Innern] _ > = = u ‚- = > für die Ornithologie, ORGAN > vorzugsweise Europas. | der deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Redigirt von Dr. Eduard Baldamus, Pfarrer zu Diebzig in Anhalt, wirklichem, correspondirendem und Ehrenmitgliede mehrer Naturforscher - Gesellschaften. ee ? eg N z D \ Ver egigr). Jahrgang 1858. Mit einer illumin. Tafel. (Extraheft.) LEIPZIG, 1858. Voigt & Günther. London, Willioms & Norgale, Henrielta Street, Covenigarden. New-Vork, #. W, Christern. 763 Broadway. Nr. 1. Katalog der auf den Cykladen einheimischen und überwin- ternden oder nur durchziehenden Arten von Vögeln. Von Dr. med. Erhard. Die Cykladen. Zwischen dem 21° 50° und 25° östlicher Länge von Paris und 330—36° 50° nördlicher Breite liest eine Gruppe von Inseln, welche schon im Alterthume der kreisförmigen Anordnung ihrer einzelnen Glieder wegen den Namen der Cycladen erhielt, der bis zum heutigen Tage eine Aenderung nicht erfahren hat. Gegenwärtig bilden sie einen eigenen Nomös (Präsidentschaft) des Königreichs Griechenland, mit einer Bevölkerung von nahezu 200,000 Seelen, die der grossen Masse nach nur auf Syra, Santarin, Andros, Tenos und Naxos vertheilt sind. Ihre Begränzung ist eine willkürliche, indem sie nörd- lich mit den sogenannten Strophaden, östlich aber mit den türkischen Inseln des ägäischen Meeres in unmittelbare Verbindung treten; doch sind sie, ‚statistisch vollkommen abgeschlossen; und es wird als die nördlichste Insel Andros, als die südlichste Santorin .betrachtet, während Stapalia’im Osten, Keos im Westen die äussersten Aus- läufer bilden. Die Namen der grösseren Inseln, deren jedoch keine die Grösse von Korfu und wenige die von Cerigo erreichen, sind nach deren Flächeninhalt geordnet folgende: Andros, Naxos, Paros, Tenos, Amorgos, Melos, Keos, My- konos, Syros, Siphnos, Kythnos, Thera, Seriphos, Jos, Pholegandros, Sikinos, Kymolos, Oliaros, Gyaros, Delos, Phakusa, Donusa, Antimelos ete. Zwischen diesen liegen eben- soviele kleinere Eilande, welche oft nur wie einzelne aus dem Meere Naumannla IB5# > 1 E 2 aufragende Felsen erscheinen und zum Theil selbst ohne Namen ge- blieben sind. Im Alterthume war unter ihnen besonders Delos hoch berühmt, auf welcher Insel Latona der Sage nach den Apollo und die Diana geboren haben sollte, was zur Erbauung des berühmten Nationaltempels Veranlassung gab, zu dem die Griechen wallfahrteten, wie die Araber nach der Kaaba in Mekka. Jetzt stehen nur undeut- liche Substruktionen und einige geborstene Säulenknäufe auf der klei- neren Insel von Delos. Von den übrigen treten hauptsächlich Naxos, Paros und Andros bei verschiedenen Gelegenheiten in die alte Ge- schichte ein. Naturmerkwürdigkeiten fehlen diesen in Europa beinahe unbe- kannten Eilanden keineswegs. Weltberühmt ist in dieser Hinsicht seit Lord Byrons Beschreibung die unterirdische Tropfstein-Grotte von Oliaros oder Antiparos, ähnliche kleinere finden sich beinahe auf allen diesen Inseln, und die grosse Mehrzahl derselben ist noch nicht recht bekannt. Merkwürdiger und für den Geognosten namentlich von grösserem Interesse ist die vulkanische Insel Thera oder San- torin, welche mit der ihr halbmondförmig gegenüberliegenden klei- neren Therasia den freien Rand eines unterseeischen, noch in Thä- tigkeit begriffenen Erhebungskraters darstellt. In der vulkanischen Asche desselben reifen die feurigen Reben, welche den grössten Theil des südlichen Russlandes mit Wein versehn. Unter den Produkten des Mineralreiches hatte der weisse Marmor von Paros im Alter- ihume unsterblichen Ruf; denn aus ihm wurden die Bildwerke ge- formt, vor deren Trümmern noch die heutige Welt staunend die Schritte hemmi. Sorglosigkeit oder Ungeschick der jetzigen Verwal- tung lassen diesen Schatz unausgebeutet, der Carraras und der Alpen Marmor bei weitem überflügeln kann. Auf den hohen Kuppen der Gebirge von Naxos stehen die kostbaren Lager des Korund zu Tag, welcher unter den Namen Smirgel als Polirstein sich zum ersten Range erhob. Zwar besitzt auch Anatolien dieses Mineral; allein man zieht allgemein den Smirgel von Naxos vor. Obwohl auch dieses Produkt durchaus nicht bergmännisch ausgebeutet wird, trägt es dennoch der Regierung jährlich über eine halbe Million Drachmen ein; und noch ist es Niemandem eingefallen, dort wo der rohe Korund ansteht, auch zu forschen nach seinem edlen Krystalle, dem rothen und dem blauen Rubin! Der thätige Vulkan von Santorin glüht immerwährend die geschätzte Terra di Puzzoli aus, ein zähes, für 3 Wasserbauten unersetzliches Kalisilicat, das unter dem Meerspiegel härter als Quarz erstarrt, und aus dem man nur in jüngster Zeit die Werften des Kriegshafens von Pola ganz allein erbaut. Ausser diesen kostbaren Produkten des Mineralreiches sind die Cykladen auch im Thier- und Pflanzenreiche nicht arm bedacht. Südfrüchte aller Art, darunter die melonengrossen Pompelmusen, füh- ren Naxos und Andros nach Tausenden von Centnern aus, ge- schätzte Seide wird reichlich auf Tenos und Andros erzeugt, Wein in Menge auf allen Inseln. Mykonos liefert durch seine grosse Schafzucht an Fleisch und Wolle einen hohen Ertrag; und um selbst des ganz sterilen Syra nicht zu vergessen; — sein Honig ist nur für das Serai der hohen Pforte bewahrt. Bedenkt man andrerseits, dass die grosse Handelstadt Hermo- polis auf Syra den Import von ganz Griechenland und den meisten Punkten des ägäischen Meeres — Kreta nicht ausgenommen — ganz allein deckt und versieht; so wird man, den Export der Cykladen mit eingerechnet, gestehen müssen, dass sie für die Krone Griechenland eine bedeutende Besitzung bilden, und die Vernachlässigung nicht verdienen, in welcher sie von Seite der Regierung unterworfen sind. Einer der fühlbarsten Mängel dieser Inselgruppe ist die Abwe- senheit grosser und namentlich sicherer Häfen, die nur auf Melos, Delos, Keos und Syra zu treffen sind. Dagegen ist der Kriegs- hafen von Melos ohnstreitig der grösste im mittelländischen Meere; denn in seinem Busen haben alle Orlogschiffe der Erde Raum. Dem Mangel an Häfen ist es auch wohl zuzuschreiben, dass sich so wenige dieser Insulaner dem Schiffbau und der Navigation geweiht; eigent- liche Schifferinseln sind nur Andros, Mykonos und Santorin; Melos liefert die besten Piloten; und im Handelshafen von Syra sind mehr als 600, jedoch meist ausser dem Nomög angehörige Schiffe einge- zeichnet. Dagegen sind manche dieser Eilande bis zur Grenze der Möglichkeit angebaut: Der Leser wird mit Staunen vernehmen, dass man nur auf der Insel Tenos 67 Dörfer zählt. Das Klima der Cykladen ist im Allgemeinen ausserordentlich mild und klar; vom Monate März bis September sieht man sel- ten eine leichte Wolke in der ewigblauen Sommerluft. Allein die- ser ungetrübte Azur hemmt auch in jener Epoche jeden Regen- fall, und eine entsetzliche Dürre ist für diese baum- und schatten- losen Felsen die natürliche Folge davon. Dazu brausen von Juli bis ı* 4 September die unter dem Namen der Meltemien oder Etesien bekannten periodischen Nordstürme unaufhörlich über das Cykladen- meer; wohl umwehen sie die brennende Stirne des Wandernden mit einem erquiekenden Meereshauch; allein die Heftigkeit ihrer Stösse trocknet auch das wenige Wasser der Cykladen bis auf den letzten Tropfen aus. Ein Glück ist es, wenn reichliche Regengüsse während des vorangegangenen Winters die Cisternen bis zum Rande gefüllt und die tief im Felsenschachte der Erde verborgenen Brunnen em- porgestaut. Von dieser allgemeinen Dürre machen übrigens die bei- den Inseln Andros und Naxos eine Ausnahme. Beide sind von hohen Bergrücken durchzogen, die sich stellenweise bis fast 4000‘ erheben und im Winter, selbst im milden, von einer Schneedecke überlagert sind. Durch das Schmelzen desselben wird der innere Feuchtigkeits- grad vermehrt; aber auch die Höhe der Berge an und für sich zieht im Sommer die wenigen Wolken an, und nicht selten schütten sie über diese glücklichern Inseln auch während des Sommers ein wohl- thätiges Nass. In Andros erhebt noch ein anderer Grund den Kälte- und Feuchtigkeitsgrad. Diese Insel liegt nämlich dem hohen Vor- gebirge von Euboea, der Ocha oder dem Capo d’oro der Neuern, gerade gegenüber, welches sich im Winter vom Scheitel bis zur Sohle mit tiefem Schnee bedeckt. Andros und Naxos sind’ daher auch weit grüner, man findet dort kleine Wälder nach europäischer Art, pran- gende Gärten und Orangerien, viele Burgen und Cypressen-Alleen noch aus der mittelalterlichen Venedigs-Zeit. Andros besitzt sogar Katarakte und zwei kleine auch im Sommer rieselnde Bäche. Auf allen übrigen Inseln fällt wenigstens in der Ebene auch im streng- sten Winter kaum jemals Schnee. Die Verbindung zwischen Syra, dem Centrum und Sitze der Behörden, und den übrigen Inseln wird durch kleine, oft offene Fahrzeuge, höchst unvollständig und unsicher hergestellt. Darin liest für die wissenschaftliche Untersuchung eine grosse nicht selten un- übersteigliche Schwierigkeit: darin hat auch der Leser den Grund der bis jetzt noch nicht erreichten Vollständigkeit dieser Arbeit zu suchen, obwohl von ihr beinahe das Horazische: „Nonum prema- tur in annum!*® gilt. So liess ich unbearbeitet das Kapitel der Mikromammologie, na- mentlich der Chiropteren, unter denen, wie ich fast überzeugt bin, noch neue Formen zu finden sind. Beispielweise führe ich die Be- 5 schreibung der auf allen Bergen Syras häufigen Fledermaus an, die sich mit keiner der Arten von Bonaparte, Temmink, Savi u. s.w. identifiziren lässt: Grösse 2° — Breite 4”—5”. Rücken und Kopf rothbraun, Kehle und Bauch schmutzigweiss. Flughaut schwarz, schliesst den etwa 1” langen Schwanz bis an seine Spitze ein. Daumennagel sehr klein, Hinterhände ganz frei vom Tarsus an. Ohren von der Länge des Kopfes, dreieckig oval, tiefschwarz, welche Farbe auch einen breiten Zügel durch die Augen bildet und mit der ebenholzschwarzen Nase und Oberlippe endet. Die Oberschnauze schweinsartig vorgezogen, so dass das Profil einer Spitzmaus ähnlich wird. Ist diese Art, wie höchst wahrscheinlich, neu, so gebührt ihr der Name Vespertilio soricinus. Auch ein neuer Fisch, einer Polyprion nahestehenden Gattung angehörig, ist nachzutragen; allein wir bilden daraus mit der Mikromammologie zukünftig einen zweiten Theil. — Eine der interessantesten und ‚verhältnissmässig am wenigsten aufgeklärten Fragen der Ornithologie war von jeher die Ergründung des Ortes, wohin sich die im Herbste von Mittel- und Nordeuropa abziehenden gefiederten Luftbürger begeben, um den Nöthen und Schrecken eines nördlichen Winters zu entgehen. Seit Levaillant mehre unsrer Arten jenseits der Wendekreise auf afrikanischem Ge- biete gefunden, seit man in Sierra Leona und andern Orten Sene- gambiens Schwalben gesehen, hat man so ziemlich allgemein Afrika als den generellen Ueberwinterungsheerd zu betrachten sich angewöhnt. Indessen, wie gewöhnlich, ist man auch hierin zu weit gegangen, in- dem viele der Arten, denen man weit südlichere Reisen zugemuthet, in der That das mittelländische Meer nicht überfliegen, oder wenig- stens der Mehrzahl nach diesseits desselben zurückbleiben, während nur die ältesten und daher kräftigsten Individuen sich zur weiteren Fortsetzung ihrer gefährlichen Reise zu entschliessen scheinen. Die grosse Menge der Inseln des ägäischen Meeres als ebensoviele Ruh- punkte über die unwirthbare Wasserfläche verstreut, mochten von jeher den gefiederten Reisenden willkommene Schlaf-Stätten gewesen sein; und wahrscheinlich zieht es ein nicht geringer Theil vor, die im Vorüberziehen beanspruchte Gastlichkeit auf die Dauer des gan- zen Winters auszudehnen. Wir ‘glauben daher durch Aufzählung der auf den Cykladen überwinternden oder regelmässig durchziehenden Arten einen nich 6 ganz überflüssigen Beitrag zur Geschichte der Vögelwanderung zu liefern, wobei besondere Rücksicht darauf genommen werden soll, ob eine Art als Standvogel oder als Vogel regelmässiger Passage zu be- trachten sei. — A. Standvögel: d. h. solche, welche Winter und Sommer die Cykladen als Aufenthaltsort benützen. 1. Neophron perenopterus, ”Ogveov — Orneon. 2. Vultur Kolbü, Sxavviemg — Skamnitis. 3. Falco subbuteo, Beoßdxıov = Warwäkion. 4. „ dichrous, u — 3 5.» peregrinus, zerging — Petritis. 6. „ tinnunculus, iso@sı — Hieräki. 7. Aquwila chrysaitos, ’Astöog — Aötös. 8. Milvus niger, ixtivog — Iktinos. 9. Astur nisus, 10. Surnia noctua, xovxovßBeyıe — Kukuwägia. 11. Ephialtes scops, #A6000g; Xı@vı = Klossos, Chiöni. 12. Cypselus apus, wergoyeAuöov — Petrochelidön. 13. Alcedo ispida, yagopdyog — Psarophägos. 14. Alauda eristata, #ogvöaröog — Korydalos. 15. Emberiza lesbia. 16. Passer montanus, orovgyirng — Spurgitis. 17% „ domesticus, ia = 5 18. » hispaniolensis „ — F 19. Pyrrhula serinus, 5 = » 20. Fringilla chloris, gioge — Phiori. 21. Pica caudata, yaugenege — Karakäza. 22. Corvus monedula, xugv«& — Karya. 23. „ corone, #ooßva — Koröna. 24. » cornim, en = » 25. » corax, »oga&; #0gxogat, — Körax, Körkorax. 26. Troglodytes parvulus, 27. Cinclus aquatieus, 17: 28. Petroeichla eyanus, mergoxoyıpog — Petrocötschiphos. 29. Turdus merula, #oıpog — Kötschiphos. 30. Salicaria turdina, novAa — Pula. 31. E arundinacea, „= » 32: e aquatica, WR 33. 2 eisticola, u 34. 5 Cettü, ER 35. Ficedula trochilus, RR 36. in ieterina, u, . 37. Sylphia melanocephala, „ — 38. Lusciola rubecula, nobA« — Pula. 39. Lanius minor, zepehäg — Kephalas. 40. Hirundo rupestris, yeAuödovı — Chelidöni. 41. Columba livia, dygıonsgioreo«t — Agrioperistera. 42. Perdix graeca, ztgdıra — PeErdika. 43. Gallinula chloropus, novA&d« — Puläda. 44, » Pygmaea, veg6öxod« — Nerökota. 45. Actitis hypoleucos, Ö«AacoonovAı — Thalassapuli. 46. Phalacrocoraz carbo, xaAıyanod — Kalischaku. 47. ” graculus, „ = » 48. Puffinus einereus, woiyog — Michos. 49, Velkouan;? „= 5, 50. Larus Michahellesü, yAügog — Gläros. 5l. Sterna nigra, 52. „ caspia, B. Wintervögel: Vögel, welche aus nördlichen Gegenden anlangend auf den Cykladen überwintern. Die Zeit der Ankunft ist im Durchschnitte auf Ende September, des Abzuges auf Mitte April anzusetzen. 1. Aquila pennata, oravguerog — Stawraötös. 2. Falco vespertinus, #igzw£oıov — Kirkindsion. 3. Pandion haliaktos, derig — Aötös. 4. Buteo vulgaris, Begßerlve — Warwakina. 8 5. Buteo lagopus, Beoßexive — Warwakina. 6. Astur palumbarius. 7. Circus eyaneus, nuyayoog — Pygagıros. 8. „ eineraceus. 97 ,„. pallidus. 10. Strie otus, movpog —= Büphos. 11 „ brachyotus, „ — a 12. Yynz torquilla, opevövAıov — Sphendylion. 13. Alauda arborea. 14. & arvensis, Kogvöa«Aög — Korydalös. 15. Emberiza miliaria, yovögoujt« — Chöndromita. 16. $ cia. 17. Pyrrhula rubieilla. 18. Fringilla coceothraustes. 19. Fringilla carduelis, x«gösoive — Karderina. 20. B, linaria. 21. n coelebs. 22. B cannabina. 23. Loxia pityopsittacus. 24. .„ curvirostra. 25. Pica caudata. 26. Sturnus vulgaris, uevgonodAı — Mavropuli. 27. Anthus pratensis. 28. „ campestris. 29. Motacilla alba, 6e00vg& — Seisüra. 30. n boarula, ,„ = » 31. »„ ‚flava, a — 5 32. Turdus tiacus, diman wiyAa — Dipli Tschichla. 33. „ musieus, ıiyAa — Tschichla. 34. „ pilaris, E = 35. ” RusewWorus, „— » 36. ». merula. Sue » torquatus. 38. Lusciola phoenicurus. 39 ” tithys, yievvaenog — Giannakös. 40. Sazxicola rubetra. 41. 2 rubieola. 42. Lanius rufus, ue&vgouuceng — Mayrommätis. 9 43. Columba oenas, pıc«a — Phasa. 44. Ortygion coturnix, ogrlizıov — Ortykion. 45. Glareola pratincola, vegoyeAdav — Nerochelidön. 46. Otis tarda, &yeıöyaAAog — Agriögallos. 47. Fulica atra, &ygıonovAade — Agriopuläda. 48. Rallus aquaticus. 49. Oedienemus erepitans, rovgAld« — Turlida. 50. Vanellus eristatus, xaAnuavee — Kalimana. 51. Charadrius hiaticula, 52. Totanus glareola, 52. „ ochropus, d«A«ooonoVAıe — Thalassopulia. 54. ” calidris, re 5. „ glottis, 56. Scolopax rusticola, ZuAoror« — Xylökota. 57. Numenius arcuata, ouyAlyovgog — Siglignros. 58. N phaeopus, N = " 59. Casarca rutila, 60. Anas querquedula, 61. „ boschas, \ 62. „ erecca, Do usch, dyerordzıe, — Agriopäpia. 64. „ clangula, 65. „ eristata, 66. „ Penelope, 67. Sula alba. 68. Phalacrocorar pygmaeus. 69. Pelecanus onocrotalus. 70. Podiceps auritus, zegenerdinov — Karapataikion. 71. Larus ridibundus, 12. „ canus, Do TDACHB, 74. „ Andonini, yAaoog — Glaros. 75. „ tenuirostris, 76. „ tridactylus, 77. „ marinus, 10 C. Passatvögel. Hierunter sind die Arten begriffen, welche regelmässig im Herbste aus dem Norden und Nordosten ankommen, wenige Tage auf den Cykladen der Ruhe halber verweilen und dann ihre Reise über das Mittelmeer vollenden. Im Frühjahre und manche gegen Ende des- selben erscheinen sie neuerdings, jedoch meist in weit geringerer An- zahl, matt, mager und entkräftet, ziehen aber dennoch nach kurzer Rast nordwärts von dannen. Manche Arten überwintern zum Theile und ziehen zum andern Theile nur über das Meer; so dass sie bei- den Klassen, d. h. den Wintervögeln sowohl, als den durchziehenden anzureihen sind. Hieher gehören im grossen Maassstabe besonders viele jagdbare Vögel, z. B. Waldschnepfen, Wachteln, Holztauben und Enten. Merkwürdig und constant ist das jedes Jahr beobachtete Verhalten, dass viele Arten, Wachteln, Schnepfen und dgl. sich nur auf dem Herbstzuge zeigen, während der Frühjahrsreise aber auf den Cykladen nie gesehen werden. Ich war anfangs geneigt anzuneh- men, dass die auf den Cykladen einfallenden Exemplare solcher Spe- zies diese Inseln während des Winters überhaupt nicht verlassen, sondern theilweise getödtet würden, theilweise noch vor Frühjahrsan- fange sich allmälig in ihre nordische Heimat verlören. Spätere Er- fahrungen zwangen mich, diese Ansicht zu beschränken; und es bleibt demnach zur Erklärung dieses Phänomens über, für den Rückweg solcher Arten eine das Cykladenmeer vermeidende Strasse zu suppo- niren. Im Kataloge wollen wir solchen Spezies einen Asterisk bei- setzen. Im Allgemeinen sind als Monate des doppelten Durchzuges April und September zu betrachten; jedoch erleidet dieses Verhältniss durch die Verschiedenheit der in jedem einzelnen Jahre herrschenden mitt- leren Temperatur während jener Saisons bedeutende Modificationen. Beispielshalber erwähnen wir, dass drei Winter, welche der Schreiber dieses auf den Inseln des Archipels verlebt, gradeweise eine kältere Temperatur gezeigt, so dass während des Winters 1854 sogar Schnee auf der Ebene lag, dessen man sich seit Jahrzehnten nicht mehr erinnerte. Das Erscheinen der Frühlingsboten verspätete sich daher zuschends; während z. B. im milden Winter von 1853 die Ankunft 11 der Rauchschwalbe auf Mykonos am 27. März beobachtet wurde, erschien sie 1854 auf Syra erst gegen Ende April. Eine andere, wichtige Thatsache für die Beobachtung der Vogel- wanderungen ist die, dass eine ganze Gruppe von Vögeln, und zwar zunächst jene, welche man in Deutschland als südliche Fremdlinge zu betrachten gewohnt ist, auf den Cykladen eine eigene, im Jahre weit früher treffende Periode der Rückkehr beobachtet. Während Bienenfresser, Wiedehöpfe, Türteltauben, Mandelkrähen, Ziegenmel- ker und dgl. mit den nordischen Zugvögeln, wie Reihern und Enten, im Frühjahre gleichzeitig nordwärts ziehen, kehren sie im Herbste bereits mehre Monate vor jenen, nicht selten schon Ende Juli auf die Inseln des Archipels zurück und bilden dortselbst die gewöhnliche, sehr ergiebige Sommerjagd. Wenige Wochen nach ihnen erscheint ein Theil der Wachteln, und zwar ein beträchtlicher; der andere, minder zahlreiche, schliesst sich dagegen dem allgemeinen Herbstzuge der Vögel an, als dessen Choragen füglich die Reiher zu betrachten sind. Da man während des ganzen Winters auf den Cykladen in geschützten Lagen, wie Flussbetten, Büschen von Donax-Rohr, Lehden und dgl. Wachteln antrifft, so liegt der Schluss ziemlich nahe, dass jene später erscheinenden Wanderer, wahrscheinlich junge und minder kräftige Vögel, die Inseln ‚des Archipels als letztes Ziel ihrer Reise, als Winterquartier, besetzen; während die mit den Pirolen und Bienenfressern im August erscheinenden Exemplare, die ältern stär- keren Vögel, das Mittelmeer mit jenen vollends überfliegen. Dieser Ansicht tritt wenigstens die Erfahrung bei, welche lehrt, dass die ausgewachsenen Vögel immer die ersten sind, um den gefährlichen Weg über unbekannte Länder und Gewässer zu eröffnen. In Betreff der Kategorie jener andern Vögel, welche, wie die Bienenfresser, Pirole und Ziegenmelker, nur den kurzen Zwischen- raum von wenigen Monaten ausserhalb der Cykladen verleben, muss man annehmen, dass ihre Brütplätze nicht sehr weit nördlich von dieser Inselgruppe liegen können, indem sich sonst die auffallend schnelle Rückkehr im Herbste kaum erklären liesse. Von den Turtel- tauben und Merops ist es bekannt, dass sie in unzähligen Schaaren längs der südöstlichen Donauufer brüten; die Stahlkrähen obliegen diesem Geschäfte nach Dumoulins |. ce. p. 33 zahlreich in Griechen- land selbst; auch der Pirol soll einzeln in diesem Lande brüten; die grosse Mehrzahl aber bewohnt während der Brütemonate doch weit 12 nördlichere Breiten, um die rasche Rückkehr aus dem Umstande her- zuleiten, dass Griechenland selbst als Brütort solcher Geschöpfe zu betrachten sei. Es bleibt demnach nichts übrig, als die kleinrussischen Länder, Bessarabien, die Krim und wahrscheinlich die Donaufürsten- thümer für den eigentlichen Sommeraufenthalt jener Vögel zu erach- ten, welche im Herbstzuge die Cykladen berühren; und es ist dadurch ein Beweis mehr für die Bemerkung v. d. Mühlens geliefert, welcher die Zugvögel Griechenlands sämmtlich als aus Osten kommende Wanderer betrachtet. Im System wollen wir diese frühen Herbst- vögel durch & bezeichnen und geben als Mittelzeit ihres jährlichen Südzuges den Monat August an. Bubo ascalaphus, urnovüpog — Buphos. Striv acadica. re > en Milvus regalis, Circus aeruginosus. 5 Caprimulgus europaeus, wAcvog — Plänos. 5 Cueulus eanorus, peoorgiyavov — Phasotrygonon. & Merops apiaster, weAı6oovgyog —= Melissurgos. 5 Coracias garrula, geAroxogavn — Chalkoroni. 5 Upupa epops, daromerewög — Tschalopetinos. Emberiza hortulana. 5 Oriolus galbula. 5 Salicaria galactodes, xırgwomoviı ovxopdyog — Kitrinopuli sykophagos. * Sylvia curruca. »„ atricapilla. Lusciola luscinia. 4 suecica. Sawieola oenanthe. u leucomela (lugens). & Lanius exeubitor, ÖimAoög nepeAdg — Diplus kephaläs. ” rufüs: Museicapa atricapilla, uove@yog = Monachos. i Columba palumbus, ee hr venas, 16) = turtur, rgvy@vıov — Trygönion. * Ortygion coturnia, 6gTVxXL0ov — Ortykion. 13 * Glareola torquata, vegoyeAuögv — Nerochelidön. Orex pratensis, 6edıyovdkıe — Rhedigualia. * Rallus aquaticus, @pgıonovAdde — Agriopulada. Grus cinerea, yegavog — Gerands. Charadrius pluvialis, BgoyomovAı — Wrochopuli. Reeurvirostra avocetta. Haematopus ostralegus. Hypsibates himantopus. Totanus stagnatilis. Machetes pugnaz. Tringa maritima. » einclus. „ minuta. Ascalopax gallinula, uneydo« — Begäsa. | n major, » » * Scolopaz rustieula, EuAöxore — Xylökota. Ibis faleinellus, g«A#0xor« — Chalkökota. EUR ai | Athens — Lelekas. » nigra, Ardea purpurea, vurtonöoge& —= Nyctokörax. „ einerea, rgvyavorg@arg — Trygonokräktis. Iba, N tbegopayog — Psarophägos. „ garzetta, „ comalta, „ minuta, E vvzroroge& — Nyctokörax. „ stellaris, gas ’ » Nyeticoram, Platalea leucorodius, zovAıdgı — Kuliäri. Cygnus musicus, aUavog oder xo0A0og — Kyknos, Kuülos. Anser cinereus, 3 „ ‘ erye ayoıwöyyva — Agriöchina. „ segetum, VOM 2 Anas acuta, » elypeata, ade — Päpia. » rufina, Sterna hirundo. „ minuta. 14 D. Sommervögel. Unter dieser Rubrik begreifen wir ie Gruppe von Vögeln, welche als eigentlichste Bewohner der Cykladen zu betrachten sind, indem sie auf denselben als Zugvögel aus dem Süden erscheinen, um dortselbst zu brüten, und nach Erziehung der Nachkommenschaft meist frühzeitig genug die Inseln wieder verlassen, um in ihre Win- terquartiere jenseits des Mittelmeerbeckens zurückzufliehen. Es liegt auf glatter Hand, dass wir unter diesen Vögeln am meisten fremden, d. h. den mitteleuropäischen Boden nie oder höchst selten durch Zu- fall berührende Gestalten treffen werden, da die Gruppe der Som- mervögel diametral jener Kategorie entgegensteht, welche wir als Wintervögel bezeichnen. Während diese nach vollendeter Brut im Norden auf den Cykladen als Wanderer von Nord nach Süd erschei- nen, um auf diesen Inseln den Winter zu verbringen; ziehen die Sommervögel von Süd nach Nord, um auf den Eilanden des Archi- pels brütend den Sommer zu durchleben, und rasch nach Vollendung der Brut, meistens schon zur Zeit der Weinlese (August) mit den Jungen nach Afrika in ihre Winterquartiere zu entweichen. Auch unter ihnen finden sich Arten, welche, wie z. B. die Schwalben und Segler, obgleich zur selben Zeit aus den Winterquartieren eintreffend, auf den Cykladen sich theilen, indem einige, wohl die Minderzahl, hier brütet, während der grössere Theil seine Reise weiter nach Nor- den zu gleichem Zwecke fortsetzt. Begreiflichermassen ist die Arten- zahl dieser Gruppe nicht gross; denn die Cykladen, eine Kette von öden, sterilen, beinahe des Pflanzenwuchses entbehrenden Inseln, in Folge dessen auch arm an Insekten, bieten den Vögeln nicht jene Chancen der Lebensunterhaltung dar, wie sie auf dem Festlande ° Griechenlands anzutreffen sind. Vultur einereus, ueögog oxavirng — Mayros Skanitis. ve en isodxıe — Hieräkia. Milvus parasitieus. ‘ Cypselus alpinus, mergoyehdov — Petrochelidön. Alcedo rudis. Merops aegyptiaca. 15 Alaemon desertorum. Phileremos isabellina. Melanocorypha calandra, xaAdvög« = Kalandra. Emberiza melanocephala. 5 caesia. Merula vosea, &yıov xovAt — Hägion Puli (heiliger Vogel). Anthus cervinus. » Richardı. Motaeilla melanocephala. Salicaria olivetorum. ” phragmitis. Sylvia conspicillata. » sarda. „ Ruppellü. Sawicola stapazina, aurita, " leueurus, &omo0xwAog — Asprökolos. % saltatrix, \ Lanius meridionalis, #epeAäg — Kephaläs. Hirundo urbica. 5 rustica. Grus virgo. Ardea Veranyj. Dem Gesagten, welches über die Wanderungen der Vögel an Ort und Stelle gemachte Erfahrungen enthält, fügen wir kurze No- tizen bei, in denen manche Arten erläutert werden, deren genauere Bestimmung nur einem Forscher möglich ist, welcher an frischen und häufigen Exemplaren in verschiedenen Alterstufen Untersuchungen anstellen konnte. Es war nämlich unvermeidbar, dass einzelne Arten von den europäischen Koryphäen der Wissenschaft lange Zeit ange- stritten wurden, weil unter vielen gleichgefärbten Exemplaren einer naheverwandten Spezies das einzelne der in Frage stehenden als eine zufällige Spielart jener vielen zu Hand liegenden Bälge betrachtet ward. Zwei schlagende Beispiele dieser Art sind Vultur Kolbüi und Milwus parasiticus Lev., die bis zu dieser Stunde theilweise mit dem schwarzen Milane und dem rothen Geier zusammengeworfen werden. Allerdings, wenn man Schaaren von V. Kolbii hat fliegen schen und Dutzende geschossen, wenn man einen frischerlegten schwarzen 16 . Milan neben einem lebenden M. parasiticus gesehen, — dann wird man über die vollkommene Verschiedenheit der Arten nicht einen Augenblick in Zweifel sen. Da ich der Ansicht bin, dass solche Verwirrungen nur durch Studium der Thiere an Orten, wo sie häufig sind, geschlichtet werden können, halte ich die nachfolgenden kurzen Notizen, in welchen nebenbei, wo es nöthig schien, auch die Lebens- weise, Zugzeit und sonstige hervorragende Eigenthümlichkeiten einer oder der andern Art berührt wurden, nicht für überflüssig, um so mehr, als nur über streitige Punkte in gedrängtester Kürze berichtet wird. Ueberhaupt kann ich mir hier eine Bemerkung nicht versagen, welche gegen jene besonders in der Neuzeit Alles überflügelnde An- sicht der Naturbeschauung gerichtet ist, der zufolge man der deserip- tiven Wissenschaft zu Liebe von Allem, was den Haushalt und die Lebensweise der Thiere anbelangt, ganz und gar und zu vornehm Umgang nimmt. Weit entfernt, die oft wiedergekauten Anekdoten der Kinderfibeln wissenschaftlichen Arbeiten aufbürden zu wollen, sind wir dennoch überzeugt, dass die Lebensart eines Thieres über Identität oder Verschiedenheit der Species wichtige Aufschlüsse giebt; und dass z. B. zwei vollkommen verschieden lebende Wesen nicht in eine Art zu subsummiren sind. Ein Beispiel, wie ich dies Thema behandle, liefert die Beschreibung von F. dichrous; und ich-frage, ob hier Lebensweise; Zeit der Bierlesung und Tracht der Jungen für die Fixirung der Art nicht als wesentliches Moment zu betrachten sind. Vultur Kolbü. Rüppell Atlas pl. 32. Lath. Ind. Ornithol. suppl. v. 2. p 1. — Strontjäger. Voy. d. Kolbe. — Chasse fiente Levaill. Ois. d’Afrique Vol. I. pl. 10. Im Gegensatze zu den meisten Lokalfaunen, welche theilweise diese Art mit V. fulvus identificiren, theilweise das Vorkommen-der- selben auf europäischem Gebiete in Abrede stellen, sche ich mich zu der Behauptung gezwungen, dass gerade dieser Geier von sämmt- lichen Arten am häufigsten sich auf den Cykladen zeigt und jeden- falls als selbstständige Art zu betrachten ist. Kopf und Hals desselben sind nicht weiss und dünn beflaumt, sondern mit dicht stehendem rostrothem Pelze überall bedeckt, die Halskrause nicht weiss und daunenartig, sondern aus rostgelben, schmal lanzettförmigen zugespitzten Federn mit helleren Schaftstrichen zu- u TE en ee ee ” 17 sammengesetzt. Rücken und Mantel isabellgelb; Kehle ein weisser Fleck, Brust lebhaft rostroth. Handschwingen und Steuerfedern ra- benschwarz mit schwachem Schiller. Ein altes männliches Exemplar mass 8° Breite pariser Maas, 31/,‘ Länge. Dieser Geier zeigt sich auf Mykonos und andern Cykladen, wo er S%wvirns (Skanitis) genannt wird, in Schaaren von 8-20 Stücken, und ist namentlich während der Winter-Monate so häufig, dass man selten auf die Jagd gehen kann, ohne Trupps vor ihnen über sich Kreise beschreiben zu sehen. Daher ist v. d. Mühlen’s Ansicht, wenigstens für die Cykladen, nicht anwendbar. Wahr ist es dagegen, dass die Exemplare, welche ich auf dem griechischen Fest- lande zu Gesichte bekam, sich von dem gewöhnlichen Vultur fulvus nicht unterschieden. Exemplare im Dunenkleide, die man auf My- konos fing, beweisen, dass auf dieser oder benachbarten Inseln auch seine Brütplätze angetroffen werden müssen. Während fünf vollen Jahren habe ich unter einer bedeutenden Anzahl von Geiern auf diesem Terrain wohl Vultur einereus, aber nie einen Vultur fulvus geschen. Falco Eleonorae, Gene, Actes de l’Acad. Turin. Vol. 57. — Findet sich einzeln auf den Cykladen. Dagegen ist mir ein wahrer F. eoncolor, auf unserem Gebiete nicht vorgekommen. F. arcadieus, Lindermayer, kenne ich nicht. Aquila fusca, Brehm. Cf. v. d. Mühlen. Ormithol. Griechlds. p- 19. Anm. Nach Exemplaren, die ich in Athen sah, nehme ich keinen An- stand, die problematische Art Brehms, welche bei weit kleinerem Schnabel die starken Fänge des Steinadlers und ein durchaus hell- braunes, lebhaft goldglänzendes Gefieder besitzt, als eigene Art an- zuerkennen.*) Während H. v. d. Mühlen das Vorkommen von A. imperialis in Griechenland zu bezweifeln scheint, muss ich anführen, dass ich diese Art mehrmals todt und emmal lebendig aus dem Parnesgebirge, 4 Stunden nördlich von Athen, erhielt. Aquila fulva. Paarweise in alten und jungen Exemplaren auf allen jenen Cykladen, wo neben geringer Bevölkerung grosse Schaf- zucht getrieben wird. Er legt nur zwei Eier, . . * . . ‚879 *) Ist sicher nicht Brehm’s A. fusea, d. i. eine kleine A. nacvia, B. Naumannia, 1808, 2 13 Milsus niger, Briss. Ist ziemlich häufig in den kleinen Ma- remmen der Cykladen. In Smyrna und Constantinopel zu allen Jah- reszeiten höchst gemein. Milvus parasiticus, Daud. Temm. Man. II. 30. Schlegel Vög. Europ. Tab. 31. — Lev. Ois. d’Afrique. Tom. I. Tab. 22. Hat mit dem Vorigen gar nichts gemein; erscheint im Sommer einzeln und verweilt nur kurze Zeit Weit seltener als der schwarze Milan. Die Farben am Gefieder des alten Männchens sind in Massen vertheilt, der Mantel schwarzbraun, Unterleib und Hosen lebhaft rost- roth mit schwarzen Schaftstrichen. Der Schnabel in seiner ganzen Länge leuchtend hochgelb, schon auf grosse Entfernung dadurch auf- fallend. Füsse und Wachshaut orangeroth. Ephialtes scops., Sav. Gemein auf den Carrubieren und Maul- beerbäumen einzelner Baumoasen der meisten Cykladen. Lässt sich aber nur in tiefer Abenddämmerung und während der Nacht mehr hören, als sehen. Caprimulgus europaeus. Bevölkert zweimal, nämlich im April und Oktober auf seinen Durchzügen die Flussbetten, mit Oleander bebuscht, und vor Allem die Brachäcker. Sonderbar ist es, dass auch auf den Cykladen derselbe Aberglaube über seine nächtliche 'Thätigkeit all- gemein verbreitet ist. Daher sein griechischer Name ßv&aoro«, Sän- gerin. Sonst heisst er auch mAdvog und vuxroßerng. Sein Fleisch ist wohl das Vortrefflichste des ganzen Vogelgeschlechts. Cueulus canorus. Der in ganz Griechenland überall gemeine Kukuk findet sich dortselbst durchaus nur im grauen Kleide. Alauda. Interessant ist es, das sehr verschiedene Verhalten der auf den Cykladen in Massen überwinternden Lerchenarten zu be- achten. . Alauda eristata, zeigt sich nie anders als in Paaren, welche höch- stens auf einige Schritte sich von einander trennen und häufig genug durch einen Schuss erlest werden. Die von Dumoulins |. c. p. 35 eitirte Abart ist die häufigere und scheint eine constante südliche Va- rietät der Haubenlerche darzustellen. Sie wird nicht selten so gross, als eine Wachholderdrossel. .Alauda arborea, zeigt sich in grossen, aus vielen Tausenden bestehenden Flügen, die unstät und im höch- sten Grade scheu über die dürren Haiden und Disteläcker schwär- men; dagegen bildet Alauda arvensis während des Winters kleine Gesellschaften von 4—5 Stücken; niemals grosse Flüge. Ebensowenig 19 mischen sich diese Arten unter einander oder unter die südlichen Speeies Griechenlands. Emberiza Lesbia, Temmink. Manuel d’Ornithologie I. 317. Buf- fon Vol. VI. 322. pl. 656. Fig. 2. Cf. v. d. Mühlen. 1. c. 42. Ist die fragliche Varietät v. E. cia, muss aber als gute Art angesehen werden. Sie ist wohl auf dem Festlande Griechenlands anzutreffen, aber nicht minder auf den Eilanden des Archipels. Passer hispaniolensis, Temm. Manuel Tom I., ist häufig auf den südlicheren Cykladen, und in seiner Lebensweise vom gemeinen Haus- sperling dadurch abweichend, dass «er sich weit scheuer gegen die Menschen benimmt und mehr zum Vogel der Flur als des Hofes ge- worden ist. An eine wirkliche Verschiedenheit von P. eisalpinus glaube ich nicht; dagegen halte ich beide vereint von P. domesticus als Art wohl getremnt. ' Fringilla Petronia. Habe ich auf den Cykladen nur einen be- merkt; daher kann er so gemein, wie ihn v. d. Mühlen am ange- führten Orte angiebt, nicht sein, Corvus. Alle Rabenarten sind in Griechenland, wenigstens auf den Cykladen, als Standvögel zu betrachten, die im Sommer oder Winter keine bedeutende Vermehrung an Individuen zeigen. Die Nebelkrähe ist auf den meisten Inseln an Zahl weit überwiegend; auf Syra dagegen findet sich, vermuthlich der vielen Schlächtereien we- gen, auch der Kolkrabe sehr häufig. Die grögseren Arten sind so frech, dass sie auf Inseln, wo viel Schaf- und Ziegenzucht getrieben wird, der Nachkommenschaft dieser Thiere gefährlich werden, indem sie den kraftlosen Zustand der Mutter unmittelbar nach der Geburt benützend, sich nicht scheuen, das Neugeborene zu tödten und zu verzehren. Bei Athen sieht man häufig ganze Reihen von Kolkraben auf dem Rücken der Schweine sitzen. Motaeilla lugubris. In Uebereinstimmung mit Dumoulins darf ich behaupten, dass sich diese Art auch auf den Cykladen nicht findet. Motaeilla melandeephala. Ist ohne Zweifel eine eigene Aut, welehe mit M. fava durchaus nichts gemein hat und sich an Orten, wo sie sich, wie z. B. auf Mykonos, zahlreich neben der gelben Bach- stelze findet, nie mit ihr vermischt. Analog dem englischen Wagtail, dem französischen hochequeue und dem lateinischen Motaeilla, nennen auch die Griechen Bachstelzen oewovgüdeg — Schwanzrüttler. ” 20 Turdus. Von Drosseln überwintern auf den Cykladen nur Wein- drossel, Singdrossel, Misteldrossel und Schwarzamsel; unter allen ist T. musicus die bei weitem häufigste. x Sawicola saltatrix, Pallas. Zeigt sich auf den Cykladen verein- zelt, aber nicht selten im Frühjahre. Saricola aurita. Sawicola stapazina. Beide Arten während des Sommers auf den trockensten Berghalden der Cykladen höchst ge- mein. Da sie unter einander leben und namentlich jung oder in weiblichen Exemplaren alle denkbaren Zwischenstufen darbieten, auch die Färbung der Kehle nichts weniger als constant genannt werden kann, so stehe ich nicht an, mich der Meinung Bonellis und Marmo- ras anzuschliessen, welche die Arten als Varietät einer zusammen- fassen. . Sazieola lugens, Lichtst. Traf ich selten genug im September auf Mykonos, im März auf Syra, scheint daher zu den Passatvögeln Griechenlands zu gehören. Lanius excubitor. Während des Herbstzuges auf den Cykladen sehr gemein, meist junge Vögel. Temminks Behauptung, die jungen Würger seien dem alten Weibchen gleich gefärbt, findet auf L. ewe- eubitor wenigstens keine Anwendung. Der junge Vogel ist oben erd- grau; Brust und Hals rauchfahl. Bauch schmutzigweiss; alle dunklen Theile sind durch schwärzlich olivenbraune, engstehende Bänder quer gewellt, — ganz wie Dumoulins l. ce. p. 77 den jungen Lanius per- sonatus beschreibt. Lanius meridionali, Temm. Dieser — Um ganz Athen der gemeinste Würger — findet sich auch auf den Cykladen einzeln nicht selten. Nur ausgefärbte Vögel kamen mir zu Gesichte, und zwar während des Sommers, wo man die jungen L. exeubitor nie zu Ge- sichte bekömmt. Dies ein Grund mehr für Verschiedenheit der Arten. Phasianus colehicus. Wurde einmal während des Winters auf Syra geschossen. ” Perdi« graeca. Kettenweise auf allen Bergen der Cykladen, die Insel Syra ausgenommen, häufig. Auf letzterer sind die Steinhühner durch fortwährende Verfolgung der Ausrottung nahe. Perdix einerea. Auf den Cykladen gänzlich unbekannt. Otis tarda. Kömmt in strengen Wintern, welche, beiläufig ge- sagt, seit einigen Decennien sich in Griechenland zu mehren scheinen, 21 einzeln auf den Cykladen an, meistens gegen Winters Ende. Er wurde auf Mykonos, Delos, Syra, Naxos und Paros, sehr selten auf Tenos geschossen, meist jüngere Exemplare, welche wenig oder nichts von der berühmten Wachsamkeit und Scheue der Trappen in Deutsch- land besitzen, dagegen angeschossen sich nicht selten gegen den Jäger wandten. Die Bewohner der Cykladen nennen ihn &yoıoyaAkog oder ayoıöyuhlos, und halten ihn ganz allgemein für den wilden Stamm der auf den Cykladen höchst gemeinen und in der That von der europäischen Race sehr verschieden gefärbten Truthühner. Dieselbe Ansicht über die Trappen soll auch längs der ganzen Küste Dalma- tiens herrschen und erklärt vielleicht den Irrthum mancher, welche das Vorkommen des wilden Truthahns in Dalmatien behaupten oder zulassen. Cf. Temm. Man. Ornith. Suppl. Vol. IV. pag. 313. Porphyrio hyacynthinus. "Sein Vorkommen in Griechenland ist sehr beschränkt und mir mit Sicherheit nur vom See Dystos im Binnenlande yon Euböa und in der Paralimus des Kopaisees be- kannt. Ardea purpurea. Auf den Cykladen während des Frühjahrdurch- zuges sehr häufig, ungleich seltener im Herbste. Die verlängerten Scheitelfedern scheinen spät zu erscheinen, denn ein Anfangs April auf Mykonos geschossenes Exemplar in vollkommener Färbung be- sitzt noch keine Spur davon. Alle Reiher heissen auf den Cykladen Tovyavozodzrng; und es existirt-in Betreff ihrer die Meinung, sie gä- ben durch lautes Rufen in hoher Luft während der Nacht allen übri- gen Zugvögeln das Zeichen zum Aufbruche. Weiter glaubt man, Schwalben, Turteltauben und andere kleine Wandervöge! zögen auf dem Rücken der Reiher sitzend über das mittelländische Meer. Cygnus musieus. Zieht im spätesten Herbste regelmässig über die Cykladen in kleinen Trupps von 3— 8 Stück. Selten fällt er auf einer oder der andern Insel ein. Sula alba, Meyer.- Beweis der enormen Verbreitung mancher Palimpeden ist, dass eine Bassangans, zweijähriger Vogel, im Mai 1853 mitten unter gemeinen Cormoranen bei Vari auf Syra geschos- sen wurde, obwohl jener Winter mild genannt werden konnte. Pelecanus onoorotalus. Yrscheint im Winter regelmässig auf den Cykladen, wo er o«@sz&g heisst, und durchaus nicht so selten ist, als v. d. Mühlen |. ce. p. 133 behauptet. 22 Puffinus Yelkouan. Bullet. d. sc. natur. XVI.-463. Ist der ge- wöhnlichste Sturmvogel des Cykladenmeeres. Es scheint mir sogar dass die meisten, wenn nicht alle in jenen Gewässern gesehenen Nek- tris zu dieser Art, nicht zu N. obscurus zu ziehen seien. P. Yelkouan ist für das Cykladenmeer Standvogel. Larus Michahellü, Feldegg. Höchst gemein in allen Häfen und Gewässern des adriatischen wie des ägäischen Meeres, unterscheidet sich diese stattliche, von Oberst Feldegg getrennte Möve ebenso- wohl von der Silbermöve, als von L. cachinnans, Pallas. Sie ist von Dumoulins I. ec. p. 142 sehr genau und richtig beschrieben. Die Uebernachtungs- und Brütplätze dieser Möve, die man zu allen Jah- reszeiten, obwohl Win ers in grösserer Anzahl sieht, sind nicht die grössern Cykladen, sondern kleine, aus dem Meere auftauchende Riffe in der Nachbarschaft grösserer Eilande. An dieser Art bewährt sich vollkommen der italischen Seeleute Wort: Cocalli in porto, fortuna in mare. Sie erreicht vollkommen die Grösse von Larus marinus. — Weiters erscheinen ausser den von Dumoulins ange- führten Arten auch Z. Audouini, Payr. und ZL. tenuirostris, Temm., im ägäischen Meere, letztere Art nicht eben selten. Sterna caspia. In kleinen Flügen während des Frühjahres auf dem Cykladenmeer, wo sie wöyog heisst. Sterna nigra. Ich sah einen Flug Anfangs Juni zwischen My- konos und Syra. auf offener See; daher als Standvogel für unser Ge- biet zu betrachten. Circus pallidus, Sykes. Diejenigen unter den regelmässig im Herbste durch die Cykladen wandernden Vögel, welche, gleich die- ser neben C. aeruginosus in Griechenland häufigsten Weihe, eine be- deutende und von Wind und Wetter verhältnissmässig weniger ab- hängige Flugkraft besitzen, sind besonders durch ihr Erscheinen und Verschwinden geeignet, auf die Art und Weise, wie die Zugvögel ihre Wanderungen vollbringen, ein bedeutungsvolles Licht zu werfen. Weitverbreitet — auch unter den Bewohnern des Archipels — ist die durchaus irrige Ansicht, dass die wandernden Vögel mit dem Winde, d. h. seiner Direction folgend, ihre Reisen antreten und zu Ende führen. Es ist aber durchaus das Gegentheil der Fall, weil die unter die schuppenförmig übereinanderliegenden Federreihen eindrin- gende Windsäule das Gefieder emporsträuben und dadurch nicht allein dem Vogel das Gefühl empfindlicher Kälte verursachen, son- 23 dern auch in Folge zu vieler Widerhaltspunkte des vorwärtsstossen- den Windes ein festes und richtiges Steuern geradezu unmöglich machen würde. Wem dies minder klar scheint, der kann sich sehr leicht eine Ueberzeugung verschaffen, wenn er unsere verschiedenen Hühnervögel und Tauben auf einem freien Platze vor dem Winde laufend betrachtet. Wenn es diesen Vögeln, obgleich durch die Ze- hen an der Erde festgehalten und gestützt, unmöglich ist, vor dem Winde zu gehen, so wird es einem Vogel, der nicht etwa die Flug- kraft eines Adlers oder Albatros hat, geradezu unmöglich sein, vor den heftigen Etesial-Stürmen, wie sie zur Wanderzeit über das Mit- telmeer brausen, einherzufliegen, ohne durch die bedeutende Wucht, die sich in tausend Federn fängt, zu Boden geworfen oder gänzlich verschlagen zu werden. Deshalb warten alle Wandervögel, um sich zum Erheben in die Luft zu entschliessen, einen mässigen und etwas schief auf ihre Brust auffallenden Gegenwind ab, etwa so, dass die im Herbste von Nord nach Süd eilenden sich mit Südostwind erheben, um nach Aegypten, und mit Südwestwind, um nach Anatolien zu gelangen; weil dann der von vorne und schräge auffallende Luftzug ihr Gefieder glättet und es ihnen leicht macht, bei dem Mangel an einzelnen Widerhalten an den Ort ihrer Bestimmung zu gelangen. Tritt aber während ihrer Luftreise plötzlich eine Veränderung des Windes ein, die demselben eine der ihrigen gleichlaufende Direetion mittheilt, so sind sie ge- zwungen, auf dem nächsten über die Meeresfläche hervorragenden Punkte in Massen einzufallen, um sich vor dem Tode des Ertrin- kens zu sichern. Deswegen findet man auf den Cykladen während des Herbstzuges die Wandervögel bei Nordwind, d. h. nicht, weil sie mit dem Nordwinde gewandert, sondern weil sie während ihrer Reise vom Nordwinde auf offener See überrascht wurden. Sind es nun Vögel von bedeutender Flugkraft, die mit Wind und Wetter zu rin- gen vermögen, wie Weihen, Ohreulen und andere mittelgrosse Raub- vögel, so halten sie sich dem Drange gemäss, der alle Vögel beseelt in ihren Winterquartieren anzulangen, nur so viele Zeit in ihrer nothgedrungenen Herberge auf, als die Ungunst der Luftrichtung zu gross ist, um durch ihre Kräfte überwunden. werden zu können. Und #0 sah ich mit eigenen Augen am 19. September 1854 in der Ebene von Delagratia auf Syra an einem Tage, wo bei heftigem Nordwinde auffallend viele Exemplare von Circus pallidus geschossen worden 24 waren, als durch ein plötzlich entstandenes Gewitter der Wind rasch von Norden nach Süden umsprang, Schaaren von Hunderten dieser Weiher, wie auf gemeinsame Verabredung ebenso plötzlich sich aus allen Feldern, Gräben und Haiden erheben, um im schnellsten Fluge dem offenen Meere zuzusteuern. Kleinere Vögel oder mit kürzeren und schwächeren Schwingen begabte, wie Wachteln, Rothfussfalken, Wiedehöpfe u. dergl. dagegen, erheben sich, wenn sie einmal einge- fallen sind, selbst bei günstigem Winde, d. h. beim Eintritt einer ent- gegengesetzten Luftrichtung, nicht sogleich, sondern immer erst nach Tagen, sei es, dass sie Misstrauen in den Bestand der für sie gün- stigen Verhältnisse setzen, oder dass ihre zu sehr erschöpften Kräfte einer längern Erholung bedürfen. Diese ‚sind es auch, welche, sobald sie auf dem Meere durch Rückenwind oder, was dasselbe ist für sie, durch einen heftigen Sturm überrascht werden, gezwungen sind, sich in Todesangst nicht allein an jede etwas über das Meer erhabene Klippe, sondern selbst an die Masten und Raaen segelnder Schiffe zu klammern. * Coccothraustes vulgaris. Wie sehr durch unvorhergesehene Er- eignisse, namentlich durch die Ungunst der Witterung, in manchen Jahren die Vögel zu Auswanderungen gezwungen werden, bewies in dem für Deutschland und den grössten ‘Theil Europas äusserst stren- gen, dagegen in Griechenland und namentlich auf den Cykladen bei- “ nahe milde zu nennenden Winter von 1855, das Auftreten einer gan- zen Gruppe von sonst in diesen Breiten unbekannten Vögeln, näm- lich den dem höhern Norden Europas angehörenden dicksehnäblichen Finken und Kreuzschnäbeln. Nicht allein waren Weibchen und jün- gere Vögel von Fringilla rubicilla so gemein, dass sie als Speise auf den Markt gebracht wurden, sondern man schoss auf den Bergen von Syra sogar Kernbeisser, welche v. d. Mühlen, der jahrelang in dem weit kälteren Rayon der Hochebenen des Peloponnes, wie Tripolizza gesammelt, nur sehr selten auf diesen im Winter schneeverhüllten Berghalden traf. Noch mehr aber überraschte noch das Erscheinen wirklicher Kreuzschnäbel, nämlich der Lowia eurvirostra und pityo- psittacus, davon ich junge Vögel auf dem Markte von Syra sah; und wenn auch anzunehmen ist, dass sich das Vorkommen dıeser Arten nur sehr ausnahmsweise in besonders strengen Wintern wiederholen dürfte — so glaubte ich dennoch, es hier erwähnen zu müssen, um den Beweis zu liefern, wie weit die Grenzen zu ziehen seien, in die . 25 unter Umständen das Vorkommen einer Vogelspecies eingeschlossen ist. Im selben Winter erschienen übrigens auf sämmtlichen Cykladen Schaaren von erwachsenen Trappen, während diese sonst nur ver- - einzelt und in ganz jungen Exemplaren sich auf diesem Terrain zu zeigen pflegen; und die Erlegung einer Eisente auf dem hier nicht zu berührenden Euboea beweist, dass so zu sagen alle Generationen der nordischen Vogelwelt im besagten Winter zu einer Apodemie gen Süden gezwungen waren. Falco dichrous, Erh. Auf den kleinen, von Menschen nicht bewohnten Inseln, Tra- gonisi und Slapodia, wenige Meilen südöstlich von Mykonos im Cykladenarchipel gelegen, nistet in grossen Kolonien eine dem Wan- derfalken nahestehende, wahrscheinlich spezifisch verschiedene Falken- art, deren Abbildung und Beschreibung folgt. - Falco L. Hierofalco, Cuv. Falco diehrous, mihi. Tab. III. Die Grösse und die gesammten Körperverhältnisse sind viel un- bedeutender als bei F. peregrinus, kaum stärker, als die des europäl- schen F, subbuteo. Ganze Länge des ausgewachsenen Männchens 13”, Spannweite 30. — h Totale Färbung der ganzen Unterseite vom Kinnladenwinkel bis zum Stoss, die Bürzelfedern eingerechnet, lebhaft rostroth, etwa wie die Hosen des Baumfalken gefärbt mit oben breiteren, in der Gegend der Schenkelfedern lineal werdenden Längsflecken. Kinnbartfleck breit, dunkelbraun; Zeichnungen der Unterkörperhälfte rauchbraun. Steuerfedern auf der Innenseite mit 10—12 verwaschen vostfahlen Querbinden auf blass rauchbraunem Grunde, innere Flügeldeckfedern rostgelb gesäumt, die unterste Lage verwaschen rostfahl getropft. Die ganze Oberseite des Körpers vom Scheitel bis zum Stossende einfar- big rauchbraun, ohne Spur vonwandersfarbiger Ränderung der einzel-' nen Federn; Nackenfedern unbedeutend gesträubt. Parapterum und Handschwingen auf der Aussen- und Innenseite gleichgefärbt, rauch- braun. Die Flügel erreichen das Stossende bis auf '/,". Schnabel blau mit schwarzer Spitze, breit und sehr kurz; Zahn etark aber nicht spitzig. Augenkreis gross, nackt, warzig, bläulich- weiss, Hosen stark; Mittelzehe von der Länge des Tarsus; Füsse 26 und Zehen blassgelb, Krallen schwarz. Füsse und Zehen verhältniss- mässig sehr schwach, die Krallen kürzer als die des Sperbers. Von sämmtlichen Handschwingen besitzt keine eine quer abge- stutzte Fahne, ein Charakter, welcher in Verbindung mit der total von jeder Altersstufe des Wanderfalken verschiedenen Färbung, der bedeutend mindern Statur, namentlich in den Verhältnissen der Zehen und Krallen, endlich unterstützt durch die sehr verschiedene Brüte- zeit, die Aufstellung einer neuen Art rechtfertigen dürfte. Den Na- men habe ich so gewählt, weil sich im ganzen Gefieder dieses Falken nur zwei Farben finden, rostroth und rauchbraun. Er nistet wie bereits erwähnt, in grossen Kolonien auf Trago- nisi und Stapodia, auch auf einigen benachbarten isolirten Klippen im Meere — jedoch nicht oder doch nur sehr einzeln auf den. grös- seren, von vielen Menschen bewohnten Inseln. Die Bewohner von Mykonos nennen ihn Beoßezı, und nehmen alljährlich die Nestvögel als eine zwar sehr fette aber übelriechende Speise in Menge aus. Die jungen Vögel kriechen Anfangs September aus dem Ei und tragen am Ende dieses Monats noch die Dunen. In erster Färbung nach dem Dunenkleide ist der Vogel auf dem Rücken erdbraun, jede Feder mit rostgelbem Rande; auf dem Scheitel liegt ein breiter rost- fahler Fleck. Die ganze Unterseite vom Kinnwinkel bis zu den Bür- zelfedern inclusive schmutzig rostroth, die Flecken längsständig ver- waschen; der Backenbart breiter, als am erwachsenen Thiere; Füsse gelblich graugrün. Von Tragonisi streift dieser Falke auf die benachbarten grössern Inseln, geht aber nie in die Ebene herab, sondern schwankt bestän- dig über den höheren Kuppen, um mit einem für seine geringe Grösse und schwache Bewaffnung erstaunenswerthen Muthe auf Wür- ger, Felsentauben und selbst Steinhühner herabzustossen. Im Fluge sieht er vollkommen schwarz wie ein Rabe. Zu dieser Art scheint mir der Vogel zu gehören, den H. v. d. Mühlen, Beitr. Ornith. Griechenl. p.13, als Varietät des Baumfalken beschreibt. Der abgebildete Vogel ist übrigens ein vollkommen ausgefiedertes Männchen, wie theils die Entwicklung der Zeugungs-Organe, theils die gleichartig vollendete Färbung beweist. 27 Nr. 2. Leber den Zug der Vögel in Neu-Vorpommern, nebst einigen Mittheilungen aus meinem Jagdtagebuche zusammengetragen, Von Dr. Gustav Quistorp in Greifswald. Obgleich seit beinahe 30 Jahren passionirter Waidmann und stets von Interesse für Ornithologie erfüllt, glaubte ich jedoch lange nicht, dass das, was ich auf meinen Jagdexpeditionen von der Vogel- welt hiesiger Provinz beobachtet, von Nutzen für die Wissenschaft und der Mittheilung werth sei. Erst als vor einigen Jahren berühmte Ornithologen öffentlich den Wunsch äusserten und auf den Nutzen hinwiesen, den die Wissenschaft von Beobachtungen und Mittheilun- gen über den Zug der Vögel, deren Ankunft, Abzug, sowie ihr son- stiges Verhalten dabei, aus den verschiedenen Theilen Deutschlands und Europas gesammelt, ziehen würde, fasste ich, da ich den grössten Theil des Jahres, namentlich den Frühling und Herbst, dem edlen Waidwerk obliegend, in der freien Natur verlebe, den Entschluss, möglichst genaue Beobachtungen, namentlich über den Zug der Vögel anzustellen, um dieselben alsdann geordnetin den omithologischen Blät- tern mittheilen zu können. Gewiss eignet sich die Provinz Neu-Vor- pommern nicht schlecht für derartige Beobachtungen, da einestheils ihre Lage dem scandinavischen Reiche gegenüber, nach welchen sich ja ein so grosser Theil der Zugvögel begiebt, um dort zu brüten, anderntheils ihre Lage unmittelbar am Strande der Ostsee, nament- lich im Frühlinge bei widrigen Winden und ungünstigem Wetter eine grössere Anhäufung und längeres Verweilen der Zugvögel noth- 28 wendig zur Folge hat. Im Herbste finden sich alsdann noch an un- serer Küste unzählige Mengen nordischer Seevögel ein, um den Winter in dem milden Klima und den von Eis befreiten Gewässern hiesiger Gegend zu verleben und bis spät in den Frühling hinein zu verweilen, wobei es nicht ausbleiben kann, dass manch seltener Vogel geschossen resp. gefangen und manche mittheilenswerthe Beobachtung gemacht wird. Und da überdies mein Wohnort Greifswald ist, wo- hin durch die Anwesenheit des zoologischen Museums, dessen Quel- len mir sehr bereitwillig zur Benutzung dargeboten sind, eine so grosse Anzahl der in hiesiger Provinz gemachten Beobachtungen ge- langt, so hoffe ich wenigstens dann und wann Mittheilungen machen zu können, die für die Ornithologie nicht ohne Werth und Interesse sind. Meine genauern und umfassenden Beobachtungen beginnen frei- lich erst seit dem Frühlinge des Jahres 1855, doch habe ich seit 7 Jahren ein Jagdtagebuch geführt, aus welchem wenigstens über die den Waidmann am meisten interessirenden Vögel, wie Waldschnepfen, Krammetsvögel, Bekassinen, Enten, Wachteln, Rebhühner ete. man- ches ersichtlich ist und sich mittheilen lässt. Ich beginne daher mit dem Frühlinge des Jahres 1850. Nachdem der Herbst des Jahres 1349 eine schr grosse Menge Waldschnepfen, namentlich in der letzten Woche des Oktober und der ersten des November, sowie auch viele Bekassinen auf dem Zuge nach. dem Süden hatte durchpassiren lassen, hofften wir eifrigen Waldschnepfenjäger auf eine sehr ergiebige Jagd im Frühlinge 1850. Aber der ganze Monat März verging bei etwas kühler Witterung, und Waldschnepfen wurden nur in sehr geringer Menge gefunden. Erst nachdem in den ersten Tagen des April noch ein bedeutender Schneefall mit grosser Kälte stattgehabt und der Schnee 5 Tage lang den Erdboden ziemlich hoch bedeckt hatte, brachte der darauf fol- gende Südwind von Regen begleitet, die lange ersehnten Zugvögel in grösserer Menge, und 14 Tage lang war die Jagd auf Waldschnepfen sowohl, als auf Krammetsvögel sehr ergiebig, zumal da die Wärme der Luft von Woche zu Woche bedeutend stieg, so dass in der letzten Hälfte des April im Walde schon eine unerträgliche Hitze herrschte, bei welcher diese Zugvögel ausserordentlich gut aushielten. 