich in die Limane binzog. Die nachdringende Mittelmeerfauna konnte sich nur in geringer Tiefe aus- breiten, einmal weil durch die Seichtigkeit des Bosporus die Tiefseeformen zurückgehalten wurden, dann aber be- sonders wegen des Schwefelwasserstoffgehalts der grösseren Tiefen. Diesen Schwefelwasserstoffgehalt erklärt Andrussow aus dem fortdauernden Verwesungsprocess der Organismen. Die aus den oberen Schichten in die Tiefe sinkenden Thierleichen werden nicht verspeist, sondern fallen der langsamen Verwesung anheim. A. K. Eine Sturmstatistik für das deutsche Küsten- gebiet veröffentlicht Herr N. Bödige- Duderstadt im Märzheft der „Annal. f. Hydrogr.“, aus der wir, bei dem allgemeinen Interesse, welches die Sache hat, folgendes Resume geben. Die vom Verfasser benutzten Aufzeich- nungen beziehen sich auf die Dekade 13578—1837 und umfassen, insbesondere im Schlussjahre, die folgenden vier Stationengruppen: Nordsee. Borkum, Norderney, Nesserland-Emden, Karolinensiel, Wangerooge, Schillighörn, Wilhelmshaven, Brake, Geestemünde, Bremerhaven, Weserleuchtthurm, Neuwerk, Cuxhaven, Brunshausen, Hamburg, Glückstadt, Tönning, Keitum. Westliche Ostsee. Aarösund, Flensburg, Schlei- münde, Friedrichsort, Marienleuchte, Travemünde, Wismar. | Mittlere Ostsee. Warnemünde, Darsserort, Stral- sund, Wittower Posthaus, Arkona, Thiessow, Ahlbeck, Greifswalder Oie, Swinemünde. Oestliche Ostsee. Kolbergermünde, Rügenwalder- münde, Stolpmünde, Leba, Hela, Neufahrwasser, Pillau, Brüsterort, Memel. Die Beobachtungen finden zu den Stunden Sba., 2"p., Sp. statt und sind nur für diejenigen Tage ver- öffentlicht, an denen Winde von der Stärke 8 (Beaufort Skala) und darüber auf grösserem Gebiete auftraten. Hierdurch ergiebt sich eine Unterscheidung der Stürme in solche, die gleichzeitig an der ganzen Küste herrschten und in solehe, die nur an begrenzten Theilen derselben auftraten, und in Bezug hierauf ist im ersten Theil vor- liegender Arbeit die Anzahl und Verbreitung der Stürme in der Dekade 18738—87 festgestellt, wobei noch zu be- merken ist, dass die Grenzen der Stationsgruppen natur- gemäss vielfach in einander übergreifen. Es ergiebt sich nun zunächst, dass in dem ganzen Zeitraume Stürme mit geringerer Ausdehnung nur an YD Tagen beobachtet wurden, während in 430 Beobach- tungsfällen die stürmische Witterung ein grösseres Ver- breitungsgebiet hatte. Die letzteren Fälle umfassen 83 pCt. der ganzen Beobachtungsreihe, die ersteren nur 17 pCt. Im Mittel kommen auf die Nordseeküste jährlich 26 Tage mit stürmischer Witterung, auf die westliche Ostsee 33 Tage, auf die mittlere Ostsee 37 Tage und auf die östliche Ostsee 39 Tage. Unser Küstengebiet ist also im Osten erheblich sturmreicher als im Westen. Was die Vertheilung der Stürme auf die einzelnen Monate und Jahreszeiten anlangt, so traten drei Viertel aller Stürme mit grösserer Ausdehnung in den Wintermonaten October—März auf, und von den über die ganze Küste sich erstreckenden Stürmen fallen beimahe 80 pCt. auf das Winterhalbjahr, dagegen sind die Stürme mit ge- ringerer Ausdehnung verhältnissmässig häufiger im Sommer. Für die westliche Küste war der März, für die östliche der October der sturmreichste Monat. Hinsichtlich der Dauer der einzelnen Stürme hat sich ergeben, dass SO pCt. der mehrtägigen Stürme grössere Ausdehnung hatten. Ein einziger Sturm mit fünftägiger Dauer (d. h. annähernd gleicher Stärke an 5 aufeinander- folgenden Tagen) ist registrirt, 8. bis 12. August 1887. Von den Stürmen mit eintägiger Dauer fallen 65 pCt. auf die Wintermonate, von den zweitägigen dagegen 77 Procent, von den dreitägigen 71 pCt. und von den vier- tägigen 89 pCt. Was die mittlere Windrichtung der Stürme betrifft, so treten im Frühjahr neben Stürmen aus W. und NW. namentlich die Stürme mit östlicher Richtung hervor. Im Sommer fehlen letztere ganz; 81 pCt. aller Sommerstürme hatten die mittlere Richtung W. und NW. Im Herbst herrschen die Stürme aus SW. vor, und im Winter dominirt die rein westliche Richtung. Die Monate October, März, December sind die Zeiten der heftigsten Stürme. In den Monaten Mai, Juni, Juli hat in der Dekade überhaupt kein Sturm stattgefunden, der überall an der Küste die mittlere Stärke 7 erreicht hätte. Im Ganzen fallen von allen schweren Stürmen 83 pCt. auf die Wintermonate October bis März. Aus des Verfassers Zusammenstellungen erhellt hin- sichtlich der täglichen Periode der mittleren Sturmstärke, dass für die Sturmstärke an der deutschen Küste, ebenso wie für die tägliche Periode der Windstärke im Binnen- land ein Maximum der Stärke auf die ersten Nach- mittagsstunden fällt. Die schweren Stürme traten im Allgemeinen am Abend mit grösserer Heftigkeit auf. Die schwersten dagegen — mittlere Stärke 8 und höher zeigten wiederum ein Maximum der Stärke am Mittag. 172 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 17. Hinsichtlich der Windriehtungen für sämmtliche (495) Beobachtungstermine ergeben sich, auf die Hauptrich- tungen redueirt, folgende Häufigkeitszahlen: NFENBFUR SETS SWEFNWENW 3a 30m art 37 Bere EEEFINENTTT. Die Publieationen zur Statistik der Stürme in den „Meteorologischen Beobachtungen in Deutschland“ bieten ein ausserordentlich werthvolles und reichhaltiges Material für die Untersuchungen der Stürme an den deutschen Küsten, was hoffentlich dem Herrn Verfasser Anlass giebt zu weiteren Veröffentlichungen von der Art der sehr ver- dienstvollen vorliegenden. Ein neuer Komet ist am 30. März 9 Uhr Abends, von F. W. Denning zu Bristol entdeckt worden. Der Komet erschien im Sternbild der Andromeda zunächst als ein helles, rundes, nebelartiges Objekt, dessen eigentliche Natur sich indessen bald dureh eine starke Ortsveränderung kundgab. Die Position des Kometen war zur Zeit der Entdeckung angenähert A.R. 14° und nördl. Dekl. 43°. Er bewegt sich sehr sehnell nach der Sonne, sodass Denning den Wunsch aussprach, dass alle Beobachter sich mit be- sonderer Sorgfalt die Beobachtungen des Kometen möchten angelegen sein lassen, da derselbe wahrscheinlich nur wenige Wochen hindurch sichtbar sein wird. Der astronomische Kongress, dessen Theilnehmer sich schon in den letzten Märztagen in Paris zusammen- gefunden hatten, war von fast allen Kulturstaaten besehickt worden, selbst Brasilien und auch das revolutionirte Chile fehlten nieht. Die den Kongress beschäftigende Frage ist bekanntlich die der Himmelsphotographie, im beson- deren der Herstellung der internationalen photographischen Himmelskarte inel. Katalogs. Eine Reihe wichtiger, freilich nur den Fachmann näher interessirender Special- fragen wurde Gegenstand eingehender Berathung. Von allgemeiner Wichtigkeit und Bedeutung ist aber die in Paris gegebene Anregung der Gründung eines internatio- nalen Oentralbureaus, dem die einheitliche Ausmessung und Discussion der Platten anzuvertrauen wäre. Es würde, glauben wir, nur ein Vortheil für die Forschung sein, wenn man auch auf diesem Gebiete internationaler wissenschaftlicher Cooperation zu einer einheitlichen Oentralisirung sich entschliessen. würde. Ein stabiler Kalender wird von Professor J. Riss in Oedenburg in der Nummer 13 der „Astronomischen Wochenschrift“ in Vorsehlag gebracht. Der Verfasser meint einen in dem Sinne beständigen Kalender, dass in jedem Jahre ein gegebenes Datum auf den gleichen Wochentag fällt. Er glaubt, dass die Vortheile eines solchen Kalenders, den „sozusagen jeder halbwegs gebil- dete Mensch im Kopfe behalten könne“, für das bürger- liche und kirchliche Lehen so sehr auf der Hand lägen, dass er, der Verfasser, nieht weit auszuholen brauche, um Beweisgründe für die Zweckmässigkeit seines Vorschlages beizubringen. Nach Herrn Riss’ Plane wird der neue Kalender so gestaltet werden, dass man das Jahr mit einem Sonntag anfangen lässt. In diesem Falle ist dann der letzte Tag des Jahres wieder ein Sonntag. In einem Schaltjahre würde zwischen die beiden Begrenzungs- sonntage (den letzten Tag des alten, und den ersten Tag des neuen Jahres) ein Tag eingeschoben werden, der ein Werktag sein soll. Die Monate gruppirt Riss so, dass in der ersten Jahreshälfte solehe von 31 wechseln mit solchen von 30 Tagen. Dem dritten Vierteljahr werden ein Monat mit 31, und zwei mit 30 Tagen zugetheilt. Ebenso dem vierten.. Dezember soll gewöhnlich 30, im Schaltjahre 31 Tage haben. Die Schwierigkeit, dass das veränder- liche Osterfest nicht in einen unveränderlichen Kalender hineinpassen will, umgeht der Verfasser damit, dass er Ostern auf den 14. April „festsetzt“. Hier liegt nun Irr- thum oder Druckfehler vor. Denn vermuthlich soll jenes Datum doch das des Ostersonntages sein. Wenn aber der 1. Januar ein Sonntag ist, so kann niemals der 14. April ebenfalls ein Somntag sein. Denn der 14. April ist der 104. Tag im Jahre. Wenn man die Wochentage vom Sonntag ab numerirt: 1, 2, 3,..., 7 und beob- achtet, dass 104 = 14.7 + 6, so erkennt man sofort, dass der 14. April*) ein Freitag ist, daihm die Nummer 6 in der Woche entspricht. Der Verfasser ist der Ansicht, dass die Kirche — speziell die römische — sich mit Freude seinen Vorschlag aneignen werde. In dieser Hoffnung dürfte Herr Riss indessen sehr getäuscht werden. Auch weitere Kreise und namentlich die Astronomen werden seinem Projekt gegenüber sich ablehnend ver- halten müssen. Zunächst ist kein ernstlich praktisches Bedürfniss zu erkennen, aus dem heraus die angestrebte Unveränderlichkeit des Kalenders verlangt werden müsste. Und die mehr als fünfzehnhundertjährige Tradition betr. der Osterreehnung im Anschluss an den Ostervollmond wird sich gewiss nicht so leieht umstürzen lassen. Es muss überhatpt ausgesprochen werden, dass in solchen Neuerungsbestrebungen doch ein ungesunder Zug liegt, da er eine Beunruhigung der Allgemeinheit bedeutet. In allen Fragen, die sich auf die Zeitrechnung und Zeit- zählung beziehen, kann man nicht konservativ genug sein. Denn selbst eine gute Neuerung wird auf diesem Gebiete leicht allen Werth verlieren können durch die Schwierig- keiten, Störungen und selbst Gefahren, welehe natur- gemäss in der Uebergangszeit auftreten müssen. Grs. Ueber Carbolsäure bringt „The Chemist and Drug- gist“ in seiner Nummer vom 4. April d. J. eine kleine Studie, die auch für weitere Kreise von Interesse ist. Vor zwei Jahren hatte Herr P. Carles in der pharmaceu- tischen Gesellschaft zu Bordeaux darauf hingewiesen, dass Carbolsäure, wenn sie in gewissen Mengenverhältnissen mit Glycerin oder Alkohol gemischt wird, ihre kaustischen Eigenschaften verliert, also die Haut nicht angreift, in weleh letzterer Beziehung wohl mancher unserer Leser schon weniger angenehme Erfahrungen gemacht, wenn er eine etwas stärkere Lösung von Carbolsäure unvor- siehtig anwandte. Wenn man nun aber zu einem solchen Gemenge von Carbolsäure und Glycerin bezw. Alkohol Wasser — auch in kleiner Quantität — zusetzt, so treten sofort für die modifieirte Flüssigkeit die alten kaustischen Eigenschaften wieder auf. Herr Carles schloss hieraus, dass in jenen Gemengen die Carbolsäure mit dem Glycerin oder Alkohol Aether bilde, welche nieht kaustisch seien, aber durch Wasser leicht gespalten würden. Herr Eduard Fabini ist der Frage nach der Richtigkeit dieser Annahme in der „Pharmaceutischen Post“ näher getreten. Er schliesst sich dem französischen Pharmaceuten nicht an, wenn er auch nieht in Abrede stellt, dass eine Lösung gleicher Theile Carbolsäure und Glycerin weniger kaustisch ist als eine solehe aus gleichen Theilen Wasser und Carbol. Er schreibt den Mangel an ätzender Kraft bei der Glycerinlösung der gänzlichen Abwesenheit von Wasser zu, durch welehe die Haut eine Art Schutz er- hält oder unfähig wird, auch nur eine kleine Menge Carbol zu absorbiren. Zur Stützung seiner Ansicht weist er darauf hin, dass man mit trockenen Händen reine Carbolsäure, Höllenstein u. dergl. rubig halten könne ohne irgend welehe Aetzung fürchten zu müssen. Hinsichtlich *) Diese Angabe gilt für das gemeine Jahr. Nr. 1%. Naturwissensehaftliche Wochenschrift. 173 der Annahme der Entstehung von Aether Aus der Com- bination Carbolsäure- Glycerin. hebt Herr Fabini 'hervor, dass; Lösyngen in allen 4°/, “übersteigenden Mischunes- verhältnissen mit Eisenchlorid die charakteristische Reak- tion ergeben.” Bei den schwächeren Lösungen’ entwickelt sich jene Reaktion nur langsam, nach und nach. Lösur gen mit mehr, als 4°,, Carbol bringen Eiweiss zur Goagulation, und geben bei .Hinzufügung: einiger. Tropfen einer am- moniakalischen. Lösung von schwefelsaurem ‚Kupfer sofort die chärakteristische grüne Reaktion (earbolsaures Kupfer). Bei. Gemengen. von «weniger als &",, Carbolgehalt treten diese Reaktionen erst. nach ca. 20. "Stunden ein, woraus Herr Fabini schliesst, dass die angenommenen Aether- bildungen’ nicht stattfinden, sondern dass die Gegenwart des unveränderten Glycerins eben. jene Verzögerung im Eintreten der Reaktion. hervorruft. Diese Wirkungsweise des Glyeerins ist übrigens schon bekannt aus Versuchen mit wässerigen Lösungen anorganischer Salze. Wir sind nun ganz offenbar zu dem Schluss berech- tigt, : dass, wenn.ein; ‚Gemenge Carbol-Glycerin im. Ver- hältniss 1:25 (also 4°/, Carbol) chemisch. und physiolo- gisch schwächer 'ist als eine 4°,,ige wässerige Carbol- lösung, sie auch von entsprechend geringerem antiseptischen Werthe sein wird. Es wird daher von besonderem Inter- esse sein, das Glycerin auf bakterieide Eigenschaften zu untersuchen. Man wird bei dieser Gelegenheit an jene geringe antiseptische Kraft des Carbolöls erinnert, ja dass das letztere an sich wahrscheinlieh überhaupt nicht bakterieid ist. In letzterer Beziehung sind namentlich vor einiger Zeitin Edinburgh Beobachtungen gemacht worden, wo die Behandlung von Wunden durch Carbolöl ganz er- folglos war, wo man aber sofort. auf.den ‘Weg der Besserung g gelangte, als man zur Anwendung wässeriger Carbolsäurelösune überging. Und es wurde dann auch bald festgestellt, dass. in dem 5%, igen Carbolöl die Bak- terien. flott gediehen, während in einer gleich starken wässerigen Lösung ‚sich. keine, ‚zu erhalten. vermochten: Man kommt also zu dem Schlusse, dass, wenn eine Wunde durch seröse Ausscheidung in beträchtlicherem Malse sich gewissermalsen selbst schützt, das Carbolöl auch antiseptisch wirkt, dass es aber in anderen Fällen nicht besser ist, als gewöhnliches reines Olivenöl. Die Unter- suchungen Fabinis betreffend - Carbolglyeerin schliessen sich also ganz übereinstimmend an jene über Carbolöl an. Eine Oxydation von @old durch elektrolytisch ab- geschiedenen "Sauerstoff wurde. von Hampe (Chem. Ztg.) beobachtet. Bei der quantitativen Bestimmung des Kupfers auf elektrolytischem Wege, wo in einer schwefelsauren, mit Salpetersäure angesäuerten Lösung als positiver Pol eine Platinspirale, die an einer schadhaften Stelle mit Feingold gelöthet war, verwendet wurde, nahm während der Elektrolyse das Gold zunächst eine braune Farbe an und ging nach einigen Tagen in einen bräunlich-rothen Schlamm, der schliesslich von der Spirale sich loslöste, über. Die gleiche Erscheinung frat auch bei einer posi- tiven Anode aus gewalztem Feingold sowohl in reiner, verdünnter Schwefelsäure auf, als auch dann, wenn die- selbe mit Salpetersäure versetzt wurde. Das entstandene braune Pulver zeigte stets bei der Untersuchung noch eine Beimengung von kleinen . Blättehen metallischen Goldes.. Die qualitative Prüfung des betreffenden Pulvers ergab, dass sich hier ein wasserhaltiges Oxyd des Goldes, welches nach dem Trocknen über Schwefelsäure beim Erhitzen. lebhaft explodirte, gebildet hatte. 0. ı signale geben und ist nieht wie bisher an die eutes Regulateurwerk 8 S » i Eine elektrische Signaluhr ist von der Firma Stein- heuer & Co. in Hanau a. M. construirt worden und dürfte das Interesse weiterer Kreise beanspruchen. Mit dieser elektrischen Signaluhr kann man zu jeder durch 5 theilbaren Minutenzahl ein oder mehrere Glocken- ganzen, halben oder viertel Stunden gebunden. Dehleen würde ‚ dem nichts im Wege stehen, dieselbe auch so einzurichten, | dass in kürzeren Intervallen, etwa jede Minute ein Signal gegeben werden kann. Die Construetion, ist folgende: Das Uhrwerk ist ein auf dessen verlängerter Minuten- welle eine Scheibe von Hart- gummi sitzt. In diese sind 12 messingene Streifehen einge- lassen, und da sie fest auf dem Minutenzeiger sitzt, so stehen diese Streifehen in leitender Ver- bindung mit dem Werke. Diese Minutenscheibe dreht sich einmal in der Stunde und so kommt alle 5 Minuten eines der Streifehen unter den seitwärts angebrachten Hebel, dessen Spitze auf der Scheibe schleift und den Strom- schluss vermittelt. Andem Stunden- zeieer befindet sich eine Schleif- feder, welche auf emer in. 144 Theile geschnittenen, auf Hart- gummi befestigten Messingscheibe (Stundenscheibe) schleift. Diese 144 Theile sind von einander isoliert und so breit, dass die Schleiffeder nur Minuten auf einem schleift. Von jedem dieser 144 Theile geht: ein Draht nach dem betreffenden Plättehen unter- halb der Uhr und stellt derselbe die leitende Verbindung zwischen den Theilen vom Zifferblatt und den Plättehen her. In die Klemme unten an dem Gehäuse schraubt man den einen Batteriedraht fest, während der andere Batterie- draht in die‘ resp. die ver- schiedenen Glocken, welehe an irgend einem beliebigen Ort hängen können, befestigt wird. Von der resp. den Glocken geht der Batteriedraht nach den auf der Vorder- seite des Gehäuses befindlichen Klemmen. An diesen befinden sich Leitungsschnüre, die vorn mit Stöpseln versehen sind. EFI-II-TD2 SanPrZunnnnnzn ®nDDnaRnDnHER ZIERREePPPRERR ®2L0ORDBBUDTED Elektrische Signaluhr, 15 Minufen Eintheilung, !/„natürl, Grösse, Mit dieser Signaluhr ist man in der Lage, sowohl in einem oder mehreren Räumen zugleich zu beliebiger Zeit und beliebig oft, als auch in verschiedenen Räumen zu verschiedener Zeit. ebenfalls beliebig oft ein Signal zu geben. Litteratur. Otto Sarrazin, Verdeutschungswörterbuch. Zweite, bedeutend vermehrte Auflage. Verlag von Wilh. Ernst und Sohn. Berlin. Der Herr Verfasser, Geheimer Regierungs- Ministerium der öffentlichen Arbeiten, ist 'seit Seele der Bewegung zu betrachten, die auf eine Reinigung der deutschen Sprache von allen überflüssigen Fremdworten abzielt. In einer Reihe von Vorträgen und Aufsätzen,» die als „Beiträge zur Fremdwortfrage“ gesammelt 1887 im gleichen Verlage er- schienen und in der That eine der liebenswürdigsten Erschei- nungen der neueren Litteratur vorstellen, hat er die Fremdwortfrage nach- allen mögliehen Seiten hin: beleuchtet, in einer eben so ein- dringlichen, wie stets massvollen Weise, sodass es ihm gelungen ist, und. Baurath im Jahren als die 174 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 17. doch schon recht viele aufzurütteln, die wahrlich nur aus Be- quemlichkeit in einem absonderlichen Mischmaseh von mit Fremd- worten gespicktem Deutsch schrieben. Wenn es sich in dieser Sache nur um eine, wenn auch schöne, Laune, ein Steckenpferd, handelte,so würde man ihr doch immer noch theilnahmslos gegenüber stehen dürfen. Das geht aber hier:nicht an. In den erwähnten Aufsätzen, wie auch in der Vorrede zum Verdeutschungswörter- buch, weist eben Sarrazin in geistreicher und vornehm launiger Weise darauf hin, dass die Angelegenheit auch eine sehr ernste Seite hat. Denn nicht, wie allgemein geglaubt worden ist, und wie es in einigen Fällen ja auch sicher zutrifft, ist mit dem Fremd- wort eine schärfere Begriffsbestimmung verbunden, sondern im Gegentheil: der Gebrauch der Fremdwörter befördert nichts so sehr, als die ausgebildetste Verschwommenheit der Begriffe. In dieser Hinsicht ist von recht eindringlichem Werthe die köstliche Stelle der Vorrede des Verdeutschungswörterbuchs, wo der Ver- fasser die „Idee“ bespricht. Es ist bereits darauf hingewiesen, dass Herrn Sarrazin’s Vorgehen ein durchaus massvolles sei. Daher können denn auch alle Verdeutschungen, ‚die er aufstellt, gerne angenommen werden, umsomehr als sie, von einem geistreichen, eindringlieh denkenden Manne herrührend, durchaus lebensfähig sind, und wir solehen Wortungeheuern nicht begegnen, wie sie uns die Schwarmgeister, die ja auch in dieser Bewegung leider nicht fehlen durften, dargeboten haben. Das mit peinlichem Fleisse gearbeitete, XXI und 293 Seite starke Buch ist ein hochverdienst- liches Werk, durch das der Verfasser namentlich auf den Dank wissenschaftlicher Kreise den grössten Anspruch erworben hat, und dessen Einsichtnahme und Benutzung wir diesen mit gutem Gewissen aufrichtig empfehlen. Gerade auch an diese Kreise und insbesondere an die Lehrer der Jugend hat Sarrazin auf der Wanderversammlung des Verbandes deutscher Architeeten- und Ingenieur-Vereine zu Frankfurt a.M. am 13. August 1886 beherzi- genswerthe Worte gerichtet, die hier noch eine Stelle finden mögen: „Lassen sie mich schliessen mit dem Mahn- und Hülferuf an diejenigen, von denen uns das Heil kommen muss. Lassen Sie mich im Namen aller, welche in diesem Kampfe (näml. gegen die unnöthige und unvernünftige Anwendung der Fremdwörter) als Streiter stehen, hier von dieser Stelle im Herzen Deutschlands aus an die deutschen Lehrer die Bitte richten, nicht zu er- müden in der grundlegenden Arbeit, zu sorgen, dass während wir anderen hier und dort einen Baustein oder eine Stütze, hier einen Nothanker, dort ein Schmuckstück zum Werke zusammenzutragen bemüht sind, dass sie derweil den besten Theil der Arbeit thun: dass sie sicher und fest die Grundmauern fügen, auf denen ein schönes, von keinem verunzierenden Flitterwerk mehr ent- stelltes Gebäude standfest und sturmgeschützt für alle Zeiten sich erheben mag.“ Der freudige Wiederhall, den diese Worte einst sie gesprochen wurden, möge ihnen auch bei ihrer an dieser Stelle zu Theil werden. efunden, als jederholung Gravelius. Prof. Dr. Emanuel Kayser, Lehrbuch der geologischen For- mationskunde. Für Studierende und zum Selbstunterricht bearbeitet. Mit 70 Textfiguren und 73 Versteinerungstafeln. Verlag von Ferdinand Eneke. Stuttgart 1891. — Preis 14 Mk. Es ist ein grosser Vortheil für den Studirenden, über den- selben Gegenstand mehrere Lehrbücher von verschiedenen be- rufenen Autoren benutzen zu können; wird doch jeder Fachmann in seiner Diseiplin eine andere und in den noch immer im mächtigen Werden begriffenen Naturwissenschaften auch oftmals wesentlich abweichende Darstellung bieten, der Studirende daher bei einem Vergleich der verschiedenen Darstellungen weit in- tensiver auf die zur Zeit kritischen Punkte hingewiesen, deren Kenntniss zum nicht geringen Theil den selbstständigen Forscher ausmacht. Liegen nun gar Lehrbücher von Gelehrten vor, die ein gut Stück in ihrer Wissenschaft mitgewirkt haben, deren Special-Anschauungen zu kennen auch dem Fachmann von Werth ist, so muss sich der Studirende zu der ihm zur Verfügung stehenden Litteratur beglückwünschen. Der Studirende der Geo- logie befindet sich in dieser Lage. Ich erinnere einerseits an das berühmte, die gesammte Geologie behandelnde Credner'sche Lehrbuch (6. Aufl. Leipzig 1887), welches trotz der 808 Seiten, die es jetzt umspannt, den Titel „Elemente der Geologie“ bei- behalten hat, andererseits an die „Allgemeine Geologie“ von Fritsch (Stuttgart 188%. — Vergl. „Naturw. Wochensch.“ Bd. II. S. 55), ‚die durch das vorliegende. Kayser’sche bedeutende „Lehrbuch der geologischen Formationslehre“ zu einer vollstän- digen Geologie ergänzt wird, so dass die beiden letztgenannten Bücher. dem Credner'schen Werke gegenüber gestellt werden können. z Das Kayser’sche Lehrbuch umfasst 387 Octav-Seiten, seine zahlreichen Illustrationen erhöhen seinen Werth namentlich für den Studirenden ungemein. Wie der Titel angiebt, behandelt es also .nur die historische Geologie, einen Hauptzweig. über den wir ein besonderes Lehrbuch noch nicht besitzen. Das Buch beginnt mit einer Einleitung von 12 Seiten, die in 3 Abschnitte zerfällt: 1. Allgemeine Vorbemerkungen, 2. Uebersicht über -die Eintheilüng der Sedimentformationen, 3. Ursprung und frühester Zustand der Erde. < Die Uebersehriften der speeiellen Theile sind naturgemäss die der Formationen. Wie sehr zu billigen, finden die geologischen Formationen Deutschlands eingehendere Bespreehung, während über die sonstigen europäischen und noch mehr die aussereuropäischen Ablagerungen nur das Allernoth- wendigste mitgetheilt wird. Es ist weiter keine Kunst, dem Buch das Prognostikon zu stellen, dass es allgemeinste Berücksichtigung finden wird. P. A ET Königl. Bayerische Akademie der Wissenschaften. Mathe- matisch-physikalische Klasse. 1890. Heft IV. In.diesem Hefte findet sich eine für unsere mathematischen Leser besonders zu ‚erwiäihnende Abhandlung von Prof. Seeliger, Direktor der Sternwarte Bogenhausen-München, in der von der „Interpolatorischen "Darstellung einer Funktion durch eine nach Kugelfunktionen fortschreitende Reihe“ gehandelt wird. Ist das Problem an sich schon interessant, so wird die Abhandlung noch um so,werthvoller durch beigegebene numerische Tafeln, welche die Anwendung sehr erleichtern, namentlich die Benutzung der F. Neumann’schen Methode in der Theorie des Erdmagnetismus (magnetische Landesvermessungen). P. Glan beschreibt in diesem Hefte ein neues Spectro- saccharimeter. Mathematische Annalen. Band XXXVII. Heft 2. Unsere mathematischen Leser finden in diesem Heft der An- nalen einen interessanten Aufsatz von Otto Hölder in Tübingen, der den „easus irreducibilis bei der Gleichung 3. Grades“ im Rahmen der modernen (Kronecker’schen) Algebra behandelt. Königl. Preussische Akademie der Wissenschaften. vom 26. Februar. E. Du Bois-Reymond erstattete einen vorläufigen Bericht über „die von Prof. Gustav Fritsch angestellten neuen Unter- suchungen über elektrische Fische“. — H. v. Helmholtz legte eine kleine Arbeit von Schottky über „das analytische Problem der Rotation eines starren Körpers im Raume von 4 Dimensionen“ vor. In der Sitzung vom 12. März bringt Landolt eine sehr eingehende experimentale Untersuchung von Jahn „Elektromagne- tische Drehung der Polarisationsebene in Flüssigkeiten, besonders in Salzlösungen“ zur Vorlage an die Akademie. Sitzung Zur Nachricht. Von dieser No. ab werden in der „Naturw. Wochenschr.‘“ kurze Angaben über die Veröffentlichungen der Akademien und hervor- ragendsten wissenschaftlichen Gesellschaften, sowie der führenden Blätter der einzelnen Diseiplinen gebracht. Die Redaktion beab- sichtigt dabei keineswegs, katalogartige Inhaltsverzeichnisse aus den genannten Publikationen zu geben, sondern es sollen nur diejenigen Abhandlungen angeführt werden, welche von allge- meinerem Interesse sind, damit je nach Umständen kurze An- deutungen über Methode und Ziel der einzelnen Arbeiten ver- bindend. Im übrigen werden über die wichtigeren Abhandlungen ausführlichere Referate gebracht werden, wie bisher. ZZ —— k — — — — — — Inhalt: Sir Robert S. Ball: Die Gezeiten. — Dr. Richard Fischer: Altes und neues aus der Chemie. (Schluss.) — Rassen- mischung im Judenthum. — Wanderungen der Lemminge in Nord-Amerika. — Die russischen Tiefseeforschungen im schwarzen Meere vom Jahre 1890. — Eine Sturmstatistik für das deutsche Küstengebiet. — Ein neuer Komet. — Der astronomische Kongress. — Ein stabiler Kalender. — Ueber Carbolsäure. — Eine Oxydation von Gold. — Elektrische Signaluhr. (Mit Abbild.) — Litteratur: Otto Sarrazin: Formationskunde. — Königl. Akademie der Wissenschaften. — Zur Nachricht. Verdeutschungswörterbuch. — Prof. Dr. Emanuel Kayser: Lehrbuch der geologischen Bayerische Akademie der Wissenschaften. — Mathematische Annalen. — Königl. Preussische a ——— Verantwortlicher Redakteur: i. V. H. Gravelius, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck : G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr WM. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. XXXIX ESTTDIMIT AIILEHIHADHIDANDIDIEDNLADTDDEDERDDADDETADDULDETDERAEUDDUDDADDRDADDATADDDDRRDRDARENDDRDRDARDDTRRTIHLNLEE Franz Schmid Werkstätten für physikalische u. Specia Polarisations- und Spectral-Appa Sl LEE BERLIN S. Stallschreiber - Strasse 4. t & Haensch optische Präcisions-Apparate. Vorz ug I 1ı< h lität: Vorzüglich rate, Mikroskope, Photometer. 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Preis: Heft 1-4 a 50 Pf., Heft 5-15 a1 M. Heft 1. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum % Heft 9. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. von Dr. V. Schlegel. i N F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. n„ 2 Des nechnen Bnagen Enger und Maschinen von | „ 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. „ 3. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit te der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl „ 11. Ueber das Causalitätsprinceip der Naturerschei- Kraepelin. y nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds „ 4. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen Rede: „Die sieben Welträthsel“ von Dr. von Prof. Dr. E. Loew. 3 h Dreher. „ 9. Das „glaziale“ Dwykakonglomerat Südafrikas von „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Dr. F. M. Stapff. u Jordan. 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von } : f . i Dr. Rob. Mittmann. Mit 8 Holzschnitten. | „ 13. Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota- | nischen Garten zu Berlin von Dr. » 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten | Mit 2 Tafeln Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- | 7 Be! R litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette 1 Tafel. | von Dr. Ed. Ritsert. » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen | lo: Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen Rothliegenden von Prof. Dr. Mit vielen Abbildungen. Mit 7 Holz- Eugen H. Potonie. Hermann Credner XXXX Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr 1% du’ Bois-Reymond, Elektr er = Preisverzeichnisse gratis en fianko, ”c SS STE OO EEEOOCETI I 0 EHEN I 0 0 LED 4 EU Od > O : SIASYASIES/Z : 3% | wet Rudolf Krüger | 1% Zerteghare Blüten- und Prucht-Mod R il 3, Zerleg are Blüten- und Frucht- Modelle abri ® u: ° Q für:den allgemeinen und höheren Unterricht in’der Botanik, | electro - medicinischer Apparate ) CE in sehr vergrössertem Mafsstabe aus Papiermächö ete.;un. n) a _®% in natürlichem Colorit unter wissenschaftlieher. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. jenschafllich: Forschung aufgiebt an weltum- fassenden ldeen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird fhr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der Ihre wen schmückt. Belwandanar, -An Dr. H. Potonie. VI. Band. Sonntag, den 3. Mai 1891. Nr. 18 Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MA 3.— Bringegeld bei der Post 15 9 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3%. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber periodische Veränderungen der Lage der Drehungsaxe der Erde. Von Prof. W. Eine mächtige Wirkung periodischer Aenderungen der Lage der Erdaxe im Himmelsraume ist schon aus uralten Zeiten bekannt. Die beiden Punkte, in denen die Verlängerung der Erdaxe die scheinbare Himmels- kugel trifft, die beiden Pole oder Ruhepunkte der täg- lichen scheinbaren Umdrehung des Himmelsgewölbes, in weleher sich uns die Drehung der unserer Illusion nach ruhenden Erde darstellt, ändern ihre Lage innerhalb der Sternbilder gesetzmässig und zwar hauptsächlich in einer grossen Periode von nahezu 26 000 Jahren, aber auch in kleineren Perioden, die zwischen 18!/, Jahren und einem halben Monat liegen. In der grössten dieser Perioden, dem sogenannten platonischen Weltjahr, beschreibt jeder der beiden Himmelspole einen Kreis um den entsprechen- den Pol der Erdbahn, welche beiden letzteren eine nur wenig veränderliche Lage, z. B. der nördliche im Stern- bilde des Drachen, behaupten. In Folge dieser ge- waltigen Ortsveränderung der Drehungspole am Sternen- himmel haben z. B. die beiden Sternbilder des kleinen und des grossen Bären in den Tagen der ältesten griechischen Astronomen ganz anders zum Himmelspol gestanden als jetzt. Der jetzige Polarstern war damals von dem Pole erheblich entfernter, dagegen der grosse Bär dem Pole viel näher als jetzt. Nach nahezu einem halben platonischen Weltjahr wird der Stern Vega in der Leyer der dem Pole nächste der helleren Sterne sein. Die Alten betrachteten aber jene Erscheinung, welche sich ihnen auch als eine Wanderung der Aequinoktial- Punkte entlang den Sternbildern des Thierkreises dar- stellte, nicht als eine Aenderung der Lage der Drehungs- axe des Himmelsgewölbes, sondern als eine langsame Drehung des ganzen Sternenhimmels um eine dureh die Pole der scheinbaren Sonnenbahn gehende Axe. *) Nach einem Vortrag, gehalten in der Gesellschaft Bir Erdkunde zu Berlin. — Verhandl. d. Gesells. Bd. XVII No. Förster.*) Kopernikus löste auch diese Illusion und schrieb die Erscheinung ganz folgerichtig einer mit der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne ahnireiänehlten langsamen Lagenänderung der Drehungsaxe der Erde zu, "aber erst Newton gelang es, diese Erscheinung richtig durch die Anziehungswirkungen der Sonne und des Mon- des auf den an den Polen "abgeplatteten, am Aequator angeschwellten Erdkörper zu erklären. Die unablässigen Anziehungswirkungen der Sonne und des Mondes suchen gewissermassen die äquatoriale Anschwellung des Erd- körpers in die Ebene der Bahn, welche die Erde um die Sonne beschreibt, einzustellen. Daraus entsteht dann die kreiselartige Bewegung der Erdaxe um eine zu dieser Bahnebene rechtwinklige Richtung. Die Theorie ‚dieses ganzen Gebietes von merkwürdigen Bewegungserscheinungen der Erdaxe im Himmelsraume ist allmählich seit Newton durch Messung und Rechnung zu einem grossartigen Gedankenbau geworden, welcher durch täglich erwiesene volle Uebereinstimmung mit den Er- scheinungen am Himmel zu den glänzendsten Beweisen für die Richtigkeit der Grundannahmen der Mechanik des Himmels gehört. . Leonhard Euler, dem die Entwicklung dieser Theorie besonders viel verdankt, war der erste, der schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch andere Probleme der Drehungsbewegung, ausser den bereits am Himmel wahrgenommenen periodischen Wanderungen der Drehungs- Pole, eingehender behandelte. Er stellte fest, dass die Axe der freien Drehung eines Massensystems um seinen Schwerpunkt nur so lange inner- halb dieses Systems selber eine feste Lage haben könne, als sie mit einer der drei durch den Schwerpunkt gehen- den sogenanntenHaupt-Trägheitsaxen desselben zusammen- falle. Eine dieser drei Haupt-Trägheitsaxen ist diejenige durch den Schwerpunkt gehende gerade Linie, in Bezug auf welche die Summen der Trägheitsmomente, d. h. der 176 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Producte, die für jedes Theilchen aus seiner Masse und dem Quadrate seines kürzesten Abstandes von jener Linie gebildet werden, ein Maximum ist; für eine zweite der Haupt-Trägheitsaxen, die zu der ersteren rechtwinkelig steht, ist die Summe der Trägheitsmomente ein Minimum, und die dritte ist durch die rechtwinkelige Lage zu der durch die beiden andern gehenden Ebene bestimmt. Euler bewies sodann, dass Stabilität der Lage der Drehungsaxe im Massensystem nur dann stattfindet, wenn sie mit einer der beiden erstgenannten Haupt-Trägheits- axen nahe zusammenfällt, und dass, wenn diese Ueber- einstimmung nicht vollkommen ist, eine konische Be- wegung der Drehungsaxe um die bezügliche benachbarte Haupt-Trägheitsaxe stattfindet. Nur in Bezug auf die oben an dritter Stelle erwähnte Haupt-Trägheitsaxe ist das Verhalten der Drehungsaxe ein anderes und nicht mehr stabiles, wie überhaupt in denjenigen Fällen, in welchen es sich um die freie Drehung eines gleichmässig dichten Massensystems von vollkommener Kugelgestalt handelt. In diesem Falle ist jeder Durchmesser der Kugel eine Haupt-Trägheitsaxe. Jede Lage einer durch den Schwerpunkt gehenden Drehungsaxe ist also an sich beständig, aber jede kleinste Störung der Gleichmässig- keit der Massenvertheilung kann beliebig grosse Lagen- änderungen der Drehungsaxe hervorrufen. Da nun offenbar die Lage der Drehungsaxe im Erd- körper, bei welchem Gestalt und Massenvertheilung er- heblich von derjenigen einer homogenen Kugel abweichen, erfahrungsmässig einen hohen Grad von Beständigkeit hat oder wenigstens erlangt hat, so war die Annahme gerechtfertigt, dass diese Drehungsaxe zur Zeit sehr nahe mit einer der beiden erstgenannten Haupt-Trägheitsaxen der Erde zusammenfalle und zwar, in Betracht der da- mals bereits wahrscheinlich gemachten Abplattung an den Polen, mit derjenigen Haupt-Trägheitsaxe, in Bezug auf welche die Summe der Trägheits-Momente des Erd- körpers ein Maximum ist. Die nahe Uebereinstimmung der Lage dieser Axe mit der Drehungsaxe konnte indessen schwerlich eine zufällige sein, vielmehr war es höchst wahrscheinlich, dass die Drehung selber im den Anfangszuständen der Erde und durch alle diejenigen Entwicklungen hindurch, in denen ihre Masse hinreichend plastisch oder formbar blieb, sich die entsprechende Gestaltung und Massenver- theilung so zugeordnet und angepasst habe, dass jene Trägheitsaxe mit der Drehungsaxe in Uebereinstimmung kam und andauernd blieb. Wenn nun aber mit der fortschreitenden Erstarrung der Erdkruste jene Formbarkeit abnahm und durch die mannigfaltigen, von der Geologie erforschten Processe der Faltung, Hebung und Senkung grosser Flächenstücke der Erdrinde, ferner durch das Hervordringen von Massen aus dem Innern, sowie durch die entstehenden Unregel- mässigkeiten der Vertheilung des Festen und Flüssigen jene durch die Drehung selber herbeigeführte Symmetrie der Massenvertheilung mehr oder minder ausgedehnte und unregelmässige Abänderungen, wenn auch vielleicht nur zeitweise, erfuhr, so war es sehr wohl denkbar, dass wenigstens zeitweise die Uebereinstimmung der Lage der Drehungsaxe und der bezüglichen Haupt-Trägheitsaxe gestört wurde. (Wir wollen die letztere Axe, in Bezug auf welche bei der Erde die Summe der Trägheits- momente ein Maximum ist, im folgenden der Kürze halber die Hauptaxe nennen.) Nach Euler’s Theorie musste nun in Folge einer solchen Störung die bereits obenerwähnte Konische Be- wegung der Drehungsaxe um die Hauptaxe eintreten und zwar mit einer Periodendauer, für welche späterhin, auf Grund von genaueren Bestimmungen der Gestaltverhält- nisse der Erde und der Verhältnisse ihrer Hauptträgheits- momente, durch die Theorie der Betrag von nahezu zehn Monaten festgesetzt wurde. Bis gegen das Jahr 1320 wurden jedoch keine hin- reichend stetigen und genauen Beobachtungsreihen an- gestellt, welche ausdrücklich auf eine Bestätigung oder Widerlegung des Vorhandenseins einer solehen perio- dischen Lagen-Aenderung der Drehungsaxe im Erdkörper gerichtet gewesen wären. Anderweitige sorgfältige Messungen am Himmel, bei denen ‘man fortfuhr, die Lage der Drehungsaxe im Erdkörper als fest anzunehmen, hatten jedoch schon durch die innere Uebereinstimmung ihrer Ergebnisse gezeigt, dass, wenn eine Bewegung derselben im Erdkörper überhaupt vorhanden war, die- selbe zur Zeit eine Sekunde nieht wohl übersteigen konnte. Im Fortgange der theoretischen Untersuehungen über die Störungen der freien Drehungsbewegung wurden so- dann die Unterscheidungen zwischen den verschieden- artigen Erscheinungsformen äusserer und innerer Stö- rungen der Drehung oder, genauer gesagt, zwischen den Wirkungen störender Anziehungen durch ausserhalb des sich drehenden Systems befindliche Massen einerseits und andererseits den Wirkungen von Veränderungen der Masse und Massenvertheilung innerhalb dieses Systems immer lichtvoller festgestellt. Bei Störungen ersterer Art findet die hauptsächliche Lagenänderung der Drehungsaxe im Raume und die ge- ringere innerhalb des in Drehung begriffenen Körpers statt. Mit der Kegelfläche letzterer Art, welche die Axe im Körper beschreibt, rollt dieselbe gewissermassen auf der ausgedehnteren Kegelfläche, welche sie im Raume beschreibt, und wenn jene Störungen im Vergleich zu der Bewegungsgrösse des in Drehung begriffenen Massen- systems selber sehr klein sind, wie es bei unserer Erde hinsichtlich der störenden Theile der Anziehungswirkungen des Mondes und der Sonne der Fall ist, so ist die von der Drehungsaxe im Körper beschriebene Bewegung so geringfügig, dass sie mit unseren feinsten Messungs- mitteln nicht wahrgenommen werden kann; denn infolge jener äusseren Störungen beschreiben die Pole der Drehungsaxe der Erde, obwohl dieselben im Raume, also am Sternenhimmel, die im Eingange erörterte enorme Lagenänderung innerhalb des platonischen Weltjahrs er- fahren, an der Oberfläche der Erde nur kleine Kreise von etwa 28 em Halbmesser, (d. h. Winkelbewegungen von 0,009 Sekunden Spannweite), so dass man fast im strengen Sinne sagen kann, die Lage der Drehungsaxe im Erdkörper wird von jenen Lagenänderungen im Raume nicht beeinflusst. Ganz entgegengesetzt wirken aber Aenderungen der Masse und Massenvertheilung innerhalb des in Drehung begriffenen Systems. Hierbei sind die Lagenänderungen, welche die Drehungsaxe im Körper erfährt überwiegend, dagegen nebensächlieh diejenigen im Raume, und infolge der Besonderheiten des Problems der Erddrehung (näm- lich infolge der Kleinheit der anzunehmenden Verände- rungen der Massenvertheilung im Vergleich zu der un- veränderlichen Hauptmasse), ist auch hier die Neben- erscheinung, nämlich in diesem Falle die Lagenänderung der Drehungsaxe im Raume, verschwindend klein. Man kann daher fast streng sagen: Bei Drehungs-Störungen der Erde durch Veränderungen der Vertheilung der an der Drehung theilnehmenden Massen wird die Lage der Drehungsaxe im Raume durch ihre Lagenänderungen im Körper nicht merklich beeinflusst. Die sehr genaue und erschöpfende Darstellbarkeit der am Sternenhimmel beobachteten Lagenänderungen der Drehungsaxe im Raume durch die blossen Wirkungen Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 177 mm — — der Mond- und Sonnen-Anziehung (die übrigen Massen unseres Planeten-Systems können wegen ihrer Entfernung oder ihrer Kleinheit hierzu nur Unmerkliches beitragen), konnte also nach Obigem keinen Einwurf gegen das Vorhandensein von merklichen Bewegungen jener Axe im Erdkörper bilden, denn Bewegungen letzterer Art konnten eben am Himmel nicht merklich werden, weil sich bei ihnen die Lage der Drehungsaxe im Raume be- ständig erhalten musste. Es blieb also nun die Aufgabe, mit allen geeigneten Messungsmitteln und -Methoden selbstständige Untersuchungen über den Beständigkeits- grad der Lage der Drehungsaxe im Erdkörper anzu- stellen. Bewegungen dieser Art müssten sich durch Ver- änderungen der geographischen Breite und der geogra- phischen Längenunterschiede von solchen Beobachtungs- orten verrathen, an denen die Unveränderlichkeit der Lage der Lothrichtungen hinreichend gesichert erscheint, ausserdem auch durch Veränderungen der Winkel zwischen festen Richtungen an der Erdoberfläche und der Rich- tung der Meridian-Ebene des Beobachtungsortes, da diese Ebene durch die Lothriehtung und durch eine zur je- weiligen Lage der Drehungsaxe der Erde parallele Rich- tung bestimmt wird. Mit der hierbei zu stellenden Bedingung, dass die Lage der Lothriehtung am Beobachtungsorte unveränder- lich sei, hat es aber folgende Bewandniss. Die geogra- phische Breite eines Ortes wird bekanntlich gefunden, wenn man den Winkel, den seine Lothriehtung mit einer Parallele zur Drehungsaxe macht, von einem rechten Winkel abzieht. Ferner ist der geographische Längen- unterschied zweier Beobachtungsorte der Winkel, welchen die dureh Lothriehtung und Parallele zur Drehungsaxe bestimmte Meridianebene des eines Ortes mit der ebenso bestimmten Lage der Meridianebene des anderen Ortes macht. (Die besondere Schwierigkeit besteht hierbei darin, die infolge der Drehung der Erde stattfindende schnelle Veränderlichkeit der Lagen der Meridianebenen zu berücksichtigen, indem man mit Hülfe von Himmels- erscheinungen oder von telegraphischen oder optischen Signalen die Lage der beiden Meridianebenen im Raume in einem und demselben absoluten Zeitpunkte bestimmt, beziehungsweise die Verschiedenheiten der Zeitpunkte der beiden Bestimmungen gehörig in Rechnung stellt). Es ist aber nach Obigem einleuchtend, dass bei allen denjenigen Messungen, welche zur Kenntniss von Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper führen können, auch etwaige Veränderungen der Lage der Loth- riehtungen mit in Betracht gezogen werden müssen. Veränderungen der Lotbrichtung sind aber unter gewissen Umständen wirklich vorhanden. Zum Beispiel können an gewissen Stellen der Erdoberfläche, an denen infolge von besonderen Anhäufungen der Ebbe- und Fluthwirkungen auf weite Küstenstrecken hin Wasserberge bis zu 20 m Höhe in periodischer Veränderlichkeit kommen und gehen, die Lothriehtungen, welche das Er- gebniss der sämmtlichen am Beobachtungsort wirksamen Massenanziehungen einschliesslich der bezüglichen Wir- kungen der Drehung der Erde sind, entsprechende perio- dische Lagenänderungen erfahren und zwar ungefähr in solchen Beträgen, um welche es sich im Durchschnitt bei den periodischen Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper zu handeln scheint. Etwas geringere, aber doch noch merkliche Wirkungen derselben Art könnten auf die Lothriehtung durch solche in unmittelbarster Nähe des Beobaehtungsortes eintretende Veränderungen der Massenvertheilung ausgeübt werden, welche durch mensch- liehe Arbeit, z. B. durch Bauten von gewaltigen Dimen- sionen, hervorgebracht werden, Endlich wäre es auch denkbar, dass unter der Erdoberfläche Veränderungen der Massenvertheilung stattfinden, durch welehe ebenso- wohl die Lothriehtungen als die Richtung der Trägheits- axen und damit die Riehtung der Drehungsaxe beeinflusst werden könnten. Das Problem, welches hiernach fast unlösbar erscheint, vereinfacht sich jedoch bei näherer Erwägung. Zunächst muss man natürlich, wenn man das umfassende Phänomen der Lagenänderung der Drehungs- axe ergründen will, alle lediglich lokalen Störungen der Lothriehtung thunliehst aus dem Spiel bringen, also nicht nur alle von Menschenhand möglichen Veränderungen der Massenvertheilung in unmittelbarer Nähe, wenigstens während der Dauer einer Beobachtungsreihe, verhüten, sondern auch alle solchen Beobachtungsorte vermeiden, in deren Nähe starke Ebbe und Fluth oder bei denen notorisch unter der Erde, etwa in der unmittelbaren Nähe von Vulkanen, die Gefahr einer stärkeren und schnelleren Veränderliehkeit der Massenvertheilung vorhanden ist. An allen anderen Beobaechtungsorten ist sehr grosse Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, dass merkliche Ver- änderungen der Lothriehtung in kürzeren Zeiträumen nieht vor sich gehen werden; denn alle diejenigen Ver- änderungen der Massenvertheilung, welche in so grosser Entfernung vom Beobaehtungsorte stattfinden, dass sie sich nicht durch anderweitige Wirkungen an demselben auffällig machen, müssten, um aus der Ferne noch merk- liche Lagenänderungen der Lothrichtung hervorzubringen, von einer solehen Mächtigkeit sein, dass sie sich schwer- lich in kürzeren Perioden vollziehen könnten. Im Ganzen und Grossen aber wird die Ermittelung der Lagenänderungen der Drehungsaxe von den gleich- zeitigen entweder lokalen oder mehr systematischen, über grössere Theile der Erdoberfläche sieh erstreckenden Lagenänderungen der Lothriehtungen dadurch zu trennen sein, dass man gleichzeitig entsprechende Messungen an einer grösseren Zahl von Beobachtungsorten anstellt, welehe rings um die Erde zweekmässig vertheilt sind. Der erste Astronom, welcher etwas systematischere Ausschau nach Spuren von periodischen Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper hielt, war Bessel. Aus Beobachtungen, die in den Jahren 1820—21 zu Königs- berg über die Lage der Meridian-Ebene gegen eine fesie, dureh ein sogenanntes Meridianzeichen (eine im Abstande von 4200 Meter vom Beobachtungs-Instrument aufgestellte Steinpyramide) bestimmte Richtung angestellt worden waren, zog er den Schluss, dass eine etwaige Abweichung der Drehungsaxe der Erde von der Hauptaxe eine Viertel- Sekunde nicht wohl übersteigen könne. Bessel hatte auch kurz vorher (1818) eine Unter- suchung über den Einfluss von Veränderungen des Erd- körpers auf die geographischen Breiten veröffentlicht, in welcher er nachwies, dass zur Hervorbringung von Lagen- änderungen der Hauptaxe im Betrage von einer Sekunde Ortsveränderungen von so enormen Massen nothwendig seien, dass wenigstens Alles, was die Kräfte der Menschen auf der Erde verändern können, in dieser Beziehung unbedeutend sei. Die Grösse der natürlichen Massen- transporte, von denen sofort die Rede sein wird, zog er hierbei nicht in Erwägung, ebensowenig die Frage, ob nicht schon Lagenänderungen der Hauptaxe im Betrage von wenigen Hunderteln der Sekunde merklich werden könnten, insbesondere dadurch, dass sie die Ursache zu ansehnlich grösseren Lagenänderungen der Drehungsaxe werden. Bald nach dem Jahre 1840 begannen auf der Stern- warte zu Pulkowa bei St. Petersburg die bis zur Gegen- wart fortgesetzten ausgezeichneten Messungsreihen am Himmel, welche sich neben anderen Zielen auch die Untersuchung der Veränderliehkeit der geographischen 178 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. Breite durch etwaige Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper zur Aufgabe stellten. Die Namen der Astronomen Peters, Gylden und Nyren sind mit diesen schönen Arbeiten der Sternwarte zu Pulkowa verknüpft. Aehnliche Untersuchungen wurden weiterhin auch von Maxwell mit Hülfe der Beobachtungen der Sternwarte zu Greenwich und von Newcomb auf Grund von Beob- achtungen der Sternwarte zu Washington ausgeführt. Bei allen diesen Arbeiten legte man aber aus- schliesslich die Euler’sche oder zehnmonatliche Periode zu Grunde, indem man lediglich die Frage stellte, ob zwischen der Lage der Hauptaxe und der Lage der Drehungsaxe der Erde zur Zeit eine vielleicht allmählich entstandene, aber nunmehr nahezu beständige Abweichung von merklichem Betrage vorhanden sei. Nur unter der Voraussetzung der hinreichenden Beständigkeit einer solehen Abweichung konnte ja die von Euler angesagte regelmässige periodische Bewegung der Drehungsaxe um die Hauptaxe in der Umlaufzeit von zehn Monaten ver- wirklicht sein. Fanden dagegen infolge von fortgehenden regelmässigen oder unregelmässigen Veränderungen der Massenvertheilung im Erdkörper noch unablässige Lagen- änderungen der Hauptaxe statt und zwar von ähnlicher Grösse, wie die möglicherweise im Verlaufe der Zeit eingetretene beständigere Abweichung dieser Axe von einer früheren Lage, in welcher sie sich mit der Drehungs- axe vorübergehend in Uebereinstimmung befunden hatte, so musste auch die Veränderlichkeit der geographischen Breiten sich ganz anders gestalten, als nach dem ein- fachen Euler’schen Schema in der zehnmonatlichen Periode. Der Erste, weleher mit vollkommener Klarheit auf diesen Mangel der hypothetischen Voraussetzungen bei jenen sorgfältigen Untersuchungen über die Schwankungen der geographischen Breiten hinwies und es erklärlich machte, dass dieselben keine deutlichen und unter ein- ander übereinstimmenden Ergebnisse, sondern nur Spuren der vermutheten Erscheinung hatten liefern können, war Sir William Thomson. In seiner Ansprache an die British Association (Glasgow 1876) wies er darauf hin, dass es noch unablässig fortgehende Veränderungen der Massenvertheilungen auf der Erde gebe, welche nothwendig erhebliche Ab- weichungen von dem bis dahin angenommenen einfachen Verlauf der etwaigen Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdköper hervorbringen müssten. Er wies dabei hauptsächlich auf die fortgehenden, mehr oder minder regelmässig periodischen Veränderungen der Vertheilung des Wassers auf der Erde hin, insbesondere auf die Ver- änderungen der Lage der grossen Luft- und Meeres- strömungen, auf die Verdunstung des Wassers in den niederen Breiten und auf die Ablagerung dieser ver- dunsteten Wassermassen als Eis und Schnee in den höheren Breiten, und auf den ganzen, den Jahreszeiten folgenden Kreislauf aller dieser mächtigen Erscheinungen. Sir William Thomson rechnete bei dieser Gelegenheit, ohne nähere Details zu geben, heraus, dass infolge aller dieser Schwankungen der Massenvertheilung unregel- mässige Abweichungen der Drehungsaxe von der Hauptaxe in Beträgen von "/s, bis !/; Sekunde entstehen könnten. War diese Auffassung richtig, so wurde es in der That vollkommen erklärlich, dass die Untersuchungen, welehe sich von dem Schema der Euler’schen Periode nicht hatten loslösen können, ‚nahezu ergebnisslos ver- laufen waren. Worauf es jetzt ankam, das waren von jeder vorge- fassten Hypothese losgelöste, rein empirische Ermittelungen wirklich vorgekommener Veränderungen der geogra-' phischen Breiten auf Grund verschärfter und auch von sonstigen schematischen Voraussetzungen möglichst ı unabhängiger Messungen. ‚Als die günstigste Form der bezüglichen Mess- ungen hatte sich inzwischen ein Verfahren vervollkommnet, bei welchem man zugleich von den empfindlichsten Un- ' sicherheiten der Kenntniss der atmosphärischen Strahlen- brechung und ihrer Veränderungen frei wurde. Wenn man nämlich unter den tausenden von Fix- sternen, deren Oerter am Himmel und insbesondere deren Abstände vom Himmelspol, einschliesslich des Gesetzes | der zeitlichen Veränderungen dieser Abstände, schon gut , bekannt sind, je zwei aussucht, von denen der eine den Meridian um nahe ebenso viel südlich, als der andere kurz nachher oder vorher nördlich vom Scheitelpunkte des Beobachtungsortes passiert, so ist es möglich, durch sehr einfache und feine Messungen, bei denen es nur der Drehung des Fernrohrs um eine nahezu lothrechte Axe und der Ablesung einer Libelle und einer Mikrometer- Schraube bedarf, den Unterschied zwischen dem Abstand des Scheitelpunktes vom Himmelspol und der Mitte der Abstände der beiden Fixsterne vom Himmelspol zu be- stimmen. Hierbei bedarf es auch keiner Kenntniss der jeweiligen Ablenkungen, welche die Lichtstrahlen der Sterne durch ihre Brechungen in der Erdatmosphäre er- leiden, sondern nur der an sich plausibeln Annahme, dass die Strahlenbrechungswirkung in gleichem und nicht zu grossem Abstande vom Scheitelpunkt auf der Nordseite dieselbe ist, wie auf der Südseite. Was man bei vorliegendem Problem möglichst genau kennen will, das sind eben die Veränderungen des Scheitel- punktes vom Himmelspol; denn eine bestimmte Lagen- änderung der Drehungsaxe im Erdkörper bewirkt, so lange die Lothriehtung am Beobachtungsorte selber keine merklichen Lagenänderungen gegen feste Richtungen im Erdkörper erleidet (siehe oben), für jeden Beobachtungs- ort eine ganz bestimmte Veränderung der Axenrichtung gegen die Lothrichtung, d. h. des Abstandes des Himmels- pols vom Scheitelpunkt. Veränderungen dieses Ankkinies können sich nun aus den oben beschriebenen Messungen der jeweiligen Lage des Scheitelpunktes zu der Mitte der Abstände der beiden beobachteten Sterne vom Himmelspol sehr ein- fach und sicher ergeben, wenn man die zeitlichen Ver- änderungen der Abstände dieser Fixsterne vom Himmels- pol kennt. Diese Veränderungen sind aber mit Hülfe der sehr genau ermittelten Lagenänderungen der Dre- hungsaxe der Erde im Himmelsraume, von denen wir im Eingange gehandelt haben, und mit Hülfe der son- stigen Messungen der Sternbewegungen am Himmel er- sehöpfend bekannt, denn, wie wir oben nach der strengen Theorie berichteten, verursachen die in Frage stehenden Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper, welche den Abstand des Himmelspoles von dem Scheitelpunkte eines Beobachtungsortes beeinflussen, keinerlei merkliche Lagenänderungen dieser Axe im Raume, also auch keinerlei merkliche Veränderungen der Abstände des Himmelspols von den Sternen, Mit anderen Worten kurz zusammengefasst stellt sich dieser auf den ersten Blick etwas verwickelte Sachver- halt folgendermassen dar: Da von den fraglichen Lagenänderungen, welche die Drehungsaxe im Erdkörper, also auch in Bezug auf die im Er dikörper festen Lothriehtungen erleidet, die Lage des Poles dieser Axe zu den Fixsternen nicht beeinflusst wird, so müssen die fraglichen Veränderungen der Lage der Drehungsaxe gegen die Lothriehtungen auch als Ver- änderungen der Lage der Scheitelpunkte zu den Fix- sternen zur Erscheinung kommen, Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 179 Derartige Veränderungen traten endlich mit einer bis dahin nicht sieher erreiehten Zuverlässigkeit hervor in den mit grösster Sorgfalt nach obiger Messungsmethode ausgeführten, wenngleich ursprünglich zu einem anderen Zwecke geplanten Beobachtungsreihen, welche in den Jahren 1884 und 1885 von Dr. Friedrich Küstner auf der Königl. Sternwarte zu Berlin mit einem von dem hiesigen Mechaniker ©. Bamberg verfertigten Instrument angestellt worden waren. Und zwar unterschieden sich diese Ergebnisse aufs deutlichste von gewissen früheren Befunden, bei denen sich Schwankungen der geogra- phischen Breiten in jährlicher Periode gezeigt hatten, welehe man aber bei ihrer weniger einwurfsfreien Me- thode der Bestimmung sehr wohl durch die Einwirkungen der jährlichen Temperaturperiode auf die Strahlenbrechung und auf die instrumentalen Verhältnisse erklären konnte; denn der hervorstechendste und zweifelloseste Zug von Küstner’s Ergebnissen bestand darin, dass die geogra- phische Breite der Berliner Sternwarte vom Frühjahr 1584 bis zum Frühjahr 18355 um 20 Hundertstel der Se- kunde abgenommen hatte, während nach den auf einigen Sternwarten beobachteten jährlichen Perioden zur selbigen Jahreszeit wieder derselbe Werth hätte eintreten müssen. Im übrigen liessen die Beobachtungen Küstner’s erkennen, dass die Maximalschwankung der geographischen Breite innerhalb seiner Beobachtungsreihen sogar 4 bis 5 Zehntel der Sekunde betragen hatte. Die Fachgenossenschaft nahm das auffallende Er- gebniss anfangs mit starken Bedenken auf und war ge- neigt, der ungünstigen Lage unserer Sternwarte mitten in einer grossen Stadt den Hauptantheil an der Erschei- nung zuzuschreiben, etwa eine gewisse veränderliche Unsymmetrie der Strahlenbrechungswirkungen zwischen der Nordseite und der Südseite des Scheitelpunktes als Erklärungsgrund zu vermuthen. Man säumte jedoch nicht, trotz dieser Zweifel nun- mehr umfassendere Untersuchungen der Frage zu veran- stalten. Insbesondere war es die permanente Commission der internationalen Erdmessung, welche, im Anschluss an ihre von den italienischen Fachgenossen schon auf der Conferenz zu Rom im Jahre 1883 angeregte Befürwortung umfassender Untersuchungen über die Frage der Veränderlichkeit der geographischen Breiten, im Jahre 1858 in ihrer Versammlung zu Salzburg die Förderung der ganzen Untersuchung kräftig in die Hand nahm. Das von Herrn Prof. Helmert in Berlin geleitete Centralbureau der Erdmessung empfing den Auftrag, baldigst ein Zusammenwirken von mehreren Sternwarten zum Zwecke anhaltender gleichzeitiger Beobachtungen der geographischen Breiten nach dem von Dr. Küstner befolgten Verfahren zu organisiren und auch durch die Geldmittel der Erdmessung zu fördern. Von diesem Zeit- punkte an hat die weitere Entwickelung der Angelegen- heit Herrn Prof. Helmert das Wesentlichste zu danken gehabt. Unterstützt wurde er hierbei in eifriger und ge- 'schickter Weise von den Beobachtern Direetor Dr. Weinek und Dr. Gruss auf der Sternwarte zu Prag, Schnauder auf der Sternwarte zu Potsdam, Dr. Marcuse auf der Sternwarte zu Berlin und bei der zusammenfassenden und gleichartigen Bearbeitung der (in Zahl von über 5000 vollständigen Bestimmungen der geographischen Breiten) erlangten Beobachtungen durch Herrn Prof. Albrecht vom Königlichen Geodätischen Institute zu Berlin. Die eorrespondirenden Messungen begannen auf der Sternwarte zu Berlin und zu Potsdam im Anfange des Jahres 1839, zu Prag im Sommer 1889 und schon im Frühjahr 1590 konnte erwiesen werden, dass man kein blosses Berliner Phänomen vor sich habe, sondern dass in Berlin, Potsdam und Prag der Abstand zwischen Scheitelpunkt und Himmelspol oder die Ergänzung der geographischen Breite zu einem rechten Winkel in be- merkenswerth übereinstimmender Weise Veränderungen bis zum Betrage von fünf bis sechs Zehnteln der Sekunde (entsprechend Bewegungen der Pole an der Erdoberfläche im Betrage von etwa 20 Metern) erfahren hatte. Der weitere Fortgang der Beobachtungen im Jahre 1890 hat alsdann diesen Sachverhalt im Wesentlichen bestätigt. Auch hier zeigte sich übrigens wieder deutlich, dass man es nicht mit einer bloss jährlichen Periode zu thun hat, welche etwa durch die jährliche Temperaturperiode in irgend einer naheliegenden Weise erklärt werden könnte; denn die Beobachtungen ergaben die geographischen Breiten zur selbigen Jahreszeit im Jahre 1890 um nahezu zwei Zehntel der Sekunde kleiner als im Jahre 1889. Auch die Theorie begann nun, anknüpfend an den oben erwähnten Gedankengang von Sir William Thomson, das Problem vollständiger zu erfassen, als es bis dahin geschehen war. Es wurde jetzt von Radau in Paris und in Anknüpfung an dessen kurze Veröffentliehungen ein- gehender von Prof. Helmert untersucht, wie sich denn überhaupt die Bewegung der Drehungsaxe im Erdkörper gestalten müsse, wenn die Lage der Hauptachse selber periodische, z. B. durch meteorologische und hydrolo- gische Vorgänge bedingte, alljährliche Schwankungen erfahre, während gleichzeitig die Drehungsaxe um diese veränderliche Lage der Hauptaxe nach dem Euler’schen Gesetz unablässig zu einer konischen Bewegung gezwun- gen sei, deren volle Umlaufszeit bei ruhender Lage der Hauptaxe zehn Monate betragen würde. Schon vorher, im Sommer 1889, hatte Schiaparelli ähnliche Probleme behandelt, aber nicht mit Bezug auf schnellere periodische, sondern auf fortschreitende säkulare Lagenänderungen der Hauptaxe im Erdkörper. Radau’s und Helmert’s Untersuchungen ergaben jeizt das entscheidend wichtige Resultat, dass eine jährliche Periode der Lagenänderungen der Hauptaxe sich mit der zehnmonatliehen Periode der Bewegung der Drehungs- axe um die Hauptaxe zu einer grösseren Periode von fünf Jahren zusammensetzt, in der fünf jährliche Perioden mit sechs vollen zehnmonatlichen Perioden zu- sammentreffen, und dass die so zu sagen epieyklische Bewegung, welehe der Pol der Drehungsaxe um den Pol der selber bewegten Hauptaxe beschreibt, alle fünf Jahre während zwei bis drei Jahren eine bedeutende Vergrös- serung erfährt, während jene Bewegung sich innerhalb des übrigen Theils der fünfjährigen Periode auf eine geringere Weite zusammenzieht. Es wird durch diese Theorie ferner wahrscheinlich gemacht, dass um die Zeit des Maximums der Bewe- gungen der Drehungsaxe im Erdkörper die Schwankungen der geographischen Breiten über sechs mal grösser werden können, als die durch meteorologische Vorgänge entste- henden jährlichen Schwankungen der Lage der Hauptaxe, und dass die grösseren Schwankungen der geographischen Breiten von einem Wellenberge zum andern in etwas mehr als 11 Monaten, die kleineren in 14 bis 16 Monaten verlaufen, und dass dabei im allgemeinen von den auf- einander folgenden Maximal- oder Grenzwerthen der einzelnen Schwankungen der geographischen Breite (je nach der Lage der einzelnen Schwankungen innerhalb der umfassenden 5jährigen Periode) der spätere bald grösser, bald kleiner ist, als der nächstvorhergehende. Diese merkwürdigen Ergebnisse der Theorie werfen nun auch auf den ganzen oben dargelegten Verlauf der Entwicklung der Angelegenheit helleres Licht. Zwar darf nicht erwartet werden, dass diese Theorie in der Vergangenheit und in der Zukunft bis in’s Einzelne Be- 180 Naturwissenschaftliche Wochensehrift. Nr. 18. stätigung finden werde, denn die alljährlichen meteo- rologischen Vorgänge, von denen die Bewegung der Hauptaxe wesentlich abhängt, sind selber von einer ganz regelmässigen Periodieität ziemlich weit entfernt; aber im Ganzen und Grossen bietet doch die Theorie nicht bloss eine zwanglose Deutung der verhältnissmässigen Erfolglosigkeit mancher früheren Untersuchungen und der bei ihnen hervorgetretenen Schwierigkeiten dar, sondern die Epochen der deutlichsten und erheblichsten, in dem letzten Jahrzehnt beobachteten Schwankungen der Breiten scheinen sich auch in die 5jährige Periode ganz gut einzufügen, nämlich neben den Beobachtungen von 1889-1890 die Berliner Beobachtungen von 1884—1885 und eine Reihe anderer Beobachtungen um 1880 und 1881, auf welehe Dr. Küstner schon früher hingewiesen hatte. Keinesfalls wird man sich aber angesichts der noch obwaltenden Unsicherheit der hypothetischen Voraus- setzungen bei obiger Theorie beruhigen dürfen, sondern es wird zur tieferen und stetigen Kenntniss der fraglichen Lagenänderungen der Hauptaxe und der Drehungsaxe unablässig fortgesetzter Messungen bedürfen; und zwar soll nach Beschluss der permanenten Commission der internationalen Erdmessung zunächst nicht bloss auf eine stetige Fortsetzung der bisherigen Beobachtungen in Mittel-Europa hingewirkt, sondern auch sofort auf Kosten der Erdmessung eine wissenschaftliche Expedition nach einer Mittel-Europa gerade gegenüber liegenden Station bei Honolulu (Sandwich-Inseln) ausgesandt werden mit dem Auftrage, dort zunächst während 11—12 Monaten unablässige Bestimmungen der geographischen Breite auszuführen. Diese Beobachtungen werden Herrn Dr. Marcuse, der sich bei den bisherigen entsprechenden Beobachtungen in Berlin ausgezeichnet hat, übertragen werden. Die Strenge der wissenschaftlichen Forschung ver- langt es nämlich, dass die Erscheinungen selber nunmehr so zweifellos und vollständig als irgend erreichbar unter möglichst verschiedenen Umständen, insbesondere auch hinsiehtlich des Einflusses der Lage des Beobachtungs- ortes, festgestellt werden. Undenkbar wäre es nämlich nieht, dass die bisherigen Beobachtungsergebnisse auch noch ganz andere Deutungen fänden oder wenigstens zum Theil auch noch die Einflüsse anderer Ursachen, als die Lagenänderung der Drehungsaxe im Erdkörper, ent- halten könnten, z. B. gesetzmässig veränderliche Ab- weichungen in der Lage der Flächen gleicher Diehtig- keit in den oberen Luftschichten von: der nahezu paral- lelen Lage zu den entsprechenden Flächen in der Nähe der Erdoberfläche, wodurch in der That veränderliche Unsymmetrie der Strahlenbrechung auf der Nord- und Südseite des Scheitelpunktes und damit in der oben dargelegten Weise scheinbare Veränderlichkeit der geo- graphischen Breite verursacht werden könnte. Ganz un- denkbar wäre auch nieht eine gemeinsame veränderliche Störung der Lage der Lothriehtiungen in Mittel- Europa. Zwar ist die auf Strahlenbreehungs-Anomalien begründete Erklärung an sich wohl unwahrscheinlich, da ein solcher Sachverhalt schwerlich ohne anderweitige Anzeichen in der meteorologischen Forsehung und auch in der Astro- nomie geblieben sein könnte, und auch die Störung der Lothriehtungen ist um so unwahrscheinlicher, als neuer- dings auch die Sternwarte zu Pulkowa Breitenschwan- kungen fast genau übereinstimmend mit den mitteleuro- päischen Sternwarten beobachtet hat. Dem ungeachtet ist es von entsprechender Wichtigkeit, nunmehr das Ex- periment auch auf der gegenüberliegenden Seite der Erde anzustellen; denn wenn die Breitenschwankungen lediglich von den Lagenänderungen der Drehungsaxe im Erdkörper herrühren, müssen sie auf jener Seite in gleichem Betrage, aber im entgegengesetzten Sinne auf- treten, während bei dem Vorwalten anderer Ursachen das Ergebniss ganz anders sein würde. Es möge der Hinweis gestattet sein auf die all- gemeine Bedeutung, welche die ganze Angelegenheit für das Zusammenwirken der Culturvölker haben wird; denn es wird nunmehr in jedem Erklärungsfalle der Erscheinung ein umfassender Ueberwachungsdienst der bezüglichen natürlichen Verhältnisse, welche für alle unsere Messungen so fundamentale Wichtigkeit haben, auf gemeinsame Kosten einzurichten sein. Auch auf die Möglichkeit fortschreitender Lagenänderungen der Dre- hungsaxe im Erdkörper sei noch ein Blick geworfen. Nach v. Helmholtz und Schiaparelli darf man kaum mehr daran zweifeln, dass im Verlaufe der Entwicklung der Erde die Drehungsaxe sehr verschiedene Lagen im Erdkörper gehabt haben könne. Auch in dieser Hinsicht wird jener Ueberwachungsdienst wichtige Ergebnisse liefern. Vielartiger und verwickelter werden die Erschei- nungen, aber jede fortschreitende Verfeinerung der Wahr- nehmung führt zu Bereicherungen der Gedankenwelt, welche diese folgerichtiger und uns dadurch mächtiger, freier und auch an Glück reicher machen. Myriea Gale und Ledum palustre. — S.99 d. Jahrg. | M. u. a. vor im Kubbelkower Moor bei Bergen; auf der heisst es, dass das Grenzgebiet und das Ineinander- greifen derselben bei Lauenburg in der Elbgegend sei. Es möge deshalb gestattet sein, auf das erheblich östlieher gelegene Neuvorpommmern und Vor- pommern zu verweisen, wo dieselben Wechselbeziehun- gen herrsehen.*) Auf dem Dars mit seinen herrlichen Beständen von Ilex Aquifolium ist Myriea Gale in den tiefen vertorften parallelen Rinnsalen des grossen Wald- bezirks gemein, ebenso auf dem anstossenden Zingst. Sonst kommt M. vor bei Barth in der Hermannshäger und Neuendorfer Haide. Auf der Insel Rügen kommt *) Herr P. Ascherson, dessen Mittheilung über die Ver- breitung von Myrica und Ledum a. a. O. auszugsweise wieder- gegeben ist, macht die Redaction brieflich darauf aufmerksam, dass das Nebeneinandervorkommen beider Sträucher im den Küstenländern der Ostsee, die durch die z. Th. neuen Fundsorts- angaben des Herrn E. Fr. eine erwünschte Bestätigung findet, den Ausgangspunkt seiner Erörterungen bildete, Halbinsel Mönchgut ist M. häufig. Südlich von W olgast auf den Wiesen an den Ziesen-Bergen, in der Gremitz, bei Seebad Lubmin, Wusterhusen, Warsin. Bei Lassan auf den Waschower Wiesen, bei Anklam auf den Peene- wiesen; auf Usedom gemein. Ledum palustre kommt bei Greifswald im Kies- höfer Moor, im Helmshäger Moor vor, also nahe den Fundstellen von M. bei Wolgast und Lassan. Bei Swinemünde auf Usedom ist L., neben M., häufig in den sehr feuchten Kiefernbeständen am Zernin, bei West- swine, nach Friedriehsthal und Camminke zu förmlich Diekichte bildend. Dr. Carl Bolle hat übrigens auf seiner Insel Scharfenberg im Tegeler See bei Berlin an einem moorigen Tümpel Myriea Gale, Genista anglicee und Erica Tetralix, sämmtlich schmierig zu kaltieirende Haidesträucher, seit Jahren mit Erfolg ausgepflanzt, E. Er, Nr. 18. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 181 Bisher‘ war Hermaphroditismus nur bei solchen Krustern bekannt, bei denen die Lebensweise die Ge- fahr in sich schloss, dass in Folge Isolirung der Indivi- duen ein Aussterben der Art erfolgen könne, also bei den festsitzenden oder parasitischen Thieren, z. B. bei den Cirripedien und schmarotzenden Isopoden. Doch be- sitzen manche Lepadiden auch Zwergmännchen. Es macht nun Henry Bernard wahrscheinlich (Herma- phroditismus bei Phyleopoden. Jen. Ztschr. f. Naturw. 25. B. S. 337. Jena, 1890), dass auch die in Gräben und Tümpeln vorkommenden Kiefenfüsse (Apus und Lepidurus) jene im Frühjahr oft in erstaunlicher Menge auftretenden ansehnliehsten unserer Blattfüsser, Zwitter sind. Schäffer fand seiner Zeit keine Männchen und glaubte daher, eine parthenogenetische Fortpflanzung bei diesen Thieren behaupten zu dürfen. Später muth- massten Zaddach und Berthold Zwittrigkeit, bis die Männchen, die oft gar nicht, oft in sehr geringer An- zahl auftreten, entdeekt wurden. Siebold nahm nun an, dass die parthenogenetische Fortpflanzung nur Weibchen erzeugt, Männchen aber bei geschlechtlicher allein ent- stünden (Thelytokie). Bernard fand nun bei einem von Kükenthal aus dem östlichen Spitzbergen mitgebrachten Lepidurus, der sich von L. glacialis Kroyer durch den Besitz von 2 (statt einer) Antennen unterscheidet, neben Eierstöcken Hoden. Er fand also hier die Zaddach’sche Vermuthung bestätigt und glaubt auch für unsere Kiefen- füsse die Wahrscheinlichkeit der Zwittrigkeit aussprechen zu dürfen. Der Umstand, dass diese Krebse in rasch austroeknenden vereinzelten Wässern vorkommen, isolirt sie in ähnlicher Weise, wie die festsitzende oder para- sitische Lebensführung ihre genannten Verwandten, C.M. Zum Mariotte’schen Gesetz. — Herr Ulysse Lala berichtet in einer Mittheilung an die Pariser Akademie der Wissenschaften über Studien, die er über die Zu- sammendrückbarkeit von Gasgemischen angestellt, welche aus Luft und Wasserstoff zusammengesetzt waren. Die Untersuchungen beziehen sich wesentlich auf solche Ge- mische, in denen das Verhältnis des Wasserstoffs zur Luft höher wie 16 : 100 war. Die angewandten Drucke sind zwischen den Grenzen 105 em Quecksilber — Anfangs- druck, dem Volumen 1 entsprechend — und 1560 cm, der oberen Grenze der Enddrucke unter dem Volumen Y/,, enthalten. Die hauptsächlichen Ergebnisse lassen sich, wie folgt, zusammenfassen: Die Zusammendrückbarkeit der Gemenge an Luft und Wasserstoff, in welehen das Mengenverhältnis des letzteren Stoffes 16,31 °/, und mehr beträgt, liegt zwischen der der Luft und des Wasserstoffes für schwache anfäng- liche Drucke, die mit der Menge des Wasserstoffes zu- nehmen und sich bis zu etwa 175 em Quecksilber er- heben für ein Gemenge mit 49,59 °/, Wasserstoff. Diese Zusammendrückbarkeit weicht vom Mariotte’schen Gesetz in demselben Sinne ab, wie diejenige des Wasserstoffs. Bei Vermehrung des Enddrucks bleibt die Abweichung vom Mariotte’schen Gesetz, für ein bestimmtes Gemenge, zwar immer von demselben Sinne, wie eben erwähnt, wird aber für das Gemenge grösser als für den Wasser- stoff. Mit dem Anfangsdruck wächst die Abweichung so, dass die Zusammendrückbarkeit des Gemisches be- ständig kleiner ist, als die des Wasserstoffs. Wird die Menge des Wasserstoffs in dem Gemisch vermehrt, so entfernt sich die Zusammendrückbarkeit des Gemenges fortschreitend, wenn auch nur langsam, von der des Wasserstoffes. Aber für ein Mischungsverhält- niss, das zwischen 33,08%, und 39,28 °/, Wasserstoff liegt, hört diese Riehtung in den Aenderungen der Com- pressibilität nicht nur auf, sondern schlägt vielmehr, für schwache anfängliche Drucke, unter 180 em Quecksilber, in die entgegengesetzte um; die Zusammendrückbarkeit nähert sich also der des reinen Wasserstoffs. Und diese Tendenz bleibt auch bestehen, wenn das Misehungsverhältniss noch mehr zu Gunsten des Wasser- stoffs verschoben wird, und zwar für jeden beliebigen anfänglichen Druck innerhalb der angegebenen Grenzen. Aktinometrische Beobachtungen in Moskau. — Aut dem Observatorium der Petrowski’schen Akademie bei Moskau haben die Herren Colley, Mischkin und Kasin aktinometrische Beobachtungen angestellt, die sich sowohl auf die Totalintensität der Sonnenstrahlung, wie auch auf die zerstreute Strahlung des gesammten Himmels- gewölbes erstrecken und auf die horizontale Flächen- einheit des Bodens bezogen sind. Diese Beobachtungen begannen am 1. Juni 1839 und dauerten ohne Unter- brechung bis zum 23. October, wo das angewandte Aktinometer aufhörte, regelmässig zu arbeiten, nachdem die Temperatur unter —10° gesunken war. Die Beob- achter fassen ihre Ergebnisse in Folgendem zusammen: Der tägliche Gang der Strahlung an heissen Tagen zeigt in Moskau dieselben typischen Kennzeichen, wie sie von Herrn Crova für Montpellier gefunden worden sind. Die Kurve des täglichen Ganges ist nicht symmetrisch zur Mittagsordinate. Die hauptsächlichen Maxima finden im Sommer gegen 10ba. und um 5bp. statt, und sind durch ein seeundäres Minimum getrennt. Im Herbst nähern sich die Zeiten beider Maxima dem Mittage. Die Insolation ist in Wirklichkeit im Monat Juli stärker, als im Juni und im August, während sie, theo- retisch genommen, im Juni am stärksten sein sollte. Die Durchlässigkeit der Atmosphäre ist daher im Juni schwächer, als in den beiden Folgemonaten, während die Dauer der Insolation ja allerdings im Juni länger ist als im Juli. Die Beobachter haben sich, nach den Comptes rendus vom 31. März d. J., eines Richard’schen Aktinographen bedient, dessen Angaben in absolutes Maass (Gramm-Grad) übergeführt sind, d. h. im Calorien pro Quadrateentimeter der horizontalen Bodenfläche. Diese Reduktionen sind bewerkstelligt mit Hülfe des Crova’schen Pyrheliometers, welches gleichzeitig mit dem Aktinometer beobachtet wurde. Herr Crova bemerkt a. a. O., dass diese Moskauer Beobachtungen nicht direkt vergleichbar sind mit denen, die er selbst zu Montpellier und Herr Sawelieff zu Kiew angestellt hat, weil sie die Strahlungen der Sonne und des Himmels zusammen geben, während die Aufzeich- nungen der genannten beiden Forscher nur die direkte Sonnenstrahlung enthalten. Und weiter wird das an- gewandte Instrument von verschiedenen Ursachen beein- flusst, vornehmlich durch den Wind, dessen Wirkung dahin geht, die Temperaturdifferenz beider Kugeln zu vermindern, und zwar umsomehr, je stärker der Wind ist. Nichtsdestoweniger bleibt aber als bemerkenswerthes Hauptergebniss der russischen Untersuchung bestehen, dass die mittägliche Depression in Moskau ganz ebenso festgestellt ist, wie für Kiew und Montpellier. Diese Depression muss daher ihren Grund in einer allgemeinen, von örtlichen Verhältnissen unabhängigen Quelle haben. Auch die Annäherung der beiden Maxima (vom Vormittag und vom Nachmittag) an einander, im Herbst, ist auf allen drei Stationen gleichmässig festgestellt worden, ganz ebenso wie die Thatsache, dass die Insolation im Juni geringer ist als im Juli. Eine grössere, das ganze Jahr umfassende 182 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 18. Beobachtungsreihe würde wohl noch eine weitergehende Uebereinstimmung aller drei Stationen zur Folge haben. Zu beachten ist noch, dass bei der continentalen Lage von Moskau und Kiew die Luft dort eine grössere Durch- lässigkeit für die Wärmestrahlung haben wird, als zu Montpellier, dessen südliche Lage in nächster Nähe des Meeres die Menge der absorbirenden Dämpfe in der Luft natürlich sehr vermehren muss. Obgleich die Sonne dort öfter als an jenen russischen Stationen scheint, ist doch die Durchlässigkeit der Luft eine geringere in Montpellier als in Moskau und Kiew. Gewinnung von Kohlensäure. — Claus in London hat, wie wir den „Industrieblättern“ entnehmen, eine auf technischem Gebiete wichtige Erfindung gemacht, und ist diese dem Erfinder auch bereits patentirt worden. Selbige dürfte für viele Zweige der chemischen Industrie von bedeutendem Einflusse sein, vorausgesetzt, dass die Beobachtung des Erfinders sich bestätigt und die Kosten des Verfahrens nur geringe sind. Es handelt sich um die Gewinnung und Ausnützung der in den verschiedenen Feuerungsstätten produeirten Kohlensäure, welche ge- wöhnlich noch mit Russtheilchen verunreinigt und sehr durch Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlenoxyd verdünnt ist, wie es denn auch gerade bisher die erwähnten Ver- unreinigungen, sowie der hohe Procentgehalt an Stick- stoff resp. die sehr starke Verdünnung der Kohlensäure waren, an der bei früheren Versuchen immer die Ver- wendung der kohlensäurehaltigen Feuergase scheiterte. Der Erfinder glaubt nun sein Ziel in folgender Weise zu erreichen: die Verbrennungsgase werden durch ein System von Serubbern geleitet, in welchen sie durch eine Lösung von Ammoniak von der Kohlensäure befreit werden. Die auf diese Weise erhaltene Flüssigkeit, welche hauptsäch- lieh Ammoncarbonat oder Ammonsesquicarbonat enthält, wird in einen Heizapparat übergeführt, der ebenfalls aus mehreren geschlossenen Elementen besteht. Die einzelnen Gefässe werden von der Ammoncarbonatlösung der Reihe nach passirt, während unten Dampf oder heisse Luft eintritt. Die Temperatur muss hierbei so regulirt werden, dass sie unten 93° C., oben 82—88° C. beträgt. Auf diese Weise entweicht oben die Kohlensäure, während die Ammoniaklösung hinterbleibt, um dann von Neuem in die Serubber zu treten. Das oben austretende Kohlen- säuregas ist noch mit etwas Ammoniak beladen. Man entfernt dasselbe durch Condensation und mit Hülfe eines Waschapparates. „Ueber die Selbstreinigung der Flüsse“ hat Pro- fessor Dr. Cazeneuve in der „Revue d’Hygiene“ inter- essante Mittheilungen veröffentlicht, aus denen unter an- derem hervorgeht, dass die Selbstreinigung der Flüsse eine beständig beobachtete und von vielen Hygienikern Frankreichs, Englands und Deutschlands sicher nachge- wiesene Thatsache ist. Die Ursachen der Selbstreinigung lassen sich nach Verfasser in 3 Gruppen bringen: 1. physikalische und mechanische, 2. chemische und 3. biologische, welehe noch im Einzelnen eingehend be- sprochen werden. Obwohl sich hieraus einige Er- klärungen für die Selbstreinigung der Flüsse bereits ab- leiten lassen, so meint doch Cazeneuve am Schlusse seiner Ausführungen, dass sich unser ungenügendes Wissen in dieser Sache noch immer fühlbar ‘mache, da selbst die Gelehrten für die Ursachen der Selbstreimigung der Flüsse noch keine genügenden Erklärungen abzugeben vermöchten. 0. Neuere Bestimmungen der Länge des Secunden- pendels in Russland. — Bereits im Jahre 1884 beschloss die Kaiserliche Geographische Gesellschaft zu St. Petersburg, in Russland auf bisher zu diesem Zwecke noch gar nicht oder nur wenig berührten Gebieten Pendelmessungen zu veranstalten. Nachdem die erforderliche Zustimmung der Behörden erlangt war, wurden zunächst in Hamburg bei Repsold drei Pendelapparate und bei Hohwü in Amsterdam die nothwendige zugehörige Uhr bestellt. Nach Fertigstellung der Instrumente wurden durch Herrn Lenz von der Sternwarte Pulkowa zunächst in Berlin und Pul- kowa eine Reihe vorläufiger Beobachtungen angestellt, um in Zusammenhang zu kommen mit früheren Untersuchungen dieser Art, von denen namentlich die von Bessel, Sawitsch, Lenz, Smysloff, Basevi, Heaviside, T'singer, Stebnitzky und Kuhlberg in Betracht kamen. Der kais. russische Marine- lieutenant, Herr Wilkitzky, konnte für die Ausführung der Untersuchungen, die von der russischen Regierung liberal gefördert wurden, gewonnen werden. Nachdem dieser Beobachter sich unter Leitung des Herrn Lenz in Pulkowa vollkommen eingeübt hatte, trat er am 30. Juni 1887 die Reise in das Beobachtungsgebiet an. Als Stationen, auf denen die Länge des Secundenpendels ab- geleitet werden sollte, waren Nowaja Semlja und Archangelsk ausgewählt worden. Wilkitzky ging zuerst nach Nowaja Semlja, wo er seinen Beobachtungsort in 72° 22’ 33,3 N. Br. und 3% 30m 50s,1 E. L. von Green- wich wählte. In Archangelsk war die Position des Be- obachtungspunktes 64° 34° 16”,5 N. Br. und 2h 42m 45 E. L. von Greenwich. Die Beobachtungen waren natür- lich so organisirt, dass vor der Abreise die Schwingungs- dauern der Pendel in Pulkowa bestimmt worden waren, dann die Beobachtungen auf den Stationen absolvirt wurden und endlich, nach der Heimkehr, noch einmal eine entsprechende Bestimmung in Pulkowa stattfand. Die Uhr wurde durch neun Chronometer und stete Zeit- bestimmungen controllirt. Die Ergebnisse werden für die Pendel No. II und No. III wie folgt angegeben, wobei die mittleren Fehler in Einheiten der 7. Deeimale zu verstehen sind: Schwingungsdauer Pendel II Pendel III Pulkowa (vor der Expedition) .. 05,749 9441 + 148 05,749 9169 = 23,4 Nowaja Semlja . 0,749 6136 + 26,1 0,7149 5878 = 33,8 Archangelsk ... 0,749 7935 5 118 0,749 7689 + 14,6 Pulkowa (nach d. Expedition) .. 0,749 947 + 182 0,749 9140 . = 23,4 Für die Differenzen der Pendellängen gegen Pulkowa wurden auf Grund der erlangten Zahlen gefunden | Pendel II Pendel III Mittel Nowaja. Semlja—Pulkowa Omm, 8632 Omm, 8549 Omm, 8591 + 65 Archangelsk—Pulkowa.. 0 ,3856 0 ,3739 0 ,3797 36 In Pulkowa ist früher die Länge des Seeundenpendels durch General Stebnitzky bestimmt worden zu 994"m, 8384. Damit ergiebt sieh also die Länge des Seeundenpendels für Nowaja Semlja: 995m, 6975 und für Archangelsk: gy5mm, 2185. Ein interessanter Regulator für Dampfmaschinen ist von J. Bourne u. Co. in London construirt, und an deren Sehnellläufer-Dampfmaschinen angebracht worden. Derselbe beruht darauf, dass eine aus elastischen Streifen bestehende Kugel bei Rotation um ihre Axe sich an den Polen der letzteren abplatten muss. (Ein bekanntes Schulexperiment benutzt diesen Umstand ja auch). Dem- gemäss besteht der Bourne’sche Regulator aus einer Kugel aus Messing oder Stahlblech, welche in unter sich gleiche Streifen geschnitten ist. Die Schnitte liegen in durch die Kugelachse gedachten Ebenen und gehen nicht Nr. 18. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 183 EEE bis zur Achse, sondern lassen oben und unten ringförmige Stücke undurchschnitten, woran Naben genietet sind. Wird diese Kugel in Umdrehung versetzt, so bewirkt die Fliehkraft eine Abplattung der Kugel an den Polen und da eine Polnabe gegen Verschiebung festgehalten, die andere aber die Drosselventilspindel, welche zugleich Drehaxe ist, mit sich ziehen kann, so bewirkt eine grössere oder geringere Abplattung je nach der Drehge- schwindigkeit, mehr oder weniger Schliessen des Drossel- ventiles. Die Nabe zunächst dem Ventilkastendecket ist fest auf die Schnurlaufscheibe gesteckt, und diese sitzt dreh- bar, aber nieht verschiebbar, auf der Lagernabe der Ventilspindel, die mit dem Ventilkastendeckel aus einem Stück ist. Die andere Nabe sitzt drehbar, aber nicht verschiebbar, auf einem Futter, das auf die Ventilspindel geschraubt ist. „Kaffee - Appreturen“ sind nach F. Wallenstein (Ztsehr. f. Nahrungsmittelunters.) Farb- und Appretur- mittel, welche zur Qualitätsverdeckung geringerer Kaffee- sorten Verwendung finden. Die Grundlage dieser Mittel ist Talk, dem Farbstoffe beigemischt sind. Die Bohnen werden angefärbt, indem dieselben in eigenartigen Trommeln mit den Farbstoffen, denen man durch Mischungen verschiedene Farben geben kann, geschüttelt werden; sie erhalten durch den Talk eine wachsartig glänzende Oberfläche. Als Farben verwendet man haupt- sächlieh für: Roth: Eisenoxyd, Orange: Bleichromat, Gelb: Eisenhydroxyd, Chromgelb, Azogelb, Grün: Ma- laehitgrün, Methylgrün, Blau: Berliner Blau, Ultramarin, Grau und Schwarz: Gerbsaures Eisenoxyd, Graphit und Kohle. (07 Kırtteratur: 2 Emile Mathieu, Theorie de Velastieite des corps solides. Pre- ımiere partie. Paris, Gauthier-Villars et Fils, 1890. Preis 11 Fres. “ Von dem grossartig angelegten „Traite de physique mathe- matique“ Mathieu’s bildet der vorliegende Theil den sechsten Band; bei Gelegenheit einer biographischen Notiz über den vor Vollendung seines Werkes verstorbenen Verfasser haben wir in dieser Wochenschrift (Bd. VI, S. I6) Gelegenheit genommen, auf die hohe Bedeutung dieses Werkes nachdrücklich aufmerksam zu inachen. Da sich die eigenen Untersuchungen Mathieu’s ganz wesentlich auf die Elastieitätstheorie beziehen, so braucht die Bedeutung gerade dieses Theiles des „Traite* nicht noch beson- ders hervorgehoben zu werden. Das Bestreben des Verfassers nach mögliehster mathematischer Strenge, das einen Grundzug aller seiner auf die theoretische Physik bezüglichen Schriften bildet, tritt auch in diesem Bande wohlthuend hervor. Um an dieser Stelle wenigstens eine gedrängte Uebersicht über den Inhalt des ersten Theiles der Elastieität der festen Körper zu geben, erwähnen wir, dass derselbe in sechs Capitel getheilt ist. Im ersten derselben wird ein homogener fester Körper betrachtet, dessen Elastieität sich mit der Richtung än- dert; es wird. die Vertheilung der elastischen Kräfte in einem solchen Körper behandelt, der Ausdruck für die Arbeit der elastischen Kräfte gegeben, und es werden die Differential- gleichungen der Elastieität in verschiedene Formen gebracht. Bereits in diesem Capitel erkennt der kundige Leser die Gründ- liehkeit, mit der Mathieu die Probleme behandelte; namentlich gilt dies von den Prineipien und Grundlagen der ganzen Elastieitätstheorie, doch ist hier nicht der Ort, auf diese Punkte tiefer einzugehen. Ganz hervorragendes Interesse erheischt auch das zweite Capitel; hier wird besonders der Fall eines isotropen Körpers behandelt. Als das wichtigste dürfte der vom Verfasser gelieferte Nachweis zu betrachten sein, dass ein fester, selbst ein isotroper, Körper nicht als aus einem System von Molekülen ge- bildet betrachtet werden kann, die sich nach einer Funetion der Entfernung anziehen oder abstossen. Wir heben dieses Resultat besonders deswegen hervor, weil es mit sonst verbreiteten Vor- stellungen nicht übereinstimmt. Die Torsion und Biegung von Cylindern und Prismen, welche zuerst von De Saint-Venant mittelst einer geistvollen Theorie be- handelt worden ist und deren Theorie später im Anschluss hieran von Clebsch von einem weiteren Gesichtspunkte aus aufgenommen wurde, bildet den Gegenstand des dritten Capitels, das im wesent- lichen die Clebsch’sehe Methode verwendet; erwähnt möge wer- den, dass Mathieu einen Einwand gegen eine der bei dieser Theorie gemachten Hypothesen vorbringt, der sich nicht so leicht beseitigen zu lassen scheint. Das nächste Capitel beschäftigt sich mit den Elastieitätsgleichungen in krummlinigen Coordinaten; be- kanntlich hat Lame zuerst die Form angegeben, welche die Elastieitätsgleiehungen annehmen, wenn sie auf ein dreifaches System orthogonaler Flächen bezogen sind. Mathieu giebt nun eine sehr wichtige Ausdehnung der Lame’schen Untersuchung auf solehe Flächenschaaren, von denen zwei zur dritten, aber im all- gemeinen nicht unter einander orthogonal sind. In Capitel V be- handelt Mathieu ein von Kirchhoff (ges. Abhandlungen, S. 285) gelöstes Problem auf einem neuen Wege, der auf strenge Weise die von Kirchhoff auf etwas anfechtbare Art aufgestellten End- formeln liefert; ausserdem werden versehiedene Anwendungen von diesen Formeln gemacht. Im sechsten und letzten Capitel des vorliegenden Theiles be- schäftigt sich Mathieu mit einem der berühmtesten Probleme der inathemathischen Physik, nämlich mit der Schwingung von Platten und ebenen Membranen. An dieses Problem knüpfen sieh be- kanntlich Namen wie Bernoulli, Euler, Sophie Germain, Poisson, Cauchy, Kirchhoff und Mathieu selbst. Der letztere benutzt die von Kirchhoff in seiner berühmten diesbezüglichen Abhand- lung angewendete Methode als Ausgangspunkt, vermeidet aber jede nicht einwandsfreie Hypothese und schafft sich vielfach neue Hilfsmittel, z. B. den Begriff des zweiten Potentials, der neuer- dings (Liouville’s Journal, 1890) noch weiter verallgemeinert wor- den ist. Diese Uebersicht dürfte darthun, dass auch der vorliegende Theil des „Traite“ einen hohen Werth besitzt und nicht nur eine Zusammenfassung, sondern fast durchweg auch eine Weiterführung der Elastieitätstheorie darstellt. Wir werden bei einer späteren Gelegenheit noch auf den siebenten Theil zurückkommen, mit dem das geplante grosse Werk durch den plötzlichen Tod seines Verfassers ein Ende gefunden hat. Wir fügen hier noch die uns von der Familie des Verfassers freundliehst gemachte Mittheilung bei, dass die noch vorhandenen Manuskripte, die sich auf die Optik beziehen, in Form besonderer Abhandlungen publieirt wer- den sollen, deren Herausgabe Herr Duhem übernommen hat. Dr. Julius Mai, Vademecum der Chemie. anorganischen, organischen und analytischen Chemie. von Bensheimer. Mannheim 1890. Das Büchlein behandelt auf 127 Seiten bei verhältnissmässig grossem Druck das wichtigste aus der anorganischen, organischen und analytischen Chemie. Im anorganischen Theil ist noch die Eintheilung nach Metalloiden und Metallen beibehalten. Die Elemente werden hier nicht mit ihren charakteristischen Verbin- dungen für sich behandelt, sondern sie werden zusammengefasst besprochen ebenso wie die analogen Verbindungen. Die Metalle sind z. B. folgendermassen angeordnet: 1. Tabellarische Uebersicht über das wichtigste Vorkommen der Metalle und ihrer Verbindungen. 2. Darstellung und Eigenschaften der Metalle. 3. Darstellung und Eigenschaften der Mettalloxyde, 4. Darstellung und Eigenschaften der Halogenverbindungen der Me- talle. 5. Darstellung und Eigenschaften der Sulfate ete. Dann folgen auf knapp 8 Seiten die wichtigsten Daten aus der qualitativen und quantitativen Analyse. Die organische Chemie ist nicht nach Reihen geordnet, sondern es sind die organischen Körper analog der Anordnung im anorganischen Theil nach ihrem charakteristischen Verhalten geordnet (Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde, Säuren ete.). Die aromatischen Körper sind auf knapp 9 Seiten besprochen. Zum Schlusse sind alle Vorbindungen tabellarisch geordnet zusammengestellt. Dem Büchlein kann, was Anordnung und Kürze in der Be- handlung des Stoffes anbetrifft, eine gewisse Meisterschaft nicht abgesprochen werden. Hierdurch gerade will es mir scheinen, dass es weniger für die Kreise geeignet ist, denen es dienen soll, nämlich „den Studirenden“, denen die Chemie als Hülfswissen- schaft dient, speeiell für Medieiner, Thierärzte und Schüler höherer Lehranstalten. Für diese Interessenten, also Anfänger, dürfen aber die chemischen Daten nicht, wie es im Mai’schen Vademecum geschehen ist, auseinander gezogen werden; hier muss das Element als Ganzes mit seinen Verbindungen abgehandelt sein und die or- ganischen Körper müssen in Reihen aufeinander folgen, da nur dann ein folgerichtig sich entwiekelndes und auch bleibendes Bild entstehen kann. Umsomehr scheint mir aber das Büchlein geschrieben zu sein für die grosse Anzahl soleher, die ein gründliches chemisches Studium hinter sich haben und die, ohne gerade Berufschemiker zu sein, von Zeit zu Zeit das ganze Gebiet wieder überblicken möchten. N Repetitorium der Verlag 184 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 18. S. Gundelfinger und A. M. Nell, Tafeln zur Berechnung 9stelliger Logarithmen mittelst einer neuen Interpolations- methode. Darmstadt, A. Bergsträsser, 1891. Bei Rechnungen ' (namentlich geodaetischen), die eime be- sonders hohe Genauigkeit erfordern, reicht die siebenstellige Tafel bekanntlich nicht aus. Man greift in solchen Fällen nach dem 10stelligen Thesaurus logarithmorum von Vega, dessen Gebrauch indessen mit mehreren Unbequemlichkeiten verbunden ist. Letztere sind namentlich im Format (Folio), dann in der Mühsamkeit der Interpolation zu finden. Diese ist bei 5 bis 6stelligen Diffe- renzen ohnehin unbequem, wird es aber für einen grossen Theil der: Tafel wegen nothwendiger Berücksichtigung der zweiten Differenzen noch mehr. Die Herrn Verfasser dürfen daher mit Recht auf eine sehr freundliche und beifällige Aufnahme ihres Werkes bei dem wissenschaftlichen Publikum rechnen. Die Idee der Verfasser ist die, ‘die Interpolationsreehnung gewissermaassen dureh die mit Additionslogarithmen zu ersetzen. Das Buch besteht aus zwei Theilen, Tafel I und Tafel II. Die erstere enthält die 9stelligen Logarithmen der Zahlen 1000 bis 10009. Tafel II giebt zum Argumente A die Funktion Z auf 9 Deeimalen, wo beide Grössen durch die Gleichung 10? — 1+ 10% zusammenhängen. Für A=logx, ist also B=log(l +). Dieser Theil der Tafel hat somit die Einrichtung der gebräuchlichen Tafeln der Additionslogarithmen. Das Argument A geht indessen nur von: 1,0 bis 7,000 (wo immer — 10 zu ergänzen), sodass die Tafel also für eine Tafel der Additionslogarithmen nicht voll- ständig ausreichen würde. Den Gebrauch der Tafel, die Methode der Interpolation, veranschaulicht folgendes von den Herren Verfassern gegebene Beispiel. Es sei zu suchen log 4397,583 76—=log N. Man setze 0,58376 T— 439 re Et N=4597 | 1+ 4397 0,58376 dann ist log N= 1084397 + B. A lässt sich immer vollkommen ausreichend mit einer6stelligen Tafel — die ja doch in jedes Rechners Hand ist — berechnen. Man kann ja natürlich auch Tafel I dazu anwenden. Um dies zu erleich- tern, sind in letzterer die Differenzen so angesetzt, als wären die Logarithmen auf 6 Deeimalen abgerundet. In unserem Beispiel ist log 0,58376 — 9,766 234 log 4397 — 3,643 156 466 log 4397 = 3,613 156 B = 0,000 057 654 A = 6,125 078 log N = 3,643 214 120 Es genügt ein Blick auf dieses Beispiel um den wirklich sehr grossen Fortschritt zu kennzeichnen, den dies neue Werk — das mit Text nur 60 Seiten zählt — gegen den mächtigen Thesaurus und das Arbeiten mit ihm geschaffen hat. Wir haben hier ein in der That sehr dankenswerthes Unternehmen vor uns. Bringen wir obiges Beispiel in Form einer allgemeinen Regel, so ist also N in zwei Theile zu zerlegen, sodass N=n-+p, wo n aus den vier höchsten geltenden Ziffern von N besteht. Dann bildet man das Argument A—=logp — logn und sucht das zugehörige B, worauf man hat logN=logn-+ B. Ist umgekehrt logN gegeben und N gesucht, so nennt man den nächstkleinsten Logarithmen in Tafel I emfach logn, bildet B=1logN — logn, sucht mit dem Argumente B in Tafel II den Werth A, in ge- wöhnlicher Weise, und findet logp= A-+-logn und hiernach endlich N=n-+-p. Die Herren Verfasser haben nach Schrön’s Vorgang die letzte Deeimalstelle ihrer Tafelwerthe unterstrichen, wenn dieselbe um eine Einheit erhöht sind, (weil die zehnte Stelle 5 oder grösser als 5 ist)... Zu diesem Verfahren ist zu bemerken, dass es die objeetive Sicherheit des Rechnens nicht erhöht, aber die subjective Sicherheit des Rechners wohl zu stören vermag. Die neunten Deeimalen # und 2 können z. B. entstanden sein aus 36 und 17, aber auch aus 39 und 19. Im ersten Falle ist die zehnstellige Summation 553. also abgekürzt 5, im zweiten 58, also abgekürzt auf 9 Stellen 6. Der Rechner, der nur die Tafelwerthe vor sich sieht, kann aber nie wissen, wie die Zahlen vor der Abkürzung lagen, und wird gerade durch das Zufügen der Striche daher für den denkenden Rechner ein Moment subjeetiver Unsicherheit ge- schaffen. Ganz abgesehen davon ist aber ohne jede Besorgniss ein etwaiger Fehler in der letzten Stelle ruhig mit in Kauf zu nehmen, umsomehr als bei jeder längeren‘ Rechnung trotz theilweiser Compensation auch bei Gebrauch jener Vorsichtsmaassregel doch solche Fehler ganz unvermeidlich sich einstellen werden. Für den zweiten Theil der Tafel II von A=6,700 an sind die Argumente A im Intervall 0,0005 gegeben. Im Interesse einer möglichst kurzen und schnellen Interpolation sind daher auch hier in der Differenzspalte nicht die Differenzen A selbst, sondern gleich die Werthe 5 gegeben. Für den Anfang der Tafel IT geben die Verfasser eine sehr einfache Formel um zu einem gegebenen B das zugehörige A zu finden, die die hier nicht zureichende gewöhnliche Interpolation, was Schnelligkeit der Rechnung angeht, vollkommen ersetzt. Der Zifferntypus und die Ausstattung der Tafel sind vor- trefflich. Anlässlich einer grossen Reihe von Controlreehnungen, die ich im Interesse einer mehrstelligen Tafel für decimale Kreis- theilung anstellte, habe ich die Tafeln in allen ihren Theilen vielfach und eingehend zu benutzen gehabt und bis jetzt keinen Druckfehler gefunden. Die Beigabe einiger vielgebrauchten Con- stanten und ihrer Logarithmen (namentlich betr. Erddimensionen) und einer Tafel zur gegenseitigen Verwandlung Briggscher und natürlicher Logarithmen wird allgemein erwünscht sein. Das Werk stellt, wie ausdrücklich wiederholt sein mag, einen sehr dankenswerthen Fortschritt auf seinem Gebiete dar und wird namentlich in allen geodätischen Kreisen den verdienten, un- bedingten Beifall finden. Gravelius. Königl. Preussische Akademie der Wissenschaften. Sitzung vom 2. April. L. Kronecker theilt Legendre’sche Relation EK+KE—KK=" 2 in Anknüpfung an die bekannte mit, dass er inhaltlich äquivalente Beziehungen gefunden hat, die aus der Betrachtung einer von ihm neu aufgestellten Reihe sich ergeben. Seine Mittheilung setzt die arithmetisch - algebraischen Untersuchungen aus der Theorie der elliptischen Functionen, die Kronecker namentlich im letzten Vierteljahr veröffentlichte, fort. — Schulze legt eine Arbeit von Dr. Otto Maas vor über „die craspedoten Medusen der Plankton-Expedition“, über die wir aus- führlicher berichten werden. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. XVII. No. 3 bringt eine Arbeit E. Goebeler’s über die me- chanischen Wirkungen des Wassereises, in der 1. die Faltung des Eises und 2. die Uferwälle besprochen ‘werden. Bezüglich der letzteren sagt Verfasser, dass sie durch Pressionen des vor- drängenden Kises entstehen. Annalen der Physik und Chemie. 1391. Heft IV. Von allgemeinerem Interesse sind hier folgende Aufsätze: J. Elster und H. Geitel, Notiz über eine neue Form des Apparates zur Demonstration der liehtelektrischen Entladung dureh Tageslicht. — L. Arons und H. Ruben, Ueber die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit elektrischer Wellen in isolirenden Flüssigkeiten. — W. Wien, Das Telephon als optischer Apparat zur Strommessung. — RK. Olzewski. Ueber das Absorptions- speetrum und über die Farbe des flüssigen Sauerstoffs. Verfasser hat sieh überzeugt, dass der flüssige Sauerstoff von bläulicher Farbe ist. Er kommt am Schlusse seiner Abhandlung auf die Frage nach dem Ursprung der Himmelsfarbe zu sprechen und glaubt, eben auf Grund obiger Erfahrung, die Ursache für das Blau des Himmels in dem Sauerstoff der Luft suchen zu dürfen. Königl. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaft. Leipzig. 1890. Heft IV. Sophus Lie bringt zwei tiefgehende Aufsätze, welche die von ihm geschaffene Theorie der Transformationsgruppen betreffen. A. Meyer hat eine für weite mathematische und physikalische Kreise werthvolle Arbeit „Allgemeine integrirbare Formen der Differentialgleichungen I. Ordnung und ihre Kriterien.“ Inhalt: Prof. W. Förster: Ueber periodische Veränderungen der Lage der Drehungsaxe der Erde. — Myrica gale und Ledum palustre. — Hermaphroditismus bei Krustern. — Zum Mariotte’schen Gesetz. — Aktinometrische Beobachtungen in Moskau. — Gewinnung von Kohlensäure. — Ueber die Selbstreinigung der Flüsse. — Neuere Bestimmungen .der Länge des Seeundenpendels in Russland. — Ein interessanter Regulator für Dampfmaschienen. — Kaffee-Appreturen. — Litteratur: Emile Mathieu: Theorie de l’elastieit& des corps solides. — Dr. Julius Mai: Vademeeum der Chemie. — S. Gundelfinger und A. M. Nell: Tafeln zur Berechnung 9stelliger Logarithmen mittelst einer neuen Interpolationsmethode. — Königl. Preussische Akademie der Wissenschaften. — Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. — Annalen der Physik und Chemie. — Königl. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaft. Leipzig: Verantwortlicher Redakteur: i. V. H. Gravelius, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr.: 18: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XXXXI LTEETER EI TELDELERERTLTITT LEEREN EN El Mt an alt — H Emil Berliner’s : = L j | Grammophon :|LANOlN-Toilette-Cream-LANONM = D. R. Patent Nr. 45048. = un = - [1 a . Vers, ns c & übertrifft Edison’s Phonographen durch laute deutliche Aussprache, einfache = V orzu g l ıc h si Pilege Der, ‚Daul. = Construction, leichte Handhabung, Unverwüstlichkeit der Schallplatten und == - zur Reinhaltung und Bedelung wunder Hauts Doreen billigen Preis. — (Verweise auf die Stimmen der Presse.) V orzu g I Ic h x onen und Wundeın, = 8, [7 = [J - © = En 1] {2 = = Ei > = © = E > a —o 4 Ei [7 a {-} n | 1) o = E = E} = © = = 1’) - ww o = nu - “3 . zur Erhaltung einer guten Haut, bejonders bei Vo rzu g I IC h Heinen Rindern. 3u haben in den meijten Apotheken und Drogerien. Versind gegen Nechnahrge durch die Verkanfatelle Opt. Inst., F. W. Thiele, Berlin SW., Dessauerstrasse 17. - a N ec er | oR LES Apotheken- ,.,.. Wilh. Willms, | £ wer EA. iefert Para ra uk KERN EN en en Dresden, Serrestrasse 12. Wil. Schlüter in Halle a,/S, Institut für wissenschaftliche Photographie Samm+ 0 Hmm+ 0 amm+ 0 + EEE + HH m un HH am Naturalien- u. Lehrmittelhandlung. von Dr. Burstert und Fürstenberg, m Ts Klassiker Musnalen) Reichhaltiges Lager aller natur- BERLIN SW. 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Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. a . M. Stapff. | Jordan. - 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von | 5 Dr 2: h f ix = Dr. Rob. Mittmann. Mit S Holzschnitten. ı) „ 18. Die „BlanzEngEOgrApkIsche Anlage im Kgl. bota- 8 ® 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten | NE m BEN Zum Berlin wanz DEE Bao '@® ® Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- u are, ®@ ® a Formationen von Dr. H. Potonie. Mit | „14 Uufenpuchinuen üben das Ranzigwerden der Fette K ® afel. | von Dr. Ed. hitsert. ‘@ ® ten Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen „ 15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen .ı ® [} im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. A Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner ° ® ‘ Mit 10 Holzschnitten. in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. © : - ® s Preis: Heft 1-4 a 50 P£., Heft 5-15 a1 M. s . | Ä ® .0...u.0.009000909090909899090000900000090909090 0 900900000009808000000000000000000088 XXXXU Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 10. Mai 1891. Nr. 19, Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MH 3.— Bringegeld bei der Post 15 & extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. ie Unbekannte Gebiete in Nordamerika. Von Damian Gronen. Zu den unbekannteren Gebieten der Erde gehört immer noch die grosse Ländermasse des kanadischen Bundes. Nach einer Berechnung des kanadischen Geo- logen Dr. G. M. Dawson sind von den 9 Millionen TO km, welche die Dominion of Canada umfasst, nicht weniger als 2, Mill. Okm festländischen Gebietes unbekannt. Dr. Dawson theilt das ganze noch unbekannte kana- dische Gebiet in 16 Gruppen ein, von denen die grössten auf der Wasserscheide der Flüsse Yukon und Mackenzie, sowie im Westen und Osten der Hudsonbai liegen. Wohl thut sowohl das kanadische Departement of Lands Survey als auch die geologische Survey ihr Möglichstes, um die unbekannten Landstrecken erforschen zulassen, allein bei der gewaltigen Ausdehnung des Landes — Kanada ist nur wenig kleiner als Europa — wird es noch lange gehen, bis alles erforscht sein wird. Jedes Jahr werden Expeditionen ausgesandt, die den einen oder anderen Punkt in Angriff zu nehmen haben. So auch wieder im Jahre 1889. Zwar war dieses Jahr in Folge lange andauernder, den Aufbruch und die Arbeiten verzögernder Wald- und Präriebrände ein sehr ungün- stiges. Gleichwohl waren auch für 18839 die Erfolge der Forschungsarbeit sehr reichlich. Während das Landes- vermessungsamt sich hauptsächlich mit Absteckung ‘von Eisenbahnlinien. und Vermessung neuer Ansiedlungen be- schäftigte, fand es doch noch Zeit, eine Triangulation der kanadischen Rocky Mountains vorzunehmen. Es ist auf- fallend, dass man von diesem Gebirge, namentlich nördlich der kanadischen Paeifiebahn, noch keine sichere Kennt- niss. besitzt. ‘Weiss man. doch noch nicht einmal genau, welches der höchste Berg der Dominion ist, ob diese Ehre dem Mount .Hoock, dem Mount Brown oder einem andern Berge zukommt. Auch die geologische Landes- kommission. zeigte sich äusserst rührig, indem sie nicht „weniger als 16 Expeditionen aussandte, theils an den Lorenz-Golf und :auf. die Insel Belle Isle, theils nach Neu- Schottland, Neu-Braunschweig, Quebee und Ontario, theils am Obern See. Ferner wurden Untersuchungen vorge- nommen am Winnipeg-See, im Gebiet des kleinen Sclaven-Sees zwischen dem Athabasca und dem Peace River oder Friedens-Flusse, im Kohlenbecken des untern Fraser-Flusses und im Minendistrikt von West-Kootanie (British Columbia). Alle diese Aufnahmen und Unter- suchungen beschränken sich aber, wie man sieht, ledig- lich auf solches Gebiet, das zu Ackerbau- oder ge- werblichen Zwecken nutzbar gemacht werden kann. Die weiten Ländereien hingegen, aus denen voraussichtlich nichts als Pelze zu holen sind, bleiben nach wie vor unerforscht. Eine Ausnahme macht lediglich das Gebiet des Yukon und Mackenzie. Hier ist im Laufe der letzten Jahre eine ganze Reihe von For- schungsreisen ausgeführt worden, sowohl von Seiten Kanadas als auch von Seiten der Vereinigten Staaten. Schon im Jahre 1887 hatte das kanadische Ministerium in das Gebiet des Yukon und Mackenzie eine Expedition ausgesandt unter Führung von Ogilvy. Diese über- winterte an der Alaskagrenze nahe dem Yukon, um da- selbst astronomische Positionsbestimmungen vorzunehmen. Da lange keine Berichte von ihr einliefen, so war man bereits um sie besorgt; allein im Frühjahre 1888 brach «sie wieder auf, überstieg ostwärts vordringend die Wasser- scheide und erreichte Mitte Juli 1883 den Mackenzie, um, diesen Fluss abwärts ziehend, zum Eismeere vorzu- dringen. Ebenso wichtig war die Reise von R. G. Me Connell, einem Begleiter Dawsons, welcher sich im Juni °1837 von diesem am Dease Flusse trennte, den Liard stromabwärts befuhr und: in Fort Providence am Mackenzie überwinterte; im Sommer 1888 fuhr er diesen Strom abwärts bis zur Mündung des Peel River, verfolgte diesen aufwärts bis Fort Me Pherson, stieg dann über die Wasserscheide hinüber zum Yukon, folgte diesem auf- wärts bis zur Quelle und erreichte schliesslich über den 186 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. Chileoot Pass die Küste, so dass em’ in 2 Jahren eine Rundreise von 6700 engl. Meilen ausgeführt hat. Nach den Berichten dieses Reisenden dürfte der Goldreichthum des betr. Gebietes sehr bedeutend sein, auch sei das Land fruchtbar genug, um eine ebenso dichte Bevölkerung wie die nördlichen Theile Europas zu tragen, zumal Roggen und Gerste im Yukon Thale bis 60° n. Br. gedeihen. Auch die Unionsregierung sandte, hauptsächlich zur Grenzbestimmung, im Juni 1889 eine Expedition aus unter Leitung von J. E. Me Grath; diese sollte den als Grenze angenommenen 141. Meridian überall da astro- nomisch genau feststellen, wo er von Flüssen geschnitten wird. Als Ergebniss dieser Expedition, welche im Winter 1839/90 ihr Lager am Porcupine River, einem nordöstlichen Zuflusse des Yukon, aufgeschlagen hatte, vernimmt man, dass einige Stationen und Forts, welche bisher als auf englischem Gebiete gelegen betrachtet wurden, in Wirklichkeit auf amerikanischem Territorium liegen. Hingegen soll der Mineralreichthum Alaskas, auf den man so grosse Hoffnungen setzte, etwa mit Aus- nahme der Kohlen, nieht so bedeutend sein, und dürfte der Haupterwerb des Landes noch für lange ausschliesslich in der Fischerei bestehen. Auch der Eliasberg, welcher schon mehrmals das Ziel wissenschaftlicher Forschung gewesen, der aber noch nie hat bestiegen werden können, ist im Jahre 1890 abermals besucht worden. Auf Anregung der National- Geographischen Soecietät m Washington ist im Juli v. J. eine Expedition unter Führung von Prof. J. C. Russel und M. B. Kerr, Mitgliedern der geologischen Landes- aufnahme, dorthin abgegangen. Mitte Juli landeten sie an der Jakut-Bai. Russel lag nun zuerst Gletscherstudien ob, wobei er einen mächtigen, in die Disenchant - Bai mündenden Gletscher entdeckte, den er zu Ehren des Präsidenten der geographischen Gesellschaft Hubbard- Gletscher nannte. Während dessen beschäftigte sich Kerr mit der trigonometrischen Vermessung der höchsten Gipfel dieses Gebietes. Er steckte zu diesem Behufe zuerst eine Basis ab und brachte diese Behufs genauer Positionsbestimmung durch eine Serie von Beobachtungen mit der astronomischen Station bei Port Mulgrave in Verbindung. Durch diese Beobachtung stellte es sich heraus, dass der St. Eliasberg ganz zweifellos auf ameri- kanischem Gebiete liegt, und dass er so wie alle seine Nachbarn bis jetzt als viel zu hoch angenommen wurde. Bisher hatte man dem Berge nach Dall’s Messung vom Jahre 1869 eine Höhe von 5840 m gegeben, ihn also für den höchsten Berg Nordamerikas gehalten. Nach Kerr ist diese Annahme bedeutend zu erniedrigen, indem der St. Eliasberg nur eine Höhe von 4120 m besitzt, und seine Nachbarn, der Mount Cook und der Mount Vancouver sind auf 3120 bezw. 2860 m herabzusetzen. Die Ehre, der höchste Berg Nordamerikas zu sein, kommt jetzt somit dem Mount Wrangel (4400 m) in Alaska zu. — Die Reisenden versuchten auch eine Besteigung des Elias- berges von der Nordseite aus; aber trotz lbtägiger An- strengungen erreichten sie ihr Ziel nicht; denn auf der Höhe von 2740 m angelangt, wurden sie von einem fürchterlichen Schneesturm überrascht und nach zwei- tägigem Widerstande zur Umkehr gezwungen. Wäre das Wetter nur 24 Stunden länger schön gewesen, so hätte die Expedition den Gipfel erreichen können. Neuerdings sind zwei weitere Expeditionen zur Er- forschung des Mount Elias-Distriktes in der Ausführung begriffen. Die eine, unter Lieut. Seton Karr beab- sichtigt, den Yukon-, White- und Altschick-River aufwärts zu gehen und alsdann den östlichen Arm des Copper River zu verfolgen. Die andere Expedition wird das ganze Gebiet des Copper River abwärts bis zur Mündung untersuchen. Christoph Scheiner $. J., und die Entdeckung der Sonnenflecken. Die ersten Jahre des XVII. Jahrhunderts sind von einer überaus tiefgehenden Bedeutung für die Entwicke- lung der Astronomie. Auf dem rein theoretischen Ge- biete schafft Kepler in seiner Nova Astronomia die sichere Grundlage, auf die dann Newton am Ende des Jahr- hunderts das stolze Gebäude der physischen Astronomie gründen konnte. Und gleichzeitig wird der Menschheit die Möglichkeit eröffnet, nicht nur mit dem geistigen, sondern auch mit dem Auge des Körpers in vorher un- geahnte Weiten zu dringen. Die Entdeckung des Fern- rohrs, um 1608, und die Verbesserung und Einriehtung desselben zum astronomischen Gebrauch, die bald darauf durch Galilei erfolgte, brachte eine geistige Revolution in der gelehrten Welt Deutschlands und Italiens hervor, durch welche die alte aristotelische Weltanschauung von ihrem durch Tradition geheiligten Herrschersitz gestossen wurde. In dem Kampfe, der damals auf dem Gebiete des Geistes geführt wurde, ging es heftig und heiss her, und die geschichtliche Erinnerung an manchen der Streiter ist getrübt worden durch die Züge, welche sein Bild darbot in der Leidenschaft des Strausses. So ist es auch dem Andenken des merkwürdigen Mannes ergangen, aus dessen Leben und Wirken hier eine Hauptepisode kurz geschildert werden soll. Sein Name ruft im allgemeinen nur die Erinnerung an einen hart- näckigen, verbissenen Gegner Galileis wach, den über- eifrige Anhänger des letzteren in früherer und neuerer Zeit gar noch zum Plagiator hätten stempeln mögen. Christoph Scheiner wurde 1573 in einem kleinen schwäbischen Dorfe geboren, erhielt seine Ausbildung an Lehranstalten, die von der Gesellschaft Jesu geleitet wurden, in welchen Orden er nachmals selbst als Mit- glied eintrat. In jungen Jahren bereits erwarb er den Grad eines Magisters und wurde dann an dem unter Leitung des Ordens stehenden Gymnasium zu Dillingen als Lehrer verwandt, während er gleichzeitig an der mit jener Anstalt verbundenen Akademie als Docent der Mathematik fungirte. Frühzeitig hatten ihn Neigung und Talent zu jener Wissenschaft hingezogen, namentlich auch zu den prak- tischen Anwendungen derselben. Und dass er zu den Berufenenen gehörte, das bewies er schon in seiner ersten Dillinger Zeit durch Erfindung jenes ausgezeichneten und nützlichen Instrumentes, welches unter dem Namen Pan- tograph, den ihm Scheiner gab, auch heute noch nicht nur bekannt ist, sondern auch in vielfacher Anwendung steht. Interessant ist die Art und Weise, in der Scheiner den Apparat behufs Entwerfung der Projeetion eines körperliehen Objeets modifieirt und verwendet. Er bringt dann am Fahrstift ein durchbohrtes Scheibehen an, und bewegt den Zeichenstift des Apparates so, dass die von der Contour des abzubildenden Objects nach dem Auge des Beobachters laufenden Sehstrahlen beständig durch die Oeffnung P des Fahrstiftes gehen. Der Zeichenstift T entwirft dann auf dem Zeichnungsblatt ein Bild des Gegenstandes. Da hierbei das Auge seinen einmal ein- genommenen Standpunkt unverändert beibehalten muss, wenn man nicht ein Zerrbild erhalten will, so ordnete Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 187 Scheiner den Apparat so an, wie ihn die Figur 1 an- giebt. Das Auge bliekt hier durch die kleine Oeffnung K, die mit der Oefinung /° des Fahrstifts eorrespondirt, während der Zeichenstift 7, das Parallelogramm QRST bewegend, in der Zeichnungsebene MNOL das ge- wünschte Bild des Gegenstandes YZ«Py liefert.*) Bald darauf, 1605, siedelte Scheiner nach Ingol- stadt über, um sich theologischen Studien zu widmen, Im Jahre 1610 wurde er Professor der Mathematik und der hebräischen Sprache. Bis dahin war das Leben Scheiner’s in Frieden und reiner Hingabe an die Wissen- schaft verlaufen. Nun aber wird gerade durch einen Erfolg, den ihm sein unermüdlicher Eifer einbrachte, ein unseliger Confliet in sein Leben hineingetragen, der den Charaeter des Mannes immer mehr und mehr umformt, nicht zum mindesten, wie ich glaube schliessen zu dürfen, dadurch, dass ihm sicherlich auch mit viel Unrecht und Ungerechtigkeit entgegengetreten worden ist. So ist denn im Streite der Character erwachsen, den die Ge- schichte fixirt hat, und der wahrlich auch im Allgemeinen unsere wärmere Theilnahme nicht finden kann. Es ist vor kurzem in die- ser Wochenschrift**) erwähnt worden, dass im December 1610 Johann Fabrieius, der Sohn des friesischen Pastors und Astronomen David Fabri- eius zu Esens, die Sonnen- flecken zum ersten Male er- bliekt und bald darauf in einem kleinen, leider verschollenen Schriftehen beschrieben habe. Diese Entdeckung war nicht nur möglich, sondern geradezu nothwendig geworden seit Er- findung des Fernrohrs. Und so musste sie denn gemacht werden, und es darf uns nicht wundern, wenn wir sehen, dass dieselbe Wahrnehmung nahe- zu gleichzeitig sich verschie- denen Astronomen darbietet. Scheiner dürfte schon frühzeitig in den Besitz ‚mehrerer dieser Instrumente gelangt zu sein, da er bereits in seiner ersten wissenschaftlichen Publikation, die wir gleich zu erwähnen haben werden, acht Tuben ver- schiedener Grösse anführt. Und mit diesen begann er nun seine Beobachtungen, die seinem Namen einen ehren- vollen Platz in der Geschichte der Astronomie sichern. Im März des Jahres 1611 war es, wie er in der Einleitung zu seinem grössten Werke, der „Rosa Ursina“, erzählt, als er durch einen Tubus, mit dem eine sechs- hundert- bis achthundertfache Vergrösserung zu erreichen war, in Gegenwart seines Lieblingsschülers und späteren Nachfolgers in Ingolstadt, des Paters Johann Baptist Cysat, vom Thurme der Kreuzkirche in Ingolstadt die Sonne beobachtete; da dieselbe ihre blendenden Strahlen hinter einem leichten Nebelschleier verborgen hatte, konnte er dies ungestraft thun. Da bemerkte er zu seiner grössten Ueberraschung, dass sich auf der Sonnen- scheibe einige dunkle Flecken befanden, auf die er *) Wir verdanken die bildliche Darstellung dieses Apparates, sowie die zwei Illustrationen betr. Sonnenflecken, der liebens- würdigen Bereitwilligkeit der Buchner’schen Verlagsbuchhandlung zu Bamberg, bei der Herr A. von Braunmühl kürzlich, als 24. Band der Bayerischen Bibliothek, eine Biographie Scheiner’s veröffentlicht hat. (Siehe S. 194 dieser Nummer.) **) Band VI, No. 8, sofort seinen Schüler aufmerksam machte, der sie eben- falls erkannte. Von dieser merkwürdigen Entdeckung, welche die Ansicht der Peripatetiker von der absoluten Reinheit der Sonne mit einem Schlage vernichtete, be- schlossen die beiden Männer vorerst zu schweigen, bis sie sich durch wiederholte Beobachtungen von der Richtigkeit derselben überzeugt hätten, und da Cysat bald auf den glücklichen Gedanken kam, durch Einfügen von farbigen Gläsern in den Tubus die Beobachtung der Sonne auch dann zu ermöglichen, wenn sie von keiner Nebelschichte bedeekt war — ein Mittel, auf das schon siebzig Jahre früher Apian hingewiesen hatte, und dessen sich die deutschen Schiffer bedienten, wenn sie die Sonnenhöhe bestimmten — ‚so machten sie sich an die Herstellung soleher Gläser und statteten damit einen Tubus aus, mit dem sie im October desselben Jahres ihre Beobachtungen fortsetzten. Da sie bald die Richtigkeit ihrer ersten Entdeekung bestätigt fanden, so theilten sie dieselbe anderen Professoren der Ingolstädter Hochschule mit, durch die das merkwürdige Ereigniss auch zu Ohren des Augsburger Patrieiers und Bürgermeisters Mareus Welser kam, der, ein persönlicher Freund und Gönner Scheiner’s und ein hervorragender Mäcen der Wissenschaften, in ihn drang, sofort seine Entdeckung zu veröffentlichen „damit die- selbe“, wie er sagte, „nicht den Vortheil der Neuheit durch lange Zögerung verliere oder der Lorbeer, der dem ersten Entdecker gebührt, von einem andern gepflückt werde“. Da jedoch Scheiner’s Vor- gesetzte, namentlich der Pro- vinzial Busäus zur Vorsicht riethen, indem die Peripate- tiker mit der überraschenden Entdeckung, dass die Sonne Flecken habe, sich nicht so rasch befreunden konnten, ent- schloss er sich, seine Beobach- tungen in einigen Briefen an M. Welser niederzulegen und dieselben unter dem Pseudonym „Apelles latens post tabulam“ der Oeffentlichkeit zu übergeben. So enstan- den jene drei Briefe, die M. Welser am 5. Januar 1612 zu Augsburg im Druck herausgab, und welche die Grund- lage für den später entbrannten unerquicklichen Prioritäts- streit zwischen Scheiner und Galilei bildeten. Doch gehen wir auf den Inhalt derselben etwas näher ein. Im ersten Briefe, der vom 12. November 1611 da- tirt ist, erwähnt Scheiner seine erstmalige Beobachtung, die, wie er hier angiebt, vor ungefähr sieben bis acht Monaten (ante menses septem, octo eireiter), also im April oder März, stattgefunden habe, und führt dann eine Reihe von Gründen dafür an, dass nicht etwa Fehler im Auge des Beobachters oder in den Gläsern der benützten Tuben und dergleichen mehr ihn zu einem Irrthum ver- anlasst hätten, sondern dass er wirklich dunkle Flecken auf der hellen Sonnenscheibe wahrgenommen habe. Diese Beobachtungen vollzog er theils bei Sonnenauf- oder Untergang mit ungeschütztem Auge, theils zu jeder Tageszeit dadurch, dass er, wie schon erwähnt, selbst präparirte farbige Gläser in das Fernrohr einsetzte, um die Kraft der Strahlen zu mildern — ein Mittel, welches ihm unter Anderem auch die Entdeckung der Sonnen- fackeln ermöglichte, die Galilei in Ermangelung der far- 188 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. bigen Gläser entgangen war. Hätte sich dieser, wie Seheiner, den Gedanken des practischen Cysat zu Nutzen gemacht, so wäre ihm wahrscheinlich die völlige Erblin- dung, die den unglücklichen Gelehrten im späten Alter noch traf, erspart geblieben. Auch die Frage nach dem Wesen der Sonnenflecken berührt Scheiner bereits in diesem Briefe, indem er, offenbar selbst nicht frei von den Vorurtheilen der Philo- sophen seiner Zeit, oder vielleicht auch nicht kühn ge- nug, der damals allgemein verbreiteten Anschauung von Von diesen drei Briefen. schiekte M. Welser je ein Exemplar an Galilei und Kepler, mit denen er in Korre- spondenz stand, und ersterer antwortete am 4. Mai 1612 in einem langen und ausführlichen Schreiben auf alle wichtigen Punkte, die in Scheiners Untersuchungen be- rührt waren. Vor allem suchte er seine Priorität zu wahren, indem er angab, bereits vor achtzehn Monaten, also etwa im November 1610 die Sonnenflecken beob- achtet und sie einigen seiner Freunde gezeigt zu haben; auch habe er gerade vor einem Jahre zu Rom viele Präla- der völligen ten und ande- „Reinheit des zZ re Vornehme Welt - Auges“ auf diese Er- entgegen zu _“ M.DCXXV. scheinung auf- a In Domo Profefla Romana Societatis or ea Wan per erklärte, aber dem Brie- die sich gleich fe Galileis ei- Planeten um die Sonne be- wegen. Diese Ansicht gab Curfus Macule, a1, Aprilis adr. Maıj; fmilis alıis alıorum annorum fempore eodem.. ne hervorra- gende Bedeu- tung verleiht, ist der Um- 0 er jedoch bald APRIELTS Se 1 ur MAI. \\s£ stand, dass er wieder auf, um D_H_OE\. + D_H__O.E!l $ D_H__O.Et. & zeigt, wie auch sie später, als 10.5 a0. a0 | anmegk-ares | 1m. fo. 10. 5, hier wieder sie wiederholt 19.8.5 — 16. 20. 20.m. 7. 26.0 1.m a °. 4 das Genie des u.4. — 77. = ‚uw. +2 _14. 0 1.w. Iı#_- 57.10 auftauchte, so- ie ER ie ; grossen Re- gar energisch | en formators der zu bekämpfen. as.u. suis. a0. | 30m. 74-2220 Naturwissen- Im zwei- a A | Een schaft sich . D 2 30.u. +— 30 o . ten Briefe vom WB sieghaft be- 19. December = hauptete, da er 1611 behan- delt Seheiner die Beobach- tung einer obe- ren Üonjune- tion der Ve- nus, das heisst jenen Moment, in welchem der Planet un- als der erste eine Erklärung der Sonnen- fleecken gab, die unserer heutigen An- schauung in der Hauptsa- che sehr nahe kommt. In- i D dem er nä seren Blicken lem er näm- hinter der Son- Fi # lich Scheiners ne entschwin- N u Ansicht von det,und glaubt DU El festen um die hieraus, ent- SU ae WERE Sonne sich be- gegen dem SL de wegenden Kör- Ptolemäischen Bill nal ee pern zu wider- System, fol- N legen sucht, sernzu dürfen, Fig. 2. Bewegung der Sonnenflecken vom ı8. April bis ı. Mai 1625. erklärt er sie dass die Venus sich um die Sonne bewege, ein Schluss, dessen wenig zwingende Kraft Galilei in seinem Antwortschreiben auf die drei Briefe Scheiner’s hervorhebt, indem.er ihn auf die erst kürzlich entdeckten Phasen der Venus hinweist, welche die Bewegung des Planeten um die Sonne über jeden Zweifel erheben. Mit den Sonnenflecken hängt der In- halt des Briefes nur insofern zusammen, als Scheiner hieraus schliessen zu dürfen glaubte, dass auch diese planetarische Körper seien, die um die Sonne kreisen. Im dritten Briefe vom 26. December desselben Jahres endlich geht er genauer auf seine Fleckenbeobachtungen ein, die er in dem Zeitraume vom 21. Oectbr. bis 14. Deebr. angestellt hatte, und illustrirt sie durch vierzig dem Briefe beigegebene Zeichnungen. Namentlich sucht er hier seine Ansicht über das Wesen der Sonnenfleecken durch Gründe zu stützen, die viel Scharfsinn und Beobachtungstalent zeigen, aber dennoch sich nicht als stichhaltig erwiesen. als Wolken ei- ner den Sonnenkörper umgebenden Atmosphäre. „Hier- mit will ich nieht behaupten“, sagt er, „dass die Flecken Wolken aus demselben Stoffe sind, wie die unsrigen, aus Wasserdampf bestehend ...., sondern ich behaupte nur, dass wir nichts Anderes kennen, dem sie mehr gleichen. Ob sie nun Dämpfe oder Ausdünstungen oder Wolken sind oder Rauch ,.. . darüber bin ich mir noch nicht klar, indem es tausend andere Dinge'geben kann, die wir nicht begreifen“. Bemerkenswerth ist es übrigens, dass er von dem ihm unbekannten Apelles, dessen wahren Namen er erst 1614 erfahren zu haben scheint, sowohl in diesem als auch in einem späteren Briefe mit grosser Achtung spricht, indem er ihn als einen Mann von freiem, nicht sklavischem Geiste be- zeichnet, der äusserst zugänglich für die neuen Wahr- heiten sei. Auch spricht er am Sehlusse seines Briefes den Wunsch aus, ihn persönlich kennen zu lernen, da er Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 189 een äh 11mm jüsäsrs]Ä""Sumz— ihn als einen Mann von hohem Geiste erkenne‘und als einen Freund der Wahrheit achte. Wir notiren dieses Lob hier, damit man es mit dem späteren Urtheil Galileis vergleichen kann, das er in der Hitze der Leidenschaft über seinen Gegner fällte. Da Seheiner damals noch der italienischen Sprache nicht mächtig war, — er erlernte sie erst während seines Aufenthaltes in Rom — so erbielt er Galileis Brief erst, nachdem M. Welser eine lateinische Uebersetzung des- selben hatte anfertigen lassen, was eine geraume Zeit Strahlen entweder durch eine runde Oeffnung in ein halb- dunkles Zimmer einfallen liess (was übrigens schon früher Kepler gethan hatte) oder sie mit einem geneigten Spiegel auffing, der sie dann auf eine weisse Tafel warf und dort das Bild ‚erzeugte, in dem man die Flecken deutlich erkennen konnte. Auf den Inhalt von Galileis Antwortschreiben vom 4. Mai geht übrigens Scheiner in diesem Briefe nicht erschöpfend ein und constatirt nur mit Genugthuung die Uebereinstimmung einiger Fleckenbeobachtungen des letz- in "Anspruch teren mit sei- nahm. Vor zZ nen. eigenen. dieser Antwort Hier sei Galileis auf ANNO IVBILR.O M.DCXXV, ochihätelihet seine drei Brie- .- In Domo Profelli Romana Societatis N sonders wich- fe hatte er rl > tig hervorge- übrigens noch Eh: hoben, dass er zwei weitere A sich weder in am 16. Januar und am: 14. April 1612 an Curfis Macuları ab ır, May, ad 25, eıusdem diesem, noch in irgend ei- nem der übri- Welser abge- / Gmilis Carb, afıis alioru annorw fempore eode. “gen fünf Brie- sandt,indenen - fe direet als er unter an- ersten Ent- derem wohl decker der noch an der Sonnenflecken Ansieht von \» erklärt, ein der _körper- ” Umstand, den . x a 2 ’ lichen Eigen- A.Oriens AB.Ecliptica. BO sid ent er später in schaft der } seiner „Rosa Flecken fest- 2 2 r @: 2 € Ursina“ mit hielt, aber N \ E\) 2 - u tür Recht betont durch seine S th j 17 ya: 0a hat, ‘als ihm zahlreichen mit = 4 a: IN 4a von seinen grossem Ge- 7 FB az Gegnern der ” a EP rn schick ge- hi en Vorwurf ge- machten Beob- macht wurde, achtungen be- MAIN er habe die reits die Ver- DEAL IOEI DE HA210:E1. Priorität die- schiedenheit mimsessse.lie | eu. el: ser Entdek- ihrer Formen nude Ne! 1g.w.sh- 13. 0. kung fürsichin und ihrer Far- 1n.uW.44 32. 0 Bowle Wsstle, Anspruch ge- beund die Ver- und, a REN 4 nommen. Nur a nr aa | ET % am Ende des om a ee | Da N, ie n vom r Ei = nn ZR (6-w24... 335 20: 23.m. — 19. 15 B°7 de ZUR emerkte, in- N RE y (den er also dem er sie ö : IE schrieb, bevor mit Schnee- pe Galilei in sei- flocken, zer- nem Antwort- pllückten Brot- Fig. 3. Bewegung der Sonnenflecken vom ıı: bis 23. Mai 1625. schreiben auf krümehen oder ' die ersten mit schwarzen Wolken verglich. Auch die beiden Haupt- | Briefe seine Priorität zu wahren suchte), findet sich bewegungen der Sonnenfleeken, die Bewegung infolge | eine hierauf bezügliche Stelle, in welcher er Welser der Axendrehung der Sonne und die sogenannte Eigen- bewegung hatte er bereits beobachtet und in dem Briefe vom 16. Januar ausgesprochen. Ja selbst das Auftreten der Sonnenfackeln, das heisst besonders hellleuchtender Stellen der Sonnenscheibe, denen er diesen Namen ertheilte, erwähnte er bereits in den genannten Briefen. Als er nun Galileis Antwortschreiben auf seine ersten drei Briefe gelesen hatte, schrieb er am 25. Juli 1612 zum sechsten Male an M. Welser, entkräftete die Zweifel über die wirkliche Existenz von Sonnenflecken, die auf verschiedenen Seiten aufgetreten ‚waren, auf das ener- gischste und wandte sich namentlich gegen jene, die be- haupteten, die Flecken rührten nur von Fehlern in den optischen Gläsern her. Um sie zu widerlegen, projieirte er das Sonnenbild auf eine weisse Fläche, indem er die gegenüber die Befürchtung ausspricht, es möchten ihm, wenn jener mit der Veröffentlichung zögere, andere Mathematiker zuvorkommen. Er sagte daselbst: „ ! Daher fürchte ich, es möchte dies (der Inhalt des Briefes), wenn Du nicht zuvorkommst, unsern Händen entrissen werden; denn wenn die Mathematiker so grossen Erfolg in dieser Sache sehen, dürften sie sich nieht zurückhalten, dagegen werden sie dies thun, wenn sie den grossen Vorsprung sehen, den wir voraus haben; und dann werden sie entweder ihre eigenen Ent- deekungen vorbringen oder sich wenigstens fremde nicht aneignen“. M. Welser liess nun die drei letzten Briefe Scheiners noch im September desselben Jahres unter dem Titel: „De maculis solaribus et stellis eirca Jovem errantibus 190 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. aceuratior disquisitio ad M. Velserum conseripta“ zu Augsburg drucken und sendete sie am 28. dieses Monats an Galilei, der sie am 1. December 1612 in einem langen Briefe beantwortete. In diesem nennt Galilei die „accuratior disquisitio“ Scheiners eine Replik auf seinen ersten Brief, obwohl er an den Daten sehen musste, dass die ersten zwei in derselben enthaltenen Schreiben lange vor seinem ersten Briefe verfasst waren. Durch diese Bemerkung, welche dem Apelles eine Reihe von Resultaten seiner Beobach- tung wegzunehmen drohte, sowie durch die scharfe Kritik, welcher er Methoden und Resultate jener Mittheilungen unterwarf, gab Galilei den ersten Anlass zu jenem höchst beklagenswerthen Prioritätsstreit, der von den beiden be- deutenden Männern und ihren Anhängern fast zwanzig Jahre geführt wurde. ° Es kann leider nieht geleugnet werden, dass die Gehässigkeit zuerst durch Galilei in die Auseinander- setzung hineingetragen wurde, dass aber dann Scheiner in seiner Abwehr den Gegner allerdings in jener Be- ziehung noch zu übertreffen sich bemühte. Es würde wenig Zweck haben, diese unerfreulichen Dinge hier aus- führlich darzulegen. Es genüge zu bemerken, dass alle Versöhnungsversuche gemeinschaftlicher Freunde der beiden Gegner ergebnisslos blieben, während freilich auch durch übereifrig liebedienernde Schüler beider grossen Männer die Flamme stets neu entfacht wurde. Zu beklagen ist, dass Scheiner den Hass gegen Galilei, den dieser Streit bei ihm geschaffen hatte, allzu treu bewahrte und sowohl während des Inquisitionsver- fahrens gegen Galilei, wie auch nach dessen Verurtheilung und Gefangensetzung zu Arcetri unversöhnlich bethätigte. Das ging zu weit und hat die dunkeln Schatten mit Recht erzeugt, die heute über der geschichtlichen Er- innerung an ihn liegen. Und wie wir heute die Dinge überschauen, wie ganz unnöthig war der Streit! Haben doch bereits 301 n. Chr. die Chinesen die Sonnenfleecken gesehen und beobachtet. Und vor Allem, Johann Fabrieius hatte vor Galilei und Scheiner über die Flecken geschrieben, so, dass also, wenn hier eine Prioritätsfrage aufzuwerfen wäre, jedenfalls dem Friesen die Krone zu Theil werden müsste. Der Streit hat ein Gutes gehabt, nämlich dass er für einige Decennien die Sonnenflecken in den Vorder- grund des wissenschaftlichen Interesses brachte, und namentlich Scheiner zu einer eminenten Zahl werthvoller ausgezeichneter Beobachtungen veranlasste, die in seinem erwähnten Hauptwerke, Rosa Ursina, enthalten sind. Was Genie anbelangt ist ja Galilei ohne Neben- buhler in seiner Zeit. Aber auf dem Gebiete der Beob- achtungen und der Beobachtungskunst hat Scheiner das Grössere geleistet. Seiner echt deutschen Beharrlichkeit verdanken wir viele Beobachtungsschätze, voll inter- teressanter Einzelheiten, die zum Theil erst in der neuesten Zeit ihrem ganzen Werthe nach konnten be- griffen und gewürdigt werden. Er wandte zuerst die farbigen Gläser (zum Abblenden der Sonne), und das Prineip der Projeetion vermittelst des Fernrohrs an, ein Prineip, das er so vervollkommnete, dass es gewisser- massen die Urform des modernen Aequatorials wurde. Deutscher Fleiss und deutsche Treue für seine Wissenschaft ehren den grossen Jesuiten und machen ihn uns unvergesslich, so dass wir wahrlich nicht allzu unnachsichtig sein dürfen, wenn er in der Bitterkeit eines Kampfes, den er nicht gesucht hatte, von der eigenen Leidenschaft besiegt wurde. Ueber einen Fall der Entstehung der eichen- blättrigen Form der Hainbuche (Carpinus Betulus L.) bringt die „Botanische Zeitung“ (13. Februar 1891) eine hochinteressante, von F. Buchenau geschriebene Ab- handlung. Abnormitäten im Baue der Laubblätter kommen häufig vor, ohne dass man immer in der Lage wäre, sich eine genügende Erklärung solcher Erscheinungen zu geben. Die Ursachen mögen in verschiedenen Fällen verschieden sein. Der vorstehende Fall erscheint aber besonders klar und interessant. Die fragliche Hainbuche wurde im Winter 1576 zu 1877 im Schulhofe der neuerbauten Realschule beim Doventhore zu Bremen in mehr als 1 m hoch aufge- schütteten, unfruchtbaren Boden — Bauschutt, Weser- kies und Wesersand — gepflanzt, sie befand sich also gegenüber ihrem Standort in der Pflanzschule unter höchst ungünstigen Verhältnissen. Im Jahre 1877 trieb der Baum noch kräftig aus und mit lauter normalen Blättern; 1875 entwickelten sich nur schwache Triebe mit auf- fallend kleinen, stark eingeschnittenen Laubblättern; das- selbe wiederholte sich auch 1379. Von da an begann sich der Baum zu erholen: 1830 trieb die Hainbuche zahlreiche dünne Zweige mit gelappten Blättern und da- neben schon eine kleine Anzahl kräftiger Zweige mit normal gestalteten Laubblättern. Die gelappten Blätter („Eichenblätter*) sind bedeutend kleiner als die nor- malen; dabei ist die Nervatur sehr geändert; die Zahl der secundären Nerven ist sehr vermindert. Die ge- lappten Laubblätter machen gegenüber _ der strengen Regelmässigkeit der normalen Blätter den Eindruck grosser Unregelmässigkeit und gestörter Organisation. In den folgenden Jahren vermehrte sich die Anzahl der langgliedrigen kräftigen Zweige mit normalen Laub- blättern langsam aber stetig. Sie nahmen vorzugsweise die obere und äussere Kronenpartie ein, während die dünnen, kurzgliedrigen Zweige mit gelappten Blättern auf die unteren und inneren Partien beschränkt blieben. Ein einmal erstarkter Zweig kehrte nie wieder zu ge- lappten Blättern zurück. In der Baumschule, aus welcher die betreffende Weissbuche bezogen worden, gab es keine ähnlichen abnormen Exemplare und auch die be- schriebene Hainbuche wurde als normaler Baum ver- pflanzt. Es erscheint zweifellos, dass die veränderte Blattform eine Folge gestörter Vegetation ist. Dies wurde auch in überraschender Weise durch das Ver- halten des Baumes während der nächsten Jahre bestätigt. Der Uebergang eines kurzgliedrigen, eichenblättrigen Zweiges in einen normales Laub tragenden, beruhte immer auf einer Erstarkung dieses Zweiges, wie denn auch die Blätter nach der Verpflanzung meist gestreift waren, welehe Erscheinung mit der Zeit auch verschwand. Im Jahre 1884 blühte der Baum zuerst spärlich und nur an abnormen Zweigen, ebenso 1885 und 1886; von 1887 an bildeten sich Blüthen und Fruchtstände auch an nor- malen Zweigen. 1890 war der Baum endlich mit einer grossen Menge normaler Fruchtstände beladen. Die eben besprochene „eichenblättrige* Form der Hainbuche ist durchaus verschieden von der in Gärten als var. laeiniata Hort. bekannten Form. Die Bäume dieser Varietät zeigen einen durchaus gleichmässigen Bau; Rücksehläge in die normale Form fand Buchenau bei laciniata nie. Buchenau zieht aus seinen Beobach- tungen folgenden Satz: Die kleinen, gelappten Laub- blätter der eichenblättrigen Hainbuche entstehen direet als Hemmungsbildungen bei ungenügender Ernährung oder Vegetation auf Bäumen, welche bis dahin normale Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 191 Zweige und Laubblätter besessen haben; sie können von dem Baume völlig überwunden werden, wenn er in späteren Jahren zu kräftiger Vegetation gelangt. Ueber ein brauchbares Futter für den Maulbeer- seidenspinner, das ein Ersatz für den Maulbeerbaum zu werden verspricht, berichtet Prof. Harz nach seiner im vorigen Jahre in Stuttgart erschienenen Brochüre „eine neue Züchtungsmethode des Seidenspinners mit einer krautartigen Pflanze“ in den „Sitzgsber. d. Ges. f. Morph. u. Physiol. in München, Bd. 6, S. 141.“ Es ist diese Pflanze Seorzonera hispanica L., der Schwarzwurz, mit dessen Blättern Harz mehrere Jahre hindurch gute Erfolge, namentlich auch Betrefis der Beschaffenheit der erzielten Seide, erreichte. Dr. €. M. Ueber aktinische Ortshelligkeit. — Ueber diesen Gegenstand, mit besonderer Berücksichtigung der Ver- hältnisse zu Kiel, hat Professor L. Weber daselbst in der Kieler photographischen Gesellschaft einen Vortrag gehalten, über welchen jetzt das I. Heft des 28. Jahr- ganges der von Prof. Dr. H. W. Vogel herausgegebenen „Photographischen Mittheilungen“ berichtet. Prof. Weber erinnert zunächst daran, dass das Licht seiner objectiven Beschaffenheit nach aus einem Complexe der mannig- faltigsten Wellenbewegungen des Lichtäthers bestehe, welehe sich einerseits durch ihre Wellenlängen, anderer- seits durch ihre Intensität, d. h. durch die Höhe der Wellen unterscheiden. Die Wirkungen dieser Strahlen- eomplexe sind sehr verschiedenartige. Je nachdem unser Auge von denselben affieirt wird oder die Temperatur der bestrahlten Körper oder je nachdem chemische Pro- cesse ausgelöst werden, bezeichnen wir jene Strahlen als Lieht-, Wärme- oder aktinische Strahlen. Die lang- welligen Strahlen empfinden wir als rothes Licht, die kurzwelligen als blaues. Die ersteren sind es vorzugs- weise, die Wärme entwiekeln, die letzteren dagegen sind besonders reich an aktinischer Wirkung. Für sämmtliche Strahlenarten ‚giebt es einige gemeinsame Gesetze der Abschwächung ihrer Intensität, so das Gesetz von der Abnahme der Wirkung im umgekehrten quadra- tischen Verhältnisse der Entfernung, die Proportionalität der Liehtemission mit der Grösse der emittirenden Fläche. Dagegen werden die einzelnen Strahlenarten in sehr verschiedener Weise geschwächt bei ihrem Durchgange durch andere Körper. Durch rothe, grüne, blaue Gläser gehen vorzugsweise nur jene Strahlen hindurch, die wir als rothes, grünes, blaues Licht empfinden. Dureh unsere staub- und wasserdampferfüllte At- mosphäre werden die langwelligen rothen Strahlen un- gleich besser hindurch gelassen als die kurzwelligen blauen. Daher erscheinen uns die direeten Sonnenstrahlen um so intensiver roth gefärbt, je weiter der Weg ist, den sie in der Atmosphäre zurücklegen müssen, d. h. je tiefer die Sonne am Horizont steht. Gerade umgekehrt verhält es sich mit der Reflexion der Strahlen an den unzähligen, in der Atmosphäre schwebenden Partikelchen. Die rothen Strahlen werden schwach refleetirt, die blauen stärker, daher die blaue Färbung des Himmels. Bei Messungen der Intensität des Tageslichts ist daher auf das verschiedene Verhalten der direeten Sonnenstrahlen und des diffusen Himmelslichtes bezüglich ihrer Absorp- tion in der Atmosphäre Rücksicht zu nehmen. An einer graphischen Darstellung, in welcher die Intensitätseurven der direeten Sonnenstrahlen der Spectral- bezirke Roth, Grün, Blau in ihrer Abhängigkeit von der Sonnenhöhe verzeichnet waren, erkannte man die un- gleich schnellere Zunahme der grünen und blauen directen Sonnenstrahlen bei zunehmender Sonnenhöhe. Wenn nun die gesammte Lichtmenge gemessen wird, welche auf die Erdoberfläche fällt, so setzt sich diese aus den direeten Sonnenstrahlen und aus dem diffus am Himmels- gewölbe refleetirten Licht zusammen, und hier zeigt sich, dass die Färbung dieses gesammten Lichtes nur in sehr geringfügigem Grade von der Sonnenhöhe abhängig ist. Diese gesammte Lichtmenge ist als Ortshelligkeit bezeieh- net worden und wird in Kiel seit einem Jahre regelmässig Mittags um 12 Uhr auf dem Dache des physikalischen Institutes daselbst gemessen. Für die langwelligen (rothen) Lichtstrahlen z. B. ist die Ortshelligkeit an dunklen Winter- tagen nur etwa 500 mal grösser als die Liehtmenge, welche von einer Normalkerze in der Entfernung eines Meters hervorgebracht wird. Für eine gewisse Sorte grünen Lichtes beträgt diese Zahl etwa das Vierfache. Aber auch an hellen Sommertagen, an denen die Inten- sität des rothen Lichtes bis etwa 50000 Meterkerzen steigt, ist diejenige des grünen Lichtes eirca 200 000, also gleichfalls annähernd die vierfache. Wie verhalten sich nun die vorzugsweise dem blauen Theile des Speetrums angehörigen aktinischen Strahlen ? Zur Entscheidung dieser Frage sind an einigen 30 Tagen gegen Ende des letzten Jahres gleichzeitig Messungen der Ortshelligkeit für die beiden Spectralbezirke Roth und Grün und Messungen der aktinischen Helligkeit ge- macht. Hierzu waren eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, die hauptsächlich in dem grossen abso- luten Werthunterschiede des freien Tageslichtes und des als Einheit benutzten Kerzenlichtes ihre Ursache hatten. Als Reagens konnten entweder Troekenplatten oder licehtempfindliches Papier benutzt werden. Das letztere und zwar Stolze’sches Papier — ein hochempfindliches Bromsilberpapier — wurde gewählt. Daher beziehen sich die gewonnenen Resultate zunächst auch nur auf diejenigen Lichtarten, welche gerade auf dieses Papier aktinisch wirken. Voraussichtlich werden indessen die gewöhnlichen Trockenplatten kein wesentlich verschie denes Verhalten zeigen. Dagegen würden die soge- nannten farbenempfindlichen Platten, d. h. diejenigen Platten, welche nicht etwa farbige Bilder geben, wie man aus dem nicht ganz zutreffend gebildeten Namen schliessen könnte, sondern welche die Helligkeitsabstu- fungen der photographirten Gegenstände in einer den Helligkeitsempfindungen des Auges besser angepassten Scala wiedergegeben, diese Platten würden einen wesent- lich kleineren Werth der absoluten aktinischen Helligkeit ergeben; das Verhältniss dieses Werthes zu den Orts- helligkeiten in Roth und Grün würde indessen auch bei verschiedener Sonnenhöhe ein constantes bleiben. Die Messungen sind nun in folgender Weise gemacht. Mit Hülfe einer zweitheiligen Schiebecassette wurde die eine Hälfte eines Stolze’schen Papierblattes (9: 12 em) in passender Weise dem gesammten Tageslicht eine be- stimmte Zeit lang exponirt; die andere Hälfte wurde durch stufenweises Herausziehen des Schiebers dem Normalkerzenlicht ausgesetzt. Hierdurch findet man zwei unmittelbar an einander grenzende Stücke des belichteten Papieres, welche genau die gleiche Schattirung zeigen und von denen das eine durch Tageslicht, das andere dureh Kerzenlicht belichtet war. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Expositionszeiten und der sonstigen, die Lichtwirkung bedingenden räumlichen Abmessungen ergiebt sich hieraus der aktinische Werth der Ortshellig- keit in Meterkerzen. Die Resultate haben im Mittel er- geben, dass dieser Werth eirca 25 mal so gross ist wie der für das rothe Licht geltende Werth der Ortshellig- keit. Diese Verhältnisszahl bleibt nun aber im wesent- lichen von Tag zu Tag constant, obwohl sie etwas grösseren Schwankungen ausgesetzt zu sein scheint als 192 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. das auch ein wenig schwankende, von der Art der Be- wölkung etwas beeinflusste Verhältniss zwischen der In- tensität des grünen und rothen Lichtes. — Wir weisen bei dieser Gelegenheit mit besonderem Vergnügen auf die „Photographischen Mittheilungen“ hin, die sich nieht nur durch die Gediegenheit der in ihnen enthaltenen wissenschaftlichen Abhandlungen, die die Photographie und deren Nachbargebiete betreffen, aus- zeichnen, sondern auch in den werthvollen Kunstbeilagen ihren Lesern stets dankenswerthe Gaben bieten.*) 2. Die Januarkarte. von 1890 zeigt diehtgeschlossene Eismassen hart-am Cap Race herum, und einige Grade östlieh vom Land zwischen 49°—43° N. und 51°—41° W. dicht geballtes Pack -Eis, von 48°—45° N. und 49° bis 46.5° W. mit vereinzelten nach allen Richtungen vor- lagernden Feldern und Bergen. Dieses Hauptfeld ballt sich auf 3. der Februarkarte zu einem ziemlich geschlossenen von NO. nach SW. sich streekenden Pack südöstlich von Neufundland zusammen, dessen Hauptmassen zwischen 47° N. bis 42° N. und 51° bis 45° W. Jliegt,. wiederum mit " vereinzelten vorgelagerten Treibeismassen. Zwei schmale’ Streifen Eis ziehen sich am Cap Race nordöst- lich bis 50° N. hinauf und von 49° bis 47.5° N. zwischen 50° und 49° W. südlich herunter. Schon mit 41° W. beginnen die Beobachtungen westlich steuernder Sehiffe. 4.: Die Märzkarte enthält meist gelockerte, über 48° bis 41° N. und 60° bis 40° W. verstreute Eismassen, nur zwischen 44° bis 42° N. und 51.5° W. bis 49° W. liegt | das Eis dichter. Versprengte Stücke sind bereits‘ in 40° W. und 47° N.. gesehen, desgleichen zieht sich ein langer schmaler Saum südwestlich von Cap Race nach Sable-Bank und ein dichtes rundes Pack auf 50° N. und 53° bis 54° W. unmittelbar an der NO.-Küste von Neu- fundland. 38 5. Auf der Aprilkarte ist die Hauptmasse des Eises stark von SW. nach NO. auseinander gezogen, und reicht von der östlichen Grenze der Karte in 35° W. bis nach 52° W. und von 42° N. bis 52° N. hinauf,» die Haupt- masse jedoch von. 37° W. bis 44° W. und 44° N. bis 48° N.; eine kleine Masse liegt um 50° W. und 43° N. herum. Mehrere Dampferkurse laufen von NO. nach SW. dureh die ebenso gestreekten Eismassen hindurch, welche Täuschung natürlich durch die Beobachtungen selber ver- anlasst wird. Die lange Strecke nicht sehr dicht ge- drängter Eisfelder des vorigen Monats hat sich zwischen Sable-Eiland und Neufundland zu einem Haufen geballt und bloekirt den südlichen Eingang zum St. Lorenzgolf. Man sieht daran, dass schon Schiffe es versuchen,‘ von ‘Süden her in den St. Lorenzgolf sich ihren Weg zu - bahnen. 6. Im Mai ist dieser Weg offen, dagegen beginnen die Versuche, durch die Belle-Isle-Strasse von Norden her auch in den Lorenzgolf einzudringen, die aber noch vom Eis verstopft ist. Bei Cap Race ist die Küste nordwärts vom Eis blockirt, westwärts frei. Das Eis liegt ostwärts weiter ab von Neufundland, östlich von 50° W. ziemlich dicht geschlossen von 49° bis 41° N. zwischen 50° und 40° W., und im südlichen Theil noch bis 52° W. hin. Einzelne Berge und Felder treiben bis an 35° W., zwischen 50° und 44° N. 7. Im Juni hat sich das Eis dieht an die Ostküste von Neufundland gedrängt und bildet einen von der Belle- Isle-Strasse bis Cap Race dicht gedrängten Küstensaum. Oestlich Cap Race streckt es sich erst dieht gedrängt, weiter östlich desto lockerer bis 40°, selbst 37° W.; süd- östlich vom Cap Race ebenfalls recht lockere Stellen, dann aber wieder diehter gedrängt ein grösseres Feld zwischen 43.5° N. bis 41° N. und 51.5° W. bis 48.5° W. 8. Die Julikarte zeigt denselben Küstensaum längs der Ostküste von Neufundland, scheinbar mit einer starken Eisströmung aus der Belle-Isle-Strasse, welche die starke Sehifffahrt. nach dem St. Lorenz als dicht gedrängt voll Eis verräth. Zugleich 'beriehten wohl Wal- und Seehunds- fänger von vielem Küsteneis längs Labrador, oder eben diese selben St. Lorenzfahrer. Weiter auf See im Osten von Neufundland lichten sich die Eismassen ganz bedeutend, und sind nur einzelne wenige nordöstlich gestreckte' Packs zwischen 50° und 47° W. und’ 49° bis 46° N. zu sehen. Ueber die nordatlantische Eisdrift des Jahres 1890 berichtet die „Hansa“ **). Das Hydrographie Office oder die Abtheilung für Meereskunde der Seewarte zu Washington hat auf 12 grossen Uebersichten von hin- reichendem Massstab alle bei der Abtheilung vom December 1839 bis Ende November 1890 eingegangenen Berichte über Eisfelder und Eisberge des Nordatlantik eingetragen, und diese grossen Karten photographisch verkleinert auf 12 kleineren Monatskarten von 13.5 em für die Breiten-, und 15 cm für die Längenskala, : welche in der Beilage in 4 Abtheilungen oder Stock- | werken über einander gedruckt erscheinen. Diese einzelnen Kärtchen umfassen die oceanischen Felder von 55° N..bis 39° N. und von 61° W. bis 35° W. in der: Darstellung der sog. wachsenden Breite oder Mercator- schen Karte. In diesem Rahmen haben sich die Eis- massen gehalten, bezw. sind sie in ihm gesehen worden; nur eine vereinzelte Beobachtung berichtet von einem am 10. Juli in 48° 55° N. und 24° 11° W. gesehenen kleinen Rest eines Eisbergs. Die Eisberge sind als Drei- ecke, die Eisfelder als Kreise deutlich zu erkennen; da- neben geben öfters Zahlen die Monatstage der Wahr- nehmungen an. | Natürlich bedeuten die leeren Stellen der Monats- karten nicht etwa Abwesenheit des Eises, sondern nur | das Fehlen von Beobachtungen desselben; so z. B. längs der Küsten von Labrador und Neufundland und auf den Bänken, sowie namentlich nördlich der massenhaften | Driftfelder; es haben sich eben keine Schiffe in diese blanken Stellen verirrt. Viele Schiffe, besonders die transatlantischen Dampfer kreuzen die Bänke von Neu- fundland früh und spät im Jahr, und war während dieser Monate die Eisdrift in dieser besonderen Gegend des’ Meeres vollständiger und wahrheitsgemässer vorzuführen, als während der Monate, in welchen alle Schiffe die Neu- fundland-Bänke vermeiden. Wie aus den gleich folgenden einzelnen Monats- übersichten sich ergeben wird, war das verflossene Jahr ein Ausnahmejahr, sowohl wegen des frühen Vorkommens, | der langen Drift als wegen der ungewöhnlichen Menge und | Grösse der Eisberge. Man wird die Karten also immer, mit den Wahrnehmungen aus anderen Jahren vergleichen | müssen, wenn man allgemeine Folgerungen aus ihnen ziehen will. Die Abtheilung für Meereskunde beabsichtigt in der Sammlung der Eisbeobachtungen fortzufahren, und | fordert die Seefahrer aller Nationen zu freundlicher . Theilnahme an dem grossen und wichtigen gemeinnützigen | Werk auf. : | Was nun die Wahrnehmungen des Drifteises (nicht | das Vorkommen desselben, wie ausdrücklich wiederholt wird) in den einzelnen Monaten anbelangt, so zeigt 1. Die Decemberkarte von 1889 nur ganz vereinzelte Berge und Felder, recht Ost und SO. von Neufundland, | zwischen 49°—46° N. und 55° —46° W. ae *)' Verlag von Robert Oppenheim (Gustav 'Schmidt), Berlin. ! Preis ’vierteljährlich 3 Mk. Jährlich 24 Hefte. ? | **) Siehe hierzu '„Naturw.; Wochenschr.“ 1890. Bd. V, 8. 318. , Nr. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 193 a ————— nn Ein vereinzelter Berg ist aber wie schon bemerkt in 48° 53’ N. und 24° 11’ W. gesehen; die Karte zeigt einen in 50° N. und 39° W., dann aber erst von 43° W. mehrere. 9, Die Augustkarte zeigt den langgedehnten Streifen Eisfelder vor der Belle-Isle-Strasse von 49° W. beginnend, bis durch die Strasse in den freien Golf, längs der Neu- fundlandküste und ebenso weiter hinaus auf See von 49° bis 45° N. und 50° bis 43° W. nur wenig Eis, dagegen noch ein diekes rundes Pack in 50° W. und 45° N. 10. Auf der Septemberkarte ist der Eisstreifen vor der Belle-Isle-Strasse lichter geworden, im Ocean ist das letztgenannte Pack in 50° W. und 43° N. völlig ver- sehwunden, und nur noch vereinzelte kleine Ansammlungen von Eis östlich von 50° W. bis 46° und von 49.5° bis 45.5° N. reichend. 11. In der Octoberkarte ist nur noch Eis in der Belle-Isle-Strasse selber, und im Ocean zwischen 49° und 46° W., zwischen 49.5° bis 44° N. zu sehen, welches 12. in der Novemberkarte alles verschwunden ist bis auf 2 ganz vereinzelte Wahrnehmungen auf der grossen Bank von Neufundland in 48° W. und 46.5° N. und DIRSESWundrAn2zEN. Die Darstellung chemisch reinen Chloroforms. — Professor Raoul Pietet, welcher im Jahre 1877 gleich- zeitig mit Cailletet das Prineip der Verflüssigung der Gase durch sehr niedrige Temperaturen gefunden hat, hat seine Professur in Genf aufgegeben und sich in Berlin niedergelassen, wo er auf dem Lagerhof ein La- boratorium zum Studium der chemischen und physika- lischen Erscheinungen unter der Einwirkung hoher Kälte- grade eingerichtet hat. Zur Besichtigung und zur Vor- führung einiger Experimente hatte Prof. Pietet die Mitglieder der Physikalischen Gesellschaft kürzlich ein- geladen. Der Einladung hatten eine grosse Reihe von Gelehrten und auch von Offizieren der technischen Waffen Folge geleistet. Das Laboratorium mit seinen vielen Motoren, Compressoren, Transmissionen, Rohrleitungen und Dampfschlangen gleicht schon mehr einer grossen Fabrik. In einem 25 m langen und 10 m breiten Saale sieht man zunächst vier Dampfeompressoren. Zwei der- selben dienen dazu, den ersten Cyklus der Temperatur- erniedrigung zu erzielen. Ein grosses horizontales Rohr enthält die sogenannte „Pietet'sche Flüssigkeit“, eine Mischung von Schwefelsäure und Kohlensäure. Die Dämpfe, welche sich durch den Uebergang dieser sehr flüchtigen Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand ent- wiekeln, werden durch den ersten Compressor aufgesogen und in den Saugapparat des zweiten Compressors zurück- gepresst. Letzterer treibt die Dämpfe in ein in Brunnen- wasser getauchtes Schlangenrohr, wo sie sich verflüssigen. Nach ihrer Sammlung wird diese Flüssigkeit in das lange Rohr zurückgeführt, aus dem sie gekommen ist, und einer erneuten Verdampfung unterzogen, wobei sie sich immer mehr abkühlt. Die beiden zusammenarbei- tenden Compressoren ermöglichen die Herstellung nahezu völliger Luftlere und eime Temperaturerniedrigung von 80—82° unter Null. Dies ist die Temperatur- grenze des ersten Cyklus. Der zweite Cyklus wird mit Stiekstoffoxydul (Lachgas) hergestellt, welches in einem Gasometer aufgespeichert ist und von dort durch den dritten und vierten Dampfeompressor in ein sehr dickes und widerstandsfähiges Rohr hineingepresst wird. Dieses Rohr mündet in das grosse — 50° kalte Rohr, und unter dem vereinigten Einfluss des Druckes, der bis zu 12 Atmosphären gesteigert werden kann, und der nie- drigen Temperatur verflüssigen sich die Dämpfe des Lachgases. Als Flüssigkeit wird es in den Hohlmantel eines luftleeren Cylinders übergeführt und verdampft dann nochmals, wobei seine Temperatur noch mehr sinkt. Sobald der Cylindermantel voll ist, lässt man das Va- ceuum auf die Flüssigkeit wirken, worauf das Stickstoff- oxydul fest wird und eine Temperatur von — 130° ergiebt. Der zweite Cyklus kann beständig in Thätigkeit erhalten werden, so lange der erste functionirt. Diese Einrich- tung ermöglicht es, beliebige Gegenstände in den Cylin- der des zweiten Cyklus zu legen und auf — 130° ab- kühlen zu lassen. Diese grossen Kältegrade werden also durch eine Serie von Temperaturerniedrigungen erzielt, indem man von der Anwendung minder flüchtiger Flüssigkeiten zu derjenigen der flüchtigsten fortschreitet, unter denen die letzte die atmosphärische Luft ist. Um diese zu verflüssigen, wird trockene Luft bis zu 200 At- mosphären in einem 3 m langen Rohr eomprimirt, welches ganz in festgewordenes Lachgas von — 130° gebracht ist. Der Druck erniedrigt sich von selbst auf 70 At- mosphären und die flüssige Luft füllt das erkaltete Rohr. Oeffnet man dasselbe, so strömt die Luft in einem präch- tig blauen, staubförmigen Strahle heraus. Die Tempe- ratur der flüssigen Luft erreicht 200° Kälte. Um ver- diehtete Luft zu Versuchen vorräthig zu halten, sind im Laboratorium drei grosse Behälter aus Stahl von ausser- ordentlicher Widerstandsfähigkeit eingerichtet; sie sind 7 m lang, haben 750 mm im Durchmesser und können einen Druck von 300 Atmosphären aushalten. Diese Behälter haben keine Nath und sind aus einem einzigen Stahlblock hergestell. — Eine der ersten Arbeiten, welehe Prof. Pietet in seinem Laboratorium unternommen hat, war — auf Anregung des Prof. Liebreich — die absolute Reinigung des Chloroforms, indem er es bei 100° unter Null erystallisiren liess. Das sonst gebräuch- liche Chloroform konnte bisher nie ganz rein hergestellt werden, und die Unglücksfälle, welche bei Chloroform- Narkosen noch immer vorkommen — der deutsche Chi- rurgencongress hat sich noch erst jüngst damit beschäf- tigt — sind vielleicht zum Theil der unreinen Beschaffen- heit des Chloroforms zuzuschreiben. Durch Professor Pietet’s Verfahren wird den Aerzten fortan ein chemisch reines Chloroform zu den Narkosen geboten. Die Pictet- sche Flüssigkeit, mit welcher der erste Cyklus arbeitet, die Mischung von Schwefelsäure und Kohlensäure, hat übrigens die sehr bemerkenswerthe Eigenschaft, ein höchst wirksames Antisepticum zu sein, sodass also die Heilkunde den ersten Erfolg aus den Pictet’schen Unter- suchungen zieht. Aber auch auf anderen Gebieten der angewandten Physik dürfen auf Grund dieser Forschungen bedeutsame Fortschritte erwartet werden. Merkursvorübergang. — Am 10. Mai findet ein Vor- übergang des Planeten Merkur vor der Sonne statt. Für Berlin beginnt die Erscheinung in der Nacht vom 9. auf 10. Mai, um 12% 49” 195 und endet um 5% 41” 54 Morgens, während die Sonne um 4% 15” aufgeht. Es ist daher nur der letzte Theil der Erscheinung zu be- obachten, namentlich aber innere und äussere Berührung beim Austritt des Planeten von der Sonnenscheibe (am westlichen Theile derselben). Der ganze Verlauf des Vorganges ist in Australien und Ostasien zu beobachten. In beschränkterem Masse, wie in Berlin, wird sie wahr- zunehmen sein in Nordamerika, Westasien und Europa mit Ausschluss von dessen südwestlichem Theile. 194 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 19. Fragen und Antworten. Welches ist die Etymologie des Wortes Plankton? Plankton ist das Neutrum Singularis des griechischen Eigenschaftswortes srAayzros, das vom Zeitwort zriaLlsodau (Aorist &rrAdyy3yv) umherirren, umherstreifen kommt und dem entspreehend umherschweifend, unstet bedeutet. Ins- besondere werden in der Odyssee (XII, 61 und XXIII 327) Hheyzreı schwimmende, den Schiffen verderbliche Felsen im Meer genannt, analog oder wohl identisch mit den Symplegaden in der Argonautensage. Dement- sprechend soll „das Plankton“ die Gesammtheit der frei im Meerwasser schwebenden, hin- und hertreibenden festen Körper bezeichnen, namentlich die organischen, lebenden oder todten, die zwar meist mikroskopisch klein, doch wohl nirgends ganz fehlen und in ihrer Ge- sammtheit eine gewaltige, indireet auch für die Menschen wiehtige Masse ausmachen. E. v. Martens. Litteratur. A. von Braunmühl, Christoph Scheiner als Mathematiker, Physiker und Astronom. Bayerische Bibliothek, begründet und herausgegeben von Karl von Reinhardstoettner und Karl Trautmann. Band 24. Bamberg, Buchner’sche Verlagsbuch- handlung 1891. Preis 1,40 M. Die Bayerische Bibliothek ist eine der erfreulichsten Erschei- nungen des deutschen Buchhandels. Bei voller strenger Wissen- schaftlichkeit der Grundlage treten uns, von den ersten Forschern Deutschlands bearbeitet, vornehm künstlerich ausgestattete Bänd- chen entgegen, die uns in ihrer Gesammtheit ein vollständiges Bild der eulturellen Entwicklung des bayerischen Landes und und Volkes geben. Von besonderem Werthe ist das mit ernster tuhe und Unparteilichkeit geschriebene vorliegende Büchlem über Seheiner. Herr von Braunmühl hat sich dadurch ein sehr aner- kennenswerthes Verdienst erworben, dass er uns dies Bild echt deutschen Gelehrtenfleisses in hinreichender Ausführlichkeit und unter getreulicher Verweisung auf die Quellen gezeichnet hat. Die Darstellung des Kampfes, der sich an die Entdeekung der Sonnenflecken knüpfte, ist oben*) auf Grund des Braunmühl’schen Buches gegeben worden. Wir empfehlen unsern Lesern, in dem interessanten Büchlein die fesselnde Schilderung der weiteren Lebensentwieklung Ch. Scheiner’s nachzulesen: sein Wirken in Ingolstadt, seime Freundschaft mit dem Erzherzog Maximilian von Tyrol, seinen Aufenhalt in Innsbruck, den Antheil, den er an der Gründung des Jesuiteneollegiums in Neisse nahm und endlich seine Thätigkeit in Rom und Wien und den Beschluss seines Lebens in Neisse, Diese ganze Darstellung bringt uns das Bild eines hochbegabten, sich selbst getreuen, redlich an steter Erweiterung seiner wissenschaftlichen Erkenntniss arbeitenden Mannes nahe, dessen Fehler die Nachwelt gerne verzeihen darf. Der Herr Verfasser hat seinen Gegenstand in liebenswürdiger, flotter Sprache abgehandelt, und die Verlagshandlung hat das 3üchlein in einer ganz überraschend vornehmen und schönen Weise ausgestattet, sowohl typographisch, wie namentlich auch durch eine reiche Anzahl hochinteressanter Illustrationen, die nach photo- graphischen Darstellungen alter Portraits und Schnitte, vornehmlich aus Scheiner’s Werken, hergestellt sind. Wir wünschen der Bayerischen Bibliothek, die einzig in ihrer Art dasteht in Deutschland, und imsbesondere dem vorliegenden Bändchen den weitestgehenden Erfolg, den sie verdient. Gravelius. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. Bd. VIII. Heft l und 2. Hervorragendes Interesse beansprucht ein beide Hefte durch- ziehender grosser Aufsatz von A. Fischer, der sich über Osmond Fisher’s Theorie der Entstehung der Unebenheiten der Erdrinde verbreitet. Der Verfasser betont den hohen Anspruch auf rechte Beachtung und Würdigung, den die Fisher'schen Ansichten jeden- falls verdienen, und hofft, dass die Theorie der gestörten Scholle auf flüssiger Schicht auch auf dem Continente der allgemeinen Anerkennung entgegengehe, die sie in England und Amerika be- reits erworben hat. — Krebs bringt einen höchst interessanten Artikel aus dem Gebiete der Wirthschaftsgeographie, der sich mit den arktoiden und tropoiden Formen der Production befasst. Fonck berichtet über Gletscherphänomene im Süden von Chile, und Heyfelder über geologische Untersuchungen des transkas- pischen Gebietes im Jahre 1886. Zeitschrift für physikalische Chemie. Band VII. Heft 4. Im vorigen Hefte dieser Zeitschrift hatte G. Bodländer, Clausthal, die Löslichkeit einiger Stoffe in Gemischen von Wasser und Alkohol untersucht. Es hatte sich dabei herausgestellt, dass ein Zusatz von Alkohol die Lösungsfähigkeit des Wassers für Rohrzucker und einige Salze verminderte. Da ein speeifischer Einfluss des Alkohols nicht nachzuweisen war, so wurde Bodländer zu der Annahme geführt, dass der Alkohol nur als Verdünnungs- mittel wirke, und das Wasser umsoweniger von einem darin lös- lichen Körper aufnehme, je stärker es mit einem für letzteren in- differenten Körper verdünnt sei. Gleichzeitig war ein gewisses gleich näher zu erwähnendes Gesetz gefunden worden, das für solehe Lösungen gilt. In einer neuen Arbeit, im vorliegenden Hett, zeigt Bodländer nun, dass die Dinge sich ganz analog ver- halten, wenn an die Stelle des Alkohol ein anderes zu dem ersten indifferentes Salz tritt. Ist nun hier für die Verminderung der Lösungsfähigkeit ebenfalls Verdünnung der Grund, so muss das oben erwähnte Gesetz gelten, welches lautet: In verschiedenen bei gleicher Temperatur gesättigten Lösungen eines Stoffes ist der Quotient aus der Menge des in einem bestimmten Volumen der Lösung enthaltenen Wassers durch die Cubikwurzel aus der Menge des gelösten Stoffes constant. Herr Bodländer hat nun folgende vier Versuchsreihen angestellt: 1. Löslichkeit von Chlorkalium in Lösungen mit wechselnden Mengen Kaliumnitrat; 2. Kaliumnitrat mit Lösungen mit wechselnden Mengen Chlorkalium; 3. Chlor- natrium mit Lösungen mit wechselnden Mengen Natriumnitrat; 4. Natriumnitrat mit wechselnden Mengen Chlornatrium. Die drei ersten Reihen befolgen das angeführte Gesetz ganz genau, nicht so die vierte. Eine Erklärung hierfür findet sieh auf Grund der Beobachtung, dass die Differenzen zwischen den zu berechnenden Werthen der Quotienten (Menge Wasser: die beobachteten Werthe der Menge des Chlornatriums proportional sind. Es wird offenbar das Chlornatrium einen Theil des Wassers als Hydratwasser binden, welches nachher nicht mehr als Lösungs- mittel für das Natriumnitrat dient. Aus Untersuchungen dieser Art dürfen wir wichtige Auf- schlüsse über die Zustände der Lösungen, über die Existenz von Doppelsalzen und Hydraten in denselben und über das Verhältniss isomorpher Substanzen zu einander erwarten. E. Heilborn bringt im gleichen Heft einen sehr interessanten, eindringlich mathematischen Aufsatz über die Ausdehnung der Flüssigkeiten durch die Wärme. / Menge Salz) gegen Adler, A, Zur Theorie der Mascheroni’schen Constructionen. 0,40 M. Leipzig. Adler, G., Ueber eine Consequenz der Poisson -Mosotti’schen Theorie. 0,20 M. Leipzig. Banzer, A., Die Kreuzotter. Ihre Lebensweise, ihr Biss und ihre Verbreitung mit besonderer Berücksichtigung ihres Vor- kommens in Bayern. 1,60 M. München. Bebber, W. J. van, Die Wettervorhersage. 4 M. Stuttgart. Beissner, L., Handbuch der Nadelholzkunde. 20 M, Berlin. Bernstein, A., Ueber die Umwandlung des elektrischen Stromes in Licht. 0,60 M. Hamburg. Böhmig, L., Plagiostomina und Cylindrostomina von Grvaff. 10 M. Leipzig. Bronn’s, H. G., Klassen und Ordnungen des Thierreichs, wissen- schaftlich dargestellt in Wort und Bild. 2. Bd. 3. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). 10.—12. Lfg. & 1,50 M, Leip- zig. Clebsch, A., Vorlesungen über Geometrie. 2. Bd. 1. Thl. Die Flächen 1. und 2. Ordnung oder Klasse und der lineare Com- *) Seite 186. plex. 12 M. Leipzig. Inhalt: Damian Gronen: Unbekannte Gebiete in Nordamerika. — Christoph Scheiner S. J., und die Entdeekung der Sonnen- fleeken. (Mit Abbildungen.) — Ueber einen Fall der Entstehung der eichenblättrigen Form der Hainbuche. — Futter für den Maulbeerseidenspinner. — Ueber aktinische Ortshelligkeit. — Ueber die nordatlantische Eisdrift des Jahres 1890. — Die Darstellung chemisch reinen Chloroforms. — Merkursvorübergang. — Fragen und Antworten: Welches ist die Etymologie des Wortes Plankton? — Litteratur: A. von Braunmühl: Christoph Scheiner als Mathematiker, Physiker und Astronom. — Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. — Zeitschrift für physikalische Chemie. — Liste. ee nn nn nn Verantwortlicher Redakteur: i. V. H. Gravelius, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. .19. zum a a | Rudolph Krüger! 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Mit Abbildungen und Karten. „52.10 Des Rechnen jan) den’ Fingern Fund ‘Maechinen'von' 2 |I1ET 10. "Ueber, Laubfarbungen son, LK) Mai (7reuspe » 3 Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit | eu RI n der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl | „ 11. Ueber das Causalitätsprincip der Naturerschei- Kraepelin. nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds „ 4. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen || Rede: „Die sieben Welträthsel“ von Dr. Eugen von Prof. Dr. E. Loew. | Dreher. „ >. Das „glaziale‘“ Dwykakonglomerat Südafrikas von „12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Dr. F. M. Stapff. Jordan. „ 6. ‚Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von : - 4 F Dr. Rob. Mittmann. Mit S Holzschnitten. „18. DE een > Auen u Ku „ 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Mit ? Tafeln io N Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- ARE jalf £ litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette 1: Tafel. | von Dr. Ed. Ritsert. » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wänderzellen j „ 15. Die Urvierfüssier (Eotetrapoda) des. sächsischen (@ | im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. A Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner Mit 10 Holzschnitten. in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. Preis: Heft 1-4 a 50 Pf., Heft 5-15 a1 M. 0 m le rn nn re Hierzu eine B>ilage von Wilhelm - Engelmann in Leipzig, betreffend - Botanisches Adressbuch, die -wir hiermit. besonderer Beachtung empfehlen. ERINE x Redaktion: je Was Jie natarwissenschaflliche Forschung »ufgiebt an weltum- fussenden Ideen und an locken- Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 17. Mai 1891. Nr. 20. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 9 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- D sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme "bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber die Frage der inneren Flüssigkeit der Erde. Von Prof. F. Folie, Director der Kgl. Sternwarte zu Brüssel. Seit langer Zeit behandeln sowohl die Astronomen als auch die Geologen die Frage: Ist die Erde starr, oder besteht sie aus einer festen Schale mit einem Kern dessen oberflächlicher Theil wenigstens mehr oder weniger flüssig ist? Es ist heutzutage der Astronomie möglich, dieser Frage ernstlich näher zu treten; dennoch wird es dem Unkun- digen im der Himmelsmechanik ziemlich schwer begreif- lich sein, dass das Studium der kleinen scheinbaren Bewegungen der Sterne es dem Astronomen möglich macht, der Lösung dieser Frage näher zu kommen. Alle heutigen Rechnungen ruhen auf der Annahme einer festen Erde. Seit sechs Jahren bin ich damit be- schäftigt zu untersuchen, welche Folgen die entgegen- gesetzte Annahme haben würde, d. h. die Annahme einer festen Schale, welche unabhängig auf dem flüssigen Theil des Kernes beweglich wäre. Ich fand, dass in diesem Falle die Axe der Schale eine von der Sonne und dem Monde abhängige kleine Bewegung bekommen würde, deren Periode einen halben Tag beträgt, und die bis jetzt von den Astronomen gar nieht berücksichtigt worden ist. Zur Feststellung dieser kleinen Bewegung bedarf man der Kenntniss zweier Grössen: die eme ist der Winkel der Drehungsaxe der Schale mit der Drehungs- axe des Kernes, welcher die Grösse dieser Bewegung misst; die andere ist der Winkel, den ein bekannter Meridian, welcher durch diese Axen geht, mit einem festen Meridian, dem Meridian von Paris z. B., macht. Ich .habe diese kleine Bewegung tägliche Nutation genannt. Die erste der zwei soeben festgestellten Grössen ist der Coeffieient der täglichen Nutation, und die zweite die Länge des ersten Meridians (östl. von Paris). Anbei einige Bestimmungen dieser ‘beiden Grössen k und L, aus dem Annuaire de l’Observatoire royal de Bruxelles für 1890 entnommen; sie beruhen auf den besten Beobachtungen. n I ( 4 Beob. des Polarsterns Kiew 0,21 9% gm - .@ Urs. min. Harvard College 0.08 2129 Ww.Homn - BrüsselausoaaHl, 201310) 2210-25 aha 0 - Pulkowa . .ı. 018° 1 45 rohe - - er! 0.32 8.41 Bay E)- ı Greenwich . O2 RS10 En Ayanucaintos Washington . . 0”17 11 36 th alOet: Cordoba. :»2.4 Ol earRlos - @ Lyrae(1 Vert.) Washington 0".095 868 - von Polarsternen Cointe (Lüttich) 0.325 10 02 Sogar der unkundige Leser wird, wenn er die Klem- heit der festzustellenden Grössen berücksichtigt, in der Uebereinstimmung dieser Zahlen, besonders der /, einen treffenden Beweis des Vorhandenseins der Nutation finden. Dennoch wird dieselbe von den meisten Astronomen be- zweifelt. Hier habe ieh nicht die Absicht, das Vorhandensein der täglichen Nutation, sondern die oberflächliche Flüssig- keit des Erdkernes, und dadurch die theoretische Wahr- scheimlichkeit dieser Nutation zu beweisen. Die Erdaxe besitzt eine zweite kleine Bewegung mit sehr kurzer Periode; Euler hat zuerst die Formel derselben gegeben und Laplace sagt darüber folgendes: Si ee mouvement &etait sensible, on le recon- naltrait par des variations journalieres de la hau- teur du pöle. Diese Bewegung besteht darin, dass die Rotations- axe der Erde nicht dureh den geographischen Pol geht, und dass dieser letztere sich um diese Axe in ungefähr 1'/300 Sterntag dreht. Da. aber die Erde selbst ihre Umdrehung genau in 1 Tage vollbringt, so folgt daraus, dass die Rotationsaxe jeden Tag eine vom vorigen Tage 196 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. ll DT m ae SuM en tn Ma ein wenig verschiedene Lage auf der Erdoberfläche ein- nimmt; diese letztere Lage wird sie erst nach einer Pe- riode von ungefähr 305 Tagen wieder einnehmen. Der Abstand der Rotationsaxe oder des Rotationspols von der geographischen Axe oder deren Pol, ist übrigens ein sehr kleiner; er beträgt nur 2,4 m. Ist es nicht bewundernswerth, dass es der Astronomie möglich ist, ohne die Lage dieser beiden Pole auf der Erde zu kennen, ihren Abstand, bis auf einige Centimeter, durch die Beobachtung der kleinen scheinbaren Bewegungen der Sterne zu messen? Da der astronomische Pol (um welehen die Erde sich dreht) nie mit dem geographischen Pole übereinstimmt, so folgt daraus, dass, wenn der Ab- stand eines Ortes, Berlin z. B., von diesem letzteren Pole ein eonstanter ist, sein Abstand vom astronomischen Pole nicht constant sein, sondern Variationen von einer eirea 300tägigen Periode aufweisen wird. Von diesem Standpunkte ausgehend, gelang es C. A. F. Peters diese kleine Bewegung sehr genau durch die Variation der Höhe des astronomisehen Pols in Pulkova von 1841 bis 1544 festzustellen. Nyren bestimmte sie vermittels anderer Beobachtungen im Jahre 1850, und Downing erhielt sie ebenfalls sehr genau aus den Polhöhen in Greenwieh von 1867 bis 1877. Wie man sieht, waren es besonders die Veränderungen in der Polhöhe, welche die Astronomen seit 1889 be- schäftigten, und sie schienen ein wenig ausser Acht zu lassen, dass diese Variationen, deren Periode ca. 300 Tage beträgt, in Wirklichkeit von einer Bewegung des geographischen Pols herstammen, deren Periode fast genau täglich ist (1 soo Tag ungefähr). Nun dachte ich, da der sehr kleine Kreis vom geographischen Pol in ungefähr einem Tage beschrieben wird, so wird in einem halben Tage dieser Pol von einem Ende eines Durehmessers zum andern gelangen, und so die grösstmögliche Entfernung zwischen zwei seiner Positionen erreichen. Also sind es Beobachtungen, die um 12 Stunden von einander getrennt sind, aus welchen man diese kleine Bewegung am besten bestimmen wird. Um diese letztere, wie auch um die tägliche Nutation kennen zu lernen, muss man aus den Beobachtungen die Werthe zweier Grössen ableiten: die eine ist die Grösse der Bewegung, oder der Winkel zwischen der Rotationsaxe und der geographischen Axe; dieser Winkel, den ich durch 7 bezeichne, ist 0,08, wenn die Entfernung der beiden Pole, wie oben gesagt, 2,4 m beträgt. — Die zweite Grösse ist der Winkel, welchen der Meridian, der durch diese beiden Axen geht, in einem gewissen Augen- blicke mit einem festen Meridian macht, demjenigen von Pulkowa z. B. Dieser durch $ bezeichnete Winkel verändert sich Jeden Tag, wie wir gesehen haben, um ungefähr Y/399 360° 300 ' Werth des Nenners, den ich in runder Zahl 300 geschrieben habe, sehr genau festzustellen. Ist die Erde starr, so kann die Astronomie diesen Nenner theoretisch berechnen, und sie hat es auch mit der grössten Zuversicht gethan. Sie bestimmte diesen Nenner gleich 305 ungefähr, oder, mit anderen Worten, sie fand dass der Winkel $ sich ungefähr um 428° jährlich vergrössert. Sie zweifelte so wenig an diesem Resultate, dass für sie dieser Winkel sicher zwischen 428° und 432° schwankt. Da ich eine entgegengesetzte Hypothese über die Beschaffenheit der Erde annahm, konnte ich das ein- stimmige Vertrauen der Astronomen nicht theilen. Ich hatte nieht nur, wie diese, 7 und ß zu bestimmen, sondern des Kreises oder Es handelt sich aber darum, den auch die Dauer der Periode selbst, welche sie für eine 305tägliche hielten, oder die entsprechende jährliche Zu- nahme von f£, welche für. diese Dauer 428° betragen würde, festzustellen. Finde ich eine wesentlich verschiedene jährliche Zu- nahme, so ist der Beweis erbracht: die Erde ist nicht starr; meine Hypothese über ihre Beschaffenheit wird bestätigt, und die tägliche Nutation, welche für die meisten Astronomen noch zweifelhaft ist, wird theoretisch sehr wahrscheinlich, wenn nicht absolut gewiss. Nun aber leitete ich folgende Werthe aus den Be- obachtungen W. Struve’s in Dorpat ab; sie beziehen sich, was ß anbelangt, wie die ferneren, auf den Meridian von Pulkowa: ß Y 1. April 1823 D32A5E 0,081 3; 2721824 243° 38 0,075 1422274825 250° 20’ 0",086 Diese Werthe deuten auf eine 360° kaum über- schreitende jährliche Zunahme; die erste (1823—1824) würde ungefähr 371°, die zweite (1524—1825) nur ca. 367° sein. Die Beobachtungsreihen auf welchen diese Bestim- mungen beruhen, sind allerdings zu gering um eine voll- ständige Zuverlässigkeit zu erlauben; dennoch sind die Werthe so übereinstimmend, dass man sich nicht ent- halten kann die jährliche Zunahme von 428° der Astro- nomen zu verwerfen. Eine gute Beobachtungsreihe von Preuss, ebenfalls in Dorpat im Jahre 1333 unternommen, ergab $ = 307° 5’ für den 1. April 1838. Aus dem Mittel der drei vorigen Resultate folgt 8 = 242° 18’ für den 1. April 1824. Der Winkel hat also in 14 Jahren einen festzu- stellenden Zuwachs von einer gewissen Zahl: Mal 360° + 307° 5° — 242° 18° erfahren. Nehme ich diese Zahl gleich 1, den einzigen Werth der sich mit der sehr schwachen jährlichen aus den Struve’schen Beobachtungen abgeleiteten Zunahme ver- trägt, so bekomme ich in 14 Jahren, wenn ich die 14 ganzen Kreise vernachlässige, eine Zunahme von 424° 47’; also eine jährliche Zunahme von 30° 20‘, oder, wenn ich 360° addire, 390° 20’. Durch andere Reihen fand ich einen genauen Werth von 390°.5, anstatt dessen von 428° der Astronomen. Meiner jährlichen Zunahme entspricht eine Periode von 336.5 Tagen, anstatt der Periode von 505 Tagen, den sie alle angenommen haben! Durch die Combination aller Struve’schen Beob- achtungen, auf den 1. Januar 1824 reducirt, bekommt man ?—=151°95. Fügt man 97°32'.5 hinzu, um sie auf den 1. April, mittelst meiner jährlichen Zunahme von 390°, 5 zurückzuführen, so hat man # — 248° 42’, der nur um 6°. von. dem vorher gefundenen Mittelwerthe ab- weicht, Der Werth, der sich aus den Preuss’schen Beob- achtungen ableiten lässt, auf den 1. Januar 1838 redueirt, 1312 6, 20921337 Ich habe meine Methode auf verschiedene Beob- achtungsreihen der Polhöhe, von Peters in Pulkowa (1842—43), ebenfalls angewandt. Hier das. Ergebniss von vier verschiedenen Combinationen, welche vermittelst meiner jährlichen Zunahme alle auf den 1. April 1842 zurückgeführt wurden: ß = 3422.17; 315°.2;1353°.4;, 325°.5 Die Anwendung der jährliehen Zunahme von 428° der Astronomen hätte zu vier absolut nicht überein- stimmenden Resultaten geführt. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 197 Zum Schluss ein, wie ich meine, beachtenswerther Beweis der Genauigkeit meiner Periode von 336.5 Tagen oder meiner jährlichen Zunahme von 390°.5, gegenüber der Periode von 305 Tagen und der jährlichen Zunahme von 428° der Astronomen. Von meinem Werthe &=151° 9.5 ausgehend, und die Werthe dieses Winkels für die verschiedenen Zeiten der Beobachtungen vermittelst meiner jährlichen Zunahme berechnend, bekam ich folgende Resultate: Datum a Autorität Beob. Berech. Beob.-Ber. 1838. F.F. (Beob. v. Preuss) 209°.5 218°.2 — 8°.7 1842 Peters 341°.6 340°2 —+1°.4 1850 Nyren 22.0 222 —0°2 1872 Downing 115.27 11522 0°, Diese so übereinstimmenden Ergebnisse für einen so kleinen Werth übertreffen alle Hoffnungen; sie sind ein glänzender Beweis der Genauigkeit der modernen Beobachtungen. Sie werden allen Astronomen auffallen, welche von der Nichtübereinstimmung betroffen waren, die sich offenbarte, wenn sie für die verschiedenen Bestimmungen dieses Winkels 8 ihre Zunahme von 428° gebrauchten, während meine Zunahme von 390°.5 diese Widersprüche in eine überraschende Harmonie umgewandelt hat. Zu gleicher Zeit bestätigen sie die absolute Genauig- keit und die Constanz meiner Periode, obgleich diese Constanz von W. Thomson in Abrede gestellt wor- den ist. Sie beweisen endlich, dass die Erde nicht starr ist; denn, wäre sie es, so müsste die Periode von 505 Tagen durch die Beobachtungen bestätigt werden. Die letzteren geben im Gegentheil eine constante Periode von 336.5 Tagen; und die Constanz dieser Periode erklärt sich nur durch die Annahme einer festen Schale, welche sich auf dem äusseren flüssigen Theil des Kernes, in mehr oder weniger unabhängiger Weise, bewegt. Daraus folgt auch, dass die tägliche Nutation, deren Formeln ich gegeben habe und die ich durch verschiedene Beobachtungsreihen festzustellen versuchte, nieht nur sehr wahrscheinlich, sondern, dürfte man sagen, theoretisch bewiesen ist. Wunderbar ist es, dass die Flüssigkeit des Erd- innern sich durch die kleinen scheinbaren Bewegungen der Sterne offenbarte, bevor es den Geologen gelungen ist, diese T’hatsache zu beweisen. In einem folgenden Aufsatze werde ich andere Folgerungen dieser neuen Idee zeigen, welche die Astronomen zwingen könnten, beinahe alle Constanten ihrer Reduetionsformeln zu revidiren. Ueber das Vorhandensein von Geschmacks- Empfindung im Kehlkopf macht Dr. P.Michelson aus Königsberg im neuesten Bande von Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie ete. folgende interessante Mitthei- lungen. Vor einer Reihe von Jahren hat ein italienischer Forscher Verson die Entdeckung gemacht, dass die soge- nannten Schmeckbecher, d. h. die Eudorgane der ge- schmacksempfindenden Nerven, welehe uns die Empfindung des Geschmacks auf der Zunge vermitteln, auch an einer Körperstelle vorkommen, von der es nicht bekannt und auch recht unwahrscheinlich war, dass sie Geschmacks- empfindungen besitze, nämlich an der Innenfläche des Kehldeckels. Dieser merkwürdige Befund ist später von mehreren Forschern bestätigt und auch noch dahin er- weitert worden, dass sich diese Geschmacksorgane auch noch an anderen Stellen des Kehlkopfes, z. B. der Innen- fläche der Giessbeckenknorpel finden. Wie diese That- sache zu erklären sei, dass ist den Physiologen bis heute ein Räthsel geblieben. Während die Einen jenen Gebilden im Kehlkopf überhaupt keine Funktionen zu- schreiben, sehen Andere in ihnen den Sitz der Nachge- schmacksempfindung u. dgl. m. Der Versuch, eine Ent- scheidung der Frage durch positive Prüfungen des Kehl- kopfes auf seine etwaige Geschmacksempfindung herbei- zuführen, ist nun von Dr. Michelson angestellt worden und hat, wie wir vorweg mittheilen wollen, ein positives Ergebniss gehabt. Mit Gebrauch des Kehlkopfspiegels ist es möglich, jede Stelle des Kehlkopfes mit der grössten Genauigkeit auf seine Geschmacksempfindung zu prüfen. Es wurde die Spitze einer Kehlkopfsonde mit concen- trirter Chinin- oder Saceharinlösung befeuchtet, deren Consistenz durch Zusatz von Gummi arabicum erhöht wurde, so dass die Flüssigkeit von der Sonde nicht herabfliessen konnte. Bei 25 Personen verschiedenen Geschlechtes und Alters wurde die Sonde nur unter Leitung des Kehlkopfspiegels, ohne irgend einen Theil der Mund- oder Rachenhöhle zu streifen, in den Kehl- kopf eingeführt und die Innenfläche des Kehldeckels da- mit kurz berührt. Alle Versuchspersonen empfanden das Chinin, die grosse Mehrzahl als bitter, Andere als bitter- lich, süss-bitterlich, unbestimmt u. dgl. m, Das Saccharin empfanden Alle bis auf 2 Mädchen, die Meisten als süss- lich, Andere als süss, ziemlich süss und unbestimmt. Die Stärke der Geschmacksempfindung des Chinins und des Saecharins deekte sich nicht immer bei ein und derselben Versuchsperson. Als Zeitpunkt der Geschmacksempfin- dung wurde immer der Augenblick der Berührung ange- geben, als Ort derselben nannten die Meisten den Hals, gewöhnlich mit dem Zusatz tief oder hinten im Hals, Andere die Kehlkopfgegend oder direet den Kehlkopf. Das Vorhandensein der Geschmacksempfindung im Kehlkopf wurde auch noch durch eine andere, zweite Untersuchungsmethode bestätigt, nämlich dureh die elek- trische Reizung der Kehlkopfschleimhaut. Die Versuchs- person legt eine Hand auf eine angefeuchtete, mit dem einen Pol der Batterie verbundene grosse zungenförmige Hirschmann’sche Elektrode, während eine mit dem an- deren Pol der Batterie in Verbindung stehende Kehl- kopfeleetrode in den Kehlkopf eingeführt und mit der- selben eine kurze Berührung der Innenfläche des Kehl- deckels ausgeführt wurde. Es kam nun, wenn die Elektrode als Anode fungirte, ein säuerlicher, wenn sie als Kathode fungirte, ein schwach laugenartiger Ge- schmack zu Stande. Die Genauigkeit der Angaben wurde durch ohne Wissen der Versuchsperson bewirktes Umschalten oder Oeffnen des Stromes controllirt. Dr. A. Die Stimme des Todtenkopfschmetterlings, Ache- rontia atropos. — Schon im vorigen Jahrhundert (1737) war durch Reaumur festgestellt worden, dass der Todtenkopfschmetterling einen kläglich piependen Laut von sich gebe. Landois wies 1367 („Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. 17) nach, dass die eigen- thümlichen Töne durch Reibung der inneren Fläche der Palpen an dem Rüssel hervorgebracht werden. Die Palpen haben an der inneren Seite am Grunde eine glatte Fläche. Bei mikroskopischer Untersuchung sind auf dieser nackten, dem unbewaffneten Auge glatt er- scheinenden Fläche der Palpen eine grosse Anzahl feiner Rillen zu erkennen, durch deren Reibung an dem Rüssel der Ton des Sehmetterlings entstehen soll, 198 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. O0. M. Reuter untersuchte eine grössere Zahl von Schmetterlingen und fand, dass der beim Todtenkopf- schmetterling constatirte Stridulationsapparat bei den Schmetterlingen allgemein vorkommt („Entom. Monthly Mag. 1877. Vol. 13. S. 229—230*). Enzio Reuter setzte diese Untersuchungen 1838 fort und kam zu dem Resultat, dass bei allen von ihm untersuchten Schmetter- lingsarten der finnischen Fauna ohne Ausnahme am Grunde der inneren Fläche der Palpen ein stets sehr leicht zu bemerkender nackter Fleck vorhanden sei, den er „Basalfleek* nennt. Dieser Fleck ist bei verschie- denen Arten von verschiedener Grösse. Die Rillen sind fast immer vorhanden, bei vielen Arten aber ziemlich undeutlich. Bei wenigen Arten scheinen sie zu fehlen. Die Rillen nehmen meistens den grössten Theil des Basal- fleckes ein, laufen miteinander mehr oder weniger parallel und erstrecken sich meist über die ganze Breite desselben. Am besten entwickelt und am schärfsten markirt sind die Rillen meist auf dem Theile der Fläche, der in der natürlichen Lage der Palpen aufwärts und etwas nach innen gerichtet ist. Sehr interessant erscheint es daher, zu constatiren, dass eben dieser Theil sowohl bei dem lebenden als dem todten Thiere am häufigsten an die mit einer erhöhten Leiste versehene Basis des Rüssels angedrückt ist. Es mag sein, dass der von O. M. Reuter beschriebene Stridulationsapparat wirklich Töne hervorbringt, wie das ein ähnlicher Apparat an anderen Körpertheilen bei vielen Käfern thut, wovon man sich leicht überzeugen kann. Indess nahm Landois bereits 1875 entgegen seiner früheren Lehre an, dass beim Todtenkopfschmetter- ling das Toninstrument sich anderswo befinde. Wenn er das Inseet unter Wasser hielt, so sah er, wie bei jedes- maligem Piepen mehrere Luftbläschen aus dem vorderen Saugrüssel hervorkamen. Nach Landois’ nunmehriger Annahme ist also der Rüssel das trompetenartige Stimm- organ dieses Schmetterlings. „Die stimmerzeugende Luft wird aus dem grossen Saugmagen durch den Rüssel ge- zwängt. Bei getödteten Thieren lässt sich der Saug- magen noch aufblasen, und bei mässigem Drucke er- klingt experimentell die Stimme des Todten, wie im Leben.“ Eine solche Erklärung hat im Jahre 1856 (Müller’s Archiv) auch R. Wagner abgegeben. Neuerdings entwickelte H. Redlich in der „Entom. Zeitschrift“ (Guben, 1590) seine Untersuchungen und An- sichten über die Stimme des Todtenkopfschmetterlings. „Durch Aneinanderpressen der beiden, sich nach innen einbiegenden eonvexen Flächen des Rüssels wird auf dessen oberer Seite eine feine Rinne gebildet, welche direet unter der Oberlippe in den Mund führt. Der obere, die kleinen Kiefer tragende hornige Mundtheil liegt sehr fest und luftdieht auf dem Rüssel auf. Infolge dieser Constellation entsteht nun, durch Rinne und Ober- lippe gebildet, eine kleine Schallöffnung, welche, sobald eine geringe Luftmenge mit einer gewissen Gewalt hin- durehströmt, das Instrument zur Erzeugung des be- kannten vibrirenden, halb pfeifenden, halb zirpenden Tones wird. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Theorie ist folgender: 1. Führt man eine feine Inseetennadel ca. einen viertel Centimeter tief in die Schallöffnung ein, so ver- mag das Thier nieht mehr den leisesten Ton hervorzu- bringen. Der Ton erklingt sofort wieder, wenn das Hinderniss entfernt wird. 2. Dasselbe findet statt, wenn die Oeffnung mit einem Tropfen Oel verschlossen wird, doch bilden sich hierbei sofort ununterbrochen kleine Luftblasen. 0} 3. Klemmt man die Spitze einer Inseetennadel seit- lich zwischen Rüssel und aufliegenden hornigen Mund- theil in der Gegend eines Oberkiefers, so hört gleichfalls jede Tonäusserung auf. 4. Verniehtet man durch wiederholtes bohrendes Bewegen der Nadel bei Versuch I die äusserst kleine Öberlippe, so wird das Thier zur weiteren Hervorbringung eines Tones dauernd unfähig. 5. Trägt man den Rüssel bis nahe der Einmündung in den Mund ab, so bleibt trotzdem der Falter zur Her- vorbringung des Tones noch fähig, ebenso, wenn man mittelst eines festen Fadens das genannte Organ an einer beliebigen Stelle eng unterbindet. Bei Versuch 1 und 2 besteht die Ursache für das Aufhören des Tones in dem Verstopfen der Schall- öffnung, bei Versuch 3 in der Hervorrufung einer hori- zontalen Nebenöffnung, bei Versuch 4 in der Vernichtung des zur Hervorbringung eines accentuirten Tones nöthigen organischen Gebildes. Das bei 5 bezeichnete Verfahren beweist, dass der ausserhalb des Mundes befindliche Theil des Rüssels an der Entstehung des Geräusches durchaus unbetheiligt ist.“ Aus allen vorstehenden Mittheilungen entnehmen wir, dass die Untersuchungen über die Ursache der Laut- äusserungen der Schmetterlinge, speciell des Todtenkopf- schmetterlings, noch nieht völlig als abgeschlossen gelten können. H. J. Kolbe. Ueber den Bau und die Bedeutung der Chloro- phylizellen von Convoluta Roscoffensis macht der Grazer Professor der Botanik Gottlieb Haberlandt in dem (bei Wilhelm Engelmann in Leipzig 1891 er- schienenen) Werk L. v. Graff’s „Organisation der Tur- bellaria acoela* eingehendere Mittheilungen. Der acocle Strudelwurm Convoluta Roseoffensis lebt in Symbiose mit pflanzlichen Chlorophylizellen, grünen Algen, welche letztere also Haberlandt eingehender untersucht hat, da von botanischer Seite aus die Er- scheinung des Zusammenlebens von Algen und Thieren bisher verhältnissmässig noch wenig genau studirt worden ist. Quetscht man eine Convoluta auf dem Präparat unter dem Mikroskop, so zeigt sich, dass die grünen Zellen unter Einfluss der Muskelcontraetion des Thieres die verschiedensten Gestalten annehmen: es geht daraus unter Anderem auf das Deutlichste hervor, dass diese Zellen membranlos sind, es sind also nackte Protoplasten. In diesen Protoplasten tritt in der Regel ein einziger, grosser, muldenförmiger Chloroplast auf, es scheinen zu- weilen auch mehrere Chloroplasten in einer Zelle vor- handen zu sein. Der Chloroplast enthält gewöhnlich nur ein central gelagertes, etwa kugeliges, zuweilen auch eckiges Pyrenoid, zuweilen mehrere. Die Pyrenoide färben sich bei weitem nicht so deutlich wie Zellkerne. Um jedes Pyrenoid findet sich eine aus kleinen Körnchen zusammen- gesetzte Stärkehülle. Der farblose Theil der grünen Zellen tritt gegen- über der Masse des Chloroplasten sehr zurück. Der in diesem Theil befindliche Zellkern, stets nur einer, ist un- gefärbt ganz unsichtbar. Ausser dem Kern tritt im farblosen Theil häufig ein kugeliger, starklichtbrechender, in H,O löslicher, in Alkohol unlöslicher Körper auf, oder es finden sieh zahlreichere isolirte Körnchen gleicher Art, über die Haberlandt aber nichts weiter auszusagen vermag. Soweit die Beobachtung. Die grosse Aehnliehkeit in der Organisation der be- schriebenen grünen Zellen mit gewissen einzelligen Algen ! aus den Familien der Volvocaceen, Tetrasporaceen und Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 199 Pleurococeaceen lässt die Auffassung, dass man es in den grünen Zellen mit Algen zu thun habe, begründet er- scheinen. Haberlandt speeialisirt die Antwort dahin, dass die in Rede stehenden Zellen allerdings phylogenetisch genommen als Algen anzusprechen sind, resp. von Algen abstammen, dass sie aber gegenwärtig nach weitgehen- der Anpassung an das Leben in und mit dem Wurme ihren Character als selbstständige Algenorganismen aufgegeben haben und so zu einem integrirenden histo- logischen Bestandtheil des Wurmes geworden sind, dass sie nunmehr sein Assimilationsgewebe vorstellen. Die Thatsache, dass die grünen Zellen nach dem Sterben des Wurmes nicht im Stande sind, isolirt weiter- zuleben,. rechtfertigt diese Auffassung allerdings, die Zellen bilden dann nicht einmal eine Membran, sodass sieh in der That die Membranlosigkeit als eine An- passungerscheinung an das Leben im Wurmkörper dar- stellt. Dass die Zellen phylogenetisch genommen Algen seien, kann nur aus der Analogie wahrscheinlich ge- macht, bewiesen kann es nicht werden. Bezüglich der ernährungsphysiologischen Bedeutung der grünen Zellen für die Convoluta äussert sich Haber- landt in der folgenden Weise: Eine Verdauung ganzer Chlorophylizellen findet nicht statt, jedoch darf mit grosser Bestimmtheit angenommen werden, dass die oft zahlreichen, kleinen, grüngefärbten Plasmatheilchen, welche bei den Bewegungen und Contrac- tionen des Wurmes von den hautlosen, zähflüssigen Chlorophylizellen, resp. deren Chloroplasten abgetrennt werden, der Verdauung seitens des thierischen Proto- plasmas anheimfallen. Die abgetrennten Plasmasplitter können auch Stärkekörnchen enthalten; dann sind sie nicht nur stiekstoffhaltige, sondern auch stiekstofflose Nahrung für den Wurm. Der Substanzverlust wird durch die Assimilationsthätigkeit der grünen Zellen leicht wieder ersetzt. Wahrscheinlich werden von den Chlorophylizellen auch gelöste Assimilate abgegeben. In für das Wachsthum der grünen Zellen günstigen Nährstofflösungen vermehrten sie sich rapide und der Stärkereichthum wuchs, die Würmer gingen aber zu Grunde, sie vermochten sich nicht der übergrossen An- zahl von Chlorophylizellen durch Ausscheidung zu ent- ledigen. Die Chlorophylizellen sterben trotz des reich- lichen Nährstoffes dann auch. Die Convoluten scheinen von aussen keine oder nur ausnahmsweise Nahrung aufzunehmen. Bemerkenswerth ist das „positiv phototaktische“ Verhalten der Würmer, d. h. sie streben bei einseitiger Beleuchtung der Licht- quelle zu, sodass eine Begünstigung der Assimilations- thätigkeit der Chlorophylizellen auf der Hand liegt, in- direct also dem Thiere aus dieser Eigenthümlichkeit ein Nutzen erwächst. Die negative Geotaxis der Würmer: ihr Aufwärts- streben, sie sitzen immer an der Oberfläche des Wassers, ist als eine vortheilhafte Ergänzung der Phototaxis aufzu- fassen, wie sich experimentell begründen lässt, und wie man sich leicht ohne nähere Ausführung denken kann. RB: Ueber die Funetion des Zellkerns bringt J. Genas- simoff, Schüler des Professor Goroschankin in Moskau, in dem Bulletin de la Soeiete des Naturalistes de Mos- cou, No. 4, 1890, einige Bemerkungen. Beim Studium der Algen traf Verf. auf kernlose Zellen bei Sirogo- nium und verschiedenen Arten von Spirogyra. Auf jede kernlose Zelle folgte aber stets eine solche mit zwei Kernen. Augenscheinlich haben bei der Theilung der Mutterzelle sich die beiden Tochterkerne nicht gleich- mässig auf die beiden Tochterzellen vertheilt. Im Anfange ihrer Existenz unterscheiden sich die beiden Schwesterzellen im Uebrigen gar nicht von ein- ander, bald aber machen sich bei der kernlosen die un- günstigen Einflüsse der Umgebung, denen sie nicht genügend Widerstand bieten kann, geltend. Die Plasma- strömung wird kaum bemerkbar, die Chlorophylibänder erfahren eine Contraetion, und die Zellen werden leichter von Parasiten befallen, als die kernhaltigen Zellen des- selben Fadens. Auch bleiben sie im Wachsthum bedeu- tend zurück und sterben schnell ab. In den zweikernigen Zellen liegen nun die Kerne in ganz bestimmter Anordnung gelagert: „sie liegen nämlich in der mittleren Querebene, in welcher sich der einzige Kern befunden hätte; in dem protoplasmatischen Wandbelege, auf der Innenseite der Chlorophylibänder, und zwar nicht an einer beliebigen Stelle dieser Schicht, sondern so, dass sie die am weitesten in dieser Ebene entfernten Punkte einnehmen, d.h. die Enden des Quer- durehmessers. Eine solche Lage der Kerne wird während der ganzen Zeit der Existenz dieser Zellen beibehalten.“ Diese Verhältnisse bleiben dieselben, ob die Wand zwischen der kernlosen und der zweikernigen Zelle voll- ständig ausgebildet oder nur als Ring vorhanden ist, die Mutterzelle also nur in zwei Kammern zerfällt. Geht in letzterem Falle ein Kern der zweikernigen Kammer in die kernlose über, so rückt mit fortschreitender Ent- fernung dieses der andere Kern sogleich von der Wand in das Zelllumen und nimmt endlich die für einen Kern übliche Lage in der Zelle ein. Aber auch das Gegen- theil kommt vor: „beide Kerne befinden sich anfangs in verschiedenen Kammern, später geht einer von ihnen in die andere Kammer über und dann versetzt sich der Kern jener Kammer, anfangs auf den Protoplasmasträngen hängend, auf die Wand und beide Kerne nehmen schliess- lieh ihre endgiltige Lage ein: in dem Wandbelege ein- ander gegenüber.“ Diese Thatsachen erklärt sich Verf. derart, dass er, wie sich auch schon Strasburger und Haberlandt*) ge- äussert haben, den Einfluss des Kernes auf die übrigen Theile der Zelle als einen dynamischen sich vorstellt. Der Zellkern ist die Quelle einer gewissen Energie, welehe die Eigenschaft besitzen soll, dass zwei Kerne, die als Träger dieser Energie erscheinen, sieh von ein- ander zu entfernen streben. Eine entgegengesetzte, wenigstens dieser gleiche Kraft, wirkt innerhalb der Zelle centripetal. A. Zander. Eine neue Krankheits-Erscheinung der Fichten- triebe ist vor kurzer Zeit von Prof. Dr. R. Hartig (München) beobachtet worden. Die Krankheit, welche durch einen neuen Parasiten, den Hartig Septoria parasitica benannt hat, erzeugt wird, äussert sich nach dem „Bot. Centralblatt“ Bd. XLV, No. 5 ungefähr in folgender Weise: Die Maitriebe sowohl junger Pflanzen, als auch älterer Bäume zeigen, in der Regel von der Basis ausgehend, oft aber auch in der Mitte der Triebe be- ginnend, ein Erkranken, welches sowohl nach der Trieb- spitze, als auch oft in die Spitze des vorjährigen Triebes fortschreitet und das Absterben der Nadeln und der Achse herbeiführt. Die Seitenzweige, welche sich meist in spitzem Winkel abwärts senken, erscheinen gleichsam im Gelenk abgekniekt; die Mitteltriebe hingegen bleiben oft aufrecht stehen. Das Mycel der Parasiten durchwuchert alle Gewebetheile der Achse und der Nadeln und bringt in der Regel an der Triebbasis, wo dieselbe von den trockenhäutigen Knospenschuppen umgeben *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. II S. 44, 45. 200 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. ist, ungemein kleine schwarze Pyeniden hervor. Die- selben durchbrechen theils die Oberhaut des Zweiges, theils zeigen sie sich an der Spitze der Blattkissen, während sie sich seltner auf einigen nicht zum Abfall gekommenen Nadeln finden. Diese ein- oder mehr- kammerigen Pyeniden bringen auf pfriemenförmig zuge- spitzten Basidien kleine zweikammerige, farblose Stylo- sporen (gestielte Sporen) von spindelförmiger Gestalt und etwa 0,013—0,015 mm Grösse hervor, welehe im Mai bei feuchtem Wetter wurstförmig aus den Pyeniden hervor- treten. Werden die jungen Triebe mit einem Wasser- tropfen, welcher Stylosporen enthält, benetzt, so erkranken dieselben nach 8 bis 14 Tagen so, dass sie schlaff herunterhängen. Die in Wasser oder in Nährgelatine ausgesäten Stylosporen keimen schon nach 18 Stunden unter Entwieklung eines sehr üppigen Mycels; letzteres erzeugt nach 12 Tagen zahlreiche Pyeniden mit keim- fähigen Stylosporen. Asei vermochte Hartig weder zu eultiviren, noch gelang es ihm, dieselben trotz viel- Jähriger Beobachtung in der Natur aufzufinden. — Die eben geschilderte Krankheit, welche in ganz Deutschland verbreitet ist, ist besonders am Harze in Saat- und Pflanzenkämpen verheerend aufgetreten. 0. Ueber „künstliche Seide“ sind von Ed. Hanausek (in der Zeitschr. f. Nahrungsm.-Unters. u. Hyg. dsgl. im Rep. d. Apoth.-Ztg. 1891 S. 20) Untersuchungen mitge- theilt, denen wir folgendes entnehmen: Die bemerkens- wertheste Methode der Darstellung von künstlicher Seide ist die von H. de Chardonnet (vergl. Compt. rend. 108, S. 961), nach welcher 6,5 Theile Octonitrocellulose in 100 Theilen eines Gemisches von Aether und Alkohol (30:42) gelöst werden*). Nachdem dann das so gebildete Collodium mittelst compromirter Luft aus einem verzinn- ten Kupfergefäss durch kapillare Glasröhrehen gepresst ist, werden die austretenden Collodiumfäden durch Wasser geleitet, darauf fest filirt und auf eine Spindel gewickelt. Die nun folgende Entfernung der Pyronilite geschieht dureh Denitrirung, zu welehem Zweck lauwarme Redue- tionsbäder, reines Wasser und verdünnte Salpetersäure (sp. Gewicht 1,352) bei 35° C., angewendet werden. — Die auf diese Weise erhaltenen Collodiumfäden sind nicht mehr explosionsfähig und nach Behandlung mit Ammo- niumphosphat auch nicht mehr entflammbar. Hinsichtlich der Festigkeit, des Glanzes und Griffes gleichen sie voll- kommen der natürlichen Seide. Die Farbstoffe werden von dieser künstlichen Seide (Collodiumseide) rascher und beständiger aufgenommen als von der echten Seide, Ausser mieroscopischen Unterschieden zeigt die Collodium- seide unter anderem folgendes Verhalten: Die Fäden erscheinen im polarisirten Lichte zwischen den gekreuzten Nicol’schen Prismen mit lichten Linien durchzogen. Dureh Kupferoxydammoniak wird eine Aufquellung der Fäden ohne merkliche Blaufärbung derselben herbeige- führt; die Quellung ist jedoch an demselben Faden nicht vollkommen gleich. Ferner wird besonders an den Kniekungsstellen die Längsstreifung deutlich. Durch concentrirte Salzsäure, cone. Schwefelsäure und Kalilauge wird gleichfalls eine Quellung der Fäden bewirkt. Be- sonders rasch aber entsteht dieselbe nach Zusatz von Eisessig, wobei schliesslich Lösung eintritt. 0. Ueber die Selbstentzündung der Kohlen in Kohlen- *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. IV. S. 125. von 528 unaufgeklärten Schiffsverlusten die meisten diesem Umstande zuzuschreiben. Die Hauptursache der Selbstentzündung wird mit Unrecht dem Gehalt an Kiesen zugeschrieben; dieselbe liegt fast einzig und allein in dem Absorptionsvermögen der Kohlen an Gasen und in dem Vermögen dieselben zu verdielten und fest zurück- zuhalten. Hierdurch wird eine Temperatursteigerung ver- anlasst, welche die Verbindung des in der Kohle eonden- sirten Sauerstoffs mit den darin enthaltenen Kohlen- wasserstoffen anregt. Die Sauerstoffaufnahme der Kohlen wird nun um so energischer, je grösser die absorbirte Feuchtigkeitsmenge der Kohlen ist; — dann werden sie noch desto entzündungsfähiger, je mehr zerkleinert sie sind. Hauptgefahrquellen der Selbstentzündung liegen in der meist ungenügenden Ventilation der Schiffsräume, sowie in der Temperaturzunahme in der Nähe des Lade- raums mit dreifacher Expansion und von hochgespannten Kesseln. F. Volumetrische Bestimmung der freien Phosphor- säure. — Ueber diesen Gegenstand bringt Prof. Dr. Chas. 0. Curtmann, St. Louis, Mo, im letzten Hefte der „Pharmaceutischen Rundschau“ eine sehr bemerkens- werthe Mittheilung, der wir folgendes entnehmen. Die acidimetrische Bestimmung der freien Phosphor- säure hat bisher verhältnissmässig wenig Beachtung ge- funden. In den meisten Lehrbüchern der Titrirmethode ist das Verfahren zur Bestimmung der Phosphate durch Uran - Acetat, ete. mit grosser Genauigkeit behandelt. Auch findet man die indireete alkalimetrische Bestimmung nach Stolba, aber keine direete acidimetrische Methode, obgleich eine solche, namentlich für Pharmaceuten, recht erwünscht wäre. Eine solehe, und zwar recht gute und praetische, ist dagegen im Jahre 1857 in einer Abhand- lung von Cheever und Beal dem Apothekerverein des Staates Michigan vorgelegt und an verschiedenen Orten veröffentlicht worden. Auch im Commentar zum deutschen Arzneibuch von Vulpius und Holdermann geschieht einer solehen Erwähnung, indess ist die Angabe auf Seite 56 in Bezug auf Gleichwerthigkeit von Lakmus und Phenol- phthalein als Indicatoren nicht ohne Vorbehalt anzu- nehmen. Auf der Suche nach einem einfachen, namentlich für die Praxis hinreichend genauen Verfahren, hat C. die verchiedenen bekannten Methoden einer eingehen- den Prüfung unterzogen und namentlich den Werth der verschiedenen Indicatoren in einer Reihe von Experimenten festzustellen versucht. Da wurde denn bald klar, warum in früheren Jahren, so lange noch Lakmustinetur als der Hauptindicator galt, eine direete acidimetrische Methode als unsicher bei Seite geschoben wurde, denn mittelst dieses Farbstoffes ist freilich nichts zu erreichen. Der Leser wolle sich erinnern, dass die dreibasische (Ortho-) Phosphorsäure, PO(OH),, drei Reihen von Salzen bildet: primäre, in denen ein einziges, seceundäre, worin zwei, und tertiäre, worin alle drei Wasserstoffatome durch eine Base ersetzt sind. Bei Zusatz gewisser Farbstoffe ändert sich die Farbe, sobald das primäre Salz völlig gebildet ist, entweder, wie bei Congoroth, mit dem Verschwinden des letzten Antheils an freier Säure, oder, wie bei Me- thylorange und Cochenille, bei dem geringsten Ueber- schuss von Alkali über die zur Bildung des primären Salzes erforderliche Quantität. Es wurde dies durch Versuche mit vollständig neutralem, mehrfach durch Um- krystalliren gereinigtem primärem Salz bestätigt. Wendet man Phenolphthalein an, so erfolgt die Röthung erst nach Zusatz eines sehr geringen Ueberschusses von Alkali über die zur Bildung des secundären Salzes erforderliche Menge. Mit absolut reinem NaNH,HPO, und Na;HPO,, Nr. 20. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 201 oder dem entsprechenden Kalisalz giebt Phenolphthalein- lösung keine Spur von alkalischer Reaction. Der Zusatz eines einzigen Tropfens von Normal-Kali zu denselben bewirkt dagegen augenblickliche Röthung. Mit dem tertiären Salze zeigen alle von mir versuchten Indieatoren alkalische Reaction. Zu den folgenden Versuchen wurde der Gehalt emer reinen Phosphorsäure, sowohl gravimetrisch, als auch dureh Titriren mit Uran-Acetat unter Beobachtung aller Cautelen bestimmt und daraus eine Lösung bereitet, wo- von 10 cem genau 0,95 qm von PO(OH), entsprachen. Die angewandte Normal-Kalilauge war völlig frei von Carbonat. Die Lakmustinetur wurde durch vorheriges Digeriren mit Alkohol von Erythrolitmin befreit und die andern Indieatoren in möglichster Reinheit benutzt. Da- mit erzielte Curtmann denn die folgenden Resultate: Für jeden Versuch, (der zur Erreichung grösserer Sicherheit öfters wiederholt wurde), kamen 10 cem der verdünnten Phosphorsäure, entsprechend 0,95 qm PO(OH),, zur Verwendung. Es wurden verbraucht bei: Phenolphthalein 20 cem Normal - Kalilösung. Die Endreaction war sehr scharf und der Umschlag durch einen einzigen Tropfen Ueberschuss bewirkt. Mit Lakmustinetur als Indicator fing die Farben- änderung bei etwa 13 cem 4 KÖH an. Bei 15 cem trat das Violett ganz entschieden auf, wurde kurz dar- auf bei 15,4 eem bläulich - violett, bei 17,6 cem dunkel blau-violett. Beim Verbrauch von 18,2 eem bekam das Blau entschieden die Oberhand, wurde aber erst rein blau bei etwa 20 cem, obgleich es schwer hielt, binnen 5—6 Zehntel eem, den völligen Uebergang zu ent- scheiden. Beim Gebrauch einer älteren, etwas Carbonat enthaltenden Normal-Kalilösung waren die Uebergangs- perioden noch viel undeutlicher. Lakmus ist daher nicht zu empfehlen. Methylorange (Tropäolin D) erforderte nur 10 ecm x KOH. Beim geringsten Ueberschuss war der Umschlag sehr scharf und bei allen Versuchen nie unsicher. Congoroth in wässriger Lösung wird von freier Phos- phorsäure als blauer Niederschlag gefällt. Bei Zusatz von 10 eem Normal - Kali und etwas Schütteln hellt sich die Trübung plötzlich auf und wird zur durchsichtigen gelbrothen Lösung. Des Niederschlags wegen versuchte GC. Umkehrung der Reaction, Zusatz der Säure zur ge- messenen Menge von Kalilauge, fand aber dabei keinen Vortheil über die erste Methode. Als sicherer Indieator steht Congoroth in erster Reihe. Versuche mit Cochenilletinetur ergaben ein ziemlich günstiges Resultat: Der Umschlag erfolgte bei 10 cem, liess jedoch bei den letzten drei Zehnteln etwas Zweifel wegen der Uebergangsfarbe. Trotzdem wäre bei Ab- wesenheit anderer Indiecatoren Cochenille mit Vortheil zu verwenden. Andere Farbstoffe gaben weniger befriedigende Re- sultate. Tropäolin 000, ein Naphthalin-Derivat, welches dem Methylorange (oder Tropäolin D) gerade entgegengesetzte Farbenreaetionen mit Säuren und Alkalien giebt, war ganz unbrauchbar. Lakmoid begann bei Zusatz von 10 cem Kalilauge in Violet überzugehen, bei 14 eem wurde es entschieden blau-violett gefärbt. Es ist ganz unzuverlässig zur Be- stimmung der Phosphorsäure. Die unter dem Namen Gentiana-Violett und Methyl- Violett verkäuflichen Farbstoffe stimmten ziemlich über- ein. Eine Farbenänderung trat bei etwa 10 cem ein, gab aber so unsicheren Uebergangsfarben Raum, dass man den Endpunkt nur errathen konnte. Die für manche Zwecke (z. B. Ammoniakbestimmung) so sehr geschätzte Rosolsäure fing bei Zusatz von 10 eem Normal-Kali an, die Farbe zu ändern, aber auch bei Zu- satz von 15 eem war noch immer etwas Unsicherheit in der Endreaction. Phenacetolin wurde erst mit 25,2 cem so ent- schieden rosa gefärbt, dass man die Uebergangsfarben nicht mehr bemerkte. Von anderen Farbstoffen wurde auch Cureumatinktur und wässriger Rhabarber-Aufguss untersucht, gaben aber keine sicheren Indicationen. Von den erwähnten Indieatoren eignen sich also zur direeten aeidimetrischen Bestimmung freier Phosphorsäure zur Phenolphthalein, welches für 0,98 gm PO(H), 20 cem Normal -Kali verbraucht und an Schärfe des Umschlags nichts zu wünschen lässt. Weiter Methylorange und Con- goroth, welehe den Verbrauch von 10 eem Normalkali scharf indieiren, und, als Aushülfsmittel, die Cochenille, welehe bei 10 cem zwar nicht ganz so scharf als die vorgenannten, aber doch immer noch mit ziemlicher Ge- nauigkeit Farbe wechselt. Ueber die Zahlenbeziehungen in der Atomge- wichtsreihe macht Dr. Emil Nickel in der „Chemiker- Zeitung“ (1891. 15, No. 18) eine vorläufige Mittheilung, die wir hier ihrem Wortlaut nach folgen lassen. — Von verschiedenen Autoren sind bereits Versuche ge- macht worden, bei der Atomgewichtsreihe Zahlenbezie- hungen zwischen den einzelnen Werthen zu ermitteln. Ich erinnere an die Mittheilungen von Lersch (1879), Federow, Gerber, Reilly (1851), Dulk (1885), Mills (1886), Kronberg (1890).*) Da ich jedoch von ganz anderen Gesichtspunkten ausgegangen bin, so glaube ich mit den Ergebnissen meiner Versuche nicht mehr zurückhalten zu sollen. Da es sich bei denselben um Annäherungsformeln handelt, so hat es keinen Sinn, die Abweichungen der theoretisch gefundenen Werthe von den beobachteten bis in die Deeimalstellen zu verfolgen, zumal da die Atom- gewiehtszahlen in der Bestimmung häufig der wünschens- werthen Sicherheit entbehren. Wir bezeichnen das Symbol der ganzen Zahlen mit n, dasjenige des Atomgewichts mit p und schliesslich eine Funetion, welehe für ungrade Zahlen den Werth Eins erreicht, dagegen für grade Zahlen gleich Null wird, mit &,. Dann ist der erste Grad der Annäherung an die Atomgewichtsreihe gegeben durch die Gleichung p=?2n+% (dD). In dieser Gleiehung lässt sich die Funetion &, leicht ersetzen durch eine andere Function, welche abwechselnd + 1 und — 1 wird. Für dieselbe ist mathematisch das Zeichen & in Gebrauch. Unter den continuirlichen Fune- tionen liegt z. B. eos sen, wie bekannt, in den Grenzen + 1. Bei graden Vielfachen von 7 ergiebt sich -- 1, bei ungraden — 1. Die Entwieklung von (2n + x), welche leicht aus- zuführen ist, ergiebt bei einem Vergleiche mit, der Atom- gewichtsreihe mehrfach Abweichungen um eine Einheit, z. B. bei Stickstoff. Dieselben gehorchen jedoch einem bestimmten Gesetze. Sind n,, n,, n, drei auf einander folgende Ableitungszahlen, so ergeben sich durch die Gleichung I die drei Werthe p,, Ps, Ps. Weicht nun p, ab, so ist der wahre Werth p des abweichenden Ele- mentes als arithmetisches Mittel bestimmt durch die Gleiehung Be. pP = (Pit P3):2 AD. , Es ist dabei ohne Einfluss, ob Grundstoffe mit den Atomgewichten p,; und p, wirklich bekannt sind oder *) In der Naturw. Wochenschrift. Bd. V, S. 301. 202 Naturwissenschaftliehe Wochensehritt. nieht. Die Function & bedingt es, dass dabeip = p, dem zugeordneten Werth aus der Gleichung Iaje a dem die Ableitungszahl n des abweichenden "Elementes grade oder ungrade ist. Aus dem Werth für n ergiebt sich deshalb das Atomgewicht p des abweichenden Ele- mentes auch direct. p = 2n + © + 8 (III) oder in anderer, Form e=p-4 eosun (IV). Es bliebe noch festzustellen, in welchen Fällen der Ausdruck 2n -+- &, allein genügt und wann es des Hinzu- tretens von & bedarf. Ich will darüber zunächst nur bemerken, dass das abhängig zu sein scheint von der Theilbarkeit der Ableitungszablen. Ist n z. B. ein Viel- faches von 3 oder 4, so genügt bis auf wenige Ausnahmen die Gleichung I. Ist dagegen n > 43 und zugleich eine Primzahl, so muss & hinzutreten. Die weiteren Unter- suchungen auf diesem Gebiete in der angegebenen Rich- tung möchte ich mir vorbehalten. Die Tabellen, welche die obigen Ausführungen bestätigen, werde ich folgen lassen. Anomalien des Erdmagnetismus. Bei der Aus- dehnung erdmagnetischer Beobachtungen über ein grösseres Gebiet findet man immer kleine Theilgebiete, in denen die magnetischen Elemente, d. i. Horizontalkraft, Decli- nation und Inelination Abweichungen von dem Verlaufe zeigen, den man sowohl nach der Theorie wie auch der Mehrzahl der Beobachtungen erwarten sollte. Solche Anomalien trifft man überall, und es sind eine Reihe von Hypothesen zu ihrer Erklärung aufgestellt worden. Auf der Versammlung der British Assoeiation zu Leeds hat nun Herr Mascart (Paris) sich ausführlicher über erd- magnetische Anomalien. in Frankreich ausgesprochen. Den Ausgangspunct seiner Darlegungen bildete die mag- netische Aufnahme, welehe Herr Moreaux in den Jahren 1884 und 1885 in Frankreich durchgeführt hat, bei welcher an etwa 80 Stationen beobachtet wurde. Diese Mess- ungen konnten natürlich nur einen ersten sehüchternen Anfang der erdmagnetischen Aufnahme des Landes bilden und auch nur in grossen Zügen ein Bild der betreffenden Verhältnisse darbieten. Immerhin reichten sie doch schon hin, auch für jenes Beobachtungsgebiet einige Anomalien aufzudecken, deren weiteres Studium eine neue Ursache zu weiterer Ausdehnung der Beobachtungen abgab. Man hat daher beschlossen, ganz Frankreich mit einem Netz von 600 magnetischen Stationen zu überziehen, die so angeordnet und vertheilt sind, dass aus der Combina- tion der auf ihnen erhaltenen Ergebnisse sich ein klares Bild von den Verlauf der magnetischen Elemente in Frankreich gewinnen lässt. Zur Zeit sind der Norden und Nordwesten, (genauer diejenigen Gebiete, die von den Chemins de fer du Nord et de l’Ouest durchzogen werden) nahezu vollkommen magnetiseh aufgenommen. Auch in das Gebiet südlich von Paris nach der Loire hin ist man beobachtend: vorgedrungen. Betrachtet man nun das System der Isogonen, welches sich aus diesen etwa 200 Stationen ergiebt, so zeigen sich zwei hauptsäch- liche Anomalien, eine in der Bretagne und eine in un- mittelbarer Nachbarschaft von Paris. Zur näheren Er- forschung der ersteren sind noch weitere Messungen zwischen Pontivy und Morlaix und der Küste entlang von der Loire-Mündung bis zur Douarnenez-Bai nothwendig. Die zweite Anomalie ist von besonderem Interesse. Die Isogone 15° 20°, am 1. Januar 1590 Paris durehschneidend, geht nieht — wie man erwarten möchte — nach Orleans, sondern bricht nach SSE ab, bis nach Gien, macht dann eine kurze Schlinge und läuft nordwestlich auf Houdan, welches W von Paris liegt; und nimmt endlich eine südliche Riehtung auf dem (geographischen) Meridian von Chartres. Die Isogonen, im Abstand von je 10’ Deecl. gezogen, zeigen alle die gleiche Tendenz vom Canal bis zum Süden des jetzigen Stationsnetzes (Cosne). Neben der durch die Messungen erhaltenen Karte der Isogonen hat man nun diejenige eonstruirt, welche sich nach’ der Gauss’schen Theorie ergiebt. Durch Vergleichung beider kann man also jederzeit die Werthe Beob. — Rehg. entnehmen, und daraus wieder eine neue Karte der Linien gleicher Anomalie der Deelination -herstellen.. Auf dieser Karte- haben wir nun eine Zone, in der jene Differenz positiv ist und die sich vom: Canal: (Dieppe) bis zur Loire (Cosne) ausdehnt. Bezeichnen. wir. jene Differenz mit A, so ist Neufchätel-en- a AI Nantes she +19 Cheynenu ut al 2: +24 Gen Yan Hl + 30° Gosnehd., KEN UNER +136 Taon. Dar Nun ely! iT Die absolute Grass“ von A wächst also nach S und nimmt: ab nach & (Laon). Neben jener Zone, nahezu symmetrisch zu ihr, liegt eine andere, in der A negativ wird, und deren Ausdehnung aus Folgendem zu er- sehen ist: Seinemündung . N hl ARE ERS Pe ae — 8 Dreux En — 10' EpErNonmeR 20 re — 13 Orleans 2. % Kalle — 18 Gegen alle Erwartung ni also die Deelination ge- ringer in Orleans als in Gien, und in Epernon geringer als in Paris. Der ganze Verlauf dieser Werthe macht den Eindruck, als ob der Nordpol der Nadel von beiden Seiten nach einer Linie angezogen würde, die etwa dureh die Punkte Feeamp, Elboeuf, Rambouillet, Chäteauneuf- sur-Loire geht, in einem Azimuth von etwa 25 bis 30°, Die Horizontalkraft längs dieser Linie zeigt eine Ver- minderung, die Inclination eine Zunahme (gegenüber den theoretischen Werthen). Es ist bemerkenswerth, dass in geologischer Bezie- hung das ganze Gebiet der Kalk- und Kreideformation angehört. Der regelmässige Verlauf der Störung lässt auf eine allgemeine Ursache schliessen, zu deren Eruirung die Vervielfältigung der Beobachtungen nöthig ist. Die Herren Rücker und Thorpe haben übrigens in Südengland magnetische Anomalien ähnlichen Characters gefunden und dieselben in eine sehr plausible Verbindung zu geo- logischen Verhältnissen gebracht, die wohl auch in Frank- reich bestehen wird. Auf die Rücker-Thorpe’sche Theorie wird demnächst zurückgekommen werden. Gravelius. Totale Mondfinsterniss am 23. Mai 1891. In unseren Gegenden werden in diesem Jahre drei Finster- nisse sichtbar sein, zwei Mondfinsternisse und eine Sonnen- finsterniss. Die erste, eine totale Mondfinsterniss, findet am Abend des 23. Mai statt. Die Finsterniss beginnt überhaupt um 5% 34,6 mittlere Berliner Zeit, der Anfang der Totalität ist um 6% 43” mittlere Berliner Zeit und die Mitte derselben findet um 7% 22”,S statt. Um diese Zeiten steht der Mond noch unter dem Horizonte von Berlin. Er geht am 23. Mai erst um 7% 56”%,8 auf. Die totale Verfinsterung endet dann um 8% 2” ,6 mittlere Berliner Zeit, und die Finsterniss: überhaupt um 9° 11” mittlere Berliner Zeit. Die Grösse der Verfinsterung, in Theilen des Monddurehmessers ausgedrückt, beträgt 1,302. Sicht- bar wird die Erseheinung sein im westlichen Theile des Stillen Oceans, in Australien, Asien, Afriea und Europa. Es möge nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht sein, Nr. 20. dass der Mond auch bei einer totalen Verfinsterung nicht vollkommen unsichtbar wird. Man sieht ihn im Gegen- theil, besonders durch Fernrohre, immer noch in einem schwachen, röthlichen oder kupferfarbenen Lichte schim- mern, welche Erscheinung von der Brechung und Farben- zerstreuung der Sonnenstrahlen in der Atmosphäre der Erde herrührt. Gravelius. Aus dem wissenschaftlichen Leben. (Vereins-, Personal-Nachriehten und dere!.) Die Philosophische Gesellschaft in Berlin stellt folgende Preisaufgabe: Das Verhältniss der Philosophie zu der empirischen Wissenschaft von der Natur. Inter den gegenwärtigen Vertretern der Wissenschaft ist die Meinung weit verbreitet, dass in der Erforschung der Natur das empirische Verfahren das allein berechtigte sei; das Recht einer Philosophie der Natur wird entweder in Frage gestellt oder mit Entschiedenheit bestritten. Zum Zwecke einer begründeten Ent- scheidung über diese Ansicht wünscht die Philosophische Gesell- schaft eine eingehende Untersuchung folgender hauptsächlicher Fragen: “1. Welche Ziele verfolgt einerseits die Philosophie, anderer- seits die empirische Forschung, und welche Mittel und Verfah- rungsweisen stehen jeder von beiden zu Gebote? 2. Giebt es Voraussetzungen für die empirische Naturforschung, die nothwendig der Philosophie zu entnehmen sind, oder Grenzen ihrer Tragweite, die eine Ergänzung durch philosophische For- schung erforderlich machen? 3. Falls sich neben der empirischen Naturforschung eine Philosophie der Natur als möglich und berechtigt erweisen sollte, welches Verhältniss zwischen ihnen würde sich als das der Natur der Sache entsprechende ergeben, und in welehem Sinne wäre ein Zusammenwirken der beiden Forsehungsarten geboten ? Für die fruchtbare Erörterung des Gegenstandes ist eine gründliche Kenntniss der besten neueren Autoren und ein um- fassendes historisches Material selbstverständliche Vorausse tzung. Aber der Aufgabe würde nieht durch Hose Kritik fremder An- sichten, sondern durch selbstständige Gedankenentwickelung zu genügen sein. Die Bewerbungsschriften sind in der deutschen, französischen, englischen oder. lateinischen Sprache abzufassen; dieselben sind mit einem Motto zu versehen, welches gleichzeitig sich auf einem versiegelten Couvert, in welchem Name und Wohnung des Ver- fassers angegeben sind, befinden muss. Die Arbeiten müssen bis zum 1. April 1895 sich in den Händen eines der Unterzeichneten befinden. Der Preis beträgt 1000 Mark, welche dem Verfasser der besten als würdig befundenen Arbeit im Januar 1894 ausgezahlt werden. Dr. Adolf Lasson, Prof. Dr. Eugen Pappenheim, Prof. Vorsitzender. Stellvertr. Vorsitzender. Friedenau, Rheinstr. 42. Berlin, Alexandrinenstr. 70. Dr. Hans Spatzier, Schriftführer. Berlin, Schönhauser Allee 31. Der IX. deutsche Aerztetag findet am 22. und 23 E Juni in Weimar statt. Der Congres des Societes savantes francaises wird am 19. Mai in der Sorbonne in Paris eröffnet, die Arbeiten des Congresses dauern bis zum 22. Mai, die allgemeine Sitzung ist am 33, Mai. Am 1. Mai starb in Bonn Geh. Reg.-Rath Professor Dr. E. Schönfeld, Director der Sternwarte und Professor der Astronomie an der Universität daselbst, der seit Jahren auch das Amt des geschäftsführenden Schriftführers der Astronomischen Gesellschaft bekleidete. Kirtepattr. C. Isenkrahe, Ueber die Fernkraft und das durch Paul du Bois-Reymond aufgestellte dritte Ignorabimus. Leipzig, 1889. B. G. Teubner. ) Es ist den Lesern dieser Zeitschrift bekannt, dass der Berliner Physiologe Emil du Bois-Reymond in einem 1872 vor der Naturforscheryersammlung in Leipzig gehaltenen Vortrage Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 203 „Ueber die Grenzen des Naturerkennens“ unserm wissenschaft- lichen Verständniss der Erscheinungen der Welt an zwei Punkten ein ewiges und absolutes Ziel gesetzt hat. Der eine dieser Punkte ist die Ergründung des Wesens von Materie und Kraft, der andere die Erklär ung der Geistesthätigkeit — des Bewusstseins — aus materiellen Bedingungen. Beiden Problemen gegenüber ge- langte Emil du Bois-Reymond zu dem Schlusse: „Ignorabimus“. Zu "diesen beiden berühmt gewordenen Ignorabimus hat der, der Wissenschaft zu früh entrissene Bruder des genannten Forschers, Paul du Bois-Reymond, ein drittes Ignor abimus hinzugefügt; dasselbe besteht in der Unbegreiflichkeit der Fernkraft oder — wie der Verf. sich auch ausdrückt — in der Unmöglichkeit einer mecha- nischen Konstruction der Gravitation. Gegen den Versuch nun, diese Unbegreiflichkeit zu beweisen, wendet sich die oben ge- nannte Schrift. Ehe ich aber auf dieselbe etwas näher eingehe, seien mir zu den beiden Ignorabimus Emil du Bois-Reymond’s zwei kurze Bemerkungen gestattet. 1. Es ist ein ganz verkehrtes Unterfangen, das Wesen der Materie ergründen, dem menschlichen Verständniss fassbar machen zu wollen. Die Materie ist eben eines der letzten Dinge in der Welt, und diese werden wir nie erkennen, hinter ihr Wesen nie gelangen, weil dahinter nichts ist, da sie eben selbst das Letzte sind. Wir könnten sie nur noch aus dem Nichts erklären. — Es giebt eben Materie als dasjenige, was wir durch die Sinne wahr- nehmen, und sie ist, was sie ist; diese Materie besteht aus Atomen, denen eine geringe, aber endliche Raumerfüllung zukommt; denn das Unendliche (sowohl das unendlich Kleine wie das unendlich Grosse) ist — abgesehen vom Raume an sich, also so weit es sich um die Körperw elt handelt — nichts Wirkliches, da es nichts Festes ist. Es besteht vielmehr nur in Gedanken, und man kommt auf den Begriff des Unendlichen durch eine Gedankenbewegung, indem man von einer Grösse zu einer kleineren oder grösseren unbegrenzt fortschreitet. 2. Das Bewusstsein ist, wie Emil du Bois-Reymond ganz riehtig ausführt, nicht aus materiellen Bedingungen erklärbar. Daraus folgt, dass es eine andere Wesenheit als die Materie be- sitzt: es ist etwas Geistiges. Das Geistige gehört wie der Stoff ebenfalls zu den letzten Dingen in der Welt und ist vom Stofl wesentlich verschieden (was eigentlich schon das Wort „letzte Dinge“ sagt). Wenn man daher sich bemüht, den Geist aus der Materie und den Vorgängen in und an derselben zu begreifen, so schlägt man eben genau so wie im vorhergehenden Falle einen ganz "verkehrten W eg ein, einen Weg, «der überhaupt und von vornherein nie zu einem Ziele führen kann, weil er gar keins hat. Dass also die sogenannten Grenzen des Naturerkennens vor- handen sind, ist etwas ganz Selbstverständliches. Wir sind end- liche Wesen und leben in der Endlichkeit, und alles, was uns be- trifft, hat ein Ende; so muss auch unsere Erkenntniss irgendwo ein Ende finden, so muss es für sie irgendwo eine Grenze (oder mehrere Grenzen) geben. Was ist daran Sonderbares? Man muss nicht wollen, was von vornherein nicht möglich ist. Als ein Ver- dienst Emil «du Bois-Reymonds könnte es bezeichnet werden, dass er klar bezeichnet, wo sich jene Grenzen befinden, w elches sie sind und warum sie es sind. Aber ich finde, er hat — wenigstens das letzte — gar nicht einmal in erforderlicher Weise gethan; jedenfalls hat er das, was ich unter 1. und 2. angeführt habe, nicht erörtert. Wie verhält es sich nun mit dem dritten Ignorabimus des Bruders Paul du Bois-Reymond? Halb und halb ist dasselbe schon in dem ersten Ignorabimus mit inbegriffen, da dieses von der Unbegreiflichkeit des Wesens von Materie und Kraft han- delt. Wenn Unklarheiten hier auftauchen, so liegen sie daran, dass man überhaupt die beiden Begriffe Materie und Kraft neben einander aufstellt als letzte Dinge. Die Kraft besteht eben in nichts Besonderem neben der Materie, sondern ihre Erschei- nungen sind auf die Thätigkeit der Materie zurückzuführen. In der bew egten Materie liegt die Ursache für die Erscheinungen der Kraft. Aber Paul du Bois- Reyınond will den Nachweis führen, dass diese Erscheinungen auch nicht «durch die verschieden- artigsten mechanischen Hilfsmittel (die sich auf Bewegungs- zustände der Materie zurückführen lassen), wie Zug, Druck, "Stoas, Rotations- und Wellenbewegung fester, Hüssiger und luftförmiger Körper, erklärbar oder construirbar sind. C. Isenkrahe widerlegt nun in gründlicher und scharf logischer Weise diese Beweisführung Paul du Bois- Reymond’s und zeigt, dass durchaus die Möglichkeit offen ist, mit Hilfe der Annahme von Stössen oder Wellenbewegungen des Aethers u. dergl. die Erscheinungen der Gravitation“ zu erklären. Ich kann an dieser Stelle weder die einzelnen Punkte der Betrachtungen anführen, die Paul du Bois-Reymond angestellt hat, noch auch den Gang der Widerlegung Isenkrahe’s näher verfolgen; es käme das — sollte Verständlichkeit erreicht werden — auf eine Abschrift grosser Theile mindestens der Abhandlung des Letzteren hinaus. Erwähnen möchte ich aber folgendes: Faul du Bois-Reymond nennt die Ansicht Friedr. Zöllner's, dass die Atome dureh Lust und Unlust bewegt würden, eine extrayagante. Dem gegenüber Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 204 spricht sich Isenkrahe dahin aus, dass dann die Lehre des Ersteren, dass die Atome zwar keinerlei Empfindung oder Willen u. dergl. besitzen, wohl aber ein Wirken in die Ferne ausüben, als eine doppelt extravagante bezeichnet werden müsste. Dr. K. F. Jordan. Prof. Dr. K. W. v. Dalla Torre, Fauna von Helgoland. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1889. Die Arbeit verdankt ihr Zustandekommen den Studien des Verfassers anlässlich eines Ferienaufenthaltes auf der Insel Helgo- land. Die Aufzeichnungen sind nach dem Plane des Herrn Regierungssekretärs Heinrich Gätke, des bekannten Vogelkenners, ausgeführt, und jeder Systematiker sowohl wie der Zoolog und Geograph, der sich mit der geographischen Verbreitung der Thier- welt beschäftigt, wird dem Autor Dank wissen für die mühevolle Arbeit, die sich besonders durch Genauigkeit und Vollständigkeit auch hinsichtlich der Litteraturangaben auszeichnet. Die Anord- nung ist nach Leunis-Ludwig’s Synopsis der Thierkunde getroffen, in einigen Gruppen ist aber davon abgewichen worden. Von grossem Vortheil für den Systematiker und Geographen wird sich der litterar-historische Ueberblick erweisen, welcher den Zusammen- stellungen vorangeschiekt ist. Als Führer und zum Nachschlagen für Forscher auf Helgoland wird das Heft jedem Zoologen unent- behrlich sein. Di Dr Annalen der Physik und Chemie. 1891. No. 5. Zwei Arbeiten über die innere Reibung der Flüssigkeiten ver- leihen diesem Hefte besondere Bedeutung. O. E. Meyer entwickelt die mathematische Form seiner schon vor 30 Jahren coneipirten Theorie. Sein Schüler Kurt Mützel unternimmt die experi- mentale Prüfung jener Theorie und Methode. Es werden beob- achtet Sehwingungen eines mit der zu untersuchenden Lösung angefüllten Hohleylinders. Als Untersuchungstoff dienen wesentlich Salze der zweiwerthigen Metalle. Ziele der Untersuchung sind 1. Fest- stellung des Verhältnisses des Reibungscoeffieienten eines Lösungs- gemisches zu den Coefficienten der Einzellösungen: 2. Aufsuchung der Abhängigkeit der Reibungsconstanten einer Lösung von den Bestandtheilen derselben. Das Ergebniss besteht in folgenden vier Punkten: 1. Meyer’s Methode ist ebenso brauchbar, wie die anderen bisher angewandten; 2. die Reihenfolge der zweiwerthigen Metalle hinsichtlich der von ihnen ausgeübten Reibung ist umge- kehrt wie die Reihenfolge ihrer Atomgewichte; 3. bei Mischungen ist das arithmetische Mittel der Reibungseoeffieienten der Einzel- lösungen grösser als der Reibungscoeffhicient der Mischung; 4. wird eine Beziehung aufgestellt zwischen dem Procentgehalt einer Lösung und dem ihr eigenthümlichen Reibungseoeffieienten. — P. Drude bringt zwei interessante Arbeiten. Die erste behandelt die Brechung und Reflexion ebener Lichtwellen beim Durchgang durch eine mit Oberflächenschichten behaftete planparallele Platte. Die andere hat zum Gegenstand die Grösse der Wirkungssphäre der -Molecularkräfte und die Constitution von Lamellen der Plateau’schen Glycerin-Seifen-Lösung. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. 1891, No. 5. Es sind hier namentlich drei Arbeiten von allgemeinem Interesse. — G. Lunge und O. Neuberg beschreiben, in Er- gänzung und Erweiterung einer früheren Veröffentlichung in den „Berichten“, ihr modifieirtes „Gasvolumeter“, mit dem Gasmessungen jeder Art so vorgenommen werden können, dass das Volumen des Gases gleich so erhalten wird, wie es auf 0° und 750 mm Druck redueirt erscheinen würde, wodurch also die Beobachtungen von Thermometer und Barometer und die dann erforderlichen Rechnungen erspart werden. Der Apparat ist so ausgeführt, dass er für die Bestimmung der Dampfdichte nach V. Meyer dienen kann. — R. Heise bringt recht interessante Mittheilungen über Synthese einiger Kohlenwasserstoffe. Bei einer Arbeit betr. die Einwirkung von Aluminiumchlorid auf Benzolhomologe hat es sich nämlich gezeigt, dass auch die normale Propylgruppe durch die Friedel-Crafts’sche Reaction in den Benzolkern eingeführt werden kann. Es wurden so erhalten: Normalpropylbenzol, p-Dinormalpropylbenzol, m-Dinormalpropylbenzol und im Anschluss hieran noch die entsprechenden -Propylisopropylbenzole darge- stellt. — ©. Liebermann und Seydewitz weisen darauf hin, dass auch das im Handel als rein geführte Benzol sehr häufig, fast immer, verunreinigt ist, und zwar dureh Schwefelkohlenstof. Es ist also stets Prüfung des handelsreinen Benzols auf Schwefel- kohlenstoff nöthig. Deinhard, L., Psychometrie. (Erschliessung der innern Sinne des Menschen.) 0,50 M. Braunschweig. Deussen, P., Der kategorische Imperativ. 1 M. Kiel. Dreher, E., Gährungen und ansteckende Krankheiten mit beson- derer Berücksichtigung des Koch’schen Heilverfahrens bei Tubereulose. 0,60 M. Leipzig. - Eisenberg, J., Bakteriologische Diagnostik. Hilfstabellen zum Gebrauche beim praktischen Arbeiten. 3. Aufl. Nebst einem Anhange: Bakteriologische Technik. 12 M. Hamburg. Favre, E., Faune des Col&opteres du ‚Valais et des r&gions limi- trophes. Avec la collaboration d’E. Bugnion. 20 M. Basel. Fock, A., Ueber die physikalischen Eigenschaften der Elemente und ihre anschauliche Erklärung. 1 M. Berlin. Forel, A., Der Hypnotismus, seine psycho-physiologische, medi- zinische, strafrechtliche Bedeutung und seine Handhabung, 2. Aufl. 4 M. Stuttgart. Fuchs, E., Lehrbuch der Augenheilkunde. 2. Aufl. 16 M. Wien. Ganser, A., Die Freiheit des Willens, die Moral und das Uebel, 1.40 M. Graz. Gottgetreu, R.,, Die Hausschwammfrage der Gegenwart in botanischer, chemischer, technischer und juridischer Beziehung, 6 M. Berlin. Greve, A., Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln nebst einer grösseren Anzahl von Hilfstafeln. 4. Aufl. Geb. 2 M. Bielefeld. Gundelfinger, S., u. A. M. Nell, Tafeln zur Berechnung neun- stelliger Logarithmen mittelst einer neuen Interpolationsmethode. 2 M. Darmstadt. Gusserow, C., Stereometrische Untersuchungen. 1 M. Berlin. Heymann, W., Studien über die Transformation und Integration der Differential- und Differenzengleichungen, nebst einem An- hange verwandter Aufgaben. 12 M. Leipzig. Briefkasten. Herrn Dr. M. W. — Ihre Anfrage nach dem Stande der Frage der täglichen Nutation ist uns gleichzeitig mit dem in dieser Nummer abgedruckten Artikel unseres verehrten Mit- arbeiters in Brüssel zugekommen. Sie ersehen aus den Dar- legungen des Herrn Folie, dass seine Ansicht über die Constitution der Erde und die Existenz der täglichen Nutation noch nieht die Zustimmung der Fachgenossen gefunden hat, die vielmehr auf Aenderung der gesammten Untersuchungsmethoden des Herrn Folie dringen. Wenn somit die Frage zur Zeit noch als offen zu bezeiehnen ist, so ist es umso dankenswerther, wenn unser verehrter Mitarbeiter seine bedeutende Kraft noch weiter zu ihrer Klärung einsetzen wird. Wir haben seine Darlegungen mit umso grösserem Vergnügen aufgenommen, als durch dieselben vielleicht der eine oder andere unserer ınathematischen Leser zur Behandlung des höchst interessanten Problems der Drehung eines Körpers von der Jonstitution, die Herr Folie für die Erde annimmt, veranlasst wird. Gravelius. Herrn F. D. in Zweibrücken. — Zur Bestimmung der Krypto- gamen ist zu empfehlen die von verschiedenen Autoren neu heraus- gegebene Rabenhorst’sche Kryptogamenflora (Ed. Kummer in Leipzig). Es sind bisher erschienen: Band I: Pilze enthaltend, bisher Lief. 1-34, & 2,40 Mk. - II: Meeresalgen enthaltend, 28 Mk. - III: Farmpflanzen enthaltend, 33,60 Mk. - VI: Laubmoose enthaltend, bis jetzt Lief. 1—16, a 2,40 Mark. - V: die Characeen & 2,40 Mk. Meine illustrirte Flora von Nord- und Mitteldeutschland mit einer Einführung in die Botanik (4. Aufl., Julius Springer in Berlin, Preis 6 Mk.) reicht bis zum 50. 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Dalla Torre: Fauna von Helgoland. — Annalen der Physik und Chemie. — Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. — Liste. — Briefkasten. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 20. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. RERSRERTV Influenz-Maschinen nach & Holtz-Toepler Wimshurst | und eigener Construction empfiehlt J.R. Voss, BERLIN NO., Pallisadensitr. 20. | Lanolin-Toilette-cream-Lanolin Vorzüglich sur tige der Sau. a. - zur Reinhaltung und Bebeking wunder Haut- V orzu g \ IC ih ; : ftellen und Wunden. Hr - zur Erhaltung einer guten Haut, bejonders bei Vorzügl ich ü fleinen Kindern. Zu haben in den meiften Apothefen und Drogerien, I ir I TS ST SS I I 7 7 50 2: Dr. Robert Muencke R % Luisenstr. 58. BERLIN NW. 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Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Mit 2 Tafeln. ® ® Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- " 3 ® ® I scren Formationen von Dr. H. Potonie. Mit „Ja. Hutemunlangen. über das Ranzigwerden der Fette @ ® 1 Tafel. von Dr. Ed. Ritsert. ® [} » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen „15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen ) ® ® ® ® ® 7] ® ® o ® ® ® ® ® IRODOOM Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 20. | Derlag v. 8. 3. Voigt in Weimar. | Ein altes, aber noch brauchbares, Bacterien-Mikroskop all ! Emil Berliner’s 6. Zleyer- Heyden. empfiehlt sich zur Fabrikation und ® Lieferung aller Apparate der Phy- Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. Mit 10 Slluftvationen. siologie und Präcisions-Mechanik. + — — nn £ 1891. gr. 8. Geh. 2 Mt. 0006900960000 0000+0 . & - er? \ Hompel's Klassiker-Ausgaben.|: Treisebriefe aus Mexiko. j PumrrF en send | Grammophon ; Rich. Reissmüller, Chemnitz. } :| IF D. R. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 24. Mai 1891. Nr. 21. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. & Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Untersuchungen über Stickstoff-Assimilation in der Pflanze. Von Professor Dr. B. Frank und Dr. R. Otto. Während die Thatsache, dass elementarer ‚Stiekstoff von den Pflanzen assimilirt werden kann, bereits dureh viele neuere Versuche*) als festgestellt gelten muss, herrscht über das Wie dieses Processes noch beinahe völliges Dunkel. Auf der einen Seite berechtigte der Umstand, dass die Verarbeitung freien Stickstoffs bei sehr verschieden- artigen Pflanzen und selbst bei den einfachst gebauten, wie den einzelligen Algen, sich nachweisen lässt, zu der Vorstellung, dass es eine zu den einfachen und elemen- taren Lebensthätigkeiten gehörige, vielleicht den meisten lebenden Pflanzenzellen bis zu einem gewissen Grade zu- kommende Funktion sei. Andererseits hat die den Le- guminosen eigenthümliche Pilzsymbiose (vergl. „Naturw. Wochenschr.“ 1390, S. 486) gelehrt, dass hier Fälle vor- liegen, wo eine sehr energische Erwerbung freien Stick- stoffes für Ernährungszwecke durch die symbiotische Ge- meinschaftlichkeit zwischen der Pflanze und dem Knöllehen- pilze bedingt ist, was zu der von Hellriegel ausge- sprochenen Hypothese Veranlassung gab, wonach die Assimilation des freien Stiekstoffs für die Ernährung der Pflanze überhaupt nur von den betreffenden Pilzen aus- geübt werde. Im Nachstehenden soll nun über einige auf diese Frage bezügliche Untersuchungen berichtet werden, welche im vergangenen Sommer im pflanzen-physiologischen Institut der Königl.-Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin ausgeführt wurden. Die eine Reihe dieser Versuche beschäftigt sich mit *) Vergl. hierzu: B. Frank; Ueber den experimentellen Nachweis der Assimilation freien Stickstoffs durch erdenbewoh- nende Algen. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1889, Bd. VII, S. 34. Derselbe; Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse der Assimilation elementaren Stiekstoffs durch die Pflanze. Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1889, Bd. VII, 8. 234. inwieweit der der Frage, Pflanze an ligt sind. Wir gingen aus von dem Bekannten, was über die Ernährungsthätigkeit des grünen Blattes schon feststeht; letzteres ist das Organ, in welchem unter dem Einflusse des Lichtes die aus der Luft direet in das Blatt aufge- nommene Kohlensäure in kohlenstoffhaltige organische Verbindungen (Stärkemehl) umgewandelt wird. Wir dachten nun daran, ob im Blatte. eine solche stete Neu- bildung vielleicht aueh hinsichtlich der stiekstoffhaltigen organischen Substanz vor sich gehen möchte. Das Endziel bei der Bildung stiekstoffhaltiger Sub- stanz in der Pflanze ist die Gewinnung von Eiweissstoffen. Nun ist es aber bewiesen, dass als Vorstufe bei der Bildung der Eiweissstoffe Amidoverbindungen auftreten. In der Physiologie sieht man die letzteren nicht als Endproducte des Stoffwechsels, sondern als Durchgangs- bildungen an, welche wegen ihrer Löslichkeit besonders auch die Form darstellen, in welcher das stiekstoffhal-, tige organische Material in der Pflanze wandert, um: erst am Zielpunkt seiner Wanderung zu Eiweissstoffen rege- nerirt. oder umgewandelt zu werden. Es leitete uns nun die Erwägung, dass wenn in den grünen Blättern aueh stickstoffhaltige Substanz erzeugt und von dort aus der Pflanze zugeführt werden sollte, dies wohl auch in Form einer steten Neubildung‘ und ‚Auswanderung‘ von Amido- verbindungen im Blatte sich kundgeben würde. Eine Bestätigung dieser Vermuthung fanden ' wir nun zunächst in der ‘Beobachtung, „dass thatsächlich. in den vollkommen erwachsenen: und ‚ausgebildeten Blättern auffallend viel Asparagin enthalten ist. Dasselbe wurde z. B. mikrochemisch in grossen Mengen an den Blättern des Roth-Klees (Trifolium pratense), der Robinie (Robinia Pseudacacia) und des Kümmels (Carum carvi) nachge- die grünen Blätter der Stiekstoff-Assimilation bethei- 206 N t Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a (m RN INIw2E wiesen... Besonders war dieses der Fall bei den Blättern ——— = ee von ‘Carum carvi, aus denen es auch gelang, makro- BR chemisch eine Menge prächtiger Asparaginkrystalle, welehe Durehschnitts- P die Form von orthorhombischen Säulen zeigten, zu Pflanze Wetter isoliren. Temperatur Unzweifelhaft aber wird dieser reichliche Asparagin- gehalt der" Blätter‘ dureh (die nachstehenden, ‚von den | — I vorgenannten Pflanzen gemachten quantitativen Bestim- | 1. Rothklee (Trifo-| von 6 Uhr M. Vormittägslangsam [2,087 mungen bestätigt. Es war in Procenten Trockensubstanz lium pratense), bis aufklärend, Nach- erhalten: } 9. Juni 1890, 2. UhrrAr 215293 mittags ziemlich ei Abends S Uhr heiter : ©, f WB. eg do. v. 9. Juni 7 Uhr A. | vom Abend bis Mor- | 1,486 Di Gesammt- | Asparagin- 2 Asparagin 10. Juni 1890. is zen AS Lkende . Stickstoff | Stickstoff - (wasserfrei) Morgens 8 Uhr | 7 Uhr M. 9° C.| Bewölkung N > = x We = nr; x; 2. Luzerne von a M. | heiter, tideken, sehr ads? Bean en , = sr. S”. geh. 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Die (nicht tubereulösen) specifischen Lungenkrankheiten. Acute Bronchiten; parasitäre Pneumonie; Gangrän; Syphilis; Echinokokkus der Lunge. Mit 2 lithographirten Tafeln. XII und „* I D I IR I D I 8 D I Du, > a IR IR D IR IR IR I I Du 454 Seiten. Ill. Theil. Die einfachen Lungenkrankheiten. Pneumo-bulbäres Asthma, eardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Lunge; Kraukheiten der Pleura. XII und 546 Seiten. ge BELEEESEEEEHN I -————ÜR PRIITIZIIZLIIZIIII II ZI I 3 Bun Berlin 0., Alexanderstr. 28. H. Wertheim Söhne, Carbolineum. Maschinenfette und Oele, Cylinderfette, Putz- weiss Na Fr Frietionsschmiere, ® Wagenfette, Lederöle, Holztheer. OO HOP H HOP IH HH Dr. Robert Muencke Luisenstr. 58. BERLIN NW. Luisenstr. 58. ® Technisches Institut für Anfertigung wissenschaftlicher Apparate und Geräthschaften im Gesammtgebiete der Naturwissenschaften. 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Bearbeitet von Dr. F. P. Treadwell, Professor am Eidgenössischen Poly- technieum in Zürich, unter Mitwirkung von Dr. Victor Meyer, Professor an der Universität Heidelberg. Dritte Auflage. eart. 4 Mark. ROOEOSOEOoSV ES BPZP EEE HS EG EHE SO 92 910 EI Mechanische Krankenbetten, Zimmerrollstühle, apparate, | Heidelberg. Krankentransportwagen, Tragbahren, Operationstische, Operationsstühle und Divans, Lagerungs- Kopfkeilkissen, Verstellbare Schlafsessel, Universalstühle etc. Bidets und Zimmerelosets, Verbandstoffe, Ausrüstungsgegenstände für Spitäler, liefert vormals Lipowsky-Fischer C. Maquet, „35 Sanitätsapparaten-Fabrik. =: Betttische, Fahr- und Tragstühle, Berlin SW., 21. Friedrichstrasse 21. > seBSazue SU BEOTPES LES BHO DZSEOISGESI SE Hierzu eine Beilage von Dr. A. Krantz in Bonn, betreffend das Rheinische Mineralien-Contor, die wir hiermit besonderer Beachtung empfehlen. IS - „= Redaktion: b Zauber der Wirklichkeit, der Ihre Schopfungen schmückt. Schwendener, Dr A rad Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 31. Mai 1891. J) dl id 5 Nr. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. &b I Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Travertinbildung in den heissen Quellen des Yellowstone-National-Parks. Von H. Engelhardt. Unter der Menge von Naturmerkwürdigkeiten, welche das Juwel der Vereinigten Staaten Nordamerikas, der Nationalpark, in sich schliesst, erregen die Geysir und “heissen Quellen das Interesse der Besycher in erster ‘Einie. W. H. Weed hat neuerdings dieselben einer ein- gehenden Untersuchung gewürdigt und-Aeren Ergebnisse in einer mit vielen prächtigen Bildern‘gesehmückten Ab- handlung im 9. Berichte der U. St. Geolog. Survey ver- öffentlicht. Diese bietet des Interessanten mancherlei, so dass es angezeigt erscheint, von ihr an dieser Stelle Notiz zu nehmen. Des Verfassers Auseinandersetzungen haben fast durchgängig den Zweck, nachzuweisen, dass bei der Bildung des Travertins in heissen Quellen neben anderen Ursachen die Pflanzenwelt eine Hauptrolle spielt. Schon seit geraumer Zeit ist bekannt, dass niedere Gewächse nicht nur in warmen, sondern auch in heissen Quellen (bis ungefähr 75° R.) zu leben fähig sind. So fand Hooker im Jahre 1809, Conferven und Öseillarien in grossen Mengen in und an heissen ‚Quellen Islands, 1864 Baring Gould daselbst Arten. von Hypheothrix. Agardh beschrieb 1827 Algen, welche im Carlsbader Sprudel ihre Existenz zu behaupten vermochten; Corda, Schwabe und Cohn erweiterten unsere Kenntnisse von denselben. Meneghini machte uns 1842 mit solehen, welche heisse Quellen Italiens bergen, bekannt; Ehrenberg und Hoppe- Seyler bestätigten seine Angaben. In der neueren Zeit haben sich die Beobachtungen gleicher Vorkommnisse in allen Gebieten der Erde geradezu gehäuft. Durch Hoch- stetter, Spencer und Berggreen lernten wir solche von Neuseeland, dureh Mosely von St. Michael (Azoren), dureh Hooker vom Himalaya, durch Dana von Luzon und Ce- lebes, durch Smith Lyman von Japan, durch Junghuhn von Java, durch amerikanische Forscher von vielen Punkten der Vereinigten Staaten kennen, so dass an dieser Thatsache nieht mehr gezweifelt werden kann. Was schreibt nun Weed von den heissen Quellen des Nationalparks ? Zunächst berichtet er, dass ihrer über 5600 vor- handen sind, aber zugleich, dass nur wenige kohlensauren Kalk in sich aufgelöst enthalten, nämlich die, welche aus mesozoischen Kalken hervorsprudeln. Von ihnen bilden nun die in überaus malerischer Gegend gelegenen Mam- muthquellen Travertin von bedeutender Ausdehnung, von einer solchen, wie sie. wohl sonst in der ganzen Welt nieht wiedergefunden wird, beträgt sie doch zwei Qua- dratmeilen bei grösster Mächtigkeit von 250 Fuss. Von einer Höhe von 7100 Fuss über dem Meeresspiegel und 1400 Fuss über dem Gardiner River dehnen sich diese Niederschlagsgebilde in Gestalt von Terrassen aus, von weleher die „Hotelterrasse“ allein eine Fläche. von 33 Acker misst, in ungeahnter Schönheit bis zur letzteren herab. Fünfundsiebzig Quellen, welche in Grösse schmaler Ergüsse und 50—100 Fuss breiter Becken schwanken, ergiessen viele tausend Gallonen warmes oder heisses Wasser während einer Stunde. Entzückt wird der die Terrassen umwandernde Besucher von den hellgefärbten Wasserbeeken, welche sich um die heissen Quellen herum ausbreiten, und von den rothen und orangegelben Farben, die die von dem heissen Wasser gebildeten Tümpel dar- bieten, während ihm aus den kühleren Quellen . und Gerinnen helles Grün, Orange und. Braun entgegen- leuchtet. Alle. diese Farben rühren von Algen her,, deren Farbe und sonstige Eigenthümliehkeiten von der Tempe- ratur und der Beschaffenheit der Stellen, an welchen sie vorkommen, abhängig sind... Wo die Temperatur 52° R. überschreitet, wird nur eine weisse fadenförmige Alge gefunden; wo sich aber dieses Wasser etwas abgekühlt zeigt oder wo es gleich mit geringerer Wärme der Erde entquillt, tritt eine grünlichgelbe auf, welche zuerst spär- lich vorhanden ist, aber an noch mehr abgekühlten 216 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 22. Stellen immer häufiger wird und dann die weisse Art gänzlich verdrängt. Sie ist mit einer rothen oder orange- farbenen vereinigt, während in den lauen Lachen, die zu kühl sind, um eine der genannten Arten zu unterhalten, eine olivenbraune, eine dünne sammetartige Decke über dem Travertin bildet. Fliesst das Wasser rasch, schen die Algen wie zerfasert aus; ist es ruhig, so findet man sie in einer hautähnlichen oder gallertartigen, durch Gasblasen aufgeblähten Schicht untereinander verbunden; meist treten sie getrennt auf, doch gehen sie an den Rändern vieler Gerinne in einander über. Wo der Travertinabsatz schnell vor sich geht, sind die Algen vom Travertin umhüllt und nur ihre fortwachsenden Spitzen liegen klar und frei vor den Augen da; die weisse Species wird in der Nähe des Quellausflusses gewöhnlich mit Schwefel über- zogen gefunden und bildet hellgelbe, Seidensträhnen gleichende Büschel; in weiterer Entfernung stellt sie sich als von kohlensaurem Kalk umrindet dar und bewirkt die Bildung von strahligen fächerartigen Travertinmassen. Man ist versucht zu meinen, dass die eine oder andere Art der hellgefärbten Algen mit ihr identisch und nur durch Schwefelwasser gebleicht sei, zumal man dunkel- smaragdene, in den Ausfluss einer Schwefelquelle ge- bracht, in wenigen Stunden ihre Farbe verlieren und ihre Oberfläche mit Sehwefel bedecken sieht, jedoch widerspricht dem, dass die weisse Art ihren Charakter in verhältnissmässig kühlem Wasser, in dem sie mit rothen und hellgrünen Algen vereinigt vorkommt, beibehält. Die grünen Algen, welehe im Schatten oder von einer Schicht rother bedeckt am besten gedeihen und deren Farbe zwischen Olivengrün und Dunkelbraun schwankt, sobald sie dem direeten Sonnenlicht ausgesetzt sind, sind bei der Travertinbildung weniger betheiligt als die weissen und rothen. Fliessendes Wasser scheint für ihr Gedeihen nöthig zu sein, weshalb sie auch nur selten auf dem Grunde der Becken und Tümpel gefunden werden. In heissem werden sie blass, gelblichgrün oder hellgelb, während sie in kühlerem ihre Farbe zu einem tiefen Smaragdgrün erheben. Die orangefarbenen oder rothen Algen erweisen sich als ausgezeichnete Beförderer des Travertinniederschlags und man findet keinen Tümpel, in dem sie nicht streckenweit den Boden und die Ränder bedeckten, fast überall so dick umkrustet, dass es schwer fällt, ihre pflanzliche Natur zu erkennen. Das Wasser, in dem diese Algen zu leben vermögen, ist ausnehmend klar und durchsichtig. So lange es heiss ist, besitzt es für gewöhnlich schwefeligen Geruch in verschiedener Stärke bei verschiedenen Quellen; auffällig scharf wird er von 48° R. an aufwärts, während man in kaltem vom Schwefel weder etwas riecht noch schmeckt. Vielen Quellen entströmen grosse Mengen von Gasen, die, wie die Untersuchungen ergeben haben, Kohlen- säure, Sauer- und Stickstoff sind. Von Mineralmassen finden sich 15—17 Theile in 10 000 Theilen Wasser ge- löst, von denen wieder ein Drittel allein auf kohlensauren Kalk, der Rest auf leichtlösliche Salze kommt. Ver- gleicht man die Menge des kohlensauren Kalks mit der Kohlensäure, welche ihn gelöst zu erhalten vermag, so bemerkt man einen ziemlich grossen Uebersehuss von demselben, was nur bedeutendem Drucke und vorzüglich der Gegenwart alkalischer Salze, welche eine Ueber- sättigung zu bewirken im Stande sind, zu danken ist. Es ist nun leicht einzusehen, dass, sobald sich der bedeutende Druck, dem die Wasser auf ihrem unter- irdischen Wege in Folge Vorhandenseins grosser Gas- mengen unterworfen waren, durch Entweiehen derselben an der Ausflussstelle abgemindert wird, kohlensaurer Kalk ausgefällt werden muss. Weiter muss soleher an der Oberfläche des Wassers ausgeschieden werden, so- bald daselbst ein Theil der Kohlensäure, proportional der Temperatur, in die Atmosphäre entweicht. Dass auch die Verdunstung hierbei mitzuwirken im Stande ist, bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung, ebenso- wenig, dass Hitze die Kohlensäure auszutreiben und. die Lösungswirkung von vorhandenen alkalischen und erdigen Salzen zu mindern im Stande ist. Mit all dem haben jedoch die Algen nichts zu thun und es tritt darum die Frage an uns heran: Werden sie nur mechanisch vom Niederschlag bedeckt? Oder tragen sie durch ihre Lebensthätigkeit dazu bei? Wer eimmal in Karlsbad vom Sprudelquell aus längs der Tepl dahingeschritten ist, hat sicher in ihrem Bette dieke Polster von Algen und Massen von dem Boden bedeckenden Sprudelstem bemerkt. Cohn hat erstere untersucht wie keiner vor ihm, nicht blos mit den Auge, sondern auch mit der Hand. Er fühlte, wenn er einen Theil der Algengallerte mit den Fingern drückte, einen äusserst feinen Sand, der in den älteren oder tieferen Partien immer gröber wurde. Unter dem Mikroskop ent- puppte sich derselbe als winzige Krystalle von kohlen- saurem Kalk, welche in dem Schleime zwischen den Algen und auf ihrer Oberfläche sich befanden. Diese, zunächst vereinzelt auftretend, mehrten sich mit der Zeit und vergrösserten sich allmählich zu Körnern, bis sie sich endlich zu dichtem Sprudelstem zusammenfügten. Der ganze Vorgang ist allein den Algen zu danken. Indem sie die für ihr Leben nöthige Kohlensäure dem Wasser entziehen, vermag dasselbe nicht mehr die ganze Menge kohlensauren Kalkes in Lösung zu erhalten und es tritt deshalb der der verschwundenen Kohlensäure entsprechende gelöste Kalk in fester Form aus. Dabei verhält sich dieser den verschiedenen Algengruppen gegenüber verschieden; in den Oscillarien und mit ihnen verwandten Gattungen lagern sich die Krystalle in der schleimigen Intereellularmasse ab, bei Halimeda bilden sie eine siebartige Decke an den Spitzen der Fäden, bei Acetabularia eine umhüllende Röhre und bei Chara findet die Einschliessung des Kalkes in den Zellen und den Rückseiten der Wände statt. Sobald die Temperatur 44° R. überschreitet, sieht man in der Tepl keine Vege- tation und keinen Niederschlag von Travertin mehr. Auf die Untersuchungen Cohn’s fussend, unternahm Weed in gleicher Weise solche in den Mammuthguellen. Hier wurde sogar bei 59° R. noch lebende Vegetation und Travertinbildung wahrgenommen, im Uebrigen aber das, was Cohn bereits früher gefunden, bestätigt, nämlich die Gegenwart von einzelnen Krystallen oder stern- förmige Anhäufungen derselben in den oberen Schichten der gallertartigen Pflanzenmassen, in den unteren bis zu 1 mm Durchmesser haltende Körner. Sie konnten im frischgebildeten Tuffe deutlich wahrgenommen werden, nicht aber in den älteren Schichten, in denen in Folge ihrer gegenseitigen Verkittung die oolithische Structur verschwunden war. Sobald das Wasser von den Algen zurücktrat, verfärbten sich diese, das Grün verwandelte sich in Braun, dieses in Rosenroth, zuletzt zu einer hellen Lachsfarbe; der Geruch der zerfallenden Pflanzen- massen wurde sehr bemerklich, endlich verschwand an der Oberfläche alle Farbe und ein mürber und poröser Kalk schlug sich auf ihnen ab. Eine nur geringe Be- feuchtung genügte, die ursprüngliche Färbung lange zu erhalten. Wer nun glauben wollte, dass sich der Travertin, sei die Ursache seiner Bildung, welche es auch wolle, über- all gleich zeige, würde sich enttäuscht fühlen, wenn er die Mammuthquellen besuchte, denn eine grössere Anzahl von Abarten würde ihn eines Besseren belehren. Wo, wie bei den Abflüssen der Becken und Tümpel die Ver- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 217 dunstung und dadurch der Verlust der Kohlensäure be- deutend wird, bildet sich schnell ein Ueberzug von weissen aus kohlensaurem Kalke bestehenden Kıystallen, was unternehmungslustige Leute veranlasst hat, daselbst Gerüste aufzustellen, an welchen sie an Fäden allerlei Gegen- stände anhängen, die, beständig vom Wasser benetzt, unter günstigen Umständen binnen 3 Tagen von einer U", Zoll dieken reinweissen, marmorgleichen Kruste, deren Krystalle im Lichte glänzen, bedeckt und an die Touristen unter dem Namen „speeimens“ verkauft werden. Lässt man jedoch die Gegenstände noch einige Tage über diese Zeit hinausbängen, so nimmt der Ueberzug eine dunkelgelbe Farbe an, die vorher glatte Fläche zeigt warzenähnliche Auswüchse, welche von Tag zu Tag grösser werden und endlich wohl gar die Gestalt des umbrabraun umrindeten Gegenstandes nicht mehr erkennen lassen. Mit verdünnter Salzsäure behandelt, lässt dieser die Veränderungen, als durch Pflanzen hervor- gerufen, an deren Spitzen sich der Niederschlag be- sonders schnell bildet, erkennen. Verbreiten sich in späterer Zeit die Algen über die ganze Oberfläche, so entsteht eine dendritische Bedeekung. Glasflaschen oder Gegenstände von Eisen bleiben schr lange unbedeckt, erst wenn Algen dieselben zu bewohnen anfangen, beginnt der Niederschlag. Ist der Travertin schnell gebildet worden, so zeigt er sich gewöhnlich mürbe und porös, dass er zwischen den Fingern leicht zu Pulver zerrieben werden kann; ist er langsam gebildet, dieht wie Kalk oder krystallinisch wie Marmor. Ebenso ist meist der von älteren Terrassen, während die frisch gebildeten Wände der Becken dem ersteren gleichen. Travertin, welcher ohne Beihülfe von Pflanzen gebildet worden ist, ist selten. Es gehört dazu der, welcher bei Entweiechen der Kohlensäure an der Oberfläche des Wassers in Form eines dünnen Häutchens entstand, sich allmählich verdiekte, in Folge der eigenen Last zerbrach und sich dann in Form von Flocken auf dem Boden niedersetzte. Sein spec. Gewicht ist 2,70356. Es gehört weiter dahin der, welcher die Röhren, durch welche das heisse Wasser emporquillt, in schaligen, an der Oberfläche gerundeten oder kugeligen Lagen von Y/s—5 Zoll Dieke auskleidet, marmorähnlich und rein- weiss ist. — Die übrigen Varietäten sind entweder theil- weise oder gänzlich unter Beistand von Pflanzenleben entstanden. Da ist zunächst der faserige Travertin, welcher fächerförmige Massen, welche in manchen Quell- becken gefunden werden, darstellt. Seine Fasern er- weisen sich unter dem Vergrösserungsglas nicht als lange Krystalle oder Krystallhäufungen, sondern als Um- schliessung pflanzlicher Fäden. Die Oberseite ist eben, die Fasern sind rund und parallel angeordnet; die inneren Partieen erscheinen ähnlich, aber ihre Fasern sind schärfer und gleichen lose angeordneten Grashalmen; die Unterseite stellt sich uneben dar, ihre Fasern sind mit kleinen Kalkkügelchen, die bisweilen in traubigen Büscheln angeordnet sind, bedeckt. — Da findet man weiter seltsame Pilzgestalten in den Rinnen vieler Quellen. — Ihre die Wasserfläche überragenden Hüte sind ge- wöhnlich vom Sprühen des Stromes befeuchtet und ihre Oberfläche bildet ein Netzwerk von kleinen '/)—1 Zoll hohen Rücken, zwischen denen sich beckenartige Ver- tiefungen befinden. Die Farbe ist liehtorangeroth und rührt von Algen her, wie ein Querschnitt durch ein solches Gebilde beweist. Der Strunk besteht aus faseri- gem Travertin gleich den Lamellen, welche die Mitte des Hutes einnehmen und von eimer !/,—°/, Zoll dieken aus kurzen, starken, senkrecht stehenden Fasern ge- bildeten Schieht überdeekt werden, während die Unter- seite des Hutes aus hartem, porcellanartigen Travertin gebildet ist, welcher meist glatt ist, oft aber auch traubenartige Haufen weisser Kügelchen zeigt, zu welchen sich mit Schwefel bedeekte Fäden gesellen. — Die am häufigsten vorkommende Art findet sich in den grossen Beeken sowohl, als auch in denen der Terrassen und gleicht der obersten Lage der Pilzgestalten. Die Farbe der netzförmigen, aus welligen Erhöhungen und dazwischen befindlichen Miniaturbeeken bestehenden Oberfläche ist während der Befeuchtung mit dem heissen Wasser ge- wöhnlich ausgezeichnet. Ist die Wassermenge gross und ihr Lauf schnell, findet man sie weiss wie Sahne, ist das Wasser jedoch seicht und langsam bewegt, lachs- farben und rosenroth, orangefarben oder roth. Auch hier lässt die Loupe als Ursache der Färbung zerfaserte Algen erblieken, die dureh sorgfältige Auflösung in ver- dünnter Salzsäure blosgelegt werden können. Bricht man diese Art ab, so findet man, dass sie aussieht als bestände sie aus concentrischen Schalen oder ge- bogenen Blättern von verschiedener Dieke und Dichte. Während letztere von der Schnelligkeit des Niederschlags abhängt, führt Weed aus, wird erstere durch die Tem- peraturschwankungen in den verschiedenen Jahreszeiten, welche auf die Wachsthumthätigkeit der Algen von grossem Einflusse sind, bedingt. — Indem einige Spiel- arten übergangen seien, werde zuletzt nur noch des korallenartigen Travertins gedacht, der in vielen ruhigen Becken und Tümpeln, in denen in Folge Verdunstung das Wasser auf geringe Mengen eingeschränkt wurde, sich vorfindet und seiner Gestalt wegen den Namen be- kommen hat. Hier krystallisirt der Kalk auf vorhandenen Algenfäden aus und bedeckt oft die Tümpel vollkommen. Die Zweige dieser Tuffvarietät sind dieklich, mit einer drusigen Decke von Krystallen, die zur Oberfläche senk- recht stehen, besetzt. Die Röhren bilden sich durch das Aufsteigen von Gasblasen und bleiben während der Ver- wandlung der Algen in diehten Travertin often. Sobald die Becken austrocknen, verlieren sie ihre ausgezeichnete Farbe, die Oberfläche verschiesst und wird kreideweiss; fortgesetzt dem Lichte ausgesetzt, dunkelt sie zu einem Hellgrau und nach wenigen Jahren zu einem Dunkelgrau, während die darunter befindlichen Schichten ihr reinweisses Aussehen beibehalten. Frost schadet den Becken sehr. Geschmolzener Schnee und Regen benagen die Wände; das in die Ritzen und Spalten eingedrungene und dann gefrorene Wasser bringt eben- falls Zerstörungen hervor. Andere Veränderungen be- stehen darin, dass kalkhaltiges Wasser, indem es in Röhren oder Poren eindringt, daselbst neuen Kalk ab- setzt und so dichteres und zusammenhängendes Gestein schafft; dass durchziehender Dampf oft eine rauhe körnige Struetur von locker zusammengefügten Krystallen hervorruft, sobald er aber schwefelhaltig ist, den Tuff in nadelförmige Gypskrystalle umwandelt. Limnadia Hermanni Brongn. in Ostpreussen. — Es war am 2. August 1871, als ich bei einer botanischen Exkursion in der Umgegend von Wormditt in Ostpreussen und zwar in der Nähe des zu dem Rittergute Basien ge- hörigen Vorwerks Boxen in einem Graben, der durch einen heftigen Gewitterregen mit schnellfliessendem Wasser angefüllt war, einen in der Fauna von Ost- und Westpreussen bisher noch nicht bekannten Muschelkrebs, die Limnadia Hermanni Brongn., entdeckte. Dies zu den Phyllopoden gehörige Thierchen war hier an der Oberfläche des Wassers in solcher Menge vorhanden, dass ich es mit der hohlen Hand in grosser Anzahl leicht 218 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 22. schöpfen konnte. Ich sammelte in einem Gefässe, das ich aus einem benachbarten Insthause herbeiholte, weit über 100 Exemplare dieses interessanten Fundes und hätte leicht noch mehr sammeln können, wenn nicht eine seltene in der Nähe befindliche Pflanze meine Aufmerk- samkeit zu sehr in Anspruch genommmen hätte. Es ge- währt übrigens viel Vergnügen, das mit zwei durch- sichtigen Schalen versehene, 1 em lange Thierchen im Wasser rückwärts schwimmen und tauchen zu sehen. Nach Hause zurückgekehrt, bestimmte ich den Muschel- krebs nach Leunis Synopsis der Thierkunde und über- sandte mehrere Exemplare davon zunächst an den ver- storbenen Direetor des zoologischen Museums Herrm Pro- fessor Dr. Zaddach in Königsberg, der sich vorzugsweise für die Phyllopoden interessirte. Dieser drückte mir um- gehend in einem Briefe seine Freude über meinen seltenen Fund aus und gratulirte zu meiner Entdeckung. Er schrieb den 2. Septbr. 1571 an mich unter Anderm: „Ihre Sendung hat mir grosse Freude gemacht. In der That ist das von Ihnen gefundene Thierehen die echte Limnadia Hermanni, eine Phyllopodenart, die nur selten gefunden und im Ganzen wenig bekannt ist. Für Preussen ist sie ganz neu. Grube giebt 1865 Fontaine- bleau, Strassburg, Breslau, Berlin, Norwegen als Fundort an. Ich hätte die Thierchen gern lebend gehabt, denn es ist noch Manches an ihnen zu untersuchen und eben- so kennt man von ihrer Entwicklung nichts, auch sind die Männchen von ihnen noch unbekannt.“ Eine zweite Sendung empfing von mir die naturforschende Gesell- schaft zu Danzig, worüber sich der Director derselben Herr Dr. Bail in dem Jahresbericht 1571 in den Schriften der naturforschenden Gesellschaft ausspricht wie folgt: „Als neu entdeckt für die Provinz verdient von jetzt lebenden Thieren ein Hautkrebs, die zu den Blattfüssern gehörende Limnadia Hermanni angeführt zu werden, welchen Conrector Seydler aus Braunsberg in einem Graben mit lehmigem Regenwasser bei Basien unweit Wormditt auffand und der Gesellschaft in schönen Exemplaren ein- sandte.“ Aus einem Brief des berühmten Zoologen Herrn Professor Dr. v. Siebold in München, welchen derselbe unterm 12. Januar 1572 an mich richtete, geht hervor, dass meine Entdeckung auch in weiteren Kreisen nicht unbeachtet geblieben war. v. Siebold schreibt wie folgt: „Als Freund der preussischen Fauna interessirt mich im höchsten Grade der von Ihnen gemachte Fund der Limnadia Hermanni, welche Sie bei Basien in Ostpreussen entdeckt haben sollen. Wie beneide ich Sie um diesen Ihrem Wohnorte so nahe gelegenen Fundort des so merk- würdigen Thierchens, von welchem bis jetzt noch niemals Männchen gesehen und entdeckt worden sind. Ich er- laube mir, Ihnen eimen Correeturbogen aus meiner neuesten Schrift über die Parthenogenesis zuzusenden, aus welchem Sie erkennen mögen, wie mich das Vor- kommen der Limnadia Hermanni interessiren muss, und schliesse daran die Bitte, um Zusendung mehrerer Exem- plare u. s. w.* Nachdem ich Herrn Professor Doetor v. Siebold eine Anzahl von 30 Exemplaren zugeschickt hatte, empfing ich am 11. Februar 1572 ein verbindliches Dankschreiben, aus dem ich kurz noch Folgendes mit- theile: „Sie haben mich durch die Zusendung der Lim- nadia Hermanni sehr erfreut. Mir ist ein solches Glück, diesen interessanten Muschelkrebs lebend zu beobachten und untersuchen zu können, noch nicht vergönnt ge- wesen. Nach Ihrer Mittheilung haben auch Sie nur Weibehen vor sich gehabt, wie alle früheren Beobachter. Ich bitte Sie nun recht sehr, den Fundort der Limnadia im Auge zu behalten und regelmässig alljährlich die neu sich entwickelnden Generationen zu prüfen, ob dann immer nur Weibchen zur Entwieklung kommen.* — Leider ist es mir bis jetzt nicht möglich gewesen trotz ‚eifrigen Suchens die Limnadia an dem genannten Fund- orte wieder aufzufinden, was Herr Professor v. Siebold in einem späteren Briefe an mich sehr bedauert. Schliesslich bemerke ich noch, dass, wenn v. Sie- bold in seinen Beiträgen zur Parthenogenesis der Arthro- 'poden 1871 den von mir entdeckten Fundort nicht er- ‚wähnt hat, der Grund darin zu suchen ist, dass diese interessante Schrift schon im Drucke erschienen war, als der Verfasser derselben die Limnadia Hermanni von mir empfangen hatte. In der dritten Auflage der Synopsis der Thierkunde von Dr. Leunis ist auch Ostpreussen schon als Fundort derselben angeführt worden. F. Seydler, Conrector und Inspeetor der Seeligerschen Erz. Anstalt zu Braunsberg. Von den bedeutenden Untersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Mycologie von O. Brefeld ist das Heft IX erschienen. — Nachdem bereits im VII. und VIII. Heft für die Basidiomyceten der Werth der Basidie klar gelegt und zugleich für die Ascomyceten, der Ver- öffentlichung der Gesammtuntersuchungen nicht vorgreifend, der Ascus morphologisch aus der niederen Fruchtform, dem Sporangium erklärt war, bringt jetzt das IX., in Ge- meinschaft mit Dr. F. v. Tavel und dem Unterzeichneten ausgeführte Heft die Ergänzungen und Erweiterungen der bereits dargelegten Anschauungen. Um die Ascomyceten zu einer, den Basidiomyceten gleichwerthigen Klasse zu erheben, bedurfte es vor allen Dingen des Nachweises, dass eine geschlechtliche Ent- stehung des Ascus ausgeschlossen sei, dass vielmehr der Ascus sich ebenso wie die Basidie einfach aus einer nie- deren Fruchtform morphologisch ableiten lasse. Es war dazu hauptsächlich der allgemeine Nachweis erforderlich, dass die Spermatien in allen Fällen vegetativ auskeimen und daher eime geschlechtliche Funetion nicht ausüben können. Demnach beschäftigt sich der erste Abschnitt des Heftes damit, für die Spermatien zu erweisen, dass sie unter allen Umständen auskeimen. Diese Thatsache wurde bei einer sehr grossen Anzahl beliebig herausgegriffener Formen, beinahe 200 aus allen Familien der Ascomyceten, konstatirt. Es war weiter nothwendig zu erklären, wie die As- comyeeten zu ihren Nebenfruchtformen kämen. Der Punkt, wo hier die Untersuchungen einzusetzen hatten, lag wieder bei den niederen Pilzen, den Zygomyceten. Hier liess sich für 'Thamnidiumarten nachweisen, dass dureh geeignete Culturvariationen das vielsporige Sporan- gium allmählich in ein einsporiges Sporangium übergeführt werden konnte, dass sich auch von der Ascidie nicht mehr unterschied. Damit ist die Grundlage für das morphologische Verständniss der Nebenfruchtformen gewonnen. Gehen wir von dem unregelmässigen, vielsporigen Sporangium aus, so wurde dies allmählich zum einsporigen Sporan- gium und bei Verwachsung der Sporen mit der Sporan- gienmembran zum Schliesssporangium — zur Conidie. Daneben können natürlich noch Sporangien existieren, wie der Fall von Thamnidium auch zeigt. Von der Co- nidie und dem Conidienträger lassen sich nach der einen Seite die Basidien der Basidiomyceten ableiten, von dem Sporangium und den Conidien nach der anderen der Ascus und die Nebenfruchtformen der Ascomyceten. Wird das Sporangium in Sporenzahl, Grösse, Art der Entstehung constant, so haben wir den Ascus, neben dem dann immer noch die eigentlichen unregelmässigen Sporangien (und Conidien) bestehen können. Da die zusammengesetzten Nebenfruchtformen Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 219 der Ascomyceeten, die Conidienbehälter (Pyeniden und Spermogonien) sich auf die Conidienträger zurückführen lassen, so ist also das Verständniss für die sämmtlichen Fruchtformen der Ascomyceten thatsächlich gewonnen. Der 3. Abschnitt, der auch das nachfolgende X. Heft umfassen wird, bringt vorläufig nur die Hemiasei und Exoasci und ihre Cultur in Nährlösungen. In dem VIII. Heft bereits waren die Ustilaginien und Protomyces als Zwisehenformen zwischen den höheren und niederen Pilzen angesprochen worden. Nach der Untersuchung der Gattungen Thelebolus und der neuentdeckten Ascoidea konnte diese provisorische Abtheilung begründet und als Mesomyceten den beiden andern Klassen der Phyeo- und Mycomyceten gleichwerthig gegen- übergestellt werden. Die Mesomyceten sind charak- terisiert dureh ihr, dem der höheren Pilze ähnliches, mit Scheidewänden verschenes Mycel und durch ihre ascen- resp. basidienähnlichen Fruchtformen. Sie zerfallen in 2 Klassen, die Hemiasei mit ascenähnlichen Sporangien und die Hemibasidii mit basidienähnlichen Conidienträgern. Von der ersten Klasse sind bis jetzt nur wenige Formen bekannt, die sich in 3 Familien unterbringen lassen, As- eoideen, Protomyceten und Theleboleen. Die Hauptmasse der Ascomyceten gliedert sich wieder in Exoasei und Carpoasei. Andeutungen des Öharacters dieser Abtheilungen sind bereits bei den Zygomyceten vorhanden. So bilden die Mucorinen (entsprechend also den Exoasei) Sporangien ohne Umhüllung des Fusses der Sporangienträger aus, während Mortierella und Rhizopus den carpoascen Typus mit vom Hyptengeflecht theilweise umhüllten Sporangien darstellen. Mit dieser Unterschei- dung ist zugleich die Klasse der Exoasei scharf und na- türlieh definirt und die Gymnoasei in ihre richtige Stellung als niederste Abtheilung der Carpoasei gesetzt. Die Exoasci umfassen bisher nur wenige Gattungen: Taptrina, Exoaseus, den interessanten Endomyces und das neu gefundene Ascoeortieium mit freien Ascenlagern, dem Cortieium der Basidiomyceten entsprechend. Mit den Exoasei schliesst das gegenwärtige Heft ab*). Dr. G. Lindau. Ueber die Entwicklung und Bedeutung der Zell- fäden im Pollen von Strelitzia reginae macht Ed. Palla im Märzheft der Berichte der Deutschen Bota- nischen Gesellschaft (Jahrg. 1391, Bd. IX) Mittheilung. Wenn man aus den geöffneten Antheren der Musaece Strelitzia regmae den "Pollen herauszunehmen sucht, so nimmt man wahr, dass die Pollenkörner infolge des Vor- handenseins zahlreicher fädiger Gebilde im grosser Menge beisammen bleiben und an dem die Anthere einge- führten Körper in mehr minder langen Klumpen festkleben. Dass die fädigen Gebilde bei Strelitzia mit Pollenschläu- chen nichts gemein haben, erkennt man sofort auf den ersten Blick, wenn man sich dieselben unter dem Mi- kroskope ansieht. Vor allem nehmen die einzelnen Fäden nie ihren Ursprung aus einem Pollenkorn; wo dies scheinbar der Fall ist, ersieht man bald, dass das Ende des Fadens sich in entsprechender Krümmung der Oberfläche des Pollenkorns eng anschmiegt und so einen ausgestülpten Pollenschlauch vortäuscht; abgesehen übri- gens davon, dass die wirklichen Pollenschläuche eine viel bedeutendere Breite besitzen. Die Länge der Fäden ist variabel; sie hängt im erster Linie davon ab, ob die Fäden bloss aus einer einzigen oder mehreren Zellen sich zusammensetzen; in letzterem Falle ausserdem von der Länge der einzelnen Zellen selbst. En Ve ‚rgleiche zu obigem auch Moeller, Die Basiodiomyceten nach den Untersuchungen von Oscar Brefeld, „Naturw. Wochen- schrift“ IV, Seite 97 ff. Red. Die Betrachtung der aus der Anthere herausgenom- menen Fäden kann uns über den Ursprung der Fäden natürlich keinen Aufschluss ertheilen; nur die so häufig zu machende Beobachtung, dass zwei oder meh- rere Fäden seitlich mit einander verbunden sind und gemeinsame Windungen und Krümmungen aufweisen, lässt uns vermuthen, dass die Fäden ursprünglich zu einem Gewebe verbunden gewesen und erst später da- dureh entstanden sind, dass sich die neben einander liegenden Zellreihen des Gewebes von einander is0- lirten. Um über die Sache in’s Reine zu kommen, ist es nöthig, die aufgesprungenen Antheren zu untersuchen. Querschnitte allerdings, namentlich wenn sie dünn sind, können kaum eine Aufklärung geben; dagegen erkennt man sofort den wahren Sachverhalt, wenn man die An- therenhälften von der Oberfläche aus an dem entstandenen Längsrisse besichtigt. Man kann feststellen, dass sich an die Zellen der Epidermis, die in ihrem Bau von den Pollensack-Epidermen anderer Pflanzen insofern ab- weichen, als sie nach aussen zu mit zahlreichen U- förmigen Verdiekungsleisten versehen sind, die Zellen der Fäden unmittelbar ansetzen, zunächst noch im Gewebe- verbande verbleibend, weiter ab dem Längsrisse parallel in die Fäden sich isolirend. Es sind also die Fäden nichts anderes als aus dem Gewebeverbande tretende Längs- reihen ganz bestimmter Oberhautzellen; und zwar sind es die an eimander grenzenden Epidermispartien der Pollensäcke, die dieser merkwürdigen Metamorphose unterliegen. Als Vermittler der Fremdbestäubung sind in Afrika bei Musa, Strelitzia reginae und Ravenala madagasca- riensis nach Seott-Elliot hauptsächlich Vögel, und zwar solehe aus der Abtheilung der Cinnyriden anzusehen; bei Strelitzia reginae speciell Nectarinia afra. Abgesehen von den übrigen Blütheneinriehtungen von Strelitzia reginae ist auch die Ausbildung der Fäden in unmittel- baren Zusammenhang mit den "Bestäubungsverhältnissen dieser Pflanze zu bringen und als eine sehr weitgehende und vollkommene Anpassung an die Ornithophilie zu ‚be- trachten. Die Fäden sind in dem Längsspalt der An- therenhälften so gelagert, dass sie den Pollenkörnern, welche in höchstens zwei Lagen über einander liegen und infolge ihrer Grösse durch die zwischen den Fäden bestehenden Lücken nicht heraustreten können, knapp anliegen und wohl auch mit ihren Enden zwischen die- selben einbiegen. Die Pollenkörner hängen untereinander zusammen durch eine oft äusserst dünne Schicht einer Masse, die sich bei Behandlung mit Alkannatinetur braun- roth färbt und demnach unter anderm auch Oel enthalten dürfte. Die Fäden ihrerseits sind gleichfalls klebrig, wohl auf Reehnung ihrer metamorphosirten Mittellamellen, und können sich ausserdem noch mit ihren zahlreichen Windungen leicht unter einander verfilzen. Wenn der die Blüthe besuchende Vogel zum Nectarium vordringt, streift er nothgedrungen die Fäden, die sich sogleich seinem Körper ankleben und beim Zurückweichen des Vogels den unter ihnen liegenden Pollen mitnehmen. So köhnen trotz der Grösse der Pollenkörner enorme Quan- titäten von Pollen auf einmal fortgeschafft und an einer zweiten Blüthe die äusserst klebrige Narbe sofort in vollkommen hinreichender Weise belegt werden. Ueber meteorologische Resultate einer Ballon- fahrt während eines winterlichen Luftdruckmaximums am 24. Februar 1891 giebt Lieutenant Gross von der königl. Luftschiffer- Abtheilung zu Berlin in der „Zeit- schrift für Luftschifffahrt“, 1891 Heft 3/4, einen höchst interessanten Bericht, dessen Hauptinhalt wir im Folgen- den wiedergeben, weil sich später wohl ohne Zweifel 220 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. bemerkenswerthe Folgerungen an die Erfahrungen des Lieutenants Gross anknüpfen werden. „Ein. barometrisches Maximum, wie wir es für die erste ‚wissenschaftliche Ballonfahrt des dem Verein zur Verfügung stehenden Ballons am 30. Januar d. J. er- wünscht aber leider nieht getroffen hatten, herrschte, mit seinem Centrum über Mittel-Deutschland liegend, in den letzten Tagen des Monats Februar. Es bot sieh somit während der Ballonfahrt am 24. Februar die Gelegen- heit, .das nachzuholen bezw. zu ergänzen, was uns bei der vorher ‘erwähnten Fahrt durch die Aenderung der Witterungslage entgangen war. Schon seit Sonnenaufgang war am 24. Februar der Himmel mit einer gleichmässig grauen tiefliegenden aber dünnen Wolkenschieht bedeckt, durch welche zeitweise die Sonne blass sichtbar wurde. Auf der Erde sowohl als auch in Höhe dieser Wolken wehte ein schwacher SSW-Wind.. Um 10 Uhr Morgens fiel ganz feiner Schnee; die Temperatur lag 3° unter Null um S Uhr Morgens und war bis 11 Uhr Vormittags bis auf —1,5° gestiegen. Der Ballon stieg 10% 52” Vormittags sehr langsam auf und nahm seinen Curs zunächst nach NNE. Schon nach 2 Minuten verschwand die Erde, welehe die nur 150 m über derselben lagernden Wolken verdeckten. Nach einer weiteren Minute hatte der Ballon die nur 100 m dicke Wolkensehieht durchschnitten und zeigte sofort das schon häufig beobachtete Streben, auf der Oberfläche der Wolkendecke gewissermassen zu schwimmen, bis es durch energischen Ballastauswurf gelang, ihn zum weiteren Steigen zu zwingen. Sobald der Ballon die Wolken ver- lassen hatte, spürte ich kräftigen Wind von N her. Die Wolken schienen jetzt auf einmal schnell nach N zu eilen; jedoch lag die Sache umgekehrt, der Ballon fuhr vielmehr nach S wie ich sehr bald am Compass beob- achten konnte, als ich durch eine Wolkenlücke die Erde für einen Augenblick sah. Trotz der geringen Dieke der Wolken hatten dieselben von oben gesehen ganz ausgeprägte Cumulusköpfe, welche ca. 350—50 m über die sonst horizontale Oberfläche emporragten; auch bildete sich um den scharfen Schatten des Ballons auf der Wolke eine Aureole von ziemlich kräftigen Farben. In der Rich- tung nach Berlin und über Spandau hatte die Wolken- decke ein schmutzig grau-braunes Aussehen, während sie im Uebrigen hell silberglänzend erschien. Am Horizont nach S zu verlor sich die Cumulus-Form der Wolken- deeke, sie erschien hier wie ein grosser bläulich-grauer See; es war dies, wie sich später herausstellte, eine grosse Lücke in den Wolken, dureh welehe wir später meilenweit die Erde sahen. Diese Erscheinung wieder- holte sich, als wir jenseits des Golm-Berges abermals die Erde verloren. Von 2 Uhr Nachmittags ab verschwan- den sämmtliche Wolken, statt ihrer lagerte jedoch ein sehr feiner transparenter Nebelschleier unmittelbar auf der Erdoberfläche, durch welchen nicht nur die Kuppen der ziemlich niedrigen Berge zwischen der Elster und Elbe, sondern sogar die Kirchthürme der Stadt Oschatz mit ihren Spitzen scharf und klar herausragten. Der Wind blieb ziemlich constant, nahm jedoch mit zunehmender Höhe an Stärke zu und drehte mit der Zeit ein wenig mehr nach W zu. Um 5 Uhr beschloss ich südlieh Döbeln im Königreich Sachsen zu landen und liess den Ballon langsam aus seiner Höhe von 1400 m herabsinken. Ich hatte die Stadt und den Bahnhof be- reits längst überflogen, als ich plötzlich von dem Unter- winde, in nur noch ca. 300 m Höhe schwebend, wieder auf die Stadt zurück getrieben wurde. Da ich jederzeit wieder in der Lage war, den Ballon zu heben — ich verfügte noch über 100 kg Ballast — so beschloss ich, diesen interessanten Windverhältnissen Jänger nachzu- forschen und brachte den Ballon in 200 m Höhe wieder in die Gleichgewichtslage. In einer mächtigen Spirale drehte nun der Curs des Ballons aus N über W nach S herum, so dass ich vollständig zurückfuhr. In der Stadt selbst, auf einem freien Platze, bewerkstelligte ich die Landung bei fast absoluter Windstille ohne jede Schwierig- keit. Es herrschte somit auch in Döbeln in geringer Höhe derselbe SSW-Wind noch, der mich vor 61, Stun- den in Berlin bei der Abfahrt zunächst auch nach NNE getrieben hatte. Die Bewohner von Döbeln, welehe das interessante Schauspiel einer Ballonlandung mitten in ihrer Stadt zu Hunderten angelockt hatte, waren von dem Glauben, dass der Ballon eine Steuervorkehrung besitzen müsse, nur mit Mühe abzubringen. Nicht minder interessant als die Wind- und Wolken- verhältnisse war auch der Gang der Temperatur während dieser Fahrt. Es ist zu bedauern, dass ich nicht über ein Assmann’sches Aspirations-Psychrometer an jenem Tage verfügte, da dasselbe sich in Reparatur befand, die Resultate wären sicherlich höchst werthvolle gewor- den. Immerhin sind, wenn auch zugegeben werden muss, dass das verwendete Schleuderthermometer, dessen Strahlungs-Beeinflussung nicht zu bestimmen ist, keine absolut einwandsfreien Resultate geben konnte, die ge- fundenen Zahlen doch als sehr angenäherte Werthe brauchbar. Ausser am Schleuderthermometer, welches ich stets erst nach minutenlangem Schleudern ausserhalb des Ballonkorbes ablas, machte ich noch an einem im Schatten des Korbes (ausserhalb desselben) frei aufgehängtem Thermometer Ablesungen zum Zwecke der Vergleichung. Die Temperatur betrug, wie schon erwähnt, bei der Ab- fahrt —3° am geschleuderten, — 1,5° am ungeschleuderten Thermometer. In den Wolken fand ich gleichfalls — 3°, am oberen Rande derselben nur noch — 1°. Sobald nun Jedoch der Ballon über die Wolkenschicht sich erhoh, nahm die Temperatur mit zunehmender Höhe sehr schnell zu, so dass dieselbe bei ca. 600 m Höhe fast bis auf 10° Wärme stieg. Das ungeschleuderte T'hermometer zeigte hierbei bis 13,5°%, das im Aneroid - Barometer 25° Wärme. (Dass zum grössten Theil diese Wärmezunahme der Rückstrahlung der Wolkendecke zugeschrieben wer- den kann, ergiebt sich aus der Gesammtheit der Beob- achtungen des Lieutenants Gross, jedoch ist zu beachten, dass die Temperaturzunahme mit wachsender Höhe auch vorhanden gewesen, als keine Wolke mehr über der Erde schwebte.) Die Temperatur fiel wieder bei der Landung von + 7° auf + 3°. Nach Sonnenuntergang trat auch in Döbeln wieder Frost ein, das Thermometer zeigte um 7 Uhr Abends in Döbeln — 1°C. Es ist sicher kein zufälliges Zusammentreffen der Temperatur- und Windumkehr an der Wolkengrenze, hier herrscht sicher ein causaler Zusammenhang, eines ist die Folge des anderen.