29 1851. Im Frühlinge dieses Jahres kam nur eine sehr spärliche Anzahl von Waldschnepfen durch hiesige Provinz; von allen Seiten hörte man Klagen über schlechte Jagd. In meinem Tagebuche finde ich keine genauen Angaben über den Zug. Vom 10. Juli bis gegen die Mitte des August hielt ich mich im Seebade Heringsdorf nahe bei Swinemünde auf der Insel Use- ‚dom auf, schoss auf meinen Jagden von dort aus nur Anas boschas, L. und querquedela, L., in ziemlicher Menge, sowie mehrere Reiher, (Ardea einerea, Bechst.) und Rohrdommeln (ardea stellaris, Bechst.), einige Halsbandregenpfeifer (Charadrius Hiatieula, L.), und Möven (Larus canus, L.), sowie auch Meerschwalben (Sterna hirundo, L.). Von letzteren nistet am sogenannten Kachlinds-Bache, einem von Wiesen umgebenem kleinen Bache, eine unzählige Menge; die Eier derselben werden von den Bewohnern der Umgegend gesammelt, und man hat die beste Gelegenheit zu beobachten, wie schr die Eier in Farbe und Gestalt unter sich verschieden sind. Ich hoffte von He- ringsdorf aus eine Menge Cormoranscharben (Carbo Cormoranus, Mey.) schiessen zu können, da ich wusste, dass dieselben eine Reihe von Jahren auf dem zur Pudayleder Forst gehörigen sogenannten „langen Berge“, einer unmittelbar am Strande der Ostsee, eine halbe Stunde von Heringsdorf gelegenen und mit den schönsten Buchen bewachse- nen Anhöhe gehorstet, nachdem sie die ‚vorher dort nistenden Reiher von ihren Horsten vertrieben und dieselben in Besitz genommen. Leider aber waren die sämmtlichen Cormoranscharben im Jahre 1850 von der Insel Usedom abgezogen und hatten sich auf der Insel Wol- lin in der Nähe des Badeortes Misdroy angesiedelt, nachdem in jedem Sommer eine grosse Menge der jungen Vögel von den Horsten, bevor sie flugbar wurden, von den Bäumen heruntergeschossen worden waren. So sehr ich den Abzug dieser Vögel bedauerte, so glücklich waren die Fischer dortiger Gegend über denselben und ge- wiss mit vollem Rechte, denn es giebt wohl keinen Vogel, welcher den Fischen der Gewässer, in deren Nähe er in so grosser Anzahl brütet, grössern Schaden zuzufügen, dieselben mehr zu lichten im Stande ist ale, die Cormoranscharbe. Ihre Gefrässigkeit lässt sich nur mit der des Lämmergeiers der Alpen vergleichen, und es ist sehr häufig. vorgekommen, dass Vögel erlegt wurden, welche, obgleich 30 ihnen das eine unverdaute Ende eines grossen Aales Magen und Hals füllend und bis in die Kehle hinaufreichend dort steckte, den- noch schon wieder weiter fischten. Aale gehören überhaupt zu ihrer Lieblingsnahrung, und da diese Vögel ausserordentlich geschickte Taucher sind, so wird der Aalfang für die Fischer sehr bald ein schlechter in einer Gegend, wo Cormorane sich in grösserer Menge angesiedelt. Ich glaube, die grosse Gefrässigkeit, das grosse Nah- rungsbedürfniss dieser Vögel ist auch die Ursache, weswegen sie von Zeit zu Zeit ihren einmaligen Wohnsitz verlassen und in eine andere Gegend übersiedeln müssen. So hörte ich, als ich im Jahre 1856 mich wieder zur Badezeit in Heringsdorf aufhielt, dass dieselben da- mals auch schon die Insel Wollin wieder verlassen und dass Niemand wisse, wohin sie gezogen und wo sie sich jetzt angesiedelt hätten. Vielleicht dass auch das alljährliche Tödten einer bedeutenden Menge von den noch nicht flugbaren Jungen in der Nähe und auf den Hor- sten sie schliesslich verdriesst und zum Abzuge bestimmt. Wenn die Cormorane die Nester der Reiher verlassen, säumen diese nicht von denselben wieder Besitz zu nehmen, wenigstens ist es so mit den Horsten auf dem „langen Berge“, wo jetzt diese letztern wieder in grosser Anzahl nisten. Es giebt aber auch wohl nirgends einen für ihren Aufenthalt und für ihre Aesung günstigeren Ort, da nicht blos der Strand, sondern eine Menge kleinerer und grösserer Landseen ihnen die bequemste und beste Gelegenheit zum Fischen bietet. Der Sommer war wegen seiner häufigen und heftigen Regen- güsse den Rebhühnern und Wachteln während ihrer Brütezeit, sowie auch der jungen Brut nicht günstig gewesen; ich schoss deshalb im Herbste nur einige 50 Rebhühner, zumal da die Jagd auf Bekassinen, Stummer und kleine Wasserhühner (gallinul«e porzana, Lath.), sehr ergiebig war und reichlichen Ersatz für die schlechte Rebhühnerjagd bot. Die so interessante Jagd auf Bekassinen beginnt in hiesiger Provinz schon in der zweiten Hälfte des Juli und dauert bis in den November hinein, so dass namentlich in nassen, regenreichen Jahren, in welchen man auf allen etwas unebenen Wiesen und namentlich in allen Torfmooren sehr viele Bekassinen sowohl, wie auch Stummer findet, eine grosse Menge derselben zu schiessen ist. Die sogenannte Doublette (scolopa® major, L.), findet man in nassen Jahren viel sel- tener als in trockenen, dieselben werden hauptsächlich im August und sl höchstens der ersten Hälfte des September gefunden und haben fast immer auf den Wiesen ihre besonderen Lieblingsstellen, wo man sicher ist, sie zu finden. Je später im Herbste, desto feister sind die Bekassinen, so dass ich häufig gegen Ende October und im Anfang November noch so feiste Schnepfen geschossen habe, dass sie an Grösse den Doppelschnepfen nichts oder wenig nachstanden. Das ist auch wohl der Grund, dass man selbst in so später Zeit, bei schon recht kaltem Wetter noch recht glückliche Jagden auf Bekassinen machen kann, denn die recht feisten halten selbst dann noch gut aus. 1852. Am 20. März wollte ich sehen, ob schon Waldschnepfen ange- kommen wären; ich ging Nachmittags ins Holz, um noch einige Stunden hindurch auf den besten Stellen zu suchen und dann auf dem Zuge zu bleiben. Beim Suchen fand ich auch eine Schnepfe, doch war dieselbe schr scheu, so dass ich sie nicht schiessen konnte. Auf dem Zuge sah und hörte ich nichts von Schnepfen. Am 24. März suchte ich vergeblich ein recht grosses Revier ab; ich fand dort keine Schnepfe; am 30. aber fand ich schon drei, von denen ich zwei schoss. Bis zum 15. April fand ich täglich einige oder mehrere Schnepfen, doch war die Anzahl derselben sehr gering, in Betracht, dass die beste Zeit des Zuges schon gekommen und bei den fortwährend günstigen westlichen und südlichen Winden die Luft eich schon sehr erwärmte, auch die übrigen Zugvögel alle sich nach einander einfanden; da kam aber plötzlich vier Tage lang eine sehr heftige Kälte mit Nordostwind und begleitet von starkem Schneefall. Wunderbarerweise hatten in diesen Tagen gerade in vielen Revieren ausserordentlich viel Schnepfen gelegen und auch nach beendigter Kälte fand man bis gegen Ende des April noch viele Waldschnepfen, sowie in den Torfmooren auch sehr viele Bekassinen und namentlich Staaren. Krammetsvögel blieben bis in die Mitte des Mai in grosser Anzahl hier und waren in Menge zu schiessen, da die Witterung nach beendigter Kälte schr bald recht warm wurde und die Vögel sehr gut aushielten. Durch obige Mittheilung, dass nämlich bei den herrschenden westlichen und südlichen Winden die Waldschnepfen nur sparsam hier eintrafen, dass aber gerade der plötzliche Umsatz des Windes nach Nordost eine so bedeutende Menge derselben brachte, werden 32 vielleicht manche Beobachter in ihrer Ansicht, dass alle Zugvögel, wie auch Tschudi zu behaupten geneigt scheint, lieber gegen den Wind an ziehen als mit demselben oder mit halbem Winde, sich be- stärkt finden. Ich meinestheils und wohl die meisten Jäger hiesiger Provinz sind ganz entgegengesetzter Ansicht, nicht blos in Bezug auf Waldschnepfen, Krammetsvögel, Bekassinen, Kibitze, Staare, Tauben, Wasserhühner, sondern in Bezug auf die Zugvögel. Nur zu oft hat derjenige, welcher im Frühlinge Tag für Tag nach Wald- schnepfen sieht, Gelegenheit zu beobachten, dass namentlich im An- fange des Zuges, so lange conträre Winde, das heisst, so lange Ost- ‚und Nordwinde wehen, von Waldschnepfen, Krammetsvögeln und Bekassinen, sowie andere Zugvögel nur äusserst wenige ankommen, so dass so gut wie gar kein Zug stattfindet. Wenn in Frühjahren, wie es hier häufig der Fall ist, der Ostpassatwind den Märzmonat hindurchweht, wobei gewöhnlich die Nächte hell und etwas kalt sind, so kann man sicher sein so gut wie gar keine Krammetsvögel, Bekas- sinen, Waldschnepfen ete. zu finden; sowie aber der Wind nach Süden oder Westen umsetzt, beginnt sogleich der Zug, zumal, wenn dunkle Nächte mit Regen sich einstellen, was auch gewöhnlich bei diesem Wechsel des Windes der Fall ist. Schon nach der ersten dunklen regnichten Nacht mit Süd- oder Westwind findet man am andern Tage sicher Waldschnepfen und Krammetsvögel, nach denen man während des herrschenden Ost- oder Nordwindes vergeblich Wochenlang gesucht hatte, selbst, wenn auch schon ein Theil des April darüber hingegangen war. Dies war z. B. in den beiden Jah- ren 1855 und 1857 auf eclatante Weise der Fall. Dass, wenn durch westlichen oder südlichen Wind bei dunklen regnichten Nächten im Frühling schon ein grosser Theil der Schnepfen in hiesiger Gegend angekommen ist, man auch an den Tagen, wo Ost- oder Nordwind weht, noch täglich Schnepfen findet, kann nicht Wunder nehmen, da diejenigen Schnepfen, welche in grösseren Revieren liegen, auf dem Striche oft wieder an Stellen einfallen, wo man am Tage zuvor keine gefunden, oder diejenige, welche dort lag weggeschossen; mög- lich auch, dass wenn der Wind nicht heftig entgegenweht, die Zug- vögel kleinere Flüge des Nachts unternehmen; dass diese Zugvögel aber den conträren Wind sich zum Weiterziehen grade wählen sollen, ist jedenfalls ein Irrthum, denn aus der langen Reihe von Jahren, wo ich der schönen Waldschnepfenjagd mit grosser Passion gehuldigt, 33 ist mir ausser obigen Fällen nicht ein einziger bekannt, wo ich nach einer Nacht, in ‘welcher Nord- oder Ostwind geweht, am andern Tage viel Schnepfen gefunden hätte. Ich habe in den Jahren von 1834 bis 1845 oft an einem Tage 10 — 12 Waldschnepfen und mit einem Freunde zusammen im Jahre 1838 einmal 25 geschossen, welche Zahl sich gewiss um die Hälfte vergrössert hätte, wenn nicht während drei Stunden uns alle Munition gefehlt, die wir erst von der nahegelegenen Stadt aus durch einen Boten mussten nachholen lassen; aber stets waren es Tage, an welchen in der Nacht vorher Süd- oder Südwestwind, am liebsten mit Regen geweht hatte. Alle alten Waldschnepfenjäger hiesiger Provinz sehen auch des Morgens beim Ausgehen gleich nach der Richtung des Windes und verspre- chen sich nur eine gute Jagd, wenn der Wind in der Nacht südlich oder westlich war. Dass im Jahre 1852 grade mit Nordostwind so viele Waldschnepfen hier ankamen, hatte wohl allein darin seinen Grund, dass in der ersten Nacht der Wind noch ganz still war, der Himmel sich nur bewölkte und ein ganz unbedeutender Schneefall stattfand, was diejenigen Zugvögel, welche in den vorigen Nächten mit den südlichen und westlichen Winden sehr nahe gerückt waren, nicht hinderte, in dieser dunklen Nacht ihren Zug fortzusetzen und in den Hölzern hiesiger Gegend einzufallen. Als nun das Wetter so sehr kalt wurde, blieben natürlich die Zugvögel auf der Stelle, wo sie waren, so dass man diejenigen Schnepfen, welche nicht ge- schossen wurden, alle Tage wiederfand. Ich habe es oft beobachtet, dass, wenn bei südlichen und westlichen Winden Schnepfen in ein Revier gekommen waren, bei plötzlich eintretendem Winde aus Osten oder Norden auch nicht eine einzige Waldschnepfe zugezogen kam, so dass, wenn man in einem Reviere sämmtliche Schnepfen nach und nach geschossen hatte, und der Wind nicht nach Süden oder Westen umsetzend neue brachte, man sich genöthigt sah, die Suche in einem andern Reviere fortzusetzen, in welchem bis dahin noch keine Schnepfen geschossen waren; in einem solchen konnte man dann wieder eine reichliche Anzahl Waldschnepfen finden, während in in dem zuerst beschossenen vielleicht keine einzige mehr zu finden war. Im Herbste verhält sich die Sache so, dass man Bekassinen sowohl wie auch Waldschnepfen und Krammetsvögel ete. in hiesiger Gegend an zahlreichsten findet, wenn Ost- und Nordwinde wehen am liebsten» mit Nebel oder Regen verbunden, und ich entsinne mich Naumannla 189. 3 34 vieler Fälle, wo im Herbste namentlich von Waldschnepfen unge- heure Mengen in den Hölzern gefunden wurden, es waren aber stets Tage in der letzten Hälfte des October oder im Anfange No- vember, in denen der Wind kräftig aus Norden oder Osten wehte. Aus allen diesen Beobachtungen hat sich bei mir, und ich weiss bei der grössten Anzahl der Jäger hiesiger Provinz, die Ansicht fest begründet trotz alles Theoretisirens von anderer Seite, dass der Zug der Vögel im Frühling hauptsächlich und am liebsten bei Süd- und Südwestwind, im Herbste dagegen bei Ost- und Nordwind vor sich geht, zumal in trüben und regnichten Nächten bei all den Zugvögeln, welche ihren Zug des Nachts vollführen. Die schöne und interessante Waldschnepfenjagd ist übrigens, in den letzten 10 Jahren namentlich, ausserordentlich schlecht und wenig ergiebig geworden, in hiesiger Provinz wie wohl überall. Ihre Blüthezeit war in den 20ger und 30ger Jahren, wo es einem guten Schützen und eifrigen Jäger bei täglichem Suchen in einem guten Reviere sehr wohl möglich war, während der Frühlingszugzeit 150 — 200 Waldschnepfen auf der Suche allein zu schiessen. Noch vom Jahre 1837 ab bis gegen das Jahr 1845 konnte man 80 — 100 Schnepfen im Frühlinge schiessen; seit dieser Zeit aber hat sich die Zahl der Schnepfen, welche durch hiesige Provinz ziehen, von Jahr zu Jahr immer mehr verringert, so dass jetzt ein einzelner Jäger, welcher in einem guten Reviere täglich sucht und auch wohl den Striehzug noch mitbenutzt, froh ist,_ nach beendigter Zeit seine 25 — 30 Scehnepfen geschossen zu haben. In frühern Jahren dauerte der Durchzug der Waldschnepfen und somit die Jagd auf dieselben auch viel längere Zeit, denn man konnte sicher sein, bei irgend gün- stigem Wetter schon vor Anfang März an Waldschnepfen zu finden und vor Ende April war selten die Jagd auf dieselben geschlossen; während in den letzten 5 — 6 Jahren höchstens in 14 Tagen der ganze Zug beendet ist. — Die meisten Waldschnepfen waren von jeher in den Hölzern unmittelbar an der Küste zu schiessen, in denen sich oft grosse Mengen derselben vor ihrem Abzuge nach Schweden ansammeln; namentlich .ist dies in den grossen Waldungen des nord- östlichen Theiles von Rügen, auf der Halbinsel Jasmund der Fall. In diesen Wäldern wurden in den 20ger, 30ger und 40ger Jahren dieses Jahrhunderts ungeheure Mengen Waldschnepfen geschossen, denn ein einzelner Jäger schoss sehr leicht 30 — 40 Schnepfen an eb 35 einem Tage, und es fanden sich bis in die letzten Jahre stets zahl- reiche Jäger dort zur Schnepfenjagd ein. In neuester Zeit ist auch dort die Jagd so wenig ergiebig gewesen, dass im Jahre 1857 es einem Jagdfreunde von mir, einem eifrigen Jäger und sehr fertigen Schützen, nur möglich war, innerhalb 14 Tagen 35 Waldschnepfen zu schiessen, die noch vor 10 Jahren dort sehr leicht an einem Tage geschossen wurden. In neuester Zeit wird in hiesiger Provinz auch im Herbste viel auf Waldschnepfen gesucht, doch eignen sich nur diejenigen Hölzer dazu, welche nicht wegen zu dichten Laubes am Schiessen hinderlich sind, also namentlich dichte Kiefernwaldungen, namentlich solche, welche mit vielen jungen Eichen durchwachsen sind; in diesen findet man auch die meisten Schnepfen, wahrscheinlich weil alle die jungen, in Skandinaviens unendlichen Kiefernwäldern ausgebrüteten Schnepfen nur solche kennen oder doch am meisten lieben gelernt haben. Die Herbstjagd fällt oft sehr günstig aus, nur muss man sich ja hüten, nicht zu früh mit derselben zu beginnen und dieselbe zu früh zu beendigen, da man sich stets bewusst bleiben muss, dass erst in der letzten Hälfte des October und in der ersten Hälfte des November, je nachdem in Skandinavien der Winter früh’ oder spät beginnt, der Hauptzug stattfindet und die Jagd am ergiebigsten ist. In Bezug auf den Frühlingszug durch die Insel Rügen muss ich noch das bemerken, dass die beste Zeit etwa volle 14 Tage -später fällt als in hiesiger Gegend. Wenn hier am 10.—15. April die Jagd auf Waldschnepfen meistens als geschlossen zu betrachten ist, beginnt dieselbe auf Jasmund erst dann und die Oberförster der Stubbnitz machen diejenigen Jäger, welche von ausserhalb sich bei ihnen zur Waldschnepfenjagd anmelden, meistens darauf Aufmerksam, ja nicht zu früh zu kommen, da von Mitte April bis zum Ende desselben die beste Jagdzeit dort erst sei. Danach zu schliessen, müssten diese Zugvögel auf ihrem Frühlingszuge also sehr langsam vorwärts gen Norden rücken. Oder sollten andere Ursachen hierbei obwalten ? Der Herbst des Jahres 1852 bot eine sehr ergiebige Jagd auf Rebhühner, denen das Sommerwetter zu ihrem Brutgeschäfte sehr günstig gewesen war. Nachdem ich im Juli und August wieder einen längeren Aufenthalt im schönen Heringsdorf genommen, bei welchem ich aber nur Vögel derselben Gattungen wie im Jahre 1851 schoss, konnte ich im Herbste weit über 100 Rebhühner, zugleich aber auch Er 36 recht viele Bekassinen und eine grosse Menge Wachtelkönige (Crex pratensis, Bechst.), von denen alle Wiesen voll waren, schiessen. In den ersten Tagen des November fanden einige meiner Jagdfreunde in benachbarten Revieren grosse Mengen Waldschnepfen, namentlich an 2 Tagen, bei kaltem nebeligem Wetter mit Nordost- und Ostwind; ich selbst fand und schoss in diesen Tagen recht viele Bekassinen, die grösstentheils sehr feist waren und gut aushielten. 1853. Der Januar dieses Jahres verlief meist unter anhaltendem Regen- wetter und erst im Februar trat Frost und Kälte ein, es fing an zu schneien und schneiete so viel, dass um die Mitte dieses Monates schon ellenhoher Schnee lag, welcher auch bis gegen Ende März lie- gen blieb. Während dieser Zeit wurden auf den nicht zugefrorenen Bächen und Flüssen viele Enten, meist Anas boschas, L. geschossen, doch auch ein Exemplar von Mergus albellus, L. Am 6. April ging ich zum ersten Male ins Holz, um auf Wald- schnepfen zu suchen, fand aber noch zu viel Schnee vor. Am 7. und 8. regnete es mit Südwind so stark, dass aller Schnee schmolz, und am 9. schoss ich schon die beiden ersten Schnepfen. Bis gegen Ende April fand ich täglich Waldschnepfen, sowie sehr viele Kram- metsvögel und auf den Wiesen viele Staare. Am 27. April schoss ich die letzte Waldschnepfe, dieselbe hatte sich den einen zerschossen gewesenen Tritt mit ausgerupften Federn ganz geschickt umwickelt und verbunden, und die aus der Wunde gedrungenen Flüssigkeiten hatten dieselben so fest mit einander verklebt, dass unter diesem, wie unter einem lege artis angelegten Kleisterverbande der zerschossene Tritt vollkommen fest-ur.d gut verheilt war. In den Monaten Mai und Juni horsteten viele Raubvögel, na- mentlich rothe Milanen, Bussarde und auch Schreiadler in hiesiger Gegend, von denen ich manche schoss. Den Monat August verlebte ich in der Schweiz und einem Theile von Oberitalien. Was ich in ornithologischer Hinsicht dort gesehen, ist nicht des Mittheilens werth, denn ausser den obligaten Alpen- dohlen (Corvus pyrrhoeoraz), einigen Alpenseglern und Felsenschwal- ben sah ich nur 2 Steinadler in hoher Luft kreisen, ihr hiuh, hiah wüthend am Wetterhorn ertönen lassend, schweben, einen dritten beim Uebergange über den Simplon. Von den reizenden 4füssigen Be- 37 wohnern der Alpen, den Gemsen, sah ich auf dieser Reise ausser einer zahmen bei den berühmten Reichenbachfällen, unfern von Meyringen im Berner Oberlande, keine einzige wilde, obgleich ich nicht bloss das Berner Oberland, sondern auch Chamouny in Grau- bündten durchwanderte. Wahrscheinlich war das schöne warme Wetter daran Schuld, wie auch die Führer meinten, und nicht zu vergessen die fortwährende ungeheuere Frequenz der Touristen, vor welchen beiden sich die scheuen und zugleich warmblütigen Gemsen gern in die fernen Gletscherregionen zurückziehen. Im Jahre 1840, freilich bei schlechterm Wetter, sah ich sowohl im Salzburgischen am grossen Wattsmann, als auch im Berner Oberlande, nahe beim Grindelwald- Gletscher mehrere Gemsen in nicht sehr grosser Entfernung. Die Zahl der Gemsen in den Schweizer Alpen ist übrigens, wie mir mehrere Führer, eifrige Gemsjäger, namentlich aus dem Chamouny- Thale versicherten, eine ganz beträchtliche, so dass nur etwas Muth und Ausdauer dazu gehört, um glückliche Jagden auf dieselben zu machen. In Andermatt an der Gotthardstrasse besuchte ich den Natur- forscher Nager, dessen auch v. Tschudi in seinem Buche: „Thierleben der Alpenwelt“ öfters Erwähnung that, kaufte einige Eier von Alpen- vögeln von ihm, liess mir seinen ganzen Vorrath an Naturalien, unter denen auch mehrere Steinbocksfelle mit den gewaltigen Hörnern wa- ren, zeigen und verlebte einige recht interessante Stunden bei dem- selben. Ich hörte von ihm, dass die Zahl der schon einmal beinahe ganz ausgerotteten Steinböcke sich bedeutend wieder mehre, und jetzt lese ich in der neuesten Auflage von Tschudi, dass Nager im Jahre 1854 schon 7 Stück lebender Steinböcke auf einer Alp nahe bei Andermatt gehalten hat, um den Versuch damit zu machen, dieselben in den Alpen des Canton Uri wieder anzusiedeln. Aus der schönen und grossartigen Schweiz zurückgekehrt, fand ich eine wenig lohnende Jagd auf Rebhühner hier vor, theils waren in dem letzten so harten Winter sehr viele derselben durch Hunger und Kälte eingegangen, theils hatten die Raubvögel eine schr grosse Menge geraubt; diejenigen aber, welche den Winter überlebt hätten, waren gewiss so schr abgemagert und geschwächt gewesen, dass sie zum Brüten wohl weder Lust noch Fähigkeiten mehr be- sassen. Man fand deshalb auch meist nur kleine Völker, zu denen sich viele alte Gäste, besonders Hähne gesellt hatten. Ich schoss 38 nur gegen 50. — Im October wurden in manchen Revieren an einigen Tagen wieder viele Waldschnepfen gefunden. 1854. Am 6. März dieses Jahres schoss einer meiner Jagdfreunde die erste Waldschnepfe in einem Bruche, in welchem meistens die ersten in dieser Gegend gefunden worden, wahrscheinlich der vielen warmen mit Quellen versehenen Stellen wegen, die es enthält. Am 10. suchte ich vergeblich ein grosses Revier nach Waldschnepfen ab, sah aber beim Nachhausegehen Abends 7 Kibitze. Erst den 20. fand ich die erste Schnepfe. Bei dem westlichen mit Regenschauern begleiteten Winde kamen in dieser Woche täglich Schnepfen an, doch nur we- nige an Zahl, und auch nur wenige Krammetsvögel; erst nachdem es in der Nacht vom 29. auf den 30. und von diesen auf den 31. stark geregnet und aus Südwest kräftig geweht hatte, fand ich am 31. ziem- lich viele Schnepfen und auch viele Krammetsvögel. Die Jagd war bis gegen die Mitte des April hin recht ergiebig, namentlich wurden viele Wachholderdrosseln (Turdus pilaris, L.) geschossen, die sehr zahlreich hier waren und bei dem schönen warmen Wetter sehr gut aushielten. Am 28. März will einer meiner Jagdfreunde den ersten Storch gesehen haben. Am 10. April schoss ich einen Falco tinnun- eulus, L. Falco tinnmeulus, L. nistete bis vor etwa 15 Jahren an allen 3 Kirchen hiesiger Stadt, an jeder ein bis zwei Paare. Mit den ebenfalls an allen Kirchen nistenden Dohlen, Corvus Monedula, L., waren sie in fast beständiger Fehde. Seit jener Zeit sieht man nie mehr einen Thurmfalken in hiesiger Stadt; auch in der übrigen Pro- vinz sind sie nicht zahlreich, ausser in einem kleinem Walde von ziemlich hohen Kiefern, in welchem auch eine Reihe von Jahren hin- durch grosse Colonien von Saatkrähen (Corvus frugilegus, L.) nisteten. Hier nistet auch Faleo tinnuneulus in so zahlreicher Menge, dass oft 7--8 dieser gar nicht scheuen Vögel hier an einem Tage erlegt wer- den konnten. Dieser kleine Kiefernwald ist am Ufer der Peene, zwischen den Städten Loitz und Jormen gelegen, und gehört zum Gute Trissow. Gegen die Mitte des April schien die Schnepfen- jagd ganz beendigt, da auch die Hitze im Holze unerträglich wurde beim Suchen; acht Tage später jedoch fanden einige meiner Jagd- freunde, denen ein sehr grosses Revier (Nadel- und Laubholz aller Art) zum waidmännischen Tummelplatze dient, noch an zwei auf 39 einander folgenden Tagen viele Waldschnepfen; etwas, was von die- sen unermüdlichen Jägern schon zu wiederholten Malen erlebt ist, dass nämlich, nachdem schon seit 8—10 Tagen der Schnepfendurch- zug ganz beendet schien, plötzlich noch an einem oder mehrern Ta- gen hinter einander nicht unbedeutende Mengen Schnepfen ‚gefunden worden. Der Herbst dieses Jahres bot eine sehr ergiebige Jagd auf Reb- hühner und Hasen. Der Winter darauf war lange anhaltend und strenge, die Habichte (Falco Palumbarius, L. und nisus, L.) raubten viele Rebhühner und die Saatgänse (Anser segetum, M.) lagen die ganzen Tage auf den Saaten, wobei sehr viele geschossen wurden, die aber leider grösstentheils sehr abgemagert waren und einen schlechten Braten abgaben. 1855. Der strenge Winter hielt bis Anfang März an, dann trat Thau- wetter ein und sehr bald sah man Feldlerchen, Kibitze, Staare, etwas später einen oder den andern rothen Milan (Falco Milwus, L.) und bier und dort wurde auch eine Waldschnepfe geschossen. Doch dies war nur eine kurze Freude, denn plötzlich trat wieder heftiges Frost- wetter ein mit neuem Schneefalle und hielt bis zu Anfang April in dieser Weise an. Erst nachdem am 6. April Nachmittags (am 5. suchte ich noch vergeblich nach Waldschnepfen) der Wind von Osten nach Südwest umgesetzt hatte und die Nacht hindurch ein leichter Regen gefallen war, fand ich am 7. eine ziemliche Menge Wald- schnepfen. Auch am 13. fand ich wiederum bei Südostwind mit Regen viele Schnepfen. Die beiden letzten Waldschnepfen schoss ich in diesem Frühlinge nebst 2 Totanus ochropus, Temm. am 18. April. In dieser Zeit waren auch sehr viele Krammetsvögel hier. Am 19. sah ich die erste gelbe Bachstelze (Motaeilla flava, L.). Die Kram- metsvögel blieben, da das Wetter wieder kalt wurde und Ostwind wehte, bis gegen die Mitte Mai, auch fanden die Jäger, denen dichte Kiefernwaldungen zur Benutzung freistanden, noch spät Waldschnepfen. Am 8. Mai wurde die erste Nachtigall gehört, nachdem die erste Schwalbe am 1. Mai gesehen worden war. Am 10. waren die Rohr- sänger (Sylvia und Calamoherpe) grösstentheils hier. Den ganzen Sommer und Herbst dieses Jahres verlebte ich auf dem Lande in der Nähe der Stadt Grimmen und schoss eine sehr 40° grosse Menge Rebhühner. Herr Diezel berichtete aus Baiern von diesem Herbste, dass dort des ersten Sommers wegen mit seinen starken Regengüssen die Herbstjagd auf Rebhühner eine äusserst schlechte gewesen sei. Hier war das Gegentheil der Fall, denn es hat gewiss lange in keinem Jahre so viele Rebhühner gegeben, als gerade im Herbste 1855. Ich schoss vor nur einem, freilich sehr raschen und guten englischen Hunde (pointer), weit über 100 Reb- hühner und hätte das Doppelte schiessen können, wenn dieselben alle hätten verspeist werden können, ohne sie sich zu verleiden. Be- kassinen waren in diesem Herbste sehr sparsam, so dass ich kaum 10 schoss, obgleich das Terrain bei etwas mehr Regen sehr günstig dazu gewesen wäre. Der Winter dauerte vom 1. December bis zur Mitte des Februar und zeichnete sich nur dadurch aus, dass entsprechend der unzähligen Menge von Feldmäusen, auch eine enorme Menge von Eulen (Strix brachyotus, Forst.) in allen Mooren und Haiden gefunden wurden. 1856. Nachdem gegen die Mitte des Februar Thauwetter eingetreten war, sah man schon am 25. Februar Feldlerchen, Kibitze und Staare. Von diesem Zeitpunkte an beginnen nun meine genaueren Beobach- tungen und ich stelle dieselben deshalb in übersichtlicher Weise und in der Reihenfolge, wie die Vögel hier angekommen sind, hin: Februar, den 27., 2 Kibitze (Vanellus eristatus, M. u. W.), 1 weisse \ Bachstelze (Motacilla alba, L. März, den 4., 3 Hohltauben‘ (Columba Oenas, L.). = „ 15., 3 Kraniche (Grus einerea, Bechst.). a „ 25., 1 Kormweihe (Falco pygargus, auctt.), 2 Rohrammer (Emberiza’ Schoenielus, L.). h „ 27., 1 Wiesenpieper (Anthus pratensis, Bechst.) H „ 28., 1 rother Milan (Falco Milvus, L.). y „ 29, 1 Singdrossel (Turdus musieus, L.), 5 „ 31., 4 Waldschnepfen (Seolopa® rustieola, L.). April „ 4, 1 Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla, Lath.). 5., 1 Fitislaubsänger (Sylvia trochilus, Bechst.). 4 » 8, 1 Storch (Ciconia alba, Bechst.). 1 schwarzer Storch (Cieonia nigra, Bechst.). 41 April, den 17., 1 grosser Brachvogel (Numenius arquatus, Lath.). - » 23., 2 Schwalben (Hirundo rustica, L.), 1 Wendehals Yynz torquilla, L.). = »„ 24, 1 Wiedehopf (Upupa epops, L.). Waldsehnepfen und Krammetsvögel waren in diesem Frühlinge nicht zahlreich und bei dem meistens kalten Wetter schr scheu. In einigen Revieren wurden trotz des ungünstigen Wetters schon einige Schnepfen in der letzten Woche des März geschossen; ich schoss meine ersten am 31. März, die letzte am 18. April. Am 7. April waren fast alle kleinen Sänger schon hier. Am 15. sangen die Fitislaub- sänger ganz munter im Holze und am 18. soll schon ein Wiedehopf gesehen worden sein. Allgemein auffallend war die geringe Menge von Störchen, welche in hiesiger Provinz eintraf. Im Allgemeinen gilt es in dieser Provinz als feststehend, dass, wenn nicht ganz ungünstige Witterungsverhält- nisse eine Aenderung bewirken, die Störche zwischen dem 28. März und 3. April hier eintreffen, sowie sie feststehend gegen die Mitte des August wieder abziehen, meistens plötzlich alle mit einem Male zu gleicher Zeit verschwindend. In diesem Frühlinge aber sah man selbst am 15. April erst sehr wenige Störche und glaubte schon, dass ihre Anzahl sich auch nicht mehr vergrössern würde. Da kamen plötzlich in der letzten Woche des April und sogar in der ersten des Mai neue Züge dieser Vögel hier an, und dasselbe wurde in der Gegend von Colberg in Hinterpommern beobachtet, wo ich zur Zeit des Pfingstfestes einige Wochen bei Verwandten auf dem Lande ver- lebte. Dennoch betrug hier sowohl als in dortiger Gegend die Ge- sammtzahl der angekommenen Störche kaum ein Dritttheil der früheren Jahre, und dieselbe Beobachtung hat an der ganzen Ostseeküste ge- macht werden können. Der Sommer des Jahres 1856 war durchweg nass und: kalt, und man konnte sich schon auf eine schlechte Jagd auf Rebhühner und Hasen gefasst machen. Was in Baiern nach Herrn Diezels Berich- ten im Herbste 1855 der Fall gewesen ist, traf für Pommern in die- sem Herbste ein, so dass ich nur 68 Rebhühner schoss, obgleich ich jetzt 2 ganz vorzügliche englische Hunde führe. Die grosse Menge der Bekassinen und kleinen Rohrhühner (Gallinula porzana, Lath.) bot auch reichliche und nicht ausgehende Gelegenheit, die Jagdlust zu befriedigen. Waldschnepfen wurden in diesem Herbste nur wenige 42 gefunden, obgleich viel danach gesucht wurde; in einzelnen Revieren sollen in der dritten Woche des Oktober ziemlich viele Schnepfen gefunden sein, gerade in den Tagen, als das grosse Jubiläum der Universität gefeiert wurde. 1857. Im Winter von 1856 auf 57 sah man sehr wenige Raub- vögel in hiesiger Gegend, namentlich fast gar keine Falken; es gab aber auch zur Freude des Landmannes äusserst wenige Mäuse. Den ganzen Winter hindurch blieben, obgleich es mit- unter ziemlich kalt war und reichlich Schnee fiel, drei Singdrosseln (Turdus musieus, L.) in dem Reviere, in welchem ich hauptsächlich jagte. Bis zum 9. Februar war anhaltendes Frostwetter, am 10. trat Thauwetter ein und schon am 12. sah ich Feldlerchen; am 16. stie- gen diese in den Mittagsstunden in Menge singend in die Luft. Am 22. sah ich einen Goldregenpfeifer (Charadrius auratus, Lath.) und 2 Staare (Sturnus vulgaris). Am 25. Morgens sah ich eine Schaar von Staaren, etwa gegen 80 und Abends 1 Kibitz. Auf dem Styckflusse lagen Stockenten (Anas boschas, L.) und die Erpel schlugen sich um die Enten. Am 26. Morgens sah ich 9 Kibitze. Am 2. März traf ich eine Schaar Heidelerchen (Alauda arborea, L.), von denen ich 3 schoss. In der Nacht vom 4. auf den 5. März regnete es stark mit Südwestwind; doch wurde in den nächsten Tagen noch vergeblich nach Waldschnepfen gesucht. Erst am 9. schoss einer meiner Jagd- freunde die erste in dem Bruche, in welchem vor einigen Jahren schon am 6. eine geschossen wurde. Das Wetter wurde in den nächsten Tagen wieder kalt, der Wind setzte nach Norden um, und bis zum 15. wehete es aus dieser Richtung abwechselnd mit Regen- schauern. Am 15. suchte ich vergeblich nach Waldschnepfen, sah auch nicht einen einzigen Zugvogel, hörte Abends beim Nachhause- gehen aber den Gesang einer Singdrossel; wahrscheinlich war es eine von denen, welche den ganzen Winter hindurch in diesem Reviere geschen wurden. Am Tage vorher, also am 14. hatte ich nahe bei Greifswalde eine weisse Bachstelze gesehen. Am 16. sah ich 2 rothe Milanen und einer meiner Jagdfreunde fand 2 Waldschnepfen. An diesen Tagen wurden in mehreren Revieren Schnepfen gefunden und geschossen. Am 19. sah ich wieder einen rothen Milan. Am 20. wieder einen Goldregenpfeifer und am 29. eine Kornweihe (Aalco 43 pygargus, auctt.), am 30. 5 Misteldrosseln (Turdus viscivorus, L.), am 31. einen grauen Reiher (Ardea ceinerea, Bechst.) und einige Fulica atra, L. Weisse Bachstelzen wurden in den letzten Tagen des März mehrere gesehen. Den 1. April regnete es den ganzen Tag mit Ost- wind, Abends aber ging der Wind nach Südwest und blieb so die ganze Nacht hindurch wehen. Am 2. fand ich 5 Waldschnepfen und eine ziemliche Menge Krammetsvögel. Auch sah ich an diesem Tage 2 Kraniche. Am 3. sah ich 1 Bekassine (Scolopax gallinago, L.), 1 Totanus, ochropus, Temm. und 2 Turteltauben (Columba turtur, L.). Am 5. sah ich den 1. Storch, am 7. 1 Totanus calidris, Bechst. In diesen letzten Tagen sah man täglich Störche ankommen und ihre Nester einnehmen. Am 13. sah ich 1 Sarieola oenanthe, Bechst. und am 15. 1 Ciconia nigra, Bechst.; am 16. 1 Anthus pratensis, Bechst, am 18. 1 Emberiza Schoeniclus, L. und am 20. 2 Schwalben (Hir. rustica, L.), 1 Sylvia hortensis, Bechst., 1 Sylvia Trochilus, Bechst., 1 Yynz torquilla, L., und 2 Alauda arborea, L. Bis zum 20. waren noch Krammetsvögel von allen Sorten zu sehen und namentlich viele Turdus viseiwvorus, L., die sonst nicht zahlreich bei uns sind, in diesem Frühlinge aber ausserordentlich häufig waren. Am 6. Mai sah ich die erste gelbe Bachstelze und Abends schlug ein Sprosser (Sylvia Philomela, Bechst.) in einem Garten dieser Stadt. Von den Rohrsängern war bis jetzt noch keiner angekommen, man hörte wenigstens von ihnen noch kei- nen Laut. Das Wetter war auch mit Ausnahme weniger Tage in der zweiten Woche des April stets kalt und rauh gewesen bei Nord- ostwind, so dass es in den Nächten nicht selten Eis fror. Die Waldschnepfenjagd war in diesem Frühlinge die schlechteste seit vielen Jahren, theils weil man nur sehr wenige fand, theils auch weil die wenigen bei dem kalten Wetter sehr scheu waren und die grössten Dickichten der Hölzer, am liebsten die dichten Kiefern- schonungen zum Aufenthaltsorte sich auserwählt. Deshalb wurden Abends auf dem Striche auch verhältnissmässig viel mehr Schnepfen geschossen, als bei der Suche, und ich kenne mehrere Förster, welche schon 16—18 Schnepfen auf dem Striche geschossen hatten, bevor sie auch nur 1 beim Suchen hatten finden können. Die Schnepfen lagen den Tag über in den unzugänglichen Dickungen der Wälder, aus denen sie nur Abends zum Streichen herauskamen. Abends auf dem Striche wurden noch bis spät in den Mai hinein viele Schnepfen gesehen und auch geschossen. Jedenfalls sind dies solche, die zum 44 Brüten hier ‘geblieben waren, auch sah man sie meistens paarweise streichen. Krammetsvögel blieben in diesem Frühlinge ebenfalls eine grosse Menge zum Brüten hier, so dass man Anfang Juni sehr häufig beim Gehen durchs Holz ein Drosselnest entdeckte mit den hübschen blaugräulichen punktirten Eiern in einem ganz glatt ausgestrichenen Neste. Auch im Frühlinge dieses Jahres war die Zahl der bei uns vor- kommenden und bleibenden Störche nicht grösser, als die im vorigen Jahre; “sie überschritt wieder den dritten Theil der Anzahl früherer Jahre nicht, so dass nun wohl mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die ausgebliebenen auf ihrer langen Reise verunglückt sind. Auch sollen ja glaubwürdige Schiffer erzählt haben, dass sie zur Zeit des Zuges grosse Mengen dieser Vögel todt auf dem mittelländischen Meere haben treiben sehen, und im atlandischen Ocean an den portugiesischen Küsten. Der bessern Uebersicht wegen stelle ich meine Beobachtungen über die Ankunftszeit der Zugvögel im Frühlinge 1857 in folgendem Verzeichniss hin: } Februar, den 12., Feldlerchen (Alauda arvensis, L.). 22., 1 Goldregenpfeifer (Charadrius auratus, Lath.) und 2 Staare (Sturnus vulgaris, L.). 25., 1 Kibitz (Vanellus eristatus, M. und W.) und viele Staare. 5 „ 26., 9 Kibitze. März, „3, etwa 30 Heidelerchen (Alauda arborea, L.). 14., 1 weisse Bachstelze (Motacilla alba, L.). „ ” nr „ 16., 2 rothe Milane (Falco milwus, L.). 4 „ 20., 1 Goldregenpfeifer (Charadrius auratus, Lath.). s »„ 29, 1 Kornweihe (Falco pygargus, auctt.). „ „ 80., 5 Misteldrosseln (Turdus viscivorus, L.). » „ 31., 1 grauer Reiher (Ardea einerea, Bechst.) und meh- rere Rulica atra, L. April, » 2, 2 Kraniche (Grus einerea, Bechst.), 5 Wald- schnepfen (Scolopax rusticola, L.), viele Krammets- vögel (Turdus musicus, und ikacus, L.). % » 3, 1 Bekassine (Scolopa® gallinago, L.), 1 Totanus ochropus, Temm. und 2 Turteltauben (Columba tur- tur, L.). ’ 45 April, den 5., 1 Storch (Ciconia alba, Bechst.) ei » 7, 1 Totanus calidris, Bechst. = „ 13., 1 Steinschmätzer (Sazxicola oenanthe, Bechst.). ” „ 15., 1 schwarzer Storch (Cieonia nigra, Bechst.), 1 Haus- rothschwanz (Sylvia Tithys, Lath.). AN „ 16., 1 Wiesenpieper (Anthus pratensis, Bechst.). A „ 18., 1 Rohrammer (Emberiza Schoeniclus, L.). " . 2 Schwalben (Zirundo rustica, L.), 1 graue Grasmücke (Sylvia hortensis, Bechst.), 1 Fitislaubsänger (Sylvia trochilus, Bechst.), 1 Wendehals (Yynz torquila, L.), 2 Heidelerchen (Alauda arborea, L.). Krammetsvögel waren in diesen Tagen noch von allen Sorten in ziemlicher Menge da. Die letzten Waldschnepfen schoss ich am 9. April, in ändern Revieren wurden noch acht Tage später mehrere geschossen, und im Mai sah man in grossen Revieren noch viele Schnepfen Abends auf dem Striche, jedenfalls Schnepfen, die zum Brüten hier geblieben sind. Mai, den 6., 1 gelbe Bachstelze (Motacila flava, L.). Abends hörte ich einen Sprosser singen. » » 7, sah ich Abends mehrere Löffelenten (Anas clypeata, L.). » » 10, 1 Cueulus canorus, L. und 1 rothrückigen Würger (Lanius collurio, L.). » » 13., mehrere Spyre (Cypselus apus, I1l.), Sylvia turdoides, Mey, und andere Rohrsänger, wie auch Mönchsgrasmücken. » » 17., mehrere Pirole (Oriolus galbula, L.). » » 28., hörte ich Crex pratensis, Bechst. in den Kornfeldern und Wiesen. Juni „ 2. hörte ich mehrere Wachteln (Perdix coturnie, Lath.) in Waizenfeldern schlagen. Als die letzten der Zugyvögel treffen bei uns stets der Pirol, der Kuckuk, der Wiesenschnorrer, die Wachtel und der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus, L.) ein, sie erscheinen in der ersten Hälfte, bei kalter Witterung gar erst in der zweiten des Mai. Der ganze Sommer dieses Jahres verlief heiss und trocken. Die Jagd auf Wasservögel war in der Nähe unserer Stadt und in dem grössten Theile dieser Provinz, soviel ich gehört, schr schlecht. Desto besser versprach dafür die Herbstjagd auf Rebhühner und Hasen, Wachteln ect. zu werden. Dies war auch durchgängig der Fall, man E 3 [82 oO S 46 fand ziemlich viele Völker Rebhühner und fast nur sehr grosse Völ- ker, von 20—24 Stück, da bei dem schönen trockenen Wetter von der jungen Brut schr wenige oder gar keine umkamen. Ich schoss vom 24. August bis zum 4. September einige 50 Rebhühner, hatte aber an diesem Tage das Unglück, mir durch einen unglücklichen Sturz in einen Graben den Fuss derartig zu verletzen, dass ich lange Zeit das Haus nicht verlassen konnte. Aus diesem Grunde werden meine Herbstbeobachtungen auch unvollständig sein und ich werde wohl nur das mittheilen können, was mir von meinen zahlreichen Jagdfreunden und sonstigen Beobachtern der Vogelwelt rapportirt wird. Im August dieses Jahres wurden auf den Wiesen der Peene, in der Nähe der Stadt Guetzkow viele Doppelschnepfen (Scolopaz major, L.) nebst sehr vielen Bekassinen geschossen, da auf diesen Wiesen sich viele grosse Stellen befinden, welche selbst bei so anhaltend trockenem Wetter, wie in diesem Jahre, nass und den Schnepfen Aesung ge- während bleiben. — In der letzten Hälfte des September kamen wilde Tauben, namentlich Columba palumbus, L. in grossen Zügen von Nor- den, und fanden in den mit Eicheln überladenen Bäumen reichliche Nahrung. Auch Krammetsvögel hörte man Abends häufig ziehen und sah in den Wäldern dann und wann einige, namentlich Turdus iliacus, L. und musieus, L.- Wie ergiebig der Fang in Dohnen in diesem Herbste ist, habe ich bis jetzt noch nicht erfahren. j Das schöne trockene Wetter des Sommers war ebenso, wie den Rebhühnern auch den brütenden Wachteln äusserst günstig gewesen und ich entsinne mich keines Jahres, in welchem so viele Wachteln beim Suchen gefunden wurden, als in diesem. In der letzten Woche des September wurden noch so kleine Wachteln gefunden, dass sie unvermögend zu fliegen, von den Jägern gegriffen werden konnten; und selbst am 17. October wurde noch eine Wachtel geschossen. Bis zum 18. October waren noch sehr wenige Waldschnepfen und Krammetsvögel gefunden und gesehen, resp. in Dohnen gefangen. Am 18. October hörte und sah ich mehrere Mornellregenpfeifer (Charadrius morinellus, L.) auf einem Brachfelde nahe bei Greifswald. In dieser dritten Woche des October waren im Walde sehr grosse Züge von Meisen (Parus, L.), Goldhähnchen (Regulus, Br.). Am 19. sah ich eine einzelne Wachholderdrossel (Zurdus pilaris, L.). Am 22. und 23. October lagen auf den Wiesen am Flusse Ryck ziem- lich viele Bekassinen. 47 In diesen Tagen wurden auch viele Raubvögel (Falco peregrinus, Gm. und palumbarius, L.) in der Nähe unserer Stadt gesehen, wo sie den in zahlreicher Menge am Leben gebliebenen Rebhühnern arg zusetzten. Noch immer lieferte der Dohnenfang äusserst wenige Krammetsvögel und auch Waldschnepfen wurden in schr geringer Menge gefunden. Bis gegen das Ende hatten Jäger, welche 1000 bis 1500 Dohnen aufgebauet hatten, nur wenige Krammets- vögel gefangen und darunter fast gar keine Weindrosseln (Turdus diacus). Vor Ende October an wurden die Dohnen nicht mehr auf- gebauet. Einen eben so schlechten Ertrag lieferte die Suche auf Waldschnepfen, am 5. November hatten eifrige Jäger erst 4—5 ge- schossen. Am 21. October sah ein Bekannter von mir einen einzelnen Storch in der Nähe dieser Stadt; und am 2. November wurde hier ein einzelner Kibitz gesehen. Auf einer Treibjagd in einem sehr grossen Reviere in der Nähe der Stadt Demmin wurde am 5. No- vember nur eine einzige Waldschnepfe gesehen, während ich vor einigen Jahren auf einer Treibjagd in demselben Reviere um Weih- nachten selbst zwei sah. e Auffallend war die grosse Menge von Dompfaffen (Fr. pyrrhula, M.), Zeisigen (Fr. Spinus, L.) und Flachsfinken (Fr. linaria, L.), welche im Monate October in hiesiger Gegend ankamen. Am 14. November fand ich noch gegen 8 Bekassinen an den Ufern des Flusses Ryck bei hiesiger Stadt. Am 16. dieses Monates sah ich einen Grünspecht (Picus viridis) in der Kiefernwaldung der Oberförsterei Paggendorf; desgleichen mehrere Schaaren von Fichten- kreuzschnabel (Loxia curvirostra, L.). Am 19. fing es bei Südostwind an zu frieren und in den näch- sten Tagen waren alle Gewässer mit Eis bedeckt, da es in den Nächten 3—4 Grad Kälte war. Am 25. sah ich sehr viele Zeisige und Dompfaffen. Am 30. sah ich eine grosse Schaar Goldregenpfeifer (Charadrius auratus, Lath.) über mich wegfliegen; auch traf ich an 2 von einander entfernten Gräben, ein Exemplar von Anthus pratensis, Bechst. Es war helles Wetter mit gelindem Frost bei Südwind. Auch Zoxia coceo- thraustes, (Kirschkernbeisser, Fringilla Coccothraustes, M.) sah ich an diesem Tage mehrere, sowie meistens in dieser Zeit, wenn ich im Walde ging. 48 Am 3. December wurde noch ein Exemplar von Columba palumbus, _ L., (junger Vogel) in einem Kiefernwalde nahe bei Greifswald ge- schossen, das aber ziemlich schlecht am Leibe war. An den Küsten von Pommern und Rügen liegen schon grosse Mengen von Platypus glacialis, Br., und Platypus Marila, Br., und werden zahlreich geschos- sen. Beim Segeln auf dieser Jagd trifft man in diesem Herbste schon in der Nähe des Hafens von Greifswald sehr viele Seehunde, die in manchen Jahren hier ziemlich selten beobachtet werden. Ich schliesse hiermit meinen Bericht und werde die Beobachtun- gen, welche ich vom 1. December dieses Jahres an den Winter und kommenden Frühling hindurch zu machen Gelegenheit habe, im Laufe des Sommers 1858, nach beendigter Frühlingszugzeit, mittheilen. Nr. 3. Imige Bemerkungen über Vögel der Provinz Neu-Vorpommern. Von Dr. Gustav Quistorp. Ein Vogel, welcher vor etwa 20 Jahren noch sehr häufig in hie- siger Gegend vorkam, jetzt aber sehr selten gesehen wird, ist die blaue Racke (Coracias garrula, L.); ich habe seit langen Jahren keine einzige mehr gesehen, während ich im Anfange meiner Jagd- laufbahn alljährlich eine ziemliche Menge sah. Von den Charadrius-Arten ist der Mornellregenpfeifer (Chara- drius morinellus, L.) ebenfalls nicht häufig hier; ich habe nur sehr wenige geschossen, die letzten im September 1849, wo ich 5 Stück auf einem Brachfelde traf. Goldregenpfeifer finden sich in jedem Herbste in der Nähe unserer Stadt in grossen Mengen ein und blei- “ ben bis spät in den Herbst, selbst bis in den November. Oharadrius hiatieula, L. ist sehr zahlreich auf den Inseln Usedom und Wollin auf den Dünen. 49 In frühern Jahren waren auf den grössern Wiesen unserer Pro- vinz in der Nähe des Strandes stets grosse Schaaren von Tringa pug- naz, L., sowie auch viele andere Tringa-Arten zu schen; Tringa pug- nax wurde, da er ziemlich scheu und deshalb schwer zu schiessen ist, hauptsächlich in Schlingen, auf seinen Kampfplätzen gestellt, gefan- gen. Unter einer grossen Menge von Exemplaren findet man fast nie zwei, die sich einander ganz gleich in Farbe und Zeichnung sind. Jetzt sind die meisten dieser grossen Wiesen fast nur noch von Ki- bitzen, Lerchen und Wiesenpiepern bewohnt, am Strande sieht man einige wenige‘ Meerschwalben und mitunter eine Möve (Larus canus, L.), fischen, dann und wann einige Stockenten, (Anas boschas, L.), oder Knäckenten, (Anas querquedula, L.), so sehr hat sich alles Wild von diesen jetzt zu schr von Menschen und Vieh besuchten und auch zu sehr ausgetrockneten Flächen weggezogen in andere noch weniger zugängliche Stellen. Früher habe ich dann und wann noch einen Austernfischer (Huematopus Ostralegus, L.) am Strande geschossen, jetzt aber lange kein lebendes Exemplar mehr hier gesehen. Nume- nius arquata, Lath., kommt im Sommer noch in grössern Flügen, wenn die Jungen flugbar sind, auf unsere Wiesen, ist aber sehr scheu und nur zu erlegen, wenn man sich auf seinen Lieblingsstellen gut, am Besten zwischen weidendem Vieh, ins Versteck legen kann. Dann gelingt es mitunter mit 2 Schüssen 5—6 aus einer Schaar her- unterzuschiessen, da sie beim Einfallen auf Augenblicke meist sehr dicht zusammen zu kommen pflegen. Im Winter ist der ganze Strand desto belebter; ungeheure Men- gen von Platypus glacialis, Br., Platypus marila, Br, dann und wann einige Platypus niger und fuscus, Br., auch Colymbus septentrionalis, rufo- gularis, Mey, Mergus serrator, L., Mergus albellus, L., und viele Anas boschas, L., erfüllen die Luft mit ihrem verschiedenartigen Geschrei und kön- nen bei günstigen Witterungsverhältnissen oft in grosser Menge ge- schossen werden, wenn man im Boote dieselben anzusegeln versteht. Daneben liegen viele Hunderte von Schwänen (Cygnus musicus, Bechst.) und Saatgänse (Anser segetum, M.) in grossen Schaaren auf dem Meere; letztere ziehen jedoch regelmässig des Morgens ins Land, um den Tag über sich an der jungen Saat zu delektiren und Abends sich wieder aufs Meer zu begeben. Von den Schwänen werden stets nur schr wenige alljährlich in der Nähe von Greifswald geschossen, weil sie die Schlauheit besitzen, sich, wenn man sie zu Boot ansegeln Naumannla. 1808. 4 50 will, so nahe ans Land zu begeben, dass das Boot ihnen wegen des seichten Wassers nicht folgen kann, während sie, wenn man sie vom Lande aus zu schiessen gedenkt, sich wenigstens in einer steten Ent- fernung von 400-Schritt von demselben entfernt halten. Im Herbste, wenn man auf dem Entenzuge dicht am Strande steht, kommt es mitunter vor, dass Schwäne den Strand entlang fliegend dem Jäger nahe genug kommen, um mit Entenschroot geschossen zu werden. Auch wird dann und wann im Winter vom-Boote aus mit der Büchse ein glücklicher Schuss auf dieselben gemacht. Die Bergtauchente (Platypus marila, Br.), wird an den Küsten der Insel Usedom und im grossen Haffe in grossen Mengen in Netzen ge- fangen und zum Verkauf nach den Städten der Umgegend zu vielen Hunderten gebracht. Als ich im Sommer 1851 und 1852 mich in Heringsdorf aufhielt, sah ich dortige Fischer eifrig beschäftigt mit Anfertigung der dazu erforderlichen Netze. Dieselben werden an be- stimmten Stellen, wo die Enten besonders gern einfallen, und die sich dadurch auszeichnen, dass auf ihrem Grunde sehr viele Muscheln lie- gen, eingesetzt, und da die Maschen derselben gerade so gross sind, dass die Enten beim Tauchen mit dem Kopfe wohl durch dieselben hindurch, aber nicht. wieder zurückkommen können, so zieht man nach Verlauf der nöthigen Zeit das Netz mit oft einer Menge von Enten in die Höhe. Das Fleisch dieser Enten, wie das aller Tauch- enten, ist nicht wohlschmeckend, doch machen ärmere Leute noch immer der vielen Federn des Vogels wegen einen guten Kauf, wenn sie das Paar mit 4 Groschen bezahlen. Es werden zwischen diesen Bergtauchenten häufig Sammt- und Trauertauchenten (Platypus niger, Br., und fuscus, Br.) gefangen. > Vor einigen Jahren wurde in der Nähe der Insel Ruden, welche vor dem Ausflusse der Peene gelegen und nur von einigen Lootsen bewohnt ist, ein prächtiges Exemplar eines Männchens von Anas spec- tabilis im Winter erlegt und befindet sich auf hiesigem Museum als erstes in hiesiger Provinz vorgekommenes Exemplar. Hieran knüpfe ich die Mittheilung, dass vor einigen Jahren noch 2 Exemplare von Vögeln in hiesiger Provinz erlegt wurden, welche bis dahin in der Fauna Neu-Vorpommerns noch nicht aufgeführt werden konnten. In der Gegend von Stralsund nämlich wurde im Frühlinge des Jahres 1853 ein Pelecanus onocrotalus, L., (junger Vogel im Uebergangskleide) von einem Storchneste heruntergeschossen. Fer- % Sl ner wurde in der Nähe von Wolgast eine kleine Trappe (Otis Tetrax, L., altes Männchen) erlegt. Beide Vögel sind jetzt auf dem hiesigen Museum. Im Mai 1856 wurde in der Nähe Greifswalds ein Purpurreiher (Ardea purpurea, L.) von einem der Ornithologie sehr kundigen- Forst- mann bei Gelegenheit einer Reise in einem Torfmoore sitzend gese- hen; es wurde sogleich an folgenden Tagen und 8 Tage hindurch Jagd auf denselben gemacht, auch mehrere Male darauf geschossen, aber leider nicht erlegt. Anser torquatus, Frisch., liegt alljährlich im Monat Mai in grosser Menge an den Küsten Rügens nicht fern von Puttbus, ist aber stets sehr scheu und nur vom Boote aus beim Segeln auf grosse Entfer- nungen zu schiessen. Anas tadorna, E., welche in den Ufern der Küsten hiesiger Ge- gend häufig nistet, kömmt mit ihren Jungen im Monat Juni, Anfang Juli auf die See und kann man dann oft glückliche Jagden auf die Jungen machen, ehe sie noch fliegen können; die Alten sind meist sehr scheu. . Von Anas boschas, L., clypeata, L., querquedula, L. und von Aulica atra, L. sieht man in der nächsten Nähe unserer Stadt jeden Som- mer eine grosse Menge; auf dem ganzen städtischen Gebiete ruht nämlich die Jagd, da dieselbe nicht beschossen werden darf, und so- mit finden alle diese Vögel ganz ungestörte und sehr geeignete Brüt- plätze in Rohrplänen, welche .die Ausbuchtungen des Flusses Ryck umgeben. Diese Rohrpläne sind dann auch von einer Unmasse von Rohrsängern aller Art bewohnt, namentlich nistet Sylvia turdoides, Mey,.., in grosser Menge hier, und bei sorgsamem Suchen findet man ihre künstlich an Rohrhalmen gebauten Nester. Von Sylvia locustella, Lath., fand im Jahre 1855 einer meiner Bekannten, ein eifriger Oologe, mehrere Nester mit Eiern im Schilfe eines kleinen Flusses in der Nähe der Stadt Grimmen, und war über diesen Fund sehr erfreut, weil er dieselben bis dahin hier nicht hatte finden können. Der Bruder dieses eifrigen Oologen, ‘ein passionirter Waidmann, schoss im Herbste 1855 eine Ente, welche nach seiner Beschreibung Fuligula Homeieri gewesen sein. musste, namentlich nach der Farbe des Kopf- gefieders zu urtheilen. Ich sah dieselbe erst, als sie schon gebraten auf den Tisch getragen wurde; nach der Aussage dieses ganz zuver- lässigen Jägers, welcher alljährlich eine grosse Menge der verschie- 4’ 52 densten Enten schiesst, hatte derselbe zuvor noch nie eine Ente dieser Art geschossen, auch nie eine solche gesehen. Die Beschreibung der Ente passte vollkommen zu der kurze Zeit zuvor in der Naumannia gegebenen Abbildung. Von Anser segetum treffen die Fischer unseres Hafens Wyck im Monat Juli mitunter auf dem Bodden zwischen der Rügenschen und Pommerschen Küste kleine Züge während der Mauser; dieselben können alsdann, obgleich sie sehr geschickt tauchen, leicht geschossen und selbst mit Stangen todtgeschlagen werden. In der Mitte des Boddens liegt eine kleine öde Insel, der Stub- ber genannt, auf der sich stets eine grosse Menge der verschieden- sten Wasservögel aufhält; bisweilen, namentlich bei stürmischer See, ist diese kleine Insel fast ganz mit Seevögeln bedeckt. Von hier aus kann man mitunter auch Seehunde schiessen, wenn man sich in der Nacht schon zwischen den grossen Steinen auf derselben verbirgt und nun abwartet, bis mit Tagesanbruch dieselben sich ihr nahen, um auf den Steinen liegend, sich dort auszuruhen. Doch ist dies meist ein sehr missliches und kaltes Unternehmen. Von Ardea minuta, L., wurde vor mehreren Jahren ein Exemplar (ein junger Vogel) in der Nähe unseres Hafens Wyck geschossen. Von Ciconia nigra, Bechst., horstet seit einer Reihe von Jahren ein Paar in einer benachbarten Forst, und trotzdem, dass fast all- jährlich ihm die Jungen genommen oder geschossen werden, so findet man doch in jedem Horst wieder besetzt, wahrscheinlich doch von demselben Paare. ". Ciconia alba, Bechst., wird bei uns ein in den Städten selbst nistend gesehen, stets nur in den Vorstädten; ich war daher im Jahre 1853 sehr überrascht, in Strassburg am Rhein die vielen Storchnester in der Stadt selbst zu finden, in welche man von der Höhe des dortigen Münster hoch von oben hineinsieht. Anas crecca, L., wird in unserer Provinz selten oder nie nistend gefunden. Desto häufiger aber Anas querquedula, L. Strie nyetea.und nivea, Thbg. In der ersten Hälfte der 30ger Jahre kamen in einem strengen Winter eine Menge dieser Vögel in unserer Provinz vor und wurden zahlreich geschossen. Seit jenem Jahre sind sie hier, so viel ich weiss, nie wieder beobachtet. Ein an- derer Vogel, welcher ebenfalls im Anfange der 30ger Jahre in einem Winter ausserordentlich zahlreich in der Umgegend von Greifswald 93 gesehen und erbeutet wurde, seitdem aber, soviel ich weiss, hier nicht wieder vorgekommen ist, selbst nicht in sehr strengen Wintern, ist der Fichtengimpel, Loxia enucleator. Die Vögel waren stets in grossen Flügen beisammen und bedeckten die Ebereschenbäume, von deren rothen Beeren sie sich hauptsächlich nährten. Sie waren so wenig scheu, dass ich mit Leimruthen unter dem Bäume stehend, einen - nach dem andern von demselben herunterholte, und so von dem Fluge so viel fing, wie ich haben wollte. Ich fing ausserordentlich viele, zuletzt nur noch die schönen rothen Männchen, die sich im Bauerchen sehr gut hielten. Nr. 4. Ornithologische Beobachtungen, welche im Monat März 1853 von Herrn Hugo Schilling an der Nordwestküste von Rügen und namentlich auf der Insel Hiddensee daselbst gemacht worden sind. Mitgetheilt von Dr. Gustav Quistorp. Nachstehend theile ich eine Reihe von Beobachtungen mit, welche nicht von mir selbst gemacht sind, sondern von dem an hiesigem zoologischen Museum angestellten Herrn Hugo Schilling. Derselbe hat sich zu mehreren Malen auf der von den verschiedensten Was- servögeln so stark frequentirten Insel Hiddensee längere Zeit aufge- halten, um ornithologische Beobachtungen anzustellen, und da nament- lich die im Jahre 1853, gerade während des so sehr strengen mit starkem Schneefalle verbundenen Nachwinters gemachten, mir im höchsten "Grade interessant und mittheilenswerth erschienen, und so habe ich die von Herrn Schilling zur Zeit seines Aufenthaltes auf Hiddensee gemachten Notizen mit demselben weiter ausgearbeitet und zur Aufnahme in die ornithologischen Blätter geeignet zusammenge- 54 stellt. Es ist aus diesen Beobachtungen sichtlich, dass Herr Schil- ling sich gerade zu einer Zeit auf Hiddensee befand, und unter Um- ständen, wie sie vielleicht lange nicht so günstig dagewesen sind und auch gewiss selten wiederkehren werden. Im Anfange des Jahres 1853, wie ich es auch schon in meinen obigen eigenen Berichten an- geführt, herrschte bis zur Mitte des Monat Februar eine milde Wit- terung mit Regenwetter und südlichen Winden verbunden, wodurch ein grosser Theil der Zugvögel schon in unserer Provinz eingetroffen war, namentlich viele von den Enten und sonstigen Wasservögeln, welche den Winter im Süden zugebracht. Da trat plötzlich jene rauhe Witterung mit Frost, Sturm und ungeheurem Schneefall ein, welche die Zugvögel hier so plötzlich überfiel, und da das Wasser bis mei- lenweit in See völlig zufror, aller Nahrung beraubte, während die heftigen Nordstürme eine Menge nordischer Vögel an unsere Küste verschlug, die vorher theils noch nie hier gesehen, theils nie in so grosser Anzahl, in so grosser Auswahl, in den verschiedensten Klei- dern, erbeutet worden waren, wie zu jener Zeit, wo sie durch Kälte und Hunger so furchtbar abgemagert und zu Grunde gerichtet, ihre ganze Wildheit verloren und den Menschen so zu sagen, ganz ver- wirrt in die Arme flogen. Wie namentlich das eine Beispiel beweist, wo Herrn Schilling am hellen Tage bei ‘stürmischem Wetter und bedecktem Himmel eine Eiderente (Platypus mollissimus, Br.) so vor die Brust flog, dass er nur nöthig hatte sich zu bücken und dieselbe auf- zunehmen. Herr Schilling machte seine sämmtlichen Beobachtungen freilich unter fortwährenden grossen Gefahren für Leben und Ge- sundheit; Tage lang brachte derselbe bei dieser so schauderhaften Witterung auf dem Eise oft meilenweit vom Strande entfernt zu, mehrere Stunden lag derselbe bisweilen zwischen Eis- oder Schnee- bergen versteckt, um den bemerkten seltenen Vögeln aufzulauern, und sie so zu erlegen, dass sie aufs Eis und nicht ins Meer fielen, auf dem der vom Lande abstehende Wind sie unrettbar fortgetrieben hätte. Einmal sogar entging Herr Schilling mit mehreren ihn be- gleitenden Bewohnern der Insel nur mit grosser Mühe und Anstren- gung einem traurigen Loose; meilenweit vom Lande entfernt und schon mit reicher Beute beladen (jeder von den 6 Personen hatte schon gegen 25 der verschiedensten Wasservögel erbeutet), wurden sie gewahr, dass eine grosse Eisscholle, auf der sie sich befanden, von der übrigen Eismasse sich lostrennte und in See trieb; in grösster 55 Eile flohen sie dem Lande zu und noch gerade wurde es ihnen mög- lich über die grosse Spalte hinwegzukommen, welche die Eisscholle, auf welcher sie sich befanden, von dem noch feststehenden Eise trennte. Freilich hatten sie den Verlust ihrer sämmtlichen Beute zu beklagen, die sie genöthigt gewesen waren, sogleich von sich zu wer- fen, weil sie durch die Last derselben an der nothwendigen.schleu- nigen Flucht behindert wurden. Bis auf die Haut durchnässt und vor Kälte fast erstarrt, kam Herr Schilling mit seinen Begleitern am Abende wieder zu menschlichen Wohnungen. 1853. März. 1. Vom 20. bis 29. März schwärmte Agula albieilla zu dreien am ÖOstseestrande herum, und stiess nach den von Hunger und Kälte ermatteten Märzenten (Anas boschas, L.). Ihre Jagd beka- men sie gut belohnt, denn sie erhaschten mit leichter Mühe einige von diesen kraftlosen Vögeln, flogen dann eine Strecke weiter auf dem Eise und verspeisten, wie es mir schien, mit grossem Heisshunger ihre Beute; so sah ich sie 3 bie 4 von diesen Enten verzehren, bis sie ihren Hunger gestillt, was ich daraus schloss, weil sie den Ort dann verliessen. Hatte einer von ihnen das Glück, zuerst eine Beute zu erjagen, so wurde derselbe von den übrigen eine kleine Strecke verfolgt, wobei die Verfolger gewöhnlich ein kurzes heiseres, beben- des Geschrei hören liessen. „ 2. Strie brachyotus, Forst., traf ich den 20. März bei starkem Froste 2 Stück, wahrscheinlich ein Päärchen, welche im Stranddor- nenbusche am steilen hohen Ufer sich versteckt hielten. Wahrschein- lich überwintert diese Eule in gelinden Wintern in Pommern; denn ich traf im Januar auch vier derselben am Ufer des Greifswalder Boddens. 2 3. Turdus merula, L., den 20. bis 27. März einige auf Hidden- see gesehen, welche aber sehr scheu waren. 4. Alauda arvensis, L., den 20. bis 28. März dort häufig ge- sehen. 5. Alauda cristata, L., den 21. bis 27. März dort geschen. 6. Parus major, L., den 21. bis 27. März gesehen. 7. Emberiza miliaria, L., den 20. März einzeln auf Hiddensee ge- 56 8. Emberiza eitrinella, L., den 20. bis 21. März einzeln dort ge- sehen. 9. Emberiza nivalis, L., den 20. bis 26. in kleinern und grössern Schaaren am Strande der Ostsee von Hiddensee angetroffen. 10. ‚Sturnus vulgaris, L., den 20. bis 27. März einzeln und in kleinen. Gesellschaften. 11. Corvus Cornix, L., v. 20. bis 26. März häufig dort gesehen; hier fanden sie auch reichlich Nahrung an den todten Enten, denen sie zuerst immer die Eingeweide aus dem Leibe hackten, welches ih- nen die liebste Nahrung zu sein scheint, denn sehr häufig fand ich verschiedene Arten Enten, die der Eingeweide von den Krähen be- raubt waren. f 12. Corvus Corax, L., den 22. bis 23. März einzeln gesehen. 13. Charadrius hiaticula, L., den 22. bis 27. März einzeln am Östseestrande von Hiddensee gesehen. Dieser Vogel scheint viel Kälte vertragen zu können, denn die von mir gesehenen schienen munter und rührig zu sein. 14. Vanellus eristatus, M. et W., den 22. bis 26. März gesehen. Dieser Vogel schien sehr durch Kälte und Hunger ermattet zu sein. 15. Haematopus Ostralegus, L., den 22. bis 27. März einzeln ge- sehen. 16. Ciconia alba, Bechst., den 22. März 2 Exemplare hoch in der Luft über Hiddensee wegfliegen gesehen. 17. Totanus calidris, Bechst., den 21. bis 29. März einzeln am Aussenstrande der Ostsee angetroffen. 18. Tringa alpina, L., den 21. bis 24. März einzeln am Ostsee- strande der Insel gesehen. Dieser Strandläufer scheint nicht viel Kälte vertragen zu können, denn ich traf ihn gewöhnlich in hohlen Schnee- und Eisdünen, welche die Natur am Strande gebildet, wo er sich ganz versteckt hielt und wahrscheinlich gegen Kälte und Schnee- gestöber Schutz suchte. 19. Larus canus, L., vom 20. bis 29. März häufig sowohl am Binnenstrande als an dem der Ostsee gesehen. 20. Larus eburneus. Den 24. März traf ich am Aussenstrande der Ostsee drei schöne Exemplare davon, die nach Nahrung. suchten, ich verbarg mich hinter einem Eisberge, welchen das Wasser zusam- men getrieben hatte, um doch nur wenigstens eine dieser schönen Möven zu erhalten, allein sie flogen immer über dem offenen Wasser 57 hin und her, ich konnte sie oftmals gut mit einem Schusse erreichen, allein dieses konnte mir nichts nützen, da es Ostwind war, welcher die Möven immer weiter ins offene Wasser fortgetrieben hätte. Nach- dem ich einige Stunden in dieser Kälte vergeblich nach ihnen ge- lauert und noch immer hoffte, eins von diesen T’hieren möchte mir so zu Schuss fliegen, dass, wenn ich es niedergeschossen, ich es auf dem Eise liegend, bekommen könnte, verschwanden diese meines Wissens hier noch nie beobachteten Vögel. Ihr Flug war leicht und rasch, und alle ihre Wendungen im Fliegen zeigten eine grosse Geschwin- digkeit. Stiessen sie in das Wasser nach Nahrung, so geschah dies gewöhnlich mit einer scheinbar grossen Kraft. Sie zeigten sich auch sehr verträglich mit den ihnen verwandten Mövenarten, wie Zarus ca- nus, L., und marinus, L. 21. Larus argentatus, Brünn., den 20. bis 29. März am Östsee- strande oftmals einzeln angetroffen. 22. Larus glaueus, Brünn., den 20. bis 29. März ebenfalls am Östseestrande einzeln gesehen. 23. Larus marinus, L., den 20. bis 29. März einzeln auch in kleinen Gesellschaften von 8 bis 10 zusammen am Östseestrande be- obachtet. 24. Lestris catarrhactes, Illiger., hatte ich das Glück, den 20. März ein Individuum am Östseestrande zu beobachten, welches von Zarus marinus und Larus canus heftig verfolgt ward. Der Flug dieser gros- sen Raubmöve war sehr schwerfällig und langsam; in der Ferne sieht man sie leicht für einen Bussard an, sie flog ungefähr 70 Schritt bei mir vorbei und verschwand meinen Augen nach einiger Zeit. 25. Cygnus musicus, Bechst., vom 20. bis 26. März einzeln, auch in ziemlicher Anzahl beisammen in dem Binnenstrome zwischen Hid- densee und Rügen beobachtet. 26. Anser segetum, Mey., den 2]. und 22. März in kleinern und grössern Flügen auf Hiddensee und der Insel Oie angetroffen. 27. Anser torquatus. Den 20. bis 27. März einzeln und in klei- nen Gesellschaften in der Ostsee bei Hiddensee gesehen und ein Ex- emplar erlegt. Dieselben waren wenig scheu und liessen sich einige Male mit leichter Mühe in Schussweite angehen. 28. Anas boschas, L., hatte ich Gelegenheit vom 20. bis 29. März in grossen Schaaren zu vielen Hunderten auf dem Östseestrande von Hiddensee zu beobachten. Da der Binnen- ‚und der Aussen- 58 "strand ausser einigen tiefen Stromstellen gänzlich zugefroren war, so lagen diese armen Vögel in Unmassen auf dem Eise und erwarteten - hier ihren langsamen und jämmerlichen Tod durch Hunger und Kälte. Des Abends krochen und flatterten die noch lebenden nach dem Lande, um sich unter den hohlen Schnee- und Eisdünen vor der kalten Witterung zu schützen. Des Morgens konnte man diese Enten dann theils erfroren und verhungert, theils lebendig zu vielen Dutzen- den aus ihrem Verstecke hervorholen; auch traf ich mehrere noch lebende, denen die Füsse ganz steif gefroren waren. Diese kümmer- lichen Kreaturen hatten dabei zum Theil ein fast unglaublich zähes Leben; so schoss ich z. B. dicht bei dem Hofe auf einer Wiese ein altes Männchen mit 4 Körnern groben Entenschrooten so durch den Kopf, dass der Schädel zerschmettert, auch ein Korn quer durch beide Augen gegangen war; dennoch flatterte dies Geschöpf hin und her und wollte nicht sterben. Ich stellte ihr deshalb den einen Fuss auf die Brust, um es zu erdrücken, und glaubte nun gewiss, dass es verendet wäre, steckte es in die Jagdtasche und ging nach dem Hofe. Wie ich da die Ente aber herausholte und hinlegte, zappelte dieselbe noch, und um sie nun endlich von ihrer Qual zu erlösen, musste ich ihr den Kopf abhauen. Dieser Vogel wog nicht mehr als 1 Pfund 8 Loth, Fleisch hatte er fast gar nicht auf dem Körper, die Einge- weide waren ganz zusammengeschrumpft und von Frass war keine Spur in denselben vorhanden. Einmal sah ich eine dieser Märzenten mit einer solchen Kraft gegen einen im Eise zusammengeschobenen Eisberg fliegen, dass ihr das Blut aus dem Schnabel drang. 29. Anas penelope, L., wurde den 20. bis 29. März auf dem Eise der Ostsee einzeln und auch in kleinen wie grössern Flügen von 10 bis 20 Stück beisammen gesehen. Diese Enten lagen zerstreut auf dem Eise herum, theils todt theils in solchem Zustande, dass sie doch umkommen mussten; die Füsse waren vielen noch lebenden krumm zusammengefroren. “30. Platypus mollissimus, Br., den 22. und 24. März auf dem Eise der Ostsee zu dreien gesehen; den 24. war ich so glücklich, eine dieser Eidertauchenten lebendig zu bekommen, indem sie wie blind gerade gegen meine Brust flog. Diese Ente war noch sehr fleischig und hatte im Magen eine Menge Conchilien, woraus ich schliesse, dass nicht der Hunger, sondern die grosse schneidende Kälte dieses 59 Thier ganz benommen, verwirrt und matt gemacht hatte. Es war ein Männchen. 31. Platypus niger, Br., den 20. bis 29. März einzeln sowie in kleinen Gesellschaften von 6-8 Stück in der Ostsee auf dem Eise beinah erstarrt angetroffen, so dass man einige greifen konnte. Ich habe von diesen Trauertauchenten eine gute Ausbeute gemacht, einige trugen das prächtige schwarze, andere das braun-graue Jugend-, noch andere das Uebergangskleid vom Jugend- zum schwarzen Pracht- kleide. Dieselben waren sehr abgehungert, indem das Wasser beinahe einige Wochen hindurch bis auf unabsehbare Strecken mit Eis belegt war, und die armen Vögel in dem noch offenen aber sehr tiefen Wasser keine Nahrung bekommen konnten. 32. Platypus fuscus, Br., beobachtete ich den 20. bis 29. März auf dem Eise.in der Ostsee einzeln und in Flügen von 15 bis 20 Stück. Ebenfalls waren diese Sammttauchenten fast verhungert und erfroren, und man konnte dieselben, wo das Eis so stark war, um einen Menschen zu tragen, müde machen und dann greifen. Von diesen Enten bekam ich ebenfalls eine gute Auswahl. 33. Platypus marila, Br., sah ich den 20. bis 29. März in der Ostsee und im Binnenstrande zwischen Rügen und Hiddensee. Wo die starke Strömung nicht mit Eis belegt war, lagen diese Bergtauch- enten in solchen Massen, dass im Auffliegen die Luft ganz verdunkelt wurde. Auch von diesen Enten kamen sehr viele um. 34. Platypus fuligula, Br., den 20. bis 29. März traf ich in der Ostsee und im Binnenwasser auf den offenen Stellen einige von Hun- ger und Kälte ermattet. 35. Platypus glaueion, Br., beobachtete ich den 20. bis 29. März in der Ostsee dicht am Ufer, wenn das Wasser offen war und bei zugefrorenem Wasser weit in der Ostsee hinaus, wo kein Eis war. Diese Ente muss schr tief tauchen können, denn fast alle waren schwer von Gewicht nach ihrer Grösse. Scheu erschienen sie aber keineswegs, sondern liessen sich gewöhnlich auf gute Schussweite an- kommen. 36. Platypus glacialis, Br, den 20. bis 29. März in der Ostsee und im Binnenwasser häufig gesehen in kleinen und grossen Schaaren. 37. Mergus merganser, L., den 20. bis 29. März einzeln in der Ostsee bei Hiddensee beobachtet, dieselben waren aber sehr scheu und hielten nicht auf Schussweite aus. 60 38. Mergus serrator, L., den 20. bis 29. März sehr häufig in der Ostsee bei Hiddensee angetroffen. Von diesem Sägetaucher waren viele sehr matt vor Hunger und Kälte, und man konnte sie des Mor- gens aus den hohlen Schnee- und Eisdünen, die am Ufer gebildet waren, todtgefroren und verhungert, doch ‘auch lebendig in Gesell- schaft mit Anas boschas L., hervorholen. 39. Colymbus rufogularis, Mey., den 20. bis 29. März in der Ost- see einzeln gesehen. 40. Mergulus Alle, Ray., den 22. März beobachtete ich in der Ostsee bei Hiddensee drei von diesen Vögeln, welche sehr flink tauchten und lange unter dem Wasser blieben. Nach der Stelle, wo sie sich aufhielten, war wegen des zu schwachen Eises nicht hinzu- kommen, sonst waren ‚sie in guter Schussweite. 41. Alca torda, L., den 20. bis 28. März bemerkte ich einzelne in der Ostsee. Dieser Vogel scheint ein sehr zähes Leben zu haben; ich schoss einmal einen derselben so, dass ihm die Eingeweide aus dem Leibe hingen, und doch tauchte er in die Tiefe und blieb mei- nen Augen unsichtbar verschwunden. Ausser diesen eben angeführten Vögeln sah Herr Schilling dort noch eine Menge anderer, die nicht zu den in dieser Provinz bekannten, sie häufiger besuchenden Wasservögeln gehörten; doch da dieselben der zu grossen Entfernung wegen nicht genau zu erkennen waren, so müssen sie hier mit Stillschweigen übergangen werden, bis vielleicht eine neue ähnliche Gelegenheit sie dem Auge näher bringt und deutlicher erkennen lässt. Die grosse Mehrzahl obiger von Herrn Schilling auf Hidden- see erlegten und erbeuteten Vögel befindet sich ausgestopft auf dem akademischen zoologischen Museum in unserer Stadt. Folgende Beobachtung machte Herr Schilling auf derselben Insel Hiddensee im Dezember 1855, und lässt sich darüber folgen- massen aus: Ueber das Vorkommen von Alauda alpestris in Pommern. Es war am 10. Dezember 1855, als ich bei einer Kälte von 12 bis 14° R. die mit Schnee und Eis bedeckten Dünen der kleinen 61 baumlosen Insel Hiddensee, nahe an der pommerschen Küste be- suchte, um daselbst die aus dem höchsten Norden hergekommenen Enten und Taucher zu beobachten, als mich um die Mittagszeit auf der einsamsten und nur mit einzelnen Strandpflanzen bewachsenen Stelle dieser Dünen ein kleiner Flug Vögel durch sein fremdartiges Betragen auf sich aufmerksam machte. Durch die weite Entfernung und den durch den starken Wind umhergetriebenen Schnee verhin- dert, konnte ich jedoch nicht gleich erkennen, zu welcher Familie dieselben gehörten und versuchte ich deshalb, mich an sie anzu- schleichen. Nachdem ich mich auch his auf ungefähr 100 Schritte genähert hatte, erblickte ich bei einem Fluge Fringilla linaria, L., je- doch von diesen etwas abgesondert, 7 mir bis dahin unbekannte Vö- gel, welche, da sie auch meine Ankunft bemerkt haben mochten, eiligst und in einer andern Richtung, als die ebenfalls davonfliegenden Flachsfinken, die Flucht ergriffen. Diese Flucht geschah in kleinen flachen Bogen und wurde durch ein besonders beim Auffliegen stär- ker und schneller ersönendes: „zip, zip, gib, gib“ begleitet. Nach einiger Zeit liessen sie sich jedoch einige 100 Schritte vor dem Punkte, wo ich sie zuerst bemerkt hatte, wieder nieder, und jetzt konnte ich durch einen Sandhügel gedeckt, mich ihnen bis auf 80 — 90 Schritte nahen, um ihr auffälliges Betragen zu beobachten. In aufgerichteter Stellung, oft mit dem Schwanze auf- und abwippend, liefen sie be- ständig umher, um, wie es schien, nach Nahrung zu suchen. Die durch den Wind vom Schnee entblössten Wegerichkolben schienen besonders ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem sie, wenn sie einige recht vollsamige erblickt und entdeckt hatten, ihr „zip zip“ besonders fröhlich ertönen liessen. Auf diese Weise trieben sie un- gefähr eine halbe Stunde ihr Wesen, bis ich, um über die Art Ge- wissheit zu erhalten, mit der Flinte den Versuch machte, eins zu er- legen. Jedoch bei der Weite hatte dies keinen Erfolg, und die durch den Schuss aufgescheuchten Vögel flogen eiligst unter ängstlichem Schreien davon. Ihr Flug schien jedoch von keiner grossen Dauer zu sein, und nach einiger Zeit liessen sie sich auch auf einem freien Platze in den Dünen, für welche sie eine besondere Vorliebe hatten, und aus welchen sie sich nicht vertreiben liessen, wieder nieder, hier wiederholten sie ihr oben angegebenes Betragen aufs Neue, waren je- doch so scheu, dass sie sich bei meiner Annäherung schon auf 150 bie 200 Schritt davon machten. Fast verzweifelte ich an einem gün- 62 stigen Erfolge meiner Nachstellung, als sie sich in der Dämmerungs- zeit plötzlich mir bis auf 70—80 Schritte näherten, worauf mein Schuss einen dieser Vögel zu Boden warf. Wie gross war aber mein Erstaunen, als ich an dem getödteten erkannte, dass ich hier in diesen öden Sanddünen Hiddensee’s mit einem der pommerschen Fauna bis dahin ganz fremden Vogel zusammen getroffen. Durch diese ganz unerwartete Entdeckung wurde mein Wunsch, von diesen Vögeln noch mehrere zu erlegen, auf’s Höchste gesteigert, jedoch waren alle meine Bemühungen für heute erfolgslos, da die durch das wiederholte Schiessen ausserordentlich scheu gewordenen Vögel sich nicht mehr schussgerecht ankommen liessen. Am Morgen des folgenden Tages in aller Frühe setzte ich meine Bemühungen fort, konnte jedoch, obgleich ich die ganzen Dünen von einem Ende der Insel bis zum andern sorgfältig durchsuchte, keinen Vogel dieser Art mehr entdecken und trat deshalb die Rückkehr nach meinem Aufenthaltsorte, dem Gute Kloster auf dieser Insel an, als ich nahe bei diesem Gute an einem Torfhügel sitzend, einen der so lange vergeblich gesuchten Vögel „erblickte. Sorgfältig gedeckt, suchte ich mich ihm zu nähern, bemerkte aber gar bald, dass er sehr wenig um seine Sicherheit und Rettung besorgt war, und mich ruhig auf sich zukommen liess. Dies ungewohnte, von dem am vorherge- henden Tage beobachteten ganz abweichende Benehmen erregte meine Aufmerksamkeit auf hohe Weise, zumal der Vogel ruhig auf einer Stelle sitzen blieb, und auch nicht einmal seine Stimme hören liess. Alles dies bestärkte mich bald in der Vermuthung, dass er am vor- hergehenden Tage durch einen meiner Schüsse verwundet sein müsse, und diese Vermuthung wurde zur Gewissheit, als ich durch einen Schuss sein Leben endete. Von jetzt ab waren alle Nachforschungen, welche ich über den Verbleib dieser mir hier so werth gewordenen Vögel anstellte, ver- geblich, obgleich ich noch 8 Tage hindurch sowohl bei gutem als schlechtem Wetter die Insel durchsuchte. Sie mussten also wohl nur durch den in dieser Zeit beständig wehenden sehr starken Nord- westwind in diese Gegend verschlagen sein, obgleich sonst glaubwür- dige Bewohner dieser Insel versicherten, diese Vögel in ‚frühern Jahren und besonders bei kalter Witterung hier öfters gesehen zu haben. 63 Bei der Untersuchung der von mir erlegten beiden, sich im prächtigsten Winterkleide befindlichen Männchen, fand ich in dem Magen derselben eine Menge Grassämereien und kleiner Kieskörner. In demselben Winter sah ich etwas später in der Nähe von Greifswald bei starkem Schneetreiben und Wind einen Flug von 14 bis 15 Vögeln, welche nach ihrem ganzen Betragen und ihren Lock- tönen entschieden Alauda alpestris sein mussten. Schiessen konnte ich leider keinen davon, da dieselben wieder ausserordentlich scheu wa- ren, gleich denen, welche ich eine Zeit lang zuvor auf Hiddensee beobachtet hatte. Nr:u5; Einige Mittheilungen von meiner Reise in Schweden im Jahre 1849. Von Dr. 6. Quistorp. Vom 20. Juni bis zum 24. Juli 1849 bereiste ich einen grossen Theil von Schweden, erinnere mich jedoch in naturwissenschaftlicher Beziehung nur einzelner Fakta, die ich mitzutheilen nicht unterlassen will, obgleich sie gewiss nicht von besonderm Werthe sind. Das Dampfschiff Gauthiod, welches mich von Lübeck nach Stockholm brachte, war der in Deutschland herrschenden Cholera wegen genö- thigt, bevor es ganz nach Stockholm hinaufgehen konnte, eine Stägige Quarantaine 4 Meilen vor der Hauptstadt zwischen den Scheeren ab- zuhalten. Ich hatte meine Büchsflinte mit an Bord und schoss vom Schiffe aus mit derselben mehrere Möven Larus ridibundus, L.; sonst nahte sich demselben kein anderer Vogel. Von Stockholm aus dehnte ich meine Reise nördlich bis Gefle aus und ging von da nach Da- lekarlien. Einige Meilen vor Falun blieb ich die Nacht, erkundigte mich nach der Jagd, da ich einige Stationen zuvor am Zwinger eines 64 dort wohnenden sehr berüchtigten Jägers vorbeigefahren war, von dem die Leute der Gegend noch gern seine letzte glückliche Bären- jagd einige Wochen vor meiner Anwesenheit dort erzählten. Er hiess mit Namen Tjellberg, wenn ich nicht irre. Mein Wirth für die nächste Nacht war ein junger Mann, selbst passionirter Waidmann und wir beschlossen am nächsten Morgen oder eigentlich mitten in der Nacht, (denn schon um 2 Uhr brachen wir auf, da es zu dieser Jahreszeit in Schweden um diese Zeit schon hell genug ist) eine Jagd zu machen und begaben uns mit einem geborgten Hunde, der sehr gut auf Birk- hühner sein sollte, nach einer Gegend, die 3 Stunden von unserm Orte entfernt, von Birkhühnern zahlreich bewohnt war. Leider aber schien es diesem Hunde in unserer Gesellschaft nicht zu behagen, er lief davon und uns blieb nichts anderes übrig, als mit dem eigenen Hunde meines Gefährten, der aber nur auf Hasen, im Winter auch auf Füchse sehr brauchbar sein sollte, uns wieder auf den Weg zu begeben und eine Jagd auf Hasen zu entriren, die in Schweden zu keiner Jahreszeit geschont werden. Wir fanden in den Bergen, in denen wir jagten, eine reichliche Menge Hasen, mein Begleiter fehlte mit seinem schlechten Gewehre mehrere, bis mir endlich einer zu Schuss kam, den ich erlegte.e Kopf und Rücken desselben waren ziemlich dunkel gefärbt, fast grauschwarz. Unser kleiner Hund, von der Rage der Spitze, jagte ganz vortrefflich die Hasen und war wäh- rend der 3 Stunden, die wir uns in den Bergen.herumtummelten, fast keinen Augenblick lautlos, sondern unablässig die Spur der Hasen lautjagend verfolgend, obgleich das Jagen zwischen all den grössern und kleinern Steinen und Felsblöcken, sowie bei all den Hindernissen durch gefallene Bäume und Aeste gewiss kein leichtes war und Zeug- niss von der Güte des Hundes ablegtee An Uebung hatte es dem Hunde auch nicht gefehlt, denn mein Begleiter erzählte mir, dass er in dem Sommer schon einige 40 Hasen vor demselben geschossen hätte. Mehrere Male glaubte ich das Auffliegen von Birkhähnen zu hören, welche der jagende Hund aufscheuchte, zu Gesicht, geschweige denn zu Schuss kam, weder mir noch meinem Gefährten eines. Zur- dus musicus, L. hörte ich in den unermesslichen Wäldern Skandina- viens überall bei meinen Reisen, und Waldschnepfen (morkulla auf Schwedisch) kannte man als Brutvogel auch überall. Birkhähne und Auerhähne nisten zahlreich an allen Stellen in den schwedischen Wäldern und wäre ich anstatt im Juni und Anfang Juli, im August 65 dort gereist, so hätte ich die besten Jagden auf diese prächtigen Vö- gel machen können, denn die jungen Vögel sind in diesem Monat sehr leicht zu schiessen. Sie sind sehr einfältig und werden in den nördlichen Provinzen Schwedens, wie mir von mehreren glaubwür- digen Jägern erzählt wurde, auf folgende Weise geschossen: Es gehen mehrere Personen, am besten drei, auf die Jagd, suchen sich eine Kette Birkhühner auf und umstellen den Ort, wo sie gefunden wor- den, oder wo sie nach dem Schusse wieder einfallen, auf etwas weiter Entfernung. Dann fängt einer der Jäger an zu locken, die ganze Kette folst sofort dieser Lockung und flattert von einem Baume zum andern bis in die Nähe des lockenden Jägers; dieser macht Feuer und schiesst 1 oder mehrere Vögel herunter; die Kette fliegt eine kurze Strecke davon und kommt einen der andern Jäger nahe, nun beginnt dieser das Locken, die Vögel folgen wiederum unfehlbar sei- nem Rufe, auch er schiesst auf sie und so geht es fort, bis die Kette ganz oder zum grössten Theile aufgerieben ist. Auf diese Weise sollen alljährlich Unmassen dieser äusserst wohlschmeckenden Vögel geschossen werden. Auerhähne schiesst man im nördlichern Schwe- den im Winter hauptsächlich mit der Büchse, wenn dieselben in den mit Schnee bedeckten Bäumen sitzen und der den Erdboden bedeckende hohe Schnee es dem Jäger gestattet, sich geräuschlos auf 100—120 Schritte zu nähern. Auf eine solche Entfernung soll man oft meh- rere Schüsse auf einen Vogel thun können, bevor derselbe auffliest. Crer pratensis, Bechst. hörte ich hoch oben in Dalekarlien wie überall in Schweden in Wiesen und Kornfeldern, hauptsächlich in dem an- muthigen Thale am Siljansee, bei Lecksand, Kättvik und anderen Orten. Fast hätte ich das Glück gehabt, in Dalekarlien eine grosse Treibjagd (Skall, wie die Schweden sie nennen), ein grosses Kessel- treiben auf Raubthiere, namentlich Bären und Wölfe, zu dem die Treiber aus der ganzen Umgegend durch den Gouverneur einer Pro- vinz aufgeboten und in zahlreicher Menge zusammengebracht werden, mitzumachen. Ein grosser Distrikt Wald, in dem der Vermuthung nach die Bären stecken, welche durch die Verheerungen, die sie unter dem Vieh der Nachbarschaft angerichtet, zu dem Skall die Veranlas- sung gegeben haben, wird von den von nah und fern zusammenkom- menden und mit den verschiedensten Mordinstrumenten bewaffneten Menschen umstellt, alles darin befindliche Wild, wie bei einem Kes- Naumannia 1858, 5 66 seltreiben zusammengetrieben auf eine im Walde befindliche so lichte Stelle, dass die dort postirten Schützen gut schiessen können. Auf diesen Stellen sieht man oft Raubthiere aller Art, die Schwedens grosse Wälder beherbergen, und häufig werden viele Thiere der Art dabei erlegt. Da im Sommer 1849 die Bären in der Nähe des Sil- janseees viel Schaden gethan hatten, so war schon ein Skall gerade zu der Zeit, als ich zufällig in die Gegend gelangte, angesagt wor- den; leider aber hatte derselbe, weil mehrere Ortschaften durch ihre Heuernte noch behindert waren, auf einige Wochen später aufs Un- bestimmte ausgesetzt werden müssen, so dass es mir unmöglich wurde, denselben abzuwarten. In der Nähe des Siljanseees sind die Elenn- thiere nicht selten, beiläufig gesagt, das einzige Wild, welches sich im nördlichern Schweden einer Schonzeit zu erfreuen hat, da sie nur im Monat October geschossen werden dürfen. In Lecksand machte ich, da ich der schwedischen Sprache mächtig war, die Bekanntschaft eines passionirten Jägers, der alljährlich eine grosse Menge Birk- und Auer- wild schiesst, wovon die Wälder der Umgegend sehr voll sein sollen. Die Jagden in dieser Gegend sind jedoch meist auch sehr beschwer- lich, da man sich oft grosse Strecken von seinem Aufenthaltsorte ent- fernt und die Nächte dabei in zur Aufbewahrung des Heues und sonstigen Viehfutters tief im Walde erbaueten hölzernen Schuppen zuzubringen genöthigt ist. In Gothenburg hatte ich das grosse Ver- gnügen, den in ganz Schweden und auch im Auslande durch seinen langjährigen Aufenthalt in Schweden und seine vielen glücklichen Bärenjagden berühmt gewordenen Engländer Lloyd zu sehen; leider konnte ich mich nicht mit demselben unterhalten, da ich erst nach Abgange des Dampfschiffes, welches mich nach Kopenhagen über- führte, erfuhr, wer die Persönlichkeit gewesen, welche ich am Bord des Schiffes vor seinem Abgange gesehen hatte. Dieser grosse Bä- renjäger hatte seine besten Jagden gerade in der Nähe des Siljanseees in Dalekarlien sowohl, als auch in Wermeland, an den Grenzen von Dalekarlien und von Norwegen gemacht, und da ich seine sämmt- lichen Jagderzählungen eifrig vorher gelesen hatte, so war mir die ganze dortige Gegend um so interessanter, und die nähere Bekannt- schaft dieses grossen Nimrod, der jetzt in der Nähe von Gothenburg bei Lilla Edit wohnen soll, wäre für mich von grossem Interesse ge- wesen, In der Nähe von Gothenburg, an den Ufern des schönen 67 Goeta-Elf sollen sehr ergiebige Jagden auf Bekassinen, Enten und andere Wasservögel zu machen sein. Ich selbst hatte keine Zeit mehr, dort zu jagen, da ich über Kopenhagen nach Deutschland zurückzu- kehren mich beeilen musste, Nr. 6. Iur Naturgeschichte der korallenschnäbligen Alpendohle (Fregilus graculus). Alfred Hansmann. Von der (canarischen) Insel Palma erhielt mein Freund, der Dr. Bolle, eine jung aus dem Neste genommene und von den Islennos aufgezogene Alpendohle. Die sonst ihre schwarzen Schwin- gen von den strahlenden Gletscherfirnen wiederspiegeln lässt, wohnt auf jenem Eilande in den steilen warmen Barancos, und die sonst aus den harten Felsenspalten eine halb 'erstarrte Nebria Germari heraus- hackt, darf auf jener glücklichen Insel den Segen spendenden Furchen des Pflügers folgen und hinter seinem erobernden Eisen her willkom- men das feindselige Geschlecht der Insecten vernichten. Merkwürdig, dass gerade Palma von den Alpendohlen bewohnt wird, während die Gipfel des Pic von Teyde, dessen Schatten des Abends fast bis zu jener Insel hinüberreicht, einsam stehen. Es ist das wieder ein neues aus jener Reihe von geheimnissvollen Fakten, die uns zeigen, dass nicht das Terrain, nicht die Lokalität, sondern noch ein anderes, mächtigeres Moment den Thieren sagt: Hier ist es gut sein, hier lasset uns Hütten bauen. Und wenn der Bach auch noch so klar ist und seine Ufer auch noch so heimlich mit Büschen besetzt sind, er darf mit seinem Murmeln kein Nachtigallenlied begleiten, die eine Meile weiter am Seeufer unter den hohen Ulmen wohnt, oder hinterm | Zaune unter den Spiräen brütet, und von der duftigen Syringa herab 5* 68 oder hoch oben in blühender Lindenkrone ihren orpheischen Gesang ertönen lässt. Misshandle die Brut der Kiebitzältern, dass ihnen kaum im Juli ein kümmerliches Dunenkleidehen nachzirpt, sie werden un- verwüstlich an ihrer einmal erkorenen Heimath hangen bleiben — aber ein Paar Drain-Röhren — und es ist aus mit ihrem gaukelnden Flug, und die Krähen, die sich sonst die pikanten Eier auf ihren leckeren Schnabel gestülpt, werden wegbleiben, um später zurückzukehren, und Engerlinge zu suchen, und die jungen Haferkeime auszurupfen. 2 Catana hatten die Islennos meine Alpendohle getauft, wie aus dem Geleitschreiben hervorging. So sass sie denn vor mir, mit ge- stutztem Schweif nnd gestutzten Schwingen, der fromme anhängliche Vogel mit den bittenden dunkelbraunen Augen, auf längere Zeit mei- ner Obhut anvertraut von ihrem Herrn, der die Alpen zwischen uns legen wollte, um zu den Ufern des Arno zu eilen. Neugierig gemacht durch Savi’s hübsche Schilderung seines zahmen Pyrrhocorax alpinus (die von Tschudi auch lediglich nur wie- derholt, ohne ihr neue Momente hinzuzufügen), unterzog ich dann den so nahe verwandten graculus meiner Pflege und meiner Beob- achtung. Anfänglich hatte Catana noch im Gärtchen umherlaufen dürfen, dessen Buchsbaumhecken und Mauerwinkel der gebogene korallen- rothe Schnabel eifrig durchsuchte und durchhackte, Scolopender und Amaren aus ihren Verstecken hervorziehend. Emsig lief sie hin und wieder, nach einer vorübersummenden Fliege in die Höhe springend, oder eine Spinne mitten aus ihrem Netze herausschiessend und merk- würdiger Weise anfänglich Regenwürmer hartnäckig verschmähend. Das Alles hatte aufhören müssen, als mein Pflegling zu mir übergesiedelt war. Der enge Käfig durfte hier nur höchstens mit der Zimmerdiele vertauscht werden. Indessen richtete der emsige Vogel manches Unheil an, indem er mit dem harten, unempfindlichen Schna- bel jeder Spalte nachbohrte, mit rücksichtsloser Consequenz sogar versuchend, die hartrandigen Schlüssellöcher zu erweitern, oder ein hingeworfenes Stückchen Fleisch im Winkel unter einem abgepflückten Fetzen Tapete verbergend. Bei dergleichen Geschäften ging es ruhig zu. Wollte eine unberufene Hand indessen sich seines vergrabenen Schatzes bemächtigen, so kehrte der noch in der Nähe befindliche -Vogel augenblicklich mit hüpfenden Sätzen und halb ausgebreiteten Flügeln zurück, laut krähend den Eindringling von der Ausführung 69 des nur für ihn selber gelten sollenden Satzes: la propriete c’est le vol abzuhalten, den er sich auch wohl dahin auslegen mochte, dass Alles sein Eigenthum sei, was er stehle. Von dieser Seite aus be- trachtete er dann, ganz in der üblen Weise seiner Familie, ebenfalls blanke Gegenstände, und ein neues Münzstück oder eine Schachtel mit gläsernen Vogelaugen übten eine fast unwiderstehliche Anziehungs- kraft auf das angeborene Diebsorgan. Sonst war Catana, bis auf sein Schreien, von dem ich nachher sprechen werde, ein ganz gemüthliches Vieh, das alles nur Mögliche mit sich aufstellen liess,, ohne jemals die gute Laune zu verlieren. Ein besonderes, sogar wollüstiges Vergnügen machte es ihr, wenn man ihr in den Federn krauete. Sie war dabei weiter nicht sehr raffinirt, und es genügte ihr vollkommen, wenn man ihr ziemlich derb über Kopf, Hals und Rücken auf und nieder bürstete, oder mit allen zehn Fingern in den Federn wühlte. Sie schloss dann gewöhn- lich die Augen mehr oder weniger, das Gefieder aufblasend, und sich gern einer unbequemen Stellung unterziehend, wenn nur die angeneh- men Finger dabei in ihrer Function blieben. A Die Scene änderte sich aber sofort, sobald ich ihr einen verbor- genen Vogelbalg nahe unter die Augen hielt. Ein kurzer hastiger Ruck riss den Kopf aus seiner träumerischen Lage sofort in die Höhe, die Nackenfedern sträubten sich ein wenig, die in wollüstigem Indifferentismus verlorenen Augen bekamen einen zornigen Glanz, der Schwanz faltet sich stossweise und fächerförmig auf und zu, und mit kurzem Nicken und kleinen hastigen Schritten geht der Vogel gegen den vermeintlichen Feind, ihm fest und tapfer die Stirne bietend. Dieser nähert sich. Er kommt noch mehr herbei. Jetzt ist er er- reichbar, und ein plötzlicher sicherer Hieb trifft seinen unempfind- lichen Schädel. Aber die Hand, welche die schreckliche Marionette führt, bleibt auch nicht unthätig. Der Hieb wird erwidert, und ge- schickt an dem parirenden Schnabel vorbeigeleitet. Dann schneller Rückzug. Wieder stehen sich beide Partheien feindselig gegenüber, aber Catana hat ihren Gegner würdigen lernen, und ist wohl auf ihrer Hut. Noch einmal macht das Ungethüm einen Angriff, aber fauchend trifft es schon auf halbem Wege der rothe Schnabel, aus dem ein heller drohender Ruf hervordringt, etwa wie Auweh! oder Hoho! klingend. Indessen nur Feinde von der eigenen Grösse sind turnierfähig. Die kleinen werden mit einem verächtlichen Schnabel- 70 hiebe bedacht, und vor den grossen wird kläglich Reissaus genom- men. Einen vorgehaltenen Balg von Bubo virginianus schrie die Dohle mit dem eben geschilderten Kampfesrufe an, wagte jedoch nicht, ihm Eins zu versetzen. Wurde ihr dessen Nähe jedoch zu unangenehm, so machte sie geschwind Kehrt, Galopp rechts mit halb ausgebreite- ten Flügeln davoneilend, und verfolgt ein ängstliches Krähen hören lassend, abwechselnd mit einem hellen heiseren Tone, den ich nur bei dieser Gelegenheit wahrgenommen, ebenso wie das „Hoho“ oder „Auweh“ nur im Zorne. Dasselbe fand bei der Anwesenheit von Hunden statt, welche meistens jedoch vorzogen, sich ihrerseits aus dem Staube zu machen. ; Noch muss ich bemerken, dass auch im heftigsten Kampfe der gemüthliche Vogel niemals nach meiner Hand zielte, und bekam diese etwa einmal einen Hieb ab, so geschah es lediglich aus Versehen. Dieselbe selbst mit ausgespreizten Fingern zwischen jenen und den Gegenstand seines Zornes gehalten, ging immer leer aus, wiewohl die Hiebe sowohl durch das lebendige Gitter, als auch rechts und links von demselben hageldicht fielen. | Was nun noch die ferneren Töne anbetrifft, welche der Pyrrho- corav hören liess, so waren diese im Ganzen ohne Mamnigfaltigkeit. Ein nicht wiederzugebendes pfeifendes Krächzen, in kurzen Pausen unermüdlich wiederholt, war der Ausdruck des Begehrens nach Futter oder Wasser. Verhielt sich derjenige, an den diese Petition erging, lesend oder in einer sonstigen Position vollständig ruhig, so blieb der Ton derselbe, mit der Regelmässigkeit eines Metronoms wiederholt. Aber Eme Bewegung und er schwillt an, Ein Nähern und in schnel- lerem Tempo erschallt ein lautes ‚Hiäh, Häh, von einem Flattern der halb hängenden Flügel begleitet, ganz in derselben Art, wie ein junger Vogel Futter begehrt. Wird dem, Verlangen trotzdem nicht Gewähr geleistet, und starren die Stäbe des Käfigs hindernd vor dem Gegen- stande, der bettelnd verfolgt werden könnte, so wird erst tapfer auf dieselben losgehackt, welche Manipulation hin und wieder ein äusserst schnelles und einige Sekunden dauerndes Stossen in die leere Luft bei wagerechter etwas nach oben zielender Richtung unterbricht, wäh- rend sich schluckende oder glucksende Töne vernehmen lassen. Diese Manier, seinen Zorn im Allgemeinen auszudrücken, ohne einen be- stimmten Gegenstand für denselben, war etwa nicht ein symbolisches oder schmerzloses Hacken gegen die harten Eisenstäbe, sondern il zeigte sich auch, wenn der Vogel auf der Hand oder einer Stuhl- lehne sass. _ ‚ Nachahmungstalent habe ich bei dieser Species nicht bemerkt, da ihm ganz die schwatzende kichernde Stimme fehlte, die bei den mei- sten Rabenvögeln den Gesang vertreten muss. Bei der Catana be- stand das Aequivalent desselben in einzelnen, von dem gewöhnlichen Rufe des Begehrens oder Lockens abweichenden Tönen, welche viel Aehnlichkeit mit denen des Amazonenpapageis (Psittac. ochrocephalus) zeigten, und etwa wie „Hiäh! Häh! Hio! Quack! Räh! Kockä! Hoh!* lauteten mit öfter nicht immer genau wiederholter Stimmmodification. War, der Vogel sonst satt und wurde er in einer solchen Stimmung aufgefordert, auf die Hand zu springen, oder sonst nur laut angere- det, so antwortete er mit einem Meckern, bei dem sich der Unter- schnabel zitternd auf und nieder bewegte. a Trotz des mangelnden Nachahmungstalentes zeigte sich Catana jedoch nicht sonder Fähigkeiten. Das Pfötchen zu geben lernte sie sehr schnell ohne alle Schwierigkeiten, ihre Kunst, ohne schlechter Laune dabei zu werden, mit der grössten Gutmüthigkeit immer und immer wieder producirend. Ebenso unterschied sie meine Person genau von der eines Fremden, in der ersten Zeit sogar keine Berüh- rung von Seiten eines solchen duldend, und ihn mit drohendem Auge, gesträubten Nackenfedern und hellem Hohoh! abweisend. Freund Krüper, der mich eines Tages besuchte, wurde von der ihn halb zornig, halb neugierig musternden Alpendohle mit derben Schnabel- hieben regalirt, weil ich den Vogel von hinten am Schwanze gezupft hatte, und jener dadurch der Meinung wurde, der fremde Herr wolle ihn chicaniren. Später schliff der Umgang mit Menschen solche rusticalen Sitten fast gänzlich ab, und es blieb nur noch die Unter- scheidung meiner Person von einer fremden. Indessen bin ich doch der Meinung, dass, hätte die Alpendohle frei auf der Strasse einer minder grossen und bevölkerten Stadt, als dies Berlin ist, herumfliegen dürfen, sich ganz gewiss noch andere Resultate, aus dem ungehindert seine Functionen verrichtenden In- stinkte hervorgehend, gezeigt haben würden. Jedenfalls habe ich, das lästige Schreien bei dem geringsten Begehren, das mich öfter ganz toll machen konnte, abgerechnet, noch keinen zahmeren und liebens- würdigeren Vogel gesehen, dessen lautes Rufen ich hinter mir her noch auf der Strasse vernahm, wenn ich meine Wohnung verlassen 72 und er mit der Langenweile in seinem Käfige allein geblieben war. Befreundete Gesellschaft sah er sehr gern, und jede in der Nähe sich mit Geräusch öffnende Thüre entlockte ihm einen lauten Ruf, der von ganz bestimmter Unterscheidung der Entfernung zeugte, und meine ihm bekannte Wirthin herbeilocken sollte. Die geringere oder grössere Scheu, welche den allermeisten ge- zähmten Vögeln immer doch noch bei einer schnellen Handbewegung oder einer sonstigen überraschend wirkenden Handlung inne wohnt, fehlte der Catana gänzlich, und die Zutraulichkeit eines Hundes war kein kleiner Vorzug ihres Charakters. Dem Feuer, als etwas glänzendem, näherte sie sich gerne, spielte auch wohl mit einer glühenden Kohle. Die helle Flamme berührte sie indessen nicht, noch verschluckte sie brennende Kohlen oder Lam- pendochte, wie Savi von seiner gelbschnäbligen Alpendohle erzählt, hinzufügend, dass ein solcher Genuss derselben niemals einen Scha- den zugefügt. Abweichend von ihren übrigen Artverwandten, die sonst hoch oben über den Sennhütten sich an der Grenze des ewigen Schnees und noch über die schimmernden Firnen hinaus in jauchzenden Schaaren in der kalten Luft umherzutummeln pflegen, war meiner Alpendohle eine Wärme von +2° R. schon zu gering. Trübselig und mit gesträubtem Gefieder sass sie bei einer solchen Temperatur vor meinem Fenster, jede Gelegenheit benützend, um wieder zurück in die erwärmte Stube zu schlüpfen. Aus den feucht-warmen Barancos (Schluchten) der Insel Palma stammend, hatte sie die Empfindung einer wohlmeinenden Sonne nicht vergessen, die vielleicht auch ihren veränderten Stempel dem kohlschwarzen Gefieder aufgedrückt hätte, wäre dasselbe überhaupt so leicht noch einer geringen Verfärbung fähig. Was schliesslich die Nahrung der Alpendohle anbelangt, so zog dieselbe Fleisch und Käse, den sie besonders liebte, Brod und Vege- tabilien vor. Daran gewöhnt, von fremder Hand gefüttert zu werden, strebte sie auch stets danach, da ihr langer und dünner Schnabel nur kleine Bissen aufzunehmen gestattete, und es daher lange dauerte, bis der verhältnissmässig grosse Vogel gesättigt war. Hatte er zu viele und zu grosse Stücke bei der Fütterung in der Begierde verschluckt, so wurde das Zuviel sehr bald wieder ausgespieen. Wasser trank die 73 Alpendohle sehr oft und stets sehr viel, bei einem flachen Gefässe den Schnabel von der Seite legen, ‘um so leichter die Flüssigkeit zu erfassen und in dem in die Höhe gerichteten hinablaufen zu lassen. Auf ein stetes Hacken in harten Gegenständen scheinen die Al- pendohlen angewiesen zu sein, da ihre hauptsächlichste Nahrung viel- leicht nur in den, in das Gletschereis eingesunkenen und sonstigen unter Moos und Steinen verborgenen Insecten besteht. Indessen auch todte Mäuse und Vögel verschmähen sie nicht, können den Kadavern jedoch nicht viel anhaben, indem der dünne Schnabel, trotzdem ihm die kurzen kräftigen Zehen zur Hülfe kommen müssen, die Braten nicht zerlegen kann, und die Vögel sich daher mit dem begnügen müssen, was von dem in eine Felsenspalte Eingepressten bei emsigem Hacken losgehen will. Damit bei einer solehen Arbeit der Schnabel nicht zu schnell abgeschliffen werde, wächst derselbe immer nach, und wuchs bei meinem Vogel, dem der Boden des Käfigs oder des Zimmers keine Feile zu bieten vermochte, sogar kreuzweis über einander, dergestalt, dass ich künstlich mit dem Messer nachhelfen musste, wobei dann der äusserst harte Schnabel starken Widerstand leistete. Jedenfalls bleibt noch sehr viel zur Vervollständigung der Natur- geschichte dieser so interessanten Vögel übrig. In der Freiheit scheu und wild, verleugnen sie diesen Charakter in der Gesellschaft des Menschen gänzlich, der sie jung aufgezogen. Aber es ist nicht so leicht, sich der Jungen zu bemächtigen, und daher mag dieser zier- liche Vogel so selten gezähmt werden. 74 Nr. 7. Beobachtungen in der Vogelwelt im Jahre 187. Lieutenant von Preen. Der Winter bot wenig Auffallendes; ich erhielt von der See- küste ein sehr altes Seeadlermännchen und ein junges ausserordent- lich grosses Weibchen; bei Wismar wurden im Januar erlegt von Falco peregrinus 1 altes Weibchen und 4 junge Vögel vom Jahre, die in der Nähe ausgebrütet sein mochten, leider wollte mir der Sammler keinen überlassen. Dann erhielt ich von Falco aesalon ein sehr altes, prächtig gefärbtes Männchen und ein junges Weibchen; die alten Männchen sind hier ausserordentlich selten. Im Frühling waren zur Zugzeit die Musicapa luetuosa ungemein zahlreich, leider erlaubte die Zeit mir nicht die Verfärbungsstufen zu: sammeln. Ein 7otanus glottis-Weibchen, mit sehr entwickeltem Eier- stock, erlegte ich hier am See. Ob es hier brüten wollte? Von dem im ersten Hefte der Naumannia beschriebenen Glie- nitzer Buschwerder erhielt ich durch meinen Sammler gleich nach der Rostocker Versammlung: Zwei Gelege Aetitis hypoleucus mit ungewöhnlich dichter Zeich- nung und von einer auffallend länglichen Gestalt, leider waren diese, wie überhaupt fast alle Eier der Sendung, durch schlechte Verpackung zerbrochen. Botaurus minutus musste sehr zahlreich gewesen sein, die ganze Schachtel war mit Schalstücken gefüllt. Von Sylvia palustris waren sehr viele Gelege, leider ebenfalls mei- stens zerbrochen, doch ist es mir gelungen, eine hübsche Suite für Herrn Baldamus zu präpariren. 75 Sylvia Trochilus lieferte zwei Gelege mit ungewöhnlich grossen Punkten, so dass sie den Eiern der Parus ater sehr ähnlich sehen. Von Sylvia suecica gab es ein sehr schönes, glücklicherweise unzer- brochenes Gelege. Der Kuckuk hatte sich in diesem Jahre die Nester der (Cal. phragmitis ausersehen; der Knabe hatte jedes Gelege in eine besondere Schachtel gepackt, leider so schlecht, dass nur 2 Eier unter den sechsen aus den Nestern von Cal. ph. heil waren. Sie glichen alle 6, so weit man die Schalen erkennen konnte, den Phragmitis-Eiern sehr, ‘und sahen genau dem im vorigen Jahre gefundenen gleich. (Siehe das erste Heft.) Das siebente, glücklicherweise heile Kuckuksei ist aus dem Neste von Fr. cannabina, und sieht den Eiern dieses Samen- fressers wirklich täuschend ähnlich; es ist blaugrün, mit rothen und violetten Punkten und Strichen, nur hat es keinen Fleckenkranz. Jetzt sind die Flecken sehr verblichen, dagegen haben die der beiden Hänflingseier ihre intensive Färbung behalten. Das achte, leider ganz zertrümmerte, Jag bei zwei Rothkehlcheneiern, und war auf schmutzig graugrünem Grunde lebhaft rostroth gefleckt, und scheint einen Fleckenkranz gehabt zu haben. Das 'neunte, ebenfalls zertrümmerte, stammt aus dem Neste von S. arundinacea, und war den im vorigen Jahre gefundenen ganz gleich gefärbt und gezeichnet. Leider will der Knabe, der dort für mich sammelte, ‚Jetzt nach Hamburg gehen, und ich befürchte keinen so thätigen und gewissen- haften Sammler wieder auffinden zu können. Von einem Knaben, der bei Schwerin für mich sammelt, erhielt ich ein Calamoherpen@Nest mit 6 Eiern. Das Nest hatte auf der Gold- burg in einer Seggenstufe gestanden, den Vogel hatte er nicht gese- sehen. Das Nest bestand ganz aus sehr feinen‘ Weidenwurzeln, und hatte einen schr tiefen Napf; es war an die überhängenden Seggen- halme nach Art der Rohrsänger befestigt gewesen. Die Eier von der Grösse der ‚Sylvia trochilus-Bier sind lebhaft blaugrün, mit grüngrauen länglichen Flecken und schwarzen Punkten, zwei derselben tragen einen undeutlichen Fleckenkranz, zwei einen deutlichen am stumpfen Ende, und die beiden letzten haben einen solchen am spitzen Ende. Welchem Vogel mögen sie angehören? Standort und Bauart des Nestes, Kern, Stärke der Schale und Fleckenzeichnung der Eier gleichen schr den im vorigen Jahre sicher 76 ächt gefundenen Eiern der Cal. cariceti oder agquatica, nur die Fär- bung ist eine so ganz andere. Die vorigjährigen waren lebhaft grau- gelb mit etwas dichterer Zeichnung. Vielleicht ist Herr Baldamus, dem ich eins übersende, so gut, seine Ansicht darüber zu sagen. Im September war ich etwa 14 Tage auf dem Leuchtthurme des Darser Orts. Von diesem Aufenthalt hatte ich mir viel für meine Sammlung versprochen, fand aber leider meine Erwartungen nicht er- füllt. Der Dars ist eine durch das schmale Fischland mit dem Fest- lande zusammenhängende Halbinsel, grösstentheils mit schlechtwüchsi- gem Kiefernwalde bestanden. Es hat die See an ihren Küsten sehr hohe Dünen aufgeworfen, die sich erst bei der Nord-Ost-Spitze, dem Darser Ort, verflachen. An der Westküste befinden sich mehrere Seen, die wohl früher kleine Meerbusen waren, jetzt aber süsses Wasser ‘enthalten, und dem zahlreichen Wildstande zur Tränke die- nen. In diesem für Strand- und Wasservögel so günstigem Terrain soll es in anderen Jahren zur Zugzeit von Vögeln wimmeln, in die- sem Jahre war aber nur wenig vorhanden. Tringa islandica, alpina, ‚Schinzü, subarquata, waren in sehr kleinen Schwärmen von 5 und 6 Stück und anfangs sehr dreist, Totanus glottis und calidris einzeln sehr scheu, fuscus einmal 5 Stück am Theerbrenner See, aber nicht zu be- schleichen. Kampfhähne, Kiebitze und Squatarolen waren in zahl- reichen Gesellschaften, aber unnahbar scheu; Aegialites hiatieula und cantianus, nicht selten auch Strepsilas interpres liessen sich nur mit dem Fernrohr beobachten. Zimosa rufa liess ın der Nacht ihre sanften Klagetöne hören, und ward einmal erlegt. Ueberhaupt war die Nacht diejenige Zeit, in der allein noch etwas zu machen war, nur musste ich auf gut Glück auf jeden dunkelen Gegenstämd schiessen, wobei ich mehrmals ein Stück Seetang erlegte. In der letzten Zeit zeigten sich auch einzelne Austernfischer und Calidris arenaria. In den seichten Süsswasserseen wadeten schwarze Störche und zahllose Fischreiher, um sich der letzten armen Karautschen zu be- mächtigen. Das Meer selbst beleben die anmuthigen Gestalten der See- schwalben und Möven, unter denen ich bestimmt erkannte und erlegte:: Sterna macrura, hirundo, minuta. Larus ridibundus, canus, fuscus, ar- gentatus, marinus. Die bei niedrigem Wasserstande auftauchenden Sandbänke boten zahlreichen Enten und Tauchenten bequeme und 77 sichere Ruheplätze, an denen sich gegen Abend stets auch einige Graugänse einstellten; ich beobachtete folgende Arten: Anas boschas, penelope, aucla, querquedula, ereeca. Platypus ferinus, marius, fuligulus leue- ophthalmos. Auf einem in den Dünen liegenden salzigen Teich hielten sich mehrere Tage 7 Uria Grylle im schönen schwarzen Kleide auf, die bei den Bewohnern Seespecht heissen. Ich kam mehrmals zu Schuss, traf aber nicht, weil mein Schroot wohl zu fein war. Von Raubvögeln beobachtete ich einige Fischadler, alte und junge, die jedenfalls hier gebrütet hatten, und jetzt aufmerksam die Küste umflogen; ihnen folgten mehrmäls Milwus ater und Buteo vulga- ris, die wohl ebenfalls hier brüten; über dem langen Dünengrase schaukelten bisweilen Circus pygargus- Weibchen, schienen sich aber schlecht zu gefallen, und waren wohl schon auf dem Zuge. Eine mit dem zweiten Schuss aus der Luft geschossene Tringa islandica nahm mir ein Wanderfalk fort, dem ich leider nichts thun konnte. Von allen interessirten mich am meisten eine Schaar von 6 F. aesalon, unter denen ich jedoch kein altes Männchen bemerken konnte. Als ich sie zuerst sah, sassen alle auf einem Kiefernbusch und lies- sen mich ruhig herankommen und schiessen; ich erlegte ein junges Männchen. Die übrigen 5 wurden nun zwar scheuer, blieben aber in der Gegend und umschwärmten täglich mehrmals die Landzunge immer in einem Schwarm sich zusammenhaltend. Sie machten ge- meinschaftlich auf jeden fliegenden Vogel Jagd, und ich sah sie ein- mal eine Mantelmöve sehr belästigen, der sie doch sicher nichts an- haben konnten. Später schoss ich noch einen davon, der aber leider zu weit in die stürmische See fiel. Die übrigen 4 flogen ängstlich schreiend nach ihm hin und flatterten lange über der Stelle. Ich glaube, dass diese niedlichen Raubvögel hier ausgebrütet waren, und ein Förster, den ich darüber befragte, wollte die kleinen Sperber, wie er sie nannte, den Sommer über öfter bemerkt haben. Wenn nicht der Aufenthalt hier so abscheulich schlecht wäre, so würde ich gern wieder einmal einige Herbsttage hier der Jagd und ÖOrnithologie widmen. Dann hatte ich Gelegenheit, die schr schöne Sammlung des Hrn. von Vogelsang auf Neu-Guthendorf bei Marlow zu mustern, und habe ınir von interessanten Vögeln darin notirt: Aquila naevia, jung, in einem nahen Feldholze ausgebrütet, ein schr kleines kaum Bussard grosses Exemplar; Tetrao Bonasia, Budyt, melanocephala, Charadrius mo- 78 rinellus vom Rhein; Sterna cantiaca von Helgoland; Tringa minuta, To- tanus glottis, Limosa rufa, Larus marinus, Lestris parasitica, Uria grylle von Poel. Im October erhielt ich noch ein junges Fischadler-Weibchen aus der Boitzenburger Gegend; sonst hat mir der Herbst nichts Bemer- kenswerthes gebracht. Am 23. December fand ich auf einer Fuchsjagd im hohen Grase einer kleinen Tannenschonung 10 St. drachyotus so dicht zu- sammensitzen, dass man sie hätte auf einen Schuss schiessen können; ich liess die braven Mäusejäger natürlich leben. Schwerin, den 28. December 1857. Nr. 8. Ornithologische Beobachtungen vom Jahre 187. Von Th. Holland. Haliaötos albieilla, (von den Förstern hier, namentlich im ‚Jugend- kleide, Steinadler genannt), hatte seinen Horst im Ziegenorter Revier wieder bezogen. Derselbe enthielt am 22. März 3 Eier. Die beiden Horste im Hökendorfer Revier, der alte sowohl wie der vor zwei Jah- ren angelegte, waren unbewohnt. Grewiss hatten die Adler die Stö- rung beim Brüten übel vermerkt. Ein Paar musste jedoch dort einen neuen Horst gewählt haben, denn am 17. April sah ich daselbst gegen Abend einen alten Albieilla von dem eine halbe Meile entfernten Dammschen See in langsamem schwerfälligem Fluge mit Futter in den Wald fliegen. 2 Albieilla ist sehr scheu und fliegt oft schon bei der Annäherung, gewöhnlich aber gleich nach dem ersten Schlage gegen den Baum vom Horste. Der eine Aldieilla im Hökendorfer Revier brütete im 79 vorigen Jahre aber so fest, dass er erst nach mehrmaligem starkem Anschlagen abflog. Es musste ein sehr altes Weibchen sein, da es bedeutend weiss war. Als ich den Horst besteigen liess, kreiste das Weibchen langsam in nicht grosser Höhe um den Horst, ohne ein Zeichen von Furcht oder Schmerz zu geben. Das Männchen liess sich nicht sehen. Anders benimmt sich Pand. haliaötos. Derselbe steigt schon, ehe man dem Baume nahe ist, vom Horste gerade in die Luft und macht seine herrlichen Manöver. Zu Anfang April hatte er sich hier eingestellt. Am 13. April sah ich im Charlottenberger Walde einen Adler Baumaterial in den Fängen zum Horste tragen. Das Weibchen stand auf dem Horste, erhob sich aber bei unserer Annäherung von dem- selben. Dies Paar hatte seinen alten, vor 4 Jahren verlassenen Horst auf der 4—5‘ hohen Spitze einer mächtigen Buche wieder eigenom- men, da die in der Nähe stehende Kiefer, die er nachher erwählt, gefällt war. Anfang Mai hatte dies Paar 3 Eier. Bei der Annäherung schreit hal, gewöhnlich erst, wenn im Horste schon Eier sind. Am 14. April sass im Mützelburger Revier ein Weibchen schon auf dem Horste, stieg vor uns auf und umkreiste mit dem herbeige- eilten Gatten schreiend den Horst; doch da derselbe noch keine Eier enthalten konnte, liess ich ihn nicht ersteigen, (erst Anfang Mai hatte dieser hal. gelegt,. Ein Milwus-Paar kam herbei und zankte sich mit den beiden hal., während ein Buteo dicht daneben auf einer niedrigen Kiefer ungestört auf 2 Eiern brütete. Besonders liebt hal. die Bäume, von denen aus er das ganze Re- vier überschauen kann. Im Baumschen Revier horstete ein Paar schon viele Jahre in einer Fichtenschonung auf einem ungeheuren Saamenbaume. Als ich am 9. Mai das zweite Ei herunterholen liess (das erste Ei hatte er Tags vorher gelegt), flogen 3 Adler um den Horst. Das sehr starke Weibchen kam häufig ganz nahe auf den Horst losgeschossen; das Männchen und der dritte Adler fielen sich mitunter an. Dieser Segler der Lüfte machte sich prächtig, wenn die Sonnenstrahlen auf sein bläulich-weisses Gefieder schienen, und er, einer Möve gleich, mit gekrümmten Flügeln durch die Luft schoss. Zu gleicher Zeit mit hal, war auch Aquila naevia angekommen, 80 Auf dem Horste konnte ich zu Ostern noch keinen sehen, wie- wohl sie schon mit dem Ausbessern der Horste und Belegen mit grünem Laube begonnen hatten. So lange die Knospen der Buchen noch nicht ausgeschlagen sind, ist naevia überhaupt am Horste schwer zu treffen, wogegen er sonst nicht so scheu ist. Ihre Horste stehen sehr verschieden; bisweilen geben sie denen von hal. nichts nach, und dann auch wieder stehen sie so niedrig, dass man sie mit leichter Mühe erreichen kann, mitunter kaum 8— 10’ vom Boden. Oft spielen die naevia in bedeutender Höhe in der Sonne, und man wird erst durch ihr helles „himp“ auf sie aufmerksam. Am 4. Mai erhielt ich das erste, am 5. Juni das letzte Gelege. Die Eier sind selbst in einem Gelege sehr verschieden in Grösse, Gestalt und Zeichnung. So erhielt ich am 5. Juni ein Gelege, von denen das grössere stark gezeichnete Ei 2° 4°%,'“ lang und 8 1 breit, das kleinere mehr verwaschene hell gezeichnete 2 2 lang, und 1 64/,‘“ breit war. Falco peregrinus brütete dies Jahr mehrfach hier. Ein Paar hatte am 22. März 3 Eier. Diese wurden ihm genommen, und am 3, Mai lagen wieder 2 klare Eier in demselben Horste; das eine von den beiden zuletzt gelegten Eiern war merklich von den andern vier auch ovalen Eiern durch seine hellere Farbe und länglichere Gestalt ver- schieden; es war 2“ 1‘ lang und 1’ 31/," breit, während die an- dern 1” 6%,“ lang und 1“ 4,“ breit waren. In einem andern Horste lagen am 29. März 4 sehr starke, runde, dunkelbraune Eier; sie massen 1” 71/,““ in die Länge und 1’ 41/,‘ in die Breite. Mit grosser Dreistigkeit kommt per. Jedem, der sich seinem Horste nahet, schon in weiter Entfernung hell jackelnd entgegen, und oft so nahe, dass man ihn mit dem Stocke erreichen kann. Den ersten Horst von Milvus regalis liess ich am 13. April im Düsterorter Walde ersteigen. Er war ganz mit Strümpfen ausge- futtert und enthielt 2 kleine fast runde und beinahe ungefleckte Eier. Das Weibchen flog hell pfeifend in einiger Höhe herum; es musste ein junges Thier sein, da sie sonst nicht zu schreien pflegen, wenn man ihre Horste ersteigt. Am 3. Mai nahm ich im Bruchhausenschen Her Stargard einen Mil-Horst mit 3 Eiern aus. Am 17. sass die Gblw. wieder auf dem Horst. Ich schickte meinen Kletterer hinauf, der fand aber nur einen 8 ziemlichen Hecht in demselben. Die letzten Eier erhielt ich am 16. Mai. Das kleinste Ei von den diesjährigen war 2” !