“ Der Arbeit ist eine ausführliche Abschrift des von Lieutenant Gross geführten Beobachtungsjournales ange- hängt, wegen dessen Einsichtnahme auf die Abhandlung selber verwiesen sei. Die internationale elektrotechnische Ausstellung zu Frankfurt am Main. I. — Im Vordergrunde des all- gemein-naturwissenschaftlichen nieht minder wie des speciell fachlichen Interesses wird für die nächsten fünf Monate unzweifelhaft diese elektrotechnische Ausstellung stehen, die aber auch für fernere Zeiten jedenfalls stets ein denkwürdiges Ereigniss bleiben wird. Umfasst sie doch das ganze weite Gebiet, welches heute von der Elektriceität beherrscht wird, und dies ist ja — kein ge- ringeres als das gesammte Lebensgebiet, Die Arbeit, der Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 221 Verkehr in all’ seinen Arten und Formen, das Sicherheits- und Signalwesen auf Eisenbahnen, in Bergwerken, zur See, in dem Zeitübermittlungsdienst, die Haustelegraphie, unsere Sicherheitsvorkehrungen gegen Blitz-, Feuer- und andere Gefahren: sie alle sind das, was sie sind, nur Dank der Elektroteehnik. Und weiter, welch’ hohe Be- deutung haben Elektrometallurgie und Elektrolyse! Welch’ eminente Vortheile zieht überhaupt die gesammte Natur- wissenschaft aus ihren Beziehungen zur Elektrotechnik, vor allem aber, welche früher nicht erwarteten Fort- schritte haben Mediein und Chirurgie machen können, seitdem die Elektrieität in ihren Dienst getreten. In der That, es giebt kaum eines der einzelnen Lebensgebiete, auf welehes die Elektrieität und ihre Ausnutzung durch die Elektrotechnik heute nicht schon — uns im Alltags- leben aus Gewöhnung schon halb unbewusst geworden — einen massgebenden Einfluss ausübt. Hoch erfreulich und verdienstvoll ist daher das Unternehmen, in einer Fach- ausstellung die Wunder der modernen Technik den brei- testen Volksklassen in befruchtender Weise zugänglich zu machen. Und es ist weiter im vollen Sinne des Wortes herzerquiekend, zu sehen, wie, im Gegensatz zu anderen Erscheinungen, auf dem Gebiete der Wissenschaft und Teehnik die schönste und vollkommenste Internatio- nalität sich hat erreichen lassen, die ihren bedeutsamen Ausdruck in dem Fünfgestirn der Ehrenmitglieder der Ausstellung findet, nämlich der Herren Werner von Sie- mens (Deutschland), A. von Waltenhofen (Oesterreich- Ungarn), Silvanus ©. Thompson (Grossbritannien), Marcel Deprez (Frankreich) und Thomas A. Edison (Amerika). Um die Inslebenrufung und ganze formale Ausgestal- tung der Ausstellung hat sich der frühere Reichstags- abgeordnete für Frankfurt a. M., Herr Leopold Sonne- mann, die ausserordentlichsten, dankenswerthesten Ver- dienste erworben; und wenn wir als den technischen Lei- ter des ganzen Werkes Herrn Oscar von Miller nennen, so weiss man sowohl in unserem Lande, wie auch jen- seits der Grenzen, dass die Ausstellung die beste Lei- tung gefunden, die man ihr wünschen kann. Die gleiehen erfreulichen Eindrücke treten auch in der vorzüglich redigirten offieiellen Ausstellungszeitung „Elektrieität“ hervor, die ganz unbedingt die beste Aus- stellungszeitung ist, welche je geschaffen wurde, und zwar nicht nur, was die eben erwähnte literarische Seite angeht, sondern auch in illustrativer Hinsicht, wie denn dem ersten Hefte ein Kunstblatt von ausserordentlicher Wirkung (eine Ansicht von Frankfurt darstellend) bei- gegeben ist. Bei der Anordnung der Ausstellung hat man, wie Herr von Miller in seinem Berichte sagt, sich von dem Grundsatze leiten lassen, das Ganze so in einzelne Ab- theilungen zu gliedern, dass die Uebersicht und ein ver- gleichendes Studium möglichst erleichtert werde. Und wie die einzelnen Abtheilungen, so hat man auch die Leistungen der einzelnen Aussteller genau festgestellt, sodass gewissermassen ein jeder derselben an einer be- stimmten Aufgabe und deren Lösung mitgearbeitet hat. Den Mittelpunkt des Ganzen bildet naturgemäss die grosse Maschinenhalle, auf welche wir uns in dieser ersten Mittheilung beschränken wollen. Hier, in dem Kesselhaus, ist die grosse Kraftquelle für die mannigfachen Einzelbetriebe der Ausstellung. Wir finden da 20 Kessel von nahezu 2600 qm Heizfläche, welehe mehr als viert- halbtausend Pferdekräfte erzeugen. Vorzugsweise sind es Röhrenkessel, an denen man eine Reihe höchst sinn- reicher Vorrichtungen zur Dampftrocknung und zur Be- förderung der Wassereireulation bemerkt. Diese Kessel sind wegen geringer Raumerforderniss gerade für elek- trische Anlagen besonders werthvoll. Wir finden aber auf der Ausstellung auch mehrere gewaltige Cornwall- kessel mit besonderem neuen Mauerwerk, Kessel mit zusammengeschweissten Wellrohrbunden für 12 Atmo- sphären Betriebsdruek. Ein Exemplar ist mit einer neuen patentirten rauchverbrennenden Feuerung versehen. Be- sonderes Interesse werden bier einige elektrisch getrie- bene Centrifugalpumpen erwecken, welche das für die Jondensatoren erforderliche Einspritzwasser aus dem Main fördern, ingleichen ein Gradirwerk, welches besonders zu dem Zwecke errichtet ist, eine künstliche Abkühlung des Condensatorüberlaufwassers einer 100pferdigen Maschine zu bewirken. In der Maschinenhalle sind mehr als 60 Motoren verschiedenster Construetionen in Betrieb. Es dürfte hier in der That alles vereinigt sein, was die letzten Jahre an wichtigen Neuerungen auf diesem Gebiete hervor- gebracht haben. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit finden wir alle gangbaren Grössen vom kleinen Ipferdigen Motor bis zur 600 HP-Maschine. Den Zweeken und Erfahrungen der Elektrotechnik gemäss sind die grösseren Dynamos meist direet mit dem Motor gekuppelt, wie denn über- haupt ein wesentlicher Werth auf compendiösen Antrieb mit Vermeidung schädlieher Uebersetzungen gelegt ist. Während in dieser Sammlung grosser Dampfmaschinen uns die Motoren entgegentreten, welche für grosse elek- trische Anlagen und Centralen Anwendung finden, sehen wir daneben auch die kleinen Gasmotoren, die als Be- triebsmaschinen für kleinere Block- und Privatanlagen dienen. Auch Petroleum- und Benzinmotoren finden sich hier. Wenn so die treffliche Ausstellungsleitung es sich angelegen sein liess, diesen Theil der Ausstellung in möglichster Vollständigkeit zu gestalten, so ist es in der That zu bedauern, dass ihre Bemühungen, von der deut- schen oder der Pariser Druckluftgesellschaft die Aus- stellung von Druckluftmotoren zu erwirken, erfolglos ge- blieben sind. Gerade im Hinblick auf so manche schwebende technische Frage *) wäre es gewiss wünschens- werth gewesen, wenn jene Gesellschaften sich zu einer Mitwirkung an dem Werke hätten entschliessen mögen. Wenden wir uns insbesondere zu dem Hauptgegen- stand der Maschinenhalle, den Dynamos, so fällt es über- raschend in’s Auge, dass wir hier einer grossen Anzahl von Wechselstrommaschinen begegnen, die einige seit der Münchener Ausstellung (1882) schon als überwundenen Standpunkt betrachten wollten. Hier treten Wechselstrom und Gleiehstrom als vollkommen gleichberechtigt neben- einander auf. Daneben zeigt sich eine ganz wesentliche Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei sonst gleichen Di- mensionen. und dementsprechend das Bestreben, möglichst grosse Typen zur Anwendung zu bringen. Vor zehn Jahren noch hielt man Edison’s 100pferdige Maschine für übertrieben gross. Hier sehen wir Maschinen von 300, 500 und 600 HP, und während man früher kleinere Dy- namos mit vielfacher Uebersetzung antrieb, wird hier gezeigt, wie man dieselben durch Verminderung der Tourenzahl mit langsam laufenden Motoren direet kup- peln kann. Haben sich so in der maschinellen Grundlage seit den letzten Jahren bedeutsame Klärungen und Fortschritte eingestellt, so bringt uns die Ausstellung aber auch eine Reihe von Ueberraschungen hinsichtlich der Möglichkeit der Kraftübertragung durch Elektrieitat, mit welchem Gegen- stand unser nächster Bericht sich befassen wird. Gravelius. *) Siehe „Naturw. Wochensehr.* 1891, No. 21. 222 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Schutzvorriehtung an Elektrieitätsleitern. — Fast aus allen Orten, an denen Elektrieität entweder als Kraft oder zur Beleuchtung benutzt wird, sind schon Unglücks- fälle beriehtet worden, die durch Reissen von Elektri- eitätsleitern verursacht worden sind. Diese Unglücksfälle entstehen dadurch, dass die Leiter gewöhnlich von sehr: starken Strömen durchlaufen werden, und beim Reissen der Leiter die herabhängenden Drahtenden noch immer mit der Stromquelle verbunden sind, sodass also jede Berührung absolut gefährlich ist. Es ist daher sehr er- freulich, dass von Gould und Gottschalk eine Schutz- vorrichtung geschaffen worden ist, um jene Gefahren zu’ beseitigen, indem vermöge derselben beim Reissen der Leiter die Drahtenden sofort ausser Verbindung mit der Stromquelle gesetzt werden. Nach Dingler’s Polytech- nischem Journal ist die Gould-Gottschalk’sche Vorrichtung die folgende. Um den auf der Stange @ sitzenden Isolator / wird ein Band 5 gelegt und rechts und links von Qan beine Lasche » angeschraubt, in deren Schlitz n ein Stift s eingehängt ist, um welchen der Stromleiter | d geschlungen ist. Solange der letztere ganz ist, wird durch seine Spannung der Stift im Schlitze s festgehalten. Im Momente des Reissens von d aber muss der Stift aus dem Schlitze herausgleiten und sammt dem Drahte d herabfallen. Der letztere ist damit ausser Verbindung mit der sonstigen Leitung und der Stromquelle und kann somit ohne jede Gefahr berührt werden. Will man ver- meiden, dass der Draht zu weit herabfällt, etwa vom Dache eines Gebäudes bis zur Strasse, so braucht man nur vom Drathe d aus eine Schlinge nach der Stange zu führen. Neue Construetionen ‚von Theilmaschinen hat Georg Kesel in Kempten ausgeführt. Die Theilmaschi- nen bilden eins der wichtigsten Werkzeuge der Präci- sionsmechanik, da sie dazu dienen, die geraden Massstäbe sowohl, wie auch die Kreise, deren man sich fortwährend zu feinen Winkelmessungen zu bedienen hat, herzustellen. Fig. 1 zeigt eine solehe Maschine zum Theilen von Kreisflächen, Fig..2 dagegen dieselbe Maschine zum Theilen von Kreistrommeln und Cylindern. Die solid gebaute Maschine besteht aus dem Gestell und dem metallenen Normalkreis; derselbe ist bei abgebildeter Maschine 33 em im Durchmesser und ist mit Silber ein- gelegt. Auf dieser Silbereinlage befinden sich 2 Thei- lungen, 300 und 400 Grad, der Rand dieses Kreises « trägt Zahnung für die endlose Schraube und zwar 720 Zähne, also ist ein Zahn, resp. eine Umdrehung der endlosen Schraube d — !/, Grad oder 30 Minuten. Die Trommel der endlosen Schraube ist in 180 Theile ge- theilt, deren jeder also ein Intervall von 10 Seeunden darstellt. Zum Centriren der zu theilenden Gegenstände lässt sich die endlose Spindel aus ihrer Zahnung zurück- schrauben und es lässt sich der Normalkreis leieht von der Hand um seine Achse drehen. Die Achse läuft unten in eine gehärtete Spitze aus, oben läuft sie in gehärtetem Stahlring; auf der unteren Seite sind im Kreise « noch mehrere Punktentheilungen angebracht, die zum Vorzeichnen ete. stets brauchbar verwendet werden können, desgleichen ‚auch für gewöhnliche Theilungen, bei denen es nicht auf grosse Genauigkeit ankommt; b ist ein Aufspanmntisch für flach zu theilende Gegen- stände. Zu der Maschine gehören eine Anzahl verschie- dener Einsteekkonusse, die, durch eine Mutter festgezogen, zum Aufspannen von ebenfalls zu theilenden Kreisen Ver- wendung finden; g ist ein Mikroskop, welches bei genauen Theilungen angewendet wird, um damit die Theilung des Originalkreises benützen zu können. Im Mikroskop ist ein eingezogener Faden, der zum Einstellen des je- weiligen Striches dient; 4% ist die Wange für das Reisser- werk; dasselbe lässt sich auf der Wange verschieben und überall darauf feststellen. Durch diese Einrichtung lassen sich Kreise bis 35 em Durchmesser theilen. Das Reisserwerk ist so eingerichtet, dass kurze oder lange Striche sich selbst stellen, d. h. dureh Einsetzen verschiedener Rädchen lassen sich verschiedene Figuren bezweeken, z. B. ganzer Grad — |jırıliırı ılılılılıl, eindrittel Grad — slulanlinlil ete. Die Striche werden mittelst des Hebels gezogen; beim Zurückbewegen des Stichels hebt sich derselbe über die zu theilende Fläche und erst beim Ziehen des Striches senkt sich derselbe. Mehrere Gewichte sind der Maschine beigegeben und dienen zur Belastung, um stärkere oder schwächere Striehe zu ziehen. Durch Umlegen der ganzen Maschine, wie Fig. 2 zeigt, auf die Füsse e ge- stellt und durch Ansehrauben eines Bügels aus Guss auf die Wange, ist die Maschine zum Theilen von Trommel und Cylinder verwendbar. Die ganze Maschine ist leicht transportirbar und kann zum Arbeiten auf jeden Tisch gestellt werden. Die Maschinen werden mit einer Kreis- grösse von 25 em Durchmesser, ferner von 53 em Durch- messer und von 50 em Durchmesser hergestellt. ‚ halber Grad Nr. 22. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 223 Sonnenfinsterniss. — Am 6. Juni findet in den | Ziele zu. Viel Mannschaft braucht er nicht, er will nur zwei Nachmittagsstunden eine ringförmige Sonnenfinsterniss statt, welche in unseren Gegenden als partielle sichtbar sein wird. Der Mond tritt am NW-Rand vor die Sonnen- scheibe und verlässt sie am NE-Rande. Die Finsterniss dauert in Berlin von 5% 49” bis 7% 20” Nachmittags. Für einige andere Orte in Deutschland geben wir hier die Zeiten des Anfangs (A) und Endes (E): Ort A E Nachen en HR 7m 6% 50m Nena ee oral Breslauer nr 02616 We 55 Brankfurt a. MM... 5039 gl Dresdenae. u nerı-nedd LU 22 Ballen et: Hamburausr 2 2232255734 U Karlsıuberer ee 55,41 DD Koniosbererre ar 6710 7 47 Münchener 23002299906 die: Strassburg . . . 5 39 6a Stuttgart . . 5 44 © In Süddeutschland ist die Finsterniss am geringsten, dagegen wird im Nordosten nahezu die Hälfte der Sonne verfinstert. Gravelius. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die Vereinigung von Freunden der Astronomie und kos- mischen Physik hat sich am 19. Mai constituirt. Zum Vor- sitzenden wurde Professor R. Lehmann - Filhes (Berlin) gewählt, an welchen auch von nun ab die Meldungen zum Beitritt zu riehten sind. Es ist vorläufig ein Jahresbeitrag von 5 Mk. fest- gesetzt worden. Mitglieder, welche nach dem 1. Januar 1892 ein- treten, haben auch noch ein Eintrittsgeld von 5 Mk. zu zahlen. Die Vereinigung gliedert sich bis auf Weiteres in sechs Gruppen. Diese sind folgender Gestalt gebildet: 1. Gruppe für Sonnenbeobachtungen. 2. Gruppe für Mond- und Planetenbeobachtungen. 3: Gruppe für Sternbeobachtungen. 4. Gruppe für die Beobachtungen des Zodiakallichts und der Meteore. 5. Gruppe für die Beobachtungen des Polarlichts, des Erd- magnetismus, der Erdströme und der Luftelektrieität. 6. Gruppe für die Beobachtungen der Wolken und Gewitter. Eine neue arktische Expediton. — Ingenieur Robert E. Peary in Philadelphia von der amerikanischen Bundesmarine beabsichtigt in diesem Monat zu eimer neuen arktischen Expedition aufzubrechen, deren Zweck darin besteht, unsere Kenntniss Grönlands durch Erreichung und Erforschung seiner unbe- kannten Küsten, Feststellung seiner Reliefbildung im Innern und Fixirung seiner nördlichen Grenzen zu vervollständigen. Um zu diesem Ziel zu gelangen, will er von der Umgebung des Smith- Sundes aus auf Schlitten mit einer gut ausgerüsteten Begleitung über das Inlandeis fahren und längs des Eisrandes in Sicht des grön Jändischen Westgestades bis zur Nordgrenze dieses Landes vordr ingen. Es ist möglich, dass sich das Eiskap bis zu jenem Punkt oder wenigstens bis sehr nahe demselben erstreckt, und es Peary glückt, indem er seine Berechnungen auf eigene Erfah- rungen und auf diejenigen früherer Reisender begründet, im Stande zu sein binnen einer einzigen Jahreszeit seine Aufgabe zu lösen. Im Jahr 1886 ging er nach Grönland und verfolgte, nur von einem Gefährten begleitet, vom Kopf des Pakitsok-Fjordes an der Disco- Bai in 69° 30' n. Br. einen östlichen Weg von etwa 100 englischen Meilen. Sie nahmen das Eis 1155 Fuss über dem Meeresspiegel in Angriff, erstiegen die S00 Fuss höher gelegene Gletscherfläche, wendeten sich darauf direet östlich und erreichten nach weiteren 10 engl. Meilen in der Höhe von 3000 Fuss trockenen Schnee. Die Dicke dieser Schneeschicht wuchs bis zur Entfernung von 100 Meilen und bis zu einer Höhe von 7500 Fuss, wo sie über 6 Fuss tief und sehr schön und trocken war. Die auf dieser 20tägigen Fahrt gewonnenen Erfahrungen und eine spätere Wanderung von 25—30 Meilen, die Peary allein innerhalb 18 Stunden zurücklegte, überzeugten ihn, dass der Inland -Schnee Grönlands die beste Route für die Erforschung der höchsten Breiten liefert, bis zu denen sich die nördliche Grenze jenes Gebietes erstreckt. Ueber die glatte Ebene hinweg kann der Reisende auf Schneeschuhen und mit „Skier“ in gerader Richtung fortgleiten, kein Spalt gähnt ihm entgegen und jeder Schritt ist ein Gewinn nach dem ersehnten Gefährten mitnehmen, die er durch zwei oder drei Grönländer zu verstärken gedenkt. Im Mai begiebt er sich auf einen Walfisch- fahrer von St. Johns und landet mit ihm an der Westküste von Grönland zwischen 77 u. 78°, der Rest des Jahres soll zur Beschaffung von Schlitten und zu kurzen Versuchsfahrten dienen, hauptsäch- lich nordwärts nach dem Humboldt-Gletscher. Hier wird eine Vorrathsstation angelegt, etwa in 79° n. Br., und von hier soll der Haupttheil der Expedition so weit nordöstlich gehen, wie die unbekannte Küste Grönlands es gestattet, und ihre Endlinie fest- setzen. Sollte keine Gestadelinie ihn aufhalten, so hofft Peary noch viel weiter nach dem. Pole vorzudringen, als es bis jetzt gelungen ist. Ein grosser Vortheil dieser Forschungsmethode be- steht darin, dass keine Zeit bei einer Verfolgung der Küstenaus- zackungen verloren geht, da es bei der grossen Höhe über dem Meeresspiegel möglich ist, die Gestadelinien von der Ferne aus zu beobaehten und aufzunehmen, ohne von der Hauptroute abzu- weichen. Der kühne Amerikaner will die Gletscher der Küste an einem sehr hohen Punkte ersteigen, wie schwierig es auch sein wird, die Schlitten nebst ihrer Ladung hinaufzuschaffen, weil er dann sofort auf die harte und trockene Schneefläche gelangt. Auch Nansen traf 1888 im Innern Grönlands ein mit tiefem, schönen, trockenen Schnee bedecktes Plateau an und diese That- sache scheint Pearys Ansicht zu bestätigen, dass das Inlandeis, d. h. der gefrorene Schnee, das schnellste, sicherste und billigste Mittel zur Erreichung und Erforschung der unbekannten Küsten jenes Landes darbietet. Die Kosten, welche zum Theil die Academy of Natural Sciences in Philadelphia trägt, sind verhältniss- mässig gering, denn die ganze Reisegesellschaft besteht höchstens aus 6 Mann, und die Hauptaufgabe wird nur von zweien derselben unternommen. Von der Regierung hat Peary weiter nichts gefordert als einen Urlaub von 18 Monaten, der ihm auch bewilligt worden ist. Die fürstlich Jablonowski’sche Gesellschaft zu Leipzig stellt für das Jahr 1894 eine astronomische Preisaufgabe. Bei der Leverrier’schen Behandlung der seeularen Störungen der grossen Planeten hatte sich ein Umstand ergeben, der sich der Anwendung der erhaltenen Resultate einigermassen hindernd in den Weg stellt. Es treten nämlich bei Leverrier Fälle ein, in welehen die Glieder zweiter Ordnung ihrem absoluten Betrage nach diejenigen der ersten übersteigen. Die Gesellschaft wünscht daher: Eine neue Bearbeitung der secularen Störungen der Bahnen von Merkur, Venus, Erde, Mars, unter Berücksichtigung der Glieder höherer Ordnungen. Es müsste dabei also namentlich durch Anwendung einer einwandsfreien Methode die Leverrier’sche Schwierigkeit um- gangen werden. Preis 1000 Mk. Nähere Bedingungen sind durch die Gesellschaft zu erfahren. Von den zur Zeit vom Verein zur Förderung des Gewerb- fleisses in Preussen gestellten Preisaufgaben sind folgende von allgemeinem Interesse. 1. Die Goldene Denkmünze und 3000 Mk. sollen der besten Arbeit „über den Magnetismus“ ertheilt werden. Die Arbeit soll eine kritische Zusammenstellung der bisherigen Beobachtungen und zu deren Vervollständigung und Prüfung eigene Messungen an Stahl- und Schmiedeeisenstäben möglichst verschiedener che- mischer Zusammensetzung umfassen, und zwar sowohl über die Stärke der vorübergehenden Magnetisirung bei absolut gemessener wechselnder Kraft, als auch über die Stärke des remanenten Mag- netismus und die Dauerhaftigkeit gegen Temperaturänderungen und Erschütterungen. — Einlieferungstermin 1893, 15. November. 2. Die Silberne Denkmünze und 3000 Mk. werden der besten Arbeit ertheilt werden, welche zum Gegenstand hat: Die Prüfung der Zuverlässigkert der gebräuchlichsten Verfahrungsweisen zur Bestimmung des im Eisen enthaltenen Kohlenstoffes. — Einliefe- rungstermin 1892, 15. November. Edmond Becquerel . Die gesammten physikalischen Wissen- schaften haben in dem am 11. Mai verschiedenen Edmond Beequerel, Mitglied des Instituts. einen schweren Verlust erlitten. Vor wenig Wochen war erst wieder Gelegenheit, seinen Namen auch in weiteren Kreisen zu nennen, als von der Photographie der Farben die Rede war. Er erlag nach nur zehntägiger Krankheit einer Lungenentzündung Am 24. März 1820 als Sohn des Physikers und Mitglieds des Instituts A. ©. Becequerel geboren, erreichte er mit 18 Jahren die Reife für die Ecole polytechnique, trat aber nicht dort, sondern bei seinem Vater als Assistent ein. Als solcher fungirte er auch kurze Zeit am Museum, und dann als Professor am Conservatoire des arts et metiers, wo er im Jahre 1353 den Lehrstuhl der Physik erhielt. Nachdem er später auch am Institut agronomique zu Versailles gewirkt hatte, wurde er am 9. October 1876 bei der Neu- organisation eines gleichen Instituts am Conservatoire des arts et metiers daselbst Professor der Physik und Meteorologie und endlich Professor der Physik am naturhistorischen Museum zu Paris. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 22% Seine zahlreichen, alle von philosophischem Geiste getragenen Arbeiten haben seinen Namen auf allen Gebieten der Physik. im weitesten Sinne, zu einem hochgeachteten gemacht. Das Sonnen- speetrum, das elektrische Licht, das Brechungsvermögen flüssiger Körper, die elektro-chemische Theorie der Körper, magnetische und diamagnetische Phänomene, die Gestaltung der Isothermen in Frankreich, die Theorie des Lichtes, die Photographie der Farben und vieles andere hat ihn eingehend beschäftigt und in allen diesen Gebieten war er als Forscher ersten Ranges geachtet. Litteratur. Maximilian Haberland, Die Stellung der Mathematik im System des erziehenden Unterrichts. In Commission bei ©. Kruse (Barmmewitz’sche Hofbuchhandlung), Neustrelitz 1591. Die kleine Schrift giebt eine kurze Beantwortung der Frage, „wie die Herbart’sche Pädagogik den Werth der Mathematik für die Jugenderziehung begründet.“ Wenn auch nicht neue Ge- danken in dem Schriftcehen ausgesprochen werden, so liest sie sich doch ganz angenehm und findet zur Zeit gewiss bei vielen Inter- esse; es ist so, wie der Verfasser sagt: „Auch in seinen Schulen spiegelt sich der Mensch.“ f AG: Eilhard Wiedemann und Hermann Ebert, Physikalisches Praktikum mit besonderer Berücksichtigung der physikalisch- chemischen Methoden. Druck und Verlag von Friedrich Vie- weg und Sohn. Braunschweig, 1890. ; Mit dem vorliegenden Werke, dessen Tendenz eine eleinen- tarere ist, als sie m den ähnlichen Werken von Kohlrausch, Glazebrook und Shaw*) u. a. erstrebt ist, haben die Verfasser die physikalische Litteratur entschieden bereichert. Es ist die Absicht der Verfasser, mit diesem Buche hauptsächlich den Bedürfnissen der Anfänger überhaupt und dem der Studirenden der Chemie im Speciellen Rechnung zu tragen. Dies wird dadurch erreicht, dass solche Aufgaben Aufnahme gefunden haben, welche in die Methoden und Gesetze der Physik überhaupt einzuführen geeignet sind, und dass dabei besonderes Gewicht auf die physikalisch-chemischen Methoden gelest wird. Es dürfte dies um so mehr auf Anerkennung zu rechnen haben, als man diesen Grenz- oder gemeinsamen Gebieten der Physik und Chemie in den Lehrbüchern der Physik nicht genügende Berücksichtigung schenkt. Die Einrichtung des Buches ist eine ungemein praktische. Jedem Abschnitt geht eine orientirende Einleitung voran, welche klar das, worauf es ankommt, erkennen lässt und die zur An- wendung kommenden Gesetze erörtert. In dieser Einleitung werden zugleich die nöthigen Formeln entwickelt. Die Uebungen sind theils qualitativer, theils quantitativer Natur; für den letzteren Fall wird gezeigt, wie man aus den Beobachtungsdaten die zu bestimmenden Grössen ableitet. Sehr zweckmässig sind die unter „gebraucht wird“ gemachten Zusammenstellungen und Angaben, die namentlich für Docenten und Assistenten werthvoll und zeitsparend sind. Wie die Verfasser angeben, lassen sich sämmtliche mit- getheilten Aufgaben innerhalb zweier bis dreier Semester bei zwei- bis dreistündiger Arbeit erledigen. Man kann trotz des grossen Umfanges des Werkes wohl kaum daran zweifeln, da sich die in dem Buche niedergelegte Lehrmethode sowie der darin verarbeitete Stoff in dem Laboratorium der Verf. zu Erlangen bewährt hat. Die Einleitung ist so getroffen, dass zuerst die allgemeine Physik, dann die Wärme, die Optik und schliesslich die Elektrieitätslehre behandelt werden. Am Schlusse befinden sich noch trigonometrische und logarithmische Tafeln. Es sei noch besonders hervorgehoben, dass die verwendeten Apparate von sehr einfacher aber möglichst übersichtlicher Form sind, deren Anschaffung auch weniger gut dotirten Instituten möglich ist. So wünschen wir dem vorliegenden, auch äusserlich gut aus- gestatteten, mit vortrefflichen Abbildungen versehenen Werke weite Verbreitung; es sei den Lesern dieser Wochenschrift warm empfohlen. j A. G. Astronomische Nachrichten. No. 3024-3027 (Bd. 127). Herr A. Beck (Riga) berichtet, No. 2024, über ein neues In- strument zur Zeit- und Polhöhenbestimmung, welches er eonstruirt hat. Es ist eine Art Durchgangsinstrument, mit dem Unterschiede *) Vgl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. III. S. 194. von dem gewöhnlichen, dass hier nieht der Durchgang durch irgend einen Vertical (Meridian, I. Vertical oder Vertical des Po- laris) beobachtet wird, sondern durch Kreise, deren Pol der Zenith ist. Die Beobachtungen können also als solche bei constanter Zenithdistanz bezeichnet werden. Soll diese Methode von ähnlich einfacher Art werden, wie diejenige der Meridiandurchgänge. so wird es erforderlich sein, emen ganz bestimmten Zenithkreis fest- zulegen, der dann ausschliesslich benutzt wird. Das Instrument muss also zo construirt sein, dass die Zenithdistanz der Visiraxe vährend der ganzen Serie von Durehgangsbeohachtungen constant bleibt, und es auch jederzeit leicht wieder auf diese Axe einge- stellt werden kann. Das Fernrohr des Beck’schen Instrumentes steht senkrecht, das Objeetiv nach unten. Durch diese Anord- nung werden die Beobachtungen sehr bequem, und ausserdem die Stabilität des ganzen Instrumentes eine sehr grosse. Die von einem Stern kommenden Strahlen gelangen durch Spiegelung in das Objeetiv; und zwar durch einen Doppelspiegel, dessen beide Spiegelebenen zwei Seitenflächen eimes unter dem Objeetiv ange- brachten Prismas sind, dessen Basis einen Rhombus bildet. Die Winkel des letzteren betragen bei dem: beschriebenen Exemplar 60° und 120°. Das eine Paar Seitenflächen ist horizontal, oder senkrecht zur Visiraxe. Ein Liehtstrahl von der Zenithdistanz 60°, der die eine geneigte Fläche auf ihrer unteren Hälfte senkrecht trifft, wird zweimal refleetirt, nämlich an der unteren horizontalen und an der zweiten geneigten Fläche und tritt unter reehtem Winkel aus der oberen horizontalen Fläche. Dabei ist die Re- flexion beide Male eine totale, sodass keine Fläche versilbert zu werden braucht. Die Wirkung eines solchen Doppelspiegels be- steht darin, dass ein Bild erzeugt wird, welches um das Doppelte des Spiegelbildes gegenüber dem Object gedreht erscheint, und zwar um die Schnittlinie der beiden Spiegelebenen als Drehungs- axe. Mit dem beschriebenen Instrumente werden also Sterndureh- gänge in der scheinbaren Höhe 30° beobachtet. Herr Beck hat mit demselben aus den Beobachtungen von 9 Abenden die Polhöhe von Riga mit einem wahrscheimlichen Fehler von = 0”,22 abge- leitet, ein sehr befriedigendes Resultat, umsomehr als es sieh um die erste Anwendung des Instrumentes handelt, wo die Beobach- tungen doch immer nur den Charakter von Versuchsbeobachtungen haben können. Grössere Genauigkeit wird namentlich durch Ver- grösserung der Brennweite und Vermehrung der Fäden des Fern- rohrs erreicht werden können. — In No. 3025 giebt Herr B. Wanach Resultate seiner Polhöhenbestimmungen in Pulkowa, 1590 April—October. Aus der graphischen Darstellung der Variationen der Polhöhe im Beobachtungszeitraum ergiebt sich eine befriedigende Uehereinstimmung mit dem Verlauf der gleichen Variationen in Berlin und Prag, was umso bemerkenswerther ist, als Wanach nach ganz anderen Prineipien und mit einer anderen Instrumentenart beobachtet hat, als die Sternwarten in Prag und Berlin. Es wird dadurch die Ansieht der überwiegenden Mehr- heit der Astronomen nur gekräftigt werden können, dass die beobachtete Erscheinung ihre Erklärung nieht in instrumentellen oder nur auf kleine Gebiete der Erdoberfläche beschränkten Ur- sachen finden könne. — In No. 3026—27 hat Herr Paul Harzer eine eindringliche theoretische Untersuchung über die Rotations- bewegung der Sonne angestellt. Neuere Arbeiten der Herren Duner und Belopolski hatten gezeigt, dass die innere Reibung nicht die Ursache der Abhängigkeit der Rotationsgeschwindig- keit # eines Punctes der Sonnentläche von seiner heliocentrischen Poldistanz % sein kann. Bezieht sich nun % auf eine unendlich schmale, dem Aequator parallele Zone der Sonnenfläche, so findet Herr Harzer w = 14°,112. Y 1 — 0,5914 cos Er zeigt nämlich, dass, wenn in einer rotirenden Gasmasse Dichtigkeit und Temperatur nur von der Entfernung r vom Schwerpunkte der Gasmasse und der Poldistanz abhängen, und die Schichten gleicher Dichtigkeit, wie auch die gleicher Tempe- ratur geschlossene, weder sich gegenseitig noch die freie Ober- fläche der Masse schneidende, von concentrischen Kugeln wenig abweichende Rotationsflächen sind, deren Rotationsaxen mit der Rotationsaxe der Gasmasse zusammenfallen, und die durch den Aequator in zwei symmetrische Hälften zerlegt werden, für das Quadrat der Rotationsgeschwindigkeit eine nach den Potenzen von cos °% fortschreitende Reihe besteht, deren Coeffieienten nur von r abhängen, also für die äusserst nahe kugelförmige Sonnen- oberfläche constant sind. Für das Detail der Herleitung muss auf die interessante Abhandlung selber verwiesen werden. Grs. Inhalt: H. Engelhardt: Die Travertinbildung in den heissen Quellen des Yellowstone-National-Parks. — Limnadia Hermanni Brongn. in Ostpreussen. — Untersuchungen aus dem Gesammtgebiet der Mycologie. — Ueber die Entwieklung und Bedeutung der Zellfäden im Pollen von Strelitzia reginae. — Ueber meteorologische Resultate einer Ballonfahrt. — Die internationale elektroteehnische Ausstellung zu Frankfurt am Main. — Schutzvoriehtung an Elektvieitätsleitern. Constructionen von Theilmaschinen. (Mit Abbild.) — Sonnenfinsterniss.. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — (Mit Abbild.) — Neue Litteratur: Maximilian Haberland: Die Stellung der Mathematik im System des erziehenden Unterrichts. — Eilhard Wiedemann und Hermann Ebert: Physikalisches Praktikum. — Astronomische Nachrichten. Verantwortlicher Redakteur: i. V. H. Gravelius, Berlin SW, Zimmerstrasse 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Ne. 22. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. RKREXUN Emil Berliner’s Grammophon D. R. Patent Nr. 45048. übertrifft Edison’s Phonographen durch laute deutliche Aussprache, einfache Construction, leichte Handhabung, Unverwüstlichkeit der Schallplatten und ausserordentlich billigen Preis. — (Verweise auf die Stimmen der Presse.) Preis p. St. excl. Schallplatten M. 45. — Preis der Schallplatten p. St. 1,30 M. Versand gegen Nachnahme dureh die Verkaufsstelle Opt. Inst., F. W. Thiele, Berlin SW., Dessauerstrasse i7. '!ENTE> Beten besorgt Engros-Niederlage sämmtlicher Kindernährpräparate, Eisenpräparate, sKl, en Desinfeetionspräparate, künstlicher Mineralsalze nach Dr. Sandow. FR Ai (N ng Ieyp Chemicalien aus der Fabrik von I. Trommsdorff, künstliche Stass- tlicher nsiefeır furter Badesalze der vereinigten chem. Fabriken zw Leopoldshall. alt SRH prtschule‘ Berti == - {ö & RN aim al Wa: Köln. Alexander Freischem. Köln. 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Loew. R 1 | Jreher. ® ® n De a Dmerenglomerat Südafrikas von „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. @ r. F. M. Stapff. Jorda ® „ 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von | 13. bi BE; hische Anl Kal, bot s & Dr. Rob. Mittmann. Mit S Holzschnitten. | Da 18 E er: at Kan a Im 2: t ar @ [ ) » 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten | ner BES EP ÄHREN nie gone: [ ) ® Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- | ii ER: - ® D) litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette ® ® 1 Tafel. I von Dr. Ed. Ritsert. @ ® » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen „15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen ® U] im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner : : S ® s Mit 10 Holzschnitten. in Leipzig. 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Pneumo-bulbäres Asthma, cardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Thunee; Krankheiten der Pleura. XJI und 546 Seiten. 1.6. BESBEERBEEREERS UERESEEEEEESEBEEELEEELEEREEEEREELELEEERRREERRN IR D,, D, Ih > D D > D D IR wi a |= IR IR > D IR , x ” IR > a 32 mL EHE HOTETHTETTETTENNTTFLRTRTETHTTTETERTPETTTFLNTTETTTETETTETTTPTGRGPTTTRFTTTTRTHGTETETTTFATPRTTTFTITTEETHTETFTESTHTETATHETTHT KAG TETOVENTGTETELTEONTTRGTTTTTETC Professor der Zoologie und Vorsteher der zoologischen Sammlungen an der Soeben erschien in Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12: Ueber [Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit mit besonderer Berücksichtigung ihrer Fauna. Von Dr. Alfred Nehring, Königlichen landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin. Mit ı Abbildung im Text und 1 Karte der Fundorte. Preis 6 Mark. EIKE OTRTANGEERGTETRTETARFERTENSTETTTFTTTEERDETTANTETTTTETT 266 S. gr. S'. HIELLEAIEIAAREUHEAUNHNIKHUDDELHEDTKEERDENFEDTLAEIUHKHRRGARRIRLANINKEETLKTARUNDERDNAONUKKARHKHERUKHALDARLATAIKRRNEK —oLoBoBo5oBSNSHoHSFSHSHSH0E0r Mechanische Krankenbetten, Zimmerrollstühle. apparate, Heidelberg ı Krankentransportwagen, Tragbahren, Operationstische, Operationsstühle und Divans, e.| Kopfkeilkissen, Verstellbare Schlafsessel, Universalstühle etc. Bidets und Zimmerelosets, Verbandstoffe, Ausrüstungsgegenstände für Spitäler, liefert vormals Lipowsky-Fischer C. Maquet, se Sanitätsapparaten-Foabrik. =u Betttische, Fahr- und Tragstühle, Berlin SW., 21. Friedrichstrasse 21. EI. 1OE05050505010:0505050F501080% — BERNA Redaktion: Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersotzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der Ihre Schöpfungen Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Abonnement: anstalten, wie bei der Expedition. \ f = “> Sonntag, den 7. Juni 1891. Nr. 23. Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- Der Vierteljahrspreis ist M 3.— eb sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 9 extra, bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. _ Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das königliche botanische Museum zu Berlin.“) Nahe der Südwest-Ecke des botanischen Gartens erhebt sich, die Front nach der Grunewaldstrasse ge- wendet, seit nunmehr über einem Jahrzehnt der stattliche Bau des Kgl. botanischen Museums. Fig. 1. Diese her- vorragende Sammlung, wie der botanische Garten die hervorragendste ihrer Art im deutschen Reiche und an Reichthum nur von den unvergleichlichen Schätzen zu Kew übertroffen, hatte bis zum Jahre 1550 keine ange- messene Stätte. Früher in einem kleinen, seit einigen Jahren abgebrochenen Gebäude gegenüber dem bo- tanischen Garten, später in einigen Räumen des Universitätsgebäudes, zuletzt in unansehnlichen Hinter- gebäuden eines Hauses der Friedrichstrasse unter- gebracht, konnten ihre Vorzüge nieht zur Geltung kommen und die wissenschaftliche Benutzung nieht in gewünschtem Masse stattfinden. Der unvermeidlich ge- *) Der Artikel lehnt sich zum Theil an den von dem Unterzeich- neten — im Auftrage seines damaligen Vorgesetzten, Herrn Prof. A. W. Eichler — in der „Deutschen Gärtner-Zeitung“ (Erfurt 1882) veröffentlichten Artikel „Der königliche botanische Garten und das königliche botanische Museum in Berlin“ an, in welchem Herr Prof. P. Ascherson die Beschreibung der Herbar-Abtheilung des botanischen Museums, Herr Custos P. Hennings die des botanischen Museums im engeren Sinne übernommen hatte. Wesentliche, durch den jetzigen Direetor Herrn Prof. A. Engler, namentlich in der letztgenannten Abtheilung bewirkte Veränderungen veranlassen uns, den freundlichen Leser jetzt und an dieser Stelle auf das in Rede stehende Museum durch den obigen Aufsatz nachdrücklich hinzuweisen. Die Ausführung der Ideen des Herrn Prof. A. Engler wurden in dem botanischen Museum (im engeren Sinne) Herrn Custos P. Hennings übertragen, dem wir auch die sämmtlichen diesbezüglichen Angaben in dem obigen Aufsatz verdanken. Die gebotenen Abbildungen sind meinem Artikel von. 1882 entlehnt. Wir verweisen auf die früher in der „Naturw. Wochensehr.“ erschienenen Artikel: „Der Kgl. botanische Garten zu Berlin“ in Bd. V, S. 211 ff. und „Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. botanischen Garten zu Berlin“, Bd. V, S. 254 ff., (die letzte Abhandlung auch einzeln käuflich, separat erschienen), weil diese insofern eine Ergänzung zu dem. obigen Aufsatz bilden, als alle drei eine vollständige Beschreibung der grossen botanischen An- stalt bei Schöneberg bieten. ; H. Potonie. wordene Neubau wurde endlich Mitte der siebziger Jahre unter Professor A. Braun’s Direetion von dem Ministerium bewilligt, und die Pläne im Detail ausgearbeitet; doch konnte der Bau erst nach dem Amtsantritt von Braun’s Nachfolger, Prof. A. W. Eichler, beginnen und im Früh- jahr 1550 die Sammlungen in die neuen würdigen Räume übertragen werden. Das Museum besitzt ausser einem für Dienerwoh- nungen, Packräume, Heizungsanlagen bestimmten Souter- rain drei Etagen und elf Fenster Front. Der Mittelbau tritt als Risalit an der südlichen Hauptfront, wie auch an der Nordseite des Gebäudes hervor, erhebt sieh im Dache über die Seitentheile und gewährt durch eine verglaste Oeffnung dem geräumigen Treppenhause das nöthige Licht. Wenn man die Granitstufen der Eingangspforte über- sehritten hat, betritt man die Parterre-Etage, welche die Arbeitszimmer des Direetors und Unterdirektors, Arbeits- zimmer für Beamte und Benutzer der Museums, die Räume für die Bibliothek, sowie endlich einen geräumigen Hörsaal enthält. A. Das Herbarium. Die Herbarien befinden sich in der ersten Etage. An einen durch die Länge des ganzen Gebäudes durch- gehenden, den Treppenflur aufnehmenden Mittelgang schliessen sich nach der Nord- und Südseite eine Anzahl Zimmer an, in welehen die Herbarienschränke in an- gemessenen Abständen aufgestellt sind. Wie unsere Ab- bildung, Fig. 2, zeigt, sind dieselben an der Vorderseite verglast; in der Mitte ihrer Höhe befinden sich ausziehbare Holz-Tafeln, welehe wie die in jedem Compartiment auf- gestellten Tische ein bequemes Arbeiten behufs des Ord- nens und der wissenschaftlichen Benutzung gestatten. Das Herbarium zählt 21 derartige Compartiments, wie sie die Abbildung darstellt. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 23. Ausser dem General-Herbarium, welches begreiflicher- weise den grössten Theil des Stockwerkes beansprucht, befinden sich daselbst noch einige bemerkenswerthe Specialsammlungen. Das Willdenow’sche Herbar, dessen Ankauf den Grund zu den jetzt so bedeutenden Samm- lungen legte, wird als Beleg der von diesem berühmten Systematiker besorgten Ausgabe von Linne’s Species plantarum getrennt erhalten. Es enthält zahlreiche werth- volle Origmalexemplare von fast allen namhaften Bota- nikern damaliger Zeit (etwa von 1790 bis 1812). Ausser- mit regem Eifer, namentlich in seinen späteren Jahren, mit Botanik. Die Pflanzen sind in einem Miniatur-Format aufgelegt, mit Goldpapierstreifehen befestigt und grössten- theils gut erhalten. Die Vorliebe Rousseau’s für kalli- graphische Uebungen bethätigt sich in mehreren bei der Sammlung befindlichen Catalogen. Was die äussere Ausstattung und Aufstellung des Herbariums betrifft, so bleibt nur die Willdenow’ sche Sammlung in dem früher allgemein üblichen, ziemlich kleinen Format und in aufrecht stehenden, mit Bändern [IITHWATENENEND TEL) LELLLL NT Tenin AI] TIREIRE ann [HIER RH: —iH IDEE mummı mmm TINTE uU) LLANHITUNEL u IT MEERE NEUERIEIELENTEZ noch ursprünglich vom Professor Garcke angelegt, und eine vom Professor Ascherson zusammen- dem finden wir ein reichhaltiges Herbarium der europäischen Flora, gebrachte märkische Sammlung. Ferner besitzt das Her- barium die Farnsammlung des ausgezeichneten Kenners dieser Familie, des verstorbenen Professor Mettenius in Leipzig. Eine elegant ausgestattete Sammlung indischer Pflanzen erweckt "wehmüthige Erinnerungen an den im Kriege gegen die Sikhs 1846 gefallenen Dr. Hofmeister, den Neffen des berühmten Zoologen Lichtenstein, welcher als Begleiter des gleichfalls früh verstorbenen Prinzen Waldemar von Preussen das Herbarium zusammen brachte. Ein historisches Curiosum ersten Ranges bildet das Her- barium von Jean Jacques Rousseau, welches wir auf unserem Bilde im Vordergrunde in "dem pfeilerartigen Schränkehen bemerken. Der ber ühmte Philosoph beschäf- tigte sich bekanntlich, wenn auch dilettantenhaft, doch Das königliche botanische Museum zu Berlin. verschlossenen Mappen. Das Willdenow’sche Herbar ent- hält ungefähr 17000 Arten. Die Pflanzen der übrigen Sammlungen werden auf ein angemessenes, mit dem der bedeutendsten Herbarien des Auslandes übereinstimmen- des Format (Höhe: 44 cm, Breite: 271/, em) gebracht. Sämmtliche Pflanzen werden nach dem Vergiften mit Quecksilbersublimat mit Papierstreifehen auf je einem halben Bogen Papier befestigt. Die einer Art angehörigen Exemplare befinden sich in einem blauen Umschlagsbogen. Der Name der Art ist auf einem links unten (also an der geschlossenen Seite des Umschlags- bogens), der Gattungsname dagegen auf einem links oben aufgeklebten Etiquett verzeichnet. Die in einem Fache vorhandenen, übereinander liegenden Bogen sind zur bequemeren Handhabung von zwei Pappdeckeln ein- geschlossen, welehe durch einen Gurt mit eigenthümlichem Verschlusse zusammen gehalten werden. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 22 B. Das botanische Museum im engeren Sinne. Die zum botanischen Museum im engeren Sinne in der zweiten Etage gehörigen Räumlichkeiten bestehen aus einer Vorhalle, zwei Corridoren, sechs Zimmern, sowie zwei Arbeitszimmern und endlich zwei grossen, mit Gal- lerien versehenen Sälen, von denen unsere Fig. 3 den einen veranschaulicht. In denselben befinden sich Gegen- älterer Zeit her; manche derselben sind von namhaften Rei- senden in der ersten Hälfte des Jahrhunderts angesammelt worden, und auch neuere Reisende, wie Schweinfurth, J. M. Hildebrandt P. Sintenis, ©. Warburg u. a., haben wesentlich zur Bereicherung der Sammlung beigetragen. Die meisten Objeete sind in Glasschränken ausgestellt. Wir wollen auf ein näheres, zu weit führendes Ein- gehen aller Abtheilungen des botan. Museums im engeren UT | I in IT Id um a! il | Fig. 2. Einblick in das Innere eines Herbariumraumes. Am ersten Pfeiler steht der das Rousseau’sche Herbar enthaltende kleine Schrank. stände aus dem Pflanzenreiche ausgestellt, welche sowohl ein wissenschaftliches, wie durch die Eigenthümlichkeiten ihrer Struetur oder durch ihre praktische Anwendung ein allgemeineres Interesse gewähren. Es sind demnach hier Früchte und Samen untergebracht, ferner Hölzer, Wurzeln, Rinden, Fasern und sonstige Rohproducte; auch ganze Pflanzen oder Pflanzentheile in trockener Conservirung, sowie in Spiritus, der für manche Objecte mit schwefliger Säure versetzt wird, u. s. w.; endlich Präparate, Modelle und eine reiche Sammlung von Abbil- dungen in den beiden Tafelkästen des in Fig. 3 abge- bildeten grossen Saales. ; Die vorhandenen Gegenstände rühren zum Theil aus Sinne verzichten und dafür nach den Angaben des Herrn Custos Hennings etwas eingehender die von Engler neu- geschaffene Culturpflanzen- und pflanzengeographische Ab- theilung betrachten. Mit Rücksicht auf die eolonialen Bestrebungen der Jetzt- zeit wurden nämlich im Laufe des Winters 1359—1890 be- sondere Abtheilungen im hiesigen botanischen Museum nach dem speciellen Plane des jetzigen Directors desselben, Herrn Professor Dr. A. Engler, in’s Leben gerufen, welche in einem Theile die nach den Heimathsländern zu- sammengestellten Producte der allgemein verbreiteten Culturpflanzen, im anderen diejenigen der wildwachsen- den Nutzpflanzen sowie die Characterpflanzen der ein- 228 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 23. zelnen geographischen Gebiete in möglichst zweckmässiger | dürfte der Sinn für coloniale Bestrebungen bei dem und übersichtlicher Weise zur Anschauung bringen. Der- artige Zusammenstellungen auf streng-wissenschaftlicher Grundlage ruhend und eine grosse Fülle lehrreichen Stoffes bietend, dürften in dieser Uebersichtlichkeit wohl nirgends anders zu finden sein, wenn auch dem bekannten Museum in Kew eine noch grössere Reichhaltigkeit zu- gestanden werden muss, Die Vorstände der Colonial- grossen Publicum besonders angeregt und das Verständ- niss für die Produete ferner Gebiete hervorragend ge- fördert werden. In der Abtheilung der allgemein verbreiteten Öulturpflanzen, welche sich in dem grossen, von uns abgebildeten Vordersaal befindet, sind die Gegen- stände nach den einzelnen geographischen Gebieten u IN Fig. 3. Gesellschaften, die Reisenden und Consulate in über- seeischen Gebieten werden aber sehr wohl im Stande sein die Reichhaltigkeit des Museums durch Zusendung geeigneter Gegenstände zu erhöhen, seien es pflanzliche Producte, die eine technische, ökonomische oder medieini- sche Anwendung finden, seien es characeteristische exotische Pflanzen von mehr wissenschaftlichem Werthe. Aller- dings sind nur solche Gegenstände für die Ausstellung von Werth, deren Abstammung zweifellos festgestellt ist oder die sich durch beigefügte getrocknete Blüthenzweige der betreffenden Pflanzenart hier ermitteln lässt. Durch derartige Zusammenstellungen, wie sie im Berliner botanischen Museum ausgeführt worden sind, Innere Ansicht des südlichen Saales des botanischen Museums im engeren Sinne. geordnet. Dieselben nehmen zwölf grosse Glas- schränke in Anspruch. Die trockenen Objecte sind ge- wöhnlich in Cylindergläsern oder in, mit Glasscheiben verschlossenen Kästehen untergebracht, während die mehr fleischigen und saftigen Pflanzentheile, wie Früchte, Knollen u. s. w. in Spiritus und zwar in sehr zweck- mässigen vierseitigen Gläsern aufbewahrt werden. Sämmtliche Gegenstände sind mit deutlich geschriebenen Namenschildern, welche die Bezeichnung, die Heimath, die Herkunft sowie den Namen des Sammlers oder Gebers enthalten, versehen. Zur weiteren Erläuterung finden sich entsprechende Abbildungen der Pflanzenarten, Modelle sowie kurze gedruckte Beschreibungen und Be- Nr. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 229 martsinhk.),. ee... ee... een mm — merkungen über das Vorkommen, den Anbau, die Ge- winnungs- und Verwendungsweise der einzelnen Producte beigefügt. Oberhalb der Schränke sind grosse, schwarz- lackirte Tafeln angebracht, auf denen die Faserstoffe und zum Theil auch die hieraus hergestellten Gewerbe der wichtigsten Gespinnstpflanzen der einzelnen Gebiete zusammengestellt worden sind. Innerhalb der Schränke folgen in gleichlaufender Reihe durch sämmtliche Schränke die wiehtigsten Papier liefernde Pflanzenarten, die Hölzer, Getreidearten, Obst und Gemüse, Gewürze, Ge- nussmittel, Oele, Farbstoffe, Kautschuk, Gummi und Arzeneimittel liefernden Pflanzen und zwar so, dass man dureh sämmtliche Gebiete die gleichen Reihen verfolgen kann. (Schluss folgt.) Ueber die baeterienvernichtende Eigenschaft des Blutserums. — Zur Prüfung der Liebreich’schen Hypo- these von der in einer bacterienvernichtenden Kraft be- gründeten Heilwirkung des Blutserums stellte A. Gott- stein in dieser Richtung Versuche an und legte die Resultate derselben in No. 4 der Therapeutischen Mo- natshefte (nach der „Pharm. Ztg.*) nieder. Die Frage, ob das durch Cantharidenpflaster gewonnene menschliche Blutwasser sich prineipiell gegen Bacterien ebenso ver- hält, wie dasjenige Serum, welches aus defibrinirtem Blute gewonnen wird, beantwortet Gottstein in bejahen- dem Sinne und legt ziffermässige Beweise dafür in der betr. Arbeit nieder. Uebrigens hat auch Stern für den Inhalt einer Brandblase das gleiche Ergebniss constatirt. Die Beantwortung der Frage betr. das Verhalten des Serums speciell gegen Tuberkelbaeillen stellt Gottstein für eine spätere Veröffentlichung in Aussicht. Die Liebreich’sche Cantharidinlösung selbst fand Gottstein in einem Verhältniss zum Agar wie 1:400 wirkungslos gegen Organismen und meint, dass die Frage, ob stärkere Lösungen antiseptisch wirken, sich mit Rücksicht auf das Mitwirken der Kalilauge nicht entscheiden lasse. Jedenfalls sei für die in der Therapie in Betracht kommenden Stärken zur Erklärung der klinisch beobachteten Wirkung eine etwaige antiseptische Thätigkeit des Mittels nicht heranzuziehen. Ueber die Abhängigkeit des Laubblattes von seiner Assimilations-Thätigkeit veröffentlicht Prof. Hermann Vöchting in der Botanischen Zeitung No. S und 9 einen Aufsatz. Von Vöchting angestellte Versuche lehren überein- stimmend, dass das Leben des ausgebildeten Laubblattes an seine Assimilations-Thätigkeit, und zwar unmittelbar gebunden ist. Wird die letztere durch Entziehung der Kohlensäure gehemmt, so treten Störungen ein, welche früher oder später mit dem Tode endigen. An empfind- lichen, besonders den periodisch beweglichen Blättern, äussern sich die Störungen rasch; sie zeigen sich in Aenderungen der normalen Bewegung, eigenthümlichen Krümmungen, Verwandlungen der Farbe, Erlöschen der Empfindlichkeit bei reizbaren Organen, und schliesslich im Einschrumpfen oder Abfallen. Es wiederholt sich also auch hier die bekannte Erfahrung, dass Organe, welche ihre Funetion nicht erfüllen können, vom Körper abge- stossen werden; es sei hier nur an Ranken und ähnliche Gebilde erinnert. Aber nicht nur das ausgewachsene, auch das sich entwickelnde Blatt ist von seiner Assimilations-Thätigkeit abhängig, doch sind hier zwei Stadien zu unterscheiden. Das erste, in welches die Anlage des Blattes am Vege- tations-Punkte, seine nächste Gestaltung, beim zusammen- gesetzten Blatt die Anlage und erste Ausbildung seiner Seitenglieder fällt, ist nicht an den Assimilations-Process gebunden. Das zweite aber, welches sich vorzüglich als das der Entfaltung, der Flächen- und Volum-Zunahme darstellt, steht im Abhängigkeitsverhältniss von jenem Process. Wird derselbe verhindert, so erlangt das Blatt seine normale Gestalt nicht, selbst wenn es, wie bei der Kartoffel, ein beträchtliches Wachsthum zeigt. Von ab- normen Krümmungen abgesehen, zeigen sich Störungen in mangelhafter Ausbreitung der Fläche, in Kräuselung, sowie in Verkümmerung und Missgestaltung derselben. Einmal vorhanden, bleiben sie unheilbar, auch dann, wenn die Pflanze wieder unter normale Lebensbedingungen ver- setzt wird. Hier drängt sich die Frage auf, in welcher Art die Hemmung der Assimilation störend in das Wachsthum und Leben des Blattes eingreife. Unter den verschiedenen Vorstellungen, welche sich darbieten, scheinen Vöchting zwei die nächstliegenden. Die eine derselben geht von der Thatsache aus, dass im Laubblatt die Bewegung der Assimilate im Allgemeinen stets nach der Basis hin stattfindet. Diese Form der Be- wegung beruht aber offenbar auf dem anatomischen Bau des Blattes, vor Allem seiner leitenden Elemente. Fasst man diesen Umstand ins Auge, so gelangt man unschwer zu der Vorstellung, dass von einem gewissen Alter an die fraglichen Elemente das zum Wachsthum und zur Erhal- tung des Blattes erforderliche Material anfangs nur schwer und schliesslich gar nieht mehr von der Basis nach der Spitze zu leiten vermögen; und dass daher ein Blatt, dessen Assimilations- Thätigkeit durch Entziehung der Kohlensäure gehemmt wird, nothwendig zu Grunde gehen muss. Die zweite Vorstellung ist anderer Art. Vöchting zeigt in seiner Abhandlung experimentell, dass das sich entwiekelnde Blatt auch im kohlensäurefreien Raume ein erhebliches Wachsthum erfährt, und die hierzu verbrauchte Substanz muss vom Stamme her zugeleitet werden. Die Störungen des Wachsthums aber, welche unter den ab- normen Bedingungen auftreten, lassen schliessen, dass jene Substanz allein nicht genüge, und dass es noch weiterer Zufuhr bedürfe. Offenbar kann es sich hierbei aber nicht um beliebige Assimilations-Producte handeln, da nicht einzusehen ist, warum diese nicht auch vom Stamm her sollten bezogen werden können. Vielmehr muss das Verhältniss derart sein, dass, sobald das Blatt in das Stadium der eigentlichen Entfaltung übertritt, sein Wachsthum und seine Assimilation mit einander verbun- dene und von einander abhängige Vorgänge darstellen. Vielleicht sind es im Besonderen die Assimilations-Organe des Blattes, welche nur dann normal wachsen, wenn sie zugleich assimiliren können; möglich, dass bei ihnen Wachsthum und Assimilation zum Theil einen und den- selben Process bilden, dass mit der Assimilation zugleich eine Einlagerung in das moleculare Gerüst des Organes verbunden ist. Wird daneben noch ein Ueberschuss von sichtbarer Stärke erzeugt, so steht diese Thatsache mit der entwickelten Anschauung keineswegs im Widerspruch. Die entsprechende Vorstellung würde aber auch für das ausgewachsene Blatt gelten. Mit der gesammten leben- den Substanz sind auch die Assimilations-Organe in stetem stofflichem Wechsel begriffen. In dem letzteren wird nun dieser Umsatz durch die Assimilation direet unterhalten, der Productions-Ueberschuss erst als sichtbares Erzeugniss abgelagert. Daher findet ein rascher Verfall statt, sobald der Assimilations-Vorgang unterbrochen wird. 250 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 23. Ob nun eine der beiden Anschauungen den wirklichen Verhältnissen entspricht, muss einstweilen dahin gestellt bleiben. Möglich auch, dass die Störungen durch das Zusammenwirken der beiden angedeuteten Umstände verursacht werden. Vielleicht sind es auch andere, noch unbekannte Ursachen, deren Wirkung wir wahrnehmen. Indem Vöchting diese Fragen auf sich beruhen lässt, begnügt er sich mit der Feststellung des Thatsächlichen. Städteheizung. — Das grossartige Beispiel ameri- kanischer Städteheizungen findet bis jetzt in Europa noch keine Nachahmung, obgleich es für grosse Städte doch wohl die Zukunft der Heizungstechnik darstellen dürfte. Allerdings wird die Unterbringung eines Dampf-, Heiz- wasser- oder Heizgasröhrennetzes im Untergrunde unserer Strassen neben Canälen, Wasser- und Leuchtgasröhren, sowie elektrischen Leitungen bedeutenden Schwierigkeiten begegnen, allein dass man die Sache einmal anpacken muss und mit Geschick auch — später noch in ausge- dehnterer Weise — befriedigend ausführen kann, das hat Kürten in Aachen gezeigt. Derselbe hat sich die Aufgabe gestellt, die gemeinsame Beheizung der Bau- werke eines Häuserblockes durchzuführen. Auf einem der Grundstücke eines solchen Blockes befindet sich die Dampfkesselanlage. Der entwickelte Dampf betreibt zunächst eine Dampfmaschine, welche Elektrieität erzeugt und damit für Beleuchtung sorgt; sodann wird der Dampf in die Leitung der für den ganzen Block gemeinsamen Niederdruckdampfheizung entlassen. In den Häusern sind, mit Ausnahme der Küchen, keine Feuerungen und da man mit Dampf kochen, mit Gasflammen braten kann, so sind die Kohlenbehälter und das Herbeischaffen der Kohlen überhaupt entbehrlich. Die Unterbringung des Röhrennetzes auf den zugehörigen Grundstücken begegnet keinen ernsthaften Schwierigkeiten; die Röhrenweite und damit die Kosten und Wärmeverluste sind wegen der nicht grossen Röhrenlänge, beziehungsweise der von jeder Anlage verbrauchten Dampfmenge gering. Es enthalte der Block 20 Häuser zu je 4 Wohnungen mit je drei beheizbaren Zimmern, welche bei grösster Kälte im Mittel je 4000 Wärmeeinheiten stündlich oder zusammen stünd- lich rund 960000 Wärmeeinheiten oder etwa 1900 kg Dampf verbrauchen. Jede Wohnung verbrauche durch- schnittlich drei 16kerzige Glühlampen; es seien also 240 Glühlampen in Benützung, für welche man etwa 25 HP oder etwa 700 kg frischen Dampf nöthig hat. Bei grosser Kälte muss somit eine beträchtliche Dampfmenge unter Vermittlung eines Druckreglers von dem Dampf- kessel in die Heizungsleitung geliefert werden, weil der Abdampf der Maschine nicht genügt. Bei Tage ist sämmtlicher Heizungsdampf auf diesem Wege zu ent- nehmen und im Sommer muss man den Abdampf im Wesentlichen unbenützt abströmen lassen. Diese Schwä- chen des Verfahrens lassen sich indess durch Elektriei- tätssammler mildern. Die Bedienung der Anlage kann, nach Angabe der „Neuest. Erfind. u. Erfahr.“, bei zweck- mässiger Einrichtung durch einen Mann bewirkt werden. Eine blaue Emaille stellt man (nach dem Chemist and Druggist) in einfacher Weise her als Gemisch von Gummi arabicum, Sandarak mit in Alkohol lösliehem blauem Anilin. Es ist nothwendig, dass man sich überzeuge, ob das Anilin wirklich in Alkohol löslieh ist. Man stelle dann eine Lösung derselben her und vermische sie mit dem wohl filtrirten Gummi-Sandarak Firniss. Das Reinigen dünner Metallketten. — Dem „Bay- rischen Industrie- und Gewerbeblatt“ entnehmen wir fol- gende Vorschriften für das Putzen von dünnen Metallketten. Danach nimmt man einige Messerspitzen voll fein ge- stossenen gebeutelten Bimstein in die hohle Hand, legt die Stahlkette, welche man poliren will, darauf und be- sprengt beides hinreichend mit Wasser, hierauf reibt man mit den Händen die Kette mit dem Bimsteinpulver in einer kreisföürmigen Bewegung stark auf- und unter- einander herum, bis das Bimsteinpulver schwarz zu werden anfängt, worauf man die Kette in reinem Wasser abwäscht. Ehe man zur zweiten Arbeit übergeht, müssen Hände und Kette wohl gereinigt werden, damit nirgends etwas von dem Bimsteinpulver zurückbleibe. Es erfolgt dann dasselbe Reiben zwischen den Händen, jedoch statt des Bimsteins mit einer kleinen Quantität Zinnasche (Zinn- oxyd). Zur Anfeuchtung derselben und der Kette kann man einige Tropfen Baumöl nehmen, jedoch das Reiben ebensogut mit Wasser fortsetzen. Nachdem man mit diesem zweiten Reiben wieder eine Viertelstunde fort- gefahren, und die Zinnasche dunkelgrün oder schwarz zu werden beginnt, wird die Kette abermals mit Wasser ab- gespült. War Oel angewandt worden, so muss man zum Abspülen Seife und Wasser nehmen. Dann kommt die dritte Arbeit, zu der man eine kleine Menge Polirroth in die Hand schüttet, mit Oel oder Wasser anfeuchtet und das Reiben der Kette nach allen Richtungen, aber immer kreisförmig, wiederholt. Wenn man alsdann die Hände abgespült und gereinigt hat, trocknet man die Kette zu- erst vorläufig mit einem Tuche, dann vollständig durch Reiben mit feinen Sägespähnen. Goldene Ketten reibt man mit etwas Eisenoxyd, troeken, wäscht dann mit Wasser und troeknet wie im vorigen Fall. Bei silbernen Ketten wendet man zur ersten Abreibung präparirtes Hirschhorn und zur zweiten Eisen- oxyd an, beides angefeuchtet. Eine dritte Reibung ist mit trockenem Eisenoxyd auszuführen, und dann abzu- waschen und zu trocknen, wie oben. Ketten von Messing werden zunächst mit Bimsteinpulver solange gerieben bis alles Oxyd verschwunden. Um dann Politur zu geben, verfährt man weiter wie bei silbernem Material. Die elektrotechnische Ausstellung zu Frankfurt am Main. II. — Bis vor kurzer Zeit war man in der Praxis darauf angewiesen, die Elektrieität an der Stelle des Consums selbst oder doch wenigstens in grosser Nähe desselben zu erzeugen. In überraschender Weise führt uns nun die Ausstellung die enormen Fortschritte vor Augen, welche die Elektrotechnik in den letzten Jahren in Bezug auf die Fernleitung der Energie ge- macht hat. Das Grossartigste, was die Ausstellung in dieser Hinsicht bietet, ist die elektrische Kraftübertragung Lauffen-Frankfurt, auf welche wir nach vollständiger Inbetriebsetzung der betreffenden Anlagen eingehend zurückkommen werden. Es werden aber noch zwei solehe Uebertragungen in Thätigkeit sein, welche, von kleinerem Umfange, uns ein Bild von der Versorgung ganzer Städte mit Elektrieität gewähren, wenn die Er- zeugungsstelle des Stromes nicht im Centrum, sondern an der Grenze des betreffenden Gebietes belegen ist. Zunächst sind in dem ca. 4 km von der Ausstellung ent- fernten Palmengarten, von Locomobilen getrieben, drei Dynamos aufgestellt, welehe ihren Strom, theils durch unterirdische Kabel, theils durch Luftleitung nach der Ausstellung schicken. Besonderes Interesse aber ver- dient die Uebertragung elektrischer Energie von dem 14 km entfernten Offenbach nach Frankfurt. Dieses sehr interessante und dankenswerthe Unternehmen wird zeigen, dass man mit wenig und einfachen Mitteln im Nr. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 231 Stande ist, über-eine Entfernung von dem angegebenen | leitung in Frankfurt auf der gleichen Höhe wie an den Betrage sogar durch Gleichstrom die Elektrieität in Anfangspunkten i in Offenbach erhält. In der Vertheilung: wirthsehaftlicher Weise zu vertheilen. Die Energie wird von der Versuchswerkstätte der Firma W. Lahmeyer und Co. (Frankfurt) in Offenbach nach der Ausstellung geleitet. Es wird dabei abwechselnd Gleichstrom und Drehstrom (mehrphasiger Wechselstrom) zur Anwendung gelangen, um beide Systeme nebeneinander auszuprobiren und in eindringlicher Weise die Vortheile eines jeden Systems kenntlich zu machen, und ein Urtheil darüber zu erhalten, wann das eine, wann das andere die grösseren Vortheile bietet. Es möge hier zunächst eine Beschrei- bung des angewandten Gleiehstrom-Fernleitungs- systems Platz finden. In Offenbach wird der Strom in einer Dynamomaschine Lahmeyer’seher Construction von halle wird die Energie von einem L.’schen eich umformer soleher Coneaetion aufgenommen, dass er bei constanter Hochspannung auch eonstante Nieder spannung giebt. Solehe Regulirung bei den Umformern zu erreichen ist eine sehr w esenthiehe Sache und hier zum ersten Male in so einfacher Weise gelungen. Bei der anderen Anord- nung kommt die Fernleitungsdynamo in Offenbach in Wegfall. Der Strom wird direet durch die Fernleitung in einen L.’schen Fernleitungsumformer geschickt, der neben dem vorhin erwähnten in der Halle betrieben wird. Mit der Anwendung beider Systeme wird abgewechselt. Im zweiten Falle besorgt also der Umformer auch noch den Ausgleich des Spannungsverlustes in der Fernleitung. 2000 Volt Spannung und 25 Ampere Stromstärke erzeugt. | Einen solchen Umformer zeigt unsere Abbildung, die Die Schenkel auch die Con- der Maschine zer struction erken- werden mit 110- voltigem Strom eregt, der der dortigen Be- leuchtungsanla- ge des Wer- kes entnommen HMEX ER & © RR 1 RANKFUR Ta.M. nen lässt. Der linksseitig ab- gegrenzte Theil des Magnetge- stells ist gleich- sam eine Fern- leitungsdynamo, wird. Der An- ker der Ma- schine ist eine 4polige Trom- mel. Man hat Trommel- und nicht Ringwick- lung gewählt, um eben gera- die auf einen \ Theil der Nie- derspannungs- wickelung ge- sondert ein- wirkt. Der Um- former bildet also eine voll- kommene Ver- de zu zeigen, schmelzung ei- dass bei guter ä ner Fernlei- eonstructiver m m ii iu tungsdynamo Durchführung Hl ni Ya || = 5 i si = = a | u | und eines auf- Een ns " Il ' = Fer Ei 5 ı ä ii nl 4 ihn | NEN ae cetteniien Ih I es ii I ih iu = ai N ln schinen Span- ner Maschine, nungen bis2000- ohne dass durch Volt kemen An- den Hinzutritt lass zu Betriebs- der ersteren ein Colleetor erfor- derlich wird störungen ge- ben. DieWicke- lung ist in Nuten, welche im Anker des Eisens liegen, |; oder irgend welche Theile hinzutreten, welche Wartung eingebettet und so gegen jede Verschiebung geschützt. Die Regulirung der Dynamomaschine erfolgt auf con- stante Spannung. Der Regulirwiderstand liegt im 110- voltigen Nebenschluss, sodass eine Bedienung innerhalb der Hochspannungsleitungen während des Betriebes aus- geschlossen ist. 1 Die Uebertragung der Energie nach Frankfurt ge- schieht durch zwei Leitungen von 6 mm Durchm., deren Montage die Reichspostverwaltung in Anerkennung der Bedeutung des Versuchs übernahm. Bis auf den Main- übergang (Untermainbrücke) sind die Leitungen an Tele- graphenstangen geführt mit Drähten der Firma Heck- mann u. Co., Duisburg. Der Uebergang auf der Brücke findet mittelst Patentkabeln von Siemens u. Halske statt. Der Strom wird nun -direet zur Vertheilungshalle der Ausstellung geführt, und die ganze. Anlage hat. dann die Aufgabe zu erfüllen, daselbst die Energie in constanter Spannung von 110 Volt zur Verfügung zu stellen. Zu dem Zweck werden zwei Anordnungen probirt. Bei der einen wirkt in Offenbach eine Lahmeyer’sche Fernleitungs- dynamo, welche die Spannung an den Enden der Fern- bedürfen oder der Abnutzung ausgesetzt sind. Er erfüllt alle Anforderungen, die überhaupt an Gleichstrom-Um- former zu stellen sind und bildet gewissermassen einen Abschluss der bezüglichen Entwieklung der Gleichstrom- technik. Es ist noch zu beachten, dass der Umformer während des Betriebes durchaus keiner Wartung bedarf. Nicht nur geschieht, wie gesagt, die Regulirung selbst- thätig, sondern auch Stromabnehmer und Schmiervorrich- tung sind so eingerichtet, dass während eines 24 stündigen Vollbetriebs kein Eingriff des Wärters nothwendig wird. Die Maschine enthält endlich noch eine Neuerung (Lah- meyer’scher Erfindung), durch die der Uebertritt der Hoehspannung auf die Niederspannungsleitungen absolut ausgeschlossen ist. Alles in Allem genommen erfüllt das vorliegende System die ihm gestellte Aufgabe in bester Vollkommen- heit und mit den einfachsten Mitteln. Zeitigt der prac- tische Betrieb hinsichtlich Sicherheit und Wirthschaftlichkeit solehe Resultate, wie sie nach der Natur des Systems er- reichbar sind, so wird man dieser Anlage eine sehr wesentliche Bedeutung zumessen müssen. Wohl lassen 232 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 23. sich die Verhältnisse derselben an Grossartigkeit nicht mit der Uebertragung Lauffen-Frankfurt vergleichen, aber die Wichtigkeit der Anlage besteht darin, mit den denk- bar einfachsten Mitteln die Uebertragung des Gleich- stroms zu leisten auf eine Entfernung, wie sie den Anfor- derungen des zumeist vorliegenden Bedarfs entspricht. Gravelius. Zur Vorgeschichte der mechanischen Fortbewe- gung von Schiffskörpern theilt die „Hansa“ folgenden interessanten und dankenswerthen Beitrag mit: Im Nachstehenden bringen wir ein Beweisstück, dass schon lange vor Papin, welcher im Jahre 1701 auf selbst- gebautem Dampfboot von Kassel auf der Fulda nach Münden fuhr, (wo rohe Schifferknechte aus Furcht vor drohendem Wettbewerb sein Schiff nebst Maschine freilich zertrümmerten), an der Mosel sich ein Mathematiker mit ähnlichen Gedanken getragen und aus Anerkennung von dem Kurfürst Johann von der Leyen, Erzbischof von Trier (1536— 1567), ein Patent auf seine Frfindung erhalten hat. Die Belehnung findet sich erhalten im Königl. Staatsarchiv von Koblenz. Die Urkunde ist vom 27. Juni 1562 datirt: „Wir Johann ete. embiedten allen und jeden unsern und unsers Ertzstieffts Amptleuthen, Kellnern, Schulthaissen, Scheffen, Vögten, Gerichten, Burger- meistern, Räthen, Burgern, Underthanen und Ver- wandten unser Gnaadt und Fuegen euch hiemit zu wissen. Als Johannes Thaisnier, Mathematieus, ge- meinem Nutz zu gutem mit vlleissiger Nachforschung, auch grosser Mühe und Arbait ein newe unnd biss daher ungeprauchte Schiffsform erfunden, damit man in Windters unnd Sommers Zeiten gegen starcke Ströme unnd Winde, one Menschen Hilff oder Pferdt auf dem Landt, mit grosser Geschwindigkeit durch Anregung innerlicher Instrumenten auff dem Wasser fahren kan; so haben wir ime unnd seinen Vollmech- tigen, damit er soliches seines angewenndten Fleiss, Geschickligkhaidt, auch Arbeits und Uncosten Genoss und Ergetzung empfinden möge, auff sein underthänigs pittlichs Ansuchen diese Gnadt gethan und gnediglich bewilliget, das Niemandt obgenannter unserer Under- thanen oder Verwandten in unserm Ertzstifft, Landen, Oberkaidten unnd Gepiedten soliche Schiffkunst in- wendig zwolff nechst nach einander volgenden Jahren nachmachen soll. Demnach bevehlen wir euch allen unsern und unsers Stiffts Amptleudten, Kellnern, Schulthaissen, Scheffen, Vögten, Gerichten, Burger- meistern, Räthen, Burgern, Unnderthanen und Ver- wandten hiemit ernstlich und wöllen, das Niemandt aus euch, der sei wer er wölle, solieh Werkh inn- wendig obgenannter zwolff Jahren, erwelten Johannen Thaisnier, Mathematico, zu Nachteil, unnderstehe zu imitieren oder nachzumachen oder sich deren one seinen oder seiner Vollmechtigen Wissen unnd Willen zu geprauchen, bei Peen funfhundert Goldtgulden, uns unnachlessig zu erlegen, unnd Verlierung des Schiffs. Daran beschicht unnser gnediger Will unnd Meinung. Datum Wittlich under unserm zu Endt aufgetruckten Sceret den ein und zwaintzigisten Tag des Monats Junii in den Jarn unsers Hern dausent funfhundert sechtzig und zwey.“ Fragen und Antworten. Wie haben wir uns die Entstehung der echten pflanzlichen Versteinerungen zu denken? Man unterscheidet 3 Erhaltungsarten der vorwelt- lichen Pflanzenreste: 1. die Inerustation, 2. die Versteinerung, 3. die Verkohlung. Die Verkohlung ist ohne Weiteres verständlich. Wir erinnern nur an die in erhärtetem Schlamm einge- schlossenen, bis auf einen kohligen Rest verwesten Blatt- spreitenstücke, deren Skulptur der Ober- und Unterfläche (z. B. die namentlich häufig auf ihrer Unterfläche hervor- tretenden Blatt-„Nerven“) sich in dem einschliessenden Gestein als Abdruck häufig einschliesslich ganz feiner Details markiren. Die Inerustation kommt dadurch zu Stande, dass ein in erhärtendem Schlamm eingeschlossener Pflanzen- theil durch Verwesung vollständig verloren geht, also Jede Spur organischen Restes verschwindet und demnach an Stelle desselben ein Hohlraum tritt, dessen Innenseite ein Abbild (ein Abdruck) der Aussenfläche des einge- schlossen gewesenen, verschwundenen Pflanzentheiles darstellt. Der Hohlraum kann nachträglich dureh Schlamm ausgefüllt werden, der dann ebenfalls erhärtend auf der Aussenfläche naturgemäss wiederum Abdrücke trägt. Diese ausschliesslich aus Gestein gebildeten Nachbildungen von Pflanzentheilen nennt man Steinkerne, die auch in ur- sprünglichen oder später entstehenden Höhlungen in den Pflanzen, z. B. in Stengeltheilen, gebildet werden können. Meist ist in dem letzteren Fall das solche Steinkerne umgebende pflanzliche Gewebe kohlig erhalten. Die von Bernstein umschlossenen Insekten, Blüthen u. dergl. stellen nach Conwentz lediglich Hohlräume dar, in welchen sich nur noch geringe Kohlenspuren finden.*) Werden nun die Pflanzentheile von Lösungen mine- ralischer Verbindungen durchtränkt, so können sie ver- steinern. Die organische Substanz kann hierbei zum Theil erhalten sein und — nach Entfernung des amorphen oder deutlich krystallinischen Versteinerungsmittels durch eine geeignete Lösung — nachgewiesen werden, häufig ge- nug ist sie ohne Weiteres und zwar meist als braune oder schwarze Kohle sichtbar. Göppert will in einigen Fällen so- gar Cellulose nachgewiesen haben, aber A. Schenk konnte diesen Befund bei einer Nachuntersuchung nicht bestä- tigen. Am häufigsten bildet die Kieselsäure (als Opal und als Chaleedon) das Versteinerungsmittel, ferner sind zu nennen die Carbonate des Caleium (CO, Ca), Magne- sium (Dolomit —= CO, Ca + CO, Mg), des Eisens (CO, Fe), Flusspath, Gips (?) und Triealeiumphosphat. Angeführt werden noch Schwerspath, Schwefelkies, Roth- und Brauneisenstein, silberhaltiger Kupferglanz und Thonerde; diese Angaben bedürfen aber der Nachprüfung. Im Gegensatz zu diesen anorganischen Versteinerungsmitteln muss als organisches der Bernstein genannt werden, in- sofern als dieser vollkommen verharzte und in seiner Masse ertränkte Holzstücke umschliesst, deren Substanz noch erhalten ist. Zwischen den verschiedenen Arten der Erhaltung kommen Uebergänge vor, derartig, dass z. B. ein Rest zum Theil verkieselt, zum anderen Theil verkohlt sein kann u. Ss. w. *) Vergl. Naturw. Wochensehr., Bd. VI, S. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 233 Aus dem wissenschaftlichen Leben. Vereinigung von Freunden der Astronomie und Kosmischen Physik. — Der Vorstand setzt sich aus folgenden Herren zu- sammen: Vorsitzender: Prof. Dr. Lehmann-Filhes, Berlin W., Wiehmannstr. 1la. Vorstandsmitglieder: 1. Gruppe für Sonnen- Hechachtungen; Prof. Dr. W. Foerster, Berlin SW., Encke- platz 3a. 2. Gruppe für Mond-Beobachtungen und Beobachtungen der Pläneten-Oberflächen: Dr. M. W. Meyer, Berlin NW., Alt- Moabit 133. 3. Gruppe für Beobachtung der Intensität und Fär- bung des Sternlichtes und des Milchstrassenzuges: Gymnasiallehrer J. Plassman, Warendorf, Westfalen. 4. Gruppe für Zodiakal- lieht- und Meteor-Beobachtungen: Gymnasiallehrer Prof. Dr. E. Reimann, Hirschberg, Schlesien. 5. Gruppe für Polarlicht- Beobachtungen, Erdmagnetismus, Erdströme und Luft-Elektrieität: Dr. B. Weinstein, Berlin SW., Urbanstr. 1. 6. Gruppe für Wolken- und Halo-, sowie für Gewitter-Beobachtungen: O. Jesse, Steglitz bei Berlin, Albrechtstr. 30. — Die geehrten Mitglieder werden ersucht, sich erklären zu wollen, ob sie einer, beziehungs- weise mehreren der obigen Gruppen beizutreten wünschen, und welchen. Als Beamte der Vereinigung fungiren die Herren: Schriftführer: G. Witt, Berlin NW., Inyalidenstr, 57. Biblio- thekar: Dr. P. Schwahn, Berlin NW., Invalidenstr. 57. Kassen- führer: Rendant Bruck, Berlin NW., Tre alidenstr. 57. (Zahlungs- stelle für die Beiträge.) Die Forstakademie in Tharand feiert am 17. Juni ihr 7>jähriges Jubiläum und wird damit ein akademisches Fest für den Geheimen Öberforstrath Herrn Dr. Judeich verbinden, der das Jubiläum seiner fünfundzwanzigjährigen Thätigkeit als Director der Akademie bereits am 1. April begehen konnte. Die Accademia della Scienze fisiche e matematiche zu Neapel wird der besten „Monographie der tubiecolen Anneliden des Golfs von Neapel“ einen Preis von 1000 Lires ertheilen. Die Akademie verlangt, dass in der auszuzeichnenden. Arbeit für jede Art enthalten sei: a) die zoologisch-anatomische Beschrei- bung nebst Synonyma; b) eingehende Angaben über Fundstätten, Entwickelung und Metamorphose; c) das genaue, dem Leben entsprechende Bild des ganzen Thieres und des betr. Behälters, oder derjenigen Theile, die am meisten zur Kennzeichnung.und Unterscheidung der Arten beitragen, Ausserdem sollen der Ab- handlung wenigstens zwei in Alkohol eonservirte Individuen der beschriebenen Arten beigefügt sein. Die Arbeiten können fran- zösisch, italienisch oder lateinisch abgefasst sein, und sind bis zum 1. März 1592 an das Secretariat der Akademie mit Motto und einem, den Namen enthaltenden verschlossenen Couvert, das gleiches Motto trägt, einzusenden. Pertteratwn Brehm’s Thierleben. 5., gänzlich neubearbeitete Auflage. Von Prof. Dr. Pechuel -Loesche. Die Säugethiere. — 3. Band neu- bearbeitet unter Mitwirkung von Dr. Wilh. Haacke. Bibliogra- phisches Institut. Leipzig und Wien 1891. — Preis 15 Mk. Die Herausgabe der neuen Auflage von Brehm’s Thierleben in einer Ausstattung prächtiger denn je schreitet rüstig vorwärts. Der 3. Band enthält die Rüsselthiere, Unpaarzeher, Paarzeher, Sirenen, Walthiere, Beutelthiere und die Gabelthiere, er beschliesst also die Säugethiere. Der Band enthält 150 Abbildungen im Text, 21 zum Theil bunte Tafeln und 4 bunte Karten zur Ver- anschaulichung der Verbreitung der Säugethiere von W. Camp- hausen, W. Kuhnert, G. Mützel, Fr. Specht u. A. Dass sich die beiden Neubearbeiter der Säugethiere in der That eifrigst bemüht haben, die neueren und neuesten Errungen- schaften zu benutzen, ersieht man überall. Man muss sagen, dass sie es verstanden haben, die Brehm’sche Grundlage, dort wo sie eine Aenderung erforderte, mit Taet umzugestalten. Es ist aber ausserdem hinzugekommen, nämlich eine eingehendere Be- rücksichtigung der Systematik. Das Werk ist aber dadurch keineswegs aus seiner ganzen Anlage verschoben und für seinen ursprünglichen Zweck etwa weniger brauchbar geworden, im Gegentheil ist der Werth desselben dadurch ganz zweifellos ge- wachsen, hat man doch in den älteren Auflagen eingehendere systematische Daten oftmals vermisst. Die Umdisposition, welche die neue Auflage in Bezug auf die Reihenfolge der Ordnungen erfahren hat, ergiebt sich aus der folgenden Liste: 1. Affen, 6. Insectenfresser, 11. Paarzeher, 2. Halbaffen, 7. Nagethiere, 12. Seekühe, 3. Fledermäuse, 8. Zahnarme, 13. Walthiere, 4. Raubthiere, 9. Rüsselthiere, 14. Beutelthiere, 3. Flossenfüsser, 10. Unpaarzeher, 15. Gabelthiere. Prof. Dr. A. Kenngott, Elementare Mineralogie besonders zum Zwecke des Selbststudiums leicht fasslich dargestellt. Verlag von Otto Weisert. Stuttgart 1890, Das handliche Buch bringt nach einer kurzen Einleitung den allgemeinen Theil (1. Mineral - Morphologie, 2. M.-Physik, 3. M.- Chemie) auf S. 6—148 und den besonderen Theil (1. Arten und Systeme der Minerale, 2. Beschreibung ausgewählter Mineralarten) auf S. 149— 333. Ein Register für den letzten Abschnitt beschliesst das Buch. Der Abschnitt mit den Beschreibungen ist übrigens keineswegs, wie es nach dem Zusatz „ausgew ählter“ * Mineralarten scheinen könnte, stiefmütterlich weggekommen, denn er umfasst nicht weniger als die S. 157—333; für den Anfänger ist er mehr als hinreichend umfangreich, denn es werden im Ganzen 173 Mineralien beschrieben, sodass die häufigen und interessanten Arten alle und auch von den selteneren viele vorgeführt werden. Für viele Zwecke ist die Kenngott’sche Mineralogie daher auch als Handbuch vollkommen ausreichend. Die einfachen Abbildungen sind klar und brauchbar. E. Budde, Allgemeine Mechanik der Punkte und starren Systeme. Ein Lehrbuch für Hochschulen. 2 Bände. Druck und Verlag von Georg Reimer, Berlin 1890—1891. I. Bd. 10 Mk., II. Bd. 13 Mk. Trotz der vortrefflichen Lehrbücher über die Mechanik — es seien nur die von Ritter, Schell, Somoft, Kirchhoff und die auf modernen Anschauungen beruhende, von Herrn Gravelius be- arbeitete Ball’sche „Mechanik der starren Systeme“ genannt — darf angesichts des vorliegenden, umfangreichen und gründ- lichen Werkes des bekannten Verfassers behauptet w erden, dass dasselbe hinsichtlich der Anlage als auch der Durchführung ausser- ordentliche Vorzüge aufweist. Es ist ja ein allgemein empfun- dener und beklagter Uebelstand, dass die Studirenden nach Er- ledigung des Studiums der theoretischen Mechanik der eonereten Aufgabe in den meisten Fällen hülflos gegenüberstehen und nicht wissen, wie sie dieselbe in Angriff nehmen sollen. Diesem Uebel- stande abzuhelfen, hat den Verfasser, wie er angiebt, hauptsäch- lich zur Abfassung des vorliegenden Werkes veranlasst. Dieser Umstand erforderte vor allem, dass „die allgemeine Mechanik in ein pädagogisch - brauchbares System“ gebracht wurde. Ein solches hat der Verfasser dadurch erlangt, dass er, abweichend von dem bisher üblichen Verfahren, die Mechanik nicht nach den Prineipien, sondern nach den Objeeten der Unter- suchung anordnete. Nach der Betrachtung der Bewegung eines Punktes, des einfachsten beweglichen Objeetes, würde daher die Untersuchung zweier und mehrerer Punkte, starrer Körper, deformirbarer Linien, Flächen und Körper zu folgen haben. Wir glauben, dass dureh diese ungemein einfache und naturgemässe Gliederung der Mechanik einerseits ein wohlgeordnetes und durch- sichtiges Pädagogisches System für die letztere gewonnen ist, andererseits aber auch ein schnelles Auffinden eines Satzes oder einer Formel beim Nachschlagen erreicht wird. Wir sind deshalb auch überzeugt, dass viele Docenten sich dieses Werkes bedienen bezw. der darin befolgten Methode anschliessen werden. Als einen besonderen Vorzug des Werkes heben wir noch die sehr klare Fixirung der Begriffe hervor, ein Vorzug, durch den sich desselben Verfassers bekanntes Lehrbuch der Physik ebenfalls sehr vortheilhaft vor ähnlichen Werken auszeichnet. Auch die physi- kalischen Grundlagen der Mechanik finden in dem vorliegenden Werke eingehende Behandlung, was sicher zur Klärung der Vor- stellungen ” wesentlich beitragen wird. Eine eigenthümliche Neuerung führt der Verfasser ferner zur Bezeichnung der geo- metrischen Addition und Subtraetion ein; ob sich dieselbe allge- meinen Eingang verschaffen wird, lässt sich noch nicht sagen; jedenfalls wird die Darstellung — soweit wir uns überzeugt haben — durch dieses Zeichen sehr klar. Was sodann die Dar- stellung anbetrifft, so ist dieselbe einfach und durchsichtig; wo es ohne Aufwand an unverhältnissmässiger Mühe zu erreichen war, hat der Verfasser den Betrachtungen auch geometrische Anschau- lichkeit gegeben, und wir freuen uns constatiren zu können, dass der Verfasser hierauf in anderen Fällen, wie z. B. bei dem Coriolis’schen Satze, verzichtet hat, wo doch keine Anschaulich- keit durch eine Figur zu erzielen ist. Wenngleich nach dem oben Bemerkten die allgemeine Gliede- rung des vorliegenden Werkes gegeben ist, wollen wir dennoch die Eintheilung des ebenso umfang (968 Seiten) wie inhaltreichen Werkes anführen. Dasselbe zerfällt in zwei Bücher und ein Zwischenstück. Im ersten Buch gelangt die Mechanik der Punkte zur Behandlung; und zwar zunächst in sehr grosser Ausführlich- keit die des einzemen Punktes im unveränderlich gedachten und in einem beweglichen Coordinatensystem, sodann wird die Be- wegung zweier und beliebig vieler Punkte eingehend untersucht, und jedesmal werden die mechanischen Prineipien ausführlich dar- gestellt. In dem Zwischenstück gelangen wichtige Summen, welche in der Theorie der zusammengesetzten Gebilde eine Rolle spielen, zur näheren Betrachtung; es sind dies die Massen, Orts- 254 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr.723: quantitäten, Potentialfunetionen und Trägheitsmomente. Hiernach folgt das zweite Buch, das ein starres System und»später auch kurz Verbindungen mehrerer starrer Gebilde zum Gegenstand hat. Dem Plane des Werkes nach ist die Theorie der Deformation nicht behandelt worden, in Bezug auf welche der Verf. nament- lich auf die elementare Mechanik von W. Voigt und auf Kireh- hoffs Mechanik verweist. Sehr dankenswerth sind ferner das bei- gegebene Register der Begriffsbestimmungen und die Literatur- übersicht, in der Verfasser die grundlegenden Werke und Ab- handlungen zusammengestellt hat. Dass die Werke des Reimer’schen Verlages in äusserer Ausstat- tung und Correctheit des Druckes keinen Vergleich zu scheuen haben, dafür liefert das Budde’sche Werk einen neuen Beweis. A. G. Astronomische Nachrichten. No. 3023—3030. Bd. 127. Die beiden ersten Nummern enthalten lediglich Beobachtungen von Planeten und Cometen, die auf den Sternwarten zu Berlin, Hamburg, Dresden, Rom, Kremsmünster, Padua, Strassburg, München, Kiel, Kopenhagen, Göttingen und Wien angestellt wur- den. In No. 3030 bringt Herr Paul Harzer eine äusserst werth- volle Abhandlung über die Bewegung des Mereurperihels, in der bekanntlich ein Betrag von + 43" für das Jahrhundert noch nicht erklärt ist. Wir berichten ausführlich über diese wichtige Arbeit demnächst an anderer Stelle. — Herr Abbe (Jena) theilt eine Methode zur Ermittelung zeitlicher Abweichungen der Loth- linie mit. Die Einrichtung würde in folgendem bestehen. Ein gewöhnlicher Quecksilber- oder Oelhorizont wird mit einer ge- nügend dicken Glasplatte überdeckt, die in nur drei Contacten direct auf dem festen Boden (natürlichem Fels) aufliegt. Die Platte muss aus homogenem Glas und beiderseits plan, aber in ganz geringem Masse — einige Bogenseeunden — keilförmig und durch Abgleichen der drei Auflagestellen sehr nahe parallel der Flüssigkeitsoberfläche gelagert sein. Wird nun in beliebigem Abstande ein Fernrohr mit Gaussischem Oeular auf diesen Hori- zont eingestellt, so erscheint das von der Flüssigkeitsoberfläche gespiegelte Bild des Fadenkreuzes dicht neben zwei Bildern, die (lurch Reflexion an den planen Flächen der Platten entstehen. Eine mikrometrische Messung des Abstandes des ersteren Bildes von einem der letzteren oder von beiden gestattet dann jede zeit- liche Richtungsänderung der Flüssigkeitsnormalen, also der Loth- linie. gegen die Normale der mit der Erde fest verbundenen Spiegelllächen nach Grösse und Azimuth zu bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass durch Reflexion jede Riehtungsänderung auf doppelte Grösse gebracht wird, sodass also bei Anwendung einer Platte von hinreichend grossem Durchmesser und eines entspre- chend grossen Fernrohres jede gewünschte Genauigkeit der mikro- metrischen Messung erreicht werden kann. Dies ist die Urform der Methode, von der Herr Abbe noch zwei Modifieationen angiebt. Dieselbe erscheint in ihrer Emfachheit — man sieht leicht ein, dass eine besonders feste Montirung des Fernrohrs bei oben beschrie- bener Einriehtung nicht erforderlich ist — den Vorzug vor an- deren Vorschlägen zu verdienen, die in letzter Zeit in gleicher Rieh- tung gemacht wurden. Die einzige Schwierigkeit — die aber zu über- winden sein wird — besteht darin, die Glasplatte so zu lagern, dass sie sich practisch auch wirklich so verhalte, wie eine der festen Erdrinde angeschliffene spiegelnde Facette. Dabei wird es sich darum handeln, dass nieht nur eine sichere, unwandelbare Anlagerung des Glases an ein dem Temperatur- und Flüssigkeits- wechsel nicht ausgesetztes Fundament erreicht werde, sondern zugleich auch darum, dass die Beobachtungsstelle den mittelbaren Kinwirkungen entzogen sei, welche durch Verschiebungen benach- barter oberer Erdschiehten in Folge wechselnder Temperatur und Durchfeuchtung hervorgerufen werden können. Etwaigen Rest- fehlern der letzten Art wird man immer noch durch Anstellung eorrespondirender Beobachtungen an mehreren Orten entgegen- zuwirken bestrebt sein müssen. — Herr Kreutz (Kiel) erinnert anlässlich einer merkwürdigen Beobachtung, die Eddie vor kurzem gemacht, an eine von Messier am 3. Juni 1776 gesehene eometen- artige Erscheinung. Dieser sah am Abend des genannten Tages, 9% p. m., ein cometenartiges Objeet, dessen Kopf etwas nördlich von ß und @ geminorum lag, und dessen nördliches Schweifende Capella berührte. Das Objeet zeigte eine Bewegung aus den Zwillingen nach dem Löwen. Nach Verlauf einer guten halben Stunde war es aber gänzlich verschwunden und auch nicht wieder zu finden. Die Beob- achtung des Herın Eddie war ganz ähnlicher Art. Gravelius. Holst, A... Uebersicht über die Bakteriologie für Aerzte und Studirende. 6 M. Basel. Hoernes, R., u. M. Auinger, Die Gasteropoden der Meeres- Ablagerungen der 1. und 2. miocänen Mediterran-Stufe in der österreichisch-ungarischen Monarchie. 7. Lfg. 17 M. Wien. Jäger, G., Ueber die Abhängigkeit des speeifischen Volumens gesättigter Dämpfe von dem specifischen Volumen der zu- gehörigen Flüssigkeiten und der Temperatur. 0,20 M. Leipzig. Klapäleck, F., Die Metamorphose-Stadien der Oxiethira eostalis. 0,40 M. Prag. Klockmann, F., Lehrbuch der Mineralogie. zum Selbstunterricht. 4,30 M. Stuttgart. Kobald, E., Ueber Mac-Cullagh’s Differentialgleiehungen für Liehtschwingungen in zweiaxigen Krystallen und deren Ver- allgemeinerung. 0,30 M. Leipzig. Krause, A., Die Ostrakoden der silurischen Diluvialgeschiebe. Für Studirende und 1. Hälfte, enthalt. den allgemeinen Theil. 1 M. Berlin. Kraus, K. Ch. F., Vorlesungen über das System der Philosophie. 1,50 M. Leipzig. Kumberg, J., Ein Beitrag zur Frage über die Ausscheidung des Eisens aus dem Organismus. 1 M. Dorpat. Leuba, F., Die essbaren Schwämme und die giftigen Arten, mit welchen dieselben verwechselt werden können. 12. Lfg. 240M. Basel. Leverkühn, P., Fremde Eier im Nest. der Vögel. 4 M. Berlin. Lotze, H., Grundzüge der Logik und Enceyklopädie der Philoso- phie. 3. Aufl. 2 M. Leipzig. Mach, E. u. G. Jaumann, Leitfaden der Physik für Studirende. Geb. 4,40 M. Leipzig. Meissen, E., Galvanische Elemente und Aceumulatoren. Frankturt a. M. Messtischblätter des preussischen Staates. 1:25,000. Nr. 134/173. Sassin. — Nr. 170. Scholpin. — Nr. 171. Leba-See. — Nr. 380. Schlawe. — Nr. 381. Kulsow. — Nr. 522. Degow. — Nr. 691. Ramelow. — Nr. 1340. Strausberg. & 1 M. Berlin. Meyer, H., Anleitung zur Bearbeitung meteorologischer Beob- Ein Beitrag zur Biologie 0,50 M. achtungen für die Klimatologie. 4 M. Berlin. Migula, W., Die Bakterien. (Weber’s naturwissenschaftliche Bibliothek, Nr. 2.) Geb. 3 M. Leipzig. Ploss, H., Das Weib in der Natur- und Völkerkunde. 1. Lfg. 2,40 M. Leipzig. Rosenow, R,, Ueber die Anzahl von Klassen bilinearer Formen. 1 M. Berlin. Rudio, F., Die Elemente der analytischen Geometrie des Raumes. 2.4) M. Leipzig. Seidlitz, G., Fauna baltica. Die Käfer det Ostseeprovinzen Russ- 3. Aufl. lands. 2. Aufl. 6. (Schluss-) Lfg. 3 M. Königsberg. —.— Fauna transsylvaniea. Die Käfer Siebenbürgens. 5. und 6. (Sehluss-) Lfg. 6 M., kplt. 12 M. Ebd. Spezialkarte, geologische, des Königreiches Sachsen. 1:25,000. Nr. 36. Kamenz. 3 M. Leipzig. Stern-Ephemeriden für das Jahr 1893. 6 M. Berlin. Strasburger, E., Histologische Beiträge. III. Heft. 24 M. Jena. Stuckenberg, A., Allgemeine geologische Karte von Russland. Blatt 135. 3,75 M. Petersburg. Walther, J., Die Denudation in der Wüste und ihre geologische Bedeutung. Untersuchungen über die Bildung der Sedimente in den ägyptischen Wüsten. 8 M. Leipzig. Weyr, E., Ueber Raumeurven 6. Ordnung vom Geschlechte Eins. 0,40 M. Leipzig. Wirtinger, W., Ueber Functionen, welehe gewissen Functional- gleichungen genügen. 0,20 M. Leipzig. Briefkasten. Herrn Dr. M. Bresgen in Frankfurt a. M. — Die roth- blättrige Corylus Avellana, von den Gärtnern als var. atropur- purea bezeichnet, ist eine in Gärten entstandene und dureh die Cultur erhaltene Form. Wenn einzelne Exemplare dieser Form wieder grüne Blätter erhalten, so ist diese Erscheinung als Rück- schlag in die Urform zu betrachten. Inhalt: Das königliche botanische Museum zu Berlin. (Mit Abbild.) — Ueber die baeterienvernichtende Eigenschaft des Blut- serums. — Ueber die Abhängigkeit des Laubblattes von seiner Assimilations-Thätigkeit. — Städteheizung. — Eine blaue Emaille. — Das Reinigen dünner Metallketten. — Die elektrotechnische Ausstellung zu Frankfurt am Main. II. (Mit Abbild.) Zur Vorgeschichte der mechanischen Fortbewegung von Sehiffskörpern. — Fragen und Antworten: Wie haben wir uns die Ent- stehung der eehten pflanzlichen Versteinerungen zu denken? — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Brehm’s Thierleben. — Prof. Dr. A. Kenngott: Elementare Mineralogie. — E. Budde: Alleemeime Mechanik der Punkte und starren Systeme. — Astronomische Nachriehten. — Liste. — Briefkasten. \ Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie. Berlin NW, 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dünmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr. 23. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 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Potonie, VI. Band. ‚Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Sonntag, den 14. Juni 1891. Nr. 24. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition, Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ober-Savoyen und seine Alpen-Vogelwelt. Von Franz Ritter von Schaeck. I: ÖOber-Savoyen ist im W durch das Departement Ain, 4m NW durch den Canton Genf, im N dureh den Genfer See (lae Leman), im OÖ durch den Canton Wallis, im SO dureh das Herzogthum Aosta (Italien) und im S durch das Departement Savoyen begrenzt. Dieses Territorium, welches eine Oberfläche von 4314,72 qkm repräsentirt, zählt nur ungefähr 275 000 Einwohner. Ausser den grossen Flüssen, wie die Rhöne, die Arve, die Dranse, sind die Gebirgsbäche der Fier, die Diosaz, der Giffre, der Viezon, die Menoge, die Valse- rine, die Borne und grössere. und kleinere Wasserstürze, die in der :Gletscher- und Schneeregion entspringen, zu verzeichnen. Ich theile das Land in drei Regionen: a) Untere Region (W und NW) von einer geringe- ren Höhe über dem Genfer See als 500 m. Ebene, Hügel, flache Thäler, fruchtbares Land, wo man die verschieden- artigsten Culturen findet. b) Mittlere Region, welche sich in einer Höhe von 500 bis 1500 m ausbreitet. Man findet da bebaute Felder und Wiesen, jedoch hauptsächlich Hutweiden und Wälder. - e) Obere Region (O) von. 1500 bis 3000 m. Hier findet man noch einige kleine Ansiedelungen und ver- einzelte Alpenhütten. Der Winter ist lang, die Bevölke- rung lebt von Viehzucht. "Die Wälder und Obstbäume finden sich noch bis auf eine bedeutende Höhe über-dem Meeresspiegel. Seit der Zugehörigkeit zu Frankreich hat man sich mit der Auf- forstung ernsthaft beschäftigt. Nachdem ich viele derselben als Ormnithologe und als Jäger durchstreift, und hie und da längeren Aufenthalt genommen habe, will ich über die Natur dieses Berglandes und dessen beflügelte Be- wohner, welche es in den verschiedenen Jahreszeiten be- völkern, einige Notizen folgen lassen. II. Der Saleve (1379 m), eine Stunde von Genf entfernt, hat eine in der Richtung von NNO nach SSO gedehnte Form und weist auf der Genfer Seite sehr steile, oft senkrechte Abhänge auf. Der Genfer See zeigt sich von da aus einem grossen Strome ähnlich, dessen Ufer sehr elegant ausgeschnitten sind; man übersieht die ganze Genfer Ebene, die einem Garten gleich angebaut ist, den Hafen, die Brücken, die Strassen und Plätze von Genf, die zahlreichen Land- häuser, die Dörfer und Weiler. Im Hintergrunde die doppelte Linie des Juragebirges. Die Aussicht gegen die Alpen ist grossartig und umfasst die ganze Mont-Blanc- Kette, Mont-Mallet, den Buet, den See von Annecy und das Oluse-Thal. Der Salöve beherrscht die Genfer Ebene und ist für die Genfer ein beliebter Ausflug. Er hat Sommer, und Winter seine „Habitues“. Der fremde Tourist besucht wenigstens Mornex und Monnetier. Nachdem in neuester Zeit eine Strassenbahn die Stadt Genf mit Veyrier verbindet, ist der Ausflug auch bedeutend erleichtert. Man plant selbst eine Seilbahn von Veyrier nach Monnetier und eine Zahnradbahn auf dem Umwege von Etrembieres, Mornex, Monnetier auf, den grossen Saleve. Von diesen Projeeten, scheint mir das erste das zweite und das zweite das erste zu paralysiren, und so ist an- zunehmen, dass weder das eine. noch das andere zur Ausführung kommt, obwohl in neuester Zeit diese Seil- bahn- und Zahnrad-Projeete von Neuem erwogen werden. Wenn auf dem Genfer Seebecken oft wochenlang diehte Nebel liegen, die Wege hart gefroren und Bäume und Telegraphen zum Brechen bereift sind, so kann man an Ferientagen jungen und alten Ausflüglern mit zu- sammengerollten Sonnenschirmen, mit Botanisirbüchsen u. s. w. in den Strassen von Genf begegnen. Dieselben 236 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 24. wandern meist nach Veyrier, um über den „Pas de l’Echelle“ Monnetier zu ersteigen, und von dort, die „trois arbres“ auf dem grossen Salve zu erreichen. Gewöhnlich finden dieselben schon 10 Minuten über Monnetier Sonnenschein und 12—14° Wärme; auf dem grossen Salöve weiden die Schafe, und es hat sich eine für den Winter erstaunliche Vegetation entwickelt, die im starken Contraste mit dem traurigen Winternebel in der Genfer Ebene steht. Der vertieale Durchschnitt des steilen Abfalls NW, der sanft abgerundete Abhang SO geben diesem bei den Geologen so beliebten Bergrücken einen ganz eigenen Anblick. Auf der Genfer Seite herrscht horizontale Schich- tung des den ganzen Saleve zusammensetzenden Kalk- steines vor. Die allgemeine Neigung der Schichten ist jedoch gegen die Alpen. Ausserdem kommt Sandstein (Molasse) am Fusse und in mittlerer Höhe vor. Auf der Spitze findet man weissen Sand. Der Saleve weist viele Höhlen und Grotten auf. Es gab eine Zeit, wo das Hochthal von Monnetier nicht existirte. Der Grosse und Kleine Saleve bildeten ein einziges Massiv, welches der Mont-Blane-Gletscher bedeekte. Als ich mich vor einigen Jahren im Frühjahre längere Zeit im „Hötel de la Reconnaissanee* in Mon- netier befand, liess ich in diesem Hochthale an zwei verschiedenen Punkten den Rasen und die magere Erd- krume in der Dieke von 8 bis 10 Zoll abnehmen und constatirte, dass der Kalkfelsen, auf welchem das Dorf erbaut ist, die schönste und reinste Schlifffläche zeigt; Beweis, dass der Gletscher über das Hochthal von Monnetier und über den Saleve seiner Zeit hinweg ging, und den kalksteinigen Boden marmorartig abschliff. Eırratische Blöcke waren früher sehr häufig auf dem Saleve, leider fiel eine grosse Anzahl derselben den Neubauten in Genf zum Opfer. Im Winter ist die Landschaft des Saleve eine traurige, es fehlen die Bäume, die nackten Felsen sind nur hie und da mit niedrigen Gebüschen bekleidet. Trotzdem herrscht auch in der kalten Zeit einiges Leben, einige Vogelarten beleben diese Felsen: der Alpenmauerläufer *) (Tiehodroma muraria L.), „die lebendige Alpenrose“, wie ihn Tschudi so sehön nennt, wird einzeln, die Felsen erkletternd und seinen monotonen Schrei pli pli pli aus- stossend, angetroffen. Wenn die Schneefälle sich mehren und die Larven und Insecteneier unauffindbar werden, sehen wir diesen Vogel bis nach der Stadt Genf kommen. Als Wintergast, finden wir auf dem Saleve auch die Alpenbraunelle (Accentor alpinus Behst.). Es scheint dies für sie eine Zwischenstation zwischen dem ewigen Schnee und der Ebene zu sein. Ich beobachtete oft vom Januar bis März diesen Vogel, in Gesellschaften von 6 bis 10 In- dividuen, nach Lerchenweise hüpfend, in der Nähe von Klüften und auf den Felswegen, öfters auch auf der Fahrstrasse am Fusse des Berges. Dieselben sind auf die Haferkörner des Pferdekothes sehr lüstern. Nur ein- mal, konnte ich diese Species auf einem Buschwerke von mittlerer Höhe sitzen sehen. Wenn wir in den oberen Wald aufsteigen (O), hören wir häufig den Schrei des Tannenhehers (Nucifraga caryoeatactes L.) und des Eichelhehers (Garrulus glan- darius L.). Wir sehen zahlreiche Gesellschaften von Meisen, so die Kohlmeise (Parus major L.), die Tannen- meise (Parus ater L.), die Blaumeise (Parus eaeruleus L.), die niedliche Haubenmeise (Parus eristatus L.), deren Schrei an das Sehlittengeläute erinnert. Ich fand die Haubenmeise sehr zahlreich im Spätherbste in dem Walde *) Siehe: „Le Naturaliste“ No. 78 (1890); „Observations sur le Grimpereau des Alpes“ vom Verfasser. von Ives, der am Fusse des Berges, auf der entgegen- gesetzten Seite der Genfer Ebene, gelegen ist. Auf dem Saleve, im Walde, hört man auch den Pfiff der Singdrossel (Turdus musieus L.). Die Schneespornammer (Pleetro- phanes nivalis L.) wurde im Winter auf dem Gipfel ge- sehen. Nicht selten begegnet man um diese Jahreszeit eini- gen Sperbern (Aceipiter nisus L.) auf der Suche nach Beute. Die Spechtmeise (Sitta caesia M. u. W.), das gelb- köpfige Goldhähnchen (Regulus ignieapillus Brehm), sowie der Zaunkönig (Troglodytes parvulus L.) und der Fitis- laubvogel (Phyllopneuste trochilus L.), der einzig in seiner Art ist, überwintern in diesem Bergklima. Jedoch schon mit Anfang April bevölkert sich der Saleve mit südlichen Vogelarten, welche diesen Bergrücken als Sommerstation auswählen. Der Aasgeier (Neophron perenopterus L.), ‚le Vautour blanc“, haust jedes Jahr in den steilen Felsen des Saleve, mit Vorliebe auf der NW-Seite. Ich habe ihn einige Male längs des Felsenabhanges fliegend und häufiger über den Inseln der Arve in der Luft schwebend gesehen. Im Jahre 1883 liess sich ein Genfer an einem Seile längs des schroffen Felsens in den Abgrund gleiten, und ent- deckte oberhalb des Bahnhofes von Veyrier einen Aas- geierhorst. Die Jungen, durch das baumelnde Seil er- schreekt, flogen fort. Dieser Horst, dessen Boden mit Knochen und mit allem möglichen Schmutz ausgefüllt war, mass 70 cm im Durchmesser und war aus trockenen Zweigen, aus Hadern und anderen Ueberresten gebaut. Es werden in jedem Jahre Aasgeier auf dem Saleve er- legt. In denselben Felsen nisten regelmässig einige Paare des Schlangenadlers (Faleo brachydactylus L.). Dieser zwischen Adlern und Bussarden stehende Vogel legt nur ein Ei. Der schwarzbraune Milan (Milvus ater Gm.) wählt auch diesen Ort, welcher die nördliehste Grenze seiner Heimath ist, zum temporären Aufenthalt.*) Dieser Raubvogel begiebt sich zu gewissen Stunden des Tages zum Genfer See auf den Fischfang. Auf unserem Land- gute in Pressy, konnte ich einen dieser Milane auf seinem Rückfluge in dem Augenblieke beobachten, als er hoch in den Lüften eine kleine Fera (Coregonus fera L.), noch ganz frisch, aus dem Schnabel auf unsere Wiese fallen liess. — Einige Paare des Thurmfalken (Cerchneis tinnun- eulus L.) und der Kolkrabe (Corvus corax L.) nisten häufig auf demselben Berge. Der Röthelfalke (Cerehneis cenchris Naum.) wurde (1822) auf dem Saleve von Dr. Schinz angetroffen. Ich weiss, dass man diesen Vogel noch vor einigen Jahren hier erlegte. Er ist jedoch selten. — Ein interessanter Vogel ist der den Stadtsegler (Cypselus apus L.) der Ebene ersetzende Alpensegler (Cypselus melba L.). Wenn ich den steil abfallenden Fusswegen, wie z. B. jenen der „Holzknechte“ (des bücherons), folgte und nur mit grösster Vorsicht vorwärts kam, wurde ich öfters durch den Aufflug von zehn bis fünfzehn dieser Segler wie be- täubt. Ihre Nester sind bis auf 60 em Tiefe in die Felsspalten hinein gebaut, enthalten 3 bis 4 elfenbein- weisse Eier von elliptisch-länglicher Form. — Unter den Höhlen und Gewölben dieser Felsen, findet man ganze Colonien der Stadtschwalbe (Hirundo urbica L.). Deren Nester sind, in der Anzahl von acht bis zehn, auf einige Meter zusammengedrängt. — Es ist sehr interessant, während der Brutzeit, der Fütterung der Jungen bei- zuwohnen, es entwickelt sich da ein sehr geschäftiges Leben. Ich fand am 9. Juni noch Junge im Neste (zweite *) Unser zoologischer Mitarbeiter Herr Dr. Schäff theilt uns mit, dass M. ater z. B. häufig in der Mark Brandenburg brütet, daher obige Angabe zu berichtigen ist. Red. Nr. 24. Brut).*) Wenn ich im Sommer die steinigen, der Sonne ausgesetzten Stellen, wie die Steinbrüche von Monnetier, durehstreifte, konnte ich den monotonen, jedoch bewunde- rungswürdigen Gesang der Steindrossel (Montieola saxa- tilis L.) vernehmen. Es war mir im Monat Juni 1889 so- gar möglich, ein das Nest verlassendes Junges auf dem Grase zu erhaschen. Das Hausrothschwänzehen (Rutieilla tithys L.) baut sein Nest in den Alpenhütten den „Trois arbres“, oft auch in den Umfassungsmauern der für das Vieh geschlossenen Weideräume. Auf dem Rücken des grossen Saleve befinden sich einige kleine Wassertümpel, die zum Tränken des Viehes dienen. Der Bluthänfling (Cannabina sanguinea Landb.) und der Zippammer (Emberiza eia L.) bevorzugen diese Plätze. Man kann, im Sommer, auf dem Saleve noch beob- achten: den Waldlaubvogel (Phyllopneuste sibilatrix Behst.), den Weidenlaubvogel (Phyllopneuste rufa Lath.), sowie auch den Berglaubvogel**) (Phyllopneuste Bonellii Vieill... Man hört das Liedehen des Rothkehlehens (Dan- dalus rubeeula L.). Im Sommer wie im Winter hält sich dieser Vogel im grünen Gebüsche auf. Der Botaniker wird auf dem Saleve eine Zahl be- merkenswerther Pflanzen finden: Atragene alpina L.; Fumaria Chavini Reut.; Arabis hybrida Reut.; Sisymbrium acutangulum D. C. und S. Sophia L.; Ononis rotundifolia L.; Potentilla petiolulata Gaud.; Rosa Sabauda Rap.; R. vestita God.; R. margi- nata Wallr.; R. coronata Crep.; R. alpestris Rap.; Sedum anopetalum D. C.; Galium spurium L.; G. tenerum Gr. et G.; Serratula nudicaulis D. C.; Hieracium pseudo- cerinthe Koch; H. lanatum Vill.; H. andryaloides Vill.: H. melanotrichum Reut.; Pyrola media Sw.; Cynoglossum montanum L.; Asperugo procumbens L.; Plantago ser- pentina Vill.; P. eynops L.; Barbarea arcuata Reich.; Cyclamen hederaefolium Koch; Polygala alpestris Reich. ; Arenaria grandiflora L.; Geum montanum L.; Arniea montana L.; Evonymus latifolius L.; Rubus collinus D. C.; Alnus viridis D. C. II. Der Voirons (1486 m), 3 Stunden von Genf entfernt, im NO vom Saleve gelegen, zeigt eine langgestreckte Form. Dieser Bergrücken ist fast ausschliesslich aus mehr oder weniger hartem Sandstein gebildet. Bei Lussinge findet sich auch Kalkstein. Seine Schichten fallen, sowie die Kalkschichten des Saleve, gegen die Alpen ab. Er ist ein vom Saleve durch seine sanften Abhänge, durch seine fetten Weiden, seine Tannen-, Kiefern- und Birkenwälder ganz verschiedener Berg; er macht einen angenehmen und lieblichen Eindruck. Die ornithologische Fauna ist gut vertreten; ich theile dieselbe in die Vögel der Waldungen und in die Vögel des Gipfels ein. Man kann da keine strenge Grenze ziehen, obwohl dieselben gewöhnlich in ihrer bevorzugten, für ihre Existenz passenden Sphäre bleiben. Aus der ersten, hauptsächlich an den Wald gebundenen Kategorie, nenne ich den Schwarzspecht (Pieus martius L.), den Grau- *) Die Felsenschwalbe (Hirundo rupestris Scop.) wurde vor langer Zeit von Herrn Linder, Custos des Genfer Museums, beob- achtet. Vor fünf Jahren brachte ich in Erfahrung, dass einige Paare sich wiederum auf dem Salöve fortpflanzen. Leider wurden deren Nester durch Eiersammler zerstört und seit dieser Zeit hat sich meines Wissens diese Species nicht mehr gezeigt. **) Dieser Laubvogel, zuerst von mir, im Sommer 1838 in dem böhmischen Erzgebirge beobachtett (siehe „Die Schwalbe“ XII. 1889. S. 265—66), kommt in der „Grande Gorge* des Saleve sehr häufig vor; ich sah denselben auch beim Schlosse von Mon- netier. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. specht (Pieus canus Gm.), dieser letztere vertritt den Grünspeeht (Picus viridis L.) der Ebene; diese Vögel hört man aus weiter Ferne, wenn sie die Baumrinde mit ihren starken Schlägen bearbeiten. Ganze Schwärme Fiehtenkreuzschnäbel (Loxia eurvirostra L.) durchziehen das Nadelholz, wo sie mit Gier die Samen unter den halbgeöffneten Schuppen der Zapfen hervorholen.*) Hier lockt auch der mitteleuropäische Gimpel**) (Pyrrhula europaea K.) mit seiner monotonen Stimme. Wenn ich ihn nachahmte, so konnte ich diesen Vogel in meine un- mittelbare Nähe bringen. Die Landleute nennen ihn „pivoine“ d. i. Pfingstrose. — Der Bergfink (Fringilla montifringilla L.), der im Winter in der Ebene erscheint, ist auf dem Voirons nicht selten; von den Drosselarten sehen wir die Singdrossel, die Wachholderdrossel (Turdus pilaris L.), die Misteldrossel (Turdus viscivorus L.) und dann die Ringamsel (Merula torquata Boie), schwarze Amsel mit weissem Halsband, von den Bergbewohnern „la Religieuse“, die Nonne, genannt. — In den oberen Wäldern zieht das Birkhuhn (Tetrao tetrix L.) seine zahl- reiche Familie auf. Dasselbe scheint mir hier weniger häufig als auf dem Möle, wovon ieh später sprechen werde. Der Auerhahn (Tetrao urogallus L.) kommt auf dem Voirons nicht vor, er scheint durch den Genfer See auf die Jura- kette beschränkt zu sein; aber es ist nicht selten, dass man einige Ringeltauben (Columba palumbus L.), sowie auch die Felsentaube (Columba livia L.) aufjagt, die letztere findet sich häufiger auf dem Gipfel. — Alle Meisenarten, welchen wir auf dem Salöve begegneten, finden wir auch auf dem Voirons. Eine Erscheinung, die niemals verfehlt, den Touristen zu erfreuen, ist das Eichhörnchen (Seiurus vulgaris L.). Immer lebhaft und schlau, springt es von Baum zu Baum. ***) An einem Sommertage, überraschte ich bei dem „Signal“ eine Kette Alpenschneehühner (Lagous alpinus Nils.), die bei meiner Annäherung nach der Ebene ab- stürzten; die nächsten Tage fand ich sie nicht mehr vor. Die Alpenbraunelle sitzt auf den Terrainunebenheiten auf und lässt ihre ziemlich lustigen Weisen hören. Der Schneefink (Montifringilla nivalis L.) wurde im Spät- sommer beobachtet. Sollten diese beiden Arten hier brüten ? Ich glaube es nicht. +) Der Insektensammler kann hier ohne Mühe den grossen Schillerfalter (Apatura iris L.), den Segelfalter (Papilio podalirius L.), den Dukaten-Vogel (Polyommatus virgaureae L.) und den Tagfalter (Parnassius Apollo L.) sich verschaffen. Unter den interessanten Pflanzen, welchen wir auf dem Voirons begegnen, erwähne ich folgende: Scleranthus perennis L.; Myrrhis odorata Seop.; Rosa vestita God.; Vieia sylvatiea L.; Alnus viridis D. C. (Fortsetzung folgt.) *) Siehe: „Le bee ceroise de pins“ (Loxia eurvirostra L.) in der Revue „La Nature“ 18me Annde pp. 385—8387 (1890). Monogr. Studie des Verfassers. ”*) Der nordische Gimpel (Pyrrhula major Brehm) unter- scheidet sich nur durch seinen stärkeren Wuchs und bildet wahr- scheinlich nur eine elimatische Varietät. Er findet sich in den Wäldern des Jura in der höheren Region. ’=*) Ich fand dieselbe Varietät auf dem Möle (beil. 1750 m). In dem Canton Wallis, z. B. im Binnenthale (1700 m), ist das sehr dunkelbraune, fast schwarze Eichhörnchen sehr häufig. Eine constante, ganz eigenartige Varietät ist sehr häufig in St. Mau- rice im Wallis. Siehe: Archiv. de sciences phys. et nat. de Gen&ve, No. 6 (1879) Note de Mr. Lunel. 'y) Necker (siehe: M&m. sur les Ois. des environs de Geneve, page 92) giebt die Felsenschwalbe (Hirundo rupestris Scop.) als Brutvogel auf einer felsigen Anhöhe, beim Eintritt in das Boöge-Thal am Fusse des Voirons an. 258 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 24 Das königliche botanische Museum zu Berlin. (Schluss.) Vom Haupteingang des Saales links, sehen wir in zwei Schränken die eulturpflanzlichen Producte aus dem indisch-malayischen Gebiete, oben die Fasern und Gewebsstoffe von Musa textilis und M. paradisiaca L., den Manillahanf, dann von Hibiscus cannabinus L., Corehorus capsularis L. und ©. olitorius L. „der Jute“* zusammengestellt. Hierauf folgt das weisse Sandelholz von Santalum album L. und das Teakholz von Teetona grandis L. — Aus Bambusstämmen, welche oft über ein Fuss Durchmesser erreichen, finden sich zierliche Körbe, Essgeschirre u. s. w. vor. Das wichtigste Getreide dieses Gebietes ist der Reis. Als Nahrungsmittel dienen ferner die grossen, oft 12 Kilogramm schweren Früchte ver- schiedener Brodfruchtbäume, Artocarpus imeisa L. und A. integrifolia L., welehe in Scheiben zerschnitten und ge- trocknet, einen brauchbaren Schiffszwieback liefern. Von Obst ist besonders die kopfgrosse Durianfrucht, die Mango- stane, die Manbinpflaume, die Mangofrucht, letztere in ver- schiedenen Culturformen, erwähnenswerth. Die Genuss- mittel und Gewürze finden sich durch Betelnüsse, Pfeffer, Gewürznelken, Muskatnüsse, Zimmet und Ingwer vertreten. Von Oelpflanzen ist der Sesam, Sesamum indieum L., namhaft zu machen, dessen Samen 40—50 pCt. Oel geben. Im Madras (O. Indien) sind fast eine Million Acker Land mit dieser Pflanze bebaut. Fieus elastiea L., der bekannte Gummibaum unserer Zimmer, liefert vor- trefflichen Kautschuk. Der Baum gedeiht am besten auf eisenhaltigem 'Thonboden mit felsigem Untergrund. Wenn der Baum 25 Jahre alt geworden ist wird, er angezaptft, 50 Jahre alte Bäume geben jedes dritte Jahr eine Ernte von ungefähr 20 kg Kautschuk, welcher 33 pCt. des Milchsaftes der Pflanze ausmacht. Im folgenden Schranke sind die eulturpflanzlichen Producte des subtropischen Ost-Asiens zusammengestellt. Als Gespinnstpflanzen dieses Gebietes ist die Ramipflanze oder Chinagras (Boehmeria sanguinea Hook. et Aru., der Hanf sowie der Papier-Maulbeerbaum (Broussonetia papyrifera Vent.) er- wähnenswerth. Aus der Rinde der letzteren Pflanze stellen die Japaner die verschiedenartigsten, äusserst dauerhaften Papiere her. Als wichtigstes Obst finden wir die Früchte des schwarzen Maulbeerbaumes, Morus nigra L., die Kaki- pflaume (Diospyros Kaki L. f.) die in vielen Spielarten schon in Ober-Italien eultivirt wird, den Pfirsich und die Litschipflaume (Nephelium Litehi Camb.) vertreten. Die Knollen von Stachys affınis Bunge, welche neuer- dings auch bei uns Anbau finden, geben ein wohl- schmeckendes Gemüse.*) Die wichtigste Culturpflanze des Gebietes ist der Thee; ferner ist der Kampferbaum Cinnamomum Camphora Fr. Nees hervorzuheben. Von den wichtigsten Arten des Mittelmeer- und vorderasiatischen Steppengebietes, welche die fol- genden beiden Schränke einnehmen, nennen wir nur den Flachs, die verschiedenen Getreidepflanzen, als Gerste, Rog- gen, Hafer, Weizen, Hirse, Durra; die allgemein eultivirten Gemüsearten, als: Linsen, Erbsen, Wieken und die wich- tigsten Obstarten, als: Wallnuss, Kirsche, Quitte, Mandel, Kastanie, Granate, Feige. Auch die Petersilie, der Anis, der Safran, der Saflor, der Krapp und der Mohn haben hier ihre Heimath. In den Schränken auf der gegenüberliegenden Seite des Saales sind die Culturpflanzen des subtropischen Nord- und Central-Amerikas untergebracht. Von Beten Faser- und Gewebsstoffen sind besonders die *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. VI. S. 40. verschiedensten Agaven- und Yucca-Arten bemerkenswerth, als Getreidepflanzen der Mais, während das subtropische Süd-Amerika besonders durch die Maniokpflanze, den Para- guaythee und Cinchona-Arten repräsentirt wird. — Hieran schliesst sich das tropische Süd-Amerika, aus dem wir nur nachstehende Frucht-Arten namhaft machen: Ananas, Acajou, Custardäpfel, Suwarrow- und Paranüsse; ferner die Steinnusspalme, Phytelephas maerocarpa R. et P., die mächtigen Kautschukbäume, Hevea gujanensis und H. brasiliensis Aubl., welche besonders amerikanisches Kautschuk liefern, Kakao und die Orleanspflanze. Aus West-Indien und Central-Amerika heben wir die Batate, die Advokatenbirne, die lcacopflaume, den Sapotaapfel, den Melonenbaum, die Vanille, ferner das Campeche- und Guajakholz hervor. Hierauf folgt das tropisch- afrikanische Wald- gebiet, dessen "Producte die eine Hälfte des Wand- sehrankes, sowie einen grossen flachen Schauschrank in- mitten des Saales füllen. Ein grosser Fruchtstand und Kerne der Oelpalme, die Früchte und Samen der Kola- nuss, die Kautschuekproben der verschiedenen Landolphia- Arten, sowie die Faserstoffe mehrerer Sanseviera-Arten sind hier besonders in die Augen fallend. Das ostafri- kanisch-arabische Gebiet ist vorzüglich durch Kaffee, Negerhirse oder Durra, durch die Feigenfrüchte und das von den alten Egyptern zu Mumiensärgen benutzte Holz der Sykomore sowie durch das Papyrusschilf charakterisirt. In dem grossen flachen Schauschranke inmitten des Saales sind die Kränze und Pflanzentheile aus alt- egyptischen Gräbern der XVII. — XXII. Dynastie (171200 vor Christo), welche von Professor Schwein- furth dem Museum geschenkt worden sind, ausgelegt. Die Ausstellung der wichtigsten "pflanzlichen Naturproduecte und der Charakterpflanzen der einzelnen pflanzengeographischen Gebiete findet sich im Haupt-Corridor, sowie in dem links vom Treppen- hause gelegenen Neben - Corridor untergebracht. Die Stellagen, welche früher der Hölzersammlung Platz ge- währten, sind neuerdings mit Glasschränken umkleidet, für die pflanzengeographische Abtheilung verwendet wor- den, während die Holzsorten theils in flachen Glas- schränken ausgestellt, dieser Abtheilung einverleibt, theils in der systematisch geordneten Hauptsammlung des Mu- seums ihren Platz gefunden haben. Die Objeete inner- halb der einzelnen Gebiete smd nach Engler und Prantl „die natürbchen Pflanzenfamilien“ systematisch geordnet. Auch hier finden sich als Ergänzung Abbildungen und Erklärungen beigefügt. Die Wandflächen des Treppenhauses sind mit Stämmen von Palmen, Cycadeen, Baumfarren, Lianen, mit grösseren Fruchtständen und Früchten decorirt, von denen die links befindlichen dem tropischen Amerika, die rechts pla- eirten dem indisch-malayischen Gebiete entstammen. Zahlreiche Producte des letzteren Gebietes finden sich hierneben im ersten Glasschranke auf dem Corridor ausgestellt, von denen wir nur die Sagopalme, die Pal- myrapalme, das von Pterocarpus Marsupium Roxb. stammende Drachenblut, ferner Gummigutt, Guttapercha, die Brechnuss, verschiedene Dipterocarpeen-Harze und das Benzoö-Harz erwähnen wollen. Eine grössere Samm- lung der wichtigsten indischen Nutzhölzer bekleidet die seitlich gelegene Wandfläche. Das malayische und polynesische Gebiet nimmt den folgenden Schrank ein und finden sich hier zahlreiche Producte aus Kaiser- Wilhelmsland zusammengestellt, welche ebenso wie die Nr. 24. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 1239 seitwärts angebrachte Holzsammlung das Museum der Direetion der Neu-Guinea-Gesellschaft verdankt. Ausser grösseren Pandanus- und Palmenfrüchten bemerken wir verschiedene Muskatnussarten, die ölhaltigen Samen von Calophyllum Inophyllum Lam., die aromatisch duftenden Blätter von Evodia euspidata K. Schum., die wohlriechende Rinde der Massoia aromatica Bece., die bitterstoffreichen Früchte von Soulamea amara Lam., essbare Früchte von Inoearpus edulis Forst., sowie werthvolle Gespinnstfasern einer bisher noch unbekannten Apocynacee. Das poly- nesische Gebiet wird hervorragend durch die Cocusnuss, die Brotfrucht, durch die fetthaltigen Samen von Aleurites triloba Forst., durch die Kawa-Kawawurzel von Piper, methysticum Forst., sowie durch die Steinkerne von Sagus amicarum Wendl. charakterisirt. Im andinen Gebiet, welches das südliche Peru, Chile und die angrenzenden Theile von Argentinien umschliesst, fallen die grossen Fruchtzapfen der Chilitanne (Araucaria imbricata R. et P.) in die Augen, ebenso eine strauchige, eigenthümliche Wegerichart (Plantago Bismarckii Niederl.) aus Argen- tinien. Als wichtige Nutzpflanzen nennen wir die ver- schiedenen Prosopis-Arten, deren Früchte besonders reich an Gerbsäure sind, ebenso die Früchte von Balsamocar- pum brevifolium Clos. Eine sehr grosse Hölzersamm- lung, ein Geschenk der argentinischen Regierung, findet sich zum Theil in der Nachbarschaft, zum Theil in der systematischen Abtheilung des Museums ausgestellt. Das alt-oceanische Florenreich umfasst beson- ders das Feuerland, Neu-Seeland und Neu-Caledonien und ist durch grosse Stammquerschnitte von Fagus be- tuloides, F. antaretica, durch Harze mehrerer Araucarien- Arten und Agathis (Dammara) sowie den Neuseeländischen Flachs (Phormium tenax Forst.) hervorragend repräsentirt. In einem grossen Schrank gegenüber finden sich die Charakterpflanzen und pflanzlichen Produete des austra- lischen Gebietes vereinigt. Grosse Baumfarren, Cyca- deen, zahlreiche Proteaceen, Euealyptus-, Acaeien-Arten und Grasbäume charakterisiren zum Theil dieses Gebiet. Die Samen von Araucaria Bidwilli Hook., sowie die von Macadamia edulis F. v. Müll. dienen den Eingeborenen besonders als Nahrung. Von Nutzprodueten finden sich u. A. zahlreiche Kinoproben und ätherische Oele der ver- schiedenen Eucalyptus-Arten, sowie besonders auch die werthvollen Hölzer derselben ausgestellt. Hieran schliesst sich das Capland, sowie das deutsche Schutzgebiet in Südwest-Afrika. Ersteres durch zahlreiche Proteaceen, Rutaceen, Erieaceen, Oyca- deen besonders charakterisirt, liefert uns verhältnissmässig wenige Nutzproducte. Die Früchte verschiedener Mesembryanthemun-Arten, sowie das Stärkemehl des Stammes der Scehildkröten- pflanze, Testudinaria elephantipes Lind., und verschiedener Encephalartos-Arten dienen den Eingeborenen als Nahrung. Südwest-Afrika ist durch einige eigenthümliche Pflanzen, die Welwitschia mirabilis Hook., die Narapflanze, ‚Acanthosieyos horrida Welw., durch merkwürdige Gerania- ceen, deren Stämme mit einer dicken Harzschicht überzogen sind und durch Gummi liefernde Acacien-Arten besonders ‚ausgezeichnet. Wichtige, besonders ebenholzartige Hölzer finden sich aus ersterem Gebiete zahlreich ausgestellt. Auf jenseitigem Corridor an gleicher Seite ist das tropisch-afrikanische Waldgebiet sowie das madagassische Gebiet vertreten, woran sich das ost- afrikanisch-arabische Steppengebiet und das abyssinische Hochland schliesst. Die Objeete aus dem Mittelmeergebiete füllen die folgenden Schränke auf dem Neben-Corridor. Das Japanisch-mandschurische und das centralasia- tische Steppengebiet finden sich in drei gegenüber- liegenden Schränken repräsentirt. Die Früchte zahl- reicher und eigenthümlicher Coniferen, wie Ginkgo biloba L., Seiadopytis vertieillata S. et Z., viele Picea-, Abies- und Pinus-Arten machen sieh hier bemerkbar. Wir betreten jetzt wieder den Haupt-Corridor, dessen linke Seite vom mitteleuropäischen und dessen rechte vom nordamerikanischen Waldgebiet in Anspruch ge- nommen wird. In ersterem sind besonders die Waldbäume mit ihren Hölzern, Früchten, sowie ausserdem die wichtigsten Krank- heiten derselben, die durch pflanzliche oder thierische Parasiten hervorgerufen werden, vorgeführt worden; ausserdem finden sich die heimischen Beerenfrüchte, Medicinalpflanzen u. s. w. ausgestellt. Das nordameri- kanische Gebiet gliedert sich in das subarktische, das atlantische und paecifische Nord-Amerika, dem sich das mexikanische Hochland anschliesst. Jede Abtheilung nimmt einen besondern Schrank in Anspruch. Coniferen treten hier in grosser Menge und in zahlreichen Arten auf. Wir nennen nur den ealifornischen Mammuth- baum, Sequoia gigantea Endl., die virginische Sumpf-Cy- presse, Taxodium distichum Rich., sowie die Zuckerkiefer, die Weymuthskiefer, die Sabinikiefer, von welchen sich die grossen Zapfen, die Harze und Hölzer ausgelegt finden. Die verschiedenen Hickory- und Nussbäume, die ein vortreff- liches Holz und schmackhafte Früchte geben, sind gleich- falls erwähnenswerth, ebenso die zahlreichen Eichenarten. Schliesslich haben wir nur noch das tropische Amerika ins Auge zu fassen, welches uns besonders zahlreiche wichtige Produete liefert. Wir heben hier nur den Copal von Hymenaea Courbaril L., den Copaiva- Balsam verschiedener Copaifera-Arten, Kautschukproben von Castilloa elastica Carv., Palmenwachs von Copernicia cerifera Mart., die Gummi- und Elemiharze verschiedener Burseraceen, die weisse Canellrinde von Canella alba Murr., die Pasta Guarana von Paullinia sorbilis Mart. und die Jalappenwurz von Ipomaea purga Wend. hervor. Von den vielen wichtigen Nutzhölzern der letztge- nannten Gebiete sind grössere Colleetionen in flachen Wandschränken ausgestellt. Die nach Engler und Prantl „die natürlichen Pflanzen- familien“ systematisch geordnete Hauptsammlung des Museums beginnt in dem nach nordost liegenden Zimmer mit den niedern Cryptogamen, den Algen und Pilzen. Leider ist der Raum für eine entsprechende Aufstellung dieser, für den menschlichen Haushalt so wichtigen Pflanzen äusserst beschränkt, so dass bisher nur verhält- nissmässig wenige Objeete zur Ausstellung gelangen konnten. Die meisten derselben liegen hier wie auch in den übrigen Abtheilungen dieht auf einander gehäuft in Schiebläden. Der hintere grosse Saal mit seiner Gallerie wird von den Gefäss-Cryptogamen, den Gymnospermen, unter denen besonders die Cycadeen und Coniferen, sowie die Guetaceen, durch schöne Exemplare von Welwitschia mirabilis Hook. vertreten sind, ferner von den Mono- cotylen eingenommen. Die dicotylen Familien beginnen dagegen mit den Piperaceen in dem an der südöstlichen Ecke gelegenen Zimmer und nehmen sie die Gallerie des vorderen Saales sowie die folgenden Zimmerreihen in Anspruch, hier mit den Compositen ihren Abschluss er- reichend. Ueberall macht sich hier, wie besonders auch in dem vom Herbar eingenommenen ersten Stockwerke, grosser Platzmangel bemerkbar und dürfte baldigst die Auffüh- rung eines zweiten Neubaues, welcher, wie wir hören, auch bereits geplant worden ist, und in dem besonders die grossen eryptogamischen Sammlungen Aufstellung finden sollen, mit Rücksicht auf die reichen, bisher nieht ent- ı sprechend zugänglichen Pflanzenschätze unerlässlich sind, 240 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 24. In No. 17 der „Naturw. Wochenschr.“ erhebt Dr. med. A. gegen die in meiner Abhandlung: „Die Rassen- mischung im Judenthum“ von mir ausgesprochenen An- sichten gewisse Einwände, die meines Erachtens nicht stichhaltig sind. Im Gegensatz zu meiner Anschauung betreffend die Vermischung verschiedener ethnischer Elemente im jüdischen Volke bemerkt A. „dass, wenn wirklich eine Vermischung anderer Volkselemente mit dem semitischen stattgefunden hat, daraus eine weit häufigere und stärkere Differenzirung hätte resultiren müssen, als sie thatsächlieh vorhanden ist.“ — Mit Bezug hierauf erlaube ich mir nun zu bemerken, dass grössere Unterschiede in der körperlichen Bildung wie wir sie heutzutage unter den Juden antreffen, kaum denkbar sind. Neben solehen Individuen, welche den ausgepräg- testen semitischen Typus (characterisirt durch brünette Hautfärbung, dunkles Haar und dunkle Augen, stark- entwickelten Bartwuchs, gebogene krumme Nase, vor- springendes Gesichtsprofil, niedrige Statur u. dergl.) zu erkennen geben, begegnen wir unter den heutigen Juden Personen, welche durch hellen Teint, blaue Augen, blondes, bezw. röthlich-blondes Haar und Bart, ortho- gnathe Gesichts- und Kieferbildung sowie durch Lang- schädelform und hohe Statur gekennzeichnet sind, somit alle jene körperlichen Merkmale besitzen, die als die characteristischen Figenthümlichkeiten des germanischen Zweiges der arischen Völkerfamilie angeführt werden. Dass das Auftreten indogermanischer Rassencharaetere unter den Juden als ein Product der Neuzeit zu betrachten wäre — diese von A. befürwortete Annahme wird da- durch widerlegt, dass bereits im vorigen Jahrhundert durch zuverlässig-beobachtende Reisende blonde Juden in Gegenden angetroffen wurden, in denen nachweislich Indogermanen niemals gelebt haben, bezw. in Ländern, wo seit Jahrhunderten die strengste sociale Scheidung zwischen den daselbst ansässigen Völkern und den dort- hin eingewanderten Juden aufrecht erhalten wird. (Vgl. hierüber: R. Andree, Zur Volkskunde der Juden, Biele- feld und Leipzig 1881.) Wenn man nicht annehmen will, dass von Anbeginn zwei verschiedene jüdische Typen: ein blonder und ein brünetter — existirt haben — eine Annahme, die mit allen unseren bisherigen Anschauungen über die Entstehung der Rassen sich in Widerspruch be- finden würde und die auch dadurch in höchstem Grade unwahrscheinlich gemacht wird, dass bereits auf den babylonisch-assyrischen Denkmälern des 7. vorchristlichen Jahrhunderts (Regierungszeit Sanherib’s) die Juden mit jenen zuvorerwähnten semitischen Rassenmerk- malen zur Darstellung gebracht sind — wenn man sich nieht zu dieser Ansicht bekennt, so bleibt Nichts übrig als anzunehmen, dass die Versehiedenheit der körperlichen Bildung bei verschiedenen Mitgliedern des jüdischen Stammes auf jene innerhalb der letzten 1400 Jahre vor dem Beginne unserer Zeitrechnung in Palästina stattgehabte Vermischung des semitischen Elementes mit indogermanischen Volkselementen (Amo- ritern und anderen Ariern) zurückzuführen ist. In wie weit die körperliche Bildung der heutigen Juden durch den Lebensraum (Einfluss des Klimas und der sonstigen Existenzbedingungen), die Verwandtschaftsheirathen und dergl. beeinflusst worden ist — dies festzustellen dürfte mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein. Anderer- seits wird derjenige den umgestaltenden Einfluss der Fxistenzbedingungen wohl kaum läugnen, der die Ver- änderungen in Betracht zieht, welche beispielsweise das angelsächsische Volkselement innerhalb der seit der ersten Besiedelung Nordamerikas verflossenen 300 Jahre daselbst erlitten hat. Dr. M. Alsberg. \ Die Dreitheilung eines beliebigen Winkels. — Mit diesem Problem haben sich schon viele beschäftigt und es existiren in Folge dessen auch einige interessante Lösungen. Eine derselben, die soviel mir bekannt ge- worden, schon seit längerer Zeit in deutschen Techniker- kreisen angewandt wird, scheint bisher in England nicht bekannt gewesen zu sein. Es ist daher sehr erfreulich, dass Captain A. H. Russel von der United States Ord- nance Survey, der dieselbe ganz unabhängig gefunden hat, sie in einer der letzten Nummern der „Nature“ wei- teren Kreisen zugänglich macht. Die Form, in der ich die Construction hier mittheile, ist nicht genau die Russel’sche, sondern etwas modifieirt, so wie sie mir seit Jahren gewohnt geworden ist. Der zu dreitheilende Winkel kann ohne Schaden der Allge- meinheit der Lösung als kleiner wie = angenommen werden. Dem 4 (a + e)=1n--I!e«, wo 4 nz immer leicht eonstruirt werden kann. Ganz ebenso verhält es sich mit einem Winkel $ z +... Dem 4 (! ze) —= iz + t!ausw. Seialo@e—=ABCO Ei: - ® ® In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen: ® ® ® se All | ändlich | haftliche Abhandl pl : gemein-verständliche naturwissenschaftliche andlungen. ® = (Separatabdrücke aus der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift.‘‘) - - Heft 1. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Rum % Heft 9. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. = ® 2 von Dr. V. Schlegel. 3 An F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. ® ® ER En Keiner ang Bu Eingeknfund)Mesekineng von „ 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7Hoz- ® ® Prof. Dr. A. Schubert. een ; ® ® » 3. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit x le er h ® ® der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl „ 11. Ueber das Causalitätsprinceip der Naturerschei- ® ® Kraepelin. nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds ® ® „ 4. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen ne „Die sieben Welträthsel“‘ von Dr. Eugen \® ® _ von Prof. Dr. E. Loew. En | reher. ® ® „9 ns at Dukakonglomerat Südafrikas von | „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Fried. -@ . £. M. Stapi. Jordan. i ® „ 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von 5 ws er ; - s ® Dr. Rob. Mittmann. Mit 8 Holzschnitten. nos: Die ni RE Aulags,.Im Sek bota- ‚® ® » 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Mit 0 an EN naar ne. 4 ® Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- Tage, RE & ® ® litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit „14. Untersuehungen über das Ranzigwerden der Fette ® 8 1 Tafel. | von Dr. Ed. Ritsert. © ® BERG: Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen | „ 15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen € © im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. N Rothliegenden von Prof. .Dr. Hermann Credner U] 4 Mit 10 Holzschnitten. in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. ® ; ® - Preis: Heft 1-4 a 50 Pf, Heft 5-15 a1 M. is ® r < F :® .00900000000600000000000000009000 © 000000000000000000000080800000000000 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 24. Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) Soeben erschien vollständig: Die mechanische Wärmetheorie. Von R. Clausius. Dritter Band. Entwickelung der be- sonderen Vorstellungen von der Natur der Wärme als einer Artder Bewegung. Zweite umgearbeitete und ver- vollständigte Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr. Max Planck und Dr. Carl Pulfrich. gr. 8. geh. Preis 8 Mark. UUUUUUUUUYUU UUUUUUUUUUUUUUUUUUUUU JUBEL versendet gratis sei- Alfred Lorentz nen neuen natur- wissenschaftl. Cata- los 3 AlINe: meines,Zoologie, Bo- Buchhandlung tanik, "Mineralogie, Geologie enthaltend. Teinz A elpzı xpedition. Bücher- pz1S Ankauf und Tausch zu den vortheilhaf- Kurprinzstr. 10. testen Bedingungen. EEELFFTFFELTFT TFT TTFFENN EELFTTTTLLETTTTTTITTTTFTTTTETTFFFFTFFFTFTNN In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin erschien: Die Krankheiten der Lunge. Von G. See, Professor der klinischen Mediein in Paris. Vom Verfasser revidirte, mit Zusätzen und einem Vorwort versehene autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Max Salomon. 3 Theile. Preis jedes Theiles 10 Mark. Inhalt: I. Theil. Bacilläre Lungen-Phthise. Mit 2 chromo-lithographirten Tafeln. XVI und 528 Seiten. Il. Theil. Die (nicht tuberculösen) specifischen Lungenkrankheiten. Acute Bronchiten; parasitäre Pneumonie; Gangrän; Syphilis; Echinokokkus der Lunge. Mit 2 lithographirten Tafeln. XII und 454 Seiten. Ill. Theil. Die einfachen Lungenkrankheiten. Pneumo-bulbäres Asthma, cardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Lunge; Krankheiten der Pleura. XII und 546 Seiten. FIIGS EBD DB BGB DD GG BG BD BD BD BGB BD DD BB BB DDFBBF TR 9% Dr. Robert Muencke Luisenstr. 58. BERLIN NW. Luisenstr. 58. Technisches Institut für Anfertigung wissenschaftlicher Apparate und Geräthschaften im Gesammtgebiete der Naturwissenschaften. x® « gro Sor000000+ EB a a ia a aa a aa a ra a Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) Soeben erschien: Der Darwinismus. Eine Darlegung der Lehre von der natürlichen Zuchtwahl und einiger ihrer Anwendungen von Alfred Russel Wallace, LL. D., F.L. 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Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- [o10) sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme A bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten.*) Von Prof. Dr. W. J. Schon am Ausgange des vorigen Jahrhunderts wies Lavoisier darauf hin, dass es möglich sei, auf Grund der Beobachtungen des Luftdruckes, des Windes, der Luft- feuchtigkeit und der Himmelsschau auf ein oder zwei Tage das Wetter mit einer grossen Wahrscheinlichkeit des Eintreffens vorherzusagen. Einige Jahre später, nach Erfindung des optischen Telegraphen, machte Romme, Deputirter der Constituante im Jahre 1793, ausdrücklich darauf aufmerksam, dass man dureh diese Einrichtung im Stande wäre, Seefahrer und Landwirthe vor getahr- drohenden Witterungsvorgängen, insbesondere Stürmen, rechtzeitig zu warnen. Indessen fielen diese Ideen in eine Zeit, in welcher die Wirren der französischen Revo- lution alle Geister in Aufregung versetzt hatten und da- her kamen sie nicht zur weiteren Verwendung. In Deutschland war es Brandes, welcher zuerst die Wichtigkeit des Studiums der Einzelerscheinungen, die sich auf grösserem Gebiete gleichzeitig abspielen, aus- drücklich hervorhob und dabei insbesondere betonte, dass die Kenntniss des Fortrückens der, Gegend mit tiefstem Barometerstande von einem Orte zum anderen praktisch von der grössten Wichtigkeit sei, indem hiermit die Fort- pflanzung der Stürme im Zusammenhang stände. Der weitere Ausbau dieser Idee hätte ohne Zweifel zu der synoptischen Methode neueren Stiles geleitet und zu rich- tigen Anschauungen über allgemeine atmosphärische Vor- gänge geführt, wären jene nicht durch die glanzvollen Untersuchungen Dove’s überstrahlt worden. Bis noch vor wenigen Jahren waren diese sehr verdienstvollen Arbeiten von Brandes so gut wie nicht bekannt. Die Untersuchungen von Espy, Reid, Redfield, Pid- dington und Thom legten die Gesetzmässigkeit der tropi- *) Ausführlicheres findet sieh in: van Bebber, Handbuch der ausübenden Witterungskunde. Theil I: Geschichte der Wetter- prognose. Theil IH: Gegenwärtiger Zustand der Wetterprognose und Die Wettervorhersage. Sämmtlich bei Enke, Stuttgart. van Bebber. schen Wirbelstürme klar und ihre Versuche, das Gesetz der Stürme in der praktischen Schifffahrt zu verwerthen, waren von so entschiedenem Erfolge gekrönt, dass der Seemann denselben unbedingtes Vertrauen schenkte, wenn es auch einer späteren Zeit vorbehalten war, eine schär- fere Fassung und tiefere Begründung dieser Gesetze zu geben und dadurch ihre Anwendbarkeit zu erhöhen. Ganz riehtig übertrug Dove die die tropischen Stürme charak- terisirende Wirbelbewegung auch auf die Windbewegung in unseren Breiten, indem er behauptete, dass alle Winde, wenigstens für unsere Gegenden, Wirbelwinde seien. In- dessen später gab Dove, seinem neuen Systeme zulieb, diese riehtige Idee auf, wodurch ihm neue Schwierig- keiten entstanden, die Sturmphänomene Jetzt seiner neuen Anschauung anzupassen. So bemerkt Dove im Jahre 1866: „Schliesslich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass eine kartographische Darstellung der Stürme durch isobarometrische Linien ganz mit Unrecht zu der Vorstellung Veranlassung gegeben hat, dass mehr oder minder die Form aller Stürme die der Cyklonen sei. Ein Aequatorialstrom, der in stürmischer Schnelle von Süd- west nach Nordost fortschreitet, erniedrigt in seinem ganzen Verlauf das Barometer und zwar in seiner Mitte am stärksten. In einem senkrechten Querschnitte des Stromes steht daher das Barometer am tiefsten in der Mitte und nimmt nach beiden Rändern hin stetig zu.“ Nachdem in den verschiedenen Ländern Telegraphen- verbindungen eingerichtet waren und diese von den Zei- tungen zur raschen Verbreitung von merkwürdigen Be- gebenheiten benutzt wurden, brachte man auch auffallende Witterungsvorgänge, insbesondere verheerende Stürme, von Verwüstungen begleitete Hagelfälle u. dgl. zur so- fortigen Kenntniss des Publieums. Da man die Fort- pflanzung der Stürme, nach den damaligen Anschauungen über Aequatorial- und Polarströme, gradlinig nach der | Riehtung ihres Wehens dachte, so kam man bald auf den 246 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 25. Gedanken, dass es unschwer sei, einem Sturme, welcher sich an irgend einem Orte Europas zeige, durch den elektrischen Strom voranzueilen und so die vom Sturme bedrohten Gegenden noch rechtzeitig von der herein- breehenden Gefahr zu unterrichten. Diese Idee wurde fast gleichzeitig (1842) von Kreil in Prag und von Pid- dington ausgesprochen. Beide wiesen auf die grossen Vortheile hin, welehe die Schifffahrt aus der Benutzung des Telegraphen zu Sturmwarnungen ziehen könnte und Kreil insbesondere gab Vorschläge zur Organisation eines solehen Sturmwarnungssystems. „Die Wichtigkeit solcher Mittheilungen, sagt Kreil, sieht man freilich in Binnen- ländern nicht so klar ein, als unter seefahrenden Nationen, bei denen das Glück so vieler Familien und das Leben so manchen braven Mannes von der Stunde abhängt, in welcher ein Schiff den Hafen verlässt, oder ihn erreicht. Wenn man aber weder Mühe noch Kosten spart, um sich so bald wie möglich in die Kenntniss eines politischen Ereignisses zu setzen, das sich in fernen Landen zu- getragen hat, blos um durch Kauf und Verkauf an der Börse einige Tausend zu gewinnen oder zu retten, so sollte es auch wohl der Mühe werth sein, Arbeit und Kosten anzuwenden, um-länderverheerende Naturerschei- nungen vorauszusehen und sich dagegen vertheidigen und schützen zu können, insofern überhaupt den schwachen Sterblichen gegen Elementar-Zufälle Vertheidigung und Schutz möglich ist.“ Solche Ideen waren aber bei dem damaligen Stande der meteorologischen Wissenschaft namentlich bei der Unvollkommenheit der Telegrapbie nicht ausführbar und auch ein späterer Vorschlag Kreils (1857) hatte den ge- wünschten Erfolg nicht. Dagegen in den Vereinigten Staaten, wo der Telegraph schon frühzeitig eingeführt und eine grössere Verbreitung erhalten hatte und wo auch die Witterungsverhältnisse hauptsächlich durch. die Arbeiten Espy’s in ihren Hauptzügen bekannt geworden waren und wo Redfield und Loomis (1847) die Natur der amerikanischen Stürme und ihre Fortpflanzung eingehend untersucht hatten, kamen diese Ideen zur Durchführung. Das System der Wettertelegraphie wurde am Ende der 50er Jahre auf Kosten der reich dotirten „Smithsonian Institution“ eingeführt, erfreute sich aber nicht der mate- riellen Unterstützungen durch den Staat und war dann noch auf den guten Willen der Telegraphengesellschaften angewiesen. Mit dem Ausbruche des amerikanischen Bürgerkrieges kam das Unternehmen vollständig ins Stoeken. Erst im Jahre 1870 wurde in Nordamerika ein wettertelegraphisches System geschaffen, welches vom Kriegsministerium verwaltet, mit so reichen Mitteln ausgestattet wurde, dass hierin die meteorologischen Systeme aller Staaten noch jetzt weit zurückbleiben. Ueber die Organisation dieses Systems, welches durch eine auf grossen Mitteln und einer Reihe von ausserordentlichen, tief einsehneidenden Massregeln beruhende, bedeutende Leistungsfähigkeit sich auszeichnet, geben die sehr um- fangreichen Jahrbücher dieses Institutes werthvolle Auf- schlüsse. Sämmtliche Telegraphenlinien sind verpflichtet, dreimal des Tages die erforderlichen Leitungen für den meteorologischen Dienst frei zu halten, die Wettertele- gramme, welche nach redueirter Scala bezahlt werden, sind fast sämmtlich inländische. Die von der Central- stelle in Washington, dem „Signal Service“ ausgehenden Berichte haben durch die Einrichtung des „Cireuit“- Systems (Abschriftnahme an eingeschalteten Zwischen- stationen), sowie durch die. Mitwirkung der Post- und Eisenbahnverwaltungen die rascheste und ausgedehnteste Verbreitung, ohne gerade den Telegraphen übermässig zu belasten. Die Beobachter gehören bis jetzt meistens zur Armee, stehen also unter strammer Diseiplin, sind gut geschult und gut besoldet, sodass eine einheitliche und feste Organisation durchgeführt werden kann. Vom 1. Juli 1891 an wird das Signal Service ganz unter der Leitung des landwirthschaftlichen Departements stehen, wobei die bisherigen militärischen Beamten als Civil- beamten in den Dienst dieses Institutes eintreten werden; selbstverständlich werden hierdurch durchgreifende Aen- derungen im Wetterdienste hervorgerufen werden. In Europa hatte Leverrier den weitverbreiteten und von Verwüstungen begleiteten Sturm vom 14. November 1854, welcher das Heer und die vereinigten Flotten auf dem schwarzen Meere hart bedrängt hatte, im Auftrage des Kriegsministers eingehend untersucht und derselbe gelangte zu dem Ergebnisse, dass dieser Sturm südost- wärts Europa durchquert hatte und bei vorhandener tele- graphischer Verbindung mit der Krim noch rechtzeitig die vom Sturm‘ bedrohte Flotte und Armee gewarnt hätte werden können, sodass es noch möglich gewesen wäre, Vorsichtsmassregeln zu ergreifen. Im Jahre 1855 legte er die Resultate seiner Untersuchung der Akademie der Wissenschaften vor, indem er mit überzeugender Klarheit und aller Entschiedenheit auf die Vortheile hinwies, welche die Landwirthschaft, insbesondere aber die Schifffahrt aus den telegraphischen Wetterberichten ziehen könnte. Im Jahre 1856 begann in Frankreich der wetter- telegraphische Verkehr, zuerst sich auf das Inland be- schränkend, dann aber sich immer weiter über Europa ausbreitend. Die Hafentelegramme, welche zuüächst nur Witterungsthatbestände von französischen Stationen ent- hielten, begannen am 1. April 1860, seit dem August 1863 enthielten sie auch Witterungsaussichten für den folgenden Tag. Dieses System, welches sich in manchen Punkten von demjenigen der Vereinigten Staaten unterscheidet, hat sich nach und nach über ganz Europa ausgebreitet. Im Jahre 1861 war auf den {Britischen Inseln ein Sturmwarnungssystem von Admiral Fitzroy eingerichtet worden, welches zuerst allgemeinen Beifall fand und auch zur weiteren Verbreitung des Sturmwarnungswesens nicht unerheblich beitrug. Allein Fitzroy hatte sich seine Auf- gabe zu leicht gestellt und sich einem gewissen Optimis- mus hingegeben, viele mit grosser Zuversicht ausge- sprochenen Sturmwarnungen waren von Misserfolgen be- gleitet und hierdurch war das Vertrauen des Publieums in bedenklicher Weise erschüttert worden, sodass das Sturmwarnungswesen nach dem Tode Fitzroy’s wenigstens für die ersten Jahre eingestellt wurde. Die sanguinischen Erwartungen, mit welehen man die Sturmwarnungen be- gonnen hatte, wurden aufgegeben und man kam zu der Ansicht, dass zwar die Hilfsmittel beim Sturmwarnungs- dienste unzulänglich seien, aber der Gegenstand für die Praxis eine so ausserordentliche Tragweite habe, dass die wissenschaftlichen meteorologischen Institute sich einer- seits mit der Lösung dieses Problems eifrigst zu beschäf- tigen hätten und andererseits in der wirklichen Aus- führung das zu leisten verpflichtet seien, was nur immer zu erreichen möglich sei. Das sind die Ansichten, welche gegenwärtig bei allen meteorologischen Instituten maassgebend sind und welche einerseits Anerkennung und Vertrauen seitens des Publieums und andererseits eine gedeihliche und segenbringende Entwickelung des Sturm- warnungswesens ermöglichen. Auch in Deutschland fanden die Bestrebungen, den wettertelegraphischen Dienst zum Vortheile der Küsten- bevölkerung zu verwerthen, lebhaften Beifall. Schon. im Jahre 1862 wurden fast gleichzeitig in Preussen für die Östsee, in Hannover, Oldenburg, Bremen und Hamburg für die Nordsee Sturmwarnungen eingerichtet. Während das erstere unter Dove mehr selbständig arbeitete, lehnte sich das letztere unter Prestel mehr den englischen Ein- Nr. 25. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 247 nn —”««___ richtungen an. Mit der Einverleibung Hannovers, 1366, kamen beide Systeme in direkte Berührung mit einander. Beide Systeme hatten indessen aus verschiedenen Gründen, welche theils in dem mangelhaften Material, theils in der ungenügenden Organisation lagen, nicht den gewünschten Erfolg, die vielen Misserfolge liessen das Vertrauen des Publieums zu den Sturmwarnungen nicht aufkommen. Erst mit der Errichtung der Deutschen Seewarte mit ihren Zweigorganen, den Normalbeobachtungsstationen und den Signalstellen, wurde in Deutschland ein Witte- rungsdienst geschaffen, welcher allen Anforderungen ent- sprach, die man in damaliger Zeit an ein derartiges In- stitut stellen musste. Insbesondere wurde das frühere wettertelegraphische Material erheblich ergänzt und er- weitert, in eine zweekmässigere Form gebracht und ein regelmässiger Wetterdienst im Interesse der Sturmwar- nungen und der Wettervorhersage, der man sich jetzt nicht mehr entziehen konnte, eingeführt. Sehen wir nun zu, welches Material der Seewarte zur Lösung ihrer Aufgabe zu Gebote steht, und wie dieses Material verarbeitet und verwerthet wird. Das Gebiet, von welchem täglich der Seewarte Wetter- depeschen zugehen, erstreckt sich einerseits von den Westküsten der britischen Inseln ostwärts bis zur Linie Archangelsk-Charkow und andererseits von den Lofoten, innerhalb des Polarkreises, südwärts bis zur Südspitze Italiens, sodass täglich ein Ueberblick der Witterungs- vorgänge und ihrer Aenderungen über fast ganz Europa ermöglicht ist. Von dem eben genannten Gebiete gehen im Laufe des Vormittags die Beobachtungen von etwa 100 meteorologischen Stationen telegraphisch ein, und zwar von 70 aus dem Auslande und von 30 aus dem Inlande. Am Nachmittage und in der unruhigeren Jahreszeit, von Mitte September bis Ende April, werden noch von einer beschränkten Anzahl Stationen des In- und Auslandes die Beobachtungen von 2 Uhr Nachmittags und S Uhr Abends der Seewarte mitgetheilt, so dass diese im Stande ist, die Witterungsvorgänge fast ununterbrochen auf grösserem Gebiete zu verfolgen. Bei der Bearbeitung des Depeschenmaterials kommt es hauptsächlich darauf an, dass dieselbe systematisch und in möglichst kurzer Zeit stattfindet. Daher ist es nothwendig, dass die Depeschen in ununterbrochener und geordneter Reihenfolge kurz nach der Beobachtung einlaufen und während des Einlaufes gleichzeitig für die verschie- denen Zwecke der Wettertelegraphie, sei es zur Informa- tion oder zur Berichterstattung oder zu Anordnungen von Sturmwarnungen verwendet werden. Die Wetterdepeschen werden nach einem internationalen Schema in fünfstelligen Gruppen ausgefertigt, welchen nach Bedürfniss noch Be- merkungen über aussergewöhnliche Witterungserscheinun- gen beigegeben sind. Der Morgendepesche sind noch die Abendbeobachtungen beigefügt, wenn diese nicht be- reits am Vorabende eingelaufen sind. Die Entzifferung der Depeschen und das Eintragen derselben in die Ta- bellen und in die Wetterkarten ist sehr einfach. So lautete die Berliner Depesche am 31. Mai 1891: 58610, 31197, 60012, 21168, 13600, 25131, 12400. Entziffert: Vorabend S Uhr: Barometer (auf Meeresniveau red.) 758,6, Windriehtung Ostsüdost, Windstärke 3 (schwach. 0—12), Bewölkung 1 (heiter, O—4), Temperatur 19,70 C. Morgens 8 Uhr: Barometer 760,0, Windrichtung Südost, Windstärke 2 (leicht), Bewölkung 1, Temperatur 16,5° C., feuchtes Thermometer 13,6° C., kein Niederschlag, höchste Temperatur in den letzten 24 Stunden 25°, niedrigste 13° G., Cirruswolken. Die letzteren ziehen aus West und zeigen keine Streifung. Die telegraphische Uebermittelung beginnt an der Seewarte um 9 Uhr Morgens Ortszeit und wird mit etwa 1'/,stündiger Unterbreehung bis 41/,; Uhr unterhalten, während der Abenddienst sich auf die Stunden von 8"), bis etwa 9'/, Uhr beschränkt. Etwas nach 10 Uhr sind die inländischen Depeschen, zum Theil auch die auslän- dischen eingelaufen. Nun beginnt sofort die Abgabe der unterdessen fertig gestellten Wetterdepeschen nach den verschiedenen Instituten in dem Maasse, als der jetzt sehr stark besetzte Draht zwischen der Seewarte und dem Haupttelegraphenamte es gestattet. Gewöhnlich zwischen 10 und 11 Uhr kommen die Depeschen nach Paris, Brüssel, Kopenhagen, Petersburg, Stockholm, Utrecht, Wien, Zürich, Magdeburg, Chemnitz, Berlin und Breslau zur Versendung. In der Regel zwischen 11 und 11'/, Uhr langen auch die Depeschen von den britischen Inseln, aus Oesterreich, Frankreich, Finnland und Russland an, worauf dann wieder seitens der Seewarte Telegramme nach Wien, Zürich, Utrecht, Ungarn, Magdeburg, Berlin, Chemnitz, München, Stuttgart, Köln und Karlsruhe abgehen. Die Wettertelegramme aus Italien laufen erst am Nachmittage ein. ” Inzwischen ist fast das sämmtliche Beobachtungs- material in die Arbeits-Wetterkarten eingetragen, jetzt werden die Isobaren und Isothermen oder die Verbindungs- linien der Orte mit gleiehem Luftdrucke und gleicher Temperatur gezogen, nachdem die Tabellen bereits fertigge- stellt sind. Eine wichtige Grundlage sowohl für die Bericht- erstattung als auch für die Beurtheilung der zu erwartenden Witterung bilden die Aenderungskarten für Luftdruck und Temperatur in den letzten 12 bezw. 24 Stunden. Nachdem man aus den verschiedenen Arbeitskarten eine genügende Uebersicht der Witterung und ein Urtheil über die Aenderungs-Tendenz derselben gewonnen hat, wird für die Wettertelegramme an die Deutschen Nord- und Ostseehäfen, sowie für das „Abonnementstelegramm*, welches fast alle grössere Zeitungen Deutschlands be- ziehen, für welch’ beide der tabellarische Theil schon fertig gestellt wurde, eine Witterungsübersicht gegeben und beide Telegramme sofort befördert. Nach kurzer Pause beginnt der Nachmittagsdienst, wobei das einlaufende Material in derselben Weise be- arbeitet wird, wie oben angegeben ist. Nach Eintreffen der wichtigen Nachrichten von den Britischen Inseln wird die Wettervorhersage für den folgenden Tag abgefasst, welehe in den täglichen autographirten Wetterberichten der Seewarte, die bis zu dieser Zeit für den Druck vor- bereitet sind, und durch Anschlag veröffentlicht werden. Der Abenddienst zur Zeit der unruhigeren Jahreszeit verläuft sehr regelmässig, indem die Telegramme mit grosser Pünktlichkeit in ununterbrochener Reihenfolge an- kommen, sodass die Eintragung des Beobachtungsmaterials in die Tabellen und Wetterkarten, sowie die sonstigen dienstlichen Arbeiten verhältnissmässig rasch erledigt sind. Nicht selten, insbesondere in der kälteren Jahreszeit, wird der regelmässige Wetterdienst durch die, eine Ver- mehrung des Depeschenverkehrs bedingende, Ausgabe von Sturmwarnungen erheblich modifieirt, so dass eine Aus- dehnung des Dienstes über die normale Dienstzeit und eine Verspätung der von der Seewarte ausgehenden Depeschen nicht vermieden werden kann, da Sturmwarnungen in der Beförderung unbedingt bevorzugt werden müssen. Die Zwecke und Ziele, welche sich bei der Pflege der ausübenden Witterungskunde die verschiedenen wetter- telegraphischen Systeme setzten, zeigen je nach den Be- dürfnissen der einzelnen Länder mannigfache Unter- schiede und so müssen in den Wegen zur Erreichung dieser Zwecke manche Verschiedenartigkeiten herrschen. Indessen kann man im Allgemeinen eine dreifache Rich- tung in der Verwerthung des Depeschenmaterials bei 248 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 25. allen Systemen deutlich erkennen, welche in den einzel- nen Ländern nur den Unterschied zeigen, dass die eine oder andere Richtung mehr in den Vordergrund tritt, oder grössere oder geringere Modificationen erleidet. Diese Richtungen sind: 1) Berichterstattung an das Publicum über thatsächliche Witterungszustände auf grösserem Ge- biet, 2) Muthmaassungen über das für die nächste Zeit wahrscheinlich zu erwartende Wetter und Mittheilungen darüber an das Publicum, also Sturmwarnungen und Wetterprognosen und 3) Sammlung von Erfahrungen und Bereicherung unserer Kenntnisse auf dem Gebiete der Wettertelegraphie, also auch Ausbau der ausübenden Witterungskunde, insbesondere der Wettervorhersage. (Fortsetzung folgt.) Ueber den Drehschwindel bei Thieren. Von Dr. Karl L. Schaefer. Für das Studium und physiologische Verständniss der Bewegungsempfindungen ist es von fundamentaler Bedeutung, die subjeetiven Wahrnehmungen und das ob- jeetive Verhalten passiv in gerader Linie oder im Kreise bewegter Menschen und Thiere während und unmittelbar nach der Bewegung zu untersuchen. Derartige Experi- mente sind zahlreich angestellt worden und haben, zu sehr interessanten Ergebnissen geführt. Es sei gestattet, hier eine gedrängte Uebersicht derselben folgen zu lassen, und im Anschluss daran über einige neue Versuche auf diesem Gebiete zu berichten, die für die vergleichende Physiologie nicht ganz ohne Werth sein dürften. Die wichtigsten Erscheinungen am Menschen sind folgende. 1. Bei einer passiven, progressiven, d. h. ge- radlinigen Bewegung ist man auch unter Ausschluss aller etwaigen Hülfsmittel, wie Gesichtswahrnehmungen, Tast- empfindungen, Luftströmungen u. s. w. im Stande, ganz genau den Moment des Beginns, die Riehtung und un- sefähre Geschwindigkeit einer Bewegung anzugeben. 2. Von Rotationsbewegungen gilt ganz das Nämliche. 3. Man hat bei Verminderung der Geschwindigkeit einer Rotationsbewegung und in noch höherem Grade bei plötzlicher Arretirung das Gefühl, in entgegengesetztem Sinne gedreht zu werden. 4. Beim Aufhören einer Pro- gressivbewegung fehlt ein analoges Gefühl von Rück- wärtsbewegung. Die bisher daraufhin geprüften Thiere zeigen alle auf der horizontalen Drehscheibe das nachstehende Ver- halten. Sobald die Drehung beginnt, wird der Kopf in dem der Rotation entgegengesetzten Sinne verdreht. Wird also das Versuchsthier beispielsweise so auf die Centrifugalscheibe gesetzt, dass seine Längsaxe mit einem Radius zusammenfällt, und alsdann nach rechts rotirt, so bleibt der Kopf nach links zurück. Steht die Längsaxe senkrecht zum Radius, so wendet sich, wenn das Thier mit dem Kopf voran gedreht wird, dieser vom Centrum weg nach aussen; dagegen nach dem Centrum hin, wenn Rückwärtsdrehung vorgenommen wird. Diese Kopf- wendung ist absolut constant und bleibt während der ganzen Dauer des Versuches bestehen. Nicht so ganz regelmässig geschieht es, dass das Thier zugleich mit der Rotation anfängt, im entgegengesetzten Sinne der Drehung am Rande der Scheibe entlang immer im Kreise herum- zulaufen. Ferner neigen sich die Thiere ebenso wie die Menschen, sie mögen nun der Drehung entgegenlaufen oder nicht, mit dem Oberkörper schräg nach innen, der Rotationsaxe zu und zwar um so stärker, je rascher die Bewegung. In dem Momente, wo die Rotation aufhört, beginnen die Thiere meist stürmisch, dieselbe activ fort- zusetzen und ein getreues Abbild der passiven zu pro- dueiren. Hatten sie sich im Radius der Scheibe be- funden, und war der Kopf dem Centrum zugekehrt oder im Centrum selbst gewesen, so erfolgt die sogenannte Uhrzeigerbewegung, d. h. das Thier steht mit den Vorder- beinen fest auf dem Boden und die Hinterfüsse führen den Körper im Kreise um diese als Axe herum. Waren die Hinterfüsse im Centrum gewesen, so bleiben diese in Ruhe und die Vorderextremitäten besorgen die Rotation. Hatte man das Versuchsobjeet längs der Peripherie auf- gestellt, so läuft es nachher fortwährend im Kreise um eine imaginäre Axe — dies die sogenannte Manegebewe- gung. Auch ist es gleich, um welche Axe des Thieres die Drehung stattfand, sie wird immer um diese weiter fortgesetzt; war z. B. das Thier um seine Längsaxe oder um eine dieser parallele gedreht, so wälzt es sich nachher fortwährend um seine Längsaxe: Rollbewegung. — Diese Zwangsbewegungen kommen nicht immer sehr deutlich zum Ausdrucke; es ist dazu jedesmal eine ganz be- stimmte Dauer und Intensität der Rotation nöthig. Stets aber bildet den Schluss der Reaction auf die passive Drehung ein Hin- und Herpendeln des Kopfes von einer Seite zur andern, welches dann nach einer Weile von oseillirenden Augenpewegungen überdauert zu werden pflegt. Die hier beschriebenen Versuchsergebnisse beziehen sich nun lediglich auf Wirbelthiere, welche so ziemlich ausschliesslich zu diesen Untersuchungen benutzt worden sind. Dafür hat man dieselben aber auch nach Möglich- keit auf alle Vertreter der grossen Classe der Verte- braten ausgedehnt und kann mit Fug und Recht be- haupten, dass die Zwangsbewegungen während und nach der Rotation eine auf alle Wirbelthiere sich erstreekende gesetzmässige Erscheinung repräsentiren. Wie verhalten sich nun aber Wirbellose gegenüber passiven Bewegungen ? Die ersten Experimente, die ich im Interesse der Lösung dieser Frage selbst anstellte, bezogen sich auf Krebse, Inseecten, Spinnen und Regenwürmer, welch letztere sich indessen wegen ihrer unauthörlichen Spontan- bewegungen als vollkommen ungeeignete Objeete er- wiesen. Die Krebse boten trotz zahlreicher und so viel als möglich variirter Versuche nichts dar, was man als eine Reaction auf die passiven Bewegungen hätte an- sehen können; insbesondere war nie von nachträglichem Schwindel etwas zu bemerken. Was Insecten und Spinnen anlangt, so waren die bisherigen Resultate zwar nicht gänzlich negativ, jedoch trat nur selten und offen- bar blos unter bestimmten, noch nicht genau zu präci- sirenden Versuchsbedingungen ein Einfluss der Drehung auf das eigene Verhalten des Thieres mit einiger Deut- lichkeit zu Tage. Von einer die Rotation überdauernden Wirkung war übrigens auch hier nie die Rede. Wäh- rend aber hier noch eine genauere Nachprüfung der massgebenden Verhältnisse nöthig ist, ehe ein abschliessen- des Urtheil gefällt werden kann, lässt sich über das Verhalten von Schnecken auf der Drehscheibe mit aller Sicherheit Constatirtes berichten. Der Radius der kleinen, zu den betreffenden Ver- suchen dienenden Drehscheibe betrug etwa 10 em. Da- bei wurde zunächst folgende Versuchsanordnung gewählt. Nr. 25. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 249 Die Position der in die Mitte zwischen Peripherie und Centrum aufgesetzten Schnecken war die, dass jedesmal der Leib vor der Rotation eine genau gerade Linie bildete und seine Längsaxe mit einem Radius zusammen- fiel. Der Kopf war der Peripherie zugekehrt. Bei jedem Versuche kam ein frisches Exemplar zur Verwendung und es wurden immer nur wenige, langsame Drehungen, zunächst im Sinne des Uhrzeigers, also von links nach rechts ausgeführt. Von 100 so Behandelten drehten nun 54 den Kopf der Drehrichtung entgegen; von dem Rest wurden etwa 3 so gut wie gar nicht affieirt, die übrigen wandten den Kopf im Sinne der Rotation. Als aber dann die letzteren noch einmal geprüft wurden, kehrten auch von ihnen die meisten den Kopf gegen den Uhr- zeiger. — Von 100 anderen, umgekehrt wie der Uhr- zeiger Gedrehten, wandten 74 den Kopf gegen die Dreh- richtung, nur 4 blieben unbeeinflusst, der Rest, welcher aus äusseren Gründen nicht zum zweiten Male zur Unter- suchung herangezogen werden konnte, richtete den Kopf im Sinne der Rotation. Die Frage, wie die Schnecken sich verhalten wür- den gegenüber einer unter sonst gleichen Umständen mehrere Minuten lang fortgesetzten Rotation, fand folgende Lösung. Von 40 in dieser Richtung Geprüften zeigten 2 gar keine Reaction. Die Mehrzahl der anderen in- dessen kehrte sich völlig um — der Kopf sah also auch hier anfangs nach der Peripherie —, kroch geraden Weges auf das Centrum zu, wand sich an dem hier zur Fixation der Drehscheibe angebrachten Schraubenknopf in die Höhe und fing an, ihn immer entgegen der Dreh- richtung zu umkreisen. Einige zogen es dagegen vor, statt auf das Centrum zu, immer an dem Rande der Scheibe entlang der Drehung entgegen zu kriechen, und ein dritter Theil endlich combinirte gewissermassen diese „beiden Bewegungsarten und näherte sich in einer Spirale dem Mittelpunkt der Scheibe. — In der Richtung der Rotation bewegte sich. keine einzige. Ebensowenig konnte nach dem Versuche etwas dem Drehschwindel der Vertebraten Aehnliches beobachtet werden. Es wäre nun nicht schwer, das verschiedene Ver- halten der Schnecken auf der Drehscheibe unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen, nämlich Flucht- bewegungen darin zu suchen. Active Bewegung der Drehriehtung entgegen setzt die Geschwindigkeit herab; Annäherung an das Centrum vermindert die Wirksamkeit der Centrifugalkraft. Auf beide Arten ist es also mög- lich, eine unangenehm empfundene passive Rotation bis zu gewissem Grade zu annulliren. Mit Rücksieht auf die Resultate der länger dauernden Rotationsversuche könnte man hiernach auch die Kopfwendung entgegen oder zum kleineren Theile mit der Drehriehtung, die sich in der ersten Versuchsreihe ergab, als Einleitung zu einer com- pensirenden Ortsveränderung des ganzen Körpers auf das Centrum zu auffassen. In der That ist von den meisten Autoren dem, wie wir sahen, sehr ähnlichen Verhalten der Vertebraten auch eine ähnliche Deutung zu Theil geworden. Die Kopfwendung vom Centrum weg, von der oben die Rede war, erklärte man für den ersten Schritt zu einem völligen Sieh-Umdrehen und der Rotation Entgegenlaufen zu dem Zwecke, dadurch die. unbequeme Bewegung zu paralysiren. Zu den Zwangsbewegungen nach der Ro- tation, d. h. also zur activen Fortsetzung derselben sollten die Thiere durch das Bestreben veranlasst wer- den, das — beim Menschen ja sehr deutlich vorhandene — Gefühl der scheinbaren Rückwärtsdrehung zu com- pensiren. öine solche Auffassung darf indessen mit Recht als gewagt bezeichnet werden. Einmal machen überhaupt die hier in Frage kommenden Compensationsbewegungen, so z. B. auch die Neigung der Längsaxe gegen das 'entrum während einer Manegebewegung, also etwa bei Gelegenheit der bekannten Turnübung des Kreislaufens, bei scharfer Selbstbeobachtung ganz entschieden den Eindruck des Nichtbeabsichtigten, Unwillkürlichen, Re- fleetorischen. Alsdann ist es aber offenbar ein fundamen- taler Fehler, unsere Fähigkeit und Weise des Wahr- nehmens, Vorstellens, Wollens so ohne Weiteres auf be- liebig niedere Stufen der T'hierwelt zu übertragen. Im engen Anschluss an die exacten Naturwissenschaften nimmt vielmehr die Psychologie mit immer wachsender Bestimmtheit auch für die psychischen Vorgänge eine stetige Entwieklung aus primitivsten Uranfängen an, wie für das anatomisch-physiologische Substrat derselben, den lebenden Organismus, selbst. Sie ist auf dem besten Wege, sich völlig von der älteren Idee zu emaneipiren, dass allen Spontanbewegungen irgend eines Lebewesens den unserigen conforme, aus Wahrnehmungen, Ueber- legungen, Trieben entspringende Willensaete als Ursache zu Grunde liegen müssten. Dass speciell auch für die Erklärung der Zwangs- bewegungen der Vertebraten eine solche Annahme ganz überflüssig ist, glaube ich semer Zeit in einer grösseren Untersuchung über Bewegungsempfindungen (Pflügers Archiv f. Physiol. Bd. 41. S. 566 ff.) gezeigt zu haben. Von ähnlichen Gesichtspunkten aus, wie sie dort aufge- gestellt worden sind, auch das ähnliche Verhalten der Schnecken auf der Centrifuge verständlich zu machen, dürfte nicht schwer fallen. Hier sollte indessen vorerst nur über die experimentellen Thatsachen berichtet werden, Bakteriologisches über die Influenza. — Als die Influenza im Winter 1859/90 in seuchenhafter Ausbrei- tung ihren Zug über den Erdball machte, kamen die Aerzte in ihrer grossen Mehrheit allenthalben zu der Ueberzeugung, dass es sich um eine exquisitirte In- fektionskrankheit handeln müsse, deren Keime mit überraschender Schnelligkeit sich zu verbreiten ver- mochten. Ebenso allgemein gab man auch der Hoffnung Ausdruck, dass es der Bakteriologie, dieser jetzt gerade auf ihrem Zenithe stehenden leistungsfähigen Wissen- schaft, gelingen werde, den bakteriellen Krankheits- erreger zu finden. Die Epidemie ist vorübergezogen — und die Influenzabakterie ist nicht gefunden worden. Dieses ist das leider wenig befriedigende Resultat unend- licher Mühe und Arbeit, die an die Erreichung des er- strebten Zieles gesetzt worden ist. An Versuchen, die Influenzabakterie vor aller Welt bloszustellen, hat es nicht gefehlt; es ist eine wahre Jagd auf sie ge- macht worden in allen .eivilisirten Ländern der Erde, in denen sie in ihren Folgen bemerkbar wurde. Einiger- massen erschwert wurde die Suche nach dem speeifischen Erreger der Influenza durch den Umstand, dass die Erkrankung nur selten rein, meist mit anderen Er- krankungen, hauptsächlich der Lungenentzündung eom- plieirt war, so dass in vielen Fällen, in denen überhaupt Mikroorganismen gefunden wurden, dieselben nicht mit Bestimmtheit als die Erreger der Influenza angesprochen werden konnten. Die Mehrzahl der Beobachter haben aber überhaupt keinen neuen Mikroben aufgefunden, sondern verschiedene schon bekannte Bakterien, die als Erreger anderer Krankheiten gelten. Im Folgenden wollen wir eine kurze Zusammenstellung der bisher veröffent- ‘ 250 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 25. ms °_ se... nee liehten Untersuchungsergebnisse, soweit sie uns zugäng- lich waren, geben. Schon vor einer Reihe von Jahren hat der Würz- burger Privatdocent Dr. Seifert bei Gelegenheit einer früheren nicht weit ausgebreiteten Influenzaepidemie im Auswurfe von Influenzakranken Coccen fand, die einzeln oder zu zweien, am häufigsten aber in Ketten auftraten. Beim Ausbruch der jüngsten Epidemien theilte Professor Ribbert in Bonn als Erster schon im Januar 1890 bakteriologische Beobachtungen über die Influenza mit, in ihrem Resume dahin lautend, dass er bei acht Kranken, von denen sechs gleichzeitig eine Lungenentzündung hatten, sowohl im Auswurf als auch nach dem Tode derselben in den Lungen selbst einen Streptocoeeus fand, den er einerseits mit dem Seifert’schen Mikroben, andererseits mit den gewöhnlichen Eitererregern für identisch hält. kibbert ist geneigt, den Streptococeus als den Erreger der Influenza zu betrachten. Diese Auffassung theilt auch Prof. Finkler (Bonn), der den Eitereoeeus im Lungenauswurf, im Mittelohrsekret, auch sogar im Milz- blut von Influenzakranken fand und zwar diesen stets nur allein und in allen Fällen. Finkler betrachtet ihn deshalb als das specifische Krankheitsgift. Dieselben Befunde hat ein französischer Forscher gehabt, ohne daraus die gleichen Schlussfolgerungen zu ziehen. — Aus der Leyden’schen Klinik in der Berliner Charite theilte Bein mit, dass er im Auswurf, sowie in dem punktirten Rippenfellsack-Erguss Diplocoecen allein oder neben diesen noch Strepto- und Stachylocoeeen oder schliesslich auch eine dieser beiden letzteren Gruppen allein gefunden habe. Dieselben Befunde hatte er bei der Untersuchung von Leichen. Die Diplococeen sollen nicht identisch, aber nahe verwandt den Fränkel’schen Pneumoeoecen, welche als die Erreger der Lungenent- zündung gelten, sein. Im Körperblut konnte Bein nie- mals Mikroorganismen finden. Bein betrachtet keinen der von ihm gefundenen Mikroben als specifisch. Zu ganz denselben Beobachtungen und Schlussfolgerungen kam der Italiener Sienna, der die Diplo- und Strepto- eoceen nur als die Erreger der gleichzeitig mit der In- fluenza aufgetretenen Katarrle gelten lassen will. Der Engländer Fraser fand im Auswurf von Influenzakranken den Friedländer’schen Pneumocoeeus, Weichselbaum (Wien) den Fränkel’schen Pneumococeus, dem er indess auch nur die Bedeutung einer secundären Infection zu- schreibt. Mosler und Löffler in Greifswald fanden Streptococcen und theilen Ribbert’s Auffassung. Schliess- lieh fand Kirchner (Hannover) einen Diploeoceus, der nicht identisch mit den Pneumocoeeen, auch nieht mit den Eitercoecen, aber seiner biologischen Eigenschaftent wegen dem Seifert'schen Mikroben sehr ähnlich sein soll. Keiner der genannten Forscher hat bei dem von ihm entdeckten Mikroben die drei Bedingungen er- füllt gesehen, welche Robert Koch zur Anerkennung eines Mikroorganismus als speeifischen Krankheitserreger for- dert: nämlich 1. dass der Mikroorganismus in allen Fällen der Krankheit sich findet, 2. bei keiner anderen Krank- heit vorkommt und 3. auf Thiere verimpft diese Krank- heit wiedererzeugt. Sind schon die beiden ersten Forde- rungen nur bei wenigen Untersuchungen erfüllt gewesen, so ist dritte Beweis bisher Keinem gelungen, und so lange ist auch keine Mikrobe als Influenzacoceus anzu- erkennen. Zu einem von den übrigen Versuchsergebnissen weit abliegendem Resultate kam Klebs in Zürich, Er fand im Blute (!) der Kranken wie der Leichen kleine monadenartige Gebilde von lebhafter amöbider Bewegung, die zum Theil kugelig, zum Theil länglich waren, mit Geisseln versehen, und entweder im Blute lagen oder an die rothen Blutkörperchen angeschmiegt oder auch innerhalb derselben meist zu mehreren zuweilen sogar massenhaft neben einander. Diese Gebilde, welche Klebs als Flagellaten anspricht, wirken auf Thiere übertragen fiebererregend. Dieser Befund ähnelt denjenigen sehr, welehe man neuerdings vielfach im Blute von Malariakranken (vergl. „Naturw. Wochenschr.“ 1890 No. 32) gemacht hat. Es erscheint nach dieser jetzt fast schon allgemein aner- kannten Beobachtung zweifellos, dass man als die Ur- sache mancher Krankheiten ganz vergeblich bakterielle Erreger sucht und sie vielleicht eher in den Reihen der Protozoen, zu denen auch das Malariaplasmodium gehört, finden wird. Vielleicht wird die niedrigste Thierwelt als Krankheitserregerin in Zukunft dieselbe Bedeutung haben als gegenwärtig die niedersten pflanzlichen Wesen. Die Syphilis, der Krebs, die Pocken u. a. bieten in dieser Hinsicht noch ein reiches Arbeitsfeld dar. In Bezug auf die Influenza aber wünschen wir, dass England und Amerika, die ja jüngst schon wieder von der Epidemie durchseucht worden sind, glücklicher sein mögen in der Suche nach dem Seuchenerreger, als es der Continent gewesen ist. Dr. med. Albu. Für eine neue Gewinnung von Sauerstoff aus atmosphärischer Luft hat E. Peitz ein Patent er- halten. Sein Verfahren besteht, wie wir den „Neuesten Erfindungen und Erfahrungen“ entnehmen, in folgendem. Ein Gemisch von Bleioxyd und Kalk wird zunächst in einer Retorte im Luftstrome geglüht und dadurch Sauer- stoff aufgenommen. Die Temperatur, bei welcher die Aufnahme am vollständigsten ist, liegt bei sehr heller Rothgluth. Wenn man bei dieser Temperatur Luft über das glühende Plumbat leitet, so wird derselben der Sauerstoff bei genügend langer Schichte entzogen und reiner Stickstoff entweicht. Lässt man jetzt die Tem- peratur in der Retorte auf dunkle Rothgluth sinken und leitet Kohlensäure über das gebildete Plumbat, so erhitzt sich der dem Einströmungsrohre zunächst liegende Theil des Plumbats in Folge der eintretenden Reaction höher und man kann das Fortschreiten der Kohlensäure an dem allmäblichen Vorrücken der helleren Glühzone beobachten. Zugleich tritt am anderen Ende der Retorte Sauerstoff auf, welcher frei von Kohlensäure ist. Der erste Process ist folgender: 2Ca0 +PbO +0=Ca,Pb O,; der zweite Process: Ca, Pb O0, +2C0,—2CaC0,+-PbO--0. Die schliesslich auftretende Kohlensäure kann vom Sauerstoff sehr leicht durch die bekannten Absorptionsmittel ge- trennt werden, aber man unterbricht besser die Sauer- stoffentwicklung in dem Augenblicke, in welchem sich die Kohlensäure, an dem der Einleitungsstelle derselben entgegengesetzten Theile neben dem Sauerstoff zu er- kennen giebt. Das in der Retorte nach Austreibung des Sauerstoffs verbleibende Gemisch von Carbonaten und Oxyden wird sofort wieder auf starke Rothgluth gebracht und mit Luft oder zur beschleunigteren Austreibung der Kohlensäure mit einem Gemenge von Luft und Wasser- dampf behandelt. i Die Constanten des Sonnensystems. — Bei der Be- stimmungirgend einer der fundamentalen Constanten unseres Sonnensystems — z. B. derjenigen der Aberration oder der Sonnenparallaxe — wird unser Bestreben naturgemäss darauf gerichtet sein, solche Beobachtungsmethoden zu wählen, aus denen die gesuchte Grösse möglichst rein und für sich allein erhalten werden könne. Aber es ist auch ein ganz berechtigter Gedanke, einmal darauf hin- zuweisen, dass alle jene Constanten mit einander zusammen- hängen. So ist z. B. auch dem Niclht-Astronomen aus Nr. 25. jedem elementaren Lehrbuch der Physik die gegenseitige Abhängigkeit der Constanten der Sonnenparallaxe und derjenigen der Aberration sicher bekannt, bezw. jederzeit leicht ersichtlich. Aber die Sonnenparallaxe steht noch ferner, um nur einiges anzuführen, in ganz direetem Zu- sammenhang mit der Parallaxe des Mondes, mit den Con- stanten der Präcession und Nutation, der sogenannten parallactischen Ungleichheit in der Mondsbewegung, einer vom Monde herrührenden Ungleichheit in der Bewegung der Erde, den Massen von Erde und Mond, namentlich auch mit dem Verhältniss der Sonnen- und Mond-Tiden, und endlich auch noch, durch die Aberrationsconstante, mit der Geschwindigkeit des Liehtes und also auch der sogenannten Lichtgleichung. Professor W. Harkness, vom United States Naval Observatory, hat nun die ganz enorme und staunenswerthe Arbeit unternommen, die gesammten Constanten des Systems im Zusammenhang, also mit Rücksicht auf ihre gegenseitigen Abhängigkeiten nach der ' Methode der kleinsten Quadrate zu bestimmen. Bei der Ableitung der Bestimmungsgleichungen für die wahr- scheinlichen Werthe der Constanten hat Herr Harkness ein ausserordentlich umfangreiches Material astronomischer, geodätischer, Schwere- und Tiden-Beobachtungen benutzt, welches sich insgesammt auf einen Zeitraum von mehr als 200 Jalıren erstreckt. Dabei hat der Verfasser auch peinliche Rücksicht auf Discussion aller möglichen Fehler- quellen genommen. Die erreichten Resultate sind die folgenden: Aequatorialhalbmesser der Erde: 3963,124 = 0,078 engl. Meilen 6377,83 =0,13 km Polarhalbmesser der Erde: 5949,922 == 0,062 engl. Meilen 6356,71 +0,10 km Erdquadrant: 10001816 # 125,1 m Abplattung der Erde: oder oder 1 500,205 =E 2,964 Elliptieität (e?) der Erde: 0,006 651018 Mittlere Dichtigkeit der Erde: 5,576 =E 0,0016 Dichtigkeit der oberflächlichen Schichten: 2,56 == 0,16 Länge des Seceundenpendels in der geogr. Breite p: 39,012540 -+- 0,203268 sin ?y engl. Zoll 0,9909 -+ 0,0053 sin ?p Meter Beschleunigung der Schwere in der geogr. Breite g: 32,086528 # 0,171293 sin °y engl. Fuss IT7I98 =0,0522 sin ”?p Meter Länge des siderischen Jahres: 3654 6% 9m 95.314 Länge des tropischen Jahres (Epoche 1850): Se 365.4 54 48m 465,069 — 0%,53675 e — on) Länge des siderischen Monats (Epoche 1800): oder oder Einbau | nenn 274 7" 43m 11,524 — 05,02267 (= — ) Länge des synodischen Monats: ra [t — 1800 294 121 44m 2°, 841 — 0+,02652 Sr ) Länge des Sterntags: 36 164>,09965 mittlere Sonnenzeit Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 251 Verhältniss der mittleren Bewegungen von Sonne und Mond: 0,074801 329 Sonnenparallaxe: 8",50905 = 0",00567 Mittlere Entfernung der Erde von der Sonne: 92796950 & 59715 ‚engl. Meilen 149,335 # 0,095 102 Mill. Kilometer Exeentrieität der Erdbahn: 0,016 771049 oder Mondparallaxe: 342251210-2.0012533 Mittlere Entfernung des Mondes von der Erde: 238854,75 & 9,916 engl. Meilen 354400 = 1,2 Kilometer Excentrieität der Mondbahn: oder 0,054. 899 720 Neigung der Mondbahn gegen die Ekliptik: 5° 8’ 43" 3546 Constante der Aberration: 20” 45451 = 0",01258 Zeit, welehe das Lieht zur Zurücklegung der mitt- leren Entfernung der Erde von der Sonne gebraucht: 498,005 95 = 0:,30834 Geschwindigkeit des Lichtes: 186337 # 49,722 engl. Meilen 299873 # 80,019 Kilometer. Der Kreis der von Herrn Harkness bestimmten Con- stanten ist, wie oben schon erwähnt, noch bedeutend grösser. Ich habe nur diejenigen angeführt, deren Be- deutung allgemeiner bekannt ist. Herr Harkness erörtert noch die Wege, welehe zu immer weiterer Verbesserung der erhaltenen Werthe der Constanten einzuschlagen sind. Was die Sonnenparallaxe anbetrifft, so wird man zu deren Bestimmung noch mehr als bisher die Beobachtung geeigneter kleiner Planeten heranziehen, während anderer- seits auch die im nächsten Jahre stattfindende Opposition des Mars für besagten Zweck von grosser Bedeutung ist. Die Constante der Aberration wird namentlich bei der von Dr. F. Küstner, Observator an der Sternwarte Berlin, angegebenen Methode mit grosser Schärfe erhalten wer- den. Endlich wird man durch eorrespondirende Meridian- beobachtungen des Mondes auf der nördlichen und süd- lichen Halbkugel einen genaueren Wertli der Mond- parallaxe ableiten. Gravelius. oder Ueber den wissenschaftlichen Theil des IX. deut- schen Geographentages in Wien vom 1.—3. April bringt G. Kollm in den Verh. der Gesellschaft für, Erd- kunde zu Berlin einen ziemlich langen Bericht, dem wir das Folgende entnehmen: Ueber magnetische Landesvermessungen hielt Geh. Admiralitätsrath Neumayer, der Direetor der Deutschen Seewarte zu Hamburg, den ersten Vortrag bei dem er an das anknüpfen konnte, was er vor zwei Jahren auf dem Berliner Geographentag über das gegenwärtig vorliegende Material für erd- und weltmagnetische Forschung gesagt hatte. Nach dem angeführten Berichte hatte der Vortrag folgenden Inhalt: Es hat sich ‚herausgestellt, dass die Gaussische Theorie sich durch die vorhandenen Beobachtungen nieht so weit stützen lässt, um in allen Fällen eine genaue magnetische Orientirung zu verbürgen. Die Mannigfaltig- keit der Factoren, welche auf die Aeusserungen der erd- magnetischen Kraft im einzelnen Fall Einfluss haben, ist eben zu gross. Wir kennen deshalb den wahren Verlauf der Linien gleicher magmnetischer Elemente (Isogonen, Isoklinen, Isodynamen) bisher nur unvollkommen. Es giebt besonders einige Gebiete, in denen diese Linien 252 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 25. sonderbare Formen aufweisen, für noch keine Erklärung haben. das untere Lenagebiet und die Gegend von Batavia. Man hatte geglaubt, in der geologischen Beschaffenheit des Untergrundes eine Erklärung finden zu können, indem man annahm, dass den Bruchlinien elektrische Ströme folgten, doch "hat sich diese besonders von Naumann für Japan vertretene Annahme in andern Ländern nicht be- stätigt. Um zu einem Resultat zu gelangen, ist es vor Allem erforderlich, dass alle Beobachtungen” nach gleichem Prineip angestellt werden. Hierin den Weg gezeigt zu haben, ist das Verdienst der Engländer, die für ihr Land bereits drei magnetische Vermessungen durchgeführt haben. Aber auch in Deutschland, Oesterreich- Ungarn, Frankreich ist viel für die Ver vollkommnung der Beobachtungsmethode gethan. Die Aufgaben, die sich der Wissenschaft über ein wichtiges Gebiet der Geophysik hier bieten, sind so gross, dass nur. bei einem umfassenden, einheitlichen Vor- gehen der Forschung in den verschiedenen Kulturländern Aussicht auf Erfolg "vorhanden ist. Es würde von hohem Werth sein, wenn es gelänge, auch für die erdmagnetische Forschung "hinsichtlich der Methoden, der Diskussion der Beobachtungen, der Veröffentlichungen und der Kon- struktion der Karten eine internationale Einigung zu er- zielen. — Von praktischer Bedeutung ist die Kenntniss des Verlaufs der magnetischen Linien vor Allem für die Schifffahrt, die an allen Orten nieht nur den Verlauf der- selben, sondern auch die Störungen der magnetischen Elemente kennen muss. Doch auch für die Elektrotechnik ist die Sache wichtig: der Techniker muss die magneti- schen Strömungen und deren Einfluss auf seine Instru- mente kennen. Die Formen der Landoberfläche bildeten Gegenstand eines zweiten Vortrags, A. Penck-Wien hielt. Er geht von der bekannten Thatsache aus, dass das Land im Allgemeinen sich gleichsinnig zum Meere ab- dache; nur etwa 5 pCt. der Landoberfläche. weist solehe Formen auf, aus denen man nicht herausgelangen kann, ohne bergan zu wandern. Solche Gebiete ungleichsinniger Abdachung kann man „Wannen“ nennen. Die Gebiete gleichsinniger Abdachung umfassen alles Land, das na- türliche oberflächliche Entwässerung besitzt; sie kenn- zeichnen das Antlitz der Erde: es sind entweder Ebenen oder Thallandschaften. Ob letztere zu einem Hoch- oder zu einem Mittelgebirge gehören, entscheidet wesentlich die Tiefe der Thäler, nicht die absolute Höhe. — Die Form der Wannen ist mannigfaltig, von ganz flacher Aus- dehnung (Thalwannen) bis zur triehterförmigen Gestalt der Dolinen in den Karstländern. Während bei den Thal- landschaften die Thäler zusammenhängen und das Land immer in einzelne gesonderte Gebiete zerschnitten wird, bilden bei den Wannenlandschaften die Wannen das Isolirte, das umgebende Land das Zusammenhängende. Wenn nun neunzehn Zwanzigstel der Erdoberfläche gleich- sinnige Abdachnng zeigen, so müssen dabei bestimmte Kräfte thätig gewesen sein, die bei der Wannenbildung aussetzten. Diese Kräfte wirken entweder im Innern oder auf der Oberfläche der Erde. Die Thätigkeit der ersteren ist bekannt; zu den letzteren gehören die Verwitterung, der Massentransport des Gesteins durch Flüsse und Gletscher, der Wind. Aus einer eingehenden Betrachtung der Thätigkeit aller Kräfte ergiebt sich, dass Wannen- bildung sich allenthalben da findet, wo das Regenwasser nicht abfliesst, wo vielmehr wasserdurchlässige Steine den Regen verschlucken; da ist das Land ungleichsinnig ab- geböscht und voller Wannen. festen Landschollen in Kentucky, Tenessee, Nord-Russ- land, wie von der leichtbeweglichen Kruste in den Karst- deren Verlauf wir Solche Gebiete sind z. B. den den Professor Dr. Dies gilt sowohl von den gebieten. Alle regenarmen, Gebiete sind ferner reich an Wannenbildung (Wüstenländer). Das rinnende Wasser auf der Oberfläche vermag wohl auch Wannen zu bilden, im Grossen und Ganzen ist es aber dieser Formation feindlich. Wird ein Wannenland vom Wasser überspüilt, so erlöschen seine Wannen; es entstelien Flussseen, die Wannen werden allmählig durch Anschwemmungen aus- gefüllt und zum Gefällsland übergeführt.. Die Seen- regionen Amerikas, Afrikas, Russlauds sind Uebergangs- gebiete zwischen echten leeren Wannen und Gebieten gleichsinniger Abdachung. Die an leeren Wannen reichen Wüstengebiete sind umspannt mit einem Gürtel von Süss- wasserseen; andererseits sind die Gletschergebiete damit umkränzt. Hier müssen bedeutende Klimaveränderungen eintreten, damit das Land gleiehsinnige Abdachung er- lange. Zu den so geschaffenen tektonischen Formen der Erdoberfläche treten die aufgesetzten, bezw. eingelagerten Formen, die durch die Massentransporte der Flüsse ent- stehen. Erst aus der Erkenntniss dieses Formenbildes unserer Erdoberfläche lernen wir in der Structur der Erd- kruste wie in einem Antlitz lesen. (Forts. folgt.) P. Ueber den Bau des Nordostseecanals hat Wirkl. Geheimer Ober- Baurath Baensch im „Centralblatt der Bauverwaltung“ kürzlich eine längere Auseinandersetzung gegeben. *) In derselben bespricht er zunächst die Durch- bauung der ausgedehnten, in den Canalstreeken gelegenen Moore mit Hülfe_ seitlicher Sanddämme, die später die Ufer des Canals bilden. Es war da den ausführenden Ingenieuren eine in der That recht schwierige Aufgabe gestellt, da das Moor auf einzelnen Strecken so weich ist, dass es eine breiartige Beschaffenheit annimmt. Die Ausführung von Schürflöchern zeigte, dass die Austiefungen sich binnen kurzer Zeit durch Nachfliessen der seitlichen Massen wieder ausglichen. In diesen Fällen von schwimmendem Moor musste beim Durchbauen desselben mit einer ganz leichten Brücke auf hohen Stelzen in schwachem Gefälle vorgegangen werden, auf welcher Wagen mit geringem Sandinhalt (0,5 ebm) vorgeschoben und dann so entleert wurden, dass die Stelzen in einer oberen festeren Schicht etwas Halt gewannen. Der Boden hierzu wurde aus dem rückwärts bereits vorgetriebenen Sanddamm zur Nachtzeit von den Seiten- theilen entnommen. Auf dem so hergestellten schwanken- den Unterbau wurde dann bei Tage durch Arbeitszüge mit Seitenkippern von 3 ebm Inhalt der Betrieb in der Weise fortgesetzt, dass auch nun einzelne Wagen vor- gingen, dureh Abschütten die obere Sandschieht ver- stärkten, und zwar in der Art, dass der Damm gewisser- massen unter Benutzung der leiehten Fahrbrücke vor Kopf vorgetrieben wurde, wobei auch immer eine Er- eänzung des in der Nacht verbauten Bodens stattfand. In solehem sechwimmenden Moore sah die Kopfböschung des Sanddammes ähnlich aus wie bei einem einfach auf- geschütteten Sandkörper, nur etwas steiler in Folge des Moor-Gegendruckes. Die aufgeschüttete Sandmasse presste den Moorboden zunächst in den Oberschiehten zusammen, sodass sich seitwärts Längsvertiefungen bildeten, in denen das Wasser am Sanddamme stand. Späterhin hob sich das Moor zu den Seiten des Dammes in Auftreibungen, die sich dann aber im Laufe der Zeit wieder senkten, weil der obere Moorboden etwas eintrocknete und ver- möge seines Gewichtes in das weichere Untermoor zuwrück- sank. Die Verbreiterung des Sanddammes erfolgte mittelst *) Inzwischen auch als Sonderabdruck erschienen unter dem Titel: Vom Bau des Nordostseecanals von Baensch, Wirkl. Geh, Ober-Baurath. Mit 20 Abb. Berlin, Ernst & Sohn, 1891. M. 1,20. Nr. 25. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 253 Seitenkipper in der Weise, dass der anfänglich schmale und nur eben ein Geleise tragende Sandunterbau durch Seitenschüttung nach und nach vervollständigt wurde. Die Querschnittform der einsinkenden Sanddämme wurde dureh Bohrungen ermittelt; sie glich ungefähr der Gestalt eines Eisenbahndammes mit etwas steileren Seiten- böschungen, welcher mit semem breiten Fusse bis auf die unteren festeren Klai- oder Sandschichten reichte. Die Einsehüttung des Dammes erfolgt selbstredend in solcher Breite, dass das spätere Canalbett gut einge- schnitten werden konnte, wobei die Kronenbreite in Höhe des Moores mit 15 m innegehalten wurde. Der Herr Verfasser bespricht dann weiter die Arbeit bei nicht schwimmenden Mooren und behandelt endlich die wichtige Frage nach der Lagerung der Unterlage der aufgeschütteten Sanddämme. Im Alluvialgebiet Bruns- büttel-Rendsburg hat sich der Untergrund als ziemlich horizontal erwiesen. Nicht so im Diluvialgebiet Rends- burg-Holtenau, wo auch der festere Untergrund welligen Charakter trägt. In diesem Gebiete ist dann mit beson- derer Sorgfalt auf entsprechende Bemessung und Ver- theilung der auszuschüttenden Gewichte gesehen worden, sodass eine Besorgniss, dass die Sanddämme nach Auf- bruch des Canalbettes abrutschen könnten, nicht besteht. Im zweiten Theil der Arbeit behandelt der Herr Verfasser die verschiedenen Arten der Uferdeekungen, die je nach den örtlichen Umständen bei dem Canal zur Anwendung kommen. Im dritten endlich findet die Hochbrücke bei Grünenthal eine Darstellung. Dieselbe dient zur Ueber- führung der Westholsteinschen Eisenbahn und ist bereits in Ausführung begriffen. Ihre Spannweite ist 156,5 m und ihre Höhe 42 m über dem höchsten Wasserspiegel. Sie gestattet den Durchgang der grössten Segelschiffe mit Masten. Diese Brücke wird den deutschen Ingenieuren wohlverdienten Ruhm eintragen. Wir freuen uns, dem- nächst Ausführliches über dieselbe und den ganzen Nord- ostssecanal aus der Feder des Herrn Kgl. Wasserbauin- speetor Sympher (Kaiserliche Canaleommission Holtenau- Kiel) bringen zu können. Herr Sympher bereist zur Zeit den Canal auf seiner ganzen Strecke, sodass seine Dar- stellung den neuesten Stand des grossen nationalen Unter- nehmens wiedergeben wird. Die Arbeit des Herrn Geh. -Ratlı Baensch, schon nach dem Orte ihrer Veröffentlichung, im Wesentlichen für Fachleute bestimmt, wird in deren Kreisen sicherlich eine ausserordentlich dankbare Aufnahme finden, da sie die ausgezeichnete verbale Darstellung noch durch zahl- reiche, vorzüglich ausgeführte instruetive Abbildungen be- gleitet und erläutert. Es ist daher aufrichtig zu wün- schen, dass auch diejenigen Ingenieure und verwandten Fachleute, welehe das Centralblatt etwa nicht lesen, sich aus dem billig käuflichen Sonderdruck einen Ueberblick über dies grosse nationale Unternehmen verschaffen möchten, das schon jetzt — noch nicht in der Mitte der Ausführung angelangt — der deutschen Technik überall als hoher Triumph angerechnet wird. Grs. W. Hart’s selbstthätiger Feuermelder. — Nach La Lumiere Eleetrique, 1890 Bd. 58 S. 486 verwendet Hart zu seinem selbstthätigen Feuermelder eine beliebige Anzahl von Thermostaten 7,, 7,, T, u. s. w., in denen sich beim Steigen der Temperatur auf eine gewisse Höhe der Contacttheil von dem Contaetstücke r entfernt und an das Contactstück a legt, welche sämmtlich mit dem einen Pole der Batterie 5 verbunden sind. Von dem anderen Pol führt der Draht g an den geschlossenen Stromkreis dD, in welchem zwei elektrische Klingen F und X und alle Contaete » mit ihren Contacttheilen 7 liegen. Steigt in einem der Thermostaten 7’ die Wärme über die zulässige Grenze, so wird in ihm nur ein Strom- weg von «a über A und d nach der Glocke F geschlossen, die das ausgebrochene Feuer meldet. Wird hingegen die Batterie B auf eine andere Weise dureh einen Zufall z. B. geschlossen, so dass eine Neben- schliessung zwischen den Drähten p und d hergestellt wird, so verzweigt sich ihr Strom aus q durch F und X zugleich; der durch F und d gehende Strom ist jedoch nicht stark genug um die Klingel F in Thätigkeit zu setzen, während A zu läuten anfängt und hierdureh die Mn in der Anlage eingetretene Störung meldet. F. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Den Mitgliedern der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte, welche seit der Tagung in Heidelberg 1889 den Cha- rakter einer dauernden Gesellschaft erhielt, während sie bekannt- lich früher eine jährlich sich neu regenerirende Wanderversammlung war (vergl. Naturw. Wochenschrift Bd. IV S. 223), ist ganz kürzlich ein Vorstandsbericht betreffend eine Revision der Statuten und der Entwurf einer Geschäftsordnung zugesandt worden, zu welchem Gegenvorschläge an Prof. His, Leipzig einzusenden sind. Wir entnehmen diesem Bericht das Folgende Bei der 63. Versammlung der Gesellschaft in Bremen hat die mathematisch-astronomische Abtheilung den Vorschlag eingebracht: „Der Vorstand soll sich durch einen Centralausschuss ergänzen, bestehend aus je einem Delegirten jeder Abtheilung“. Die in dem Vorschlag enthaltene Anregung ist eine höchst beachtenswerthe, um ihr aber Folge zu geben, bedarf es einer Aenderung der in Heidelberg festgesetzten Statuten. Folgende Gesichtspunkte sind dabei massgebend gewesen: 1. Das neue Statut soll mögliehst kurz und übersichtlich die- jenigen Grundlagen des Gesellschaftslebens feststellen, von denen angenommen werden darf, dass sie auf längere Zeit hinaus keine Aenderung verlangen. Die Bestimmungen aber über Bedürfnisse, welche mit der Zeit wechseln, sind in einer besonderen Geschäfts- ordnung unterzubringen. 2. Die Gesellschaft stellt sich in ihrer neuen Gestalt die doppelte Aufgabe, fördernd auf den Betrieb der Wissenschaft und Forschung einzuwirken und das Interesse für dieselben in weiteren Kreisen wach zu erhalten. Will sie der letzteren Aufgabe gerecht werden, so muss sie in der Aufnahme ihrer Mitglieder möglichst liberal sein. Soll sie aber auch fördernd auf die Entwicklung der Forschung wirken. so muss die eigentlich wissenschaftliche Füh- rung der (Gesellschaft in den Händen derjenigen Mitglieder liegen, welche von ihren Fachgenossen als Vertrauensmänner angesehen werden. Diesem doppelten Bedürfniss gemäss giebt unser Entwurf, unter Streichung des bisherigen Institutes der Theilnehmer, allen denen die Möglichkeit, Mitglieder der Gesellschaft zu werden, welche Sinn für deren Arbeiten haben. Anderntheils verlegt er den Schwerpunkt aller Entscheidungen in den wissenschaftlichen Ausschuss, welcher absichtlich gross genug veranschlagt ist, um den verschiedenen in der Gesellschaft vertretenen geistigen Rich- tungen gerecht werden zu können. 3. Für die Continuität des Gesellschaftslebens und besonders für die Führung soleher Unternehmungen, welche auf längere Zeit hinaus angelegt sind, bedarf es des durch das Heidelberger Statut eingesetzten Gesellschaftsvorstandes. Das Heidelberger Statut hat diesem zugleich ausgedehnte Befugnisse über die Anordnung der Jahresversammlungen gegeben. Nun hat sich herausgestellt, dass dadurch die Geschäftsführer in eine Stellung gedrängt werden, welche mit ihrer Mühe und Verantwortlichkeit in keinem richtigen Verhältniss steht, und es erscheint nöthig, wenn man ein glattes Ineinandergreifen beider Instanzen gewährleisten will, den Ge- schäftsführern in Anordnung der Jahresversammlungen wieder be- deutend freieren Spielraum zu gewähren. Für alle weiteren Ausführungen obiger prineipieller Gesichts- punkte verweist der Vorstand auf seinen neuen Statuten-Entwurf. 254 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 25. Besonders wichtig und erfreulich scheint es uns, dass der neue Entwurf darin von dem früheren Statut abweicht, dass in ihm der Kreis aufnehmbarer Mitglieder in liberaler Weise insofern erweitert ist, als nunmehr wirklich alle Naturforscher und Freunde der Naturforschung sich ganz an den Arbeiten der Gesellschaft werden betheiligen können. Es steht hiermit auch in Beziehung. dass das Institut der Theilnehmer gestrichen ist. Auf unserer heutigen Kulturstufe, heisst es in den Erläuterungen, wo die Naturwissen- schaften so tief in alle Lebensgebiete eingreifen, giebt es grosse Gruppen von Gebildeten: Ingenieure, Offiziere, Fabrikanten, Land- wirthe, Buchhändler u. A. m., welche sehr nahes Interesse für die Fortschritte der Naturforschung haben, ohne deshalb selber Natur- forscher zu sein. Solehe Männer können in einzelnen Fällen sogar besondere Verdienste um die Förderung der Wissenschaft haben, und der Eintritt in die Gesellschaft muss ihnen offen stehen. Der Zudrang unberechtigter Elemente zur Gesellschaft wird, wie dem Vorstand scheint, genügend abgehalten, wenn die Forderung be- steht, dass ein Mitglied des wissenschaftlichen Ausschusses den Eintritt zu befürworten hat. Der in Rede stehende Paragraph ($S 2) heisst: Mitglieder der Gesellschaft können alle diejenigen werden, welehe sich wissenschaftlich mit Naturforschung und Mediein be- schäftigen. Wer sonst als Mitglied eintreten will, erlangt die Aufnahmeberechtigung durch die Empfehlung eines Ausschuss- mitgliedes. Als Termin für die 59. Jahresversammlung der British me- dical Association ist die Zeit vom 28. bis 31. Juli 1891 und als Versammlungsort Bournemouth festgesetzt worden. Die 12. Zusammenkunft des nationalen Congresses der französischen geographischen Gesellschaften wird am 3. August in Rochefort eröffnet werden. Der Congress der deutschen Anthropologischen Gesellschaft soll am 3. August zunächst in Danzig, dann in Königsberg tagen. Da für Anfang August der Kaiser in Danzig erwartet wird, bleibt eine Verlegung des Congresses auf eine spätere Zeit vorbehalten. Der Congres international des sciences geographiques wird vom 10.—14. August in Bern tagen in Verbindung mit der 700 jäh- rigen Gedenkfeier der Gründung der Stadt. Eine von dem Con- gress ausgehende Ausstellung soll schon am 1. August eröffnet werden; sie wird umfassen Objekte der Schulgeographie, eine Sektion, die sich der theoretischen und praktischen Alpenforschung widmet und eine, die die Geschichte der Schweizer Kartographie zur Darstellung bringen soll. Präsident: Gobat, Secretär: C.H, Mann. Am 9. Juni starb zu Kopenhagen der Physiker Ludwig Lorenz im Alter von 62 Jahren. Der Verstorbene war Mitglied der Königl. Dänischen Akademie der Wissenschaften, Etatsrath und Professor an der Officiersschule zu Kopenhagen. Eines der Gebiete, auf denen er sich hervorragend bethätigte, war die Optik, über welche er regelmässig Vorlesungen an der Offieiers- schule hielt, und von denen er auch 1877 eine deutsche Ausgabe erscheinen liess, die seinen Namen auch bei uns zu einem hoch- geachteten machten. Kiirtenatur Dr. W. Migula, Die Bakterien. Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber. Leipzig 1891. Preis 3 Mark. Die Bakterien bildeten noch ganz kürzlich einen Gegenstand der Unterhaltung von einem Interesse, wie es sonst nur politische Ereignisse von grosser Bedeutung zu besitzen pflegen. Vergleicht man aber mit jenem Interesse die mangelhaften Kenntnisse, welche die meisten Menschen von dem Gegenstand haben, so kann man sich jenen winzigen und doch so verderblichen Feinden des Menschen- geschlechts zu nehmen hat, wie er sich beim Ausbruch ansteekender Krankheiten, bei der Aufbewahrung von Nahrungsmitteln, bei der Pflege seines Körpers u. dergl. zu verhalten hat. Der Grund, weshalb so wenig von den Bakterien in weiteren Kreisen bekannt ist, liegt darin, dass es noch keine Litteratur giebt, welche die in wissenschaftlichen Werken niedergelegten umfangreichen Kenntnisse den Laien verständlich zu machen ge- eignet ist. Diesem Uebelstand hofft Verfasser durch vorliegendes Werkehen abzuhelfen. Nach einem als Einleitung dienenden Hinweis auf die syste- matische Stellung der Bakterien giebt Verfasser einen geschicht- lichen Ueberblick über die Entwiekelung der Lehre von den Mikroorganismen, der, mit einer Darstellung der schrittweisen Widerlegung der Lehre von der Urzeugung beginnend, mit einer kurzen Erläuterung des Wesens der Infecetionskrankheiten und der Methode der Reinkultur schliesst. Den Haupttheil des Buches bilden die Kapitel, welche sieh mit den Lebenserscheinungen, den Untersuchungsmethoden und der systematischen Eintheilung der Mikroorganismen beschäftigen. Zum Schluss giebt Verfasser einen Einblick in die Beziehungen der Bakterien zur belebten und unbelebten Natur, wie z. B. ihre Mitwirkung bei ansteckenden Krankheiten, bei Fäulniss und Gäh- rung und bei dem Kreislauf der Stoffe in der gesammten Natur. Das Werkchen zeichnet sich durch eine klare leichtverständliche Darstellung aus, welche die Aufmerksamkeit der Leser auch in den Kapiteln zu fesseln geeignet ist, für welche sich im Allge- meinen nur der Fachmann interessirt. Wesentlich erleichtert wird das Verständniss des Gegenstandes durch die beigegebenen ver- hältnissmässig guten Abbildungen. Mit Rücksicht auf die oben erwähnten Vorzüge und den in Anbetracht der guten Ausstattung billigen Preis können wir das Werkehen dem Leser bestens empfehlen. R. Mittmann. Dr. K. Richter, Plantae europeae. — Enumeratio systematiea et synonymica plantarum phanerogamicarum in Europa sponte eresecentium vel mere inquilinarum. Tomus I. Verlag von Wilhelm Engelmann. Leipzig, 1390. Das fleissige Werk, dessen 1. Band uns vorliegt, ist, wie der Untertitel besagt. eine systematische Aufzählung der europäischen Phanerogamen und zwar nach dem in Engler und Prantl’s natür- lichen Pflanzenfamilien gegebenen System, nebst ausführlicher Angabe der Synonymie. Am Schlusse einer jeden Art resp. Varietät ist der Wohnbezirk angegeben. Die Plantae europeae sind ein Werk, auf welches die sonst so unleidlich oft missbrauchten Worte von dem Buche, das einem langegefühlten Bedürfnisse abhilft, diesmal mit Recht Anwendung finden dürfen, trotzdem ein Buch ähnlicher Art bereits existirt. Denn das wohlbekannte Werk von Nyman „Sylloge florae euro- paeae seu plantarum vascularium europae indigenarum enume- ratio...“ hat bei allem Verdienst den Mangel, die Arten nicht vollständig genug aufzuzählen und entbehrt der Litteratur-Citate ganz und gar. In beiden Hinsichten zeichnet sich Richter's Werk vortheilhaft aus. Der Band I (378 Seiten umfassend) enthält die Gymnospermen und die Monocotyledonen: im Ganzen 259 Gattungen mit 1839 Arten, unter denen zweifelhaft 52, hybride 122, „Subspecies“ werden 840 eitirt. Als Beispiel, wie der Autor seine Aufgabe erledigt hat, führe ich eine Species an. Wir können daraus die Einrichtung des Buches und was in ihm zu finden ist entnehmen. Gladiolus imbricatus L. Sp. pl. ed. I. S. 37. (1753.) Syn. Gl. galieiensis Bess. fl. gal. I. S. 51. (1809.) - neglectus Schult. obs. S. 43. (1809.) - rossieus Pers. syn. I. S. 46. (1805.) - tenuis M. B. fl. t. ce. I. S. 29. (1808.) Sphaerospora imbricata Si. hort. brit. ed 2. S. 501. (1830.) Europa centralis orientalis. (Asia.) oft eines berechtigten Staunens nicht enthalten. Und doch ist b) erispiflorus (Herb.) in Bot. Reg. XXVIII. mix S. 65. gerade dieser Wissenszweig für jeden Menschen. ohne Ausnahme | (1842.) 1 von der allerhöchsten Wiehtigkeit. Erst die Kenntniss der Lebens- Rossia meridionalis. weise der Bakterien befähigt den Menschen dazu, unter allen e) paucifiorus (Berd.) A. crac. S 341. (1859.) Verhältnissen zu beurtheilen, wie er seine Massregeln gegenuber Cracovia. Inhalt: Prof. Dr. W. J. van Bebber: Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. — Dr. Karl L. Schäfer: Ueber den Drehschwindel bei Thieren. — Bakteriologisches über die Influenza. — Eine neue Gewinnung von Sauerstoff aus atmo- sphärischer Luft. — Die Constanten des Sonnensystems. — IX. deutscher Geographentag. — Ueber den Bau des Nord- ostseecanals. — W. Hart’s selbstthätiger Feuermelder. (Mit Abbildung.) — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. W. Migula: Die Bakterien. — Dr. K. Richter: Plantae europeae. 2 Die Erneuerung des Abonnements wird den geehrten Abnehmern dieser Wochenschrift hierdurch in geneigte Erinnerung gebracht. = Die Verlagsbuchhandlung. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LV ; : : + | : : von Poncet Glashütten-Werke Berlin SO., Köpenickerstrasse 54. Fabrikate: Hohlgläser, ordinär, ge- presst und geschliffen. 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Grammatik und in Berlin. Dritte verbesserte Aufl. Uebungsbuch für mittlere Klas-| sen. 5. Auflage. 1,80 M. | Elementar-Grammatik der Fran- zösischen Sprache. Vierte Auflage des 1. Theils von Beumelburg’s Lehr- Mit der Karte der territorialen Ent- wickelung des brandenburg-preuss. Staates. 7 M., geb. SM. Grundriss der brandenburgisch- preussischen Geschichte in Verbin- gang. Umgearbeitet und bedeutend z = =) Et z e dung mit der deutschen. Von F. re DSB game Vo 18 t. Siebente Auflage. 8u Pf. Grundriss der alten Geschichte. Von F. Voigt. Vierte Aufl. 60 Pf. Volkwirtschaftliche Erziehungs- und Unterrichtslehre für Gymnasien und Realschulen. Von Dr. Wilhelm Schrader, Geheimer Ober-Regierungsrath und Ergänzungen Kurator der Universität Halle. zum Lehrtstoffe d. Volksschule. Vom 5. Auflage. 10,50 M. christlich - nationalen Standpunkte Die Verfassung der höheren entwickelnd bearbeitet von A. Pa- tuschka, Mittelschullehrer. 2 M. Repetitorium des evangelischen Religionsunterrichts. 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Maquet, mama. en et Fabrik. a wi nstarwissenschaftliche Forschung. aufgiebt an weltum- fassenden ’ldsen und Schwondener. ErPpoe ER x Redaktion: Dr. H. Potonie. en Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 28. Juni 1891. Nr. 26. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- 5 Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 9 extra. bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. Von Prof. Dr. W. J. van Bebber. (Fortsetzung.) Hier beschäftigt uns insbesondere das Sturmwarnungs- | bekannt gemacht werden. Das aufgehisste Signal soll die system, welches zum Vortheil unserer Küstenbevölkerung | in nächster Zeit zu erwartenden stürmischen Winde nicht eingerichtet und der Deutschen See- speciell für den Ort der Signal- warte unterstellt ist. Zum Zwecke stelle selbst anzeigen, sondern es der Sturmwarnungen und der regel- soll angeben, dass in der Um- mässigen Mittheilungen über Wind gebung der Signalstelle in einem und Wetter sind an den ver- Umkreise von ungefähr 100 See- schiedenen Punkten der deutschen meilen (1855 km) Durchmesser stür- Küsten eine Reihe von mehr oder mische Winde aus der im Warnungs weniger vollständig ausgerüsteten telegramm angegebenen Richtung zu Signalstellen eingerichtet worden. erwarten sind, so dass also ein Fahr- Diese zerfallen in zwei Klassen: zeug, welches den Hafen verlässt, die Signalstellen der ersten Klasse innerhalb dieses Raumes stürmische sind ausgerüstet mit vollständigem Winde vermuthlich antreffen wird. Signalapparate, einem Signalmaste Alle Signalstellen sind mit einem (Fig. 1) und den Signalen: 2 Kegeln, auf das Meeresniveau eingestellten einer Kugel und 2 rothen Flaggen, Aneroidbarometer und mit einem nach Bedürfniss auch mit einer rothen Thermometer versehen, welch’ Laterne als Nachtsignal. Figur 2 ersteres täglich um 8 Uhr morgens veranschaulicht die Anordnung und abgelesen und eingestellt wird. die Bedeutung dieser Signale. Die Um diese Stunde sowie um 2 Uhr Signalstellen der zweiten (lasse Nachmittags und 8 Uhr Abends, sind mit einer einfachen Signal- dann aber noch zur Zeit un- stange versehen, woran nur ein ruhiger Witterung in kürzeren Ball aufgezogen wird, um dem Intervallen, werden Beobachtungen Publikum anzudeuten, dass ein über Wind, Wetter und Seegang Warnungstelegramm von der See- gemacht, “welches Material all- warte angekommen ist, dessen - : Be inonatlich der Seewarte zur wei- Wortlaut man an der Sienal- . a en Verw & zugeschiekt wird. Vortlaut man a ler Signal Fig. 1. Signalmast. teren Verwerthung zugeschickt wird stelle erfahren kann. Das Sturm- 4 > ä Eine rasche und sichere Be- Somalıa 2 « "Ag ehe Asa D warnungstelegsramm, welches für (Signal: SW-Sturm rechtdrehend.) förderung der Sturmwarnungen ist beide Classen der Signalstellen im Interesse der Wirksamkeit des identisch ist, enthält kurz die Motive der Warnung und | ganzen Systems durehaus nothwendig und daher wurde zur die Anordnung des Signals, und soll sofort nach Ankunft , Controlle seit 1579 die Einriehtung getroffen, dass die Signal- in besonders hierzu eingerichteten Kästen dem Publikum | listen sofort naeh erhaltener Warnung eine Wetterdepesche, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 26. 256 enthaltend die Aenderungen des Barometers in den letzten Stunden, Richtung und Stärke des Windes, Himmelsansicht und Seegang sowie andere Bemerkungen über wichtigere Witterungsvorgänge der Seewarte über- mittelten. Indessen zeigte es sich bald, dass die so oft in grosser Zahl gleichzeitig einlaufenden Depeschen auf den übrigen wettertelesraphischen Verkehr mitunter störend wirkten, wesshalb später Anzahl und Umfang dieser Depeschen erheblich eingesehränkt wurde, wo- gegen alle Signalstellen angewiesen wurden, bei Eintritt stürmischer Winde der Seewarte sofort telegraphische Nachricht zu geben, gleichgültig, ob eine Warnung vor- hergegangen war oder nicht. Um die Sturmphänomene schon bald nach ihrem Auftreten übersehen zu können | Cranz, Palmnicken, Fischhausen*, Wehrdamm, und in geeigneten Fällen zur Bespre- ehung und Veröffent- lichung zu bringen, dann aber auch um den Erfolg oder Miss- Sturmsignale für westliche Richtung haven, Schillighörn, Wangerooge, Karolinensiel®*, Nesser- land-Emden, Norderney, Borkum. — Plätze obne Signal- apparat, an welehen aber die Warnungstelegramme aus- gehängt werden, sind: Stettin, Lübeck, Burgstaken, Orth, Meyers-Legde, Freiburg a./E., Frederikkoog' und Helgo- land. Ausser diesen eben genannten, direet unter der Lei- tung der Seewarte stehenden Signalstellen sind noch eine Reihe von Signalstellen von den königlichen Regierungen in Königsberg, Stettin und Schleswig, sowie von Privaten errichtet worden, welehe von diesen verwaltet und voll- ständig unterhalten werden, Diese sind: Sehwarzort, Windenburg, Nidden, Rossitten, Inse*, Pillau, Balga, Neukrug, Putziger Heisternest, Oxhöft, Sarkau*, Alt- Terranova, Nest“, Kiesberg, Streckel- berg, Göhren, Stub- erfolg der Sturm- benkammer, Hidden- warnungen sofort be- a EN soe, Wollin, Barhöft, urtheilen zu können, & N 4 A = Rostock, Heiligen- erhalten alle Signal- = 2 hafen, Vogelsang, stellen Postkarten a R= Kiel, Ellerbeck*, mit vorgedrucktem Ä r >, ä S Laboe*, Bülk, Ellen- Schema zur Aus- a SIURSUBELTBER, Stuun aus Ti e bogen, Husum, Am- füllung bei Sturm- s, hey sehn ac m ae Tan } rum, Pompdam*, warnungen sowie bei RR ; 3 R= Neuhaus a. d. O.* unrubiger Witterung 2 für östliche Richtung S Mühlenhaven.* ; und zur unverzüg- a = Die tägliche liehen Absendung an o Br Berichterstattung an die Seewarte. Auf Er :o die Häfen, welche diese Weise erhält = A schon unter Dove die Seewarte ein aus B = bestanden hatte, frischer Erinnerung hi 5 wurde auch. von seschöpftesMaterial a E N e der Seewarte bei- eldhes derselbener- SarzmanuszeR Suavau ni il behalten und mit möglicht, den Ver- erheblichen Aende- lauf der Stürme an Fig. 2. rungen und Erwei- unserer Küste in 1 u 3 TE! terungen, wie es kleineren Intervallen Eine Flagge = rechtdrehend, bezw. Ausschiessen (N-E-S-W) en den bestehenden Be- eingehend zu ver- Zwei Flaggen — zurückdrehend, - folgen; abgesehen eo davon, dass dureh diese Einrichtung das Interesse und der Be- obachtungseifer der Signalisten nicht un- Krimpen Es ist ein Extra-Telegramm von der Seewarte eingelaufen, welches das Vorhandensein einer atmosphärischen Störung meldet und zur Vorsicht mahnt. Siehe das Telegramm. dürfnissen und dem Stande der Wetter- telegraphie ent- sprechender schien, auf die ganze deut- sche Küste ausge- dehnt. Zur Zeit (N-W-S-E) J des Windes. erheblieh gehoben wird. Das an der Seewarte einlaufende | übermittelt die Seewarte an 23 Häfen unserer Küste Material wird zur Untersuchung aussergewöhnlicher Witterungsvorgänge benutzt und ausserdem werden die Beobachtungen zur Zeit unruhiger Witterung als Anhang zu den meteorologischen Beobachtungen in Deutschland veröffentlicht. Die Signalstellen der Seewarte, welche gegenwärtig unter der Leitung der deutschen Seewarte thätig sind, sind folgende (die Signalstellen sind von Ost nach West geordnet, die mit einem Sternehen versehene sind Signal- stellen zweiter Classe): Memel, DBrüsterort, Pillau, Neufahrwasser, Hela, Rixhöft, Leba*, Stolpmünde, Rügenwaldermünde, Kol- bergermünde, ° Swinemünde, Ahlbeck*, Greifswalderoie, Stralsund, Thiessow*, Arkona, Wittower Posthaus*, Darsserort, Warnemünde, Wismar, Travemünde, Ma- rienleuchte, Friedrichsort, Schleimünde, Aarösund, Flens- burg*, Keitum (auf Sylt)*, Tönning, Glückstadt*, Altona, Hamburg, Brunshausen*, Cuxhaven, Weserleuchtthurm, Bremerhaven, Neuwerk, Geestemünde, Brake*, Wilhelms- (ausser Hamburg - Altona) tägliche Hafentelegramme, die aus einer chiffrirten Tabelle und einer Witterungsüber- sicht (Text) bestehen, welch’ letztere in besonderen Fällen Andeutungen insbesondere über die zu erwartenden Wind- verhältnisse enthält. Hafentelegramme erhalten: 1. Ost- see: Memel, Pillau, Neufahrwasser, Stolpmünde, Rügen- waldermünde, Colbergermünde, Swinemünde, Stettin, Wolgast, Stralsund; 2. Nordsee: Tönning, Glückstadt, Brunshausen, Cuxhaven, Wilhelmshaven, Geestemünde, Bremerhaven, Elsfleth, Brake, Leer, Emden, Keitum (auf Sylt, im Sommer), Hamburg (2) und Altona (2). Die Telegramme für die Nordseehäfen enthalten die Beobaehtungen von den britischen Inseln und der Nord- see, diejenigen für die Ostseehäfen die Beobachtungen von der Ostsee. Der Text giebt gleichlautend in allgemeinen Zügen die Lage der barometrischen Maxima und Minima, die Luftströmungen am Canal, sowie über der südlichen Nord- und Ostsee und den Witterungscharakter im Allge- meinen an. Diese Telegramme werden an geeigneten Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochensehrift. 357 Orten in eigens dazu construirten Wetterkästen, in welchem sich noch die autographirten Wetterkarten nebst Stationssehlüssel und Erklärungen, sowie ein Aneroid- barometer befinden, dem Publikum zugängig gemacht (siehe Fig. 3). An die vorstehenden Erörterungen anschliessend wollen wir jetzt versuchen, in grossen allgemeinen Zügen die Grundlagen darzulegen, auf welchen unser Sturm- warnungswesen aufgebaut ist. Eine hervorragende Eigenschaft der unsere Erde in verhältnissmässig dünner Schichte umgebenden Luft ist die leiehte Verschiebbarkeit ihrer Theilchen, so dass bei jeder Störung des Gleichgewichtes sofort eine Bewegung eingeleitet wird, um das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen. Hauptsächlich sind es die Wirkungen der Wärme und der Feuchtigkeit, welche ununterbrochen Gleichgewichts-Störungen der Luft hervorrufen und welche tlaher ein Zustandekommen des Gleichgewichtszustandes, also den Zustand der völligen Ruhe beständig verhindern. Die Luft ist in unablässiger Bewegung, in stetiger Strö- mung begriffen, und diese nennen wir Wind, der um so stärker weht, je grösser die Gleichgewichts-Störungen sind. Nimmt die Stärke des Windes einen bedroh- lichen Charakter an, so be- Um die Windverhältnisse über einem Gebiete zu ver- stehen, ist es nothwendig, dass wir uns eine klare Vor- stellung von der Vertheilung des Luftdruckes auf gröss- erem Gebiete verschaffen. Zu diesem Zwecke werden die Barometerstände auf 0° C. redueirt und auf den Meeresspiegel umgerechnet, in eine geographische (Skelett-) Karte eingetragen und die Orte, an welchem das Baro- meter gleich hoch steht oder der Luftdruck gleich ist, dureh Linien verbunden, gewöhnlich von 5 zu 5 mm, also für Barometerstände von 750, 755, 760 u. s. w. Diese Linien werden Isobaren genannt. Betrachten wir bei- spielsweise die Wetterkarte vom 28. October 1854 (Fig. 4), so sehen wir, dass die Luftdruckvertheilung über Europa eine sehr ungleichmässige ist. Am höchsten ist der Luftdruck über Südwesteuropa, wo er 760 nım über- steigt, von dort aus nimmt er, insbesondere nach Norden hin, stark ab und erreicht seinen geringsten Werth, etwa 725 mm auf der nördlichen Nordsee, zwischen Schottland und der Südnorwegischen Küste. An dieser Stelle, die auf der Karte mit „TIEF“ bezeichnet ist, ist der Luft- druck niedriger, als in seiner ganzen Umgebung. Wir nen- nen sie „barometrisches Mini- mum“ und das dasselbe um- gebende Gebiet „barometri- sche Depression“. Ein zweites Minimum unter 725 mm be- zeichnen wir ihn als Sturm. Wegen ihrer Schwere übt die Luft eimen Druck aufihre Unterlage aus, dessen Grösse von der Dichte der Luft und von der Höhe der über dem betreffenden Ort lagernden Luftsäule abhängig ist. Zur Messung des Luft- druckes dient bekanntlich das findet sieh noch über Nord- skandinavien. Die Stelle, an welcher das Barometer am höchsten steht, höher als in seiner ganzen Umgebung, heisst das „barometrische Maximum“; sie ist auf der Wetterkarte mit „HOCH“ bezeichnet. Nachdem wir uns an Barometer. Das Steigen und Fallen des Barometers giebt an, dass der Luftdruck an ein und demselben Orte nicht immer gleich ist, sondern in beständiger Zu- und Abnahme begriffen ist. Da die Masse der Luft unveränderlich ist, so folgt, dass einem Steigen des Luftdruckes an einem Orte eine Abnahme desselben an einem anderen Orte entsprechen muss und umgekehrt. Da die Grösse des Luftdruckes abhängig ist von der Höhe der über dem Barometer liegenden Luftschichte, so ist einleuchtend, dass der Luftdruck an demselben Orte-und für dieselbe Zeit mit wachsender Höhe abnehmen muss, und zwar in einem Verhältnisse, welches wir, wenigstens für mässige Höhen hinreichend genau berechnen können (etwa 1 mm Baro- meterstand für 1O m Erhebung). Um nun die Barometer- stände an verschiedenen Orten mit einander vergleichen zu können, rechnen wir dieselben so um, als wenn alle in derselben Höhe — und als solehe wählen wir den Meeresspiegel — beobachtet wären (Reduction auf das Meeresniveau). Führen wir diese Rechnung für dieselbe Zeit und für ein grösseres Gebiet aus, so ergiebt sich, dass der Luftdruck für die verschieden gelegenen Orte ver- schieden ist und dass auf diesem Gebiete Schwankungen des Luftdruckes stattfinden können, welche mitunter eine sehr beträchtliche Grösse aufweisen. Diese Schwankungen in der Vertheilung des Luftdruckes verursachen wieder Schwankungen in der Richtung und Stärke des Windes, welche durch einfache Gesetze geregelt werden. Fig. 3. Wetterkasten. der Hand unserer Wetter- karte eine klare Uebersicht über die Luftdruckvertbeilung verschafft haben, ist es leicht, einen Zusammenhang zwi- schen Luftdruck und Wind aufzufinden. In unserer Wetterkarte sind die Striche mit den Fahnen Pfeile, welche die Riehtung des Windes angeben, so dass die Pfeile mit dem Winde fliegen. Die Anzahl der Fahnen bedeuten die Stärke des Windes, so dass eine Fahne einen leichten, zwei einen mässigen, drei einen starken, vier einen stürmischen und fünf einen Sturm bedeuten. Eine Vergleichung der Windrichtungen mit den Isobaren zeigt sofort, dass die Winde im All- gemeinen nahezu parallel zu den Isobaren wehen, fast alle mit einer geringen Ablenkung nach rechts. Nament- lich in der Nähe des Minimums- zeigen sie wenig Ab- weiehung von der Richtung der Isobaren. Auf der Süd- seite des Minimums in der Kanalgegend wehen westliche, auf der Westseite an den Westküsten der britischen Inseln blasen Nordwestwinde, auf der Nordseite, auf den Shet- lands, kommen die Winde aus Nordost und endlieh auf der Ostseite am Eingange des Skagerraks sind die Süd- ostwinde vorherrschend. Es umkreisen also die Winde das barometrische Minimum in einem Sinne, welcher der Bewegung der Uhrzeiger entgegengesetzt ist. Beinı barometrischen Maximum verhält sich die Sache gerade umgekehrt. Wie durch unsere Wetterkarten angedeutet ist, erfolgt diese Bewegung im Sinne der Bewegung der Uhrzeiger. 258 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. ? 1 u a\ |*\ 5 IR es DZE o / \ q N { Y Aa Er; BAY ANA HL TEE a, U N FR Dr N 2 ® r Ty Ho Bo 3 o- = n En F }) u Be= = No P== kt —— <= Jg N x ——& : w 2 Su 8 |0 \ < a | Eee A RUmW, | 1 \ all |ıl " uk e El EX N MP || 8% Abenas. Erklärungen: Die eingezeichneten Linien (I das Meeresniveau redueirtem) Barometerstande. Die eingeschriebenen Zahlen bezeichnen die T ie Pfeile fliegen mit dem Winde. © Windstille. L_= schwacher, IL_ = mässiger, IL_= 3 — Zug der oberen Wolken, Ü) klar, @ !/, bedeckt, &® !/; bedeckt, & ’/ı b hnee, & Hagel, A Graupeln, © Dunst, Z Nebel. Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 259 rn Vergleichen wir nun nach unserer Wetterkarte die Wind- stärken in den verschiedenen Gegenden, so zeigt uns der erste Blick, dass die Luftbewegung in der Gegend des baro- metrischen Maximums am schwächsten und in der Gegend des Minimums am stärksten ist. Die Isobaren geben ein an- schauliches Bild der Druckunterschiede für die verschie- denen Gegenden: je dichter sie sieh zusammendrängen, desto grösser sind die Unterschiede im Luftdruck, dagegen je weiter sie auseinander liegen, desto geringer sind dieselben. Auf unseren Wetterkarten finden wir überall die Thatsache bestätigt, dass die Winde um so stärker sind, je dichter die Isobaren an einander geschaart liegen und um so schwächer, je weiter die Isobaren von einander abstehen. Die beiden eben besprochenen Beziehungen zwischen Luftdruck und Richtung und Stärke des Windes sind für die ausübende Witterungskunde von fundamentaler Be- deutung, sie sind bekannt unter der Bezeichnung des bari- schen Windgesetzes, oder des Buys Ballot’schen Gesetzes, welches wir mit folgenden Worten formuliren wollen: 1. Abgesehen von örtlichen Ablenkungen weht der Wind auf der nördlichen Hemisphäre so, dass ein Beob- achter der mit dem Winde geht, den hohen Luftdruck oder das barometrische Maximum, zu seiner Rechten und zugleich etwas hinter sich, den niedrigen, oder das barometrische Minimum zu seiner Linken und zu- gleich etwas vor sich hat (für die nördliche Hemisphäre, für die südliche umgekehrt). 2. Der Wind weht um so stärker, je grösser die Luftdruckunterschiede sind, oder je gedrängter die 1so- baren an einander liegen. Die Bewegung der Luft um ein barometrisches Maxi- mum und Minimum an der Erdoberfläche und in der Höhe ist‘ aus folgendem Diagramm ersichtlich. Aus der Fig. 4 ersieht man, dass die oberen Luftströmungen von den unteren erheblich abweichen, unten findet ein Einströmen, in der Höhe ein Ausströmen der Luft statt, umgekehrt beim Maximum, so dass also gewissermassen ein Kreislauf der Luft vor- handen ist, wodurch sich die Maxima und Minima längere Zeit erhalten können. dass in grösserer Höhe eine allgemeine von West noch Ost gerichtete Duftströmung herrscht, in welche die untere Luftströmung mit wachsender Höhe allmählich übergeht. Aus unseren Wetterkarten ist ersichtlich, dass die barometrischen Minima ihren Ort beständig ändern, während die barometrischen Maxima nur wenig Ortsveränderung zeigen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Minima ist sehr grossen Schwankungen unterworfen: oft schreiten sie mit Sturmeseile fort, oft bewegen sie sich Tage lang fast nicht von der Stelle. Im Bereiche der barometrischen Minima ist das Wetter in der Regel trübe, regnerisch und windig, dagegen im Bereiche der Maxima meist heiter oder neblig mit schwacher Luftbewegung. Geht eine Depression an unserem Orte vorüber, so zeigen sich durehsehnittlich folgende Witterungsvorgänge. Nehmen wir zunächst den Fall an, dass das Minimum nördlich an uns vorübergeht, etwa von den britischen Inseln ostwärts über die Nordsee und das Skagerrak hinaus nach Südschweden hin, so lassen sich die Aenderungen in Wind und Wetter für das nordwestliche Deutschland etwa in folgender Weise darstellen. Bei Annäherung der Depression fängt mit nach Südost umgehendem und Fig. 5. — untere Luftströmungen. obere Luftströmungen. Hier sei noch bemerkt, | unter langsamem Auffrischen nach Süd, nachher nach Südwest drehendem Winde und vorübergehend leiterem Wetter das Barometer an zu fallen; bald darauf zeigen sich im westlichen Horizonte lang gestreckte oder schleier- förmige Cirruswolken, langsam zum Zenithe heraufziehend und dasselbe überschreitend, die ersten Vorboten schlechten Wetters, welches weiter nach Westen hin bereits allent- halben eingetreten ist. Wegen der geringeren Reibung ziehen diese Wolken stark nach rechts abgelenkt vom Unterwind.. Nach und nach überzieht eine dichtere Wolkenschieht teppichartig den ganzen sichtbaren Himmel, dann erscheinen unter dieser Hülle dunkle Regenwolken und nun beginnen ausgedehnte Niederschläge, welche zwar schwach, aber wegen ihrer längeren Dauer ergiebig sind: es sind die sogenannten Landregen, die gewöhnlich erst dann ihr Ende erreichen, wenn der Kern der De- pression an dem Orte vorübergegangen ist. Ist dieser Uebergang erfolgt, so geht der Wind unter fortgesetztem Auffrischen nach West und dann nach Nordwest über, entweder nach und nach oder plötzlich in einer mehr oder weniger heftigen Böe. Jetzt haben die Niederschläge ihre grösste Stärke erreicht und werden plötzlich unter- brochen, wobei die Wolkendecke zerreisst. Mit einem Schlage ist jetzt ein neuer Witterungszustand eingetre- ten: blauer Himmel wechselt jetzt rasch mit schwerem Haufengewölk, aus welchem bei böigem, rasch anschwel- lendem und plötzlich nach X nördlieheren Riehtungen sprin- gendem Winde und bei rasch, oft sprungweise sinkende Temperatur heftige, aber nur kurz andauernde KRegen-, Schnee- oder Hagelschauer herniederstürzen. Beim Vor- übergang hatte der Luftdruck seinen geringsten Werth er- reicht, jetzt geht das Baro- meter in’s Steigen über und das Steigen dauert noch fort, bis das Minimum sich in weiter Ferne befindet. Nach einiger Zeit werden die Böen seltener und schwächer, auch die Niederschläge nehmen ab und hören allmählich auf. Es folgt jetzt eine kürzere oder längere Zeit sonnigen Wetters, bis eine neue Depression, von Westen herkommend, diesem ein Ende macht. Häufig aber folgen die Depressionen so rasch auf einander, oder es treten Randbildungen, insbesondere auf der Südseite der De- pression auf, so dass die oben geschilderten characte- ristischen Erscheinungen mehr oder weniger verwischt werden. Geht die Depression südlich an uns vorüber, so sind die Aenderungen in den Witterungserscheinungen gewöhn- lieh viel weniger ausgesprochen, als in dem vorher be- sprochenen Falle. Alsdann erscheinen die Cirruswolken oder der Cirrusschleier gewöhnlich am südwestlichen Horizonte und überziehen, nach Südost hin ziehend, den Himmel. Das Barometer fällt, während der Wind gegen den Sinn der Bewegung der Uhrzeiger zurückdreht. Die Wolkendecke ist meistens aschgrau am Himmel aus- gebreitet, selten bilden sich unter derselben schwere Regenwolken aus, wie auch der Regen seltener auf ein kleineres Gebiet beschränkt ist, als auf der Südseite der Depression. Ist der Kern der Depression vorübergegangen, und hat der Regen aufgehört, so bleibt der Himmel noch einige Zeit bedeckt, worauf dann das Aufklaren ganz allmählich erfolgt, wobei das Barometer wieder steigt und die Temperatur allmählich herabgeht, (Schluss folgt. ) Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 26. mm irre ss sr rt tr ek ee Andauernde Wahrnehmbarkeit eines Kometen von Sonnenaufgang bis Mittag. — In der Londoner „Nature“ finden wir ein kurzes Schreiben des Captain W. Ella- cott, in welchem dieser erzählt, er habe am 18. Sep- tember 1882, während er sich mit seiner Bark im Ge- biete der Gesellschaftsinseln befand, in 16° 25° 8. Br. und 151° 57 W. L. von Greenwich einen Kometen in der Zeit von Sonnenaufgang bis Mittag deutlich wahr- genommen. Der Komet hatte etwa 90° Abstand von der Sonne. Besonders bemerkenswerth ist es Herrn Ellaeott erschienen, dass er und seine Begleiter die Beobachtung mit freiem Auge und ohne jede Beschwerde machen konnten, indem das Sonnenlicht ebensowenig blendend war, wie etwa das Licht des vollen Mondes. Herr Ellaeott glaubt aus letzterem Grunde, dass seine Beob- achtung der von Herrn Lockyer aufgestellten meteori- schen Theorie der Kometen zur Stütze dienen könne, Er meint nämlich, dass die äusseren unsichtbaren Theile des Meteorschwarms, der auch den Kern des Kometen bildet, gewissermassen die Sonne verschleiert hätten. Es ist zu bedauern, dass Herr Ellacott erst jetzt mit seiner Mittheilung hervorkommt, und dass dieselbe etwas gar zu mager ausgefallen ist, sodass eine Nachprüfung unnöthig erschwert wird. Der IX. Deutsche Geographentag. II. — In der zweiten Sitzung des IX. Deutschen Geographentages hielt Privatdocent Dr. Carl Diener aus Wien einen Vortrag über „die Gliederung der Alpen“. Die gegenwärtig angewandte Gliederung der Alpen ist eine künstliche, allein wir können noch keine bessere an deren Stelle setzen. Als Grundlage einer solehen, die sich mit lo- gischer Nothwendigkeit aus dem eigentlichen Wesen eines Faltengebirges, wie es die Alpen sind, ergiebt, können nur die Faltungen selbst und die aus solehen hervor- gegangenen Strukturlinien massgebend sein. Jede der beiden grossen Hälften der Alpen — West- und Ost- alpen — besteht aus einer Anzahl streifenförmiger, dem Streichen des Gebirges folgender Zonen. In den West- alpen lassen sich zwei concentrisch angeordnete Zonen unterscheiden, welche die Po-Ebene halbkreisförmig um- geben. Die innere Zone oder die des Monte Rosa ent- hält einen zusammenhängenden Gürtel eristallinischer Gesteine, die äussere oder die des Mont Blanc dagegen nur einzelne isolirte Centralmassive eristallinischer Art. Letztere wird auch von Flüssen vollständig durchbrochen und bildet nur auf kurze Strecken (im Mont Blanc-Massiv und in den Seealpen) die Hauptwasserscheide zwischen Po, Rhone und Rhein. Zwischen diesen beiden Haupt- zonen liegt eine schmale ununterbrochene Kalk- und Schieferzone. Während die drei bisher erwähnten Zonen concentrische Curven um die Po-Ebene beschreiben, bilden die am Aussenrande der Mont Blane-Zone liegen- den Gebirgszüge keinen zusammenhängenden Gürtel, sondern einzelne festonartige Bogen. Ueber den Rhein hinaus geht nur die Zone der Molasse und die Kalk- Zone der Mittel- und Nordostschweiz, die im Bregenzer Walde ausläuft. Auch der westliche Flügel der Ostalpen beschreibt einen nach Nordwesten gerichteten Bogen, dessen Concavität im SO. die Etschbucht umschliesst, wie jene der Westalpen das piemontesische Senkungs- feld. Diese allgemeine Drehung im Streichen der Ge- birgsfalten lässt sich deutlich nachweisen am Westrande der Ostalpen. Es ergiebt sich also die Thatsache, dass die beiden Hauptabschnitte der Alpen viel schärfer ge- schieden sind, als es bisher vermuthet wurde, und dass insbesondere eine neutrale Grenzzone nicht existirt. Es ist vielmehr auch dort, wo die West- und Ostalpen ge- wissermassen aneinander geschweisst erscheinen, die tek- tonische Grenze zwischen denselben deutlich ausgeprägt. Einen weiteren Vortrag hielt Bürgerschullehrer J. Poruba-Wien über „Die Verwendung der Projee- tionsapparate für den geographischen Unter- richt“. Redner wies in sorgfältiger Ausarbeitung auf die Vortheile hin, welche die in der von ihm befür- worteten Vorführung vergrösserte Darstellung für den Klassenunterricht aufweist, indem sie die gleichzeitige Unterweisung der ganzen Klasse an der Hand einer Darstellung ermöglicht, wodurch Verwechslungen und Abweichungen, wie sie sonst unvermeidlich sem könnten, gänzlich ausgeschlossen sind. Er führte die grossen Er- folge an, welche man mit der „Urania“ auf. astrono- mischem Gebiete in Berlin erzielt habe, und gab eine Anleitung zur Verwendung der vorliegenden oder noch anzufertigenden photographischen Aufnahmen zu diesem Zwecke, welche die plastische Wiedergabe auch nieht subjectiver Darstellung ermöglichen. Bezüglich der ein- zuführenden Beleuchtung des Skioptikons empfiehlt er, wo dies anwendbar erscheint, das Sonnenlicht (die So- larecamera, deren Einrichtung er schildert). Ausserdem geht der Vortragende alle die für Projectionsapparate be- nutzten Beleuchtungsmittel durch und weist schliesslich auf die grosse Menge der jetzt käuflich erhaltbaren pho- tographischen Aufnahmen für Projeetionsapparate hin, welche die allgemeinere Benutzung des wichtigen Lehr- mittels sehr erleichtern könne. (Fortsetzung folst.)*) Ueber das Thema: „Die optischen Täuschungen im Dienste der bildenden Kunst“ sprach in sehr geistvoller Weise und mit vielem Humor der König]. Regierungsbaumeister Herr Walther Körber kürzlich in dem naturwissenschaftlichen Theater „Urania“ in Berlin. Die optischen Täuschungen sind eine beson- dere Gruppe der sogenannten Sinnestäuschungen im All- gemeinen, bei denen wir Wahrnehmungen haben, die in uns den Eindruck äusserer Objeete hervorrufen, ohne dass solche in einer der Wahrnehmung genau entsprechenden Gestalt wirklich vorhanden sind. Bei allem was wir als Licht, Schall, Geschmack, Geruch, Gefühl wahrnehmen, sind wir einer Reihe von Sinnestäuschungen unterworfen. Die menschliche Schwäche, Trugschlüsse zu ziehen, ins- besondere optischen Täuschungen sich hinzugeben, benutzt der bildende Künstler, besonders der Architekt, um seinem Kunstwerk den beabsichtigten Eindruck auf das ästhetische Gefühl des Beschauers zu verleihen. Ueber Farbe, Helle, Grösse, Zahl, Bewegung, Entfernung der Gegenstände unserer Umgebung werden wir uns sehr oft täuschen: bei der Farbe in Folge der Wechselwirkung der Com- plementairfarben, die wir in der Natur überall beobachten können, die unsere Maler wohl zu schätzen wissen, die insbesondere der Decorationsmaler beachten muss, wenn nicht Farbenirritationen unser ästhetisches Gefühl belei- digen sollen. Der englische Ornamentiker Jones giebt in. seiner „Grammatik der Ornamente“ für die Trennung verschiedener Farben durch Conturen bestimmte Regeln an, um Störungen der beabsichtigten Illusion zu vermeiden. Von unsern heutigen Teppichfabrikanten wird nach dieser Seite hin freilich viel gesündigt. Interessant sind auch die Liehttäuschungen, die durch Contrastwirkungen hervor- gerufen werden: im Königlichen Schauspielhause wirkt die elektrische Beleuchtung des grossen Concertsaales feenhaft strahlend, weil man die Nebensäle, durch die man in den Hauptsaal eintritt, mit mässig heller Beleuch- *) Die Unterschrift „P* unter dem Beginn des Berichtes über den IX. Deutschen Geographentag in der vorigen Nummer S. 252 Spalte 2 ist zu streichen. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 261 tung versehen hat. Derartige optische Raffinements wendet der Architekt gern an, wie man bei Ballfestlich- keiten wenig hübsche Töchter mit noch weniger hübschen Freundinnen zu umgeben pflegt. Interessanter noch als die Täuschung durch den Contrast, nur weniger beachtet, ist die gegenseitige Hebung oder Dämpfung von räum- lieh neben einander bestehenden Gesichtseindrücken. Hellgraue Damenkleiderstoffe mit aufgedrucktem feinem schwarzen Muster können so dureh eine höchst lästige Flimmerwirkung geradezu unerträglich werden. Weiss auf Schwarz erscheint stets grösser als Schwarz auf Weiss bei gleichen Maassverhältnissen; helle Kleidung lässt die Figuren voller, dunkle Kleidung schmächtiger erscheinen, wie der Vortragende an einem Portraitbilde der Kunst- ausstellung veranschaulicht. Bei mittelalterlichen Gemälden und Skulpturen sehen wir aus demselben Grunde die Köpfe unverhältnissmässig gross gezeichnet, wie das auch alle Tage die Kinder bei ihren Malereien zu thun pflegen, deren Köpfe gewöhnlich eolossal erscheinen im Verhältniss zu den Figuren. Dieselbe Grösse wirkt verschieden in verschieden grossen Räumen: Sehauspieler von auffallend eolossaler Figur sollten nicht auf engbegrenzten kleinen Provinzialbühnen auftreten. sriechische Schauspieler wandten aus demselben Grunde den Kothurn an und Ge- sichtsmasken von übermenschlicher Grösse. Wenn von zwei gleich grossen Quadraten das eine durch senkrechte, das andere durch wagerechte Striche gefüllt wird, so scheint das erstere in die Länge, das letztere in die Breite gezogen, was auch bei den Stoffen und der Drapirung unserer Damenkleider Beachtung finden müsste: ein Kleid mit Längsstreifen oder Längsfalten lässt die Figur höher, ein solehes mit Querstreifen oder Querfalten gedrückter erscheinen. Dieselbe Tendenz auf Längsrichtung einer- seits oder Höhenriehtung andrerseits beobachten wir hier in der hellenistischen und dort in der gothischen Archi- tektur. Beim hellenistischen Stil, also etwa beim Berliner Schauspielhause, sehen wir vornehme Lagerung des Bau- werks auf breitem Unterbau und ungebrochen dureh- gehende Horizontalgesimse, in der Gothik dagegen, beim Kölner Dom z. B., Beseitigung aller horizontalen Gliede- rungen, gewichtloses Aufstreben aller Baumassen zum Himmel, Auflösung der starren Wand in zahllose Thürm- chen, Fialen und Spitzen, als sollte das Bauwerk noch höher zum Himmel emporwachsen. Nur auf einer opti- schen Täuschung beruht es, wenn wir glauben, dass unsere Cylinderhüte mehr hoch als breit seien. Ueber Zahl und Bewegung äusserer Gegenstände, Grösse und Ent- fernung geben wir uns häufig Täuschungen hin. Aus der gemeinschaftlichen Auffassung von Entfernung und rela- tiver Grösse beurtheilen wir die absolute und verfallen hierbei leicht in perspeetive Täuschungen: für kleiner halten wir gleich grosse Objeete, wenn wir sie perspeeti- visch näher, für grösser, wenn wir sie mehr in die Ferne gerückt wahrnehmen. Ein kleines Insekt dieht vor unsern Augen erscheint uns leicht, wie ein in der Ferne schwe- bender Vogel. Auch die Beleuchtungsweise ruft in uns Täuschungen hervor, die grelle Beleuchtung der Um- gebung eines Feuers, verbunden mit der Unsichtbarkeit der dazwischen liegenden Gegenstände, lässt uns Nachts eine meilenweit entfernte Brandstätte ganz nahe gelegen erscheinen. So halten wir auch vom Lessing - Theater in Berlin her, den erleuchteten Ausstellungspalast für näher als er ist. Auf perspeetivischen Täuschungen be- ruht die ganze Theatermalerei. Für die Coulissen-Per- spective wird meistens der mittelste Platz im Fond des ersten Ranges als Standpunkt des Beobachters ange- nommen. Schinkel, dem Schöpfer des alten Museums, des Schauspielhauses zu Berlin verdanken wir viele der wirksamsten Decorationen der königlichen Oper. Di pompejanische Wandmalerei, die Scheinmalerei Rapha- els in den Loggien des Vatikans und vieler Meister der italienischen Renaissance beabsichtigen perspeetivische Täusehungen. Auch die Mächtigkeit des äusseren Ein- drucks wird durch solehe Täuschungen gehoben. Weniger aus statischen als aus ästhetischen Gründen verjüngt man den Tambour, den eylindrischen Aufbau über der Wöl- bung bei Kuppelkirehen um den Kuppelraum höher er- scheinen zu lassen, wie bei der Paulskirche in London. Bei der Wiederherstellung der hiesigen Dreifaltigkeits- kirche glaubt man eine hochsteigende Halbkugelwölbung zu sehen, weil der Architeet die auf das ganz flache Gewölbe aufgemalten Kuppelkassetten nach dem Halb- kreis eonstruirte und die so erhaltenen Verkürzungen auf die Flachkuppel übertrug. Aehnliche Kunststückehen finden sich häufig bei der italienischen Spätrenaissance und im Barockstyl. Bei unserer Siegessäule hat man die oberen Kanonenrohre kleiner genommen als die unteren, um eine scheinbar grössere Verkürzung und den Eindruck grösserer Höhe der Säule hervorzurufen: die zu kolossal gerathene Siegesgöttin thut aber der auf- strebenden Wirkung des Denkmals wesentlichen Abbruch. Aus demselben Grunde sind beim Palazzo Grimani und vielen italienischen Palastbauten in oberen Säulenstellungen kleinere Säulen verwandt als in den unteren Etagen. Durch perspeetivische Täuschungen werden oft Strassen und Platzanlagen grossartiger erscheinen als sie sind, so der Markusplatz in Venedig, auch Jägerstrasse in Berlin von der Reichsbank her gesehen. Die Peterskirche in Rom, die grösste Kirche der Welt, präsentirt sich ver- hältnissmässig recht unbedeutend, weil die den Platz um- gebenden Riesenkolonaden nach der Kirche hin divergiren und so eine entgegengesetzte Wirkung hervorrufen als die Umgebung beim Markusplatze. In ‚das Gebiet der optischen Täuschungen gehört auch das Stereoskop. staunlich wirken die optischen Täuschungen beim Pa- norama. Die ineinandergehende Verwendung von Plastik und Malerei ist schon in der Spätrenaissance vielfach angewandt worden. Auch die Lünetten in der Prachtkuppel des Ausstellungspalastes beruhen auf diesem barocken Decorationsmotiv. Täuschungen in Bezug auf Linienführung und Proportion eines Bauwerks treten um so leichter in die Erscheinung je feiner und gebundener, je künstlerisch durchdachter der Baustil des Gebäudes ist. Die sanfte Neigung und Krümmung aller Theile des Baues, welche in der Regel als senkrecht, horizontal oder geradlinig vorausgesetzt werden, sind sehr wichtige, wenn auch sehr spät entdeckte optische Correetivmass- regeln der griechischen Architeetur, ganz wesentliche Ursachen der Schönheit des Tempelbaues der Hellenen. Die nach Innen, nach der Tempelwand zugeneigte Stellung der Säule, erst 1829 von dem Engländer Donaldson entdeckt, gehört hierher. Bei den römischen Bauten findet sie sich nicht, weil hier die Säulen sich weniger verjüngen. Die bekannte Schwellung der Säulen ist auch erst 1810 wieder beachtet worden. Die Aufwärtskrümmungen des horizontalen Unterbaues helle- nischer Tempel 1838 beim Parthenon vom Architeeten Hoffer festgestellt, die Curvaturen sind das dritte optische Correetiv, dessen Deutung noch strittig ist. Eine Stelle aus Heliodorus Capita optica beweist, welche Beachtung optische Täuschungen bei den griechischen Architeeten genossen haben. Der oft steife und ungelenke Eindruck vieler unserer modernen Nachahmungen antiker Bauweise beruht zum grössten Theil auf der Vernachlässigung der dem Auge schmeichelnden, optischen Hülfsmittel. Zur Bildung eines in allen seinen Theilen harmonisch wirken- den Bauwerks ist nicht nur eine geschickte Hand und bischen Verstand nöthig, sondern auch ein wohl- 262 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 26. entwickeltes ästhetisches Formgefühl, welches die un- geschriebenen Gesetze der Harmonie und Proportion völlig beherrscht und bei gründlicher Kenntnissnahme aller für unser leicht zu beeinflussendes Auge wichtigen optischen Erscheinungen ein Kunstwerk zu schaffen im Stande ist. R. M. Ueber den Eiweissbedarf des gesunden Menschen hat Studemund (P. Ar. 578—91) eingehende Unter- suchungen angestellt. Verfasser weist darauf hin, dass die von Voit gefundenen Durchschnittswerthe für das tägliche Kostmass eines normal erwachsenen Arbeiters von mittlerer Grösse und mittlerem Gewicht in Betreff des Eiweissgehaltes zu hoch gegriffen sind. Voit fand 115 g Eiweiss, 56 g Fett und 500 & Kohlenhydrate. Meinert fand hingegen bei Untersuchungen in sächsichen Arbeiterfamilien, die in sehr dürftigen Verhältnissen lebten, 52 g als Werth für den täglichen niedrigsten Eiweissverbrauch. Studemund stellte seine Versuche mit 47 Rekruten an und fand, dass der Durchschnittswerth der Ernährung für jeden von ihnen 113 g Eiweiss, 54,3 & Fett und 551,85 g Kohlenhydrate betrug. Von den 47 Rekruten hatten hierbei 34 an Körpergewicht zugenommen, 3 ihr Anfangsgewicht behalten, 1 war gestorben und 4 theil- weise entlassen oder abkommandirt worden, sodass sie sich der weiteren Untersuchung entzogen. Der einzelne Mann hatte im Durchschnitt in 92 Tagen 3,5 kg zu- genommen. Zieht man 20 pCt. des durchschnittlichen täglichen Eiweissverbrauches, also 7,6 g pro Tag und Kopf ab, die lediglich in Körpersubstanz übergegangen sind, d. h. angesetzt sind, so erhält man als Durch- sehnittswerth des Verbrauchs an Nahrung für Kopf und und Tag: 105,4 g Eiweiss, 54,3 g Fett und 551,8 g Kohlenhydrate. F. Ein neuer Apparat zur Veranschauliehung der scheinbaren Drehung des Himmelsgewölbes um die Erde ist von Herrn E. Frahm, Lehrer zu Parchim, Meeklenburg, eonstruirt worden. Dieser Apparat soll also die scheinbare Bewegung des Himmelsgewölbes um die Erde und die daraus sich ergebenden Erscheinungen am Himmel veranschaulichen. Er zerfällt in zwei Haupt- theile: in die Erdkugel und das Himmelsgewölbe. Auf der in der Mitte stehenden Erdkugel stellt die kleinere Messingplatte den scheinbaren, die grössere Platte den wahren Horizont eines Ortes auf der Breite von Berlin dar. Die auf dem Horizonte stehende und durch den Mittelpunkt der Erde gehende Nadel zeigt auf das Zenith und Nadir. Der Meridian von Berlin wird durch einen vorspringenden Messingring bezeichnet. Den Aequator, die Wende- und Polarkreise deuten farbige Kreislinien an. Das Himmelsgewölbe ist durch ein Ringsystem dar- gestellt, welches einen Durchmesser (Himmelsaxe) von 75 em hat. Den Aequator, die Wende- und Polarkreise des Himmels bilden Messingringe. Die zwischen diesen Kreisen liegenden Stahlringe deuten die Bahnen von Sternen, die auf den Ringen befindlichen Kugeln be- liebige Sterne an. Der Polarstern, der grosse Bär und der Orion sind erkennbar. Der durch zwei Ringe dar- gestellte, in 12 Theile getheile Thierkreis zeigt auf Blech- platten die Namen der entsprechenden Sternbilder. Zwischen der Erdkugel und dem Himmelsgewölbe liegen die durch Stahlringe dargestellten, sich in einem Winkel von 5° schneidenden Bahnen von Sonne und Mond. Die diese Himmelskörper darstellenden Kugeln sind auf ihrer ganzen Bahn vermittelst eines Stabes von | aussen verschiebbar. | ganz An diesem Modell ist den Schülern eine Reihe von ı Himmelserscheinungen leicht zum Verständniss zu bringen. | Der Stern im Aequator beschreibt einen Bogen von 180° ' über dem Horizonte. | beschreiben theils grössere Bogen, theils volle Kreise. Die Sterne nördlich vom Aequator (Cireumpolarsterne.) Der Polarstern macht nur einen kleinen Kreis. Die Sterne südlich vom Aequator beschreiben theils Bogen unter 180°, theils erheben sie ' sieh gar nieht über den Horizont, sind also für uns stets unsichtbar. Die Schüler fassen leicht, welche Abweichung die Erscheinungen zeigen, je nachdem man seinen | Standpunkt an den Polen oder auf dem Aequator wählt. Sehen können die Schüler die wechselnde Stellung der Sternbilder im Thierkreise: ihren Aufgang, ihren Durch- gang durch den Meridian, ihren Untergang, ihre Stellung unter dem Horizonte. Sie sehen ferner neben der täg- lichen Bewegung von Sonne und Mond von Osten nach nach Osten auf ihren höheren oder niederen Stand im Meridian zu den verschiedenen Jahreszeiten. Die Schüler sehen, dass die Lage der Wendekreise und des Ae- quators gegen den Horizont immer dieselbe bleibt, wäh- rend die Ekliptik ihre Lage gegen denselben fortwährend ändert. Es kann den Schülern leicht anschaulich gemacht werden, dass der Mond den Thier- kreis 12—13 mal durchläuft, während die Sonne diesen Weg einmal zurücklegt, dass der Mond, wenn er nach 27 Tagen seine Kreisbahn durchlaufen hat, noch nicht wieder die Lichtgestalt haben kann, welche er vor 27 Tagen hatte. Auch die Sonnen- und Mondfinster- nisse, sowie die verschiedenen Lichtgestalten des Mondes sind an diesem Apparate zu veranschaulichen. Will man die wirkliche Bewegung der Erde um die Sonne klar machen, so braucht man nur den Globus als die Sonne, die kleinere Kugel als Erde aufzufassen, Apparate, wie der vorliegende, sind üherbaupt mit Wohlwollen aufzunehmen. Denn es verfügt nicht jeder, namentlich nicht jeder Schüler, über das Mass geome- trischer Vorstellungskraft, um sich ohne Anschauungs- mittel ein klares Bild von der Lage der verschiedenen Grundebenen zu machen, auf welche wir die Erschei- nungen am Sternenhimmel beziehen, von den gegen- seitigen Verhältnissen jener Ebenen und namentlich vom Fortrücken von Westen ihrer Bahn von einem Sternbild in’s andere, Westen deren Nr. 26. Verlauf der Erscheinungen, wie sie sieh in ihrer Zu- sammensetzung aus täglicher Umdrehung und Eigen- bewegung gestalten. Der Astronom kann sich daher nur freuen, wenn ihm ein Apparat vorgestellt wird, der durch Anschauung zur Einsicht führt. Der Frahm’sche Apparat, von Mechaniker Paul Regelien, Parchim, in vorzüglichster Weise gebaut, liegt mir im Original vor, und scheint in be- sonderem Maasse geeignet, diesen Zweck zu erfüllen, und ich stehe nicht an, ihn auf’s wärmste namentlich zur An- schaffung in Schulen eindringlich zu empfehlen. Gravelius. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die internationale Geologen-Excursion nach dem Yellow- stone-Park, dem Grossen Salzsee und den Colorado-Schluchten. — An die 5. Sitzung des internationalen Geologencongresses, welcher in Washington vom 26. August bis 2. September abge- halten werden wird, soll sich eine grossartig geplante geologische Exeursion nach dem Wunderlande des amerikanischen Westens anschliessen, welche eine aussergewöhnliche Anziehung auf die europäischen Geologen ausüben und denselben Reisebequemlich- keiten und Orientirungsmittel darbieten wird, wie sie so leicht nicht wieder zur Verfügung gestellt werden dürften. Die Theilnehmer an der Exeursion werden Washington am 3. September mit einem eigenen Eisenbahnzuge von „Pullmans’ vestibuled cars“ verlassen. Derselbe bildet gewissermassen ein fahrendes Hötel und ist mit Schlaf- und Toilettenzimmern sowohl für Damen, wie für Herren, mit einem Speisewagen, mit Rauch-, Lese-, und Badezimmern, ferner mit Friseur- und Rasirstube ver- sehen und so eingerichtet, dass die Reisenden ganz nach Belieben und zu jeder Zeit durch bedeckte Verbindungsstücke von Wagen zu Wagen passiren können. Dieser jedem Wunsche nach Be- quemlichkeit Rechnung tragende Extrazug wird die betheiligten Geologen zu jeder Stelle des Excursionsgebietes bringen, wohin nur immer der Schienenweg reicht. Die Fahrzeiten sind so ein- gerichtet, dass sämmtliehe Abschnitte der Reiseroute, welche be- sonderes geologisches Interesse bieten, bei Tage passirt werden, und dass überall dort angehalten werden kann, wo Gegenstände - von ganz besonderer geologischer Bedeutung sich darbieten. Amerikanische Geologen, welehe die einzelnen Gebiete des Westens aus langer wissenschaftlicher Erfahrung genau kennen, werden die geologische Gesellschaft begleiten und an Ort und Stelle die Grundzüge und Einzelheiten des geologischen Baues erläutern. Die der Excursion zu Grunde liegende Hauptroute besitzt eine Länge von nicht weniger als 10000 km und erstreckt sich über 38 Längengrade und 12 Breitengrade. Die Tour selbst wird 25 Tage in Anspruch nehmen und trotz der gewaltigen Ausdeh- nung derselben, trotz aller der zur Disposition gestellten Be- a iter nur 265 Dollar, also etwa 1000 Mark kosten, ein etrag, welcher sämmtliche während dieser Exeursion nothwen- digen Ausgaben decken wird. Die Fülle der Sehenswürdigkeiten, welche diese Excursion darbietet, wird durch die Aufzählung der hauptsächlichsten der- selben einleuchten. Kurz nachdem Washington verlassen ist, werden die appalachischen Gebirgsketten durchquert, wobei Gelegenheit gegeben ist, die gewaltigen, dicht aneinander gedrängten Falten der paläozoischen Formationen zu beobachten, welche den Grundzug des appalachischen Gebirgsbaues repräsen- tiren. Am 2. Tag werden die Prärien von Indiania und Illinois durchkreuzt und zwar nahe dem Südende des Lake Michigan, dessen frühere Ausflussstelle nach dem Mississippi besichtigt werden wird. Später sollen die gewaltigen Endmoränen des amerikanischen Inlandeises unter Leitung des Professors Cham- berlin besucht werden. Am 3. Tag berührt die Excursion die Zwillingstadt Minneapolis und St. Paul, die Centren der grossen Kornkammern des Nordwest. Dann wird Gelegenheit gegeben sein, einen der interessantesten Zeitmesser für die Glacialperiode, nämlich die Mississippifälle von St. Anthony kennen zu lernen. Während des 4. Tages werden die Great Plains von Do- cato mit ihrer charakteristischen Bad-Land-Scenerie ge- kreuzt werden. Am Morgen des 5. Tages werden die Theil- nehmer der Exeursion den Zug beim Eingang zum Yellow- stone Park verlassen, während der nun folgenden ganzen Woche mit Wagen die gesammte Parkregion bereisen, an allen Stellen von besonderem Interesse halt machen und in den in deren Nachbarschaft befindlichen Gasthäusern übernachten. Unter der Leitung von Herrn Arnold Hague und Jos. P. Iddings wer- den alle grösseren Geysirs, die heissen Seen, die Schlammyulkane, die Obsidianströme, die Schluchten und Wasserfälle des Yellow- stone-Flusses, der Yellowstone See und manche andere höchst interessante Punkte besucht werden. Am 12. Tage wird der Extra- Naturwissenschaftliche Woehensehrift. 263 zug wieder bestiegen, der Kamm der Rocky Mts überschritten und endlich in der berühmten Bergwerksstadt Dutte Halt gemacht, deren Production an Kupfer, Silber und Gold im vorigen Jahre nicht weniger als 26 Millionen Dollar betrug. Den Morgen des 13. Tages werden die Excursionisten am Rande der gewaltigen Lavaergüsse des Snake River begrüssen. Diejenigen Herren, welche sich besonders für vulkanische Erscheinungen interessiren, haben nun Gelegenheit, einen Abstecher durch diese Lavafelder zu den Shashone-Fällen zu machen, wo der Snake River in einem einzigen kühnen Bogen sich über 200 Fuss tief hinabstürzt und sich dann eine enge Schlucht von 600 Fuss Tiefe in das Decken- system von andesitischer und basaltischer Lava eingeschnitten hat. Die Hauptexcursion setzt unterdessen ihre Reise südwärts nach Utah fort, besichtigt die dortigen öden, wüstenartigen Berg- gegenden, welche bar jeder Vegetation die grossartigsten geologi- schen Aufschlüsse gewähren. verfolgt dann die Uferterrassen des dahingeschwundenen Lake Bonneville, zieht dann die Ufer des Great-Salt-Lake entlang, welcher ja bekanntlich das Residuum des erstgenannten alten Sees repräsentirt, bis nach Salt-Lake- City, der Hauptstadt des Mormonenstaates. Drei Tage sollen derselben gewidmet werden. Während dieser Zeit werden die Reisenden Gelegenheit haben, sich in der Mormonenstadt selbst ebenso wie in der wüstenhaften Umgebung derselben bekannt zu machen, andererseits aber auch in dem See erquiekliche Bäder zu nehmen und eine Tour nach den hoch emporstrebenden Wahsateh Mountains zu unternehmen. Alle die interessanten geologischen Erscheinungen, welche mit der einstmaligen Ausdehnung und mit dem späteren Verschwinden des Lake Bonneville zusammenhängen, wird Herr G. K. Gilbert, den Gebirgsbau hingegen und « Wissenswertheste über die benachbarten Erzlagerstätten Herr S. F. Emmons auf das Eingehendste durch Vorträge, Karten und Profile erläutern. Am 16. Tage klimmt der Extrazug quer durch die Wahsateh Mts auf das Plateau des Colorado river, passirt diesen Strom am Nachmittag, wobei Gelegenheit gegeben ist, vom Zuge aus die grossen Monoklinalen, welche jene Gegend beherr- schen, ferner Lakkolithen, welche sich kuppenartig über das Plateau erheben, zu besichtigen. Am 17. Tage werden die Rocky mountains von Colo- rado erreicht werden und zwar wird dieser Zugang durch eine Anzahl tiefer Schlunde und Schluchten ermöglicht, welche ge- radezu entzückende geologische Profile vor Augen führen. Einige Stunden Aufenthalts werden den Geenwood Springs und dem berühmten Bergwerkscentrum Leadville gewidmet werden, welches bis jetzt dem Schoss der Erde Silber und Blei im Ge- sammtwerthe von über 609 Mill. Mark entnommen hat. Am 18. Tage steigt der Extrazug das gewaltige Gebirgsthal des Arkansas-Flusses hinab, an Berggipfeln von über 140 000 Fuss Höhe vorüber, durch Schluchten von über 3000 Fuss Tiefe hindurch und erreicht endlich durch die Royal-Gorge die romantische Stadt Canon-City, von wo aus ein Ausflug nach den merkwürdigen geologischen Profilen gemacht werden wird, welche die Hogback ridges darbieten. Dann wird den Schmelzwerken von Pueblo ein kurzer Aufenthalt gewidmet, um die Nacht und den ganzen 19. Tag in dem Badeorte Maniton Springs zuzubringen. Derselbe liegt am Fusse von Pike’s Peak, einem gewaltigen Berggipfel von 14200 Fuss Höhe, ist umgeben von einer Fülle geologischer Sehenswürdigkeiten und mineralogischer Fundpunkte und bietet Gelegenheit zur Besteigung des Pike’s Peak. Der 20. Tag soll in Denver, der Hauptstadt des geradezu wunderbar schnell emporgeblühten Staates Colorado, zugehracht werden. Dieselbe ist in verhältnissmässig kurzer Zeit zu einer durch Lage und Bauart in gleicher Weise hervorragend schönen Stadt von 13000 Einwohnern geworden, über welche sich die Ostfront der Rocky Mountains in malerischen Formen erhebt. Für diejenigen Excursionsmitglieder, welche die Great Ca- nons des Colorado-Flusses zu besuchen wünschen, ist eine sich hier abzweigende grössere selbstständige Exeursion nach Arizona geplant. Dieselbe wird mindestens 10, wahrscheinlich mehr Tage in Anspruch nehmen. Die Wunder dieses Schluchten- und Thalsystems sowie die geologischen Aufschlüsse an dessen Abstürzen sind, wie allen europäischen Geologen bekannt, auf das Eingehendste von Herrn J. W. Powell und ©. B. Dutton beschrieben worden. Beide Herren werden die Güte haben, die dorthin in Aussicht genommene Expedition zu organisiren, zu führen und mit allen ihren Errungenschaften bekannt zu machen. — Andererseits ist Herr S. F. Emmons gern erbötig, diejenigen Collegen, welche die Absicht haben, die Bergwerksdistriete von Colorado zu besuchen, zu begleiten und aus dem reichen Schatze seiner Erfahrung zu belehren. Alle diejenigen Exeursionsmit- glieder, welche sich in Denver von der eigentlichen Hauptexeur- sion trennen, werden Eisenbahnbillets eingehändigt erhalten, mit denen sie die Rückfahrt nach New York zu jeder beliebigen Zeit bewerkstelligen können. ö Der Extrazug mit voraussichtlich der grössern Anzahl der Exeursionstheilnehmer wird Denver am 21. September Abends verlassen, die Prairien von Kansas und Nebraska, dann das Mis- S 264 sissippithal durchqueren, Chieago am Abend des 23. erreichen und nach einem Tage Aufenthalt hierselbst ‘die Grossen Seen, also den Michigan-, Huron- und Erie-See umfahren und die Nia- garafälle am Morgen des 25. September erreichen. Dem Be- suche ihrer Umgebung, dem Genusse ihres Anblickes wird ein ganzer Tag gewidmet sein. Dann-bringt der Eisenbahnzug wäh- rend der Nacht die Reisenden bis zu dem landschaftlich so reiz- vollen Thal des Hudson und am nächstfolgenden Morgen durch dieses nach New-York. Um die äusserst eomplieirten und vielseitigen Vorbereitungen zu dieser: gemeinschaftlichen geologischen Expedition zu Ende führen zu können, sowie auch, um sich selbst die Möglichkeit der Theilnahme zu sichern, ist es erforderlich, dass alle diejenigen Fachgenossen, welche sich zu betheiligen wünschen, hiervon so- fort Herrn S. F. Emmons, Committee of Organisation. Seere- tary's Office, 1330 F Street. Washington. D. C. in Kenntniss setzen. Committee of Organisation V. internat. geolog. Congress. Der VII. internationale Congress für Hygiene und Demo- graphie wird vom 10. bis 17. August in London zusammentreten. Es gelangen folgende Gegenstände zur Verhandlung: 1) Ver- hütung ansteckender Krankheiten: a. ob Sanirung oder Quaran- täne am wirksamsten gegen Cholera ist; b. wie der Uebertragung von Krankheiten dureh Milch und Wasser gesteuert werden kann; e. in welchem Verhältniss die Tuberkulose und andere Krankheiten der Thiere zu Menschen stehen: d. Impfung, Verhütung des Aus- satzes, der Wuthkrankheit und anderer ähnlicher ansteekender Krankheiten; e. die Wirkung des Bodens auf übertragbare Krank- heiten; f. Desinfektion und Desinfektionsmittel. 2) Die Bakterio- logie und ihre Lehren über übertragbare Krankheiten. Eine Sammlung mikroskopischer Präparate wird den gegenwärtigen Stand dieser Wissenschaft veranschaulichen. 3) Industriefragen, beleuchtet vom hygienischen Standpunkte, z. B. Regulirung indu- strieller Beschäftigung, vom gesundheitlichen Gesichtspunkt, ein- schliesslich der Dauer der Arbeitszeit in verschiedenen Berufs- arten. Einfluss der Wohnungen auf die Arbeiter, Wirkungen grosser Städte auf die Gesundheit der Bevölkerung, Wirkung der Nahrung und Höhe der Löhne auf die Arbeitsleistung. 4) Kinder- hygiene, Scehulhygiene, z. B. Länge der Schulstunden, körperliche Uebungen, Schulgebäude. 5) Hygiene der Wohnungen und Städte, Breite der Strassen, Höhe der Häuser, Bauart, Wasserzufuhr, Verunreinigung der Flüsse, Abfuhr, Leichenbestattung. 6) Staat- liche Hygiene, Pflicht der Regierung den Völkern gegenüber be- züglich hygienischer Massregeln, die dazu erforderlichen Organe, die hygienischen Pflichten der Gemeinde, Gesetze über Bekannt- machung und Isoliren von Krankheiten, Vorbildung der öffentlichen Gesundheitsbeamten. Die British Association for the Advancement of Science (Office: Bourlington House, London W.) wird ihre 61. Jahres- versammlung unter dem Präsidium von William Huggins am 19. August in Cardiff beginnen. General-Seeretäre: Capt. Sir Douglas Galton und A. G. Vernon Harcourt: General-Seceretär- Assistent: G. Griffith. Die 6. Generalversammlung des Internationalen Entomolo- gischen Vereins findet am 25. und 26. August in München statt. Mit derselben soll ein allgemeiner Entomologentag und eine Ausstellung verbunden werden. Vorsitzender: H. Redlich, Schrift- führer: Dr. jur. Kühn. Die 5. Session des internationalen Geologen- Congresses wird in Washington am 26. August ihren Anfang nehmen, eine Woche vor Beginn der Jahressitzung der American Association for the Advancement of Seience und der Sommersitzung der Ame- rikanischen geologischen Gesellschaft. (Siehe auch S. 263 dieser Nummer.) : Präsident: J. S. Newberry, Seeretäre: H. S. Williams und S. F. Einmons. Die American Association for the Advancement of Science hat das Meeting für Ende August nach Washington ausgeschrieben. Der Professor der Astronomie und Erdmesskunst an der Brüsseler Kriegsschule, Capitän Delporte, welcher von der belgi- schen Regierung unter Bewilligung von 60000 Fr. aus Staats- mitteln zu wissenschaftlichen Erforschungen nach dem Congo ge- sandt worden war, ist am 25. Mai, 45 Jahr alt, nahe bei Many- anga dem Congoklima erlegen. Hochbegabt und an der Brüsseler Universität vorgebildet, war er in den Generalstab der Armee berufen worden. Durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der ördmesskunst und durch seime veröffentlichten wissenschaftlichen Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 26. Schriften, in denen: er mit grossem Scharfsinn ästronomische, geodätische und erdmagnetische Fragen behandelte, hatte er die Aufmerksamkeit auch der gelehrten Kreise des Auslandes auf sich gezogen. Im vorigen Jahre hat er die Triangulation Bel- giens an die preussische angeschlossen, wofür er deutscherseits mit einem höheren Orden ausgezeichnet wurde. Im Juli v. Js. begab er sich mit dem Lieutenant Gillis nach. dem Congo, um eine brauchbare wissenschaftliche Karte des Congostaates anzu- fertigen und erdmagnetische Forschungen anzustellen. In düster gehaltenen Briefen schilderte er die Gefahren des todtbringenden Congoklimas, aber allen diesen Gefahren trotzend hatte er die Hälfte seiner wissenschaftlichen Arbeiten vollbracht. Bis zu den Stanleyfällen war er beobachtend und berechnend vorgedrungen, hatte den Lauf des Congo, die Punkte der Karawanenstrasse ge- nau festgestellt — da ergriff ihn ein heftiges Leberleiden. Die Aeızte an den Fällen riethen ihm schleunigste Rückkehr zur Küste. Delporte brach, die Lebensgefahr wohl erkennend, sofort auf, aber zwei Tagemärsche von Matadi, dem Eingangspunkte des unteren Congo, entfernt, erlag er dem Tode. Seine in Afrika angestellten Beobachtungen und die von ihm gewonnenen Ergeb- nisse werden als für die Wissenschaft bedeutsam gerühmt. Als Lehrer war er gefeiert, als Mensch allgemein beliebt, und so u sein unerwarteter Tod ungewöhnlich tiefe Antheilnahme hervor. Litteratur. Egon Zöller, Landesbauinspeetor. Die Universitäten und Tech- nischen Hochschulen. Ihre geschichtliche Entwickelung und ihre Bedeutung in der Kultur, ihre gegenseitige Stellung und weitere Ausbildung. Berlin, Wilh. Ernst & Sohn. 1891. 5 M. Mit dem Gefühl aufrichtiger tiefer Wehmuth zeigt Ref. dieses ausgezeichnete Werk an, dessen geistreicher Verfasser in seiner besten Kraft, in der Fülle seiner Jahre uns plötzlich mitten in Ausübung seiner Berufspflichten vor kurzem entrissen wurde. Das Buch ist ein strahlendes Zeugniss für .den hohen geistigen Standpunkt, den diejenigen akademisch Gebildeten einnehmen, ‚, die auf Deutschen technischen Hochschulen die geistige Grund- lage ihres späteren Lebens und Denkens haben legen dürfen. Allerdings war der Verfasser auch einer jener seltenen Menschen, welche mit völliger schärfster Beherrschung ihrer Einzelgebiete die - Fähigkeit verbinden, weiteste Bereiche menschlichen, Geisteslebens klar, eigenthümlich und urtheilsvoll zu umfassen. Dazu kommt | bei Zöller eine edle, reine, klare Sprache, die ihn auch als Sehrift- steller den Besten unserer gesammten Litteratur zur Seite setzt. Im ersten Kapitel ist die geschichtliche Entwickelung der Universitäten und der technischen Hochschulen in geradezu vor- bildlicher Weise behandelt, und es tritt dabei die ganze umfas- sende Kenntniss der Dinge und der Litteratur hervor, über die Zöller verfügte, und die verbunden mit dem edelen Charakter seiner Sprache mich immer wieder an Emil du Bois-Reymond er- innert. Zu dem gediegensten, was überhaupt über den Gegenstand gesagt werden kann, gehören die Auseinandersetzungen, die der Verfasser über die Bedeutung der Wissenschaften und ihrer Lehr- und Pflegstätten in der Kultur gibt (Kapitel I). Wenn er sich dann im nächsten Kapitel zur Erörterung der Frage wendet, ob die Universitäten und die technischen Hochschulen in Bezug auf den geistigen Werth, den sie ihren Schülern in’s Leben mitgeben, einander ebenbürtig sind, so kann die Antwort gewiss nur intensiv bejahend ausfallen, und die ganze grosse Reihe seiner engeren und weiteren Berufsgenossen, die wir im Staatsdienste und ausserhalb desselben in ihrer wissenschaftlichen und künst- lerischen 'Thätigkeit vor Augen haben, ist wahrlich Beleg genug dafür, dass unsere Zustimmung nicht etwa nur persönlicher Neigung des Augenblicks entspringt. Das letzte Kapitel handelt von dem Ausbau der Hochsehulen und ist von ernstester Wichtigkeit für alle, die an der vorschrei- tenden Ausbildung des geistigen Lebens unseres Volkes theil- nehmen wollen. Hier macht der Verfasser auch einige eonerete Vorschläge, wie den: die Mathematik und die Naturwissenschaften den technischen Hochschulen zu überweisen, während die Univer- sitäten sich der Pflege und Weiterentwicklung der Geschichte und Sprachwissenschaften und der Philosophie zu widmen hätten. Gewiss drängt die ganze moderne Entwicklung zu einer solchen Um- und Neubildung der philosophischen Faeultät. Annäherungs- ' weise ist dieselbe ja auch schon an manchen Orten (in den ma- them.-naturw. Facultäten einiger Universitäten; völlig in Zürich) vollzogen. Ob das gegenwärtig im wissenschaftlichen Leben ‚ thätige Geschlecht das Ziel jener Entwieklung noch erleben wird, unterliegt freilich noch manchem Zweifel. Wie in der Natur, so ‚ist auch in der Entwieklung der Völker und der Menschen die vis inertiae nie zu vergessen. Aber was reifen muss, wird reifen ‚und in’s Leben treten, wenn seine Zeit gekommen ist. Nr. 26. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 265 Mögen zum Schluss noch einige Worte des Verfassers ange- führt werden, welehe zeigen, von welch’ edelem Sinne das ganze Werk getragen wird. Es war sein Zweck, sagt er, iin letzten Ab- sehnitt unter Anknüpfung an die heutige Gestaltung der Hoch- sehulen eingehend zu untersuchen, „in weleher Weise dieselben weiter ausgebaut werden müssen, sowohl um die weitere Entwicklung der Wissen- schaften zu sichern, als auch — um mit der Arbeit selbst zu schliessen — die geistig reifen und geistig starken, von Wahrheitsliebe und wahrer Menschliehkeit beseelten Kräfte heranzubilden, die im Stande sind, an den grossen, vor uns liegenden sozialen Aufgaben, vor allem an der Verwirklichung eines höheren Gemeinwohls auf der breiteren Grundlage des Volkes fördernd und leitend thatkräftigen Antheil zu nehmen. Nur dann werden auch für die kommenden Zeiten die Hochschulen als Träger und Mehrer der Wissenschaften Förderer der Kultur bleiben“. Wie ich einem jeden die Leetüre des ausgezeichneten Werkes aufs Wärmste empfehle, so möge namentlich auch die Hoffnung und der Wunsch ausgesprochen sein, dass die Männer, die zur Leitung der Nation und zur Fürsorge für dieselbe auch auf gei- stigem Gebiete berufen sind, eingehend von Zöller's Buch Kennt- niss nehmen. Nieht Streit, nieht Trennung, sondern Einigung in einem höheren Ziele wird man finden auf dem Wege, den der zu früh Dahingeraffte vorgezeichnet. Gravelius. Dr. Julius Bernstein, Die mechanistische Theorie des Lebens, ihre Grundlagen und Erfolge. Braunschweig. Friedrich Vieweg u. Sohn. 1890. Ueber dieses Thema: hielt Herr Prof. Dr. Bernstein seine Rektoratsrede in Halle a. S. am 12. Juli 1890. Der Zweck seiner Rede ist der, zu zeigen, welehen Standpunkt seine eigene Wissen- schaft, die Physiologie, zur Zeit in dem Gebiete menschlicher Erkenntniss einnimmt. Die Einleitung führt an der Hand der Geschichte der Physiologie den Nachweis, dass dieselbe erst nach dem Durchbruch der induetiven Methode, nach Anwendung des Experimentes zur freien Entfaltung kam. Ganz besonders hebt der Redner als die Grundlagen der neueren Anschauungen die experimentellen Untersuchungen über Blutlauf (Harvey, Murey), Athmung (Lothar Meyer, Ludwig, Pflüger), sowie die chemischen Untersuchungen der Körperbestandtheile hervor, die zu ausser- ordentlichen Resultaten geführt haben, die Vorgänge der Er- nährung werden im Anschluss. betrachtet. Genauer geht dann der Redner auf die specifisch animalen Vorgänge ein, auf die thierisehe Bewegung und Empfindung. Galvani’s Entdeekung gab den Anstoss zu vielfachen Untersuchungen bis zur neuesten Zeit, wo die Namen Du Bois Reymond, Helmholtz, Weber u. s. w. in gutem Klange stehen. Von der Nerven- und Muskelphysiologie aus hat das Experiment den Weg auch mit einigem Erfolg zu den Organen der Empfindung, ja bis zu denen des Bewusstseins betreten und schöne Erfolge erzielt. Das Gesetz von der speei- fischen Energie der Nerven ist durchgeführt, Kühne ist es sogar gelungen, Darstellungen von Netzhautbildern zu erhalten. Die Vorgänge im Centralnervensystem, im Gehirn und -Rückenmark, beschäftigen zahlreiche Forscher, welehe die Wege der Empfin- dungs- und Bewegungsnerven verfolgen und die Localisations- theorie der Hirnfunktionen täglich fester begründen, die mit ihren Untersuchungen soweit vorgedrungen sind, dass sie jede Lücke zwischen dem materiellen Geschehen des Empfindens, Wahr- nehmens und Wollens im Gehirn bestreiten können. Sind dies auch nur Erfolge auf dem Gebiete der Theorie, so sind sie doch auch von hoher praktischer Bedeutung für das ärztliche Handeln geworden. Die experimentelle Pathologie, die Diagnostik der Herz- und Lungenkrankheiten, Augen- und Kehlkopfspiegel, Blut- untersuehungen, antiseptische Behandlung, selbst die Hygiene, sind auf dem Boden der Physiologie entsprossen. So werden täglich neue Thatsachen gefunden, die heute nur theoretischen Werth haben, morgen aber bereits von der grössten Bedeutung sind. Wie der Weg ihrer Untersuehungen experimentell, so ist der Gedankengang der Physiologie, ihre ganze Anschauung vom Leben eine mechanistische geworden im Gegensatz zu der alten vitalistischen Lehre, die in neu gewendetem Gewande immer wieder auftritt. A. v. Humboldt, Justus von Liebig verfochten die vitalistische Theorie, bis Rob. Mayer und Helmholtz ihrer „Lebenskraft“ energisch entgegentreten konnten, als sie den Kraftwechsel nachwiesen. Bernstein verschliesst sich dabei jedoch keinesweges den Einwürfen, die der neuen mechanistischen Auf- fassung schon gemacht worden sind oder auch noch gemacht wer- den. Die einzelnen Einwendungen werden kurz charakterisirt und widerlegt, auch die neueren vitalistischen Ideen, die sich an die Anschauungen Rud, Virehow’s anlehnen, bekämpft. Die Lehre von der Zelle, ihren Bewegungserscheinungen, die Entwickelungs- geschichte bieten dem bewährten Forscher kräftige Waffen und wenn er schliesslich den Vorwurf, dass manche Erklärungen der „Mechanisten“ sich als falsch erwiesen hätten, mit den Worten Lessings zurückweist, dass nicht in dem mühelosen Besitze der Wahrheit, sondern in dem unermüdlichen Ringen nach ihr das menschliehe Glück liegt, so spricht daraus sein tiefes Bedürfniss als Forscher, und seine Rede wird auf jeden Leser den Eindruck machen: das schrieb ein Mann der die Wahrheit sucht. Tr, Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1891. V. Herr V. Kremser untersucht auf Grund von Beobachtungen, die sich von 1875—1889 erstrecken, das Klima von Helgoland. Bereits im Jahre 1573 wurde auf der Insel die erste ıineteoro- logische Station ins Leben gerufen, und zwar auf Veranlassung der Kieler Kommission zur Erforschung der deutschen Meere und mit bereitwilliger Genehmigung durch den englischen Gouverneur. Die Beobachtungen wurden anfänglich von dem Lehrer Parkinson ausgeführt, seit 1. Mai 1875 aber von Lehrer Schmidt, der sich durch die Sorgfältigkeit mit der er sie ununterbrochen bis zur Gegenwart leitet, schätzbare Verdienste um die Meteorologie Helgolands erworben hat. Die Station liegt auf dem „Oberlande“ und ihr Inventarium ist folgendes: Gefässbarometer mit redueirter Skala von Fuess, geprüfte Celsiusthermometer derselben Firma (Thermometergehäuse des kgl. preuss. meteorol. Instituts), ein Regenmesser, Oysten Hellmann (Auffangfläche. 0,02.qm) und ein Schadewell’sches Anemometer mit direeter Ablesung der Zahl der Umdrehungen des Schalenkreuzes. — Was nun die meteorologischen Elemente der Insel angeht, so ist die mittlere Jahrestemperatur 8°,5 (aufs Meer redueirt), kommt somit derjenigen der Umgebungen Berlin’s gleich. Charakteristisch sind die geringe Jahresschwankung und die Verspätung im Eintreffen der extremen Werthe. Die grösste Wärmeentwieklung fällt — wenigstens für den von Herrn Kremser in Betracht gezogenen Zeitraum — auf August und die geringste auf Februar. Aus dem vorliegenden Material ist weiter zu schliessen, dass die Insel vom November bis Januar den wärmsten Punkt Deutschlands darstellt, selbst Bozen, Meran, Montreux bleiben für diese Monate hinter Helgo- land zurück. Dem warmen Herbst und milden Winter stehen nun allerdings auch ein kalter Frühling und kühler Sommer gegen- über, derart, dass im niehtgebirgigen Deutschland Helgo- land den kühlsten Sommer hat, so dass also der Nord- deutsche im Grunde nicht nöthig hat, vor der Juli-August-Hitze erst in die Alpen zu fliehen. Es ist klar, dass wir die Gründe für die angegebenen Verhältnisse wesentlich in der maritimen Lage der Insel zu suchen haben, die offenbar der berufenste Ver- treter des Seeklimas im Deutschen Reiche ist. Es wird dies umso- mehr zweifellos, als der Herr Verfasser in seinen eingehenden vergleichenden Untersuchungen zu dem Resultate kommt, dass Helgoland nicht nur im Jahresmittel, sondern sogar auch in jedem Monat die geringste Temperaturschwankung in ganz Centraleuropa hat, so dass es sich in dieser Beziehung auch allen südlich gelegenen maritimen klimatischen Kurorten ruhig an die Seite stellen kann. Es tritt damit in den ausgesprochen- sten Gegensatz zu den Gebirgsgegenden und deren Kurorten, die gerade die grössten Schwankungen aufzuweisen haben. — In einem weiteren Aufsatze. wird der Herr Verfasser seine sehr dankenswerthen Untersuchungen auf die anderen meteorologischen Elemente ausdehnen. — Das Heft bringt Resultate von Lothun- gen, welche das V.St.S. „Thetis“, Lieutenant Commander Stock- ton, im nördlichen Polarmeer und der Behringsee ausgeführt hat. Die grösste erreichte Tiefe, 73 m, bei der der Apparat feinen grauen Sand heraufbrachte, liegt in 57° 40' N. Br. und 167° 34° W. L. Greenwich. — Herr Askel S. Steen, I. Assist. Norweg. Met. Inst. Krist., untersucht die Aenderungen des Luftdruckes während einer totalen Sonnenfinsterniss (18386 August 29) mit Benutzung einer grösseren Gruppe von Beobachtungen, die auf seine Veranlassung von norwegischen Schiffsführern angestellt wurden. Die Finsterniss war total in dem Striche von Panama über den atlantischen Ocean durch Südafrika nach Madagascar. Auf Grund der von ihm sehr sorgfältig discutirten Beobachtungen glaubt Herr Steen annehmen zu dürfen, dass eine totale Sonnen- finsterniss auf den Luftdruck eine Einwirkung ausübe, die analog ist der, welche der Wechsel von Tag und Nacht hervorruft. Eine Wiederholung solcher Beobachtungen bei künftigen totalen Sonnenfinsternissen wird aber immerhin noch sehr nöthig sein. um jenen Schluss sicherer und zuverlässiger zu machen, als er es der Natur der Sache jetzt seinkann. Es wird sich daher auch für die anderen Nationen empfehlen, ihre Schiffsführer durch die betr. meteorologischen Centralinstitute zu Anstellungen von Beobachtungen während totaler Sonnenfinsternisse heranziehen zu lassen. Es wird das äuch um so leichter sein; als die Beob- achtungen, öfteres regelmässiges Ablesen des Barometers, einfach und ohne wesentlichen Zeitverlust ausführbar sind. Grs. 266 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 26. Anders, W., Die Symmetrie der Krystalle. Ein Beitrag zur Me- thodik des mineralogischen Anfangsunterrichts. 1 M. Berlin. Augustin, F., Ueber die Schwankungen des Wassers der Moldau. 1,60 M. Prag. R Beck, L., Die Geschichte des Eisens in technischer und kultur- geschichtlicher Beziehung. 1. Abth. Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. 2. Aufl. (In 6 Lfg.) 1. Lfg. 5M. Braunschweig. Benoit, P., Ueber Differentialgleichungen, welche durch doppelt- periodische Funktionen 2. Gattung erfüllt werden. 1 M. Berlin. Berlese, A. N., Icones fungorum ad usum sylloges Saccardianae adeomodatae. Fase. I. (pars II). Sphaeriaceae phaeophragmiae. 12 M. Berlin. Beyer, R., Beiträge zur Flora der Thäler Grisanehe und Rhemes in den grajischen Alpen. 1 M. Berlin. Birnbacher, G,, Drei Beobachtungen über Verkümmerung der oberen Extremitäten. 1 M. Königsberg. Bleyer-Heyden, G., Schlangenfauna Deutschlands. Eine Schilde- rung der in Mitteleuropa lebenden Schlangenarten. 2 M. Weimar, Brandt, K., Haeckel’s Ansichten über die Plankton-Expedition. 0,40 M. Kiel. Buddeberg, M., Beiträge zur Kenntniss der Substituirbarkeit der Methylenwasserstoffatome im Desoxybenzoin und Benzyleyanid. Neue Synthese eines Chinolinderivates. 1,20 M. Heidelberg. Cantzler, A., Zur Kenntniss der Isocynate der aromatischen Reihe. 1,20 M. Heidelberg. Celakowsky, L., Resultate der botanischen Böhmens im Jahre 1890. 1,20 M. Prag. Classen, A., Handbuch der analytischen Chemie. titative Analyse. 4. Aufl. 9 M. Stuttgart. Driesch, H., Die mathematisch-mechanisehe Betrachtung morpho- Iogischer Probleme der Biologie. Eine kritische Studie. 1,50 M. ena. Elster, J. u. H. Geitel, Elektrische Beobachtungen auf dem Hohen Sonnblick. 0,40 M. Leipzig. Fischer, R., Chemie. 3 M. Berlin. Focke, M. u. M. Krass., Lehrbuch der Geometrie. Stereometrie. 5. Aufl. 1,20 M. Münster. Fraas, E., Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Jura- Ablagerungen. 40 M. Tübingen. Frankenbacher, A., Bildungsprocesse von aromatischen Thioan- hydroverbindungen. 1,20 M. Heidelberg. ‘Früh, J., Zur Kenntniss der gesteinbildenden Algen der Schweizer- Alpen mit besonderer Berücksiehtigung des Säntisgebietes: 4 M. Berlin. Fuchs, K., Ueber die Entstehung organischer Cylindergebilde. 1,40 M. Leipzig. Fütterer, G., Abriss der pathologischen Anatomie. 2. Aufl. Geb. 4,60 M. Wiesbaden. Gerlach, V., Die‘ Peptone in ihrer wissenschaftlichen und prak- tischen Bedeutung. Studien zur Lehre von der Verdauung der Eiweisskörper und des Leimes. 1,50 M. Hamburg. Grobben, C., Die Antennendrüse von Lueifer Reynaudii M. Edw. 0,50 M. Leipzig. Hassert, K,, Die Nordpolargrenze der bewohnten und bewohn- baren Erde. 3 M. Leipzig. Haeusler, R., Monographie der Foraminiferen-Fauna der schweize- rischen Transversarius-Zone. 16 M. ‚Berlin, Hertz, M. H., sur les &quations fondamentales de l’etrecto- dynamique pour les corps en repos. 2 M,_ Basel. Hirschwald, J., Anleitung zur systematischen Löthrohr-Analyse für Chemiker, Mineralogen und Hüttenleute. 2. Aufl, der „Löth- rohr-Tabellen“. Geb. 6 M. Leipzig. Höckner, W. G., Einschaltung von Punkten in ein durch Koor- dinaten gegebenes, trigonometrisches Netz mit ausgiebiger Ver- wendung einer Rechenmaschine 2 M. Leipzig. Hoffa, Weitere Beiträge zur Kenntniss der Fäulniss-Bakterien. Ueber einige Stoffwechselprodukte des Baecillus fluorescens liquefaciens. 0,50 M. Würzburg. Hostinsky, O., Herbarts Aesthetik in ihren grundlegenden Teilen, quellenmässig dargestellt und erläutert. 2,40 M. Leipzig. Karte, des Deutschen Reiches. Abth. Königreich Bayern. 1: 100,000. Durchforschung II. Thl. Quan- 2. Theil: No. 577. Gunzenhausen. — No. 578. Weissenburg. — No. 579. Beilngries. — No. 593. Nördlingen. & 1,50 M. München. BEBDS, G., Gesammelte Abhandlungen. Nachtrag. 3,60 M. eipzig. Kränzlin, F., Beiträge zu einer Monographie der Gattung Habe- naria. 1,20 M. Berlin. Krauch, C., Die Prüfung der chemischen Reagentien auf Rein- heit. 2. Aufl. Geb. 6 M. Berlin. Krüger, F., Die Verdauungsfermente beim Embryo und Neu- geborenen. 3,60 M. Wiesbaden. Lange, K., Beitrag zur Kenntniss des Dichlordiphenyläthylens. 0,80 M. Göttingen. Langkavel, B., Der Mensch und seine Rassen. 1. Lfg. 0,20 M. Stuttgart. Lustig, G., Beiträge zur Kenntniss einiger aromatischer Schwefel- verbindungen. 1 M. Göttingen. Macheleidt, G., Ueber «- und $-Limonen-Nitrosochlorid und deren Beziohung zum Carvoxim. 1 M. Göttingen. Machovec, F., Ueber die Krümmungsmittelpunkte der Dreiecks- Curven (courbes triangulaires). 0,60 M. Prag. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25,000. No. 448. Zanow. — No. 523. Kordeshagen. — No. 609. Klannin. — No. 692. Standemin. — No. 694. Gr. Tychow. — No. 775. Witzmitz. — No. 778. Arnhausen. — No. 778. ‚Wusterbarth. — No. 866. Moratz. ä& 1 M. Berlin. Moecke, E., Ueber zweiaxig-symmetrische Curven 4. Ordnung mit 2 Doppelpunkten. 1,20 M. Gross-Strehlitz. Niedzwiedzki, J., Beitrag zur Kenntniss der Salzformation von Wieliezka und Bochnia, sowie der an diese angrenzenden Gebirgsglieder. V. (Schluss.) 1,20 M.; kplt. 8,60 M. Lemberg. —.— Das Salzgebirge von Kalusz in Ostgalizien. 0,80 M. Ebd. Penck, A., Die Donau. 2 M. Wien. Positionskarte von Bayern. 1:25,000. No. 753. Altenmarkt. — No. 754. Traunwalchen. — No. 755. Waging. — No. 756/57. Friedolfing und Laufen. — No. 777. Frauen-Chiemsee. — No. 801. Uebersee. — No. 805. Ulrichshögl. — No. 827. Unter-Wessen. No. 850. Valepp. — No. 854/55. Blindau und Winkelmoos-Alpe. — No. 862. Scheffau. & 1,05 M. München. Pröscholdt, H., Der Thüringerwald und seine nächste Umgebung. 1,70 M. Stuttgart. Reinhardt, G., Ein Beitrag zur Kenntniss der Rubeanwasser- stoffsäure. 0,80 M. Göttingen. Reinke, J., Die preussischen Universitäten im Lichte der Gegen- wart 1 M. Kiel. Retzius, G., Biologische Untersuchungen. Geb. 36 M. Leipzig. Schäff, E., Ornithologisches Taschenbuch für Jäger und Jagd- freunde. Geb. 3 M. Neudamm. Schmidt, Th., Ueber Berührungseurven und Hülltorsen der wind- sehiefen Helikoide und ein dabei auftretendes zwei-zweideutiges Nullsystem. 0,90 M. Leipzig. Sievers, W., Zur Kenntniss des Taunus. 3,60 M. Stuttgart. Sorauer, P., Populäre Pflanzenphysiologie für Gärtner. 4,50 M. Einbd. 0,35 M. Stuttgart. Spezialkarte, geologische, des Königreiches Sachsen, 1: 25,000. No. 53. Bischofswerda. 3 M. Leipzig. Sternkarte, (drehbare. Der Sternhimmel zu jeder Stunde des Jahres. 9. Aufl. 1,25 M. Frankfurt. Ucke, A., Zur Entwieklung des Pigmentepithels der Retina. 1,20 M. Dorpat. Vogt, J. G., Das Empfindungsprineip und das Protoplasma auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffes. 1 M. Leipzig. Wiesner, J., Elemente der wissenschaftlichen Botanik. 2. Bd. Organographie und Systematik der Pflanzen. 2. Aufl. IM. Wien. Wülfing, E. A. Beiträge zur Kenntniss der Pyroxenfamilie in chemischer und optischer Beziehung. 2,40 M. Heidelberg. Zimmermann, W.F. A. Wunder der Urwelt. Eine populäre Darstellung der Geschiehte der Schöpfung und des Urzustandes der Erde, sowie der Veränderungen ihrer Oberfläche, Vegetation und Bewohner. 32. Aufl. 7 M. Berlin. Zoth, O., Versuche über die beugende Struktur der quergestreiften Muskelfasern. 0,70 M. Leipzig. Inhalt: Prof. Dr. W. J. van Bebber: Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. (Mit Abbild.) (Fortsetzung.) — Andauernde Wahrnehmbarkeit eines Kometen von Sonnenaufgang bis Mittag. — IX. Deutscher Geographentag. II. — Die optischen Täuschungen im Dienste der bildenden Kunst. — Eiweissbedarf des gesunden Menschen. — Ein neuer Apparat zur Veran- schauliehung der scheinbaren Drehung des Himmelsgewölbes. (Mit Abbild.) — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Egon Zöller: Die Universitäten und Technischen Hochschulen. — Dr. Julius Bernstein: Die mechanistische Theorie des Lebens, ihre Grundlagen und Erfolge. — Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1891. V. — Liste. 2 Die Erneuerung des Abonnements wird den geehrten Abnehmern dieser Wochenschrift hierdurch in geneigte Erinnerung gebracht. = Die Verlagsbuchhandlung. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. SERIE x Redaktion: Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. Was die usturwissenschaflliche Forschung aufgiebt an weltum- jen Ideen und an Far 3 4) 807 Dr. H. Potonie. VI. Band. Sonntag, den 5. Juli 1891. Nr, 27. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MH 3.— Bringegeld bei der Post 15 9 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. er Die Gravitations-Valenztheorie und die Affinitäten des Kohlenstoffatoms. Von Dr. Kronberg. Die ausführlichsten Versuche, sich Rechenschaft über den letzten Grund der Affinifäten oder Valenzen der Atome abzulegen, sind bisher beim Kohlenstoffatom ge- macht oder wenigstens angedeutet worden, und es er- scheint daher gerechtfertigt, wenn thunlich auf diesem Grunde weiter zu bauen. I. Nach van t’Hoff*), welcher zuerst durch die ‚Ansehauliehkeit seiner Vorstellung von der Valenz des Kohlenstoffatoms Aufsehen erregte, hat man sich das Kohlenstoffatom als einen materiellen Punkt vorzu- stellen, von welchem vier Kräfte (die Valenzen), symme- trisch um den Punkt nach vier Richtungen des Raumes angeordnet, ausgehen; wenigstens liegt, wie auch Herr- mann**) neuerdings hervorgehoben hat, van t’Hoff’s Vor- stellungen stillsehweigend diese Idee zu Grunde. Es ist hierbei gleichgültig, ob die Valenzen schon in dem iso- lirten Kohlenstoffatom präexistiren oder erst bei Berüh- rung bezw. Wechselwirkung mit anderen Atomen auf- treten. Diese Vorstellung von einem punktförmigen Kohlenstoffatom ist gegenwärtig noch sehr weit verbreitet, jedoch wie schon Lossen***) und später Auwers}) ge- zeigt haben, unzulässig, weil sie sich nicht mit der von van t’Hoff: selbst aufgestellten Regel vereinigen lässt, dass die freie Drehbarkeit zweier Kohlenstoffatome durch den Eintritt doppelter Bindung aufgehoben wird. Bei doppelter Bindung zweier Kohlenstoffatome nämlich würden sich zwei Paare von Kräften, statt in der Ver- bindungslinie ihrer Ursprungspunkte zu wirken, unter einem Winkel im leeren Raume schneiden, was den Vor- stellungen der Mechanik über Kräftepaare widerspricht; *) Van t’Hoff, La chimie dans l’espace, 1875. **) Herrmann, .. Berichte der deutschen chemischen Gesell- schaft, Bd. 21, S. 1949. ***) Lossen, Annalen der Chemie, Bd. 204, S. 336 u. f. — Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 20, S. 3306 u. f. +) Auwers; die Entwicklung der Stereochemie 1890, S. 23. würden aber beide Kräfte in Riehtung: der Verbindungs- Iinie ihrer Ursprungspunkte wirken, so müssten die Ver- bindungslinien, wenn letztere in einen einzigen Punkt zu- sammenfallen, ebenfalls eoineidiren; beide Valenzen würden also nur wie eine einzige Kraft wirken und demgemäss einer Drehung beider Kohlenstoffatome um einander durehaus nicht hinderlich sen. Van t’Hoff’s Vorstellung vom Wesen der Valenz ist also nicht aufrecht zu er- halten. II. v. Baeyer’s*) Ansichten über die mehrfache Bindung und die mit ihr verbundenen Spannungszustände scheint, wenn auch unausgesprochen, die Vorstellung zu Grunde zu liegen, dass das Kohlenstoffatom nicht ein materieller Punkt ist, sondern eine räumliche Ausdehnung und als Träger der chemischen Anziehungskraft an der Oberfläche vier Punkte besitzt, welche vom Mittelpunkt des Atoms und von einander gleichen Abstand besitzen. Hier erhält man bei doppelter Bindung ein parallel gerichtetes Kräftepaar**), welches die freie Drehbarkeit verhindert, im Einklang mit van t’Hoff’s allgemeiner Theorie. Von Baeyer nimmt indessen hierbei an, dass die Valenzen, wenn sie bei doppelter oder dreifacher Bindung aus ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt sind, das Bestreben haben, in dieselbe zurückzukehren; es werden also ein- zelnen Punkten der Atome ganz besondere Kraftäusse- rungen beigelegt, was nicht unbedenklich erscheint. III. Wislicenus***) hat die Vermuthung ausge- sprochen, dass das Kohlenstoffatom vielleicht einem re- gulären Tetraöder sehr ähnlich ‘sei, und die Ursachen der vier Valenzen sich möglicherweise in den Ecken dieses tetraödrischen Gebildes eoncentrirten. 'Auch bei dieser *) v,. Baeyer, Berichte der: deutschen chemischen Gesell- schaft, Bd. 18, S. 2277 ft. **) Vergl. Auwers, loc. c., S. 25. #bk) Berichte “der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 21, S. 584. 268 Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. 2%. £ Vorstellung lässt sieh das Fortfallen der freien Drehbar- keit der Kohlenstoffatome bei mehrfacher Bindung im Sinne der Stereochemie ungezwungen erklären, aber die Vorstellung führt zu keiner richtigen Anschauung von dem Verhältniss der relativen Stärke der Valenzen bei einfacher, doppelter und dreifacher Bindung. IV. Wunderlich*) stellte die Hypothese auf, dass die Valenzen des Kohlenstoffatoms in den Schwerpunkten der Seitenflächen des als Tetraöder gedachten Atoms liegen, wobei das Tetra&äder auch durch eine Kugel mit vier tetraädrisch liegenden gleichen Segmentflächen sub- stituirt werden kann. Die „Bindestellen“ von zwei Kohlenstoffatomen können sich bei dieser Lage nur bei einfacher Bmdung berühren, nicht dagegen bei zwei- und dreifacher Bindung. Bei doppelter Bindung berühren sich die Atome in einer. tetraödrischen Kante mitten zwischen zwei Bindestellen, wobei die freie Rotation da- dur&h verhindert wird, dass bei derselben die betreffen- den Bindestellen sich von einander entfernen würden. Bei dreifacher Bindung endlich berühren sich die beiden Kohlenstoffatome in einer tetraödrischen Ecke bezw. einem derart gelegenen Punkte der kugelförmig ge- dachten Atome, indem drei Valenzen im Gleichgewicht wirken. Wunderlich’s Vorstellung hat, wie auch Auwers**) anerkennt, besonders den Vortheil, dass sie befähigt, mathematische Berechungen über die relative Stärke von einfacher gegenüber zweifacher und dreifacher Bindung anzustellen, welche sehr wohl mit der Thatsache in Ein- klang stehen, dass doppelte und dreifache Kohlenstoff- bindungen nicht doppelt und. dreifach so stark sind als einfache Bindungen. Von den im Vorhergehenden kurz besprochenen vier Hypothesen: von van t’Hoff, v. Baeyer, Wislicenus und Wunderlich kommt nach memer Ansicht die letztgenannte der Wahrscheimliehkeit am nächsten, wie auch Auwers (a. a. O.) ihr vor allen anderen. den Vorrang einräumt, da sie bisher keiner Folgerung in Bezug auf stereoche- mische Fragen Hindernisse bereitet. Allein vom allgemeinen physikalisch - chemischen Standpunkte bietet die Wunderlich’sche Hypothese doch recht erhebliche Bedenken. Die Bindestellen definirt Wunderlich folgendermassen: „An einem »-werthigen Atom A befinden sich rn. bestimmte ‘Stellen, Bindestellen, von der Eigenschaft, dass A gesättigt erscheint, wenn jeder dieser n Stellen eine ebenso charakterisirte Stelle eines anderen Atomes (desselben oder eines anderen Elementes) auf eine Entfernung nahe kommt, welche klein ist im Verhältniss zur Grösse der Atome“. Die Atome haben nach Wunderlich das Bestreben, „sich zu sättigen“, indem sie die Bindestellen besetzen. Auf Wunderlich’s Definition der „Axen“ und „Bindetetraöder* braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Es fehlt also im Wesent- lichen bei Wunderlich wie bei allen anderen einschlägigen Forschern an Einfachheit und Durchsichtigkeit der Vor- stellung vom eigentlichen Wesen der Atome und der Valenzen. Es müssten nach dieser Anschauung für die Atome jedes einzelnen von den etwa 70 Elementen wieder verschiedene Valenzkräfte, je nach der Natur des Ele- mentes, angenommen werden, eine Vorstellung, gegen welche sich unsere gesammte moderne Anschauung von der Einheitlichkeit der Naturkräfte auflehnt. Der Grundfehler aller bisherigen Vorstellungen über die Natur der chemischen Valenz ist eben die Vorstellung, dass sie eine von allen anderen physikalischen Kräften verschiedene speeifische Naturkraft sei. Die chemische Valenz erscheint in einem völlig neuen Lichte, sobald ‚» : *) Wunderlich, Configuration organischer Moleküle. 1886. **) Auwers, 1. c., S. 35. 28. man diese Anschauung verlässt und die Ableitung der chemischen Valenz als Folge einer allem Körperlichen gemeinsamen Kraft, der allgemeinen Gravitation oder Massenanziehung versucht. Die von Wunderlich ent- wickelte Vorstellung vom Kohlenstoffatom und den Atomen überhaupt lässt sich dann durch meine der Emheit der Naturkräfte in einfachster Weise Rechnung tragende Thheo- rie, die „Gravitations-Valenztheorie“, ersetzen. Nach derselben sind die Atome keine materiellen Punkte, sondern Gebilde von räumlieher Ausdehnung, und die ehemischen Valenzen oder Affinitäten ergeben sich dadurch, dass verschiedene Theile der Oberfläche des Atomkörpers sich in verschiedener Entfernung von seinem Schwerpunkt befinden, und die Stellen der Minima dieser Entfernung wegen ihrer geringeren Entfernung vom Schwerpunkte die Maxima für die Wirkung der Gravitation oder Massenanziehung auf benachbarte Atome aufweisen. Es bilden also stets die Enden der kleinsten vom Schwerpunkt gezogenen Radien die Centren der An- ziehung zwischen den Atomen oder in anderer Raum- anschauung: die Mittelpunkte von an den Atomen be- findlichen Abplattungen. Die Valenzen eines Atoms sind hiernach nur Aeusse- rungen der Massenanziehung oder Gravitation seiner Masse, dadurch hervorgerufen, dass in Folge seiner Form eine Differenzirung in Bezug auf die Intensität der Gra- vitation an verschiedenen Stellen seiner Oberfläche be- steht, der zufolge ein Gleichgewichtszustand bei der Anziehung zweier Atome erst dann eintreten kann, wenn Stellen von maximaler Aeusserung der Gravitation ein- ander möglichst nahe kommen. Die Gravitations-Valenztheorie setzt keinerlei be- stimmtere Vorstellungen über die Gestalt oder innere Öonstitution der Atommasse voraus. Um in dieser Be- ziehung sich vor irrthümlicher Einseitigkeit zu wahren und doch der Anschaulichkeit Rechnung zu tragen, stellt man sich vorläufig die Atome als von gebogenen Flächen begrenzte Massen (je nach Umständen Rotationsellipsoiden, Doppelellipsoiden, Kugeln u. dergl. ähnlich) vor, welche an mehreren Stellen durch verminderte Erhebung der Wölbung der Oberfläche abgeplattet sind, ohne dass in-_ dessen bestimmte Segmentflächen ausgebildet wären. Es genügt schon, Kugelabplattungen derart wie bei der Erde und den Planeten anzunehmen. Speciell vom Kohlenstoffatome ergiebt sich hier- nach die Vorstellung von einem kugelähnlichen Rund- körper, welcher nach vier Seiten von Lage der Seiten eines regulären Tetraöders durch. Rundflächen von ge- ringerer Wölbung abgeplattet ist, ohne dass irgend welche Grenzlinien zwischen den Abplattungen und dem Rund- körper selbst beständen. Die Gestalt des Kohlenstoff- atoms ist etwa derart, wie sie Tetraöder von unter Er- weichen schmelzender Masse beim Schmelzen in einem Medium von gleichem specifischen Gewichte als Ueber- sangsform zum Tropfen annehmen würden (z. B. von Wachs gepresste oder gegossene Tetraöder beim Schmelzen in einem Gemisch von Alkohol und Wasser von genau gleichem specifischen Gewichte). Wie man sieht, nähert sich die Gravitations-Valenz- theorie in ihren Schlussfolgerungen am meisten den von Auwers getheilten Vorstellungen von Wunderlich®) (be- sonders der Vorstellung der Kohlenstoffatome als Kugeln mit vier tetraödrisch gelegenen Segmentflächen), obgleich sie ihrem Wesen nach von den Wunderlich’schen Speeulationen total verschieden ist. Es folgt ferner zugleich, dass die Gravitationstheorie sich ebenso wie Wunderlich’s Vor- stellungen in völliger Uebereinstimmung mit den Forde- *) Wunderlich, vgl. Auwers 1. ce. S. 18 ff. 35. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 269 rungen befindet, welche die Stereochemie an eine rationelle Vorstellung vom Kohlenstoffatom zu stellen berechtigt ist, indem aus der 'Gravitationsvalenztheorie sich direkt dieselben stereochemischen Schlüsse wie aus den Wunder- lieh’schen Ideen ergeben, wie sie Auwers in seiner. mehr- fach erwähnten Monographie so eingehend gezogen und mit den Thatsachen verglichen hat, dass hier von einer wiederholten Erörterung abgesehen werden kann. Die Annahme von „Segmentflächen“ nach Wunder- lieh möchte ich streng vermieden wissen, da niehts sie erfordert. Ebenso kann die Frage, ob die Masse des Atoms homogen oder nicht, emheitlich oder etwa, wie Wislicenus vermuthet, weiter aus Urelementaratomen zu- sammengesetzt sei, völlig offen bleiben. Es liegt auf der Hand, dass die vom Kohlenstoff- atom gewonnenen stereochemischen Vorstellungen auf die Atome der übrigen Elemente übertragbar sind. Schon Auwers®) maeht gelegentlich der Erklärung der Con- stitution der isomeren Benzildioxime C,H; -C:NOH — © :NOH-C,H; die Annahme, „das Stickstoff - Atom möge gleichfalls die Gestalt einer Kugel haben, an welcher sich drei Bindestellen befmden“, und behandelt dann weiter die Lagerung des Stickstoffatoms bei der Doppel- bindung genau wie beim Kohlenstoffatom. Sucht man wie beim Kohlenstoffatom zu einer anschaulichen Vor- stellung zu gelangen, so hat man sich das Stickstoffatom, insofern es dreiwerthig auftritt, etwa als Rotations- ellipsoid zu denken, an dessen Seiten drei Abplattungen (ohne lineare Abgrenzung) auftreten, welche, sofern man die drei Valenzen des Stickstoffs als gleiehwerthig an- nehmen kann, in gleicher Entfernung vom Schwerpunkt des Atoms und unter gleichem Winkel um die Axe ver- theilt hegen. Tritt der Stiekstoff fünfwerthig auf, so treten zu diesen Abplattungen wahrscheinlich noch zwei polare Abplattungen, so dass alle 5 Abplattungen die Lage der Flächen emes regulären dreiseitigen Prismas haben; alles nur unter den gemachten Voraussetzungen, welche durch stereochemische Forschungen weiter zu begründen sein werden. Ohne solche ist vorläufig eine Uebertragung der vom Kohlenstoff und Stickstoff gewonnenen Anschauung der „Gravitations - Valenzen“ nur durch Analogieschlüsse auf Gruppen von gleichwerthigen Elementen möglich. Man wird nicht fehlgehen, wenn man die Vor- stellung des Kohlenstoffatoms als Rundkörpers mit vier gleichliegenden Abplattungen auf die gleichfalls - vier- werthigen ähnlichen Elemente Silicium, Titan, Zireonium und Thorium überträgt und ebenso die Vorstellung des Stiekstoffatoms als Rundkörpers mit drei Seiten- und zwei Pol-Abplattungen auf die gleichwerthigen ähnlichen Elemente Phosphor, Arsen, Antimon und Wismuth. Man erhält damit zum ersten Mal über zwei sehr verschiedene Reihen von Elementar-Atomen eine eonerete Vorstellung. I. Reihe der 5 Elemente Kohlenstoff, Sili- cium, Titan, Zirconium, Thorium. Atomgestalt: Rundkörper mit vier gleichliegenden Abplattungen (etwa wie eine Kugel mit Tetraöderflächen ceombinirt, jedoch ohne Kanten, mit nur allmählichem Uebergang - der Flächen in einander). II. Reihe der 5 Elemente Stickstoff, Phos- phor, Arsen, Antimon und Wismuth. Atom- gestalt: Rundkörper mit drei gleichliegenden Ab- plattungen und zwei weiteren zu einander gleich und zu (en übrigen symmetrisch liegenden Abplattungen (etwa wie ein Rotatiönsellipsoid combinirt mit einem regulären dreiseitigen Prisma, jedoch ohne Kanten, mit nur all- mählichem Uebergang der Flächen in einander). Diese Vorstellungen werden sich in dem Maasse be- festigen und erweitern, je mehr andere Elemente ausser Kohlenstoff und Stickstoff in den Kreis der stereoehemischen Forschung einbezogen werden. Bei der vorstehend begründeten Gravitations-Valenz- theorie ist die chemische Valenz- oder Affinitätskraft, welche man bisher als besondere Naturkraft ansah, als identisch mit der Naturkraft der Gravitation oder allge- meinen Massenanziehung nachgewiesen worden. Im Ein- klang hiermit steht ein Nachweis, welehen ich früher *) auf ganz anderem Wege geliefert habe. Ich zeigte da- mals, dass „nur Gestalt und Grösse der Atome ihre Natur begründen und daher kein Grund vorliegt, für das Atomgewieht noch eine besondere geheimnissvolle Kraft zu substituiren“, vielmehr „die allgemeine Gravitation der Materie vollständig für alle Elemente ausreicht“. Unter Hinzuziehung der Gravitations-Valenztheorie ergiebt sich demnach jetzt das für die Physik der Materie grund- legende erweiterte Gesetz: Sowohl die Atom- gsewichte als auch die Valenz- oder Affinitäts- kräfte, also alle bisher als speciell chemisch angesehenen Natur-Urkräfte sind lediglich Aeusserungen der allgemeinen Gravitation oder Massen-Anziehung als gemeinsamer Urkraft. Ich bin jetzt, wie ich schon früher (l. e.) in Aussicht stellen konnte, damit beschäftigt, den Nachweis, dass die Gravitation als gemeinsame Urkraft zu betrachten ist, weiter auch für eine der wesentlichsten physika- lischen Eigenschaften der Materie: die Krystalli- sationskraft, zu liefern, un zwar auf einem Wege, bei welchem leider die bisher vorliegenden modernen stereochemischen Untersuchungen noch nicht verwerthet werden können, obgleich unsere bedeutendsten Chemiker und Physiker, wie Vietor Meyer, Baeyer, Wislicenus, Riecke u. a., dieselben aufs Eifrigste betreiben. Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. Von Prof. Dr. W. J. van Bebber. (Schluss.) Diese Vorgänge treten beim Vorübergange einer Depression sehr selten rein auf, denn in dem Verhalten der Depression treten so unendlich viele Modificationen und Umwandlungen auf, dass kaum ein Fall mit einem anderen vollkommen übereinstimmt. Nicht die De- pressionen sind an und für sich für Wind und Wetter in unseren Gegenden massgebend, sondern vielmehr die mannigfachen secundären Ausbildungen und deren Ver- halten im Bereiche der Depressionen. Daher kommt die *) Auwers ]. e. S. 144. gewiss unerfreuliche Thatsache, dass die Handhabe der Wettervorhersage noch mit so ausserordentlichen Schwie- rigkeiten verknüpft ist, und dass das Mass der Treft- sicherheit noch nicht den Grad erreicht hat, der bei der hohen Wichtigkeit dieses Zweiges der Meteorologie wohl wünschenswerth wäre. Bei weitaus die meisten Depressionen gehen nördlich an uns vorüber und daher ändern sich die Windrich- tungen bei uns in der Regel rechtdrehend, d. h. im *) „Naturw. Wochenschr.“ V, 302. 270 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 27. Sinne der Bewegung der Uhrzeiger, so dass auf einen auffrischenden Südost- oder Südwind gewöhnlich starke Südwest- dann, etwas weniger häufig, böige West- und Nordwestwinde folgen. Die Depressionen bewegen sich in der Regel nach einer Riehtung, welche zwischen Südost und Nordost liegt. Hierbei werden gewisse ‚Gegenden vorzugsweise von den Depressionen aufgesucht und gewisse Zug- strassen eingeschlagen. Figur 6 veranschaulicht die am meisten bevorzugten Zugstrassen, wobei die Häufigkeit des Vorkommens durch die Breite der Schraffirung an- zedeutet ist. Bemerkt sei jedoch, dass viele und erheb- liche Abweichungen hierbei vorkommen. Die Zugstrasse I beginnt im Nordwesten von Schott- land und wendet sich nordostwärts nach der Norwegischen Küste, verläuft dann entweder nach dem Eismeere, oder nach dem Weissen Meere oder südostwärts nach dem Innern Russlands, sie ist in allen Jahreszeiten be- sucht, insbesondere im Herbst und Winter. Die auf ihr ziehenden Depres- sionen bringen uns im All- gemeinen warmes feuchtes Wetter, stürmische Winde sind nicht sehr häufig. Die Zugstrasse II, welehe, der kälteren Jahreszeit angehörend, aus der Gegend nördlich von Schottland ostwärts nach dem mittleren Schweden hin führt, bewirkt für unsere Gegenden lebhafte, oft stürmische Luftbewe- gung, grössere Bewölkung und grössere Regenwahr- scheinliehkeit. Auch die Zugstrasse III, welche über das Skagerrak südostwärts hin- wegzieht, gehört der käl- teren Jahreszeit an und ist durch böiges, vielfach stürmisches Wetter, stark Bewölkung und grosse Regenhäufigkeit ausgezeichnet. Ostnordostwärts über das Skagerrak führt die Zug- strasse IV, welche besonders dem Sommer und dem Herbste eigenthümlich ist. Sie bewirkt für unsere Ge- genden raschen Witterungswechsel, mitunter auch stür- mische Winde an unserer Küste. Im Sommer fehlen bei ihrem Auftreten Gewitter fast nie. Zugstrasse V führt ungefähr parallel mit Zugstrasse III von den britischen Inseln südostwärts durch . Frankreich nach dem Mittelmeere und theilt sich hier, die Minima aus dem westlichen Mittelmeer aufnehmend, in drei Arme, von welchen einer nach Griechenland, ein anderer nach den Nordufern des Schwarzen Meeres, und ein dritter nach der Ostsee verlaufen. Die Depressionen, welche Frankreich durchqueren, bringen für unsere Küste öst- liche meist schwache Winde und diejenigen, welche der Ostsee zuziehen, für die ostdeutsche Küste auffrischende, zuweilen stürmische östliche und nordöstliche Winde. Durch die Depressionen werden Wind und Wetter aus der einen Gegend in die andere übertragen und daher ist es für das Sturmwarnungswesen und für die Wetter- vorhersage überhaupt von der grössten Wichtigkeit, Ge- setzmässigkeiten für die Fortpflanzung der Depressionen aufzufinden. Langjährige Erfahrung hat nun gezeigt, Zugstrassen der Minima 1876 bis 1880. dass die Depressionen in der Regel in der Weise fort- schreiten, dass sie sowohl den höheren Luftdruck als auch die höhere Wärme in der Umgebung (d. h. in Bezug auf die ganze Luftmasse) rechts von ihrer Richtung liegen lassen. Sind Luftdruck und Temperatur nieht im dem- selben Sinne vertheilt, so richtet sich die Fortpflanzung nach dem überwiegenden Element, wobei indessen häufig Verzerrungen und Randbildungen vorkommen. Die Zustände und Bewegungen in den oberen Luftsehiehten sind uns nicht bekannt, und daher scheinen viele Fälle mit dieser Regel in Widerspruch zu stehen. Da die barometrischen Minima in weitaus den meisten Fällen in der Umgebung der britischen Inseln zuerst sich zeigen, so sind die Witterungsnachrichten aus dem nordwestlichen Europa von der grössten Bedeutung, für das Sturmwarnungswesen. Schreitet das Minimum an uns vorüber und folgt ihm kein zweites auf dem Fusse nach, so erfolgen die Witterungs- vorgänge in der oben geschilderten typischen Weise, in den meisten Fällen jedoch folgen aber noch ein oder mehrere Minima rasch aufeinander nach, gewöhnlich mit einer Ablenkung der Bahn nach rechts, wodurch Fortdauer der windigen, feuchten Witterung bedingt wird. Verlaufen die Isobaren über Westeuropa nord- wärts, so bleiben die De- pressionen meistens ohne Einfluss auf unser Wetter, indem sie sich dann ge- wöhnlich nach Norden hin entfernen. Tritt südwest- lich von den britischen Inseln starkes Fallen des Barometers ein, so kann man erwarten, dass die Depression südostwärts nach dem Mittelmeer fort- schreitet, wenn Luftdruck und Wärme nach. Westen hin am meisten zunehmen. Die obigen in gedrängter Kürze gegebenen Dar- legungen zeigen, dass eine Grundlage für das Sturm- warnungswesen in keinerlei Weise fehlt, indessen können wir uns nicht verhehlen, dass noch manche Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen, noch manche wichtige Frage zu lösen ist, um eine breitere Grundlage für den Sturm- warnungsdienst zu schaffen; aber immerhin müssen wir eingestehen, dass die Sturmwarnungen eine ausserordent- liche Wichtigkeit für die Küstenbevölkerung haben, so dass auch geringe Fortschritte von hohem Werthe sind. Die Entwicklungsfähigkeit der Sturmwarnungen steht da- bei ausser aller Frage. Berücksichtigen wir noch, dass wir auch im gewöhnlichen Leben oft mit geringeren Wahrscheinliehkeiten rechnen müssen, so dürfte manches leiehthin gefällte Urtheil, welches nur auf flüchtigem Eindrucke beruht, viel milder, oder doch wenigstens ge- rechter ausfallen. Um nun zu zeigen, in welcher Weise der Sturm- warnungsdienst an der Seewarte gehandhabt wird, nehme ich ein bestimmtes Beispiel und zwar wähle ich den Sturm vom 26. bis 29. October 1854, welcher wegen seiner Heftigkeit, seiner langen Dauer und der regel- mässigen Aufeinanderfolge der dabei sich abspielenden Witterungsvorgänge bemerkenswerth ist (vergl. Fig. 6). ze \ SEUUCNEILN. _ K RN N Nr. 27. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 271 welehe ich in den 1584 S. 676 ff.) Ich ‘benutze hierzu die Ausführungen, Annalen der Hydrographie ete. (Jahrg. gegeben habe. Veranlasst wurde der Sturm durch zwei barometrische Minima von ungewöhnlieber Tiefe und Intensität, von denen das eine in nordöstlicher Richtung auf der Zug- strasse I, im Nordwesten Europas fortzog, das andere auf der Zugstrasse II von Sehottland ostwärts über die nördliche Nordsee und Südskandinavien nach Finnland sich fortbewegte. Am 25. Morgens war das Wetter über ganz Europa ruhig. Zwischen zwei barometrischen Maxima, von denen das eine südwestlich von den britischen Inseln, das andere im Osten über Russland sich befand, lag eine breite Zone relativ niedrigen Luftdruckes, welche im Nordwesten die tiefsten Barometerstände zeigte. Anhaltendes starkes Fallen des Barometers während der Nacht vom 24. den 25. und am 25., dann Auffrischen der südwestlichen Winde über den britischen Inseln, deuteten auf die An- näherung einer tiefen Depression vom Ocean her. Am Abend des 25. war das Barometer in den letzten 12 Stunden gefallen: auf den Hebriden um 12, in Christiansund um 10, in Shields und Skudesnaes um 9 mm, während gleichzeitig die Gradienten über dem Nordseegebiete stark zusammengeschoben waren. Trotz- dem war das Wetter im Allgemeinen noch ruhig, ins- besondere an der deutschen Küste, wo überall nur schwache südliche und südöstliche Winde wehten. Allein in Anbetracht der drohenden Gefahr wurde am 25. 9, Uhr Abends die ganze Küste durch das Signal „Ball“ gewarnt und der Eintritt stürmi- scher südwestlieher Winde in Aussicht gestellt. Beim Herannahen der Depression frischten an der Nordsee die Winde langsam, aber successive auf und er- reichten am 26. Morgens einen stürmischen Charakter, stellenweise zum vollen Sturm sich steigernd. Die bei- gefügte Wetterkarte giebt die Luftdruckvertheilung und die Ausdehnung des Sturmfeldes (durch eine gezakte Linie ı ı ı) am 26. October 8” Morgens. Das Minimum liegt mit einer Tiefe von unter 720 mm westlich von der norwegischen Küste, umgeben von dicht gedrängten Iso- baren und einem Sturmfelde, welehes sich über die britischen Inseln, die Nordsee und Skandinavien erstreckt. Hervorzuheben sind die ausserordentlichen Aenderungen im Luftdrucke, indem an der mittleren norwegischen Küste die Abnahme desselben in 12 Stunden 20 mm be- trug. Während über der Nordsee die Luftbewegung allenthalben stürmisch geworden war, waren über der Ostsee die südlichen Winde zwar aufgefrischt, allein einen stürmischen Charakter hatten sie noch nirgends an- genommen. 2 Um Mittag wurde für sämmtliche Signal- stellen das Signal verschärft und besonders für die Nordsee- und westliche Ostseeküste das Rechtdrehen der Winde nach Nordwest durch ein eigenes Signal ausdrücklich betont. Während das Minimum nordostwärts der norwegischen Küste entlang fortschritt, breitete sich das Sturmfeld weiter ostwärts über die Ostsee aus und drang auch südwärts bis zum Alpengebiete vor. Ueber der Nordsee waren die Winde Abends nach West und Nordwest gedreht und hatten die Stärke eines vollen Sturmes erreicht, welcher in den einzelnen Böen eine ausserordentliche Heftigkeit annahm. Hierdurch wurden der deutschen Nordseeküste gewaltige Wasser- massen zugeführt, so dass trotz der „dove tide* eine un- gewöhnlich hohe Fluth zu Stande kam. Auf Sylt wurden alle Wiesenländereien unter Wasser gesetzt, und mehreres Vieh ertrank, auf Am 26. Abends und in der folgenden Nacht fanden auf der Küstenstreeke von Borkum bis Friedrichsort überall Gewitter mit Begleitung von Hagelfällen statt. Ein Fortsehreiten derselben ist nieht deutlich zu erkennen; die Zeit ihres Auftretens am Abend fällt mit der einzigen Ausnahme von Weser-Leuchtthurm (5” 20” Nachmittags) auf die Zeit von 7 bis 5” Abends, eine zweite Entladung erfolgte, wie es scheint, meistens um Mitternacht. Diese Gewitter kommen, wenigstens an der westdeutschen Küste, dann fast allemal vor, wenn starke oder stürmische Winde aus der südwestlichen und westlichen in die nordwestliche Richtung übergehen, und scheinen ihren Entstehungsgrund in der Einwirkung der kalten durch die nordwestlichen Winde herbeigeführten Luftmassen auf die wärmeren zu haben. Die Neigung zur Bildung von Gewittern ist deut- lich dureh den unruhigen Verlauf der Barometerkurven für Borkum, Keitum und Hamburg am Abend und in der Nacht ausgesprochen, während die übrigen Kurven einen ungestörten Verlauf haben. Am Morgen. des 27. lag das Minimum mit einer Tiefe von unter 715 mm an der nittleren nor wegischen Küste, während über den britischen Inseln die stürmische Witte- rung aufhörte und die Winde zurückzudrehen begannen. Dieses sowie das sehr rasche Fallen des Barometers, welches sich im Laufe des Tages über Island und den Hebriden einstellte, deuteten zweifellos auf das Heran- nahen einer neuen "bedeutenden Störung vom Ocean her, und in dem Telegramm an die Küstenstreeke von Borkum bis Darsserort, welches unter Annahme zunächst abneh- mender Windstärke das Sturmsignal in Signal „Ball“ umwandelte, wurde ausdrücklich auf die neue, im Westen drohende Gefahr aufmerksam gemacht. Die dieser Arbeit beigegebenen Karten zeigen, dass das Sturmfeld, soweit es die erste Depression betrifft, von Westen her zuerst abnimmt und dann nach Osten hin vollständig erlischt: am 27. Morgens sind die britischen Inseln, um 8° Abends fast die ganze Nordsee, am 28. 8” Morgens auch die westliche Ostsee sturmfrei, während aber jetzt ein neues Sturmfeld von Westen her rasch heranschreitet. Am 28. ist das zuerst besprochene Minimum im hohen Norden noch deutlich zu erkennen, allein ein anderes tiefes Minimum ist über der nördlichen Nordsee erschienen und hat seine Wirksamkeit über die ganze Westhälfte Mitteleuropas ausgebreitet. Am Mittag als im nordwestlichen Küsten- gebiete steife südwestliche Winde wehten, wurde das Signal „Ball“ in „Südweststurm“ reeht- drehend für die oben genannte Küstenstrecke verwandelt, und am Nachmittage die Verlänge- rung des Sturmsignales für die Signalstellen der ostdeutschen Küste angeordnet. Vom Sturme begleitet, sehritt das Minimum im Laufe des Tages ostwärts fort und wandte sich zuerst rein ost- wärts, dann nach Nordosten, so dass dasselbe am 29. um 8% Morgens an der Finnischen Küste lag. Bei dieser Fortbewegung des Minimums drehten sich, west-ostwärts fortschreitend, die Winde aus der südwestlichen nach der nordwestlichen Richtung und erreichten an unserer ganzen Küste die Stärke eines schweren Sturms, wie die Aufzeichnungen an den Signalstellen zur Genüge nach- weisen. Insbesonders unheilvoll waren die Sturmböen aus W. und NW. am 28. Abends für unsere Nordsee- küste, indem hier, abgesehen von aussergewöhnlich hohem Wasserstande, einige Schiffbrüche und Strandungen vor- kamen. Am 29. nahm die Windstärke an unserer Küste west- ostwärts fortschreitend langsam ab, so dass dieselbe noch | im Laufe des Tages überall sturmfrei wurde. Daher 272 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 27. ts ee ee tt wurde am Mittag für die westliche Küsten- strecke bis Rügen Abnahme des Signals ange- ordnet und für den Osten keine weitere War- nung mehr gegeben, so dass also am Abend des 29. kein Signal mehr aufgezogen war. Ich habe ‘oben bemerkt, dass die barometrischen Minima sieh in der Weise bewegen, dass sowohl der höhere Luftdruck als auch die höhere e Temperatur rechter Hand liegen bleiben. Dieses zeigt sieh auch in unserem Falle sehr on an. Betrachten wir die Wetterkarten vom 26. 8” a. m., so finden wir an der Südostseite des Mini- mums über Sallinanien starke Druckunterschiede, wäh- rend gleichzeitig eine Zone höchster Temperatur über Eng- land, der östlichen Nordsee und Norwegen liegt, so dass die nordöstliche Bewegung der Depression hieraus er- klärlich ist. (Zugstrasse I.) Anders ist die Situation am 28. 8% a. m.: nicht allein die stärksten Gradienten liegen auf der Südseite des Minimums, sondern die höchsten Temperaturen, und daher die For tbewegung nach östlicher Riehtung. (Zu ugstrasse 1.) Bei dieser Erscheinung finden wir ‚die Drehung der Verbindungslinie beider Minis entgegengesetzt thder Be- wegung der Uhrzeiger (wie sie meistens vorkommt) deut- lich ausgesprochen, am 28. dungslinie nach Nordost, um 5% Abends nach Nord und am 29. 8% Morgens nach Nordwest geriehtet. Ebenso liegt die grosse Aze des Minimums am 28. Morgens nach Ost, um 5% Abends nach Nord und am 29. 86 Morgens nach Nordwest. Die Wirksamkeit des Sturmwarnungswesens an der Deutschen Küste wird an der Seewarte sorgfältig ge- prüft, in der letzteren Zeit durch eine Methode, bei welcher je Willkür ausgeschlossen ist. Es wurde seit dem Jahre 1859 die Aufzeichnung der selbstregistriren- den Anemometer, welehe die mittlere stündliche Ge- schwindigkeit, sowie einmal in der Stunde die Riehtung des Windes angeben, bei der Prüfung der Sturmwarnungen 3% Morgens ist die Verbin- zu Grunde gelegt. Nach den Aufzeichnungen von 9 an der Küste aufgestellten Anemometern ergab sich folgendes Resultat: Das Maximum der Windgeschwindigkeit trat ein im Jahre 1890 Bei Bei nicht stürmischen Winden Trefler Vorher Nachher Vorher Nachher 1890 1859 Prozent Prozent Prozent a) Zeit der Warnung 4 92 ih 32 68 7 b) 1 Std. naclı der Warnung 6 50 14 30 65° 68 ce) 2 ı- - - fo) 48 17 26 61° 61 d) 2. - - - - 10 46 1) 24 5944517 In der obigen Tabelle ist die eine Hälfte der nicht stürmischen Winde zu den Treffern, und die andere Hälfte zu den Misserfolgen gerechnet worden, weil eine Wärnung nicht als völlig verfehlt betrachtet werden kann, wenn em starkes Anschwellen des Windes erfolst, insbesondere bei Böen, welehe hauptsächlich dem Fischerei- betrieb sehr schädlich werden können. Von besonderer Bedeutung für die Beurtheilung Erfolge oder Misserfolge der Sturmwarnungen an der Deutschen Küste ist das Gesammturtheil der Küsten- bevölkerung. In dieser Hinsicht liegen aus den Jahren 1882 und 1555 zwei Gutachten von Lotsenkommandeuren, Hafenmeistern, Signallisten und überhaupt von solchen Personen vor, von denen man em dureh Erfahrung be- gründetes zuverlässiges Urtheil erwarten kann: fast alle diese Gutachten äussern sich dahin, dass die bestehenden Einrichtungen des Sturmwarnungswesens die Küsten- bevölkerung befriedigen und geeignet seien, vieles Unglück und vielen Schaden von unserer Küste fern zu halten, wie es durch verschiedene Beispiele nachgewiesen wird. Nicht minder wichtig für die Beurtheilung des Sturm- warnungswesens ist die Thatsache, dass in den verschie- denen Küstengebieten von Provinzialregierungen und Pri- vaten Signalstellen eingerichtet und unterhalten werden, deren Zahl in stetiger Zunahme begriffen ist. der IX. Deutscher Geographentag. Ill. — Im weiteren Verlauf der Tagungen sprach Oberstlieutenant v. Ster- neck vom K. u. K. Militär - geographischen Institut in Wien über „Schwerestörungen und Lothabweiehun- gen“. Die Bestimmung der wahren Gestalt der mathe- matischen Erdoberfläche, des sog. Geoids, geschieht da- durch, dass man die Abweichungen dieser Fläche von einer den vorhandenen Beobachtungen möglichst ange- passten einfachen mathematischen Fl äche, dem Ellipsoid, angiebt. Diese Abweichungen dokumentiren sich für uns dadurch, dass die Richtung des Loths an den be- treffenden Stellen eine andere ist, als sie auf dem zu Grunde gelegten Ellipsoid sein würde. Solehe Lothab- weichungen kommen sowohl regional, als lokal vor. Regional sind sie z. B. constatirt worden in Norddeutsch- land zwischen dem 51. und 53. Parallel, in den ebenen Gegenden von West- und Wille ropa zwischen 49 und 56° Br., ebenso in Amerika im Gebiete der grossen Salzseen. Lokale Störungen, eine schon lange bekannte Erscheinung, finden sich z. B. auf zwei Stationen im Drauthale bei Lienz in Tiro! im Betrage von 27” bei Entfernung der beiden Stationen von nur 4 km von ein- ander; auch in ebenen Gegenden, so in Berlin*) bis zu 6”, bei Moskau bis zu 15”. Eine auffallende Thatsache ist nun, dass die beobachteten Lothabweiehungen meist kleiner sind, als wir es nach den die Abw eichung ver- anlassenden "Massen rechnungsmässig erwarten sollten. *) Vergl. Wochenschr,* Bd. Red. „Naturw, IV. S, 143. Das geht so weit, dass z. B. die Lothabweichung bei Pisa sich nach Westen richtet, als ob die Masse der Apenninen das Loth hier abstiesse. Zur Erklärung sind wir gezwungen, an solchen Stellen unterirdische Massendefekte anzunehmen. Dem entsprechen die Beob- achtungen über die Schwerestörungen. Wo eine Massen- anbäufung im Innern der Erde vorhanden ist, muss die Schwere grösser sein, als sie es auf dem gleichförmig diebten Ellipsoid sein würde; umgekehrt ist bei Massen- defekten die Schwere kleiner. Der Apparat, mit dem wir solehe Abweichungen der Schwere, die „Schwere- störungen“ bestimmen, ist das Pendel, welches Massen- defekte durch langsamere, Anhäufungen durch schnellere Schwingungen anzeigt. Bisher war die Ausführung von Pendelbeobaehtungen” sehr umständlich und zeitraubend. In jüngster Zeit sind jedoch mit einem vereinfachten und leicht transportabeln Pendelapparate Beobachtungen in grösserem Umfange in Angriff genommen worden; so wurden solehe an 46 Stationen in Tirol und 34 in Böhmen ausgeführt. Es hat sich dabei das wichtige Resultat ergeben, dass an allen Stationen die Schwere zu klein ist. Aeltere Beobachtungen von Stationen im Himalaya, im Kaukasus und aus den Seealpen stimmen damit überein. Aus dieser auffallenden Thatsache lässt sich demnach in der That auf Massendefekte im Innern der Erde schliessen, nicht etwa in Gestalt von Höhlun- gen, sondern auf eine Verminderung der Dichte der Erdschiehten im Innern. Auch bei kleineren Gebirgen, wie z. B. im Erzgebirge, im Harze, sind durch die Beob- Nr. 27. achtung Massendefekte unter denselben angedeutet. Was für die Gebirge gilt, können wir nach den vorhandenen Pendelbeobachtungen auch auf die Continente ausdehnen. Auch unter ihnen hat die Erdkruste geringere Dichte, als unter dem Meere. Demgemäss ändert sieh auch die Erklärung für die längst bekannte Thatsache der grösseren Schwere auf oceanischen Inseln. Früher führte man diese bekanntlich auf grössere Annäherung an das Centrum der Erde zurück. — Die wahre Grösse dieser eonsta- tirten Defeete ist noch nicht bekannt; erst die späteren vervollständigten Beobachtungen werden hierüber Klar- heit verschaffen. Ein reiehhaltiges Material zum Studium der Lothabweichungen hat die internationale Erdmessung geschaffen, das jedoch noch grösstentheils der Ver- arbeitung und Publication hartt. Es folgte ein Vortrag des Baron E. v. Toll aus St. Petersburg, der Mittheilungen über Forsehungen im nordöstlichen Sibirien machte. An der Hand einer Reihe hochinteressanter photographischer Aufnahmen seine Ansichten ausführend, ging der Vortragende auf den Fund eines im Jahre 1799 unfern des Lena-Deltas wohlerhaltenen Mammuths zurück, welches nach Professor Adam’s damaliger Angabe „au milieu de glacons“ ge- legen hat, ein Ausdruck, der zu recht falschen Theorien Veranlassung gegeben. Man brachte zwar die Eis- bildungen in einem Zusammenhang mit den Formationen des Bodens, dachte jedoch an. zufälliges Hineingerathen des Thieres in Eisschollen der Küste; mit der bereits 1752 von Gmelin gemachten Entdeekung der gewaltigen Schicht ewig gefrorenen Bodens unter einer periodisch aufthauenden oberflächlichen Bodendecke in diesen Ge- genden brachte man die Funde noch nieht zusammen, schon weil man über die Natur dieses „Bodeneises“ wenig im Klaren war. Beide Probleme, die Entstehung des Boden- eises und die Funde quartärer Thierleichen in Sibirien, sind erst in der Gegenwart durch die 1885/56 von Petersburg unter Dr. Alex. Bunge und Baron v. Toll in das Mündungsgebiet der Lena und zu den neusibirischen Inseln entsandte Expedition einer befriedigenden Lösung näher geführt worden. Dieselbe stellte fest, dass das sogenannte „Bodeneis“, oder, wie der Redner zur Ver- meidung falscher Anschauungen besser vorschlägt, „Stein- eis“ Sibiriens aus wirklichen, uralten Eismassen von ge- waltiger Dicke besteht, die von einer meist relativ ge- ringen Schieht von Lehm überdeckt sind. Dieser Lehm, der sich auch auf breiten Spalten zwischen die Eis- massen eingedrungen findet, ist die Lagerstätte der quar- tären Thierkadaver. Die Angabe der Funde „au milieu de glacons“ ist also auf solche Spaltenlehme zu deuten. Die südliehste der neusibirischen Inseln, welche heute dureh die massenhaften Mammuthfunde zu einem der er- giebigsten Länder für Elfenbeinexport gemacht wird, basirt fast ganz auf solehen Steineismassen; sie würde zerfliessen, wenn die Bodentemperatur hier nur einmal über Null Grad stiege. Baron v. Toll findet nun hinsichtlich des Alters der Eismassen durchaus Penek’s Auffassung derselben als eines Productes der Eiszeit bestätigt, weist aber die bis- herigen Erklärungsversuche verschiedener anderer Ge- lehrten, die dasselbe aus Flussüberschwemmungen oder Sehneewehen entstehen liessen, zurück. Anknüpfend an die neuliche Entdeekung eines „fossilen“ Gletschers in Alaska, der als eine Eisschieht von ungeheurer Flächen- ausdehnung heute bewegungslos, gleichsam erstorben, unter einer Schutt- und Lehmschieht daliegt, deutet er das Steineis Sibiriens als Reste von Gletschern der Eis- zeit. Dass an den Rändern dieser Gletscher einstmals eine reiche Thierwelt gelebt haben könne, belegt der Redner durch Hinweis Auf die Mosehusochsen Grönlands Naturwissenschaftliche Wochenschrift. und die zahllosen Thierheerden der eisigen Hochwüsten des nördlichen Tibets. An dem Untergange derselben ist nach ihm nicht eine Vereisung schuld, sondern die grosse Einschränkung ihrer Nahrungsplätze durch das Versinken der nördlichen Landmassen unter das Meer. (Fortsetzung folgt.) Ein verbesserter Phonograph ist von den Herren Erdhold und Sehaeffer eonstruirt und kürzlich von den Erfindern in der Sitzung der „Pharmaeeutischen Gesell- schaft (Berlin)* vor einer sehr zahlreich besuchten Ver- sammlung vorgeführt worden. Dieser neue Phonograph unterscheidet sich nach dem Berichten der „Pharma- ceutischen Gesellschaft“ von dem Edison’schen Phono- graphen im Wesentlichen dadurch, dass bei ihm eine schwach hohlgeschliffene und dadurch sehr schwingungs- fähige Glasplatte von besonderer Zusammensetzung zur Verwendung gekommen ist, ferner Edelsteinmaterial zur Herstellung des Gravirstiftes. Auch das Messerchen, welches den Wachseylinder unmittelbar spiegelglatt ab- schleift, besteht aus Edelstein. Der Gravirstift ist behufs Aufnahme hohlmeisselartig, behufs Wiedergabe abgerundet zugeschlitfen. Die zur Wiedergabe verwendeten Schall- rohre sind so construirt, dass sie auch in sehr grossen Räumen, eine durchaus verständliche W iedergabe ermög- lichen. Das mechanische Triebwerk, welches die Messing- walze in Bewegung setzt und dadurch die Bewegung der Sehallkapsel von einem Ende zum anderen ausführt, wird durch einen im Innern angebrachten Electromotor bewegt und durch ein Centrifugalpendel regulirt. Der Apparat legte vor der Versammlung verschiedene Proben äusserst exacter Leistungsfähigkeit ab. Ganz vorzüglich wurden unter Anderem ganze Orchesterauf- führungen wiedergegeben, bei welehen die Stimmen und die Klangfarbe der einzelnen Instrumente in geradezu überraschender Schärfe zum Ausdruck kamen. Der neue Apparat hat also ganz erhebliche Ver- besserungen gegenüber den älteren Constructionen er- fahren, und es wird dieser Umstand noch mehr wie bisher zur Popularisirung der Phonographen erheblich beitragen. Ö. Längste eiserne Eisenbahnbrücken in Europa. — Dem Gentralblatt der Bauverwaltung entnehmen wir folgende interessante Notiz über den Gegenstand. Die im Bau begriffene Eisenbaln- und Strassenbrücke über die Weichsel bei Fordon ist 1325 m lang, diejenigen bei Thorn 1272 m, bei Graudenz 1092 m und bei Dir- schau 7855 m. Daraus geht hervor, dass die Fordoner jrücke die längste eiserne Brücke Deutschlands wird. In Europa übertreffen ihre Länge nur die folgenden Eisenbahnbrücken: Tay-Brücke . Forth-Brücke 2304 - Moerdyk-Brücke ; 1470 - Wolga-Brücke bei Sysrau, Russland 1438 - 3200 m) Ueber den Erdmagnetismus und seine kosmischen Beziehungen hielt kürzlich Dr. P. Sechwahn in der Urania einen Vortrag. Das Thema „Ueber Erd- und Welches: soll eine neue Reihe wissen- schaftlicher Vorträge in der Urania einleiten, welche die im engeren Sinne physikalische Erd- und Welt- kunde behanden werden, besonders jenen jungen *) Wenn die Cernavoda-Brücke über die Donau in Rumänien (Centralblatt der Bauverwaltung 1890, S. 175) über beide Arme der Donau, einschliesslich der dazwischen liegenden Balta - Insel, fertig ist, dann hat sie den Ruhm, die längste eiserne Brücke der Welt zu sein mit etwa 3550 m Länge. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 27. Wissenszweig der Naturforschung, dessen grosse Bedeu- tung erst zu Anfang und in der Mitte unseres Jahr- hunderts von. Männern wie Alexander v. Humboldt, Sir James Clark, Ross, Sabine, Gauss u. A. voll gewürdigt und zur Geltung gebracht ist. Dass die Magnetnadel schon im Alterthum das wichtigste Orientirungsmittel für den Seefahrer war, ist bekannt. In den unermesslichen Steppen des himmlischen Reiches fand man mit Hülfe magnetischer Wagen leicht den richtigen Weg: die Chi- nesen sollen schon vor der Zeit der dorischen Wanderung der Magnetnadel sich bedient haben. Von den Chinesen kam die Kenntniss des Compasses wohl dureh indische Seefahrer zu den Arabern und von diesen zu den Spa- niern. Man glaubte früher, dass die Nordspitze der Magnetnadel beständig auf den Nordpol der Erde ge- richtet sei. Columbus aber bemerkte schon auf seiner ersten Entdeekungsreise eine Ablenkung um mehrere Grade westlich vom astronomischen Meridian; später machten Maghellan und Drake ähnliche Beobachtungen. Der Astronom Halley entwarf 1701 die ersten magne- tischen Deelinationskarten für den atlantischen und in- dischen Ocean, also Karten, welche die Isogonen, die Linien gleicher Abweichung einer in horizontaler Rich- tung frei drehbaren Magnetnadel nach Osten oder Westen von der Riehtung des astronomischen Meridians ver- zeichnen. Für Berlin beträgt die Deelination etwa 10 Bogengrade, in Paris 12° westlicher Abweichung, in New York 5° u. s. w. Westlich von der amerikanischen Linie ohne Deeclination, in der westlichen Erdhälfte_ also, wird die Abweichung der Magnetnadel eine östliche. Im östlichen China und Sibirien besteht auf einer Art mag- netischer Insel eine westliche Ablenkung wie westlich der vom magnetischen Nordpol im Osten Spitzbergens durch Russland, Hindostan, Australien nach dem mag- netischen Südpol sich erstreeckenden Linie. Klarer und übersichtlicher als die für Schifffahrtszwecke sehr wich- tigen Isogoneneurven orientiren über die Vertheilung der magnetischen Erdkraft die „magnetischen Meridiane“, wie sie der Franzose Duperry 1832 zuerst dargestellt hat, die alle in den beiden magnetischen Polen zusammen- kommen und in jedem Punkte ihres Verlaufes die Rich- tung der Magnetnadel angeben. Neben der im Horizont liegenden Componente der erdmagnetischen Richtkraft bezeichnet die Inelination die Neigung einer frei um ihren Schwerpunkt drehbaren Magnetnadel gegen den Horizont als Folge des Erdmagnetismus. Zuerst beob- achtete der Engländer Norman 1576 für London 71° 50’ Inelination. elinen, deren Karten 1768 zuerst der Schwede Wilcke entwarf. Capitän James Ross fand den Magnetpol der nördlichen Halbkugel 1831 auf der Halbinsel Boothia Felix und kam 1841 dem Südpol bis 33° 56° nahe, den Duperry und Gauss rechnerisch feststellten, die beiden Punkte der Erde, deren Inelination 90° ausmacht, wäh- rend sie in einer idealen äquatorialen Isocline, dem magnetischen Aequator, 0° beträgt. Zur vollständigen Kenntniss des Erdmagnetismus müssen wir aber noch seine Stärke oder Intensität ermitteln und erhalten dann in den Isodynamen die Linien gleicher Stärke der mag- netischen Erdkraft. Erst seit der berühmten Reise Alexander v. Humboldt's in Südamerika 1795 —1805 haben wir für die Stärke der magnetischen Kraft bessere Ergebnisse der Beobachtung, die zu den sogenannten „Humboldt’schen Intensitätskarten* führten, und der „Fürst der Mathematiker“ Gauss in Göttingen war es dann, weleher 1833 in seiner epochemachenden, lateinisch wie alle naturwissenschaftlichen Abhandlungen gelehrten Inhalts jener Tage geschriebenen Untersuchung. über die Bestimmung der magnetischen Erdkraft in absoluter Die Linien gleicher Inelination sind die Iso- | Masseinheit, „Intensitas vis magneticae terrestris ad men- suram absolutam revocata* die Erkenntniss dieser Fragen wesentlich förderte. Gauss gelang es, die Intensität mit voller Schärfe zu bereehnen, in absolutem Masse aus- gedrückt, wie überhaupt Kräfte gemessen werden. Die isodynamischen Linien, die Linien gleicher magnetischer Intensität, gleichen den Isoclinen, fallen mit ihnen aber nicht zusammen. Der dynamische Aequator bezeichnet die Linie geringster Kraftentfaltung des Erdmagnetismus, zu dessen beiden Seiten die Stärke des Erdmagnetismus in sehr ungleicher Weise nach den Polen grösster An- ziehung hin wächst, die überraschender Weise mit den magnetischen Polen der Erde nieht zusammenfallen. Auf der Nordhälfte der Erde giebt es sogar zwei dynamische Pole, auf der Südhälfte nur einen. Säkulare und täg- liche Schwankungen der Magnetnadel zeigen, dass der Zustand des Erdmagnetismus sehr veränderlich ist, ver- änderlich wie das Wetter. Schon Arago bezeichnete diese Thatsachen als das Räthselhafteste der Erdphysik, und bis heute scheitern alle Erklärungsversuche. Zu den regelmässigen Schwankungen kommen aber noch ganz unregelmässige Bewegungen, plötzliche magnetische Stö- rungen, sogenannte „magnetische Stürme“ oder magne- tische Ungewitter. Mit Gewittern und Stürmen der At- mosphäre stehen sie in keinem nachweisbaren Zusammen- hange, sondern werden vermuthlich durch kosmische Vorgänge bedingt. Der 17./18. November 1582 war ein soleher Sturmtag für alle irdischen magnetischen und elektrischen Erscheinungen. Die älteren Theorien des Erdmagnetismus eines William Gilbert, Tobias Mayer in Göttingen, eines Hansteen waren fruchtlos, und erst der Gauss’sche Grundgedanke, dass die magnetische Kraft eine allgemeine sei, eine kosmische, genau so wie die Gravitation, führt die Probleme zur Lösung. Alle Stoffe, selbst Dämpfe, Gasarten, die leichtfertige Flamme sind magnetischer Erscheinungen fähig, wie Faraday zeigte. Die Beobachtungen bestätigen die Gauss’sche An- schauung, und mit Hülfe der Gauss’schen Formeln sind unsere neueren magnetischen Karten von Erman und Petersen, von Sabine u. A. entworfen. Ueber die Vertheilung der erdmagnetischen Kraftäusserungen auf der Erdoberfläche giebt uns die Gauss’sche Theorie ge- nügenden Aufschluss, über die im Erdkörper selbst aber ebenso wenig, wie über die Ursachen der Er- scheinungen. Der durch Oersted’s, Arago’s, Faraday’s Entdeekungen bewiesene Zusammenhang der elektrischen und magnetischen Kraft, die Entdeckung elektrischer Ströme in der Erdrinde, die sich 1857 bei den Tele- graphenleitungen der ganzen Welt gleichzeitig mit einer durch die magnetischen Warten constatirten grossen magnetischen Störung siehtbar machten, führten zu ein- gehenden Studien der Erdströme durch Physiker, wie durch praktische Telegraphisten. Lamont in München, Wild in Petersburg, Lemström in Schweden, Blavier in Frankreich, Airy und Adams in England und auf An- regung des Prof. Förster der Berliner elektrotechnische Verein, dem der Staatssekretär Dr. Stephan die Be- nutzung der preussischen Leitungen für Versuchszwecke bereitwilligst zur Verfügung stellte, haben diesen Fragen ihre Studien gewidmet. „Die Erdströme verfolgen, wie es in einem 1886. an die Berliner Akademie übersandten Berichte Dr. Stephan’s heisst, in der Regel eine be- stimmte Richtung, so dass sie in den Zeiten mächtiger Bethätigung in dieser Riehtung eine sehr erhebliche, in anderen Richtungen gar keine Störung der telegraphischen Verständigung bewirken. In Deutschland verlaufen die Stromlinien im Allgemeinen von Südost nach Nordwest, wie die Beobachtungen auf den bei den fast recht- winklig sich durchsehneidenden Linien 'Berlin-Thorn und Naturwissenschaftliche Wochenschrift. [SS —1 Qi Berlin-Dresden ergeben haben.“ Bei jedem grössern Erdbeben beobachtet man magnetische Störungen. Sonnen- flecke und Protuberanzen sind Phänomene, die mit den Aeusserungen des Erdmagnetismus im Zusammenhang stehen. Sabine wies darauf hin, dass die von Hofrath Heinr. Schwabe zu Dessau 1526—50 festgestellte fast 11jährige Sonnenfleckenperiode sich in den magnetischen und elektrischen Aeusserungen des Erdballs abspiegelt, durch magnetische Störungen, in Erdströmen und Polar- lichtern. Neuerdings hat man noch eine 56 Jahre um- fassende Periode nachgewiesen. der Sonne um ihre Axe drückt sich im Gange der Magnetnadel durch eine 26tägige Periode aus. Vielleicht bringen die Entdeckungen von Ebert, Wiedemann, Arhenius über den Einfluss des ultravioletten Lichtes auf den elektrischen Zustand eines Körpers und vor Allem die Lehre von Hertz, dass Licht und Elektrieität nur Modi eines und desselben Agens seien, Licht in diese Räthsel. In der Physik der Erde wird der Magnetismus noch eine sehr grosse Rolle spielen. Durch Gründung magnetischer Warten wenden ihm alle Staaten eine grosse Aufmerksamkeit zu. Deutschland betheiligt sich durch die deutsche Seewarte in Hamburg, durch das magnetische Observatorium in Wilhelmshaven und das demnächst neu zu eröffnende Observatorium zu Potsdam an diesen Beobachtungen; in ähnlicher Weise forscht man in Frankreich — Observatorium im Parke von St. Maur bei Paris, Italien — Vesuvobservatorium unter Luigi Palmieri’s Leitung, Russland — Observatorium zu Pawlowsk bei Petersburg. Die Nothwendigkeit gleich- zeitiger Beobachtungen auf dem ganzen Erdrund hat 1352 die internationale Polarforschung ins Leben ge- rufen, welche insbesondere magnetischen Feststellungen dient. Man darf wohl erwarten, dass das Ende des 19. Jahrhunderts eine ähnliche elanzvolle Epoche in der Geschichte der Wissenschaften bedeutet wie das 17. und 18. Jahrhundert. R. M. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Fortbildungscurse an der Universität Jena für Lehrer Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz. — Es wird beab- siehtigt, wie in den Vorjahren an der Universität Jena vom 28. September bis zum 10. Oetober die folgenden zweiwöchent- lichen Curse, welche für akademisch gebildete Lehrer und Lehrer an Seminaren bestimmt sind, abzuhalten. 1) 8—9 Uhr. Moderne physikalische Demonstrationen (Elek- trische Wellen, Gitterspeetrum, Accumulatoren, Photometrie u. s. w.) v. Prof. Dr. Auerbach. Ueber Bau und Leben der Pflanzen unter Vor- führung pflanzenphysiologischer Experimente, die für den Schulunterricht wichtig sind, v. Prof. Dr. Detmer. i Anleitung zu botanisch-mikroskopischen Arbeiten und pflanzenphysiologischen Experimenten, v. Prof. Dr. Detmer. 2) 9-10 - 3) täglich 4) 10—11 - Anleitung zu physikalischen Experimenten, v. Prof. Dr. Schäffer. 5) 11—12 - Schulhygiene, v. Prof. Dr. Gärtner. 6) 12—1 - Die psychologischen Grundlagen des Unterrichts- verfahrens, v. Prof. Dr. Rein. 7) 8-5 - Ausgewählte Abschnitte der physischen Erd- kunde, veranschaulicht durch Exeursionen, v. Dr. Regel. 8) 4-5 - Darwinismus. v. Prof. Dr. Kükenthal. Dun 6 Physiologische Psychologie, v. Dr. Ziehen. 10) 5-6 - Die parasitären Pflanzenkrankheiten, v. Prof. Dr. Büsgen. I) 6— 7 >- Anleitung zu Untersuchungen mit Speetral- und i Polarisationsapparaten, v. Dr. Gänge. 12) 7—8 - Uebungen im Glasblasen, v. Glasbläser Haak. Das Honorar für jeden einzelnen Cursus (10—12 Stunden) be- trägt 15 Mk. Diejenigen Herren, welche sich an den Fort- bildungseursen betheiligen wollen. ersuchen wir, uns von ihrer Absicht in Kenntniss zu setzen. Auskunft über gute und preis- Auch die Umdrehung | würdige Wohnungen erhalten die Herren Theilnehmer am Sonn- tag, den 27. September, im botanischen Institut. Sonntag, den 27. September, Abends 8 Uhr, gesellige Zusammenkunft im Wei- marischen Hof. Anmeldungen nehmen entgegen und nähere Aus- kunft ertheilen: Prof. Detmer und Prof. Rein. Dr. Otto Tischler in Königsberg, der bedeutendste Prä- historiker Ostpreussens, ist am 18. Juni gestorben. Prof. Wilhelm Eduard Weber, (er Erfinder des Telegraphen, ist am 23. Juni in Göttingen gestorben. Weber war am 24. October 1804 zu Wittenberg geboren. 183l wurde er ordentlicher Pro- fessor in Göttingen. Mit ihm ist «der letzte der Göttinger Sieben, zu denen ausserdem die Gebrüder Grimm, Gervinus, Dahlmann. Albrecht und Ewald gehörten, dahin gegangen. Die Göttinger Sieben protestirten bekanntlich 1837 gegen die Auf- hebung der Verfassung. Weber wurde 1843 als Professor nach Leipzig berufen, kehrte aber 1849 in seine frühere Stellung nach Göttingen zurück, wo er bis zu seinem Tode gewirkt hat. Be- sonders fruchtbar wurde sein Zusammenarbeiten mit Karl Friedr, Gauss. Wir verdanken ihnen den ersten elektromagnetischen Telegraphen, der 1833 zur Correspondenz zwischen der Sternwarte und dem physikalischen Laboratorium benutzt wurde. Die erste Nachrieht hierüber findet sich in den „Göttinger gelehrten An- zeigen“ (II, 1834). Von hervorragender Bedeutung ist Weber’s elektrisches Grundgesetz. LItRenatier. Dr. Paul Deussen, ord. Prof. der Phil. a. d. Univ. Kiel. Die Elemente der Metaphysik, als Leitfaden zum Gebrauche bei Vorlesungen sowie zum Selbststudium zusammengestellt. Zweite Auflage. Leipzig. Brockhaus 1890. Ich möchte dem Buche lieber den Titel geben: Allgemein- verständliche Darstellung von Schopenhauer’s Metaphysik. Denn in der That wird hier nur Schopenhauer’sche Philosophie in klarer, übersichtlicher Darstellung gelehrt; in keinem erheblichen Punkte wird von diesem Philosophen abgewichen, wenn auch vielfach neue Belege aus der 'modernen,:-namentlich aber aus. der altindischen Litteratur herangezogen werden. Schon die Eintheilung des Stoffes in die Theorie der Er- kenntniss, die Metaphysik der Natur, des Schönen, der Moral entspricht dem Schopenhauer’schen Hauptwerk. Die idealistische Erkenntnisstheorie macht Raum für ein „Ding an sich“, dessen Wesen unser Wollen am klarsten wiederspiegelt, wenn dasselbe auch nieht als Wollen, d. h. als Vorgang, sondern als Wille, als eine Art Substanz, als raum-, zeit- und kausalitätsloses Etwas vorzustellen ist. Demgemäss wird das Ding an sich dem Wesen der empirischen Erkenntnisswelt als Gegensatz gegenüber- gestellt, nicht als etwas ihr Paralleles. Erkenntnissloser Wille ist das Treibende auch in der gesammten übrigen Natur. Zwischen dem unfassbaren Ding an sich und der empirischen Welt stehen die platonischen Ideen; ihre Erkenntniss bildet den ästhetischen Genuss. Im Wesen des der Welt zu Grunde liegenden Willens- prineipes liegt es begründet, dass jede Erscheinung mit jeder anderen in ewigem erbarmungslosen Kampfe liegt. Aus dieser Welt des Zwistes und Jammers hebt uns das moralische Wollen heraus durch Handlungen der Gerechtigkeit und des Wohlwollens, welche durch Mitleid veranlasst werden. Dieser Affect kann schliess- lich universell werden. Dann verneint der Wille sich selbst und die übrige Erseheinungswelt und geht in das Nirwana über. Diesen höchsten moralischen Standpunkt kommt der indische Büsser und der Heilige am nächsten. Es ist erklärlich, dass der Verfasser von diesem in jeder Hinsicht antirealistischen Standpunkt aus — dem Rec. fern steht — die empirische, realistische Weltanschauung, den Materialismus, scharf bekämpft. In den empirischen Wissenschaften zwar lässt er ihn gelten, als Weltanschauungsprichter, nach dem Verf., „allem Tiefsten und Höchsten in Philosophie und Kunst Hohn“. Ob nicht z. B. ein Buch, wie Paulsen’s Ethik den Beweis liefern könnte, dass vom empirischen Standpunkt auch noch andere als „heillose, trostlose und ruchlose Moral“ möglich ist; abgesehen von anderen philosophischen Systemen, die, meines Erachtens mit Recht, mit dem Anspruch auftreten, nur Wirklichkeitsphilosophie zu lehren, d. h. den Boden der gemeinen Wirklichkeit nicht zu verlassen, und die doch zu einer im höchsten Sinne mensch- lichen, edlen Weltanschauung gelangen. Hervorzuheben ist an dem Buch die klare, übersichtliche Gliederung des Stoffes, der durch ein ausführliches Inhaltsverzeichniss sehr bequem zugänglich ge- macht ist, und die zahlreichen historischen Anknüpfungen. Dr. F. Haacke. Ernst Schäff, Ornithologisches Taschenbuch für Jäger und Jagdfreunde. Verlag von J. Neumann in Neudamm. 1891. Wer in den Kreisen der Jäger und Forstbeamten verkehrt, der wird häufig in die Lage kommen zu beobachten, dass über die riehtige Bestimmung des erbeuteten Flugwildes viele Zweifel und Unsicherheiten herrschen; oft wird ein. jüngerer Hühner- 'habieht für einen Bussard angesehen, Gabelweihen werden mit den eigentlichen Weihen (Gatt. Circus) zusammengeworfen, die zahlreichen Arten der Stelz- und Schwimmvögel sehr mangelhaft unterschieden, ete. ete. Dieses ist auch nicht zu verwundern! Auf der Schule lernt man es nieht, und die zum Selbstunterricht geeignete Fachlitteratur, welche bisher vorliegt, ist den meisten Jägern nicht zugänglich, sei es. weil die betr. Werke zu theuer und umfangreich. sei es, weil sie in einer zu streng wissenschaft- liehen Ausdrucksweise geschrieben sind. Es scheint uns ein glücklicher und practischer Gedanke zu sein, den das vorliegende Buch verfolgt, nämlich der, in klarer, leicht fasslicher und dabei doch wissenschaftlicher Weise die wichtigsten unterscheidenden Merkmale aller in Deutschland vor- kommenden Raubvögel, Hühner, Tauben, Stelz- und Schwimm- vögel, sowie auch der Rabenvögel und Drosseln für Jäger und Jagdfreunde zusammenzustellen, und zwar sowohl in kurzen Bestimmungstabellen, als auch in unmittelbar anschliessenden Be- schreibungen. Dabei ist zu betonen, dass der Verfasser seine Beschreibungen nebst den Messungen nicht etwa aus anderen Büchern zusammengeschrieben hat, sondern dass dieselben durch- weg auf eigenen, sorgsamen Beobachtungen an reichem Material beruhen. Wir können das vorliegende Buch, welches auch äusserlich einen günstigen Eindruck macht, allen Jägern und Jagdfreunden auf das Wärmste empfehlen. N. Wilhelm Behrens, Leitfaden der botanischen Mikroskopie. Verlag von Harald Bruhn. Braunschweig 1890. Preis 4 Mark. Wer ernste mikroskopische Studien betreiben will oder be- treibt, muss mit dem Hauptapparat dieser Studien auch in phy- sikalischer Hinsicht vertraut sein. Der Leitfaden Behrens’ stellt sich die Aufgabe, speciell dem botanischen Mikroskopiker die wichtigsten der genannten Kenntnisse zu verschaffen und alles das aus der Methodik des Mikroskopirens zu erläutern und auf dasjenige hinzuweisen, was dem botanischen Anatomen zu wissen nöthig ist. Die 150 in den Text gedruckten guten Holzschnitte unterstützen diese Aufgabe in erspriesslicher Weise. Der Autor ist mit Litteratur und Technik der Mikroskopie derartig ver- traut, dass sein Buch in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit steht und daher zu den besten gerechnet werden muss. Das Buch zerfällt in zwei Abschnitte: 1. Das Mikroskop und die mikroskopischen Nebenapparate (S. 1—87), 2. Das mikro- skopische Präparat (S. 88—201). Im ersten Abschnitt werden nach einer Einleitung (1.) behandelt: II. Das Präparirmikroskop, III. Das zusammengesetzte Mikroskop, IV. Das stereoskopische Mikroskop, V. Das Mikrospectroskop, VI. Polarisationsapparate, VII. Mikrometer, VIII. Vorrichtungen zum Zeichnen mikrosko- pischer Bilder, IX. Apparate zum Photographiren mikroskopischer Öbjecte. Auch der zweite Abschnitt bringt zunächst eine Ein- leitung (I.), dann II. Utensilien zum Präpariren, III. Einsammeln, Cultiviren, Härten, Fixiren und Erweichen des Materiales, IV. Vorbereitung des Materiales zum Schneiden, V. Herstellung mi- kroskopischer Schnitte, VI. Herstellung von Präparaten durch Maceriren, Isoliren, Glühen, Entkalken und Verdauung, VII. Weiterbehandlung der Schnitte, VIII. Tinetion mikroskopischer Präparate, IX. Das lebende Objeet, X. Beobachtungs- und Con- servirungsmittel, XI. Herstellung mikroskopischer Dauerpräparate, XII. Die Beobachtung mit dem Mikroskop. Adolf Pinner, Repetitorium der organischen Chemie. 9. Aufl. Verlag von Robert Oppenheim. Berlin 1890. Preis 7 Mk. Die vorliegende 9. Auflage der wohlbewährten Pinner’schen organischen Chemie, ein Band in klein-oetay, umfasst 407 Seiten. , Das Buch eignet sich nieht nur zu Repetitionen, sondern auch als Nachschlagebuch für diejenigen, die umfangreiche Compendien entbehren können, resp. die ein kürzeres Buch, das wie vor- liegendes eine geschickte Auswahl bietet, vorziehen. Bei einer solehen Benutzung des Buches ist jedoch nicht zu vergessen, dass das Repetitorium der Chemie in erster Linie ein Lehrbuch ist, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. d. h. zunächst für das Studium berechnet ist und somit nicht der Nachdruck auf die Besprechung einer zu grossen Anzahl von Verbindungen gelegt werden konnte. Ammon, L. v., Die permischen Amphibien der Rheinpfalz. 12 M. München. Beissel, I, Die Foraminiferen der Aachener Kreide 10 M. Berlin. Beobachtungen, magnetische, des Tifliser physikalischen Obser- vatoriums im Jahre 1888—89. 4 M. St. Petersburg. Bonnet, R., Grundriss der Entwickelungsgeschichte der Haus- säugethiere. Geb. S M. Berlin. ut Böttger, L., Geschichtliche Darstellung unserer Kenntnisse und Meinungen von den Korallenbauten. 1 M. Leipzig. Clausius, R., Die mechanische Wärmetheorie. 2. Aufl. der „Ah- handlungen über die mechanische Wärmetheorie“. 3. Band. Entwickelung der besonderen Vorstellungen von der Natur der Wärme als eine Art der Bewegung. 6,80 M. 3. Bd. kplt. SM. Braunschweig. Diener, C., Der Gebirgsbau der Westalpen. 7 M. Leipzig. Ehrenburg, K., Studien zur Messung der horizontalen Greene von Erdräumen. 2 M. Würzburg. Exner, S., Die Physiologie der facettirten Augen von Krebsen und Insekten. 14 M. Wien. R Felix, J., u. H. Lenk, Beiträge zur Geologie und Palaeontologie der Republik Mexiko. IH. Thl. 20 M. Stuttgart. Fick, A., Die stetige Raumerfüllung durch Masse. 1 M. burg. Finsch, O, Etlinologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee. 2. Abth.: Neu-Guinea. (Schluss) 6 M. Wien. Flügge, C., Grundriss der Hygiene. 2. Aufl. 11 M., geb. 12 M. Leipzig. { Frege, G., Funktion und Begriff. Würz- 1.20 M. Jena. Briefkasten. Herrn Fridolin. — Ihre Anfrage, ob es ein Werk über Lauf- käfer gebe, welches mehr enthält, als die land- und forstwissen- schaftlichen Werke von Ratzeburg, Nitsche, Hess, Altum und Taschenburg über diese Insekten, namentlich hinsichtlich der Unterscheidung der verschiedenen Arten im Larven- und Puppen- zustande, beantworte ich mit Folgendem. Werke. in welchen die deutschen wünschten Sinne behandelt werden, sind 1. Erichson, Naturgeschichte der Insekten Deutschlands. I. Bd. 1. Hälfte. S. 1—791. Die Laufkäfer. Von Prof. Dr. H. Schaum. 2. Seidlitz, Fauna Baltica. Die Käfer der Ostseeprovinzen. II. Aufl. Königsberg 1891. 3. Redtenbacher, L., Fauna Austriaca. Die Käfer Oester- reichs. 3. Aufl. Diese Werke behandeln die Laufkäfer selbst, das erstgenannte enthält auch Manches über die Larven und Puppen. Dagegen sind in dem Werke 4. Schiödte, De Metamorphosi Eleutheratorum Obser- vationes. Theil III. Separat, Kopenhagen 1867. (Aus- schnitt aus der Naturhistor. Tidsskr. Bd. 4. S. 415 bis 552. Mit 13 Taf., eine Anzahl in Deutschland vor- kommender Laufkäferlarven und Puppen beschrieben und abgebildet. Ein alle oder auch nur die Mehrzahl der einheimischen Lauf- käferarten hinsichtlich ihres Larven- und Puppenzustandes be- handelndes Werk giebt es nicht. Die Jugendzustände der Käfer sind viel weniger bekannt als diejenigen der Schmetterlinge. Ein Laufkäfer in dem er- deutschen Nachweis alles dessen, was bis zum Jahre 1880 über die Jugend- zustände der europäischen Käfer veröffentlicht ist, enthält M. Rupertsberger, Biologie der Käfer Europas. Eine Uebersicht der biologischen Litteratur, gegeben in einem alpha- betischen Personen- und systematischen Sach-Register nebst einem Larven-Cataloge. Linz a. d. Donau, 1330. — In diesem Buche ist bei jeder der aufgeführten Larven angegeben, in welchem Buche oder in welcher der zahlreichen europäischen Zeitschriften dieselbe beschrieben ist. H. J. Kolbe, Custos am Kgl. Museum für Naturkunde. Inhalt: Dr. Kronberg: Die Gravitations-Valenztheorie und die Affinitäten des Kohlenstoffatoms. — Prof. Dr. W. J. van Bebber: Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. (Mit Abbild.) (Schluss.) — IX. Deutscher Geograghentag. III. — Ein ver- besserter Phonograph. — Längste eiserne Eisenbahnbrücken in Europa. — Ueber den Erdmagnetismus und seine kosmischen Beziehungen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. Paul Deussen: Die Elemente der Metaphysik. — Ernst Schäff: Omithologisches Taschenbuch für Jäger und Jagdfreunde. — Wilhelm Behrens: Leitfaden der botanischen Mikro- skopie. — Adolf Pinner: Repetitorium der organischen Chemie. — Liste. — Briefkasten. PER EEE EEE = EEE Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. 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Was dio nstarwissenschafllicho Forschung sufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, dor Ihre Schöpfungen schmückt. ER Me, - a, Redaktion: Dr. H. Potonie, Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 12. Juli 1891. Nr. 28. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- & Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 3 extra. bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Apriorität der Denkformen. Von Dr. Paul Carus, Redacetenr des „Open Court“ in Chieago. Soeben habe ieh Herrn Dr. H. Potonie’s Artikel | Philosoph fragt nieht nach dem „Wie sind die Denk- über die Entstehung der Denkformen in der „Naturw, | formen entstanden“, sondern „Warum betrachten wir die Wochensehr.**) gelesen. Dass die Denkformen natürlich | Denkformen, so wie sie sind, als nothwendig?* wachsen und dass sie sich mit Nothwendigkeit gerade Gesetzt Spencer’s Erklärung wäre erschöpfend und so bilden, wie sie sind, habe ieh ausführlich in früheren | riehtig, so würde ein Satz formalen Denkens ebenso Schriften (z. B. Fundamental Problem’s S. 26—60) dar- | natürlich angeboren sein wie z. B. die Angewohnheit gelegt. Vorausgesetzt, dass andere Denkformen als die, | mit den Händen greifen zu wollen und auf den Füssen welehe wir in den formalen Wissenschaften z. B. der | zu gehen. Das behauptet Spencer in der That. Das Logik kennen, sich überhaupt hätten bilden können (was | Greifen ist der Hand angeboren und im späteren Leben ich stark bezweifle), so würden sie sicherlich im Kampfe | entwickelt sich die Fähigkeit mehr und mehr. Ebenso um’s Dasein untergegangen sein, und nur die Denkformen | soll das Zählen eine angeborene Fähigkeit sein, die sich hätten sich als lebensfähig gezeigt, die wir jetzt haben. | denn auch je nach Uebung mehr oder weniger im spä- Soweit stimme ich Herm Dr. Potonie vollständig bei, | teren Leben entwickelt. In einem gewissen, freilich be- und der Naturforscher mag hiermit auch vollständig zu- | schränkten, Sinne kann diese Auffassung gebilligt werden. frieden sein, Für seine Zwecke genügt Constatirung der | Eine Disposition rechnen zu lernen, ist dem Menschen Thatsachen. Für den Philosophen liegt die Sache aber | angeboren; doch wissen wir sehr wohl, dass Zählen, anders. Er soll diese Thatsachen verstehen und erklären. | ebenso wie Gehen, sehr mühsam erlernt werden muss. Herbert Spencer hat in der That eime Erklärung | Jetzt komme ieh zu dem Punkt, den Herbert Spencer über- der Denkformen gegeben, die der des Herrn Dr. Potonie@ | sehen hat. Es giebt zwar andere Wesen, die anders sehr ähnlieh ist. Seine Lehre lässt sich kurz dahin zu- | greifen. Der Elephant greift mit der Nase. Aber wir sammenfassen, dass die Denkformen zwar a priori für das | können uns nicht vorstellen, dass es Wesen giebt, die Individium sind, aber a posteriori für die Menschheit. Wenn | andere Denkformen entwickeln als wir selbst. Man werfe Herbert Speneer damit sagen will, dass Talent für Ma- | nur nieht ein, dass die Thiere andere Denkformen haben. thematik angeboren sein muss, dass ein Hund z. B. | Die Thiere haben unentwickelte Denkformen, aber nicht nieht zählen lernt, weil seine Vorfahren nie gerechnet | andere. Wenn wir uns vorstellen, dass auf irgend einem haben, dass das Kind dagegen schon eine ererbte Dis- | Planeten sieh Thiere vermöge einer artikulirten Sprache position. dafür in seiner Gehirnbildung mit auf die Welt | zu denkenden Wesen entwickeln, so dass sie Abstractionen bringt, so hat er Recht. Dann aber ist seine Auffassung | bilden und ihre Erfahrungen wissenschaftlich elassifieiren bedeutungslos für die Lösung des Problemes der Aprio- | und ordnen lernen, so müssen wir annehmen, dass ihre rität der Denkformen. Das philosophische Problem der | Denkformen genau dieselben sein werden, wie unsere Denkformen ist nicht ein historisches Problem, es kann | Denkformen sind. Sie werden in allem Wesentlichen dieselbe nicht gelöst werden durch Darlegung der Evolution der | Arithmetik, dieselbe Logik, dieselbe Mathematik haben. Denkformen. Das philosophische Problem hat gar nichts | Warum? Die Gesetze formalen Denkens sind nothwendieg. mit der Entwicklung der Denkformen zu thun. Der Das was der Philosoph zu erklären hat, ist diese rn ihre Nothwendigkeit. *) Bd. VI, No. 15. Kant nannte die formalen Gesetze „a priori“ nicht 278 Naturwissenschaftliche Wochensehrilt. Nr. 28. um damit zu sagen, dass sie angeborene Erkenntnisse seien, sondern lediglich um dieselben als allgemeingiltig und nothwendig zu charakterisiren. Ich weiss vorher oder a priori, dass 2<2—4 ist. Wenn ich einen es, von zwei Meilen zwei mal gehen muss, so weiss ich, dass ich 4 Meilen zu gehen habe, auch ehe ich es in der Erfahrung erprobt habe. Diese Eigenthüm- lichkeit, dass ich etwas a priori mit soleher Sieher- heit aussagen kann, ist das Wunderbare an den Sätzen der reinen Denkformen. Gewiss haben wir unsere Fähig- keit die Sätze der reinen Denkformen zu handhaben dureh Erfahrung gewonnen, und gewiss auch müssen alle Auffassungen, die ihnen widersprechen, im Kampfe um’s Dasein zu Grunde gehen. Aber wir müssen uns klar darüber sein, dass wir die wichtigsten formalen Ge- setze (als solche nenne ich die gesammte Mathematik und Arithmetik, die Logik, das Gesetz der Causalität und den Satz von der Erhaltung von Stoff und Kraft) nicht direet aus der Erfahrung beweisen. Wir können dieselben aus der Erfahrung höchstens erweisen. Sie sind die Grund- lage der Erfahrung; ja mehr, sie sind die Instrumente, vermöge deren wir Erfahrungen machen. Dass wir mit der Hand greifen ist in gewissem Sinne zufällig. Es kann auch Wesen geben, die mit den Füssen, mit der Nase, mit dem Schwanze greifen. Dass aber 2x2 =4 ist, ist nicht zufällig, sondern nothwendig. Wenn nur die Menschen lebensfähig die glauben, dass 2x2=5 ist, so würden wir es für natürlich finden, dass 2x2=5, ähnlich, wie monar- ehisch regierte Völker die Monarchie , republikanisch regierte Völker die Republik für natürlich halten und nach einem vorübergehenden politischen Wechsel doch wieder auf die ihrer Natur best angepasste Staatsforın zurückkommen. Warum ist aber eine solche Annahme unsinnig? Weil 2x2 nie und nimmer 5 sem kann. In der objeetiven Wirkliehkeit ist 2x2=4, und Leute, die anders denken, werden sich nieht anp assen können. Die Erfahrung von Jahrtausenden hat uns bestätigt, dass unsere ea mit den Formen der objeetiven Welt übereinstimmen. Darüber kann also kaum eine Meinungs- differenz stattfinden und Kant’s Auffassung, dass die- selben subjeetiv und nicht objeetiv seien, darf wohl heute als überwunden betrachtet werden. Die Uebereinstimmung der Formen objeetiver Existenz und subjeetiven Deukens erklären wir dadurch, dass denkende Wesen einen Theil der objeetiven Welt bilden, dass also ihre Denkformen Abdrücke der Existenzformen gewesen WäTENn, sind. Die Uebereinstimmung beider ist deshalb nicht wunderbar, sondern natürlich. Es bleibt nur noch eine Frage übrig. Können wir verstehen, warum die Formen der objeetiven Welt und damit aueh unsere Denkformen gerade so sein müssen, wie sie sind und nieht anders sein können? Diese Frage beantworte ich mit ja. Sobald wir einmal im Stande sind die Abstraction der reinen Form zu bilden, z. B. sobald wir zählen lernen, sind wir befähigt rein formale Constructionen zu bilden, die für die Wirklichkeit Gel- tung haben, vorausgesetzt, dass wir nur bleiben, d. h., dass wir uns nieht selbst widersprechen oder populär ausgedrückt, uns vor Fehlern hüten. Die ganzen formalen Denkgesetze sind Producete von Operationen, die sich aus dem einfachen Identitätsprineip | A = 4 ableiten lassen. Sie stehen und fallen mit diesem. Für den, der das Identitätsprineip anerkennt, sind sie beweisbar, und nur für den, der es nicht anerkennt, würden sie unbeweisbar sein. Ich meine nicht, dass alle formalen Gesetze schon m dem Identitätsprineip ent- halten seien, ich meine nur, dass sie daraus wachsen und durch dasselbe beweisbar sind. ‘auf nach dem Identitätsprineip; eonsequent | hervor- ' Das Iden- | titätsprineip (A=4) ist nur ein Prineip, es: ist keine Operation. Die formalen Denkgesetze werden aber durch Operationen gewonnen, und diese Operationen sind nur gebunden, diesem Identitätsprineip treu zu bleiben. Die Operationen formalen Denkens stehen nicht in der Luft. Sie stehen auf dem Boden positiver That- sachen, und sind, wie oben angedeutet, nur möglich, wenn die Abstraetion reiner Form gemacht worden ist. Nehmen wir als Beispiel die Zahl. Wir setzen eine Einheit, und indem wir dıese Einheit (d. h. eine reine Form ohne In- halt) noch einmal als sich selbst eich setzen, Be wir die Zweiheit. So zählen wir 1. 2. 3. 4. 5. 6. 9. 10 ete. Die Operationen mit Be Zahlen et dann subjeetive Gesetze formalen Denkens, welchen Ge- setze der objeetiven Form der Wirklichkeit entsprechen. Nun können wir sehr wohl die innere Nothwendig- keit dieser Formenwelt verstehen. Sie baut sich eben und, insoweit das Iden- titätsprineip selbstverständlich ist, sind die Produete der formalen Denkoperationen nothwendig. In sofern als der Begriff „Form“ der Erfahrung ent- lehnt ist, stammen die Denkoperationen mit reinen Formen aus der Erfahrung. Doch da die Produete dieser Denk- operationen, die Gesetze der reinen Form, nicht un- mittelbar der Erfahrung entlehnt sind, da sie nicht die direeten Folgen sinnlicher Eindrücke sind, sagen wir, dass sie nur indireet aus der Erfahrung stammen. Wir können aus dem reinen Denken Gesetze der reinen Form ableiten, nicht aber Thatsachen. Thatsachen kann nur die direete Erfahrung liefern. Wir können alle möglichen Gesetze für alle möglichen Formen a priori con- struiren, wie können aber nicht die Existenz von That- sachen nach Analogie der ontologischen Methode demon- striren. Dass die Summe der Winkel aller Dreiecke im ebenen Raum immer gleich 1850 Grad sein muss, können wir a priori aussagen, ob aber der objeetive und wirkliche Raum eben oder gekrümmt ist, können wir nicht a priori aussagen. Dass ein Cubus drei Dimensionen hat, können wir a priori mit Sicherheit behaupten. Mit derselben Sicherheit können wir auch behaupten, dass die Linie « in der vierten Potenz (a*) räumlich gedacht vier Aus- dehnungen besitzen muss. Dass aber reale Objeete (und damit auch der wirkliche Raum) drei Ausdehnungen haben, ist eine Erfahrungsthatsache, die nicht a priori verstanden werden kann, sondern einfach als Thatsache constatirt werden muss. & Die Gesetze der reinen Form sind die Grundlage alles Denkens, weil sie uns den Begriff der Nothwendig- keit geben. Wir müssen uns in Acht nehmen, dass wir mit dem Begriff „nothwendig“ nicht eine mystische Idee verbinden. Wir fragen darum noch zum Schluss: Was heisst noth- wendig? Nothwendig heisst, dass dieselbe Operation dasselbe Product zu Tage fördert. Das Produet von zwei mal zwei nennen wir vier. Wenn wir eine Einheit vier mal setzen oder wenn wir zwei Einheiten zwei mal setzen, so erhalten wir dasselbe Produet. Und dieses selbe Pro- duet erhalten wir immer, wo oder wann wir auch diese selbe Operation wiederholen. Diese Eigenthümlichkeit, dass dieselbe Operation dasselbe Product hervorbringt, nennen wir nothwendig und diese Eigenthümlichkeit | schliesst die Apriorität ein. Wenn Jemand eine bestimmte Operation unternehmen will, die wir schon einmal unter- nommen haben, so können wir a priori das Resultat vor- herbestimmen. Dass diese Vorherbestimmung mit abso- luter Sicherheit nur in den formalen Denkoperationen möglich ist, liegt in der Natur der Sache, weil wir die Denkformen, die wir durch Abstraetion selbst geschaffen und zu dem gemacht haben, was sie sind, ganz und er- 1. 28. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 279 schöpfend kennen, während unsere Sinne uns über die Eigenschaften der objeetiven Dinge immer nur bruchstück- weise Erfahrungen machen lassen. Die Wichtigkeit der formalen Erkenntniss ist so über- wältigend gross und ein richtiges Verständniss so dringend wünschenswerth, weil alles Erkennen nichts weiter ist als ein Auffinden von Formverhältnissen. Die Wissenschaft beginnt mit Messen und Zählen, und nur wenn wir durch Messen und Zählen nachweisen können, dass gewisse Naturerscheinungen ihren Bedingungen gemäss immer wieder so sein müssen, haben wir dieselben erschöpfend erklärt. Das Problem der Denkformen ist das Grundproblem alles Denkens; es ist das Grundproblem der Philosophie. Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. Von Dr. F. Kienitz-Gerloff. Wer noch das Colleg Alexander Braun’s in Berlin über allgemeine Botanik gehört hat, wird sich erinnern, dass die Vorlesungen dieses Gelehrten mit einer Discus- sion über den Begriff des pflanzlichen Individuums be- gannen. Braun, der selbst diesem Thema eine umfang- reiche Abhandlung*) gewidmet hatte, kam dabei zu dem Ergebniss, dass als das eigentliche Pflanzenindividuum die Sprossknospe resp. der Spross anzusehen, dass mithin die ganze höhere Pflanze aus vielen Einzelindividuen zu- sammengesetzt sei und dass sie einem Thierstock ent- spreche, vergleichbar dem Körper des Bandwurms, der Salpenkette, der Strobilaform der Qualle oder dem Ko- rallenstock, die alle, aus ursprünglich einem Ei hervor- gegangen, auf ungeschlechtlichem Wege durch Knospung oder Sprossung entstanden sind. Braun’s Auffassung stand damals diejenige Schleiden’s gegenüber, der die Was ist die Zelle? Der Name rührt her von dem ersten Begründer der Phytotomie, von dem Engländer Robert Hooke. 1667 hatte er in seiner „Mikrographie* be- schrieben, was er mit dem von ihm selbst verbesserten Mikroskop an Pflanzen beobachtet hatte. Ein dünner Sehnitt des Flaschenkorks, sagt er dort, erscheine wie eine Bienenwabe, man unterscheide Hohlräume und die sie trennenden Wände. Die Hohlräume aber nannte er eben Zeilen. Bis in den Beginn der vierziger Jahre un- seres Jahrhunderts hat sich diese Definition des Zellen- begriffs erhalten. Die Arbeiten der zwischen diesen um mehr als anderthalb Jahrhunderte von einander entfernten Terminen liegenden Zeit hatten schliesslich zu dem Er- gebniss geführt, dass die Zelle das allemige Grundelement der Pflanze sei und dass alle scheinbar noch so sehr ab- weichenden inneren Gebilde des Pflanzenkörpers aus zellenäbnlichen Schläuchen ihren Ursprung nehmen. In- dessen wendeten nun die Untersuchungen über die Ent- stehung der Zellen die Aufmerksamkeit der Beobachter dem bis dahin fast ganz vernachlässigten Zellinhalt mehr und mehr zu. Man wurde aufmerksam auf eine Substanz, welche sich regelmässig bei der Entstehung neuer Zellen betheiligt, welche den schon von Robert Brown entdeckten Zellkern emhüllt und bei dem Wachsthum der Zellen die wesentlichsten Veränderungen erleidet, welche allein den ganzen Körper der Schwärm- sporen niederer Pflanzen darstellt, nach deren Verschwin- den aber die Zellhäute als todtes Gerüst zurückbleiben. Diese wesentlich aus Eiweissstoffen bestehende und von Mohl mit dem Namen Protoplasma belegte Substanz erkannte man nach und nach als das eigentlich Lebendige in der Pflanze, man fand, dass die starren und an sich toten Wände aus dem Protoplasma erst gebildet werden, und an Stelle der alten Zellendefinition, welche, von den *) Das Individuum der Pflanze in seinem Verhältniss zur Species. Berlin 1853. **) Grundzüge der wissensch. Botanik. 1842—43, 4. Aufl. Leipzig 1861. Leipzig. 1. Aufl. 1 Bienenwaben ausgehend, nur den umhäuteten Hohlraum | berücksichtigte, bestimmte nun zuerst Alexander Braun®) den Begriff der Zelle dahin, dass sie ein Bläschen sei, aus Protoplasma bestehend, mit einem Zellkern versehen und meist von einer Membran umgeben. Man kanhte jetzt einzellige und vielzellige Pflanzen. Man wusste, dass jene, trotzdem bei ihnen die Zellhaut nur einen ein- zigen zusammenhängenden Hohlraum umschloss, dennoch verhältnissmässig gewaltige Dimensionen annehmen, ja sogar die Form mamnigfach gegliederter Pflanzen nach- ahmen könnten. Die vielzelligen Gewächse hingegen er- schienen als zusammengesetzt aus vielen Einzelindividuen, von denen jedes seine Selbständigkeit mehr oder weniger bewahrte und somit in der Organisation und im Leben des Ganzen seine Rolle für sich spielte. Dieser Auffas- sung entsprach vollkommen das Wort „Zellenstaat“, mit dem man sehr treffend das Wesen der vielzelligen Pflanze eharakterisirt zu haben meinte. Alexander Braun’s Bestimmung der Sprossknospe als des Pflanzenindividuums, sein Vergleich der höheren Pflanzen mit den oben genannten Thierstöcken war so übel nieht, denn thatsächlich lassen sich die vielgeglieder- ten Gewächse in mancher Hinsicht einem Korallenstock vergleichen. Wie bei diesem jedes Einzelwesen alle zum Leben nötigen Organe enthält, sich vom Stock loslösen und für sich existiren kann, so enthält auch die Spross- knospe alle diese Organe wenigstens virtuell; abgetrennt, bewurzelt sie sich und kann zur neuen Pflanze heran- wachsen. Wie ferner jedem Einzelindividuum im Korallen- stock durch den gemeinsamen Stamm seine Nahrung zu- geführt wird, so geschieht dasselbe in der Pflanze. An- dererseits war aber auch Schleiden’s Auffassung ge- rechtfertigt, nach welcher man die Zelle als das eigent- liche Individuum anzusehen hatte. Sie zu Grunde gelegt, könnte man die Pflanze etwa einem polymorphen Thierstock vergleichen. Wie bei dem Sehwimmpolypen Physophora und seinen Verwandten die aus gleicher An- lage hervorgegangenen und unter einander verbundenen Einzelindividuen sich ganz verschiedenen Funetionen an- passen, die einen sich zu Sehwimmglocken, andere zu Magenthieren, noch andere zu Tastern resp. Geschlechts- individuen ausbilden und so für den Stock die Rolle ein- zelner Organe übernehmen, so unterziehen sich auch die im Wesentlichen der Anlage nach gleichartigen Zellen einer Pflanze den verschiedensten Verrichtungen und formen sich demgemäss um. Bei den niederen Gewächsen einzeln lebend und alle vegetativen und fructifieativen Funetionen ausübend, treten bei höheren Pflanzen Com- plexe von ihnen zusammen, die in sehr verschiedener Weise sich auf die einzelnen Funetionen verteilen. In den höchst organisirten Individuenhaufen (den Blüten- pflanzen ete.) kamen so die verschiedenen Organe zu- *) Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur. Leipzig 1851. [80] [0 3) [e=) Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 28. stande, die ein jedes auf eine besondere Thätigkeit be- schränkt waren und deren Componenten demgemäss in Struktur und Gestalt ihrer Bestandtheile verschieden aus- gebildet wurden. Theoretisch also erscheinen beide Auf- fassungen als gleichberechtigt, und man könnte am Pflan- zenkörper am besten etwa Individuen verschiedenen Ranges unterscheiden. Alexander Braun’s Definition hat aber so gut wie gar keinen Anklang gefunden, Schleiden’s hingegen hat auf Jahrzehnte die physio- logische Botanik beherrscht. Auf entwickelungsgeschiehtlichem Gebiet stellte sich heraus, dass die Wände, welche bei der Theilung der Zellen in ihnen entstehen, nicht regellos gelagert sind, sondern ganz bestimmten und für verschiedene Pflanzen sowohl wie Zellen charakteristischen Anordnungen unter- liegen. Insbesondere wurde man seit 1545 auf die Zell- theilungen in den Vegetationspunkten, also den aus reinem Theilungsgewebe bestehenden Endtheilen in dauerndem Spitzenwachsthum begriffener Organe, aufmerksam, wo damals Nägeli bei niederen Pflanzen die sogenannte „Scheitelzelle* beobachtete und beschrieb.*) Er fand, dass hier das äusserste Ende eines solchen Organs von einer einzigen Zelle eingenommen wurde, welche bei ver- hältnissmässiger Grösse eine im Vergleich zu anderen ge- ringe Mannigfaltigkeit der Form und für die verschiede- nen Pflanzen eigenthümliche Gestalt zeigte. Je nach dieser Gestalt war auch die Art der Fächerung verschie- den, der die Scheitelzelle unterlag. Wie diese aber auch sein mochte, immer entstand bei der Theilung eine neue Scheitelzelle, welche der ursprünglichen geometrisch ähn- lich war, und andererseits ein Segment von abweichender Form. Das Wichtige war, dass sich bei allen diesen Pflanzen sämmtliche Zellen des Gewebes der wachsenden Spitze und somit schliesslich des ganzen Organs ihrer Abstammung nach auf die Scheitelzelle als einzige Ur- mutterzelle zurückführen liessen, wobei man freilich zn bedenken hatte, dass die Scheitelzelle nicht immer die- selbe bleibt, sondern sich bei jeder Theilung verjüngt. Leider aber liess sich eine solche Scheitelzelle bei nur verhältnissmässig wenigen, ausschliesslich niederen Pflan- zen, auffinden, bei höheren, namentlich bei allen Blüten- pflanzen, hat man sie trotz aller aufgewendeten Mühe nicht entdecken können. Dem noch bis in die neueste Zeit wiederholten, vergeblichen Suchen nach ihr lag eben der Gedanke zu Grunde, dass die Scheitelzelle gewisser- maassen der Baumeister der Pflanze, ein Individuum für sich sei, dessen charakteristische Eigenschaften die Be- sehaffenheit der von ihr erzeugten Gewebe bis zu einem gewissen Grade bestimmen. Bei den Blütenpflanzen aber ist em solcher Baumeister eben nicht vorhanden. Bei ihnen liegt am Scheitel des wachsenden Organs eine Viel- heit von Zellen, deren Abkömmlinge höchstens eine be- stimmte Schicht des Organs, niemals dasselbe in seiner Gänze bilden. Die vielfachen Bemühungen um die Scheitelzelle und die Zelltheilungsfolgen an anderen Steilen wachsender Organe beachteten einige Aeusserungen nicht, die einer der grössten Meister in diesen Untersuchungen, ja über- haupt auf morphologischem und entwiekelungsgeschicht- lichem Gebiet, die Hofmeister schon 1867 in seiner „Lehre von der Pflanzenzelle“ gethan hatte**). Er sagte dort: „Das Wachsthum der einzelnen Zellen eines Vege- tationspunktes ist geregelt und bedingt durch die, nach Erweiterung oder Erreiehung bestimmter Formen hin- strebende Massenzunahme des gesammten Vegetations- *) Wachsthumsgeschichte von Delesseria Hypoglossum, rich 1845. **) Leipzig 1867. S. 129, Zü- punktes. Diese Massenzunahme kann nicht als die Summe der den einzelnen Zellen innewoh- nenden individuellen Bildungstriebe aufgefasst werden. Denn es erfolgen, wenn durch äussere Einflüsse Gestalt und Entwickelungsrichtungen des Vegetationspunktes modifieirt werden, Grössenzunahme und Formänderung in den ein- zelnen Zellen nurin demjenigen Maasse, welches die allgemeine Wachsthumsriehtung des Vege- tationspunktes den einzelnen Zellen giebt. Die Bildung neuer Zellen im Vegetationspunkte ist somit eine Function des allgemeinen Wachs- thums, nicht seine Ursache.“ Schon früher aber hatte Hofmeister das Gesetz nam- haft gemacht, auf welches seiner Ansicht nach die Richtung der Scheidewände in den einzelnen Zellen zu- rückzuführen ist: „die theilende Wand steht nämlich aus- nahmslos senkrecht zur Richtung des stärksten voraus- gegangenen Wachsthums der Zelle.“ Diese Auffassung stand nun im völligen Widerspruch mit der durch Schleiden aufgestellten: „bei allen Pflanzen, mit Aus- nahme der wenigen nur aus einer Zelle bestehenden, beruht die Form auf der Zusammensetzung aus Zellen. Hier sind zwei Punkte für die Bildung der Formen we- sentlich, nämlich die Anordnung der neu entstehenden Zellen und die verschiedene Ausdehnung der entstande- nen ...“ Ja, Hofmeister ging so weit, das Wachsthum eines Vegetationspunktes mit dem Vorrücken eines Schleim- pilz-Plasmodiums, also einer zusammenhängenden Proto- plasmamasse, zu vergleichen. Seine Auseinandersetzungen sind, wie gesagt, eine Zeit lang unbeachtet geblieben, und es ist ein unbestreitbares Verdienst von Sachs, die Aufmerksamkeit wieder auf sie gelenkt zu haben *). Gleichzeitig aber machte er Hofmeister den durchaus unbegründeten Vorwurf, sein Versuch, einen ‚übersicht- lichen und allgemeingültigen Ausdruck für die zwischen Wachsthum und Zelltheilung bestehenden ursächlichen Beziehungen aufzustellen, sei „der Hauptsache nach völlig missglückt“, er habe das Verhältniss der Zellenbildung zum Wachsthum der Pflanzen und Pflanzenorgane „in sehr origineller, aber kaum verständlicher Weise* be- handelt. Dieser Vorwurf war dadurch veranlasst, dass Sachs die Hofmeister’schen Auseinandersetzungen nicht ganz aufmerksam gelesen hatte. Sachs selbst kam auf diese zurück durch die Erwägung der Frage, ob sich irgend eine durchgreifende geometrische Beziehung der verschiedenen W‘andrichtungen unter sich und mit der Umfangsform des Organs auffinden liesse.. In einem Punkte, nämlich dass die nengebildete Scheidewand auf der Richtung des stärksten vorangegangenen Wachsthums der Zelle senkrecht stehe, läuft Sachs’ Auffassung auf diejenige Hofmeister’s hinaus, wenngleich Sachs das nicht zugeben wollte, er führte aber selbst zwei neue wichtige Prineipien in die Betrachtung ein, indem er nachzuweisen versuchte, dass die Wände des Urgewebes unter sich und mit der Umfangswand sich stets recht- winklig schnitten und dass zweitens die neu entstandenen Schwesterzellen immer an Volumen einander gleich seien. Von diesen Sätzen ist der zweite unzweifelhaft falsch, der erste passt freilich auf die überwiegende Mehrzahl der Theilungsgewebe, erleidet aber immerhin vereinzelte un- erklärte Ausnahmen, so dass er nicht als „Naturgesetz“ aufgestellt werden konnte, wie es durch Sachs gesehah. Ich will hier nicht näher auf diese Dinge eingehen, darum sei nur soviel bemerkt, dass inzwischen durch *) Ueber die Anordnung der Zellen in jüngsten Ptlanzen- theilen. Arbeiten des Bot, Instituts in Würzburg. Bd. II, H. 1. Leipzig 1878. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 251 er ee Te TTTTTTT— Berthold ein weit wiehtigeres Prineip aufgedeckt worden | ist, nämlich dasjenige, dass die Zellen in Teilungsgeweben derart geformt und angeordnet sind, dass sie bei gegebenem Rauminhalt eine möglichst kleine Ober- fläche haben. Es verhalten sich also die Zellwände in den Theilungsgeweben gerade so, wie die Flüssigkeits- lamellen in Schaummassen, die ein jeder oberflächlich aus eigener Anschauung von ausgeschenkten Bierflaschen her kenut *). Es leuchtet em, dass die Hofmeister-Sachs’sche Auffassung die Zellen ihrer Individualität beraubte und sie zu untergeordneten Theilen des Pflanzenganzen machte. Es ist ferner klar, dass sie, die die Gesammtheit des pflanzlichen Protoplasmas dem der einzelnen Zelle über- | ordnete, auch einen Zusammenhang dieses gesammten Protoplasmas voraussetzen musste. Freilich ist diese noth- | wendige Folgerung weder von Hofmeister noch von Sachs gezogen oder sie ist wenigstens nicht ausgesprochen worden. Dagegen gelangte zu dieser Folgerung auf an- | derem Wege Nägeli**. Er ging von dem Gedanken aus, dass im Protoplasma einer bestimmten Pflanze | gewisse Theilchen vorhanden sein müssen, durch die bei der Vermehrung eine Uebertragung der charakteristischen Eigen- schaften der Form stattfindet. Diese Theilchen setzen das 1 „Idioplasma“ zusammen, wel- | ches in jeder Zelle enthalten sein muss, da schliesslich jede £ lebende Zelle auch zur Ver- See mehrung befähigt ist. Wenn | nun die Möglichkeit einer di- Ar reeten Mittheilung aller Ver- änderungen, die das Idioplasma an irgend einem Pünkte der Pilanze erfährt, gegeben sein soll, wenn sich alle übrigen C. Eigenthümlichkeiten von der Keimzelle auf die aus ihr her- vorgehenden Organe übertragen sollen, so wird auch da- durch ein Zusammenhang des Idioplasmas durch die Zell- | wände hindurch gefordert. Alle diese theoretischen Folgerungen aber schwebten ' in der Luft, solange nieht der Nachweis des Zusammen- hanges zwischen den Protoplasmen der einzelnen Zellen gelang, so lange die thatsächlichen Beobachtungen nur | völlig gegeneinander abgeschlossene Zellkammern in der | Pflanze aufwiesen. Nur in einem bestimmten Falle kannte man bis vor Kurzem einen solehen Zusammenhang, näm- | lieh in den Siebröhren. Es sind dies langgestreckte, über- und nebeneimanderstehende Zellen, bei denen sowohl die Längs-, als besonders die Querwände siebartig durch- löchert und von Plasmasträngen durchzogen sind. (Fig. 1.) Aber einmal war dies eben der einzige bekannte Fall von | Plasmaverbindungen und ausserdem hatte man alle Ver- anlassung zu der Annahme, dass die Siebporen nicht von An- fang an vorhanden wären, sondern erst nachträglich in der ursprünglich continuirlichen Wandung sich bildeten. Darum war es von der höchsten Wichtigkeit, dass 1378 Protoplas- maverbindungen auch zwischen anderen Nachbarzellen durch Bornet bei Meeresalgen***), 1579 durch Frommann an Parenchym- und Epidermiszellen höherer Pflanzen }) *) Studien über Protoplasmameehanik. **) Mechanisch-physiologische Theorie lehre. München 1884. ***) Etudes phycologiques. Paris 1878. N Y) Zuerst in den Sitzungsberichten der Jenaischen Gesellsch. f. Naturw. u. Medizin 1879. S. 51. Leipzig 1886. der Abstammungs- Fig. 1. A. B. Siebröhrenglieder aus dem Stengel der Kürbispflanze (Alkoholmaterial) bei mittlerer Vergrösserung. 4A. Die Siebplatte in Flächenansicht mit den Poren p. B. Die Siebplatte im Durchschnitt mit den Poren p. Protoplasmaverbindungen aus den Siebröhren der Kiefer. Vergr. 1000:1. aufgefunden wurden. Theoretisch sind diese Befunde von den Botanikern freilich kaum ausgebeutet worden, wie jedoch Preyer dazu kommt, in eimem in dieser Zeitschrift erschienenen Aufsatz zu behaupten*), die von Frommann gefundene Thatsache sei von den Botanikern „anfangs mit Spott aufgenommen worden“, ist mir unerfindlich. Ich wenigstens habe nichts Der- artiges in der Litteratur bemerkt. Indessen mehrten sich die betr. Entdeckungen nach und nach. Tangl**) fand zunächst zwischen den Endospermzellen mancher Samen Plasmaverbindungen, eine Anzahl anderer Forscher, unter denen besonders Gardiner***) zu nennen ist, suchten und erkannten sie in mehreren reizbaren, Russow7) in verschiedenen anderen Pflanzentheilen, und was das wichtigste war, auch in den Zuwachsschiehten und in Vegetationskegeln, also zwischen ganz jugendlichen Zellen. Alle bisher aufgeführten und noch einige sonstige Untersuchungen anderer Autoren tragen den Charakter der Unvollständigkeit und, soweit sie sich nicht auf die reizbaren Organe beziehen, den einer ge- wissen Systemlosigkeit an sich. Niemand hatte die Frage ; mit einiger Vollständigkeit zu beantworten unternommen, welehe Gewebselemente denn nun eigentlich an einer und derselben Pflanze die Ver- bindungen zeigten. Dies ge- 5 Se 5 pP schah zuerst auf Anregung Caspary’s durch einen Jungen Forscher, Terletzki 7). Seine Untersuchungen erstreckten sich freilieh nur auf einige wenige Farne, bei diesen aber beobachtete er die Verbin- dungen zwischen sehr ver- schiedenen Gewebselementen. Trotzdem schenkte man auch seinen Resultaten in weiteren Kreisen nur geringe Beachtung. Nur Klebsf+rr) und Fiseh*7) wiesen in zusammenfassenden Referaten auf ihre Be- deutung hin, ja, ersterer prophezeite, es würde bald eine Fluth von Arbeiten über dieses wichtige Thema herem- brechen. Diese Voraussage hat sich nieht erfüllt. Im Gegentheil, es trat in dieser Hinsicht m der Litteratur eine fast völlige Stille em, theoretische Folgerungen wurden selbst aus dem Bekannten nicht gezogen, und die Lehrbücher der physiologischen Botanik, welche seit- dem erschienen, schweigen fast völlig über diesen für unsere ganze Auffassung von der Natur der Pflanze hochwichtigen Gegenstand. Ich allein habe mich in meiner „Botanik für Landwirthe“ **F) etwas entschiedener über die voraussichtlichen Folgerungen geäussert, die man aus der Existenz der Plasmaverbindungen ziehen kann und habe mich seit 1888 eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Ueber meine Ergebnisse, welche ich in einer zu Beginn dieses Jahres in der Botanischen Zeitung veröffentlichten Abhandlung niedergelegt habe, will ich hier Berieht erstatten. (Fortsetzung folgt.) *) „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V No. 1 S.2. **) Ueber offene Communieationen zwischen den Zellen des Endosperms einiger Samen. Jahrb. f. wissensch. Bot. Bd. XII 1380. *+*) Zuerst in Proceed. of the Royal Soe. Vol. 24. 1882. +) Sitzber. d. Dorpater Naturf.-Gesellsch. September 1583. ++) Jahrb. f. wissensch. Bot. Bd. XV. S. 452—502. +rr) Botan. Zeitung 1884. No. 29. m) Humboldt 1884. S. 448. *»*7) Berlin 1856, 282 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 28. IX. Deutscher Geographentag. IV. — Das Ge- sammtthema der dritten Sitzung war „der gegenwärtige Stand der geographischen Kenntniss der Balkan- halbinsel“. Zuerst gab Oberstlieutenant Hartl vom K. u. K. Militär-geographischen Institut in Wien in einem Vortrage „über die Vermessungsarbeiten auf der Balkanhalbinsel“ einen Ueberblick über die gross- artige staatliche Thätigkeit in der astronomischen und trigonometrischen Ortsbestimmung und der topographischen Bearbeitung jener Landesstreeken, welehe noch bis vor Kurzem geographisch nahezu unbekannt genannt werden durften und es zum Theil noch Schilderung des Verfahrens bei den staatlichen Auf- nahmen und einer Würdigung der moraliseben und intel- lektuellen Leistungen jener militärischen Arbeiter, deren Name so gänzlich hinter ihrem Werke zurückzutreten pflegt, besprach er den Stand der officiellen Kartographie in den einzelnen Balkanstaaten. Durch die in den Jahren 1571—1875 nach den verschiedenen Theilen der Balkan- halbinsel entsandten Officiere des Militär-geographischen Instituts wurden mehr als 500 Punkte astronomisch, 400 Punkte trigonometrisch bestimmt, ea. 4600 Höhen barometrisch gemessen und eine sehr grosse Anzahl Routenaufnahmen von geübten Topographen ausgeführt. Bei der Vergleichung der neu bestimmten Positionen mit jenen in den älteren Karten zeigten sich mitunter be- trächtliche Differenzen; 5—6 km waren sehr häufig, 10—15 km nicht selten, die grösste Abweichung war 37 km. Die auf Grund dieser Daten 1876 vom Militär- geographischen Institut herausgegebene Generalkarte von Bosnien, der Herzegowina, von Serbien und Montenegro besitzt daher wesentliche Vorzüge gegen alle älteren Karten. Zwischen den bereisten Routen verblieben frei- lieh noch weite, von den Topographen nicht betretene Gegenden. Seitdem ist aber wieder neues Material hin- zugekommen; die kriegerischen Ereignisse auf der Balkan- halbinsel brachten der Geographie reichen Gewinn. Sie verdankt denselben die Erschliessung von Bulgarien und Ostrumelien dureh russische, von Bosnien und der Her- zegowina durch österreichiseh - ungarische Offieiere. In Bulgarien und Ostrumelien wurden 1287 Punkte fest- gelegt und darnach eine Karte des Kriegsschauplatzes in 1:210000 hergestellt. Die Wallachei wurde zuerst von österreichischen Offieieren zur Zeit der Oceupation der Donaufürstenthümer 1855—57 triangulirt und auf- genommen und 1867 in 1:238000 dargestellt. Zugleich wurde die Dobrudscha mit angeschlossen und ein Prä- eisionsnivellement von Köstendsche bis nach Fiume aus- geführt, nach welchem das Schwarze Meer 29 cm tiefer als die Adria lag. Das erste Land, welches selbst be- gonnen hat, sein Gebiet durch einheimische Kräfte neu aufzunehmen, ist Rumänien. Es ist der internationalen Erdmessung beigetreten und mit dem grossen europä- ischen Längennetze bereits durch zwei auf elektrischem Wege bestimmte Linien verbunden. Serbien wird gegen- wärtig nach dem in den siebziger Jahren durch öster- reichische Officiere beschafften Material bearbeitet. Eine glänzende Leistung hat das Militär - geographische In- stitut in Bosnien und Herzegowina geliefert. Seit der Oceupation von 1878 sind 2509 Punkte trigonometrisch bestimmt, der Anschluss an die internationale Erdmessung ist vollzogen, und mit einem Stabe, der z. B. im Jahre 1852 an 240 Personen zählte, in 10 Jahren eine aus 60 Blatt bestehende Speeialkarte in 1: 75 000 fertig ge- stellt worden. Auch Dalmatien ist trigonometrisch an die italienische Aufnahme angeschlossen; die hierauf be- züglichen, in den Jahren 1565— 74 ausgeführten Arbeiten dienen zugleich als Grundlage für die neue Küstenauf- nahme. heute sind. Nach einer | Redners selbst eine eigene Aufnahme begonnen; bis dahin war und ist zum grossen Theile noch jetzt die vom Pariser Depöt de la Guerre nach der französischen ÖOceupation im Jahre 1328 hergestellte Karte Grundlage unserer Kenntniss. Am weistesten zurück steht natürlich noch die Türkei, von der einzelne Theile, wie z. B. Al- banien, so verschlossen sind, wie die unzugänglichsten Theile Asiens. Hieran knüpfte sich der Vortrag von Professor Toula-Wien „über den Stand der geologischen Kenntnisse der Balkanländer“. Nachdem Boue& und Viquesnel einen vielversprechenden Anfang in der geo- logischen Durchforschung der Gebirge gemacht, trat eine 25jährige Pause ein. 1864 führte dann K. F. Peters eine vorzügliche Aufnahme der Dobrudseha durch. Ihm folgten in Thrakien, Rumelien, Mösien die glänzenden Arbeiten F. v. Hochstetter’s. Seit 1875 ist des letzteren Schüler, der Redner selbst, an der Durchforschung spe- ciell des Balkans thätig gewesen; sie ist im vorigen Jahre bis zum Anschluss an die Dobrudscha durchgeführt und damit zu einem gewissen Abschluss gekommen. Ferner erfolgte in den Jahren 1874—76 die Aufnahme von Theilen Thessaliens, Nordgriechenlands und einiger Inseln des Aegäischen Meeres unter der Leitung von Melchior Neumayr. Geologisch am genauesten erforscht ist bisher das von den Geologen der K. K. Geologischen Reichsanstalt aufgenommene Bosnien, Herzogewina und Montenegro, wo Bittner, v. Mojsisovies, Emil Tietze seit 1578 thätig waren. Serbien bearbeitete Zujovie (1884), Bulgarien neuerdings Zlatarski, sowie Morea Philippson (Berlin). Immerhin verbleiben noch grosse Gebiete von 5000 und mehr qkm, welche noch tberhaupt von keines Geologen Fuss betreten worden sind. In den Hauptzügen lässt sich aber der ganze Bau der Halbinsel schon jetzt feststellen. Zwei Gebiete sind zu unterscheiden, ein westliches und ein nordwestliches Faltengebirge und ein östliches und südöstliches Schollenland mit dem Balkan, zwischen denen die Linie Volo-Drinamündung die Grenze bezeichnet. Der Redner geht dann näher auf die geo- logische Zusammensetzung und die Entwicklungsgeschichte des eigentlichen Balkangebietes ein. Von der Fülle der Probleme sei nur das bekannteste erwähnt, jene schon von Bou& angedeutete, neuerdings von Eduard Suess im „Antlitz der Erde“ vertretene Umbiegung der transsyl- vanischen Alpen nach Südwesten in das Balkangebiet, die sich neuerdings in der Weise zu komplieiren scheint, dass nur die zwei südlichsten Zonen umbiegen, während die beiden nördlichen sich vielmehr gegen Nordwest wenden. In der Diseussion über den Vortrag sprach Professor Fischer-Marburg seine Genugthuung darüber aus, dass die in seiner demnächst zur Ausgabe gelangenden Arbeit über die Südosthalbinsel vertretene, am Schreibtisch ge- wonnene Ueberzeugung von der grossen Scheidung dieser Gebiete in Falten- und Sehollenland hier durch den be- rufensten Augenzeugen bestätigt werde. Er knüpfte hieran einen Hinweis darauf, wie sich diese Landes- beschaffenheit in Natur- und Geschichte der Balkanvölker wiederspiegle. Das Schollenland mit seinen offenen Thalweiten ist das Land des Verkehrs und der histo- rischen Bewegung, das verschlossene Faltungsland das- jenige der Abgeschlossenheit und des Stillstandes. Im Anschluss hieran schilderte Professor Tomaschek- Wien „die heutigen Bewohner Macedoniens“. Er gab zunächst einen kurzen Ueberblick über die ethno- graphischen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel im Alter- thum. In die Halbinsel theilten sich drei Völker: die Hellenen, die Thraker und die Illyrer. Während die er- Griechenland hat erst 1559 unter Anleitung des | steren den Süden und die Inselwelt bevölkerten, sassen Nr. 28. an der adriatischen Seite im Gebiete der alpinen kalkigen Ausläufer und Falten die illyrischen Stämme, auf der pontischen Seite im Bereich des Flexus des 'Karpaten- und Hämuswalles die thrakischen Völker. In ihrer geo- graphischen Mitte finden wir das Mischvolk der Mace- donen: der herrschende Stamm war hellenisch-dorischer Abkunft, das dienende Volk war theils thrakischen, zu- meist aber illyrischen Schlages. Das Eindringen der Römer verhinderte die vollständige Hellenisirung des Landes. Wenn auch die Hellenen ihr Verbreitunesgebiet bewahrten, so wurden doch die Illyrer ganz Yomanisirt, nur in den südlicheren und schwerer zugänglichen Berg- gebieten erhielt sieh das illyrische Volksthum. Ebenso verfiel die thrakische Völkergruppe in ihrer ganzen Aus- dehnung der Romanisirung, ausserdem verlor sie alles Gebiet nördlich der Donau bei der Ueberfluthung der Karpatenregion durch die Ostgermanen, Sarmaten, Hunnen und Slawen. Im Gebiet südlich der Donau finden wir nun den Entstehungsherd der rumänischen oder wallachi- schen Nationalität. Am Schlusse der römischen Periode traten slawische Stämme auf, welche nach Abzug der gotischen Völkerschaften sich stetig im Lande ausbreite- ten und schliesslich in Folge intensiver Besiedelung den grössten Raum auf der Halbinsel einnahmen und damit die ethnische Bildfläche für die Folgezeit wirksam um- wandelten. Die slawische Einwanderung bestand zuerst aus Slowenen, die von Osten nach Mösien und Thrakien zogen. Die Slowenen waren fleissige Ackerbauer und gründeten zahlreiche Siedelungen, slowenische Ortsnamen lassen sich noch vielfach nachweisen; ihre Stämme waren aber arg zersplittert. Zwischen 630 und 640 erscheinen von Nordwesten her die Serbo-Kroaten, eine feste, gleich- artige Masse. Vor ihnen zogen sich die Albanen, Nach- kommen der illyrischen Montagnards, in ihre Bergvesten zurück; die romanischen Provinzialen (Rumänen) fristeten als Handwerker in den Städten oder als Berghirten ihr Dasein. Von da an datirt das Eindringen slowenischen Spraehgutes in die Lingua Romanesca. Weiterhin folgen die Hunno - Bulgaren, welche die Slowenenstämme des Hämusgürtels unterjochten. Das Bulgarenreich blieb lange in Blüte; in kurzer Zeit war der aussterbende Türken- stamm, schwach an Zahl, in den Slowenen aufgegangen, die jedoeh auch nach ihrer Christianisirung (870) den Namen „Bulghar“ beibehielten. Erst seit der Zeit der Komnenen (e. 1090) treten die Serben energisch in den Vordergrund der Ereignisse. Nach heftigen Kämpfen und endlieher Unterjochung der Bulgaren entstand das grossserbische Reich, welchem das Eindringen der osma- nischen Türken um 1400 ein Ende machte. Trotz dieser serbischen und türkischen Oceupation blieb die grosse Masse der macedonischen Bevölkerung bulgarisch, rich- tiger slowenisch. Freilich fanden starke Mischungen mit Serben und Türken statt. Jedenfalls entspricht es nicht den Thatsachen, Macedonien nur mit Serben bevölkern zu wollen. Das bulgarische Element ist in der Sprache noch heute deutlich nachweisbar, z. B. in dem echtbul- garischen Nasallaut. Die Dialecte werden noch zu er- forschen sein, wobei freilich grosse Vorsicht nöthig ist; es wird sich dann ergeben, dass die ganze macedopische Bevölkerung, wie sie nicht rein serbisch ist, auch den Balkan-Bulgaren nicht völlig gleichsteht. Herr Dr. Philippson-Berlin sprach; „Ueber den Gebirgsbau des Peloponnes“. Der Redner selbst hat in mehrjähriger Erforschung dieses nicht nur historisch, sondern auch geographisch höchst interessante Länder- gebiet in der verschiedensten Weise aufgehellt. In erster Linie bildete die Klarstellung des verwickelten Gebirgs- baues des Peloponnes den Gegenstand seiner Studien, und zu diesem Zwecke führte er eine geologische Auf- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 233 nahme des Landes dureh, deren Resultat eine im Saale ausgestellte geologische Karte im Maassstab 1: 300000 ist. Von der Halbinsel Argolis abgesehen, baut sich das Land aus folgenden Schichtsystemen auf: 1) krystalli- nische Schiefer und Kalke, 2) darüber mächtige Kalke, welehe von der Kreide bis zum Eocän reichen, über- lagert von eocänem Flysch und wahrscheinlich ober- eocänen Hornsteinkalken, 3) jungtertiäre Ablagerungen, welehe nieht mehr gefaltet sind, wie die beiden ersten Abtheilungen, dagegen von starken Verwerfungen betroffen wurden und im Allgemeinen ene Randzone um das Ge- birgsland bilden. Das Kernland der Halbinsel bildet das Hochland von Arkadien, in welehem jener Kreide-Eoeän- kalk vorherrscht und welches aus mehreren parallelen, von Nordnordwest nach Südsüdost gerichteten Falten- gebirgen mit tektonischen Längseinsenkungen dazwischen besteht. Während es im Norden von den durch Um- biegung wesentlich Ost-West streichenden Hochgebirgen von Achaia und dem von grossen Verwerfungen beglei- teten Querbruch des Golfes von Korinth abgeschnitten ist, setzt es sich nach Südsüdost in dem Parnongebirge fort, in welchem jedoch das krystalline Grundgebirge einen grösseren Raum einnimmt. Dem Parnon parallel verläuft weiter westlich das vorwiegend aus krystallini- schen Gesteinen aufgebaute Taygetos-Gebirge (das höchste des Peloponnes, bis 2409 m). Diese Gebirge zusammen bilden die eentrale Gebirgszone des Peloponnes, i in welcher das Hauptstreichen Nordnordwest-Südsüdost vorherrscht, und welehe von tiefen Einbrüchen durchsetzt ist. Im Westen schliesst sich an diese Zone die westpelopon- nesische Gebirgszone an, ebenso wie die centrale Zone das Land in seiner ganzen Länge von Nord nach Süd durehziehend. Hier aber treten krystalline Gesteine nirgends mehr hervor, dagegen spielen die jüngeren Schichten (der Flysch und die Hornsteinkalke) die Hauptrolle. Die Ge- steine ordnen sich hier in mehreren Längsstreifen an, die sich ganz ebenso in der nördlich benachbarten Provinz Mittel-Griechenlands, Aetolien- Akarnanien, wiederfinden. Auffallend ist, dass sich in dieser westlichen Gebirgszone die Streichriehtung wiederholt ändert, indem sich die Falten an die staffelföürmig gegen Nordnordwest vor- springenden Enden der centralpeloponnesischen Züge an- schmiegen. Die Halbinsel Argolis, auf der Ostseite des Pelo- ponnes, steht im Gegensatz zu dem ganzen übrigen Lande. Hier treten etwas ältere Sedimentformationen (bis zur Grenze von Jura und Kreide hinabreichend) auf, die in den anderen Landestheilen fehlen, vor allem aber ist die Streichriehtung gänzlich verschieden, nämlich eine im Bogen von W. nach OÖ. verlaufende. Als wichtigstes Resultat er giebt sich also im Peloponnes eine Zwei- theilung des Gebir gsbaues. Der grösste Theil des Lan- des, und zwar die eentrale und "westliche Zone, gehört dem grossen dinarischen Gebirgssysteme an, welches der ganzen Westseite der Balkanhalbinsel entlang zieht. Der kleine östliche Vorsprung des Peloponnes, Argolis, schliesst sich dagegen eng an das Gebirgssystem an, welches Thessalien und das östliche Mittelgriechenland erfüllt. Die dinarischen Züge scheinen sich von den Südspitzen des Peloponnes aus über den grossen Inselbogen von Kreta und Rhodus nach Kleinasien hinüberzuschwingen. Der Faltung der peloponnesischen Gebirge, welche zwischen Eoeän und Pliocän vollendet ward, folgte eine Zeit, in welcher das Land von den mächtigen Brüchen durehsetzt wurde, denen Griechenland seine starke Gliederung verdankt. Und auch heute scheinen die Be- wegungen an diesen Brüchen noch nicht beendet zu sein, denn die zahlreichen Erdbeben Griechenlands lassen sich mit ziemlicher Sicherheit auf sie zurückführen. 284 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 28. Der Vortrag des K. u. K. Regierungsraths H. Müller - Wien: „Zur Landesdurehforsehung von Bosnien und der Herzegowina“ gab ein lehrreiches Bild von Errungenschaften für die geographischen und naturwissen- schaftlichen Kenntnisse dieser Länder, sowie von der Entwickelung von Verkehr, Handel und Gewerbe in den- selben seit der Okkupation dureh Oesterreich. — Bosnien und die Herzegowina bilden die Schwelle vom Oceident zum Orient; die Wasserscheide, welche das Stromgebiet des Schwarzen Meeres von jenem der Adria trennt, geht durch sie hin, hier berührten sich Byzanz und Rom. Das Land gravitirte aber immer nach dem Westen; trotzdem war es fast eine terra incognita geworden. Erst seit der Okkupation ist die so lange unter der Türkenherr- schaft verkommene alte Cultur neu erwacht. Alle Mass- nahmen der Regierung verfolgen zunächst praktische Zwecke; so hat die geologische Landesdurchforschung die Wiederbelebung der. Salzgewinnung (heisst doch Bosnien nichts anderes als „Salzpfanne‘), sowie des Berg- “baus zur Folge gehabt. Minerale sind neu erschlossen, Kupfer, Antimon und Quecksilber werden gewonnen, eine starke eisenhaltige Arsenquelle ist in Betrieb gesetzt worden. Nach einer genauen Aufnahme der Wälder wer- den die reichen Waldbestände des Landes, die nur durch ihre Unzugänglichkeit vor der Zerstörung geschützt waren, Jetzt bewirthsehaftet. Die Stromverhältnisse werden seit etwa vier Jahren studirt; die Drina ist bereits bis Zwornik für Dampfer schiffbar gemacht worden. Bedeutende Meliorationsarbeiten in den meist karstartigen Kessel- thälern zur Regulirung des Abflusses der alljährlichen Hochwassermengen ‘sind in Ausführung begriffen. Das Communikationswesen ist beträchtlieh entwickelt worden. Bosnien besitzt bereits 3572 km neu erbauter Fahrstrassen und 635 km Eisenbahnen. Die Hauptlinie führt von der ungarischen Grenze bei Brod über Serajewo, Mostar zur Adria; durch das Eisenbahnnetz ist das Land in den all- gemeinen Verkehr einbezogen worden. Nach der grossen Originalaufnahme im Massstabe von 1:25 000 folgte eine Catastralaufnahme. — Die mächtig entwickelte Gebirgs- welt einerseits, die südliche Lage des Landes andrerseits ergeben für Bosnien und die Herzegowina Vielfältigkeit der klimatischen Verhältnisse. Hart an die Alpenwelt des Central- und südbosnischen Gebirgsstockes mit den fast unvergänglichen Schneelagern 'stösst hier eine Zone mit ganz südlichem Klima. In den Niederungen von Mostar und der südlichen Herzegowina z. B. reift der Granatapfel und die Orange und wurde bis vor Kurzem noch Reis gebaut. Das Okkupationsgebiet ist durch ständige Stationen an den Hauptpunkten in das allge- meine meteorologische Netz von Oesterreich-Ungarnein be- zogen. Für die naturwissenschaftliche Erforsehung des Landes bildet das „Landesmuseum von Serajewo“ das ständige Centrum, von dessen Leistungen eine Viertel- jahrssehrift in serbischer Sprache Zeugniss giebt. Im Jahre 1885 fand die erste Volkszählung statt, welche über die Bevölkerungsverhältnisse genauen Aufschluss giebt. -Der Sprache und dem Gesammttypus nach bildet die einheimische Bevölkerung ein homogenes Ganze, sie ist serbo - kroatischen Stammes. Ein trennendes Moment bildet nur die Verschiedenheit der Confessionen, nach griechischen und römischen Katholiken und Muhamedanern. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die im Lande leben- den Israeliten, die noch heute einen spanischen Dialekt reden und „Spaniolen“ genannt werden. Volkslieder und Ueberlieferungen der "Einwohner werden gesammelt, die einheimischen Sitten und Trachten studirt. Durch Einriehten von Regierungswerkstätten, Abhalten von Aus- stellungen hat das. Gewerbe, besonders das einheimische Kunstgewerbe einen lebhaften Aufschwung zu verzeichnen. ‚ doch, pedote gefunden worden, , Beginn was bereits für die ärchäo- historische Durchforschung von Bosnien - Herze- gowina geschehen, schloss dieser Vortrag, welcher nach- wies, in welcher intensiven Weice seitens Oesterreich- Ungarns an der Durchforschung und der sittliehen Hebung des okkupirten Gebietes gearbeitet wird. (Forts. folgt.) Mit einer Schilderung dessen, logisch - Ueber „die eraspedoten Medusen der Plankton- Expedition“ berichtet Otto Maas in den Sitzgsber. d. K. pr. Ak. d. W. zu Berlin XVI—XVIIl, Berlin 1891, ‚auf S. 3335. Maas giebt die faunistischen Ergebnisse, die, wenn ja auch nur für eine Abtheilung von Wasser- thieren aufgestellt und nur auf Stichproben begründet, zumal da die Abgrenzung von Regionen für die Seethierfauna noch kaum in Angriff genommen worden ist, recht interessant sind. Vortheilhaft war es, dass die Fangorte näher an einander lagen, als bei irgend einer anderen Expedition, sowie dass das Netz stets mehrere 100 m senkrecht aufgezogen worden ‚war. Ueberall in dem durehfischten. Gebiete sind Cras- mit Ausnahme dreier Stellen: 1. zwischen der Südspitze Grönlands und der Neufund- landbank, 2. südlich vom Bereich des Floridastroms im des Sargassomeeres, 3. westlich von Ascension. Ohne die Planktonfänge wurden 75mal die hier in Frage stehenden Quallen gefischt. Ihre Artenzahl nimmt in den Fängen gegen den Gleicher hin zu. Im arktischen Ocean bildet meist nur eine Art den Fang, diese tritt dann aber in ungeheurer Zahl auf. Im Ganzen sind 40 Arten er- beutet worden, die sich bei Trennung nach Fundorten und Arten auf etwa 170 Nummern vertheilen. Alle 4 Hauptgruppen Haeckels, und 11 von seinen 16 Fa- milien, sowie vielleicht eine neue, sind vertreten. Da die Fänge nur auf hoher See gemacht wurden, so über- wiegen die Trachylinen, d. h. diejenigen Medusen, die sich direet durch Planula und Actinula entwickeln, über die Leptolinen, die ein festsitzendes Polypenstadium be- sitzen. 150 Nummern gehören ersteren, 18 letzteren an. Ausserdem ist die Zahl der Individuen bei den Lepto- linen nur gering. Ihre Fundstätten zeigen ganz be- stimmte Beziehungen zur Küste und gewähren einen Ausblick auf die interessante Frage nach dem Vordringen von Thieren mit sesshaften Entwicklungsstufen ins offene Meer. Die dem Verf. ebenfalls zu Gebote gestellten Hydropolypen stammen insgesammt aus dem Sargasso- meer und sind sämmtlich Calycoblasten. Obschon also gymmoblastische fehlen, so müssen sie doch dort vor- kommen, da dort Codoniden gefangen wurden. Die Hauptmenge aller Planktonquallen bilden die Trachymedusen (die mit den Narcomedusen zusammen die Trachylinen bilden), und zwar Aglauriden (gegen 40 Nummern), Trachynemiden (über 40 N.) und Geryo- niden (gegen 60 N.). Die aus diesen drei Familien für die abgefisehten Meere bekannten Arten wurden fast sämmtlich gefangen. Es ergeben sich folgende Sätze. Die Aglauriden treten hauptsächlich im nördlichen atlan- tischen Ocean auf. Im mittleren Theile dieses Oceans werden sie durch die Trachynemiden geradezu ersetzt. Die Geryoniden sind tropisch und subtropisch, sie treten erst südlich eines bestimmten Breitengrades auf und nehmen gegen den Gleicher hin an Arten- und Individuenzahl zu. Von den Aglauriden ist Aglantha digitalis sehr häufig, von England an bis gegen die grönländische Küste. Die Trachynemiden zeigten im südlichen Ocean drei vom Typus etwas abweichende Formen, die Haeekel nicht kennt. Im mittleren Theile ist stets und häufig Rhopalonema velatum. Die Geryoniden Liriope eerasiformis und L. eurybia treten südlich des Floridastromes sofort auf. Hier fehlen öfters östliche | | | Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 285 Formen im Westen und umgekehrt. So wurde L. catha- rinensis wieder nur an der brasilianischen Küste ge- fangen. Maas kommt zu dem Ergebniss, dass es auch im Meere Bedingungen für die horizontale Verbreitung der Thiere geben muss, die grössere Regionen ziemlich streng von einander scheiden. So scheint für die Medusen eine Grenze südlich des Floridastromes zu verlaufen, und im südliehen atlantischen Ocean ein östlicher und südwest- licher Bezirk getrennt werden zu können. Auf die senkrechte Vertheilung gedenkt Verf. später noch einzugehen. Dr. C.M. Ueber die Stickstoffwasserstoffsäure, über welche wir schon in der „Naturw. Wochensehr.“ V, S. 427, eine ausführliebe Angabe gemacht haben, machen Th. Curtius und R. Radenhausen weitere Mittheilung (J. f. pr. Ch. 43. 207—8). Die wasserfreie Stickstoff- wasserstoffsäure (N,H), eine wasserhelle, leicht bewegliche Flüssigkeit von unerträglichem Geruch, explodirt unter Umständen schon bei gewöhnlicher Temperatur ohne Ver- anlassung, besonders aber durch Berühren mit einem heissen Körper äusserst heftig unter glänzend blauer Lichterscheinung. Das aus der Säure erhaltene Stick- stoffammonium (N,H,) erystallisirt in glänzenden Prismen, verflüchtigt sich schon bei gewöhnlicher Temperatur, lagert sich nicht um wie das eyansaure Ammon und ändert seine Eigenschaften weder durch Kochen mit Wasser noch Sublimiren. Die Stiekstoffwasserstoftsäure (das Azoimid) ist ein derart furchtbar explosiver Körper, dass vor ihrer Darstellung dringend gewarnt wird. F. Ein Riesen - Projeetions - Mikroskop wird gegen- wärtig im Münchner physikalisch - optischen Institute Poeller für die Weltausstellung in Chicago gebaut. Wie ein bereits fertiggestelltes Modell desselben zeigt, ist bei demselben der Elektrieität eine vielseitige Rolle zu- getheilt. Sie erzeugt und regulirt zunächst in ähnlicher Weise — (selbstverständlich aber in bedeutend vergrö- ssertem Massstabe) — wie dies bei dem bereits rühm- lichst bekannten grossen Poeller'schen Projeetions-Mikro- skope der Fall ist, die Lichtquelle, welche, im Focus eines parabolischen Aluminium - Reflektors montirt, eine Intensität von 11 000 Normalkerzen erreicht. Zweitens besorgt sie mittelst eines sinnreichen Me- chanismus automatisch die so wichtige Centrirung des Quadrupel-Condensors und das Beleuchtungslinsensystem. Das Wesentliche dieses Mechanismus besteht darin, dass ein elektrischer Nebenschlussregulator eine mit dem Con- densor fix verbundene und mit seinem Centrum äquiniveau- stehende Platinspitze stets mit dem unteren Ende der Dochtkohle im Contact erhält. Eine weitere Vorrichtung dient zur genauen Controlle der Kohlenspitzen-Distanz. Hierbei wird der Flammenbogen als „shunt“ in einen Stromkreis eingeschaltet, dessen Haupt- schluss durch einen Scalen-Galvanometer hergestellt ist. Auf dem Zifferblatte des letzteren spielt ein Zeiger, der die Spitzen-Distanz bis auf Zehnteltheile eines Milli- meters direct ablesen lässt. Die wichtigste Neuerung aber, welche in Folge der dureh die intensive Lichtquelle erzeugten, kolossalen Hitze (1,43 Calorien per Sekunde) geradezu unerlässlich wurde, ist die Kühlmaschine. Eine durch einen Helmholtz’schen elektrischen Cen- trifugalregulator regulirte Maschine versieht sämmtliche Mikroskop- und Polariskopsysteme des Apparates mit einem feinen Sprühregen flüssiger Kohlensäure, die so- fort nach Autritt aus dem kupfernen Kessel, in welchem sie unter einem Drucke von 23 Atmosphären aufbewahrt ist, in den gasförmigen Zustand übergeht und hierbei eine so grosse Kälte entwickelt, dass zur Kühlhaltung des Apparates der winzige Consum von nur 0,0007 g Kohlensäure per Sekunde ausreicht. Die Vergrösserungsfähigkeit des Apparates wird sich bei Anwendung gewöhnlicher Objeetivsysteme auf 11.000 linear, bei Verwendung von Vaselinölemersionen aber auf 16 000 linear erstrecken. Das Institut hat, wie wir hören, den Betrag von 35 000 Mark für den Bau dieses Riesen-Instrumentes aus- geworfen und es steht zu erwarten, dass es mit dem- selben den auch schon jenseits des Oceans sich eines wohlbegründeten Weltrufes erfreuenden Münehner Markt für wissenschaftliche Optik auf der grossen transatlan- tischen Weltausstellung würdig vertreten werde. 3x. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die diesjährige allgemeine Versammlung der Deutschen geo- logischen Gesellschaft wird in Freiberg in Sachsen vom 9. bis 12. August abgehalten werden. Geschäftsführer: Bergrath Prof. Dr. Stelzner. Vor der Versammlung vom 6. August ab sind Be- sichtigungen von Sammlungen in Dresden und Freiberg. und Be- fahrung von Erz- und Steinkohlengruben, sowie Exeursionen ge- plant. Auch nach «der Versammlung vom 13.—16. August sollen Excursionen unternommen werden. Litteratur. Dr. Adolph Hansen, Pflanzen-Physiologie. Die Lebenserschei- nungen und Lebensbedingungen der Pflanzen. Verlag von Otto Weisert. Stuttgart 1890. Preis 6 Mk. 3 Hansen’s „Pflanzen-Physiologie“ mit über 100 guten Holz- schnitten, 300 Seiten stark, „ist kein Lehrbuch, es wendet sich an einen weiten Kreis von Lesern, namentlich auch an die Ver- treter anderer Naturwissenschaften, welche sich mit der Pflanzen- physiologie bekannt zu machen wünschen“. Es tritt also in dieser Beziehung in die Bahn von Julius Sachs’ nicht weniger als 884 Seiten umfassenden „Vorlesungen über Pflanzen-Physiologie“. Hansen sagt aber in seiner Vorrede ganz riehtig über das letzte Werk, dass es doch immerhin nicht leicht sei mit einem so umfassenden und bedeutende, fachmännische Kritik voraus- setzenden Werke seine Studien zu beginnen. Wenn Hansen sagt, sein Buch sei kein „Lehrbuch“, so ist das in vorliegendem Falle nur ein hoher Vorzug; denn damit scheint mir nur gesagt zu sein, dass es in bequemerer und ansprechenderer Form den Stoff behandelt, daher er allerdings um etwas weitschweifiger, aber dafür auch leichter verständlich geboten wird als in einem typischen Lehrbuch. Im übrigen aber unterscheidet sich Hansen’s Buch durchaus nicht von einem Lehrbuch, ja er giebt sogar — mit glücklicher Vermeidung alles Ueberflüssigen — Litteratur- angaben und nennt stets die wichtigsten Forscher, sodass es auch dem Studirenden zur Einführung in das Gebiet durchaus empfohlen werden muss. Der Inhalt zerfällt in 7 Abschnitte: I. Die Organe der Pflanzen, II. Der innere Bau der Pflanzen, die Festigkeitseinriehtungen und Elastieitäts-Verhältnisse, III. Die Ernährung, IV. Die Fortpflan- zung, V. Bewegungs-Erscheinungen, VI. Organbildung und Wachs- thum. VII. Einfluss der Temperatur auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen. Hansen hält wohlbewandert vorurtheilsfreie und möglichst gerechte Umschau bei der Auswahl seines Stoffes, dass aber das Buch trotzdem das Gepräge seines Autors trägt, ist bei der Selbständigkeit desselben und bei der menschlichen Begrenztheit des Wissens und Gesichtsfeldes nur zu natürlich. Es enthält daher keinen Tadel, wenn ich meine persönliche Meinung dahin- gehend andeute, dass z. B. die Physiologie der Schwendener’schen Schule etwas ausführlichere Beachtung hätte finden sollen, und dass der Autor in manchen Punkten Sachs zu weit folgt; jedoch so viele verschiedene Autoren, so viele verschiedene Behandlungs- weisen desselben Themas; aber gewisse Grenzen sind doch stets innezuhalten. Am beschränktesten sind diese Grenzen entschieden für Bücher, die auch für den Laien bestimmt sind, denn hier muss sich der Autor vor Einseitigkeit hüten, er darf seine Speeial- liebhabereien nicht übermässig in den Vordergrund rücken, er muss sich fähig fühlen, auch fremde Forschungen voll und ganz zu würdigen: kurz, er muss das Ganze im Auge haben aber nieht seine Person. Ich schreibe das nun nicht, um endlich zu dem Schlusssatz zu kommen: „und von dem Allen ist bei Hansen 236 keine Rede“, sondern weil ich unwillkürlich einen Vergleich zwischen den beiden, in der oben angedeuteten Beziehung sich berührenden Büchern von Sachs und Hansen gezogen habe, und die erwähnten Erfordernisse bei Hansen im Gegensatz zu Sachs finde, Ich will diese Andeutungen über das Sachs’sche Buch (2. Aufl. 1887) etwas näher ausführen, weil es für den freundlichen Leser, der sich mit Pflanzenphysiologie beschäftigen möchte, von Wich- tigkeit sein muss, eine Aeusserung über das Werk des berühmten Forschers zu hören. Der Anfänger kann ja aus dem Sachs’schen Buche in an- genehmer Form ebenfalls viel lernen; aber er thut gut, sich jeder- zeit vor Augen zu halten, dass ihm im Ganzen nur die Physio- logie der Sachs’schen Schule geboten wird. Dem Fachmann allerdings sind aus diesem Grunde die „Vorlesungen über Pflanzen- Physiologie“ unentbehrlich, weil er die Anschauungen eines unserer bedeutendsten Physiologen kennen muss. Es ist ja un- bestritten, dass Sachs die Pflanzen-Physiologie ungemein gefördert hat; aber er hat nicht allein geschaffen: neben ihm haben auch andere — z. B. der schon genannte Forscher Schwendener — „Leistungen grossen Styls“ vollbracht, die bei der Ruhe, mit der sie trotz ihres grossen Inhaltes vorgebracht wurden, bewun- derungswürdig sind. Ich selbst begreife es vollkommen, wie dabei ein Mann, der wie Sachs gewohnt war, die Physiologie zu führen, dessen ganzes Leben dem Ausbau dieser Diseiplin gilt, unan- genehm durch die Erkenntniss berührt werden muss, dass er die Zügel verliert. Nun, er giebt ja letzteres nicht zu: aber das Ver- halten des berühmten Autors, dem wir Jüngere fast alle durch sein Lehrbuch Vieles verdanken, lässt eine andere psychologische Erklärung nicht recht zu. Die geheimsten Triebfedern seines Vorgehens mag Sachs selbst nieht durchschauen. Im Wesentlichen beachtet und eitirt Sachs nur seine Vor- gänger, meistens jedoch sich selbst und lässt daneben hier und da noch seine Schüler und Anhänger gelten; was sonst in der Physiologie in der letzten Zeit geleistet worden ist, scheint ihm nicht von Belang: das Meiste sogar verfehlt. Hat je- doch eine Arbeit seinen Beifall gefunden wie Schwendener's „Mechanische Theorie der Blattstellungen,“ so hat Sachs seiner Meinung nach doch wenigstens den Grundgedanken der Arbeit gegeben oder doch schon längst ausgesprochen. Es ist ungemein zu bedauern, dass Sachs nicht im Stande ist, Arbeiten Anderer auf pflanzenphysiologischem Gebiet objeetiv zu beurtheilen oder doch mindestens seine Ansichten in rein sach- licher Weise vorzutragen. Da es sich also für den Laien und Anfänger, die sich über den in Rede stehenden Gegenstand in leicht verständlicher und bequemer Form selbst belehren wollen, in der Wahl des Buches nur um die beiden genannten Werke von Hansen und Sachs handeln kann, so können wir — wie aus der obigen Be- gründung wohl zur Genüge klar geworden ist — nur den Hansen empfehlen. Auch dürfte der bedeutend geringere Preis des Hansen’schen Buches für den genannten Leserkreis bei der Wahl wesentlich mitsprechen. I Oscar Drude, Handbuch der Pflanzengeographie. Verlag von J. Engelhorn. Stuttgart 1890. Preis 14 Mk. Das vorliegende Handbuch des gewiegten und bekannten Pflanzengeographen Drude, eines Schülers Grisebach's, bildet ge- wissermassen die textliche Ergänzung der von Drude bearbeiteten Abtheilung „Pflanzenverbeitung“ in Berghaus’ physikalischem Atlas, ohne dass jedoch etwa das Buch für den Nichtbesitzer jener interessanten Karten unbrauchbar wäre; bringt es doch an karte- graphischen Darstellungen das wichtigste in mehreren dem Buch eingefügten Karten selbst, unter diesen auch eine grössere Klapp- tafel, welche die Drude’schen „Florenreiche der Erde auf der Grundlage von W. Köppen’s Wärmegürteln nach der Dauer der heissen, gemässigten und kalten Zeit“ zur Anschauung bringt. Gerade ein kürzeres Handbuch der Pflanzengeographie — das Drude’sche umfasst inel. Register 582 Octavseiten —, in welchem das Wichtigste und Wichtigere der Pflanzengeographie geboten wird, das sich nieht in zu weit gehende Details verliert, das den vielen in einer mächtig angeschwollenen Litteratur niedergelegten Haupt-Resultaten neuerer Forschung kritisch Rechnung trägt, ist aus der Feder eines in seinem Gebiete an Kenntnissen so reichen und befähigten Forschers wie Drude geradezu ein Bedürfnis. Nicht allein dem Botaniker, auch dem Naturforscher derjenigen Disciplinen, die gerade durch die Pflanzengeographie mit der Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 28. solehes Buch in hohem Grade willkommen. Ich denke hier zuerst an den Geographen und den Geologen. Der ganze Geograph kann ohne pflanzengeographische Kenntnisse überhaupt nicht aus- kommen, worauf übrigens das Erscheinen der Drude’schen Pflanzengeographie in der von Friedrich Ratzel herausgegebenen „Bibliothek geographischer Handbücher“ auch äusserlich hinweist. Dass die Litteraturangaben in dem vorliegenden Handbuch nicht zu dürftig ausgefallen sind, ist sehr schätzenswerth, u. A. schon desshalb, weil es dem Anfänger, der pflanzengeographisch zu arbeiten wünscht, die Hauptquellen erschliesst: im speeiellen Theile des Buches geht der Besprechung jeder Länderabtheilung eine Litteraturübersicht voraus. Das ganze Buch zerfällt in 6 Ab- schnitte: 1. Einleitung, 2. Die Beziehungen der Lebenseinrich- tungen zu den geographisch verschieden vertheilten äusseren Einflüssen, 3. Die Absonderung der Areale durch die geologische Entwicklung der gegenwärtigen Oberflächengestalt der Erde mit dem gegenwärtigen Klima, 4. Die Bevölkerung der Florenreiche durch hervorragende Gruppgn des Pflanzensystems, 5. Die Ver- gesellschaftung der Vegetationsformen zu Formationen und die pflanzengeographische Physiognomik, 6. Die Vegetationsformen der Erde in geographischer Anordnung. I H. E. Roscoe, Die Spectralanalyse in einer Reihe von sechs Vorlesungen mit wissenschaftlichen Nachträgen. Dritte Auf- lage, neu bearbeitet vom Verfasser und Arthur Schuster. Ver- lag von Friedrich Vieweg u. Sohn. Braunschweig 1890. Preis 16 Mark. Die Speetralanalyse hat sich zu einer Disciplin entwickelt, die in alle Speeialnaturwissenschaften hineingreift, die nicht ein Thema der Physik allein geblieben ist, sondern welche als we- sentliches Mittel der Forschung auch der Astronomie, der Chemie, den organischen Wissenschaften u. a. Naturwissenschaften dient. Das vorliegende Buch ist ein Handbuch der Speetralanalyse und als solehes jedem Forscher auf dem Gebiete der Naturwissen- schaft willkommen; die neue, 3. Auflage, erscheint, wie das bei den vergleichsweise gewaltigen Fortschritten aller naturwissen- schaftlichen Disciplinen von vornherein zu erwarten stand, gänz- lich umgearbeitet. Nicht nur die Forschungen auf dem Special- felde der Spectralanalyse entwickeln diese immer weiter, auch durch ihre Benutzung von so vielen anderen Seiten wird sie vielseitig gefördert. Die Roscoe’sche 3. Auflage der Spectral- analyse benutzt diese Errungenschaften nach Möglichkeit: die vielen neuen Entdeckungen mussten seit 1373, dem Erscheinen der 2. Auflage, in das Buch eingeführt werden. Diejenigen Fragen jedoch, die von den Fachgelehrten als noch nicht ge- nügend abgeschlossen betrachtet werden können, sind .— wohl mit Recht — ausgeschlossen worden, so dass alles, was das Buch bietet, auf den besten Fundamenten ruht. Dass es reich illustrirtt ist (es bringt ausser Holzschnitten Chromolitho- graphien wie Spectraltafeln u. s. w.), brauchte — weil so gut wie selbstverständlich — kaum besonders hervorgehoben zu werden. Das Buch in Octav-Format umfasst 466 (in der 2. Aufl. 300) Seiten. Nicht vergessen darf der Referent die Angabe für solche, die das sonst sehr bekannte Buch noch nicht in Händen gehabt haben sollten, dass die Vorträge selbst derartig ge- schrieben sind, dass auch der vollständige Laie in den Natur- wissenschaften zu einem ganzen Verständniss des Wesens der Spectralanalyse gelangen kann; speciellere, für den Forscher be- stimmte Ausführungen sind in den Nachträgen untergebracht. Diese Anlage des Werkes ist ausserordentlich geschiekt: es er- füllt hierdurch Bedürfnisse weitester Kreise, „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten“, Organ für die Ge- sammtinteressen des Pflanzenschutzes, betitelt sich eine neue, von Dr. Paul Sorauer (Verlag von Eugen Ulmer in Stuttgart) heraus- gegebene Zeitschrift, von welcher jährlich 6 Hefte erscheinen sollen. Das vorliegende erste Heft bringt u. a. eine Abhandlung von J. Ritzema-Bos: Zwei neue Nematoden-Krankheiten der Erd- beerpflanze, welche von den beiden, von dem genannten Autor neu entdeekten Arten Aphelenchus Fragariae und A. Ormerodis erzeugt werden, ferner eine Arbeit aus der Feder unseres Mit- arbeiters, des Herrn Prof. B. Frank: Ueber den Verlauf der Kirschbaum-Gnomonia-Krankheit in Deutschland, nebst Be- merkungen über öffentliche Pflanzenschutzmaassregeln, und end- lich einen Aufsatz von ©. Kirchner: Braunfleckigkeit der Gerstenblätter, eine Krankheit, die von der Uredinee Helmintho- Botanik in Berührung zu treten Gelegenheit haben, ist ein | sporium gramineum (Rabenh.) Eriksson ausgeht. ne nn a En nn nn n———— ee nn Imhalt: Dr. Paul Carus: Die Apriorität der Gedankenformen. — Dr. F. Kienitz-Gerloff: Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. (Mit Abbild.) — IX. Deutscher Geographentag. — Die eraspedoten Medusen der Plankton-Expedition. — Ueber die Stiekstotfwasserstoffsäure. — Ein Riesen-Projections-Mikroskop. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. Adolph Hansen: Pflanzen-Physiologie. Die Lebenserscheinungen und Lebensbedingungen der Pflanzen. — Oscar Drude: Handbuch der Pflanzengeographie. — H. E. Roscoe: Die Speetralanalyse. — Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten. ——————————————————————————————————————————————eee———————— Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz S, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LXIII Influenz-Maschinen nach &, Holtz-Toepler Wimshurst und eigener Construction empfiehlt J. R. Voss, BERLIN NO., Pallisadenstr. 20. ! 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Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- „ 3. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit | anne a, E der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl || „ 11. Ueber das Causalitätsprincip der Naturerschei- Kraernelin: nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds I = „ 4. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen EH „Die sieben Welträthsel“ von Dr. Eugen von Prof. Dr. E. Loew. eo „ 5. Das „glaziale“ Dwykakonglomerat Südafrikas von „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Ä Dr. JM Stapft. " Jordan. „ 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von : B e = Dr. Rob. Mittmann. Mit 8 Holzschnitten. „18. ne umengengraphische ade "Hy Al. bota- „ 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Mit 2 Tafeln a N 3 DIOnIE: Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- n 63 E litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit | „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette 1 Tafel. von Dr. Ed. Ritsert. » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen „ 15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. Mit 10 Holzschnitten. N Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. Preis: Heft 1-4 a 50 Pf., Heft 5-15 aı1M. LXIV E: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 28. \ Verlag von. FERDINAND ENKE in STUTTGART. Soeben erschienen: ) Geologisches nr mineralogisches Comtor ® X L ehrbuch ; Alexander Stuer a ® 40 Rue des Mathurins in Paris. Physikalischen Re Lieferant des französischen Staates und aller fremden Staaten. O9 von Prof. Dr. Siegm. Günther > Herr Alexander Stuer empfiehlt sich den Herren Directoren & . . in’München: j und Professoren der Museen und den Liebhabern als Lieferant &) Mit..169 Holzschnitten u. 3 Tafeln in Farbendruck. gr. 5. geh. M. 12. © aller geologischen französischen Serien, welche für ihre Samm- I Jungen oder Studien von Interesse sein könnten. 4 Handbuch 5 Gephalopoden, Brachyopoden, Echinodermen und andere @ Abtheilungen der ältesten und jurassischen Formationen, aus der Kreide und dem Tertiär. — Fossile Pflanzen und Mineralien P fl anz en samm Ik er aus allen Ländern en gros und en detail. ! 3 = von Dr. Udo Dammer, er ren NEN DOOR Mit 59 Holzschnitten und 13 Tafeln. gr. 8. geh. M. 8. für 02 u & FR '$ 52 TENTE RB Dr. Robert Muencke : SER am % Luisenstr. 58. BERLIN NW. Luisenstr. 58. & chen Assist ai Schul At Technisches Institut für Anfertigung wissenschaftlicher Apparate I '% | ® er —— s 14 und Geräthschaften im Gesammtgebiete der Naturwissenschaften. Kl 0909994 er ® NEN Berlin Potsdamerstr 3.: ECHT TUDTEERTTRNT LER THTTERTTTETNOETPOTTRTTEETHETRTTTTETTTRTNTTRTTHRTTRTLETTTETTATTTTTETAHTTERTRETTERFETTRTETRFTETPGETITETATTTLTETSTETTTTEITNOENTTTSTTRTTTTTTTTITEET In Ferd. 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Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. Von Dr. F. Kienitz-Gerloff. (Fortsetzung.) Meine Untersuchungen erstreekten sich auf rund 60 Arten aus den verschiedensten Abtheilungen des Ge- wächsreiches von den Moosen aufwärts, unter denen Pflanzen der abweichendsten Lebensverhältnisse vertreten waren. Unter Anwendung geeigneter Methoden gelang es mir, bei den bei weitem meisten von ihnen und hier in den verschiedensten Geweben das Vorhandensein der Plasmaverbindungen festzustellen. Diese kommen nämlich selbst an sehr feinen Durchschnitten unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zur Anschauung, theils ihrer Dünnig- keit und Kürze wegen, theils und hauptsächlich deshalb, weil sich die Zellwände und das in ihnen enthaltene Protoplasma in der Liehtbreehung nur wenig zu unter- scheiden pflegen. Um sie sichtbar zu machen, muss man die Schnitte erst einer besonderen Behandlung unter- werfen. Man muss in den aus frischen Geweben an- gefertigten Präparaten das mehr oder weniger empfind- liche Protoplasma fixiren, sodann die Zellwände einer 'Quellung unterwerfen und das Protoplasma in ihnen mit solchen Anilinpräparaten färben, welche auf die Zell- wände nicht oder nur viel schwächer einwirken. End- lich hat man zur Beobachtung meist eine äusserst starke Vergrösserung, die manchmal bis zu 2500 linear gehen muss, anzuwenden, wie sie eben nur unsere besten mi- kroskopischen Linsen hervorzubringen vermögen. Aber selbst die Erfüllung aller dieser Bedingungen gewährt keine absolute Sicherheit der Auffindung, und auch mir ist es mitunter missglückt, die Verbindungen zur An- schauung zu bringen. Nichtsdestoweniger ist an ihrem Dasein auch in diesen Fällen nieht zu zweifeln. Es kann vielmehr jetzt als völlig sicher gelten, dass mit wenigen, zum Theil wohl erklärbaren Ausnahmen die Plasmaleiber sämmtlicher lebender Elemente des ganzen Pflanzenkörpers in Zusammenhang stehen. Somit hat Klebs vollständig Reeht behalten, wenn er in dem oben erwähnten Referat sagte: „So erscheint durch den Nach- weis der protoplasmatischen Verbindungsfäden zwischen den Zellen . . der ganze Körper einer Pflanze als eine zusammenhängende Protoplasmamasse. Die soge- nannte einzellige Caulerpa*) und eine vielzellige Pflanze entsprechen einander vollkommen ....; ja man kann, wenn man will, die Cellulosebalken bei Cauperla als eine Art Anfang der Zerklüftung des Protoplasmas an- sehen. Hier bei Caulerpa haben die Cellulosebildungen eine wohl wesentlich nur mechanische Bedeutung; stärker ausgebildet zu Querwänden, trennen sie bestimmter das Protoplasma in einzelne Abtheilungen von gesonderten physiologischen Funetionen jedoch so, dass der einheit- liche Character des Ganzen durch die bleibenden Ver- bindungen erhalten wird. Die Individualität der Zellen ist aber mit dieser Auffassung so gut wie beseitigt, der einst so wichtige Streit über die Definition der Zelle hat jetzt keine princielle Bedeutung mehr.“ Ich will mieh an dieser Stelle auf Einzelheiten nicht einlassen, sondern gebe statt dessen nur ein Paar Ab- bildungen, aus welchen die Form der Protoplasmaverbin- dungen an einigen Beispielen ersichtlich wird. (Fig. 2.) Von allgemeinerem Interesse ist hingegen die Frage nach ihrer‘ Entstehung. Sind sie von Anfang an vorhanden oder sind sie nachträgliche Bildungen? Ich hatte sehon früher erwähnt, dass bereits Russo w sie in ganz Jungen Geweben gesehen zu haben meinte. Diese Angabe habe ich durchaus bestätigen können. Damit aber wird es im *) Caulerpa ist. eine Meeresalge, welche die Form einer höheren Pflanze ‚mit Stengel, Wurzeln und Blättern nachalımt, obwohl ihr ganzer Körper nur einen ununterbrochenen Innenraum umschliesst, in welehem nur stützende Cellulosebalken ausgespannt sind. 288 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 29. höchsten Grade wahrscheinlich, dass die von den Plasma- strängen durchzogenen Canälchen in den Zellwänden sich nicht erst nachträglich bilden, wie dies z. B. bei der Entstehung der Gefässröhren aus übereinanderliegenden Zellen vorkommt, sondern dass an den betreffenden Stellen schon bei der Zelltheillung keine Wandsubstanz ausgeschieden wird. Hiermit aber erhalten wir nun Auf- klärung über eine bisher völlig räthselhafte T’hatsache. Seit langer Zeit ist es bekannt, dass sich in den Wänden vieler benachbarter Zellen sogenannte Tüpfel oder Poren befinden. (Fig. 5.) Während nämlich die dünne Mittel- schicht einer Zellhaut schein- bar gar keine Unterbrechungen zeigt, werden die späteren Ver- diekungsschiehten von engeren und weiteren, mitunter sogar verzweigten Canälen durchsetzt. Wunderbarerweise sind die Ca- näle zweier Nachbarzellen so orientirt, dass sie an der Mittel- lamelle stets aufeinander tref- fen. Woher das kommt, das konnte die bisherige Theorie von der Abgeschlossenheit der Zellen nicht erklären. Man hätte doch geradezu annehmen müssen, dass die benachbarten Protoplasmakörper durch die Mittellamelle hindurch an be- stimmt umschriebenen Stellen einen Reiz aufeinander aus- übten, der sie zu ganz oder nahezu gleichmässiger Thätig- keit bei der Bildung der Ver- diekungsschichten anregte. Wie sollte das möglich sein? Nehmen wir dagegen an, dass jene Nachbarprotoplasmen von vorn herein in Verbindung stehen, so bietet die Entstehung der Tüpfel der Erklärung kaum noch eine Schwierigkeit. Es wird ferner höchst wahrschein- lich, dass auch die Bildung der grossen offenen Durchboh- rungen zwischen den zu Ge- fässen zusammentretenden Zel- A len von ursprünglich engen, in ihrer gemeinsamen Wandung grösserung 2000 :1. (Polypodium). Vergr. 600:1. enthaltenen Löchern ausgeht. C. Eine einzelne solehe Verbindung. Vergr. 2000 :1. Die intimeren Vorgänge un see: . D S - silvestris. Vergr. 1000:1. bei der Zelltheilung in Pflan- E. zen sind seit 1874 durch Vergr. 900:1. Tschistiakoff, Russow und andere, besonders aber durch Strasburger*) auf- gehellt worden. Sie haben zu dem Ergebniss geführt, dass die Zelltheilung meist mit Vorgängen in dem Kern der sich fächernden Zelle in sehr engem und bedeutungs- vollem Zusammenhang steht. Sehen wir von den Streit- fragen im Einzelnen ab, so sind diese Vorgänge gewöhn- lich folgende (Fig. 4): Das sogenannte „Kerngerüst“, welches sich im ruhenden Kern durch stärkere Färbungs- fähigkeit (durch Anilinfarben) auszeichnet (Fig. 4 4), formt sich zuerst zu einem Knäuel (Spirem) um und wird zu einem zusammenhängenden Faden, dem „Kernfaden“. Dieser verdickt und verkürzt sich nach und nach und *) Ueber Zellbildung und Zelltheilung. Jena 1875. Fig. 2. Protoplasmaverbindungen. Zwischen zwei Parenchymzellen des Stengels der Mistel. B. Zwischen zwei Parenchymzellen des Stammes eines Farnkrautes Zwischen zwei Kollenehymzellen aus dem Stengel von Malva Zwischen jungen Parenchyıinzellen aus der Rinde des Oleanders. zerfällt dann in eine Anzahl ungefähr gleieh langer, in der Mitte eingeknickter Stücke, welehe sich so anordnen, dass die Kniekungen im Aequator liegen, die Segmente hingegen nach aussen ausstrahlen (Fig. 4 B). So entsteht die Sternform (Aster). Darauf spaltet sich jedes Segment der Länge nach (Fig. 4 ©), die Hälften trennen sich, wenden sich um, so dass jetzt die freien Enden der Fadenstücke dem Aequator zugekehrt sind, und rücken nach den Polen hin auseinander (Sternform der Tochter- kerne oder Dyaster [Fig. 4 D]). Endlich verschmelzen die Enden jeder Hälfte wieder zu einem Tochterkernfaden, der sich dann in das Kern- gerüst des Tochterkerns um- formt (Doppelspirem, Fig. 4 #). Inzwischen hat aber auch die nicht färbungsfähige Substanz der Kerne Umänderungen er- litten. Zu einer gewissen, wie es scheint bei verschiedenen Zelltheilungen verschiedenen, Zeit erscheinen zwischen den auseinanderweichenden Toch- terkernen äusserst feine, nicht färbbare Fäden, die Spindel- fasern® (Fig. 4 D), welche in ihrer Gesammtheit die Form einer Tonne nachahmen (Fig. 4 FE). Im Aequator dieser Tonne zeigen sich knötchen- förmige Verdiektungen, welche die „Zellplatte“ (Fig. 4 E, F) bilden, und in dieser erscheint schliesslich die neue Scheide- wand zwischen beiden Zellen (Fig. 4@). Da nun oft die „Spiralfasern“ bis zur völligen Ausbildung der Tochterkerne erhalten bleiben und da auch die Protoplasmaverbindungen zwischen fertigen Zellen in der Region der Mittellamelle der Zellhaut häufig knötehen- förmige Anschwellungenzeigen, so war schon Russow*) auf den Gedanken gekommen, die Protoplasmaverbindungen seien vielleicht nichts anders, als die Ueberreste von Spindel- fasern, welche nach Ausbil- dung der neuen Scheidewand erhalten blieben, indem sich letztere von vorn herein als durchlöcherte Platte ausbilde. Wiewohl sich nun Spindel- fasern und Plasmaverbindungen gerade in ihrem Ver- halten gegenüber den Anilinfarben wesentlich unterschei- den, so hatte doch diese Vermuthung manches für sich und es kam darauf an, sie auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Der Zufall führte mir in der Mistel ein Object zu, welches eine solehe Prüfung gestattet und welches um so inter- essanter ist, als die Kerntheilungen bisher fast ausschliess- lieh bei monokotyledonischen Pflanzen oder aber an re- produetiven, nicht an vegetativen Zellen geprüft worden waren. Die Kerne in den vegetativen Geweben der Diko- tyledonen sind nämlich meistens so klein, dass sie sich zum Studium dieser minutiösen Vorgänge wenig eignen. Ver- ")a.ua. 10% Nr. 29. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 289 Bei der Mistel aber sind sie von einer ganz auffallenden Hier zeigte sich nun, dass, abweichend von an- Grösse. Oele, kurz aller stickstofffreien Verbindungen. Die treibende Kraft suchte man hier in der Diosmose. Es ist bekannt, deren Zelltheilungsvorgängen, die Spindelfasern verhält- | dass sich die Lösungen zweier verschiedener, miteinander nissmässig spät auftreten und gar keine Aehnlichkeit mit den defini- tiven Plasmaverbindungen besitzen (Fig. 4D, E, F). Und da nun nicht allein die auch in ihnen vor- handenen knötehenförmigen Ver- diekungen, sondern überhaupt die ganzen Fasern vor Ausbildung der Scheidewand wieder ver- schwinden (Fig 4 E, F), so halte ich Russow’s Vermuthung für falsch. Von den Knötchen der definitiven Plasmaverbindungen habe ich hingegen nachzuweisen versucht, dass sie nichts weiter sind, als durch ungleichmässige Quel- lung verschiedener Zellhautschich- ten hervorgerufene Kunstproduete. Ueberlegen wir nun, welche Bedeutungen die Plasmaverbin- dungen für das Leben der Pflanze haben können. Um dies zu ver- stehen, müssen wir etwas weiter zu bedenken, dass Bildung und Stoffe in der Pflanze an weit von einander entfernten Punkten vor sich gehen. Die Lösung der Bodensalze wird von den Wur- zeln, die Kohlensäure von den Blättern aufgenommen, aus dieser und aus Wasser werden hier Kohle- hydrate erzeugt, und indem letztere mit Stickstoffverbindungen zusam- mentreten, entstehen die Eiweiss- stoffe. Theilweise werden diese Sub- stanzen sofort an den Wachsthums- herden, Zweig- und Wurzelspitzen verbraucht, zum Theil werden sie in den Reservestoffbehältern, Sa- men, Knollen, Zwiebeln, Grund- achsen, Wurzen u. s. w., auf- gespeichert, um in der nächsten Vegetationsperiode wiederum an den Wachsthumsherden Verwen- dung zu finden. Auf alle Fälle müssen sie aber mannigfache, oft weite Wanderungen durch den Pflanzenkörper unternehmen: von den Bildungsstätten zu den Ver- brauchs-- und Ablagerungsorten, von letzteren ebenfalls zu allen Stellen, wo Wachsthum stattfindet. Die früher erwähnten Siebröhren hatte man nun schon längst als die Wege in Anspruch genom- men, in denen die Wanderung der Eiweisskörper vor sich ginge, und ihre Plasmaverbindungen galten als die Canäle, durch welche die Stoffe aus einem Siebröhrengliede in das andere übertreten. Anders stellte sich die namentlich von Sachs ausgebildete Stoffleitungs- theorie*) zu der Wanderung der Kohlehydrate, der Fette, *) Zusammenfassend in: Handbuch der Experimentalphysio- logie der Pflanzen. Leipzig 1865. Fig. 3. Durchschnitt dureh das Holz des Pflaumen- steins bei mittlerer Vergrösserung. r die Hohlräume der Zellen. a die Verdiektungsschichten der Zellhäute. t die verzweigten Tüpfel, grösstentheils im Durchschnitt, ausholen. Verbrauch Fig. 4. theilweise von der Fläche gesehen. Wir haben nutzbarer verbraucht wird resp. so wird dieser Stoff ah IN BEZER, \ N 3 Kern- und Zelltheilung im Parenchym der Mistel. Vergr. 1000 :1. Ruhender (besonders kleiner) Kern mit dem Kerngerüst und zwei Kernkörperchen. Sternform. Spaltung mit Umwendung der Segmente, Die umgewendeten Segmente rücken auseinander; zwischen ihnen fangen die Spindelfasern an sichtbar zu werden. Die Tochterkerne als Doppelspireme; zwischen ihnen die Kerntonne mit der Zellplatte. Die Tochterkerne sind näher zusammengerückt, die Zahl der Spindelfasern hat sich vermindert, ihre Verdickungen sind undeutlich geworden. Die Tochterkerne ganz nahe zusammengerückt; zwischen ihnen die erste Andeutung der neuen Scheidewand. mischbarer Stoffe selbst dann nach und nach wirklich vermengen, wenn man sie durch eine Membran trennt, welche in einer von ihnen quellbar ist, indem die Lösungen, oder wenigstens eine von ihnen, die feinen Zwischenräume durch- wandern, welche die Molekular- theorie zwischen den Molekülen der Membran, wie denen jedes an- deren Körpers voraussetzt und die sie die Molekularinterstitien nennt. Statt verschiedener Lösun- gen kann sich auch auf beiden Seiten der Membran dieselbe Lö- sung, nur in verschiedener Con- eentration, befinden. Immer geht die Mischung solange vor sich, bis auf beiden Seiten die gleiche Coneentration herrscht. Setzen wir den Fall, dass auf einer Seite der Membran beständig der eine Stoff in eine unlösliche Form übergeht, demnach offenbar in einseitiger, gleiehbleibender Richtung die Membran durehströmen. So, dach- te man sich, geht auch in der Pflanze die. Stoffwanderung vor sich. Nehmen wir als einfaches Beispiel die in Wasser an sich unlösliche Stärke, so meinte man, dass sie sich m der einen Zelle in löslichen Traubenzucker ver- wandele und als soleher in die Nachbarzelle diffundire, um hier sofort wieder in Form von Stärke niedergeschlagen zu werden. Set- zen wir statt zweier ein ganzes System neben- oder übereinander liegender Zellen, so liess sich in der That auf diesem Wege eine Stoffwanderung construiren, die bis zu dem Punkte fortschreiten müsste, wo entweder Verbrauch, wie in den Wachsthumsherden, oder aber definitiver Niederschlag in unlöslicher Form, wie in den Reservestoffbehältern, stattfindet. Was die Fette angeht, so weiss man, dass auch sie in wasserlös liche Verbindungen, die Seifen näm- lich, übergehen können, ja selbst die Eiweissstoffe verwandeln sich in lösliche Stiekstoffsubstanzen, die Amide und die Peptone. Damit schien also die Stoffwanderung aus- reichend erklärt zu sein. Nun hatte aber schon vor sechs Jahren der holländische Physiologe de Vries, fussend auf älteren Versuchen von Graham und Stephan, darauf aufmerksam gemacht, dass die eben entwickelte Theorie zur Erklärung | der Stoffwanderung in Wirklichkeit nicht ausreiche.*) | Bringt man in '/, bis 1 m lange, an einem Ende zugesehmol- | *) Botan. Zeitung 1885 No. 1 u. 2. 290 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. zene Röhren ein Salz oder eine sonstige, in Wasser lösliche Substanz in geringer Menge und in fester Form und füllt die vertical gestellte Röhre vorsichtig mit reinem Wasser, so lässt sich die Schnelligkeit, mit der sich die Substanz durch das Wasser fortbewegt, oder seine Diffusions- geschwindigkeit feststellen. Bei solchen Versuchen zeigte sich, dass 1 mg Kochsalz, um sieh aus einer 10 procen- tigen Lösung durch Diffusion über die Länge eines Meters in Wasser fortzubewegen, nicht weniger als 319 Tage, dieselbe Quantität Rohrzucker 2 Jahre 7 Monate, 1 mg Eiweiss sogar 14 Jahre braucht. Und doch gehört Koch- salz zu den am raschesten diffundirenden Körpern. Ver- gleichen wir mit dieser Trägheit, die selbst durch Druck und Stoss nur verhältnissmässig wenig geändert wird, die Geschwindigkeit, mit welcher die Stoffe in der Pflanze transportirt werden. Während der kurzen Dauer einer Sommernacht verschwindet aus einem grossen Blatte der Sonnenblume oder des Kürbis sämmtliche während des Tages durch Assimilation darin angehäufte Stärke und geht dureh den Blattstiel in den Stamm über. Käme die Be- wegung nur durch Diffusion zustande, so würden unter sleichen Bedingungen wenigstens Monate erforderlich sein, um dieses Resultat zu erreichen. Und nun haben wir ausserdem zu bedenken, dass sich in dem Blatte und Blattstiel Tausende von Zellwänden befinden, die der Be- wegung einen erheblichen, osmotischen Widerstand leisten. Daher kam de Vries auf den Gedanken, als Stofftrans- porteure die Protoplasmaströmungen in Anspruch zu neh- men, die man früher freilich nur in vereinzelten Zellen wirklieh beobachtet hatte, die es aber de Vries gelang, in allen von ihm untersuchten Geweben nachzuweisen. In dem durch keine Scheidewand unterbrochenen röhren- förmigen Fruchtträger des Phycomyces nitens, eines Sehimmelpilzes, bewegt sich das Protoplasma von einem Ende bis zum andern mit einer solehen Geschwindigkeit, dass die ganze, einige Centimeter betragende Länge des Fruchtträgers von den einzelnen Theilchen des lebendigen Inhalts in wenigen Stunden durchlaufen wird, eine Strecke, zu der einfach diffundirender Traubenzucker etwa 14 Tage gebrauchen würde. In einem andern Falle konnte de Vries eine Geschwindigkeit der Plasmaströmung von 0,2 bis 0,4 mm pro Minute festellen. Immerhin mussten auch unter dieser Voraussetzung die Zellwände erhebliche Hindernisse abgeben. Aber damals waren bereits die ersten Beispiele von Protoplasmaverbindungen bekannt geworden, und de Vries wies auch schon auf sie als die voraussichtlichen Stoffwanderungswege hin. Mit diesem Hin- weise ist es de Vries ähnlich so ergangen, wie den Ent- deekern der Protoplasmaverbindungen selbst. D. h. auch seine Darlegungen fanden nieht die gebührende Beach- tung. Ab und zu sind wohl seitdem die Protoplasma- verbindungen in dieser Hinsicht erwähnt worden, im All- gemeinen aber zeigten sich die Pflanzenphysiologen wenig geneigt, sie als Stoffleitungswege gelten zu lassen. Man suchte ihren Wert als solche herabzusetzen, indem man namentlich auf ihre Engigkeit und die darin begründeten Widerstände verwies. Viel lieber wollte man sie als die Leiter dynamischer Reize angesehen wissen. Man darf hierbei nicht bloss an die sehr auffallenden Bewegungen denken, welche die Sinnpflanze (Mimosa) und einige andere Gewächse oder Theile von solchen unter der Ein- wirkung von Stoss, elektrischen Schlägen, Licht- und Wärmewechsel ete. ausführen; weniger in die Augen springende Reizbewegungen zeigen viele, ja eigentlich alle Pflanzen unter geeigneten Bedingungen, und ich will hier nur an die allbekannten erinnern, welche beispielsweise die Blätter an einseitig beleuchteten Standorten vornehmen, indem sie ihre Fläche senkrecht zur Richtung der ein- fallenden Lichtstrahlen stellen. So ging schon Han- stein*) von dem Standpunkt aus, die Siebröhren als eine Art pflanzlicher Nerven anzusehen. Daher kam es denn auch, dass man bei der Suche nach Plasmaverbindungen vornehmlich die deutlich reizbaren Organe bevorzugte. Nun beruhen aber diese Reizbewegungen überall, wo wir über sie genauer unterrichtet sind, auf Stoffwanderungen, bei der Sinnpflanze u. a. auf einer solchen des Wassers, und erst ganz neuerdings hat Haberlandt gezeigt, dass dieses hier eben durch die Plasmaverbindungen seinen Weg nimmt.**) Andererseits gelang Wortmann***) der Nachweis, dass den oben erwähnten, weniger auffallenden Reizbewegungen Umlagerungen des Protoplasmas als letzte Ursache zu Grunde liegen. Trotzdem wollte man auch für diese die Verbindungsstränge als Wege nicht gelten lassen und berief sieh auch dabei wieder auf ihre Engigkeit. (Schluss folgt.) *) Das Protoplasma als Träger der ptlanzl. und thierischen Lebensverrichtungen. Heidelberg 1887. **) Das reizleitende Gewebesystem der Sinnpflanze. Leipzig 1390. ***) Botan. Zeitung 1837. S. 822 und 1889. No. 28—30. "Ueber Ausscheidung pathogener Mikroorganismen durch den Schweiss.*) Von Conrad Brunner, Privatdocent für Chirurgie in Zürich. Die Frage, ob im Blute eireulirende pathogene Mikroorganismen die normalen Gefässwandungen zu durehdringen und in die Se- und Excerete des Körpers überzugehen vermögen, ist von ebenso grosser theoretischer, wie praktischer Wichtigkeit. Im Folgenden sei zunächst eine Uebersicht gegeben über die wichtigeren Arbeiten, denen wir eine Förderung unseres Wissens auf diesem Gebiete verdanken. Auf das Eingehendste hat sich vor Allen Wyssoko- witsch mit diesem Thema beschäftigt in seinen bekannten experimentellen Untersuchungen über die Schicksale der ins Blut lebender Thiere injieirten Mikroorganismen. Was die Ausscheidung durch den Harn betrifft, so ge- *) Im Auszug hat Brunner die im Titel erwähnte wichtige Thatsache bereits am XX. Chirurgencongress in Berlin vorge- tragen. Eine Veröffentlichung über den Gegenstand bietet Brunner in der „Berliner klinischen Wochenschrift“ 1891 No. 21, der wir das Obige entnehmen, Red. langt der genannte Autor bei seinen Experimenten am Thiere zu dem Schlusse, dass eine physiologische Ab- scheidung durch die Nieren weder bei Pilzsporen, noch bei irgend welchen Bakterien stattfinde, sondern dass das Auftreten pathogener Mikrobien im Harn an locale Erkrankungen des uropoötischen Apparates gebunden sei. Vor Wyssokowitsch schon trat Philippowiez für eine renale Bakterienausscheidung ohne nachweisbare Erkrankung der Harnorgane ein. Schweizer zieht aus den Resultaten seiner Thierexperimente den Wahrschein- licehkeitsschluss, dass die Mikroorganismen die gesunde Niere durehdringen, dass sie aber erst dann in grösserer Menge im Harn erscheinen, wenn sie die Glomeruli theil- weise krank gemacht haben. Während Boceardi in Be- stätigung der Angaben Wyssokowitsch’s zu dem Ergeb- niss gelangt, dass beim Thiere die Glomeruli und die Capillarwandungen in unversehrtem Zustande für Milz- brandbaeillen undurchgängig seien, und dass der Austritt Nr. 29 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 291 durch pathologische Zustände, speciell durch Es vermittelt werde, schliessen wiederum Trambusti und Maffueei aus ihren Thierversuchen, dass der Durehtritt dureh die normalen Nieren möglich sei. Nach Neumann, der seiner Arbeit die klinische Beobachtung hauptsäch- lieh zu Grunde legt, scheint die letztere ehe dafür zu sprechen, dass die gesunde Niere den Bakterien den Durehtritt nicht gestattet. Es pflegen sich bei jenen Krankheiten, bei denen im Urin Mikroorganismen zu finden sind, so z. B. bei Tubereulose, Rotz, Typhus, Pyämie die speeifischen Krankheitserreger in einer solehen Weise in den einzelnen Organen anzusiedeln, dass es zu einer mit blossem Auge oder erst mikroskopisch wahr- nehmbaren Bildung von Herden kommt und es konnten bei den positiv ausgefallenen Urinuntersuchungen in der That speciell in der Niere tubereulöse Processe, resp. Typhusbaeillenherde direct nachgewiesen werden. Baumgarten hält dafür, dass die Ansicht (Wyssoko- witsch-Fl ügge) von der vollständigen Undurehgängigkeit || der Gefässwandungen für Bakterien zu extrem ist. Seine eigenen Versuche beweisen, dass Tuberkelbacillen vom Blute aus durch die histologisch unversehrten Gefäss- wandungen hindurch in das Gewebe übergehen. Wir sehen, aus diesen Resultaten der Forschung am Krankenbett sowohl wie auf dem Wege des Thier- experimentes geht als Thatsache hervor, dass die im Blute eireulirenden pathogenen Mikrobien durch den Harn abgeschieden werden können. Streitig ist dabei geblieben, ob diese Ausscheidung nur auf dem Wege der Gewebs- läsion, oder auch bei intactem Nierengewebe erfolgt. Wie lauten nun die Untersuchungsergebnisse in Be- zug auf die übrigen Secrete des Körpers? Wyssokowitsch sagt: Nach Analogie Versuchen über die Nierensecretion erhaltenen Resultate ist von vornherein wohl zu erwarten, dass in die übrigen Seerete des Körpers ebensowenig Bakterien übertreten werden, da die Filtrationsver hältnisse hier fast durchwegs für eine Passage von körperlichen Elementen ungünstiger liegen, als bei. den Nieren. Dass eine Abscheidung grosser Mengen von in Blut injieirter Bakterien durch den Darmsaft erfolge, ist von der bei den Emmerich und Buchner, gestützt auf Ergebnisse des Thierexperimentes behauptet worden. — Zweiundzwanzig von Wyssokowitsch zur Entscheidung derselben Frage angestellte Thierversuche mit pathogenen und nicht pathogenen Mikroorganismen führten diesen Forscher auch hier zu dem übereinstimmenden Resultate, dass kein Uebertritt der im Blute kreisenden Bakterien in das Darmlumen stattfindet, ausser wenn Blutergüsse oder schwere Gewebsschädigungen eingetreten sind. Zu anderem Resultate gelangen Trambusti und Maffueei bei Experimenten, welche sie mit Milzbrandbaeillen an Meer- schweinchen und Typhusbacillen am Kaninchen anstellten. Während die Milzbrandbaeillen sich eonstant im Urin und Faeces nachweisen liessen, ergab eine eingehende mikros- kopische Untersuchung keinerlei histologische Verände- rungen in Nieren, Darm und Leber. Dieselben Forscher fanden, dass auch eine Ab- scheidung der Milzbrandbaeillen durch die Galle statt- finde, allerdings nur in einem Falle, in welchem die Capillaren der Leber total durch Baeillen obturirt waren. Den Uebertritt der pyogenen Staphylococecen in das Seeret der Conjunetiva wies Passet nach. Um den Durchgang der Mikroorganismen aus dem Blute m die Milch zu constatiren, untersuchte Wyssoko- witsch die Milch trächtiger Kaninchen nach Injeetion des Mikrocoeeus tetragenus und des Bac. cunieulieida ins Blut. In beiden Fällen blieben die angelegten Platten frei von Bakterien. Escherich sprieht auf Grund einer ‘grösseren Zahl von Versuchen an gesunden und kranken Wöchnerinnen sich dahin aus, dass pathogene Bakterien vom eireulirenden Blut in die Milchdrüse ausgeschieden werden können. Longard bestätigt durch eigene Experi- mente die Beobachtung Escherich’s von der Deberg yangS- ‘fähigkeit der im Blute kreisenden Staphylocoecen in das Seeret der in der Lactation begriffenen Brustdrüse bei Abwesenheit einer makroskopischen Erkrankung der ‚letzteren. Ebenso stimmen die Versuche Karlinski’s mit diesen Ergebnissen überein, indem sie nachweisen, dass der Uebertritt der Eiterung erregenden Mikroorganismen aus dem Blute in die Milehwege möglich ist. Die mit Milch tubereulöser Kühe angestellten Ver- suche sondern sich wesentlich darmach, ob eine tuber- ‚ eulöse Localerkrankung des Euters vorhanden war, oder nicht. Im ersteren Falle erscheint die Infeetionsgefahr nach den übereinstimmenden Versuchen verschiedener Autoren als unbestritten. Anders liegt die Sache, wenn ; das Euter der erkrankten Thiere gesund ist. Hier stehen den positiven KIELER SEE von Bollinger, Hirsch- ‚berger, Ernst, die negativen von May und Nocard gegen- ‚über. Ueber die wenigen mir bekannt gewordenen Ar- Herten, welehe sich mit der bakterioskopischen Unter- suchung des Schweisses befassen, will ich eingehender referiren, insbesondere, da es sich dabei um weniger zu- gängliche Publieationen italienischer Autoren handelt. Di Mattei, dessen Untersuchungserg gebnisse über den | Durehtritt von Tuberkelbacillen in den Sehweiss der Phthisiker mir in der Originalarbeit vorliegen, berichtet 'in seinen Litteraturangaben, dass vor ihm Zuliani diesem ' Thema seine Aufmerksamkeit zugewendet habe, dass er jedoch zu negativem Resultate gelangt sei. Severi ferner "habe im Schweisse von drei Phthisikern, der unter allen Cautelen aufgefangen wurde, die Gegenwart des Tuberkel- baeillus constatirt, doch seien dessen Untersuchungen ‚unvollständig, da sie des Cultur- und Thierversuches ent- behren. Di Mattei selbst berichtet im ersten Theile seiner "Arbeit über die Ergebnisse von Versuchen, die er mit 'Schweiss anstellte, welcher ohne weitere Cautelen der ' Haut von Phthisikern entnommen und auf Serumoberfläche ‚abgestrichen wurde. Es gingen dabei neben anderen Bakterien, Culturen von Tubereulose auf, mit welchem Impfversuche in die vordere Augenkammer von Kaninchen mit positivem Erfolg angestellt wurden. Bei einer zweiten Versuchsreihe wurde Schweiss zu Cultur- und Impfver- suchen verwendet, der unter allen bakteriologischen Cau- telen und gründliehster Desinfeetion der Haut gesammelt worden war. Die mit diesem Material angestellten Cultur- und Impfversuche fielen sämmtlich neg yativ aus. Daraus resultirt nach Di Mattei, dass bei Tubereulösen eine Aus- scheidung der Baeillen dureh die Schweissseeretion nieht stattfinde, dass vielmehr die Gegenwart der Tuberkel- baeillen auf der Haut als eine aecidentelle zu betrachten sei. — Eine zweite werthvolle Arbeit, welche nieht den Uebertritt von Mikroorganismen selbst in das Secret der Schweissdrüsen behandelt, sondern den Nachweis von der Gegenwart toxischer Produete im Schweisse von an In- feetionskrankheiten Leidenden bringt, rührt von Queirolo her. Der genannte Autor fing zuerst den Schweiss ge- sunder Individuen auf und injieirte davon ein Quantum von 50-100 eem in die Ohrvene von Kaninchen. Von 10 Thieren ging eines zu Grunde, die anderen zeigten auch nicht ein vorübergehendes Unwohlsein. Im Weiteren injieirte Queirolo den bei verschiedenen Infectionskrank- heiten gewonnenen Sehweiss. In einer ersten Versuchs- Br wurde derselbe nicht sterilisirt verwendet. Von 5 mit dem nieht sterilisirten Schweiss von Pneumonikern ' geimpften Kaninchen ging eines zu Grunde. Von 4 mit 292 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 29. Schweiss von Pockenkranken geimpften Kaniuchen star- ben 3. Von 9 mit Schweiss von Malariakranken geimpften Thieren blieb eines am Leben. Je 2 mit Schweiss von Rheumatikern und Typhuskranken geimpfte Kaninchen starben. Die mit sterilisirtem Schweisse angestellten Ver- suche führten zu ähnlichen Resultaten. — Aus diesen Versuchen schliesst Queirolo wohl mit Recht, dass bei den angegebenen Krankheiten durch den Schweiss toxische Produete eliminirt werden. Ueber die Natur dieser Gifte lässt Queirolo die Frage offen. Er betont, dass der Diaphorese, auf welche die alten Aerzte schon so viel Gewicht gelegt, bei der Therapie der Infeetionskrankeiten eine wichtige Rolle zugetheilt werden müsse. Eigene Untersuchungen. Die Arbeiten der beiden italienischen Autoren waren mir unbekannt, als eine interessante klinische Beobachtung mich veranlasste, denselben Fragen näher zu treten. Bei emem schweren Fall von chronischer Pyämie nach Carbunkel des Kopfes, über den ich anderwärts genauer berichte *), hatte ich während vieler Tage die Gegenwart zahlreicher pyogener Kokken, insbesondere diejenige des Staphylokokkus pyogenes albus im Blute nachgewiesen, und die Zu- und Abnahme ihrer Menge im allgemeinen Kreislauf, d. h. an der Körperperipherie (Fingerbeere) während der verschiedenen Phasen der Krankheit verfolgt. Die Localaffeetion war abgelaufen, die Ineisionswunden waren geschlossen und auf operativem Wege war nichts mehr zu leisten. Zu dieser Zeit sann ich darüber nach, wie ich sonst hier therapeutisch etwas nützen könnte. In erster Linie suchte ich nach bereits eingetretener metatastischer Nephritis durch Zufuhr grosser Flüssigkeitsmengen bei gut funetionirendem Verdauungs- traetus eine Durchspülung der Nieren und Auswaschung des Organismus zu bewerkstelligen. Zugleich dachte ich an die Möglichkeit, dass vielleicht durch den Schweiss toxische, von den Staphylokokken erzeugte Producte aus dem Körper entfernt werden könnten. Ich liess also den Patienten durch Verabreichung von heissem Getränk und von grösseren Dosen des trefflichen Antipyreticums und Diaphoreticums Phenacetin zur Zeit des hohen Fiebers täglich mehrmals schwitzen. Es handelte sich dabei um ein Individuum, welches sehr leicht zu den reichlichsten Schweissausbrüchen geneigt war. Zu einem Zeitpunkte, da ich bei Uebertragung des Blutes auf Agar und Gela- tine reichliche Colonien des Staphylokokkus albus er- halten hatte, untersuchte ich nun auch den Schweiss des Patienten bakterioskopisch. Ich hatte beobachtet, dass Patient regelmässig 1/,—1 Stunde nach Verabreichung von 1,0 Phenacetin zu schwitzen begann und dass auf Stirne und Wangengegend unterhalb der Augen Schweiss sich rasch in grossen Tropfen ansammelte. Ich wusch nun zur Zeit der Aufnahme des Fiebermittels die bezeich- neten Hautstellen auf das Sorgfältigste mit Seife und warmem Wasser, mit Aether sulf., absolutem Alkohol und warmer Sublimatlösung 1:1000. Dann wartete ich bis zu dem Momente, da die Poren der Haut sich anzufeuchten begannen, wusch jetzt nochmals mit absolutem Alkohol *) Wiener klinische Wochenschrift. — Ein Mann hatte einen Carbunkel im Gesicht bekommen; sodann trat bei seinem Vater eim Carbunkel im Nacken auf, und endlich wurde ein Junge, der im Dienste des Mannes stand, von mehreren Furunkeln, meist an den Händen, befallen. Es stellte sich heraus, dass die Leute nach- einander eine Ziege gemolken hatten, welche Gesehwüre am Euter, bezw. an einer Zitze aufwies. Bei dem alten Manne verbreitete sich der Carbunkel; es kam zu einer Allgemeininfeetion und der Mann starb schliesslich. Während der Krankheit nun wurden zur Aufklärung der Möglichkeit, ob eine Ansteckung durch die ge- sunde Haut hindurch anzunehmen sei, Versuche gemacht. Red. die nämlichen Stellen. Nachdem Patient mittlerweile noch eine Tasse heissen Thees getrunken, wurde abge- wartet bis zu dem Momente, da deutliche Schweisströpf- chen über den Poren sich angesammelt hatten, dann wurden diese mit ausgeglühter feiner Platinöse an ihrer Kuppe berührt und ohne Berührung der darunterliegenden Haut aufgefangen und in Gelatineröhrchen, sowie. direet auf schrägen Agar-Agar abgestrichen. Jedes Gläschen wurde mit mehreren Oesen Schweiss beschickt. Die Ge- latine goss ich im hygienischen Institute zu Platten; die Agargläschen wurden im Brütschrank bei 37° gehalten. Am folgenden Morgen konnte ich in mehreren Agarröhr- chen auf der Fläche des schrägen Nährbodens längs des Impfstriches eine runde, weisse, scharfrandige Colonie an der anderen beobachten. Auf den Gelatineplatten gingen nach 2 Tagen dieselben, verflüssigenden Colonien auf. Ich impfte eine Anzahl der letzeren ab, untersuchte sie unter dem Mikroskope und stellte alle zur Diagnose des Staphylokokkus albus nothwendigen Merkmale fest. Ich injieirte eine Aufschwemmung davon ins Abdomen eines Meerschwemehens, erzeugte daselbst eine fibrinös eitrige Peritonitis, aus deren Exsudat ich dieselben Kokken wieder in Reincultur herauszüchtete. Dieselbe Abimpfung des Schweisses wiederholte ich an 5 verschiedenen Tagen, stets genau dieselben Cautelen beobachtend. Zweimal liess ich dabei den Kranken ohne Verabreichung von Phenacetin durch Einhüllen in wollene Tücher und Trinken von warmem Thee schwitzen. Die mit Schweisströpfehen beschiekten Gelatineröhrehen rollte ich zum Theil gleich nach der Impfung, zum Theil wur- den davon Platten gegossen. Sechs Mal war das Ulntersuchungsergebniss ein positives, d. h. es wurden mehr oder weniger zahlreiche Colonien des weissen Traubenkokkus aus dem Schweisse gezüchtet zu einer Zeit, da die Gegenwart der- selben Kokken auch im Blute nachgewiesen wor- den war. Ich hebe dabei hervor, dass nur im wenigen der vielen Röhrchen eine aceidentelle Verunreinigung durch andere Mikroorganismen zu Stande kam. — Eines Tages liess ich ohne vorherige Desinfection der Haut den Schweiss verschiedener Eruptionen in ein sterilisirtes Reagensglas auffangen und injieirte davon 5 weissen Mäusen je 2 cem subeutan. 2 der Thiere gingen zu Grunde. Ich machte die Seetion und impfte vom Blut des rechten Herzens und vom Gewebssafte der verschie- denen Organe in Gelatine. Es gingen dabei in den mit Leberblut geimpften Röhrchen einzelne Colonien von Staphylokokken auf, während in allen übrigen Gläschen das Wachsthum ausblieb, so dass ich auf eine Wucherung pathogener Mikroorganismen den Tod dieser Thiere nieht mit Sicherheit zurückführen möchte. Dass dieselben an einer Intoxikation zu Grunde gingen, scheint mir wahr- scheinlicher, doch kann ich dies nicht beweisen. Eine Wiederholung des Versuches mit sterilisirtem Schweiss war mir leider nicht mehr möglich. — Im Weiteren liess ich mir aus einem Hemde des Patienten, welches vielfach vom Schweisse durchnetzt worden war, ein Stück von der Brustgegend herausschneiden und brachte Fetzen davon in ein mit Nährgelatine gefülltes Röhrchen; ich liess diese Gewebsstücke mehrere Stunden in dem ver- flüssigten Nährboden bei 37° liegen und legte dann von dieser Gelatine Platten mit Verdünnungen an. Es ge- langten neben anderen Mikroorganismen, die ich nicht genauer diagnostieirte, zahlreiche Colonien zur Entwicke- lung, welche die Merkmale des Staphylokokkus albus trugen. — Nach dem Tode des Patienten schnitt ich mir bei der Section aus der Brustgegend ein mit vielen Schweissporen besetztes Hautstück heraus und härtete dasselbe. Auf den mit dem Mikrotom angelegten Sehnit- ten glaubte ich im Gewebe vielfach zerstreute Kokken nachweisen zu können; doch war ich nieht so glücklich, in einem Drüsenausführungsgang solche zu entdecken. Vielleicht gelingt es mir noch. Durch obige Versuche durfte es mir als erwiesen er- scheinen, dass im Blute des menschlichen Körper eiren- lirende Mikroorganismen durch den Schweiss ausgeschieden werden können. Dabei war ich mir wohl bewusst, dass ich bei meinen Culturversuchen mit der aceidentellen ‘egenwart des Staphylokokkus pyogenes albus auf der menschlichen Haut zu rechnen hatte, und dass eine absolut sichere Desinfeetion der Haut kaum möglich ist. Die Thatsache, dass bei 6maliger Wiederholung des Ver- suches mir stets wieder in fast allen Eprouvetten Rein- eulturen desselben, im Blute kreisenden Kokkus auskeim- ten, liess aber den Verdacht, dass bei all diesen Ver- suchen der Zufall sein Spiel getrieben, verdrängen. Ich suchte nun meine Beobachtung am Thiere experimentell zu eontrolliren. Physiologie und Thierarzneikunde lehren, dass unter den Hausthieren das Pferd an seinem ganzen Körper, das Schwein an seiner Rüsselscheibe spontan zu schwitzen vermag, und dass die Schweisssecretion bei diesen Thieren so wie beim Menschen durch Pilocarpin vor Allem ge- steigert werden kann. Im Ferneren haben Luchsinger’s Versuche gezeigt, dass bei jungen Katzen und Hunden dureh Reizung des Nervus ischiadieus Schweisssecretion an den Zehenballen der Pfote bewirkt werden kann. Herr Dr. Hirzel, Professor an der hiesigen Thier- arzneischule, stellte mir in bereitwilligster Weise die ge- eigneten Versuchsthiere zur Verfügung. Wir versuchten es zuerst bei Pferden, nach Pilocarpininjeetion (0,1) Schweiss von einer rasirten und desinficirten Hautstelle aufzufangen, doch gelang dies nicht. Es feuchtete sich die Haut wohl an, doch kam es nicht zur Tropfenbildung. Ich stand deshalb davon ab, an diesen Thieren die ge- planten Versuche auszuführen. Der Versuch bei einem Jungen Bernhardinerhund mit breiter Tatze, durch subeutane Injeetion von Pilocarpin in das Bein an einer der Zehen- ballen Schweisströpfehen zu erzeugen, misslang ebenfalls. Ich nahm nun meine Zuflucht zu Schwein und Katze. Bei einem ersten Versuche beabsichtigte ich bei ersterem Thiere, welches für Infeetion mit Eiterkokken, wie ich von Herrn Prof. Hirzel wusste, empfänglich ist, das Krankheitsbild einer Pyämie hervorzurufen, und dann den künstlich erzeugten Schweiss bakterioskopisch zu untersuchen. (Brunner beschreibt nun die Thierversuche. 1. Bei einem 6 Wochen alten Ferkel wurde der Versuch mit dem Staphylococeus aureus vorgenommen; im Schweisse trat nach subeutaner Verabfolgung von Pilocarpin der Staphylococeus aureus wieder auf. 2. Eine einjährige Katze warde mit Milzbrandbaeillen injieirt; durch elektrische Reizung des Nervus ischiadieus nach seiner Durchschneidung brachte man die Zehen- ballen desjenigen Beines, welehem der Nervus ischia- dieus angehörte, zur Sehweissabsonderung, und im Schweisse fand sich der Milzbrandbacillus. | 3. Um zu sehen, ob auch nichtpathogene Mikro- organismen ausgeschieden werden können, wurde einem Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 293 4 Wochen alten Ferkel eine Aufsehwemmung von Miero- eoceus prodigiosus eingesprizt; durch eine Gabe von Pi- locarpin wurde Schweissabsonderung hervorgerufen, in der sich in der That ebenso wie im reichlich abgeson- derten Speichel der Mierocoeeus prodigiosus fand. — Red.) Die Ergebnisse dieser Thierversuche lauten zusammen- gefasst: Es werden bei geeigneten Thieren durch den auf Einwirkung von ehemischem und elek- trischem Reiz erzeugten Schweiss sowohl pa- thogene als niehtpathogene, im Blute eireuli- rende Mikroorganismen ausgeschieden. — Aus Versuch 3 geht im Weiteren hervor, dass auch in das Seeret der Speicheldrüsen nach Pilo- carpinwirkung in’s Blut gebrachte Bakterien überzugehen vermögen. Ob die Ausscheidung bei histologisch unversehrten Geweben oder auf dem Wege einer für das Auge nicht wahrnehmbaren pathologischen Veränderung durch die bei der Schweissabsonderung erweiterten Capillaren hin- durch in die Drüsenschläuche hinein stattfindet, vermag ich nicht zu entseheiden. Dass es sich um irgendwelche gröbere Gewebsläsionen nicht handeln kann, darf wohl daraus geschlossen werden, dass der nieht pathogene Mieroeoceus prodigiosus so kurze Zeit schon nach seinem Eintritt in die Blutbahn in das Secret der Schweiss- und Speicheldrüsen übergegangen war. Indem ich in diesen, durch das Thierexperiment ge- wonnenen Thatsachen eine Bestätigung der Richtigkeit jener bei meinem pyämischen Patienten gemachten Beob- achtung sehe, glaube ich einen Trugscehluss nicht zu ziehen. Der Versuch am Thiere bot mir in seinem Re- sultate eine Sicherheit, die jeden Irrthum ausschliessen konnte. Hier konnte eine aceidentelle Infeetion durch ebendieselben zum Versuche verwendeten Bakterien sicher fern gehalten werden. Es konnte der in die Vena eru- ralis injieirte Mierococeus prodigiosus nicht zufällig auf den Rüssel des Schweines und in's Reagensglas ge- langen. Die Versuche am Thier gewährten mir volle Beruhigung für die Zuverlässigkeit auch der beim Menschen vorgenommenen Hautdesinfeetion, denn hier, wo die Desinfeetionsbedinguugen gewiss ungünstiger sind als beim Menschen, gelangten in den mit Schweiss be- schiekten Culturgläschen fast durchwegs entweder keine Colonien zum Auswachsen oder dann nur diejenigen der in die Blutbahn gebrachten und durch den Schweiss an die Oberfläche der Haut beförderten Mikroorganismen. Ich unterlasse es, gestützt auf diese Untersuchungen allein, für die allgemeine Therapie und Hygiene wichtig erscheinende und naheliegende Folgerungen zu ziehen. Vorerst wird es sich darum handeln, meine Beobach- tungen am Menschen weiter zu controliren und zu ver- vollständigen. Ich nehme an, dass bei allen Infeetions- krankheiten, bei denen Mikroorganismen im Blute eir- euliren, eine Ausscheidung auf demselben Wege der Seeretion möglich ist. Der Nachweis durch das Cultur- verfahren wird aber voraussichtlich nur dort gelingen, wo die Menge der kreisenden Mikrobien wie bei der Pyämie eine grosse ist. Ob diese Annahme richtig ist, werden weitere exacte Untersuchungen zeigen. IX. Deutscher Geographentag. V. — Für die fol- gende Sitzung war als Berathungsgegenstand bestimmt: „Anschauungsmittel beim geographischen Unterricht“, in welcher Vorträge hielten Prof. F. Umlauft-Wien über „das geographische Schulkabinet“, Prof. Dr. Klar-Stern- berg über „das Relief als Unterriehtsmittel“ und Bürger- schullehrer J. Poruba-Wien über „die Verwendung | der Projektionsapparate für den geographischen Unterricht“. Eine Sitzung war der „Erforschung der Binnenseen“ gewidmet. Professor E. Riehter-Graz berichtet über „die Temperaturverhältnisse der österreichischen Al- penseen“, die er eingehend an dem bei Klagenfurt gelegenen Wörther See studiert hat, wobei er jene Resultate, welche 294 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 29. Hofrath Simony vor 40 Jahren erhalten, bestätigt fand. Seine Temperaturmessungen erstrecken sieh über 19 ‚Monate, von August 1889 bis Januar 1891; bei Jeder dieser Messungen wurde von der Oberfläche aus bis zum Grunde | in verschiedenen Tiefen die Temperatur bestimmt. So liegen 60 Serien von Temperaturmessungen vor. Das schmale Beeken des Wörther Sees besitzt eine Länge von 17 km, 21 qkm Fläche und etwa 800 Millionen ebm Wassermenge; er besteht aus zwei gesonderten Theilen von 73—84 m Maximaltiefe, welehe durch ein seiehteres Stück mit einander verbunden sind. Dieser See schien zu Untersuchungen besonders geeignet, da von allen Theilen der Alpen das mittelkärntenische Becken das extremste Klima besitzt. und behält die Eisdecke bis m den März hinein, andererseits auch die hohe und lange in den Herbst hineindauernde Badewärme bekannt ist. Dazu kommt, dass das Zuflussgebiet des Sees im Verhältniss zu seiner Grösse sehr klein ist, wodurch die Durchfluthung gering ist und der Wasserwechsel sehr langsam von statten geht. Nachdem Redner besserten Apparate besprochen, geht er auf die erzielten Resultate ein. hat zunächst die merkwürdige That- sache festgestellt, dass die Oberflächenschicht des Sees bis zu eimer Tiefe von Sm von gleichartiger Temperatur ist, dass dann aber die Temperatur ganz plötzlich ab- nimmt. So fand er im August 1389, dass die Wärme von 20—- 22° bis in eine Tiefe von S m reichte, bei 9m fanden sich jedoch nur noch 19°, bei 10 m sogar nur 13°, bei 44m 5°; es kam also auf je 20 em eine Tem- peraturabnahme von 1°. Am 5. September 1890 liess sich die sogenannte „Sprungschicht“ noch genauer fest- stellen: bei 1O m Tiefe wurden 19,2°, bei 11 m nur 12,6° gemessen, d. h. auf 15 cm 1° Abnahme. Die Erklärung dieser auffallenden Erscheinung wird weder durch den Hinweis auf die Einwirkung der Besonnung noch durch Wellenbewegung erbracht. Nur die während die Annahme der nächtliche Abkühlung der Oberfläche scheint die Ursache zu sein. Sowie nämlich die Oberflächenschicht um 2—3° abgekühlt ist, sinkt sie unter. Diese Cireulation reicht genau so weit, bis die sinkende Schicht die der ihrigen gleiche Temperatur erreicht hat. Am Morgen werden daher die obersten Schichten eine gemeinsame Mittel- temperatur haben, während unmittelbar darunter eine wesentlich kältere liegt. Die durch die abwechselnde Erwärmung und Abkühlung erzeugten Strömungen regu- liren also die Temperatur. Etwa Ende Oetober ver- SE die „Sprungschiceht“; im December weisen die ersten 25 m eine gleichmässige Temperatur von 6° auf, wobei freilich starke Abkühlungen, namentlich hervorge- rufen durch „Wetterstürze“, nicht ausgeschlossen sind. Da nach den Beobachtungen die Oberllächentemperatur des Sees stets einige Grade höher als die Lufttemperatur ist, so bildet der See eine Wärmequelle für seine Gegend wäh- rend des ganzen Jahres; freilich dampft die Seefläche in den Herbst- und Wintermonaten so viel Nebel aus, dass wahr- scheinlich durch Absperrung der Sonnenstrahlen ein grösse- rer Wärmeverlust eintritt, als er sonst zu erwarten wäre. Hierauf berichtete Eberhard Graf Zeppelin- Constanz über „die Erforschung des Bodensees“. Ziel der im Jahre 1886 zu Friedrichshafen eingesetzten Commission der fünf Bodensee-Staaten ist, eine neue ge- naue hydrographische Karte des Beckens herzustellen und Resultate zu zeitigen über die Zusammensetzung des Wassers an der Oberfläche wie in der Tiefe, über seinen Gehalt an Gasen, gelösten und aufgeschwemmten Be- stanidtheilen, über das Eindringen des Lichtes in die Tiefe, über die Temperaturverhältnisse, über die unter dem Namen der „Seiches“ bekannten Schwankungen des Der See friert regelmässig zu | die von ihm verwendeten ver- Seespiegels, über die Fauna und Flora des Sees. Ueber die Ergebnisse der bisherigen naturwissenschaftlichen Forschungen konnten nur beschränkte Mittheilungen ge- macht werden, da das gewonnene Material erst gesichtet und verarbeitet werden muss. — Die Aufnahmen für die Seekarten sind grösstentheils beendet, an ihrer Heraus- gabe im Massstabe 1:50000 wird jetzt gearbeitet. Blaue Curven im Abständen von 10 m für die offene See- fläche, von 2m an den Ufern geben auf der Karte die Tiefenverhältnisse an, die durch mehr als je 20 Lothungen auf den Quadrat - Kilometer festgestellt sind. An den Ufern ist Alles erforscht, was von Pfahlbauten, Felsen, Schifffahrtshindernissen vorhanden ist. Während früher die grösste Tiefe des Sees zwischen Friedrichshafen und Rorschach mit 275 m angenommen wurde, ergeben die neuen Lothungen, dass die grösste Tiefe weiter nord- westlich auf der Linie Fischbach bezw. Immenstaad- Ulwyl, also ziemlich in der Längenaxe, mit nur 252 m unter Mittelwasser sich befindet. Sehr interessant ist ferner, dass am Boden des Sees sich die Flussrinne des Rhemstroms noch auf 11 km von dessen Einmündung aus verfolgen lässt; es verläuft dieselbe zunächst ungefähr 6 km weit von der Mündung aus nordwestwärts in der Richtung gegen Langenargen, um sich dann an einem der Argenmündung vorgelagerten unterseeischen (Mo- ränen?) Hügel in beinahe rechtem Winkel zu brechen und nach weiteren ungefähr 5 km in dem grossen fast vollkommen ebenen Tiefgrunde zu verlieren, in, welchem auf einer Fläche von nahezu 50 qkm die Höhendifferenzen nur wenige Meter betragen. Aus dem Rinnsaal konnte keine Grundprobe gewonnen werden, die Furche muss also bis auf den nackten Fels ausgescheuert sein. Die sonst gewonnenen Grundproben verriethen ihren Ursprung aus dem krystallinischen Urgestein der Graubündner Alpen. (Schluss folgt.) Was sind Blumen? betitelte sich ein am 30. Juni Abends in dem wissenschaftlichen Theater der „Urania“ zu Berlin von Herrn Dr. H. Potoni& wiederholter populärer Vortrag mit Demonstation von über 40 prächtigen Seiop- tikon- Ölasphotogrammen, die der Vortragende zum grössten Theil eigens und nach der Natur hatte” anfertigen lassen. Die meisten Menschen haben zwar eine innige, aufrich- tige Freude an den Kindern Floras, speziell den Blumen, aber kaum eine Ahnung davon, was denn nun die Blumen sind. Man trifft ja noch immer, trotzaller populären Belehrung, in der grossen Menge selbst gebildeter Leute ein rein ge- dankenloses Geniessen der Naturschönheiten, ein Ge- niessen, das in seiner Unbefangenheit uns wohl die uns umgebenden Wunderdinge so recht unmittelbar aufnehmen lässt, doch aber weit hinter dem Genuss zurückbleibt, den das Verständnis, das tiefere Eindringen m das Schaffen und Wirken der Natur, das Verfolgen der wunderbaren Wege, welche die Allschöpferin einschlägt und das Er- kennen ihrer Ziele uns erschliesst. Wohl ist das Ein- dringen in das hehre, überirdische Gebiet der Himmels- kunde von jeher ein Zauber gewesen, dem sich nur das roheste Mensehengemüth entziehen kann; es ist daher doppelt dankbar anzuerkennen, dass die Urania sich zum Interpreten der Wunder auch auf unserem Planeten macht. Aus dem Gebiet der Zoologie sind bereits mehrere inter- essante Vorträge gehalten "worden, ihnen schliesst sich der botanische Vortrag des Redakteurs dieser Blätter an. Es sei auch an dieser Stelle ein kurzer Hinweis auf den Inhalt des geistvollen Vortrages nach der Gepflogenheit des Blattes gestattet, wenn auch wohl keiner der Leser erwarten wird, dass "sich ihm unbekannte Dinge darbieten werden. Sollen ja doch in den Vorträgen dieser Art nur die Grundlagen erklärt, nicht etwa Speeialstudien Nr..29, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 295 getrieben werden. Es darf aber verlangt werden, dass dies in einer Form geschehe, die jeden Hörer sofort ge- fangen nimmt und so den ersten Schritt thut zur Er- zielung der Aufmerksamkeit, durch Erweckung des allgemei- nen Interesses für den behandelten Gegenstand. Dies gelang dem Redner mit den ersten Worten. So wirkten namentlich seine feinen einleitenden Bemerkungen über den Einfluss, den die Pflanzenwelt auf unsere Sprache ausübt, eindrucks- voll auf das Gemüth, und die ruhigen, lichtvollen Skiz- zirungen der Gewebesysteme der Pflanzen, die den ersten Theil des Vortrages bildeten, fanden nunmehr geneigte Hörer und verständnissvolle Aufnahme. Das Haut- system, das Skelettsystem, das Ernährungssystem wurden in vorzüglich ausgewählten, charakteristischen mikroskopi- schen Schnitten vorgeführt und erhielten durch die Pro- Jeetionen, meist Naturaufnahmen, eine klare, sehr anschau- liche Darstellung. Redner ging dann auf die Fortpflanzungs- organe der Pflanzen ein. Er begann auch hier bei dem ein- fachsten, der Zelltheilung der einzelligen Algen, besprach die Copulation und gewann so den passendsten Uebergang zu dem Hauptgegenstand des Vortrages: die Blumen sind die Fortpflanzungsorgane, derjenigen Blüthenpflanzen bei denen die Insekten das Befruchtungsgeschäft übernehmen. Nachdem zunächst die Einrichtungen besprochen waren, welche eine Selbstbestäubung nach Möglichkeit verhindern, führte der Redner aus, dass zur Erreichung der die Er- haltung einer kräftigen Art gewährleistenden Kreuz- bestäubung bei den blumentragenden Pflanzen der Besuch von Inseeten nothwendig sei. Er zeigte, dass Form und Grösse der Blumen mit den betreffenden Inseeten in Ueber- einstimmung stehen, dass die Blume ihrem Gaste einen bequemen Sitz darbietet, ihn durch Farbenpracht, an- ziehenden Duft, den süssen Honigseim anlockt, ja ihm häufig den Zugang zur Honigquelle durch Wegweiser („Saftmale“) erleichtert. Die Projeetionsbilder dieses Theiles, ebenfalls meistens Naturaufnahmen, die der Vor- tragende anfertigen liess, frappirten durch ihre Plastik und Schönheit. Redner erwähnte dann noch kurz die Bestäubung durch den Wind und die Befruchtung unter Vermittelung des Wassers bei Vallisneria. Eindringlich hob Redner das Verdienst des Mannes hervor, den wir als den Klassiker in Bezug auf die hier berührten Fragen zu betrachten haben: Christian Conrad Sprengel in seinem schon 1793 erschienenen Buch: „Das entdeckte Geheim- niss der Natur im Bau und in der Entwicklung der Blumen“, dessen Neuherausgabe ein würdiger Gegenstand der so verdienstreichen Thätigkeit des Prof. Dr. W. Ostwald in seinen „Klassikern der exakten Wissenschaften“ wäre. Den Schluss des anziehenden einstündigen Vortrages bildeten einige treffende Bemerkungen über das Verhält- niss der Naturwissenschaft zur Philosophie. Hier zeigte sich Redner als fühlender Mensch, aber als kühler Forseher, der da eingesteht: wir können nur das wissen, was sich auf Erfahrungsthatsachen gründet. Es ist eine Verkennung der Aufgaben der Naturwissenschaft, wenn man von ihr eine Erklärung der letzten Probleme ver- langt, in denen die Philosophie, es möge dahin gestellt bleiben, ob schon jetzt mit Glück, ihr Gebiet findet. Freilich regt ja gerade das vom Redner zum Schluss berührte grosse Problem der Bedeutung der geschlecht- lichen Fortpflanzung, welches von ihm als das grosse „Räthsel der Liebe“ bezeichnet wurde, wohl vor allen anderen zu einer rein innerlichen Lösung an, aber wir dürfen nicht vergessen, dass auch Gefühle, die den Men- schen zum Glauben emporheben, in ihren letzten Wurzeln nur von der Naturforschung zu ergründen sind. J. Lützen. Ueber künstliche Frühgehurten hei dem gefleckten Erdsalamander theilt K. Semper in einer Sitzung der Physikal.-med. Gesellsch. zu Würzburg (Sitzungsberichte No. 2, 1891) das Folgende mit. Schon vor 20 Jahren wandte der Vortragende in seinen Wintereursen zu Demonstrationszwecken den Kaiserschnitt an, um kiemen- tragende Larven des Erdsalamanders zu erhalten. Die Zahl der so aus dem Eileiter befreiten Larven betrug 40—50. Die Weiterentwiekelung der auf diese Weise erhaltenen Jungen geht sehr langsam vor sich, wie ein demonstrirtes, im November ans Licht gefördertes Exem- plar beweist. Die Methode hat den Nachtheil, dass das Mutterthier bei der Operation zu Grunde geht. Durch Mr. Huntington wurde neuerdings die Beobachtung ge- macht, dass eine Erniedrigung der Temperatur um nur 3° R. genügt, um trächtige Thiere zum Abgeben der Larven zu veranlassen. Der Vortragende wiederholte den Versuch in der Neujahrsnacht mit Erfolg und erzielte 30 Junge. Künstlicher Regen. — Die Regierung der Ver- einigten Staaten hat den Betrag von 9000 Dollars aus- geworfen behufs Anstellung von Versuchen über die künstliche Hervorrufung von Regen. Die Sache hat namentlich für die westlichen Staaten, die oft sehr unter langer Trockenheit leiden, ein ernsteres Interesse. Man will die Versuche zunächst in der Weise anstellen, dass man Ballons, die bezw. mit Sauerstoff und Wasserstoff gefüllt sind, steigen und in geeigneter Höhe einen starken elektrischen Funken durch sie schlagen lässt, der dann sowohl die Ballonhülle zerreisst, als auch die Verbindung beider Elemente zu Wasser herbeiführt. Litteratur. Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung. I. Bd. von Arthur Schopenhauer’s sämmtlichen Werken in 6 Bänden, herausgegeben von Eduard Griesebach. Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig ohne Jahreszahl (1890). — Preis 1 Mk. Da am 21. September v. J. seit dem Tode des Philosophen 30 Jahre verflossen waren, sind die Werke Schopenhauers, deren Ver- lagsrecht bisher der Firma F. A. Brockhaus in Leipzig allein zukam, jetzt allgemein zugänglich geworden. Der Heraus- reber der vorliegenden empfehlenswerthen Ausgabe, Eduard Brkehach, legt seinem Text die dritte Ausgabe letzter Hand aus dem Jahre 1859 zu Grunde, giebt innerhalb des Textes die Seiten- zahlen für diese Ausgabe an, und fügt in Fussnoten bei den ent- sprechenden Stellen hinzu, was er im Handexemplar Schopenhauers an Zusätzen und Aenderungen vorgefunden hat. Fr. Schickhelm, Die Methode des Anschauungs-Unterrichts auf psychologischer Grundlage durchgeführt an der Botanik. Heft I der „Sammlung pädagogischer Abhandlungen“, heraus- gegeben von den Direktoren Dr. O. Friek und 'H. Meier. — Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses. Halle a. S., 1589. Die vorliegende Schrift ist sowohl für die naturwissenschaft- lichen Kreise im allgemeinen wie für die Lehrer der Naturwissen- schaften insbesondere sehr beachtenswerth. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie der Unterricht in der Botanik dem natürlichen Entwicklungsgange des Knaben gemäss zu gestalten ist, und be- antwortet diese Frage — von einigen Ausstellungen, die zu machen sind, abgesehen — in treffender und vernünftiger Weise. Leider kann an dieser Stelle nicht darauf eingegangen werden, wie sich der Verf. die Handhabung des Unterrichts im Einzelnen denkt. Sein allgemeiner Standpunkt ist der jetzt wohl überall öffentlich anerkannte, indessen noch immer nicht allerseits getreu und klar befolgte, dass der botanische Unterricht (wie der naturwissen- schaftliche Unterricht überhaupt) von der Anschauung auszugehen habe, und dass der Schüler ausser zum Sehen auch zur Selbstthätig- keit anzuleiten und anzuhalten sei (er soll selber beobachten und das Wahrgenommene in Worte zu kleiden versuchen, anstatt die Worte des Lehrers mechanisch nachzusprechen). Nachdem auf der ersten Stufe des Unterrichts die Betrachtung einzelner Pflan- zenformen stattgefunden hat, soll nach der Ansicht des Verf., der ich durchaus beistimme, die nächste Aufgabe nieht in der Ent- ’ 296 wieklung des Gattungsbegriffs, sondern in der des Familien- begriffs bestehen (S. 144 u. f.), weil die Familienmerkmale dieje- nigen sind, welche sich dem jungen Beobachter am auffallendsten und unmittelbarsten darbieten und fast durchweg in der gleichen Richtung (Blüthenverhältnisse!) zu suchen sind, während der Gat- tungsbegriff 1) bald auf diesem, bald auf jenem Wege, 2) mühsam herausgebildet werden muss und 3) viel schwankender und unsicherer ist als der Familienbegriff. Auch in dem, was der Verf. über das Sammeln und das Pflanzenbestimmen sagt, bin ich ganz seiner Meinung. Das Interesse, welches der Unterrieht weckt, braucht sieh nicht als Sammeleifer zu offenbaren. (S. 58.) Eine mehr oder minder eingehende Kenntniss der Flora der Gegend, in weleher der Schüler lebt, ist nicht Zweck des Unterriehts. (S. 43.) Dem Pflanzenbestimmen wird meist eine falsche Bedeutung bei- gemessen: sie liegt nicht darin, dass der Schüler im Stande ist, eine beliebige Pflanze in das System einzureihen (solange er das System noch nieht kennt, wird er sich vielfach aufs Rathen verlegen), sondern darin, dass er das Gelermnte selbstständig verarbeitet und änwendet (S. 57); dies aber kann auch auf andere Weise ge- sehehen. — Anerkennend möchte ich noch hervorheben, dass der Verfasser den neueren Gesichtspunkt der Beachtung der Lebens- gemeinschaften (Junge, Der Dorfteich) in gerechter Weise würdigt; einerseits betont er, dass die Lebensgemeinschaften aufzuspüren und zu erörtern sind, andererseits aber deutet er auf die Unmöglich- keit hin, den genannten Gesichtspunkt als den hauptsächlich im Unterricht maassgebenden anzusehen. — Diese Unmöglichkeit ergiebt Sieh vor allem daraus, dass der Schüler der unteren und mittleren Klassen vieles, was unter diesen Gesichtspunkt fällt, ja woraus derselbe erst verständlich und klar wird, nicht begreifen kann, weil ihm die nothwendigen Kenntnisse und der erforderliche Ueber- blick fehlen. — Was ich an den Ausführungen des Verf. tadeln möchte, ist die zu geringe und zu späte Heranziehung der biolo- gischen Thatsachen. Zwar ist zuzugeben, dass von diesen der botanische Unterrieht nicht allein ausgehen kann, aber doch soll ihn die biologische Betrachtungsweise (die Hinweisung auf die Bedeutung aller Pflanzentheile für das Leben der Pflanze und auf den Zusammenhang zwischen Bau und Leben) so viel wie inöglich und von Anfang an durchziehen. Der Verf. giebt das selbst hier und da zu (S. 12, S. 67), aber doch sagt er gleich im Anfang (S. 10), dass die Unterrichtsmethode in der Botanik we- sentlich von der in der Zoologie abweichen müsse, insofern als der botanische Unterricht von der Auffassung und Beschrei- bung der einfachsten Gesetzmässigkeiten der Form seinen Aus- gang zu nehmen, im zoologischen Unterrieht aber die Beschreibung an die.Biologie anzuknüpfen habe. (S.11.) Ich halte diese we- sentliche Unterscheidung für verkehrt. Dr. K. F. Jordan. Moritz Alsberg, Die Rassenmischung im Judenthum. Ham- burg, Verlagsanstalt und Druckerei A. G. (vorm. J. F. Richter). 1891. Preis 1 Mk. Den Inhalt dieser bedeutsamen Arbeit haben wir bereits in einem kurzen Referat in No. 17 S. 169 der „Naturw. Wochensehr.“ wiedergegeben; gegen die daran geknüpften kritischen Bemer- kungen hat der Verf. selbst in einer Zuschrift an dieses Blatt (vergl. No. 24) einige Einwände erhoben, auf welche hier noch einmal kurz Bezug genommen werden sol. Wenn vor Jahr- tausenden im alten Palästina eine Vermischung des semitischen Volkselementes mit nicht semitischen stattgefunden haben soll, so setzt diese Annahme die Voraussetzung, dass die Juden in jener Zeit aller historischen Ueberlieferung entgegen nicht in der Absonderung gelebt, welche das hauptsächlichste Charakteristikum ihres Volkslebens ist. Je weiter wir in der Geschichte der Juden zurückgehen, desto starrer finden wir das religöse Dogma, das jene isolirende Stellung mit sich brachte. Es kann doch keinem Zweifel unterliegen, dass die Gelegenheit zur Vermischung sich häufte, nachdem die Juden in alle Theile der Erde zerstreut waren und unter fremden Rassen zu leben gezwungen waren. Sicherlich kommt ein nicht unerheblicher Procentsatz der blonden Juden auf diese spätere Zeit, wo wir ihre Zahl sich ständig inehren sehen. Andererseits können klimatische, sociale, Ernäh- rungs-Verhältnisse wohl einen umgestaltenden Einfluss auf die körperliche Beschaffenheit eines Volkes üben. Die indogermani- schen Rasseneigenthümlichkeiten finden sich nicht nur bei den Juden, sondern auch noch bei anderen allophylen Stämmen, wie den Finnen, den Letten, den Slaven, und man hat daher mit Recht Naturwissenschaftliche Wochensehritt. Nr. 29. daran gezweifelt, ob das helle Pigment in Haaren, Haut und Augen eine ausschliessliche Eigenthümlichkeit der arischen Rasse ist. Ferner hat Virchow bei seiner bekannten Statistik über die deutschen Schulkinder die Thatsache festgestellt, dass gerade in den Provinzen mit der meisten blonden Bevölkerung die meisten braunen Juden vorkommen und umgekehrt. Erwähnen wir schliesslich noch, dass man unter den braunen Juden, besonders denen Russlands, selbst zwei so verschiedene Typen gefunden hat, dass dieselben kaum als zu einer Rasse gehörig betrachtet werden können, so erhellt aus dem Dargelegten wohl, dass, wie in dem ersten Referat hervorgehoben war, die von Alsberg ge- gebene Lösung des Problems zwar einen hohen Grad von Wa r- scheinlichkeit hat, doch noch nicht einwandsfrei erwiesen ist. Dr. Albu. C. Ludwig, E. Becher u. Conrad Rahn, Abhandlungen über den Speichel. Herausgegeben von M. von Frey. No. 18 von Ostwald’s Klassiker der exaeten Wissenschaften. Verlag von Wilhelm Engelmann. Leipzig 1891. Preis 0,75 Mk. Die in dem Heftehen von nur 44 Seiten zum Wiederabdruck gebrachten Abhandlungen aus dem Jahre 1851 über den Speichel sind für die Physiologie des Speichels sehr wichtig gewesen. Die vollständigen Titel der Abhandlungen lauten: 1. C. Ludwig, Neue Versuche über die Beihülfe der Nerven zur Speichelabsonderung, 2. E. Becher und C. Ludwig, Mittheilung eines Gesetzes, welches die chemische Zusammensetzung des Unterkiefer-Speichels beim Hunde bestimmt, 3. Untersuchungen über Wurzeln und Bahnen der Absonderungsnerven der Glandula parotis beim Kaninchen. Das Hauptresultat, welches die Abhandlungen ergeben haben, ist, dass unter Vermittlung der Absonderungsnerven chemische Vorgänge in den Speichel-Drüsen ausgelöst werden, wobei es zu starken Anziehungen der die Drüsen umspülenden Flüssigkeiten (Lymphe, Blut), freilich mit Auswahl der Stoffe, kommt. Graetz, L., Die Elektrizität und ihre Anwendungen zur Beleuch- tung, Kraftübertragung, Energievertheilung, Metallurgie, Tele- graphie und Telephonie. 3. Aufl. 7 M. Stuttgart. Greim, G., Beitrag zur Kenntniss des Kieselschiefers. 1,50 M. Würzburg. Güntzel, F. E., Das Geheimniss der Phantasie und des Gemüths. 2,30 M. Leipzig. Was lehrt die Natur über das Schicksal unserer Seele? 3,40 M. Ebd. Hahn, R., Mikrometrische Vermessung des Sternhaufens £ 762, ausgeführt am zwölffüssigen Aequatorial der Leipziger Stern- warte. 6 M. Leipzig. Hennings, P., Der Hausschwamm und die durch ihn und andere Pilze verursachte Zerstörung des Holzes. 0,60 M. Berlin. Jankö, J., Das Delta des Nil. Geologischer und geographischer Aufbau des Deltas. 4 M. Budapest. Jentzsch, A., u. @. Vogel, Höhenschichten-Karte Ost- und West- preussens. 2 M. Königsberg. Kaefer, N., Zur Methodik der Elastieitätsmessungen an der Ge- fässwand. 1 M. Dorpat. Kayser, H., u. C. Runge, Ueber die Spektren der Elemente. 4. Absch. Kart. 4,80 M. Berlin. Kirchhoff, G., Vorlesungen über mathematische Physik. 2. Bd. Mathematische Optik. 10 M. Leipzig. Koristka, K., Uebersicht der Thätigkeit der naturwissenschaft- lichen Landesdurchforschung von Böhmen vom Jahre 1864 bis zum Jahre 1890. 0,60 M. Prag. Krause, K.' Ch. F., Zur Sprachphilosophie. 3 M. Leipzig. Külz, E., Beiträge zur Kenntniss des Glykogens. 2,40 M. burg. Lang, V. v., Einleitung in die theoretische Physik. 2. Aufl. 20 M. Braunschweig. Lubarsch, O., Untersuchungen über die Ursachen der angeborenen und erworbenen Immunität. 6 M. Berlin. Mazel, A., Etudes d’anatomie eompar&e sur les organes de vege- tation dans le genre Carex. 7 M. Basel. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25000. No. 269. Schurow. — No. 379. Karwitz. — No. 601. Karnitz. — No. 604. cn Jestin. — No. 964. Naugard. — No. 1842. Trebnitz. a 1 M. erlin. Mar- a TT——————————————————————————— nn nn. Inhalt: Dr. F. Kienitz-Gerloff: Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. (Mit Abbild.) (Fortsetzung.) — Conrad Brunner: Ueber Ausscheidung pathogener Mikroorganismen durch den Schweiss. — IX. Deutscher Geographentag. V. — Was sind Blumen? — Ueber künstliche Frühgeburten bei dem gefleckten Erdsalamander. — Künstlicher Regen. — Litteratur: Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. — Fr. Schickhelm: Die Methode des Anschauungs-Unter- richts auf psychologischer Grundlage durchgeführt an der Botanik. — Moritz Alsberg: Die Rassenmischung im Judenthum. C. Ludwig, E. Becher und Conrad Rahn: Abhandlungen über den Speichel. — Liste. m nn a nn an nn nn nn non ann rn nn nn nn nn rn mn Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Nr.. 29. Naturwissenschaftliche ‚Wochenschrift. LXV a nt ! von Poncet Glashütten-Werke : Berlin SO., Köpenickerstrasse 54. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen: Allgemein-verständliche naturwissenschaftliche Abhandlungen. (Separatabdrücke aus der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift.“) Heft 1. Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum % Heft 9. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. von Dr. V. Schlegel. \ F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. „2 DauBecanen, aa NenkEingers und Maschinen von | „ 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- „ 3. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit SSHDALLEN, A } der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl „ 11. Ueber ae SA EAnBEINEIN une Kraenpelin. nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds FE Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen | a „Die sieben Welträthsel“ von Dr. Eugen von Prof. Dr. E. Loew. reher. „ 5. Das „glaziale“ Dwykakonglomerat Südafrikas von „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Dr. F. M. Stapft. | Jordan. „ 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von 13. Die pfl L ; Dr. Rob. Mittmann. Mit S Holzschnitten. „ 13. Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota- - 3 E le m nischen Garten zu Berlin von Dr. H. Potonie. »„ 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Mit 2 Tafeln Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- REN uk R litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit | „14. ES LTE das Ranzigwerden der Fette 1 Tafel. N von Dr. Ed. Ritsert. » 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen } „ 15. Die Urvierfüssier (Eotetrapoda) des sächsischen im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. N Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner Mit 10 Holzschnitten. in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. Preis: Heft 1-4 a 50 Pf., Heft5—-15 a1 M. LXVI Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Bu Wertheim Söhne, Berlin 0O., „_Alexanderstr. 28. _ \ Cylinderfette, Carb olineum. Maschinenfette u. Oele, Putzfäden, weiss und bunt, Frictionsschmiere, Wagen- fette, Lederöle, Holztheer. Mechaniker. construirt von J. 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Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3%. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. Von Dr. F, Kienitz-Gerloff. (Schluss.) Meine Untersuchungen haben nun zunächst gezeigt, dass die Durehbohrungen der Zellwände in vielen Fällen gar nicht so sehr eng sind, dass sie vielmehr oft eine Weite besitzen, die ihre Erkennung selbst mit verhältniss- mässig schwachen Vergrösserungen ermöglicht. Und selbst feinere Plasmaverbindungen sind kaum dünner, als etwa die dünnsten Plasmastränge innerhalb einer und derselben lebenden Zelle eines Kürbishaares, in denen man noch eine Protoplamaströmung wahrnimmt. Dazu kommt, dass die Verbindungen uns, wie ich nachwies, in Folge der Behandlung der Präparate dünner und länger erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind, und dass durch ihre Kürze und grosse Zahl ihre trotzdem unbestreitbare Engigkeit paralysirt wird. Vor Allem aber dürfte es sich kaum rechtfertigen lassen, wenn man die diekeren Verbindungen der Siebröhren, wie es fast allgemein geschieht, als Stoff- leitungswege ansprechen und den diesen zweifellos völlig homologen, dünneren Verbindungen eine andere Funktion zuschreiben wollte. In vielen Fällen ist ausser- dem eine solehe für sie auch kaum denkbar. Beispiels- weise, wenn Behälter von pflanzlichen Seereten wie Milehröhren — ich erinnere nur an die Wolfsmilech — mit benachbarten Zellen verbunden sind. Hier ist offen- bar die einfachste Erklärung die, dass die Seerete aus den Zellen durch die Verbindungen in die für sie be- stimmten Behälter hineinströmen, während Reizleitung hier überhaupt nicht in Betracht kommen kann. Von Interesse ist in dieser Hinsieht ferner die schon oben erwähnte Entstehung der Gefässe aus Zellen. Es war immer schon aufgefallen, dass die ausge- bildeten Gefässe ausser wässeriger Lösung keinen sonsti- gen flüssigen oder festen Inhalt führen, während doch die Zellen der Zuwachsschicht, aus denen sie hervor- gehen, mit Protoplasma prall angefüllt sind. Der Verbleib dieses Plasmas war bis jetzt rätselhaft. Dadurch gewann eine von mir gemachte Beobachtung Wichtigkeit, dass die Gefässe bis zu ihrer völligen Aus- bildung mit ihren Nachbarzellen ebenfalls durch Plasma- stränge verbunden sind und erst dann gegen diese durch Ausfüllung der Wandperforationen abgeschlossen werden. Was liest hier wohl näher als die Annahme, dass ihr Protoplasma, nachdem es seine Aufgabe erfüllt hat, durch die Verbindungsstränge aus ihnen auswandert? Eine andere, früher wohl geäusserte Vermuthung, dass das Gefässplasma absterbe, hat hingegen gar keine Wahr- scheinlichkeit für sich, denn einmal findet man in den fertigen Gefässen keine oder nur ganz unbedeutende protoplasmatische Reste vor, andrerseits würde die Ver- nichtung eines so kostbaren Stoffes, wie das Protoplasma ist, der Oekonomie durchaus widersprechen, welcher wir überall in der Pflanze begegnen. Aber nicht nur aus den Gefässen wandert das Plasma schliesslich aus, son- dern ich konnte dies auf demselben Wege auch nach- weisen für die Korkzellen, welche ebenfalls aus plasma- reichen Zellen entstehen und später nur noch Luft ent- halten. Ebensowenig wird in den im Herbst vergilben- den Blättern das Protoplasma zerstört. Man dachte sich bisher, dass zu dieser Jahreszeit aus ihrem Plasma nur die nutzbaren Stoffe aus- und in den Stengel oder Stamm einwanderten, man vermutete also eine Art Auflösung des Protoplasmas. Die Beobachtung zeigt jedoch, das in den Parenchymzellen dieser Blätter nur ganz unbedeutende Reste zurückbleiben, dass dagegen ihre als Leitungswege bekannten Nerven ganz dicht, dichter als sonst, mit Plasma angefüllt sind. Somit wird auch hier eine Lösung des Plasmas höchst unwahrscheinlieh. Dieses verhält sich vielmehr, wie es scheint, gerade so, wie der Plasma- körper eines Schleimpilzes, welcher auch seine Fortsätze 298 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. " Js Nr. 30. einzieht, wenn er in zu kalte Räume gelangt oder wenn es ihm sonst zu unbehaglich wird. Meine Beobachtung an herbstlichen, abgefallenen Blättern haben aber einen, wenn auch indirekten, doch meiner Ansicht nach zwingenden Beweis erbracht, dass die Plasmaverbindungen die Bahnen des wandernden Protoplasmas sind. Es fiel mir nämlich auf, dass bei keiner einzigen von mir 'untersuchten Pflanze, selbst bei denen nieht, welehe sich sonst als die dankbarsten Ob- jekte erwiesen, dass also nirgends die Zellen mit ihren Nachbarn verbunden waren, welche die Spaltöffnungen umgeben, jene einzigen Zwischenzellräume der Epidermis die den Luftwechsel zwischen dem Pflanzeninnern und der Atmosphäre unterhalten. Diese „Schliesszellen“ nun zeigten selbst bei den am Boden liegenden Blättern einen völlig intakten Protoplasmakörper nebst Chloro- phyll und Stärkeeinschlüssen, während das Blattparen- chym nur noch ganz unbedeutende, desorganisirte Reste aufwies, Damit zusammengehalten, lässt sich nun das Fehlen der Protoplasmaverbindungen an den Schliess- zellen bei einigem Nachdenken sehr wohl_erklären: Seit lange weiss man, dass die erwähnten Schliesszellen be- weglich sind, dass sie unter dem Einfluss äusserer Ur- sachen, namentlich unter dem Wechsel von Lieht und Dunkelheit, von Wärme und Kälte oder dem Feuchtig- keitsgehalt ihre Grösse und Form ändern und damit die zwischen ihnen befindliche Spalte bald erweitern, bald bis zum völligen Verschluss verengern. Diese Bewegun- gen werden auf hier nicht näher zu beschreibende Weise hervorgebracht durch Aenderungen im Wassergehalt oder dem „Turgor“ theils der Schliesszellen selbst, theils der umgebenden Epidermiselemente, und der Wassergehalt der Ersteren ist wieder abhängig von der Menge der in ihnen enthaltenen, organischen, Wasser anziehenden Verbindungen. Aus der Nothwendigkeit, solche Verbin- dungen zu erzeugen, hat schon Mohl die Thatsache er- klärt*), dass unter allen Zellen der Epidermis die Spalt- öffnungsschliesszellen die einzigen sind, welehe Chloro- phyll enthalten, denn dieses ist bekanntlich der Stoff, unter dessen Mitwirkung die Kohlenstoffassimilation vor sich geht. Wären nun die Schliesszellen durch Plasma- fäden mit ihren Nachbarn verbunden, so wäre nicht ein- zusehen, warum aus ihnen die produeirte organische Substanz nicht ebenso gut auswandern sollte, wie aus allen übrigen chlorophylihaltigen Zellen des Blattgewebes. Dieses Auswandern soll aber bei den Schliesszellen gerade vermieden werden, weil sie damit das wasser- anziehende Material verlieren würden, und darum fehlen bei ihnen die Protoplasmaverbindungen. Wie aber kommt es, kann man nun fragen, dass die erzeugten organischen Substanzen trotzdem aus ihnen verschwinden, wenn man ihre Assimilationsthätigkeit unterbricht, und woher rührt die Ungleichmässigkeit in ihrem Gehalt an solehen Stoffen, worauf doch die Veränderungen ihrer Form be- ruhen? Auch dass ist nieht schwer zu beantworten. Denn in jeder lebenden Zelle geht neben dem Assimi- lationsprozess der der Atmung vor sich, durch welehen beständig organische Substanz zerstört, nämlich zu Kohlensäure und Wasser verbrannt wird. Ist die Assi- milation unterbrochen, wie es z. B. in der Dunkelheit geschieht, so wird dadurch der Atmungsvorgang doch nicht aufgehoben. Er. setzt sein Betriebskraft liefern- des Zerstörungswerk ungehindert fort, aber es wird nun kein Ersatz für die verbrannte Substanz geliefert, die mithin nach und nach aus den Zellen verschwinden muss. Unter Zugrundelegung meiner Anschauungen war *) Botan. Zeitung. 1856, S. 717. die Vermuthung nieht unberechtigt, dass auch die Auf- nahme der Nahrung von aussen in die Pflanze, der Ein- tritt der Bodenstoffe durch die Wurzeln, oder bei Schma- rotzern die Einsaugung der vom Wirth gelieferten Sub- stanzen durch die Saugorgane, die Aufnahme ferner des gespeicherten Reservematerials der Samen durch den austreibenden Keimling durch Vermittelung von Proto- plasmasträngen zu Stande käme. Diese Vermuthung, die ich ebenfalls geprüft habe, hat sich als falsch er- wiesen. Nirgends treten Plasmastränge aus dem Innern der Pflanze an ihre Oberfläche, der Pflanzenkörper schliesst sich allseitig und vollständig gegen die Aussenwelt ab. Wir wissen aber, dass an all den genannten Orten von der Pflanze selbst Substanzen ausgeschieden werden, welehe auf die Stoffe der Umgebung lösend wirken. Die so entstandenen Lösungen mögen dann wirklich auf osmotischem Wege durch jene geschlossenen Zellhäute hindurchgelangen, von denen wir wohl mit Recht an- nehmen dürfen, dass sie osmotisch besonders günstig organisirt sind. Und es ist offenbar für die Schnellig- keit der Leitung ein gewaltiger Unterschied, ob die Stoffe nur einmal, bei ihrem Eintritt in die Pflanze, eine geschlossene Zellhaut passiren müssen, oder ob sich ihnen innerhalb derselben Millionen von Zellhäuten hin- dernd in den Weg stellen. | „Sollte meine Deutung der physiologischen Rolle der Plasmaverbindungen richtig sein, hatte ich gegen Schluss meiner Abhandlung in der botanischen Zeitung gesagt, so hat man sie in allen den Pflanzen nicht zu erwarten, deren sämtliche Zellen in gleicher Weise zur Stoffproduktion befähigt sind,“ Ich glaubte es somit als unwahrscheinlich hinstellen zu müssen, dass man die Verbindungen z. B. in Fadenalgen auffinden würde. Von zu einseitiger Anschauung geleitet, habe ich dort falsch prophezeit. Denn zu der Zeit, als dieser Ausspruch ge- druckt wurde, war bereits ein Aufsatz von Kohl bei der ‚Redaktion der Berichte der Deutschen botanischen Ge- sellschaft eingelaufen, im welchem der Verfasser mit Hülfe neuer Methoden die Existenz der Verbindungen gerade bei Fadenalgen und ausserdem bei den in dieser Hinsicht ähnlieh organisirten Farnkrautvorkeimen nach- wies.*) Gleichwohl liegt in diesen Entdeckungen kein Einwand gegen meine oben vorgetragenen Ansichten. Einmal ist nämlich zu bedenken, dass bei vielen Algen und bei Farnkrautvorkeimen schon deshalb Wanderungs- wege vorhanden sein müssen, damit die zur Erzeugung der Eikugeln. und Spermatozoiden, der Geschlechtspro- dukte also, dienenden Stoffe von allen anderen in die betr. Bildungszellen gelangen können, eine Eventualität welche ich bis dahin ausser Acht gelassen hatte. Aber auch wo diese Erwägungen nicht zutreffen, da erklärt sich die Existenz der Verbindungen auch in diesen Pflanzen durch Vererbung. Wir haben alle Veranlassung, als die ältesten Stammväter des Pflanzenreichs einfache, ungegliederte Protoplasmamassen anzunehmen, welche im Wasser lebten und den dort auch in der Jetztzeit vor- kommenden Amöben, sowie unter den Landpflanzen etwa unseren Sehleimpilzen ähnlich waren. Wenn sich aus diesen Geschöpfen gegliederte Pflanzen von irgend nam- haften Höhendimensionen entwickeln sollten, so bedurften diese der Stütz- und Schutzorgane, die ihnen in den Zell- wänden zu Theil werden. Es mussten sich ferner in den Landpflanzen Kanäle. ausbilden, welche eine schnelle Leitung des durch Verdunstung verlorenen Wassers nach den Verbrauchsorten und solche, welche eine Durehlüftung ermögliehten, ‘eine Forderung, welcher durch. die Ent- stehung der Gefässe und der gefässähnlichen Röhren, *) Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. 1891. H. 1. Nr. 30. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 299 nn — sowie der Intercellularräume genügt wurde. Im übrigen aber scheint die Pflanze hinsichtlich ihrer physiologischen Leistungen, abgesehen von der Ausbildung der Geschleehts- organe, im wesentlichen auf dem Standpunkt jener nie- deren Organismen verharrt zu haben. Denn die wichtig- sten Lebensvorgänge, Stoffaufnahme, Assimilation und Stoffleitung, sowie die Atmung sind Funktionen, welche ebensogut in der niedersten, wie in der höchst ausge- bildeten Pflanze wirken müssen. Und überall sind diese Vorgänge an die Thätigkeit des Lebensträgers, des Proto- plasmas, geknüpft. Wollen wir sie physikalisch erklären, so dürfen wir uns nicht einseitig auf so einfache Vorgänge wie Diffusion und Diosmose beschränken. Die physi- kalischen Prozesse, welche dem Leben zu Grunde liegen, sind offenbar äusserst verwickelter Natur, und um sie aufzuhellen bedarf es eines sehr eingehenden Studiums des Protoplasmas selbst, ein Weg, der auch schon von mehreren Seiten, neuerdings namentlich von Berthold*) betreten, dessen Ende aber noch lange nicht erreicht ist und den voraussichtlich noch ungezählte Generationen von Forschern zu wandeln haben werden. Die Ge- schöpfe aber, an welche sich dieses Studium zweckmässig zu wenden hat, sind wohl schwerlich die höheren Pflanzen mit ihren complizirten Einrichtungen, sondern es sind jene einfachen, nur aus Protroplasma bestehenden Geschöpfe, die Amöben und die Schleimpilze. *) Studien über Protoplasmamechanik. Leipzig 1886. Ober-Savoyen und seine Alpen-Vogelwelt. Von Franz Ritter von Schaeck. (Fortsetzung und Schluss.) IV. Der Möle hat gleichwohl seine Geschichte in der Gletscherperiode. Von Genf aus gesehen, präsentirt er sich als eine Pyramide, er ist fünf Stunden von dieser Stadt entfernt und so wie der Salöve und der Voirons, auf seiner dem Genfer See zugekehrten Seite sehr steil. Sein Kalkstein ist grau, auf dem Gipfel röthlich und enthält nur wenig Versteinerungen. Die Aussicht nach WSW ist von jener nach ONO sehr verschieden. In nächster Nähe ist das Thal der „Bornes“ der steile Brezon und der Mont-Vergi. Im Hintergrunde die Mont-Blanc-Kette. Man sieht den Mont-Parmelan (1855 m) im NO von Anneey, den Mont- Vuache (1114 m), Mont-Joli (2752 m) oberhalb Sallanches und zuletzt den Mont-Charvin (2414 m). Ich durchstrich im Monate September 1889 bald die Höhen bis zum Gipfel, bald den Fuss des Möles, denn jede dieser Partien hat für den Beobachter Interesse. Ich hatte zu diesem Behufe Saint-Jeoire für mein Stand- quartier ausgewählt, und riehtete mich nebenbei auch in einer Alphütte, in der Nähe des Berggipfels ein. Auf den Abhängen des Hügellandes breiten sieh schöne Weinberge aus, wo in Aize, oberhalb Bonneville, auf der entgegen- gesetzten Seite von Saint-Jeoire, ein ausgezeichneter Weiss- wein gebaut wird, der als „vin mousseux“ sehr geschätzt wird. Nussbäume begrenzen die unteren Waldungen und wenn deren Früchte reifen, so sind die Pflanzungen von einer Unzahl von Eichhörnehen besucht, welche den Ertrag sehr schädigen. Ueber den grossen Waldungen befinden sich einige Hutweiden, die auf dem SW-Ab- hang zahlreicher sind. . Man findet in diehten Wäldern, die nur eine viertel Stunde von Saint-Jeoire entfernt sind, das Haselhuhn (Tetrao bonasia L.), dieses von dem „Gourmet“ so sehr geschätzte Wild; es ist jedoch schwer, demselben beizu- kommen. Es fliegt im Ziek-Zack in den Wald und sitzt, der Länge nach, auf einem Aste auf; man weiss oft wo es sich befindet, es ist jedoch fast unmöglich es zu sehen. Wir finden hier eine grosse Anzahl von Vogelarten, die wir schon auf dem Saleve und auf dem Voirons consta- tirten, als den Schwarzspecht, die Ringamsel, die Wach- holder- und Misteldrossel, den Gimpel, den Citronenzeisig; der Feldsperling (Passer montanus L.) ist sehr häufig, zeigt sich auch in der Ebene und nistet auch hie und da, wie ich mich überzeugen konnte. Unter den Meisen ist die Haubenmeise sehr gemein. — Hier in einer Höhe von 1700 m konnte ich, für das erstemal in Savoyen, die nordische Sumpfmeise*) (Parus borealis Selys. var. alpestris Bailly) beobachten, wie auch schon früher im Canton Wallis. Diese alpine Form nähert sich sehr der Sumpfmeise, woher ihr Name Alpensumpfmeise, nur ist sie grösser, das schwarze Käppchen erstreckt sich bis auf das Hinterhaupt. Ihr Pfiff und ihre Gewohn- heiten sind von denen jener Form in der Ebene ver- schieden. In dieser Höhe begegnet man in den Wald- licehtungen der Heckenbraunelle (Aecentor modularis L.), einem Zugvogel der Ebene, im Frühjahre und im Sommer. In den Lüften kreist bis in die letzten Tage des Sep- tembers der Alpenmauersegler, während die Alpendohle (Pyrrhoeorax alpinus L.) den Speiseresten der Touristen nachspürt. Eines Tages, drehte einer dieser Vögel eine weggeworfene Düte mit Frühstücksresten nach allen Richtungen herum, und als ich mich näherte entflog er mit der Papierdüte. Der südöstliche Abhang hat ein eigenes Ansehen; Schutthalden, zwischen welchen einige Wasserfäden rieseln, die vom oberen Bergfelsen kommen, herrschen hier vor. In dieser steinigen Land- schaft, wo der Tourist auf dem rollenden Schutte strauchelt und von der Sonnenhitze ermattet ist, an diesem Orte, wo nur einige unansehnliche Lerchenbäume fortkommen, jagte ich eines Tages Rothhühner**) (Perdix rubra Auct.) auf. Nach Massgabe meines Vorwärts- schreitens erhoben sich diese Vögel, um sich in grosser Entfernung nieder zu lassen. Hier wächst auch der grosse Entian (Gentiana lutea) in Hülle und Fülle. Diese Pflanze, welche eine Höhe von einem Meter erreicht, bildet das Object eines eigenen Handelszweiges. Mit Ende September kommen die Landleute, Weiber und Männer, auf den Berg um die Enzianwurzeln zu sammeln; sie graben die Pflanze vor- siehtig aus, schneiden die Stengel, welche sie auf dem Platz lassen ab, und füllen die mitgebrachten Säcke mit den Wurzeln. Der Branntwein, den man daraus bereitet, ist für den Geschmack nicht angenehm, soll aber gegen Magensehmerzen ein vorzügliches Mittel sein. In St.-Jeoire und anderen Orten Ober-Savoyens, bestehen Enzianbrennereien, und diese Industrie scheint sehr loh- nend zu sein. *) Siehe: Bulletin de la Soc. Ornithol. Suisse. S. 79. Parus borealis par V. Fatio. **) Man behauptet, das Rothhuhn, noch vor letztes Jahr, auch auf dem Saleve gesehen zu haben, an Orten die ganz ähnliche Exi- stenzbedingungen, d. i. in den steinigen Abhängen des kleinen Saleve oberhalb Mornex, Ich konnte diese Behauptung noch nicht sicher stellen. lere partie, 300 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 30. Eine halbe Stunde vom Gipfel entfernt, auf der NW-Seite, ist der Weiler „Eeutieu* gelegen. Ich konnte mir über den Ursprung dieses Namens keine Erklärung verschaffen. Es sind hier einige einfache, jedoch sehr solid gebaute Alphütten, die den so häufig auf dem Möle auftretenden Sturmwinden, welche der gelehrte Genfer H. B. de Saussure*) erwähnt, Trotz bieten müssen. — An der Basis aus einer trockenen Mauer und starken hölzernen Balken zusammengesetzt, ist das Ganze ein Holzbau. Auf dem Dache finden wir einige Felsblöcke, welche dem Schindel- oder Strohdache zum Schutze dienen. Der erste Wohnraum ist die Küche, gewöhnlich so ziemlich geräumig; sie ist das Haupt- gemach, wo sich die Familie in den Abendstunden ver- einigt; ein Ofen, dessen Röhren, nicht wie es vernünftiger wäre auf dem Dach, sondern im Innern der Küche aus- münden, dient zur Zubereitung der mageren Kost der Bewohner. Auf meine Frage, warum man die Ofenröhren nicht zum Dach hinaus leitet, da selbe, im Innern ausmündend, das in der Nähe aufgespeicherte Heu zu entzünden drohen, antwortete man mir, dass „dies immer so gewesen“. Dies ist die Ursache warum wir fort- während wie Schinken eingeräuchert wurden, doch die braven Leute scheinen an diese Rauchluft gewöhnt zu sein. Rückwärts der Küche befindet sich ein kleiner Raum, eine Art von Speisekammer, zugleich Keller, wo man die Milch, die Butter, den Käse und hie und da den Obstwein für die Festtage aufbewahrt. Die wenigen Abende, die ich mit Vater Canet unter seinem gast- freundlichem Dache zubrachte, indem wir Karten spielten und unsere Pfeifen rauchten, werden mir in angenehmer Erinnerung bleiben. In unserer Nähe drehte die Gross- mutter das Butterfass, während die Kinder sich mit den Jagdhunden unterhielten. Man schläft gut auf dem Heu, man hört die Glocken der ' unter dem Heuboden befindlichen Stallbewohner, oder von aussen die Stimmen der wildern- den Hunde, welche einer Hasen- oder Fuchsfährte folgen. Diese Hunde sind am Möle sehr häufig, in Folge dessen die Hasen selten. Doch muss ich meine Leser mit Papa Canet bekannt zu machen, der als einer der besten Jäger von Saint- Jeoire bekannt, 58 Jahre alt und von kleiner Statur ist. Sein schöner grauer Bart sticht von seinem braunen Barchentkittel malerisch ab. Sanften, jedoch traurigen Gesichtsausdruckes, musste der arme Canet den Tod seiner älteren Tochter, des schönsten Mädehens des Dorfes, erleben. Der Vater spricht von dieser seiner Tochter mit Stolz. Es verbleibt ihm noch eine jüngere Tochter und ein Sohn, Bastian, von 21 Jahren, der uns auf den Berg begleitete, jedoch Abends nach Saint-Jeoire zum morgigen Jahrmarkte zurück- kehrte. Dieser Tag ist für ihn, einen gelernten Uhr- macher, höchst wichtig; denn da bringen die Landleute aus der Umgebung ihre Uhren, und es fehlt hier ein Glas, dort ein Zeiger oder die Feder — öfters auch alle drei Bestandtheile und so macht Bastian die Runde auf dem Jahrmarkt und füllt seine Taschen mit leidenden Uhren. Um fünf Uhr, der Tag graute kaum, frühstückte ich Mileh, Kartoffeln und Roggenbrot, und setzte mich dann mit Canet in Bewegung. Es ist immer ein ergreifen- des Sehauspiel, dem Erwachen auf dem Berge, besonders im Herbste, beim Reiffroste, wenn man vom klaren, ruhigen Wetter begünstigt ist, beizuwohnen. Das Vieh ist noch in den Stallungen, denn es ist in den ersten Morgenstunden zu kalt um es auszutreiben. Alles ist ruhig *) Siehe: H. B. de Saussure. Voyages dans les Alpes. 1. S. 237. um die Alphütte. Wir gehen am Waldessaum — einige noch halbbetäubte Drosseln erheben sieh unter unseren Füssen, während der Tannenheher seine kreischende Stimme hören lässt. Das Rothkelehen zwitschert schon einige unzusammenhängende Noten*). Ich gestehe offen, dass mir bei dieser meiner ersten Birkhuhnjagd, das Herz etwas schneller schlug. Ich hatte alle Mühe, meinen schottischen Hund, der voll feurigen Eifers vorwärts wollte, zurückzuhalten. „Il faut aller doucement“, sagte Vater Canet, „les coqs sont legers le matin et partent ensemble sans tenir l’arret“; dann fuhr er vertraulich fort: „Sie sehen dort vorne am Wald- saume die Heidel- und Himbeersträucher, dort weiden die Birkhühner während der Nacht; der Kuhhirt hat sie noch gestern Morgens, als er das Vieh austrieb, auf- gejagt.“ Wir hatten kaum zwanzig Schritte gemacht, als meine „Diana“ vorsichtig, die Nase in der Luft, sich vorwärts schlich und fünf Birkhühner aufscheuchte. Ein glücklicher Schuss von mir trifft eines, der Vater Canet verwundet ein zweites, welches in einiger Entfernung niederfiel, das alsogleich, von den wildjagenden Hunden, diesen Banditen des Berges, welche eiligst auf den Büchsenknall herbeigelaufen kamen, zerfleischt wurde. — Zwei andere flogen bald nachher auf und flüchteten sich ebenso wie das erste, unserem Blei entronnene, in den Wald, wo ich meine Jagd, jedoch ohne Erfolg, fortsetzte. Die Verfolgung ist schwer. Wenn die Hundeschellen schweigen, so weiss man, dass der Hund ‚still liegt“, man hört den Vogel mit Geräusch auffliegen, und. die Baumzweige verhindern nur zu oft das Treffen. Zuletzt, mit meiner vornehmen Beute, einem erwachsenen Männ- chen, zufriedengestellt, durchstrich ich diesen Morgen den Berg, mehr zu meinem Vergnügen und um Neues zu sehen, als in der Absicht, ein zweites Birkhuhn in meiner Waidtasche zu haben. Den nächsten Tag, beim Morgen- grauen, waren wir von Neuem auf demselben 'Platze, — ebenso den dritten Tag, jedoch ohne die Hühner zu Ge- sicht zu bekommen. In den Waldungen scheuehten wir von Zeit zu Zeit einige auf, ohne zum Schuss zu kommen. Im Herbste und im Frübjahre zieht hier gerne, und zwar wie in der unteren und mittleren Region des Voirons und des Saleve, die Waldsehnepfe (Scolopax rusticola L.). Man findet schon im September nur wenig Wasser auf dem Möle, denn die Quellen frieren in Folge der Nacht- fröste. Ve Indem ich in Vorstehendem von den geflügelten Gästen in Ober-Savoyen sprach, führte ich nur meine eigenen Beob- achtungen an, indem ihr dabei allerdings für mehrere seltene Arten, welehe in das von mir untersuchte Gebiet fielen, auch einige Notizen verschiedener anderer Ornithologen anzuführen. Mein Berieht ist daher unvollständig für die ganze Ausdehnung des Gebietes, und ich empfehle Jenen, welche die geflügelte Fauna von Savoyen eingehend studiren wollen, das wirklich verdienstvolle Werk von J. B. Bailly. Man findet in diesem Buche, welches Ober- Savoyen und Savoyen umfasst, eine Menge Angaben. Savoyen ist gewiss, in Bezug auf die Verschieden- heit der hier vorkommenden Vogelwelt, eines der reichsten Länder Europas. Dank der Verschiedenheit seiner Boden- verhältnisse, seiner hohen Gipfel, welehe beachtenswerthe, oft sehr schnelle Temperaturveränderungen mit sich bringen, vereinigen diese beiden Departements in den verschiedenen Jahreszeiten eine Vogelwelt, die nur dem hohen Norden, ebenso eine andere, die ausschliesslich *) Es wäre interessant, die Grenzen des Vorkommens des- selben in den Alpen festzustellen. Dieser Vogel ist so leicht zu erkennen. Nr. 30. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 301 den südlichen Regionen unseres Erdballs angehören. Die einen setzen sich in dem flachen Lande oder wohl am Fusse und auf den Abhängen des Berges fest, wo sie jedoch eine gewisse Höhe nieht überschreiten; andere suchen die mittleren und oberen Bergeshöhen auf und erreichen selbst die ewige Schneegrenze. Wenn ich in Kurzem die Arten, welche mir z. B. auf dem Salöve begegneten, Revue passiren lasse, so finde ich hier, unter den Sommergästen, für den Aasgeier die nördlichste Grenze seiner Heimath. Diese Species hat zu ihrem Vaterlande die an das Mittelmeer angren- zenden Gegenden und breitet sich bis in die Berge von Savoyen aus; im Westen bis zu den Inseln des grünen Vorgebirges; im Süden bis nach Nubien, Central-Afrika und zuletzt im Osten bis nach Afghanistan und dem Himalaya. Der Schlangenadler, dessen geographische Verbreitung erst seit einigen Jahren bekannt ist, hat als seine Heimath den Norden Afrikas und Indien, nach Jerdon, dort findet man ihn über die Grenzen Europas hinaus.*) Der Röthelfalke bewohnt die Regionen des Mittelmeeres besonders. Der Alpensegler, der sich selten im Norden der Alpen zeigt, ist ein Bewohner der süd- lichen Halbinseln, eines Theiles von Asien und des Atlas- gebirges. Die Felsenschwalbe und die Blaudrossel haben wahrscheinlich den Salöve und den Voirons als nörd- lichste Grenze ihrer Verbreitung. — Was die Steindrossel anbelangt, so fand ich dieselbe vor drei Jahren höher im Norden, und zwar in den Felsen von Schrecekenstein bei Aussig.**) Der Steinsperling, selten im Norden, ist allgemein im südlichen Frankreich, in Spanien, in Algier und selbst auf den Kanarischen Inseln. Unter den Sylviidae finden wir die Sängergrasmücke, die erst seit einigen Jahren, und zwar in grosser Anzahl, in die Genfer und Savoyische Ebene kommt.***) Diese Grasmücke gehört dem süd- lichen Europa, dem centralen Afrika und dem südlichen Asien an. Endlich das Rothhuhn, welchem wir an ge- schützten Stellen des Möle (und vielleicht auch des Saleve) begegneten, bewohnt das südliche Frankreich, Spanien und Portugal, die Berberei und einen Theil von Afrika. — In den östlichen Grafschaften Englands ist es akklimatisirt. ; *) Wie Dr. Schäff uns mittheilt, brütet er einzeln auch in Mitteleuropa bis in das nördliche Deutschland. Red. **) Nach Palliardi (System. Uebersicht der Vögel Böhmens, S. 39) würde Böhmen das nördlichste von dieser Species be- suchte Land sein. *#**) Denn Necker (S. 67) schildert diese Species als selten in seiner Epoche, Ich werde nun einige Bewohner der kalten Länder erwähnen: Der Schneefink ist in den hohen Alpen Sa- voyens, der Schweiz und T'yrols und auf den höchsten Spitzen der Pyrenäen bis nach Sibirien heimisch. Der Bergfink hat die niederen Länder vom 65. Grad nördl. Breite, Finland und Lappland zu seiner Heimath; im Winter durchzieht er ganz Europa bis nach Spanien, Asien bis zum Himalaya. Der Fiehtenkreuzschnabel ist in Savoyen noch sehr häufig, während er in den an- grenzenden Departements, als beständig, nur in kleinen Familien oder ausnahmsweise in gewissen Jahren vor- kommt. Das Alpenschneehuhn hält sich in den Pyre- näen, in den Alpen und in den nordischen Bergen auf und ist, nach Bailly, in gewissen höheren Partien Sa- voyens sehr zahlreich. Savoyen empfängt ausser den Vögeln, die nur hier- her kommen, um die schöne Jahreszeit zuzubringen und sich den hier ständigen beizugesellen, besonders im Winter, Gäste welche aus den nördlichen kalten Ländern und von den Schneegipfeln der Alpen auswandern. Es herrschen hiermit gewisse Wanderungen, oft nur lokale, d. i. aus den hohen Regionen nach den unteren Partien, und Wanderungen aus dem Norden und aus dem Süden, die zu studiren sehr interessant sind. Die Vogelwelt ver- folgt offenbar die für ihre Existenz nothwendigen Bedin- gungen. Einige weitere beachtenswerthe Arten, welchen der Tourist in Savoyen begegnen kann, sind*): Der Geier (Vultur fulvus Gm.), der Mönchsgeier (Vultur monachus L.), der Bartgeier**) (Gypaetus barbatus L.), der Habicht (Astur palumbarius L.), der Königsadler (Aquila imperialis Behst.), der Steinadler (Aquila fulva L.), der Schelladler (Aquila elanga Pall.), der rothe Milan (Milvus regalis Auct.), der mittlere Buntspecht (Pieus medius L.), die Alpenkrähe (Pyrrhocorax graeulus L.), der Grauammer (Miliaria europaea Sw.), der Brachpieper (Agrodroma eampestris Behst.), der Wasserpieper (Anthus aquaticus Behst.) und zuletzt das Steinhuhn (Perdix saxatilis M. u. W.). *) Ich sehöpfe diese Angaben aus dem Werke von J.B. Bailly. **) Der Lämmergeier, dieser beflügelte Alpenriese, war im Anfange dieses Jahrhunderts in Savoyen gemein, nun ist er fast vollkommen verschwunden. Das Ornithol. Museum der Naturw, Gesellsch. in Savoyen besitzt z. B. ein altes Männchen dieser Species, welches im Dezember 1844 in der Nähe von la Chapelle in der Maurienne auf dem Schnee, wo es von der damals herr- schenden intensen Kälte erstarrt gewesen, mit Knittelschlägen getödtet wurde. Dieser Raubvogel hat noch zu jener Zeit auf dem Thabor in der Maurienne und auf dem kleinen St. Bern- hard gehorstet. Eine neue Maulwurfs-Art aus Südost-Sibirien. — Unter einer Sendung von interessanten Säugethier-Bälgen, Schädeln und Skeletten, welche ich vor einiger Zeit aus der Gegend von Wladiwostock durch die Güte des Herrn Ad. Dattan erhielt, befand sich auch ein Maulwurfs- Balg mit Schädel und Beinknochen. Als ich ihn kürz- lich näher untersuchte, kam ich zu dem Resultate, dass er einer neuen Art der Gattung Mogera angehört. Diese Gattung unterscheidet sich von der Gattung Talpa schon bei flüchtiger Untersuchung des Gebisses dadurch, dass sie im Unterkiefer nur 6 schneidezahn- ähnliche Zähnchen aufweist, während die zur Gattung Talpa gehörigen Arten 3 solcher Zähnchen erkennen lassen. Im Uebrigen zeigt die Gattung Mogera bei ge- nauerem Zusehen noch manche andere Unterschiede, so- wohl im Gebiss, als auch im Skelettbau und in der äusseren Erscheinung, auf die ich hier nieht näher ein- gehen kann. Ich will nur kurz hervorheben, dass nach meinen Beobachtungen bei Mogera regelmässig 14 Brust- und 5 Lendenwirbel, bei Talpa durchweg 13 Brust- und 6 Lendenwirbel vorhanden zu sein scheinen. Ich konnte wenigstens feststellen, dass 4 Skelette von Mogera wo- gura aus Japan 14 + 5, alle mir zugänglichen Skelette von Talpa europaea dagegen 13 + 6 Brust- bezw. Lendenwirbel aufwiesen, und es lässt sich hiernach ver- muthen, dass dieses ein durchgreifender Unterschied ist. Der typische Vertreter der Maulwurfs-Gattung Mo- gera ist M. wogura, welcher ziemlich zahlreich auf den japanischen Inseln vorkommt. Daneben hat Swinhoe 1862 eine etwas kleinere Form von der Insel Formosa als Talpa (Mogera) insularis unterschieden. In demselben Jahre beschrieb G. Radde einen mangelhaft erhaltenen, aber mit Schädel versehenen Maulwurfsbalg, den Maximowiez im Ussuri-Gebiete gesammelt hatte, als 302 Talpa wogura; er identifizirte die betr. Art also mit ale | japanischen Maulwurfe*). Offenbar hatte Radde dieselbe Au vor sich, welche augenblicklich mir vorliegt; ich glaube aber, dieselbe mit dem japanischen Wogura nicht identifiziren zu dürfen, sondern erkenne darin eine neue Art, welehe allerdings mit M. wogura nahe verwandt ist. In der Sitzung der hiesigen Gesellschaft naturforsch. Freunde vom 16. Juni d. J. habe ich den neuen Maul- wurf von Wladiwostock genauer beschrieben und vor- geschlagen, ihn wegen der ansehnlichen Grösse und Stärke seiner Knochen als „Mogera robusta“ zu be- zeiehnen; er ist bedeutend grösser, als der japanische Maulwurf und ‚zeigt manche "wesentliche Abweichungen im Gebiss und in der Färbung des Balges. Das Vorkommen einer Mogera- Species in der Gegend von Wladiwostock scheint mir von grossem 20 ogeographischen Interesse zu sein. "Dasselbe bildet ein neues Glied in der Kette derjenigen That- sachen, welche einerseits einen ehemaligen Zusammen- hang Japans mit dem gegenüberliegenden Festlande Asiens andeuten, andrerseits aber beweisen, das die Ab- trennung jenes interessanten Inselreiehes schon vor ziemlicher langer Zeit erfolgt sein muss, da die korre- spondirenden Arten beider Gebiete sich inzwischen mehr oder weniger deutlich differenzirt haben. Ausser Mogera robusta und M. wogura lassen sich noch zahlreiche andere korrespondirende ArtenJe apans und des Festlandes anführen. In der grossen Monographie der Insektivoren von Dobson (erschienen seit 1832 in London) wird angegeben, dass der gemeine Maulwurf (Talpa europaea) östlich bis Japan vorkommt. Auch der den Maulwurf behandelnde Artikel desselben Autors in der Eneyelopaedia Britanniea enthält dieselbe Angabe. Alph. Milne Edwards sagt in seiner Klassifikation der Maulwürfe des alten Kontinents (Comptes Rendus der Pariser Akademie, 1884, Bd. 99, S. 1142), dass die Gattung Mogera nur in Japan und auf Formosa vorkomme. Aber die von Radde und mir untersuchten beiden Maulwürfe von Südost-Sibirien be- weisen, dass letztere Angabe unzutreffend ist, und dass in Südost- Sibirien thatsächlich eine grosse Mogera- Species verbreitet ist- Ob dieselbe in letzterem Gebiete neben einer Talpa-Art vorkommt, oder ob sie dort die einzige Vertreterin der Talpiden ist, müssen zukünftige Unter- suchungen lehren. Es wäre mir sehr erwünscht, weiteres Material von südost-sibirischen Maulwürfen untersuchen zu können. Nach Radde scheint eine ziemlich breite Lücke zwischen dem Verbreitungsgebiete der Talpa europaea, welches östlich nur bis Irkutsk reicht, und dem Gebiete des von ihm als Talpa wogura bezeichneten Ussuri-Maulwurfs vorhanden zu sein. Nach Nikolsky ist der Maulwurf des Altai-Gebiets als besondere Art anzusehen; doch sind die Unterschiede gegenüber dem gemeinen europäischen Maul- wurfe verbältnissmässig gering, wie ein mir vorliegendes Exemplar von Barnaul' zeigt. Prof. Dr. A. Nehring. Ueber die Constitution des Wassermoleeüls stellt Dr. OÖ. Ganswindt in der „Pharm. Centralh.“, ‚1891, folgende bemerkenswerthe Betrachtungen an. An der Hand der Beispiele der Wasserzersetzung durch Natrium resp. Phosphortrichlorid weist der Verfasser darauf hin, dass die Bindung der beiden Wasserstoffatome im Wasser eine verschiedenartige ist, da bei einer sölchen Zer- setzung immer nur ne eine Wasserstoffatom substituirt werde, das andere jedoch am Sauerstoff bleibe. Daher sei das Wasser als eine Verbindung des Hydroxyls OH mit dem arte Badde, Reisen im Süden von Ost-Sibirien, I, St. Peters- burg 1862, S. J15£. en Wochenschrift. SUR. ehe sie en. aa. DE NTITEREEELERBERERTIEHSCHPEIR. U EEE 30. gasförmigen Metall H (als solches wird Wasserstoff neuer- dings wohl allseitig anerkannt) als Wasserstofthydroxyd aufzufassen. „Demnach sei die bislang übliche Formel für , Wasser n>0 oder H—O—H in die Formel H(OH) zu ändern. Es stellt sich die Hydroxylgruppe demnach als ein sauerstoffhaltiges Metallradieal dar, wie wir sie ähnlich im Bismutyl, Antimonyl annehmen, gleichzeitig aber als em Radieal, in dem der metallische Charakter gerade so vollständig verschwindet, wie in der Ferroeyan- gruppe. Ein neues Licht wirft diese Betrachtung auch auf die Auffassung des Wasserstofisuperoxyds. Dieses er- scheint alsdann als eine Verkettung zweier freier Hydroxyl- gruppen, (OH)—(OH), wie wir eine solche in analoger Weise im Diäthyl, Diphenyl, Dieyan ete. kennen. Diese neue Auffassung des Wasserstoffsuperoxyds als Dihydroxyl würde dann zugleich die leichte Zersetzbarkeit dieses Körpers erklären. Die neue Auffassung des Wassers als Wasserstoff- hydroxyd würde zugleich "auf die Constitution der eigent- lichen Aether ein neues Licht werfen. Wir wissen, dass in der Hydroxylgruppe der Wasserstoff dureh eine Aleylgruppe substituirt ist. Wird nämlich in einem Alkohol der Hydroxylwasserstoff durch Alkyl ersetzt, so erhalten wir einen” Aether. Dieser Aether wird dann nicht mehr als zwei durch. ein Sauerstoffatom verkettete Alkylgruppen zu betrachten sein, sondern als eine nach dem Typus Wasser zu betrachtende Verbindung einer Alkylgruppe mit einer Alkoxylgruppe, z. B. der bekannte Aethyläther nieht mehr als sondern als C,H, - (OC,H,). arm! Actlıyl- Aethoxyl. Eine gleiche Erklärung würde ‚ für die Acetone zulässig sein. Schliesslich eröffnet sich uns aus der Thatsache der Ungleichartigkeit der Wasserstoffatome im Wassermoleeül eine ungeahnte Perspective auf eine Anzahl von Isomerieen. Es muss z. B. gelingen, durch geeignete Methoden die Alkylgruppen lediglich in die Hydroxylgruppe (statt in das lose sebundene H-Atom) einzuführen. Wir würden dann z. B. zu einem Isomeren des Methylalkohols von der Formel H-(OCH,) gelangen, zum Methoxylhydrür, einer Verbindung, welche keinen Alkoholcharakter be- sitzen würde; ferner zu einem Nitroxylhydrür H(ONO,), welches keinen sauren Charakter besitzen würde. Als Verbindungen dieser Categorie wären z. B. die Oxy- ehloride aufzufassen, nämlich das Wasser, in dem das freie Wasserstoffatom durch Metall, das Hydrosylwasser- stoffatom durch Chlor ersetzt ist. Dieses Beispiel ist besonders charakteristisch; im obengenannten Falle ge- langen wir nämlich zu den Oxyehloriden; wechselt aber Metall und Chlor seine Stellung im Wassermoleeil, so gelangen wir zu den isomeren unterehlorigsauren Salzen. Solche Isomerieen sind bisher allerdings noch nicht be- kannt, wohl aber wissen wir, dass gewisse Metalle (nach unserem bisherigen Wissen) nur "Oxychloride bilden, andere hingegen nur unterchlorigsaure Salze bilden. Diese Thatsache erklärt gleichzeitig auch, warum die unterchlorigsauren Salze noch die bleichende Natur des Chlors besitzen, die Oxychloride aber dieser Eigenschaft bar sind. IX. Deutscher Geographentag. VI. (Schluss.) — Im weiteren Verlauf der Sitzungen sprach Professor E. Brück- ner-Bern: „Ueber Schwankungen der Seen und Meere.“ Die Höhenlage aller Seeoberflächen der Erde ist Schwankungen unterworfen, die von Veränderungen in der Zu- und Abfuhr des Wassers "abhängen. Da abflusslose Seen Nr. 30. das erstrebte Gleichgewicht zwischen Zu- und Abfuhr nur durch Veränderung ihrer Verdunstungsfläche er- reichen können, so verspätet sich bei ihnen die Errei- chung desselben nach Eintritt einer Veränderung von Zu- oder Abfuhr mehr, als bei den abflussbesitzenden Seen. Daher hat der Bodensee seinen höchsten Wasser- stand nahezu gleichzeitig mit dem Eintreffen der sommer- lichen Gletscherwasser des Rheins, das Caspische Meer dagegen denselben erst 2'/, Monate nach dem Frühjahrs- maximum des Wolgawassers. Mit der Regulirung des Wasserspiegels tritt aber auch in der Regel eine De- formirung der Niveaufläche ein, die sich an den Wasser- standszeigern der einzelnen Punkte leicht ablesen lässt, was namentlich an den grossen amerikanischen Seen beobachtet ist, deren Verhältnissen sich das Caspische Meer anschliesst. Als die Ursachen dieser Deformirung nennt Redner u. A. den Druck der Luft, die den Seen Wasser zutreibenden Winde, bei abflusslosen Seen auch die Veränderungen des specifischen Gewichtes des Wassers selbst. Redner giebt dann eine Aufstellung seiner Beobachtungen der vertikalen Bewegung des Wasserspiegels des Schwarzen Meeres und der parallelen Verschiebungen desselben auf- und abwärts, die er auf Grund der daselbst befindlichen Pegelstationen gemacht. Diese Beobachtungen haben darüber volle Klarheit ge- geben, dass das Schwarze Meer im Sommer mehr Wasser habe, als im Winter. Beim Steigen des Spiegels wächst der Abfluss am Bosporus, während an der Küste der Krim und des Kaukasus das Ansteigen des Spiegels nur langsam vor sich geht. Aehnlich wie beim Schwarzen Meere liegen auch die Verhältnisse in der Ostsee, bei der sich der Charakter der Jahresschwankungen zwar | von Lustrum zu Lustrum ändert, an allen betreffenden Küstenflächen aber der gleiche bleibt. Auch san den Küsten des Atlantischen Oceans findet man, wie. die | vorgelegten kartographischen Vergleichungen der Bewe- gungen des Wasserstandes in Brest, Cherbourg und Havre nachweisen, in den Lustren 1561—65 und 1871— 75 einen tiefen Stand, in den dazwischen liegenden Lustren | ein deutliches Ansteigen. Redner geht sodann auf die Wirkung der Klimaschwankungen, soweit sie für das von ihm gewählte Thema in Frage kommen, ein.*) Seine | Beobachtungen an den finnischen Gewässern und an den deutschen Küsten bestätigen das von anderen Gegenden Gesagte; der Vergleich der klimatischen und der Wasser- standsverhältnisse genügen jedoch nicht zur Erklärung. | Wenn sich auch an den deutschen Ostseeküsten Er- hebungen der Küsten nicht haben nachweisen lassen, so, hat dagegen zweifellos in Schweden in Folge tektonischer Vorgänge eine Erhöhung der Küste stattgefunden, Wie | die Wassermassen der Erde überall im Anschwellen und! Abschwellen begriffen sind, ist auch der Boden, auf dem wir leben, nicht absolut stabil und an den klimatischen und Temperatur - Vorgängen ebenso interessirt, wie die, Wassermengen. | Eng an diesen Vortrag schloss sich derjenige von Dr. Sieger-Wien über „Niveauveränderungen an skandinavischen Seen und Küsten“. Das vom) Redner an Ort und Stelle gesammelte Material aus diesen Gegenden ist für die vorliegende Frage besonders werth-' voll, weil hier ungewöhnlich alte und sorgfältige Beob- achtungen vorliegen; schon seit 1672 sind solche amı Mälar-See und seit Ende des vorigen Jahrhunderts an .den andern schwedischen und ostnorwegischen Seen an- gestellt worden. Diese Beobachtungen zeigen eine Ueber- einstimmung der Seeschwankungen mit den von Brückner, und dem Redner aufgestellten Epochen allgemeiner, *) Vergl. auch „Naturw. Wochensehr.“ Bd. VI, S. 48. Naturwissenschaftliehe ‘Wochenschrift. 503 Sehwankungen des Klimas. Auch ‚die Ostseeküste von Schweden und Finnland. zeigt ‚die. gleichen Schwan- kungen, hier jedoch-ist daneben eine allgemeine „nega- tive Strandverschiebung,* d. h. ein Zuwachs des Landes bemerkbar. Suess will diese letztere Veränderung eben- falls dem Wasser, nicht dem Lande zuweisen. Redner dagegen zweifelt, ob eine diese Annahme erklärende ein- seitige Veränderung des Klimas nachweisbar sei, Wichtig für die Entscheidung dieser Frage würde es sein, wenn sich. auch bei den Binnenseen eine ähnliche eonstante Abnahme nachweisen liesse. Wenn eine Entleerung der Ostsee durch klimatische Veränderungen bedingt wird, so muss eine Abnahme der Seen und der von ihnen ge- speisten Flüsse dem Sinken des Meeres vorangegangen sein. Ist dagegen das Sinken der Seen lediglich dadurch herbeigeführt, dass bei der Hebung des Landes die Erosionsbasis tiefer gelegt und damit das Gefälle der Seeabflüsse vermehrt wird, so wird die Niveauabnabme der Seen höchstens Schritt halten können mit jener des Meeres, wahrscheinlieh aber hinter derselben zurück- bleiben. Thatsächlich ist nun an den meisten Seen keine siehere Abnahme oder doch nur eine geringe Verände- rung nachzuweisen. Die inneren Seen zeigen dagegen wesentlich andere Verhältnisse als z. B. der. an der Küste gelegene Mälar-See; die in den letzten Jahrzehnten nach- weisbare säeulare Abnahme beträgt bei diesem 0,05, da- gegen am Hjelmar - See nur 0,02 schwedische Fuss. Redner glaubt sich daher zu dem Sehlusse berechtigt, dass der Betrag der an den Binnenseen beobachteten Senkung des Wassers nicht hinreicht, um die Annahme einer klimatischen Aenderung zu rechtfertigen. Die Ab- nahme der Seen und Flüsse erklärt sich als Folge einer Tieferlegung der Erosionsbasis, wie sie durch allmähliche Hebung des festen Landes herbeigeführt wird. Dennoch wird man diese Ergebnisse nur als „vorläufige“ be- zeichnen müssen, solange nicht einerseits eine grössere Anzahl von Klimaschwankungsperioden miteinander haben verglichen werden können, andrerseits sorgsame, längere Zeit hindurch ausgeführte Wasserstandsbeobachtungen, welche jetzt bereits von Schweden vorgenommen werden, zur Verfügung stehen. In der Schluss-Sitzung hielt dann der Privatdozent Dr. E. Oberhummer-München einen Vortrag über „die künftigen Aufgaben der historischen Geogra- phie“. Der Redner constatirte das rasch pulsirende Leben, welches sich in der naturwissenschaftliehen Rieh- tung der Geographie geltend mache, und beklagte den Stillstand, der in der. historischen Behandlung dieses Gegenstandes eingetreten sei. Ritter’s Ideen seien ver- gessen, dessen Bedeutung gerade in der Förderung der historischen Geographie bestanden habe.‘ Das Interesse der Wissenschaft erheische, ‚dass beide Richtungen geo- graphischer Forsehung miteinander Hand in Hand gehen; die meisten neueren Werke vergrössern die Kluft zwischen Geschichte und Geographie, statt sie zu, überbrücken. Eine Ausnahme davon macht nur Nissen’s „Italische Landeskunde“ und. die „Physikalische Geographie Griechenlands“ von Partsch. ‘Sonst hat sich ‚der wissen- schaftliche Betrieb der historischen Geographie haupt- sächlich auf das Alterthum beschränkt. Die nächste Aufgabe sei die Ausdehnung der historischen Geographie auf das Mittelalter. Untersuchungen wie die des Prof. Dr. W, Tomaschek über die Bevölkerung auf der Balkan- Halbinsel ständen noch vereinzelt da, allein sie deuten den Weg an, auf. dem mit, Hülfe historischer Quellen- forschung die physikalische Geographie ihre nothwendige wissenschaftliche Ergänzung finden könne. Als Ergebniss seines Vortrages stellt Redner den. Satz, hin: Aufgabe der historischen Geographie, unter welchen Begriff auch 304 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 30. die sogenannte politische Geographie sowie auch die nie und die Völkerkunde falle, sei das Studium des Menschen nach seiner räumliehen Verbrei- tung auf der Erdoberfläche nach Völkern, Staaten, Ver- kehrswegen und Ansiedelungen im vollen Umfang der geschichtlichen Entwieklung! Quellenstudium ist dabei ‚ die Hauptsache. In ein rein geschichtliches Studium braucht man darum nicht zu verfallen, sondern ' das Wechselverhältniss zwischen Litteratur- und Kunstge- schichte kann als Vorbild gelten. Der Betrieb der histo- rischen Geographie setzt immer eine gründliche Kenntniss der Ergebnisse der physikalischen voraus, ohne dass sie sich an deren Forschungen zu betheiligen hat. Gegen Oberhummer’s Ausführungen wendet sich Pro- fessor Richter-Graz, indem er die Hoffnung ausspricht, dass sich die geforderte Trennung der Geographie in eine historische und naturwissenschaftliche Richtung nicht erfüllen werde. Den Sehluss der Verhandlungen bildete der Vortrag | von Professor Steiner-Prag: „Ueber Photogram- metrie“. Die Möglichkeit, durch photographische Bilder die wahren Masse eines Gegenstandes zu er- mitteln, gewährt grosse Vortheile. Die Feldaufnahme eines Raumes von 5 km wurde z. B. in vierundzwanzig Bildern binnen vier und einer halben Stunde festgelegt. Die Photogrammetrie gestattet ferner die Aufnahme un- zugänglicher Stellen, die Festlegung von unbetretbaren Rutschgebieten und Bergwerken: Diese Aufnahmen bilden zugleich Documente, deren Kopien von absoluter Eehtheit und wunvergänglich sind. Meydenbauer hat in Berlin den Plan der Ruinen von Persepolis eonstruirt, zu dem ihm Stoltze in sechs Tagen zweihundert Aufnahmen | geliefert hatte. Auch die Festlegung der natürlichen Veränderungen eines Gegenstandes im Laufe der Zeit ist dadurch möglich, wie Finsterwalder’s Gletscher-Aufnahmen zeigen. "Moment-Aufnahmen von fahrenden Schiffen aus gestatten die Festlegung der Configuration eines Küsten- striches, ohne dass man diesen betritt. Auch eine stete Controlle etwa entstandener Fehler ist möglich. Der ‚Vortragende setzt dann die Einzelheiten des photogram- metrischen Verfahrens auseinander. Wissenschaftliche Irrlichter. In den letzten Tagen haben die politischen Blätter aller Richtungen . eine übereinstimmende Meldung gebracht, ob der wohl nicht nur jeder Astronom, sondern auch jeder Natur- wissenschaftler, der ein wenig streng denken kann, bis in’s innerste Herz erstaunt war. Also in jenem durch manche, nur nicht naturwissenschaftliche, Dinge be- rühmten Bade Pau ist eine alte Dame verstorben, die dem Institut de France 100000 Fıs. vermacht hat. Für diesen Betrag sollen nun „wissenschaftliche“ Unter- suchungen angestellt werden zu dem Zwecke, Mittel aus- findig zu machen, die eine Correspondenz mit anderen Himmelskörpern, vornehmlich dem Planeten Mars ermög- lichen sollen. Wenn eine alte Dame eine solche „Idee“ hinterlässt, so kann man freilich noch immer ruhig bleiben. Aber die Blätter berichten auch über ein vor- läufiges Urtheil des französischen Astronomen Camille Flammarion, der jener merkwürdigen Testamentsbestim- mung nicht so ganz unsympathisch gegenübersteht und namentlich geäussert hat, dass eine Correspondenz mit Mars wohl nicht so unmöglich sei, und dass .er .ins-| besondere gewisse Lichterscheinungen auf jenem Planeten, die rein wissenschaftlich bisher noch nicht konnten er-, klärt werden, als Signale an die Erdbewohner auffasse.| Herr ©. Flammarion ist ein guter und gescheuter Herr, der! sehr viele sehr „populäre“ Dinge verfasst hat, in denen stets die Phantasie mit dem Wissen durchging. Ich er- innere nur an sein „Lumen“, wo er so gar schöne Sachen vom Genius des Lichtes erzählt. Man kann es nun, wie gesagt, einer alten Dame nicht verübeln, wenn sie solche „Gedanken“ hat. Aber wenn Herr®-Flammarion sich durch jene noch zu eigenen Gedanke@a in jener Riehtung begeistern lässt, so geht‘das doch ber jenes Mass hinaus, was man im Interesse der Wissenschaft und ihrer Popularisirung für zulässig erachten darf. Gegen solche Phantastereien, die zu Nichts führen und ohne all’ und jeden Werth sind, muss man ernstlich protestiren. Doppelt beklagenswerth ist es aber, wenn Herr C. Flamma- rion so en passant erwähnt, dass man wenige Jahre vor der Entdeekung der Spectralanalyse auch die Erforschung der chemischen Zusammensetzung der Himmelskörper für un- möglich gehalten habe, und wenn er, da letztere nun heute doch einen ganz ernsten realen Wissenszweig bildet, meint, ganz ebenso könne es mit der Correspondenz zwischen den Planeten gehen. Wir werden uns freuen, wenn Herr C. Flammarion demnächst vielleicht einen Schlüssel zur Erd-Mars-Correspondenz herausgeben sollte, denn ohne solehen würde doch die ganze interplanetare Telegraphie werthlos bleiben. Gravelius. Eine neue Signalvorrichtung, um Dammrutsehungen anzuzeigen, beschreibt Richter-Gerdauen, dem der Apparat patentirt ist, in den „Neuesten Erfindungen und Erfahrungen“. Der Apparat, durch welchen drohende oder bereits erfolgte Terrainrutschungen mittelst optischer und Knallsignale derart erkennbar gemacht werden, dass Züge rechtzeitig angehalten und Unglücksfälle vermieden werden können, besteht aus zwei Hauptbestandtheilen: aus zwei sogenannten Knallsignallagern, in welchen sich zwei bewegliche Blechkapseln mit je drei Knallsignalen befinden und aus zwei mit rothem Glase versehenen Signallaternen, an deren jeder sich eine drehbare, be- wegliche Signalblende von Eisenblech ' befindet. Wenn nun eine durch Hochwasser oder anhaltendes Regen- wetter gefährdete Stelle der Bahnstreeke durch den frag- lichen Apparat geschützt werden soll, so werden die beiden Knallsignallager mit Hackenbolzen und Flügel- muttern an den äusseren Schienenstrang angeschraubt, ebenso auch die Signallaternen an den aufgestellten Pfählen aufgehängt unter Innehaltung derjenigen Ent- fernungen, welche die deutsche Signalordnung im Eisen- bahnverkehr angeordnet hat. Damit nun diese Knall- signale und die Blenden zu den beiden Signallaternen nöthigenfalls in Thätigkeit gesetzt werden können, wird von dem einen Knallsignallager bis zu dem anderen auf dem Kiesbette der Bahnstrecke eine aus 2 mm starkem geglühtem Eisendraht gefertigte Leitung gelegt und die- selbe an ihren beiden Enden an eine etwa 60 em lange Drahtschlinge, welche um einen Pfahl gelegt wird, der dem Apparat sich gegenüber befindet, angeschlossen. Diese Drahtschlinge, welche zum Festlaufen der Leitung dient, wird, nachdem die betreffende Kapsel umgelegt ist, mit einer Drahtschnur verbunden, an welcher wieder ein am anderen Ende befindlieher Ziehring einen Hebel der Blechkapsel umfasst, wodurch die Verbindung beider Apparate bewirkt wird. Die Laternenblenden werden an die Drahtleitung durch eine Drahtschnur angeschlossen, welehe über zwei Rollen läuft und in einem Ringe endigt, dem ein an der Signalblende befindlicher Haken ent- spricht. An derjenigen Stelle des Dammes, an welcher man eine Gefährdung durch Rutschungen u. s. w. be- fürchtet, beispielsweise bei einer unterspülten Brücke, werden 5—10 Stück grössere Feldstene im Gewichte von ungefähr 90 kg und kreuzweise mit Draht gebunden, entweder auf die Böschungskante gelegt oder an der Stelle, wo der Abrutsch befürchtet wird, in die Erde Nr. 30. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 305 2 z ——, == 7 —— vergraben. Gegenüber diesen Steinen werden hierauf längs der durchgehenden Leitung fünf Pfähle in Ab- ständen von 6—8 m eingeschlagen, eiserne Rollen darauf befestigt und die Leitung dann daran angelegt. Ist dies geschehen, so werden die einzelnen Feldsteine durch Drähte, und diese wieder mit der Durchgangsleitung ver- bunden, worauf der Apparat zur Funectionirung völlig fertig ist. Die gesammten Vorbereitungsarbeiten können mit vier gewandten Arbeitern in zwei Stunden fertig- gestellt werden. Der Apparat funetionirt sehr leicht, in- dem schon eine unbedeutende, durch die Bewegung der Böschungserde verursachte Senkung oder Verrückung eines Feldsteines genügt, um die Leitung durch den Verbindungsdraht des Steines so anzuziehen, dass die, die rothen Laternenscheiben verdeckenden Blenden herab- fallen und die Blechkapseln mit den Knallsignalen auf die Schienen klappen. Kommt nun ein Zug in der Richtung der gefährlichen Stelle und die Rutschung ist schon vor sich gegangen, so wird er durch die unter seinen Rädern sich entladenden Signalschüsse und durch das im Dunkel der Nacht erscheinende Rothlicht der Laternen auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht. Erfolgt die Dammrutschung indessen erst, wenn der Zug die gefährliche Stelle schon ohne Unfall passirt hat, so würde derselbe auch durch das erscheinende rothe Licht und die Detonation des Knallsignales auf den Vorgang aufmerksam gemacht werden und davon bei seiner An- kunft in der nächsten Station Meldung machen können. — Die beiden Knallsignallager können auch beim Ge- leiseumbau, bei Auskofferungs- und anderen grösseren Unterhaltungsarbeiten an Fahrstrecken, die Signallaternen mit Blenden als sofortige Haltesignale auf Brücken, in Tunnels zur Nachtzeit, auch an geeigneter Stelle vor den Einfahrtsweichen auf den Stationen mit grossem Verkehr benützt werden, um in entscheidenden Momenten einen Zusämmenstoss entweder ganz zu verhindern, oder doch abzuschwächen. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Der Geh. Regierungs-Rath Prof. Dr. Karl Rammelsberg, Direktor des zweiten ehemischen Instituts der Berliner Universi- tät, legt mit Ende des Sommer-Semesters sein Lehramt nieder, um in den Ruhestand zu treten. Der greise Gelehrte — er steht im 79. Lebensjahre — ist einer der ältesten Lehrer unserer Uni- versität, der er seit 1541 als Privatdozent, seit 1845 als ausser- ordentlicher Professor angehört. Seit 1874 ist er Ordinarius der Chemie und seit 1883 Leiter des neu gegründeten zweiten che- mischen Institutes der Universität. Rammelsberg hat seine ganze Laufbahn in Berlin, seiner Geburtsstadt, durchgemacht; früh- zeitig von Interesse für die Chemie getrieben, widmete er sich deren Studium unter Richard Mitscherlich, Heinrich und Gustav Rose, und trieb nebenbei mineralogische Studien bei Chr. S. Weiss. 1836 schrieb er seine Doctorschrift „über einige Ver- ‚bindungen des Oyans“. Nachdem er seine Lehrthätigkeit an der Universität bereits mehrere Jahre mit Erfolg ausgeübt hatte, trat er 1550 auch in den Lehrkörper des Königlichen Gewerbe- Instituts, der späteren Gewerbe-Akademie, welche jetzt einen Theil der Technischen Hochschule in Charlottenburg ausmacht. 1385 trat er wieder aus diesem Lehrkörper aus. Ausserdem wirkte er aber auch noch als Dozent der Chemie an der Königl. Bergakademie seit ihrer Begründung 1860. Diese aussergewöhn- lich reiche Lehrthätigkeit Rammelsbergs giebt schon einen deut- lichen Ausdruck seiner wissenschaftlichen Bedeutung. Er ist die erste lebende Autorität auf dem Gebiete der Mineral- Chemie, eines Zweiges der anorganischen Chemie, die zum grossen Theil erst von ihm geschaffen worden ist. Er deckte die Beziehuugen zwischen der äusseren Form und der chemischen Zusammensetzung der Minerale auf und stellte die für dieselben giltigen Gesetze fest und hat von zahllosen Mineralien selbst die chemische Ana- lyse gemacht. Seine Arbeit hat reiche Früchte getragen. Wie seine Lehrthätigkeit, war auch seine Forscher-Arbeit ungemein vielseitig und umfassend. Sie hat sich auch auf die theoretische Chemie sowie einzelne Theile der allgemeinen organischen und anorganischen Chemie erstreckt. Rammelsbergs zahlreiche Lehr- und Handbücher haben viele Auflagen erlebt und sind weit ver- breitet. Er ist eines der ältesten Mitglieder der Berliner Akademie der Wissenschaften, deren mathematisch-physikalischer Klasse er seit 1855 angehört. Am Tage seines fünfzigjährigen Doetor- jubileums hat sie ihm durch den beredten Mund A. W. von Hof- manns einen Glückwunsch überbracht, welcher das schönste Zeug- niss für die früchtereiche Lebensarbeit des in stiller Zurückge- zogenheit lebenden Gelehrten ist. Zu seinem Nachfolger ist der Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Hans Landolt, Direktor des chemischen Instituts der Landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin, bestimmt, Er ist seit 1851 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und hat als solches, . auch von seinem Rechte, an der Universität Vorlesungen zu halten, Gebrauch gemacht. Er ist 1851 in Zürich geboren, hat sieh 1856 in Breslau als Privatdozent für Chemie habi- litirt, wurde schon im nächsten Jahre als ausserordentlicher Professor und Director des chemischen Universitäts-Laboratoriums nach Bonn berufen, wurde 1567 daselbst Ordinarius der Chemie, 1569 Vorsteher der Fachschule für Chemie und Hüttenkunde an der Technischen Hochschule in Aachen, Seit 1880 wirkt er in Berlin. Sein Arbeitsfeld ist besonders die anorganische Chemie, die er durch zahlreiche experimentelle Arbeiten gefördert hat. Seine litterarischen Arbeiten sind grösstentheils in Fachzeit- schriften niedergelegt. Gemeinsam mit Prof. Börnstein von der Landwirthsehaftlichen Hochschule hat er die „physikalisch- chemischen Tabellen“ herausgegeben. In einem der Vorjahre hat er die Reetorwürde an der Landwirthschaftlichen Hochschule bekleidet. Der Vorstand der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft und der Danziger Geschäftsführer Herr Dr. Lissauer erlassen nunmehr die Einladung an die deutschen Anthropologen und alle Freunde der anthropologischen Forschung zu der in den Tagen vom 2. bis 5. August in Danzig stattfindenden allgemeinen sammlung. Auf «(em reichen Programm der wissenschaftlichen » stehen bis jetzt folgende: Geheimrath Prof. Virchow: sche und transkaukasische Alterthümer; Geheimrath Professor Waldeyer: Ueber die Reil’sche Insel und Sylvische Furche der Anthropoiden; Prof. A. Jentzsch in Königsberg: Ueberblick der Geologie Westpreussens; Prof. Dorr in Elbine: Ueber die Steinkistengräber bei Elbing; Stadtrath Helm in Danzig: Ueber die Analyse westpreussischer Bronzen ; Dr. Lissauer in Danzig: Ueber den Formenkreis der slawischen Schläfenringe; Prof. Dr. J. Ranke: Ueber Beziehungen des Gehirns zum Sehädelbau; Prof. Dr. Oskar Mortelius in Stockholm: 1) Ueber die Chronologie der Steinzeit in Skandinavien; 2) die Bronzezeit im Orient und in Süd-Europa. Litteratur. Carus Sterne, Die allgemeine Weltanschauung in ihrer his- torischen Entwickelung. Charakterbilder aus der Geschichte der Naturwissenschaften. Verlag von Otto Weisert. Stuttgart 1839. Pre Mk. Der Polyhistor Carus Sterne (Dr. Ernst Krause) bietet in dem vorliegendem Bande, ‘der eine interessante und anziehend geschriebene Lektüre bildet, eine gedrängte und übersichtliche Darstellung der Vorstellung vom Weltgebäude und vom Werden der Naturdinge in ihrer geschichtlichen Entwickelung. Manche Episode findet in dem Buche zum ersten Male eine quellenmässige Darstellung. Eine Anzahl Holzschnitte mit interessanten und wichtigen Abbildungen und Portraits, 6 der letzteren als Tafeln, erhöhen den Werth des gewissenhaften Buches. Wir können dasselbe nieht genug empfehlen: begreift man doch unseren heutieen naturwissenschaftlichen Standpunkt dann erst ganz und sieht die Fortschritte dann erst im richtigen Lichte, wenn man die Kämpfe kennt, die der Erreichung desselben vorangegangen und wenn einem die früheren Ansichten geläufig sind. Carus Sterne hat mit grossem Geschiek die wichtigsten Probleme, welche die Naturwissenschaft bewegt haben und bewegen, in den Vordergrund seiner Betrachtungen gestellt. Alfred Hermann Brunn, Grundzüge einer Maschinenwissen- schaft. Zugleich eine Einleitung zum Studium des Maschinen- wesense. A. Hartleben’s Verlag. Wien, Pest, Leipzig. 