/,'“ lang und 1” 6’ breit, das grösste 2° 3 lang und 1’ 7°“ breit. Die Gabelweihe scheint ein besonderer Adlerfeind zu sein. Ich habe sie oft den Albi- cilla und Haliaötos, während ich deren Horste besteigen liess, anfallen sehen. Milvus ater hatte erst in den ersten Tagen des Mai angefangen zu legen. In grosser Menge fand sich dies Jahr Buteo communis vor, auch an Orten, wo er sonst nicht gebrütet hatte. Den ersten Buteo liess ich am 8. April mit einem Ei ausnehmen. Das letzte Gelege (stark bebrütet), fand ich am 17. Mai im Bruch- hausenschen Walde. Ebendort fand ich am 3. Mai einen Horst, von welchem ein sehr starker Vogel abstrich. Nicht lange, so kam derselbe in Begleitung eines andern wieder zurück, und beide liessen mich durch ihr Ge- schrei und Benehmen sie als Bussarde erkennen. Es waren wie ge- sagt, ungemein starke Thiere, die, von unten geschen, ganz schwarz erschienen. Der Horst enthielt 2 angebrütete, ebenfalls sehr starke Eier. Oft ist Buteo ein unverschämt dreistes Thier, dann auch wieder so scheu, dass er schon eher vom Horste abstreicht, als man seiner gewahr wird. Im Falkenwalde sah ein brütender Buteo uns ohne abzufliegen zu, wie wir ihn durch Schmeissen, Drohen und Anklopfen vom Horste treiben wollten. Erst als mein Kletterer den Baum bestieg, hielt er es für rathsam, sich zu entfernen. Er sass auf 2 klaren Eiern. Der Horst war so klein, dass die Spitzen der Schwanzfedern und der Vorderkopf hervorsahen. Dagegen war im Stolzenburger ein Horst, den wir von ferne für einen Seeadler-Horst hielten. Wenn man den Horst ersteigt, fliegen die Alten gewöhnlich in Kreisen, ihr helles gedehntes „Kai“ schrei- end, um den Horst; bisweilen setzen sie sich auf die Spitzen nahe- stehender Bäume und schauen verwundert zu, was man von ihrem Horste wolle. Buteo ist im Fluge leicht an den in die Höhe gebogenen Flügel- eh: N nis, 1858 6 82 Mitunter wird er von den Krähen so stark verfolgt, dass er, ohne auch nur eine Vertheidigung zu wagen, feige unter Geschrei sein Heil in der Flucht sucht. Ebenso verschieden wie die Bussarde selbst, sind auch die Eier in Farbe, Gestalt und Grösse. Von den 3 Eiern eines Geleges war das grösste mit dunklen Flecken ganz übersäete Ei 2” 2'/,'“ lang und 1” 63), breit, das kleine blasslilla gefleckte 2° 1"/,““ lang und 1’ 6° breit. Die beiden Eier eines andern Geleges massen 1” 71/, und 73,“ in die Länge und 1” 4',“ in die Breite. Das längste Ei aus einem dritten Gelege war 2” 31/,‘ lang und 1’ 5°“ breit. Ein befreundeter Förster erzählte mir vor Kurzem: er habe einen Bussard-Horst erstiegen. Der Bussard, den er von unten schon geschen, sei aber nicht abgeflogen. Als er zum Horste kam, be- merkte er, dass der Bussard nicht lebe. Er nahm ihn in die Höhe und sah zu seinem nicht geringen Schrecken eine lebende Otter ‘unter dem todten Buteo liegen. Der Bussard muss also diese Schlange in den Horst getragen haben und an den Bissen derselben verendet sein. Herr W. Hinz I. spricht Naum. 1857, II. Seite 67 die Vermu- thung aus, es möchte der weisse Bussard, nach den Eiern zu ur- theilen, eine eigene Art sein. Mir scheint es nicht so, denn man findet auch bei den dunkleren Bussarden kleinere Eier, die von rein weissen bis stark dunkelgefleckten alle Variationen durchmachen, so dass sie mitunter Fischadlereiern nicht unähnlich sind. Auf der an- dern Seite habe ich dann wieder grössere Eier von weissen Bussar- den gefunden mit denselben Farben, wie bei den andern Bussarden. Ich glaube, dass auch bei den Bussarden wie bei den Schreiadlern und andern, ältere Weibchen stärkere Eier legen. Ferner ist das Benehmen und Geschrei des weissen Bussards dasselbe wie der andern Bussarde. Wenn der weisse Bussard eine eigene Art sein sollte, warum findet man ihn denn stets mit dunkleren gepaart? Man müsste dann doch auch Paare finden, deren beide Ex- emplare der weissen Art angehören. Buteo lagopus war bis Anfang November noch nicht hier er- schienen. Pernis apivorus hatte am 4. Juni klare Eier. Die Horste sind schwer zu finden, da sie immer in der Mitte des Baumes und zwar eines Laubbaumes stehen und mit grünem Laube ansgefühiegiil: ; # 83 3 Paare brüteten, so viel ich weiss, in diesem Jahre hier. Falco tinnuneulus fing in den ersten Tagen des Mai an zu legen. Er brütete nicht sparsam auf den hiesigen Kirchthürmen, im Bruch- hauser und Friedrichswalder Revier. Alle Horste standen daselbst auf Kiefern in bedeutender Höhe. Als ich den Horsten nahete, ka- men die Tinn. schon schreiend mir entgegen und verriethen so die Nähe derselben. F. subbuteo hatte dies Jahr in der Mühlenbecker Forst gebrütet. Mein Freund Jebe erlegte daselbst ein altes und mehrere junge Exemplare. A. nisus begann Anfang Mai sein Brüten; A. palumbarius An- fang April. Von den Weihen brütete Anfang Mai Circus rufus mehrfach in einem abgeholzten Elsenbruche an der Steglitz; desgleichen Circus Cyaneus. Im August schoss mein Vetter unweit Stargard ein junges, wahr- scheinlich auch hier ausgebrütetes Männchen von Circus cineraceus. Von Eulen hatte Strix bubo im Falkenwalder Revier gehorstet, ebenso Strix aluco häufig im Friedrichswalder Revier. Die ersten hatten Anfang April Eier. | Strix otus fand ich am 10. April auf 2 Eiern in einem alten Krähenneste brüten. ‚Strix passerina wurde mehrfach in der Mühlenbecker Forst ge- schossen. Caprimulgus europaeus fand ich am 4. Juni mit Eiern. Alcedo ispida hatte dies Jahr in einem kleinen Garten hinter mei- ner Wohnung gebrütet. Durch denselben zieht sich ein kleiner stark bebuschter Graben, der in diesem Jahre ganz trocken war; auch be- fand sich weit im Umkreise kein Wasser. Dies Paar hatte sich in dem senkrechten, etwa 3° hohen Grabenrande eine ungefähr 10° tiefe und 1-2” starke Röhre gegraben. Anfang Juni fand ich 9 Junge in derselben, die zu Anfang August schon ausgeflogen und von hier ganz verschwunden waren. Picus viridis hatte Mitte April angefangen und Anfang Mai auf- gehört zu zimmern. Am 17. Mai lagen die ersten Eier in dem Loche. Turdus pilaris war in den ersten Tagen des September schon ein- zeln hier und Ende October in ziemlich zahlreichen Zügen. Ein Freund fing eine fast weisse pi. in den Dohnen. Der Fang von w 6* 84 Drosseln war bis jetzt schlecht, meist 7. musicus, dann iliacus und auch torquatus, nur vom 9--17. October war er etwas besser. T. vi- scivorus hatte am 15. April schon Eier. Von Meisen brütete hier eoeruleus, ater, caudatus, cristatus u. major, nicht selten von den ersten Tagen des Mai bis Juni. Am 9. Mai sah ich in dem Bruche an der Steglitz ein Exemplar von Parus barbatus, konnte jedoch dort kein Nest auffinden. Corvus corar hatte im März Eier. Ein Paar im Falkenwal. Rev. hatte den 17. April noch 4 klare Eier. Die Saatkrähen, Corvus frugilegus, hatten Mitte April grosse und kleine Junge, und einige auch noch Eier. Hier muss ich noch bemerken, dass die, Naum. 1857 Heft 3, irr- thümlich als Colonie von Corvus corone angeführte Krähencolonie im Wittcehavertanger bei Stargard den Saatkrähen angehört, und dass nur einzelne (. corone zerstreut darunter brüten. Bei Stargard wurde im vorigen Jahre eine ©. corniz mit 8 Beinen geschossen. Ciconia nigra war Anfang April in mehreren Paaren hier erschie- nen. Die eisten Eier erhielt ich den 8. Mai. Grus cinereus fand mein Vetter im vorigen Jahre und auch in diesem Jahre am 29. April mit 3 Eiern. Am 24. Juli erlegte mein Freund Jebe 7 Tringa canutus aus einem ziemlich zahlreichen Trupp. Strandläufer und Regenpfeifer sind dies Jahr nur einzeln hier; Enten, die sonst an hiesigen Seen zahlreich, fast gar nicht, wozu der niedere Wasserstand das Seinige beigetragen haben mag. Bekassinen waren gleichfalls selten und Waldschnepfen einzeln durch den ganzen October. y Mergus merganser hatte in diesem Jahre in dem sogenannten Bu- denorte inn Mühlenbecker Revier gehrütet. Desgleichen Anas acuta auf den Wiesen am Dammschen See. Stargard, im November 1857. 85 Nekrologe. il Wenn ich nach dem am 15.d.M. erfolgten Tode des Prof. Dr. Joh. Friedr. Naumann einige Mittheilungen über sein Leben und seine wissenschaftliche Be- deutung gebe, so erfüllt ein dem grossen Meister zu grösstem Danke verpflichteter Schüler, dem es vergönnt war, mehrere Jahre hindurch täglich in der unmittel- baren Nähe desselben zu sein, ihn in seinem gemüthlichen häuslichen wie in sei- nem rastlos thätigen Leben für die Wissenschaft zu sehen und mit ihm verkehren zu können, eine schmerzliche Pflicht. Prof. Dr. Joh. Friedr. Naumann wurde den 14. Febr. 1780 in Ziebigk geboren. Er war der älteste Sohn des ebenfalls schon um die Ornithologie ver- dienten Job. Andr. Naumann, der den 13. April 1744 geboren wurde und den 15. Mai 1826 starb. An dessen Naturgeschichte der Land- und Wasservögel des nördlichen Deutschlands ete. war der Sohn bereits Mitarbeiter, und so unähnlich auch dieses erste Werk der spätern Auflage ist, haben doch die dort niedergelegten Erfahrungen und Beobachtungen der neuen Auflage zur Grundlage gedient. Den ersten Unterricht empfing Joh. Friedr. Naumann in der Schule seines Geburts- ortes. Von seinem zehnten bis zu seinem vierzehnten Jahre besuchte er die Haupt- schule zu Dessau, wo er schon fleissig zeichnete und malte. Mit dieser geringen Vorbildung musste er, um den Vater zu unterstützen, in das elterliche Haus zurück- kehren, und sicherlich hätte er nicht so Grosses geleistet, wenn nicht mit seinen seltenen Gaben der unermüdlichste Fleiss verbunden gewesen wäre. Schon im Knaben zeigte sich das grosse Talent zum Zeichnen und Malen und seine ausser- ordentliche Beobachtungsgabe, was auch dem Vater nicht entging, der ihn unter seiner Aufsicht fortwährend übte in der Vogelmalerei, und ihn jeden Vogel, der gefangen oder geschossen wurde, so oft malen liess, bis „das Gemälde dem Urbilde glich.“ Dies gab Veranlassung zu Be eine Sammlung von allen Vögeln, die” unsere Gegenden durchfliegen, anzulegen, ohne dabei die Absicht zu haben, sie mit den gemachten Beobachtungen zu veröffentlichen. Aber die vielen Irrthümer in den ornithoiogischen Werken, die falschen Abbildungen und Beobachtungen nö- thigten den Vater, die eigenen Erfahrungen und die nur nach der Natur gemalten Vögel herauszugeben, und der Sohn musste nun auch zum Kupferwerke die Platten stechen, die er selbst abdruckte. Durch diese fortwährende Beschäftigung mit der Ormithologie drang Joh. Friedr. Naumann immer tiefer in sie ein, und von vielen Seiten dazu aufgefordert, veranstaltete er eine neue Auflage des ersten Wer- kes, die so umgearbeitet und vermehrt wurde, dass sie, wie bereits erwähnt, der ersten nicht mehr ähnlich war. Diss Werk ist neben vielen andern kleinern sein Hauptwerk. Es umfasst 12 Bände Text mit 337 Tafeln Abbildungen. In ihm ‚zeigt sich seine ganze Meisterschaft, seine ausserordentliche Beobachtungsgabe und eine bis jetzt noch von Keinem erreichte Vollkommenheit in der Darstellung seiner Lieblingsgeschöpfe, die in den 337 Tafeln Abbildungen dem Werke beigegeben 86 sind. In dem mit grösster Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit niedergeschrie- benen Texte findet man neben einer sorgfältig gesammelten Synonymik eines jeden Vogels, seine Art — Kennzeichen, die Beschreibung des Männchens, Weibehens und jungen Vogels in ihren verschiedenen Kleidern, den Aufenthalt, die Nahrung, Fortpflanzung, die Feinde, die Jagd, den Nutzen und Schaden und, bis auf wenige Ausnahmen, nur nach eigenen Beobachtungen, so duss wir das Leben eines jeden Vogels nach allen Beziehungen hin in dem schönsten Bilde vor uns sehen, Die Opfer, die zur Durchführung des begonnenen Werkes erforderlich wurden, die Mühseligkeiten, die zu bestehen waren, scheute er nicht. Unterstützt wurde er bei seinen Arbeiten von seinen beiden Brüdern, und da schon jetzt, im Jahre 1822, wo der erste Band dieses Werkes erschien, “durch seine bisherigen vortreflichen Leistungen sein Name weit hinaus über Deutschlands Grenzen rühmlichst bekannt war, fehlte es nicht an Beförderern seines mühevollen und schwierigen Unterneh- mens. Die Vögel, die derLage wegen hier gar nicht zu beobachten waren, suchte er auf in ihrer Heimatl, unternahm wissenschaftliche Reisen nach gebirgigen, sumpfigen Gegenden und‘ nach Meeresküsten. Im Jahre 1844 beschloss er dies Werk, das ihn fast ausschliesslich in Anspruch genommen hatte, dem „er ein Vierteljahrhun- dert hindurch sein ganzes Leben gelebt hatte.“ Durch ein stilles Fest feierte er unter einigen Freunden den Schluss des Werkes, mit dem er die deutsche Ornitho- logie begründete, und das ihm für alle Zeiten den ersten Platz unter den Ornitho- logen sicherte. Aber nicht blos Ornitbologe war der Verstorbene, wenn er auch der Ornithologie seine Hauptthätigkeit widmete. Ihm, der so empfänglich war für alles Schöne und Erhabene in der Natur, beschäftigte jede Pflanze, jedes Thier, und bereiteten dem scharfen Beobachter in den anscheinend unbedeutendsten Erschei- nungen hohe Genüsse. Sein Garten, in dem er wildwachsende Pflanzen, hiesige und die er von seinen Reisen mitbrachte, kultivirte, war ein lebendes Herbarium, das ihm zugleich die frischesten Reiseerinnerungen bot, wie sein Wäldchen mit seinen vielen Holzarten. Schon die Staflagen zu den Abbildungen seines Werkes zeigen, wie vertraut er mit unserer Flora war. Seine Verdienste um Gartenbau, vor Allem und Pomologie, sind unbestritten durch die vielen Obst- und Weinsorten, die er als gerade für unsern Boden und Klima sich eignenden einführte. Als Ento- ‚mologe besass er eine reichhaltige Sammlung von Schmetterlingen, die nach seiner eigenen Methode auf Papier abgedruckt, grosse Vorzüge vor jeder andern Art, sie zu conserviren, hat, Von allen seinen Sammlungen nimmt aber die im hiesigen Herzoglichen Schlosse aufgestellte Sammlung von ausgestopften Vögeln den ersten Rang ein, die durch ihre so treue Nachahmung der Natur alle übrigen derartigen Sammlungen äbertrifft und wahre Meisterwerke besitzt. Die Methode, nach der er sie ausstopfte, ist die Hoffmann’sche, die er so vervollkonımnete, dass sie seine eigene genannt werden kann, und die vor der Wiener unter andern den Vorzug hat, dass sie weit einfacher ist und weniger Zeitaufwand erfordert. Eine ausführliche Beschreibung seiner Methode finden wir in seiner „Taxidermie. “ So Bedeutendes er nun aber auch nach so vielen Richtungen hin leistete, einen wie hohen Rang er auch unter den Männern seiner Wissenschaft einnahm, immer hatte er sich das sichere Zeichen wahrer Bildung, Demuth, bewahrt. Sein schlichtes Wesen konnte weder die hohe Anerkennung, die ihm im Inlande wie im Auslande zu Theil wurde, vertlrängen, noch vermochten etwas die vielen Auszeich- nungen, durch die ihn alle gelehrten Corporationen, wenn sie nur irgend wie Zwecke verfolgten, die sein Wissen berührten, zu ehren suchten. Reisende, die ihn in grosser Zahl aufsuchten, um einen guten Rath von ihm mit auf ihre Reisen zu neh- men, konnten keinen zuvorkommenderen Rathgeber, keine freundlichere Aufnahme als in seinem Hause finden. Seine vielfache Thätigkeit konnte der Verstorbene ungeschwächt bis in sein 75. Lebensjahr fortsetzen, wo ihn ein Augenleiden befiel, das plötzlich den immer 87 weiter strebenden Geist aufhielt und seinem Wirken ein Ziel setzte. Den bis dahin immer rastlosen Arbeiter erfüllte ein solcher Schlag mit Wehmutb, nach dem er, wie er sich selbst ausdrückte, „zu nichts mehr nütze sei.* Seine Lebenskraft und Lebensfreudigkeit war gebrochen. Anfänglich milderte seinen trüben Gemüths- zustand noch Hoffnung auf Besserung, als aber auch diese geschwunden war, erfasste ihn nicht selten Missmuth. Der Einfluss hiervon auf seinen Körper war sichtlich. Andere körperliche Leiden gesellten sich noch dazu, die denn langsam seine Kräfte aufrieben. Ohne Krankenlager starb er ruhig den 15. August früh 2 Uhr. Seine sterbliche Hülle wurde den 17. Nachmittags 5 Uhr unter feierlichen Reden und Gesängen nach dem Wunsche des Verstorbenen nicht in seinem Wäld- chen, wo schon sein Vater unter einem von Epheu immergrünen Hügel ruht, son- dern auf dem Gottesacker zu Prosigk neben seiner ihm bereits im Jahre 1849 vorangegangenen geliebten Gattin beigesetzt. Ein gemeinsames Kreuz, von seiner eigenen Hand entworfen, wird die Ruhestätte des Mannes anzeigen, bei dessen Tode seine Familie einen lieben Vater, seine Gemeinde einen treuen Rathgeber beweint; dessen Sarg Anhalt’s Stolz birgt; dessen Verlust die Männer seiner Wis- senschaft in allen gebildeten Nationen beklagen. Nicht bedarf es für sie der in Erz gegrabenen Worte an sein Andenken zu mahnen. Das schönste und dauerndste Denkmal hat er sich in seinen Werken gestiftet, die wohl durch neue Entdeckungen erweitert, aber nie vernichtet werden können. So lange seine Wissenschaft gepflegt wird, wird sein Name klingen! Cöthen, den 25. August 1857. M. Schneider. 2. Ein plötzlicher, allen seinen Freunden und Bekannten ganz unerwarteter Schlagfluss raffte in der Nacht vom 2. auf den 3. Septbr. einen Mann hin, dessen Wirksamkeit in der wissenschaftlichen Welt eine höchst bedeutende war, noch mehr aber für Berlin und viele seiner Institute eine so weitverbreitete und segensreiche, dass sein Hinscheiden in den weitesten Kreisen unserer Stadt viele schmerzliche Lücken fühlbar machen wird. Ein kurzer Ueberblick über sein ungewöhnlich thä- tiges Leben wird vielen Lesern dieses Tageblattes gewiss willkommen sein, und ohne im entferntesten Anspruch darauf machen zu dürfen, Lichtenstein’s grosse wissenschaftliche Bedeutung hervorheben zu können, da die Fächer gänzlich ver- schieden sind, versucht deshalb ein vieljähriger vertrauter Freund des Verstorbenen die Hauptmomente seines Lebens hier zusammen zu stellen. Martin Hinrich Carl Lichtenstein ward zu Hamburg am 10. Januar 1780 geboren. Sein Vater, damals Conreetor an dem dortigen Johanneum, ward später zum Professor und Director derselben Anstalt befördert, und beschloss sein Leben in Helmstedt, wohin er als Professor berufen war. Seine erste Ausbildung erhielt unser Lichtenstein an dem Hamburger Johanneum und Gymnasium. Er bestimmte sich für das Fach der Mediein, und war deshalb vor seinem Besuche einer Universität ein halbes Jahr hindurch (Winter 1798— 1799) Zögling des Colleg. med. ebirurg. in Braunschweig, unter Wiedemann, Rose, Himly und Cramer. Von Ostern 1799 bis September 1801 studirte er in Jena, wo er Schelling, Loder, Hufeland, Gruner und Andere hörte, 1801. bis Ostern 1802 in Helmstedt, wo er noch von Beireis und Crelle Zuhörer war. Im April 1802 ward er examinirt und promovirte am 26. April auf Einreichung einer Dissertation: de agendi modo irritantium externorum. Zwei Tage darauf reiste er nach Holland ab, um bei dem General Jansens, Gouverneur der Cap-Colonie, die Stelle eines Hausarztes zu über- 88 nehmen. Vom Tage seiner Ankunft daselbst (24. Dec. 1802) beschäftigte ihn eifriges Sammeln von Insekten und Pflanzen, so dass der ihm sehr wohlwollende General ihn zu einerReise in das Innere des südlichen Afrika bestimmte, im Gefolge des General-Commissarius de Mist. Lichtenstein hat diese und die zwei fol- genden Reisen, 1804 und 1805, im Jahre 1811 herausgegeben, und dadurch einen höchst schätzbaren, auch noch jetzt anerkannten Beitrag zur Kenntniss der Cap- Colonie gegeben. Die Eroberung derselben durch die Engländer führte ihn mit den holländischen Kriegsgefangenen, die er trotz englischer Anerbietungen nicht verlassen wollte, nach Europa zurück. Hier war es besonders der Aufenthalt in Weimar (Frühling 1808), der durch die Gnade des Herzogs und der Prinzessin Caroline (nachherigen Erbgrossberzogin von Mecklenburg), die persönliche Annäherung an Männer wie Goethe, Müffling und Rühle von Lilienstern, und die wieder aufgenommene Verbindung mit den Jenaer Professoren, seinen früheren Lehrern, einen wahren Glanzpunkt in seinem Leben bildete. Die Mittheilungen über seine Reise, die er bier und an andern Orten machte, gestalteten sich wie von selbst zu der 1811 erschienenen Reise- beschreibung. Bei der Eröffnung der Berliner Universität forderten ihn die Staatsräthe Nico- lovius und Süvern auf, Vorlesungen daran zu halten, wobei ihn der Rath und die Kränklichkeit seines Jugendfreundes Illiger, der zum Direktor des neu zu gründen- den zoologischen Museums bestimmt war, sich für die Zoologie entscheiden liess, da Illiger wegen Brustschwäche Vorlesungen zu halten verhindert war. So bestieg Lichtenstein am 6. Novbr. 1810 zum Erstenmale das Katheder als Privatdocent, nur wenige Wochen nach der im October erfolgten Eröffnung der hiesigen Uni- versität; ward im Febr. 1811 honoris causa zum Doctor der Philosophie ereirt, und wenige Wochen darauf zum Prof. ordin. (5. April) ernannt. Die Hülfe, die er bei Einrichtung des Museums Illiger'n leisten musste, die Uebernahme der Verwaltung des botanischen Gartens nach Willdenow’s Tode (1812), der Eintritt in die wissen- schaftliche Deputation bei dem Ministerium des Cultus überhäuften den jungen Docenten mit Arbeiten der verschiedensten Art, und waren auch besonders nach Iliger's Tode die Ursache, warum das Ministerium auf das Dringendste ihm den Eintritt in das Militär (1813) abrieth. Die zunächst folgenden Jahre entschieden seine gelehrte und bürgerliche Stellung. Er ward zum wirklichen Director des zoologischen Museums 1814 ernannt, in demselben Jahre zum Mitgliede der Aka- demie der Wissenschaften erwählt; die Direetion des botanischen Gartens konnte er 1815 an unsern verstorbenen Link übergeben, und in den Sommer desselben Jahres fällt auch seine Verheirathung mit der jetzt ihn überlebenden Wittwe Victorie Hotho. Die Gründung und Bildung des zoologischen Museums besel:äftigte ihn in den nächsten Jahren vorzugsweise, wobei ee Glück hatte, in dem noch lebenden Inspektor Herrn Rammelsberg einen höchst ausgezeichneten Präparanten für die aufzustellenden Gegenstände vorzufinden. Es gehörte ganz das eigenthümliche Talent und der rastlose Eifer von Lichtenstein dazu, um mit den geringen Mit- teln, die ihm zu Gebote standen, das in der Reihe von Jahren zu schaffen, worauf Berlin jetzt stolz sein kann. Die Entfernung alles Ueberflüssigen und der Verkauf der Doubletten hatte schon bei Illiger die Mittel zur Vermehrung der Sammlung dargeboten. Lichtenstein verfolgte diese Idee in noch grösserer Ausdehnung, und indem die überseeischen Verbindungen anfingen immer ergiebiger zu werden, durch Freireiss und Sello in Brasilien, Bergius am Cap, Beske in Nordamerika grosse Sendungen von Vögeln eingingen, wirkte besonders die Reise des Herrn von Olfers (1818), der als Legationssekretair nach Brasilien ging und die Welt- umsegelung von Chamisso unter dem Capit. Kotzebue ausnehmend vortheilhaft auf das Wachsthum des Museums. Der Ueberfluss des Eingesandten beengte den 89 Raum, und forderte schon wegen der Transportkosten Ersatz. Es entstand daraus die Einrichtung, durch Auktionen, die eine längere Reihe von Jahren, besonders 1818— 1830 ungemein viel eintragen, so gut wie allein die Mittel zur Vermehrung der Sammlung herbeizuschaffen, und in der That war der Erfolg ein so günstiger, dass erst im Jahre 1843 der Herr Minister Eichhorn den jetzigen erhöhten Etat zu bewilligen brauchte. Y Mit diesen Arbeiten und den Vorlesungen gingen mannigfache !Geschäfte Hand in Hand; Lichtenstein hat dreimal das Rektorat bekleidet, und selbst von 1827— 1829 die Stellvertretung bei den Geschäften des Königlichen Regierungs- Bevollmächtigten übernommen, eine Stellung, die auf den Wunsch der Behörden von ihm eingenommen, eine so grosse Quelle von Unannehmlichkeiten ihm ward, dass er erst durch eine Reise nach Karlsbad, Wien und Salzburg seine Gesundheit wieder herstellte. Die grosse Kennerschaft der Musik, die ihm eigen war, führte ihn zu seiner innigen Verbindung mit der Singakademie, an deren Verwaltung er ganz vorzüglich Antheil nahm. Ein lebhaftes Interesse an den Studien, die seine Zuhörer und andere jüngere Zoologen an den gesammelten Objekten machten, raubte ihm einen grossen Theil seiner Zeit, die er um so williger hingab, als sein ganzes Wesen weniger zu der Erwerbung eigenen Nachruhms sich hinneigte, als in der Berührung besonders mit jüngeren Kräften einen hohen Genuss fand, und die Anstrengungen derselben auf alle Weise zu befördern, und ihnen mit Aufopferung seiner Zeit und Kräfte auf alle Weise behülflich zu sein, ihm Lebenszweck war. Dieser Trieb zur geselligen Berührung mit Anderen bildete in der That den hervor- ragendsten Zug m Lichtenstein’s Leben und Charakter, und hat ihn den enge- ren und weiteren Kreisen, denen er angehörte, so höchst werthvoll gemacht. Der Wechsel der Thätigkeit in den verschiedensten Richtungen, sobald er fühlte, dass er nützlich und tbätig eingreifen konnte, hat ihm bis in sein höchstes Alter eine Lebensfrische und Heiterkeit bewahrt, die zu den seltensten Erscheinungen gehört, und selbst bei seinen Erholungen meistentheils einen Zweck zur Besorgung oder Abmachung von kleineren Nebenbeschäftigungen verfolgen liess. Seine Erschei- nung war stets eine belebende und die Leichtigkeit seiner Weise Bekanntschaften anzuknüpfen, und für die vorliegenden Interessen zu gewinnen, machte ihn dem älteren und jüngeren Theile der Gesellschaft gleich angenehm. Schon seit 1832 hatte Lichtenstein den Gedanken gefasst, einen zoolo- gischen Garten einzurichten, und des hochseligen Königs Majestät gewährte ihm die Mittel zu einer Reise nach London, um die dortigen Einrichtungen kennen zu lernen, so wie er zu gleichem Zwecke 1833 Frankreich besuchte. Allein erst 1840 bei dem Regierungs-Antritt des jetzt regierenden Königs Majestät, kamen unter dem thätigen Beistand des Gartendirektors Lenn@ die Entwürfe zur Reife. Wäh- rend der dazu nöthigen Bauten bes ichtenstein Holland und Frankreich zur Besichtigung der neueren Einric) en, und hatte am 1. August 1844 die Freude den Garten eröffnen zu können, der grossentheils durch den Besuch des Publikums sich erhält, aber seit 1849 einer festen Unterstützung von Seiten des Staates, so wie neuerdings der städtischen Behörden, nicht entbehren kann. Das Jahr 1848 hatte theils auf Liehtenstei’n amtliche Thätigkeit (ausser- halb der Universität) einen nachtheiligen Einfluss, theils knüpften sich daran eine Reihe von schweren Unglücksfällen in seiner Familie, die er mit ungewöhnlicher Kraft trug, und welche keine Störung in seiner Wirksamkeit als Lehrer berbeizu- führen vermochten., — Es war in dieser Zeit, als einige seiner Gönner und Freunde, worunter der Fürst Bogisl. Radziwill, Herr von Humboldt und von Buch sich ver- einigten, um durch Beiträge, welche aus ganz Deutschland zusammengebracht wur- den, ihm in seiner schönen Schöpfung, in dem zoologischen Museum eine Marmor- büste setzen zu lassen. Das dabei beobachtete Verfahren war ein eben so unge- wöhnliches als für Lichtenstejn höchst ehrenvolles. Den verschiedenen Univer- 90 sitäten wurden Blätter zugesandt, auf welchen jeder Beitragende seine eigenhändige Namensunterschrift zu setzen hatte, so dass diese gesammelt ein Album bildeten. Der Beitrag war unbestimmt gelassen und sollte nach dem Belaufe der Kosten, unter Hohe und Niedere gleich vertheilt, erst später bestimmt werden. Es gehörte der weitverbreitete Name und die Beliebtheit von Lichtenstein dazu, um diesen Plan so glänzend, wie es geschehen ist, durchzuführen. In siebenzehn Städten Deutschlands fanden sich 409 Gelehrte, die dieser Ehrenbezeugung beitraten, so dass der geringe Beitrag von 1\/, Thlr. auf jeden einzelnen fiel. Die Aufstellung geschah am 26. April 1852 und ward durch eine Rede des Herrn von Humboldt verherrlicht. Bis zu seinem unerwarteten Ende hat Lichtenstein seine Collegia gewis- senhaft gelesen, pünktlich angefangen und selten ausgesetzt. Die Zahl der Zuhörer betrug seit 1810 ziemlich gleichmässig 40, stieg aber in den funiziger Jahren zu- weilen auf 80. Er berücksichtigte bei ihnen meistentheils die Mediziner und Schullehrer, und legte es auf Methode und gleichmässige Durchführung aller Theile an, mit einer gewissen Vorliebe für die physiologisch und anatomisch wichtigen Thatsachen, die eine allgemeine Bedeutung und Gültigkeit haben. Er war bemüht den Fortschritten der Wissenschaft zu folgen und accommodirte ihnen sein System und seine Methode, weswegen er auch ein eigenes Handbuch nie hat drucken las- sen. Seine Privatbibliothek enthielt einen kostbaren Schatz von zoologischen Werken, die er als eine Ergänzung der Bibliothek des Museums betrachtete. Auf seiner letzten Reise nach Stockholm erfreute ihn die ehrenvollste Aner- kennung seiner Verdienste von Seiten der dortigen Gelehrten Auf der Rückkehr traf ihn auf der See in der Nacht vom 2. auf den 3. September der Schlagfluss, der ihn seiner Wittwe und zwei hinterlassenen ausserhalb Berlin lebenden Kindern raubte. Aber nicht diesen bloss ist er entrissen. Die wissenschaftlichen und ge- selligen Kreise Berlins werden noch lange seinen Verlust empfinden und sein An- denken bei sich bewahren. 3. Karl Ludwig Koch wurde als Sohn eines Rentamtmanns zu Cusel in der baierischen Rheinpfalz am 21. September 1778 geboren. Den ersten Unterricht, zugleich auch einzigen in den Anfängen der alten Sprachen erhielt Koch durch einen Mann, den er stets mit grosser Verehrung nannte, den damaligen Präceptor Werner in Cusel. In der betrübendsten Weise berührten die Folgen der franzö- sischen Revolution auch Koch’s Vaterstadt; die republicanischen Truppen über- flutheten sehr bald die Pfalz, und in dieser stürmischen Periode hörte auch der friedliche Unterricht in der Schule gänzlich auf. Was Koch damals von diesem entzogen wurde, ergänzte er später durch Selbststudium, als er bei seinen gelehrten Arbeiten das Bedürfniss der Kenntniss des Lateinischen und Griechischen fühlte. Am 26. Juli 1794 wurde Cusel ungerechter Weise durch die Franzosen nie- dergebrannt und Koch’s Eltern mussten mit der ganzen Familie für längere-Zeit in einer benachbarten, ihr gehörigen Ziegelhütte ihren Wohnsitz aufschlagen. Da- mals war Koch schon ein gewandter Schütze; und konnte durch seine Flinte, welche er beim Herannahen des Feindes in einem Felde verborgen hatte, den elter- lichen Heerd reichlich mit Nahrung versehen. Veranlasst durch einen Oheim, welcher Forstmeister in Kaiserslautern war, wandte er sich dem Forstwesen zu. Der von ihm ergrifiene Beruf mag ihn wohl auch .naturwissenschaftlichen Studien zugeführt haben; aber erst nach der Rückkehr seines Bruders Wilhelm von der 91 Universität Giessen scheint er, von diesem angeregt, in ernstlicher Weise der Na- turforschung sich zugewandt zu haben. Beide Brüder, im Bunde mit gleichstreben- den Freunden wandten zunächst der Fauna des heimathlichen Gebietes ihre Auf- merksamkeit zu. Die reichen Gegenden der Mosel, Nahe, des Glan wurden zu- nächst in dieser Beziehung untersucht, später die Umgebung von Kaiserslautern, wohin beide Brüder in demselben Jahre (1797) in amtliche Wirksamkeit versetzt wurden, Wilhelm als Cantonsarzt in Kaiserslautern selbst, Karl als Revierförster ganz in die Nähe, nämlich nach Mölschbach. Nachdem ein reichliches Material erbeutet worden, erschienen im Jahre 1803 die entomologischen Hefte, welche bald rühmlichst weiter hekannt wurden. Ist Kochs Namen auch unter den Verfassern nicht mit aufgeführt, so hat er dennoch nicht geringen Antbeil an dem Werke. Aber nicht blos die Entomologie, sondern fast in dem ganzen Bereiche der Fauna wurde von den Genossen mit wissenschaft- lichem Eifer geforscht. Namentlich war es die Ornithologie, welcher Karl Koch schon damals mit besonderer Vorliebe sich zuwandte. Sein Bruder Wilhelm ent- sagte bald gänzlich der Fortsetzung seiner zoologischen Studien und entschied sich für Botanik, — während Karl den ersteren treu blieb. Im Jahre 4505 wurde er als Revierförster in Ursberg (Schwaben) und schon 1807 zum Öberförster in Bre- genz am Bodensee ernannt. Hier war ihm für seine ornithologischen Studien das reichlichste Material geboten. Wenn gleich diesen vorzüglich zugethan, sammelte und forschte er doch auch nebenbei in allen übrigen Ordnungen der Fauna seines neuen Aufenthaltes, an den Ufern des See’s wie in den nahen Alpen, welche mit dem gesammten Vorarlberg damals in seinen amtlichen Wirkungskreis gehörten. Koch wohnte unmittelbar an den Ufer des Bodensee’s in dem ehemaligen Kloster Meereran und konnte schon von seinen Fenstern aus so Manches vom Leben und Treiben der gefiederten Welt beobachten. Hier unternahm er die Bearbeitung sei- nes ersten Werkes „des System’s der baierischen Zoologie.“ — Im Jahre 1814 nach Berglengenfeld in der Oberpfalz versetzt, konnte er dort so Vieles, was ihm für sein begonnenes Werk noch erforderlich war, ergänzen, so dass dieses schon im Jahre 1816 erscheinen konnte. Die kleine Akademie der Wissenschaften, wel- cher es vorgelegt wurde, erkannte dasselbe „als ein sehr angenehmes Geschenk für die Freunde der vaterländischen Naturgeschichte“ an. Im gleicher Weise, wie die Säugethiere und Vögel sollten auch die übrigen Klassen erscheinen. Bei Kochs unermüdlichen Streben war die Bearbeitung derselben wenigstens theil- weise, nämlich so weit sie die Wirbelthiere betraf, bereits wenige Jahre nach der Herausgabe des ersten Bandes des Systems der baierischen Zoologie im Manu- seripte fertig. Leider scheiterte,das Unternehmen an den Schwierigkeiten, welehe damals dem Erscheinen so vieler Wer! inderlich entgegen traten, — den ver- kehrten Einrichtungen des Buchha Damals schrieb Franz Paul von Schrank über diese Beziehungen an Koch folgenden Brief: „Es wäre Schade, wenn Ihre schöne Naturgeschichte der baierischen Thiere sollte ins Stocken gerathen. Selbst- verlag ist niemals räthlich, weil die Buchhändler nicht mit baarem Gelde bezahlen wollen und kein Buchhändler etwas in Commission übernimmt, ausgenommen für den halben Werth der Sache; ein Contract, welchen man ohne Schaden nicht ein- gehen kann. Es scheint, sie wollen die einzigen Verleger der Bücher sein und die Schriftsteller zwingen, ihre Werke bei ihnen verlegen zu lassen. Aus denselben Absichten weigern sie sich, die Fortsetzung eines Werkes zu übernehmen, welches der Verfasser bereits auf eigene Kosten angefangen hat. Daraus geht nun mein Rath hervor, Sie sollten jede Thierklasse und wenn eine Thierklasse sehr gross ist, die grösseren Abtheilungen als ein ganz gesondertes Werk behandeln.“ Wie der Schluss dieses Briefes angedeutet, sollte es auch kommen. Während alle Thierklassen von Koch bearbeitet wurden, erschienen mehrere derselben ein- zeln, andere kamen gar nicht zum Druck. — Während seines Aufenthaltes in 92 Berglengenfeld und in den ersten Jahren nach seiner Versetzung als Kreisforst- inspektor in Regensburg (1818) wären es die noch übrigen Abtheilungen der Wirbelthiere, denen er zunächst besondere Aufmerksamkeit widmete, nämlich die Fische und Amphibien. Beide wurden druckfertig von Koch bearbeitet und beide Werke mit den erforderlichen Abbildungen versehen. Erstere erschienen niemals, das Manuscript sammt den Zeichnungen übergab der Verfasser als Geschenk an Dr. Haupt in Bamberg. Aus seinem vollendeten Werke über die Amphibien erschien ein Auszug in „Sturm’s Deutschlands Fauna“ im Jahre 1828. Während Koch in den Naturwissenschaften mit unermüdetem Eifer fortarbei- tete, wurden seine Verdienste als Forstmann ebenfalls in ehrender Weise erkannt. Die Soecietät der Forst- und Jagdkunde zu Dreissigacker ernannte ihn unter ihren Direktoren Bechstein und Laurop zu ihrem ordentlichen Mitgliede „wegen seiner vorzüglichen Forstkenntnisse, — und im Jahre 1826 wurde er zum Kreisforstrath in Regensburg befördert. Es wurde ihm auch bezüglich seiner naturhistorischen Forschungen durch diese Beförderung manche wesentliche Beihülfe geboten. Der Wohnsitz in Regensburg, wo schon seit langer Zeit mit besonderem Eifer den Naturwissenschaften gehuldigt wurde, die Umgebungen der inmitten höchst interes- santer geologischer Punkte gelegenen Stadt boten ihm auch für das Studium des Vorkommens und der Lebensweise der von ihm beobachteten Thiere neue, fast un- erschöpfbare Quellen. In seiner amtlichen Stellung hatte er jährlich mehrmals einen grossen Bezirk zu bereisen, wobei er so manches Neue und Interessante zu beobachten Gelegenheit fand. Waren auch Kochs Manuscripte über die Wirbel- thiere vollendet, sein Studium dieser Klassen war noch nicht abgeschlossen. Neben den jetzt vorzugsweise betriebenen Studien in der Entomologie, wurde noch alles Interessante aus jenen in den Kreis seiner Beobachtung gezogen, ja bisweilen nicht blos Einzelheiten, sondern ganze Ordnungen neu bearbeitet. Diess geschah beson- ders, als Fürnrohr seine naturhistorische Topographie von Regensburg bearbeitete, für welche Koch die Wirbelthiere, Arachniden, Myriapoden und Crustaceen zu bearbeiten übernahm. Damals waren es besonders die Fledermäuse, welchen er seine Aufmerksamkeit besonders zuwandte. — Hier mögen einige Worte über Kochs Sammlungen desswegen die geeig- netste Stelle finden, weil derselben beiläufig in dieser Periode seines Lebens auf- hörte, mit Ausnahme der Dipteren, das von ihm beobachtete Material zu ordnen und zu erhalten. Bei seinen ausgedehnten Studien hätte ihm dieses zu viele Zeit ge- raubt, auch liessen die Thiere, mit welchen er von jetzt an sich beschäftigte, sich nur sehr schwer, oder gar nicht conserviren. Die wichtigste seiner Sammlungen war seine ornithologische; sie kam, als Koch sjch die nöthige Zeit zur Conserva- tion derselben nicht mehr gönnen konnte, an dieMuseen der Universitäten München und Erlangen. — Seine Käüfersammlung war reichhaltig und besonders dadurch interessant, weil sie die Originalexemplare der in den entomologischen Heften be- schriebenen Arten enthielt. Auch seine Sammlungen von Lepidopteren, Hymeno- pteren und Dipteren waren mit grossem Fleisse angelegt und geordnet, besonders letztere, welche Koch bei seinen späteren Studien dieser Ordnung möglichst ergänzte. Alle diese Sammlungen zeichneten sich dadurch aus, dass die Exemplare sämmtlich von Koch selbst gesammelt waren, indem er nichts kaufte oder ein- tauschte. Der grössere Theil derselben befindet sich in den Händen Dr. Haupts in Bamberg, eine kleinere Parthie ist zu Regensburg verblieben. Es blieb so zu sagen kein Zweig der vaterländischen Tbierkunde von Koch unbeachtet. So kam es denn, dass er frühzeitig jenem Theile, in welchem bisher überhaupt am wenigsten geleistet worden war, seine volle Aufmerksamkeit zu- wandte, nämlich den Apteren. Auch hierin schuf er Neues und Grosses. Schon vor dem Jahre 1830 begann er damit, diese Thiere lebend zu sammeln, zu beobach- ten, beschreiben und abzubilden. In einzelnen Gläschen wurden sie fast alle vom 93 Ei an erzogen und studirt, Seine Abbildungen derselben sind mit künstlerischer Meisterschaft gefertigt. — Zuerst nahm einzelne Arten dieser Thierklassen die Panzersche Deutschlands Fauna auf, welche damals Herrich-Schaeffer herauszu- geben begann. Die nähere Verbindung mit letzterem brachte Koch den gewiss hoch anzunehmenden Vortheil, dass er selbst mit der Herausgabe seiner Werke nicht die mindeste Zeit zu verlieren brauchte und den unangenehmen Berührungen mit dem technischen Theile der Edition gänzlich überhoben blieb. Das Material der zunächst für die Panzersche Fauna bestimmten Arachniden, Myriapoden und Crustaceen stieg indessen rasch zu solcher Menge, dass Koch sich veranlasst fand, dieselben unter eigenem Titel herausgeben zu lassen. So erschien im Jahre 1835 das erste Heft von Deutschland Arachniden, Myriapoden und Crustaceen, welches Werk 40 Hefte mit fast 1000 Abbildungen umfasste. Da dasselbe ausschliesslich für die Aufnahme deutscher Arten bestimmt war, so war es Koch, welcher unterdessen mit den verschieden Museen in Wien, München, Berlin, Erlangen ete. in Verbindung getreten war und von dort eine grosse Zahl auswärtiger Arten aus allen Welttheilen mit grösster Zuvorkommenheit zugesandt erhielt, gewiss angenehm, als er um die Fortsetzung des von Dr. Hahn in Nürn- berg begonnenen Werkes „die Arachniden“ gebeten wurde. — Dieser Zwischen- fall hatte indessen eine wesentliche Aenderung in dem Plane des früheren Werkes „die Arachniden, Myriapoden und Crustaeeen“ zur Folge. Dieses wurde nunmehr dazu bestimmt, von jetzt an aus den Arachniden nur die Ordnung der Milben, ferner die deutschen Myriapoden und Crustaceen aufzunehmen. _Die Fortsetzung des Hahn’schen Werkes fasste dagegen alle übrigen-Ordnungen der Arachniden in sich; das Material für letzteres wurde so bedeutend, dass dasselbe 16 Bände jedes mit sechs Heften umfasste und mit 1560 Abbildungen ausgestattet werden konnte. Bei der Herausgabe wurde besonders von Koch darauf Rücksicht genommen, die einzelnen Gattungentmöglichst vollständig in einzelnen Bänden oder Heften erschei- nen zu lassen, so dass dieselben nicht zersplittert wurden und fast nach Art von Monographien erscheinen konnten, so z. B. die Gongleptiden, Mygaliden, Salti- eiden ete. — Für die systematische Anordnung der Arachniden wurde neben den „Arachniden“ ein selbstständigesWerkchen in gleicher Form und Ausstattung wie diese bearbeitet und unter dem Titel „Uebersicht des Arachnidensystems“ herausgegeben. - Kochs wissenschaftliche Leistungen fanden ihre volle Anerkennung wie in der überaus günstigen Aufnahme und Benrtheilung seiner Werke, so in dem Bestreben vieler gelehrten Gesellschaften, ihn zu ihren Mitgliedern zählen zu kön- nen, wie der botanischen Gesellschaft, des zoologisch minerologischen Vereins in Regensburg, des naturhistorischen Vereins in Bamberg, welche Koch zu ihrem Ehrenmitgliede ernannten, der physikalisch medizinischen Gexellschaft zu Erlangen und vieler anderen naturwissenschaftlichen Vereine. Neben den Arachniden war durch Zusendung von auswärtigen Museen und durch einen längeren Aufenthalt in Berlin, wo Koch mit dankenswerthester Bereit- willigkeit die grossartigen Sammlungen offen standen, auch das Material der My- riapoden so sehr ausgedehnt, dass Koch sich zur speziellen Bearbeitung dieser Klasse entschloss. Um seine Priorität noch vor dem Erscheinen des Hauptwerkes zu sichern, erschien als Vorläufer desselben (1847) das System der Myriapoden, in welchem er die Reihe der Gattungen systematisch anordnete und zugleich die neuen Arten in kurzen Beschreibungen bekannt machte. Dieses Bändchen enthält zugleich eine systematische Uebersicht der Land- und Süsswasser Crustaceen und Nachträge zu den Arachniden. Sein Hauptwerk liegt vollständig druckfertig da, versehen mit meisterhaften Abbildungen und ausführlichen Beschreibungen. Das Material aus diesen im Verhältniss nicht sehr artenreichen Thierklassen musste nach und nach bei Kochs enormem Fleisse sich verringern und s0 kam es, dass er neuen Studien sich zuwandte, 2. 94 4 & Von den Blattläusen waren mit Ausnahme dessen, was die ältere Literatur bot und was in neuerer Zeit Kaltenbach geleistet hatte, keine speziellen Untersuchungen bekannt gegeben worden. Koch nahm es auf sich, auch diese Thiere in ihrer merkwürdigen Entwickelungsgeschichte und Lebensweise aufs sorgfältigste zu beobachten. In ähnlicher Weise betrieb er seine Studien über die Ameisen. Beide Werke mit trefflichen Abbildungen seiner Meisterhand ausgestattet, wollte Herrich-Schäffer zur Herausgabe übernehmen. Die Aphiden erschienen auch wirk- lich und werden wohl jetzt vollständig herausgegeben sein. Zur Edition der Amei- sen konnte sich Herrich-Schäffer desswegen nicht mehr entschliessen, weil unter- dessen G. Mayr in Wien seine Arbeit über dieselben bereits zur Oeffentlichkeit gebracht hatte. Wie die Pflanzenparasiten, so unterwarf Koch auch die Epizoen einer beson- dern Beobachtung. Das abgeschlossene Werkchen hierüber mit Bleistiftzeich- nungen versehen, liegt gleichfalls zur Edition bereit; — in gleicher Weise eine kleine Monographie über Thrips. Behrend in Danzig hatte im Jahre 1835 Koch gebeten, derselbe möchte für sein Werk „die organischen Reste im Bernstein, die Arachniden, Myriapoden und Crustaceen“ zur Bearbeitung übernehmen. Diesem Ansinnen entsprach Koch aufs bereitwilligste und lieferte zu diesem grossartigen Unternehmen den ihm zu- gefallenen Theil an demselben. Leider blieb durch den Tod Behrends das Werk lange Zeit unterbrochen, wird aber gegenwärtig wieder fortgesetzt, und wird dann auch die Koch’sche Bearbeitung der zu den oben genannten Klassen gehörigen Inklusen zur Oeffentlichkeit bringen. Noch bleibt übrig, Kochs letzte wissenschaftliche Arbeit, welche er mit vol- lem Forschereifer begann, aber leider nicht vollenden sollte, zu erwähnen. Ich meine damit seine Untersuchungen über die europäischen Dipteren. Längst, bevor diese ein Modeartikel der Sammler neuerer Zeit geworden, hatte Koch sich mit ihnen wissenschaftlich beschäftigt, so dass seine Beschreibungen etwa 2000 Arten umfassen und eine gleiche Zahl nicht bloss höchst naturgetreuer, sondern auch künstlerisch vollendeter Abbildungen dieser Thiere von ihm gefertigt wurden. Dieses leider unvollendete Werk, so wie die meisten der übrigen noch unedirten Arbeiten Kochs befinden sich in den Händen seines Sohnes, welcher beabsichtigt, die Herausgabe derselben zu übernehmen. Im Jahre 1846 sah Koch seinen längst gehegten Wunsch, von Ankkicher Thätigkeit sich zurückziehen und die Tage der Ruhe seinen wissenschaftlichen Ar- beiten ganz widmen zu können, endlich erfüllt. Aber ein anderes Loos war ihm zugleich zugefallen, nach solchen grossartigen Leistungen in der Wissenschaft sollte sein Verlangen, noch mehr für dieselbe thun zu können, ihm nicht gewährt sein. Schon im Spätherbst 1846 begann ein Staarleiden, welches beide Augen erfasste und gleich anfänglich einen Verlauf zeigte, bei welchem, auch wenn ein operativer Eingriff möglich gewesen wäre, niemals eine Besserung zu erwarten war. So wurde dem rastlos thätigen Forscher bis zu seinem Lebensende das Betrübendste, was gerade ihm hätte zu Theil werden können, wirklich beschieden. Er ertrug es mit männlicher Standhaftigkeit und beklagte nur schmerzlichst nicht mehr, wie er ge- hofft, erst mit dem Ende seines irdischen Daseins auch sein wissenschaftliches Streben beschliessen zu können. Er zog von Regensburg nach Erlangen, wo er bis zum Tode seines Bruders Wilhelm (1849) verblieb. Hier war ihm die geistige Unterhaltung mit demjenigen seiner Brüder, der seinem Herzen, wie seinen wissenschaftlichen Bestrebungen am nächsten stand, die reichste Quelle des Trostes in seiner fortschreitenden Erblindung. Von Erlangen aus begab sich Koch nach Bamberg, wo er mit Dr. Haupt die letzten Hefte des Arachnidenwerks, das Myriapodenwerk, die Aphiden und Epizoen zur Herausgabe vollständig ordnete. 95 Noch immer war die Liebe zu seinen früheren Studien in ihm rege und blieb es auch, bis einige Zeit vor seinem Tode das Gedächtniss ihn verliess. Wie lange dieses übrigens in frischer Kraft sich erhielt, davon giebt so Manches Zeugniss, was er, des Augenlichts beraubt, noch auszuführen im Stande war. Während seines Aufenthaltes in Erlangen diktirte er seinem Sohne, welcher ebenfalls zoolo- gischen Studien sich zuwandte, ein förmliches System der Vögel und zeichnete mit wunderbarer Gewandtheit trotz seiner Erblindung die Füsse der verschiedenen Arten mit solcher Präeision dass einem geübten sehenden Zeichner es nicht besser hätte gelingen können. In der Rheinpfalz, wo er ebenfalls einige Jahre verlebte, hatte er ein ganzes Zimmer für lebende Vögel eingerichtet, durch deren Gesang er sich Unterhaltung verschaffte und von denen er die verschiedenen Arten durch das Gefühl allein zu erkennen vermochte. Seine letzten Lebensjahre brachte er bei seinem Sohne in Nürnberg zu. Ein leichter Schlaganfall beraubte durch seine Folgen ihn allmälig seines Gedächtnisses, seine geistige Thätigkeit erlosch mehr und mehr, körperliche Leiden mannigfacher Art zerstörten die letzten Kräfte seines Lebens, welches sich am 23. August dieses Jahres schloss. 96 . IV. Bekanntmachungen. Die XII. Versammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft wird — vom 7. bis 10. Juni 1858 — auf dem Brocken, resp. in Harz- burg stattfinden. Vorversammlung: Montag den 7. Juni Abends 8 Uhr in der Restauration des Bahnhofes in Harzburg. Versammlung: Am Morgen des 8. Juni verfügt sich die Gesellschaft bei günstigem Wetter auf den Brocken. Bei ungünstiger Witterung wird in der Versammlung bestimmt, ob die Versammlung in Ilsenburg oder Goslar abgehalten werden soll. Später in ‘ Harzburg eintreffende Mitglieder erfahren in der Restauration ‘des Harzburger Bahnhofes, wohin die Gesellschaft sich gewandt hat. Auch auf dem Brocken ist dann die betreffende Entscheidung zu erfahren. Der Localgeschällsführer: Sanitätsrath Dr. Hennecke. Der Secrelär: Dr. E. Baldamus. Eine Sammlung von 400 bis 500 Stück gut gehaltener europäi- scher Vögel, zusammengestellt von dem Baron Anton Sigismund von Seyffertitz in Ahlsdorf, steht im Ganzen oder in grösseren Partieen sofort zu verkaufen. Darauf Reflektirende, welche auch auf Verlangen ein Verzeichniss erhalten können, wollen sich portofrei an den Unter- zeichneten wenden. % “ Liebenwerda. / Otto von Seyflertitz . Königl. Preuss. Appellat.-Ger.-Auscultator. Druck von Gebrüder Katz in Dessau. Nr. 9. Etwas über Arten und Racen. Von Forstmeister €. von Müller. Wenn auch gewiss viele Naturforscher nicht einverstanden sein werden mit der Tendenz: geringe Abweichungen in der Form oder Färbung unzweifelhafter Arten als genügend zu betrachten, um dar- aus selbstständige Arten zu bilden, so lässt sich doch nicht verken- nen, dass durch fortgesetzte sorgfältige Beobachtungen solcher Ab- weichungen schliesslich eben so interessante als wichtige Resultate erzielt werden könnten. Welchen Abänderungen eine Art unterworfen sein kann, davon giebt der Mensch, als solche betrachtet, den schlagendsten Beweis; diese Abänderungen, die nicht allein auf die Färbung der Haut, sondern selbst auf die Bildung des Schädels sich erstrecken, würden, wenn wir sie in ähnlicher Weise, z. B. an irgend einer Art der Vögel wiederfänden, nach unseren jetzigen Begriffen vollkommen ausreichend erscheinen, um darin ebenso viele selbstständige Arten zu erkennen; und doch wissen wir, dass alle diese Abänderungen im Geschlechte der Menschen nur Racen einer und derselben Art sind, befähigt, durch die ihr vom Schöpfer beigegebene Intelligenz, in allen Klimaten der Erde ihre Existenz zu sichern, die demgemäss aber im Laufe von Jahrtausenden so wesentliche Abänderungen erlitt, wie wir sie kaum sonst im Reiche der Natur wiederfinden. Fast eben so bedeutenden Abänderungen waren diejenigen Arten der Thiere unterworfen, womit der Mensch sich umgab, und welche daher genöthigt wurden, nicht allein ganz andern Himmelsstrichen sich anzupassen, als ihnen ursprünglich angewiesen waren, sondern zugleich auch den Nahrungsmitteln — wie wenig diese auch zu- Naumannia, 1858 7 95 weilen ihrer Natur entsprachen — sich zu accommoliren, welche dort der Mensch ihnen zu bieten vermochte. Wenn nun bei den Hausthieren die Bedingungen zu Heranbil- dungen von Racen in der Umgebung des Menschen in grossem Maasse vorhanden waren, und demnach in einem verhältnissmässig kurzen Zeitraume sich vollendeten, so muss auch die Natur, sich selbst überlassen, im Stande sein, Abänderungen in den Arten zu bewirken, die schliesslich unter günstigen Verhältnissen zu Racen sich gestalten können. — Dies zeigen uns schon weit über die Erde verbreitete Arten, welche in ihren Individuen oft merkliche Verschiedenheiten darbieten, die nothwendigerweise da sich hervorbilden müssen, wo vielleicht Jahrtausende hindurch die Nachkommen dieser Individuen die äussersten, entgegengesetzten Grenzen ihrer Verbreitung erreicht haben, und so scheint es denn nicht zu bezweifeln, dass im Laufe der Zeiten solche Individuen so abgeändert werden können, um sie — nach unseren jetzigen Begriffen — für Das zu halten, was wir eine gute Art nennen. Den Gang und das Wirken der Natur in diesen Beziehungen kennen zu lernen, wäre vom höchsten Interesse und von grosser Wichtigkeit, was, so bedeutend auch die sich entgegenstellenden Schwierigkeiten sen mögen — namentlich bei so beweglichen Ge- schöpfen als die Vögel in vollkommener Freiheit es sind — dazu auf- fordert, diesen Gegenstand näher ins Auge zu fassen und seiner end- lichen Lösung zuzuführen. Somit wird es immerhin ein verdienstvolles Werk sein, die ge- ringsten Abweichungen unter den Individuen einer Art nicht unbe- achtet zu lassen; nur sollte die Gewissheit, dass die Individuen sich dermassen abändern können, dass es schwer hält, darin die Art wieder zu erkennen, uns Vorsicht lehren; uns geneigt machen, ge- vinge, nicht bloss als zufällig zu betrachtende Abänderungen einer unzweifelhaften Art so lange wenigstens als Race-Verschiedenheiten anzusehen, bis entscheidende Momente aus dem Leben etc. hinzu- kommen, die an einer Selbstständigkeit als Art keine Zweifel mehr aufkommen lassen, Bei einem solchen Verfahren würden wir, wie ich glauben muss, der Wirklichkeit näher kommen und wäre die Sichtung der Arten nach diesem Principe eine zwar schwierige, doch eben so interessante als lohnende Arbeit für Jemand, dem es dazu nicht an Musse ge- 99 bricht und der sich im Bereiche der dazu erforderlichen Hülfsmittel befindet, zumal wenn bei dieser Arbeit auch zugleich auf die Reduc- tion der Gattungen Bedacht genommen würde, deren Zersplitterung in neuerer Zeit so weit gegangen ist, dass wir Arten, deren Unter- scheidung in manchen Kleidern selbst geübteren Augen schwerfällt, in verschiedenen Gattungen wiederfinden, z. B. Anas guerguedula, Linn. und Anas crecca, Linn. Solche Arbeit würde — fände die hier im Allgemei- nen entwickelte Ansicht in ‚weiteren Kreisen Anklang — auch einen passenden Gegenstand der Berathung für die deutsche Ornithologen - Gesellschaft in ihren Versammlungen abgeben, worin darüber zu entscheiden wäre, welche Arten für jetzt als selbstständig oder was als Racen dieser Arten zu betrachten und wie die so festgestellten Arten am zweckmässigsten in Gattungen zu ver- theilen sein würden; wenn das Ganze auch zunächst nur auf die in Deutschland vorgekommenen Vögel sich erstreckte. Als Beispiel, wie etwa hierbei zu verfahren sein möchte, wähle ich die Gattung Scolopax, Bechst., Illig., deren bei uns vorkommende Arten ich in sehr bedeutender Anzahl im Laufe meines Lebens er- legt habe, daher aus eigener Erfahrung ein Urtheil darüber begründen konnte. (rattung: Schnepfe. Scolopax. Bechst., Mlig. Erste Familie. - Waldschnepfen, Scolopaces sylvicolae. l. Die gemeine Waldschnepfe. Scolopax rustieula. Linn. Racen: a) Scolopaz rusticula pinetorum. Brm. b) er r sylvestris. Brm. Varietäten: Rein weiss; gelblich weiss; mit mehr oder weniger verblassten Farben; mit weissen Flügeln; mit weissem Schwanze u. s. w. Zweite Familie. Sumpfschnepfen. Scolopaces paludicolae. 1. Die grosse Sumpfschnepfe. scolopar major. Linn. 7° 100 Racen: a) Scolopaw major brachyptera. Brm. b) r » uliginosa. Brm. e) r „ nisoria. Brm. 2. Die gemeine Sumpfschnepfe. Scolopax gallinago, Linn. M Racen: a) Scolopax gallinago robusta. Brm. b) » =, Brehmii. Kaup. ©) „ » Petenyi. Brm. d) ” , septentrionalis. Brm. €) „ ” lacustris. Brm. f) » e peregrina. Brm. g) » n brachypus. Brm. Varietäten. Rein weiss; gelblich weiss; einzelne Theile des Körpers weiss. 3. Die kleine Sumpfschnepfe. sScolopa® gallinula. Linn. Racen: a) Seolopaw gallinula minor.*) Brm. Wenn — was ich bei den Racen der deutschen Arten der Gat- tung Sceolopax bezweifle — es sich dennoch ergäbe, dass ein bis da- hin als Race-Verschiedenheit betrachteter Vogel als selbstständige Art sich erweisen sollte, so würde einfach der Zuname der Art, zu welcher er bisher gezählt, in seiner Benennung wegfallen, demnach z. B. aus einer Scolopaw gallinago septentrionalis, Brm., eine Scolopax sep- tentrionalis, Brm., werden. Ueber die Reduction der in neuerer Zeit so sehr vervielfachten Gattungen liesse sich noch viel sagen. Ich meines Theils finde, dass Vögel, die in ihrem allgemeinen Habitus auf den ersten Blick die Gattung, zu welcher sie gehören, nicht verkennen lassen, auch nicht in verschiedene Gattungen vertheilt werden sollten, sondern, falls sich in der Lebensart Verschiedenheiten finden, in hierauf begründete Fa- milien zerfallen müssten. Dies führt zur grossen Erleichterung der Auffindung der Arten, während solche durch ein entgegengesetztes Verfahren nur erschwert werden kann; denn abgesehen davon, dass *) Scolopa.x gallinula ändert sich in der Grösse, in der lebhaftern oder trübern Zeichnung des Gefieders ete. fast eben so sehr als wie $. gallinago. 101 das Gedächtniss mit einer Unzahl von Namen belästigt wird, gehen dabei die auf die Lebensweise der Arten einer Gattung begründeten Unterscheidungen verloren, weil dieselben für so viele Gattungen nicht ausreichende Momente bieten. Eine Eintheilung, wie sie der nun verewigte Naumann in sei- nem Werke zum Grunde leste — er, der mit der Natur seiner Lieb- linge so vertraut war — wie Temminck sie in seinem Manuel d’Ornithologie 1820, Gloger in seinem leider unvollendet gebliebe- nen Handbuche 1834, wählten, sollte nicht in Vergessenheit gerathen, da sie der Natur am nächsten blieben und diese in sich vollkom- men ist, £ Sternberg, im Mai 1858. €. v. Müller, Forstmeister. Nr. 10. Weiteres über die Präparation der Vogeleier und die Einrichtung von Biersammlungen. Von Baron Richard König-Warthausen. (Vergl. Naumannia, Jahrg. 1853, S. 405. Journal für Ornithologie, Jahrg. 1855, S. 516—512. Naumannia, Jahrg. 1857, S. 128— 138.) Nachdem Freund Baldamus, 'ein seltener Praktiker, der „den Nagel auf den Kopf trifft und das Pferd nicht am Schwanz auf- zäumt,“ dies Thema erörtert, auch der hochverdiente Dr. Gloger über die Präparation namentlich bebrüteter Eier sich ausgedehnt und lehrreich ausgesprochen hat, bleibt eigentlich nicht viel zu sagen übrig. Wenn ich für Beides, Ausblasen und Aufbewahrung, mein Scherf- _ lein darbringe, so geschieht dies einestheils zur Vervollständigung des taxidermischen Materials, wobei ja Jeder seinen eigenen Weg geht und seine besonderen Erfahrungen macht, anderntheils um dazu beizutragen, dass Das nicht verloren gehe, was wir unter dem Panier der Wissenschaft unseren befiederten Lieblingen entreissen. 102 Wie das Nest dem Ei vorangeht, rede ich von der Aufbewah- rung vor der Zubereitung und lege (wie auch Baldamus gethan) also jetzt meine Methode zu Grund. Ich habe zwei Schränke von hartem Holz, möglichst pünktlich gearbeitet und temporär je durch eine eiserne Stange verschliessbar, die unten vermittelst eines Hakens in eine metallene Schleife gehängt, oben durch ein Vorlegeschloss angeschlossen wird. Die Schränke haben eine Höhe und Breite von 5° Decimalmaass, eine Tiefe von 2'/,‘ und eine doppelte Reihe Schubladen; der eine hat deren vier- undzwanzig mit einer innern Höhe von 2” 7‘, der andere sechszehn desgleichen und vier bedeutend höhere für Straussen-, Kasuareier und allerlei anderes oologisches Material. Es ist auf diese Weise ein gegen Licht und Staub geschützter Raum hergestellt, in dem sich, selbst ohne den Platz ängstlich zu sparen, sicher 15,000 diverse Vogeleier aufbewahren lassen. Als Fächer für die letztern dienen mit schwarzem Glanzpapier überzogene Carton-Kästchen, an der vordern (untern) Seite mit einer Holzleiste versehen, welche, weiss überzogen, deutschen und lateini- schen Namen, Fundort, Datum, Jahreszahl, sowie den Sammler oder Lieferanten anzeigt; soweit es die zwei enggeschriebenen Zeilen ge- statten, ist auch auf die Synonymie und darauf Rücksicht genommen, ob der Satz voll und wie der Stand der Bebrütung war.