0. J. 1,50 Mk. Es giebt Bücher, welehe man mit grosser, ja gewissermassen freudiger, Erwartung zur Hand nimmt, die man dann aber mit steigendem Unmuth liest, ohne sich doch am Schlusse mit diesem Gefühle. definitiv von ihnen abwenden zu können. Zu diesen Büchern gehört, lediglich aus formalen Gründen, das vorliegende Sehriftehen, das um der Conelusionen willen, zu denen es ge- 306 langt, jeder Leser sehr hochschätzen wird, das aber in seinen ersten Theilen doch eine gar unerfreuliche Strasse zu geistigem Wandern bietet. Wenn der Herr Verfasser darauf ausgeht, eine „Philosophie der Maschinenbaukunst“ durch sein Schriftehen anzubahnen, so durfte er von vornherein — bei dem ausserordentlich hohen geistigen Standpunkte, den namentlich im Deutschen Reiche die Techniker, d.h. die aus technischen Hochschulen hervorgegangenen akademisch Gebildeten, einnehmen — auf freudiges Entgegen- kommen und Verständniss rechnen. Und das umsomehr, als er werthvolle, eigenartige, neue Gedanken zu entwickeln hat. Nun aber begeht er den grossen Fehler, in nahezu zwei Dritteln des 5 Bogen haltenden Schriftehens in unsäglich breiter, sich alle Augenblicke wiederholender, Weise uns Dinge zu er- zählen, die aus jeder philosophischen Propädeutik für Gymnasien klarer und kürzer zu ersehen sind. Der Herr Verfasser begeht diesen Fehler in bester Absicht und wohl auch verleitet von der warmen Begeisterung für diesen Gegenstand. Aber er hätte doch bedenken sollen: wenn man in ernster Sache zu ernsten Leuten spricht, dann darf man sich nicht so wie hier im Tone vergreifen, als ob man für das Publicum eines Volksblattes für Stadt und Land schriebe. Der Herr Verfasser hat seinen Gegenstand anschaulich und namentlich für den jungen Maschinenbaustudirenden leicht fasslich darstellen wollen. Hier liegt also der Grund für die von ihm gewählte Form. Und da muss man denn gestehen, dass er wohl viele Genossen hat, die mit ihm in den gleichen Fehler verfallen, zu glauben, dass man für Anfänger und sogenannte „populäre“ Leser möglichst breit und platt schreiben müsse. Kein Irrthum ist grösser, denn auch der Anfänger und der populäre Leser empfinden das Langweilige sehr wohl als langweilig, aber — und das macht jenen Irrthum zu einem dem Autor schädlichen — sie setzen der Langeweile keine Widerstandskraft entgegen, sie überwinden sie nicht, wie es der erfahrene Leser thut, der auch unter rauher Schale sich bemüht, einen edlen Kern zu finden. Und — das will ich möglichst ausdrücklich hervorheben — in Herrn Brunn’s Schrift ist wahrlich ein sehr edler Kern ent- halten. Namentlich das achte und neunte Capitel eröffnen uns den überaus befriedigenden Einblick in die Gedankenwelt eines in hohem Masse geistreichen Mannes. Gleicherweise schätze ich die Capitel IV und V, welche die Kinematik in ihrer Beziehung zur Maschinenwissenschaft behandeln, und wo Herr Brunn seine Stellung zu Herrn Reuleaux und dessen berühmtem Buch präeisirt, sehr hoch. Und wenn endlich Verfasser seine Aus- einandersetzung mit der Forderung einer gründlichen philoso- phischen Durchbildung des Maschinenbaustudirenden schliesst, so wird ihm allgemeiner Beifall, namentlich auch aus den Kreisen der deutschen technischen Hochschulen sicher sein. Möge das Schriftehen recht viele Leser finden, die gleich dem Ref. über den Mängeln einiger Capitel — die wie gesagt nur formale sind — die grossen schätzbaren Vorzüge der übrigen nicht vergessen. Zu einer hoffentlich bald nothwendig werdenden neuen Auflage möchte ich dem Herrn Verfasser rathen, die drei ersten Capitel, sowie Capitel VI und VII möglichst eng, straff und klar zusammenzuziehen, dann ‚wird seine Schrift zu den tadellosen Zierden unserer Litteratur zählen, Gravelius. Paul Mantegazza, Die Hygiene des Geschmacks. Verlag von Heinrich Matz. Königsberg in Ostpreussen, ohne Jahreszahl. Das gastronomische Heftchen ist auch als Lektüre für die Hausfrau zu empfehlen, denn es dürfte jeder derselben, die über- haupt die Neigung zum Denken hat, gelegen sein, über Zuträg- lichkeit und Bedeutung der Nahrungs- und Genussmittel einige gute Worte zu hören; gerade sie ist ja auch am ersten in der Lage hygienisch auf ihre Familie zu wirken. Dr. R. Stricker, Die Behandlung der Nervenkrankheiten. Gemeinverständlich dargestellt. Verlag von Otto Weisert. Stuttgart 1891. Preis 1,50 Mk. Nach einem kurzen einleitendem Kapitel S. 3—15 über den Bau und die Funktionen der Nerven, zu welchem eine Tafel ge- hört, welches dass Centralnervensystem, die Nerven und ihre €€——_—_—_—_—-—__aaaaaaaaaaÄÄÄÄ“”eeeeeeeeeeeeeäeääääääääTTT mm ——— m — Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 30. Haupt-Verästelungen im ganzen Körper des Menschen zeigt. be- spricht der Autor die Krankheiten des Nervensystems S. 17—40 und die Behandlung derselben S. 43—122. Die Darstellung ist gut und der Verf. wohl orientirt. Annalen d. Hydrographie u. maritimen Meteorologie1891. VI. Herr V. Kremser beendet seine inhaltreichen Untersuchungen überdas Klima Helgolands (vgl. auch „Naturw. Wochenschr.*“ VI, S. 265) deren Ergebnisse in folgenden Sätzen zusammenge- fasst sind. h 1. Die Nordseeinsel Helgoland ist innerhalb des deutschen Reiches der vorzüglichste Repräsentant des Seeklimas. — 2. Jahres-, Monats- und Tagesschwankung der Lufttemperatur sind auf Helgoland sowohl im Mittel wie in den Extremen kleiner als in irgend einer anderen Gegend Deutschlands. — 3. Die höchste Mitteltemperatur stellt sich erst im August ein und zwar um die Mitte des Monats; der September ist wärmer als der Juni. — 4. Die niedrigste Mitteltemperatur haben Januar und Februar gemein. — 5. Auf die Jahreszeiten sind bezüglich der Temperatur folgende relative Bezeichnungen zutreffend: Herbst warm, Winter mild, Frühjahr kalt, Sommer kühl. — 6. Vom November bis Januar ist Helgoland dem Tagesmittel nach der wärmste Ort Deutschlands, im Sommer der kühlste (mit Ausschluss der Gebirge). — 7. Fast dreiviertel Jahr hindureh (nämlich in den kühleren Jahreszeiten) ist es um 6 Uhr früh wärmer, eine gleich lange Zeit (nämlich in den wärmeren Jahreszeiten) um 2 Uhr Nachmittags kühler als alle übrigen deutschen Stationen. — 8. Die Temperaturveränderlieh- keit ist die geringste von ganz Centraleuropa. — 9. Absolute und relative Feuchtigkeit sind hoch, jährliche und tägliche Schwankung derselben geringer als sonst in Norddeutschland. — 10. In der Grösse der Bewölkung wird es nur von einzelnen Punkten in den Gebirgen übertroffen. — Il. Im Gegensatz zum Binnenlande hat es ein nebelreiches Frühjahr und einen nebelarmen Herbst. — 12. Nach dem Betrage des Niederschlags gehört es mit der Nord- seeküste zu den feuchtesten Gegenden des ebenen Deutschlands; Spätsommer und Herbst sind die eigentliche Regenzeit, das Früh- jahr bis einschliesslich Juni die Trockenzeit. — 13. Bezüglich der Häufigkeit der Niederschläge hat es im norddeutschen Binnen- lände keinen Rivalen, vielleicht nicht einmal im Gebirge; auf- fallend gross ist die Jahresamplitude: im Juni kommt auf drei Tage ein Niederschlagstag, im Oktober zwei. — 14. Schneefälle sind seltener als sonst in Norddeutschland; der erste Schneefall verspätet sich in augenfälliger Weise. Das Häufigkeitsmaximum tritt im März ein. — 15. In der Windvertheilung nimmt Helgoland eine Mittelstellung ein zwischen der südlichen und östlichen Nordseeküste. — 16. Die Windstärke zeigt einen ausgesprochenen jährlichen Gang (Maximum im Oktober-November, Minimum im Mai- Juni), aber keinen merkbaren täglichen. — 17. Völlig sturmsieher ist kein einziger Monat, sehr selten aber stürmt es in der Zeit April-Juni; am stürmischsten ist der Anfang Dezember. Herr F. Bolte bringt eine Studie über die Verwerthungvon Sternbedeekungen fürdieChronometerkontrole auf See. Die Sternbedeekungen haben vor den Monddistanzen den sehr grossen Vortheil voraus, an die Geübtheit der Beobachter, wie auch an die Beobachtungsinstrumente viel geringere Anforderungen zu stellen, sodass also aus ihnen in gleichem Masse genauere Resul- tate erwartet werden dürfen. Aber dem steht gegenüber, dass. wie Verf. eingehend zeigt, nur allzu selten sich Gelegenheit bietet, auf den am meissten befahrenen Routen Sternbedeekungen zur Beobachtung zu bekommen. Nichtsdestoweniger können die- selben in einzelnen Fällen dem Schiffsführer die wesentlichsten Dienste leisten, und es erscheint daher in der That wünschens- werth, die Aufmerksamkeit derjenigen Seeleute auf dieselben zu lenken, welche für astronomisch-nautische Beobachtungen regeres Interesse haben; und dies umsomehr, als es eine vom Verf. auch erwähnte Methode zur Reduktion der Beobachtungen giebt, die keine höheren mathematischen Kenntnisse voraussetzt, als wie sie bei der Methode der Monddistanzen gebraucht werden. — Der dritte grössere Aufsatz dieses Heftes ist von R. Ritter von Jedina und behandelt von den Gesichtspunkten der modernen Meteorologie aus Wind und Wetter in der Adria, ein Gegenstand, an dem die österreichische Marine, der Verf. angehört, ja natur- gemäss im höchsten Masse interessirt ist. Grs. Inhalt: Dr. F. Kienitz-Gerloff: Neuere Forschungen über die Natur der Pflanze. (Schluss.) — Franz Ritter von Schaeck: Ober-Savoyen und seine Alpen-Vogelwelt. (Fortsetzung und Schluss.) — Eine neue Maulwurfs-Art aus Südost-Sibirien. — Ueber die Constitution des Wassermoleeüls. — IX. Deutscher Geographentag. VI. (Schluss.) — Wissenschaftliche Irr- lichter. — Eine neue Signalvorrichtung, um Dammrutsehungen anzuzeigen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Carus Sterne: Die allgemeine Weltanschauung in ihrer historischen Entwiekelung. — Alfred Hermann Brunn: Grundzüge einer Maschinenwissenschaft. — Paul Mantegazza: Die Hygiene des Geschmacks. — Dr. R. Stricker: Die Behandlung der Nervenkrankheiten. — Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie 1891. VI. Sir: Ta m — nn nn ereree n n Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 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Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen Mit vielen Abbildungen. ). Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten /. J. van Bebber. und 5 Holzschnitten. Mit 7 Holz- Welträthsel“ von Dr. Eugen Berlin von Dr. H. Potonie. Prof. Dr. Hermann Credner Mit 1 Tafel LXVIII ' Naturwissenschaftliehe- Wochenschrift. Nr. 30. Fiat ; 1 Verlag des Art, Institut Orell-Füssli Soeben „Ersehien: | 2 Pa | im Zürich. io Th Beohächtungs- Ergebnisse er; Die penninischen.Alpen. der Ein Führer für Bergsteiger durch das Gebiet der penninischen Königlichen Sternwarte Alpen zwischen Simplon und Er "Sauerstolf Berli ’ Grosser St. Bernhard !in Stahleylindern FR Fe ai s | von : Dr. Th. Elkan, | eg EIeft Eee pre | W. M. Conway, : Berlin N., Tegeler Ser. 5: ash 1202 2. bearbeitet und herausgegeben = von Ennnrannnsannssunnssnssonnarsnnnsunansunsnannstannssapn nn nannz Ri 4 ‘ - Beiträge zur Bestimmung der Mondbewegung und der Sonnen- BEBFTDBIDTN IEDIIDIEN parallaxe aus Beobachtungen von Sternbedeckungen am sechs- August Lorria. h | füssigen Merz’schen Fernröhr der Berliner Sternwarte 15 Booen 802 Preis rk ‘9 Thermometrographen % dat 13 Bogen B34 Era AO BUEZE % nach Six | von B Der von dem hervorragenden englischem en | inisten W.M. Conway herausgegebene empfiehlt als Speeialität | Dr. H. Battermann. Hulrer für das Gebiet der Fenzinischög K unter Garantie | en erfreut sich Er te r a . | € = R ( ae rg \touristen eines vorzüglichen ufes nD ) H. Hess Nehf., Berlin S. 5 42. Seiten. gr. 4%. Preis 4 Mark. Bediznsier AıE doch mit gswissen- | & 5, after Berücksichtigung alles issens- Kommandantenstr. 41. Ferd. 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Friedrichstrasse 21. 3 „2 Sanitätsapparaten-Fabrik. = M | | | „PT Redaktion: Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, dos ihre Schöpfangen schmückt. Behmnndaner, Dr. H. Potoniie, Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 2. August 1891. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 34. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Eine Wanderung durch die Frankfurter Elektrotechnische Ausstellung. Von Harry Gravelius. Nach der Mitte des Juni hatten sich die Stimmen in stark zunehmender Weise gemehrt, welche bald stärker bald weniger bissig über die internationale elektrische Ausstellung in Frankfurt a. M. urtheilten. Sehr viele Zeitungen liessen sich in ihrem Briefkasten über jenes Unternehmen interpelliren und riethen in der Antwort von einem Besuche der Ausstellung ab. Die Geister des Zweifels und des Widerspruchs, die leicht Herr über mich werden, stellten sich damals auch ein und ruhten nicht bis sie mieh wirklich nach der Mainstadt getrieben hatten, damit ich selbst sehen könne, wie die Dinge dort stehen. Nach einer kurzen Rast war ich denn auch wenige Stunden nach meiner Ankunft in der Ausstellung. Nicht ganz ohne Beklemmung war ich eingetreten, denn ich trug noch ein Berliner Blatt vom vorigen Tage bei mir, in dem über die nimmer enden wollende Unfertigkeit der Ausstellung geklagt wurde. Naturgemäss lenkte ich meine Schritte zunächst nach dem natürlichen Centrum der Ausstellung, der grossen Maschinenhalle und dem hinter ihr liegenden Kesselhaus. Ein Chaos noch rein embryonaler Zustände hatte ich zu finden erwartet und ich sah im Gegentheil, dass hier in grossen Zügen alles fertig war und nur hier und da noch die Monteure an der Arbeit waren. Aber aus letzterem kann in der That für Niemanden ein Vorwurf entstehen, wenn das für alle Transportirungen, sowie auch für die meisten vorzu- nehmenden Arbeiten phaenomenal ungünstige Wetter der ersten Hälfte dieses Jahres in Betracht gezogen wird. Hier ist die Stelle des ganzen äusserst umfangreiehen Terrains, wo das Interesse des Besuchers am meisten ge- fesselt wird. Es ist. meiner Ansicht nach keineswegs in erster Linie die Fülle der hier vereinigten Maschinen und Mo- toren der verschiedensten Art nach Grösse und Leistungs- fähigkeit, was hier den Besucher gefangen nimmt, son- dern ganz gewiss weit mehr der Umstand, dass ver- schiedene Aussteller uns die Möglichkeit darbieten, einen Einblick in den Betrieb einer Centralanlage zur Ver- theilung des elektrischen Stromes zu gewinnen. Und ge- rade diese Vertheilung, ihre technische Anordnung und ökonomische Ausführung ist es Ja, die zur Zeit im Vorder- grunde des Interesses für alle steht, welche sich um die Entwiekelung der Elektrotechnik aus irgend welchem Grunde kümmern. Vor allem tritt da auch die Frage Wechselstrom oder Gleichstrom an uns heran, eine Frage, über die sich alle diejenigen näher unterrichten müssen, welche berufen sind, bei Errichtung von Centralstationen in Städten mitzureden. Eine Wechselstromanlage führt uns die Actiengesell- schaft Helios in Köln vor, und zwar in der Mitte der grossen Maschinenhalle. Sie besteht aus einer grossen Dampfdynamo (direet gekuppelte Dampf- und Dynamo- maschine) zur Erzeugung des Wechselstroms und einer kleinen Dampfdynamo, die den Gleichstrom zur Erregung der Elektromagnete liefert. Die zugehörigen Dampf- erzeuger, welche natürlich als Theil einer Centrale mit in erster Linie in Betracht kommen, stehen in der mitt- leren Abtheilung des Kesselhauses. Es sind drei gleiche Cornwallkessel, welehe die Actiengesellschaft H. Paucksch in Landsberg a. W. geliefert hat. Jeder dieser Kessel hat 10 m Länge, 2,1 m Durchmesser und 80 qm Heiz- fläche. Der Dampf ist auf 8 5 Atmosphären gespannt und geht aus allen drei Kesseln, deren einer als Reserve dient, zu einem gemeinschaftlichen Dampfsammler und von da nach der Dampfmaschme. Von derselben letzt- genannten Firma ist auch die 600pferdige Dampf- maschine geliefert, welche zum Betrieb der Wechsel- stromdynamo (für 400 000 Watt bei 2000 Volt) dient. Die letztere Maschine leistet nun ihrerseits den Betrieb von Glühlampen, Bogenlampen und elektrischen Motoren auf dem Ausstellungsgebiet und liefert weiter den Strom für 308 eine Kraftübertragungsanlage von 20 Pferdekräften und eine Liehtanlage von 30000 Watt nach dem Palmen- garten. Es wird interessiren, wenn noch einiges über die erwähnte 600 pferdige Dampfmaschine betreffs ihrer Di- mensionen gesagt wird. Sie ist die einzige der grossen Maschinen, die ich auf der Ausstellung sah, die liegend ausgeführt. Das Compoundsystem, die Art der Steuerung und Regulirung hat sie mit mehreren anderen gemein. Die Cylinderdurehmesser sind 0,57 m und 1,03 m; der Hub 0,84 m. Bei maximaler Leistung macht die Maschine die für solehe Dimensionen sehr beträchtliche Zahl von 125 Umdrehungen in der Minute. Die Welle allein wiegt 9000 kg, das darauf sitzende Magnetrad einiges über 16 000 kg und die ganze Dampfdynamo rund 85 000 kg. Gerade bei dieser Anlage zeigt sich so recht die ausserordentliehe Bedeutung dieser Ausstellung für die ganze in Betracht kommende Industrie, wie auch der grosse Mangel an Berechtigung für all’ die Vorwürfe, die man dem Unternehmen wegen seiner Unfertigkeit glaubte machen zu dürfen. Hier handelt es sich doch gar nicht darum, dass jeder Aussteller für sich allein kommt und seine Sachen ausstellt, sondern zur Fertig- stellung eines jeden einzelnen der grösseren Objecte ist eben die Zusammenarbeit einer ganzen Reihe von Einzel- ausstellern nothwendig gewesen. Die Wechselstromdynamomaschine selbst der be- sprochenen Anlage ist nach den Patenten von Ganz u. Co. in Budapest gebaut und setzt sich zusammen aus dem eben genannten Magnetrad von 3 m Durchmesser, auf dessen Umfang 40 Elektromagnete sitzen, und dem festsitzenden Anker mit gleich viel Spulen, der zum Zwecke der Revision oder Reparatur seitwärts über das Magnetrad weggeschoben werden kann. Durch die Drehung jenes Rades innerhalb des Ankers werden in dessen Spulen Ströme erzeugt, die in der Minute 5000 Mal die Riehtung wechseln. Ihre Spannung beträgt, wie bereits erwähnt, 2000 Volt und der Effekt 400 000 Watt, was zur Speisung von 6000 Glühlampen hinreicht. Die Anordnung haben wir deshalb vollständig beschrieben, weil sie — wonach ja der Laie solchen Anlagen gegen- über immer mit einer gewissen Aengstlichkeit fragt — die Gewähr bietet, dass Erzeugung und Abnahme dieses hochgespannten Stromes ohne alle Gefährdung des Be- dienungspersonals erfolgt. Denn der Anker ist während der Bewegung gänzlich unzugänglich und die Abnahme- stellen, von denen aus der Strom zu den Regulirapparaten seht, liegen am unteren Theil des Umfangs in der Rad- srube. — Die Elektromagnete werden durch einen Strom erregt, den eine Nebenschlussgleichstrommaschine des Helios von 22000 Watt Leistung mit schmiedeeisernen Magnetkernen liefert. Dieselbe sitzt auf der Welle einer schnellaufenden Dampfmaschine der Dingler’schen Ma- schinenfabrik zu Zweibrücken, die 450 Umdrehungen pro Minute macht. Zur Einführung des Stromes in die Magnetspulen der Wechselstrommaschine wird er an zwei auf deren Welle sitzende Schleifringe geführt, von denen ihn Bürsten abnehmen. Die Gesellschaft hat hat ausserdem noch zwei hundertpferdige Dynamos in 3etrieb, deren Bewegung von einer Sulzer’schen Dampf- maschine geleistet wird. Von ganz besonderem Interesse für den Fachmann sind die hier angewendeten Schalt- und Regulirvorriehtungen, die eben die vollkommene Sieherheit des Personals gewährleisten. Sie sehen im Gegensatz zu den analogen Vorrichtungen der Gleich- stromsysteme so gar nicht „elektrisch“ aus, da kein Schalt- brett in Anwendung kommt. Mit ihrem manmnigfaltigen Hebelzeug erinnern sie vielmehr an ein Weichenstell- werk. Ein näheres Eingehen auf diesen wertlivollen Theil der Anlage würde aber zu sehr ins Detail führen, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. INS Sal auch haben wir noch so vieles andere zu sehen, dass wir bei einem nicht zu lange verweilen dürfen. Blicken wir nach dem rechten Ende der grossen Halle, so finden wir dort die grossartige Anlage von Siemens & Halske in Berlin. Auch hier handelt es sich um die Vorführung einer Centrale im Betrieb. Die An- lage unterscheidet sich von der vorigen aber dadurch, dass je nach Belieben die Erzeugung der elektrischen Energie in Form von Gleichstrom oder von Wechselstrom geschehen kann. Hier treibt in der Gleichstromanlage eine Dreieylinder-Compound-Dampfmasehine von G. Kuhn, Stuttgart, eine direct gekuppelte Innenpolmaschine von 500 Pferdekräften. Der erzeugte Strom wird dureh Ver- mittelung einer Doppelmasehine (150:70 Volt.) zur Lieferung der nothwendigen Zusatzspannung in eine Accumulatoren Batterie System Tudor der Accumulatoren- fabrik Hagen von 168 Zellen in zwei nebeneinander ge- schalteten Reihen geleitet, und von da aus in das Ver- theilungsnetz. Durch eine zweite Doppelmaschine (150: 300 Volt.) wird ein Theil des erzeugten Stromes zum Betrieb der elektrischen Strassenbahn, die von der Ausstellung nach der Oper führt, abgeleitet. — In der Wechselstromanlage treibt eine Zweieylinder -Compound- Dampfmaschine der Maschinenfabrik Buckau - Magdeburg eine direct gekuppelte Wechselstrommaschine von 400 Pferdekräften. Ein Theil des erzeugten Stromes wird zur Erleuchtung der Mainausstellung abgeführt. Die Firma zeigt eine Reihe von Motoren und Liehtmaschinen im Betriebe und hat in dieser Halle auch noch ver- schiedene Maschinen neuerer Construction für Kraftüber- tragung und Beleuchtung ausgestellt. Auch in der ab- seits gelegenen Halle für Leitungsmaterial und Ver- theilungssysteme, am Südwestrande des Ausstellungs- terrains, nehmen Siemens & Halske dureh ihre Kabel- und Leitungsmuster eine besondere Stelle ein. Gerade gegenüber der Siemens’schen Ausstellung hat man die von Schuckert u. Co., Nürnberg, plaeirt, die durch die Reichhaltigkeit des Gebotenen imponirt. Auch in der Halle für Eisenbahnwesen treffen wir die Firma, wo sie einen Beleuchtungswagen ausstell. Die elek- trische Bahn von der Ausstellung nach dem Main (Marineausstellung) wird von dieser Firma betrieben. An der Beleuchtung der einzelnen Anlagen innerhalb der Ausstellung ist sie in hohen Massstabe betheiligt. — In der Mitte der Halle finden wir noch die Frankfurter Firma W. Lahmeyer, unseren Lesern bereits bekannt durch ihre Ausführung der Kraftübertragung Offenbach -Frank- fur. — Von ganz besonderer Reichhaltigkeit ist die Ausstellung von W.E. Fein in Stuttgart, dem ich nahezu in allen Einzelanlagen der Ausstellung begegnet bin und der sich durch Ausstellung vieler kleinerer Motoren das besondere Verdienst erwirbt, dem Publieum die Möglich- keit der Anwendung der Elektrieität als Kraft auch in kleinen Betrieben vor Augen zu führen; es gilt dies namentlich von einem Y,pferdigen Elektromotor für Diamantschleiferei. In der Halle für Eisenbahnwesen — schräg gegenüber der Haupthalle — wird eine trans- portable elektrische Beleuchtungseinrichtung von Fein für Eisenbahn- und militärische Zwecke besonders inter- essiren. Das gleiche gilt von einen ähnlichen Apparat zum Ausleuchten der Geschützrohre u. dergl., den Fein in der Halle für Mediein und Wissenschaft ausstellt. Wir müssen überhaupt jetzt — obgleich wir noch eine Reihe glänzendster Namen und ausgezeichneter Aus- stellungsgegenstände zu erwähnen hätten — die grosse Halle verlassen. Treten wir durch die Thür des linken Flügels hinaus, so bleibt rechts hinter uns das grosse Kesselhaus mit seinen mächtigen Anlagen, welche durch eine kunstvoll gedachte und ausgeführte, vielfach ver- Nr. 31. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 309 22 een —— zweigte Rohrleitung den Dampf nach der Maschinenhalle senden. Wenn wir vorwärts gehen, stehen wir gleich vor einem nett angelegten Weiher, über den sich ein künst- licher Hügel erhebt. Rechts von dem Weiher öffnet sich am Fusse des Hügels das Tunnelthor, welches die Ein- fahrt der von Siemens & Halske hier betriebenen Gruben- bahn bildet. Gehen wir um den Teich herum, so finden wir uns vor einem kleinen einzeln stehenden Pavillon, der für den wissenschaftlichen Physiker wie für den Techniker stets von ganz besonderer Anziehung sein muss. Es ist die Ausstellung wissenschaftlicher, speciell elektrotechnischer Messinstrumente der Frankfurter Firma Hartmann & Braun. Hier finden wir in der That alle jene Apparate, die zu den feinsten Präcisionsmessungen der Wissenschaft und Technik erfordert werden und zwar in einer Ausführung, die auch das Auge erfreut. Einen wirklich herrlichen Eindruck haben mir namentlich die magnetischen Instru- mente hinterlassen. Rechts von diesem Pavillon liegt die Halle für Me- dien und Wissenschaft. Beim Eintritt empfängt uns hier ein historisches Stück: die Elektrisirmaschine Goethe’s aus dem Goethe- museum zu Weimar. In sehr dankenswerther Weise hat sich hier die Physikalisch-technische Reichsanstalt zu Charlottenburg betheiligt. Sie stellt zunächst beglaubigte Normalelemente von L. Clark aus, dann einige Normalwiderstände mit Petroleumbad, einen Polarisationsapparat für absolute Strommessung, weiter Apparate zur magnetischen Unter- suchung versebiedener Stahlsorten und Eisenlegirungen, ein L. Weber’sches Photometer und manches andere. Besonders möge noch die Vorriehtung zur elektrischen Erregung einer Stimmgabel von 432 Schwingungen mit Hülfe eines Secundenpendels erwähnt sein. In dieser Halle stellt auch G. A. Schulze, Berlin, ein Fernthermometer und einen Fernwasserstandsanzeiger aus, welche auf der Anwendung des Moennich’schen Fernmess- inductors beruhen. Bedauert habe ich gerade an dieser Stelle, ein sehr bedeutsames Instrument hier nicht zu finden, das sieher hierher gehört: das selbstthätige Uni- versalpendel von Prof. Dr. Wilhelm Seibt, das von diesem erfunden, von Mechaniker Fues, Berlin, ausgeführt wor- den ist. Die technische Hochschule Karlsruhe hat neben an- derem hier auch die Originalapparate von Prof. Hertz ausgestellt, mittelst deren zum ersten Male Reflexion, Breehung und Polarisation elektrischer Strahlen nachge- wiesen wurden. — Prof. A. von Waltenhofen stellt ein Induetionspendel, eine elektromagnetische Differential- waage und eine deren Theorie erklärende Wandtafel aus. — Die Anwendung der Elektrieität in der Mediein ver- treten hier namentlich J. Blänsdorf—Frankfurt und J. Weichmann— München. Gehen wir wieder zurück, am Weiher vorbei und überschreiten die ganze Breite der Ausstellung, so stossen wir auf die Halle für Elektrochemie, wo eine Reihe glän- zender Erzeugnisse der Galvanoplastik von blendendem Eindruck sind. Auch mehr praktische Anwendungen, wie elektrische Bleicherei, finden sich hier. Selbstverständ- lieh fehlt die moderne Aluminiumindustrie auch nicht. Sehreiten wir von hier aus weiter, am Nordostrande der Ausstellung, so zeigt sich uns zunächst die Halle für Eisenbahnwesen. Hier handelt es sich vorzugsweise um die Nutzbarmachung der elektrischen Beleuchtung für die Eisenbahn. Einige Gegenstände dieses Gebietes bot sich ja schon oben Gelegenheit zu erwähnen. Die nächste Halle gilt der Telegraphie und Tele- phonie. Beim Eingange blieken uns die grossen Por- traits von Gauss und Weber entgegen. Wir finden auch hier wieder mehrere historische Apparate. Die Reichspost- verwaltung hat in dankenswerthester Weise von ihrem Reichthum an Modellen und Apparaten gespendet, um diesen Theil der Ausstellung zu einem vollendeten zu machen. Das Ausland ist hier mehrfach vertreten. Er- wähnt möge die besonders interessante Ausstellung des Capitän Waffelaert, Chef der belgischen Feldtelegraphie, sein, der eine Sammlung von Apparaten für den militär- telegraphischen Dienst ausstellt. Elektrische Uhren und alles Zugehörige fehlt natürlich hier nicht. In der Ab- theilung für Telephonie lässt sich der ganze Entwick- lungsgang dieses Zweiges angewandter Elektrieität be- quem verfolgen. Hier finden die telephonischen Opern- vorstellungen statt und produeirt sich auch das Berliner’sche Grammophon u. dgl. Nach einer kleinen Wanderung durch den Aus- stellungsgarten sehen wir rechts den Aufzugsthurm (Otis- aufzug) und links das Ausstellungstheater, in dem Nach- mittags und Abends ein Berliner Corps de Ballet pracht- voll ausgedachte und ausgestattete Allegorien tanzt, die in einer Apotheose der Elektrieität enden. Vom Theater gehen wir zurück an mehreren Läden und Installationsanlagen vorüber und kommen nach einer Rechtswendung zu dem Bahnhof der Schuckert’schen elektrischen Bahn, die uns im Umsehen nach der Marine- ausstellung trägt. Dieselbe erregt hier im Binnenlande mit ihren Aufschlüssen, die sie über Signalwesen und andere Interna des Seewesens giebt, besonderes Interesse. Viel tragen dazu natürlich auch die elektrischen Boote auf dem Main bei und Abends der Leuchthurm mit seinem mächtigen Scheinwerfer, der dann mit demjenigen auf dem vorhin erwähnten Aufzugsthurm eorrespondirt. Am Abend ist dann auch die grosse Halle durch eine Unzahl von Glühlampen, die der architektonischen Gliederung folgen, wirklich feenhaft erleuchtet, und lange noch, nachdem der Courirzug, der mich nach Hause zurück- trug, die Stadt verlassen, konnte ich durch die Nacht das stille Glühen der Lampen und das Hin- und Her- fahren des Lichtes der Scheinwerfer durch die dunkle Luft verfolgen. Durch die Strasse von der Ausstellung getrennt ist noch die Fesselballonstation des Capitain Rodeck. Ihr Zusammhang mit der Ausstellung ist dadurch begründet, dass das Stahlseil des Ballons durch eine elektrische Maschine bewegt wird, und dass ferner eine Telephon- leitung die Verbindung der Ballonpassagiere mit der Erde vermittelt. Der ungefährliche Aufstieg (600m Höhe) ist dureh den prächtigen Blick über Main- und Rheinthal hinaus sehr lohnend. Es ist selbstverständlich, dass in einer gebotener Massen kurzen Skizze nur ein sehr flüchtiges Bild der Ausstellung entworfen werden konnte. Nur eine Reihe von Punkten, die dem Beschauer besonders interessant entgegentraten, konnte vorgeführt werden aus der Er- innerung. Weit mehr hat freilich zunächst unterdrückt werden müssen, um den Raum eines kurzen Artikels nicht zu überschreiten. Die Ausstellung ist, das darf offen gesagt werden, ein Triumph der modernen Technik. Sie ist es nament- lich um des glatten Zusammenwirkens so vieler ver- schiedenartiger Kräfte willen, die, wie ich zu zeigen ver- suchte, zur Fertigstellung nur einer einzigen vollständigen Ausstellungsanlage erforderlich sind. Die dort herrschende Internationalität, die sich harmonisch zusammenfindet im gemeinsamen wissenschaftlich-technischen Interesse, ist ausserordentlich erfreulich. Wenn die Techniker von allen Seiten der Erde natürlich dorthin wallfahren, so ist 310 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 31. andererseits doch auch für weitere und weiteste Kreise die Bedeutung der Ausstellung von unschätzbarem Werthe. Sie stellt in der That das Gesammtgebiet der angewandten Elektrieität von dem Haustelegraphen bis zur grossartigen Kraftübertragung auf weite Entfernung (Laufen-Frankfurt, Allgemeine Elektrieitätsgesellschaft und Maschinenfabrik Oerlikon) dar. Und darum ist es gewiss recht gewesen, sie in grösstem Massstabe anzulegen, wenn sie dadurch auch inihrer Vollendung ein wenig verzögert wurde. Gerade das Arbeiten an ihrer Vollendung hat aber nicht nur dem Techniker, sondern auch dem denkenden Laien die Freude gemacht, die wir immer empfinden, wenn wir das Ent- stehen der Werke verfolgen dürfen, die der Geist schafft. So darf denn wohl nach jeder Richtung gehofft werden, dass von dem was jetzt im Glanze schönster Blüthe steht, auch edle Früchte sich zeitigen werden. Der internationale zoologische Congress zu Paris im Jahre 1889. Von Dr. C. Matzdorff. II. In Band V, S. 386 ff. der „Naturw. Wochenschr.*“ haben wir über die Verhandlungen und Beschlüsse Be- rieht erstattet, die auf dem oben genannten Congress über die Namengebung der Thiere gepflogen bezw. ge- fasst worden sind. Ein anderer Theil der Sitzungen war (S. a.a. 0. 8.386) der geographischen Verbreitung der Thiere sowie den Sammelmethoden gewidmet. Es ist ganz natürlich, dass die verschiedenen Räume unseres Erdballs in höchst ungleichem Masse zoologisch durehforscht sind. Weite Streeken, wie die Tiefen der Meere und die Gipfel hoher Gebirge, können nur aus- nahmsweise, oft unter grossen Opfern oder Gefahren, ab- gesammelt, werden noch lange Zeit uns nur aus Stieh- proben, die zufällig erhaschte Beute enthalten, bekannt werden und somit ungenügend erforscht bleiben. Und doch bergen z. B. die Meerestiefen, wie aus dem immer erstaunlicher ansehwellenden Riesenwerk der Challenger- berichte oder auch aus den Mittheilungen der Mitglieder der Planktonexpedition hervorleuchtet, noch gewaltige Massen neuer und in jeder Hinsicht interessanter Thier- formen. Aber auch die Landgebiete sind ja höchst un- gleich bekannt, sei es in Folge klimatischer Hindernisse oft schwerster Art, sei es in Folge der Schwierigkeiten, die thierisehe, pflanzliche und menschliche Bewohner dem Reisenden entgegensetzen. Andererseits werden in immer wachsendem Masse neue Gebiete zoologiseh erforscht. In’s ungeheure wächst die Zahl beschriebener Thiere. Da ist es denn wohl am Platze, einmal Umschau zu halten und einerseits fest- zustellen, welche Gebiete der Erde noch nicht genügend nach ihrem Thierinhalte bekannt sind, andererseits aber auch die Aufgaben zu begrenzen, die der reisende Forscher sieh zu stellen hat. Diesen Umblick verschafft uns Paul Fischer. Er hielt in der genannten Sitzung die einleitende Rede: „Determination des regions du globe dont la faune est insuffisamment eonnue.“ („Cp. rend.“ S. 17 ff.) Es sind die „desiderata® der geogra- phischen Verbreitung der Thiere, die er uns vorführt. Die Landthiere sind, soweit sie Festländer be- wohnen, verhältnissmässig am besten in der „neuen Welt“ bekannt. Für Nordamerika steht noch die Frage nach der Verbreitungsart der europäischen Typen offen, und hiermit hängt die zweite Frage nach dem Verbreitungs- mittelpunkt der nördlichen eireumpolaren Thierwelt zu- sammen. Ist diese im Norden dreier Continente gleieh- mässig zusammengesetzte Thierschaar von Nordasien aus über die Aleuten, oder von Nordeuropa aus über Spitz- bergen, Nordisland und Grönland hin gewandert? — In Südamerika ist nur Innerbrasilien, auch in Australien nur das Innere wenig bekannt, und das gleiche gilt für die Innenräume der grossen Sundainseln. Von Wichtigkeit ist die Verbreitung australischer Typen auf Neu-Guinea und den Molukken. — Grösser ist die Zahl der Fragen, die uns die alte Welt stellt. Wenn auch von Europa ganz abgesehen werden kann, so bietet schon Asien zahlreiche Probleme dar. Wo hören in Sibirien und Tibet die europäischen Formen auf? Entsprechen, wie Selater annahm, dem dentsch-nordischen und lusitanisch- mittelländisehen Gebiete in Asien die sogenannte sibirische und tatarische Unterregion? Wo liegen die Grenzen der chinesischen, der chinesoindischen, der indischen Faunen? Hierauf wird eine genauere Erforschung Tibets antworten, die nach den in Turkestan gemachten Erfahrungen zweifellos bedeutende Erfolge aufweisen würde. Die Nordgrenze der Affen (Semnopithecus Roxellana kommt in der Mongolei vor), die nördliche und östliche des Tigers, die Grenzen des asiatischen Löwen, die der Fasane, die nördliche der Krokodile bleiben zu bestimmen. Unbekannt sind Korea, Hai-nan, das Land der Laos. Arabien ist nicht zur Genüge durchforscht, sodass ein erythräisches Gebiet nicht zweifellos angenommen werden kann. — In Afrika ist die Südgrenze des Mittelmeer- gebietes nicht überall genau festgestellt. Die Verände- rungen, die sein afrikanischer Abschnitt selbst in histo- rischen Zeiten, namentlich bezüglich des Elefanten u. a. grosser Afrikaner, erfahren hat, bedürfen der Erforschung. Wenig bekannt ist das Verhältniss Innerafrikas zu den beiden von eimander völlig verschiedenen Thiergemeinden der West- und Ostküste (Guinea- und Mosambikregion). Unerlässlich ist für die Kenntniss der heutigen Ver- breitung die der quaternären Thiere.*) Fischer ver- zeichnet die einst in Belgien, England, Frankreich und Deutsehland heimischen, jetzt ausgestorbenen Säugethiere. Einige von ihnen sind in das arktische Gebiet der alten oder neuen Welt ausgewandert: Bisamochse, Lemming, Polarfuchs, Rennthier; andere haben sich in die asiatischen Steppen zurückgezogen: Saigaantilope, Alakdaga, der Pfeifhase Lagomys pusillus; andere kommen nur noch auf den Pyrenäen und Alpen vor: Gemse, Murmelthier; und endlich das Stachelschwein lebt jetzt in Süditalien und Nordafrika. Sodann aber weisen die hierher ge- hörenden Schichten auch Reste centralafrikanischer Thiere (Flusspferd) oder ihnen verwandter Abarten (Höhlenhyäne und -löwe) auf. Bemerkenswerth ist auch das gleich- zeitige Vorkommen gewisser Weiechthiere in Lappland und Sibirien und in der Schweiz: Acanthinula harpa Say und Vertigo alpestris Alder. Von bedeutendem Werth scheint ferner Fischer neben der Betrachtung der (dureh Wallace festgestellten**) Re- sionen und Provinzen eine Berücksichtigung der grossen Erdgürtel als „homöozoischer“ Abschnitte. Im Norden verschmelzen die paläo- und die nearktische Zone. Weniger deutlich ist der Zusammenhang der Thierwelt Südamerikas, Neuseelands und Afrikas. Wenn auch z. B. das Vorkommen der Nandus im Südamerika, *) S. auch Potoni& „Naturw. Wochenschr.“, Bd. V, S. 286 und Nehring eb. S. 451.. : **) S, auch „Marshall, Atlas ‘der Thierverbreitung (Berg- haus’ phys. A. VI)“ Vorbemerkung S. 3. Nr. 31. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 311 Lehe | | nn der Strausse in Afrika, der Emus in Australien, der quaternären Aepyornis auf Madagaskar und Moa auf Neuseeland, sowie des Kiwi auf Tasmanien und Neusee- land auf ein früheres grosses australisches Festland hin- deuten, so lassen doch andererseits die Funde fossiler Kurzflügler auf Samos (Struthio Karatheodoris aus den Hipparionschichten) sowie im Eoecän Frankreichs (Gastornis) und Englands (Maecrornis, Lithornis, Megalornis u. s. f.) und die Verbreitung des afrika- nischen Strausses bis Algerien und die der Kasuare über die Molukken, Neuguinea u. s. w. auf eine früher sehr ausgedehnte Bevölkerung der Erde mit Laufvögeln schliessen. Ferner giebt zu der Berücksichtigung einer intertropischen homöozoischen Zone z. B. die Verbreitung der Tapire (T. Bairdii Gill. in Central-, Anta- und Berg- tapir in Südamerika, Schabrackentapir in Südostasien) Anlass, und im gleichem Sinne würde die Prüfung der Wohnorte der Pferde, der Kolibris und Honigsauger, der Hühner, der Landschnecken von Bedeutung sein. Für die Inselfaunen muss die Erforschung be- sondere Rücksieht nehmen auf die endemischen Arten oder Gattungen, auf die Verwandtschaft der einer Insel angehörigen Tbiere, auf ihre verwandtschaftlichen Be- ziehungen zu denen benachbarter Inseln oder Festländer, auf den Ersatz der autochthonen Formen durch vom Menschen eingeführte, auf die Verbreitungswege von be- nachbarten oder die besonderen Beförderungsmittel von entfernten Verbreitungsmittelpunkten aus, auf die An- passungen einer Inselthierwelt an die besonderen ört- lichen Lebensbedingungen. In allen diesen Gesichts- punkten sind die Azoren, Kanaren, Madeira und die Inseln des grünen Vorgebirges einerseits, andererseits, namentlich für Weichthiere und andere Landwirbellose, Malta, Gozo, Lampedusa, auch das griechische Inselmeer der Beachtung der Zoologen zu empfehlen, ja selbst die sämmtlichen grossen Inseln des Mittelmeeres von Sar- dinien bis Cypern bieten noch mancherlei Probleme dar. Interessant sind die Maskarenen mit ihren in historischen Zeiten ausgestorbenen Thieren: Mauritius mit Didus ineptus, Legnatia gigantea und Aphanapteryx Broeeki, Rodrignez mit Pezophaps solitaria und Testudo Vosmaeri. Im Aldabraarchipel sowie auf den Gallapagos sind die Riesenschildkröten, auf letzteren sogar die Arten auf die einzelnen Inseln, localisirt. Auch sind von den 26 Vögeln der Gallapagos 21 oder gar 23 endemisch. Oft zeigen die kleinsten Inseln bemerkens- werthe Thiere. Braneo und Razzo (Inseln des grünen Vorgebirges) werden, kahl und wasserlos, von einer grossen Eideehse bewohnt, Nossi-Mitzion an der Küste Madagas- kars beherbergt seltene Mollusken, darunter eine riesige Cyelostoma. Mauritius kennt keine Schlangen, aber die „runde Insel“, ein vulkanischer Kegel an ihrer Küste, besitzt sechs Schlangen und zwei Eidechsen. — Zahlreich sind die Schlüsse auf das Alter der Selbstständigkeit der Inseln, die man aus ihrer Fauna ziehen kann. So können Trinidad und Sumatra sich erst vor verhältnissmässig kurzer Zeit vom benachbarten Festland gelöst haben, müssen die Azoren u. s. f., St. Helena, Madagaskar, die Maskarenen, die Gallapagos schon lange gesondert sein. Auch für die Inseln kann eine paläöntologische Durch- forschung nicht warm genug empfohlen werden. Malta besass einen Zwergelephanten, die Molluskenfaunen von Madeira, Porto-Santo, St. Helena sind in der Neuzeit völlig andere geworden. — Was die Bevölkerung der Inseln dureh den Menschen betrifft, so ist dieselbe für die Wirbelthiere ziemlich bekannt, liegt aber für alle Wirbellosen mit wenigen Ausnahmen noch sehr im Argen. Neben vielen anderen Pflanzen hat der Reis zahlreiche Thiere mitverbreitet. Auch die Vögel dürfen hier als Verbreiter nieht ausser Acht gelassen werden. — Die Bildung eigener Abarten wird durch das Vorkommen des korsikanischen Hirsches, des Shetlandpferdes, des cey- lonischen Elefanten beleuchtet. Bekannt ist auch Lepus Darwini Haeckel von Porto-Santo, der von 1419 ein- geführten zahmen Kaninchen abstammt, bekannt auch die Eidechsenfarbenabarten faraglionensis, filfolensis, melisellensis und Lilfordi von den Inselehen, die ihnen den Namen gaben bezw. (Lilfordi) den kleinen Balearen. Bemerkenswerth ist die Verkümmerung der Flügel bei den Inselvögeln und -kerfen. Von den 550 Inseeten Madeiras sind 200 nieht im Stande, zu fliegen. Die thierischen Bewohner der süssen Gewässer sind zusammen mit denen, die das benachbarte Land inne haben, erforseht worden. Doch bietet ihre Verbrei- tung einige Besonderheiten und demnach auch einige neue Probleme dar. Im Allgemeinen ist die Verbreitung der Süsswasserthiere eine weitere als die des Landes. Bieten doch die sieh fortbewegenden Wassermassen der Flüsse sowie die Wasservögel, an die sich Eier und namentlich Embryonen, B. die der Muscheln im Glo- ehidiumstadium, gern anheften, bequeme Verbreitungs- mittel dar. Infolgedessen stimmen oft die Wasserfaunen von Inseln mit sehr eigenthümlichen Landthieren (An- tillen, Inseln des grünen Vorgebirges) mit denen benach- barter Inseln oder Festländer überein. Auch hier zeigen sich die Zonen homöozoiseh, wenn auch manche Gattungen, wie Gavialis unter den Krokodilen, Chelys und Emy- saurus unter den Schildkröten, Jo, Chilina, Pliodon, Castalia unter den Mollusken, streng begrenzt erscheinen. Die Seenfaunen sind neuerdings mit besonderem Eifer untersucht worden. Namentlich die Frage nach dem Bestandtheil derselben, den Credner als die Re- liktenarten bezeichnet hat und Fischer Residuenthiere nennen möchte, der als das Ueberbleibsel einer ehe- maligen Verbindung des betreffenden Sees mit dem Meere anzusehen ist, steht im Vordergrund der Bespreehung. Fischer weist auf die ausserordentlich interessanten That- sachen hin, die nach dieser Riehtung hin dureh die Ausforschung zahlreicher Seen gefunden worden sind: auf das Vorkommen verschiedener Seehunde im Onega-, Ladoga-, Saima-, Baikal-, Caspischen See, des Lamantin im Tschadsee; auf den Fund von Meeresfischen, -krustern, -weichthieren, -schwämmen, u. s. f. oder doch von ihnen nahe stehenden Verwandten in den Binnenseen; auf die Thatsache, dass ganz vereinzelt Thiere aus sonst nur dem Salzwasser angehörigen Ordnungen ım süssen Wasser gefunden worden sind, wie z. B. die Qualle Limno- eodium Sowerbyi. Trotzdem ist er der Meinung, dass hier vorsichtig allzu eilige Schlüsse auf den Character eines Thieres als Relikt vermieden werden müssen. Er zeigt an dem Beispiel der sogenannten relikten Floh- krebse, wie auch wohl die Annahme, dass diese Thiere aus dem Meere zunächst auf’s Land und dann erst in's süsse Wasser gewandert sein mögen, wahrscheinlich ist, und dass ähnliche Anpassungsvorgänge auch wohl bei anderen Thieren stattgefunden haben könnten. Es leben mehrere Arten der Flohkrebsgattung Orchestia nicht nur auf dem Meeresstrande, sondern auch hie und da weit vom Meere entfernt auf dem Lande, so 0. tahi- tensis auf Tahiti 1500° hoch, ©. cavimana auf dem Olymp bis 4000° Höhe, O. sylvicola in einem neusee- ländischen Krater, und O0. Chevreuxi in dem der Azoreninsel Fayal. Für die Südwasserthiere, die auf keine Weise auf einen Zusammenhang mit neueren Seethieren Anspruch machen können, bietet die Frage nach dem Mittel ihrer Verbreitung noch immer neue Seiten dar. Schon Darwin erkannte die Bedeutung der Wasservögel für die Ueber- 312 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nies; tragung namentlich der winzigen Wasserbevölkerung von einem Gewässer ins andere, aber auch die geflügelten Wasserkerfe sind hier von Wichtigkeit. Sodann ist die Tiefenvertheilung der Thiere grösserer Seen weiter in’s Auge zu fassen. Schon kann man..3 Faunen trennen, die des Strandes, die der Tiefen und die des freien Wassers (die pelagische). Namentlich die Mitglieder der beiden letztgenannten zeichnen sich oft durch weitgehende Anpassungen aus. Die pelagischen Thiere sind, wie be- kannt, oftmals glasartig durchsichtig. Tiefenthiere sind oft blind; eine Schlammschnecke, Limnaea abyssicola hat die Luftathmung ihrer Gattungsgenossen aufgegeben. Die unterirdischen Wasserläufe sind von eigen- thümlichen Thieren besiedelt. Bekannt ist der merk- würdige Olm; ihm gesellen sich im den Krainer Höhlen mehrere Kruster. Die Mammuthshöhle Kentuckys liefert besondere Fische. Auch die Untersuchung der dunklen Wasserleitungen und tiefen Brunnen, wie sie von Vej- dowsky für Prag, Moniez für Lille, Rougemont für München angestellt worden ist, hat uns mit eigenthüm- lichen Thierformen bekannt gemacht, nieht minder die der südalgerischen und -tunesischen artesischen Brunnen. Bererst. darf an dieser Stelle wohl auf die Abhandlung Robert Schneider’s, die im Jahresbericht der Königlichen Realschule zu Berlin 1885 erschien, und die die in meh- reren Bergwerksschächten aufgefundenen Lebewesen be- handelt, aufmerksam machen. An dritter Stelle behandelt Fischer die Salzseen und Aestuarien. Es ist zuerst die Pommeraniafahrt ge- wesen, die die Eigenthümlichkeit der Fauna der salz- schwachen Ostsee aufgewiesen hat. Braehiopoden und Pteropoden, 'Tintenfische und Haarsterne fehlen diesem Meeresabschnitt gänzlich. Neben einander kommen Fluss- und Meeresthiere vor. Weiter beherbergt der Binnen- salzsee bei Berre, westlich von Marseille, Fische, Kruster und Würmer, die sonst von den Küsten des schwarzen Meeres oder der Ostsee bekannt sind. In den brakischen Flussmündungen dringen oft Seesäuger ein, so in die Seine, Charente, Loire u. s. w. Seehunde; andere sind gänzlich Süsswasserthiere geworden, wie die indischen und südamerikanischen Flussdelphine*), sowie die Sirenen. Neben ästuarischen Krebsen und Mollusken sind die Quallen Crambessa Tagi, die Haeckel 1866 in der Mündung des Tajo entdeckte, und C. pietonum aus der Loiremündung bemerkenswerth. Eine eigene Thierwelt beherbergen auch die über- salzenen Gewässer, die Salzsümpfe an Meeresküsten, die Salinengewässer, die Schotts und Sebkhas Nord- afrikas, das todte Meer, u. s. w. Am bekanntesten ist aus diesem Bereich der blattfüssige Krebs Artemia salina; ein anderer Kruster, der in Ungarn wie in Al- gerien vorkommt, verträgt bis 29 g Salz auf 11 Wasser. In den heissen Quellen von Luchon lebt ein eigener Krebs, Cyelops Dumasti. Die bis 35° C. heissen Thermen der Pyrenäen beherbergen verschiedene Weich- thiere; die Schnecke Melania tubereulata kommt in Algerien bei 32° vor; der Käfer Hydrobius orbi- eularis in den Quellen von Hamman-Meskontine ver- trägt 55°, die Schnecke Thermhydrobia aponensis von Abano in ‚Jtalien 50°, Neritina thermophila aus Neu-Irland 50—60°. Ja, in den Geisirgewässern Islands fand Steenstrup eine Limnaeaant. Die Thierwelt der Meere von geringer Tiefe ist so gut bekannt, dass für die marine Littoralfauna eine Reihe zoologischer Provinzen hat aufgestellt werden können. *) Der Leser vergl. übrigens die der hier vorgetragenen Fischer’'schen Auffassung entgegengesetzte Ansicht Kükenthal’s, „Naturw. Wochensechr.“ Bd. 6, S. 88 u. 89. Der Umstand, dass die entgegengesetzten Küsten grösserer Halbinseln und Inseln oft verschiedenen Gebieten ange- hören, erfordert vielfach eine genauere Erforschung der Stelle, an der sich die beiden Faunen differenziren, und der Art und Weise, wie sie in einander übergehen. Auch hier bedarf die Frage nach dem Ursprung der Küsten- faunen noch in vielen Stücken der Untersuchung. Von Bedeutung ist die grosse Verschiedenheit der südameri- kanischen, der neuseeländischen und der südafrikanischen’ Gebiete. Kommen doch von 527 Weichthieren, 88 Bryo- zoen und 360 Krebsen der Küste Neuseelands nur 12, bezw. 12 und 13 Arten gleiehzeitig auch in dem süd- amerikanischen Meer vor. Sehr erwünscht wäre eine weitere Durchforschung der Küstenthiere der Kerguelen, der Marcon-, Crozet-, Prinz Edward-, Campbell-, Mae- quarie-Inseln, Neu-Georgiens u. s. f. Die Landengen beherbergen, je nach ihrem geolo- gischen Alter, mehr oder minder verschiedene Thiere an ihren beiderseitigen Gestaden. Sehr interessant sind die Einwanderungen der mittelländischen und der erythräi- schen Thiere in den Suezkanal. Vom Norden her sind die Weichthiere Cardium edule, Solen vagina, Pho- las candida, Cerithium conicum, vom Süden aus Ostrea Forskali, Meleagrina margaritifera, My- tilus variabilis, Maetra olorina, Circe peectinata, Anatina subrostrata, Strombus triecornus einge- drungen. Zahlreich sind die gleichen oder doch reprä- sentativen Formen, die auf beiden Seiten des Isthmus von Panama vorkommen. Die Hochseethiere oder die sog. pelagische Meeres- thierwelt setzt sich aus Walen, Schildkröten, Fischen, Tintenfischen, Flossen- und Kielfüssern, spalt- und ruder- füssigen Krustern, acephalen und Röhrenquallen, Salpen und Seescheiden, Protisten zusammen. Obschon viele von ihnen durch alle Meere verbreitet sind, wie der Pot-, der Schwarzwal, der Delfin, sind andere, wie die Fische Balistes, Chaetodon, der Koffer- und Igelfisch, inter- tropisch, andere, wie der Weiss- und ‚Grönlandswal, ark- tisch. Die Nahrung scheint für viele dieser Thiere be- stimmend zu sein. So folgen die Grönlandswale gewissen Copepoden, die Delfine den Sardinen, die Entenwale den Tintenfischen, die Schwertfische den Seehunden u. a. Meersäugern. Andrerseits bedürfen z. B. die Sardinen wieder Peridinien und Copepoden zu ihrer Nahrung. Von Bedeutung sind die verticalen Wanderungen der pelagi- schen Thierwelt, sei es, dass dieselbe, wie beim Hering, einmal oder einige Male im Jahre, sei es, dass sie all- täglich und allnächtlich stattfindet. Interessant sind die Fälle, in denen pelagische Jugendformen festsitzenden oder litoralen Thieren zukommen, oder in denen gar solche Formen ausnahmsweise lange auf hoher See festgehalten worden sind. Die Sargassowiesen bieten eigene Bedin- gungen der auf ihnen lebenden Thierwelt dar. Hier treffen sich pelagische Formen mit solchen, die oder deren Verwandte in seichten Gewässern hausen. Die Vogelfauna des Meeres ist in vielen Weltgegenden eigen- thümlich und von der des benachbarten Landes unab- hängig. Einen dritten Platz im Meere nehmen die Thiere der Tiefsee*) in Anspruch. Seit 20 Jahren erforscht man dieses Gebiet, nirgendwo anders im Reiche der Zoologie sind ähnliche Erfolge errungen worden, und doch stehen noch zahlreiche grundlegende Fragen der Erörterung offen. Die obere Grenze der Tiefseefauna *) Ref. darf hier auf ein, die Ergebnisse der Tiefsseforschung vorzüglich zusammenfassendes Buch aufmerksam machen: W. Mar- shal, Die Tiefsee und ihr Leben. Leipzig 1888. Besprochen in Bd. III, S. 119 der „Naturw. Wochenschr.“ Nr. 31. scheint auf 500 m festgesetzt werden zu können. Das Lieht dringt kaum tiefer als 300 m in die Meere ein: hängt die Beschaffenheit unserer Thierwelt mit dem ewigen Dunkel zusammen, und wenn, auf welche Weise? Fast unbekannt ist uns die Menge der Thierarten und der Individuen in den verschiedenen Tiefen, unbekannt, ob gewisse Gründe des Meeres thierarm oder gar thier- los sind. Auch darüber können wir kaum nrtheilen, ob sich auch hier thiergeographische Gebiete sondern lassen. Und schliesslich bieten die Beziehungen der „abyssalen“ Fauna zu der Thierwelt älterer und alter geologischer Zeiten interessante Probleme genug. Ganz andere Verhältnisse bieten wieder die Tiefen geschlossener Meere oder Meere constanter Tempera- tur dar, die wie das mittelländische, -}- 13°, wie das Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 313 rothe, + 21° aufweisen. Auch ihre Tiefenfauna ist noch wenig bekannt. Sehon oben ist gesagt worden, dass zum völligen Verständniss der heutigen Verbreitung der Thiere die der fossilen unerlässlich ist. Mit wie grossen Schwierig- keiten jedoeh die Erfüllung dieses „desideratums“ zu kämpfen hat, ist zur Genüge bekannt. Kennen wir doch heute kaum genau genug die Verbreitung der tertiären Landsäuger. Seitdem thierisches Leben auf unserm Erd- ball entstand, ist die Ausbreitung der Thiere an die Form, die Zusammensetzung, vielleicht auch an die Be- wegungen desselben gebunden gewesen; beeinflusst ist sie worden durch die Wärme und das Licht; sie ist ab- hängig gewesen von der Gestaltung der Festländer, der Vertheilung der Gewässer und der Tiefe der Meere. „Seelenblindheit“. — Wenn die Ansichten darüber, worin die Farbenblindheit ihren Grund habe, noch sehr weit auseinandergehen, so gilt dies in gleichem Masse von der weit seltener vorkommenden „Seelenblindheit“. Ein Vortrag, den der Geheime Hofrath Dr. Manz am 10. Januar 1891 in der Academischen Gesellschaft zu Freiburg hielt, fasst die wesentlichen Erscheinungen der Krankheit — wenn das Wort hier am Platze ist — kurz und treffend zusammen; wir geben darum den Vortrag in seinen Hauptpunkten — nach dem eben erschienenen Jahrgange des „Jahrbuches der Naturwissenschaften“ von Dr. Max Wildermann (Freiburg i. B. 1891) — wieder. Was man unter „Seelenblindheit“, einer der eigen- thümliehsten Krankheiten, versteht, das lässt sich am besten klarmachen durch einen kurzen Bericht über die hauptsächlichsten Erscheinungen, welche die von dieser Krankheit Betroffenen zeigen. Solche Personen sind keineswegs blind, sie leiden nur an gewissen Störungen des Sehvermögens, aber sie erkennen ihnen wohlbekannte Gegenstände nicht, trotzdem sie dieselben sehen. Beim Anbliek von Geräthen des täglichen Gebrauches fällt ihnen nicht ein, wie diese heissen und wozu sie gebraucht werden; entfernen sie sich nur wenige Schritte von ihrer Wohnung, so vermögen sie dieselbe nicht wieder zu finden; seit langen Jahren Tag für Tag begangene Wege erscheinen fremd; ihre Freunde, ja ihre eigenen Ange- hörigen und sich selbst erkennen sie nicht. Dabei sind die Kranken durchaus nieht geistesgestört, so dass man sie als verrückt oder als blödsinnig bezeichnen dürfte, sondern sie können eine hohe Intelligenz besitzen und befähigt sein, mehr oder weniger vollkommen die Pflichten ihres Berufes zu erfüllen. Die Namen der Gegenstände, welehe sie beim Anbliek nieht zu nennen im Stande sind, vermögen sie nachzusprechen; bekannte Personen, welche ihnen fremd sind, erkennen sie sofort am Klang ihrer Stimme; der Tastsinn belehrt sie über den Zweck von Geräthen, wo der Gesichtssinn trotz der sehenden Augen sie im. Stiche lässt. Um sich eine Möglichkeit denken zu können, woher eine solehe eigenthümliche Störung der geistigen Fähig- keit eines Menschen rührt, muss man sich zunächst dar- über klar werden, wie eine Gesichtswahrnehmung zu Stande kommt. Die von einem Körper ausgehenden Lichtstrahlen erzeugen durch den optischen Apparat des Auges auf der Netzhaut ein Bild dieses Körpers; dieses Bild löst chemische und elektrische, nicht näher bekannte Kraftwirkungen aus, die durch den Sehnerv übernommen und fortgeleitet werden zu einem Theile des Grosshirnes, dem hinteren Lappen, wo sich das Seheentrum befindet, welches die mitgetheilten Nervenreize in Gesichtswahr- nehmungen umsetzt. So weit sind wir im Stande, die Wege anzugeben, auf denen die Eindrücke des Gesichtssinnes, die Wahr- nehmungen von Lieht, Form und Farbe, erfolgen, und so weit erweisen sich auch bei Seelenblinden diese Theile als funetionsfähig. Es fehlt aber noch etwas Wesent- liches: die Bildung einer Vorstellung aus der Gesichts- wahrnehmung. Denn die Wahrnehmungen folgen in un- aufhörlichem, raschem Wechsel und werden geistiger Besitz des Individuums nur dadurch, dass sie irgendwo und irgendwie als Vorstellungen im Gedächtniss auf- gespeichert und dadurch der Seele zu freier Verfügung gestellt werden. Hier nun liegt der Mangel bei den an Seelenblindheit Leidenden, hier befindet sieh die Störung. Die Gesichtswahrnehmung wird gemacht, aber da keine Gesichtsvorstellungen, keine Erinnerungsbilder vorhanden sind, so kann kein Vergleich der Wahrnehmung mit früheren, kein Erkennen stattfinden, die Wahrnehmung bleibt ohne Wirkung, verschwindet spurlos. In beschränk- tem Masse ist das nämliche auch bei Gesunden der Fall; denn für’s erste werden bei Weitem nicht alle Wahr- nehmungen zu Vorstellungen, und ferner werden nicht gebrauchte und nicht öfters erneuerte Vorstellungen all- mählich vergessen, die Erinnerungsbilder verblassen und erlöschen schliesslich. Jeder Sinn hat in dieser Beziehung sein eigenes Ge- dächtniss, welches individuell schr verschieden entwiekelt ist; der eine merkt sieh ein Wort an der Buchstaben- form, der andere am Klange oder an den Sprachbewe- gungen; dem einen haften Gesichtswahrnehmungen lange und bis in die Eimzelheiten getreu, während er keine Melodie auswendig behalten kann; beim andern verhält sieh das umgekehrt. Bis zu gewissem Grade können die Vorstellungen sich gegenseitig vertreten und ganze Reihen von Erinnerungsbildern und Gedanken können hier an eine Gesiehtswahrnehmung, dort an eine Wahrnehmung des Gehörs oder des Tastsinns geknüpft sein. Diese Thatsache ermöglicht bei Seelenblinden eine allmähliche Ausbesserung des Schadens, welcher durch den Mangel der auf den Gesichtssinn gegründeten Vorstellungen er- wächst; das ganze Seelenleben erleidet eine Umbildung in der Art, dass die übrigen Sinne zur Bildung von Vorstel- lungen in besonders starkem Masse herangezogen werden. Bei allen bis jetzt bekannten Fällen von Seelen- blindheit waren Störungen in der Wahrnehmungsfähigkeit des Gesichtssinnes vorhanden, welche den Gebrauch der Augen zwar nicht verhinderten, aber doch erschwerten. Bis zu gewissem Grade erklärt dies die Erscheinungen der Seelenblindheit; denn schon geringe Störungen be- einträchtigen das Erkenntnissvermögen wesentlich, und vorübergehend erblindete, durch eme Operation wieder sehend gewordene Personen können von dem wieder- 314 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 31. gewonnenen Sehvermögen nicht sofort, sondern nur all- mählich wieder den üblichen Gebrauch machen; sie be- vorzugen anfänglich noch die durch die übrigen Sinne gewonnenen Vorstellungen. Jedenfalls ist es dureh die Untersuchung der Seelenblindheit gelungen, Einblieke in das dunkle Gebiet der geistigen Verarbeitung von Sinnes- eindrücken zu gewinnen, wie es niemals durch philo- sophische Speceulationen möglich gewesen wäre. Die Bedeutung auffallender Farben und Ge- räusche bei Thieren wird in einer Einsendung an die „Nature“ erörtert. Alfred O. Walker erzählt a. a. O., dass ihm im letzten Januar eine Tauchente (Mergus al- bellus) gezeigt worden, die am Dee in der Nähe von Chester geschossen worden war, und deren Kropf man ganz mit jungen Plattfischen (flatfishes) angefüllt fand. Dabei musste es auffallen, dass nach diesem Befunde die glänzend weisse Brust des Vogels nicht erschreckend auf seine Beute gewirkt haben sollte. Eine kleine Ueberlegung zeigte indessen, dass die Wirkung dieser auffallenden Färbung dem Vogel gerade bei seinem Jagen zu Statten kam, also durchaus kein Nachtheil für ihn war. Solange nämlich der flatfish sich ruhig hält, so ähnelt seine Färbung vollkommen der des umgebenden Landes, in dem er sich ausserdem noch theilweise ein- wühlt. Er ist daher dem Auge der Tauchente schwer wahrnehmbar. Wenn er dagegen durch den glänzend weissen Gegenstand, der plötzlich von oben herabstösst, ersehreekt wird und sich in Folge dessen bewegt, so wird er sofort dem Vogel siehtbar und damit eine sichere Beute. Eine gleiche Wirkung hat ganz offenbar auch das Schreien der Eulen bei ihren nächtlichen Jagden. Eine Maus z. B. würde im Dunkeln selbst für die scharfen Augen einer Eule unsichtbar sein, wenn sie sich "nicht bewegte. Aber sie wird sich sofort durch eine Bewegung verrathen, wenn sie durch den plötzlichen Schrei des Vogels erschreekt und aufgestört wird, dessen geräusch- loser Flug ihn in die Nähe seines Opfers gebracht hat. Es scheint im der That möglich, dass auch noch andere Schwierigkeiten, die heute noch gewissermassen der’T'heorie der natürlichen Auslese zu widersprechen scheinen, in ähn- licher Weise sich gerade erst recht in jene einfügen werden. Namentlich ist die obige Erklärung des Eulenschreis bei der Jagd rückhaltslos anzunehmen, wenn man be- achtet, dass die Eule auch den ganzen Winter ihren Schrei ertönen lässt, zu einer Zeit also, wo er nicht durch den Paarungstrieb etwa erklärt werden könnte. Fischer’s Calorimeter zur Bestimmung hoher Temperaturen. — Die Einrichtung dieses gegen Wärme- verluste möglichst geschützten Apparates beruht darauf, dass die Temperatur einer gewissen Gewichtsmenge Wasser von bekannter Temperatur gemessen wird, welche dasselbe beim Eintauchen eines der betreffenden Ofentemperatur ausgesetzt gewesenen Metalls (Platin oder Eisen) von bekanntem Gewicht und bekannter speeifischer Wärme annimmt. Es ist alsdann die Höhe der Temperatur I nn ( —t)-+-t; wobei P=Gewicht des angewandten Wassers, pe - Platin oder Eiseneylinders, ce — speeifische Wärme des Platins oder Eisens gegen jene des Wassers als Einheit, — Temperatur des Wassers vor und == - nach dem Eintauchen t t > = des Metalls. So hat man beispielsweise mit diesem Apparate die Temperatur des aus dem Hochofen kommenden Roheisens und dessen Giesshitze ermittelt und benutzt denselben zur Controle der Temperatur beim Bronce-Kanonenguss. Die Einrichtung ist folgende: Zum Einbringen des an den Kanten etwas abge- rundeten Eisen- oder Platineylinders e (Fig. 2) an die Stelle, wo die Temperatur gemessen werden soll, dient der mit einem Ausschnitt v versehene schmiedeeiserne schälter «, an seinem 0,5 m langen Stiele 5 in einen Handgriff / eingesehraubt, womit gleichzeitig die Asbest- schraube ( gegen den Mittelring «© festgehalten wird, Das aus starkem Messingblech angefertigte und innen mit Asbestpappe ausgekleidete Calorimeter (Fig. 1) ist in 2 Abtheilungen oben so geformt, dass der starke ZZ \F N N\ NN \ \ N N N. N N > Fig. 2. Rand des aus dünnem versilbertem Kupferblech herge- stellten Innengefässes A sicher aufliegt; an der Be- rührungsfläche beider befindet sich ein dünner Asbest- oder Gummiring und die Fuge wird durch Lack wasser- dieht geschlossen. Der Asbestring m’ hält den unteren Theil des Gefässes A fest. Durch den Siebboden n soll verhütet werden, dass der eingeworfene Metalleylinder e auf den gewölbten Boden von A fällt und dadureh Wärmeverluste veranlasst. Ein Theil des Deckels, der die Oeffnung des mit Schutzblech s versehenen T’hermo- meters e enthält, ist durch Schrauben = befestigt; der andere mit Oeffnung « und mit Asbestpapier ausge- kleidetem Einlasstrichter » versehene ist in einem Charnier e beweglich; r ist ein kupferner Rührer, der Raum B ist mit Daunen ausgefüllt, } ist ein Verschlussbolzen. Die Anwendung geschieht so, dass man den Cylin- der e (Fig. 2) durch die Oeffnung v in den Halter « ein- legt, diesen Theil der zu messenden Temperatur aussetzt, mit der linken Hand den Elfenbeinknopf des Rührers (Fig. 1) fasst, mit der Rechten den Griff f (Fig. 2), durch einen Ruck den Cylinder e rasch in die Lage e’ bringt, den Behälter « umdreht und e in das Gefäss A fallen lässt, den Rührer auf- und abbewegt und am Thermo- meter die höchste Temperatur abliest. (Berg- und Hütten- männische Zeitung 1591, No. 20.) N Silk Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 515 Untersuchungen über Butterfett. — In „Biedermanns Centralblatt für Agrieulturchemie“ berichtet J. H. Vogel über in der milehwirthschaftlichen Versuchs-Station zu Kiel von den Herren Dr. M. Schrodt und O. Henzold ausgeführte Untersuchungen, deren Zweck es war, in erster Linie Aufschluss zu geben über die Schwankungen in dem Gehalte des Butterfettes an unlöslichen und an flüchtigen Fettsäuren. Später wurde die Untersuchung dann noch ausgedehnt auf das Jodadditionsvermögen des Butterfettes und die Grösse seimes Liehtbrechungs- Exponenten. Zu den Untersuchungen, welche ein ganzes Jahr dau- erten und wöchentlich zweimal erfolgten, diente die Tagesmilch von 10 Kühen. Die Milch blieb in Blech- satten 24 Stunden stehen, worauf der Rahm abgenommen Bid in schwach gesäuertem Zustande verbuttert wurde. Nach dem Ausschmelzen der Butter wurde das filtrirte Buttenfett in gut verschlossenen Flaschen aufbewahrt. Sobald mehrere” Proben sich angesammelt hatten, was un- gefähr 4 Wochen dauerte, fand die Untersuchung statt. Von den Kühen gehörten 4 der Angler, 3 der Breiten- burger und 5 der Shorthorn-Dithmarscher Rasse an. Die Ernährung war die landesübliche, indem im Sommer freier Weidegang innegehalten wurde. Beim Uebergang von der Stallfütterung zu demselben wurde in der Weise verfahren, dass ca. 14 Tage vor Beginn steigende Mengen von Grünroggen verabreicht wurden, welcher allmählich das Winterfutter ersetzte. In ähnlicher Weise verfuhr man nach erfolgter Aufstellung im Herbste, indem die Kühe neben dem Trockenfutter ea. 10 kg Rübenblätter erhielten. Das im Herbste verabreichte Futter richtete sich nach dem Zustande der Kühe; de noch milchenden Kühe erhielten neben dem Rauhfutter 2,0 kg Weizenkleie und 0,5 bis 1,0 kg Bianwöllensanienkuchen, "während den trockenstehenden Kraftfutter nur in einer Menge von.ca. 2,0 kg Weizenkleie verabreicht wurde. Erst nach dem Kalben erhielten die einzelnen Viehschläge dauernd nach- stehende Winterfütterung: Angler Kühe: 6,0 kg Wiesenheu, 2,0 kg Haferstroh, 5,0 kg Runkelrüben, 3,0 kg Weizenkleie, 1,0 kg Baumwollensamenkuchen und PN) g "Salz. Breitenburger Kühe: 7,5 kg Wiesenheu, 1,5 kg Haferstroh, 5,0 kg Runkel- rüben, 5,75 kg Weizenkleie, 1,0 kg Baumwollensamen- kuchen und 20 g Salze. Shorthorn-Dithmarscher Kühe: 1,5 kg Haferstroh, 5,0 kg Runkel- 7,5 kg Wiesenheu, 1,5 kg Baumwollensamen- rüben, 45 kg Weizenkleie, kuchen und 20 g Salze. Die Kalbezeit der Kühe lag bis zu 5 Monaten aus- einander. (28. Oktober bis 29. März), Um den Einflüssen, welche durch die Individualität der Kühe hervorgerufen werden können, Rechnung zu tragen, wurde auch das von einer Angler Kuh stam- mende Buttersatt während der Dauer ihrer Laktation untersucht und zwar in den 16 ersten Tagen nach dem Kalben täglich, im weiteren Verlauf der Laktationsperiode jeden 3. oder 4. Tag. Die Kuh kalbte am 28. Dezember 1585 und wurde am 14. Oktober 1889 trocken. Die Untersuchung erstreckte sich in diesem Falle nur auf den Gehalt des Butterfettes an flüchtigen Fettsäuren, auf das Jodadditionsvermögen und die Grösse seines Licht- breehudgsexponenten. Lässt man die 4 ersten Tage nach dem Kalben ausser Acht, so gelangt man für die Schwan- kungen in. den den einzelnen Bestimmungen und für deren Durchschnitt zu nachfolgenden Werhen: Schwankungen Durchschnitt cem ccm 1. Flüchtige Fettsäuren . 21,70 — 34,35 27,35 2Unjodzahlau: . 27,538 — 43,46 34,85 3. Brechungs- Exponent . 1,4550 — 1,4650 1 en; >98 Die Zahlen unter 1. bedeuten Kubikcentimeter Yo Normalalkalilösung bei Anwendung von 5 g& Butterfett. Die ausführliche tabellarische Uebersicht der analy- tischen Daten während der ganzen Laktationsperiode zeigt, dass 1. die Menge der flüchtigen Fettsäuren von dem Stande der Laktationszeit, keineswegs aber von der Fütterung abhängig ist, 2. auch die Menge des Oleins durch das Vorschreiten der Laktationszeit bedingt ist und zwar in der Weise, dass Hand in Hand mit dem Sinken des Gehaltes an flüchtigen Fettsäuren ein Steigen der Jodzahl zu bemer- ken ist, und 3. der Breehungsexponent im Laufe der einzelnen Monate ziemlich konstant bleibt. Was speciell noch das Gehalt des Butterfettes an flüchtigen Fettsäuren anbelangt, zeigt sich vollständig in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen Nilsons, dass das unmittelbar nach dem Kalben gewonnene Butterfett einen äusserst niedrigen Gehalt an flüchtigen Fettsäuren besitzt, dass in den nächsten 4 Tagen dann der Gehalt an denselben allmählich steigt und dann ca. 2 Monate annähernd auf gleicher Höhe bleibt. Hierauf findet bis zum Ablauf der allmähliche Verminderung statt. Die Ergebnisse der Untersuchungen des von den 10 Kühen stammenden Butterfettes ergeben sich aus fol- gender Zusammenstellung: Laktationszeit eine Schwankungen Jahresmittel 1. Flüchtige Fettsäuren . 23,60—34,02 cem 29,51 cem 2. Unlöschliche Fettsäuren 35,36—59,76 pCt. 37,55 pCt. 3. Jodzahl . . 28,57—42,88 35,51 4. Brechungs- Exponent . 1,4550—1,4615 1,4591 Im übrigen zeigt sich auch hier, dass 1. mit dem Vorrücken der Laktationszeit die Menge der flüchtigen Fettsäuren abnimmt, 2. die Fütterung — wenigstens soweit die bei vor- liegenden Versuchen innegehaltene Ernährungsweise in Betracht kommt — an der Veränderung in der Zusam- mensetzung des Butterfettes keinen Antheil hat, 3. einem niedrigen Gehalt an flüchtigen Fettsäuren eine hohe Jodzahl entspricht, 4. der Brechungsexponent ziemlich konstant bleibt. Ferner ist ersichtlich, dass 5. auch der Gehalt an unlöslichen Fettsäuren mit der Menge der löslichen im Zusammenhange steht und zwar entspricht einem niedrigen Gehalt an letzteren stets ein hoher Gehalt an ersteren, 6. der Buttergehalt emer Kuh grössere Schwankun- gen in dem Gehalt an flüchtigen Fettsäuren und an Olein, sowie in der Grösse des Brechungs-Exponenten aufweist, als es bei dem von mehreren Kühen stammenden Butter- fett der Fall ist. Zum weiteren Beweis dafür, dass die Fütterung an der Veränderung in der Zusammensetzung des Butterfettes keinen Antheil hat, dienen noch die Ergebnisse des nach- folgenden Versuches: Wie schon oben erwähnt, war die Ernährung der Kühe in der Weise geregelt, dass der Uebergang von der winterlichen Trockenfütterung zum sommerlichen 316 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 31. Weidegang allmählich eingeleitet wird, indem das Trockenfutter durch Grünroggen ersetzt wird. Die Ein- schaltung des letzteren und der vollständige Ersatz des Trockenfutters durch denselben erfolgte in dem Zeitraum vom 2. bis 10. Mai. Am letzteren Tage kamen die Kühe auf die Weide. Vom 1. Mai an, an welchem Tage noch Trockenfutter verabreicht wurde, bis zum 16. Mai wurde das gewonnene Butterfett untersucht und zwar mit nachstehenden Ergebnissen: Flüchtige Fettsäuren: geringster Gehalt . höchster - { Mittel . Unlösliche Fettsäuren: 23,50 ecm (11. Mai) a2 Be) 30,40 - geringster Gehalt . 87,06 pCt. ( 3. Mai) höchster tie) Mer lo N) Mitteln 0 Eon el DD Jodzahl: geringster Gehalt . 30,06 (12. Mai) höchster = 033.81 (art), -1) Mittel........ 33,36 Die Zahlen weichen unter sich und von der Mittel- zahl mit Ausnahme der Jodzahl vom 3. Mai nur inner- halb enger Grenzen ab und zeigt sich dadurch, dass die tiefgreifende Veränderung in der Ernährungsweise, welche sich in einem verhältnissmässig kurzen Zeitraum vollzog, ohne wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Butterfettes geblieben ist. Verfasser suchen die auftretenden geringen Schwan- kungen in anderen Ursachen, zu denen wahrscheinlich Witterung, Temperatur, Beunrubigung der Kühe, Brunst und anderes zu rechnen sind. Im Anschluss an vorstehende Versuche haben Ver- fasser noeh die Brauchbarkeit der benutzten Unter- suchungsmethoden für die Zwecke der Untersuchung von Butter auf eine Beimischung fremder Fette geprüft, indem sie Mischungen von Butter mit Margarine herstellten und den Gehalt derselben an flüchtigen und an unlöslichen Fettsäuren, sowie die Jodzahl und den Brechungs- Exponenten bestimmten. Die nachstehenden Untersuchungen des Butterfettes von 10 Kühen zeigen folgende Werthe für die niedrigste Zahl für die flüchtigen Fettsäuren —23,6 ccm - höchste - = - unlöslichen - —8Y,76 pCt. 5 - - =. - Jodzahl —= 42,83 - denBrechungsexponenten—= 1,4615 Im vorliegenden Falle würde also ein Zusatz von 20—25 pCt. Margarine nicht nachweisbar gewesen sein. Die Ergebnisse der Untersuchungen ergeben sich aus folgender Zusammenstellung: Flüchtige | TTnlösliche Fettsäuren Brechungs- "/,, cem Fettsäuren] Jodzahl 3 Normal- Exponent lauge Procent. Butterfett . .| 29,88 | 87,83 | 33,77 | 1,4600 Margarine . . .°.|ı 055 | 95,87 | 61,15 | 1,4650 Butterfett mit 5 pCt. 28,53 | 87,89 | 34,12 | 1,4600 - - 10 - I: 26,64 | 87,92 | 34,46 | 1,4605 - 5 - 2 25,08 | 88,30 | 35,81 | 1,4610 it oh. ga E 23.95 | 89.19 | 36,42 | 1.4610 - - 25 - 22,11 89,75 | 39,19: | 1,4615 *) Abgeschen vom 3. Mai, wo eine aussergewöhnlich hohe Jodzahl (39,52) gefunden ’ ER wurde. Stützt man sich nur auf die Bestimmung der flüch- tigen Fettsäuren (Methode Reichert-Meissl-Wollny), so kann unter Berücksichtigung der von anderen Autoren gefundenen niedrigen Zahl (20.0 eem nach A. Meyer, 21,8 cem nach Besana, 20,65 eem nach P. Spallanzani, 20,68 eem nach Rossi, 21,9 cem nach Vieth und 20,27 Cubikeentimeter nach früheren Untersuchungen der Verf.) ein noch weit grösserer Zusatz von Margarine der Ent- deckung entgehen. Die Verfasser rathen deshalb, sobald ein niedriger Gehalt an flüchtigen Fettsäuren nachgewiesen ist, auch den geringeren Schwankungen ausgesetzten Gehalt an unlöslichen Fettsäuren zu ermitteln, wodurch der Nach- we eines Zusatzes fremder Fette schon eher möglich wird. Die Ermittelung der Jodzahl ist infolge der grossen Schwankungen, welche sie aufweisen kann, von keiner Bedeutung für den Nachweis eines Zusatzes fremder Fette. Die refraktometrischen Bestimmungen sind insofern werthvoll, als man in schneller Weise auf Butter, welehe eines Zusatzes fremder Fette verdächtig, aufmerksam ge- macht wird. Aus dem wissenschaftlichen Leben. , „Die astronomische Gesellschaft hält ihre alle zwei Jahre statt- findende allgemeine Versammlung vom 5.—8. August in München ab. Der Congres international des sciences geographiques findet gleichzeitig mit der Feier des 700jährigen Bestehens der Stadt vom 10.—14. August in Bern statt. — Präsident: Dr. Gobal, Seeretair: C. H. Mann, Schatzmeister: Paul Haller. — Mit dem Congress wird eine Ausstellung verbunden sein. Der zweite internationale photographische Congress tagt vom 23. bis 30. August in Brüssel. Aus Anlass des Congresses ist in den Sälen des neuen Museums eine bis zum 5. September dauernde internationale Ausstellung der Lichtmalerei eröffnet worden. ! Der Ophtalmologen - Congress wird in der Zeit vom 13. bis ‚17. September in Heidelberg tagen. Der Deutsche Apotheker-Verein hält seine Generalversamm- lung vom 14.—17. September in Magdeburg ab. | Die 64. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Natur- 'forscher und Aerzte findet vom 15.—20. September in Halle a. d. Saale statt. Die XVII. Versammlung des Deutschen Vereins für Öffent- ‚liche Gesundheitspflege wird in den Tagen vom 17.—20. Sep- !tember in Leipzig stattfinden. I Die 20. Zusammenkunft der Association francaise pour ‚Pavancement des sciences findet in Marseille vom 17.—24. Sep- itember statt. — Präsident: Deherain. Die Jahresversammlung des Vereins deutscher Irrenärzte findet am 18. und 19. September in Weimar statt. — Vorstandsmit- glieder: Prof. Grashey-München, Geheimrath Dr. Laehr-Schweizer- 'hof bei Berlin, Geheimrath Dr. Pelman - Bonn, Geheimrath Dr. Schuele-Illenau. Die 20. Versammlung deutscher Forstmänner findet in Karlsruhe vom 21.—24. September statt. — Geschäftsführung: Oberforstrath Krutina und Forstrath Siefert. Der XI. Congress der amerikanischen Aerzte und Chirurgen ‘wird zu Washington vom 22.—25. September stattfinden. Die IX. Hauptversammlung des Preussischen Medicinal- beamten - Vereins findet am 28. und 29. September in Berlin im grossen Hörsaale des Hygienischen Institutes statt. Nr. 31. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 317 em nm ———— Litteratur. Prof. Ernst Sagorski und Bergverwalter Gustav Schneider, Flora der Centralkarpathen mit specieller Berücksichtigung der in der Hohen Tatra vorkommenden Phanerogamen und Gefässkryptogamen. Verlag von Eduard Kummer. Leipzig 1891. Preis 2 Mk. Die vorliegende Flora der Centralkarpathen*) aus der Feder der beiden vorzüglichen Kenner derselben, Sagorski und Schneider, wird nicht nur jedem Floristen, der sich mit der in Rede stehen- den Flora beschäftigt, die schon so viele gelockt hat, sondern auch als Quellenwerk beim Studium der europäischen Pflanzen- geographie unentbehrlich werden. Ist doch seit 1814, in welchem Jahre Wahlenberg’s Flora Carpatorum prineipalium erschien, keine Flora des Gebietes erschienen. G. Schneider ist der Urheber der vorliegenden Flora. Derselbe besuchte von 1878 ab mehrere Jahre hindurch, und immer für mehrere Wochen, die Centralkarpathen, hauptsächlich die Zipser Tatra. Die Flora dieses Theils, an deren Feststellung der ver- storbene Rudolf v. Ueehtritz durch Beiträge und kritische Durch- sicht wesentlich betheiligt war, lag schon 1885 druckfertig vor und bildete mit der im darauffolgenden Jahre von G. Schneider bearbeiteten Flora der Krivän-Gruppe und der galizischen Tatra, den Grundstock vorliegenden Werkes. Professor E. Sagorski, von G. Schneider als Mitarbeiter 1887 gewonnen, durehforschte auf zwei in den Jahren 18357 und 1888 unternommenen Reisen von zusammen zwölfmonatlicher Dauer in botanischer Hinsicht das Gebiet der Hohen Tatra und noch in diesem Jahre die Co- mitate Arva und Liptau. Durch dessen Mitbetheiligung hat die ursprüngliche Bearbeitung sowohl eine wesentliche Bereicherung in Beziehung auf die Zahl der in den Centralkarpathen nach- gewiesenen Formen erfahren, als auch, namentlich im systema- tischen Theil, durch weitere kritische Dureharbeitung des ge- sammten vorliegenden Materiales an Werth gewonnen. Auf diese Weise und mit gewissenhafter Benutzung der Litteratur ist die „Flora der Centralkarpathen“ zum Abschluss gebracht worden und von beiden Autoren kann wohl gelten, dass sie in ihrem Florengebiet, wenngleich leider fern von ihrem ständigen Wohn- ort, sozusagen zu Hause sind. Durch eigene Anschauung waren sie in der Lage, mannigfache Irrthümer, namentlich solehe be- züglich der Standortsangaben zu beriehtigen, aber auch viele neue Florenbürger einzureihen. Das Werk, bequem transportabel in klein-octav, zerfällt in 2 sehr ungleich starke „Hälften“. Die erste 210 Seiten umfassend und von Schneider bearbeitet, bringt eine Einleitung, in der u. A. eine Beschreibung des Gebietes und seine floristischen Verhältnisse, Vegetations - Regionen, Vegetationslinien u. s. w. einer Betrachtung unterzogen werden, und ferner einen für den Botanisirenden sehr bequemen Abschnitt über die Flora der Hohen Tatra nach Standorten geordnet auf S. 121-209. Die zweite Hälfte 559 und LVI Seiten umfassend, mit zwei Tafeln einige neue und kritische Leontodon-Arten enthaltend, mit Ausnahme von Hieraecium von Sagorski bearbeitet, ist die eigent- liche Flora, d. h. sie bringt die systematische Uebersicht und Beschreibung der Arten. Die Arten - Diagnosen sind lateinisch, im Uebrigen bedienen sich die Autoren der deutschen Sprache. Die Standortsangaben werden bei den nieht überall im Gebiet auftretenden Arten sehr sorgfältig und ausführlich behandelt. Dass die Flora sehr viel mehr Arten, Formen und Hybride enthält, als die Flora Wahlenberg’s, ist selbstverständlich. P. A. Emmerich, Die Brocard’schen Gebilde und ihre Beziehun- gen zu den verwandten merkwürdigen Punkten und Kreisen des Dreiecks. Mit 50 Fig. im Texte und einer lithogr. Tatel. Berlin, Georg Reimer, 1891. 154 Seiten. 8°. Preis 5 Mk. Eine sehr verdienstvolle, umfangreiche Monographie über einen der interessantesten Gegenstände der sogenannten elementaren Mathematik. Im Jahre 1816 veröffentlichte A. L. Crelle eine kleine Schrift, in der er neue merkwürdige Eigenschaften des ebenen Dreiecks bezüglich dreier durch die Ecken gezogenen Graden ent- wickelte. Den Ausgangspunkt dieser Untersuchungen bildet die Aufgabe: In einem Dreieck ABC einen Punkt O so zu bestimmen, dass die von ihm nach den Ecken gezogenen Geraden mit den Seiten in gleicher Reihenfolge gleiche Winkel bilden. Da der Umfang des Dreiecks in zwei Richtungen (ABCA und ACBA) durchlaufen werden- kann, so wird es zwei soleher Punkte geben. Beiden entspricht derselbe stets reelle im obigen Problem ge- nannte Winkel ®. Nach Crelle haben sich wohl noch einige Ma- thematiker mit dem Gegenstande beschäftigt, ohne dass derselbe indessen allgemeine Aufmerksamkeit gefunden hätte. Dies ist erst seit 1875 der Fall, wo Brocard die betr. Untersuchungen von neuem ins Leben rief, sie ganz ausserordentlich förderte und ihr *) Eine kurze Notiz über die „Karpathenflora“ findet. sich auf S. 271, Bd. V, in meiner Abhandlung „Die pflanzengeogra- ‚phische Anlage im kgl. botanischen Garten zu Berlin.“ Gebiet sehr erheblich erweiterte. Seitdem hat sich denn auch das Interesse der Mathematiker jenen merkwürdigen Gebilden am Dreiecke, die aus obigem Problem entspringen, in sehr reger Weise zugewendet. Der Winkel ® sowie alle aus der Aufgabe entsprin- genden neuen Gebilde werden nach Brocard benannt. Herr Em- merich, der selbst schon wiederholt über den Gegenstand publieirte, hat mit äusserster Sorgfalt die gesammte Litteratur der Brocard'- schen Gebilde durchforseht und, unter Hinzufügung einer beträcht- lichen Reihe eigener Arbeiten, in vorbildlich eleganter Weise ein harmonisches Ganze geschaffen, für das ihm der wohlverdiente Dank und Beifall der Mathematiker sicher ist. Ref. ist kein Freund jener Recensionen, welche das Inhaltsverzeichniss des besprochenen Buches ausschreiben. Das würde bei der Reichhaltigkeit des aus- gezeichneten Emmerich’schen Werkes auch gar nieht möglich sein. Ich begnüge mich ausdrücklich hervorzuheben, dass ich mit anderen Fachgenossen, denen ich Gelegenheit gab, das Buch durchzugehen, voll und ganz die Bewunderung nachfühlen konnte, der Crelle einst Ausdruck gab mit den Worten: „Es ist in der That bewun- derungswürdig, dass eine so einfache Figur, wie das Dreieck, so unerschöpflich an Eigenschaften ist“. Wenn uns das hier besonders prägnant entgegentritt, so ist es eben das Verdienst des Herrn Ver- fassers. Wenn nun das Werk bei Fachleuten ungetheilten Beifall finden wird, so möchte ich namentlich den Lehrern an unseren höheren Schulen reeht warm und eindringlich empfehlen, von ihm Kennt- niss zunehmen. Sie finden darin eine unerschöpfliche Fundgrube, aus der sieh ihnen stets neue interessante Anregung für die Schüler ergeben wird. Namentlich als Repertorium für Themata zu selbstständigen grösseren Arbeiten der Primaner eignet sich das Werk in ganz hervorragendem Masse. Der Herr Verfasser wird mir eine Bitte gestatten, nämlich die, dem mathematischen Publikum recht bald eine weitere Ausführung des Gegenstandes durch die Methoden der projeetiven Geometrie und damit Ausdehnung derselben auf die Kegelsehnitte zu schenken. Mehrere Stellen des Textes machen es mir mehr als wahrscheinlich, dass er schon eingehende Vorarbeiten zu einer solchen Erweiterung angestellt hat. _ Der Herr Verleger hat das Werk vorzüglich ausgestattet, na- mentlich schätze ich die grosse lithographische Tafel als eine sehr dankenswerthe Beigabe. Gravelius. Ernst Haeckel, Plankton - Studien. Vergleichende Unter- suchungen über die Bedeutung und Zusammensetzung der Pe- lagischen Fauna und Flora. Verlag von Gustav Fischer. Jena 1890. Preis 2 Mk. Die Erforschung der eigenthümlichen Thier- und Pflanzen- welt, welche im Ocean schwimmend lebt, und welche unter dem Begriffe des „Auftriebes“ oder „Plankton“ zusammengefasst wird, hat auch durch die deutsche Plankton-Expedition von 1889 auf dem von Kiel aus seine Reise antretenden Dampfer „National“ eine Förderung erfahren. Der „National“ durehkreuzte den At- lantischen Ocean 95 Tage hindurch und die Naturforscher der Expedition veranstalteten in 400 Netz-Zügen eine reiche Sammlung von pelagischen Organismen. Näheres über diese Expedition findet der Leser in der „Naturw. Wochensehr.“, Bd. V., S. 30 ff. („V. Hensen’s Plankton-Expedition im Sommer 1889“) und S. 111 ff. (K. Brandt „Ueber die biologischen Untersuchungen der Plankton- Expedition“). Professor Hensen, der Leiter der Expedition, verfolgte dabei als Hauptzweck die „quantitative Plankton - Analyse“; er wollte die Masse der im Oceane vertheilten Thiere und Pflanzen durch Zählung der Individuen bestimmen und danach den ökonomischen Ertrag des Oceans berechnen. Die neue dabei befolgte Me- ‚thode wird nun von Haeckel in der vorliegenden Sehrift kritisch beleuchtet. Er ist der Ansicht, dass „die wichtigsten all- gemeinen Resultate der Kieler Plankton-Expedition unhaltbar sind, dass Hensen auf Grund von höchst ungenügenden Erfahrungen ‘ weitreichende irrthümliche Schlüsse unvorsichtig gezogen hat, und dass die ganze von ihm angewandte Methode völlig nutzlos ist.“ Wenn man den Nahrungsgehalt des Meeres bei der Zählung im Auge hat, hat es nach Haeckel keinen Sinn, unwägbare mikro- skopische Wesen mit anderen, die tausendmal mehr Nährstoff ‚enthalten, als blosse Nummern in eine Reihe zu stellen, zweitens !aber sind bekanntlich viele Einzel - Thiere des Plankton miteinander eine organische Einheit bildend, zu Staaten ver- einigt, z. B. die Seewalzen und Schwimmpolypen, während diesen einheitlichen Gemeinschaften von der Statistik immer nur eine Einzelnummer zugetheilt wird, wie dem kleinsten Infusionsthierehen, und endlich würden die oft zahllosen Eier und Larven dieser Thiere bei der Zählung denselben Rang erhalten, wie das Mutterthier, das sie noch kurz vorher in seinem Leibe getragen hat. Aber auch vorausgesetzt, die gewonnenen Zahlen hätten irgend einen Werth, so wird nach Haeckel doch die Herbei- schaffung derselben sich nimmermehr in der Weise eignen, wie dies die Plankton-Expedition versucht hat. Denn die Meeresthiere treten nicht nur in den verschiedenen Jahreszeiten, sondern auch 318 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 31. zu den verschiedenen Tagesstunden, ja ausserdem auch noch nach dem Wetter in sehr ungleichen Mengen in den oberen Meeres- regionen auf; manche sind nur am Tage, andere in der Nacht anzutreffen und ein Theil derselben kommt in ihrem ganzen Leben nur zur Befruchtungszeit, nur einmal, an die Oberfläche. Es kommt hinzu, dass die Dichtigkeit des Auftretens der Thiere vom Wetter abhängig ist und das auch bei günstigem Wetter die Thiere gewisse Oberflächenstrassen bevorzugen. Nun sind auch noch die Arten in den verschiedenen Jahren verschieden zahlreich vertreten, so dass nach Haeckel eine Statistik nur dann Werth haben kann, wenn sie sich auf Erhebungen gründet, die mehrere Jahre und zu allen Tages- und Jahreszeiten ausgeführt wurden, weil man also sonst unberechenbaren Zufälligkeiten ausgesetzt ist. Den Schlüssen Hensen’s wird daher von Haeckel wider- sprochen. Die Zunahme der Zahl der Meeresbewohner von den Polen zum Aequator hält Haeckel demgemäss Hensen gegenüber aufrecht u. s. w. Vietor Hensen, Die Plankton-Expedition und Haeckel’s Dar- winismus. Ucber einige Aufgaben und Ziele der beschreiben- den Naturwissenschaften. Mit 2 Steindrucktafeln. Verlag von Lipsius u. Tischer. Kiel und Leipzig 1891. Preis 3 Mk. In der vorliegenden Schrift vertheidigt sich Hensen gegen die Angriffe Haeckel’s (vergl. die obige Besprechung). Hensen sagt, dass seine früheren Untersuchungen in der Ostsee ihm ge- zeigt hätten, dass das Plankton in der Regel dort nahezu die- selben Thiere und diese dabei in auffallend gleicher relativer und absoluter Menge enthält, Haeckel aber die Verhältnisse auf hoher See nur von hochbordigen, rasch laufenden Schiffen aus und un- genügend kenne, im Uebrigen wohl die Küsten studirt habe, die gerade er (Hensen) — um Complicationen zu vermeiden — mög- lichst gemieden hat. Jetzt wird gezeigt dass die Vertheilung des Planktons in dem Ocean in hohem Grade gleichmässig ist. Hensen berichtigt eine Anzahl Ungenauigkeiten und Unrichtig- keiten bei Haeckel, die er theils für absichtlich, 'theils aus Un- kenntniss entsprungen erklärt. So hat z. B. Hensen den Versuch ge- macht, die Anzahl von Dorsch, Goldbutt und Flunder in der westlichen Ostsee, soweit dieselben geschlechtsreif sind, zu be- stimmen. Er zählte die Eier in den zum Laichen reifen Thieren und fand z. B., dass in genügender Annäherung auf ein Pfund Dorschweibehen 200 000 Eier kämen und (dass die Zahl der und ® gleich sei. Hensen sagte sich nun, wenn er die Eier dieser Thiere, welche reif im die See ausgestossen werden und dort umherschwimmen, bestimmen könnte, so könnte er daraus einen annähernd richtigen Rückschluss auf die Zahl der Fische, welche diese Eier abgelegt haben, machen. Haeckel nun behauptet, dem Gesagten durchaus widersprechend, Hensen habe den — einem wirklichen Zoologen oder Botaniker allerdings un- verzeihlichen — Ausspruch gethan: man.könne aus der Anzahl der Eier einen Schluss „auf die Zahl der Fische ziehen, welche sich aus ihnen entwickeln und zur Reife gelangen“. Um noch einen Fall zu erwähnen, so kritisivt Haeckel die Hensen’sche De- finition des Plankton als Alles dasjenige, was genügend willenlos umhertreibt, um, ohne dem Netz entfliehen zu können, gefangen zu werden, Haeckel sagt hier in vollständiger Verkennung der Erschemungsweise der Meeresströmungen: „Ein pelagischer Fisch oder Cephalopode, der von einer starken Strömung mit fortgerissen wird, also zum Plankton gehört, kann wenige Schritte seitwärts, ausserhalb derselben, ganz willkürlich semen Weg selbstständig bestimmen und gehört dann zu dem „Nekton“ (so nennt Haeckel Alles, was leicht den Vertiealnetzen ausweicht), „natürlich hängt es aber in dem einzelnen Falle ganz von der Stärke der Meeres- strömungen ab, ob man die kleinen Cephalopoden zum ersteren (Plankton) oder zu dem letzteren (Nekton) rechnen soll.“ Schiff, Netz und Fisch schwimmen in demselben Strom, der Fisch ist in seinen Bewegungen dabei ebenso frei, wie ein Fisch, der in einem Fluss schwimmt. Auch die weiter oben in der Besprechung von Haeckel’s „Plankton-Studien“ Hensen gemachten Vorwürfe finden, wie auch in der unten erwähnten Abhandlung Brandt’s ihre Zurück- weisung. & Zum Scehlusse polemisirt Hensen gegen Haeckel’s Darwinis- mus, hier namentlich gegen das Uebermass das er an Theoretischem hineinbringt. Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig- Holstein. Bd. VIII. Heft 2. Auf Seite 199 #f. veröffentlicht Prof. K. Brandt, einer der Mitglieder der Plankton-Expedition, einen Artikel, der früher er- schienen ist als die eben besprochene Schrift Hensen’s und sich ebenfalls gegen „Haeckel’s Ansichten über die Plankton-Expe- dition“ richtet. Brandt spricht aus, dass „die Angriffe von Haeckel theils auf Mangel an Einsicht, theils auf Missverständnisse, theils endlich auf grobe Entstellungen und unverantwortliche Unrichtig- keiten in der Wiedergabe der Befunde anderer Forscher“ zurück- zuführen sind. Michalitschke, A., Die archimedische, die hyperbolische und die logarithmische Spirale. 2. Aufl. 1. Thl. 3 M. Prag. Monaco, Fürst Albert, I. v.,, Zur Erforschung der Meere und ihrer Bewohner. 5 M. Wien. Munsche, A., Das Hexylen, seine bromirten Derivate und deren mögliche geometrischen Isomeren. 0,60 M. Rudolstadt. Ostermann, W., Der psychologische Materialismus. 0,80 M. Hamburg. Pepper, A. J., Grundzüge der chirurgischen Pathologie. 2. Aufl. 2. Ausg. Geb. 5 M. Leipzig. Plessen, Baron J. v., u. J. Rabinovics, Die Kopfnerven von Salamandra maculata im vorgerückten Embryonalstadium. 5 M. München. Pockels, F., Ueber die partielle Differentialgleichung 4 «+ ku=0 und deren Auftreten in der mathematischen Physik. 8 M. Leipzig. Ratzel, F., Anthropogeographie. 2. Thl.: Die geographische Ver- breitung des Menschen. 18 M. Stuttgart. Remsen, I, Einleitung in das Studium der Kohlenstoffverbin- dungen oder organische Chemie. 2. Aufl. 5 M., geb. 6 M. Tübingen. Richter, V. v., Chemie der Kohlenstoffverbindungen oder orga- nische Chemie. 6. Aufl. 18 M. Bonn. ‚ Ritzhaupt, F., Der Sternhimmel mit seinen Veränderungen, nebst einer Darstellung über die Vertheilung des Sonnenliechtes auf der Erdoberfläche. 2. Aufl. 0,40 M. Karlsruhe. Romberg, H., Katalog von 5634 Sternen für die Epoche 1875. 0 aus den Beobachtungen am Pulkowaer Meridiankreise wäh- rend der Jahre 1874—1880. 8 M. Leipzig. Rubner, M., Calorimetrische Methodik. 2,20 M. Marburg. Rühlmann, M., u. M. R. Rühlmann, logarithmisch-trigono- metrische und andere für Rechner nützliche Tafeln. 11. Aufl. 2 M. Leipzig. Rzehak, A., Die Foraminiferenfauna der alttertiären Ablagerungen von Bruderndorf in Niederösterreich. 0,80 M. Wien. Schmidt, V., Die Entwickelung des Hinterendes der Chorda dorsalis bei Siredon piseiformis. 1,50 M. Dorpat. Schmiedeberg, O., Ueber die chemische Zusammensetzung des Knorpels. 1 M. Leipzig. Schwegler, A., Geschichte der Philosophie im Umriss. 15. Aufl. 4 M. Stuttgart. Schwink. F., Ueber die Entwickelung des mittleren Keimblattes und der Chorda dorsalis der Amphibien. 2 M. München. Seubert’s, M., Excursionsflora für das Grossherzogthum Baden. 5. Aufl. 4 M. Einbd. 0,50 M. Stuttgart. Simroth, H., Die Nacktschnecken der portugisisch - azorischen Fauna in ihrem Verhältniss zu denen der paläarktischen Region überhaupt. 15 M. Leipzig. Singer, Flora ratisbonensis. 2. Aufl. 0,80 M., kart. 1M. Regens- burg. Spencer, H., System der synthetischen Philosophie, IX. Bd. I. Abth. 6 M. Stuttgart. Vortmann, G., Anleitung zur chemischen Analyse organischer Stoffe. 2. Hälfte. 6 M., kplt. 10 M. Wien. Wallace, A. R., Der Darwinismus. 15 M. Braunschweig. Wettstein, R. v., Die Omorika-Fichte, Pieea Omorika. Leipzig. White, H. S., Ahel’sche Integrale auf singularitätenfreien, einfach überdeekten, vollständigen Schnitteurven eines beliebig ausge- dehnten Raumes. 4 M. Leipzig. Wild, H., Induktions-Inklinatorium neuer Konstruktion und Be- stimmung der absoluten Inklination mit demselben in Pawlowsk. 3 M. 3,40 M. Leipzig. Inhalt: Harry Gravelius: Eine Wanderung durch die Frankfurter Elektrotechnische Ausstellung. — Dr. C. Matzdorff: Der internationale zoologische Congr ss zu Paris im Jahre 1889. II. — Seelenblindheit. — Die Bedeutung auffallender Farben und Geräusche bei Thieren. — Fischer’s Calorimeter zur Bestimmung hoher Temperaturen. (Mit Abbild.) — Untersuchungen über Butterfett. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. Ernst Sagorski und Bergverwalter Gustav Schneider: Flora der Centralkarpathen mit specieller Berücksichtigung der in der Hohen Tatra vorkommenden Phanerogamen und Gefäss- kryptogamen. — A. Emmerich: Die Brocard’schen Gebilde und ihre Beziehungen zu den verwandten merkwürdigen Punkten und Kreisen des Dreiecks. — Ernst Haeckel: Plankton-Studien. — Victor Hensen: Die Plankton-Expedition und Haeckel’s Darwinismus. — Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein. — Liste. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. SLR u Redaktion: VI. Band. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 9 extra. Sonntag, den 9. August 1891. jatarwissenschafliche Forschung zufgiebt an weltum- fassenden ldeen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird Ihr reichlich ersetzt durch. den Zauber der Wirklichkeit, der. Ihre ückt, Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 %. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Beseitigung einer Fehlerquelle in den Grundgleichungen der kinetischen Gastheorie. Von F. Böhnert. Alle, in den letzten Jahrzehnten gemachten Versuche, um durch die Gesetze der kinetischen Gastheorie weiteren Aufschluss zu erhalten über das Wesen der kleinsten Theilchen aus denen wir die Körperwelt aufgebaut an- nehmen, haben bei Weitem nicht die erwarteten Erfolge gehabt, da man sehr bald die Erfahrung machen musste, das der scheinbar so bequeme Weg, um in das „Innere der Natur“ vorzudringen, durch Hindernisse aller Art versperrt war. Besonders unangenehm war es, das man von vornherein gezwungen wurde, bezüglich des Ver- haltens der Moleküle Annahmen zu machen, welche nicht nur die Rechnungen wesentlich unübersichtlich machten, sondern welche auch aus anderen Gründen eine gewisse Unwahrscheinlichkeit hatten. Es ergab sich nämlich, das die für die Zustandsänderungen der Gase erforderlichen Energiemengen stets bedeutend grösser waren als die nach obigen Gesetzen berechneten Aende- rungen der lebendigen Kraft der Moleküle; und man war deshalb gezwungen, den Uebersehuss durch Aenderungen unbekannter sekundärer Bewegungen innerhalb der Mole- küle selbst (schwingende oder rotirende Bewegung der Atome) zu deuten, während doch der eigenthümliche Umstand, dass dieser Ueberschuss nicht nur bei jedem einzelnen Gase in einem fast genau constanten Ver- hältniss zur Gesammtenergie stand (proportional der lebendigen Kraft der: Molekülgeschwindigkeit wuchs), sondern dass dieses Verhältniss auch für alle Gase nahe- zu gleich gross war, diese Annahme nicht sehr wahr- scheinlich machte. Denn wenn dieser. Ueberschuss durch rotirende Bewegung der Moleküle selbst (infolge excen- trischer Stösse bei nicht genau kugelförmiger Gestalt) erklärt werden sollte, so müsste derselbe, wie Maxwell nachgewiesen hat, ebenso gross sein wie die Energie der fortschreitenden Bewegung selbst, was nicht der Fall ist; wenn man aber schwingende Bewegungen der Atome als Ursache betrachten wollte, so wäre es ganz unbegreif- lich, wie das Verhältniss beider Energiewerthe eine so grosse Unabhängigkeit von der Zusammensetzung (Gruppirung der Atome) sowohl wie von der Geschwin- digkeit des Moleküls haben soll. Aber auch sonst lässt der heutige Zustand der Gas- theorie viel zn wünschen, da den ermittelten Werthen inso- fern eine grosse Unsicherheit anhaftet, als es unmöglich war, die längst bekannten Beziehnungen zwischen den ein- zelnen Vorgängen in den Gasen auf Grund der ermittelten Molekülgeschwindigkeit exakt zu berechnen; vielmehr musste man sich fast überall mit rohen Näherungsrech- nungen begnügen, deren empirisch ermittelte Coeffieienten nicht nur einen scharfen Vergleich zwischen den einzelnen Formeln unmöglich machen, sondern die auch in ein- zelnen Fällen — trotz dieser Ungenauigkeit — ganz unerklärbare Differenzen erkennen lassen. Es wird in Folgendem gezeigt werden, dass ein grosser Theil dieser Schwierigkeiten seine Entstehung nur einer eigenthümlichen Tncorreetheit der Theorie ver- dankt; und dass die an sich ganz klaren und durch- sichtigen Verhältnisse nur dadurch getrübt sind, ' dass man mit fehlerhaft ermittelten Molekülgeschwindigkeiten rechnete. Bekanntlich wird diese Geschwindigkeit (») aus dem Drucke der Gase (pP) durch die Formel be- 2 rechnet p — ar wo n. m. die Masse des im Volumen V enthaltenen Gases darstellt. Krönig leitete diese Formel ab aus der Annahme, 'dass- die Bewegung der Gastheilchen ebenso erfolge, als ob je ein Drittel- aller Moleküle sich in jeder von drei auf einander'senkrechten Riehtungen gradlnig von Wand zu Wand fortbewege. Clausius hat diesen Beweis. verbessert, imdem er nach- wies, das obiger Ausdruck erhalten wird, wenn man an- nimmt, dass sämmtliche Moleküle sich gradlinig nach 320 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 32. allen Richtungen gleichmässig vertheilt bewegen, ohne dabei zusammenzustossen. Endlich hat Maxwell versucht, den Beweis zu erbringen, das in der That die Bewegungen überall so erfolgen, als ob überhaupt kein Zusammenstoss stattfinde. Um den Irrthum in diesem letzteren Beweise recht anschaulich zu machen, sei es gestattet, zuvor noch einige Bemerkungen über das all- gemeine Verhalten derartiger, vollkommen elastischer Moleküle zu machen, durch welche das Fehlerhafte in der früheren Anschauung klar zu Tage treten wird. Die Theilchen jeder im Beharrungszustande befind- liehen ruhenden Gasmasse müssen sich derart bewegen, dass in jedem Augenblick alle Bewegungsrichtungen durchaus gleichmässig vorhanden sind, (da ja ein Ueber- wiegen einer bestimmten Richtung ein „Wandern“ der Theilchen nach dieser Richtung hin anzeigen würde). Mit mathematischer Schärfe würde dieses Gesetz nur für unendlich grosse Gasmengen gelten, wenn man aber die Bewegungszustände in ihrem zeitlichen Nacheinander summirt, so ist es auch für jeden beliebig grossen Theil der Gasmasse gültig, da ja nach einer genügend grossen Zeit jedes Molekül im Mittel alle möglichen Bewegungen ausgeführt haben muss. Denken wir uns also innerhalb des gaserfüllten Raumes einen beliebigen Punkt, so müssen dureh denselben nach einer gewissen (unendlich grossen) Zeit Theilchen (das heisst deren Schwerpunkte) hindurchgegangen sein, deren Bewegungsrichtungen durch- aus gleichmässig im Raume vertheilt sind; und in diesem Strahlenbüschel müssen auch alle Geschwindigkeiten in constantem Verhältniss vertreten sein. Hätten wir unsere Betrachtungen auf zwei (oder mehrere) soleher Punkte ausgedehnt, so würden wir natürlich für jeden dieser Punkte dasselbe gefunden haben, einerlei welehe Lage beide Punkte gegen einander haben. Diese Schluss- folgerung ist so fehlerfrei und ergiebt sich mit so zwin- gender Nothwendigkeit, dass auch nicht der geringste Zweifel an der Richtigkeit derselben möglich ist; denn, da wir ja dureh unsere Beobachtungen selbst an den Bewegungen der Gastheilchen nichts ändern, so ist es für das an jeder einzelnen Stelle erhaltene Resultat ganz gleichgültig, ob wir während derselben Zeit etwa noch an anderen Stellen ebenfalls Beobachtungen vornehmen. Da nun aber die Entfernung zweier, durch zwei Punkte gezogenen Parallelen proportional ist dem Sinus des Neigungswinkels derselben gegen die Verbindungs- linie beider Punkte, so würden wir also gefunden haben, dass die in beiden Beobaehtungspunkten aufgefangenen Moleküle um so diehter neben einander liegen, je mehr ihre Bewegungsriehtung mit der gemeinsamen Ver- bindungslinie beider Punkte zusammenfällt; also eine Thatsache, die scheinbar der Forderung widerspricht, dass alle Bewegungsrichtungen durchaus gleichmässig im Raume vertheilt sein müssen. Dieser Widerspruch*), der bei richtiger Wahl des Gesichtspunktes sehr leicht zu beseitigen ist, kann unter Umständen grosse Schwierig- keiten bereiten; und wir werden sehen, dass die Unklar- heit über die denselben veranlassenden Verhältnisse in der That im letzten Grunde die Ursache des oben er- wähnten Irrthums bei der Ermittelung des Grundgesetzes gewesen ist. Die Erklärung obiger auffallender Thatsache ist nämlich in dem Umstande zu suchen, dass die Bewegung der Gastheilchen keine continuirliche ist, dass vielmehr *) Bei dieser Betrachtungsweise wird vielleicht die ganze Tragweite des gefundenen Resultates nicht auf den ersten Blick einleuchten. Da jedoch durch die folgenden Betrachtungen von selbst klar werden wird, dass dieses Resultat zu den bisherigen Anschauungen in direktem Gegensatze steht, so möchte ich hier nur auf die weiteren Ausführungen verweisen. in Folge des Zusammenprallens der Theilchen in jedem Punkte des Raumes die Wahrscheinlichkeit einer plötz- lichen Bewegungsänderung gleich gross ist. Zur Erleichterung der Anschauung scheint es zweck- mässig, wenn wir uns zunächst von den Vorgängen in der Gasmasse eine Art Momentbild zu verschaffen trachten. Wir denken uns eine beliebige Ebene inner- halb der Gasmasse und in dieser Ebene diejenigen Punkte, welche in einem bestimmten Augenblick von den Schwerpunkten der betreffenden Moleküle durchfahren werden. (Um eine genügend grosse Anzahl solcher Punkte zu erhalten, müssten wir natürlich die Ebene — also auch die Gasmasse — unendlich gross annehmen.) Da nun die Lage der Ebene ganz willkürlich ist, auch der Umstand, dass wir uns diese Ebene innerhalb der Gasmasse denken, keinerlei Einfluss auf die wirkliche Bewegung der Moleküle hat, so müssen auch in diesem Falle alle Bewegungsriehtungen stets gleichmässig im Raume vertheilt sein. Wir finden also — entsprechend dem bereits oben gefundenen eigenthümlichen Resultat — dass durch jede beliebige Ebene in jeden Augenblick nach jeder einzelnen Richtung gleich viel Theil- chen hindurehdringen ‚müssen; also ein Verhalten, welches allen uns sonst bekannten Bewegungserschei- nungen (z. B. strömende Bewegung von Luft, Wasser ete.) durchaus widerspricht. Aber während wir es bei con- tinuirlich strömenden Massen mit Theilchen zu thun haben, welche in Folge der Continuität gezwungen werden, nach einander und in möglichst gleichen Abständen dieselben Bewegungen auszuführen (bei denen also jedes überhaupt vorhandene Theilehen einmal und nur einmal in jedem Querschnitt zur Wirkung kommen muss) werden die Be- wegungen in einer ruhenden Gasmasse nur durch „Zu- fälligkeiten“ veranlasst, da die bei jedem Zusammenstoss spurlos verschwindenden Bewegungen (indem ganz neue — der Richtung und Grösse nach — auftauchen) ein Verfolgen der einzelnen Theilchen auf ihren verschlungenen Bahnen unmöglich machen. Wenn wir die Vorgänge in unserer Ebene näher in’s Auge fassen, so ist zunächst klar, dass die Entfernung der Punkte derselben — in denen sich grade der Schwer- punkt eines Moleküls befindet — ausserordentlich (un- endlich) mal grösser ist, als die mittlere Entfernung der Moleküle in dem Gase überhaupt. Da also auch die freien Weglängen der Moleküle im Allgemeinen unendlich mal kleiner sind als die Entfernung benachbarter Mole- küle der Ebene, so leuchtet es ein, dass es nicht ge- rechtfertigt wäre, durch Verlängerung dieser Bewegungs- richtungen eine Beziehung zwischen den einzelnen, weit von einander liegenden, Punkten herzustellen, um daraus ohne Weiteres auf die Vertheilung der Geschwindigkeiten in der Gasmasse überhaupt zu schliessen. Es befinden sich eben zwischen den einzelnen Punkten in unmittel- barer Nachbarschaft der Ebene stets noch sehr viele Moleküle, von denen nur ein Theil bei den regellosen Bewegungen im nächsten Augenblick in die Ebene ein- dringt, ohne dass zwischen den einander folgenden Be- wegungen derjenige Zusammenhang bestände, der uns bei der Bewegung strömender Massen vor Allem in’s Auge fällt, und den wir desshalb immer unwillkührlieh auch hier vorauszusetzen geneigt sind. Wir wissen zwar, dass alle Theilchen der Gasmasse -— einerlei in welcher Richtung sie sich grade bewegen — in jedem Punkte ihrer Bahn der gleichen Gefahr des Zusammenprallens ausgesetzt sind, das also die Theilehen, welche in schräger Richtung einen bestimmten Abstand von der Ebene zu überwinden haben, viel wahrscheinlicher vorher zum Zusammenstoss kommen werden als die Theilchen, welche denselben Abstand in senkreehter Riehtung durchkreuzen. Nr. 32. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 321 Da wir aber von Vorn herein gar nicht wissen können, welchen Einfluss die Schräge der Bewegung auf die Häufigkeit des Vorkommens überhaupt haben muss (die in schräger Riehtung zugleich auftreffenden Theilchen haben eine wesentlich andere Lage relativ zu einander als die senkrecht auftreffenden, da ja letztere sich in einem normalen, erstere in einem schrägen Querschnitte ihrer Strombahn befinden), so muss uns die Rechnungs- methode, welche wir sonst bei der Ermittlung der Be- wegungsverhältnisse strömender Massen anzuwenden pflegen, hier vollständig im Stiche lassen. Maxwell hat diese Schwierigkeit in seinem bekannten Beweise nun dadurch zu umgehen gesucht, dass er eine besondere Gruppirung der Theilchen vornahm. Er er- mittelte®) nämlich zunächst einen Ausdruck für die ver- hältnissmässige Anzahl der Theilchen, welche in der Zeiteinheit ein Flächenelement unter einem beliebigen Winkel mit beliebiger Geschwindigkeit durchkreuzen, indem er dabei die einzelnen Moleküle nach ihrer freien Weglänge ordnete; und fand dann, dass diese Anzahl proportional dem Inhalte des Parallelepipeds (über diesem Flächenelement) sei, dessen Höhe gleich der normalen Geschwindigkeitscomponente der Theilchen ist, woraus also direct folgen würde, dass die Anzahl der passiren- den Theilchen proportional dem Cosinus des Einfalls- winkels ist. Es ist nicht schwer, jetzt den Irrthum in diesem Beweise blosszulegen. Es wird nämlich die Höhe obiger Parallelepipede in der Weise ermittelt, dass zu- nächst umgekehrt bestimmt wird, wie sich die Theilchen nach dem Passiren der betreffenden Fläche gruppiren müssen, indem für jede der Gruppen (von der bestimmten Weglänge) jedesmal so lange beobachtet wird bis die ersten Theilechen zum Zusammenstoss kommen; dann wird eine neue Beobachtungsreihe eröffnet, bis wieder der erste Zusammenstoss stattfindet, und so fort während der ganzen Zeiteinheit. Es wird nun gesagt, die Be- dingung dafür, dass die ersten Theilchen grade zum Zusammenstoss kommen (dass also bei umgekehrter Be- wegungsrichtung diese Theilchen die Ebene noch grade erreichen) hängt nur von der Grösse der Bewegungs- componente normal zur betrefienden Fläche ab; und es darf desshalb die Integration nur für diese Componente (als Variable) ausgeführt werden. Der Irrthum im diesem Schlusse ist jetzt augenfällig: zwar ist durch die vor- genommene Gruppirung die Möglichkeit von Zusammen- stössen in den einzelnen Gruppen beseitigt, so dass also die Theilchen jeder Gruppe (von einer bestimmten Rich- tung und Geschwindigkeit) sich völlig wie die Theilchen eines gleichmässig fliessenden Stromes verhalten müssen; aber für den bezweekten Beweis ist hierdurch gar nichts gewonnen; denn, um obigen Schluss machen zu dürfen, hätte vor allen Dingen nachgewiesen werden müssen, dass die Häufigkeit der vorhandenen Moleküle von verschiedener Richtung (relativ zum Flächenelement) unabhängig von dieser Richtung ist. Schon die einfache Bemerkung ‚ dass die schräg auftreffenden Theilchen sich wesentlich” "anders verhalten als die in senkrechter Rich- tung auftreffenden, weil ja in ersterem Falle die Theil- chen, welehe gleichzeitig die Ebene erreichen, sich stets in einem entsprechend schrägen Querschnitte obiger „Ströme“ befinden, hätte die Zulässigkeit dieser Schluss- folgerung mindestens zweifelhaft erscheinen lassen müssen. a) Da die ursprüngliche Form dieses Beweises (den Maxwell in dem bekannten Aufsatze in dem „Phil. Mag.“ veröffentlichte) grade in der Begründung der wichtigsten Operationen sehr dürftig ist, so wurde den folgenden Betrachtungen zunächst die ausführ- lichere und etwas abgeänderte Form zu Grunde gelegt, die sich in dem Buche von O. E. Meyer: „Die kinetische Theorie der Gase“ befindet. Es wird dann die Identität des Fehlers in beiden Be- weisen mit wenigen Worten sich nachweisen lassen. 0 Vz, S Durch die früheren Betrachtungen wissen wir aber, dass obiger Schluss direet falsch ist, weil ja die Forderung dass in jedem Augenblick die in einer beliebigen Ebene befindlichen Moleküle sich gleichmässig nach allen Rich- tungen bewegen müssen, nur erfüllt sein kann, wenn die „Dichte“ der hindurchfahrenden Theilchen "umgekehrt proportional dem Cosinus des Einfallswinkels ist. Nur bei oberflächlicher Betrachtung könnte es scheinen, als ob hierdurch die gleichmässige Vertheilung aller Be- wegungsrichtungen in den benachbarten Gasschiehten unmöglich gemacht würde. Wenn man sich aber statt der einen Ebene eine ganze Reihe unendlich naher paralleler Ebenen denkt, so leuchtet sofort ein, dass sich obige Diehtigkeitsunterschiede wieder ausgleichen, da ja die „Ströme“ dureh benachbarte Ebenen um so weiter von einander liegen, je schräger sie die Ebenen treffen. Der Maxwell'sche Beweis in seiner ursprünglichen Form ist im Grunde mit Obigem identisch; er ist dort aber insofern weniger exact als auf die Mögliehkeit ver- schiedener Geschwindigkeiten keine Rücksicht genommen wird. Ausserdem werden auch die einzelnen Operationen weniger scharf auseinander gehalten, indem zunächst alle Bewegungsmöglichkeiten für jeden einzelnen Punkt der Ebene zusammengefasst werden, um hieraus einen Aus- druck für die Anzahl der aus einer beliebigen Scheibe (von der Dieke dz, die sich in der Entfernung z vor der Ebene befindet) gegen diese Ebene strömenden Theilehen zu gewinnen. Da Maxwell auch für diese Theilehen ohne Weiteres ihre mittlere Geschwindigkeit „in der Rich- tung 2“ als massgebend in Rechnung führt, begeht er, wie leicht ersichtlich, denselben Fehler, den wir im obigem Beweise nachgewiesen haben. Es ist nun sehr leicht, den richtigen Werth für den Flächendruck zu ermitteln. Wir könnten hierzu den Maxwell’schen Beweis mit obiger Correetur benutzen; wir kommen viel einfacher und durchaus exact durch folgende Betrachtungen*) zum Ziel. Die Bewegungen jeder beliebig gruppirten Anzahl von Molekülen eines beliebigen ruhenden Gases müssen in jedem Augenblick derartige sein, dass alle Bewegungs- richtungen gleichmässig vertreten sind, und dass alle Ge- schwindigkeiten in constantem Verhältnis vorhanden sind. Wenn wir also alle diese Bewegungen der Rich- aber tung und Grösse nach durch einen Punkt (0) gehend denken, so erhalten wir ein gleichmässig vertheiltes Strahlenbüschel. Wir denken uns dieses Strahlenbüschel — je nach den verschiedenen Geschwindigkeiten — in N Gruppen zerlegt, so dass die Strahlen in jedem Büschel annähernd gleich gross sind. Für die Gruppe & seien n. Theilchen vorhanden, deren Geschwindigkeit gleich sei. Die Geschwindigkeitseomponente (v, - eos «), welche diese Theilchen in dem betreffenden Augenblick in Be- zug auf die believige Richtung © A haben, ist nun für alle Theilchen von gleicher Neigung («) gegen diese kiehtung gleich gross; und die Anzahl dieser Theilchen ergiebt sich zu Folge ihrer gleichmässigen Vertheilung im Raume zu: 2 av,sinav, de Br. = “sin«- ARTE: 2 Die Summe ihrer Bewegungseomponenten in der Richtung © A ist mithin gleich: Ng* Ür 3. N. de. -sin@cosaede. *) Ich werde diesen Beweis, der wegen seiner Einfachheit ja mit wenigen Worten zu Ende geführt werden könnte, ganz unabhängig von den vorherigen Betrachtungen möglichst ausführ- lieh behandeln, da ich ds adureh bei der grossen W ichtigkeit der sache die zweifellose Exactheit dieser Reehnungswei ’ise nochmals vor Augen führen möchte. Man möge desshalb die vielleicht etwas zu weit gehende Breite der Behandlung entschuldigen. 322 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 32. Führen wir nur diejenigen Bewegungen in Rech- nung, bei welchen diese Componente positiv ist (wo- durch also die eine Hälfte der Theilehen ausgeschieden wird), so erhalten wir als Summe aller dieser Compo- nenten den Ausdruck: u 2 N: Ur . r fe: Ng* 2 Te Fre, 0 Mithin hat jedes der 5 Moleküle im Mittel in der Richtung O0 A die Componente: A? Da dies für jede der N Gruppen von Molekülen gilt, so ergiebt sich die wirkliche mittlere Geschwindigkeits- componente RR Moleküle des betr. Raumes zu: Ei vVN 2 Due 2 ar, + we 0) Wi Fr en, wenn » die mittlere Geschwindigkeit küle ist. Das gefundene wichtige Resultat Worten: Die Bewegungen in jeder homogenen ruhen- den Gasmasse müssen in jedem Augenblick der- artige sein, dass die Summe der Bewegungs- eomponenten für jede beliebige Richtung so gross ist, als ob sich die Hälfte aller Theilche mit der halben mittleren Geschwindigkeit Sn dieser Richtung bewege, während die andere Hälfte sich mit derselben Componente nach der entgegengesetzten Richtung bewest. Dieses Gesetz giebt von der wirklichen Bewegung der einzelnen Gastheilchen natürlich stets nur für einen Augenblick ein genaues Bild; im nächsten Moment muss die neue — durch etwaige Zusammenstösse (deren Ein- fluss in der Formel selbst gar nicht zum Ausdruck kommt) geänderte — Lage wieder als Ausgangspunkt der Be- wegung betrachtet werden. Da wir aber wissen, dass diese Bewegung in jedem Augenblick in gleich bleiben- der Stärke vorhanden ist, so sind wir vollkommen be- rechtigt, das Gesetz auch für beliebig lange Zeiträume als gültig anzunehmon, falls es sich nur um die Er- mittelung der durch die allgemeinen Lagen- änderungen hervorgerufenen Wirkungen handelt. Da ferner das Gesetz ganz allgemein abgeleitet wurde, ohne dass wir über die relative Lage der betreffenden Theilchen irgend welche Annahmen hätten machen müssen, so gilt es nicht nur für die gesammte Gasmenge, sondern auch für jeden beliebig geformten Theil des gaserfüllten Raumes (vorausgesetzt nur, dass entweder die Anzahl der Theilchen oder aber die Beobachtungs- zeit so gross ist, dass die „zufälligen“ Verschiedenheiten sich ausgleichen). Aus diesen Gründen sind wir ohne Weiteres berechtigt, obiges Gesetz auch für die mittleren Bewegungen der in jeder beliebigen Ebene vorhandenen Moleküle anzuwenden. *) Das heisst also: durch jede be- dieser Mole- lautet also in ee Es könnte hier vielleicht der Einwand gemacht werden, dass wir bei dieser Betrachtungsweise gar nicht” berechtigt sind, von den „Molekülen einer Ebene“ zu reden, weil ja selbst für un- endlich kurze Zeiträume die Theilchen um so weiter aus der Ebene heraustreten müssen, je mehr ihre Richtung mit der Nor- malen zur Ebene zusammenfällt, mithin der von allen diesen Theilehen eingenommene Raum gar nicht als „Ebene“ aufgefasst werden könnte. Dieser Einwurf wäre aber ganz unberechtigt; denn obige Formel giebt ja nur ein Augenblieksbild der Zustände in der Gasmasse, da sie ja grade unter der Annahme abgeleitet iebige Eben sasmasse müss so viel Theil- liebige Ebene der Gasmasse müssen stets so viel Theil chen hindurchdringen, als ob sämmtliche Theilchen der gesammten Gasmenge in der Richtung normal zu dieser Ebene sich mit ihrer halben mittleren Geschwindigkeit hin- und herbewegten. Ist mithin n die Gesammtzahl aller im Raume V vor- handenen Moleküle von der Masse ın und der mittleren Geschwindigkeit m v, so sind in einem Würfel gleich der Raumeinheit nur Moleküle enthalten; und es müssen 7 gegen die eine Wand desselben (—Flächenheit) so viel = Moleküle sich mit der con- Teilchen stossen, als ob 37 AR A : stanten Geschwindigkeit „ gegen dieselbe bewegten. Es treffen demnach in der Sekunde: NW Moleküle jederseits gegen die Flächeneinheit. Ist die- selbe undurchdringlich, so prallen die Moleküle mit der gleichen Geschwindigkeit zurück; sie erleiden also 2 und der durch dieselbe ee Druck ist mithin: n-m-v a (2) wobei v natürlich der Mittelwerth der Geschwindigkeit ist (nicht Geschwindigkeit der mittleren Energie, wie nm une seit 3. im Mittel eine Geschwindigkeitsänderung gleich 2 - =üR B—n 2m UV — seltsamer Weise in der früheren Formel p = Maxwell immer angenommen wurde). Aus Formel 2) ergiebt sich direct die mittlere Mole- külgeschwindigkeit zu: v.p R = (3 nn» m Für Luft von 0° C. und 760 mm Quecksilberdruck ist z. B. der Druck pro qm gleich 10334 kg und 1 kg Raum ein: V — Molekül- DE 1 : : derselben (m-m— —) nimmt einen 0,773 ebm. Mithin g geschwindigkeit : v—=2 \ 0,773. 10334 - 9,81 =560,0 m. Die Geschwindigkeit der mittleren Energie berechnet sich dann nach dem Maxwell’schen Geschwindigkeits- gesetze zu: erhält man als mittlere 560 / _ een Ebenso erhält man z. B. für Wasserstoff: v — 2128,1 m; für Stickstoff: v—= 568,1 m; für Kohlenoxyd: v—569 m ete., also Werthe, die sämmtlich etwa °/, mal so gross snd als die nach den bisherigen falschen Formeln berechneten. Wenn man nun auf Grund dieser Molekülgeschwindig- keiten das Verhalten der einzelnen Gase bei den ver- schiedenen Zustandsänderungen ermittelt und zwar unter der Annahme, dass sämmtliche Energie nur zur wurde, dass die Bewegungen sämmtlicher Moleküle in einem einzigen Augenblick erfasst würden. Es wäre ganz verkehrt, wollten wir nun diesem „Augenblick“ eine bestimmte — wenn auch unendlich kurze — Dauer verleihen. Wir würden dadurch die einzelnen Momentbilder (welehe uns nur die blitzartig er- leuchteten, in ihren verschiedenen Bewegungszuständen festge- bannten, Moleküle zeigen) gleichsam in einander überfliessen lassen, also ein vollkommen verwischtes Gesammtbild erhalten, weil wir ja wissentlich die Zwischenzustände (Zusammenprallen der Mole- küle) vernachlässigt haben. Nr. 32. Aenderung der fortschreitenden Bewegung der Moleküle dient — dass also intramolekulare Bewe- gungen wenigstens für permanente Gase nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen — so erhält man bei allen Zustandsänderungen eine ganz auffallende Ueberein- stimmung sämmtlicher rein. mathematiseh berechneter Constanten mit den in Wirklichkeit beobachteten Werthen. Es sind zu diesem Zwecke zunächst die durch Temperaturänderungen veranlassten zus ungen der Mo- lekülgeschwindigkeit zu ermitteln. Da: die "Temperatur nach der rein empirischen Celsius’schen T'hermometer- skala gemessen wird, so führen wir die Einheit dieser Skala am besten mit Hülfe des Ausdehnungscoäffieienten ein (da wir dann die Rechnung mit dem schwankenden Werth des mechanischen Wärmeäquivalentes vermeiden). Wir können Formel 2) auch schreiben: DE V nm Lassen wir nun v wachsen bis &-v, während der Druch p» constant bleibt, und das Volumen V bis auf I"! wächst, so finden wir für diesen zweiten Zustand: &.0° _ 4p mn nm Da beide Male die rechten Seiten der Gleichung unverändert bleiben, so ist also: 72 2,92 71 — nr. oder <= = = (4) Soll nun die Aenderung der Molekülgeschwindigkeit v So gross sein, dass der " Demperaturunterschied 1° Celsius beträgt, so ist für wine permanente Gase der Aus- V dehnungscoöfficient en gleich 0,003565 und wir er- halten: 24 &® — 1 —= 0,003665, d. i. = Y1,003665 — 1,001831. (4a) Das heisst also, ein Gasmolekül, welches z. B. bei 0° die Geschwindigkeit 560 m hat, muss bei 1° C. die Ge- schwindigkeit: vo! — 560 . 1,001831 — 561,02536 m haben. Würde das Gas sich während obiger Zustandsände- rung nicht ausgedehnt haben, so müsste also die dabei für die Masse nm zugeführte lebendige Kraft gleich mm —V) 3-7 5 sein far REN om 8 mkgr sein (wo der Factor 8 das aus dem Maxwell’schen Geschwindigkeitsgesetze be- reehnete Verhältniss der mittleren lebendigen Kraft der Moleküle zu dem Quadrate der mittleren Geschwindigkeit derselben bedeutet). In Wärmeeinheiten ausgedrückt muss dieser Ausdruck mithin gleich der speeifischen Wärme für 2 wieder h : al 1 eonstantes Volumen sein, falls wir die Masse nm — —- ( 1 kg) in Rechnung setzen. Mithin wird: Beer zu Ir I » = 981.2:.04° 8° 0) Also erhalten wir z. B. für Luft: (561,025: = 560%) 3 77 a E —_ — 0,16268 Calorien. (ei 9,81. "09%. 8 0,16265 Calorie Ebenso findet man die specifischen Wärmen für Wasserstoff c, — 2,3558; für Stickstoff c, — 0,1675; für während in Wir kliehkeit diese Werthe nach Regnaults B eobachtungen betragen: für Luft = 0,1685; für Wasserstoff c, = 2,41226; für Stickstoff c, = 0,17273; für Kohlenoxyd c, — 0, 1758 "ete. Die N aus den Aenderungen der Molekülge- schwindigkeit berechneten Werthe sind also stets : kleiner als die beobachteten Werthe; und diese geringen ! Kohlenoxyd c, — 0,163 ete., ‚also genau der lm Werth. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 323 Unterschiede treten um so mehr hervor, je ausgeprägter der Charakter des „Dampfes“ zur Erscheinung kommt. Wenn sich das Gas während der Erwärmung unter constantem Drucke p ausdehnt, indem sein Volumen von V auf V! wächst, so wird ausser obiger Energieerhöhung noch äussere Arbeit geleistet und zwar: o n - m - (v?—v v ed; DR ‚ ker. p-V’-VW= 4 — Es sind also jetzt im Ganzen für die ne (wr—r? rung erforderlich: ©) In Hier | 4 ) « a ( = Jia a a Mithin ist das Verhältniss der speeifischen Wärme bei constantem Druck zur speeifischen Wärme bei constantem Volumen gleich: Ca- _ lorien. ee an 4.981.424 ll 37 lg ze. 2 Eee h (wo? 3m ( 4 ie 4.981.424 4 1 ae (6) [9] In Wirkliehkeit ist dieses Verhältniss nach Regnault: für Wasserstoff k— 1,4132; für Luft k=1,4098; für Kohlensäure — 1,37 ete. Also wieder eine sehr schöne Uebereinstimmung, da die Unterschiede nieht nur sehr geringfügig sind, "sondern da auch hier wieder auf’s Deut- lichste vor Augen tritt, dass die Differenzen um so kleiner werden, je mehr sich das Gas dem idealen Zustande nähert. nm v* 4 bekannte Zustandsgleichung V-p=R-T, da ja die absolute Temperatur proportional der Energie ist. Der 1 ns T = Surloye IN » Ioo' ee A, Nullpunkt beider Werthe liegt bei 0,003665 [D) Aus der Gleichung V-p = folgt direet die Celsius. Demnach berechnet sich die Constante R& in obiger Formel z. B. für Luft zu: AR! V.p_n:m v2 560°? 29.275 Jh BEN res 2 Auch für alle übrigen Gase "erhält man genau die entsprechenden Zahlen. Aber auch die w iehtigen Poisson’schen (Laplace’schen) Gleichungen können wir jetzt direet aus den Molekül- geschwindigkeiten ermitteln. Lässt man nämlich das Vo- Jumen V eines Gases sich ändern, ohne dabei Wärme zu- oder abzuführen, so wird bei der "unendlich kleinen Aen- derung d V an Arbeit geleistet: p-d ge .dV. Setzen wir hierin a» -ım 1; und berücksichtigen wir durch die Wahl des Vorzeichens, dass bei einer Vermeh- rung von V eine Verminderung der Energie eintritt, so wird: De. dv; dL=p-dV=— ---—. U Nun ist die Energie Z der Masseneinheit des Gases or gleich —- z: oder: ' u [® ER (8) 324 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 32. Durch Einführung dieses Werthes in Gleichung (7 4 i 6, k—1 ergiebt sich: 5 N) Da nun Sa nach Gleichung (6)‘ gleich 5 yE —_ n an (9) sich ergiebt, so stellt die Beziehung (11) also die zweite woraus durch Integration folgt, dass wenn sich bei einer Volumenverminderung von V, auf V, die lebendige Kraft der Moleküle von Z, auf Z, ändert, die Gleichung be- stehen muss: In L, — In L, = — Fr (In V, — In V;) oder Da nun die Energie Z direet das Maass der absoluten Temperatur 7 ist, so können wir diese Formel auch schreiben: EN als ud) also genau die erste Laplace’sche Gleichung, da ja a RE Frei Pa ER = dr BESmEN Ferner folgt aus den 2 Beziehungen: X: v” ( 7) = = —=|7|3r v2 V, direet durch Elimination der Volumina V die Gleichung: v Da: Vp' ’ E Ir 7 / 2 n= (+7 BER: 7-6) ir+1. (il) Laplace’sche Gleichung dar. Es war also bereits durch diese einfachen Rechnungen möglich, die wichtigsten Zustandsgleichungen der Gase, sowie alle Constanten direet aus dem in Gleichung (2) angegebenen Verhältniss zwischen Flächendruck, Volumen und Energie der Moleküle abzuleiten und zwar wie hier noch besonders hervorgehoben werden mag, ohne alle „Annahmen“ oder Einschränkungen. Dabei stimmen sämmtliehe — rein mathematisch abgeleiteten — Werthe so vorzüglich mit der Wirklichkeit überein, dass ein besserer Beweis für die Richtigkeit obiger Formeln gar nicht denk- bar ist; und selbst die dabei zu Tage getretenen geringen Verschiedenheiten für die einzelnen Gase fügen sich so organisch in das allgemeine Verhalten derselben ein, dass es scheint, als ob man daraus sofort weitgehende Schlüsse über das Wesen derselben gewinnen könnte. Ich glaube jedoch, zunächst hier auf eine eingehendere Behandlung der gefundenen Resultate verzichten zu sollen, da zu einer zweekmässigen Darstellung dieser Verhältnisse vorher noch | einige etwas weitführende Betrachtungen erforderlich sind, die ig binnen Kurzem im Zusammenhang veröffentlichen werde. Die Mechanik des Fluges der Inseeten. — Bereits vor mehr als 20 Jahren hatte Herr Marey in der fran- zösischen Akademie der Wissenschaften Mitteilungen ge- macht über Versuche, die er über die Mechanik des In- seetenfluges angestellt hatte. Dieselben hatten zwar ge- zeigt, dass man die Anzahl der Flügelschläge sowie die Curven, welche die einzelnen bewegten Organe beschreiben, sehr wohl genau angeben könne, aber es war doch noch immer einiges unklar geblieben, so die Rolle der Deck- flügel bei dem Fluge der Inseeten, diejenige der Schwing- kölbehen bei den Dipteren u. a. m. Neuerdings hat er nun einen photochromographischen Apparat eonstruirt, mit dem es ihm gelang, ein Stück weiter zu kommen. Es ist ihm gelungen, bei sehr hoher Verstärkung der Intensität der Beleuchtung des zu unter- suchenden Inseets und bei extremer Verminderung der Expositionsdauer, Bilder der fliegenden Inseeten zu er- halten, aus denen sich sowohl alle einzelnen Stellungen der Flugorgane wie auch selbst die Deformationen der letzteren ersehen lassen, welche sie durch den Luftwider- stand erleiden. Um diesen Zweck zu erreichen, musste allerdings die Expositionsdauer auf 0,00004 Sekunden re- dueirt werden. Bei der ausserordentlich geringen Dauer eines solehen Liehteindruckes wird daher wohl noch zu weiteren Detailstudien eine intensivere Concentration des angewandten Lichtes nöthig werden. Die tägliche Schwankung der atmosphärischen Elektrieität bildete den Gegenstand einer Erörterung des Herrn Ch. Andr& in einer der letzten Sitzungen der ’ariser Akademie. Man hatte dieselbe bisher mit dem Witterungseharakter (ruhig, heiterer Himmel) in Beziehung gesetzt. Herr Andre hat nun die Beobachtungen diseutirt, die seit 1884 zu Lyon mit dem Mascart’schen Registrir- Elektrometer angestellt worden sind. Er hat aus den Tagen ohne Nebel und mit ruhigem heiterem Wetter die- jenigen zu einer Gruppe zusammengefasst, an denen die Hauptwindriehtung nördlich war, und ebenso auch die- jenigen mit vorherrschend südlicher Windrichtung; und dann die mittlere tägliche Schwankung der Luftelektrieität bestimmt, welehe jeder dieser Gruppen in den Jahres- zeiten Frühling, Sommer und Herbst zukommt. Dabei hat sich nun für jene beiden Gruppen ganz verschiedenes Ver- halten der täglichen Schwankung herausgestellt. Bei Süd- wind ist die Amplitude der Tagesschwankung dreimal so gross als diejenige der nächtlichen, und bei Nordwind ist umgekehrt die Amplitude der in der Nacht stattfindenden Schwankung dreimal so gross als diejenige der täglichen. Daraus folgt, dass die gewöhnlich als die normale be- zeichnete tägliche Schwankung der Luftelektrieität aus der Combination zweier verschiedener Schwankungen re- sultirt, die zwei verschiedenen Druckvertheilungen in Bezug auf den Beobachtungsort entsprechen. Was hier in Bezug auf das elektrische Potential sich herausgestellt hat, gilt übrigens auch für die Schwan- kungen in dem Gewicht Wasserdampf, das in einem ge- gebenen Volumen Luft enthalten ist, und ebenso für den Luftdruck und für den jährlichen Gang der relativen Feuchtigkeit. Demnach besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Schwankungen — und deren Ursachen — der drei Phänomene der Luftelektrieität, des Luftdrucks und der Luftfeuchtigkeit. Halobeobachtungen. Das Interesse an den merkwürdigen Erscheinungen der Sonnen- und Mondringe, Nebensonnen u. dergl. ist neuerdings durch das dankens- werthe Vorgehen der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik für weite Kreise wieder in höherem Masse erweckt worden. Die Erschei- nungen kommen zu Stande durch Lichtbreehung und Beugung an feinen in der Atmosphäre suspendirten Eis- krystallen, wie denn ihr Auftreten wesentlich in nörd- lichen Gegenden und in der kalten Jahreszeit beobachtet wird. Die Formen, welche sie darbieten, sind oft durch eine reiche Mamnigfaltigkeit ausgezeichnet, wie z. B. unsere Figur 2 solche aufweist. Die Lichtkreise, welche die Sonne umgeben, haben einen Durchmesser von 22 oder 46 Grad und werden häufig durch einen horizontalen Streifen (Fig. 1) durchsetzt. Ueberall, wo sich zwei soleher Lichtlinien treffen, bilden sich Knotenpunkte, die Nr. 32. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 325 speeiell den Namen Nebensonnen führen. Dabei ist übrigens zu bemerken, dass die Nebensonnen, d. h. Licht- anhäufungen in der Höhe der Sonne auch ohne gleich- zeitige Ringerscheinungen auftreten. Im letzten Winter Fig. I. Sonnenring, beobachtet in der Nordsee. (Entnommen aus Zimmermann, Erdball. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhälg,, Berlin.) hat Professor L. Estes zu Grand Forks im nördlichen Dakota interessante Beobachtungen über den in Rede stehenden Gegenstand machen können, wie er kürzlich im American meteorologieal Journal mittheilte. Fig. 2. Ring- und Nebensonnen-Erscheinung, beobachtet im nördlichen Eismeer. (Entnommen aus Zimmermann, Erdball. Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhälg., Berlin.) Am 11. Februar d. J. um 9 a. m. zeigte sich die Erscheinung so, wie sie in Figur 3 dargestellt ist. Der Himmel war mit einem ganz zarten Schleier bedeckt, und die Temperatur etwa 0° Fahrenheit; die Höhe der d d' Ru rt zart una DT anne L Ma, 0 / N, a YA ' 4 gommaunmnım prete RRIIITOHN 4 ' Fig. 3. interessant und auffällig war der Bogen cc!, der ebenfalls Sonne betrug 20°. Die beiden Knotenpunkte a, «’ stehen 22° von der Sonne ab, auf der der Sonne zugekehrten Seite zeigte sich hier rothe Färbung. Der Ring bfb! ist der 46°— Ring. Der obere Berührungsbogen dfd! zeigte alle Farben des Regenbogens, auf seiner zur Sonne ge- kehrten Seite ebenfalls Roth. Er war in einer Erstreekung von 120° seiner Länge deutlich wahrnehmbar. Besonders deutlich siehtbar war. Gegenüber der Sonne zeigte sich die in Figur 4 dargestellte Erscheinung. Figur 5 ist ein Gesammtbild des Himmels, aus dem die relative Lage der einzelnen Phänomene zu ersehen ist. Die Halos waren, natürlich immer schwächer werdend, bis etwa 3% p. m. zu schen. Am späteren Nachmittag stellte sich ein langsames Niederfallen feinster Eiskrystalle ein. In f N h mtl NY N Fig. 4. N 1 Ann at Im AU, m u Grand Forks sind, wie Prof. Estes sagt, diese Erschei- nungen sehr häufig. Er erwähnt noch einige aus dem Februar, darunter namentlich auch zwei Mondhalos, deren bedeutenderer dem oben abgebildeten Sonnenring sehr ähnlieh ist, und der besonders dadurch interessant war, HORIZONT- Fig. 5. dass ein Theil des Liniensystems bereits Abends 7’ über dem Horizonte sich aufbaute, während der Mond selbst noch nicht aufgegangen war. Die Plasmolyse der Bakterien. — Mit dem Namen „Plasmolyse“ bezeichnen die Botaniker die Erscheinung, dass das Protoplasma der Pflanzenzelle, welches ursprüng- lich der Zellwand allseits dieht anliegt, von dieser unter der Einwirkung wasserentziehender Stoffe, z. B. Salz- lösungen, zunächst an einzelnen Stellen, bei stärkerer Wirkung ringsum zurückweicht und sich schliefslich zu einer Kugel im Centrum der Zelle zusammenzieht. Da nun die Bakterien zu den Pflanzen gehören, was freilich noch immer nieht alle Laien, selbst gebildete, wissen, da man sie oft noch genug als „Thierchen“ bezeichnen und definiren hört, so sollte man a priori erwarten, dass auch die Bakterien diese allgemeine Eigenschaft der Pflanzen- zelle zeigen. So gut nun auch schon die Bakterien in botaniseher Richtung studirt sind, ist der Vorgang der Plasmolyse an ihnen noch nieht beobachtet worden, und nach den herrschenden Anschauungen über den Inhalt der Bakterienzelle, der namentlich seines ausgezeichneten Fär- bungsvermögens wegen als sehr wasserarm gilt, konnte man auch wohl stillschweigend die Voraussetzung machen, dass die Bakterien nieht plasmolytisch seien. Jüngst hat nun Dr. Alfred Fiseher in einer Mittheilung an die könig- lich sächsische Gesellschaft der Wissenschaft in Leipzig den Beweis für das Gegentheil erbracht. Seine inter- 326 essanten Mittheilungen, die auch für die Biologie der Bak- terien im Allgemeinen von Bedeutung sind, seien hier im Auszug wiedergegeben. Er hat zunächst eine Plasmolyse der Bakterien künstlich zu erzeugen auf folgende Weise versucht. Er brachte die’ Bakterien in Wasser unter das Deekgläschen und liess von dem einen Rande desselben aus Salzlösung zufliessen, während er dieselbe vom an- deren Rande aus durch das Präparat hindurchsaugte. Es zeigte sich, dass die Plasmolyse der Bakterien schon bei weit grösserer Verdünnung der Salzlösung eintritt, als bei den Zellen der höheren Pflanzen, nämlich schon in einer /,procentigen Kochsalzlösung, und sie konnte bei einer grossen Reihe von Mikroorganismen wie Cholera-, Typhus-, Dyphtheriebazillen, dem Eiterkokkus und dem Erreger der harnsauren Gährung, beim Bakterium termo, dem Micro- eoceus prodigiosus und auch bei den spirillenförmigen Bakterien, dem Cladothrix, Crenothrix, Leptothrix bucca- lis, Beggiatoa alba u. a. m. hervorgerufen werden. Der Vorgang spielt sich bei mikroskopischer Beobachtung regelmässig in folgender Weise ab: Während im Wasser der Inhalt der Spaltpilzzelle matt und homogen erscheint und gleichmässig ihr ganzes Lumen erfüllt, zieht sich der- selbe beim Zutritt der Salzlösung zu stark glänzenden, sporenähnlichen Körpern von verschiedener Gestalt zusam- men. Dadurch wird Zelleninhalt und Zellenmembran von einander getrennt deutlich sichtbar. Am besten lässt sich der Vorgang naturgemäss bei den grösseren Fadenbak- terien beobachten, dessen Endergebniss man durch einen Farbstoff dauernd machen kann. Man bekommt bei der Plasmolyse der Bakterien oftmals Bilder, die denen sehr ähnlich sehen, welche man bisher vielfach als Sporen oder Desorganisationsproducte der Bakterien gedeutet hat. Ob das richtig gewesen ist, erscheint danach sehr zweifel- haft. Da das Blut einen Salzgehalt von mindestens °/, pCt. hat, so erscheint es durchaus als möglich, dass auch im erkrankten Organismus eine Plasmolyse der Bakterien stattfindet. Mit Sicherheit ist sie bisher nur bei der Ka- ninchenstreehtothrix nachgewiesen worden. Auch in den künstlich hergestellten Reineulturen sind Bedingungen vor- handen, welche eine Plasmolyse herbeiführen können, denn je älter sie werden, desto mehr verdunstet in ihnen das Wasser und die Nährflüssigkeit wird concentrirt, Die entdeckte Plasmolyse der Bakterien gestattet auch einen tieferen Einblick in den Inhalt der Bakterienzelle, als es bisher möglich war. Während die bakteriologischen Fär- bungs- und Fixirmethoden von der Annahme ausgehen, dass die Bakterienzelle in sieh sehr widerstandsfähig ist, haben die plasmolytischen Versuche doch gezeigt, dass sie schon durch die Einwirkung sehr schwacher Salz- lösungen stark verändert wird. Ferner liefert die Plas- molyse ein bequemes Mittel zur Entscheidung der Frage, ob ein Bakterium auch lebendig ist oder nicht, denn todter Zelleninhalt ist nicht mehr eontractionsfähig. Wenn sie richtig ist, wird sie auch die herkömmlichen An- schauungen vom Bau des Protoplasmas der Bakterienzelle wesentlich umgestalten. Erschien bisher der Kern als der wichtigste Theil des Zelleninhalts, so hat das eigentliche Protoplasma jetzt erhöhte Bedeutung erlangt. Wahr- scheinlich besitzt die Bakterienzelle wie die ausge- wachsenen Zellen der höheren Pflanze einen mehr oder weniger kräftigen protoplasmatischen Wandbelag (Primor- dialschlauch), der einen sehr grossen, den grössten Theil des Lumens einnehmenden Saftraum umsehliesst. Schliess- lich wirft die Plasmolyse der Bakterien auch einige Streif- lichter auf die Beschaffenheit der Zellmembran. Diese hat sich als äusserst wenig durchlässig gezeigt, wodurch die hohe Widerstandskraft der Bakterien, vor allem aber ihrer Sporen gegen auf sie einwirkende tödtliche Sub- stanzen erklärlich wird. Dr. A. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. | Nr. 32. I Jodophenin, ein neues Jodderivat des Phenacetins. — Wenn 'kalt gesättigte Phenacetinlösung unter Zusatz von Salzsäure mit Jod versetzt wird, entsteht nach L. Seholvien (Pharmaceut. Zeitung, Berlin) ein grauer Niederschlag, welcher sich später in krystallinischen Nadeln abscheidet. Derselbe bildet trocken ein chokolade- braunes Pulver und kann, wenn aus Eisessig um- krystallisirt, in stahlblauen Krystallen erhalten werden. Andere Acetanilide geben analoge Verbindungen. Die Darstellung des Körpers geschieht, um nicht mit ausser- ' ordentlich grossen Mengen wässriger Lösung arbeiten zu müssen, durch Fällen einer Lösung des Phenacetins in Eisessig, welehe später verdünnt wird. Jodophenin schmilzt bei 130° ©. unter Zersetzung und enthält allem Anschein nach einen Theil Jod fester gebunden als den anderen. ‚Es ist in 20 Theilen kaltem Eisessig, leichter in heissem löslich, sowie in Alkohol. Schwer löslich ist es in Benzol. und Chloroform, fast unlöslich in Wasser. Wässrige Lösungen können ohne Zersetzung nicht erhitzt werden. Der Geschmack ist herb und brennend, der Geruch schwach jodartig. - Hinsichtlich der Constitution des Körpers glaubt ‚ Seholvien, dass das Jod nicht in den Kern eingetreten sei. Der gefundene Jodgehalt von 51 pCt. hatte die Annahme gestattet, dass der Körper ein Gemisch aus gleichen Theilen Monojodphenacetin und Dijodphenacetin hätte sein können. Dieser Annahme steht jedoch ent- gegen, dass der Körper in so wohl ausgebildeten Krystallen erhalten wird und dass der Jodgehalt so con- stant ist, also niemals ein anderes Mischungsverhältniss herbeigeführt wird, auch durch Umkrystallisiren eine Trennung nicht eintritt. Jodophenin besitzt, wie die Untersuchungen von ' Wittkowsky ergeben haben, ganz hervorragende anti- | bacterielle Eigenschaften. Auch die physiologischen ı Versuche und die versuchsweise therapeutische Anwen- dung hat sehr befriedigende Resultate ergeben. Ueber die Darstellung und Verwendung des Aluminiums, jenes Metalles, welches schon jetzt und noch weit mehr in Zukunft eine sehr hervorragende Rolle in der Technik spielen wird, entnehmen wir den „Indu- strie-Blättern“ ganz interessante Einzelheiten: Hiernach | hat die „Allgemeine Elektrieitäts-Gesellschaft*. zu Berlin vor Kurzem eine umfangreiche Sammlung von Alumimium- ' barren, Aluminium-Legirungen, sowie daraus gefertigten Gegenständen zur Schau gestellt, so dass ein Jeder Ge- legenheit finden kann, sich von den Vorzügen des jetzt, mittelst Eleetrolyse, wohlfeil dargestellten und daher all- gemeiner verwendbaren Metalles zu überzeugen. Das Aluminium wird zwar nicht auf deutschem, sondern auf | sehweizerischem Boden, zu Neuhausen am Rheinfall, er- zeugt, doch besitzt an dem dortigen Unternehmen die „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ den Hauptantheil, so dass wir die Neuhausener Werke und ihre Erzeug- nisse als im Wesentlichen deutsch bezeichnen können. Die in Neuhausen erzeugten Metallbarren enthalten 95—99°/, pCt. reines Aluminium. Der Preis eines Kilo- grammes stellt sich je nach Feinheitsgehalt auf 15 bis 19 Franes, während derselbe für Alumimiumblech und Aluminiumdraht 20 Fres. beträgt. i Ist der Preis auch immerhin noch theuer, so ist doch andererseits zu beachten, dass das specifische Gewicht des gegossenen Aluminiums nur 2,64 beträgt. Das Me- tall übertrifft somit seine Mitbewerber an Leichtigkeit —24 mm, bei Schmidt 57 bis 58 mm beträgt, was dem Verhältniss des Massstabes beider Karten (1:2) nicht entspricht. Bekamntlich hat Schmidt seiner Mondkarte die Lohrmann’schen Messungen zu Grunde gelegt, und Mädler weicht bereits von Lohr- mann ab, welch’ Letzterer jenen Durchmesser bei gleichem Karten-Massstabe in der Grösse von 27—28 mm dar- stellt. Eine andere Art von Mondzeichnungen habe ich auf Anregung des Herrn Professor E. S. Holden, Director der Lick-Sternwarte, am Mt. Hamilton in Californien, be- sonnen. Herr Prof. Holden hatte die Güte, mir eine grössere Anzahl von Glaspositiven nach den Original- Photographien, welche 1888 mit dem 36-Zöller, dem grössten Instrumente der Welt, in bekannter vorzüglicher Weise aufgenommen worden, zu senden, ebensowohl, um dieselben als Grundlage für meine Zeichnungen am Fern- rohr zu verwenden, als auch um darnach selbstständige Detailstudien zu machen. Für die vergrösserte Betrach- tung dieser Photographien liess ich mir einen geeigneten Apparat vom Präeisions-Mechaniker G. Heyde in Dresden anfertigen, bei welchem die photographische Platte mittelst zweier Oculare von 1:6 und 10 Zoll Aequivalent-Brenn- weite (Linear-Vergrösserung 6°6 und 12'Omal), deren Träger eine Führung nach zwei zu einander rechtwinke- ligen Coordinaten-Riehtungen erhielt, transparent besehen wird. Die Beleuchtung der Platte kann durch Tages- oder Lampenlicht geschehen, Ersteres m Anwendung eines parabolischen Spiegels, wobei die verschiedensten Intensitätsgrade für beliebige Stellen der Platte erzielbar sind. Zum Zeichnen wird zerstreutes Tageslicht benützt, indem zwischen die Platte und den als Refleetor dienen- den Spiegel eine matte Glastafel eingeschoben wird. Das Fensterlicht zur linken Hand des Zeichners beleuchtet gleichzeitig das kleine Reissbrett, auf welches das Zeichenpapier gespannt ist. Damit der Beschauer oder Zeichner möglichst wenig ermüde, kann der Platte mit dem Spiegel eine beliebige Neigung nach rückwärts ge- geben werden. Der Apparat ist zur Aufnahme von grossen und kleinen Platten eingerichtet. — Da jede direete photographische Vergrösserung zahlreiche Mängel aufweist, namentlich aber an Schärfe und Intensität dem Originale nachsteht, so erschien es als kein überflüssiges Unternehmen, vergrösserte Zeichnungen, bezw. Tuschi- rungen nach den photographischen Platten auszuführen, welehe in diesem Falle mit höchster Vollkommenheit und absoluter Treue hinsichtlich Kraft und Schärfe des Originals zu bewerkstelligen sind, da die Arbeit jederzeit fortgesetzt, eontrollirt und verbessert werden kann. In dieser Beziehung boten sich mir zwei Methoden dar, die erste, indem ich mir möglichst blasse photographische Vergrösserungen einzelner Partien auf geeignetem Papier verschaffte und gleichsam Retouchen bis zur vollen In- tensität der Originale (welche Retouchen aber bis auf die von der Photographie gelieferten Contouren einem Neu- malen völlig gleich kamen) ausführte, und eine zweite, indem 'ich auch dieses photographische Hilfsmittel ver- liess und in Anwendung entsprechender Vorkehrungen eine mathematisch genaue Vergrösserung nach beliebigem Massstabe direet auf bestem, weissem Zeichenpapier ent- warf, worauf das Bild ganz neu aufgebaut wurde. Bei der ersten Methode leistete mir der hiesige Hof- und Kammerphotograph H. Eekert die bereitwilligsten und erspriesslichsten Dienste, indem er mir zahlreiche vier- fache Vergrösserungen einzelner Mondlandschaften auf Salzpapier anfertigte, die als Grundlage für die beab- siehtigte Darstellung grösserer Mondpartien dienen sollen. Herrn Eekert gebührt um so grösserer Dank für die da- mit verknüpften Mühen, als derselbe seine Dienste und Apparate unter Ablehnung jeder Vergütung der Prager Sternwarte zur Verfügung stellte. Nach dieser. photo- graphischen Methode führte ich das Mare Crisium, von Apollonius im Süden bis Geminus im Norden (Liek-Auf- nahme vom 23. August 1888), vierfach vergrössert mit 13 Tusche aus und benöthigte zu dieser höchst mühsamen - Arbeit über 30 Stunden. Ich fand es dabei ungünstig, dass das Salzpapier, wie es allgemein zur photogra- phischen Malerei verwendet wird, überaus hygroskopisch ist und deshalb ein sehr vorsichtiges, zeitraubendes Trocken-Malen beansprucht, dass andererseits jedes photo- graphische Papier in Folge des chemischen Processes, den es durchzumachen hat, an Weisse einbüsst und in- soferne kein genügendes Leuchten der hellen Mond- partien zulässt. Wesentlich aus letzterem Grunde wandte ich mich bald zur zweiten Methode und liess, da hierbei ein exactes Contourzeichnen unerlässlich ist und dafür selbst die durchsichtigsten Pauspapiere mit Millimeter- theilung sich als unbrauchbar erwiesen, Glasscalen mit präeisem Quadratmillimeternetz herstellen, deren Anferti- gung ebenfalls dem Mechaniker Heyde übertragen wurde und diesem nach einigen Versuchen durch Aetzung vor- züglich gelang. — Eine solche Scala wird nun mit der Strichseite auf die photographische Platte durch zwei gegenüberstehende Federn gepresst, und die in’s Auge gefasste Mondpartie in das, auf’s Zeichenpapier beliebig vergrössert entworfene Netz sorgfältigst eingetragen. Derart habe ich Archimedes 10 fach vergrössert gezeichnet, und zwar einmal mit östlichem Schattenwurfe nach der Liek-Aufnahme vom 15. August 1838, das andere Mal mit westlichem Sehattenwurfe nach der Lick-Aufnahme vom 27. August 1888. Jedes Bild hat eine Ausdehnung von 5:7 em und erforderte in Anbetracht der Mannig- faltigkeit und Weichheit der photographischen Töne 36 Arbeitsstunden, so dass auf jeden Quadratcentimeter etwa eine Stunde kam. Das Resultat ist aber überaus interessant und, wie ich glaube, auch von grossem Werthe. Zu dem ersten Archimedes-Bilde mit östlichem Schatten- wurf ist zu bemerken, dass das mir übersandte Liek- Positiv im Innern dieser Wallebene, nieht weit von der Mitte derselben einen kleinen Lichtfleck mit dunklerer Nuaneirung nach der Schattenseite aufweist, den ich, ob- wohl ieh ihn auf anderen Liek-Photographien nicht auf- zufinden vermochte, ebenfalls abgebildet habe, um nicht der Willkürlichkeit geziehen zu werden. Nun war mir Mädler’s Notiz über einen vermeintlichen Centralberg im Innern von Archimedes bekannt. Sie lautet („Der Mond“ S. 263): „Noch bemerken wir, dass Mayer’s kleine Mond- karte im Archimedes einen hellen Fleck hat, der einen Centralberg zu bezeichnen scheint. Ein solcher ist aber hier mit aller Gewissheit nicht vorhanden. Wahrschein- lich hat er den mittleren hellen Streifen undeutlich ge- sehen und ihn für eine Centralhöhe gehalten.“ Ich schrieb deshalb sofort an Herrn Professor Holden und bat denselben, ebensowohl das Original - Negativ des 15. August 1588, als auch noch andere Aufnahmen vom selben Abend, falls solehe gemacht worden, einzusehen und erhielt alsbald die Antwort, dass auf den, an der Liek-Sternwarte vorhandenen Mondplatten nichts Aechn- liches entdeckt werden könne und dass jener Lichtfleek ein photographischer Fehler des nach Prag geschickten Positivs sein müsste. Es ist hieraus ersichtlich, wie vor- sichtig man in der Discussion des kleinsten photogra- phischen Details sem muss und dass eine solche nur auf Grund mindestens zweier, hintereinander aufgenommener Platten geschehen sollte. — Beide Archimedes-Bilder wurden ohne Verzug dem tüchtigsten Prager Lithographen Nr. 33. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 331 übergeben und sollen ehestens der astronomischen Welt bekannt gemacht werden. Dieselben werden am besten die Trefflichkeit der Liek-Aufnahmen kennzeichnen, zu- gleich aber auch darthun, welche Wünsche und An- forderungen noch an die Mondphotographie zu stellen sind. Wunderbar schön ist schon jetzt die Plastik der von ihr dargestellten Mondgebirge und das Relief grösserer Terrain-Uebersichten, welches auch vom besten Zeichner wegen der Fülle des Gesehenen und schnellen Wechsels im Schattenwurfe nur unzureichend am Fernrohr fest- gehalten werden könnte. Freilich ist bei photographischen Aufnahmen ausgedehnter Partien die Fehlerquelle, welche aus dem Umstande entspringt, dass die gewählte Ex- positionsdauer nicht für alle Theile des Bildes zutreffend sein kann, nicht zu übersehen. Die im Februar 1889 begonnenen Polhöhenbestim- mungen nach der Taleott-Horrebow’schen Methode wurden in Cooperation mit Berlin und Potsdam bis zum 3. Mai 1590, später mit Berlin allein und fast in gleichem Um- fange, wie vordem, fortgesetzt. Als Beobachter fungirten wieder Herr Adjunet Dr. G. Gruss und ich. Im Ganzen wurden im Jahre 1590 875 Sternpaare in 81 Nächten beobachtet und ebenso viele Polhöhen bestimmt. Vom 25. Mai an ist am Pistor und Martins’schen Passage- instrumente ausschliesslich die starke, 103fache Vergrösse- rung angewandt worden, nachdem es gelungen war, durch Drehung des betreffenden Oeulars eine Stellung ausfindig zu machen, bei welcher einige Zackenspitzen des Mikrometer-Rechens zum Vorschein kamen, während andererseits die 15 Monate lange Uebung der Beobachter diesen sonst unzureichenden Umstand entsprechend aus- zunützen verstand. — Die Untersuchung der Mikrometer- schraube wurde für niedrige Temperaturen fortgesetzt und zu diesem Zwecke der Polarstern am 1. Februar in U. C. (Untere Culmination), am 4., 9., 13., 15., 20. Februar in 0. C. (Obere Culmination) von Weinek, am 2., 12., 14., 26. Februar in ©. C. von Gruss für alle benützten Theile des Rechens von 0-2 zu 0-2 Umdrehungen der Schraube beobachtet. . Die Reduction dieser Messungen wird in der Hauptsache vom Herrn Adjuneten Dr. Gruss aus- geführt. Die provisorischen Resultate der Prager Breiten- bestimmungen im Zeitraum vom 5. Februar 1889 bis 5. Mai 1890 sind von Herrn Professor Dr. Th. Albrecht gegen Ende des Jahres unter dem Titel: „Provisorische Resultate der Beobachtungsreihen in Berlin, Potsdam und Prag betreffend die Veränderlichkeit der Polhöhe* (zu- sammengestellt auf Wunsch der Permanenten Commission der Internationalen Erdmessung) veröffentlicht worden. — Auf die bemerkten Messungen war der, am 4. September durch die Hochfluth veranlasste, sonst beklagenswerthe Einsturz der der Sternwarte nahen Carlsbrücke von günstigster Rückwirkung, da in Folge desselben vom 4. September 1890 bis 1. Februar 1891 fast jeder Wagen- verkehr in der Umgebung der Sternwarte aufhörte. Bei Taubstummen kommen erfahrungsgemäss Augen- krankheiten und Blindheit häufiger vor, als bei dem normalen Menschen. Mit dem Verlust des Augenlichts steigert sich aber das Leid der Taubstummen in er- schreekendem Masse, sie gehen geistiger Verblödung ent- gegen und ihr Leben wird ihnen selbst zur Pein. Die Hygiene des Auges ist deshalb für Taubstumme- eine Pflicht des Selbsterhaltungstriebes. In recht an- erkennenswerther Weise sind in vielen Taubstummen- anstalten alle nöthigen Vorsichtsmaassregeln getroffen, um Augenkrankheiten bei den taubstummen Kindern zu verhüten. Eine Musteranstalt dieser Art ist die Bres- Die partielle Sonnenfinsterniss am Vormittage des 17. Juni.konnte in ihrem ganzen Verlaufe beobachtet werden. Wegen der geringen Breite der Thurmgallerie in 33 m Höhe konnten beim Ein- und Austritt nur drei Instrumente zur Verwendung kommen. Ich selbst beob- achtete den Eintritt des Mondes in die Sonnenscheibe am grösseren Fraunhofer’schen Fernrohr mit 11ödfacher Vergrösserung, den Austritt am Steimheil’schen Refraector mit 139facher Vergrösserung, Herr Dr. Gruss den Ein- tritt am Reinfelder mit 126facher, den Austritt am grösseren Fraunhofer mit 115facher Vergrösserung, die Assistenten, Herren Dr. Schlosser und Berann am kleinen Fraunhofer mit 47facher Vergrösserung, Ersterer den Eintritt, Letzterer den Austritt. Von Jupiterstrabanten - Verfinsterungen wurde er- halten: von mir am 20. September I. Ee. R. (Eclipse, Reappearance — Heraustreten des Mondes I. aus dem Schatten Jupiters),, am 23. September Il. Ee. R., am 13. October I. Ee. R.; von Herrn Dr. Gruss am 23. Sep- tember II. Eec. R.; von Herrn Berann am 7. Mai II. Ee. D. (Eelipse, Disappearance = Eintreten des Mondes II. in den Schatten Jupiters), 9. Juli I. Ee. D., 13. Oc- tober I. Ee. R., 14. December I. Ece,. R.; von Herrn Dr. Schlosser am 1. August III. Ee. R., 20. September III. Oe. D. (Oceultation, Disappearancee — Bedeckung des Mondes III. durch die Jupiterscheibe, Beginn), 4. October Tl. Ec. R. Die Zeitbestimmungen geschahen durchschnittlich zweimal in jedem Monate am Pistor und Martins’schen Passageninstrumente und wurden zumeist von Herrn Ad- Juneten Dr. Gruss ausgeführt. Im Uebrigen betheiligten sich daran auch Weinek, Berann und Schlosser. Die meteorologischen und magnetischen Beobach- tungen nahmen auch im Jahre 1890 ihren regelmässigen Fortgang. Die Instrumente functionirten im Allgemeinen befriedigend; nur zeigte sich eine ungünstige Einwirkung des Hipp’schen Thermographen bei dessen Registrirungen auf das Bifilar, wodurch die Variationsmessungen der magnetischen Intensität unbrauchbar wurden. Da eine entferntere Postirung des Bifilar vom Thermographen zu umständlich und wegen der Beschränktheit des magne- tischen Zimmers kaum durchführbar erschien, wurde als- bald ein neuer Thermograph bei Richard Freres in Paris, ohne elektrische Auslösung und Registrirung, bestellt und derselbe Anfang December an Stelle des Hipp’schen Apparates gebracht. An Publieationen erschien im Jahre 1590: „Magne- tische und meteorologische Beobachtungen an der k. k. Sternwarte zu Prag im Jahre 1389“. Hiermit ist der 50. Jahrgang dieser ununterbrochenen Reihe von Beob- tungen und Publieationen an der Prager Sternwarte er- reicht. Der 1. Jahrgang, weleher die Beobachtungen vom 1. Juli 1839 bis 51. Juli 1540 enthält, wurde von Direetor Carl Kreil veröffentlicht. lauer Taubstummenanstalt, deren ärztlicher Berather der Augenarzt Prof. Dr. Herrmann Cohn ist. Dieser Forscher, dem das grosse Verdienst gebührt, die öffentliche Auf- merksamkeit auf die Verbreitung der Kurzsichtigkeit durch die Schule gelenkt zu haben, hat unlängst eine Prüfung aller 206 Zöglinge der Breslauer Taubstummen- anstalt unternommen, die zu einem bemerkenswerthen Resultat geführt hat, um so bemerkenswerther noch darum, weil die nämlichen Untersuchungen, die im Kais. Königl. Taubstummen - Institut in Wien, und in der badischen Taubstummenanstalt zu Gerlachsheim gemacht wurden, dasselbe Ergebniss gehabt haben. 332 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 33. Ganz im Gegensatz zu den von Dr. Cohn selbst zuerst an den Breslauer Schulen festgestellten, und später in ganz Deutschland und im Ausland an mehr als 200000 Sehulkindern bestätigten Thatsachen, dass in jeder Schule, von der Volksschule bis zum Gymnasium die Zahl der kurzsiehtigen Schulkinder von Klasse zu Klasse, sowie auch die Intensität der Kurzsiechtigkeit steigt, wobei das Verhältniss in den höheren Schulen mit den gesteigerten Ansprüchen an die Augenarbeit noch steigend ungünstiger wird, also ganz im Gegensatz zu diesen Thatsachen hat Dr. Cohn festgestellt, dass in der Breslauer Taubstummenanstalt nur eine sehr geringe Zahl kurzsiehtiger Schulkinder vorhanden ist, dass ihre Zahl nicht von Klasse zu Klasse steigt und ebensowenig der Grad der Kurzsichtigkeit, die überhaupt nur eine geringe ist. Als Ursachen dieser auffallenden Abweichung von der Regel betrachtet Dr. Cohn folgende vier Um- stände: die geringe Zeit der Schularbeiten (1 Stunde); so dass die Naharbeit keine anstrengende ist, die häufige Unterbrechung der Naharbeit, die den Taubstummen ein natürliches Bedürfniss zu sein scheint, die ausserordent- lich günstige Beleuchtung der Schulzimmer, und schliess- lich die zweckmässige Einrichtuug der Schultische. Dr. A. Zoogeographisches. — Syngnathus acus L., die gemeine Seenadel, der „lütte brune Grashek“, wurde bis- her ausser im Cattegat in der westlichen Ostsee vermisst, wo dagegen Siphonostoma typhle Kaup, die breit- rüsselige Seenadel, der „grote oder gröne Grashek“ häufig ist. Georg Duncker konnte nun (s. Zool. Anz. 1591. S. 78) feststellen, dass sich erstgenaunter Fisch in der Neustädter Bucht vorfindet, und H. Lenz fand im Lü- becker Museum den gleichen Fisch aus der Travemünder Bucht. Ferner fand Richard Wolterstorff (s. eb. S. 66) den Leistenmolch, Triton palmatus Schneid., in der Nähe von Ruhla, wo er in einem Waldwiesenteich zu- sammen mit dem kleinen Wasser- und dem Alpenmolch lebte. Und am selben Tage fand W. in der Nähe Eise- nachs die Geburtshelferkröte, Alytes obstetricans Laur. Beide Thiere sind vom Westen her eingewandert, und vorläufig sind die genannten Oertlichkeiten zwischen Harz und Allgäuer Alpen die östlichsten bekannten Fundorte. Dr. ©. M. CGopepoden als Nahrungsmittel. — Professor A. W. Herdmann richtet (d. d. 13. Juli, an Bord der Yacht „Argo“, Tromsö, Norwegen) ein Schreiben an die „Nature“, in dem er zunächst daran erinnert, dass seitens vieler Zoologen, die sich mit der oceanischen Fauna be- schäftigen, letzthin erst wieder von dem Fürsten von Monaco, auf den wahrscheinlich grossen Werth der Cope- poden als Nahrungsmittel sowohl im Allgemeinen, als auch für Schiffbrüchige im Besonderen, schon oft hinge- wiesen worden ist. Indessen hatte noch nichts verlautet von wirklich ausgeführten Versuchen in dieser Richtung. Als daher kürzlich bei langsamer Fahrt der Yacht mit dem Oberflächennetz ein guter und reiner Fang grosser, rother Copepoden (vermuthlich Calanus finmarchieus) heraufgebracht wurde, liess Prof. Herdmann denselben nach sorgfältiger Waschung einige Minuten lang mit Butter, Salz und Pfeffer abkochen und dann in einer Schüssel, mit geschmolzener Butter übergossen, bis zum anderen Morgen auf Eis stellen. Herr H. versichert, dass der Geschmack der so zubereiteten Copepoden un- getheilten Beifall der Schiffsgesellschaft gefunden habe, und sehr an Hummer erinnere. Der Fang hatte bei ganz langsamer Fahrt m 20 Min. mehr als 3 Esslöffel voll Copepoden ergeben, und Herr H. meint, dass dieses Quantum, das auf der „Argo“ in acht Portionen getheilt wurde, im Ganzen mit Brod und Butter ein hinreichendes Mahl für einen Mann abgeben werde. Bei dem grossen Reichthum an Copepoden gerade der norwegischen Ge- wässer glaubt Herr H., dass sich der Fang und die Conservirung von Copepoden, als Industrie betrieben, sehr leicht vortheilhaft erweisen werde. Ueber komprimirte Vegetabilien hielt Th. Waage, wie wir der „Pharmac. Ztg.“ (Berlin) entnehmen, in der Sitzung der Berliner Pharmaceutischen Gesellschaft vom 2. Juli d. J. einen auch weitere Kreise angehenden, interessanten Vortrag. An der Hand einer sehr umfangreichen Sammlung interessanter Objecte besprach Herr Waage die theil- weise seit längerer Zeit, theilweise erst neuerdings in komprimirtem Zustande in den Handel gebrachten Vege- tabilien, und die verschiedenen Formen, welche man den einzelnen Fabrikaten gegeben. Der Vortragende begann mit dem Thee, welcher seit alten Zeiten bereits in Ziegelform (Brick-tea) ein Nahrungsmittel in den chinesich - russischen Grenzländern bildet, und daselbst als Münze von Hand zu Hand geht. Zu seiner Herstellung dienen die grösseren Blätter der letzten Ernte und die Remanenz der besseren Sorten. Die meist durch Wasserdampf erweichten Blätter oder deren Pulver werden mittelst hydraulischer Pressen komprimirt. Dass Ochsen- und Schafblut als Bindemittel verwendet werde, stellt der Vortragende in Abrede. Die sogenannten Ziegel bilden Platten von °/, bis 1!/, kg Gewicht, welche einzeln in Papier geschlagen, in Matten oder Kisten verpackt, auch wohl mit trockenen wohl- riechenden Blättern eingehüllt werden. Von gewöhn- lichem Ziegelthee enthält eine Kiste 27 bis 42, von schwarzem 56 bis 72, von grünem 72 bis 108 Ziegel. Es giebt jedoch auch Tafelthee aus guten Pekkosorten im Handel, welche etwa !/, Pfund russisch wiegen. Diese sind zu 400 bis 500 Stück verpackt. Der Verbrauch dieses Fabrikates ist jedoch nicht erheblich, weil man im Europäischen Russland, für welches dasselbe bestimmt war, den Blätterthee vorzieht. Früher zog der Import dieser Theesorte von dem billigen Zollsatze des Ziegel- thees Nutzen, was gegenwärtig jedoch in Wegfall ge- kommen ist. Den Unterschied im Geschmacke der guten Sorten Tafelthee verglichen mit guten Sorten Blätterthee führt Herr Waage darauf zurück, dass bei der durch das Pressen eingetretenen Lockerung der Zellgewebe gerb- stoffreichere und desshalb weniger mild schmeckende Aufsgüsse erhalten werden. Der Versuch, Pressthee in London herzustellen und in Europa zu vertreiben, ist aus gleichen Gründen nicht geglückt. Der chinesische Ziegelthee, welcher hauptsächlich in der Mongolei Verwendung findet, wird auf dem Land- wege von den Herstellungsgebieten Hupeh, Hunan und Szechuan über Hankow, Shanghai, Tientsin, Peking, Kalgan und Urga nach Kiachta gebracht, um von hier zum Theil noch 6000 km weiter nach Nischney-Nowgorod oder nach Irbit zur sibirischen Messe befördert zu werden. Zum Gebrauch kochen die Nomadenvölker den Thee mit Milch, besonders Ziegen- oder Eselsmilch, oder aber mit Wasser, Fett, Salz und Gewürz, um ihn als Suppe zu geniessen. Der Coffeingehalt des Ziegelthees scheint sehr wechselnd zu sein. Waage führt Analysenresultate von 1,1 bis 2,5 pCt. an. Meist enthält er weniger Coffein als der Blätterthee. Nr. 33. Flückiger hält einen aus guten Blättern bereiteten Blockthee für die zweckmässigste Form des Theeverkaufs, doch erfreuen sich derartige Pressstücke in Europa und zumal in Deutschland keiner Beliebtheit. Als Proviant für Reisende und Militär führt sich Pressthee immerhin aus Zweckmässigkeitsgründen ein, zumal Theeextracte sich hierfür als ganz ungeeignet erwiesen haben. So stellt Otto E. Weber in Radebeul mittelst patentirter Maschinen neuerdings aus einer Mischung von chine- sischem und indischem Blätterthee haltbare Würfel von je 5 g Gewicht zu Verproviantirungszwecken her. Das Komprimiren geschieht dabei ausschliesslich durch me- ehanischen Druck ohne Anwendung von Feuchtigkeit, Wärme oder Klebstoff. Bei einem Krafterforderniss von nur \/; Pferdekraft liefert die Maschine bei zehnstündiger Arbeitszeit bis zu 18000 Portionen. Die Würfel sind mit Zucker oder mit Saccharintabletten zusammen ver- packt im Handel. In gleicher Weise werden in derselben Fabrik me- dieinische Vegetabilien, wie Camillen, Flieder, Pfeffer- minze, Salbei, Melisse, Lindenblüthen, Stiefmütterchen, Sennes- und Wallnussblätter, Bitterklee, Baldrian, Fenchel und Andere zu Würfeln verarbeitet, welche einen bequem zu handhabenden Handverkaufsartikel von gefälliger Form bieten. Seitens der Firma Parke, Davis & Co. sind derartig komprimirte Vegetabilien ebenfalls im Handel und Herba Lobeliae erscheint auch im Gross- handel stets in Pressstücken von bekannter Form. Zum Schlusse kam Herr Waage auf die in Tafeln gepressten Gemüse zu sprechen, wie sie beispielsweise C. H. Knorr-Heilbronn in den Handel bringt und durch welche man zu jeder Jahreszeit in den Stand gesetzt ist, Gemüse zu haben, welche den frischen in keiner Weise nachstehen. Da die Trockensubstanz der Gemüse nur 4—7 pCt. beträgt, so ersieht man, welche ausserordent- liche Raumersparniss beispielsweise bei Verproviantirungen hierdurch erzielt wird. Die Erdbeben in Italien und Australien am 7. Juni 1591. — An genanntem Tage fanden in Süd- italien, in dem Bereiche des Vesuv, schwere Erderschütte- rungen statt, über welche die Tageszeitungen bereits ausführlich berichteten. Wie nun Herr R. L. J. Ellery (Melbourne) in der „Nature“ vom 23. Juli mittheilt, wur- den am 7. Juni in Südaustralien ebenfalls mehrere, gut ausgeprägte und von einander unterscheidbare Erdstösse wahrgenommen, die allerdings bei Weitem nicht den ver- hängnissvollen Charakter der Ereignisse in Italien hatten und in der That eben nur als Stösse oder starkes Er- zittern bezeichnet werden dürfen, indessen doch hin- reichten, um bei einigen Personen das Gefühl des Schwindels zu erzeugen. Es sind folgende Stösse regis- trirt: 7. Juni 2* 5” p. m. wurde in ganz Melbourne und einem Umkreise von 360 engl. Quadratmeilen der erste Stoss wahrgenommen. Diesem folgte ein zweiter, schwächerer um 2” 45”, der wesentlich auf der östlichen Seite des vorbezeichneten Gebietes sich fühlbar machte. Um 7* 20” p. m. tritt ein starker Stoss in Kapunda, Südaustralien, auf, dem um 6° 45“ p. m. ein leichter Stoss in Stockport, $.-A., vorangegangen war. Die Rich- tung der Stösse wird verschiedentlich angegeben, NW nach SE, SE nach NW, N nach S, S nach N, welche Angaben aber wohl mit grösster Wahrscheinlichkeit in das Resultat zusammengezogen werden dürfen, dass der Stoss von N nach S erfolgte. Auch scheint die Ver- muthung des Herrn Ellery, dass die zu Kapunda und Stoekport wahrgenommenen Stösse identisch waren, wohl zulässig, da eine genaue Zeitbestimmung im Innern Austra- liens, in weiterer Entfernung von den grossen Städten, nicht Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 333 vorhanden ist. Die geographischen Coordinaten der drei genannten Orte des Erschütterungsgebietes sind Stoekport ....... 34° 21’ S. Br., 133° 57° E. L. Greenw. Kapunday sk). 34 nel (3506 - Melboume ...37 50° - „144 58 - In der „Nature“ vom 30. Juli macht Herr J.P. O'Reilly (Royal College of Seience for Ireland, Dublin) zu dem Gegenstande folgende Bemerkung. Er weist darauf hin, dass sowohl das italienische, wie das australische Er- schütterungsgebiet in der Nähe eines grössten Kreises liegen, der durch die südwestaustralische Küstenlinie be- stimmt wird, d. h. dureh die Linie durch Cap Hamlin und Cap Chatham. Melbourne steht etwa 370 engl. Meilen nach Norden von diesem Kreise ab, und derselbe schneidet Italien nahe bei Catanzaro, welches 65 engl. Meilen nördlich vom Vesuv liegt. Der genannte Kreis ist eine Curve grösster Compression der Erdoberfläche, da er zum weitaus grösseren Theile auf oceanischem Ge- biete verläuft. Seine grösste festländische Erstreckung liegt in Arabien, das er in der Riehtung NW—SE durch- streift. Es erscheint bemerkenswerth, dass auch die äolischen Inseln (Erderschütterung am 24. Juni) in der Nähe dieses Kreises liegen — Stromboli ist etwa 40 engl. Meilen südlich von ihm entfernt — und dass ferner die Stadt Charleston, Süd-Carolina (heftiger Stoss um Mitter- nacht des 23. Juni), nur 650 engl. Meilen NW von dem südaustralischen Küstenkreis absteht. Ueber die Bermudas-Inseln hat Prof. ©. Krümmel, Mitglied der Planktonexpedition, einen Vortrag gehalten, nach welchem die „Hansa“ wie folgt referirt. Diese Inselgruppe wurde im Jahre 1509 vom Capitän Juan Bermudez entdeckt, und sie erscheint zuerst auf der Karte des Petrus Martyr 1511. Sie musste früh entdeckt werden, denn sie liegt auf dem früheren Curs der von Westindien nach Spanien heimkehrenden Schiffe; heute fährt man nördlicher. Die Inseln erheben sich unver- mittelt aus einer Tiefe von 5000 m in einem ovalen Fels- rücken, lediglich aus Korallenkalk bestehend — 3 Tage- reisen (per Dampfer gerechnet) von der nächsten ameri- kanischen Küste, 4 Tage von Halifax im Norden und San Thomas im Süden entfernt. Der Korallenfels ist ein Ringbau, ein Atoll von 600 Quadratkilometer Grösse, von dem jedoch nur 54 Quadratkilometer troeken über dem Meer liegen und im höchsten Gipfel sich 75 m er- heben. Schon Karl V. gedachte hier einen Hafen anzulegen, doch ging der Gedanke im Rausch der grossen späteren Entdeckungen verloren. Von den vielen Landungen, die in Folge Schiffbruches hier erfolgt sind, ward für die Insel entscheidend die des englischen Admirals George Somer, der sich dorthin auf einem Schiffswrack rettete, dort ein angenehmes Klima, viele verwilderte Schweine und delikate Fische in Menge fand. Mit einem aus dem einheimischen Cedernholz gefertigten Boot kam er nach der britischen Colonie Virginia; da aber hier Hungers- noth herrschte, kehrte Admiral Somer nach den Bermudas zurück und schickte einige Hundert eingefangene Schweine nach Virginia, starb aber bald darauf, SO Jahr alt, auf den Inseln. Sein Neffe brachte 1612 von London aus 60 Ansiedler unter einem Gouverneur dahin, und seitdem sind die Inseln britisches Eigenthum geblieben. Man baute später Baumwolle und führte Sklaven ein; ihre Hauptbedeutung hat die Inselgruppe als strategisch wichtiger Punkt; im Jahr 1522 wurde hier deshalb eine grosse Schiffswerft angelegt. Das Atoll ist 35 km lang, 15 km breit und erhebt sich mit 7 grössern und 150 kleinern Inselehen über 354 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 33. Wasser. Das Ganze ist aus organischem Kalk aufgebaut, der zuoberst durch die Brandung zertrümmert und durch den Wind zu Dünen aufgehäuft ist. Die riffbauenden Korallen (meist Millepora) erreichen hier (321/,° nördl. Breite) ihre nördlichste Verbreitung; sie verlangen normal salziges, lebhaft bewegtes Wasser von mindestens 16° C.; hier fast dasselbe noch in 75 m Tiefe 20°, erst in 600 m Tiefe 16°. Das Gestein hat verschiedene Festigkeit, ist stellenweise locker, bietet dem Wasser Rinnsale und bildet reichlich Höhlen; es fehlen deshalb Bäche und Quellen. Man fängt in Cisternen das Regenwasser von den Dächern auf, das trotz Milliarden von Moskitolarven, die es vielleicht von den organischen Stoffen reinigen, sehr wohlschmeckend ist. Der Mangel natürlicher Ge- wässer erklärt die unbedeutende Viehzucht. Der Höhlen- reichthum ist charakteristisch für die Inseln; die Höhlen liegen meist unter Meer, enthalten Salzwasserteiche und Tropfsteingebilde, die durch die eigenthümliche Beleuch- tung mit brennenden Cedernbüschen leider entstellt sind. Eine Höhle auf der Insel Somerset hat 1500 m Länge und 25 m Höhe. Viele sind nur vom Meer aus zugäng- lich. Sie geben Veranlassung zu Erdfällen und Ein- stürzen; viele Buchten sind so entstanden. Von den 54 qkm Areal ist nur ein Drittel in Cultur, zwei Drittel sind Wald- oder Weideland. Der Wald be- steht meistens aus sogenannten Cedern, das ist West- indischem Wachholder, dessen Holz sehr brauchbar für Haus- und Schiffsbau, zu Hausgeräthen und zum Brennen ist. Die Cedern schwinden immer mehr, an ihrer Stelle bildet sich eine Art südeuropäischer Maquisformation, Salbeigestrüpp mit Gräsern. Hauptreiz der Landschaft sind die über die Cedern hervorragenden Fächerpalmen. Daneben giebt es Bambushaine: Bananen und Zierpflanzen werden gebaut. Charakteristisch für die Landschaft sind die Hecken aus Oleander, die sich meilenweit hinziehen und ‘in weissen bis hochrothen Blüthen prangen. Das Klima — unter gleicher Breite mit Madeira (321/,°%) — ist subtropisch, hat im wärmsten Monat August 26,7° | (Madeira 23,5°), im kältesten Monat Januar 16,4° (Ma- deira 15,9°); unter 15° sinkt die Temperatur sehr selten, nie unter 11° C., so dass die wärmste Jahreszeit in Ham- | burg etwa der kältesten auf den Bermudas gleicht. Im Winter herrschen heftige Stürme, die durchschnittlich dreimal in je 14 Tagen sich einstellen; dagegen ruht im Sommer ein barometrisches Maximum über den Inseln, das Sommerklima ist heiss und angreifend, obwohl kein Monat weniger als SO mm Regen hat bei 1500 mm Jahresregenmenge (Hamburg 750 mm). Der Landbau bedarf des Schutzes gegen die Stürme; daher hat man nur kleine Gärten, hinter Hecken und Felsen versteckt; der Ertrag des Landes ist gut, man erntet zwei bis drei Mal im Jahr; man exportirt Zwiebeln, Kartoffeln, To- maten, Arrowroot für 1'/, bis 2 Millionen Mark jährlich; mit Frübkartoffen, die nur auf Grösse gezogen werden, versorgt man die Märkte der Vereinigten Staaten bereits im Januar und Februar. Zum eigenen Verbrauch baut man ausser Bananen noch Mais und Maniok; Getreide- bau ist unmöglich, Viehzucht nur in Schweinen möglich, wird aber nieht eultivirt; Schlachtvieh wird von New- York eingeführt. Die Bevölkerung beträgt 16000 Einwohner; diese sind meist farbig, eine Mischmasse von Weissen und den Nachkommen: der im Jahr 1836 freigelassenen Sklaven; sie sind recht intelligent, von guter Schulbildung, politisch rege, nicht ohne republikanische Gelüste, werden aber durch die 1500 Mann betragende Garnison in Schach gehaiten. Die Festung, die die Garnison beherbergt, ist stark gebaut und von der See ohne Lootsen nicht zu- gänglich. Einwanderung findet nieht statt, nur erholungs- bedürftige Amerikaner nehmen hier vielfach Winteraufent- halt, wo sie ohne Kabelverbindung mit dem Festland sind und nur alle 8 oder 14 Tage Post erhalten. Der Dolerit (Lungstein) von Londorf. — Ueber diesen Gegenstand schreibt Prof. Dr. A. Streng- Giessen im „Centralblatt der Bauverwaltung“ 1891 No. 30 folgen- des: Von der Grossherzoglich hessischen Regierung wurde bekanntlich vor einigen Monaten der Beschluss Sefasst, eine grössere Zahl von Nebenbahnen in den drei Provinzen Hessens zu bauen. Unter anderem be- schloss man auch, eine Bahn von Lollar über Londorf nach Grünberg in Oberhessen zu führen, hauptsächlich um die ausgedehnten Steinbrüche von Londorf und Um- gegend wieder coneurrenzfähig zu machen. Die Vorar- beiten für den Bau dieser Bahn sind im Gang, und man darf hoffen, dass dieselbe in etwa 1'/, Jahren in Betrieb kommen wird. Die Folgen dieses Beschlusses zeigen sich schon jetzt, denn der grösste Theil der Steinbrüche ist in andere, capitalkräftigere Hände, namentlich in die der Commandit-Gesellschaft A. Graff und Co. in Giessen und Londorf übergegangen, welche die Absicht hat, die Brüche rationeller, mit Anwendung aller neueren Hilfs- mittel und in grösserem Massstabe, als bisher geschehen, zu betreiben. Das Gestein, welches in Londorf, Nordecken und Kesselbach abgebaut wird — es führt in ganz Hessen den volksthümlichen Namen „Lungstein“ — könnte auch als Basaltlava bezeichnet werden. Die wissenschaftliche Benennung ist aber Dolerit oder Doleritlava. Es besteht im Wesentlichen aus einem mittelkörnigen Gemenge von einem Kalknatron - Feldspath (Andesin), Augit, Olivin, Titaneisen und wenig Magneteisen. Für seine Bearbeit- barkeit ist es von grösster Wichtigkeit, dass es von sehr feinen Poren durchzogen ist, wodurch es leichter behauen und in alle möglichen Formen gebracht werden kann. Gleichwohl ist es dabei sehr druckfest und nament- lieh sehr widerstandsfähig gegen die Wirkungen des Frostes. Seine chemische Durchschnittszusammensetzung ist nach einer Analyse des Schreibers dieser Zeilen folgende: Kieselerde — 49,08 Titansäure DEE le Thonexrder 0. 2... lade Eisenoxyd — 6,49 Eisenoxydul . — Kalk — 2 Magnesia — 230598 Kali —HACO Natron — ar Wasser ge — (I Phosphorsäure . . 0,51 100,49 Das Gestein ist abgelagert in Form von Lava- strömen, die sich wahrschemlich von Osten her in das Lumda-Thal ergossen haben. Meist sind mehrere Ströme übereinander gelagert. Jeder besteht aus einer 5—6 m dieken, durch senkrechte Spalten in mächtige Pfeiler ge- sonderten Masse. Die eigentlichen, allein abbauwürdigen inneren Stromtheile gehen nach oben und unten in blasige, feinkörnige, nicht verwendbare Abänderungen über, aus denen sich dann die glasigen, schlackigen Ober- und Unterflächen entwickeln, welche, der Fladenlava der Vesuvströme entsprechend, die eigenthümlichsten Formen darbieten. Daher sieht man die einzelnen mehr oder weniger mächtigen Lagen des grauen Gesteins der Ströme von einander getrennt durch rothe Schlacken- lagen, in denen die schlaekige Unterfläche des oberen Nr. 33. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 33D Stromes die ebenso schlackige Oberfläche des unteren Stromes bedeckt. Beim Abbau, der hier stets Tagebau ist, müssen die Schlacken und grobblasigen Theile abge- räumt werden; dann benutzt man meist die senkrechten Spalten, welche die Gesteinspfeiler von einander trennen, und ermöglicht damit die Loslösung sehr grosser und starker Blöcke; zuweilen bieten aber auch hier und da vorhandene Querspalten günstige Gelegenheit für den Angriff. Das Gestein ist bei den bisherigen Verkehrsverhält- nissen nicht genügend bekannt gewesen; es ist deshalb bei der wesentlichen Verbesserung dieser Verhältnisse durch den Bahnbau an der Zeit, die Bautechnik auf das vortreffliche Gestein aufmerksam zu machen. Der Dolerit von Londorf, der neben seinen oben- erwähnten Eigenschaften eine schöne hellgraue Farbe besitzt, hat vielfach für bedeutende ältere und neuere Bauwerke Anwendung gefunden. Wir nennen nur die Klosterkirche von Arnsburg bei Lich, an welcher das Gestein sieben Jahrhunderte lang den Einflüssen der Witterung Stand gehalten hat; ferner die Kirchen von Londorf und Grünberg, das Regierungs- und Gerichts- gebäude in Cassel, das Schloss in Friedelhausen, die Bahnbrücken bei Giessen und Lollar; sämmtliche Brücken und Viaducte der Main-Weserbahn, die in den 70er Jahren ausgetührten Uferbauten in Mainz. Bei Wiederher- stellungsarbeiten, so bei denen des Limburger Domes und des Schlosses in Braunfels, hat der Londorfer Dolerit Anwendung auch zu Ornamenten gefunden. Ueberall hat sich das Gestein vortrefflich bewährt. Es ist daher zu erwarten, dass es nach Verbesserung der Verkehrs- verhältnisse und nach Einführung verbesserter Methoden des Abbaues und der Verarbeitung dem Wettbewerbe anderer ähnlicher Steine auf weite Streeken hin wird begegnen können. Wer sich für die mineralogischen Verhältnisse des Dolerits von Londorf näher interessirt, wird genauere Angaben in einer wissenschaftlichen Abhandlung finden, welche Prof. Streng bereits früher im „Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie“ (1588 II S. 181) hat drucken lassen. Sonnenbeobachtungen in Lyon im ersten Halb- jahre 1591. — Herr Emile Marehand giebt folgende Ergebnisse der Beobachtungen von Flecken und Fackeln bekannt: In den 6 ersten Monaten 1891 sind 65 Gruppen von Flecken mit einer Gesammtfläche von 3517 Milliontel der Sonnenhemisphäre beobachtet, während im ganzen Jahre 1590 nur 43 Gruppen mit einer Oberfläche von 3460 Ein- heiten obigen Masses gezählt wurden. Die Sonnenthätig- keit ist also in eine Periode starker Zunahme getreten. Die Flecken sind in der nördlichen Halbkugel häufiger geworden als in der südlichen, nämlich 40 Gruppen in jener, und 25 in dieser. Die Breiten, unter welchen die Gruppen auftreten, sind noch immer vornehmlich == 20° und = 30°; indessen haben doch auch schon 22 Gruppen Breiten zwischen 10° und 20°, woraus zu schliessen ist, dass die Fleckenbildung sich nunmehr dem Aequator nähert. Die Vertheilung der Fackeln zeigt ganz analoge Züge. Die Zonen in 20° bis 30° bleiben die ausge- bildetsten, aber die in 10° bis 20° sind auch hier in der Zunahme begriffen. Sie weisen fast ebensoviel Gruppen auf wie diejenigen in 20° bis 30°. Die Gesammtanzahlen der Fackeln sind für beide Hemisphaeren nahezu die- selben. Der sogenannte Gegenschein des Thierkreis- lichtes ist von 1835 bis 1591 auf der Lick -Sternwarte, Mount Hamilton, durch E. E. Barnard fortlaufend beobachtet worden. Die schon früher wahrgenommenen Formveränderungen sind auch von Herrn Barnard fest- gestellt worden. Gegen Ende des Jahres zeigt sich der Gegenschein breiter und von rundlicher Begrenzung. Nachher zieht er, sich mehr in die Länge aus und ist durch einen schwachen, schmalen Streifen mit dem Thier- kreislicht verbunden. Die Beobachtungen, welche Herr Barnard im „Astronomical Journal“ No. 243 diseutirt, weisen darauf hin, dass der Gegenschein nicht genau in der Ekliptik liegt, wenn er auch nicht sehr weit aus derselben heraustritt. Auch der Abstand von der Sonne ist nicht genau 180°. Bedeutet / die Sonnenlänge, 4, 8 die Ekliptikaleoordinaten (Länge und Breite) des Hauptpunktes des Gegenscheines so ist A=1+180°%6; ß=+1°3, welche Werthe als Mittel aus 16 Beobachtungen hervor- gehen. Ueber eine mögliche Ursache der Libration des Mondes. —, Die Libration des Mondes, vermöge deren wir etwas mehr als die genaue Hälfte desselben sehen, wird gewöhnlich erklärt durch die ellipsoidale Gestalt unseres Begleiter. Vor kurzem hat nun Herr S. E. Peal in einer Studie über den Gegenstand darauf hingewiesen, dass die Ursache der Libration vielleicht auch in anderen Umständen gesucht werden könne. Er glaubt nämlich, dass eine Reihe von Anzeigen für die Existenz eines 1500 engl. Meilen langen und 400 engl. Meilen breiten unter- gegangenen Continentes vorliegen, der sich längs dem ersten Meridian hinzieht. Diese Masse würde dann ein Gebiet von grösserer Dichtigkeit im Vergleich zu den östlich und westlich liegenden erstarrten „Meeren“ bilden. Die Rechnung zeigt, dass in der That der Unterschied der Anziehungen des supponirten Continents und der „Meere“ hinreicht, die Libration zu verursachen und zu erhalten. Der Verf. nimmt ferner an, dass jene relativ dichtere Masse in einer früheren Epoche südlich von ihrer jetzigen Lage entstanden sei, und dass sie, nachdem ein- mal die Libration begonnen, sich immer mehr verschoben habe, so dass zuletzt auch der Südpol eine Verrückung um 30° erlitten habe, und zwar in der Richtung nach vorwärts, d. i. von der Erde aus gesehen, auf dem Meri- dian nach Norden zu. Der ganze Gang der Entwicklung kann folgendermaassen vorgestellt werden. Der Mond hatte früher eine Constitution, welche der heutigen der Erde glich. Während nun die Fluthreibung die Drehge- schwindigkeit des Mondes verringerte, bildeten sich mäch- tige Schnee- (und Eis-) Ablagerungen an den Polen und die Atmosphäre wurde immer dünner. Das Herabschreiten jener Schneekappen nach dem Aequator zu wurde durch die Sonnenhitze verhindert. Dieser Kampf der letzteren mit der zunehmenden Vereisung musste natürlich zur Bil- dung eines beliebig gestalteten aequatorealen Gürtels führen. Einen solehen glaubt Herr Peal in den maria Smythii, Crisium, Serenitatis, Imbrium und einem Theil des oceanus procellarum zu finden*). Wenn nun durch die Wirkung der von Herrn Peal angenommenen Störungs- masse, die Axe des Mondes und damit auch. die Pole**) eine Versetzung um 30° erlitten, so lässt sich allerdings zeigen, dass jener frühere äquatoreale Gürtel jetzt ver- eister Meere in die heutige Lage gedrängt wurde. Die Untersuchungen des Herrn Peal sind interessant und *) Siehe zur Orientirung die Mondkarte in Littrow, Wunder des Himmels. **) Der Südpol wandert dabei etwa nach dem Maginus hin. 336 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 33. würden auch sehr befriedigend sein, wenn nur die Be- rechtigsung der aufgestellten Hypothese mehr durch Beo- bachtungsergebnisse gestützt: werden könnte. Ein neues Fundirungsverfahren schlägt Fr. Neu- kirch, Civilingenieur in Bremen, in den „Neuesten Erfind. u. Erfahr.“ vor. Dieses neue Fundirungsverfahren be- zweckt die Versteinerung des Sandes unter Wasser durch Einführung eines staubförmigen Bindematerials mittelst gepresster Luft. Das Verfahren ist hauptsäch- lich in Kies und sandigem Boden anwendbar. Während es seither bei Fundirungen unter Wasser stets erforder- lich war, zunächst die Baugrube bis zur Sohle des Fun- damentes auszuheben, ist bei diesem Verfahren keine Aus- hebung des Bodens erforderlich. Um den Boden in einen festen Steinkörper zu verwandeln, wird, nach der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Cement in Staubform dureh. einen starken Luftstrom in den Sand nach Art der Sandstrahlgebläse hineingeblasen. Zur Einführung des Luftstromes dient ein eisernes, vorne zu- gespitztes Rohr, welches durch einen biegsamen Gummi- sehlaueh mit der Luftleitung in Verbindung gesetzt: wird. Das Rohr wird zunächst mit reiner Luft bis auf die vor- geschriebe- ’ ne Tiefe hinunterge- blasen; durch den an der Spit- ze des Roh- res austre- tenden star- ken Luft- strom wird seine Oeff- nung stets frei gehal- ten, so dass man das Rohr in rei- nem, gewachsenem Sandboden unter Wasser in von einer halben Minute 4 m tief einführen kann. Nach- dem die Tiefe erreicht ist, wird dem Luftstrome Cement Fig. 1. Zeit | werden. Aber das Viereck APyD ist ein ausgezeich- netes, indem bei ihm die Seiten AB und By zusammen- gefallen sind, sodass das Viereck zum Dreieck AyD degenerirt ist. Der Schwerpunkt g dieses Dreiecks ist in bekannter Weise auf der Mittellinie My zu finden. Der Sehwerpunkt: @ des Vierecks wird also erstens auf einer Parallele durch 9 zu ZY liegen. Dabei wollen wir beachten, dass diese Parallele alle von M nach ZY gezogenen Strahlen im Verhältnisse 1:2 theilt, sodass also z. B. S@ —= 2 M@ oder 3 MG —= MS. In gleicher Weise zeigt man, dass @ auch so liegen muss, dass, wenn XW durch 3 parallel der Diagonale AC gezogen wird, auch ein von M nach XW durch @ gezogener Strahl in letzterem Punkte im Verhältniss 1:2 getheilt wird. Man wird also @ finden, wenn man den Durch- schnittspunkt S der beiden Parallelen ZY und XW zu den Vierecksdiagonalen mit dem Mittelpunkt M von AD verbindet und auf: MS von M aus ein Stück M@ so ab- schneidet, das 3 MG —= MS. Da die Seite AD in keiner Weise besonders aus- gesucht war, unsere Ueberlegung also für jede der anderen Seiten ebenso gilt, so ist der Satz bewiesen. Man sieht noch leicht, dass der Punkt @ das. Aehn- liehkeits- eentrumdes Parallelo- grammes STUV und des‘ Paral- lelogramms MNOP der Seiten - Mit- 2 : telpunkte Fig. 2. Fig. 8. des gege- benen Vier- ecks ist. Die Punkte S, 7, U, V sind daher Mittel- punkte der Seiten eines neuen Vierecks A’b’C’D' zugeführt und mit der Luft in den Boden eingeblasen, während das Rohr langsam hochgezogen wird. Das | vollständige Erhärten des Cements unter Wasser dauert, wie beim Beton, mehrere Wochen, Die Construction liebigen Vierecks. — Eine neue Eigenschaft des Vier- ecks hat Herr Edmond Henry gefunden. seientifique“, No. 23.). Dieselbe ist derjenigen der Mittel- linien des Dreiecks analog. Wenn man nämlich durch jede Ecke des Vierecks ABUD (Fig. 1) zu der gegenüberliegenden Diagonale eine Parallele zieht, dann schneiden sieh die Verbindungs- linien der Ecken STUV des Parallelogramms mit den Mittelpunkten MNOP der gegenüberliegenden Seite des des Schwerpunkts eines be- („Revue | Vierecks in einem Punkte @, welcher der Schwerpunkt des letzteren ist und für den die metrischen Beziehungen gelten 3 MG — MS, 3NG — NT, 3 0G= 00, 32G=PV. Zum Beweise ziehe man durch die Ecke Ü des Vierecks ABUD (Fig. 2) die Parallele ZY zur Diagonale BD. Wird der Punkt € als variabel auf ZY betrachtet, und sind C,,(C;,...,y neue Lagen desselben, welchen die Vierecke ABC,D, AB(,D,...., AByD entsprechen, so ist leicht zu sehen, dass die Schwerpunkte aller dieser | Vierecke auf einer zu ZY parallelen Gerade liegen | (Fig. 3), dessen Seiten doppelt so gross sind als die homologen ‚des ursprünglich gegebenen. Das Aehnlich- keitscentrum beider Vierecke ist wieder der Punkt @. Man kommt, alles bisherige zusammenfassend, also zu. folgendem Satze: Wenn man durch die Ecken eines Vierecks Parallelen zu den Diagonalen und durch die Ecken des so entstandenen Parallelogramms wiederum Parallelen zu den gegenüberliegenden Seiten des ge- gebenen Vierecks zieht, so entsteht ein neues dem ersten ähnliches Viereck. Die Geraden, welche die homo- logen Ecken dieser beiden Vierecke (Fig. 3) ver- binden, schneiden sich in einem Punkte, welcher der Schwerpunkt des ursprünglich gegebenen Vierecks ist. Dieser Satz des Herrn Henry, durch den man den Schwerpunkt eines beliebigen Vierecks allein mit Lineal und Winkeldreieck construiren kann, ‘ist theoretisch und praetisch gleich wiehtig und interessant, und das umsomehr, als der benutzte Grundgedanke Ausblieke gewährt, auf welehem Wege man — ebenfalls nur mit Reissschiene und Dreieck — die Schwerpunkte ganz beliebiger Po- lygone eonstruiren kann. Es tritt dies besonders einfach zu Tage beim unregelmässigen : Fünfeck, worauf ich später einmal. zurückkomme. Grs. Nr. 33. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 397 0 UUUUUUUUUUUUUNIÜÜÜÜÜÜÜLÜUYVÜÜÜÜÜÜIÜIIIÖIDÜDÜILLÜÜÜIIIIIIIIIDIIIIIn nn nn nn Aus dem wissenschaftlichen Leben. An Stelle des vor einem Vierteljahr verstorbenen Directors der Bonner Sternwarte und Professors an der dortigen Univer- sitit Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. E. Schönfeld ist der Observator an der Berliner Sternwarte Herr Dr. F. Küstner berufen wor- den. Derselbe hat sich durch eine Reihe hervorragender Unter- suchungen auf dem Gebiete der beobachtenden Astronomie — thatsächliche Feststellung des Vorhandenseins der Polhöhen- schwankungen, Bestimmung der Aberrationsconstante unabhängig von jenen Schwankungen u. v. a. m. — in hohem Masse ausge- zeichnet. Aus all’ seinen Arbeiten weht Bessel’scher Geist. Pro- fessor Küstner steht in der zweiten Hälfte der dreissiger Jahre. Der frühere Royal Astronomer of England, Sir George Biddell Airy, feierte, unter herzlischster allgemeinster Theilnahme britischer und fremder Fachgenossen, kürzlich seinen 90. Geburts- tag. Er ist geboren am 27. Juli zu Alnwick. . ‚Professor P. A. Saccardo (Padua) erhielt für seine mykolo- ischen Arbeiten den grossen Preis von 10000 Lire der Accademia dei Lincei. Ein internationaler Elektrotechniker-Congress findet vom 7.—12. September in Frankfurt a. M. statt. Eine allgemeine und historische internationale Ausstellung für Mikroskopie wird anlässlich des 300. Jahrestages der Ent- deckung des Mikroskopes in Antwerpen im August und September dieses Jahres veranstaltet. . Der Verein der deutschen Irrenärzte ladet zu seiner Jahres- sitzung am 18. und 19. September d. J nach Weimar ein. Für das Jahr 1892 ist in Paris eine anthropologische Aus- stellung geplant, auf welcher zum ersten Male Angehörige sämmt- licher den Erdball bewohnender Menschenrassen auf einen Punkt zusammengebracht werden sollen, um den Charakter und die Verschiedenheiten in Lebensgewohnheiten auf diese Weise be- quem studiren zu können. Litteratur. Prof. O0. Hertwig, Ueber die physiologische Grundlage der Tuberculinwirkung. Eine Theorie der Wirkungsweise bacillärer Stoffwechselproduete. Verlag von Gustav Fischer. ‘Jena 1891. Preis 0,80 Mk. Robert Koch hat bereits selbst eine Hypothese der physio- logischen Wirkungsweise des Tubereulins aufgestellt (Vergl. „Natur- wissenschaftliche Wochenschrift“ Bd. VI, S. 34, 35), die aber Hertwig nicht befriedigt hat. Hertwig geht von dem zuerst von den Botanikern Stahl u. Pfeffer bekannt gegebenen Chemotropismus aus, wonach gewisse in Wasser lösliche chemische Substanzen theils eine anziehende (positiv- chemotropische oder positiv - ehemo- taxische), theils eine abstossende (negativ-chem.) Wirkung auf freibewegliche Zellen, z. B. auf Spermatozoiden und wie von anderen dann auch gezeigt wurde auf Blutkörperchen u. s. w. aus- üben. Zum Verständniss der Hertwig’schen Hypothese sind zwei von Pfeffer in der folgenden Weise formulirten Punkte zu beachten: 1. „Chemische Substanzen wirken auf den Organismus der Zelle je nach ihren Coneentrationsgraden in verschiedener Weise als Reiz ein. Von einem gewissen Minimalwerth der Verdünnung an, den man als Schwellenwerth bezeichnen kann, wächst ihre anziehende Wirkung mit zunehmender Coneentration der Lösung bis auf einen bestimmten Punkt, das Optimum oder Maximum des Reizerfolges; bei weiterer Zunahme der Concentration nimmt erst die Anziehung ab. und endlich tritt en Moment ein, wo die stark eoncentrirte Lösung geradezu entgegengesetzt wirkt und die Zellen von sich abstösst. Der positive schlägt in den negativen Chemotropismus um.“ 3. „Der Coneentrationsgrad, welcher nöthig ist, damit eine an einer Stelle angehäufte chemische Substanz als Reiz wirken soll, ändert sich, wenn die Zellen in einem Medium sind, das be- reits denselben Stoff in einer bestimmten Coneentration in gleich- mässiger Vertheilung enthält.“ Die Stoffwechselproduete einiger pathogener Mikroorganismen, z. B. des Staphylokokkus pyogenes aureus, wirken positiv-chemo- tropisch: sie erzeugen eine starke Eiterung. Das Tuberkelgift, das in allen tuberkulosen Partieen sich findet, wirkt aber nach Hertwig bei bestimmter Concentration auf die freibewegliehen Zellenelemente abstossend. Aendert sich seine Coneentration, so kann die abstossende Wirkung in ihr Gegen- theil, in eine anlockende umgewandelt werden und dies geschieht nach Hertwig’s Meinung bei den Koch’schen Experimenten durch das im die Säftemasse des Körpers eingeführte Tuberkulin. Wie man die Samenfäden von Farnen gegen eine allzu ceoncentrirte und daher abstossend wirkende Lösung von Aepfelsäure positiv chemotropisch machen kann, wenn man sie im schwacher Aepfel- säurelösung züchtet, so macht man — meint Hertwig — durch das in dem Blutstrom in Folge der künstlichen Injeetion in hoher Verdünnung vertheilte Tuberkulin die Leukoeyten empfänglich für das Tuberkulin, welches sich in höherer Concentration als Stoffwechselproduct der Bacillen in den erkrankten Geweben an- gehäuft hat. Die Leukocyten werden dadurch zur Auswanderung aus den Gefässen an den erkrankten Stellen veranlasst und be- dingen an denselben die mehr oder minder heftige reaktive Ent- zündung, welche als unmittelbare Folge einer wirksamen Koch- schen Injeetion beobachtet wird. Je nachdem durch die im ge- gebenen Fall richtige Dosirung der Injection die günstigste Reiz- schwelle hergestellt worden ist, wird die Auswanderung der Leukoeyten aus den Gefässen und die in der Umgebung von Tuberkelheerden entstehende reaktive Entzündung eine mehr oder minder hochgradige sein. Dadurch können Heilungsvorgänge ein- geleitet werden. In dieser Beziehung scheint Hertwig das Koch’sehe Heilverfahren auf einer durchaus richtigen physiologischen Grund- lage zu beruhen. „Ich kann — fügt Hertwig hinzu — daher die jetzt vielfach hervortretende pessimistische Auffassung nicht theilen, welehe der ursprünglichen Ueberschätzung der zu erwartenden Heil- wirkungen gefolgt ist.“ Hertwig spricht darauf über die schädliehe Wirkung des Tubereulins, die er hauptsächlich auf die zu grossen Dosen be- zieht. Hierdurch würde das Blut mit Tubereulin überladen, von den Gefässen aus würde ein positiver Chemotropismus ausgehen, der die Leukoeyten veranlassen würde, von den Erkrankungs- heerden in die Gefässe zurückzuwandern. Sie könnten dann Bacillen mitführen und so zu einer Allgemeininfeetion Veranlassung geben. Auch bei der Spontanheilung von Infectionskrankheiten spielt der Chemotropismus eine grosse Rolle, indem die Stoffwechsel- produete, welehe zuerst negativ wirken, sich im Blute anhäufen und so allmählich an der Stelle ihres Entstehens zum positiven Chemotropismus übergehen können, wodurch dann die Heilung entsteht. Bei allen diesen Vorgängen war es bis jetzt unverständlich, wie Stoffe in unbegreiflich kleiner Dosis (Pfeffer berechnete die von ihm verwendete und wirksam gefundene Apfelsäure auf den 36millionsten Theil eines Milligramms) grosse Wirkungen hervor- bringen konnten. Durch die Kenntniss des Chemotropismus ge- winnen wir eine diesbezügliche Einsicht. Zum Sehluss wendet sich Verfasser der Frage der Immunität zu. Er nimmt an, dass die Immunität dureh die in den Säfte- strom gelangenden Stoffwechselproduete der Bakterien erzeugt wird und erklärt sich dies so, dass die längere oder kürzere Be- rührung der Leukoeyten mit diesen Produeten die ehemotropischen Eigenschaften der Leukoeyten ändert. Diese Wirkung bleibt dann an den Leukoeyten längere oder kürzere Zeit bestehen, sie ist also eine Nachwirkung, deren Dauer die Dauer der Immunität bestimmt. „Damit müsste dann vorausgesetzt sein — schaltet hier der Referent der „Berliner klinischen Wochenschrift“ em — dass dieselben Leukocyten lange Zeit, unter Umständen für die Dauer des Lebens, constante Gebilde wären, die sich nicht regene- riren, oder sie müssten ihre veränderten Eigenschaften auf ihre Bildungsstätten übertragen können und endlich müssten (diese erworbenen Eigenschaften erblich sein auf die folgenden Zell- generationen.“ Dr. V. Eberhard, Privatdocent a. d. Univ. Königsberg i. Pr., Zur Morphologie der Polyeder. Mit vielen Figuren im Texte. B. G. Teubner. Leipzig, 1391. Preis 8 Mk. Der Herr Verf. hat über die Theorie der Polyeder bereits im „Journal f. reine und angewandte Mathematik“ publieirt und durch die Allgemeinheit der Auffassung, welche ihm eigen, ein völlig neues Gebiet mathematischer Speeculation eröffnet. Allerdings haben wir ja über die Theorie der Polyeder das grosse Werk von Herrn E. Hess (Lehre von der Kugeltheilung, Leipzig 1883) und Herrn €. Jordan’s beide Aufsätze in Crelle’s Journal (66. und 68. Recherches sur les polyedres). Endlich findet sich auch bei Steiner (Gesammelte Werke S. 277 [dasselbe 454]) eine in dieses Gebiet gehörende Stelle. Aber diese Untersuchungen konnten dem Verfasser bei seinen Forschungen keinerlei Anhaltspunkte gewähren, sofern es ihm auf das Studium der gegenseitigen syste- matischen Abhängigkeit der verschiedenen Polyederformen ankam. Vielmehr musste er sich ganz neue Wege bahnen und hat damit, wie schon gesagt, auch ein neues Gebiet der Forschung er- schlossen. Indem er die Grenzflächen eines Polyeders als die ursprüng- lichen, die Ecken und Kanten nur als abgeleitete Bestimmungs- 338 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 33. stücke ansieht, stellt er zunächst die Begriffe des Isomorphismus und des Allomorphismus von Polyedern auf. Indem er diese Be- griffe entwickelt, ergiebt sich als vornehmlich wichtiges morpho- logisches Merkmal eines Polyeders die Form der einzelnen Grenz- polygone und deren Zusammensetzungsart. Dabei erlangt Herr Eberhard die folgende wichtige Grundgleichung 3; +2, +5 — m —20 —30, — + — (n—T) in-ı=4An—2r, wo zn die Anzahl der A-seitigen Grenzflächen des betrachteten n-eders und r die Anzahl der Ecken des Körpers bedeutet. Die rechte Seite dieser Gleichung hat stets einen positiven Werth, dessen Minimum 12 ist. Aus diesem Umstande ergiebt sich nun, wie Verf. zeigt, dass jedes convexe Polyeder aus einem Tetraeder dureh ausschliessliche Anwendung drei-, vier- und fünfseitiger ebener Schnitte construirt werden kann, derart also, dass von dem Tetraeder und jedem resultirenden Körper durch die neu einzu- führende Grenzebene entweder eine Ecke, oder eine Kante, oder ein in einer Ecke zusammenstossendes Kantenpaar ab- geschnitten wird. Dieser Satz führt dann im weiteren zu dem anderen Fundamentalsatz von der Continuität aller isomorphen Polyeder eines bestimmten allgemeinen Typus. Herr Eberhard führt dann, um die Art der Zusammensetzung eines allgemeinen convexen Polyeders aus seinen Grenzflächen näher zu studiren, den Begriff des Stammsystems ein, als des- jenigen Systems von Grenzflächen, welche die für die Gestalt des Polyeders hinreichenden und nothwendigen Daten enthalten. Aus der Betrachtung der Stammsysteme entwickelt sich dann (Ab- schnitt II, $ 9) die Classifieation der Polyeder. Die Bemerkung, dass die oben angeführte Gleichung von x; unabhängig ist, führt nun zu der sehr wichtigen Theorie der Elementarerweiterungen (Abschnitt III), nämlich der Möglichkeit der Einschaltung (bezw. Ausschaltung) von Grenzsechsecken in die Oberfläche des Polyeders. In diesem Abschnitte gelangt Verf. denn in der That auch zu sehr bedeutsamen Resultaten. Es ist oben erwähnt, dass der Minimalwerth der rechten Seite der dort gegebenen Gleichung 12 ist. Die letztere möge für diesen Fall zerlegt werden in 3, +2, +, — 12=m +2, +39 +: -—=m Dann nennt Herr Eberhard die Gesammtheit aller Polyeder, welchen dieselbe Zahl m entspricht den Bereich B., und jene Gleichungen die Bereichsgleichungen. Alle Polyeder, welchen bezüglich dieser Bereichsgleichungen ein und dasselbe Lösungs- system entspricht, bilden dann einen zu dem Bereich BD. gehören- den Stamm In. Alle Polyeder, welche aus einem irredueibelen Polyeder des Stammes =, dem Stammpolyeder, durch Elementar- erweiterungen abgeleitet werden können, bilden eine Familie dieses Stammes. Es entstehen nun naturgemäss die Fragen: 1) Welche posi- tiven ganzen Zahlen m definiren einen Bereich Bm; 2) Welche Lösungssysteme der Bereichsgleichungen bestimmen Stämme 2, und endlich 3) Welche Stammpolyeder bezw. Familien gehören zu einem solchen Stamme 3. Die Lösung dieser Hauptfragen erledigt V. im vierten Ab- schnitt des geistreichen Werkes. Der Gegenstand, den Herr Eberhard gewählt hat, wird jedem mit Recht als ein sehr schwieriger erscheinen, da er hinsichtlich räumlicher Vorstellung hohe Ansprüche an die Abstractionsfähig- keit stellt. Darum ist es ein um so grösseres Verdienst des Herrn Verfassers, dass er in dankenswerthester Weise eine so scharfe, eindringliche und klare, durchsichtige Darstellung gegeben, die den Leser beim Studium des Buches mit vollkommenster innerer Befriedigung erfüllt. Möge das Werk daher recht viele Leser finden, aus deren jedem dann sicher ein Freund des Buches und des vom Herrn Verfasser uns neuerschlossenen Gebietes werden wird. Gravelius. Inhalts - Verzeichniss der Jahrgänge 1881—1890 vom Central- blatt der Bauverwaltung, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Bearbeitet von Volkmar Gillsch. Berlin 1891. Verlag von Wilhelm Ernst u. Sohn. 10 Bogen in gr. 4. Preis geh. 3 Mk. Das Centralblatt der Bauverwaltung ist in der sehr glück- lichen Lage, nicht nur ein Fachblatt im herkömmlichen Sinne zu sein, sondern es ist dadurch, dass es auch berufen, wissenschaft- liche und künstlerische Interessen in eindringlieher Weise zu ver- treten, eine von weitesten Kreisen, die sich in ganz ausserordent- lichem Masse über denjenigen der eigentlichen Fachmänner hinaus erstrecken, stets gerne gesuchte Lectüre. Herr Gillsch darf daher des allgemeinen Dankes dafür sicher sein, dass er sich einer so ganz enormen und überaus mühseligen Aufgabe unterzogen und sie so glänzend, wie es in der That der Fall ist, gelöst hat. Den Inhalt des Nachschlagewerkes bilden zwei Theile: I. Amt- liche Mittheilungen (ein nach der Zeitfolge geordnetes Verzeichniss der in den zehn Jahren veröffentlichten Allerhöchsten Erlasse, Ministeral - Erlasse und sonstigen amtlichen Bekanntmachungen) und II. das Verfasser-, Orts- und Sachverzeichniss. Dieser zweite Theil ist nun für den Benutzer besonders wichtig, zumal in ihm die in den amtlichen Erlassen behandelten Gegenstände unter dem sachlichen Stichworte ebenfalls wieder aufgeführt sind. Ueber- haupt liegt der vorzügliche, gar nicht hoch genug anzuschlagende Werth dieses Werkes darin, dass der Herausgeber alle Stichwörter, mögen sie sich auf die Sache, auf den Ort (Land, Stadt, Fluss ete.) oder auf den Verfasser beziehen, in einem und demselben nach der Buchstabenfolge geordneten Verzeichniss vereinigt hat. Wer z. B. die Mittheilungen über die in der Ausführung be- griffene Regulirung der unteren Weichsel nachschlagen will, findet das Gesuchte unter „Weichsel“ (Regulirung), „Flussregulirungen“ (Weichsel u. s. w.) und, sofern er sich erinnert, dass die Akademie des Bauwesens in der Sache ein Gutachten abgegeben hat, ausser- dem noch unter „Akademie des Bauwesens“ (Gutachten, betreffend Weichsel u. s. w.). Auch die Hinweise auf sach- oder sinnver- wandte Stichwörter sind sorgfältig und zahlreich durehgeführt: so ist bei dem Stichwort Graphische Statik gleich hingewiesen auf Biegungsfestigkeit, Festigkeit, Graphische Ermittlung, Knickfestig- keit, Träger; bei Nivellements auf Höhenbestimmung, Landesauf- nahme, Messwerkzeuge u. s. w. Die werthvolle Arbeit des Herın Gillseh wird für die Besitzer der bisherigen Jahrgänge des Centralblatts, sowie für jeden Fachmann ein unentbehrliches Nachschlagewerk sein. Bei der hohen allgemeinen Bedeutung des Centralblatts wird das zu- sammenfassende Inhaltsverzeichniss aber auch allen denen, welche sich um die in jener Zeitschrift vertretenen technischen, künst- lerischen und wissenschaftlichen Interessen zu kümmern haben, eine im höchstem Masse dankenswerthe Unterstützung bieten. Gravelius. Wien. 0,60 M. Exner, F., Ueber unsere Atmosphäre. 9.—15. (Schluss-) Lfg- Experimental-Physiker, (der praktische. Magdeburg. & 0,75 M. Fischer, E. L., Theorie der Gesichtswahrnehmung. Unter- suchungen zur physiologischen Psychologie und Erkenntniss- lehre. Mainz. 7 M. Fleischl v. Marxow, E., Ueber die wichtigsten Lebenseigen- schaften der Nerven. Wien. 0,50 M. Foerster, B., Die Insekten des „plattigen Steinmergels“ von Brun- statt. Strassburg. Il M. Galilei, G., Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fall- gesetze betreffend. Leipzig. 2 M. Gauss, F. G., Fünfstellige vollständige logarithmische und tri- gonometrische Tafeln. 34. Aufl. Halle. Geb. 2,50 M. Gross, H., Ueber die Affinitätsgrössen einiger Stiekstoffbasen. Tübingen. 1,20 M. Günther, C., Einführung in das Studium der Bakteriologie mit besonderer Berücksichtigung der mikroskopische Technik. 2. Aufl. Leipzig. 9 M.; geb. 10 M. Günther, S., Lehrbuch der physikalischen Geographie. Stutt- art. 12 M. Br E., Ueber Nitro- und Amidoverbindungen des Diphenyl- methans, Benzophenons und einige weitere Abkömmlinge. Tübingen. IM. Hann, J., Die Veränderlichkeit der Temperatur in Oesterreich. Leipzig. 4,10 M. Hellmann, G., Das Klima von Berlin. I. Thl.: Niederschläge. Gewitter. Berlin. 2,50 M. Heerwagen, F., Studien über die Schwingungsgesetze der Stimm- gabel und über die elektromagnetische Anregung. Leipzig. 3,60M. Anhalt: Prof. Dr. L. Weinek: Beobachtungen auf der k. k. Sternwarte zu Prag im Jahre 1890. — Augenkrankheiten und Blindheit bei Taubstummen. — Zoogeographisches. — Copepoden als Nahrungsmittel. — Ueber komprimirte Vegetabilien. — Die Erdbeben in Italien und Australien am 7. Juni 1891. — Die Bermudas-Inseln. — Der Dolerit (Lungstein) von Londorf. — Sonnenbeobaehtungen in Lyon im ersten Halbjahre 1891. — Der sogenannte Gegenschein des Thierkreislichtes. — Ueber eine mögliche Ursache der Libration des Mondes. — Ein neues Fundirungsverfahren. — Die Construction des Schwerpunkts eines beliebigen Vierecks. (Mit Abbild.) — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. OÖ. Hertwig: Ueber die physio- logische Grundlage der Tuberkulinwirkung. — Dr. V. Eberhard: Zur Morphologie der Polyeder. — Inhalts-Verzeichniss der Jahrgänge 1881—1890 vom Centralblatt der Bauverwaltung. — Liste. a u ZZ Verantwortl. Redakteur: i. V. Astronom Harry Gravelius, Berlin SW., Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LXXV Rudolph Krüger Fabrik electro - medieinischer Apparate BERLIN S0., Michaelkirchstr. 41 empfiehlt stationaire Apparate für constanten und Inductions- Strom, transportable Batterien für constanten Strom, trans- portable Inductions - Apparate, Instrumente und Tauchbatterien für Galvanokaustik, Schlitten- Inductorien für physiologische Zwecke nach Professor du Bois- Reymond, Elektroden, Elemente. 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Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 23. August 1891. Nr. 34. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Il. Internationaler Ornithologen-Congress. Von Dr. Paul Leverkühn. Der für das Jahr 1889, dann 1890 geplante zweite Congress fand vom. 17,—20. Mai di). in Budapest-statt-: Vor Eröffnung desselben wurden den im Bureau sich ein- schreibenden Mitgliedern gedruckte Schriften im Gewichte von mehreren Pfund überreicht, welche einen Theil der sehr umfangreichen Vorarbeiten des äusserst thätigen „Ungarischen wissenschaftlichen Comites“ mit dem Reichs- tagsabgeordneten Otto Herman als Vorsitzenden dar- stellten. Diese Schriften bezogen sich zum Theil auf die Verhandlungen des Congresses selbst und enthielten die Einzelprogramme, an deren Hand die Debatten ge- führt wurden (Nomenclatur-Vorlage, zwei Vogelschutz- Referate u. a.), theils waren ces streng wissenschaftliche Abhandlungen erster Autoritäten (Sharpe, Selater, Für- bringer, Palmen), welche den jetzigen Stand verschiedener Diseiplinen in der Ornithologie darlegten, ferner gehörten zu ihnen die Cataloge über die reichhaltige Ausstellung ungarischer und bosnisch-hereegovinischer Vögel (Nester und Eier), welche zu Ehren des Congresses veranstaltet worden war und endlich eme von Otto Herman verfasste glänzend ausgestattete Festschrift, dem Andenken eines hervorragenden einheimischen Ornithologen J. v. Petenyi gewidmet, in welcher ein Original-Aufsatz des letzteren zum ersten Male publieirt ist. Sämmtliche Schriften sind sehr elegant ausgestattet, mit Tafeln und Textbildern ge- schmückt, und mehrere in verschiedenen Sprachen ge- druckt. Im übrigen herrschte hinsichtlich ihrer wie auf dem ganzen Congress Sprachenfreiheit: englische, latei- nische, deutsche und ungarische Zunge sind darin ver- treten, seltsamerweise die „Weltsprache“ französisch nicht. Durch diese umfangreiche litterarische Basis unterschied sich von Anfang an der Congress von zahlreichen anderen wissenschaftlichen Zusammenkünften anderer Gebiete sehr vortheilhaft. Man konnte bezüglich der Vorlagen sich, wenn auch mit Zuhilfenahme der Nacht, vollständig im voraus unterrichten über das, worüber in den doch ver- hältnissmässig kurzen Sitzungen votiert werden sollte. Wir glauben;»diese Einrichtung als mustergültig für ähn- liche Anlässe empfehlen zu können. — Für die Sitzungen war der Sitzungssaal des Herrenhauses und andere grosse öffentliche Gebäude zur Disposition gestellt, denn leider war bei der kurzen Zeit es unmöglich, die Arbeiten in einer fortlaufenden Kette vorzunehmen, vielmehr wurden, statt projeetirter 7, nur 4 Sectionen formirt, welehe meist a tempo tagten. Dieser Missstand wurde von vielen der ca. 150 Congresstheilnehmer schmerzlich empfunden. In den Sectionen wurden folgende Themata erörtert: I. Sys- tematik, Anatomie; II. Biologie, Oologie; III. Avigeogra- phie, Migration; IV. Ornithologia oeconomica (Vogelschutz). In der I. wurde von Prof. Klug aus Klausenburg ein Vortrag über die Verdauung, speciell im Magen, weiter- hin durch Pankreas, Leber und Darm, gehalten, in welchem mehrere bisher in der Physiologie als für den Säugethier- organismus feststehende Thatsachen als für den Vogel nicht gültige hingestellt wurden. — Die Debatte über die ornithologische Nomenclatur beschäftigte die Seetion wäh- rend mehrerer Tage. Die von A. B. Meyer, W. Blasius, A. Reichenow, H. v. Berlepsch und Möbius beantragten und in der Jahresversammlung der Allgemeinen Deutschen Omithologischen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. kurz vorher bis auf kleine Aenderungen angenommenen „Regeln“ wurden in wenig geänderter Form, aber nach heissen Debatten adoptirt, und ihre Vorlage für zukünftige zoo- logische internationale Congresse behufs Annahme be- schlossen. Das Wesentliche besteht in Festhaltung an der X. statt XII. Ausgabe Linne’s mit daraus resultirenden Consequenzen, die zu specielles Interesse haben, als dass sie hier ausgeführt werden könnten. Hervorgehoben mag nur werden, dass die amerikanischen Ornithologen der X., die englischen der XII. folgen, so dass also englische und deutsche Bezeichnungen für die nächste Zukunft weiter- hin differiren werden. Auch die Homonyme z. B. Elster 340 Pica piea sind sanctionirt, da das sog. Prioritätsgesetz im vollsten Umfange angenommen worden ist. — In der II. Section verlas Oustalet (Paris) ein sehr eingehendes Referat über die Leistungen auf dem genannten Gebiete seit dem I. Wiener Congresse. Oth. Reiser (Sarajevo) sprach über die Lebensweise des Bartgeiers in Bosnien; R. Blasius (Braunschweig) legte sein grosses Eiertafel- werk vor, in welchem nur die Umrisse der Eier (grosse Serien von Exemplaren) auf lichtempfindliehem Papiere fixirt sind. Einige besimmte Anhaltepunkte, die bisher weniger Beachtung beim Messen der Eier fanden, nament- lich die „Dophöhe“ (Abstand des Kreuzungspunktes der Längs- und Breitenaxe vom stumpfen Ende des Eies) werden für zahlreiche Speeies angegeben. — In der III. Section redete Palacky (Prag) über die Wan- derungen und ihre auf geologische Veranlassungen zurückführbare Entstehung; Otto Herman legte die vorläufigen Resultate der sehr exact durchgeführten und in geradezu grossartiger Weise angelegten (staat- lich subventionirten) Beobachtungen des Vogelzuges in Ungarn vor, durch welehe für eine Anzahl Species schon jetzt die „Landesformel“, d. h. die durschschnitt- lich gültigen Daten für bestimmte Landestheile gewonnen werden konnten. — In der IV. Section, welche ihre Ar- beiten am ehesten beschloss, wurde die ganz über- raschende und kaum vermuthete Arbeiten und diploma- tische Verhandlungen seitens der Regierungen in Oester- reich-Ungarn und Italien eröffnende Vorlage des unga- rischen Sectionsraths J. v. Mäday im wesentlichen an- genommen. Einige vorzeitige und übertriebene Vorschläge und Anträge prallten vor dem Forum der Section wie des Plenums ab. Auf keinem Gebiete der 'Ornithologie ist die Gefahr des ne quid nimis vielleicht eine grössere als hier. Wenn man hört, wie viel die obersten Behörden, denen doch im Grunde genommen der Vogelschutz nicht sehr nahe liegt, thatsächlich thaten und weiter zu thun beabsichtigen, so kann man sich getrosten Muths dabei beruhigen.*) Anforderungen, welche z. B. die Mode an- greifen, kann kein Staat erfüllen; der einzelne mag in seinem kleinen Kreise wirken — internationale Congresse sind aber durchaus der unrechte Platz dafür! In den Plenarsitzungen und ausserhalb des Rahmens der Sitzungen wurden Vorträge von A. v. Homeyer (Greifswald) über seine ornith. Forschungen in West- afrika, von Collett (Christiania) über das norwegische Vogelleben [beide deutsch] und in einer Sectionssitzung von Sharpe (London) über den Stand der Kenntniss der Phylogenie der Vögel gehalten. Diese Reden sowie verspätete Referate und ein Hauptbericht über die Kenntniss des Vogelzuges in Un- garn, ferner alle officiellen Protocolle, Beschlüsse u. s. w. werden in einem 2-bändigen, in mehreren Sprachen er- scheinenden Compte rendu den Mitgliedern gedruckt gratis zugestellt werden (für Nichtmitglieder ä 20 Franes erhältlich). Das vom Kronprinzen Rudolph ins Leben gerufene Permanente Internationale Ornithologische Comite er- stattete Bericht über seine Thätigkeit seit dem Wiener Congresse, legte seine Rechnungen vor und wurde sehr an Mitgliederzahl vermehrt; der neugewählte Präsident ist Dr. Oustalet in Paris, der Secretär Baron d’Hamon- ville in Chäteau Manonville. In der Schlusssitzung wurde im Namen eines alten Omithologen der klassischen Zeit Leon Olphe-Galliard in Hendaye (Pyrenäen) vom Schreiber dieser Zeilen ein *) Ueber die Verhandlungen wurden am 2. und 4. Congress- tage Berichte (aus dem Pester Lloyd separat gedruckt) an die Mitglieder vertheilt. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 34. Antrag auf Errichtung eines Denksteins für Christian Ludwig Brehm eingebracht, welcher die Billigung des Congresses fand. Eine Anzahl Herren aus den verschie- densten Ländern trat zu einem engeren Ausschusse für die Verwirklichung der Idee zusammen*). Ausser den Verhandlungen fanden eine Reihe ge- selliger Zusammenkünfte zum Theil im Freien (Margarethen- insel) statt, bei welchen einer der Hauptzwecke eines jeden wissenschaftlichen Congresses, ein Austausch von Erfahrungen und persönliches Bekanntwerden, erreicht wurde. Am ersten Tage wurde eine grossartige Ausstellung im Ungarischen Nationalmuseum eröffnet: sie repräsentirte zunächst die Landesfauna in biologischen Gruppen, in künstlerischer Schönheit ausgeführt und in verhältniss- mässig sehr kurzer Zeit zusammengebracht. Ausserdem hatten eine Anzahl einheimischer und der Krone Oester- reich-Ungarn zugehöriger Länder (Croatien, Bosnien) be- deutende Sonderausstellungen geliefert. Anatomische und ornithopathologische Gruppen, eine Balgsammlung aus Ungarn, Neste und Eier vervollständigten das Ganze. Im Anschluss an den Congress wurden drei Aus- flüge zu Beobachtungs- und Jagdzwecken in die orni- thologisch reichsten Gebiete Ungarns unternommen, über deren zwei bereits gedruckte Berichte**) vorliegen. Aus- führliche Darstellungen werden im Compte rendu von Otto Hermann, Bowdler Sharpe und Schreiber dieses erscheinen. Eine grosse Anzahl interessanter Arten wurden beobachtet und erbeutet (Bälge, Nester und Eier). Alle Touren waren auf das vorzüglichste arrangirt und verliefen nach übereinstimmenden Aussagen geradezu glänzend. Der Plattensee und Velenezeer See bildete den Zielpunkt der einen, der Neusiedler See und der Sumpf Hansäg den der zweiten, das Draueck und der Sumpf Stologyvar den der dritten Tour. — Wie auf den Touren, so offenbarte sich auch in Budapest seitens der Ungarn ein höchst liberales, gastfreies und freundschaft- liches Entgegenkommen, sodass von Anfang an eine liebenswürdig - friedliche Stimmung ihren heilsamen Ein- fluss auch auf die sonst wohl nicht so ganz glatt ver- laufenden Debatten geltend machte. Alle Anwesenden waren sich einig darin ***), dass die Ungarn das menschen- mögliche gethan hatten in Vorbereitungen und Anord- nungen, um zu erreichen, dass viel gearbeitet werden konnte, und dass der Aufenhalt bei ihnen sich denkbarst günstig gestaltete. Beides ist erreicht! Schon eine Ge- nugthuung für die Ungarn war das Erscheinen einer so gewählten Mitgliederzahl: England, Frankreich, die Schweiz, Belgien, Holland, Norwegen, Deutschland kurz die meisten Staaten Europas und mehrere aussereuropä- ische hatten officielle Vertreter gesandt, eine grosse An- zahl Fachgelehrter war ausserdem freiwillig erschienen. Wir schliessen diesen kurzen Bericht mit dem herzlichen Wunsch, dass doch jeder zukünftige ornithologische inter- nationale Congress so befriedigend nach jeder Richtung hin verlaufen möge wie der II. internationale ornitho- logische Congress von Budapest. *) Beiträge zu diesem Denkmal beliebe man event. an Paul Leverkühn, München, postlagernd einzusenden. Der Ort für den Denkstein ist noch nieht bestimmt. **) Dr. E. Schäff, Ein ornithologischer Ausflug in Ungarn. (Neusiedler See.) Neudammer Deutsche Jäger-Zeitung. XVII. Bd. No. 26., 27. S. 388—391., 404—408. Mit 6 Textbildern. — E. Hartert, Frankfurter Zeitung. 5. Juni 1891 und: Weidmann, XXII. Bd., No. 39, 19. Juni 1891, S. 343—344. — A. v. Homeyer, Auf dem Valenezer- und Platten-See. Ornith. Monatschr. XVI 1891. 277—283. Talsky, Die Exeursionen zum Valenezer- und keinen Platten-See. Schwalbe, (Mitth. ornith. Ver. Wien) 1891. 167—169. ***) Vergl. z. B. einen Bericht in der Berliner Post vom 29. Mai 1891 ferner: Illustrirte Jagd-Zeitung. XVIII. Bd., No. 37, 12. Juni 1891, S. 442—444. Nature 18. June 1891, S. 153—54. En — Nr. 34. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 34 August Wilhelm von Hofmann, unser grosser Che- “ miker, wird zu seinem fünfzigjährigen Doctorjubi- läum von E. von Broen in der Pharm. Zeitung—Berlin so treffend und liebevoll gewürdigt, dass wir nicht umhin können, diese Würdigung im Folgenden zu Grunde zu legen. Am 8. August feierte Hofmann sein 50 jähriges Doc- torjubiläum. Was Hofmann der Wissenschaft gewesen ist, was er ihr noch ist und für ewige Zeiten bleiben wird, dem wurde am 8. April des Jahres 1855 — am 70. Geburtstage unseres Gelehrten — allseitig Ausdruck verliehen. Aber weder ein kaiserliches Handschreiben, in welchem der persönliche Adel dem Gefeierten verliehen wurde, noch das Glückwunschschreiben einer Kaiserin Vietoria, des Jubilars erlauchter Schülerin, nicht die Widmung einer Königin von England, nicht der „monu- mentale“ Ausdruck der Verehrung seitens der Chemischen Gesellschaft zu Berlin — nichts vermochte dem Altmeister Anderes zu entlocken, als Worte der Bescheidenheit. So dankte er damals der Deputation der Chemischen Gesell- schaft, ausgehend von den Goetheworten: Seh’ ich die Werke der Meister an — So seh’ ich das, was sie gethan; Betracht’ ich meine Siebensachen — Seh’ ich, was ich hätt’ sollen machen! Diese Bescheidenheit ist des Gelehrten und des Men- schen Hofmann grösste Zierde. Wer als Laie seiner Vor- lesung über Anilin lauscht und diese ihn einleiten hört: „Durch das Studium dieser Körperklasse hat man eine srosse Industrie, die der Theerfarben geschaffen“, der wird niemals ahnen, dass der, welcher dieses so gelassen spricht, dass derselbe, welcher schon 1862, also zu einer Zeit, da die Theerfarbenindustrie noch in den Kinder- schuhen steckte, mit prophetischem Blicke sagte (Roy. Soeiety Proe. XII): „Anstatt jährlich Millionen für diese Körper zu zahlen, wird in absehbarer Zeit England frag- los selbst das grösste farbenerzeugende Land der Welt werden; ja vermöge dieser wunderbarsten der Umwäl- zungen wird es in Kürze sein kohlenentstammendes Blau (her eoal-derived blues) in das Indigo bauende Indien senden, sein eigenes Karmoisin nach Mexiko, dem Land der Cochenille, und seine Surrogate für Quereitrin und Saflor nach China, Japan und den anderen Heimath- ländern dieser Handelsartikel*, — und welcher heute diese Voraussehung sogar überflügelt sieht, — diese Schöpfung als seine eigenste zu nennen berechtigt ist. Hofmann wird niemals während seiner Vorlesungen bei irgend einer Thatsache, die seine Experimentirkunst einst der Natur abgelauscht, auch wenn sie noch so fundamen- tal ist, länger als nothwendig verweilen — und sein Ich aus seinem Munde genannt zu hören, wird kein Sterb- licher sich rühmen dürfen. Es liegt etwas ganz Eigenthümliches im seiner Vor- tragsweise. Seine Sprache führt nicht den Studirstuben- charakter, zeigt nicht den Kanzleistil, noch den des Pre- digers. Wenn der Laboratoriumdiener die Thür öffnet, durch welche er hereintreten soll, dann sieht man oft ihn seinen Rock noch zurechtzupfen, oder die Reihe der Knöpfe herabtasten, oder die Hand über seinen schönen, weissen Bart streichen. Nach diesen Vorbereitungen und während der athemlosen Stille, die im Auditorium herrscht, tritt er herein, macht seinen Schülern eine Verbeugung — eine Verbeugung „par excellenee* — und nähert sich eiligen, elastischen Schrittes der Mitte seiner langen Ex- perimentirtafel, um mit einem schnellen „Meine Herren“ oder — sind Damen anwesend — mit einem verbind- lichen „Meine Damen und Herren“ zu beginnen. Leitet er nun ein neues Kapitel ein, so erscheint sein erster Satz, oder vielmehr die ersten Glieder seines Satzes so weit entfernt von der eigentlichen Frage, dass man nicht begreifen kann, wie er sie auf diese leiten wird. Man fühlt, dass sie alle nach einer bestimmten Richtung hin gebogen werden, und zwar hingebogen mit einer starken Kraft; aber „diese Kraft ist noch immer unsichtbar wie der Wind, und wie von diesem weiss man nicht, woher sie kommt und wohin sie geht.“ Bald fragt er, bald antwortet er, dann spricht er und dialogirt, dann erzählt er; dann scheint er den Gegenstand zu vergessen, um plötzlich zu ihm zurückzukommen; dann stellt er sich überzeugt und prüft seine Ueberzeugung auf seine Rich- tigkeit — kurz er spielt alle Rollen aus, um den Gegen- stand von einer neuen Seite zu betrachten, um die Zu- hörer zu überzeugen, um jeden Begriff so klar und so bestimmt als möglich dem gesunden Verstand zu vergegen- wärtigen,. Und immer lichtvoller und klarer tritt das noch ungesprochene Resultat zum Bewusstsein der Hörer, so dass, wenn Hofmann endlich sein klassisches Wort spricht: „Und — was das ist, das weiss man schon“, dieses „man“ den Werth von „Alle“ besitzt. Und wie illustrirt Hofmann seine Vorträge! Seine Meisterschaft auf dem Gebiete des Experimentirens steht wohl — ohne Uebertreibung — einzig da. Welche Er- folge der Meister seiner Kunst zu verdanken hat, zu welcher Vollkommenheit er die Mittel geschaffen, wie er in diesen nicht nur Vorbilder anderen Universitätslehrern gegeben, sondern auch unerreicht dastehende Methoden und Apparate in die reine Wissenschaft eingeführt hat, welch’ organisatorisches Talent er in den Bauten seiner Laboratorien in Bonn und Berlin bethätigt (auf Veran- lassung der englischen Regierung von ihm 1866 in „The chemical laboratories of the universities of Bonn and Berlin“ eingehend beschrieben), von der Art und Weise des Hantirens und von der Lebendigkeit zu sagen, mit welcher Hofmann das Gelingen des Versuches erwartet und verfolgt, und von der Freude, mit der er das Ein- treten der Reaction, die Vollendung des Processes, das Gewinnen einer „Materie“ begrüsst, von alledem plaudern zu dürfen, würde dem Schreiber dieses eine volle Freude sein; doch leider müssen dem guten Willen die Zügel angezogen werden. Nur möge mir, bevor ich auf das Wesen Hofmann’s in seinen Schriften übergehe, vergönnt sein, einen gele- gentlichen Augenblick zu schildern, in welchem er seinen Versuch durch irgend einen widrigen Zufall misglückt sehen musste. Es war Alles im schönsten Gange. „Nun sehen Sie, meine Herren, nun — nun — nun —“ immer tiefer neigte sieh der 73jährige Herr, und prüfte von weitem und von nahe den Vorgang, und — als die Re- action nieht schnell genug „kam“, als ob er das Be- dürfniss hätte, nachzuhelfen — bewegte er den Körper und die Hände, und — schüttelte sein Haupt. Ein paar erregte Schritte hin und her, eine abermalige Prüfung, eine leise Unterhaltung mit seinem Assistenten, und mit klangloser Stimme vermeldete er, dass er den Versuch schuldig bleiben müsse, er aber seine Schuld beim Beginn der nächsten Vor- lesung mit „reichlichen Zinsen‘ abtragen werde. Seine Stimmung war jedoch für den Rest der Vorlesung dahin. Wie produetiv Hofmann in wissenschaftlicher Schrift gewesen, vermuthet wohl nur Der, weleher nieht nur aus dem der grösseren Masse bekannten einen Schluss auf schriftstellerische Thätigkeit zu ziehen gewohnt ist. Seine Arbeiten — es sind deren nahezu 270 — lassen sich in rein wissenschaftliche Beiträge, in didaktische und Ge- dächtnisschriften gliedern. Von den rein wissenschaftliehen Arbeiten ist es schon die erste, die klassische „Untersuchung der organischen Basen im Steinkohlentheeröl‘“ (Lieb. Annal. 47, 1843), welehe die Augen der Gelehrten auf den jungen Forscher lenkte. Man muss sie gelesen haben, um an dem Glauben 342 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 34. der Möglichkeit irre zu werden, wie ein 23 Jähriger, der noch 2 Jahre vorher sprachwissenschaftlichen Studien ob- gelegen und Jurisprudenz gehört hat, eine Arbeit liefern konnte, welche von einer so grossartigen Umsicht auf dem Gebiete der analytischen Chemie, so bewunderungs- würdiger Beobachtungs- und Combinationsgabe zeugt. Dieser Arbeit folgten schnell hintereinander weitere, welehe die Erkenntnis des Anilin immer mehr klärten, und schliesslich zu der heutigen tinktorialen Industrie führten, welche viele Zehntausende beschäftigt und auch der biologischen Wissenschaft zu der heutigen Höhe ver- holfen hat. Eine von jenen wirkte auch nach einer an- deren Seite hin umstürzend und grundlegend: Hofmann’s Untersuchungen über die halogenhaltigen Anilinderivate (Lieb. Ann. 55). Es war zur Zeit, als Berzelius um das Leben der von ihm aus seinen elektrochemischen Theo- rien abgeleiteten dualistischen Auffassung chemischer Ver- bindungen gegen die Lehre von den Typen mit allen Mitteln kämpfte. Liebig selbst hatte sich noch nicht ent- schieden erklärt; als aber Hofmann’s glänzende Unter- suchung, welche die Annahme der Dualisten von der Un- veränderlichkeit der Radicale in Bezug auf Substitution widerlegte, erschien, ging auch er voll und ganz in das unitaristische Lager über. Hofmann untersiegelte den Todtenschein des Dualismus, als er in seinen Arbeiten über Aminbasen (Lieb. Ann. 74 und 75) den Typus Am- moniak schuf, von welchem zunächst sich ableitend er die von ihm entdeckten Imid- und Nitrilbasen, sowie das Di- und Trimethylamin erkannte. Jede seiner weiteren Unter- suchungen, wie die über substituirte Harnstoffe, über Allylalkohol, den Aldehyd der Ameisensäure, über Phos- phine und Phosphoniumbasen, über Isocyanüre, die Schwefeleyanalkyle und Senföle, über Pyridin und Pipe- ridin, und wie sie alle in ihrer übergrossen Zahl auch lauten — jede bringt in dem betreffenden „Revier“ der Chemie Klarheit und Erkenntniss. Wenn Hofmann in diesen Arbeiten einfach und über- zeugend spricht, so ist dieses nicht weniger der Fall in seinen didaktischen, von welchen wir nur zu beklagen haben, dass es deren nieht mehr denn zwei sind. Ein Jahr nachdem Hofmann, der seit 1548 an dem Royal College of Chemistry in London wirkte, zum Mit- gliede der Royal Society erhoben wurde, schrieb er das „Handbook of Organie Analysis“, welches seit seinem ersten Erscheinen 1853 in mehreren Auflagen verbreitet ist. Gab er in diesem schon Kunde von seiner bewun- derungswürdigen Fähigkeit, die Gewandtheit seiner Sprache auch in der Schrift wiederzugeben, so ist dieses in noch höherem Maasse der Fall in der 1365, also kurz vor seiner Berufung zur Nachfolge Mitscherlich’s an der Berliner Universität, herausgegebenen „Introduction to Modern Chemistry, Experimental and Theoretic“, welche in deutschem Kleide 1566 als „Einleitung in die moderne Chemie“ ersehien (7. Aufl. 1877) und in fast sämmtliche ' Cultursprachen übersetzt wurde. Was diesen Erfolg er- möglichte, ist weder die Eleganz der Worte, welche wir bei Vietor Meyer wiederfinden, noch die Tiefe der Ge- danken, welche auch bei Wislicenus wir so verehren; es ist auch nicht die Fülle an gelungenen Vergleichen, welche in Tyndall’s und Stoke’s Schriften ein Echo findet — Alles dieses ist es nicht, nein: es ist vor Allem die tiefe Anschaulichkeit, die Art und Weise der Deduction, welche spielend einen Begriff mit dem andern verknüpft, eine Thatsache mit der andern; es ist Hofmann’s eigene geschriebene Sprache, welche uns an seine Blätter fesselt. Aehnliches finden wir nur noch bei eimem Meister auf dem Gebiet der chemischen Wissenschaft — bei Ira Remsen. Was man bei Beiden liest, erscheint so klar wie die Sonne am unbewölkten Mittaghimmel. Nun noch einige Worte über Hofmann’s Gedächtniss- schriften. Als Reden wurden sie zum grössten Theil in - den Generalversammlungen der Chemischen Gesellschaft zu Berlin gehalten. Wer der in ihnen verherrlichte Mann auch gewesen ist, Dumas oder Graham, ob Liebig, Magnus oder Sella, Wöhler oder Wurtz, Jedem wurde Gerechtigkeit. Hofmann hob nicht nur die glänzenden Eigenschaften jener grossen Geister hervor, er streute auch verdienten Tadel ein, den selbst nicht hehrste Freundschaft, wie er sie z. B. mit Magnus gepflogen, zurückdämmen konnte. Wir lernen wohl nirgends besser als in diesen Nekrologen den Menschen Hofmann kennen und verehren. Wer vermag wohl — um nur Eins heraus- zugreifen — ohne innere Bewegung zu lesen, wenn Hof- mann von Stunden spricht, die in Gesellschaft dieses oder jenes entschlafenen Freundes zu ihm unvergesslichen ge- worden sind; oder wenn er die Erfüllung des „langge- träumten Traumes eines grossen, freien und einigen Deutschland“ prophetisch kommen sieht! Heute drängt sich nun die wissenschaftliche Welt um den grossen Jubilar, ihn zu feiern, wiederholt dem Stolze Ausdruck zu geben, ihn den Ihrigen nennen zu dürfen. Nicht als Letzte ziehen auch wir den Hut und grüssen tief den Greis und geben dem lebhaften Wunsche Worte, dass es ihm noch recht lange vergönnt sein möge, zu wirken zum Nutzen der Wissenschaft, zum Segen der Industrie, zum Frommen seiner Schüler! Ein „Verzeichniss der Säugethiere von Sachsen, Anhalt, Braunschweig, Hannover und Thüringen“ hat Erwin Schulze, bekannt durch seine Studien über die Wirbelthierfauna Deutschlands (s. z. B. Fauna piseium Germaniae. Magdeburg, 1890) in der „Ztsehr. f. Natur- wisssensch.“ 63. Bd. Halle, 1590. S. 97, herausgegeben; das den Vergleich mit unserer benachbarten märkischen Thierwelt herausfordert. Von ausgestorbenen Säugern zählt Schulze 6 auf: den Elch, den Ur, den Bären, den Vielfrass, den Wolf und den Luchs. Andrerseits hat die Mark Brandenburg die fossilen Reste von folgenden, z. Th. allerdings gezähmten, Thieren aufgewiesen*): Edelhirsch, Reh, Schaf, Ziege, Rind, Ur, Auerochs, Wild- und Hauspferd, Esel, Torfschwein, Hausschwein, Biber, Haushund. Der oben genannte Wolf kommt noch jetzt als Streifwild in die Mark; andererseits fehlt derselben der dem westlicheren Gebiete noch heute, freilich ge- schont, angehörende Biber. An lebenden Säugethieren zählt Schulze 59 Arten auf, darunter, z. Th. gehegt, Edelhirsch, Damhirsch, Reh, Schwein. Der Mark fehlen von den sächsischen, anhaltischen u. s. w. Thieren die Wildkatze, die Fledermäuse Vespertilio borealis Nils. und leisleri Kuhl, Rhinolophus ferrum equi- num Leach, die Kerfjäger Sorex alpinus Schinz und S. vulgaris L., die Nager Arvicola subterraneus Sel. und A. arvalis Op. Doch bemerkt Friedel (a. a. O. S. 3), dass gerade in den Gruppen der Fledermäuse, Spitzmäuse und eigentlichen Mäuse „noch mehr als eine Ueberraschung zu gewärtigen sein dürfte“. Für die ge- nannten beiderseitigen Gebiete gemeinsam ergeben sich nun folgende Säuger: 14 Fledermäuse, darunter Rhino- lophus hipposideros Leach, Igel, Maulwurf, 4 Spitz- mäuse, Fuchs, Dachs, Fischotter, Nörz, Wiesel, Hermelin, Iltis, Stein-, Baummarder, Hase, Kaninchen, Eichhörnchen, Siebenschläfer, kleine und grosse Haselmaus, Hamster, Wander-, Hausratte, Haus-, Wald-, Brand-, Zwergmaus, Wasserratte, 3 Wühlmäuse. Dr. C. M. *) Wir folgen hier Ernst Friedels „Eintheilungsplan der zoologischen Abtheilung des Märkischen Provinzial-Museums*. Wirbelthiere. Berlin, 1855. Nr. 34. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 343 Wie sich schädliche Insekten verbreiten können, davon geben Beobachtungen des französischen Entomologen Decaux Zeugniss, über welche das „Centralblatt für das gesammte Forstwesen“ berichtet. Die Verwaltung der Staatsdomänen wollte einst Dünen befestigen, welche den Weiler von Mollieres in der Gemeinde Cayeux-sur-Mer (Dep. Somme) zu zerstören drohten, und liess darum im Jahre 1550 und 1352 eine Anpflanzung von Dünenhafer (Ammophila arenaria) und Strandkiefern (Pinus maritima) machen. Die Pflanzung verbreitete sich dabei über eine Fläche von etwa 50 Hektaren und war im Winter gegen die stürmischen Winde von eimer Seite her zu schützen. Die Kiefern wuchsen in den ersten Jahren nur schwierig und sehen auch heute, nach 40 Jahren, aus, als ob sie erst zwanzigjährig seien. Zum Glücke für sie konnten sie sich aber 25 Jahre lang ohne schädliehe Insekten entwickeln, da in einem Umkreise von 40 km von Cayeux sich keine anderweitigen Harzbäume finden. Gegen 1878 hin jedoch entdeckte der Genannte in dem Stamm einer Kiefer zu seinem Erstaunen einige kleine Löcher, welche von der Larve eines Käfers (Pissodes notatus) herrührten, und als er nun auch die übrigen Bäume sorgfältig unter- suchte, zeigte sich die Anwesenheit von noch zwei Käfern, Criocephalus rustieus L. und Blastophagus pini- perda F. Von wo mochten diese Insekten wohl ein- geschleppt sein? Denn der Criocephalus ist ein Be- wohner des südlichen Frankreichs und in der Somme gänzlich unbekannt, während der Blastophagus schon an und für sich selten genug ist. Die Nachforschungen er- gaben, dass es ein Schiff war, dass sie in die „Landes“ _ einschleppte, und zwar indem es jedes Jahr nach Saint- Valery-sur-Somme mit einer Ladung von Strandkiefern kommt, aus welchen sich die Fischer der Küste Mast- bäume für ihre Kähne machen. _Der Beobachter hatte in der That Gelegenheit, zu Cacheux einer solchen Be- arbeitung beizuwohnen, und siehe da, die Rinde dieser Kiefern war ganz von den Larven des Blastophagus zer- fressen. Es ist folglich sicher, dass auch der Criocephalus auf ähnliche Weise einwanderte, da er bis dahin noch niemals die Breite von Mittel-Frankreich überschritt; er ist nur gemein in den „Landes“, Pyrenäen und Alpen. Der Ursprung der Grönländischen Flora. — Herr Clement Reid weist in der „Nature“ auf die Wichtig- keit der Frage nach dem Ursprunge der Pflanzenwelt Grönlands hin, die ihm um so grösser erscheint, als er von ihrer Erledigung auch einige Klarheit über die andere Frage nach dem Ursprung der jetzigen Flora von Gross- britannien glaubt erwarten zu dürfen. Die Flora Grönlands ist so arm an Arten und an- dererseits bereits so eingehend untersucht, dass über ihre Verwandtschaft an sich mit europäischen oder amerika- nischen Arten keine Diskussion mehr stattzufinden braucht. Eine solche erhebt sich denn auch nur über die Frage, woher, ob von Amerika oder von Europa jene Pflanzen- welt nach Grönland eingewandert ist. Sir J. D. Hooker war 1861 zu dem Schlusse gekommen, dass Europa die Heimath der grönländischen Flora sei (Trans. Linn. Soc. vol. XXIII. 251—348), und diese Ansicht fand nachmals allgemeinere Aufnahme bei den Botanikern. Im Jahre 1585 kam dann Professor E. Warming in einer von der Commission zur Erforschung Grönlands veröffentlichten Arbeit zu dem Resultate, dass jene Einwanderung nicht von Osten, sondern von Westen, von Amerika aus, erfolgt sei (Om Grönlands Vegetation, in „Meddelelser om Grön- land“, 12. Theil). Dieser letzteren Aufstellung ist nun neuerdings in Schweden Professor A. G. Nathorst entgegengetreten (Englers Botan. Jahrb. 1891 S. 183). Zunächst hatte Herr Warming als Trennungslinie zwischen amerikanischer und europäischer Flora die Däne- mark-Strasse hingestellt, während vor ihm allgemein die Davis-Strasse als solche angenommen worden war. Herr Nathorst untersucht diese Ansicht sehr eingehend und zeigt dabei, dass das amerikanische Element der grön- ländischen Flora keineswegs durch die Dänemark-Strasse scharf von dem europäischen getrennt wird, sondern dass es sich im Gegentheil nach Osten hin bis zur Länge von Island erstreekt. Er illustrirt die Vertheilung der öst- lichen und westlichen Pflanzen in Grönland durch mehrere Tabellen und eine Karte, woraus sich ergiebt, dass die Island gegenüber liegende Küste ausschliesslich euro- päische Formen, die 'Südspitze überwiegend solche ent- hält, während die Westküste, Amerika gegenüber, ein Vorherrschen amerikanischer Formen aufweist. Herr Warming hatte die Ansicht ausgesprochen, dass der Kern der jetzigen grönländischen Pflanzenwelt jenen Theil der ursprünglichen dortigen Flora darstelle, der fähig gewesen, auf unvereisten Punkten das Klima der Eiszeit zu überwinden. Demgegenüber weist Herr Nat- horst darauf hin, dass die wenigen eisfreien Spitzen viel zu hoch gewesen sein müssen, "als dass irgend welche P haneroga amen dort ihre Existenzbedingungen "hätten finden können, "während selbstverständlich die vollständig mit Schnee und Eis bedeckten tiefer liegenden Gegenden hier aus der Betrachtung ausscheiden. Die heutige Flora kann also in keine Verbindung gesetzt werden mit einer prä- glacialen, sondern es ist klar, dass sowohl ihre westlichen wie östlichen Typen in postglacialer Zeit eingewandert sein müssen. Die oben erwähnten Tabellen u. s. w. zeigen aus der heute stattfindenden Vertheilung, dass die ein- wandernden Pflanzen stets auf dem nächsten Wege, d.h. vom nächsten Lande, sei es nun Amerika oder Europa, gekommen sind. Die Frage eines Zusammenhangs von Grönland mit Nordamerika einerseits und Island anderer- seits ist, wenigstens zur Zeit, nicht entscheidbar. Aber die Meeresstrassen werden wohl enger gewesen sein. Als ein Wandermittel für die Pflanzen darf aber das Ufereis angesehen werden, das sich im Winter bildet und wohl geeignet erscheint, Samen oder auch solehen enthaltende Er de aufzunehmen und bis zum Fr "übjahr, wo es losbrieht von der Küste, zu erhalten. Von den Strömungen an andere, eisfreie Küsten getrieben, mag es dann dort das mitgebrachte Material unter für dessen Entwickelung günstigen Umständen abgesetzt haben. Ist die Annahme zulässig, dass die Meerengen früher schmäler gewesen, so sind auch die Winde und wandernde Vögel Factoren, welehe bei der Ausbreitung der Flora in Grönland in Betracht zu ziehen sind. Die Nathorst’sche Arbeit führt also zu einem beide älteren Ansichten vereinigenden Standpunkte. Zu den britischen Inseln. sich wendend, erinnert Herr R. daran, wie dort auf eine reiche, gemässigtem Klima entsprechende Flora eine rein arktische gefolgt ist, die allerdings — dureh Wahl einiger günstiger "Standorte — die Eiszeit überdauerte, wie aus den Funden von Salix polaris, S. herbacea, S. reticulata, Betula nana ete. in marinen Ablagerungen über dem Geschiebethon von Edin- burgh zu schliessen ist.) 3emerkenswerth ist, dass die brittische Pflanzenwelt ebenfalls stets engsten Connex mit der des nächsten Nach- barlandes zeigt: Frankreich gegenüber eine südliche Flora, an der Ostküste eine deutsche, im Südwesten kusitanischer Charakter; und endlich im äussersten Westen treten plötz- lieh zwei amerikanische Typen auf, die sonst nirgends in Europa gefunden werden. *) Aehnliches findet in Suffolk statt. Zwergbirke in Devonshire. 344 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 34. Einen neuen Dampftrichter, der vielleicht berufen ist über seine anfängliche Bestimmung hinaus Anwendung zu finden, hat der hamburger Dermatologe Dr. P. G. Unna eonstruirt. Er sagt im Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde (IX, Band, 1891, No. 23) Folgendes: In der letzten Zeit hat sich eine neue Einrichtung zum Filtriren des Nähragars in meinem Laboratorium so sehr bewährt, dass ich nicht anstehe, dieselbe den Fach- eollegen in Kürze mitzutheilen. Derselbe einfache Apparat ist übrigens nieht nur für bakteriologische Zwecke sehr brauchbar, sondern überall dort, wo minder leicht fil- trirende Flüssigkeiten rasch und möglichst klar filtrirt werden sollen, also vor Allem in chemischen und pharma- ceutischen Laboratorien. Soviel ich mir habe sagen lassen, ist die zu be- schreibende einfache Vor- richtung auch bei den Chemikern und Phar- maceuten bislang nicht im Gebrauche gewesen. Auf die Idee meines Dampftrichters kam ich bei dem Versuche, den nutzlos entweichenden Dampf der bisherigen Warmwasser- trichter für das Filtriren selbst nutzbar zu machen. Der Dampftrichter in seiner jetzigen Form be- steht aus einer kupfernen Hohlkugel, von der ein oberes Segment als Deckel abzuheben ist. Ein im Boden derselben befind- liches Loch ist mit ei- nem Gummipfropfen ver- schlossen und lässt den Stiel eines emaillirten, eisernen Triehters hin- durch, dessen oberer Rand etwas höher steht als der Rand der Kupferblase nach Abhebung des Deckels. Dieses ist nothwendig, da- mit daskochende, zwischen Kupferblase und Trichter befindliche Wasser nicht in denselben hineingelangt und den Nährboden ver- dünnt. Aus demselben Grunde muss zwischen den Rändern des Triehters und der Kupferblase ein etwa 1 em breiter Zwischenraum bleiben. Der Triehter selbst ist von Me- tall, da gläserne Trichter leicht bei dem erhöhten Druck zerspringen. Der Deckel wird durch einen halbkreisförmigen, schmiedeeisernen, 1 em dieken, 2 cm breiten, beweglichen Bügel mittelst einer Flügelschraube auf der Kupferblase fixirt. Die letztere enthält einen kupfernen, schräg nach unten abgehenden, hohlen, unten geschlossenen Fortsatz zum Erhitzen des Wassers, welches den Trichter um- giebt. Ein in den Deckel eingelassenes Messingrohr mit Hahn dient als Ventil. Die Dichtung zwischen Deckel und Kupferblase wird durch einen aus gummirter Lein- wand geschnittenen Ring hergestellt. Der Dampftrichter ruht auf 3 aus Bandeisen gefertigten Füssen von solcher Höhe, dass ein Literkolben bequem unter dem Ausfluss- ende des Trichters Platz hat. Der zerschnittene Agar braucht nur Y/, Stunde auf offenem Feuer zu kochen, wird sodann mit den Nähr- substanzen versetzt und direct in den Trichter gegeben. Ein mehrstündiges Kochen des Agars vor dem Filtriren, wie bei den früheren Warmwassertrichtern, ist beim Dampftriehter unnöthig. In den Trichter kommt ein ein- faches Filter aus Filtrirpapier, welches 2 em hoch mit gut geglühtem Kieselgur angefüllt wird. Der flüssige Agar wird ohne sonstige Beihülfe durch den Kieselgur allein vollständig geklärt. Der Wasserspiegel aussen am Trichter darf nieht höher als 5 em unter dem Triehter- rande stehen. Bei geschlossenem Ventilhahn wird nun der Deckel fest aufgeschraubt und das Wasser durch eine einfache Gasflamme erhitzt. Die Dampfspannung im Innern der Kupferblase braucht man nicht durch Oeffnen des Ven- tilhahns zu ermitteln, sie zeigt sich sofort durch ein rasches Filtriren an. Da der Trichter selbst als Ventil fungirt, ist eine Sorge für etwaige zu hohe Dampf- spannung unnöthig. Das Filtriren muss nur so regulirt werden, dass keine grösseren Dampfblasen den stetigen Filterstrom unterbrechen. Sowie dies eintritt, schraubt man einfach die Gasflamme nieder, welehe von nun an nicht wieder vergrössert zu werden braucht, um die Fil- tration in raschem Gange zu erhalten. Den Dampf durch den Ventilhahn abzulassen, ist überhaupt nur nöthig, wenn man diese Vorsicht ausser Acht gelassen hat und ein zu stürmisches Filtriren das Filter zu zer- reissen droht. Dann drehe mıan den Hahn aber nur langsam auf, weil sonst das Wasser in den Trichter hinein überkocht. Der Hauptvortheil dieser Filtrirmethode liegt in ihrer Schnelligkeit. Während früher in meinem Labora- torium zur Filtration eimes Liters von 2 procent. Agar 8 Stunden nothwendig waren, ist jetzt derselbe Process in 2 Stunden beendigt. Sodann filtrvt man mit dem Dampftriehter ebenso leicht 3 procent. Agar und noch höher procentuirte Agar- lösung, während in den Warmwassertrichtern sich gut nur bis 2 procent. Agarlösungen filtriren liessen. Weiter ist die verbrauchte Gasmenge eine unver- gleichlich viel geringere. Schon durch Benutzung einer einfachen Flamme anstatt einer drei- oder vierfachen bei den früheren Apparaten wird der Consum von Gas wenig- stens auf ein Drittel redueirt. Die vierfach geringere Zeit redueirt ihn weiter auf mindestens ein Zwölftel und das nach einer halben Stunde stets nothwendig werdende Erniedrigen der Flamme auf ein Zwanzigstel bis ein Dreissigstel der früher verbrauchten Menge. Ein vierter, sehr bedeutender Vortheil ist es, dass der Dampftrichter den Nähragar nicht blos rasch filtrirt, sondern zugleich sicher sterilisirt. Dieser Umstand ist leicht erklärlich, wenn man bedenkt, dass die Nährsub- stanz in demselben zwei Stunden lang dem strömenden Dampfe ausgesetzt ist. Ich habe daher letzthin, ohne bisher schleehte Erfahrungen zu machen, das nachherige dreimalige diseontinuirliche Sterilisiren des Agars voll- ständig aufgegeben. Wenn der Kolben unter dem Trichter steril ist, kann man direet nach Beendigung der Filtration an das Ausfüllen des Agars in die Gläser gehen, vor- ausgesetzt, dass man den Kolben während des Filtrirens warm hält. Auch kann man, wenn man unter dem Triehter einen kleinen Glastrichter mit Gummischlauch und Quetschhahn anbringt, unbelästigt durch etwaige Dampfblasen, die Gläser direet aus dem Dampftrichter füllen. Endlich ist auch nicht zu vergessen, dass beim Ge- brauch des Dampftriehters das vorherige Klären des Agars mit Eiweiss und das lange Garkochen desselben fortfällt. Während früher die Herstellung von einigen Hundert guter Agargläser viele Sorgfalt und einen Zeitraum von Nr. 34. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 545 5 Tagen in Anspruch nahm, lässt sieh mittelst des Dampftrichters dieses Geschäft sicher und bequem in 3 Stunden absolviren. Hiergegen kommt der höhere Preis des Dampftrichters nicht in Betracht, abgesehen davon, dass die Kosten sehr bald durch Gasersparniss eingebracht werden. Wenn man den Deckel des Dampftrichters aufge- schraubt hat und einen Doppelballon auf den Ventilhahn aufsetzt, kann man auch in der Kälte mit demselben unter Druck filtriren (z. B. Blutserum) nach dem Prineip des Drucktrichters. Die Abhängigkeit der Dichte des Wassers von der Temperatur. — Die No. 5 der Zeitschrift der „Russischen Physical. - chemischen Gesellschaft“ bringt einen längeren Aufsatz aus der Feder des Herrn Mendel&jew über diesen Gegenstand. Der Verfasser hatte schon vor sieben Jahren darauf hingewiesen, dass die Formel Br (1 —— xt), wo o, die Diehte für /" und o, diejenige für 0° bedeuten, zwar für alle von ihm untersuchten Flüssigkeiten gelte, aber für Wasser nicht anwendbar sei. Er stellt nun folgende Formel für die Abhängigkeit der Dichte © des Wassers von der Temperatur ? auf: EN: (A+Y(B+N)C’ wobei also die Dichte bei -- 4° als Einheit angenommen ist. Die Formel stellt, nach Herın Mendelejew, die Ver- hältnisse richtig dar zwischen — 10° und -+ 200°. Es war nothwendig, für Wasser von dem einfachen sonst gültigen linearen Gesetz abzugehen, da die Aenderung do von o für constante Aenderung dt von t durchaus nieht auch constant blieb, sondern nicht nur für — 4 ihr Zeichen wechselt, als auch für einigermassen höhere Temperaturen, insbesondere aber über 100° hinaus, sich ausserordentlich schnell ändert. Einer genauen Be- stimmung der empirischen Coefficienten A, B, C stellen sich indessen noch sehr viele Schwierigkeiten entgegen. Innerhalb der Grenzen 0° und -+- 40° kann mit gutem An- schluss an die Beobachtungen gesetzt werden: A — 94,10; B=—1103,91; 0 —1,90. Bei der Bestimmung der Dichte des Wassers müssen die Einflüsse berücksichtigt werden, welche von Druck- änderungen, von der Ausdehnung der festen Theile der Untersuchungsapparate herrühren und auch die unvermeid- liehen Fehler, welche jeder Temperaturmessung in gerin- gerem oder höherem Masse anhaften. Die Gesammtwirkung al’ dieser Fehlerquellen erscheint Herrn Mendel&jew wohl geeignet die fünfte Deeimale der numerischen Be- stimmungen voll zu beeinflussen. Er stellt demgemäss neue Versuche in Aussicht, bei denen er die bisherige Voraussetzung der Unveränderlichkeit der Ausdehnungs- coeffieienten von Glas und Quecksilber aufgeben und die stattfindenden Druckänderungen voll in Rücksicht ziehen wird. Man darf von diesen Untersuchungen des Herrn Mendel&jew zuversichtlich erwarten, dass sie uns nicht nur über. die Gesetze der Ausdehnung des Wassers, sondern auch der Flüssigkeiten überhaupt, und im An- schluss daran der Gase, beachtenswerthe Aufschlüsse bringen werden. | Leuchtende Wolken. — Hinsichtlich der Erforschung der eigenthümlichen Wolkengebilde, welche sich in sehr grossen Höhen über der Erdoberfläche befinden, hat die „Vereinigung von Freunden der Astronomie und kos- mischen Physik“ in jüngster Zeit von Herrn Privatdo- eenten Dr. Max Wolf in Heidelberg Mittheilungen er- halten, welehe darauf schliessen lassen, dass in jenen sehr grossen Höhen ausser den, dem Auge schon erkenn- bar gewordenen sogenannten leuchtenden Wolken noch sehr zarte und lichtschwache Wolkengebilde vorhanden sind, welche erst mit Hülfe photographischer Dauerauf- nahmen (bis zu zwanzig Minuten Dauer) wahrnehmbar werden. Hierfür ist es also erforderlich, die photogra- phische Camera mit aequatorialer Aufstellung und Uhr- werk zu verbinden, um die während der grösseren Dauer der Belichtung infolge der Drehung der Erde eintretende Veränderung der Lage der bezüglichen Himmelsfläche zu der Richtung des Instrumentes aufzuheben. Nach den ersten Ergebnissen von Herrn Dr. Wolf hat es fast den Anschein, als ob jene sehr zarten Wolken- gebilde noch in grösseren Höhen über der Erdoberfläche schwebten, als die sogenannten leuchtenden Wolken, und als ob sie ihre Lage gegen die Sterne nur mit sehr ge- ringen Gesehwindigkeiten änderten, also an der Drehung der Erde nur noch in sehr geringem Masse theilnähmen. Wir brauchen kaum hinzuzufügen, von wie grosser Bedeutung es sein wird, die Realität und die Eigenart dieser Erscheinungen dureh photographische Dauerauf- nahmen weiter zu ergründen. Korrespondirende Auf- nahmen dieser Art an verschiedenen Orten sind bereits von genannter Vereinigung eingeleitet. Jede weitere Be- theiligung daran wird natürlich willkommen sein. Ein interessantes meteorologisches Phänomen ist am 26. Juli in Boraston, Shropshire, England beobachtet worden. Franeis Galton theilt in der „Nature* fol- genden Auszug eines Privatbriefes darüber mit. „Die Luft war vollkommen ruhig, ohne auch nur den geringsten Hauch, als wir plötzlich in ganz geringer Ent- fernung auf einer Wiese jenseits unseres Gartens, nur durch eine Hecke von uns getrennt, dort ausgebreitetes Heu in einer Säule zum Himmel empor wirbeln sahen, Das Heu wurde lange in der Luft gehalten, denn den ganzen Abend hindurch, volle 4 Stunden nach dem be- schriebenen Phänomen, hatten wir einen richtigen Heu- regen, der sich auch über die Nachbarschaft ausdehnte.“ Hierzu sei kurz bemerkt, dass diese Erscheinung nieht ganz vereinzelt dasteht. In Mitteldeutschland sind in den letzten Jahren solche plötzlich auftretende Wirbel mehrfach beobachtet worden. Dass an heissen völlig ruhigen Tagen auf Chausseen und Wegrändern kleinere schwache Wirbel soleher Art auftreten, ist allgemein be- kannt. Parallaxe von P Ursae majoris. — Dr. Franz in Königsberg hat, wie wir dem 38. Bande der „Astro- nomischen Beobachtungen“ der dortigen königlichen Stern- warte entnehmen, aus Heliometerbeobachtungen des Sternes P im Grossen Bären dessen Parallaxe zu rund 0,10 be- stimmt mit einem wahrscheinlichen Fehler von =0",01. Die mittlere Dichte der Erde. — Den mannig- fachen Untersuchungen über diesen Gegenstand, welche in den letzten Jahren angestellt wurden, schliessen sich neuerdings solche der Herren Cornu und Baille an. Der erstere gab kürzlich in den „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ einen kurzen Bericht über die von ihm und seinem Collegen geführten Arbeiten in dieser Richtung. Der angewandte Apparat beruhte ganz auf dem schon von Cavendish benutzten Prineip. Er be- steht aus einem horizontalen Aluminiumstabe, der an einem 4m langen Faden aufgehängt ist. Die Enden des Stabes nehmen Kugeln aus Kupfer, Eisen, Wismuth oder Platin auf. Das Centrum desselben trägt einen vertical ge- 346 stellten Spiegel, der eine im Abstande von brachte Millimeterscala refleetirt. mit Quecksilber gefüllt werden, dienen dazu, das Tor- sionskräftepaar zu erzeugen. Mit einem Fernrohr werden dann die Verschiebungen der Sealenbilder in dem Spiegel beobachtet, aus denen | dann die Drehungen des Aluminium- stabes leicht in Winkelwerth ausgedrückt zu erhalten sind. Der Apparat unterscheidet sich von dem durch Cavendish, Bailly und Reich benutzten zunächst dadurch, dass der die Kugeln tragende Stab nur 50 em Länge hat, während jene älteren Beobachter Stäbe von 2 m anwandten. Ferner sind die anziehenden Massen auf 10 kg vermindert worden, während Cavendish etwa 7 mal beträchtlichere Massen anwandte. Die Anwendung der festen Kugeln, die jederzeit schnell mit Quecksilber gefüllt werden können, bietet offenbare Vorzüge gegen- über den früher verwendeten beliebig bewegbaren Blei- gewichten. Die Schwingungen des Stabes werden durch einen Chronographen registrirt. Im Uebrigen sind an dem Apparat noch eine Reihe kleinerer Vorrichtungen und Sicherheitsmassregeln getroffen, welche alle diejenigen fremden Einflüsse (Wärme u. A.), durch die die Beobach- tungen fehlerhaft werden können, entweder ganz hint- anhalten, oder doch gestatten, den Betrag der“ aus ihnen resultirenden Fehler zu ermitteln, sodass man eine sehr genaue Bestimmung der mittleren Erddiehte und ihres wahrscheinlichen Fehlers auf Grund der Cornu-Baille- schen Beobachtungen erwarten darf. 5 m ange- Zwei feste Kugeln, die Die Entfernung schädlicher Gase aus Senkgruben, Brunnen und dergleichen, welche häufig vor einem Be- steigen derselben nöthig ist, kann man nach dem Hann. Gewerbeblatt leicht in der Weise erzielen, dass man den Inhalt eines grossen Kessels mit kochendem Wasser in die betreffenden Gruben giesst. Die aufsteigenden Dämpfe des Wassers reissen dann die schädlichen Gase mit in die Höhe, und man erhält auf diese Weise eine schnellere und billigere Reinigung, als durch irgend ein anderes Mittel. Chronophotographie. — Die Methode des Herrn Marey mit Hülfe der Chronophotographie die Vorgänge bei der Bewegung zu untersuchen, ist neuerdings durch Herrn G@. Demeny zur Darstellung der Bewegung der Gesichtsmuskeln angewandt worden. Wie er in der Pa- riser Akademie mittheilte, hat er sich zunächst dem Stu- dium der Lippenbewegungen eines sprechenden Menschen zugewandt. Die erhaltenen Aufnahmen geben in klarster Weise die verschiedenen Formen des Mundes wieder, welche den verschiedenen Lauten entsprechen. Herr Demeny hat dieselben in eimem Zootrop vereinigt, mit dem er dann vollkommen die Illusion der Wirklichkeit erreichte. Immerhin, bemerkt er, habe ein normaler Beobachter doch einige Schwierigkeit, aus dem einfachen Anblick der bewegten Lippen im Zootrop die entsprechen- den Worte zu errathen, während D. andererseits mit Taub- stummen, die von Jugend auf daran gewöhnt seien, aus den Lippenbewegungen der mit ihnen sprechenden Per- sonen, die Worte abzulesen, die Erfahrung gemacht hat, dass dieselben sofort die Bedeutung der ihnen im Zootrop vorgeführten Aufnahmen von Lippenbewegungen anzu- geben wussten. Die Kosten der elektrischen Kraft. — In einer neueren Mittheilung an die Societe des Ingenieurs eivils erwähnte Herr Haubtmann, dass in London die elek- trische Pferdekraft-Stunde 30 Pfennige, d. i. noch immer das Dreifache von Gas koste. In Paris ist der Preis ein noch weit höherer, nämlich 72 Pfennige, während in St. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 34. Brieue, der französischen Stadt, wo seit dem 1. Juni d.J. die Elektrieität am billigsten ist, sich die Kosten einer Pferdekraft pro Stunde immer noch auf 42 Pfennige be- laufen. Am billigsten in ganz Europa ist die Kraft der Zukunft in Freiburg, wo sie nämlich für obiges Mass nur 12 Pfennige kostet und sogar bei einer Entnahme von über 20 HP auf S Pfemnige sinkt. Ueber die Grundgleichungen der kinetischen Gas- theorie. — Herr F. Böhnert hat in No. 32 dieser Wochenschrift eime Abhandlung veröffentlicht, durch welche er eine „Fehlerquelle in den Grundgleichungen der kinetischen Gastheorie* zu beseitigen glaubt. Sein Angriff riehtet sich gegen die allgemein anerkannte Formel für den Druck eines Gases nmv® WER in welcher er den Factor 4 durch 4 ersetzen will; ausser- dem ist er der Meinung, dass v den arithmetischen Mittelwerth der molecularen Gesehwindigkeit, nicht aber den der mittleren Energie entsprechenden Werth der Geschwindigkeit bedeute. Es ist nieht schwer einzu- sehen, dass durch diese Neuerungen nicht etwa eine Fehlerquelle beseitigt, sondern ein Fehler in die Grund- gleichungen der Gastheorie eingeführt werden würde. Die Beweisführung des Herrn Böhnert ist vollkommen richtig bis zu der Formel welehe die Zahl der Theilehen angiebt, die in der Zeit- eimheit gegen die Flächeneinheit der Wand stossen. *) Es ist aber nicht mehr richtig, dass jedes dieser Theilchen eine Geschwindigkeitsänderung — » erleidet, also auch nicht, dass die "Summe der Stösse oder der Druck den Werth nmv? 4YV annimmt. „Schon die einfache Bemerkung, dass die schräg auftreffenden Theilchen sich wesentlich anders verhalten, als die in senkrechter Riehtung auftreffenden“, hätte den Verfasser vor dieser Schlussweise bewahren sollen. Hätte er wiederum sein Integrationsverfahren zur Anwendung gebracht, so würde er seiner Integralformel den Factor 2 mv, eos « hinzugefügt haben, er hätte dann gefunden Veh — Tr 3 0 und würde sich überzeugt haben, dass die alte Formel für p richtig ist, und dass in ihr v die Geschwindigkeit der hitileren Euer gie, nicht die mittlere Geschwindigkeit bedeutet. Prof. Dr. O. E. Meyer. = Sf 5 it 5 MN, %, Sina Cosa da — _ MN, dr“ Der erste, von Herrn Prof. Meyer oben selbst als richtig anerkannte Theil meiner Darstellung ist aus- schliesslieh dem Beweise gewidmet, dass bei gleich- mässiger Vertheilung der Richtung und Grösse der Mo- lekülgeschwindigkeiten die in jedem Augenblicke durch eine beliebige Ebene hindurehfahrenden Theilchen in Bezug auf Ihre Neigung gegen diese Ebene durchaus gleichmässig vertheilt sein müssen, dass also nicht — wie Herr Prof. Meyer oben thut — der betreffende Aus- Kinetische folgt sein *) Diese Formel findet sich auch in meinem Buche: Theorie der Gase. 1877. °$ 142, und an derselben Stelle eine Bemerkung, welche Herrn Böhnert entgangen zu seheint. Nr. 34. Naturwissenschaftliche Wochenschrift, 347 druck zur Ableitung des Flächendruckes mit dem Cosinus des Einfallswinkels der einzelnen Theilehen multiplieirt werden darf. Auch eine Widerlegung des anderen bestrittenen Punktes — nämlich dass in der erhaltenen Formel v als der Mittelwerth der Geschwindigkeit und nicht als Ge- schwindigkeit der mittleren Energie aufgefasst werden muss — hat Herr Prof. Meyer nicht gegeben. Es scheint dies auch nicht möglich; denn, wie aus der Ab- leitung klar hervorgeht, erfolgt sowohl die Ermittelung der Anzahl der Theilchen als auch die der mittleren Stosswirkung jedes derselben zweifellos auf Grund der mittleren Molekülgeschwindigkeit. Der Umstand, dass in der Formel für den Flächendruck das Produet beider Werthe (also v?) auftritt, kann an der ziffernmässigen Bedeutung der Werthe von v nichts ändern. Ein Ver- kennen dieser einfachen Verhältnisse war eben nur mög- lich, so lange die Grundgleichung selbst auf falschen Anschauungen aufgebaut war. Böhnert. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die Accademia delle Scienze dell’ Istituto di Bologna hat folgende Aufgabe für den Aldini-Preis gestellt. „Eine goldene Denkmünze im Werthe von 1000 Lire erhält der Verfasser derjenigen Abhandlung, welche, sich auf sichere Daten der Chemie oder Physik, oder angewandten Mechanik stützend, neue und wirksame praktische Systeme oder neue Apparate angeben wird zur Verhütung oder Löschung von Bränden.* Die Arheiten, in italienischer, französischer oder lateinischer Sprache abgefasst, können Manuseripte (mit verschlossenem Namen und Motto versehen) oder Drucksachen sein, welche zwischen dem 11. Mai 1890 und dem 10. Mai 1892 bereits publieirt sind. Gedruckte Abhandlungen aus diesen zwei Jahren werden auch zugelassen, wenn sie in anderen Sprachen abgefasst sind; doch muss in diesem Falle eine vom Verfasser beglaubigte ita- lienische Uebersetzung beigefügt werden. Die Bewerbungen müssen ausdrücklich als Coneurrenzschriften für obigen Preis be- zeichnet sein und sind bis 10. Mai 1892 unter folgender Adresse einzusenden: Al Segretario della R. Accademia delle Seienze dell’ Istituto di Bologna. Das ständige internationale Comit& zur Herausgabe der geo- logischen Karte von Europa war, im Hinblick darauf, dass der dieses Jahr in Nordamerika tagende internationale geologische Congress von europäischer Seite voraussichtlich nur sehr schwach besucht sein werde, am 3. August in Salzburg zu einer Conferenz zusammengetreten, in der eine Reihe wichtiger Beschlüsse gefasst wurden. Die Vorarbeiten für das grossartige Werk sind nun so weit gediehen, dass die erste Serie des aus 24 Blättern bestehen- den Atlas im Laufe des nächsten Jahres bestimmt erscheinen wird. Das Comite, in welehem Deutschland durch die Geheimen Räthe Beyrich und Haucheeorne und Oesterreich durch Herrn v. Mojsisovics vertreten ist,beschloss auch, von nun an sich jähr- lich zu einer Conferenz zu versammeln. Für das Jahr 1892 wurde Lausanne als Vereinigungsort gewählt. Eine russische Meteorologische Zeitschrift erscheint unter der Leitung der Herren Woeikoff, Rykatschew und Spindler. Der Titel ist Mereoposornyeckiü Bterkukb (Meteorologitscheskij Westnik, Meteorologischer Bote). Als Vorbild bezüglich Einrich- tung und Haltung dürfte den Herausgebern die Deutsche Meteo- rologische Zeitschrift vorgeschwebt haben. Bei den ausserordent- lich günstigen Verhältnissen des russischen Reiches zur Anstellung umfassender meteorologischer Beobachtungen wird man den Inhalt des neuen Journals in Westeuropa aufmerksam zu verfolgen haben. Die neu begründete ausserordentliche Professur für Hygiene an der Universität Kiel ist dem ausserordentlichen Professor Dr. B. Fischer daselbst übertragen worden. Professor Dr. F. Löffler in Greifswald ist in die Professur für Hygiene an der Universität Marburg als Nachfolger Ru bners be- rufen worden. Professor Dr. Em. Czuber von der technischen Hochschule Brünn ist zum ordentlichen Professor der Mathematik an der technischen Hochschule Wien ernannt worden. Litteratur. Ernst Hallier, Aesthetik der Natur. Enke. Stuttgart 1890. Preis 10 Mk. Das schön ausgestattete Buch (es bietet nicht weniger als 109 meist gute, z. Th. vorzügliche Holzschnitte und 5 Tafeln) will die Schönheiten in der Natur näherrücken durch Vergrösserung der Naturkenntniss, denn „tausende von Dingen beachtet und be- wundert der Eingeweihte, welche dem weniger Geübten entgehen“; es will also jedem Naturfreunde ein Begleiter und Leiter sein und musste deshalb in möglichst allgemein-verständlicher Sprache ab- gefasst werden. Durch die Widmung des Buches „den Manen des grossen Aesthetikers Friedrich Theodor von Vischer“, dessen Schüler sich Hallier nennt, zeigt der Verfasser seinen ästhetischen Stand- punkt an. Den bei weitem grössten Theil nehmen naturwissenschaft- liche Belehrungen ein, die theoretisch-ästhetischen Betrachtungen hingegen treten zurück und gehen nicht tief. 'Störend und unschön ist in Büchern wie dem vorliegenden, welches doch selbst einem Kunstwerk sich möglichst nähern sollte, die Verwendung von Qlich&s mit Buchstabenbezeichnungen, auf die im Text keine Rücksicht genommen wird wie z. B. bei Fig. 41. Der Laie kann sich an solchen Stellen einer ge- wissen Unbefriedigung nicht erwehren. Auch falsche Angaben Verlag von Ferdinand in den Bildern, die nicht aus Unwissenheit «des Verfassers, sondern aus Bequemlichkeit stehen geblieben sind, müssen getadelt werden. So finden wir in Fig. 39, einer schönen Habitusabbildung der Dattelpalme, bei der nebenbei gegebenen Darstellung eines Stückchens aus dem männlichen Blüthenstande die Angabe „männliche Blüthe“. Der Laie, der aufrichtige Be- lehrung sucht, achtet aber auf jede Kleinigkeit und ist sehr serupulös; auch nur kleine Unachtsamkeiten von Seiten des Schriftstellers, dem er sich anvertraut, können den Anfänger und Laien derartig in Verwirrung bringen, dass er entmuthigt seinen schönen Plan aufgiebt, meist in der falschen Schlussfolgerung, dass er zu dumm sei, wissenschaftliche Dinge zu begreifen, die in Wahrheit, passend vorgetragen, jeder versteht. Liest auch die Tendenz des Buches nicht im Sinne des Recensenten, so wird es doch gewiss vielen derjenigen, «die sich gern an der Natur erbauen, ein lieber Freund werden. Paul Leverkühn, Fremde Eier im Nest. Ein Beitrag zur Bio- logie der Vögel. Nebst einer bibliographischen Notiz über Lottinger. Berlin, London, Wien, Paris, Leiden, New-York 1891. Mit ausserordentlichem Fleiss und nachahmungswürdiger Gründlichkeit hat der Verf. in einer mehr als 200 Seiten starken Broschüre alles zusammengetragen, was über das Verhalten der Vögel gegen fremde Eier im Nest bekannt war und was er selbst darüber beobachtet hat. Er untersucht das Benehmen der Vögel gegen Eier der gleichen Art und gegen solche von anderen Arten als der brütende Vogel, wobei in beiden Fällen zu unterscheiden ist, ob die fremden Eier von den betreffenden Vögeln selbst in das Nest gelegt oder von Menschen hineingebracht worden waren. Ausführliche Tabellen geben eine Uebersicht über die zahlreich angeführten Beobachtungen. Die vom Verfasser aus den letzteren ezogenen Schlüsse lassen sich in dem Rahmen eines kurzen Erntes nieht wiedergeben; es sind eben mancherlei verschiedene Beweggründe, welche das jeweilige Verhalten der Vögel bestimmen. Bemerken wollen wir jedoch, dass der Verfasser entschieden Front macht gegen die von mehreren Seiten aufgestellte Theorie, welche dem Vogel jede Selbstentscheidung abspricht und einen gewissen Zwang walten lässt, dem die Vögel unbewusst folgen müssen. Eingefügt ist dem Buch eine bibliographische Notiz über Lottinger, welcher 1775 als der Erste das der Leverkühn’schen Arbeit zu Grunde liegende Thema in wissenschaftlicher Weise behandelte. Nicht nur dem Ornithologen, sondern auch dem Biologen und Psychologen können wir die fleissige Arbeit Leverkühns bestens empfehlen. Dr. Ernst Schäff. Joh. Niessen, Führer in die Pilzkunde. Eine Beschreibung der in der Rheinprovinz und den angrenzenden Gebieten am häufig- sten vorkommenden essbaren und giftigen Pilze oder Schwämme. Mit einer Einleitung vom Kgl. Kreis-Schulinspector Dr. Karl Ruland. Verlag von L. Schwann. Düsseldorf 1390. — 2 Mk. Das handliche Büchelehen bringt 6 brauchbare Tafeln mit 21 colorirten Pilz-Arten, es umfasst nur 64 Seiten. Wenn man recht kritisch sein wollte, so dürfte nicht unter- lassen werden, darauf aufmerksam zu machen, dass der Titel bei Weitem zu viel besagt, da das Buch nur eine Beschreibung der für den Laien und die Schule bemerkenswerthesten grossen Arten bietet; die Tendenz thut sich von vornherein durch die Disposition der Arten in essbare und giftige Pilze kund. Der Verfasser kennt die vorgeführten 50 Arten, und seine Arbeit wird dazu beitragen, die gewöhnlichsten unserer grossen Pilze beim Publikum kennen zu lehren. 348 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 34. Ob es für die Schule angemessen ist, andere Ausdrücke, als die üblichen, zu gebrauchen, — etwa Termini, die die Wissenschaft nur scharf definirt anwendet, in allgemeinerer Fassung zu be- nutzen — darüber dürfte sich streiten lassen. Die Bezeichnung der Conidien des gemeinen Schimmels (Mucor mucedo) als „Samen“ (S..55) beruht aber jedenfalls auf einem Irrthum des Verfassers, da .in der „Einleitung“ auf S. 2 ausdrücklich von „Sporen“ die Rede ist. Vor der Wissenschaft vermag das Buch überhaupt nieht zu bestehen, wird doch z. B. S. 5 gesagt, dass man an den Pilzen „Befruchtungstheile“ vermisse. Andrew Russel Forsyth, Theory of Differential Equations. Part I. Exact equations and Pfaff’s Problem. Cambridge, Uni- versity Press. 1890. Die Litteratur ist nicht gerade reich an Werken, welche die Theorie der Differentialgleichungen behandeln, während anderer- seits doch Niemand festen Fusses in der theoretischen Astronomie und Physik vorschreiten kann, der nicht mit der Integration der Differentialgleichungen vertraut ist. Daher ist die Thätigkeit des Herrn For syth auf diesem Gebiete, auf dem er eine so hervor- ragende Stellung einnimmt, sehr freudig zu begrüssen. Das vor- liegende Werk folet dem historischen Entw icklungsgang, welchen der behandelte Gegenstand genommen hat. Dabei ist der Ver- fasser des letzteren in so eleganter Weise Herr, dass die Unzu- träglichkeiten, welche für Viele, namentlich für Anfänger, die historische Anwendung des Stoffes leicht mit sich bringt, meinem Gefühle nach, gänzlich vermieden sind. Nachdem im I. Capitel die einzelne Gleie :hung behandelt ist, wobei die Integrations- methoden von Euler bis auf Dubois-Reymond dargelegt "werden, wendet sich Herr F. im II. Capitel zu den Systemen totaler Dif- ferentialgleichungen und hat hier natürlich in erster Linie der eminenten Se höpfungen Jacobi's zu gedenken. Das dritte Capitel giebt dann eine vorzügliche historische Studie über das Pfaff’sche Problem bis auf unsere Tage. Dies Capitel bildet dann ganz na- türlieh nur die Introduetion für den folgenden Haupttheil des Buches. Zunächst sind die Arbeiten von Gauss und Jacobi dar- zustellen, was klar und vollständig geschieht. Willkommen wird vielen das Capitel V sein, in welehem die Grassmann’sche Methode eine eingehende Darstellung findet. Die so ausserordentlich in die Tiefe gehenden Anschauungen Grassmanns sind wie für die Mechanik so auch für die Theorie der Differentialgleichungen von grösster Bedeutung, leider aber gerade in Deutse hland nur w enig gepflegt, während Engländer, Italiener und Amerikaner mit Erfolg an der fruchtbaren Fortentw icklung der Grassmann’schen Lehren und ihrer Anwendung wirken. Natani's Methode und die An- wendung auf partielle Differentialgleichungen erster Ordnung be- schäftigen in den nächsten beiden Capiteln. den Verfasser, der sich dann zu einer Darstellung der classischen Arbeiten 'Clebsch’s wendet. Die Darstellung des Verfassers ist sehr geeignet, diese wichtigen Untersuchungen und ihre Ergebnisse dem Verständnisse nahe zu bringen. Das gleiche gilt von den beiden nächsten Ca- piteln, welehe sich mit Sophus Lie’s Methoden und Arbeiten be- schäftigen. Die Berührungstransformationen, ihre Entstehung, ihre Geschichte finden eine äusserst klare Auseinandersetzung, so dass diese schwierige Materie, deren Kenntniss bisher auf eine sehr kleine Gemeinde beschränkt war, nunmehr wohl auf eine grössere Anzahl von ‚Jüngern rechnen darf. Dies Resultat ist wesentlich dureh die klare und weitsehende Interpretation des Herrn Forsyth erreicht. Capitel NI bringt eine Darstellung der schönen Fro- benius’schen Methode, die dem Verfasser vielfachen Anlass zu werthvollen, theilweise neuen Einstreuungen giebt. Nachdem ein kurzer Abriss der Darboux’schen Methode gegeben, folgen im Schlusscapitel Betrachtungen über allgemeine "Systeme. Ein Vor- zug des Buches muss noch in den Beispielen gefunden werden. Dieselben wollen nicht etwa eine Aufgabensammlung sein. Es sind Differentialgleichungen, welche aus irgend welchem Grunde eine massgebende und besonders illustrative Bedeutung haben, und welehe zum grösseren Theile hervorragenden classischen Ab- handlungen entnommen, also nicht erst ad hoc präparirt wurden. Der Verfasser ist sehr gewissenhaft in seinen Litter ‚aturangaben, wodurch der Werth des vorzüglichen Werkes noch weiter erhöht Hensen, V., Die Plankton-Expedition und Haeckel’s Darwinis- mus. Kiel. 3 M. Hieronymus, G., Beiträge zur Kenntniss der europäischen Zoo- cecidien und der Verbreitung derselben. Breslau. 4 M. Hittorff, W., Ueber die Wanderungen der Ionen während der Elektrolyse. 1. Thl. Leipzig. 1,60 M. Hofmann, Insektentötende Pilze u besonderer Berücksichtigung der „Nonne“. 2. Aufl. Frankfurt. 0.40 M. Huxley, Th. H., Grundzüge der Physiologie. 3. Aufl.- 1. Lfe. Hamburg. 1,50 M. Jaeger, H., DE Stanley'sche Emin-Expeditien und ihre Auftrag- geber. Hann.-Linden. 3 M. Jourdan, E., Die Sinne und Sinnesorgane der niederen Thiere. Leipzig. Geb. 4 M. Karsten, G., Ueber die Mangrove-Vegetation im malayischen Archipel. Cassel. 24 M. Kohn, G., Ueber einige projektive Eigenschaften der Poncelet- schen Polygone. Leipzig. 0,30 M. König, R., Bestimmung der Bahn des Kometen 1857 III. Leip- zig. 0.90 M. Kotula, B.. Distributio plantarum vaseulosarum in montibus Ta- trieis. Krakau. 10 M. Krabbe, G., Entwickelungsgeschichte und Morphologie der poly- morphen Flechtengattung Cladonia. Leipzig. 24 M Krafft-Ebing, R. v., Neue Forschungen auf dem Gebiete der Psychopatia sexualis. 2. Aufl. Stuttgart. 3,60 M. Läska, W., Zur Berechnung der absoluten Störungen. Prag. 0,20 .M. > Lendenfeld, R. v., Das System der Kalkschwämme. Leipzig. 0,50 M. Mantegazza, P., Die Hygiene der Sinne. Königsberg. 1 M. —.— Die Physiologie der Liebe. .4. Aufl. Jena. 3,30 M. Marenzeller, E. v., Auf der Suche nach Tiefseethieren. 0.60 M. Mazelle, E., Der tägliche Gang einzelnen Windrichtungen zu Triest. Leipzig, 0,60 M. Messtischblätter des Preussischen Staates, 1:25000. Nr. 218. Charbrow. — Nr. 453. Zuckers. — Nr. eos. Güzlaffshagen. —_ Nr. 607. Bulgarien. — Nr. 608. Seeger. — Nr. 610. Kurow. — 1,50 M.; geb. Wien. der Häufigkeit und Stärke der Nr. 693. Boissin. — Nr. 777. Stolzenberg. Berlin. & 1 M. Minde, J. R., Ueber Hypnotismus. München. 2,80. Münsterberg, H., Ueber Aufgaben und Methoden der Psycho- logie. 6 M. Leipzig. Oppenheim, P., Die Geologie der Insel Capri. Berlin. 0,75 M. Peche, M., Analytische Bestimmung aller Minimalflächen, welche eine Schaar reeller Parabeln enthalten. Göttingen. 1M. Pernter, J. M., Ueber die Höfe und Ringe um Sonne und Mond und verwandte Erscheinungen. Wien. 0,60 M. Pertz, E, Beitrag zur Kenntniss des Chryseans und über die Substituirbarkeit des Wasserstoffs im Methylen durch Schwefel. Göttingen. IM. \ Pietzker, F., Die Gestaltung des Raumes. Braunschweig. 2 M. Pizzighelli, G., Handbuch der Photographie für Amateure und Touristen. 2. Aufl. 1. Bd. Die photographischen Apparate, Halle. 8 M. Ploss, H., Das Weib in der Natur- und Völkerkunde. 3. Aufl. 9. Lfg. Leipzig. 2,40 M. Post, J., Chemisch-technische Analyse. 2. Aufl. 2. Bd. 3. Lfg. Braunschweig. 9 M. Preyer, W., Die organischen Elemente System. Wiesbaden. 1,20 M. Rollett, A., Untersuchungen über Contraction und Doppel- brechung der quergestreiften Muskelfasern. Leipzig, SM. Roscoe, H. E., u. C. Schorlemmer, Ausführliches Lehrbuch der Chemie. 5. Ba. Die Kohlenwasserstoffe und ihre Derivate oder organische Chemie. 3. Thl. 1. Abth. Braunschweig. 9 M. Saalmüller, M., Lepidopteren von Madagascar. 2 Abtheilungen. Frankfurt, & 40 M.; auf Velinpapier & 45 M. Scheffler, H., Beiträge zur Theorie der Gleichungen, 3,50 M. Schimper, A. F. W., Die indo-malayische Strandflora. und ihre Stellung im Leipzig. Jena. wird. Gravelius. 10 M. ? Schinz, H., Deutsch-Südwest-Afrika. Oldenburg. 18 M.; geb. 20M. Inhalt: Dr. Paul Leverkühn: Il. Internationaler Ornithologen-Congress. — Fünfzigjähriges Doktorjubiläum ‚August Wilhelm von Hofmanns. — Verzeichniss der Säugethiere von Sachsen, "Anhalt, Braunschweig, Hannover und Thüringen. — Wie sich schäd- liche Insekten verbreiten können. — Der Ursprung der Grönländischen Flora. — Neuer Dampftrichter. (Mit Abbild.) — Die Abhängigkeit der Dichte des Wassers von der Temperatur. — Leuchtende Wolken. — Ein interessantes meteorologisches Phänomen. — Parallaxe von P Ursae majoris. — Die mittlere Dichte der Erde. — Entfernung schädlicher Gase aus Senkgruben, Brunnen und dergleichen. — Chronophotographie. — Die Kosten der elektrischen Kraft. — Ueber die Grundgleichungen der kinetischen Gastheorie. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Ernst Hallier: Aesthetik der Natur. — Paul — Joh. Niessen: Leverkühn: Fremde Eier im Nest. of Differential par — Liste. Verantwortl. Redakteur: Verlag: Ferdi Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. Führer in die Pilzkunde. — Andrew Russel Forsyth: Theory i. V. Astronom Harry Gravelius, Berlin SW., mern 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LXXVII Holtz-Toepler Wimshurst Influenz-Maschinen | Lanolin-Toiette-Cream -Lanolin Vorzüglich sur Yilege der Haut. nach und eigener Construction u. - zur Reinhaltung und Berekung wunder Haut: » mpfehit \ v orzu g I ıCc h 2 stellen und Wunden. ar Hr r Erhaltung einer guten Haut, bejonders bei a Vorzüglich ': “tn eng sur : ana en‘ OSS, feinen Kindern. BERLIN NO., Pallisadenstr. 20 | Zu haben in den meiften Apotheken und Drogerien. ., [3 [ 5 - . in München (früher Augsburg) mit wissenschaftlicher Bei- lage und Handelszeitung Probe-Bezug f. Septbr. zu IMk. | voraus zahlbar, franco Bestimmungsort, durch die Expedition der Allgem. Zeitung, München. gr2r0r00000.0r0r0+0+0 W. Oehmke®: Berlin 35. Dorotheenstrasse 35. 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Potonie. ° ® Dr. Rob. Mittmann. Mit S Holzschnitten. nz E uelr: ® ® „ 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten „. 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette 0) ö y { : , 0] Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- von Dr. Ed. Ritsert. ® ® iti Ar Dr. H. Potonie. Mi ® ® en a nn 2 en De „. 15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen ® ® 8 Ueber Ae wichtigen Funktionen der Wanderzellen Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner @ ® Da im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. [3 ® Mit 10 Holzschnitten. „ 16. Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten ® ® » 9 Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. yL von Prof. Dr. W. J. van Bebber. Mit 1 Tafel : - F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. t und 5 Holzschnitten. ® ® a er: Be: . ° Preis: Heft 1-4 a 50 Pf., Heft 5-16 1 M. ® .u,u.00869008586086980999060000000800009900 2 2900993909908 002.98299688290690989 LXXVII Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 34. Verlag des Art, Institut Orell-Füssli in Zürich. Die penninischen Alpen. Ein Führer für Bergsteiger durch das Gebiet der penninischen erschien soeben: Alpen zwischen Simplon und Grosser St. Bernhard von W. M. Conway, bearbeitet und herausgegeben vUNVOn August Lorria. 13 Bogen 8°. Preis 10 Mark. RR von dem hervorragenden englischen pinisten W. M. Conway herausgegebene Hi rer für das Gebiet der machen 1 Alpen erfreut sich bei deu Hochgebirgs touristen eines vorzüglichen Rufes. In fit sechs Karten. In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. ı2 Komelislt trömungen auf der Erüoberlläche und das Gesetz der Analogie im Weltgebäude. Von L. Graf von Pfeil. Vierte, mit den neuesten Entdeckungen verstärkte und um- gearbeitete Auflage. 333 Seiten. 100 Mikroskopische Präparate (zoologische,botanische, etc.) zu verkaufen. Verzeichniss zu Diensten. Offerten unter T. 1365 an Rudolf Mosse, Nürnberg. —- Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. Soeben erschien: Vierstellige Logarithmentafeln. Zusammengestellt von Harry Gravelius, Preis 7 Mark. gedrängter Form und doch mit gewissen- hatter Berücksichtigung alles "Wissens- werten beschreibt das nunmehr in zweiter Auflage erscheinende Buch sämmtliche Excursionswege und Ziele dieses wunder- vollen Alpengebietes. Es war daher für Hrn. Lorria, den bekannten Hochgebirgs- kenner, eine ebenso lohnende, wie ver- dienstvolle Aufgabe, Conways Werk auch dem deutschen Touristen zugänglich zu machen. Wir haben übrigens keine ge- dankenlose Uebersetzung vor uns: Lorria hat die Arbeit seines englischen Kollegen einer sehr gewissenhaften Korrektur und Ergänzung unterzogen, so dass das vor uns liegende Buch den Ruhm absoiuter Zuverlässigkeit beanspruchen darf. In beziehen durch jede solide Buchhandlung. |» soeben: Prof. Dr. In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. erschien Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten. Von W..J. van Bebber, Abtheilungsvorstand der Deutschen Seewarte. (Allgemein-verständliche naturw. Abhandlungen. Astronom. 24 Seiten Taschenformat. Preis geheftet 50 Pf. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. Hempel’s Klassiker - Ausgaben. Ausführliche Specialverzeichnisse gratis und franco. Heft 16.) Ferd. Dünmlers Verlagsbuchhandlung. empfiehlt als Speecialität unter Garantie H. Hess Nehf., Berlin 8. N \ Kommandantenstr. 41. 9 Köln. BTTTTTTTEITETTTTTTITTTTTTTTETTETTITT TIER Desinfectionspräparate, künstlicher Mineralsalze nach Dr. Sandow. Chemicalien aus der Fabrik von H. Trommsdorff, künstliche Stass- furter Badesalze der vereinigten chem. Alexander Freischem. TERIEERTTEEKRRRRREREERKERERREEERURRERERKRRRERKRERERSRRKRERERKRRRERDERERERERKERTERTERRKRRERTUKRKKKKRRKRRKRRERRRERERRERRERKERERNS 32 Seiten. gr. 8%. Mit 1 Tafel und 5 Holzschnitten. Preis 1 Mark. Fon) ; LLLTETTITETTEITETTETTTETTETTITTESTITTELTISTTTITETTERSTTTTETTESTETEETTSTETTETTEITITTTTITTTTITTITETTETITETETTTETEEEEETTETTTTT W. 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Zum siebenzigsten Geburtstage, 31. August 1891. Während unleugbar das Antlitz unserer Zeit Züge | nur durch eine weit — oft vielleicht zu weit — ge- aufweist, welche uns ein unerfreuliches Bild darbieten | triebene Arbeitstheilung vorwärts zu kommen vermögen. und den oberflächlichen Beurtheiler scheinbar mit einem Und gerade darum gehört er so vielen, gerade gewissen Rechte zu pessimistischen Schlüssen ausstatten, | darum drängen sich am 51. August ds. Js. alle, um schlägt doch immer wieder dem Lehrer und Führer, dem einmal durch die Schlacken- grossen Forscher den Zoll dank- decke des Alltagslebens eine Feen Mm ATET 73 barer Verehrung darzubringen. helle Flamme empor, welche Hermann Ludwig Fer- mit ihrem reinen Lichte und En | . dinand Helmholtz ist zu ihrem freudigen Aufwärts- | Potsdam geboren. Er widmete streben uns ein Wahrzeichen | sich zunächst dem Studium und eine Bürgschaft bietet, wie | der Mediein an der Universität unser Geschlecht doch noch | Berlin, wurde 1842 Assistent nicht vergessen hat, dass es | an der Charite daselbst und unveräusserliche und unverlier- | 1843 Militärarzt in Potsdam. bare ideale Güter giebt, die die \ Bereits 1848 finden wir ihn im Gesammtheit einen über alle | Berlin als. Lehrer der, Ana- äusserlich gezogenen Grenzen. ' tomie an der Kunstakademie Ein Zeitpunkt von dieser Be- und als Assistenten am ana- deutung wird durch den 31. Au- tomischen Museum. Ein Jahr gust d. J. bezeichnet, den als vorher hatte er jene epoche- die siebenzigjährige Wiederkehr | machende kleine Sthrift „Ueber des Geburtstages Hermann von | | die Erhaltung der Kraft“ er- Helmholtz’ zu feiern sich seit | | scheinen lassen, in der er zum einem halben Jahre die ganze ersten Male in klarer mathe- eivilisirte Welt bereitet hat. matischer, d. h. zwingender Diese siebenzig Lebens- Na ae Mar] hen ey Form das Gesetz von der Er- jahre bedeuten aber auch ein | haltung der Energie in seiner halbes Jahrhundert reichen, un- ganzen Tragweite darlegte. Ler- vergänglichen Wirkens im Dienste edelster Erkenntniss. | nen wir hier den Medieiner, den Anatomen schon als Während Helmholtz einerseits mit seinem ganzen | Physiker und Mathematiker kennen, so zeigt ihn uns Schaffen mitten in unserer Epoche steht, gemahnt er | bereits das Jahr 1849 als Professor der Physiologie uns zugleich an die grossen Geisteshelden vergangener | in Königsberg. Und sofort tritt er auch auf diesem Zeit, so sehr umfasst er als Meister weit von einander | Gebiete mit glücklichstem Erfolge an die Lösung funda- entlegene Gebiete, in deren jedem einzelnen wir anderen | mentaler Probleme heran. So zeigt er, dass im ar- 350 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 35. beitenden Muskel Wärme auftritt und chemische Um- setzungen vor sich gehen. Die Wärmeentwieklung im thätigen Muskel hatte zwar schon Beequerel behauptet, in- dessen war es Helmholtz vorbehalten, den strengen Nach- weis dafür zu erbringen. Nach diesem wandte er sich der Frage nach der Fortpflanzungsgesehwindigkeit des Nervenagens zu. Man hatte dieselbe damals immer noch für eine momentane, also gewissermassen zeitlose, ge- halten. Helmholtz zeigte durch Experimente an Frosch- schenkeln, dass jene Geschwindigkeit eine messbare ist und gelangte später sogar dahin, sie in den Nerven- stämmen des lebenden Menschen zu messen. In den nun folgenden Jahren war die Thätigkeit des Forschers vor- nehmlich der Physiologie der Sinne zugewendet. Und als Frucht dieser Studien haben wir die Erfindung des Augen- spiegels (1551) zu verzeichnen, eine Erfindung, die in der That als eine segensreiche bezeichnet werden muss, und welcher die Augenheilkunde den hohen Rang verdankt, den sie heute in der praktischen Heilkunde einnimmt. In den Bereich dieser Forschungen H.'s fällt auch noch der Nachweis der Art und Weise, wie die Anpassung des Auges an verschiedene Entfernungen zu Stande kommt. Die Lehre von den Farbenempfindungen und sub- jeetiven Lichterscheinungen, die seit Thomas Young völlig brach gelegen, bezw. in der nichts haltbares ge- schaffen worden war, brachte Helmholtz ebenfalls um diese Zeit zu ganz unerwarteter Klarheit. Wenn er für den Grundgedanken dabei auf Young zurückgegangen, so dürfen wir doch, wie es ja auch geschieht, die ganze Theorie die Helmholtz’sche nennen, da der gesammte Aufbau und die ganze Fortentwicklung das alleinige Eigenthum des deutschen Forschers ist. 1855 folgte er einem Rufe als Professor der Anatomie und Physiologie nach Bonn, welchen Lehrstuhl er schon 1858 mit demjenigen für Physiologie in Heidelberg ver- tauschte, wo er 13 Jahre, bis 1871 blieb, zu welcher Zeit er einem Rufe als Professor der Physik an die Universität Berlin Folge leistete. Eines der Hauptwerke Helmholtz’ ist die „Physio- logische Optik“, in der alle seine Forschungen über die Physiologie des Gesichtssinnes vereinigt sind. Ein besonders interessantes Kapitel aus diesem Bereich bilden Helmholtz’s Lehren über die räumliche Anschauung durch den Gesichtssinn (the theory of vision). Dieselben haben weite wissenschaftliche Kreise zum Nachdenken und zur Forschung angeregt. Noch kürzlich hat die englische philosophische Vierteljahrssehrift „Mind“ interessante Studien gebracht „On Helmholtz’ theory of spaee-per- ception“. Helmholtz hat durch seine Thätigkeit auf diesem Gebiete die ganze exacte Psychologie in eine neue Entwieklungsphase übergeführt. Von gleichem bahnbrechendem Einfluss war sein Wirken auf dem Gebiete der „physiologischen Akustik“ oder der Lehre vom Gehörsinn. Bereits Ohm hatte die Ansicht ausgesprochen, dass das, was man gewöhnlich als Klang bezeichnet, nicht eine einfache Empfindung, sondern ein Gemisch mehrerer simultaner Empfindungen sei. Helmholtz erhob diese Ansicht zum Satze, indem er ihre Richtigkeit nachwies. Diese, in dem angegebenen Satze, ausge- sprochene neue und die schon längere Zeit bekannte Thatsache, dass qualitativ verschiedene Schallempfindungen dureh Luftsehwingungen verschiedener Schwingungsdauer erzeugt werden, stellten nun der physiologischen Akustik die Aufgabe, zu erklären, warum je nach der verschie- denen Schwingungsdauer der das Ohr treffenden Luft- schwingungen verschiedene Fasern des Gehörnervs be- sonders stark erregt werden. Nach dem von Johannes Müller aufgestellten Prineip der speeifischen Energien kann eine qualitative Verschiedenheit des Empfindens nur durch die numerische Verschiedenheit der empfinden- den Nervenelemente bedingt werden. In der That zeigte nun Helmholtz, dass in dem Spiralblatt der Schnecke, auf dem die Enden des Gehörnervs ausgebreitet sind, ein mit der Besaitung eines Klaviers vergleichbarer Apparat sich findet, von welchem bald diese, bald jene Theile stärker bewegt werden, je nach der Natur der auftretenden Luftschwingungen. Diese akustischen Untersuchungen gaben Helmholtz den Anlass zu mannigfachen anderen Studien und For- schungen, zunächst naturgemäss zu eingehenden mathe- mathischen und experimentellen Arbeiten über die Natur der Luftschwingungen selber. Daraus sind dann aber seine so ausserordentlich wichtig gewordenen Abhand- lungen über Hydrodynamik in Crelle’s Journal hervor- gegangen, in denen er uns nun auch als einer der hervor- ragendsten, führenden Mathematiker entgegentritt. An- dererseits haben ihn jene Forschungen auch auf seine Theorie der Vocalklänge geführt, in der wir vielleicht eine Brücke erkennen dürfen, die die Naturwissenschaften mit den Geisteswissenschaften verbindet, indem sie zu- nächst der Sprachwissenschaft in exacter Weise zu Hülfe kommt. Helmholtz hat seine akustischen Untersuchungen ebenfalls in einem grossen Werke vereinigt, in der „Lehre von den Tonempfindungen“, wo er jene zur wissenschaftlichen Begründung der Harmonielehre ver- werthet. In vielen kleineren Arbeiten hat er über Anatomie, Nervenlehre und Muskelarbeit geschrieben. Seit 1371 ist er dann fast ausschliesslich auf dem Gebiete der Physik thätig gewesen. Helmholtz war mit der Erste, wenigstens in Deutschland, welcher erkannte und aussprach, dass das Weber’sche elektrodynamische Grund- gesetz den Erscheinungen nicht in dem Masse entspräche, um für immer haltbar zu sein. Seine in dieser Sache ebenfalls im Journal für reine und angewandte Mathe- matik veröffentlichten Arbeiten gaben den Anlass zu einer recht ausgedehnten Discussion, an der sich ausser dem greisen Schöpfer des elektrodynamischen Grundgesetzes auch Carl Neumann und neben manchen anderen auch F. Zöllner betheiligten, welch’ letzterer das Weber’sche Gesetz ja bekanntlich an Stelle des Newton’schen auch auf die Bewegungen im Himmelsraum anwenden wollte. Dem rastlosen und strenge prüfenden Forscher ge- nügte indessen die von ihm aufgestellte elektrodynamische Theorie auch noch nicht. Und die Controle der mathe- matischen Theorie durch das Experiment führte ihn nach der Seite der von Faraday und Maxwell geschaffenen Vorstellungen hin. Er hat nun in den letzten Jahren eine scheinbar rein mathematische Theorie geschaffen, die- jenige der „eyklischen Bewegungen“, die aber gerade auf dem Gebiete der Elektrieitätslehre reiche Früchte zu zeitigen sehr berufen erscheint. Das beste Zeugniss hier- für legt das soeben erschienene Buch Boltzmann’s, des ausgezeichneten Professors der theoretischen Physik an der Universität München, über die Maxwell’sche Theorie der Elektrieität und des Lichtes ab. Herr Boltzmann kann einen intensiven ausgedehnten und höchst instrue- tiven Gebrauch von der Theorie der Cykeln machen in seinem Werke. Ausser den elektrischen Untersuchungen hat Helm- holtz auch noch zahlreiche aus anderen Gebieten der theoretischen Physik veröffentlicht. Es sei namentlich hervorgehoben die grundlegende Arbeit über die Theorie der anormalen Dispersion und die über die Anwendung der mechanisehen Wärmetheorie auf chemische Vorgänge. Seine wissenschaftlichen Abhandlungen sind 1852—83 in zwei Bänden gesammelt erschienen. Nr. 35. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 351 (EEE RRBEREEGEE 2-2 EEE — —_——_—_—_______ ET GET Mit dem bisher erwähnten ist indessen das Thätig- keitsgebiet Helmholtz’ noch nicht umgrenzt. Ausser mehr- fachen Aufsätzen rein mathematischen Inhalts in Crelle’s Journal hat er einmal sehr glücklich und sehr wirksam in die Entwicklung der Mathematik eingegriffen. Fast gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Habilitations- schrift des zu früh geschiedenen Riemann (Ueber die Hy- pothesen der Geometrie) erschien in den Göttinger Nach- richten (1565) ein Aufsatz von Helmholtz, der denselben Gegenstand in lichtvollster Weise behandelt. Helmholtz ist später auch in einem für nichtmathematische Kreise bestimmten Vortrage einmal auf diese Sache eingegangen, wobei es ihm sehr zu Statten kommt, dass er nicht nur als Mathematiker sondern auch als Physiker und Physio- loge über den Gegenstand sprechen konnte. Man findet diesen Aufsatz in der Sammlung „Vorträge und Reden“, aus der das Weitumspannende, Vielumfassende dieses mächtigen Geistes einem jeden klar zu Tage tritt. Seit langen Jahren bereits Mitglied der Preussischen Akademie der Wissenschaft, die als wissenschaftlicher Be- rather des Geodätischen Instituts fungirt, hat Helmholtz auch Gelegenheit gehabt, an den Aufgaben der Inter- nationalen Erdmessung Theil zu nehmen. Er wohnt denn auch den allgemeinen Sitzungen der Internationalen Erd- messungs-Conferenz — die alle drei Jahre stattfinden — mit regstem und thätigstem Interesse bei, wenn nur irgend seine vielen anderen Arbeiten es gestatten. Seit Gründung der Physikalisch-technischen Reichs- anstalt steht er dieser als Präsident vor. Im Jahre 1858 verlieh ihm Kaiser Friedrieh den Adel. Wissenschaftliche Ehren sind von allen Seiten auf ihn gehäuft. So steht ein schaffens- und segensreiches Leben vor uns, dessen Glanz nur der Schmerz um den in blühender Jugend dahingeschiedenen, wissenschaftlich bereits hoch ausgezeichneten, trefflicben Sohn trübt. Möge der grosse Meister in diesen Tagen, da von allen Seiten dankbare Liebe, herzliche Verehrung zu ihm heranfluthet, Trost finden in dem Gedanken, dass es alle- zeit das Loos der Edelsten ist, nur der Gesammtheit und nieht sieh selbst leben zu dürfen. Gravelius. Entdeckung einer Mondrille und eines Herr Professor W einek hat in No. 53 der „Naturw. Woehensehr.‘“ erwähnt, dass die Liek-Sternwarte am Mount Hamilton in Californien ihm fortlaufend ihre besten mit dem dortigen 36-Zöller aufgenommenen Mondphoto- graphien sende und wie sehr er dadurch in seinen seleno- graphischen Arbeiten gefördert werde. Herr Weinek verwendet die Photographien zunächst zur eingehenden Vergleichung mit den besten vorhandenen Mondkarten, hat sich aber namentlich als Ziel vorgesetzt, möglichst vollkommene Zeichnungen in grossem Massstabe nach ihnen herzustellen. Nachdem er für diese Zwecke einen geeigneten Ap- parat gebaut, konnten am 12. Juni 1590 die bezüglichen Arbeiten in Angriff genommen werden. Zuerst wurde das Mare Crisium in vierfacher Vergrösserung während einer Arbeitsdauer von 34°,, Stunden ausgeführt. Hierauf wurde die Wallebene Archimedes zweimal und mit entgegenge- setztem Schattenwurfe, ebenso Arzachel in zehnfacher Vergrösserung gezeichnet. Letztere vier Bilder von je 5 zu 7 Centimeter Grösse beanspruchten zusammen 179°), Stunden. Diese Zeichnungen oder richtiger Tuschirungen sind bereits beim k. u. k. militärgeographischen Institute in Wien zur heliographischen Reproduction und werden ebensowohl in den Annalen der Prager als auch der Ha- miltoner Sternwarte publieirt. Die Fortsetzung der an- geführten Datailabbildungen geschieht gegenwärtig nach beträchtlich gesteigertem Massstabe, nachdem ein ent- sprechendes ausgezeichnetes Ocular von der optischen Anstalt Reinfelder und Hertel m München beschafft werden konnte. Im Laufe dieser Arbeiten wurden mehrere Objecte auf dem Monde gefunden, welche weder in der 2 Meter grossen Mondkarte von Schmidt, noch in den ein Meter grossen Karten von Mädler und Lohrmann enthalten sind. Unter denselben sind namentlich zwei hervorzuheben, welche auch für kleinere Instrumente von nur 6 und 4 Zoll Oeffnung gut erkennbar erscheinen und welche die Frage nahe legen, warum sie wohl von den genannten trefflichen Selenographen übersehen worden sein mögen, während diese viel kleinere Objeete mit aller Sorgfalt und Genauigkeit verzeichnet haben. Das erste Objeet ist eine grosse Rille, welche die Wallebene Thebit nahe meridional durchzieht und eine Länge von 23 Kilometer hat. Director Weinek entdeckte | Mondkraters an der Prager Sternwarte. dieselbe Ende März d. J. auf der Liek-Photographie vom 27. August 1885 (Mondalter 20 Tage) und schrieb darüber an Professor Holden, den Director der Liek- Sternwarte, am 9. April d. J.: „Anbei sende ich Ihnen eine schnell angefertigte, ziemlieh treue Copie meiner zehnfach vergrösserten Tuschirung von Thebit (südlich von Arzachel). Ich wählte, trotzdem ich noch inmitten anderer Arbeiten stehe, auch dieses Objeet, weil dasselbe im Innern, von £ nach & hin (vgl. Neison’s Mondatlas, Tafel XIV), eine Rille zeigt, die einem Bruch in der Sohle täuschend ähnlich sieht und weder bei Lohrmann oder Mädler, noch bei Sehmidt irgendwie angedeutet ist. Diese Rille in Thebit, welche im nördlichen Theile gegen Osten hin zwei Abzweigungen zu besitzen scheint, stellt sich auf der genannten Photographie noch deutlicher als die von Triesnecker westlich liegende Rille dar und be- sitzt dem Ansehen nach einen völlig gleichen Charakter. In der Nacht vom 31. April l. J. um 2'/, Uhr Morgens, wo die Beleuchtungsverhältnisse für den Mond nahe die- selben wie am 27. August 1888 waren, konnte ich mich mit dem Steinheil’schen 6-Zöller trotz des niedrigen Mond- standes (Deeclination — — 25°) und grosser Luftunruhe ziemlich sicher von der Realität jenes Bruches im Innern von Thebit auch optisch überzeugen. Meine sofort mit Dr. H. J. Klein in Cöln eingeleitete Correspondenz ergab, dass auch dieser erfahrene Mondbeobachter eine solche Thebit-Rille nieht kennt und dass auch bei Gruithuisen nichts darüber zu finden ist. Wir hätten also in diesem Falle eine photographisch entdeckte Rille, die jedoch nieht neu entstanden zu sein braucht, da man ihre bis- herige Niehtwahrnehmung auch aus der, möglicherweise kurzen Siehtbarkeitsdauer derselben und aus dem Um- stande, dass die Astronomen gegen Morgen nicht gerne beobachten, erklären kann. — Ich bemerke noch, dass Mädler und Neison den vom Krater A nordwestlich lie- genden kleinen Krater unrichtig an den Aussenwall von Thebit verlegt haben. Er liegt nach der Photographie am Innenwalle und so, dass er auch als zur Sohle gehörig (vgl. Schröter) betrachtet werden kann. Schmidt und Lohrmann zeiehnen ihn ziemlich richtig. Dagegen muss der Höhenzug im Innern von Thebit nach der Photo- graphie entschieden anders als bei Schmidt aufgefasst werden.“ Professor Holden antwortete am 29, April, dass er 352 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 55. die Thebit-Rille auf dem Original-Negativ vom 27. August 1585 verifieirt habe und dass er auf anderen Negativen Spuren von derselben erkenne. Das zweite Object betrifft einen Mondkrater von 4!/s Kilometer Durchmesser, den Direetor Weinek am 22. Mai d. J. südlich von der Verbindungslinie Pallas-Triesnecker im Sinus Medii (südöstlich von Chladni) auf der Lick- Photographie vom 15. August 1885 (Mondalter — 8 Tage) entdeckte und auf den Karten von Schmidt, Mädler, Lohr- mann und Neison vergeblich suchte. Da ein Duplicat der bemerkten Platte in Prag nicht vorhanden ist und das dunkle, runde Objeet von nur 0,2 Millimeter Durch- messer auf dem Negativ auch ein Fehler desselben sein konnte, obwohl dies nach der Nuaneirung des Fleckes und seiner Umgebung nieht wahrscheinlich erschien, so wurde wieder Professor Holden am 23. Mai d. J. um die Verifieirung des gefundenen Objeetes auf Grund der an der Liek-Sternwarte zahlreich aufbewahrten Negative er- sucht. Direetor Holden antwortete am 10. Juni d. J., indem derselbe constatirt, dass dieser Krater auch auf den Negativen vom 24. August, 22. September und 3. No- vember 1890 sichtbar ist, also wirklich existirt. Zugleich konnte er aus der vorzüglichen Aufnahme vom 22. Sep- tember 1890, welche baldigst nach Prag abgehen soll, zahlreiches weiteres Detail der Umgebung von erstaun- lich feinem Charakter den Prager Wahrnehmungen hin- zufügen. Ferner zeigt Holden auf einer Postkarte vom 12. Juni an, dass er diesen Krater auch auf einem Silber- druck nach einem, an der Sternwarte in Melbourne auf- genommenen, Negativ vom 1. September 1873 (Alter des Mondes 9 Tage) auffinden konnte. Es sei noch erwähnt, dass dieser Krater kurze Zeit nach dem ersten Viertel zu suchen wäre und zwar, indem man die Verbindungslinie von Pallas zu Triesnecker halbirt und deren halbe Länge vom Halbirungspunkte aus senkrecht nach Süden hin aufträgt. Ohne Zweifel versprechen die Mondphotographien der Lick-Sternwarte bei gehöriger Ausnutzung derselben noch überraschende Resultate für die Erkenntniss der Mondoberflächen-Verhältnisse. Das gegen das Gesetz von der Erhaltung des Lebens (Naturw. Wochensehr. 1891 Nr. 10) geäusserte mathematische Bedenken (Ebenda 1891 Nr. 14), von dem ich zufällig erst jetzt Kenntniss erhielt, beruht auf einem Missverständniss. AM; ist das lebende Stoffgemenge in den lebenden Körpern, M„ die Materie in den leblosen Kör- pern. Dass beide Arten von Materie sich verändern, lehrt die Erfahrung, dass local die Mengen beider variiren, ebenfalls. Trotz dieser ununterbrochenen örtlichen quali- tativen und quantitativen Aenderungen kann aber, wie ich zeigte, das Verhältniss der gesammten lebenden Stoff- gemenge in allen gleichzeitig lebenden Körpern der Welt zu der gesammten Menge der Materie in allen gleichzeitig vorhandenen leblosen Körpern der Welt, sich nieht ver- ändern: M./ M„= K für diesen Fall. Da nun die Summe M. -+- M,„ = Const —= ( ist, so muss auch M; unveränder- lich und M, unveränderlich sein, sowie man das M. und M, der ganzen Welt damit bezeichnet. So lautet das Ergebniss meiner Untersuchung. Gegen dasselbe macht Herr H. Gravelius geltend, dass wenn M.-+- M,=( und M,/M„=K ist, „dann überhaupt die Variabilität der Grössen M;, M,„ aufgehoben wäre, wie dies übrigens der Fall sein muss, wenn diese beide Grössen zwei Gesetzen unterworfen werden. Sie sind dann eben für alle Zeiten constant.“ Eben dieses ist aber, was ich behauptet und begründet habe. Ich sagte z. B.: M—C/A+1/K) und mein verehrter Gegner hält mir vor: M.—=KOC/(K-+1)), als wenn nicht beide Ausdrücke identisch wären! Er hat übersehen, dass, was er als eine nothwendige Consequenz meiner Formeln gegen deren Berechtigung hinstellt, gerade das von mir aus ihnen in strenger Form abgeleitete Gesetz von der Erhaltung des Lebens ist. Sein Missverstehen beruht wahrscheinlich darauf, dass er die localen Schwankungen (S. 95 Z. 10, 22, 32 „Wo“) der endlichen Mengen der M, und M,„ beim Geboren-werden und Sterben, beim Wachsen und Verfallen u. s. w., welche gleichzeitig, an verschiedenen Orten sich compensirend, stattfinden, auf die unbestimmt grossen Mengen M. und M,„ der ganzen Welt übertrug und diese als veränderliche Grössen im mathematischen Sinne auffasste, obwohl ich ausdrücklich mit Sperrschrift die Zeichen M; und M, hier — in der Formel M,;/M„=K (III) — nicht als Abkür- zungen für ‚das lebende Stoffgemenge in den lebenden Körpern“ und für „die Materie in den leblosen Körpern“, sondern, wie in (II), als Ausdrücke für die Totalsummen der betreffenden Stoffgemenge im ganzen Universum ver- wendete. Ein Gemenge von Modellirthon und Schiess- pulver kann durch Kneten die verschiedensten Formen annehmen und dabei kann in jedem Cubiecentimeter das Verhältniss der Mengen beider wechseln, während die totale Menge beider und dass Verhältniss der totalen Menge des Thones zur totalen Menge des Pulvers con- stant bleiben. Der Vergleich ist sehr unvollkommen, zeigt aber ohne mathematische Behandlung, worauf es im vorliegenden Falle ankommt. Sowie M, nicht constant angenommen wird für diesen Fall, also bei Anwendung der Formel M./ M,—=K auf das Welt- ganze, ergeben sich unmögliche Consequenzen, was Herr Gravelius noch besonders, und zwar ganz im Sinne meiner Beweisführung, zu beweisen sich hat ange- legen sein lassen. Aber sein Beweis ist überflüssig, da ich bereits die Constanz des X dargethan hatte und die Unveränderlichkeit der Menge der M., somit auch der M, im Weltganzen, nieht etwa ablehnte, sondern als nothwendige Folgerung ausführlich begründete. Wenn sich local die Bestandtheile der M. und M, beim Werden und Vergehen der Körper noch so sehr ändern, ihre Mengen local noch so grossen positiven und negativen Schwankungen unterliegen, wenn die Anzahl der lebenden Körper noch so sehr variirt, so müssen doch alle diese Aenderungen sich im Weltganzen vollständig com- pensiren, so dass die Menge des lebenden Protoplasma (M.) unverändert bleibt. Wäre es anders, dann müsste M. unbegrenzt abnehmen oder unbegrenzt zunehmen. Ich habe (Naturw. Wochenschr. Nr. 10) nachgewiesen, dass bei der bestehenden Weltverfassung beides ausgeschlossen ist. W. Preyer. Die vorstehende Erörterung unseres von mir hoch- verehrten, geistvollen Biologen habe ich mit Interesse ge- lesen. Ich muss aber mit Bedauern sagen, dass gerade diese Ausführungen des Herrn Preyer mich noch bestärkt haben in meiner Ansicht, dass die ganze Frage zur ma- thematischen Behandlung noch nicht reif ist. Denn in der neuen Darstellung des Herrn Preyer tritt nun ein voll ausgebildeter Cirkelschluss auf, auf Grund dessen aller- dings meine früheren Ausführungen missverständlich er- scheinen. Wenn M. den Charakter hat, den Herr Preyer Nr. 35. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 353 1 sssssssswss ihr im Eingange obiger Notiz ertheilt, so können wir folgende Darstellung geben: ME —Bium,; wo die Summation über den Index » zu führen und die m, also die localen Beträge lebenden Stoffgemenges sind. Herr Preyer gibt nun natürlich locale Aenderungen zu; also möge eins der m, etwa m;, übergehen in m; 4-6. Nun sagt der Autor, alle diese Aenderungen compensirten sich in M. selber (d. h. es muss in dem angenommenen Fall irgend ein anderes ın, etwa m;, übergehen in m. — 6). Woher weiss Herr Preyer das? Ich denke, das ist das Resultat der mathematischen Entwicklung, die er gibt. Wenn er diese Annahme absoluter Constanz von M. von vorneherein macht, hat er gar nicht nöthig, sie nach- her noch einmal zu beweisen. Das von Herrn Preyer angeführte Beispiel illustrirt den nicht zu bestreitenden Satz M; + M„= const. Es beweist aber nicht die Constanz von M. und M,„, sondern setzt dieselbe ebenfalls wieder voraus! Soferne also der Satz von der Erhaltung des Lebens sich auf diese vermeintlich mathematische Begründung allein stützen muss, könnte ieh in ihm nur die geistreiche Theorie eines geistreichen Mannes und originalen Denkers sehen. Das ist kein Vorwurf für Herrn Preyer. Die Hebel und Stangen des Experimentes und der Rechnung sind kostbares Rüstzeug für den Forscher, aber vor allem braucht er auch vorschauende Phantasie! Vom alten Gauss erzählt man, er habe einst in Bezug auf eine ma- thematisch-physikalische Frage zu einem Collegen gesagt: „Die Resultate liegen vollständig und reinlich vor, aber ich weiss noch nicht, wie ich zu ihnen gelangen soll.“ So geht es auch Herrn Preyer. Ich zweifle gar nicht an der Mögliehkeit, dass sein Resultat riehtig ist. Und ich zweifle auch nicht im geringsten, dass er einen falschen Weg geht, um es zu beweisen. Ebenso hoffe ich, dass es dem unermüdlich sehaffenden Manne bald gelingen werde, einen Beweis zu erbringen, den wir ohne mathe- matische Beklemmungen acceptiren können. Gravelius. Eine Reihe biologischer Beobachtungen an ein- heimischen Lurchen und Fischen verdanken wir Karl Knauthe. („Zur Biologie der Fische.“ „Meine Er- fahrungen über das Verhalten von Amphibien und Fischen gegenüber der Kälte.“ „Zool. Anz.“ S. 73, 104 u. 109.) Derselbe theilte einen mit Moderlieschen, Leucaspius delineatus v. Sieb., besetzten Teich durch eine Ziegel- mauer und liess von den Fischen in der einen Hälfte nur wenige bestehen, während er die andere mit ihnen stark übersetzte. Die letzteren hatten demnach eine Art Hungerkur durchzumachen und zeigten schon nach we- nigen Monaten eine Aenderung im Bau derart, das Rücken und Bauch fast gradlinig und scharfkantig ver- liefen, und dass der vorher bei allen Exemplaren dem Oberkiefer an Länge gleichende Unterkiefer deutlich hervorragte. Knauthe ist überhaupt zu dem Ergebniss gekommen, dass Hungerzeiten bei allen unseren Karpfen, Karauschen, Schlammbeissern u. A. stets Gewichtsabnahme und bedeutende Profilveränderungen hervorrufen. Auch war es bemerkenswerth, dass die Flossen der schlecht ernährten Moderlieschen dunkelten, ein Vorgang, der auch an Flossen von hungernden Ellritzen und Gründ- lingen beobachtet werden konnte. Im nächsten Jahre bekamen die Fische der sparsam bevölkerten Teiehhälfte Begattungszeichen, Papillen am Unterkiefer, Hautaus- schläge auf Stirn, Scheitel, Kiemendeckel, zum Theil auch Rücken und Seiten; es färbten sich die gelben Binden des Rückens u. s. f. grasgrün um. Bald wurde auch Laich abgesetzt. Dagegen verblieben die Kümmerer völlig unreif. Später wurde von diesen eine Anzahl in die andere vorher ausgefischte Hälfte des Versuchsteiches gesetzt. Nicht lange, und ihr Rücken erhob sich, im nächsten Frühjahr aber wurden auch sie geschlechtsreif. Die zurückgebliebenen abgemagerten Thiere laichten auch in diesem Jahre nicht, konnten nun aber, als sie wie die letztgenannten behandelt wurden, im dritten Jahre zur Fortpflanzung gebracht werden. Des weiteren behauptet Knauthe, dass die Angaben, nach denen Fische, Frösche und Kröten, die mit dem Wasser gefroren waren, nach dem Aufthauen des Eises weiter lebten, auf Irrthum beruhen. Alle diese Thiere verbringen den Winter eingewühlt in den Schlamm, der fast stets im Kessel selbst kleiner Teiehe ungefroren be- stehen bleibt. Knauthe brachte einige Teiche zum völligen Ausfrieren, und der Erfolg war der, dass sämmt- liche sie bevölkernden Karpfen, Karauschen, Barsche, Bitterlinge, Sehleichen, Schlammbeisser, Frösche, Unken und Kröten, sowie Schildkröten durchaus starben. Zur Widerlegung der besonderen Behauptung, dass brüchig hart gewordene Thier wieder ins Leben zurückgerufen werden können, stellte Knauthe eine grosse Anzahl Ver- suche an. Auf Eis gelegte oder mit Schnee bedeckte Frösche erstarrten und starben, doch gelang es mitunter bei Karpfen, Karauschen, Bitterlingen und Steinbeissern, sie, wenn nicht ihr ganzer Körper, sondern nur die Gliedmassen, — diese freilich zum Abbrechen — gefroren waren, dureh allmähliches Abthauen wieder ins Leben zurück zu rufen. Allerdings durfte die Erstarrung nicht über eine Stunde gedauert, und die Kälte nicht unter — 3° bis 4° ©. betragen haben. Auch von diesen Fischen starben die meisten bald darauf, und nur 1 bis 20 pCt. blieben weiter am Leben. — Frösche und Kröten, die bei —4,5° bis 6° im Eise eingefroren waren, waren durchaus noch nieht erstarrt, sondern nur lethargisch. Die Athmung dauerte noch an. Wenn die Gliedmassen nieht mehr gedehnt werden konnten (der Körper war noch weich), erholten sich nur 10 bis 15 pCt. Frösche, etwa 50 pCt. Kröten wieder. Wurde auch der Körper steif, so starben sämmtliche Lurche, und doch war auch dann von einem „brüchig hart frieren“ noch nicht die Rede. Die hier abgehandelte Frage hat neuerdings auch Preyer erörtert. Wir geben zum Vergleich mit Knauthe’s 3efunden den Inhalt seines Aufsatzes „über die Anabiose“ („Biol. Centralbl.“ 11 Bd., No. 1, 1. Febr. 1891) wieder. Preyer versteht unter diesem Begriff die „Wiederbelebung vollkommen lebloser Organismen und ihrer Theile“. Die Anabiose unterscheidet sich vom Scheintod dureh die Totalität der Unterbrechung sämmtlicher Lebensvorgänge. Wesen, die leblos und lebensunfähig sind, nennt man todt, solche, die leblos und lebensfähig sind, anabiotisch. Preyer scheinen nun Frösche, deren Herz hart, und deren Blut nicht mehr flüssig war, anabiotisch zu sein, wenn die Innentemperatur nicht unter —2,5° C. sank. Für Pflanzen nennt Prillieux als unteren Schwellenwerth —2° bis 3°, falls keine Zersprengung eintrat. Eine weiter gehende Abkühlung zerstört wohl den Bau des Protoplasmas, z. B. in der Muskelfaser. Zweitens erörtert Preyer die Anabiose vertroekneter Thiere. Tardigraden und Rotiferen wurden mit Chlor- caleium von Doyere 4 Wochen im Vacuum getrocknet und lebten wieder auf. Doch muss, nach Preyer's Er- fahrungen, völlige Luftleere tödtlich wirken. Es ist ja auch selbstverständlich, dass eine Anpassung an Nah- rungs- und Wassermangel, an Kälte und Hitze stattfinden konnte; für eine Anpassung an Luftleere fehlte es an der Vorbedingung. Bei allen durch Eintroeknung anabio- tischen Thieren ist natürlich wegen des Wassermangels der physiologische Stoffwechsel ausgeschlossen. Dr. €. M. 354 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 35. Aus dem Leben der Insekten. — Ich hatte, schreibt uns Herr Loeper, Oberinspeetor zu Carlsburg b. Züssow, Pommern, Gelegenheit, eine Beobachtung zu machen, die mir neu erschien und auch in der mir zugänglichen Litteratur keine Erwähnung findet. An der Innenseite eines Fensters sah ich eine Fliege, wie es schien eine Herbstfliege (Stomoxys ealeitrans)*), plötzlich ein anderes geflügeltes Insekt von der Grösse einer Stechmücke und von ähnlicher Gestalt, nur in allen Theilen etwas dicker und von gelbbrauner Farbe, überfallen, indem sie ihm auf den Rücken sprang, es mit den Beinen erfasste und nun, sich auf den Rücken werfend, sich mit ihm lebhaft umherkreiselte. Nach ein paar Sekunden flog sie auf kurze Entfernung davon. Das angegriffene Insekt blieb eine kurze Zeit wie betäubt auf dem Rücken liegen und begab sich dann, offenbar einen Ausweg suchend, an die Fensterscheibe, Diese Angriffe wiederholten sich mehrere- mal in der Minute, nur mit dem Unterschied, dass das Objeet nunmehr auszuweichen suchte, wenn der Angreifer sich näherte, während es sich die ersten Male offenbar überraschen liess. Zuweilen blieb es nach der Scene auch auf der Seite liegen, ehe es sich erholte. Leider konnte ich die Beobachtung nicht fortsetzen, da ich weg- gehen musste. Als ich nach einigen Stunden zurück- kehrte, fand ich das Opfer des Angriffs todt auf dem Fensterbrett liegen und daneben noch ein zweites Exem- plar derselben Gattung, gleichfalls todt. Beide waren stark zusammengeschrumpft. Das ganze machte auf mich den Eindruck, als ob die Herbstfliege mit dem deutlich sichtbaren Mundstachel ihre Opfer getödtet und dann ausgesogen hätte. Ich bedaure, die Thiere nicht recht- zeitig verwahrt zu haben, so dass ich sie Ihnen zusenden konnte; dass es sich um Stomoxys handelt, glaube ich nicht bezweifeln zu sollen, da dies Thier häufig und charakteristisch genug ist, um auch von einem Laien nieht verwechselt zu werden. *, Wie uns Herr Custos Kolbe mittheilt vorsichtiger aus- gedrückt eine Stomoxys-ähnliche Fliege, da die im folgenden ge- schilderte Lebensweise von Stomoxys caleitrans nieht bekannt ist, wohl aber von Asilus, Empis und verwandten Gattungen. Stomoxys sticht Menschen und grösseres Vieh an. Red. Wolkenmessungen in Nordscehweden. — Die Herren K.L. Hagström und A. Falk haben neuerdings*) über die von ihnen im Sommer 1887 angestellten Beobach- tungen über die Höhe der Wolken Bericht erstattet. Die Wolkenmessungen der Herren N. Ekholm und K. L. Hagström in Upsala**) haben neue und theil- weise unerwartete Resultate gegeben, weshalb die jetzt vorliegenden Messungen vorgenommen worden sind, um zu sehen, ob die Resultate dieselben werden bei anderen localen Verhältnissen. Sie sind im nördlichen Schweden bei der Eisenbahnstation Storlien nahe der norwegischen Grenze, etwa 600 m über Meer gemacht. Die beiden Theodolitenstationen, bei Messung der höheren Wolken 2447,71 nnd bei Messung der niedriegeren 652,0 m von ein- ander entfernt, waren durch Telephonlinien mit einander ver- bunden. Die Richtung und die Geschwindigkeit der Winde wurden so oft wie möglich während der Messungen beob- achtet. Die Zeit ist die gemeinschaftliche bürgerliche Zeit von Schweden (10 M. 16 S. nach der Upsala-Zeit) und von Mitternacht zu Mitternacht gerechnet, die Formeln der Berechnungen sind in der vorigen Arbeit der Herren Ekholm und Hagström gegeben. Die Höhe der verschie- denen Wolken haben in Upsala ziemlich deutliche tägliche Variationen gezeigt. Deswegen ist der Tag in 3 Haupt- theile getheilt, nämlich: I: 7 U. 30 M. bis 10 U. 30 M., IL: 10 U. 30 M. bis 15 U. 30 M. und III: 16 U. 30 M. bis 22 U. 30 M. Des Vergleichs wegen sind in den Resul- taten auch die mittlere Höhen derselben Wolken in Upsala angegeben.”**) Aus den Resultaten scheint hervorzugehen, dass in Storlien die Wolken im Allgemeinen bei der Mittagszeit am höchsten gehen. Dagegen werden in Up- sala die Höhen von Morgen bis zu Abend immer grösser. Ausserdem scheinen die niedrigeren Wolken in Storlien höher als im Upsala und die höheren Wolken in Storlien niedriger als in Upsala zu gehen. Für Cr-Wolken ist die Verschiedenheit etwa 600 m; diese Wolken sollten also dieselbe Höhe über Meer auf beiden Orten haben. Eine Zusammenstellung der von den Herren Hagström und Falk erhaltenen Resultate wird in der folgenden Tabelle gegeben, aus der sowohl die mittleren Höhen der Wolken, wie auch die grösste und kleinste Höhe für jede Form zu entnehmen sind: Mittlere Höhe der Wolken, grösste und kleinste Höhe in Metern 7h 30m bis 10h 30m | 10h 30m bis 15h 30m | 16h 30m bis 22h 30m Wolkengattung Ganzen Tag $ Mittlere R r Grösste |Kleinste| Höhe Mittlere Zahl der Mittlere Zahl der Mittlere Zahl der Mittle: e Zahl der Höhe Höhe in Ilöhe Mess. | Wolk. | Höhe Mess. | Wolk. | Höhe Mess. | Wolk. | Höhe Mess. | Wolk. Upsala DTEATUSSERL N Lagen — = 998 1 1 98 1 1 E= u 623 Nm DU Sverige 1131 20 17 2175 20 16 16885 14 11 1664 54 44 574l 617 1527 Cumulus, oberer Theil . | 2989 Kl el 23362 13 8 1391 4 4 2181 15 13 2997 1146 1855 Cumulus, unterer Theil . 929 2 l 1657 4 6} — — — 1401 6 4 1901 929 1386 Cumulus, Mitte... ... 2343 1 1 1837 9 4 1326 6 6 1677 16 1l 2343 1210 1507 Cumulo-Stratus...... 2504 3 2 = _ 2504 3 2 3515 2998 2348 Strato-Cumulus...... 687 AB 2707 Bi erEE) 1937 11 6 1788 18 12 2830 638 2351 Alto - Cumulus, niedrig (niedriger als 4000 m) | 2595 4 t 2549 17 16 2668 16 15 2744 37 33 5844 1182 2771 Alto-Cumulus, hoch (hö- her als 4000 m)... . — - = 4342 4 3 4685 Dad 4562 11 7 4918 | 4174 5556 Gimro-Cumulusı....... 6487 B) 3 6069 17 14 7020 6 3 6337 26 20 71358 | 5235 6465 Cirrus (+ 1 Cr-Str)...| 8097 44 23 3776 41 20 8042 57 32 8271 | 142 75 |10419 6148 8878 *) Uebersicht der Verhandlungen der Königl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Dr. v. Bjerken. Bd. 48. 1891. S. 3, ®*) N. Ekholm et K. L. Hagström. Mesures des hauteurs et des mouvements des nuages. Nova Acta Reg. Soe. Se. Ups. 1885. #®*) N. Ekholm und K. L. Hagström. Die Höhe der Wolken im Sommer in Upsala. „Met. Zeitschrift“, März 1887. Nr. 35. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 355 m eeeeeeeeeittitiiijiäjigükieknainiktiksknsksksknsieeriiirirrrre tt ö jh — — Ueber die Messung hoher Temperaturen hielt Prof. Dr. Seger in der Generalversammlung des. Vereins deutscher Fabriken feuerfester Produete einen Vortrag, den das „Polyt. Centralblatt“* in extenso bringt. Prof. Seger wies zunächst, darauf hin, wie die hohen Wärmegrade, welehe die beutige Industrie anwendet, der Messung durch Quecksilberthermometer nicht mehr zu- gänglich sind, so dass man genöthigt war, für Temperaturen über 350° C. andere Wärmemesser, Pyrometer, zu con- struiren. Das einfachste derselben beruht auf der ungleichen Ausdehnung verschiedener Metalle durch die Wärme. Nietet man zwei Stäbe von verschiedenen Metallen an den En- den zusammen, so werden sie sich bei der Erwärmung ausdehnen, aber nicht in gleichem Verhältniss. Die Folge davon wird sein, dass sich die festverbundenen Stäbe krümmen, und zwar wird derjenige, welcher die stärkste Ausdehnung erfährt, die äussere Seite der Krümmung bilden. Wird nun diese Bewegung der Stäbe auf em Zeigerwerk übertragen, so kann man die Grösse der Be- wegung ablesen. Ein solches Pyrometer ist aber auf die Dauer nicht brauchbar, denn die Stäbe bleiben nicht constant und der Nullpunkt des Zeigerwerkes erfährt da- durch eine stete Verschiebung. Die Stäbe gehen näm- lich beim Abkühlen nieht auf ihr ursprüngliches Volumen zurück. Es lässt sich auf diese Weise also nicht zuver- lässig eine höhere Temperatur bestimmen. Man hat für derartige Pyrometer die verschiedensten Metalle vorge- schlagen, Kupfer, Messing, Bronce, . Eisen, Silber, Platin, Graphitstäbe und ähnliche in den verschiedensten Anordnungen, immer mit dem gleichen Erfolg. Dieselben versagen um so eher, je höher man dieselben erhitzt und geht man auf sichtbare Rothgluth hinauf, so versagen sie alle sogleich. Es liegt nun am nächsten, die Messung hoher Tem- peraturen dadurch zu bewirken, dass man die Ausdehnung luftförmiger Körper benutzt und gleichsam Thermometer mit Füllung von atmosphärischer Luft oder Stiekgas her- stellt. Man erhitzt die Luft oder das Stickgas in Ge- fässen von Porzellan oder Platin und lässt die ausge- dehnte Luft durch kapillare Röhren austreten und misst entweder die ausgetretene Menge, oder man misst die Ausdehnung derselben, indem man den Druck mittelst eines Manometers bestimmt, welchen jene ausübt. Aber abgesehen davon, dass die Körper, namentlich das Platin, in hoher Temperatur für Gase durchlässig werden, so ist dabei ein Factor zu berücksichtigen, der in Rechnung gestellt werden muss, und dies ist die Ausdehnung, welche die Gefässwände selbst durch die Erhitzung er- fahren. Diese Ausdehnung ist aber eine andere als für ge- ringere Temperaturen, und zwar viel grössere, kaun also aus begreiflichen Gründen überhaupt nicht bestimmt werden. Man hat alle Zweige der Physik zu Versuchen herangezogen, um die Temperaturen höherer Grade zu bestimmen, so z. B. die Akustik. Da der Ton einer Pfeife abhängig ist von der Diehtigkeit ‘der Luft, mit weleher dieselbe angeblasen wird, und die Dichtigkeit der Luft abhängig ist von ihrer Temperatur, so hat man vorgeschlagen, metallene Pfeifen mit der erhitzten Luft anzublasen und aus der Tonhöhe, welche sie geben, einen Rückschluss auf die Temperatur der Luft zu machen. Dass dies schon wegen der Schwierigkeit, eine Pfeife mit im Ofen erhitzter Luft anzublasen, nicht möglich, ist ohne Weiteres einleuchtend. Auch die Elektrieität hat ein für gewisse Temperaturen brauchbares Pyrometer geliefert, nämlich das elektrische Pyrometer von Siemens. Dasselbe beruht darauf, dass in einem Platindrahte der Widerstand, welehen dieser einem elektrischen Strom darbietet, um so grösser wird, je höher er erwärmt wird, und dass dieser Widerstand nahezu proportional ist der Erwärmung. Es wird ein elektrischer Strom in zwei gleiche Theile zerlegt, wobei m den einen Theil eine Spirale aus Platindraht, die im Feuer liegt, eingeschaltet ist, und mit diesen zwei Strömen nun Wasser zersetzt und das Product der Zersetzung, Knallgas, gemessen. Nach den von Herrn Seger persönlich gemachten FEr- fahrungen arbeitet es sich damit bei niedrigen Tempera- turen ganz gut; kommt man aber über Silberschmelze hinaus, so werden doch die Angaben unsicher und die Differenzen werden so gross, dass man das Vertrauen zu dem Apparate verliert. Verhältnissmässig die besten Resultate geben noch diejenigen Verfahrungsweisen, welche auf dem Schmelzen von Metallen und Gläsern beruhen. Der Schmelzpunkt der Metalle ist, die Reinheit derselben vorausgesetzt, ein ganz bestimmter und wunabänderlicher. Leider besitzen wir unter den Metallen nieht Stoffe, welche eine Tempe- raturmessung auf diese Weise bis zu hoher Temperatur hinauf zulassen. Ausserdem bieten die Metalle durch ihre Oxydirbarkeit vielfach eine Schwierigkeit dar. Man kann derartige Messungen ohne einen grossen Apparat aber nur mit den Edelmetallen, Silber, Gold, Platin aus- führen. Mit Gold-Silber-Legirungen geht die Sache sehr schön, sie kann aber selbstverständlich nur einen geringen Temperaturunterschied, der etwa 125° C. beträgt, um- fassen. Mit Platin-Gold- oder Platin-Silber-Legirungen geht die Sache aber schwieriger, denn die an Platin reicheren Legirungen haben keinen so scharf bestimmten Schmelzpunkt, als für derartige Temperaturmessungen nothwendig ist. Sie lassen nämlich eine goldreichere resp. silberreichere Legirung ausfliessen und es bleibt eine schwammartige Platinlegirung längere Zeit stehen, welche ganz allmählich niedergeht. Man. kann mit der- artigen Legirungen nur arbeiten, wenn deren Gehalt an Platin ein geringer ist, wenn er unter 15 pCt. beträgt. Die Zahl der Pyrometer, welche nach diesen Grundsätzen construirt worden sind, ist gleichfalls eine sehr grosse und sind dabei die verschiedensten Metalle benutzt wor- den, Zinn, Blei, Zink, Kadmium, Aluminium, Broncen aller Art, Messing, Kupfer, Silber, Gold, Platin. Mit den unedlen Metallen kann man nur die niederen Temperatur- grade bestimmen, die unter der Glühhitze liegen, die höheren Grade ergeben die edlen Metalle bis zu etwa 1150° hinauf. Für noch höhere Temperaturgrade muss man dann glasurartige Körper benutzen, die später noch besonders berücksichtigt werden. Eine Methode, die in der letzten Zeit einiges Auf- schen erregt hat, und auch für die höchsten Temperaturen empfohlen wurde, ist dem Gebiete der Optik entnommen. Es ist dies das pyrometrische Sehrohr von Mesure und Nouel. Es besteht dasselbe aus zwei Nikol’schen Prismen, welche so gestellt sind, dass die Eintrittsflächen derselben unter einem Winkel von 9° zu einander geneigt sind. Ein Lichtstrahl, weleher in das eine Prisma eindringt, wird polarisirt, d. h. die Liehtschwingungen desselben werden in eine Ebene gebracht und sie verlöschen völlig in dem zweiten Prisma. Wird nun zwischen beide Nikol’s eine in gewissem Sinne geschliffene Quarzplatte gelegt, so wird je nach der Lichtwellenlänge, d. h. je nach der Färbung, welche das Lieht hat, eine Verdrehung der Polarisationsebene herbeigeführt. Diese macht sich durch einen kleinen Kreis bemerkbar, den man beim Durchsehen durch das Instrument erbliekt und der in verschiedenen Farben erscheint, je nach der Färbung des Feuers, in welches man mit dem Instrument hineinblickt. Als 0° ist eine Stellung gewählt, bei welcher beim Einfallen von farblosem Lieht der Kreis in dem Instrument in einer hellgelben Färbung erscheint. Nach dem Durchsehen in das Feuer erscheint jedoch ein anders gefärbter Fleck 356 Naturwissenschaftlicehe Wochenschrift. Nr. 35. und man hat nun das eine Prisma so zu drehen, dass der Fleck wieder in der hellgelben Färbung erscheint, um dann die Grösse der Drehung abzulesen. Es wird hierbei also die Drehung der Polarisationsebene eines farbigen Lichtstrahles aus der Feuerung gemessen und nach dem Mehr oder Weniger dieser Drehung ein Schluss gezogen auf die Temperatur, welche ein Körper hatte, von dem der Lichtstrahl ausgegangen ist. Die Messung lässt sich aber schon darum nicht mit Schärfe ausführen, weil das Erkennen der verschiedenen Färbungen bei ver- schiedenen Augen ein sehr verschiedenes ist, und da die Drehungswinkel bei sehr auffallend verschiedener Tem- peratur so nahe aneinander liegen, ein genaues Einstellen aber so schwierig ist, dass man damit nicht wesentlich schärfer die Färbung erkennen kann, als dies bei einiger Uebung mit blossem Auge geschieht. Eine Methode, die auf der Poreellan - Manufaktur in Sevres geprüft wurde, ist gleichfalls nicht besonders ver- trauenerweekend. Sie besteht darin, dass man durch ein im Ofen angeordnetes kupfernes Rohr einen Strom von Wasser von einer bestimmten Stärke hindurchleitet und nun die Erwärmung des Wassers misst, welche dasselbe erfährt. Es würde diese Methode wohl brauchbare Re- sultate ergeben können, wenn sie nicht abhängig wäre von der Durchlässigkeit des kupfernen Rohres für die Wärme; diese wird aber sehr beeinflusst durch Auflage- rungen von Russ, oder Freisein davon, so dass man hier auch kein unumstösslich beständiges Mittel zur Wärme- aufnahme zur Verfügung hat. Endlich sei noch ein Instrument erwähnt, das Kalori- meter, welches verhältnissmässig die sichersten Resultate giebt, aber für die höchsten Temperaturen gleichfalls nicht ausreicht. Dasselbe besteht aus einem kupfernen eylindrischen Gefäss, welches mit schlechten Wärme- leitern, Filz und Holz, umhüllt ist und mit Wasser gefüllt wird. Ferner wird in dem zu messenden Feuer ein Block, gewöhnlich von Eisen oder Platin, im Gewichte von etwa 100 kg erwärmt und der erwärmte Block nun unter der Vorsichtsmassregel, dass man keine Wärme dabei verliert, in das Wasser hineingeworfen und die Temperaturerhöhung mittelst eines feinen Thermometers gemessen. Man würde so theoretisch am richtigsten die Temperatur aus der Wärmekapaeität des kupfernen Be- hälters, der Menge des Wassers und der Temperatur- erhöhung, also der Summe der durch den Eisen- oder Platinblock hineingebrachten Wärmemenge, messen können, wenn die specifische Wärme des Eisens oder Platins bei hoher Temperatur dieselbe wäre, wie bei niedriger Tem- peratur; man hat aber nur die letztere bestimmen können. Für hohe Temperatur kennt man dieselbe aber nicht, man weiss nur, dass sie eine andere ist. Was wird nun durch diese Temperaturmessungen angegeben und festgestellt? Keineswegs eine Temperatur, welche wir bestimmt in Graden ausdrücken, besonders sowie wir auf hohe Temperaturen hinauskommen. Wie zweifelhafter Natur alle diese Messungen sind, finden wir, wenn wir in den Lehrbüchern der Physik uns über die Schmelzpunkte mancher Stoffe orientiren wollen. Bei den niedrigen Temperaturen, die unter Glühhitze oder in schwacher Glühhitze liegen, stimmen die Bestimmungen, nach den verschiedenen Methoden der Pyrometrie aus- geführt, noch leidlich überein. Wenn wir aber zu einer mässigen Rothglut heraufkommen, schwanken die Angaben bereits und beim Platin variiren die verschiedenen Angaben bereits von 1775 bis 2500°, also um 725° C. Die Tem- peraturen, auf welche es aber besonders in der Fabri- kation feuerfester Produete ankommt, liegen immer in der Nähe der Platinschmelzhitze, wie sollen wir da für relativ geringe Temperaturdifferenzen einen zahlenmässigen Ausdruck finden? Herr Seger hält dieses für unmöglich. Herr Dr. Bischof, der zuerst eine Scala für die Feuer- festigkeit der Thone aufgestellt hat, hat als Massstab Thone von verschiedener Feuerfestigkeit angenommen und die Schmelzbarkeit der Thone mit diesen verglichen, ohne sich an die sonst übliche Seala des Quecksilber- thermometers anzulehnen. Er sagt, die Schmelzbarkeit eines Thones steht gleich diesem oder jenem der Nor- malthone. Herr Dr. Seger hat gleichfalls eine ähnliche Scala aufgestellt, ist dabei aber nicht von verschiedenen Thonen ausgegangen, wie Dr. Bischof, sondern hat sich einen einzigen sehr schwer schmelzbaren, den Zettlitzer Kaolin, gewählt und diesen durch einen Zusatz von Quarz allmählich in seiner Schmelzbarkeit heruntergesetzt. Weiter- hin hat er ihm Kali und Kalk in einem bestimmten Ver- hältniss zugefügt, das Verhältniss zwischen Kieselsäure und Thonerde aber immer dasselbe gelassen, die Schmelz- temperatur dadurch herabgesetzt bis zu emer bestimmten Grenze, wo es dann wieder möglich ist, mit reinen edlen Metallen zu arbeiten. Es ist so eine Reihe von 35 nach- einander sehmelzenden Körpern entstanden, die sehr gut gestattet, die steigende Temperatur, namentlich in solehen Lagen, in welchen uns die übrigen pyrometrischen Messungen im Stiche lassen, zu verfolgen. Für die unteren Grade dieser Scala hat Herr Seger auch die Angaben in Thermometergraden ausgedrückt. Er hat dabei allerdings viele recht hypothetische Angaben machen müssen. Er hat angenommen, dass die Scala mit Kegel 1 beginnt bei 1150° C., dass sie mit Kegel 20 die höchste im Porcellanofen erreichbare Temperatur, welche zu 1700° angenommen wurde, erreicht, dass ferner alle Kegel gleich weit von einander in ihrem Schmelz- punkte abstehen und sind danach die Temperaturgrade berechnet. Herr Seger giebt zu, dass er dies nur sehr widerwillig gethan hat, einem Drucke der Industrie folgend, und dass er bei derartigen Temperaturangaben immer seine Vorbehalte machen muss. Für die höchsten Temperaturen wagt er nicht, einen gleichen Weg einzu- schlagen, weil hier jeder Anhalt zu fehlen scheint. Man wird aber, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, auch mit der Bezeichnung der Kegelnummer sehr gut und bequem auskommen können, wenn es auch eine andere Ausdrucksweise als die gewohnte darstellt. Wenn man beispielsweise sagt, der: Thon steht gleich dem Kegel einer Nummer, so ist damit eine ganz bestimmte Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung der Hitze ausgedrückt und man wird diesen Punkt immer wieder- finden können und wird gar nicht nöthig haben, die Gradzahl dabei zu setzen, die durch einen practischen Versuch zu controlliren man niemals in der Lage ist. Eine interessante astronomische Beobachtung wird sich den Besitzern kleinerer Fernröhre in den ersten Tagen des September darbieten. Der im Jahre 1384 von Wolf in Heidelberg entdeckte periodische Komet ist gegen- wärtig wieder sichtbar, erreicht am 3. September seine Sonnennähe und wird in den nächstfolgenden Tagen vor dem Sternbilde der Plejaden vorüberziehen. Es wird wird dann von Interesse sein, den Kometen gerade auf diesem Wege zu verfolgen — was übrigens auch sehr leicht sein wird, da der Komet bereits Abends 9 Uhr be- quem mit einem siebenzölligen Fernrohr beobachtbar und kein Mondschein vorhanden ist. Bei früheren ähnlichen Vorübergängen anderer Kometen vor Fixsternen hat man die Beobachtung gemacht, dass die letzteren ohne Ver- minderung ihrer Lichtstärke durch die Nebelhülle des Kometen hindurehschienen. Der Wolf’sche Komet zieht an Sternen 6. und 7. Grösse innerhalb der Plejadengruppe (von Asterope nach Plejone hin) vorbei und wird somit Nr. 35. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 357 eine neue Gelegenheit bieten, zu entscheiden, ob das Licht der Fixsterne durch die Nebelhülle des Kometen Ablenkung oder Schwächung erfährt. Zur Frage der Befestigung der Stromufer vor grossen Tiefen bringt das „Centralblatt der Bauver- waltung“ eine allgemein interessante Auseinandersetzung, der wir folgendes entnehmen. Die Befestigung der Ufer gegen Wellenschlag und Stromangriff gestaltet sich auf solehen Stromstreeken, wo die Tiefen sehr gross sind und hart an das Ufer heran- treten, zu einer sehr schwierigen Aufgabe. Meistens sind dem angefallenen Ufer gegenüberliegende Sandbänke die Ursache der Abbrüche; je mehr das Ufer an solchen Stellen einbuchtet, desto mehr nähern sich die Sandbänke demselben. Es liegt aber auf der Hand, dass dadurch die Stromkraft längs des betreffenden Ufers nicht allein grösser, sondern auch gefährlicher werden muss, indem die Richtung desselben eine starke Ab- und Unter- spülung zur Folge hat. Zuweilen auch sind beide Ufer angefallen, sodass der Fluthstrom auf der einen Seite wirkt, während der Ebbestrom das andere Ufer abbricht und das Anwachsen der Sandbänke in der Mitte des Stromes gleichen Schritt hält mit dem Abbruche der Ufer und der Vertiefung vor denselben. Solehe gefährliche Uferstreeken werden bekanntlich allgemein durch stark beschüttete Sinkstücke befestigt; doch ergiebt die Erfahrung, dass auch diese oft nieht im Stande sind, eine weitere Vertiefung und Annäherung der Tiefen an das Ufer zu verhindern. Sind die an- gegriffenen Uferstrecken ferner sehr lang, so ist es wirth- schaftlich unmöglich, eine aneinanderstossende Bedeckung durch Sinkstücke auszuführen, in welebem Falle man sich darauf beschränken muss, nur einzelne hervortretende Punkte zu vertheidigen. Ein solches System hat aber auch wiederum grosse Nachtheile, indem die vortretenden Werke noch viel stärker von der Strömung angegriffen werden und Wirbel sich bilden, welehe den losen Sand- boden senkrecht aushöhlen. Wenn nun aber — ganz abgesehen von den hohen Baukosten — selbst Sinkstücke nicht im Stande sein sollten, eine dauernde Befestigung zu gewähren, wie soll man dann solche starke Strömungen abhalten? Zur Be- antwortung dieser Frage kann man zwar auf Beispiele nicht zurückgreifen, doch giebt die Natur selbst uns einen Fingerzeig, wie solches möglich ist. Wo nämlich auf grossen und reissenden Strömen, wie z. B. dem Mississippi, die mit diehten Wäldern bestandenen Ufer abbrechen und die Bäume in Folge der Unterspülung ins Wasser falien, entsteht mit der Zeit ein Riesen- faschinenwerk, welches sich mit Sand und Schlick anfüllt und den Stromstrich vom Ufer abhält. Durch die Natur unterrichtet, vertheidigen die Japaner ein angegriffenes Ufer in der Weise, dass sie grosse Bäume mit dichten Kronen in den Strom werfen und das Wurzel-Ende derselben oben verankern. Das Ufer hält, die Bäume befestigen ebenso gut wie Sinkstücke den Grund und schützen ihn gegen Ausspülungen, während die grosse Schwierigkeit des Versenkens in bedeutender Tiefe ungemein verringert wird. Wie man nun diese, von den Japanern in so urwüchsiger Art angewendete Befestigungsweise durch Einführung entsprechender Ver- besserungen auch auf unsere Verhältnisse ausdehnen kann, darüber giebt der holländische Ingenieur de Ryke in Tokio folgende höchst beachtenswerthe Mittheilungen. Zu den in Rede stehenden Bauten sind Bäume von 0,9—1 m Umfang mit diehten Kronen zu nehmen; der Ersparniss wegen können die Stämme auch krumm sein, sowie Tannen u. s. w. mit steifen Zweigen und undichten Kronen an Ort und Stelle durch Einbinden von Faschinen dazu geeignet gemacht werden. Zu dem dann folgenden Versenken nimmt man jedesmal zwei Bäume, und ver- bindet dieselben derartig miteinander, dass der Stamm des einen Baumes theilweise durch die Krone des anderen hindurchgeht und zwischen beiden Bäumen so viel Raum verbleibt, wie für die gehörige Beschüttung mit Steinen erforderlich ist. Das so gebildete Floss wird dann mit den gewöhnlichen Senktauen an zwei gut verankerten und mit dem Beschwerungsmaterial beladenen Fahrzeugen befestigt. Ein über die Bäume gelegtes und darauf be- festigtes Netz aus Stahldraht, dessen Maschen nicht grösser als die kleinsten der Steine sind, dient zum Auf- nehmen der Beschwerung, wozu zum Theil auch Klaierde genommen werden kann. Das auf diese Weise belastete Floss bleibt bis zum Kentern der Tide an den Senk- tauen hängen, alsdann werden letztere losgemacht und so lange allmählich nachgelassen, bis die Bäume auf dem Grunde oder auf der Uferböschung liegen. Ob die Tiefe nun 30 m oder selbst 50 m beträgt, ist für die Arbeit des Versenkens, für welche kaum ein Dutzend Arbeiter erforderlich ist, ziemlich gleichgültig. Die Bäume brauchen in der Tiefe nicht genau in Richtung zu liegen. Die mit Ballast angefüllten Netze schliessen jede Gefahr aus und verhindern, dass ein solches Floss sich während des Versenkens umdrehen oder den Ballast verlieren könnte. Damit die Bäume sich in der Tiefe zu einer diehten Masse formen, ist ferner Sand nöthig. Eine Schicht solcher Bäume kann die Tiefe vor dem Ufer schon um mehrere Meter ver- ringern; bei den darauf folgenden Schichten muss man nur Sorge dafür tragen, dass jede derselben gegen die Uferböschung stösst. In letzter Linie kann ein solches Werk auch in der gewöhnlichen Weise beschüttet werden. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass einige leichte Stahldrahtkabel beim Versenken gute Dienste leisten können, um die Bäume auf die richtige Stelle zu bringen. Indem das eine Ende des Kabels im Grunde verankert wird, wozu auch die Hülfe eines Tauchers von Nutzen sein dürfte, wird das andere Ende zunächst am Ufer über Wasser befestigt, kurz vor dem Versenken gelöst und dann so lange angeholt, bis das Kabel senkrecht steht und das Floss an letzterem hinuntergleiten kann. Das Versenken auf derselben Stelle lässt sich einige Male wiederholen, auch wird es bei gutem Wetter weiter keine Schwierigkeiten verursachen, ein Dutzend solcher Kabel voraus zu verlegen. Gährung. — Vor kurzem hatte Herr A. Villiers nachgewiesen, dass der Baecillus amylobaeter die Stärke in Dextrin überführt, ohne dass letzteres von Gährungs- produceten wie Maltose und Glukose begleitet sei. Diese Verwandlung ist also wohl verschieden von derjenigen, die aus der Wirkung verschiedener Diastasen folgt, und schien auf ein direetes Einwirken des organischen Fer- mentes zurückzuführen zu sein. Neuere Untersuchungen des Verfassers haben indessen gezeigt, dass, wenn auch nicht eine Diastase, so doch sicher eine Art Secretions- produet sich bildet, welches bei der Ueberführung der Stärke in Dextrin massgebend zu sein scheint. Dasselbe bildet sich, nach den vorliegenden Versuchs-Ergebnissen, in stetiger Weise, nur in ganz geringen Mengen und ver- braucht seine Wirkungskraft sehr rasch. Die Influenza Mierobie ist nach der „Deutsch. med. Ztg.“ von Borigiotti und Bordini in dem Diplococeus anomalis gefunden worden. Da sich dieselbe in der ausgeathmeten Luft Influenzakranker vorfindet, so ist die Annahme, dass sie der Ueberträger der Krankheit von 358 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 35. einem Individuum auf das andere ist, sehr wahrscheinlich. Die schweren Folgekrankheiten der Influenza, z. B. Lungenentzündung u. s. w., werden dann in der Weise hervorgerufen, dass dieser Diplococeus anomalis den einmal ergriffenen Körper zur Aufnahme anderer Bak- terien vorbereitet, denselben einen günstigen Nährboden schafft. ehe > un 0. Gelbes Fieber und Präventivimpfung. — Der bra- silianische Arzt Domingos Freire hat zur Bekämpfung des gelben Fiebers die "Präventivimpfung vorgeschlagen und "auch selbst in der Praxis durchg Saht. Er hat 10 881 Personen mit Culturen von Microe. amaril. geimpft. Dass durch sein Verfahren in der That ein Schutz er- reicht wird gegen die Infeetion durch gelbes Fieber, dürfte daraus hervorgehen, dass für die genannte Zahl von Patienten die Sterblichkeit nur 0,4 pCt. betrug, ob- gleich dieselben in vom Fieber schwer heimgesuchten Gegenden wohnen, wo die Sterblichkeitsziffer der Nicht- geimpften 30 bis 40 pCt. ist. Die Regierung der Ver- einigten Staaten von Brasilien hat daher ein "Institut ge- sründet zur Herstellung von Culturen des Virus des selben P iebers wie auch anderer Infeetionskrankheiten, und Herrn Freire zum Director derselben ernannt. Die Kartoffelkrankheit in Irland. — mehrerer englischen Blätter ist unlängst die Nachricht verbreitet worden, dass der Kartoffelbau in Irland unter einer Krankheit zu leiden Habs} die auch anderen Län- dern gefährlich werden kann. Man hat in England die Be- obachtung gemacht, dass sich am Kartoffelkraute in auf- fälliger Weise eine grosse Anzahl geknickter Stengel zeigte, wie es vordem nie geschehen war. Auch die geringen und verkümmerten Knollen liessen die Vermuthung auf kommen, dass hier nicht allein lokale Verhältnisse, wie Lage und Bodenart, Schuld an dem Rückgange des Kartofielbaues seien, sondern dass vielmehr die Ursache der Krankheit in dem Auftreten gewisser Pilze liegen müsse. Wissenschatftliche Untersuchungen haben diese Ver- muthung bestätigt und zu dem Ergebnisse geführt, dass ein schr verbreiteter Pilz „Peziza 'Selerotorium“ als der Urheber der schnell umsichgreifenden Krankheit anzu- sehen sei. Dieser Pilz greift nicht die Knollen an, son- dern vernichtet das Kraut der Pflanze und hat seinen Hauptsitz an den Stengeln, wo er sich in Gestalt kleiner weisser Punkte bemerkbar macht. Das Pilzgewebe bildet schliesslich feste, anfänglich grüne, später " schwarze Körper, Dauergewebe, Selerotien, welehe die Grösse einer Bohne erreichen. Haben diese schwarzen Körper ihre Reife erlangt, so ist auch das Innere des Kartoffelstengels aufgezehrt, und die äusseren Fasern sind zurückgeblieben und die trockenen, harten Pilzgebilde rasseln hörbar, sobald man den Stengel be- rührt. Gelangen diese bohnenartigen Körperchen in den Erdboden, so überwintern sie daselbst, keimen im Früh- jahr und erzeugen kleine gestielte becherförmige Früchte, die Peziza, deren Sporen in die Kartoffelpflanze dringen und aufs Neue eine Erkrankung RR Es ist beobachtet worden, dass das Uebel an ” Tagen mit warmen Südostwinden heftiger auftritt und eine Verbreitung des Pilzes begünstigt. Es hat den Anschein, als wenn wir bei dieser neuen Krankheit es mit einem Parasiten zu thun haben, der mit dem in Russland gefürchteten „Hanf- krebs“ Aehnlichkeit besitzt. Auch hier werden die Stengel der Hanfpflanze zerstört und dem Hanfbau da- durch grosser Schaden zugefügt. Dieselben Erschei- nungen "zeigen sich bei den Mohrrüben, Cichorien und Runkelrüben, wo eleichfalls durch Pilze ein oft erheb- licher Ausfall der Einte herbeigeführt wird. S. Von Seiten Mit Versuchen über zufällige oder betrügerische Veränderungen von Papieren und Schriftstücken hat sich G. Bruylants (chem. Centralblatt) eingehend be- schäftigt und dabei unter Anderem folgendes festgestellt: Geleimtes und satinirtes Papier zeigt, wenn es nach theil- weisem Anfeuchten und darauf folgendem Troeknen Jod- dämpfen ausgesetzt wird, an den feucht gewesenen Stellen eine veilchenblaue Färbung, während die mit Wasser nicht in Berührung gewesenen Stellen gelblich resp. bräunlich gefärbt erscheinen. Scharf ist der Unterschied auch dann noch, wenn das zuerst in der angegebenen Weise befeuchtete Papier gänzlich befeuchtet wird, es zeigen dann die zuerst befeuchteten Stellen eine intensiv blauviolette Farbe, während dieselbe rein blau an den übrigen Stellen des Papiers ist. — Mit Wasser kann man nun auf diese Weise auch eine sympathetische Tinte in der Art darstellen, dass man mit Wasser auf getrocknetes Papier schreibt, die Schriftzüge eintrocknen lässt und dieselben dann wieder durch Joddämpfe zur Erscheinung bringt. Wird durch schwefelige Säure die Jodfärbung weggenommen und das Papier darauf wieder mit Jod- dämpfen behandelt, so erhält man die Schriftzüge in leserliceher Form. — Auch für die Untersuchung, ob ein Papier radirt worden ist, bilden Joddämpfe durch ihre charakteristischen Reaktionen werthvolle Anhaltspunkte, indem radirte Stellen eine gelbbraune oder braunviolette, auf jeden Fall eine dunkelere Farbe annehmen, als die nicht radirten; letztere heben sich nach dem Befeuchten scharf von dem reinblauen Untergrunde ab. — Ferner kann man sich der Joddämpfe zur Erkennung von Schriftzügen bedienen, welche mittelst eines stumpfen Gegenstandes, so z. B. mit einem rund abgeschmolzenen Glasstabe, auf Papier eingedrückt sind. Es kennzeichnen sich auch hier die eingedrückten Stellen dureh die deut- lichere Färbung. So vermochte Verfasser auf diese Weise radirte Bleistiftschriften durch Jod wieder augenfällig zu machen; dieselben traten besonders an der Rückseite des Papiers, im Spiegel gesehen, deutlich hervor. 0. Verfahren, Glas oder Porcellan mit Metallen zu verlöthen. — Cailletet, der namentlich durch seine Untersuchungen über den Druck der Gase bekannte französische Physiker, hat, nach dem „Elektrotechnischen Anzeiger“, ein Verfahren angegeben, "die Untersuchungs- apparate mit einem beliebigen inctallischen Gegenstande, B. einem Hahn, einer Verbindungsröhre mit. Leitungs. uiten u. s. w. zu verlöthen in der Weise, dass selbst bei hohem Druck alle und jede Lockerung vermieden wird. Die Methode ist äusserst einfach. Zuerst wird der Theil des Glasrohres, welcher verlöthet werden soll, mit einer sehr dünnen Schieht Platin bedeckt, zu welchem Zwecke es genügt, mittelst eines Pinsels das leicht an- gewärmte Glasrohr mit neutralem, mit Kamillenöl ver- mischtem Platinchlor zu überstreichen. Man lässt als- dann langsam den Auftrag verdunsten und erhöht, sobald die Erzeugung der weissen und duftenden Dämpfe auf- gehört hat, die Temperatur bis zur schwachen Rothglut. Das Platin bleibt nun zurück und bedeekt das Gl asrohr mit einem metallischen glänzenden Ueberzuge. Auf diesen Ueberzug von Platin w ird nun elektrolytisch eine Kupfer- schicht "niedergeschlagen, indem das mit Platin über- zogene Glasrohr in ein schwefelsaures Kupferbad ge- taucht und alsdann mit dem negativen Pol einer ent- sprechend starken Batterie verbunden wird. Es wird so auf dem Platinüberzuge eine Kupferschiecht niederge- schlagen, welche bei uter Ausführung so fest anhaftet, dass las Glasrohr mit dem metallisch bedeekten Theil als ein wirklich metallisches Rohr behandelt und mittelst Zinn an Eisen, Kupfer, Bronze, Platin, überhaupt an alle Metalle gelöthet werden kann, welche sich mit Zinn löthen lassen. Die Dauerhaftigkeit und Festigkeit der Löthung ist sehr gross. Cailletet hat festgestellt, dass ein Rohr seines Apparates zur Verflüssigung der Gase, dessen oberes Ende mittels eines nach obiger Methode verlötheten Verbindungsrohres angeschlossen worden war, einem inneren Druck von 300 Atmosphären widerstand. Aus dem wissenschaftlichen Leben. An die Herren Unterzeichner des Aufrufs zur Helmholtz-Feier. Wir erlauben uns, hierdurch mitzutheilen, dass auf den Wunsch des Herrn von Helmholtz die in unserem Aufrufe für den 31. August in Aussicht genommene Uebergabe der Marmor- büste und der Urkunde über die Helmholtz - Stiftung erst am 2. November erfolgen wird. Es sind noch fernere dem Gefeierten zugedachte Ehren- bezeigungen auf den bezeichneten Tag festgesetzt worden. Des- halb bitten wir, auch alle anderen etwaigen Ovationen am 2. No- vember darzubringen. Am Abend des 2. Novembers um 6 Uhr wird im Hötel Kaiserhof ein Festessen stattfinden. Diejenigen Herren, welche daran theilnehmen wollen, werden ersucht, bis zum 25. October der Höteldireetion Anzeige zu machen. E. du Bois-Reymond. L. Kroneeker. A. Kundt. E. Mendelssohn-Bartholdy. E. Zeller. Amerikanische Expedition zur Erforschung Grönlands. — Am 7. Juni dieses Jahres ist der Dampfer Kite mit der Peary- schen Grönlandsexpedition an Bord von New-York abgefalıren. Das Ziel dieser Expedition ist die Erreichung der Nordspitze von Grönland. Lieut. Peary hat bereits vor 5 Jahren eine Grönlands- reise ausgeführt. Im Jahre 1886 drang er mit nur einem Begleiter von der Diskoinsel aus über 100 engl. Meilen weit in das Innere vor, wobei er eine Höhe von 7500° erreichte. Sein gegenwärtiger Plan geht nun dahin, zunächst mit dem Schiffe im ‚Juni oder An- fang Juli den Walfischsund zu erreichen, hier ein Schutzhaus zu errichten und den Rest des Sommers zu Rekognoseirungen und Vorbereitungen für die Weiterreise zu verwenden. Diese soll dann im Frühjahr des nächsten Jahres auf dem Inlandeise bewerk- stelligt und nach Hinterlassung mehrerer Depots bis zur Nord- spitze Grönlands fortgesetzt werden. Die Vorzüge seines Planes erbliekt Peary darin, dass er auf der, wie er voraussetzt, ziemlich ebenen Schneefläche, in gerader Linie seinem Ziele zusteuern könne und ausser Stürmen kaum erheblichen Hindernissen be- gegnen dürfte, dass er ferner von der Höhe aus den Verlauf der Küstenlinie besser als vom Boote aus werde verfolgen und auf- nehmen können. Ausser dem Führer besteht die Expedition aus einem Assistenten, einem Arzte und noch zwei jungen Amerika- nern. Auch Peary’s Gattin will mit ihrem Mann die Mühen und Gefahren der Reise theilen. A.K. Kıtteralur Dr. Richard von Wettstein, Leitfaden der Botanik für die oberen Classen der Mittelschulen. Verlag von F. Tempsky in Wien und Prag und von G. Freytag in Leipzig. 1891. — Preis fl. 1,60. Nur selten hat ein gewissenhafter Recensent Gelegenheit und die Freude ein botanisches Schulbuch empfehlen zu können. Meist befindet er sich in der peinlichen Lage andeuten zu müssen, dass der Verfasser zu der Abfassung eines auch noch so elementaren Buches mit wissenschaftlichem botanischem Inhalt nicht berufen war. Denn die Bücher, die dem Schüler in den „beschreibenden“ Naturwissenschaften geboten werden, enthalten meist eine solche Fülle elementar-wissenschaftlicher Unrichtigkeiten, dass man dar- über staunen muss, dass sie eingeführt werden könnten. Ent- halten doch die meisten der augenblicklich — ich denke speeiell an preussische Schulen, der vorliegende Leitfaden ist für Oesterreich bereehnet — an den Schulen gebräuchlichen bota- nischen Unterrichts-Bücher derartige sachliche Fehler, dass ent- sprechende Böcke in einem dem sprachlichen (etwa dem lateinischen) Lehrfach dienenden Schulbuch dieses einfach unmöglich machen und den Verfasser schwer schädigen würden. Bei diesem Zustande ist es doeh kein Wunder, wenn — also bei der fabelhaften Un- gleichheit der Lehrmittel — ein Vergleich der Resultate des sprachlichen und naturwissenschaftlichen Unterriehtes auf der Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 359 Schule zur Zeit einfach nieht statthaft ist, abgesehen davon, dass ein weniger pflichtgetreuer Lehrer den naturwissenschaftlichen Unterrieht desshalb nicht in gleicher Weise pflegen wird wie sein philologischer College, weil ersterer ja leider vielfach nicht in gleicher Weise Rechenschaft über seine Thätigkeit abzulegen hat wie der letztere, da meistens auf die naturwissenschaftlichen Kenntnisse der Schüler ganz und gar kein Gewicht gelegt wird. Bei dieser Sachlage muss jeder Naturforscher, dem seine Wissenschaft am Herzen liegt, wünschen, es möchte diese nicht weiter in der Schule entwürdigt werden. Der Referent wenigstens steht auf dem Standpunkt, dass, wenn etwas auf der Schule gelehrt wird, so soll es auch ernst gelehrt werden, und es darf dem Schüler nieht von vornherein durch laxere Behandlung gewisser Gegen- stände indirect eine vermeintliche Unwichtigkeit dieser Lehr- gegenstände beigebracht werden, oder besser gesagt, ihm ange- deutet werden, dass einige Wissenschaften zum Spielen gut sind. i Fort mit der Naturwissenschaft aus der Schule oder würdige Behandlung derselben! Diese Forderung ist auch ein Nicht- Pädagoge berechtigt zu stellen. Eine neue Aera scheint sich allerdings wenn auch langsam, wie alles auf geistigem Gebiete vorgehende, einzuleiten, wenig- stens was die naturwissenschaftliche Sehullitteratur anbetrifft. Mitzuringen der Sonne dieser neuen Aera zum Aufgehen zu verhelfen, sollte kein Naturforscher unversucht lassen, dem sich die Gelegenheit hierzu bietet, und wir begrüssen es daher mit besonderer Freude, dass sich auch wisssenschaftliche Fachmänner neuerdings daran wagen, Materialien für die Schule zusammen zu stellen. Werden auch viele soleher Versuche an dem jetzigen pädagogischen Wall der Schule scheitern, sie müssen wiederholt werden, um eine Bresche zu schlagen. Drum rufe ich meinem wissenschaftlichen Freunde v. Wett- stein zu: Glück auf! Unterstützen auch wir diejenigen unserer naturwissenschaftlichen Collegen an den Schulen, die ihre Auf- gabe, unseren Nachkommen die Erhabenheit der Natur über alles Menschliche zu offenbaren, als eine grosse und erstrebenswerthe auffassen, unermüdlich weiter. Kämpfen wir für die Wahrheit — auch in der Schule! Man verstehe mich riehtig: Nicht einen Tadel gegen das jetzige Schulsystem und gegen das, was zur Zeit gelehrt wird, will ich ausdrücken. Ein unüberwindlicher Groll aus der Schul- zeit gegen einen gewissen sogenannten „Unterricht“ in der Natur- wissenschaft bringt mich stets in Eifer, wenn von Naturwissen- schaft und Schule die Rede ist. Nicht die Schulfrage also wollte ich berühren, die der „Naturw. Wochenschr.“ fern stehen muss, sondern ausschliesslich den naturwissenschaftlichen Unter- richt auf der Schule. Wenn ich von dem naturwissenschaftlichen Unterricht im Allgemeinen spreche, als einem Unterricht, der also — von Aus- nahmen abgesehen — im Grossen und Ganzen nicht so gehand- habt wird, wie er müsste, so geschieht das mit voller Ueber- legung. Denn wie in der Botanik so ist es auch auf anderen natur- wissenschaftlichen Gebieten. Ich mache diesbezüglich z. B. auf einen Artikel aus der Feder des Prof. A. Götte „über den zoolo- gischen Unterricht in den deutschen Gymnasien“ in der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ vom 6. December 1890 aufmerksam, in welchem er sieh bitter über die unverantwortlich schlechten zoologischen Lehrbücher än den Schulen beklagt. Er sagt u. A.: „Wollte man die ganze grosse Zahl von zoologischen Leit- fäden, welche bei Lehrern und Schülern in Deutschland in Ge- brauch sind, einer Prüfung unterziehen, so wäre manches recht harte Urtheil unvermeidlich. Es giebt solche, allerdings wenig verbreitete und bekannte Bücher, welehe von eimer derartigen Ignoranz und Unfähigkeit ihrer Verfasser Zeugniss ablegen, dass es unbillig erschiene. sie, zum Schaden der übrigen, mit diesen zusammenzustellen. Ich übergehe daher jene traurigen Mach- werke mit Stillschweigen und halte mich ausschliesslich an die am meisten anerkannten und verbreiteten Lehrbücher. Wir werden sofort sehen, dass sie in ihrer Darstellung ziem- lich weit auseinaydergehen. Allen gemeinsam ist aber der über- all gleich empfindliche Mangel, dass die Verfasser ihren Stoff nicht beherrschen. Ich habe dabei nicht sowohl die zahlreichen eonereten Fehler im Auge, welche in ihren Büchern vorkommen, sondern das unverkennbare Unvermögen, sich in ihrem Gebiete zurechtzufinden. Zahlreichen Angaben sieht man es sofort an, dass sie ohne jedes Verständniss den Quellen entlehnt sind; schon ihre Auswahl ist oft unpassend, ohne Unterscheidung des Wesent- lichen und des Nebensächlichen, die Darstellung der Lebens- erscheinungen und des Baues der Thiere unklar, ihre Erklärung bisweilen bis zur Lächerlichkeit verfehlt. Mit einem Wort — dem Sachverständigen kann es nicht verborgen bleiben, dass unsern Verfassern die nothwendige materielle Grundlage für ihre Arbeit fehlt, nämlich theils eine gewisse Summe von exacten Kenntnissen, noch mehr aber die Fähigkeit, sich solche mit richtigem Verständniss anzueignen,.“ u. 5, W. 360 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 35. Doch vergessen wir nicht den v. Wettstein’schen Leitfaden. Das Buch mit Register 202 Seiten umfassend ist prächtig dureh Text-Holzsehnitte illustrirt, ausserdem finden sich 2 farbige Tafeln mit Darstellungen der grossen essbaren und giftigen Pilze. An dem guten Buche herumdeuteln will ich nieht: jeder in seiner Wissenschaft selbständig Denkende hat seine besonderen Anschauungen. Es zerfällt in 3 grosse Abschnitte: I. Specielle Botanik II. Allgemeine - III. Angewandte - Für den letzten, III. Abschnitt mit seinen prächtigen Ab- bildungen von Culturgewächsen wird die Schule besonders dank- har sein müssen. P. Galileo Galilei, Unterredungen und mathematische Demon- strationen. 3. und 4. Tag. Ostwald’s Klassiker der exacten Wissenschaften. No. 24. Professor Arthur von Oettingen (Dorpat) legt dem wissen- schaftlichen Publieum in dieser Nummer der Klassikerbibliothek diejenige Arbeit des grossen Pisaners vor, die man vielleicht als seine bedeutendste Leistung bezeichnen darf. Der Inhalt dieses Heftes bietet eine umfassende Dieussion der Fallgesetze in ihrem weitesten Umfange. Die Leetüre gerade dieser Unterredungen ist Studirenden auf's wärmste anzuempfehlen, weil sie so recht geeignet scheint zur möglichsten Vertiefung mathematisch -physi- kalischer Grundvorstellungen. Aber das Büchlein wird auch dem Lehrer willkommen sein, da man aus ihm eine grosse Reihe von Aufgaben herausziehen kann, die ganz wesentlich zur Belebung des physikalischen Unterrichtes dienen werden. Durch zahlreiche Anmerkungen des Herrn Herausgebers ist die Lectüre für den modernen mathematischen Leser so bequem als möglich gemacht. dla Gravelius. Otto Ammon, Anthropologische Untersuchungen der Wehr- pflichtigen in Baden. Sammlung gemeinverständlicher wissen- sehaftlicher Vorträge, herausgegeben von R. Virchow und Fr. v. Holtzendorff. Heft 101. Preis 1 M. Es ist bekannt, dass die erste im grossen Massstabe angelegte anthropologische Statistik über die Rasseneigenthümlichkeiten der Germanen auf Anregung und unter Leitung Virchow’s in den siebziger Jahren in Deutschland ausgeführt worden ist. Die örhebungen wurden an Schulkindern gemacht, als dem geeignet- sten Material, das sich für eine anthropologische Statistik dar- bietet. Dieselbe hatte das wichtige Ergebniss, dass als der vor- herrschende Rassentypus in Deutschland der altgermanische fest- gestellt wurde (grosse Statur, blonde Haare, helle Hautfarbe und blaue Augen), welcher sich nach den Grenzen des Reiches zu in stetig steigender Zahl mit dem brünetten Typus, dem Ueber- reste einer vorgermanischen Bevölkerung, vermischt. Eine wichtige Bestätigung und Ergänzung erfahren nun diese Er- gebnisse durch die Untersuchungen Ammons, vergl. „Naturw. Wochenschrift“, Bd. IV, der in der glücklichen Lage war, die- selben an einem Material machen zu können, das bisher leider für anthropologische Ermittelungen nicht zugänglich war, nämlich bei der Ausmusterung der Rekruten. Bisher hatten die zuständigen Regierungen stets aus militärischen Rücksichten die Einwilligung zu dergleichen Untersuchungen versagt. Die erste Ausnahme hat die badische Regierung 1386 gemacht, indem sie dem Karlsruher Alterthumsverein die Genehmigung dazu ertheilte. Die Arbeiten haben bei der Musterung 1886 begonnen und sind auch in den folgenden Jahren fortgesetzt worden. Von den bisher erzielten erfreulichen Ergebnissen seien die wichtigsten hier kurz wiederge- geben. Im Vergleich mit dem 25jährigen Durchschnitt von 1840 bis 1864 fiel zunächst die Vermehrung der grossen Leute und die Verminderung der kleinen auf. Daraus ist indess nicht der Schluss zu ziehen, dass die Rasse grösser geworden sei, sondern nur, dass die Leute im 20. Lebensjahre grösser sind, d. h. also sich rascher entwickeln und wachsen als früher, wahrscheinlich in Folge besserer Ernährung und Körperpflege. Eine zweite merkwürdige That- sache ist das Verhältniss der Körpergrösse. Es fand sich nämlich nicht eine überwiegende Zahl von mittlerer Körpergrösse, sondern vielmehr ein oberes und ein unteres Maximum, "welche zwischen 1,69 und 1,72 Oxptimeter bezw. 1.65 und 1,66 Centimeter liegen, während weit weniger die Zwischengrössen von 1,63 und 1,66 in dem zweiten den der vorgermanischen romanisirten Bevölke- rung. Durch die Messung der Köpfe hat sich ergeben, dass die gegenwärtigen Deutschen, wenigstens im Südwesten unseres Vater- landes, eine andere Schädelbildung haben, als die alten Germanen. Sie ist aus einer mehr langköpfigen zu einer stark kurzköpfigen geworden. Als Ursache dieser Veränderung sieht Ammon nicht die höhere Cultur an, sondern auch nur Rassenmischung. Zwischen der Grösse der Leute und ihrer Schädelform, also zwischen zwei Skeletteigenschaften besteht eine bestimmte Wechselbeziehung. Die Zahl der Grossen nimmt nämlich von den Langköpfigen zu den Kurzköpfigen stetig ab, die der Kleinen stetig zu, so dass zumeist die Langköpfigen gross, die Rundköpfigen klein sind. Ob dieses Verhältniss ein Erbstück von den alten Germanen oder der Ausdruck eines allgemeinen Wachsthumsgesetzes ist, lässt sich vorläufig noch nicht entscheiden. Eine nahe Verwandschaft, d.h. eine Wechselbeziehung besteht andrerseits zwischen den gleich- artigen Augen, Haut- und Haarfarben. Bei den Blauäugigen sind 80,1 v. H. blond, 18,6 v. H. braun, 90,0 v. H. weisshäutig, 10,0 v. H. braunhäutig; bei den Braunäugigen dagegen sind 22,5 v. H. blond, 69,2 v. H. braun, 65,3 v. H. weisshäutig, 34,7 v. H. braun- häutig. Eine Wechselbeziehung zwischen den Skeletteigenschaften einerseits und den Pigmentfarben andrerseits lässt sich aber nicht nachweisen. Daraus folgt, dass die Grösse und die helle Farbe der germanischen Völker nicht der nämliehen, sondern verschie- denen Ursachen ihre Entstehung verdanken, und dass die Skelett- eigenschaften sowie die Pigmentirungen sich getrennt vererben. Bei einer Vermischung zweier Rassen kann unmöglich em Theil alle seine Rassencharaktere unter vollständiger Ausserkraftsetzung der Charaktere des anderen Theils auf die Nachkommen vererben. Vielmehr müssen die Rassencharaktere unter den Nachkommen durcheinander gemischt sein, und zwar so, dass der eine Theil vornehmlich die Skeletteigenschaften, der andere die Pigment- farben vererbt, jedoch zwischen beiden Gruppen auch bunte Ver- bindungen vorkommen. Die reinen Typen der beiden ursprüng- lichen Rassen, die sich mit einander gemischt haben, werden mit jeder Generation seltener, die Mischtypen jeder möglichen Combi- nation häufiger, so dass z. B. blondes Haupthaar mit schwarzen Augenbraunen und umgekehrt vorkommt. Mit Bestimmtheit lässt sich aber voraussagen, dass die beiden Urtypen doch stets erkenn- bar bleiben werden. Neben diesen allgemeinen Ergebnissen sind auch einige der örtlichen sehr interessant. So hat sich gezeigt, dass die germani- schen Merkmale der badischen Bevölkerung sich vorzugsweise in der Rheinebene und zwar besonders stark an der hessischen Grenze und in der Lörracher Gegend, der alten Markgrafschaft, sowie auf der Hochebene der Baar und in der Bodenseegegend (alemanisches Gebiet) finden; die fremdartigen Elemente dagegen haben ihren hauptsächlichsten Mittelpunkt im Schwarzwald und in den Altgemeinden südlich von Karlsruhe. Diese Ortsverhält- nisse lassen sich dadurch vielleieht erklären, dass die einwan- dernde langschädelige, grosse germanische Rasse die uransässige kleine, rundköpfige Bevölkerung aus der fruchtbaren Ebene in das unwirthbare Gebirge gedrängt hat, gleichzeitig aber auch aus den grösseren Ansiedelungsstätten auf das Land, womit die sonder- bare Erscheinung eine Erklärung gefunden hätte, dass in den Städten der germanische Typus weit stärker ausgeprägt ist, als in den benachbarten Landgemeinden. „Wer eine Musterung“, sagt Ammon, „in den so grundverschiedenen Nachbargebieten Lörrach oder Schopfheim und Schönau mitmacht, der wird nie- mals die Behauptung vertreten mögen, dass diese gegensätzlichen Bildungen durch äussere Verhältnisse bewirkt sein könnten. Hier die hohen, weissen Gestalten mit hellen Augen, Leute, denen oft nur eine Schattirung des Haares oder ein Millimeter am Kopf- mass zu reinem germanischen Typus fehlt, dort kleine braune Burschen mit dunklem Auge und Haar, und wie die äussere Er- scheinung, so auch Blick und Benehmen ganz anders, so dass man sieh zu dem Glauben versucht fühlt, in ein fremdes Land versetzt zu sein. Nur Rassenmischung kann hier eine ausreichende Erklä- rung geben.“ Dr. A. Briefkasten. Herın E. Schaefer. — Der Käfer heisst Otiorhynchus ligu- Centimeter hatten. In den Zugehörigen des ersten Maxi- | stiei L. Die Larven sind diejenigen eines Elater. Die Lebens- mums sieht Ammon den Typus der germanischen Einwanderer, ! weise des Otiorhynchus ist unbekannt. Kolbe. Inhalt: Hermann von Helmholtz. — Entdeekung einer Mondrille und eines Mondkraters an der Prager Sternwarte. — Das Gesetz von der Erhaltung des Lebens. — Biologische Beobachtungen an einheimischen Lurchen. — Aus dem Leben der Insekten. — Wolkenmessungen in Nordschweden. — Messung hoher Temperaturen. — Eine interessante astronomische Beobachtung. — Zur Frage der Befestigung der Stromufer vor grossen Tiefen. — Gährung. — Die Influenza-Microbie. — Gelbes Fieber und Präventivimpfung. — Kartoffelkrankheit in Irland. — Versuche über zufällige oder betrügerische Veränderungen von Papieren und Schriftstücken. — Verfahren, Glas oder Porcellan mit Metallen zu verlöthen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Dr. Richard von Wettstein: Leitfaden der Botanik für die oberen Classen der Mittelschulen. — Galileo Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen. — 0. Ammon: Anthropol. Untersuehungen. — Briefkasten. Verantwortl. Redakteur: i. V. Astronom Harry Gravelius, Berlin SW., Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Was die nstarwissenschafliche Forschung aufgiebt an weltum- fassenden ldsen und an locken- SERIE = >= Ew „Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. N: Band. Sonntag, den 6. September 1891. Nr. 36. Abonnement: anstalten, wie bei der Expedition. Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- f Der Vierteljahrspreis ist A 3.— & Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 34. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Im Vordergrund des Interesses steht hier in Neapel noch immer der Ausbruch des Vesuvs. von Castel- lamare aus nach Hause fuhr, sahich Dampf aus dem Atrio del Cavallo empor stei- gen, den ich aber durch- aus nicht mit dem an jenem Tage sehr spärli- ehen Rau- che des Gipfels in Zusammen- hang brin- gen konnte. leh vermu- thete sofort die Bildung einer neu- en Bocca, konnte aber vom Üorso des Abends noch kei- nen Feuer- sehein be- merken. Schon am folgenden Tage brachten die Zeitungen die Nachricht von der Eruption und als ich am Abend die Gluth hervorquellender Lava von der Santa Lucia aus sah, Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die jüngste Eruption des Vesuvs im Juni 1891. Von Dr. Franz Etzold aus Leipzig, z. Z. in Neapel. Als ich.am 7. Juni Fumarolen auf der unteren Eruptionsspalte des Lavastromes vom Juni 18gr. Poren bricht. Beobachtungen, die man besehloss ich, am nächsten Morgen der Somma oder dem Atrio einen Besuch abzustatten. Die Wanderung nach dem Obser- vatorium von Resina aus ist ’m der jetzi- gen Jahres- zeit keines- wegs be- hagliech. So lange man sich zwi- schen den Mauern der Weinberge befindet,ge- wahrt man nichts von einem Luft- hauch und auf den La- va-Feldern von 1555 u. 1872 ist die Steigung so stark und brennt die Sonne der- art, dassder Schweiss sehr bald aus allen Für die nicht geringe Anstrengung wird man reichlich entschädigt durch die zahllosen interessanten als Naturwissenschaftler auf 362 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 36. diesem Wege machen kann. Man sieht, wie scharf sich die leiehtflüssig gewesene, stark gefaltete, nach allen möglichen Richtungen gebogene und gewundene Lava von 1858 abhebt von der bröckeligen, an der Oberfläche in lauter lose Stücke zerfallenen Ausflussmasse von 1572; man beobachtet allenthalben, wie sich auf dem ent- stehenden Verwitterungssand von höheren Pflanzen zu- nächst eine Serophularia und ein wohlriechendes Spar- tim ansiedeln, von welch letzterem die zahllosen, hell- gelben Blüthen lebhaft, aber nicht unangenehm mit den schwarzbraunen oder durch Flechten bläulich gefärbten Lavamassen contrastiren; man vergisst die eigene Müdigkeit, wenn man die Scarabäen rastlos sich mit Kothballen, die das 3—4fache ihres Volumens erreichen, plagen sieht. In der ersten Osteria unterhalb des Obser- vatoriums zog ich Erkundigungen ein, der Mann war unterwegs nach der Eruptionsstelle und die Frau musste erst geweckt werden, weil sie vor Sorgen in der Nacht kein Auge geschlossen hatte. Da ich etwas Genaueres nicht erfahren konnte, beschloss ich, den am Fusse der Somma dahin führenden Weg einzuschlagen, weil man von da aus am ehesten einer Gefahr entgehen kann. Im Atrio angekommen, jagten Wolken an uns vorüber nach der neu aufsteigenden Rauchsäule zu, wiederholt mussten wir unter den steilen Klippen der Somma vor dem herniederstürzenden Regen Schutz suchen. Endlich sahen wir die neue Bocca und an verschiedenen Stellen stieg ununterbrochen dichter weisser Qualm auf. Noch wenige Schritte und wir standen an der frisch hervorgequollenen Lavamasse, deren Oberfläche zwar schon allenthalben eine tief schwarze Farbe zeigte, gleichwohl aber eine so intensive Hitze verbreitete, dass die darauf fallenden Regentropfen sich sofort in Dampf verwandelten. Soweit ich ermitteln konnte (damals sowohl, wie bei zwei späteren Exeursionen), gehören die Oeffnungen, denen die Lava entströmt, dem Ostrande des Spaltensystems an, welches bei der gewaltigen Eruption von 1572 den ganzen Aschenkegel in nahezu südnördlicher Richtung zerriss und zwar war zunächst Lava aus einer meridionalen Spalte in einer ungefähren Meereshöhe von 1000 m hervorgequollen, dann aber musste sich nur wenig tiefer ein weiterer Riss aufgethan haben, denn inmitten des neuen Lavafeldes stieg besonders dichter Rauch auf und die daselbst deut- lich erkennbare stärkere Bewegung der bereits hart ge- wordenen Blöcke deutete darauf hin, dass neue Massen von unten nachdrängten. Die Lava hatte zunächst ihren Weg den Aschenkegel hinunter genommen, sich im Atrio ausgebreitet und schickte sich damals eben an, den Spuren des 72er Stroms zu folgen. Im Ganzen mögen am 9. Juni >/, Quadratkilometer mit frischer Lava bedeckt gewesen sein. Der Anblick des Stromes war ungemein fesselnd und unwillkürlich erinnerte ich mich des Eisganges, den ich auf der Elbe wiederholt sah. So wie bei dichtem Eisgang der ganze Strom mit treibenden Schollen bedeckt ist und nur hier und da nach dem Ufer hin oder durch Lücken zwischen den sich drängenden Blöcken das freie Wasser sichtbar wird: so war auch hier die ganze Oberfläche mit bereits erhärteten Blöcken bedeckt, darunter aber war die glühende Masse noch flüssig und regte und dehnte sich ununterbrochen. Bald hier, bald dort erschien eine feu- rige Zunge und leckte gierig nach den kümmerlichen Pflänzchen, welche kaum auf den früheren Strömen ein Heim gefunden hatten. Wuchtig drängte die glühende Masse nach, die darauf schwimmenden, centnerschweren Schlacken stiessen knirschend zusammen oder überschlugen sich auch hell erklingend und wo man vor wenig Minuten noch hätte ruhig stehen können, war bald das verwitternde Gestein mit einer meterhohen Lavaschicht bedeckt, deren Hitze die Luft flirren machte. So sah ich gewaltige alte Steinmassen nach und nach versinken in dem Schmelzfluss und innerhalb des vielleicht eine Stunde währenden Auf- enthaltes mochte der Strom wohl an 3 m vorgerückt sein. Natürlich war an der düster grossartigen Stätte schon die 3ettelindustrie damit beschäftigt, Soldistückein Lavabrocken einzudrücken und Münzen aus der frischen Lava herzustellen. „Palmieri hält die neue Eruptionsphase für beendigt“, las ich bald darauf in der Zeitung und bedauerte, dass dieselbe von so kurzer Dauer gewesen war. Ich hielt wieder Ausblick vom Corso aus und da das Atrio noch immer mit Rauch erfüllt war, so beschloss ich, mich doch lieber selbst von dem angeblichen Ende des Schau- spiels zu überzeugen. Ich machte die 2. Excursion am 19. Juni und war erstaunt über die Ausdehnung, welche der Strom gewonnen hatte; der das Atrio quer durch- schneidende Weg war längst überfluthet und die ganze Breite des Thales war mit den frischen Massen erfüllt, so dass man mühsam und nicht ohne Gefahr über die lockeren Blöcke am Fusse des Aschenkegels klettern musste, um zu der Bocca zu gelangen. Für die Müh- seligkeit des Weges entschädigte der Anblick des Erup- tionseentrums reichlich. Schon von Weitem sah ich in unregelmässiger Reihe kaum mehr als mannshohe spitz- kegel- oder schornsteinförmige Pyramiden auf der Lava aufsitzen, deren vielleicht 20 em breiten Gipfeln bald ununterbrochen, bald stossweise weisser Dampf entströmte. (Vergl. die Figur.) Die Lava besass bereits eine genügend feste Kruste, um darauf treten zu können, ich ging in Folge dessen an die seltsamen Gebilde heran, um sie möglichst gut zu beobachten. Die Fumarolenkegel sassen genau den Spalten auf, bildeten also 2 Reihen, bestanden aus unregel- mässig aufgeblasenen, zusammengebackenen Lavamassen und das ihrer oberen Oeffnung mit lautem Zischen ent- strömende Gas schien dem Geruch nach wesentlich Salz- säure zu sein. Wenn der Wind manchmal den Rauch mir ins Gesicht blies, war es mir vollkommen unmöglich, Athem zu holen. Die Salzsäure hatte sieh natürlich sofort daran gemacht, die Lava zu zersetzen; gelbe, rothe und grüne Anflüge und Zersetzungsprodukte sah man allenthalben längs der Spalten. Die Fumarolenkegel waren theilweise bere ts zusammengesunken, theilweise so mürbe, dass man mit dem Hammer tief hineinschlagen und das rothglühende Innere sehen konnte. Die düstere, starre Lavawüste, begrenzt rechtsdurch den Aschenkegel des Vesuv, bis zu dessen Gipfel hier und da aus Spalten Qualm aufstieg, links durch die schroffen Klippen der Somma; die ununterbrochen auf einer Länge von viel- leicht 300 m hervorquellenden weissen Rauchwolken; die gleich Dampfmaschinen fauchenden, abenteuerlich gestal- teten, durch frische Chloride lebhaft gefärbten Fumarolen, — dies alles bildete ein so fesselndes Schauspiel der vulkanischen Thätigkeit unseres Planeten, dass es mir schwer fiel, mich davon zu trennen. Der Rückweg war durch den vorrückenden Lava- strom an 2 Stellen sehon wieder wesentlich erschwert und gerade da, wo ich beim Aufstieg noch an einer steilen Lavamauer hatte hingehen können, genoss ich nun den Anblick eines Lavafalles. An einem alten mäch- tigen Block mit ziemlich glatter Vorderfläche hatte sich der Strom eine Zeit lang gestaut, seine Oberfläche war erhärtet, nachdrängende Massen hatten die Kruste immer höher ge- hoben und ergossen sich nun schwerfällig über die Steinplatte. Ende Juni mochte die Gesammtlänge des Stromes 3000 m betragen und noch jetzt sieht man des Abends 3—4 Stellen des Atrio hell glühen und allem Anschein nach sind die vordersten Stromarme fast in der Höhe des Observatoriums angelangt. Hinsiehtlieh ihrer Structur steht die frische Lava etwa in der Mitte zwischen der von 1858 und 1872, Ihren Ursprung danken. Nr. 36. d. h. sie ist nicht ganz so stark gefaltet und gewunden wie erstere, aber auch nicht so wirr gebrochen wie letztere. Besonders auffallend ist die hakige Structur der Oberfläche, der zähe Brei ist oft geradezu haardünn ausgezogen und in der Nähe der Fumarolen, wo die Sauerstoffverbindungen des Eisens in diesen dünnen Fäden durch die Salzsäure in die entsprechenden Chlorver- bindungen umgewandelt worden sind, sah die Ober- fläche fast sammtartig aus. Im Innern der Lava hat sich sehr viel Leueit in bis erbsengrossen Krystallen mit zahl- reichen Einschlüssen von Lavagrundmasse ausgeschieden. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 363 Ueber die Thätigkeit des Gipfelkraters kann ich leider nur berichten, was ich vom Atrio aus sehen konnte. Im Anfange der Eruption stieg nur wenig Dampf aus dem Hauptkrater auf, am 9. Juni aber quollen stoss- weise dichte, braune Wolken hervor, die sich langsam am Abhang herabwälzten und wohl aus feiner Asche bestehen mochten. Diese Erscheinung kann man noch jetzt bisweilen beobachten und als ich am 13. Juni auf dem Epomeo stand, sah ich eine derartige Wolke senk- recht aufsteigen, meiner Schätzung nach bis zu einer Höhe von 6—S00 m über dem Gipfel. Vom Nachtwandeln. Von Dr. K. Mit Recht hat der Hypnotismus, von dem der Psy- chologe Gewinn für seine Studien erhofft, der Arzt Heil- erfolge erwartet und der Jurist die Zeitigung eines neuen Verbrechertypus befürchtet, seine Vorgänger, den Mes- merismus, Odismus und Somnambulismus weit aus dem Blickfelde des allgemeinen Interesses verdrängt, nachdem er aus ihnen im Läuterungsprocesse des wissenschaft- lichen Experimentes gewissermassen herauskrystallisirt ist. Trotzdem wäre es übereilt, wollte man jenen als nun- mehr nutzlosen Schlacken gar keine Beachtung mehr schenken. Dem Somnambulismus wenigstens liegen denn doch Thatsachen zu Grunde, die einer wissenschaftlichen Erklärung fähig und werth sind. Freilich sind diese auch hier mit einer Menge phantastischer Uebertreibungen und unrichtiger Beobachtungen innig verwebt, von denen sie erst sorgfältig gesondert werden müssen. So ist es gewiss ein unhaltbarer Aberglaube, dem Monde, wie es so gerne geschieht, eine gewisse magische Anziehungskraft auf die durch abnorme Veranlagung des Nervensystems zum Nachtwandeln Disponirten zuzu- schreiben. Sein Einfluss ist nur ein aceidenteller, in der Verbreitung seines hellen Lichtes begründet; wie denn auch nur von einer Beziehung des Vollmondes zum Som- nambulismus die Rede zu sein pflegt. Jede grelle Be- leuchtung, auch die einer Lampe, vermag, diesen eigen- artigen Zustand zu erzeugen, und die Schlafwandler folgen einer vorgehaltenen Kerze unter geeigneten Um- ständen ebensogut, wie sie sich dem mondbeschienenen Fenster nähern und zuweilen aus demselben heraus- treten. Hierbei haben wir es nicht eigentlich mit einer Krankheit zu thun. Es ist physiologisch festgestellt und all- bekannt, dass Schlafende dureh plötzliche Erhellung des bisher finstren Zimmers mindestens unruhig werden, häufig erwachen. Es beginnt eben eine stärkere Gehirnthätigkeit als Antwort auf den äusseren Reiz, während andererseits der Eintritt von Dunkelheit im Allgemeinen ein Ein- schlafen begünstigt, ja direet hervorruft. Die Thierwelt und das frühe Kindesalter, wo noch keine erhebliche psychische Thätigkeit hindernd im Wege steht, liefern hierfür genug Belege. Das übliche Uebertreiben des Antheils, welchen der Mond an dem Somnambulismus hat, lehrt uns Vorsicht gegenüber den leider fast ausschliesslich Laienkreisen ent- stammenden Erzählungen, besonders wenn es gilt, einen ungefähren Einblick in die Häufigkeit des Nachtwandelns zu gewinnen. Nicht so selten finden Verwechselumgen mit Vorgängen statt, die zwar äusserlich Achnliches dar- bieten können, aber einer ganz anderen Ursache, nämlich Fieberdelirien, auch wohl gelegentlich der Trunkenheit Streng wissenschaftlicher Kritik Vorkommnisse von Somnambulismus sind nur wenige L. Schäfer. unterzogen worden, und die Mittheilungen darüber ge- hören beinahe alle der Mitte unseres Jahrhunderts an; ein Beweis dafür, wie wenig die Forschung diesem doch so interessanten und gewiss nicht unfruchtbaren Natur- experimente im Gebiete unseres Seelenlebens Beachtung gezollt hat. Die spärlichen elassischen Beobachtungen stimmen in verschiedener Hinsicht gut mitemander überein. Die Augen der Somnambulen pflegen ganz oder halb geöffnet zu sein; in ihrem Ausdrucke gleichen sie denen eines in tiefe Gedanken Versunkenen, der der Gegenwart entrückt ist. Dass die Handlungen der Nachtwandler nieht dem Willensbewusstsein entspringen, oder richtiger gesagt, vom Bewusstsein der Wirklichkeit nicht begleitet sind, geht auch aus anderen Umständen hervor. Es wird bei- spielsweise ein Buch ergriffen — wie es scheint eine Lieblingsbeschäftigung schlafwandelnder Personen der besseren, viel lesenden Stände. Der Leser schlägt auch nach Verlauf einer Zeit, wie sie ungefähr zum Herunter- lesen einer Seite nöthig ist, die Blätter um: aber das Buch ist in einer ihm fremden Sprache geschrieben: oder es wird ihm das Licht entzogen: das mechanische Um- blättern dauert auch im Dunkeln ruhig fort. Ein anderes Mal wird genau auf die Augen achtgegeben: sie sind starr auf das Buch gerichtet, ohne sich wie beim wirk- lichen Lesen die Zeilen entlang zu bewegen. Eine Er- innerung an das Vorgefallene fehlt am folgenden Tage ausnahmslos, und selbst mitten in ihrem Treiben erweckt, bekunden die Somnambulen dureh ihr grenzenloses Er- staunen über die unerwartete Situation deutlich, wie un- betheiligt ihre geistige Persönlichkeit an dem Geschehenen gewesen. Um so bemerkenswerther für den Psychologen, für den Unkundigen unheimlich, ist es, ganze Reihen complieirter Handlungen sich abspielen zu sehen. Aus- weichen vor absichtlich in den Weg gestellten Hinder- nissen ist eme ganz gewöhnliche Erscheinung. Schon mehr Auffallendes wird von einem Studenten der Mathe- matik berichtet. Derselbe hatte sich bereits längere Zeit mit Ordnen von Büchern und Auf- und Abgelıen beschäftigt, wobei er Anwesende unter den Arm fasste und zum Mitgehen nöthigte, als er seinen Hut und seine Mappe ergriff und die Thür aufschloss, allem Anschein nach, um das Collesg zu besuchen. Vor der verschlossenen Haus- thüre kehrte er um und in’s Zimmer zurück, wo er Kopf- bedeekung und Hefte ablegte, sein früheres Treiben wieder aufnehmend. Vermehrte Beobachtungen werden ohne Zweifel noch mancherlei Analoges erbringen. Die Brücke zu einem wissenschaftlichen Verständniss dürften aber gewisse phy- siologische Zustände bilden, die theils unter den Begriff der Uebungshaudlungen fallen, theils als Zerstreutheits- 364 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 36. handlungen bezeichnet werden können. Wollen wir uns einen neuen musikalischen Vortrag auf dem Clavier ein- üben, so kostet es uns Mühe und ist mit merkliecher An- spannung der Aufmerksamkeit verbunden. Denn der Ge- sichtseindruck jeder einzelnen Note, der als Reiz in den Sehnervenfasern hinauf zu der Oberfläche des Gehirns, der Hirnrinde vordringt, weckt dort zunächst eine Serie von Vorstellungen, die Lage der entsprechenden Taste, die Wahl des anschlagenden Fingers, die Stärke des An- schlags und anderes mehr betreffend, ehe er in die zu den Armmuskeln führenden Nervenbahnen hinabsteigt und die intendirte Bewegung hervorruft. Gleiehwie die Er- scheinungen der elektrischen Leitung, so kann man sich den Verlauf der Reizfortpflanzung im Nervensystem, als dessen Centralorgan wir Gehirn und Rückenmark ansehen, unter dem Bilde eines strömenden Flusses anschaulich machen. Demgemäss hätten wir uns die geschilderten Vorgänge so vorzustellen, dass der empfangene Gesichts- reiz anfangs eine ganze Anzahl von Hirnrindenregionen überfluthet und die dort gewissermassen deponirten Vor- stellungen aufstört, da das ihm eigentlich bestimmte Strombett — der möglichst direete Weg vom Auge zum Bewegungsmechanismus der Finger noch nicht ge- räumig genug ist, ihn ganz allein aufzunehmen. Je weiter aber die Uebung fortschreitet, das heisst, um im Bilde zu bleiben, je öfter die Strombahn benutzt wird, desto vollständiger reicht sie als Abzugscanal aus und die hereinbrechenden Massen sind nieht mehr ver- veranlasst, auf Nachbargebiete überzutreten. In Pro- portion hierzu nimmt die Betheiligung der Apperception, der Aufmerksamkeit, des Bewusstseins, oder wie man sonst das räthselhafte Etwas nennen will, durch das die materiellen Gehirnvorgänge zu Wahrnehmungen werden, nach und nach ab, wie denn überhaupt die Selbstbeob- achtung lehrt, dass die Psyche stets am intensivsten dorthin gezogen wird, wo — wieder bildlich — der stärkste Strudel herrscht, mag er nun durch Widerstand oder allzu- mächtiges Heranströmen bedingt sein. Das Endergeb- niss längerer Uebung ist also eine rein mechanische Action, bei deren Ablauf die Seele nicht mehr betheiligt zu sein braucht, es auch in der Regel thatsächlich nicht ist. Handlungen aus Uebung und Handlungen in der Zerstreutheit unterscheiden sich nicht prineipiell, sondern nur darin, dass erstere keine psychische Thätigkeit wecken, weil sie selbst eine zu schwache Erregung setzen, letztere, weil gleichzeitige stärkere Eindrücke aus anderen Gebieten des Seelenlebens sie überflügeln. Dass übrigens die Handlungen Zerstreuter sich auch mit Vorliebe aus gewohnten Verrichtungen zusammensetzen, liegt in der Natur der Sache. Teleologischer Auffassung Geneigte möchten wohl in unserer weitgehenden Befähigung zu automatischen Handlungen einen gewissen Vortheil erblicken, insofern dadurch der Intelleet, unbehindert durch zeitraubende Leitung niederer Processe, sich Wichtigerem zuwenden kann. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass die Einmischung sogenannter Ueberlegungen nicht selten unerwünschte Er- folge erzielt. Wer entsänne sich nicht, oft genug in völliger Finsterniss die bekannte Treppe seines Hauses mit derselben Sicherheit erstiegen zu haben, wie am hellen Tage, ohne auf den Weg zu achten, vielleicht im Gespräch mit einem anderen? Sobald indessen ein- mal die Vorstellung eines möglichen Unfalles auftaucht, und alsdann die Bewegungen einer Controlle sowie aller- lei Correeturen unterzogen werden, beginnt man zu stol- pern. Der ruhige Gang der Maschine kommt in Unord- nung, weil störende, bald hemmende bald überhastende Impulse, aus Vorstellungen und Empfindungen ent- springend, sich einmischen, und das gewohnte ruhige Hinüberfliessen der sensiblen Reize in die motorischen Bahnen hindern. Nichts anderes bewirkt auch den Sturz oder das Zusammenbrechen des Nachtwandlers, wenn er erweckt wird und Erstaunen und Schreck jäh die sich von selbst abwickelnde Kette seiner Handlungen zersprengen. Ist schon der Wachende rücksichtlich eines nicht unbeträchtlichen Theiles seiner Handlungen eine ecomplieirte Maschine, insofern die Seele, wie schon betont, sich immer nur in einem beschränkten Gebiete, bald diesem bald jenem zugewendet, thätig erweist, so gilt dies in noch höherem Grade vom Somnambulen. Man könnte allen Ernstes daran denken, ihn überhaupt als reinen Automaten aufzufassen. Doch mögen die während des Nachtwandelns empfangenen Eindrücke auch zu sechattenhaften Traumbildern, zu Illusionen im Sinne der Psychiatrie, Veranlassung’ geben. Darüber wissen wir nichts. Hier sollte nur gezeigt werden, wie der Somnambulismus sich in den Rahmen des wissen- schaftlichen Verständnisses einfügen lässt. Herz der Röhrenschnecken. Bei den Röhren- schnecken (Scaphopoden), jenen eigenthümlichen Weich- thieren, die ein elefantenzahnähnlich gekrümmtes, an beiden Seiten offenes Gehäuse besitzen, konnte bisher ein Herz nicht aufgefunden werden (s. z. B. Leunis, "Synopsis, Zool. Bd. 1. S. 991). Neuerdings konnte nun L. Plate („Ueber das Herz der Dentalien“, Zool. Anz. 1891. S. 78) feststellen, dass das Blut nicht, wie man mit Laeaze-Duthiers annahm, durch Zusammenziehungen der Muskeln der Körperwandung umherbewegt wird, sondern dass ein, wenn auch verkümmertes Herz mit einem be- sondern Herzbeutel vorhanden ist. Es liegt am vorderen Ende des in der Mittellinie der Bauchseite verlaufenden grössten der Bluträume, des sinus abdominalis, und springt halbkugelig in die Mantelhöhle vor. Die Blut- körperchen fallen aus dem genannten Simus durch Spalten, die die Verwachsung von Magen und dorsaler Herzbeutel- wand übrig lässt, m das nicht in Kammern getheilte Herz hinein und gelangen durch ähnliche Spalten in den Perianalsinus. Dr,CM: Die Häutung des Erdsalamanders (S. atra) schil- dert J. W. Spengel in den „Zool. Jahrb.“, Abth. f. Syst. u.s. f. 5. B.,5. H. Jena, 1891. S. 920. Spengel fing die Beobachtung an, als die sich ablösenden obersten Zellsehiehten der Epidermis schon als ein Wulst auf dem Nacken sassen. Bekanntlich beginnt die Haut am Munde aufzureissen. Der Salamander befreite nach einander die Arme. Als er die Hände herauszog, legte er die Arme nach hinten auf die Brust. Nun athmete er tief auf und verengerte dabei durch Muskeleontractionen die hintere Rumpfhälfte. Doch glitt die Haut jetzt erst bei einer kräftigen Seitenkrümmung nach hinten. Die Beine wurden sodann an den Schwanz angedrückt, so- dass die Haut über die Oberschenkel fortging. Die Be- freiung der Beine geschah wie die der Arme nach ein- ander. In beiden Fällen ging die linke Gliedmasse vor- an. Der rechte Fuss schob den Hautwulst über °/, des Schwanzes fort. Endlich erfasste nach einmaligem ver- gebliehen Schnappen der Salamander die Haut mit dem Maule, zog sie vom Schwanzende ab und frass sie auf. Dr. C. M. “. Nr. 36. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 365 ee —_——— — — Die Entwieklungsgeschichte und Morphologie der Gladonien. — Die zierlichen Cladonien, die „Fürsten der Flechtenwelt“, wie sie Naegeli nennt, sind von @. Krabbe*) zum Gegenstand einer grösseren Arbeit ge- macht worden. Die Systematiker unterschieden früher bei dieser Gattung einen zweifach ausgebildeten Thallus, den Thallus horizontalis oder Protothallus und die Podetien. Nur der Protothallus ist als der vegetative Theil zu betrachten, die Podetien sind untrennbare Theile der Früchte, wie wir sogleich sehen werden. Der vegetative 'Thallus be- steht aus den drei Schichten, wie sie bei allen Flechten mehr oder weniger ausgebildet anzutreffen sind, der Rinden-, Gonidien- und Markschicht. Die Hyphen der Rindenschicht sterben successive von oben nach unten ab und werden durch neuen Nachwuchs aus der Gonidien- sehieht ersetzt. Die dabei mit in Rinde geschobenen Gonidien gehen hier in dem festgefügten Gewebe aus Mangel an Kohlensäure und Luft zu Grunde. Die Anlagen der Fruchtkörper erfolgen in der Go- nidienschicht. Im einfachsten Falle werden schon im frühesten Stadium ascogene Hyphen angelegt, welche mit emporwachsen, und deren Scheitel sich am Ende des Fruchtsprosses nach Ausbildung der Hymenien zu Sehläuehen umbilden. Man müsste also das ascogene Gewebe lückenlos vom Ursprung aus den vegetativen Hyphen der Gonidienzone bis zu den Schläuchen ver- folgen können, wenn nicht durch nachträgliches Hohl- werden des Fruchtsprosses ein Zerreissen in einzelne Theile erfolgte. So einfach geht nun der Entwicklungsgang nicht immer vor sich; bei den becherförmigen und strauchig verzweigten Arten werden die ascogenen Hyphen erst spät, nachdem der Fruchtspross bereits eine gewisse Länge erreicht hat, differeneirt. Trotzdem lehrt die Ent- wieklungsgeschichte, dass in Jedem Falle die Po- detien zum Fruchtspross gehören und nicht Thallusgebilde sind. Zugleich werden nun auch eonidienbildende Hymenien (Spermogonien) gebildet. Die Entstehungsweise ist eine ähnliche wie die der ascogenen Fruchtsprosse; auch hier gehört das Podetium zur Frucht, nicht zum Thallus. Merkwürdigerweise kommen auch Früchte vor, welche Ascen und Conidien an ihrem Rande oder an den Aesten tragen. Die Entstehung muss man sich so erklären, dass bei den reich verzweigten Arten (nur bei diesen tritt diese Heterosporie in die Erscheinung) im Laufe der phylogenetisehen Entwicklung die homospore Ausbildung der Fruchtkörper eine schwankende geworden sei, und dass so allmählich auch heterospore zur Ausbildung ge- langten. Oft bleiben die Fruchtsprosse steril. Zwischen solehen, die ein normales Hymenium, aber keine Sporen ausbilden, und solchen, die überhaupt kein ascogenes oder conidientragendes Gewebe und Paraphysen aus- bilden, finden sich alle möglichen Uebergänge. Die Hauptstütze der älteren, jetzt überwundenen An- sieht, dass die Podetien Thallusgebilde seien, war das Vorhandensein von Gonidien im Podetium. Diese Algen- zellen stammen nun aber nicht aus dem vegetativen Thallus, sondern gerathen erst später an die ursprünglich ohne Algen auswachsenden Podetien und werden hier festgehalten und umsponnen. So können eine eontinuirliche Gonidienschicht oder *) (Entwicklungsgeschichte und Morphologie der polymorphen Flechtengattung Cladonia Ein Beitrag zur Kenntniss der Asco- myceten. Mit 12 Tafeln. Leipzig.) suchungen zu nachstehenden Sehlusssätzen: 1. nur einzelne Thallussehüppehen entstehen. Die Erschei- nung hat einen ganz bestimmten Zweck für die Ernäh- rung der: Früchte. Bekamntlich stirbt der vegetative Thallus sehr bald ab (so hat man z. B. von der weit- verbreiteten Cladonia rangiferina, der Rennthierflechte, erst im letzten Decennium den vegetativen Thallus in Form einer Kruste entdeckt), während die Podetien unbegrenzt, mindestens 100 Jahre bei einigen Arten, weiterwachsen können. Wie sollten sich diese Pilzhyphen ernähren, wenn sie nicht auf die eben geschilderte Weise ihre Nahrung durch die aussen anfliegenden Soredien geliefert bekommen ? Es würde zu weit führen, auf alle Punkte der reich- haltigen Arbeit einzugehen. Ich muss auf das Original verweisen, dessen Werth noch ganz bedeutend durch die schönen Tafeln erhöht wird, welche ausser den entwick- lungsgesehichtlichen Details auch eine Menge von vor- züglichen Habitusbildern bringen. Dr. G. Lindau. Ueber die Bakterien des rohen Genussfleisches hat ©. Kraus (Wien. med. Bl. d. Pharm. Centralh.) Untersuchungen veröffentlicht. Derselbe fand, dass rohes Rind-, Kalb- und Schweinefleich, welches mindestens 24 Stunden, nachdem die Thiere geschlachtet waren, auf Bakterien geprüft wurde, eine umso grössere Anzahl und Artenreiechthum von Bakterien aufwies, je älter das Fleisch war. Verf. kommt auf Grund seiner Unter- Die ein- zelnen Fleischgattungen enthalten keine speciellen Bak- terienarten. 2. Die im rohen Genussfleisch vorkommen- den Bakterien können sehr zahlreich sein. 3. Die Zahl der Arten wechselt nach den Jahreszeiten. 4. In den Fällen, in welchen die Injeetion des aus faulendem Fleisehe stammenden Saftes Mäuse tödtete, wurden in den untersuchten Mäuseorganen gleiche "Bacillen ge- funden. 5. Es scheint sieh hier um einen dem Gärtner- schen Baeillus enteridis identischen Baeillus zu han- deln, der im frischen Fleische nieht pathogen ist, jedoch bei Anwesenheit von Saprophyten pathogen wird. 0, Ein grosses Meteor. — In der No. 1137 der „Na- ture“ theilt Herr Donald Cameron, Paisley, Schott- land, seine von ihm am 31. Juli 1 Uhr 15 Min. a. m. gemachte Meteorbeobachtung mit, die wir hier nieht nur des Interesses wegen wiedergeben, welches der Gegen- stand an sich hat, sondern auch weil die ganze Art und Weise, in der Herr Cameron seine Beobachtung angestellt und beschrieben hat, uns vorbildlieh und sehr geeignet erscheint, weitesten Kreisen zu zeigen, wie man mit den denkbar einfaehsten Mitteln, d. h. mit blossen Augen und einer gewöhnlichen Uhr, derartige Wahrnehmungen in für die Wissenschaft verwendbarer Form registriren kann. Der Beobachter sagt zunächst, dass das Meteor be- deutend grösser gewesen sei als Jupiter, der zu seiner (des Beobachters) rechten Seite, im Sternbilde der Fische, gestanden habe. Der Himmel zeigte ein tief dunkles Blau. Die Beobachtung wurde ausserdem, wie beiläufig bemerkt sein möge, durch Mondlieht nicht beeinträchtigt. (Am 28. Juli, morgens etwa 5'/, Uhr, war letztes Viertel gewesen.) Nachdem Herrn Cameron’s Auge sich an das ungewohnt helle und blendende Lieht gewöhnt hatte, wandte er sich sofort nach dem Jupiter hin, um das Me- teor mit dem Planeten zu vergleichen, wobei er die Grösse des letzteren auf den dritten Theil derjenigen der Feuer- kugel schätzen konnte. Von der Helligkeit der letzteren sagt er, dass sie die ganze Umgegend der Beobachtungs- stelle mit dem Glanze der Mittagssonne erleuchtet habe. Ueber die Bahn der Feuerkugel giebt Herr Cameron die 366 vollständig genügende Auskunft, dass sie sich von Mira Ceti, rechts an Mesartum Arietis vorüber, nach 4 Andro- medae gezogen habe. Das Meteor zerbarst in der Nähe der Erde, jedoch ohne dass irgend eine Detonation wäre wahrgenommen worden. Die Farbe war vollkommen weiss. Der Beobachter hatte den Eindruck, als ob die Erscheinung sieh in sehr grosser Nähe von ihm abspiele, insbesondere, als ob der Horizont in äusserst grosser Ent- fernung hinter ihr liege. Bei der Zertrümmerung nahm das Meteor bedeutende Dimensionen an und sein Glanz blieb noch 2 Sekunden nachher in voller Stärke bestehen. Der Lichtschweif, den die Feuerkugel nach sich zog, war sehr schmal, mit Ausnahme des sieh an die Kugel direct anschliessenden Theiles, der breit und glänzend war, aber auch sehr schnell erlosch. Die Festigkeitseigenschaften des Aluminiums werden im „Centralblatt der Bauverwaltung“ (1891 No. 25) einer kurzen Erörterung unterzogen. In der That gewinnen sie mit der zunehmenden Verbilligung dieses Metalles erhöhte Bedeutung. Es erscheint daher angezeigt, einmal zu prüfen, ob die hinsichtlich der Ver- wendbarkeit desselben zu tragenden Bautheilen schon oft geäusserten und auch neuerdings wieder aufgetauchten Hoffnungen Aussicht auf Erfüllung haben. Da das Ge- wicht des Aluminiums nur ein Drittel von dem einer gleichen Raummenge Eisen beträgt, so würde das erstere als Baustofl' dem letzteren gegenüber bei auch nur an- nähernd gleicher Festigkeit — zunächst von Jen Kosten abgesehen — in allen den Fällen grossen Vortheil bieten, in welchen das Eigengewicht von massgebendem Einfluss ist, also z. B. bei weitgespannten Brücken oder Theilen von Luftschiffen u. dergl. Thatsächlich liegen nun aber die Verhältnisse keineswegs so günstig. Untersuchungen der Pittsburgher Aluminiumwerke, über die deren Director A. E. Hunt vor kurzem in dem New-Yorker Eisenbahn- Club beriehtete, haben nämlich nach der Railroad Ga- zette vom 27. März d. J. die nachstehenden Ergebnisse geliefert: Zugspannung an der Elastieitätsgrenze für Aluminium -Guss -Blech -Draht -Stäbe 457 s44 1130—2110 985 kgygem; Zugspannung an der Bruchgrenze für Aluminium- -Guss -Blech -Draht -Stäbe 1050 1690 21104570 1970 kg,gem; Einschnürung des Querschnittes für Aluminium- -Guss -Blech -Draht -Stäbe 15 3 60 40 v. H. Für auf Druck beanspruchte Cylinder, deren Höhe dem doppelten Durchmesser gleich war, wird die Spannung an der Elastieitätsgrenze zu 246 kg/gem und die Bruch- spannung (?) zu 845 kg/gem angegeben. Der Elasticitäts- modul des Aluminiums soll 775000 kg/gem betragen. Für welche Herstellungsformen die letzteren Zahlen gelten, ist in der Quelle nicht bemerkt. Hunt hat sich in dem oben erwähnten Vortrage selbst über die Aussichten des Aluminiums als tragender Stoff geäussert und bemerkt darüber folgendes: Leider ist das Aluminium nicht, wie man vielfach behauptet hat, ein vergleichsweise sehr festes Metall. Seine Zug- festigkeit ist im allgemeinen nur etwa gleich derjenigen des Gusseisens und weniger als die Hälfte von: der des Schmiedeeisens. Dazu kommt noch, dass die Elastieitäts- grenze bei Beanspruchung auf Druck sehr niedrig liegt, ein Mangel, der nur theilweise durch die ausserordent- liche Geschmeidigkeit (duetility) des Metalles wieder aus- Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. 36. geglichen wird, welche grosse Formänderungen ohne Auftreten von Rissen ermöglicht. Und an anderer Stelle: Auf die Verwendung des Aluminiums zu Bauzwecken setze ich sehr geringe Hoffnungen. Die einzige Aussicht, die das Metall für diesen Zweck nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse vielleicht haben könnte, ist die Verwendung in Form von Draht zu Tragkabeln. Es würde möglich sein, solehe Kabel mit etwa 4200—4900 kg/’gem Zugfestigkeit der einzelnen Drähte und ungefähr einem Drittel des Gewichtes von Stahlkabeln gleichen Quersehnittes herzustellen. Soweit Hunt. Da Stahldraht sehr wohl mit 10 000 bis 12 000 kg/gem Festigkeit hergestellt werden kann, so würde der statische Vortheil der Aluminiumkabel jedenfalls nieht sehr gross sein. Von grösserer Bedeu- tung erscheint dagegen der Hinweis auf die ausgezeich- neten Festigkeitseigenschaften der Mischungen aus Alu- minium und anderen Metallen, wie z. B. der Aluminium- Bronee und des Aluminium - Messings. Dass diese Mischungen dem Stahl nahekommen und ihn in mancher Hinsicht übertreffen, ist bekannt; sie sind aber nicht leichter als Stahl. Dagegen behauptet Hunt in seinem Vortrage, dass Aussichten vorhanden seien, eine Mischung ınit dem Einheitsgewicht 3 oder 3,5 und 7000-8500 kg/gem Zugfestigkeit herzustellen; aber auch bezüglich dieser Mischung bezweifelt er die Möglichkeit, mit dem Stahl in erfolgreichen Wettbewerb zu treten. Das Buchenholz und seine Verwendung zu Par- kettfussböden bildet den Gegenstand einer Auseinander- setzung im Polytechnischen Centralblatt, von der wir kurz folgendes Resume geben. Das Buchenholz ist von zahlreichen Gefässen durch- zogen und nimmt deshalb je nach den Verhältnissen begierig Feuchtigkeit auf oder giebt solche ab. Mit dieser Aufnahme und Abgabe von Wasser ist aber ein fortwährendes Bewegen (Wachsen, Werfen und Schwinden) des Holzes verknüpft, wodurch seine Verwendung zu bau- beständigen Construetionen erheblich beschränkt wird. Seine Struetur, seine Farbe, die Leichtigkeit seiner Be- arbeitung, alles dies würde ihm in einzelnen Branchen eine hervorragende Bedeutung verleihen, wäre nieht die Formunbeständigkeit, die hier einen Riegel vorschiebt, oder bis jetzt vorgeschoben hat. Besonders geeignet zur Verwendung als Parkett- boden erscheinen durch ihr Aeusseres und ihre Be- arbeitungsfähigkeit die Buchenriemen; der Spiegel der- selben übertrifft in vielen Stücken den des Eichenholzes, aber gerade der Parkettboden ist die empfindlichste An- lage rücksichtlich Wachsen und Schwinden der verwen- deten Riemen. Hier setzte nun schon seit Jahren die Industrie mit Versuchen ein, dieser störenden Eigenschaft des Buchen- holzes zu begegnen. Die Riemen wurden getrocknet, gedämpft, mit Chlorzink imprägnirt, wieder gedämpft und wieder getrocknet, aber keins dieser Verfahren wies einen durchschlagenden Erfolg auf. Die getrockneten Riemen nahmen in Folge hygroskopischen Verhaltens sofort wieder Luftwasser auf, dehnten sich und schwan- den wieder bei veränderter Umgebung, kurz die grössten Missstände bei Parkettböden traten trotz aller vorher- gegangenen Vorbereitung wieder auf. Dass man, um den widrigen Geruch und die häss- liche Farbe zu ändern, mit Chlorzink imprägnirte Riemen mittelst Dampf wieder auslaugte, ist jedenfalls eine nach der Richtung der Holzbewegung verfehlte Massregel, denn die Chlorzinksättigung hätte die Riemen in Folge der grossen Wasseraufsaugungsfähigkeit des genannten Salzes in einem steten, gelinden Feuchtigkeitszustand ge- Nr. 36. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 367 halten und so vielleicht grössere Volumenwechsel ver- hütet. Aber Farbe und Geruch sprechen auch mit, be- sonders in solehen Räumen, in denen Parkettböden ver- wendet werden, und somit blieben auch diese Vornahmen ohne ausschlaggebenden Einfluss auf die erwähnte Ver- wendbarkeit des Buchenholzes. Aus dem Gesagten geht deutlich hervor, dass die Aufgabe, Buchenholz zu Parkettriemen brauchbar zu machen, sich dahin zusammenfassen lässt, die fertige be- arbeiteten Riemen auf den möglichst niedrigen Feuchtig- keitsgehalt herabzudrücken und diesen Zustand durch anderweitige Vornahmen zu fixiren, d. h. die Gefässe der stark ausgetrockneten Hölzer so zu schliessen, dass sie fürder nieht mehr der Luft und dem Wasser zu- gängig sind. Hierbei war selbstverständlich auch die gebührende Rücksicht auf das Aussehen und sonstige Verhalten der Parkettriemen zu nehmen. Diese Aufgabe ist von dem Baumeister Herın Karl Amendt nach län- geren Versuchen gelöst und demselben durch Patente geschützt worden. Die Amendt’sehen Buchenriemen werden in wohl aus- gerüsteten Trockenkammeın gründlich getrocknet und dann nach vorheriger Behobelung sofort mit einer sich harzähnlich verhaltenden Mischung imprägnirt. Diese Mischung füllt die Getässe und Poren des Holzes, erstarrt in demselben zu harter Masse und schliesst das ganze Innere der so behandelten Holzstücke absolut gegen jeden Zutritt der Luft und des Wassers ab. Da- bei behalten die Buchenriemen ein gefälliges Aussehen, bei welchem besonders der Spiegel angenehm auffällt und erhalten eine Härte, welche diejenige des Eichen- holzes übertrifft. In Folge seiner absoluten Volumen- beständigkeit verträgt das Amendt’sche Material das Lagern in offenen, der Luft zugänglichen Räumen und einmal verlegt, jede Behandlung, der ein Fussboden im Laufe der Jahre ausgesetzt werden kann. Fugen treten in solehen Böden nicht mehr auf, gegen Wasser sind sie fast vollständig gefeit und geben somit in hygienischer Beziehung die Gewähr, dass sie den andauerndsten, wiederholtesten und gründ- lichsten Reinigungsverfahren unterworfen werden können und schwerlich eine Zufluchtsstätte bilden werden für Krankheits- und Ansteekungskeime. Das Holz selbst passirt in seiner Behandlung nach dem Amendt’schen Verfahren eine Temperatur von über 100° C. und ist da- durch von allen ihm etwa anhaftenden Zersetzungs- erregern befreit und dann durch die Wirkung der Im- prägnirung für immer gegen die Aufnahme solcher Lebe- wesen geschützt. Praktische Verwendung des Spaltens von Papier. — Bereits früher hatten die „Neuesten Erfind. u. Er- fahrungen“ auf die Spaltbarkeit des Papiers aufmerksam gemacht, und auf die Fälle der praktischen Verwerthung dieser sehr interessanten Eigenschaft des Papieres hinge- wiesen. Nun hat, wie genanntes Journal berichtet, der Vorsteher der heliographischen Abtheilung der russischen Expedition zur Anfertigung der Staatspapiere in St. Pe- tersburg, Georg Scamoni, die Spaltbarkeit des Papieres vielfach mit Erfolg zur Loslösung von Holzsehnittbildern benützt, deren Wirkung durch die von der Rückseite her durehseheinende Schrift beeinträchtigt wurde, und hat das Verfahren mit Bezug auf solche heikle Aufgaben vervoll- kommnet. Er beschreibt dasselbe in Eder’s Jahrbuch für Photographie und Reproducetionstechnik in folgender Weise: Aus feiner, sehr glatter und starker Halbleinwand schnei- det man zwei gleichgrosse Stücke, die das zu spaltende Papier ringsum etwa drei Zoll überragen. Man kocht dieselben in reinem Wasser bis zur vollständigen Ent- fernung der Appretur, spült sie dann in mehrmals er- neutem Wasser ab und drückt sie schliesslich kräftig aus. (Nieht auswinden!) Beide Stücke Leinwand breitet man auf ein vollkommen glatt gehobeltes Brett und be- streicht sie, wie auch eine Seite des zu spaltenden Druckes, ‘recht gleichmässig mit frisch gekochtem, ziem- lich dünnem Stärkekleister bester Sorte. Sodann legt man den Holzsehnitt mit der bestrichenen Seite auf eines der Leinwandstücke und reibt ihn, unter Verdrängung der darunter befindlichen Luftblasen, behutsam an, wo- nach man auch die Rückseite des Bildes mit Kleister bestreicht und das zweite Leinwandstück darüber klebt. Das Ganze wird uunmehr mit einem glatten Brett be- deckt, für etwa zwölf Stunden in eine Buchbinderpresse gespannt, oder so lange mittelst einer Steinplatte stark beschwert, bis man den Kleister vollständig ausgetrocknet findet. Die fest aneinander haftenden Leinwandstücke schiebt man dann um etwa Handbreite unter dem sie beschwerenden Gegenstand, resp. den beiden Brettern hervor, und beginnt sie sorgfältig auseinander zu ziehen, wobei das dazwischen geklebte Papier in zwei gleich- dünne Hälften zerlegt wird. Ist der Anfang gut ge- Inngen, so setzt man obige Operation allmählich weiter fort, bis die gänzliche Spaltung erzielt wird. Jetzt handelt es sich nur noch darum, das von den vorher durchschimmernden Letterndruck befreite Bild von der daran klebenden Leinwand zu lösen. Zu diesem Zweck presst man aus einem grossen Schwamm so lange warmes Wasser darauf, bis der darunter befindliche Kleister vollkommen erweicht ist. Dann legt man eine reine Glasplatte darüber, dreht dieselbe um und hebt die Leinwand ab. Der auf der Glasplatte ruhende Holz- schnitt wird nun mittelst eines weichen Dachshaarpinsels und warmen Wassers von der noch darauf befindlichen Kleistersehicht gereinigt und an einem warmen. Orte ‚ge- trocknet. Wird der Holzschnitt. später in einer Satinir- presse oder auf ebener Unterlage mittelst mässig heissen Bügeleisens gut geglättet, so ist er, wenn er lediglich zu Reproductionszwecken dienen sollte, genügend vorbereitet. Wünscht man ihm jedoch das Ansehen eines feinen Kunst- druckes zu verleihen, so färbe man ihn durch Uebergiessen mit verdünntem schwarzen Kaffee nach Art des chine- sischen Papiers schön gelblich und klebe ihn, bis nahe zum Bildrande scharf beschnitten, auf dickes, glatt auf- gespanntes Kupferdruckpapier. In letzteres kann nach- träglich noch ein künstlicher Plattenrand eingedrückt werden. Ueber ein Gefäss zur Aufbewahrung steriler Flüssigkeiten. — Für bakteriologische Arbeiten ist es oft wichtig über ein Gefäss zu verfügen, in dem man Flüssigkeiten (Bouillon, Wasser u. s. w.) sterilisiren und in sterilem Zustande aufbewahren kann; dem man ferner kleinere oder grössere Mengen entnehmen kann, ohne den in der Flasche verbleibenden Inhalt oder die ent- nommene Probe einer Verunreinigung durch hineinfallende Keime aussetzen zu müssen. Herr Dr. Alb. Maassen, Hilfsarbeiter der bakterio- logischen Abtheilung des kaiserl. Gesundheitsamtes, durch seine Arbeit über Dauermilch und andere ehemischer Natur bekannter geworden, hat nun, wie die „Pharma- ceutische Zeitung“, Berlin, mittheilt, einen Apparat con- struirt (verfertigt von Dr. Rob. Muencke, Berlin, Luisen- strasse 58), der die Nachtheile der älteren vermeidet, und sich durch Handlichkeit auszeichnet. Der Apparat besteht, wie beistehende Abbildung zeigt, aus einer Flasche von der Form der bekannten Erlenmeyer’schen Kolben, und ist ganz aus Glas ge- fertigt, ein Hauptvorzug vor anderen dasselbe bezwecken- 365 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 36. Tee TT—— — m ———.,|,. dh den Apparaten, da hierdurch. die Sterilisation vereinfacht und sicherer wird. In den Hals des Kolbens sind zwei Glasrohre eingeschmolzen, deren kürzeres ausserhalb der Flasche horizontal abgebogen, in der Mitie zu einer kleinen Kugel erweitert ist und in der Flasche dicht unter der Ansatzstelle absehneidet. Das andere, bis auf den Boden der Flasche reichend, biegt nach seinem Aus- tritt aus derselben sich U-förmig zurück und läuft in eine feine Spitze aus. Ueber die Spitze dieses Rohres ist ein weiteres (Durchmesser 2,5—3,0 em) geschoben und mit demselben derart verschmolzen und so lang ge- wählt, dass die Mündung des weiteren Rohres sich etwa 3—51/, em unterhalb der Spitze des inneren Rohres be- findet und dieselbe wie. eine Glocke oder Kappe um- giebt. Dieses weitere Rohr wird ebenso wie die Kugel des horizontalen Rohres durch einen Bausch Watte ver- stopft. Zur Füllung der Flasche entfernt man zunächst die Watte aus dem Glockenrohr und setzt in dasselbe einen durehbohrten Kautschuk- oder Korkstöpsel ein. Durch die Bohrung desselben führt man ein Glasrohr, dessen Weite so gewählt ist, dass es sich etwa 1 cm über die Spitze des langen bis auf den Boden der Flasche gehenden Rohres schieben lässt. Das andere Ende des Rohres bringt man in das Gefäss, welches die Flüssigkeit (Bouillon u. s. w.), die man be- nutzen will, enthält. Durch Saugen an dem horizontalen Rohr wird die Flasche gefüllt. Ist dies geschehen, dann wird der Stöpsel mit dem An- saugrohr entfernt, die Kappe wieder mit Watte verstopft und der Kolben . durch Einhängen in einem Dampfstrom sterilisirtt. Die Weite des Kappenrohres gestattet Reagensgläser darunter zu bringen und, vor Verunreinigung durch Luftstaub ge- schützt, durch Blasen in das Kugelrohr (wie bei einer Spritzflasche) zu füllen. Die Watte in der Kugel be- zweckt die Keime aus der Luft beim Einblasen ab- zufiltrivren. Will man die Watte aus dem Kugelrohr entfernen, bezw. durch neue ersetzen, so lässt sich dies leicht durch einen kleinen Drahthaken bewirken, oder einfacher, man erhitzt das Kugelrohr zum Glühen und bläst durch das Kappenrohr Luft hindurch. Die Watte verbrennt und die Asche lässt sich leicht entfernen. - Aus dem wissenschaftlichen Leben. Verein zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in den Naturwissenschaften. Für die begründende Ver- sammlung, die am 5. und 6. Oetober in Braunschweig stattfinden soll, sind folgende Vorträge in Aussicht genommen. Bail- Danzig: Werth des naturgeschichtlichen Unterrichts auf höheren Schulen und practische Gesichtspunkte für seine Behandlung; Elster und Geitel-Wolfenbüttel: Die Entladung negativ elek- trisirter Metallflächen dureh Belichtung; Fenkner-Braunschweig: Vorführung einiger neueren Apparate für den Unterricht in der Physik; Frieke-Bremen: Die Verwendbarkeit und die Wichtig- keit biologischer Gesichtspunkte im naturgeschichtlichen Unter- richte; Hildebrandt-Braunschweig: Ein neuer Kegelschnitts- zivkel; Krumme-Braunschweig: In den Lehrplänen für die höheren Schulen sind diejenigen Fächer in enge Beziehung zu einander zu setzen, denen die Ausbildung der Raumanschauung als gemeinsame Aufgabe zufällt; Lehmann-Münster: Die Vor- bildung der Lehrer der Erdkunde auf der Universität, die Be- schaffung des Stoffes für den Unterricht in der Heimathskunde; Levin-Braunschweig: Einige chemische Versuche zur Erklärung der Pflanzenernährung und der Gährung; Petzold-Braunschweig: Vorführung einiger Apparate für den Unterricht in der astro- nomischen Geographie; Poske-Berlin: Anleitung der Schüler zu physikalischen Versuchen; Riehter- Wandsbeek: Das Verhältniss der Mathematik zu den Naturwissenschaften im Lehrplane des Gymnasiums; Schwalbe-Berlin: Der Bildungswerth der Natur- wissenschaften im Vergleich zu dem der Sprachen, die natur- wissenschaftlichen Lehrmittel; Wetekamp-Breslau: Der natur- wissenschaftliche. Unterrieht nach den en Hermann Müller’s. — Die Tagesordnung wird den Angemeldeten demnächst zugeschickt werden. Anmeldungen sind unter gleichzeitiger Ein- sendung des ‚Jahresbeitrags von 3 Mark an Prof. Dr. Kramer in Halle (Saale), Steinweg 2, zu entrichten. Litteratur. Lyman Belding, Land Birds of the Pacific Distriet. — Oecasional Papers of the Californ. Acad. of Seiences. II. San Franeisco 1390. Im Jahre 1883 traten die Ormithologen der Vereinigten Staaten und Canadas zu einem grossen Verband zusammen und bildeten die „American Ornithologists” Union“. Es wurden bei dieser Gelegenheit behufs gründlieher ornithologischer Unter- suchung die Vereinigten Staaten und Britisch Nordamerika in 13 Distrikte getheilt, deren jedem ein bekannter Ornithologe als Obmann vorgesetzt wurde, um die Zwecke der Union zu fördern und ihre Ausführung zu überwachen. Revision der Classification und Nomenelatur der nordamerikanischen Vögel, ihre Verbrei- tung und ihr Vorkommen, Anatomie, ökonomischer Werth u. s. w. sind die Ziele, welche die Nordamerikaner ins Auge fassten. Das oben angeführte Werk ist eine der in der erwähnten Riehtung verfassten Arbeiten. Es enthält ein sorgfältiges Verzeichniss der Landvögel des Paeific-Distriktes, unter welchem Californien, Oregon, Washington und Nevada begriffen sind, nebst genauen Angaben über Vorkommen, Wanderung u. s. w. Wenn auch, wie dies in der Natur der Sache liegt, das Werk kein Lesebuch für weitere Kreise ist, so bildet dasselbe bei der Sorgfalt und Genauigkeit, mit welcher es ausgearbeitet wurde, für den Fach- mann eine sehr willkommene Gabe. Dr. Ernst Schäft. Dr. F. Klockmann, Lehrbuch der Mineralogie für Studirende und zum Selbstunterricht. Erste Hälfte, enthaltend den all- gemeinen Theil. Verlag von Ferd. Enke. Stuttgart 1891. Das Klockmann’sche ausgezeichnete Lehrbuch verdient all- seitige Beachtung und wird wohl auch weiteste Verbreitung finden. Der vorliegende erste Theil umfasst 192 Seiten und bringt 257 klare Textfiguren; seine Abschnitte sind überschrieben : 1. Morphologie der Mineralien, 2. Physik der Mineralien, 3. Che- mie der Mineralien, 4. Die Lehre von den Lagerstätten der Mine- ralien, 5. Entwieklungslehre, 6. Technische Mineralogie, 7. Nomen- celatur und Systematik. Wie wir hieraus ersehen, wird das Ge- sammtgebiet der Mineralogie geboten, und wir müssen es loben, dass der Autor es verstanden hat, die bezeichneten Abschnitte auf dem angedeuteten Raum abzuhandeln, denn gerade ein um- fassendes und dabei doch nicht gar zu zumfangreiches Lehrbuch der Mineralegie, in welchem das Wesentliche in dem Uebermass von Unwesentlicherem nicht untergeht, ist geradezu Bedürfniss. Bei der Geschicklichkeit, welche die Abfassung des vorliegenden 1. Theiles verräth, ist zu erwarten, dass auch der 2. Theil in dem praktischen Rahmen, den sich der Autor gezogen hat, bleiben wird. ‘ Studirenden namentlich ist das Buch sehr zu empfehlen, aber auch als kleineres, bequemes Handbuch wird es — vorausgesetzt, dass das Register gewissenhaft bearbeitet werden wird, woran bei dem Fleiss, den das Buch verräth, nieht zu zweifeln ist — sich als sehr brauchbar erweisen. Epitomes of Three Sciences: Comparative Philology, Psycho- logy And Old Testament History. Herausgegeben von der Open Court Publishing Company. Chicago 1890. Der Herausgeber der in Chicago erscheinenden Wochenzeit- _ schrift „The Open Court“, Dr. Paul Carus, sagt in der Vorrede zu dem obengenannten Werkchen, dass dasselbe bestimmt sei, den gegenwärtigen Stand der Dinge auf drei in gewissen Be- ziehungen zu einander stehenden. Gebieten, dem der vergleichen- den Philologie, der experimentalen Psychologie und der biblischen Geschichte in kurzen Worten darzustellen. Die erste, von Prof. H. Oldenberg in Kiel verfasste und ins Englische übertragene der drei Abhandlungen, aus denen das Werkehen besteht, behandelt das Studium des Sanskrit. Der Verf. bespricht zunächst die Geschichte der Sanskritforschungen, dann die Entdeckung der Vedas, die darauf bezüglichen For- schungen, die Poesie und Interpretation der Vedas, endlich die Geschichte der Epoche, in welcher dieselben entstanden sind. Das Studium dieser Abhandlung, deren Uebersetzung sich leicht und angenehm liesst, ist nach jeder Richtung hin interessant. Die zweite Abhandlung von Prof. J. Jastrow enthält einen Ueberblick über die neuere Psychologie. Nach einer längeren Nr. 36. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 369 Einleitung bespricht der Verfasser in drei Abschnitten den Stand der psychologischen Studien in Deutschland, in Frankreich und Italien, in England und in den Vereinigten Staaten Nordamerikas. Ohne Zweifel sind die Fortschritte der Psychologie von der höchsten Wichtigkeit für die zukünftige Entwicklung unserer religiösen Anschaunngen und insofern ist die Kenntniss dieser Fortschritte für jeden erforderlich, der selbstständig auf religiösem Gebiete denken oder arbeiten will. Der Verfasser bekundet eine eingehende Kenntniss der einschlägigen Litteratur. In der dritten Abhandlung giebt Prof. C. H. Cornill in Königsberg eine kurze aber interessante Darstellung der Ent- wicklung des israelitischen Volkes. Er bespricht zunächst die Traditionen dieses Volkes, sodann die vielfachen Wanderungen der einzelnen Stämme desselben und zum Schluss die Eroberung Palästinas und die Gründung des Königsreichs Israel. Das Stu- dium dieser Abhandlung bietet jedem, der nicht gerade Special- studien über die Entwicklungsgeschiehte genannten Volkes ge- macht hat, manche neue Gesichtspunkte und Aufschlüsse. Es kann daher genanntes, schön und gut ausgestattetes Werkchen jedem der englischen Sprache mächtigen Leser bestens empfohlen werden. Zum Schluss sei noch die Bemerkung erlaubt, dass Herr Dr. P. Carus in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „The Open Court“, die sich wesentlich die Aufgabe stellt, Religion und Wissenschaft mit einander zu versöhnen, vielfach gehaltvolle Aufsätze aus dem Gebiete der Ethik, der Moral, der Physiologie und Psychologie bringt und dabei zeigt, dass er die betreffende deutsche Litteratur mit Aufmerksamkeit verfolgt und ihre Ergeb- nisse den englischsprechenden Völkern zugänglich zu machen sucht. Dr. P. A. Prof. Olof Hammarsten, Lehrbuch der physiologischen Chemie. Nach der zweiten schwedischen Auflage übersetzt und etwas umgearbeitet vom Verfasser. Verlag von J.F. Bergmann. Wies- baden 1891. Preis 8,60 Mk. Das vorliegende Buch in Grossoctav-Format, 425 Seiten um- fassend, mit einer Spectraltafel stellt sich die Aufgabe dem Stu- direnden und Arzte eine „kurzgedrängte“ Darstellung der Haupt- ergebnisse der physiologisch - chemischen Forschung sowie auch der Hauptzüge der physiologisch-chemischen Arbeitsmethoden zu liefern: und das ist dem Verfasser ausgezeichnet gelungen. Auch die wichtigeren pathologisch - chemischen Thatsachen haben in Hammarsten’s Lehrbuch Platz gefunden. Die Anordnung des Stoffes weicht von der gewöhnlich üblichen ab; wir finden 15 Ka- pitel: 1. Einleitung. 2. Die Proteinstoffe, 3. Die thierische Zelle, 4. Das Blut, 5. Chylus, Lymphe, Transsudate und Exsudate, 6. Die Leber, 7. Die Verdauung, 8. Gewebe der Bindesubstanz- gruppe, 9. Die Muskeln, 10. Gehirn und Nerven, 11. Die Fort- pflanzungsorgane, 12. Die Milch, 13. Die Haut und ihre Aus- scheidungen, 14. Der Harn, 15. Der Stoffwechsel bei verschiedener Nahrung und der Bedarf des Menschen an Nahrungsstoffen. Dr. Chatelain, Das Irresein, Plaudereien über die Geistes- störungen in's Deutsche übertragen von Dr. med. Otto Dorn- blüth. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Freiherr v. Krafft- Ebing. Gebrüder Attinger in Neuchatel 1891. Hätten wir nicht bereits bei Gelegenheit der Besprechung des Buches von Cullerre „Grenzen des Irreseins“ („Naturw. Wochenschr.“ Bd. VI, No. 15, S. 153) uns eingehender über den Gegenstand geäussert, den auch das vorliegende Werkchen in anziehendster Weise behandelt, so würden wir es uns nicht versagt haben, auf den Jedermann interessirenden Inhalt aus- führlich einzugehen. Wir müssen uns also leider nur mit einer besonderen Empfehlung des Buches begnügen und wollen wenigstens, um ein ungefähres Bild des gebotenen zu geben, die Ueberschriften der 12 Abschnitte hersetzen: 1. Geschichtlicher Ueberbliek, 2. Verrichtungen des Gehirns, 3. Mechanismus des Denkens, 4. Was ist Irresein?, 5. Das Irresein ist eine Krankheit des Gehirns. 6. Die Ursachen, 7. Allgemeine Erscheinungen, 8. Die einzelnen Krankheitsformen, 9. Diagnose, 10. Zustände, die Analogie mit den Geisteskrankheiten darbieten. 11. Behand- lung, Heilung, 12. Irre und Irrenarzt vor Gericht. „Es giebt — sagt v. Krafft-Ebing im Vorwort —, nächst der Hygiene, wenig Gebiete der Mediein, deren Popularisirung so wünschenswerth wäre, als das der Irrenheilkunde.* Er begründet diese Worte und fährt schliesslich fort: „Unter zahlreichen in dieser Richtung bereits gemachten Versuchen nimmt das Werk Chatelains, bei seinem trefflichen Inhalt und Styl, dem auch die Uebersetzung vollkommen gerecht zu werden wusste, eine hervor- ragende Stelle ein. Ein klareres Bild von den Ursachen, Er- scheinungen und Heilungsbedingungen der Geisteskrankheit lässt sich nicht geben.“ Dieses Zeugniss aus der Feder eines der erfahrensten Psy- ehiatrikers enthebt uns eines weiteren empfehlenden Wortes, Rand, Rev. Silas Tertius, Dictionary of the language of the Micmae Indians who reside in Nova Scotia, New Brunswick, Prince Edward Island. Cape Breton and New Foundland. Halifax, Nova Scotia 1383. 286 S. 4". Rand war über 40 Jahre laug Missionär unter den Miemae Indianern, einem Stamme der Algonkins, welcher die Küsten- provinzen Canadas bewohnt. Gleich vielen seiner Berufsgenossen benutzte er seine Stellung zu eingehenden Sprachstudien. Seinen eifrigen Bemühungen gelang es, ein Wörterbuch zusammen- zustellen, welches über 40000 Micmae Wörter enthält. Der kleinere Theil desselben, das Micmae-Englisch ist auf Kosten der canadischen Regierung in dem oben angezeigten Werke zum Druck gelangt. Dr. Rand hat das Erscheinen seiner Arbeit nicht lange über- lebt; er starb am 4. October 1889 im Alter von 79 Jahren in Hantsport, Nova Seotia. Ausser dem Wörterbuche hat er auch eine Miemae Grammatik und ein Miemae Lesebuch geschrieben und das ganze neue Testament sowie mehrere Theile des alten in's Miemae übersetzt. Rand’s literarische Studien waren auf die Miemae-Sprache nicht beschränkt; er beherrsehte die lateinische Sprache und Litteratur, war mit dem Alt- und Neugriechischen vertraut und auch im He- bräischen, Arabischen, Italienischen und Französischen wohl be- wandert. A.K. Die Reproductionsorgane von Marchantia polymorpha, 7 neue botanische Model'e der Firma R. Brendel. (Berlin W., Ans- bacherstr. 56). Unter Aufsicht angefertigt und erläutert von Dr. Carl Müller. Preis 75 Mark. Auf die für den Unterrieht so sehr nützlichen Brendel’schen Modelle im Allgemeinen haben wir in der „Naturw. Wochensehr.“ Bd. IV, S. 79 ff. schon ausführlicher aufmerksam gemacht, heute handelt es sich um eine Besprechung der kürzlich erst erschie- nenen im Titel genannten neuen Serie. Das hohe Interesse, welches die Kenntniss der Fortpflanzungs- erscheinungen in dem grossen Reiche der nicht Blüthen im ge- wöhnlichen Sinne erzeugenden Pflanzen, in dem Reiche der Kryptogamen, beansprucht, rechtfertigt es gewiss, wenn in der verdienstlichen Brendel’schen Sammlung botanischer Lehr- mittel eine Serie von Modellen angereiht wird, welche sich zu- nächst ausschliesslich auf den Entwicklungsgang eines einzigen Vertreters jenes Reiches, der Marchantia polymorpha L., beziehen. Im folgenden weisen wir — mit Benutzung der Müller’'schen Erläuterung — auf diejenigen Gesichtspunkte hin, welche für die Auswahl der darzustellenden Einzelheiten mass- und ausschlaggebend gewesen sind. Bekanntlich gliedern sich die Kryptogamen in zwei grosse Unterabtheilungen, die nieht in Stamm und Blatt sich sondernden Thallophyten (Algen, Pilze, Flechten) und die jene Sonderung zum Theil in hochauffälliger Weise zur Schau tragenden Arche- goniaten (Alex. Braun’s Thallophyllodea) (Moose und Farne). Wichtiger aber als die in der Gliederung der Vegetationsorgane beruhende Scheidung zwischen Thallophyten und Archegoniaten ist der mit dieser Scheidung sich deckende entwicklungsgeschicht- liche und zugleich im Aufbau der Geschlechtsorgane grell hervor- tretende Gegensatz. Die Thallophyten entwickeln sich zumeist mit einem einfachen Generationseyklus, und in denjenigen Fällen, wo ein Generationswechsel vorhanden ist, wie bei den Uredineen unter den Pilzen, gehört er doch nicht zu den durchgreifenden kategorischen Kennzeichen der ganzen Gruppe, ja nicht einmal der Gattung. welche Arten mit und ohne Generationswechsel um- fasst. Im Gegensatze hierzu vollzieht sich bei den Archegoniaten der Entwicklungskreis ausnahmslos in zwei morphologisch, phy- siologisch und biologisch grundverschiedenen Generationen, welche auf der Höhe ihrer Entwicklung sich einerseits darstellen als Moospflanze (erste Generation) und Sporogonium (zweite Gene- ration), andererseits als Farnprothallium (erste Generation) und Farnpflanze (zweite Generation). Die vorliegende Reihe von Modellen der Marchantia soll Ge- legenheit geben, diesen krassen Generationswechsel für die Moose vor Augen zu führen. Der dargestellte männliche Hut mit den Antheridien, das vergrössert dargestellte Antheridium mit den Spermatozoidmutterzellen, der weibliche Hut und das mit der weiblichen Eizelle ausgestattete Archegonium führen die auf der ungeschlechtlich erzeugten Mutterpflanze erster Generation, dem laubigen Marchantiasprosse, zur Ausbildung gelangten Geschlechts- organe vor. Die ungeschlechtlich erzeugte erste Generation er- zeugt also die Geschlechtsproduete. Daneben bewahrt sie aber noch die Fähigkeit sich ungeschleehtlich mit Hülfe der in den Brutbechern (Modell No. 142)*) erzeugten Brutknospen (Modell No. 143) fortzupflanzen und sich ausgiebig zu vermehren. Die zweite Generation geht aus der im Archegonium be- fruehteten Eizelle hervor. Sie bildet das von einer der Mutter- *) Es sind das die Lagernummern der Firma, 370 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 36. pflanze angehörigen Hülle, dem Perianthium, umgebene Sporo- gonium ‘(Modell No. 144), das gewöhnlich als „Moosfrucht“ be- zeichnet wird. Es gliedert sich in einen mit der Mutterpflanze in innigem Contact stehenden Fuss, ein Saugorgan, mit dessen Hülfe es seinen ganzen Bedarf an Nährstoffen (wie ein Schmarotzer) vom Anbeginn seiner Entstehung aus der Eizelle des Archegoniums bis zu dem Moment seiner Reife aus der Mutterpflanze entnimmt; ferner beachten wir als Glieder des Sporogoniums den soliden, fadenförmigen Stiel (bei den höheren Moosen gewöhnlich als Seta bezeiehnet) und diesem aufsitzend die mit Sporen und (bei Marchantia, wie bei fast allen Lebermoosen) mit Schlenderzellen (Elateren) erfüllte Mooskapsel. Dass dieselbe bei Marchantia glockenförmig mit mehr oder weniger regelmässigen Zähnen auf- springt, ist insofern nebensächlich, als sich hierin nur der Cha- rakter unserer Marchantia polymorpha ausspricht. Es wurde betont. dass die Archegoniaten von den Thallo- phyten in dem eben besprochenen Generationswechsel wesentlich abweichen. Der Name „Archegoniaten“ weist aber auf den zweiten, hochwichtigen Gegensatz hin. Die Geschlechtsorgane der Thallophyten (Oogonien und Antheridien) sind, sofern sie überhaupt vorhanden sind, niemals Gewebekörper, sondern stets für die Geschlechtsfunetion bestimmte Zellen, welche entweder nackt zu Tage liegen oder im günstigsten Falle durch Nachbar- zellen und deren Sprossungen berindet, einem Pseudo-Gewebe eingebettet sind. Die Geschleehtsorgane der Archegoniaten sind dagegen ausnahmslos Gewebekörper, die aus der wiederholten, theils complieirten Theilung einer Mutterzelle (Initiale) hervor- gehen. Die oberflächlichen Zellen des Gewebekörpers bilden eine unfruchtbare, einschiehtige Hülle, welche die Sexualzellen (im männlichen Geschlechte zahlreiche Spermatozoidmutterzellen, im weiblichen eine einzelne Eizelle) umschliesst. Auch diesen Cha- rakter bringt die Modellserie in dem Antheridium und dem Arche- gonium zur Anschauung. Nun ist es ferner bekannt, dass die beiden grossen Gruppen der Archegoniaten, die Moose (Bryophyta) einerseits, die Farne (Pteridophyta) andererseits, zwar im Prineipiellen mit einander übereinstimmen, beide haben den ausgesprochenen Generations- wechsel, beide erzeugen ihre Sexualzellen in Gewebekörpern. Verschieden ist aber in beiden Gruppen dieser Grundplan zur Ausführung gebracht. Bei den Moosen ist die erste Generation, die Moospflanze, die augenfällige. jedem Laien bekannte Ent- wiekelungsform, während die zweite Generation. das Sporogonium, unscheinbar bleibt und dem Laienauge ganz entgeht; bei den Farnen ist umgekehrt die erste Generation (das Prothallium)- die unscheinbare Entwiekelungsform, während die zweite Generation (das Farnkraut) jedem Laien wegen seiner meist üppigen und ästhetisch wirksamen Form bekannt ist. Es war deshalb durch- aus nöthig, dass die Serie das Sporogonium von Marchantia (Mo- dell No. 144) enthielt. Endlich unterscheiden sieh aber Moose und Farne durch- weg darin, dass die Antheridien und Archegonien der ersteren völlig frei, der Mutterpflanze nach Art von harzebilden aufge- wachsen sind; die’ Archegonien besonders erscheinen in Flaschen- form mit Bauch- und langem Halstheil, während den Farnen zum mindesten in das Gewebe der Mutterpflanze eingesenkte Arche- gonien zukommen, deren Bauchtheil mit dem umgebenden Ge- webe in lückenlosem Verbande steht, und nur der kurze Hals pflegt sich frei hervorzuwölben. Auch diesen unterscheidenden Charakter bringt ein Modell (No. 141) zum Ausdruck. Nach dieser Erörterung können wir die Erklärung der Mar- chantia-Modelle in Kürze so fassen: No. 138 stellt den männlichen Hut halbirt dar. Auf seiner Oberfläche erscheinen warzenartige Erhebungen, welche die Aus- ınündungsöffnungen der Höhlungen markiren, in deren Grunde die ursprünglich oberflächlich angelegten Antheridien stehen, welehe an der Schnittseite des Hutes sichtbar sind. Die Lappen des Hutes tragen auf ihrer Unterseite je zwei Reihen ober- schlächtig sich deckende, lamellenförmige Blätter, die auf ihrer Innen- (Öber-) Seite Rhizoiden bilden, welche sich zopfartig in der Mittellinie jedes Lappens verfilzen. Vergr. 3öfach. — No. 139. Nahezu reifes Antheridium, einem männlichen Hute entnommen und vertical halbirt, um die einschichtige Wand und Inhalt: Dr. Franz Etzold: Die jüngste Eruption des Vesuvs im Juni 1891. die dureh wiederholte orthogonale Theilung der Innenzellen ent- standenen, würfelförmigen Spermatozoidmutterzellen zu zeigen. Vergr. 1350fach. — No. 140. Weiblicher Hut, auf seiner Unter- seite die unregelmässig ausgezackten Perichaetien zeigen, welche die im Grunde des Hutes (zwischen den Strahlen desselben) zur Entwiekelung kommenden Archegonien bereits Sporogonien her- vorgebrochen sind. werden diese äusserlich sichtbar und fallen durch das goldgelbe, von Elateren filzig gewordene Sporenpulver auf. Vergr. 24fach. — No. 141. Archegonium zur Zeit der Em- pfängnissreife, vertical halbivt, um die einschichtige Bauch- und Halswandung, sowie die mit dem Keimfleck versehene Eizelle (Oosphäre) zu zeigen. Der noch sehr kurze Wall um den Grund des Archegoniumbauches wächst später zu einer Speeialhülle, dem Perianth heran, welches das Sporogonium sackartig umhüllt. Vergr. 1572fach. — No. 142. Brutbecher auf dem Marchantialaube mit zahlreichen ordnungslos sich nach aussen hervordrängenden, im Grunde des Bechers zur Enrwickelung gelangten Brutknospen. Vergr. 4öfach. — No. 143. Brutknospe auf ihrem einzelligen Stiele. Die Scheitel liegen in den Buchten rechts und links. Die braun gehaltenen Zellen der Oberfläche wachsen bei der Keimung der Knospe zu Rhizoiden aus. In dem dargestellten Zustande ist die Knospe noch nicht dorsiventral. Jede ihrer flachen Seiten kann zur Oberseite der zukünftigen Pflanze werden. Die weissen Zellen der Oberfläche enthalten Oelkörper. Vergr. 300fach. — No. 144. Sporogonium, aus der befruchteten Eizelle eines Arche- goniums hervorgegangen. Am Grunde des Stieles, den Fuss ver- deekend, ist ein Rest des Perianths dargestellt. Die Kapsel des Sporogoniums ist anfänglich ellipsoidisch, ist aber durch das ziemlich regelmässig lappige Einreissen vom Scheitel her glocken- förmig geworden. Aus der Kapsel bricht der von Sporen durch- setzte Filz von Schleuderhaaren (Elateren) hervor. Vergr. !00fach. A A., Graphische Auflösung der Gleichungen. Klagenfurt. 1 M. Al-Hamdän?’s Geographie der arabischen Halbinsel. I. Bd. Leiden. 15 M. Alsberg, M., Anthropologie mit Berücksichtigung der Urgeschiehte des Menschen. 2. Aufl. Stuttgart. 6 M. Apelt, O., Beiträge zur Geschichte der griechischen Philosophie. Leipzig. 10 M. Aveling, E., Die Geb. 2 M. Battermann, H., Beiträge zur Bestimmung der Mondbewegung und der Sonnenparallaxe aus Beobachtung von Sternbedeekungen am sechfüssigen Merz’sehen Fernrohr. der Berliner Sternwarte. Berlin. 4 M. Bebber, W. J. van, Das Sturmwarnungswesen an den deutschen Küsten. Berlin. IM. Berger, H., Geschichte der wissenschaftlichen Griechen. 3. Abth. Die Geographie der Erdkugel. 4,40 M. Berkholtz, W., Beiträge zur Morphologie und Anatomie von Gunnera manicata Linden. Cassel. 20 M. Bernthsen, A., Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie. 3. Aufl. Braunschweig. 10 M. Boltzmann, L., Vorlesungen über Maxwells Theorie der Elektri- zität und des Lichtes. I. Thl. Ableitung der Grundgleichungen für ruhende, homogene, isotrope Körper. Leipzig. 5 M. Bornemann, J. G., Die Versteinerung des cambrischen Schichten- systems der Insel Sardinien, nebst vergleichende Untersuchungen über analoge Vorkommnisse aus anderen Ländern. Leipzig. 12 M. Braunschweig, R. v., Experimentelle Untersuchungen über das Verhalten des Thymus bei der Regeneration der Blutkörper- chen. Dorpat. 1,20 M. Breuer, A., Uebersichtliche Theorien über die Dispersion des Lichtes. Dispersion. Erfurt. 2 M. Bürklen, O., Zur Lehre vom Winkel. Tübingen. 0,40 M. Busch, Ch., Ein Beitrag zur Frage über die Resorption organischer Eisenverbindungen. Dorpat. IM. (Mit Abbild.) — Dr. K. L. Schäfer: Vom Nacht- Darwin’sche Theorie. 2. Aufl. Stuttgart. Erdkunde der Leipzig. Darstellung der mathematischen II. Thl. Anomale wandeln. — Herz der Röhrenschnecken. — Häutung des Erdsalamanders. — Die Entwicklungsgeschiehte und Morphologie der Cladonien. — Ueber die Bakterien des rohen Genussfleisches. — Ein grosses Meteor. — Die Festigkeitseigenschaften des Aluminiums. — Das Buchenholz und seine Verwendung zu Parkettfussböden. — Praktische Verwendung des Spaltens von Papier. — Ueber ein Gefäss zur Aufbewahrung steriler Flüssigkeiten. (Mit Abbild.) — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Literatur: Lyman Belding: Land Birds of the Paeifie Distriet. — Dr. F. Klockmann: Lehrbuch der Mineralogie für Studirende und zum Selbstunterricht. — Epitomes of Three Sciences: Comparative Philology, Psychology And Old Testament History. — Prof. Olof Hammarsten: Lehrbuch der physiologischen Chemie. — Dr. Chatelain: Das Irresein. — Rand, Rev. Silas Tertius: Dictionary of the language of the Miemae Indians who reside in Nova Scotia, New Brunswick, Prinee Edward Island, Cape Breton and New Foundland. — Die Reproduetionsorgane von Marchantia polymorpha, 7 neue botanische Modelle der Firma. R. Brendel. — Liste. ee ee letter. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dünmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. LXXXII Influenz-Maschinen nach „& Holtz-Toepler Wimshurst Lanolin-Toitette-cream -Lanolin Vorzüglich zur Pflege der Haut. 0] + (ti strneti = - a Reinbs Mo‘ ur 14 und eigener j ER uetion Vorzü g lich BED IE Becefumg Fiinuber Haut emphehlt nu = . : = Se: zur Erbalting einer guten Haut, bejonders bei J.R. Voss, Vo rzug I ıc h leinen Rindern. Zu haben in den meiften Apotheken und Drogerien. BERLIN NO., Pallisadenstr. 20. In Ferd. Diimmilers Verlags- buchhandlung in Berlin erscheint: Einführung in die Kenntnis der Insekten ERETLLPLLEILIITIITTELLLITIIIIILERTTITT LT In Ferd. erschien: Dr "pH: (promovirt in Berlin), Botaniker, Bakteriologe aus der Schule Ro- Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin von. H. J. Kolbe, Kustos am Königl. D . bert Kochs und Chemiker sucht Museum für Naturkunde in Berlin. Mit Die Krankheiten der Lunge. eine Assistentenstellung. Gef. vielen Holzschnitten. Erscheint in Liefe- Of. unter A. B. 25 an die rungen a 1 Mark. Von G. 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Congress mit den Vorbereituugen für die Gründung eines Vereine r Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in dou «atur- wissenschaften beauftragt, wendet sich an alle Fachgenossen und Freunde der Sache mit der Bitte dem Vereine beizutreten. Der Jahresbeitrag von 3 Mark ist zugleich mit der An- meldung an Prof. Dr. Kramer in Halle (Saale, Steinweg 2 einzusenden. Die konstituierende Versammlung findet im Oktober in Braunschweig statt. Die Tagesordnung und der Beginn der Versammlung. werden rechtzeitig bekannt gemacht. Anmeldungen zu Vorträgen für die allgemeinen Sitzungen richte man an Direktor Dr. Krumme, Braunschweig (Hintern Brüdern 30); Vorträge in den Abteilungssitzungen sind bei folgenden in Braunschweig wohnenden Herren anzumelden: ‚OÖberlehrer Lindau, Pawelstr. 6 (für Mathematik); Professor "Dr. Schlie, Körnerstr. 5 (für Physik); Dr. Levin, Breitestr. 5 (für Chemie und Mineralogie); Professor Dr. Steinacker, Ferdinandstr. 9 (für Zoologie und Botanik); Dr. Petzold, Büttenweg 15 (für Erdkunde). Dr. Bail, Professor am Realgymnasium, Danzig. Prof. Dr. Buchbinder, Jena. Dr. Detmer, Professor an der Universität Jena. Prof. Dr. Kramer, Inspector des Realgymnasiums, Halle. Dr. Krumme, Direktor der Oberrealschule, Braunschweig. Dr. Pietzker, Öberlehrer am Gymnasium, Nordhausen. Pro- fessor Dr. Schwalbe, Direktor des Dorotheenstädtischen Real- gymnasiums, Berlin. | | teehnicum in Zürich, unter Mitwirkung von Dr. Victor Meyer, Professor an der Universität Heidelberg. Dritte Auflage. eart.. 4 Mark. 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Lehrbuch der Ohrenheilkunde für praktische Aerzte und Studirende. Von Dr. Ludwig Löwe, Specialarzt für Ohren- etc. Krankheiten und dirigirender Arzt der Berliner Poli- 7 M., geb. SM. klinik. LXXXIV Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 36. \V, Geologisches und mineralogisches Comtor Alexander Stuer 40 Rue des Mathurins in Paris. Lieferant des französischen Staates und aller fremden Staaten. Herr Alexander Stuer empfiehlt sich den Herren Direetoren und Professoren der Museen und den Liebhabern als Lieferant aller geologischen französischen Serien, welche für ihre Samm- lungen oder Studien von Interesse sein könnten. Brachyopoden, Abtheilungen der ältesten und jurassischen Formationen, aus der — Fossile a a Cephalopoden , Kreide und dem Tertiär. 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Dimmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen: ° 5 3 e All | ändlich | haftliche Abhandl | e Allgemein-verständliche naturwissenschaftliche andlungen. ® (Separatabdrücke aus der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift.‘“) & ® Heft 1. SEDeT. gen Ag ann vierdimensionalen Raum % Heft 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- [77 von Dr. V. Schlegel. - schnitten. - m 2 Das Bechnen anelen-Eingern undjMaschineitvoz » 11. Ueber das Causalitätsprincip der Naturerschei- ® » 3. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit ee Di ann un, ‚dl BoierHoymunek ® der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl DE NE DELS JONMEN SLITALNS OL ESEV OLE EB LET ® Kraepelin. | ; ® nr Ana zu Blltonblalenisehen Beobachtungen I! „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. [53 von Prof. Dr. E. Loew. Jordan. ® „ 5. Das „glaziale‘“ Dwykakonglomerat Südafrikas von | 2 5 5 ® Di RAMNUSt fl | 13. Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota r. F.-M. Stapff. ” Fer : Krxe ® „ 6. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von N ar ot zu Berlin von Dr. H. Potonie. ® Dr. Rob. Mittmann. Mit 8 Holzschnitten. ua Daran ® „ 7. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette - Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- | von Dr. Ed. Ritsert. ® Iiteohen Formationen;yanzDr. EL Eintomie, Mit I „ 15. Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen ® „ 8. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen ROHDE en Credner ® im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. in Leipzig. Mit vielen ildungen. - Mit 10 Holzschnitten. I „ 16. Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten ® » 9. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. N von Prof. Dr. W. J. van Bebber. Mit i Tafel o F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. und 5 Holzschnitten. ® : \ { ® Preis: Heft 1-4 a 50 Pf. Heft 5-16 a1 M. ® Hierzu eine Beilage von Ferd. Dümmiers Verlagsbuchhandlung in Berlin, betreffend: Pfeil, Kometische Strömungen, die wir hiermit besonderer Beachtung empfehlen. RIIN Redaktion: Was die natorwissenschaflliche Forschung sufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch dem Zauber der Wirklichkeit, der Ihre Schöpfungen hwendener. 1%, = =; = < ee Dr. H. Potonie. Der Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 13. September 1891. Nr. 57. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist AM 3.— Bringegeld bei der Post 15 % extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft.. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Beziehungen der ausgestorbenen Säugethiere zur Säugethierfauna der Gegenwart. Von Dr. Max Schlosser, Custos an der geolog. Sammlung in München. [o} {=} Die beiden letzten Jahrzehnte haben unsere. Kennt- nisse der ausgestorbenen Säugethiere in hohem Maasse gefördert, in erster Linie freilich durch die Entdeckung neuer Formen in Europa, Asien, und namentlich im west- liehen Nordamerika, sodann aber auch dadurch, dass das schon länger bekannte europäische, südamerikanische und indische Material eine erneute, sorgfältige Bearbeitung erfuhr. Wir dürfen ohne zu übertreiben behaupten, dass der uns bekannte Formenschatz der fossilen Säuger sich in dieser Zeit nahezu.verdreifacht hat. Bei dieser Sachlage erscheint es gewiss nicht mehr verfrüht, sondern vielmehr geradezu als eine Nothwendigkeit, auch wieder einmal der Frage näherzutreten „Welche Beziehungen bestehen zwischen den ausgestorbenen Säugethieren-und der Säuge- thierfauna der Gegenwart ?“ Bis jetzt galt Asien ziemlich allgemein als die ursprüng- liche Heimath aller landbewohnenden Säugethiere, allein mit unseren jetzigen Erfahrungen erscheint diese Annahme nicht mehr länger verträglich. Mag uns freilich auch die Ahnen- reihe dieses und jenes Stammes noch ziemlich lückenhaft dünken, die Herkunft einiger Stämme sogar noch ein völliges Räthsel bilden, soviel muss doch jeder, der überhaupt noch Thatsachen gelten lassen will, zugestehen, dass es seit dem Beginn der Tertiärzeit, jener Periode, in welcher die ersten Placentalier auftreten zwei Hauptentstehungscentren der Säugethiere gegeben hat; das eine ist das westliche Nordamerika, das andere Mitteleuropa und zwar vor- wiegend Frankreich und Deutschland. Manche Stämme allerdings scheinen sich wenigstens vorübergehend in Asien aufgehalten zu haben, wieder andere dürften schon geraume Zeit in Südamerika gelebt haben, während die Mehrzahl der Beutelthiere und Monotremen bereits von der Tertiärzeit an Australien und Neuseeland bewohnt. Bevor es uns jedoch möglich wird, die Beziehungen der lebenden Säugethierstämme zu ihren fossilen Vorfahren zu besprechen, müssen wir einen Blick werfen auf jene Faunen, deren Ueberreste in den Erdschiehten begraben liegen. Säugethiere gab es bereits in der Trias- und Jura- periode und zwar sowohl in Europa, also auch in Nord- amerika. Auch in den Trias-Ablagerungen des Caplandes hat sich ein Säugethier gefunden, der Tritylodon. Es sind dies zwar überwiegend kleine Formen von Maul- wurf- bis Igelgrösse, nur einige wenige, so der eben- genannte Tritylodon besitzen etwas ansehnlichere Dimen- sionen, allein immerhin lassen dieselben doch sehon eine sehr grosse Formenmannigfaltigkeit erkennen, weshalb es als ein nothwendiges Postulat erscheint, die ältesten Säugetiere in noch viel älteren Erdschichten zu suchen, also etwa in den der Trias vorausgehenden permischen Ablagerungen. Die Säuger der Trias- und Jurazeit sind theils zweifellose Beutelthiere, theils sind es Formen, welche ihres eomplizierten Zahnbaus wegen als Multi- tuberkulaten bezeichnet werden und sich als solche sowohl in Europa als auch in Nordamerika bis in die älteste Tertiärzeit erhalten haben und möglicherweise sogar als die Ahnen der lebenden Monotremen — Schnabelthier — betrachtet werden dürfen, theils sind es Formen, welehe vielleicht in verwandtschaftlichen Be- ziehungen stehen zu den Insectivoren und den ältesten Fleischfressern. Ganz ähnliche Säugethiere wie in der Trias und im Jura haben sieh vor Kurzem auch in der Kreide von Nordamerika gefunden.. Ein direkter Zusammenhang dieser alten Typen mit. den für die Tertiärzeit und die Gegenwart charakteristischen Säuge- thieren konnte jedoeh bis jetzt noch nieht nachgewiesen werden. Erst von der Tertiärzeit an lässt sich die Ent- wiekelung der emzelnen Säugethierstämme mit einer allerdings geradezu überraschenden Genauigkeit verfolgen. Die ältesten Tertiärfaunen — in Europa in der 312 Naturwissenschaftliche ‚Wochenschrift. Nr. 37. Gegend von Rheims, in Nordamerika im sogenannten Puercobed in Neumexico — zeigen eine ganz auffallende Uebereinstimmung, nur hat eben Amerika einen sehr viel grösseren Formenreiehthum aufzuweisen. Es lebten in jener Zeit und zwar in beiden Hemisphären die letzten Multitubereulaten — Neoplagiaulax, Chirox, Ptilodus ete. fremdartige Inseetivoren — Adapisorex — und die Öreo- donten, Raubthiere, welehe sich jedoch von den ächten Carnivoren dureh die Gleichartigkeit ihrer hinteren Back- zähne, die Fünfzahl der Zehen und gewisse Verhältnisse im Bau der Handwurzel unterscheiden. Sie besassen nämlich ein Centrale Carpi; auch waren Lunatum und Seaphoid bei ihnen noch nicht verschmolzen. Für die Stammesgeschichte der höheren Säugethiere — Placen- talier — ist dieser Formenkreis der Creodonten von hervor- ragender Bedeutung, denn aus ihnen entwickelten sich nicht blos alle ächten Carnivoren und Insektenfresser, sondern auch die Affen. und Hufthiere und vermuthlich auch die Nagethiere und Zahnarmen. Freilich muss die Trennung dieser Gruppen bereits vor dem Puercobed er- folgt sein, denn es enthält diese Ablagerung auch schon Affen- und Nagerähnliche Formen und ausserdem auch bereits eine Anzahl primitiver Hufthiere, die fünfzehigen Condylarthren, deren Skelett sowohl wie auch Gebiss deut- lich den Uebergang vom Fleischfresser zum Pflanzen- fresser vermittelt. Solche Condylarthren sind nun aller- dings in der Fauna von Rheims noch nicht anzutreffen, wohl aber hat dieselbe mit dem Puercobed eine Anzahl Öreodontentypen gemein, darunter auch den Arctocyon, eine sehr bald erlöschende bärenähnliche Form. Die nächstfolgenden Säugethiergesellschaften, welche wir in Europa antreffen, weichen in ihrem Charakter sehr wesentlich von den Säugethierfaunen Nordamerikas ab, weshalb eine gesonderte Besprechung nothwendig er- scheint. Verfolgen wir deshalb zuerst die Entwicklung des Mammalier-Stammes in Nordamerika. Die Puercofauna bildet die Grundlage für die Thierwelt des Wasateh- und Bridgerbed. Unter den in diesen etwas jüngeren Schichten begrabenen Resten fallen uns insbesondere die Amblypoden auf, sowohl wegen ihrer sehr bedeutenden Grösse, — es giebt deren bis zu den Dimensienen des Rhinoceros — als auch wegen ihrer höchst merkwürdigen Organisation. Es waren plumpe, fünfzehige Hufthiere, deren Vorderextremität ab- gesehen von der Hand am ehesten an Rhinoceros er- innert, während der Hinterfuss einen Bau zeigt wie jener des Elephanten. Das Gehirn, namentlich das Grosshirn war noch auffallend klein, das Kleinhirn war noch völlig unbedeckt vom Grosshirn und dieses selbst fast noch ohne alle Längs- und Querfurchen. Im Puereobed sind diese Amblypoden durch das noch ganz Condylarthrenähnliche Pantolambda vertreten, im Wasatchbed durch die Corypho- dontiden und im Bridger durch die Dinoceraten, mit welchen dann auch der ganze Stamm ausstirbt. Der Schädel der Dinoceraten zeichnet sich durch den Besitz von drei Paar knöcherner Zapfen aus, die vermuthlich Hörner trugen. Das Gebiss hat hier wie bei allen Am- blypoden noch am ehesten Aehnlichkeit mit dem der ältesten Unpaarhufer. Nächst den Amblypoden spielen im älteren Tertiär von Nordamerika die Unpaarhufer eine wichtige Rolle. Wir finden hier Repräsentanten des Pferde- stammes in Hyracotherium, der Tapire in Systemodon, der Rhinoceroten in Hyrachius und Orthocynodon und der jetzt erloschenen Chalicotherien in Limnohyus und Pa- laeosyops; alle diese Formen hatten noch vier Zehen am Vorderfuss, während am Hinterfuss die ursprüngliche Fünfzahl der Zehen bereits auf drei redueiert erscheint. Die :Backzähne sind noch sehr niedrig; die hinteren be- stehen aus Höckern, welehe meist sehr lose untereinander verbunden sind. Die vorderen Backzähne haben einen ganz einfachen Bau und erinnern gleich den Eck- und Schneidezähnen noch ziemlich lebhaft an jene von pri- mitiven Fleischfressern und liefern mithin bezüglich ihrer Gestalt den vollkommenen Beweis für die Abstammung der Hufthiere von Fleischfressern. Neben den Unpaar- hufern hat sich im Wasatchbed auch noch die Condy- larthrengattung Phenacodus erhalten, welehe dem Aus- gangspunkt gar aller Unpaarhufer sehr nahe steht. Die Paarhufer haben nur wenige Repräsentanten aufzuweisen — den kleinen Pantolestes, wichtig als Stammvater der Kamele und Llamas und den gewaltigen Schweine-ähn- lichen Achaenodon, der jedoch ohne Hinterlassung von Nachkommen erloschen ist. Dagegen entfalten die Affen und Halbaffen einen ansehnlichen Formen- und Individuenreichthum, die ersteren in den Hyopsodiden, den Ahnen der Paviane; die letzteren scheinen allerdings keine Abkömmlinge hinterlassen zu haben. Die Creo- donten sind gleichfalls sehr zahlreich. Besonderes Inter- esse verdienen die primitiv organisierten Didelphodus, die entfernt an die Hyänen erinnernden Mesonyx und Oxy- aena und die mit Hund- und Zibethkatzen-artigem Gebiss versehenen Miaecis und Didymietis; die letzteren sind jedenfalls der Ausgangspunkt für fast alle ächten Carnivoren, von denen sie sich eigent- lich blos durch den noch primitiveren Bau der Hand- wurzel unterscheiden. Die Nager sind nur durch eich- hornartige Formen vertreten. Endlich wären auch noch die Tillodontier zu erwähnen, die sich im Bau der Schneidezälme eng an die Nager anschliessen, jedoch einen selbstständigen Formenkreis repräsentieren, der vielleicht mit manchen Edentaten zusammenhängt. Diese Tillodontier sind auch bereits im Puereobed an- zutreffen. Das Diplacodonbed erweist sich seiner Fauna nach als die direkte Fortsetzung des Bridgerbed, nur fehlen bereits die Dinoceraten vollständig, Dagegen haben hier die plumpen Rhinoceroten in der Gattung Amynodon und die Chalieotheriiden in der Gattung Diplacodon sehr stattliche Repräsentanten aufzuweisen. Auch die kleinen aber schlanken Rhinoceroten fehlen hier keineswegs. Sie zeigen insofern Fortschritte als auch schon der Vorderfuss dreizehig geworden ist — Triplopus. Dagegen hat sich die Zehenvierzahl der Vorderextremität während dieser Periode noch im Pferdestamm erhalten — Epihippus und ebenso bei den plumpen Rhinoceroten — Amynodon — sowie den Chalieotheriiden — Diplacodon. Von Paar- hufern finden sich hier Vertreter der Oreodontiden, welche im jüngeren amerikanischen Tertiär eine so wichtige Rolle spielen, sowie ein Vorläufer des Kameel- und Llamastammes — der Leptotragulus. Bei ihm hat noch keine Verwachsung der Mittelfussknochen stattgefunden. Der Vertreter der Oreodontiden — Protoreodon — be- sitzt an der Vorderextremität noch einen vollständigen Daumen. Von den Carnivoren. Nagern und Affen finden wir im Diplacodenbed so ziemlich die gleichen Gattungen wie im vorhergehenden Bridgerbed. Im Ganzen ist jedoch die Fauna gerade nicht besonders zahlreich; sie unter- scheidet sich hierin wesentlich von jener des darauf fol- genden White-Riverbed. Der Charakter dieser jüngeren Thiergesellschaft lässt wenigstens, was die Hufthiere be- trifft, keinen Zweifel darüber aufkommen, dass wir hier die inzwischen in ihrer Organisation fortgeschrittneren Typen des Diplacodenbed vor uns haben. So sind vor allem die durch ihre Grösse und Formenzahl hervor- ragenden Brontotherien nichts anderes als die direkten Nachkommen von Diplacodon. Es zeichnen sich die- Nr: 37. selben abgesehen von ihren riesigen Dimensionen — Ele- phantengrösse — vor Allem durch den Besitz von grossen knöchernen Hornzapfen auf den Nasenbeinen aus: der Körper selbst ist Rhinoceros-ähnlich, der Rumpf jedoch viel gedrungener und der Vorderfuss mit vier gleich- starken Zehen versehen; der Hinterfuss trägt allerdings nur drei Zehen. Die beiden bereits erwähnten Linien des Rhinoeeros-Stammes sind auch hier vertreten, die schlanken Formen dureh Hyracodon, die plumpen durch Dieeratherium und Aceratherium. Die Pferde haben sich nur wenig verändert. Jedoch haben die hier überlieferten Typen — Anchitherium, — schon etwas ansehnlichere Dimensionen erreicht — etwa Eselsgrösse — während die früheren Vertreter dieses Stammes höchstens die Grösse eines Schafes, die allerältesten sogar nur die Grösse eines Fuchses besessen haben. Auch ist am Vorder- fuss bereits die vierte Zehe verloren gegangen. Der Formenkreis der Kameele und Llama ist vertreten durch Poöbrotherium mit noch getrenntem Mittelfussknochen. Die Oreodontiden sind ungemein zahlreich. Es waren dies vierzehige Thiere ungefähr von dem Habitus und der Grösse der Schweine, von denen sie sich jedoch vor allem durch den Wiederkäuer-ähnlichen Zahnbau und die kurze Gesichtsparthie unterscheiden. Zu den genannten Hufthieren kommen nun noch zwei Gattungen, Elotherium und Hyopotamus, welche auch im europäischen Tertiär Ueberreste hinterlassen haben, sowie die Gattung Hyper- tragulus, welche sich mit den geweihlosen vierzehigen Hirschen, den Traguliden der Gegenwart noch am ehesten vergleichen lässt. Creodonton sind auch im White-River- bed anzutreffen, doch sind sie nur durch die Gattung Hyaenodon vertreten, welche im älteren europäischen Tertiär eine grosse Bedeutung erlangt hat. Sonst fehlen Fleischfresser abgesehen von den katzenähnlichen Dinietis ete. und den bären- und hundeartigen Amphieyon im White-Riverbed gänzlich. Die Affen werden ungemein selten; man kennt von solehen nur spärliche Ueberreste einer Hyopsodus-ähnlichen Form. Sehr zahlreich werden dagegen die Nagethiere, doch sind es fast durchgehends solehe Typen, welche auch noch in der Gegenwart die westliche Hemisphäre bewohnen; nur die Gattung Palae- olagus verdient ein besonderes Interesse, weil sie den Ahnen der in der Gegenwart so weit verbreiteten Hasen darstellt. Auch tritt die Gattung Castor auf. Wie alle bisher besprochenen Tertiärablagerungen, so zeigt auch das nun folgende John-Daybed hinsichtlich der Hufthiere nur ein weiteres Fortschreiten der meisten bereits vorhandenen Typen, und ein Aussterben solcher Formen, welche den Höhepunkt ihrer Entwicklung — be- stehend in auffallenden Dimensionen und eigenartiger Aus- bildung einzelner Organe, was eine weitere Anpassung nieht mehr gestattet — erreicht haben. Zu diesen er- loschenen Typen zählen von nun an auch die Brontothe- rien, die Elotherien und die schlanken Rhinoceroten, da- gegen entfalten jetzt die Oreodontiden einen bemerkens- werthen Formenreichthum; die bisher noch nieht weiter gegliederten Tylopoden gabeln sich in die Familien der Kamele und Llama, ferner treten Hirsche auf. Die Pferde sind sowohl durch die bereits im White-Riverbed existi- rende alterthümliche Gattung Anchitherium, als auch die modernere Gattung Protohippus vertreten, deren Zähne sich von denen des lebenden Pferdes nur mehr wenig unterscheiden, während die Zehenzahl noch drei beträgt. Freilich sind die Seitenzehen schon sehr dünn ge- worden. Sehr reich ist das John-Daybed an Fleisch- fressern und Nagern; diese letzteren gehören mit Aus- nahme von Lepus ausschliesslich amerikanischen Typen an und können daher hier übergangen werden. Dagegen verdienen die Carnivoren ganz besonderes Interesse. Wir Naturwissenschaftliche Wochenschrift. finden hier verschiedene Hundeähnliche Formen, die bis dahin in Europa zu Hause waren, die Oynodietis- und Cy- nodon-artigen Galeeynus und Temnoeyon, sowie die Ce- phalogale-artigen Oligobunis, sodann den Stammvater der Hyänen — Hyaenoeyon, viele Katzenähnliche Formen und Marder. Im John-Daybed erscheint auch die Gattung Mastodon. Das Loupforkbed zeigt faunistisch nur geringe Ab- weichung vom John-Daybed. Die Oreodontiden gehen freilich ihrem Ende entgegen, dafür nehmen die Came- liden zu, auch treten Hirsche mit Geweih auf, Blastome- ıyx und Corsoryx, von denen der letztere wohl als der Ahne der Gabelantilopen gelten darf. Die Rhinoce- roten haben hier ihren letzten neuweltlichen Vertreter in der Gattung Aphelops; die Pferde sind repräsentirt durch Protohippus, Hipparion und Hippidium, welches der Gattung Equus schon sehr nahe steht, aber noch eine Seitenzehe besitzt; ebenso finden sich Tapire und Vor- läufer des noch jetzt in Amerika verbreiteten Nabel- schweins — Dicotyles.. Die Raubthiere und Nager schliessen sich eng an jene des John-Daybed an, doch fehlen die Hyänenähnlichen Formen. Die Jüngste Säuge- thiere führende Ablagerung Nordamerikas ist das Equus- bed. Es enthält Llama, Bos, Cervus, Dicotyles, Canis latrans, mehrere Pferdearten und daneben auch verschie- dene ausgestorbene Formen wie Mammuth, Glyptodon, Mylodon und Megalonyx, — die drei letzten Edentaten von gewaltiger Grösse — und einen riesigen Biberähnlichen Nager, Castoroides. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass die eben geschilderten Säugethierfaunen einen un- gemein innigen Zusammenhang untereinander erkennen lassen; wir können hier — namentlich gilt dies für die Hufthiere — die allmähliche Entwicklung der einzelnen Stämme auf’s Genaueste verfolgen. Wir sehen, wie sich die einzelnen Hufthiertypen aus Anfangs durchgehends kleinen, fünfzehigen Formen herausbilden, wie sich ihr Anfangs noch raubthierartiges Gebiss nach und nach der in Pflanzen bestehenden Nahrung anpasst. Für die Raub- thiere ist die allmähliche Metamorphose, soweit es die amerikanische Tertiärfauna anlangt, weniger deutlich, weil die Hauptentwicklung dieses Stammes wenigstens während der mittleren Tertiärzeit sich in Europa abge- spielt hat. Wenden wir nunmehr unser Augenmerk auf Europa, so finden wir die nächste Fauna nach jener von Rheims im Eocaen von Soissons, Argenton, London, Paris und Buchs- weiler im Elsass. Wir begegnen hier vorwiegend Un- paarhufern, nämlich den Pferde-artigen Hyracotherien und Pliolophus, dem Propalaeotherium, einer mit Palo- plotherium erlöschenden Seitenlinie des Pferdestammes, und besonders häufig den Lophiodon. Hyracotherium haben wir bereits auch unter den Formen des nordameri- kanischen Eocaen kennen gelernt. Die Lophiodon, im Zahnbau in der Mitte stehend zwischen Tapir und Rhi- noceros, zeichnen sich durch grossen Artenreichthum aus, allein sie sterben auch sehr bald wieder gänzlich aus. Die grössten erreichten die Dimensionen von Rhinoceros, mit welehen Lophiodon auch im Schädelbau und in der Zehenzahl übereinstimmt, während die einzelnen Knochen selbst einen sehr viel schlankern Bau aufweisen. Im Londonthon und im Soissonais treffen wir auch den ein- zigen europäischen Amblypoden — Coryphodon; in der letztgenannten Ablagerung überdies auch Creodonten, den Bärenähnlichen Aretoeyon und den Zibethkatzenähnlichen Palaeonictis. Buehsweiler hat auch einen Eichhornartigen Nager und einen Halbaffen geliefert. Die Schweizer Bohnerze enthalten gleichfalls eine Fauna, die ihrem Charakter nach zum Theil in diese Zeit fällt; ausser den bereits genannten Hufthieren finden sich daselbst auch 374 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 37. Affen — Caenopithecus, und Halbaffen — Necrolemur, | rite des Querey — Südfrankreich —, nur entfalten hier dem lebenden Galago ziemlich nahestehend. In aller- | nieht blos alle eben erwähnten Gruppen einen sehr viel jüngster Zeit haben sich daselbst — in Egerlsingen — | grösseren Formenreichthum, sondern es gesellen sich auch auch Formen gefunden, die möglicherweise als Condy- larthren angesprochen werden dürfen. Sie werden als Phenacodus, Protogonia ete. gedeutet. Der Ueberliefe- rung einer Mierofauna waren alle diese Ablagerungen äusserst ungünstig; wir haben es nicht selten mit Absätzen aus reissenden Gewässern oder mit Strandbildungen des Meeres zu thun; bei einem Transport durch solche Agen- tien konnten so zarte Reste, wie jene von Nagern und Insectivoren es sind, selbstverständlich nicht erhalten bleiben. Die nächstfolgende Säugethierfauna durch einen sehr viel beträchtlicheren Formenreichthum aus. Ihre Reste sind uns erhalten im Pariser Gyps, in den Ligniten von Debruge — Vaucluse —, in gewissen Ablagerungen der Insel Wight und ausserdem in den Bohnerzen Schwabens und der Schweiz, in den letzteren freilich vielfach mit den oben erwähnten älteren Typen vermengt. Wir treften bier Affen — Adapis, Cryptopi- theeus und Caenopithecus, sämmtlich noch mit sehr pri- mitiven Merkmalen, nämlich hoher Zahnzahl — Halb- affen, Neerolemur, von dem lebenden Galago nicht allzu- sehr verschieden, zahlreiche Creodonten, darunter nament- lich die artenreichen Hyaenodon bemerkenswerth, die Gattungen Cynohyaenodon und Proviverra, gewissen Creo- donten des amerikanischen Eocaen sehr nahestehend und noch mit solehen Merkmalen — im Gebiss — versehen, wie sie auch die Stammeltern der eigentlichen Raubthiere ehemals besessen haben dürften, und endlich die Gattung Pterodon. Hiezu gesellen sich aber nunmehr auch sehon Carnivoren, nämlich die Hundeähnlichen, allerdings noch fünfzehigen Cynodietis und Bären-artige Formen mit Hunde- gebiss, die Pseudamphieyon. Unter den Hufthieren sind vor allem zu nennen die Artenreiche Gattung Palaeothe- rium, von Tapir-ähnlichem Habitus, die Paloplotherien, den alterthümlichen Pferden des amerikanischen Tertiärs nahestehend und wie die jüngeren von diesen dreizehig. In diesen Ablagerungen finden wir auch die ersten echten Paarhufer, und zwar sowohl Schweine als auch Hirsch- artige Typen. Unter den letzteren verdienen besonderes Interesse die noch vierzehigen Diehobunen, insofern sie wohl die Stammformen aller späteren Wiederkäuer darstellen, während die bereits zweizehigen, hochbeinigen Xiphodon ete. ohne Hinterlassung von Nachkommen sehr bald wieder aussterben. Von schweineähnlichen Formen sind bemerkenswerth die Cebochoerus, Choeromorus und die grossen Choeropotamen, doch haben diese letzteren für die Stammesgeschichte der Suiden keine Bedeutung; sie stellen lediglich einen bald erlöschenden Seitenzweig dar. Eine ungemein interessante Gruppe ist jene der Anoplotherien; es waren dies dreizehige, langgeschwänzte Wasserbewohner, deren Gebiss mit dem der echten Paar- hufer bereits sehr grosse Aehnlichkeit besitzt, während sämmtliche Theile des Skelettes noch Merkmale von pri- mitiven Fleischfressern erkennen lassen, aus welchen ja zweifelsohne gar alle Hufthiere hervorgegangen sind. Endlich wären noch zu erwähnen die Peratherien, welche sich den noch lebenden Beutelratten Südamerikas auf's Engste anschliessen und mehrere Nagertypen, die Eich- hornähnlichen Plesiaretomys, die ganz fremdartigen Pseudoseiurus und Seiuriodes, sowie die Gattungen The- ridomys und Trechomys, letztere etwa den noch lebenden südamerikanischen Stachelratten vergleichbar. Eine ganz ähnliche Thierwelt enthalten die Phospho- zeichnet sich noch eine ziemliche Anzahl neuer, sonst nirgends beobach- teter Formen hinzu; auch treten hier verschiedene T'ypen auf, die anderwärts erst in jüngeren Ablagerungen anzu- treffen sind. So erscheinen hier zum ersten Male Tapire — Protapirus und Rhinoceroten — Aceratherium und Cadurcotherium —, von Paarhufern mehrere Hirschähn- liche Formen — Gelocus, Bachitherium, Prodremotherium, die beiden letzteren zweizehig, aber im Gegensatz zu den oben erwähnten Xiphodon bereits mit verschmolzenen Mittelfussknochen; Geweihe haben sich bei diesen drei Gattungen allerdings noch nicht gebildet. Ferner er- scheinen hier echte Schweine — Palaeochoerus, die rie- sigen an Hippopotamus erinnernden Anthracotherien und Entelodon, sowie die ganz fremdartigen Hyopotamen, welche im Folgenden bei Besprechung der Ronzonfauna näher charakterisirt werden sollen. Ungemein zahlreich sind die Reste der Caenotherien und Plesiomeryx, kleine vierzehige Formen zwischen Hirschen und Schweinen stehend. Sie bilden auch in den beiden nächstfolgenden Perioden ein ungemein charakteristisches Faunenelement. Die Phosphorite haben vor Allem deshalb in faunistischer Hinsicht eine so hohe Bedeutung, weil uns hier auch zahlreiche Reste der kleineren Säugethiere überliefert worden sind. So finden wir in diesen Ablagerungen häufig Ueberreste von Fledermäusen — Vespertiliavus und Pseudorhinolophus, von Inseetivoren, und zwar von Maulwürfen, Spitzmäusen, Igeln — Neurogymnurus —, Nagern —, die schon erwähnten Seiuroides, Trechomys und Theridomys — freilich hier in grosser Individuen- zahl, während sie an den vorher genannten Fundstätten zu den allerseltensten Objeeten gehören —, dazu die Woll- hasen ähnlichen Archaeomys, die Meerschweinchen ähn- lichen Nesokerodon und die Vorläufer der Mäuse — Eomys und Cricetodon. Ungemein zahlreich sind die Reste von Raubthieren. Ausser den schon genannten Creodonten und den Hundeartigen Cynodietis, die hier freilich im Gegensatz zu den oben besprochenen Ablagerungen in min- destens S—10 Arten vertreten sind, bemerken wir daselbst auch die ersten Marder — Plesietis, Palaeogale, Palaeo- prionodon —, die ersten Zibethkatzen und Katzen — Aelurogale, Drepanodon, letztere allerdings Formen, die mit unseren lebenden Katzen wohl in keinem direeten Zusammenhang stehen. Dagegen haben jene alten Marder- typen eine ganz hervorragende Bedeutung; sie zeigen nämlich nicht blos, dass auch dieser Formenkreis aus jenen alterthümliehen Raubthiertypen hervorgegangen ist, welehe wie die Gattung Cynodietis die primitiven Merk- male der Hunde — nämlich die hohe Zahnzahl — mit dem ebenfalls noch sehr primitiven Skelettbau der Zibeth- katzen in sich vereinigen; sie verdienen vielmehr auch deshalb unser Interesse, weil wir schon bei diesen alten Formen die Anfänge des Fischotter-, Marder- und Iltis- stammes nachweisen können in den Amphictis, Plesietis und Palaeogale. Dagegen scheinen die Palaeopriodon gänzlich ausgestorben zu sein, wenn nicht etwa eine indische Form — Helogale — oder gar die madagassische Cryptoproeta mit ihnen in direetem verwandtschaftlichen Verhältnisse steht. Höchstwahrscheinlich haben wir jedoch in den Phosphoriten die Ueberreste mehrerer zeit- lich aufeinander folgender Faunen vor uns. Dies geht insbesondere daraus hervor, dass sich hier auch bereits Typen der Thierwelt des Ronzon-Kalks finden. (Forts. folgt.) Nr. 37. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 375 re ——T—T— Waren die Menschen der Urzeit zwischen der Jägerstufe und der Stufe des Ackerbaues Nomaden? — Wenn auch die Unterscheidung der Culturstufen des Jägers, des Hirten und des Ackerbauers von einsichtigen Fachmännern als eine rein logische Sonderung verschie- dener Culturabstufungen aufgefasst wird, ohne dass dabei an strenge zeitliche Folge gedacht würde, so wird doch in weiten Kreisen das Schema solcher Stufenfolge zu- gleich als ein Ausdruck für drei Folgestadien in der Ent- wieklung menschlicher Cultur hingenommen. Die Er- haltung dieser irrigen Ansicht war nur dadurch möglich, dass das Unzulängliche jener Unterscheidung von nur drei Stufen unbeachtet blieb, und dass man sich über die eigenthümlichen Schwierigkeiten nicht klar wurde, welehe überwunden werden mussten, ehe der Mensch zum Nomaden werden konnte. — Nach beiden Rich- tungen hin giebt Ed. Hahn in einem Aufsatz im „Ausland“ (Jahrg. 64, No. 25) anregende Andeutungen. In erster Hinsicht wird betont, dass wir unter der Bezeichnung Ackerbau so verschiedenartige Culturformen begreifen, dass sich ein starkes Bedürfniss nach begrifl- licher Scheidung des thatsächlich Verschiedenen geltend macht. Wir müssen die primitive Form des Anbaues ohne jede Bodenpflege, den Hackbau, wie der Ver- fasser ihn nennt, unterscheiden von den fortgeschritteneren Arten des Anbaus mit Bodenpflege, die sich wieder in Ackerbau und in Garteneultur gliedern lassen. Für den Hackbau ist heute charakteristisch: Freilegung des Bodens für den Anbau durch Abbrennen der vor- handenen Vegetation; Bearbeitung des Bodens durch Menschenkraft mit primitiven Werkzeugen (spitzer Stab, Hacke von Holz, Stein oder Metall); Anbau von Knollen- früchten (Yam, Maniok, Bataten, Tarro, Bananen) und von Mais in der westlichen, und von Sorghum in der östlichen Hemisphäre; Anbau bis zur Erschöpfung des Bodens, so dass immer sehr bald ein neuer Platz in An- griff genommen werden muss. Diese niedere Methode findet sich heute nur in den Tropen. Der Ackerbau erfolgt durch Bearbeitung des Bodens mittelst des Pfluges: charakteristisch für ihn ist die Benutzung der Arbeitskraft der Hausthiere und die Bodenpflege durch Düngerzufuhr. Die Garteneultur arbeitet wieder ohne Hausthiere, ohne Pflug, nur mit Hacke und Spaten; bezeichnend für sie ist also: mensch- liche Arbeitskraft und intensivste Dungzufuhr, meist durch Berieselung. — Während der Ackerbau in Europa zur höchsten Ausbildung gekommen ist, hat sich die Garten- eultur in grossartigstem Massstabe in den Ländern des östlichen Asiens, in China und Japan ausgebildet. Die ganze westliche Halbkugel ist selbständig zu keinem Ackerbau gekommen; sie hatte keine Hausthiere.. Um so bewundernswerther aber ist die Höhe der Entwick- lung, welche die alten Peruaner und Mexikaner mit ihrer Garteneultur erreichten. — Auf Grund solcher sach- gemässen Gliederung der bisher unter dem Namen Acker- bau zusammengefassten Culturformen lässt sich über die Folge, in welcher die Entwicklung zu ihnen geführt hat, unzweifelhaft annehmen, dass jedem Ackerbau und jeder Garteneultur die Stufe des Hackbaus voraufgehen musste, dass also die in der Gegenwart primitivste Form des Pflanzenbaus zugleich unter den drei von Dr. Hahn unterschiedenen Kategorieen die am frühesten ausge- übte ist. Bisher wurde nun die Frage nach der Aufeinander- folge der Culturstufen, wenn ich so sagen darf, stets unter dem Gesichtswinkel des europäischen Ackerbaus betrachtet, indem man, mehr oder weniger unbewusst, immer an den Anbau von Vegetation auf einem Boden dachte,. der mittelst des von Hausthieren gezogenen Pfluges bearbeitet wurde, während man die eigenthüm- liche Form des Hackbaus unbeachtet liess. Da war es denn erforderlich, den Menschen das Hülfsmittel thieri- scher Kraftleistung, welches er nach dieser Vorstellung zum Erwerb ausgiebiger vegetabilischer Nahrung durch- aus nöthig hatte, auf einer vorhergehenden Stufe er- werben zu lassen. So bildete sich die verbreitete Ansicht heraus, dass der Mensch auf der Jägerstufe die Haus- thiere in seinen Dienst überführte, dass er sich damit auf eine höhere Stufe der Cultur erhob und als Hirt, als Nomade von den Erträgen seiner Heerden lebte, um dann zur Stufe des Ackerbaus überzugehen. Für Herrn Hahn ist aber noch eine andere Entwicklungsfolge möglich, nämlich: Jägerleben; Hackbau; Ackerbau. Bei dieser Anschauung würde die Aufgabe des Erwerbs von Haus- thieren der Stufe des Hackbaus zufallen. — Wie stellen sich nun zu diesen beiden Anschauungen die unserer Beobachtung zugänglichen Verhältnisse ? In der That finden wir bei Jägervölkern in Amerika und Afrika vielfach einen primitiven Hackbau entwickelt; wir sind daher berechtigt, für solehe Völker den Ueber- gang vom bodenvagen Jäger zum bodensteten Hackbauer für wahrscheinlich zu halten. Dagegen fehlt uns ein be- stimmter Anhalt für die Vorstellung, wie der Hackbau durch Hausthierzüchtung in den Ackerbau überging. Ebenso fehlt bei den Jägervölkern, da wir von dem Hunde, dem einzigen Hausthier, das bei ihnen vorkommt, absehen müssen, weil Jäger allein auf seine Verwerthung hin nie zu Nomaden werden können — ebenso also fehlt bei den Jägervölkern heute alles, was etwa als Keim einer Züchtung von wirthschaftlich verwerthbaren Haus- thieren aufgefasst werden könnte, so viele gezähmte Thiere sie auch immer zu ihrer Gesellschaft halten. Die Entscheidung zwischen den beiden Hypothesen, ob dureh Erwerb von wirthschaftlichen Hausthieren Jäger zu Nomaden, oder Hackbauer zu Ackerbauern wurden, muss also nach andern Gesichtspunkten getroffen werden. Vor allem ist dabei auf die eigenthümlichen Schwierig- keiten Rücksicht zu nehmen, welehe der Einführung wirthschaftlieher Hausthiere im Wege stehen. Da man über sie bisher leichten Sinnes glaubte fortgehen zu dürfen, so ist es um so dankenswerther, wenn Herr Dr. Hahn betont: 1. Gezähmte Thiere pflanzen sich in der Gefangenschaft nur mit grossen Ausnahmen fort; gerade bei den Hufthieren ist diese Schwierigkeit sehr gross! 2. Die zu zähmenden Thiere besassen zu der Zeit, wo sie in die Pflege des Menschen genommen wurden, ge- rade diejenigen Eigenschaften noch nicht, um derentwillen sie als wirthschaftliche Hausthiere geschätzt werden, und durch die sie dem Nomaden einzig und allein das Nomadenleben ermöglichen. So kann der dauernde Milehertrag nach unseren heutigen naturwissenschaftlichen Anschauungen erst in der Pflege des Menschen allmählich erworben sein. Unsere Frage nach der Inzuchtnahme der wirth- schaftlichen Hausthiere lässt sich nun aber noch in eine bestimmtere Form fassen, wenn wir beachten, dass sie zunächst nur für die Erdhälfte der, auf assyrisch - baby- lonischen Unterlagen erwachsenen westlichen Cultur Geltung hat, da die originale Entwicklung im Osten den Hackbau unmittelbar in die Garteneultur übergeführt hat, die der Hausthiere im Wesentlichen entrathen konnte. Diese Beschränkung ermöglicht es, ganz bestimmte Haus- thiere in’s Auge zu fassen. Herrn Dr. Hahn ist es nämlich bei seinen Untersuchungen klar geworden, dass wir „an die Spitze aller Hausthiere (in der historischen Reihen- folge) das Rind zu stellen haben, an das sich die Ziege anschloss“. Auf eine in’s Einzelne gehende Beweis- führung hierfür dürfen wir hoffentlich in dem angekün- 376 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. N 3u% mm mM TV — nn he III digten Werk über „die geographische Verbreitung der Hausthiere“ rechnen. Es handelt sich also schliesslich darum: Ist das Rind auf der Jägerstufe zum Hausthier geworden, oder ist es zuerst von Hackbauern gezüchtet? Wenn Jägervölker das Rind, welches noch keine Milch lieferte, hegen sollten, so kann für sie zunächst nur der Erwerb von Fleisch und Fell als Motiv gelten. Ein solehes Motiv erscheint aber nieht ausreichend, wenn wir bedenken, dass alle Jägervölker, die wir kennen, „zwischen den Extremen des Ueberflusses und des Mangels ohne Uebergang einherschwanken. Ist Jagd oder Fisch- fang reichlich ausgefallen, so wird bis zum Ende der physischen Möglichkeit gefressen, war das Gegentheil der Fall, wird ebenso stoisch gehungert. Welche Macht der Welt konnte solehe Menschen zum freiwilligen. Ver- zieht auf eine in den gehaltenen Thieren vorhandene Nahrungsquelle bringen? Etwa der Hinweis auf die künftigen Vortheile?“ Aber einmal angenommen, die Züchtung des Rindes wäre geschehen; hätten die Jäger- völker sich daraufhin zu Nomaden entwiekeln können? Dagegen spricht die Eigenartigkeit der Bedingungen des Nomadenlebens, wie wir sie in der typischen Form bei den eentralasiatischen Völkern ausgebildet finden. Nicht das Rind ist das Hausthier der Nomaden, aus dessen Erträgnissen ihr Lebensunterhalt beschafft wird, sondern das Schaf; und dieses wiederum nicht unmittelbar, sondern dadurch, dass es in der Wolle ein Handels- produet liefert, gegen welches vegetabilische Nahrung von den Ackerbau treibenden peripherischen Völkern eingehandelt werden kann. Neben Milch und deren Produeten sind Ziegelthee und Hirse im Osten, Reis und Gerste im Westen, sind also Vegetabilien die Haupt- nahrung; Fleisch spielt also, im Gegensatz zu einer verbrei- teten Auffassung, als Nahrungsmittel nur eine ganz unterge- ordnete Rolle. Das Nomadenthum stellt sich sonach als eine unselbständige Culturform dar, deren Exi- stenz erst durch das Bestehen von Vegetabilien anbauenden Völkern ermöglicht ist. Nur wenn die Nomaden selbst Anbau treiben, also keine eigentlichen Nomaden, sondern nur Halbnomaden sind, wie sie Herr Prof. v. Richt- hofen nennt, nur dann können sie die Vegetabilien fremder Völker entbehren. Wenn dagegen wahre Nomaden vom Verkehr mit den ihnen Pflanzennahrung liefernden Völkern abgeschnitten werden, so sind sie entweder gezwungen, neue Handelsverbindungen zum Erwerb von Vegetabilien zu knüpfen, oder aber sie müssen das typische Nomaden- leben aufgeben und sich selbst zum Anbau bequemen. — Von diesen Thatsachen aus erscheint es durchaus un- wahrscheinlich, dass die Nomadenstufe aus der Jäger- stufe durch den Erwerb der Hausthierzüchtung hervor- ging, während die zweite Hälfte der Hypothese von der Aufeinanderfolge: „Jäger; Hirt; Ackerbauer“ zu Recht be- steht, da Uebergänge von Nomadenvölkern zum Acker- bau heutigen Tages gefunden werden. Nur muss dabei beachtet bleiben, dass der Anbau von Getreidegräsern in diesen Fällen keine originale Erfindung der Nomaden- völker ist, sondern lediglieh durch Entlehnung der Er- rungenschaften ackerbautreibender Völker möglich wird; und dass diese Art der Herausbildung von Ackerbau- völkern aus Nomaden durchaus nicht etwa als der Typus für die Entwicklung der Culturform des Ackerbaus zu betrachten ist. So bleibt also jetzt nur noch die Frage, ob die Hahn’sche Hypothese von der Hausthierzüchtung durch Hackbauer annehmbar ist. Ausgeschlossen würde die In- zuchtnahme des Rindes zunächst um des Fleisches willen nicht sein, da die Völker bei einer fortgeschritteneren Form des Hackbaus in ihren angebauten Früchten eine gleichmässiger fliessende Nahrungsquelle besitzen würden, ‚ wiedergegebenen und somit die Vernichtung der gehaltenen Thiere vor der Möglichkeit einer Fortpflanzung nicht so durchaus wahr- scheinlich ist, wie bei Jägervölkern. Immerhin aber würde es unsern heutigen Anschauungen besser entsprechen, wenn wir uns die Hausthierzüchtung, will sagen eine Züchtung von Thieren für den unmittelbaren Nahrungs- bedarf des Menschen, in ihren Anfängen als weniger ab- sichtlich und mehr als aus gelegentlichen Erfahrungen fliessend vorstellen könnten. Herr Dr. Hahn hat seine Hypothese denn auch nach dieser Richtung hin entwickelt. Er findet eine Hilfe für die Frage nach der Züchtung des Rindes, die ja, wie schon bemerkt, nur für das Centrum der westlichen Cultur zu lösen ist, in einer eigenthüm- lichen, diesen Culturkreis beherrschenden Vorstellung: „Es ist das die Verbindung des Mondes mit dem weib- lichen Prineip und der Kuh mit beiden. Warum der Mond die weibliche befruchtete Seite des Schöpfungs- prineips beherrscht und repräsentirt, das dürfte im ge- schlechtlichen Leben des Weibes begründet sein; dass aber das weibliche Prineip nieht nur als Mondgöttin, sondern auch in der mehr oder weniger benutzten Kuh- gestalt erscheint, dafür ist wohl die Aehnlichkeit der Hörner des Mondes und des Rindes massgebend gewesen.“ Daraufhin stellt nun Herr Dr. Hahn über die Entwicklung der Stufen unserer westlichen Cultur die folgende Hypo- these auf. Weit hinter allem zurück, was man bisher als den Anfang unsrer Geschichtskenntniss betrachten kann, sass in dem fruchtbaren Lande des Euphrat und Tigris — warum gerade hier, lasse ich der Kürze halber unberührt — ein Volk, das sich durch einen mit primitiven Mitteln betriebenen Anbau von Getreidegräsern über die Anfänge des Hackbaus hinaus entwickelt hatte. Dieses älteste Culturvolk hatte religiöse Vorstellungen, die an die eben Ideenverbindungen ‚anknüpfen. . Sie brachten Opfer, und zwar opferten sie Rinder. „Um aber zu allen Zeiten der Göttin das wohlgefällige Opfer bringen zu können, und nicht, z. B. beim plötzlichen Eintritt einer unheildrohenden Constellation, von dem oft prekären Er- folge der Jagd abzuhängen, schloss man wilde Rinder in Gehege ein (die natürlich sehr primitiv und geräumig vorzustellen sind). Das war der Anfang einer ganzen Reihe ungemein wichtiger Neuerwerbungen. Erstens wurde das Rind als heiliges Thier an den Menschen ge- wöhnt und ' pflanzte sich in diesen Gehegen fort, ja es wurde sogar durch Beschränkung und Inzucht kleiner und schwächer, also für den Menschen zunächst hand- licher. Zugleich gewöhnte sich der Mensch an den Ge- nuss der Milch und der Butter.“ — Damit war der Weg gewiesen, um das Rind als Hausthier in Zucht zu nehmen. War aber der erste Schritt in der Hausthierzüchtung ge- than, so waren die folgenden leicht. Die Ziege konnte folgen. Sie war in ihren Futteransprüchen genügsamer und bot so die Gelegenheit, auch die dürftigeren, um- liegenden Steppenlandschaften in Benutzung zu ziehen und so den ersten Schritt zum Nomadenthum vorwärts zu thun, dem dann die folgende, so ungemein wichtige Ein- führung des Schafes erst Bedeutung geben sollte. Die Nomadenvölker konnten sich daraufhin unter Anlehnung an Pflanzenbau treibende Nachbarn zu ihrer Blüthe ent- wiekeln, die sie durch die Züchtung von Kameel, Esel und Pferd erreichten. — Ist auf diesem Wege vorstell- bar, wie Nomaden sich aus Hackbauern herausbildeten, so war behufs des Uebergangs in die Culturstufe des Ackerbaus nur noch ein Schritt nöthig, der allerdings für uns noch ganz unvermittelt (dasteht, der nämlich, dass man das Rind vor eine vergrösserte Hacke spannte, die damit zum Pflug wurde. Der erste Gedanke, das Rind als Zugthier zu verwerthen, ist sicher sehr viel schwieriger Kt Nr. 3%. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 377 zu fassen als wir uns das vorzustellen neigt sind. Ich habe im Vorstehenden nur versucht, die für die Frage des Verfassers wichtigsten Punkte wiederzugeben. Die vorläufige Mittheilung Herrn Dr. Hahns enthält noch eine Reihe anderer anregender Gedanken, die zum Theil gerade durch den Widerspruch, zu dem sie herausfordern, fruchtbar werden können, wie denn auch gerade die letzte, hier angeführte Hypothese einer eingehenderen Kritik nicht minder werth wäre, als sie noch fähig sein dürfte, vom Verfasser einer vertieften Durcharbeitung unterzogen zu werden. Walther Stahlberg. gewesen, ge- Versuche über Immunisirung und Heilung bei der Pneumokokkeninfection betitelt sich ein Aufsatz in der „Berliner Klinischen Wochenschrift“ vom 24. August, in welchem die beiden Verfasser Dr. G. Klemperer und Dr. F. Klemperer mittheilen, dass gegen die Pneumokokkenseptikämie jede Nährlösung immunisirt, in der der Pneumokokkus gewachsen ist, und zwar auch nach Ausschaltung der Kokken selbst. Beschleunigt und erhöht wird die immunisirende Wirkung, wenn die kokkenhaltige oder auch die kokkenfrei gemachte giftige Nährlösung eine Zeit lang höherer Temperatur ausge- setzt wird, wobei als Temperaturgrenze nach oben 60—65° (hier genügt die Zeit von 1—2 Stunden), nach unten von 40° (wobei der Kokkus 3—4 Tage stehen muss) angegeben werden kann. Die Temperaturerhöhung hat in unserem Falle also nur eine bedingte Bedeutung; die keimfreie giftige Bouillon immunisirt auch unerwärmt, aber daun sind grössere Mengen und ein längerer Zeit- raum erforderlich, und das Versuchs-Thier muss Tage lang hoch fiebern; es erweckt den Eindruck, als ob die Erwärmung nur emen Vorgang ersetzt, der sich sonst im Organismus abspielt. In allen Fällen lag zwischen der Einführung der immunisirenden Stoffe und dem wirklichen Eintritt der Immunität eine gewisse Zeit. Nach intravenöser Ein- führung der Stoffe musste im Durchschnitt 3 Tage, nach subeutaner Darreichung 14 Tage gewartet werden, ehe das Thier die Infeetion mit virulenten Pneumokokken vertrug. Diesen Termin der Vorbehandlung näher an den der Impfung heranzurücken, gelang mit den Nährlösungen nicht. Die immunisirenden Säfte konnten das kranke Thier nicht heilen und vermochten auch, wenn sie gleich- zeitig mit den Infeetionserregern gegeben wurden, den Ausbruch der Krankheit nicht zu verhindern. Auch sonst gelang es nicht, weder durch Modification der Erwärmung, noch dureh Zusatz chemischer Stoffe mit den keimfreien Culturen oder den abgeschwächten Kokken die Septi- kämie zu heilen. Dagegen gelang die Heilung in der von Behring und Kitasato für Diphtherie und Tetanus angegebenen Weise durch das Serum immuner Thiere, und zwar am besten bei direeter Einführung in die Blut- bahn. Ueber die Vernichtung von Mikroorganismen durch Induetions-Elektrieität haben W. Spilker und A. Gott- stein (Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde) Untersuchungen angestellt, von denen hier die wichtigsten kurz wiedergegeben werden mögen: Die Versuche der Verfasser bezüglich der Einwirkung der Elektrieität, speciell der Inductions-Elektrieität, auf Mikroorganismen führten mit Mierococeus prodigiosus zu- nächst zu dem Resultate, dass man im Stande ist, in wässrigen Aufschwemmungen Mikroorganismen durch In- duetions-Elektrieität zu vernichten. Doch ist dieses in gleichem Maasse nicht der Fall bei Anwendung anderer Flüssigkeiten, z. B. bei der Milch, bei welcher sich nur eine deutliche Verzögerung der Bakterien- Entwicklung bemerkbar machte. Auch die Stromstärke ist bei diesen Processen von Einfluss; dieselbe darf bei 3,5 em weiten Versuchsröhren nicht weniger als 10—12 Ampere be- tragen; ebenso darf die Zeit der Einwirkung nicht kürzer als 1 Stunde sein, anderenfalls wird keine vollständige Sterilisirung der Flüssigkeit erreicht. Sobald die Ver- fasser kürzere Versuchszeiten anwandten, so zeigte sich bei Culturen von Hühnercholera, Mäusesepticaemie und M. tetragenus, dass die Zahl der vorhandenen Keime zwar vermindert, die Virulenz aber nicht abgeschwächt war. Ohne Einfluss auf das Resultat sind jedoch die im Wasser ursprünglich vorhandenen Keime, während der Umstand, ob das der Behandlung unterworfene Wasser in Ruhe oder in Bewegung sich befindet, von sehr grossem Einfluss ist, indem bei Bewegung der Flüssigkeit die Zahl der Keime bedeutend vermindert ist, wie Versuche mit M. tetragenus und B. fluorescens liquefaciens über- einstimnend bewiesen. Die Hoffnung, fliessendes Wasser in der Praxis durch Induetions-Elektrieität keimfrei machen zu können, schei- tert jedoch an dem Umstande, dass die zu vollständiger Sterilisirung nöthige Behandlung desselben sich viel zu theuer stellen würde, wenn es auch in der That gelingt, Mikroorganismen im Wasser bei genügend langer Ein- wirkung der Elektrieität vollständig zu vernichten. Noch günstigere und höchst interessante Resultate als beim Wasser erhielten Spilker und Gottstein bei der gleichen Behandlung des Blutes mit Elektrieität. Blut- wasser mit pathogenen Keimen wurde durch die elek- trische Behandlung in 5—30 Minuten in der Weise ver- ändert, dass nach einer Impfung Mäuse nicht mehr er- krankten. Ob man es hierbei nun mit einer Abschwächung oder Abtödtung der im Blutwasser enthaltenen Mikroorga- nismen zu thun hat, konnte noch nicht definitiv ent- schieden werden. Das beobachtete günstigere Verhalten des Blutes glaubten Spilker und Gottstein auf den Eisengehalt des- selben zurückführen zu sollen, doch erhielten sie bei ihren Versuchen, wenn Bakterienwasser mit Eisensalzen ver- setzt wurde, insofern ein negatives Resultat, als letztere sich ohne Einfluss erwiesen. Nur das Ferrum albumi- natum machte hiervon eine Ausnahme und ergab bei einer Verdünnung von 1:1000 eine Sterilisirung nach 10 Minuten. Weiter zeigten andere Versuche unzweifel- haft, dass der Zusatz oder Gehalt von Ferrum albumi- natum in organischen Flüssigkeiten und Geweben bei der elektrischen Behandlung ein Mittel ist, um die Mikroor- ganismen-Entwicklung aufzuhalten oder ganz aufzuheben. Die Verfasser gedenken später ihre erhaltenen Re- sultate auf Grund schon jetzt im Gange befindlicher Ver- suche für die Hygiene (zur Conservirung organischer Produete ete.) nutzbar zu machen. Von anderen beobachteten eigenthümlichen Wirkun- gen der Elektrieität auf organische Substanzen sei hier noch erwähnt, dass sich nie eine Einwirkung auf das le- bende Thier bemerkbar machte, geimpfte Thiere blieben unbeeinflusst und starben zur vorschriftsmässigen Zeit. Dr. R. Otto. Bestimmung der von der linken Herzkammer hinausgetriebenen Blutmenge. Von Rob. Tigerstedt. (Uebers. d. Verhandl. d. Königl. Schwed. Ak. d. Wiss., B.48, 1891, S. 95.) — Derartige, Bestimmungen liegen sehr spar- sam vor, und sie sind zum Theil nicht exact, zum Theil behandeln sie Specialfälle.e Man hat früher geglaubt, dass man die Thätigkeit des Herzens nur für zu kurze Zeit aufheben könnte ohne es zu tödten, um derartige 378 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 31. Versuche machen zu können. Der Verf. hat doch beob- achtet, dass man das Herz während 4 bis 5 Minuten ohne Blutzufuhr halten kann und dass es sich nachher leicht wieder erholt. So hat der Verf. auf die Vorhöfe des Herzens eine Pincette angebracht und somit den Blutumlauf während 3 bis 5 Minuten gehemmt und wäh- rend dieser Zeit gemessen, wie viel Blut von der linken Herzkammer durch die Aorta strömte. Die Arbeit wird später vollständig publieirt. Hier wird nur eme Versuchsreihe beschrieben, die mit einem Kaninchen von 1970 gr Gewicht vorgenommen wurde. Um sich zu überzeugen, dass keine Coagulirung in der Messaparate stattfand, waren Manometer sowohl in der Aorta als in der Carotis angebracht und der Druck auf beiden Stellen abgelesen. Ferner wird die Zahl der Pulsschläge wäh- rend 10 Seeunden angegeben und schliesslich, was eigent- lich gemessen werden sollte, die Blutmenge, die bei jedem Pulsschlag und die in eimer Secunde durch die Aorta getrieben wurde. Nach Ausscheidung solcher Beobachtungen, die auf nicht normale Verhältnisse hin- deuten, sind folgende Mittelwerthe mitgetheilt: Mittlerer Druck Zahl der Puls- Secunden- mm He in Pulsschläge volumen volumen Aorta "Carotis in 10 See. cem ccm 149 126,5 28,9 0,70 2,04 1. Bei einem Secundenvolumen von 2,04 eem wer- den in einer Minute 122,4 eem Blut von der linken Herz- kammer hinausgetrieben. 2. In 1 Minute und auf 1 kg Körpergewicht erhält das T'hier 62,1 eem Blut. 3. Wenn die Blutmenge 5 pCt. des Körpergewichts beträgt, so ist die ganze Menge 98,5 gr — 93,4 cem. In 45,5 Seceunden geht die ganze Blutmenge durch das Herz. 4. Dasselbe geschieht mit 132,3 Pulsschlägen. 5. Bei jedem Pulsschlag wird eine Blutmenge in Bewegung gesetzt, die 0,00036 von dem Körpergewicht oder 0,0075 von der Blutmenge beträgt. 6. Die in 1 Minute getriebene Blutmenge ist 131 pCt. von der ganzen Blutmenge. Es mag bemerkt werden, dass die in diesem Ver- such beobachten Puls- und Secundenvolumina ungewöhn- lich gross sind. Die Bestimmungen in dieser Beziehung, die bis jetzt als richtig gelten, rühren von Vierordt her, sind aber mit einer nicht sehr genauen Methode gemacht und stimmen mit denen des Verfs. nieht überein. Sie sind folgende: 1. Pulsvolumen . . . Kunt 3,55 cem. 2. Blutmenge pro Minute und Kilogramm Körpergewicht on hä Base 593,00 - 3. Zeit eines ganzen Umlaufes le 4. Zahl der Pulsschläge eines ganzen Um- laufes . Hierbei ist die Blutmenge gewichts angenommen. Wenn man auch die Zahlen re- dueirt dureh die Annahme, dass die Blutmenge nur 5 pCt. des Körpergewichts beträgt, so bekommt man nach Viereordt 2,62 eem 7,46 Sec. 2 gleich 7 3 pCt. des Körper- nach Tigerstedt Pulsvolumen . . 0,70 eem 2. Blutmenge pro ] Minute und Kilogr. Körpergewicht . 4015 - 62. 1nm8z 3. Zeit eines ganzen Umlaufes 1,46 Sec 45,5 Sec. 4. Zahl der Pulsschläge eines ganzen Umlaufes . . . 26,1 132,3 PRyaB: Ueber ein neues Alkaloid der javanischen Coca- blätter macht Herr F. Giessel in der „Pharmaceutischen Zeitung“ (Berlin) folgende Mittheilung: Eine schmal- blättrige Cocapflanze, welche auf Java kultivirt wird, enthält bis zu 2 pCt. Alkaloide, aber nur sehr wenig Coeain. Die Hauptmenge der Alkaloide besteht aus amorphen Cinnamylverbindungen neben kristallisirbarem Cinnamyleocain sowie Truxillin. Bei einer Verarbeitung von 20 kg dieser Alkaloide wurde aus einer bestimmten Fraktion der Basen 1 kg Cinnamyleocain gewonnen, während etwa die dreifache Menge, ausser etwas Cveain nieht kristallisirbar blieb. Aus diesen , Mutterlaugen, welche wesentlich amorphe Cinnamylverbindungen ent- halten, konnte ich als bromwasserstoffsaures Salz "ein Alkaloid isoliren, das die grösste Aehnlichkeit mit Rechts- coeain besitzt. Das Alkaloid, von dem ich ea. 80 g erhielt, charakterisirt sich als ein dem Cocain sehr nahe ver- wandter Körper durch die bekannte physiologische Wirkung auf die Zunge und das Verhalten gegen Per- manganat, welches dem Cocain und Rechtsceocain analog ist. Das bromwasserstoffsaure und salpetersaure Salz zeigt die gleiche Schwerlöslichkeit in Wasser wie Rechts- cocain. Ebenso erscheint die freie Base, aus Lösungen gefällt, als Oel, welehes mit Aether ausgesehüttelt werden kann und nach dem Verdunsten des Aethers nach einiger Zeit kristallinisch erstarrt. Der Sehmelzpunkt dieser Kristalle liegt gegen 49° ©. (Rechtseocain 46—-47°). Ver- schieden aber vom Rechtseocain ist das salzsaure Salz sowohl in Bezug auf Löslichkeit, als Kristallform. Salz- saures Rechtsceocain ist ziemlich schwer löslich in Wasser, leichter in Alkohol und kristallisirt in beiden Fällen in Nadeln. Das salzsaure Salz der neuen Base ist in Wasser bedeutend leichter iöslich, etwas schwerer in Alkohol und kristallisirt aus beiden Lösungsmitteln in kurzen schön ausgebildeten Formen. Die Salze des neuen Körpers werden noch aus sehr verdünnter Lösung mit Kalium- bichromat kristallinisch gefällt, während unter gleichen Verhältnissen Cocain und Rechtscocain klar bleiben oder nur ölige Trübungen geben. Der polarisirte Lichtstrahl wird nicht merkbar abgelenkt. Concentrirte Salzsäure spaltet die Base in Benzo&säure und das salzsaure Salz eines Eegonins in den für Cocain berechneten Mengen- verhältnissen, ohne wie Rechtseocain ein in concentrischer Salzsäure schwer lösliches Zwischenproduct (salzsaures Rechtsbenzoyleegonin) zu geben. Die neue Spaltbase ist weder Eegonin noch Rechtseegonin, wie dies schon die gut kristallisirenden Halogenwasserstoffverbindungen zei- gen. Am deutlichsten zeigt sich aber dieser Unterschied bei der freien Spaltbase, welche beim Verdunsten im Exsiceator zu einer strahligen Kristallmasse erstarrt, die sehr hygroskopisch ist. In Alkohol absol. sind die Kri- stalle sehr leicht löslich (Rechtseegonin ist in Alkohol fast unlöslich), Aetherzusatz scheidet wieder Kristallkon- glomerate ab. Hiernach liegt also ein neues Alkaloid vor, welches wahrscheinlich ein isomeres oder homologes Cocain ist. Bestimmtes darüber kann erst die eingehen- dere Untersuchung lehren, die Herr Prof. Liebermann die Güte haben wird, auszuführen. — Es lag sehr nahe, zu versuchen, ob die schmalblättrigen amerikanischen Truxilloblätter ebenfalls dieses Alkaloid enthalten. Zu diesem Zwecke wurden etwa 15 kg Nebenalkaloide aus entsprechenden Mutterlaugen der Untersuchung unter- worfen, ohne aber bis jetzt etwas ergeben zu haben. Dagegen fand sich auch hier, wie bei den Javablättern in geringer Menge eine in salzsaurer und schwefelsaurer Lösung blau fluoreseirende flüchtige Base, die der vou Hesse als Hygrin beschriebenen vollkommen gleicht. Nr. 37. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 379 Die grössten Tiefen des Mittelländischen Meeres sind nach einer von einer Karte begleiteten Mittheilung in G. Cora’s „Cosmos“ in diesem Jahre vom italienischen Dampfer Washington im ‚jonischen Meere gelothet worden. Zwischen 35° 39 und 36° 56° nördl. Br. und 13° 18’ bis 15° 38’ östl. Lg. findet sich ‘hier eine Tiefenzone von durchsehnittlich 4000 m Tiefe mit äusserst schlammigem Boden. Cora schlägt vor, dies Gebiet nach dem Contre- Admiral Magnaghi, dem Leiter der Sondirungen, Mag- naghi-Tiefe zu nennen. Eine Erforschung derselben mit dem Schleppnetz wäre von grösster Wichtigkeit, da sie, durch die flacheren Theile des Mittelmeeres und die Schwelle von Gibraltar von dem Tiefwasser des Oceans getrennt, vielleicht eine eigenthümliche Reliktenfauna be- herbergt. As K- Neuer Apparat zum Mischen von Flüssigkeiten unter Ausschluss der Luft. — Zum Mischen von Flüssig- keiten unter Abschluss der Luft bedient sich Apotheker L. Keutmann, wie die „Neuesten Erfindungen und Er- fahrungen“ nach seiner Veröffentlichung in der „Pharm. Centraleh.“ mittheilen, der Woulf’schen Waschflasche mit drei Tuben. In dieselbe giebt er eine der beiden Misch- flüssigkeiten. Den einen Tubus verschliesst er mit einem durchbohrten Kork, durch den eine Glasröhre mit aufge- setztem Kautschukventil geht; den zweiten benützt er zur Zuführung des Gases, welches die atmosphärische Luft verdrängen soll. In den dritten Tubus bringt man einen Kork, durch welchen die Spitze einer Glashahnbürette geht. In die Bürette bringt man nunmehr die zweite Misehflüssigkeit und giebt etwas flüssiges Paraffın oben- auf, so dass die Bürette ganz gefüllt ist. Nunmehr wird das betrefiende Gas durch den Apparat getrieben, bis alle atmosphärische Luft verdrängt ist. Alsdann schliesst man das Gaszuleitungsrohr, setzt auf die Bürette einen durehbohrten Kork mit knieförmig gebogenem Glasrohr und verbindet letzteres mit dem Gasentwicklungs-Apparate. Letztere Manipulation ist nothwendig, da das Gas in der Flasche sich unter einem gewissen Druck befindet, der das Auslaufen der Bürette verhindern und eventuell den Inhalt derselben oben heraustreiben würde. Natürlich werden die Mischflüssigkeiten, wenn möglich durch Kochen, thunlichst von Luft befreit und die Mischflasche mit dem Entwieklungs-Apparat durch einen längeren Schlauch ver- bunden, um dieselbe beweglicher zu machen. Soll auch das Licht abgehalten werden, so wird die Waschflasche geschwärzt und die gegen Licht eonstantere Lösung in die Bürette gebracht. Ein Entleeren kann man am ein- fachsten erreichen, indem man die Bürette durch ein langes, oben gebogenes Glasrohr ersetzt und wieder mit dem Entwieklungs-Apparate verbindet. Der Vorgang ist dann natürlich dem bei einer Spritzflasche analog. Das Kautschukventil ist durch einen Kork ersetzt. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Der vortragende Rath im Cultusministerium und ausser- ordentliche Professor in der medizinischen Faeultät der Uni- versität Berlin, Geheimer Obermedizinalrath Dr. K. F. Ch. Skrzeezka ist zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt worden. Des weiteren: Der ordentliche Professor an der Hochschule für Bodeneultur in Wien, Dr. G. Goldschmiedt, zum ordent- lichen Professor der Chemie an der deutschen Universität Prag; der ausserordentliche Professor an der Universität Wien, Dr. K. Maydl, zum ordentlichen Professor der Chirurgie an der tschechischen Universität Prag; der ausserordentliche Pro- fessor an der deutschen Universität Prag, Dr. J. Palacky, zum ordentlichen Professor der Geographie ebenda; der Privat- docent an der Universität Wien, Dr. E. Leehner, zum ausser- ordentlichen Professor der Physik an der Universität Innsbruck ; Dr. Jos. Lohschmidt, ordentlicher Professor der Physik an der Universität Wien ist in’ den Ruhestand ‚getreten, Es sind gestorben: Am 20. August, 69 Jahre alt, in Heidel- berg der Astronom Franz Brünnow, vormals Direetor der Sternwarte zu Dublin; ferner, der Chemiker Charles Joy in New York und der Botaniker Hofrath Professor Dr. Just von der Technischen Hochschule zu Karlsruhe am 30. August. Litteratur. J. Scheiner, Die Spectralanalyse der Gestirne. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1890. Preis 14 Mark. Das vorliegende Werk gehört — das sei gleich von vorne- herein bemerkt — zu den bedeutendsten, die uns das verflossene Jahr gebracht hat, und es wird für lange Zeit die Grundlage aller weiteren Arbeiten in dem behandelten Gebiete bilden. Ursprünglich war es Absicht der rührigen Verlagsbuchhandlung, ein Lehrbuch der gesammten Astrophysik, das bisher noch fehlt, erscheinen zu lassen, dessen Bearbeitung der Direetor des astro- physikalischen Observatoriums zu Potsdam, Herr Prof. H. ©. Vogel, übernehmen sollte. Da dieser Plan, wie Prof. Vogel in einem Vorworte ausführt, aus verschiedenen Gründen fallen musste, so hat man sich dazu entschlossen, die einzelnen Theile der Astro- physik getrennt zu bearbeiten — sicherlich zum Vortheil für das ebenso zeitgemässe wie wichtige Unternehmen. „Als eines der wichtigsten Gebiete der Astrophysik, so heisst es in dem er- wähnten Vorwort des Herrn Vogel, ist die eoelestische Speetral- analyse zu betrachten, und es lag das Bedürfniss, ihre Ergebnisse in ein Buch zusammenzufassen, am dringendsten vor, da sie in den Lehrbüchern über Speetralanalyse meist nur kurz oder zu populär behandelt worden ist und der gewaltige Aufschwung, den gerade dieser Zweig der Astrophysik in den letzten Jahren durch die Verwendung der Photographie erfahren hat, einen Höhepunkt erreicht zu haben scheint. Es ist deshalb meiner Meinung nach — und ich bin sicher, dass sich die Fachgenossen derselben an- schliessen werden — mit Freuden zu begrüssen, dass die Speetral- analyse der Himmelskörper durch Herrn Dr. J. Scheiner in dem vorliegenden Werke eine Bearbeitung gefunden hat, welche sich durch Gründlichkeit auszeichnet und daher geeignet erscheint, zur Ausführung der oben bezeichneten Lücke einen Beitrag zu liefern.“ Diesem Urtheile aus dem Munde des berufensten Kritikers haben wir nichts hinzuzufügen. als die eingangs geäusserte An- sicht, dass das Scheiner'sche Werk eine der hervorragendsten Erscheinungen der letzten Zeit bildet. Wir können uns daher darauf beschränken, den Inhalt und Umfang des ebenso klar und gründlich verfassten wie gut ausgestatteten und mit treff- lichen Abbildungen versehenen Buches kurz zu skizziren. Es sei zunächst noch bemerkt, dass die Litteratur in ausserordentlicher Vollständigkeit verwerthet worden ist; dieselbe ist in einem für den Fachmann ungemein werthvollen und nützlichen Verzeich- nisse zusammengestellt worden. Der erste Theil, deren das Werk vier umfasst, behandelt naturgemäss zunächst die Spectral- apparate, und zwar enthält das erste Capitel: Allgemeines, die Speetralapparate betreffend, während im zweiten Capitel speciell die in der Astronomie verwendeten Speetralapparate beschrieben werden. Der zweite Theil ist „spectralanalytische Theorien“ überschrieben und bringt eine sehr interessante und gründliche Darlegung über das Kirchhoff’sche Gesetz und über das Doppler- sche Prineip. Im dritten Theile trägt der Verf. die Ergebnisse spectral- analytischer Untersuchungen an Himmelskörpern vor. Das erste Capitel dieses Theiles, die Sonne behandelnd, ist weniger aus- führliceh als die übrigen, und der Verf. begründet dies damit, dass eine ausführliche Darstellung dieses Gegenstandes allein ein Werk von erheblichem Umfang erfordern würde, und dass auf der anderen Seite trotz des grossen Beobachtungsmaterials die Kennt- niss der Constitution der Sonne „den berechtigten Erwartungen“ durchaus nieht entspricht. Hoffen wir also, dass in das Meer von Hypothesen und Sonnentheorien bald Klarheit gebracht werde! Das zweite Kapitel behandelt sodann die Planeten der Reihe nach, das dritte und vierte führt uns die speetralanalytischen Untersuchungen der Kometen und Nebelflecke vor, während das fünfte Kapitel die besonders interessanten Ergebnisse bezüglich der Fixsterne enthält. Das Spectrum des Nordlichtes und das des Zodiakallichtes werden im sechsten Kapitel betrachtet, und im siebenten werden die Linienverschiebungen behandelt, die be- kanntlich in der Spectralanalyse von so grosser Wichtigkeit ge- worden sind. Für den Fachmann sehr werthvoll ist auch der vierte Theil, der eine sehr dankenswerthe Zusammenstellung von Tabellen enthält. — Leider verbietet es uns der Raum, auf einzelne Kapitel oder Fragen näher einzugehen, so sehr auch das Interesse des Gegenstandes und die Art der Behandlung dazu einladen. Wir müssen uns darauf beschränken, den Leser auf das Werk selbst zu verweisen. Das Scheinersche Buch bildet einen Markstein in der Geschichte der Speetralanalyse nn Gestirne. utzmer, 350 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 37. Seminar-Oberlehrer Wilh. Machold, Ursachen, Ziele und Wege der Reformbestrebungen des Naturgeschichts-Unterrichts in der Volksschule. Bielefeld, A. Helmieh (Hugo Anders). 1890. 13 S. — Preis 0,50 Mk. Der Verfasser ist von dem immer lauter werdenden Ver- langen nach einer wesentlichen Umgestaltung des Naturgeschichts- Unterrichts in der Schule, welchem Friedr. Junge den nach- haltigsten Ausdruck verliehen hat, mit ergriffen. Aber er ist sich, wie nicht wenige derjenigen, die gleich ihm das Wort „Re- form“ im Munde führen oder doch von ihm angesteckt sind, nicht völlig klar über das, worauf es ankommt und was noth thut. Während er mit Recht auf einen Gegensatz zwischen der Forschungsweise der organischen Naturwissenschaften von heute und derjenigen von ehemals (vor Darwin, kann passend ge- sagt werden) hinweist, kennzeichnet er doch nicht in scharfer und das Wesen erfassender Ausführung dasjenige, worin dieser Gegensatz besteht. Nicht empirische und philosophische, sondern einerseits beschreibende und klassifiecirende und anderer- seits erklärende Forschungsweise stehen sich (zum Theil noch jetzt gleichzeitig) gegenüber. Wenn der Verf. die Meinung äussert, dass Friedr. Junges Forderungen zu weit, gehen, so untersehreibe ich dies; ich glaube beispielsweise, dass von den 8 Naturgesetzen, die nach Junge den Schülern zum Verständniss gebracht werden sollen, nur 2 (nämlich das Gesetz der Erhaltungs- mässigkeit und das Zusammenhangsgesetz, vor Allem aber das erstere) geeignet sind, eine dauernde Grundlage für den ge- sammten Unterricht zu bilden; die anderen können höchstens gelegentliche Erwähnung finden. Auch darin hat der Verf. Recht, dass es nicht zweckmässig ist, nach „Lebensgemein- schaften“ zu unterrichten. Aber ich bin der Meinung, dass das gleiche auch von den „Gruppenbildern“ gilt. Besonders empfehlen möchte ich die Schrift nicht, weil sie nieht gründlich genug ist und in ihren Forderungen nicht ganz und durchweg das Rechte trifft. Dr. K. F. Jordan. Sitzungsberichte der Kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften. Math.-phys. Classe. 1891 Heft I. In dem eben ausgegebenen Hefte ist von besonderem Interesse eine Studie von G. Reeknnagel „Zur Hygiene der Wohnung“. Der Verfasser will durch Ermittelung des Luftwechsels in zahl- reichen nach Lage und Bauart verschiedenen Räumen Typen ge- winnen, um in Anlehnung an dieselben für jedes andere nach Lage und Bauart beschriebene Zimmer mit einiger Annäherung das Mass des natürlichen — von Temperaturdifferenzen und Wind zu erwartenden — Luftwechsels angeben zu können. Für das Stu- dium des natürlichen Luftwechsels hat die einmalige Messung der Grösse des Gesammtluftwechsels wesentliche Bedeutung, weil die Kenntniss desselben in Verbindung mit genauer Beschreibung der für den Luftwechsel massgebenden Umstände zur Grundlage der von Herrn R. schon früher begründeten theoretischen Rechnungen dienen kann, durch welche der Luftwechsel annähernd auch für solehe Fälle sich ermitteln lässt, in denen jene Umstände andere sind. Auf Grundlage einer solehen Messung und Beschreibung wird es dann möglich sein, für jede Jahres- und Tageszeit anzu- geben, welche ungefähre Leistung man von der Porenventilation und welehe man von einer bestimmten nur auf Temperaturunter- schiede und Winddruck begründeten Lüftungsanlage erwarten darf. Die Messung des Gesammtluftwechsels wird am einfachsten angestellt nach der von Pettenkofer begründeten Methode der Kohlensäurebestimmungen. Die dann nothwendige Rechnung führt nun auf eine Gleichung, in der die Grösse, auf die es ankommt, die stündlich zugeführte Luftmenge, in transcendenter Weise auf- tritt. Dadurch wird die Methode in der Anwendung mühevoll und zeitraubend. Herr R. hat diesem grossen Mangel abgeholfen, indem er jene Gleichung in eine zur Tabulirung bequeme Form brachte und dann Tafeln berechnete, mit deren Hilfe die Lösung der Gleiehung sich einfach bewerkstelligt. Er beschreibt dann einige von ihm angestellte Messungen inel. der nachfolgenden Rechnungen eingehend. Die schon früher von Anderen geäusserte Ansicht, dass die Begrenzungen unserer Wohnräume bei höherer Temperatur für Luft durchlässiger sind als bei tiefer, wird durch diese Versuchr bestätigt. Es ist nieht nöthig, bei dieser Beziehung zwischen Durchlässigkeit und Temperatur allein an die Ausdeh- nungen zu denken, welche die Poren der Steine durch Ausdehnung des Materials erfahren. Man muss vielmehr auch den Einfluss der Wärme auf die Feuchtigkeit der Wände in Betracht ziehen. Denn die Feuchtigkeit schliesst nicht nur die Poren, sondern durch Quellung des Holzes auch die Fugen und Ritzen, die naturgemäss einen grossen Einfluss auf die Durchlässigkeit haben. Hohe Tem- peraturen werden daher auch in der Weise die Durchlässigkeit vermehren, dass sie zur Austreibung der Feuchtigkeit mitwirken, bezw. deren Festsetzung verhindern. Grösste Durchlässigkeit und damit grösster Luftwechsel wird also nach einer Reihe warmer, trockener Tage eintreten; der geringste nach kalter, feuchter Witterung, und mittlerer Luftwechsel bei veränderlichem Sommer- wetter und bei trockener Kälte. — Das Heft enthält noch eine längere Untersuchung des Herrn W.Dycek über die gestaltlichen Verhältnisse der durch eine Differentialgleichung 1. o. mit 2 Va- riabeln definirten Curvensysteme. Dann folgt eine Studie von C. L. Weber über Messung der magnetischen Inclination, ein längerer Aufsatz von ©. W. v. Gümbel über die Thermen von Bormio und das Ortlergebirge und endlich ein soleher von N. Rü- dinger über die Neubildung der Lieberkühn’schen Drüsen durch die Solitärfollikel im Wurmfortsatz des Menschen. Grs. Claus, C., Ueber Goniopelte gracilis, eine neue Peltide. Wien. 6 M. Dammer, U., Handbuch für Pflanzensammler. Stuttgart. 8 M. De-Toni, J. B., Sylloge algarum omnium hucusque cognitarum. Vol.: Bacillarieae. Sectio I.: Rhaphideae. Berlin. 27,50 M. Diebolder, J., Darwins Grundprinzip der Abstammungslehre. 2. Aufl. Freiburg. 1,20 M. Drummond, H., Inner-Afrika. 2. Aufl. Gotha. Geb. 4 M. Ettingshausen, C. Frhr. v., Ueber tertiäre Fagus-Arten der süd- lichen Hemisphäre. Leipzig. 0,90 M. Ewald, C. A., Handbuch der allgemeinen und speziellen Arznei- verordnungslehre. 12. Aufl. 2. Lfg. Berlin. 6 M. Eischer, B.,, Lehrbuch der Chemie für Pharmaceuten 2. Aufl. Stuttgart. 15 M. } Franck, L., Handbuch der Anatomie der Hausthiere mit be- sonderer Berücksichtigung des Pferdes. 3. Aufl. 1. Lfg. Stuttgart. 4 M. j Gegenbauer, L., Zur Theorie der hypergeometrischen Reihe. Leipzig. 0,40 M. Goldschmidt, V., Index der Krystallformen der Mineralien. 3. Bd. 7. (Schluss-) Hft. Berlin. 1M. Görres, J. v., Vorträge über Eneyclopaedie und Methodologie des academischen Unterricht (allgemeine Eneyelopaedie der Wissenschaften), gehalten an der k. Ludwigs-Maximilians-Uni- versität zu München vom 12. November 1841 bis 17. Februar 1842. München. 6M. Briefkasten. Herrn Gymnasiallehrer Dr. Biel. — |. Der eingesandte Fruchtstand gehört zu Arum maculatum L. — 2. Das Rhizom wird bei manchen Schriftstellern allerdings synonym mit Grund- axe gebraucht: ich habe den letzten Ausdruck in meiner „Ilus- trirten Flora“ und meinen „Elementen der Botanik“ vermieden, weil auch viele echte Wurzeln dem reinen Sinne des Wortes nach als Grundaxen bezeichnet werden können, wenn diese Anwendung in der Wissenschaft auch nicht gebräuchlich ist. Der Laie wird aber jedenfalls mit Recht nicht einzu- sehen vermögen, warum nur die morphologisch als Stengelgebilde aufzufassenden, aber nieht die morphologisch als Wurzeln anzu- sehenden unterirdischen Axen als „Grundaxen“ bezeichnet werden sollen. Ausser Grundaxe nennt man in der deutschen Termi- nologie unterirdisches, bewurzeltes Stengelorgan, also ein Rhizom, noch Grundstock und Wurzelstock. — 3. Den Terminus „zusammengesetztes Blatt“ kann ich nicht unpassend finden; man hat hierbei „aus Blättehen“ zu ergänzen, nämlich ein aus Blättehen zusammengesetztes Blatt im Gegensatz zu einem „ganzen“ Blatt. „Blattstand“ kann man desshalb nicht sagen, weil dies ein aus Blättern zusammengesetzter Stand bedeuten würde, entsprechend „Blüthenstand“ gleich eine aus Blüthen zusammengesetzte Ge- sellschaft von Blüthen; wollen Sie das Wort „Stand“ hineinhaben, so müssen Sie „Blättehenstand“ sagen, eine Bezeichnung, die ohne jede Definition verständlich sein würde, vorausgesetzt, dass einem die Begriffe „Blättehen“ und „Stand“ geläufig sind. P. se ee ee TE ee TIERE De) See rn en I ET EEE FTIR un, Inhalt: Dr. Max Schlosser: Die Beziehungen der ausgestorbenen Säugethiere zur Säugethierfauna der az — Waren die Menschen der Urzeit zwischen der Jägerstufe und der Stufe des Ackerbaues Nomaden? — Versuche über Immunisirung und Heilung bei der Pneumokokkeninfeetion. — Ueber die Vernichtung von Mikroorganismen durch Inductions-Elektrieität. — Bestimmung der von der linken Herzkammer hinausgetriebenen Blutmenge. — Ueber ein neues Alkaloid der javanischen Cocablätter. — Die grössten Tiefen des mittelländischen Meeres. — Neuer Apparat zum Mischen von Flüssigkeiten unter Aus- schluss der Luft. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: J. Scheiner: Die Speetralanalyse der Gestirne. — Seminar- Oberlehrer Wilh. Machold: Ursachen, Ziele und Wege der Reformbestrebungen des Naturgeschichts-Unterrichts in der Volks- schule. — Sitzungsberichte der Kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. — Liste. — Briefkasten. EL mm nn Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potoni6, Berlin NW. 6, Luisenplatz 8, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. construirt von J. R. Voss. Metall-Spiral-Hygrometer (bereits 15 000 Stück geliefert) empfiehlt als Spezialität Mechaniker. J. PR. Voss. BERLIN NO., Pallisaden-Strasse 20. 7 goldene und silberne Medaillen. — Geschäftsgründung 1874. Mechaniker. | Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Vorzüglich Vorzüglich Vorzüglich Zu haben in den meiften zur Er Lanolin-Toiette-Cream -Lanolin zur Pflege der Haut. zur Neinhaltung und Bebedung wunder Haut« LXXXV itellen und Wunden. haltung einer guten Haut, leinen Rindern. Apotheken und Drogerien. bejonders bei Pnilipp 6. Arlanıs, BERLIN N., Krausnickstr. 1. 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Soeben erschien: Vierstellige Verein zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in den Naturwissenschaften. Der unterzeichnete Ausschuss des Jenenser ÜCongresses, mit den Vorbereituugen für die Gründung eines Vereines zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in den Natur- wissenschaften beauftragt, wendet sich an alle Fachgenossen und Freunde der Sache mit der Bitte dem Vereine beizutreten. Der Jahresbeitrag von 3 Mark ist zugleich mit der An- meldung an Prof. Dr. Kramer in Halle (Saale, Steinweg 2) einzusenden. Die konstituierende Versammlung findet im Oktober in Braunschweig statt. Die Tagesordnung und der Beginn der Versammlung werden rechtzeitig bekannt gemacht. Anmeldungen zu Vorträgen für die allgemeinen Sitzungen riehte man an Direktor Dr. Krumme, Braunschweig (Hintern Brüdern 30); Vorträge in den Abteilungssitzungen sind bei folgenden in Braunschweig wohnenden Herren anzumelden: Öberlehrer Lindau, Pawelstr. 6 (für Mathematik); Professor Dr. Schlie, Körnerstr. 5 (für Physik); Dr. Levin, Breitestr. 5 (für Chemie und Mineralogie); Professor Dr. Steinacker, Ferdinandstr. 9 (für Zoologie und Botanik); Dr. Petzold, Büttenweg 15 (für Erdkunde). Dr. Bail, Professor am Realgymnasium, Danzig. Prof. Dr. Buchbinder, Jena. Dr. Detmer, Professor an der Universität Jena. Prof. Dr. Kramer, Inspector des Realgymnasiums, Halle. Dr. Krumme, Direktor der Oberrealschule, Braunschweig. Dr. Pietzker, Oberlehrer am Gymnasium, Nordhausen. Pro- fessor Dr. Schwalbe, Direktor des Dorotheenstädtischen. Real- eymnasiums, Berlin. | | Franz Stelzer | Fabrik meteorolog., physik. u. | chemischer Instrumente | sowie von Glas-Präcisions-Apparaten BERLIN N.4., Invalidenstr. 123 vis-A-vis Stettiner-Bahn. Logarithmentafeln. Zusammengestellt von | Harry Gravelius, Astronom. 24 Seiten. Taschenformat. Preis geheftet 50 Pf. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 000000000000000000000000000000000000 0000000 Berlin SO., gläser und ordinär Chemikalie gefässe, VO HHH HH HOP HH IH HH Glas und I 422 7 777 von Poncet Glashütten- Werke Fabrikate: presst und geschliffen. Gefässe und Utensilien für chemische, pharmaceutische, physikalische und andere technische Zwecke. Batterie- lampenkörper und Isolatoren für elee- trotechnische Zwecke. und queur- und Parfümerie-Fabrikation, sowie zur Verpackung von Droguen, Fruchtschaalen presst und geschliffen, für Ausstel- lungszwecke. und Decorations-Emaille-Malerei auf I SPECIALITÄT: Einrichtung von Apotheken, chemisch. Laboratorien ete. 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Mit Abbildungen und Karten. Preis: N Heft 10. 11. 16. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- schnitten. Ueber das Causalitätsprincip der. Naturerschei- nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds Rede: „Die sieben Welträthsel“ von Dr. Eugen Dreher. . Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Jordan. . Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota- nischen Garten zu Berlin von Dr. Mit 2 Tafeln. H. Potonie. . Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette von Dr. Ed. Ritsert. . Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen Rothliegenden von Prof. Dr. in Leipzig. Hermann Credner Mit vielen Abbildungen. Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten von Prof. Dr. W. J. van Bebber. Mit i Tafel und 5 Holzsehnitten. Heft 1-4 a 50 Pf, Heft 5-16 a1 M. — ERINE x Redaktion: VI. Band. Sonntag, den 20. Was die naturwissenschaflliche Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der- Ihre Schöpfungen schmückL Schwendener. ee September 1891. Abönnement: anstalten, wie bei der Expedition. Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Beziehungen der ausgestorbenen Säugethiere zur Säugethierfauna der Gegenwart. Von Dr. Max Schlosser, Custos an der geolog. Sammlung in München. (Fortsetzung. In Ronzon nun treffen wir von Raubthieren Amphi- eynodon und Cynodon, Vorläufer der ächten Hunde, Proplesietis, einen Ahnen der Marder und Hyaenodon, den letzten europäischen Creodonten. Die Nager sind vertreten durch die schon mehrmals genannten Theri- domys, die Inseetivoren durch einen Igel. Das wichtigste Element in dieser Thiergesellschaft bilden indess die Hufthiere. Die Unpaarhufer sind repräsentirt durch das letzte Paloplotherium sowie durch einen Rhinocerotiden, die Paarhufer dureh den hirschähnlichen Gelocus, die kleinen vierzehigen Caenotherien, die Hyopotamen und das grosse Entelodon. Dieses letztere steht im Zahnbau den Schweinen nahe, besitzt jedoch nur zwei, getrennte Zehen. Die Hyopotamen stellen einen ganz eigenartigen Typus dar. Es waren Formen mit niedrigem langge- strecktem Schädel, dem der Kameele noch am ehesten vergleichbar, und kurzen vierzehigen Extremitäten. Der Geloceus spielt für die Stammesgeschichte der Hirsche jedenfalls eine ganz hervorragende Rolle. Die Zehen sind hier noch nicht vollständig verschmolzen, die Seiten- zehen jedoch bereits in der Mitte durchbrochen und so- mit sowohl durch obere als auch durch untere Stücke angedeutet, während bei den späteren Hirschen — und auch bei den Hirschen der Gegenwart — entweder nur mehr obere oder untere Reste der Seitenzehen vorhanden sind. Im Gegensatz zu den ächten Hirschen fehlen hier die Geweihe noch vollständig. Wie in den Phosphoriten so finden sich auch im Ronzonkalk Ueberreste von Beutel- ratten — Didelphis. Mit dem Ronzonkalk haben wohl mehrere Ab- lagerungen im östlichen Frankreich — Issoire — sowie die Braunkohlen von Cadibona in Piemont, von Oberbayern und vom Westerwald ungefähr gleiches Alter. Alle haben miteinander das Anthracotherium gemeinsam, einen Hippopotamus ähnlichen, vierzehigen Paarhufer, dem wir auch in den Phosphoriten begegnet sind. In Issoire finden sich ausserdem ein Maulwurf, mehrere Arten von Pe- ratherium, — einem Beutler — zahlreiche Nager — Issiodo- romys, Archaeomys und Theridomys —, sowie der hirsch- artige Lophiomeryx, lauter Formen, die auch in den Phos- phoriten durch in sehr ähnliche, zum Theil sogar ganz die gleichen Arten vertreten sind. Issiodoromys ist mit dem caviaartigen Nesokerodon der Phosphorite sehr nah ver- wandt, Archaeomys ist der Nachkomme des dortigen Protechimys. Eine sehr reiche Fauna ist uns in den untermioeänen Süsswasserkalken von St. Gerand-le-Puy (Allier), Mainz und Ulm überliefert. Sie erweist sich im Wesentlichen als die directe Fortsetzung der eben besprochenen Ronzonfauna, nur sind hier die Paloplotherien, Hyae- nodon, Hyopotamus und Entelodon bereits ausgestorben. Einen grossen Artenreichthum entfaltet hier die Gattung Palaeomeryx. Im Gegensatz zu ihrem Vorfahren, dem Gelocus besitzt sie bereits vollkommen verschmolzene Mittelfussknochen, den ächten Canon der Wiederkäuer; statt der Geweihe tragen die Männchen mächtige Eck- | zähne im Oberkiefer, wie dies auch noch in der Gegen- wart bei den geweihlosen Hirschen der Fall ist. Neben Palaeomeryx ist auch das kleine vierzehige Caenotherium durch mehrere Arten und. in zahllosen Individuen ver- treten. Dazu gesellen sich ächte Schweine — Palaeo- ehoerus, ein Tapir und zwei Rhinoceros-Typen — Acera- therien — sowie ein Chalicotherium. . Die Nager sind repräsentirt durch die letzten Theridomys, die hamster- ähnlichen Crieetodon, einen Biber — Steneofiber — und die ersten Lagomorphen — Myolagus — mit hasenartigem Gebiss, aber kurzen Extremitäten. Sehr zahlreich ist hier die Raubthiersippe, namentlich die marder- und iltis- 382 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr=38. ähnlichen Formen, sowie die Fisehottern — Potamotherium — desgleichen die Ichneumon und Zibethkatzen. Da- gegen fehlen hunde- und katzenähnliche Typen voll- ständig, während die Bären mehrere, freilich noch ziem- lich kleine Vertreter mit hundeähnlichem Gebiss Amphieyon — aufzuweisen haben. Zu ihnen gesellt sich ferner die schon in den Phosphoriten auftretende Gattung Cephalogale. Das Gebiss dieses Thieres erinnert an jenes der Hunde, dagegen waren die Extremitäten entschieden mehr bährenartig, wenn auch nicht so plump wie bei dem eben erwähnten Amphieyon. Hier finden wir auch zum letztenmale Beutelthiere in Europa, nämlich das schon mehrmals angeführte Peratherium. Die Insecetivoren weisen einen nicht unbeträchtlichen Formenreichthum auf. So bemerken wir Igel, Maulwurf und Spitzmaus. Auch Fledermäuse kommen hier vor, der Gattung Vespertilio sehr nahestehend. Neben den bereits genannten Insecten- fressern bemerken wir auch ein paar eigenthümliche igel- ähnliche Formen, Dimylus und Cordylodon, welche jedoch keine weiteren Nachkommen hinterlassen haben. Die Säugethierwelt des Obermiocän schliesst sich an Jene des Untermiocän sehr innig an, doch fehlen von nun an die älteren Insectivoren- und Nagertypen, sowie die Caenotherien und Beutelratten. Dafür erscheinen jetzt die ersten Proboscidier, nämlich die elephantenähnlichen Mastodon und das primitivere Dinotherium, auch treten wieder Pferde in Europa auf sowie Affen. Diese letzteren sind repräsentirt durch Anthropomorphen und zwar durch den Pliopithecus, der sich von dem lebenden Gibbon fast kaum unterscheidet und durch Dryopitheeus, welcher wahrscheinlich den Ahnen der Orang und Schimpansen darstellt. Die Pferde haben einen Vertreter in dem Anchi- therium, welches freilich im Zahnbau und hinsichtlich der Zehenzahl — drei — noch ein ziemlich ursprüngliches Verhalten zeigt. Tapire und Rhinoceroten sowie Chali- cotherien fehlen auch hier nicht. Diese letzteren stellen einen höchst eigenthümlichen Zweig der Unpaarhufer dar. Im Zahnbau schliessen sie sich zwar sehr enge an die Brontotherien des amerikanischen Miocaen an, dagegen haben die Extremitäten eine sehr wesentliche Umände- rung erfahren und erinnern vielmehr an jene von Eden- taten als von Hufthieren. Die Hirsche — Dierocerus — haben nunmehr bereits Geweihe bekommen, die freilich noch nieht abgeworfen und alljährlich erneuert werden. In seiner Form ist dieses Geweih allerdings von dem der lebenden indischen Muntjacs kaum zu unterscheiden. Die schon im Untermiocän sehr artenreiche Gattung Palaeo- meryx hat sich neben Dierocerus erhalten. Es giebt deren sicher drei bis vier Arten, die kleinsten nicht grösser als die Kanchil der Sundainseln, die grössten haben die Dimensionen des Elennthieres. Auch eine ächte Antilope ist im Obermiocaen nachgewiesen. Sehr zahlreich sind hier die Schweine. Neben der bald erlöschenden Gattung Listriodon finden wir einen Suiden mit auffallend einfach gebauten Zähnen — Cebochoerus — und mehrere Arten der Gattung Hyotherium; neben dieser erscheint auch bereits die Gattung Sus selbst. Die Nagergattungen des Obermioeän sind so ziemlich die gleichen wie jene der vorausgehenden Fauna des Untermiocän, die Insecetivoren haben Repräsentanten im Maulwurf, Igel und Spitzmaus, sowie in der ausgestorbenen Gattung Parasorex, welche sich den lebenden, auf Ostasien beschränkten Oladobates ete. auf Engste anschliesst. Von Raubthieren finden sich nunmehr ächte Katzen neben den später aussterbenden Machairodus, sowie ächte Hunde — Galecynus — Marder, Fischotter, Herpestes, ein Vorläufer der Dachse, und die bärenartigen schon wiederholt genannten Amphieyon. Neben ihnen tritt jedoch bereits eine Form auf — Hyae- naretos, welche den Uebergang von Amphieyon zu den ächten Bären vermittelt. Obermiocäne Ablagerungen mit Säugethierresten sind in Mitteleuropa ziemlich verbreitet. Es gehören dieser Zeit an die Braunkohlen von Steyer- mark und der Schweiz, der Flinz der bayrisch-sehwäbisehen Hochebene, der Süsswasserkalk von Steinheim in Württem- berg und Sansans im Departement Gers, sowie die Sande von Orleans und Grive St. Alban bei Lyon. Zwischen dem Obermiocän und dem Unterplioeän, wo wir wieder eine etwas reichere Säugethierfauna vorfinden, liegen zeitlich einige Ablagerungen, welche allerdings nur wenige, aber dafür nicht ganz uninteressante Säugerreste enthalten. Es wären dies die Lignite des Monte Bamboli, wo der Öreopitheeus, der Stammvater des Gelada-Affen, ein Hyänarctos, eine Fischotter, Schweine und eine Anti- lope zum Vorschein gekommen sind, sowie die Mergel der Cerdaigne bei Rousillon mit Sus, Hipparion, Castor, Amphicyon und Ietitherium, einer Zibethkatze. Unterpliocäne Ablagerungen mit Säugethierresten kennt man von Pikermi in Griechenland, vom Mont Leberon in Südfrankreich, von Lyon, von Eppelsheim bei Worms, sowie von Baltavar in Ungarn. Hat uns das Miocän ächte Anthropomorphen geliefert, so finden wir Jetzt auch Ueberreste von Meerkatzen ähnlichen Affen, Mesopithecus. Mastodon, Dinotherium, die Rhinoceroten Aceratherium und Chalicotherien fehlen auch hier nicht. Das wichtigste Hufthier aus dieser Zeit ist Jedoch Hipparion, das zwar noch zwei vollständige, aber doch schon ziem- lich dünne Seitenzehen besitzt, im Zahnbau dagegen sich bereits sehr enge an die ächten Pferde anschliesst, ob- schon es nur eine Nebenlinie derselben darstellt. Sehr zahlreich werden hier die Antilopen. Neben ihnen treten auch Giraffen auf, sowie die riesigen, allerdings etwas fremdartigen Helladotherien. Hirsche sind hier selten, doch erweisen sich dieselben als unzweifelhafte Binde- glieder zwischen den obermiocaenen Hirschen und jener der Gegenwart, indem das Geweih bereits eine viel stärkere Verästelung zeigt. Die Schweine haben einen Vertreter in dem gewaltigen Sus erymanthius. Von Nagern kennen wir nur ein Stachelschwein, sowie eine Maus. Es darf uns dies jedoch nicht verwundern, denn diese Ablagerungen sind meist aus reissenden Flüssen abgesetzt und lassen mithin überhaupt keine Reste von kleineren T'hieren er- warten. Unter den Raubthieren erregt unser Haupt- interesse die Gattung Hyäna, die jetzt zum erstenmale in Europa erscheint. Daneben finden sich Katzen ein- schliesslich Machairodus, die bärenähnlichen Hyänarctos, Zibetkatzen-Ietitherium, Marder, Dachs, ein Stinkthier, sowie die letzten Vertreter der alttertiären Cephalogalen — Simoeyon. Die Fauna von Eppelsheim enthält neben den allerdings vorwiegenden ächten Pliocänformen auch noch Arten, welehe dem Obermiocän angehören. Doch haben schwerlich diese zeitlich verschiedenen Thiere auch wirk- lich hier noch zusammengelebt; es hat vielmehr aller Wahrscheinlichkeit nach eine nachträgliche Vermischung stattgefunden, indem jene älteren Thierreste in bereits fossilisirtem Zustand aus ihrem ursprünglichen Lager aus- geschwemmt und dann mit den Resten der jüngeren Fauna zusammen neuerdings begraben wurden. Ganz unzweifelhaft hat eine solche nachträgliche Vermischung in den Jüngeren schwäbischen Bohnerzen — Heudorf — stattgefunden, wo z. B. Palaeotherien zusammen mit Hipparion vorkommen. Die jüngste Säugerfauna des Tertiärs liefern die Tuffe der Auvergne und das Arnothal. Es ist dieselbe nur eine Fortsetzung der Plioeaenfama, jedoch haben in- zwischen vielfache morphologische Umgestaltungen Platz gegriffen. Die Affen haben hier einen Vertreter in Au- laxinuus, welcher den lebenden Inuus sehr nahe steht, die Raubthiere sind repräsentirt durch Hunde, Bären, Hyänen, Katzen, darunter auch noch der bereits mehrfach ge- Nr. 38. nannte Machairodus, die Hufthiere durch Hippopotamus, Schweine, zahlreiche Hirsche und einige Antilopen, die Unpaarhufer durch Rhinoceros, Tapire und das erste ‚ächte Pferd. Dazu kommt noch das letzte europäische Mastodon und das erste ächte Rind, sowie der erste ächte Elephant. Die Meeressande von Montpellier ent- halten eine ähnliche, aber sehr viel dürftigere Fauna; ausser den Affen und Antilopen finden sich daselbst auch eine Zibethkatze und der letzte Hyaenarctos. Mit Beginn des Quartärs treffen wir in Europa fast blos mehr solehe Formen, welche noch jetzt unseren Kontinent oder doch die benachbarten Theile Asiens und Afrikas bewohnen. Sie stammen wohl zum grössten Theil von der vorausgehenden europäischen Pliocaenfauna ab; eine Anzahl Arten dürfte freilich aus Asien zu uns ge- kommen sein, während wieder andere, wie ein dem Grizzlybären nahestehender Bär, der Moschusochse und das Renthier vielleicht nordamerikanischen Ursprungs sind. Als eine von Nordamerika stammende Form wird auch von vielen Autoren ein dem Cervus canadensis ähnlicher Hirsch angesehen, der im europäischen Diluvium zuweilen vorkommt, während Nehring denselben — wohl richtiger — für den asiatischen Maral hält. Die ältere oder prae- glaciale Fauna weist noch einige Arten auf, die ein wärmeres Klima voraussetzen, als gegenwärtig in Europa herrscht; es sind dies Hippopotamus, Höhlenlöwe, Hyäne, ein Affe, eine Gazelle, und wohl auch Rhinoceros Meri und Elephas antiquus. Mit Beginn der Vergletscherung haben sich dieselben nach Süden zurückgezogen. Dafür erscheinen Mammuth, das wollhaarige Rhinoceros, Höhlen- bär und die oben erwähnten arktischen Säuger, Ren und Moschusochse nebst Vielfrass und Lemming. Zu- sammen mit ihnen lebten jedoch fast sämmtliche, noch - jetzt in Mitteleuropa vorkommenden Säuger. Später ver- schwinden Höhlenbär, Rhinoceros und Mammuth, die Thierwelt weist eine Zusammensetzung auf, welche auf das Vorhandensein trockner Steppengebiete schliessen lässt — viele Steppennager —, endlich ziehen sich diese Steppenbewohner nach Russland und Asien zurück um der Waldfauna Platz zu machen, die eigentlich nichts Anderes ist als unsere gegenwärtige europäische Thier- welt nebst Eleh, Ur und zahlreichen Raubthieren, welche eben lediglich der fortschreitenden Cultur zum Opfer ge- fallen sind. ? Ausser Europa nnd Nordamerika haben auch Asien und Südamerika Reste von zahlreichen Säugethieren ge- liefert, jedoch gehören dieselben, soweit unsere bisherigen Kenntnisse ein Urtheil gestatten, durchwegs ziemlich jungen Perioden an. Eine solche formenreiche Thier- welt liest in den indischen Siwalik-Hügeln begraben. Als die ältesten der von dort bekannten Typen sind zu nennen Anthracotherium und Merycopotamus, der letztere jedenfalls nur der Nachkomme des europäischen Hyopo- tamus. Alle übrigen Formen jener indischen Thierwelt sind entschieden jünger; sie schliessen sich aufs Engste an die oben besprochene Fauna von Pikermi an. Es setzt sich dieselbe zusammen aus Affen und zwar Anthro- pomorphen — Chimpanze und Orang — Semnopithecus und Cynocephalus, vielen Katzen, darunter auch Machai- rodus, Hyänen, Zibethkatzen, Fischottern, Mellivora, Amphieyon, Hyaenaretos, Ursus, Canis, Hystrix und Mäusen, ferner aus Rhinoceros, Aceratherium, Chalieo- therium, Hipparion, Pferd, Elephanten, Mastodon und Dinotherium, Schweinen, Hippopotamus, Hirschen, Gir- affen, Rind, Kameel, Antilopen und den gewaltigen Siwatheriiden, die mit den Giraffen wenigstens entfernte Aehnlichkeit aufweisen. Die Fauna der Carnul-Höhlen ist nur eine Fortsetzung der Siwalikfauna, sie enthält jedoch bereits viele noch jetzt existirende Arten, von Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 385 denen ein Theil jetzt freilich in Afrika lebt — Cyno- cephalus, Hyaena erocuta, Schuppenthier und Esel. In Maragha in Persien und auf der Insel Samos kamen in jüngster Zeit zahlreiche Säugethierreste zum Vorschein, welehe jedoch fast durchgehends mit den Arten von Pikermi identifieirt werden konnten. Besondere Erwäh- nung verdient nur die Anwesenheit von Oryeteropus — dem Erdferkel — und von Manis, dem Schuppenthier — auf Samos. Auch aus China kennt man eine Anzahl Säugethierreste; dieselben gehören zum Theil gewissen Siwalikarten an. Ebenso sind auch auf den Sundainseln und in Japan einige fossile Säugethiere gefunden worden, und zwar vorwiegend Proboseidier, die theils mit Siwa- likformen identisch sind, theils als Elephas antiquus und Mammuth — nur in Japan — erkannt wurden. Ungemein reich an ausgestorbenen Säugethieren ist endlich Südamerika. Es stammen die dortigen Reste theils aus den vulkanischen Tuffen von Ecuador, theils aus den Pampas von Argentinien, theils aus brasilischen Höhlen. Die letztgenannten Fundstätten beherbergen in- dess vorwiegend Arten, welehe noch jetzt in Brasilien anzutreffen sind, während die ausgestorbenen Arten sich sehr enge an noch lebende anschliessen oder mit Formen der Pampas übereinstimmen. Die Tuffe von Eeuador ent- halten Pferd, Protauehenia — den directen Vorläufer der Llama, Mastodon, Cervus und Machairodus. Was der Fauna der Pampas ein so hervorragendes Interesse ver- leiht, ist vor allem die Anwesenheit zahlreicher, meist rie- siger Edentaten, und eigenartiger Hufthiere, so z. B. der Toxodonten und Macraucheniiden. Beide Familien stam- men zweifellos von Condylarthren des nordamerikanischen Eocaen ab und haben auch, abgesehen von der bei ihnen erfolgten Reduction der Zehenzahl, im Bau der Fuss- und Handwurzel noch sehr viele Anklänge an jene alterthüm- lichen Formen. Die Maerauchenia sowie das Scalabrini- therium, Epitherium, Proterotherium — diese früher als Anoplotherium und Palaeotherium gedeutet — unterschei- den sieh von gar allen bekannten Hufthieren dadurch, dass sie den ursprünglichen Dreihöckertypus der oberen Mo- laren noch ziemlich gut conservirt haben. Sonst erinnern die Zähne einigermassen an gewisse tertiäre Pferde — die Anchitherien. Bei den Macrauchenien sind die Zahn- kronen bereits sehr hoeh geworden, auch erscheint die Kaufläche bereits als vollkommene Ebene. Wir dürfen diese Formen insgesammt als Unpaarhufer betrachten. Die Epitherien zeigen bezüglich ihrer Extremitäten grosse Aehnlichkeit mit dem Anchitherium. Neben diesen, mit dem Pferdestamm vergleichbaren Formenreihen bemerken wir auch Typen, welche wenigstens im Zahnbau den Rhi- nocerosstamm imitiren, nur hat die vordere Partie des Gebisses keine so weitgehenden Veränderungen erfahren wie bei diesem. Es führen diese höchst merkwürdigen Formen die Namen Homalodontotherium, Astrapotherium ete. Noch fremdartiger sind die Toxodonten. Die Zähne haben hier vollkommen prismatischen Bau erlangt, d. h. die Zahnkrone ist sehr hoch geworden und setzt höch- stens erst im Alter Wurzeln an. Der Schädel hat einige Anklänge an Hyrax; dies gilt auch bis zu einem gewissen Grade von den Schneidezähnen. Noch näher stehen diesem Hyrax die gleichfalls in Südamerika vorkommenden fossilen Typotheriiden. Im Gegensatz zu den gewaltigen Toxo- dontiern waren dies Thiere von mittlerer Grösse; auch ist die Reduetion der Zehenzahl noch nicht so weit fort- geschritten wie bei diesen; der Vorderfuss hat hier noch alle fünf Zehen, der Hinterfuss noch vier, während bei dem Toxodon die Zehenzahl vorne blos mehr vier, hinten gar nur noch drei beträgt. Im Bau der einzelnen Knochen, sowie hinsiehtlich der Form der Ineisiven zeigen die T’y- potherien sehr viele Anklänge an die Nagethiere. Die 334 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 38. Edentaten sind theils bepanzert wie die Glyptodon, Doe- dieurus, und schliessen sich sonach in gewissem Grade an die noch lebenden Gürtelthiere an, theils fehlt ihnen eine knöcherne Hülle, wie den Megatherien, Megalonyx ete. und lassen sie sich somit den lebenden Faulthieren an die Seite stellen. Ausserdem enthalten die Pampas auch Reste von zahlreichen Nagern, die zum Theil riesige Di- mensionen erreichen, im Ganzen aber doch mit den noch lebenden südamerikanischen Vertretern dieser Säugethier- gruppe in sehr engen verwandtschaftlichen Beziehungen stehen. Schliesslich wären noch pferdeähnliche Typen zu erwähnen, das zweizehige Hippidium und ein echter Equus, Hivsche, bären- und waschbärenähnliche Raub- thiere, Machairodus, Beutelratten und der jüngste Ver- treter der Plagiaulaciden. Für die Stammesgeschichte der Säugethiere überhaupt hat jedoch die ausgestorbene Thierwelt von Südamerika geringe Bedeutung; wir finden hier nur aberrante, vollständig erloschene Typen oder die unmittelbaren Vorläufer der jetzigen Bewohner jenes Con- tinentes. Um so wichtiger erscheinen dagegen die Thier- reste von Nordamerika und Europa. Wie die oben gegebene Uebersicht der einzelnen Säugethierfaunen erkennen lässt, hat fast jeder der wich- tigeren Stämme bereits in relativ sehr alten Ablagerungen Vertreter aufzuweisen. Was zunächst die Formen des europäischen Tertiärs betrifft, so ist ein Theil derselben, freilich in sehr ver- änderter Organisation bis in die Gegenwart in Europa oder doch in der alten Welt verblieben, ein anderer Theil ist nach Amerika ausgewandert, ein dritter endlich vollständig ausgestorben und durch neue aus Amerika gckommene Typen ersetzt worden. Zu den gänzlich ausgestorbenen Formen des euro- päischen Tertiärs gehören die Adapiden, fast alle bei uns einheimischen Creodonten, viele Raubthiertypen, die marderähnlichen Palaeoprionodon, Stenogale, ete., die katzenähnlichen Drepanodon, die zwischen Hunden und Bären stehenden Pseudamphieyon, Simocyon, kurz alle Raubthiere, deren Gebiss schon frühzeitig eine sehr weit- schende Vereinfachung erfahren hat, ohne dass dafür die bleibenden Zähne zweckmässiger umgestaltet worden wären, ferner die igelartigen Dimylus und Cordylodon. Ganz besonders gross ist jedoch die Zahl der erloschenen Hufthiertypen; von Unpaarhufern sind es die Palaeo- therien, Paloplotherien, Lophiodon, von Paarhufern die Xiphodontiden, Anoplotherien, Caenotherien und Anthraco- therien. Auch unter den alten Nagern giebt es mehrere gänz- lich erloschene Typen, so Seiuroides und Pseudoseiurus. Eine Einwanderung nordamerikanischer Formen hat mehrmals stattgefunden. So gehen die im älteren euro- päischen Tertiär auftretenden Affen, Halbaffen, Creo- donten, Carnivoren und Hufthiere wohl sämmtlich auf Typen zurück, deren Ahnen zur Zeit der Ablagerung des Puereobed in Nordamerika gelebt haben. Vielleicht gilt dies auch von den Nagern, Insectivoren und Fleder- mäusen. Den ersten Einwanderungen verdankt Europa die Fauna von Reims, die Creodonten und Unpaarhufer des Londonien ete. Die reiche T'hierwelt des Pariser Gyps, der schwäbischen und schweizerischen Bohnerze, und endlich auch gewisse Formen des Ronzon-Kalkes; doch lassen nur die Faunen von Reims und des Londonien direete Beziehungen zur alten Säugethierwelt Nordamerikas erkennen. Die Fauna der genannten jüngeren Ablage- ‚ rungen steht lediglich insofern in Beziehung zu diesem jedoch in umgekehrter Richtung. Continente, als die meisten, Glieder dieser Thiergesell- schaften aller Wahrscheinlichkeit nach sich aus Formen des Puercobed entwickelt haben, so die Paar- und Un- paarhufer aus Condylarthren, die Raubthiere aus Creo- donten. Man könnte freilich versucht sein, die Heimath der älteren europäischen Säuger etwa in Asien zu suchen, allein ein direeter Beweis hierfür ist wenigstens zur Zeit absolut undurehführbar. Dagegen hat die Annahme, dass auch jene jüngeren Typen ursprünglich aus Nordamerika sekommen seien, ungemein viel Wahrscheinliebkeit für sich, denn nur im Puercobed von Neu-Mexico sind die Condylarthren und Creodonten, die für die Stammes- geschichte der Hufthiere, Raubthiere und auch der Affen eine so hervorragende Rolle spielen, in nennenswerther Anzahl und der erforderlichen Formenmannigfaltigkeit anzutreffen. Dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr sogar m hohem Grade wahrscheinlich, dass diese Formen ihren Weg über Asien her genommen und sich während dieser langsamen Wanderung der- massen umgestaltet haben, dass sie in der modernisirten Form, wie wir sie in den genannten Ablagerungen finden, nach Europa gelangten. Mit Beginn des Miocän erfolgte ein abermaliger Austausch zwischen der alten und neuen Welt, diesmal Es wandern verschie- dene Formenkreise nach Amerika aus, die sich daselbst dann weiter entwickeln und zum Theil sogar bis in die Jetztzeit erhalten haben, oder dort gänzlich erlöschen oder aber schliesslich, allerdings in sehr veränderter Gestalt in einer späteren Periode wieder nach der alten Welt zurückkehren. Zu dieser Zeit verlassen die Beutel- thiere und viele Nager Europa und wenden sich nach Südamerika, wo sie noch jetzt als Beutelratten, Stachel- ratten, Wollhasen und Meerschweinchen fortexistiren, während die Seiuromys in der Gegenwart in Nordamerika fortleben als Aplodontia. — Auch die im Miocän in beiden Hemisphären auftretenden Biber sind wohl Nach- kommen der alten europäischen Trechomys. Die Fleisch- fresser, die bis dahin so gut wie ausschliesslich in Eu- ropa zu Hause waren, entsenden in jener Zeit gleichfalls zahlreiche Vertreter nach Amerika, so die hundeähnlichen Cynodon, Cynodictis, Cephalogale und die katzenartigen Aelurogale. Dagegen gelangten die Bären und Marder, welche während der ganzen Tertiärzeit in Europa anzu- treffen waren, anscheinend erst sehr spät nach Amerika. Die Waschbären sind jedoch wohl von Süden her in Nordamerika eingedrungen. Gleich den meisten Raub- thieren stammen auch die jetzt in der westlichen He- misphäre lebenden Inseetenfresser vermuthlich von Formen des europäischen Tertiärs ab. Gleichzeitig mit den eben erwähnten Nagern und Carnivoren erscheinen in Nordamerika auch verschiedene Hufthiertypen, nämlich die Entelodon und Hyopotamen, und die ersten Suiden, die bis dahin ausschliesslich in Europa gelebt hatten; im Obermiocän treten dann da- selbst auch die ersten Hirsche auf, im Pliocän Boviden. Diese letzteren gehen jedenfalls auf altweltliche Antilopen zurück, die Hirsche auf gewisse Palaeomeryx, die ihrer- seits wieder von Formen wie Gelocus abstammen, und mithin ebenfalls als ein altweltlicher Typus erscheinen. Von woher die Proboseidier, Mastodon und Elephas nach Amerika gekommen sein mögen, ist zur Zeit noch eine ungelöste Frage, sie erscheinen daselbst nur wenig später als in der alten Welt. (Schluss folgt.) Nr. 38. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 385 Goethe ein Vorgänger Charles Darwin’s? — Na- mentlich Ernst Haeckel hat bekanntlich Goethe als einen Vorgänger Charles Darwin’s, als Verfechter der Des- eendenzlehre hochgepriesen. Neuerdings hat nun Pro- fessor Karl Bardeleben — wie er im „Anatomischen Anzeiger“ mittheilt — bei der Durchsicht des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar eine Reihe bisher un- bekannter anatomischer Arbeiten Goethe’s aufgefunden, nach derem Studium Bardeleben in der genannten Hinsicht zu demselben Resultate gekommen ist, zu welchem unseres Erachtens auch ein objeetives Stu- dium der bisher bekannten Goethe’schen Schriften na- turhistorischen Inhaltes führt, dass nämlich auf Grund der Veröflentlichungen Goethe’s keine sichere, eher eine negativ lautende Entscheidung möglich ist, da seine Aus- sprüche, die für eine Begründung der Haeckel’schen An- sicht herangezogen werden könnten, viel zu unbestimmt gehalten sind, um ein sicheres Urtheil zu gewinnen. „Ob oder inwieweit man berechtigt sei, sagt Bardeleben, Goethe als Vorläufer Lamarck’s oder Darwin’s zu bezeichnen, möchte ich hier nicht näher erörtern. Nur will es mich, nach dem eingehenden Studium von Goethe’s Werken, besonders dieser neu gefundenen, bedünken, als wenn er nicht über einen ideellen, gedachten oder construirten Typus binausgegangen sei, und dass ihm der Gedanke einer Abstammung des Menschen von den T'hieren, einer wirklichen Blutsverwandtschaft unter den Thieren und zwischen Thieren und Mensch fern gelegen habe.“ Dass der Unterzeichnete im seiner Abhandlung „Auf- zählung von Gelehrten, die in der Zeit von Lamarck bis Darwin sieh im Sinne der Descendenz-Theorie geäussert haben“ (auf S. 445, Sp. 2 von No. 45, Bd. V der „Naturw. Wochenschr.“) Goethe mit der Jahreszahl 1332 aufführt, hat seinen Grund darin, dass Goethe in seinem Todes- jahre als sein letztes Werk eine naturwissenschaftliche Abhandlung veröffentlichte, in welcher er auch von dem zwischen Cuvier und Etienne Geoffroy de Saint-Hilaire in der Pariser Akademie im März 1850 verhandelten Streit, ob die Arten constant oder veränderlich seien, spricht. (Vergl. S. 191 meines Aufsatzes „Die Geschichte der Darwin’schen Theorie“ in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. I, No. 24). Der in Rede stehende Aufsatz Goethe’s findet sich auf S. 146 ff., Bd. 34 der vorzüglichen in G. Hempel’s Verlagsbuchhandlung, Berlin, erschienenen Ausgabe der Goethe’schen Werke und ist überschrieben: „Prineipes de Philosophie zoologique. Diseutes en Mars 1550 au sein de l’acad&mie royale des sciences par Mr. Geoffroy de Saint-Hilaire. Paris 1830.“ Der I. Abschnitt dieses Auf- satzes wurde im September 1830, der II. im Sterbemonat Goethe’s: im März 1332 veröffentlicht. Ich habe ihn noch einmal durchgelesen und muss sagen, dass eine ruhige, unbeeinflusste Leetüre nur zu dem Urtheil führen kann: dass sich auch in dieser Arbeit kein einziger Gedanke findet, der ohne Bedenken als descendenz-theoretisch an- gesehen werden könnte. Man vermag nur zu sagen, dass sich Goethe besonders dem Lamarckisten St.-Hilaire ge- neigt zeigt, dass er namentlich die für die Descendenz- Theorie grundlegenden Thatsachen der morphologischen Homologieen (G. sagt Analogieen), die St.-Hilaire besonders betont hat, für ungemein wichtig hält (und die er ja auch — man denke an seine Erörterungen über den Zwischen- kieferknochen, an die G. selbst ausführlich erinnert — mit erkennen geholfen hatte), ohne auch nur ein einziges Wort über die wichtigste Folgerung aus diesen Thatsachen, nämlich über die Blutsverwandtschaft der Thiere, zu sagen. Als ich damals den in der Hauptsache 1881 ver- fassten Artikel über die Vorgänger Darwin’s für die „Naturw. Wochensehr.“ herausgab, hatte ich leider keine Revision der Goethe’schen Aeusserungen vorgenommen. Ursprünglich 1851 befand ich mich unter dem Einfluss namentlich E. Haeckel’s, dessen nur zu begreifliche Be- geisterung für Goethe ihn verleitet hat, unseren grossen Dichter als einen der bedeutendsten Vorgänger Darwin’s binzustellen. In der eitirten Arbeit Goethe’s (l. e. S. 168-169) nennt dieser nur zwei „Hauptwahrheiten“, von denen St. Hilaire durehdrungen sei, nämlich, „dass man irgend einen Knochen, der sich uns zu verbergen scheint, am sichersten innerhalb der Grenzen seiner Nachbarschaft entdecken könne“ und dass „die haushältische Natur sich einen Etat, ein Budget vorgeschrieben, in dessen einzelnen Ca- piteln sie sich die vollkommenste Willkür vorbehält, in der Hauptsumme jedoch sieh völlig treu bleibt, indem, wenn an der einen Seite zu viel ausgegeben worden, sie es der anderen abzieht und auf die entschiedenste Weise sich ins Gleiche stellt“. Nirgends findet sich bei Goethe in seinen Schriften ein Satz, der widerspruchslos als descendenz-theoretischen Inhalts anerkannt werden müsste, in welchem sich klipp und klar ausgesprochen findet, dass die organischen Wesen oder nur die Thiere oder auch nur die Wirbel- thiere unter einander leiblich von einander abstammen. Nur auf gewagten Umwegen lässt sich dem weniger Kritischen wahrscheinlich machen, dass Goethe sicher zu den Vorgängern Darwin’s oder Anhängern Lamarck’s ge- hört hinsichtlich der Frage nach der Abstammung der organischen Wesen. So macht S. Kalischer in Anlehnung an die Schrift Oskar Schmidts „War Goethe ein Dar- winianer?* zur Unterstützung der Haeckel’schen Ansicht in seiner fleissigen Einleitung zu Goethe’s naturwissen- schaftlichen Werken (l. e. Bd. 33 8. LXIV) auf eine Stelle in einem Briefe der Frau v. Stein aufmerksam, welche — allerdings sehr interessant — lautet: „Herder’s neue Schrift [Ideen der Philosophie der Geschichte der Menschheit] macht wahrscheinlich, dass wir erst Pflanzen und Thiere waren!“ „Da in Herder’s Ideen ein soleher Gedanke in aller Bestimmtheit allerdings — wie es bei Kalischer ganz richtig heisst — nieht ausgesprochen ist, so wird mit Recht gefragt: „Wie kommt Frau von Stein dazu, weiter zu gehen als Herder, wenn sie es nicht von Goethe hat?“ Das ist doch aber nur eine Vermuthung! „Diese Voraussetzung ist um so begründeter — heisst es bei K. immer noch in Anlehnung an Oskar Schmidt weiter —, als unmittelbar auf‘ jenen Satz die Worte folgen: „„Goethe grübelt jetzt gar denkreich in diesen Dingen ...““. Hiernach wird zugestanden, dass Goethe die faktische Artumwandlung und die Abstammung des Menschen von thierischen Vorfahren wenigstens „„be- dacht und erwogen““, aber nicht als eine annehmbare und unabweissbare Lehrmeinung hingestellt habe.“ Sehr bemerkenswerth ist das, was unser scharfsinniger Helmholtz — der dort, wo von Vorgängern Darwin’s die Rede ist, nicht übersehen werden dürfte — (Vergl. meine eitirte Arbeit Bd. V, S. 444), in eimem schon 1553 gehaltenen Vortrage „über Goethe’s naturwissen- schaftliche Arbeiten“ sagt. „Ist etwa die Ansicht richtig — lesen wir S. 45 Heft I von Helmholtz’ populären wissenschaftlichen Vorträge. 1. Aufl. Braunschweig 1565 —, wonach während der geologischen Entwiekelung der Erde sich eine Thierart aus der andern gebildet habe, und hat: sich dabei die Brustflosse des Fisches allmälig in einen Arm oder Flügel verwandelt? Oder sind die verschiedenen Thierarten gleich fertig er- schaffen worden, und rührt ihre Aehnliehkeit daher, dass die frühesten Schritte der Entwiekelung aus dem Ei bei allen Wirbelthieren nur auf eine einzige, sehr überein- stimmende Weise von der Natur ausgeführt werden können, 386 und sind die späteren Analogien des Baues durch diese ersten gemeinsamen Grundzüge der Entwiekelung be- dingt? Zu der letztern Ansicht möchte sich die Mehr- zahl der Forscher gegenwärtig neigen, denn die Ueber- einstimmung in den früheren Zeiten der Entwiekelung ist sehr auffallend. So haben selbst die jungen Säugethiere zeitweise die Anlagen zu Kiemenbögen an den Seiten des Halses, wie die Fische, und es scheinen in der That die sich entsprechenden Theile der erwachsenen Thiere während der Entwickelung auf gleiche Weise zu ent- stehen, so dass man neuerdings angefangen hat, die Entwickelungsgeschichte als Controle für die theoretischen Ansichten der vergleichenden Anatomie zu gebrauchen. Man sieht, dass durch die angedeuteten physiologischen Ansiehten die Idee des gemeinsamen Typus ihre begriff- liche Bestimmung und Bedeutung bekommen würde. Goethe hat Grosses geleistet, indem er ahnte, dass ein Gesetz vorhanden sei und die Spuren desselben scharf- sichtig verfolgte, aber welches Gesetz da sei, er- kannte er nicht, und suchte auch nicht danach. Das letztere lag nieht in der Richtung seiner Thätig- keit, .....