*) Da die Eier frei liegen sollen, ohne herausfallen zu können, ist für alle Fächer eine Höhe von nur 5“ festgestellt. In der Grösse sind vier Unterschiede gemacht: Nr. 1 28° lang, 38° breit; Nr. 2 28° lang, 28" breit; Nr. 3 28° lang, 17° breit; Nr. 4 bei gleicher Breite nur halb so lang, so dass zwei Stück hiervon den Raum von Nr. 3 aus- füllen. Bei gleichem Längendurchmesser stehen die Fächer reihen- weise und nehmen in verschiedenen Combinationen die Schubladen- Breite völlig ein. Ich habe die Maasse absichtlich so genau gegeben, weil es ziemlich schwierig ist, diese praktisch zu construiren. Nr. 1 ist z. B. für ein Schwanenei, zwei Gänse-, fünf bis sechs kleine Falken-, vier grosse Sumpfvogel-, einen nach Varietäten gemischten Vorrath kleiner Eier; Nr. 2 für ein starkes Gänseei, vier mittelgrosse Sumpf- vogeleier und reiche Gelege kleinerer Arten; Nr. 3 für die Gelege *) 6. = Gelege, fi =. frisch, s. b. — schwach bebrütet, z. b. — ziemlich hebrütet, h. b. — hoch bebrütet, 1. — faul. 103 der meisten kleinen Vögel, der Tauben ete., auch einzelne grosse: Nr. 4 für einzelne kleine Eier und schwache Gelege kleinster Vögel tauglich. Wenn man sich, wie ich, auf sicher getrennte Gelege in grossen, charakteristischen Reihenfolgen, soweit thunlich, caprieirt, giebt es wohl kaum passendere Grössenverhältnisse; mehr Sorten sind überflüssig, denn wo je der Raum eines Faches für das Gelege nicht ausreicht, fügt man ganz einfach ein zweites an. Ich führe übrigens mehr aus Bequemlichkeit für manche, viele Eier legenden Arten die Extranummer 5, Länge und Breite 38“. Der Preis der sehr pünkt- lich gearbeiteten Fächer beträgt für die Nummer 1— 4 per Dutzend 24, 21, 13 und 12 Kreuzer rheinisch. Tonpapier, habe es eine Farbe, welche es wolle (vor allem sei es nicht blau!), passt zu den wenig- sten Eiern und stimmt die Farbe herab, während sich auf Schwarz jedes Ei abhebt. Da bei gehöriger Vertheilung in den Fächern wenig Spielraum bleibt und unter meiner Hand die Eier ohnehin nicht gerüttelt wer- den, nehme ich im Allgemeinen gar keine Unterlage; nur bei ganz besonders zarten Produkten lege ich Watte unter, die man am Besten gleichfalls schwarz färbt; Unieca der Sammlung allerdings be- handle ich noch sorgfältiger: Calliope Kamtschatkensis, Emberiza modoce- phala ete. sind in Schachteln verpackt und nehmen ihre Stelle nur ein, wenn sie sich vor Kenneraugen produeiren sollen. Doch nun zum Inhalt dieser Fächer. Ich bin weder so barbarisch, an den Polen Löcher einzuschlagen, noch ästhetisch genug, um mit Aufwand von Mühe und Zeit dem etwas gefährlichen „Ein-Löcher-System“ zu huldigen. Schmiert man die Oefinung überhaupt zu, was ja sehr täuschend bewerkstelligt werden kann, so ist es ziemlich gleichgültig, ob das Ei deren mehrere gehabt habe. Bei oologischen Excursionen, wo man oft grosse Quanta zu präpariren hat, reicht ohnehin für jene Methode die Zeit gar nicht aus, auch habe ich bei verschiedenen Käufern die leidige Erfahrung gemacht, dass manchmal eben doch der Inhalt nicht rein entfernt war und kleinere Eier deshalb zu Grunde gingen. Wer Zeit, Geduld und Geschick hat, mag diese Vorzüge immerhin ausnutzen! Ich mache also nach wie vor zwei Bohrlöcher seitlich von den Polen in den Aussern Vierteln der Längenachse*) und gebrauche hiezu eine scharf- *) Als wenig gebräuchliche und nicht eben preiswürdige Bohrstellen lernte ich im Tauschverkehr auch den Ort kennen, wo nach zwei Seiten (einander gegen- 104 geschliffene achtkantige Reib-Ahle mit geradem, gleichfalls kantigem Griff. Mit dem norddeutschen Eierbohrer, dessen Conus aus 13 messerförmigen Flügeln besteht, habe ich mich nicht wohl befreunden können; vielleicht ist bloss der knopfartige, ungeschickte Stiel hieran schuld. Die Löcher mache ich nicht zu klein, das grössere (gegen das stumpfe Ende) von der Grösse eines Stecknadelknopfes bis zu der einer Erbse, und schneide, nachdem das Ei getrocknet ist, die den Eingang häufig verschliessende Haut pünktlich aus. Bei guten Präparaten verwerfe ich entschieden jedes Schliessen der Oeffnungen und öffne die verklebt erhaltenen Eier wieder. Etwai- gen Insektenfrasses wegen, der nur selten vorkommt und sich ander- weitig haben lässt, ist die Schliessung nicht nöthig, der grösseren Consistenz wegen auch nicht, denn so und anders können Eier sorg- fältig oder nachlässig behandelt werden. Nur enorme, ausgesprungene oder übel angebrachte Löcher verdecke auch ich. Was nützt mir bei wissenschaftlicher Untersuchung ein Ei, wenn ich nicht hineinsehen kann, wenn ich nicht weiss, ob es gegen das Licht grünlich, röthlich, gelblich oder weiss aussieht, ob die Flecken durchscheinen oder nicht? Diess ist ja neben dem Korn ein fast so richtiges Kriterium als die weit variablere Zeichnung. So unterschei- den sich, um nur zwei eklatante Beispiele zu nennen, bei manchen scheinbaren Uebereinstimmungen Gypaötus- und Vultur-Bier leicht da- durch, dass jene (wie auch Sarcorhamphus) gelblich, diese grün durch- scheinen, und Neophron perenopterus ist immer röthlich-gelb, da monachus grünlich erscheint. Frische Eier, sowie leicht angebrütete oder faule seltener, blase ich niemals aus. Ich bin vollständiger „Ovisuge.“ Mit dem Aus- saugen kommt man zehnmal schneller zum Ziel, auch passirt minder leicht ein Unglück; man verbindet auf ökonomische Weise das Nütz- liche mit dem Angenehmen, denn die frischen schmecken herrlich, minder allerdings die faulen. Den ganzen Inhalt dieser und der be- brüteten spuckt man in Gottes Namen aus und spült sich nachher den Mund mit Wasser rein. Ce n’est que le premier pas qui coute! Bekanntlich ist die Entleerung nicht mehr frischer Eier über- über, in der Mitte) die Querachse zu Tag tritt, sowie das obere und untere Drittel der Länge auf entgegengesetzten Hälften. 105 haupt schwierig und im Widerspruch mit Baldamus blieb mir (na- mentlich aus speziellen Gründen, z. B. in der Eile auf der Reise u. s: f.) manchmal doch Nichts anderes übrig, als seitlich ein Stück Schaale auszubrechen; zeigt sich dieses bei seiner Construction des Eies zu mürbe und brüchig, so klebe ich, falls ich nicht zu Kreide und Gummi greife, statt desselben ein Stück Seidenpapier oder Schaale eines anderen Exemplares auf, hat das Ei dagegen noch so viel Halt, dass das zu entfernende Stück nicht nothwendig zerstört wird, so heb ich es behufs der Wiedereinsetzung auf zweierlei Arten ab. Bei ganz dünner Schaale mache ich kreisförmig oder in Rauten- form Einstiche mit einer Nadel und breche den eingegrenzten Theil nachher los; ist die Schaale dicker oder doch von minder angegriffe- ner Consistenz, so schneide ich mit einem feinen, scharfen Skalpell den „Deckel“ womöglich nur zu drei Vierteln und breche ihn am Zusammenhang durch Emporbiegen durch; wenn irgend thunlich, lasse ich ihn hier mit der innern Eihaut in Verbindung. Beim Wie- derverschliessen muss neben unterlegten Papjerstreifen und Gummi der bekannte Kreidebrei helfen. Die trockene Maceration (im Wasser‘ geht es nicht), wende ich nur bei starken Eiern an, deren Färbung nicht besonders empfind- lieh ist. Ich bediene mich hierbei schon seit zehn Jahren der Schmeiss- fliegen, resp. deren Würmer, und halte es ziemlich in der Gloger’- schen Weise. Man thut übrigens wohl daran, zuvor Eiweiss, Gelb- und Amnios-Wasser zum grösseren Theil zu entfernen, da sich leicht eine „Sauce“ bildet, die durch die Schaale dringend, diese unaus- löschlich befleckt. Den Sand, in den ich sie bis auf eine bloss lie- gende Mündung eingrabe, mische ich mit Sägemehl und Spreu, wo- zwischen sich die massenhaft auskriechenden Aasmaden gleich ver- puppen und dann als geschätztes Vogelfutter für die V oliere aus- gelesen werden. Während ich in nicht macerirte Eier nach dem Ausblasen Wasser aus einem untergehaltenen Gefäss einsauge, spüle ich diese aus, indem ich dasselbe bald mit einer kleinen Glasspritze einführe, bald durch einen Tubulus einblase. Soweit meine früher gemachten Erfahrungen reichen, haben mir die Ameisen die Bier nicht nur nicht ausgefressen, sondern sie vertrockneten vielmehr in deren Haufen sehr bald. Ebenso sind Mehlwürmer, so geschäftig sie sich auch zeigen, eben deshalb unbrauchbar, denn sie erweitern die 106 Löcher eigenmächtig und fressen die innere Eihaut, die Basis des zarten Baues, gleichfalls. Eingetrocknete grössere Eier habe ich manchmal, jedoch mehr des Kunststücks wegen, mit einer feinen anatomischen Säge längs oder quer getheilt und nach erfolgter Reinigung wieder zusammen- geleimt. Ebenso kann man nöthigenfalls Eier wieder zusammensetzen, aus welchen schon Junge ausgekrochen sind. Solche z. B. von Zo- phortya californica, erweichte ich im Wasser, zog sie über gummirte gleichgrosse Exemplare von unserer Wachtel, setzte den abgestosse- nen Deckel (,„Kappe“) wieder auf, verstrich den defeeten Anhaftungs- kreis mit dem Kreidebrei und übermalte diesen. Auf das Flicken halte ich überhaupt viel. ,„Schmieren und salben hilft allenthalben.“ Viele Sammler nehmen nur tadellose Exemplare; das macht sich allerdings recht hübsch, allein jemehr Spielerei und Dilettantismus zurücktreten, desto weniger kann man wählerisch sein. Oft muss man sich faute de mieux mit Scherben begnügen; was man aus solchen oft noch machen kann, zeigt ein besonders grosses und schön gefärbtes griechisches Steinadlerei meiner Sammlung: ich erhielt es in dreiunddreissig Stücken, habe es aber in zweitägiger Arbeit wieder so zusammengesetzt, dass es mir jetzt um keinen Preis feil wäre. Freilich muss man sich die Mühe nicht verdriessen lassen, muss die Stückchen stundenlang verlesen, oft mit Hülfe der Loupe zusammen- kleben, mit Seidenpapier unterlegen, auf diese Weise gewonnene grössere Stücke durch starke Papier-Unterlagen aneinanderfügen, bis sich endlich der ersehnte Bau zusammenwölbt. Etwaige sich hiebei findende Lücken, Risse und überhaupt alle zu verklebenden Löcher werden also mit dem Kreidebrei behan- delt. Hiezu dient feinste Schlemmkreide mit arabischem Gummi oder Leimwasser; um etwaige Sprünge zu vermeiden, habe ich manchmal auch Seifenpulver oder geschabten Stearin beigemischt, was jedoch nicht gerade nothwendig ist, da solche nachträglich mit der gleichen Masse ausgefüllt werden können, die ohnehin, zumal bei grossen Oeffnungen gewöhnlich in mehreren Schichten aufgetragen werden muss. Alle Löcher, die man verkleben will, sollten eine Unterlage er- halten, auf der die Verstopfungsmasse ruht. Bei Eiern, die eine grössere und eine kleinere Oeffnung haben, kann ein mit Leim be- strichenes Scheibehen Papier durch das grössere Loch eingeführt 107 und von Innen gegen das kleinere angedrückt werden; beim grössern schneide man zwei Papierriemen etwas schmäler als der Durchmesser des zu verschliessenden Raumes, schiebe vermittelst einer Pincette das eine geleimte Ende so in die Oeffnung, dass sich dasselbe innen an der Eischaale anklebt und schlage dann den aus dem Loch noch vorragenden Lappen zurück, um mit dem andern Streifen auf der entgegengesetzten Seite ganz gleich verfahren zu können. Hat der Leim, welcher minder schnell trocknenden Gummi vorzuziehen ist, gehörig angezogen, so klebt man beide Streifen an der Ueber- kreuzung zusammen und drückt eine muldenförmige Vertiefung ein, um der Ausfüllungsmasse mehr Halt zu gewähren. Dies Verfahren ist leichter und sicherer, als wenn man mit einem einzigen Papier- streifen einfahren und ihn quer unter das Loch kleben wollte. Bei grossen Löchern, wie sie so häufig am „Bauche“ vorkommen, werden rings um die Oeffnung nach deren Mittelpunkt zu, wie oben beschrie- ben, Tragstreifen angeklebt und auf diese ein gleichfalls mulden- förmig einzudrückender, genau in die Umrisse des Lochs passender Papierdeckel gesetzt, dessen Form man dadurch gewinnt, dass man ein nicht zu schwaches Seidenpapier über den schadhaften Theil legt und durch leichten Druck des mit Graphit oder Röthel gefärbten Fingers die scharfen oft kantigen Ränder durchzeichnet. Vor dem Auftragen des Schaalen-Surrogats ist diese Unterlage mit Leim oder Gummi zu netzen. Mehr Schwierigkeit als das Auftragen der Masse verursacht deren Färbung. Die jedem Ei eigenthümliche, oft sehr wechselvolle und fein nüaneirte Grundfarbe kann nur dadurch ähnlich dargestellt wer- den, dass man den Kreidebrei selbst färbt, indem man nämlich die Kreide mit irgend einer Farbenbrühe, besser von Saftfarbe als Erd- oder Mineralfarbe, zusammenreibt. Die gewünschte Farbe richtig zu treffen, wird aber dadurch sehr erschwert, dass die feuchte Masse dunkler erscheint, als die getrocknete; man muss deshalb, um sicher zu gehen, vor der eigentlichen Verwendung öftere Proben machen und deren Effekt im trockenen Zustande mit dem Original verglei- chen. Dem ausschliesslichen Fachmann, dem es ja nur um dauernde Rettung des defekten Eies, nicht um eine Täuschung des Auges zu thun ist, liegt nicht wenig daran, ob sein Supplement völlig mit dem Original stimme; häufig begnügt er sich deshalb mit der ungefärbten Masse und übermalt sie nur leicht mit einem oder mehreren Tönen, 108 die dem Ei annähernd zukommen. Pünktlichere Sammler mit stren- gerem Schönheitssinn erstreben dagegen meistens ängstlich die grösst- mögliche Aehnlichkeit; für solche macht Architekt Vogel in Zürich, mein Landsmann und geschätzter oologischer Correspondent, dem ich für dieses Thema manchen Beitrag verdanke, folgenden Vor- schlag: „Man versehe sich mit einer Anzahl „Latwerge-Häfelehen“. So oft nun die Grundmasse eines zu reparirenden Ej’s gemischt wird, bereitet man gleich eine grössere Portion, ohne jedoch zunächst das Bindemittel (Leim oder Gummi) zuzusetzen. Auf diese Weise wird man sehr bald, namentlich durch die vielen missrathenen, unverwan- delten Mischungen eine schöne Sammlung von Grundfarbe-Nüancen beisammen haben, die in den Geschirren abgetrocknet und vor Staub geschützt, aufbewahrt werden. Ueber diese Sammlung von Farben- tönen wird man bei späterem Bedarfe leicht eine passende Nüance finden, jedenfalls aber wird es leichter sein, zu beurtheilen, was und wieviel einer Farbe zugesetzt werden muss, oder wie die vorhande- nen Töne unter sich zu mischen sind. Letzteres geschieht auf trocke- nem Wege in einer Reibschaale; für die Reparatur selbst nimmt man das nöthige Quantum des Pulvers auf eine Palette und durchknetet es mit der Malerspachtel zu einem Teig.“ Die Nachahmung und das Auftragen der Zeichnungen und Flecken bietet weit geringere Schwierigkeit, obgleich einige Kenntniss der Farbenmischung sowie ein Zeichner dazu gehört, der das Charak- teristische der Schnörkel ete. naturgetreu nachahmen kann. Hierzu bedient man sich am Besten gewöhnlicher Aquarellfarben. Die Erscheinung des Schimmels oder der Sporflecke zeigt sich nicht nur auf schon lange liegenden Eiern und zwar vorzugs- weise an solchen, deren Dotter besonders ölreich war oder welche von besonders fetten Vögeln herstammen: Sumpf- und Wasservögel, namentlich Möven und Gänse. Als Präservativ empfehle ich sorg- fältige Entleerung, wiederholte Behandlung mit Jauem Wasser, manch- mal auch ein Bad in Schwefeläther, der alles Fett auflöst, zeit- weises Lüften der Sammlung bei schönem trockenen Wetter. Es ist ein ungebetener, schlimmer Gast, der, einmal eingezogen, sich schnell verbreitet, am leichtesten in ungeheiztem Lokal beim Tempe- raturwechsel zwischen Winter und Frühjahr, als Folge der „Winter- feuchtigkeit“ auftritt und besonders die dem Grund mancher Eier 109 eigenthümliche Schmelzschicht zerstört, so dass nach seiner Entfer- nung sich ausgefressene helle Flecken zeigen. Anathema sit! Nun nur noch ein kurzes Wort über die Nester. Mit ihnen habe ich mich möglichst wenig beschwert. Bloss die nothwendigsten Repräsentanten unserer Vogelarten, künstliche Bauten und Exoten werden aufbewahrt, kaum über zweihundert Stück, in runden eng schliessenden Carton-Schachteln nach Art der Apothekerschachteln und von sehr verschiedener Grösse, jedes Nest besonders. Ich be- handle sie zuerst mit Schwefeläther und streue sie dann mit persischem Insektenpulver ein; wo mir dies früheren Insektenfrasses wegen nicht genügend erscheint, unterlege ich ein Stück Watte, das mit irgend einem penetranten Geruch gesättigt ist. Baldriansauren Ammoniak, ein Oel, dessen mephitischer Dunst Menschen und Vieh rasend machen kann, habe ich sehr erfolgreich gegen Motten angewandt; da dieses ganz neue Präparat aber sehr theuer ist und aus Paris bezogen werden musste, gedenke ich es künftig mit Steinöl (Petroleum) zu versuchen. Wenn es mir zum Schluss erlaubt ist, noch über die Einrichtung einiger andern Sammlungen etwas zu sagen, so wäre dies in Kürze Folgendes. Thienemann, unser Nestor und CUrösus hat seine Schätze, wie dies bei solchen Massen kaum anders denkbar ist, bunt durch- einander, theils in den Schubladen grosser Schränke, theils in klei- nen Kisten bald nach Ländern und Expeditionen, bald nach Gruppen vertheilt, manche Eier auch in den Nestern verpackt, für den flüch- tig Beschauenden zu nicht geringem Verdruss, für seine wissenschaft- lichen Zwecke aber vollkommen genügend. Leider hat das Ausland nach diesen Vorräthen seine Krallen ausgestreckt. Im Stuttgarter königlichen Naturalienkabinet klebt man die Eier noch immer auf graue Cartonfetzen; diese Sammlung, klein und nicht gehörig vor dem Licht geschützt wie die meisten öffentlichen Eier- sammlungen, enthält ausser einigen Sachen vom Cap und hübschen, zum Theil noch nicht bestimmten Süd-Amerikanern glücklicher Weise nichts Besonderes. Soweit in den (meist nicht grossen) süddeutschen Eiersammlungen die Cartonfächer adoptirt, aber nicht nach meiner Methode construirt sind, fand ich die Ränder bald viel zu hoch, bald die Dimensionen zu gross, was bei mangelnder Unterlage sehr gefährlich ist. Architekt Vogel etikettirt auf bequemere Weise als ich: in der Mitte des überzogenen Holzes nur der lateinische Name, 110 links die Nummer der Species, rechts die des Gelegs oder einzelnen Eies; nähern Aufschluss giebt der Katalog. Wenn ich mich im Vorhergehenden der Deutlichkeit wegen zu weitläufig ausgesprochen haben sollte, so bitte ich um Entschuldigung; wenn ich ferner manche Einrichtung und Zubereitungsweise Anderer nicht entschieden gebilligt habe, so geschah es nicht aus Ueber- schätzung meiner Methode. Ich bekenne gerne und jeder Sammler wird in meinem Fall sein, dass ich jetzt vielleicht Einiges anders einrichten würde, hätte ich es nicht längst so oder so begonnen. Der Zwang der Consequenz und die Gewohnheit lassen sich später nicht mehr bewältigen. Unser verehrter Redakteur ist der einzige Fachgelehrte, der mich mit einem Besuch erfreut hat, auch ein In- ventar der damals noch geringen Sammlung skizzirte; er hat die Einrichtung gesehen und den Ideen-Faden kennen gelernt, an dem ich nur circa 500 Arten in mehr als 12,000 Exemplaren aneinander gereiht habe. Möge also er sich aussprechen über das, was er tadelnswerth fand. Es möge, nachdem bei mir das Material zur Umkehr zu gross geworden ist, wenigstens Andern zur Belehrung dienen. Warthausen, 15. Juni 1858. Nachtrag zum Vorgehenden. Gern bekenne ich, dass meine Mittheilungen über den betreften- den Gegenstand durch die vorstehende Arbeit meines verehrten Freun- des vervollständigt sind. Es hat eben Jeder seine Weise, bei deren Wahl ausser dem besondern Zwecke auch der Geschmack mitspricht. Jedenfalls gehört die Sammlung des Herrn Baron R. König-Wart- hausen nicht nur zu den reichsten, bezüglich der europäischen Vögel, sondern auch zu den am schönsten und zweckmässigsten ein- gerichteten.*) Ich machte mir vor zwei Jahren einige Notizen über das Interessanteste der schönen Eiersammlung, die aber schon damals zu skizzenhaft waren, jetzt aber vollends ohne Werth sind. Möchte *) Freilich hat auch nicht Jedermann über so grosse und geeignete Räum- lichkeiten zu gebieten, wie sie einer der grossen Eckthürme vom Schlosse Wart- hausen darbietet, der die reiche, so ziemlich alle Gebiete der Naturbeschreibung umfassende Sammlung enthält. 111 der genaue und gewissenhafte Kenner so viel Musse finden, um: sel- ber das Anziehendste aus seiner trefllichen Eiersammlung mitzu- theilen. Einer Erweiterung der Einrichtung meiner eigenen Sammlung möchte ich jedoch bei dieser Gelegenheit noch erwähnen. Ich habe seit einigen Jahren angefangen, ganze Gelege zu sammeln. Für diese habe ich runde Schächtelchen von steifem farbigen Papiere angefer- tigt, deren Grösse (Durchmesser) nach der Stärke und Grösse des Geleges eingerichtet ist, so dass die Eier dem Raum derselben ge- rade ausfüllen, wenn sie so gelegt werden, wie sie in den Nestern liegen, d. h. mit der Spitze nach dem Mittelpunkte zu. Die ver- schiedenen Farben bezeichnen zugleich die Provenienz des Geleges, deren jedes noch an dem obern Rande des Schächtelchens ein Eti- quett mit den nöthigen Notizen erhält. Als Unterlage dient ein Wat- tenboden. Die Schächtelchen von gleicher Höhe füllen je einen Schub- kasten aus; man kann sie darin ohne Mühe an eine andere Stelle bringen, einzelne Gelege herausnehmen ete. und hat zugleich den Vortheil, möglichst viele Eier in hübscher und nicht leicht zerstör- barer Ordnung unterzubringen. E. Baldamus. Nr. 11. lur Fauna der Insel Gottland. Von W. Mewes. (Aus dem Schwedischen vom Herausgeber.) Um eine Anzahl Vögel in solchen Kleidern, welche dem zoolo- gischen Reichsmaseum fehlen, näher kennen zu lernen und möglicher- weise zu acquiriren, unternahm ich zwei kurze Ansflüge nach Gott- land, nämlich vom 3. bis 22. Juni 1854 und vom 3. bis 21. Juli 1856. Ich machte dabei folgende Beobachtungen. 1, FL peregrinus, L., bewohnt mehrere von Gottlands hohen Klip- pen. Herr Jägermeister C. W. Lundborg schrieb mir, dass er bei Heligholmen am 15. Mai 1848 den Horst mit 3 Eiern gefunden habe; ich selbst sah am 10. Juni auf den schwer zugänglichen Klip- pen bei Hoburg einen Horst mit Jungen. Nach’ den vielen Ueber- 112 bleibseln, welche unter dem Horste lagen, vorzugsweise von Capri- mulgus, Ouculus, Coracias, Columba oenas, Vanellus eristatus, Rallus, Crex, u. e. a., kann man auf die Verheerungen schliessen, welche die Alten anrichten. Bei Roneholm hatten sie auch Auligula fusca geschlagen und zum Theil aufgezehrt. Zwei Weibchen hatten bei dem Anfalle wahrscheinlich auf dem Neste gesessen, denn in dem zerrissenen Bauche des einen fand ich ein ausgebildetes und unverletztes Ei, und neben dem andern lagen 2 Eier nebst vielen Dunen. 2. Von F. subbuteo, L., fand ich am 6. Juli zwei Horste mit halberwachsenen Jungen auf einem hohen Berge bei Lilla Carlsoe. 3. ‚Strie aluco, L., sah ich am 16. Juni spät Abends im Ronemyr*) fliegen, wahrscheinlich in der Absicht, einige junge Vögel zu rauben. Sogleich begannen Tot. calidris, „Stolken“, sScolop. gallinago, Mach. pugnax (die Weibchen), Larus canus, Sterna hirundo und andre unter lautem Geschrei die Eule anzufallen; aber das kümmerte diese wenig, und sobald die Möven allzu nahe kamen, schlug die Eule mit ihren Fängen nach ihnen, so dass erstere die Flucht ergreifen mussten. Da eilten plötzlich mehrere Limosa melanura, „Rödspofvar“ herbei, und fielen sie mit ihrem langen Schnabel an, während sie ihr ängstliches „Kä, kä, kähä“ schrieen. Nun war es die Eule, welche die Flucht ergriff, und nach einer kleinen Weile verschwand sie im Walde. 4. Picus minor, L., hatte bei Krokstäde am 20. Juli ausgeflogene Junge. Das alte Männchen, in sehr abgeriebenem Gefieder, wurde zugleich mit einem jungen Weibchen geschossen, während es gefüt- tert wurde. Es glich fast ganz dem alten W., nur die Stirn war grau mit schwarzen Federsäumen, ohne Querbinde; die Unterseite war mehr gefleckt und die Farben im Allgemeinen weniger rein. 5. Caryocatactes guttatus, Nills., am 9. Juli auf einer Fichte bei Klinte beobachtet, war sehr scheu und flog in kurzem Abstand von Baum zu Baum. Ein andres Exemplar wurde am 20. Juni 1847 bei Thorsborg geschossen, hatte einen sehr starken Schnabel und befand sich in der Mauser. 6. Corvus cornie, L., „RKraka“, einer der gemeinsten Vögel auf Gottland. Ich sah, wie es einer Krähe gelang, durch die kleine Oeffnung eines Staarenkastens, der unter einem Dache befestigt war, ein Junges nach dem andern herauszuziehen. Sie setzte sich näm- *) Myra— Moor, Bruch. 113 lich ganz still neben den Kasten, klopfte leise mit dem Schnabel daran, worauf die Jungen, wahrscheinlich in der Meinung, dass die Alten mit Futter da seien, ihre Köpfe heraussteckten, welche die Kırähe sogleich ergriff und den Körper nachzog. 7. Corvus frugilegus, L., „Raka“, scheint im südlichen Theile der Insel nur bei Hamra zu brüten, aber hier trifft man auf den Kronen hoher Birken eine grosse Menge Nester, welche von mehreren Hun- derten von Krähen bewohnt sind. Anfangs Mai legten sie Eier und am 12. Juni hatten bereits viele Junge das Nest verlassen. 8. Muscicapa collaris, Bechst., nicht selten im ganzen südlichen Theile der Insel, -wo sich alte einzeln stehende Eichen in der Nähe eines Baches finden. Bei Tingstäde traf ich diesen Vogel am 12. Juni sehr häufig; es brüteten hier 15 bis 20 Paare. Männchen, die älter als 2 Jahre sind, werden seltener gefunden. Sie zeichnen sich aus durch den rein schwarzen Schwanz oder Schwungfedern, bei welchen letztgenannten man an der Wurzel einen grossen weissen Fleck findet, welcher sich wenigstens 7 Millim. über die schwarzen ersten Deckfedern hinaus erstreckt. Heckel*) fand nur solche Exem- plare auf Sieilien und sah sie für eine besondere Art an, welche er Musc. melanoptera nannte. Bei dem einen so benannten Exemplare in Naumann’s Sammlung in Köthen konnte ich keine Verschiedenheit von der unsrigen finden. Die jüngern M. haben braune Schwung- federn und der weisse Wurzelfleck wird kaum von den Handdeck- federn überdeckt. Der Schwanz ist eben so rein schwarz, aber an den äussern Schwanzfedern ist die Aussenseite sehr oft weiss. Der Stirnfleck und das Halsband sind nicht völlig so gross, die weisse und schwarze Farbe nicht völlig so rein, als bei den sehr alten. — Während der letzten Reise traf ich die Vögel im Herbstkleide am 31. Juli und 27. August. Die Schwungfedern des alten M. sind wie im Frühjahr, doch ohne alle Abnutzung. Der Schwanz dagegen ist nicht so schwarz und hat an der Aussenfahne der zwei bis drei äussersten Federn, sowie an der Innenfahne der ersten einen weissen Rand. Die Armdeckfedern sind blos mit einer schmalen weissen Aussenkante versehen. Das junge M. im Herbstkleide unterscheidet sich durch einen kleinen weissen Wurzelfleck an den braunschwarzen Schwungfedern und die graubraunen, schmälern und spitzigern Steuer- *) Naumann’s Naturg. d. Vög. Deutschl. XIII, S. 245. Tab. 352, Fig. 1. Naumannia IR, 8 114 federn, deren drei äussere gleichfalls weisse Ränder haben. Die Spitze der Armschwingen ist mit einem grossen, weissgelben, einwärts zum Schafte sich erstreckenden Flecke gezeichnet. Die alten W. zeichnen sich ebenfalls durch den Mangel der Spitzenflecke an den Armdeckfedern von den Jungen aus. Die Jungen im Nestkleide, welche ich am 18. Juni erhielt, gleichen sehr denen von M. utricapilla, aber sie zeigen bereits das hellere Band um den Nacken, übrigens ist die Färbung etwas dunkler. Da die Steuerfedern bei den M. im Frühlinge und Herbste von so ungleicher Zeichnung und zum Theil auch Form sind, so ist leicht einzusehen, dass auch sie, nebst dem kleinen Gefieder, bei der Frühlingsmauser gewechselt werden, ein Verhältniss, das ich auch bei Motacilla lava beobachtet habe. Wäh- rend der Paarung ist der Halsband-Fliegenfänger ein sehr: fleissiger und lauter Sänger. Der Gesang lässt sich mit Worten ungefähr so ausdrücken: „hwit, hwit, hit—tsih hety, toa, toa tsitt—tse tse quing oder fink“ ete. Auf dem Zuge hört man von beiden Gatten ein lang gedehntes „ip“ oder „diip, zeck, zeck“. Der Vogel ist im Frühjahr ungewöhnlich scheu und kommt auf der Insel im Monat Mai an. 9. Muscicapa atricapilla, L. Bei Wamblingbo traf H. Lundborg ein Paar am 15. Mai. Ich selbst fand blos einige Exemplare im Herbstkleide am 26. August. In diesem, auch was die Mauserver- hältnisse betrifft, gleicht diese Art sehr der vorhergehenden. Die Wurzelflecken an den Schwungfedern sind gleichwohl in allen Klei- dern kleiner als bei dieser. 10. Anthus rupestris, Nilss, hatte am 5. Juni, auf St. Carlsön, unter auf einander liegenden Steinen ein grosses Nest mit 4 fast aus- bebrüteten Eiern. Das Nest besteht aus trocknem Grase, welches in- wendig feiner ist. Den 6. Juli fand ich ausgeflogene Junge. ll. Anthus pratensis, Bechst., war nicht selten in sterilen, mit Wachholder bewachsenen Gegenden bei Oeja und hatte am 16. Juli flugbare Junge. Ebenso war es mit ’ 12. Anthus campestris, Bechst., welchen man zumeist bei Sundre und in der Nähe von Wisby antrifft. 13. Sylıria philomela, Bechst., wurde von H. Lundborg bei Oeja schon am 18. Mai beinahe Tag und Nacht singend gehört. Ich hörte an derselben Stelle vom 8. bis 12. Juni 12 bis 16 M. Ihr Gesang war sehr lebhaft während oder nach dem Regen. Am 16. Juli waren fast alle Nachtigallen verschwunden, nur eine alte wurde 115 gesehen und ein eben ausgeflogenes junges W. geschossen. Dies ist auf der Oberseite graubraun mit gelblichen, am Rande schwarzen Flecken; Unterseite grauweiss mit schwärzlichen Federrändern; Flü- gel hellbraun, Schwanz rothbraun. Der Vogel scheint an keiner an- dern Stelle als hier vorzukommen in einem Umkreise von so unge- fähr ®/, Meilen. 14. Sylvia nisoria, Bechst., wurde in einem Paar mit kürzlich ausgeflogenen Jungen beobachtet. Das kleine Gefieder war, wie bei allen Ourruca-Arten, sehr dünnstrahlich, grau, an der Unterseite hel- ler. Die zwei äussersten Schwanzfedern sind mit einem weissen kegelförmigen Fleck gezeichnet. Iris bei den Jungen grauweiss, bei dem Weibchen grünbraun und bei dem M. hellgelb. Die Alten warn- ten die Jungen mit einem beinahe trommelnden*) Tone: „tjäck, tjäck, trr, ter, trrrrr.* ‘ 15. ‚Sylvia hortensis, Bechst., war häufig, aber keine S. atricap. wurde beobachtet. 16. Sylvia hypolais, Lath., war, nach H. Lundborg, am 18. Mai bei Oeja noch nicht angekommen; den 8. Juni war sie dort nicht selten und den 16. Juli flog sie mit ihren Jungen umher. 17. Fring. domestica, L., zeichnete sich in seiner Sommertracht, den 8. Juli, durch sehr reine und lebhafte Farben aus, wodurch er den in Süddeutschland vorkommenden Sperlingen ähnlich wurde. Eine Varietät mit dunkelbraunem Kehlflecke wurde geschossen; sie schien dort nicht besonders selten zu sein. 18. Otis tarda, L. Ein W. wurde im Mai 1850 bei Bunga am Strande erlegt und in der Sammlung des Gymnasiums zu Wisby aufbewahrt. (Als ich 1847 Oeland besuchte, erhielt ich in Södra Möckleby bei einem Kaufmanne, Lov&n, Schwanzfedern vom M. der Otis Hou- bara**), L. Der Vogel sollte zeitig im Frühjahr selbigen Jahres bei Allvaren in der Nähe von Salberga geschossen worden sein.) 19. Haematop. ostralegus, L. Häufig am Meeresstrande. Am 10. Juni wurden bei Hoburg Dunenjunge gefunden. Diese waren auf der Oberseite graugelb; ein schmaler Streif durch die Augen, ein undeutlicher über den Scheitel, zwei parallele über die Mitte des z *) Vielmehr trompetenden:„trrr, trrr, trrrrtettettett.“ **) Oder Macqueeni? gr 116 Rückens, einer auf dem Bürzel und ein breiter an den Seiten, welche sich am Schwanze vereinigen, sind schwarz; Vorderhals schwarzgrau, Unterleib weiss. e" 20. Tringa subarquata, Nilss. Ein kleiner Trupp von alten, roth- braunen Vögeln zeigte sich schon am 12. Juli bei Klinte; wahr- scheinlich waren sie auf der Rückreise vom Norden. 21. Machetes pugnax, Cuv., „Purrhöns“‘—=Kampfhuhn. Eine Anzahl von e. 20 M. wurde am 10. Juni am Strande bei Hoburg beobachtet; Nester mit Eiern am 12. bei Langmyr gefunden. Die W. flogen unter einem eigenen, tiefen Laute um dieselben herum. Bei Ronemyr wurden am 16. Juni Junge im Dunenkleide genommen. Diese waren auf der Oberseite mit gelbgrauen und schwarzen Dunen bedeckt, von welchen die letzteren mit weissen Spitzen geschmückt waren. Die Unterseite war blass ockergelb. 22. Totanus fuseus, Bechst. Ein Paar von dieser Art zeigte sich am 5. Juni am Strande auf Stora Karlsö, möglicherweise noch auf dem Zuge. 23. Totanus glottis, Bechst., nistet in den meisten grossen Moo- ren. Am 4. Juli wurde ein Paar mit 4 ausgeflogenen Jungen bei Hästnäsmyr getroffen. Die Alten waren schr besorgt um diese und setzten sich unter lautem Geschrei oft auf die Spitzen hoher Fichten. 24. Scolopax gallinago, L. Ueber die Entstehung des meckernden Tones, welcher den spielenden Flug dieses Vogels während der Paa- rungszeit begleitet, sind die Meinungen getheilt. Bechstein glaubte, dass er durch den Schnabel hervorgebracht würde, Naumann und Andre hingegen, dass er von dem starken Schlage der Schwingen herrührte; seit aber Pralle in Hannover (Naumannia, II. Bd., I. 24.) beobachtete, dass der Vogel seinen bekannten Gesang oder Laut, der mit den Worten: „jick jack, jick jack“ ausgedrückt werden kann, gleichzeitig mit diesem meckernden Tone hören lässt, scheint es aus- gemacht zu sein, dass der letztere nicht durch die Kehle 'hervorge- bracht wird. Mittlerweile bemerkte ich mit Verwunderung, dass der surrende Ton nie gehört wurde, wenn der Vogel aufwärts fliegt, wo- bei der Schwanz zusammengelegt ist, sondern nur wenn er in schie- fer Rieltung sich senkt, wobei der Schwanz stark ausgebreitet ist, und die eigenthümliche Gestalt der Schwanzfedern bei einigen mit unserer Bekassine nächstverwandten ausländischen Arten veranlasste die Vermuthung, dass der Schwanz, wenn nicht allein, so doch be- 117 deutend zur Hervorbringung dieses Tones beitrage. Bei näherer Untersuchung der Schwanzfedern unserer Art fand ich besonders die äussersten ganz eigen gebaut. Der Schaft ist ungewöhnlich steif, säbelförmig; die starken, mit einander verbundnen sehr langen Strah- len (Bart) — die längsten erreichen fast °®/, der ganzen Fahne — liegen wie fester längs des Schaftes auf. Bläst man von der vordern Seite gegen die breite Fahne, so vibriren diese und man hört einen Ton, welcher, obwohl schwächer, dem bekannten Meckern äusserst ähnlich ist. Um sich völlig zu überzeugen, dass es die ersten Federn sind, welche den eigenthümlichen Laut hervorbringen, braucht man nur eine solche vorsichtig auszuziehen, die Spule mit einem feinen - Zwirnfaden an einen 1!/, Elle langen und !/,, Zoll dicken Stahldraht und diesen wieder an einen 1!/, Elle langen Stock zu befestigen. Be- wegt man nun die Feder, mit ihrer Aussenfahne vorwärts gewendet, hastig durch die Luft und giebt mitunter einige kurze Rucke mit dem Arme, welche die zitternde Bewegung der Schwingen während des Fluges vorstellen, so erscheint der Ton in bewunderungswürdiger Gleichheit. Verfährt man mit der zweiten viel weicheım Schwanz- federn auf dieselbe Weise, so hört man noch einen schwachen gleich- artigen Laut, aber bei der dritten hört er fast gänzlich auf. Einen ähnlichen Laut, aber in einem andern Tone, erhält man, wenn man mit Schwanzfedern einiger ausländischen Arten experimentirt. Bei Scolo- par capensis und Se. frenata findet man 4 Surrfedern auf jeder Seite, aber deren Gestalt hat mehr Achnlichkeit mit denen bei Scol. major; ‚Scol. javensis hat 7— 8, welche äusserst schmal und völlig steif sind, Da diese Federn bei beiden Geschlechtern dieselbe Form haben, so ist klar, dass beide Gatten den surrenden oder meckernden*) Laut hervorbringen können. Nach Prof. Nilsson ist dieser auch schon bei den W. der kleinen Bekassine beobachtet. Es wäre interessant, wenn reisende Ornithologen künftig Beobachtungen an den ausländi- schen Arten in freier Natur anstellen wollten, und es dürfte sich dann zeigen, dass deren meckernder Surrlaut bedeutend von dem unserer Arten abweichen wird. 25. Scolopar major, L. Angetroffen am 16. Juni auf dem Roneä *) Gnägga heisst eigentlich wiehern, wird aber von mehreren ähnlichen Thierlauten gebraucht; ich habe es deshalb mit dem für den vorliegenden Lau- recipirten Worte „meckern“ übersetzt. Baldamus, 118 myr mit Jungen im Dunenkleide. Die Bildung der 4 äussersten Schwanzfedern jederseits lässt vermuthen, dass auch diese Art den surrenden Laut hervorzubringen vermag. 26. Gallinula porzana, Lath. Am 19. Juni wurde in Hornjenna- myr ein eben ausgekommenes Junge ergriffen, welches schwarz mit Grün gemischt war; Schnabel perlweiss mit gelblicher Wurzel, Füsse dunkelbleifarbig. Am 18. Juli wurde an derselben Stelle ein alter Vogel aufgejast. Kommt in den meisten Brüchern vor. 27. Gallinula pusilla, Bechst., welches früher in Schweden nicht gefunden worden, wurde zeitig im Frühjahre, als noch Schnee lag, in einer Küche in Wisby lebend ergriffen. Es war ein M., das in der Farbe der Wasserralle etwas gleicht, nur ist es viel kleiner. Die Obertheile sind olivengelbgrau, auf dem Rücken mit schwarzen Längsflecken und weissen Flecken. Unterseite, Seiten des Kopfes und Halses einbegriffen, aschblau; einige Schwingendeckfedern und die Seiten der Steissfedern mit weissen Flecken; Unterschwanzdeck- federn weisslich; Füsse und Schnabel grün. Dieser Vogel ist ziem- lich selten in Norddeutschlands Brüchern und grasbewachsenen Wei- hern; im östlichen und südöstlichen Europa soll er gemein sein. - 28. Sterna minuta, L., erschien in 3—4 Paaren am 14. Juli bei Klinte-Holme.*) Die flugfertigen Jungen waren durch das beständige Geschrei der Alten äusserst scheu geworden. 29. Sterna nigra, L., hatte am 16. Juli eben flügge Junge. Die Alten begannen bereits die Wintertracht anzulegen: ein W. hatte auf dem Scheitel graublaue, an der Stirn und am Halse einige weisse neue Federn. 30. Larus ridibundus, L., „Svartshatts-Maven“. H. Lund- borg fand sie am 14. Mai noch nicht an den „Myren“, aber es zeigten sich einige am Meeresstrande. Am 10. Juni traf ich sie ge- mein im Muskemyr, wo sie brüteten. Ihr Nest, aus dürren Pflanzen auf einer Erhöhung angelegt, enthielt 3 Eier. Beide Gatten hatten 3 Brutflecke, einen in der Mitte des Bauches und 2 dahinter, an jeder Seite. Am 16. Juli traf ich im Hornjennamyr viele ausgeflogene Junge, wovon einige nebst Alten geschossen, auch ein Junges im Dunenkleide gefunden wurde. Die Oberseite ist gelblichgrau, auf dem Scheitel und am Halse mit grössern deutlichen, auf dem Rücken *) Holme — Werder, 119 wit kleinen unregelmässigen Flecken. Die Unterseite ist weiss, das Kinn schwarzgrau; Schnabel und Füsse gelblich fleischfarben. Die alten Vögel hatten auf dem Vordertheil des Kopfes abgeriebene und verbleichte weissgraue Federränder. Das Gefieder an Brust und Bauch war stark in Mauser und das neue hatte einen schönen rothen Anflug. Larus minutus, L., suchte ich auch diesmal vergebens. Adj. Wal- lengren hat in der Naumannia 1855. II. 133 angegeben, dass diese Art neuerdings auf Oeland gefunden sein soll. Ich selbst fand dort nur die in der Färbung ihr etwas ähnliche Zarus ridibundus. Der Engländer Wolley reiste, veranlasst durch diese Angabe, letzten Sommer nach Oeland, fand aber während eines mehrmonatlichen Aufenthalts nicht eine Zwergmöve („Dvärgmasen‘“). 31. Graculus carbo, „Pelekan“, hält sich auch den Sommer über auf Klein-Karlsö auf. Ich sah den 6. Juli zwei Exemplare, welche äusserst scheu waren. 32. Anas Tadorna, L.. „Jugas“, hatte an derselben Stelle unter einer Klippe ein Nest mit 9 Eiern; dies bestand nur aus den weissen Dunen der Mutter, denen einige Brustfedern beigemischt waren. 32. Anas querquedula, L., „Artand*, hatte am 10. Juni Eier im Muskemyr; am 4. Juli wurde ein altes W. bei Hästnäsmyr geschos- sen, Zu derselben Zeit auch 34. Anas cerecca, L., im Dunenkleide. Dies war etwas vorge- schritten, denn an den Schultern begannen die Federn hervorzu- wachsen. Von 4A. querqued. unterscheidet sie sich leicht durch den gleichbreiten Nagel, welcher bei querqued. oval ist. 35. Anas,acuta, L. Bei Ytterholm sah ich im Grase ein W. mit Jungen im Dunenkleide, wovon eins gefangen wurde. Dies gleicht sehr dem von A. boschas, die ich an derselben Stelle schoss; aber die Oberseite ist nicht olivenbraun, sondern graubraun, die Unterseite und die hellen Striche und Flecke nicht gelblich, sondern grauweiss, der dunkle Strich durch die Augen undeutlich, das Weiss auf dem Rücken weiter, der Körper überhaupt schmächtiger u. A. m. 36. Fuligula eristata, Steph., fand ich am 10. Juni in Muskemyr in mehreren Paaren. Mehrere Nester wurden gefunden, eins mit 12 Eiern; am 14. Juli sah ich daselbst keine einzige, aber eine halbe Meile davon, bei Hoburgsstrand, ein W., welches sich an einem Steine im Wasser drückte. Es wurde erlegt und der Wind trieb es ans Land sammt einem kürzlich ausgebrüteten Jungen. Wahrschein- 120 lich hatte die Mutter dies Junge geführt. Naumann (l. ce. XIL, 67, Taf. 310, f. 5.) hat dieses Dunenkleid beschrieben und abgebildet mit einem grossen dreieckigen weissen Stirnfleck. Einen solchen fand ich weder bei dem ebenbezeichneten noch bei andern Exemplaren aus Lappland. Die Oberseite ist dunkel olivenbraun, an Stirn und Schwingen etwas heller; Unterseite gelblichweiss, Kropf olivengrau; Iris weissgrau. 37. Podiceps auritus, Linne. H. Lundborg sah vom „Silkes- lommen“ mehrere Paare schon am 17. Mai im Muskomyr in voller Frühlingstracht, welche am 10. Juni nicht verändert schien. Ich fand dort das schwimmende, leichtbefestigte Nest, bestehend aus einem Haufen zusammengelester Wasserpflanzen, ganz platt, so dass die 6 Eier fast das Wasser berührten; die Eier waren bebrütet. Die Jungen darin aber sehr ungleich entwickelt. Am 14. Juli trugen die Alten das Sommerkleid. Ich schoss ein W., welches auf dem Wasser in der Nähe verschiedener Pflanzen schwamm, nahm es aber nicht sogleich auf. Nach einiger Zeit bemerkte ich in seiner Nähe ein Dunenjunges; als dies gleichfalls geschossen war, nahm ich das W. auf, von dem ein kleines Junge niederfiel, welches, unter den Flü- geln verborgen, mit von dem Schusse getroffen war. Bald darauf hörte ich in einiger Entfernung ein feines Piepen, welches von dem dritten ganz neuerlich ausgebrüteten Jungen herrührte, das auf dem Rande des Nestes sass. Inmitten des letztern lag noch ein Ei, wel- ches bei gehöriger Behandlung am andern Tage gleichfalls auskam. Wahrscheinlich beginnen die Jungen sich sogleich, nachdem das Ei gelegt ist, zu entwickeln, ohne das emsige Aufliegen der Mutter, infolge dessen denn ungleiches Auskriechen vorkommt. Um mich zu überzeugen, ob die Jungen sich wirklich unter der Mutter verbergen könnten, setzte ich es neben den todten Vogel; sofort begann das Kleine sich in die Federn zu bohren und verbarg sich unter die Flügel. Das Dunenkleid ist sehr hübsch. Oberseite glänzend schwarz, Kopf und Hals mit einigen weissen, längsgehenden, unterbrochenen Bändern, welche an den Kopfseiten und unter dem Kinn einen rothen Anflug haben; längs des Rückens erstrecken sich acht schmale grau- weisse Bänder; Unterseite von der Brust an weiss; ein kleiner nack- ter Fleck an der Stirn zinnoberroth; Zügel braunroth; Schnabel an der Wurzel roth, an der Spitze schwärzlich mit einer weissen Kalk- erhöhung; Iris röthlich; Füsse inwendig weissgrau, auswendig schwärz- g ; sg ’ > 121 lich. Der Magen der Alten enthielt Wasser-Insekten, z. B. Halipli, Hydropori, Hydrobi, Donaciae, einige Reste von Pflanzen und eine Anzahl kleiner Federn. Bei den zwei zuerst ausgekrochenen Jungen war der Magen bereits voll gepfropft von denselben Stoffen; da ich dazwischen auch eine Feder der Alten fand, so ist es wahrschein- lich, dass die Jungen anfangs von jenen gefuttert werden. 38. Uria grylle, Lath., „Grötel oder Grautel“. In einer Kluft in einem Haufen von übereinandergeworfenen Felsstücken nahm ich auf Klein-Karlsö am 5. Juli ein W. nebst seinen beiden eben aus- gebrüteten Jungen, auf einem nackten Steine, ohne Anzeichen von einem Neste. Die Jungen waren schwarz, unten etwas graulich. Jedes von ihnen hatte im Schlunde einen kleinen Blennius viviparus, dessen nach unten liegender Kopf zum Theil verdauet war. Vorn am weiten Eingange zur Neststelle lag ein verdorbenes Ei, welches der Alte wahrscheinlich verstossen hatte. 39. Uria troile, Lath., „Spissnäbb“, sah ich auf derselben Insel sparsam; er war, wie der häufig vorkommende 40. Alca torda, L., „Törden“, damit beschäftigt, seinen in un- zugänglichen Felsenklüften verborgenen Jungen Futter zuzutragen. Durch Herrn Consul Chasseur, der eifrig fortfährt in der Beobachtung ungewöhnlicher Vögel, erhielt ich die Anzeige von 6 für Gottland neuen Arten, wovon zwei im Vorhergehenden schon genannt wurden. Mit Hinzuzählung von einer Art, welche ich vor- her in der Sammlung des Museums fand, sind es folgende sieben: Strie Tengmalmi, Febr. 1856. Otis tarda, Mai 1850. Rallus aquatieus, Juni. Gallinula chloropus, Frühling 1853. a pusilla, Y 1852. Fuligula nigra, April 1854. Larus eburneus, jun., Frühling 1854. (Wetterberg.) 122 Nr.*12. Iur Fortpllanzungsgeschichte der Vögel Europa'.’ Vom Herausgeber. (Hierzu Tafel I.) Das Studium der Fortpflanzungsgeschichte der Vögel hat in den letzten 20 Jahren, vorzugsweise betreffs der europäischen Ornis, be- deutende Fortschritte gemacht, und es dürften gegenwärtig von den wirklich in Europa brütenden Arten wohl nur sehr wenige sein, deren Eier wenigstens nicht aufgefunden worden wären, wenn gleich zur Vervollständigung der gesammten Brüthistorie noch Manches zu beobachten übrig bleiben wird. Immerhin werden die Erfolge als glänzend zu bezeichnen sein, wenn man die Anzahl der neuen Entdeckungen mit ihren in der Sache selbst liegenden grossen Schwierigkeiten vergleicht. Geben wir zunächst einen summarischen Ueberblick des in dieser Periode Geleisteten und der dabei bethei- ligten Forscher, und beginnen mit der Aufzählung der letztern. Im Norden Europa’s waren thätig in Grönland der leider vor einiger Zeit verstorbene Gouverneur Hollböll; in Island beobachteten und sammelten Dr. Krüper und Naturalist Keitel; in Lappland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland und dem nörd- lichen Russland ausser den eben Genannten, Schrader, Mewes, Dr. Kjärbölling, Wallengren, Gadamer, Graf C. yv. Hoff- mannsegg, K. H. Henke ete, und mit dem grössten Eifer und glänzendsten Erfolge der Engländer John Wolley. In Sibirien Staatsrath Dr. A. v. Middendorff. Im Osten: Graf ©. Wodzicki, Graf Dzieduszycki und Tac- zanovsky. Im Südosten einige Herrnhuter der Kolonie Sarepta in Süd- *) S. Naumannia 1853 p. 419. „Beiträge zur Oologie und Nidologie.“ 123 russland unter Anleitung der Herren Möschler und Hans in Herrnhut. In Griechenland: Dr. Lindermayer, Schrader u. Dr. Erhard. In Anatoli: Marchese OÖ. Antinori und von Gon- zenbach. Im Süden: in Italien, auf Sardinien und einigen Mittel- meerinseln: Dr. A. Hansmann, Keitel und Althammer. In der Schweiz: Nager-Donazians. In Südfrankreich: Abbe Caire, Dr. Jaubert etc. In Spanien: ausser den Reisenden Par- zudaki’s u. A, Dr. A. Brehm und Dr. Reinhold Brehm ete. In Algier ausser einigen französischen Sammlern der Engländer Rev. H. B. Tristram. In Aegypten u. N.-O.-Afrika: Dr. A. Brehm, Dr. R. Vierthaler, Dr. Th. v. Heuglin, Wilke u. A. Dieser so weit verbreiteten regen Thätigkeit entsprechen nun allerdings die gewonnenen Resultate. Die Eier und grösstentheils auch die Fortpflanzungsgeschichte folgender Arten sind mehr oder weniger genau bekannt geworden: *) * (Cathartes pileatus. N.-O.-Afrika. Aquila pennata. Spanien, Polen, Algerien. „ Bonellü. Algerien, Spanien, Süd-Frankreich? Buteo rufinus. Sarepta. * Milvus parasiticus.. Egypten. * Flanus melanopterus. 5 Falco Gyrfalco. Norwegen. „ laniarius. Sarepta, Deutschland. * ,„ cervicalis. Egypten. „» leonorae. Mallorca. Ulula lapponica. Lappland. „ nisoria. ” „ dasypus. a „Nivea. > Labrador. „ passerina. Deutschland. Otus brachyotus. Lappland, Deutschland. Lanius cueullatus. Spanien, Algier. Pica cyanea. Spanien. *) Die noch nicht in Europa brütend beobachteten Arten sind mit einem Sterne bezeichnet. 124 Glandarius infaustus. Lappland. Caryocatactes nucifrag. Alpen. Acridotheres roseus. Smyrna, Ungarn, Südrussland. Sawicola leucura. Algerien, Südfrankreich. »- leucomela. Sarepta, Smyrna? Sylvia Calliope. Sibirien. „» galactodes. Spanien, Smyrna. ‚Hypolais pallida. Spanien. B5 elaica. Griechenland. Anatoli. * olivetorum. 3 5 Calamoherpe locustella. Deutschland. B5 Fuviatilis. S.-O.-Deutschland, Polen. en Cettü. Italien. Ks luscinioides. Holland, Polen. =s cisticola. Italien, Sardinien etc. . Curruca subalpina. S.-Frankr., Italien. en conspieillata. 55 > » Provincialis. 5 er ss melanoceph. (% s Fr sarda. Sardinien. » Rüppellü. Griechenland? Ixos obscurus. Spanien, Algerien? ? Anthus cervinus. Lappland. Fr rupestris. N.-Frankr., Schweden. Alauda alpestris. Lappland. „» leucoptera. Sarepta. Ember. melanoceph. Griechenland, Anatolı. En aureola. N.-Russland. ey pusilla. > Sibirien. a rustica. Lappland. Pr caesia. Anatoli? Griechenland? Serinus erythrinus. Deutschland, Polen, Russland. 55 githagineus. Kanarische Inseln. Acanthis eitrinella. Alpen. " borealis. Lappland. Cannabina montium. Schottland. Lowia pityopsittacus. Alpen? Corythus enueleator. Lappland. 125 Parus sibirieus. Lappland. » borealis. 7 Tiehodroma phoenicopt. Alpen. Bombyeilla Garrulus. Lappland. Museicapa parva. Deutschland, Polen, Ungarn. Hirundo rupestris. Alpen. > rufula. Griechenland? Caprim. rufieollis. Spanien, Algerien. Alcedo rudis. Egypten. Picus leuconotus. Polen, Lappland. » tridactylus. Re 55 Schweiz. Cuculus Glandarius.“ Egypten, Algier. Colhımba aegyptiaca. % 4 risoria, er Hemipodius tachydromus. Algier, Spanien? Perdix francolinus. Sieilien. Pterocles arenarius. Spanien, S.-Frankreich? Algier. en Alchata. > Numenius borealis. ? Limosa rufa. Finnland, Lappland? ” Terek. N.-Russland. Gallinago major. Deutschland, Polen, Russland. n, gallinula. Lappland, Finnland. Totanus fuscus. Lappland. „ glottis. Gottland. „» stagnatilis. Ungarn, S.-Russland? » ochropus. Deutschland. ” ” Tringa subarquata. Lappland. „ minuta. Sibirien. » Temmincki. Lappland. Limicola pygmaea. ha Himantopus rufipes. Ungarn, S.-Russland ete. Charadrius squatarola. Sibirien. PR morinellus. Deutschland, Lappland. Vanellus gregarius. 8.-O.-Russland. leueurus. N.-O.-Afrika. Hopopt. spinosus. 5 u Hyas melanoceph. r" ” 126 Cursor isabellinus. Sicilien, N.-Afrika. * Otis Houbara. Spanien? S.-Frankreich? Algier. Grus virgo. S8.-O.-Europa. Porphyrio hyaeinth. Sicilien, Spanien, Algier. Fulica eristata, Spanien, Algier. Thalassidr. Bulweri. Kanarische Inseln etc. Lestris pomarina. Sibirien, Lappland? » longieauda. Lappland, Sibirien. * ‚Sterna affinis. Arabien. z » leucoptera. 8.-Europa. * Xema Sabinei. Sibirien. Larus gelastes. S.-Frankreich. „ minutus. Anatolien, Russland. „ melanocephalus. Anatolien, Mittelmeer. ? ,„ eachinnans. Griechenland. Anser torquatus, Sibirien, Spitzbergen. „» leucopsis, Lappland. „» albifrons. Me „ segetum. Lappland, Sibirien. Chenalopez rutilus. S.-O.-Russland. Anas marmorata. Spanien, Algerien. Somateria spectabil. Grönland, Sibirien. u 5 Stelleri. Sibirien. Melanetta fusca. Lappland. Schweden. Fuligula rufina. Ungarn, Sieilien, Deutschland. Olangula Barrowii. Island. Erismatura leueoceph. Spanien, S.-O.-Russland, Algier. Mergus albellus. . Lappland. Die Beschreibung beziehendlich Abbildung einiger neuen und in vielen Sammlungen noch fehlenden Eier werden wir sammt den ge- nauer bekannt gewordenen Notizen über die Fortpflanzungsweise nach Eingang der mehrseitig versprochenen Materialien nach und nach liefern.*) Die nachfolgenden Bemerkungen sind grösstentheils aus den Auctionskatalogen der von John Wolley, Junr., Esq, etc., in den Jahren 1856 und 1857 in Lappland, und von Rey. H. B. *) Vielleicht kann schon das nächste Heft mit ausführlichern Mittheilungen beginnen. 127 Tristram, M. A. etc. im Jahre 1857 in Algerien gesammelten Eier übersetzt. Beide haben mit grossem Eifer und grossem Glücke beobachtet und gesammelt. Möchten sie nur ihre Beobachtungen ge- nauer und ausführlicher, als es in den Katalogen geschehen konnte, mittheilen. Graf C. Hoffmannsegg und K. G. Henke haben ihre Entdeckungen in mehreren Artikeln der „Allgemeinen deutschen naturhistorischen Zeitung‘ bekannt gemacht.*) Vultur fulvus, nistet in Algerien an steilen Felsenwänden, (so auch in Ungarn, und auch dort selten auf alten Bäumen). Er be- ginnt im Januar und Februar zu legen. Gleich dem Gypaötos legt er nur ein Ei; ausnahmsweise — „um die Regel zu beweisen“ — wurde einmal ein verdorbenes Ei neben einem jungen Vogel gefun- den. (Tristram.) Cathartes Percnopterus. Brütet später als die meisten andern Raubvögel im Atlas-Gebirge; Zugvogel und allgemeiner verbreitet als die andern Geier. Legt 1, zuweilen 2 und sehr selten 3 Eier auf Felsenabsätze. Während Gypaötos, Vultur einereus und fulvus mit Zweigen und Aesten sich begnügen, häuft das „Pharaohuhn“ auf ein ähnliches Fundament alte Lappen und Lumpen und einen ganzen Korb voll Kameelshaar und Wolle zum Comfort seiner Nachkommen auf. Die Eier bieten alle Varietäten der Fischadler-, Falken- und Wespenbussard-Eier dar; von 2 Eiern eines Geleges ist das eine fast immer kleiner und weniger gefärbt. (Tr.) Aquila fulva horstet in Lappland nur auf Bäumen. Die Eier sind meist grösser, mehr und lebhafter gefleckt als die von der Wolga (Sarepta) kommenden; einige fast so dunkelfleckig wie die von Pand. haliaöt. (J. Wolley). Nach Tristram scheint der V. im südlichen Atlas, wo er fast auf jeder Felsenparthie von einigem Umfange sein einsames Revier hat, fast nur auf Felsenabsätzen zu horsten, während A. imperialis hingegen mehr den Wald liebt. Agquila pennata. Sommervogel in Süd-Algerien; horstet auf Felsen und scheint Klippen und offenes Land dem Walde vorzu- ziehen. Legt 2 Eier, länger und etwas breiter als die des Bussard, und selten so reich gezeichnet. (Tr.) Aquila Bonellü. Ein Ei meiner Sammlung, mit dem Elternpaar aus Algerien gekommen, ist 63 M.M. lang und 54 M.M. breit, also *) Z. B. die Fortpflanzungs-Geschichte von Limosa einerea 1. ec. II. 238, 128 von fast runder Gestalt, an beiden Enden fast gleichmässig abge- stumpft, so dass die Breitenachse ziemlich gleichweit von den Polen entfernt ist. Die Grundfarbe ist ein grünliches Weiss, innen dunkler durchscheinend; die Zeichnung besteht aus wenig unregelmässig ver- streuten lehmgelben und einzelnen wie verschmiert aussehenden röth- lichbraunen Flecken. Poren und Korn wie bei den übrigen Rauch- fussadlern. Falco gyrfaleo.. Exemplare des Norwegischen Jagdfalken im zeu- gungsfähigen Alter (breeding-plumage) sind selten in britischen oder anderen Museen. Die Isländische und Grönländische Form scheinen in Scandinavien nicht vorzukommen. Der Horst steht meist auf Felsen, selten auf Bäumen. Der alte Horst scheint von demselben Paare wieder bezogen zu werden. (Wolley.) Strix lapponica horstet in grossen Baumhöhlen. Mehrere Nester enthielten je 4 Eier. Diese scheinen für die Grösse des Vogel sehr klein zu sein; allein die breiten Schwingen, der gestreckte Wuchs und das volle Gefieder lassen ihn grösser erscheinen, als er wirklich ist. Auch die Eier sind ziemlich gestreckt und kleiner als die klein- sten von Bubo maximus. (W olley.) Strix funerea (nisoria), ist einer der unsichersten Brutvögel in Lappland, und seit 1853 in den von H. W. besuchten Gegenden selten, trotz der Menge von Mäusen in der Saison 1857. Legt meist 6 Eier. (W.) Otus brachyotus kommt nach Lappland, wenn es viele Mäuse giebt, wie im Jahre 1857.*%) (W.) Glandarius infaustus. Gemein, wie der Vogel, und zudringlich, wie seine Weise drei Viertel des Jahres ist, sind seine Eier doch vielleicht am schwersten aufzufinden. Noch ehe der Winter ein Zeichen von seinem Abzuge gegeben, beginnt er sein Nest zu bauen, und dabei wendet er die ganze Schlauheit seiner Familie an, um das ausgewählte Revier geheim zu halten. Man findet meist Varietäten von Estereiern in vielen Sammlungen. (W.) Museie. luctuosa wurde von W. bei Motkajervi brütend ge- funden, von Tr. „als Sommervogel“ in Algerien, Muse. albicollis we- der in Lappland noch in Algier beobachtet. *) War aber auch hier sehr häufig (Naum. 1857 IT. 184) und brütete selbst in Süddeutschland (s. weiter hinten). 129 Aeridoth. roseus. Ein Gelege von 4 Stücken aus Smyrna besteht aus lauter Spuleiern von !/,; Grösse der Normaleier. Agrob. galactodes. Zugvogel in Algerien und selten nördlich vom Atlasrücken. Er baut sein Nest nicht weit vom Wasser, am Rande der Wüste, in Oleander- und Tamarisken-Gebüsch. Das Nest ist gross und ansehnlich von Reisig, Moos und Gras gebaut, mit Ka- meelhaar und schwarzer Wolle diek ausgefüttert; „aber er scheint nicht eher zu legen, als bis er ein Stück Schlangenhaut gefunden und damit seinen Bau geendigt hat, und merkwürdig genug, der Vogel und seine Eier sind die beständige Beute dieser Reptilien!“ (Tr.) Calam. luseinioides. Der am wenigsten bekannte aller Rohrsänger Algeriens. Sein eigenthümliches und schönes Nest ist sehr schwer zu entdecken. Nur drei Nester wurden nach tagelangem_ eifrigen Suchen gefunden. (Tr.) Curruca conspieillata. Ein wahrer Wüstenvogel, der sich alle Winter in den hungrigsten Wüsten der Sahara aufhält und in kleines, dürres Gesträuch bauet, wo.sein fröhlicher Gesang und seine steten Bewegungen oft das einzige Zeichen von Leben sind. Das kleine und compacte Nest ist tief und mit Haaren ausgelegt und enthält 4—5 nur wenig varürende Eier. (Tr.) Alauda calandra. Brütet häufig in der Sahara und wo nur immer dort eultivirte Flächen sind. (Tr.) Alauda brachydactyla. Ausserordentlich lokal in der Wahl ihrer Brütplätze: unfruchtbare Salzebenen in den Steppen, an der Grenze der Wüste, wo die Vegetation höchst armselig ist. Das Nest scheint unveränderlich unter der Windseite eines 'Thymianstrauches (der vorherrschende Wind ist N.-W.) angelegt zu sein, und in einer grössern Vertiefung des Bodens, als bei den Nestern anderer Lerchen gewöhnlich au (Tr.) Eimberiza Cirlus. Ausserordentlich selten in Algerien, nur 2 oder 3 Paar gesehen am Saume des Walddistriets. (Tr.) Eimberiza lapponica. Selten in den Niederland-Distrieten Lapp- lands innerhalb der Waldregion. _ Gemein in Finmarken. Das Ei ist oft dem des rothkehligen Piepers (A. cervinus) sehr ähnlich, das auch in Finmarken gefunden worden ist.*) (W.) *) Bedarf noch sehr der Bestätigung! Naumannla, 189, 11 130 Pyrrhula erythrina. Ist im Königreich Polen, — z. B. in der Umgegend von Warschau, — in Lithauen, Kurland und wahrschein- lich im ganzen Central-Russland ziemlich häufig brütend. Das Nest steht häufigst in Schwarzdorngebüsch, ist fast immer von trocknen Grashalmen ziemlich locker und durchsichtig gebaut und innen mit feinem Gewürzel und einzelnen Pferdehaaren locker aber sauber aus- gelegt. Es hat also einige Aehnlichkeit mit denen vieler Grasmücken (besonders S. nisoria), und steht unter denen der Finkenarten dem von Pyrrhula vulgaris am nächsten, wenigstens im lockern und sper- rigen Bau, nicht aber hinsichts des dazu verwendeten Materials. In Gärten ist es zuweilen auf niedrigen Obstbäumen angelegt, oft nahe bei den Wohnungen. Die Eier, 5—6 in einem Gelege, sind Naum. 1853 p. 428 beschrieben und auf unserer Tafel Fig. 6 abgebildet. Herr Dr. J. Hoffmann hat den Karmingimpel auf Föhr, einer der dänischen Westsee-Inseln, beobachtet, und zwar auf Feldern in der Nähe von Wyk. Bekamntlich glaubte auch Naumann ihn auf Sylt in dem Dorngesträuch, welches den Entenfang umgiebt, gesehen zu haben. Bei dem geruhigen Wesen, das dem Vogel eigen ist, und seiner Achnlichkeit mit unserem rothbrüstigen Hänflinge mag er öfter vorkommen, ohne bemerkt worden sein. Auch ist er vielleicht im Vorrücken nach Westen begriffen. Pyrrhula githaginea. Zwei sehr eigenthümliche, freilich in der Gefangenschaft gelegte Eier sind gleichfalls in Fig. 5 unserer Tafel abgebildet. Ich verdanke sie der Güte des Hın. Dr. Karl Bollein Berlin, in dessen Voliere sie im April d. J. von einem von ihm selbst von den Canarischen Inseln mitgebrachten Paare geboren worden sind. Die Eier sind vor allem durch eine höchst feine, glatte und glänzende Schaale ausgezeichnet, deren Poren sehr seicht und klein sind. Die Grundfarbe ist ein sehr schönes reines Grünlichweiss, wie es in solcher Reinheit bei ähnlich gefärbten Eiern europäischer Arten nicht vorkommt. Die Zeichnung besteht aus kranzförmig vertheilten, meist sehr feinen Haar- oder Wurmlinien von dunkler und heller schwarzbrauner Farbe und ebensolchen einzelnen kleinen und grös- sern Punkten und Flecken von unregelmässiger Gestalt, die oft in Haarlinien auslaufen. So zwei Stück. Ein drittes zeigt einige ver- waschene violettbraune Flecke, wie sie zuweilen bei P. vulgaris vor- kommen. Grösse 20 u. 12; u. 19 u. 13), M.M.*) *) Eine ausführliche Beschreibung der Lebensweise und Sitten dieses 131 Cannabina 'montium. Die Eier dieses, auch im nördlichen Schott- land brütenden Voeels gleichen am meisten denen des Kanarienvo- gels, dem sie wirklich zum Verwechseln ähnlich sind, in Grösse, Fär- bung und Zeichnung. Corythus enucleator. Das Nest steht stets in einer kleinen Fichte und ist sehr charakteristisch plaeirt und gebaut. (W.) Parus sibirieus. Baut ihr Nest von Mausehaaren. (W.) Bombyeilla Garrulus. Seit Jahren hat man alle Anstrengungen gemacht, um das Nest des Seidenschwanzes zu entdecken, das sich vor den Augen der Ormithologen so lange Zeit zu verbergen gewusst hat. Verschiedentliche Reisen nach Lappland, Finnland ete. wurden hauptsächlich zu diesem Zwecke unternommen; Graf C. v. Hoff- mannsegg ist mit der ausgesprochenen Absicht, Nest und Eier die- ses räthselhaften Brüters zu suchen, nach Nord-Russland gereist, wo er sich seit ce. 6 Jahren aufhält (und manches Neue, aber nicht das speciell Gesuchte gefunden hat). Man hat die Vögel in Volieren zum Brüten zu bringen versucht. Ich selbst habe deren längere Zeit besessen; H. Baron R. König- Warthausen hat — 40 Stück glaube ich — in seiner grossen mit Hecken und Bäumen und allem dem Geflügel irgend Wiinschenswerthen versehenen Voliere Jahre lang ge- pflest; vergebens! „Fünfzig Silberrubel sind von den Ormnithologen für das Nest dieses Vogels seit lange vergebens in der Hauptstadt Finnlands ausgesetzt worden; „ich trug Sorge, dass meine Leute einen Engländer nicht minder freigebig finden sollten,“ sagt der glückliche Entdecker: Sir J. Wolley. Im Jahre 1856 hatte er das „uner- wartete“ Glück, das Nest mit den Eiern zu entdecken, und zwar in Finnland. „Es scheint, dass der Seidenschwanz unregelmässig sowohl in seinen Sommer- als in seinen Winter-Wanderungen ist, und dass er mehr als gewöhnlich in den westlichen Theilen der arktischen Wälder der alten Welt zurückgehalten worden ist, infolge der stür- mischen Witterung während der letzten Brutsaison. Am 8. Juli waren die Eier eines bei Soas Kongas gefundenen Nestes nahe am Aus- krieehen. Im Jahre 1857 war es nicht möglich, in dem Distrikte, wo die vorjährigen Nester gefunden waren, einen Seidenschwanz zu erblicken. Es wurde nur „ein eben verlassenes Nest entdeckt, dessen Wüstenvogels hat H. Dr. Bolle für unsere Zeitschrift verheissen ; ebenso H. Ta e- zanowsky eine monographische Bearbeitung der P. erythrina. 9* 132 Eier eins nach dem andern, sobald sie gelest worden, von einem der Alten, wie es schien, zerbrochen worden waren.“ Er erhielt im Ganzen 8 gute Eier und nur ein complettes Nest mit 5 Eiern. Die Eier sind frisch, von ziemlich stark ausgesprochener „Lachsfarbe,“ von der sich auch später Spuren erhalten. „Eine Schilderung der Brutgeschichte soll in Kurzem mitgetheilt werden.“*) (W.) Coceystes glandarius. „H. Gould bemerkt sehr richtig, dass der eigentliche Aufenthalt dieser Art der Walddistriet ist, der die heissen Ebenen Nordafrika’s säumt; aber auch in dieser beschränkten Region ist er ein sehr lokaler Vogel. Er ist Zugvogel, und den Arabern an seinem Aufenthalte unter dem Namen „Buroo-burroo“ wohlbekannt, während unser Kuckuk „Tookoork“ genannt wird. Sein moralischer (!) Charakter, obschon nicht unbefleckt, steht vielleicht doch höher als der seines Verwandten, denn, indem er sich des Nestes eines andern Vo- gels bemächtigt, übernimmt er alle Ausbesserungen eines Miethman- nes und macht, wie H. Tristram zu glauben Ursach hat, keinen Versuch, sich seinen häuslichen Pflichten zu entziehen. Er legt zwei oder drei Eier; in einem Falle wurden vier gefunden, aber zwei von diesen waren abnorm in Textur und Färbung.”*) Sein Ruf lautet wie „Wurru Wurru;“ sein Alarmschrei steht in der Mitte zwischen dem rauhen Tone des Eichelhähers und der Blau- racke, und ein dritter nur vom M. gehörter zwischen dem des gemei- nen Kuckuks und des Wiedehopfes. Die Eier wurden (eins enthielt *) Ist bereits in den Proceedings ofthe zoolog. Soc. geschehen. Wir werden den Artikel nächstens übersetzen, und wenn wir ein Ei erhalten, auch die Abbildung davon geben. **) Obwohl H. Tristram’s Meinung nach der Häherkuckuk „selber brütet,‘ und seine Kuckuksnatur nur in der „Besitznahme fremder Nester‘ besteht, die er sogar selbst noch „‚ausbessert,‘“ so ist damit doch noch keineswegs die auf be- stimmten Thatsachen beruhende Angabe Alfred Brehm’s widerlegt, so lange wir die „reason to think‘ des H. Tristram nicht kennen, und wenn eben unter den „domestie duties‘‘ auch das Selbstausbrüten und Auffuttern der Jungen zu verstehen ist. Die „oneinstance,“ wo vier Eier in einem Neste gefunden wurden, von denen zwei in Textur und Färbung abnorm waren, spricht vielmehr für die auf sehr bestimmte Beobachtungen gegründete Ansicht Brehm’s, (Journ. f. Ornith. v. Dr. Cabanis I. p. 144), und die beiden „abnormen“ Eier in dem von H. Tristram beobachteten Neste gehörten vielleicht den Pflegeeltern an. Wir erwarten in Kurzem sehr positive Nachrichten über die Fortpflanzung des interessanten Vogels. B. 133 einen Embryo mit deutlich sichtbaren Paarzeher-Füssen) vom 20 bis 30. Mai gefunden. (Tr.) Pieus tridactylus ist der gemeinste Specht in Central-Lappland. (W.) Hemipodius tachydromus. „Ohne allen Zweifel das am schwersten zu erlangende von allen Eiern Algierischer Vögel. Einige in der "Gefangenschaft gelegte Eier existiren in den Sammlungen, aber es ist bis letzten Sommer (1857) noch niemals ein Nest gefunden wor- den, trotz der grossen Belohnungen, welche den Arabern geboten wurden. Der Vogel baut in der Mitte dicksten und undurchdring- liehsten Gebüsches, verhält sich immer sehr still, wird sehr selten von den Jägern gesehen, ist aber doch den Arabern unter dem Namen: „Wachtelkönig,“ „King of the Quails,“ — den Franzosen unter dem Namen: „Caille Bedouin“ oder gewöhnlicher „Eng- lische Wachtel“ — bekannt. Er wird niemals anderswo als in den Wäldern oder Ebenen bemerkt, indem er sich sogar auf die mit niedrigem Gestrüpp bedeckten Abhänge beschränkt. Das wahr- scheinlich erste Nest wurde am 11. Juli bei Koleah gefunden.“ (Tr.) Pterocles arenarius. Legt gleich allen seinen Geschlechtsver- wandten nur 3 Eier. Es ist seltener als P. setarius, geht aber weiter nach Norden und besucht gelegentlich die Gerstenfelder der Sahara. Zwei oder drei Paare nisten nicht weit von einander. (Tr.) Pierocles setarius. Ein wahrer Wüstenvogel und in Algerien auf die unfruchtbaren Ebenen der Sahara beschränkt. Seine schönen Eier variiren mehr als vielleicht die aller andern Arten dieses Ge- nus. (Tr.) Otis Houbara. Legt nur zwei Eier; das Nest ist sehr schwer zu entdecken, da es nur eine nackte Vertiefung in der offenen Ebene ist, deren Eigenthümer sich still zurückgezogen hat lange vorher, ehe der erfahrenste Araber seine Bewegungen wahrnehmen kann. Dieser Vogel, der im zweijährigen Kleide mit der Beschreibung von Ötis Macqueenii übereinstimmt und nur im dritten Frühjahr die rein weisse Holle bekommt, ist in diesem Kleide von Le Vaillant als Otis Arabs gut abgebildet worden. Es ist merkwürdig, dass der Name Houbara von den Hindus auf Otis Maequeeniüi, Gray, ange- wendet wird, wenn wirklich diese Species nicht identisch mit jener ist, wie einige französische Naturforscher annehmen. (Tr.) Otis tetrae kommt in den kultivirten Theilen der Ebene und im Tell vor, während des Frühlings und Sommers,. niemals in solchen 134 Gegenden, wie vorige bewohnt. Legt 2—3 Eier, gewöhnlich in Ger- stenfelder. (Tr.) Y. Ardea russata. Die einzigen bekannten Brüteplätze in Nordafrika sind der Haloula-See und ein See zwischen Bona und Tunis. (Tr.) Himantopus melanopterus. Dieser schöne Vogel scheint auf einer oder zwei engbegrenzte Lokalitäten südlich vom Atlaskamme eingeschränkt zu sein. Vier scheint die unveränderliche Zahl seiner Eier zu sein, die in ein schlichtes Nest von Wurzeln gelegt werden, das im Moraste oder am Rande desselben auf festem Lande steht, Er ist nicht gesellig, obwohl einige Paare in derselben Lokalität brü- tend gefunden werden. (Tr.) Porphyrio hyacinthinus bewohnt in geringer Anzahl alle Sumpf- gegenden. Er wählt die verstecktesten Schilfkufen zum Nisten, brü- tet zweimal und legt nur 2 oder 3 Eier. (Tr.) Fulica eristata. Die Eier sind denen der gemeinen Fulica so ähnlich, dass sie leicht verwechselt werden können. Gefunden im April.*) (Tr.) *) Nach Dr. A. Brehm „ist die Brütezeit in Afrika sehr verschieden und nicht an bestimmte Monate gebunden.“ (Cab. Journ. f. Ornith. I. p. 145.) Sir Tristam giebt stets den Tag des Fundes der von ihm gesammelten Vögel an. Wir geben, da es von Interesse ist, einige dieser Daten, aus denen hervorgeht, theils dass die Vögel, wenigstens die zur europ. Ornis gehörigen, allerdings in gewissen Monaten brüten, theils dass die Brütezeit mit der entsprechen- den in Europa übereinstimmt, meist sogar später eintritt! Im März (28.) und April hatten Eier: Pultur fulvus. Im April: Cath. perenopt., Ag. imperialis, naevia, pennala, Pyrrhoc. gra- culus, Perd. petrosa, Fulica crist. Im April und Mai: Aquila fulva, Milv. regal., ater. Im Mai: Strixw noctua, Cocc. glandarius, Musc. luctuosa, S. luscinioides, conspicill., Al. calandra, eristata, brachydact., Pod. auritus. Im Mai und Juni: Strixw scops, Corac. garrula, A. galactodes, S. orphea, Otis tetraz, Glar. torquala, Anas rutila. Im Juni: Falco rufip., Mer. apiaster, C. turdina, Motac. flava, Emb. Cirlus, Pier. arenarius, selarius, Otis Houbara, Char. canlianus, Ard, garzeita, russala, ralloides, minula, nyelicoraw, Ibis falein., Himant. melanopt., Recurv. Avoc., Porph. hyacinth., Sterna anglica, Anas leucoceph., strepera, elypeata, nyroca, rufina. Im Juni und Juli: Gallinula Bailloni. Im Jwli: Hemipod. tachydr., Sterna leucopareia. Zum Vergleiche mit den vorstehenden Daten mögen einige andre von um 135 = Totanus fuseus. Die Eier gehören zu den seltensten und schön- sten aller bekannten. Fundort: Finnland. Der Vogel nistet in Wal- dungen an offenen, lichten und feuchten Stellen. Ebenso Tot. glottis. Sie legen 4 Eier. Dagegen Charadr. morinellus stets nur 3 legt, was den Lappen wohl be- kannt ist und ich selbst oft gesehen habe. Er ist Gebirgsvogel in Lappland wie in England, (W.) Seolop. Gallinula. Die Nester dieses Vogels sind wegen seiner Vorsicht sehr schwer zu finden. (W,) Tringa Temminekü und nicht minuta brütet in Finmarken; ich habe dort nur in der Zugzeit geschossene Individuen der letztern Art gesehen. (W.) Phalarop. einereus brütet nicht in Lappland, sondern auf Spitz- bergen etc. Tringa platyrhyncha (Limie. pygmaea) hat einen sehr beschränk- tes Revier während der Brütezeit. (W.) i Anser albifrons. Nur die kleine Race der weissstirnigen Gans, welche Naumann A. minutus genannt hat, brütet in Lappland. Aber schon im J. 1767 beschrieb Dr. Gunner, Bischof von Thrond- hjem, in einer Note zu p. 264 von Prof, Leem’s Werk „De Lappo- nibus Finmarchiae“* diese Form als verschieden von der grössern albifrons, die in Island und Grönland heimisch ist, unter dem Namen Anser finmarchieus. Dieser Name ist also wahrscheinlich der älteste für diese Race. Es ist die wahre „Fjell-Gas“ der Schweden, ein Gebirgsbewohner, von den schwedischen Schriftstellern so oft als Bernakel-Gans genommen. Auch soll diese Form in einigen Samm- lungen in Britannien getödteter Vögel stehen. Sie brütete sehr selten in dem kalten Frühjahre 1857. (W.) Anser Berniela. Im J. 1854 erhielt ich- zuerst einige Eier die- ser Gans in Westfinmarken, welche von Spitzbergen mitgebracht worden waren. Seitdem erfuhr ich durch wiederholte genaue Nach- ce. 35 Breitengrade höher gelegenen Brüteplätzen (Lapp- und Finmarken) nach J. Wolley folgen. Es hatten dort Eier: Im Mai: Ast. palumbarius. (21. Mai.) Im Juni: Pand. haliaötos (2. u. 4. Juni 1856 3 Eier), Pyrrh. enucleator, Anas acuta, Penelope, Im Juli: Bombyeilla garrula ete, Im August: Scolop. gallinula, 136 forschungen bei den Wallrossfängern, dass die Brentgans die einzige kleine Gans ist, mit welcher jene auf Spitzbergen bekannt gewor- den. (W.) Anas penelope. Die Eier dieses den Eingebornen wohlbekannten Vogels variiren schr in der Gestalt, selten in Grösse und Fär- bung. (W.) A. fusca. Keineswegs ein leicht zu erlangendes Ei. In Samm- lungen oft durch Merganser-Eier repräsentirt, wie die ven A. nigra durch M. serrator-Eier; frisch jedoch können beide nicht mit einan- der verwechselt werden. (W.) Auch nicht, wenn sie länger gelegen haben. (B.) A. marila brütet in Lappland nur nach dem Gebirge hin, an der Grenze Norwegens, wo sie die folgende Art ersetzt. (W.) A. fuligula. Diese Ente scheint vorzugsweise die Nähe der Men- schen zu lieben und macht ihr Nest oft am Rande von vielbesuchten Teichen nnd Lachen. "Die Eier sind wohl vor meiner ersten Reise nach Lappland wenig bekannt gewesen.*) (W.) 4A. elangula. Ein Gelege in Finmarken bestand aus 23 Eiern. Ich habe keine A. Barrowii getroffen, welche wahrscheinlich die Is- land zugehörige Art ist. (W.) A. rutila brütet viele Meilen weit von ihren Futterplätzen entfernt in den traurigsten Einöden, wo sie in Höhlen steiler Felsen (zu denen man nur durch Seile gelangen kann) das Nest von Dunen baut und in friedlicher Gesellschaft mit Milanen (Milvus) und Raben lebt. Sie brütet auf nur 3 oder 4 Eiern. (Tr.) A. strepera. Provinz Constantine Die Eier sind authentisch, was mehr ist, als man vielleicht von den Exemplaren vieler Samm- lungen sagen kann. (Tr.) A. nyroca scheint in Algerien nicht nordwärts vom Atlas zu brüten. Die Nester wurden nur in den Salzmorästen der Sahara ge- funden. (Tr.) A. rufind. Brütet in den Morästen Algeriens. Frisch haben die Eier eine fast eben so tiefe und schöne Färbung als die der Schell- ente (A. clangula). (Tr.) A. leucocephala. Dieser ausgezeichnete Vogel ist nur an einem *) In Deutschland längst durch den verstorbenen Baron von Maltzan be- kannt geworden, der sie mehrfach auf einigen Seen Mecklenburgs gefunden. 137 oder zwei Seen Algeriens gefunden worden, wo er Sommervogel ist. In seinen Manieren ähnelt er mehr den Tauchern, (Podiceps) als den Enten. (Tr.) Mergus albellus. Sehr selten in Finmarken und ein mehr öst- licher Vogel, den Finen aber bekannt. Ich erhielt von einem jun- gen Finländer, der sich e. 100 Meilen östlich von Muonioniska auf- hielt, 3 Eier mit dem darauf ergriffenen W. Ich schickte einen zu- verlässigen Boten nach dem Baume, von welchem die Eier genommen worden, und erhielt später auch einige Dunen, die mit den Brust- dunen des Vogels vollkommen übereinstimmen. Die Eier haben grosse Aehnlichkeit mit denen der A. Penelope, unterscheiden sich aber besonders durch die Textur der Schaale. Das Nest stand in einer Baumhöhle. Lestris parasitica. Ist in Ostfinmarken seltener als L. Richard- sonü, welche allein dort brütet. Die erstere fand ich in einer kleinen Kolonie auf der Wasserscheide zwischen dem Baltischen und Eis- meere. Das Ei ist viel kleiner, als die früher gesehenen von Nor- wegen und Grönland. Nr. 13. Das Varııren der- Bier von (. cistieola. Von 6ustar Keitel. (Hierzu Tafel. I. Fig. 7. a bis i.) Kaum mag es einen andern europäischen Vogel geben, — viel- leicht den Kuckuk ausgenommen, — dessen Eier so sehr variiren, als die des Cistenrohrsängers. Unter den verschiedenen Gelegen der 36 Stück, welche ich im J. 1856 auf der Insel Sardinien er- halten habe, finden sich nicht zwei vollständig gleiche, während die ein und desselben Geleges meist übereinstimmend gefärbt und ge- zeichnet sind. Es sind hauptsächlich folgende. 1) Ein Gelege von 6 St., sämmtlich bläulichgrün, ohne Zeichnung. 2) Ein solches auf demselben Grunde durchgehends mit kleinern 3) 4) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 138 und grössern braunrothen und einigen schwarzen Flecken und Punkten, welche am stumpfen Ende kranzförmig stehen. Fig. 7. a. Ein solches auf demselben Grunde mit schwarzbraunen ins Vio- lette spielenden grössern und vielen kleinern Flecken. Fig. 7. b. Ein solches auf demselben Grunde mit einzelnen hellrothen und schwärzlichen Flecken sparsam bestreut. Fig. 7. a Auf demselben nur etwas hellern Grunde mit grossen ziegel- rothen, am stumpfen Ende etwas dichter stehenden Flecken. Fig. 7. d. Auf hellerem, grünlich weissem Grunde mit vielen braunrothen und schmutzig fleischfarbenen Flecken und Punkten. Fig. 7. e. Grünliehweiss mit lehmfarbigen, zum Theil verwaschenen Flecken. Fig. 7. £. Bläulichweiss mit vielen schwarzen und einigen hellrothen Flecken und Punkten überall bestreut. Fig. 7. g. Grund rein weiss mit »ur hellrothen grössern und kleinern Flecken. Fig. 7. h. Nachtrag. Zwei Eier meiner Sammlung, aus Algerien, haben die Färbung und Zeichnung von Fig. 7. i., d. h. sie sind auf weissem, ins Gelbröthliche ziehenden Grunde viele grosse ziegelrothe, zum Theil verwaschene Flecke, die nebst einigen kleinern Punkten von derselben Farbe fast gleichmässig über die ganze Oberfläche verbreitet sind. Ferner kommen gänzlich ungefleckte von bläulichweisser, ganz weisser und schmutzig rosaweisser Grundfarbe vor. Auch in der‘ Grösse und Gestalt variiren diese Eier ziemlich - ” ” [4 bedeutend, wie die verschiedenen Axendurchmesser der genau ge- messenen Abbildungen ausweisen. Uebrigens waren die von mir in Paris gesehenen, aus Algier stammenden Eier fast alle von der Zeich- nung von Fig. 7, i.; während ich aus Südfrankreich nur einfarbig grünblaue, weisse und röthliche erhalten habe. Nach Dr. Hausmann sind die einfarbigen auf Sardinien die am seltensten vorkommenden (Naum. 1857. p. 407). Ich will aber damit keineswegs sagen, dass die verschiedenen Färbungen den verschiedenen Provenienzen eigen- ‚SWR Te. mE Baldrmus Aurbendruck m 2.Aduıtter lich. Ant 0 äthen 1.2. Serinus githagineus. 3.4. Curpodacus erytkinus. 3a i Cisticola schoenirola 6% 01 culun canorus vor hupol 8 Ierdis einerea. - 139 thümlich seien. Dazu fehlt es, obschon dies Verhältniss nicht ohne Beispiel wäre, für jetzt an genügenden thatsächlichen Beweisen. E. Baldamus. Nr. 14. Vom Kuban am Kaukasus. Von Dr. A. Hummel. Ich weiss nicht, ob der Vorschlag des Hrn. P. Brehm über die Errichtung von ornithologischen Beobachtungs- Stationen den Beifall der Majorität unserer Gesellchaft erhalten hat, habe auch keine Kenntniss davon, ob in diesem Falle für die Verwirklichung jener glücklichen Idee etwas geschehen ist. Ich glaube indessen voraus- setzen zu dürfen, dass sich Mitglieder genug gefunden haben, welche als ornithologische Schildwachen bereits auf ihrem Posten stehen, und bin deshalb gern erbötig, als „enfant perdu“ auf der Grenze Asiens das Meinige zu thun, um so viel als möglich zu sehen, zu fangen und zu beschreiben. Ust-Laba, mein jetziger Aufenthaltsort, liegt am Kuban, da, wo sich die Laba in denselben ergiesst. Der Ort selbst ist zur Beob- achtung vortrefflich geeignet. Er liegt auf dem Rande der südrussi- schen Steppen, die sich nordwärts unabsehbar hinziehen und welche auf der ganzen Kubanlinie steil, durchschnittlich 60 Fuss hoch, gegen den Fluss abfallen, so dass derselbe vom Fusse des Randes nur 20 — 30 Schritt weit entfernt ist. Das asiatische Ufer bildet eine vollkommene Ebene, mit Streifen Waldes bedeckt, auf welcher man endlich an den Fuss des Kaukasus gelangt, dessen hohe, mit ewigem Schnee bedeekte Gipfel von hier aus schr deutlich erkennbar sind. Das Aussehen der Steppen ist so bekannt, dass ich wohl kein Wort darüber zu verlieren brauche; viele Reisende haben der Lese- welt bereits ihre Empfindungen beim Anblicke dieser endlosen Ein- öde ohne Baum, ohne Strauch, nur sparsam von Wohnungen besetzt, dargethan; die meinen kann ich in ein Wort fassen: Langeweile; denn ich fuhr im Winter durch und sah Nichts und hatte Nichts als zerschlagene Knochen, denn die Wege waren abscheulich holprig und B 140 Federn dienen in der Steppe nur zum Schreiben, und auch dazu verbraucht man nicht viel. Anders aber ist es mit der asiatischen Seite, und ich könnte von einem gefangenen Vogel sagen, wie jener Menagerieführer: „Er ist dort gefangen, wo noch kein Mensch hin- gekommen ist.“ Die Steppe jenseits des Kuban gleicht hier, in der Nähe von Ust-Laba, einem Parke. Wiesenstrecken und Waldstreifen wechseln auf das Angenehmste mit einander ab; jetzt freilich sind erstere gelb, letztere kahl, und das hohe Rohr, welches den Kuban in der schönen Jahreszeit umkränzt, deckt jetzt die Häuser der Li- nienkosaken; im Frühling aber, der hier schon im Februar anfängt, muss der Anblick des Rundgemäldes reizend sein. Wollen die freund- lichen Leser den alten Kurgan am Steppenrande mit mir besteigen, so werden sie nach rechts und links den Kuban auf Meilenweite ver- folgen können, wie er am Fusse der Anhöhe dahinrauscht, auf deren Gipfeln die Stanitzen hinter leichten Zaunverschanzungen den Fluss mit ihren Batterieen beherrschen. In kürzern Zwischenräumen er- heben sich die Wüschken, taubenhausähnliche Gerüste, auf denen ein Kosak nach dem feindlichen Lande hinüberspäht, während sein gesatteltes Pferd unten bereit steht. Vor uns und unter uns das grüne Meer des Waldes: Nussbäume, Ahorn, Rüster, Silberpappel, Weide, Eiche, Buche, Akazie bilden das Dickicht, das von den Ranken des wilden Weines undurchdringlich gemacht wird. Ueber dem Walde das Eisgebirge mit seinen steilen Wänden und breiten Klüften, der Wohnort der Adler. Dem Walde mangeln keineswegs die Bewohner. Wildschweine, und zwar zu Hunderten beisammen, Wölfe, Füchse, Hasen, wilde Katzen, Eichhörnchen und von Vögeln besonders die Hühnerarten (Fasan) in Masse. Dieser Ueberfluss an Wild wird leicht erklärlich dadurch, dass die Tscherkessen aus dem Striche zwischen Laba und Bjelaja Retschka, — den Winkel am Ge- birge ausgenommen, — vertrieben sind, das Land mithin auf eme meilenweite Strecke unbewohnt ist; links von der Laba jedoch und rechts von der Bjelaja Retschka sind feindliche Stämme. Die ganze Gegend ist omithologisch noch nicht bekannt. Middendorf sagte mir: Neues werden Sie nicht finden, wohl aber viel Seltenes. Nun, geneigter Leser, wirst du denken, das ist ja das Paradies für Ormi- thologen und Jäger; und du hast Recht, denn man kann schiessen so viel man will, ohne Jagdschein und polizeiliche Erlaubniss, nur ist der kleine Uebelstand vorhanden, dass man statt zu schiessen 141 sehr leicht geschossen werden kann; denn wenn auch keine Dörfer in der Gegend sind, so fehlt es doch nie an streifenden Tscherkessen, welche jeden für gute Beute erklären, wenn sie nicht etwa gelaunt sind, die Schärfe ihrer Schaschken an ihm zu probiren, was einer ihrer harmlosen Zeitvertreibe ist. Es ist nur dann möglich dort zu Jagen, wenn man in grosser Gesellschaft ist, da aber in diesem Falle wenig zu beobachten sein wird, so bleiben mir nur die Wasservögel auf dem Flusse selbst, die Sumpfvögel in seiner nächsten Umgebung und die streifenden Raub- und Steppenvögel übrig, von denen ich bereits die Bekanntschaft von einigen Trappen, Rebhühnern, Hauben- lerchen und Ammern gemacht habe. Frühjahrs-Rapport aus dem Kaukasus. Das Frühjahr ist gekommen, nicht wie der Dieb in der Nacht, sondern wie ein siegender Feldherr an der Spitze seines Heeres sei- nen Einzug hält. Da war kein Kampf mit dem Winter, der alte Herr wurde hinausgeworfen und die Thüre hinter ihm verschlossen. Den klarsten Beweis haben Sie an der Ankunft der Zugvögel. Ich wollte kaum meinen Augen trauen, als Tag um Tag neue Anzügler sichtbar wurden, mehrere, welche in unserm Norden in abgemesse- nen Zeiträumen auf einander folgen, kamen hier zusammen an, und Jetzt fängt schon die Nistzeit an. Was ich übrigens in den folgen- den Zeilen angegeben, habe ich — mit Ausnahme eines ? bezeichne- ten Vogels — entweder geschossen oder doch so genau vor Augen gehabt, dass es mir nicht nöthig schien, den Schuss zu verschwen- den, denn das ist das Wort. Ich weiss nämlich nicht, was ich mit den Bälgen anfangen soll, behalten kann ich sie nicht, denn ich bin nicht stationär hier und bis jetzt hat sich noch Niemand gemeldet, der sie mir abnehmen möchte, obschon ich in der Naumannia bereits angefragt. Angekommen sind bis jetzt: Sturnus vulgaris „ ?7/3. Viele beisammen. Hauptzug. Anas boschas . . „ Züge. Carduelis elegans . *®),. Zug. Falco subbuteoe . .» Ya 1. 2. 3. 4. Mergus merganser . „ Einzelne. 5. 6. Alauda arvensis. .» „ Hauptzug, von Subbuteo begleitet. T Turdus musieus » » „ Züge. 8. Vanellus eristatus . Ns. Zug. 9. Milvus ater? regalis? ?);. 10. Fringilla eoelebs, . 4. Vorzug, °, Hauptzug. 11. Anser segetum . . „ Zug. 12.00 al alBrfroRENT TREE 13. Anas ereca 2. , 14. Charadrius minor . 3. 15. Columba oenas . . U. 16. Ardea einerea . . „ 17. Faleo tinnuneulus . 17/3. Viele beisammen. 18. Circus pallidus R 5 % r L 19: Asturınisusn, a 5 20. Motacilla alba . - “ 21. Grus einerea. . . ”%. Hauptzug. 22. Hirundo urbica . . "15. 23. Numenius arquatus . ”/; Schwarm. Weiteres nächstens. Ust-Laba im April 1858. Nr. 15. Frühjahrszug und Notizen über einige Vögel hei Frankfurt a. M. Von A. von Homeyer. 1. Pandion haliaötos kreiste am 10. April Morgens Y,8 Uhr über dem Main vor meinem Fenster bei rauher und trüber Witterung. — Wird alljährlich hier gesehen und geschossen. 2. Milvus regalis zeigte sich am 13. März. — Ich sah ihn oft- mals von Piepern und Bachstelzen, wie auch von Krähen (cornix corone) heftig verfolgt, und glaubte, da ich dies nie bei ater sah, dass er vielleicht vorzugsweise den Bruten nachstelle, aber in diesem Jahre habe ich auch die Feindseligkeit gegen ater bemerkt. 143 3. Milwus ater fischt anfangs März (2. oder 3.) paarweise. Ist hier bedeutend häufiger wie regalis, und durchaus nicht scheu; er fischt ungestört zwischen Frankfurt und dem gegenüberliegenden Sachsen- hausen, obwohl hier durch die nahe Brücke, die Ueberfahrkähne und Schiffe (Landungsplatz der Dampfschiffe) der Verkehr sehr lebhaft ist. 4. Cypselus apus. 3 Stück schweben bei einbrechender Däm- merung schon am 19. April um den Katharinen-Kirchthurm, am fol- genden Tage liessen sich keine sehen, erst gegen Abend einige, 6 bis 10, dann aber am 21. Morgens unendlich viele in den Strassen. Wo- her mag es kommen, dass man öfters todte Segler findet oder auch lebende, die jedoch nicht fliegen können, auch wenn man sie in die Höhe wirft. 5. Hirundo rustica (10—15), über dem Main am 6. April. 6. Hirundo urbica am 8. und 7. Hirundo riparia am 24. April. In diesem Jahre habe auch ich ein vereinzelt nistendes Uferschwalbenpaar bei Hetternheim an der Nidda beobachtet, es fliegt in Gesellschaft der in nächster Nähe brütenden Hausschwalben. (H. urbica.) 8. Museicapa atricapilla singt einzeln am 20. April, am 23. in grosser Anzahl. Ist im Frankfurter Stadtwalde entschieden einer der häufig- sten Brutvögel. Oft entleiht er eine Strophe vom Gesange seines stän- digen Nachbars, des Erith. phoenicurus, (und dieser auch von ihm). Einige Mal fand ich ihn im zweijährigen Kleide nisten. — Muse. albieollis habe ich hier noch nicht gesehen. 9. Butalis grisola, 3—4 zirken am 27. April in der Promenade. 10. Lanius eollurio angekommen am 4. Mai, am 12. fand ich ein fertiges Nest, am 18. zwei Nester mit 3 und 2 Eier. 11. Cuculus canorus ruft am 15. April zum ersten Mal, am 20. beobachtete ich ein Weibchen, das nach Nestern zu suchen schien, indem es immerwährend gerade das niedere Gesträuch durchkroch, wo 2 Schwarzköpfe sangen. Der Kuckuk ist in diesem Jahre beson- ders zahlreich, nach hiesigen Vogelfängern soll Sylvia hortensis beson- ders oft ein Kuckuksei ausbrüten, $. atricapilla viel seltener. — Erst am 29. Mai hörte ich den merkwürdigen Doppelruf: Kukukuku-Kuk. 12. Upupa epops am 5. April angekommen. Am 20. bissen sich 2 Männchen sehr stark, verfolgten sich im Fluge schussweise, und schrien heiser aber laut: Huarch, dann im Sitzen ihr Hup hup. 144 13. Jyn® torquilla schreit am 20. April, ist wohl schon einige Tage hier. 14. Pieus major et minor trommelten in diesem Frühjahr unauf- hörlich. Auch am 24. Januar d. J. hörte ich in Pommern diesen bekannten Ton, der übrigens nur vom Ast herrühren kann, den der Vogel durch einen heftigen Schlag in eine vibrirende Bewegung setzt. 15. Pieus canus macht in diesem Jahre mit seinem Jihk jak, jak, jak-jihk viel Lärm im Walde (oder sollte es vielleicht viridis sein, oder beide, ich konnte darüber nicht ganz ins Klare kommen). — 16. Oriolus galbula am 11. Mai angekommen, ist hier sehr häufig. 17. Sturnus vulgaris in einer grossen Heerde zwischen corvus corone und cornix am 15. Februar. Nistet hier nicht in der Stadt, auch im Walde nicht so zahlreich, als in andern Provinzen. 13. Turdus musicus singt am 12. März. 19. Turdus iliacus noch am 24. April einige beim Wildhändler frisch im Fleisch. 20. Turdus pilaris auf. dem Rückzuge am 19. März. 21. Turdus merula. Hier äusserst zahlreich. Im vorigen Winter (56—57) sind hier viele Amseln erfroren. 22. Sazxicola rubetra singt am 24. April überall. 23. Erithacus phoenicurus singt am 5. April, erst am 12. April mehrere. 24. Erithacus tithys singt am 24. März. Am Eingange zum botanischen Garten des Senkenbergischen Museums sitzt schon seit 3 Jahren (d. h. so lange ich es weiss), ein Nest, welches alljährlich wie- der aufgesucht wird, um darin 1—2 Bruten zu erziehen. 25. Oyanecula suecica. Hauptzug am 22. März. 26. Rubecula vulgaris bleibt oft hier im Winter. 27. Lusciola luseinia schlägt am 15. April, in diesem Jahre vorzüg- lich zahlreich in der Promenade, während sie im Walde eine Selten- heit ist. 28. Sylvia atricapilla singt einzeln am zweiten April, auch sah ich am nämlichen Tage dicht neben dem Männchen ein Weibchen, weshalb wohl beide die Reise zusammengemacht haben. Erst am 6. sangen viele Schwarzköpfe, dass die im Kiefern-Wald sich aufhaltenden Vögel die besten Sänger sein sollen, kommt wohl daher, weil es da- selbst am lautesten schallt. — Erst am 15. Mai fand ich mehrere Nester mit frischen Gelegen; das machen die kalten Tage. 145 29. Sylvia hortensis singt am 10. Mai. Am 6. sang an den ge- eignetsten Stellen des Stadtwaldes noch keine Grasmücke, während mir schon am 7. mehrere bei Darmstadt gefangene zum Kauf ange- boten wurden, in dessen Umgegend sie demnach um einige Tage früher muss angekommen sein. Ist in diesem Sommer nicht sehr zahlreich; — am 29. Mai fertige Nester. 30. Sylvia eurruca singt am 14. April; dieses Vögelchen ist recht häufig hier. 3]. Sylvia cinerea singt am 20. April überall (wohl schon einige Tage hier). Am 19. Mai fand ich ein Nest mit einem Ei, am 27. mit 5 bebrüteten. Am 18. beobachtete ich 2 Dorngrasmücken bei einem Ratzencadaver, der an einem ganz freigelegenen Kleestück lag und von Maden und Aaskäfern wimmelte; es ist wohl nicht anzunehmen, dass der Besuch ein zufälliger war. — Diese Grasmücke ist hier die häufigste unter ihren Verwandten. 32. Phyllopneuste rufa singt ihr Simt, samt am 23. März (wohl schon früher da). Von den Laubvögeln der seltenste hier. 33. Phyllopneuste jitis singt am 24. März (keine Täuschung). 34. » » sibilatrie schwirrt am 20. April überall, die ersten am 15., sehr häufig hier. 35. Hiypolais vulgaris singt am 10. Mai, viele am 11. 36. Calamoherpe arımdinacea singt am 25. April, ist hier äus- serst gemein, und in der Stadt-Promenade, die theilweise 1500 Schritt vom Main entfernt ist, noch häufiger wie am Main selbst. — Ich fand das Nest am Main sowohl im Rohr wie im Weidengesträuch (über dem Wasser oder davon entfernt), in Brenn-Nesseln, im Ge- treide und endlich überall in der Promenade oft bis 20 Fuss vom Boden (in der Regel in den hohen Spanisch Fliederbäumen nahe der Spitze). Ueber die Verschiedenheit der Eier von gewiss 30 Gelegen lässt sich nichts Bestimmtes sagen, da sie unter allen Verhältnissen in Zeiehnung und Färbung durcheinander gehen. 37. Calamoherpe phragmitis auf dem Herbstzuge 1857 recht zahlreich, als Brutvogel eine Seltenheit, indem ich nur bei Hettern- heim an der Nidda ein Paar beobachtete. 38. Motacilla alba am 6. März bei kalter Witterung noch in kleinen Trupps, 6—8. 39. Motacilla sulphurea am 24. März bereits gepaart, am 15. Mai flügge Jungen am Rechnei-Graben (und der Promenade). Naumannla 1858 10 146 40. Motacilla flava am 22. April überall. 41. Anthus aboreus singt am 20. April, am 18. Mai beobachtete ich ein Vögelchen, wie es gerade mit dem Scharren der’ Nisthöhlung beschäftigt war, das Nest enthielt am 29. drei Eier. Schon am 28. griff ich ein flügges Junges. 42. Anthus pratensis, 20 Stück im Taunus bei Königstein auf einer nassen Wiese am 5. April. 43. Anthus campestris am 21. April angekommen. 44. Alauda arvensis singt laut hoch in der Luft am 15. Febr. (Sonnig.) 45. Alauda aborea singt am 3. März, am 19. wurden mehrere Weibchen zum Verkauf auf den Markt gebracht, da kein Männchen dabei war, schienen sie noch nicht gepaart zu sein. \ 46. Alauda eristata nistet hier nach Herrn F. D. Heynemann seit ungefähr 10 Jahren am Taunus-Bahnhof. Ich sah sie 1854 nur in einem Paare bei Bockenheim, nach und nach ist sie etwas häufiger geworden, so dass jetzt wohl jährlich mehrere Paare hier nisten. 47. Dryospiza serinus singt am 2. April, am 10. in Mehrzahl. Am Brutplatz fliest der Girlitz oft ganz merkwürdig, so dass er einer Fledermaus nicht unähnlich sieht, während er dabei ununterbrochen singt. Das Nest findet man 5—20 Fuss hoch, vorzugsweise auf Obst- bäumen oder Tannen mit 4—5 Eiern. 48. Fringilla coelebs singt überall am 15. Februar. 49. % montifringilla kommt noch am 16. März im Winter- kleide auf den Markt. 50. Coturnix vulgaris schlägt am 18. Mai immer nur 2—3 Mal; ich hörte bis zum 29. Mai noch keine zweite. 51. Otis tarda wurde (ungefähr)"am 20. März bei Mannheim ge- schossen, ein alter Hahn. 52. Grus cinerea zieht vom 19—25. März in Schaaren von 20 bis nahe 200 Stück durch. Vorher und nachher sah ich keinen Kranich mehr; besonders zahlreich kamen sie in der Mittagszeit durch. 53. Crew pratensis schnarrt am 18. Mai im Klee. 54. Totanus glareola lockte am 15. April. 55. Ardea purpurea % am 13. April an der Nidda geschossen. 56. Ciconia alba angekommen am 10. März. 57. Mareca penelope altes % am 15. März geschossen. 58. Anas boschas zieht Mitte März zu 5—50 Stück und noch 147 mehr. Noch am 9. Mai zogen gegen Abend 11 oder 12 Stockenten bei meinem Fenster vorbei nach Osten zu; sollte dies vielleicht mit dem plötzlichen Steigen des Mains (am 8.) in Verbindung gestanden haben, dass dadurch vielleicht mehrere Bruten zerstört wurden? Das Geschlecht der Vögel konnte ich nicht erkennen. 59. Fuligula eristata und 60, 5 ‚ferina mehrere 5 beim Wildhändler am 24. März. Nr. 16. Beobachtungen über den Frühlings- und Herbstzug der Vögel in der Um- gegend von Frankfurt und Hanau in den Jahren 1856 und 1857. Von 0. Jäger in Bischofsheim. Namen: Frühlingszzug. __ Herbstzug. | 1856. | 1857. | 1856. | 1857. Be abe |. ee Alauda arwensis . . . .. .» 9%. RE Te Sturnus vulgaris - » » » . - Bg. a yiy EM: Fringilla coelebs . . . . . . 16),. a aa La a Ze Botaslin alba N... 275. ia a cr Alauda arbora -. . .»... 16/,. AO AB ABIT GE Anser segetum . . » » .. Fa 1 Pa mare 10%. 2%. ra ka ec Turdus musiu . . ..:.. 28),. Tr ro Vanellus eristatus. . » » » » 20%. 1). 10/5. io. inne" 11/,. 2 A u Br Seolopaz rustiela . » » » - 20. 20,8 aayngee > |manyReN 10* 148 N Frühlingszug. Herbstzug. 1856. 1857._| 1856., |. 1857. Rubecula familiaris . . . --- Zum on. os Aa: Columba ovenas. . as. un. 20),. U, 26/,. Zul Columba palumbus . . .» - - alas Zoe zu SIE Ascalopax gallinage . » .» .» .- 28), SR ee ao: Buheillekiithjs Sue 16),. || Ju Phyllopneuste rufa . » . .- - ae Zu a : 60: Mergus merganser. . .» » . » Al: 2lr = 10/1: Ahleo peregrmus ww. Sun, Zen ande oe DER OU RE EEE Dias — en | Accentor modularis . » .» » » Se 8n- a: a Scolopaw gallinula en AU 2a/% 1a),. IE 2: TEURER (He on en Un. Ass En te Emberiza mihana . . .. . 2. Sc 2/08 ao: Gyanecula suecic >72: in 13/,. 2/: Emberiza schoenicus . . » - u Zur 20 2 Totanus glottis . Ze: _ —_ Rutieilla phoenieuva , . . - - a ln z2ine BB: Pratineola rubera -. ». : » » rg ala un: Lane » TÜDERO CHEN rt: 22/2 Ans 2u/ne 14). Budytes lavusn mm. BO 2 24),. 2: Geeroptssrustie ee 2 PR u LURR Alu 22/,. Chelidon urbica -. - - 7... un 20/2 2u/o3 2 Cotyle! riparian. en 10/1 16/,. 30/% a UÜpupalepopan A Be Fe: a Syfre Sg. Um Jynastonguillanen 3 Me Sp: 2 18/0. Lone Butalissgrtsolaa WR ae: an Bun ir Al. Musecicapa atricapilla . . . - Im, 2a: WER BER: r Glbroollis. ak ne Ba El _ en Sawieola oemanthe. » » . - - Lo/n: SE ae IR Phyllopneuste trochilus . . . - ala: Sa 12/0: kn in „Msibtlatrinees : 20: uhr IR Botaumus stellars .. .ı.2. BO: 6;- au). 26), Stagnicola chloropus. . » - - 1/3 | Yan or ne: Gallinula porzama . .... 2 10/2 n: So Qurruea| cinerea 2. 1a). ae 22. a0 f u 149 RR Frühlingszug. Herbstzug. ‚ 1856. | 1857. | 1856. | 1857. Curruca atricapilla Lupg DIR zu | 20: nr garralo W. lojz KU: Zen a Cueulus canorus 17/2 U he | Curruca hortensis . Ze: ED re Syn Luseiola luscinia Zi Er Sue: ee Anthus arboreus zu: LER a. "207. » Pratensis 2a). a0): ea a „ eampestris Er U SO» 24). Calamoherpe arundinacea 18/,. Bu Ze be 5 palustris ur, nr an. 2: 5 aquatica ns ae u e Zur Lanius ruficeps ZUM m 7%. 10,,. „ eollurio a zu Sn. a » minor le Sag I Er Hhypolais polyglotta 2);. Y,. 2a. 30), Oriolus galbula 3 EL F 20,,. Cypselus’ apus 2 N 0020 0 2357 Caprimulgus europaeus . Lu AU FR hp 16/,. Coturniz communis Y.. a za 24).. Turtur auritus . 2 fc 2% 15/,, Crex pratensis . 2). 2 SR ir Podiceps eristatus . 24. _ _ zu ” minor . 10y. z. 6/0 io Rallus aquaticus 3. Sur hey, 16), Milvus regalis . %),. 2. | — _ 150 Nr. 17. Drei Tiegenmelker Nordamerikas. (Aus dem Englischen des Audubon.) Von Dr. Karl Bolle. I. Der Chuck - wills -wıdow. Caprimulgus carolinensis, Briss. Obwohl unsere Ziegenmelker eine mächtige Flugkraft besitzen, so binden sie sich doch vorzugsweise an gewisse Distrikte und Loka- litäten. Die hier zu betrachtende Art wird selten jenseit der Grenzen des Choctaw-Volkes im Staate Mississippi oder der Carolinas am atlantischen Gestade angetroffen und kann mit Recht als die südliche Species der Vereinigten Staaten betrachtet werden. Louisiana, Flo- rida, das untere Alabama und Georgien sind die Länder, in denen sie am zahlreichsten ist. Hier erscheint sie im ersten Frühling von Mexiko und wahrscheinlich aus noch heisseren Climaten hereinwan- dernd. Gegen Mitte März hallen die Wälder Louisianas wieder von dem wohl bekannten Rufe dieses interessanten Vogels. Kaum ist die Sonne untergegangen, kaum wagen sich die Nachtschwärmer aus ihrem Versteck hervor, so erklingen die mit vieler Deutlichkeit und Stärke 6 — 7 mal in der Secunde wiederholten Laute vor dem Ohre eines Jeden; sie erfüllen die Seele mit einem Wohlgefühl, in wel- ches sich eine stille Melancholie mischt, die oft sehr wohlthuend auf mich gewirkt hat. Der Schrei des Ziegenmelkers bedeutet jedenfalls eine friedliche, schöne Nacht und mehr als einmal ist's mir in den Sinn gekommen, ob er nicht dazu beitrage, den Zuhörer in Schlum- mer einzulullen. — Diese Vögel besuchen ohne Unterschied tiefe Schluchten, beschattete Sümpfe und weite hügelige Fichtenwälder; denn an allen diesen Orten finden sie reichliche Mittel, sowohl für ihre Sicherheit bei Tage zu sorgen, als auch sich während der Nacht mit Nahrung zu versehen. Ihre Stimme wird selten bei trübem Wet- ter, nie, wenn es regnet, gehört. Zu Ruheplätzen wählen sie am ne 151 liebsten hohle, verwitterte Baumstämme, gleichviel ob stehend oder am Boden liegend. Selten lassen sie sich aus diesen Schlupfwinkeln während des Tages aufstören, die Brütezeit allein ausgenommen. Ich habe sie in derartigen Höhlungen in Gesellschaft verschiedener Fle- dermäuse angetroffen: die Vögel auf dem modernden Holze schla- fend, die Fledermäuse an den Seitenwänden festgeklammert. Stört man sie in dieser Lage, so ziehen sie sich, anstatt durch Herausflie- gen Rettung zu suchen, in die äussersten Ecken zurück, sträuben alle Federn, öffnen den Rachen weit und stossen ein gewisses zischen- des Murmeln aus, welches dem einiger Schlangen nicht unähnlich ist. Zieht man sie plötzlich ans Tageslicht, so öffnen und schliessen sie die Augen rasch hintereinander, als schmerze sie der helle Schein. Sie schnappen mit ihrem kleinen Schnabel wie Fliegenschnäpper und bewegen sich, als wünschten sie nichts sehnlicher als loszukommen. Giebt man sie frei, so habe ich gefunden, dass sie im Stande waren, sich meinen Augen fliegend zu entziehen. Sie flogen durch die Bäume mit scheinbar eben so grosser Leichtigkeit und Geschicklich- keit wie beim Zwielicht. Ich schnitt einst einem dieser Vögel zwei Schwungfedern ab und liess ihn dann los. Wenige Tage darauf fand ich ihn in demselben Baumstamme wieder, was mich zu dem Glau- ben veranlasst, dass er, wie viele andere Vögel, stets zu demselben Platze zurückkehrt, um schlafend den Tag zu verbringen. Der Flug des Chuck-wills-widow ist ebenso leicht wie der seines Verwandten, des wohlbekannten Whip-poor-will, fast noch in stärkerm Grade und anmuthiger sowohl als höher. In etwas gleicht er dem der Wiesen- weihe, durch leichte Flügelschläge, mit Segeln und Curvenschwen- kungen dazwischen, gebildet, dem Betrachter ein höchst gefälliges Schauspiel. Beim Anbruch der Nacht beginnt der Vogel hell und laut zu rufen und setzt seinen Gesang etwa eine Viertelstunde lang fort. Während dessen sitzt er auf einem Zaunpfahl oder auf dem abgestorbenen Aste eines Baumes im tiefen Walde, selten auf der Erde. Das Hervorbringen der Töne scheint ihm einige Mühe zu kosten, da er bei jedem derselben den Kopf rasch hintereinander hebt und senkt. Ist er damit fertig, so schwingt er sich in die Luft und man sieht ihn über die Baumwollenfelder und Zuckerrohrplan- tagen in tausend Richtungen bald auf- und niedersteigend, bald segelnd, mit soviel Grazie dahinschweben, dass man versucht wäre, ihn die Elfe der Nacht zu nennen. Fliegt er nahe bei Einem vor- 152 bei, so hört man ein murmelndes Geräusch, bisweilen dem ähnlich, von welchem wir sprachen, als wir des Fanges dieses Vogels bei Tage erwähnten. Plötzlich steht er still, schwenkt nach rechts oder links ab, ergreift einen Käfer oder Falter, setzt seinen Flug über die Ebene fort, kehrt hin- und herschwebend hundertmal an dieselbe Stelle zurück und lässt sich dann auf einen Zaunpfahl oder auf das höchste Gewächs des Bereiches nieder, von wo aus er seinen Ruf für wenige Augenblicke mit erneuter Lebhaftigkeit erschallen lässt. Bald sieht man ihn einen Weg oder Fusspfad entlang fliegen und sich hie und da setzen, um einen Käfer aufzunehmen, der sich aus seinem Versteck in der Erde hervorgewagt; dann steigt er wiederum hoch in die Luft und jagt die dort schwärmenden Insekten, die viel- leicht von einem Wald zum andern ziehen. Andererseits habe ich ihn oft gesehen, wie er sich auf seinen Schwingen vor einem Baum- stamme wiegt, mit dem Schnabel die auf der Rinde kriechenden Insekten fasst: so den ganzen Baum mit einer Leichtigkeit durch- musternd, die nur der Colibri nachahmen kann, wenn er von Blume zu Blume flattert. So bringt der Chuck-wills-widow den grössten Theil der Nacht zu. Die vollkommenste Eintracht scheint unter den Individuen dieser Art zu herrschen, denn man kann Dutzende davon über einer Fläche schweben und der Insektenjagd nach allen Rich- tungen sich befleissigen sehen, ohne dass sie Feindschaft oder Neid gegeneinander zeigen. Wenige Tage nach der Ankunft des Männ- chen erscheinen die Weibchen und dann beginnt auf einmal die Pe- riode der Liebe. Das Männchen äussert dem Weibchen seine Zärt- lichkeit mit einem Pathos, worin nur die zahme Taube es ihm gleich thun kann. Das Weibchen, der Länge nach auf einem Zweige sitzend, verhält sich ganz still, während das Männchen es rings um- schwirrt, sich vor ihm niedersetzt und mit hängenden Flügeln und ausgebreitetem Schweife sich mit grossem Ungestüm rufend nach vorn wirft. Bald darauf sieht man sie den Ast zusammen verlassen und durch die Luft gaukeln. Wenige Tage später- legt das Weib- chen, nachdem es im entlegensten Dickicht einen Platz dazu erwählt, 2 Eier und zwar wie meine allerdings nicht maassgebende Meinung ist, nur einmal in jedem Sommer. Ein Nest wird nicht gebaut; ein kleines Fleckchen nur wird sorglos zwischen dürrem Laube blossge- kratzt, worauf das Weibchen die Eier, welche elliptisch, schmutzig olivenfarb und braungefleckt sind, hineingelegt. Sie sind äusserst 153 schwer zu finden, wenn nicht zufällig jemand ein Paar Schritte weit von dem brütenden Vogel vorübergeht und dieser gerade auffliegt. Berührt und stört man diese theuern Pfänder einer glücklichen Nei- gung, so sucht man sie vergeblich, wenn man zu der Stelle zurück- kehrt, denn der Vogel merkt sogleich, dass sie betastet worden sind, und beide Gatten tragen sie nach einem sichern Asyl im Walde, wo nur der grösste Zufall zu ihrer nochmaligen Entdeckung führen könnte. Ebenso bringen sie auch ihre Jungen in Sicherheit, so lange sie klein sind. — Dieser merkwürdige Umstand hat meine Gedan- ken nicht weniger oft beschäftigt, als die ebenfalls höchst eigenthüm- liche Art, wie der Kuhfink seine Eier lest, nämlich, gleich dem europäischen Kuckuk eins nach dem andern in das Nest fremder, speeifisch von ihm verschiedener Vögel. Ich habe viel Zeit darauf verwendet, herauszubringen, wie der Ohuck-wills-widow seine Eier fortträgt, zumal da ich mit Hülfe eines vorzüglichen Hundes fand, dass weder Eier noch Junge in einem Umkreise von wenigstens 100 Yards von dem Fleck, wo sie zuerst lagen, anzutreffen waren. Die Neger, von denen viele ziemlich aufmerksam auf die Sitten der Vögel und Säugethiere sind, versicherten mir, die Vögel schöben Eier und Junge mit dem Schnabel am Boden entlang. Einige Far- ers, ohne sich viel über die Sache den Kopf zu zerbrechen, nah- men an, der Transport geschehe unter den Flügeln der Alten. Da die Vermuthung der Neger mir die wahrscheilichere schien, so be- schloss ich der Sache auf den Grund zu kommen. Folgendes war das Ergebniss. Wenn Chuck-wills-widow, sei es nun Männchen oder Weibchen, denn beide brüten abwechselnd, entdeckt hat, dass seine Eier betastet worden sind, so sträubt er sein Gefieder und scheint ein oder 2 Minuten hindurch sehr niedergeschlagen. Darauf lässt er einen leis murmelnden Schrei hören, den ich kaum vernehmen konnte, als ich in einer Entfernung von nicht mehr als 18 — 20 Yards ver- steckt lag. Dann sah ich den andern Gatten hinzukommen, er flog 80 niedrig, dass ich glaube, seine Füsschen müssen den Boden ge- streift haben, während er vorwärts schwebte und nach wenigen sach- ten Tönen und einigen Gesten, welche sämmtlich die grösste Trost- losigkeit ausdrückten, sah ich ihn ein Ei in seinem weiten Rachen schieben. Der andre Vogel that ein Gleiches. Beide flogen fort, indem sie dicht über der Erde hinstrichen, bis Zweige und Gebüsch sie meinen Blicken entzogen. Aber wie weit sie ihre Eier fortbrin- 154 gen, habe ich nie ausfindig machen können, auch habe ich niemals Gelegenheit gefunden, dem Transport der Jungen beizuwohnen. Sollte jemand, der das Nest findet, während der Chuck-wills-widow brütet, sich des Berührens der Eier enthalten, so kehrt der Vogel zu ihnen zurück und brütet weiter fort. Dies Faktum habe ich gleich- falls durch eigne Beobachtung zur Gewissheit erhoben. — Ich wünschte, ich hätte den besonderen Nutzen der kammförmigen Zehe, die dieser Vogel an jedem Fusse hat, ergründen können, aber dies bleibt eins unsrer zahlreichen ornithologischen Räthsel und wird, besorge ich, für mich wenigstens, noch lange eins derselben bleiben. Der Chuck-wills-widow zeigt einen grossen Hass gegen alle Schlangen, wie harmlos sie auch sein mögen. Obwohl er ihnen durchaus keinen Schaden zufügen kann, so setzt er sich doch bei jeder Gelegenheit neben ihnen nieder und versucht sie zu verjagen, indem er seinen erstaunlich weiten Mund aufsperrt und ein starkes pfeifendes Gemurmel ausstösst. Nachdem ich ein solches Zusammen- treffen, das bei beginnender Dämmerung stattfand, mit angesehen, ward ich von dem Gedanken ergriffen, diese Vögel in der erwähnten Stellung abzubilden. Die schöne kleine Schlange, welche an dem dürren Zweige zwischen 2 Chuck-wills-widow’s, Männchen und Weib- chen, hingleitet, wird gewöhnlich die Harlekinsschlange genannt, und ist, wie ich glaube, vollkommen unschädlich. — Die Nahrung unse- res Ziegenmelkers besteht ausschliesslich in allen Arten von Insekten, unter welchen die grösseren Käfer und Falter die hervorragendste Stelle einnehmen. Die langen borstigen Federn am Grunde der Kie- fer tragen zweifelsohne wesentlich dazu bei, die Insekten am Ent- kommen zu verhindern, wenn irgend ein Theil ihres Körpers in den Rachen des Vogels gekommen ist. Die Chuck-wills-widow’s schwei- gen, sobald ihre Jungen ausgekrochen sind, aber gegen Ende des Sommers, ehe sie wegziehen, hört man sie wieder, dann jedoch we- niger häufig als im Frühling. Sie verlassen die Vereinigten Staaten ganz plötzlich gegen die Mitte des August-Monats. 155 I. Der Whip-poor-will (Hau den armen Wilhelm). Caprimulgus vociferus, W ils. Dieser Vogel erscheint beim Beginn des Frühlings an den mei- sten Orten unsrer westlichen und südlichen Distrikte; in Louisiana allein lässt er sich nie hören und wird kaum einmal gesehen. Die unfruchtbarsten und gebirgigsten Reiche der V.-St. scheinen ihm am besten zuzusagen. Demgemäss besitzen ihn die offenen Haiden Ken- tuckys und das von den Alleshanybergen eingenommene Land in reichlicherer Anzahl als irgend eine andere Gegend. Wo aber nur immer in den mittleren Staaten dünner Waldwuchs vorkommt, da kann man auch den Frühling hindurch und im ersten Herbste den Whip-poor-will hören. Man bekommt diese Nachtschwalbe, gleich der nahe verwandten Chuck-wills-widow nur selten bei Tage zu Gesicht, ausser wenn man sie zufällig im Zustande der Ruhe ent- deckt. Denn aufgeschreckt, erhebt sie sich und fliegt weg, aber nur soweit als sie es für nöthig hält, um sich vor ferneren Störungen ihres Mittagsschläfehens in Sicherheit zu setzen. Ihr Flug ist sehr niedrig, leicht, schnell, geräuschlos und langanhaltend, während der Vogel in der Verfolgung von Nachtschmetterlingen, Käfern und an- dern Insecten, von denen er sich nährt, begriffen, über seine Wohn- plätze hinschwebt. Den Tag über schläft er an der Erde, auf den niedrigsten Zweigen kleiner Bäume und Sträucher oder auf den hin- gestreckten Baumstämmen, die den Boden unserer Forsten in sol- chem Ueberfluss bedecken. An dergleichen Orten kann man sich ihm bis auf wenige Fuss nähern und gelingt es, seiner schlafend ansichtig zu werden und dabei jedes Geräusch zu vermeiden, so lässt er den Vorübergehenden ganz dicht bei sich vorbeipassiren, ohne aufzuflie- gen, da er namentlich gegen Mittag sehr fest zu schlafen scheint. Bei regnerischem oder stark bewölktem Himmel schlummert er weni- ger und hält sich mehr auf dem qui vive. Er hält dann die Augen stundenlang hintereinander offen und entflieht, söbald er einen sich nähernden Feind bemerkt, was er bei dieser Gelegenheit auf 20 — 30 Yards Entfernung zu thun im Stande ist. Immer trägt er den Leib parallel mit der Richtung des Astes oder Stammes, auf dem er sitzt und nie, glaube ich, setzt er sich querüber auf einen Zweig oder 156 Zaun. — Kaum ist die Sonne unter den Horizont hinabgesunken, so fängt dieser Vogel an munter zu werden und der Verfolgung von Insekten nachzugehen. Er schwebt niedrig über‘ den Büschen, schwenkt nach rechts oder links, setzt sich auf die Erde, um seine Beute zu erhaschen, fliegt zu wiederholtenmalen und in verschiede- nen Richtungen über ein und dasselbe Feld, streicht am Saum des Waldes entlang und ruht hin und wieder auf der Spitze von Zaun- pfählen oder auf Baumstubben aus, von wo er, wie ein Fliegen- schnäpper, den Insekten stossweise nachfliegt und sobald er sie er- griffen hat, auf seinen Posten zurückkehrt. Auch wechselt er diese Lage häufig, um sich auf die Erde niederzulassen und etwa einen Käfer aufzupicken. Ebenso wie der Chuck-wills-widow schaukelt er sich Baumstämmen oder hohen Ufern und Abhängen gegenüber in der Luft, um Ameisen und andere Thierchen zu entdecken, welche sich dort versteckt halten. Sein Flug ist so leicht und geräuschlos, dass, während er wenige Fuss von Einem vorüberfliest, man doch seinen Flügelschlag nicht hört, sondern nur eine leise Dröhnung der Luft gewahr wird. Während dessen stösst er einen leis murmelnden Ton aus, der ihn allein im Dunkeln bemerkbar macht, wenn er wenige Yards von Einem vorbeikommt, und den ich oft gehört habe, wenn ich Nachts über die Haiden ritt oder ging. —- Unmittelbar nach der Ankunft dieses Vogels hört man seinen Ruf in der Dämmerung, den Abend hindurch, in jedem Dickicht, jeden Waldrand’ entlang. Er tönt hell und laut und meinem Ohr lieblicher als der Gesang der Nachtigall selbst. Diese Vorliebe habe ich wahrscheinlich gewonnen, weil ich gewohnt war, den Whip-poor-will in Gegenden zu belau- schen, wo die Natur ihre ganze einsame Grösse entfaltet und keine Dissonanz das ringsum herrschende Schweigen brach. Stelle Dir vor, mein Leser, wie angenehm mir die freundliche Stimme dieses meines einzigen Gefährten geklungen haben muss, wenn ich, müd’ und hung- rig nach einem Tagewerk voll unaufhörlicher Mühe, mein Lager in der Wildniss aufschlug, sobald die Dunkelheit meinen Beschäftigungen ein Ziel setzte. Oft habe ich die Nachtigall gehört, aber nie so und deshalb haben ihre süssesten Klänge nie dieselben Empfindungen in mir wachgerufen. Der Whip-poor-will setzt seinen lebhaften Gesang mehrere Stunden nach Sonnenuntergang fort, dann bleibt er still bis zur ersten Morgendämmerung, wo seine Laute wiederum durch jedes Thal, jeden Hügelabhang entlang erklingen, bis die Strahlen der 157 aufgehenden Sonne die bis dahin das Antlitz der Natur ver- schleiernde Finsterniss verscheuchen. Oft hört man Hunderte zugleich in verschiedenen Theilen eines Waldes, von denen jeder den andern zu überbieten sucht. Wenn ich nun sage, dass der Ruf dieses Vo- gels auf mehrere hundert Yards hörbar ist, so kann man sich eine Idee von dem Vergnügen machen, welches jeder Freund der Natur bei einem derartigen Chorus empfinden muss. Keine Beschreibung ist im Stande, dem Geiste einen Begriff von den Tönen dieses Vogels zu verschaffen, noch viel weniger von den Gefühlen, die sie hervor- rufen. Wollte ich sagen, dass dieselben wirklich nicht streng musi- kalisch sind, so möchte man mir Täuschung schuld geben. Der Ruf besteht aus drei getrennten Noten, die erste und die letzte empha- tisch und sonor, die mittlere leise hervorgestossen. Diesen drei No- ten geht ein leises „Kluck“ voran, welches sie einzuleiten scheint und welches man nur in der nächsten Nähe des Vogels vernehmen kann. Eine angenommene Achnlichkeit, die diese Töne mit den Syl- ben Whip poor will („Hau den armen Wilhelm“) haben, hat die Veranlassung zu dem Trivialnamen des Vogels gegeben. Diese Art ist leicht zu schiessen wenn der Mond scheint und die Nacht hell ist, da man sich ihr dann ohne viel Vorsicht nähern kann. Es hält indess schwer sie im Fluge zu treffen in Anbetracht der Ziekzacklinien, welche sie beschreibt, sowie der späten Stunde, zu welcher sie ihren Ruheplatz verlässt. Man tödtet indess den W. selten, da er trotz seines schmackhaften Fleisches zu klein ist, um als Wildpret gesucht zu werden, zu harmlos, um Widerwillen zu erregen. Er legt seine Eier etwa Mitte Mai auf die blosse Erde oder auf trockenes Laub in den entlegensten Theilen der Dickichte, die er bewohnt. Ihre Zahl ist stets zwei, ihre Form kurz elliptisch, sehr abgerundet und fast gleich dick an beiden Enden, grünlich weiss von Farbe mit Blaugrün und Hellbraun gefleckt und betupft. Die Jungen durchbrechen die Schaale 14 Tage nach dem Beginn der Brutzeit und schen fast wie eine morsche, fast formlose, gelbliche Masse aus. Im flüggen Zustande sind sie braun, mit ledergelben Flecken überstreut, die braune Grundfarbe bereits schön mit dunk- leren Punkten und Ziekzacklinien gesprenkelt. Sie erhalten ihr voll- kommenes Gefieder ehe sie mit ihren Eltern südwärts ziehen. Diese ihre Wanderungen, welche bei Nacht vor sich gehen, müssen meiner Meinung nach mit grosser Schnelligkeit ausgeführt werden, da ich 158 um jene Jahreszeit nie solche Vögel in Louisiana angetroffen habe, während sie bei ihrer Heimkehr im Frühling langsamer reisen. Beide Gatten brüten und füttern ihre Jungen lange nachdem sie flügge ge- worden, entweder im Fluge, wie die gewöhnliche Hausschwalbe, oder im Sitzen auf Zäunen, Holzhaufen oder Häusern. Das Futter der Jungen besteht zuerst aus Ameisen und theilweis verdauten Käfern und grossen Nachtfaltern, welche die Alten aus dem Kropf herauf- würgen; 14 Tage später reichen sie diese Nahrung bereits ganz den Jungen, die sie ihnen aus dem Schnabel nehmen und sie mit Leich- tigkeit verschlucken. Man hat viel über den Unterschied geredet, - der zwischen dem W. und dem Nachthabicht (night-hawk) besteht, in der Absicht, ihre specifische Verschiedenheit zu beweisen. Hier- über erlaube ich mir nur die Bemerkung, dass, obwohl ich beide Vögel von früher Jugend an kenne, ich doch selten einen Farmer oder auch nur einen Knaben in den V.