* Anders lässt sich also auch heute für den- Jenigen, dem auch die volle Wahrheit in der Geschichte am Herzen liegt, Goethe’s Stellung zu der berührten Frage nicht auffassen. H. Potonie. XXI. allgemeine Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft vom 3. bis 5. August in Danzig. — Virehow, der zeitige Vorsitzende der Gesellschaft, eröffnete den Congress mit einer längeren Ansprache, in der er nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten einen Ueberblick über den derzeitigen Stand der Frage nach der Urbevölkerung Eu- ropas gab. Er kennzeichnete noch einmal die Kultur- perioden von Alesia und La-Tene, an deren Identität nach der Uebereinstimmung der an beiden Orten ge- machten Funde trotz ihrer weiten Entfernung von ein- ander jetzt nicht mehr gezweifelt werden kann. So gut wir den Charakter der La Tene-Periode kennen, wir wissen noch nicht, ja wir können noch nieht einmal ver- muthen, welcher Volksstamm der Vertreter dieser Kultur- zeit war. Waren es Kelten, Gothen oder sonst wer? Ebenso unsicher sind noch die Völker der auf die La-Tene-Kulturperiode folgenden Hallstadt-Kultur, in der auch noch die Bronze gebraucht wurde, das Eisen aber doch bereits vorherrschte. In letzterer Periode ist an die Stelle der Leichenbestattung der Leichenbrand getreten, und damit mehren sich noch die Schwierigkeiten der Forschung nach der Natur der Völker jener Zeit, weil die eigentliche anthropologische Betrachtung dadurch unmög- lich geworden ist. Im Augenblick ist man ja dabei, die alte Theorie von der Bevölkerung Europas umzustossen, wo- nach erst die Kelten, dann die Germanen, zuletzt die Slaven gekommen seien, und man ist geneigt anzu- nehmen, dass die Völkerwanderung von Mitteleuropa ihren Ausgangspunkt genommen habe nach Südeuropa, Asien und Indien hin. Zum Schluss liess Virchow den Blick noch weiter rückwärts schweifen auf die paläolithische Zeit, aus der uns gar keine Gräber erhalten sind. Er wiederholte seine bekannten Bedenken gegen die Ver- werthung der Neanderthal- und Canstatt-Schädel als die Vertreter der ältesten Rassen Mitteleuropas. Der lokale Geschäftsführer der Versammlung Dr. Lissauer (Danzig) sprach danach über die Entwicke- lung der prähistorisehen Wissenschaft in der Provinz Westpreussen. Wir geben seine Ausführungen hier nur wieder, soweit sie unsere prähistorische Kennt- nisse selbst über Westpreussen, die von mannichfachem Interesse sind, betreffen. Als Zeugnisse der Jüngeren Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 38. Steinzeit, in welcher der Mensch zuerst in Westpreussen von Süden her auf beiden Seiten der Weichsel ein- wanderte, führt Redner die Küchenabfallhaufen von Tolkemit an, die Feuersteinstatuen von Ophöft und Wissenburg in denen überall charakterische Gefässscherben mit schönem Schnurornament gefunden sind; ferner die Bernsteinschmucksachen, welche mit Feuerstein bearbeitet sind und die vielen Werkzeuge aus Stein und Knochen, welehe über die ganze Provinz zerstreut gefunden worden. Gräber sind nur selten aus dieser Zeit, zuerst Skelett- gräber, später, am Ende dieser Periode tritt schon Leichenbrand auf. Gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. beginnt Westpreussen durch den Bernsteinhandel mit den westlichen und südlichen Völkern in Verkehr zu treten, und zwar nicht zur See, sondern durch mittelbaren Tausehverkehr zu Lande, so durch Pommern und Mecklen- burg nach der Elbe, dureh Posen, die Lausitz und Sachsen zum Rhein hin und die Weichsel aufwärts nach der Donau zu, wo in Ungarn schon früh eine grosse Bronzeindustrie bestand. Die Zeugnisse dieses Verkehrs aus der Bronzezeit hat Redner in einer der Versammlung gewidmeten Festschrift dargestellt und näher beschrieben. In diese Periode gehören die meisten Hügelgräber mit den interessanten Gesichtsurnen, von welchen das Pro- vinzial-Museum eime sehr grosse Zahl besitzt. Auch die folgende La Tene-Kultur in dem letzten Jahrhundert v. Chr. ist durch grossartige Funde aus den Brandgräbern von Oliva und Rondson repräsentirt, eben- so wie die Zeit des Handelverkehrs mit den Provinzen des römischen Kaiserreiehs vom 1.—4. Jahrhundert n. Chr. durch günstige Funde von Elbing und kunstvolle Gefässe aus dem Culmer Lande, durch viele Fibeln und Münzen. Dann folgt eine Zeit von 400 Jahren, aus welcher fast kein Fund in Westpreussen bekannt ist, als ob die ganze Bevölkerung zur Zeit der Völkerwanderung ausgewandert wäre. Erst aus der slavischen Zeit besitzt das Museum wiederum sehr reiche Funde von Hacksilber, von kufischen und deutschen Münzen, von Reihengräbern mit Schläfen- ringen und von Burgwällen, welche beweisen, dass das untere Weichselgebiet wieder mehr bewohnt gewesen und sowohl mit der morgen- wie mit der abendländischen Welt wieder in Verkehr getreten war. Im Anfange unseres Jahrhunderts beginnt dann die Geschichte auch über diese Gegend ihr Licht zu verbreiten. Stadtrath Helm (Danzig) sprach über die chemische Zusammensetzung der westpreyssischen Bronzen, Nach den Analysen, welche Vortragender über diese Bronzen veranlasst hat, ist für dieselben namentlich ein hoher Antimongehalt bezeichnend. Redner berichtete, er habe in einer Anzahl prähistorischen Funde Antimon im einer Menge gefunden, dass es nicht mehr als zufällige Beimengung der aus Kupfer und Zinn bestehenden Bronze angesehen werden konnte, sondern als eine absichtliche Zumischung. Ausserdem waren in diesen Bronzen noch mehrere andere Metalle vertreten, so Blei, Arsen, Silber, Nickel und Eisen. Helm fand unter u. A. in Bronze- schmucksachen, welche bei Prüssau (Kreis Neustadt) ge- funden wurden und welche der früheren Bronzezeit an- gehören, neben Kupfer und Zinn 1,44 pCt. Antimon, in Bronzen von Warezenho (Kreis Carthaus), welche der alten Bronzezeit angehören, 1,92 pCt. Antimon, in Hals- und Armringen, welehe bei Miruschin (Kreis Neustadt) gefunden wurden, 3,43 pCt. und in solchen, die bei Gr. Trampken (Kreis Danzig) gefunden wurden, 3,897 pCt. Antimon. Die beiden letztgenannten Bronzen gehören der jüngeren Bronzezeit an. Helm ist der Ansicht, dass diesem Bestandtheile der älteren Bronzen eine grössere Bedeutung beigemessen werden muss, als ihm bis dahin zuerkannt wurde, dass derselbe namentlich einen wich- SE Nr. 38. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 387 tigen Fingerzeig darbiete über die Frage, wo die ersten Bronzen und in welcher Weise dieselben hergestellt wurden. Ausser dem Antimon hatte Helm in den west- preussischen Bronzen noch andere nicht häufig darin an- zutreffende Metalle gefunden, namentlich Arsen und Blei, Er glaubt, dass wenn seine Untersuchungen fortgesetzt würden, auch in Bronzen anderer Länder, das bis dahin so selten beobachtete Antimon gefunden werden wird. Helm ist der Ansicht, dass bei Erörterung der Frage, in welchem Lande, die bei uns vorkommenden Bronzen einst zusammengeschmolzen wurden, in welches Land über- haupt die Erfindung der Bronze gelegt werden muss, der Chemiker ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben wird. Was die Herstellung der älteren Bronzen anbetrifft, so sprach Helm die Ansicht aus, dass dieselben nicht immer unmittelbar aus den sie zusammensetzenden reinen Metallen zusammengeschmolzen wurden, sondern dass Kupfererze, je nach der Erfahrung der Fabrikanten, mit Zuschlägen ‘von anderen Erzen, welche Zinn, Antimon, Blei, Arsen u. A. enthalten, zusammen verarbeitet wurden, um die beabsichtigte Metallmischung zu erhalten. Es dürften vielleicht gerade die ältesten Bronzen sein, welche auf diese Weise hergestellt wurden, diejenigen Bronzen, welche der Kupferzeit unmittelbar folgten. Dass eine Kupferzeit in den alten Culturländern der Bronzezeit voranging, gehe wieder aus neueren Untersuchungen Berthelots hervor, der eine zu Tello gefundene, mehr als 5000 Jahre alte Figur einer Göttin, sowie den Scepter des altägyptischen Königs Pepi I. chemisch analysirte und festellte, dass beide aus reinem Kupfer bestehen. Er schliesst hieraus, dass wenn damals die haltbarere und leichter zu bearbeitende Metallmischung aus Kupfer und Zinn schon bekannt gewesen wäre, man diese Gegen- stände wohl daraus gefertigt hätte. Helm hatte auch eine Legierung beider Metalle zusammengeschmolzen und wies dieselbe vor; sie kam etwa dem mittleren Mischungsverhält- nisse gleich, welches die Alten bei der Fabrikation ihrer Bronzen beobachteten. Die Legierung war der Kupfer- zinnlegierung äusserst ähnlich, sowohl in der Farbe, wie auch in der Bearbeitungsfähigkeit. (Fortsetzung folgt.) Operative Heilversuche der Idiotie. — Die Sicher- heit, mit der heutzutage das Messer des Chirurgen unter dem Schutze der Antisepsis arbeitet, selbst in dem edel- sten Organe des menschlichen Körpers, dem Gehirn, das vor Lister als ein noli me tangere für die Chirurgen galt, hat dem französischen Arzte Lannelongue den Muth gegeben, den Idiotismus und andere im frühen Kindesalter auftretende Geistesstörungen besei- tigen zu wollen. Bisher sind Operationen wegen Er- krankungen des Gehirns — ihre Zahl ist überhaupt noch so gering, dass fast jeder einzelne Fall noch eingehend in der Fachlitteratur mitgetheilt wird — nur gemacht . worden, wenn dieselben materieller Natur waren, das heisst ein örtlich beschränkter, mit dem Messer entfern- barer Krankheitsheerd im Gehirn vermuthet wurde. Rein psychischer Störungen wegen, als deren Ursache keine örtliche Erkrankung erkennbar ist, hat Lannelongue als der Erste das menschliche Gehirn in Angriff zu nehmen gewagt. Freilich beschränkt er selbst die Zahl der Fälle, die sich für seine operative Behandlung eignen und Aus- sicht auf Besserung oder Genesung versprechen. Unter dem Sammelnamen der Idiotie werden nämlich sehr ver- schiedene Fälle angeborener geistiger Entwieklungsano- malien zusammengefasst, von denen ein Theil durch kör- perliche Entwickelungshemmungen, nämlich mangelhafte oder fehlerhafte Ausbildung des knöchernen Schädels be- dingt ist. Nur diese letzteren hat Lannelongue für ope- rative Behandlung in Aussicht genommen; und dennoch bleibt sein Glaube an die Heilungsfähigkeit dieser Fälle erstaunlich genug, da es sich eben um angeborene Ent- wiekelungsstörungen handelt, bei denen nicht ein einzelner Krankheitsheerd besteht, sondern das Wachsthum des ganzen Schädels unregelmässig verlaufen ist. Die von Lannelongue ausgeführte Operation nennt er „Uraniee- tomie“, zu deutsch etwa Schädelausmeisselung, und die Technik gestaltet sich verschieden je nach der vorhan- denen Schädelmissbildung. Die ersten von Lannelongue berichteten Fälle wurden in den Fachkreisen mit Lächeln oder Achselzucken angehört; allmählich hat die Zahl der systematisch vorgenommenen Operationen mit angeblichem Erfolge sich so gemehrt, dass sie anfangen, die ernste Aufmerksamkeit und das Interesse der Aerzte zu fesseln. Auf dem diesjährigen französischen Chirurgencongress be- richtete Lannelongue über 25 Fälle, von denen in 24 Fällen eine mehr oder minder erhebliche Besserung der geistigen Thätigkeit zu verzeichnen war, während nur in einem Falle kurz nach der Operation der Tod erfolgte, Einige Kinder erwiesen sich intelligenter, andere konnten besser sprechen und gehen, andere wieder blieben von ihren bisherigen Krämpfen, unbewussten Bewegungen u. dgl. verschont. Lannelongue operirt vornehmlich solehe Fälle, in denen als die Hauptursache der Idiotie eine vor- zeitig eingetretene Verknöcherung der Schädelnähte er- scheint, durch welche eben das Gehirn an seiner regel- rechten Ausbildung und Entwickelung gehemmt worden ist. Wenn nun diese frühzeitigen Verwachsungen mit Messer und Meissel wieder getrennt werden, so könne, meint Lannelongue, dem Gehirn Spielraum zur weiteren Entwiekelung gegeben werden; wenn es geboten erscheint, werden zur Erreichung dieses Zweckes auch kleinere oder grössere Stücke des Schädeldaches herausgenommen. Ein derartiger Fall sei hier kurz mitgetheilt. Einem sechs- jährigen idiotischen Mädchen wurde der Schädel nahe der Mittellinie der Länge nach in einer Ausdehnung von etwa 12 Centimetern mit einer schneidenden Zange ge- öffnet. Von dieser mittleren Spalte aus wurden alsdann nach links hin noch mehrere Spalten in den Knochen ge- trieben. Die Kopfhaut wurde über den Knochenwunden wieder vernäht und unter einem antiseptischen Verband war natürlich nach wenigen Tagen die Wundheilung ein- getreten. Die Besserung im geistigen Benehmen des Kindes soll alsbald erkennbar geworden sein, ohne dass bisher von einer Heilung die Rede sein kann. Es ist ein augenscheinlicher Mangel in den Krankheitsberichten Lannelongue’s, dass eine viel zu geringe Zeit seit der Operation verflossen ist. In den ersten Tagen und Wochen kann eine angebliche Besserung leicht Autosuggestion des hoffnungsseligen Operateurs sein. Erst wenn unbefangene Beobachter nach Monaten eine Besserung erkennen werden, dürfte dieselbe als zuverlässig gelten können. Die Zahl der für Lannelongue’s Operation geeigneten Fälle von Idiotie scheint uns auch sehr beschränkt zu sein, da mit der mikrocephalen Schädelform bei den meisten Idioten noch weitere Veränderungen an Gehirn und Gehirnhäuten vorhanden sind, die einer operativen Beseitigung nicht fähig erscheinen. Dennoch verdienen die Worte Beach- tung, ‘mit denen ein deutscher Irrenarzt, Prof. Rabow, 2. 2. in Lausanne, den Bericht über Lannelongue’s Versuche be- gleitet: „Natürlich kann jetzt noch nicht die Rede sein von bemerkenswerthen Veränderungen und Besserungen im. Bereiche der intelleetuellen Sphäre. Darüber wird noch eine gewisse Zeit hingehen müssen. Aber als einen Fortschritt können wir die Thatsache begrüssen, dass der Arzt einem so trostlosen Leiden gegenüber nicht mehr unthätig und machtlos zu bleiben braucht. Dank dem entschlossenen und zielbewussten Eingreifen der Chirurgie dürfte vielen Eltern wenigstens die Hoffnung leuchten, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 38. mm rs hen. eezrerere rt zzzrzrzrzrerrrrsereres ihre unglücklichen Kinder vor dem Schrecklichsten, vor geistigem Siechthum und Tod zu retten.und zu bewahren.“ Möge diese Hoffnung keine bittere Enttäuschung bringen! ’ Dr. A: Noch ‚einmal das Gesetz von der Erhaltung des Lebens. — Herr Prof. W. Preyer antwortet Herrn Gravelius auf seine in Nr. 35 gemachten Bemerkungen durch den im Folgenden abgedruckten Brief. Wir halten den Gegenstand nunmehr vorläufig für abgeschlossen und finden keine Veranlassung mehr auf denselben zurückzu- kommen, da sich dem Leser aus dem Studium des Preyer’schen Aufsatzes in Bd. VI, S. 93, der daran ge- knüpften Polemik S. 142, 352 und des folgenden Briefes hinreichendes Material zur Selbstentscheidung ergiebt. — Herr Preyer schreibt: „Wenn Sie vor der Veröffentlichung Ihrer zwar in den freundliehsten Ausdrücken, aber sehr bestimmt gegen meine Arbeit über die Erhaltung des Lebens gerichteten Notiz in Nr. 35 der „Naturwis- senschaftlichen Wochenschrift“ mir von der- selben Kennt- niss gegeben hätten, dann wäre sehwer- lich Ihre Be- hauptung, es liege ein Cirkel- schluss vor, auf- recht erhalten kann, mit andern Worten, an einem Orte keine Assimila- tion stattfinden, ohne dass anderswo gleichzeitig eine gleich grosse Dissimilation stattfindet. Nur durch den Tod des Einen ist die Geburt des Andern möglich... Ich gebe Ihnen übrigens gern zu, dass diese verwiekelten Beziehungen für eine eingehendere mathematische Be- handlung noch nieht reif sind.*. Die Frage des Sargassomeeres hat Professor 0. Krümmel in einer wichtigen Arbeit, welehe in Petermanns Monatsheften erschienen ist, einer neuen Prüfung unterzogen. Aus seimen eigenen Beobachtungen während der Plankton-Expedition wie aus dem reichen Beobachtungsmateriale, das ihm von der Direetion der deutschen Seewarte zur Verfügung gestellt wurde, zieht er den Schluss, dass allerdings eine eigentliche Fueus- Bank mit unveränderlichen Grenzen, wie sie Alexander von Humboldt annahm, nieht vorhanden ist, dass aber auch O. Kuntze zu weit gegangen ist, wenn er das Sar- ‚gassomeer‘ als vollständigeFa- ‘bel behandelt. Nach Krümmels Ansicht beruht Humbolds Feh- ler darauf, dass er bei der Her- stellung seiner Karte nur die- jenigen Anga- ben berücksich- tigte, welche das Vorkommen worden. Ein sol- von Kraut be- cher liegt that- Fr stätigten, daher sächlieh nicht N seine Fueus- vor. Sie sagen bank entlang (S. 353) „wenn den befahren- m diese An- ——— u sten Segelrou- nahmeabsoluter em NINE ten am dichte. Constauz . von INMININMINININNNNINNNNINMINMMNMININNININ NN. ten erscheint. M, von vorne- Krümmel hat herein macht, hat er gar nicht nöthig, sie nachher noch einmal zu be- weisen.“ An sich involvirt nun der Beweis für die Rich- tigkeit einer Annahme noch keinen Cirkelschluss, aber ich habe ja jene Annahme von vorneherein gar nicht ge- macht, sondern auf die Constanz des M. und M, erst nachher geschlossen. Mein Verfahren ist dieses: Ich habe zwei Arten der Materie, .die sich fortwährend ineinander verwandeln, also verändern. Ihre Mengen kenne ich nieht, weiss aber, dass die Summe derselben (M. -+- M,) constant ist. Ich beweise nun empirisch auf Grund von biologischen Thatsachen, besonders von sehr genauen quantitativen Stoffwechselversuchen (S. 96 Sp. 2 in Nr. 10), dass das Verhältniss der unbekannten Mengen (M. und M,„) beider Materien, so sehr es auch local schwankt, doch im Weltganzen unverändert bleiben muss, und diesen Beweis haben Sie nicht angegriffen. Aus dieser Constanz des M./M, folgt erst, dass die Menge jeder der beiden Materien, welche sich local fortwährend ändert, im Ganzen constant sein muss, was weder ich noch sonst jemand vorher angenommen hatte und was von fundamentaler Bedeutung ist. Einen Cirkelschluss oder falschen Weg wird niemand in dieser einfachen Darlegung finden. Wenn 2 --y constant ist und zugleich ©/y eonstant ist, dann muss auch x constant sein und y constant sein. Inner- halb des x und innerhalb des y müssen sich also die d-Aenderungen, wie Sie sie, nannten, compensiren. Es nun aus zahl- reichen negativen und positiven Angaben die Wahr- scheinlichkeit, Kraut anzutreffen, zu bestimmen gesucht und danach Linien gleicher Sargassofrequenz, Jsophy- eoden, konstruirt. Das Maximum des Krautvorkommens findet er südlich vom 35° N.Br. und westlich vom 35° W.Lg. Das von der 5proz. Jsophycode eingeschlossene Gebiet von ungefähr 7 Millionen Quadratkilometer Areal empfiehlt er auf den Karten als Sargassosee zu bezeichnen. A. K. Tasechen-Winkelwaage. — Unsere Abbildung zeigt, in natürlicher Grösse, ein äusserst practisches und werth- volles Instrumentchen, welches von G. Falter & Sohn in München hergestellt wird. Diese Taschenwinkelwaage besteht im wesentlichen aus einem sehr genau gear- beiteten, durch eine Rippe verstärkten Fisenwinkel, auf dem die in einem Messinggehäuse eingeschlossene Libelle ruht. Mit der Sohle des unteren Winkelschenkels werden die Horizontalmessungen vorgenommen, und da der Winkel genau einem Rechten gleich ist, so ergiebt sich die Ver- ticalmessung mit dem anderen Schenkel ganz von selbst. Eine zweite Libelle ist also durch diese Anordnung des Instrumentes ganz entbehrlich gemacht. Das kleine In- strumentehen ist ausgezeichnet gearbeitet und leicht und bequem in der Tasche zu tragen, sodass ihm eine viel- seitige Verwendung offen steht. Grs. Nr. 38. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 389 Aus dem wissenschaftlichen Leben. Am 23. September feiert die Astronomie denhundertjährigen Geburtstag des vorigen Direetors der Berliner Sternwarte, J o- hann Franz Encke. Sie hat dazu um so intensiveren Anlass, als Encke’s Wirken in ganz hervorragender Weise dazu angethan war, der Wissenschaft ernst begeisterte Jünger zu erwerben. Er war ein Meister in der exacten — und, was sehr viel bedeutet, practisch anwendbaren — Darstellung mathematisch astronomi- scher Dinge, wovon seine, ursprünglic 'h im Berliner Jahrbuch er- schienenen, und nachher von den Erben als „Gesammelte mathe- matische und astronomische Abhandlungen“ herausgegebenen Ar- beiten, neben vielen anderen, vor allem Zeugniss ablegen. Der 22. September ist der 150. Jahrestag der Geburt des be- rühmten, in Berlin geborenen Zoologen und Botanikers Peter Simon Pallas (7 8 "September 1S11 in Berlin). Prof. Dr. H. Strack, Doeent an der Technischen Hochschule in Berlin, und Prof. Dr. Ph. Forehheimer, Docent an der Teehnisehen Hochschule in Aachen, sind zu etatsmässigen Pro- fessoren ernannt worden. — An der tschechischen Universität Prag hat sich Dr. Karl Kuffner für Psychiatrie habilitirt. — Dem ausserordentlichen Professor der Ohrenheilkunde an der Universität Heidelberg, Dr. S. Moos, ist der Charakter als Ho- norarprofessor verliehen worden. — Der Professor an der Berg- akademie in Freiberg, Bergamtsrath Dr. jur. G. H. Wahle, ist zum Bergamtsdirektor ernannt worden. — Prof. Fleischer von der Moorversuchsstation in Bremen ist an die Landwirthschaftliche Hochschule zu Berlin berufen worden. Sein Nachfolger in Bremen wird sein bisheriger Assistent Taeke, doch behält Prof. Fleischer die Oberleitung der Moorversuchsstation. Es sind gestorben: Am 7. August der der Gynäkologie an der Universität Graz, Dr. C. von Helly, 65 Jahre alt; am 13. August der Professor an der Technischen Hochschule in Braunschw eig, Dr. Orges; am 2. September zu Oberdöbling der Ornitholog August von Pelzeln, ehemals Custos am Naturhistorischen Museum in Wien, im 67. Jahre; und in Cambridge im 76. Jahre der Professor der Zahnheilkunde am Trinity College, Samuel Cartright. ordentliche Professor Litteratur. Die Thier- und Pflanzenwelt des Süsswassers. Einführung in das Studium derselben. Herausgegeben von Dr. Otto Zacharias. 5 I. Verlag von J.J. Weber. Leipzig 1891. — Preis 12 Mark. Das Werk bezweckt, wie schon sein Titel besagt, eine „Ein- führung“ in das Studium der einheimischen Wasserthiere und Wassergewächse. Es wird damit der Versuch unternommen, den einigermassen vorgebildeten Leser auf die kürzeste Weise mit den “Hauptvertretern unserer lacustrischen Flora und Fauna be- kannt zu machen. Der Inhalt des vorliegenden I. Bandes, der 79 Testabbildungen bringt, ist der folgende: I. Allgemeine Biologie eines Süsswassersees. Von Prof. Dr. F. A. Forel. — II. Die Algen. Von Dr. W. Migula. — III. Zur Biologie der phanerogamischen Süsswasserflora. Von Prof. Dr. Fr, Ludwig. — IV. Ein Wurzelfüsser des Süsswassers in Bau und Lebens- erscheinungen. Von Prof. Dr. A. Gruber. — V. Die Flagellaten (Geisselträger). Von Dr. W. Migula. — VI. Die Süsswasser- schwämme (Spongilliden). Von Dr. W. Weltner. — VI. Die Strudelwürmer (Turbellaria). Von Dr. OÖ. Zacharias. — VIII. Die Von Dr. L. H. Plate. Von Dr. J. Vosseler. Räderthiere (Rotatoria). — IX. Die Krebs- fauna unserer Gewässer. J. M. Ziegler, Ein geographischer Text zur geologischen Karte der Erde. Mit einem Atlas. 2. (Titel-) Autlage. Benno Schwabe (Schweighauserische Verlagsbuchhandlung). Basel 1890. Das vorliegende Werk ist bei seinem Erscheinen im Jahre 1883 seitens der Kritik günstig aufgenommen worden, und auch wir halten es für ein verdienstliches Unternehmen, von geogra- phischen Gesichtspunkten aus die Ergebnisse der weitreichenden geologischen Forschungen zu betrachten und zu einem Ganzen zu vereinen. Man gew yinnt so ein ebenso interessantes wie lehr- reiches Bild von unserem heimathlichen Planeten. Dem bei- gegebenen Atlas wünschen wir weiteste Verbreitung; die Karten, sind gut ausgeführt und entsprechen den gewonnenen Forschungs- resultaten; nur eine oder zwei Karten dürften in sehr kleinen Details noch Mängel zeigen, so z. B. die Karte der Schweiz, für welche auf lange Zeit “die No®’sche Karte massgebend bleiben wird. (Vergl. Besprechung derselben in „Naturw. Wochensehr.“ Bd. VI, S. 19). Die dem geographischen Text zu Grunde gelegte geologische Karte ist die wohlbekannte des Geologen Jules Marcou; sie findet sich in Tafel I mit Nachträgen reproduceirt. L. Graf von Pfeil, Kometische Strömungen auf der Erdober- fläche, und das Gesetz der Analogie im Weltgebäude. Vierte Auflage. Mit 6 Karten. Ferd. Dümmler’sche Verlagsbuchhand- lung. Berlin, 1891. Preis 7 Mk. Das vorliegende Werk ist eins von denen, gegenüber welchen ein ernsthafter Reeensent sich in wenig erfreulicher Lage befindet. Man hat einen geistreichen Mann vor sich, der die Arbeit eines ganzen Lebens an die Durchführung eines einzigen Gedankens gesetzt hat, man steht also vor dem Buche mit dem Gefühle wirklicher Achtung, die man jedem ernsten Geistesringen ent- gegenbringt: und dennoch muss man am Schlusse sagen, dass der ganze Bau im wesentlichen und grossen unbefriedigt lässt. Ich werde dies nachher eingehender zu begründen haben; "zunächst möchte ich auf eine Aeusserlichkeit hinweisen, welche durch die Ent- stehung des Werkes zwar erklärbar ist, die dessen Lektüre aber ungemein dornig gestaltet. Dem Buche fehlt nämlich alle und jede Disposition! Der Verfasser hat dadurch nicht nur gegen das lesende Publieum, sondern in weit höherem Masse noch gegen sich selbst gefehlt. Denn ein Buch, welches eine einheitliche Theorie entwickeln will, muss doch wahrlich auch eine einheit- liche Gestalt haben, gerade für ein solehes Werk muss das Wort „aus einem Gusse“ am Platze sein. Statt dessen besteht das vor- liegende Werk aus einer grossen Reihe, keineswegs etwa durch- aus falscher, Apergus, die aber viel zu lose an ander gereiht sind, um als ein Ganzes wirken zu können! Graf Pfeil’s eine Idee, dass ein Zusammenstoss der Erde mit einem Kometen von besonderem Einflusse auf die Geschichte unseres Planeten gewesen sei, kann a priori natürlich nicht abge- wiesen werden, wenngleich ausdrücklich bemerkt sein möge, dass eine eingehendere mathematische Behandlung dieser Hypothese dem Verfasser gezeigt haben würde, dass das supponirte Ereignis bei weitem nicht den k: ıtastrophen Charakter hätte haben können, den er annimmt. Seine sogenannten Rechnungen sind nur rohe Schätzungen. Formeln machen die Mathematik nicht! Wenn das wäre, könnten wir viel wichtigere Dinge beweisen. Dieser Ge- danke des Verfassers bleibt daher Hypothese, wenn Graf Pfeil ihm wiederholt auch den Charakter einer „Naturwahrheit“ zu- spricht. Was ist denn überhaupt Naturwahrheit? Gar nichts und alles! Die Aufgabe der Naturwissenschaft ist es, „die Dinge und Erscheinungen auf die einfachste und vollkommenste Weise zu beschreiben“, wie Gustav Kirchhoff zunächst für das Gebiet der Mechanik (definirte. Ich habe geglaubt, diese Forderung in meiner Mechanik starrer Systeme dahin erweitern zu dürfen, dass ich hinzusetzte „individuell und nach ihrem Zusammenhange.“ Aber alles Naturwissen ist doch immer nur ein Product der Zeit, in der es geboren wird. Es kann sterben, vergessen und durch neues ersetzt werden. Und „zu seiner Zeit“ ist es doch immer „wahr“. Also Vorsicht mit dem Worte Naturwahrheit! Es giebt immer nur mehr oder weniger wahrscheinliche Hypothesen.*) Die Annahmen des Grafen Pfeil sind deshalb durchaus nicht in höherem Masse berechtigt, als „Wahrheiten“ genommen zu werden, als andere Annahmen. Das worüber der Verfasser strauchelt, ist seine Meinung, dass er das Princip der Analogie folgerichtig anwende. Die Annahme von gewaltigen Katastrophen zur Erklärung der Erdgeschichte — und gar der jüngsten — fällt aber ganz aus der Analogie heraus! Gerade der Standpunkt, den die Geologie seit Ch. Lyell einnimmt, entspricht dem von Graf Pfeil aufgestellten, aber nicht befolgten, Prineip. Und — soll denn auf jedem Planeten ein- mal ein Komet als deus ex machina erscheinen, um die Zustände zu schaffen, wie sie auf der Erde herrschen ? Unzulässig ist es, wenn Verf. die Sagen vieler Völker über grosse Fluth als wissenschaftliche Documente will gelten Wer je eine Sturmfluth oder nur eine grosse Ueberschwemmung mitgemacht, wird Sagen begreifen. Unzulässig und den Ergebnissen neuester srenger Forschung (Janssen) widersprechend, ist, was Verf. über die Constitution der Sonnenhülle sagt. — Wenn Graf Pfeil gelegentlich Nordenskjöld als Zeugen für die Richtigkeit seiner Ansichten anrufen zu können glaubt, so muss nur bemerkt werden, dass die N.'sche Ansicht, in Grönland Welten- staub gefunden zu haben, längst widerlegt ist. — Der Herr Verf. wird nieht erwarten, dass hier Punkt für Punkt ihm alles wider- legt werde, es würde dazu eben ein Buch vom Umfange des seinigen gehören. Befremdend geradezu ist der Abschnitt „Eine darwinistische Phantasie“. Dagegen will ich ER unden anerkennen, dass des Grafen Pfeil Forderung, auch die Färbung der Wolken zum Gegenstand meteorologischer Beobachtung zu machen, berechtigt ist, nur muss dies mit Kritik geschehen, mit Rücksicht darauf, dass es sich hier nicht nur um Eigenfarben, sondern auch um Beleuchtungseffeete handelt. eine @ lassen. binnenländische das Entstehen jener *) Man vergleiche auch die schöne Studie des Hın. a über Hrn. Poincare’s letztes Werk. Diese Wochenschrift Bd. VI sh Ent 390 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 38. ee ee en TEE Ich bin ferne davon, das Buch gering zu schätzen. Im Gegen- theil, die Irrthümer eines selbstständigen Denkers sind immer lehrreich und sie fördern uns immer durch den Zwang mög- lichst scharfer Zergliederung unseres Wissensschatzes, den sie uns auferlegen. Gerade aus diesem Grunde wünsche ich dem Buche viele einsichtige Leser. Gravelius. A. Souchon, Traite d’Astronomie theorique contenant l’expo- sition du calcul des perturbations planetaires et lunaires. Georges Carre. Paris 1891. Der Verfasser dieses Werkes hat sieh die Aufgabe gestellt, die Theorien und Formeln jenes wichtigen Zweiges der Mechanik des Himmels, welcher von den Störungen der Planeten und des Mondes handelt, vollständig zu entwickeln und durch Beispiele zu erläutern. Das Werk umfasst also, kurz gesagt. ausschliess- lich die sogenannte Störungstheorie, und ist deshalb auch haupt- sächlieh für diejenigen bestimmt, die sich dem Studium der höheren Astronomie widmen, sowie auch für junge Mathematiker oder Physiker, die sich emen Einblick in dieses ebenso wichtige wie interessante Gebiet der Himmelsmechanik verschaffen wollen. Diesem Zweck entsprechend setzt sich dasselbe aus zwei Haupttheilen zusammen, in deren erstem, nach der Methode der Variation der willkürlichen Constanten, die Grundprinzipien der analytischen Störungstheorie, soweit es sich um die Planeten und unseren Mond handelt, ausführlich auseinandergesetzt werden, wäh- rend im zweiten die Methoden und das reehnerische Verfahren be- handelt werden, welehe bei Aufstellung der astronomischen Tafeln, speziell der planetarischen, in Anwendung kommen. Dieser letztere Theil, zugleich theoretischer und praktischer Natur, schliesst sich an die Berechnung der planetarischen Ephemeriden an und kann als Fortsetzung und Ergänzung eines anderen Werkes desselben Ver- fassers (Traite d’Ästronomie pratique, Gauthier-Villars, Paris 1883) betrachtet werden, worin die Berechnung astronomischer Ephemeriden nach den bei der Ausarbeitung der Connaissance des Temps und des Nautical Almanae gebräuchlichen Methoden behandelt wird. Für den astronomischen Rechner ist daher der zweite Theil von besonderer Wichtigkeit, indem er an rechnerisch vollständig durchgeführten Beispielen die praktische Anwendung der entwickelten Formeln ersehen kann. Während im ersten Buche dieses zweiten Theiles die secularen und periodischen Theile der Bahnelemente behandelt werden, erörtert das zweite Buch als Beispiel die Konstruktion von Tafeln für die Bewegung Jupiters; in einem dritten Buche folgt dann die Anwendung der Tafeln auf die Berechnung der heliocentrischen Positionen der Planeten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die erste grössere Hälfte des Werkes aus fast rein mathematischen Entwickelungen besteht, die aber in klarer und leicht verständlicher Weise durch- geführt sind, so dass ihr Studium jedem ermöglicht ist, der sich die Grundbegriffe der Funktionenlehre, der analytischen Geometrie und der Differential- und Integralrechnung angeeignet hat. Das vorliegende Werk kann daher jedem, der sich in die Störungs theorie einarbeiten will, bestens empfohlen werden. Zum Schluss möge noch auf die sehr interessante, 36 Seiten umfassende historische Einleitung über die Entdeckung der allgemeinen Gravitation und das Fundamentalproblem der Störungen hinge- wiesen werden. Druck und Papier lassen nichts zu wünschen übrig, der Preis ist mässig. Dr. ZEN. Dr. W. Budde, Physikalische Aufgaben für die oberen Klassen höherer Lehranstalten. Braunschweig 1890. Verlag von Vieweg und Sohn. Preis 2,50 M. Wenn auch bereits einige Sammlungen bestehen, welche sich gleiche Ziele vorgesetzt haben, so wird man vorliegende doch gerne entgegennehmen, da sie aus der Praxis hervorgewachsen ist. Der Herr Verfasser hat die 645 Nummern dieser reich- haltigen Sammlung aus den bei Entlassungsprüfungen gestellten Aufgaben ausgewählt und durch Hinzufügung von Auflösungen ein höchst brauchbares Uebungsbuch geschaffen, das geeignet er- scheint, das Interesse der Schüler am Gegenstand zu wecken und zu beleben. Ein Anhang bringt Aufgaben, die zur Abfassung grösserer Aufsätze physikalischen Inhalts (Beschreibung von Apparaten ete.) veranlassen sollen. In der Hand eines ge- schiekten Lehrers kann dieser Anhang sehr fördernd wirken. Das Buch, das die Verlagshandlung in gewohnter Weise aus- gestattet hat, bedarf keiner besonderen grossen Empfehlunz und wird seinen Weg sicher machen. Grs. Graf, J. H., Das Leben und Wirken des Physikers und Geodäten Jacques Barthölemy Micheli du Crest aus Genf, Staatsgefangener des alten Bern von 1746—1766. Bern. 2,40 M. Gruber, H., Der Positivismus vom Tode August Comte’s bis auf unsere Tage (1857—1891). Freiburg. 2,60 M. Grünberg, M., Experimentelle Untersuchungen über die Re- generation der Blutkörperchen in den Lymphknoten. 1,50 M. Hahn, G., Die besten Speise-Schwämme. Gera. Kart. 1,20 M. Hertwig, O., Die physiologische Grundlage der Tubereulinwirkung. Jena. 0,80 M. Husserl, E. G., Philosophie der Arithmetik. 1. Bd. Halle. 6,50 M. Huxley, Th. H., Grundzüge der Physiologie. 3. Aufl. In Lfg. Hamburg. & 1.80 M. Jäger, G., Die Abhängigkeit der Capillaritätseonstanten von der Temperatur und deren Bedeutung für die Theorie der Flüssig- keiten. Leipzig. 0,50 M. Japing, E., Die elektrische Kraftübertragung und ihre Anwen- dung in der Praxis. 3. Aufl. Wien. 3 M.; geb. 4 M. Karsten, H., Abbildungen zur deutschen Flora, nebst den aus- lindischen medizinischen Pflanzen und Ergänzungen. für das Studium der Morphologie und Systemkunde. Berlin. 3 M. Karte, seologische, von Preussen und den Thüringischen Staaten. 1:25.000. 45. Ltg. Gradabth. 55. No. 50. Melsungen. — No. 51. Liehtenau. — No. 56. Altinorehen. — No. 57. Seiferts- hausen. — Gradabth. 69. No. 2. Ludwigeck. — No. 3. Roten- burg. Berlin. 12 M.; einzelne Blätter 2 M. — ,— topographische, des Rönigreiches Sachsen. 1:25,000. No. 67. Pillnitz. Leipzig. 1,50 M. Kent, G., Die Lehre Hegels vom Wesen der Erfahrung und ihre Bedeutung für das Erkennen. Christiania. 1,65 M. Klemencic, J., Ueber die Reflexion von Strahlen elektrischer Kraft an Schwefel- und Metallplatten. Leipzig. 0,50 M. Klika, G., Die tertiären Land- und Süsswasser-Conchylien des nordwestlichen Böhmen. Prag. 4,80 M. Knuth, P., Die Pflanzenwelt der nordfriesischen Inseln. Kiel. ıM. Kohl, F. G., Die offieinellen Pflanzen der Pharmacopoea ger- manica. 1. Lfg. Leipzig. 3 M. \ Briefkasten. Herrn N. 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Die richte man an Direktor Dr. Krumme, Braunschweig (Hintern pharmaceutische, physikalische und Brüdern 30); Vorträge in den Abteilungssitzungen sind bei andere technische Zwecke. Batterie- folgenden in Braunschweig wohnenden Herren anzumelden: gläser und Glaskästen, sowie Glüh- Öberlehrer Lindau, Pawelstr. 6 (für Mathematik); Professor | lampenkörper und Isolatoren für elee- Dr. Schlie, Körnerstr. 5 (für Physik); Dr. Levin, Breitestr. 5 trotechnische Zwecke. Flaschen, (für Chemie und Mineralogie Ferdinandstr. 9 (für Büttenweg 15 (für Erdkunde). Dr. Bail, Professor Buchbinder, Jena. Jena. Dr. Krumme, Direktor Dr. Pietzker, Oberlehrer fessor Dr. Schwalbe, am Dr. der Zoologie )5 Ausschuss die Förderung des Unterrichts in der Mathematik und in den Natur- wendet sich an mit der Bitte dem Vereine beizutreten. Der Jahresbeitrag von 3 Mark ist zugleich mit der An- Kramer in Halle (Saale, Versammlung m s Tagesordnung Versammlung werden rechtzeitig bekannt gemacht. Anmeldungen zu Vorträgen für die allgemeinen Sitzungen Realgymnasium, Detmer, Protessor Prof. Dr. Kramer, Inspector des Realgymnasiums, Halle. Oberr: am Gymnasium, Direktor des Dorotheenstädtischen Real- gymnasiums, Berlin. EADTLLLTLITITELTETTSTETTETTTETTETTTETTETETTTTTTTTTTTTTETTTELTETTTETTETETETITTELETTELETERTTTTTETTERTTETTITTTERTERTTN AIEIEEEEE Köln. Lager pharmac. Specialitäten. Köln. Einführung und Vertrieb pharmac. u. med. Neuheiten. Engros-Niederlage sämmtlicher Kindernährpräparate, REDE, Desinfectionspräparate, künstlicher Mineralsalze nach Dr. Sandow. Chemicalien aus der Fabrik von H. Trommsdorff, künstliche Stass- furter Badesalze der vereinigten chem. Fabriken zu Leopoldshall. Köln. Alexander Freischem. Köln. 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JINLIHLNENTIENNEFEEREEANTUEEIRERTAEEREHAENORTNKESEKERFAEKONEKEERENASNEOKEAITKERRENFRIKANG UONITOTTETEENEGOTNEUDTNRTETTENTEITENTEIT IN Bu | RIREIKTHIRENTENUDTRLINAERNEEIRERSNRU HER KIIIF II DID GIB BD BGB DD DB BG BG DD DD DD DB BB BD DDB SS EEFLEFFFEFFFFEFFFFFFERT SASESERESEEHEREHH N In Ferd. Diümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin erschien: Die Krankheiten der Lunge. Von G. See, Professor der klinischen Mediein in Paris; Vom Verfasser revidirte, mit Zusätzen und einem Vorwort versehene autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Max Salomon. 3 Theile. Preis jedes Theiles 10 Mark. Inhalt: I. Theil. Bacilläre Lungen-Phthise. Mit 2 chromo-lithographirten Tafeln. XVI und 528 Seiten. Il. Theil. Die (nicht tuberculösen) specifischen Lungenkrankheiten. Acute Bronchiten; parasitäre Pneumonie; Gangrän; Syphilis; Echinokokkus der Lunge. Mit 2 lithographirten Tafeln. XII und 454 Seiten. Ill. Theil. Die einfachen Lungenkrankheiten. Pneumo-bulbäres Asthma, cardiales Asthma, Congestionen, Hämorrhagien und Sklerose der Lunge; Kraukheiten der Pleura. XII und 546 Seiten. FEEEGDDB DB DD DB DBDBBBNE KFFFFF DB I Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. SW. 12 erschien: Ueber die Reize des Spiels von Prof. Dr. M. Lazarus. geh. Preis 3 M; geb. Preis 4 M. 7 Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin n3 Sammlung Vorträgen und Abhandlungen. (Dritte Folge.) Von Wilhelm Foerster, Prof. an der Kgl. Universität und Director der Kgl. Sternwarte zu Berlin. 234 Seiten gr. 8°. wh Preis 4 M. geh., geb.5 M. ah F Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. Soeben erschien: Vierstellige Logarithmentafeln. Zusammengestellt von Harry Gravelius, Astronom. 24 Seiten. Taschenformat. Preis geheftet 50 Pf. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. m u m mn In Ferd. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12 Gesammelte mathematische und astronomische Ab- handlungen von J. F. Encke. Erster Band. Allge- meines betreffend Rechnungsmethoden. 7 Mark. Zweiter Band. Methode der kleinsten Quadrate, Fehlertheoretische Untersuchungen. 8Mark. Dritter Band. Astronomische und optische Abhandlungen. 5 Mark. Sammlung populärer astronomischer Mittheilungen. Von Wilhelm Foerster, Prof. und Director der Sternwarte zu Berlin. 3 Mark. Zweite Folge 1,80 Mark. Inhalt: Kalenderwesen und Astrologie. Mond. Sonne. Vorübergänge der Venus vor der Sonne und Bestimmung von Entfernungen im Himmels- raum. Finsternisse. Planeten. Feuerkugeln und Sternschnuppen. Kometen. Zweite Reihe: Sternenhimmel. Grenzen unserer nen im Weltenraume. Polarlichter der Erde. Kometen (Fortsetzung). Tabellen zur qualitativen Analyse. Bearbeitet von Dr. F. P. Treadwell, Professor am Eidgenössischen Poly- teehnieum in Zürich, unter Mitwirkung von Dr. Victor Meyer, Professor an der Universität Heidelberg. Dritte Auflage. cart. 4 Mark. we Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 32 ERIK x Redaktion: Was die natarwissenschaftlliche Forschung asufgiebt an weltum- fassonden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird reichlich ersetzt durch den der-Ihze Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. 97 VI. Band. Sonntag, den al. September 1891. Nr. 39. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist A 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. } Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. _ Ueber das Alter der südamerikanischen Anden. Vom Königl. Bezirksgeologen Dr. Th. Ebert. In No. 30 und 31 des vorigen Jahrganges dieser Wochenschrift wurden in einer Abhandlung von Professor A. Blytt moderne Ansichten über die Bildung der Ge- birge erörtert. Ich möchte in Folgendem das Interesse auf eine Abhandlung lenken, deren letzter Theil mir von der Redaection der „Naturw. Wochenschr.“ zur Besprechung übergeben war, und welche ebenfalls geeignet ist, einen kurzen Ueberblick zu geben über Anschauungen, welche bezüglich der Entstehungsweise und des Alters unserer Gebirge zur Zeit um Geltung ringen. Es ist dies eine Arbeit von ©. Ochsenius: Ueber das Alter einiger Theile der südamerikanischen Anden *). Hatte die fortschreitende Erkenntniss des Aufbaues und des Alters der gebirgsbildenden Schiehten mehr und mehr bestätigt, dass gerade unsere hohen Gebirge, min- destens zum grossen Theil, erst in verhältnissmässig Junger Zeit gebildet wurden oder doch wenigstens die jetzige Höhe erreichten, so sind doch erst in neuerer Zeit Ansichten laut geworden, welche den Abschluss der Entwicklung einzelner Gebirge in die Diluvialzeit resp. an das Ende derselben oder in Zeiträume, welche von der geschichtlichen Zeitrechnung nicht mehr fern liegen, versetzen. Ja, es sind Anzeichen vorhanden, dass selbst in Gebieten, wo kein Gebirgsdruck anscheinend mehr wirkt, thatsächlich doch noch die Entwicklung weiter schreitet, wie sich aus Beobachtungen bei Erdbeben und bei in historischer Zeit enstandenen Senkungen und Ein- brüchen ergeben hat. So konnte Prof. von Könen für den Harz nachweisen**), dass derselbe mindestens zu gla- eialer, wenn nicht postglaeialer Zeit noch Modificationen *) Zeitschrift der „Deutschen geologischen Gesellschaft“ 1886, S. 766-772 (D); 1887, S. 301-313 (II) und 1890, S. 120—149 (III). **) Jahrbuch der Kgl. preuss. geol. Landesanstalt für 1883, S. 187 ff. und eine Reihe weiterer stehender Abhandlungen 1884—87. damit in De DE | seines, in der allgemeinen Umgrenzung schon gegen Ende der paläozoischen Epoche erfolgten Baues erlitten habe, die theils eine Hebung der Gesammtmasse, theils Einstürze einzelner Theile desselben resp. seiner Vorländer hervorriefen. Ochsenius sucht nun in der vorliegenden Abhandlung den Nachweis zu führen, dass auch die sidamerikanischen Anden erst in ganz junger, wahrscheinlich schon histo- rischer Zeit sich erhoben haben. Die Stätte, wo sich heut zu Tage die Ruinen der alten Inkahauptstadt Trahuanaco finden, liegt am Süd- ufer des Titieacasees, in unwirthlicher Gegend 4000 m hoch. Die Bauten dieses alten Volkes, welche von hoch- entwickeltem Kunstsinn zeugen, sind von einem Materiale hergestellt (Sandstein, Granit und Lavenvarietäten), welches sich erst in weiter Entfernung und bedeutend tieferer Höhenlage findet. Nach der Entwicklungsstufe des Volkes und dem Einfluss, den es auf die benach- barten Länder ausgeübt hat, muss es Wunder nehmen, wie unter unwirthlichen klimatischen Verhältnissen, unter denen jetzt kaum einzelne Indianer ihr Leben dort fristen können, solcher Reichthum, solche Macht möglich war. Da ist es denn eine interessante, Thatsache, dass in dem Titicacasee mehrere Arten amphipoder Crustaceen vorkommen, die ausserdem nur noch 30—40 deutsche Meilen südwestlich davon im Stillen Ocean leben. Ein derartiges sporadisches Auftreten von ursprünglich marinen Thierformen in süssen oder braekischen Binnenseen ist auch anderweitig beobachtet. worden, und konnte dann erklärt werden durch einen ursprünglichen Zusammenhang des Binnensees mit dem Meere, welcher nachträglich durch ein Herausheben des Untergrundes ‚unter Bildung von Festland unterbrochen wurde. Man kann also darnach auch hier annehmen, dass der Titicaca- see ursprünglich einen Meerestheil des Paeifischen Oceans 392 Naturwissenschäftliche Wochenschrift. Nr. 39. gebildet hat und erst nachträglich sammt seiner Um- gebung zu seiner jetzigen Lage emporgehoben und vom Ocean getrennt worden ist. Durch den darauf erfolgen- den Zutritt von Süsswasserzuflüssen, wurde die marine Fauna dann vernichtet bis auf die genannten Krebs- arten, welehe sich dem neuen Lebenselement anbe- quemten. Damit würde dann auch für die Ruinenstadt in dieser unwirthlichen Gegend die Lösung gefunden sein, nämlich auch sie würde diese Hebung mitgemacht haben, nachdem sie ihre Entstehungs- und Blüthezeit am Meeres. gestade oder doch nicht weit davon unter einem wärmeren Klima erlebt hatte. In der That sprechen nun auch andere Beobach- tungen dafür, dass thatsächlich eine solehe Hebung vor- liegt. So finden sich in den Anden nach den Berichten vieler Reisenden Steinsalzlager von bedeutender Mächtig- keit. Diese können aber nur durch Hebung dorthin ge- langt sein, da die Exhalationen der Vulkane der Anden kein Chlor enthalten, also eine Bildung des Salzes auf diesem Wege ausgeschlossen erscheint. Durch eine He- bung dieser Steinsalzlager vor vollständigem Abschluss ihrer Bildung würden sich aber nach Ochsenius auch noch andere Erscheinungen erklären lassen, die Natron- salpeterlager in der Gegend von Atacama und Tarapaca und die Salzlager in den argentinischen Pampas. Im Anschluss an die von Ochsenius aufgestellte bekannte Hypothese der Steinsalzbildung durch Abschliessung der Meeresbuchten vom Ocean durch Barren wird nämlich angenommen, dass zur Zeit der Hebung der Anden nicht Jede der gehobenen Meeresbuchten ein Salzflötz enthielt, dass aber über jedem entstandenen Salzflötz eine An- sammlung Mutterlauge stehen blieb. Diese Mutterlaugen flossen nach der Hebung von der Höhe herab in die tieferen Regionen, z. B. die Pampas von Argentinien, wo sie Salzsümpfe und Lager bildeten, vielfach nur ober- flächliche Krusten über Ackerboden. Beim Herabfliessen trafen sie auf verschiedene Erzlagerstätten und bewirkten eine oberflächliehe Chlorirung, Bromirung und Jodirung der Erze. In der Gegend von Atacama und Tarapacä aber wurden die Mutterlaugen durch die Küstencordillere im Abfluss gehemmt und Guanostaub in ihre Ansamm- lungen durch Winde hineingeführt und so die Salpeter- bildung hervorgerufen*). Dass thatsächlich dureh Wind Guanotransport dort erfolgt, beweisen die tierras sali- tosas, guanohaltige, harte Thonschichten bei Tarapacä und das Vorkommen von mit Sand vermengten dünnen Schiehten von Guano in den Salpeterlagern selbst. Als ein weiterer Beweis für die verhältnissmässige Kürze der Zeit, die seit der Erhebung der Anden ver- flossen ist, werden Federalaune genannt, welche in feinen Adern die kaolinisirten Massen von in der Verwitterung begriffenen Feldspathgesteinen der Cordilleren durch- ziehen. Dieselben können erst vergleichsweise kurze Zeit den atmosphärischen Niederschlägen und rascherem Temperaturwechsel ausgesetzt gewesen sein, da die Aus- laugung derselben sonst eine viel fortgesehrittenere, wenn nicht vollständige sein müsste, besonders wenn man in Betracht zieht, dass Gerölle von Feldspathgesteinen in den kalifornischen Goldwäschen in wenigen Jahren zu Thon umgewandelt werden. Endlich aber haben sieh in einem grauen, fein- körnigen glimmerhaltigen Sandstein von dem nach Norden einfallenden schiefrigen Theile des Cerro de Posoti m einer Höhe von 4100 4200 m Pflanzenreste gefunden, *) Genaueres darüber in Ochsenius: Die Bildung des Natron- salpeters aus Mutterlaugensalzen. 8°. Stuttgart. 1837. welehe nach Untersuchungen von H. Engelhardt den Blättern solcher recenten Arten entsprechen, die zur Zeit das tropische Amerika bewohnen. Also können diese Pflanzen nicht in dieser Höhe über dem Meeresspiegel gewachsen, müssen vielmehr nach ihrer Einbettung durch ein Emporheben der sie umschliessenden Sehichten hierher gelangt sein. Eine ähnliche Entdeckung machte Al. Agassiz in Peru, wo er in ca. 3000 Fuss “Höhe über dem heutigen Meeresniveau ein Lager von Corallen „neueren Ansehens“ fand. Lokale Hebungen sind in den chilenischen Anden in historischer Zeit beobachtet worden. So ist erst in Jüngster Zeit der See Todos los Santos von der Lean- quihue-Lagune durch eine Hebung getrennt worden und ebenso der Pangui-pulli von dem Rinihue-See, welche beide zur Zeit der Eroberung durch die Spanier ein einziges Becken gebildet haben. Aus den hier angeführten Thatsachen zieht Ochsenius den Schluss, dass thatsächlich die Erhebung des Theiles der Anden, welchem die Umgebung des Titieacasees an- gehört, in quartärer bezw. historischer Zeit auf die jetzige Höhe erfolgt ist. Ist die Erhebung in historischer Zeit erfolgt, so könnte die Entdeekung, dass die Pflanzenfunde in altperuanischen Gräbern für diese ein Alter von höchstens 500 Jahren wahrscheinlich machen, von Wich- tigkeit sein. Ochsenius hat nun die Genugthuung gehabt, dass theils gleichzeitig mit ihm, theils bald darauf für Theile der südamerikanischen Anden sowohl, wie auch für die nordamerikanischen Cordilleren ähnliche Ansichten ge- äussert worden sind. So hat Hettner nachgewiesen, dass die Centraleordillere der columbianischen Anden ein Faltengebirge von wahrscheinlich posteretaceischem Alter ist, in dem Sedimentgesteine von der Kreide abwärts steil aufgerichtet, gefaltet und von Eruptivmassen durch- brochen und überlagert worden sind, während jüngere Sedimente und vulkanische Sande horizontal darüber lagern. H. Karsten hat im Gegensatz zu Humboldt auf Grund von Jahrzehnte langen geologischen Untersuchungen die Ansicht ausgesprochen, dass der Gebirgsstock von Guyana ein altes Erhebungscentrum sei, an das sich die verschie- denen Gebirgsketten von Venezuela und Columbien an- schlossen, während aber die syenitischen Gebirge der Nordküste nur bis zu geringer Höhe mit jüngeren Steinen bedeckt sind, finden sich tertiäre Sedimente bis nahe an die höchsten Kuppen der Aequatorialeordilleren, ein Be- weis, dass hier die Hebung eine bedeutendere und die Jüngere ist. Felix und Lenk weisen eine Hebung des mittleren Mexiko nach, legen die Hebung des Plateaus aber an’s Ende der Kreidezeit. Le Conte schliesst aus der Form und Tiefe der Flussbetten in Californien, welehe am Ende der Tertiär- und zu Anfang der Diluvialzeit sich neubildeten, in Folge der Verdrängung der Flüsse aus ihren alten Betten durch mächtige Lavaergüsse, dass seitdem eine Hebung des Gebirgszuges von mehreren tausend Fuss erfolgt sei. Ueberhaupt aber nimmt derselbe an, dass sowohl die "Westküste von Nordamerika, wie die von Südamerika vom Beginn des Tertiärs an "sich gehoben habe, während ‚gleichzeitig der Boden des Grossen Oceans gesunken sei. |Mit diesen Vorgängen hänge die starke Erosion und Bildung tiefeingesehnittener Thäler sowie die Entstehung ‘der mächtigen N-S-Spalten der Seengebiete zusammen. ‚ Diese Vorgänge erreichten ihre grösste Intensität beim Be- ‘ginn der Diluvialzeit und seien noch nicht beendigt. Namentlich auf die genaueren Ausführungen Le Conte’s EEE Dt Nr. 39. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 395 beruft sich Ochsenius auch, wenn er im Gegensatz zu Steinmann eine wirkliche Hebung der Anden annimmt und nieht wie dieser nur ein Zurücktreten des Meeres am Ende der Kreidezeit. Der letzteren Annahme stellt er auch die Höhe von 4000 Meter gegenüber, und die con- sequente Folgerung daraus, dass das Meer überall auf der Erde am Ende der Kreidezeit mindestens annähernd gleiches Niveau gehabt haben müsse. viel grössere sein müssen, als sie es in der That ist. Auch den Mangel einer Erklärung über den Verbleib dieser gewaltigen Wassermasse hebt er hervor. Dem gegenüber stellt er die vielfachen Faltungen und Stö- rungen der gehobenen Massen und weist darauf hin, dass auch Hebungen ohne Störung der Lagerung durch die Gewalt des Empordrängens eruptiver Massen beobachtet seien. Er stützt sich namentlich auf das Urtheil Schichten von 1000— 2000 m Mächtigkeit in den Rocky Mountains durch die sog. Lakkolithe. Daran schliesst er eine lange Reihe von Beobachtungen aus den verschiedensten Gebieten der Erde, aus denen hervorgeht, dass auch zur Quartär- zeit und bis in unsere Tage Hebungen und Senkungen verbunden mit Brüchen und Spaltenbildungen durch Zusammenschiebung oder unmittelbare Hebungen, mit einem Male total verloren gegangen sind.“ Dagegen will er nicht für jeden häufigen Wechsel ' und laecustrischen oder fluvio-terrestrischen von marinen Sehiehten Oseillationen des Erdbodens als Grund an- nehmen, vielmehr solche Erscheinungen durch unterseeische ' Barren erklärt wissen, welche Meeresbuchten von der' offenen See in stärkerem oder geringerem Grade ab- schliessen. Nimmt eine solehe Bucht vom der Barrenhöhe auch setzung hervorrufen. Auf diese Weise erklärt es sich auch leicht, dass Kohlenflötze mit marimen Thonschichten | alterniren können. Auch die Einschaltung von gyps- haltigen Mergeln lässt sich hierdurch erklären, indem bei Versiegen des Süsswasserzuflusses und Verminderung des eindringenden Seewassers auf eine gleiche Menge alsı die Buchtoberfläche verdunsten kann, ein Gypsnieder- schlag erfolgt, sobald das specifische Gewicht des Busen- inhalts 1,13 beträgt. Schliesslich wendet sich Ochsenius eingehend gegen die Annahme des Auf- und Ablaufens des Öceans, so dass die Senkung und Hebung des Landes nur eine scheinbare wäre und gegen die Hypothese der Uneben- heiten der Oceanfläche. Vier Punkte sind es, die er be- sonders gegen diese Hypothese geltend macht. Erstens die Unwahrscheinlichkeit, dass bei den Stabilitätsverhält- nissen des Meeresspiegels die Ostsee an den schwedischen Küsten zurückweiche, während an den gegenüberliegen- den Küsten nichts davon zu bemerken sei. Vielmehr liege eben eine thatsächliche Hebung der schwedischen Küsten vor. Zweitens seien auch auf grössere Ent- fernungen an den verschiedenen Küsten Europas nach den Ergebnissen des internationalen geodätischen Con- gresses zu Paris 1889 nirgends Niveauunterschiede auf- sefunden worden, welche sieh nicht durch die Unsieher- heit der die Meere verbindenden Nivellements erklären lassen. Drittens spricht das Benehmen des Barometers, seine Anwendung zur Höhenmessung, die Lage der Iso- Dementsprechend | hätte aber die Verbreitung von Kreidesedimenten eine De Lapparents über die vertikale Hebung nicht gefalteter | domförmig gewölbte Trachytmassen, ' erfolgt | sind, und dass kein Grund zur Annahme vorliege, „dass jetzt die sämmtlichen Kräfte, die früher enorme Gebirge | mit Riesenvulkanen aufthürmten, sei es durch Faltung, | Lande aus | einen Süsswasserzufluss auf, so wird ein öfterer Wechsel | einen Wechsel der Sedimente der Bucht in Bezug auf ihre fluviatile oder marine Zusammen- | baren gegen die Annahme von Unebenheiten der Ocean- fläche; auch die Angaben des hypsometrischen Thermo- meters bei Bestimmung des Wassersiedepunktes und die barometrischen Beobachtungen in Luftballons widerlegen dieselbe. Namentlich von den Isobaren werden einige drastische Beispiele für die Unbrauchbarkeit der Pendel- beobaechtungen angeführt, indem Orte die nach den Pendelschwingungen Höhenunterschiede von Hunderten ja Tausenden von Metern besitzen müssten, thatsächlich gleiche Isobarenwerthe aufweisen. Endlich lassen aber auch die auf die Regelmässigkeit des Meereshorizontes basirten Bestimmungen der Ortsbreite auf hoher See keine Höhen- und Tiefenlagen der oceanischen Fläche erkennen. Neuerdings haben nun diese Ausführungen eine wei- tere Unterstützung resp. Bestätigung gefunden durch die Resultate von Untersuehungen, welche vom Königlich preussischen geodätischen Institut ausgeführt wurden. Es handelt sich um Beobachtungen und Messungen der Intensität der Schwerkraft, welche nach Professor Helmert ergeben haben, „dass unterhalb der Tyroler Alpen, zwischen Insbruck, Landeck, dem Stilfser Joch und Bozen, ein relativer Massendefeet in der Erdrinde be- steht“, und zwar sollen hauptsächlich die oberen Schiehten der Erdkruste bis zu 100 km Tiefe an diesem Defect betbeiligt sein, da sich derselbe sonst auch ausser- halb der Alpen fühlbar machen müsste. Auch in Indien, im Himalaya und in den Hochebenen im Inneren Vorder- indiens haben sich ähnliche Massendefeete gefunden und ebenso im Kaukasus, die annähernd jedesmal die über dem Meeresspiegel befindlichen Massen dieser Gebirge ausgleichen. Es liegt daher der Schluss nahe, „dass überhaupt die sämmtlichen Festländer der Erde durch darunter liegende Defeete grösstentheils compensirt sein mögen.“ Die grössere Schwerkraft auf den kleinen, wenige Hundert Kilometer vom Festland im tiefen Wasser liegenden Inseln deutet darauf hin, „dass in der Erdrinde hier eine verhältnissmässige Massenanhäufung stattfindet“. Auch „scheint die Diehtigkeit der Massen in gewissen nieht näher bekannten Schichten unterhalb des Meeres grösser zu sein, als in gleicher Tiefe unter- halb des Festlandes“. Indem Ochsenius in No. 9, Jahrg. 1891, der Wochen- schrift „Ausland“ über diese Helmert’schen Entdeckungen im Anschluss an einen Artikel der „Kölnischen Zeitung“ berichtet, zieht er daraus den Schluss, dass Gebirge, die Massendefecte im Inneren aufweisen, nicht als entschiedene Faltungsproduete angesprochen werden können, da Fal- tungen durch seitlichen Druck schwerlich leere oder schwammige Räume unter oder an der Basis der: con- vexen Rücken erzeugen, vielmehr können Faltungen nach oben nur entstehen, „wenn die seitlich 'zusammen- gepressten Schichtmassen, keinen anderen Ausweg als den nach oben haben. Ihre Schwere lässt sie zuerst auf die Unterlage drücken; ist diese nicht wiederstandsfähig genug, so muss sie zuvor nachgeben und solid werden, ehe der Nachschub sich gegen die Schwere nach oben wendet“. Da auch unter „Horsten“ Defecte nicht wahr- scheinlich sind, so werden wir nicht alle unsere Gebirge und Gipfel als Horste oder Faltungsproduete auffassen dürfen, vielmehr kommen wirkliche Hebungen auf der Erde vor, unter denen das Vorhandensein und der Ver- bleib von Massendefeceten eher erklärlich ist... Jedenfalls aber übertrifft die Anzahl der Senkungen unserer Erd- rinde die der Hebungen um Vieles und man. wird von Fall zu Fall zu unterscheiden haben, ob eine Höhe: durch Falten oder durch Absinken des umliegenden Geländes oder durch Emporsteigen aus dem Niveau des letzteren sich gebildet hat. 394 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 39. Die Beziehungen der ausgestorbenen Säugethiere zur Säugethierfauna der Gegenwart. Von Dr. Max Schlosser, Custos an der geolog. Sammlung in München. (Schluss.) Betrachten wir nunmehr die allmähliche Entwieklung der einzelnen Säugethierstämme. Die Hufthiere, Paarhufer, Unpaarhufer und Ambly- poden — von den Proboseidiern sei hier zunächst ab- gesehen — sind insgesammt von den fünfzehigen Con- dylarthren abzuleiten, welche im ältesten Tertiär von Nordamerika einen so grossen Formenreichthum entfaltet haben. Während jedoch die Unpaarhufer der über- wiegenden Mehrzahl nach als Bewohner der westlichen Hemisphäre sich herausstellen, wo wir die fortschreitende Entwicklung der Rhinoceroten, Pferde und Brontotherien Sehritt für Schritt verfolgen können, fällt das Schwer- gewicht bei der Entwicklung der Paarhufer entschieden auf Europa. Hier allein treffen wir die erloschenen Stämme der Anthracotherien, Anoplotherien, Xiphodon- tiden, Caenotherien, auch die Hirsche, Antilopen und Schweine sind hier seit langer Zeit beheimathet; nur die Tylopoden — Llama und Kamele — sowie die ihnen ur- sprünglich sehr nahestehenden aber nunmehr gänzlich er- loschenen Oreodontiden sind in Amerika zu Hause. Unter den Unpaarhufern ist höchstens die Familie der Tapiriden als altweltlicher Stamm anzusprechen, ebenso haben sich auch die freilich sehr bald erlöschenden Lophiodon, Pa- laeotherien und Paloplotherien niemals über Europa hinaus verbreitet; allem auch sie gehen auf Formen des nordamerikanischen Eoeän zurück und erscheinen mithin nur als blosse Ausläufer. Dagegen sind die für die Stammesgeschichte der Rhinocerotiden, Equiden und Brontotherien wichtigen Typen fast ausschliesslich auf Nordamerika beschränkt und haben nur von Zeit zu Zeit Vertreter nach der alten Welt entsandt. Die Bron- totherien besitzen einen einzigen Vertreter in der öst- lichen Hemisphäre, in der Gattung Chalicotherium, die hier allerdings schon ziemlich früh auftritt, sich daselbst in ganz eigenartiger Weise entwickelt und ihre ameri- kanischen Verwandten auch sehr lange überdauert. Die Rhinocerotiden werden erst vom Miocän an in Europa zahlreicher und verbleiben von da an auch fast aus- schliesslich in der alten Welt. Die fünfzehigen plumpen Amblypoden endlich, die freilich bereits im oberen Eoceän erlöschen, in der relativ kurzen Zeit ihrer Existenz jedoch eine sehr wichtige Rolle spielen, haben nur einen ein- zigen Repräsentanten in Europa aufzuweisen — Cory- phodon. Wir dürfen mithin alle Unpaarhufer allen- falls mit Ausnahme der Tapire und der jüngeren Rhino- ceroten, sowie die Amblypoden als Bürger der neuen, alle Paarhufer mit Ausnahme der meisten, wenigstens der älteren Tylopoden und der Oreodontiden als Bürger der alten Welt bezeichnen. Die Fleischfresser haben ihre Urheimath zweifellos in Nordamerika. Dort allein finden wir die für die Ge- schichte dieses Stammes so bedeutungsvollen Creodonten- typen. Zwar fehlen Creodonten auch keineswegs im älteren europäischen Tertiär, doch sind dies lediglich Formen, welche keine weiteren Nackommen hinterlassen haben. Dagegen erweist sich Europa vom Oligocän an als die eigentliche Heimath der Bären, Marder, Ottern, Dachse. Alle diese genannten Fleischfresser, welche im Jüngeren Tertiär oder gar erst in der Gegenwart in Amerika erscheinen, gehen auf europäische Voreltern zurück. Etwas anders verhält es sich mit den Katzen und Hunden. Beide Formenkreise haben schon ziemlich frühe Vertreter in der alten Welt, dann aber verlegen sie ihren Wohnsitz nach Amerika, kommen jedoch im Obermioeän — die Hunde als ächter Canis — wieder in ihre ursprüngliche Heimath zurück. Bald nachher er- scheinen auch die Hyänen in der alten Welt, nachdem sie kurz vorher in Nordamerika überhaupt zum ersten Male aufgetreten waren. Ein Theil der alttertiären euro- päischen Raubthiere, so die marderähnlichen Palaeoprio- nodon, Stenogale, sowie die hundeähnlichen Cephalogale haben in der Gegenwart keine Vertreter mehr aufzu- weisen. Die Zibethkatzen stellen einen ausschliesslich altweltlichen Stamm dar, sie sind in Europa schon im Oligo- eän repräsentirt. Die Subursen — Waschbär, Nasenbär, Winkelbär ete. — jetzt in den warmen Regionen beider Hemisphären verbreitet — haben ihre gegenwärtigen Wohnsitze wohl schon geraume Zeit inne, gehen aber doch sicher auf Creodonten des nordamerikanischen Eoeän zurück. Von den Nagethieren erscheinen die eiehhornartigen Typen schon sehr frühzeitig in beiden Continenten, da- gegen leben die Nachkommen der Theridomyiden, Issio- docomyiden, welche im älteren europäischen Tertiär einen beträchtlichen Formenreichthum entfaltet haben, in der Gegenwart als Stachelratten, Wollhasen und Meer- schweinchen ausschliesslich in Südamerika. Die Biber und Stachelschweine hinwiederum erweisen sich bereits seit ihrem ersten Auftreten als Cosmopoliten; ihre Vor- fahren jedoch haben wir möglicherweise in gewissen europäischen Theridomyiden zu suchen. Die Mäuse sind ursprünglich jedenfalls ein altwelt- licher Stamm; aus den Cricetodon entwickeln sich die altweltlichen Murinen und Arvicolinen, während die in der Gegenwart für die amerikanische Fauna so charak- teristischen Sigmodonten zuerst im Miocän von Nord- amerika erscheinen. Die ersten Lagomorphen treffen wir im Miocän und zwar in Europa als Lagomyiden, in Nord- amerika als ächte Hasen; ihre Stammältern sind uns freilich zur Zeit noch gänzlich unbekannt. Ebensowenig wissen wir von den Ahnen der Georhychiden und Dipo- diden — den Maulwurfmäusen und Springmäusen, da- gegen haben die Geomyiden bereits Repräsentanten im Miocän von Nordamerika. Die Siebenschläfer endlich sind schon während der ganzen Tertiärzeit in Europa einheimisch und mithin ein entschieden altweltlicher Stamm. Die Insektenfresser des europäischen Tertiärs stehen mit Ausnahme der gänzlich erloschenen, Igelähnlichen / Dimylus und Cordylodon in sehr naher Beziehung: zu den noch jetzt lebenden Formen der alten Welt. Oligocaen an finden wir in Europa Igel und Maulwürfe, vom Miocaen an auch Spitzmäuse. Der im Obermiocaen so verbreitete Parasorex ist mit den Tupajiden und Macroscelididen nahe verwandt, von welchen in der Gegenwart die ersteren das südliche Asien, die letzteren Afrika bewohnen. Die wenigen bis jetzt bekannten fossilen Inseetenfresser Amerikas sind entweder voll- ständig ausgestorben, so die Ictopsiden, oder sie haben entfernte Aehnliehkeit mit den Centetiden Madagascars und dem cubanischen Solenodon. Die Ietopsiden haben sich wohl von sehr primitiven Igeläbnlichen Formen ab- gezweigt. Die heutige Inseetivorenfauna Amerikas geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf Formen des europäi- schen Tertiärs zurück. Der eigenthümliche Kreis der Halbaffen hat wohl in Schon vom Bu Nordamerika seinen Ausgang genommen und zwar schon während der Eocaenzeit. Es gilt dies sowohl von den Necrolemur des europäischen Tertiärs, als auch von den jetzt in Südasien und Afrika lebenden Typen und den zahlreichen Lemuren Madagascars. Sehr dunkel ist uns dagegen die Herkunft der Ele- phanten, Affen und Edentaten. Die elephantenähnlichen Thiere erscheinen zuerstim Obermioeän in Europa und Indien als Dinotherium und Mastodon, von denen jedoch die erstgenannte Gattung bald vollkommen erlischt. Sie giebt uns jedoch immerhin einige Andeutung, wie die Ahnen der Proboseidier — was Gebiss und Sehädelbau betrifft, organisirt gewesen sein müssen. Es ist wenigstens sehr wahrscheinlich, dass auch der Formenkreis der Pro- boseidier von den Condylarthren des nordamerikanischen Eocaen abgeleitet werden darf. Mastodon tritt aueh zur gleichen Zeit wie in Europa in Nordamerika auf. Es breitete sich dann über Südamerika aus und überlebte in der westlichen Hemisphäre seine Abkömmlinge, die ächten Elephanten. Als die eigentliche Heimath dieses Stammes dürfen wir jedoch mit grosser Berechtigung die alte Welt betrachten, denn hier erreichte derselbe einen sehr viel grösseren Artenreiehthum als in der neuen und überdies ist auch hier die Entwicklung der Gattung Elephas aus dem primitiveren Mastodon recht deutlich zu verfolgen. Wie die Proboseidier so haben vermuthlich auch die Affen ihren Ursprung in Nordamerika und zwar im Puereobed genommen, allein nur für die Paviane können wir ungefähr die Ahnen angeben. Als solche kommen die Hyopsodiden in Betracht, welche im ganzen älteren Tertiär von Nordamerika verbreitet sind, doch fehlen uns die späteren Zwischenglieder dieser Stammreihe noch vollständig. Erst im ÖObermiocaen treten Affen in der alten Welt auf, schliessen sich jedoch schon sehr innig an noch jetzt lebende Gattungen an. Von den Anthro- pomorphen ist nur soviel sicher, dass sie mit den Pla- tyrhinen, welche in der Gegenwart Südamerika bewohnen, eine freilich sehr weit zurückliegende Stammform gemein haben. Alle Quadrumanen gehen zuletzt wohl auf Halb- affen und diese auf Creodonten zurück. Was die Edentaten betrifft, so ist die Herkunft der altweltlichen Schuppenthiere und Erdferkel — letztere in Südafrika — noch vollkommen räthselhaft, nieht minder auch die Herkunft der südamerikanischen Gürtelthiere; nur für die Faulthiere, sowie für die riesigen aber gänz- lich erlosehenen Megatheriiden und die nieht minder statt- liehen gepanzerten, gleichfalls ausgestorbenen Glypto- donten können wir mit einiger Wahrschemliehkeit die Ahnen ausfindig machen in den Tillodontiern des nord- amerikanischen Eocaen. Es wären diese Gruppen mit- hin von Anfang an Bewohner der westlichen Hemisphäre. Die gegenwärtige Säugethierwelt Afrikas scheint auf eine zweimalige Einwanderung hinzuweisen. Die erste Invasion erfolgte schon sehr frühzeitig etwa im Eocaen- oder Oligoecaen. Es kamen damals nach Afrika viele Inseetenfresser — Chrysochloriden, Potamogale und die Centetes Madagascars — ferner wohl auch die Ahnen der Rhynchocyoniden und Macroscelididen, ganz sicher aber die Halbaffen — die Galagos der Westküste und die Lemuren Madagascars; nieht unwahrscheinlich ist eine so frühe Einwanderung auch von den Hundeähnlichen Otoeyon von Südafrika, und den etwas an die Zibethkatzen er- innernden Eupleres von Madagascar, endlich von den Klippdachsarten — Hyrax — und dem Oryeteropus, einem Edentaten. Es schliessen sich diese Formen entweder direet an Typen des nordamerikanischen Eocaen an oder zeigen doch wenigstens noch auffallend primitive Merkmale, ein Verhalten, welches nur durch ihre schon lange wäh- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 39 rende Isolirung erklärt werden kamn. Die zweite Invasion fand dagegen erst sehr spät statt, ungefähr zur Plioeaenzeit. In dieser Periode sind die Affen — An- thropomorphen sowohl wie Paviane —, die Katzen, Hy- aenen, Zibethkatzen, Nashorn, die Pferde und Schweine, der Elephant und das Flusspferd in Afrika eingedrungen, mit ihnen auch die zahlreichen Antilopen und der ge- weihlose aber vierzehige Hirsch der Westküste — Hyae- moschus — und endlich auch die Nager und die Igel. Alle diese Typen haben bis dahin entweder in Europa oder doch in Asien — Siwalikfauna — gelebt. Nach- zügler dieses Trupps sind vielleicht gar erst zur Diluvial- zeit in Afrika eingewandert. Die afrikanische Säugethier- welt erscheint mithin theils als Fortsetzung der alten nord- amerikanischen Fauna, theils als Fortsetzung der Fauna des europäisch-asiatischen Obermiocaen und Pliocaen. Die Säugethiere, welche in der Gegenwart in Süd- amerika leben, haben zum grossen Theil ihre jetzigen Wohnsitze schon seit sehr langer Zeit inne. Sie haben sich vermuthlich aus Formen des nordamerikanischen Eocaen, freilich in höchst eigenartiger Weise, entwickelt. Unter den fossilen südamerikanischen Säugern sind ins- besonders bemerkenswerth die zum Theil ganz riesigen Fdentaten — die Megatherien, Mylodon und Glyptodon — sowie die höchst eigenartigen Hufthiertypen der Toxo- dontier, Typotheriden, Macrauchenia und die etwas an die ältesten Pferdeformen erinnernden Sealabrinitherium, Epitherium ete. Von diesen Hufthieren ist die Abstam- mung zwar noch nicht ganz vollkommen sichergestellt, insoferne ihre direeten Vorläufer zur Zeit noch nieht be- kannt sind; doch dürfen wir sie immerhin von Condylar- thren des nordamerikanischen Eocaen ableiten. Sehr viel dunkler dagegen ist die Herkunft der Edentaten. Es wäre jedoch nicht unmöglich, dass sie von Creodonten | abstammen, wenigstens leiten zu diesen die Esthonyx des nordamerikanischen Eocaen hinüber. Im Miocaen erfolgte vermuthlich die Einwanderung der Stachelratten, Woll- hasen und Meerschweinchen, die seltsamerweise nur im älteren europäischen Tertiär nahe Verwandte aufzuweisen haben. Im Pliocaen hat sodann die letzte Einwanderung stattgefunden und zwar jene der Pferde, Llamas, Hirsche, Nabelschweine, der Katzen, Bären, Fischottern und Stink- thiere. Zu jener Zeit gelangte auch Mastodon nach Süd- amerika, starb aber daselbst bald wieder aus. Fast hat es den Anschein, als ob auch die Glyptodon erst sehr spät von Norden her in die südliche Hälfte des amerika- nischen Continent gekommen wären, wenigstens hat sich im Miocaen von Kansas ein noch sehr viel ursprüng- lieherer Repräsentant dieses Stammes gefunden. Die Wasehbären, Nasenbären und die merkwürdigen Hunde — Megalotis — sind dagegen wohl schon lange Zeit in Südamerika einheimisch. Das Gleiche gilt vermuthlich auch von den Platyrhinen-Affen; wenigstens haben wir noch nirgends Formen gefunden, welche als deren Ahnen betrachtet werden könnten. Auch von den Edentaten des heutigen Südamerika sind uns die Vorläufer noch gänz- lich unbekannt, doch besteht immerhin einige Wahrschein- lichkeit, dass alle diese räthselhaften Formen von Creo- donten abgeleitet werden dürfen, für die erstgenannten Raubthiere ist dies sogar vollkommen sicher. Die süd- amerikanischen Beutelthiere schliessen sich sehr enge an die Peratherien an, welche im älteren Tertiär von Europa durchaus nicht selten sind. Asien zeigt hinsichtlich seiner Säugethierfauna eine sehr scharf ausgesprochene Zweitheilung. Die Säugethier- welt des nördlichen Asiens ist im ganzen und grossen die gleiche wie jene, welche zur Diluvialzeit Europa bewohnte und bedarf daher keiner näheren Besprechung. Dagegen erweist sich die Säugerfauna des südlichen Asiens geradezu 396 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 39. als Fortsetzung der europäischen Miocaen- und Pliocaen- | fauna, jedoch mit Beimengung von Siwaliktypen. Es gilt dies ganz besonders für die Affen, Insectenfresser, Hirsche, Schweine, Tapire, Rhinocerotiden, Zibethkatzen, Bären und Katzen, und zwar sind jene Formen, welche sich an , das europäische Tertiär anschliessen, ganz besonders in | Hinterindien und auf dem indischen Archipel anzutreffen. Dagegen stellen die frugivoren Fledermäuse sowie die Halbaffen den Rest einer schon früher eingewanderten Fauna dar; sie stammen wohl von Typen des ältesten amerikanischen Tertiärs ab. Den gleichen Ursprung haben vermuthlich auch die asiatischen Subursen — Aelurus und Öercoleptes. Australien und Neuseeland beherbergen ausser den zahlreichen, in höchst mannigfacher Weise differenzirten Beutelthieren und Monotremen — Sehnabelthier und Ameisenigel — nur ganz wenige Fledermäuse, einige Nager — darunter Hydromys — und einen Hund, den Canis Dingo. Diese wenigen Placentalier sind zweifellos erst sehr spät in jenem Continente eingewandert, während die Beutelthiere und Monotremen ihre gegenwärtigen Wohnsitze schon mindestens seit Anfang der Tertiärzeit inne haben, denn ein so langer Zeitraum war erforder- lich, um diese Mannigfaltigkeit zu schaffen, mit der uns die heutige Beutelthierfauna Australiens vor Augen tritt. Es ist jedoch nieht unmöglich, dass auch diese Beutler ursprünglich in der nördlichen Hemisphäre zu Hause waren und auf gewisse beutelrattenähnliche Formen zurück- datiren, welche schon zur Jura- und Kreidezeit in Nord- amerika und Europa gelebt haben. Die Monotremen da- gegen dürften vielleicht in einem verwandtschaftlichen Verhältniss stehen zu den sogenannten Multitubereulaten, welche gleichfalls schon in der mesozoischen Zeit und selbst noch im ältesten Tertiär in Europa und Nordamerika eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt haben. Für die Verwandtschaft der Multitubereulaten mit den Monotremen scheint nämlich wenigstens der Umstand zu sprechen, dass auch diese letzteren in der Jugend sehr complieirte Zähne besitzen, welche mit denen der Multitubereulaten eine auffallende Uebereinstimmung zeigen. Aus obigen Betrachtungen dürfen wir wohl den Schluss ziehen, dass die nördliche Halbkugel der Aus- gangspunkt für gar alle Säugethiere war, und ferner, dass die Fauna des älteren nordamerikanischen Tertiärs von der höchsten Bedeutung ist für die Stammesgeschichte aller Placentalier. Freilich hat daneben ein grosser Theil derselben in Europa sich zu jenen Typen entwickelt, welche uns in der gegenwärtigen Fauna vor Augen treten. Einige Stämme sind zwar bis jetzt hinsichtlich ihrer Ge- schichte noch in ziemliches Dunkel gehüllt — dies gilt besonders von den Affen und den Proboseidiern — und für diese mag einstweilen Asien als Heimath gelten. Doch gehen auch sie, gleich den alten Säugethieren Europas, ursprünglich sicher auf nordamerikanische Ahnen zurück. Wir dürfen uns nun allerdings nicht verhehlen, dass noch gar manche Lücken auszufüllen sind, bevor wir die Geschichte der Säugethiere als eine vollständig gelöste Frage betrachten können. Die gewaltigen Fortschritte, welche die Paläontologie in den beiden letzten Jahr- zehnten gemacht hat, erfüllen uns jedoch mit der frohen Zuversicht, dass die endgiltige Lösung dieses Problems in nicht mehr allzu grosser Ferne liegt. Ueber die Dimensionen der physikalischen Be- sriffe. — Die Physik strebt danach, alle ihre Erschei- nungen zurückzuführen auf drei Begriffe. Es sind das die Begriffe: Masse, Länge und Zeit. Für die Qua- lität jener Begriffe dienen die Buchstaben M, Z und 7 (tempus); für die Quantität jener Begriffe wählen wir die entsprechenden kleinen Buchstaben m, !, t. Es ist zwar für unsere Betrachtung nicht nöthig, über die Grösse der Einheiten jener drei Begriffe eine Bestimmung zu treffen, doch sei daran erinnert, dass man sich neuer- dings im allgemeinen in der Physik für jene Begriffe der Einheiten: Gramm (@), Centimeter (C) und Sekunde ($) bedient (C. G. S.-System). Wir können nun zu den abgeleiteten Begriffen der Physik übergehen. Der erste derselben ist der Begriff der Geschwindigkeit (ce). Man versteht unter derselben „das Verhältniss einer Länge zu einer Zeit“. Es sind dabei zwei Unterfälle zu unterscheiden, je nachdem Con- stanz oder Veränderlichkeit vorliegt. Es genüge hier nur den ersteren der beiden zu betrachten. Es ist __i Einheiten der Länge ° + Einheiten der Zeit oder wenn der Quotient der beiden Masszahlen / und t gleich » ist, einfach BAUR So lange es sich nur darum handelt, einen Teber- blick zu gewinnen über die Art und Weise, in welcher die abgeleiteten Begriffe von den Grundbegriffen ab- hängen, können wir von der Quantität derselben ab- sehen und es ergiebt sich für die Qualität des Begriffs der Geschwindigkeit folgendes Schema: Ib,a 90 oder durch Einführung der negativen Potenzexponenten LINTZ Der Grundbegriff der Masse kommt bei der Ge- schwindigkeit nicht in Betracht. Es empfiehlt sich jedoch der Vollständigkeit wegen denselben in der Form M® in das Schema aufzunehmen: SIDE In entsprechender Weise lassen sich auch die anderen abgeleiteten Begriffe der Physik darstellen, so dass sich für dieselben folgendes allgemeine Schema ergiebt: M=. L» . T=. Da die Symbole M, L, T uns nur die Qualität der Begriffe andeuten sollen, so können natürlich die Rech- nungszeichen in dem Schema nur den Gang der Rech- nung angeben. Für die Ausführung der Rechnung ist die Quantität der Begriffe nothwendig. Der Sinn des allgemeinen Symbols möge noch durch ein Beispiel erläutert werden. Die Dichte (das speci- fische Gewicht) findet man bekamntlich, indem man die Masse des Objeets durch das Volumen dividirt. Da jedes Volumen als die dritte Potenz einer Länge sich darstellen lässt, so haben wir für die Berechnung der Dichte fol- gendes Schema: M % Der Begriff der Dichte ist von der Zeit unabhängig. Der Vollständigkeit halber schreiben wir aber M..1,°. 19, Man bezeichnet die schematischen Darstellungen dieser Art als Dimensionen eines abgeleiteten Begriffs. Es sei hier noch daran erinnert, dass in der Algebra der Ausdruck Dimension einen etwas anderen Sinn hat. So sind z. B. die Werthe abe, a?b.c?, ab? c! und «? b°c® mit einander Ausdrücke von der dritten Dimension, weil in allen jenen Fällen die Summe der Exponenten gleich drei ist. VER: Nr. 39. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 397 Hinsichtlich der Bezeichnungsweise der Dimensionen der physikalischen Begriffe erlaube ich mir folgenden Vorschlag zu machen. Wenn man stets die Reihen- folge ML T der drei Grundbegriffe festhält, so braucht man zur Kennzeichnung des Ausdrucks nur die Expo- nenten zu schreiben. Falls die Zahlen negativ sind, schreibt man das Minuszeichen am besten über die Ziffer, wie das in der Krystallographie bei den Miller’schen Zeiehen bereits allgemein üblich ist. Zur Erläuterung des Vorschlags mögen folgende Beispiele dienen: Dimension der Geschwindigkeit .. O11 - =} „Dichte, Rıaa- | .t#au cr 130 ; - Beschleunigung . 012 - Kraft ae. ed. AN 112 - AMATbeIt CI Mad A 5E 122 Die Vervollständigung dieser Reihe bietet keine Schwierigkeiten. Es sei nur noch erwähnt, dass man die Zeichen 100, 010, 001 als Symbole der drei Grundbegriffe ansehen kann. Dr. E. Nickel. Der Druck des gesättigten Wasserdampfes über Eis zwischen 0° und —50° €. und über Wasser zwischen --20° und —13° C. (Vattenängans maximi- spänstighet öfver is mellan 0° och— 50° C. samt öfver vatten mellan --20° och — 13° C.) von Dr. J. Juhlin. Anh. zu den Verhandl. d. Königl. Schwed. Ak. d. Wiss., B. 17, I. Stockholm 1891. — Der Druck des gesättigten Wasserdampfes ist eine besonders für die Meteoro- logie wichtige Quantität. Bei den niedrigen Temperaturen, wo diese Quantität sehr klein ist, sind die bisher ge- machten Beobachtungen nicht so genau, als man jetzt verlangen kann. Dass ferner der Druck des gesättigten Dampfes über Eis und über Wasser bei verschiedenen Tem- peraturen ebenfalls ein verschiedener ist, geht aus der mechanischen Wärmetheorie hervor, und ausserdem ist von W. Fischer diese Verschiedenheit experimentell be- wiesen und auch gemessen worden, obgleich die Messun- gen nicht so sehr genau sind. Juhlin hat mit einer sehr genauen Methode einerseits diesen Unterschied gemessen und andererseits absolute Messungen über die beiden Quan- titäten gemacht. Zur Berechnung der Resultate ist die folgende aus der mechanischen Wärmetheorie abgeleitete Formel gebraucht worden: 220) FA OS wo P der Druck des gesättigten Dampfes, ? die Temperatur, « der Ausdehnungseoöffieient des absoluten Gases, 1) eine gewisse Funetion der Temperatur und A eine Con- stante sind. /(t) ist in eine Potenzenreihe mit 3 Gliedern entwickelt, wodurch die Formel folgendes Aussehen hat;: Bt+CR+Dt BAR NEE Die Constanten haben nach den Messungen des Herrn Juhlin folgende Werthe: über Wasser zwischen +20° und — 13°: Eis zwischen 0° und — 50°: über A — 4,6184 A — -14,60243 &« — 0,003667458 « — 0,003667458 B — 1102. 3.126315 B = +10? 3,412959 C — -+10%. 7,72765 C —= —10*:1,04511 D = 10°. 1,05307 D —= 10°. 2,89603 mit welchen Formeln die beobachteten Werthe sehr gut übereinstimmen. Für die Differenz der beiden Quantitäten ist folgende Formel berechnet: P— » = —0,045375 t —0,00354375 1° —0,000125 ??, Einige von den beobachteten und eorrigirten Werthen sind in der folgenden Tabelle angegeben, wo ?! die Tem- peratur, P der Druck des gesättigten Dampfes über Wasser, p derselbe über Eis sind, der Druck immer in Millimeter Quecksilber ausgedrückt: t P p P—_» 100p:P — 40 — | 0,121 — _ — 30 7032 _ _ —20 | 1,005*%)| 0,806 | 0,199 | 80,2 —10 | 2,197 | 1,999 | 0,198 | 91,0 — 5 | 3,203 3,068 | 0,155 95,8 0 | 4,618 4,602 | 0,016 99,7 +10. | 9,242 | Nach der mechanischen Wärmetheorie soll KR dt dt as wo p, P und t dieselbe Bedeutung haben wie vorher, E das mechanische Aequivalent der Wärmeeinheit, / die Schmelzwärme des Eises, « den reeiproken Werth des Ausdehnungseoöfficienten eines vollkommenen Gases (ab- solute Schmelztemperatur des Eises) und s das specifische Volumen des bei 0° gesättigten Wasserdampfes bedeuten. Mit den neuesten und besten Werthen, E — 432,3 kgm. und 2 — 719,87 ceal., bekommt man: dp ae -- —_ —— 52. dt dt Nach den Messungen Juhlin’s wird diese Quantität —= 0,0459. Die Wichtigkeit dieser Frage besonders bei den Feuchtigkeitsmessungen mit dem Psychrometer unter 0° ist offenbar. Nach der Theorie des Psychrometers ist ja im Allgemeinen die Feuchtigkeit gleich 100 pCt., wenn die beiden Thermometer dieselbe Gradzahl zeigen, und dass das feuchte Thermometer höher steht als das trockne, sollte nicht vorkommen können. Jedermann, der sich mit solehen Beobachtungen beschäftigt hat, weiss aber, dass dies unter 0° häufig vorkommt. Dieses Verhalten hat seinen Grund in der Verschiedenheit des Sättigungsdruckes des Wasserdampfes über Wasser und über Eis bei diesen Temperaturen. So z. B. giebt die Quantität 100 p: P der obigen Tabelle gerade die Feuchtigkeit in Procent an, wenn die beiden Thermometer des Psychrometers bei den vorgezeichneten Temperaturen gleich stehen und das Ge- fäss des einen mit Eis bedeckt ist. Ist die Feuchtigkeit bei diesen Temperaturen höher, so zeigt das feuchte Ther- mometer eine höhere Temperatur als das trockne. P. v. B. Eine bewährte Methode zur Reinigung gebrauchter Objeetträger und Deckgläschen giebt Dr. med. Friedrich Knauer im „Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenk.“, (Bd. X, S. 8). an. — Man legt, — sagt Dr. K. — die zu reinigenden Objectträger und Deekgläschen in einen auf dem Arbeitstische stehenden emaillirten Blechtopf oder glasirten irdenen Topf, welcher etwa '/, Liter einer 10 pCt. Lysollösung enthält. Haben sich ea. 60—80 Präparate darin angesammelt, so stellt man das Gefäss auf eine halbe Stunde in strömenden Dampf oder kocht 20—30 Minuten über einer offenen Flamme, wobei man zweckmässig einige Male um- schwenkt oder mit einem Glasstabe umrührt. Nach dieser Zeit braust man sofort, ohne abzukühlen oder die Lysollösung abzugiessen, unter der Wasserleitung mit starkem Strahle so lange ab, bis nur noch klares *) Nach der Formel berechnet. 393 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 39. Wasser in dem Gefässe steht, und trocknet dann die einzeln herausgenommenen Gläschen mit einem weichen, reinen, fettfreien Tuche sorgfältig ab. Durch diese Be- handlung sind Objectträger und Deckglässchen wie neu, und man hat nicht zu befürchten, durch etwa daran haften gebliebene Ueberreste früherer Präparate in seinen Untersuchungen iıre geleitet zu werden. Nach vorste- hender Methode habe ich mehrere hundert Deckglas- präparate behandelt mit stets gleich gutem Erfolge. Von 52 Stück über 2 Jahre alten Präparaten, welche zu Klumpen von 6 bis 8 Stück so fest mit einander ver- klebt waren, dass eine mechanische Trennung, ohne die Gläser zu zerbreehen, nicht möglich war, und welche deshalb in diesem zusammengebackenen Zustande in die 10 pCt. Lysollösung gebracht und 30 Minuten gekocht wurden, waren 49 Stück tadellos rein und nur 5 Stück mussten als unbrauchbar ausgeschieden werden. Die Fälle, wo solche 2 und mehr Jahre alte Präparate zur Reinigung kommen, werden in der bakteriologischen Praxis wohl zur Seltenheit gehören, und man wird es in der Regel mit Präparaten zu thun haben, deren Alter nach Wochen, höchstens nach Monaten zählt. Bei frischeren, bis 14 Tagen alten Präparaten erzielte ich schon dureh 15 Minuten langes Kochen in 5 pCt. Lysol- lösung eine vollkommene Reinigung der Gläschen. Um das beim Reinigen häufig vorkommende Zerbrechen: der dünnen Deckgläschen möglichst zu vermeiden, ist es empfehlenswerth, dieselben von den Objectträgern abzu- heben (dies gelingt sehr leicht, wenn man letztere über einer Flamme etwas erwärmt) und in einem besonderen, entsprechend kleineren Gefässe zu kochen. Beim Kochen hat man darauf zu achten, dass die Gläschen von der Flüssigkeit stets ganz bedeckt sind. Die Vorzüge, der oben beschriebenen neuen Methode lassen sich kurz in folgende drei Sätze zusammenfassen: l. Die Präparate werden absolut sicher desinfieirt. 2. Aetzende Substanzen, wie Schwefelsäure und dergl., kommen nicht zur Verwendung. 3. Die Reinigung der Deckgläschen und Object- träger ist eine vollkommene. Die Hülle ist von einem aus 384 Maschen im Umfange gestrickten Netze aus 768 je 12 mm starken italienischen Hanfleinen umschlossen, dessen Festigkeit 900000 kg beträgt. Am Netz befinden sich 48 Auslaufleinen und 24 Halteleinen. Die Knoten sind zur Schonung der Hülle gänzlich vermieden. Das 1100 m lange Haltekabel aus Hanf ist konisch, es hat am oberen Ende 130, am unteren Ende 100 mm Stärke, seine Zugfestigkeit beträgt 100 000 Kilogramm. Die ringförmige Gondel aus Eisen und Holz, dureh deren Mitte das Haltekabel läuft, hat einen Durch- messer von 9 m und fasst 160, Personen. Das obere Ventil, dessen Diehtung durch eine auf einen Kautschuk- ring wirkende Stahlschneide erreicht wird, hat 1,20 m Durchmesser. Das untere automatisch sich öffnende Sicherheits-Ventil hat einen Durchmesser von 1,60 m, ist nach demselben Prineip wie das obere gebaut und öffnet sich bei einem Druck von 3 em Wassersäule von selbst. Die den Ballon fesselnde Dampfmaschine ist eine doppelte mit je zwei Cylindern, sie rollt mit einer Kraft von 500 Pferdekräften bei 7 Atmosphären Druck das Kabel auf einer 8,75 m langen und 4 m starken Trommel mit einer Geschwindigkeit von 1,5 m in der Sekunde auf, wobei dieselbe einen Zug von 25000 kg ausübt. Der jedesmalige Zug des Ballons wird an einem in der Nähe der Gondel eingeschalteten Dynamometer registrirt. Um den Ballon im Winde kugelig zu erhalten, wird das in demselben enthaltene Wasserstoffgas mit Hülfe eines Ballonets unter einen Druck von 3 em (Wasser- säule) gesetzt. Die Luft wird mit Hülfe eines kleinen 1-pferdigen Motors durch einen Ventilator in das Ballonet ‘getrieben; letzteres hat '/, des Inhalts des Ballons, also 10000 ebm Inhalt. Mit Hülfe einer im Kabel liegenden Telephonleitung erfolgt die Verständigung zwischen Erde und Ballon. — Alles ist bis in das Kleinste durchdacht und durch- gerechnet; man sieht aus dem Project, dass es Yon Ernst war, diesen Riesenballon wirklich zu bauen; die Aus- führung selbst kann nur an der Kostenfrage gescheitert sein. Das Buch schliesst mit einer Berechnung der von dem Ballon bei einem Bruch des Kabels erreichbaren Höhe sowie mit der Beschreibung der Sicherheitsmass- Ueber das Project eines Riesen-Fesselballons mit sselny indessen all Dampfbetrieb schreibt Lieutenant Gross in der „Zeit- schrift für Luftschifffahrt“ (1891, Heft 7—8). — Dasselbe ist besprochen in einem für jeden Ballon-Constructeur höchst interessanten und lehrreichen Buch, in welchem das Project eines Riesen - Fesselballons (System Henry Giffard) mit Dampfbetrieb (für die Welt - Ausstellung in Paris im Jahre 1889) von Gabriel Yon erläutert wird. Die Grösse des Ballons beträgt 60 000 ebm; derselbe soll 160 Personen gleichzeitig auf 500 m oder 40 Per- sonen auf 1000 m Höhe erheben, die Kosten der Be- schaffung würden sich auf rund 1 Mill. Franes, die Ein- nahmen auf ca. 3 Mill. Frances belaufen, wenn der Ballon an 150 Tagen je 20 Aufstiege ausführt. Die Grössen-Verhältnisse dieses Riesen-Ballons sind folgende: Durchmesser 45 m Umfang 150,796 m Oberfläche 7238,246 qm Aus dem wissenschaftlichen Leben. Der Geheime Regiernngsrath Prof. Dr. Foerster, Direetor der königlichen Sternwarte zu Berlin ist an Stelle des ver- storbenen Generals Ibanez (Madrid)' zum Präsidenten der inter- nationalen Mass- und Gewiehtscommission einstimmig erwählt worden, ein Resultat, dass umso freudiger zu begrüssen ist, als ‚Foerster bekanntlich sich unschätzbare Verdienste erworben hat bei der Einführung der neuen Mess- und Gewichtsordnung im Deutschen Reich (als Vorsitzender der Normal-Eichungseommission). | Prof. Dr. F. Löffler in Greifswald hat die Berufung nach Marburg abgelehnt. An seiner Stelle hat Prof, Dr. Gärtner (Jena) ‚einen Ruf an die Universität Marburg als Professor der Hygiene "und Direktor des dortigen hygienischen Instituts erhalten. — Es "sind ernannt worden: Der ausserordentliche Professor der Physik 'Dr. Fr. Exner an der Universität Wien zum ordentlichen Pro- fessor. — Honorardocent Vosyra zum ordentlichen Professor ; der Culturtechnik an der böhmischen Technischen Hochschule in ‚ Prag. — Privatdocent Dr. Snida an der Technischen Hochschule 2 ‘in Wien zum ordentlichen Professor. — Regierungs-Baumeister Inhalt (theoretisch) 57905,971 ebm ‘Otto Köchy in Berlin ist zum etatsmässigen Professor an der Inhalt bei 3 em (Wasser) Druck 60 000 ebm. Technischen Hochschule zu Aachen ernannt worden. — Dem ‚Professor an der Landwirthschaftlichen Hochschule und ausser- ‘ordentlichen Prof. Dr. L. Wittmack an der Universität Berlin ‚ist der Charakter als Geh. Reg.-Rath verliehen worden. — "Gestorben im 85. Lebensjahre der 3. Custos am königlichen botanischen Museum in Berlin Friedrieh Carl Dietrich am 13. September. Die Hülle besteht aus 6 Lagen chinesischer Seide, welche durch Kautschuk gediehtet und mit einander zu einem Ganzen verbunden sind. Aussen und innen ist die Hülle noch mit einem Firniss überzogen. Ein qm dieses Stoffes wiegt 1,200 kg und besitzt 5500 kg Festigkeit. \ Nr. 39. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 399 a ————————————————————————————————————————————————————— nn Preisausschreiben über Südwest-Afrika. — Die Abtheilung Berlin der Deutschen Kolonial-Gesellschaft setzt für die besten Arbeiten über das Thema: „Welche Aussichten bietet Deutsch -Südwest-Afrika deutschen Ansiedlern“ einen ersten Preis von 1000 Mark, einen zweiten Preis von 500 Mark aus. Die Arbeit soll enthalten: Unsere gegenwärtigen Kenntnisse der natürlichen Verhältnisse, d. h. des Bodens, des Klimas, der Flora und Fauna Südwest-Afrikas, einen Vergleich derselben mit denjenigen des übrigen Süd-Afrika und die Folgerungen, welche sich hieraus mit Rücksicht auf Bebauung des Landes und auf Viehzucht ergeben. Die in Englisch-Süd-Afrika und den Boeren- freistaaten auf diesem Gebiete gemachten Erfahrungen sind zu prüfen und ist zu untersuchen, wie weit dieselben für Deutsch- Südwest-Afrika in Betracht kommen und welche Gegenden dieses Landes für landwirthschaftliche Niederlassungen besonders ge- eignet erscheinen. Dabei ist der Begriff Landwirthschaft im wei- testen Sinne des Wortes aufzufassen und ist deshalb nicht nur der Bodenanbau und die Viehzucht, sondern auch Weinbau und Baumpflanzungen, die Einführung neuer Grasarten und Anpflan- zung von Dattelpalmen, sowie geeigneter Nutzthiere und Culturen (ev. von Gespinnst- und anderen in der Industrie zur Verwendung kommenden Culturpflanzen), auch der mit den Eingeborenen zu entwickelnde Handel und Betrieb von Handwerken, kurz alle Lebensbedingungen für den Ansiedler — mit Ausnahme des Berg- baues — unter Betrachtung zu stellen. Der Autor muss dabei wohl unterscheiden zwischen Möglichkeit und Rentabilität. Es muss aus seiner Schrift mit Bestimmtheit hervorgehen, welche Zweige der Landwirthschaft unter den gegenwärtigen Verhält- hältnissen besonders zu empfehlen sind. Insbesondere sind die Vorbedingungen und Grundlagen für eime Besiedelung in Bezug auf das Recht an Grund und Boden, sowie der äusserst wichtigen Wassernutzung und aller damit zusammenhängenden Fragen ebenso zu beleuchten, wie auch die Einrichtung einer geordneten Ver- waltung, der Beschaffung des nöthigen Schutzes gegen Vergewal- tigung seitens der eingeborenen Bevölkerung oder anderer Ein- wanderer, wie auch die Frage, wie hoch sich die Kosten einer ausreichenden Verwaltung und eines genügenden Schutzes belaufen würden, beziehungsweise inwieweit das Schutzgebiet selbst zur Deckung derselben herangezogen werden kann — des Näheren erörtert werden muss. Der Verwerthung der Bodenerzeugnisse ist die grösste Beachtung zu schenken. Die Frage der Rentabilität derselben ist besonders zu prüfen, und zu untersuchen, welche Producte für den Bedarf des Landes selbst gewonnen werden können und welche für die Gewinnung exportfähiger Artikel in Betracht kommen. — An der Arbeit dürfen sich Angehörige aller Nationen betheiligen, doch muss das Manuscript in deutscher Sprache abgefasst sein. Die Arbeit möge den Umfang von 10 Druckbogen (160 Seiten) nicht überschreiten, soll leicht fasslich geschrieben sein und überall von praktischen Gesichtspunkten ausgehen, so dass dieselbe eine Anleitung für den Ansiedler bilden kann. Die Arbeiten müssen bis zum 1. Februar 1892 in die Hände des Vorsitzenden der Abtheilung Berlin, Deutsche Kolonial-Gesell- schaft, Herrn Prof. Dr. von Cuny, Berlin W. Kurfürstenstr. 60, gelangt und mit einem Motto versehen sein. In einem beigefügten, mit demselben Motto bezeichneten, geschlossenen Briefumschlag ist Name und Wohnung des Verfassers anzugeben. Die Abthei- lung Berlin der Deutschen Kolonial-Gesellschaft wird Eigenthü- merin der prämürten Arbeiten und behält sich das Recht der Ver- öffentlichung vor. Die nicht prämiirten Arbeiten werden auf Ver- langen kostenfrei den Verfassern zurückgesandt. Zur Uebernahme des Preisrichteramts haben sich bereit erklärt: 1. Dr. Hans Schinz, Zürich, 2. Professor Dr. Fritsch, Berlin, 3. Professor Dr. Schweinfurth, Berlin (dessen Zusage noch aussteht), 4. Professor Dr. Supan, Gotha, 5. Professor Dr. von Cuny, Geh. Justizrath, Berlin, 6. Kgl. Regierungsbaumeister Wiskow, Berlin, 7. Dr. med. Wulffert, Berlin. Litteratur. Jos. Petzoldt, Maxima, Minima und Oekonomie. Sonderabdruck aus der Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie. Max Lippold. Altenburg S. A. 1891. Der Verfasser, ein Anhänger der besonders durch R. Avenarius - (Kritik der reinen Erfahrung) vertretenen Philosophie auf mathe- matischer Grundlage, giebt in der vorliegenden Arbeit eine dankenswerthe sorgfältige Entwieklung der einschlägigen Prin- eipien beginnend mit Euler, Hamilton und Gauss bis zu Mach, Avenarius und Wernicke herab. Am erfreulichsten ist uns der ausführliche Nachweis der weitragenden Verdienste gewesen, die sich um die ganze Fixirung der in Rede stehenden Probleme un- streitig Fechner erworben hat, was um so mehr anzuerkennen ist, als er auf dieses Gebiet seine bekannten mystisch-monistischen Neigungen glücklicherweise nieht übertragen hat. Das Prineip der Tendenz zur Stabilität bildet unzweifelhaft eine wünschens- werthe Vertiefung der Darwin’schen Gesetze, bei denen (besonders bei dem der natürlichen Auslese) noch immer viel zu unbeschränkt der leidige Zufall herrscht, und enthält andererseits die unmittel- bare Verknüpfung zwischen den alten Gegnern, der causalen und teleologischen Auffassung. Petzoldt bemerkt mit Recht: ‚Wenn wir von zweckmässigen Entwicklungsvorgängen, Einrichtungen und Aussenbedingungen eines Organismus reden, so meinen wir damit im Grunde nur solche. die auf die Herstellung und längere Erhaltung eines approximativstabilen organischen Zustandes ge- richtet sind, mag die Erhaltung auch nur mit grösseren oder geringeren Abänderungen bewirkt werden. Möglichst grosse Zweckmässigkeit ist somit das Ziel aller Entwicklung. So fällt denn mit dem Prineip der Tendenz zur Stabilität das teleo- logische Prineip zusammen, und zugleich bildet das erstere die Vermittlung zwischen dem letzteren und dem Causalgesetz.‘ (S. 27.) Auffallend ist dabei nur, wie auch der Verfasser hervor- hebt, dass Fechner von den Ideen Zöllner’s, der sich vielfach mit ihm berührt, nicht Notiz genommen, obschon beide an ein und demselben Orte lebten. Für die philosophische Betrachtung der Entwicklung werden sodann zwei Faetoren in Anspruch genommen, Tendenzen und Coneurrenz. „Das Resultat der Coneurrenz von Tendenzen ist ein stationärer Zustand, und der Weg, den die Re- sultante vom Beginn der Concurrenz bis zum Eintritt des Dauer- zustandes nimmt, ist die Entwicklung. Jede Vereinigung von Ten- denzen oder, wie wir uns ausdrücken wollen, jeder Tendenzeneom- plex ist ein Zustand geringerer oder grösserer Stabilität, ein relativ- aktionaires System, und da alle wirklichen Dauerzustände nur relative, also nur in sicherem oder geringerem Grade stabil sind, so erreicht die Entwicklung nie ein Ende: nur von relativen Ab- schlüssen kann die Rede sein.* (S. 45.) Petzoldt verfolgt dann die Anwendung des Stabilitaetsbegriffes (hauptsächlich unter Anlehnung an Mach und Avenarius) auf das geistige Gebiet, den Process der wissenschaftliehen Construction der Welt (Zer- legung der complieirten Thatsachen in möglichst einfache und übersichtliche, die Aufstellung bestimmter, thunlichst allgemeiner Schemata, mit denen wir die Wirklichkeit zu erfassen suchen, — bei Avenarius gewisse Reihen von verschieden abgestuften Werthen — überhaupt möglichst ökonomische Ausnutzung der geistigen Kräfte in Bezug auf die Fülle der sich aufdringenden Probleme u. s. w. im Uebrigen bekennen wir gern, dass uns das Verständniss dieses angeblich jegliche Subjeetivität streng ausschliessenden und nur die Thatsachen als solche in der reinen Erfahrung berücksich- tigenden Auffassung schlechterdings unzugänglieh ist, und wir dem zu Folge auch von diesem Standpunkte keine fruchtbare und segensreiche Entwickelung des philosophischen Bewusstseins erwarten können: Möglich, dass uns die Zukunft eines Besseren belehrt, bis auf Weiteres aber gewärtigen wir den Gegenbeweis. Dr. Th. Achelis. A. Ganser, Die Freiheit des Willens, die Moral und das Uebel. Leuschner u. Lubensky. Graz 1891. Ganz anders weht der Wind in der zweiten Schrift eines jungen, aber schreibseligen und nicht ohne Selbstgefühl auf- tretenden österreichischen Forschers, nämlich aus sehr speeulativen Höhen. Auch diese Richtung ist, ehrlich gesagt, nicht nach unserem Geschmack, weil es gerade die verhängnissvolle meta- physische Sucht gewesen ist, welche die Philosophie um jeden guten Credit in naturwissenschaftlichen Kreisen, und was noch mehr sagen will, beim gesunden Menschenverstand überhaupt gebracht hat. Man bilde sich doch nicht ein, als Philosoph im Besitz irgend einer (wie der frühere Ausdruck lautete) intellek- tualen Anschauung oder sonst eines mystischen Organs zu sein, das den Bevorzugten einen überraschenden Einblick in die Ge- heimnisse der überirdischen Welt eröffnete, der natürlich gewöhn- lichen Sterblichen verschlossen ist. Auch die übliche Geheimniss- thuerei mit dem sogenannten Wesen der Dinge oder gar des Dinges, die immerfort noch in philosophischen Lehrbüchern mit einer gewissen religiösen Erbaulichkeit betrieben wird, sollte man nach gerade aufgeben (mit köstlichem Humor hat sie A. Riehl in dem Schlussbande seines Kritieismus gegeisselt), die wissenschaftliche, positive Erklärung der Wirklichkeit wird durch diese unnatürlich breitgetretene Widerlegung des naiven Re- alismus nicht um ein Haar weiter gebracht. Was nun Insonder- heit die vorliegende Darstellung anlangt, so wird in der schon von Schopenhauer so trefflich persifflirten Weise die Entstehung der Welt, die Wirksamkeit der transcendentalen Freiheit und der Ursprung des Bösen ganz anschaulich geschildert, man könnte fast versucht sein, dem beredten Erzähler Glauben zu schenken (und es wäre völlig falsch, das irgend Jemandem zu verargen) — aber man rede uns nur nicht ein. dass das die Auf- gabe einer streng erfahrungsgemässen Wissenschaft, etwa der Philosophie sei. Im Uebrigen spricht vielfach hier ein Hegel- scher Geist, abgesehen von der unmittelbaren Anknüpfung an Schopenhauer, der sich auch wohl in der Form offenbart, auch diese hat für moderne Menschen wenig Anmuthendes. Wir müssen uns beschränken zur Charakteristik der Untersuchung einige Stellen aus dem Zusammenhange herauszugreifen. ‚Das 400 Ansichlogische ist nur dann berechtigt zu sein, wenn es Vor- stellungen hat und sie realisiren kann, mit deren Realisirung: Befriedigung verknüpft ist.‘ (S. 1.) Die anthropomorphische An-| schauung, die diesem Gedanken zu Grunde liegt, ist reizend und| unbezahlbar. Ueber das eigentliche Verhältniss der Intelligenz zum Willen werden wir im Folgenden so belehrt: ‚Wer das! Wesen der Intelligenz genau verstehen will, muss begreifen, dass' sie — transcendental oder ausserweltlich betrachtet — zweierlei Thätigkeit entwickelt, erstens als Gegensatz des Wollens, indem | sie den Willen sich seiner selbst wahrnehmbar macht, durch die Vorstellung von sich selbst als das Formbildenkönnende,| und dadurch, dass sie den Willen, der von verschiedenen Seiten | die Vorstellung ergreift, so dass er in der Vorstellung selbst noch! als Gegenstand wird, sich, wie gesagt, seiner selbst wahrnehmbar ! macht, zweitens als Schöpferin der Causalität, in welche sie! dann im Vereine mit dem Willen eingeht, wodurch Raum und | Zeit für die Wahrnehmung entstehen u. s. w.‘ (S. 14). Was die Herren nicht gut in der transcendentalen Welt Bescheid wissen! Da ist es denn kein Kunststück uns armen Staubgeborenen aller- | lei Wunderdinge zu erzählen, so dass Einem ganz schwindlig zu | Muthe wird. ‚Nur die Erkenntniss, dass das Prineip selbst ein j logisches und gutes ist, ist der Fels, auf dem alle Moral auf- gebaut, wir meinen erkannt, gelehrt und vertheidigt werden | kann... Es wird demgemäss die erste und wichtigste Aufgabe der Philosophie sein, den Beweis zu liefern, dass das Princip | selbst logisch und moralisch ist. Diesen Beweis zu führen war der Hauptzweck unseres Forschens: eine transcendentale Logik aufzustellen und aufzufinden, welehe ohne Widerspruch die Dinge erklärt, wie sie sind, wie sie sein müssen, soll die Welt eine Bedeutung und zwar eine gute haben.‘ (S. 31.) Wie gesagt, der Verfasser ist augenscheinlich mit besonderen Kräften der Gnade gesegnet, die anderen Sterblichen nicht beschieden sind; mit dieser ‚transcendentalen‘ Logik müssen sich wenigstens alle Räthsel des Daseins, die unsereinem gelegentlich noch Kopf- zerbrechen verursachen, spielend lösen lassen. Die Entstehung aber des Uebels, dieses Caput mortuum aller Theodiceen bis auf Leibniz herab, ist ganz und gar platonisch, resp. socratisch ge- dacht, d. h. auf eine Schwäche des Intelleets begründet. Alles in Allem können wir nicht glauben, dass der Theismus des Ver- fassers, wie er ihn hier begründet. dazu geeignet ist, den ‚weit verbreiteten Indifferentismus in religiöser und erkenntnisstheore- tischer Hinsicht, wie das Vorherrschen materialistischer Anschau- ungen‘ mit Erfolg zu bekämpfen; dazu bedarf es einer viel schärferen prineipiellen Unterscheidung zwischen dem der exacten Wissenschaft allein zugänglichen Gebiet der inductiven Erfah- rung und dem schier unübersehbaren Felde des subjectiven Glaubens und Meinens. Ths. Achelis. Hans Blücher, Ein Ueberblick über das Gebiet der Bak- teriologie. (Sonderabdruck aus der „Pharmaceutischen Zeitung“). Verlag von Julius Springer. Berlin 1890. Der Aufsatz verfolgt den Zweck, den Lesern genannter Fach- zeitschrift einen Ueberblick, zu gewähren über einen wissen- schaftlichen Forschungszweig, der gerade für die moderne Phar- macie von ‘grosser noch im Steigen begriffener Wichtigkeit ge- worden ist. Der Verfasser hofft nicht, dass sich aus der Lektüre dieser kleinen Zusammenfassung eine solche Kenntniss der Bakteriologie gewinnen lässt, dass der Leser danach im Stande ist, für sich selbst bakteriologisch praetieiren zu können und Kritik zu üben an den veröffentlichten Resultaten bakteriologischer Forschungen, sondern er wünscht nur: ein Interesse zu erwecken für diesen schönen Wissenszweig, ein Interesse, welches stark genug ist, den Einen oder Anderen der Leser zu veranlassen, an einem bakteriologischen Practieum in irgend einem hygienischen La- boratorium theilzunehmen und so sich Kenntnisse zu erwerben, welche . heute gerade den Pharmaceuten wichtig sein müssen, welche ihnen erst ermöglichen, z. B. das Resultat einer Wasser- untersuchung zu einem vollständigen zu machen, durch Hinzu- fügen der bakteriologischen zu der chemischen Untersuchung. Dem vom Verf. beabsichtigten Zwecke dürfte die vorliegende Abhandlung im Allgemeinen genügen. Der specielle Theil hätte Naturwissenschaftliche Wochenschrift. ‚ ein treffliches, dem wir besten Erfolg wünschen. Nr. 39. im Vergleich zum Allgemeinen sogar noch etwas eingeschränkt werden können; während er andererseits um als Repetitorium für diejenigen zu dienen, welche einen practischen bakteriologischen Cursus durchgemacht haben, wiederum zu kurz gefasst ist! Die beigegebenen Zeichnungen erscheinen uns ziemlich über- flüssig, zumal denselben keine nähere Erläuterung beigefügt ist; denn wer die abgebildeten Objeete nicht selbst im Mikroskop gesehen hat, wird sich schwerlich danach eine klare Vorstellung machen können. Befremdlich muss namentlich die verschiedenartige Abbildung der Blutkörperchen bei den Milzbrandbacillen und Recurrensspi- rillen erscheinen. Die charakteristische Erscheinungsform der Schimmelpilze, namentlich des Mucor, ist in der Abbildung voll- ständig verloren gegangen. Die Abbildung der Hefe ist geradezu falsch; denn weder die Granulation des Protoplasmas noch die Vaeuolen ähneln den innerhalb der Zellen abgebildeten kern- ähnlichen Körperehen. Auch die relativen Grössenverhältnisse der sämmtlichen anscheinend zusammenhängenden Sprosszellen ent- sprechen durchaus nicht der Wirklichkeit. R. Mittmann. E. Fischer, Systematischer Grundriss der Elementar-Mathe- matik. I. Abtheilung: Algebra und Grundbegriffe der Differenzialrechnung. Verlag von Carl Duncker. Berlin 1891. Preis 2,25 Mark. Das vorliegende Werkchen wird seinen Zweck, den Schülern unserer Gymnasien als Anhalt und Führer bei dem Erlernen der elementaren Mathematik zu dienen, vollkommen erfüllen. Es hat den grossen Vorzug, in knapper, klarer Sprache alles zu sagen, was zur Erfassung des jeweils behandelten Gegenstandes nothwendig ist. Auf die vier Grundrechnungsarten — in welchem Abschnitt auch der sogenannten abgekürzten Rechnung Berücksich- tigung gewährt ist — folgt eine kurze, aber vortreffliche Dar- stellung der ersten elementaren Sätze aus der Lehre von den Kettenbrüchen, die leider auf vielen Schulen noch ganz vernach- lässigt werden, obgleich sie ein so mächtiges, analytisches und numerisches Instrument bilden. Sie werden dann auch gleich im folgenden Abschnitt, der nach den Gleichungen I. Gr. mit einer Unbekannten die diophantischen Gleichungen behandelt, mit Erfolg zur Lösung letzterer verwandt. Es folgt die Lehre vom Potenziren und Radieiren, die Anlass giebt zur Einführung der imaginaeren Grössen. Der Abschnitt über den Logarithmus ist als sehr ge- lungen zu bezeichnen. Er wird das Interesse des Lernenden sehr beleben, namentlich. da wieder durch Einführung der Kettenbrüche dem Schüler die Möglichkeit geboten wird, selbst Logarithmen zu berechnen, sodass diese ihm nicht wie Dinge aus einer fremden Welt gegenüberstehen, was allein der Anlass ist, dass dieser Gegenstand stets so viel Schwierigkeiten macht. Auf die quadratischen Gleichun- gen mit einer Unbekannten folgen die arithmetische und die geome- trische Reihe mit einem doch wohl etwas zu kurz gerathenen Aus- blick auf Zinsenzins- und Rentenrechnung. Auch im folgenden Ab- schnitt, der Combinatorik und höhere arithmetische Reihen be- handelt, hätte ich gerne die Wahrscheinliehkeitsrechnung etwas mehr berücksichtigt gesehen. Die Aufnahme der Reihen für cos und sin gerade an dieser Stelle ist beifällig zu begrüssen. Sehr gelungen sind die Kapitel über die Zahl e und einige mit ihr verwandte transcen- dente Zahlen, sowie über die Kreisfunetionen. Die eubischen und biquadratischen Gleichungen sind glatt behandelt und es ist zu billigen, dass auch die Methoden zur numerischen Auflösung höherer Gleichungen mit Zahleneoeffieienten aufgenommen sind. Den Sehluss des Buches macht ein ganz kurzer Abschnitt über Infinitesimalreehnung. Ref. ist eigentlich kein Freund von solchen „Abrissen“, die vor allem stets geeignet sind, in der Vorstellung des Lernenden einen unrichtigen Functionsbegriff festzulegen. ‘ Immerhin mögen sie passiren, wenn durch.sie unter Beihülfe | eines geschiekten Lehrers wenigstens eine gewisse Technik im ‚ Differentiiren und Integriren der einfachsten Ausdrücke erreicht wird. Die unbestimmten Ausdrücke $ sollte man aber nicht in | der von Fischer adoptirten Weise behandeln, sondern ihre Be- ‚ trachtung solange verschieben, bis ınan die Taylor’sche Reihe vor- , aussetzen kann. Abgesehen von diesen kleinen, das pädagogischen Moment ja nicht berührenden Aussetzungen ist das Büchlein aber Gravelius. Inhalt: Dr. Th. Ebert: Ueber das Alter der südamerikanischen Anden. — Dr. Max Schlosser: Die Beziehungen der ausge- storbenen Säugethiere zur Säugethierfauna der Gegenwart. (Schluss.) — Ueber die Dimensionen der physikalischen Begriffe. — Der Druck des gesättigten Wasserdampfes über Eis zwischen 0° und —50° C. und über Wasser zwischen +20° und —13° C. — Eine bewährte Methode zur Reinigung gebrauchter Objeetträger und Deeckgläschen. — Ueber das Project eines Riesen-Fessel- ballons mit Dampt betrieb. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Jos. Petzoldt: Maxima, Minima und Oekonomie. — A. Ganser: Die Freiheit des Willens, die Moral und das .Uebel. — Hans Blücher: Ein Ueberblick über das Gebiet der Bakteriologie. — E. Fischer: Systematischer Grundriss der. Elementarmathematik. Die Erneuerung des Abonnements wird den ur hierdurch in geneigte Erinnerung gebracht. geehrten Abnehmern dieser Wochenschrift Die Verlagsbuchhandlung. = mm Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4, Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. En a Nr. 39. - Naturwissenschaftliche Wochenschrift, LXXXIX Holz's sche und selbsterregende Infuenzmaschinen | construirt von J. R. Metall-Spiral-Hygrometer (bereits 15 000 Stück geliefert) empfiehlt als Spezialität Mechaniker. -J. H&. VOSS. Mechaniker. BERLIN NO., Pallisaden-Strasse 20, Voss. | men ’ N 7 goldene und silberne Medaillen. — Geschäftsgründung 1874. } u Lanolin-Toitetie-cream-Lanolin Vorzüglich sw %ilege der Haut. u. = zur NReinhaltung und Beredung wunder Hauts V orzu g I ıc in H itellen und Wunden. zur Erhaltung einer guten Haut, bejonderd bei Vo rzu g I i c h feinen Kindern. 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Abonnement: anstalten, Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Sonntag, den 4. Oktober 1891. Nr. 40. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die „extranuptialen‘“ Nectarien beim Adlerfarn. Es ist jetzt zur Genüge bekannt, dass Ameisen und zahlreiche Pflanzenarten sich “gegenseitig Vortheile bringen, indem erstere die Pflanzen vor ihren Feinden, den "pflanzenfressenden Inseeten insbesondere vor deren Larven schützen, und dass mit Rücksicht hierauf die Pflanzen die Ameisen in ver- schiedener Weise anlocken*), z. B. in- dem erstere den Thieren an besonderen Stellen ihres Pflanzenleibes Nahrung in der Form von Neetar bieten, welcher ausschliesslich im Hinblick anf das Zu- sammenleben erzeugt wird. Diese be- sonderen Neetarien werden meist ausser- halb der Blüthen, zuweilen aber auch in den Blüthentheilen entwickelt, und es ist daher von Delpino vorgeschlagen worden, statt des früheren Ausdrucks „florale* Nectarien für die den befruchtenden In- seeten bestimmten, sich zuweilen ebenfalls — wenn auch selten — ausserhalb der Blüthenorgane vorfindenden Neetarien „nuptiale“ und für die früher „extra- tloral* genannten jetzt „extranuptial“ zu sagen. Kny hat für die nuptialen und extranuptialen Nectarien die Bezeichnungen „sexuell“ und „asexuell“ vorgeschlagen. **) Ueber die wahrscheinlich als extranuptiale zu fassenden Nectarien speciell von Pteridium aquilinum Kuhn (=Pteris aquilima L.), dem in unseren Kiefern- Wäldern so gemeinen Adlerfarn, veröffentlicht nun W. Figdor einen kleinen Aufsatz in der österreichischen botanischen Zeitung. *) Vergl. Kny, Gartenbaues 197 #.) und („Naturwissenschaftliehe Die Ameisen im Dienste des („N Yaturwissenschaftliche Wochenschrift“ Bd. I. 8. Schumann, Ueber u blayzen Wochenschrift“ Bd. IV, S. 9 ff.). **) „Naturw. Woc he ah: Ba. I, S. 198 Spalte 2. Figur 1. Jugendlicher, noch eingerollter von Pteridium aquilinum ; a = Nectarien. der Während an phanerogamen Pflanzen nuptiale wie auch extranuptiale Neetarien sehr häufig zu beobachten sind — sagt F. — kommen unter den Kryptogamen nur bei den Farnen Neetarien häufiger vor.*) Fr. Darwin®*) war der Erste, der das Vorhandensein der eben erwähnten Or- gane bei Pteridium aquilinum constatirt und auch makroskopisch beschrieben hat. Ob Darwin alle an einem Blatte vorhan- denen Neetarien beobachtet hat oder blos die am Grunde der Fiederchen 1. Ordnung gelegenen, ist aus dem Texte, wie auch aus der beigegebenen Figur nieht ersichtlich. Nach Bonnier***) besitzt eine sehr grosse Anzahl von Farnen extranuptiale Ai Nectarien, so Cyathea arborea, Hemithelia obtusa und horrida und die Gattung Angio- pteris. Der genannte Forscher beschreibt auch die anatomischen Verhältnisse der von ihm aufgefundenen Nectarien, während er sich bei Pteridium aquilinum damit begnügt, in den Neetarien Saccharose und Glycose nachzuweisen. Bei der anatomischen Untersuchung Nectarien von Pteridium aquilinum zeigte sich ein etwas anderer Bau, als er von Bonnier bei den eben erwähnten Farnen beschrieben Wedel *) Bei den Pilzen, und zwar bei einigen Aeeidiomyceten hat Räthay auf die Entleerung der Spermogonien in Form von zuekerhaltigen Tröpfehen aufmerksam gemacht, die, nebenbei er- wähnt, von Ameisen eifrig gesucht und verzehrt werden. S. E. vathay: Ueber neetar absondernde Trichome einiger Melampyrum- arten. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. math. nat. Cl. Wien 1880, Bd. 81, 1. Abth., pag. 1. Anm. *#) Fr. Darwin: On the Nectar-glands of the Common Brake- Fern in The journal of the Linnean Society, Botany. Vol. XV. Lon don 1877. Bonnier: Les nectaires. Annales Botanique T. VIII. Paris 1879. S. 94. des seiences naturelles. 402 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 40. wurde; deshalb stellt F. die anatomischen Verhältnisse bei dem besprochenen Farne näher dar. Die extranuptialen Neetarien befinden sich am Grunde der Fiedern erster und zweiter Ordnung an der mor- Dieselben phologischen Unterseite der Blätter. bilden in der Jugend dreieckige Hervorragungen, die, je älter die Pflanze wird, sich desto mehr abflachen. Sehr auffallend sind die Neetarien auch dadurch, dass 7 . ce L ihre Oberfläche ganz kahl, wäh- 10% Figur 1. rend der übrige Stiel dieht mit Die nicht Spreuschuppen bedeckt ist. Farbe des Neetarium ist wie F. Darwin angiebt, eime se grüne (smooth green), sondern Y vom Rande her mehr röthlich, während sie gegen die Mitte zu in ein Braunroth übergeht. Am 7 SE grössten und deutlichsten sind die beiden Neetarien am Grunde der Fiedern erster Ordnung; wenn Spaltöffnungen die gewöhnlichen Functionen verrichten, während andere der Ausscheidung der zuekerhaltigen Flüssigkeit (des Nectar) dienen. Unterhalb des Neetargewebes ist die Endigung eines Leitbündels zu bemerken, leicht sichtbar durch das Vorhandensein von Spiral- und Ringgefässen, nebst jungen typischen Treppengefässen. Was den Inhalt des Necta- riumgewebes betrifft, so ergab sieh Folgendes: Die einzelnen Zellen führen nebst einem grossen Zell- kern wenig Chlorophylikörner, ausserdem noch eine Menge von grösseren und kleineren, stark lichtbreehenden Körnchen. Die am Rande des Nectariums ge- legenen Zellen führen Antho- kyan, die Membranen sind oft gebräunt, welche zwei Momente die schon oben erwähnte ma- kroskopisch erkennbare Färbung dieselben funetioniren, hat man EU hervorrufen. x > > . 4 E Figur 2. o Po an een latte eıne zanze Querschnitt durch einen Theil eines Nectariums; «a = Athemhöhle. „Mit 5 zunehmendem Alter Entwicklungsreihe vor Augen. werden die Nectarien funetions- An einem Querschnitte dureh ein Junges Neetarium, Figur 2, sieht man unterhalb der nieht sehr starken Epidermis ein dünnwandiges, parenchy- matisches Gewebe, das sich von dem eollenehymatischen Hypoderm, das an den übrigen Stellen des Stieles unter- halb der Epidermis liegt, deutlich abhebt. Die einzelnen Elemente des Nectariums haben ungefähr die Grösse des Grundparenchyms. Die- selben schliessen nicht lückenlos an einander an, sondern sind des Oefteren durch Intercellularräume getrennt, was wohl damit zusammenhängt, dass sich an der Oberfläche des Necta- rıums Spaltöffnungen in nicht allzu grosser Anzahl vorfinden, während F. ebensolche an den übrigen Theilen des Blattstieles nicht beobachten konnte.®) Die grossen Athemhöhlen derselben « dürften wohl mit den Intereellularräumen in Verbindung stehen. Bonnier**) erwähnt in seiner schon eitirten Arbeit, dass die Spalt- öffnungen des Neetargewebes (tissu nectarifere) entweder gar keine oder nur kleine Athemhöhlen besitzen, eine Beobachtung, die demnach in diesem Falle nicht zutrifft. Die Prüfung mit einer Zuckerlösung ergab, dass einige *) Hätte der Autor meine Arbeit: „Die Beziehung zwischen dem Spaltöffnungssystem und dem Stereom bei den Blattstielen der Filieineen“ (Jahrb. des Kgl. botanischen Gartens zu Berlin. Bd. I. Berlin 1881. S. 310—317) gekannt, so hätte er gewusst, dass Spaltöffnungen an den Blattstielen von Pteridium aqnilinum sehr wohl und zwar (Vergl. S. 312 genannter Arbeit) auf je einem eontinuirlichen Streifen an jeder Seite des Blattstieles vorkommen, was in Zusammenhang mit der Art des Auftretens des Skelett- gewebes (Stereoms) in dem Blattstiele steht. Durch die Figdor- sche Angabe stutzig gemacht, habe ich eine anatomische Revision vorgenommen und kann daher meinen früheren Befund bestätigen. Ich werde Gelegenheit nehmen seiner Zeit auf diesen Gegenstand in der „Naturw. Wochenschr.“ näher einzugehen. H. Potonie. u) IE; C. S. 151. Figur 3. Stück eines ausgewachsenen Wedels von Pteridium aquilium; n = Nectarien - Stellen, in Form kleiner, oft gefärbter Wülste. los. Sie heben sich kaum merk- bar von der übrigen Oberfläche des Stieles ab und werden dureh das nachträgliche Wachsthum des Stieles in die Länge gestreckt. Zu gleicher Zeit verdieken sieh die Membranen des Nectariums bis zur ceirea vier- fachen ursprünglichen Stärke, so dass man annehmen muss, der in den Zellen vorhandene Zucker habe auch einen hervorragenden Antheil an der Membranbildung. In diesem Gewebe, ebenso wie in dem collen- chymatischen Hypoderm sind ein- fache Porencanäle zu beobachten. Die ursprünglich braunen Mem- branen haben sich entfärbt, das Anthokyan ist aus allen Zellen ver- schwunden, so dass das ganze Neec- tarium eine frisch-grüne Farbe be- sitzt.“ (Nieht immer werden die Neetarien fast unsichtbar, an vielen älteren Wedeln —- vergl. unsere Figur 3 — sind die Stellen durch dunklere Färbung und höckeriges Hervortreten sehr deutlich noch wahr- nehmbar. — Potonie). Bezüglich der in den Neetarien vorhandenen Zuekermenge ist zu bemerken, dass selbst ein kleiner Theil eines Nectariums, mit wenig Wasser erwärmt, nach dem Versetzen mit «-Naphtol + H, SO, schon eine deutliche Zuekerreaction giebt. Ob Pteridium aquilinum wirklich den Myrmeco- phylen — wie es von Delpino*) geschieht — zuzuzählen ist, konnte F. leider nicht endgiltig entscheiden und erst weitere Beobachtungen müssen über diese interessante Frage Aufschluss geben. *) Ueber die diesbezügliche Litteratur s. R. v. Wettstein: „Ueber die Compositen der österr. - ungar. Flora mit zucker- abscheidenden Hiüllschuppen“. Sitzungsberichte der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften, Wien 1885, Bd. 97, Abtheilung 1. Nr. 40. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 405 Ueber die geographische Verbreitung der entomostraken Krebse des Süsswassers. Von Dr. Der in eine ihm fremde zoologische Region versetzte Naturforscher wird durch wenig Thatsachen in höherem Grade überrascht, als durch die Aehnlichkeit, welche viele Süsswasserthiere und -Pflanzen mit den ihm be- kannten europäischen Arten haben. „Nicht allein“, sagt Darwin*), „haben viele Süsswasserspecies aus ganz verschiedenen Classen eine ungeheure Verbreitung sondern einander nahe verwandte Formen herrschen auch in auf- fallender Weise über die ganze Erdoberfläche vor. Ich erinnere mich noch wohl der Ueberraschung, die ich fühlte, als ich zum ersten Male in Brasilien Süsswasserformen sammelte und die Süsswasserinseeten, Muscheln u. s. w. den englischen so ähnlich und die umgebenden Land- formen jenen so wnähnlich fand.“ In ähnlicher Weise spricht sich Semper**), aus, wobei er sich auf die Erfahrungen von Schmarda be- zieht, wonach die bei Weitem grösste Mehrzahl der in Tropenländern gefundenen Infusorien, Räderthiere, Tardi- graden, Süsswasserkrebse und Würmer den europäischen und amerikanischen Arten so ungemein nahe stehen, dass sie vielleicht selbst oft genug speeifisch identisch zu sein scheinen. In diesen Wahrnehmungen liegt nun ebensowohl ein Kern von Wahrheit als eine arge Verkennung der wirk- lich vorliegenden Thatsachen. Die Muscheln z. B., welche Darwin erwähnt, haben im Brasilien überaus geringe Achnlichkeit mit jenen von Europa. Die Süsswasser- schneeken allerdings der Gattungen Limnaca, Physa, Aneylus, Planorbis u. s. könnten ebenso gut in Eu- ropa gefunden werden als in Südamerika, ohne darum den Charakter der Fauna irgendwie zu ändern. Eine spätere Zeit wird auch hier wohl zum Theil zu ähnlichen Resultaten kommen wie sie für niedere Crustaceen, Räder- thiere, Hydra***) u. s. w. erlangt wurden, allein heute zu Tage glauben die Systematiker auf dem Gebiete der Conchyliologie leider, dass der Fortschritt in der Er- hebung von Varietäten zu Arten liege, und kümmern sich um derartig wichtige Fragen grösstentheils nicht. Darwin vergass aber AN “erwähnen, dass neben solchen kosmo- politischen Gattungen auch solche vorkommen, die wie Chilina, Ampullaria u. s. w. der paläarktischen Fauna abgehen. Betrachtet man die geographische Verbreitung der im Süsswasser lebenden Fische, Frösche und Schild- kröten, so sehen wir geographische Regionen auf's schärfste begrenzt uns entgegentreten, und das gleiche zeigt das Studium der Unioniden und mancher anderer Molluskenfamilien, oder dasjenige der Flusskrebse. Letz- tere zerfallen in zwei Unterfamilien, deren eine der holarktischen Region angehört, während die andere nur südlich des Aequators vorkommt, zumal in Australien und umliegenden Inseln und dem gemässigten Südamerika. Ueber die Verbreitung dieser Krebse findet man das Wesentliche bei Huxley „Der Flusskrebs“ zusammen- gestellt; freilich ist die Darstellung schon veraltet durch die Auffindnng eines Cambarus in Europa, des C. stygius Jos. aus Krainer Grotten, wodurch sich zeigt, dass diese jetzt im Uebrigen auf das östliche Nordamerika be- "Ch. Arten. V. Aufl. 1874. S. 458. **) ©. Semper. Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere. II. Th. 1880., S. 121 u. 128. =») Vergebens habe ich seithem nach Hydra gespäht. sie in Amerika fehlen und im Innern Afrikas? Darwin. Entstehung der Sollte H. von Jhering in Rio Grande do Sul. schränkte Gattung früher über das ganze holarktische Gebiet verbreitet war. Es ist hiernach klar, dass es verfehlt wäre sieh die Süsswasserfauna, von den Protozoen etwa abgesehen, als eine über die ganze Erde hin gleichmässige vorzustellen, denn neben kosmopolitischen Gattungen oder Ordnungen fanden sich andere von engerer und charakteristischer Verbreitung. Ganz dasselbe ergiebt sich beim Studium der Flora des Süsswassers. Viele Lemna-Arten sind in Australien so gut zu Hause wie in Indien, Chile oder Nordamerika und Europa, und Arten von Potamogeton, Sagittaria, Juneus u. s. w. finden sich in Südbrasilien wie in Chile so gut wie in Deutschland und noch dazu in identischen Species, in Brasilien aber kommen in den Vietoria, Pistiaceen, Pontederien u. s. w. neue Elemente hinzu, welehe in Afrika, von wo sie zu Besinn der Tertiärzeit nach Südamerika kamen, in zum Theil iden- tischen Species existiren. Nach Chile aber konnten diese Einwanderer nieht kommen, weil bei ihrer Ankunft durch die Hebung der Anden schon eine nicht über- schreitbare Wasserscheide geschaffen war, welche ihnen den Zugang ebenso wehrte, wie den Characiniden und Chromiden u. s. w. unter den Süsswasserfischen, den Triehodactyliden unter den Krebsen oder den Anodonta, Castalia, Ampullaria u. s. w. unter den Mollusken. Die geographische Verbreitung der Süsswasser-Fauna bietet daher Zahlreiche schwierige Probleme und da die Stellung, die ich denselben gegenüber einnehme, bisher nieht präcisere Vertretung gefunden hat, so möchte ich dieselbe hier am Beispiele der Süsswasser-Crustaceen er- läutern. Unter diesen typischen Süsswasser - Crustaceen ver- stehe ich im Allgemeinen solche, welche dem Leben im Süsswasser ziemlich vollkommen angepasst sind. Es giebt viele Gattungen, welche mit eimigen Arten dem Süsswasser angehören, mit anderen dem Brackwasser oder dem Meere. Dies ist z. B. der Fall mit den Gattungen Palaemon, Peneus, Gammarus und überhaupt Isopoden und Amphipoden. Auch Gattungen dieser sruppen, welche man aus der europäischen Fauna nur als marine kennt, kommen anderswo auch im Süsswasser vor. So traf Chilton in Süsswasserbrunnen in Neusce- land Arten von Idothea, Calliopine, Pberusa und Uru- cegens. Sehen wir daher von diesen Gruppen ab, so bleiben uns an ächten Süsswasser - Crustaceen folgende Ordnungen oder Familien, welche sich in drei nach ihrer geographischen Verbreitung wesentlich verschiedene Gruppen gliedern. Diese Gruppen sind: 1. Die kleinen koden, Copepoden. 2. Die grösseren Entomostraken: Branchiopoda. 3. Die Dekapoden: Astaeidae, Telphusidae, Trieho- dactylidae. Indem ich nun im Folgenden breitung der Entomostraken befasse, muss ich gleichwohl noch Einiges zuvor über die Dekapoden bemerken. Die Telphusiden fehlen im Wesentlichen der holarktischen Region, da die wenigen in die mediterrane Subregion eindrmgenden Arten, resp. Telphax fluviatilis, wohl ein Eindringling ist. In Südamerika sind sie durch die Trichodactyliden ersetzt, die vermuthlich auch im Innern Afrikas noch nachgewiesen werden dürften. Ueber die Astaciden sprach ieh oben schon. Leider ist cs schwer, Entomostraken: Cladoceren, Ostra- mich mit der Ver- 404 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 40. deren geologisches Alter festzustellen, weil die Unter- schiede gegen die marinen Verwandten grossentheils in anatomischen Verhältnissen beruhen, die an fossilen Stücken nicht nachweisbar sind. Aus Huxley’s Dar- legungen wird es aber wahrscheinlich, dass der Ursprung dieser Süsswasser-Flusskrebse in die Juraformation zurück geht. Sicher nachgewiesen sind sie eocän*). Es ist uns daher verständlich, dass die Parastaeiden in dem meso- zoischen antarktisch-pacifischen Continente sich bis Neu- seeland und den Fidjiinseln ausdehnen konnten, soweit also wie die Batrachier, aber die damals schon abge- trennten östlichen polynesischen Inseln nicht mehr er- reichten, da wahrscheinlich schon während der Jura- formation dieser Zusammenhang sich löste. Jedenfalls ging die Verbreitung der Telphusiden später vor sich als jene der Parastaciden, denn Telphusa hat zwar von Ostasien und den damit früher verbundenen Sundainseln aus Australien erreicht, nicht aber Neuseeland und Viti. In Neuseeland ist nur ein Süsswasserkrebs gefunden, Hymenosoma lacustris Chilton, welche einer fast marinen Gattung angehörig in einem Süsswassersee nahe der Küste angetroffen wurde, der also offenbar ein Relikten- see ist. Die ältesten Brachyuren treten erst in der Kreide auf, ihre Verbreitung dürfte daher wesentlich in’s Tertiär fallen. Es ist ein Irrthum, zu glauben, Australien sei schon seit der mesozoischen Epoche isolirt gewesen. Was nun die kleinen Entomostraken anbetriftt, so ist bekannt, welche weite Verbreitung in Europa die meisten Arten haben, minder bekannt ist es bisher, dass auch der grössere Theil dieser weit verbreiteten Arten in Nordamerika vorkommt. Selbst eine schon so lange bekannte Thatsache, wie das Vorkommen von Leptodora hyalina in den nordamerikanischen grossen Seen, ist noch lange nicht allgemein gewürdigt, trotzdem sie schon lange auch in populäre Werke, wie Brehm’s Thierleben übergegangen ist. Später machte, wie Heilprin (Distr. of anım S. 129) mittheilt, S. J. Smith auf die Anwesen- heit noch zweier weiterer europäischer Arten (Daphnia galeata und pellueida M.) im Lake superior aufmerksam. Aber erst Herrick**) führte eine gründliche Untersuchung der Cladoeeren und Copepoden der Binnengewässer Nord- amerikas durch. Die Ergebnisse sind in der That sehr überraschend, denn sie zeigen für diese Gruppe eine Identität der Süsswasserfauna von Europa und Nord- amerika, welehe in diesem Grade nicht zu erwarten war. Im folgenden gebe ich eine Liste derjenigen Cope- poden und Cladoceren, welche nach Herrick in den Süsswasserseen der Vereinigten Staaten vorkommen und bereits früher in europäischen Binnengewässern auf- gefunden wurden. Ich lasse dabei die Calaniden weg, wie sie vielfach den Aestuarien resp. dem Brackwasser am Meer angehören. Copepoden. Cyelops agilis Koch (serrulatus F.), Cyelops elon- gatus Cls., Cyelops viridis Fisch., Cyelops oithonoides Sars., Oyclops pulchellus Koch., Cyclops tenuicornis Cls., Cyclops diaphanus Fisch., Cyclops phaleratus Koch., Cyclops fim- briatus Fisch., Cyelops Fischeri Cragin., Canthocamptus minutus 0. F. M. Cladoceren. Sida erystallina Müll., Daphnella brachyura Liev., Latona setifera P. E. M., Holopedium gibberum Zadd., Moina reetirostris ©. F. M., M. paradoxa Weism., Oerio- *) z. B. der eocäne Cambarus primaevus Park. der Ver- einigten Staaten. **) Herrick, L. €. Final Report on the Crustacea of Minnesota (Oladocera and Copepoda). Minnesota 1885. daphnia laticaudata P. E. M., Scapholeberis mucronata 0. F. M., Simocephalus vetulus O. F. M., Daphnia pulex 0. F. M., Daphnia rosea Sars., Daphnia hyalina Leydig (— pellueida P. E. M.), Daphnia galeata Sars., Daphnia Kahlbergensis Sch., Bosmina longirostris M., Bosmina eornuta Jur., Maerothrix rosea Jur., Maerothrix tenuicornis Kurz, Lathonura reetirostris O0. F. M., Eurycereus la- mellatus O. F. M., Acroperus leucocephalus Koch., Cam- ptocereus macrurus M. (rectirostris Sch.), Alonopsis la- tissima Kurz., Leydigia acanthocereoides Fisch., Leydigia quadrangularis Leyd., Graptoleberis testudinaria F., Cre- pidocereus setiger Birge (Siebenbürgen), Alona sanguinea P. E. M., Alona lineata Fisch., Alona quadrangularis 0. F. M., Alona oblonga P. E. M., Alona affinis Leydig., Alona parvula Kurz., Alonella exeisa Fisch., Chydorus sphaericus ©. F. M., Chydorus globosus Baird., Chydorus caelatus Schoedl,, Monospilus dispar Sars., Polyphemus pedieulus L., Leptodora hyalina Lillj. (— Kindti Focke), hierbei ist aber eine Art die Herrick nicht erwähnt, Daphnia hyalina, welehe nach Heilprin (l. e. S. 129) von $. J. Smith im Lake superior aufgefunden wurde. Diese Liste der Europa und Nordamerika gemein- samen Arten enthält mithin 51 Arten. Es ist aber sehr wahrscheinlich dass unter den 94 von Herrick aufge- führten Arten auch noch andere sind, von denen mir es 2.7. nicht bekannt ist ob, sie in Europa vorkommen. Ob Sida elongata Sars in den Vereinigten Staaten vorkommt habe ich aus dem Berichte nicht erkennen können. Jedenfalls ist diese Liste nicht annähernd complet; hat man doch erst während des letzten Dezenniums begonnen die nordamerikanischen Binnengewässer auf diese Ento- mostraken zu durchforsechen. Nach Rabots Unter- suchungen finden sich in Grönland in Teichen ete. Daphnia longispina, Bosmina arctica (B. brevirostris aff.), Holopedium gibberum Zad. und Eurycereus glacialis, weleh letzterer, bisher von der Behringstrasse bekannt, den europäischen E. lamellatus vertritt. Auch unter den grönländischen Räderthieren sind solche der Gewässer des centralen Europa vertreten. Obwohl nun die Fortführung dieser Studien ohne Zweifel die Zahl der europäischen Cladoceren und Cope- poden, welche in Nordamerika ebenfalls vorkommen, noch vermehren wird, so stehen wir doch jetzt schon vor der überraschenden Thatsache, dass mehr als die Hälfte aller bisher in den Vereinigten Staaten beob- achteten Cladoceren und Copepoden identisch ist mit weit verbreiteten europäischen Arten. Lassen wir, bevor wir uns näher mit dieser T'hat- sache und ihrer Erklärung befassen, das wenige hier folgen, was weiterhin über geographische Verbreitung der europäischen Arten bekannt ist. Leptodora hyalina ist neuerdings in Japan (Fritze) und China (Poppe und Richard) nachgewiesen worden. Sie ist zur Zeit eine derjenigen Species, welche die weiteste Verbreitung auf- weisen, da sie über die ganze holarktische Region sich ausbreitet. Sie stellt aber hierin kein vereinzeltes Fac- tum dar, denn, wie Herr S. A. Poppe mir mittheilt, sind eine ganze Reihe von chinesischen Cladoceren mit euro- päischen Arten identisch. Wir werden daher im Laufe der Zeit offenbar noch eine ganze Reihe soleher holarktischer Arten kennen lernen. Allein hierauf beschränkt sich diese Verbreitung noeh nieht; auch Südamerika tritt ergänzend hinzu. Nach Mittheilung des Herrn S. A. Poppe fand er unter den von Dr. W. Müller in Brasilien gesammel- ten Süsswasser-Copepoden die gemeinen in Europa und Nordamerika verbreitete Cyelops agilis und Prof. Brady habe von ihm aus Argentinien die gemeine europäische Cypris gibba Ramd. erhalten, wahrscheinlich aueh Cypris erassa Müll. Das von mir’in Rio Grande u. s. gesammelte a un EEE 2 - Nr. 40. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 405 ee ——— Material harıt noch der Bearbeitung. Vermuthlich würde ich dureh Studium der Literatur der letzten Jahre, wenn selbe mir zugänglich wäre, noch manchen weiteren Bei- trag hier beifügen können. Man darf eben nicht vergessen, dass für die tropi- schen Gebiete diese Untersuchungen erst beginnen. Zwar sind schon früher einige Arten von Harpactieus, Cyelops ete. aus Brasilien und Chile beschrieben worden, allein damals dachte Niemand an eine so enorme Verbreitung europäischer Arten und so wird die Synonymie vielleicht auch hier noch Einiges ändern. Was die Ostrakoden Nordamerikas betrifft, so führt Herrick von europäischen dort beobachteten Arten an: Cypris virens Jur, Cypridopsis vidua Müll, Notodromas monachus Lilljbg. und bemerkt, dass die von ihm be- schriebene Cypridopsis hystrix mit Cypridopsis acubata Lillbg. nahe verwandt sei. Man darf wohl annehmen, dass von den übrigen durch Herrick, Chambers und Haldeman beschriebenen Arten sich bei genauerer Unter- suchung manche als identisch mit weit verbreiteten euro- päischen oder denselben nahe verwandt erweisen werden. Jede neue Untersuchung ergiebt hinsichtlich der weiten Verbreitung europäischer Arten überraschende Thatsachen. So hat Thomson sich mit den Cladoceren “ und Copepoden von Neuseeland beschäftigt. Während er wie es scheint von ersteren nur neue Species auffand, traf er neben gleichfalls neuen Arten von Copepoden auch alte europäische Bekannte nämlich Cyelops agilis Koch und gigas Cls. aus Süsswasser, und Dactylopus tis- boides Cls., Thalestris forficale Cls., Narpaeticus chelifer M. Edw., Idya furcata Baird, Seutellidium tisboides Cls. welche marin sind. Von den Fidji-Inseln führt Gerstaecker (Bronn S. 794 und 1063) an: Cyelöops vitiensis, Canthocamptus linearis, Lynceus latifrons, Daphnella angusta. Von den Sandwichs-Inseln ist Cypris unispinosa, von Tahiti Limnadia Garreti Richt. bekannt. Von den Kerguelen-Inseln hat Studer beschrieben Cyelops Bopzini, Cyelops Krillei, Simocephalus interme- dius, Macrothrix Boergeni, Pleuroxus Wittsteini, Alona Weineckii, Candona Ahlefeldii, alles zwar neue Arten, die aber doch den bekannten kosmopolitischen Gattungen angehören. Paläontologisch sind Copepoden gänzlich und Clado- ceren fast ganz unbekannt. Die aus der eocänen rheini- schen Braunkohle beschriebenen Ephippien von Daphnien scheinen nicht einmal ganz zweifellos zu sein, andere Reste sind nicht bekannt. Die geringe 2--3 Mm. selten überschreitende Grösse dieser Thiere und ihr zarter Körper machen sie zu fossiler Erhaltung nicht geeignet. Nur die Östrakoden besitzen eine stärkere, verkalkte Schale, welche zur fossilen Erhaltung geeignet ist und diese sind denn auch von lockeren Siluren reichlich er- halten. Trotzdem können wir nicht daran zweifeln, dass diese kleinen Entomostraken ein hohes Alter besitzen. Wo die Paläontologie den Dienst versagt, kann die Zo- ologie gleichwohl auf indireetem Wege oft noch Auskunft geben. Die Erfahrung lehrt uns, dass Thiere und Pflanzen welche erst in der Tertiärepoche auftreten eine begrenz- tere Verbreitung besitzen als jene von höherem Alter, und das in umso stärkerem Grade je weiter eben die be- treffenden Organismen in der Reihe der Formationen zurückreichen. Thatsachen der Paläontologie wie der geographischen Verbreitung zwingen uns in gleicher Weise zur Annahme, dass im Gegensatz zur Wallace’schen Lehre von der Constanz der Continente und Meerestiefen die Vertheilung von Wasser und Land am Ende der paläozoischen und während der mesozoischen Epoche eine ab- solutandere war.*) Nieht nur, dass Australien und Neusceland mit Südamerika dureh einen pacifisch-antarktischenContinent verbunden waren — eben jetzt wieder hat die Ueberein- stimmung der triassischen Flora von Argentinien und Australien hierfür einen neuen Beleg gebracht —, auch die Inseln des stillen Oceans waren ein Theil dieses Continentes. Während Wallace durch schwimmende Bäume und Eisberge diese polynesischen Inseln besiedeln lässt, habe ieh**) darauf hingewiesen, dass diese Inseln bis zu Tahiti und den Sandwichs-Inseln hin noch Süss- wasser-Conchylien beherbergen welche durch die Fluthen des Oceans nicht können übertragen sein, und dass, von den mit activem und passivem Flugvermögen versehenen, zumal also Vögeln, abgesehen, nur solehe Thiere auf den östlich von Viti gelegenen Inseln vorkommen, welche schon zur Seeundärzeit existirten. Die tertiären placentalen Säugethiere haben Viti nicht erreieht wohl aber die Anuren, und zwar in der Gattung Cornufer welehe auch auf den Philippinen und in Neuguinea vorkommt. Weiter als bis nach Neuseeland nnd den Fidji-Inseln sind aber Batrachier nicht vorgedrungen, es muss also zu Ende der Kreideformation bereits der Zusammenhang zwischen Viti und den östlichen Insel- gruppen unterbrochen gewesen sein und thatsächlich existiren auf dieser Insel auch nur solehe Organismen, deren Verwandte bereits im Jura auftreten oder doch wahrscheinlich schon zu jener Zeit existirt haben müssen. (Sehluss folgt.) *) Näheres bei v. Jhering, Gevograph. Flussmuscheln. „Ausland“ 1590 No. 48 und 4). **%) Siehe meine hierüber in Kürze in scheinende Arbeit. Verbreitung der der „Natur“ er- Ueber den Einfluss des Alkohols auf den Organis- mus der Kinder veröffentlicht Prof. Dr. R. Demme in Bern eine kleine recht beachtenswerthe Broschüre, deren Inhalt im Wesentlichen folgender ist. — Demme führt auf Grund seiner im Jennerschen Kinderhospital gemachten Erfahrungen zahlenmässig den Nachweis, dass auch unter der heutigen Jugend der Alkoholmissbrauch stark ver- breitet ist. Der frühzeitige Alkoholgenuss der Kinder hängt, sagt Demme, mit der äussersten Armuth und mit den zum Theil zügellosen Lebensgewohnheiten der niedrigen Klassen zusammen. Da sich das Ungenügende ihrer Er- nährung in den Arbeiterfamilien oft genug fühlbar macht, so greifen sie, um den Nahrungsdefeet zu decken, zum Branntwein, an dem auch die Kinder ihren regelrechten Antheil erhalten. Auch das böse Beispiel der Eltern er- weckt häufig Nacheiferung und fordert die Kinder zum geheimen oder offen getriebenen Alkoholgenuss auf. Aber auch vielen Kindern der Wohlhabenden und Reichen ist der Alkohol in Gestalt des Bieres und Weines ein täg- liches Genussmittel. Die Unsitte, die Kinder bei Tische mittrinken zu lassen, ist weit eingerissen; ja heut zu Tage zieht man ja auch Kinder zu festlichen Gelagen zu, und nicht geringe Mengen Alkohol werden von Kindern häufig auf sonntäglichen Ausflügen, Reisen und dgl. m. konsumirt. Zu einem grossen Theil geschieht die Verabreichung von Alkohol an die Kinder seitens der Eltern in dem besten Glauben ihnen etwas Gutes anzuthun. Im Volke ist die Vorstellung weit verbreitet, dass der Alkohol ein Stärkungs- mittel sei. Schon dem Säugling in der Wiege setzen viele Mütter einige Tropfen Cognak der Milch zu, und so zieht sich dureh das ganze Kindesalter der Genuss des Alkohols in immer steigenden Mengen hin, In 406 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 40. Krankheitszuständen nun gilt gar der Alkohol als das beste Mittel, leichte Ernährungsstörungen, Verdauungs- besehwerden und dergl. ohne Zuziehung des Arztes zu beseitigen. Diese Vorstellung vom Nähr- und Heilwerth des Alkohols sind ganz irrig. Thatsache ist nur, dass der Alkohol in kleinen Mengen eine die Verdauungs- thätigkeit anregende Wirkung hat. Die Erregung des Öentralnervensystems durch den Alkohol, welche das Gefühl der Müdigkeit bannt und anscheinend neue Kräfte giebt, ist nur eine vorübergehende. Nur Kaffee oder Thee vermag in Wirklichkeit die geistigen und körper- liehen Kräfte nachhaltig anzuregen. Auf den kindlichen Organismus machen sich nun die schädigenden Einflüsse des Alkohols in folgender Weise geltend: Die akute Alkoholvergiftung tritt in die Erschemung als Aufregungs- zustand, der sich bis zum Ausbruch von Krämpfen steigern kann, und dem ein Stadium lähmungsartiger Erschlaffung an Körper und Geist folgt. Diese Beispiele von Kinder- trunkenheit sind glücklicher Weise noch selten. Weit häufiger ist die allmähliche Zerstörung des kindlichen Organismus durch den gewohnheitsmässigen übertriebenen Alkoholgenuss. Auf diese Ursache sind zumeist viele der so häufigen chronischen Magen-Darmkatharre der Kinder zurückzuführen, die fortschreitende Abmagerung und Kräfte- verfall im Gefolge haben. Auch die typische Säuferleber mit ihrem tödtlichen Ausgang ist bei Kindern beobachtet worden. Demme hat auch nachgewiesen, dass der Al- koholmissbrauch das Längenwachsthum der Kinder be- einträchtigt. Die bedeutungsvollsten Störungen der kind- lichen Gesundheit treten jedoch im Gebiet des Nerven- systems hervor. Dass auch unsere Jugend zum Theil schon der Modekrankheit „Nervosität“ verfallen ist, ist nach Demme auch dem Alkoholgenuss mit auf das Konto zu setzen. Dass der Alkohol auch wirklich all die be- sagten Schäden bewirkt, ist des Oefteren dadurch bewiesen worden, dass sie schwanden nach Aufhebung des Alkohol- genusses. „Von grösster Tragweite schliesslich für das Jugendliche Individuum ist jedoch der, die sittliche Kraft, die Moralität des Menschen lähmende Einfluss des Alkohol- missbrauches. Der an den reichlichen Genuss geistiger Getränke gewöhnte Knabe oder Jüngling lässt in Folge der, die Willensenergie lähmenden Einwirkung des Al- kohols seinen Leidenschaften ungehemmt die Zügel schiessen. Leider hat das Kind nicht nur die Folgen des eigenen Alkoholmissbrauches zu tragen, sondern der Alkoholismus schädigt in sehr erheblicher Weise die Gesundheit und Lebensfähigkeit der Nachkommenschaft. Der Alkoholis- mus ist eine Geisteskrankheit und neigt als solehe sehr zur erblichen Uebertragung, die als Trunksucht selbst wieder zum Ausdruck kommt, weit häufiger aber, als all- gemeine körperliche und geistige Entartung. Demme hat die Nachkommenschaft von zehn Trinkerfamilien mit der zehn anderer Familien verglichen, die nachweislich frei von der Alkoholwirkung waren. Von 57 Kindern der ersteren starben 25 in den ersten Lebenswochen und Mo- naten an Lebensschwäche oder Krämpfen, 6 Kinder waren Idioten, bei 5 war ein auffallendes Zurückbleiben des Längenwachsthums festzustellen, 5 Kinder litten an Epi- lepsie, 1 an schwerem, schliesslich zur Idiotie führenden Veitstanz; bei 5 Kindern schliesslich bestanden angeborene Missbildungen. Was Demme zum Schluss von dem Schwei- zer Volke sagt, das gilt sicherlich nicht minder für das deutsche Volk: „Glücklicher Weise gehört im Verhältniss zu der Zahl der Bevölkerung eine derartige alkoholische Entartung ganzer Familien und auch einzelner Kinder doch nur zu den seltenen Vorkommnissen . Es silt jedoch heute verborgene Schäden aufzudecken, welche an der Wurzel dieses kräftigen Baumes nagen, Schäden, welche zur Zeit in jedem Lande die gesunde Entwicklung der Jugend bedrohen und an deren Beseitigung wir alle gemeinschaftlich mitzuwirken haben.“ Dr. A. Ein neues Mesozoon. — Bisher bildeten die einzige Zwischenstufe zwischen den Protozoen, den einzelligen Thieren, und den aus drei Zellschichten aufgebauten Metazoen die kleinen Gruppen der Orthonectiden und Dieyemiden. Man hat diese aus zwei Zellschichten be- stehenden Wesen daher aueh als Mesozoen bezeichnet. Sie ähneln Infusorien oder gewissen freischwimmenden Embryonen der Leberegel und schmarotzen im Innern von Würmern, Stachelläutern oder Tintenfischen. Neuerdings beschreibt nun Johannes Frenzel in Cordoba ein „vielzelliges, infusorienartiges Thier* aus der „mikroskopischen Fauna Argentiniens“. (Zool. Anz. 1591 S. 250.) in einem Salinensalze enthaltenden Aquarium fanden sieh diese Thierchen am Boden und an den Wänden kriechend vor. Sie sind schlauchförmig, vorn und hinten zugespitzt und von oben nach unten etwas zusammengedrückt, sodass die Körperform zweiseitig- spiegelgleich ist. Die Bauchseite ist flach, die Rücken- seite gewölbt. Vermöge einer feinen Wimperung bewegen sie sich auf der ersteren unter schlangenähnlichen Win- : dungen vorwärts. Der Mund, vorn gelegen, ist etwas bauchständig, der After liegt hinten genau am Körper- ende. Längere und stärkere Cirren, als sie die Seiten und den Rücken spärlich bekleiden, strudeln die Nahrung in den Mund. Eine Cutieula fehlt, doch ist die Zell- membran an der Aussenseite stärker entwickelt. Die Zellen, die die Wandung des Schlauchkörpers bilden, sind gross, fast würfelförmig, und bilden eine einzige Sehieht. Die Höhlung des Schlauches stellt die Darm- höhlung dar und ist mit Sand, Pflanzenresten und niederen Algen erfüllt. Die Zellen sind mit Ausnahme der ver- schiedenen geschilderten Bewimperung sämmtlich gleich. Ihre darmwärts gerichtete Wandung ist gleichfalls fein bewimpert. Jede Zelle hat einen deutlichen Kern mit mehreren Nucleolis. Das Wachsthum erfolgt durch Zell- theilung, der auch hier eine Kerntheilung vorangeht. Die Fortpflanzung geschieht bei grossen Individuen durch Quertheilung, die an diejenige erinnert, welche die Ketten- form der Strudelwürmer aus der Familie der Catenuliden bedingt. Zweitens beobachtete Frenzel eine Conjugation. Zwei Individuen legten sich mit der Bauchseite zusammen, stellten die Wimperbewegungen ein und vereinigten sich. Es erfolgte darauf Abrundung zu einer gemeinsamen Kugel und Eneystirung. Die Darmhöhlen verschwinden darauf, und die ganze Kugel besteht aus gleichartigen Zellen. Frenzel vermuthet, dass jede derselben ein Sprössling wird. Er fand wenigsten in dem Aquariun auch einzellige, bauchwärts bewimperte Thierchen mit einigen Cilien am Vorderende. Dr. €. 'M. Neuere Ergebnisse über die Fortpflanzung und Lebensgewohnheiten der Kirschfliege. — Höchst inter- essante Resultate haben die Versuche ergeben, welche neuerdings von Prof. Dr. A. B. Frank an der Königl.- Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin bezüglich der Fortpflanzung und der Lebensgewohnheiten der in den letzten Jahren besonders in Guben sehr verheerend aufgetretenen Kirschfliege (Spilographa Cerasi F.) an- gestellt sind. Am 8. Juli vorigen Jahres wurden von dem nannten Forscher behufs eingehender Feststellung der Fortpflanzung ete. Maden der Kirschfliege in Guben ge- sammelt und darauf zur Züchtung und genauen Beob- achtung in Kästen, welche mit Erdboden angefüllt, oben ge- Nr. 40. Naturwissenschaftliche Wochensehrift. 407 aber mit Glasglocken abgeschlossen waren, im Freien, im Versuchsgarten der Königl.-Landwirthschaftlichen Hoch- schule, also unter völlig natürlichen Bedingungen den ganzen Winter hindurch bis zum Juli dieses Jahres aus- gesetzt. In dem Boden gelangten die T’hiere alsbald zur Verpuppung und blieben in diesem Zustande nicht nur bis zum Winter in Ruhe, sondern auch den ganzen Winter hindurch übte der sehr strenge Frost keinerlei schädigende Wirkung auf dieselben aus. Am 31. Mai dieses Jahres erschienen aus den Puppen die ersten Kirschfliegen, deren Zahl sich bis in den ersten Tagen des Monat Juni auf 19 erhöht hatte. Diese Zeit des Fluges fällt nun genau zusammen mit der Reife der neuen Kirschfrüchte, welche die Fliegen aufsuchen, um in dieselben ihre Eier abzulegen, wodurch schliesslich das Madigwerden und Abfallen der Früchte herbeigeführt wird. Die vielfach gehegte Vermuthung, dass die Fliege noch eine zweite Generation im Spätsommer habe, wo- durch ihre Bekämpfung bedeutend erschwert werden würde, hat sich nach Frank’s Untersuchungen als un- zutreffend erwiesen. Die Kirschfliege hat nur eine einzige Generation. Weitere Untersuchungen zeigten nun ferner, dass die aus den Lonicerabeeren stammenden Fliegen, deren Maden in derselben Weise von Frank den Winter hin- durch gezüchtet und von denen bis Anfang Juni 25 Fliegen ausgeflogen waren, ganz speeifisch identisch mit der Kirschfliege sind. Ihre Lebensweise ete. stimmen gleichfalls vollkommen überein, ebenso die Flugzeit, indem die Lonicerafliegen nur 5 Tage später als die Kirschfliegen ihren Flug begannen. Hieraus geht mit aller Bestimmtheit hervor, dass das unter dem Namen Kirschfliege bekannte Insekt nicht bloss die Kirschen bewohnt und in diese seine Eier ab- legt, sondern auch die Beeren der, zumal in Guben, als Zierstrauch vielfach angepflanzten Lonicera tatarica. Dagegen ist es durch genaue Untersuchungen von Frank festgestellt, dass die Kirschenmade in keinem anderen der daselbst kultivirten beerentragenden Ziersträucher anzutreffen ist als eben in der Lonicera. Aus all’ den erwähnten Untersuchungen und Beob- bachtungen ergiebt sich mit Sicherheit, dass man auf eine gründliche Ausrottung der in den Gubener, sowie in den Kirschplantagen anderer Orte vorkommenden schädlichen Kirschfliege auf die Dauer nur rechnen darf, wenn man neben den bisherigen Bekämpfungsmassregeln:: Einsammeln der abgefallenen Früchte, aus welchen die Maden zur Verpuppung in die Erde gehen und Umgraben der Erde um die Bäume im Herbste, auch gleichzeitig die Lonicerasträucher beseitigt, in gleicher Weise, wie es ja längst erwiesen ist, dass man z. B. dem Getreid- roste nur durch eine gleichzeitige Entfernung der Berbe- ritzensträucher wirksam entgegentreten kann. Dr. R. Otto. Der „Le Cat’sche Versuch“ und die Erzeugung farbiger Schatten auf der Netzhaut. — Unter diesem Titel hat Dr. G. Wallenberg im Archiv für Physiologie einen Aufsatz veröffentlicht, dessen Inhalt unseres Er- achtens verdient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden, um so mehr, als der Gegenstand ein Gebiet betrifft, auf dem noch interessante Entdeekungen zu erwarten sind. Dr. Wallenberg stellt den sogenannten „Le Cat’schen Versuch“ in folgender Anordnung an: Man bringe vor eines der Augen diesseits des Nahepunktes desselben einen Liehtpunkt, am besten eine kleine Oeflnung in einem Kartenblatt, durch welche die Strahlen einer Lampe oder eines Lichtes fallen; alsdann entsteht bekannt- lich auf der Netzhaut ein Zerstreuungskreis, weil die Liehtstrahlen bei der Breehung im Auge in einen Strahlen- kegel verwandelt werden, dessen Spitze hinter der Netz- haut liegt. Nun bringe man zwischen Auge und Lieht- punkt einen kleinen dunklen Gegenstand, wozu sich am besten eine schwarze Stecknadel eignet, und man wird ein umgekehrtes dunkles Bild der Nadel erblicken: es ist dies, wie man auch objektiv mittels der Camera obseura zeigen kann, ein Schattenbild der Nadel, welches dadurch entsteht, dass die dieht vor dem Auge befindliche Nadel einen Theil der Liehtstrahlen hindert ins Auge zu dringen. Das Schattenbild ist in Wirklichkeit demnach aufrecht, aber infolge unserer Gewohnheit, alle Bilder der Netzhaut umzukehren, erscheint es umgekehrt. Je nachdem man die Nadel dem Lichtpunkte nähert oder von demselben entfernt, wird das Schattenbild der Nadel grösser oder kleiner, wie man sowohl durch Versuch als auch mit Hilte einer kleinen Zeichnung leicht bestätigen kann. Betrachtet man die Nadel im den Zerstreuungskreisen zweier verschieden grosser Oeffnungen des Kartenblattes, so erscheint das Bild der Nadel in dem Zerstreuungskreise der grösseren Oeflnung undeutlicher und schmaler als in dem der kleineren und überdies noch mit einem hellen Saume umgeben; es ist dies nach Dr. Wallenberg so zu erklären, dass die grosse Oeffnung etwa aus zwei kleineren zusammengesetzt zu denken ist, deren Zerstreuungskreise die Bilder der Nadel theilweise belichten, so dass eine Art Halbsehatten entsteht (der Saum), während das schein- bare Bild nur den Kernschatten der Nadel auf unserer Netzhaut darstellt. Aehnlich erklärt sich das eigenthüm- liche Verhalten des Schattenbildes der Nadel, wenn man zwei ganz feine neben einander liegende Oeffnungen oder auch eine Liechtlinie benutzt. Den interessantesten Theil der Wallenberg’schen Mit- theilung bildet nun die Erzeugung farbiger Schatten auf der Netzhaut mittels des Le Cat’schen Versuchs. Bedient man sich nämlich eines Lichtpunktes auf farbigem Hinter- grunde, etwa eines kleinen kreisförmigen Papierstückchens, das auf rothes Papier geklebt ist, so erblickt man in dem Zerstreungskreise dieses Lichtpunktes das Bild der Nadel stets in der Farbe des Hintergrundes, in dem an- genommenen Falle also eın rothes Bild der Nadel, nicht etwa, wie es scheinen möchte, ein ‚Bild in der Comple- mentärfarbe. Dass dies so ist, lässt sich auch, wie Dr. Wallenberg angiebt, sehr schön objeetiv darstellen, und es erklärt sich die Erscheinung ungezwungen folgen- dermassen. Durch das diffus reflektirte Licht des farbigen Hintergrundes wird die Netzhaut in ihrer ganzen Aus- dehnung beleuchtet, die von dem Zerstreuungskreise des Liehtpunktes eingenommene Stelle empfindet nur das weisse Licht des Zerstreuungskreises. Durch die Einführung der Nadel zwischen Auge und Lichtpunkt entsteht ein Schatten- bild derselben, in dem dann das farbige diffuse Lieht des Hintergrundes wieder zur Geltung gelangt, so dass der Schatten der Nadel thatsächlich in der Farbe des Hinter- grundes erscheint. Ein sehöner Versuch ergiebt sich auch mit Anwendung einer Lichtlinie, wobei die Nadel der letzteren parallel zu halten ist, wenn man zu beiden Seiten der Lichtlinie ver- schiedene Farben anbringt: das Schattenbild der Nadel auf unserer Netzhaut erscheint dann in der Mischfarbe. Bei rothem und blauem Papier erscheint das Nadelbild purpurfarben. Ja, selbst wenn der Hintergrund bunt, ge- fleckt oder gerippt ist, erscheint das Bild von derselben Beschaffenheit. Nimmt man einen schwarzen Punkt auf weissem Hintergrunde, so erblickt man — wozu allerdings einige Uebung erforderlich — ein weisses Bild der Nadel ge- wissermassen in eimem „schwarzen Zerstreuungskreis“. 408 Naturwissenschaftliche Wochensehrift. Nr. 40 3esser gelingt der Versuch mit einer schwarzen Linie auf weissem Papier: das Nadelbild erscheint sogar intensiver weiss als der Hintergrund. Was nun die Erklärung der letzteren und ähnlicher Erscheinungen anbetrifft, so scheint eine solche allerdings nieht ohne weiteres leicht gegeben, ob aber diese zuletzt angeführten und ähnliche Beobachtungen eine Stütze für die Hering’sche Farbentheorie zu liefern im Stande sind, wie es Dr. Wallenberg für möglich hält, das erscheint zweifelhaft und bedarf” wohl noch weiterer Studien auf diesem interessanten Felde. A. G. Ueber die scheinbare Beruhigung des Wellen- schlages durch eine oberflächliche Oelschicht. — Verfasser hatte kürzlich Gelegenheit, Beobachtungen über den oft besprochenen angeblichen Einfluss, welchen eine Oberfläche von Oel, Fett, Petroleum oder dergleichen auf die Wellenbewegung des Wassers ausüben soll, unter besonders günstigen Umständen zu machen. Die Ober- fläche der Spree war zufällig in Folge des Einfliessens von Oel aus einem der noch vereinzelt in sie einmün- denden Abwässerkanäle auf die Breite von mehreren Metern mit einer ziemlich starken Oelschicht bedeckt, welche sich längere Zeit durch erneuten Zufluss von Oel eonstant erhielt. Gleichzeitig war durch einen leichten Wind die Oberfläche des Wassers anhaltend gleichmässig von leichten Wellen gekräuselt. Man hatte so Gelegen- heit, von festen Beobachtungspunkten aus die mit Oel bedeckten sowie die von demselben freien Stellen der Wasseroberfläche in aller Musse unmittelbar neben ein- ander zu beobachten und sich darüber Rechenschaft zu geben, welche Umstände andere Beobachter veranlasst haben mögen, die von Oel bedeckte Oberfläche als be- ruhigt zu betrachten. Es zeigte sich nun dureh die sorgfältigste Beobach- tung der Erscheinung, dass der einzige Grund zu der bisher von mancher Seite verfochtenen Ansicht die diffuse Reflexion ist, welehe von der das Wasser be- deekenden Oelschicht ausgeht, während an der von Oel freien Wasseroberfläche einfache Reflexion stattfindet. Letztere Oberfläche bot im Folge der Reflexion des gleich- mässig grauweiss überzogenen Himmels das jedem Natur- beobachter bekannte Bild einer dunklen Oberfläche mit hellleuehtenden Flecken, welche sieh in Folge der Wellen- bewegung fortwährend unter Schwanken verschieben. Die mit Oel bedeckte Oberfläche dagegen erschien von oben gesehen hellgrau, abgeschen von einigen Stellen, an welchen sich in Folge einer sparsameren Vertheilung des Oels über die Oberfläche des Wassers die bekannten regenbogenartigen Newton’schen Farbenerscheinungen zeigten. Von dem Wellenschlage dagegen war von oben fast absolut nichts zu sehen, nur ein Schwanken und Ver- schieben hellerer Stellen in dem Grau liess für den auf- merksamen Beobachter dieselben trotzdem entdecken. Ganz anders dagegen gestaltete sich die Sache, wenn man, wie dies die Situation der betreffenden Brücke gestattete, einen Beobachtungsort wählte, weleher die diffuse Reflexion eliminirte. Die Beobachtung bot unter diesen Verhältnissen ein ganz anderes Bild: es verschwand sofort jeder Unterschied in den Bildern, welche die Wellenbewegung des Wassers mit und ohne Oeloberflächenschicht bot, wie man diese Bilder völlig klar neben einander in voller Musse mit Sicherheit beobachten konnte. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass, wenig- stens soweit mässige Wellenbewesungen i in Frage kommen, ein beruhigender Einfluss des Oels auf die Wellenbewegung nicht existirt. Eine Erklärung dafür, dass so viele frühere Beobachter an eine solche glauben, mag man darin finden, dass sie von in Bewe- gung befindlichen Fahrzeugen, Dampf- oder Segelschiffen und selbst Booten aus und noch dazu an beliebigen Stellen des bewegten Meeres zu beobachten suchten, während selbstverständlieh bei Entscheidungen über so diffieile Fragen vor allen Dingen eine günstige Gelegen- heit, von einem festen Standpunkte aus sicher beobachten zu können, für den Beobachter erforderlich ist. Hoffentlich bietet sich mir in Zukunft auch einmal eine günstige Gelegenheit, meine Beobaehtungen auf Wellenbeweeungen von erösserer Intensität ausdehnen und so die endgiltige Be antwortung einer Frage herbeiführen zu können, auf welche die Seeschifffahrt aller Nationen seit Jahren gespannt ist. Dr. Kronberg. Ueber die Reinigung der Fahrik- und Trinkwässer berichtet Dr. Hess in Biedermanns Centralblatt für Agri- kulturchemie nach in Frankreich angestellten Forschungen von A. und P. Buisine. — Infolge seiner zu hohen Her- stellungskosten hat das schwefelsaure Eisen bislang keine Anwendung zur Reinigung von Wässern gefunden. Den Verfassern ist es gelungen, aus dem serösteten Eisenkies, einem von den Hüttenwerken zu billigen Preisen erhält. lichem Material auf einfache Weise jenes Salz darzustellen. Es geschieht das in der Weise, dass der geröstete Eisen- kies mit Schwefelsäure von 66° B. übergossen und unter Umrühren einige Stunden lang auf 100—150° C. erhitzt wird. Es wird hierdurch die Säure unter Bildung von schwefelsaurem Eisen fast völlig gesättigt und man braucht die getrocknete pulverförmige Masse nur mit einem bestimmten Volumen Wasser- zu behandeln, um eine Eisensulfatlösung von gewünschter- Ooneentration zu er- halten. Indem man dieses Verfahren wiederholt, kann man die Gesammtmenge des Eisenkieses in schwefelsaures Salz umwandeln. Die so erhaltene Lösung von schwefelsaurem Eisen eignet sich vorzüglich zur Reinigung der Fabrik- und Trinkwässer. Vergleichende Versuche, welche die Ver- fasser mit der Eisensulfatlösung einerseits und den gewöhnlich zur chemischen Reinigung von Wässern ver- wandten Substanzen andererseits anstellten und zu welehen sehr stark verunreinigte Wässer verwandt wurden, führte zu folgenden Ergebnissen: Infolge seiner Löslichkeit bewirkt das schwefelsaure Eisen eine vollständigere Reinigung der Wässer, als sie mit Kalkmilch hervorgebracht wird, obgleich die Kosten in beiden Fällen annähernd die gleichen sind. Während das durch Eisensulfat gereinigte Wasser klar, farb- und geruchlos ist und neutral oder schwach sauer reagirt, ist das mit Kalk behandelte Wasser schwach alkalisch, bleibt gefärbt, behält einen unangenehmen Geruch und bietet infolge seines grossen Gehaltes an organischen Stoffen g günstige Bedingungen zur Einleitung von Fäulnissprocessen. Der durch das schwefelsaure Eisen bewirkte Niederschlag setzt sich sehr schnell am Boden ab und unterscheidet sich sehr vortheilhaft von dem durch Kalkzusatz herbei- geführten Bodensatz, welch letzterer bei etwas höherer Temperatur schnell in Fäulniss übergeht. Durch Behand- lung des getrockneten Niederschlages mit Schwefelkohlen- stoff kann man das in demselben enthaltene Fett extra- hiren, da dieses infolge des geringen Säuregehaltes der Eisensulfatlösung in dem Bodensatz im freien Zustande enthalten ist. Nr. 40. Naturwissenschaftliche Wochensehrift. 409 Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die neubegründete ordentliche Professur für Psychiatrie an der Universität Jena hat der seitherige ausserordentliche Nominal- professor Dr. OÖ. Binswanger erhalten. — Nach Marburg ist als Goebels Nachfolger in der Professur für Botanik der ausser- ordentliche Professor Dr. Arthur Meyer in Münster berufen. Mit Professor Goebel siedelt auch dessen Assistent, Privatdocent Dr. C. Giesenhagen von Marburg nach München über. — An der Universität Wien hat sich Dr. S. Päl für innere Medizin habilitirt. — Dr. Hugo Warth, seit mehr als 20 Jahren in Östindien mit wissenschaftlichen Arbeiten für die englische Re- gierung thätig, ist zum Direefor des grossen Naturalieneabinets in Madras ernannt worden. — Es sind gestorben: Am 12. Septbr. in Freiberg i. S., 58 Jahre alt, der Professor an der Bergakademie, Bergrath Dr. C. G. Kreischer und am 18. September in Breslau Geheimer Medieinal-Rath Prof. Dr. ©. I. Klopsch, 62 Jahre alt. Auch Prof. Dr. Gaertner hat den Ruf zur Uebernahme der Professur für Hygiene in Marburg abgelehnt. Litteratur. Charles Darwin, Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl. 5. durchgesehene deutsche Aufl. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (€. Koch). Stuttgart 1590. — Preis 10 Mark. Es hiesse Eulen nach Athen tragen über ein weltberühmtes, jedem Naturforscher bekanntes Werk, dessen letzte vom Ver- fasser revidirte Ausgabe schon 1874 erschienen ist, jetzt noch ein Referat zu bringen; es kann sich daher hier nur darum handeln, das Erscheinen der neuen deutschen Auflage anzuzeigen. Sie ist compresser gedruckt als die früheren — wenigsten als die mir zum Vergleich vorliegende 3. Aufl. — aber ebenso gut gedruckt und ausgestattet. Beide Bände sind zu einem bequemen Band von 772 Seiten Umfang verschmelzen. Dr. P. Prahl, Kritische Flora der Provinz Schleswig-Holstein, des angrenzenden Gebiets der Hansastädte Hamburg und Lübeck und des Fürstenthums Lübeck. Herausgegeben unter Mitwirkung von Dr. von Fischer - Benzon und Dr. E. H. L. Krause. II. Theil. Universitäts- Buchhandlung von Paul Toeche. Kiel 1890. | Der I., 1888 erschienene Theil der Prahl’schen ausgezeichneten Flora bildet eine handliche Schul- und Exkursionsflora mit Be- stimmungstabellen nach der Lamarck’schen Methode und kurzen, meist allgemein gehaltenen Fundortsangaben. Der vorliegende Theil II ist für den Speeialfloristen bestimmt und enthält: 1. die Geschichte der floristischen Erforschung des Gebiets, 2. eine kri- tische Aufzählung und Besprechung der im Gebiete beobachteten oder aus demselben angegebenen Gefässpflanzen und ihrer Formen. Der I. Theil nimmt 64. der II. Theil 329 Octav-Seiten ein. Das Buch ist nicht blos den im Gebiete der Flora Wohnen- den, die sich ernster mit der Pflanzenwelt ihrer Heimath be- schäftigen unentbehrlich, sondern den wissenschaftlichen Floristen Deutschlands überhaupt. Auf den Inhalt des verdienstlichen Werkes gehen wir nicht näher ein, da uns Herr Prof. P. Ascherson eine eingehendere Würdigung des Buches versprochen hat. E- Rudolf Wolf, Handbuch der Astronomie, ihrer Geschichte und ihrer Litteratur. Mit zahlreichen in den Text gedruckten Holz- schnitten. In 2 Bänden. II. Halbband. Zürich, Schulthess, 1891. 8°. 8 M. Der vorliegende Theil dieses umfassenden Werkes behandelt zunächst die sphärische Astronomie, dabei wesentlich die geogra- phische Ortsbestimmung berücksichtigend. Es folgt dann eine Beschreibung des Fixsternhimmels mit Auseinandersetzungen über Sternkarten, worauf sich Verf. zur Darlegung des Laufes der Sonne, des Mondes und der Planeten wendet. Historisch interessant ist die sich hier anschliessende kurze Besprechung der der Astrologie. Praecession, Nutation, Aberration, physikalische Geographie, Angaben über Oberflächenverhältnisse in Sonne und Mond sowie die Verfinsterungen dieser Himmelskörper folgen. Von hohem Interesse ist die Darstellung der historischen Ent- wieklung der Anschauungen und Kenntnisse vom Baue des Welt- systems. Der eigentliche Text schliesst mit einem sehr ausführ- lichen, ganz vorzüglichen Kapitel über Zeitreehnung. Als eine werthvolle Beigabe betrachten wir die nun folgenden zahlreichen Tabellen, die: von ganz ausserordentlicher Mannig- faltigkeit sind. Auch die historisch-litterarische Tafel am Schlusse des Buches wird allgemeinen Beifall finden, wenn auch jeder nach seiner besonderen Riehtunz wohl gerne noch dies oder jenes in sie aufgenommen geschen hätte. Druck- bzw. Schreibfehler habe ich nur zwei irrelevante gefunden, die jeder Leser selbst sofort corrigiren kann. Die Vorzüge der von dem greisen Züricher Astronomen ge- wählten Behandlungsweise des Stoffes treten auch bei diesem Bande wieder in's hellste Lieht. Mit berechtigter Spannung sieht man daher den beiden noch ausstehenden Theilen des grossen Werkes entgegen. Gravelius. Publications of the West Hendon House Observatory, Sunder- land. No. l. The structure of the sidereal universe. By T. W. Backhouse. F. R. A. S. — Sunderland. Hills & Co 1891. Der Herr Verfasser hat sein Augenmerk auf gewisse An- ordnungen gerichtet, welche eine eingehendere Beobachtung im System der Fixsterne wahrnimmt. Es erscheinen nämlich sowohl Sterne in Reihen und Reihenbüschel geordnet, als auch finden wir solche regelmässige Zusammenstellungen zwischen Sternen und Nebelfleeken und zwischen Nebeln unter sich. Herr Back- house hat die Sternbilder: Zwillinge, Stier, Orion, Einhorn auf diese Beziehungen hin untersucht und giebt in vorliegender Arbeit eine tabellarische Darstellung seiner sehr zahlreichen Er- gebnisse, der auf 8 Tafeln zunächst eine graphische Orientirung der einzelnen Linien und Linienbüschel, in Bezug auf ihre Posi- tionswinkel, beigegeben ist. Endlich sind dem sehr fleissigen Werke, dass allerdings von wesentlich fachlichem Interesse ist. mehrere Situationspläne der beobachteten Himmelsgegend mit Einzeiehnung der Hauptlinien beigegeben. Gravelius. Raphael Koerber, Repetitorium der Geschichte der Philosophie. Stuttgart, Carl Conradi. 1890. M. 2,50. Dieses kleine, 12'/; Bogen umfassende Werkehen dürfte sich wohl sehr viele Freunde erwerben, Es erscheint uns nach sorg- fälrigem Durchlesen durchaus geeignet denjenigen Studirenden, welche sieh zu einem Examen in der Geschichte der Philosophie als Nebenfach vorbereiten. Aber man wird es auch im späteren Leben immer gerne als ein schnell und bündig Auskunft erthei- lendes Nachschlagebuch willkommen heissen. Für eine hoffentlich recht bald nothwendig werdende zweite Auflage möchten wir aber die Bitte an den Verfasser richten, lieber die vorkantische Philo- sophie etwas sparsamer zu behandeln, und dafür Kant selber wie auch der nachkantischen Zeit mehr Raum zu gewähren. Nament- lich die letztere ist allzu sehr als Stiefkind behandelt. In einem Buche, das doch wesentlich für Candidaten des höheren Lehramts bestimmt ist, müsste Herbart unserer Ansicht nach eine eingehende Berücksiehtigung gefunden haben. Dann scheint es uns doch auch nur riehtig zu sein, wenn eine auch noch so kurze Ueber- sicht über eine Geschichte der Philosophie uns namentlich auch über die moderne philosophische Bewegung inhaltlich — wenn auch nur ganz HHüchtig — einige Auskunft gibt. Namen thun’s hier nicht. Dieser Mangel wird aber leicht nachzuholen sein. Wir wünschen dem trefflichen Werkehen die weiteste Verbreitung unter den Studirenden und bei allen denen, die es noch nicht für nöthig halten, die Philosophie in die Rumpelkammer zu verweisen. Der 6. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig für die Vereinsjahre 1857/83 und 1588/89 (Braunschweig 1891. Commissions-Verlag der Schulbuchhandlung;) enthält aus der Feder V. v. Koch's den zweiten Nachtrag zur Molluskenfauna der Umgebung von Braunschweig, einen Aufsatz von Oberbaurath Dr. H. Scheffler über Contrasterscheinungen und ‘eine kleine Abhandlung Dr. J. Fromme's: Caleit im Corallenkalk des Ith (Braunschweig). Den grössten Theil des Bandes S. 65— 527 nimmt die Fortsetzung eines äusserst fleissigen, dankenswerthen Verzeichnisses der auf die Landeskunde des Herzogthums Braunschweig bezügliehen Litteratur ein, an deren Zusammenstellung Prof. J. H. Kloss (Geologie und Verwandtes), Landes - Vermessungs - Inspector B. Pattenhausen (Gewässer), Kammerrath W. Horn und der vorige (Klima), General - Super- intendent W. Bertram (Pflanzenwelt) und Prof. W. Blasius (Thierwelt) sich betheiligten. Unter Zoologie werden nieht weniger als 2504 einzelne Schriften und Abhandlungen aufgeführt. Kolbe, H. J., Einführung in die Kenntniss der Insekten. 6. Lfg. Berlin. 1 M. Y Krafft, F., Kurzes Lehrbuch der Chemie. Wien. 9M. Krehl, L., Beitrag zur Kenntniss der Füllung und Entleerung des Herzens. Leipzig. 5 M. Kresling, K., Beiträge zur Chemie des Blüthenstaubes von Pinius sylvestris. Dorpat. 1,50 M. Anorganische Chemie. Krick, F., Ueber die Rindenknollen der Rothbuche. Cassel. sM. Krohl, B., Zur Kenntniss der Oxalsäure und einiger Derivate der- selben. Dorpat. 1,60 M. Lehmann, O., Das Kamel, seine geographische Verbreitung und die Bedingungen seines Vorkommens. Weimar. 2 M 410 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 40. Lerch, M., Zur Theorie der unendlichen Reihen. Prag. 0,10 M. Lie, S., Vorlesungen über Differentialgleicehungen mit bekannten infinitesimalen Transformationen. Leipzig. 16 M. List, K., Westfälische Kohlenformation. Hamburg. 0,80 M. Lörenthey, E., Die pontische Stufe und deren Fauna bei Nagy- Mänyok im Comitate Tolna. Budapest. 0,80 M. Loriol, P. de, Notes pour servir & l’e&tude des Echinodermes. Basel. 4 M. Luck, W., Beiträge zur Wirkung des Thalliums. Dorpat. 1,50 M. Magnan, V., Psychiatrische Vorlesungen. 1. Hft: Ueber das „Delire de chronique A &volution systematique“. Leipzig. 1,20 M. Mendelejeff, D., Grundlagen der Chemie. 3.—5. Lfg. St. Peters- burg. &3 M. Mendelssohn, J., Beitrag zu den Isomerieen der Zimmtsäure- reihe. Leipzig. 0,60 M. Messtischblätter des Preussischen Staates. i:25,000. No. 267. Dammen. — No. 268. Stojentin. — No. 317. Rügenwalde. — No. 454. Alt-Kolziglow. — No. 611. Sydow. — No. 689. Kölpin. No. 690. Roman. — No. 776. Petershagen. — No. 870. Rützen- hagen. — No. 873, Polzin. — No. 963. Basenthin. — No. 1841. Müncheberg. Berlin. ä 1 M. Miczynski, K., Ueber einige Pflanzenreste von Radäcs bei Eper- jes, Comitat Säros. Budapest. IM. Miller, W. v.,, u. H. Kiliani, Kurzes Lehrbuch der analytischen Chemie. 2. Aufl. München. 10 M. Obermayer, A. v.. Zur Erklärung einer mit der fortführenden Entladung der Elektrizität verbundenen Anziehungserscheinung. Leipzig. 0,20 M. —.— Untersuehungen über die Entladung der Elektrizität aus Spitzen. in verschiedenen Gasen, bei verschiedenen Drucken. Ebd. 1,20 M. Oppel, A., Vergleichung des Entwicklungsgrades der Organe zu verschiedenen Entwiekelungszeiten bei Wirbelthieren. Jena. 7M. Oppenheim, S., Bestimmung der Balın des Planeten (290) Bruna. Leipzig. 0,20 M. AT Partsch, J., Philipp Clüver, der Begründer der historischen Länderkunde. V. Bd. 2. Hft. Wien. 2M. Pfaundler, L., Ueber eine verbesserte Methode, Wärmecapaei- täten mittelst des elektrischen Stromes zu bestimmen. Leipzig. 0,70 M. Pfeiffer, L., Die Protozoen als Krankheitserreger, sowie der Zellen- und Zellkernparasitismus derselben bei nicht-bakteriellen Infektionskrankheiten des Menschen. 2. Aufl. Jena. 4,50 M. Briefkasten. Herrn Dr. A. Koch-Hildesheim. — 1. Der Entwicklungs- eyclus von Distoma hepaticum ist namentlich seit den Unter- suchungen Leuckart’s bekannt, auf dessen zusammenfassendes Werk: Die Parasiten des Menschen und die von ihnen her- rührenden Krankheiten (Leipzig und Heidelberg, C. F. Fischer, 1879—89, bisher 4 Lieferungen) für alle weiteren Einzelheiten hingewiesen sei. — Die bewimperten Embryonen dringen in Limnaea truncatula Müll. (= L. minuta Drap.) ein, in welcher sie in Form von Sporocysten, Redien und Cercarien ihre weitere Entwicklung durchmachen. Einwanderungen in junge Limnaea peregra und L. stagnalis finden zuweilen auch statt, doch kommt es in diesen Schnecken zu keiner Weiterentwicklung, wenigstens niemals bis zur Cercarienbildung. — Die Zwischenwirthe von Dist. laneeolatum sind nicht bekannt. Die Annahme, dass es Planorbis marginatus sei, hat sich als Irrthum erwiesen. Ver- suche mit zahlreichen Arten von Süsswasser- und Landschnecken, welche angestellt wurden, sind bisher ohne Erfolg gewesen. x 2. Der Wimper-Embryo von Dist. hep. schlüpft aus dem Ei im Freien je nach der Temperatur in 4-6 Wochen aus. Der- selbe schwärmt im Wasser ganz kurze Zeit, höchstens einige Stunden, um in die Limnaea einzuwandern. In Schnecken, welche am 20. März infieirt waren, fand Leuekart nach 14 Tagen Redien, 4—5 Wochen später (Anfang Mai) die ersten Cerearien in den Redien; völlig ausgewachsene Redien mit Cercarien wurden erst noch weitere 2—3 Wochen später beobachtet. Man kann also als normale Zeitdauer, welehe von der Infecetion der Schnecken bis zur vollständigen Entwicklung der Cercarien verfliesst, im Sommer etwa S—10 Wochen annehmen. Im Winter geht die Entwicklung in der Schnecke bei weitem langsamer vor sich, zumal da dann aus der ersten Redien-Generation sich erst noch eine zweite bildet, in welcher die Cercarien entstehen: so wurden in Schnecken, die Anfang November infieirt waren, erst im Februar Redien mit grösseren Mengen von Üercarien gefunden, Die vom Schaf aufgenommenen eingekapselten Cercarien brauchen etwa 5—6 Wochen bis zur Geschlechtsreife und Eiablage, die ersten Zeichen der Erkrankung treten beim Schaf ebenfalls etwa 4—6 Wochen nach der Infection auf. 3. Die Embryonen von Dist. hep. befestigen sich mit Hilfe des Kopfzapfens an die freie Körperoberfläche der Schnecken: an Fühler, Kopf, Mantelrand oder gelangen durch das Athem- loch in die Lunge. Nach Abstossen des Wimperkleides bohren sie sich durch starke Muskeleontractionen in die Haut ein. An solchen Stellen, die eine starke, feste Muskulatur haben, (z. B. Fuss) vermögen die Parasiten nur schwer und selten einzudringen. Meist ist die Umgebung der Athemhöhle und der Mantelrand ganz von jungen Schmarotzern durchsetzt. Dort liegen sie im Innern der daselbst zahlreich vorhandenen Bluträume; bisweilen wandern auch einige Embryonen durch die Athemhöhle ins Innere zwischen die Darmschlingen und die Leberlappen. Die aus den Sporocysten schlüpfenden Redien dringen tiefer in die Leibes- höhle und namentlich in die Leber ein. Die Cercarien durch- brechen die Körperwandungen, um zur Aussenwelt zu gelangen. — Bei Dist. lanceol. enthalten die abgelegten Eier bereits wohl entwickelte Embryonen, welche jedoch im Freien nicht aus- schlüpfen; wahrscheinlich werden die Eier erst vom Zwischen- wirth gefressen, und die Embryonen gelangen so, nachdem sie im Darm frei geworden, in den Wirth. — Die eingekapselten Cercarien von Dist. hep. werden mit dem’ grünen Futter vom Schaf gefressen; eine Infektion kann also in denjenigen Monaten erfolgen, in welchen die Heerden frisches Futter erhalten. Die Cercarien werden im Darm des Schafes frei und wandern durch die Gallengänge in die Leber. Die Eier des geschlechtsreifen Distoma gelangen dann von der Leber entweder direkt dureh die Gallengänge oder erst nach kürzerem oder längerem Aufenthalt in der Gallenblase in den Darm zurück und mit den Exerementen nach aussen. Dr. Gollin- Herrn Gymnasiallehrer? — Von botanischen Wörterbüchern nenne ich Ihnen zunächst das bereits 1840 in Brilon erschienene, aber für den Systematiker sehr brauchbare Buch von J. B. Müller „Botanisch-prosodisches Wörterbuch nebst einer Charakteristik der wichtigsten natürlichen Pflanzenfamilien für angehende Aerzte, Apotheker, Forstmänner und Dilettanten der Botanik“. Es ist ein Buch in 4° von 504 Seiten. Das Buch ist nur lateinisch- deutsch. — Lateinisch-deutsch sowohl als auch deutsch-lateinisch ist das ausgezeichnete „Wörterbuch der beschreibenden Botanik oder die Kunstausdrücke, welche zum Verstehen der phytogra- phischen Schriften nothwendig sind“ von Dr. Gottlieb Wilhelm Bischoff (Verlag von E. Schweizerbart, 2. Auflage. bearbeitet von Prof. J. A. Schmidt, Stuttgart 1857). Das Buch umfasst in 8° 230 Seiten. Es wäre gewiss dankenswerth, dasselbe neu heraus- zugeben und hierbei dahin zu erweitern, dass es auch die ana- tomischen und physiologischen Termini brächte, die ja besonders in neuerer und neuester Zeit so wesentlich vermehrt worden sind, dass eine Zusammenstellung recht verdienstlich wäre, — Das „Taschenwörterbuch für Botaniker und alle Freunde der Botanik“ von Prof. L. Glaser (Verlag von T. O. Weigel, Leipzig 1885) ist wieder nur lateinisch- resp. griechisch-deutsch und bringt auch die bemerkenswerthesten Namen der Gattungen u. s. w. mit etymologischer Erläuterung. — Ein ganz dünnes Heftchen (aus dem Verlage von Wilhelm Engelman, Leipzig 1887), nur 20 Seiten umfassend, bringt „Die wichtigsten botanischen Kunstausdrücke für Laien erläutert“. Das Heft ist besonders für denjenigen Laienkreis bestimmt, der die (in genanntem Verlage erscheinenden Engler- und Prantl’schen Natürlichen Pflanzenfamilien erspriess. lich zu henutzen wünscht. EEE Inhalt: Die „extranuptialen“ Neetarien beim Adlerfarn. (Mit Abbild.) — Dr. H. von Jhering: Ueber die geographische Ver- breitung der entomostraken Krebse des Süsswassers. — Ueber den Einfluss des Alkohols auf den Organismus der Kinder. — Ein neues Mesozoon. — Neuere Ergebnisse über die Fortpflanzung und. Lebensgewohnheiten der Kirschfliege. — Der „Le Cat’sche Versuch“ und die Erzeugung farbiger Schatten auf der Netzhaut. — Ueber die scheinbare Beruhigung des Wellen- schlaees durch eine oberflächliche Oelschieht. — Ueber die Reinigung der Fabrik- und Trinkwässer. — Aus dem wissenschaftlichen te) Leben. — Litteratur: Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschleehtliche Zuchtwahl. — Dr. P. Prahl: Kritische Flora der Provinz Schleswig-Holstein, des angrenzenden Gebiets der Hansastädte Hamburg und Lübeck und des Fürstenthums Lübeck. — Rudolf Wolf, Handbuch der Astromie, ihrer Geschiehte und ihrer Litteratur. — Publieation of the West Hendon House Observatory, Sunderland. — Raphael Koerber: Repetitorium der Geschichte der Philosophie. — Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft zu Braunschweig. — Liste. — Briefkasten. srantwortl. Redakteur: i. V. Astronom Harry Gravelius, Berlin SW., Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — : an Herd Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Holiz:Toepler Wimshurst xei Influenz-Maschinen näch und eigener Construction empfiehlt J. R. 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October 1891. „Ist es möglieh, in wenigen Augenblieken die Ge- | fast jede derselben ein Grundstein zu dem stolzen schichte eines Beobachters zu zeichnen, der in ruhelosen | Lehrgebäude, das Virchow aufgerichtet hat. Feldzügen durch mehr als Seine äusseren Lebens- ein Menschenalter jede neue S schieksale sind allgemein be- Eroberung dazu benutzte, kannt. Am 13. October 1821 um seinen Fuss darauf zu zu Schievelbein in Hinter- setzen und kühnen Blicks pommern geboren, ist er in nach neuem Ruhm auszu- kleinbürgerliehen Verhält- sehauen?* Wenn ein Virchow nissen aufgewachsen, zeigte diese Frage einem Johannes sich in der Schule als ein Müller gegenüber mit Recht aufgeweckter, reichbegabter aufgeworfen hat, dann muss Knabe und wurde wider sich der Schreiber dieser seine Neigung — Medieiner. Zeilen von vorn herein be- Die Eltern liessen 1839 scheiden, in dem eng be- ihn unter die Zöglinge der grenzten Rahmen dieses sogenannten Pepiniere, der Blattes ein vollkommenes Bildungsakademie für die Bild eines Feldherrn zeichnen preussischen Militärärzte, in zu wollen, der bei aller Aehn- Berlin aufnehmen und hier lichkeit mit jenem doch noch hat er an der Universität weitReicheres dadurch schuf, bis zum Jahre 1543 fleissig dass er die Eroberungen, studirt. Sein väterlicher auf welche er seinen sieg- Lehrmeister war Johannes reichen Fuss gesetzt hat, Müller, der Geistestitane, selbst erst gemacht hat. der noch die Gebiete dreier Hier soll nur in grossen Wissenschaften, der Ana- Zügen ein Bild von dem tomie, Physiologie und Pa- Leben und Wirken Rudolf thologie, bis in die Einzel- Virehow's, soweit es der heiten zu beherrschen ver- Wissenschaft galt und der mochte. - Nie hat wieder Wissenschaft zu Nutze ge- ein Zweiter eine so gleich kommen ist, entrollt werden. ausgezeichnete Schaar von Schon dies ist keine kleine Schülern um sich vereinigt, Arbeit. Denn unser Blick als Müller in dem Anfang scheint sich in’s Unendliche der vierziger Jahre, unter zu verlieren, wenn er ber die schier unerschöpfliche | denen er später sein grosses Reich getheilt hat: Zahl der Arbeiten Virehow’s hinschweift, und dabei ist | neben Virchow noch du Bois-Reymond, Ernst Brücke, 412 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 41. Helmholtz, Traube, A. v. Gräfe, Ludwig, Lieberkühn, Schwann, Henle, Reichert, Joseph Meyer, Remack, u. A. Wenn er jeden von ihnen in besonderer Richtung seiner Wissenssphäre angeregt hat, so hat er ihnen allen ge- meinsam ein herrliches Erbtheil gegeben: die streng exakte naturwissenschaftliche Forschungsmethode. Keiner hat ihr mehr zu danken als Rudolf Virchow. Sie zeigte ihm die Wege, auf denen er sich in dem Wirrwarr, aus dem die Pathologie seit den Zeiten des Hippocrates und Galen sich noch nicht herauszufinden vermocht hatte, zu- rechtfinden konnte. Noch immer schwaukten die An- schauungen über das Wesen der Krankheit zwischen der Humoral- und der Solidarpathologie hin und her; die einen sahen in Veränderungen der Säfte und des Blutes, die anderen in stark mystischen Modificationen der festen Bestandtheile des Körpers, besonders des angeblichen Nervenprineipes, die Ursache der Krankheit, die beide Theile gemeinsam aber als eine dem Organismus fremde Erscheinung betrachteten. Diesen zopfigen Dogmatismus der damaligen Mediein hat Virchow zuerst von sich ab- gestreift durch seine scharfe Naturbeobachtung und seine freiere, weitere Welt-Anschauung. Die Prosectorstelle an dem Leichenhause der Charite, die er seit 1846 be- kleidete, gab ihm eine reiche Gelegenheit zu sehen, und seinem Auge erschlossen sich die Dinge ganz anders, als man sie sonst gedeutet hatte. Zwei mächtige Hülfs- mittel führte Virchow der pathologischen Anatomie zu, das Mikroskop und den Thierversuch, durch welche er den Krankheitsprocess in seiner Grundlage und Entwick- lung auflöste. Die neue Bahn, in die er seine Wissenschaft zu lenken in Begriff war, hielt er für so sicher vorge- zeichnet, dass er, der 25jährige, es wagte, an Rokitansky’s System der Pathologie, das noch auf dem seichten Grunde der Humoralpathologie aufgebaut war, eine ver- nichtende Kritik zu legen. Es war ihr Todesstoss. Was aber Virchow an ihre Stelle setzte, das war ein Prineip ganz anderer Art. Mit scharfem Blick er- fasste Virchow die Bedeutung, welche die von Schleiden und Schwann (1839) gemachte Entdeckung der sog. Zellentheorie bei ihrer Anwendung auf die Physiologie und Pathologie gewinnen müsste. Ganz mit Recht hat Virchow für sich den Ruhm in Anspruch genommen, dass das, was heute als Zellentheorie gilt, sein Werk ist. Denn sie ist in der That eine wesentliche Veränderung der freien Zellenbildung, welche Schleiden und Schwann als die Grundlage der Entwicklung der pflanzlichen und thierischen Gewebe erkannt hatten. An die Stelle ihrer Vorstellung, dass sich aus der ursprünglichen freien Bildungsflüssigkeit (Blastem) ein Kern abscheide, um den sich allmählich die Zelle mit ihrer Membran bildet, setzte Virchow die jetzt allgemein als richtig anerkannte Theorie, dass die Zellen allemal durch Theilung und Spaltung anderer Zellen entstehen. „Omnis cellula ex cellula“ wurde das Schlagwort für die moderne mediei- nische Anschauung. In allen Geweben wies Virchow die Zellen als Grundlage ihres Aufbaues und nicht minder ihrer krankhaften Veränderung nach. Er führte zunächst den Nachweis der Identität der Knorpel-, Knochen- und Bindegewebskörperchen, und heute erscheinen uns „alle Bindegewebssubstanzen von der schleimigen Flüssigkeit des Glaskörpers bis zur steinharten Masse des Felsen- beins als Glieder einer Entwicklungsreihe“. Für alle krankhaften Processe suchte und fand Virchow physio- logische Vorbilder in den normalen Geweben, so dass das Krankhafte nicht mehr als etwas Fremdes im Orga- nismus, sondern nur als eine Abweichung von der physio- logischen Function erscheint. Die Krankheit ist eine ver- änderte Erscheinung des Lebens. Alles Leben und alles Kranksein ist gebunden an die Zelle, der ganze Körper baut sich auf aus einer Zahl von vegetativen Lebens- und Ernährungseinheiten, durch deren Störung die Krank- heit entsteht. Die Zelle ist der Sitz, der Heerd der Krankheit und aus der Summe der einzelnen Krankheits- heerde baut sich das ganze Symptomenbild der Krank- heit auf. Die Zelle ist das letzte Formelement aller lebendigen Erscheinung sowohl im Gesunden wie im Kranken, von welcher alle Thätigkeit ausgeht. Das ist Virchow’s „Cellularpathologie* und „Cellularphysiologie“. Sie ist kein System wie die Solidar- und Humoralpathologie, das mit einer Hypothese die Erscheinungen eines ganzen Lehrgebietes zu erklären versucht, sie ist überhaupt kein System und ihre An- wendung beschränkt sich nicht auf die Krankheitsprocesse des menschlichen Organismus, sondern sie ist eine all- gemein gültige biologische Grundanschauung, die auf die ganze lebende Welt ihre Anwendung findet, gleichsam als ihre höhere Einheit. In der Pathologie hat Virchow selbst sie consequent bis auf die feinsten Einzelheiten in der ganzen Reihe der verschiedenen Krankheitsprocesse durehgeführt, und an diesem Prüfstein gerade hat sich das cellulare Prineip glänzend bewährt. Durch die Zer- gliederung der pathologischen Processe in cellulare Vor- gänge hat Virchow in das Wesen der Krankheitserschei- nungen eine bestechende Klarheit gebracht, wie z. B. der Thrombose und Embolie, der Infecetion und Metastase, der Entzündung und der Geschwulstbildung, der fettigen und der amyloiden Entartung, der Leukämie, der Tuber- eulose u. v. a., zum grössten Theil pathologische Vor- gänge, für die er nicht nur den Begriff, sondern auch den Namen geschaffen hat. Die Einheitlichkeit in der Auffassung und Erklärung der ganzen Pathologie, das ist der Schlüssel zu dem durchschlagenden Erfolge der Virchow’schen Anschauungen. Auch in allen Theilen der speciellen Pathologie hat Virchow Untersuchungen an- gestellt, welche die herrschenden Anschauungen über den Haufen warfen und Thatsachen an die Stelle der Theorieen setzten, an welehen wohl nimmermehr wird gerüttelt werden können. Im Kern ist Virchow’s „Cel- Iularpathologie“ bis heute unangetastet geblieben, und auch seine sonstigen Hauptlehrsätze haben im Grunde keine Veränderungen erfahren. Aber gerade in Folge der durch ihn gegebenen mächtigen Anregung ist die Wissenschaft schnell vorwärts geschritten und hat viele Einzelheiten in Virchow’s Forschungen richtig gestellt und verbessert. So trägt schon die vierte Auflage seiner eigenen „Cellularpathologie“ (1871) ein ganz anderes Gesicht als die erste (1858), und auch das ist bereits wieder so erblasst, dass Virchow seitdem den Versuch nicht mehr gemacht hat, es in seiner alten Frische neu zu beleben. Namentlich durch seine Schüler wie Cohnheim, Weigert, Recklinghausen u. a. haben Virchow’s Grund- anschauungen mannigfache Ergänzungen erfahren, die doch wesentlicher Natur sind. Noch heute besteht Virchow’s Lehre von der parenchymatösen Entzündung zu Recht, aber neben ihr die ebenso gewichtige Theorie Cohnheim’s von der Auswanderung der weissen Blut- körperehen aus den Gefässen. Auch die Bacteriologie, dieser jüngste Zweig am Baume menschlicher Erkennt- niss, der sich zeitweise so breit machte, dass er alle anderen verdeckte, steht durchaus nicht in Widerspruch mit der Lehre Virchow’s, sie scheint vielmehr gerade eine bestätigende Ergänzung zu derselben zu werden. Man kann Virchow als Arzt nieht vollgültig würdi- gen, ohne seiner Verdienste um die Seuchenlehre und die öffentliche Gesundheitspflege zu gedenken. Ueber den Typhus und die Cholera, den Aussatz und die Tuber- eulose, die Ruhr und die Diphtheritis hat Virchow grund- legende Forschungen nach den verschiedensten Rich- Nr. 41. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 413 tungen hin gemacht, die Kennzeichen und Ursachen der | sich nach den südlichen und westlichen Grenzen des allgemeinen wie der örtlichen Mortalität festgestellt, auf | Reiches der blonde Typus in steigend stärkerem Maasse die Pflieht des Staats und der Gemeinden zur Ver- | mit dem brünetten vermischt, welcher offenbar der Rest pflegung der armen Kranken gedrungen, der Thierseuchen für den Menschen hervorgehoben, Massregeln zu ihrer Bekämpfung angegeben, er hat einen hervorragenden Antheil an den hygienischen Maass- nahmen der Stadt Berlin, vor Allem der Reinigung und Entwässerung (Kanalisation) Berlins und dem Bau der städtischen Krankenhäuser, die Muster ihrer Art sind u.v.a. In populären Vorträgen und Schriften hat er schliesslich manche Lanze für die private und öffentliche Gesund- heitspflege gebrochen. Der Wissenschaft die Bedeutung gehört Virchow endlich noch an als Anthropolog. Auch auf diesem Gebiete ist er der anerkannte Führer und Meister. Doch hält seine Thätig- keit auf demselben keinen Vergleich aus mit seinem Ver- dienst als Patholog, schon nicht wegen der Ungleichheit der Wissensgebiete. Die Anthropologie ist noch keine zünftige Wissenschaft; was sie aber in Deutschland ist, das ist sie erst durch Virchow geworden. Er hat ihr einen Kreis von Interessenten geschaffen, der das ganze gebildete Publikum umfasst, und durch die Gründung der deutschen anthropologischen Gesellschaft (1870) einen wissenschaftlichen Mittelpunkt, einen Brennpunkt, in dem sich die Ziele und Bestrebungen dieser Wissenschaft alle Zeit getreu wiederspiegelten, er hat ihr die Wege zu ihrem Vorwärtskommen gewiesen. Ja, so ganz Unrecht mögen diejenigen nicht haben, welche behaupten, dass auf seinen zwei Augen die ganze öffentliche Physiognomie der anthropologischen Forschung in Deutschland beruhe, und welche deshalb nieht ohne Bangen in die Zukunft blicken. Soviel steht jedenfalls fest, dass gegenwärtig in seiner Hand all’ die Fäden zusammenlaufen, welche auf diesem Gebiete ausgesponnen sind. Mit kräftigem Griff hält er nicht ohne Mühe die einzelnen Zweige der Dis- eiplin zusammen, die er selbst sämmtlich mehr als irgend ein anderer unausgesetzt befruchtet hat. Mit gleicher Liebe pflegt er die eigentliche physische Anthro- pologie, die Ethnologie, die Urgeschichtsforschung und die Archäologie. Nur die wichtigsten seiner Ar beiten seien hier erwähnt. In erster Reihe stehen die Untersuchungen zur physischen Anthropologie der Deutschen, deren Rassenmerkmale er an den abseits von den Culturwegen wohnenden Friesen am reinsten erhalten fand. Das grösste Gewicht hat Virchow immer auf die Schädelform gelegt, für deren Messung und Bezeichnung er ganz be- stimmte Grundsätze eingeführt hat. In .dem Studium der Schädelbildungen, besonders der Schädelbasis hat er überhaupt im Allgemeinen Erstaunliches geleistet. Auf seine Veranlassung sind ferner in ganz Deutschland, um die Verbreitung des germanischen Typus festzu- stellen, statistische Erhebungen an den Sehulkindern über die Farbe von Auge, Haut und Haaren angestellt worden, welche das markante Ergebniss hatten, dass der zurückgedrängten vorgermanischen Bevölkerung ist. Auch zur Anthropologie vieler anderer Völkerschaften hat Virchow aufklärende Beiträge geliefert, nicht zuletzt der vielen wilden Stämme, die insbesondere von Hagen- beck nach Berlin geführt wurden. Durch die unent- wegten Untersuchungen aller derer, die Virchow zu Ge- sieht bekam, und es ist eine erkleekliche Zahl, hat er das Ammenmärchen zu Schanden gemacht, dass irgend- wo auf der Erde heute noch den Anthropoiden- näher stehende Menschenrassen sitzen könnten. In Bezug auf die Urgeschichtsforschung war Virchow überhaupt stets sehr skeptisch, und wenn er auch die Möglichkeit der Existenz des Tertiärmenschen nicht bestreitet, betrachtet er jedoch die Spuren desselben bis heute noch nieht als erwiesen. Für den Neanderthalschädel, den angeblichen Vertreter der sogenannten Oanstattrasse, hat er z. B. ganz moderne Analoga aufgefunden. In diesen Fragen hat Virchow stets conservativ gedacht und die anthropolo- gische Forschung dadurch von Irrwegen zurückgehalten, auf welche sie durch all zu weit gehende Schluss- folgerungen aus dem Darwinismus gedrängt zu werden drohte. Von Virchow’s eigenen Beiträgen zur Prähistorie seien schliesslich noch erwähnt seine Untersuchungen über die Pfahlbaureste in der Mark und in Pommern, über die Typen der prähistorischen Keramik, über die Gesichtsurnen, über die ältesten Eisenfunde in Deutschland über die Anthropologie und Vorgeschichte Aegyptens, über die prähistorischen Gräberfelder des Kaukasus und über Land und Leute des alten Troas, wo er an den Ausgrabungen seines Freundes Schliemann lebhaften An- theil nahm. Wenn ich zum Schluss das Schaffen Virehow’s noch einmal zusammenfassend charakterisiren soll, kann ich es nicht besser thun, als hier die unvergleichlich sehönen und treffenden Worte Emil Du Bois-Reymond’s wiederzu- geben, die er Virchow selbst bei seiner Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften (1374) zurief: „Ich ver- gesse, dass ich hier von und zu einem Mann rede, der nun fast ein Menschenalter hindurch auf unabsehbarem Feld mit unerschöpflicher Fruchtbarkeit und unermüd- licher Spannkraft hervorbringend, hervorsuchend, fest- stellend, sichtend, berichtigend, zusammenfassend thätig war, dessen Name an unzählige Beobachtungen, Ver- suche, theoretische Gedanken geknüpft ist, in der ganzen Welt als der eines bahnbreehenden und umwälzenden und doch aufbauenden und ordnenden Kopfes bekannt ist; der als Lehrer nicht bloss unter Tausenden nützliche Kenntnisse und gesunde Anschauungen verbreitete, son- dern in zahlreichen Schülern und Sehülern und Sehülern wiedererstand und fermentähnlich in’s Umendliche die Wissenschaft mit fortzeugendem Keime durehdringt.“ Dr. Albert Albu. Ueber die geographische Verbreitung der entomostraken Krebse des Süsswassers. Von Dı. H. von Jhering in Rio Grande do Sul. (Sehluss.) Die Thatsache, dass eine ganze Reihe von Wasser- vögeln auch auf den Sandwichsinseln noch vorkommen, legt den Gedanken nahe, dass auch diese Entomostraken dureh sie mit eingeschleppt wurden. Allein diese An- nahme würde uns noch nieht über die Schwierigkeiten hinwegbringen, welehe überhaupt der Erklärung der Süss- wasserfauna jener Inseln entgegen stehen. Denn für die Süsswasser-Mollusken reicht diese Annahme nicht aus, die uns ausserdem auch nicht erklärlich macht, warum die betreffenden Vögel nicht auch tertiäre Gattungen ver- breitet haben sollten, sondern sich lediglich die schon ‚paläozoisch und mesozoisch vorkommenden auswählten. 414 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 41. Auch die in Tahiti vertretene Gattung Estheria gehört nicht zu jenen, für welehe ein häufiger Transport durch Wasservögel bekannt ist oder auch nur der geographi- schen Verbreitung nach wahrscheinlich wäre. Wenn wir daher die Süsswasser-Mollusken ebenso wie die Land- Pulmonaten jener Inselgruppen als Reste einer sehr alten Fauna ansehen müssen, und das Gleiche auch für die wenigen Reptilien dieser Inseln annehmen dürfen, so liegt gar kein Grund vor, die Entomostraken nicht als Theilglieder der mesozoischen und vielleicht schon paläo- zoischen Fauna eines früher zusammenhängenden eon- tinentalen Gebietes anzusehen. Wir würden in diesem Falle das Vorkommen von (Üypris unispinosa auf den Sandwichsinseln und auf Jamaika, welches nach Ger- staecker (Bronn $. 1066) von Baird nachgewiesen wurde, und für welches bei der Entfernung von 1200 geo- graphischen Meilen die Ueberführung durch Vögel doch eine sehr kühne Hypothese repräsentiren würde, als ein ursprüngliches anschen können, als aus einer Zeit stammend, wo die Vertheilung von Land und Wasser eine von der heutigen sehr abweichende war. Dass wir dabei eine Persistenz von Arten aus dem Be- ginn der mesozoischen Epoche bis auf unseren Tag er- halten werden, ist an und für sich nichts unfassliches. Auch die zum Theil bis zu speeifischer Identität gehende Uebereinstimmung der Unio-Arten von Südbrasilien, Chile und Neuseeland datirt aus der mesozoischen Epoche, ebenso wie die Identität der Genera und selbst der Species von Süsswasserfischen von Patagonien, Falklands- Inseln, Tasmanien und Neuseeland. Wenn eine Gattung wie Estheria vom Devon an sich bis auf unsere Tage hat erhalten können, dann hat auch die Erhaltung von Arten durch immense Zeiträume nichts Befremdendes. Ohne Zweifel werden wir ähnliche Resultate, wie sie jetzt die Untersuchung der Entomostraken ergiebt, auch für einen grossen Theil der Süsswasser-Conchylien — Physa, Pla- norbis, Pisidium ete. — erhalten, sobald sich das Studium auch dieser Gruppe auf ein ebenso hohes Niveau erhebt und auch die Organisation der Thiere mit in Betracht gezogen wird. Man wird es hiernach wohl billigen, wenn ich die Erforschung der Süsswasserthiere der polynesischen In- seln, zumal östlich von Viti, für eines der wichtigsten Desiderata der künftigen Forschung halte. Hier eröffnet sich reiselustigen Zoologen wie der Thätigkeit und An- regung gelehrter Körperschaften ein ganz überaus locken- des und sicher lohnendes Gebiet! Wenden wir uns nun zu den Branchiopoden. Die Arten dieser Unterordnung, zu welcher die Familien der Apodidae, Estheriidae und Branchipodidae gehören, sind den bisher besprochenen Gruppen gegenüber Riesen, da selbst die kleineren meist mehr als 1 Ctm. messen, an- dere 6—7 Ctm. Grösse erreichen. Ich führe es vor Allem hierauf zurück, dass ihre geographische Verbreitung eine wesentlich andere ist als bei der vorigen Gruppe klein- ster Kruster, welehe ihrer Grösse halber sehr viel leichter durch Wasservögel können transportirt werden. Wir besitzen über diese Thiere eine vortreffliche Monographie von Packard von 1883, welche zwar wesentlich den nordamerikanischen Arten gewidmet ist, aber auch alle sonstigen Funde eingehend berücksichtigt. Wir erfahren nun von Packard, dass nicht eine ein- zige Species von Nordamerika mit einer euro- päischen identisch ist. Nur Artemia graeilis Verr. dürfte sich wohl als eine Varietät der auch in Europa recht variabelen Art. salina herausstellen. Ueber die geographische Verbreitung bemerkt Packard: „Nur ein einziges Genus (Thamnocephalus) scheint auf Nordame- rika beschränkt zu sein, während Polyartemia der euro- - jeborg beschrieben wurden. ropäisch-asiatischen Region zukommt. Alle übrigen Gattungen kommen in fast allen Erdtheilen vor, obwohl bis jetzt Branchipodiden im Australien, und Limnadia- Arten in Asien nicht gefunden werden“. Was letzteren Punkt anbelangt, so zweifele ich nicht, dass auch in Asien die Limnadia-Arten nicht fehlen wer- den. Es liegt in der Natur der Lebensbedingungen dieser Gesehöpfe, dass trotz der Massenhaftigkeit mit der sie zeitweise vorkommen, doch ihr Erscheinen sieh der Beobachtung sehr entzieht. Sie lieben flache Pfützen und seichte Gräben, in denen sie zur Regenzeit oft in grosser Menge auftreten, um rasch wieder ebenso spurlos zu verschwinden. Mit dem Eintrocknen der Pfütze gehen sie zu Grunde, allein die im Erdreiche zurückbleibenden Eier bleiben lebensfähig, auch wenn der Boden steimhart austrocknet und Jahre lang in diesem Zustande verbleibt. Man hat getrockneten Schlamm mit Eiern von Apus nach 6 Jahren eingeweicht und sofort die Entwickelung be-. ginnen sehen. Es ist natürlich, dass solche harte Boden- partieen im Laufe der Jahre zerbröckeln können, so dass frei gewordene Eier vom Winde weithin können entführt werden. Es erklärt sich hieraus, dass die Existenz dieser Krebse sich so leicht der Beobachtung entzieht, und ne- gative Angaben haben daher hier weniger als in anderen Gruppen zu bedeuten. Ich vermag dies aus meiner eige- nen Erfahrung zu bestätigen. Bisher waren aus ganz Südamerika an Branchiopoden lediglich zwei Estheria- Arten bekannt. In der geringen Ausbeute aber, die ich im Süden von Rio Grande do Sul zusammenbrachte, be- fanden sich zwei Branchiopoden (Branchineeta Iheringi Lillj. und Limnadia antillarum Baird), welche von Lill- Wie leicht können weitere ähnliehe Funde wesentliche Aenderungen zur Folge haben! Ueberraschend war mir namentlich die Branchinecta, weil sie auf Sandboden in der Nähe von Rio Grande d. S. in ‘einer kaum °/, Fuss tiefen Wasseransammlung gefunden wurde, die offenbar nur starken Regengüssen ihr kurzes Dasein verdankte. Mehr als die eben erwähnten von Packard und sehon von Gerstaecker hervorgehobenen Anomalien der Verbreitung fällt mir eine andere auf, der Mangel der Apodiden in Südamerika. So auffallende und relativ grosse Geschöpfe wie Apus würden wohl nicht den Rei- senden wie den zahlreichen in Südamerika ansässigen Naturforschern entgangen sein. Auch für die äthiopische Region scheint das Vorhandensein der Apodiden noch nicht festgestellt, denn die im nördlichen Afrika aufge- fundenen Arten werden wohl der mediterranen Fauna zuzureehnen sein. Es scheint mir, als seien die Apodiden der holarktischen Region eigen, von wo sie sowohl über Indien bis Australien und Neuseeland, als von Florida nach Westindien vorgedrungen wären. Sie würden dann im östlichen Polynesien wie in Südamerka fehlen, wie auch in der äthiopischen Region und Madagascar. Hier- nach würde man ein relativ spätes Auftreten der Apo- diden erwarten, allein die Gattung Apus ist schon in der Trias vertreten. Wir stehen hier vor Wiedersprüchen die vorläufig nicht lösbar sind. Ist der Apus der Trias’ ein ächter Apus, so hatte er auch die kosmopolitische Verbreitung der Flora und Fauna jener Zeit und dann hat sich eben die Gattung nicht überall erhalten oder neue Funde lehren uns eine weitere Verbreitung als wir sie gegenwärtig kennen. Vielleicht aber ist der Apus der Trias generisch verschieden, eine ausgestorbene, vielleicht marine Form, von der erst relativ spät in der holark- tischen Region die heutigen Genera Apus und Lepidurus sich abzweigten. Die Fortpflanzung und Lebensgeschichte der Branchi- opoden scheint noch der Aufklärung zu bedürfen. Es ist Nr. 41. nicht klar, wie die Eier in den Schlamm sollen abgesetzt werden, da doch alle hierher gehörigen Gattungen Brut- pflege besitzen, d. h. Anhangssäckehen oder im Innern der Schale gelegene Bruttaschen, wo die Eier befestigt wer- den, was doch wohl keinen anderen Zweck haben kann, als dass sie auch hier ihre Entwicklung durchlaufen. Viel- leicht hat man es bei ihnen ganz wie bei den Öladoceren mit Sommer- und Wintereiern zu thun, von denen nur letztere bisher nieht beobachtete in den Schlamm abge- setzt würden. Der Umstand, dass diese Krebse und ihre erloschenen Verwandten sich sehr gut fossil erhielten, zeigt, dass die in ihnen eingeschlossene Brut mit dem Mutterthiere zu Grunde gehen musste. Die Verbreitung der Eier im Schlamm geschieht daher nicht durch Zerfall des Mutterthieres, sondern offenbar durch bei Lebzeiten dessel- ben erfolgende Ablage. Wozu dann aber die Bruttaschen? Es scheint mir aus diesen Thatsachen klar hervor- zugehen, dass die Verbreitung der Branchiopoden durch andere Momente bedingt wird als jene der Cladoceren ete., denn anderen Falles müssten auch identische Species über die ganze holarktische Region verbreitet sein. Das trifft aber nicht einmal für die paläarktische Region zu, denn z. B. in Europa, Algier, Persien und am Himalaya sind überall andere Spezies von Apus vertreten und die- jenigen von Australien und Neuseeland sind ebenso von den asiatischen verschieden, wie die westindischen von den nordamerikanischen. Wenn also die Schwimmvögel und Wasserkäfer wirklich die Bedeutung für den Trans- port von Wasserthieren haben, den man ihnen seit Darwin beimisst, so gehören die Branchiopoden doch keinesfalls zu den regelmässig und häufig von ihnen transportirten Thieren. Wäre dem so, dann müssten zahl- reiche Arten eine ebenso weite Verbreitung haben wie wir sie für die kleineren Cladoceren kennen lernten. Jedenfalls liegt der Grund wie bei Astaciden zunächst in den Grössenverhältnissen. Die Branchiopoden sind viel grösser als die Cladoceren, können daher nicht so leicht wie diese mit Wasserlinsen oder Schlammtheilen als blinde Passagiere mitgeschleppt werden. In den Kraterseen der Eifel, den sogenannten Maaren, fand Zacharias*) nirgends Branchiopoden, ebenso wenig wie Brandt sie im Goktschai und anderen armenischen Alpenseen oder J. Richard sie in den Kraterseen der Auvergne antraf. Vielleicht liesse sich experimentell fest- stellen, ob es den Branchiopoden an diesen Orten nur an günstigen Lebensbedingungen gebricht oder ob sie ein- fach desshalb überall fehlen, weil sie nicht hin trans- portirt wurden. Auch ihre Eier werden für gewöhnlich auf diesem Wege nicht transportirt werden können, weil sie in den Bruträumen der Mutter ihre erste Entwicklung durchlaufen und dann wohl weiterhin bei längerem Vor- weilen ausser Wasser absterben. Bei den kleineren Cla- doceren aber mag das von einem Vogel transportirte Mutterthier immerhin absterben, seine noch geschützte Brut oder die harten Eier überstehen die Reise. Gerade die Cladoceren sind hierin überaus zäh. So fand Nuss- baum, dass Daphnien, welche von einer Hydra ver- schlungen und verdaut wurden, dennoch entwieklungs- fähige Eier enthielten. Auch Daphnien, welche er in absolutem Alcohol tödtete, enthielten Eier, welche sich nach Uebertragung in Wasser entwickelten. Sollten nun von Wasservögeln verzehrte Daphnien nieht auch, wenig- stens unter günstigen Umständen, noch entwieklungs- fähige Eier enthalten? Zacharias hat aus dem Koth von Wasservögeln verschiedene Protozoen gezüchtet. Diese Versuche müssen und zwar experimentell fortgesetzt werden, wozu ja die Plöner Station die besten Bedin- *) „Biologisches Centralblatt“. 1889. Bd. IX. No. 2—4. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 415 gungen bietet. Dass Daphnien und Cyelopiden oft Algen, Vortieellen, selbst Räderthierchen tragen und somit ebenso wie Lemnapflänzehen, welche an Gefieder von Wasser- vögeln haften zu Uebertragungen dienen können, ist längst bekannt. Neuerdings hat dann de Guerne vom Schlamm, den er Entenfüssen entnahm, sowohl kleine Entomostraken wie Nematoden und Bryozoen gezüchtet und Migula hat für Wasserkäfer das Gleiche erwiesen. So werthvoll diese Untersuchungen schon sind, so dringend nöthig ist ihre Fortführung,. zumal auch dureh Experi- mente. So bleibt z. B. die Verbreitung der Mollusken noch unklar. Warum z. B. finden sich in den Krater- seen nur Pisidien nicht auch Cyelas? Vermuthlich ver- tragen die jungen oder auch die trächtigen Thiere nicht den Transport, sondern nur die in den Kiemen ein- geschlossenen Embryonen. Dass eine solche Muschel ohne schwere Verletzungen den Muskelmagen eines Vogels passiren sollte, ist wohl kaum denkbar, so dass der Transport also wohl nur mit Schlamm, Algen u. s. w. geschehen wird, welehe dem Gefieder oder den Füssen anhängen. Dass die kleinen Pisidien leichter solehen Reisen werden ausgesetzt sein als die schweren Cyelas ist begreiflich, doch ist immerhin nieht recht verständlich, warum junge kleine Thiere nicht ebenso gut den Trans- port vertragen sollten wie junge Limnaeen. Mörch führt einen Fall an, wo in isolirt gelegenen Mergelgruben Anodonten auftraten, auch Fische scheinen bisweilen in ähnlicher Weise transportirt zu werden, resp. deren Eier. Dass solehe Vorkommnisse aber nicht häufig und regelmässig eintreten, zeigt der Mangel an Fischen, Flusskrebsen und Unioniden in den oben erwähnten Kraterseen. Ueberhaupt muss man sich hüten, den Trans- port durch Vögel u. s. w. zu überschätzen! In Californien z. B. und Oregon fehlt die Gattung Unio, während die eireumpolare und weit verbreitete Margaritana margari- tifera vorkommt, ebenso wie Anodonten. In tertiären Ab- lagerungen aber fehlt auch Unio nicht. Vermuthlich hat die Eiszeit hier arg aufgeräumt und erst nach ihr er- folgte eine neue Einwanderung, die sich aber langsam und durch einst eommunieirende Gewässer vollzogen zu haben scheint. Wäre der Vogeltransport auch für die Najaden massgebend, so würden auch Unioarten nicht - fehlen. Hier in Rio Grande findet sich Chilina fluminea in der Mündung zweier in die Küstenlagunen (Lagoa dos patos und mirim):mündender Flüsse, fehlt aber in jener des dritten, des Rio Camaynam, trotz mässiger Ent- fernung. Auch die Ampullarien zeigen eine überaus scharfe geographische Begrenzung. Während Rio Grande do Sul früher offenbar mit dem La Plata in Verbindung stand, so dass seine Süsswasser- und Brackwasserfauna fast ganz identisch ist mit jener des La Plata, fehlen die 3 Ampullarien von Rio Grande in St. Catharina gänzlich und von da bis Rio de Janeiro findet sich an der Küste entlang nur A. sordida. So scharfe Grenzen der Siüsswasserfauna wären nicht möglich, wenn die Wasservögel eine reichliche austauschende Uebertragung vermittelten. Auch die Süsswassergastropoden Nordamerikas sind wesentlich verschieden von jenen Europas. Zwar existiren eine Anzahl europäischer Arten von Limnaea, Physa, Paludina u. s. w. auch in Nordamerika, allein sie sind wohl ebenso als Angehörige einer älteren gemeinsamen eireumpolaren Fauna anzusehen wie die beiden Gebieten gemeinsamen Landpulmonaten, natürlich nach Abzug der vom Menschen importirten Arten. Vermuthlich war die Landbrücke zwischen dem nördlichen Europa und Nord- amerika während der Tertiärzeit eine viel breitere, und wird dann damals auch der Verkehr der.-Wasservögel ein viel regerer gewesen sein und die Verschleppung von 416 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 41. Oladoceren u. s. w. in jene Epoche fallen und nicht nach der Eiszeit. Noch weniger ist es bei solcher Sachlage möglich, die Süsswassermollusken der ostpolynesischen Inseln für dureh Vögel importirt zu halten. Von Najaden hat nur Unio eine weite Verbreitung über Australien bis Neuseeland. Nun ist aber Unio bereits im Jura vertreten, die älteste bekannte Gattung der Najaden. Noch weiter aber verbreitet als Unio sind Physa und die anderen Branchiopneusten, und sie reichen geologisch zum Theil sicher bis in die paläozoische Epoche. Wollte man sie nach diesen Inseln durch Vögeln eingeschleppt sein lassen, so stände man vor der neuen Schwierigkeit, dass neben ihnen ausser eigenartigen Typen wieder weit ver- breitete Landschnecken auftreten, die wie Pupa, Suecei- nea, Patula und Zonitiden gleichfalls bis in die paläozoiscehe Epoche zum Theil selbst bis in’s Devon zurückreichen. leh möchte meine bezüglichen Erfahrungen in ein zo0- geographisches Grundgesetz zusammenfassen, welches besagt: Je weiter eine Gattung oder Familie in der Reihe der geologischen Formationen zurück- reicht, um so grösser ist ihre geographische Verbreitung. Die schon in der paläozoischen Epoche vertretenen Gattungen der Lebewelt haben daher kosmo- politische Verbreitung, während die erst in der Tertiär- epoche erscheinenden eine engere, zum Theil nur auf eine oder wenige Regionen beschränkte Verbreitung be- sitzen. Für den grösseren Theil der mesozoischen Epoche sind wir neben Landschneecken und Eidechsen für das Studium der noch heute lebenden Thierwelt daher vor Allem auf die Süsswasserfauna angewiesen, und sie wird uns auch in den Stand setzen, die Veränderungen der Erdoberfläche während jener Epoche genau zu er- mitteln. Organismen, welche in Folge ihres Flugvermögens einer weitgehenden activen oder passiven Wanderung fähig sind, können natürlich für das Studium der natür- lichen Regionen nicht in Betracht gezogen werden. Suchen wir nun diese allgemeinen Ergebnisse auf die Entomostraken anzuwenden. Hier ist zunächst im Auge zu behalten, dass viele Gattungen von Süsswasser- gruppen auch einzelne marine Vertreter besitzen, welche sehr vielfach eine kosmopolitische Verbreitung haben. So kommt Cyelops aequoreus sowohl in Europa wie in Neuseeland im Meere vor und Harpacticus chelifer M. Edw. ist im Golf von Mexiko und im Mittelmeere, im atlantischen Ocean und bei Neuseeland gefangen worden. Wenn derartige kosmopolitische Arten Neigung zum Ein- dringen in Aestuarien besassen, so konnte an den verschie- densten Stellen der Erde ein und dieselbe Süsswasser- species mehrmals entstehen. Es bleibt zu erforschen, ob manche Cladoceren u. s. w. beim Wechsel des Mediums ähnliche Veränderungen erleiden, wie die verschiedenen Generationen von Artemia salina je nach dem sie in Salz- oder Süsswasser sich entwickeln. Nächst diesen theils marinen theils in Süsswasser lebenden Gattungen haben wir andere die stets nur in Süsswasser leben oder wie die Branchiopoden in der ganzen Unterordnung nicht eine einzige marine Art ent- | halten. So weit wir von diesen durchweg kosmopoli- tischen oder nur an wenigen Stellen fehlenden Gattungen über fossiles Vorkommen unterrichtet sind, kommen sie schon in der Trias (Apus) oder paläozoisch (Östracoden und Estheria) vor, und die weite geographische Ver- breitung auch der anderen kleineren Entomostraken macht es wahrscheinlich, dass auch sie ein ebenso hohes Alter besitzen. Auch die enorme Verbreitung ihrer ma- rinen Verwandten spricht hierfür*). Es ist wie für die marinen Arten von weiter Verbreitung, so auch für viele Süsswasserarten wahrschemlich, dass ihre enorme Ver- breitung sich durch hohes geologisches Alter erklärt, welches sie ebenso wie die mit ihnen lebenden kosmo- politischen Süsswassermollusken zu Zeugen enormer Ver- änderungen der Erdoberfläche machte. "Daneben besteht dann seit der Tertiärzeit oder schon etwas früher auch in der Verschleppung durch Wasservögel, Wasserinsekten, Alligatoren**) u. s. w. ein den Austausch der Faunen be- nachbarter Gewässer bedingender Faktor, welcher ganz besonders auch für die pelagischen Entomostraken von überaus grosser Bedeutung ist. Im Einzelnen aber lässt sich zur Zeit noch gar nicht übersehen, wie weit auf solehe Versehleppungen in früheren Perioden oder in der Jetztzeit die enorme Verbreitung zahlreicher Arten kommt, und in wie weit sich in ihr wie bei anderen Süsswasserthieren hohes geologisches Alter ausspricht. Wenn wir nieht nur Najaden, sondern auch eine Deka- pode des Süsswassers (Aeglea laevis) in Südbrasilien und Chile antreffen, welche also sicher seit Beginn des Tertiärs dieses Gebiet bewohnt, so ist nicht einzusehen, warum etwaige identische Süsswasserentomostraken von Chile und Südbrasilien nieht ein mindestens ebenso hohes Alter haben sollten. Neben dem Experiment und der Beobachtung der Wasservögel und der Ausdehnung ihrer Wanderungen wird vor Allem die Untersuchung der ostpolynesischen Inseln für die Beantwortung dieser Frage bedeutungsvoll werden. Vermuthlich besitzen auch sie vielleicht neben weiter verbreiteten Arten auch endemische wie z. B. Australien, von wo Sars Schlamm aus einem Teich er- hielt, der ihm fünf Arten Cladoceren, sämmtlich neu, er- gab. In diesem Falle bliebe es nicht zweifelhaft, dass auch die fossil nieht erhaltungsfähigen Entomostraken ein ebenso hohes Alter besitzen, wie die übrigen kosmo- politischen Glieder der Süsswasserfauna, in deren Mitte sie sich bewegen. *) Ich glaube nicht, dass man für irgendwelche tertiäre oder selbst der Kreide entstammenden Mollusken oder sonstige See- thiere eine derartig weite Verbreitung von pelagischen wie Küstenarten wird anführen können. **) Wenn hier irgendwo ein Camp, ein künstlicher Teich, hergestellt wird, so wird er doch bald von Alligator latirostris besiedelt. Ich bekam schon mehrmals Exemplare, die weit von Wasser entfernt in Camp gefunden und mit dem Lasso gefangen wurden. Eines dieser Thiere hatte den Rachen zumal zwischen den Unterkieferästen voller Blutegel (Haementaria), welche den Pferden enorm schädlich sind, und also durch diese Alligatoren ver- schleppt werden, wie wohl auch kleine Thiere mit Schlammtheilen. Inseeten und elektrisches Lieht. — Ueber dieses Thema giebt die „Elektrieität“ eine interessante Mitthei- lung der auf der Frankfurter Internationalen elektrotech- nischen Ausstellung mit einem eigenen Pavillon vertrete- nen Firma Voigt & Haeffner-Boekenheim bekannt. Man weiss, dass das elektrische Licht auf alle geflügelten In- seeten eine grosse Anziehungskraft ausübt; mit welcher zähen Energie diese Thierchen jedoch bis zum vermeint- lichen Herde des Lichtes vorzudringen bestrebt sind, be- weist der folgende Fall. Die grosse mit 150 Glühlampen besetzte Kugel auf dem Pavillon der Firma funetionirte in letzter Zeit nieht vorsehriftsmässig, indem häufig einzelne Glühlampen versagten. Man vermuthete, dass die Regen- güsse den Gips ‚der olme alle Schutzgläser montirten Lampen aufgelöst haben könnten und nahm die Kugel behufs Reparatur ab. Da zeigte sich zu Aller Erstaunen, dass die Hohlräume einer grossen Anzahl der Fassungen trotz der darin befindlichen Glühlampen vollgepfropft mit Nr. 41. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 417 winzig kleinen, zum Theil in Vermoderung übergegange- nen Mücken waren. Durch die dabei auftretenden Zer- setzungsprodukte sind daun die Öontacte der Fassungen zerstört worden, woraus sich das Nichtbrennen einer grossen Anzahl Lampen erklärt. Man fragt sich, wie es möglich war, dass sich die Thiere in solcher Masse durch den minimalen Zwischenraum, welcher sich zwischen Fassung und Lampenfuss befindet, hindurcharbeiten konnten. Die Farbe des Holzes der Douglas-Tanne bespricht Herr €. S. Sargent in einer eingehenden Beschreibung dieses Baumes in „Garden and Forest“ (1591) und sagt dabei, dass ein Theil der Bäume hellrothes, ein anderer gelbes Holz erzeugt; und dass ferner die Stämme be- deutend variiren in der Zeit, welehe zur Umwandlung des Splintes in Kernholz erfordert wird. Das gelbe Holz ist dichter geadert, als das rothe und gilt für weit werthvoller als das letztere. Die Behauptung von Holz- händlern, dem lebenden Baume ansehen zu können, welehe Farbe sein Holz besitzt, dürfte wohl sehr des Beweises ihrer Richtigkeit ermangeln. Die Bedingungen, welche bei derselben Species zur Bildung so sehr ver- schiedenen Holzes führen, sind noch nicht erforscht. Wahrscheinlich sind hier Einflüsse des Bodens, der Höhen- lage und wohl auch des Alters des Individuums die in Rechnung zu ziehenden Factoren. Der Tabakbau in Deutsch Neu-Guinea ist in einem ganz besonderen Aufschwunge begriffen. Die Ernte soll in diesem Jahre an Qualität den in Sumatra produeirten Tabak ganz bedeutend übertreffen, und für nächstes Jahr erwartet man, dass sich auch die Quantität in ausseror- dentlichem Verhältniss vergrössern werde. Ueber die Wirkung gesteigerter Chilisalpeter- düngungen auf die Roggenernte hat Prof. Dr. G. Marek Untersuchungen angestellt, die nach Biedermann’s Centralblatt für Agrieulturchemie folgendes ergaben. Die Versuche wurden auf einem Boden von mittlerer Beschaffenheit ausgeführt, der reich an Kali und Phos- phorsäure war und dem eine hohe Fruchtbarkeit zukam. Vorfrucht war 1888 Hafer, 1889 Erbsen. Die Grösse der Parzellen betrug 33,3 qm. Anfang Mai wurde eine Düngung mit Chilisalpeter gegeben, welche dem Ver- hältniss von 15, 30 und 45 kg Stickstoft pro Hectar ent- sprach. Die Ernteermittelung lieferte folgendes Resultat: Mehrertrag gegen- unser Düngung pro Parzelle RR 15 pro ha über uk Parzelle PrO ha Körner Stroh Körner Stroh Körner "StroH kg kg kg kg kg kg 1 Unged. 8,970 34,630. 2691 10389 — — 2 15ks N 9,681 35,419 2904 10625 213 236 3307 2 2100592 35.6852.30107 1070531922316 4745, - - 11,592°352507 73478 10975 187 186 Hiernach wurde durch die Chilisalpeterdüngung so- wohl der Ertrag an Körnern wie auch an Stroh nicht unerheblich gesteigert und zwar war diese Steigerung grösser bei den Körnern wie beim Stroh. Inwiefern die erzielten Mehrerträge die Kosten der Düngung decken bezw. einen Reingewinn ergaben, geht aus folgender Tabelle hervor: R Werth d Kost Rein- Parzelle a Mehrernte Dingung gewinm F di M „ 2 2BkgsN 40,8% 20,50 20,36 u 61,61 40,50 21,11 And =. a AAO 60,50 34,20 Wenn somit im Maximum durch die Chilisalpeter- düngung ein Reingewinn von 84,20 „/ pro Hectar erzielt wurde, mithin die letztere trotz des fruchtbaren Bodens sich als sehr rentabel erwies, so hat der Verfasser weiter festgestellt, dass auch die sonst gegen die Chilisalpeter- düngung erhobenen Einwände bei seinem Versuche nicht bestätigt wurden. Wie ein Blick auf die erste Tabelle zeigt, ist durch den Chilisalpeter die Körnerbildung reich- licher als die Strohbildung gefördert worden, eine That- sache, welche direet gegen die Meinung spricht, dass dieselbe mehr die Stroh- und weniger die Körnerbildung begünstigen soll. Was die Qualität der Körner, welche dureh die Düngung mit Chilisalpeter leiden soll, betrifft, so waren die Körner der gedüngten Parzellen nicht nur dem Volumgewicht, sondern auch dem absoluten Gewicht nach schwerer wie die von der nicht gedüngten Parzelle geernteten. Ebenso wenig kann von einem stofflichen Minderwerthe der Ernte durch die Chilisalpeterlösung die Rede sein, denn die Stiekstoffbestimmungen sowohl in den Körnern wie im Stroh ergaben, dass ein wesent- licher daraufhin abzielender Unterschied nicht vorhanden war. Aus obigem geht hervor, dass sich die angewendete Kunstdüngermenge nicht nur durch den Mehrertrag be- zahlt gemacht, sondern auch einen beträchtlichen Mehr- gewinn ergeben hat, trotzdem der Boden des Versuchs- feldes ein sehr fruchtbarer war. Der Einfluss des Dunstes der Städte auf die Pflanzenwelt. — Die königliche Gartenbau-Gesellschaft zu London hat über diesen Gegenstand seit einiger Zeit Untersuchungen anstellen lassen. Im Zusammenhange mit denselben hat vor kurzem Herr F. W. Olliver der Ge- sellschaft einen Bericht erstattet, der zunächst den Treib- hauspflanzen gewidmet ist. Wie zu erwarten, hat sich herausgestellt, dass Nebel auf dem Lande den Pflanzen unschädlich ist und nur eine grössere Fürsorge nöthigt macht für die Erhaltung der den Pflanzen nothwendigen Wärme. Ganz anders aber liegt die Sache, wenn Nebel in Städten auftritt, wo er dann zugleich Träger aller der dort stattfindenden Ex- halationen wird. Man hat in dieser Beziehung sehr un- liebsame Beobachtungen gemacht in Kew, in Chiswiek und in mehreren grossen Gartenanlagen in der Umgebung Londons; und die dortigen Erfahrungen sind es gerade, welche die vorliegenden Untersuchungen des Herrn Olliver veranlasst haben. In Kew und in Chelsea hat man die von Dunst und Nebel herrührenden Niederschläge gemessen, welche sich auf einem, vor Eintritt des Nebels vollkommen reinen, Raume (Treibhausdach) von je 20 qm angesammelt hatten. Das Gewicht der Niederschläge war an beiden Orten ziemlich das gleiche, nämlich 20 g auf 1 qm, oder also 20 kg auf 1 ha. Die Analyse der Niederschläge in Chelsea hat folgende Näherungszahlen ergeben: 40 pCt. Mineral- substanz, 36 pCt. Kohlenstoff und 15 pCt. Kohlenwasser- stoffe, wohl namentlich ©, H,. Ausserdem haben sieh 5 pCt. schweflige Säure und 1'/, pCt. Salzsäure gezeigt. In einzelnen Theilen der untersuchten Niederschläge fand man ferner 2 bis 3 pCt. metallisches Eisen, welcher Um- stand von grosser Bedeutung erscheint, wenn man bedenkt, wie sehr schädigend Eisensalze auf alles Laubwerk wirken. Wenn nun auch angenommen werden darf, dass ein nur kurze Zeit andauernder Nebel, selbst wenn er sehr dicht ist, den Pflanzen nur geringen Schaden thut, so geht aus den Olliver’schen Resultaten doch andererseits auch hervor, dass in grossen Städten ein anhaltender Nebel — der denn auch in vielen Fällen von einer be- deutenderen Temperaturerniedrigung begleitet sein wird — ganz unbedingt einen sehr grossen und meistens nicht wieder gut zu machenden Schaden für die Pflanzen be- deuten wird. 418 Süsswasser auf Helgoland. — In Helgoland hat man mitten auf der Insel eine Tiefbohrung nach Wasser an- gesetzt und ist dabei so glücklich gewesen, bei eimigen 40 Meter Tiefe ein schönes, klares und süsses Wasser zu erbohren, welches chemisch” untersucht und als ganz vor- zügliches Trinkwasser befunden worden ist. Es ist dies für Helgoland als Festung von grosser Tragweite, sowie für die ganze Insel ußRerat angenehm. Es soll nun noch ein Hochreservoir angelegt und ganz Helgoland mit Wasserleitung versehen’ werden. Als Betriebskraft soll der auf Helgoland. so reichlich vorhandene Wind benutzt werden, weleher einen solid und kräftig sn Filler- Windmotor treiben und das Wasser aus der Tiefe von 45 Meter auf das Hochreservoir, im Ganzen auf ea. 60 Meter Höhe, befördern wird. Der Windmotor wird auf einem 18 Meter hohen eisernen Thurm errichtet, besonders stark gebaut und mit einer eisernen Regulirvorrichtung versehen, die den Motor gegen die gewaltigen Stürme, welche über die Insel hinwegfegen, sehützen soll. Die Leistung des Pumpwerks und des Motors ist auf 6000 Liter per Stunde berechnet. Aussergewöhnlieh schöne atmosphärische Effeete wurden im Mittelländischen Meere durch das helle klare Wetter des verflossenen Juli gezeitigt. Der „Mediterranean Naturalist“ in Malta berichtet, dass namentlich die Erschei- nungen, welche die irreguläre Ditiraction hervorbringt, besonders ausgeprägt sich zeigten, indem Gegenstände, welehe unter gewöhnlichen Verhältnissen gar nicht in Malta und G0zzo siehtbar sein können, scheinbar so hoch über dem Horizont erschienen, dass sie in voller Klarheit mit blossem Auge wahrgenommen werden konnten. Es gilt dies namentlich von "der Küstenlinie Sieiliens mit all’ ihren Einzelheiten, welehe besonders am 11. und 12. Juli deutlich zu sehen waren, während der Aetna in scharfen Umrissen sich von dem reinen blauen Himmel abhob. Dazu möge bemerkt sein, dass die Entfernung des Aetna vom Malta und Gozzo mehr ‚als 100 Seemeilen oder nahe 150 Kilometer beträgt. Die Bewegung des Sonnensystems im Raume. — Nach neueren Untersuchungen des Herrn ©. Stampe, die derselbe auf die Eigenbewegungen von mehr als 1100 Sternen gegründet hat, ergeben sich die Coordinaten des Apex jener Bewegung, d.h. des Punktes, nach welchem die Sonne mit ihrem ganzen System hinzustreben scheint, wie folgt: Rectase.‘ —»285%7.Deel. —54%. Als Werthe für diese Coordinaten hatte Boss gefunden Rectase. — 280°; Deel. — 50° und Struve Reetase. — 237,1; Deel. 528, während, nach W. Herschell, Gauss, uam Galloway der Apex in Reetase. — 260°; Deel. — 55° liegt, also im Hercules zu suchen wäre. Die vorher erwähnten neueren Werthe von Boss, Struve und Stampe weisen aber darauf hin, dass das gesammte Sonnensystem eme fortschreitende Bewegung nach dem Sterne 1. Grösse, Wega, im Sternbilde der Leyer hat. Neue Entdeckungen im Kaukasus. — Im Juli d. J. hat, wie im „Ausland“ mitgetheilt wird, Herr K. Rossikow, durch seine Kaukasus-Forschungen bekannt, eine neue Entdeckungsreise in jenes mächtige Gebirge unternommen, und dabei im Quellgebiete des Flusses Fiag-Don acht Gletscher gefunden. Sechs davon sind sogar auf Karten Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 41. grossen Massstabes (der fünfwerstigen Karte z. B.) noch nicht angegeben. Herr Rossikow nahm dieselben vom „Styr Choch“ Passe auf. Vom Trusso Passe aus hat er einen Theil des Südabhangs des Seitenkamms zwischen den Bergen Kasbek und Syrehu-Bason aufgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass auf der fünfwerstigen Karte einige Gletscher dieEE Kammes nicht eingezeichnet sind und ewiger Schnee an Stellen angegeben ist, wo er fehlt. Die schon seit früher bekannten Gletscher haben sich seit 1822 bedeutend in ihrem Umfang geändert und sind beträchtlich zurückgegangen. Im russothiae fand Herr R. zahlreiche kalte 'Schwefel- und kohlensaure Eisen- quellen. In der Nähe des Dorfes Abano entdeckte er endlich einen Abgrund, aus dem reichlich Kohlensäure entströmte. Eine Schiffsschraube mit umstellbaren Flügeln hat, wie das „Öentralblatt der Bauverwaltung“ mittheilt, der englische Ingenieur Beaumont in einer Sitzung der „British Association“ als Mittel zur Beschleunigung und Erleiehterung des Wechels der Fahrrichtung in Vorschlag gebracht. "Die jetzt gebräuchlichen Umsteuerungsvor- richtungen, so sagt Beaumont, laufen fortwährend mit der Maschine, so lange diese im Gange ist, obgleich manchmal während emer langen Fahrt kein Umsteuern nöthig wird. Tritt aber eine solche Nothwendigkeit ein, dann müssen zunächst all die schwingenden und um- laufenden Massen der Maschine, einschliesslich der schwe- ren Schraube, zum Stillstand gebracht und aldann in ent- gegengesetztem Sinne angetrieben werden, bevor die be- absichtigte Wirkung eintritt. Beiden Mängeln würde mit einem Schlage abgeholfen sein, wenn es gelänge, die Flügel der Schraube so um ihre Längsachse beweglich anzuordnen, dass sie während der Fahrt bei unveränder- tem Gange der Maschine gedreht werden könnten. Man wäre dann im Stande, die Steigung der Schraube be- liebig zu ändern und nöthigenfalls deren Sinn ganz um- zukehren, also z. B. aus der Rechtssehraube eine Links- schraube zu machen. Damit würde natürlich auch der Richtungssinn des Antriebes und die Fahrtrichtung des Schiffes umgekehrt werden. Beaumont will dies mit Hülfe von Wasserdruck durch eine im Schraubentunnel angebrachte Vorrichtung bewirken, über deren Anordnung im Engineering vom 4. September d. J. (S. 269) nähere Mittheilungen gemacht sind. In der an den Vortrag ge- knüpften Besprechung wurde zwar der Gedanke als sehr sinnreich anerkannt, aber auch mancher Zweifel hinsicht- lich der Durehführbarkeit geäussert. Einerseits, so wurde u. A. bemerkt, läuft die Umsteuerung doch nicht so ganz nutzlos mit, da sie auch zur Regelung der Einströmung und Ausnutzung (Expansion) des Dampfes dient; ander- seits würden die Befestigungstheile der beweglichen Schraubenflügel sehr hohen” Beanspruchungen ausgesetzt sein, sodass eine schnelle Abnutzung zu befürchten und sogar das Abrechen der Flügel bei "plötzlicher Umsteue- rung nicht ausgeschlossen sei. Uns will es scheinen, als wenn auch die Form der Flügel zu Bedenken Anlass gäbe, da dieselben nicht mehr als Schraubenflächen, sondern als Ebenen ausgebildet werden müssten, wenn sie in beiden Endstellungen gleich wirksam sein sollten. — Der Vortragende liess sich übrigens durch alle Ein- würfe nicht abschrecken, wie die folgenden launigen Worte zeigen, mit denen er die Verhandlung schloss: Ich habe nieht erwartet, dass mein Gedanke durchweg günstig aufgenommen werden würde. Das natürliche Selbstgefühl des menschlichen Geistes macht jeden zum unwillkürlichen Gegner der Vorschläge anderer. Man hat immer das Gefühl, dass eine neue Sache „nieht gehen“ wird, es sei denn eine Erfindung, die man selbst gemacht‘ Nr. 41. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 419 hat. Deswegen geht die Sache auch in That nieht eher Der v. Welz-Preis der Deutschen opthalmologischen Gesell- voran, als bis man Versuche anstellt, die dann manchmal in ganz „naturgesetzwidriger“ Weise gelingen. Die Festigkeit von Drähten aus Kupfer und aus Deltametall. — In letzter Zeit sind bekanntlich in eini- ger Häufung höchst beklagenswerthe Unfälle infolge des Berstens kupferner Dampfleitungsröhren auf Schiffen vor- gekommen. Durch diesen Umstand hat sich, wie „Glaser’s Annalen für Gewerbe und Bauwesen“ mittheilen, die Fair- field Shipbuildung and Engineering Company zu Govam veranlasst gesehen, ein System zu versuchen, bei dem die genannten Röhren mit Drähten umwiekelt werden in der Weise etwa, wie dies bei Kanonenläufen geschieht. Es handelte sich dabei um die Frage, welches Metall zu diesen Drähten zu verwenden sei. Kupfer konnte nur mit Vorbehalt in Rücksicht kommen, da dasselbe bei steigender Temperatur sehr viel von seiner Festigkeit verliert. Auch gegen den Gebrauch von Stahldraht sind Einwendungen zu machen. Da nun der Prof. Unwin vor einiger Zeit darauf hingewiesen hatte, dass Deltametall beim Erhitzen nur wenig von seiner Festigkeit einbüsse, so wurden eine Reihe von Versuchen über die absolute Festigkeit von Drähten aus Deltametall angestellt. Kupfer- drähte und Deltadrähte wurden unter gleichen Umständen geprüft, Zuerst beide in gewöhnlicher Temperatur und dann beide bei 227°,25 C., also bei der Schmelztempe- ratur des Zinns. Das Ergebniss war, dass im nicht aus- geglühten Zustande das Deltametall stärker ist als Kupfer, aber weniger dehnbar. Bei zunehmender Temperatur büssen beide Metalle viel von ihrer Festigkeit ein und gewinnen an Dehnbarkeit. Bei der Temperatur von 227°,28 zeigte sich der Kupferdraht aber bedeutend schwächer, als der gleichzeitig untersuchte Draht aus Deltametall und büsste zudem seine frühere grosse Dehnbarkeit ein. Diese Ergebnisse erscheinen von grösster Wichtigkeit, wenn man in Betracht zieht, wie mit dem immer mehr zunehmenden Dampfdruck auch immer mehr steigende Temperaturen bei den heutigen Schiffsmaschinen vor- kommen. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Das Reale Instituto Veneto di seienze, lettere ed arti stellt für 1893 aus der Quirini-Stampalia Stiftung einen Preis für die Lösung folgender Aufgabe zur Verfügung. „Die felsigen, sandigen, erdigen und salzigen Massen, welche einer der Hauptflüsse Venetiens unter den verschiedenen Be- dingungen des Hoch- Mittel- und Niedrigwassers aus den Alpen- thälern wegführt und in verschiedenen Abständen vom Fusse der Alpen bis zum Meere hin ablagert, sınd lithologisch, mineralogisch zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen dann ferner angewandt werden auf das Studium der alten und modernen Alluvionen und auf die Frage der Lagenänderungen, welche in prähistorischen und historischen Zeiten in dem Becken des betreffenden Flusses stattgefunden haben können.“ Termin 31. Dezember 1893. Preis 3000 Lire. Die Arbeiten können italienisch, deutsch, englisch, französisch oder lateinisch geschrieben sein und sind mit Motto und verschlossener Namens- angabe an das Secretariat des Instituts postfrei einzureichen. Ernannt: Der Professor an der Landwirthschaftlichen Hoch- schule zu Berlin Geheimer Regierungsrath Dr. Hans Landolt, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, zum ordentlichen Professor an der Friedrich - Wilhelms Universität Berlin. Prof. Dr. F. Kolätek, bisher Professor am tschechischen Staatsgymnasium in Brünn zum ordentl. Prof. der mechanischen Physik an der tschechischen Universität in Prag. — Der Pro- fessor der Physik an der Universität Wien, Dr. V. Edler von Lang zum kaiserl. königl. Hofrath. — Director Schwarzenberg an der landwirthschaftl. Hochschule zu Braunschweig aus An- lass seines 50jährigen Dienstjubiläiums zum Doctor hon. caus. der juristischen Facultät der Universität Marburg. schaft ist für das letzte Triönnium Prof. Dr. A, von Hippel in Königsberg zugesprochen worden. In Kansas starb der bedeutende amerikanische Meteorolog William Ferrel im Alter von 74 Jahren. Litteratur. Th. Ziehen, Leitfaden der physiologischen Psychologie in 14 Vorlesungen. Mit 21 Abbildungen im Text. Verlag von Gustav Fischer. Jena 1891. Preis 4 Mk. Das vorliegende Buch verdient nicht allein deshalb die Be- achtung weitester Kreise, weil es das schwierige Thema mit be- merkenswerther Klarheit und Anschaulichkeit behandelt; es be- deutet auch gegenüber Wundt's „Grundzügen der physiologischen Psychologie“ einen wesentlichen Fortschritt. Der Verf. schliesst sich eng an die sogenannte Associationspsychologie der Engländer und führt überall den Nachweis der Ueberflüssigkeit jener „Apperception“, die als ein gleichsam über den physiologischen Vorgängen des Gehirns schwebendes Seelenwesen von Wundt zur Deutung der psychischen Vorgänge eingeführt worden ist. Die physiologische Psychologie beschäftigt sich mit den an Hirnfunetionen gebundenen psychischen Vorgängen. Nicht allen psychischen Erscheinungen entsprechen nach Ziehen physiologische „Parallelvorgänge“; ebenso wie es nervöse Vorgänge ohne psychisches Correlat giebt. Es gehören zu letzterer Kategorie die Reflexe, die sich schon in den untersten Thierstufen lange vor der Differenzirung eines Nervensystems vorfinden, Reflexe sind die maschinenmässig, monoton, stets in genau gleicher Form auf verschiedene Reize folgenden motorischen Actionen: kneift, sticht, brennt man die Fusszehe eines theilweise enthirnten Frosches, so wird das Bein angezogen. — Werden Reflexe durch intereurrirende Reize in ihrem Ablauf modificirt, hüpft z. B. der Frosch davon und weicht dabei Hindernissen aus, so erhalten wir einen automatischen Act. Als solcher ist auch das mecha- nische Herunterspielen eines wohlgeübten Clavierstückes aufzu- fassen und nicht anders gewisse thierische Instinkte. — Die be- wusste Handlung, die Willkürhandlung, aber ist ein von einem psychischen begleiteter materieller Vorgang. Wohl verstanden: begleitet! Der psychische Vorgang, der Gedanke an die Hand- lung, ist nieht die Ursache des Bewegungsvorganges. Einen Willen in diesem — dem gewöhnlichen — Sinne giebt es nicht. Eine Handlung ist vielmehr so eharakterisirt: ein Reiz dringt ins Gehirn und bewirkt dort eine Erregung gewisser Rindenzellen, deren psychisches Correlat als Empfindung bezeichnet sei. Diese Rindenerregung pflanzt sich alsdann zum Muskel fort, aber nicht direet, sondern erst noch durch intereurrente Residuen früherer ähnlicher Rindenerregungen, deren psychisches Correlat der Selbstbeobachtung als reprodueirtes Erinnerungsbild, als Vorstellung erscheint, nach Grösse und Richtung modifieirt. So variabel das Ineinandergreifen soleher Rindenerregungen sein kann, genau so mannigfaltig muss sich das Spiel der geistigen Parallelvorgänge erweisen, deren Summe man unter dem Namen der Ideenassociation zusammenfasst. Nach der Besprechung dieser allgemeineren Gesichtspunkte wendet der Verf. sich zu den einzelnen Etappen des Ablaufs einer Willkürhandlung; zunächst zur Beziehung zwischen Reiz und resultirender Empfindung, soweit dieselbe einer physiologischen Beobachtung bisher zugänglich ist. Die Thatsachen und Methoden der Psychophysik and Psychophysiologie finden dabei eingehende Berücksichtigung. Die Empfindung schwindet mit dem Auf- hören der ihr parallelen Rindenerregung, aber keineswegs spur- los. Es werden vielmehr — so stellt man sich wenigstens den Hergang am anschaulichsten vor — aus der oder den „Empfin- dungszellen“ Reizvorgänge in gewisse „Vorstellungszellen“ ge- leitet und führen hier eine bleibende, materielle, an sich unbe- wusste Veränderung herbei. Diese Veränderung ist ein „latentes Erinnerungsbild“, das, vergleichbar dem physikalischen Begriffe der potentiellen Energie eines ruhenden Körpers, bei passender Gelegenheit, nämlich bei einer Wiedererneuerung jener Empfin- dung oder auch durch Ideenassoeiation, wieder psychisch lebendig, d.h. zum Erinnerungsbild, zur Vorstellung wird. Es ist die Regel, dass Vorstellungen gruppenweise zusammengehören. Eine Rose liefert uns die Empfindungen ihres Anblicks. des Geruches, des Gefühls der Dornenstiche u. a. m. Diese Empfindungen tauchen als Vorstellungen, wenn auch nicht immer zugleich, beim Anblick jeder neuen Rose wieder auf, und dazu kommt noch die Vor- stellung des gehörten nebst der des gesprochenen Wortes: Rose. Die Innigkeit des Zusammenhangs dieser Partialvorstellungen findet auch anatomisch in der Verbindung der einzelnen Erinne- rungszellen unter einander durch besondere Associationsbahnen ihren Ausdruck. Der Gesammteomplex der obigen fünf Partial- vorstellungen ergiebt den eonereten oder sinnlichen Begriff: Rose. Die Zusammenordnung zahlreicher einzelner conereter Begriffe 420 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 41. führt zu immer allgemeineren Begriffen, wie Pflanze, Lebewesen, Welt. In dem Hinaufheben der latenten Erinnerungsbilder über die „psychische Schwelle“, also in der Reproduction von Vorstellungen, besteht die Association. Ein Reiz dringt in das Gehirn, dort zu- erst eine Empfindung auslösend. Die Erregung schreitet dann weiter fort und zwar offenbar auf dem Wege, wo ihr der geringste Leitungswiderstand begegnet, also in der Regel jedenfalls auf den durch häufige Benutzung sozusagen ausgeschliffenen Bahnen. So gelangt sie in eine Erinnerungszelle. Dort wird die latente Vorstellung geweckt und weiter reiht sich dann Glied an Glied in physiologisch streng gesetzmässiger Weise zu einer Kette von Vorstellungen zusammen. „Jede Vorstellung ruft als ihre Nach- folgerin entweder eine Vorstellung hervor, welche ihr inhaltlieh ähnlich, oder eine Vorstellung, mit welcher sie oft gleichzeitig aufgetreten ist. Die Association der ersten Art bezeichnet man auch als innere, die der zweiten auch als äussere Association. Das Prinzip der äusseren Association ist die Gleiehzeitigkeit, das der innern die Aehnlichkeit.“ Die Gleichzeitigkeitsassoeiation ist das dominirende Element unseres gesammten geistigen Lebens, und also dieses wesentlich abhängig von rein physiologischen Factoren: Beschaffenheit der Leitungsbahn, Intensität der Erregungen, gegenseitige Förderung oder Hemmung derselben, leichtes Aus- sprechen der latenten Vorstellungen und dergl. — In den Rahmen der Ideenassoeiation lassen sich auch die logischen Functionen des Urtheilens und Schliessens einfügen, wenn sie auch eine höhere Entwieklungsstufe der gewöhnlichen Association dar- stellen. Eine Apperception, die nach Belieben aus den verschiedensten Eindrücken bestimmte auswählt, eine derartig activ handelnde Aufmerksamkeit giebt es nicht. Vielmehr sind es wieder nachweisbare Momente, insbesondere die Schärfe und Intensität der Empfindung, welche den Ausschlag darin geben, ob wir eben jene Empfindung bemerken, sie aus der Reihe der gleichzeitigen betonend herausheben, oder nicht. Das subjeetive Gefühl der Aufmerksamkeit, das wir z. B. beim gespannten Lauschen em- pfinden beruht erwiesenermassen auf Muskelgefühlen. — Was von der Aufmerksamkeit gilt, gilt auch vom sogenannten willkürlichen Denken, etwa dem Sich-Besinnen auf Etwas. Wir können nicht denken, wie wir wollen, sondern müssen denken, wie die gerade vorhandenen Associationen es bestimmen. Eine Freiheit des Denkens ist so unmöglich, wie eine Freiheit des Willens; Verstand, Vernunft, Urtheilskraft, Scharfsinn, Phantasie, alle solche Be- griffe bezeichnen nur Abarten der Ideenassoeiation. Als Schluss-Glied fügt sich an die Kette der associativen Vorgänge die motorische Action, die Handlung im engeren Sinne. Dank der natürlichen Selection kommt es überall bald dahin, dass gleiche Reize auch zu gleichen und fast immer zweck- mässigen Bewegungen führen. Ist der Bewegungsact vollzogen, so liefern alsbald Bewegungsempfindungen von Muskeln, Sehnen und Gelenken her, sowie nicht in letzter Linie die Gesichtswahr- nehmung der Bewegung eine, oder besser gesagt die zugehörige, Bewegungsvorstellung. Hat aus dem Grunde der häufigen Wieder- kehr die Bewegungsvorstellung hinreichende Schärfe erlangt und ist sie erst dureh Assoeiationsfasern mit anderen Vorstellungen in engere Verbindung getreten, so kann sie schliesslich auch ohne dass die Bewegung selbst hervorgeht, einfach durch asso- eiative Processe zur Reproduction kommen, wie eben jede andere Vorstellung auch; und gerade die Möglichkeit des beliebigen Zusammen- oder Getrennt-Vorkommens von Handlungen und Vorstellungen bildet den Grundstein zu dem Luftschloss der Willensfreiheit. Ein optischer Eindruck löst eine Bewegungsvor- stellung aus; die zugehörige Bewegung unterbleibt aber aus physiologischen Gründen, vielleicht infolge hemmender, im Vorder- grunde stehender Vorstellungen anderer Art: wir sagen dann, „wir hätten wohl an die Bewegung gedacht, sie aber nicht ge- wollt“. Sehliesst sich die Bewegung der Vorstellung an, so war sie „eine beabsichtigte“. Folgt umgekehrt der Bewegung, also der Handlung, beispielsweise dem Aussprechen eines Wortes, die Vorstellung des Geschehenen erst nach, so ist uns das Wort „unwillkürlich entschlüpft“. Hier muss der Bericht abbrechen, Vieles und Wichtiges dem Leser zu eigener Lektüre überlassend und warm empfehlend. Nur sei noch einmal betont, wie in den Errungenschaften der - Philippson, A., Der Peloponnes. wissenschaftlichen Gegenwart auch dem uralten Dogma der persönlichen Freiheit die Axt an die Wurzel gelegt ist. Dr. Karl. L. Schaefer. A. von Steinheil und E. Voit, Handbuch der angewandten Optik. I. Band. Leipzig, B. G. Teubner 1891. Mit Figuren und 7 Tafeln. Preis 11 Mark. Das vorliegende, sehr umfassend auf drei Bände berechnete Werk wendet sich vornehmlich an den Praktiker, dem es in aus- gezeichneter Weise, nur die Kenntniss der ebenen und sphärischen Trigonometrie voraussetzend, die Mittel an die Hand giebt, eine genaue, auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhende Berechnung der Leistungen der optischen Instrumente auszuführen. Das ernste Studium des Werkes wird umso lördernder sein, als die Herren Verfasser durch eine grosse Anzahl praktischer Beispiele die ausgezeichnetste Anleitung für jeden vorkommenden Fall geben. Alles was nur irgendwie einmal erforderlich werden kann ist in der zweckmässigsten Weise gegeben, und die zahlreichen und oft ja sehr umfangreichen Formeln sind in übersichtlicher und bequemer Weise zusammengestellt, so dass im praktischen Falle durch einfaches Nachschlagen ein vollständiges Bild des gesammten Rechnungsganges erlangt wird. Während dieser erste Band die allgemeinen Voraussetzungen für die Berechnung optischer Systeme und Anwendungen auf einfache und achromatische Linsen enthält, wird Band II die Verwerthung der so erlangten Ergebnisse zur Berechnung zusammengesetzter optischer Systeme und Band III die Prüfung der optischen Effeete ausgeführter Instrumente darlegen. In besonders dankenswerther Weise ist der Werth des Buches noch erhöht worden dadurch, dass die Herren Verf. ihm den Neudruck zweier wichtiger Abhandlungen von A. v. Seidel und ©. A. v. Steinheil angeschlossen haben. Gravelius. * 1. Abth. Berlin. Für das vollständige Werk 45 M. Rackwitz, M., Hegels Ansicht über die Apriorität von Zeit und Raum und die Kant’schen Kategorien. Halle. 1,50 M. Reinke, J., Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Morpho- logie der Sphacelariaceen. Cassel. 24 M. Rohde, E., Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Hirudineen. Breslau. 12 M. Rubner, M., Lehrbuch der Hygiene. 4. Aufl. 1. Lfg. Wien. 2M. Schanz. M., Quer durch Süd-Amerika. Homburg. 2,50 M. Schneider, C. C., Untersuchungen über die Zelle. Wien. 6,40 M. Schneider, L., Beschreibung der Gefässpflanzen des Florengebietes von Magdeburg, Bernburg und Zerbst. 2. Aufl. Magdeburg. 3 M.; geb. 3,50 M. Schröder, E., Vorlesungen über die Algebra der Logik (exakte Logik). 2. Bd. 1. Abth. Leipzig. 12 M. Seeck, O., Ueber die Hautdrüsen einiger Amphibien. Dorpat. 1,50 M. Staub, M., Etwas über die Pflanzen von Rädacs bei Eperies. Budapest. 0,50 M. Stiehler’s Hand-Atlas. 8. (Schluss-) Lfg. - Gotha. 1,60 M. Stitzenberger, E., Lichenaea afrieana.. Fse. II. (Finis). St. Gallen. 3 M. Sturany, R., Die Coxaldrüsen der Arachnoiden. Wien. 6 M. Vävra, W., Monographie der Ostracoden Böhmens. Ebd. 5,20 M. Velenovsky, J., Flora bulgarica. Prag. 20 M. Waelsch, %., Zur Infinitesimalgeometrie der Strahleneongruenzen und Flächen. Leipzig. 1,20 M. — . — Zur Konstruktion der Polargruppen. Ebd. 0,50 M. Weyr, E., Ueber Raumeurven 6. Ordnung vom Geschlechte Eins. Leipzig. 0,30 M. Wolff, Ch.. Das Prinzip der reziproken Radien. Erlangen. 1M. Wünsche, O., Excursionsflora für das Königreich Sachsen und die angrenzenden Gegenden. Die höheren Pflanzen. 6. Aufl. Leipzig. 4 M.; geb. 4,50 M. Zacharias, O., Die Thier- und Pflanzenwelt des Süsswassers. 1. Bd. Leipzig. 12 M. Zimmermann, A., Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. 2. Hft. Tübingen. 4 M. Zumstein, I. J., Ueber die Unterkieferdrüsen einiger Säuger. I. Anatomischer Thl. Marburg. 0,80 M. Jän EEE Inhalt: Rudolf Virchow. — Dr. H. von Jhering: Ueber die geographische Verbreitung der entomostraken Krebse des Süss- wassers (Schluss). — Inseeten und elektrisches Lieht. — Die Farbe des Holzes der Douglas-Tanne. — Der Tabakbau in Deutsch Neu-Guinea. — Ueber die Wirkung gesteigerter Chilisalpeterdüngungen auf die Roggenernte. — Der Einfluss des Dunstes der Städte auf die Pflanzenwelt. — Süsswasser auf Helgoland. — Aussergewöhnlich schöne atmosphärische Effeete. — Die Be- wegung des Sonnensystems im Raume. — Neue Entdeckungen im Kaukasus. — Eine Schiffsschraube mit umstellbaren Flügeln. — ‘Die Festigkeit von Drähten aus Kupfer und aus Deltametall. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Th. Ziehen: Leitfaden der physiologischen Psychologie in 14 Vorlesungen. — A. von Steinheil und E. Voit: Handbuch der angewandten Optik. — Liste. BT en Te Fe EIER Aa EEE RENT ee en 1 1 BE en ee ea I Verantwortl. Redakteur: i. V. Astronom Harry Gravelius, Berlin SW., Zimmerstr. 94, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. | olz’s eonstruirt von J. R. Metall-Spiral-Hygrometer (bereits 15 000 Stück geliefert) empfiehlt als Spezialität J. R. Voss. BERLIN NO., Pallisaden-Strasse 20. 7 goldene und silberne Medaillen. — Geschäftsgründung 18734. Mechaniker. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. a Vorzüglich Vorzüglich Vorzüglich 3u haben in den Mechaniker. zur Erhaltung einer guten Haut, XCI ı) |1anolin-Toitette-cream-Lanolin zur Pflege der Haut. zur Neinhaltung und Bebelung wunder Haut» tellen und Wunden. bejonders bei fleinen Kindern. meijten Apotheken und Drogerien. FH In Ferd. lung in Berlin SW. Studien zur Astrometrie. Gesammelte Abhandlungen von Wilhelm Foerster, Prof. u. Director der Kgl. Sternwarte zu Berlin. Preis 7 Mark. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 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Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum von Dr. V. Schlegel. Das Rechnen an den Fingern und Maschinen von Prof. Dr. A. Schubert. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl Kraepelin. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen von Prof. Dr. E. Loew. Das „glaziale‘‘ Dwykakonglomerat Südafrikas von Dr. F. M. Stapf. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von Dr. Rob. Mittmann. Mit 3 Holzschnitten. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit 1 Tatel. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. Mit 10 Holzschnitten. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. 9. Preis: DE00999090000090000090000909009000900090000 9098088088690608889809089980809898089088 8 Heft 1-4 a 50 Pf.. Heft 5-16 1 M. In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen: Allgemein-verständliche naturwissenschaftliche Abhandlungen. (Separatabdrücke aus der „Naturwissenschaftlichen Wochenschrift.‘) Heft 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- schnitten. Y — 7 | | ll. Ueber das Causalitätsprincip der Naturerschei- nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds Rede: „Die sieben Welträthsel““ von Dr. Eugen | Dreher. | | 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Jordan. Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota- nischen Garten zu Berlin von Dr. H. Potonie. Mit 2 Tafeln. . Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette von Dr. Ed. Ritsert. . Die Urvierfüssler (Eotetrapoda) des sächsischen Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. 16. Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten von Prof. Dr. W. J. van Bebber. Mit i Tafel und 5 Holzschnitten. x ERINE = r Ag h m „=“ Redaktion: Was die naturwissenschaflliche Forschung sufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird Ihr ırsstzt durch den Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 15. October 1891. Nr. 42. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.— Bringegeld bei der Post 15 4 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Zur Physiologie des Protoplasma.*) Von Prof. W. Preyer. IM. Die Funetionen des Stoffwechsels: Die Athmung. Alle lebenden Körper sind während der ganzen Dauer ihrer Lebensthätigkeit mit Gasen in Berührung. Es umgiebt sie entweder die atmosphärische Luft oder Wasser, in welchem diese — quantitativ verändert — diffundirt, d. h. nach der Absorption aufgelöst ist. In vielen Fällen aber, wie bei den im Humus, im Schlamm, im Innern von Pflanzen, in Eingeweiden höherer Thiere, ' in faulenden Massen, lebenden Organismen ist es nicht die atmosphärische Luft, sondern ein qualitativ und be- züglich der wesentlichen Luftbestandtheile anders zusammengesetztes Gasgemenge, welches die lebenden Wesen umgiebt. Namentlich das für alle echten Thiere, welche nicht parasitisch in anderen Thieren leben, unentbehrliche freie Sauerstoffgas kann in vielen Fällen, wo Mikrobien in Flüssigkeiten und Ge- weben wachsen und sich vermehren, sehr erheblich ver- mindert sein oder fehlen, auch grossen Entozoen im Darmeanal von Wirbelthieren nur in minimalen Mengen zur Verfügung stehen, ohne dass deshalb die Lebens- vorgänge zum Stillstande kämen. Ja es giebt nicht wenige Mikrobien, denen eine reichliche Sauerstofigas- zufuhr höchst nachtheilig, wenn nicht tödtlich ist, die sogenannten Anaörobien. Auch einigen Eingeweide- würmern, sehr grossen, jedenfalls makroskopischen Schma- rotzerthieren, ist unter Umständen die Aöration nicht we- niger tödtlich wie dem Fötus im Uterus der Säugethiere. Demnach kann die frühere allgemein angenommene Ansicht, dass freies Sauerstoffgas, die „Lebensluft“, sei es im elastisch-füssigen Zustande, sei es von Flüssig- keiten absorbirt, jedem Thier zur Verfügung stehen müsse, falls es leben soll, nicht mehr aufrecht erhalten werden. quantitativ *) Fortsetzung von No. 1, S. 1 u. No. 3, 8. 27. Der viel ältere Satz „Alles was lebt athınet*, welcher uneingeschränkt richtig ist, muss vielmehr eine andere Bedeutung haben. Er kann nur die Thatsache ausdrücken, dass alles was lebt, einem Gaswechsel unterworfen ist. Dieser Gaswechsel wird zwar in weitaus der über- wiegenden Anzahl aller Fälle durch die Aufnahme von atmosphärischem gasigem oder vom Wasser absorbirtem Sauerstoff charakterisirt, aber keineswegs in allen. Da- gegen ist nach sämmtlichen bis jetzt vorliegenden Er- fahrungen in Betreff der Kohlensäure kaum noch ein Zweifel zulässig, dass alle, auch die kleinsten, auch die anaörobischen Organismen sie ausscheiden. Man muss also sagen: „Alles was lebt, bildet Kohlensäure“ und dieser Erfahrungssatz wird fortan die feste Grundlage jeder Athmungslehre sein müssen. Er war es schon bis- her ausdrücklich oder stillschweigend, seitdem auch bei den grünen Pflanzen, welche unter dem Einfluss des Lichtes die Kohlensäure der atmosphärischen Luft auf- nehmen und zerlegen, neben dieser Assimilation die Aufnahme atmosphärischen Sauerstoffs und die Ausschei- dung zgasiger Kohlensäure, also eine wahre Athmung, nachgewiesen ist. Der experimentelle Nachweis einer Kohlensäure-Ausathmung bei Protisten, bei Diatomeen, Rhizopoden, Infusorien und sehr kleinen, pathogenen oder fäulnisserregenden oder nach beiden Richtungen indiffer- enten anaöroben Baeillen und anderen Mikroorganismen ist nur noch eine Frage der Technik oder, sofern ihre Reineultur möglich geworden, der Zeit. Jedenfalls liegt gegenwärtig kein Grund vor, zu be- zweifeln, dass. ohne Ausnahme jeder, einzelne lebende Körper, so lange er lebt, Kohlensäure ausscheidet, und zwar Kohlensäurehydrat. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen, will ich nur hervorheben, ‚dass auch für die Embryonen niederer und 492 au Naturwissenschaftliche ‚Wochenschrift. Nr. 42. höherer Thiere (Vergl. „Specielle Physiologie des Em- bryo“ von W. Preyer. Lpg. 1855. S. 105) und für Spul- würmer, nämlich die Ascariden des Schweines bei Luft- abschluss (G. Bunge), desgleichen für anaörobe Gäh- rungserreger, die Kohlensäurebildung experimentell fest- gestellt ist. Aus dieser für alles Lebende als ausnahmslos geltend anzusehenden physiologischen Kohlensäure - Ausscheidung folgt nun mit Nothwendigkeit, dass alles Lebende in irgend welcher Weise Sauerstoff aufnehmen muss. An- dernfalls könnte nicht der Sauerstoff in der Kohlensäure fortgesetzt zur Ausathmung kommen. Wenn dieser Sauerstoff der Kohlensäure ausschliesslich dem etwaigen Vorrath in Geweben oder Säften des Körpers entstammte, dann müsste letzterer bald erschöpft sein. In der That lehren viele Versuche, dass bei Wegfall jeder Möglichkeit, Sauerstoffgas und sauerstoffhaltige Stoffe, nämlich Wasser und Nahrung, aufzunehmen, zwar die Kohlensäurebildung noch eine Weile fortdauert, dann aber nebst aller son- stigen Lebensthätigkeit jedesmal aufhört. In Betreff der Zufuhr des Sauerstoffs ist für höhere Thiere und die meisten niederen Thiere erwiesen, dass er zeitlebens sowohl im elementaren Zustande aus der Luft, als auch in chemischen Verbindungen mit der Nah- rung zugeführt wird und der erstere vorwiegend, oft ausschliesslich, zur Bildung der ausgeathmeten Kohlen- säure dient. Denn bei möglichst lange fortgesetzter Nah- rungs- und Wasserentziehung dauert die Athmung und die Kohlensäurebildung bis zuletzt fort, selbst dann noch wenn von der letzten Mahlzeit keine Spur mehr im» Körper zurückgeblieben sein kann und schon das Pa- renehym, nach Verbrennung aller Reservestoffe, angegriffen wird. Ä Aber bei den Anaörobien verhält es sich nothwendig anders. Spuren von elementarem Sauerstoff von den zahlreichen Experimentatoren übersehen worden wären, also die Behauptung, gewisse Spaltpilze lebten ohne Sauerstoffgas- zufuhr auf Beobachtungsfehlern 'beruhe, es somit im strengen Sinne des Wortes keine Anaörobien gebe, da ja die Zufuhr sehon von relativ wenig Sauerstoffgas entweder tödtlich oder wesentlich moditieirend auf den Stoffwechsel und das ganze Verhalten der betreffenden Mikrobien wirkt. und diese drängt sich mit Nothwendigkeit auf, dass nämlieh der für die Bildung der ausgeschiedenen Kohlen- säure erforderliche Sauerstoff in der Nahrung und dem Wasser, theils in fester, theils in lockerer chemischer Verbindung zugeführt wird. Entweder muss er dann im anaörobischen Körper frei gemacht und sogleich im Ent- | stehungsaugenblick wieder gebunden werden oder nicht ganz freigemacht, sondern (durch Reduction) in einer ver- brennlichen Verbindung zur Kohlensäureproduction, sei es. durch Oxydation beim Zusammentreffen mit einer anderen den Sauerstoff leiehter abgebenden Verbindung, sei es dureh Dissociation (Abspaltung), zur Verfügung stehen. An und für sich ist (vgl. „Elemente der allgemeinen Physiologie“ von W. Preyer. Leipzig 1883 S. 77) die Möglichkeit, dass in anaörobischen Wesen das Wasser wie bei der Elektrolyse zerlegt würde, sodass ozonisirter Sauerstoff in dem Masse wie er frei wird, verbraucht würde , nicht abzuweisen. Aber ‘der ‚Nachweis des Wasserstoffs wäre zum Beweise unerlässlich, und gerade bei der unter Luftabschluss reiehlieh Kohlensäure bildenden ' Ascaride hat ihn G. Bunge vermisst. Allgemein kann die Wasserzersetzung bei Anaörobien 'keinenfalls sein. Sie ist nicht einmal wahrscheinlich gemacht. Dagegen ist die andere Alternative höchst wahrscheinlich, dass Sauerstoffverbindungen der Nahrung zerlegt werden, wobei Man kann nicht annehmen, dass bei ihnen etwa Es ist vielmehr nur noch eine Annahme zulässig einerseits, wie im Assimilationsprocess der grünen Pflanzen (und nach Engelmann auch bei nicht grünen Chromophyllen im Licht, sowie bei chlorophylibildenden Thieren, z. B. gewissen Vorticellen) Sauerstoff frei wird, andererseits Oxydationen mit Kohlensäureabspaltung eintreten. Denn es gibt genug Versuche zum Beweise der Gasentwicklung bei Anaörobien, welche eine Reduction und eine Oxydation darthun. Ich erinnere nur an die Entwickelung freien Stickstoffs aus Salpeter bei Gegenwart faulender Sub- stanzen (Al. Ehrenberg 1837) und an die Reduction. des Schwefelwasserstoffs und Oxydation des Schwefels zu Schwefelsäure (Winogradsky, Engelmann 1888 u. A.). Die Schwefelwasserstoffgas ausscheidende Beggiatoa habe ich selbst gezüchtet, weil ich mich zu überzeugen wünschte, dass die für elementaren Schwefel angesehenen Einschlüsse in der That Schwefel seien, der sonst. be- kanntlich.nieht frei in Organismen vorkommt. Die Gase im Darmkanal höherer Thiere, wie Wasserstoffgas und Kohlensäure als Produete der Buttersäuregährung, Gruben- gas und vielleicht Stickstoffgas, müssen neben Kohlen- säure- und Schwefelwasserstoffgas als physiologische Aus- scheidungsproducte von Mikroorganismen bezeichnet werden, als Ausathmungsgase, ohne dass Sauerstoff ein- geathmet worden wäre. Nur die Kohlensäure findet sich aber constant. Die Ausscheidung der anderen Gase wird auf eine specifische Anpassung an besondere Existenz- bedingungen aufzufassen sein. Es ist möglich, dass die Anaörobiose überhaupt ein durch Anpassung an ganz specielle Aussenverhältnisse erworbener Zustand ist, welcher ohne Tödtung der Anaörobien in einen anderen übergeführt werden könnte, wenn die Adration ebenso langsam und genau so herbei- geführt würde wie die Sauerstoffentziehung gewesen sein muss. Manche Anaöroben, z. B. Schwefelwasserstoff- bildende Bakterien, verhalten sich bei Sauerstoffzutritt anders "als bei Luftabschluss, ohne zu Grunde zu gehen und ohne die Schwefelwasserstoffbildung einzustellen (Holschewnikoff). Vielleicht sind alle ana@roben Baeillen, wenn man nur die Aöration in minimalen Grenzen hält, facultativ aörob. Die strenge Trennung der Organismen oder nur der Mikroorganismen in solche, welche nur bei Luftabschluss und solche, welche nur bei Luftzutritt leben, wachsen und speeifische Stoffe ausscheiden, ist keinesfalls durch- führbar. ist doch thatsächlieh der Säugethierembryo lange Zeit anaörob und das geborene Säugethier aörob! also wäre ein und dasselbe Wesen in seinem ersten Ent- wickelungsstadium zur einen, später zur anderen Ab- theilung zu reehnen. Aber Kohlensäure scheidet ‚es in beiden aus. Fragt man nun, in welchen Theilen des Sauerstoff- gas einathmenden, also aöroben Organismus die ausge- athmete Kohlensäure gebildet wird, so kann darauf schon eine allgemeine Antwort gegeben werden, wenn man genau die Stellen ermittelt, wo der Sauerstoff ist, wo er hingeht und wo er nicht mehr gefunden wird. Der Weg, welchen der eingeathmete Sauerstoff nimmt, ist bei höheren Thieren genau bekannt. Bei idiothermen Wirbel- thieren geht er in den Lungenalveolen durch das Epithel und die Capillarwand unmittelbar in das an dieser sich reibende Blutkörperchen. Dieses zieht vermöge seines Gehaltes an Hämoglobin, welches dem Blute seine rothe Farbe verleiht, das Sauerstoffgas an, indem letzter es von der Lungeneapillarwand unmittelbar (durch eine als unend- lich dünn anzusehende Plasmaschicht) an das Körperchen tritt. Dann wird von diesem der verdichtete Sauerstoff dureh die Lungenvene in das linke Herz und von da aus in alle Arterien und Arteriolen getragen. Merkwürdiger- Nr. 42. weise findet auf dem langen Wege von den Lungenca- pillaren an bis zum Uebergang der kleinsten Arteriolen in Körpercapillaren nur eine sehr geringe durch die lebende Gefässwand verursachte Abnahme des Blutsauer- stoffs statt (Hoppe-Seyler). Sowie aber der Blutstrom sich noch mehr verlangsamt, nicht mehr pulsirt, sondern eontinuirlich durch die Körpercapillaren geht, verliert das Blutkörperchen einen grossen Theil seines Sauerstoffs, indem es wiederum an den Capillarwänden sieh reibt. Nach dieser kurzen Strecke verlangsamter Strömung er- scheint es dann in den Venenwurzeln sauerstoffarm wieder und wird schneller fortbewegt um, nach der Rückkehr zum rechten Herzen, aufs Neue durch die Lungenarterie in die Lungen befördert zu werden, wo es aufs Neue mit Sauerstoff beladen wird. Dabei sieht man schon an der Blutfarbe die Sauerstoffabgabe. Denn das sauerstoffhaltige Hämoglobin ist hellroth, daher die helle Farbe des Arterienblutes, das sauerstofffreie Hämoglobiu ist dunkelrotb, daher die dunkle Farbe des Venenblutes. Eine mit dieser Farbenänderung einhergehende weitere ebenso wichtige Veränderung sieht man aber nieht; sie bedarf vielmehr sehr umständlicher messender Versuche; es ist die Zunahme der Kohlensäuremenge im Blute während seiner Sauerstoffabgabe in den Capillaren des Kör- pers. Dieser Ueberschuss des Venenblutes an Kohlen- säure, wird ihm erst in den Lungen wieder genommen. In runder Zahl enthält die ausgeathmete Luft des Menschen hundertmal mehr Kohlensäure als die eingeathmete atmo- sphärische Luft. Und die ganze Menge ausgeathmeter Kohlensäure tritt nur in den Körpercapillaren und aus der Lymphe in das Blut. Somit ergeben sich zwei vollkommene physiologische Antithesen bezüglich der Athmung höchst entwickelter Thiere, nämlich: v4. In den Lungen geht das Sauerstoffgas aus der extravasalen Alveolenluft dureh die Capillarwand direct an das Hämoglobin der Blutkörperehen, dagegen geht im Körper der Sauerstoff vom Hämoglobin fort durch die Gapillarwand direct an extravasales Gewebe. 2. In den Lungen tritt Kohlensäuregas aus dem Blute durch die Capillarwand in die extravasale Alveolenlutt, im Körper dagegen geht Kohlensäure oder kohlensaures Alkali aus dem extravasalen Gewebe durch die Capillar- wand in das Blut hinein und kommt mit der Lymphe direct in dasselbe. Die Vorgänge in der Lunge sind längst zweifellos sicher ermittelt, “lie in den Körpercapillaren nicht. Hier besteht noch die Möglichkeit, dass ein Theil des vom Blut- körperchen transportirteneing eathmeten Sauerstoffs nicht die Gefässwand passire, sondern Bestandtheile des Körperehens selbst oder des Plasma oder der Zellen der Capillarwand oxydire, statt diese in Substanz oder im Plasma mittelst kleiner Oeffnungen (Stomata) zu durchsetzen. Angenommen die erstgenannten drei Möglichkeiten wären verwirklicht, so kann doch die letztgenannte vierte, das Eindringen des Sauerstoffs in die lebenden Gewebe, darum nicht im mindesten an Bedeutung verlieren. Das ganze extra- eapilläre Gewebe der Muskeln, der Drüsen, des Nerven- systems, gerade das, was im lebenden Körper am meisten lebt, würde als todte Masse neben dem Blute liegen bleiben, wenn dieses allen Sauerstoff allein verbrauchte, und es wäre nicht einzusehen, weshalb das Blut sich selbst nur in den Capillaren des Körpers verbrennen sollte. Es giebt eine Thatsache, welche beweist, dass. der Blutsauerstoff als solcher Gefässwände von innen nach aussen massenhaft geradeso leicht passirt, wie in den Lungen und Kiemen und Tracheen von aussen nach innen, nämlieh die Placentarathmung. Hier dringt der Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 423 Sauerstoff vom Hämoglobin der Blutkörperchen der Mutter aus den Hohlräumen der uterinen Placenta in die Blut- capillaren der Zotten der fötalen Placenta (Vgl. den Ab- schnitt „die Wanderung des Sauerstoffs durch die Capillar- wand“ in meinem Buche „Die Blutkrystalle* Jena 1871, S. 221fg.). Ausserdem ist durch viele Versuche darge- than, dass lebendes Gewebe, Gehirnsubstanz, Muskel- gewebe, unmittelbar mit Sauerstoffhämoglobin in Lösung, somit ohne Gefässwände, zusammengebracht, eine Disso- ciation desselben rapide herbeiführt und das Sauerstoff- Hämoglobin vollständig von seinem locker gebundenen Sauerstoff befreit, wie Schwefelammonium und andere leicht schon bei niederer Temperatur zu oxydirende Mittel. Das Nähere findet man in der unter meiner Leitung ausgeführten Arbeit von Albert Schmidt „Ueber die Disso- eiation des Sauerstoffhämoglobins im lebenden Organismus“ (Jena 1576 S. 29 fg) und im Centralblatt für d. mediein. Wissenschaften (1574 S. 725). Was ist es nun, was in den Geweben des Organismus überall, wo Bluteapillaren sind, den Sauerstoff mit so grosser Geschwindigkeit und Energie an sich reisst? dasjenige, was sich des Blutes, lebenden Protoplasma Hierauf kann die Antwort nur lauten: damit fester verbindet, als das Hämogolin und dieses kann nur ein Theil des in sämmtlichen Geweben sein. Betrachtet man den: bei allen Wirbelthieren in über- einstimmender Weise verlaufenden Vorgang ein wenig näher, so ergiebt sich, dass mit Nothwendiekeit in den Blutcapillaren des Körpers etwas, was in den Arterien nicht wirkt, die Abspaltung des Sauerstoffs vom Blut- körperchen bewirken muss. Nun habe ich hervorgehoben, dass ein wichtiger Factor für die Erhöhung der Sauer. stofispannung in den Capillaren die durch Umsetzung der Herzkraft in Wärme bedingte Temperatursteigerung der Capillargefässe und ihres Blutes sein muss (Vgl. „Robert von Mayer über die Erhaltung der Energie“, heraus- gegeben von W. Preyer, Berlin 1839, S. 111.). Die Reibungswärme macht die von Anfang an lockere mole- eulare Verbindung des eingeathmeten, mit dem Hämoglobin verbundenen Sauerstoffs noch lockerer, so dass eine wahre Dissociation eintritt, sowie eine Substanz sich nahe genug befindet, um sich mit ihm fest zu verbinden. Diese Substanz (oder vielmehr dieses Substanzgemenge) kann nur aus der Nahrung stammen; denn wenn man das Blut verhungernder und verhungerter T'hiere unter Luftabschluss untersucht, so findet man im Gegensatze zu dem Befunde bei den meisten anderen Todesarten, darin viel Sauer- stoff. Es fehlt dem Hungernden «das Material, mit dem sein eingeathmeter Sauerstoff sich fest verbinden könnte. Dass nun dieses Material, welches vom sauerstoffreichen Arterienblute zugleich mit dem eingeathmeten Sauerstoff in leicht oxydabler Form in die Capillaren gebracht wird, nicht in den Arterien, sondern erst wenn .die Capillaren erreicht sind, vom Sauerstoff jenseit der. Gefässwand an- gegriffen wird, folgt aus dem schnellen Verschwinden des Sauerstoffs aus dem Capillarblut und aus der Constanz des Sauerstoffgelaltes des Arterienblutes. Wenn im Blute selbst die Oxydation stattfände, müsste «der Sauerstoff- gehalt des Arterienblutes vom Herzen an nach den peripheren Theilen hin bedeutend abnehmen, was nicht der Fall ist. Vielmehr ist schon im Jahre 1566 von Hoppe-Seyler nachgewiesen worden (Mediein.-chemische Untersuehungen, I, 135), dass im frischen Blute bei der Körperwärme unter normalen Verhältnissen überhaupt keine Stoffe existiren, welehe dem Sauerstoffhämoglobim den Sauerstoff entreissen könnten, wie es im faulenden Blute geschieht. Also das Protoplasma in der Gefässwand ‚und in den Geweben ist der Ort, wo der Sauerstoff des dissociirten 424 Sauerstoffhämoglobins festgebunden wird. Da muss dem- nach die Kohlensäure gebildet oder abgespalten werden. Das lebende Protoplasma allein bildet den aufgenommenen Sauerstoff und bindet die aus- geschiedene Kohlensäure. Es ist somit die Ur- sache der Athmung. Ist dieser Satz richtig, dann kann er nicht allein für die bis hierher betrachteten höheren Thiere gelten, dann muss er für die ganze Thierreihe hinab bis zu den Protozoen einschliesslich gelten. Es liegt kein Grund vor, weshalb er nicht für das Pflanzenreich gelten sollte. Doch besehränke ich mich hier auf das Zooplasma. Von diesem lässt sich aussagen, dass es in den Geweben keinen freien Sauerstoff neben sich duldet. Es oxydirt nieht sich selbst damit, wenn es ihn durch Reduction aus sauerstoffreichen Verbindungen abspaltet und ihn mit der grössten Avidität an sich bindet, sondern die ihm zugeführte Nahrung, und auch diese nicht ohne sie vor- her ehemisch verändert zu haben. Wie weit diese Aen- derung, die höchstwahrscheinlich immer zuerst redu- eirende Wirkung des lebenden Protoplasma geht, zeigt namentlich das schon erwähnte Beispiel der Sulphobakte- rien, welehe nur in Schwefelwasserstoff enthaltendem Wasser leben, den Schwefelwasserstoff redueiren und den Schwefel in ihrem Inneren deponiren, um ihn dann zu Schwefelsäure zu oxydiren und auszuscheiden. Die Eigenschaft zu redueiren muss als eine allge- meine des lebenden Protoplasma angesehen werden. Nichts war verkehrter, als die Thiere den Pflanzen gegen- über als ausschliesslich oxydirende Maschinen zu be- zeichnen. Das Phytoplasma redueirt die Kohlensäure, die Sulphate, die Nitrate u. s. w. und oxydirt sauerstoff- arme Kohlenstoffverbindungen, denn die Pflanze athmet Kohlensäure aus. Das Zooplasma bewirkt die Dissoeia- tion lockerer Sauerstoffverbindungen und redueirt eben- falls, wie namentlich Ehrlich (1885) für das Makroplasma höherer Thiere gezeigt hat; dasselbe aber oxydirt, da es Kohlensäure liefert — also beides beiden. Verfolgt man nun von den niedersten Formen an die Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureabgabe die Thierreihe hinauf, so ergiebt sich eine vollkommene Uebereinstim- mung aller Abtheilungen sofern keine andere Ursache für die Athmung auffindbar ist, als das Proto- plasma, welches den freien Sauerstoff sowohl anzieht oder durch Reduction und Dissociation abspaltet, als auch zur Kohlensäurebildung ver- braucht. Mag diese Auffassung auch noch so sehr im Einzel- nen der Begründung bedürfen, sie hat keine Thatsache gegen sich, und eine dankbare Aufgabe der vergleichen- den Physiologie ist es, sie in jedem Einzelfall an der Erfahrung zu erproben. Eine Uebersicht über die Haupt- abtheilungen des Thierreiehs mit ausschliesslicher Rück- sicht auf die die Athmung vermittelnden Vorrichtungen zeigt, wie überall, bei Hydrozoen und A&rozoen, eine möglichst grosse Oberfläche die Aufnahme des Sauerstoffs und die Abgabe der Kohlensäure fördert, während im Inneren, im kleinsten Raum, in der Zelle der Sauerstoff- verbrauch und die Kohlensäurebildung nur gerade da stattfinden, wo das lebende, eontractile und empfindliche Protoplasma seine redueirenden, dissoeiirenden und seine oxydirenden Eigenschaften entfalten kann. Die äussere Athmung bildet das Gegentheil der inneren. Dort grosse aufnehmende Fläche, wenig Sauerstoff an jedem Punkte, hier kleine Fläche, viel Sauerstoff an jedem Punkte. Bei den rein protoplasmatischen Protozoen, den nackten Amöben, ist ebenso wie beim Mikroplasma der Leukocyten und der Infusorien dieser Unterschied noch nicht ausgeprägt. Aber bei sämmtlichen Protozoen mit Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 42, wechselvollem Spiel der Pseudopodien ist allein schon durch dieses temporär eine enorme Oberflächenvergrösse- rung gegeben. Durch die Aussendung von Fortsätzen wird nicht allein die ursprüngliche Oberfläche der Amöbe vergrössert, sondern auch ununterbrochen erneuert, indem Theile aus dem Inneren an die Oberfläche treten und umgekehrt an der äussersten Peripherie befindliche in das Innere gelangen müssen. Sind nun diese mit dem sauerstoffhaltigen Wasser kürzer oder länger in Berührung gewesen, so können sie nach Sättigung ihrer eigenen Affinität zum freien Sauer- stoff sehr wohl einen kleinen Ueberschuss in die inneren Theile tragsportiren beim Zurückgehen des weit vorge- schobenen 'Scheinfusses. So kann nach und nach die ganze Leibesmasse einer Amöbe, sei sie hüllenlos, sei sie wie bei Diftlugia mit einem Gehäuse versehen, aber auch die einer Polythalamie oder eines Radiolars und eines Leukocyten im Menschenblut, mit Sauerstoff versehen und gleichzeitig die in allen ihren Weichtheilen gebildete Kohlensäure abgegeben werden, ohne dass ein Dauer- apparat für die Respiration nöthie wäre. Was dauert ist bei diesen und anderen Protozoen nicht ein localisirter, irgendwie differenzirter Respirations- mechanismus, sondern ein unter Verwerthung der ge- bildeten Kohlensäure immer mehr wachsendes Gehäuse. Die zierlichen Schalen der Foraminiferen, aus Caleium- carbonat gebildet, sind jedenfalls zum Theil durch Ver- diehtung und Bindung der ausgeathmeten Kohlensäure entstandene Gebilde. Ausserdem kann sehr wohl bei diesen, wie bei allen mit langen und dünnen Fortsätzen sich bewegenden Pro- tozoen, die in ihrem Inneren erzeugte Kohlensäure als ein Reiz für die Bewegung, also das Aussenden neuer Scheimfüsse und das Wechseln der gerade vorhandenen, sein und zwar in dem Sinne, dass sie centrifugal die Protoplasmatheilchen ' auseinanderdrängt — eins’ stösst dann das Nachbartheilchen — und so zugleich neue Flächen bloslegt für den in centripetaler Richtung ein- tretenden Sauerstoff aus dem umgebenden Wasser. Dadurch müssen Strömungen entstehen. Es ist bekannt, dass die gewöhnlichen Strömungen im Protoplasma bei gehemmter Sauerstoffzufuhr verlangsamt oder unterbrochen werden. Man kann sich also vorstellen, dass jede Oberflächen- vergrösserung die Strömung und Athmung begünstigt. Besonders bei Infusorien mit permanent gewordenen Cilien, welehe das Wasser in ihrer nächsten Nähe stark bewegen, muss einfachen mikro-biologischen Experimenten zu Folge, die Sauerstoffaufnahme eine reichliche sein; die Kohlensäureproduetion varürt sogar je nach der Belich- tung (Fatigati 1879). Aber neben der Bespülung der äusseren Oberfläche, sei sie gewimpert, sei sie glatt, spielt das Ein- und Aus- strömen des Wassers in und aus Vacuolen oder Blasen für die Einfuhr des Sauerstoffs und die Ausscheidung der Kohlensäure bei Rhizopoden und Infusorien eine Hauptrolle. (Ich verweise auf die eo in No. 1, II der „Naturw. Wochensehr.“ und Fig. 1.) In der grossen Abtheilung der Coelenteraten wird jedenfalls die Sanerstoffaufnehmende und Kohlensäure- abgebende innere Fläche des ganzen Gastralsystems viel grösser als die äussere des Integuments (Ektoderms), welche auch nur zum Theil oder in Jugendzuständen Cilien trägt. Dagegen muss mit der Vertheilung der die Nahrung enthaltenden Gastralflüssigkeit, also des un- mittelbar aus der Umgebung aufgenommenen Wassers auch das in diesem diffundirte Sauerstoffgas in die Ge- webe gelangen, wobei sehr häufig (nach Haeckel) neben der Mundöffnung mehrere Porencanäle für sich nach aussen sich öffnen und so jedenfalls der Kohlensäure IGPRT 17] Nr. 42, mehr als einen Ausweg ermöglichen (bei Spongien). Ferner wird durch die Wimperkammern und deren häufige Verbindung mit Asteanälen auch im Inneren eine lebhafte Bewegung des Gastralwassers, somit ein leb- hafter Gaswechsel bei Schwämmen begünstigt werden müssen. Aber weder bei ihnen noch bei den Medusen oder irgendwelehen noch so weit differenzirten Acalephen findet sich ein localisirter Respirationsapparat. Die Si- phonophoren entbehren einen solehen ebenso wie die Anthozoen und Ktenophoren. Alle Coelenteraten nehmen den unenthehrlichen Sauerstoff zugleich mit der Nahrung im Wasser auf, verbreiten ihn mittelst der Gastraleanäle im Parenehym des Körpers und erst das lebende Proto- plasma in diesem, das contraetile zumal, bewirkt die feste Bindung desselben, die Oxydation. Eine wenigstens theilweise Localisation und Per- manenz der Athmungsorgane findet man erst bei den Würmern. Doch überwiegt noch bei ihnen die Poly- dynamie, sofern das Integument mehreren Funetionen zugleich dient, davon die Athmung nur eine ist. So bei den eontraetilen Tentakeln der Chätopoden, welche bei Serpulaceen zu förmlichen Kiemententakeln ausgebildet sind. Weder hier noch bei den Kiemen- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 425 fühlern von Siphonostoma oder den Kiemenbüscheln von Branchiosoma, deren Kiemenfäden Sehorgane tragen, ist die Athmung — Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureabgabe — ihre einzige oder nur ihre Haupt- funetion. Wenn Kiemen als Anhangsgebilde von Para- podien, als umgeformte Cirren erscheinen, so sind sie ebenfalls noch keine specifischen Respirationswerkzeuge, aber es ist bei den Chätopoden doch schon eine beginnende, offenbar durch Anpassung erworbene Localisation der Funetion erzielt, während in den meisten anderen Ab- theilungen der Würmer fast die ganze Oberfläche des Körpers den Gaswechsel vermittelt. Die enorme Zu- nahme der Oberfläche z. B. bei den Sabelliden, durch zahlreichere Fäden, durch gefiederten Bau in vielen Fällen, musste neben der Begünstigung der Nahrungs- aufnahme, des Tastens und der Locomotion den Gas- wechsel fördern, also diesen von der übrigen Körper- oberfläche fort auf die noch nicht zu vollständigen Kiemen gewordenen Tentakel und Anhangsgebilde der Körper- segmente hinlenken. Wo die an einzelnen Stellen dünn- wandigen Cirren der Parapodien Wimpern tragen, ist ihre respiratorische Funetion leicht kenntlich, besonders wenn Blutgefässe eintreten. Zur Charakteristik von Ei und Samen bringt Prof. Leop. Auerbach in den Sitzungsber. der Berl. Akad. d. Wiss. und in der Berl. klinischen Wochenschrift eine interessante Mittheilung. Früher schon hatte ich gefunden und beschrieben, sagt A., dass in den meisten Zellkernen zwei verschiedene Substanzen enthalten sind, die sich ausser durch andere chemische Eigenthümlichkeiten auch dureh ihr tinetorielles Verhalten unterscheiden, und dies ganz besonders bei Doppelfärbungen in folgender Art. Wenn aus einer be- stimmten Reihe blauer und einer bestimmten Reihe rother Farbstoffe je ein beliebiger blauer und ein beliebiger rother zur Tinetion combinirt werden, so geht die eine der beiden intranucleären Substanzen immer mit blauer, die andere immer mit rother Farbe aus dem Tinetions- verfahren hervor. Deshalb und in diesem Sinne habe ich die erstere als kyanophil, die letztere als erythrophil be- zeichnet. Beide Substanzen können in Form von grösseren Kügelehen (Kernkörperechen) wie in Form von feinen Körnchen oder unter Umständen auch als verzweigte und netzförmig verbundene Fäden auftreten. — Im Anschlusse an diese Ermittelungen und in Anbetracht der bedeut- samen Rolle, welche die Zellkerne bei der Fortpflanzung der einfachsten wie der höchst organisirten Wesen spielen, kam ich auf die Idee, ob nicht hinter der erwähnten Differenz ein sexueller Gegensatz versteckt sein möge, oder um einmal vorläufig von dieser Formulirung der Frage abzusehen, ob sich nieht an den beiden Keim- substanzen, der männlichen und der weiblichen, der gleiche tinetorielle Gegensatz wiederholen möchte. Ich richtete deshalb meine Untersnehungen auf das reiche Sperma und die reichen Eier, sowie auch in einer der jedesmaligen Brunst- oder Laichzeit nächstvorangehenden Periode auf die Hoden und die Ovarien einer längeren Reihe kalt- und warmblütiger Wirbelthiere.. Um mit Sicherheit aus- zuschliessen, dass irgend welche Verschiedenheiten der Versuehsbedingungen an den Resultaten einen Antheil haben könnten, unterwarf ich in jedem Einzelversuche die zu vergleichenden Objeete nicht bloss einer überein- stimmenden, sondern eigentlich identischen, nämlich so viel als möglich schon während der vorbereitenden Acte, immer aber während des Tinctionsverfahrens und aller folgenden Proceduren gemeinschaftlichen Behandlung, indem ich die beiderlei Schnitte oder sonstigen Präparate vor der Färbung auf einem und demselben Objectglase neben einander befestigte und dann zusammen die Tinetion und allem Weiteren unterzog. Die Herstellung solcher Doppelpräparate verbürgt eine absolute Gleichheit der Beeinflussung und erleichtert die vergleichende Be- urtheilung. Diese Untersuchungen nun haben die Ver- muthung vollauf bestätigt, wegen deren sie unternommen wurden. Es ergab sich nämlich Folgendes; Ueberall nimmt der Kopf der Spermatozoen eine rein blaue, und das Mittelstück und der Schwanz dieser Ge- bilde nehmen die rothe Farbe an. Im Gegensatze hierzu geht an den Eiern, den reifen sowohl wie den kleinen Övarialeiern, durchweg das Keimbläschen, ganz besonders intensiv aber gehen die Keimfleeke oder Nucleoli und ausserdem alle Dotterkörperehen mit rother Färbung aus dem eombinirten Tinetionsverfahren hervor. Auch sonst ist in den meisten Fällen an den Eiern selbst absolut nichts blau Tingirtes zu sehen, indem auch das Proto- plasma, das in ganz jungen Ovulis den Zellenleib allein eonstituirt, in reifen Eiern freilich nur in relativ geringer Menge vorhanden ist, an der Rothfärbung theilnimmt, ob- wohl in blasserer Schattirung. Indessen kann gerade dieser letztere Bestandtheil unter besonderen Umständen ausnahmsweise auch in einem blassen Blau erscheinen, zu welchem das Roth des Keimbläsehens und der Dotter- körperehen in lebhaftem Gegensatze steht. — Es hat übrigens das vorhin gekennzeichnete, allgemeine und regelmässige Verhalten noch die Folge, dass in gewissen Fällen, nämlich an bezüglichen Doppelpräparaten von Fischen schon dem unbewaffneten Auge ein greller Farben- eontrast der beiden zu vergleichenden Objeete entgegen- tritt, nämlich als anscheinend reines Blau an dem männ- lichen und als roth an dem weiblichen Theile des Präparats. Die mikroskopische Besichtigung lehrt, dass in diesen Fällen die zum Sperma und zu den Hoden- schnitten gehörigen, roth tingirten Bestandtheile an Masse so unbedeutend sind, dass sie ohne merkbaren Einfluss auf die Gesammtfärbung bleiben. Es ist nun bekannt, dass der Kopf des Spermatozoons der wesentliche, befruchtende Bestandtheil desselben ist, und nach einer allgemein anerkannten Ansicht bildet sich aus ihm allein der eine der beiden im befruchteten Ei Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 42. auftretenden Pronuelei, der deshalb so genannte Sper- makern, während der andere aus dem Keimbläschen ent- stammt und die Vereinigung beider den ersten Furehungs- kern liefert. Alles zusammengenommen ergiebt sich also, dass der männliche Zeugungsstoff kyanophiler, der weibliche erythrophiler Natur ist. Die qua- litative Differenz der beiden Zeugungsstoffe kommt durch die gegensätzliche Färbung unmittelbar zur Anschauung. In Hinblick auf die beschriebenen Eigenschaften des ganzen Eies und des Spermatozoons dürfen wir auch sagen, dass die Mutter in dem von ihr produeirten Ei ihrem Sprössling weit überwiegend erythrophile Substanz mitgiebt, der Vater ihm fast ausschliesslich kyanophile Substanz liefert. Und in der Vermischung dieser beiden Stoffe liegt das Wesen der geschlecht- lichen Zeugung. An die erwähnten Thatsachen knüpft sich nun weiter die interessante Frage, wie die beiden Keimstoffe sich verhalten mögen zu denjenigen beiden, durch den gleichen Gegensatz ihrer Chromatophilie ausgezeichneten Sub- stanzen, die sich in den meisten Zellkernen vorfinden, respective ob jene mit letzteren qualitativ identisch oder doch verwandt sind, was eventuell zu Folgerungen von erheblieher theoretischer Tragweite führen würde. Dieses sowie noch andere sich anschliessende Probleme werden weiterer Forschungen bedürfen. Ueber zwei im Aussterben begriffene Pflanzen, die Wassernuss und die Eibe macht Prof. Conwentz in den Schriften des Naturf. Gesells in Danzig eine kurze Mittheilung. Er erwähnt, dass die Wassernuss, Trapa natans. L., aus der recenten Flora Westpreussens nicht bekannt ist, dass sie aber in den benachbarten Provinzen noch gegenwärtig vorkommt. In älteren Florenwerken werden auch Fundorte in Westpreussen angegeben, so namentlich in den Gewässern auf dem Holm unweit Danzig, Jedoch konnte sie in neuerer Zeit dort nicht wieder auf- gefunden werden. Professor Nathorst in Stockholm hat die Früchte dieser Pflanze vom Boden einzelner Land- seen in Schonen in grosser Menge herausgefischt und hiermit den Nachweis geführt, dass sie früher auch im Norden eine weitere Verbreitung gehabt hat, als in der Gegenwart. Es liegt nun die Vermuthung nahe, dass sich Trapa-Früchte auch bei uns in subfossilem Zustande auf dem Grunde von Gewässern und im Torf werden auffinden lassen und €. fordert auf, ihn bei diesen Nachforschungen zu unterstützen. Bisher hatte er nur einmal eim paar ausgegrabene Früchte aus der Umgegend von Lessen im Kreise Graudenz erhalten *). Hinsichtlich der Eibe, Taxus baceata L., erinnert Herr Conwentz an die bekannten, alten Exemplare im Garten des Herrenhauses zu Berlin, im Fürstensteiner Grund in Schlesien, im Botanischen Garten der Sencken- bergischen Naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M., auf der Schlossterrasse zu Heidelberg u. a. m. So statt- liche Eiben gehören zu den grössten Seltenheiten; im Uebrigen kommt Taxus spontan überhaupt nicht mehr häufig in Norddeutschland vor. In Westpreussen haben sieh noch einzelne grössere und kleinere Horste erhalten, so bei Hammerstem im Kreise Schlochau, bei Lubjahn im Kreise Berent, bei Lindenbusch im Kreise Schwetz u. 8. w. Dieser letztgenannte Bestand, welcher den Namen Ziesch führt, ist der grösste jener Provinz und vielleicht der grösste in ganz Norddeutschland. Da das *) In derselben Gegend hat Herr Conwentz später, im August 1890, ein Vorkommen von zahlreichen Trapa-Früchten und anderen fossilen Pflanzen aufgedeckt, worüber er an anderer Stelle ausführlich berichten wird. Vorkommen von Taxus in Westpreussen noch wenig be: kannt ist, beabsichtigt Prof. Conwentz hierüber Recherehen anzustellen und zu diesem Behufe auch Fragebogen aus- zusenden; er richtet an alle Freunde seiner Bestrebungen die Bitte, etwaige Nachrichten über das Vorkommen von Eiben in der Provinz Westpreussen an ihn gelangen zu lassen. Im Besonderen ist zu prüfen, ob m der Nähe solcher Orte, deren Namen mit Eib, Ib- oder dem poln. eis (— Eibe) zusammengesetzt sind, im der Gegenwart oder Vergangenheit Taxus vorkommt. | Ueber die Denudation in der Wüste und ihre geo- logische Bedeutung, sowie Untersuchungen über die Bil- dung der Sedimente in den ägyptischen Wüsten hat Herr Johannes Walther im XVI. Band der Abhandlungen der math.-phys. Classe der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften eine interessante Arbeit veröffentlicht.*) Sie ist das Resultat einer vom Verfasser zum Theil in Begleitung Schweinfurths unternommenen Reise nach Aegypten und der Sinaihalbinsel. Durch ihre gründlichen Darlegsungen, die vielfach neuen Erklärungen bekannter Thatsachen, überhaupt durch das Bestreben, die speci- fischen Wüstenerscheinungen durch einige wenige, gerade in der Wüste besonders intensiy thätige Elementarkräfte zu erklären, dürfte sie geeignet sein, die letzten Reste veralteter Anschauungen über die Geologie der Wüste — ehemalige Bedeckung durch Meer, Wasserfluthen, Glet- scher u. s. w. — zu beseitigen. Das Ergebniss seiner Darlegungen ist, dass die geo- logischen Erscheinungen der Wüste, die sich so auffallend von denen anderer Gebiete der Erde unterscheiden, dureh bekannte, noch heute wirkende Kräfte bedingt sind, unter denen die Thätigkeit des Windes (Deflation) und die Wirkung der strahlenden Sonnenhitze (Insolation) ver- bunden mit schroffem Temperaturwechsel die erste Stelle einnehmen. Die in anderen Gegenden so bedeutende Wirkung des Wassers tritt in der „Wüste“, dem regenarmen Gebiet, ganz in den Hintergrund. Auch die chemische Ver- witterung ist in der Wüste. von untergeordneter Bedeu- tung, sie übt nur da eine gewisse Thätigkeit aus, wo sich im Schatten der Gesteine die Feuchtigkeit (Thau u. s. w.) länger halten kann. In dem ersten Theil seines Werkes besprieht Walther die allgemeinen meteorologischen Erscheinungen der Wüste, um in den folgenden Theilen zu einer speciellen Sehilderung der einzelnen Wüstenerschemungen überzu- gehen. Er stellt vier Hauptwüstentypen auf: Die Fels-, Kies-, Sand- und Lehmwüste, und bespricht im Anschluss daran die für jede characterischen geologischen Vorgänge und Bildungen. Auch dieser specielle Theil enthält eine Fülle interessanter Beobachtungen. Die Tektonik der Wüsten- gebirge, die Bildung der Uädis, der wunderbaren „Zeugen“ (t@moins), der „Pilzfelsen“ und „Säulengallerien“, die Er- scheinung der Dreikanter, der „Neulinge“, die noch immer räthselhafte „braune Schutzrinde“ auf vielen Gesteinen, die fossilen Hölzer, der Wüstensand, die Entstehung, Struetur und Wanderung der Dünen werden eingehend besprochen, manches andere nur nebenher gestreift, z. B. die bisher als discordante Parallelstruetur angesehene Streifung am Halse der Sphinx bei Giseh. Am Sehluss seines Werkes kommt der Verfasser noch einmal auf die eingangs aufgeworfene Frage nach der Existenz „fossiler Wüsten“ zurück, indem er als Antwort auf dieses interessente Problem sein ganzes Werk hin- stellt. Bergreferendar Leo Üremer. *) Verlag von S. Hirzel in Leipzig 1891. — Preis 8 Mk. Nr. .42. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 497 Ueber die Erzeugung von Temperaturen unter — 100° und einige sich anschliessende Beobachtungen hielt Prof. Raoul Pietet einen Vortrag in der Pharmae. | Gesells. in Berlin. Heft 6 S. 172 ff.) — Jede wissenschaftliche Errungen- schaft macht in der Regel drei Perioden durch. Zuerst entsteht sie als blosser Gedanke in dem Gehirn eines Einzelnen. Darauf, oft erst in viel späterer Zeit, geht man daran, den Gedanken zu verwirklichen und schafft ihm eine feste Grundlage durch das Experiment. Der Gedanke ist nun That geworden. Endlich wird dann die nutzbare Seite der neuen Thatsache aufgefunden und für praktische Verwendung ausgebeutet. Deutlich zeigt sich dieser Gang der Dinge in der Geschichte der mechani- sehen Wärmetheorie. (Vergl. Berichte der Pharm. Gesells. I Vor etwa fünfzig Jahren war es, dass Clausius in Deutschland und Maxwell in England den Gedanken theoretisch fassten und rechnend begründeten. rein geistig in ihrem Gehirn entwickelten, hat heute volle Was sie Gültigkeit, denn es ist seitdem durch den Versuch be- stätigt worden. eine andere wissenschaftliche Richtung geltend, Schon fast zur selben Zeit machte sich | in Deutschland durch Magnus, in Frankreich durch Regnault | vertreten, welche diese und andere naturwissenschattliche | Sätze vor allem durch Experimente darzulegen und zu erweisen suchte. Aber erst im Jahre 1575, also vor etwa sechszehn Jahren, kam für die Wärmetheorie die dritte Periode, die der technischen Anwendung. Diese bestand | in der ‚Construction und allgemeinen Verbreitung von Kältemaschinen. Keine andere wissenschaftliche Theorie findet einen so genauen und vollständigen Ausdruck in | ‚der Wirklichkeit, wie ihn die mechanische Wärmetheorie | durch die Kältemaschinen erfährt. Darum Ganzen genau ‚berechnet sein. Die Oberfläche, mit muss auch | jeder Theil der Maschine in seinen Beziehungen zum | weleher die Maschine die Wärme absaugt, die Pump- | kraft, welche die Wärme in die Gestalt potentieller Ener- | gie von Dämpfen umsetzt, das Volum der Pumpen und Condensatoren, die Weite der Rohre und Ventile, durch welche die Dämpfe sich bewegen, müssen im genauesten Verhältniss zu einander abgewogen sein, wenn man mit | wenig Verlust arbeiten soll. Um diese Uebereinstimmung | zu erreichen, bedurfte es jahrelanger Erfahrungen, und die ersten 'Kältemaschinen, welche in den Jahren 1562 bis 1875. construirt worden sind, waren daher noch ziem- lich mangelhaft. Heutzutage giebt es wohl fünf bis sechs verschiedene Systeme, welche nahezu die theoretische Vollkommenheit erreichen. Schade, dass Maxwell, Clausius und Regnault nicht mehr leben, um zu sehen, wie das, was sie in der Theorie erschaffen haben, practisch ver- wirklieht dasteht! Die Eisfabrieation, die als das practisch wichtigste Ziel erscheint, ist nur ein kleiner Schritt im Vergleich zu einer thatsächliehen Darstellung der ganzen Wärmetheorie, mit welcher sich Pietet seit vierzehn Jahren beschäftigt. Sechs Gase schienen von den an den übrigen erkannten Gesetzen eine Ausnahme zu bilden, da es mit solchen Mitteln, wie sie Universitäten und wissenschaftliche An- stalten den Forschern zur Verfügung stellen können, nieht möglich war, die Versuchsbedingungen hervorzubringen. Der industrielle Unternehmer einer Eismaschmenfabrik hat in dieser Beziehung einen Vorsprung vor dem best- ausgestatteten Laboratorium. Im Jahre 1877 schon ge- lang es Pietet dureh Aufbietung mächtiger technischer Hülfmittel zu zeigen, dass Clausius’ Betrachtungen richtig sind, dass seine Denkkraft der Natur Geheimnisse abge- zwungen hat, die in Wirklichkeit zu beobachten bei den damals vorhandenen Mitteln ‘ganz unmöglich war. Während noch vor kurzem —20° als die Grenze der praktisch in Betracht kommenden Kältegrade bezeichnet werden durfte, sind wir jetzt im Stande, Temperaturen unter —200° hervorzurufen und sogar für technische Zwecke längere Zeit hindurch wirken zu lassen. Abge- sehen von den Erweiterungen ‘unserer physikalischen Kenntnisse gewährt uns dieser Fortschritt die Möglichkeit ganz neuer chemischer Operationen. Das Prinzip der Hervorbringung einer so niedrigen Temperatur ist dasselbe, wie bei den früheren Methoden und beruht auf dem Verbrauch von Wärme bei dem Verdunsten von Flüssigkeit. Wassersie det bekanntlich bei =+-100°, Aether bei -H35°, schweflige Säure bei —10°, Stickoxydul bei —1U0°. Bringt man eine Flüssigkeit durch Druckver- minderung bei gewöhnlicher Temperatur zum Sieden, so erreicht man, indem die Wärme sich in die- potentielle Energie des Gases umsetzt, ‚eine Abkühlung, die um so grösser ist, je niedriger der Siedepunkt liegt. ‚Die Sache scheint also sehr einfach: Um eine niedrige Temperatur zu erzeugen, braucht man nur eine Flüssigkeit von ent- sprechend niedrigem Siedepunkt verdunsten zu lassen. Nehmen wir zum Beispiel flüssiges Stickoxydul, so würden wir eine Temperatur von —100° bekommen. Da es aber sehr schnell verdunstet, so würde auch ein grosser Vor- rath sehr bald verbraueht sein, und die Operation unter- brochen werden müssen. : Um sie längere Zeit hindurch fortsetzen zu können, müsste man das entweichende Gas fortwährend wieder auffangen und auf’s neue zu Flüssig- keit comprimiren. Dies würde deshalb sehr schwierig sein, weil es einen grösseren Druck erfordert, als man dem gewöhnlichen Maschinenbetriebe zumuthen darf. Die Aufgabe lässt sich vergleichen der, aus eimem sehr tiefen Schacht Wasser zu fördern. Wollte man mit emem eim- zigen Pumpwerk die ganze Höhe bewältigen, so würde man mit einem Druck zu kämpfen haben, den Ventile und Rohrleitungen auf die Dauer nicht aushalten könnten. Theilt man aber die Strecke in verschiedene Abschnitte und giebt jeden seine besondere Pumpe, so kann man das Wasser beliebig hoch treiben. Obschon sich die Förderung eines Körpers, wie Wasser, mit der Ueber- tragung einer Bewegung, wie Wärme, nicht eigentlich vergleichen lässt, so ist es doch ähnlich bei der Kälte- maschine. Wir theilen den Unterschied zwischen der herrschenden Luftwärme und der ausserordentlich niedri- gen Temperatur, die wir zu erzeugen beabsichtigen, in drei Abschnitte, deren jeder seine besondere Maschine erhält. Die erste arbeitet vermittelst der Verdunstung einer Misehung von schwefliger Säure und Kohlensäure, des sogenannten „Liquide Pietet“. Die Flüssigkeit wird durch eine Dampfmaschine in einen Verdunstungsraum gepumpt, in welchem dadurch die Temperatur bis auf — 85° erniedrigt werden kann. Zugleich werden durch dieselbe Maschine die Dämpfe abgesogen, in einem Con- densator unter einem Druck von zwei Atmosphären von neuem verflüssigt und dem Verdunstungseylinder wieder zugeführt. Der ganze Kreislauf ist demnach geschlossen und arbeitet ohne merkliehen Verlust, indem während 1 kg Flüssigkeit zugeführt wird, sich immer 1 kg eondensirter Dämpfe wieder sammelt. Innerhalb des Verdunstungs- eylinders befindet sich ein röhrenförmiger Kühlraum, in den die Körper, denen man Wärme entziehen will, hinein- gebracht werden. Ihre Wärme geht dann in die poten- tielle Energie des entstehenden Gases über, das Gas, in den Condensator gepumpt, verdichtet sich, und das Con- densatorwasser spült buchstäblich die dem Versuchsobjeet entzogene Wärme auf die Strasse hinaus. Nach ganz denselben Grundsätzen wird in dem zweiten Abschnitte des Apparats verfahren, in welchem wir verflüssigtes Stiekstoffoxydul verdunsten lassen. Aus einem Gasometer wird das Gas durch die zweite Dampfmaschine in einen 428 Condensator getrieben, weleher mittelst des ersten Theiles des Apparats schon bis gegen —83° abgekühlt ist. Bei dieser Temperatur verflüssigt sich das Gas unter einem verhältnissmässig geringen Drucke, und indem es als Flüssigkeit in einen Verdunstungseylinder eintritt, aus welehem die Dämpfe unter negativem Drucke in den Gasometer zurückgezogen werden, erniedrigt es die Temperatur bis auf —135°. Will man zum dritten Abschnitt übergehen, dem verflüssigte atmosphärische Luft zu Grunde liegt, so bedarf es neben der durch den zweiten Abschnitt erzeugten Kälte auch schon eines hohen Druckes. _Hat man Luft unter einem Drucke von 200 Atmosphären eomprimirt und kühlt sie alsdann bis auf —135° ab, so sinkt der Druck bis auf 75 At- mosphären. Man kann nun beliebig mehr Luft in den Recipienten hineinpressen, ohne dass der Druck steigt, ein sicherer Beweis, dass die Luft in den flüssigen Aggregatszustand übergegangen ist. Durch die Verdun- stung der flüssigen Luft kann man eine Temperatur von — 200° bis 213° erreichen. Die Grenze der möglichen Abkühlung liegt nicht sehr viel tiefer. Man könnte wohl, zum Beispiel mit verflüssigtem Wasserstoffgas, etwas weiter kommen, vielleicht noch bis —255°, aber es wird zwischen der niedrigsten erreichbaren Temperatur und dem absoluten Nullpunkt immer ein gewisser Unter- schied bestehen, welcher auf dem Einfluss der Wärme- strahlung beruht. Denn es zeigt sich, dass die ganz trägen Aetherschwingungen, welche absolut niedrigen Wärmegraden entsprechen müssen, selbst durch die schlechtesten Wärmeleiter fast ungehindert sich fort- pflanzen. Man sollte denken, eine meterdieke Baum- wollenpaekung müsste die Kühleylinder vor der Strahlung bewahren, aber sie macht so gut wie gar nichts aus. In einen auf —80° abgekühlten Cylinder von 1,25 m Höhe und 0,21 m Durchmesser treten stündlich 600 Kalorien durch Strahlung ein, mag er nun auf’s sorgfältigste ver- packt sein oder nicht. Die ungeheuren Wärmemengen, die bei den äussersten Kältegraden einströmen würden, in Gestalt von Gasen wegschaffen hiesse mit durch- löcherten Spaten ein Loch in die See graben wollen. Tausend Pferdekräfte würden nicht Gas genug wegpumpen können. Aber auch ohne dass wir die äusserste Grenze er- reichen, schon durch den beschriebenen Apparat, dessen letzter Abschnitt nur als eine vorübergehende Steigerung zum Zwecke wissenschaftlicher Untersuchungen in Betrieb gesetzt wird, ist ein weites Feld von neuen Erscheinungen erschlossen. Es ist das erste Mal, dass in einem Labo- ratorium fortgesetzt und mit aller Bequemlichkeit Beob- achtungen bei Temperaturen von gegen —100° gemacht werden können. Alle bisher für höhere Temperaturen ausgeführten Bestimmungen, alle bisher als allgemein gültig betrachteten Gesetze müssen bei den niedrigen Temperaturen auf’s neue geprüft werden. Fortwährend treten bei solchen Untersuchungen ganz unerwartete neue Erscheinungen auf. Ueber einige von diesen, an welche Pietet im Laufe seiner Arbeiten zu- nächst herangetreten ist, soll hier kurz berichtet werden. O. Liebreich wies Pietet darauf hin, dass das Chloro- form, ein Stoff, den rein herzustellen*) bekanntlich äusserst schwierig ist, vielleicht durch Ausfrieren von den Ver- unreinigungen befreit und krystallrein gemacht werden könnte. Vielleicht würden dadurch auch die gefährlichen Zufälle bei der Chloroformeinathmung beseitigt werden. Der Versuch gelang über alle Erwartung gut. Seitdem hat Pietet die Chloroforme der verschiedensten Fabriken, gute und schlechte, der Krystallisation durch Kälte unter- *) Vgl. Naturw. Wochenschrift Bd. VI, No. 19. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 42. worfen, und nach Abziehen der Mutterlauge wurde aus dem gefrorenen Theil ausnahmslos ein merklich ver- bessertes Produet gewonnen. Aus der Chromsäure- Reaction ersieht man, dass durch die Krystallisation der Gehalt an Alkohol nebst den ihm anhaftenden Spuren von Aldehyd und anderem ganz en Dies Beispiel mag veranschaulichen, wie gründlich alle fremden Beimischungen entfernt werden. ‚. Lässt man in dem Kühlraum des Apparates Queck- silber gefrieren, so stellt sieh heraus, dass es nicht, wie man glaubte, ähnlich dem Blei zu einer homogenen Masse erstarrt, sondern in schönen gefiederten Krystallen anschiesst. Wenn man von einer zur Hälfte ausgefrorenen Schale den flüssigen Theil abgiesst, bleiben die Krystalle wie ein Beet von silbernen Farrenkräutern stehen. Ferner war P. bemüht, einen Satz von Sir William Thomson dureh den Versuch zu bestätigen, den er nur theoretisch hat aufstellen können. Aus einer Betrachtung, dureh welche Constanten, wie der Ausdehnungskoöffieient von Gasen, der absolute Nullpunkt und verschiedene andere Grössen in Beziehung gebracht werden, schloss er, dass bei plötzlich ausgeübtem Hochdruck Temperatur- schwankungen erfolgen müssen. P. bediente sich zu dem Versuche einer Pumpe von Ducretet in Paris, zu welcher Stückrath hierselbst den Recipienten gebaut hat. Er besteht aus einem innersten Stahlrohr, welches das Thermometer enthält, umgeben von zwei weiteren, dieht verschraubbaren Messingrohren. Die Volumveränderungen der Metalle und Gase während des Versuches müssen durch kalorimetrische Bestimmungen und sorgfältige Vor- prüfungen ausgeschlossen werden, bei denen P. von Prof. Pernet unterstützt wurde. Doch werden diese Arbeiten erst in den nächsten Jahren ihren Absehluss finden. Die bisher gemachten Bestimmungen, welche sich auf Druck bis zu 500 Atmosphären und auf Wasser und Quecksilber erstrecken, sind mit den Ergebnissen von Sir William Thomson’s Formel gut vereinbar. Als ein Beispiel, wie ganz zufällige Entdeckungen die Richtung der Arbeiten P.’s beeinflusst haben, be- richtet er ferner über eine merkwürdige Erscheinung auf dem Gebiete der Diffusion. Mit Untersuchung von Reg- nault’s Angaben über die Gasdiehte beschäftigt, kam P. auf den Gedanken, die Messungen in viel grösserem Massstabe als gewöhnlich auszuführen, um dadurch die Fehler verhältnissmässig verschwinden zu lassen. Er liess dazu Kautschukballons von etwa 1 m Durchmesser machen, mit welchen er auch sehr genaue und mit Regnault’s Zahlen vollständig übereinstimmende Ergeb- nisse bekam. Als er aber einen solchen Ballon mit den Dämpfen seiner Mischung von schwefliger Säure und Kohlensäure füllen wollte, blieb er schlaf, und es ver- breitete sich der Geruch des Gases, als sei der Ballon vollständig durchlöchert. Nachdem sich P. überzeugt hatte, dass dies nicht der Fall sei, versuchte er dasselbe an mehreren anderen mit genau demselben Erfolge. Das schwefligsaure Gas diffundirt durch Kautschukmembranen mit der grössten Heftigkeit. Die praetische Bedeutung der Beobachtung beruht darauf, dass sich das Gas des Liquide Pietet als ein ausgezeichnetes Desinfeetionsmittel bewährt hat. Bei allen gewöhnlichen Desinfeetionsver- fahren würden in Kautschuk verpaekte Gegenstände, ver- möge der dem Kautschuk eigenthümlichen Widerstands- fähigkeit gegen fast alle chemischen und mechanischen Einwirkungen völlig unbeeinflusst bleiben. Die Experi- mente beweisen, dass eine solche Einhüllung für die Wirkung des schwefligsauren Gases gar keine Bedeutung hat. Insofern die Zählebigkeit so vieler Mikroben oder ihrer Sporen und Dauerformen auf einer kautschuk- ähnlichen Beschaffenheit ihrer Häute beruht, dürften die Nr. 42. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 429 Dämpfe des Liquide Pietet vor allen anderen Mitteln den Vorzug haben. Bei der Choleraepidemie des Jahres 1582 wurden sie zur Desinfeetion der Güter an der fran- zösischen Grenze seitens der Schweizer Behörden mit gutem Erfolge verwendet. Die Gepäckstücke wurden uneröffnet in einen Raum gebracht, in welchem die Flüssigkeit verdunstete, und erwiesen sich nach Verlauf einiger Stunden als durch und durch desinfieirt. In nächster Zeit beabsichtigt Pietet erneute Prüfungen dieses Verfahrens vorzunehmen. X: Elektrische Beleuchtung nördlich vom Polarkreis. — Unter dem siebzigsten Breitengrad, also mehr als vier Grad über den nördlichen Polarkreis hinaus, liegt die nördlichste Stadt Europas, Hammerfest. Ein Ereigniss ersten Ranges für diese Stadt war, wie wir der „Elek- trieität“ entnehmen, die soeben erfolgte Vollendung einer Einrichtung, die die ganze Stadt und jedes einzelne Haus mit elektrischem Lichte versieht. Welche Trag- weite diese Neuerung für dieselbe hat, wird erst klar, wenn man sich die ununterbrochene Dauer einer nor- dischen Nacht vom 18. November bis 23. Januar, also volle 66 Tage, vorstellt. Während dieser Zeit hat das elektrische Licht fortwährend zu funetioniren; freilich tritt es vom 16. Mai bis 26. Juli wieder gänzlich ausser Kraft, denn während dieser 71 Tage geht die Sonne nieht unter. Ausser diesen 71 Tagen hat die elektrische Lichtleitung demnach 66 Tage. — der Tag zu 24 Stunden gerechnet — fortwährend und 223 Tage in auf- und ab- steigender Progression thätig zu sein. Ein Mittel, den elektrischen Strom billigst herzustellen, liegt in der Auf- stellung der Dynamomaschinen an drei kleinen, eine eng- lische Meile nördlieb von der Stadt entfernten, aber mit sehr starkem Gefälle sich ins Eismeer ergiessenden Flüssen, welche dieselben in Bewegung setzen. Da ihr Lauf ein äusserst rapider ist, so ist es noch niemals vorgekommen, dass dieselben trotz ihrer hohen Lage im Winter zuge- froren sind. Die zoologischen Postfreimarken betitelt sich ein kurzer Artikel in „Le Naturaliste*, in welchem Albert Granzer diejenigen Marken aufführt, welehe die Ab- bildungen von Thieren enthalten abgesehen von solchen Thieren, die rein heraldische Verwendung finden. Canada hat zuerst (1851) die Idee gehabt den Biber auf seinen Marken anzubringen, dessen Haut ja einen wichtigen Handelsartikel Canadas bildet. West-Australien gab 1554 zum ersten Male Marken mit dem namentlich in diesem Theile Australiens stark verbreitet gewesenen schwarzen Schwan (Chenopsis atratus) heraus. Neu- Fundland trat 1866 mit Marken hervor, welche 1. den in wirthschaftlicher Beziehung für das Land so wichtigen Kabljau, Cod oder echten Stockfisch (Gadus morrhua), 2. andere, welche den Seehund (Phoca vitulina) und 3. solehe, welehe den Kopf des Neufundländer Hundes ver- anschaulichen. In demselben Jahre erschienen peruanische Marken mit dem Lama (Lama Peruviana). Guate- mala schuf 1579 Marken mit einem Vogel, dem Pharo- macrus resplendens.. Thasmanien erschien 1883 mit Marken, welche das Schnabelthier (Ornithorhynchus para- doxus) darstellen. Neu-Süd-Wales endlich hat 1888 zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Colonie 3 Marken mit Thierbildern ausgeben: 1. eine zu 2 Pence mit dem Emu (Dromaeus Novae Hollandiae), 2. eine zu 3 Pence mit dem Leierschwanz (Menura lyra) und endlich 3. eine zu einem Shilling mit dem Känguru (Macropus giganteus). Aus dem wissenschaftlichen Leben. Herr Dr. R. Blanchard, Professor an der Pariser mediei- nischen Faecultät und Generalseeretär der französischen zoolo- gischen Gesellschaften, 32, rue du Luxembourg, in Paris, ist seit mehreren Jahren mit der Vorbereitung einer Monographie der Hirudineen beschäftigt; das Studium der Kieferegel ist beinahe beendigt. Bevor er die Tafeln dem Lithographen über- gebe, richtet er eine dringende Bitte an die Naturforscher, sowie an die Museen, welche ihm Blutegel aus authentischem Ursprungs- orte, besondere ausländische Arten, entweder zu geben, oder mit- zutheilen, oder zu verkaufen geneigt wären. Den Museen, welche ihm Doubletten geben möchten, offerirt er Exemplare von meh- reren neuen oder wenig bekannten Hirudineenarten oder von Eingeweidewürmern. Was die deutsche Fauna speciell anbetrifft, so wünschte er die Clepsine maculosa Rathke, eine in dem See von Dammhof bei Königsberg i. Pr. sich befindende Art, lebendig zu erhalten, N Prof. Dr. G. Edlefsen in Kiel, der seit 1874 die medieinische Poliklinik leitete, hat aus Gesundheitsrücksichten sein Lehramt niedergelegt. Der Professor der Hygiene in Königsberg Dr. K. Fraenkel, ist als Nachfolger Rubners nach Marburg berufen worden, nach- dem auch Prof. Dr. Gärtner in Jena den Ruf abgelehnt hat. Der ausserordentliche Professor in der philosophischen Fa- eultät der Universität Berlin Dr. Dames ist zum ordentlichen Professor und der ausserordentliche Professor in der philosophischen Facultät der Universität Greifswald, Dr. M. Scholz, ist zum ordent- lichen Honorarprofessor ernannt worden. — Dr. Domalip in Prag, Professor an der Mittelschule und Honorardocent an der böhmischen Technischen Hochschule, ist zum ausserordentlichen Professor für Elektrotechnik ernannt worden. — An der Univer- sität Tübingen hat sich Dr. Dennig für innere Mediein habilitiert. Es sind gestorben: am 17. September, 86 Jahre alt, Hofrath Professor Dr. Petzval, früher an der Universität Wien; am 27. September in Berlin der Privatdocent der Mathematik Dr. P. Günther, 24 Jahre alt, und in Frankfurt a. M., 51 Jahre alt. der medieinische und naturwissenschaftliche Schriftsteller Dr. S. Th. Stein. In Manchester wurde eine höhere Schule für Elektrotechnik errichtet und wird binnen Kurzem eröffnet werden. Die permanente Commission der internationalen Erdmessung wählte bei: ihrer diesjährigen Session zu Florenz Herrn Faye Mitglied des Instituts, Paris, zum Präsidenten und den Generäl Ferrero zu Florenz zum Vizepräsidenten. Litteratur. J. Tscherski, Beschreibung einer Sammlung posttertiärer Säugethiere, gesammelt auf der Neusibirischen Expedition in den Jahren 1885 bis 1886, (Russisch). Petersburg 1891. 706 Seiten Text mit 6 photolithographischen Tafeln. Dieser kürzlich von der kais. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg veröffentlichte Band enthält eine sehr eingehende Beschreibung der von Bunge und Toll bei ihrer bekannten Ex- pedition nach Neu-Sibirien gesammelten posttertiären (d. h. also meistens diluvialen) Säugethier-Reste; zugleich werden die sonstigen Funde diluvialer Säugethiere aus Sibirien berücksichtigt und genaue Vergleichungen mit den Diluvialfunden Mittel- und West-Europas, sowie mit den entsprechenden recenten Thieren ausgeführt. | Das Werk ist mit ausserordentlicher Gründliehkeit und mit gewissenhafter Berücksichtigung der einschlägigen Litteratur ver- fasst; man darf dasselbe als ein für die Kenntniss der quartären Fauna Sibiriens epochemachendes bezeichnen. Leider ist es für die Mehrzahl der westearopäischen Gelehrten schwer ver- ständlich, da es bisher nur in russischer Sprache erschienen ist. Man darf aber, wie dem Referenten durch Eug. Büchner aus Petersburg gemeldet wurde, mit Sicherheit darauf rechnen, dass binnen Jahresfrist eine deutsche Uebersetzung desselben er- scheinen wird. Der Verfasser, Herr J. Tscherski, hat sich in- zwischen als Leiter einer grossen zoologisch-palaeontologischen, auf 4 Jahre berechneten Expedition nach Nordost-Sibirien in das Gebiet der Flüsse Jana, Indigirka und Kolyma begeben; man darf auf die Resultate dieser mit reichen Mitteln ausgerüsteten, wissenschaftlichen Expedition, ‚an deren Spitze ein so tüchtiger Forscher wie Tscherski steht, mit Recht gespannt sein. Prof. Dr. Nehring. Dr. Günther Ritter Beck von Mannagetta, Flora von Nieder- Oesterreich I. Verlag von Carl Gerold’s Sohn. Wien 1890. Der vorliegende erste Band enthält die Gymnospermen, Mo- nocotyledonen und den Anfang der Dicotyledonen, im Ganzen von den letzteren 36 Familien. 430 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr. 42. Das Werk; will, sein. .ein Handbuch zur Bestimmung: sämmt- licher “in - Nieder - Österreich ‘und den ' ängrenzenden 'Gebieten wildwachsenden, häufig gebauten und verwildert vorkommenden Samenpflanzen und ein Führer zu weiteren botanischen For- schungen für Botaniker, Pflanzenfreunde und Anfänger; es ist Hleissig zusammengestellt und verdienstlich, da seit dem Erscheinen der vortrefflichen Flora des gleichen Gebietes von Neilreich nunmehr etwa 30 Jahre verstrichen sind und daher eine neue Flora mit Berücksichtigung der in diesen 30 Jahren hinzuge- kommenen neuen Thatsachen durchaus wünschenswerth war. Der Gebrauch der Flora wird — namentlich für Anfänger — durch die dem Text eingestreuten etwa 70 guten „Abbildungen“, von denen jede aus einer grösseren Zahl einzelner Figuren besteht, wesentlich erleichtert. w. Hittorf, Ueber die Wanderungen der Jonen während der Elektrolyse. Ostwald’s Classiker der exacten Wissenschaften. No. 21 u. 23. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1891. Diese Untersuchungen Hittorf’s, von W. Ostwald selber neu herausgegeben, sind in den Jahren 1853—59 in Poggendorf's An- nalen erschienen. Weggelassen sind — auf Wunsch des Herrn Verfassers — die polemischen Auseinandersetzungen, in welche er sich seiner Zeit mit anderen Forschern hatte einlassen müssen. Diese Arbeiten Hittorf’s sind in jeder Hinsicht, sowohl was die leitenden Gedanken als auch was die experimentelle Seite an- betrifft, ganz gewiss als elassische zu bezeichnen und gerade durch sie und auf ihnen als Grundlage ist es möglich geworden, dass sich uns heute begründete Aussicht eröffnet auf eine neue Epoche der Chemie, die in einer rationellen elektrischen Theorie der ehemischen Verwandtschaft bestehen wird. Besonderer Em- pfehlung oder Zergliederung bedürfen diese elassischen Arbeiten, für deren Neuherausgabe man Herrn Ostwald zu hohem Danke verpflichtet ist, nicht. Gras. Gustav Kirchhoff, Vorlesungen über mathematische Physik. II. Optik. Herausgegeben von Kurt Hensel. Leipzig. B. G. Teubner. 1891. 10 Mk. Es kann sich bei der Anzeige eines von Kirchhoff herrühren- den Werkes nicht um eine Empfehlung handeln, sondern nur um den Ausdruck der Freude, dass es durch die liebevolle Hin- gabe, welche der Herausgeber der von ihm übernommenen Ar- beit entgegenbrachte, möglich geworden ist, in nieht allzulanger Zeit dem gesammten mathematisch-physikalischen Publicum diese schöne Vorlesung Kirchhoffs zugänglich zu machen. Herr Hensel hat sich im wesentlichen an den Wortlaut Kirchhoffs gehalten, weil er den Wunsch hatte, der lichtvollen Darstellung des ver- ewigten Meisters möglichst wenig Abbruch zu thun. An mehreren Stellen ist er von Herrn von Helmholtz in fördersamster Weise berathen worden. Gres. Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Neue Folge. Bd. VII, Heft 4. Von wichtigeren Abhandlungen enthält das vorliegende Heft einen grösseren Vortrag von Dr. Freimuth: „Die Influenza in Danzig 1839/90 nach dem Ergebnisse der an die Danziger Aerzte versandten Fragebogen geschildert“, ferner „Mittheilungen über Bernstein“ von O0. Helm und eine Gedächtnissrede über Heinrich Sehliemann von Dr. Lissauer. Ausserdem finden wir u. A. nicht’ weniger als 16 Referate der bei Gelegenheit der 13. Vers. des westpr. botan.-zool. Vereines gehaltenen Vorträge; ausführ- lichere Darstellungen haben in den „Anlagen“ erfahren eine „Botanische Exeursion im Jahre 1889“ von H. v. Klinggraeff, der „Bericht über eine 2. Excursion nach Steegen im das 1889“, entomologischen Inhalts, von C. G. A. Brischke, „Die Pilze der Elbinger Umgegend“ von F. Kaufmann, die umfangreichste Abhandlung des Heftes, S. 75—176 einnehmend, und endlich ein Nachruf auf Dr. Franz Carl Hellwig von Dr. Lakowitz. Engler-Prantl’s natürliche P flanzenfamilien. Verlag von Wilh Engelmann in Leipzig. Von diesem Werke sind soeben die Lieferungen 64 und 65 erschienen. Die Lieferung 64 enthält die Fortsetzung der Ru- biaceen von Schumann, Lieferung 65 die Nolanaceen, Solanaceen und den Beginn der Serophulariaceen, alle-3 Familien von R. v: Wettstein. Wir haben schon früher angegeben, dass wir von diesem treffliehen Werk erst wieder beim Abschluss einer „Ab- theilung“ ein eingehenderes Referat zu geben gedenken, Briefkasten. Herrn Dr. Kühn. — Eine neuere Ausgabe der Descartes- schen Geometrie ist die, welche im Jahre 1886 bei Gauthier- Villars erschienen ist; ob eine neuere deutsche Ausgabe existirt, können wir im Augenblick nicht feststellen. Jedenfalls wäre die Herausgabe dieser wichtigen Abhandlung — und dazu möchten wir hierdurch die Anregung geben — eine dankenswerthe Auf- gabe der schönen Bibliothek der Classiker der. exacten Wissen- schaften des Engelmann’schen Verlages. A. G. Herrn Fr. Kistinger in Frankfurt a. M. — Soweit aus Ihrer etwas zu kurz gehaltenen Anfrage zu entnehmen, dürfte sich für Ihre Zwecke empfehlen: 1. Spieker, Lehrbuch der ebenen Geo- metrie mit Uebungsaufgaben, oder 2. Reidt, Planimetrie, oder 3. Glinzer, Planimetrie. Jedes dieser Werke hat eigene Vorzüge. Wenn Sie uns Ihren Zweck (ob zum Privatunterricht, zum Selbst- studium u. dergl.) vielleicht etwas ausführlicher darlegen wollten, so würden wir Ihnen mit einer präciseren Auskunft gefällig sein können. A. G. Als treffliches Lehrbuch der Zoologie für die Hand des Lehrers empfehlen wir dasjenige von J. E. V. Boas (Verlag von Gustav Fischer, Jena 1890), in demselben finden Sie Genügendes auch über Physiologie und Anatomie (vergl. Besprechung in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V, S. 210); für die Hand des Schülers ist recht brauchbar die von Ludwig bearbeitete neue Auflage von Leunis’ Analytischem Leitfaden der Zoologie (Verlag der Hahn- sehen Hofbuchhandlung in Hannover). Zur Nachricht. Mehrfache Anfragen und irrthümliche Auffassungen veran- lassen die Redaction der „Naturw. Wochenschr.“, das Folgende mitzutheilen. j Die Angabe des „verantwortlichen Redacteurs“ unter jeder Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ geschieht nur, um dem Ge- setze (Press-Gesetz $ 7) zu genügen. In Bezug auf die Verant- wortlichkeit der Redaetion gegenüber dem Leserkreise aber ist zu betonen, dass keineswegs Alles, was ein Mitarbeiter in der „Naturw. Wochenschr.“ ausspricht, auch im Sinne der Redaction liegt. Wer das Blatt aufmerksam liest, wird häufig genug sich widersprechende Ansichten finden, allerdings nur auf theoretischem Gebiete, wie das in dem Worte „Ansichten“ liegt. Die Redaction hält es bei der Selbständigkeit des Leserkreises nicht für ihre Aufgabe, ausschliesslich für ihre Speeialansichten über das « und o der Welt Propaganda zu machen, sondern lässt auch solehen Richtungen das Wort, die — sei es wegen ihres grossen Anhanges, sei es, weil sie von bewährten Fachleuten vertreten werden — auf jeden Fall Beachtung verdienen. Die Redaction strebt da- nach zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält, und meint nicht, dass sie für ihren Theil diese Erkenntniss be- reits unumstösslich gewonnen habe. Die Autoren sind also be- sonders in der angedeuteten Hinsicht für ihre Mittheilungen allein verantwortlich; die Verantwortung der Redaction den Lesern gegenüber erstreckt sich nur soweit, als sie bemüht ist, nur solche Veröffentlichungen zuzulassen, die ihrer Meinung‘ nach geeignet sind, dem genannten Streben zu dienen. Sie glaubt in dieser Hinsicht nicht zu engherzig sein zu dürfen. Dass aber auch eine Redaction nur Menschenwerk ist, dem stets Unvoll- kommenes anhaftet, wird der freundliche Leser gebeten, niemals zu vergessen. Die Redaction ist daher auf Nachsicht angewiesen, und es muss ihr vollkommen genügen, wenn der freundliche Leserkreis die Ueberzeugung gewinnt, dass die Leitung bei Allem stets nur mit ihren besten Kräften im Sinne ihrer Aufgabe handelt. ae ee ee ae ee ee Te Inhalt: Prof. W. Preyer: Zur Physiologie des Protoplasma. III. — Zur Charakteristik von Ei und Samen. — Ueber zwei im Aussterben begriffene Pflanzen, die Wassernuss und die Eibe. — Ueber die Denudation in der Wüste. — Ueber die Erzeugung von Temperaturen unter —100° und einige sich anschliessende Beobachtungen. — Elektrische Beleuchtung nördlich vom Polar- kreis. — Die zoologischen Postfreimarken. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: J. Tscherski: Beschreibung einer Sammlung posttertiärer Säugethiere, gesammelt auf der Neusibirischen Expedition in den Jahren 1885—86. — Dr. Günther Ritter Beck von nat: während der Elektrolyse. — Flora von Nieder-Oesterreich. I. ustav Kirchhoff: Vorlesungen über mathematische Physik. — Schriften der naturforschenden — W. Hittorf: Ueber die Wanderungen der Jonen Gesellschaft in Danzig. — Engler-Prantl's natürliche Pflanzenfamilien. — Briefkasten. — Zur Nachricht. erster m mm — Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. xXCV Influenz-Maschinen nach = Holtz-Toepler Wimshurst Vorzüglich zw ti Vorzüglich Vorzüglich "© und eigener Construction empfiehlt .J. R. Voss, BERLIN NO., Pallisadenstr. 20. 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Wunder des Himrids gemeinfassliche Darstellung des Weltsystems. Nach den neuesten Fortschritten der Wissenschaft bearbeitet Mit 15 lithographirten Tafeln und 148 Holzschnitt-Illustrationen. Preis 17 Mark, gebunden 20 Mark. SISTEIETEITTETETETIERN oder Siebente Auflage. 7 ENG von Edmund Weiss, er Sternwarte und Professor der Astronomie in Wien. SaBaananaın = SIEISITETEIETIESTEEIETER) San] mm Magnes! Blitz-Lampe NaMetenr! RE -D.R.P..52892. ) Graf, Geschichte der Mathematik und der Naturwissen- schaften in bernischen Landen vom Wiederaufblühen der Wissen- schaften bis in die neuere Zeit, 3. Heft. Bern-Basel 1890. Seite 197. 4) Wolf, a. a. O., S. 441 ff. 5) Micheli du Crest, M&moire sur la spherieite de la terre, 1760. 6) Graf, a. a. O., S. 200. ?) Kühn, Meditationes de origine fontium et aquae pu- tealis. Bordeaux 1741; Vernünftige Gedanken von dem Ursprunge der Quellen und des Grundwassers, Danzig-Berlin-Leipzig 1746. >) Günther. Lehrbuch der physikalischen Geographie, Stutt- gart 1891. S. 352 u. 476. ?) Kühn, Solutio dubiorum hydraulicorum et aörometricorum in diario Trevoltziensi anno 1741 artie. 85 et 94 propositorum, Acta Erud., 1742. S. 264 ff., S. 318 ff. 0) Ihbid. S. 279. 11) Helmert, Die mathematischen und physikalischen Theorien der höheren Geodäsie, 2. Band, Leipzig 1884, S. 94. 12) J. Lulofs’ Einleitung zu der mathematischen und physi- kalischen Kenntniss der Erdkugel, deutsch von Kaestner, Göttingen- Leipzig 1755. S. 50 ff. »s) Stepling, Abhandlung wider die ansehnliche Ungleichheit der Oberfläche des Oceans, welche auch den Artis Erud. Lips. einverleibt worden, Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen, 3. Band, S. 256 ff. ") Philippus Arena, Dissertatio geographica de Dimensione et Figura Telluris, ubi etiam de inaequali Gravitate in diversis Regionibus, Palermo 1758. S. 32. 15) y. Wüllerstorf-Urbair, Zur wissenschaftlichen Verwerthung des Aneroides, Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien, 31. Band, S. 141 ff.; Almanach der österreichischen Kriegs-Marine für das Jahr 1862. S. SI ff. 15) Koeppen, Das Barometer als Zeitschr., 1. Jahrgang. S. 325 tt. ı) y. Oppolzer, Ueber die Bestimmung der Schwere mit Hilfe verschiedener Apparate, Zeitschr. f. Instrumentenkunde, 4. Jahrg., S. 303 ff., S. 579 ft. Bern Schwermesser, Meteor. 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. $. vom 2I. bis 25. I. Den ersten wissenschaftlichen Vortrag in der Eröft- nungssitzung des deutschen Naturforscher- und Aerzte- tages hielt am Montag, den 21. vorigen Monats Prof. Hermann Nothnagel von Wien: „Ueber die Grenzen der Heilkunst“. Tod, Krankheit, Schmerz, körperliches Ungemach vielerlei Art sind das Erbtheil und die Mit- gabe des duldenden Menschengeschlechts. Mit der That- September 1891. sache des Todes hat sich die Menschheit abgefunden, aber das eigentliche Wie und das letzte Warum harrt noch der Aufklärung. Stehen wir dem Tode machtlos gegenüber, so ist das Verlangen um so begreiflicher, das Aufhören des individuellen Daseins bis an die äusserste Grenze hinauszuschieben. Der mephistophelische Spott über ärztliche Kunst, das Ignoramus gilt heute noch für zahlreiehste Fragen in der theoretischen Mediein. Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 455 eek rerrzrereree ee ennnn n m —— ————n Die Thatsache, dass die practische Heilkunde seit einem Jahrhundert erfreuliche und grosse Fortschritte gethan hat, liest klar. Der Umbau der Dermatologie, der glänzende Aufbau der Ophthalmologie, die Neuschaffung der Laryngologie, die staunenerregende Entwickelung der operativen Chirurgie und Gynaekologie, auf dem Gebiete der inneren Mediein die Einführung einer Reihe wirk- samer Arzneisubstanzen, der physikalischen Heilmethoden, die Betonung physiologischer, diätetischer, hygienischer Faetoren verschiedenster Art haben sich in dieser Epoche vollzogen; die unsterbliche That Lister’s, die Entdeckung Pasteur’'s über die Heilbarkeit der grauenvollen Hunds- wuth, der allgemeine, unermessliche Enthusiasmus, den vor Jahresfrist die Mittheilung Koch’s entfesselte — da konnte sich die Frage aufdrängen: wo sind die Grenzen der Heilkunst? Wohl ist es menschlich gut, eine immer weitere Ausdehnung derselben zu hoffen, Pflicht, eine solehe zu erstreben: aber dem Forscher geziemt es, un- beirrtt von Empfindungen, nur die Thatsachen zu sehen, sich Rechenschaft zu geben von dem Erreichten nicht nur, sondern auch von dem Erreichbaren. „Krank sein, ist Leben unter veränderten Bedingungen“, so definirte der grosse Reformator der Mediein, unser Meister und Führer Virchow. Was heisst dann heilen? Pathologische Vorgänge im Organismus in ihrem Wesen derartig beein- flussen, dass dieselben zum Stillstand gebracht, die ver- änderten Gewebe zur histologischen, die gestörten Funetionen zur physiologischen Norm, verschobene Wech- selbeziehungen zwischen den einzelnen Geweben, Func- tionen und ganzen Organsystemen wieder in das gesunde Verhältniss zurückgeführt werden — das heisst heilen. Wie weit die Kunst dies zu leisten im Stande sei, ver- suchte der Redner an der Hand der Thatsachen zu be- antworten. Bei den geschicktesten operativen Eingriffen geschieht die Heilung selbst durch Vorgänge, welche unserer Machtsphäre entrückt sind: das Heilen in dem Sinne, dass unsere Kunst die dasselbe vollbringenden organischen Vorgänge beherrsche, ist auch dureh den mächtigen practischen Fortschritt in Folge der Antisepsis nicht gefördert worden. Schädlichkeiten werden durch entsprechende Massnahmen fern gehalten; der Ersatz des Zerstörten jedoch wird durch dieselben nicht geschaffen. Ueberhaupt der Heilung fähig ist ein krankhafter Zustand nur so lange, als er noch im Fortgange begriffen ist; sobald er einen bestimmten Abschluss erreicht hat, nicht mehr. Die Stoffwechsel-Anomalien, welche zur Bildung von Nierengries führen, können im Beginne beeinflusst werden: den fertig gebildeten Stein kann nur der Chirurg entfernen. Von massgebender Bedeutung für die Frage der Heilung ist oftmals der Umstand, ob die Krankheits- ursache plötzlich oder allmählich einsetzte, mit grosser In- tensität oder nieht. Unheilbar wird eine Erkrankung, wenn ihre Ursachen ohne Unterbrechung fortwirken. Die Malaria führt zu untilgbarem Siechthum, wenn der Infi- eirte den Giftboden seines Wohnortes nicht verlässt; Bronchialkatarrh bleibt stationär, wenn der Befallene be- ständig dem Einflusse einer stauberfüllten Atmosphäre ausgesetzt bleibt. Sehr häufig entscheidet das Moment der individuellen Widerstandsfähigkeit: dieselbe Lungenentzün- ‘dung überwindet der kräftige dreissigjährige Mann, welcher der Greis, der Trinker, der durch Entbehrungen, dureh ein dissolutes Leben oder vorausgegangene Leiden Herunter- sekommene erliegt. „Crimen non est artis sed aegroti“ cha- racterisirt eine Reihe von Fällen, in welchen jede ärztliche Kunst und Wissenschaft vergeblich sich abmühen: alle Be- handlung vermag den Raucher nieht von seinem Rachen- katarıh zu befreien, so lange er bei seiner Gewohnheit verharrt; bei der zu einer Geissel unseres Zeitalters her- angewachsenen Nervosität und Neurasthenie hindern Ein- sichtslosigkeit und Willensschwäche oft die sehr wohl mögliche Heilung. Alles, was nicht unter obige Kategorien fällt, ist, im Prineipe wenigstens, heilbar; die Thatsäch- lichkeit der Heilung ist nur für eine Frage der Zeit. So auffallend es klingen mag, wir sehen keinen Grund, weleher die Möglichkeit dereinstiger Heilbarkeit der bösartigen Geschwülste ausschliesst. Als Thatsache müssen wir unweigerlich anerkennen: die eigentliche Heilung, die Rückkehr krankhaft veränderter Funetionen und Gewebe, ehemischer und physikalischer Processe zur Norm wird in ihrem Wesen nur durch die Lebensvorgänge im Organismus herbeigeführt. Gewissen pathologischen Geschehnissen aber wird auch die vorgeschrittenste Wissen- schaft machtlos gegenüberstehen. Brom z. B. hemmt die Entladung epileptischer Anfälle für eine beschränkte Zeit, entfernt aber nicht die Vorgänge im Centralnervensystem. Alkohol, in gemessener Gabe, erregt vorübergehend die Thätigkeit des Gehirns, des Herzens, heilt aber nicht einen einzigen pathologischen Zustand. Morphium bändigt den Schmerz der Neuralgie, hebt aber nicht die dem- selben zu Grunde liegenden Veränderungen auf. — — — Das letzte Ergebniss ist doch immer, dass die Rückbildung des krankhaften Zustandes im eigentlichen Wortsinne dureh den Organismus selbst geschieht. Freilich würden Verhältnisse analog den beim Jod stattfindenden, wo die Wirkungen auf die vergrösserte Schilddrüse und das Gumma einer wirklichen, durch unser Mittel herbeige- führten Heilung zu entsprechen scheinen, die Heilkunst ihrem Ideal näher bringen. Hoffen wir, dass diese ver- schwindend wenigen Fälle sich mehren. Ob ein Gedanken- gang, wie der von unserem ruhmreichen Robert Koch bei seinen Tubereulinforsehungen eröffnete, diesem Ziele uns zuführen wird, muss erst die klinische Erfahrung lehren. Vielleicht wird die Heilkunst auf diesem Wege Fortschritte machen — eine Aufgabe ist es, des Schweisses der Besten werth. Der Arzt sei nur der Diener der Natur, nicht ihr Meister. Kann die Kunst die Natur nicht meistern, so folge sie ihr, treu beobachtend. Die Wahrung dieses Grundsatzes liefert den Schlüssel zu dem Geheimniss des Erfolges der wahrhaft grossen Aerzte. Die Entstehung, die Art, das Geschehene der krankhaften Veränderungen genau zu erforschen, festzustellen, durch welche Vorgänge und unter welchen Bedingungen der Organismus die Störungen am leichtesten überwindet oder ausgleicht, wenn möglich in zweckmässiger Weise diese Vorgänge und Bedingungen zu unterstützen und nachzuahmen, vor allem nicht zu schaden, das ist der Weg, auf welchem die Heil- kunst Bedeutendes und Gutes vollbringen kann: genau parallel mit der Ausbildung der wissenschaftlichen Erkennt- nissmethoden schreitet auch das practische Können am Krankenbette fort. Sind wir und werden wir voraus- sichtlich immer in den meisten Fällen ausser Stande sein, das krankhafte Geschehen im ‘Körper zu heilen, so ist um so zwingender unsere Aufgabe, das Eintreten desselben zu verhüten, die Krankheitsursache zu erkennen und un- schädlich zu machen. Nicht auf die Verhütung von Infeetionskrankheiten allein beziehe sieh diese Aufgabe; auch nicht durch sanitätspolizeiliche Massregeln allein wolle man sie erfassen: ihr fällt auch Vieles von dem zu, was wir gemeinhin als Heilung zu bezeichnen gewöhnt sind — die Vernichtung der Krankheitsursache. Keineswegs unberechtigt erscheint die Hoffnung, dass eine nähere oder fernere Zukunft bei manchen Infeetionen eine Vernichtung der eingedrungenen Krankheitserreger kennen wird, die uns noch unbekannt ist: die fruchtbaren Untersuchungen zahlreicher Arbeiter der Gegenwart lassen Grosses er- warten. Die einschlägigen Bestrebungen unserer Zeit be- wegen sieh in dreifacher Richtung: bakterielle Erkran- kungen, welche schon in die klinische Erscheinung getreten 456 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 43. sind, zu heilen; Infeetionen noch im Ineubationsstadium unschädlich zu machen; eine Infecetion überhaupt zu ver- hüten. Das letztgenannte Ziel ist das weitgehendste: man erreicht es durch sanitätliche Schutzmassregeln gegen Seuchen, und durch Immunisirung des Einzelorganismus, deren unvergleichliches Vorbild die Schutzblatternimpfung ist, deren wissenschaftliche Grundprineipien gegenwärtig im regsten Flusse der Forschung begriffen sind, deren präven- tive Ausdehnung vielleicht noch auf viele andere Infee- tionen statthaben wird, die den Menschen bedrohen. — Der allerwichtigste Punkt, auf welchem technisches Wissen, die Macht des Gesetzes und die Selbstthätigkeit der Gesellschaft sich vereinigen müssen, um an die Wurzeln die Hand zu legen: die Hebung der allgemeinen Gesund- heitspflege. — Und wenn bei der Heilung der krank- haften Processe der Kunst Schranken gezogen sind, so bleibt ihr noch eine ausserordentlich bedeutungsvolle Thätigkeit, die Behandlung von Krankheitsymptomen. Die wunübersehbare Zahl pharmaceutischer Präparate dient gerade diesem Zweck, ebenso Brunnen- und Bade- kuren, Elektrieität und viele andere therapeutische Hülfs- | mitte. Für den Leidenden liegt hierin gerade das Wiehtigste: er will keine Empfindung seiner Krankheit haben. Die symptomatische Behandlung allein ermög- licht oftmals die natürliche Heilung und bringt über lebensgefährliche Episoden im Verlaufe der Krankheit hinweg. Hierin ist die Heilkunst nicht nur ausserordent- licher Fortschritte fähig, sondern sie macht dieselben auch thatsächlich und in hocherfreulicher Weise in der Gegenwart. Ueberall reges Leben, frisches Arbeiten, spriessende Saaten und auch reife Früchte! Und bei alledem, wie demüthig müssen wir uns bescheiden. Jedes Menschendasein, welches vorzeitig zum Abschluss kommt, jeder einzelne in seiner Lebensbethätigung durch Siech- thum Beschränkte mahnt: hier sind die Grenzen der Kunst. Und was noch viel beugender: gewisse Schranken werden wir niemals aufheben, die Lebensvorgänge selbst nicht meistern können. Nur weiter noch hinauszuschieben vermögen wir an vielen Punkten die Bannmeile unseres Gebietes: wie langsam aber auch wir vorwärts schreiten, wie viele Rückschläge wir erleben, anspornen zum rastlosen Streben, uns voraufleuchten als führender Stern wird uns immer das Eine: Im Dienste der Menschheit zu wirken ist des Menschen würdigste Aufgabe! (Forts. folgt.) Mirmecophilie und Inseetenfrass beim Adlerfarn. — Einige Beobachtungen, die ich in den letzten Monaten an dem Adlerfarn gemacht habe, veranlassen mich, zu dem Aufsatze über die extra-nuptialen Nektarien beim Adlerfarn in No. 40 der „Naturw. Wochenschr.“ einige Ergänzungen zu bringen. In diesem Aufsatze ist die Frage aufgeworfen, ob Pteridium aquilinum mit seinen Nektarien wirklich den Myrmekophilen zuzuzählen ist; was bisher noch nicht ent- schieden sei. Wie bereits Delpino S. 649 seiner „Funzione mirmeecofila nel regno vegetale. Parte secondo“ erwähnt, hat Fritz Müller die extra-nuptialen Nektarien des Adlerfarns in Brasilien im Nektarsecretion getroffen und eonstatirt, dass dureh dieses Anloekungsmittel kleine schwarze Sehutz- ameisen der Gattung Cremogaster an das Farnkraut ge- fesselt werden, welche dasselbe vor den Zerstörungen durch Blattschneiderameisen (Oecodoma)bewahren. Jugend- liche Wedel, welche zufällig des Ameisenschutzes ent- behren, werden völlig von Oecodoma zerstört. An alte Wedel gehen die Oecodomaarten nicht. Ob nun dieser Ameisenschutz auch in Europa vor- handen ist? Darwin u. A. haben es wohl bestritten, und es ist die Meinung ausgesprochen worden, dass Pteridium aquilinum in Europa überhaupt von Thieren nieht zer- fressen werde, daher schon lange dieses Schutzes nicht mehr bedürfe. Meine Beobachtungen um Greiz haben nun ergeben: 1) dass — wie das inzwischen auch W. Figdor bestätigt — junge Wedel auch bei uns an den am Grund der Blatthauptnerven (nicht nur des unteren Segmentes) Nektar secerniren; 2) dass die- selben von Ameisen besucht werden und 3) dass sie auch nie zerfressen werden, während alte Wedel oft völlig skeletisirt oder bis auf den Blattstiel aufgefressen werden. Wie in Brasilien sind daher auch bei uns nur jugend- liche Wedel des Pteridium myrmekophil. Alte entbehren des Ameisensehutzes und eine kleine Gruppe von Blatt- wespen hat sich dies im Laufe der Zeit zu Nutze ge- macht. Ich traf im August dieses Jahres bei Greiz an einer Stelle reichlichen Vorkommens von Pteridium aqui- linum die alten Wedel fast sämmtlich zerfressen, die Mehrzahl aber völlig skeletisirt, und bei einzelnen auch noch die Blattrippen bis auf die unteren weg gefressen. Und zwar waren oft gerade die zarteren Theile (Spitzen der Fiederehen) stehen gelassen — ein Beweis, dass es sich um eine Anpassung an die nicht durch Myrmekophilie geschützten Theile handelte. Der Urheber dieser Zer- störungen in einem Umfang, wie sie noch nicht beobachtet zu sein scheinen, war eine grünlich-gelbe durchscheinende Afterraupe mit schwarzen Augen und zwei schwarzen Flecken am Kopf, die auch in der Gefangenschaft ihr Zerstörungswerk fortsetzte. Der freundlichen Auskunft des Herrn Hauptlehrers Brischke in Langfuhr bei Danzig zu Folge ist es die Raupe der Blattwespe Strongylo- gastercingulatus For., die vor der Verwandlung sich in die Kiefernborke einfrisst, um dort bis zum Frühjahr zu bleiben. Die Kiefernrinde sieht an den Frassstellen wie mit feinem Schrot zerschossen aus. Dass sich die Myr- mekophilie bei uns nur auf die jugendliche Pflanze er- streckt, alte Exemplare aber häufiger zerfressen werden, beweisen auch die Beobachtungen von Fr. Thomas und Brischke, auf die ich nachträglich aufmerksam wurde. Brisehke führt (Inseeten auf Farnkräutern. Sehriften d. Naturf.-Ges. in Danzig Bd. VII H. 3 1890 S. 9) folgende Arten auf, ohne auf die Art des Auftretens auf Pteridium näher einzugehen: Raupen von Hymenopteren: Selandria stramineipes Kl., Strongylogaster eingulatus Fbr., St. Fili- eis Kl. (die sich in der Gefangenschaft auch in Kork- pfropfen embohrt, Tenthredo balteata Kl. (sämmtlich grün); Sehmetterlingsraupen von Eriopus Pteridis Tbr., Euplexia lueipara Z.; Zweiflügler: Aricia albitarsis Wahlberg (Maden in dem Rhizom von Pteridium), Anthomyia hystrix Brischke (Blattminirer). Häufig ist auch bei Greiz eine Gallmücke (Ceeidomyia), die die Ränder der Wedelfiedern taschenförmig nach unten umklappt. Thomas führt noch auf: eine spiralige Einrollung des Blattrandes durch Ceci- domyia filieina Kieffer, Einrollung der Spitzen der Fiedern durch Anthomyia signata Brischke, Frass an der Blatt- unterseite mit intact bleibender oberseitiger Epidermis, Frass vom Rande her durch grüne Larven, vermuthlich eine Blattwespe, Mimen (Frauenfeld Verh. d. z.-b. Ges., Wien 1866, S. 552), Anschwellung der Wedelbasis, ähnlich den Gallen von Diastrophus Rubi Mayr). Zerstörend können hiervon nur die holzzerfressenden an harte Nahrung gewöhnten Raupen der Blattwespen auf- treten. Die extranuptialen Nektarien von Pteridium aqui- linım sind an vielen Exemplaren deutlich mit einem durch Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 457 röthliche bis rothbraune aufwärts gerichtete Glieder- haare gebildetes Saftmal versehen, ähnlich wie ich es bei Impatiens Balsamina (anderer Art bei Impatiens trieornis ete., vgl. Extranuptiale Saftmale bei Ameisen- pflanzen, Humboldt 1888) beschrieben habe. Bei australi- schen Exemplaren von Pteridium aquilinum treten die Gliederhaare in abnormer Grösse und Häufigkeit oft auch an andern Theilen der Farnkrautes auf. Prof. Dr. F. Ludwig. Ueber eine neue Methode der Färbung der Bak- terien-Sporen. — Die in Gebrauch befindlichen Methoden der Färbung endogener Sporen sind zum Theil nicht recht zuverlässig, zum Theil sehr umständlich, so dass sie in der Praxis weniger zur Verwendung gelangen, als aus manchen Gründen wünschenwerth wäre. Man pflegt die derberen Sporen entweder trocken zu erhitzen, sei es im Troekenschrank, sei es durch häufigeres Durchziehen dureh die Flamme, um die Sporenmembran dadurch leichter durchlässig für den Farbstoff zu machen, oder die Sporen direct in der Farblösung eine Stunde zu er- hitzen. Der schweren Färbung der Sporen entspricht eine schwierige Entfärbung, welche ja in dem übrigen Bakterienprotoplasma leicht zu ermöglichen ist durch Verwendung von Alkohol und verdünnten Säuren und alsdann eine Neufärbung des letzteren mit einer Gegen- farbe nach Neisser ermöglicht. Diese Sporenwand scheint nun nach Dr. H. Moeller (Centralbl. f. Bakter. u. Parasitenk. X No. 9) entsprechend der Widerstandsfähigkeit der Sporen gegen schädigende, äussere Einflüsse verschieden derb und durchlässig zu sein, wie ja einige endogene Sporen dieser Doppelfärbung ohne weiteres zugänglich sind, andere es erst durch das obenerwähnte Erhitzen werden. Durch das letztere wird offenbar ein starker Eingriff in die Beschaffenheit der Membran hervorgerufen, den M. rascher und im Einzel- falle zuverlässiger durch die Verwendung von Mazera- tionsmitteln zu erreichen hoffte, deren man sich in der botanischen Histologie zu ähnlichen Zwecken bedient. Die Methode M.’s ist die folgende: Das lufttrockene Deckglaspräparat wird dreimai durch die Flamme gezogen, oder 2 Min. in absol. Alko- hol gebracht, sodann 2 Min. in Chloroform, darauf mit Wasser abgespült, '/)—2 Min. in 5 proe. Chromsäure getaucht, wiederum mit Wasser gründlich abgespült, mit Carbolfuchsin betröpfelt und unter einmaligem Aufkochen 60 See. in der Flamme erwärmt; das Carbolfuchsin ab- gegossen, das Deckgläschen bis zur Entfärbung in 5 proe. Schwefelsäure getaucht und abermals gründlich mit Wasser gewaschen. Dann lässt man 30 Sec. lang wässerige Lösung von Methylenblau oder Malachitgrün einwirken und spült ab. Es müssen dann die Sporen dunkelroth im schön grünen oder blauen Bakterienkörper sichtbar sein. Als Untersuchungsmaterial dienten M. die Reineulturen dreier Kartoffelbaeillen, ein zu diesen Bacillen gehöriger Baeillus von Bohnendeeoct erhalten, einer aus Heuauf- guss, mehrere anaörobe Baeillen, sowie spontan im Blut- serum auftretende Fäulnissbacillen, Bacillus eyanogenus, Sporen des Milzbrandes und des Tetanus. Wenn hiermit auch keine grosse Anzahl sporen- bildender Bakterien auf das Verhalten gegen die neue Färbungsweise geprüft ist, so dürfte doch die Verschieden- artigkeit des untersuchten Materiales den Schluss zulassen, dass die Methode allgemein anwendbar sei; jedenfalls zeichnete sie sich in den oben angegebenen Fällen durch Zuverlässigkeit und schnelle Ausführbarkeit aus. Nach den Versuchen erscheint es ferner so, als ob die grössere Widerstandsfähigkeit der Sporen gegen Vernichtung der Keimkraft einen Ausdruck fände in der längeren Zeit, welehe für eine ausreichende Mazeration zur Sporen- färbung nöthig ist. Sollte das dureh weitere Unter- suchungen bestätigt werden, so dürfte die neue Art zu färben unter Anwendung schwächerer Beizen bei längerer Einwirkung es vielleicht ermöglichen, die Widerstands- fähigkeit der Sporen direct zu messen. 3ekanntlich wird sehon jetzt die Verschiedenartig- keit der Geisselfärbung bei den geisseltragenden Bakterien diagnostisch verwerthet; M. glaubt, dass auch für die mit endogenen Sporen versehenen Bakterien die Sporenfärbung in gleicher Weise zur Unterscheidung nutzbar zu machen wäre. Endlieh dürfte in entwickelungsgeschichtlicher Rich- tung weitere Anwendung dieser Methode über die ersten Anfänge der Sporenbildung, beziehungsweise der Anlage der Sporenmembram zu interessanten Resultaten führen. Noch ein anderer Punkt bedarf hier der Erwähnung. Bevor eine geeignete Sporenfärbungsmethode bekannt war, wurden diejenigen Theile, welche sieh gewöhnlich nicht färbten, dann für Sporen gehalten, wenn sie ausser der betreffenden typischen Form derselben den eigen- thümliehen Glanz des Sporenplasma zeigten, und sich so von den gleichfalls ungefärbten Vacuolen unterschieden. Nun lehrt aber die Erfahrung, dass bei den ver- schiedensten Bakterieneulturen, noch vielmehr als bei Pilzen, eigenthümliche, stark glänzende, mehr oder weniger rundliche oder eifürmige Massen vorkommen, welche sehr leieht, besonders wenn sie in der Grösse nicht zu sehr untereinander abweichen, das Bild von Sporen vor- täuschen können. Das trifit um so mehr zu, als gerade die Färbungsmethode M.’s wie er mehrmals erfahren musste, doch zu einer Färbung dieser Massen führt, welche sogar in der Schwefelsäure die Färbung theilweise bei- behalten und debhalb eine scheinbare Sporendoppel- färbung zu erkennen geben. Man thut daher gut, in zweifelhaften Fällen, wie bei unbekanntem Materiale von der Anwendung des Chloroforms Gebrauch zu machen. Fetttröpfehen, Leeithin, Cholesterin, welche in Betracht kommen könnten, sind sämmtlich in Chloroform löslich, und mehrere Male hat M. deshalb das Chloroform zu solehem Zweeke mit Erfolg verwendet. Das Zurückweichen der Niagarafälle. — Nach einem Bericht John Bogart’s ist seit dem Jahre 1542, in welchem zuerst eine genaue Aufnahme der Fälle statt- gefunden hat, bis zum Jahre 1890 der amerikanische Fall um 9,57 m, der kanadische um 31,54 m zurückge- wiehen, also im Durchschnitt der erstere jährlich um 0,195 m, der letztere um 0,663 m. Im Jahre 1842 hatte die Kammlinie des amerikanischen Falles eine Länge von 329,2 m, im Jahre 1390 eine solche 323,1 m, die des kanadischen Falles ist in derselben Zeit von 665,9 m auf 917,4 m gestiegen. Das in den 48 Jahren ver- schwundene Areal beträgt auf der amerikanischen Seite 3060 Quadratmeter, auf der kanadischen 25 610 Quadrat- meter. (Bull. Amer. Geogr. Soc. 1391 No. 2.) AK Aus dem wissenschaftlichen Leben. Eine Hochschule für Landwirthschaft und mechanische Tech- nologie wird zu Säo Paulo in Brasilien errichtet. Für die erste Ausstattung des Instituts sind 200000 Dollars von der Regierung ausgesetzt, welche auch in Zukunft die materielle Fürsorge für diese Hochschule übernehmen wird. Als Leiter der letzteren ist der amerikanische Botaniker, Prof. C. H. Baily, in Aussicht genommen. An Stelle der verstorbenen Professoren Ris und Trächsel und des pensionirten Professors Hebler ist Professor Ludwig Stein am Polytechnikum in Zürich zum ordentlichen Professor der allgemeinen Philosophie an der Universität Bern gewählt worden. Er liest schon in diesem Wintersemester in Bern, wird aber seinen 438 Wohnsitz bis zum Frühjahr in Zürich behalten. — Der ausser- ordentliche Professor der Chemie und Pharmaeie an der Univer- sität Leipzig. Dr. E OÖ. Beekmann, ist als Ordinarius nach Giessen berufen, der ausserordentliche Professor der Physiologie an der Universität Wien, Dr. Sigm. Exner, ist zum ordentlichen Professor ernannt worden. — Die dureh A. Meyers Berufung nach Marburg erledigte Professur für pharmaeeutische Chemie an der Akademie Münster ist Dr. Kassner aus Breslau über- tragen worden. — Maschineningenieur Dzieslewski in Wieliezk: ist zum ausserordentlichen Professor der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Lemberg ernannt worden. An der Universität Wien haben sich Dr. H. Lorenz für innere Mediein und Dr. L. v. Frankl-Hohenwart für Neurologie habilitirt. Dem ordentlichen Professor an der Universität Berlin, Dr. K. Th. Weierstrass, ist die grosse goldene Medaille für Wissenschaft verliehen worden. Es sind gestorben: Am 8. October zu Wien der Forschungs- reisende Dr. J. E. Polak, früher Leibarzt des Schah Nasr- Rddin von Persien, 71 Jahre alt; am 9. October zu Florenz der Physiker Abbate Giov. Caselli im 77. Jahre und in Letoskey, im Norden Michigans, der Schulmann und Geologe Prof. Emil Pollmar, 58 Jahre alt. Litteratur. Prof. Dr. E. Mendel, „Der Hypnotismus“, Heft 93 der von Virchowu. Wattenbach herausgegebenen Sammlung gemeinv. wiss. Vorträg. Verlagsanstalt u. Druckerei A.-G. (vormals J. F. Richter) Hamburg 1890. Das Heftehen giebt auf nur 38 Seiten eine geschiekte Ueber- sicht über das Wichtigste aus dem Gebiete des Hypnotismus. In dem geschichtlichen Ueberblick, der die Arbeit einleitet, wird ausser anderen auch Mesmer einfach als Schwindler hingestellt; ich erwähne das, weil Moll in seinem vortrefflichen Lehrbuch „Der Hypnotismus*) im Gegensatz zu Mendel u. a. ausdrücklich die Ehre dieses Mannes zu retten sucht. Nach diesem geschichtlichen Exeurse heschäftigt sich der Verfasser zunächst mit den Methoden, den hypnotischen Zustand zu erzielen: die Braid’sche Methode, welehe die Fixirung benutzt, und die der Nancy’er Schule, welche die Suggestion wirken lässt, dann mit den Eigenschaften Hypnotisirter. Der Verfasser kommt schliesslich zu dem, von der Ansicht anderer, so auch Moll’s ab- weichenden Schluss: „Der hypnotische Zustand ist ein krank- hafter und mit Rücksicht auf die Veränderung der geistigen Eigen- schaften ein krankhafter geistiger Zustand, eine acute Geistes- krankheit.“ Er macht hierbei auf Erscheinungen bei Geisteskranken und Epileptikern aufmerksam, die denen in der Hypnose gleichen. Eine therapeutische Wirksamkeit in der Hypnose und auch ohne Hypnose durch Anwendung der Suggestion ist nur bei den sogenannten funetionellen Nervenkrankheiten zu constatiren; aber die Anwendung der Hypnose ist für den Hypnotisirten von ge- wissen Gefahren begleitet und kann selbst bei öfterer Wieder- holung die schädlichsten Folgen nach sich ziehen, indem das Nervensystem angegriffen wird. So sollen z. B., als der Mesme- rismus in Frankreich blühte, eine grosse Zahl Somnambulen ge- schaffen worden sein. Krankhafte Dispositionen können durch das Hypnotisiren geweckt werden, „eine Thatsache, deren Be- deutung für einen gewissenhaften Arzt gar nicht hoch genug ge- schätzt werden kann.“ Auf dem Gebiete des Hypnotismus ist nach Mendel unter anderen Bezeichnungen als sie heute gebräuchlich sind „alles schon dagewesen“. Neu sind nur die Namen „Hypnotismus“ und „Suggestion“, Mendel sagt: „dass kein Mensch mit durchaus normalem Nervensystem hypnotisirt werden kann“, oder dass doch bei Hypnotisirbaren eine krankhaft-nervöse Grundlage vorhanden ist, Hysterie und Nervosität gewissermassen latent geblieben sind, aber durch Hypnose zum Ausbruch gebracht werden können. Aber auch die Hypnotiseure von Fach sind meist nervös veran- lagte Naturen, die leicht der Autosuggestion verfallen und da- durch vermeintliche sonderbare Thatsachen aus dem Gebiete des Hypnotismus in die Welt setzen. Die abweichende Auffassung Mendel’s von denjenigen, über die bisher in der „Naturw. Wochenschr.“ referirt worden ist, hat uns veranlasst, auf den Inhalt des vorliegenden Heftes etwas näher einzugehen. 1S8 Heinr. Simroth, Unsere Schnecken. Zoologische Vorträge. Herausgegeben von W. Marshall, Heft 6. Verlag von Richard Freese. Leipzig 1890. 72 S. 80. —.—, Ueber die morphologische Bedeutung der Weichthiere. Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge von Virchow u. Wattenbach, Heft 94. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vorm. Richter). Hamburg 1890. 40. S. 8°, *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V. S. 449. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. mm mm rt sereret eeeeeee n Nr. 43. Die erstere Schrift ist insofern beschränkter, als sie wesent- lich nur die mitteleuropäischen Land- und Süsswasserschneeken behandelt, also einen systematisch, biologisch und geographisch begränzten Theil der Weichthiere (Mollusken), während die zweite alle Weichthiere umfasst und wiederholt bei den nur im Meere lebenden, der Anschauung des Binnenländers mehr ent- zogenen Öephalopoden verweilt. Dafür bietet diese zweite Schrift hauptsächlich nur Fragen ohne Antwort, indem sie die viel- fachen Schwierigkeiten betont, welche die Weichthiere einer stammgeschichtlichen (phylogenetischen) Erklärung ihres Baues an sich und ihrer mannigfachen Verwandtschaften untereinander darbieten, Schwierigkeiten, welehe zumeist nur durch nähere Erörterung den feineren Zergliederung verständlich werden; der Verfasser hebt namentlich hervor, dass die Weichthiere durch den Mangel einer Längsgliederung (Metamerie) an sich recht tief in der aufsteigenden Reihe der Thierformen stehen, aber eben dadurch eine gewisse Ungebundenheit in der Anpassung der Leibesform und der Ausbildung der einzelnen Organe an die Lebensweise besitzen, welche es in vielen Fällen schwer macht, zwischen althergebrachter Uebereinstimmung (Ursprungs- gemeinschaft) und später erworbener Aehnlichkeit (Convergenz) zu entscheiden, und er kommt zu dem Schlusse, dass, wenn alle diese Beziehungen dereinst genügend klargestellt sein werden, daraus „ungeahnte Erkenntnissschätze für das Verständniss thierischer Leistungsfähigkeit, sowie für das der geographischen und geologischen Beziehungen unserer Erde“ sich ergeben werden, hierfür aber noch „eine besondere Wünschelruthe* nöthig sei. Mehr thatsächlichen Inhalt bietet die erste Schrift: der organische Bau und die physiologischen Leistungen des Körpers der Land- und Süsswasserschnecken werden darin sehr eingehend und anziehend besprochen, theilweise in direeter Anlehnung an ähnliche Arbeiten anderer Gelehrten, grossentheils aber auch auf Grund eigener, sorgfältiger und eingehender Untersuchungen und oft auch eigener Gedankenrichtung des Verfassers, so namentlich betreffs der Kriechbewegung durch Muskelausdeh- nung, welche er übrigens selbst als noch nicht genügend fest- gestellv anerkennt, ferner in Bezug auf die Unterscheidung und örtliche Verbreitung der Nacktschnecken. Ein erhöhtes Interesse erhalten die einzelnen Erörterungen durch das Streben, jedesmal zu zeigen, wie die Sache in der Reihe der Generationen nach und nach so geworden sein mag, ein Streben, welches freilich dazu nöthigt, Gewisses, Wahrscheinliches und Mögliches ohne scharfen Unterschied nebeneinander zu bringen. Der Fach- kundige erkennt leicht, was unmittelbare Beobachtung, was nahe liegende und was kühn weiter gehende Folgerung ist; weniger der Laie, zu dessen Belehrung es doch geschrieben ist; dieser nimmt leicht Alles für gleich gewiss oder auch bei mehr kri- tischer Anlage für gleich ungewiss, überschätzt oder unterschätzt damit die Ergebnisse der Wissenschaft. s Beachtenswerth ist im Einzelnen namentlich das über die Sinnesempfindungen der Schnecken Gesagte, indem der Verfasser auch hier der aufsteigenden Entwieklung Rechnung trägt und den früher so häufigen Fehler vermeidet, die bestimmten Arten von Sinnesempfindungen des Menschen dem Thier entweder ein- fach zuzuschreiben oder abzusprechen. Was über das örtliche Vorkommen einzelner Arten und Gattungen angegeben wird, ist zunächst dem näheren Beobach- tungsgebiet des Verfassers entnommen und passt im Allgemeinen auf das nördlichere Deutschland, weniger auf das südliche. So sind z. B die beiden grossen Arten von Paludina wohl dort, aber nicht hier, „überall gemein“, Cyelostoma elegans ist nicht „mehr in Süddeutschland vertreten“, sondern reicht gerade nur in Mitteldeutsehland am weitesten vom Westen, dem Rheingebiet, her nach Osten, Hessen und das Unstrutthal, während sie in ganz Württemberg und Bayern fehlt und erst bei Wien, von Südosten her, wieder auftritt. Pomatias ist nieht nur „ganz an der Süd- grenze“ (Deutschland), sondern auch an der mittleren Donau, allerdings an einem ganz vereinzelten Standorte, bei Kelheim oberhalb Regensburg, wo diese Schnecke schon 1824 von meinem Vater nachgewiesen wurde. Arion empiricorum ist nicht nur in der Ebene, sondern auch an vielen Orten der süddeutschen Berg- länder vorherrschend roth. Buliminus montanus und obseurus dürften ihrem Aufenthalte nach, an Baumstämmen, zuweilen bis auf die Zweige und Blätter hinaus, eher wie die Olausilien den Baumsebnecken, als den am Boden lebenden anzureihen sein. In „Unsere Schnecken“ S. 31 ist „Verbastardirung“ zwischen Stenogyra und Helix erwähnt; dieser Ausdruck könnte leicht eine unrichtige Meinung erwecken, denn es ist nur Begattung zwischen beiden beobachtet, nicht ein Product derselben. Beide Schriftehen sind Jedem, der über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von den Weichthieren sich unterrichten will, sehr zu empfehlen, das erstere betreffs der näheren Kunde über die Lebensweise und der Lebensvorgänge der bei uns einheimischen Land- und Süsswasserschnecken, das zweite betreffs der Stellung der ganzen Abtheilung der Weichthiere in der aufsteigenden Reihe des Thierreichs. E. v. Martens. u u Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 439 Dr. Hanz Schinz, Deutsch-Südwest-Afrika. Forschungsreisen durch die deutschen Schutzgebiete Gross-Nama- und Herero- land, nach dem Kunane, dem Ngami-See und der Kala-yari. 15884—1887. Mit einer Karte, 18 Vollbildern und Holzschnitt- Illustrationen im Text. Schulzesche Hofbuchhandl. (A. Schwartz). Oldenburg und Leipzig 1891. Preis 13 Mark. Schinz will in seinem Buche ein den thatsächlichen Ver- hältnissen entsprechendes Bild von Land und Leuten und der organischen Natur Deutsch-Süd-West-Afrikas bieten, um einerseits das ungerechtfertigte Misstrauen, andererseits die thörichte Ueber- schätzung, die eine Ernte sieht, bevor zur Saat geschritten worden, zu zerstören. Es ist dies dem Verfasser, der das Gebiet mehrere Jahre hindurch bereist hat, vollauf gelungen, indem er nicht ausschliesslich die auf der Reise empfangenen subjectiven Eindrücke wiedergiebt, sondern die bereits vorliegenden Er- fahrungen Fremder ebenfalls derartig benutzt hat, dass in seinem Werke ein kurzes Compendium unserer derzeitigen Kenntnisse über Deutsch-Süd-West-Afrika vorliegt. Schinz ist Botaniker und hat begreiflicher Weise als solcher der Pflanzenwelt besondere Aufmerksamkeit gewidmet, was in seinem Berichte zwar zur Geltung kommt, aber sich keineswegs hervordrängt. Wenn auch augenblicklich die Blicke noch auf Ostafrika gerichtet sind, so ist doch die gewissenhafte Arbeit Schinz’ nieht unbeachtet geblieben. Das Buch dürfte wieder die allgemeine Aufmerksam- keit auch weitere Kreise auf Deutsch-Süd-West-Afrika lenken. Unser geographischer Mitarbeiter Herr Dr. Aurel Krause will freundlichst bei der Bedeutung des Schinz’sehen Buches noch ausführlich auf den Inhalt desselben in der „Naturwissen- schaftl. Wochensehr.“ zurückkommen: Dies der Grund, warum sich Referent mit den obigen wenigen Sätzen begnügt. F. Rudio, Die Elemente der analytischen Geometrie des Raumes. Verlag von B. G. Teubner. Leipzig 1891. Preis 2,40 Mk. Vor zwei Jahren erschien im gleichen Verlage ein Werk, „die Elemente der analytischen Geometrie der Ebene“, herausgegeben von Ganter und Rudio, das sich des ungetheilten Beifalls der Mathematiker zu erfreuen hatte und sich durch eine ausser- ordentlich geschickte Darstellung auszeichnet. Das vorliegende Werkchen schliesst sich jenem eng an und vereinigt in gleicher Weise Gründlichkeit und Strenge mit Klarheit und Eleganz der Darstellung. Nachdem im ersten Kapitel einige Fundamentalsätze der Projeetionslehre entwickelt worden sind, behandelt der Verf. im zweiten Kapitel die Raumelemente bezogen auf ein Coordinaten- system; besonders werden hier die Lagen von Punkten und Graden zu einander resp. zu einer Ebene betrachtet, der Inhalt eines Dreiecks und das Volumen eines Tetraeders aus den Co- ordinaten der Eckpunkte berechnet und Sätze der sphärischen Trigonometrie abgeleitet. Im dritten Kapitel wird die Ebene und ihre Gleichung betrachtet. Der Verfasser hebt in der Vor- rede hervor, dass die Unterscheidung der beiden Seiten einer Ebene !in den bisherigen Darstellungen fast durchweg unter- lassen oder nur ganz kurz abgethan wird, während es doch zum Verständniss der Gleichung einer Ebene wesentlich beitrage, diese Unterscheidung zu betonen. Es sei uns gestattet an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, dass sich in Gallenkamp’s Elementen der Mathematik, Theil III, dieser Punkt in noch grösserer Ausführlichkeit behandelt findet, als im vorliegenden Werke. Im vierten Kapitel behandelt der Verf. weiter die gerade Linie und ihre Gleichungen, während das fünfte Kapitel der Kugel gewidmet ist; hier wird die Kugel mit der Ebene in Be- ziehung gesetzt, es werden die Tangentialebene, Pol, Polarebene, reeiproke Polaren und die Potenz eines Punktes in Bezug auf eine Kugel bestimmt und in ihren Eigenschaften näher unter- sucht. Im sechsten und letzten Kapitel giebt der Verf. zunächst allgemeine Bemerkungen über die analytische Darstellung der Raumgebilde, Flächen und Kurven, sowie eine kurze Uebersicht über einige besonders wichtige Flächen und Kurven. Unter den letzteren führen wir namentlich die Schraubenlinie und die Schraubenfläche an, ferner das Ellipsoid, das der Verf. durch ein sehr einfaches geometrisches Uebertragungsprincip aus der Kugel ableitet und von dem er die wichtigsten Eigenschaften entwickelt, und schliesslich werden noch Rotationsflächen, speciell solche zweiten Grades, betrachtet. Ueber die Grenzen, die den „Elementen“ der analytischen Geometrie zu stecken sind, lässt sich zwar nichts allgemein giltiges sagen, aber wir persönlich würden wünschen, die Flächen zweiten Grades in grösserer Ausführlichkeit behandelt zu sehen. Vielleicht entschliesst sich der Verf. dazu in einer wohl bald nöthig werdenden neuen Auflage; wir denken uns den Umfang etwa so wie bei Gallenkamp. Wir sind überzeugt, dass bei dem Geschick in der Darstellung, das sich in dem vorliegenden Werke bekundet, ein namentlich für Studirende sehr brauchbares Werk zu Stände käme, denn die Kenntniss der Flächen zweiten Grades und ihrer wichtigsten Eigenschaften ist für diese, auch für solehe technischer Hochschulen, nicht entbehrlich; sie müssen jetzt sicher noch zu einem weiteren Werke ihre Zuflucht nehmen. Einen grossen Vorzug für solche, die mit der Lehre von den Determinanten nicht vertraut sind, besitzt das vorliegende Werk noch insofern, als es durchweg ohne Verwendung dieses Instru- mentes verfasst ist; ein weiterer Vorzng besteht darin, dass das Buch auch eine ausserordentlich grosse Zahl von Uebungsbei- spielen enthält; es sind deren über 450. A. Gutzmer. Mittheilungen der Schweizerischen entomologischen Gesell- schaft. Bd. 8, Heft 7, 1891. Redigirt von Dr. Stierlin in Schaffhausen. Commissionsverlag von Huber & Comp. (Hans Körber) in Bern. Dieses Heft enthält eine Abhandlung über neue Hymenopteren aus Madagascar aus der Feder vonHenri de Saussure; — eine lepidopterologisebe Notiz von Heinr. Knecht; — Beschreibungen einiger neuer Rüsselkäfer von Dr. Stierlin; — und unter der Ueberschrift „Bibliographie“ eine Besprechung von EmileFavre's Werk über die Coleopterenfauna von Wallis und benachbarter Gebiete, welches im 31. Bande der Denkschriften der schwei- zerischen naturforschenden Gesellschaft (September 1890) ver- öffentlicht ist. Beigeschlossen ist dem Hefte eine Fortsetzung der „Coleoptera Helyetiae“ von Dr. Stierlin. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Bd. XVIII, No. 7. Vorliegendes Heft enthält einen Aufsatz von Premier-Lieut- nant Morgen, ‚Reisen im Hinterlande von Kamerun“, 1889/90 und einen von Prof. W. Joest, Guayana im Jahre 1890. Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch - physikalische Classe. 1891. Heft II. Dieses Heft bringt fünf Nekrologe des Herın E. Voit zunächst auf Franz Hessler, den Senior der Classe, der Mediciner und Sanskritforscher zugleich war. Ihm gebührt das Verdienst uns das Gebiet der ältesten Geschichte der Heilkunde in Indien zugänglich gemacht zu haben. Das zweite Mitglied, dessen Tod die Akademie zu beklagen hatte, ist Edmond Hebert, der be- deutende französische Geolöge, der der Akademie als auswärtiges Mitglied angehörte. Aus der Reihe der correspondirenden Mit- glieder starben der Chemiker Heinrich Will in Giessen, der um physiologische und landwirthschaftliche Chemie verdiente Forscher Wilhelm Henneberg in Göttingen und der: russische Reisende und Geograph Peter von Tschihatscheff in Florenz. — Herr E. Lommel bringt einen längeren orientirenden Aufsatz über die Schwingungsriehtung des polarisirten Lichtes. Die Frage hat durch die Wiener’'schen Versuche, welche die Existenz stehender Lichtwellen nachwiesen, noch erhöhtes Interesse erlangt. Herr Lommel zeigt, dass, wenn die Lichtwellen mit den elektrischen Wellen dem Wesen nach übereinstimmen — was nach den Hertz- schen Forschungen kaum mehr zweifelhaft sein dürfte — die Verschiebungen des fortpflanzenden Mittels zur Polarisationsebene senkreeht sind. — Herr F. von Sandberger handelt über den Erzgang der Grube Sagra Familia in Costariea und .dessen Be- deutung für die Theorie der Erzgänge, auf welche Abhandlung in der „Naturw. Wochensehr.“ noch näher eingegangen werden wird. — Herr A. Brill bringt einen sehr bedeutsamen Aufsatz über das Verhalten emer Function zweier Veränderlichen in der Umgehung. einer Nullstelle. Bebber, W. J. van, Das Sturinwarnungswesen an den deutschen Küsten. Berlin. 1 M. Benedikt, R., Ueber Metallwandlung. Wien. 0,40 M. a Bodengestaltende Wirkungen der Eiszeit. ‚60 M. Böhm, J., Die Kreidebildungeu des Fürbergs und Sulzbergs bei Siegsdorf in Oberbayern. Stuttgart. 20 M. en R., Untersuchungen über die Kakodylreihe. Leipzig. 1,50 M. Christinnecke, J., Causalität und Entwicklung in der Metaphysik Augustins. 1. Thl. Leipzig. 1 M. Credner, H., Die geologischen Verhältnisse der Stadt Leipzig. Leipzig. 0,80 M. Crüger, J., Lehrbuch der Physik. 7. Aufl. Leipzig. 4,50 M. Dodel, A., Beiträge zur Kenntniss der Befruchtungs-Erscheinungen bei Iris sibirica. Zürich. 4,50 M. Dohrn, A., Studien zur Urgeschiehte des Wirbelthierkörpers. Berlin. 7 M. Eder, J. M., Ueber Fortschritte in der Photographie. 0,50 M. Wien. Wien, 440 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 43. ee nn -„_z„,x{XZzs,nä — —— — sis Eisenlohr, A., Fin mathematisches Handbuch der alten Aegypter. 2. Ausgabe. Leipzig. 12 M. s Felix, W., Die erste Anlage des Exeretionssystems des Hühn- chens. Zürich. 5 M. Fiedler, K., Entwicklungsmechanische Studien an Echinodermen- eiern. Zürich. 1 M. Frivaldszky, J., Aves Hungariae. Berlin. 6 M. Galilei, G., Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallge- setze betreffend. Leipzig. 1,20 M. { Graff, L. v., Die auf den Menschen übertragbaren Parasiten der Hausthiere. Graz. 0.90 M. Grassmann, R., Die Ausdehnungslehre oder die Wissenschaft von den extensiven Grössen in strenger Formel - Entwicklung. Stettin. 2,25 M. ü Gravelius, H., Vierstellige Logarithmentafeln. Berlin. 0,50 M. Groth, P., Führer durch die Mineraliensammlung des Bayerischen Staates im Gebäude der Königlichen Akademie der Wissen- schaften (Wilhelminium) in München. München. 2 M. Gruber, M., Ueber Schutzimpfung. Wien. 0,60 M. Herman, O, J.S. v. Petenyi, der Begründer der wissenschaft- lichen Ornithologie in Ungarn. Berlin. 15 M. Hornberger, R., Grundriss der Meteorologie und Klimatologie, letztere mit besonderer Rücksicht auf Forst- und Landwirthe. Berlin. 6 M. Huber, J. Ch., Bibliographie der klinischen Helminthologie. 2. Hft. Cystieercus cellulosae Rud. München. Subser.-Prois 1,50 M.; Einzelpreis 1,60 M. Hüeber, Th., Fauna germaniea. Hemiptera heteroptera. Halbflügler der Schnabelkerfe: Wanzen.) 1. Hft. Coreides. Berytides. Berlin. 3 M. Huth, E., Monographie der Gattung Caltha. Berlin. 1,20 M. Iselin, J. J., Die Grundlagen der Geometrie ohne speeielle Grundsätze, mit Einschluss einer vollständigen Darstellung der reinen Sphärik. Bern. 6 M. Kaiser, J., Beiträge zur Kenntniss der Anatomie, Histologie und Entwiekelungsgeschichte der Acanthocephalen. Cassel. 15 M. Kalaväts, J., Die zwei artesischen Brunnen von Szeged. Buda- pest. 1,20 M. Keller, C,, Das Spongin und seine mechanische Leistung im Spongienorganismus. Zürich. 3 M. \ (Die Pentatomides. Briefkasten. Herrn W. @. in Berlin. — Ueber Faulbrut und deren Hei- lung in den Stöcken der Honigbiene finden sich eingehende An- gaben in den folgenden Werken: Heinrich, Ueber Faulbrut der Bienen und deren Heilung. (Schlesische Bienenzeitung. 3. Jahrg. 1880. S. 105—109.) — Feldmann, J., Die Salieylsäure und ihre Anwendung. (Bienenw. Centrallblatt. 13. Jahrg. 1877. S. 56—57.) — Lambrecht, A., Beleuchtung des von Herrn Hemme empfohlenen Mittels, die Faulbrut zu heilen. (Bienenw. Centralblatt. 6. Jahrg. 1870. S. 175—181.) — Derselbe, Die Heilung des in Braunschweig faulbrütig gemachten Volkes des Versuchsstoekes. (Deutscher Bienenfreund. 5. Jahrg. 1869. S. 144—149.) — Preuss, Ueber die kleinsten mikroskopischen Pilzformen, insbesondere über den Faulbrutpilz. (Beitrag zur Lehre von der Faulbrut, deren Wesen, Ursache, Verhütung und Heilung.) (Eichstädter Bienenzeitg. 25. Bd. 1869. S. 161—170; — „Biene“ (Bensheim). 7. Jahrg. 1869. S. 149—157, 161—169, 177 bis 180.) — Assmey, E., Ueber Anwendung antiseptischer Mittel zur Kur der Faulbrut. (Eichstädter Bienenzeitg. 33. Bd. 1877. S. 145—146, 166.) — Baist, Ueber die Faulbrut und deren Ver- hütung. (Biene, Bensheim. 15. Jahrg. 1877. S. 37—40.) — Frohnsdorf, H. W. und Kehse, F., Kurzer Bericht über Heilung der Faulbrut. (Bienenw. Centralblatt. 13. Jahrg. 1877. S. 139—140.) — Cech, C. O., Phenol, Thymol und Salieylsäure als Heilmittel der Bienen. Heidelberg, C. Winter. 1877. — Reiter, Joh., Ueber die Entstehung und Heilung der Faulbrut nach den Principien Hilbert's. (Ungarische Biene. 6, Jahrgang. 1878. S. 149—160.) — Hilbert, E., Ueber die Entstehung und Heilung der Faulbrut. (Pfälzer Bienenzucht. 17. Jahrg. 1876. S. 22—32, 58—43.) — Auch in mehreren anderen Bienenzeitungen desselben Jahres. — Derselbe, Zum Faulbrutheilverfahren. (Eiehstädter Bienenzeitg. 34. Bd. 1878. S. 210—214.) — Der- selbe, Hat sich das von mir im vorigen Jahre in Strassburg be- kannt gegebene Faulbrutheilverfahren bewährt und lässt sich dasselbe unbeschadet des Heilverfolges vereinfachend modifieiren? (Biene, Beusheim. 15. Jahrg. 1877. S. 40—44, 51—54.) — Der- selbe, Nachträge zum Faulbrutheilverfahren. (Ebenda, S. 54 bis 61.) — Derselbe, Rückblicke und Nachträge zum Faulbrut- heilverfahren. (Bienenw. Centralblatt. 13. Jahrg. 1877. S. 33 bis 50.) — Epple, Zum neuen Faulbrutheilverfahren. (Eichstädter Bienenzeitg. 55. Bd. 1879. S. 125 - 127.) — Vogel, F. W., Die Honigbiene. Quedlinburg und Leipzig, Ernst. 1880. S. 364—368 handelt über die Faulbrut. Ferner sind zur Durchsicht zu empfehlen: Kern, R., Die Biene und ihre Zucht. pflege. Karlsruhe, Reiff i. Comm. 1888. 8°. 297 S. — Pfäfflin, F., Der verständige Bienenwirth. 3. Ausgabe. Ilmenau und Leipzig, A. Schröter's Verlag. 1888. 8°. 147 S — Dathe, G.. Lehrbuch der Bienenzucht. 4. Aufl. Bensheim und Leipzig. 1883. XI und 392 Seiten. H. J. Kolbe. Aufruf. Wenn wir uns in den folgenden Zeilen einmal in einer rein persönlichen Angelegenheit an unsere Leser wenden, so geschieht dies, weil wir uns eins wissen mit ihnen überall da, wo es gilt, die Ehre deutschen Namens und deutscher Wissenschaft hochzu- halten und für das Wohl ihrer Vertreter einzutreten. Es handelt sich um den der Gesammtheit unserer Leser wohl bekannten grossen Biologen Dr. Fritz Müller zu Blumenau in Brasilien. Der im siebenzigsten Lebensjahre stehende bedeutende, auch von Charles Darwin hochgeschätzte Gelehrte hat die Kraft seines Geistes und seiner Arbeit seit nahezu 40 Jahren in den Dienst der brasilianischen Regierung gestellt, indem er bis zum Juni d. J. die Stelle eines „naturalista viajante“ des Museums zu Rio de Janeiro bekleidete. Dr. Müller hat das genannte Institut in ganz unschätzbarer Weise durch eine Fülle werthvollster Samm- lungen bereichert. Und nun, nachdem dieser Mann durch seine wissenschaftliche Thätigkeit sich die höchste Achtung der gelehrten Kreise zweier Welten errungen, decretirt die neue republieanische Regierung, dass der greise Gelehrte sein Heim, sein Besitzthum, auf dem er so zahlreiche wissenschaftliche Thatsachen gewonnen, die längst Gemeingut der Zoologen und Botaniker aller Länder geworden sind, verlassen solle, um nach Rio überzusiedeln. Nicht nur soll er den ihm lieb gewordenen Wohnsitz aufgeben, sondern auch nach einer Stadt übersiedeln, in der er bei seinem kärg- lichen Gehalt von zwei Contos de Reis pro Jahr nur eine geradezu kümmerliche Existenz führen könnte. Dr. Müller hat abgelehnt, der an ihn ergangenen Aufforderung Folge zu leisten, worauf die brasilianische Regierung ihm nicht nur seine Entlassung sandte, sondern dem im uneigennützigsten Dienste der Wissenschaft ergrauten Gelehrten auch sofort das Gehalt sperrte und jede Abfindung oder Pension ablehnte. Man darf annehmen, dass es nur unlauteren Motiven entspringende Umtriebe sind, welche sich, wie — aller- dings vergeblich — bereits einmal, gegen den „Fremden“, den „Deutschen“ wenden, den die jetzigen Machthaber in seinem hohen Alter der nöthigsten Subsistenzmittel berauben! Ganz und voll schliessen wir uns daher einer von der Re- daction der „Natur‘‘ ausgehenden Anregung an, dem greisen deutschen Gelehrten, einer Zierde deutschen Namens, zu seinem 70. Geburtstage (31. März 1892) ein Angebinde zu verehren, welches seinem Lebensabende die Sorge fern hält. Was unser Volk für Dichter und Künstler oft gethan, wird es sicher auch gerne dem bedeutenden Gelehrten darbringen als Zoll der Dankbarkeit, mit der ein grosses Volk sich selbst in seinen hervorragenden Männern ehrt. Herr Professor Dr. Henry Lange, Berlin W., Genthiner Strasse 13, Villa A, hat sich in liebenswürdigster Weise bereit erklärt, Beiträge zu einem solchen Nationaldanke entgegenzu- nehmen. Redaction der „Naturw. Wochenschrift“. Inhalt: Prof. Dr. Günther: Ueber einige ältere Versuche, die Gestalt der Erde mit Hilfe des Barometers zu bestimmen. — Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. S. vom 21. bis 25. September 1891. I. — Mirmecophilie und Insectenfrass beim Adlerfarn. — Ueber eine neue Methode der Färbung der Bakterien-Sporen. — Das Zurückweichen der Niagarafälle. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. Dr. E. Mendel: „Der Hypnotismus“. — Heinr. Simroth: Unsere Schnecken. — Derselbe: Ueber die morphologische Bedeutung der Weichthiere. — Dr. Hans Schinz: Deutsch-Südwest-Afrika. — F. Rudio: Die Elemente der analytischen Geometrie des Raumes. — Mittheilungen der Schweize- rischen entomologischen Gesellschaft. — Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. — Sitzungsberichte der Königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. — Liste. — Briefkasten, — Aufruf. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Eine Anleitung zur richtigen Bienen u A Nr. 43. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. XCVIH wann | | Holz'sche und selbsterregende Influenzmaschinen | )) N construirt von J. R. Voss. \ Metall-Spiral-Hygrometer (bereits 15 000 Stück geliefert) empfiehlt als Spezialität Mechaniker. I. IR. VOoSS. Mechaniker. BERLIN NO., Pallisaden-Strasse 20. 7 goldene und silberne Medaillen. — Geschäftsgründung 1374. Lanolin-Toilette-Cream-Lanolin Vorzüglich zur Pilege der Haut. Fr P zur Reinhaltung und Beredung wunder Haut« v orzu g I IC h ; itellen uud Wunden. nu - Vorzüglich zur Erhaltung einer guten Haut, Zu baben in den meisten Apotheken und Drogerien. befonders bei fleinen Kindern. Seit 1878 Philiup €. 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Dümmlers } & ist das Buch: 3 14. Aufl., | Rayleigh, Theorie des Schalles (> | J)Verlagsbuchhandlung in Berlin: = . = 3oguslawski u. Krümmel, Oceano- übers. von Neesen, Idaeus, Alfken, Erster Beitrag zur Insectenfauna der Nordsee- insel Juist, Lemmermann, Algologische Beiträge, Ernst H. K. Krause, Bastarde des Rubus Idaeus L. (mit 1 Tafel); den Be- schluss bilden „Miscellen“. Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. (Sitzungsperiode 1890—1891.) . G. A. Kaufmann’s Sortimentsbuchhandlung (Rudolf Heinze) in Dresden 1891. Der Bericht enthält eine grössere Zahl kleiner, in den Sitzun- gen gemachter Mittheilungen ausschliesslich medieinischen Inhaltes und 3 Aufsätze: 1. Fiedler, Zur Aetiologie der Pleuritis, 2. Klotz, Zur operativen Behandlung der retroflexio uterl, 3. Fischer, Ueber zwei Fälle von Careinoma crebri. © Briefkasten. Herrn Lehrer A. Goerlich. — Ihren Anforderungen dürften Engleders Wandtafeln für den naturkundliehen Unterricht (Ver- lag von J. F. Schreiber in Esslingen bei Stuttgart) entsprechen. Beide Abtheilungen, Thierkunde und Pflanzenkunde, enthalten je 48 Farbdrucktafeln. Te Inhalt: H. Potonie: Die Beziehung zwischen dem Spaltöffnungssystem und dem Skelettgewebe (Stereom) bei den Wedelstielen der Farnkräuter (Filieineen). — Prof. R. Koch: Weitere Mittheilungen über das Tubereulin. — Zur geographischen Ver- breitung der entomostraken Krebse. — Schutzfärbung. — Beseitigung und Verwerthung der Fäcalstoffe. — Das Abschwächen zu kräftig eopirter Abdrücke beim Photographiren. — Gasförmige Metallverbindungen. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena. — Dr. F. G. Kohl: Die offieinellen Pflanzen der Pharma- copoea Germanica. — Bergrath Dr. Jasper: Das Vorkommen von Erdöl im Unter-Elsass. — Sitzungsberichte der Königlich preussischen Akademie der Wissenschaften. — Petermann’s Mittheilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt. — Ab- handlungen, herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen. — Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. — Briefkasten. EEE mm Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Inyalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. em ange un Was die natarwissenschafliche Forschung aufgiebt‘ an weltum- fassonden ldoen und an locken- ERIK nn" Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. ner ar Sonntag, den 8. November 1891. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Y Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist HM 3.— [0:0) sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 3% extra. A bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ein Ausflug nach Spitzbergen. Von Bergrefrendar Leo Cremer. Es war Ende Juni d. J. (1891), als auf eine Anfrage | ferner eine Auswahl der mitzunehmenden bergmännischen des bekannten Nordpolfahrers Capitain W. Bade bei dem | Gezähestücke und Sprengmaterialien getroffen, die ver- Director der Kgl. Geologischen Landesanstalt und Berg- | schiedensten „Führer für Forschungsreisende“, sowie alte akademie zu Berlin, Herrn Geh. und’ neue Werke über Nordpolex- Öberbergrath Dr. W. Hauchecorne, peditionen gelesen werden; eine mir der ehrenvolle Antrag gestellt eifrige Correspondenz vervollstän- wurde, eine von dem Commereien- digte die Thätigkeit dieser Wochen. rath Stänglen in Stuttgart ausge- Endlich war die Litteratur so ziem- rüstete Expedition nach Spitzbergen lich durchgearbeitet, das Gezähe als Bergtechniker zu begleiten. Es (Bohrer, Fäustel, Hacken u. s. w.) handelte sich um die Untersuchung und die Sprengmaterialien (Schiess- der See- und Landverhältnisse Spitz- baumwolle und Pulver) in Ordnung, bergens und Bären-Eilands in Bezug ein Gewehr und ein photographischer auf ihren Reichthum an Thieren für Apparat*) besorgt und die nöthigen Fischfang und Jagd und gleichzeitig winterlichen Kleidungsstücke ein- um ein eingehenderes Studium der gepackt. Am 23. Juli konnte ich seit Jahrhunderten bekannten und die Fahrt von Berlin nach Bremer- im Rufe grosser Ergiebigkeit stehen- hafen über Hamburg antreten. den Kohlenlagerstätten daselbst. Ein Theil der Reisegesellschaft Nach einer Unterredung mit Capi- war bereits angekommen. Vor allem tain Bade, der durch seine - Vor- der seit Wochen in eifrigster Thätig- träge in Stuttgart das Unternehmen keit befindliche Leiter der Expedi- angeregt hatte, war ich sofort ent- tion, Capitain W. Bade, bekannt als schlossen, das ehrenvolle und inter- Theilnehmer an der 2. deutschen essante Anerbieten anzunehmen und Nordpolexpedition 1869 —70; da- mich nach ca. vier Wochen in mals als 2. Offieier auf der „Hansa“, Bremerhafen zur Abfahrt einzufinden. Capitain Hegeman, machte er nach In der Zwischenzeit hatte ich voll- dem Untergang ihres Schiffes im 71° auf mit den Vorbereitungen zu n. Br. die berühmt gewordene Fahrt thun. Vor allen Dingen galt es, auf der Eisscholle während der eine umfangreiche Litteratur, zum Polarnacht mit. Auch später hat er Theil in schwedischer und englischer noch oft sein Schiff nach dem Norden Sprache zu studiren. Die zahlreichen Expeditionen der | gelenkt, so dass er zum Leiter unserer Expedition wie Schweden unter Torell, Nordenskiöld und Nathorst, sowie tn e . en ü die Forschungen deutscher Gelehrten haben ein in den B „.) Derselbe, aus der Fabrik von Schippang & Wehenkel in : E erlin, war mir durch die Vermittelung der Redaction der „Natur- verschiedensten Werken zerstreutes Material zur genauen set : 2 wissenschaftlichen Wochenschrift“ in freundlichster Weise für die Kenntniss jenes nordischen Landes geliefert. Es musste | Reise zur Verfügung gestellt worden. 454 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 45. berufen erschien. Auch der Commandant unseres Schiffes, Capitain Mahlstedde, war des öfteren im Eismeer ge- wesen. Im Jahre 1882 hatte er die deutschen Mitglieder der internationalen Polarforschung nach dem Kingua-Fjord im Cumberland-Golf auf der Westseite der Davisstrasse gebracht und im folgenden Jahr wieder abgeholt. Bei einer seiner Fahrten zwischen Island und Norwegen hatte er zwei Monate in Sturm und Nebel mit zerbrochenem Bugspriet auf dem Meer treiben müssen. Wenn bei hohem Seegang unser kleines Schiff wild herumgeworfen wurde und die Seen über Deck fegten, meinte er lächelnd: „Dat is man Kinnerspel.* — \on den übrigen Theil- nehmern trafen dann Fürst von Urach, der sich als Pas- sagier. der Fahrt anschloss, Graf‘ Zeppelin und unser Schiffsarzt Dr. Faber ein. Fürst von Urach kam direct von Tunis, wo er seine arabische Haushaltung besitzt, nach Bremerhafen, um die nordische Fahrt anzutreten. Es erinnerte dies lebhaft an die Art und Weise, wie im Jahre 1850 Dr. Kane mit der amerikanischen Expedition zur Aufsuchung Franklins aufbrach. Er befand sich in Florida am mexikanischen Meerbusen, als ihn die Auf- forderung zur Theilnahme erreichte, und lief 10 Tage später aus dem Hafen von New-York aus, um nach dem Polarmeer zu segeln. Wie Kane ist Fürst von Urach ein welterfahrener weitgereister Mann. Fast 2 Jahre hatte er in Südamerika in den Urwäldern des Amazonas-Gebietes gelebt, Klemasien, Egypten, die ganzen Mittelmeerländer, England und Schottland bereist, um jetzt mit einem für die Schönheiten und Erhabenheiten der Natur geschärften Blick und voll warmer Empfängliehkeit die Wunder der arktischen Welt kennen zu lernen. Auch Dr. Graf Zeppelin war kein Fremdling im Norden: Mehrere Male hatte er Schweden und Norwegen bereist und Tromsö und Hammer- fest waren ihm wohlbekannt. Dr. Faber ging es so wie mir: Wir waren beide noch nicht über die Grenzen unseres Vaterlandes hinausgekommen und traten jetzt unsere erste Seereise an. Als letzter der Reisegesellschaft traf Prof. Dr. Baur aus Stuttgart ein. Nach nur dreitägigem, für unsere Ungeduld aber viel zu langem Warten, schlug endlich die Stunde der Abfahrt. Es war am Sonntag, den 26. Juli. Die „Amely“, unser Ex- peditions-Dampfer, lag im alten Hafen. Noch herrschte rege Thätigkeit am Ufer und auf dem Schiff, unser Gepäck und ein Theil des Proviants wurde eingeladen, bis zum letzten Augen- blick wurde gearbeitet, das Deck stand voll von Kisten, Koffern, Körben und Fässern. Schnell wurden noch einige Einkäufe gemacht, ein Oelanzug erstanden, der uns später gute Dienste geleistet hat, ein letzter deutscher Früh- schoppen eingenommen und dann zum Absehiedsdiner gegangen. Der Rheder der „Amely“ und Capitain Hege- mann von der deutschen Seewarte in Hamburg, Comman- dant der „Hansa“ auf der 2. deutschen Nordpolexpedition, nahmen als unsere Gäste daran Theil. Einige kurze Worte des Abschiedes an uns, Glück- und Segenswünche für unsere Reise, bekräftigt durch Gläserklingen, bildeten die Hauptmomente. Dann ging’s nach dem Hafen. Die „Amely“ lag im Schmuck sämmtlicher Flaggen da. Ein zahlreiches Publikum . hatte sich versammelt, um unserer Abreise beizuwohnen. Langsam fuhren wir durch die Schleuse in den Vorhafen, hier fand noch eine photo- graphische Aufnahme statt und dann dampfte unser Schiff- lein, von den Hurrahs und dem Tücherschwenken der Zu- schauer begleitet in die Weser, um bald darauf den Kurs nordwärts zu richten. Das Wetter war schön, von Norden wehte ein lebhafter Wind, der die Flaggen zwar schön flattern, uns jedoch in einigen Stunden einen kräftigen Gruss der Nordsee erwarten liess. Die kurze Zeit bis dahin wurde benutzt, sich in der Kabine häuslich einzu- richten. Unser Dampfer „Amely*, ein ganz neues Schiff, hatte erst am Tage vorher seine Probefahrt gemaeht und sich dabei, wie auch die Maschine, vorzüglich bewälhrt. Mit Volldampf legte sie durchschnittlich 10 Seemeilen in der Stunde zurück. Sie war auf der Werft von F. W. Wencke für die Hochseefischerei-Gesellschaft von Droste, Gehrels u. Co. in Bremerhafen gebaut und für die Hochsee- fischerei in der Nordsee bestimmt. Gross war das Sehifflein nicht: ca. 100 Fuss lang und 20 Fuss breit, aus Eisen gebaut und mit Schunertakelung versehen. Der Raum im Vordertheil, der sonst das Eis und die gefangenen Fische aufnehmen sollte, war zur Kajüte für die 6 Passagiere eingerichtet: 4 Schlafkabinen, ein Ess- und ein Proviant- raum. Die Einrichtung in dem kleinen Raum, der jedem zur Verfügung stand, ging mit einigen Schwierigkeiten glücklich von statten; -dann begab sich alles wieder auf Deck, um einen letzten Blick . auf deutschen Boden zu werfen. Schon machte sich etwas Seegang von draussen bemerkbar, ein gelindes Stampfen begann, anfangs mit Freude und Interesse begrüsst. Allmählich wurde die See unruhiger, die „Amely“ fing an zu rollen, die Stimmung wurde sichtlich gedrückter, die nach dem Abschiedstrunke in Bremerhafen besonders hochgehende Begeisterung verflog allmählich und machte dem immer stärker werdenden Gefühl jenes Unbehagens Platz, von dem wir oft vorher mit Galgenhumor gesprochen. Gegen 7 Uhr Abends erschien der draussen an der Wesermündung kreuzende Lootsenkutter und unser Lootse verliess uns mit Hand- schlag und dem Wunsche einer glückliche Reise, die letzten brieflichen Grüsse an die Lieben in der Heimath mitnehmend. Wir waren auf hoher See. Der Nordwind blies uns nunmehr kräftig ins Gesicht, heftig rollte der Dampfer, taumelte nach rechts und links, stampfte auf und nieder, und da kam schon die erste See von vorn herüber ge- spritzt. Die Stimmung wurde immer kritischer, die Ge- sichter immer bleicher. Noch kämpfte man muthig, doch nicht lange mehr. Einer nach dem anderen tauchte, von dem Lächeln der Mannschaft begleitet, in die Kajüte unter; das Leuchtfeuer von Helgoland sah ich noch mit matten Blicken wie ein Irrlicht auf dem Wasser tanzen, dann verschwand alles in eine düstere Nacht, aus der ich am andern Morgen merkwürdig gesund wieder er- wachte. Zwar forderte Neptun noch einige Male sein Opfer, doch konnte ich mich mit einiger Energie wenig- stens auf Deck ehrenvoll behaupten. Das Wetter war regnerisch und windig, die Oeljacken und Südwester traten zum ersten Mal in Dienst und ermöglichten es auf Deck zu weilen, was wir so oft wie möglich thaten, da der Aufenthalt in der Kajüte, wo das Auge keinen festen Ruhepunkt hat, und der dort herrschende Oelfarben- geruch die ungemüthlichsten innerlichen Regungen ver- ursachte. Das Mittag- und Abendessen wurde unter diesen Umständen auf das kürzeste Zeitmass beschränkt, stehend und so schnell wie möglich eingenommen, um gleich wieder an Deck zu eilen. Nach und nach wurde jetzt auch mit der Mannschaft Bekanntschaft geschlossen. Sie bestand ausser dem Kapitän, dem Steuermann und dem Obermaschinisten aus 4 Matrosen, 3 Heizern, 2 Köchen und dem Steward; mit uns 6 Passagieren war wir also im Ganzen 19 Mann an Bord. Die Besatzung war gut ausgewählt, alles tüch- tige flinke Leute, die uns auch später an Land bei den Jagden und auf geologischen Exeursionen mit dem grössten Eifer begleitet haben. Unser Koch und der Steward waren vom Norddeutschen Lloyd, der auch die Lieferung der Kojeneinrichtung, des Tischzeuges, der Kannen, Schüsseln, Teller, Tassen, Messer, Gabeln u. s. w. übernommen hatte. Besonderes Glück hatten wir mit unserem Steward, einem gewandten Mann aus der Pro- a — nern Nr. 45. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 455 FE EEE ESG EEE U vinz Sachsen, der sich seiner Stellung als hochwichtige Persönlichkeit wohl bewusst war und mit unermüdlicher Thätigkeit für unser leibliches Wohlergehen sorgte, ob- wohl ihm dies manchmal bei dem beschränkten Raum und dem heftigen Seegang nicht gerade leieht gemacht wurde. Am Dienstag, den 28. Juli, Morgens 3 Uhr kam die norwegische Küste in Sicht. Die Temperatur wurde bei Ostwind kühl, das Wetter klar. Zackige Berge erhoben sich im Inneren des Landes. Nach den Leiden der vor- gngegangenen Tage erregte der Anblick allgemeine Freude unter uns Landratten. Man wurde beinahe übermüthig und wagte es sogar wieder eine Cigarre zu rauchen. Um 10 Uhr Vormittags befanden wir uns gegenüber der Insel Utsire in 59° 15° n. Br. Mittags 1 Uhr wurde ein grosser Gletscher im Inneren des Landes sichtbar, von uns, die wir dem ewigen Eis entgegengingen, als erstes Wahrzeichen des Nordens natürlich mit Interesse beob- achte. Im Laufe des Tages entschwand das Land wieder unseren Blicken, das Wetter wurde regnerisch. Der einförmige Anblick von Himmel und Wasser liess die Blicke wieder den Horizont abspähen, ob nicht irgendwo ein Schiff zu entdecken sei, dessen Art und Herkunft Stoff zu den anregendsten und unterhaltendsten Vermuthungen gab. Der witzige Steward erklärte Jedes Schiff für den berühmten Schnelldampfer „Wolf“ mit 12 Masten und 7 Schornsteinen. Am 29. August ging der Wind wieder nach vorn und nahm mehr und mehr an Heftigkeit zu. See auf See schlug über die Regeling, rauschte über Deck und gurgelte aus den Speigatten wieder heraus. Unser kleiner Dampfer fing wieder an ungemüthlich zu rollen und zu stampfen, die Kojen bevölkerten sich wieder. Da wir befürchten mussten, dass bei der starken See unser Boot fortgeschlagen würde, fuhren wir unter halbem Dampf, bis sich am nächsten Morgen das Wetter wieder besserte. Gegen Mittag des 30. August befanden wir uns auf der Höhe von 65° 23’n. Br. Das Gefühl, in einigen Stunden den Polarkreis zu passiren und damit die Grenze der nördliehen Welt zu überschreiten, hielt uns in einiger Spannung. Nach Angabe der Patentloggs mussten wir Abends gegen 9'/, Uhr den Polarkreis in 66° 30’ passiren. Bei Be Gelegenheit wurde eine kleine Feierlichkeit abgehalten, Deck versammelte. Die Nacht war schon recht hell, sodass die Schiffslaternen nieht mehr angezündet zu werden brauchten. Ein dampfender kräftiger Grogk war be- reitet, die Flagge der „Hansa“, welche während der »/, jährigen Eisschollenfahrt auf dem Hause und später auf den Booten der deutschen Nordpolfahrer geweht hatte, wurde jetzt zum ersten Male wieder am Heck ge- heisst. Capt. Bade hielt eine kernige Ansprache, an deren Schluss ein dreifaches Hurrah auf Deutschland in die helle Polarnacht hinausschallte. Wir waren in eine neue Welt gelangt, und wenn sie sich auch zunächst nur durch die ungewohnte Helligkeit der Nacht bemerkbar machte, so werde ich doch nie den Eindruck vergessen, den dieser Moment auf mich gemacht hat: Im Wehen des Windes, beim Rauschen der „Polarflagge“ zum ersten Male die Pforten des Eis- meeres zu passiren und einer ungekannten grossartigen Welt entgegenfahren. Der nächste Tag brachte eine Abwechselung in das einförmige Leben. Gegen 6 Uhr Abends wurde ein Dampfleitungsrohr undicht, und die Reparatur, zu deren Behufe gestoppt werden musste, nahm einige Stunden in Anspruch. Zahlreiche Möven, Larus und Lestris, sowie die Procellaria glacialis, dieser stete Begleiter der Nord- landsfahrer, umflogen dreist und hungrig das Schiff. Schnell wurden die Gewehre geholt und ein Scharf- zu welchem Zweck Capt. Bade uns alle auf schiessen auf die fliegenden Vögel eröffnet. Der Sport erfordert ein sicheres Auge; wie ein Stein fielen die getroffenen Thiere ins Wasser und trieben langsam auf den Wellen dahin. Kreischend umflatterten die Ueber- lebenden einige Male ihre todten Kameraden, um dann eilends der Stätte zu entfliehen, die der mordende Mensch erreicht hatte. Mit Stangen und Netzen wurden die Thiere später gefischt. Das Wetter war mittlerweile wieder schön geworden, Abends 9 Uhr zeigte das Thermometer + 9'/,° ©. Die Nacht war bereits ausserordentlich hell. Um Mitternacht erschienen glänzende Wolkensäume am nordwestlichen Himmel, deren Reflexe auf dem Wasser einen wunder- baren Contrast mit der bleigrauen Farbe des Meeres bildeten. Damals erregte schon dies in hohem Masse unsere Bewunderung, und doch, was war es gegen die überwältigenden Naturschönheiten, gegen den Farben- zauber und den Glanz der Mitternachtssonne auf Spitz- bergens gletscherbedeckten Bergen? Auch am nächsten Tag, dem letzten auf hoher See, das schöne Wetter an. Seit 7 Uhr Morgens war Eine lange Reihe hoher, zackiger es war die Inselgruppe hielt wieder Land in Sicht. Berge lag vor unseren Augen, Westeraalen, der nördliche Theil der Lofoten. An Langö vorüber mit seinen schneebedeckten Bergen und Andö nahmen wir unseren Curs ostwärts. Die Nähe des be- wohnten Landes machte sich auch durch eine Anzahl Fischerboote bemerkbar, die vor uns triebeu. Bei einem derselben, mit 4 wettergebräunten, in Oelzeug und rothwollne Hemden gekleideten Fischern bemannt, stoppten wir einige Minuten. In ihrem kleinen, mit hoch- ragenden Steven versehenen Fahrzeug, einem sogenannten Ranenboot, die in gleicher Art wie die grossen Ruder- boote der alten Wikinger gebaut sind und von den Nor- wegern als eine Art Nationaleigentümliehkeit betrachtet werden, zogen sie langsam das schwere Netz ein. Der Boden des Bootes war bereits bedeckt mit den pracht- vollsten Fischen. Gegen eine Flasche Cognae erhielten wir ein Paar Riesenexemplare von Heilbutten (Hippo- glossus vulgaris), ein Geschäft, welches beiderseits die höchste Befriedigung hervorrief. Gegen 12 Uhr Mittags befanden wir uns gegenüber der Insel Senjen. Im hellen Sonnenglanze lagen die steilen, zerrissenen Berge vor uns, der Schnee leuchtete uns entgegen. Gleich darauf er. schien ein Lootsenkutter, die „Emilie Marie af Bergsö“, und der Lootse kam an Bord, eine echte nordisehe Er- scheinung, gross, blond, ruhig, Tabak kauend. Zwischen den Inseln Kvalö und Senjen fuhren wir in den Malangen- fjord ein. Obgleich dieser landschaftlich wenig hervor- ragend ist, machten doch die in ihrem unteren Theil mit Wäldern, Gebüsch und Weiden bedeekten Berge, die rothen und "selben, rasenbedeekten Häuschen am Ufer, die von weitem wie Nürnberger Spielzeug aussahen, nach der Seefahrt einen erfreulichen und erquiekenden Eindruck auf uns. An Hekkingen vorüber mit seinen 3 Häusern und dem Leuchtthurm, an Hillesö mit seiner Kirche und an zahlreichen kleinen Ortsehaften rechts und links fuhren wir beim herrlichsten Wetter dem prachtvollen 1245 m hohen Bensfjordstind entgegen. Glänzend lag der Schnee auf seinen deutlich geschichteten Felskuppen. Schnell war Mjelde passirt, darauf die kleine Ruysö mit ihren Birkenwäldehen und dann lag es vor uns, das nächste Ziel unserer Reise, Tromsö, die Hauptstadt Finnmarkens, unter 69° 30' nördlicher Breite. Schon sahen wir die beiden Kirehthürme, mehr und mehr traten die Häuser hervor, die Masten der zahlreichen Schiffe im Hafen und im Hintergrund die hochragenden schneebedeckten Berge der Insel Ringvandsö. Um 7 Uhr Abends waren wir im Hafen und rasselnd. ging der Anker herunter. 456 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 45. —————mmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnn nee ee Es war Sonntag. Am Ufer innerhalb der Stadt herrschte reges Leben: Vom Dampfer aus sahen wir, wie eine Menge Menschen sich auf dem Platz an den Lan- dungsbrücken tummelten und zahlreiche Karriols, jene kleinen norwegischen Wagen, mit flinken Pferdehen durch die Strassen eilten. Bald war unser liebenswürdige Entgegenkommen dieses Herrn hat uns in den Tagen unseres Aufenthaltes in Tromsö zum grössten Dank verpflichtet. Nach Erledigung der nötigen Zollformalitäten gingen wir an Land, an dem Lappenzelt mit seinen unglaublich schmutzigen und hässlichen In- Dampfer | sassen vorüber, durch die Strassen der Stadt die Anhöhe Er KARTE von SPITZBERGEN. ——e NORD-OST-LAND uber 2000F kokes Inlandsers E ÜBERSICHTSKARTE Inlandsers über > me ZIT0O0OR hoch. eQ_GN DES =3D- NÖRDLICHEN EISMEERES zwischenSpitzbersen ubrönland mıt Angabe der Hseresströmungen - und der Fahrt der, Ämely. AD. 8 "FORELAND, von Booten umschwärmt: Lappen, die Rennthiergeweihe und Felle, Messer und Tabaksbeutel anboten, Ge-, schäftsleute, Neugierige u. s. w. Kurz darauf er- hielten wir Besuch durch den Custos des Tromsöer Museums, Herrn Sparre - Schneider, einen und infolgedessen vorzüglich deutsch sprach, Das bekannten Entomologen, der zum Theil in Deutschland studirt hat! Dr-Diesterwegg 0s ph. N der kleinen Insel Tromsö hinauf und durch ein für diese hohe Breite überraschend üppig grünendes Birken- wäldehen mit zahlreichen Blumen nach der ausserhalb der Stadt gelegenen Villa des deutschen Consuls Holmbö. Die Besuchszeit, 10 Uhr Abends, war etwas ungewöbnlich für unsere Begriffe, im Lande der Mitter- nachtssonne verschieben sich die Tageszeiten jedoch etwas. Nr. 45. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 457 ee u en Mit der grössten Liebenswürdigkeit wurden wir von der wie fast alle gebildeten Norweger deutsch sprechenden Familie empfangen und sogleich mit einer Einladung für den folgenden Abend beehrt. Bei der Rückkehr nach dem Schiff um 11 Uhr Abends trat so recht der Charakter des Nordens hervor. Die Nacht war hell, die kleinen grünen Vorberge bildeten einen eigenthümlichen Contrast zu den schneebedeckten Riesen im Hintergrunde; gewaltig leuchteten die Berge der Ringvandsö und der Tromdal- stind vom Festlande herüber. Im Hafen und auf dem schmalen Ufer sowie in den Strassen der Stadt herrschte trotz der späten Nachtstunde noch reges Leben. Ein neuer Sport hatte sich, wie man uns erzählte, hier aufgethan, indem die Burschen vom Lande am Sonntag mit ihren lachenden und kichernden Mädchen in Karriols in der Stadt spazieren fuhren, ein Vergnügen, welches 25 Oere kostete. Bis Dienstag den 4. August blieben wir in Tromsö, um weitere Vorbereitungen für die Fahrt nach Spitzbergen zu treffen, Einkäufe zu machen, einen erfahrenen Lootsen zu gewinnen u. Ss. w. Den Aufenthalt benutzten wir, um die Stadt und Umgegend kennen zu lernen. Vor allem interessirte uns die nordische, hier in ungeahnter Ueppig- keit und Frische prangende Vegetation, das Leben der Menschen, die nordische Nacht mit ihren zauberhaften Reizen, und vor allem das Volk der Lappen mit ihrer Schwermuth, ihren Rennthieren und tiefsinnigen Sagen, wie sie letztere Ferdinand Krauss in seinem Werk „Von der Ostsee bis zum Nordeap* so meisterhaft wieder- erzählt hat. Wie eine grünende Oase inmitten der Schnee- berge liegt Tromsö auf der Ostseite der kleinen Insel gleichen Namens, gegen rauhe Winde durch die Berg- massen der Kvalö und Ringvandsö und des Festlandes geschützt. Der Golfstrom, dieser wunderwirkende Sohn der Tropen mit seinen blauen warmen Fluthen, lässt hier Menschen leben, Städte blühen, einen üppigen Pflanzenwuchs gedeihen, während im Westen an der Das körperliche und nordamerikanischen- Küste, an der Hudsonsbai und in Grönland unter viel geringerer Breite alles in Eis und Schnee begraben liegt. Man vergleiche die Karte der Durchquerung Grönlands durch Frithjof Nansen in 64° nördl. Breite („Naturwissenschaftl. Wochenschrift“. Bd. IV S. 289) und man wird den gewaltigen Unterschied er- kennen. Wiesenbau und Viehzucht werden getrieben, wenn auch die Hauptthätigkeit der Bevölkerung in der Fischerei besteht. Neben dem Fischfang in der Heimath, in den Fjorden und Sunden der Küste und auf dem nahen Meere, betreibt der Tromsöer wie auch der Hammerfester that- kräftige und unternehmungslustige Fischer mit Vorliebe die „Hochseefischerei“. Sein ist das Reich im Norden, zwischen Jan Mayen, Island und Spitzbergen, nördlich und östlich von dieser grossen Inselgruppe, bis weit gen Nowaja Semlja und Franz-Josefs-Land. Gegen 25 Fangschiffe, einmastige mit Raa-, Gaffel- und Focksegeln und dem „Krähennest“, dem Ausguck im Top versehene, stark gebaute Slupen oder Galioten mit je 10—15 Mann Besatzung gehen jeden Sommer von Tromsö nach dem Norden, von Hammerfest einige mehr. Mit zäher Ausdauer und todesverachtendem Muthe ringen diese starken wettererprobten Männer, die mit Büchse und Ruder, Harpune und Segel gleich gut umzugehen wissen, den Eisgefilden ihre Beute ab. In Sturm und Nebel, im treibenden Eis, allen Wechselfällen der nor- dischen Natur, dem Einfrieren und der Gefahr einer Ueber- winterung ausgesetzt, jagen sie auf Seehunde, Renn- thiere, Walrosse und Eisbären, fangen sie den Haakjerring (Eishai, Sceymnus mierocephalus) und den Heilbutt. Wieder andere ziehen hinaus, um den Wal zu jagen; kleine Dampfer mit der Walkanone und der Explosions- harpune ausgerüstet, durchfurchen das Eismeer, erlegen den Walfischh den König der arktischen Zone und schleppen ihn dann nach der heimischen Küste, wo er in besonderen Stationen abgespeckt und weiter verarbeitet wird. (Fortsetzung folgt.) flächenhafte Sehen. Von Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent an der Universität Halle. In seiner akademischen Festrede: „Naturwissenschaft und bildende Kunst“ (Leipzig. Veit & Comp. 1891) erklärt Emil du Bois-Reymond bei Erörterung der Verdienste der Naturwissenschaft um die Förderung der bildenden Künste: „Von einer anderen Seite hat Wheatstone der zeichnenden und malenden Kunst eine wichtige Bereiche- rung ihrer Einsichten verschafft, indem sein Stereoskop den Unterschied klarlegte, der das binoeulare Sehen mehrerer Gegenstände grundsätzlich auszeichnet vor dem monoecularen Sehen, wie auch vor den binocularen Sehen so entfernter Gegenstände, dass der Abstand der Augen gegen ihren Abstand verschwindet. Ein körperlicher Eindruck entsteht immer nur, wenn jedes der beiden Augen von dem Gegenstande eine verschiedene Ansicht erhält, und zwar dadurch, dass die beiden Ansichten zu einem einzigen, eben dem körperlichen Eindruck ver- schmelzen. Daher der Maler die Tiefendimension nur durch Abschattirung und Luftperspeetive auszudrücken, Jedoch keine wahrhaft. körperliche Erscheinung auf seiner Bildfläche zu erzeugen vermag. Während dann Wheatstone’s Pseudoskop ein menschliches Gesicht uner- hörter Weise eoncav zeigt, vergrössert das Helmholtz’sche Telestereoskop gleichsam den Abstand der Augen und löst ohne Luftperspektive die ferne Baum- oder Berg- wand in ihre verschiedenen Gründe auf.“ Im entsprechenden Sinn äussert sich v. Helmholtz über das von ihm erfundene Telestereoskop in seinem „Handbuch der Physiologischen Optik“ (Leipzig. Leopold Voss 1867), indem er Seite 647 hervorhebt: „Für die Betrachtung sehr weit entfernter Gegenstände sind die menschlichen Augen nicht weit genug von einander entfernt, um zwei merk- lich verschiedene Bilder derselben zu geben, man muss also die Distanz der Gesichtspunkte künstlich vergrössern, um zwei hinreichend verschiedene Bilder zu erhalten. Dies geschieht im Telestereoskop mit Hülfe von 4 Planspiegeln u. 8. w.“ Auch Th. Ruete fasst in seinem Werke: „Das Stereo- skop“ (Leipzig, Teubner, 2. Auflage 1867) die Wirkung des T'elestereoskops in dem angeführten Sinne einer künst- lichen Erweiterung des gegenseitigen Abstandes unserer Augen auf, indem auch er ausdrücklich erklärt: „Nur von verhältnissmässig nahen Gegenständen er- langen wir wesentlich verschiedene Bilder in unseren beiden Augen; für ferne Gegenstände ist die Distanz der beiden Augen (der parallaktische Winkel) nicht gross genug, um hinreichend verschiedene Bilder von ihnen zu erhalten, daher erscheinen diese auch um so flacher, je weiter sie von uns entfernt sind. Um diesem 458 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 45. Mangel abzuhelfen, hat Helmholtz ein Stereoteleseop con- struirt, dessen wesentlicher Zweck es ist, die Distanz der beiden Augen gleichsam künstlich zu vergrössern. Er hat deren zwei construirt, ein älteres ohne Vergrösse- rung und ein neueres mit I6maliger Vergrösserung, welches die Vortheile der Teleskope und Stereoskope verbindet u. s. w. Das Instrument eignet sich besonders dazu, auf Balkonen aufgestellt zu werden, wo es eine ausser- ordentlich schöne Ansicht der Landschaft u. s. w. giebt, dabei ist es sehr leicht und wohlfeil herzustellen.“ Von demselben Gedanken geleitet, entwarf Wheatstone stereoskopische Aufnahmen von dem Monde, wobei er, um eine mögliehst grosse Standlinie und so hinreichend verschiedene Projectionen von dem Mondkörper zu ge- winnen, die Libration unseres Trabanten benutzte. Warrren de la Rue verfertigte die berühmteste stereoscopische Mondphotographie, von der das linke Bild vom 1. No- vember 1857, das rechte vom 29. März 1858 herrührt. „Die Entfernung des Mondes ist nänlich viel zu gross, als dass man im Stande wäre, mit Hilfe des Linsen- abstandes eines gewöhnlichen Apparates zur Aufnahme stereoskopiseher Bilder perspectivisch verschiedene Mond- bilder zu erhalten. Betrachtet man dagegen zwei bei verschiedenen Librationen aufgenommene Mondbilder im Stereoskop, so gewahrt man in überraschender Weise nicht blos die einzelnen Objeete im Relief, sondern auch die elliptische Gestalt des Mondes.“ (Ruete, „Das Stereoskop“ Physiologie de la vision binoculaire Paris 1861 S. 611). Wir haben hierauf zu bemerken, dass, wenn der Mond auch in der That die Gestalt einer mathematischen Kugel be- sässe, statt seiner (theoretisch erschlossenen) ovalen Figur, deren längere Axe der Erde zugekehrt ist, er dennoch unter den angeführten Bedingungen beim stereoskopischen Sehen eine elliptische Gestalt annehmen müsste, da wir bei dem beschriebenen Versuch zufolge mathematischer Ge- setze einen Körper zu sehen bekommen würden, der, falls er dort wirklich vorhanden wäre, wo wir ihn schauen, auf correspondirende Stellen der Netzhäute der ihn fixirenden Augen Retinabilder werfen würde, die denen völlig gleichen, die zur Deekung vorliegen. (Vergl.: E. du Bois Reymonds Archiv für Physiologie, 2 Abhandlungen „Zur Theorie des Sehens“ von Dr. Eugen Dreher 1879.) Da aber ein soleher Körper nur eine ovale Gestalt besitzen kann, so folgt hieraus, dass die mittels des Stereoskops veranschaulichte Gestalt des Mondes ein Tiefenzerrbild ist. Dasselbe gilt dem angestellten Raisonnement zufolge selbstverständlich von allen durch das Helmholtz’sche Telestereoskop bewirkten Erscheinungen, welche um so mehr die Tiefendimensionen übertreiben, je grösser der gegenseitige Abstand der Auffangespiegel ist. „Eine künstliche Erweiterung unserer Augendistanz“, wie ange- nommen wird, ist also keineswegs durch das Telestereo- skop zu erreichen; denn diese würde naturgetreu die Verhältnisse der geschauten Dinge wiedergeben, mit dem alleinigen Unterschiede, dass bei undurchsichtigen Objeeten Punkte siehtbar werden, die bei unserem wirk- lichen Augenabstande verdeckt liegen. Wie ich mich überzeugt habe, erhält man dieselben Resultate, wenn man eine stereoskopische Photographie, welche bei über- triebener Standlinie von einem Gegenstande aufgenommen ist, unter dem Stereoskop betrachtet, während eine für unsere Augendistanz zu klein gewählte Standlinie eine zu geringe Tiefendimension liefert. Nur in dem Falle, wo die Bilder unserem Augenabstande angepasst sind, entsprechen die (gegenseitigen) Raumverhältnisse des binoeularen Sehens der Wirklichkeit. Dasselbe gilt sachgemäss auch von den beim (stereoskopischen) binoeular- mieroskopischen Sehen auftretenden Phänomenen. Hier- bei ist jedoch ausdrücklich zu bemerken, dass das End- resultat des Sehens nicht sofort in Erscheinung tritt, sondern fast immer ziemlich lange auf sich warten lässt, so dass z. B. ein bei übertriebener Augendistanz aufgenommenes Sousrelief sich ganz allmählich vertieft, wobei nicht gerade selten einige Theile der Form (Matrize) plötzlich eimsinken, bis schliesslich bei einer den Netzhautbilden entsprechenden widernatürlichen Tiefen- verzerrung der Gestaltungsprozess sein Ende erreicht. Zerschnitt ich die stereoscopische Aufnahme des Sousreliefs und legte die Bilder vertauscht in das Stereoskop, so dass die für das rechte Auge bestimmte Projection in das linke Auge fällt und umgekehrt, so schaute ich zuerst eine deutliche Vertiefung, eine unver- kennbar stereoskopische Erscheinung, die jedoch von sehr geringer Dauer war und bald einem sich mehr und mehr erhebenden Relief Platz machte. Dieses sonderbare Phänomen des Umschlages des Sichnäherns und Sichentfernens derselben Punkte bei binocularer Betrachtung erklärt sich aus nachfolgendem, von mir aufgestellten Gesetze, welches ich vorher schon andeutete: Fallen zwei binocular verschmelzbare Bilder auf eorrespondirende Theile der Netzhäute, so suchen wir aus ihnen einen Gegenstand zu con- struiren, der, wenn er in der Aussenwelt exis- tirte, wo wir ihn schauen, in den ihn fixirenden Augen auf correspondirenden Stellen der Netz- häute diejenigen Bilder entwerfen würde, die dem Beobachter zur Verschmelzunng vorliegen. (Was Sousrelief war, wird daher bei Vertauschung der Netz- hautbilder Relief und umgekehrt), Bemerkt daher von Helmholtz in seinem Handbuche der physiologischen Optik (S. 687—688) „So habe ich zum Beispiel unter den sehr vollendeten photographischen Landschaften von Braun und Dornach Abbildungen des „Wetterhorn* von je zwei verschiedenen Punkten vom Grindelwald aus gefunden, zwei desselben Berges von zwei verschiedenen Punkten der Bechalp aus, ebenso der „Jungfrau“ von Mürren aus, welehe eine ausgezeichnet schöne Modellirung der Bergform geben, wenn man die ursprünglichen Bilderpaare auseinanderschneidet und je zwei aus ver- schiedenen Paaren combinirt, die also grösserer Distanz der Gesichtspunkte entsprechen; als wenn man die zu- sammengehörigen eombinirt.“ Aus dem Erörterten geht hervor: zu welchen kaum glaubliehen Verzerrungen das beschriebene Verfahren von Helmholtz führen würde. — Ich sagte vorher, dass wir uns den Gegenstand zu construiren „suchen“, da ich gefunden habe, dass in verwiekelten Fällen diese Construction nur sehr unvoll- ständig gelingt, indem Erscheinungen sich geltend machen, die nicht durch die Parallaxenconstruction der Visirlinien bedingt sind, sondern durch gewohnheitsgemässe (unbe- wusste) Vorstellungen. Zerschneiden wir daher die stereo- skopische Aufnahme einer Landschaft und betrachten die vertauschten hineingethanen Bilder durch das Stereo- scop, so werden wir zwar einige Objeete des Hinter- grundes in den Vordergrund treten sehen und umge- kehrt, im Grossen und Ganzen wird aber kein Umschlag der Landschaft erfolgen. (Forts. folgt.) “e we ER SEN Nr. 45. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. S. vom 2I. bis 25. September 1891. Den zweiten grossen Vortrag hielt Dr. phil. Lepsius, Frankfurt a. M. über: „Das alte und das neue Pulver.“ Wer das Pulver erfunden habe, sei schwer zu sagen: nicht sei, wie Pallas Athene, die geharnisehte Göttin, dem Kopfe des Zeus entsprang, das Pulver die geniale Erfindung eines Einzelnen. Leichter sei es nachzuweisen, wer das Pulver nicht erfunden hat: weder Roger Baco noch Berthold Schwarz obschon ihm die Stadt Freiburg hierfür ein Denkmal gesetzt hat — weder Marcus Graecus, noch Albertus Magnus: die Entstehung des Pulvers zieht sich durch Jahrhunderte. Dürftige An- deutungen über Mischungen von Kohle, Schwefel oder anderen leicht brennbaren Stoffen, endlich Salpeter über- liefert die ältere Geschichte. Wahrscheinlich sind die ersten Anfänge des Pulvers bei den Chinesen zu suchen, dann bei den Arabern. Als „griechisches Feuer“ ist sodann wohl eine ähnliche Mischung zu Freudenfeuern wie als Vertheidigungsmittel im byzantinischen Reiche verwendet worden. Unbekannt blieb lange die Grundlage für die Erfindung des Schiesspulvers: die treibende Kraft des explosiven Stoffes. In der Form der Rakete wurde zu- erst chemische Energie in mechanische Arbeit umgesetzt; in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fällt dann die Erfindung des Feuergewehrs: in der Mitte des 14. Jahr- hunderts führte man in Italien, Frankreich Kanonen, die Engländer 1346 in der Schlacht bei Creey. Die allgemeine Bewaffnung des Fussvolkes mit Feuergewehren vollzog sich nur langsam; die Einführung des Bajonettgewehrs verdrängte endlich die Pike, welche bis dahin die Büchsen- schützen gegen Reiterei vertheidigt hatte. Friedrich der Grosse erst und Napoleon verlegten ins Feuergefecht den Schwerpunkt der Gefechtsführung. Dann kamen die Fortschritte der Gewehr- und Ge- schützfabrikation neuerer Zeit, vermehrte Feuergeschwin- digkeit, Verstärkung der Pulverladungen, um grössere mechanische Arbeit zu leisten: die Amerikaner panzerten ihre Schiffe; mit einander wetteiferten Kanonen- und Panzerfabrikanten, die Krupps und die Grusons. Man studirte die Eigenschaften des Pulvers, verbesserte es vielfach, und schliesslich kam 1887 die Chemie, eine thatkräftigste Kriegswissenschaft, auf das neue Pulver, wobei es sich auch darum handelte, den beim Schnellfeuer der Magazingewehre wie der Hinterlader ein schnelles Gefecht behindernden Rauch zu beseitigen. Zwei deutsche Chemiker, Schönbein in Basel und Rudolf Böttger in Frankfurt a. M. entdeckten, unabhängig von einander, 18346 die Schiessbaumwolle, welche bei dreifacher Kraft rauchfrei verbrennt. Professor Otto in Braunschweig veröffentlichte als dritter Entdecker der Schiessbaumwolle seine Versuche, und alle Welt be- schäftigte sich mit solchen Untersuchungen, bis einige furehtbare Explosionen den Glauben an eine Brauehbar- keit dieses Stoffes für den Krieg beeinträchtigten; doch gelang es einem österreichischen Artillerieoffieier Lenk die Schiessbaumwolle zu „zähmen“; Abel in England fand ein absolut sicheres Reinigungsverfahren: kurz es ruhten die Bemühungen, Schiesbaumwolle zu Schiess- zwecken zu verwenden, keineswegs ganz, und 1356 bereits besass Frankreich mit dem Lebelgewehr das damals so geheimnissvolle „Poudre B.“, das erste rauchlose Pulver. An Stelle des Salpeters war man hierbei zu Ni- troverbindungen übergegangen: Nitroglycerin, Glycerin II. mit Salpeter- und Schwefelsäure behandelt, „nitrirt“, von dem Italiener Sobrero 1847 dem Laboratorium von Pelouze zu Paris dargestellt, von amerikanischen Aerzten als Nervenheilmittel verwandt, wurde 1863 von dem schwedischen Ingenieur Alfred Nobel fabrik- mässig hergestellt. Einige heftige Explosionen hatten aber bald alle Welt gegen das Nobelsche Sprengöl aufge- bracht, bis es ihm gelang, in der Form des Dynamits einen sicheren und gefahrlosen Sprengstoff zu finden. Eine Nitroverbindung war auch beim ersten französischen rauch- losen Pulver vorhanden und zwar dieselbe Pikrinsäure, welche Seide und Wolle schön gelb färbt, aber auch 1869 an der Place de la Sorbonne in Paris ein ganzes Häuser- viertel in die Luft sprengte. So geheim man in-Frank- reich die Zusammensetzung des neuen Pulvers wahrte: die deutsche wie die englische Regierung besassen das neue Pulver bald; das nach Deutschland gelangte be- stand im Wesentlichen aus Pikrinsäure und einer gewissen Menge Schiessbaumwolle. In dem berühmten Melinitprocess behauptete der Chemiker Turpin der Urheber der Ver- wendung von Pikrinsäure zu Schiesszwecken zu sein: aber auch das Melinit kam durch die Explosionen zu Belfort und auf dem Montmartre, die auf Zersetzung des Melinits zurückgeführt werden, bald in Verruf und das Melinitpulver erschien ungeeignet für Munition. Wie in Frankreich bemühte man sich auch in anderen Ländern eifrigst ein möglichst „brisantes“, triebkräftiges, rauchloses Pulver herzustellen und gewann bald eine ganze Reihe rauchloser Pulver. Nach Ansicht des Vortragenden erscheint als Schiess- pulver kein Stoff besser geeignet als die Schiessbaum- wolle, deren Verarbeitung in nassem Zustande — Zer- kleinerung im Holländer und starke hydraulische Pressung — vor wenigen Jahren zu brauchbaren Ergebnissen für alle möglichen ballistischen und Sprengzwecke geführt hat. Jeder Torpedo ist heute mit Schiessbaumwolle gefüllt. Trotzdem diese Waffe seit etwa hundert Jahren bereits bekannt ist, wurde der erste erfolgreiche Torpedoschuss erst in diesem Juni im chilenischen Kriege verfeuert. In dem mörderischen Bruderkriege der chilenischen Republik hat das neue Pulver, dessen Aera nunmehr begonnen hat, dem kein Kulturstaat sich entziehen kann, seine Feuertaufe erhalten. In Folge der chemischen Zusammensetzung des neuen Pulvers entwickeln sich grössere Gasmengen und verbrennt dasselbe rascher, da die mit einander bei der Verbrennung sich vereinigenden Stoffe in jedem Atom sich vereinigen, während im Schwarzpulver die Stoffe nur mechanisch neben einander liegen: intern molekular zer- fällt das neue Pulver im Augenblick. Da die Verbrennungsproducte im Wesentlichen farb- lose Gase, hauptsächlich Wasserdampf sind, vollzieht sich die Verbrennung fast rauchlos und giebt keine festen Rück- stände, die das Gewehr verschleimen. Dadurch dass man Lösungsmittel fand, Gelatine, welche die Schiessbaum- wolle in eine hornähnliche Masse verwandeln, ist es mög- lich, jähe Entladungen zu vermeiden. Dass Schiessbaum- wolle in Kampher sich löst, ist eine amerikanische Ent- deckung, die dem Schiessbaumwollenpulver bestimmte Körnungen für verschiedene Zwecke zu geben gestattet und die Brisanz durch Aenderung des Mischungsverhält- nisses nach Belieben regelt. Nachdem Alfred Nobel ge- zeigt hat, dass man Schiessbaumwolle auch mit Nitro- in 460 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 45. glycerin gelatiniren kann, scheint das Ideal eines Sprengstoffes erreicht, so dass man jetzt für ein be- stimmtes Gewehr auch das zugehörige Pulver herstellt, welches genau die Bedingungen as Waffe erfüllt, bei dem alle ballistischen Elemente — der Kammerraum, der Gasdruck, die Anfangsgeschwindigkeit, das Gewicht des Geschosses in Rechnung gezogen sind. In dieser wichtigen Thätigkeit sehen wir Dei uns vor allen W. Will, den Schüler A. W. v. Hoffmanns. An ihrem Ende ist die Pulverfabri- eation aber sicherlich noch nicht angelangt: immer weiter geht es seiner Vervollkommnung entgeren und wehe der Nation, die bei diesem Wettstreit" der friedliehen Wissenschaft für die Aufgaben der Kriegskunst zu- rückbleibt. So wenig die Erfindung des alten Pulvers hemmend auf die Kultur eingewirkt hat, so wenig wird es das neue thun können: Jede Vervollkommnung auch in der Kriegskunst bedeutet einen Fortschritt in der Kultur. Werner v. Siemens machte im Anschluss an den Vortrag die interessante Mittheilung, dass er selbst als Junger "Offieier 1546 im Laboratorium des Dr. Erdmann zu Berlin anstatt der Salpetersäure, die Sehönbein ver- wandte, die mehr Wasser entziehende Schwefelsäure für Herstellung der Schiessbaumwolle versucht habe; ein Trockenofen, in den er eine grössere Menge gelegt hatte, war am anderen Morgen vom Erdboden verschwunden: Werner Siemens nimmt also damit das Verdienst, zuerst Schiessbaumwolle durch Behandlung mit Schwefelsäure aus einem Körper von schmieriger Beschaffenheit in einen ‚glatten, troekenen verwandelt zu haben, für sich in An- spruch. Im Spätsommer desselben Jahres habe er dann das preussische Kriegsministerium zu Versuchen veranlasst, Schiessbaumwolle als Gewehrladung zu benutzen. In der Pulverfabrik zu Spandau gemachte Versuche erwiesen das neue Pulver als ein ausgezeichnetes Sprengmittel, aber noch zu unzuverlässig, um im Felde zu Schiesszwecken verwendet werden zu können. Als Öffieier konnte Siemens damals über die Angelegenheit nichts veröffentlichen, werde diese Dinge aber auf Grund der Akten des Kriegsministeriums in seinen Lebenserinnerungen behandeln, mit deren Ab- fassung er gegenwärtig beschäftigt sei. Geheimrath Knob- lauch pries den berühmten Gelehrten, der dureh Mittheilung ‚ dieser Thatsache seinem reichen Rulımeskranze ein neues Blatt zugefügt habe. (Schluss folgt.) XXITI. Allgemeine Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft in Danzig vom 3. bis 3. August. (Forts. von No. 38, S. 386.) — Virchow sprach über en und transkaukasische Alter- thümer. Er hat in den Siemens’schen Kupferbergwerken jener Gegenden figurirte Broncegürtel gefunden, die zwei ganz verschiedene Arten von Öruämenten zeigen. Die eine stellt vorzugsweise wilde Thiere dar, namentlich Jagd- thiere, V ögel, Schlangen u.a. Die kleineren Thiere wurden hauptsächlich zur Ausfüllung des Raumes benutzt. Niemals finden sich neben den Thieren menschliche Figuren oder Pflanzen. Dieses Ornament ist ja recht charakteristisch für die Bevölkerung des Kaukasus. Der arabische Einfluss, der bis in jene Gegend gereicht hat, kann auf diese Kunst nicht gestaltend gewirkt haben, da sein Haupttypus, der Löwe, fehlt. Die andere Reihe von Verzierungen »ehört der einfachen linearen Kunst an, es sind verschlungene Figuren mannigfachster Art, die so regelmässig und exact eingeprägt sind, als ob sie aus einer Kunstschule stammten. Von den Griechen rührt diese Technik gewiss auch nicht her. Virchow glaubt dieselbe am ehesten semitischem Einfluss, der von Osten gekommen ist, zuschreiben zu können. Montelius (Stockholm) sprach über die Chrono- logie der jüngeren Steinzeit, besonders in Skandi- navien. Schon 1874 beim Internationalen Congresse zu Stockholm hat Redner gezeigt, dass die Denkmäler der Jüngeren Steinzeit Skandinaviens sich drei verschie- denen Perioden zutheilen lassen. Die ältesten sind die (auch, mit den Wandsteinen) freistehenden Dolmen ohne Gang; sodann kommen die Ganggräber, schliesslich die Sletikiefen. Die letzteren sind um so jünger, je voll- ständiger der um sie herum aufgehäufte Hügel sie be- deckt. Diese Eintheilung hat sich nun durch weitere Forschungen dahin vervollständigen lassen, dass zuvörderst eine Periode vorhanden’ gewesen ist, aus welcher wir keine Gräber kennen; sie bezeichnet sich durch Feuer- steinäxte mit spitzovalem Querschnitt. Die nächstfolgende weist solche Aexte mit Schmalseiten mit dünnem Nacken auf; sie ist diejenige der freistehenden Dolmen. Dann wird der Nacken der Aexte breit, und damit treten die Ganggräber, endlich statt der letzteren die Steinkisten auf. Auch die Meissel, Dolehe, Speer- und Pfeilspitzen, die Steinhämmer, die Bernsteinschmucksachen, Gefässe u. s. w. sprechen für jene Eintheilung, insofern sich die älteren Formen derselben auch in den hier als älter be- zeichneten Gräbern vorfinden und umgekehrt. Von be- sonderem Interesse ist die Thatsache, dass die skandi- navischen Formen keineswegs abgesondert und vereinzelt dastehen, vielmehr ihre oft überraschend nahe verwandten Formen auch im übrigen Europa, namentlich im nördlichen Deutschland, in England, Frankreich, Italien, selbst in Cypern finden. Es folgt daraus, dass schon in sehr alter Zeit ein mehr oder minder lebhafter Verkehr zwischen Skandinavien und dem Festlande bestanden hat. — Schon das häufige Vorkommen des Bernsteins in Skandinavien beweist dies, und nach Ansicht des Vortragenden wird es voraussichtlich möglich sein, gerade durch den Vergleich der skandinavischen Fundstücke mit den festländischen zu einer genaueren Zeitbestimmung der ersteren zu ge- langen. Die verhältnissmässig hohe Cultur der skandi- navischen Steinzeit darf nach dem Vortragenden auf diesen Verkehr, auf die Einflüsse des Südens also, zurück- geführt werden. Im Zusammenhange mit diesen Umständen steht auch der weitere, dass eine weitgehende Gleich- zeitigkeit der verschiedenen Perioden zwischen Skandi- navien und dem übrigen Europa angenommen werden muss, was man bisher nicht nöthig zu haben glaubte. ‚ Auch Spuren einer zwischen Steinzeit und Broncezeit sich einschiebenden Kupferperiode lassen sich für Skandinavien, wie das für andere Länder schon geschehen ist, "nach. weisen, wie denn auch die Br oncezeit für Skandinavien nicht viel später begonnen haben kann, als für Italien und Mitteleuropa, nämlich spätestens in der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christo, während man ihren Be- ginn für jene anderen Länder in die erste Hälfte jenes Jahrtausends verlegt. In einem zweiten Vortrag, den wir gleich anfügen wollen, sprach Montelius über die Broneezeit im -Orient und Südeuropa. Hier haben sich in den letzten Jahren die Broncefunde ausserordentlich gehäuft, die fast durchweg Zeichen einer hoch entwickelten Technik sind. Auf Grund derselben lassen sich folgende Perioden der Broncezeit unterscheiden: 1) Die Zeit des Kupfers ohne Bronce, repräsentirt durch die Funde von Öhnefalsch- Richter auf Cypern und die von Schliemann ausgegrabene erste Stadt Hissarlik, 2) ältere Broncezeit (wirkliche Bronce) auf den Inseln des ägäischen Meeres, Rhodus, Creta u. a., 3) spätere Broncezeit a) mit Schachtgräbern in Mykene, b) mit Kuppelgräbern in der Nähe von Mykene, Orcho- Nr. 45. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 461 menos, Nauplia u. a. Diese Städte hatten nicht reine griechische Cultur, sondern sie müssen als orientalische Colonien angesehen werden, da sich die gleichen Funde auch noch in egyptischen Gräbern u. dgl. finden. Wahr- scheinlich waren die Phönieier die Ueberträger der Cultur. Die erste mykenische Periode fällt etwa 1400 Jahre vor Christo, die zweite in die folgenden Jahrhunderte. Die viel erörterte Frage, ob Egypten eine Bronceeultur gehabt habe, glaubt Redner entschieden bejahen zu müssen, da die Eisenstücke, welche sich in den Pyramiden finden, wahrscheinlich erst später in dieselbe hineinge- kommen sind. Stand Egypten doch auch in regem Ver- kehr mit Cypern, das eine Broncecultur hatte! Nach Europa ist die Bronceeultur sicher von Osten her ge- kommen, aber, ihr Weg ist noch nicht festgestellt, nicht über Sibirien und Russland, auch nicht über den Kau- kasus, der in der Prähistorie durchaus nicht die Bedeu- tung hat, welche man ihm früher vielfach zuschrieb, sondern wahrscheinlich über Kleinasien und das Mittel- meer nach Italien und Spanien, und von hier hat sie sich dann sehr schnell nach Frankreich, England u. s. w. aus- gebreitet. Szombathy (Wien) berichtete über eine neue Jüngst bei Gottweig in Nieder-Oesterreich ge- fundene Situla (Eimer) aus Bronce, welche durch ihre Kunstvollendung den griechischen Gefässen sehr nahe steht, welche man in Bologna, in Watsch in Ungarn u. a. ge- funden hat. Aus den characteristischen Beigaben dieser Situla, einer geknöpften Fibel (Gewandnadel) und einem geschwungenen Messer, lässt sich ersehen, dass sie der zweiten Hälfte der Hallstatt-Culturperiode angehört, welche offenbar in Zusammenhang stand mit derjenigen Cultur, welche bei der dorischen Einwanderung in Griechenland die mykenische Cultur ablöste. Grempler (Breslau) wies mehrere sog. Merovinger Fibeln vor, welche er in Kertsch (Krim) gefunden. Sie haben einen Stil, dessen Anfänge in Südrussland zu suchen sind zu einer Zeit, als die Gothen ihr Reich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer ausgebreitet hatten, wahrscheinlich in Folge der Verbindung mit der griechi- schen Cultur. Das ist um die Zeit gegen Ende des dritten Jahrhunderts nach Christo. Die Fibeln werden daher richtiger gothische genannt, während der eigentliche Me- rovinger Typus erst im 7. Jahrhundert auftritt. (Schluss folst.) Litteratur. Dr. Hans Pohlig, Die grossen Säugethiere der Diluvialzeit. Zoologische Vorträge, herausgegeben von Prof. William Marshall. Verlag von Richard Freese. Leipzig 1890. Preis 1,50 Mk. Die Abhandlung ist für einen grossen Leserkreis bestimmt und fesselnd seschrieben. In einer kurzen Einleitung bespricht der Verfasser das muth- massliche Aussehen der Norddeutschen Ebene während der Di- luvialzeit, ihre Bevölkerung durch eine von der heutigen ganz abweichende Thierwelt, welche auf einem verhältnissmässig be- schränkten Raume die Formen verschiedener heutiger Zonen aufwies, und das erste Auftreten des Menschen. Auch der aben- teuerlichen Deutung der aufgefundenen Thierreste durch die Gelehrten früherer Jahrhunderte wird kurz Erwähnung gethan. Es wird alsdann ein interessantes Bild der grossen Diluvial- thiere entworfen. Der Verfasser führt dem Leser vor: die Ele- fanten und Nashörner, die grossen Wiederkäuer und Raubthiere, unserer Gegenden, die Edentaten Südamerikas, das Riesenbeutel- thier und den Beutellöwen, die Riesenvögel Neuseelands und diejenigen Madagaskars. Dass hierbei nur die bekanntesten und am meisten hervortretenden Formen in das Bereich der Be- sprechung gezogen werden konnten, erklärt sich aus dem Um- fang und Zweck der Abhandlung. Dieselbe bleibt trotzdem aber recht bemerkenswerth. Sie enthält das wichtigste geschichtliche über die Kenntniss der beschriebenen Formen, das Verhältniss derselben zu älteren und jüngeren verwandten Erscheinungen, erläutert ihre zeitliche und räumliche Verbreitung, soweit die- selbe bisher bekannt geworden ist, ihr Zusammenleben mit dem Menschen und schliesslich die Gründe für ihr endliehes Ver- schwinden. In einem weiteren Abschnitte werden in geologischer Folge die berühmtesten Fundpunkte diluvialer Säugethiere in Deutsch- land besprochen und Prsehedmost in Mähren, sowie die durch ihren Reiehthum bekannten Höhlen von Balve in Westfalen und Spy in Belgien. Unter den Schlussbemerkungen interessiren besonders die- jenigen über die Bildung der natürlichen Rassen, über die Stellung des Menschen innerhalb der Natur und der Ausbliek in die Zu- kunft. Dr. F. Kaunhowen. Franz Thonner, Anleitung zum Bestimmen der Familien der Phanerogamen. Verlag von R. Friedländer u. Sohn. Berlin 1891. Preis 2,40 Mk. „Vorliegende Anleitung, wurde in erster Linie für den Ge- brauch von Reisenden geschrieben, welche sich mit der Flora des bereisten Landes beschäftigen wollen.“ In der That ist das Be- dürfniss nach einem Buch, wie dem vorliegenden, vorhanden; denn wie oft steht der Reisende, auch der Botaniker (der ja heutzutage keine Pflanzen mehr zu kennen braucht!) in der Fremde Gewächsen gegenüber, wo es ihm gedient wäre, ein Hülfsmittel zu haben, welches ihn in den Stand setzt, wenigstens die Familienzugehörigkeit derselben zu ermitteln. Umfangreiche Werke wie Engler u. Prantl’s natürliche Pflanzenfamilien, Bentham und Hooker’s Genera plantarum oder Baillon’s Histoire des plantes kann er nieht mitnehmen, jedenfalls nieht in die Tasche stecken, und so wird denn das vorliegende, nur 280 Seiten umfassende Buch sicher Freunde finden. Eine Bestimmung, die vom Referenten zur Probe durch- geführt wurde, führte bequem und sicher zum richtigen Ziel. P. A. Bravais, a) Notiz über die symmetrischen Polyeder der Geometrie u. b) Abhandlung über die Polyeder von symmetrischer Form. Ostwald’s Klassiker der exakten Wissen- schaften. No. 17. In Gemeinschaft mit P. Groth heraus- gegeben von C. und E. Blasius. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1890. Die beiden Abhandlungen des bedeutenden Krystallographen erlangen bei den theoretischen krystallographischen Untersuchun- gen, besonders über Molekularstruktur und systematische Ein- theilung der Krystallformen, Wichtigkeit. Die Aufnahme der- selben in die „Klassiker der exakten Wissenschaften“ ist deshalb von Werth. Sie gelangen dadurch leichter zur allgemeinen Kenntniss. Scheibe. Major G. Pizzighelli, Handbuch der Photographie für Amateure und Touristen. 2. Aufl. Bd. I. Die photographischen Ap- parate. Mit 531 im den Text gedruckten Abbildungen. Verlag von Wilhelm Knapp. Halle a. S. 1891. Preis 8 Mk. Pizzighelli ist ein erfahrener Photograph, dem seine Kunst manche Fortschritte verdankt; sein Buch ist daher beachtens- und empfehlenswerth. Dass es seit dem Erscheinen der 1. Aufl. 1586 vielfach wesentlich umgearbeitet und erweitert werden musste, versteht sich bei den grossen Fortschritten und Neue- rungen auf dem Gebiete der Photographie von selbst. Der vor- liegende Band umfasst in Grossoctav 485 Seiten. Bei allem wurden die Bedürfnisse des Amateurs in erster Linie berück- sichtigt, während die Abschnitte, die dem allgemeinen Interesse ferner liegen kurz, kürzer als in der 1. Auflage behandelt worden sind Die neue Auflage wird 3 Theile umfassen, ausser dem vor- liegenden Bande nämlich noch II. Die photographischen Pro- cesse, III. Die praetischen Anwendungen der Photographie. Die einzelnen Absehnitte von Band I sind überschrieben: I. Einleitende Bemerkungen. — Die Loeheamera. II. Die Ob- jeetive. III. Die Camera. IV. Wahl der Öbjeetive und der Camera. V. Die Stereoscop- Apparate. VI. Die Apparate zum Vergrössern und Verkleinern photographischer Bilder. VII. Die Magnesium-Blitzlicht-Apparate. ] C. J. Eberth, Die Untersuchung des Auswurfs auf Tuberkel- bacillen. Fischer's medieinische Buchhandlung (H. Kornfeld). Berlin NW., 1891. Bei dem grossen Interesse, welches die Untersuchung des menschlichen Auswurfs auf Tuberkelbaeillen für practische Aerzte und Bacteriologen gewonnen hat, erschien es zweckmässig die in zahlreichen Lehrbüchern und Zeitschriften zerstreuten Unter- suchungsmethoden in übersichtlicher Form zusammenzustellen. Das Büchlein giebt eine kurze leichtfassliche Darstellung der- jenigen Proceduren, welche bei der Tuberkelbaeillenfärbung in Anwendung kommen, nebst Beschreibung der einzelnen Färbe- methoden. Verf. beabsichtigte zunächst, dem Praktikanten statt 462 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 45. der zeitraubenden mündlichen Unterweisung eine Anleitung zu geben, nach der er im Stande ist, die nöthigen Untersuchungs- methoden selbstständig auszuführen. Insbesondere ist hierbei auf die Bedürfnisse des practischen Arztes Rücksicht genommen. Um dem Leser die Auswahl der für seine Zwecke am meisten geeigneten Methode möglichst zu erleichtern, hat Verf. bei jedem Verfahren seine besonderen Vorzüge oder etwaige Nachtheile ausdrücklich hervorgehoben. Das Heftchen kann somit als prac- tisch brauchbar nur empfohlen werden, R. Mittmann. Kries, J. v., Ueber die Beziehungen der Physik und der Physio- logie. Freiburg. 0,60 M. Kundrat, H., Ueber Wachsthumsstörungen des menschlichen Organismus. II. Des Knochensystems. Wien. 0,50 M. Lens: nn v., Die neuen Kilogramm- und Meterprototype. Wien. ‚0 M. Lecher, E., Neues über Blitzableiter. Wien. 0,60 M. Liebig, J., Abhandlungen über die Constitution der organischen Säuren. Leipzig. 1,40 M. Lindemann, F., Rede, gehalten am Sarge Otto Tischler’s (gest. 18. Juni 1891) in dessen Garten am 21. Juni. Königsberg. 0,60. M. Madaräsz, J. v., Erläuterungen zu der aus Anlass des II. inter- nationalen Ornithologen-Congresses zu Budapest veranstalteten Ausstellung der ungarischen Vogelfauna. Berlin. 4 M. Mares, F., Ueber elektrische Neryenerregung. Prag. 0,60 M. Martin, P., Die Entwicklung des Wiederkäuermagens- und Darmes. Zürich. 3 M. i Martius, C. F. Ph. de, A. W. Eichler et J. Urban, Flora Bra- siliensis. Leipzig. 40 M. Merkel, F., Jacob Henle. Ein deutsches Gelehrtenleben. Braun- schweig. 10 M. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25000. No. 265. Euelpmunde. — No. 322. Sageritz. — No. 449. Damerow. Berlin. aM. Meyer, M. W., Mussestunden eines Naturfreundes. Berlin. 6M.; geb. bar 7 M. Müller, G., Photometrische und spectroskopische Beobachtungen, angestellt auf dem Gipfel des Säntis. Leipzig. 6 M. Noväk, O., Revision der palaeozoischen Hyolithiden Böhmens. Prag. 4M. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Dr. C. Baenitz, der Herausgeber des „Herbarium Euro- paeum“, das sich mit Recht guten Rufes erfreut, versandte kürz- lich seine diesjährige Liste. Da das genannte Herbarium — wenn auch unter anderem Titel — vor nunmehr 25 Jahren gegründet wurde, wollen wir dem Rückblick auf das verflossene Vierteljahr- hundert, welchen ‘die vorliegende „Jubiläums-Ausgabe“ des Pro- spectes bringt, das Folgende entnehmen. Im October 1867 erschien der erste Prospect (ein Oetavblatt) über das „Herbarium meist seltener und kritischer Pflanzen Nord- und Mittel-Deutschlands“ mit Beiträgen von Körnicke, Lasch +, Patze, J. Schliekum 7, Schäde 7, v. Uechtritz +, Warnstorf ete. Die beiden ersten Lieferungen, welche in einer Auflage von 15 Exemplaren ausgegeben wurden, enthielten 170 Nummern. Schon im nächsten Jahre musste das Florengebiet erweitert werden: Baenitz verlebte seine Sommerferien bei Konin in Russisch-Polen und präparirte daselbst Lieferung III, welehe 103 Nummern ent- hielt. Das erste Doppelblatt des Prospeetes brachte zuerst wissen- schaftliche Bemerkungen (1872). Das Florengebiet umfasste jetzt „Deutschland und die angrenzenden Länder“. Gleichzeitig ge- langten die beiden ersten Lieferungen in II. Auflage zur Ausgabe. Da in der ersten Hälfte der siebenziger Jahre die Zahl der Mit- arbeiter fortdauernd wuchs, so wurde 1875 eine Aenderung des Titels zur Nothwendigkeit. Das „Herbarium meist seltener und kritischer Pflanzen Deutschlands“ erschien von jetzt ab als „Her- barium Europaeum“. — In den letzten siebenziger Jahren betrug die Zahl der Abonnenten auf das Herbarium Europaeum. 60 für die nord- und südeuropäischen, 40—50 für die mitteleuropäischen Lieferungen; diese Zahl sank in den achtziger Jahren bis auf 30 resp. 20 und erreicht heute 40 resp. 30. Lieferung I—-XVII (1868 bis 1873) enthalten Pflanzen des mittleren Europas, welche haupt- sächlich den Floren Deutschlands, Oesterreich-Ungarns und der Schweiz angehören. Im Jahre 1874 erfolgte die bis heute fest- Pen Trennung in Mittel-, Nord- und Süd-Europa. — Alle änder Süd-Europas, besonders Griechenland (durch Prof. Dr. v. Heldreieh), Italien (dureh' Groves, Levier, Sommier ete.), Spa- nien, die Pyrenäen (dureh Bordere) und Südfankreich fanden in den siebenziger Jahren -eine ausgedehnte Berücksichtigung, wie auch England (durch Fraser), Schweden (durch Elgenstierna und Hakänson) und Norwegen (durch Crawfurd). Die 70 Nummern der Lieferung XXVII (1876) wurden vom Herausgeber auf seiner ersten norwegischen Reise gesammelt. Von 1884 treten die Floren- gebiete der Inseln Creta, Corsica, Sardinien, Sizilien und des süd- lichen Spaniens (durch Reverehon) in den Vordergrund. — In den Jahren 1888—1891 hat Baenitz fast allein und in Verbindung mit Kretzer-Braunschweig (1890) auf seinen Reisen in Norwegen das Material für die nordeuropäischen Lieferungen präparirt. Die vorliegenden Lieferungen I-LXIX bringen fast gleichmässig die Vertreter sämmtlicher europäischer Floren — Russlands interessante Flora leider ausgeschlossen; aus letzterer liegen, wenn man von dem westlichen Di absieht, nur Pflanzen aus dem Kaukasus (durch Brotherus) in Lieferung XXXXV und wenige von anderen Orten vor. Eine ungefähre Schätzung der in neunundsechzig Lie- ferungen ausgegebenen Pflanzen ergiebt die Summe von min- destens 500.000 Herbarexemplaren. Bei der Herausgabe des ganzen Werkes fand Baenitz die wirksamste und freudigte Unterstützung von einer ganzen Anzahl europäischer Floristen und Systematiker. Sehr wesentlich wurde er auch durch die Bereitwilligkeit unterstützt, mit welcher ihm Autoritäten ersten Ranges bei Be- stimmung kritischer Pflanzen behülflich waren. Der Professor der Botanik an. der Universität Giessen, Dr. H. Hoffmann, tritt in den Ruhestand. — Mit der Leitung der la- ryngologischen Klinik an der Universität Wien ist Professor Dr. c. Störk betraut worden. — Dr. G. Kohl, Privatdocent der Botanik an der Universität Marburg, ist zum ausserordentlichen Professor ernannt worden. Es sind gestorben: Am 13. Oetober zu Wyl in St. Gallen Dr. med. Henne, früher Direetor der Irrenanstalten Münsterlingen und St. Pirminsfeld, 58 Jahre alt; am 16. October, 64 Jahre alt, Regierungsrath Dr. A. v. Schauenstein, Professor der Staats- arzneikunde an der Universität Graz; am 22. October zu Wien der ausserordentliche Professor der Physiologie an der Univer- sität, Dr. E. Fleischl v. Marxow im 46. Jahre; in Prag, 78 Jahre alt, der vormalige Professor der Irrenheilkunde Dr. Fischel. Briefkasten. Herrn Oberinspector Loeper. — Mit den billigsten Ab- bildungsfloren beginnend zu den theuren Werken aufsteigend sind zu nennen: 1.. H. Potonie, Illustrirte Flora von Nord- und Mittel-Deutsch- land mit einer Einführung in die Botanik. 4. Aufl. Verlag von Julius Springer. Berlin 1889. Preis 6 Mk. Das Buch enthält 598 alles meist Habitus-Abbildungen. 2. H. Wagner, Illustrirte Deutsche Flora. 2. Aufl. bearbeitet von A. Garcke. Julius Hoffmann (R. Thiemann’s Verlag) Stutt- gart 1882. Preis 13 Mk. — Enthält 1251 Abbildungen in dem- selben Genre wie das unter 1 genannte Buch. Wagner’s Flora umfasst Deutschland und die Schweiz. 3. Thome, Flora von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz. 4 Bände. Fr. Eugen Köhler’s Verlagsbuchhandlung, Gera- Untermhaus 1886. Preis 45 Mk. — Enthält 616 farbige Tafeln in Oetav-Format mit Darstellungen von 769 Arten, die Pflanzen — wie auch bei den folgenden — in natürlicher Grösse. 4. v. Schlechtendal-Hallier, Flora von Deutschland. 30 Bände. Fr. Eugen Köhler’s Verlagsbuchhandlung. Gera - Untermhaus. 5. Aufl. Preis 230 Mk. — Enthält 3300 farbige Tafeln. 5. H. G. Ludw. Reichenbach et H. Gust. Reichenbach fil., Icones florae germanieae et helvetieae simul terrarum adjacentium ergo mediae europae. Ambr. Abel in Leipzig. Seit 1834. Preis der bis jetzt erschienenen XXII Bände (jeder auch einzeln käuflich) eolorirt 1327 Mk., schwarz 740 Mk. — Bis jetzt sind 2939 Tafeln erschienen. Es ist das beste Abbildungswerk über die deutsche Flora, das zu haben ist. Nach 6jähriger Pause und dem vor 2 Jahren erfolgten Tode des- Prof. G. Reichenbach wird das schöne und wissenschaftlich durchaus zuverlässige Werk jetzt von Prof. F. G. Kohl fortgesetzt; in einigen Wochen sollen wieder 2 Decaden zur Ausgabe gelangen. En Sr BE HEHE BET ESTER ST TFA a 7 er) pe Derek: Ale en Sit 11 Dan usa ket 7 „VENHINHPRE PRRINEE REN Inhalt: Bergreferendar Leo Cremer: Ein Ausflug nach Spitzbergen. (Mit Abbild.) — Dr. Eugen Dreher: Das körperliche und flächenhafte Sehen. — 64. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. S. vom 21. bis 25. September 1891. II. — XXI. Allgemeine Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. — Litteratur: Dr. Hans Pohlig: Die grossen Säugethiere der Diluvialzeit. — Franz Thonner: Anleitung zum Bestimmen der Familien der Phanerogamen. — A. Bravais: a) Notiz über die symmetrischen Polyeder der Geometrie und b) Abhandlung über die Polyeder von symmetrischer Form. — Major G. Pizzighelli: Handbuch der Photographie für Amateure und Touristen. — C. J. Eberth: Die Untersuchungen des Auswurfs auf Tuberkelbacillen. — Liste. — Briefkasten. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4, Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. CHI | construirt von J. R. 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Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 15. November 1891. Nr. 46. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- & Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M# 3.— sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 9 extra. bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ein Ausflug nach Spitzbergen. Von Bergreferendar Leo Cremer. (Fortsetzung.) Mittlerweile war es uns auch geglückt, einen Lootsen | 4. August*) Vormittags 11 Uhr lichteten wir die Anker. für Spitzbergen zu erhalten. Es war dies Capitän | Unter dreimaligem Flaggensalut, der durch die deutsche A. Jacobsen aus Konsulatsflagge er- Tromsö, der seit wiedert wurde, ver- vielen Jahren jeden SB ® BE ER | liessen wir den Ha- Sommer mit sei- fen und fuhren durch nem eigenen Schiff den Tromsösund, „Alken“ auf die ark- Grötsund, an der tische Jagd und Ringvandsö mitihren Fischerei gefahren gewaltigen, _glet- und auch in diesem scherbedeckten Ber- Jahr schon einmal gen, dann an der in Spitzbergen ge- Reinö, Vannö, Karl- wesen war. Leider sö und Arnö und sprach er nicht am schönen Lyngen- deutsch, und so fjord vorbei. Das musste auch in die- Wetter war leider sem Fall wieder ein- nebelig, ein kalter mal das beliebte See- Wind kam uns von mannsenglisch aus- Nordosten entgegen. helfen. Dies hin- Um 3 Uhr Nach- derte jedoch nicht, mittag kam die dass wir mit unserem Fuglö in Sieht, mit Mr. Jacobsen bald ihren steil und un- gute Freundschaft mittelbar aus dem schlossen. Als See- = E Meere aufragenden mann, Jäger und Fi dunklen Felswänden 5 2 er ig. 2. B ni Fischer gleich tüch- wohl eine der eigen- tig und umsichtig, artigsten Inseln der dabei heiter und norwegischen Küste. sanglustig, war er uns in jeder Beziehung von Werth. | Hierher pflegen im Sohnier die Tonristenschiffe zu fahren, So gut es uns in Tromsö gefallen, begrüssten wir | um den Passagieren den Anblick der Mitternachtssonne zu doch mit Freude den Tag der Abfahrt: ‚Ein andres en der vorigen Nummer der „Naturw. Wochenschr.“ muss fernes Ziel lag vor unseren Augen. Am Dienstag. den |. es S. 455, Spalte I, Zeile 27 und 36 Juli anstatt August heissen. Parthie aus dem Hafen von Hammerfest mit einem norwegischen Spitzbergenfahrer. 464 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 46. bieten. Südlich von Fuglö liegt Skaarö, eine der obener- wähnten Walfischstationen und Thransiedereien, der wir einen Besuch zugedacht hatten. Schon von weitem empfing uns .der Geruch der Siederei. Ein Dutzend Häuser und eine grosse Anzahl Fässer fallen zunächst ins Auge. An Land angekommen, bemerkt man ein Dutzend Walfisch- kadaver im Wasser, die mit der Fluth abgetrieben werden sollen, einen halbabgespeckten Walfisch, Eingeweide, Knochen und sonstige Abfälle. Ein fürchterlicher Geruch erfüllt die Luft, der Boden ist rings herum glatt und schlüpfrig von Thran. Durch ein aus riesigen Walfisch- rippen gebautes Thor führt der Weg zu einer kleinen Verkaufshalle, in der Barten, Knochen, Walfischohren u. s. w. zum Verkauf an fremde Besucher feilgehalten werden. So ist auch in diese entlegenen Gegenden mit der jedes Jahr zunehmenden Anzahl der Touristen bereits ein Theil der damit verbundenen Industrie gedrungen, wenn auch Norwegen im allgemeinen sich noch einer beneidens- werten Ursprünglich- keit erfreuen kann. Nach etwa zwei- stündigem Aufenthalt auf dem schlüpfri- gen Skaarö ging die Fahrt weiter. Wir dampften um Arnö herum, an der Kvalö und Loppen vorbei und erhielten hier wieder einen Gruss von der hohen See. Nebel und Regen senkten sich gleich- zeitig hernieder und verhüllten für den Rest des Tages alles in ihren Schleier. Am nächsten Mor- gen um 14 Uhr ka- men wir in Hammer- fest zum grossen Theil niedergebrannt, ein Schicksal, das die hölzernen norwegischen Städte mehrmals in einem Jahrhundert zu erreichen pflegt. In kurzer Zeit jedoch ist der betreffende Stadttheil neu erstanden, neben den Nothbaracken erheben sich neue stattliche Häuser, gerade breite Strassen sind angelegt, überall merkt man den thätigen zähen Geist der Nordlandbewohner. Nach einem Besuch der Meridiansäule, dem Aus- gangspunkt der von Norwegen, Schweden und Russland von 1816 bis 1852 ausgeführten Gradmessung, die sich von Hammerfest bis zur Donau erstreekte, und einem kurzen Ausflug in die südliche Umgebung der Stadt lichteten wir am nächsten Morgen wieder die Anker, Das Thermometer stand auf + 61, C. steilen, vor dem Hafeneingang gelegenen Insel Haajen vorbei und um die zerklüfteten Felsen von Sörö herum ging es hinaus in die offene See nach Norden. Der Wind wehte östlich, trotz der Nähe der Küste war die See etwas unruhig und liess uns draussen noch mehr Bewegung erwarten. An den schroffen Felsen und vorgelagerten Klip- pen schäumte die Brandung, die See rollte stark von der Seite heran. Von 11 Uhr Mittags an fuhren wir mit. hal- bem Dampf, da wir wegen der Sturzseen wieder für unser Boot fürchten mussten. Gegen Mittag ver- schwand das Land; noch ein letzter Gruss wurde dem alten Eu- ropa zurückgesandt, dann der Blick nach fest an. Welcher Fig. 3. Landungsplatz und Kirche in Hammerfest. Vorwärts in das Kontrast zwischen Links ein Theil des Dampfers ‚„Amely‘, rechts der norweg. Postdampfer „Kong Halfdan“. schäumende Polar- Tromsö und dieser meer gerichtet, einer nördlichsten Stadt neuen Welt entgegen. der Welt! Obgleich nur einen Breitengrad nörd- | Gegen Abend wurde die See ruhiger, das 'Thermo- licher macht Hammerfest einen ungemein finsteren | meter stand auf —+ 5°C. Ein prachtvoller Sonnen- unwirthlichen Eindruck. Dunkle, steilabfallende Berge, | untergang gegen Y,ll Uhr Abends belohnte uns ohne den Schmuck der grünenden Bäume, bilden | für die am Tage ausgestandenen Unannehmlichkeiten. den Hintergrund der ganz aus Holz gebauten Stadt. Ge- rölle und Felsblöcke gehen bis dieht an die Strassen herunter und machen das Bild eben nicht freundlicher. Und doch ist auch hierhin die Kultur in ihrem ganzen Umfang gedrungen. Neben dem kleinen, krummbeinigen, in Felle gehüllten Lappen geht in Handschuhen und Cylinder ein Kaufherr, dem zahlreiche grosse Lagerhäuser gehören, hier rudert die Frau eines armen Fischers ihr schwer beladenes Boot dureh den Hafen, dort durch die Strassen schreitet eine nach der neuesten Pariser Mode gekleidete Dame. Manche grosse Stadt Europas könnte Hammerfest um seine Wasserleitung und sein ausgedehntes Telephonnetz beneiden. Auch eine elektrische Strassen- beleuchtung war im Bau, deren Betriebskraft ein nahe gelegener starker Wasserfall bietet. Die Träger der elektrischen Lampen, die Rohrleitung am Wasserfall, Turbine und Dynamomaschine waren damals schon fast fertig. Jetzt erstrahlen die Lampen bereits in der langen Polarnacht. Vor einigen Jahren ist Hammer- Goldig und orangegelb strahlende Wolken lagen im Norden und Nordwesten, in den herrlichsten Farben: orange, violett und gold zitterte ihr Widerschein auf der dunkelbleigrauen See, deren Farbe allmählich in ein eigenthümliches bronzefarbig schillerndes Violett von wunderbarer Wirkung überging. Ein genau halbkreis- förmiger Regenbogen leuchtete am südlichen Himmel, aus dem Mittelpunkt dieses gewaltigen farbigen Thorbogens schien die „Amely“ hinauszudampfen. Am nächsten Tag, den 7. August Morgens um !/,7 Uhr kam das erste Polareis in Sicht und zugleich auf kurze Zeit aus dem Nebel heraus die dunklen Berge der Bären- Insel. Eilig stürzten wir an Deck, um die ersten Send- boten des hohen Nordens zu betrachten. Gleich einer Unzahi weisser Vögel kamen die Schollen auf dem dunkeln Wasser vonNorden herangezogen, untermischt mit grösseren Stücken grünlich schimmernden Eises. In den seltsamsten Formen erschienen letztere, die Phantasie wurde nicht müde, hier einen Schwan, dort ein Schiff, dort eine An der. Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 465 Gebirgslandschaft im kleinen zu entdecken. Die meisten Schollen waren mit Schnee bedeckt, der unter Wasser befindliehe Theil leuchtete grünlich herauf. Eine kleine Heerde von Walen tauchte jetzt plötzlich auf Backbord- seite in einiger Entfernung auf und fast gleichzeitig wurde auf einer Eisscholle ein Seehund entdeckt, dem sich weiterhin zahlreiche andere anschlossen. Sie spielten auf den Sehollen, rollten und kugelten sich, und blickten neu- gierig und furchtlos mit ihren grossen runden Augen das Schiff an. Der Anblick ist zu verlockend: Schnell werden die Gewehre herausgeholt, ein Boot heruntergelassen und eine zweistündige erfolgreiche Jagd auf die Thiere er- öffnet. Schuss auf Schuss krachte, tödtlich getroffen klappte ein Seehund nach dem andern auf den Schollen zusammen. Man sprang auf die Schollen, warf die todten Thiere in das Boot und ruderte weiter zur nächsten Eis- scholle, um hier das Geschäft fortzusetzen. Die Thiere liessen sieh nicht stören, wenn auch ihre Kameraden in der nächsten Nähe getödtet wurden; offenbar hatten sie noch niemals Bekanntschaft mit dem Menschen gemacht. Gegen 11 Uhr wurde die Fahrt fortgesetzt, gleich darauf zerriss der Nebelvorhang im Norden und deutlich sichtbar lag vor uns der Mount Misery, die ca. 1200 F. hohe bedeutendste Erhebung Bären-Eilands.. Eine Heerde Wale spielte dieht am Schiff: Im Bogen tauchten die ge- waltigen Leiber auf und nieder, indem Kopf, Rückenflosse und Schwanz kurz nacheinander erschienen. Schnell näherten wir uns jetzt der Insel; gegen 3 Uhr Nach- mittags gingen wir nach kurzem Kreuzen im Südhafen, einer sich ziemlich tief in das Innere der Insel erstrecken- den, nach Süden offenen Bucht mit gutem Grund vor Anker. Bald darauf wurde eine kurze Recognoseirungs- fahrt um den Hafen herum gemacht. Steil und gewaltig fällt die Küste hier ins Meer, nur an einigen Stellen einen schmalen Vorstrand bildend, an dem man landen kann. Näher herangekommen blickten wir staunend an den zu- weilen überhängenden Felsen in die Höhe; erdrückend wirkte die Last der Berge. Unten sah man die Wirkungen der zerstörenden Brandung: Ausgewaschene Grotten und Höhlen ziehen sich in die Felsen hinein, gewaltige Fels- blöeke und Geröllstücke liegen am Fuss der Berge und in dem seichten Wasser, einzelne Klippen und Pfeiler, die Zeugen einer einstigen grösseren Ausdehnung der Insel, ragen aus dem Meere hervor. Da ist am Südhafen der sagenhafte Gullholmen mit seinen angeblichen Schätzen an Blei, Silber und Zink, den Keilhau bei seinem Besuch der Insel im Jahre 1827 für vom Meer verschlungen erklärte. Eine nackte Felseninsel mit steilen aus Quarzit bestehenden Schiehten erhebt er sich, von Bären-Biland durch eine schmale Wasserstrasse, mit einer einen Thor- bogen bildenden kleineren Klippe darin, getrennt. An der südwestlichen Ecke der Bären -Insel steht eine ähn- liche grössere Felsbildung, der Stappen genannt, und an der Ostseite erhebt sich der Engelska stören (Englischer Pfahl), der Sitz zahlloser Vögel. An der Westseite des Südhafens sahen wir zum ersten Mal die berühmten Vogelberge der arktischen Zone. Schon von weitem be- merkt man die weissliche Färbung der hunderte Fuss hohen Berge. Beim Näherkommen sieht man die Reihen der Vögel. Auf jeder hervortretenden Schichtfläche, auf jedem Vorsprung, jeder Ecke sitzen sie, in langen unab- sehbaren Reihen dieht an einander hockend. Hunderte, Tausende sitzen so nebeneinander, Hunderte soleher Reihen folgen sich nach oben und unten, ein Gekreisch und Ge- flatter ertönt rings um den Berg. Ein Schuss rollt und eine kleine Wolke von Vögeln erhebt sich, begleitet von lautem Geschrei und Pfeifen. Einige getroffene Thiere rollen ins Wasser, die meisten bleiben unterwegs hängen. Wie treffend A.E. Brehm die Vogelberge Lapplands geschil- dert hat, kann man erst begreifen, wenn man selbst einmal die fabelhaften Mengen der Thiere gesehen hat, die auf den Klippen und Bergen der Polarregionen hausen. Auch am Engelska stören wiederholte sich das Schauspiel und ebenso an der gegenüberliegenden Küste der Kohlenbucht. Hier liegen die Schichten ziemlich flach. Wie die Sper- linge auf den Telegraphendrähten, sitzen die Alken, Lummen und Möven auf den Schichtungsflächen, wie lebende Guirlanden ziehen sich die Reiben dieht über- einander hin. Die Kohlenflötze, auf denen sie sitzen, sind weiss von dem Guano, wie die Berge. Unaufhörlich ertönt das Geschrei und Geschnatter. — Vom Südhafen aus wurde dann ein kurzer Ausflug in das Innere des Landes gemacht. An den steil aufgerichteten, vielfach verworfenen, mit ausgezeichnet scharfen Faltenbildungen versehenen Schichten der steilen Küstenberge vorbei ruder- ten wir nach dem nordwestlichen Strand und begannen hier an dem steilen, gegen 150 F. hohen, mit losem Schutt und Gerölle bedeckten Abhang nach dem Hochplateau zwischen dem Mt. Misery und dem Vogelberg hinaufzu- klettern. Nach mühevoller Arbeit war ich mit einem Matrosen oben angelangt. Eine Hochebene mit wellen- förmigem Boden senkt sich allmählig nach Norden herab, bedeckt mit reicher Vegetation. Die tieferen Stellen sind sumpfig, ein kleiner Bach windet sich träge fliessend nach dem Meere hin. Hier lagen Haufen von Walrossschädeln und Knochen, anscheinend die Ueberreste aus jener Zeit, als die Engländer und andere Nationen vor 100 und 200 Jahren hier ihre erfolgreichen Jagden abhielten, Reiehthümer erbeuteten und ins Mutterland führten. Auch Trümmer von Schiffsholz, Reste von Netzen und Bojen waren in Menge anzutreffen. Die Bergspitzen waren in Nebel gehüllt, der Ausblick infolge dessen ziemlich be- schränkt. Nach einem äusserst unangenehmen Abstieg an dem mit scharfkantigen Schieferstücken bedeekten Uferabsturz, wurden wir wieder vom Boot aufgenommen und kehrten zum Schiff zurück. Gleich darauf ging der Anker herauf und wir dampften um Gullholmen und den Mt. Misery herum nach der Ostküste der Insel. Deutlich hebt sich die Schiehtung an dem Mt. Misery hervor. Die untere Hälfte des Berges besteht fast nur aus Schutt- kegeln, dann folgt eine steile, aus fast söhligen Schichten bestehende Felswand, denen sich nach oben die drei Spitzen anschliessen. Von der Höhe dieses Berges aus glaubte Stephan Bennet, der im Jahre 1684 von Sir Franeis Cherrie, einem Londoner Kaufmann, mit einem Schiff nach Bären-Eiland auf den Walrossfang geschickt war, stundenlang den Untergang eines seiner Boote in der Brandung vorauszusehen, und taufte ihn daher „Jammerberg*. Gegen 8 Uhr Abends gingen wir an der Ostküste in der Nähe der Engelska stören vor Anker und dann mit dem Boot ans Land. Trotzdem nur eine ganz leichte Dünung vorhanden war, mussten wir doch bei der Landung an der steilen Küste mit den zahlreichen grossen Sand- steinblöcken in der Nähe des Ufers vorsichtig sein. An einem kleinen Bach nördlich vom Engelska elfven, einem auf den Karten der Insel allgemein angegebenen Fluss, landeten wir. Beim Erklimmen des Ufers in dem mit gewaltigen Felsblöcken bedeckten steilen Bett des Baches glückte es mir, sogleich ein Kohlenflötz von 90 cm Mächtigkeit zu entdeeken, welches äusserlich einen aus- gezeichneten Eindruek macht und als erster Fund mit berechtigter Freude begrüsst wurde. Daran schloss sich ein kurzer Gang über die Hochebene nach Süden zum Engelska elfven. Ein wüstes Steinmeer lag vor uns: Ge- waltige scharfkantige Sandsteimblöcke, regellos überein- andergeworfen, bilden den Boden der Insel. Kaum ver- | mag sich hier und da ein Fleckchen Erde zu halten, um 466 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. einigen dürftigen Pflanzen Nahrung zu gewähren. So- weit das Auge schaut, dieselbe trostlose Einöde: Graues Seröll und Schutt, ohne Schneebedeckung, auf dem flachen, wellenförmigen Hochplateau. Zahlreiche kleine Seen und Wasserlachen befinden sich in den sumpfigen Niederungen. Nirgends sieht man ein lebendes Wesen, nicht ein einziger Vogel, an denen die Küste so reich ist, zeigt sich im Inneren der Insel. Einen traurigeren, öderen Anblick kann man sich nicht denken. Wie muss es erst im Sturm und Nebel sein! Nach kurzer Wanderung, die aus einem fortwährenden Springen von einem Felsblock zum andern bestand, gelangten wir zum Engelska elfven, einem Bach, der nach seinem tief eingeschnittenen Bett und den mächtigen Rollstücken zu urtheilen zur Schneeschmelze bedeutende Wassermassen bringen muss. Auch jetzt war er noch ziemlich wasserreich. An seinem Ufer ent- deckten wir ein Grab mit halb verwitterter Inschrift: es er OD EHaMES Ship se William hiess der Tote, von dessen Z/Zunamen nur die drei letzten Buch- staben erhalten wa- ren. Auch der Name von Her Majesty’s Ship war nicht mehr zu lesen. Es war das Grab des Eng- länders, nach dem der Bach benannt ist. Wohl selten ist die Ruhe dieser einsamen Begräb- nissstätte durch die Anwesenheit von Menschen gestört worden. Sinnend standen wir noch eine Weile an dem Grabe, um dann bei vorgerückter Stunde an Bord zurückzukehren. Dampfer „Amely‘. Am andern Mor- gen theilte sich die Expedition in zwei Parthieen, von denen die eine zur Jagd, die andere auf die Kohlensuche ausging. Die erstere machte wenig Beute auf der wüsten Insel, dagegen konnte ich das bereits lange bekannte Vorkommen von Kohlenflötzen in jeder Hinsicht bestätigen. Sechs Flötze von theil- weise ziemlich bedeutender Mächtigkeit (bis 1,50 m) wurden in der Umgebung der beiden Bäche und an der weiter nördlich liegenden Kohlenbucht entdeckt, die alle in der steil abfallenden Küste zu Tage gehen. Auf dem eigent- lichen Boden der Insel ist das Ausgehende durch Schutt und Geröll verdeckt. Am Strand liegen häufig Stücke und Blöcke der schönen, glänzendschwarzen, festen Kohle, die man nur aufzusammeln braucht. Zum Theil sind die Flötze vom Meeresspiegel, unter dem sie sich fortsetzen, bis zum oberen Rand der steilen Küste zu verfolgen. Jede Verwerfung, jede Biegung ist deutlich vom Boot aus zu sehen. Anscheinend bilden die Flötze einen flachen Sattel. Nach den Untersuchungen der schwedischen Expeditionen unter Nordenskjöld und denen Prof. Heers liegen die kohlenführenden Sandsteine der Bäreninsel unter den Produetus- und Spirifer - Schichten des den Mt. Misery zusammensetzenden Kohlenkalkes und bilden eine eigene, von Heer Ursa- Stufe genannte Abtheilung des Unter- Schoner „Freya“ und Waldampfer „Artic“, Fig. 4. Ostufer der Recherche-Bai. Nr. 46. carbons. Die einzigen Funde, die ich in den wenigen Stunden unseres Aufenthaltes an fossilen Pflanzen machen konnte, waren einige charakteristische Knorrien nebst undeutlichen Ueberresten von Calamiten. Gegen Mittag kehrten wir wieder an Bord zurück und konnten uns nunmehr des seltenen Glückes rühmen, auf dem einsam im Eismeer gelegenen, meist von Nebel eingehüllten, von Sturm und Brandung umtobten kleinen Eiland dreimal an zwei Tagen gelandet zu haben. Mittags 2 Uhr wurde der Anker gelichtet und die Nordküste zum Theil umfahren, bis wir in der Ferne an dem südlichen Ende der Westküste den „Stappen“ er- bliekten. Dann wurde der Kurs wieder nördlich genommen. Der ganze nördliche Theil der Insel ist flach mit wellen- förmigen Erhebungen und Einsenkungen, die Küste ist hier nicht so hoch als am Engelska elfven und dessen Umgebung, fällt jedoch auch hier steil in das Meer ab. Am Nordufer be- merkten wir die Reste einer Hütte, wie wir sie später auf Spitzbergen noch zahlreich angetroffen haben. Einige Schol- len und grössere Blöcke Treibeis ka- men uns entgegen, der Wind wehte bei + 8 C. von Nordwesten. All- mählich verbarg sich die Insel im Nebel, schattenhaft hob sich der wolkenumhüllte Mount Misery noch eine Zeit lang ab, bis auch er in das dichte Grau versank. Am nächsten Tag, den 9. August, Mor- gens 6 Uhr, bekamen wir die Spitzber- gische Küste in Sicht. Das Land lag in Nebel gehüllt, der den oberen Theil der Berge verdeckte, zahlreiche Glet- scher mündeten zwischen den Bergketten in das Meer. Die Temperatur betrug am Vormittag +- 5° C., das Wetter klärte sich jedoch im Laufe des Tages auf und heller Sonnenschein brach durch die Nebelmassen und beleuchtete freundlich die polare Landschaft, als wir Nachmittags gegen 4 Uhr in den Bel Sund ein- liefen. Am Eingang desselben kam uns eine auffallend schön gebaute, hoch getackelte Yacht entgegen, deren scharfer Bug wie ein Messer die Wogen theilte. Die österreichische Flagge liess uns bald errathen, dass es die „Fleure de Lys“, die Yacht des Grafen Bardy, Prinzen von Bourbon, war, der, wie wir wussten, sich von Triest aus auf einem Jagdausflug in dieser Gegend befand. Beide Schiffe legten bei und der österreichische Capitän, k. u. k. Linienschiffslieutenant Ritter von Barry, stattete uns einen Besuch auf unserem Dampfer ab. Bei einem kurzen Begrüssungstrunk erfuhren wir über die haupt- sächlichen Erlebnisse der Oesterreicher während ihres zweimonatlichen Aufenthalts an der West- und Nord- küste Spitzbergens und erhielten dankenswerthe Mitthei- lungen über die Eis- und Jagdverhältnisse. Da die „Fleure de Lys“, an deren Bord sich übrigens der Bruder unseres Mr. Jacobsen als Lootse befand, sich auf der u ee ee Nr. 46: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 467 Rückreise befand , erbot sich der österreichische Capitän freundlichst zur Mitnahme von Briefen nach Norwegen. Unter dreifachem Flaggensalut trennten sich alsdann die beiden Schiffe. Ein norwegisches Fangfahrzeug war unter- dessen herangekommen, und die Besatzung betrachtete erstaunt die beiden in dieser Gegend ungewohnten fremden Schiffe. Am Abend desselben Tages fanden wir in der Van Keulens-Bai ein zweites norwegisches Fangschiff, am Tage darauf in der Recherche-Bai sogar zwei, darunter einen Dampfer, und bei der Ausfahrt aus dem Bel Sund bemerkten wir hinter den Axels- Inseln in Van Mijens- Bai wiederum ein kleines Segelschiff. In den Sommer- monaten herrscht also noch ein ziemlicher Verkehr hier, trotzdem er sich nicht vergleichen lässt mit dem früherer Jahrhunderte, als Spitzbergen ein Tummelplatz für die nördlichen Nationen, Deutsche, Holländer, Engländer, Norweger und Russen war, die sich hier zu Tausenden zum Walfisch- und Walrossfang versammelten. — An der gletscherumrahmten, mit spitzen, schneebedeckten Berg- ketten umgebenen Recherche-Bai vorbei liefen wir in die Van Keulens Bai ein, und gingen Abends gegen 7 Uhr hinter Cap Ahlstrand vor Anker. Ein norwegischer Kutter, der „Hvitfisken* aus Tromsö, lag neben uns. Wie uns unser Lootse erzählte, soll sein Besitzer in 6 Jahren 150 000 Kronen verdient haben, und zwar hauptsächlich durch den Fang des Haakjerrings, Eishaies, dessen Leber zur Thranbereitung hoch geschätzt ist. Noch an dem- selben Abend wurde ein Ausflug an das Land gemacht. Ueber das sumpfige, blumenbedeckte Vorland, welches von zahlreichen, kleinen Bächen aus den höher liegenden Schneeflächen durchrieselt wird, über das scharfkantige Geröll des Kohlenkalkes hinweg, der die Berge am Cap Ahlstrand zusammsetzt, an Gletschern mit ausserordent- lich wasserreichen Abflüssen vorbei, machten wir, Fürst von Urach,.und ich, einen .3 stündigen Marsch im der Rich- tung der Recherche. Gegen 11 Uhr Nachts langten wir an der Ostseite dieser Bai an. Der Himmel war klar, die Sonne eben im Begriff, hinter den nördlichen Bergen an Van Mijens Bai zu verschwinden. Wunderbar leuchteten die steilen zerrissenen Bergketten, der glänzende Schnee auf ihnen, der ganz in Eis und Schnee gehüllte Hinter- grund, aus dem nur hier und da ein dunkler Zacken heraussieht, und dann zum Greifen nahe die von Spalten durehzogenen Gletscher mit ihrem grünlich sehimmernden zerklüfteten Absturzins Meer. Gleich Schwänen schwammen zahlreiche Eisstücke vor ihnen im Wasser. Am nächsten Tag dampften wir in die Recherche- Bai und trafen hier den Schoner „Freya“ aus Tönsberg und den Waldampfer „Arctic“, die längsseit lagen und gegenseitig ihre Ladung austauschten. Die Norweger betreiben die Walfischjagd in der Weise, dass kleine Dampfer den Fang besorgen, die Wale dann an grössere Segelschiffe abgeben und von diesen mit frischen Kohlen versehen werden. Die „Freya“ hatte ihre volle Ladung und war im Begriff die Heimreise nach Hammerfest anzu- treten. Schnell wurden noch Briefe an die Lieben in der Heimath geschrieben und dem norwegischen Capitän zur Mitnahme übergeben, sodann ein Besuch auf den beiden Walfischfängern gemacht. Reinlich sieht es auf solchen Fahrzeugen nicht aus, auf Deck schimmert alles von Fett und die Planken sind schlüpfriger als ein Parquet- boden. Hinüber und herüber gingen die Speckstücke, die gewaltigen Knochen und die Kohlensäcke. Vorn im Bug des Dampfers steht die Walfischkanone. An einem armdieken langen Hanftau befestigt, ragt die Harpune heraus, die in ihrer Spitze eine Sprengladung enthält. Die Kanone ist nach allen Seiten leicht drehbar. Ist ein Wal in Schussnähe, wird auf ihn abgehalten und die Harpune abgefeuert. Sobald sie in den Wal eindringt, explodiert die Ladung in der Spitze, reisst eine furchtbare Wunde und lässt gleichzeitig einige lange Widerhaken hervorsehnellen, die sich tief in das Fleisch des Thieres einbohren. Die furchtbaren Anstrengungen des Wales loszukommen, sind vergeblich: Bald ist er infolge der entsetzlichen Schusswunde getödtet und wirdmit der Dampf- winde herangeholt, um nach dem Begleitschiff geschleppt zu werden. — Bis zum Mittwoch den 12. August dauerte der Aufenthalt in der Recherche-Bai; wir benutzten die Zeit zu zahlreichen Ausflügen an die gletscherbedeckten Ufer. Am Abend des 10. August leuchtete uns zum ersten Mal die Mitternachtssonne, die bisher noch immer hinter den nördlich vorliegenden Bergketten verschwunden war. Im vollen Glanz stand sie am nördlichen Himmel und warf röthlichen Schimmer auf die Berggipfel und die eisigen Gefilde im Süden der Bai. Scharf und glänzend ragten die scharfkantigen langgestreckten Berggruppen zum klaren Himmel empor, und umweht von der köstlichen reinen Luft des Nordens, liessen wir entzückt unsere bewundernden Blicke umherschweifen. Die Erhabenheit und Grossartigkeit der arktischen Land- schaften trat hier zum ersten Mal an uns heran. (Fortsetzung folgt.) Das körperliche und flächenhafte Sehen. Von Dr. Eugen Dreher, weil. Dozent an der Universität Halle. (Schluss.) Eine Form eines Reliefs schlägt bei nicht zu naher ein- äugiger Betrachtung in das der Matrize fast entsprechende Relief mit veränderter Beleuchtung um: die Photographie der Matrize erscheint auf Grund unbewusster Vorstellung als genanntes Relief u. s. w. Diese auffallenden Erschei- nungen boten den Anlass meiner Untersuchungen über das Zustandekommen der Tiefenwahrnehmung beim Sehen. Aus den eben erörterten Gesetzen, die theils psycho- logischer Natur sind, folgen denn auch die dureh Wheatstone’s Pseudoskop hervorgebrachten sonderbaren Täuschungen, die, wie du Bois-Reymond bemerkt, „uner- hörter Weise“ ein menschliches Gesicht eoncav erscheinen lassen. v. Helmholtz bemerkt in seinem „Handbuche der Physiologischen Optik* (Seite 646) über dieses optische Instrument: „Das Pseudoskop von Wheatstone enthält zwei recht- winklige Glasprismen, deren Kanten reehtwinklig zur Visirebene gestellt sind, und durch welche der Beob- achter in einer ihrer Hypotenusenfläche parallelen Rich- tung hindurehbliekt. — Man sieht durch ein solches Prisma Objeete, die in Riehtung des ihrer Hypotenusenfläche parallelen unab- gelenkten Strahles liegen, an ihrem riehtigen Orte, die rechts daneben befindlichen dagegen durch die Spiege- lung nach links, die links befindlichen nach rechts ver- legt. Da jedes Auge die Objeete in dieser Weise durch die Spiegelung symmetrisch umgelagert erblickt, so sind die Bilder beider Augen wieder mit einander in Ueber- einstimmung. — Das dabei auch das stereoskopische Relief verkehrt 468 werden muss, lässt sich leieht an einem einfachen Bei- spiele erkennen. Man denke sich als Object symme- trisch zu der Mittelebene des Kopfes gelegen einen viereckigen Balken. Beide Augen werden von diesem die vordere Fläche sehen, das rechte auch noch etwas von der rechten Seitenfläche, das linke etwas von der linken. Wenn man nun aber durch das Pseudoskop sieht, erscheint dem rechten Auge das, was es von der rechten Seitenfläche sieht, links neben der vorderen Fläche zu lagern. Das linke Auge sieht umgekehrt etwas von einer Seitenfläche rechts von dieser. Das kann nun an einem Balken nieht vorkommen, wohl aber an einer hohlen Rinne von viereekigem Querschnitt, welehe an der dem Beobachter zugekehrten Seite geöffnet ist. In einer solehen würde das rechte Auge in der That ein ver- kürztes Bild der linken Seitenfläche sehen, das linke Auge eines der rechten. Dementsprechend erscheint nun auch der Balken durch das Pseudoskop in der That als eine hohle Rinne. Ebenso erscheinen überhaupt convexe Körper als eoncav, nähere Gegenstände entfernter und so fort. Die pseudoskopische Täuschung gelingt übrigens doch nur an einer kleinen Zahl von Gegenständen, weil ihr theils die Kenntniss der gewöhnlichen Formen, theils die Schlagschatten hindernd, in den Weg treten.“ Wir haben hierauf ergänzend und verallgemeinernd zu erwidern, dass durch die Spiegelung an den Prismen- wänden die Bilder derartig umgeändert werden, dass die für die Nähe bestimmten Punkte in die Ferne fallen und umgekehrt, woraus denn nach dem von uns aufgestellten, vorher angeführten Gesetze des binocularen Sehens folgt, dass bei Anwendung des Pseudoskops das Erhabene ver- tieft, das Vertiefte erhaben erscheinen muss. — Unbewusste Erfahrungen, die in den Sehact ein- greifen, über die wir sogleich Näheres berichten werden, verhindern uns auch bei hinreichender Grösse der Pa- rallaxe der Sehlinien (Visirlinien) oft daran, das zu er- blicken, was die Parallaxeneonstruetion liefern würde. Da die Lehre der binoeularen Tiefenwahrnehmung nicht vollständig ohne die der monoeularen zu verstehen ist, so wollen wir es nicht unterlassen, die Grundzüge dieser Theorie hier zu skizziren. Das ursprüngliche monoeulare ist als en flächenhaftes zu bezeichnen, insofern wir alle pereipirten Punkte auf dem Mantel einer Kugel er- blieken, in deren Mittelpunkt sich das Auge befindet. Später bewirkt unbewusste Erfahrung, dass dieses zwei- dimensionale einäugige Sehen durch Hinzutritt der Tiefe ein dreidimensionales Sehen wird. Die unbewussten, aus der Gewohnheit, aus der Erfahrung geschöpften Ur- theile: dass ein Gegenstand um so entfernter ist, je weniger hell derselbe erscheint: und je mehr wahrge- nommene Punkte zwischen ihm und dem Auge liegen, sind so z. B. die massgebendsten Gründe, warum das Himmels- gewölbe die Gestalt des Mantels eines halben Rotations- ellipsoids zu besitzen scheint, eines Ellipsoids, dessen kleme Axe den Zenith schneidet, während die grosse durch den Horizont geht. Die bekannten Erscheinungen der abweichenden Grösse und Gestalt des Mondes, der Sonne und aller Sternbilder während verschiedener Punkte Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 46. ihrer Bahn findet in den genannten beiden Urtheilen gleichfalls ihre wesentlichsten Gründe. Während aber die Tiefenwahrnehmung für das monoculare Sehen Er- fahrungssache ist, wenngleich die plastische Gestal- tung der Objeete unbewusst erfolgt, müssen wir die Verlegung der pereipirten Punkte nach aussen auf einen Kugelmantel als angeboren betrachten. Unbewusste Urtheile ermöglichen es denn auch, dass wir ein gut ausgeführtes Gemälde völlig plastisch erblicken können, wozu jedoch ein gründliches Hineinversetzen in den ge- schauten Gegenstand und Ausschluss der die Betrachtung störenden Einflüsse gehört. Eine starke Uebertreibung von Licht- und Schattengebung seitens des Malers ruft bei dem geschulten Auge den Eindruck einer Tiefenver- zerrung wach. Wir heben dies ausdrücklich hervor, weil du Bois-Reymond in der angeführten Stelle seiner Rede die wirkliche plastische (naturgetreue) Erschei- nung eines Gemäldes auf Grund ungenügender Beob- achtungen in Abrede stellt. Hinsichtlich des binocularen Sehens bemerken wir noch im Gegensatze zu v. Helmholtz, (vergl. das er- wähnte Handbuch der Physiologischen Optik), dass die Tiefenwahrnehmung unverkennbar durch die Parallaxe der Sehrichtungen gekennzeichnet ist, wenn diese nur gross genug ist und in vollständige Geltung tritt. Dass dieses in Geltung-Treten jedoch nicht immer der Fall ist, dies verhindern, wie bemerkt, vorwiegend unbe- wusste, der Erfahrung entlehnte Vorstellungen. — Hier- aus erklärt es sich denn auch, dass, wie ich bei meinen zahlreichen Versuchen gefunden habe, junge Leute im Grossen und Ganzen viel leichter die pseudoskopischen Phä- nome des binocularen Sehens erblicken als ältere Personen, bei denen eine unbewusst gesammelte Erfahrung, mithin eine Art von erhärteter Gewohnheit, Bestimmtes zu sehen, dem Auftreten dieser Phänomen widerstrebt. Wir haben das Wort unbewusst mehrfach behufs unserer Erklärungen gebraucht, ohne dabei sofort zu kennzeichnen, in welchem Sinne wir dieses vieldeutige Wort fassten. Wer unseren Deductionen aber gefolgt ist und die von uns beschriebenen Versuche mit psycho- logischer Zergliederungsgabe anstellt, wird sich leicht davon überzeugen, dass wir unter unbewussten psychischen Prozessen Vorgänge in der Seele verstehen, die nicht von dem (individuellen) Ich herrühren, mithin auch nicht von diesem verspürt werden, deren Producte allein ins Be- wusstsein gelangen, ähnlich so wie die Traumbilder, welche die Erzeugnisse eines unbewussten Denkens sind, von dem Ich (bewusst) pereipirt worden. — Der Begriff des Unbewussten in dem von uns gebrauchten Sinn hat mithin blos relative Berechtigung. — An der Hand der Sinneswahrnehmungen gelangen wir so in das Ge- biet der Psychologie, indem wir im Seelenleben einen Dualismus von bewusst und unbewusst verlaufenden Thätigkeiten aufweisen, dessen Anerkennung nicht nur ein erhebliches Streiflicht auf die heute so viel be- sprochenen hypnotischen Phänomene wirft, sondern auch auf alle psycho-physiologischen Erscheinungen. Behufs eingehenderer Erörterung des Unbewussten verweise ich auf meine Schrift: „Drei psycho-physiologische Studien“ (Leipzig, Konegen 1891). XXII. Versammlung der deutschen Anthropo- logischen Gesellschaft in Danzig vom 3. bis 5. August. (Sehluss.) Dr. Buschan (Kiel) legte seine Sammlungvon Samen prähistorischer QCulturpflanzen vor, die sich jetzt auf die stattliche Summe von 120 Nummern beläuft. Interessant unter den Zugängen des letzten Jahres sind namentlich die Funde aus Spanien, mit denen die Ge- brüder Siret seit Jahren beschäftigt sind. Man unter- scheidet bereits in der Steinzeit Spaniens Erzeugnisse eines entwiekelten Ackerbaues: Gerste, Weizen, Bohnen und auch die Feige, welche indess, wie die kleine Ge- stalt ihrer Kerne anzudeuten scheint, wohl noch nicht in Cultur gewesen ist. In der Uebergangszeit zur Bronce- periode treten bereits der Flachs, die Erbse und die Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 469 Feige auf. Redner sprach den Wunsch aus, es möge bei Ausgrabungen mehr als gewöhnlich auf pflanzliche Ueber- reste Rücksicht genommen werden. Prof. Dorr (Elbing) sprach über die Steinkisten- sräber bei Elbing. Erst in der letzten Hälfte des Jahres 1886 wurden die ersten Gräber dieser Art bei Elbing, etwa zwei Kilometer nach Norden dem Kämmereisandlande gefunden. Weitere drei Stein- kisten und an fünf anderen Punkten entdeckte Ueber- reste von solehen lieferten den Beweis, dass sich hier ein Steinkistengräberfeld befunden habe müsse. Wahr- scheinlich sind viele Grabstellen schon früher durch die Bewohner der Umgegend der Vernichtung anheimgefallen, da die Leute von Alters her ihren Sand von jenen Plätzen hergenommen haben. Ein bei weitem grösseres Stein- kistenfeld entdeckte Vortragender im Jahre 1555 südlich des Elbinger Bahnhofes.. Von 37 Grabstellen, die sieh über eine Fläche von 800 Quadrat-Meter erstreckten, waren jedoeh nur 13 vollkommen erhalten. Der Inhalt der Gräber bestand entweder aus viereckigen Steinkisten oder kreisförmigen Steinpackungen; welch letztere oben mit einem Schlusssteine versehen, im Inneren immer nur eine einzige Urne enthielten. Die Urnen selbst waren mit Sandmänteln umgeben und standen theils auf ebenen Steinen, theils in grossen Scherbenstücken; sie sind von eirundem oder flaschenförmigem Ansehen, theilweise ge- öhrt, theilweise gehenkelt ‘oder auch mit knopflörmigen Ansätzen versehen. Alle besitzen einen Deckel, der jedoch nur in einem Falle eine stöpselförmige Gestalt hat. Der Inhalt der Urne bestand zu zwei Dritteln aus Knochen- asche und Beigaben von broncenen Schmuckgegenständen, während der obere Theil eine Sandfüllung enthielt. Nach der Ansicht Tischlers rühren diese Steinkistengräber aus der letzten Zeit der Hallstädter Periode her. Auch in der weiteren Umgebung der Stadt sind vielfach Gräber- felder von grosser " Ausdehnung gefunden worden. In dem Burgwall von Lenzen, zwei Meilen nördlich von Elbing, fand Vortragender 1886 ebenfalls in grosser Menge Scherben zusammt fünf ansehnlichen Stücken rohen Bernsteins. Da die Anwohner vielfach im Burgwalle Bernstein finden, so ist zu vermuthen, dass in der Hallstadt-Epoche, also noch vor Chr., Colonien bestanden, welche sich durch grossen Reichthum an Bernstein hervorthaten. Wenn man sich nun die Frage vorlegt, woher sich wohl diese dichte Besiedelung in damaliger Zeit herschreibt, so ist zu be- merken, dass eine alte Handelsstrasse vom "rechten Weich- selufer herkommend über Grunau bis zu der Stelle kam, wo eben das heutige Elbing liegt, und wo der Weg seine Riehtung nach Norden ändert; es wurde an der betreffenden Stelle vermuthlich Station gemacht, ehe die Weiterreise nach dem Lande des Bernsteins angetreten wurde. Dr. Lissauer (Danzig) sprach über den Formen- kreis der slavischen Schläfenringe. Seit dem Jahre 1877, wo Sophus Müller zuerst diese Ringe als slavische bezeichnet, ist kein Fund bekannt geworden, der mit dieser Ansicht in Widerspruch stände, obwohl die Zahl der Fundorte seitdem mehr als sechs Mal so gross ist wie damals — alle liegen innerhalb der Grenzen des einst von Slaven bewohnten Gebietes. Ebenso fehlen sie auch ganz in den Gräbern der alten Preussen, während sie auf dem linken Weichselufer nur im Kulmer Lande häufig gefunden werden. Redner beschrieb und de- monstrirte die zahlreichen Varietäten, welche die Form dieser Schläfenringe besonders in Polen, Böhmen und Ungarn zeigt, von denen die interessantesten diejenigen von Heszthely in Ungarn sind, an denen das eine Ende nicht nur einmal, wie gewöhnlich, sondern 3—5 Mal schlangenförmig sewunden ist. Diese letzteren gehören in die Völkerwanderungsperiode, aus der die ältesten auf Formen dieser Ringe herstammen, deren Wiege wohl in Oesterreich - Ungarn zu suchen ist. Von jener Zeit an lässt sich diese Ringform verfolgen bis in den Anfang dieses Jahrhunderts überall hin, wo Slaven sich nieder- gelassen haben. Durch die zahlreichen Skelettgräber mit Schläfenringen wird die Annahme Virchows immer wieder bestätigt, dass es auch dolichocephale Slaven neben brachy ‚cephalen gab; Redner bezeichnete es nun als die Aufgabe der weiteren Forschung, zu untersuchen, wann und durch welche Einflüsse die letzteren Elemente der slavischen Bevölkerung die ersteren so vollständig ab- sorbirt haben, wie dies heute der Fall ist. Prof. Waldeyer (Berlin) sprach im Anschluss an seine unlängst in der Akademie der Wissenschaften ge- machten Mittheilungen über die sog. Reil’sche Insel und die Sylvi’sche Furche im Gehirn der anthropoiden Affen (Gibbon, Orang, Gorilla und Chimpanse). Seine Ausführungen gipfelten in folgenden Sätzen: Die Insel- windungen der Anthropoiden zeigen eine stufenweise Fortentwiekelung vom Gibbon bis zum Chimpansen, in- dem sich der Orang unmittelbar an den Gibbon anlehnt, der Gorilla eine weitere Ausbildung aufweist und der Chimpanse die höchste Stufe unter den Geschöpfen dieser merkwürdigen Gruppe erreicht. Wenn auch die Grund- form der Insel bei den Anthropoiden und dem Menschen dieselbe ist, so zeigt sich doch zwischen dem letzteren und dem Chimpanse in der Ausbildung der Inselfurchung eine auffallende Kluft. Die Zahl der Windungen ist beim Menschen grösser und sie sind erheblich stärker ent- wickelt. Dr. Mies (Berlin) zeigte in dem Vortrage über Kör- permessungen zur genauen Bestimmung und sicheren Wiedererkennung von Personen, dass die Anthropometrie in den letzten Jahren angefangen hat, auch in das praktische Leben einzugreifen. Hierdurch wird die Anthropologie nicht nur in der Achtung von nüchtern denkenden Laien steigen, sondern hoffentlich auch einigen Forschern die langersehnte Möglichkeit bie- ten, sich ihr gänzlich zu widmen. Die von A. Bertillon in Paris erdachte Methode, Körpermessungen zur untrüg- lichen Feststellung der Persönlichkeit zu verwerthen, wurde vom Vortragenden bei Gefangenen der kgl. Strafanstalt Moabit folgendermassen ausgeführt. Er nahm 11 Maasse, welche sich bei erwachsenen Personen gar nicht oder wenig ändern und von Seiten des zu Untersuchenden keine Täuschung zulassen. Unter diesen sind Länge und Breite desKopfes, Länge des linken Fusses, deslinken Mittel- und kleinen Fingers die besten. Die bei jedem Maasse erhaltenen Zahlen sind entweder klein, mittelgross oder gross. Haben zwei Personen mittelgrosse Kopflänge, so gehören ihre Kopfbreiten verschiedenen oder derselben Gruppe an. In letzterem Falle müssen wir die bei einem anderen Maasse gefundenen Zahlen verschiedenen Gruppen zutheilen. Sehr selten werden wir zwei Personen finden, bei welchen alle 11 Masse in gleiche Gruppen sich ein- reihen. Dann sind vielleicht ihre Augen verschieden ge- färbt, worin Bertillon 7 Arten unterscheidet. Elf Maasse in je drei Gruppen und die Farbe der Augen in 7 Arten getheilt, lassen ungefähr 1'/, Millionen verschiedene Zu- sammenstellungen zu. Da von jedem Untersuchten aber noch ein besonderes Kennzeichen (Muttermal, Narbe, Tä- towirung) aufgeschrieben wird, und da jede Gruppe der einzelnen Maasse mehrere Maasszahlen enthält, so stösst man bei einer schon einmal gemessenen Person in derselben Abtheilung, in die man ihre Zählkarte gelegt hat, sicher auf die früher über dieselbe Person ausgefüllte Karte, selbst wenn schon hunderttausende von Aufnahmen ge- macht wurden. Dr. Albu. 470 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 46. Die Wasserpest (Elodea eanadensis) in Europa. — Einen neuen Beitrag zur Verbreitung der Wasserpest in Russland liefert der bekannte botanische Schriftsteller F. v. Herder im „Botanischen Centralblatt“. Die genannte Pflanze hat sich seit ungefähr 10 Jahren auch in der Newa angesiedelt und das Vordringen der- selben macht stetige Fortschritte. Jetzt ist sie nieht nur in den verschiedenen Armen der Newa bei St. Petersburg zu finden, sondern auch bis in die oberen Zuflüsse der Newa bei Schlüsselburg (Fl. Ostrowsky) und in das Flüsschen bei Rybatzkoi vorgedrungen. Beide Zuflüsse sollen von der Wasserpest bereits ganz verstopft sein. Diese Notiz veranlasst uns, eine kurze Skizze der Einwanderung genannter Art in Europa, namentlich in Deutschland zu geben. Die Elodea canadensis Richard stammt aus den Flüssen Nordamerikas und ist in Europa (vergl. P. Ascherson’s Flora der Provinz Brandenburg I. Berlin 1864, S. 648 und 940) verwildert zum ersten Male 1836 in einem Teiche zu Warringtown in Irland, wohin sie verschleppt worden war, beobachtet worden; 1841 fand man die Pflanze in Berwickshire in Schottland, 1847 im mittleren England. Seit Anfang der funfziger Jahre verbreitete sie sich da- selbst in so ungeheuren Massen, dass sie Schiffahrt und Fischfang hinderte, die Handhabung der Schleusen hemmte und durch Hemmen des Abflusses Flüsse und Canäle auf- staute. Die ungeheure Vermehrung eimer ohne Zweifel zufällig (wie Ascherson hinzufügt „mit eultivirten Wasser- pflanzen?“) eingewanderten Pflanze auf vegetativem Wege (bisher sind nur weibliche Exemplare in Europa beob- achtet) lenkte damals die allgemeine Aufmerksamkeit auf dieses Gewächs. 1864 konnte Ascherson in seiner klassischen Flora (l. e. S. 648) von diesem Gewächs noch sagen: „Bei uns gedeiht dasselbe an den ihm angewie- ssenen Standorten zwar recht gut, hat aber bisher keine Neigung zu einer so gefahrvollen Ausbreitung gezeigt.“ Aber in den Berichtigungen zu seiner Flora (l. e. S. 940) muss der genannte Autor das verwilderte Auftreten der Elodea canadensis in dem Gebiete seiner Flora anzeigen, indem er sagt: „wurde am 15. August 1863 ... . bereits zahlreich im Glindower See und in der Havel bei Werder bemerkt“, zwei zusammenhängende Fundorte westlich von Potsdam. Unter der Rubrik der Fundorte wird von Ascherson nur angegeben: „bei uns (nur die weibliche Pflanze) aus dem botanischen Garten in Berlin, wo sie seit dem Jahre 1854 eultivirt. wurde, an zwei Stellen unseres Gebietes verpflanzt, an welchen sie sich einbürgern dürfte“. Diese beiden Stellen sind: Sanssouei seit 1858 und beim alten Wasserfall bei Eberswalde seit 1859. In seiner „Flora advena marchiea“ (Verhandl. des botan. Vereins der Provinz Brandenburg. 25. Jahrg. Berlin 1884) theilt jedoch Richard Büttner mit, dass die Elodea cana- densis sogar schon im Jahre 1859 in die Havel von Sanssouci aus gelangte und sich dergestalt in diesem Flusse verbreitete, dass sie 1864 schon die Streeke bis zur Mündung erfüllte. In demselben Jahre hatte sie nach Bolle (a. a. O. 1865 S. 10), stromaufwärts gehend, den Tegeler See erreicht und fand sich bei Berlin in der Spree, um auch bald diesen Flusslauf und sämmt- liche mit ihm in Verbindung stehende Gewässer zu oceu- piren. 1869 war sie im Friedrieh-Wilhelmeanal. Die Havel aufwärts gehend hatte sie die Grenze des mär- kischen Gebietes 1867 bei Dannenwalde, im Wentower See bei Fischerwall, Fürstenberg, Templin und 1868 bei Strasen erreicht. Von Eberswalde aus gelangte die Pflanze in die Oder und erfüllte bereits 1869 die ganze Strecke von Oderberg bis in die Nähe der Ostsee. Vielleicht durch die Ihna gelangte sie 1872 nach Arnswalde. In der Warthe endlich war sie — immer noch nach Büttner — | jetzt handelt es sich nur um eine 1869 bei Landsberg beobachtet und gelangte jedenfalls auf diesem Wege nach Westpreussen, während sie bei Königsberg als Flüchtling aus dem botanischen Garten schon 1867 angetroffen wurde (Caspary). Ursprünglich aus botanischen Gärten dureh bewusste Vermittelung des Menschen sowohl als spontan hat sich also die Elodea derartig bei uns verbreitet, dass sie in der Flora vieler Gebiete jetzt geradezu als gemein aufgeführt werden muss. In dem ganz ausgezeichneten, von Ascherson be- arbeiteten pflanzengeographischen Abschnitt in Leunis- Frank’s Synopsis der Botanik (3. Aufl, Hahn’sche Ver- buchhandlung, Hannover 1883), der als Separatabzug be- sonders hätte m den Buchhandel gegeben werden sollen, lesen wir auf pag. 792 bezüglich der augenblicklichen Verbreitung der Elodea canadensis abgesehen von den Britischen Inseln: „jetzt durch die ganze norddeutsche Ebene stellenweise verbreitet, auch hie und da in Mittel- und Süddeutschland, in den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich, Skandinavien“ und — können wir nunmehr also hinzufügen — Russland; ausserdem ist sie seitdem auch in Oesterreich-Ungarn gefunden. Die Elodea canadensis trat zumeist in ungeheurer Menge auf, um sodann nach einigen Jahren sehr zurück- zugehen, so ist sie beispielsweise bei Potsdam jetzt geradezu fast selten geworden. Im Spandauer Canal war sie — um noch ein Beispiel zu nennen — nach Zimmer (vergl. Büttner) 1868 so häufig, dass ihre Ausrottung, die wegen der Behinderung der Schiffahrt nöthig geworden war, für eine Strecke von 1!/, Meilen in drei Monaten mehr als 7500 Mark erforderte. Wie schon angedeutet, geschieht die Verbreitung nicht durch Samen, was schon daraus hervorgeht, dass also in Europa nur weibliche, somit nie zur Befruchtung ge- langende Individuen gefunden werden, sondern durch abgebrochene Pflanzentheile, die leicht wieder Wurzel schlagen, wohl auch durch Wasservögel und die Schiff- fahrt. Wunderbar ist übrigens, dass in dem Heimath- lande der Wasserpest männliche und weibliche Exemplare nie an demselben Fundort zusammen vorkommend beob- achtet werden, weshalb letztere lange Zeit nicht nur für eine eigene Art, sondern sogar für eine Gattung (Ana- charis Rich., Udora Nutt.) gehalten wurde. (Ascherson, Flora S. 648.) Totale Mondfinsterniss. — In der Nacht vom 15. zum 16. November findet eine totale Mondfinsterniss statt, welche in Europa und Afrika, sowie im westlichen und mittleren Asien und in Amerika sichtbar sein wird. Folgendes sind die Daten der Hauptmomente in mittlerer Berliner Zeit: Anfang der Finsterniss überhaupt am 15. Nov. 11” 28” - - totalen Verfinsterung - 15. - 12” 30” ‚ Ende - totalen Verfinsterung - 16. - 1% 54m - - Finsterniss überhaupt - 16. .- 2. 567 Bezüglich einiger bei Mondfinsternissen wahrzu- nehmenden Erscheinungen verweisen wir auf No. 20 dieses Bandes der „Naturw. Wochenschr.“ Ein geschwänztes Kind. — In der Sitzung vom 17. Oktober der Anthropologischen Gesellschaft in Berlin erwähnte Sanitätsrath Dr. Max Bartels, dass er Kenntniss von der auf Java erfolgten Geburt eines ge- sehwänzten Kindes erhalten habe, von woher schon eine grössere Anzahl geschwänzter Menschen bekannt geworden sind. Auf Grund einer Bitte um nähere Angabe über den in Rede stehenden Fall hat Herr Bartels die Güte uns die folgende Mittheilung zu machen: „Bis ganz kurze Notiz Nr. 46. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 41 des Bataviaasch Nieuwsblad (23. Juni 1891), welche be- sagt, dass im Soloschen auf Java in der Desa Kalongas (Bojolalie) eine eingeborene, namentlich aufgeführte Frau einen Knaben mit einem 15 Centimeter langen Schwanze geboren habe. Herr Dr. Jagor schrieb mir aus Sumatra, dass er von den Herren der Bataviaasch Genootschap van konsten en wetenschapen das Versprechen erhalten habe, dass sie eingehende Untersuchungen über diesen Fall anstellen wollten. ..... .“ Aus dem wissenschaftlichen Leben. An der Universität Krakau der der Hochschule für Bodenkultur ausserordentlichen Professor für und Charakter als ordentlicher Pro- ‘s ist ernannt worden: ausserordentliche Professor an in Wien, L. Adametz, zum Thierzuchtlehre mit Titel fessor. Privatdocent E. v. Esmarch in Berlin ist als ausserordent- licher Professor für Hygiene nach Königsberg, Privatdocent W. Roser in Marburg als ausserordentlicher Professor der Chemie nach Jena berufen worden. An der Universität Leipzig hat sich Dr. G. Scheffers für Mathematik habilitirt. Am 26. Oktober starb in Giessen der Geheime Hofrath Dr. med. et phil. Hermann Hoffmann, geboren 22. April 1809 zu Rödelheim bei Frankfurt a. M.; seit 1853 ordentlicher Pro- fessor der Botanik in Giessen und in dieser Stellung bis zu seinem Tode ununterbrochen lehrend und forschend. Seine zahl- reichen Arbeiten bewegen sich auf dem Gebiete der Pilzkunde, der Pflanzenklimatologie, der Pflanzengeographie und der Pflanzen- biologie. In den letzten Jahren hatte er sich ganz besonders der Phänologie zugewantlt, die in ihm ihren hervorragendsten Ver- treter besass. Ferner starben am 25/26. Oktober in Jena der Agrieulturchemiker Prof. Dr. Ed. Reichardt, 64 Jahre alt, und am 28. Oktober in Lüttich, 60 Jahre alt, Prof. Dr. Roersch, zur Zeit Rector der dortigen Universität. Litteratur. Paul Mantegazza, Die Hygiene der Haut. Matz. Königsberg i. Ostpr. Preis 1 Mk. —,—, Die Hygiene des Blutes. Verlag Königsberg i. Ostpr. Preis 1 Mk. —.—, Die Hygiene der Sinne. Königsberg i. Ostpr. Preis 1 Mk. Die einzelnen Kapitel der Hygiene hat Mantegazza nicht zu einem voluminösen Bande vereinigt, sondern er bietet sie jedes für sieh in besonderer Heftform; mag das nun merkantile oder andere Gründe haben: vortheilhaft ist das Verfahren jedenfalls mehr für Autor und Verleger, als dass es für den Leser zweck- mässig wäre. In Anbetracht dessen, dass wir schon wiederholt Gelegenheit hatten auf Hefte aus der hygienischen Serie Man- tegazza’s in der „Naturw. Wochenschr.“ näher einzugehen und daher den Lesern die Manier Mantegazza’s genug bekannt sein dürfte, wollen wir uns heute mit einem blossen Hinweise auf die oben genannten Schriftehen begnügen, die sich ebenso flott lesen, wie alle Schriften des beliebten Verfassers. Verlag von Heinrich von Heinrich Matz. Verlag von Heinrich Matz. Dr. Eugen Dreher, Gährungen und ansteckende Krankheiten mit besonderer Berücksichtigung des Koch’schen Heilverfahrens bei Tubereulose. Leipzig 1891. Verlag des Reichs-Medizinal- Anzeigers. (B. Konegen.) Der Verfasser dieser Schrift sucht im derselben nicht vom bloss medizinischen Standpunkte, sondern von dem allgemeineren des Naturforschers aus einen Einblick in das Wesen der an- steckenden Krankheiten, ihrer Entstehung, ihrer Heilung und des Schutzes vor ihnen zu gewinnen. Vor allem bespricht er die Jenner’sche Pockenimpfung, Pasteurs Heilverfahren bei Tollwuth und Kochs Behandlungsweise der Tubereulose. Auf Grund dar- winistischer Betrachtungen gelangt er zu einer eigenen, in ge- wisser Hinsicht neuen Vorstellung, wie die Tubereulose geheilt werden könnte. Als einleitende Erörterungen zu dem angeführten Inhalte der Schrift sind die Auseinandersetzungen des Verfassers über die verschiedenen Arten der Gährung (einschliesslich der Fäulniss) zu betrachten, in deren Verlaufe er die Theorien der Kontaktwirkung und der katalytischen Wirkung besprieht. — Die Schrift ist anregend und geistvoll geschrieben — ganz dem entsprechend, was diejenigen, die den Herrn Verfasser aus seinen sonstigen Arbeiten kennen, von ihm zu erwarten gewohnt sind. Den Lesern dieser Zeitschrift, deren Mitarbeiter er ist, kann da- her seine neueste Abhandlung nur empfohlen werden. Dr. K. F. Jordan. Prof. Dr. Friedrich Ratzel, Anthropogeographie. II. Theil: Die geographische Verbreitung des Menschen. Mit 1 Karte und 32 Textabbildungen. Verlag von J. Engelhorn. Stuttgart 1891. Preis 15 Mk. Das geistvolle Buch Ratzel’s wird jeder mit hoher Befriedi- gung lesen, und es wird bei dem in demselben behandelten Gegenstand, der die gesammte Menschenwelt so nahe angeht, hoffentlich viele Leser und zwar nicht nur aus dem Kreise der Fachgenossen Ratzel’s finden, um so mehr als das vortrefflich ge- schriebene Buch jedermann verständlich ist. Nur ein Mann von dem umfassenden Wissen und Gedankenreichthum Ratzel’s konnte eine Anthropogeographie schaffen, jene Unterdiseiplin der Thier- geographie, die sich aber zweifellos — nun einmal in so ge- schiekter Weise die Bahn gebrochen ist — aus naheliegenden Gründen bald hinsichtlich ihrer Ausbildung weit über jene er- heben wird. Der Zusammenhang der Anthropogeographie mit der Thier- und Pflanzengeographie wird in einem einleitenden Ab- schnitte: allgemeine Biogeographie aufgewiesen. Den überreichen Inhalt des Buches auch nur ganz oberflächlich anzudeuten, geht besonders desshalb hier nicht an, weil nach Meinung des Referenten Alles Gebotene gleich wichtig und interessant ist, also geradezu ein langer Auszug, ein umfangreicher Artikel, gegeben werden müsste. B: Axel Holst, Uebersicht über die Bakteriologie für Aerzte und Studirende. Autorisirte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Dr. med. Osear Reyher. Verlag von Sallmann und Bon- acker. Basel 1891. Die vorliegende Uebersicht umfasst in Oktav-Format nur 210 Seiten, bringt 24 gut ausgewählte Holzsehnitte und eine farbige Tafel mit Tuberkelbacillen und zum Vergleich mit diesen den ihnen zum Verwechseln ähnlichen Leprabaeillen. Die Ausführung vieler Holzschnitte hätte eine bessere sein können; in einem von einem Botaniker geschriebenen Werk würde man z. B. Abbildungen wie Fig. 1: den Sporenträger von Aspergillus niger, Fig. 2: Mycel und Sporenträger von Penieillium glaueum, Fig. 3: Sporenhaus und Mycel von Mucor mucedo und endlich Fig. 4: Gährungspilze des Bieres darstellend, welche zum Vergleich mit den Bakterien kurz geschildert werden, durchaus moniren müssen. Wir sind über den Bau dieser Organismen derartig orientirt, dass sich ge- nauere Bilder geben lassen. Die Bakteriologie definirt Verfasser als „die Lehre von den mikroskopischen Organismen, denen man Bedeutung als An- steekungsstoffe bei Menschen wie bei Thieren zuschreibt“; ich würde lieber unterscheiden: Die Lehre von den mikroskopischen Organismen, welche ansteckende Krankheiten erzeugen und die Bakteriologie, d. h. die Lehre von den Bakterien, und also einem Gebrauch, der entschieden verwirrt, nicht Vorschub leisten. Die Bezeichnung „pathologische Mikrobie“, die Verfasser selber er- wähnt, ist ja dem Arzt und Arztjünger, auch jedem Naturforscher gut verständlich und besagt doch wenigstens nichts Falsches. Ewige Verschiebungen der Termini gereichen der Wissenschaft nieht zum Fortschritt; ich glaube übrigens nicht, dass die Be- zeichnung Bakteriologie in dem erweiterten Sinne bei den reinen Naturforschern Eingang finden wird. Dass das Buch nicht von einem Botaniker geschrieben ist, merkt man recht schnell, denn alles Botanische, was nicht speciell den Medieiner interessirt, ist recht mangelhaft. Werden doch, um nur ein Beispiel zu nennen, die gesammten Pilze eingetheilt in: 1. Schimmelpilze, 2. Gährungs- ilze, 3. Bakterien und 4. Mycetozoen, wobei die Hutpilze zu den Sehimmelpilzen gerechnet werden (p. 4 ff.) u. s. w. u. s. w. Ob den Uebersetzer eine Sehuld, etwa durch falsche Uebersetzung von wissenschaftlichen Termini, trifft, vermag Ref. nicht zu sagen. Der Verfasser hätte entschieden besser gethan, im Rahmen seiner wirklichen Kenntnisse zu bleiben und sich durchaus auf die Darstellung der medieinischen Seite seiner Themas zu beschränken, denn was er hierbietet, ist meist brauchbar. Einem Anfänger ist allerdings aus den angegebenen Gründen das Buch nicht zu empfehlen. S Prof. Dr. Oscar Kirchner, Die mikroskopische Pflanzenwelt des Süsswassers. 2., gänzlich umgearbeitete und vermehrte Auf- lage. Verlag von Lucas Gräfe & Sillem (früher von Gebrüder Häring-Braunschweig) Hamburg 1891. Das vorliegende Werk ist eine ausgezeichnete Einführung in die mikroskopische pflanzliche Lebewelt unseres Süsswassers. Es ist eine systematische Beschreibung der häufigsten und häufigeren Algen und Pilze, die vermöge der praktischen und guten Be- stimmungstabellen im Verein mit den 186 Figuren auf 5 Quart- tafeln mit einiger Sorgsamkeit leichter zu bestimmen sind, als es der Anfänger vermuthen möchte. Aber auch der Botaniker kann das Buch mit Vortheil gebrauchen, obwohl also in demselben — und zwar um den Anfänger nieht mit dem überreichen Material zu erdrücken — nur eine Auswahl der Arten, allerdings, füge ich hinzu, eine sehr geschiekte Auswahl geboten wird. Sehr vortheil- haft ist es, dass Verfasser „um nach einer Richtung hin eine gewisse 412 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Vollständigkeit zu erreichen“ alle bisher in Deutschland aufge- fundenen Gattungen aufgenommen hat; von den Algen speciell hat Kirchner auch diejenigen, wenigstens in Parenthesen erwähnt, welche nicht im Wasser leben. Die 1. Aufl. (1885) brachte X und 56 Quartseiten und 4 Tafeln mit 166 Abbildungen, die 2. Aufl. umfasst XII und 60 Seiten. Bei der eifrigen Thätigkeit der Wissenschaft gerade aut dem Ge- biete der mikroskopischen Lebewesen ist es begreifflich, dass eine Umarbeitung fast sämmtlicher Abschnitte erfolgen musste. So gelangen erst in der neuen Auflage die Phacophyeeen des Süss- wassers zu einer angemessenen Darstellung, die Schizophyceen erscheinen in gänzlich veränderter Form, und die im Wasser lebenden Pilze haben eine etwas eingehendere Behandlung er- fahren, die besonders hinsichtlich der Bakterien nothwendig ge- worden ist. > J. Constantin et L. Dufour, Nouvelle fiore des Champignons pour la determination facile de toutes les esp&ces de France et de la plupart des especes europeennes, avec 3342 figures. Librairie elassigque et administrative Paul Dupont, &diteur, Paris ohne Jahreszahl. Preis 5 fr. 50. Das ganze Buch besteht aus Bestimmungstabellen mit mög- liehst kurzen Diagnosen, mit eingestreuten kleinen Abbildungen, sodass die Benutzung des Buches sehr erleichtert ist. Andere kleine aber brauchbare Abbildungen sind auf 59 Tafeln untergebracht, zu welchen noch eime Tafel der Farben und der im Text angewendeten Symbole hinzukommt. Den Beschluss des Werkchens bilden Rathschläge über das Sammeln, Conserviren von Pilzen und Vergiftungsmöglichkeiten mit den- selben, ein Wörterbuch (nur etwas über 7 Seiten) der aller- wichtigsten Termini, die im Text auf ein Minimum beschränkt sind, eme Tafel der angewendeten Zeichen, Symbole und Ab- kürzungen, eine Liste der Autoren-Abkürzungen und endlich ein umfangreiches Register. In seiner ganzen Gestaltung lehnt sich das Buch an die Nouvelle flore (comprenant la deseription de plantes vasculaires, et leur determination, faites sans mots techniques) von G. Bonnier und de Layens an. Das leicht in der Tasche zu transportirende, billige Werk- chen ist auch auf Exeursionen in Deutschland demjenigen brauch- bar, der eine elementare, kurze Einführung in die Myeologie der grösseren Arten sucht: ich füge hinzu „grösseren Arten“, weil der Titel der Flora insofern zu viel besagt, als sie nur die Ba- sidiomyceten und in einem kurzen Appendix (S. 211—216) die allergemeinsten Aseomyceten aufführt, alle übrigen Abtheilungen aber unberücksichtigt lässt. Wäre die französische Sprache nicht fast Gemeingut der Gebildeten in Deutschland, so würde sich eine Uebersetzung des Buches gewiss lohnen. . Mit Zuratheziehung der Farbentafel und weil das Papier der Flora zweckmässig ausgewählt 'ist, können die kleinen Figuren ausgetuscht werden, was sich für denjenigen, der sich eingehender mit der Systematik der berücksichtigten Arten zu beschäftigen wünscht, sehr empfehlen dürfte. Einige von dem Referenten vor- genommene Bestimmungen führten leicht und sicher zum richtigen Ziel. 12% Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. XLI. Bd. III. Quartal. Wien 1891. Das Heft enthält u. a. ein sehr eingehendes Referat J. A. Knapp’s über F. v. Herder’s Flora des europäischen Russ- land und ferner die folgenden Abhandlungen: E. Wasmann, Neue Termitophilen; J. A. Bäumler, Fungi Schemnitzenses und endlich P. Ascherson und P. Magnus, Die Verbreitung der hellfrüchtigen Spielarten der europäischen Vaceinien. sowie der Vaccinium bewohnenden Sclerotinia- Arten. Speciell über die weissfrüchtige Heidelbeere verdankt die „Naturw. Wochensehr.“ den genannten beiden Autoren einen Artikel, vergl. Bd. V S. 105 ff. 75. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft in Emden pro 1889/90. (Emden 1891.) üs wird zum grössten Theil nur über Vorgänge in der Ge- sellschaft berichtet. Den Beschluss des Heftes bildet ein grösserer Aufsatz von Konsul B. Brons jun. über die Wasserversorgung Emdens. Nr. 46. Overton, E., Beitrag zur Kenntniss der Entwicklung und Ver- einigung der Geschlechtsproducte bei Lilium Martagon. Zürich. 3 M. Pfeil, L. Graf v., Kometische Strömungen auf der Erdoberfläche und das Gesetz der Analogie im Weltgebäude. 4. Aufl. Berlin. 7 M. Pasteur, L., Ueber die Asymmetrie bei natürlich vorkommenden organischen Verbindungen. Leipzig. 0,60 M. Perger, H. v., Einige Färbeversuche. Wien. 050 M. Riesenthal, O. v., Kennzeichen der Vögel Mitteleuropas. III. Die Kennzeichen unserer Tauben, Scharr- und Stelzvögel, nebst kurzer Anleitung zur Jagd. Berlin. 5 M. Schlechtendal, D. H. R. v., Die Gallbildungen (Zooceeiden) der deutschen Gefässpflanzen. Zwiekau. 2M. Schmidt, A., Atlas der Diatomaceen -Kunde. 41. u. 42. Hft. Leipzig. & 6 M. Schröder, H., Die Elemente der photographischen Optik. 4. Aufl. 2. Thl. Berlin. 6 M.; geb. 7,50 M. Schröder, H., Untersuchungen über silurische Cephalopoden. Jena. lu M. Sclater, Ph. L., The geographical distribution of birds. 1,50 M. Spezialkarte, geologische, des Königreiches Sachsen. No. 81. Tharandt. Leipzig. 3 M. Spener, C., Ueber den Krankheitserreger der Malaria. 1,20 M. Stampfer, S., Logarithmisch - trigonometrische Tafeln, nebst ver- schiedenen andern nützlichen Tafeln und Formeln, und einer Anweisung mit Hilfe derselben logarithmische Rechnungen aus- zuführen. 14. Aufl. Wien. Geb. 2,40 M. Sternberg, C., Kurzes katechetisches Repetitorium der Zoologie. Berlin. 1,50 M. Steudel, A., Das goldene ABC der Philosophie, d. i. Berlin. 1:25 000. Leipzig. die Ein- leitung zu dem Werke „Philosophie ‚im Umriss“. Berlin. 4 M. Stiehler’s Hand-Atlas. 32. (Schluss-) Lfg. Gotha. 1,60 M. —.— dasselbe, Namensverzeichniss dazu, enthaltend 200 000 alpha- betisch geordnete, im Atlas vorkommende Namen mit Hinweis, wo dieselben auf den Karten zu finden sind. Ebd. 5,80 M.; Hauptwerk mit Namensverzeichniss 57 M.; Einband in Halb- juchten 8 M.; ohne Namensverzeichniss 51,20 M.; Ausgabe in ungebrochenen Karten, Einband in Halbleder 4,80 M. Stöhr, Ph., Die Entwicklung des adenoiden Gewebes, der Zungen- bälge und der Mandeln des Menschen. Zürich. 3 M. Toula, F., Die Entstehung der Kalksteine und der Kreislauf des kohlensauren Kalkes. Wien. 0,60 M. —.— Das Salzgebirge und das Meer. Ebd. 1,20 M. Violle, J., Lehrbuch der Physik. 1. Thl.: Mechanik. 1. Bd. Allgemeine Mechanik und Mechanik der festen Körper. 3. Lfg. Berlin. 2 M. Vogel, H. W., Handbuch der Photographie. 4. Thl.: Photo- graphische 'Kunstlehre oder die künstlerischen Grundsätze der Lichtbildnerei. 4. Aufl. Berlin. 6 M.; geb. 7,50 M. Weiss, E., Ueber die Oberflächenbeschaffenheit der Planeten unseres Sonnensystems. Wien. 0,50 M. Wettstein, R. R. v., Der Bernstein und die Bernsteinbäume. Wien. 0.6U M. Wex, G. kitter v., Periodische Meeresanschwellungen an den Polen und am Aequator, hierdurch veranlasste Ueberfluthungen der Polar- und Aequatorialländer, dann Sintfluthen, Eiszeiten und Vergletscherungen der Alpen. Wien. 4 M. Wiesbaur, J. B., u. M. Haselberger, Beiträge zur Rosenflora von Oberösterreich. Salzburg und Böhmen. Berlin. 1,60 M. Briefkasten. Herın €. — Der Name Lias entstammt der englischen Sprache; er scheint eine corrumpirte Form des Wortes Layers — Lager zu sein, mit welcher die englischen Steinbrecher speciell die unteren thonigen Schichten der nun allgemein unter dem Namen Lias zusammengefassten Reihe von Kalksteinlagern zu bezeichnen pflegen. en LI ln a TE nl Inhalt: Bergreferendar Leo Cremer: Ein Ausflug nach Spitzbergen. Fortsetzung. (Mit 3 Abbild.) — Dr. Eugen Dreher: Das körperliche und flächenhafte Sehen. (Schluss.) — XXI. Versammlung der deutschen Anthropologischen Gesellschaft. (Schluss.) — Die Wasserpest (Elodea canadensis) in Europa. — Totale Mondfinsterniss. — Ein geschwänztes Kind. — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Paul Mantegazza: Die Hygiene der Haut. — Derselbe: Die Hygiene des Blutes. — Derselbe: Die Hygiene der Sinne. — Dr. Eugen Dreher: Gährungen und ansteekende Krankheiten. — Prof. Dr. Friedrich Ratzel: Anthropogeographie. II. Theil: Die geographische Verbreituug des Menschen. — Axel Holst: Uebersicht über die Bakteriologie für Aerzte und Studirende. — Prof. Dr. Oscar Kirchner: Die mikroskopische Pflanzenwelt des Süsswassers. — J. Constantin et L. Dufour: Nouvelle flore des Champignons. — Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellsehaft in Wien. — 75. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft in Emden pro 1889/90. — Liste. — Briefkasten. ee ee ee nn Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12, Naturwissenschaftliche Wochenschrift. CV Influenz-Maschinen nach \ Holtz-Toepler Wimshurst und eigener Construction empfiehlt J. BR. Voss, BERLIN NO., Pallisadenstr. 20. Vorzüglich Vorzüglich Lanolin-Toiette- Vorzüglich su Yiege der Sant zur Neinhaltung und Bededung wunder Hauts zur Erhaltung AS guten Haut, Cream-Lanolin stellen und Wunden. bejonders bei einen Rindern. Zu baben in den meisten Apotheken und Drogerien. W. Hartig’s Nachf., Curt Wiedemann, Leipzig. Glasschleiferei für Mikroscopie. Objectträger-Deckgläschen. Präparatengläser. Preislisten gratis und francn. UHERKERKRRKREKREKEEKKRKRTREERTEREKRRKKEKKRKKRERKRUKARERR EHER Patentbureau “non. empfohl. Besorgt u. verwert. Sac Inform. Patente all. Länder Leipzig gratis Gebrauchs - Muster Marken - Centrale sum Amateur - -Apparate, mit welchen jed. Laie ohne = Vorkenntnisse tadellose PPho- tograph. her- stellen kann. Preise von M. 30 M. 400 —. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung. ER BESESSESTESIEN ESTER ERER TEE Ba Be EI BEI S BaIEeI E11 ke rare 0009090990000000000980090000000909 8 9000000000008000000000000009080000 8 [0 .} In Ferd. Dimmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen: Allgemein-verständliche naturwissenschaftliche Abhandlungen. (Separatabdrücke aus der „Naturwissenschaftlichen Wochensehrift.“) Ueber den sogenannten vierdimensionalen Raum von Dr. V. Schlegel. Das Rechnen an den Fingern und Maschinen von Prof. Dr. A. Schubert. Die Bedeutung der naturhistorischen, insonderheit der zoologischen Museen von Professor Dr. Karl Kraepelin. Anleitung zu blütenbiologischen Beobachtungen von Prof. Dr. E. Loew. Das „glaziale‘‘ Dwykakonglomerat Südafrikas von Dr. F. M. Stapff. Die Bakterien und die Art ihrer Untersuchung von Dr. Rob. Mittmann. Mit 8 Holzschnitten. Die systematische Zugehörigkeit der versteinerten Hölzer (vom Typus Araucarioxylon) in den palaeo- litischen Formationen von Dr. H. Potonie. Mit 1 Tafel. Ueber die wichtigen Funktionen der Wanderzellen im thierischen Körper von Dr. E. Korschelt. Mit 10 Holzschnitten. Ueber die Meeresprovinzen der Vorzeit von Dr. F. Frech. Mit Abbildungen und Karten. Preis: % Heft 1-4 a 50 Pf., Heft 5-16 a1 M. 2000900980000 08009000990008996090 880000000000900090000000090900000000 Heft 10. Ueber Laubfärbungen von L. Kny. Mit 7 Holz- sehnitten. „ 11. Ueber das Causalitätsprincip der Naturerschei- nungen mit Bezugnahme auf du Bois-Reymonds Rede: „Die sieben Welträthsel“ von Dr. Eugen Dreher. „ 12. Das Räthsel des Hypnotismus von Dr. Karl Friedr. Jordan. „ 13. Die pflanzengeographische Anlage im Kgl. bota- nischen Garten zu Berlin von Dr. H. Potonie. Mit 2 Tafeln. „ 14. Untersuchungen über das Ranzigwerden der Fette von Dr. Ed. Ritsert. „ 15. Die Urvierfüssier (Eotetrapoda) des sächsischen Rothliegenden von Prof. Dr. Hermann Credner in Leipzig. Mit vielen Abbildungen. j. Das Sturmwarnungswesen an den Deutschen Küsten von Prof. Dr. W. J. van Bebber. Mit i Tafel und 5 Holzschnitten. ss" Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 34 Was die Forschung aufgiebt ah weltum- fassenden ldeen und an locken- Schöpfungen schmückt. 3 x nz Schwondener, BERNIE Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Sonntag, den 22. November 1891. Nr. Al. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 4. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist HM 3.— A, sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 % extra. A bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ein Ausflug nach Spitzbergen. Von Bergreferendar Leo Cremer. (Fortsetzung.) Am nächsten Tag, Mittwoch den 12. August, wurde | oben an Deck plötzlich den lauten Ruf: „Ein Eisbär!“ das Wetter schlecht, Nebel und Regen hüllten die Land- | Mit grösserer Schnelligkeit sind wir nie aus unserer schaft in ein farbloses Grau. Am Morgen hatten wir | Kajüte an Deck gekommen. Am östlichen Ufer wollte —+ 4° C., die Unge- unser Lootse einen müthlichkeit stieg, zu- chl.ie Bären gesehen haben, mal wir im Nebel nicht wagen konnten, weiter zu fahren. Gegen Mittag klarte es jedoch auf, ein- zelne Sonnenblicke drangen hindurch, hier und da zeigte sich ein blaues Fleck- ehen Himmel. Am Nachmittag konnten wir den Anker auf- nehmen und unsere Fahrt nach dem Eis- fjord beginnen. Beim Ausgang aus dem Bel Sund erhob sich ein leiehtes Schnee- gestöber, das jedoch nicht lange anhielt. Gegen Abend hatten wir den Eingang des leider konnten wir nichts mehr davon entdecken, auch un- serem Lootsen war er jetzt verschwun- den. Am nächsten Tag fanden wir an der Stelle einen halb aufgefressenen See- hund, sowie einige un- deutliche Fussspuren in dem hartgefrore- nen Sehnee. Ob es wirklich ein Eisbär gewesen war, blieb zweifelhaft, Unmög- lich war es nicht, wenn auch im Som- mer sich wohl nur selten einer von den weissen Gesellen hier- hin- verirrt, da sie isfjordes rreicht sogar im- Winter hier Eisfjor de SALSTS Fig. 5. ‘Gletscher in der Recherche-Bai. — Absturz in das Meer, en ! . er hier und dampften am nur vereinzelt vor- Cap Starastschin, so- kommen. Wie mir genannt nach einem russischen Jäger, der dort einige | Dr. Solander, einer der Theilnehmer an der schwedischen dreissig Winter zugebracht hat, vorbei, in den Green | Expedition der internationalen Polarforschung von 1852/83, _ Harbour, wo wir bei 14 Faden Tiefe vor Anker gingen. | deren Station am Cap T'hordsen im Eisfjord unter 78"/s° Während wir noch beim Abendessen sassen, hörten wir | n. Br. lag, mittheilte, wurde von ihnen während des 4714 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 47. ganzen Winters nur einmal ein Bär gesehen, der jedoch nach einer Begrüssung durch einige Gewehrkugeln nichts Eiligeres zu thun hatte, als auf und davon zu laufen. In der Recherehe-Bai hatten wir die deutlichen Spuren ihrer Anwesenheit an einem durch die Mannschaft eines gestrandeten Schiffes errichteten Proviantdepot sehen können. Die mit Segeltuch und starken Tauen um- schnürten Fässer lagen zerstreut umher, das Segeltuch zerrissen und zerfetzt, die Taue zerbissen und zermast. Im Norden und Osten Spitzbergens, bei Nowaja Semlja und Franz-Josefs-Land sind die Bären dagegen noch häufig und die norwegischen Jäger und Fischer wissen manches Jagdstücklein von ihnen zu erzählen. In Hammer- fest sahen wir auf einem eben vom Norden zurückge- kehrten Fangschiff einen jungen gefangenen Bären, der fürchterlich in seinem Käfig herumtobte; sem Gebrüll schallte durch den ganzen Hafen. Am Morgen des 13. fuhren wir im Boot an das öst- liche Ufer von Green Harbour. Gleich bei der Landung | bemerkten wir an ’ den Bergabhängen weiter im Inneren drei Renntbiere, auf welche sofort mit drei Gewehren eine leider erfolglose Jagd . gemacht wurde. Die Thiere sind in den Fjorden der West- küste Spitzbergens lange nieht mehr so zahlreich wie früher. Die starke Jagd, die von den Norwegern auf sie ° betrieben wird, hat ihre Anzahl arg vermindert und sie obendrein ausser- ordentlich scheu ge- macht. Doch glückte es uns später hier und in der Advent- bai einige zu erlegen. . Nach diesem nega- tiven Erfolg fuhren wir um die Barre eines ziemlich be- | deutenden Flusslaufes mit breitem, von zahllosen Armen durehflossenen Delta herum nach Süden an den Fuss des Heersberges. Schnell wurde ein Frühstück eingenommen, und dann brach ein Theil der Gesellschaft auf, um die Kohle des Heersberges zu untersuchen, während der andere Theil dem Waidwerk oblag. Mit Gewehr, Gezähe, Sprengmaterialien und einem Sack für Kohlen- und Ge- steinsproben bepackt, hatten wir, Fürst von Urach, ein Matrose und ich, einen äusserst beschwerlichen Aufstieg an dem Nordabhang des Berges. Loses Geröll wechselt hier mit ‚gewaltigen Felsblöcken, alle Augenblicke ist ein steiles Schneefeld zu überschreiten, dessen heim- tückische Beschaffenheit uns zu verschiedenen, jedoch stets ‚glücklich abgelaufenen Rutschparthieen verholfen hat. Unter, wenigen Centimetern hartgefrorenen Schnees liegt festes Eis, auf welchem man ausserordentlich leicht ausgleitet. Einmal in der Bewegung begriffen, hilft kein Halten mehr, sausend geht die Fahrt herunter, bis der Schnee aufhört oder sonst ein Hinderniss sich in den Weg stellt. Diese steilen Schneefelder, mit kleinen Gletschern vergleichbar, sind in der That nicht ungefährlich, zumal wenn sie zu einem steileren Absturz hinführen. Wir Fig. 6. Hintergrund der Advent-Bai im Eisfjord. kamen jedoch jedesmal mit einigen Risswunden an den Händen davon. In einer Höhe von mehreren hundert Metern fanden wir das Flötz, arbeiteten eine Stunde lang, um die allerdings unbedeutende Mächtigkeit, sowie Streichen und Fallen zu ermitteln, und bestiegen dann die Höhe des Vorberges. Eine prachtvolle Aussicht belohnte uns für die Anstrengungen. Die blauen Fluthen des Eisfjordes lagen zu unseren Füssen, weiterhinaus blitzten die Schaumkämme des Oceans, Dödmanden, Alkhornet und Prinz Charles Foeland ragten mit ihren gewaltigen schnee- und eisbedeckten Bergmassen in die wunderbar klare Luft. Im Süden eime unabsehbare weisse Fläche von Eis und Schnee mit zahlreichen, nur ihre spitzen Gipfel zeigenden Bergen, und ganz in der Nähe der wie ein glänzend weisses Zelt hinaufragende Heersberg. Gegen Abend wurde der Himmel hellgrünlieh, röthlich schimmerte der Schnee, durch die lautlose Stille der hellen Polarnacht drang das ferne Donnern und Rollen der abbrechenden Gletscher. Am nächsten Tag war wiederum herrliches Wetter. Im vollen Sonnenglanze lagen die imposanten Berggruppen des Dödmanden und Alkhornet mit ihren schönen Gletschern vor uns. Während der Dampfer in einiger Entfernung vor der Küste kreuzte, wurde eine Untersuchung des Cap Heer vor- genommen und un- mittelbar am Strande ein schönes Flötz von 1,05 m Mächtigkeit gefunden. Nach einer bei dem wunderbar schönen Wetter äus- serst genussreichen Fahrt über den Eis- fjord nach Osten gingen wir gegen Abend in der Ad- ventbai vor Anker. gonnen, endete auch der Tag; eine Mitter- nachtssonne von blendendem Glanz hüllte die Landschaft wieder in jene eigenthümliche röthliche Beleuchtung, von der Tegner singt: Midnattssolen pä bergen satt, Blodröd till att skäda. Det var ej dag, det var ej natt, Det vägde emellan bäda. (Mitternachtssonn’ auf den Bergen lag, Blutroth anzuschauen. Es war nicht Tag, es war nicht Nacht, Es war ein eigen Grauen). Der folgende Tag wurde zur Erforschung der west- lich von der Adventbai liegenden Südküste des Eisfjordes verwendet und hier im einer Höhe von ca. 100—120 m über dem Meeresspiegel ein Flötz entdeckt. Wie ge- wöhnlich war auch hier der Aufstieg sehr beschwerlich auf den steilen, mit losem Gerölle, grossen Felsblöcken und Schneefeldern bedeckten Bergabhängen. Am Fuss derselben und am Strande grünte und blühte es in den schönsten Farben: Fussdicke Decken von saftig grünem Moos, in die man tief hineinsinkt, rothe, blaue und violette Blüthen-Teppiche, zahlreiche hervorragende Gräser, da- neben die nur wenige Centimeter hohe Polarweide, So schön wie er be- TEE Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. - 475 Wie die genauen Untersuchungen der schwedischen Gelehrten ergeben haben, ist die spitzbergische Flora eine äusserst arten- und individuenreiche. Leider fehlte mir, der ich zudem Nichtbotaniker bin, die nöthige Zeit, um eine grössere Pflanzensammlung anzulegen.) An einer vor dem Winde geschützten Stelle wurde der mitgenommmene Proviant verzehrt. Keine 12 Breiten- grade vom Nordpol entfernt lagerten wir hier inmitten der üppigsten Flora, bei warmem Sonnenschein, ange- sichts des grossartigen Eisfjordpanoramas. Zahllose Renn- thierspuren, theilweise ganz frisch, deuteten auf den noch immer vorhandenen Reichthum an diesen Thieren hin, obwohl wir auffallender Weise wenig davon zu sehen bekamen. Auf dem Rückweg kamen wir an den Ueber- resten einer menschlichen Wohnung vorbei: Holz, Kohle und Asche, Knochen, Zeltpflöcke, Scherben von Töpfen und Gläsern, ein Stück einer schwedischen Zeitung mit vollständig erhaltenem Text fanden wir in der Umgebung. In der Nähe be- findet sich das Grab eines Nor- wegers, dem weiter- hin noch eine ganze Gruppe von Grä- bern folgt. Fast in jeder Bucht von Spitzbergen trifft man derartige Be- gräbnisstätten, es liegen gewiss Hun- derte von Menschen hier begraben. Die meisten stammen aus älterer Zeit, als die Gegend im Sommer von zalıl- reichen Walfischfän- gern besucht wurde. In der Kingsbai fanden wir eine hol- ländische Grabin- schrift aus dem Jahre 1741. Volle 150 Jahre hat das Kreuz allen Wech- sel der Witterung, Schnee und Regen, Wärme und Kälte ausgehalten; die Schrift war so deutlich, als wäre sie eben ersteingeschnitten. Der folgende Tag, ein Sonntag, wurde der Ruhe ge- widmet. Nach den anstrengenden Parthieen der letzten Tage war uns dies hochwillkommen. Sonntägliche Stille herrsehte auf dem Schiff, kleinere Gruppen der Mannschaft bewegten sich auf dem Land, an Bord wurden Samm- lungen geordnet und etiquettirt, gelesen, photographirt und geplaudert. Gegen Abend machte ich in Begleitung des Capt. Bade noch einen kleinen Ausflug in das grosse Thal westlich von der Bai und entdeckte hierbei zwei noch nicht bekannte Flötze, darunter eins von ziemlich bedeuten- der Mächtigkeit. Wie so häufig, dienten auch hier zahlreiche in den Bachläufen und an den Bergabhängen liegende Rollstücke von Kohle als Führer zu den meist unter Schutt oder Schnee versteckten Flötzen. Charakteristisch zeigte sich hier eine eigenthümliche Art der Erosion an Fig. 7. Blick von Cap Boheman *) Am Schlusse dieses Reiseberichtes findet derjenige, der sich besonders für die Pflanzenwelt interessirt, aus berufener Feder eine eingehende Skizze über die Flora Spitzbergens und auch die von verschiedenen Fachmännern gütigst ausgeführten Bestimmungen der wenigen Arten, die ich in aller Eile nur habe mitnehmen können. den steilen, fast horizontal geschiehteten Bergabhängen: Mehrere Reihen von Erkern, wie auf den hochragenden Dächern älterer Häuser, ziehen sich, durch flache Sehutt- und Geröllströme getrennt, längs der Abhänge hin. Am Montag den 17. wurde Vormittags das Cap Boheman auf seine Kohlenvorkommnisse untersucht und hierbei drei kleinere Flötze gefunden, und am Nachmittag desselben Tages die Ausfahrt aus dem Eisfjord und die Weiterfahrt nach dem Norden angetreten. Im herrlichsten Glanze lagen die Küsten des Eisfjordes da: Nördlich die zahlreichen grün-weissen Gletscher zwischen den spitzen Bergketten, im Osten die Eingänge zum Nordfjord, der Sassen-Bai und Klaas-Billen-Baji mit einem gewaltigen in röthlichem Licht schimmernden „Erkerberg“, im Süden die hochragende, mit einem glänzenden Schneemantel um- hüllte 3300 Fuss hohe Lindströmsberg, und vor uns das Eingangsthor zum Eisfjord mit den beiden Wächtern Dödmanden und Cap Starastschin. Gegen 3 Uhr Abends waren wir so weit in die hohe See gekommen, dass wir unseren Kurs nördlieh richten konnten, um an Prinz Charles Fore- land vorbei so weit wie möglich nach Norden vorzudrin- gen... Die, FKüste Spitzbergens lag im Sonnenglanz da, die Berge von Prinz Charles Foreland waren dagegen in Nebel gehüllt. Ge- gen Abend wurde es ziemlich kalt. Der aus N.W. vom grönländischen Eis herkommende Wind liess das Ther- mometer bis auf 173° 90. "sinkent Uns fror auf Deck empfindlich, die weissen aus der Ferne über die dunkle See herüber- schimmerden Berge schienen ebenfalls Kälte auszu- hauchen. So beeilten wir uns denn, die wärmende Koje aufzusuchen. Am nächsten Morgen um drei Uhr trafen wir einen norwegischen Haakjerringsfänger, die Slup „Elise“ von Tromsö, die auf hoher See bei 140 Faden vor Anker lag. Der Kapitän, eine stattliche Erscheinung, kam zu uns an Bord und erzählte unter anderem, dass sie in der Kingsbai gewesen, dort Eiderdaunen gesammelt und ihren Kohlenvorrath zum Kochen am Strande eingeholt. Dr. Faber erhielt wieder einmal Gelegenheit, seine ärztliche Kunst auszuüben und dem Kapitän eine verletzte Hand zu verbinden, nachdem er schon in der Recherche-Bai dem Gunman des „Arctic“, der durch das Zerspringen einer Walkanone sich eine Verletzung der Stirn zuge- zogen, hatte helfen können. Während wir stoppten, hatte sich eine grosse Anzahl Möven und Eissturmvögel (Procellaria glacialis) um unser Schiff versammelt. Mit unglaublicher Gier stürzten sie sich auf die ihnen zuge- worfenen Fleisehbissen. Hunderte kämpften um ein Stück, bissen, schlugen sich, flatterten auf, stürzten von öben hinunter, tauchten und vollführten dabei ein ohren- auf das nörd]. Uferfdes Eisfjordes. 416 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 47. zerreissendes Geschrei und Geschnatter. In ihrer Gier kamen sie so nahe an das Schiff, dass unsere Matrosen ohne Mühe ein Dutzend mit einem an einem Bootshaken befestigten Netz fangen konnten. Gegen 3 Uhr Morgens kam Treibeis von Norden heran. Es waren grössere, schneebedeckte Schollen dies- jährigen Eises ohne Gletscherbruchstücke. Wir befanden uns ungefähr auf der Höhe der Hamburger Bai im 79° 30° n. Br. Die Nähe des Eises bewirkte sogleich ein Fallen des Thermometers: das einzige Mal während un- serer Reise sank das Quecksilber unter den Gefrierpunkt bis auf — 1!/,;° C. Die Eisgrenze erstreckte sich in ost- westlicher Riehtung. Dichter Nebel lag im Norden und Nordosten, von Land war nichts zu sehen. Gegen Mittag mussten wir deswegen eine Zeitlang stoppen, bis im Nord- osten ein dunkles steil abfallendes Cap sichtbar wurde. Das Treibeis war allmählich dichter geworden, von Westen und Osten drängten neue Felder heran und liessen uns erkennen, dass wir uns in einer Eisbucht befanden. Unter diesen Umständen sahen wir uns Mittags 1 Uhr genöthigt zu wenden, um der Gefahr des Eingeschlossenwerdens zu entgehen. Unter 79° 40' wurden die Flaggen gehisst und die „Amely“ nahm ihren Kurs südwärts. Im Nord- westen glänzte der Eisblink, der Reflex weit entfernter Eismassen dicht über dem Horizont, graue Nebelmassen wälzten sich an das Schiff heran, ein Nebelbogen mit kaum erkennbaren Farben stand hinter uns, gleich- sam das Eingangsthor zur Polarwelt, die wir nicht sehen sollten. — Ein Versuch zum weiteren Vordringen wurde indess noch gemacht. Die östliche Eisgrenze sollte um- fahren werden, um zu sehen, ob es nicht möglich sei, näher am Land hinaufzukommen. Der Plan gelang voll- kommen. Im Laufe des Nachmittags klarte es auf, die See wurde fast eisfrei und angesichts der nordwestlichen Inseln dampften wir nach Norden. Schroffe zackige Berge setzen die Dänische Insel, Amsterdam-Insel und Vogelsang zusammen. Zahlreiche kleine Gletscher münden zwischen den weissen Bergen in das Meer. Hier lag be- deutend mehr Schnee als in den südlicheren Theilen Spitzbergens. Die Sonne beleuchtete die erhabene Küsten- landschaft mit wunderbarem Glanz und liess die Gipfel der im Hintergrund zu gewaltiger Höhe sich erhebenden zerrissenen Bergketten von Smeerenburg röthlich er- strahlen. Abends 7 Uhr hatten wir ungefähr die Höhe des 80. Breitengrades erreicht. Ebenso plötzlich, wie das Eis am Nachmittag verschwunden war, erschien es jetzt wieder. Eine fast geschlossene Eiskante, an deren Aussenseite sich ein Gürtel einzelner Schollen herzog, lag in ost-westlicher Richtung vor uns. An ein weiteres Vordringen war für uns mit dem für eine Eisfahrt nicht eingerichteten Schiff, ohne genügenden Proviant für eine etwaige Ueberwinterung nicht zu denken. So wurde denn gestoppt, eine kleine Feier zu Ehren des 80° n. Br. veranstaltet und dann die definitive Rückfahrt angetreten. Einen letzten Blick warf ich noch vom Vortop aus auf die Eisfläche zurück. So weit das Auge reicht, erstreckt sich das Eis nach Norden. Zahlreiche dunkle, schmale Wasserkanäle durchziehen dasselbe, die Schollen sind durch Aufeinanderthürmung mit Eishöckern und Kegeln bedeckt, flimmernder Schnee liegt darauf. Das Meer davor ist dunkelgrün, fast schwarz. Weit im Osten er- bliekte man dunkle Berge, wahrscheinlich war es die Moffeninsel oder die Eingänge der Liefde-Bai und Wyde- Bai, Weleom-Point und Verlegen-Hook. (Forts. folgt.) 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. $. vom 21. bis 25. September 1891. IM. Ueber die Bevölkerung Europas mit fremden Pflanzen sprach der Direetor des Botanischen Gartens, gegenwärtige Rector der Universität Halle Prof. Dr. G. Kraus in der I. allgemeinen Sitzung, am Mittwoch den 23. September. In interessanter Skizze zeichnete der Vor- tragende das eulturgeschichtliche Bild der Einwanderung morgenländischer, überseeischer, tropischer Gewächse ins Abendland. Würde plötzlich eine Gigantenfaust über unsern Erdtheil hinwegfahren und aus der Pflanzenwelt, die uns jetzt traulich umgiebt, alles das entführen, was nieht seit Menschengedenken bei uns von selbst gedeiht, so würde es erschreckend wild und leer bei uns ausschen — auf dem Blumentische des Reichen wie am Fenster des Armen, in unseren Ziergärten wie auf den Schmuckplätzen und Anlagen unserer Strassen. Auf botanischem Gebiete hat sich der umgekehrte Vorgang vollzogen wie bei der Bewegung der Bevölkerung: Europa ist von den Wilden kolonisirt worden. In jedem Garten und Park sehen wir Tausende fremder Gesichter: das Meiste der uns umge- benden Vegetation kommt aus Asien und Amerika. Von der Menge der bei uns lebenden fremden Pflanzen hat man selten eine richtige Vorstellung: überwiegen an Massenhaftigkeit und Zahl immerhin auch die einheimischen Gewächse, so werden dieselben an Mannigfaltigkeit der Arten von der exotischen Flora bei weitem übertroften. England z. B. hat nach neuerer Zählung etwa 1500 wild- wachsende, heimische Pflanzen*), während bereits mehr als *) Natürlich mit Ausschluss der niederen Kryptogamen. Red. 32 000 fremde dort eingeführt sind. Die Einführung der Rebe und Kirsche durch die Römer, der Kartoffel dureh Franz Drake ist bekannt, ein verschwindend kleiner Theil der Tausende erst Eingeführter, die wir überall im Garten und Park, auf dem Felde antreffen. Mit der Zeit der Renaissance, jener Periode, in welcher überhaupt das geistige Leben der Völker Europas einen so mäch- tigen Aufschwung nahm, beginnt auch die Einfuhr ausländischer Pflanzen. Wie damals ein Haus- oder Ziergarten aussah, davon gewinnen wir ungefähr eine Vorstellung, wenn wir fernab von Verkehr und Kultur in entlegener Gegend einen Bauerngarten oder auch den wohlgepflesten Garten emes Landapothekers von altem Schlage betreten. Neben den Veilchen, Fingerhüten, Malven uud Kornblumen, die aus dem Freien in den Garten gebracht sind, finden wir Kürbisse, Gurken, Küchen- gewächse, die vielleicht bei Beginn der deutschen Kultur- entwickelung über die Alpen gekommen sind, die aro- matischen Kräuter, Lawendel, Rosmarin, ferner Levkoyen und als eingeführt aus dem Osten Flieder, Schneeball und Jasmin. Mit dem 16. Jahrhundert beginnt eine ur- kundlich sichere Geschichte, als einerseits von den „Vätern der Botanik“ in Deutschland die wildwachsenden Pflanzen verzeichnet und in den neu entstandenen botanischen Gärten die eingeführten fremden Pflanzen registrirt wur- den. Zu Padua begründete 1545 der Rath von Venedig den ersten botanischen Garten für eine systematische An- pflanzung der Fremdlinge; 1560 verzeichnete Konrad Gesner alphabetisch sämmtliche inPrivatgärten vorkommen- Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 477 ee UI — den, zumeist ursprünglich nicht einheimischen Pflanzen, des- gleichen Joachim Camerarius 1580: im ganzen mehr als 1100. Auch einige Zugehörige der amerikanischen Flora sind bald nach der Entdeekung Amerikas zu uns gekommen, die zum Theil das Beiwort „indisch“ erhielten, so das indische Zuekerrohr, Canna indiea, oder auch nach dem Lande, über welches sie den Weg nahmen, als „spanisch“ bezeiehnet wurden, wie die „spanische Kresse“, der „spanische Pfeffer“, Tabak, die Sonnenblume, die ameri- kanische Thuja, vor allen die Kartoffel, die man ohne Ahnung ihrer heutigen Bedeutung als Volksnahrungsmittel, zu jener Zeit als Zierpflanze an Stäben zog. Während der dann folgenden orientalischen Periode wurden langsam und fast unbemerkt Pflanzen aus Asien, aus Ostindien und China eingeführt: die Tulpen, Hyacinthen, Nar- eissen, Kaiserkronen und ähnliche Blumen stellten durch ihren berauschenden Duft und ihre Farbenpracht alle anderen Blüthen in den Hintergrund. Im April 1559 kam die erste Tulpenblüthe nachweisslich nach Deutsch- land, nach Augsburg: zumeist nahmen damals die Pflanzen ihren Weg nach Europa über Wien. Eine grosse Be- rühmtheit war der Garten des Bischofs von Eichstädt, besonders auch für Tulpen und Hyaeinthen; von dort ist auch das erste Kupferwerk über Pflanzen hervorgegangen. Die Holländer übertrafen im 16./17. Jahrhundert alle anderen Nationen in der Kultur fremder Pflanzen, be- sonders der Zwiebelgewächse. Der Enthusiasmus für Tulpen und Hyaeinthen, der auch Deutschland und Frank- reich ergriff, wurde in Holland zu fieberhafter Leiden- schaft, wo mancher in der Tulpenwuth Haus und Hof verpfändete, um eine noch gar nicht existirende Zwiebel zu erlangen, wo für Tulpen und Hyaecinthen oft die unsinnig- sten Preise gezahlt wurden. Ihren künstlerischen Ausdruck fand diese Vorliebe der Holländer für die Farbenpracht der Blüthen in der Blumenmalerei. Um das erste Drittel des 17. Jahrhunderts begann eine neue Aera der Pflanzen- einfuhr von Canada her über Frankreich. In der be- rühmten Historia plantarum Canadensium von 1635 sind 40 neue nordamerikanische Pflanzenarten beschrieben und abgebildet, die heute allbekannte Erscheinungen in unseren Gärten sind. Der wilde Wein, die Akazien, die Astern, Himbeeren, gelben Nachtkerzen u. a. wurden damals zuerst in Europa gepflanzt: der Garten Robin’s in Paris wurde der Ausgangspunkt dieser Bestrebungen; hier ist der erste wilde Wein gezogen. Mit Ehr- fureht betrachtet der Botaniker noch heute im Jardin des plantes ein sorgsam gepflegtes Exemplar der Steinakazie, von Robin selbst 1636 gepflanzt und nach seinem Namen Robinia von Linne generisch be- nannt. Nur sehr langsam verbreiten sich die fremden Pflanzen weiter nach Norden und Osten: seit 1711 erst schmückt der wilde Wein mit seinen herbstlich rothen Blättern die Gärten bei uns im Norden. Als die Holländer sich in Südafrika festgesetzt hatten, ging von ihnen um die Mitte des 17. Jahrhunderts durch die Einführung der „Cap-Pflanzen*“ eine neue mächtige Anregung aus; m Amsterdam und Leyden zog man die schönsten und mannigfaltigsten Geranien, Eriken, Chrysanthemum, Calla, Lobelien, Pelargonien, Draeänen, ferner die verschiedenen Aloöarten und die suceulenten Euphorbien, welche be- sonders den Botaniker interessiren und erfreuen, die so- genannten Fettpflanzen. Der durch den grossen Arzt Boerhave, den Erfinder der Glashäuser, zu einer euro- päischen Berühmtheit gewordene botanische Garten zu Leyden wurde ein Sammelpunkt dieser Südafrikaner: etwa 6000 Pflanzenarten zählte sein Verzeichniss bereits 1668; in Amsterdam aber wurde um dieselbe Zeit ein prächtiger Kupferdruck herausgegeben, der reichhaltigste und schönste vielleicht, welehen die Botanik aufzuweisen hat. Die Cap-Pflanzen hatten die Frage nach einer guten Ueberwinterung, angemessenen Bergung immer dringender zu einer brennenden gemacht; nach wissen- schaftliehen Prineipien wurden die Glashäuser angelegt und auf zweckmässiger Temperatur gehalten: schnell ver- breiteten sie sich über Europa. In Süddeutschland hatte die Führerrolle in der Pflege ausländischer Pflanzen Nürnberg, im mittleren Deutschland Leipzig. Als der unter Lous XV. herrschend gewordene französische Gartenstil, der den Anlagen immer eine architektonische Form giebt, die Gärten gewissermassen als eine archi- tektonische Anlage der Schlösser behandelt, durch den freien, landschaftlichen Park verdrängt wurde, durch den malerischen Gartenstil, wie er sich in England im Zu- sammenhange mit den landschaftlichen Schönheiten dieses Landes herausgebildet hatte, ward die Physiognomie der Gärten vollständig umgestaltet: eine grosse natürliche Mannigfaltigkeit der Bäume und Sträucher nach Wuchs und Belaubung wurde verlangt. Die feineren Parkgehölze wurden bei uns angepflanzt: die eleganten amerikanischen Pappeln und Ahornbäume, der virginische Wachholder, Eichen, Nussbaumarten und die rothblühende Kastanie, wie vieles Andere aus Nordamerika kam zu uns, ferner aus Asien die Caragane und die kleinfrüchtigen Aepfel Sibiriens, endlich noch aus Ostasien allerdings erst in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts Forsythien, Weigelien u.a. Wie jene Länder für Nordeuropa, so hat Neuholland Pflanzen für Südeuropa gegeben: nach dem seltsamen Wandel der Geschieke erscheinen die Pflanzen, welche einst in der Tertiärzeit die natürlichen Bewohner Europas gewesen sind, heut zu Tage als Fremdlinge daselbst und machen sich erst neuerdings in verwandten Arten ganz allmählig, wenigstens in Theilen des Kontinents, wieder heimisch. Im Freien lebend, beginnt die Flora Australiens, Afrikas und Süd- amerikas jetzt jenseits der Alpen die Physiognomie der Land- schaft zu beeinflussen, wie bei uns die nordamerikanischen Gewächse: so die Agave americana, die „Baumalo&* Süd- italiens, Caeteen, neuerdings in den Fiebergegenden Italiens der Euealyptus, der neuholländische Fieberbaum, welcher durch Austrocknung von Sümpfen ganze europäische Landstriche vor den Miasmen des Wechselfiebers schützt. Zu Beginn unseres Jahrhunderts waren fast alle pflanz- liehen Bewohner unseres Erdtheils von heute bereits zu uns gekommen: nur die der Tropen fehlten noch. Die Reisen zur Linie wurden seitdem immer häufiger und seit Einstellung der Dampfschiffe immer kürzer; die Ein- richtungen für den Pflanzentransport ermöglichen die Ueberführung auch der empfindlichsten Gewächse; die Vorrichtungen zur Ueberwinterung sind verbessert, Wärme- abtheilungen geschaffen, Dampfheizungen an Stelle der Oefen getreten. Palmen, Araceen, Melastomaceen, seit der Mitte unseres Jahrhunderts die Baumfarne, Musa, Be- gonien, zuletzt die Orchideen, wachsen heute bei uns. Die Nachfrage nach fremden Pflanzen hat eine enorme Steigerung erfahren: das Interesse ist ein allgemeines geworden; jeder Park, jeder Garten wird heute mit fremden Pflanzen geschmückt, und man kann fast sagen, dass die botanischen Gärten die Führung verloren haben: der Botaniker wurde als Importeur durch den Gärtner abgelöst. Es ist ein lobenswerthes Bestreben unserer modernen Stadtverwaltungen, zierliche Pflanzenanlagen zu schaften, und Privatleute wetteifern mit einander in der Zueht seltener Blumen. Dabei hat sich die geschäft- liche Speeulation der Einfuhr bemächtigt, ist der Massen- schub organisirt: wie ihrer Zeit bei den Tulpenzwiebeln haben jetzt die Liebhaber neuer Orchideen-Spielarten un- seheuerliche Preise geschaffen, und schiffsladungsweise wird jetzt oft die Einfuhr betrieben, für den Botaniker kein erfreuliches Schauspiel. Obwohl dieser Zug der 478 Neuzeit zuweilen ausartet, wollen wir ihn nicht tadeln: die Einfuhr fremder Pflanzen entspricht keinem unmittel- baren Bedürfniss, sondern ist ein Luxus edelster Art, hilft zur Verschönerung des Lebens wie die Kunst; sie hat eine Kulturmission erfüllt, indem sie das Auge für das architek- tonisch und malerisch Schöne in Natur und Kunst bildete und unsere Umgebung verschönte, wie es die Architektur allein niemals gekonnt hätte, denn der vergängliche Schmuck der Blumen übt nun einmal auf unser Gemüth einen tieferen Eindruck als der schönste Stein. Für die botanische Wissenschaft hat die Einfuhr fremder Pflanzen grossen Werth gehabt, wenngleich die Thätigkeit der Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 47. botanischen Gärten vielfach nieht genügend gewürdigt worden ist. Das natürliche System habe nirgends anders als in Frankreich geschaffen werden können, wo man allein über botanische Gärten mit genügendem Material verfügte, ist einmal gesagt worden: merkwürdigerweise sind es eben gerade auch die ausländischen Pflanzen, welche uns das Studium des anatomischen Baues der Pflanze leichtmachen. Architekt und Maler zugleich, ver- schönt die Natur durch die Fremdlinge unser Dasein und bereichert andererseits mit ihrer Hülfe unser Erkennen: die Botanik aber bleibe, wie man sie genannt hat, eine „seientia amabilis“. (Forts. folgt.) Sehlamm- oder Molchfisch (Protopterus annee- tens). — Der im Titel genannte, interessante, erst im neuerer Zeit bekannt gewordene Fisch gehört zur Familie der Doppelathmer (Dipnoi), von welcher bis jetzt nur vier Arten bekannt sind: 1. Der amerikanische Molchfisch oder Sehuppenmoleh (Lepidosiren paradoxa); 2. der afrika- nische Schlamm- oder Molchfisch (Protopterus annectens); 3. der australische Molehfisch, Schuppenmolch oder Barra- munda (Ceratodus Forsteri); 4. der kleine Molchfisch (Ceratodus miolepis). Von diesen vier Arten ist in letzter Zeit der afri- kanische Molchfiseh einige Male lebend zu uns gelangt und z. B. im „Berliner Aquarium“ ausgestellt worden. Die Gestalt dieses Lungenfisches ist aalartig, doch gedrungener, die etwa in der Körpermitte beginnende Rückenflosse vereinigt sich mit der lanzettförmigen Schwanzflosse. Sehr auffallend sind die vier circa lOcm langen geisselartigen Extremitäten (Brust- und Bauchflossen) mit einseitigem Strahlensaum, deren vorderstes Paar dieht am Kopfe, deren hinteres am Anfang der Schwanzflosse steht. Diese Gebilde sehen langen, dünnen Füssen eher als Flossen ähnlich und werden von dem Thier auch, wenn es sich auf dem Grunde seines Behälters fortbewegt als Füsse be- nutzt, so dass seine Bewegung als eine eigenthümlich kriechende erscheint, wie ich dies öfters an dem Ge- fangenen des „Berliner Aquariums“ beobachtet habe. Die kleinen Augen stehen weit nach oben, sind also von oben gut sichtbar. Die Oberlippe ist an der Schnauze aus- gebuchtet und hängt seitwärts über dem Unterkiefer über, ähnlich wie beim Jagdhund u. a. Der mit Rundschuppen bedeekte Körper ist graubraun, nach unten zu heller ge- färbt und mit unregelmässig zerstreut stehenden Flecken gezeichnet. Zwischen den Augen stehen zwei rundliche Flecke. Von den Augen ab zieht sich nach hinten zu eine Furche, welche sich mit der Seitenlinie vereinigt. Letztere erscheint beim Berliner Exemplar gleichfalls ge- fureht. Die Oberseite des Kopfes weist einige Furchen auf, welehe an die Schildnäthe mancher Reptilien erinnern. Oberhalb der engen Kiemenöffnung finden sich drei kleine Kiemenfäden, deren längster eirca 1 cm lang ist. Der Fisch kann eine Länge von eirca einem Meter und mehr erreichen. Die Weibehen sind stets bedeutend grösser als die Männchen von gleichem Alter. Ist nun schon der Fisch ob seiner sonderbaren Ge- stalt ete. interessant, so wird unser Interesse für diese Doppelathmer des tropischen Afrikas noch reger, wenn wir deren eigenthümliche Lebensweise betrachten. Schon dureh Heuglin, Marno und Dumeril sind. wir mit der Lebensweise dieses Molehfisches näher bekannt geworden und jetzt hat man im „Berliner Aquarium“ Gelegenheit, diesen Fich näher zu beobachten und neue Erfahrungen über denselben sammeln zu können. Sie bewohnen schlammige Gewässer, Sümpfe, durch Ueberschwemmungen entstandene Wasserlachen und halten sich meist am Grunde auf. Tagsüber stecken sie meist im Schlamm und kommen nur von Zeit zu Zeit (ca. alle 10—15 Minuten) an die Oberfläche des Wassers um hier Luft zu holen, da sie, wie die Labyrinthfische, die Luft direet, also ausserhalb des Wassers aufnehmen. Beim Emporsteigen halten sie ihre Extremitäten entweder an den Leib ge- drückt, indem sie mit Körper und Schwanz aalartige, schlängelnde Bewegungen ausführen, oder sie führen auch mit den Extremitäten rudernde Bewegungen aus. Bei Nacht werden sie lebhafter und gehen dann ihrer Nahrung nach, welche aus Fischen, Schnecken und allerlei Wasser- thieren besteht; sie sollen auch vegetabilische Nahrung zu sich nehmen. Ihre Opfer, Fische, Frösche, packen sie von unten am Bauche, reissen ihnen, vermöge ihres scharfen Gebisses, Stücke aus dem Leib um damit wieder in die Tiefe zu verschwinden. An Gefangenen hat man beob- achtet, dass sie auch rohes Fleisch und Regenwürmer an- nehmen. Man bewegte die Oberfläche des Wassers, wodurch ihre Aufmerksamkeit erregt wurde, und warf ihnen dann das Fleisch zu, welches sie erst mehrmals auswarfen, dann aber verschlangen. Die Molehfische sind arge Räuber, welche sich selbst an Fische ete. wagen, die ihnen an Grösse überlegen sind; auch untereinander verstümmeln sie sich und bringen sich gegenseitig, selbst bei völlig ausreichender Nahrung, Wunden bei. An Fleich gewöhnt, verursacht ihre Haltung keine Schwierigkeiten, eine be- ständige Temperatur des Wassers von 30°C. sagt ihnen, nach den bisherigen Erfahrungen, am besten zu. Ueber ihre Fortpflanzung sind wir noch nicht unterrichtet, da infolge ihrer Unverträglichkeit Züchtungsversuche bisher nicht geglückt sind. Der innere Bau ihrer Athmungsorgane befähigt diese Thiere lange Zeit ausserhalb des Wassers zu leben, wie dies auch bei einigen Labyrinthfischen der Fall ist. So wissen wir ja vom Kletterfisch (Anabas scandens), welcher in Süsswassern Ostindiens lebt, dass er sich, so- bald sein Wohngewässer austrocknet und kein anderes in in der Nähe liegt, in den Schlamm vergräbt und darin wochenlang aushalten kann. Die inneren Athmungswerk- zeuge der Molehfische sind nun fast ganz amphibienartig, was schon aus dem Namen der Familie: Doppelathmer, Lungenfische (Dipnoi, Sirenoidei) hervorgeht, weshalb es uns nicht verwundern kann, wenn diese Thiere den Labyrinthfischen betreffs der amphibischen Lebensweise noch über sind. Der Name Doppelathmer rechtfertigt sich dadurch, dass die Molehfische ausser vier paarigen Kiemen noch zwei fast die ganze Leibeshöhle einnehmende Lungen besitzen. Aus diesem Grunde und anderen anatomischen Gründen nehmen die Molehfische, respective die Familie der Doppelathmer, eine Mittelstellung zwischen den Fischen und Amphibien ein. Von den Reptilien und Amphibien wissen wir, dass sie monatelang ohne Nahrung anzunehmen, im Winter- schlaf verharren. Ein Aehnliches findet auch bei den 5. ir u [2 Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 479 Te > Molchfischen statt, indem sie, wenn ihre Wohngewässer austrocknen, einen Sommerschlaf (wie solcher ja auch bei manchen tropischen Amphibien vorkommt) halten. Ferner haben sie mit den Reptilien und Amphibien auch noch das Gemeinsame, dass sie, wie die meisten der letzteren, nieht unbedingt an einen Winter- resp. Sommerschlaf ge- bunden sind, sondern gegebenen Falls auch lange Jahre ohne Abhaltung eines solehen leben können; sie werden also wie die Reptilien und Amphibien nur durch äussere elementare Umstände zur Abhaltung des Sommerschlafes veranlasst. Während bei den heimischen Kriechthieren die gegen den Winter hin abnehmende Wärme, die da- durch bewirkte allmähliche Erstarrung, und die daraus hervorgehende Unfähigkeit, sich ihre Nahrung zu er- werben, dass treibende Element zur Abhaltung des Winter- schlafes ist, werden die Molchfische, in Folge des Aus- troeknens ihrer Wohngewässer, in Folge der Wärme, zur Abhaltung des Sommerschlafes veranlasst. Die Reptilien und Amphibien ziehen sich zur Ab- haltung des Winterschlafes in passende Schlupfwinkel, Höhlen ete., zurück oder vergraben sich in die Erde. Aehnlich macht es auch unser Molehfisch. Er bohrt sich, sobald sein Wohngewässer austrocknet, ca. 40 em. tief in den weichen Boden ein, hier durch Umdrehungen eine kleine Höhle bildend. Die zahlreichen Hautdrüsen sondern nun eine schleimige Masse ab, welche zu einer braunen trockenen Hülle erstarrt, dass Thier einkapselt und eine Feuchtigkeitsabgabe wirksam verhindert. In Folge andert- halbmaliger Umdrehung lagert sich das Thier so, dass der Kopf mit der Mundöffnung am Eingangskanal der Höhlung zu liegen kommt; der Schwanz liegt hierbei über dem Kopf, die Mundöffnung freilassend, so dass die Luft ungehindert Zutritt hat. Die Kapsel, worin sich das Thier eingehüllt hat, ist nicht gänzlich geschlossen; an der Stelle wo die Mundöffnung liegt, bleibt ein kleines Loch, bisweilen ist sogar die Umhüllung an dieser Stelle triehterförmig, nach dem Munde zu, nach innen gebogen; hierdurch ist also der Molchfisch im Stande zu athmen. Der Stoffwechsel ist wie bei allen Winterschlaf haltenden Thieren jetzt auf das geringste Mass beschränkt und sollen die Thiere als einzige Nahrung nur ihre eigene Museulatur verwenden. In diesem Zustande bringt das Thier die trockene Jahreszeit, ca. 6—8 Monate zu, um wieder durch äussere elementare Ursachen, den Eintritt der Regenzeit, aus seinem Sommerschlaf erlöst zu werden. Füllt sich in Folge anhaltenden Regens der bisher trocken gelegene Tümpel ete. wieder mit Wasser, so wird der Boden er- weicht, die' Kapsel lösst sich auf und die Thiere kommen hervor. Es ist nun wiederholt gelungen, Molchfische im Theilen aus dem Boden ihrer afrikanischen Wohnungsge- wässer, also Lehm- oder Schlammklumpen, in welchen sie sich eingekapselt, lebend nach Europa zu bringen. Um die Thiere aus dem Sommerschlafe zu erwecken, legte man diese Lehmklumpen in lauwarmes Wasser. Nach einiger Zeit war der Lehmklumpen erweicht und die Thiere kamen zum Vorschein. Ferner hat man auch die Lehmklumpen zerschlagen, die Thiere herausgenommen und von der Schleimhülle befreit ins Wasser gesetzt, sie wurden binnen kurzer Zeit munter. Beim Anfassen lassen die Thiere einen mucksenden Ton hören, beim Zerschlagen des Lehmklumpens liess das Thier einen kurzen krei- sehenden Ton hören. Aus dem Sommerschlaf erweckte Thiere zeigten sich erst träge unbeholfen, nach Verlauf etwa einer Stunde wurden sie munterer und suchten dunkele Stellen ihrer Behälter auf. Nach einigen Tagen nahmen sie Nahrung an und hatten sich bald von den Folgen ihres langen Sommerschlafes erholt. Es sind auch Versuche gemacht worden, die Molch- fiiche zum Einkapseln zu bewegen. Molchfische, welche Dumeril pflegte, zeigten sich gegen den Herbst hin un- ruhig, lebhaft, sonderten viel Schleim ab und zeigten das Bestreben, sich in den Boden einzubohren. Dumeril liess daher, um diesem Bestreben der Thiere entgegenzukommen, das Wasser ihres Behälters allmählich ab, so das Austrocknen der heimatlichen Ge- wässer der Thiere nachahmend. Die Thonerde, welche den Boden des Beckens bildete, erhärtete innerhalb drei Wochen und die Thiere waren schon längere Zeit im Boden verschwunden. Nach zweiundsechzig Tagen fand man, als man den Boden untersuchte, die Thiere eingekapselt vor; sie gaben nach dem Oeffnen der Kapseln nur geringe Lebenszeichen von sich und starben bald darauf. Es wäre interessant, wenn jetzt derartige Versuche wiederholt würden, vielleicht ge- länge es doch, ein besseres Resultat zu erzielen. Können wir es doch bei den Reptilien und Amphibien ermöglichen, sie zur gegebenen Zeit, durch allmähliche Entziehung der Wärme in den Winterschlaf verfallen zu lassen, um sie nach einigen Monaten wieder, durch allmähliche Steigerung der Temperatur, zu erwecken. Solche Versuche sind fast immer von Erfolg gekrönt, indem sich die so be- handelten Thiere noch jahrelang, selbst bei wiederholten Versuchen, ihres Daseins freuten, wodurch wir den Be- weis erhalten, dass nur äussere, elementare Ursachen die Thiere zur Abhaltung eines Winter- oder Sommer- schlafes veranlassen, sie aber desselben auch entbehren können. Hermann Lachmann. Geologische Bemerkungen über die Thermen von Bormio und das Ortlergebirge. — In den Sitzungs- berichten der mathem.-physik. Klasse der k. bayer. Aka- demie der Wissensch. (1891. Heft I) giebt Prof. v. Gümbel eine in vieler Beziehung interessante Schilderung der geo- logischen Verhältnisse des Graubündener Kalkzuges im allgemeinen und des Ortlergebirges im besonderen. Am Südrande dieses gewaltigen Kalkstockes treten die seit alters berühmten heissen Quellen von Bormio zu Tage; das tief einschneidende Thal der Adda mit seinen Ab- hängen lässt hier erkennen, dass die Thermen an der Grenze der den oberen Theil der Ortlergruppe zusammen- setzenden Kaikschichten und der unterlagernden thonig- schiefrigen Gebirgsglieder entspringen. 7 grössere und eine ganze Reihe kleinerer Quellen brechen aus den zer- klüfteten dolomitischen Kalkfelsen hervor, mit einem Ge- sammterguss von schätzungsweise 13—20 Sekundenlitern und einer Durchsehnittstemperatur von 33—39° C. In ihrer chemischen Zusammensetzung fällt besonders auf das Vorwalten von Sulfaten (Gyps, Bittersalz, Glaubersalz) und Kalkcarbonat, der geringe Gehalt an Chlornatrium und das fast gänzliche Fehlen von Schwefelwasserstoff. Auffallend ist dagegen das reichliche Auftreten dieses Gases in dem Schlamm, der bei längerem Verweilen des Mineralwassers in den Reservoirs sich absetzt. Das zahl- reiche Auftreten von Fadenalgen und Diatomeen in dem- selben sowie das gleichzeitige Erschemen von Schwefel und schwarzem Schwefeleisen lässt es wahrscheinlich sein, dass durch den Einfluss abgestorbener organischer Stoffe und durch die Thätigkeit von Spaltpilzen bei gleichzeitigem Vorhandensein von Eisensalzen eine Zersetzung der Sul- fate bewirkt wird, wodurch Schwefel, Schwefelwasserstoff und Sehwefeleisen entstehen. Als eine weitere bemerkens- werthe Eigenthümlichkeit der Thermen ist der, wenn auch geringe, Arsengehalt anzusehen. Die Ortlergruppe ist die östlichste und zugleich mäch- tigste Erhebung des südlich von Chur beginnenden Grau- bündener Triaskalkzuges. Langjährige Untersuchungen v. Gümbels haben festgestellt, dass diese ganze mächtige 480 Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. 47. Schichtengruppe zwischen dem Lias und den Werferer- Schiehten, dem alpinen Buntsandstein, einzureihen ist, eine genauere Eintheilung derselben ist jedoch in Folge der grossen Armuth an Versteinerungen und der petro- graphischen Einförmigkeit mit Sicherheit bisher nicht gemacht worden. An einigen Stellen nur konnten Lias, Muschelkalk, Raibler- und Werferer-Schiehten konstatirt werden. Die mächtigen Kalk- und Dolomitmassen des Ortler- stoekes ruhen auf einer flachen Mulde älterer krystalli- nischer Schiefer in nahezu oder völlig eoncordanter La- gerung. Einer der besten Aufsehlüsse zum Studium dieser Verhältnisse ist das Profil am Martlkopf längs des Steiges zur Payerhütte. Gneisse, Phyllite, quarzitische und seri- eitische Schiefer wechsellagern bis zu einer Höhe von etwa 2480 m. Hier beginnen Flaserschiefer mit Brauneisen- steinnieren, welche früher Veranlassung zum Bergbau und zur Verhüttune gegeben haben. Diese Flaserschiefer, früher als Verrucano zum Perm gerechnet, bilden den Uebergang zu den Kalk- und Dolomitmassen des eigent- lichen Ortlermassivs, die in mannisfachem Wechsel mit eingelagerten Gypsstöcken sich bis zu den rhätischen Mergeln aufeinanderschichten. Eine sichere und genauere Eintheilung ist auch hier mangels organischer Ueberreste bis jetzt nicht möglich gewesen. Aus den geschilderten geologischen Verhältnissen er- klären sich die Eigenschaften der heissen Quellen von Bormio. Der Gehalt an den oben erwähnten Salzen rührt unzweifelhaft von den gypsführenden Schichten her, deren Mangel an Steinsalz zugleich das Fehlen von Chlornatrium in den Thermen erklärt. Die geringe Beimengung von Eisensalzen leitet sich wahrscheinlich von den Bra auneisen- steinnieren ab, während Arsen und die geringen Mengen anderer Metalle von metallhaltigen Mineralien herrühren mögen. Die hohe Temperatur der Quellen lässt sich dadurch erklären, dass in Folge des Aufsteigens der Geoisothermen im Innern der gewaltigen Gebirgsmasse daselbst eine ver- hältnissmässig hohe Temperatur herrscht und sich dem durehfliessenden Quellwasser mittheilt. Man kann sich vorstellen, dass das auf der Höhe des Mt. Cristallo sich bildende Sehmelzwasser durch das klüftige Gestein her- niedersinkt, die Salze aufnimmt und mit hoher Temperatur an der Stelle zu Tage tritt, wo das Thal die Grenze zwischen dem Kalk und den unterlagernden undurch- lässigen Schieferschichten entblösst hat. Mit dieser An- nahme stimmt die Beobachtung überein, dass bei anhalten- der Kälte und daraus folgendem Mangel an Schmelz- wasser die Ergiebigkeit der Quellen nachzulassen pflegt. Eine ähnliche "Erklärung ist auch für die Quellen von Gastein sehr wahrscheinlich. MC. Sternschnuppen und Meteore. — Von besonderem Interesse für die Beobachter von Sternschnuppen-Erschei- nungen ist die Nacht vom 27. zum 28. November. In -diesem Zeitpunkte befindet sich nämlich die Erde in der Nähe des Kreuzungspunktes ihrer Bahn mit der Bahn, in welcher zuletzt der sogenannte Bielasche Komet gewandelt ist, und an diesem Kreuzungspunkte scheinen die in der Bahnstrasse dieses Kometen wandelnden Weltkörper- chen in denselben Perioden, in denen sich der Umlauf jenes Kometen vollzog, besonders zahlreich wiederzukehren und uns alsdann die Erscheinung eines sehr reichen Sternschnuppenregens, welcher aus dem Sternbilde der Andromeda hervorzukommen scheint, darzubieten. Der Komet, welcher früher in dieser Bahn wandelte, scheint sich seit einigen Jahrzehnten in kleinere sich allmählig zerstreuende Massen aufgelöst zu haben. Aber zuletzt am 27. November 1855 passirte noch eine sehr zahlreiche Schaar derselben gleichzeitig mit der Erde den Kreuzungs- punkt der beiden Bahnen. Da die Umlaufszeit jenes Kometen 6!