-St. angetroffen habe, dem der Unterschied zwischen ihnen nicht klar gewesen wäre. Eine merk- würdige Thatsache ist es, dass selbst die grössten Nachtfalter, von denen sich der Whip-poor-will nährt, stets mit dem Hinterende nach vorn verschluckt werden, und dass man die hinabgewürgten immer mit fest aneinander gedrückten Flügeln und Beinen antrifft, gleich als wären dieselben durch den Speichel oder Magensaft des Vogels zusammengeleimt. Der Akt des Verschluckens muss durch die lan- gen borstigen Federn des Oberkiefers bedeutend erleichtert werden, denn diese sind es ohne Zweifel, welche die Flügel der Insekten dicht zusammendrücken, noch ehe sie in den Mund des Vogels kommen. Ich habe ein Männchen und zwei Weibchen dargestellt, sowie auch einige der Insekten, von denen sie leben. Die W.s sitzen auf einem Zweige der rothen Eiche, einem am Saum der Kentucky- Haiden, wo jene häufig sind, sehr verbreiteten Baume. Der Nachthabicht (the night-hawk). Caprimulgus virginianus, Briss. Der Name dieses Vogels widerspricht dem hervortretendsten Zuge seiner Sitten, denn häufig sieht man ihn den grössten Theil des Tages hindurch fliegen, selbst bei vollkommen reiner und klarer Atmosphäre, während die Sonne in ihrer ganzen Pracht scheint. Auch ist es nicht unbekannt, dass sich der Nachthabicht bald nach angebrochner Dämmerung zur Ruhe begiebt, grade um die Zeit, wo der laute Ruf der beiden Nachtschwärmer, des Whip-poor-will und Chuck-wills-widow, an den von diesen Ziegenmelkern besuchten Orten zu ertönen beginnt. Gegen den ersten April erscheint der Nachthabicht auf seiner Wanderung nach Osten in den unteren Theilen Louisianas. Nicht einer brütet weder in diesem Staate noch in Mississippi oder, wie ich glaube, überhaupt südlich von Charleston in Carolina. Doch beob- achtet man diese Species auf dem Zuge in allen südlichen Staaten. Die Nachthabichte wandern im Frühjahr mit verhältnissmässig so grosser Schnelligkeit über Louisiana hin, dass wenige Tage nach ihrer Ankunft keine mehr da sind; erst im Herbste kehren sie wie- der und dann verweilen sie, in Betracht der reichlichen Nahrung, die ihnen diese späte Jahreszeit noch darbietet, mehrere Wochen hindurch damit beschäftigt, die Insekten der Baumwollenfelder, Bra- chen und Zuckerplantagen abzusuchen oder von früh bis spät über den Wiesen, Seen und Flüssen hinzugaukeln. Ihre Rückkehr aus den mittleren Staaten wechselt je nach der Temperatur des Jahres vom 15. August bis tief in den Oktober hinein. Ihre Züge erstrecken und zerstreuen sich über eine so weite Ausdehnung, dass man glauben könnte, sie beabsichtigen, mit einer Front vorrückend, die von den Mündungen des Missisippi bis zu den Felsgebirgen und so vom Süden her weit über unsere Nordost- Grenze hinausreicht, das Land in seiner ganzen Breite für sich in Anspruch zu nehmen. Dies macht es ihnen möglich, sich über sämmtliche Staaten des Ostens sowie des Westens zu vertheilen und in denselben von Maine an bis Süd-Carolina zu brüten. Auf ihrer Wanderung sieht man sie über unsere Städte und Dörfer hinziehen 160 und sich auf die Bäume, welche deren Strassen zieren, ja selbst auf Schornsteine niederlassen, von deren Höhe herab man sie zur Be- lustigung und zum Erstaunen derer, die darauf achten, ihren schril- len Ruf ausstossen hört. — Ich habe diese Species in den britischen Provinzen Neubraunschweig und Neuschottland gesehen, wo sie bis Anfang Oktober bleiben, aber ich beobachtete keine in Neufundland und an den Küsten von Labrador. Beim Zuge nach Norden er- scheinen sie in den mittleren Staatön gegen den ersten Mai; Maine indess erreichen sie selten vor dem Juni. Der Nachthabicht hat einen sicheren, leichten, sehr lange anhal- tenden Flug. Bei trübbewölktem Himmel sieht man ihn den ganzen Tag herumfliegen; er ist dann lauter als zu jeder andern Zeit. Wäh- rend des Fluges sind die Bewegungen seiner Schwingen ausnehmend anmuthig; ein gewisses spielendes Flattern macht denselben höchst interessant. Der Vogel scheint mit einer kaum denkbaren Leichtig- keit die Luft zu durchschneiden; unregelmässige, schnelle Flügelschläge unterstützen von Zeit zu Zeit seinen Aufschwung oder tragen ihn hoch oben, gleich als sei er urplötzlich einer Beute begegnet, habe sie verfolgt und ergriffen. Darauf fliegt er weiter. Er bewegt sich auf diese Weise, entweder in aufsteigenden Kreisen, indem er ein lautes scharfes Quiken beim Beginn jedes Stosses, den er thut, hören lässt oder grad nach unten, dann bald rechts bald links, hoch oder niedrig, immer vorwärts, jetzt dicht über den Seen, Strömen oder den Küsten des atlantischen Meeres hinstreichend, dann wieder sei- nen Weg über Wälder und Berggipfel nehmend. Während der Lie- besperiode ist sein Flug ganz besonders interessant. Die Bewerbun- gen des Männchens geschehen gewissermassen ausschliesslich im Flie- gen, es stolzirt gleichsam durch die Luft und vollführt die verschie- denartigsten Evolutionen mit einem so hohen Grade von Leichtigkeit und Eleganz, dass kein mir bekannter Vogel es ihm in dieser Hin- sicht zuvorthut. — Mitunter steigt er hundert Yards hoch oder noch höher, scheinbar in der schon erwähnten sorglosen Weise; je höher er sich schwingt, desto lauter und häufiger werden seine quikenden Töne. Auf einmal hält er an, gleitet, den Schweif und die Schwin- gen halb geschlossen, mit solcher Schnelligkeit schräg nach unten, dass man leicht glauben könnte, er sei im Begriff sich am Boden zu zerschmettern. Aber diesem bis auf einige Fuss nahe gekommen, breitet er in einem Nu seine Flügel aus, so dass sie beinah grade 161 nach unten in einen rechten Winkel mit dem Körper stehen, entfal- tet den Schweif und hemmt so plötzlich sein Herabschiessen. Mit unbegreiflicher Kraft geht es dann in einem Halbeirkel von einigen Yards durch die Luft weiter. Dies ist der Augenblick, in welchem der Vogel ein ihm eigenthümliches Geräusch hören lässt; gleich dar- auf erhebt er sich wieder in fast senkrechtem Fluge, um auf’s Neue seine sonderbaren Bewegungen anzufangen. Die Lufterschütterung, die dadurch entsteht, dass der Vogel im Moment, wo er das Centrum seines Niederschiessens passirt, jene plötzliche Stellung der Schwin- gen annimmt, in welcher sich der Wind wie in den Segeln eines auf einmal nach rückwärts geworfenen Schiffes fängt, ist die Ursache dieses seltsamen Geräusches. Das Weibchen bringt dasselbe nicht hervor, obwohl es im Fluge begriffen häufig quikt. — Oft, wenn mehrere Männchen ein und dasselbe Weibehen umschwärmen, ist der Anblick der gefiederten kleinen Gecken, welche nach allen Rich- tungen hin dureh die Luft schiessen, in hohem Grade merkwürdig und belustigend. Dies Spiel endet indess bald, denn kaum hat das Weibchen seine Wahl getroffen, so erklärt ihr Erkorener allen sei- nen Nebenbuhlern den Krieg, treibt sie über die Grenze seines Be- reichs und kehrt voller Jubel durch die Lüfte schiessend und tan- zend, doch mit weniger Heftigkeit und ohne sich dem Boden zu nähern, zurück, — Bei windigem Wetter und bei zunehmender Abenddämmerung verdoppelt der Nachthabicht die Schnelligkeit sei- nes dann niedrigeren Fluges und macht weite und unregelmässige Abschwenkungen von seiner gewohnten Bahn, um die Insekten zu fangen, welche sein scharfes Auge in der Entfernung zu entdecken wusste, worauf er seinen früheren Weg wieder fortsetzt. Mit Ein- bruch der Dunkelheit lässt er sich entweder auf die Erde oder auf einen Baum nieder, auf dem er übernachtet, hin und wieder. seinen Ruf von sich gebend. Diese Vögel können kaum auf der Erde gehen; dafür sind ihre Füsse zu klein und zu weit nach hinten gestellt. Aus letzterem Grunde sind sie auch nieht im Stande aufrecht zu stehen, sondern lehnen sich mit der Brust auf den Boden oder auf einen Baumzweig, _ auf den sie eich der Länge nach setzen müssen. Doch fliegen sie mit Leichtigkeit auf einen solchen Gegenstand auf und liegen geduckt auf Acsten oder Zaunpfählen, bisweilen sogar auf Haus- und Scheu- nendächern. Bei all diesen Gelegenheiten kann man sich ihnen leicht Naumannia 188, Il 162 nähern. Ich habe mich, wenn sie auf einem Zaun oder einer niedri- gen Mauer sassen, bis auf ein Paar Fuss an sie herangeschlichen; sie blickten mich dann mit ihren grossen milden Augen mehr wie einen Freund denn wie-einen Feind an, entflohen aber doch in dem Augenblick, wo sie etwas Verdächtiges in meinen Bewegungen wahr- nahmen. Im Sitzen rufen sie hin und wieder, und geschieht dies auf den Bäumen innerhalb einer unserer Städte, so verfehlen sie nie die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden dadurch zu erregen. — Die französischen Creolen Louisianas nennen diese Species „erapand volant“, in Virginien heisst sie „Bat“ (Fledermaus); ihr bekanntester Name indess ist „Night-hawk“. Ihre Schönheit und Beweglichkeit macht die Jäger im Allgemeinen lüstern auf sie, zumal da ihr Fleisch nicht unschmackhaft ist. Man schiesst Tausende bei ihrer Rückkehr nach dem Süden im Herbste, wo sie fett und saftig sind. Auch um diese Jahreszeit tauchen sie bisweilen durch die Luft hinab, aber der rasselnde Ton ihrer Schwingen ist dann, wie immer nach der Begat- tungsperiode, weniger merkbar. — In den mittleren Staaten legt der Nachthabicht, gegen den 20. Mai etwa, ohne viel Rücksicht auf den Ort zu nehmen, 2 fast ovale, wie mit Sommersprossen gefleckte Eier auf die blosse Erde, auf eine erhöhte Stelle irgend eines Kornfeldes oder auf nackten Felsgrund, bisweilen an sterilen offnen Stellen der Waldränder, nie in der Tiefe des Waldes selbst. Niemals wird ein Nest gebaut oder die geringste Vorbereitung durch Scharren am Boden getroffen. Nie, glaube ich, wird in demselben Jahre mehr als eine Brut gemacht. Die Jungen sind eine Zeitlang mit weichem Flaum bedeckt, dessen dunkelbraune Farbe nicht wenig zu ihrer Sicherheit beiträgt. Wird das Weibchen während des Brütens auf- gestört, so entflieht es, Lahmheit erheuchelnd, zitternd und flatternd, bis es die Gewissheit erlangt hat, dass man Eier oder Junge aus dem Gesicht verloren, worauf es sich entfernt und erst, nachdem man selbst fortgegangen, zurückkehrt. Glaubt es sich ungesehen, so lässt es den Menschen bis auf ein Paar Fuss den Eiern sich nähern. Männchen und Weibchen brüten abwechselnd. Sind die Jungen etwas gewachsen und erfordern sie weniger Erwärmung seitens der Eltern, so findet man diese in der Regel in ihrer nächsten Nähe, ruhig auf einen Zaune, einer Stange oder einem Baume sich duckend, wo sie sich so still und regungslos verhalten, dass es keine leichte Sache ist, sie zu entdecken. — Verwundet, kriechen sie ungeschickt 163 davon; nimmt man sie in die Hand, so öffnen sie den Mund sogleich in seiner ganzen Weite, als drehten sich die Kinnladen in einem Charnier mit Sprungfedern. Auch schlagen sie mit den Flügeln wie Tauben, aber ohne irgend eine Wirkung. — Die Nahrung des Nacht- habichts besteht ganz aus Insekten, vorzüglich aus Käfern, obgleich sie auch Falter und Raupen fressen und sehr geschickt im Fangen von Heimcehen und Heuschrecken sind, an welchen sie sich mitunter sättigen, wenn sie niedrig und äusserst schnell über den Boden hin- streichen. Dann und wann trinken sie im Fluge nach Art der Schwalben das Wasser streifend. Keiner dieser Vögel bleibt den Winter in irgend welchem Theile der Vereinigten Staaten zurück. Chuck-wills-widow allein habe ich den St. Johnsfluss, im östlichen Florida weit aufwärts, im Januar gehört und gesehen. Bei Neu- Orleans sah ich häufig manche dieser Vögel im Herbste ihr Futter über Wiesen und Strom suchen bis die Regenzeit begann; dann schossen die Jagdliebhaber sie in bedeutender Anzahl; einen Tag später, bei noch stäubendem Regen, war kaum einer mehr zu sehen. Während ihres Zuges von Norden her im Spätsommer fliegen sie über den Waldungen mit solcher Schnelligkeit hin, dass man sie kaum zu Gesicht bekommt. Als ich auf Indian-Key an der Küste Floridas war, sah ich wie ein Pärchen Nachthabichte vom Blitz erschlagen wurde, während es bei einem furchtbaren Gewitter umherflog. Beide fielen ins Meer und nachdem ich sie aufgefischt und sorgfältig untersucht hatte, ge- lang es mir nicht, die geringste Spur von Beschädigung am Gefieder oder an den innern Theilen gewahr zu werden. 164 Nekrolog. y Herr Otto Balduin von Münchhausen, des Königl. Geheimen Rathes etc. von Münchhausen auf Neuhaus-Leitzkau und dessen Gemahlin Wilhelmine Sophie Louise, geb. von Meyerinck, dritter Sohn, ist geboren zu Neuhaus-Leitzkau am 12. Juni 1818. Unterrichtet in der Heimath von Hrn. Adolph Gueinzius, jetzigem Pastor zu Prödel und Gödnitz, trat Hr. Balduin v. Münchhausen Anno 1829 in eine Vorbereitungs - Anstalt des Cadetten-Corps zu Berlin, und von da ein Jahr später in dasselbe ein. Im Jahre 1834 Portep&e-Fähnrich im Königl. 12. Husaren- Regiment, avancirte er nach einem vorzüglich gut bestandenen Examen zum Seconde- Lieutenant in diesem Regiment. Wenige Zeit darauf, bei des Hochseligen Königs Anwesenheit in Magde- burg, während des Festmahls, fragte der inzwischen verstorbene Generallieute- nant von Köbell: Ist der Lieutenant v. Münchhausen im 12. Husaren - Re- giment Ihr Sohn? Ja! So wünschen Sie sich Glück, er ist klug! Balduin v. Münchhausen schied 1840 aus dem Militärstande und kehrte zurück in die Heimath zur Verwaltung des Familienguts. Was während dieser beinahe vollen zwei Decennien er gewirkt und geleistet hat in allen Stücken und Branchen, und wie hoch er gestanden hat in Liebe und Achtung bei seiner Familie und auch bei allen Anderen ohne Standesunterschied, in Mitte deren er gelebt und gewirkt hat und nie ermüdet ist, Beirath und Hülfe dahin zu tragen, wo nur ein Sehnen danach sich bekundete — dieses einmüthige Zeugniss, was ihm, im Sarge liegend, von Hunderten, die herbeigekommen, nachgerufen worden, wird ihm nachklingen, so lange noch der Letzte am Leben, der jemals in das liebereiche und fromme Antlitz geschauet. Wie der Landbau Balduins freudiger und gewissenhafter Beruf, so die Naturwissenschaft — in deren tiefe Geheimnisse er mit seltnem Scharfsinn ein- gedrungen, seine erholungsweise Beschäftigung in den Stunden der Musse und Zurückgezogenheit, wie denn überhaupt ein still einsam Leben ihm eigen war, Auge und Ohr den Werken Gottes zugewendet, mochten diese ihm vorgeführt werden durch Bücher Anderer oder eigene Anschauung. Ormithologie vor allem war seine Wissenschaft, worin schon manches Neue durch ihn entdeckt worden. In einem künstlich hervorgebrachten See innerhalb des Gartens hatte er zahlreiche Familien einheimischer und aus fernen Ländern stammender Wasser- und Strand- 165 vögel gestiftet und erzogen. — Jetzt nach seinem Dahinscheiden ist der See ver- ödet, und beinahe verlassen schon von seinen sorgsamen gepflegten und behüteten Zöglingen, die ehedem die Stunden seines Erscheinens wussten, um das Futter zu reichen jedem der Thiere nach deren Art und Gewohnheit. Auf dem Wege auch zu seinen Lieblingen ist er dahin geschieden. Erkrankt im Anfang des Januar an einer todesgefährlichen Entzündung der Lunge, hatte er der schweren Krankheit mit der grossen Körperkraft, die in seltenem Maasse ihm beschieden, glücklich widerstanden, und er — gleich den Seinigen, froh der kaum noch gehofiten Genesung — nur dem in Sanftmuth herabblickenden Auge hatte die Krankheit einen gleichsam verklärten, schöneren Glanz gegeben und zurückgelassen — mochte ungern im Zimmer noch weilen. Bloss dass er, um nach dem Vorwerk zu gelangen, sich des Wagens bediente. Nun aber, am 30. Januar Morgens gegen 9 Uhr, ging er hinaus nach dem See mit dem Gewehr, um einen bereits mehrere Tage daselbst bemerkten See- Adler zu schiessen, der — wie er sagte — von sehr weit her und mindestens 20 Jahr alt se. Im Garten unter den hohen Tannen, das Gewehr zur Seite liegend, wenige Minuten nachher, ward er entscelt aufgehoben! Beigesetzt ist der theure Verewigte, den Seinigen nahe, die den Sarg mit frischem Grün und Blumen täglich schmücken, in der Begräbnisskapelle, welche er selbst im vorigen Jahre mit der ihm eigenen Sachkunde erbauete; der erste von der Familie, der die Ruhestätte in derselben gefunden. Niedergeschrieben zuNeuhaus-Leitzkau am 3. Juni 1858. v. Münchhausen, Geh. Reg.-Rath. 166 I. Notizen, briell, Mittheilungen. 1. Zug und Strich einiger Vögel im südl. Würtemberg. Der Spätherbst und Winter 1857 brachte uns nicht viel Nennenswerthes: Am 3. Novbr. Alauda cristata bei Ulm. ee I Aetit. hypoleucus, 2 St. bei Warthausen. 0: Mehrere Scolop. rustic. auf der Treibjagd gesehen. Sa A.n Falco peregrinus bei Warthausen. 2a Larus canus, 1 St. bei s; » 2. Dezbr. Anser segetum häufig. Fe 19 An. boschas, 4 Podic. minor bei Warthausen. „ 16. „ An. elangula © geschossen bei Warthausen. Ard. cinerea. Cinel. aquat. ist von der Alp in die oberschwäbischen Ebenen herabgekommen und an allen Flüssen und Bächen. 23. 7% Ful. atra, ein krankes Expl., im Stuttgarter Schlossgarten. „ 16. Jan. Turd. pilaris zum ersten Mal auf dem Markte. Ende Febr. Kormorane auf dem Bodensee. »„ 1. März. Erste Staare und Lerchen bei Klingenbad. „ 12. „ Schlagende Buchfinken bei Esslingen, Stuttgart. _Scol. rust. geschossen (Lagerschnepfe ?). „ 16. „. T.Merula singend. Stuttg. Ele Ne R. Tithys angekommen. » 20. „ Motac. alba angekommen. a ER Erste Strichschnepfe b. Stuttg. geschossen. „ 23. „ Eine dito strich mir im Königl. Schlossgarten Nachmittags bei hellem Sonnenschein am Kopfe vorbei. Von da an bis über die Osterfeiertage hinaus der Hauptstrich. 200, Im Schlossgarten 10 mehr oder minder fertig gebaute Elster- nester. „21. „ Sitta europ, holt Erde zum Nestbau. Parus caudatus holt Nestmaterial. 30 Das Nest der ebengenannten fertig. la Sitta europ. hat ein grosses Baumloch schon fast gänzlich zu- gemauert. Picus canus trommelt seit 9 Tagen auf den dürren Aesten einer Akazie im Schlossgarten; in einer nebenstehenden Silber- pappel das frische Nistloch. » 1. April. Ful. atra auf den dortigen Teichen. 167 2. Im vergangenen Jahre (1857) habe ich das erste sichere Würtem- bergische Gelege von (). brachyotus erhalten. Das Nest wurde am 2. Juli im hiesigen Ried unter einem Tannenbusch, hart am Eisenbahndamm, gefunden und enthielt 6 schwach bebrütete Eier. j Baron R. König-Warthausen. 3. In den regen- und sturmvollen Tagen vom 14 — 17. April dieses Jahres fand hier in Süd-Tyrol ein ungewöhnlicher Durchzug von Ard. purpurea statt. Es wurden viele gefangen und einige lebende waren meist alte Individuen; aber sie schienen ermüdet von der Anstrengung, und dennoch war das Wetter, obgleich ein wenig stürmisch, doch .nicht der Art, dass es ihren Zug gehindert haben könnte. 4. AmPo bei Casale erschien in diesem Frühjahr ein Trupp von e. 100 Pelecanus onocrotalus; ermattet von Hunger und Anstrengung wurde der grösseste Theil geschossen und sogar mit Stöcken erschlagen. Vier Stück wurden lebendig ergriffen und in den Königl. Park von Stupinigi gebracht. Es kommen ähnliche Erscheinungen nicht selten vor am Mincio, Po und an den Lombardischen Seeen. 5. Am 1. Juni erhielt unser Museum (Roveredo) ein prächtiges Exemplar von Tetrao medius aus dem benachbarten Gebirge. Obschon der Vogel von Zeit zu Zeit vorkommt, so unterscheiden ihn unsre Jäger doch nicht mit einem be- sondern Triviälnamen. 6. Phalaropus platyrhynchus wurde mir Anfangs Januar von einem Jäger gebracht, der ihn auf dem im benachbarten Gebirge gelegenen Lago di Castellano geschossen hatte. Es ist das erste Mal, dass ich diesen Vogel in Tyrol sah, so schr ich ihn auch vorher auf den Seeen, besonders von Nord-Tyrol gesucht hatte. Er ist also für unsre Fauna ein neuer Zuwachs. 7. Bei dieser Gelegenheit muss ich Ihnen noch bezüglich Ihrer Anmerkung zu meinem Verzeichnisse der Ornis von Tyrol*) versichern, dass es 1) mit dem Nisten von Ot. brachyotus in Tyrol seine Richtigkeit hat; 2) dass Lanius excubitor hier Zugvogel ist, wie ich angegeben; 3) und dass Petroe. saxatilis gleichfalls Zugvogel ist, während eyanus das ganze Jahr hindurch hier- bleibt; 4) einer meiner Freunde, Hr. Franz Wiedemann, ein sehr eifriger Jüger, versichert, dass er Telmat. gallinula mehrmals in Nord-Tyrolnistend gefunden. 8. Sie bezeichnen Aectitis macularia in Ihrem Kataloge der europ. Vögel als „selten und zufällig vorgekommen.“ Ich bin anderer Ansicht. Graf Niecolo Contarini sagt in seinem „Catalogo degli uccelli del Veneto“: „Totanus macularia —- doppio passagio, nome volgare: Totanello macchia ete.“ Zwar glaube ich nicht, dass diese Art von regelmässiger doppelter Passage an den Küsten des Adriatischen Meeres ist, aber dennoch ist er den Venetianischen Jägern bekannt, die ihr einen Trivial-Namen gegeben haben. Ferner habe ich selbst einige im Venetianischen erlegte Exempl. in der Sammlung Contarini gesehen, und ein H. Giov. Carraro in Lonigo bot mir 1854 zwei Exempl. im Hochzeitkleide an, mit der Bemerkung, dass er den Vogel im Venetianischen bis dahin nur im Frühlingskleide beob- achtet. Ich selbst habe endlich noch 6 Exemplare, welche gleichfalls im Venetia- nischen, in den Jahren 1855, 56, 57 erlegt waren, untersucht: alle waren im Früblingskleide. Es scheint also doch, dass A. macularia sich an den Vene- tianischen Küsten mit einer gewissen Regelmüssigkeit zeigt. 9. Was ist Ihre Ansicht über Saxic. aurita? In Süd-Tyrol bewohnt sie die auch mit Gebüsch umgebenen höhern Hügel in der Nähe der Wiesen, und kommt viel später als stapazina an. Diese nimmt ihren Aufenthalt an niedrigen, *) Naum, 1867. p. 394. 168 trocknen, steinigen Orten, nähert sich mehr den menschlichen Wohnungen, wäh- rend sich aurita davon fern hält u. s w. 10. Das Ei, welches Sie zugleich mit dem Gelege von Pratincola rubelra erhielten, ist ohne Zweifel ein Kuckuksei. Ich sah das W. dieht neben dem Neste sitzen, das nur erst davon flog, als ich mich dem Neste näherte. Luigi Althammer. 11. Ich habe in diesem Jahre unter andern gleichfalls ein Kuckuksei mit dem Neste von Pratinc, rubetra aus Diebzig erhalten. Die Eier sind etwas in der Grösse verschieden, beide aber von einem einfarbigen gesüttigten Blaugrün, ganz von der Farbe der Nesteier, nur olıne Spur von Flecken, welche diese, wenn auch nur angedeutet tragen. i Baldamus. 12. Der Winter und besonders der Monat Februar war in S.-Tyrol sehr streng; es war jedoch kein Einfluss davon auf die im Winter Italien besuchenden Arten zu bemerken. Nur (ygnus musicus im Jugendkleide und Colymbus aretieus n vollkommenster Altertracht kamen vor. 13. Der Herbst 1856 war sehr reich an Albinismen. Ich beob- achtete 2 Acanthis spinus, einen Picus martius, ganz gelblichweiss mit rosen- rothem Scheitel, verschiedene Sturnus vulgaris, eine Scolop. rusticola, drei (oc- cothr. vulgaris, eineSilla europea, Perdix graeca und noch einige andere. Dieses häufige Vorkommen ist sehr eigenthümlich. Welche Ursachen mögen ihm zu Grunde liegen? 14. Am 4. September 1856 hörte ein Landmann auf der Strasse zwischen Ala und Roveredo ein Geräusch wie von einem fallenden Körper, und sah einen grossen Vogel liegen, der wie todt zur Erde gekommen war. Er brachte ihn mir. Als ich ihn erhielt, war er bereits gänzlich wieder zu sich gekommen. Es war ein sehr schönes altes W. von Aquila /ulva. Ich untersuchte ihn genau und konnte mich überzeugen, dass er ganz gesund war; ich fand keine Wunde oder sonstige Verletzung an ihm. Ich erhielt ihn 24 Tage lebend, während deren er stets die beste Gesundheit zeigte. Genaue Untersuchungen bei der Section erga- ben keine sichtbare Alteration. Nach Ala fährt man von Roveredo in 11/, Stunde. Am 5. Septbr., also einen Tag nach dem oben Erzählten, sahen einige mit ihrer Arbeit beschäftigte Fischer auf dem Gardasce einen grossen Vogel, der sich bald auf die Wasserfläche herabsenkte, bald sich bis zum Unsichtbarwerden erhob, und dies Manöver einige Zeit lang fortsetzte, bis er in einiger Entfernung ins Wasser fiel, von wo er mir todt gebracht wurde. Es war gleichfalls ein schöner Aquila fulva, M. Ich untersuchte mit der serupulösesten Genauigkeit alle innern und äussern Organe, fand sie aber im normalsten Zustande. Der Gardasee oder vielmehr der Punkt, wo dieser Adler aufgenommen wurde, ist ungefähr 3 Stunden von der Stelle entfernt, wo der erste gefunden wurde. Im September ist unsere Gegend reicher an Wildpret als in jeder andern Epoche des Jahres; vergiftete Lockspeisen für schädliche Thiere werden bei uns nur im Dezember ausgelegt: ich weiss daher nicht, welcher Ursache ich das pathologische Phänomen, in welchem diese beiden Adler gefunden wurden, zuschreiben soll. 15. Perdix graeca wird am meisten von Anfang November bis Ende Februar gefangen. Seit vielen Jahren habe ich immer 2 bis 3 Stück lebend erhalten; und in kurzer Zeit wurden sie so zahm, dass ich sie in völliger Freiheit lassen konnte. Merkwürdig ist die Harmonie oder auch Indifferenz, in welcher *) Beigegebene Tafel bringt auch die Abbildungen einiger besonders auffallend ge- färbter und gezeichneter Kuckukseier, s. hinten zur Erklärung der Abbildungen. u ARE ET 169 sie mit Hunden und Katzen leben. Augenblicklich habe ich nur 2, welche im ganzen Hause herumgehen, aber die Küche ist ihr liebster Aufenthalt; dort sin. sie fast den ganzen Tag, lieben es sehr, sich in der Asche zu wälzen, fressen Alles, ziehen aber doch vegetabilische Substanzen und Insekten jeder andern Speise vor. Eins der Weibchen legte Eier, wollte sie aber niemals bebrüten. Luigi Althammer. 16. Meine Fring. eitrinella befindet sich nach überstandener Mauser äusserst wohl, kann auch bereits seit einigen Wochen den Aufforderungen, seine Stimme hö- ren zu lassen, welche ihm durch Kanarienvögel, Hänflinge und Rothkehlchen gegeben werden, nicht widerstehen. Eben aber, weil die eigentliche Gesangszeit in Folge der gedachten Aufforderungen antieipirt wird und eine Störung der Sänger das Schwei- _ gen des Citronenfinken sofort zur Folge haben würde, ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, ein Urtheil über den Gesang des kleinen Fremdlings mir entschie- den zu bilden: denn jene Aufforderungen sind zu laut und lebhaft, als dass ich inzelnes unterscheiden könnte. Wie ich mir daher über den Gesang spätere Mit- theilungen vorbehalten muss, so glaube ich doch schon dem Urtheil von Schinz das meiste Gewicht und zwar dahin beilegen zu müssen, dass der Gesang weniger dem des Kanarienvogels als dem der Fring. Spinus zu vergleichen sei. Berichti- gend muss ich bemerken, dass der Vogel mit noch einigen seines Gleichen bei der Stadt Zellerfeld auf dem Harze und nicht bei Andreasberg gefangen ist. Graf von der Schulenburg. 17 Haematopus ostralegus, und zwar ein altes M., wurde am 21. Septbr. 1857 am Main, unweit der Mainkur, geschossen und kam in meine Sammlung. Im Schlund und Magen fand ich starke Portionen der Fluss-Perlen- muschel, Unio piciorum, Drap. und mehrere Fluss-Schwimmschnecken, Neritina [luviatilis, Lam., letztere mit dem Gehäus. Dieser Feinschmecker begnügt sich also in Ermangelung von Austern auch mit geringerer Kost. C. Jäger. 18. Im Laufe dieser Woche (23. Januar 1858) hatten wir hier sehr interes- sante ornithol. Erscheinungen, worüber Freund Antinori Ihnen Ausführlicheres berichten wird. Nach den kalten, schnee- und regenlosen Nordwinden in den Monaten November und December und halbem Januar kam es nämlich zu einem für hier starken Schneefalle, so dass Stadt (Smyrna) und Umgegend für einen Tag 1!/, bis 2 Zoll hoch mit Schnee bedeckt waren. Diesen ganzen Tag über fielen nun in der Stadt Schüsse: auf den Terrassen, in den Gärten schoss man auf Schnepfen, Kiebitze, Staaren, Lerchen, Entenu.s.w. In manchen Gärten sah man bis zu 10 und 12 Schnepfen; Freund Antinori schoss allein in 2 Tagen davon 50 Stück, ohne sich viel Mühe zu geben, und im Ganzen wurden vom 19. bis 27. Januar ce. 10,000 Stück erlegt. Staare salı man während einiger Stunden in langen Zügen vorüberziehen. Auch Otis teırax und Anas tadorna kamen besonders häufig auf den Markt; A. rutila bleibt immer selten. Seit gestern ist Südwind mit Regen eingetreten. Von selteneren Arten hat man indess wenig gesehen; ich kann nur Plerocles arenarius aufführen. 4 J.G. von Gonzenbach. 19. Mitte August 1857 erhielt ich bier (in Syra) zwei junge, zwar voll- kommen befiederte, aber offenbar eben erst dem Neste entstiegene Edelfalken von folgender Färbung: Scheitel, Nacken, Rücken und Mantel chokoladenbraun, Backenstreif sehr breit, fast "/, Zoll, tief schwarz, gunze Unterseite von der Kehle bis zum Steiss lebhaft isabellgelb, Füsse und Wachshaut blassgelb, Schnabel smalte- blau. Grösse eines kleinen Falco peregrinus, Tournüre des Subbuteo. Sie 170 sind sehr zahm. Temmink’s Beschreibung des jungen lanarius und peregrinus passen nicht, den sacer kenne ich nicht. Die genauen Maasse kann ich noch nicht geben, da die Schwingen verschnitten sind. Ich werde Ihnen Abbildung zu- schicken. 20. Eine andre Novität für uns ist Iwos obscurus, der wahre „Bülbül“ oder die „syrische Nachtigall“ der hiesigen Griechen. Ich erhielt ein Paar lebend, das von Santorin stammen soll. Ehe ich genauere Beweise von hier habe, setzen Sie die Nachricht unter Quarantäne, obgleich der in Syrien und Palästina häufige Vogel auch auf Rhodus und Cypern vorkommt. Dr. Erhard. 21. In diesem Jahre scheinen besonders viele Erythrieismen unter dazu hinneigenden Eiern vorzukommen. Noch nie fand ich so viele leb- haftroth gefärbte und gezeichnete Eier von Lanius collurio. Unter je 5 Gele- gen waren meist 4 solche, und zwar von intensiverer Farbe, als ich sie sonst ge- funden. Ich glaube weniger als je, dass nur die ältern W. so lebhaft rothe Eier legen sollen. Auch von Lan. minor fand ich, und zwar zum ersten Male, ein Gelege von 6 Eiern, die entschieden Erythrieismen sind, in dem Garten des Herrn von Kemnitz auf Rajoch bei Diebzig. 22. Ebendaselbst hatte Upupa epops die Laune, sein Nest in einem Rat- tenloche einer steinernen Scheuermauer, 4, Fuss über dem Erd- boden anzulegen, obwohl hohle Kopfweiden ringsum in grosser Anzahl ihm Nist- gelegenheit in Fülle boten. In der Tenne war noch mittelst Dreschmaschine ge- droschen worden, als der Vogel zu bauen begann. Merkwürdig ist dabei noch, dass die Jungen wirklich aufgekommen sind, trotz Ratten und Katzen an der schr belebten Stelle. E. Baldamus. 171 II. Literarische Berichte, - 1. Systematische Uebersicht der in der Wetterau vorkommenden Vögel. Von C. Jäger. (Im Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde. (1853 — 55. p. 151. und 1856 — 57. p. 1. ff.) „Die Vogelfauna der Wetterau weist 250 Arten nach, gehört mithin zu den reichsten Mitteldeutschlands. Als interessantere und seltenere Vorkommen heben wir hervor: Ag. chrysaötos, Circaöt. brachydact., F. cenchris, rufipes, S. [unerea, Merops ap., Salic. palustris (selten), Petroc. saxatilis, Muscie. albicollis (nistend), Pastor roseus, Serinus meridion. (vor 30 Jahren noch selten, jetzt häufig und nis- end), Fring. petronia, Emberiza cia, Alauda calandra, brachydact., Picus leucon- olus, canus (noch häufiger als viridis), Otis tetrax, Macqueeni (2 Exempl.), Cur- sor. isabell. (2 Ex.), Squatar. helvetica (öfter), Ardea egretta, garzetta, ralloides, nyeticorax, Platal. leucerodia, Ibis faleinell., Totan. stagnat., Himantop. melu- nopt., Phoenicopt. antiqu., Anas sponsa, nigra, fusca (selten), molliss. (1 Explr.), rufina (1mal), Thalassidr. Leachii (1mal), pelagica (mehrmals), Lestris skua (Imal), pomarina (1mal), parasitica (öfter), Larus leucopterus (1mal, juv.), mela- noceph., minutus (3 Ex.), Sabinei (1mal), Sterna leucoplera (1mal). Im Nach- trage werden noch folgende Arten aufgeführt: Vultur fulvus (Imal), Ag. naevia (2mal), pennata (1mal), Elanus melanopt. (1mal), F, aesalon. nistet bei Bieber im Spessart!, Str. Tengmalmi (2mal), Sylvia nisoria (nistend beobachtet), Musciec. parva, Pyrrh. erythrina (1 M.), Perd. rubra (kleine Gesellschaften, aber nur W., die sich während der Paarzeit verstrichen hatten, Bruch), Lagopus albus (einmal 4 Stück), Pelecan. onoerotal. (mal), Lestris Buffonü (1mal), Uria troile, 2. Nachträge zu dem Bericht über die im Regierungsbezirke von Schwaben und Neuburg vorkommenden Yögel. Von J. Friedr. Leu. Im XI. Bericht des Naturh. Vereins in Augsburg, 1856, p. 43.) Zu den 228 Arten des „Berichts“ kommen noch 31 meist am Bodensee (von Koch) beobachtete Arten hinzu, darunter Strix passerina, nisoria, Mer. apiaster, Ember. Cirlus (am Bodensee nicht selten), @lar. pratincola, Ibis faleinell., Ard. comata (jedes Jahr einzeln am Bodensee auf dem Zuge), Larus ylaucus, marinus, Sterna leucoptera. Von den angefügten Notizen theilen wir Folgendes mit: „Buteo vulgaris hatte am 29. Januar den Magen voll Igelstacheln, keine Spur von Fleisch oder anderm Nahrungsstofle; die Stacheln waren so rein, wie ge- waschen,“ Otus brachyotus, am 28. Januar geschossen, bei ziemlich hohem Schnee, hatte 8 Mäuse im Magen, davon 2 noch ganz, die andern mehr oder weniger zerstückelt. 172 3. Der Taubenhabicht (F. palumbarius, L.), eine monographische Schilderung seines Lebens in der Vogelwelt, und 4. Neue Beobachtungen über die Nahrung der Tauben. Von T. I. Snell, Pfarrer zu Hohenstein. (In Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogth. Nassau. XII. Heft 1857, p. 342 und 357.) Beide höchst interessante Abhandlungen verrathen ebenso den Gelehrten wie den tüchtigen Beobachter. Monographien dieser Art müssen wesentlich beitragen, die Wissenschaft populär und in grösserm Maassstabe, als es bisher geschehen, nutz- bar zu machen. Nr. 2. verdiente ganz besonders in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Der Hr. Verf. nimmt sich auf Grund der scharfsinnigsten und eonsequent durchgeführten Experimente über die speciellen Nahrungsmittel, zunächst der Haustauben, dieses in neuerer Zeit von manchen Landwirthen sogar als Landplage denuneirten Geflügels, energisch an, und weist den grossen Nutzen nach, den sie durch Vertilgung von Unkrautsämereien leisten. Dieses Schriftehen sollte in allen landwirthschaftlichen Zeitschriften abgedruckt werden! Wir können es uns nicht versagen, die Schlussworte desselben, — mit denen wir, wie mit der ganzen An- sicht des Hrn. Verf. vollständig übereinstimmen, — herzusetzen. „Wenn aber der eine oder andere Leser vielleicht der Meinung ist, ich habe auf einen kleinen Gegenstand eine allzu grosse Kraftanstrengung verwendet, so bin ich anderer An- sicht. Ich halte es vielmehr für eine Hauptaufgabe der Ornithologen, die Nah- rung der Vögel specieller zu erforschen und dadurch dahin zu wirken, dass die nützlichen Vögel (und sie sind fast alle nützlich) endlich allgemein als solche erkannt und unter den allgemeinen Schutz gestellt werden.“ 5. Die nützlichsten Freunde der Land- und Forstwirthschaft unter den Thie- ren, als die von der Natur bestellten Verhüter und Bekämpfer von Un- gezieferschaden und Mäusefrass, und 6. Kleine Ermahnung zum Schutze nützlicher Thiere als naturgemässer Ab- wehr von Ungezieferschaden und Mäusefrass. Von Dr. €. W. L. Gloger. (96 und 44 Seiten. 8., 7\/, und 3 Sgr. Berlin, Allgem. D. Verlags-Anstalt, 53, Möhrenstrasse.) (S. ausserdem hinten d. Ankündigung.) Zwei kleine Schriften, die den besondern und bestimmten Zweck haben, die nützlichen und schädlichen Thiere in weiteren und weitesten Kreisen kennen zu lehren. Die erste Auflage ist deshalb auch in richtiger Erkenntniss des besten Mittels zu diesem Zwecke vom K. Preuss. Landes- Oekonomie-Collegium an die landwirthschaftl. Vereine des Pr. Staates vertheilt worden. Es wäre zu wünschen, dass die Forst- und Jagd-Departements aller Staaten diesem Beispiele folgten, um ihren Subalternen die leichteste Gelegenheit zu bieten, sich wenigstens aus dem „Groben der Unwissenheit“ heraus zu helfen, da gerade das niedere Forst- und Jagd-Personal es ist, dessen Kenntniss oder Unkenntniss unmittelbar nützlich oder schädlich wirkt. Wenn man weiss, dass es heute noch gar viele Förster giebt, die das „Aushacken“ der jungen Spechte zum Verspeisen dulden oder gar selbst üben lassen, die jede ihnen zu Gesicht kommende Eule, jeden Bussard etc. niederschiessen, und daneben wieder andere, in deren Fasanerien Kolkraben, Habichte, Wander- {alken und ganze Heerden von Raben - und Nebelkrähen ungestört ausbringen dür- fen und die sich dann wundern, dass die Fasanen zu Grunde gehen und die Enten- und Bekassinen-Jagd ete. von Jahr zu Jahr schlechter wird, wenn man das Alles und noch vieles Andre*) weiss, so wird man zugestehen, dass es im Interesse und *) „Experto cerede Ruperto“ sagt eine der glänzendsten Ausnahmen, der ebenso ge- lehrte als praktische Revierförster Diezel bei ähnlicher Gelegenheit. Auch ich habe die 5 Jahre lang beobachten können. Im Diebziger zu einer „wilden Fasanerie“ so sehr geeigneten Reviere hätten sich Fasanen — und selbst Birkwild, das sich mehrmals an- 173 in der Pflicht der genannten Behörden und aller Jagd- und Forstbesitzer liegt, ihre Untergebenen in diesen wichtigen Verhältnissen möglichst aufzuklären und zu in- struiren. Und zu diesem Zwecke ganz besonders möchten wir denn die beiden Schriftehen, die im Ganzen populär genug gehalten sind, dringend empfehlen. 7. Die Naturgeschichte und Zucht der Tauben, oder vollständige Beschreibung aller europ. wilden und zahmen Taubenarten und ihrer Abänderungen, ihrer Wobhnorte und Sitten, ihrer Nahrung und Fortpflanzung, ihrer Behandlung und Pflege, ihres Nutzens und Schadens, ihrer Feinde und Krankheiten. Für Taubenzüchter und Ornithologen von Christian Ludwig Brehm. etc. 8. 177 Seiten. Weimar 1857. Bernh. Friedr. Voigt. Der sehr vollständige Titel überhebt uns der Inhaltsangabe. Wir heben nur den für den Ornithol. wichtigen Theil, die darin beschriebenen Wildtauben hervor und geben deren Verzeichniss. I. Palumbus. a. erythrophrys major. 1. torqualus. b. 3 minor, II. Eetopistes. 4. vinacea. 1. migratorius. 5. intercedens. a macrorhynchos. V. Palumboena. b: er, brachyrhynchos. 1. Oenas. III. Turtur. a. „ albifrons. 1. auritus. b. „ cavorum. a. „ alticeps. c. „ arborea. b. „ lener. VI. Columba. 2. rufidorsalis. 1. livia. 3. eyanolos. a. , communis. 4. senegalensis. b. „ rupestris. 5. rufescens. c. „ macroplera. 6, Pygmaeus. d. „» Amaliae. IV. Streptopelia. 2. glauconoltis. 1. risoria. 3. elegans. 2. semilorquata. 4. unicolor. a. is cachinnans. VII. Columba domestica, b. r ridens. mit den verschiedenen, weit über 100 3. erythrophrys. j Racen und Farben-Verschiedenheiten. Es ist sonst Alles für den Taubenztichter Wissenswerthe in dem Büchlein zu- sammengestellt, das im populären Tone recht anziebend geschrieben ist. zusiedeln versuchte — sicher trotz der Hochwasser vermehrt, wären nicht eben genannte Räu- ber von den beiden dortigen Forstbeamten ausdrücklich geschont worden. Zu den Hun- derten der alljährlich dort ausgebrüteten Jagdverderber, die Wald, Feld, Bruch und Hüh- nerhof im Umkreise von Diebzig brandschatzen, sind seit 4 Jahren auch noch Kolkraben gekommen, die, aus dem benachbarten Lödderitzer Reviere ausgewiesen, im Diebziger Aufnahme und Schutz gefunden haben. Dasselbe gilt, nach Mittheilung eines Herzogl. Jagdbeamteten, vom Klein-Zerbster Reviere, wo das schädliche Raubgevögel von demsel- ben Porstbeamteten, der es im Diebziger schonte, noch jetzt geschützt wird. Ein rother Milan, der jeden Nachmittag pünktlich zu derselben Zeit (5 Uhr Nachmittag) einen dieht an meinem Dorfe liegenden Angerteich absuchte, trug von einer einzigen aus 16 Stücken bestehenden Entenbrut successive 14 seinen Jungen zu! B, 174 8. On the general Geographical Distribution of the Membres of the Class Aves. By Philip Lutley Selater, Esq. M. A. I. L. S. (From the Pro- ceedings of the Linnean Society for February 1858.) Der geistreiche und gelehrte Herr Verfasser giebt in dieser allgemeinen geo- graphischen Vertheilung der Klasse der Vögel eine Menge der interessantesten Re- sultate der neuern Wissenschaft. Wir werden den Artikel vollständig übersetzen, und begnügen uns für jetzt mit der Angabe seiner „Regionen.“ H.L. theilt die Erdoberfläche in folgende 6 Regionen. I. Paläarktische Region (Regio Palaearctica). Umfasst Afrika nördlich vom Atlas, Europa, Kleinasien, Persien, Asien nördlich vom Himalaya-Kamm, Nord-China, Japan und die Aleutischen Inseln; e. 14 Mill. []Meilen, e. 650 Species. Charakteristische Formen: Sylvia, Luseinia, Erythacus, Accentor, Regulus, Podoces, Fregilus, @raculus, Emberiza, Coccothr., Tetrao. II. Aethiopische oder Westpaläotropische Region. /R. Aethiopica). Afrika südlich vom Atlas, Madagascar, Bourbon, Mauritius, Socotora und wahrscheinlich Arabien bis zum Eepsischen Golf, 300 N.B., c. 12 Millionen [JMeilen, e. 1250 Species. III. Indische oder Mittelpaläotropische Region. (R. Indica). Asien südlich vom Himalaya, Ceylon, Burmah, Malacca und Süd-China, Philippinen, Borneo, Java, Sumatra und den umliegenden Inseln, ec. 4 Millionen []Meilen, ce. 1500 Species. IV. Australische oder Ostpaläotropische Region. /R. Australiana). Papua und die umliegenden Inseln, Australien, Tasmania und die Inseln des stillen Meeres; ec. 3 Millionen []Meilen, c. 1000 Species. V. Nordamerikanische oder Nearktische Region. /R. Nearctica.) Grönland und Nordamerika bis zur Mitte von Mexico hinab; c. 61/, Millionen []Meilen, ec. 660 Species. VI. Südamerikanische oder Neotropische Region. (R. Neotropica.) Westindien, Süd-Mexico, Central-Amerika und ganz Südamerika, die Gallo- pagos und Falklands-Inseln; c. 5'!/, []Meilen, c. 2250 Species. R. I. 14,000,000 LM. 650 Species. Verhältniss von 1: 21,000 R. II. 12,000,000 „„ 1200 „ R „1: 9,600 R. IT. 4,000,000 „„ 1,500 „ 3 N) R. IV. 3,000,000 „„ 1,000 „ z 3000 REVENe 00,000 eco, x © 1:49:000 R.2VE25:500,000° 55.250250 r 5 a EN) Orbis 45,000,000 LIM. 7,500 Species. Verhältniss von 1: 6,000 175 Zur Erklärung der Abbildungen. Fig. 1 u. 2* N a a u WEG: 7. BB. Tafel I. Serinus githagineus. Gloger. Carpodacus erythrinus. Cisticola schoenicola. Cueulus canorus, im Neste von Hypolais vulgaris mit 3 Eiern dieses Vogels gefunden (s. Naumannia V. p. 518). Das eine im Besitze des Herrn Lieutenant von Preen, das andere durch seine Güte eine Zierde meiner Sammlung. Perdix cinerea. Dies physiologisch merkwürdige Ei ist offenbar im Leibe des Vogels durch ein Schrotkorn fast in der Mitte der Längsseite getroffen worden. Der Vogel, sonst vielleicht nicht verwundet, ist am Leben geblieben und hat das Ei in sein Nest gelegt. Von dem Punkte, wo das Blei durchgeschlagen, er- strecken sich nach allen Seiten hin Sprünge, einer nach dem Spitzende zu, drei nach dem Ausgangs- punkte des Schusses dicht unterhalb der Axe des Stumpfendes auf derselben Längsseite. Der Ausgangs- punkt ist kaum halb so gross als der Eingangspunkt, und von ihm laufen nur zwei Sprünge aus, deren einer sich mit dem vom Eingangspunkte auslaufenden ver- einigt. Die Oeffnungen sind, wie die sämmtlichen Sprünge, von denen einige nur wenige Linien lang sind, mit einer neugebildeten, wenig gefärbten, fast weissen Schaalenmasse ausgefüllt, so jedoch, dass schr schmale dunkler gefärbte Linien in der Mitte derselben die Risse und Sprünge bezeichnen. * Die Tafel musste, nachdem die vorhergehenden Bogen bereits gedruckt waren, geändert werden, und sind die dort angegebenen Zahlen nach obigen abzu- . ändern. 176 IV. Bekanntmachungen, Der im Besitze des verstorbenen Apothekers Giebelhausen ge- wesene Aquila chrysaötos, den die Besucher der Ornithologischen Ver- sammlung in Cöthen im Jahre 1856 zu besichtigen Gelegenheit hatten, ist zu verkaufen. Der prächtige Vogel ist vollkommen gesund. Näheres ertheilt auf portofreie Anfragen Herr Kreisgerichtsrath Imme in Zerbst. Druckfehler. Im ersten Hefte der Naumannia 1858 hat die Hand des Setzers ein Schreiadler-Ei fast zu einem Straussen-Ei gemacht, indem er S. 80 Z. 15 v. oben 8° 1‘ anstatt 2’ 1‘ gesetzt hat. Ausserdem sind noch folgende Druckfehler zu verbessern: S. 79 Z. 11 v. unten lies „Brunnsches‘“ anstatt „Baumsches.“ S. 80 Z. 11 v. oben lies „hiup“ anstatt „himp.“ S. 83 Z. 9 v. oben lies „Zebe‘ anstatt „Jebe,.* S. 83 Z. 14 v. oben lies „Reglitz“ anstatt „Steglitz.“ Th. Holland. Druck von Gebrüder Katz in Dessau, Protokoll der XII. Versammlung der deutschen Ornithologen- Gesellschaft zu Harzburg, dem Brocken etc. vom 7. bis 10. Juni 1858. Präsenzliste: 1. Herr Dr. B. Altum aus Münster. 2: „ Pfarrer Dr. E. Baldamus aus Östernienburg. 3. „ Fabrikant F. Beekmann aus Braunschweig. 4. ,„ Prof. Dr. H. Blasius aus Braunschweig. Bi „» Pastor Boeckel aus Magdeburg. 6. ,„ Bretschneider aus Braunschweig. 7 » B. Degener aus Querfurt. 8 » Bankdirektor W. Ehmer aus Dessau. 9 „ Kaufmann C. Ehmer aus Hamburg. 10, » Premier-Lieutenant Gade aus Eimbeck. = 11. » Kaufmann L. Gladebeck aus Berlin. 12. „» Rittergutebesitzer F. Heine auf St. Burghardi, Halberstadt. 13. ,„ Gymnasiast F. Heine auf St. Burghardi, Halberstadt. 14. » Sanitätsrath Dr. Hennecke aus Goslar. 15. „ Dr. Julius Hoffmann aus Stuttgart. 16. „ Lehrer ©. Jäger aus Bischofsheim bei Hanau. 17. „» Major Kirchhoff auf Schäferhof. 18. „ Dr. N. Kjärbölling aus Kopenhagen. Naumannia, 1808 12 175 .19. Herr Zahnarzt F. L. Madauss aus Grabow. 90; » Major Sachisthal aus Minden. Ale » Amtmann Graf v. d. Schulenburg aus Hannover. 22. » Baumeister A. Sehring aus Edderitz. 23. » Conservator S. Steenbock aus Rostock. #124: » Partikulier Thiemann aus Braunschweig. 25. » Geh. Regierungsrath Wendt aus Bleckede. 26. „» Pastor C. Westhoff aus Ergste bei Iserlohn. 21. » Inspector C. F. Wiepken aus Oldenburg. 28. » Pastor Dr. H. Zander aus Barkow bei Plau. Harzburg, den 7. Juni. Die Vorversammlung wurde in dem kleinen Saale der Eisen- bahn-Restauration, Abends 9 Uhr, durch den Herrn Geschäftsführer Dr. Hennecke mit einem kurzen herzlichen Willkommen eröffnet. Zu Vorsitzenden wurden einstimmig gewählt die Herren Dr. Hen- necke und Professor Dr. Blasius. Bezüglich des Programms wird festgesetzt, dass man den morgenden und einen Theil des zweitfol- genden Tages auf dem Brocken zubringen, über Ilsenburg herabgehen und den dritten Tag in Harzburg bleiben will. Am 8. Juni früh bricht die Gesellschaft zu Fuss und zu Wagen auf. Ein Theil geht über die Harzburg, die Fahrenden. über das Torfhaus, hinter welchen Einige über die Hirschhörner abgehen, wäh- rend die Damen und einzelne Herren über Schierke fahren. Das herrlichste Wetter begünstigte den Aufenthalt auf dem norddeutschen Bergriesen, so dass die erste Sitzung im Freien und zwar auf und unter den unter dem Namen „Teufelskanzel“ bekannten Felsenblöcken abgehalten werden konnte.* Erste Sitzung. Mittags 3%, Uhr. Vorsitzender Dr. Hennecke. Auf der Tagesordnung stand zunächst die Besprechung über das Naumanns-Denkmal., Infolge des von Herrn v. Homeyer erlassenen Aufrufes im I. Jahrg. der Naumannia (S. 81) hatte sich ausser dem dort unterzeichneten auch ein Lokal-Comite gebildet, * Herr Conservator Steenhbock zeichnete die malerisch auf und zwischen den Felsblöcken Sitzenden, und will das Bildchen der Versammlung dedieiren. 179 (dl. Jahrg. IV. Heft S. 90), von welchem eine Sammlung in der Stadt Cöthen und Umgegend veranstaltet wurde. Diese erste Sub- seription hatte 105 Thlr. 20 Sgr. ergeben; eine weitere Versendung derselben und die Ausführung des projectirten Denkmals wurde aber verschoben, da der Missstand, welcher eine schleunige Herstellung des zunächst zum Schutze des Ziebigsker Wäldchens bestimmten Denk- mals forderte, bald auf andere Weise beseitigt wurde. Man nahm dabei auf eine Eventualität Rücksicht, die leider bereits im vorigen Jahre eingetreten ist. Ueber das Resultat der Besprechung, sowie über das der nun von Neuem zu eröffnenden Subseriptionen und der Ansichten und Wünsche des Lokal-Comites ete. werden wir in einem besonderen Berichte Mittheilung machen, bitten aber die verehrten Mitglieder unserer Gesellschaft, welche etwa zu dem Denkmale für die beiden Naumann, Vater und Sohn, beisteuern wollen, ihre Bei- träge oder von ihnen veranstaltete Sammlungen an eines der Vor- standsmitglieder baldigst einsenden zu wollen, da ein Beschluss über die Ausdehnung und Ausführung des Denkmals nur erst nach Ein- sicht in die zu Gebote stehenden Mittel möglich ist. Es wurde sodann in die Stelle des verstorbenen Vorstandsmit- gliedes, Prof. Dr. J. F. Naumann, ein neues gewählt. Die Wahl fiel einstimmig auf Dr. Bernard Altum in Münster, der die „allzu- ehrenvolle Wahl“ schliesslich annahm. Endlich wurde auch die Wahl des Ortes und des Zeitpunktes dernächstjährigen Versammlung vorgenommen. Es waren freund- liche Einladungen von Stuttgart und Hannover eingegangen. Ferner wurde irgend ein interessanter Punkt des Thüringer Waldes vorgeschlagen. Herr Dr. Julius Hoffmann vertrat in- dess seine Einladung persönlich auf so eindringliche und liebenswür- dige Weise, dass dieselbe schliesslich angenommen und Stuttgart als nächstjähriger Versammlungsort, Herr Dr. J. Hoff- mann als Geschäftsführer gewählt wurden. Für die freundliche Einladung des Hrn. Ober-Postsekretär W. A. E. Pralle nach Han- nover, der lebhaft bedauerte, sie nicht mündlich bringen zu können, wurde seitens der Versammlung ebenso freundlich gedankt, und Han- nover für die nächste oder eine der nächsten Versammlungen in Aussicht genommen. Den Zeitpunkt der Stuttgarter Versammlung anlangend, so wurde nach längerer Debatte der Vorschlag des Hrn. Prof. Dr. Bla- 12* 180 sinus — Mittwoch, Donnerstag und Freitag der Pfingst- woche — angenommen, und Hrn. Dr. J. Hoffmann fast von allen Gegenwärtigen der Besuch zugesagt. Die nächstjährige Versammlung findet demnach in Stutt- gart am Mittwoch, Donnerstag und Freitag der Pfingstwoche 1559 statt. Vorversammlung Dienstag Abends, Das Nähere über die Lokalitäten ete. in der noch besonders an alle Mit- glieder zu erlassenden Einladung. Schluss der ersten Sitzung 6 Uhr. Nach dem Schlusse der Sitzung löste sich die Versammlung in einzelne Gruppen auf, die das selten schöne Wetter zu kleinen Spa- ziergängen und Jagdexcursionen auf dem Brockengipfel benutzten. Es wurden einige Anthus pratensis erlegt. In das heitere Abendessen brachte die Erinnerung an die „vielen uns heute fehlenden Freunde, welche der Tod aus unserer Mitte gerissen,“ einen wehmüthigen Ernst. Es wurde, bei Tische namentlich, der so lebensfrohe und lebenskräftige Mann vermisst, der sonst seit Jahren das gemüthliche Beisammensein durch seinen unerschöpflichen Humor zu beleben wusste, und der so unerwartet und plötzlich aus dem Leben schied! Der Mittwochsmorgen brachte, wenn auch keine ganz klare Fernsicht bei Aufgang der Sonne, doch so schönes und warmes Wetter, dass das Frühstück im Freien genossen werden konnte. Um 8 Morgens wurde die zweite Sitzung im Saale des Brockenhauses vom Vorsitzenden Hrn. Dr. Hennecke eröffnet. Zuvörderst legte das Vorstandsmitglied, Herr Major Kirchhoff, die Jahresrechnung — (s. Beilage Nr. 1) — sodann der Sekretär den Jahresbericht ab (s. Beilage Nr. 2). Zu Ehrenmitgliedern wurden vorgeschlagen und creirt: 1. Se. Königl. Hoheit der Herzog Paul Wilhelm von Wür- temberg. 2. Der Kais. Russ. Staatsrath, Akademiker von Brandt in St. Petersburg. 3. Der Kais. Russ. Staatsrath Prof. Eversmann in Kasan. 4. Der Kupferstecher ete.e Dr. Friedrich Sturm in Nürnberg. 181 Sodann kamen die von Herrn Major Kirchhoff „proponirten Modificationen und Zusätze zu den Statuten der Deutschen Ornitho- logen-Gesellschaft“ zur Berathung, und wurden mit geringen Abän- derungen angenommen, (s. Beil. Nr. 5). Herr Dr. Altum erhielt hierauf das Wort zu einer „Aufforde- rung an die Mitglieder.“ Dr. Altum. „Meine Herren! Die wenigen Worte, welche ich an Sie zu richten mir erlauben möchte, sollen nur eine Aufforderung zu einigen gerade jetzt zu machenden Beobachtungen enthalten. Bekanntlich wird noch bei manchem Vogel heftig gestritten, ob er eine selbstständige Art oder eine klimatische Varietät einer andern Species sei, obgleich bereits die meisten Controverspunkte, trotzdem dass Einige prineipiell „an klim. Var. nicht glauben,“ als völlig ent- schieden betrachtet werden können. Wir sind jetzt durch die ganz abnormen Witterungsverhältnisse des vorigen und gegenwärtigen Jahres in ein anderes Klima versetzt, und voraussichtlich werden die entsprechenden Arten, wenn auch nur in ganz schwacher Andeutung und ganz einzelnen Individuen, diesen Einfluss zeigen, zu welchem Schlusse ich mich um so mehr berech- tigt halte, als ich bei den Schmetterlingen bereits gefunden habe, dass mehrere Species: 1. in ganz abweichenden Generationen; 2. in auffallend vielen beispiellos kleinen Individuen auftreten, und 3. eine Färbung und Zeichnung an sich tragen, die uns die südlichen Formen dieser andeuten. Als für unsern Zweck ungehörig, darf auf diese Phänomene hier “nicht eingegangen werden; aber sie mögen uns einen Wink geben, ob sich nicht auch bei den Vögeln etwas Aehnliches zeigt. Das pium de- siderium Herrn Dr. Glogers, auf den canarischen Inseln Sperlinge u. a. Vögel aussetzen zu lassen, damit nach einigen Jahren .der kli- matische Einfluss beobachtet werden könnte, würde somit hier im In- lande realisirt. Wir dürfen bei der Zähigkeit, womit die einmal an- genommenen Typen haften bleiben, freilich nieht hoffen, wirklich süd- liche Formen zu erhalten, allein eine schwache Annäherung zu den- selben würde unserm Zwecke schon vollständig genügen und beweisen, dass und in welcher Weise die entsprechende Art variirt. — Ich füge noch hinzu, dass die meisten fraglichen Arten blosse Männchen- 182 species sind, daher auf die alten Männchen vorzüglich Bedacht ge- nommen werden muss. Mit Uebergehung mancher andern will ich nur folgende Arten der Beobachtung empfehlen: Falco peregrinus, (opp. dem weniger zweifelhaften peregrinoides.) Strix aluco (Grösse und Färbung). . » flammea (opp. den helleren Arten (!) splendens, Kirchhoffü.) Lanius eweubitor (opp. leuconotus, orbitalis ete. — auch meridiona- lis, letzterer wohl gute Art.) Museicapa atrieapilla (in welchem Kleide der Zug, was von lu- ctuosa, muscipeta . . . zu halten sei?) Sturnus vulgaris (opp. “unieolor). Luseiola eoerulecula (wie der Brustfleck). Parus coeruleus (opp. ultramarinus). » palustris (Verbreiterung des Schwarz). Sitta caesia (Unterseite). Oerthia familiaris (Ober- und Unterseite). Budytes flava (opp. dem Speciesschwarm). Anthus pratensis (opp. cervinus, rufigularis). Alauda eristata (ob isabellfarbener Anflug auf der Oberseite). Emberiza hortulana (opp. rufibarba). „ coelebs (opp. spodiogenys). Passer domestieus (opp. italieus). und Andere. Noch möchte ich zur Würdigung mancher Erscheinung die richtige Bemerkung Lichtensteins hinzusetzen, dass Verminderung der Grösse und Intensität der Farbe oftmals in geradem Verhältnisse stehen. “ In der hieran sich knüpfenden Debatte, an der sich besonders die Herren Blasius, Hennecke, Kirchoffl, Zander, Hoffmann, Kjär- bölling und Baldamus betheiligen, zeigt sich, dass ähnliche Bemer- kungen bereits mehrseitig gemacht sind. Hennecke meint, dass die infolge der eigenthümlichen Witte- rungsverhältnisse reichlicher gebotene Nahrung nicht ohne Mitwirkung bei diesem Phänomen sein dürfte. Altum führt noch einzelne Beispiele an. Falco peregrinus zeigte die röthliche Färbung von peregrinoides in der Mitte der Halsfedern bei überhaupt intensiverer Färbung und geringerer Grösse. 183 Blasius macht darauf aufmerksam, dass das nicht die einzigen Unterschiede zwischen peregrinus und peregrinoides sind. Altum giebt das zu und hat auch nicht beabsichtigt, beide Arten zusammenzuziehen. Auch Sylvia sueeica, deren moderne Arten jetzt wohl bei der Mehrzahl der Ornithologen in Misskredit stehen, wird gerade jetzt zu fördernden Beobachtungen Anlass geben. Selbst dichrosterna bietet alle Uebergänge zu leucocyanea und suecica dar, ebenso zu Wolf. Blasius empfiehlt noch einige andere Arten zur Beobachtung im angegebenen Sinne. so z. B. Hirundo rustica und eahirica, die Gar- rulus-Arten, Emberiza cia und eiopsis, Linota cannabina und bella u. 8. 'w. Kjärbölling fügt noch die Motaeilla-Arten hinzu und glaubt, dass sich alle Uebergänge bis zu lugubris finden werden. Baldamus hat in diesem Jahre besonders viele Nester von Lanius collurio beobachten können, und es ist ihm aufgefallen, dass drei Viertel der Gelege von intensiv rother Färbung sind. (Er glaubt nicht, dass das Alter der Eltern resp. des Weibchens im Causalnexus zu der Färbung der Eier stehe, denn er hat jede Färbung auch bei entschieden alten Paaren gefunden.) Auch sonst hat er Erythrieis- men theils von Arten, von dem ihm solche noch nicht bekannt waren, z. B. von Lanius minor, theils in soleher Intensivität, wie sie ihm früher nie vorgekommen, z. B. von Sylvia atricapilla, erhalten. Altum theilt die Notiz mit, dass es der Chemie gelungen ist, das Pigment der Federfarben zu finden, und dass man bis jetzt alle Farben, ınit Ausnahme der blauen hat extrahiren kön- nen, und behält sich spätere Mittheilungen über diese wichtige Ent- deckung vor. Hoffmann hofft dasselbe für die Farben der Eier, die nur organische Verbindungen sind. Altum. Noch eine Anfrage möchte ich mir erlauben, und zwar in Betreff des Verhaltens der Thiere, besonders der Vögel, während der letzten Sonnenfinsterniss. Von unserem Professor Ileis aufgefordert, die Erscheinungen im Thierreich während der bei uns (Münster) am 15. März d. J. statt- gehabten zehnzölligen Sonnenfinsterniss zu beobachten, begab ich mich ins Freie, wo ausgedehntes Ackerland, Wiese, Wald, Gärten und 184 Wasser in der Nähe waren, und erhielt für die Vögel folgendes Re- sultat: 1. Eine kleine Schaar Staare in den nahen Pappeln und eine zweite auf der Wiese, wovon die ersten namentlich munter sangen, verstummten, verzogen sich und stellten sich erst un 21/, Uhr mit der früheren Munterkeit wieder ein. 2. Falco tinnuneulus %, vorhin unaufhörlich über dem Ackerfelde rüttelnd, verschwand im nahen Eichenwalde und kam eben- falls 2!/, Uhr jagend wieder. 3. Alauda arvensis vorhin überall um mich herum, 30—40 Fuss in die Höhe trillernd, verstummte; 2 Uhr 50 Min. hörte ich die erste Lerche wieder. 4. Corvus corone verzog sich in mehreren Individuen bei der grössten Verfinsterung in den nahen Eichenwald, ihren ge- wöhnlichen Nachtstandort; auch diese kamen zurück. 5. Motacilla alba während der Mitte der Finsterniss verschwun- den, traf nach derselben wieder munter ein. 6. Fringilla coelebs nahm von der ganzen Finsterniss keine Notiz. 7. Die am Morgen stummen Haushähne kräheten während der- selben ausserordentlich häufig; so wie 8. Pieus viridis ebenfalls sein schallendes Gelächter aus dem nahen Eichengehölz sehr oft zu mir herübertönen liess. Hoffmann. Ich hatte ebenfalls Gelegenheit, über den Einfluss einer Sonnenfinsterniss, wenn auch nicht der letzten, auf das Betragen der Vögel eine interessante Beobachtung zu machen. Die Sonnen- finsterniss vom 28. Juli 1851 erreichte in Stuttgart c. um 4 Uhr Nachmittags den Culminationspunkt. An dem Hause, vor welchem ich die allmälige Verdunkelung der Sonnenscheibe beobachtete, be- fanden sich hohe und dichte Rebenspaliere, welche stets einer grossen Anzahl von Sperlingen zum Nachtquartier dienten, und in der That flogen dieselben, wie wenn sie von der Abenddämmerung überrascht würden, nach ihren Schlafplätzen und blieben daselbst sitzen, bis die Tageshelle wieder erschien. Hennecke las sodann einen Brief des Herrn Dr. Hartlaub vor, datirt aus London vom 31. Mai 1858, worin dieser ausgezeich- nete Gelehrte sein Bedauern ausspricht, auch diesesmal der Versammlung 185 nicht beiwohnen zu können, und es sich nicht versagen kann, die- selbe wenigstens aus der Ferne voll Theilnahme zu begrüssen. Die Vervollständigung des Materials zur zweiten Ausgabe seines klassi- schen „Systems der Ornithologie W estafrikas‘ hat ihn nach London ge- rufen. Der freundliche Brief enthält Notizen über Nest und Eier von Bombicilla Garvrulus, deren Abbildung* beigefügt war, ein Verzeichniss einiger in den Gärten der zoologischen Gesell- schaft zu London lebenden seltenen Vögel und nebst einem Grusse unseres ausgezeichneten Ehrenmitgliedes Philip Lutley Scelater an die Versammlung ein von diesem angefertigtes Ver- zeichniss der in den eben genannten Gärten lebenden Papa- geien. .