/, Jahr betragen hatte, so wird vermutlich im gegenwärtigen und im folgenden Jahre wiederum eine ziemlich reiche Begegnung mit den, jener Kometenbahn angehörigen Sternschnuppen stattfinden, obschon die Be- gesnung mit dem diehtesten Kerne jenes Schwarmes erst nach zweimal 61/, Jahren, also nach vollen 13 Jahren wiederzukehren scheint, wie es sich aus der Aufeinander- folge der beiden sehr reichen Sternschnuppenfälle am 27. November 1872 und 1855 ergeben hat. Die Sternschnuppen-Erscheinung vom 27. November oder die Andromediden unterscheiden sich von der be- kannten, am 13. November stattfindenden, aus dem Stern- bilde des Löwen herstrahlenden (Leoniden) recht wesent- ga dadurch, dass die Begegnung mit den Leoniden am 13. November mit der sehr grossen Geschwindigkeit von nahezu 70 Kilometer in der Sekunde, die Begegnung mit den Andromediden dagegen nur mit der viel geringeren Geschwindigkeit von 16 Kilometer in der Sekunde erfolgt, weil die mit etwas mehr als 30 Kilometer in der Sekunde um diese Zeit stattfmdende Erd-Bewegung der Bewegung der ersteren Schar fast gerade entgegengesetzt, dagegen mit derjenigen der letzteren Sehar mehr g gleich gerichtet ist. Da die Helligkeit des Leuchtens der Sternschnuppen von dem Betrage jener relativen Geschwindigkeit wesent- lich abhängig ist, so werden die Leoniden im Allgemeinen mit viel grösserem Glanze auftreten als die Andromediden, wogegen die letzteren im bevorstehenden November-Phä- nomen voraussichtlich viel zahlreicher sein werden, als die ersteren. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Der ordentliche Professor der Mathematik an der Universität Bern L. Schläfli tritt in den Ruhestand. Zum Nachfolger Hof- manns als ordentlicher Professor der Botanik an der Universität Giessen ist der Docent an der Technischen Hochschule in Darm- stadt, Dr. Hansen, ernannt worden. Der Privatdocent der Chemie an der Universität Strassburg Dr. L. Wolff ist als ausserordent- licher Professor an die Universität Jena berufen worden. Privat- docent Dr. L. Döderlein in der naturwissenschaftlich-mathema- tischen Faeultät der Universität Strassburg ist zum ausserordent- lichen Professor ernannt worden. Der Honorar-Professor und Director des Kinderkrankenhauses an der Universität Leipzig, Dr. L. OÖ. Heubner, ist zum Medicinalrath ernannt worden. Rs sind gestorben: Am 27. October in Athen Artilleriehaupt- mann Georg Deneke, im Interesse des Archäologischen Instituts nach Attika zu topographischen Vermessungen in der eleusinischen Ebene und auf der Insel Salamis beurlaubt; am 3. November in Fano in Italien der jüngste Sohn von Napoleons I. Bruder Lucian, Louis Lueian Bonaparte, Schriftsteller 'auf dem Ge- biete der Naturkunde und Sprachwissenschaft, im 79, Jahre; — iernet der Privatdocent der Physik an der Universität Leipzig, H. A. Weiske, 60 Jahre alt; in Wien der ordentliche Pro- Be: der innern Mediein Dr. L. Scehrötter, 54 Jahre alt, und in Hamburg der Pornos Christ. Radenhausen; 77 Jahre alt. i Litteratur. Prof. O0. Hostinsky, Herbart’s Ästhetik in ihren grundlegenden Theilen quellenwässig dargestellt und, erläutert. Verlag von Leopold Voss. Hamburg.u. Leipzig. 1891. — Preis 2,40 Mk. Aus falschen Auffassungen bei vielen Autoren über Herbart’s ästhetische Ansichten, die "durch seine Sehriften zerstreut sind, und vielfach unterschätzender Würdigung seiner Ästhetik folgert der Verfasser das Bedürfniss einer neuen Darstellung der letzteren und zwar besonders im Interesse der Historie. Verf. bietet daher eine durchaus authentische, d.h. quellenmässig treue und möglichst vollständige W iedergabe. der Lehre Herbart's mit geschiekter Zusammenstellung des Zusammengehörigen resp. Ver- wandten, wobei also Herbart selbst das Wort nimmt, sodass seine Gedanken auch mit der seinem Styl anhaftenden Eigenthümlich- keit zur Geltung kommt. Alles was sich in den Sehriften Herbart’s über Ästhetik ‚vorfindet, hat Verf. gewissenhaft gesammelt, und die vielen Einzelheiten zu einem ‚einheitlich wirkenden Mosaik Nr. 47. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 481 verarbeitet, mit Hinweglassung nur desjenigen, was entweder sich oft wiederholte, oder ihm ganz und gar entbehrlich schien, ge- sichtet und geordnet, sodass uns in der verdienstlichen Arbeit eine Ästhetik vorliegt, die Herbart in der That selbst geschrieben haben könnte. Der zweite Theil des Buches: „Historisches und Kritisches“ bildet einen Commentar und enthält Polemisches. Die Freunde Herbart'scher Philosophie werden das Buch Hostinky’s mit grossem Interesse studiren. A. F. Schimper, Die indo-malayische Strandflora. Mit 7 Text- figuren, einer Karte und 7 Tafeln. Verlag von Gustav Fischer. Jena 1891. Preis 10 Mk. Der vorliegende Band bildet das Heft 3 der von Schimper herausgegebenen „Botanischen Mittheilungen aus den Tropen“. In den Küstenstriehen der feuchten, für die Vegetation gün- stigen Tropengebiete wird die schädliche Wirkung des Salzes ab- seschwächt, ohne dass die Strandflora aufhört, ein charakteristisches epräge zu zeigen. Im Gegentheil, letzteres tritt, dem grösseren Spielraum, den günstigere Bedingungen gewähren, entsprechend, in viel zahlreicheren Eigenthümlichkeiten zum Vorschein. Die pflanzlichen Strandgesellschaften zeigen sich ebenso wie die Be- völkerungen der Küsten vom Meere beherrscht. Denn einerseits trägt der Bau dieser Gewächse das Gepräge der mit dem Leben auf dem Strande verbundenen Gefahren, in Schutzmitteln der transpirirenden Organe gegen die ungünstige Wirkung der See- salze, in solchen der ganzen Pflanze gegen Seewind und Wellen- schlag, gegen Bewegungen der Ebbe und Fluth oder des losen Dünensandes, andererseits aber auch Ausnutzung solcher Vortheile, wie sie das Meer ihnen bietet, namentlich der Strömungen, welche ihre Früchte und Samen auf ungeheure Entfernungen forttragen und welchen so viele Strandpflanzen in erster Linie ihre trans- oceanischen Areale verdanken. Schimper versucht nun in der vorliegenden Arbeit die zahl- reichen Eigenthümlichkeiten der indo-malayischen Strandflora, welche sich vor allen anderen Strandfloren durch den Reichthum ihrer Formen, die Mannigfaltigkeit ihrer Anpassungen, die scharfe Differenzirung ihrer Formationen auszeichnet, auf ihre Factoren zurückzuführen und zu zeigen, wie diese Eigenthümlichkeiten wiederum die geographische Verbreitung beeinflusst haben. Brehms Thierleben. Dritte, gänzlich neubearbeitete Auflage von Prof. Dr. Pechuel-Loesche. Die Vögel. Unter Mitwirkung von Dr. Wilh. Haacke, neubearbeitet von Prof. Dr. Pechuel-Loesche. I. Band: Baumvögel. Mit 144 Abbildungen im Text und 19 Tafeln zum Theil in Chromodruck. Bibliographisches Institut. Leipzig und Wien 1891. — Preis 15 Mk. Der vorliegende, prächtige 4. Band von Brehms Thierleben bringt die 1. Ordnung der Vögel, die Baumvögel (Coracornithes). zum grösseren Theil, nämlich zunächst: Sänger (Sylviidae), Timeliidae, Baumläufer (Certhiidae), Zuckervögel (Daenididae), Honigsauger (Nectarinüdae), Honigfresser (Meliphagidae), Kurz- fussdrosseln (Brachypodidae), Lerehen (Alaudidae), Waldsänger Sylvicolidae), Finken (Fringillidae), Webervögel (Ploceidae), tärlinge (Ieteridae), Stare (Sturmidae), Kurzfussstare (Oriolidae), Paradiesvögel (Paradiseidae), Raben (Corvidae), Würger (Laniidae), Raupenfresser (Campephagidae), Fliegenfänger (Muscicapidae), Schwalben (Hirundinidae), Wollrücken (Eriodoridae), Baumsteiger (Anabatidae), Tyrannen (Tyrannidae), Schmuckvögel (Ampelidae), Rachenvögel (Eurylaenidae), Leierschwänze (Menuridae), Spechte (Pieidae), Pfefferfresser (Rhamphastidae), Bachvögel (Capitonidae), Spähvögel (Indicatoridae), Kolibris (Trochilidae), Segler (Cyp- selidae) und Mäusevögel (Coliidae). Aus dieser Disposition der Familien ergiebt sich die zeitgemässe vollständige Aenderung, welche die Systematik der Vögel von den Neu-Bearbeitern in der dritten Auflage erfahren hat, wie auch sonst die bessernde Hand überall da, wo der Fortschritt der Wissenschaft es nöthig machte, zu merken ist; aber auch eine Vermehrung hat der Text erfahren. Die vorzüglichen, mustergültigen Text-Abbildungen und Tafeln sind um nieht weniger als 34 Text-Abbildungen bereichert worden, und trotz alledem ist das Thierleben auch in dem vorliegenden Bande der alte uns so lieb gewordene Brehm geblieben, denn die Neubearbeiter haben ihre Aufgabe bis jetzt mit grossem Geschicke gelöst und lassen sicher erwarten, däss auch die folgenden Bände zu dem Schlussurtheil berechtigen werden: das „Thierleben“ ist Brehm’s voll und ganz würdig erstanden. Prof. Friedrich Umlauft, Das Luftmeer, die Grundzüge der Meteorologie und Klimatologie nach den neuesten Forschungen gemeinfasslich dargestellt. A. Hartleben’s Verlag. Wien, Pest, Leipzig 1891. — Preis 7,50 Mk. Die ersten 9 Lieferungen des vorliegenden hübschen Werkes haben wir bereits Bd. V S. 522 besprochen. Die Lief. 10—15 schliessen das Werk würdig ab und bringen die folgenden 8. Kapitel: Blektrische Erscheinungen in der Atmosphäre, 9. Die optischen Erscheinungen im Luftkreise, 10. Das Wetter und die ausübende Witterungskunde. Hiermit schliesst der erste Hauptab- sehnitt; der zweite: die Klimatologie, ist in 5 Kapitel gegliedert: 11. Allgemeine Klimatologie, 12. Das Klima der Tropenzone, 13. Das Klima der nördlichen gemässigten Zone, 14. Das Klima der südlichen gemässigten Zone und 15. Das Klima der Polarzonen. Das Buch bringt nicht weniger als 140 gute Abbildungen, unter denen viele Tafeln, ferner 18 Karten und Diagramme im Texte und 15 bunte Separatkarten. Bei dem Interesse, welches die Vorgänge in unserem Luft- meer für Jedermann haben, muss das schöne, erstaunlich billige Buch weitere Verbreitung finden; es steht durchaus auf der Höhe der Wissenschaft, sodass es auch von solehen, die höhere An- forderungen stellen, mit Vortheil zur Hand genommen werden kann. J. H. Kühl, Grundriss der Geometrie. I. Planimetrie. 1,50 Mark II. Stereometrie. 2,00 Mark, III. Trigonometrie. 2,25 Mark., Verlag von Gerhard Kühtmann, Dresden 1891. Der Verfasser des vorliegenden Grundrisses ist Lehrer der allgemeinen Gewerbeschule und der Schule für Bauhandwerker in Hamburg; er hat die drei Leitfäden der Geometrie daher mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse und Ziele seiner Anstalt abgefasst. Aber es scheint uns, dass dieser Grundriss auch an Schulen anderer Richtung mit Vortheil verwendet werden kann. In diesen Leitfäden ist vor allem das Bestreben des Ver- fassers wohlthuend bemerkbar, den Schülern das Wesen eines mathematischen Beweises beizubringen; er verfällt dabei aber nieht in den Fehler, in den Beweisen das allseinseligmachende Prineip des mathematischen Schulunterrichtes zu erblieken, wovon man in neuerer Zeit sehr zurückgekommen ist; sondern er hält eine gute Mittelstrasse inne. Ferner ist die Formulierung der Definitionen und der Axiome dem Verständnisse der Schüler ent- sprechend klar und einfach gehalten. Manche Sätze möchten sich noch einfacher fassen lassen; so erscheint uns, um ein Beispiel anzuführen, der Satz „der auf dem Durchmesser eines Kreises stehende Peripheriewinkel ist ein rechter Winkel“ etwas schwerfällig, derselbe lässt sich wohl mit derselben Praeeision kürzer Baedracken! Auch scheint es uns nach unserer Erfahrung empfehlenswerth, verwickeltere Formeln nieht durch Sätze aus- zusprechen; die Formel sagt alles kürzer und genauer und prägt sich dem Gedächtnis mindestens ebenso leicht ein wie ein langatmiger Satz. Natürlich muss man eine Grenze innezuhalten wissen; als Uebung nur so zu sagen, um die Vorzüge der mathematischen Formelsprache darzuthun, sind solche Wort- formulirungen ja sicher von Nutzen. Es wird nicht nöthig sein, Beispiele hierfür beizubringen. i 1 Die Ausstattung seitens der Verlagshandlung ist eine aus- ezeichnete, auch die zahlreichen Abbildungen sind gut ausge- ührt; hin und wieder stört eine Abweichung in der Bezeichung im Text und in der betreffenden Figur, was uns namentlich bei der Stereometrie aufgefallen ist. Wiederholt steht in der Figur etwa C,, C,, während im Texte die Bezeichnung Cı, C, u. s. f. lautet. Die Uebersehrift des Anhanges der Stereometrie muss „von den Kegelschnitten“ (nicht „Kegelabschnitten“) heissen. Diophantus von Alexandria, Die Arithmetik und die Schrift über Polygonalzahlen. Uebersetzt und mit Anmerkungen be- gleitet von G. Wertheim. Verlag von B. G. Teubner. Leipzig 1590. Der Herausgeber hat eine mühsame Aufgabe mit der vor- liegenden Arbeit unternommen, die ihm aber auch die freund- liche Anerkennung der Fachgenossen eintragen wird. Leider nur ist der Kreis der Mathematiker, welche Neigung und — Zeit haben sich mit der historischen Entwicklung der Wissenschaft eingehend zu beschäftigen, ein sehr kleiner. Herr Wertheim hat nur zwei Vorgänger gehabt, den Deutschen Wilhelm Xyl ander (1575) und den bekannteren Franzosen Bachet de Meziriac (1621). Dieser letztere ist es übrigens, dem man die Auflösung der Gleichung ac+by=m in ganzen Zahlen verdankt, und keineswegs Diophant, nach dem jene Gleichungen den Namen tragen. In der Schrift über die Arithmetik findet sich keine einzige Aufgabe dieser Art. Es werden nur solche Aufgaben be- handelt, welche auf lineare und quadratische Gleichungen mit einer oder zwei Unbekannten sich zurückführen lassen. Herr Wertheim hat die Anmerkungen, welche von keinem geringeren als P. Fermat herrühren, und sich in dem 1670 von des letzteren Sohne S. Fermat, veranstalteten Abdrucke der Bachet’schen Aus- gabe finden, aufgenommen. Dadurch wird der Werth des Buches gewiss erhöht. Das beste und werthvollste an demselben sind aber nach meiner Ansicht die Anmerkungen des Herrn W. selber, ohne welche das Werk für den modernen Leser — bei der Dio- phantischen Behandlungsweise des Stoffes — wohl nieht immer eine erfreuliche Leetüre wäre. Wir sind nur dann von einer mathematischen Untersuchung, sei sie auch noch so einfach, be- friedigt, wenn wir die Lösung in möglichster Allgemeinheit ge- Naturwissensehaftliche Wochenschrift. Nr. AT. staltet haben. Diophant dagegen behandelt eine jede Aufgabe möglichst speeiell, mit numerischen Zahlen. Da treten dann die in moderner Form den Text begleitenden Noten des Herrn Her- ausgebers in höchst dankenswerther Weise ein. Interessant ist Diophants Schrift über die Polygonalzahlen, deren Verständniss Herr W. durch einen Anhang „über figurirte Zahlen“ einem jeden möglichst nahe gebracht hat. Sehr erfreulich ist, dass sich da- selbst auch Lagrange’s Beweis des Satzes findet, dass jede ganze Zahl, die nieht selbst ein Quadrat ist, sich in vier oder wenige ganze Quadratzahlen zerlegen lässt. Den Schluss des Buches bilden die arithmetischen Epigramme der griechischen Anthologie, die erstmals von Zirkel (1853 Progr. Gymnas. Bonn) übersetzt wurden, die aber ihrem grösssren Theile nach hier von Herrn W. neu verdeutscht sind. Die Mathematiker historischer Richtung werden Herrn Wert- heims treffliche Publication gewiss mit Freude begrüssen. Aber dies würde nur ein zu kleiner Kreis sein. Ich möchte namentlich auch die Mathematiklehrer an höheren Schulen auf dasselbe hin- weisen. Sie werden Dank der liebevollen Hingabe, die der Her- ausgeber auf das Werk verwandte, eine reiche Fundgrube origi- neller Aufgaben finden, die namentlich an Gymnasien im reichsten Masse belebend auf den Unterricht wirken werden. Gravelius. Mittheilungen des naturw. Vereins für Steiermark. J ahrgang 1890. Graz 1891. 1 Der stattliche vorliegende Band enthält ausser einer Anzahl kurzer Referate über Vorträge und ausser einer Anzahl „Mis- cellanea“ — unter diesen, wie schon früher (S. 214) angegeben, ein interessanter Aufsatz des Prof. R. Hoernes über „Die Her- kunft des Menschengeschlechtes“, welcher im wesentlichen gegen Virchows antidarwinistische Bestrebungen hinsichtlich des se- nannten Gegenstandes polemisirt — die folgenden Abhandlungen: Paul Leverkühn, Fremde Eier im Nest (vergl. die Besprechung des Separatabzuges dieser Arbeit auf S. 347 Bd. VI. der Naturw. Wochens.), Fr. Krasan, Beiträge zur Phanerogamen-Flora Steier- marks und Inwieweit ist man imstande. dureh die Kenntnisse der Pflanzenversteinerungen das Klima von Steiermark in den vorge- schiehtlichen Zeiten zu bestimmen?, Fr. Kochek, Beiträge zur Flora Untersteiermarks, M. Dominicus, Einige Pflanzen-Stand- orte in der Umgebung Voitsbergs, Fr. Standfest, Wie sind die Israeliten durchs rothe Meer gekommen und die Egypter darin verunglückt?, R. Hoernes, Die Anlage des Füllschachtes in Rohitsch Sauerbrunn, P. A. Pfeiffer, Steierische Gastropoden in dem naturh. Mus. der Sternwarte zu Kremsmünster, E. Hatle, Erechthites hieraeifolia Raf., A. F. Reibenschuh, Chemische Untersuchung neuer Mineralquellen Steiermarks, RK. Prohaska, Die Hagelschläge des 21. August 1890 in Steiermark und Gewitter- Beobachtungen in Steiermark, Kärnten und Oberkrain. Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1890. No. 1244—1264. Redaction Prof. J. H. Graf. Verlag von K. J. Wyss in Bern 1891. Ziemlich umfangreich sind die Artikel von F. Ris, Zur Ge- schichte des intern. Mass- und Gewiehtsbureaus und der neuen Prototype des Meters und des Kilogramms, und H. Stauffer, Etude sur la quantite des eourants d’induetion employ6s en &leetro- therapie. Kleinere Abhandlungen sind die von A. Baltzer u. E. Fischer, Fossile Pflanzen vom Comersee; E. Beyroth, Bei- trag zur Tipuliden-Fauna in der Schweiz; H. Frey, Eine neue Synthese der arom. Carbonsäure; A. Guillebau, 1. Fall von Eehinococeus multilocularis b. Rinde und 2. Neuer Fall von Cysticereus der Taenia saginata b. Rinde; B. Studer-Stein- häuslein, Beitrag zur Kenntniss der schweizerischen Pilze (mit 2 Tafeln: Flammula Studeriana Fayod. u. Xilaria polymorpha var.) a endlich I. B. Thiessing, Notizen über d. Lias von Lyme egis. Mittheilungen der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropo- logie und Alterthumskunde. II. Bd. 1.u.2. Heft. Guben 1891. Beide Hefte enthalten vornehmlich Beiträge zur Vorgeschichte, besonders Beschreibungen von Urnen und Gräberfeldern, ferner Beiträge über Sage und Brauch und zur Geschichte. Inhalt: Bergreferendar Leo Cremer: Ein Ausflug nach Spitzbergen. Naturforscher und Aerzte in Halle a. S. vom 21. Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft. Heft I. In Comm. bei H. Georg. Basel und Genf 1891. Das Heft bringt von grösseren Abhandlungen: Dr. Hans Schinz, Potamogeton javanieus Hassk. und dessen Synonyme, Dr. J. Früh, Der gegenwärtige Standpunkt der Torfforschung, ein Vortrag, in welchem Verf. eine eingehendere Erforschung der Torfmoore der Schweiz anregt, Dr. H. Christ, Kleine Beiträge zur Schweizerflora, Prof. Dr. C. Kramer, Ueber das Verhältniss von Chlorodietyon foliosum J. Ag. (Caulerpeen) und Ramalina retieulata (Noehden) Krplhb. (Liehenen), die letzte Arbeit mit 3 Tafeln. Das Heft wird von Referaten beschlossen über die im Jahre 1890 erschienenen Veröffentlichungen, welche auf die schwei- zerische Flora Bezug haben. - Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. XLIII. Bd. 2. Heft. (Mit 1 Tafel). Verlag von Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) Berlin 1891. Enthält die folgenden Aufsätze: Rothpletz, Fossile Kalk- algen aus den Familien der Cordiaeeen und der Corallineen; Osann, Ueber den geologischen Bau des Cabo de Gata; Penecke, Die Mollusken-Fauna des untermiocänen Süsswasserkalkes von Renn in Steiermark; Behrendsen, Zur Geologie des Ostabhanges der argentinischen Cordillere; Oppenheim, Beiträge zur Kenntniss des Neogen in Griechenland; Aurel Krause, Beitrag zur Kennt- niss der Ostrakoden-Fauna in silurischen Diluvialgeschieben. Briefkasten. Hr. Realgymnasiallehrer E. Fritsche. 1. Ueber Mimiery ist uns ein zusammenfassendes Werk neuesten Datums nicht be- kannt. Jedoch erscheinen in vielen Zeitschriften in einemfort kleine Mittheilungen über den Gegenstand. Eine solche liest uns z. B. in einem illustrierten Artikel F. Plateau’s „La ressem- blance proteetrice chez les Lepidopteres europeens“ in der No. vom 1. November von „Le Naturaliste“ (Paris) vor. 2. Ausser den von Ihnen schon genannten Schriften wären anzuführen: a) Wiener’s Versuche, bezw. Ergebnisse über stehende Lichtwellen. b) Mehrere Abschnitte in Bolzmann’s Werke über die Maxwell’sche Theorie des Lichtes und der Elektrieität. e) Poincar&'s Arbeiten (selbständiges Werk und mehrere Aufsätze in den Comptes rendues.) d) Zahlreiche Arbeiten verschiedener Forscher in Eng- land (Philosophical Magazine), Frankreich, Italien, Deutschland und auch in Dänemark. 3. Das neueste umfassende und beachtenswerthe Werk über Darwinismus ist das in der Nat. Wochs. noch zu besprechende des bekannten englischen Naturforschers A. R. Wallace „Der Darwinismus. Eine Darlegung der Lehre von der natürlichen Zuehtwahl und einiger ihrer Anwendungen.“ (Vieweg & Sohn — Braunschweig). Am objeetivsten ist und bleibt bei Besprechung des Darwinismus nun einmal Darwin selbt in seinen Schriften, in denen er ja auch das von Gegnern vorgebrachte Wider be- spricht, sofern es von Urtheilsfähigen, resp. von solchen. die man doch für urtheilsfähig halten sollte, da sie sich Naturforscher nennen, ausgeht. Antidarwinistische Werke von Naturforschern, allerdings nicht neueren Datums, da solche jetzt eigentlich nur noch von Nichtnaturforschern verfasst werden, die naturgemäss keine Beachtung verdienen, sind u. a.: Godron „De l’espece* (im Jahre 1859 erschienen, also eigentlich nicht antidarwinistisch sondern antideseendentheoretisch) und Wigand, Der Darwinismus. Berichtigung. In dem in der vorigen Nummer abgeschlossenen Bericht der Versammlung der deutschen anthropologischen Gesellschaft ist S. 386 Spalte 1 Zeile 27 und 26 v. u. gesagt, dass der Latene- Kulturperiode die Hallstatt-Kultur gefolgt sei, während es in Wahrheit umgekehrt ist. Forsetzung. (Mit 3 Abbild.) — 64. Versammlung deutscher bis 25. September 1891. III. — Schlamm- oder Molchfische (Protopterus 3 An Man l- N sc | R. nn n R n anectens). — Geologische Bemerkungen über die Thermen von Bormio und das Ortlergebirge. — Sternsehnuppen und Meteore. Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Prof. O. Hostinsky: Herbart’s Aesthetik. — A. F. Sehimper: Die indo- malayische Strandflora. — Brehm’s Thierleben. — Prof. Friedrich Umlauft: Das Luftmeer. — J. H. Kühl: Grundriss der Geometrie. — Diophantus von Alexandria: Die Arithmetik und die Schrift über Polygonalzahlen. — Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. — Mittheilungen der naturforsehenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1890. — Mittheilungen der Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Alterthumskunde. — Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft. — Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. — Briefkasten. — Berichtigung. Kr EEE EEE Ir TORE PIG TER EEE Eee Tee ET EIGNET TEE EEE RETTET EEE Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Holz, sche und selbsterregende | construirt von J. R. Voss. Metall-Spiral-Hygrometer (bereits 15 000 Stück geliefert) empfiehlt als Spezialität J. BR. Voss. 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CELLCLLLCLLLOCLLCLCCLeccceLLeceLeLecee ei m I I IL III I I LI De ee ee ee Te ee ee ee ee ee ee ee Te Te Te ee ee Eee En ER Eee ES Te I EN Er EN ER Te Eee Te Ta Ta Is Se Sr Ta Ta Te Ta Te Sr a ——— m nn 7 SS SNNN ee 'as die naturwissenschaftliche Forschung »ufgiebt an weltum- fassenden ldeen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird reichlich ersetzt durch den JERIIE Dunn Redaktion: Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Nr. 48. Sonntag, den 29. November 1891. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist M 3.— & sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme Bringegeld bei der Post 15 3 extra. A bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ein Ausflug nach Spitzbergen. Von Bergreferendar Leo Cremer. (Fortsetzung.) Wir. hatten wirklich ausserordentliehes. Glück: Fast |ringes Grösse der Bai einen überwältigenden Eindruck. ohne ein Hinderniss zu finden, war es uns gelungen, die | Wo es die steilen Abhänge zulassen, liegt überall Schnee. hohe Breite von beinahe 80° zu erreichen, nur 150 geo- | Hier sind die Wände nur leicht, wie mit feinem Zucker graphische Meilen bestreut, dort zie- vom Nordpol ent- hen sich zahlreiche fernt, den wir in schmale Schneebän-, eisfreiem Wasser in der in den tiefen 21) Tagen hätten Runsen der zerrisse- erreichen können. nen Berge von oben Wie viele Nordpol- bis unten hinab, dort expeditionen, die mit wieder liegt der weniger Glück und Schnee dieht und an einer ungünsti- weich, wie Sammet geren Stelle vorge- sich anschmiegend drungen sind, haben an die Umrisse der unter weit niedri- Bergketten. Nur die gerer Breite, im Eise höchsten Spitzen ra- eingeschlossen und gen hervor, wie ein von der Polarnacht halb, herabgeslitte- umhüllt, Haltmachen ner weisser Mantel müssen, während wir legt sich die Schnee- im hellen Sonnen- decke in weichen schein ohne jede Ge- Falten herum. Wir fahr an einer der im- umfuhren. die süd- posantesten Küsten- liche Ecke der Bai, landschaft Spitzber- passirten die kleine gensvorbeidampften. Hamburger Bai und Um zehn Uhr Fig. 3. Südufer der Kingsbay von der „Amely‘ aus. befanden uns nun Abends befanden am ersten der ge- wir uns am Eingang waltigen Gletscher, der Magdalena-Bai und damit an einem der landschaft- | welehe sich beinahe 5 geographische Meilen weit zwischen lieh schönsten Punkte Spitzbergens. Schwarz und steil | der Hamburger Bai und der Kingsbai längs der Küste hin- steigen die gewaltigen Berge unmittelbar aus dem Meere | ziehen. Die „sieben Eisberge* werden sie auf der Karte in die Höhe und machen bei der verhältnissmässig ge- | genannt. Eigentlich ist es ein einziger kolossaler Gletscher, 484 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 48. der durch verschiedene schmale scharfkantige Gebirgs- kämme getheiltist. Die tiefstehende Sonne beleuchtete die wunderbar schöne Scenerie mit dem ganzen Glanz nordi- scher Pracht. Matt röthlich-grau schimmert die Schneedecke, hoch oben an den Bergspitzen glänzt es silberweiss. Scharf heben sich die langen Schatten der zackigen Berge von der weissen Landschaft ab, in der klaren Luft, vor dem hell grünlich-blauen wolkenlosen Himmel verschwinden die Entfernungen vollkommen. Mit Gold und Weiss untermischt schimmern die grünlichen Gletscher- abstürze über die leicht gewellte See herüber. Glänzend steht die Sonne am nördlichen Himmel, ihr Reflex im Wasser strahlt wie ein starkes elektrisches Licht. Und fern im Süden erhebt sich eine Reihe röthlicher schnee- bedeekter Pyramiden: Prinz Charles Foreland. — Nach einigen Stunden stellte sich plötzlich wieder Nebel ein, der allmählig so dick wurde, dass wir stoppen mussten. Bis zum Nachmittag des nächsten Tages lagen wir still; wie immer bei solchen Gelegenheiten wurde unter Graf Zeppelins Leitung mit dem Schleppnetz gear- beitet. Dann klarte es etwas auf und wir dampften lang- sam weiter, um in den Eingang der Kingsbay einzulau- fen Das war nun keine ganz einfache Sache. Die Küste lag ganz in Nebel, ab und zu schaute eine Bergspitze oder ein Theil des nie- drigen Vorstrandes heraus. Wir ver- fehlten denn auch riehtig die Kingsbay und befanden uns plötzlich inmitten des Foreland - Sundes. Schnell wurde gewendet und ein augenblickliches Zurück- weichen der Nebelbank benutzt, um den Eingang der Kingsbay zu gewinnen. Um 1/,7 Uhr Abends befanden wir uns nördlich vom Qvad-Hook, der niedrigen, lang ausgedehnten Südecke der Bai. Bald hüllte uns jedoch wieder diehter Nebel ein, ein Nebelbogen stand vor uns. Eigenthümlich wirkte hierbei die Vergrösserung sämmt- licher Gegenstände: Eine auf dem Wasser schwimmende Möve erschien wie ein fabelhaftes Ungeheuer, ein kleines Bröekchen Eis wie ein gewaltiger Berg, ein Stück Treib- holz wie der Rumpf eines Schiffes. Langsam, mit mehr- fachem Stoppen kamen wir weiter und konnten gegen 10 Uhr Abends im Kolhamn vor ‘Anker gehen. Bald nach unserer Ankunft begab ich mich mit Dr. Faber an Land, um die von dem schwedischen Forscher Blomstrand angegebenen Kohlen zu suchen. Dem Laufe eines starken Gletscherbaches folgend, der hier mündet und sich ein schluchtartiges Thal durch die flachen Uferschichten ge- graben hat, wanderten wir über stellenweise sumpfiges, hier mit üppiger, aber bereits im Verblühen begriffener Vegetation, dort mit Gerölle und Sand bedecktes Terrain nach Süden zu. Bald fanden wir einige Kohlenbröckchen, glatt gerollt wie Bachkiesel, und mit indianischem Spür- sinn folgten wir diesen willkommenen Führern. Nach einer Stunde wurde unserer Wanderung aber ein Ende Ostufer der Kingsbay von der „Amely‘“ aus. Links im Hintergrunde die „Drei Kronen“. gemacht durch den ca. 100 Fuss hohen steilen Abfall eines alten, offenbar im Zurückweichen befindliehen, mit Staub und Gerölle bedeckten Gletschers, an dessen Fuss sieh ein niedriger Moränenwall hinzog. Dutzende von kleinen Wasserfällen rauschten an der Eiswand hernieder, sich unten zu ziemlich tiefen Bächen vereinigend. Auf einen Kohlenfund mussten wir nun freilich verzichten, da die rechts und links vom Gletscher liegenden Berge, von denen die Kohlenbröckchen offenbar herabgeschwemmt waren, für heute viel zu weit entfernt lagen. So wan- derten wir denn über welliges, mit kleinen Seen bedecktes Terrain wieder dem Ufer zu. Ueberall lagen die Kohlen- stücke herum, ein anstehendes Flötz war jedoch nirgends zu bemerken. Offenbar waren sie bei der Schneeschmelze aus höheren Gegenden hierhertransportirt. Am Strand fanden wir an dem dort anstehenden Kalk die charakteristi- schen Merkmale einer einstigen weiteren Ausdehnung der Gletscher: Glatt polirte abgerundete Felsen mit zahlreichen feinen in nordwest- südöstlicher Rich- tung verlaufenden Schrammen. Um 2 Uhr Morgens waren wir wieder an Bord und konnten von hier aus bei pracht- voller Beleuchtung die herrliche Land- schaft bewundern. Fern im Südosten erhoben sich röth- lich glänzend die „Drei Kronen“ aus den unendlichen Eis- massen, rechts und linksschneebedeckte Berge, den Abschluss der mit Eisstücken bedeekten Bai bil- det ein ungeheurer grünlich glänzender Gletscher. Feierliche Stille herrschte rings- umher, nur dann und wann durch das ferne Donnern der Gletscher unterbrochen.*) Am nächsten Tag wurde dem Bergabhang östlich des gestern gesehenen Gletschers ein Besuch abgestattet, um womöglich die anstehende Kohle zu finden. Schon gleich am Strande, dann weiter im Innern des Landes wurden vereinzelte Kohlenstücke, oft bis 10 em und mehr im Durchmesser, gefunden: Das Gestein an der Küste besteht aus flach nach Südwesten fallenden kalkig- mergeligen Schichten, weiter nach innen folgen Sand- stene, die sich bis an den Fuss der Berge und weiter hinauf fortsetzen. Der obere Theil der Berge besteht aus Kalk-, Quarzit- nnd Konglomeratschichten. Das Prinzip des Suchens nach der anstehenden von Geröll bedeckten Kohle bestand auch hier darin, das Vorkommen der kleinen „Leitstücke“ genau zu verfolgen und besonders *) Der Anblick war so grossartig und die Beleuchtung so glänzend, dass ich nieltt umhin konnte, noch schnell einige Photographieen anzufertigen (Vergl. unsere Figuren). Trotzdem ich stets bei meinen Aufnahmen absichtlich für Verhältnisse in unseren Breiten überexponirte, stellte sich doch nachher bei der Entwicke- lung der Negative in Berlin heraus, dass die Belichtung nicht lange genug gedauert hatte. Dass die Bilder nicht so gut geworden sind, wie ich hoffte, liegt also nicht an dem in jeder Beziehung ausgezeichneten Apparat der Firma Schippang & Wehenkel, sondern lediglich an der Unbekanntschaft mit den Beleuchtungsverhältnissen in arktischen Breiten. Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 485 auf ihr Verschwinden zu achten. Es war zu vermuthen, dass das Flötz zwischen den Sandsteinschichten lag, weiter nach oben war ein Vorkommen unwahrscheinlich. Nach längerer mühsamer Kletterei auf den steilen Berg- abhängen, und einer anstrengenden Parthie über Schnee- felder, die mich hoch hinauf führte, beschloss ich die Nachforschungen weiter unten fortzusetzen, und es gelang mir auch das Flötz auf der Grenze zwischen den Sand- stein- und Kalkschichten mit dem Geologenhammer zu entblössen. Bald kamen vom Boot noch zwei Matrosen mit Gezähe an, und wir drei arbeiteten angestrengt mit Hacke und Schaufel, um die Mächtigkeit des Flötzes, sowie Streichen und Fallen festzustellen. Die Arbeit war bei dem hartgefrorenen Boden und bei der oft meter- starken Bedeekung mit Geröll nieht leicht. Endlich waren wir so weit und konnten uns eine kleine Erholung mit Speise und Trank gönnen. Einige Gewehrschüsse zeigten unseren am Ufer auf der Jagd befindlichen Kameraden den glückliehen Fund an. Bei unserer Rückkehr zum Boot fanden wir dasselbe infolge der eingetretenen Ebbe, die auf Spitzbergen im allgemeinen nur 3—4 Fuss be- trägt, doch weit zurück auf dem sehr flachen Strande liegen. Schon vorher hatten sich die anderen vergeblich abgemüht, das Boot flottzubekommen. Durch den Zu- wachs von 5 Paar frischen kräftigen Armen gelang es uns aber endlich, zuletzt tief im kalten Wasser stehend, das Boot abzuschieben; die Aussicht, bis zur nächsten Fluth eventuell hier bleiben zu müssen, spornte uns zur äussersten Anstrengung an. Am nächsten Tag, den 21. August, wurde frisches Wasser eingenommen. Ich benutzte diese Zeit, um mit unserem Lootsen Jacobsen einen weiteren Ausflug nach dem östlichen Ende der Kingsbay zu machen, woselbst nach der etwas unklaren Beschreibung des Kapitäns der „Elise“ ebenfalls Kohlen vorkommen sollten. In dem kleinen norwegischen Boot, mit Proviant, den nöthigen Getränken, Gewehr, Gezähe und Geologenhammer versehen, ruderten wir amı Vormittag von dannen. Nach zweistündiger Fahrt erreichten wir die im östlichen Theil der Bai gelegene Inselgruppe. Ein Theil der Klippen besteht aus Schiefer, der an den nackten Ufern die schönsten Faltungen und Verwerfungen zeigt, für em Geologen-Auge ein entzückender Anblick. Weiter nach Osten bestehen die Inseln aus Konglomeratschichten mit nur spärlicher Vegetation. An einer der Inseln legten wir an, um unser Mittagsmahl ein- zunehmen. Zahlreiche Eiderenten hatten hier ihre Brut- plätze gehabt, ab und zu fanden wir noch eins von den bräunlichen, weichen Daunennestern, die meisten hatten schon die norwegischen Fischer fortgenommen. Zwischen zahlreichen von den nahen Gletschern stammenden Eis- stücken hindurch ging die Fahrt dann weiter nach dem östlich gelegenen steilen Berg, der den gewaltigen Gletscher am Ende der Bai in zwei Theile spaltet. Nach einer Stunde langten wir am Strande an. Auch hier fand sich keine Mög- lichkeit Kohle zu entdecken. Ein ziemlich starker Bach strömte aus einer tiefen thalähnliehen Schlucht des Berges hervor, die mit gewaltigen Felsblöcken, Schutt und Geröll ausgefüllt war. Quarzit und Glimmerschiefer setzen den grössten Theil des Berges zusammen. Da an dieser Seite der Bai nichts mehr zu hoffen war, beschlossen wir an dem grossen Gletscher entlang nach dem Südufer zu fahren, und dasselbe in seiner ganzen Ausdehnung bis zum Kolhamn zu untersuchen. Es war eine ganz eigen- artige Fahrt. Zwischen den Eisstücken hindurch, ab und zu einen gewaltigen Stoss fühlend, ruderten wir, vielleicht eine Meile von dem Gletscher entfernt, zwei Stunden lang an demselben entlang. Auf den Untiefen und Klippen vor dem Gletscher lagen zahlreiche gestrandete Eisberge, die im Abschmelzen begrifien waren, auf einer Schär erhob sich ein gewaltig hohes Eisstück, ähnlich geformt wie der Engelska stören auf Bären-Eiland. Dahinter stieg die grünliche zerklüftete Wand des Gletschers 100—150 Fuss hoch senkrecht in die Höhe, ab und zu ein Stück Eis ins Meer sendend, dass es hoch aufschäumte. Jacobson sang schwermüthige norwegische Lieder, bis ihm das zu langweilig wurde und er mit einem Male zu meiner Ueberraschung das bekannte „Fischerin du kleine“, an- stimmte. Eine grosse Klappmütze (Cystophora cristata) steckte ihren neugierigen Kopf aus dem Wasser, Enten mit ihren Jungen schwammen munter umher, Möven, Sturmvögel, Alken und Lummen belebten die sonnen- beglänzte Sceenerie. Zunächst dem Gletscher fanden wir am Südufer der Bai wieder einen Bachlauf, der mit Ge- röll von Quarzit- und Glimmerschiefer ausgefüllt war. Erst etwas weiter westlich begannen am Strande wieder die Kohlenstückchen aufzutreten, die sich nunmehr längs des ganzen Strandes bis zum Kohlenhafen in einer Länge von 8-10 km hinzogen. Offenbar stammen sie alle von demselben Flötz oder einem benachbarten, welches bei der sehr flachen Lagerung der Schichten sich in der unteren Hälfte des Bergzuges vom Kohlenhafen aus weit nach Osten ausdehnt. Schon Blomstrand hatte im Jahre 1861 die weitere Erstreekung dieses Kohlenvorkommens eonstatitt. An manchen Stellen ist das Ufer wie besät mit den schwarzen abgerundeten Kohlenstücken, in kurzer Zeit könnte man Säcke voll auflesen. Jedenfalls haben die norwegischen Fischer hier ihren Kohlenvorrath geholt und nieht aus dem anstehenden Flötz, an welchem nirgends eine Spur menschlicher Arbeit zu entdecken war. Gegen Abend langten wir, etwas müde von der Ruderparthie, wieder an Bord unseres Dampfers an, der um 11 Uhr die Anker lichtete, um aussen an Prinz Charles Foreland vorbei nach dem Eisfjord zu dampfen. Hier wollten wir unseren Kohlenvorrath aus dem Flötz am Cap Heer ergänzen. Am Morgen des nächsten Tages, des 22., war jedoch alles in Nebel gehüllt, aus dem ein feiner Regen herniederrieselte. Der Nebel nahm immer mehr an Dichtigkeit zu, so dass wir gegen Mittag wieder genöthigt waren zu stoppen, nachdem wir schon vorher mit halbem Dampf gefahren waren. Unser Lootse Jacobsen liess die Haakjerringsleine herunter, um die Zeit zum Fischfang zu benutzen. Bei 80 Faden kam die Angel auf Grund, wir mussten also ziemlich nahe der Küste sein. Kalt und ungemüthlich wehte der Wind vom Lande herüber. Am Nachmittag konnte mit häufigen Unterbreehungen die Fahrt langsam fortgesetzt werden. Da die Unsiehtbarkeit der Küste uns jedoch nicht genau erkennen liess, wo wir uns befanden, mussten wir nun- mehr kreuzen, um das Fortgehen des Nebels abzuwarten. Der that uns aber nicht den Gefallen, sondern blieb hartnäckig. Da wir unter diesen Umständen tagelang hier hätten liegen bleiben können, wurde um 12 Uhr Nachts beschlossen zu wenden. Die Lage war auch wenig anmuthig. Nebel, geringe Wassertiefe, nach dem Lande zu Klippen und dazu die Ungewissheit, wo man sich befand. So wurde denn der Kurs nach SSW ge- nommen und auf hoher See Europa zugesteuert. Um 1 Uhr konnten wir noch einen Blick auf den halb ver- schleierten Eingang des Bel-Sundes werfen, dann ver- hüllte der Nebel wieder alles. Während des folgenden Sonntags war die Küste Spitzbergens, durch Nebel halb verhüllt, noch eine Zeit lang in Sicht. Draussen auf dem Meer war es übrigens klarer, der Wind kam von Südost, das Thermometer zeigte nur + 2° ©. Gegen Mittag erhob sich etwas Seegang, der am Abend wieder nachliess. Am Nach- mittag passirten wir zwei Haakjerringsfänger aus Hammer- fest und T'romsö, einen davon sprachen wir an. Einige 486 Naturwissenschaftliche- Wochenschrift. Nr. .48. Heerden Wale von vielleicht je einem Dützend Thiere machten sich schon von weitem durch das Spritzwasser bemerkbar; wie dunkle Fontänen hoben sich die Strahlen am hellen Horizont ab. Die Nacht war bereits auffallend weniger hell, als wir es seither gewohnt waren. Wir fuhren jetzt wieder mit vollem Dampf, 10 Meilen die Stunde und kamen so schnell nach dem Süden. Am 24. ging die Sonne Abends um 1/9 Uhr unter. Der Tag war herrlich, mit fast südlicher Wärme (auf Deck + 13°, im. Wasser + 8° C.) umfingen uns die Strahlen der am ‚wolkenlosen Himmel stehenden Sonne, weisse Schaum- kämme blitzten auf der blauen See. Es waren schon andere Farben als im hohen Norden, der Golfstrom war deutlich zu erkennen. Am Abend mussten wir wegen der Nähe der nor- wegischen Küste langsam fahren und dann stoppen, da die Norweger ihre Leuchtfeuer erst vom nächsten Tag, den 25. August, ab anzuzünden pflegen, und die Nacht ziem- lich dunkel war. Der Mond leuchtete wieder über dem schwärz- lichgrünen Wasser und der Jupiter strahlte mit merkwürdiger Helligkeit. Am 25. August Morgens 8 Uhr gin- gen wir wieder im Hafen von Hammer- fest vor Anker, den wir vor 19 Tagen verlassen hatten. Es waren nur wenige Tage gewesen und doch hatten sie uns der Kultur gewisser- massen entfremdet. Mit einer Art naiver Freu- de betrachteten wir uns die zahlreichen Schiffe im Hafen, die Häuser der Stadt und das geschäftige Treiben der Menschen. Die Briefe, die wir dem Walfischfahrer in der Recherche- Bai zur Weiterbeförderung an den Deutschen Konsul in Hammerfest übergeben hatten, waren erst gestern von Vardö im nordöstlichen Theile Finnmarkens aus in seine Hände gelangt. Auch erhielten wir die Nachricht, dass die „Fleure de Lys“ in Tromsö angekommen sei. Unser Erstes war natürlich, den Lieben in der Heimath die Nachricht unserer glücklichen Rückkehr aus dem hohen Norden kund zu thun. Der elektrische Funke blitzte von den Gestaden des Eismeeres herüber nach Deutsch- land, in wenig Stunden, wussten wir, war die Nachricht dort. Der Tag in Hammerfest verging mit allerhand Einkäufen und Besorgungen. Gegen Abend erfuhren wir, dass auf einem inzwischen von Norden gekommenen norwegischen Postdampfer sich deutsche Passagiere be- fänden. Bei unserem Besuch an Bord des Dampfers fanden wir denn auch unsere Landsleute. Es waren im ganzen 6 deutsche Touristen, die vom Nordkap kamen und mit denen wir einen äusserst fröhlichen Abend verbrachten. Fig. 10. Walstation Sörvär auf Sörö in Norwegen. Im Mittelgrund am Strand ein Wal. Am nächsten Morgen um 6 Uhr wurde der Anker gelichtet und wir dampften zunächst nach Sörvär auf Sörö, woselbst sich eine grosse Walfischstation befindet. Eine zweistündige Besichtigung am Mittag gewährte uns noch einmal, wie auf Skaarö, den Einblick in eine inter- essante, wenn auch nicht sehr reinliche Industrie. Schon auf der Bootfahrt vom Dampfer an das Land kamen wir an einem grossen weissen auf dem Rücken im Wasser liegenden Wal vorbei. Nach den Bauchfalten zu schliessen, gehörte er der Gattung Balaenoptera an. Am Strand lag ein zweites glänzend schwarzes Thier, dass demnächst abgespeckt werden sollte. Interessant waren die zahl- reichen Thiere, die sich auf der Haut des Walfisches angesiedelt hatten. Runde kronenförmige Gehäuse von allen Grössen mit Weichthieren darin sassen so fest in der Haut, dass sie nur mit dem Messer loszuschneiden waren. Die „Fabrik“ selbst, mit den Thran- Siedereien, Knochen- mühlen, ihrer Guano- und Leimfabrik war in hohem Masse inter- essant, der unerträg- liche Geruch, der tückisch-glatte Boden zwischen den Gebäu- den, der theils von Fetttheils von Glimmer- schiefer in der Sonne glänzte, endlich eine Unzahl von Fliegen gross und klein, die sich in der warmen Luft vergnügtzwischen all dem Fett und Ab- fall herumtummelten, verleideten uns doch den Aufenthalt all- mählich. Bei herr- lichstem Wetter ging um zwei Uhr Mittags die Fahrt weiter an der Insel Loppen vorbei, wo wir die ersten ein kleines Wäldehen bildenden Bäume wiedersahen. Ganz plötz- lich änderte sich jetzt das Wetter; stossweise kamen heftige Böen aus, den Fjorden herausgebrochen und brachten in dem ziemlich engen Fahrwasser zwischen Festland und Inseln einen äusserst unangenehm em- pfundenen kurzwelligen Seegang hervor. Gegen Abend passierten wir die herrliche Fuglö: Schwarz, steil und gewaltig erhob sich der imposante Felsen aus dem dunklen Meer zum wetterumzogenen Himmel, von Sturm und Wogen umbraust und umbrandet. Zum ersten Mal wurden an diesem Abend wieder die rothe und grüne Laterne an Backbord und Steuerbord und die weisse im Vortop angezündet, es war endgültig vor- bei mit den hellen Nächten, an die wir uns so gern gewöhnt hatten. Die Nacht ist keines Menschen Freund, besonders nicht des Seemanns, und für eine derartige Expedition ist der ewige Tag von unersetzlichem Werth. Nachts 12 Uhr gingen wir im Hafen von Tromsö vor Anker. (Schluss folgt.) Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 487 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. $. vom 2I. bis 25. September 1891. IV. „Ueber die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“ lautete das Thema, welches sich Geheim- rath Dr. W. Ebstein, der Leiter der Klinik für innere Mediein zu Göttingen, für den zweiten Vortrag der 2ten ie Sitzung Mittwoch, den 23. September gewählt atte. Das Ziel, welches dem menschlichen Leben gesetzt ist, soweit wie möglich hinauszuschieben, sei das Streben der meisten Menschen. Nicht nur dem kraftvollen Manne falle es schwer, „von dem süssen Leben, der schönen, freundlichen Gewohnheit des Daseins und Wirkens zu scheiden“, auch der Greis freue sich in würdiger Weise seines beschaulichen Daseins: der Staat aber erfülle eine seiner Aufgaben, wenn er dahin strebe, sich ein aus- dauerndes, langlebiges Geschlecht heranzuziehen. Auch die Alten im Staate sind keine müssigen Glieder desselben, sondern ihr Beispiel und Vorbild wirken erziehlich und ihr Rath hat zu allen Zeiten als ein unschätzbares Besitz- thum der Nationen gegolten. Wehe dem Menschenge- schlecht, wenn je der Pessimismus Arthur Schopen- hauers und Eduard v. Hartmanns den rothen Faden in der Geschichte der Völker bilden sollte. Der Beruf des Arztes verlange von ihm unter allen Umständen für die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit bestrebt zu sein: jeder Arzt könne es in grösserem oder kleinerem Kreise. Freilich Meister der Kunst der sogenannten Ma- krobiotik pflegen in der Regel die von der Natur mit einer besonders glücklichen Anlage Begnadigten zu sein. | Redner müsse also für dieses alte und doch ewig neue Thema in einer der Pflege der Naturwissenschaften und der wissenschaftlichen Mediein obliegenden Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte von vorn herein um Entschuldigung bitten. Eine wichtige Vorfrage betreffe die Dauer des mensch- lichen Lebens, bei der man erst auch in neuester Zeit den Fehler machte, die Länge nach der mittleren Lebensdauer zu schätzen, die im civilisirten Europa, alle Berufsarten zusammengenommen, auf 30—40 Jahre sich stellt, der wirklichen Länge des Lebens aber nicht entspricht. Die scharfsinnigen Untersuchungen von Wilhelm Lexis ergeben eine normale Lebensdauer von 70—75 Jahren: für Männer sind 71, für Frauen 72 Jahre durehschnittlich normal: doch soll das männliche Geschlecht einen etwas grösseren Antheil an dem höchsten überhaupt erreich- baren Lebensalter haben. Die Aussicht erst mit 90 Jahren oder noch später zu sterben haben nur sehr wenig Per- sonen. Die Curven der graphischen Darstellung des italienischen Forschers Bodio in seinen Untersuchungen über die hygienischen Verhältnisse seines Vaterlandes be- stätigen lediglich die Resultate, zu denen Lexis gelangt ist, und zeigen dass die Sterblichkeitsverhältnisse Italiens in zwei verschiedenen Zeitabschnitten im Grossen und Ganzen durchaus übereinstimmen mit der Sterblichkeit in Preussen, Oesterreich, Frankreich, der Schweiz, Spanien in je einem Zeitabschnitte. Die menschliche Sterblich- keit, welche im ersten Lebensjahre weitaus die grösseste ist, sinkt allerwärts stetig bis zu Anfang des zweiten und ist zur Zeit der Pubertät die geringste während des ganzen Lebens. Den resignirenden, fatalistischen Standpunkt Bodios, der die grosse Sterblichkeit im frühesten Kindes- alter als eine Art Naturnothwendigkeit ansieht, als eine Auswahl, wodurch diejenigen, welehe mit einer ausreichenden Kraft nicht ausgestattet sind, bereits in den ersten Jahren aus dem Leben scheiden, theilt Ebstein nicht, meint aber, dass es kaum gelingen dürfe, durch Beschränkung der Kindersterblichkeit die Dauer des menschlichen Lebens im Allgemeinen zu verlängern, oder die Zahl derer zu erhöhen, welche die normale Lebensdauer und etwas mehr noch erreichen: unter den Langlebigen befinden sich gar nicht wenige, welchen im Kindesalter wegen ihrer zarten und schwächlichen Körper- beschaffenheit eine kurze Lebensdauer vorhergesagt wurde. Geringfügig ist auch die Sterblichkeit von der Zeit der Pubertät bis gegen das 50. Lebensjahr, die Zeit des Sturmes und des Dranges, der eifrigsten Arbeit, des em- sigsten Schaffens. Erst nach dem fünfzigsten nimmt die Zahl der Todesfälle stetig zu. Bodio, wie Lexis zeigen, dass es in Norwegen nicht anders ist, als in Preussen, Oesterreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und Spanien: überall in unserm Erdtheil fällt die grösste Zahl der Todesfälle in die erste Hälfte des achten Jahrzehnts; nur sehr wenige erreichen neunzig Jahre. Dass es vor Jahr- tausenden auch in anderen Theilen unseres Erdballs eben so war, beweise das biblische Wort: „Unser Leben währet siebzig Jahre und wenn es hoch kommt, achtzig Jahre.“ Aufgabe der Makrobiotik sei es, dass möglichst viele Menschen das normale Lebensziel erreichen. In Griechen: land, wo verhältnissmässig sehr viele so Hochbejahrte vorzukommen scheinen, entfällt ein Hundertjähriger auf 324 Verstorbene: unter 1296 Todten waren vier älter.als 100 Jahre geworden, die älteste Person 140; bei uns in Deutschland kommt auf einige Tausend Gestorbene nur ein mehr als Hundertjähriger. „Lebenselixire“, für die St. Germain und Cagliostro unter sehr "hochgestellten Leuten gläubige Seelen gewannen, finden heute nur noch auf Jahrmärkten einen gelegentlichen Vertrieb; sie wären auch ein Danaergeschenk, wie schon der alte griechische Mythos des Tithonos lehre, für den Eos Unsterblichkeit, aber nicht ewige Jugend von Zeus erbeten hatte: über- drüssig des hilflosen gebrechlichen Greises, verwandelte ihn die Göttin in eine Cieade. Wenn in der allerjüngsten Zeit ein selbst im Greisenalter stehender Naturforscher, der auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicke, an sich selbst unter dem Einfluss] gewisser Substanzen die Wiederkehr der schwindenden geistigen und körperlichen Kräfte beobachtet haben wolle, so sei dies ein beklagens- werthes Beispiel eines bedeutenden Menschen, der sich selbst überlebt hat. Wohl dem Greise, welchem nur so- viel von körperlicher Leistungsfähigkeit und geistiger Frische erhalten bleibt, dass er sich des eigenartigen Zaubers, welcher das Greisenalter umgeben kann, voll und ganz zu erfreuen vermag. Wie gelangt man hiezu? Viele Langlebige haben nie etwas dafür gethan; viele Greise und Greisinnen blieken auf ein Leben zurück voll Entbehrungen, Sorge und Kummer, waren zahllosen gesundheitsschädlichen Einflüssen mit oder ohne ihr Verschulden ausgesetzt: es giebt in der That eiserne Geschlechter, mit unverwüst- licher Gesundheit, welche allen Stürmen und Gefahren des Lebens erfolgreich widerstehen, und mit Recht sagt schon Sir William Temple (1628—1699) in seiner lesenswerthen Abhandlung über „Gesundheit und langes Leben“, die Hauptsache dabei sei die Stärke unserer Race oder unserer Geburt. Gaudeant . bene.nati! Ge 488 sundheit und langes Leben sind kein Vorrecht der Reichen: körperlich und geistig gesunde Eltern sind Vorzüge der Geburt, nieht aber die Güter, welche jeder sich selbst erwerben kann! Körperlich und geistig gesunde Eltern geben auch Bürgschaft für eine gesundheitsgemässe Er- ziehung der Kinder; nur ein verschwindend kleiner Bruch- theil aber der Neugeborenen wird heute entsprechend er- nährt, der Geschlechter, auf denen die Zukunft der Menschheit und die Weiterentwieklung der so mühsam errungenen Cultur beruhen soll: „fast möchte uns, sagt Erismann sehr richtig, wenn dass lange so fortdauert, für diese Cultur etwas bange werden.“ Allein unter die Obhut von Ammen, Pflegerinnen, Wärterinnen gestellt, leidet das Kind: der mütterliche Einfluss aber, die häuslielie Erziehung wirken abhärtend auf Körper und Geist. Schule und Haus arbeite sich in die Hände zur Heranbildung eines kräftigen, ausdauernden Geschlechtes. Der Turnunterricht, die militärische Ausbildung der Nation, die Fortsetzung kör- perlicher Uebungen in Turnvereinen sind erfolgreichste Mittel, um die Widerstandsfähigkeit des Einzelnen wie der Gesammtheit zu erhöhen, vor allem aber die Selbst- diseiplin in körperlicher wie geistiger Hinsicht. Kraft- proben, welche der Jüngling und Mann sich gestatten dürfen, müssen im Greisenalter unterbleiben oder einge- schränkt werden. „Auch das Greisenalter“, sagt Cicero, „hat seine Lieblingsbeschäftigungen. So wie die Be- schäftigungen des früheren Lebensalters absterben, so sterben auch die des Greisenalters ab. Erfolgt dies, so bringt die Sättigung des Lebens den Zeitpunkt herbei, der uns zum Tode reif macht.“ Niehts erzeugt diese Sättigung des Lebens früher, und häufiger als der Mangel einer der jeweiligen Leistungs- fähigkeit entsprechenden Arbeit. Das Goethe’sche Wort „Ein unnütz Leben ist ein früher Tod“ mahnt zur Arbeit, wie zur Mässigkeit: ein unmässiges, wüstes Leben ist unnütz, denn es schliesst eine geregelte Arbeit aus. Ein vom „Wiener Zweigverein für Volksbildung“ im vorigen Jahre herausgegebenes Büchlein führt den Titel: „Wie wird man alt? Ein Beitrag zur Kunst riehtiger Lebensführung als dem Ziele echter Volksbildung“. Fünf- zehn hervorragende Persönlichkeiten, in einem Alter von sechsundsiebenzig bis einundneunzig Jahren stehend, haben achtzehn an sie von diesem Vereine gerichtete Fragen beantwortet, unter ihnen — Moltke. Er arbeitete noch im achtzigsten Lebensjahre ganz nach Erforderniss der Umstände, daher oftmals sehr lange und bezeichnete auch in seinem sechsundachtzigssten Lebensjahre Reiten als seine Erholung. Auf die Frage, ob er einer besonderen Lebensgewohnheit einen günstigen Einfluss auf sein Alter zuschreibe, antwortete Moltke: „Der Mässigkeit in allen Lebensgewohnheiten; bei jeder Witterung Bewegung im Freien: keinen Tag ganz im Hause.“ “ Mässigkeit und Arbeit sind diejenigen Hülfsmittel, welche am wesentlichsten zur Erreichung eines hohen Lebensalters beitragen, für Arm und Reich, für Hoch und Niedrig, für alle Berufsstände, alle Menschen. Je früh- zeitiger damit begonnen wird, um so sicherer der Erfolg. Der Italiener Ludwig Cornaro zwar, der 1462 zu Venedig geboren, bis zu seinem vierzigsten Lebensjahre einen höchst ausschweifenden Lebenswandel führte, der ihn dem Grabe nahe brachte, erhielt in Folge musterhafter späterer Lebensweise seine Gesundheit und Geistesfrische wieder und erreichte ein Alter von 104 Jahren: darin aber wurzele die Kunst, das Leben zu verlängern, dass mit Eifer dahin gestrebt werde, bereits die Jugend, ohne ihr den Frohsinn zu rauben, auf die riehtige Lebensführung vorzubereiten. Sehr treffend sagt Logau: „Wenn die Jugend eigen wüsste, was das Alter haben müsste, sparte sie die meisten Lüste!“ Die Erziehung bringt die Mensch- Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 48. heit allmählig dem Ziele näher, welches der damals 13jährige Immanuel Kant in dem Thema: „Von der Macht des menschlichen Gemüthes, über die krankhaften Gefühle durch den blossen festen Vorsatz Meister zu sein“ als die höchste diätetische Aufgabe der Makrobiotik bezeichnete. Ein berühmter deutscher Physiologe hat kürzlich in einer akademischen Festrede über dasselbe Thema den Satz aufgestellt, dass es erste Aufgabe der Makrobiotik sei, die Krankheitsursachen, insbesondere die Ansteckung zu beseitigen oder zu schwächen. Eine wohlgeordnete Lebensführung, bei Krankheiten wie bei Krankheitsaulagen ein geschiekter Arzt wirken viel. Die geforderte Ver- meidung von Ansteckungen bewährt sich glänzend bei den Wundinfeetionskrankheiten; man kann von ihr auch sprechen, wo es sonst in der Hand.des Individuums liegt, derselben aus dem Wege zu gehen: bei der Bekämpfung derartiger vermeidlicher Ansteckungen, besonders der geschlechtlichen, erwachsen der Hygiene noch grosse Aufgaben. Bei anderen epidemisch auftretenden an- steekenden Krankheiten werden wir Mangelhaftigkeit unseres Könnens zugestehen müssen, so lange wir nicht vermögen, die Menschen gegen diese Seuchen unempfäng- lich zu machen. Bevor Jenner durch die Schutzpocken- impfung der Menschheit eine der grössten Wohlthaten erwies, welche jemals ein Arzt derselben geleistet hat, waren die Menschenblattern eine der am meisten ge- fürchteten, völkervernichtenden Seuchen: jetzt kommen die Pocken dank der bei uns zwangsweise eingeführten und musterhaft gehandhabten animalen Impfung und Wiederimpfung als lebenverkürzende Ursache nicht mehr in Betracht. Eine Reihe von Menschen macht die Natur selbst immun gegen Seuchen: die Vererbbarkeit dieser Immunität ist anzunehmen. Lepra, Aussatz ist fast er- loschen; andere Infectionskrankheiten scheinen ihren bös- artigen Charakter verloren zu haben: freilich machen verheerende Seuchen oft unerwartet und mit verblüffender Schnelligkeit ihren Zug durch die Länder — Flecktyphus, Cholera, Ruhr, Diphtherie, neuerdings die Influenza, welche insbesondere viele alte Leute vorzeitig dahinraffte. Messen wir die Erfolge der Makrobiotik an der Dauer des Lebens, so können wir nicht sagen, dass die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern Fortschritte gemacht habe: entweder ist die Dauerhaftigkeit des menschlichen Organismus nicht gesteigert, oder die Gefahren konnten nicht verringert werden. Unter keinen Umständen aber dürfen wir die Hände müssig in den Seloos legen: ein Rücksehritt würde schnell und unvermeidlich sein, und die lebenverkürzenden Einflüsse würden sich nur zu schnell geltend machen. Die allgemeinen Grundsätze, welche die Makrobiotik für die Lebensordnung der Menschen aufzustellen hat, sind zu allen Zeiten und an allen Orten die gleichen gewesen: sie sind aber naturgemäss den verschiedenen Lebensaltern und mannigfachen Lebens- verhältnissen anzupassen. Hufelands „Makrobiotik“, ist, obgleich sie in fünf Jahren ihre Säcularfeier begeht, immer noch ein wohlbekanntes Buch, entspreche aber, soweit die dortigen Anschauungen mit unseren heutigen überhaupt verträglich seien, wesentlich nur den Bedürfnissen der reichen und vornehmen Welt. Man habe die Makro- biotik sogar in Katechismen abgehandelt, mit bestimmt formulirten Lebensregeln, was gänzlieh verfehlt sei: eine schematische Makrobiotik könne nie in den breiten Schiehten des Volkes Wurzel fassen und, — „Eines schickt sich nieht für Alle — —!* In dem kräftigen Lebenalter sind ausserordentliche Abweichungen von gesundheitsgemässem Leben anders zu ertragen, als in dem Kindes- oder im Greisenalter, dessen ganz eigenartige Verhältnisse von Johannes Müller in so unübertroffener Weise geschildert Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 489 werden. Die geschwächte Widerstandsfähigkeit des | wohl einer der wesentlichsten Gründe für die Nervosität höheren Alters zwingt zu einem gleichmässigen Leben. Greisen, welche plötzlich aus ärmlichen in glänzende Lebensverhältnisse verpflanzt wurden, ist dieser Wechsel schnell verhängnissvoll geworden: Ansprüche an das ge- schwächte Anpassungsvermögen werden es weit häufiger als materielle Veränderungen selbst wichtiger Organe. Wenn nur Herz und Lungen kräftig genug organisirt sind, vermag der Körper unglaublich lange den äusseren Einflüssen zu widerstehen: allbekannt aber sind die Ge- fahren des so viele Menschen zu Grunde riehtenden Alcohol- missbrauches für das Herz. Mit Rücksicht auf den immer mehr sich steigernden Biergenuss, dessen Pflege zahl- reiche sogenannte Bierpaläste dienen, muss man aus- drücklich daran erinnern, dass von berufenster Seite auf Grund Münchener Erfahrungen nachgewiesen worden ist, welchen grossen Einfluss dieser Biergenuss auf die Ent- stehung von schweren, tödtlichen Herzkrankheiten hat. Die Makrobiotik muss den Aleoholgenuss verwerfen, wenn auch trotz desselben eine Reihe von Menschen sogar bis- weilen ein ungewöhnlich hohes Alter erreichen. Die Nervosität unseres Zeitalters suche man häufig durch die gesteigerten Ansprüche zu erklären, die unsere Zeit als die des Dampfes, der Technik, des Verkehres an die geistige Thätigkeit des Menschen stelle, aber nicht in der Grösse und dem Umfange der geistigen Arbeit, sondern in der Art und Methode ihrer Ausführung liege der Gegenwart. Die Hast des Lebens, die Schnelllebig- keit in unseren Tagen, vornehmlich aber die zunehmende Genusssucht und die aus allen diesen Gründen sich er- gebende, raschere Abnützung der körperlichen und geistigen Kraft erzeugen Erschöpfungszustände des Körpers wie des Geistes, denen nur begegnet werden kann, wenn die Methode der Arbeit geändert und die Einfachheit der Lebensführung wiederhergestellt werden wird. Ein nur vorübergehender Erfolg werde durch Ruhe- pausen erzielt, und es führe dieser häufig betretene Weg auch auf eine abschüssige Bahn. Noch weit bedenklicher aber ist die Anwendung einer Reihe von Mitteln, um auf der einen Seite die sinkenden Kräfte durch starke Reize aufrecht zu erhalten, auf der anderen das gereizte Nerven- system durch Narcotica zu beschwichtigen, wie der Morphium-Missbrauch u. s. w. Die damit verbundenen Gefahren werden nur zu bald weit über das lebende Geschlecht hinaus ihre traurigen Schatten werfen, denn nichts vererbe sich nachhaltender und furchtbarer als die sogenannte neuropathische Disposition: ihr wirksam ent- gegenzuarbeiten, des Schweisses der Edelen werth, um- fasse ein gut Theil der Makrobiotik der Zukunft, deren Aufgabe es sei, ein kraftvolles Geschlecht zu hinterlassen, welches mit Stolz auf seine Vorfahren zurücksehen darf. Eine Generation steht auf der Schulter der anderen. (Fortsetzung folgt.) Aus dem wissenschaftlichen Leben. Zu ausserordentlichen Professoren sind ernannt worden: in Prag an der tschechischen Universität Privatdocent Dr. E. Kauf- mann für Ohrenheilkunde; in Rostock Privatdocent Dr. F. Oltmanns für Botanik. An der technischen Hochschule in Berlin ist die Lehrstelle für ornamentales und figürliches Modellieren dem Bildhauer Otto Geyer übertragen worden. In Berlin hat sieh habilitiert: Dr. M. Koeppen, bisher Privat- docent für Psychiatrie in Strassburg. Dem Geheimen Rathı Professor Dr. Viet. Meyer in Heidelberg ist (für seine Untersuchungen über die Bestimmung der Dampfdichte bei hohen Temperaturen) von der Royal Society in London die Davy-Medaille verliehen worden. Prof. Dr. A. Politzer m Wien ist zum corre- spondirenden Mitglied des Accademia medico -fisica Florentina ernannt worden. Die preussische Akademie der Wissenschaften hat zur Unter- stützung wissenschaftlicher Unternehmungen bewilligt: M. 2000 dem Privatdocenten Dr. R. Assmann in Berlin zur Ausführung meteorologischer Untersuchungen mittels des Fesselballons; M. 1600 dem Astronomen 0. Jesse in Berlin zur Fortsetzung der photographischen Aufnahmen der leuchtenden Wolken an corre- spondirenden Stationen; M. 2000 dem Forstassessor Dr. Möller aus Berlin, zur Zeit in Blumenau in Brasilien. zur Fortsetzung seiner mykologischen Studien; M. 2000 dem Professor der Zoo- logie in Strassburg, Dr. A. Goette, zur Untersuchung der Tur- bellarien in Neapel und an der dalmatischen Küste; M. 1500 dem Professor der Mineralogie in Göttingen, Dr. Th. Liebisch, zur Herstellung photographischer Aufnahmen von Interferenzer- scheinungen doppelt brechender Krystallplatten; M. 300 den Pro- fessoren Runge und H. Kayser an der Technischen Hochschule in Hannover zur Fortsetzung ihrer Studien über die Speetren der Elemente; — für Herausgabe wissenschaftlicher Werke: M. 1500 an Prof. J. Wolff in Berlin für sein Buch „Das Gesetz der Transformation der Knochen“; M. 2000 der Physikalischen Gesellschaft in Berlin für die von ihr herausgegebenen „Fort- schritte der Physik“; M. 750 der Anatomischen Gesellschaft für die Bearbeitung der von ihr vorbereiteten einheitlichen wissen- schaftlichen Nomenelatur; — endlich M. 700 dem Professor der Mineralogie in Berlin, Dr. C. Klein, zur Ergänzung der Kıystallo- graphischen Sammlung der Akademie. Am 8. November starb in Graz, 77 Jahre alt, der Chirurg Prof. Reyer, emeritirter Direetor des Spitals in Kairo und Leib- arzt des Vieekönigs von Aegypten. Litteratur. Emil du Bois-Reymond, Naturwissenschaft und bildende Kunst, Rede zur Feier des Leibnizischen Jahrestages in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 3. Juli 1890 gehalten. Verlag von Veit & Comp. Leipzig 1891. Preis 1,20 Mk. Unter dem Titel: „Ueber den Begriff der Schönheit“ hat die „Naturw. Wochenschr.“ einen kurzen Hinweis durch Abdruck eines kurzen Abschnittes aus der hier ausführlicher zu be- sprechenden hochinteressanten Rede des berühmten Forschers ge- bracht (Bd. V. No. 37 pag. 366/67.) Es ist ein bemerkenwerthes Faetum der neuesten Zeit, dass vielfach Bücher betitelt sind „Reden“, „Reden und Aufsätze“, „Vorträge“, und in diesem Sinne weiter. Nicht blos im Deutschen, auch im Englischen und Französischen. Auch dies letztere Mo- ment ist wichtig. Prof. Renard-Lausanne hat in einer werthvollen Vorlesung über „la eritique litteraire‘ (vgl. Zellers Vorlesung über historische Kritik) geäussert, dass oft für die Characteristik der Litteratur- und Geistesperioden nicht zum wenigsten die Betitelung der Schriften, und mit den Titeln naturgemäss die Anlage, Ab- sieht oder die Wesenheit der Produetionen zu beachten sind, beim Vergleichen und Ableiten eines gegebenen Standes der National- oder der allgemeinen Litteratur mit und aus dem, resp. sämmtlichen, vorübergehenden Status. Wenn also im 2.—3. Viertel des XV III. Jahrhunderts die „considerations“, „essays“,„recherches“, „Untersuchungen“ etc. der Montesquieu, Hume, Leibniz, ferner die „Rettungen‘“ Lessings später auftreten, so ist dies characteristisch. Wenn heute die Universitätslehrer und die Gelehrten „reden“ und „aufsetzen“, sollte das nicht ein Zeichen der Zeit sein? Was bedeutet es — oder besser: wie ist es zu deuten? Diese Reden sind oftmals das eigentliche Gebiet des Ge- lehrten: die Vielgeschäftigkeit ist eine Eigenthümlichkeit des modernen Geistes. An einer Totalphilosophie fehlt es, aber es finden sich in diesen Aufsätzen wahre Perlen von philosophischen Gedanken, die unverändert in das moderne „System“ einverleibt werden könnten sollten. Diese Gelegenheitsphilosophiererei hat jedoch ihre Nachtheile. So ist es nicht immer wünschens- werth, dass das viele, worauf ein Forscher in seiner Musse oder bei seinen Privatstudien gelegentlich stösst, von ihm selber auch behandelt und an die Hand genommen wird. Denn die Möglich- keit ist unendlichfach, das Genie jedoch in seltenen Fällen viel- fach. Ein Goethe zwar konnte — als Künstler — eine Reihe ausgezeichneter Werke liefern: er brauchte nur sich selbst zu geben. Dieses Vortheils sind jedoch die Wenigsten theilhaftig. Wer aber produeirt, kann blos sich selber geben, und zwar so, wie er ist. Nun sollte aber vielfach der Autor solcher Gelegen- heits-Productionen, wenigstens bevor er sich auf „seine“ Speeialität 490 Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. Nr, 48. zz TEE TEE] coneentrirt, ein Philosoph geworden sein, oder einen Philosophen aus sich gemacht haben. Nicht jeder Botaniker ist ein Philosoph implieite (A. Lange). Wenn irgend wer dieser Speeialitätenwirth- schaft feind ist, so ist's der richtige Philosoph. Wo in neuerer Zeit die Naturforscher „philosophiren“, wie sie das nennen, da zeigt sich eine Mechanomanie und eine Materialisterei von zweifel- hafter Eehtheit. Ob einer Philosoph sei, das offenbart er nicht so sehr in und durch die Behandlung, als vielmehr bei der An- nahme des Gegenstandes überhaupt. Avoir l’esprit philosophique, ce n’est point encore &tre philosophe. (Voltaire). An diese einleitenden Bemerkungen schliesst sich die eigentliche Besprechung. — Es untersteht keinem Zweifel, dass der hervorragende Autor in der Kunstgeschichte sowohl als in der Geschichte der Erfindungen und Fortschritte bewandert ist, und ganz gewaltig compilirt hat. Du Bois-Reymond ist ein Meister des Stils, so ist auch diese Rede anziehend und unterhaltend. Sie bringt eine reiche Fülle von details so, dass das Ganze ein colleetives, wirkliches Ganzes ist. Dazu braucht es Ueberblick und Gewandtheit Kann man auch nicht gerade sagen. dass die Rede in zwei Theile zerfalle, so lässt sich doch wohl eine ex- positive und eine kritisch-polemische Tendenz constatiren, die zwar mit einander in günstiger Weise abwechseln, aber deren jede doch an ihrem Ort einen Höhepunkt erreicht. — Die Methode in dem’ Werklein ist sachgemäss bestimmt von dem Zweck und dem Ziel desselben im Geiste des Autors. In der Form eines &loge des Stifters der Acad&mie royale des sciences et de belles lettres (Leibniz 1700) irgend etwas und gerade, was man will, zu bringen, ist allgemein nicht so einfach; das versteht jedoch du Bois-Reymond ausgezeichnet. Dieses jährlich wiederkehrende Loben Leibnizens hat zu einer Hineinlobung aller möglichen und auch von unmöglichen, lobenswerthen Qualitäten in Leibniz ge- führt, und so zu einer Ueberschätzung und einer, zu weit gehenden, Reaction dagegen, derart, dass es thatsächlich nieht so einfach ist, Leibnizen das Verdienst zu geben, das ihm gebührt, und zu nehmen, was ihm nicht zukommt. Daher die äusserliche An- knüpfung an Leibniz und schliesslich die etwas problematische Hindeutung auf ihn. — Was bringt nun du Bois-Reymond ? „Naturwissenschaft und bildende Kunst“. Der Gegensatz in diesen Titelworten ist ein complieirter und eombinirter. Wissenschaft und Kunst, sodann Natur und Kunst, endlich Wissenschaft und Bilden, Formen, Schaffen. Es ist nun interessant, -zuzusehen, wie ein Vertreter der modernen Naturwissenschaft über Kunst denkt. Gemäss der anerkannten Allmächtigkeit der Mathematik, und gemäss des gegenwärtigen Begriffes der Naturwissenschaft, der an jener Ueberschätzung der Mathematik Theil hat, wird er dies in einer kritischen Tonart thun. Denn die Kunst ist, sofern sie bildend ist, das Gebiet, das noch am wenigsten „mathematisirt“ (Vischer) ist. Das soll aber nach der Ansicht der Naturforschung anders werden, natürlich im Interesse der Kunst. Kunst ist die Executive des Schönen, dessen, was unserer psychophysischen Organisation im allgemeinen gefällt. Dieses Schöne ist mannigfach und mannigfalti.. Gewiss kann es auch mechanisch Schönes geben. Wenn aber diese mechanische Schönheit als normale ge- setzt und alle andere darauf redueirt wird, so können wir nicht einverstanden sein. Es liegt allerdings die Tendenz zu nivellisiren gleichsam in der Luft, im politischen, socialen, philosophischen Gebiet: also in letzter Linie alles auf Mathematik zurückzu- führen, diese als das einzig verlässliche, das einzige Kriterium zu- gleich für schön, gut, wahr, gross, gerecht. Folgerichtig dürfte die Natur weder geistige noch physische Missgeburten liefern und was eventuell dem Normalspeeifieum nicht entspricht wird zurück- gewiesen. Handelsrechtlich ist ja, wer eine bestellte Waare liefert, verpflichtet, sie genau so, wie die Bestellung lautet, zu liefern. Folgerichtig ebenfalls dürfte die Phantasie keine anderen Gestalten zulassen,. denn solche, die nach den biomechanisch anerkannten Gesetzen möglich, d. h. lebensfähig uns vorgekommen sind. Wo wären aber dann die Künstler des Passage-Panopticums ? — Wenn die Kentauren, Pegasi, Greife ete. biomechanisch-phy- siologisch unerklärbar, unmöglich sind — in der Phantasie sind sie’ nicht unmöglich. Die biologischen Gesetze sind nieht die der Phantasie, diese schafft aber auch nicht in’s Blaue hinaus, sie be- folgt das Gesetz der geringsten Verschiedenheit zwischen Vor- gestelltem und Anschaulichem, zwischen Gedanken und Bild. Die Engel der christlichen Weltanschauung sind-ebenfalls unmöglich, sie kommen übrigens im Prineip schon bei den Assyrern, Persern, auch bei den Griechen vor. Das ganz moderne Symbol der Eisenbahnpost, das geflügelte Rad! und das Symbol der eleetro- galvanischen Telegraphie, das Blitzbündel (NB. Postmuseum zu Berlin), wie sind diese zu erklären und möglich? Und doch sind sie angemessen. — Der Grundgedanke des Naturforschers ist einfach: die Kunst hat nicht die Natur zu gestalten (die .der Natur entlehnten Motive frei zu bearbeiten), sondern direct nach- zuahmen, und zu diesem Ende, die Natur wissenschaftlich zu er- kennen, zu kennen. Was die naive Weltanschauung Künst- lerisches geschaffen, das kommt in der Natur ja nicht vor, ist also keine Kunst, weil unwissenschaftlich und für den wissen- schaftlich Gebildeten störend.*) Was sich nicht auf naturwissen- schaftlichen Sachverhalt zurückführen lässt — z. B. der Heiligen- schein-Nimbus — soll nicht dargestellt werden, und, wo es dar- gestellt, verworfen werden; umgekehrt, was dargestellt werden kann, muss beobachtete Thatsache, muss wissenschaftlich geübten Augen so und. so erschienen sein. Kurz, diese Kunst steht unter dem Zeichen der Wissenschaft, ja in deren Dienst: sie soll in- structive Tabellen, Phantome, Modelle ete. liefern, an denen der Beschauer Anatomie, Perspective, Geometrie, Mechanik ete. lernt: eine Art Anschauungsmaterial. — Das bei der gan- zen Untersuchung herauskommende Resultat ist höchst be- merkenswerth: Die „bildende Kunst“ hat der „Naturwissen- schaft“ viel, ja fast alles zu verdanken, die Naturwissenschaft da- gegen hat der bildenden Kunst nichts Erhebliches zu danken, eher durch jene Schaden erlitten. Nach der neuesten Theorie also sind Naturwissenschaft und bildende Kunst zwei Mächte, die mit einander Krieg führen: im Kriege lernt der Unterliegende vom Siegenden. Sieger ist Naturwissenschaft. Wenn zufällig Frieden ist, so kann die Naturwissenschaft von der Kunst gelegentlich etwas annehmen. Dies ist aber oft Schlimmes. Um diesen un- leidigen Zuständen ein Ende zu machen wird es wohl das beste sein, die gesammte bildende Kunst im „Museum“ zu begraben und begin- nen zu lassen die rechnend-messend-wägend-beobachtende Bildende Kunst. Diese ist dann wohl die wahre — weil richtige; schön ist sie, denn nichts übertrifft die aus einer mechanisch-mathemati- schen Formel geschöpfte Schönheit. Und erst nützlich wird diese Kunst sein! Es stört uns jedoch noch eine Frage, was geschieht mit der Phantasie? Die Antwort ist wohl: von ihrer schöpferi- schen Freiheit und Bethätigung ist keine Spur mehr. Die Phantasie wird Dienerin, ancilla Mathematices. Sie unterstützt die aus- führende Hand als die verbindende, progressiv-regressiy zusammen- fassende Aufmerksamkeit auf das Ziel, welches ist: zu einem Gesetz, Naturgesetz, ein „Beispiel“ zu liefern. — Der Autor hat den Kerngedanken seimer Aesthetik wohl etwas bescheiden ver- steckt, weil er vielleicht nicht der alleinige Entdecker ist, aber er liegt trotzdem hier: „Bei näherer Ueberlegung ist in der That gar nicht einzusehen, warum gerade diese Formen, die man nach Fechner durch eine trockene Gleichung mit drei Va- riabeln darstellen könnte, mehr als tausend andere Möglich- keiten uns beglücken“ (pag. 14). — Die „naturwissenschaftliche Culturperiode“ verlangt eine Kunst, die ihren Wünschen genügt. Das thut sie aus Freude an der Natur, und weil sie nicht zusehen kann, wie aus mangelnder Erkenntniss und Kenntniss, die Natur falsch wiedergegeben, gefälscht wird. Die Naturwissenschaft ver- langt also Kraft ihres Rechts und ihrer Culturmacht, dass nichts anderes, als was in der Natur ideell und prineipiell oder typisch vorkommt. überhaupt gebildet werde: Bildende Kunst! Wird dann das Wirkliche, ihren Anweisungen gemäss, nachgemalt, so ist der Naturalismus da, mit seinen Illustrationen und Schilderungen. Die Naturwissenschaft könnte sich dann verhüllen: das habe sie nicht gewollt; sie sei missdeutet, missverstanden. Es dürfte passend sein, auf diese Punkte etwas näher einzu- gehen. Eine verwickelte Frage ist in der Kunst die der Dar- stellung oder Darstellbarkeit der Bewegung. Das Problem der Bewegung**) ist schon erkenntnisstheoretisch eines der heikelsten und ist darum auch geläugnet worden. Bekannt sind die Aus- führungen Lessings in dieser Hinsicht. Die Illusion der Bewegung — wenn in Bezug auf den Terminus Illusion etwa Unklarheiten vorkommen, so hat dies seinen guten Grund, denn man unter- scheidet auf 5 verschiedenen Gebieten Illusion, und es ist zwischen ästhetischer und psychologischer Illusion oft nieht genau unter- schieden worden und zu unterscheiden — kann nach Kant (An- thropologie) entstehen durch „Fixieren“, welches die subjective Entstehungsmodalität ist. Es muss aber deren Möglichkeit in die objeetiven Verhältnisse hineingelegt werden vom Künstler, der diese „Täuschung“, „diesen Schein“ „aufrichtig“ (absichtlich) „schafft“, als Schein, den er der „Wahrheit nicht betrüglich unter- schiebt“. (Schiller: Prolog zum Wallenstein.) Es ist hier zu er- innern an die hervorgebrachte Illusion der bewegten Glieder durch bestimmte Anordnung, Häufung und die geeignete Beleuch- tung der verhüllenden Gewandfalten. Durch die Bezeichnun des langen Pendels der Schwarzwälder Uhr „in exeursione“ wir wenigstens die störende (nämlich illusionsstörende) Vorstellung der nicht-Bewegtheit der Uhr entfernt, und somit zwar nicht die Illusion der Bewegung hervorgebracht, aber doch provoeirt. — Immerhin soll beiläufig auf die qualitative Verschiedenheit zwischen „Vorstellung“ und (künstlerischer) „Illusion“ aufmerksam gemacht werden. Die „Vorstellung“ verhält sich zur „Illusion“ wie die „Luft“ zur drin enthaltenen „Lebensluft“ (Sauerstoff), welehe das Verwerthbare ist, um dessen willen die „Luft“ geathmet wird. Bewegung kann nicht redueirt werden. Bewegung ist Raum- *) J. Volkelt, Vort. zur Einf. i. d. Phil. d. Gegenw. p. 230, Anm. 126. ®»») Vgl. Die sieben Welträthsel: „Die zweite Schwierig- ‚keit ist eben der Ursprung der Bewegung.“ — E. du Bois-Reymond. Nr. 48. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 491 durehdringung mit dem Index der Zeit. Die bildende Kunst hat es ihrer Natur nach nur mit den Dingen, insofern sie „in Ruhe“ sind, zu thun. Dennoch kann der bildende Künstler durch Fixirung eines oder des passenden „bedeutsamen Momentes“ im Vorwurfe beim Beschauer die Vorstellung der Antecedentia und Consequentia des Momentes erwecken; dann entsteht in ihm die Illusion der Bewegung: d. h. der Beschauer erscheint sich als ein Bewegung Sehender. Es handelt sich darum, den „bedeutsamen“ Moment zu erfassen und festzuhalten, in Stein oder auf der Leinewand wiederzugeben, wodurch die Bewegung potentiell ge- geben. Es bedarf des Beschauers, auf dass dieser potentielle Reiz in Reiz umgesetzt werde. So liegt der Reiz allerdings in dem Stein, so wie er da geformt ist — der Eindruck aber. den sein Anblick macht, hängt ab von der Bekanntschaft des Beschauers mit den in Anspruch genommenen Associationen und Analogieen. Sowohl die Hervorbringung als der blosse Genuss der Kunstwerke erfordert Bildung. — Also nicht das Objeet wird in den Zustand der Bewegung versetzt, dadurch, dass der Beschauer hinzutritt, sondern im Beschauer wird Bewegungsvorstellung und Gefühl von Bewegung erzeugt, und dieselbe in das (ruhende) Ob- jeet projieirt, und zwar optisch, nicht causativ. Der Künstler speeulirt auf die Sinnlichkeit des Menschen, wie er selbst Mensch ist. So ist die psychologische Auffassung: die physikalischen Be- lehrungen und Erklärungen fallen nebenbei. Die Erklärung der psychophysischen Natur des Menschen ist das massgebende, nicht die „Stärke des Eindruckes“. Warum sich eine gewisse stärker einprägt, das geht den Künstler nichts an, aber das geht ihn an, dass eine Lage und welche Lage den und nur den Eindruck (ästhetisch) erzeugt, den er gerade im Interesse des Ganzen haben muss. Die stillschweigende Voraussetzung ist dabei immer die Constanz und Reeiproeität der Menschennatur: die Mittelbarkeit. So lange nicht unsere Augen uns den gehenden Menschen analytisch und stadiell vorführen, werden wir eine Darstellung in der Kunst, die anders, vielleicht photographisch, ist, als die bisher gewohnte und begründete, nicht begreifen; folglich ist sie für den Künster und den Kunstgenuss werthlos. Ich kann ein ungeheuer profunder und wissenschaftlicher Photograph sein und doch einerseits kein Künstler, wohl aber andererseits ein Verehrer der Antike sein. — Der Mensch „geht“, er kann auch schwimmen, vorläufig noch nicht fliegen. Die beschwingten Engel können auch nur in unserer Vorstellung fliegen; das genügt. Wenn der Künstler Engel verwendet, so thut er das nur. weil und so lange er auf entgegenkommendes Verständniss, auf Mittheilbarkeit seines Gedankens rechnet. Mit Physik etc. ist Niemandem gedient, auch nicht geschadet. Ich weiss, dass ich nie einen Engel gefühlt, betastet habe, und doch verstehe ich, was ein Bild eines Engels sagen will. Im Zusammenhang mit dem Fliegen steht das Schweben. Schweben des Menschen ist nicht bekannt. Dasselbe wird jedoch in der Kunst verwendet, der Begriff ist den Menschen geläufig, und so lange er dies ist, kann dessen Verwerthung in der Kunst sich behaupten. Die Wissenschaft braucht nicht zu sagen, es sei dies eine Usurpation, wenn der Mensch das Schweben für sich in Anspruch nimmt. Niemand kann schweben, trotzdem begreifen wir die Sache. Die physikalische Erläuterung hat mit Kunst nichts zu thun, wohl aber mit der psychologischen Entstehung der analogisirenden „Usurpation“. Kann die Wissenschaft uns diese Usurpation, diese Superstition, austreiben, und hat sie das gethan, so wird auch von deren Verwendung in der Kunst bald keine Spur mehr sein. ; Was Anatomie und Morphologie betrifft, so sollte ge- zeigt werden, dass bildende Kunst, deren Objeet die Natur ist, nicht existiren könne, bevor jene Wissenschaften und ebenso die Mechanik. bedeutende Entwicklung besitzen. Die Namen sind griechisch, nicht so die Wissenschaften. Aber die bildende Kunst der Griechen ist berühmt. Dürfte dies nicht etwas beweisen? — Bekanntlich notiren die Reisebücher: „schöner Menschenschlag“ ete. Bekannt ist auch die Redensart, die Schönheit (des Menschen resp. des weiblichen) liege ihnen in den Knochen (Skelett). (Vgl. „Es ist nieht in der Haut, was nicht im Knochen ist.“ Goethe. Typus.)*) Allerdings bei der minutiösesten Kenntniss der anato- mischen Verhältnisse kann der Bildner nicht Anderes geben, als was sein Modell in der betreffenden „Pose“ leistet. Das Modell ist die Natur, und diese weicht nicht von sich selbst ab, weder der Anatomie noch der Kunst zu Liebe. Anatomische, architek- tonische Schönheit ist naturwissenschaftlich Mechanisches, mecha- nische Schönheit, wenn Sehönheit ein mechanischer Terminus wäre. Der Künstler zeigt sich schon bei der Wahl der Pose (Brücke)**). Der Massstab „schön“ variirt bei den Künstlern mit der Zeit. Er variirt nicht blos innerhalb seines Spatium, sondern es kann auch sein Centrum und somit seine Sphäre überhaupt verschoben werden, d. h. besser: sich homolog verschieben: auch hier keine Sprünge wohl aber Wanderungen. Ob in solchen Schwankungen, wie bei anderen, eine „Periodieität“ zu constatiren ist oder wäre, *) Citirt von du Bois-Reymond: Naturw. u. bild. Kunst. **) Fehler (!) und Schönheit der menschl. Gestalt. Wien 1891. ist nieht ausgemacht. Immerhin findet zwischen dem Begriffs- medium „schön“ und dem von „gut“ eine Art Diffusion statt, deren Ergebniss der Zweckmässigkeitbegriff ist, mit schön/gut eventuell zu bezeichnen. Es ist fraglich, ob nach der eklektischen Methode (vgl. Cherbuliez, Un cheval de Phidias) das reine (ana- tomisch) Skelett mit einem plastischen Material schichtenweise (nach Art der Reliefs) bedeekt und dann polirt wirklich mit einer anerkannten statuären (plastischen) Vollkommenheit der Antike coneurriren könnte. So lange es schöne Menschen (Modelle) gibt, kann es schöne Statuen geben, Anatomie und Morphologie hin oder her; vorausgesetzt, dass der Mensch als Vorwurf sich be- hauptet. Bezüglich der Stylisirung von aus der Pflanzenwelt geschöpften Motiven und Ideen ist die Sachlage dieselbe. Die peinlichste Kenntniss der morphologischen wissenschaftlichen Ver- hältnisse wird den genialen Decorateur — Decoration ist noch keine bedeutende Kunst, obwohl es eine Kunst des Decorirens und Drapirens giebt — nicht noch genialer machen; und der Pfuscher ist dann höchstens ein morphologischer Pfuscher. Der Sinn für Pflanzenschönheit ist nicht sowohl in Hinsicht auf die Struetur als auf die Farben entwickelt. Bei Landschaftsmalereien ist wohl die Localität oder überhaupt das Motiv angegeben, bei decorativen Figurationen nichts. Es sind gewisse Motive der Pflanzenwelt entnommen, sie sind menschlich gestaltet. Ob überhaupt und inwiefern diese decorative Kunst den Titel mit Fug und Recht führt, ist eine andere Frage. Es steht fest, schön kann ein Deecorativum sein, ohne ein Original in der Natur zu haben. Schön kann die Pflanze sein — abgesehen von der Kennt- niss der Structur, der Gesetze. Man kann sich allerdings sugge- riren, durch das eigene, persönliche Verständniss werde der Ein- druck, der ästhetische Genuss, erhöht, damit ist für den Künstler nichts bewiesen. Dieses Phänomen hat für den Psychologen Interesse. — Wenn die physiologische Optik eine Anzahl Fehler unseres Auges, unseres ästhetischen Organes zaz' £oynr, des „absoluten Organes des Künstlers“, entdeckt hat, so folgt, dass die bildenden Künstler schliesslich betrogene Betrüger sind, oder dass die Kunst aufgehoben ist. Die Gefahr, d. h. vor der Hand die Möglichkeit, dass ein Mensch mit fehlerhafteren Augen, als dies gewöhnlich der Fall ist, auf die Idee kommt, Künstler zu werden, weil er Lust und Geschick hat, ist da, allein, er kann sich sagen lassen müssen, dass, das was er produeirt, unfehlbar unwahr, falsch ist, und naturwissenschaftlich sogar gefälscht erscheint. Ob aber immer die „optisch“ besten Augen auch wirklich gebornen Künstlern zuzuweisen jemals möglich sind, das ist mindestens eine Frage der Zeit, wo nicht überhaupt fraglich. Es ist einleuchtend, der Künstler kann nur, was er sieht, wie er es sieht, darstellen, wiedergeben — aber nicht wiederholen. Auf die Perspective kam der Künstler, ebenso auf die Farbenmischung ete. Vielleicht ist auch das, sowie das stereoskope Sehen ein Fehler unseres Auges. Endlich das Farbensehen, was ist das anderes, als ein allerdings merkwürdiger Fehler der polaren Region unseres Auges? Gelingt es der physiologischen Optik, alle diese Fehler zu eorrigiren, so haben wir damit, und mit der Photographie, die Bedingungen für die absolute, „exacte“ Kunst. Aber wie? Wäre wohl diese phy- siologische Optik, die als solche heute eine entwickelte Wissen- schaft ist, wohl so, wäre sie überhaupt nöthig, oder überhaupt schon da und auf dieser Stufe, wenn nicht die Bildende Kunst und der Kunsttrieb früher gewesen, als vielmehr auf jene hätte warten müssen, um zu werden? — So sehen wir mit Spannung der naturwissenschaftlich-bildenden Kunst entgegen. Es ist die Kunst der Zukunft und jener Zukunft wohl würdig. Man darf sagen: jede Zeit hat die Kunst, die sie verdient. — Betrachtet man die Rede als Ganzes, so wird man volles Lob ertheilen der Umsiecht und Gründlichkeit, mit der die Grundlage des Natura- lismus gestärkt wird, dessen „Ausschreitungen oft schwer zu er- tragen sind“. Diese Darstellung ist gewiss reizend-neu, für Natur- forscher, Künstler und Kunstconsument lehrreich und inter- essant. Der Naturforscher fühlt sich jetzt als Kunstrichter, der Künstler als Mathematiker, und der Kunsteonsument, der ist. muss sein: beides zugleich. Ein Lessing ist oder wäre heute gar nieht mehr nöthig, weil nicht möglich. — Es ist nur schade, dass der Autor es diesmal unterlassen, seine Gedanken „in kurze, aber inhaltsschwere Worte zusammenzufassen“, wie er dies in dem Vortrage: „Culturgeschichte und Naturwissenschaft“ gethan. — Die hier nur kritisch verwendeten ästhetischen Grundanschau- ungen sollen seiner Zeit in einem geschlossenem Expose in der „Naturw, Wochenscehr.“ gegeben werden. — C. A. Schmid. Prof. Dr. Adolf Fick, Compendium der Physiologie des Menschen. Nebst einer Darstellung der Entwickelungsgeschichte von Dr. Oscar Schultze. 4. umgearbeitete Auflage. Mit 76 Holzschnitten. Verlag von Wilhelm Braumüller. Wien 1891. Das verhältnissmässig kleine, ausgezeichnete Lehrbuch (es umfasst 499 Oktav-Seiten) trägt seinen Gegenstand in dogmatischer Form, ohne auf Controversen kritisch einzugehen, derartig vor, dass auch Anfänger aus ihm Nutzen ziehen können. Die Resul- 492 tate der Menschen-Physiologie werden in dem Buche vorgebracht: das was wir über den Gegenstand bis jetzt wissen. Es wurde vermieden, die Methoden zu schildern, welchen wir die Resultate verdanken. Beschreibungen und Abbildungen verwickelter Ap- parate finden wir daher in dem Werke nicht, überdies sind diese vielfach nur durch eigene Anschauung zum Verständniss zu bringen. Grossen Werth hat der Verfasser auf allgemeine Betrachtungen gelegt, durch die gezeigt wird, welehe Bedingungen erfüllt sein müssen, wenn der Zweck eines ÖOrganes erreicht werden soll. Wo es anging, hat der Verf. versucht, die physiologischen Lehr- sätze zu folgern aus grossen am lebenden Menschen augenfälligen Erscheinungen. Solchen Beweisen hat Verf. immer vor denen dureh künstliche viviseetorische Versuche den Vorzug gegeben. Eine vollständige Umarbeitung haben in der neuen Auflage er- fahren die Abschnitte über die Funktionen des centralen Nerven- systems und die Dioptrik des Auges. Ganz neu bearbeitet wurde der Abschnitt über die chemischen Bestandtheile des menschliehen Körpers. Dem Verfasser ist es ganz gelungen zu erreichen was er wollte, nämlich ein „lesbares Buch“. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens. Neue Folge. XXXIV. Jahrg. Vereinsjahr 1889/90. In Commission der Hitz’sehen Buchhandlung. Chur 1891. Der Band enthält ausser in der Beilage die Fortsetzung von Killias’, Käfer Graubündens, die folgenden Abhandlungen: P. Magnus, 1. Verzeichniss der ihm aus dem Kanton Graubünden bekannt gewordenen Pilze, Stizenberger, Bemerkungen zu den Ramanila-Arten Europas, ©. E. Imhof, Vorläufige Notiz über die Lebensyerhältnisse in den Seen unter der Eisdecke und Ad. v. Planta, Eine neue Gemüsepflanze aus Japan, nämlich Stachys affınis, über welche wir in diesem Bande der Naturw. Wochensehr. S. 40 bereits ausführlich berichtet haben. Auch die Planta’sche chemische Analyse der frischen Stachys affınis bringen wir an der genannten Stelle; wir wiederholen dieselbe jedoch um sie bequem mit derjenigen der frischen Kartoffel vergleichen zu können, was Planta in der folgenden Weise thut: Stachys Kartoffel pCt. pCt. Wasser % 78,33 14,801 Eiweisssubstanz . . . . 1,50 ) Amide (Glutamin) . . . _ _ Tyrosin (Betain) . . . - er 0, IHRER ER REINE. O,1s Om Stiekstofffreie Extraetstofte: Stachyose . - . . . . 16. — SENSE De N re 2l,os IRORTaSBIEr Er See 0,-, 02 ISChemEE N, url ilen ln 100.90 100,90 Trockensubstanz . 2l.or Den Verdauungs-Versuche haben das höchst günstige Resultat er- geben, dass 97,,., pCt. der Stachys-Knollen verdaut werden. Ver- dauungs-Versuche mit der Kartoffel ergaben 9,; pCt. Auch ist der enorme Unterschied zwischen beiden Knollenarten zu be- rücksiehtigen, dass die Arbeitsleistung des Magens eine ganz be- deutend geringere sein muss für die Verdauung der Stachys mit blosser Umwandlung von einem Dextrin-Körper in Traubenzucker, gegenüber dem viel längeren Prozess der Ueberführung von Stärkemehl in Dextrin und von diesem erst in Traubenzucker bei der Kartoffel. Imhof kommt in dem oben erwähnten Artikel zu demselben Schluss wohin ihn schon frühere Untersuchungen im Winter 1883 u. 1884 geführt hatten, dass nämlich auch unter der Eisdecke das Leben der pelagischen und grundbewohnenden Thierwelt fortdauert, dass in Bezug auf die Vertretung der einzelnen Thierfaunen an Individuenzahl kein grosser Unterschied in, den Sommer- und Wintermonaten vorhanden ist und dass unter Umständen die Thierwelt im Winter reicher an Individuen sein kann als im Sommer. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. XXVI. No. 4. — 1891. W. H. Kühl. Berlin 1891. Das Heft enthält zwei Abhandlungen, eine von Prof. A. Nehring, Die geographische Nachweisung der Säugethiere in dem Tschermosen-Gebiete des rechten Wolga-Ufers, sowie in den angrenzenden Gebieten (mit 1 Tafel). Ueber diese Abhandlung Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 0 —_—_—_—_—_—___ Nr. 48. werden wir in der Naturw. Wochenschr. eingehender referiren mit Rücksicht darauf, dass sie Ergänzungen der in der Naturw. Wochensehr. weitgehender berücksichtigten Studien Nehring’s über Steppen und ‚Steppenthiere bringt. — Der 2. Aufsatz von Dr. Konrad Kretschmer, Marino Sanudo der Aeltere und die Karten des Petrus Veseonte (mit 2 Tafeln) behandelt Gegenstände zur Kartographie des XIV. Jahrhunderts. Ackermann, C., Beiträge zur physischen Geographie der Ostsee, 2. Ausg, Hamburg. 4 M. Adler, G., Ueber den magnetischen Arbeitswerth von Substanzen veränderlicher Magnetisirungszahl, inbesondere von Eisen. Leipzig. 0,40 M. Arnold, C., Repetitorium der Chemie. 4. Aufl. Hamburg. Geb. 6 M. Atlas, topographischer, der Schweiz. 1:25000. 38. Lfg. No. 265. Schilseach. — No. 266. Spitzmeilen. — No. 270. bis. Sdetz- thal. — No. 287. Yvonand. — No. 294. Donneloye. — No. 384. Marbach. — No. 385. bis. Schangnau. — No. 42]. Tarasp. — No. 437. Morges. — No. 430. Savisny. — No. 456. Chardonne. No. 467. Villeneuve. Bern. 9,60 M. Baumann, O. Usambara und seine Nachbargebiete. Kart. 12 M. Bobek, K. J., Lehrbuch der Ausgleichsreehnung nach der Me- thode der kleinsten Quadrate. Stuttgart. 5 M. Credner, H., Elemente der Geologie. 7. Aufl. Leipzig. 15 M.; Einbd. 2.M. Dame Du Die ophthalmoskopischen Lichtreflexe der Netzhaut. ien. ‘ Du Bois-Reymond, E., Ueber die Grenzen des Naturerkennens. 4. Aufl. Leipzig. 6 M. Dühring, E., Der Werth des Lebens. 4. Aufl. Leipzig. 6 M. Eckstein, K., Pflanzengallen uud Gallenthiere. Leipzig. 3 M. Exner, F., Eleetrochemische Untersuchungen. Leipzig. 0,60 M. Faraday, M., Experimental- Untersuchungen über Eleetrieität. 3. (Schluss-) Bd. Berlin. 16 M.; geb. 17,20 M.; kplt. 36 M.; geb. 39,60 M. Foullon, H. B., Ueber Gesteine Leipzig. 0,60 M. Berlin. und Minerale von der Insel Rhodus. Hagen, J. G., Synopsis der höheren Mathematik. 1. Bd. Arith- metische und algebraische Analyse. Berlin. 30 M. Hann, J, Studien über die Luftdruck- und Temperaturverhält- nisse auf dem Sonnblickgipfel. nebst Bemerkungen über deren Bedeutung für die Theorie der Cyelonen und Antieyelonen. Leipzig. 1,40 M. Hofmann, A. W. v., Justus v. Liebig. Friedrich Wöhler. Leipzig. 2 M Holl, M., Ueber die Entwieklung der Stellung der Gliedmassen des Menschen. Leipzig. 1,30 M. Horbaczewski, J., Beiträge zur Kenntniss der Bildung der Harn- säure und der Xanthinbasen, sowie der Entstehung der Leueco- eystosen im Säugethierorganismus. Leipzig. 1 M. Jacobsen, E., chemisch-technisches Repertorium. 1890. 2. Halb- jahr. 1. Hälfte. Berlin. 2,40 M. Jacobson, P., Lehrbuch der organischen Chemie. 1. Bd. 2. Hälfte. 1. Abth. Leipzig. 5,50 M. Briefkasten. R.in St. Wir empfehlen Ihnen als Werke über Astronomie: 1) Littrow, Wunder des Himmels. Herausgegeben von Ed. Weiss, Director der Sternwarte zu Wien. Berlin, Ferd. Dümmlers Verlags- buchhandlung. Preis 17 M. Zu diesem Werke tritt ergänzend, von demselben Verfasser herrührend, ein sehr werthvoller Himmels- atlas (im gleichen Verlage erschienen). Preis 4M. 2) S. Neweomb, Populaere Astronomie. Leipzig, Wilh. Engelmann. 3) H. Gylden, Die Grundlehren der Astronomie. Leipzig, Wilh. Engelmann. Betreffs Himmelsatlanten dürften sich für Ihre Zwecke ausser oben genanntem die beiden folgenden empfehlen: 1) R. Schurig, Tabulae eaelestes. Leipzig. 2) H. Klein, Himmelsatlas. Leipzig. Letzteres Werk enhält einen Catalog der auf den einzelnen Tafeln des Atlanten zur Darstellung gekommenen Objecte. Es sei Ihnen in dieser Hinsicht auch noch empfohlen das Werk von H.Klein, Anleitung zu astronomischen Beobachtungen. Braunschweig, Vieweg & Sohn. i nn nm nn — —— Inhalt: Bergreferendar Leo Cremer: Ein Ausflug nach Spitzbergen. Fortsetzung. (Mit 3 Abbildungen.) — 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. S. vom 21. bis 25. September 1890. IV. — Aus dem wissenschaft- lichen Leben. — Litteratur: Emil du Bois-Reymond: Naturwissenschaft und bildende Kunst. — Prof. Dr. Adolf Fick: Compendium der Physiologie des Menschen. — Jahresbericht der Naturforsehenden Gesellschaft Graubündens. — Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. — Liste. — Briefkasten. EEE I III nn Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Inyalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. CIR Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Influenz-Maschinen nach &, Holtz-Toepler Wimshurst und eigener Construction empfiehlt J. R. 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ERINE x en Redaktion: a Forschung aufgiebt an weltum- fassenden Ideen und am locken- Weil Dr. H. Potonie, Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist # 3.— Bringegeld bei der Post 15 2 extra. Sonntag, den 6. Dezember 1891. Nr. 49. - Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Die Ursachen des säcularen Baumwechsels in den Wäldern Mitteleuropas. Von Dr. med. Ernst H. L. Krause. Es ist bekannt, dass in den Wäldern der europäi- schen Tiefländer in verschiedenen Abschnitten der Vor- zeit verschiedene Bäunie vorgeherrscht haben, und dass der Wechsel der Baumarten noch jetzt fortdauert. Dabei ist ausdrücklich zu bemerken, dass die Bestände der Forsten nicht nur nach der Willkür ihrer Besitzer sich ändern, sondern dass unter Umständen der Forstmann gezwungen ist, die vorhandene Baumart durch eine andere zu ersetzen, wenn anders er überhaupt einen ge- schlossenen Hochwald erhalten will. Beispielsweise ist durch Arbeiten dänischer Forscher, insbesondere Steen- strup, Vaupell und Müller, festgestellt, dass in jenem Lande einst die Kiefer der häufigste Waldbaum gewesen ist, und zwar zu einer Zeit, als sich schon Menschen dort angesiedelt hatten. Die Kiefer ist ganz verschwun- den, aus Jütland und von den grossen Inseln schon in vorgeschiehtlieher Zeit, von Laesoe anscheinend erst im 17. Jahrhundert. Es ist darnach lange die Eiche vor- herrschend gewesen, erst in den letztvergangenen Jahr- hunderten haben sich die reinen Buchenbestände ent- wickelt, und jetzt sind deren Tage gezählt, sie werden durch die — erst seit etwa 100 Jahren eingeführte — Fichte (Pinus Abies L.) verdrängt, und vergebens be- müht sich der Forstmann um ihre Erhaltung. Aehnliche Beobachtungen sind mit mehr oder weniger grosser Ge- nauigkeit in vielen Gegenden Nord- und Mitteleuropas gemacht. Als Ursache dieser Erscheinung wird von den meisten Forschern eine allmähliche Aenderung bezw. eine, perio- dische Schwankung des Klimas angesehen. Ganz be- sonders entwickelt ist diese Lehre neuerdings von dem norwegischen Botaniker A. Blytt“). Aber es ist auch ver- sucht worden, den Wechsel der Bäume unabhängig vom *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ Bd. V. S. 292 ff. — Red. Klima zu erklären. Ehe die Lehre von den Eiszeiten vollständig ausgebildet war und allgemeine Anerkennung gefunden hatte, ist von dem Dänen Vaupell*) der Ver- such gemacht, die wechselnde Zusammensetzung der Wälder aus den Eigenthümliehkeiten des Wuchses der verschiedenen Bäume zu erklären. Vaupell fand, dass der Kiefernwald lichter sei als der Eichenwald, dieser wiederum lichter als der Buchenwald, und zog daraus den Schluss, dass die Eiche in Dänemark später ein- gewandert sei als die Kiefer, dass sie im Kiefernwalde aufgewachsen sei und dann die Kiefern erstickt habe. In gleicher Weise sei später die Eiche durch die nach- rückende Buche überwachsen und zurückgedrängt. Diese Erklärung hat bei den Forstleuten Anklang gefunden und sie ist ganz neuerdings, unabhängig von Vaupell, wieder- holt von dem russischen Forscher Korzchinsky**). Dieser kommt auf Grund seiner Beobachtungen in den Eichen- wäldern Mittelrusslands zu dem Schluss, dass diese Waldart nur entstehen kann auf einem Boden, der vorher gar keinen Wald oder nur solche Bäume trug, welche noch weniger Schatten geben als die Eiche, dass aber die Eiche wieder untergeht, sobald Bäume mit diehterem Laubdach ihren Weg in die Bestände finden. Auf noch andere Weise erklärt Müller***) in Kopen- hagen das Eingehen der seeländischen Buchenbestände. Nach seiner Ansicht wirkt geschlossener Buchenwald aus- trocknend auf den Untergrund, der Boden bedeckt sich im Laufe der Jahre mit einer mächtigen Schicht dürren Laubes, in welchem die keimende Buche nicht Wurzel schlagen kann. So kann der Buchenbestand nur eine durch ihn selbst beschränkte Dauer haben. _Ueberein- stimmend damit berichtet Korzehinsky, dass in den *) Den danske Skove, Kopenhagen 1863. *) Engler’s Jahrbücher 13. Heft 3, 1891. ***) Mir nur aus verschiedenen Referaten bekannt. 494 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 49. russischen Eichenwäldern kein Nachwuchs von Eichen hochkommt, so dass Windbruch stets anderen Baumarten das Eindringen gestattet, vorausgesetzt, dass solche in der Nähe wachsen. Korzchinsky vereinigte also die Theorien Vaupell’s und Müller’s, ohne — wie es scheint — auch nur eine von.beiden gekannt zu haben. Alle drei Erklärungsweisen sind nicht blos am grünen Tisch ausgedacht, sondern stützen sich auf thatsächliche Beobachtungen. Dass während des jüngsten Abschnittes der Erdgeschichte sowohl die Wärme als die Feuchtig- keit der Luft in ein und derselben Gegend wiederholt und erheblich sich geändert hat, ist zweifellos erwiesen durch zahlreiche und übereinstimmende geologische Beob- achtungen; von den paläontologischen muss ich hier absehen, um nieht einen Kreisschluss zu machen. Dass die Buche unter Eichen hochkommt und sie überwuchert, dass aber umgekehrt im geschlossenen Buchenbestande keine Eiche aufwachsen kann, ist ebenfalls sicher. Ob aber die Eiche im Stande ist, die Kiefer zu verdrängen, das ist zweifelhaft, wie schon Korzehinsky bemerkt. Er meint, dass beide Arten einander das Gleichgewicht halten, und der Sieg der einen oder anderen „wesentlich von äusseren Einflüssen abhängt“. Die Beobachtungen, dass in alten Buchen- und Eichenbeständen sich kein Nachwuchs findet, will ich vorläufig gelten lassen, ohne davon überzeugt zu sein, dass es sich immer so ver- hält®). Werfen wir aber die Frage auf, ob die genannten Theorien auch mit allen Thatsachen im Einklang stehen, und ob sie im Stande sind, alle Phasen des säcularen Baumwechsels zu erklären, dann fallen die von Korzehinsky zusammengefassten Ansichten in sich zusammen, und ces bleibt der Klimawechsel als die wahrscheinlichste und hauptsächlichste, wenn auch nicht einzige, Ursache des Baumwechsels übrig. Die Fiehte gehört zu den wenigst lichtbedürftigen Bäumen Mitteleuropas. Vaupell stellte sie der Buche gleich und meinte, wenn die Wälder sich selbst über- lassen blieben, würden jene beiden alle anderen Bäume verdrängen. Wenn man Müller’s Beobachtungen vom Vaupell’schen Standpunkte betrachtet, so erscheint die Fichte sogar als Ueberwinderin der Buche, und sie wird in der That von Korzchinsky u. A. als solche angesehen. Die borealalpine Verbreitung der Fichte, ihr Fehlen in dem grössten Theil der norddeutschen Ebene, und dass neben ihr in Norwegen, Preussen, Galieien und Kurland die Kiefer vorkommt, kann vom. Vaupell - Korzehinsky- schen Standpunkt nicht erklärt werden. Geradezu im Widerspruch damit aber steht die Thatsache, dass in Schleswig-Holstein die Fichte gleichzeitig mit der Kiefer vorhanden gewesen und mit ihr, wahrscheinlich sogar vor ihr ausgestorben ist, um der Eiche Platz zu machen. Es waren schon früher einzelne Fiechtenreste in Torf- lagern dieser Provinz gefunden. Die Untersuchungen des Professors v. Fischer-Benzon**) haben jetzt ergeben, dass solche Reste nicht ganz selten sind, und dass sie gleich- altrig sind mit den Resten der Kiefer. Die Bildung sämmtlicher Moore Schleswig - Holsteins, welche Nadel- holzreste enthalten, hat begonnen, nachdem das Inlandeis abgeschmolzen war und den unteren Geschiebemergel zurückgelassen hatte. Nach diesem ersten grossen Rück- zuge hat das Eis Schleswig-Holstein nieht wieder ganz bedeckt. Wo sich Spuren der zweiten Eisbedeckung finden, da liegt der obere Geschiebemergel oder ein Umwand- lungsproduet desselben über den erwähnten Mooren. Die *) In Ostholstein findet sich reichlicher Nachwuchs in ge- schlossenen Buchenhochwäldern! Die Moore der Provinz Holstein; in den „Abhandlungen des naturw. Vereins“ zu Hamburg 1801. 5 nicht eisbedeckten Gegenden der Provinz sind während der zweiten Eiszeit grossentheils (besonders die West- küste) vom Meere bedeckt gewesen. Alle Moore, in denen bis jetzt Fiehtenreste gefunden sind, sind entweder von der zweiten Vereisung oder von der Senkung unter den Meeresspiegel betroffen. Dagegen giebt es Moore mit Kiefernresten, welche anscheinend seit der soge- nannten Interglacialzeit ungestört geblieben sind. Das Aussterben der Fichte kann nur durch gleichzeitige geo- logische und klimatische Veränderungen erklärt werden. Auch im Hannoverschen sind’ schon vor langer Zeit Fichtenreste im Grossen Westenbecker Moor bei Gifhorn gefunden. Es ist also Thatsache, dass die Fiehte in der Vorzeit in der norddeutschen Ebene gewachsen ist. Dass sie jetzt auf deren nordöstlichen Theil und in den Ge- birgen auf höhere Lagen beschränkt ist, kann nur da- durch erklärt werden, dass der in Rede stehende Baum einem kühleren Klima angepasst ist, als unsere Laub- hölzer. Die ehemalige und jetzige Verbreitung der Kiefer lässt sich ebenso erklären wie die der Fichte, und es liegt kein Grund vor, die ganz analoge Verbreitung dieser Nadelbäume verschieden aufzufassen. Auch die Buche verdrängt die Eiche nicht allein in Folge ihrer geringeren Lichtbedürftigkeit. Dass in den letzten Jahrhunderten m Dänemark und Schleswig-Hol- stein die Buche die Eiche bedrängt hat, ist allerdings richtig, aber Vaupell, der zuerst diese Beobachtung machte, fügte bereits hinzu, dass die Buche bevor sie das Uebergewicht über die Eiche erlangte, sehon längere Zeit im Lande war. Vaupell kam zu dem Schluss, dass nur in Wäldern, deren Wachsthum vom Menschen unge- stört blieb, die Buche die Herrschaft erlangte. So lange der Bauern Vieh im Walde graste, blieben die Bestände gemischt, blieb die Eiche der häufigste Baum, erst nach Aufhebung der Viehtrift konnte sich der reine Buchen- wald entwickeln. Was aber Vaupell als natürlichen, un- gestörten Zustand des Waldes ansah, das ist ein höchst unnatürlicher Zustand. Der mitteleuropäische Urwald ist von zahlreichen pflanzenfressenden Säugethieren bewohnt gewesen, die ihren Einfluss ebenso geltend gemacht haben, wie später die zahmen Heerden. Dass durch grasende Thiere die Buche mehr geschädigt wird als die Eiche ist klar, denn erstere hat zarteres Laub und entwickelt ihre Triebe reichlich acht Tage eher als die Eiche zu einer Zeit, wo noch kein Ueberfluss an jungem Grün vorhanden ist. Ausserdem kann die Eiche an Biss- schäden ganz unglaublich viel vertragen und überwinden (Korzschinsky). Noch mehr als durch diese Betrach- tungen büsst die Vaupell’sche Auffassung an Wahrschein- lichkeit ein durch eine Entdeckung, welche schon Poulsen, Emil Chr. Hansen und Andere gemacht hatten, die aber unbeachtet blieb, bis sie jetzt von v. Fischer-Benzon be- stätigt wurde. Man findet nämlich in mehreren Mooren der eim- brischen Halbinsel Buchenreste in beträchtlicher Tiefe (bis über 2 m). Wie ‚schnell die Hochmoore hier zu Lande in den letzten anderthalb Jahrtausenden ge- wachsen sind, dafür haben wir einen ungefähren Mass- stab an der Torfschicht, von welcher die römischen Bohl- wege in Nordwestdeutschland überwachsen sind. Legen wir diesen Massstab zu Grunde, so ergiebt sich für die ältesten buchenführenden Schichten Schleswig-Holsteins ein Alter von annähernd 3000 Jahren. Hätte Vaupell das gewusst, hätte er seine Theorie von der Einwanderung der Buche nie aufstellen können. Die letzgenannte Be- obachtung schliesst die letzte Lücke in A. Blytts Schluss- folgerungen über die Entstehung der norwegischen Flora®). _*) Om Planternes Udbredelse, Vortrag in d. botan. Section I d. Naturforschervers. z. Christiania 1886. Nr. 49. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 495 Der norwegische Pflanzengeograph ist der Ansicht, dass die atlantische Flora Bergens, welche von der Buche begleitet ist, nicht über die Nordsee gewandert sein kann, sondern unter der Herrschaft eines milderen, feuchteren Klimas um die Föhrde von Christiania ihren Weg ge- funden haben muss. Das geringe Alter, welches Vaupell der Buche in Dänemark zugestand, war mit Blytts Theorie nieht in Einklang zu bringen. — Was nun Müllers Theorie vom Untergang der dänischen Buchenwälder betrifft, so genügt hier ein Hin- weis auf die vorstehende Auseinandersetzung, dass diese reinen Buchenwälder Culturproducte sind. Culturproduet ist in gewissem Sinne auch der Buchenwald, welcher Schleswig-Holsteins Ostabhang bekleidet. Der Wald, welcher sich im Mittelalter von Schleswig bis Lübeck er- streckte, war kein Urwald, sondern ein Nachwuchs auf altem, verlassenem Culturland, das seiner ursprünglichen Thierwelt beraubt war.*) Hiernach ergiebt sich, dass die Buche trotz ihres diehteren Wuchses die Eiche nicht ver- drängen kann, wenn nicht andere Umstände hinzu- kommen. In Schleswig-Holstein ist es auch keine klimatische Ursache gewesen, die der Buche das Uebergwicht verschaffte, sondern eime Aenderung in den Culturverhältnissen des Menschen. In Nordwest- deutschland, wo die von West eingewanderte Buche *) Vergl. Helmolds Geschichte d. Slaven u. meinen Vortrag im naturw. Verein z. Kiel (Kieler Zeitg. No. 14095). nicht wohl jünger sein kann als hier, ist heute noch die Eiche vorherrschend. In Mecklenburg ist sogar beobachtet, dass die Buche unter Umständen von der Kiefer verdrängt wird. Die Lewitz, der grosse Bruch zwischen Schweriner See und Elde, trug auf ihren dünenartigen Sandhügeln Buchen, bis das Gebiet entwässert wurde. Mit zunehmender Trockenheit gingen die Buchen auf dem Sandboden ein und wurden durch Kiefern ersetzt (nach Ernst Boll). Die Vaupell’sche Theorie von der- Reihenfolge der Bäume nach der Dichtigkeit ihres Wuchses passt nur für Forsten des Culturlandes. Wer trotz des Gesagten noch an den von Korzehinsky vertretenen Anschauungen festhält, der sehe sich die Wälder Amerikas an, in denen Buchen, Eichen, Kiefern und viele andere Bäume von dem verschiedensten Licht- bedürfniss in buntester Mischung durcheinander wachsen. Auch die norddeutschen Wälder sind im Urzustande nicht so eintönig gewesen, wie sie jetzt durch Forst- eultur geworden sind. Zahlreiche Urkunden beweisen das. Ebenso sind die Wälder der Perioden der Vorzeit nicht so scharf von einander geschieden und in sich nieht so gleichförmig gewesen, wie das bekannte Steen- strup’sche Schema sie erscheinen lässt. Den saeculaeren Baumwechsel haben alle die Um- stände gemeinsam bewirkt, welche überhaupt die Ver- breitung der Pflanzen auf der Erde beeinflussen: Klima, Boden und Wasser, Thiere und Mensch. Die Logarithmen der physikalischen Begriffe. Von Dr. E. Nickel. Die nachfolgenden Betrachtungen sind eine weitere Entwieklung der Gedanken, welehe in meiner Mittheilung über die Dimensionen der physikalischen Be- griffe in No. 39 Bd. VI dieser Zeitschrift erörtert sind. Wenn man von den drei Grundbegriffen: Masse, Länge und Zeit ausgeht und danach strebt, alle phy- sikalischen Begriffe darauf zurückzuführen, so gewinnt die Physik eine Einheitlichkeit, welche sie berechtigt, sich der Mathematik ebenbürtig an die Seite zu stellen. In den Aufbau der physikalischen Begriffe aus den drei Grundbegriffen kann man leicht auf folgende Weise einen Einblick gewinnen. Wir beginnen mit der „Länge*. Durch die zweite Potenz der Länge kommen wir zur Fläche, durch die dritte Potenz zum Raum, zum Volumen; denn es lässt sich ja jede Fläche (Ebene) als das Quadrat einer Strecke und jeder Theil des Raumes als die dritte Potenz einer Strecke darstellen. Länge? —= Fläche .. ° > Länge? — Raum {o} Wir können, indem wir den mathematischen Sprach- gebrauch auch hier zur Anwendung bringen, die Zahl 2 bezeichnen als Logarithmus der Fläche in Bezug auf die Länge, während die Zahl 5 dementsprechend als Logarith- mus des Raumes auftritt. Dieser Vorschlag wirkt viel- leicht auf den ersten Blick befremdend, aber wir werden beim weiteren Aufbau der physikalischen Begriffe sehen, dass thatsächlich die Regeln der logarithmischen Rechnung zur Anwendung kommen. Es ist aber dabei nothwendig nicht einen einzigen Grundbegriff, sondern stets den Ver- band aller drei Grundbegriffe, nämlich Masse, Länge und Zeit (M L T) in Betracht zu ziehen und eine be- stimmte Reihenfolge derselben ein für ‚alle Mal fest zu halten. Die Darstellung der Grundbegriffe erfordert dann natürlich die Einführung der nullten Potenzen. Wir kommen so zu folgenden Ausdrücken, welche der Reihe nach Masse, Länge und Zeit ausdrücken Abe SD RC BUT T2K0 DR ETRTE Die Exponentenfolgen 100, 010, 001 erscheinen dann als die Logarithmen der Grundbegriffe. In gleicher Weise werden wir jetzt den Logarithmus der Fläche bezw. des Raumes nieht wie vorhin einfach durch die Zahl 2 bezw. 3 bezeichnen, sondern durch die Ausdrücke 020 bezw. 030. Wir können jetzt zur Bildung der abgeleiteten phy- sikalischen Begriffe übergehen. Wir combiniren z. B. den Begriff der Masse mit dem des Volumens. Dividiren wir die Masse eines Körpers durch sein Volumen, so er- halten wir die Diehte. Dividiren wir umgekehrt das Volumen durch die Masse, so erhalten wir das s. g. speeifische Volumen. Wenn wir nur mit den Ex- ponenten d. h. mit den Logarithmen der Begriffe rech- nen, so wird, wie aus den Regeln der logarithmischen Rechnung folgt, die Division zur Subtraetion. In den bezüglichen folgenden Reehnungen sind die Minuszeichen über die betreffenden Zahlen gesetzt. Ig Masse == 100 !g Volumen —z03 !g Volumen — 030 Ig Masse — #100 !y Diehtte — 130 !g spec. Volumen — 130 Die Symbole 130 bezw. 130 geben uns nach den vorhergehenden Festsetzungen ein völlig ausreichendes und klares Bild über die Verwandtschaft der beiden ge- nannten Begriffe mit den Grundbegriffen. Auch können wir leicht den Uebergang zu der bisher geübten Dar- stellungsweise ausführen. Wir brauchen nur die obigen Zahlen der Reihe nach bezüglich zu Exponenten von M LT zu machen. 496 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 49, Dimension der Dichte M! T72"D&Soder M! L7® Dimension des spec. Volumens M-!L? T° oder M-! L? Zur weiteren Veranschaulichung über den Aufbau der physikalischen Begriffe aus den Grundbegriffen möge noch ein anderes Beispiel dienen. Wir combiniren jetzt zwei andere Begriffe: nämlich Zeit und Länge. Wir vergleichen mit anderen Worten in Form einer Division eine Veränderung, die im Raum nach einer Dimension d. h. nach einer Länge stattgefunden hat, mit der Zeit, die zur Veränderung nothwendig war. Wir bilden so synthetisch den Begriff der Geschwindigkeit. Seine Di- mension bezw. sein Logarithmus ergiebt sich durch fol- gende Aufstellung: !g Länge — 010 19 Zeit — 001 !g Geschwindigkeit — 011 Begriffe, wie die Geschwindigkeit und die Dichte, welche nur zwei Grundbegriffe beanspruchen, können wir als binäre Begriffe bezeichnen. Wir wollen das bisher angewandte Verfahren noch dazu benutzen, um zu zeigen, dass Arbeit und leben- dige Kraft (kinetische Energie) dieselbe Dimension, denselben Logarithmus haben. Arbeit — Kraft X Weg leb. Kraft — 4 Masse X Geschwindigkeit? Da wir für unsere Betrachtung nur die Qualität der Begriffe in Betracht ziehen, nieht ihre Quantität, so können wir von dem Faktor !/, in der zweiten Gleichung absehen. Logarithmisch wird die Multiplikation zur Addi- tion, das Quadriren zum Multiplieiren mit 2. !g Kraft = 112 Ig Geschwindigkeit v — = Weg —=010 19) — 022 ly Arbeit — 122 Iy Masse = 10 !g leb. Kraft — 122 Die Dimensionen bezw. die Logarithmen der phy- sikalisechen Begriffe sind nicht nur als Belege für die Einheitlichkeit der Begriffsbildung in der Physik von Vortheil, auch für die Umrechnung von Angaben aus einem physikalischen Masssystem in ein an- deres kommen sie zur Geltung. Es möge sich z. B. da- rum handeln Angaben aus dem sogenannten C. G. S.- System, welches von Gramm, Centimeter und Seeunde ausgeht, umzurechnen in das ältere von Gauss und Weber befolgte System, welches Milligramm, Millimeter und Sekunden für die Messung zu Grunde legt. Es ist selbstverständlich, dass wir jetzt ausser der Qualität der Begriffe auch ihre Quantität in Betracht ziehen müssen. Da uns die Symbole M Z T nur die Qualität von Masse, Länge und Zeit vorstellen sollten, so müssen wir für die Quantität der Begriffe, d. h. für ıhre Masszahlen andere Symbole wählen. Es seien dies die entsprechen- den kleinen Buchstaben mt, und zwar sollen sich ihre Werthe jetzt beziehen auf das C. G. S.-System. Dann ist für einen physikalischen Begriff mit dem Lo- garithmus ©yz der Ausdruck seiner Quantität im ge- nannten System m: W t: Gehen wir vom Gramm zum Milligramm und vom Centimeter zum Millimeter d. h. zu den Gauss-Weberschen Einheiten über, so wird die Masszahl der Masse 10° mal, die der Länge 10! mal grösser als vorhin, mithin der Ausdruck der Quantität een I Naar 0 Für alle Begriffe, bei dnen 2=1 und y=2 ist, z. B. für den Begriff der Arbeit mit dem Logarithmus 122 ist mithin für eine Umrechnung aus dem erstem System in das zweite der Factor = 10°+? —= 100000. oder Ein Ausflug nach Spitzbergen. Von Bergreferendar Leo Cremer. (Schluss.) Bis zum Freitag den 28. dauerte unser Aufenthalt in Tromsö, da wir Kohlen einzunehmen und noch mancherlei Besorgungen zu erledigen hatten. Am ersten Morgen erhielten wir die lange ersehnten Briefe und Zeitungen aus der Heimath und eine Stunde lang war alles in die Lectüre vertieft. Ein Besuch in der Familie unseres Mr. Jacobsen am Vormittag dieses Tages und eines Gesangs-Concertes im Grand Hötel, von Herrn und Frau Lammers aus Christiania gegeben, bildeten angenehme Abwechselungen in unseren geschäftlichen Besorgungen, besonders erfreute uns bei letzterem der Vortrag zahl- reicher deutscher Lieder. Freitag Mittag um 2 Uhr wurde der Anker gelichtet und unter Abschiedswinken das schnell liebgewonnene Tromsö verlassen. Wie bei unserer Ankunft lag auch jetzt das Städtehen anmuthig da, nur zu bald ver- schwanden die freundlichen Villen auf der grünen Insel, die schneebedeckte Ringvandsö und Kvalö im Hinter- grund unseren Blicken, unsere Gedanken weilten jedoch noch oft und gerne dort. Für unsere Fahrt, die diesmal an der norwegischen Küste entlang stattfinden sollte, hatten wir in Tromsö einen neuen Lootsen, einen älteren, ruhigen Mann, ge- wonnen, der uns mit erstaunlicher Sicherheit und Umsicht durch das oft schwierige Fahrwasser bis Bergen brachte. Meist waren wir bei Anbruch der dunklen Nächte ge- zwungen, irgendwo anzulegen und bis zum nächsten Morgen zu warten. So blieben wir gleich am ersten Abend bei Hanvik und fuhren am nächsten Morgen, den 29., an Lödingen vorbei über den Vestfjord nach dem Raftsund, dem schönsten Punkt der Lofoten. Es ist dies die Gegend, welehe das in Berlin lange ausgestellt gewesene Nordlandpanorama Josef Kriegers und Adalbert Heine’s darstellt. An dem Digermulkollen vorbei, auf dessen Höhe sich der Besucher des Panoramas befindet, fuhren wir von Süden her in den Raftsund ein, besuchten den engen Troldsfjord und dampften zwischen Ost- und Vest-Vaagö nach Norden bis zur Insel Hanö hinauf. Der Raftsund bot unzweifelhaft einen der grossartigsten Anblieke auf unserer Reise. Auf der einen Seite erheben sich die gewaltigen, zackigen Bergpyramiden mit den Gletschern und Schneefeldern auf ihren Gipfeln und schweren dunkelen Regenwolken, auf der anderen Seite herrscht mehr die idyllische Land- schaft vor. Auf den grünen Matten stehen die rothen Häuschen der Fischer, ein Wasserfall stürzt von den Bergabhängen, hier breit und mächtig, dort in zahlreiche schmale Silberbänder aufgelöst, rauscht zwischen Blumen und Gräsern dahin und mündet am steinigen Strand in die See; Schuppen und Boote stehen daneben. So reiht sich ein grünendes Thälchen, eine liebliche Bucht an die andere. In jeder Beziehung eigenartig ist das schmale Nr. 49. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 497 Troldsfjord. Fast senkrecht stürzt an der Nordseite eine glatte Felswand Hunderte von Metern in das Wasser ab, im Hintergrunde erheben sich hinter den grünen Vorbergen, aus denen brausende Wasserfälle hervorbrechen, die ra- genden Gipfel und Gletscher des Hochgebirges. Die Nacht verbrachten wir im Hafen von Brettesnaes auf der zu den Lofoten gehörigen Insel Molla. Die Ueberfahrt am nächsten Tag über den Vestfjord nach der norwegischen Küste fand bei stürmischem Westwind statt, der aus der offenen See in den breiten Fjord hinein- blies. Erst im Schutz der Schären und Inseln, die wir bei Grötö erreichten, wurde die See wieder ruhiger und blieb so mit wenigen Ausnahmen während unserer ganzen Fahrt nach Bergen. Gegen Mittag kamen wir an Bodö vorbei, umfuhren dann das Vorgebirge Kunnen und passierten Abends 7 Uhr den Polarkreis bei Hestmandö, der „Fuhrmannsinsel“, deren Felsen eine gewisse Aehnlichkeit mit einem mantel- umwehten Mann zeigen. An diesem wie auch an den nächsten Abenden hatten wir Gelegenheit, das Meerleuchten zu bewundern. Am Bug und im Kielwasser glänzt und schimmert es, Tausende von Funken sprühen auf, jeder Fisch zieht einen strah- lenden Schweif hinter sich her. Am Tage erschienen diehte Züge von Quallen in allen Farben und Gestalten, röthlich und orange, gelblich und grünlich leuchten die teller-, glocken- und sternförmigen Thiere im Wasser. Bei der Einfahrt in den Throndhjemsfjord am Abend des 31. erschien ein Nordlicht am Himmel. Ein flacher heller Bogen, der ungefähr den vierten Theil des Hori- zontes umfasste, spannte sich unterhalb des grossen Bären aus. An einzelnen Stellen verstärkt sich jetzt der helle Schimmer, wird immer intensiver, und plötzlich schiesst ein Strahlenbündel den dunklen Himmel hinauf. Schnell brechen daneben rechts und links weitere Strahlen hervor, die allmählich ineinanderfliessen und, in steter Bewegung, wie ein wallender Vorhang von schimmerndem Nebel er- scheinen. Die Dauer der Erscheinung war nur kurz, ebenso plötzlich, wie sie gekommen, verlöschen die Strahlen wieder, um an einer andern Stelle, einzeln oder zu meh- reren, wieder hervorzuschiessen. Sehr intensiv war die Erscheimung leider nicht, eine deutliche Färbung auch nicht zu bemerken, nur zuweilen schienen ganz be- sonders helle Strahlen einen grünlichen Schimmer zu besitzen. Am 1. September, Morgens 2 Uhr, kamen wir in Throndhjem an. Das Wetter war leider trübe, als wir am Morgen durch den Hafen fuhren. Nach einem Gang durch die Stadt mit ihren breiten Strassen, den Holzhäusern und den langen Reihen von Waarenniederlagen am Hafen, besuchten wir den berühmten Dom, die alte Krönungs- stätte der norwegischen Könige. Er ist erst halbvollendet, zahlreiche Arbeiter sind beim Bau beschäftigt. Wie häufig bei Kirchen, deren Bau sich über Jahrhunderte ausgedehnt hat, zeigt auch der Krönungsdom ein Gemisch von romanischen und gothischen Motiven. Besonders hervorragend ist das Innere, der Eindruck des Schlanken, Zierliehen und Formenschönen kommt überall in harmo- nischer Weise zur Geltung, wie zum Beispiel bei dem aus leichten Spitzbogen bestehenden Chorabschluss nach dem Hauptschiff. Das Baumaterial, ein grünlicher Chlorit- schiefer, bewirkt im Chor eine ganz eigenartige, stimmungs- volle Beleuchtung, in der die schlanken weissen Marmor- säulen sich prächtig abheben. — Ein Blick von den westlichen Anhöhen auf die an- muthige Stadt mit ihren Villen und Gärten auf den Höhen, auf die Festung Kristiansten, die befestigte Insel Munk- holmen vor dem Hafen und auf den Fjord beschloss unseren Aufenthalt im Throndhjem, welches wir am Nachmittag verliessen. Regen und Wind gaben uns auf der Weiterfahrt das Geleite. Die Weiterfahrt an der Küste bot nicht viel Bemer- kenswerthes. Am 2. September wurde Mittags angesichts des freundlichen Aalesund eine Sedanfeier veranstaltet. Am Nachmittag desselben Tages kamen wir aus den Schären heraus und umfuhren bei ziemlich starker westlicher Dünung das berüchtigte Cap Stadtlandet. Von Nebel und schweren Wolken umhüllt ragen die steilen schwarzen Berge aus dem tosenden Meere hervor. Mit wilder Heftigkeit brechen sich die Seen an den Klippen und Uferfelsen, hochaufschäumend laufen die Wogen die Felsen hinauf, dass es aussieht, als ob dieselben mit Schnee bedeckt wären, um gleich darauf in Hunderten von kleinen Bächen und Wasserfällen wieder zurückzuströmen. Am Nachmittag des 3. September kamen wir in Bergen an. Natürlich regnete es heftig, wie immer hier, doch konnten wir trotzdem sehen, wie malerisch die Stadt am Fuss der hohen Berge liegt. Der Hafen war voller Schiffe. An dem Molo und der Festung Bergenhus mit der Kongshalle und dem Walkendorfthurm vorbei fuhren wir in den Hafen hinein und gingen der Tydskebrygge gegenüber vor Anker. Das Wetter hinderte uns leider, die alte Hansastadt nach Gebühr zu durchwandern, wir retteten uns schliesslich in das Museum mit seiner ausge- zeichneten zoologischen Sammlung und Abends in das Hotel „Nordstjernen*“. Am Freitag den 4. September, Morgens 5 Uhr ver- liessen wir Bergen, um direkt südlich nach Bremerhaven zu fahren. Noch zwei Tage und zwei Nächte schaukelten wir auf den Wellen der Nordsee und liefen dann am Sonntag den 6. September morgens in die Weser und gegen 10 Uhr in den alten Hafen von Bremerhaven ein. Nach einer nur sechswöchentlichen, an Schön- heiten und grossartigen Eindrücken jedoch überreichen Fahrt, begrüssten wir wieder mit Freude den heimischen Boden. Ueber Chinin und die Malariaamöbe handelt ein Aufsatz des Professor C. Binz in der Berliner Klinischen Wochenschrift No. 43. — Vor etwa 25 Jahren noch galt allgemein das Chinin lediglich als ein direcetes Nerven- heilmittel. Es sollte Fieber, insbesondere das der Malaria mit seinen intermittirenden Anfällen, heilen durch den Einfluss auf unbekannte Vorgänge im Nervensystem. Heute wird ohne nennenswerthen Widerspruch zuge- standen, dass das Chinin das Malariafieber heilt, weil es Gift ist für die Amöbe, deren Einnisten in die rothen Blutkörperchen dieses Fieber erzeugt. A. Laveran hat den Parasiten bei der Beobachtung von Fieberkranken in Algerien entdeckt und 1880 zuerst beschrieben. (Fig. 3.) Den Beginn der neuen Auffassung brachten Versuche von Binz im Jahre 1867. Sie zeigten, dass neutral oder auch schwach basisch reagirendes salzsaures Chinin ein unerwartet starkes Gift ist für die Protoplasmen verwe- sender Pflanzen, und dass es überhaupt auf viele Gährungs- und Fäulnissvorgänge stark hemmend wirkt. Diese Hemmung war nieht unbekannt gewesen, allein man hatte ihr keinerlei Bedeutung beigelegt, und man hatte nicht gewusst, dass sie durch die Eigenschaft des Chinins als eines starken Protoplasmagiftes zu Stande kommt. Binz erweiterte die neuen Thatsachen nach verschiedenen Seiten und brachte dabei unter anderem den Nachweis der Giftigkeit des Chinins für die Amöben des süssen 495 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 49, Wassers. Sind deren Bewegungen in vollem Gange und fügt man dann die sehr verdünnte Lösung neutralen oder schwachbasischen Chinins hinzu, so hören sofort die Be- wegungen auf, die Thierchen sind grob granulirt und zerfallen bald. Ist die Verdünnung des Chinins sehr gross, etwa 1:30000, so bedarf es mehrerer Stunden, um die Wirkung zu Tage treten zu lassen. Immerhin erscheint sie auch dann sehr deutlich, wie ein Vergleich der Figuren 1 und 2 darthut. Etwas später zeigten Binz und seine Schüler in einer Reihe von Versuchen, dass dem Chinin keine einzige Wirkung gegenüber dem Ner- vensystem eigen ist, welche als Anhaltspunkt zum Ver- ständniss der so wunderbar erscheinenden Wirkung im Malariafieber Bedeutunghätte. Gestützt auf eine Reihe von Gründen klinischer und experimenteller Natur, ins- besondere auf den Nachweis der Eigenschaft des Chinins als eines äusserst starken Giftes für niedere Protoplas- men, sowie auf den Nachweis seiner Indifferenz in den ge- bräuchlichen Gaben für das Nervensystem, veranlasste Binz allgemein zu sagen: „Das Chinin wirkt nicht vom Nervensystem aus, wie man bisher allgemein angenommen hat, sondern es unterdrückt das Malariafieber und seine sämmtlichen Symptome, also auch die intermittirenden Anfälle, durch Lähmung von dessen Ursache, welche wahrscheinlich ein niederster Organismus ist.“ Binz musste es aber der weiteren Entwickelung dieser Frage überlassen, zu zeigen, welcher Art dieser niederste Organismus sei. Die beiden vielbesprochenen Gegenstände Malariafieber und Chinin hatten damit aller- dings einen festen Boden gewonnen. Diese Deutung der Chininwirkung beim Malariafieber hat später Laveran zur Gewissheit erhoben. Seinem Verdienst der Entdeckung der Malariaamöbe hat Laveran den Schlussstein der ganzen Angelegenheit hinzugefügt, indem er den therapeutischen Rest der Frage erledigte. Dass die Amöben unter dem Einfluss des Chinins aus dem Blute verschwinden, wenn die Krankheit heilt, war von allen Beobachtern mit Einstimmigkeit zu- gegeben worden; allein der Nachweis der Giftigkeit des Chinins für die Amöbe der Malaria, unmittelbar geführt, fehlte. In Bonn und Umgegend giebt es keine Malaria- fieber; Binz war also nicht gut in der Lage, diese Unter- suchung anzustellen; und seine Bemühungen, sie auswärts an Malariaplätzen angestellt zu sehen, blieben ohne Erfolg. In einer diesjährigen Schrift Laveran’s (Du Paludisme et de son h@matozooire, Paris, 1891) heisst es, Seite 185, übersetzt folgendermassen: „Man kann die Wirkung des Chinins auf die Malaria- amöbe unmittelbar studiren, indem man einen Tropfen des Sulfates oder Hydrochlorides mit einem Tropfen malarischen Blutes vermischt. Unter dieser Bedingung sieht man, das die Bewegungen der Geissel aufhören und dass der Blutparasit zum Cadaver wird. Im Uebrigen zeigt wohl schon das Verschwinden der Parasiten in dem blute der Kranken, welche mit Chinin behandelt werden, dass es sie zerstört.“ Laveran benutzte also Binz’ behufs Prüfung des Werthes antiseptischer Stoffe angewandte Methode. Was Binz seit 1867 in Lehre und Schrift vertreten hat: das Fig. 1. in lebhafter Bewegung und Ver- änderung ihrer Form. Eine Süsswasseramöbe Fig. 2. Dieselbe Amöbe nach mehrstündiger Einwirkung von 1:30000 Chinin. Fig. 3. Malariaamöbe, in voller Entwiekelung begrıffen, inner- halb eines rothen Blutkörper- chens. Schematisch nach mehre- ren Autoren. Chinin heile die intermittirenden Fieber nicht durch irgend einen Einfluss auf irgend einen Theil des Nervensystems, sondern durch Lähmen ihrer Ursache, die ein niederster Organismus sein müsse, das steht nun unbestritten fest. Die im Blute des Menschen mögliebe Concentration des Chininsalzes reicht dazu aus. Baccelli schätzt sie bei seinen intravenösen Einspritzungen auf 1:5000. Das Chinin verweilt lange genug im Organismus und hat Zeit, die Parasiten zu schwächen und zu lähmen. Zu tödten braucht es sie nicht, denn abgeschwächte Parasiten werden von dem Organismus überwunden. Die Hauptsache ist, dass das Chinin in kräftiger Gabe mehrere Stunden lang im Organismus des Kranken kreist. Für die vorbauende Therapie gilt dasselbe. Das lange Verweilen auch nur einer einmaligen Gabe des Chinins im Organismus ist in genauen Versuchen beschrieben worden. Betäubungsmittel (Anaestheticum), „Pental“, zur Erzeugung von Unempfindlichkeit und Schmerzlosigkeit bei Ausführung von kleinen Opera- tionen ist seit Kurzem durch Prof. Dr. von Mering in Halle eingeführt worden. Es ist aus dem von ihm entdeckten schlafmachenden Mittel, dem Amylenhydrat, dargestellt durch Wasserentziehung und ist demnach seiner chemischen Zusammensetzung nach das tertiäre Amylen. Es enthält fünf Kohlenstoffe, daher der sehr unglücklich gewählte Name Pental. Mit diesem neuen Mittel sind in der Königl. medieinischen Universitätsklinik in Halle etwa 100 Narcosen ausgeführt worden, zum Ausziehen von Zähnen, für kleine Fingeroperationen, für die Anwendung des Glüheisens u. dgl. m. Dem Pental wie ja fast jedem neuen Mittel werden so viele Vorzüge nachgerühmt, dass, wenn sie sich bestätigen, es zweifellos einen grossen Werth für die kleine chirurgische Praxis bekommen wird. Zwanzig Cubikceentimeter Pental reichen meist hin, um die Empfindungslosigkeit zu erzeugen, sie tritt nach drei bis vier Minuten ein, und nach zehn Mi- nuten pflegt die ganze Narcose beendigt zu sein. Der Geruch des Stoffes ist durchaus nicht unangenehm, so dass die Kranken sich nieht gegen die Einathmung des- selben sträuben, die wie beim Chloroform erfolgt, indem man das Pental auf ein Taschentuch oder eine Maske, die man dem Kranken vor das Gesicht hält, giesst. Das Pental hat niemals Uebelkeit und Erbrechen, auch keine Kopfschmerzen im Gefolge, es gefährdet weder den Herz- schlag, noch die Athmung, und nach vollzogener Narcose gehen die Kranken von dannen, als ob nichts geschehen wäre. Schon vor Eintritt der völligen Bewusstlosigkeit pflegen die Kranken bereits so unempfindlich zu sein, dass die Operation begonnen und auch ausgeführt werden kann. Der Verbrauch des Mittels ist dadurch ein stärkerer, als man erwarten sollte, weil dasselbe sehr flüchtig ist, übrigens auch leicht brennlich. Ein Erregungsstadium vor Eintritt der Betäubung ruft das Pental selbst bei Säufern nicht hervor, und eine Pentalnareose kann daher immer durch einen Arzt allein ausgeführt werden. Dr. A. Ein neues Nachträglich sei zu der Einwanderung der Wasser- pest (Elodea Canadensis)*) noch bemerkt, dass auch der botanische Garten von Hamburg ein Verbreitungscentrum gewesen ist. In diesen 1860 gepflanzt, erweiterte sie in den nächsten Jahren ihr Terrain durch den Stadtgraben und das Alsterbassin, wo sie in enormer Menge auftrat. 1365 befand sie sich schon in der Wanse bei Wandsbeck und in der Elbe bei Geesthacht und Lauenburg, sowie in der Steeknitz. Im folgenden Sommer erschien sie bei *) Vergl. S. 470 in No. 46 der „Naturw. Wochenschrift“. Nr. 49. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 499 Harburg, Bleckede und Hitzacker und hatte zu dieser Infolge dieses Beschlusses hat der Minister für Zeit die Alster schon so erfüllt, dass wochenlange An- strengungen gemacht wurden, das Unkraut auszurotten; 1574 ist sie im Gebiet der unteren Elbe allgemein ein- gebürgert. — Eine sehr eingehende und vollständige Ge- schichte der Einwanderung von Elodea eanadensis (mit genauer Angabe der Quellen und mit einer Karte) hat Egon Ibne 1879 geschrieben, erschienen im 18. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Giessen. Wir wollen aus dieser Arbeit noch mittheilen, dass Russland die Wasserpest bereits seit 1873 besitzt: in einem Teich bei Friedrichshof bei Riga erschien sie reichlich. Sie ist hierhin von Königsberg gekommen und zwar unbemerkt mit Nymphaea alba, die der Director des botan. Gartens in Königsberg, Robert Caspary, 1872 sandte und die man in den Teich setzte, worauf dann im fol- genden Jahre die Elodea auftrat. Herr Gymnasiallehrer L. Geisenheyner schreibt uns: „Der Artikel in der „N. W.“ über die Wasserpest erinnert mich an die Entdeckung eines neues Vorkommens dieser Pflanze in einer Gegend, wo sie bisher noch nicht beobachtet worden ist. Als ich am 18. Oktober d. J. eine Excursion in das obere Nahethal machte, um Asplenium germanicum zu finden, fand ich ausserdem oberhalb Oberstein die Elodea eanadensis in einer solchen Menge in der Nahe, dass ich davon sehr überrascht war. Bisher ist sie in hiesiger Gegend, wie ich aus über 20jähriger Beobachtung bezeugen kann, nicht vorge- kommen; die reichste Stelle ist die Gegend von Mainz, wo sie Kirschbaum in einigen Abzugsgräben bei Mombach und Budenheim auffand. Dass sie nun plötzlich so weit oben im der Nahe auftritt, ist doch im höchsten Grade auffallend. Wenn ich nicht Verschleppung durch Vögel annehmen soll, könnte sie dorthin vielleicht durch Aquarien gekommen sein, obgleich ich mir kaum denken kann, dass dort oben noch Aquarien haltende Menschen wohnen. Jedenfalls behagt ihr das Nahewasser gut, denn sie ist in ungeheurer Menge da und die Leute haben mir gesagt, dass sie ihnen erst dies Jahr aufgefallen ist.“ Ueber das Einlassen von fruchtbarem Hochwasser der Ströme in die eingedeichten Niederungen ver- öffentlicht No. 44 des „Centralbl. der Bauverwalt.“ ein Gutachten der Akademie des Bauwesens: Infolge der Deichbrüche und Ueberschwemmungen, die den letzten Jahren stattgefunden haben, ist in den be- theiligten Kreisen die Frage erörtert, ob es nicht zweck- mässig sei, die durch Deiche abgeschlossenen Polders dem befruchtenden Hochwasser der Flüsse wieder zu öffnen. Ein bezüglicher Antrag des Hauptdireetoriums des land- wirthschaftlichen Provincialvereins für die Mark Branden- burg und die Niederlausitz war auch auf die vorjährige Tagesordnung für die Verhandlungen des Königlichen Landesökonomiecollegiums gesetzt und von diesem in der ‘Sitzung vom 22. November 1589 einstimmig beschlossen: „Seine Excellenz den Herrn Minister für Landwirth- schaft zu ersuchen, in den unteren Läufen unserer grossen Ströme, besonders an der Elbe und Oder, während der Frühjahrshochwasserperiode eingehende und ausgedehnte Versuche mit dem Hereinlassen fruchtbaren Flusswassers in zur Zeit noch durch Winterdeiche abgeschlossene Niederungen anstellen zu lassen, und bei der hohen Be- deutung dieser Versuche für viele tausende von Bewohnern der Stromniederungen den Beginn derselben beschleunigen zu wollen. Die Einstellungen der erforderlichen besonderen Mittel schon in den Staatshaushaltsetat für das Etatsjahr 1890/91 dürfte dabei vorzusehen sein.“ Landwirthschaft die Bereitstellung von staatlichen Mitteln zu Beihülfen für die an derartigen Unternehmungen Be- theiligten beantragt. Der Finanzminister hat sich bereit erklärt, eine Gewährung von Staatsmitteln für diesen Zweck in Aussicht zu nehmen, dabei jedoch die Bedingung gestellt, dass ein Gutachten der Akademie des Bauwesens über die nachstehenden Fragen eingeholt werden soll: „l. ob von der geplanten Massregel thatsächlich eine erhebliche Minderung der Ueberschwemmuugsgefahr mit Sicherheit zu erwarten steht? 2. ob und welche speciell zu bezeichnenden Niede- rungen sich für die geplante Ausführung eignen? 3. wie hoch sich die Kosten etwa überschläglich stellen ? 4. ob dieselben bei den erforderlichen eulturellen Um- wandlungen in den betreffenden Niederungen im Verhält- niss zu den zu erreichenden Vortheilen stehen würden ?* Durch Erlass des Ministers der öffentlichen Ar- beiten vom 6. März 1890 ist die Akademie beauftragt, das verlangte Gutachten, soweit solches auf Grund der von dem Minister für Landwirthschaft mitgetheilten Ma- terialien also ohne bestimmte technische Unterlagen und ohne Mitwirkung landwirthschaftlicher Sachverständiger sich als thunlich erweisen wird, binnen vier Wochen ab- zugeben. Eine wesentliche Anregung zur Erörterung der Frage über das Einlassen fruchtbaren Hochwassers in die ein- gedeichten Polder hat die von Georg H. Gerson verfasste Schrift „Wie es hinter unseren Deichen anssehen müsste“ ge- geben. Gerson schlägt darin vor, diegrösseren eingedeichten Niederungen durch Querdeiche zu theilen, am oberen Ende dieser Theilpolder das fette Hochwasser eintreten und am unteren Ende wieder austreten zu lassen. Die innerhalb der Deiche liegenden Wohnstätten und Gehöfte müssten mit Ringdeichen umgeben und die hierdurch einge- schlossenen Flächen durch Pumpwerke von dem ein- dringenden Qualmwasser befreit werden. Da das Früh- Jahrshochwasser in die eingedeichten Niederungen nur eingelassen werden könne, wenn daselbst ausschliess- lich Grasnutzung stattfindet, und deshalb die vorhan- dene Ackerwirthschaft in Wiesen- und Weidenwirth- schaft umgewandelt werden müsse, so sei dafür zu sorgen, dass zu trockener Jahreszeit eine Anfeuehtung der Niede- rung stattfinden könne. Es seien deshalb Paralleleanäle anzulegen, die von dem oberen Flusslaufe ausgehend, und demselben ihr Wasser entnehmend, dem Flusse parallel folgen, die Niederung auf Dämmen durchschneiden, oder in die angrenzenden Höhen einschneiden, und in einer gewissen Entfernung an zweckentsprechenden Punkten bei einer Stadt oder einem Nebenfluss wieder in den Strom ein- münden. Diese Canäle, indenen durch Schleussen ein gleieher Wasserstand gehalten werden soll, würden nicht nur die nöthige Anfeuchtung der Wiesen ermöglichen, sondern auch für den Schiffsverkehr von dem allergrössten Nutzen sein und jede Schwierigkeit für die Schifffahrt beseitigen, während nach der Angabe von Gerson gegen- wärtig die Schifffahrt auf den grösseren deutschen Strömen kaum drei Monat im Jahr ungehindert betrieben werden könne. In der Begründung der Anträge, welche von den land- wirthschaftlichen Vereinen gestellt sind, sowie in den Verhandlungen des Landesökonomieeollegiums, nament- lich in den von den Technikern des landwirthschaftlichen Ministeriums abgegebenen Gutachten, deren Ausführungen die Akademie im allgemeinen für zutreffend hält, sind die Nachtheile, welehe die bestehende Deichwirthschaft zur Folge hat, näher dargelegt, und daran Vorschläg den wünschenswerthen Aenderungen geknüpft. 500 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 49. Als die wesentlichsten Nachtheile werden angeführt: 1. Das Strombett und die Aussendeiche höhen sich auf. Hierdurch wird das Hochwasser gehoben und damit eine fortgesetzte Erhöhung und Verstärkung der Deiche nothwendig gemacht. Die Gefahr der Deichbrüche so- wie der durch dieselben veranlassten Zerstörungen nimmt demnach stetig zu. 2. Bei höheren Wasserständen in die eingedeichten Niederungen Qualmwasser, den Boden auslaugt und ihn Eniroahtbar macht. 3. Der grösste Theil der werthvollen Dungstoffe, welehe das Hochwasser enthält, geht der Landwirthschaft verloren und wird ungenutzt dem Meere zugeführt. Abgesehen von der behaupteten Erhöhung der Hoch- wasser, welche in den regulirten Strömen auf Grund der Pegelbeobachtungen als nzutreffend zu bezeichnen ist, müssen die vorgenannten } Nachtheile als thatsächliche an- erkannt werden, und verdient die Frage, wie diesen Uebelständen abzuhelfen ist, gewiss eine ernste und ein- gehende Erwägung. Ohne Zweifel würde das von Gerson vorgeschlagene Einlassen des fruchtbaren Hochwassers in die eingedeichten Niederungen sehr vortheilhaft wirken. Lässt man das- selbe am oberen Ende des Polders ein-, und am unteren Ende wieder austreten, wobei das Wasser in so mässiger Strömung erhalten werden müsste, dass es den grössten Theil der in ihm enthaltenen Sinkstoffe absetzen kann, dann würde ein allmähliches Aufwachsen der eingedeichteu Ländereien stattfinden, durch den Gegendruck des in den Poldern befindlichen Wassers das Eindringen des Qualm- wassers vollständig oder doch zum allergrössten Theil verhindert, und auch die Gefahr von Deiehbrüchen und namentlich der Zerstörungen, welche Deichbrüche jetzt immer im Gefolge haben, wesentlich vermindert werden. Bei hohen Sommerwasserständen würden die Ver- hältnisse sich allerdings nicht ändern, die Deiche vielmehr nach wie vor den Angriffen des Hochwassers ausgesetzt sein und in der bisherigen Art vertheidigt werden müssen. Da die grössten Hochwasser im Frühjahr dureh Eisver- setzungen veranlasst werden, zu welcher Zeit die Niede- rung gefüllt sein soll, durch das eingelassene Wasser aber die Gefahr von Deichbrüchen und von Zerstörungen nach erfolgtem Deichbruche ermässigt wird, so sind die durch das Einlassen zu erreichenden Vortheile immerhin als sehr werthvolle zu bezeichnen. Wenn nun in der Frage 1 ein Urtheil über die Minderung der Veberschwemmungsgefahr verlangt wird, so ist darauf zu bemerken, dass das Füllen der Polder in den meisten Fällen nur einen verhältnissmässig geringen Theil der im Frühjahr herabkommenden Hochwasser- massen in Anspruch nehmen, der Hochwasserstand im Strome deshalb auch nur unter günstigen Umständen und bei erheblicher Ausdehnung der für die Aufnahme der Frühjahrshochwasser bestimmten Anlagen eine wahrnehm- bare Ermässigung erfahren wird. Dagegen werden die- jenigen Gefahren, welche Ueberschwemmungen herbei- führen, die infolge eines Deichbruches entstehen, welche Zerstörungen und Versandungen von Grundstücken ver- lassen und die Niederungsbewohner unvorbereitet über- raschen, bei gefüllten Poldern ganz ausserordentlich er- mässigt werden. Wenn sich hiernach die Frage 1 auch nicht einfach mit „ja“ oder „nein“ beantworten lässt, so ist die Akademie auf Grund der vorstehenden Erörterungen der Ansicht, dass es sich empfiehlt, grössere Versuche mit dem Ein- lassen [fruchtbaren Hochwassers in die eingedeichten Polder anzustellen, da erhebliche Vortheile hierdurch un- zweifelhaft erreicht und Erfahrungen gesammelt werden des Stromes dringt welches können, in welcher Weise gegenüber den bei der jetzigen Deichwirthschaft unstreitig bestehenden Missständen Ab- hülfe geschaffen werden kann. Was die zweite Frage anbetrifft, welche Niederungen sich für die geplante Ausführung eignen, so ist die Akademie, da technische Unterlagen fehlen, ebensowenig in der Lage bestimmte Niederungen zu bezeichnen, wie auch die unter 3 und 4 gestellten Fragen, wie hoch sich die Kosten belaufen und” ob dieselben im Verhältniss zu den zu erwartenden Vortheilen stehen werden, zu be- antworten. Die Akademie muss sich deshalb zur Beantwortung der Frage 2 darauf beschränken, die Bedingungen zu bezeichnen, welchen die zu den Versuchen auszuwählenden Niederungen genügen müssen. Diese Bedingungen sind im wesentlichen folgende: 1. In den mitgetheilten Gutachten und Verhandlungen ist es allseitig als selbstverständlich angenommen, dass in den Poldern, welche im Frühjahr unter Wasser gesetzt werden, der Ackerbau aufgegeben und Wiesen- und Weidenwirthschaft eingeführt werden muss. Die erste Bedingung ist demnach die, dass in den Poldern nur Graswirthschaft betrieben wird und dass die Besitzer der für den Versuch auszuwählenden Polder sich mit dieser Aenderung der Bewirthschaftung einverstanden erklären. 2. Die Polder müssen so gelegen sein, dass das Fluthwasser am oberen Ende ein-, und am unteren Ende ausgelassen werden kann. Bei grösserer Länge der Polder müssen dieselben durch Querdeiche getheilt werden. Hier- durch wird es ermöglicht, das Wasser bei dem Durch- fliessen der ganzen bezw. der getheilten Polder in mässiger Bewegung zu erhalten, die durch Vergrösserung und Ver- minderung der Oeffnungen in den Ein- und Auslassarchen regulirt werden kann, und auf diese Weise ein möglichst gleichmässiges Niederschlagen der Sinkstoffe, sowie ein gleichmässiges Aufwachsen des Bodens herbeizuführen. 3. Vor Eintritt der Vegetationsperiode muss das in die Niederung eingelassene Wasser beseitigt werden. Kann dies nicht auf natürlichem Wege geschehen, so ist die An- lage von Schöpfwerken unvermeidlich. 4. Es muss die Möglichkeit vorhanden sein, während der trockenen Jahreszeit die eingedeichten Ländereien anzufeuchten. Am leichtesten wird dies durch Abfangen von Quellen und Wasserläufen geschehen, die von den seitlich gelegenen Höhen herabkommen. An den unteren Stromläufen wird diese Bewässerungsfrage bisweilen Schwierigkeiten verursachen; man wird unter Umständen gezwungen sein, das für die Anfeuchtung erforderliche Wasser durch Pumpwerke aus dem Flusse zu heben. 5. Für etwa anzustellende Versuche empfiehlt es gich, solche Polder zu wählen, in denen sich entweder gar keine oder nur so unbedeutende Gehöfte befinden, dass die letzteren ohne übermässigen Kostenaufwand bis zu wasserfreier Höhe gehoben oder aus der Niederuug nach wasserfreiem Terrain versetzt werden können. Die Herstellung der von Gerson empfohlenen Ringdeiche dürfte wegen der zur Anlage dieser Deiche und der Pump- werke erforderlichen hohen Kosten, wegen der damit verbundenen Wirthschaftsersehwerungen, vielleicht auch wegen der dadurch veranlassten gesundheitsschädlichen Wirkungen bei den ersten Versuchsanlagen zu ver- meiden sein. Mit Rücksicht auf die starke Wellenbewegung, die auf den ausgedehnten Wasserflächen innerhalb der ein- gedeichten Niederungen eintreten kann, müssen die Deiche auch auf der Landseite eine angemessen flache Dossirung erhalten. Nr. 49. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 501 Polder, welche den vorstehenden Bedingungen ent- sprechen, würden von den Provincialbehörden auszusuchen, von den letzteren auch die Kosten für die Ausführung der erforderlichen Anlagen zu bereehnen, und zugleich zu ermitteln sein, ob die zu erzielenden landwirthschaft- lichen Vortheile mit den veranschlagten Kosten in einem angemessenen Verhältniss stehen. Fragen und Antworten. Wie ist in theoretisch-morphologischer Hinsicht das Vorkommen von Ueberzähligkeit von Fingern und Zehen zu deuten? Die Frage findet sich z. B. in der folgenden in den Sitzungsberichten der Naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig (15. und 16. Jahrg. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, 1390) von Herrn Prof. ©. Hennig gemachten kurzen Veröffentlichung erläutert. ; Die Polydaktylie, welche sonst nur als Naturspiel oder als verirrter Bildungstrieb Anziehung ausübte, höchstens den Anatomen (W. Gruber) zu schaffen machte, hat seit Darwin ein Recht erhalten, in Naturgesetze ein- gefügt zu werden. Dem bedächtigen Gegenbauer gegen- über hat K. Bardeleben (Jena’sche Ztschr. für Naturw. XIX., S. 84 u. 149, 1886) die Lehre in Schutz genommen, dass es sich bei Ueberzahl der menschlichen Finger oder Zehen um Vermächtnisse der Ur-Vorältern handele. Danach ist die typische Säugethierhand nicht fünf- sondern siebenfingerig. Am Speichen- wie am Ellen- bogenrande ist im Laufe der Aonen ein Strahl allmählig eingezogen worden. Der Daumen hat für den 2., der kleine Finger für den 6. der Siebenfingerhand zu gelten. Die Amphibien und die Anuren weisen gleicherweise wie die Chelonier Spuren des Vordaumens sowie des 7. Strahles auf, welche gelegentlich noch bei vielen Säugern, (endlich beim Menschen wieder auftreten. Einzelne der regelmässig noch jetzt beim Menschen sich bemerklich machenden atavistischen Denksteine treten, wie der menschlische Schwanz*), am Embryo deutlicher (als Knorpelansätze) zu Tage als später. Ferner zeugt dafür die meist zweispaltige Sehne des grossen Abzieh- muskels des Daumens, welche in besonderer Abzweigung bei den Anthropomorphen zu einem eigenen Sesam- beinchen geht. Das von Rijkebüsch zuerst beschriebene Exemplar eines Erwachsenen bietet an der linken Hand 2 Daumen dar, welche syndaktyl vereint sind. Der Speichendaumen (praepollex) enthält 1 Mittelhandknochen und 2 Glieder, der eubitale einen M. und drei Phalangen. Beide Daumen sind fast unbeweglich. In der Handwurzel tritt das schon vor Bardeleben von Gegenbauer gewürdigte os centrale auf. Der Vordaumen ist in unserem Falle mit dem Mittel- handknochen als Daumen und auch mit der Handwurzel eingelenkt! In Folge dessen sind die Mittelhandknochen der ersten 3 Finger nach dem Ellbogenrande gerückt. Die Muskeln des Nebendaumens haben sich dem ata- vistischen Knochenbaue hier angepasst. Dem Verf. zu- folge würde nicht allein die pars radialis musculi abduc- toris pollieis, sondern dieser ganze Muskel normaler Weise dem Praepollex zuzusprechen sein. Die wichtigen Nachbarschaften und Gelenkverhält- nisse der Knochenstücken vorliegender „Monstrosität“ sind im Originale nachzusehen: Archives neerland. XXII, . 235. h Als Reste des Skeletts für den 7. Finger gelten nun das Erbsenbein und der Griffelfortsatz des Ellenbeins. In vorliegendem Falle haben sie keine besondere Musculatur, *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ VI, S. 470. den bekannten Flexor carpi radialis abgerechnet. Da- gegen stellt der Spronck’sche Mann seinen metacarpieus praepollieis, einen flexor longus praepollieis und extensor praepollieis. Das erstgeborene Mädchen einer Leipzigerin trug beiderseits einen sechsten Finger, welche amputirt wurden zwei Tage nach der Geburt. Beide Finger sassen am Ulnarrande entsprechend dem Metacarpo-Phalangadal-Ge- lenke. Die Mutter dieses sonst gesunden Kindes hat gleichfalls am Ulnarrande des 1. Gliedes am linken Ohr- finger eine kleine warzenähnliche Erhöhung, welche den gewucherten Rest eines in der ersten Kindheit operirten überzähligen Fingers darstellt. Der Vater des Kindes soll am linken Fusse eine überzählige Zehe haben. Der linke oben gemeldete Nebenfinger ist 1,5 cm. lang, 0,5 em. diek. Er ist mit einem regelmässigen Nagel von 0,2 em. Länge versehen; im Innern ist ein festes Gerüst, welches nicht bis in den dünnen Stiel dieses Nebenfingers reicht, auch 0,4 em. vor der Fingerspitze aufhört, also nicht den niedlichen Nagel stützt. Diese zierliche Skelett-Spindel ist 0,6 em. lang und besteht aus drei dieht aneinander gefügten Stücken, wovon das 1. das diekste ist und einen 0,15 im Durchmesser haltenden Knochenkern enthält; übrigens ist diese gegliederte Spindel Knorpel. Der rechsseitige Stummel ist ungestielt, nur 0,2 cm. lang und mit einem winzigen Knochenkerne in Knorpel- hülle versehen. Aus dem wissenschaftlichen Leben. Die phänologischen Beobachtungen, die seither alljährlich von dem verstorbenen Prof. Hoffmann in Giessen in den Berichten der Oberhessischen Gesellschaft für Naturwissenschaft und Heil- kunde publieirt wurden, werden forthin an derselben Stelle von Dr. Egon Ihne in Friedberg in Hessen veröffentlicht werden. Diejenigen, welche solche Beobachtungen anstellen, bittet Herr Dr. Ihne ihm ihre Beobachtungen einzusenden. Der Privatdocent der Pathologie an der Universität Leipzig, Dr. M. v. Frey, ist zum ausserordentlichen Professor ernannt worden. Prof. Dr. W. D. Miller am Zahnärztlichen Institut der Universität Berlin hat einen Ruf als Professor der Histologie an die Universität in Pennsylvanien erhalten. Es haben sich habili- tirt: An der Universität Berlin Dr. OÖ. Warburg für Botanik; an der Landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin Dr jur. K. Kaerger für Nationalökonomie. Von der Münchener Akademie der Wissenschaften sind gewählt worden: Zum Ehrenmitglied: Dom Pedro II d’Alecantara, Kaiser von Brasilien; — zum ordentlichen Mitglied: in der mathematisch-physikalischen Klasse Prof. L. Boltzmann in München; — zum auswärtigen Mitgliede der mathematisch-physikalischen Klasse Prof. E.Haeckel in Jena; — zu correspondirenden Mitgliedern der mathematisch- physikalischen Klasse Prof. E. van Beneden in Lüttich und G. Capellini in Bologna. Konrad Hartmann, Docent an der Technischen Hochschule in Berlin ist zum Regierungs-Rath und ständigen Mitglied des Reichs- Versicherungsamts ernannt worden. Der Professor der Hygiene an der deutschen Universi- tät Prag, Dr. F. Hueppe, ist zum eorrespondirenden Mitgliede des Aerztlichen Vereins in München ernannt worden. Dem Pro- fessor an der Forstakademie in Eberswalde Dr. Altum ist der Character als Geheimer Regierungs-Rath verliehen worden. Es sind gestorben; am 14. November in Chur der Naturforscher und Arzt Dr. Ed. Killias, 63 Jahre alt, und zu Meran im 74. Jahre Landessanitätsrath Dr. Moritz Kuh aus Brünn. Litteratur. Brockhaus’ Konservations-Lexikon. 14. vollständig neubear- beitete Aufl. In 16 Bänden. I. Bd. A—Astrabad. Mit 71 Tafeln, darunter 8 Chromotafeln, 25 Karten und Plänen und 97 Text- abbildungen. 1020 Seiten. Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 1892. — Preis gebunden 10 M. Es sind bald 100 Jahre her, dass die 1. Auflage des ange- sehenen Brockhaus’schen Konversationlexikons erschien, und es bedeutet sehr viel, dass in dem Zeitraum seit 1796, dem Er- scheinungsjahr des I. Bandes der 1. Auflage, von einem so umfang- reichen Werk 14 Auflagen erscheinen konnten. Der anfängliche Erfolg liess allerdings in keiner Weise den späteren voraussehen 502 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 49, und das Unternehmen war am Eingehen, als Friedrich Arnold Brockhaus, der Begründer der Firma, es kühn aufgriff, und seine schöpferischen Ideen darin verkörperte. Was Brockhaus’ Kon- versations-Lexikon in diesem ganzen Jahrhunderte für das deutsche Volk gewesen ist, bildet gewiss einen Theil deutscher Cultur- geschichte. Jede neue Auflage, und in hervorragender Weise die jetzige 14. Auflage, zeigt, dass die Firma, deren Weltstellung durch das Werk begründet worden ist, unablässig an der Ver- jüngung desselben arbeitet. Statt mit einem dünnen Hefte be- ginnt das Werk erfreulicher Weise sogleich mit einem umfang- reichen, eompleten, gut gebundenen Bande zu erscheinen. Der- selbe präsentirt sich schon äusserlich sehr vortheilhaft: Druck, Papier und Einband sind gleich vorzüglich. Beim Durchblättern sticht die Fülle der vorzüglichen Abbildungen und Karten ins Auge. In dem vorliegenden ersten Bande sind nach Angabe der Firma anstatt der 3800 Stichworte der 13. Auflage deren 6800 untergebracht. Unter den Neuerungen ist hervorzuheben, dass die Eisenbahngesellschaften, grössern Zeitungen, und hervor- ragenden Actiengesellschaften, Vereine u. s. w. in besonderen Artikeln behandelt sind. Da das Ende des 19. Jahrhunderts im Zeichen der Socialpolitik steht, ist Artikeln wie Abzahlungs- eschäfte, Altersversorgung, Arbeiterausschüsse, Arbeiterkammern, Rrbottkeber u. 5. w. besondere Sorgfalt gewidmet. August Forel, Der Hypnotismus, seine psycho-physiologische, medieinische, strafrechuliche Bedeutung und seine Handhabung. 2. umgearbeitete und vermehrte Auflage. Verlag von Ferdinand Enke. Stuttgart 1891. — Preis 4. M. Forel, Prof. der Psychiatrie und Director der kantonalen Irrenanstalt in Zürich, bietet hier die 2. Aufl. seines mit Recht allgemein beachteten Buches über den Hypnotismus; er ist eine der Autoritäten auf diesem Gebiete, welches un- beachtet zu lassen heute dem allgemeinen Naturforscher, Arzt und Juristen nicht mehr möglich ist. Dass es stets Leute geben wird, deren in einem bestimmten Geleise gebannter Geist nicht mehr im Stande ist, Neues mit dem ihm bereits Bekannten in Ein- klang zu bringen, oder leicht aus falschen Bahnen zu treten, wenn ihm ein richtiger Weg gezeigt wird, liegt so unausrottbar in der Natur vieler Menschen begründet, dass sich derjenige, der Alles ihm Entgegentretende zu prüfen geneigt ist, der also die den echten Naturforscher kennzeichnende Unbefangenheit allem Neuen gegenüber besitzt, am besten mit dieser Erkenntniss zufrieden iebt und sich um stets negirende, oppositionsbedürftige Gegner a tout prix — — — nicht kümmert. Es liegt eine gewisse Grösse in einem solchen Benehmen desjenigen, der, eine angesehene wissenschaftliche Stellung bekleidend, auch öffentlich seinen Standpunkt vertritt, besonders dann, wenn es sich um die wissen- schaftliche Behandlung von Dingen handelt, die — wie es auf dem Gebiete des Hypnotismus der Fall ist — durch Hineinpfuschen Unberufener in der „wissenschaftlichen Welt“ in Misskredit ge- rathen sind. Forel gehört — wenn auch z. B. neben Liebeault und Bernheim erst in zweiter Linie — zu denen, die sich um voreiliges Aburtheilen, das bei der grossen Masse eine Gewohnheit ist, nicht mehr kümmern, als es ihr wissenschaftliches Streben gestattet, und ihm muss man daher mit anderen den Ruhm lassen, den wichtigen Thatsachen des Hypnotismus zur gebührenden Be- achtung verholfen und viele unter anderen Namen bereits be- kannten Erscheinungen dieses Gebietes wieder ans wissenschaft- liche Licht gezogen zu haben. Im Gegensatz zu Mendel*) sagt Forel in seinem Vorwort zur 2. Auflage: „Wer immer noch behaupten will, der Hypnotismus „„sei sehr gefährlich““, oder „„man könne nur Hysterische hyp- notisiren““ dem ist freilich nieht mehr zu helfen.“ Das Buch ist kürzer als das von Moll**), dürfte also Manchem als Einführung in das Gebiet des Hypnotismus gelegener sein. Die in den beiden ersten Kapiteln gegebene psychologische Ein- leitung versetzt auch denjenigen in die Lage, das Buch vollständig zu verstehen, dem die unerlässlichen elementaren Vorbegriffe nieht geläufig sind. *) Vergl. „Naturw. Wochenschr.“ VI S. 438. **) „Naturw. Wochenschr.“ V S. 449. Von Engler und Prantl’s natürlichen Pflanzenfamilien (Verlag von Wilhelm Engelınann in Leipzig) erschienen die Lie- ferungen 66 und 67. Da die Lieferung 66 eine Abtheilung be- schliesst (IV. Theil, 4. Abtheilung), werden wir demnächst eine eingehende Besprechung dieser Abtheilung bieten. Sitzungsberichte der Physikalisch-medicinischen Societät in Erlangen. 2. Heft. Verlag von J. F. Lehinann’s medice. Buch- handlung. München 1891. Ausser den üblichen „geschäftlichen Mittheilungen“ enthält das Heft eine grössere Zahl „Abhandlungen und Mittheilungen aus den Sitzungsberiehten“ und zwar von F. Hermann, E. Wiede- mann, J. Biehringen, Th. Bokorny, A. Blank, H. Ebert und endlich H. W. Tyler mit dem umfangreichsten Aufsatz des Heftes „Be- ziehungen zwischen der Sylverster’'schen und B£zout’schen Deter- minante“. Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1889,90. Frankfurt auı Main 1891. Dieser Jahresbericht enthält zunächst die Nachrichten vom Verein und einen Berieht über die Lehrthätigkeit der von dem- selben geschaffenen und unterhaltenen Institute. Es folgt dann eine grössere Abhandlung des Herrn R.Lepsius, welche chemische Untersuchungen über die Reinigung der Sielwasser im Frank- furter Klärbeeken bringt und von einer instruetiven graphischen Tafel begleitet ist. Ineinem zweiten Artikel giebt Herr F. Körber- Berlin eine Bahnbestimmung des Meteors vom 14. Oktober 1890, welches am Abend jenes Tages über dem westlichen Deutschland erschien, auch in Belgien beobachtet wurde und namentlich am Rhein die Aufmerksamkeit der Bevölkerung ganz ausserordentlich auf sich zog Der übrige Theil des Heftes wird von sehr werth- vollen meteorologischen Arbeiten eingenommen. Neben den Beob- achtungen der Niederschlagsmengen und Grundwasserschwankungen findet sich hier eine Zusammenstellung von „Vegetationszeiten zu Frankfurt“, welche für weitere Kreise von besonderem Interesss ist und auf welche wir im Zusammenhange mit anderen ähnlichen Arbeiten demnächst zurückkommen wollen. An dieser Stelle sei nur bemerkt, dass im Jahre 1890 zu Frankfurt am Main die erste Blüthe, Vollblüthe, erste Frucht und allgemeine Fruchtreife nahezu für sämmtliche beobachtete Pflanzen eine beträchtliche Zahl von Tagen vor dem mittleren Termin eintraten, während Laubver- färbung und allgemeiner Laubfall sich sehr nahe um den Mittel- termin oder mit einiger Verzögerung einstellten. Zwölf meteoro- logische Monatstabellen, die einzelnen Monate 1890 darstellend, sowie eine Tafel mit Curven des täglichen mittleren Luftdrucks, der täglichen mittleren Temperatur und der monatlichen Höhe der atmosphaerischen Niederschläge zu Frankfurt im Jahre 1890 beschliessen das Heft. Jäger, G., Das Gesetz der Öberflächenspannung von Lösungen. Leipzig. 050 M. j Kerner v. Marilaun, F., Die Aenderung der Bodentemperatur mit der Exposition. Leipzig. 1,40 M. Kittl, E, Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian der südalpinen Trias. 1. Thl. Wien. 12 M. Koech!in, R., Krystallographische Untersuchungen einiger orga- nischer Verbindungen. Wien. 0,80 M. h Ladenburg, A., Handwörterbuch der Chemie. 15 M.; in Halbtranz geb. 17,40 M. Langendorff, O., Physiologische Graphik. Wien. 9 M. . Lesser, E., Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten. 2. Thl. Geschlechtskrankheiten. 6. Aufl. Leipzig. 6 M.; geb. 7M. : Ligowski, W., Sammlung fünfstelliger logarithmischer, trigono- wetrischer und nautischer Tafeln, nebst Erklärungen und Formeln der Astronomie. 2. Aufl. Kiel. Geb. 7 M. Löschardt, F., Die neuesten Hypothesen über die Rotation der Planeten Venus. Leipzig, 0.60 M. Löwy, Th., Der Idealismus Berkeley’s, in den Grundlagen unter- suent. Leipzig. 2,30 M. Breslau. Inhalt: Dr. med. Ernst H.L. Krause: Die Ursachen des säcularen Baumweehsels in den Wäldern Mitteleuropas. — Dr. E. Nie kel: Die Logarithmen der physikalischen Begriffe. — Bergreferendar Leo Cremer: Ein Ausflug nach Spitzbergen. — Ueber Chinin und die Malariaamöbe. (Mit Abbild.) — Ein neues Betäubungsmittel (Anaesthetieum), „Pental“. — Einwanderung der Wasserpest (Elodea Canadensis). — Ueber das Einlassen von fruchtbarem Hochwasser der Ströme in die eingedeichten Nieder- rungen. — Fragen und Aniworten: Wie ist in cheoretisch-morphologischer Hinsicht das Vorkommen von Ueberzähligkeit von Fingern und Zehen zu denken ? — Aus dem wissenschaftlichen Leben. — Litteratur: Brockaus’ Konversations-Lexikon. — August Forel: Der Hypnotismus. — Engler und Prantl. — Sitzungsberichte der Physikalisch-medieinischen Societät in Erlangen. — ‚Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Maln für das Reehnungsjahr 1889/90. — Liste. TE Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, fur den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Düminlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. CXI Metall-Spiral- Mechaniker. 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Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. 12. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Er NRrrrrrrrrrrFrrrrrrrrrz Hierzu eine Beilage von Robert Oppenheim (Gustav Schmidt) in Berlin, betreffend: Dr. Karl Russ, Jahrbuch der Natur» die wir hiermit besondererBsachtung empfehlen. REBER Redaktion: Sn As Pre Was die natarwissenschaftlicho Forschung nufgiebt an weltum- fassenden Ideen und an locken- den Gebilden der Phantasie, wird ihr reichlich ersetzt durch den Zauber der Wirklichkeit, der- ihre Schöpfungen schmückt Schwondener. En re en, ca Hal ir Dr. H. Potonie. Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12, Zimmerstr. 94. VI. Band. Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist HM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Sonntag, den 13. Dezember 1891. Nr. 50. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 3. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahme bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Ueber die Flora und die Vegetation Spitzbergens. Von Dr. F. Pax, Custos des Königl. botan. Gartens u. Privatdocent a. d. Universität zu Berlin Die von Herrn Bergreferendar Leo Cremer während der Expedition gesammelten Phanerogamen, welehe von Herrn Dr. Potonie mir zur Bestimmung übergeben wurden, enthalten 34 Arten aus 14 verschiedenen Familien. Ob- gleich diese Sammlung nur einen geringen Bruchtheil der Flora Spitzbergens repräsentirt, so gewährt sie immer- hin eine Vorstellung von der Vegetation des Landes, der Verbreitung der einzelnen Formen und dem Antheil, welehen gewisse Familien an der Zusammensetzung der Flora nehmen. Ehe diese Pflanzen in systematischer An- ordnung aufgezählt werden, mag es gestattet sein, einen kurz gefassten Bericht über die Flora und Vegetation dieses interessanten Gebietes nach den uns zur Zeit be- kannten Thatsachen zu geben. 1. Geschichte der Erforschung der Flora Spitzbergens. Die erste Zusammenstellung der Phanerogamenflora dieser hoch interessanten Insel verdanken wir Malmgren,*) welcher gestützt auf ältere Angaben und die Beobachtungen der Schwedischen Expeditionen von 1858 und 1861 be- ‚reits 93 Phanerogamen aufzählen konnte; aber fast jede neue Bereisung der Insel brachte für die Flora derselben einen Zuwachs, und so konnte Th. Fries**) in seinem 1871 erschienenen Verzeichniss der Gefässpflanzen Spitz- bergens infolge der während der schwedischen Expeditionen von 1864 und 1868 und der von Wilander und Nathorst gemachten Entdeckungen schon 113 Arten auf- führen. Die von Livesay”**) und Heuglin}) veröffent- *) Öfversigt of Spetsbergens Fanerogamflora. Ofversigt of Vetenskaps Akademiens Förhandlingar. 1862. p. 229. **) Plantae vasculares insularum Spitzbergensium hactenus leetae. Upsaliae 1871. #**) Notice of plants colleeted in Spitzbergen and Nova Zemlia in the summer of 1869. Transactions of the bot. soe. of Edin- burgh 1870. +) Reisen nach dem Nordpolarmeer. Ill. Theil Braun sohweig 1874. lichten Zusammenstellungen spitzbergischer Pflanzen sind weder ganz zuverlässig, noch vollständig und enthalten überdies mancherlei falsche Bestimmungen, so dass sie einer besonderen Beachtung kaum werth erscheinen, da- gegen konnte Nathorst*) auf Grund der von Eaton**) und ihm selbst gemachten neuen Funde eine Liste publi- eiren, welche für Spitzbergen 122 Arten constatirt. 2. Statistik der Flora Spitzbergens. Wir kennen gegenwärtig von Spitzbergen 123 Arten aus den Klassen der Phanerogamen und Gefässkryptogamen eine Zahl, welche deutlich lehrt, dass kein zweites Land der arktischen Zone, welches unter der- selben Breite gelegen ist, eine so reiche Flora aufzuweisen hat, wie die relativ kleine, felsige Insel- gruppe von Spitzbergen. Schon dieSammlung L. Cremer’s zeigt uns annähernd das richtige Verhältniss zwischen Monoeotyledonen und Dicotyledonen, indem von den 34 Arten derselben 9 auf die Monocotyledonen entfallen, während die übrigen den Dicotyledonen angehören. In Wirklichkeit verhalten sich der Artenzahl nach diese beiden Gruppen der Phanerogamen wie 1 zu 1,8. Die Gräser nehmen an der Zusammensetzung der Flora den Hauptantheil und ihnen reihen sich die Riedgräser an; von den Dicotyledonen treten die Carpophyllaceae, Saxi- fragaceae, Oruciferae, Ranuneulacede und KRosaceae durch ihren Reichthum besonders hervor. Die am Schluss mit- getheilte Liste der von Herrn L. Cremer gesammelten Phanerogamen zeigt auch annähernd das Verhältniss, in welchem sich die einzelnen Familien an der Zusammen- setzung der Flora betheiligen. *) Studien über die Flora Spitzbergens. Engler’s Jahrbücher IV. p.: 432. **) A list of plants colleeted in Spitzbergen in the summer of 1873. Journ. of Botany. 1876. Enthält einige zweifelhafte An- gaben. 504 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 50. hä m — —ä—ä—ää—T ee 3. Biologische Verhältnisse der Flora Spitzbergens. Es ist bekanntlich ein Hauptcharakterzug der ark- tischen Flora, dass die Vegetation jedes Baumwuchses entbehrt, indem der lange Winter für die Entwicklung grösserer Holzgewächse eine zu kurze sommerliche Dauer gewährt; die mangelnde Wärme setzt hier dem Baum- wuchs eine Grenze. Holzgewächse spielen überhaupt in der arktischen Flora eine sehr untergeordnete Rolle, und die vorhandenen Vertreter besitzen im Allgemeinen das Aussehen niedriger Stauden. In der Flora von Spitz- bergen zählt man im Ganzen nur 7 Holzgewächse, von denen drei (Zömpetrum nigrumL., Cassiope tetragona (L.) Don und €. hypnoides (L.)Don) densog. erieoiden Typus repräsen- tiren, holzige Aeste mit nadelförmigen Blättern entwickelnd; ja die eine (CO. hypnoides) gleicht habituell nicht wenig ge- wissen Moosen. Zwei fernere Arten sind Polarweiden (Salix reliculala L. und SS. polaris Wahlenb. Fig. 1) mit unterirdischen oder dem Boden dicht aufliegenden Zweigen, von denen die jungen Triebe und Kätzchen sich alljähr- lich erheben. Die Zwergbirke (Betula nana L. f. fla- bellata Hook.) und Dryas octopetalaL.allein tragen an ihren auf- rechten holzigen Aesten breitere Blätter. Selbst diese Holz- gewächse erheben sich nur wenige Centimeter über den Boden, sie bleiben überall niedrig, wie auch die hier bei- gefügte Abbildung (Fi- gur 1) demonstrirt. Die ganze Vegetation ist den klimatischen Ver- hältnissen angepasst: sie bedarf wenig Wärme und ist im Stande, selbst während der milderen Jahreszeit noch Fröste zu ertragen; denn selbst während des kurzen Sommers wird die Temperatur durch die im Eismeer treibenden Eisberge, die Eisbedeckung im Innern und die häufigen Nebel herabgesetzt. In dieser Beziehung be- steht eine völlige Uebereinstimmung in der Vegetation der arktischen Länder und der subnivalen Zone unserer Alpen, aber vollständig ist diese Analogie nicht; denn in zwei wesentlichen Punkten liest der Vortheil auf Seite der arktischen Flora: einmal ist die Masse der Vegetation eine grössere, und dann ist der Artenbestand ein ansehn- licherer, als man ihn in der entsprechenden Höhe der europäischen Hochgebirge wiederfinden könnte. Hier würden die Rennthiere die erforderliche Nahrung nicht finden, welehe ihnen die arktische Flora gewährt. Die klimatischen Verhältnisse Spitzbergens bedingen es auch, dass in der Flora nur 2 Arten (Koenigia is- landica L., Cochlearia fenestrata R. Br.) einjähriger Ge- wächse auftreten, auch ein Charakterzug, den die ark- tische Vegetation mit der nivalen Zone der Alpen theilt. Diejenigen Pflanzen, deren Existenz im der arktischen Flora an das alljährliche Reifen des Samens gebunden ist, können unmöglich unter den bestehenden klimatischen Verhältnissen eine grosse Rolle in der Vegetation spielen; sie müssten in wenigen, besonders ungünstigen Jahren völlig verschwinden. Der kurze Sommer und die geringe Humusdecke be- wirken die grosse Uebereinstimmung in der äusseren Tracht Fig. 1. Polarweide (Salix polaris Wahlenb.) in natürlicher Grösse. (Aus Kerner’s Pflanzenleben. Bd. I. Leipzig & Wien. Bibliographisches Institut.) der einzelnen Arten. Fast sämmtliche Stauden erheben sich nur wenig über den Boden, die Blätter bleiben klein, und der ganze Stock neigt zur Rasenbildung; auch die Ausgliederung kriechender Ausläufer, welche theils unter- irdisch, theils über der Erdoberfläche hinlaufen, (vergl. Fig. 2) ist eine verbreitete Erscheinung, ebenso wie die Viviparie der Gräser. Da die vegetativen Organe in re- dueirten Formen zur Ausbildung gelangen, müssen noth- wendigerweise die Blüthen um so auffälliger erscheinen. Warming*) hat die früher fast allgemein angenommene Ansicht widerlegt, dass die arktischen Individuen einer Art grössere Blüthen und intensivere Farben und Gerüche entwickeln, als in südlicheren Breiten; er zeigte aber, dass die Bestäubungseinriehtungen und die Vertheilung der Geschlechter eine Selbstbefruchtung dort viel leichter ermöglichen, als bei uns. Wenn auch die windblüthigen Pflanzen (Gräser), zu denen in der arktischen Flora zum grössten Theil auch die Weiden gehören, sehr verbreitet sind, so fehlt es doch auch nieht an solchen Beispielen, wo eine Bestäubung nur durch Vermittlung der Insekten erfolgt (Dryas, Saxifraga-Arten, Caryophyllaceae u. a.). Gerade bei diesen zeigt es sich aber, dass sie sich erfolgreich vege- tativ (durch Bulbillen [| Polygonum viviparum L.] oder Ausläufer mit Rosettenbildung [Sazi- fraga flagellaris Willd., siehe Fig. 2] oder rasen- bildende Polster u. s. w.) vermehren; und War- 2 ming hat durch eine RR Reihe von Beobach- SEI tungen gezeigt, dass die u “ Arten sich dann umso A ergiebiger vegetativ ver- mehren, in je höherem Grade sie sich sonst an Insektenbestäubung an- gepasst haben. Die Beobachtungen War- ming’s sind zwar in Grönland angestellt, haben aber zweifelsohne auch für Spitzbergen ihre Geltung. Während des kurzen und kalten Sommers werden die organischen Zersetzungsprocesse in hohem Grade ver- langsamt, und man bemerkt daher abgestorbene Pflanzen- theile oft von zartestem Bau ungewöhnlich lange in fast unversehrtem Zustande erhalten. Dies verleiht der ganzen Vegetation ein dürres Aussehen, da die Moose mehr gelb- braun als grün und die grünenden Theile der Phanero- gamen von den abgestorbenen Pflanzenresten des vorigen Jahres, und selbst früherer Jahre, zum Theil verdeckt werden. Schon mehrfach wurde betont, dass das arktische Klima einen continentalen Charakter an sich trägt, und neuerdings hat Kihlman**) in ausführlicher Weise aus- einandergesetzt, dass die Gefahr der Vertroeknung im arktischen Klima, selbst für die Vegetation des feuchten Bodens, eine sehr grosse ist. Durch die Erniedrigung der Bodentemperatur wird die Wurzelthätigkeit verlang- *) Biologiske optegnelser om grönlandske planter. Botanik Tidskrift. 15. (1885) und 16 (1886); om bygningen og den formodede bestövingsmaade af nogle grönlandske blomster. Oversigt over d. K. D. Vidensk. Selsk. Forhandl. 1886. p. 101; om nogle arktiske vaexters biologi. Bihang till K. Svenska Vet.-Akad. Handlingar. Bd. XII. Afd. III. No. 2. ) Pflanzenbiolog. Studien aus Russisch Lappland. Helsing- fors 1890. or Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift, 505 samt, während der Wind die Transpiration befördert. So kann es geschehen, dass ein im Frühjahr plötzlich ein- tretender Schneefall oder ein eiskalter Regen die Tem- peratur des Bodens erheblich herabsetzt und dadurch vermittelst der verringerten Wasserzufuhr die jungen Triebe zum Vertrocknen bringt. Unter dieser Erwägung erklären sich die vielen An- passungserscheinungen, welche die arktischen Gewächse, und namentlich die verbreiteteren Arten, an trockene Luft zeigen, um die Transpirationsgrösse zu vermindern. So finden wir in der Flora Spitzbergens zahlreichere Ver- treter mit kleinen, schmalen, steifen, lederartigen Blättern, deren Cutieula kräftig entwickelt und deren Spaltöffnun- gen tief unter das Niveau der benachbar- ten Epidermis- zellen einge- senkt sind (Cas- siope, Kmpe- trum); unter den Gräsern und Riedgrä- sern begegnen Formen (Hier- ochloa alpina (Liljebl.) R. et zwischen Sonnen- und Schattentemperaturen, welche von allen Reisenden hervorgehoben werden. Gerade durch die verhältnissmässig bedeutenden Sonnentemperaturen wird der relative Reichthum der Flora noch er- klärlich, und es ist leicht einzusehen, dass der Exposition des Standortes eine. grössere Bedeutung zukommt als der geographischen Breite. Nicht an der Küste selbst entwickelt sich die reichste Vegetation, sondern im Innern der Fjorde; denn während an der Küste Nebel und Wolken häufige Erscheinungen sind, welche die Wir- kung der Sonnenstrahlen beeinträchtigen, und grössere oder kleinere Schneefelder längere Zeit liegen bleiben, so strahlt im Innern der Fjorde von einem klaren Himmel die Sonne, und ihre Wirkung auf die Vege- tation bleibt nicht aus. An den sonnigen Lehnen der Fjorde steigt denn der Pflan- zenwuchs ziem- lich hoch em- por, und noch bei 700 m sah Heuglin wei- S., Carex ru- dende Renn- pestrisAll.), wel- thiere. Im All- che mit ihren gemeinen lässt zusammenge- sich eine re- rollten, trocke- gionale Glie- nen, stark eu- derung der tieularisirten Flora Spitzber- Blättern _treft- gens nach der lich den „Ty- pus der Step- pengräser“ re- präsentiren; an- Höhe schwer durehführen, da die Exposition des Standortes dere Formen für die Vege- der arktischen tation eben Flora neigen von höherer Be- zur Suceulenz deutung sich (Saxifraga op- al a = erweist, als positifolia L., n Sure ‚= die Meereshöhe Mertensia).Hier Fig. 2. Saxifraga flagellaris Willd., in natürlicher Grösse. desselben. So- und da tritt (Aus Kerner’s Pflanzenleben. Bd. II. Leipzig & Wien. Bibliographisches Institut.) viel ist aber ein Wachsüber- zug auf (Mertensia, Salix retieulata L.), und endlich ist eine dichte Bekleidung mit Wollhaaren vielfach nach- zuweisen (Salix reticulata L., Draba, Cerastium alpinum L., Potentilla multifida L. u. a.). Dies sind alles Anpassungen, um die Transpiration zu vermindern und der Gefahr der Vertroeknung wirksam entgegenzutreten. Es existirt also in dieser Beziehung eine Uebereinstimmung der arktischen Vegetation mit der xerophilen Flora von Wüstengebieten; der anatomische Bau der ersteren erinnert, wie Warming*) sich aus- drückt, in hohem Grade an denjenigen der Iybisch-egyp- tischen Wüstenpflanzen. 4. Vertheilung der Arten auf Spitzbergen. Für die arktische Vegetation erweist es sich von der grössten Bedeutung, dass in dem kurzen Sommer die Erwärmung des Bodens eine relativ beträchtlichere ist, als in unseren Breiten; daher auch die hohen Unterschiede Meddelelser om Gronland. *) Om Grenlands vegetation. 6 Englers Jahrb. X. 364. XII. (1838); über Grönlands Vegetation. sicher, dass die Sehneegrenze nicht im Niveau der Küste selbst liegt, und dass nicht bis auf die höchsten Erhebungen des Landes die phanerogame Flora emporsteigt. Für den Nordenskiödls- berg am Eisfjord (78° 10’ n. Br.) constatirte Nathorst *), dass eine obere Höhengrenze vorhanden ist. „Obschon der Schnee,“ sagt er, „gänzlich weggeschmolzen war, und gute Standorte für Pflanzen bis auf den höchsten Gipfel (1500 m) vorkamen, so konnten keine Phanero- gamen höher als 900 m beobachtet werden; darüber war alles beinahe pflanzenleer, nur einige Flechten blieben übrig. Am höchsten gegen die Vegetationsgrenze fanden sich Papaver nudicaule L., Saxifraga oppositifolia L. und S. rivularıs L. nebst Catabrosa algida (Sol.) Fr. Der Mohn sehien von diesen am höchsten aufzusteigen; er befand sich aber jetzt nicht wohl, denn die Stengel waren mit Eis bedeckt.“ Malmgren glaubte, dass die nördliche Küste Spitz- bergens eine andere Flora beherberge als die Flora der *) Redogörelse för den tillsammans med G. de Geer är 1852 företagna geologiska expeditionen till Spetsbergen. Bihang till K. Svenska Vet.-Akad. Handl. 9. No. 2 8. 52. 506 Westküste und mehr einen amerikanischen Charakter an sich trüge; aber schon die schwedische Expedition von 1868 erschütterte die Ansicht dieses Forschers, und im Jahre 1383 waren es überhaupt nur noch zwei Arten, welehe die Nordküste vor der Westküste voraus hatte, und selbst diese fallen umsoweniger ins Gewicht, als sie sogar auf Nowaja Semlja, beziehungsweise in Skandi- navien vorkommen. Von einer Abgrenzung eines nörd- lichen Florengebiets kann daher nicht die Rede sein. Dagegen hat sich ergeben, dass die Westküste mehr als 30 Arten vor der Nordküste voraus hat, und dass im Innern des Eisfjords 113 Arten Gefässpflanzen vorkommen. Diesen grossen relativen Pflanzenreiehthum der Westküste Spitzbergens vor der Nordküste hat man früher als eine Folge der Wirkung des Golfstromes angesehen, welcher die westlichen Gestade Spitzbergens bespült. *) Aber Nathorst**) hat mit Recht betont, dass an der West- küste die tiefsten Fjorde (Eisfjord und Belsund) ein- schneiden und dadurch die günstigsten Standorte erzeugt werden. Je tiefer ein Fjord, desto reicher ist die Flora seiner Abhänge; daher bietet auch die Wijdebay im Norden dem Botaniker mehr Arten als die seichten Fjorde der Westküste. Nach Formationen gliedert sich die Flora Spitzbergens in drei Gruppen. Weitaus die meisten Arten gehören der Formation an, welche Nathorst als „Pflanzen der Abhänge“ bezeichnet hat, und welche sich im Grossen und Ganzen auch mit der „Fjeldformation“ decken dürfte, die Warming in Grönland unterscheidet. Hierzu ge- hören die interessantesten und schönsten Formen der spitzbergischen Flora; sie treten, wenigstens an günstigen Lokalitäten, in kräftig entwiekelten Individuen auf, und die grösste Mehrzahl derselben kommt alljährlich zur Samen- reife. Die meisten Gräser, manche Carices, die Luzula- Arten, Salices, Silene acaulis L., Cerastium alpinum L., Papaver, die Draba-Arten, Saxifr. aga-Arten, Dryas, Pote n- tilla-Arten, Polemonium pulchellum u. s. w. sind die vor- züglichsten Repräsententen dieser Formation. Die beiden anderen Formationen spielen in der Flora Spitzbergens eine untergeordnete Rolle; es sind dies die Formationen der Sumpfpflanzen und der Strand- pflanzen. Die Sumpfpflanzen bilden etwa 10°, der Flora, und ungefähr drei Viertheile derselben dürften der Regel nach immer steril sein; ARubus Chamaemorus L. ist bisher nur steril gefunden, Nardosmia frigida (L.) nur selten mit Blüten. Selbst Cardamine pratensis L. trägt nur relativ selten Blüten, wenigstens wenn man hiermit die grosse Verbreitung der Art in Spitzbergen vergleicht; und ganz dasselbe eilt für die häufigen beiden Ranunkeln (R. Pallasii Schlecht. und R. hypebroreus Rottb.). Als eigenthümliche Strandpflanzen können (arex salina Wahlenb., glareosa Wahlenb., ursina Desv., incurva Lightf., @lycer ia vilfoidea (Anders.) Fr., Stellaria humifusa Rottb., Arenaria peploides (L.) und Mertensia maritima (L.) DC. gelten, also etwa 67%, der gesammten Flora. Auch von diesen bleiben viele steril, von andern ist es zweifelhaft, ob ihre Früchte zur Reife gelangen, obwohl solehe angelegt werden. 5. Geschichte der Flora Spitzbergens. Die eben auseinandergesetzten Verhältnisse gestatten uns, einen Schluss auf die Geschichte der Flora Spitz- bergens ***) zu ziehen. Aus den umfassenden Unter- *) Berghaus, physik. Atlas No. 21 (Hydrogr. No. VI). **) Engler’s Jahrb. IV. 439. **=*) Vergl. hierzu auch Nathorst, om den grönl; ändska vegetationens historin. Vet.-Ak. Handlingar. XVL. Afd. III. No. über die Geschichte der Vegetation En XIV. p. 183. Kritiska anmärkningar Bihang tillK. Svenska : kritische Bemerkungen Engler's Jahrb. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 50. suchungen Heer’s über die Tertiärflora des arktischen Gebietes wissen wir, dass schon zur Miocäenzeit in den eireumpolaren Ländern eine im hohen Grade gleichartige Vegetation existirte. Als die Temperaturerniedrigung, durch welehe die Eiszeit verursacht wurde, einzutreten begann, wurde die alpine Pliocänflora der arktischen Länder in die Ebene gedrängt, und je mehr die Vereisung vom Pol fortschreitend zunahm, um so weiter musste die tertiäre Alpenflora nach Süden wandern. Hier aber war Gelegen- heit vorhanden, dass sich die tertiäre Alpenflora "des arktischen Gebietes mit den Hochgebirgspflanzen Skan- dinaviens, Schottlands, Irlands und wahrscheinlich auch des nördlichen Nordamerikas vermischte; denn erstlich waren durch die zunehmende Temperaturerniedrigung die alpinen Gewächse der zuletzt genannten Länder in die Ebene herabgestiegen, und dann existirten ja weite Land- verbindungen von Grönland über Island nach Schottland, sowie von Spitzbergen über Novaja Semlja nach dem arktischen Russland und Skandinavien. *) Als endlich das skandinavische und amerikanische Inlandeis **) die grösste Ausdehnung erreicht hatten, konnten auch die Hochgebirge der nördlichen gemässigten Zone, die Alpen, der Altai, "die Rocky Mountains und Sierra Nevada, ihre Beiträge zur arktischen Flora liefern. Die Frage, ob eine Flora auf Spitzbergen die Eis- zeit überdauern konnte, ist in verschiedenem Sinne be- antwortet worden. An und für sich ist dies ja nieht un- denkbar, und Hooker, Heer, Buchenau, Focke und Warming sind für diese Möglichkeit eingetreten, während Nathorst und Drude, wohl mit Recht, darauf hin- weisen, dass eine solche Annahme wenig Wahrscheinlich- keit besitzt; die Thatsachen sprechen wohl mehr für eine postglaciale Einwanderung der jetzigen Flora; wenigstens dürfte das für die meisten Arten Geltung haben. Die Flora von Spitzbergen ist verhältnissmässig zu reich, um die Annahme einer Einwanderung durch zu- fällige Transportmittel gründlich zu stützen. Die Eis- berge zerschlagen sich auf dem stürmischen Eismeere, und die von den Meeresströmungen mitgeführten Stämme und Hölzer landen vielfach als gebleichte Balken an den Küsten; ein Transport der Samen oder Früchte unter Vermittelung des Windes dürfte gleichfalls zur Erklärung kaum ausreichen, noch viel weniger aber die Mitwirkung der Meeresströmungen. Alles drängt vielmehr zu der Annahme, dass die postglaciale Einwanderung der spitz- bergischen Flora über eme Landbrücke stattgefunden haben muss. Spitzbergen ist eine continentale Inselgruppe, welche mit dem nördlichen Europa durch eine unterseeische Er- hebung in Verbindung steht; und geologisch erweist sich Spitzbergen als Abhängsel Europas. Eine Hebung von 200 Faden würde ausreichen, um mit einem Male diese Inselgruppe mit Skandinavien und über Novaja Semlja mit dem nördlichen Russland in Verbindung zu setzen; eine geringere Hebung würde die Oberfläche Spitzbergens und von Novaja Semlja erheblich vergrössern und diese Ge- biete in nähere Entfernung von einander bringen. Ueber die erwähnte Landbrücke konnte in postglaeialer Zeit die südwärts gedrängte arktische Flora wieder von Spitzbergen Besitz ergreifen, nachdem sie sich mit Be- standtheilen anderer Florengebiete vermischt hatte. Wir sehen daher in der jetzigen Flora Spitzbergens eine Vegetation von hohem Alter, die zum grossen Theil *) Vergl. hierzu Berghaus phys. Atlas No. 19 und 23 (Hydrographie No. IV und VIII). Diese Karten geben eine Ueber- sieht über die Tiefenverhältnisse des Meeres und zeigen, wie schon bei relativ geringer Hebung die oben erwähnte Landver- bindung in der That erreicht wäre. **) Vergl. Berghaus, phys. Atlas No. 5. (Geologie No V.) Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 507 wirklich arktischen Ursprungs ist, unter dem Einflusse der Glacialzeit aber auch fremde Elemente verschiedener Heimath aufgenommen hat. Während eine postglaciale Verbindung Spitzbergens mit dem nördlichen Europa als höchst wahrscheinlich gilt, kann, abgesehen von einem ganz zufälligen, gelegentlichen Austausch, welchem eine grössere Be- deutung kaum irgend wie zukommt, ein solcher zwischen Spitzbergen und Grönland in postglacialer Zeit nicht be- standen haben. Die Tiefenverhältnisse des Meeres zwi- schen Spitzbergen und Grönland sind wesentlich andere: hier sind Tiefen bis zu 2500 Faden gemessen worden. Dieser aus rein geographischen Thatsachen gezogene Schluss findet eme glänzende Bestätigung in den pflanzen- geographischen Verhältnissen beider arktischen Länder. Von den spitzbergischen Arten der Gefässpflanzen fehlen in Skandinavien 23; dagegen kommen diese alle auf Novaja Semlja vor mit alleiniger Ausnahme von Glyceria angustata, (R. Br.) Fr., Poa abbreviata R. Br. und Alsine Rossii (R. Br.) Fenzl. Novaja Semlja ent- behrt 22 spitzbergischer Arten, welche wiederum alle mit Ausnahme der 3 genannten in Skandinavien wachsen, so dass demnach nur 3 Species Spitzbergens dem nördlichen Europa fehlen. Anders liegen die Verhältnisse, wenn man eine Pa- rallele zwischen Grönland und Spitzbergen zieht. Zwar fehlen von den spitzbergischen Pflanzen nur 24 in Grön- land, und selbst diese Zahl ist bei der grossen Aus- dehnung jenes Landes noch bedeutend genug; aber der Vergleich wird erst recht zutreffend werden, wenn man das nördliche Grönland allein berücksichtigt, das unter ähn- licher Breite liegt. *) Dann wird der Unterschied umso- mehr in die Augen springen. Die grönländische Flora nördlich von Melville Bay trägt ganz den Charakter grönländischer Vegetation; denn die drei hier neu auf- tretenden Arten, welche im Süden Grönlands fehlen, sind auch auf Spitzbergennicht gefunden. Im Ganzen fehlen etwa 20 Arten nordgrönländischer Pflanzen auf Spitzbergen und darunter gerade solche, welche der Flora Grönlands ein eigenthümliches Gepräge verleihen, Luzula spicata DC., Salix herbacea L. und arctica, Sawifraga trieuspidata Rottb., Dryas integrifolia, Epilobium latifolium L. u. a. Im Gegensatz hierzu entbehrt Grönland 12 Arten Spitz- bergens, darunter zwei Species, welche für letztere Insel- gruppe sehr characteristisch sind, Salz polaris Wahlenb. und Draba oblongata R. Br. Wenn man ferner in Be- tracht zieht, dass Draba alpina L., Silene acaulis L., Saxi- fraga Hireulus L. u. a., welche auf Spitzbergen zu den verbreiteteren Typen gehören, in Grönland nur an wenigen Standorten, vereinzelt und selten, auftreten, so wird man den Gegensatz in der Flora beider Gebiete nicht gering anschlagen können. Diejenigen Arten der Flora Spitzbergens, welche oben als der Fjeldformation angehörig bezeichnet wurden, und welche mehr als drei Viertheile der Gesammtzahl umfassen, dürften als die ersten Ansiedler des jungfräu- lichen Bodens in der postglacialen Zeit auf Spitzbergen gelten; sie gedeihen vollkommen und tragen regelmässig alljährlich Samen. Das übrig bleibende Viertel, die Sumpf- und Strandpflanzen umfassend, erweist durch seine geschwächte Lebenskraft, dass hier Vertreter eimer ein- wanderten Flora vorliegen, für welche in der Jetztzeit die klimatischen Verhältnisse zu einem frischen Gedeihen nicht ausreichen. Ihre häufige Sterilität und der Um- ey Nathorst, Botaniska anteckningarfrän nordvestra Grön- land. Öfversigt af 'R. Svenska Vet.-Akad. Handlinger. 1884; No- tizen un die Phanerogamenflora Grönlands im Norden von Meville Bay (76-82°). Engler’s Jahrb. VI. p, 82—90; VII. p- 151—132. stand, dass ihre angelegten Früchte so oft nicht reifen, beweisen dies unwiderleglich. Wir haben in ihnen die Reste einer Flora zu erblieken, welche in einem wärmeren Zeitabsehnitt der postglacialen Epoche, als dem gegen- wärtigen, in Spitzbergen einwanderte und jetzt dem Aus- sterben entgegen geht. Zumammenstellung der auf Spitzbergen von Herrn Leo Cremer gesammelten Pflanzenarten.*) Il. Phanerogamen. Bestimmt von F. Pax. Gramineae. 1. Hierochloa alpina (Liljebl.) Roen. et Schult. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. 2. Alopecurus alpinus Sm. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 13. 8. 91., mit jungen Blüten. — Zwischen Kolberget und Adv entsbai. 15. 8. Silz, mit jungen Blüthen. 3. Co olpodium Malmgreni Anders. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15.8. 91., mit jungen Blüthen. 4. Poa cenisia All. Eisfjord, zw ischen Kolberget und Adventsbai. 15.8. 91., fast blühend. Ein- zelne Aclırchen zeigen Viviparie. (f. vivipara.) 5. Festuca ovina L. (2) f. vivipara. Eisfjord, zwischen Kolberget und ee 15. 8. 91., frische Triebe mit vorjährigen, stark gebleiehten Blüthenstengeln. Cyperaceae. 6. Eriophorum amgustifolium Roth {. triste Th.Fr. Eisfjord, zwischen Kolberget und Ad- ventsbai. 15.8. 91., abschluht mit beginnender Streckung der Perigonborsten. Eriophorum Scheuchzeri Hoppe. Eisfjord, zwischen Klier get und Adventsbai. 15.8. 91., abgeblüht. 8. Carex incurva Lightf. ? Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., steril, frische Triebe mit reichlichen, abgestorbenen Blättern der vorigen Vege- tationsperiode. Da fertile Halme fehlen, bleibt die Be- stimmung unsicher. Juncaceae. 9. Luzula confusa Lindeb. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. Salieaceae. 10. Salixw polaris Wahlenb. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15.8. 91., blühend. — Kolhamnen in der Kingsbai. 21. 5. 91., mit 'sich eben öffnenden Früchten. Polygonaceae. 11. Oxyria digyna (L.) Campd. Kingsbai, Kolhamnen. 21. 8. 91., steril. 12. Polygonum viviparum L. Bel-Sund, zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai. 9. 8. 91., blühend, aber nur die oberen Blüthen der Achre entwickelt, sonst reichlich Bulbillen tragend. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 13. 8. 91., blühend und Bulbillen tragend; zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend, spärlich Bulbillen entwickelnd. Caryophyllaceae. 13. Sölene acaulıs L. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 15.8. 91.; zwisehen Kolberget und Adventsbai, 15.8. 91., von beiden Standorten reichlich blühend. 14. Melandryum apetalum (L.) Fenzl. Eistjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. 15. Arenaria eiliata L. f. frigida Koch. Eistior d, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., diehte Rasen, sehr zahlreich mit Blüthen bedeckt. 16. Stellaria humifusa Rottb. Bel-Sund, zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai. 9. 8. 91.; Kingsbai, Kolhamnen. 21. 8. 91., von beiden Standorten steril; kleine, diehte Rasen, reichlich mit ge- bleichten Blättern früherer Vegetationsperioden besetzt. 17. Cerastium alpinum L. Bel-Sund, zwischen Cap Ahl- strand und Recherchebai. 9.S. 91., niedriger Rasen mit SEES verkürzten Blüthenstengeln; Eisfjord, Heersberg in *) Die von Herrn Öremer gesammelten Pflanzen befinden sich im Herbarium des Herrn Dr. H. Potonie. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 50. 508 Green Harbour. 13. 8. 91., Rasen mit frischen und vielen abgestorbenen Blättern, blühende Stengel (bis 10 em) treibend; zwischen Kolberget und Adventsbai. in demselben Stadium. Ranuneulaceae. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. zwischen Kolberget und Adventsbai. Früchten. Papaveraceae. a3 ar, Sl, 18. Ranunculus sulphureus Soland. 15. 8. 91., blühend; 15. 8. 91., mit jungen 19. Papaver nudicaule L. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15.8. 91., blühend. Cruciferae. 20. Draba alpina L. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., sehr reichlich blühend. 21. Draba Wahlenbergei Hartm. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., reichlich blühend; aber kaum Früchte ansetzend. 22. Draba coryımbosa R.Br. Bel-Sund, zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai. 9. 8. 91., mit jungen Früchten. Saxifragaceae. 23. Saxifraga cernua L. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. 24. Saxifraga hier acifolia W.K. Eisfjord, zwischen Kol. bergert und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. 25. Saxi- fraga Hirculus L. Bel-Sund, zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai. 9. 8. 91.; Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., von beiden Standorten blühend. 26. Saxifraga flagellaris Willd. Eisfjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend und mit Stolonen versehen. 27. Sazxifraga decipiens Ehrh. var. caespitosa L. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 13. 5. 91.; zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., von beiden Standorten blühend. 27°. Saxifraga deeipiens Ehrh. var. caespitosa L. f. uniflora R.Br. DBel-Sund, zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai, 9. 8. 91.; Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 13.8. 91.; zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91.; von allen Stand- orten diehte, compacte Rasen mit einblüthigen Blüthen- stengeln; Blüthen fast sitzend. 28. Sawifraga oppositi- folia L. Bel-Sund, zwischen Cap Alhlstrand und Recherche- bai. 9.8. 91.; Eisfjord, zwischen Kolberget und Advents- bai. 15. 8. 91. Von beiden Standorten sehr reichlich blühend. Rosaceae. 29. Dryas octopetala L. Eisfjord, Heers- berg in Green-Harbour. 13. 8. 91.; Kingsbai, Kolhamnen. 21. S. 91., von beiden Standorten steril. 30. Potentilla pulchella R.Br. Eisfjord, zwischen Kolberget und Advents- bai. 15. 8. 91., blühend. 31. Potentilla fragiformis Willd. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 13.8. 91., blühend; zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., blühend. Ericaceae. 32. Cassiope tetragona (L.) Don. Eis- fjord, zwischen Kolberget und Adventsbai. 15. 8. 91., kräftiger, blühender Stock. Serophulariaceae. 53. FREUE hirsuta L. Eis- fjord, Heersberg in Green-Harbour. 13. 8. 91., blühend; zwischen Kolberget und Adventsbai. 15.8. 91., blühend. Compositae. 34. = 1mien, alpina Murr. Eisfjord, Heersberg in Green Harbour. 15. S. 91., blühend. Auf der Bäreninsel wurden von Herrn Leo Öremer zwischen Mount Misery und Fogelberg am Südhafen tol- gende Phanerogamen gesammelt: Oxyria digyna (L.) Campd., Sedum Rhodiola DC., Saxifraga cernua L., Saxifraga decipiens Ehrh. var. caes- pitosa (L.) und Sawifr ce Pe L., alle in blühendem Zustande. 2. Bryophyten. Bestimmt von Dr. Karl Müller-Hallensis. Unter den gesammelten Bryophyten findet sich nichts Bemerkenswerthes. Es wurden nur Laubmoose gesammelt. Sie stammen von Spitzbergen und Bären-Eiland. Diejenigen Laubmoose, deren Fundort in Folge eines unglücklichen Zufalls nicht mehr zu ermitteln ist, sind Aulacomnium turgidum Schur., Barbula ruralis Hedwig, Dieranım arcticum Schimp., Dieranum elongatum Wahbs., Hypnum adımeum L., Hypnum nitens Schreber und Poly- trichum strietum Menz. var. hyperboraceum. Von Bären-Eiland liegt vor: Hypnum adumeum L. Zwischen Mount Misery und Vogelberg am Südhafen. Von Spitzbergen: Aulacomnium turgidum Schur. "Thal westlich von der Adventsbai. Ayynum Alaskamım James & Sull. Heersberg in Green Harbour im Eisfjord, ZBrhacomytrium lanugi- nosum Brid. var. Zwischen Cap Ahlstrand und Recherche- bai im Bel-Sund. Im ganzen wurden also 9 Arten gesammelt. 3. Thallophyten. Bestimmt von Prof. Dr. W. Zopf. Die Thallophyten — sämmtlich von Spitzbergen — bestehen aus 5 Lichenen und 1 Pilz aus der Gruppe der Gastromyceten. Jene zu den gewöhnlichsten arktischen Arten zählend, sind bereits durch frühere Expeditionen für Spitzbergen bekannt geworden, wie die von dem besten Kenner nor- discher Flechten, Theod. Fries, gegebene, 111 Arten auf- zählende Zusammenstellung lehrt (Lichenes Spitzbergenses in Vet. Akad. Handlingar Stockholm 1867), der auch all- gemeine Betrachtungen vorausgeschickt sind. Flechten. 1. Alectoria nigricans (Ach.) Nyl; Kol- hbamnen in der Kingsbai. Steril. 2. Cetraria eueullata (Bell.) Ach. Zwischen Cap Ahlstrand und Recherchebai im Bel-Sund. Ziemlich breitlappige blasse Exemplare, an der Basis das charakteristische violett-purpurne Pigment zeigend. Steril. 3. Cetraria nivalis (L.) Ach. Kolhamnen in der Kingsbai sowie zwischen Cap Ahlstrand und Recherehebai im Bel-Sund. Breitblättrig, gut entwickelt wie fast immer steril. 4. Cetraria islandica (L.) Ach. Kolhamnen in der Kingsbai. Niedrige (2—-3 cm hohe), schmalblättrige Form mit stark entwickelten Spermogonien- Wimpern, an “der Basis mit bekannter rothbrauner Färbung. Steril. 5. Cladonia pyzidata (L.) Fr. 8 pocillum (Ach.) Fr. Kolhamnen in der Kingsbai. Steril. Pilze. Lycoperdon furfuraceum Schaeff. Auf der Erde, Strand zwischen Adventsbai nnd Kolberget. Weicht von der Normalform durch nieht unbeträchtliche Variation der Sporen-Grösse (4—6,; u) etwas ab. Ein auf alten Blättern von Dryas octopetala auftre- tender Pyrenomycet konnte, weil bereits verrottet, nicht bestimmt werden. Homerianathee ist dem Unterzeichneten alljährlich wiederholt von Apothekern mit der Bitte um Mittheilung der den „Thee“ zusammensetzenden Pflanzenart zugestellt worden und stets hat sich dieselbe bei der Untersuchung als die bei uns so sehr gemeine, auf Aeckern, Triften, besonders gern auf Wegen und selbst sehr häufig zwischen den Steinen des weniger betretenen Strassenpflasters vor- kommende Ruderalpflanze Polygonum avieulare L. (Vogei- knöterich, Wegetritt, Schweine- oder Saugruse) ergeben. Ich erwähne dies, weil der Berliner Polizei-Präsident wiederholt und so auch kürzlich die folgende Warnung bekannt giebt: "Unter der Aufschrift: „Wie ist die gefährlichste und verbreitetste aller Krankheiten am erfolgreichsten zu Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochensehrift. 509 lindern, zu bessern und zu heilen?“ wird neuerdings in Zeitungen vielfach ein früher unter dem Namen „Home- rianathee“ feilgehaltener Brustthee als Heilmittel gegen Brust- und Halskrankheiten (Lungentuberkulose, Luft- röhrenkatarrh, Asthma, Husten, Heiserkeit u. a.) von einem Agenten Ernst Weidemann in Liebenburg am Harz an- gepriesen und in Päckchen von 60 Gramm Inhalt — bei einem reellen Werthe von 5—6 Pfennigen — zum Preise von 1 Mark verkauft. Das Mittel, welches angeblich aus einer nur in Russland vorkommenden Knöteriehpflanze gewonnen wird, besteht nach sachverständiger Unter- suchung aus einfachem Vogelknöterich, der an allen Wegen und oft auch in wenig verkehrsreichen städtischen Strassen zwischen den Pflastersteinen wächst. Eine spe- eifische Heilwirkung hat das genannte Kraut nicht.“ In der That ist die genannte Pflanze medieinisch werthlos; dass sie trotzdem früher einmal (vergl. D. A. Rosenthal, Synopsis plantarum diaphoricarum. Erlangen 1862, p. 220) als Herba Centumnodiae s. Polygoni s. Sanguinariae gegen Blutflüsse und Durchfall, sowie zur Heilung von Wunden und Geschwüren offieinell war, und in Algier als Volksmittel gegen Wechselfieber gebraucht wird, dürfte dabei nicht Wunder nehmen: ist es doch leichter aufzuzählen, was nicht medieinische Verwendung gefunden hat, als die Unzahl von Stoffen und Körpern zu nennen, die in der in Rede stehenden Weise schon missbraucht worden sind. Die Anwendung des Polygonum aviculare gegen Blutflüsse bei Menschen und Blutharnen bei Rindern hat ihr auch die Namen Blutgarbe und Blut- kraut eingetragen. Adalbert von Chamisso giebt in seiner 1527 erschie- nenen „Uebersicht der nutzbarsten und der schädliehsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Norddeutschland vorkommen,“ p. 234 an, dass die von Vögeln gern ge- fressenen Samen des Polygonum avieulare beim Menschen heftig hustenerregend und abführend seien. I: Untersuchungen über Mikroorganismen in Unter- kleidern hat Dr. Hobein (Deutsche Med.-Ztg. p. 694) angestellt. Nach demselben hält das Flanell infolge seiner rauhen Oberfläche am meisten die Staubtheilchen und Mikroorganismen fest; auch locker gesponnener, dicker, gleichfalls rauher Tricotstoff zeigt fast das gleiche Ver- halten. Die geringste Anzahl von Keimen wurde in den glatten festgesponnenen leinenen und baumwollenen Hemden angetroffen. Die letzteren sind schon an und für sich die reinlichsten als auch verändern sie sich nach Verfasser durch gründliches Auskochen nieht hinsiehtlich ihrer geringen Aufnahmefähigkeit für Staubtheilehen, während bei den Wollstoffen durch die Einwirkung des Wassers und das Tragen auf dem Leibe immer mehr Verfilzung eintritt und dieselben zur Aufnahme und zum Zurückhalten der Staubtheilchen immer geeigneter werden. Beiträge zur Anatomie des Myrmecobius fasciatus. Biologiska Föreningens Förhandlinger. Bd. III Nr. 8. Durch jahrelange Bemühungen gelang es Wilhelm Leche dem Verf. oben genannter Arbeit, ein reichhaltiges Ma- terial des eigenartigen Beutelthieres Myrmecobius fas- eiatus zu erlangen, welches den Stoff lieferte zu einer in- teressante Resultate ergebenden Arbeit, der wir das Nach- stehende entnehmen. Schon lange wusste man, dass Myrmecobius ein Beutelthier — ohne Beutel sei; nicht einmal Spuren des sonderbaren Organs fanden sieh bei den untersuchten Thieren. Die Untersuchung eines noch ganz unbehaarten, vom Scheitel bis zur hinteren Körper- beuge 16 mm langen Jungen ergab jedoch eine deutliche Marsupium-Anlage auf einem vor der Kloake gelegenen Theil des Integuments, der auch bei Erwachsenen dureh 3esonderheiten (der jehaarung z. B.) auffällt, ohne je- doch Spuren von Beutelfalten aufzuweisen. Querschnitte durch die betreffende Gegend bei dem eben erwähnten Embryo liessen nun deutliche Rinnen in der Lederhaut, welche durch W ucherungen der Oberhaut ausgefüllt waren, erkennen. Es lässt sich hieraus der Sehluss ziehen, dass das Fehlen des Beutels resp. der Beutelfalten beim erwachsenen Myrmecobius auf regressiver Entwickelung beruht. Weiter berührt Verf. die auch einigen andern Beutel- thieren zukommende Gaumenleiste, ein Gebilde, welches mit der eigenthümlichen, abgeplattet kenlenförmigen Ge- stalt der mütterlichen Zitze zusammenhängt und zum Fest- halten der Letzteren dient. Während diese Gaumenleiste bei den anderen Thieren, bei denen sie in der Jugend vorkommt, später zurückgebildet wird, erhält sie sich bei Myrmecobius bis in das späteste Alter. Bezüglich des Skeletts ist zu bemerken, dass der Schädel im Lauf der individuellen Entwicklung sehr be- deutenden Formveränderungen unterliegt. Trotz des Fehlens des Marsupiums sind doch wohlentwickelte, wenn auch nicht sehr grosse Beutelknochen vorhanden (ebenso ein Musculas sphineter marsupii!) Während bei den Ungulaten die III. Zehe der hin- teren Extremität das Uebergewicht erlangt, tritt bei den Beutelthieren die IV. bei der Differenzirung der Zehen gegenüber den andern hervor. Verf. ist wie Owen der Ansicht, dass diese Prävalenz der IV. Zehe unabhängig von der Funktion durch Vererbung erworben sei und weist dabei auf die T’hatsache hin, dass bei den Sauriern, recenten wie fossilen, die IV. hintere Zehe die längste sei. Die Ergebnisse "hinsichtlich der Muskulatur sind von zu speciellem Interesse, als dass wir hier näher auf sie eingehen könnten. Das Gehirn weist einige Besonderheiten auf, geringe Ausdehnung des Grosshirns, ungetheilte, nur mit schwachem Querwulst versehene Mittelhirnhälften — ein durchaus primitives Verhalten — zeitlich früheres Auftreten der Windungen der Kleinhirnhemisphären gegen- über denen des Wurms -- ein Befund, der bei den Pla- centaliern gerade entgegengesetzt ist. Bezüglich des schon von vielen Forschern unter- suchten Gebisses, welches sich sowohl durch die Form als auch die Zahl der Zähne von demjenigen aller übrigen recenten Säugethiere unterscheidet, entwickelt Verf. die Ansicht, dass das Myrmecobius- Gebiss hinsichtlich der Form der Backenzähne theilweise redueirt ist und den- selben Typus aufweist, wie dasjenige der Dasyuridae und des Ormithorynchus, dass aber die grössere Anzahl et- was Primitives, von mesozoischen Vorfahren ererbtes ist. Die noch nicht völlig abgeschlossenen Untersuchungen Leches ergeben schon "jetzt das Resultat, dass Myrme- cobius unter den lebenden Thieren den Dasyuriden am nächsten steht, dass er jedoch von diesen mehr abweicht, als die Mitglieder der genannten Familie unter sich. Dr. Ernst Schäft. Neuer Themsetunell bei Blackwall. Ausser der im Bau begriffenen Towerbrücke wird zur eu des Fuhrw a und Personenverkehrs von einem T'hemse- ufer zum andern im Gebiet des Londoner Hafens bei Blackwall noch ein Tunnel von ringförmigem Querschnitt erbaut werden. Seine innere Weite wird 7 (, seine äussere 8,25 m betragen. Er soll einen Fahrweg von 4,9 m mit zwei seitlichen Fusswegen aufnehmen. Die Ausführnng wird wie bei den wakserführenden Strecken des " Tunnels der City- und Süd-Londonbahn mittels Druckluft unter Vortrieb eines Schildes bewerkstelligt werden. Die Kosten 510 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 50. sind auf etwa 5250Mark auflmLänge veranschlagt worden. Die Angebote für die Ausführung sind am 12. Oktober d. J. eingereicht worden, sodass mit den Arbeiten bald be- sonnen werden dürfte. (Centralblatt der Bauverwaltung.) Sichtbarkeit des Eiffelthurms vom Montblane aus. — Prof. J.H. Graf hat ausrechnen lassen, dass der Eiffel- thurm in Paris, um vom Montblane aus gesehen zu werden, ca. 5000 Meter höher sein müsste, als er thatsächlich ist (Mitthl. d. Naturf. Ges. in Bern). Das Bleiehen an der Luft, wie es z. B. bei der Rasenbleiche u. s. w. geschieht, ist nach den Erfahrungen von A. und P. Buissine (eompt. rend.), welche dieselben beim Bleichen des Wachses gemacht haben, nicht, wie man bisher annahm, allein eine Folge der Wirkung des Ozons. Die genannten Forscher vermochten gelbes Wachs, im Dunkeln nieht durch Ozon, selbst bei monatelanger Einwirkung, zu bleichen, während bei Zutritt von Luft die Bleiche in einigen Stunden vollendet war. Die Zer- störung des Farbstoffes wird also durch Ozon oder Sauer- stoff allein nicht bewirkt. Dass auch die Mitwirkung des Sauerstoffs bei der Bleiche nicht unbedingt nothwendig ist, ergiebt sich daraus, dass das Bleichen auch im Va. euum “oder in einer Kohlensäure- und Stickstoff- Atmo- sphäre vor sich geht. Eine Vergleichung des gebleichten und des rohen Wachses zeigte neben der Zerstörung des Farbstoffes auch Verschiedenheiten in der Zusammen- setzung, indem das weisse Wachs frei war von einem grossen Theile der im rohen Wachs vorhandenen unge- sättigten Säuren und Kohlenwasserstoffe. Auch alle Fette, die man der Luft aussetzt, zeigen eine ähnliche Erschei- nung und man kann durch einen Zusatz derartiger Körper, wie Schweinefett, Terpentin u. s. w. zum Wachs den Vorgang des Bleichens beschleunigen. (07 Die Verbreitung des Telephons in Norwegen ist in steter Zunahme begriffen. Im Norden des Landes ist, wegen der gebirgigen Natur des Landes, die Her- stellung der Leitungen freilich mit grossen Schwierigkeiten verknüpft. Folgendes sind einige Zahlen, welche diese Verhältnisse deutlich darstellen. Betriebslinie Entfernung Lege. d. Leitung Tromsoe-Alten ... . 170 km 330 km Alten-Kistrand . . . 90 „ 150 Kistrand-Hammerfest . 60 „ 10a Hammerfest-Kjesvaer . 86 „ 10) Kjesvaer-Tromsoe . . 300 „ DSs0ER Tromsoe-Hammerfest . 210 „ 3 Kistrand-Kjesvaer . . 70 „ 11510) U, Nur auf der Streeke Kistrand-Hammerfest kommt also die Länge der Leitung der Entfernung der beiden Orte, welehe sie verbindet, einigermassen nahe, während sonst die letztere von der Länge der Leitung ganz be- deutend — auf der Linie Trömsoe: Hammertest um mehr als das 2/,-fache — le wird. Es rührt dies a von der Gestalt des Terrains her, welches bei An- lage der Leitung wiederholt zu grossen "Umwegen nöthigt, da die letztere auch so geführt werden muss, dass sie in dem langen und harten Winter nicht in einer den Be- trieb störenden oder gar die Erhaltung der Leitung selber gefährdenden Weise durch Schnee und Eis belastet werden kann. Cart 2 ARE Die neue Uhrenanlage im Universitätsgebäude zu Berlin. — Diese Anlage, welche von der Urania- Uhren- und Säulen-Commanditgesellschaft (Breslauer und Dr. v. Orth) ausgeführt wurde, besteht aus einer Normal- uhr und einem mit Wasserleitung verbundenen Central- apparat, welche im Vestibül Aufstellung gefunden haben, sowie 7 Nebenuhren und 4 Läutewerken. In jeder vollen Stunde sendet die Hauptuhr einen elektrischen Strom durch den Electromagnet des Oentralapparates und löst dadurch ein Laufwerk aus, welches einen Wasserhahn öffnet. Das Wasser strömt durch sogen. Wasserstrahl- pumpen und saugt die Luft aus einem Röhrennetz, an welches alle Nebenuhren und Läutewerke angeschlossen sind. An jeder Nebenuhr befindet sich eine Messing- kapsel, welche durch eime Ledermembran abgeschlossen ist. Sobald die Luft in der Kapsel verdünnt wird, hebt die Membran eine Stange, stellt dadurch die Uhrzeiger genau auf die volle Stunde ein, und zieht das Uhrwerk um so viel auf, als es in einer Stunde abgelaufen ist. Die Läutewerke enthalten eine gleiche Membrankapsel, welche während der Luftverdünnung dreimal den Hammer hebt und gegen die Glocke schlagen lässt. Ist die nötige Luftverdünnung erreicht, so dass alle Apparate funetio- niert haben, so schliest der Centralapparat seinen Wasser- halın selbstthätig wieder ab. Verschiedene an dem Central- apparat angebrachte Sicherheitsvorrichtungen verhindern Betriebsstörungen beim Ausbleiben des Wassers oder bei anderen Unregelmässigkeiten und ermöglichen eine selbstthätige Controlle. Nach diesem System sind in Berlin grössere Anlagen am Potsdamer Bahnhof, Börse u. 8. w. im Betrieb. Aus dem wissenschaftlichen Leben. An der Technischen Hochschule in Graz ist der ausserordent- liche Professor W. Edler v. Löw zum Ordinarius befördert. Dr. B. Proskauer am Hygienischen Institut in Berlin ist vom Cultusministerium auf längere Zeit zum königlichen Institut für Infeetionskrankheiten (Dir.: Geh.-Rath. R. Koch)'beurlaubt worden. Die R. Accademia dei Lineei in Rom hat gewählt: In der math-. physikal. Klasse: zu inländischen Mitgliedern für Astronomie G. Celoria, für Physik E. Villari, für Geologie und Palaeon- tologie T. Taramelli; zu auswärtigen Mitgliedern für Mathe- matik M. Noether, für Mechanik G. G. Strutt Rayleigh, für Physik G. W iedemann; zu eorrespondirenden 1 Mitgliedern für Mathematik C. egre, für Mechanik G. Pisati, E. Padoya und G. F le für Astronomie A. Nobile, für Chemie R. Nasini und L. Balbiano, für Geologie und Paläontologie J. Coeehi. — Die Pariser Akademie hat an Stelle des am 11. Mai d. J. verstorbenen Edmond Beequerel in ibrer Sitzung am 23. No- vember Herrn Potier zum Mitgliede der Section für Physik gewählt. Am 22.. November starb zu Berlin im 74. Jahre der Professor der Staatsarzneikunde an der Universität, Geh. Med.-Rath Dr. Karl Liman; ferner, erst 46 Jahre alt, der bekannte englische Naturforscher und Reisende, H. N. Moseley, Theilnehmer an der Challenger-Expedition. Litteratur. Prof. Dr. Theodor Meynert, Klinische Vorlesungen über Psychiatrie auf wissenschaftlichen Grundlagen für Studirende und Aerzte, Juristen und Psychologen. Mit 1 Holzschnitt und 1 Tafel. Verlag von Wilhelm Braumüller. Wien 1890. — Preis 8 Mk. Das vorliegende Tebshacn bespricht seinen Gegenstand in der folgenden Disposition: 1. Melancholie, Kleinheitswahn , Selbst- anklagewahn; 2. Ame Se die Verwirrtheit; 3. Manie; 4. Paranoia; z Paralys is universalis progressiva; 6. Secundäre Geistesstörung; Erworbener Blödsinn durch Herderkrankungen; S. Angeborener Blödsinn; es umfasst incl. Register 304 Oectav-Seiten. Bei der Bedeutung Meynerts das brauchbare Buch noch besonders zu em- pfehlen, ist überflüssig. Alfred Russell Wallace, Der Darwin'ismus. Eine Darlegung der Lehre von der natürlichen Zuehtwahl und einiger ihrer An- wendungen. Autorisirte Uebersetzung von D. Brauns. Mit einer Karte und 37 Abbildungen. Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig 1891. — Preis 15 Mk. Dass die gewaltige Anregung, welche Darwin’s Lehre auf alle Zweige menschlichen Wissens ausübte, immer von Neuem Früchte vom Baume der Erkenntniss reifen lässt, kann uns um Nr. 50. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 511 so weniger überraschen, als man mehr und mehr zu der Einsicht gelangt ist, dass die Descendenzlehre auch ein grelles Streiflicht auf alle Geistesdiseiplinen wirft. Während aber Darwin eine vergleichende Psychologie auf Grund einer dualistischen Weltan- schauung anbahnt, Ermst Haeckel jedoch, zwischen extremem Materialismus und Pantheismus schwankend, mit vielen Ver- sprechungen aber nur wenigem Erfolge die Räthsel des Geistes beim Lichte der Deseendenzlehre betrachtet, sucht Russell Wallace, obwohl Mitbegründer des Darwinismus und eifriger Anhänger dieser Lehre viele psychologische Thatsachen als supernatura- listisch und so als völlig isolirt von der auch von ihm vertretenen descendenztheoretischen Weltanschauung hinzustellen. In seinem Werke: „Der Darwinismus“, erörtert so Wallace zuerst in durehsichtiger und ansprechender Darstellung die Grund- uüge der modernen Descendenzlehre, wobei namentlich der Kampf ums Dasein, die Veränderlichkeit der Arten im Naturzustande zud die der eultivirten Geschöpfe in höchst anschaulicher Weise geschildert werden. In sehr objectiver Form weist dann der Autor nach, dass der Mensch in Betreff seines Körpers und dessen materiellen und niedrigen geistigen Functionen als der Nach- komme affenartiger Thiervorfahren angesehen werden muss, wo- bei das Haeckel’sche biogenetische Gesetz, demzufolge jeder Organismus bei seiner ontogenetischen Entwickelung in abge- kürzter Reihenfolge die von seinen Vorfahren innegehabten (phylogenetischen) Evolutionsstadien durchläuft, über die nähere oder entferntere Verwandtschaft zu den verschiedenen Thieren entscheidet. In Betreff der Herleitung höherer geistiger Thätig- keiten des Culturmenschen, zu denen Wallace vorwiegend die Mathematik und die Musik zählt, meint jedoch der Autor ein unmittelbares göttliches Eingreifen annehmen zu müssen, welches die gesitteten Völker von den wilden Völkern, wenn auch nicht körperlich, so doch geistig aufs Bestimmteste scheidet. Die Belege, mit welchen Wallace diese Ansicht zu stützen trachtet, entbehren nicht nur jeder Beweiskraft, sondern sind an sich schon hinfällig, wie sich dies von vornherein annehmen lässt, so dass man der Tragweite des Darwinismus unberechtigter- weise Abbruch thut. wenn man Anlagen für die höheren geistigen Functionen den Thieren resp. den Zellen oder dem Plasma selbst ohne weitere Begründung absprechen wollte. Meines Erachtens ist entschieden der Versuch geboten, eine vergleichende Psychologie auf darwinistischer Ornediske zu entwerfen, wie dies z. B. der Herausgeher dieser Blätter. Herr Dr. H. Potonie gethan hat *), welchen Gedanken der phyloge- netischen Parallelität von materiellen und seelischen Vorgängen, wie ich von ihm selbst erfahren habe, er später weiterausspinnen und weiter entwickeln wird. Bereits im Jahre 1877 erklärte ich mn einem Werke: „Der Darwinismus und seine Stellung in der Philosophie‘ (Berlin. Peters), wo ich ebenfalls eine vergleichende Seelenlehre schon anbahnte: „Durch die Lehre Darwin’s sind wir so mit der ge- sammten belebten Welt verwachsen, dass, wenn wir auch noch so geheimnissvolle Vorgänge. in unserem Seelenleben auffinden, wir uns fragen müssen, ob sich nicht ähnliche schon bei unsern Mitgeschöpfen vorfinden. U. s. w.“ Soweit ich nun geforscht habe, kann ich nur bekennen, dass die Descendenzlehre nicht nur sehr gut mit einer vergleichenden Psycho-Physiologie und Psychologie verträglich ist, sondern auch überall dort Licht verbreitet. wo es sich um die Entwickelung des Seelenlebens handelt. Dass wir den philosophischen Standpunkt von Wallace nicht theilen, kann uns nicht daran verhindern, das besprochene natur- wissenschaftlich sehr lehrreiche Werk als eine beachtenswerthe Ergänzung zu Ernst Haeckel’s „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ zu empfehlen, zu einem geistvollen Werke also, dessen philo- sophischen Standpunkt wir zwar als höchst einseitig, zum Theil auch oberflächlich bezeichnen müssen, dessen naturwissen- schaftliche Verdienste wir aber voll und ganz zu würdigen wissen. Dr. Eugen Dreher. Dr. J. Baumgarten, L’Afrique pittoresque et merveilleuse peinte par les explorateurs: Baker, Barth, Burton, Cameron, Du Chaillu. Compiegne, Girard, Livingstone, Nachtigal, Speke, Schweinfurth, Stanley, Wissmann ete. Avee une carte. Theodore Kay. Cassel 1890. — 3 Mk. Dieses kleine Werk, welches eine Reihe von auserlesenen geographischen und ethnographischen Schilderungen, lehrreichen, geschickt ausgewählten Reiseerlebnissen und biographischen Dar- stellungen enthält, ist aus zwei didaktischen Auffassungen hervor- gsgangen. 1) „Der Unterricht in der Geographie darf nicht beim Hand- buche und dem Atlas stehen bleiben, er muss durch eine sorg- fältig zu wählende Lektüre von Reisewerken in das frische Leben *) Ueber die Entstehung der Denkformen, „Naturw. Wochensch.“ VI No. 15. hinübergreifen und dadurch eine fruchtbringende, nachhaltige Theilnahme der Jugend an dem geographischen Wissen erzielen. Selbstverständlich können die mit zahllosen kleinen, wissenschaft- lichen und persönlichen Einzelheiten gefüllten „ganzen“ Reise- werke nicht dazu dienen; es muss eklektisch verfahren werden und gerade eine Concentration des geographischen Wissens auf das Prägnanteste und Wichtigste erlangt werden, um so mehr, da durch die heute so riesenhafte Ausdehnung und Vertiefung der geographischen Wissenschaft und durch die über alle über- seeischen Länder sich erstreckenden bedeutenden Entdeckungen das didaktisch zu bewältigende Gebiet des geographischen Wissens eine fast unermessliche Ausdehnung erhalten hat. 2) Der Unterricht in den modernen Sprachen bietet eine vor- zügliche Handhabe, die Kenntnissnahme fremder Völker und Länder durch die Lektüre von französischen oder englischen Reiseberiehten zu fördern. Auch ist es schon längst anerkannt, dass im nationalen Interesse der neusprachliche Unterricht nicht bei der Leetüre von belletristischen und historischen Schriften stehen bleiben soll.“ wu Anton Kerner von Marilaun, Pflanzenleben, II. Bd. Geschichte der Pflanzen. — Gross Oktav. 1547 Abbildungen im Text und 20 Aquarelltafeln. 896 Seiten. Verlag des Bibliographischen Institutes Leipzig und Wien 1891. — Preis 15 Mk. Wer einen guten Wegweiser sucht, um die uns umgebende Pflanzenwelt verstehen zu lernen, wer etwas mehr als bloss ober- flächliches, schnell erkaltendes Interesse der Natur entgegenbringt, der nehme getrost Kerner’s Pflanzenleben zur Hand. Es ist ge- eignet dem Naturfreunde eine Quelle hohen Genusses und der Erkenntniss zu werden. Kerner hat sich die schwierige Aufgabe gestellt, dem gebildeten Laien eine Darstellung der Pflanzenwelt nach unserer jetzigen Anschauung, also mit Berücksichtigung der neuesten Errungenschaften der Wissenschaft zu bieten, und zwar in einer Form, die auch bei dem weniger an das Studium natur- wissenschaftlicher Werke Gewöhnten das Interesse wach erhält. Wir müssen gestehen, dass der berühmte Verfasser seine Auf- gabe in dem nunmehr fertig vorliegenden, wahrhaft prächtigen Werke (dessen erster Band in Band II p. 119 der „Naturw. Wochenschr.“ besprochen wurde) glänzend gelöst hat! Aber nicht allein der Freund der Natur, auch der Botaniker von Fach wird Vieles aus dem Buche lernen; keiner von diesen wird es ver- säumen, das „Pflanzenleben“ zur Hand zu nehmen, um mit be- rechtigter Neugierde zu sehen, wie sich die Wissenschaft von den Pflanzen als Ganzes in dem Kopfe eines ihrer bedeutendsten Förderers malt. Ich sage, dass auch der Botaniker aus dem Buche lernen wird: sehr natürlich! Wird doch der Gelehrte heutzutage durch seine zeitraubenden Specialstudien von einem Verfolg der Fortschritte in den Unterdiseiplinen seiner eigenen Wissenschaft oftmals fast ganz abgehalten, ein jeder, der fruchtbare Studien treibt, braucht eben Geduld und Zeit und wird mehr oder minder einseitig. Es ist aus diesem Grunde auch begreiflich, dass das Kerner'sche Buch in einzelnen Abschnitten, welche seine eigensten Lieblinesthemata behandeln, original, in anderen Abschnitten mehr compilatorisch erscheint. Das „Programm“ am Schluss der Einleitung des I. Bandes lautet: „Zum Aufbaue der Wissenschaft von der Pflanze und ihrem Leben ist Alles werthvoll und verwerthbar: unbehauene Steine und scharf ausgemeisselte Quadern, grosse und kleine Bruchstücke und verbindender Mörtel, auf diesem oder jenem Wege zugeführt, in alter oder in neuer Zeit gewonnen, Studien, die ein Stuben- gelehrter an getrockneten Pflanzen aus tropischen Gegenden in einem grossstädtischen Museum ausführt, gerade so wie die Ent- deekungen, welche ein Dilettant in der Flora des von ihm be- wohnten abgeschiedenen Gebirgsthales macht, Beiträge, welche Fachmänner auf Versuchsfeldern in botanischen Gärten, und solehe, welche Förster und Landwirthe im Walde und Feld ge- winnen, Offenbarungen, welche im Laboratorium einer Hochschule mit Hebeln und mit Schrauben der lebendigen Pflanze abge- zwungen wurden, und Beobachtungen, welche in dem grössten und am besten eingerichteten Laboratorium, in der freien Natur, angestellt wurden. ‚Prüfet Alles und das Beste behaltet!‘ © Die Disposition und die Reichhaltigkeit des Inhaltes der beiden Bände wird aus der folgenden kurzen Uebersicht hervor- gehen. sie In Band I ist der erste Abschnit „Das Lebendige in der Pflanze“ überschrieben. Wir werden in demselben mit der Ge- schichte der Entdeekung der Zellen und des Protoplasmas vertraut gemacht und erfahren zunächst Näheres über Bau und Thätigkeit jener Elementarorganismen. Im 2. Absehnitte „Aufnahme der Nahrung“ wird eine Eintheilung der Pflanzen mit Rücksicht auf die Art der Nahrungsaufnahme vorgenommen und ausführlicher auf die Aufnahme unorganischer und organischer Stoffe einge- gangen. Naturgemäss folgt die Besprechung der „Leitung der Nahrung“ und darauf folgen die Abschnitte: 4. Bildung organischer Stoffe aus der aufgenommenen unorganischen Nahrung, 5. Wand- lung und Wanderung der Stoffe, 6. Wachsthum und Aufbau der Pflanze, 7. Die Pflanzengestalten als vollendete Bauwerke. Band II. zerfällt nach einer ganz kurzen Einleitung, welche die „Quellen zu einer Geschichte der Pflanzen“ und „die Sprache der Botaniker“ behandelt, in zwei Abschnitte: I. Die Enstehung der Nachkommenschaft, II. Geschiehte der Arten. Der erste Ab- schnitt ist also der Lehre von der Fortpflanzung und Vermehrung gewidmet, in ihm wird daher auch die durch Kerner selbst ge- förderte, gerade den Laien so anziehende Lehre der Blüthenbio- logie vorgebracht, alles prächtig und treffend illustrirt. Der zweite Abschnitt bespricht u. a. die Descendenz-Theorie mit allem, was zu einem Verständniss derselben gehört, gelangt zum Pflanzen- system, das der Verfasser auch — immer mehrere Familien zu einem „Stamme“ zusammenrechnend — specieller und zwar nach eigener Disposition, die hohe Beachtung finden muss, erläutert, um schliesslich wiederum zu einem Gebiete zu gelangen, in welehem Kerner Treffliches geleistet hat und das ihm besonders nahe liegt: zur „Verbreitung und Vertheilung der Arten“, mit anderen Worten: zur Pflanzengeographie. Die Ausstattung des Buches ist wieder mustergültig, wie alles was von dem Bibliographischen Institut ausgeht, besonders her- vorheben müssen wir die wahrhaft künstlerischen bildlichen Dar- steilungen, zum Theil in Farbendruck, zum Theil in vortrefflichen Holzschnitten (vergl. z. B. die beiden Figuren 1 und 2 im dieser Nummer der „Naturw. Wochenschr.“). Der Preis ist für das Ge- botene so gering (ein gut gebundenes Exemplar von Band II kostet nur 16 Mk.), dass desshalb und aus obigen Gründen eine weite, verdiente Verbreitung des „Pflanzenlebens“ gesichert ist. Der zweite Band des Pflanzenlebens beschliesst in gleich trefflieher Weise wie begonnen das unter dem Kollektivtitel „All- gemeine Naturkunde“ von der Verlagsanstalt herausgegebene prächtige Sammelwerk. Die „Allgemeine Naturkunde“, hervor- gegangen aus der Initiative der Verlagshandlung und aus langem, mühevollem Zusammenwirken berufenster Gelehrter und Schrift- steller, zu dem Endziel im Anschluss an „Brehms Thier- leben“ (vergl. Besprechungen in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. VI p. 143 und 233) für Jedermann eine verständliche fesselnde Schilderung der gesammten Naturwesen unserer Erde zu schaften, umfasst nunmehr: „Völkerkunde“, von Professor Dr. Friedrich Ratzel, „Der Mensch“, von Professor Dr. Johannes Ranke, ‚„Pflanzen- leben“, von Prof. Dr. Ant. Kerner von Marilaun, „Erdgeschichte“. von Prof. Dr. Melchior Neumayr (vergl. Besprechung des letztge- nannten Werkes in der „Naturw. Wochenschr.“ Band III p. 161) July ler W. Hess, Spezielle Zoologie populär dargestellt. Bd. I. Die Säugethiere und Vögel Deutschlands. Bd. Il. Die Reptilien, Amphibien, Fische und wirbellosen Thieren Deutschlands. Ver- lag von Ötto Weisert. Stuttgart 1889 und 1891. — Preis S Mk. Die Hess’sche Zoologie ist eine Fauna Deutschlands, welche aber natürlich auf absolute Vollständigkeit keinen Anspruch machen kann und will, denn man denke z. B. an das Heer der deutschen Insecten, welche alle auch nur ganz kurz abzu- handeln Bände erfordern würden. Der 1. Band enthält 119, der 2te 146 Abbildungen. „Der Verfasser hat sich bemüht, die Schilde- rungen der Lebensweise und Eigenthümlichkeiten der deutschen Thierwelt in der Weise anzuführen, dass sie... .... eine angenehme Unterhaltung gewähren“. Galileo Galilei, Unterredungen und mathematische Demon- strationen. Fünfter und sechster Tag. Herausgegeben von Arthur von Oettingen. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, 1891. (Ostwalds Klassiker der exaeten Wissenschaften No. 25.) Das vorliegende Heftehen bringt zunächst einen Anhang zum dritten und vierten Tag. Sodann werden (5. und 6. Tag) eine Reihe interessanter Fragen behandelt, aus der Mechanik namentlich über den Stoss, wo eine Reihe werthvoller Beispiele gegeben sind. Mit diesem Hefte schliessen die Gespräche Gralilei’s über mathe- matische und mechanische Gegenstände ab. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 50. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. XVII — No. 3. Verlag von W. H. Kühl, Berlin 1891. Das Heft bringt 2 Aufsätze, einen von Dr. Erich v. Dry- galski über die im Auftrage der Gefellschaft ausgeführte Vor- expedition nach Westgrönland, über welche wir ausführlicher in der N. W. berichten werden und einen von Dr. A. Baessler, zwei Tage in Atjıih. Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft in Davos den 18., 19. und 20. August 139). 73. Jahres- versammlung. Jahresbericht 1839/90. Davos 1891. An grösseren Vorträgen enthält vorliegender Band drei, nämlich 1. Prof. Ed. Brückner, Das Klima der Eiszeit, 2. Dr. O. E. Imhof, Die Fortschritte in der Erforschung der Thierwelt der Seen, 3. Prof. A. Penck, Ueber die Glarner Doppelfalte, über welche auch in der „Naturw. Wochensehr.* Band V p. 391 ft. ausführlicheres zu finden ist und die auf p. 392 eine Profildarstellung gefunden hat. Auf die beiden erstgenannten interessanten Vor- träge kommen wir vermuthlich noch zurück. Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel, Bd. IX. Heft 2. Basel. H. Georg’s Verlag. 1891. Der vorliegende Band enthält Abhandlungen von €. Schmidt, G. Steinmann, L. Rütimeyer, V. Gillieron, M. v. Leschossek, F. Zschokke, E. Hagenbeck-Bischoff. L. Zehnder, A. Riggenbach. Von der Firma Otto Deistung’s Buchhandlung (A. Bock) in Rudolstadt geht uns ein Catalog antiquarischer Bücher zu, unter denen eine grosse Anzahl naturwissenschaftlichen Inhaltes. Messtischblätter des Preussischen Staates. 1:25,000. No. 172. Leba. — No. 215. Wocesede. — No. 216. Schmolsin. — No. 217. Glowitz. — No. 264. Saleske. — No. 318. Grupenhagen. — No. 319. Peest. — No. 450. Zirchow. — Co. 686. Schwirsen. — No. 772. Gülzow. — No. 773. Schwessow. — No. 868. Gr. Sa- bow. — No. 874. Kollatz. — No. 2853. Battenberg. — No. 2918. Biedenkopf. — No. 2980. Eibelshausen. Berlin. a 1 M. Persson, P., Studien zur Lehre von der Wurzelerweiterung und Wurzelvariation. Upsala. 8,80 M. Pick, G., Ueber das System der eovarianten Strahleneomplexe zweier Flächen 2. Ordnung. Leipzig. 0,40 M. Pictet, A, Die Pflanzenalkaloide und ihre chemische Konstitution. Berlin. Geb. 6 M. Platon’s Apologie des Sokrates. Freiburg. 0,40 M. Raab, F., Wesen und Systematik der Schlussformen. Wien. 3M. Schopenhauer, A., Parerga und Paralipomena. 10.—12. (Schluss-) Lte. Berlin. & 0,60 M. Schrader, O., Vietor Hehn. Berlin. 5 M. Schüler, W. F., Lehrbuch der unbestimmten Gleichungen des 1. Grades. (Diophantische Gleichungen.) 1. Buch. Stuttgart. 4.50 M. Schulz, A., Die floristische Litteratur für Nordthüringen. den Harz und den provinzialsächsischen wie anhaltischen Theil an der norddeutschen Tiefebene. 2., durch einen Nachtrag ver- mehrte Aufl. Halle. 2 M.; Nachtrag allein 0,50 M. Szajnocha, L., Ueber einige carbone Pflanzenreste aus der Argentinischen Republik. Leipzig. 0,80 M. Taschenberg, O., Zoologie. Breslau. 5 M.; geb. 5,60 M. Tausch, C., Einleitung in die Philosophie. Wien. 1,50 M. Thümen, F. v., Die Black-rot-Krankheit der Weinreben. Wien. ı M. Waelsch, E., Ueber eine. geometrische Darstellung in der Theorie der binären Formen. Leipzig. 0.30 M. Wagner, H., u. A. Supan, Die Bevölkerung der Erde. Gotha. 10 M. Wahnschaffe, F, Die Ursachen der Öberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. Stuttgart. 7,20 M. Weiss, A., Entwicklungsgeschiehte der Triehome im Corollen- schlunde von Pinguieula vulgaris L. Leipzig. 0,50 M. Te TE ee rn NE er 1 ne a Inhalt: Dr. F. Pax: Ueber die Flora und die Vegetation Spitzbergens. 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Hess: Spezielle Zoologie populär dargestellt. — Gallileo Galilei: Unter- redungen und mathematische Demonstrationen. — Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. — Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Davos. — Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. — Liste. cite ee Verantwortlicher Redakteur: Dr. Henry Potonie, Berlin N. 4., Invalidenstr. 40/41, für den Inseratentheil: Hugo Bernstein in Berlin. — Verlag: Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin SW. 12. — Druck: G. Bernstein, Berlin SW. 12. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. CXIII mn nn Influenz-Maschinen nach Holtz-Toepler Wimshurst und eigener Construction empfiehlt ar. Voss, BERLIN NO., Pallisadenstr. 20. \ | nn Lanolin-Toitette-cream-Lanolin Vorzüglich zur Pflege der Haut. u - Fi F} S = zur Neinhaltung und Beredlung wunder Hauts Vorzü glich itellen und Wunden. nu - . .R . zur Erhaltung einer guten Haut, bejonders bei Vo rzu g I IC h fleinen Kindern. 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Lieferant des französischen Staates u. aller fremden Staaten. Herr Alexander Stuer beehrt sich mitzutheilen, dass er alle geolo- gischen und mineralogischen Sammlungen kauft. Er möchte sich ausser- dem mit Geologen in Beziehung setzen, welche ihm liefern können: Devon der Eifel, Tertiär aus dem Mainzer Perm von Gera, Becken u. Ss. w. u. S. W. Corallien von Nattheim, überhaupt Local - Suiten Lias aus Würfemberg, und deutsche Mineralien. Wegen der Bedingungen bitte zu schreiben an Alexander Stuer 40 Rue des Mathurins in Paris. Ve TeTeTe Te Te ee Te Te Tee Te Te a ee Te Ta ee Ta Ta Ta Ta Ta Ta ne 01a Ta 1a Is Io ne Te Te Te Be TB Te Tee De Tee Te Tee Te Te Tee Tee CELL ferafafafafararurararafarafafuferarurnyu] ee) ul Bre/u/ululurn/e/e/ elle] Bee [#7] erschien vor Kurzem: Kometisehe Strömungen auf. der Erdoberfläche Vierte, mit den neuesten Entdeckungen verstärkte und um- gearbeitete Auflage. Mit sechs Karten. 323 Seiten. Preis 7 Mark. CRSEnNEUEmNaInSENmERSENnEUNERERDREREENRENENNEREEREEEEEEBERNEODNENERNLERENERnnENEnnnE In Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung in Berlin SW. ı2 und das Gesetz der Analogie im Weltgebäude. Von L. Graf von Pfeil. BEfnEEEEEEENEERERERERERERBETREERRERRANEEENEN EITTTTTTTTTITRTLTTTTETLITTETTLTTTTTTLTTLTTTTTLTTLRTELTLETTT ET Zu Schülerprämien vorzüglich geeignet ist das Buch: Deutsch- Afrika und seine Naclıbarı im schwarzen Erdteil, Eine Rundreise in abgerundeten Naturschilde- rungen, Sittenscenen und ethno- graphischen Charakterbildern. P Nach den neuesten und besten Quellen für Freunde d. geographischen Wissen- schaft u. der Kolonialbestrebungen, sowie für den höheren Unterricht von Dr. Johannes Baumgarten, Gymnasial-Oberlehrer. Ein Seitenstück zu Brehms Tierleben. Soeben erschien der II. (Schluß-) Band von: FLANZENLEBEN von Prof. Dr. A. Kerner Das Hauptwerk des berühmten Pflanzenbiologen! 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Abonnement: Man abonnirt bei allen Buchhandlungen und Post- anstalten, wie bei der Expedition. Der Vierteljahrspreis ist MM 3.— Bringegeld bei der Post 15 3 extra. Inserate: Die viergespaltene Petitzeile 40 &. Grössere Aufträge ent- sprechenden Rabatt. Beilagen nach Uebereinkunft. Inseratenannahm« bei allen Annoncenbureaux, wie bei der Expedition. Abdruck ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Von Professor Dr. Am 23. März 1891 habe ich in der Deutschen che- mischen Gesellschaft zu Berlin einen Vortrag über „Die organischen Elemente und ihre Stellung im System“ ge- halten,**) in welchem ich ausgehend von den Eigenthüm- lichkeiten der organischen Elemente ein genetisches System aufstellte. Dasselbe nimmt sowohl die Familien des natür- liehen Systems von Mendelejeff, als auch das periodische Gesetz von Lothar Meyer vollständig in sich auf und behält die Siebentheilung des von G. Wendt in seiner Schrift über „Die Entwicklung der Elemente“ entworfenen Stammbaums bei. Ich bin nun im weiteren Verlaufe der Untersuchung zu der Erkenntniss gekommen, dass diese Anordnung nieht völlig leistet, was von einem genetischen System zu verlangen ist. Es hat sich aber dabei durch die ein- gehende Vergleichung einer grossen Anzahl von That- sachen phy sikalischer und ehemischer Art herausgestellt, dass dieselbe nur einiger Abänderungen im Einzelnen, nieht einer Umformung bedurfte, um den Thatsachen voll- kommen zu entsprechen. Der neue Stammbaum der der Wahrheit sehr nahe kommen, weil eine Reihe von einander unabhängiger Eigenschaften derselben in ihm einen gesetzmässigen Zusammenhang findet. Ich habe diesen nach zehn verschiedenen Richtungen ermittelt, so dass die Hypothese von der Abstammung der Elemente mit hohem Atomgewicht von solchen mit niederem Atomgewicht, und schliesslich vom Wasserstoff oder von diesem und dem im Universum allgemein verbreiteten Aether — falls nieht dieser selbst nur verdünnter Wasserstoff ist — sehon den Rang einer Theorie beanspruchen darf. Elemente muss deshalb *) Ein Vortrag gehalten in der physikal. Gesellsch. zu Berlin am 23. Oct. 1891. “ Im Auszuge mitgetheilt vom Hın. Verfasser.) **) Im Buchhandel erschienen am 13. Mai 1891 im Verlage von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Das genetische System der Elemente. W. Preyer*) Diese Verdiehtungstheorie wird durch die im folgen- den darzustellenden neuen Thatsachen begründet. Das Schema der Stammtafel. Um den Stammbaum der Elemente übersichtlich dar- zustellen, kann man verschiedene Methoden verwenden. Durch seine Einfachheit hat aber das Schema A der unten folgenden Tafel emen besonderen Vorzug. Hier bezeichnet 1 die sieben auf den Wasserstoff, in der arithmetisch nach dem Atomgewicht geordneten und zu- gleich in siebengliedrige Perioden getheilten Reihe, folgen- den Elemente, welche der Voraussetzung nach durch einen Condensationsvorgang aus ihm hervorgegangen sind, also I EI) SBEISNR0: GEN SOHN: Jedes dieser sieben Elemente, welche zusammen die erste Verdichtungsstufe und zugleich die erste Generation in dem Stammbaum repräsentiren, liefert durch ealsrzebende Verdichtung ein dichteres, im ganzen die Stufe 2, nämlich DE ENDFEMG PARTS: WEN. S @T. Aber jedes der sehr wenig diehten Elemente 1 erfuhr noch eine andere weiter reichende Verdichtung, als sich aus ihm je ein Element 3 bildete. Dieser dritten Verdichtungs- stufe entsprechen die Elemente 3. Ka; Ca; Se; Ti; Va; Cr; Mn. Zu diesen Elementen der beiden Reihen 2 und 3 ge- sellt sich in den drei Fällen, wo die Werthigkeit des Ele- ments 1 durch eine gerade Zahl ausgedrückt wird, noch eine Reihe, die Stufe 4, welche die durch den der 3 nächst- folgenden Grad der Verdichtung entstandenen Elemente. 4. Fe; Co; Ni enthält. Weiterhin entsteht aus der steigerte Verdichtung die Reihe BD. Ouw: Zu; Ga; Ge; As; Se; Br, welehe der fünften Stufe entspricht. Stufe 2 durch ge- 524 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 52. Ebenso entstehen aus den Elementen 3 durch noch mehr zunehmende Verdichtung die Elemente 6, nämlich 6. Rb, Sr; Y: Zr Nb; Mo, VEI16: wo VI16 ein noch unbekanntes Element mit einem Atom- gewicht von etwa 99 bezeichnet. Zu diesen sieben Elementen, welche also. auf der sechsten Verdichtungsstufe stehen, gesellt sich noch Reihe 7, als direeter Abkömmling von 4, nämlich To. Jens Ion Jelch Die Reihen 5, 6 und 7 bilden zusammen die dritte Generation. Die folgende Stufe umfasst die durch weitere Verdichtung aus 5 entstandenen Elemente 8, nämlich: 8, Ag, Sn, Sb Der 0, die darauffolgende die aus 6 hervorgegangenen Elemente 9, N er ea welche auf der neunten Stufe stehen und wo VII9 ein noch unbekanntes Element bezeichnet. Von den Elementen der fünften Stufe stammt aber noch durch erheblich stärkere Verdichtung, als bei 8 statt- fand, die Stufe 10 ab: 109ES7,2 710,260: 10ER 10, ERS EITO: wo mit 11,10, mit V,10 und VI/,10 drei unbekannte Ele- mente bezeichnet sind. Ihr zur Seite steht die durch weiter fortgesetzte Ver- diehtung aus 6 hervorgehende elfte Stufe, nämlich hl oe Mo TON os WIBEIEE wo mit Z71/,11; IV,I1 und VII11 drei unbekannte Elemente bezeichnet sind. Die Elemente der achten, neunten, zehnten und elften Stufe gehören also zusammen in die vierte Generation. Ihnen gesellen sich zu die Elemente 12, welche durch weitergehende Condensation aus 7 entstanden, nämlich: | 12, (Oss Alps Ir: Die fünfte und letzte Generation umfasst hingegen nur die Elemente der dreizehnten und vierzehnten Ver- | dichtungsstufe, nämlich die Abkömmlinge von 8: lan ala TER INS JE 1005 VAETBSEVAULHEN wo VZ13 und V/115 zwei noch unbekannte Elemente bezeichnen, und die Abkömmlinge von 9: 14. 114; 1114; IIL14; Th; V,14; U; VIL1, demnach fünf unbekannte Elemente neben Thorium und Uran. Hiermit schlossen. Uebersichtiich zusammengestellt geben die fünf Gene- rationen mit den vierzehn Verdichtungsstufen, welche den vierzehn Stufenzahlen entsprechen, die in nebenstehender Spalte folgende Stammtafel. In diesem geschlossenen System der irdischen Elemente erkennt man ohne weiteres die sämmtlichen allgemein anerkannten Familien des natürlichen Systems von Men- delejeff wieder, aber sie sind hier in einen causalen, und zwar genetischen Zusammenhang gebracht, während sie bisher ohne inneren Grund nur nebeneinander standen ist der Stammbaum der Elemente abge- Die Atomgewichte. Zwar liegen von zweiundsiebzig Elementen Atom- gewichtsbestimmungen vor, aber die für die seltenen Erd- metalle (Neodym Nd, Praseodym Pr, Samarium Sm oder Sa, Gadolinium Gd, Terbium Tb, Erbium Er, Decipium Dp, Ytterbium Yb) erhaltenen Zahlen sind nicht so genau wie die übrigen. Auch sind die für Kobalt (58) und Nickel (59) hier angenommenen Werthe nur provisorisch. Wenn man aber die auf die sieben Stämme in der angegebenen Weise vertheilten Atomgewichtszahlen betrachtet, so findet man darin nichts, was der Abstam- mung der schweren Elemente von den leiehten wider- spräche. Selbst wenn das Verhältniss der Anzahl der schweren Elemente zu der der leichten sich erheblich mehr von der Einheit entfernte, als es der Fall ist, würde der Hypothese nichts entgegenstehen. Denn es handelt IE I. I. H H H I [ nn Be Bo \ Ka Na el M& EN / \ / \ / N Rb ER I Fe EN N Ga | . As Ba Ru |Cd dl In N \ \ e Dp Sm Au % Yb ol e Hs 2 eo Ga TI un geradwerlhig ‚gera awerthug ungeradwerthig B. IV. A. Die 5 Generationen H Die 14 Stufenzahlen Z 1 c 1 /\N /IN /IN 2 | 2 Ti [si |‘ / \ / / \ Su 23 Zr Co Ge 65 Sy / | N / | \ / I \ 4 | 3 | y Ce Rh | Sn 9 Mi | 8 a | \ / | N / j \ Hr 5 Ihe ERIDETbEBBFh 1 ‚geradwerthig j 2 MU. MM. H H H | | I N (0) Fl vw Ph as Mi cı VEN NN \ Nb As Mo Ni Se @ Br / \ Ar R / \ Nd AN Pr 2 |’ ® Id L % Ta e Bi U Wo A Er N # o Ü) S wrrgeradwerlhig ‚geradwerbig ungeradwerthig sich nicht um eine Ableitung je eines schweren Elements von je einem leiehten, sondern um die Auffindung eines gesetzmässigen genetischen Zusammenhangs überhaupt. Diesen Zusammenhang lassen in der That erkennen die Differenzen der Atomgewichte. Die Atomgewichtsdifferenzen. Um die Analogie der Atomgewichtsunterschiede der in den sieben Stämmen einander entsprechenden -oder isotopen Elemente, wie sie der Kürze wegen genannt sein mögen, deutlich hervortreten zu lassen, stelle ich in der folgenden Tabelle eine Anzahl dieser Unterschiede zusammen, indem ich dieselben durch die Differenzen der Stufenzahlen Z theile. Das Atomgewicht des Sauerstoffs ist hier, wie im Folgenden, stets = 16,000 gesetzt. Man vergleiche Fig. B. Die erste und die letzte Generation. Stufe 1 und 14. Stufe 1 und 13. IV. Th — 0 = 13.16,9 I. Au — Li = 12. 15,8 VI. Ur — O0 = 13.112 II. Ag — Be = 12-15,9 IT. TI — Bo = 12.16,1 IV. Pb — C = 12.162 V. BB— N = 12:162 Die erste und die vorletzte Generation. Stufe 1 und 11. Stufe 1 und 10. I. Dp — Li = 10.164 I. Sm — Li = 9.15,9 II. Yb — Be = 10.164 Il. @d — Bo = 9.16,1 V. Tra— N =10.169 DW. Tu — C = 9.164 VI. Wo — 0 = 10.1638 VI. Zr — 0 = 916,6 Nr. 52. Stufe 1 und 9. Stufe 1 und 8 I. Cs — L = 8:15,17 I. Ag — Li 7.14,4 II. Ba — Be = 8. 16,0 U. Cd — Be = 71:.14,7 II. La — Bo = 8:15,9 Il. m — Bo = 7:14,77 IV. Ce — C = 8.16,0 IV. nn — @ = 17.151 V.Nd— N =838.158 Vv.Sb& — N=7.1,1 V.Pr — 0 =3.15,9 VI. Te — 0 =17.15,7 VD. Jd — Fl=1.154 Stufe 1 und 12. I. Os — Be= 11: 115 IV. 7 — C= 11-165 vl. Pf — 0= 11-162 Die erste und die mittlere Generation. Stufe 1 und 6. Stufe 1 und 5. l. Rb— Li =5.:15,7 I. Cu — Gi,= 4-14,1 I. Sr — Be = 5-15,7 I. Zu — Be = 4.14,0 II. Y — Bo=5:156 Il. Ga — Bo = 4.147 IVEZrr CV =5.15,7 IV. Ge — CO =4.151 Vv.Nb — N = 5.16,0 V.As — N =4.152 V..M—-0 =5:.160 VIlse -—O =4-.157 VI. Br — Fl = 4.152 Stufe 1 und 7. I. Ru — Be = 6:-15,4 IV. Rh — C =6-.152 VI. Pd —-0 =6:.151 Die erste und die zweite Generation. Stufe 1 und 3. Stufe 1 und 2. I. Ka — Li= 2:16,05 I. Na — Li = 1:16,02 I. Ca — Be= 2.155 U. My — Be = 1:15,2 II. Se — Bo= 2.165 II. A! — Bo= 1:16,0 IV. ii — C =2:180 IV. SE = @=7.16,3 V. Va N = 2.186 V. Ph— N = 116,98 V. Cr —O =2.181 v.S — 0 = 1:16,06 VII. Mn — Fl = 2.180 VI. Cl — Fli= 1.164 Diese Zusammenstellung lässt schon das lange ver- geblich gesuchte Gesetz von den Beziehungen der Atom- gewichtszahlen zueinander im Grossen und Ganzen er- kennen. Sie zeigt, dass isotope Elemente bezüglich ihres Abstandes von den ihnen in ihrer Abstammungslinie vorhergehenden istopen Elemente übereinstimmen. Mit anderen Worten: die durchschnittliche Grösse der Atom- verdichtung für die einzelne Verdiehtungsstufe ist zwischen je zwei Reihen isotopen Elementen, besonders paarweise, nahezu gleich und im Ganzen nur wenig verschieden. Man erkennt zwar leicht, dass in dem vorstehenden Ver- zeichniss, wo überall die sieben ältesten Elemente die Subtrahenden sind, jene Grösse in den Reihen links etwas mehr als in denen rechts beträgt, auch sind dem entsprechend die Mittelwerthe durchweg links grösser als rechts, aber diese Unterschiede bleiben überall in sehr enge Grenzen eingeschlossen, und wenn man alle übrigen Differenzen der Atomgewichtszahlen innerhalb jedes der sieben Stämme, ebenso wie die vorstehenden nur von der ersten Generation ausgehenden, zusammen- stellt, so zeigt sich immer wieder, dass die Atomgewichts- differenzen genetisch zusammenhängender Elemente nach Division durch die Differenz der zugehörigen Stufenzahlen für die auf die einzelne Stufe entfallende Verdiehtung — von den Anfangs- und Endgliedern abgesehen — sehr nahe übereinstimmende Durchschnittswerthe liefern. Es sind die folgenden Reihen (vergl. Fig. A und B): Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 525 Generation 2 und 3: Stufe 6-3; 5—2; 7-4; H Da 3 182, 12 4 710-9: A una. a 132: [11—35; 5 3» 4& „ 96;8—5;11—6; 10—5; 12—7; = Se 35: 4 d: „14-9; 13—8: N ” ’ Nur bei den ersten Gliedern der zweiten Stufe (#—2) sinkt der Werth unter 14 (Natrium und Magnesium), aber selbst hier bleibt das Mittel 14,5, und nur bei den schwersten Elementen (13—S und 14—9) wird die Zahl 18 (wie bei der Differenz 3—1) überschritten. Sonst be- wegen sich alle Werthe zwischen 14,1 und 18,0, die Mittelwerthe zwischen 14,5 und 17,5, also um 16, gerade diejenige Zahl, welche bei früheren Versuchen, feste Be- ziehungen zwischen den Atomgewichten aufzufinden, eine Hauptrolle gespielt hat und nun als Ausdruck der mittleren Stufenverdiehtung eine reale Bedeutung erhält. Diese Zahl findet sich unter allen. dureh Division mit den Z-Differenzen erhaltenen Werthen thatsächlich am häufig- sten; dann folgen die zwischen 15 und 16 und die zwischen 16 und 17 liegenden Werthe. Die auffallende Zunahme beim Titan, Vanadium, Chrom und Mangan (i. M. 18,17) in der Stufen-Differenz 3—1 findet ihren Aus- gleich in der unmittelbar folgenden Generation (Stufe 6—3), wo für dieselben Elemente 14,4 das Mittel ist, so dass für die Stufen 6—1 wieder das Mittel 15,9 resultirt. Es zeigt sich ferner ein deutlicher Unterschied der ungetheilten Atomgewichtsdifferenzen beim Fortschreiten der Generationen in jeder Stammreihe. Denn alle bekannten Elemente fallen unter die folgende Regel: Beim Fortschreiten von der ersten Generation zur zweiten ist die Zunahme des Atomgewichts von der ersten Stufe zur zweiten stets kleiner als die Hälfte der Zu- nahme von der ersten Stufe zur dritten; und beim Ueber- gang von der zweiten Generation zur dritten ist die Zunahme (von der zweiten Stufe zur fünften, sowie von der dritten zur sechsten) stets kleiner als beim Uebergang von der dritten Generation zur vierten (von der fünften Stufe zur achten, sowie von der sechsten Stufe zur neunten), wobei der sehr grosse Abstand von der fünften Stufe zur zehnten fast gleich ist dem von der sechsten zur elften. Endlich ist beim Fortschreiten von der vierten Generation zur fünften der Abstand am grössten und zwar beim Ueber- gang von der neunten Stufe zur vierzehnten noch etwas grösser, als bei dem von der achten Stufe zur dreizehnten. Auch die drei intermediären Reihen des Eisens, Kobalts und Nickels, also die vierte, siebente und zwölfte Stufe, fügen sich dieser Regel; doch sind sie nieht aus der ersten Generation — Beryll, Kohlenstoff und Sauer- stoff sondern wahrscheinlich direct aus verdichtetem Wasserstoff abzuleiten. Nur um die Zahlen hier nicht zu sehr zu häufen, sehe ich von einer Begründung jener Regel hier ab. Die in den vorstehenden sieben Diagrammen einerseits nach ihrem Atomgewicht aufsteigend, andererseits nach ihrer Abstammung absteigend geordneten Elemente lassen soviele von den Atomgewichtsdifferenzen abhängige und unabhängige gesetzmässige Beziehungen zueinander er- kennen, dass eher die eine oder andere Atomgewichts- bestimmung zu eorrigiren, als die Anordnung der Elemente und die ihre Orte im System beherrschende Regel zu modifieiren sein wird. Weitaus die meisten Atomgewichts- bestimmungen sind aber genau genug, um die Richtigkeit der Vertheilung der Elemente (ausser in der Reihe der seltenen Erdmetalle) auf die vierzehn Stufen zu verbürgen. Sie wird in allen Punkten bestätigt durch die das spe- eifische Gewicht und das Atomvolum ausdrückenden Zahlen. (Fortsetzung folgt.) [by D&D (er) Naturwissenschaftlicehe Wochenschrift. Nr. 52. 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a. $. vom 21. bis 25. September 1891. v1. Den letzten Vortrag der 3. allgemeimen Sitzung, Freitag den 25. September, hielt der bekannte ornitho- logische Schriftsteller Dr. Karl Russ-Berlin: „Ueber nationalen und internationalen Vogelschutz“. Seit einem halben Jahrhundert tritt uns der Vogelschutz als eine immerhin bedeutungsvolle Kulturbestrebung, wenn auch nur auf einem verhältnissmässig kleinen Gebiet ent- gegen. Die Verringerung aller unserer Vögel durch die Kulturverhältnisse, die Urbarmachung jeder möglichen Ackerstrecke, das Ausroden von Gebüsch und Hecken, das Niederschlagen aller alten Bäume, vor Allem die haar- sträubende Massenvernichtung, welcher in den Ländern am Mittelmeer, in Italien und Südfrankreich, in Griechen- land unsere Waldvögel erliegen, sind allbekannt, und kein namhafter Erfolg gegenüber diesem Missbrauch ist bisher erreicht. Wie der Waldschutz so ist auch der Vogelschutz eine Nothwendigkeit. Als vor Allem zur Berathung einer gesetzlichen Regelung des Vogelschutzes im Jahre 1884 zu Wien unter dem Proteetorate des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich der erste internationale Ornitho- logen-Kongress zusammentrat und seine Beschlüsse dem k. k. Minister des Aeussern in Wien unterbreitete, glaubte man hoffen zu dürfen, dass der Massenfang der Mittel- meerländer nun nicht mehr so lange dauern würde. Die sefasste Resolution ist aber auf dem Papier geblieben. Mai dieses Jahres, zu Pfingsten hat in Budapest der zweite Ornithologen-Congress stattgefunden. Dort stellte Dr. Russ gleiehzeitig im Namen von 17 omithologischen, Vogel- und Thierschutzvereinen folgende Anträge: 1) „Im internationalen Interesse liegt es, für alle nützlichen Vögel die Zeit der Brut als Schonzeit festzusetzen. 2) Jeder Massenfang von kleinen nützlichen Vögeln für Nahrungs- und Putzzwecke ist verboten. 3) Geschossene oder sonstwie erlegte kleine nütz- liehe Vögel dürfen nicht verkauft werden.“ Die Vorschläge des „Deutschen Vereins zum Sehutz der Vogelwelt“ und des „ornithologischen Vereins in Wien“ wurden zurückgezogen, die Anträge Russ wurden abge- lehnt, und der zweite Ornithologen-Congress, der im All- gemeinen wenig beachtet worden ist, acceptirte nach Antrag seines Referenten, des Delegirten der Königl. Ungarischen Regierung Seetionsrath Maday für ein inter- nationales Uebereinkommen als Grundlage jene Prinzipien, denen in der zwischen Italien einerseits und Oesterreich- Ungarn andererseits zu Stande gekommenen, (am 23. No- vember 1875 in Rom und am 5. November in Budapest unterschriebenen Deelaration und dem dazu gehörigen Protokoll vom Jahre 1876) Ausdruck gegeben war; d. h. nach Ansicht des Redners: der Beschluss fiel ns Wasser. Die Königl. Ungarische Regierung hat mit dem Antrag Maday eine gar ernste Pflieht übernommen, denn sie ist gleichsam beauftragt, jene bis dahin nur auf dem Papier vorhandene internationale Vereinbarung lebensvoll, bezw. ausführbar weiter auszubauen. > An jener Vereinbarung, auf deren Grunde jetzt die sesammte gesetzlicheäRegelung des internationalen Vogel- sehutzes stehen soll, an die man sich auch in dem nach langen, schwierigen Berathungen im März 1883 endlich zu Stande gekommenen und trotzdem keineswegs befriedi- genden Vogelschutzgesetz für das Deutsche Reich an- lehnte, übte der Vortragende eine scharfe und dem An- schein nach wohl berechtigte Kritik. Die Bestimmungen jener Declaration sind entweder nicht zur Ausführung ge- kommen, oder sie sind in gewissen Punkten wohl zu widersinnig, mindestens überflüssig. Gesetzliche Bestim- mungen der Art sollten stets möglichst klar gefasst werden: die Aufzählung der Fangvorrichtungen und Fangweisen aber ist vom Uebel wie manches andere in der Verein- barung, denn die Fänger erfinden immer neue Weisen. Aehnlich steht es mit dem „Vogelschutzgesetz“ für das Deutsche Reich. Den wirklichen lebensvollen Anschluss an jene Vereinbarung zwischen Italien und Oesterreich- Ungarn hat man von vornherein verfehlt durch die Bei- behaltung des Krammetsvogelfangs und die Gestattung des Ausraubens der Kibitznester. „So lange Ihr Nordländer nützliche Vögel, sowie Vogeleier als Leckerei verzehren dürft, habt Ihr kein Recht dazu, den Vogelfang bei uns im Süden, wo die kleinen ein Volksnahrungsmittel bilden, unterdrücken zu wollen“. Dieser Einwand der Südländer hat zwar nur zum Theil Berechtigung, denn ein wirklickes Volksgericht bilden die kleinen Vögel mit Polenta in Italien gegenwärtig nicht mehr: immerhin macht der leidige Krammetsvogel- fang den internationalen Anschluss des deutschen Vogel- schutzgesetzes unmöglich, während er im Uebrigen weder in Hinsicht des Ertrages für den Jäger und Förster noch als Nahrungsmittel unentbehrlich ist. Ueberdies liegt der Vogelfang am Mittelmeer zumeist an uns: wir sind es, die die kleinen Vögel kaufen. Obwohl es im Art. II der Vereinbarung zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn heisst, dass das Zerstören und Ausheben der Nester und Brutkästen überhaupt, das Wegnehmen der Eier und das Fangen der jungen Vögel ver- boten sei, so schlägt, ganz abgesehen von den Kibitz- eiern, das deutsche Vogelschutz-Gesetz aller Humanität ins Gesicht, indem es das roheste Verfahren der Ver- nichtung, selbst wenn Eier und Junge im den Nestern liegen, gestattet, da alle Vogelnester, welche in und an Gebäuden sich befinden, ohne weiteres von den Besitzern, deren Kindern, Dienstboten u. A. ausgeraubt und zerstört werden dürfen. Wenn man die Stellen, an welchen Schwalben durch Schmutzerei lästig werden, mit einer Auf- lösung von grüner Seife in Wasser einige Male bestreicht, so können sie ihre Nester dort nicht anbringen; selbst die zudringlichen Spatzen kann man fernhalten, wo sie nicht nisten sollen, wenn man ihre Schlupfwinkel emige Male mit Petroleum auspinselt. Die Aufzählung der Fangweisen und Vorrichtungen hat das Reichsgesetz überflüssiger und schädlicher Weise der Deelaration nachgeahmt. Würde die Fangzeit den besonderen klimatischen Verhältnissen jedes Landes ent- sprechend festgesetzt sein, würden Vogelfangscheine nur nur an zuverlässige achtbare Leute verabfolgt werden, so könnte dadurch dem allerschlimmsten Unfug gesteuert werden, dass nämlich der Vogelfang jetzt als Gesetzes- übertretung von den allerärgsten Strolehen betrieben wird. Denselben völlig zu unterdrücken würde wol ausser dem Bereich der Möglichkeit liegen: denn zunächst wurzelt er als Liebhaberei für Stubenvögel, als „berechtigte Eigen- tümliehkeit im ganzen Volke“; der Stubenvogel hat aber so bedeutsame ethische und erziehliche Beziehungen, dass Nr. 52. Naturwissenschaftliehe Wochenschrift. 527 es ein schweres Unrecht sein dürfte, diese aus dem Volksleben verbannen zu wollen. Bei geregeltem Vogel- fang würde die arge Thierquälerei der Strolche wegfallen; auch würde dann kein wesentlicher Schaden an den frei lebenden Vögeln verursacht werden, denn der Fang für die Liebhaber bedarf bekanntlich nur der Männchen, welche im Freileben bei weitem überwiegen. Ein fast unglaublicher Missgrif? des deutschen Vogel- schutzgesetzes liegt in der Aufzählung der Vögel, welche als völlig oder doch überwiegend schädlich zu jeder Zeit, auch wenn sie Eier und June in den Nestern haben, zur Tötung und Vernichtung, Abschuss und Fang freigegeben sind. Jetzt wird immer ein Vogel nach dem andern als schädlich hingestellt, behufs Ausrottung geächtet, selbst die Haubenlerche, 'weil sie hier und da wenige Saatkörner rupft. Unbegreiflich ist es, dass man alle Arten von Waldtauben, die nieht nur zierliche und an- muthige Vögel, sondern auch geschätztes Wildbret sind, zu den geächteten mitzählt. Auch bei Saatkrähe und Dohle ist es noch keineswegs nachgewiesen, dass sie überwiegend schädlich sind, was man nicht einmal von der Raben- oder Nebelkrähe mit Sicherheit behaupten kann, da nach ihrer Ausrottung jedenfalls die Mäuse- plage vielerorts bedeutsam zunehmen würde. Ungerecht ist die Aechtung des kleinen Würgers, der kleinen Wasser- hühner und Seeschwalben; selbst die völlige Ausrottung des kleinen Sperlings wäre es innerhalb der Grossstadt, wo er doch keinerlei Schaden verursachen kann. Die Liste der schädlichen, zu ächtenden Vögel im deutschen Vogelschutzgesetz bedarf dringend der Durehberathung und Richtigstellung seitens erfahrener und unparteiischer Sachverständiger, wie überhaupt dieses ganze Reichs- gesetz. Es ist unmöglich, ein stets und allgemein- nützliches Verzeichniss der nützlichen und schädlichen Vögel auszuarbeiten, wie in Wien beschlossen wurde. Wildtaube, Saatkrähe, Dohle müssten als gesuchtes Wild zu bestimmten Zeiten abgeschossen werden können. Aber auch der Abschuss, die Brutvertileung der als entschieden schädlich angesehenen Vögel darf keineswegs von Jeder- mann, sondern nur von amtlich angestellten Sachver- ständigen, also ausreichend unterriehteten Personen, be- wirkt werden. Alle Schwalben, die Nachtigall, der Wie- dehopf, vielleicht auch der als Bienenfeind vielfach ge- zcholtene Wendehals sind allenthalben, also international su schützen, obwohl auch sie zeit- und örtlichkeitsweise einmal Schaden verursachen können; die Meise bedarf als Stand- und höchstens Striehvogel nur des nationalen Schutzes, auch der neuerdings bedeutsam angefeindete Speeht ist bei uns stationär, kann also durch deutsches Gesetz ausreichend geschützt werden. Vom ästhetischen Standpunkt aus ist es wünschenswerth, dass man allen Vögeln Schutz angedeihen lasse, so lange ihre Brutzeit währt, selbst den sogenannten 'schädlichen, geächteten. Solle eine lebensfähige, internationale Vereinbarung nicht erreicht werden, so muss man wenigstens die überwiegend nützlichen Vögel schützen. Wir können nicht mehr, wie bisher, allein nach dem engherzigen Standpunkte der Be- urtheilung ihrer Nützlichkeit und Schädliehkeit die Vögel allesammt betrachten, sondern wir müssen sie auch vor- zugsweise von einem ganz andern, dem ästhetischen Ge- sichtspunkte aus ansehen: die ganze uns umgebende Na- tur würde unendlich todt und’ öde erscheinen, wenn sie nieht durch die Vögel belebt wäre; es würde ein schwerer Verlust für das heimische Naturleben und damit für uns selbst und namentlich für unser Familienleben sein, wenn die zunehmende Verringerung der uns umgebenden Vögel einen sehr hohen Grad erreichen sollte. Am Schluss dieser Berichterstattung über die in den allgemeinen Sitzungen gehaltenen Vorträge mögen noch einige Worte über die zukünftige Organisation unserer Naturforscherversammlungen gesagt sein. Wie der Vorsitzende Geheimrath Prof. Dr. His- Leipzig in dem Vorwort zum neuen Statuten - Entwurf, *) welches der Vorstand in der Geschäftssitzung, Mittwoch den 23. September der Naturforscherversammlung unter- breitete, hervorgehoben hat, muss das in den Statuten allerdings kaum andeutungsweise zum Ausdruck gebrachte Bestreben der Gesellschaft dahin gerichtet sein, sich mit den bestehenden Fachgesellschaften in organische Ver- bindung zu setzen, wodurch die Gesellschaft sichere und natürliche Wurzeln gewinnen wird; für die Vereine aber liegt in der Verbindung mit der Hauptgesellschaft der grosse Vortheil, dass sie über das Interesse des blossen Speeialistenthums hinausgehoben und sich der Aufgaben der grösseren geistigen Gemeinschaft, zu welcher sie zählen, bewusst werden. Zwei dieser Vereine haben auch schon in Halle im Anschluss an den Naturforscher- tag ihre Sitzungen abgehalten: die „Gesellschaft deutscher Mathematiker“, und wie auch früher die „Deutsche bota- nische Gesellschaft“, deren Generalversammlung Donners- tag den 24. September abgehalten wurde und gemeinsam mit der Abtheilung 4 (für Botanik) tagte. Das Gold schien auch den Naturforschern ein Nibe- lungenhort zu werden: Der Besitz eines eigenen Ver- mögens, Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben bei der Berliner Versammlung von 1886 ist den Natur- forschern bisher noch nieht recht zum Segen geworden. Von damals datiren die inneren Fehden, Statutenkämpfe u. s. w., an denen die Naturforschertage letzter Zeit krankten: hoffentlich hat der in Halle bei mehr als drei- stündiger Debatte berathene und im Wesentlichen ange- nommene, neue Statutenentwurf des gegenwärtigen Vor- standes, wie die neu beschlossene Geschäftsordnung diesen juristischen Fragen und Debatten endlich ein Ziel gesetzt. Aus den losen Versammlungen der früheren Zeiten ist durch die Heidelberger Beschlüsse von 1839 zum Zweck der Erwerbung eines eigenen Vermögens eine fester organisirte, mit Korporationsrechten ausgestat- tete Gesellschaft geworden, die selbständig in den Gang des wissenschaftlichen Lebens eingreifen und die Be- arbeitung grösserer Aufgaben ebenso unterstützen, wie anregen soll. Die Umwandelung der Versammlung in eine Gesellschaft hat sich aber nieht ohne Widerstand vollzogen, und das passive Widerstreben scheint noch nicht ganz zur Ruhe gekommen zu sein, denn ein unver- hältnissmässig grosser Theil der deutschen Naturforscher und Aerzte hat sich bis heute von der Gesellschaft fern gehalten. Der Ansicht, Virchow, der hauptsächlich für die Heidelberger Beschlüsse verantwortlich gemacht wird, habe bei der Neuorganisation nur für sich und das Ueber- gewicht Berlins arbeiten wollen, ist dabei durch die Er- klärung Virchows der Boden entzogen, er werde das Amt eines Vorsitzenden nicht annehmen, und dürfte jene Meinung durch die Wahl Leipzigs zum Sitz der Gesell- schaft vollends als erledigt zu betrachten sein. Wenn die British Association for the Advancement of Sciences segen 5000 Mitglieder zählt und die noch junge franzö- sische Gesellschaft nieht minder stark ist, so erscheint es, wie der Vorstand mit Recht hervorhob, als völlig ab- norm, dass eine Gesellschaft, die die Gesammtheit aller derjenigen darstellen soll, welehe sich in Deutschland um Naturforschung und Mediein kümmern, es noch nicht einmal zu vollen 700 Mitgliedern gebracht hat. Möge *) Wir haben den Entwurf seinem Inhalte nach mitgetheilt, und als einen Fortschritt begrüsst in der „Naturw. Wochenschr.“ Bd. VI, No. 25, vom 21.-Juni 1891. Red. 528 Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Nr. 52. man über die Zweckmässigkeit der Heidelberger Be- 3) Die Leitung der bleibenden Gesellschaftsauf- schlüsse denken, wie man wolle, jedenfalls, führte Ge- | gaben und die der Jahresversammlungen werden ausein- heimrathi His aus, wäre eine jetzige Wiederauflösung der neuen Gesellschaft, die nun einmal als juristische Person mit eigenem Vermögen besteht, als eine Bankerotterklä- rung wissenschaftlichen Gemeinsinns in Deutschland zu bezeichnen. Der jetzige Vorstand hat seiner Zeit nach Aufstellung eines neuen Statuten-Entwurfs, Gegenvorschläge von allen Mitgliedern der Gesellschaft erbeten, und einige der ein- gesandten Anträge auch in seinen Entwurf aufgenommen. Im Ganzen hat die Vorlage des Vorstandes die Billigung der Versammlung gefunden. Die Hauptverschiedenheit des neuen Statuts von dem Heidelberger besteht in folgendem: 1) Der Kreis der Aufnahmefähigkeit wird dahin er- weitert, (lass in gewisser Weise Allen, welche überhaupt für Naturforschung und Medizin Interesse haben, tritt offen steht. 2) Bei Leitung der Gesellschaft ist in dem „wissen- schaftlichen Ausschuss“ dem Vorstande eme grössere An- zahl Mitglieder zur Seite gestellt, da ausser dem Vorstande auch die früheren Vorsitzenden der Gesellschaft und die dureh die Geschäftsordnung bestimmten Abgeordneten der Abtheilungen dem Ausschuss angehören. Ueber den falschen Gebrauch des Begriffs der periodischen Funetion bei dem System der Grund- stoffe. — Der Genialität eines Mendelejeff ist es zu danken, dass wir jetzt die chemischen Thatsachen in ge- wisser Hinsicht auf eine einheitliche Grundlage zurück- führen können. Mendelejeft war es, welcher zuerst für die Grundstoffe die Abhängigkeit der Eigenschaften von ihrem Atomgewicht scharf betonte und ver- schiedene Hindernisse, die damals noch der einheitlichen Durehführung des Gedankens entgegenstanden, mit be- wundernswürdigem Scharfsinn überwand. Das von Men- delejeff begründete System wird auf Grund der von Mendelejeff gebrauchten Bezeichnungen jetzt allge- mein als das periodische System der Grund- stoffe bezeichnet. Der allgemeine Gedanke desselben ist von Mendelejeft in die Worte zusammengefasst worden, dass die Eigen- schaften der Grundstoffe „in Form einer perio- dischen Function“ von dem Atomgewicht abhängen. Diese Ausdrucksweise ist jedoch nicht richtig. Es sei zunächst daran erinnert, was man in der Mathematik unter einer periodischen Function versteht. Wenden wir uns an ein Handbuch deralgebraischen Analysis, so finden wir folgende Erklärung: „Manche Funetionen besitzen (nämlich) die Eigenschaft, dass sie nach einem gewissen Intervalle wieder die Werthe annehmen, die sie früher schon ein- mal gehabt haben, wie z. B. der Sinus, bei welchem sin (27° + 2) = sin (An+ x) = sin(6n +2) —....—sin& ist; Funetionen dieser Art heissen periodische, während alle anderen, welchen die genannte Eigenschaft abgeht, nicht periodische heissen. Das Kennzeichen einer periodischen Function f(x) ist, dass es eine constante Grösse a giebt, für welche he) — far 2) — ea 5) (ee) en: wird, wobei man «a das Intervall oder den Index der Periodieität nennen kann. Für f(x) = sin x beträgt dasselbe 277, für f(x) = tang x ist a = n. In der nie- deren Analysis scheiden sich durch diese Eintheilung die der Ein- | andergehalten: erstere fällt dem Vorstande und dem wissenschaftlichen Ausschusse zu; die Jahresversammlungen sollen dagegen, wie früher, von den Geschäftsführern geleitet werden, welche ja auch bei deren Veranstaltung die Hauptmühe und Verantwortlichkeit tragen. 4) Während das Statut möglichst kurz und übersicht- lich die Grundlagen der Gesellschaft, für welche eine längere Dauer angenommen werden darf, feststellt, hat man einen Theil des früheren Statuteninhalts, Bestimmungen über Bedürfnisse, die mit der Zeit wechseln, Gliederung der Abtheilungen u. Ss. w. in einer besonderen, leichter zu ändernden "Geschäftsordnung untergebracht. Mit Recht feierten Geheimrath v. Bergmann beim Festmahl im Stadtschützenhause am Mittwoch ebenso wie Geheimrath Knoblauch, der erste Geschäftsführer in Halle, beim Schluss der Versammlung am Freitage, Geheimrath His zu Leipzig für seine Bemühungen um das neue Statut. Hoffen wir, dass das Werk des ganzen Naturforschertages, wie es der Hallenser Veteran der Naturforschung: bezeichnete, ein allseitig befriedigendes und so wirklich ein dauerndes” werde, dass das in Leipzie Geschaffene über Halle einen an Erfolgen reichen Weg nehme durch’s ganze deutsche Vaterland. R. M. goniometrischen Funetionen von den übrigen“. (Sehlömileh, algebr. Analysis III. Aufl. S. 15.) Um zu zeigen, dass der Begriff der periodischen Funetion bei den Eigenschaften der Grundstoffe nicht zutrifft, genügen bereits einige Beispiele. Wir benutzen dabei in üblicher Weise die ganzzahligen Näherungswerthe der atomgewichte und beginnen mit Lithium — 7. Als Intervall der Periode ist der Werth 16 zu nehmen. Steigt das Atomgewicht um 16 Einheiten, so erhalten wir das Atom reicht des Natriums (23), bei weiterem Steigen um 16 Einheiten dasjenige des Kaliums (39). Bei allen drei Elementen, welehe chemisch zusammengehörig sind, ist nun zwar die Werthigkeit — 1, aber schon beim weiteren Steigen um das Intervall 16 kommen wir gar nicht mehr zu einem Alkalimetall, sondern zu einem ganz anderen Metall mit andern Werthigkeitsverhältnissen: zum Mangan [39 + 16 55]. Wollen wir zu den beiden nächsten Alkalimetallen: Rubidium und Caesium gelangen, so be- trägt das Intervall nicht mehr 16, sondern 3 x 16 —= 48 Einheiten. Sobald aber die Constanz des Inter- valls aufhört, ist auch der Begriff der perio- dischen Function nicht mehr zu verwenden. Gehen wir nun von der Werthigkeit zu anderen Eigen- schaften, zu dem sog. Atomvolumen oder zu dem Schmelz- punktüber, soentsprechenihre Veränderungen erstrechtnicht dem Begriff der periodischen Function. Während bei der Werthigkeit der Alkalimetalle mit dem Steigen des Atom- gewichts derselbe Werth wiederkehrt, haben die Alkali- metalle bekamtlich alle verschiedenen Schmelzpunkt, verschiedene Atomvolumina. Wenn man die Betrach- tungen der vorstehenden Art auf die anderen Elemente ausdehnt, so ergiebt sich ganz allgemein: die Eigenschaften der Grundstoffe sind keineswegs periodische Functionen des Atomgewichts. Die Beziehungen haben vielmehr einen complieirteren Charakter. Deshalb darf auch das Mendelejeff- sche System nieht als ein periodisches System be- zeichnet werden. Es genügt ja meist schon dasselbe als ein „natürliches“ System zu Bo . E. Nickel. Nr. 52. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. 529 Die Omorica-Fichte [Picea Omoriea (Pane.)]. — Die Balkanhalbinsel -beherbergt drei mit Rücksicht u ihre Verbreitung und ihre verwandschaftlichen Beziehungen sehr interessante Nadelhölzer, nämlich die Omoriea-Fichte, | Pieea Omorieca (Pane.), ferner die in der Herzegovina, in Bosnien und den benachbarten Gebieten vorkommende Pinus | leucodermis Ant. und endlieh die auf Montenegro, Albanien | und Bulgarien beschränkte Pinus Peuce Griseb. Die erst- | genannte ist in Jüngster Zeit der Gegenstand eingehender | Untersuchungen gewor- den, deren Resultate so- Schlucht Crvene stiene in Südwest-Serbien. Ein zweites kleines Verbreitungsgebiet auf dem Rhodope-Gebirge in Bulgarien ist dureh F. Cohn bekannt geworden. Die Omoriea-Fiehte bewohnt insbesondere felsige Gehänge, doch auch hochgelegene Wälder, an beiden Standorten die umgebenden Bäume weit überragend; die obere Ver- breitungsgrenze liegt bei ca. 1600 m, die untere bei 700 m. In Bezug auf die systematische Stellung ergiebt nun eine genaue Abwägung aller Merkmale, dass die Omorica- Fichte nur zu zwei an- deren Fichten nahe ver- eben Dr. R. v. Wett- wandschaftliche Bezie- stein in Wien in den hungen zeigt, nämlich zu Schriften der dortigen den mongolisch-japanesi- Akademie veröffentlichte schen Arten Pieea Glehnii (Sitzungsberichte der math. - naturw. Classe XCIX Band, 1. Abth. — SDES, ra) Wingent: nehmen dem Inhalte die- Schm. und P. Ajanensis Fisch. Dabei ist die Aehn- lichkeit mit einer ge- wöhnlichen Fichte (P. excelsa) immerhin in eini- ser Abhandlung Folgen- des. Die Omoriea-Fichte gen wichtigen Merkmalen eine so grosse, dass ein genetischer Zusammen- ist schon habituell eine hang beider gedacht wer- überaus merkwürdige Co- den kann. nifere. Sie weicht ebenso Wenn schon das Vor- durch ihren streng ge- raden Wuchs, ihre lange schmale Krone, wie durch kommen der zweifellos zunächst stehenden Arten im Nordosten von Asien ihre bedeutende Höhe bei geringem Querdurch- ınesser von den zusammen mit ihr vorkommenden Fichten und Tannen ab. Die Aeste sind sehr kurz, dabei reich verzweigt und bilden auf diese Weise eine sehr dichte, schmal- pyramidenförmige Krone. Die systematisch wich- tigsten Merkmale liegen in dem Baue der Blätter und Zapfen. Die ersteren sind an dem vollkommen entwickelten Baume lineal und verhältnissmässig breit, stumpflich und auf der Oberseite mit weissen Furchen versehen. Die Farbe derselben rührt von einer die Spaltöffnun- gen umgebenden Wachs- schichte her; der Blatt- unterseite fehlen Spalt- öffnungen ganz. Gleichwie der morphologische Bau giebt auch die Anatomie zahlreiche Unterscheidungsmerkmale von den zunächst stehenden Arten. Der Baum wurde 1576 von Pancie im südwestlichen Serbien entdeckt, so dass man ihn Anfangs für eine Characterpflanze der an Endemismen so reichen serbischen Gebirge hielt. Ascherson machte zuerst auf das Vor- kommen der Omoriea-Fichte in Bosnien (1577) aufmerksam und bis zum Beginne des vorigen Jahres waren 3 weitere serbische Standorte bekannt geworden. Auf einer im Jahre 1590 nach Ostbosnien unternommenen Reise konnte der Verfasser der genannten Abhandlung das Verbreitungs- gebiet des Baumes feststellen; dasselbe umfasst ein wenige Stunden weites Areal, die Bezirke Visegrad, Rogatica == = Zn 5. Allg. Ztg. f. Landwirth- n% a . schaft u. Gartenbau, Hay Srameliur vierzehntägig. . Die Hausfrau, 14tägig. . Produkten- u. 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Hi w N N Kür ih ih nl N i say ) ul, A MN He Mi fm ul j N ENT Mn u HN h a, Mh hy tn ll N | pri Il ' e Al AM in Da m h San N um u" ll, N IN AR all N h ' Ian KON TR 00 DROHLARR { Be ln an" NORA 1 jan a, ul w“ a i MU al "lk ı Tin. N M N i \ N 1! EHI ! it A Knut un ie N, u, in a a un ul N, ", A I 0 Mi if a N nt il "lin: Kat en N \ „u 1 ur, Ei it N } Io ie 1 I ii" rl he Tan y) j y' Una mel JUN Tan h ERROR > JUNG ii u N ER I “ Ih m j un il Y' 1 I, un! ir “nn Bun Kir, N, “ DR hl, \ Ohr Ki BR um 0 Aura il Mu " j! ur! „ul ll N all \ WM \ hi, H Knn) il ae | IA il, ’ ), N " N IR MU OO | Ma Kane Ba IST Ira I pt auf N h Bin n I, Hi Am 5 AAN , Aa al v a Ola ] alle al Ka Ir an ae "il, ul el u " N J un fi " N je ! HENRI 4 N ni Ai, "u In ul! RN ol ae Aa he N 1! 3 ER „a " "Hl PR KIEL AM “ H N) I Ami a" ni Si HM IM iin a ul"! AR NR van, N un" aM “ Ai OR a BR oa, FTD u! N IN, m) N u ri i au Para X MO jN ll URAN RR lm a BR nu Ni “il | \ MN | Lan k BR Da ul TER n) Ih KR RN U m le h Men Da mn Wall u IM Inu! hı | It IM il Hy Hl Int Pe! KK MM hy m m a Mn a EN I Ih, N u" "ad, N un ml „Mn H) NR ® "an, er ", Fu ( kam Pr er IN "en, au TR Ro fl ! il al" "N M e' “ Aprrats | in, K. Bu Be ui ! han N 5 ua N N Dr au in wo, iin A IROMORORN LU N IR hu SA N ih, Wi N Pe N Hl N " HUN in BUN 1, Ta D x | win pr he I I mi y Nr en hm" RR Vo IR j N a! kan ı ne N UN UND ' | mn, " Bi RIP) N! gi "N, "N m ” \ "hf 1 a Art! Ih ' El) ne" Fi, j hi PAR IN M ! N IM Ani | IN ; , I N Be N N, f Ku !" \ an" Ih. j Y Ma IT: ig Ka a VOR 3% KORB R Yan, j) BL I Fuer: "nl f M: „allen vll | N N Hi , \ SR Be NE ' ul. BUN Na ra N) il ; RORR RR Ai a AORaRN RR RN. I U N np ei Hi hi I: " PR N Hl, ee N , ' j ll, mad! LED h { TEL A TOR Im Dun AM TR en) ! N um H | ' ı, MEN I gu ih) |, a Pat Ta A BE AN KR Ro ‚au! [Mu IRRE ER Dr Ri A 1 h h il u, Mi. N N. ul, ni tr Ian Boa Ba N Mil e \ ! 19 an TUNEN wu | PER NO AN. vu ' hl an" a ıl Mh KH RR Fe U We f Line 1 1% An nat eur m Mh, IR N "ul I Inne ı Anal "m Fur) N u Mu Im | | M ano In nn D Bee N „ im KH HRBUN Hi, iM f „ | I IRORA KISRICHN A KOSRT IR) wo en, n l R Be j " af 1" Kun; MM) | N, „N en, u! f Ni, I" X er N Kan) t MN af tt, " u" ' KO N, 4ERZn \ N TEN, N N RIND HR Re a! " hatnı MN Du Ta at! 17 Anal. \ ! sh „aut M ib a” TON DR Nu “ Ian | PU a a rl LINE ! N, "ul N KIN Ts DR EimMR..) Bil 0 Kae m En" h Y Ay ‚ih m N N Da „f PART. Kin ' | N Komma" 3 W an h al "li, 1 Au sl ih ® | h i ar Moe "nk, Ah IR Mm RN rl } ! ER \ VER BL el, N N, ai u h } DRIN "Mn, it u ' " DR “ a Im u" Ih, an N N, Hull Y PN ik / re in, 8 meh RORaN A | Br m N N \ IE Ai " A Mn en NR ) {® . IN | Ir u) "ii " “ GUN MN in N" f “ i X ” Si Mr Er RR OR u fi DE BR ll N \ ! 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TERN jr "m N a! wohn hr } Me) .” AM RR ai } Hl I, in en I ei 1% Ei tn, ra el [ rl! m, M | Kan KINO " Der) i au uw N 1 , h ji BL | ot " ir A A | arm a ' N) "ah "he "; ‚ft % Ira, ur, a) ins ml, hi BR + Yun! m 1, AA "un Mu, I ui 111 "tn zum Ni ui a N „e | # ! lt if i i Din nur Kl m Bm HL R EN PORN lt je MIDI RP RAUNN 1 m" \ N, hr I il ii A N N N ‚uff | un Den LM su Min {i h f iR \ PR er a0 Ha ha H ı ' N An lei 4 U a Bi 1 N I le J a if M Mi h r ' 1 Da " Min Ich" m TEN, PN al I ln ih pl ‘ na ! BAT N "| Mn er Kai ii NR ER ul Mi je 1 j meh, in an N urn ji I IH \ In. ann N ur ; % Be Bm f Mi .' Ä ran nt a f Kinn at \ NN h II | a at Du iR Mı KR e TE TE RESTE ee Zen een u“ L x Pi Pi 2 " k — ‘ h w R > => y 2 P 2 £ Pi‘ N: E- - a .. = A | M > *, .% F a, { v £ a- x E jr FE. 1er zs j ‘® eV - 5 PRIZE 27 En PET DEREN au % = [2 » “ DAN ; 4» * vX Rh D and a /) 4 - D Wr ihm vn Hr ».% PA SE EU ACE rl A. Pt are a‘ tee 12 er 27 f wi } x 5 vo Ar ur I E a» Bu s EN or PAEFRR »allr, , a! 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