(S. Beil. Nr. 4 und 5.) Auch von Hrn. Pastor Brehm war leider nur ein theilnehmen- der Grussbrief (nebst einer Kiste Vögel) eingetroffen, der die Ver- sammelten um so mehr betrübte, als der rüstige Nestor der deutschen Ornithologen seinen Besuch angemeldet hatte, und durch plötzlich eingetretene Hindernisse abgehalten worden war, die freudigen Er- wartungen seiner Freunde zu erfüllen.** Beilage Nr. 6 enthält die Erläuterungen zu der sehr interessanten Vogelsendung, die durch abweichende Ansichten über die Speciesdignität der betreffenden In- dividuen keineswegs an Interesse verliert. Ferner war ein Brief von dem Dr. med. Reinhold Brehm, als praktischer Arzt in Valencia etablirt, nebst: „Ornithologische Beobachtungen aus der Provinz Murcia,“ eingetroffen. (Siehe Beilage Nr. 7.)*** * Diese stimmt nicht mit der Beschreibung J. Wolley’s überein, was näm- lich die Färbung anlangt, die hiernach „lachsfarbig“ sein soll, während sie in der Abbildung blaugrünlichweiss ist. Baldamus. * Als einen Trost für die getäuschte Hoffnung theilte mir Herr Pastor Brelm neulich mit, „dass er bereits bei Freund Hoffmann Quartier bestellt zur Stuttgarter Versammlung!“ Baldamus. ”* Dr. Reinhold Brehm ist der dritte Sohn unseres Altmeisters, der die Liebe für das Studium der Ornithologie vom Vater ererbt hat. Der älteste, Oscar, starb bekanntlich auf der Reise nach Chartum im Beginne einer ernsten natur- forscherischen Thätigkeit, die sicher reiche Früchte gebracht haben würde nach den Proben von Fleiss, Umsicht und Gewissenhaftigkeit, welche derselbe bereits ge- liefert. Der zweite Sohn, Dr. Alfred Brehm, hat sich bereits genügend auch in weiteren Kreisen bekannt gemacht. Baldamus. 186 Dann ein desgleichen von Hrn. Pfarrer Jäckel nebst ormnithol. Notizen. (S. Beilage Nr. 12.) Sodann ein Brief und Gruss von Hrn. Luigi Althammer aus Roveredo, nebst zwei gemalten Abbildungen von Zyrurus tetrie, Var. und Perdix graeca, Var. alba; ein desgl. von Hrn. Dr. A. Hummel aus Ust-Laba am Kuban, der seine Versetzung nach Tiflis am Süd-Abhange des Kaukasus meldet. Endlich eine Zuschrift des Hrn. Buchhändler Julius Baedecker in Iserlohn, der die Absicht gehabt hat, das III. Heft des von ihm verlegten Eier- werkes seines Hrn. Vaters der Versammlung persönlich vorzulegen und zu empfehlen, aber durch zwingende Umstände daran verhindert wurde. Das schöne Bildwerk „findet leider nicht die Theilnahme im Inlande, die es gehofft und verdient hat, und muss seinen Hauptab- satz im Auslande suchen. Der Herr Verleger bittet die Versamm- lung und Gesellschaft um Empfehlung des kostbaren Werkes, dessen IV. Heft hoffentlich noch vor Winters erscheinen und das Ganze einen raschen Fortgang nehmen wird.“ Endlich waren noch zwei Dankbriefe von den zu Ehrenmitgliedern ereirten Herren Proff. Ig- nacio Vidal und Jos&e Arigo in Valencia eingegangen, die „ihren Dank durch eifrigere Beschäftigung mit der Ornithologie zu bethätigen gedenken.“ Schluss der zweiten Sitzung nach 11 Uhr. Nach einem Gabelfrühstück brach die Gesellschaft zu Fuss und zu Wagen nach Ilsenburg auf. Dort wurde in dem Gasthofe „zur Forelle“ der Nachmittag zugebracht und in der Abendkühle der Rückweg nach Harzburg angetreten. Dritte Sitzung. Im Saale der Eisenbahn-Restauration. Morgens 8 Uhr. Vorsitzender: Dr. Hennecke. Dr. Zander hält einen Vortrag über die zweifelhaften Arten der europäischen Bachstelzen (s. Beil. Nr. 8.) Dr. Altum bemerkt dazu, dass der Zug der Budytes in der Gegend von Münster darin einige Regelmässigkeit zeige, dass die schwarzköpfigen in normalen Jahren um die Mitte des Mai durch- ziehen, und dass dann später alle Abänderungen nach Kopffärbung und Augenstreifen promiscue folgen. Prof. Blasius hat dasselbe beobachtet. Er hat zum Vergleiche mehrere eitreola mitgebracht, und so liegen denn Uebergänge vom 187 schwefelgelben bis zum schwarzen Kopfe vor. Er erkennt nur 4 europäische Bachstelzen an: Motaeilla alba und boarula, und Budytes flava und eitreola. Die oben erwähnte, inzwischen ausgeleste Vogelsendung Brehm’s giebt hierauf Veranlassung zu längeren Discussionen und Demonstrationen, an denen sich besonders die Herren Dr. Blasius, Oberamtmann Heine, Major Kirchhoff, Dr. Altum, Dr. Hennecke, Dr. Zander, Dr. Kjärbölling u. A. betheiligen. Am interessantesten erschienen die reichen Suiten der Haubenlerchen und Eulen (s. Beil. Nr. 6), und wenn man auch über die Artwürde manches dieselbe beanspruchenden Individuums abweichender Ansicht war, so einigte man sich doch um so lieber in der Anerkennung der uner- müdlichen Thätigkeit etc. des leider abwesenden Herrn Einsenders, der man die Einsicht in dies reiche Material verdankte. Prof. Dr. Blasius sprach sich, gelegentlich der Bemerkung, „dass, wenn man die Färbung allein als artbestimmend fest- halten wolle, man alle Altersstufen beisammen haben müsse, und ein einziges Individuum gar Nichts beweise, während bei an- deren Artkennzeichen ein einziges Individuum zureichend sein könne,“ im Allgemeinen „über Beständigkeit und Schwan- ken der Speciescharaktere‘“ aus, (s. Beil. Nr. 9.) Dr. Kjärbölling zeigte hierauf das Interessantere von seinen reichlich mitgebrachten Vogelbälgen und Eiern vor. Unter letz- teren befanden sich einige auf dem Festlande noch unbekannte, von dem Engländer John Wolley entdeckte Arten, z. B. Totanus fuscus und glottis ete. (S. Beil. Nr. 10.) Dr. Kj. theilte aus einem Briefe seines leider so früh verstorbenen Freundes Holböll (Gouverneur von Grönland) über die nordischen Edelfalken auszüglich Fol- gendes mit: „Was Sie mir über die Artverschiedenheit der nordischen Edelfalken gesagt haben, ist mir jetzt durch Erfahrung in allen Punkten bestätigt worden. Es giebt in Grönland 3 Edelfalken: 1. Falco islandieus, Schlgl., mit gerader Schwanzspitze, Tarsus und Mittelzehe von gleicher Länge, Brust und Bauch stets mit Längs- streifen oder tropfenförmigen Flecken. 2. Falco groenlandieus, Brhm. & Kjärb., (welchen ich jetzt ar- etieus zu nennen mir erlaube, und ferner so etikettiren werde), mit ab- gerundetem Schwanze, Tarsus länger als die Mittelzehe, Brust und Bauch im jüngeren Alter mit Querbändern oder herzförmigen Flecken, 158 später reinweiss. Beine fast immer gelb (auf Island niemals oder doch höchst selten.) 3. Falco anatum, dem peregrinus ähnlich, doch meist kleiner und viel dunkler gefärbt. Baldamus zeigte darauf gleichfalls einige neue Eier vor, unter Anderem von P. githaginea, ein Gelege von P. erythrina, von F. cana- riensis etc. Dr. Blasius bittet um Aufklärung über einige zweifelhafte Arten und giebt seine eigenen Ansichten darüber, (s. Beil. Nr. 11.) Von Muse. atricapilla hat er in diesem Jahre nur schwarze Indi- viduen geschen; auch kamen sie um 3 Wochen später an als sonst. Die ersten Nester mit unvollständigen Gelegen hat er am 18. Mai gefunden. Herr Premier-Lieutenant Gade hat nur graue M. und zwar zuerst Anfangs Mai beobachtet; am 3. Juni noch erlegte er ein graues (singendes) M. Herr Oberamtmann Heine hat, wie Blasius, nur schwarze bemerkt. Dr. Altum am 19. April gleichfalls schwarze gesehen. Blasius hält ferner Alauda Duponti und pispoletta für gute Arten, desgl. Perdix Labatei. Otis Houbara ist wahrscheinlich nicht europäisch; sicher ist, dass alle von ihm gesehene Exemplare (das Offenbacher, die Belgischen, die Schleswigschen, das Mecklenburger ete., nicht dieser Art, sondern der Asiatischen ©. Macqueeni ange- hören. Num. borealis oder hudsonieus existirt immer nur noch in dem einen Exemplare Kjärböllings. Der Bonapartische borealis ist mela- norhynchus. Die von Herın Borggreve nach Rostock mitgebrachte Eris- matura ist ferruginea, aus einer Voliere entkommen. Bisher galt die Meinung, dass in Schweden nur Aypol. polyglotta vorkomme; aber auch vulgaris ist dort, wie vorliegende Exemplare beweisen. Sal. melanopogon aus Sardinien hat ganz die runden Flügel von Cettü, ete. Herr Wiepken hat eine Menge Nester von S. phragmitis gefunden, — an einem einzigen nicht sehr langen Graben 10 Stück — aber stets an stehenden Gewässern; hingegen die von S. aquatica nur an fliessenden (der Hunte). Die Nester standen nicht immer am Erd- boden. Blasius hat sie 2—3 Fuss über dem Erdboden gefunden, Baldamus selten auf dem Erdboden, Zander sogar eins in einem Weidenbusche in einer Höhe von 10 Fuss. 189 Herr Premier-Lieutenant Gade hat ein Kuckuksei in einem Neste von Turdus viscivorus gefunden, das ausserdem 5 bebrütete Eier der Drossel enthielt. Baldamus erhielt zwei Gelege von Pratincola rubetra aus Dieb- zig und Roveredo, mit je einem dunkelspahngrünem unbebrü- tetem Kuckukseie, während die 6 Eier des in der Zehlache zwischen Diebzig und Rajoch gefundenen Nestes des Wiesenschmätzers sehr stark bebrütet waren. Blasius stellt die Frage: hat man Erfahrungen, wie oft und in welcher Zeit die Raubvögel, denen man die Eier genommen hat, nachlesen? Er selbst hat gesehen, dass — im vorigen Jahre — Agquila naevia drei Wochen nach der Wegnahme der Eier ein einziges Ei nachgelest hat. In diesem Jahre nahm er aus dem Horste das darin liegende Ei. Der Adler baute ec. 8 Tage darnach einen neuen Horst aus Zweigen und Kuhfladen, ungefähr 100 Schritt vom ersten entfernt. Das Ei wurde wieder weggenommen; 14 Tage nachher fand er in demselben Horste ein bereits bebrütetes Ei. Baldamus. Bei den meisten Raubvögeln ist Aehnliches beobachtet worden, wie überhaupt bei wohl allen Vögeln. Bezüglich der erstern habe ich eigene Erfahrungen von Buieo vulgaris, A. pa- lumbarius, unsern beiden Milvus-Arten, Cire. cyanus und cineraceus. Am schwierigsten scheinen die Milvus-Arten zu sein, die zwar, wenn ihnen die Eier gleich jn den ersten Stadien der Bebrütung ge- nommen werden, noch einmal legen, aber gewiss nur schr selten in denselben Horst. Corvus corax hat sich im Diebziger Forste 3 Horste er- baut, zwei dicht (ce. 50 Schritt) neben einander, den dritten über 1000 Schritt davon entfernt. Als ihm die Eier aus dem ersten genommen wurden, legte er c. 14 Tage darauf in den nahe dabei befindlichen und brachte die Jungen aus. Im nächsten Jahre legte er in diesen, und als ihm die 5 Eier genommen wurden, in den dritten Horst, wo er gleichfalls Junge erzog, In dem Wäldehen am Petersberge sind einem Rabenpaare jährlich 10 bis 11 Eier, zwei Gelege, aus dem- selben Horste genommen worden. Das dritte liess man ihn aus- brüten. Einem L. eollurio habe ich in meinem Garten 3mal das Nest weggenommen — beiläufig mit denselben schr lebhaft roth ge- färbten Eiern. Sylv. nisoria hat in diesem Jahr in meinem Garten bereits das dritte Nest gebaut; die beiden ersten wurden ihm durch 190. Katzen und Neuntödter zerstört. Das erste Nest enthielt 2, das zweite 5 Eier, die schon bebrütet wurden.* Hoffmann. Bekannt ist, dass den Colonieen-Vögeln die Eier zwei bis drei Mal genommen werden, ohne dass sie, lässt man sie nur das letzte Gelege ausbringen, den Brüteplatz deshalb verlassen. Kjärbölling. Auch von nicht gerade colonieenweise brüten- den, besonders Sumpfvögeln, gilt dasselbe: man nimmt ihnen mehr- mals die Eier, ohne dass ihnen, stört man sie nur nicht durch Schies- sen ete., ihr Brutplatz verleidet wird. Blasius. Als Beispiele von der Oceupation fremder Ne- ster durch die Raubvögel ist noch anzuführen, dass ich ein Ge- lege Sperbereier in einem Ringeltaubenneste, und Milvus regalis in einem Horste von F. peregrinus gefunden habe. Der letzte enthielt keine Lumpen und Lappen. Es gilt auch hier, was so viel- fach Geltung hat: die Thiere wissen sich in der Noth einzu- richten. So fand ich auch ein Nest von Ph. Trochilus, und nicht weit davon eins von sibilatrix; jedes enthielt 4 Eier. Die des ersten wurden weggenommen, später lagen in dem Neste der sibilatriw Eier von Trochilus, und dieser flog von dem Neste, hatte also ohne Zweifel nach Vertreibung des Nesteigenthümers auf den eigenen und fremden Eiern gebrütet. Baldamus. Ich glaube in der Rhea mitgetheilt zu haben, dass ich einst ein Nest von Rubeeula mit einem Gelege dieses Vogels und einem dito von Ph. trochilus fand, von dem gleichfalls trochilus abflog, während das Rothkehlchen in der Nähe und um das Nest ängstlich bekümmert war.** * Nach meiner Rückkehr von der Versammlung fand ich nicht nur ein viertes Nest von dem L. collurio, ganz in der Nähe der ersten (in meinem und dem Nach- bargarten), sondern auch in dem Neste von nisoria 4 bebrütete Eier. Nach einigen Tagen fand ich das brütende W. erwürgt im-Neste, das M. hat aber noch e. drei Wochen in der Nähe gesungen und wahrscheinlich ein neues W. gefunden. ** In dem Pfarrgarten eines Nachbardorfes hatte Hypol. vulgaris ausnahms- weise auf den mehr als armstarken und ce. 20 Fuss hohen Ast eines Birnbaumes ge- baut und brütete Ende Mai. Bei meinem nächsten Besuche, Mitte ‚uni, fand ich, dass L. collurio sein Nest auf das Nest des Laubvogels gesetzt, wahrscheinlich nachdem er dessen Junge verzehrt hatte. 191 Kjärbölling. Dass mehrere Entenweibehen oft in ein Nest legen, zumal wo sie, wie an manchen Orten im Norden, häufig in Gesellschaft brüten, ist bekannt; selbst die Mergus-Arten legen mit- unter mit Enten zusammen. J. Wolley hat das neuerlich von M. albellus und Pl. clangulus beobachtet. Ein gewiss sehr interessantes Vorkommen der Art ist es aber wohl, dass derselbe Forscher Eier von Strix funerea mit denen von Pl. clangulus in ein und demsel- ben Neste gefunden hat. Hoffmann. An der Küste von Sylt sah ich ein Paar A. ta- dorna, welches bereits 40-45 Jynge führte, aber damit noch nicht zufrieden, noch ein anderes Paar angriff und unablässig mit Bissen verfolgte, um auch dessen Junge gewaltsam unter seine Lei- tung zu bringen. Nach den Aussagen eines dortigen Beobachters sollen sich diese Enten öfter nicht nur die Eier, sondern auch die Jungen anderer Mütter zueignen. Noch eine Frage der Physiologie möchte ich aufwerfen: „Mit welchem Ende — dem stumpfen oder spitzen — kommen die Eier aus dem Eileiter?“ Hat man bestimmte Erfahrungen bei in der Freiheit lebenden Vögeln gemacht? Kjärbölling. Das ist freilich eine Sache, deren Vorgang schwer zu beobachten sein dürfte. Bei geschossenen Vögeln fand ich in- dess, dass das stumpfe Ende im Eileiter nach dem Ausgange gerichtet war, und man darf daraus wohl schliessen, dass die Eier in dieser Weise — mit dem stumpfen Ende zuerst — geboren werden. Wiepken. Ich habe mehrfach dieselbe Beobachtung gemacht. So wurden auch lebenden Fasanen zweimal die Eier ausgedrückt, die dieselbe Lage zeigten; aber freilich starben beide W., und man könnte deshalb darauf kommen, dass diese Lage nicht die normale sei. Altum. Als eine interessante Notiz möchte ich noch mittheilen, dass R. tithys im vergangenen Jahre in Lenz in der Nähe von Mün- ster überwintert hat. Zugleich übergebe ich meine freilich nur lückenhaften phänologischen Beobachtungen über die Vögel in diesem Jahre. (Beilage Nr. 12.) Blasius. Es wäre schr zu wünschen, dass mit den Zugtabellen auch zugleich Bruttabellen gegeben würden, die von ebenso grossem ‘ Interesse sind; wie es von einigen Beobachtern allerdings schon ge- schehen. 192 Baldamus. Ich möchte daran überhaupt die Bitte um möglichst allseitige Beherzigung dieses Wunsches knüpfen. Wenn alle unsere Mitglieder auf den verschiedenen Stationen dergleichen Beobachtungen anstellen und wo möglich zugleich die meteorologischen Phänomene (Wind, Luft, Temperatur) beobachten wollten, so würden die interes- santesten Resultate nicht ausbleiben. Nachdem den Herren Vorsitzenden und Geschäftsführern der ge- bührende Dank für ihre freundliche Mühwaltung ausgesprochen, wurde die letzte Sitzung gegen 2 Uhr von Herrn Sanitätsrath Dr. Hennecke mit dem Wunsche eines allseitigen und fröhlichen Wie- der- und Beisammenseins in Stuttgart geschlossen. Osternienburg im Juni 1858. Der Sekretär: Dr. B. Baldamus. Beilage Nr. 1. Extract aus der Rechnungs-Ablage de 1856—57 über die Kasse der deutschen Ornithologen-Gesellschaft, Einnahme. Nach vorjähriger Abrechnung (cfr. Naumannia, I. Heft 1857 pag. 94) ist am 2. Juni 1856 ein baarer Kassen-Vorrath geblieben von i 30 Thlr. — Sgr. 9 Pf. An Restanten aus den beiden Rechnungs- jahren 185%, sind eingegangen . .... B „ —» —» Für das gegenwärtige Rechnungsjahr sind theils in Cöthen während der Ver- sammlung, theils durch direete Zusendung u. theils durch Postnachnahme eingegangen 11 „ — » .—» Summa Einnahme — 214 Thlr. — Sgr. 9 Pf. 193 Transport: Summa Einnahme — 214 Thlr.— Sgr. 9 Pf. Ausgabe. 1. Anden Hrn. Sekretair für Druckkosten, Porto ete.nachabgelegter Rechnung 41 Thlr. 2Sgr. 4Pf. 2. Anden Wirth im Hötel Prinz v. Preussen zu Cöthen für Saal-Decorationen und BES ee er, 3. Für 12 Stück zurückge- kommenenichtangenommene Post-Nachnahme-Briefe an BEnrioete a 2a 4. Für diverses Porto ete. 2 „ 3, 8, 5. Capitalien für die drei Jahres-Rechnungen etc... . 2 „ 2,6, Summa Ausgabe —= 60Thlr.22 Sgr. — Pf. Bleiben am 15. Juni 1857 baar in Kassa — 153 Thlr. 8Sgr. 9Pf. Bemerkungen. l. Der jetzige Vermögens-Bestand der Gesellschaft berechnet sich nach der dem Vorstande mitgetheilten Uebersicht folgen- der Weise: a) In der Sparkasse der Stadt Nienburg sind belegt: . 139 Thlr. — Sgr. — Pf. b) Der am 15. Juni d. J. verbliebenen Kassen-Vorrath beträgt . . . ...13 „ 8 „ 9, c) An Restanten sind aus den Rech- nungs-Jahren de 185%, noch vor- handen, die wahrscheinlich, wenig- stens noch zum grössten Theile, ein- Konnien. vaalen: 2 TO en Ist der muthmassliche Vermögens-Be- stand am 15. Juni d. J. gewesen —= 362 Thlr. 8 Sgr. 9 Pf. 2. Dem $. 7 der Statuten der Deutschen Ormithologen-Gesell- schaft gemäss hat ein jedes Mitglied den jährlichen Bei- Naumannla #04, 13 194 trag von 1 Thlr. pränumerando einzuzahlen. Die Erfahrung hat ergeben, dass die meisten Mitglieder es vorziehen, dass dieser Betrag durch Post-Nachnahme von ihnen eingezogen werde. Um nun nicht bis fast zu Ende des Rechnungsjahres, wie bisher, auf die Einsendung der Beiträge warten zu müssen, wodurch die Aufstellung der Rechnung nur erschwert wird, so ersuche ich die verehrlichen Mitglieder, die vielleicht es vorziehen sollten, ihren Beitrag mir direct einzuschicken, dieses künftig immer bis zum Ablaufe des Monats December zu thun, in- dem ich im entgegenstehenden Falle die noch nicht bezahlten Beiträge im Monate Januar des folgenden Jahres durch Nach- nahme von der Post einziehen werde. Diese Einziehung wird im gegenwärtigen Rechnungsjahre im künftigen Monat April geschehen. * 3. Die im Kaiserreiche Oesterreich und im Auslande wohnen- den verehrlichen Mitglieder, deren Beiträge nicht per Post eingezogen werden können, ersuche ich wiederholt, die etwa noch aus den vier verflossenen Rechnungsjahren 185%, resti- renden Beiträge im Laufe des gegenwärtigen Rechnungs- jahres, also spätestens bis Ende Mai d. J., mir gefälligst franco einsenden zu wollen. 4. Bei etwaiger Einsendung von Beiträgen kann ich ausser baarem Gelde nur Königl. Preussische und Königl. Sächsische Kassenscheine in Zahlung annehmen. “5. Recht dringend muss ich diejenigen verehrten Mitglieder bitten, mit deren Wohnorte oder Titel in dem laufenden Rechnungsjahre eine Veränderung vorgegangen ist, mir dieses gefälligst spätestens bis Ende Mai. d. J. anzeigen zu wollen, um hiernach das Mitglieder - Verzeichniss berichtigen zu können. Schäferhof bei Nienburg a.d. Weser (Hannover) im Februar 1858. Kirchhoff, Maj. a. D. z. Z. Rendant der Gesellschaft. * Siehe darüber die abgeänderten Statuten $. 7 (pag. 197). 195 Beilage Nr. 2. Jahresbericht über das Gesellschaltsjahr 1857 — 1858. Der letzte Jahresbericht führte 165 ordentliche und 37 Ehrenmitglieder auf. Beigetreten sind im verflossenen Jahre ausser den Naum. 1857 p- 337 aufgeführten 15 Mitgliedern noch 2 andere, so dass sich die Gesammtzahl der ordentlichen Mitglieder auf 182 beläuft. Zu Ehrenmitgliedern wurden auf der vorjährigen Versamm- lung die Hren. Prof. DDr. Röper und Stannius ernannt. Die An- zahl der Ehrenmitglieder ist demnach 39. Tiefe Wunden wurden der Gesellschaft durch den Verlust meh- rerer ihrer ausgezeichnetsten Mitglieder geschlagen. Sie beklagt den Tod des Prinzen Charles Lucian Bonaparte, des Prof. Dr. J. F. Naumann, des Geheimenrath Prof. Dr. H. Lichtenstein, des Lieutenants Balduin von Münchhausen, des Naturalienhändlers E. Klocke. Ausgeschieden ist Herr Lieutenant Clamer von Münch- hausen. Es bleiben sonach 38 Ehrenmitglieder und 178 ordentliche Mit- glieder. An Zuschreiben sind eingegangen die bereits erwähnten Dank- schreiben der Herren Proff. Ignacio Vidal und Jose Arigo in Valencia. Östernienburg, 4. Juni 1858. Der Sekretär: E. Baldamus, 13* 196 Beilage Nr. 3. Statuten der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft. 1. Der Deutsche Ornithologen-Verein bildet von jetzt ab eine „Deutsche Ornithologen-Gesellschaft,“ nach Art ähnlicher Naturforscher=Vereine. 2. Zweck dieser Gesellschaft ist die Förderung der gesammten Or- nithologie, beson ders der Ornithologie Europa’. $. 3. Ordentliches Mitglied und als solches stimmberechtigt ist jeder Deutsche und ausländische Ornitholog und Freund der Ornitho- logie, der sich auf Grund der Statuten zur Aufnahme meldet. Auch bleibt dem Vorstande unbenommen, diese oder jene ihm geeig- net scheinende Person zum Beitritte aufzufordern oder zum Ehren- Mitgliede zu ernennen. $. 4. Jedes Mitglied erhält bei seinem Eintritte in die Gesellschaft ein seine Mitgliedschaft beglaubigendes Diplom und ein Exemplar der Statuten. %. 5. An der Spitze der Gesellschaft steht ein aus sieben ordent- lichen Mitgliedern zusammengesetzter Vorstand, der von den Mitgliedern der Versammlung nach Stimmenmehrheit auf drei Jahre gewählt wird. Einer von ihnen besorgt als Sekretär die Correspon- denz und alle andern die Gesellschaft betreffenden schriftlichen Ar- beiten; ein Anderer (Rendant) führt die Kasse. Jeder von ihnen führt das Siegel der Gesellschaft als Beglaubigung in seinem Ge- schäftsverkehr. | | | 197 $. 6. Jedes ordentliche Mitglied zahlt zur Bestreitung der Gesellschafts- unkosten einen jährlichen Beitrag von Einem Thaler Preuss. Courant pränumerando. Die im letzten Viertel des Gesellschafts- jahres — von einer Versammlung zur andern — beitretenden Mit- glieder zahlen erst für das folgende Jahr. Der Rechenschafts- bericht ist alljährlich der Gesellschaft vorzulegen und vom Vor- stande zu dechargiren. Die Verwendung etwaiger Ueberschüsse bleibt dem Beschlusse der Versammlung überlassen. $. 7. Die von den Mitgliedern zu zahlenden Beiträge sind alljährlich dem Rendanten franco einzuschicken. Wenn diese Einzahlung nicht bis ultimo September jeden Jahres geschehen ist, so soll der Ren- dant die restirenden Beiträge durch Nachnahme von der Post ein- ziehen, wo diese möglich ist. Die verweigerte Annahme eines solchen mit dem Gresellschaftssiegel beglaubigten Nachnahmebriefes soll als ein Ausscheiden aus der Gesellschaft betrachtet werden. Ausserhalb des Deutschen Post- Vereins wohnende Mitglieder werden nach ultimo September an die Zahlung erinnert werden, und soll die verweigerte Annahme oder die Nichtbeantwortung eines solchen und eines nach halbjähriger Frist zu erlassenden zweiten un- frankirten Briefes gleichfalls als ein Austritt aus der Gesellschaft an- gesehen werden. $. 8. Beabsichtigt ein Mitglied aus der Gesellschaft auszutreten, so. ist solches vor Ablauf des jedesmaligen Rechnungsjahres dem Sekretär oder Rendanten anzuzeigen, widrigenfalls der Beitrag für das neue Rech- nungsjahr noch zu erheben ist. &. 9. Es findet in der Regel jährlich eine Versammlung statt, deren Zeit und Ort und Local-Geschäftsführer auf der vorhergehen- den Versammlung bestimmt werden. Die betreffende Bekannt- machung geschieht in dem Protokollhefte der Naumannia, und soll ausserdem jedem Mitgliede mindestens 4 Wochen vor dem Ter- mine noch eine besondere Einladung seitens des Sekretärs und Ge- echäftsführers franco zugesendet werden. 198 $. 10. Das Organ der Ornithologen-Gesellschaft ist die „Naumannia.“ Dasjenige Heft dieser Zeitschrift, welches das Protokoll nebst Beilagen etc. der Ornithologen-Versammlungen enthält, wird auf Kosten der Gesellschafts-Kasse aus den Jahresbeiträgen gedruckt, und ist den sämmtlichen Mitgliedern gratis zuzusenden. Auch soll diesem Hefte jedesmal ein Verzeichniss der lebenden Mitglieder, sowie des zeitigen Vorstandes beigegeben werden. el Zusätze und Modificationen dieser Statuten können von jedem Mitgliede beantragt werden. Diese unterliegen indess der Berathung und Beschlussfassung der nächsten Versammlung der Gesellschaft, und ist es daher erforderlich, dass dieselben dem Sekretär vor der Versammlung schriftlich mitgetheilt werden, um auf die Tages- ordnung gesetzt werden zu können. Die vorstehenden Statuten sind von der Versammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft in ihrer Sitzung vom 8. Juni 1858 berathen und einstimmig angenommen worden. Der Vorstand. Dr. B. Altum. Dr. E. Baldamus. Prof. Dr. I. Blasius. Pastor Dr. €. L. Brehm. Dr. J. Hofl'mann. Major Kirchhoff. Dr. H, Zander. 199 Beilage Nr. 4. London, den 31. Mai 1858. Auch diesesmal zu meinem Leidwesen verhindert, der Versamm- lung Deutscher Ornithologen beiwohnen zu können, kann ich mir wenigstens nicht versagen, dieselbe aus der Ferne voll Theilnahme zu begrüssen. Vielleicht wird eine Entschuldigung für mich darin zu finden sein, dass mich in erster Linie ein ornithologischer Zweck nach London geführt hat, der nämlich, das Material für ein zweite Ausgabe meines „System der Ornithologie West-Afrika’s“ zu vervollständigen. Das konnte aber nur hier in erheblicher Weise ge- schehen, und ein Arzt, das werden Sie ja zu beurtheilen wissen, ist nicht immer in der Lage, sich die Zeit für einen Ausflug von drei Wochen wählen zu können. Nun aber zu etwas Ornithologischem, denn es würde sich nur schlecht für mich schicken, die Versammlung mit einer blossen Ent- schuldigung meiner Abwesenheit abspeisen zu wollen. Beifolgende Kupfertafel versinnlicht ein unzweifelhaft ächtes Nest mit den Eiern von Bombyeilla garrula. Sie ist den in Deutsch- land verhältnissmässig wenig bekannten illustrirten Proceedings der zoologischen Gesellschaft entnommen, und wird vielleicht gerade jetzt ganz gelegen kommen. Der englische Reisende John Wolley fand in Lappland 6 Nester des Seidenschwanzes, Vier derselben standen in kleinen Zirbelkiefern, eines in einer Föhre und eines auf einer Birke; alle in einer Höhe von 6 bis 12 Fuss über dem Boden. Alle 6 Nester wurden in offneren Theilen des Waldes gefunden und standen sehr wenig verdeckt, und meist sogar ganz exponirt auf Bäumen, von welchen reichlich haarartiges Moos herabhing. In fünf Nestern lagen 5 Eier, nur in einem 6. In dem kalten und verspäteten Früblinge von 1856 hatte Bombyeilla seine volle Eierzahl um den 12. Juni herum. In einem Neste waren die Eier grösser, in dem andern kleiner. Bedeutend war der Unterschied indessen nicht. Je- nes haarartige Lichen und abgestorbene Zweige bilden das Haupt- 200 material zum Nestbau. Nur in einem Nest war eine Art Fütte- rung bemerkbar, aus Vogelfedern bestehend. Das einzige Nest desselben Waldes, welches mit dem von Bombyeilla einige Aehnlichkeit zeigt, wenn auch nur entfernte, ist das von Garrulus infaustus. Ein wahres Vergnügen ist es, die Vögel im zoologischen Garten zu sehen. Eine ungleich glücklichere Hand scheint hier Alles zu leiten, als im Pflanzengarten zu Päris, der überhaupt, was die Thiere anbetrifft, mit den Zoologieal Gardens in London nicht im entferntesten verglichen werden kann. Es war eine Freude, bier Larus marinus und argentatus in ihren Umzäunungen ruhig und un- gestört brüten zu sehen. Die seltensten exotischen Phasianiden, als Euplocomus Horsfieldii und albocristatus und melanotus, Phasianus Wal- lich und Lophophorus impeyanus hatten Junge. Von seltenen lebenden Vögeln erwähne ich nur noch Apterya, dann den schönen neuen Casuar von Neuirland (Casuarius Bennettü), dessen Ei in Form und Farbe völlig abweicht, ferner den Kranich der Mongolei: Grus Montignesia, Bonap., den schwarzhalsigen Schwan des chilesischen Hochlandes, der ebenfalls brütet; die neu- holländische Talegalla, dann Ptilonorhynehus holosericeus, der sich eben seine Lustlaube baute, u. s. w. Was soll ich Ihnen von den Schätzen im Museum selbst schreiben! Wo soll ich anfangen und aufhören! Ich habe des Neuen so Vieles gesehen, dass mir der Kopf davon schwindelt. Nur ein Paar Sachen mag ich nicht unerwähnt lassen. Der grosse Paradiesvogel (Paradisea major) steht jetzt so ausgestopft, wie ihn der talentvolle Reisende und Naturforscher Wallace auf Neuguinea und den Arruinseln wie- derholt beobachtete, das heisst, den herrlichen Federschmuck wie eine Sonne radförmig um den Körper herum ausge- breitet. Es muss ein entzückender Anblick sein, den Vogel so in der reichsten Fülle seiner tropischen Umgebung sitzen zu sehen. — Ganz neuerlich, sagt mir Gray, sind hier in London wieder Eier und Exemplare von Alca impennis zum Verkauf angeboten; es muss also jedenfalls eine neue Zufuhr gekommen sein. Ein Vogel, der mich sehr interessirte, war ein sehr grosser Colymbus, ganz wie (Glacialis gefärbt, aber mit orangegelbem Schnabel, der zudem eine abweichende Form zeigt. Derselbe stammt vom Kotzebue- 201 sund in N.-W.-Amerika’s, derselben Lokalität, wo die schöne neuc Eiderente, Somateria V nigrum, Gr., erlegt wurde, ganz wie mollissima gefärbt, aber mit dem schwarzen V von speetabilis gezeichnet. Ich fand Georg Robert Gray beschäftigt, einen Bericht über die unvergleichlichen Sendungen von Wallace aus Neuguinea, den Arruinseln, Ternate und Gilolo auszuarbeiten. Sclater bereitet die Herausgabe seiner Synopsis sämmtlicher Vögel Südamerikas (incl. Mexicos und Westindiens) vor, eines Werkes, was unter den besten der ornithologischen Literatur seines Gleichen suchen wird. Sclater kennt an 2500 Arten! Balaeniceps rexz % und © ist lebend für den ornithologischen Garten unterwegs. Die Gesellschaft bezahlt an J. Natterer in Kartum für das lebende Paar 200 Pfund Sterling. Ausserordentliche Sachkenntniss, unablässiges Bemühen und kolos- sale Geldmittel müssen sich vereinigen mit Glück, um möglich zu machen, was hier möglich gemacht ist. Mein lieber Freund Sclater empfiehlt sich der Versammlung mit bestem Gruss und mit einem Verzeichniss der augenblicklich in den Zoological Gardens lebenden Papageien. Nochmals herzlich grüssend Ihr G. Hartlaub. Beilage Nr. 5. Verzeichniss der in den Gärten der zoologischen Gesellschaft zu London lebenden Papageien. l. Juni 1858. a. Series americana, Subfam. Arinae, l. Ara ararauna, Linn., ex Brasil. 2. ,„ aracanga, Gm, ex fl. Amazon. EDLER 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 1a, 19. 20. 21. 22. 23. 202 Ara trieolor, Bechst., ex Guiana. Conurus erythrogenys, Less., ex Guyaquil. 55 aureus, Linn., ex Brasil. > aeruginosus, Linn., ex Brasil. | 5; solstitialis, Linn., ex Brasil. „» earolinensis, ex Am. Bor. 3 guianensis, ex Guiana. Psiltovius tovi, ex Brasil. Brotogeris pyrrhopterus, ex Brasil. Subfam. Psittaculinae. Chrysotis pulverulenta, ex Guinea. ER auripalliata, Less., ex Am. Centr. 27 wanthops, ex Brasil. en leueocephala, Linn., ex Cuba. 5 Sallaei, Selater, P. Z. S. 1857, p. 224, ex S. Domingo, (Typus). » vittata, ex Brasil. w festiva, Linn., ex fl. Amazon. 7 ochrocephala, ex Guiana. Deroptyus aceipitrinus, ex fl. Amazon. Pionus senilis (Spix.), ex Mexico. Caica melanocephala, ex fl. Amazon. Psittacula passerina, ex Guiana. b. Series palaeogeana. Subfam. Palaeornithinae. Palaeornis alexandri, ex India Or. e torquata, ex India Or. en schisticeps, ex mont. Himalay. 55 columboides, ex India Or. sup. 5 bengalensis, ex India Or. es lueiani, ex ins. Philipp. @) Fri javanica, ex Java et Borneo. 55 viridimystax, Blyth, ex India Or. Tanygnathus maerorhynehus, ex ins. Moluce. B mulleri, Bonap., ex Celebes,.. 203 Aprosmictus erythropterus, ex Nov. Holland. 5 amboinensis, Gm., ex Amboina? rn scapulatus, ex Nov. Holland. Platycereus barnardi, ex Nov. Holland. semitorquatus, ex Nov. Holland. „ „ ” » pennanti, ex Nov. Holland. , » eximius, ex Nov. Holland. caledonieus, ex Nov. Holland. Es » pileatus, ex Nov. Holland. = „» palliceps, ex Nov. Holland. Polytelis barrabandi, ex Nov. Holland. Pr melanura, ex Nov. Holland. Cyanorhamphus novae zelandiae, ex Nov. Zeland. Psephotus multicolor, ex Nov. Holland. Fr, haematonotus, ex Nov. Holland. h haematogaster, ex Nov. Holland. Calopsitta novae hollandiae, ex Nov. Holland. Euphema pulchella, ex Nov. Holland. s chrysostoma, ex Nov. Holland. Melopsittacus undulatus, ex Nov. Holland. Subfam. Psittacinae. Coracopsis nigra, ex Madagase. r vasa, ex Madagase. Psittacus erithacus, ex Afr. Oce. Poeocephalus levaillanti, ex Afr. Mer. 7 guliehmi, ex Afr. Oce. Pr meyeri, ex Afr. Or. 5 fuseicapillus, ex Zanzibar. Fr senegalus, ex Afr. Oce. Agapornis pullaria, ex Afr. Oce. Subfam. Loriinae. Polychlorus magnus, ex ins. Molucc. R westermanni, Bonap., (P. Z. S. 1857, pl. 127), ex ins. Moluce. Belectus grandis, ex ins. Moluce. „ eornelia, Bonap., (P. Z. 8. 1849, pl. 10), ex in Moluce. 204 67. Trichoglossus swainsont, ex Nov. Holland. 68. Loriculus vernalis, ex -Malacca. Subfam. Cacatuinae. 69. Cacatua roseicapilla, V., ex Nov. Holland. 70. 5 eristata, ex ins. Moluee. TE. ;5 galerita, ex Nov. Holland. 72: » philippinarum, ex ins. Philipp. 73. a leadbeateri, ex Nov. Holland. 74. „» aequatorialis, Temm., ex Celebes. 19%: 3 eitrino-eristata, ex ins. Moluce. 76. r molucecensis, ex ins. Molucee. 77. Licmetis nasica, ex Nov. Holland. 49 Pall Mall, London. Philip Lutley Selater. Beilage Nr. 6. Etwas über die Haubenlerchen, Galerita, Boje. (Alauda cristata, L., et undata, L.) Die Haubenlerchen bilden eine recht gute Sippe, welche schon durch die zu einer Holle oder spitzigen Haube ver- längerten Kopffedern hinlänglich bezeichnet ist. Ausser- dem sind die zu ihr gehörenden Vögel durch ihren kurzen, gedrun- genen Körper, ihre stumpfen, breiten Flügel und ihren kurzen vorn gerade abgeschnittenen Schwanz von den andern Lerchen hinlänglich verschieden. Sie zerfallen in: 5 1. Eigentliche Galeritae verae sive legitimae. 2. Uneigentliche Galeritae spuriae. - Die Letzteren sind unsere Haide- oder Baumlerchen, und bieten nach den wenigen Subspecies, welche sie bilden, wenig Verschieden- heit dar. Von ihnen wollen wir jetzt Nichts mittheilen, wohl aber von den eigentlichen. Bl 205 Die eigentlichen Haubenlerchen, Galeritae verae, unterscheiden sich von den uneigentlichen durch die spitzige Haube und die starken Füsse auf den ersten Blick. Während die uneigentlichen die Schläge der Nadelwälder und die Bergebenen oder Bergrücken überhaupt be- wohnen, halten sich die eigentlichen, mit Ausnahme der Galerita Theklae, welche Gebirgsvogel ist, auf den ebenen Feldern, besonders gern auf den Kunststrassen und andern Wegen, nicht selten auch in der Nähe der Städte und Dörfer auf. Die Wege haben so viel An- ziehungskraft für diese Lerchen, dass sie in Ost-Friesland mit dem Bau der dortigen Kunststrassen eingewandert und jetzt in diesem Lande heimisch geworden sind. Das Merkwürdigste aber bei diesen Haubenlerchen ist ausser- ordentliche Verschiedenheit der Farbe, besonders des Oberkörpers und der Zeichnung. Die erstere entspricht genau dem Boden, auf welchem sie leben. Da werden nun die Freunde des Materialismus sagen, siehätten sich in Hinsicht ihrer Hauptfarbe dem Boden accom- modirt; denn dieselben meinen, mehrere nordische Vögelarten hätten um deswillen längere Flügel als die südlichen, weil sich auf den weiten Reisen, welche sie machen müssten, die Flügel mehr aus- dehnten und dadurch länger würden. Dagegen spricht aber nur der unbedeutende Umstand, dass alle Zugvögel erst dann die Wanderung antreten, wenn die Flügel schon lange vorher ihre vollkommene Aus- "bildung erreicht haben. Ich, der ich an einen Schöpfer der Welt fest glaube, bin der Meinung, dass dieser den nordischen Vögeln län- gere Flügel gegeben habe, damit sie ihre weiten Reisen bequemer zurücklegen können. Ebenso bin ich überzeugt, dass die Hauben- lerchen, deren Farbe allerdings dem sie umgebenden Boden ähnlich ist, ihre Farbe nicht nach diesem verändert, sondern vom weisen Schöpfer vor Jahrtausenden mit einem, ihren Umgebungen in der Farbe ähnlichen Kleide geschaffen worden sind, damit sie den Blicken ihrer vielen Feinde wenig bemerkbar werden. Wir besitzen über 100 Haubenlerchen aus den verschiedenen Ländern Europas und Afrikas, von denen wir 56 Stück, unter ihnen viele gepaarte Paare, der diesjährigen Versammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft zur Ansicht und Besprechung zugeschickt haben. Einer Aufforderung des Hrn. Dr. Baldamus, des Herausgebers der Naumannia, zufolge will ich hier meine Ansicht über diese höchst merkwürdigen Vögel in möglicher Kürze mittheilen. 206 Sie würden, wenn man Linnes Verfahren befolgen wollte — er stellte bekanntlich die südfranzösische Haubenlerche, unter dem Namen Alauda undata, als eine von seiner Alauda eristata verschie- dene Art auf — ganz gewiss ein Mandel oder wenigstens ein Dutzend Arten bilden. Aber jetzt urtheilt man anders und führt sie grössten- theils als Gattungen* (Subspecies) auf. Für das ‚Dasein dieser Subspecies liefern sie glänzende Beweise, wie wir bald zeigen wer- den. Merkwürdig ist der Umstand, dass sie in der Gestalt des Schnabels ebenso verschieden wie in der Zeichnung sind, und dass in Spanien die meisten nordafrikanischen vorkommen, während die an- derer europäischer Länder von diesem Lande ausgeschlossen sind. Es würde viel zu weit führen, wenn wir von allen diesen Vögeln, wie sie vor unsern Augen liegen, eine genaue Beschreibung geben wollten. Wir müssen uns begnügen, die Arten kurz zu schildern und die Subspeeies derselben nur mit wenigen Worten zu bezeichnen, damit der geehrte Leser, wenn er eine oder die andere in seine Hände bekommt, sie zu bestimmen vermöge, 1. Die ächte Haubenlerche. Galerita cristata, Boje. Alauda cristata, L. Der Oberkörper zieht, eine einzige ausgenommen, nicht ins Rostfarbige oder Gelbliche, die Unterflügel- deckfedern sind mattrostroth. a Die schwärzliche Haubenlerche. Galerita cristata nigricans. Ihre Grösse ist bedeutend, ihr Oberkörper stark schwarz gefleckt. Der Kropf mit grossen schwarzen Längeflecken dicht besetzt. Am dunkelsten auf dem schwarzen Nilboden; in Deutschland bei Dresden, Gotha und Auma erlegt. b) Die grosse Haubenlerche. Galerita cristata major. Etwas grösser aber lichter als a, mit weniger deutlich ausge- sprochener dunkler Zeichnung auf dem Oberkörper und Kropfe, die grösste Haubenlerche. Bei Berlin und Sandersleben. Bei dieser und der vorhergehenden hat die erste schwärzliche Steuerfeder nur an der äussersten Fahne eine matte Rostfarbe. * Was sich gattet nach Oken; denn das so genannte Genus der Geschöpfe wird viel besser nach Oken mit Sippe als mit Gattung bezeichnet. 207 ec) Die gemeine Haubenlerche. Galerita cristata vulgaris. Merklich kleiner als b, mit kürzerem Schnabel und mehr Rost- farbe auf der ersten Steuerfeder. Die erste Schwungfeder, welche bei den vorhergehenden viel kürzer ist als die vordern Oberflügel- deekfedern, fast so lang als diese. Bei Leipzig und Witten. d) Die Dorfhaubenlerche. Galerita cristata pagorum. Merklich kleiner als a, b und c, mit ähnlicher Rückenzeichnung wie bei c, auf dem Kropfe stark gefleckt. Bei Leipzig, Klagenfurth, Lübs in Mecklenburg und in Ungarn. e) Die Weghaubenlerche. Galerita eristata viarum. Bedeutend kleiner als alle vorhergehenden, mit dunkler Rücken- zeichnung und kleinen Kropfflecken. Die erste Schwungfeder äus- serst klein. Lebte vor 30 Jahren bei Witten und ist wahrscheinlich nach Ostfriesland gewandert. f) Die kärnthner Haubenlerche. Galerita eristata karin- thiaca. Grösse von d, der Schnabel ziemlich dünn und gestreckt, der dunkle Oberkörper und der Kropf stark schwarz gefleckt. Die erste Steuerfeder grossentheils rostbraun, die erste Schwungfeder wenig kürzer als die oberen Oberflügeldeckfedern. Die Unterflügeldeckfedern, welche bei allen vorhergehenden an und vor dem Handgelenke dunkle Flecken haben, ungefleckt, ihre Oberschwanzdeckfedern ziehen ins Rostfarbige. In Kärnthen und Ungarn. g) Die blasse Haubenlerche. Galerita eristata pallida. Der Oberkörper sehr blass, hell erdgrau mit wenig bemerkbaren schwärzlichen Längeflecken — weniger gefleckt, als alle vorhergehen- den, — fast der ganze Unterflügel, — die ungefleckten Unterflügel- deckfedern mit eingeschlossen — blassgraulich rostfarben, die äus- sere Fahne der ersten Steuerfeder schmutzig gelblich- weiss. Diese in Spanien lebende Haubenlerche weicht in ihrer Farbe und Zeichnung so sehr von ihren Verwandten ab, dass ich sie, besässe ich mehr als ein Stück, unbedenklich für eine besondere Art erklären würde. Ich behalte mir natürlich vor, künftig mehr über sie zu sagen. h) die Haubenlerche der Ebenen. Galerita eristata planorum. In der Zeichnung des Oberkörpers ähnelt sie der @. c. karinthiaca, ihre dunkle Kropfzeichnung ist weniger ausgesprochen, ihre erste Schwungfeder kürzer, fast so lang als die vorderen Oberflügeldeck- 208 federn, ihre erste Steuerfeder viel dunkler, auf der ganzen innern Fahne schwärzlich, ihre Oberschwanzdeckfedern ziehen nicht ins Rostfarbige wie bei dieser, und ihre Unterflügeldeckfedern vor und an dem Handgelenke dunkel gefleckt. Wir erhielten sie nur aus Dalmatien. i) Die französische Haubenlerche. Galerita eristata gallica. Sie hat Aehnlichkeit mit @ c. vulgaris, allein ihre Zeichnung auf dem Rücken und Kropfe ist weniger ausgesprochen, ihre erste Steuerfeder grossentheils, ihre zweite auf der ganzen äussern Fahne mattrostfarben, ihre Oberschwanzdeckfedern ziehen ins Rostfarbene und ihre Unterflügeldeckfedern sind ungefleckt. In der Gegend von Lyon. k) Die dünnschnäblige Haubenlerche. Galerita eristata tenwirostris. In der Grösse, Farbe und Zeichnung der @. c. pagorum ähnlich. Doch ist die letztere bei ihr bestimmter und deutlicher als bei dieser. Ihr untrügliches Hauptkennzeichen ist der lange dünne pieper- ähnliche Schnabel. Bei Sarepta. l) Die schmalstreifige Haubenlerche. Galerita eristata an- gustistriata. Ihr Schnabel ist mittelstark, ihr Oberkörper hell erdgrau mit un- deutlicher dunklerer Zeichnung; ihre Oberschwanzdeck- und beiden mittleren Steuerfedern ziehen stark ins Rostfarbige; die erste Steuer- feder ist fast ganz, die zweite an der ganzen äussern Fahne oder doch an ihrem Rande rostfarben, die erste Schwungfeder kurz, die Unterflügeldeckfedern sind ungefleckt und die Kropfstreifen schmal. In Spanien, Griechenland und Nubien. m) die gefleckte Haubenlerche. Galerita eristata maculata. Sie unterscheidet sich von der vorhergehenden ihr ähnlichen durch die mehr ausgesprochene Zeichnung auf dem Oberkörper und durch die dunkeln hinteren Schwung- und zwei mittleren Steuer- federn; jene sind schwärzlich, diese braunschwarz, alle erd- grau eingefasst. An den Seiten des Unterhalses bilden die hier zu- sammenlaufenden schwarzen Streifen einen dunklen Fleck; daher ihr Name. Mein seliger Sohn Oscar schoss ein gepaartes Paar auf einen Schuss am 24. März 1850 bei Assuan in Nubien, und Alfred ein Weibchen bei Masnou in Spanien am 1, Juni 1850, 209 n) Die hochschnäblige Haubenlerche. Galerita eristata altirostris. In der Zeichnung und Grösse ähnelt sie der @. ce. angusti-striata, allein sie ist wegen ihres starken und hohen Schnabels weder mit ihr noch mit einer der vorhergehenden zu verwechseln. Sie lebt in Oberegypten, Nubien und bei Murcia in Spanien. 0) Die gewässerte Haubenlerche. Galerita cristata undata. (Alauda undata, L.) Der Oberkörper sehr hell mit undeutlicher dunkler Zeichnung. Die ziemlich grossen dunkeln Kropfflecken wenig scharf begrenzt, die Unterflügeldeckfedern nicht gefleckt, die äusserste Steuer- feder fast ganz dunkel rostgelb, die erste Schwungfeder fast so lang als die vordersten Oberflügeldeckfedern. Sie unterscheidet sich von allen vorhergehenden durch die helle Farbe: Sie bewohnt Südfrankreich, vorzugsweise die Umgebungen von Montpellier. p) Die rostfarbige Haubenlerche. Galerita eristata ru- fescens. Der dunkle Oberkörper zieht auf dem Rücken, den hintern Schwung- und zwei mittlern Steuerfedern stark ins Rostfarbige. Die Unterflügeldeckfedern sind rostgraulich, vor dem Handgelenke stark schwarzgrau gefleckt; die äusserste Steuerfeder ist fast ganz matt rostfarben; der Schnabel kurz und stark; in Südspanien. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie eine besondere Art bildet; allein da ich nur ein und noch überdies verdorbenes Stück besitze: muss ich die Entscheidung künftigen Beobachtungen überlassen. 2. Die abyssinische Haubenlerche (ralerita abyssinica, Paul de Wrttbge. Der Oberkörper zieht besonders auf dem Bürzel stark ins Rost- farbige; die dunkeln Längestreifen des Kropfes sind schmal; die äusserste Steuerfeder nur an der schmalen Fahne rostgelb; die rost- gelben Unterflügeldeckfedern sind vor dem Handgelenke etwas dun- kel gefleckt. In Abyssinien. 3, Die gelbliche Haubenlerche. Galerita flava, Alfr. Brm. Der ganze Oberkörper ist graulich rostgelb mit wenig in die Augen fallenden bräunlichen Längeflecken; die Ausserste Steuerfeder jet ganz rostgelb, wie fast der ganze auch an den Deckfedern unge- fleckte Unterflügel; die erste Schwungfeder ist kurz; der gelblich- Naumannla, 1858, ie) 210 weisse Unterkörper nur an dem Kropfe mit schmalen hell- oder rost- braunen Längefleckchen besetzt. Die Jungen haben auf dem gan- zen erst gelben Oberkörper braune Quer- und weisse Spitzenflecken und auf dem Kropfe des weisslichgelben Unterkörpers einige kaum bemerkbare rostbräunliche Fleckchen und Punkte. Diese von meinem Sohne Alfred entdeckte Art zerfällt in a) die dünnschnäblige gelbliche Haubenlerche, Galerita fava tenuirostris, mit gestrecktem bogenförmigen, dünnen Schnabel und in b) die dickschnäblige gelbliche Haubenlerche, Galerita flava crassirostris mit ziemlich kurzem dicken Schnabel. Sie lebt hoch oben an den Nilufern. Mein Sohn erlegte einige in Berber, die meisten aber in der Gegend von Chartum. 4. Die kleine gelbe Haubenlerche. Galerita lutea, OÖ. Brm. Eine kleine Haubenlerche mit ziemlich kurzem dicken Schna- bel, rostgelben, kaum merklich dunkler gestricheltem Oberkörper — nur auf dem Kopfe sind die braunen Längestreifen deutlich — und weisslich gelbem, am Kropfe mit wenigen braunen und rostbraunen Streifchen besetzten Unterkörper. Die äusserste Steuerfeder ist rost- gelb, der rostgelbe Unterflügel an den Deckfedern ganz ungefleckt; die erste Schwungfeder ziemlich lang. Sie unterscheidet sich durch die geringere Grösse, den viel kleinern Schnabel und die heller gelbe Farbe so wesentlich von allen vorhergehenden, dass sie als eine be- stimmte Art betrachtet werden muss. 5. Thekla’s Haubenlerche. Galerita Theklae*) nobis. Diese Haubenlerche, deren vollständige Beschreibung wir künftig geben werden, unterscheidet sich schon auf den ersten An- blick so sehr von allen andern mir bekannten Haubenlerchen, dass über die Richtigkeit dieser Art eigentlich gar kein Streit sein kann. Sie verbindet durch ihre Zeichnung die eigentlichen Haubenler- chen mit dem uneigentlichen, nämlich mit den Haidelerchen. Als ich die Kropfzeichnung der ersten sah, wurde ich so lebhaft an die der Haidelerchen erinnert — es war die kleine Subspecies, welche *) Wir benennen diese Lerche nach unserer unvergesslichen, am 6. Julius 1858 in ihrem 25. Lebensjahre verstorbenen Tochter. 211 mir zuerst unter die Augen kam, — dass ich sogleich die Kopfzeich- nung betrachtete, um zu erkennen, wohin das liebe Vögelchen zu stellen sei. Da zeigte es sich denn bald, dass ich eine Hauben- und keine Haidelerche vor mir hatte. Dieser erste Eindruck wurde durch die nachfolgende genaue Untersuchung vollständig ge- rechtfertigt. Sie unterscheidet sich von allen andern Haubenlerchen hinlänglich 1) Durch den Schnabel, 2) durch die eine Schwung- feder und 3) durch die Zeichnung in jedem Alter. 2) Der Schnabel ist kurz, dick, hoch, gewölbt und ohne Haken. Selbst der unserer @. c. altirostris erscheint lang gegen ihn. Wenn man die Schnäbel von @. Theklae und @. e. tenui- rostris zusammenstellt: so erstaunt man, dass beide Vögel zu ein und derselben Sippe gehören. Man braucht mir von dieser Lerche nur den Schnabel als den einer von mir zu bestimmenden Art zu zeigen, und ich bin zu jeder Wette bereit, dass ich ihn sogleich als den der Galerita Theklae erkennen werde. 2) Die erste Schwungfeder ist länger oder wenigstens ebenso lang, als die vordern Oberflügeldeckfedern, wäh- rend sie bei allen andern Haubenlerchen, die @. c. rufescens aus- genommen, kürzer als diese ist. Diese erste Schwungfeder ist bei Bestimmung der Arten von grosser Wichtigkeit, was man erst in neuerer Zeit erkannt hat. Sie ist deswegen sehr zu beachten. 3) Die Zeichnung. Diese ist auf dem Ober- und Unter- körper viel deutlicher ausgesprochen, als bei den Ver- wandten. Das tiefe Erdgrau des Oberkörpers hat so ausgeprägte, schwarze Längeflecken, dass sie schon im Herbste, zu welcher Zeit sie bei den andern ziemlich undeutlich sind, sehr hervortreten und im Früh- jahre noch bemerkbarer werden. Die Oberschwanzdeckfedern sind rostfarben. Die Schwungfedern sind grauschwarz, auf der äussern Fahne grau- auf der innern rostfarben gesäumt, weswegen der grau- schwarze Unterflügel grossen Theils rostfarbig gefärbt erscheint. Die Unterflügeldeckfedern sind grauweiss, zuweilen mit blass- rostfarbigem Anfluge, die an und vor dem Handgelenke grau- schwarz mit weisslicher Spitzenkante. Auf dem Öberflügel stehen zwei undeutliche hellgraue Binden. Die Steuerfedern sind dunkelschwarz, die erste Steuerfeder ist auf der äussern Fahne und 14 * 212 grössern Theils auf der vordern Hälfte der innern rostfarben, im Frühjahre dunkel rostgelb, was auch die schmale Kante der zweiten, ebenso ihre und der dritten Spitze einfasst; die vier mittlern schwar- zen haben graue Kanten, welche an den beiden mittlern das Schwarz fast verdrängen. Der weisse Unterkörper ist an dem Kinne und der Kehle mit kleinen schwärzlichen Flecken besetzt, welche an den Sei- ten der Kehle Querflecken werden und bei den frisch vermauserten Vögeln zwei unvollkommene Längestreifen bilden. Auf dem Kropfe stehen wie bei der Haidelerche sehr deutliche schmale, schwarze Längestreifen, welche sich auch an den Seiten der Ober- brust zeigen und bei keiner der vorhergehenden in solcher Gestalt vorhanden sind. — Diese Zeichnung haben beide Geschlechter im ausgefärbten Kleide. Thekla’s Haubenlerche unterschei- det sich also von ihren Verwandten 1) durch den dicken kurzen Schnabel, 2) durch die eine Schwungfeder, welche länger als bei den andern ist, 3) durch die Zeichnung. Diese ist auf dem Oberkörper weit deutlicher als bei den Verwandten, besonders an dem Kropfe und an den Unterflügeldeckfedern ganz anders, denn diese sind nicht rostfarben, sondern weissgrau, vor dem Hand- gelenke schwarzgrau mit weissen Kanten besetzt. Dass unsere Haubenlerche eine besondere Art ist, beweist auch ihr Jugend- kleid. Dieses weicht von dem der Verwandten sehr ab. Der Ober- körper ist dunkel-, auf dem Kopfe oft schwarzbraun mit hellern Feder- rändern, vor den weissen Federspitzen mit einem schwarzen Quer- flecken; die Schwungfedern sind braun, auf beiden Seiten mit rost- farbigen Kanten, vorn mit einem weisslichen Saume, der Oberflügel mit weissen Spitzenflecken, welche zwei unvollkommene Flügelbinden bilden; der grauschwarze und rostfarbige Unterflügel an seinen Deck- federn gelblichweiss. Die Steuerfedern sind dunkelschwarz, die erste fast ganz, die zweite an der vordern Hälfte der äussern Fahne hell- rostfarben. Die beiden mittlern, welche bei den Verwandten, die gelben ausgenommen, erdbraun sind, rostfarben, mit rostbrau- nen Querbinden. Der weissliche Unterkörper an den Seiten der Kehle mit schwärzlichen, zwei unvollkommene. Streifen bildenden Flecken besetzt. Die vielen Fleckchen auf dem Kropfe sind, wie bei den jungen Haidelerchen, rundlich oder länglich, viel häufiger und deutlicher, als bei den andern jungen Haubenlerchen. Sie und die rostfarbigen mittlern Steuer- 213 federn unterscheiden die Jungen dieser Art von denen der Verwand- ten auf den ersten Blick. Sie zerfällt nach ihrer verschiedenen Grösse — ihre Maasse werden künftig mitgetheilt werden — in zwei Subspezies, nämlich 1) in die grosse, Galerita Theklae major — sie ist so gross als Galerita eristata viarum — und 2) in die kleine, Galerita Theklae minor, welche ihr an Grösse bedeutend nachsteht und die kleinste aller Haubenlerchen ist. Unsere niedliche Lerche bewohnt die Berge Südspaniens, während ihre Verwandten dort in den Ebenen leben. Meine Söhne fanden sie hauptsächlich in der Umgegend von Jativa, nicht weit von Valencia, und auf der Sierra nevada. Darüber, wie hoch sie auf diesem Gebirge hinauf geht, so wie über ihr Betragen, ihre Nahrung und Fortpflanzung werden meine Söhne das Nöthige künftig bekannt machen. Für jetzt bemerke ich nur, dass auch die Wahl ihrer Aufenthaltsorte unsere Hauben- lerche hinlänglich von den Verwandten unterscheidet. Sie ist Ge- birgsvogel, während die andern die Thäler und Ebenen bewohnen. Dieser einzige Umstand würde sie schon als eine besondere Art fest- stellen, wenn sie auch nicht die grossen oben bemerkten Unterschiede zeigte. Sie verhält sich in dieser Beziehung zu den Verwandten wie der Bergpieper, Anthus montanellu, Brm. et Bonde zu den Wiesenpiepern, Anthus pratensis, Bechst. Ihre Eier sind denen der andern Haubenlerchen nur etwas ähnlich, nach den beiden Subspeeies in der Grösse verschieden und vor denen ihrer Verwandten durch ihren lebhaften Glanz auf den ersten Blick zu erkennen. Ihre Grundfarbe ist weisslich oder grauweiss und ihre Pünktchen,, Punkte, Flecken und Fleckchen, welche über das ganze Ei verstreut sind, am stumpfen Ende aber zuweilen zusammenlaufen und einen unvollkommenen Kranz bilden, sind grau, tief- und schwarzgrau, da, wo sie zusammenlaufen, kaum merklich ins Oelgraue ziehend. Man findet gewöhnlich ihrer vier in einem Neste. Renthendorf, im Juli 1858. L. Brehm. 214 Die Schleierkäuze. Strix, Lin. Die Schleierkäuze sind ohne Widerrede die schönsten aller Eulen und über alle Welttheile verbreitet. Sie unterscheiden sich von ihren Verwändten durch den ungewöhnlich ausgebildeten Feder- kreis, welcher das Auge umgiebt, Schleier genannt wird und den Vögeln den Namen gegeben hat, durch die langen nur mit einzelnen Haaren besetzten Zehen und langen, dünn befie- derten oder vielmehr behaarten Fusswurzeln, das unge- mein weiche Gefieder, die schwarzen und weissen, in Schnüren stehenden Fleckchen des Oberkörpers und die für eine Eule kleinen, sehr gewölbten Augen. Die verschie- denen Arten haben mehr oder weniger Aehnlichkeit mit einander. Bei den meisten derselben sind die Weibchen dunkler und mehr gefleckt, bei allen ‚grösser als die Männchen. Sie bewohnen die Ge- bäude, besonders die Thürme und Kirchböden, die Trümmer der Burgen und die Felsenlöcher, wo sie auch nisten. Ihre Jungen sind im Dunenkleide mit sehr langem, weissem Flaum bedeckt. Wir geben hier eine kurze Beschreibung von Denen, welche wir besitzen und deren mehrere von andern Schriftstellern noch nicht . . I beschrieben sind. 1. Die ächte Schleiereule. Strix flammea, L. Linne stellt in seiner Fauna sueeica, als Artkennzeichen dieser Eule S. 73 auf: „Strie capite laevi corpore luteo,“ in seinem Syst. Nat. 13. Ausg. von Gmelin $. 293. heisst es von ihr: „st. corpore luteo punctis albis, subtus albido punctis nigrieantibus.* Weiter unten: „habitat in Europa et America, boreali quoque Asia, Mongolis sacra, 14 pollices longae; rostrum album; irides obscurae, rectrices intus albae, extus obscure lineatae. Die Hauptfarbe des Oberkopfes und Nackens ist dunkelasch- grau. Der Unterkörper wenig gefleckt. Sie zerfällt in fol- gende Gattungen (Subspecies). a. Die dunkle Schleiereule, Strix flammea obseura. Der Oberkörper ist tief dunkelaschgrau, nur an den Seiten des Hinterkopfes und Nackens rothgelblich mit äusserst kleinen schwar- zen und weissen Längenfleekchen; die_hellrostfarbigen, auf der innern Fahne grossen Theils weisslichen, mit 3 bis 4 schwarzen Querbän- dern besetzten Schwungfedern sind auf der äussern Fahne mit dun- 215 kelaschfarbigen Flecken, Punkten und Querlinien, zu denen auch weisse kommen, fast bedeckt. Die Oberflügeldeckfedern tiefaschfar- ben, heller gewässert, mit schwarzen und weissen Längeschmitzchen; der weissliche, vorn schwarz gebänderte und gewässerte Unterflügel ist an den kleinern Deckfedern blassrostgelb mit kleinen braunen Flecken. Der rostgelbe Schwanz hat 3 schwärzliche Querbin- den und ein tiefaschgraues, weisslich gewässertes, breites Spitzen- band. Der Unterkörper ist dunkelrostgelb mit braunen und weissen Fleckehen, der Schleier bei dem Männchen an der obern Hälfte rostfarben, an der untern rostfarbig weiss, beim Weibchen oft ganz rostfarben. Bei beiden von den Augen mit einem schwarzbraunen Flecken nach dem hellhorngelblichen Schnabel zu. Der denselben einfassende Federkranz hochrostfarben. Der Augenstern ist schwarz- braun, von dem schwarzen Augapfel kaum zu unterscheiden. In der Gegend von Altenburg. b. Die gemeine Schleiereule. sStrix flammea vulgaris. Sie ist etwas grösser als die vorhergehende, ihr auf dem Ober- körper ähnlich, aber mit 4 schwärzlichen Schwanzbinden an den Unterflügeldeckfedern mit vielen braunen Fleckchen, oder ohne sie. Auf dem Unterkörper etwas lichter, aber ebenso gefleckt, wie die von a. Der Schleier aber ist ganz anders, denn er ist gros- sen Theils weiss, vor dem Auge braun und rostfarbig, beim Weib- chen an der obern Hälfte rostfarben überflogen. Das Weibchen ist viel dunkler als das Männchen. Wir besitzen ein gepaartes Paar aus der Gegend von Leipzig und mehrere einzelne aus Altenburg. Das gepaarte Paar wurde am 8. Mai 1836 in einem Taubenschlage gefangen. e. Die besprengte Schleiereule. Strix flammea adspersa. Sie ähnelt der zunächst vorhergehenden, ist aber durchaus lich- ter gefärbt als sie, auf dem Kopfe und Nacken, besonders beim Männchen rostgelb überflogen, am Schwanze mit 4 schwärzlichen Querbinden, auf dem Unterkörper blass rostgelb, beim Weibchen wenig dunkler als bei dem Männchen, mit braunen, bei dem Männ- chen kaum bemerbaren Punkten sparsam besprengt. Der Schleier ist trüb weiss, vor den Augen mit einem rostbraunen Fleck, der ihn ein- fassende Federring rostgelb. Die blassrostgelben Unterflügeldeck- federn sind stets ungefleckt. Sie unterscheidet sich von a und b 216 durch die lichtere Grundfarbe, die kleinern Fleckehen am Unterkörper, mehr Weiss zeigenden Schleier und die stets ungefleekten Unterflügeldeckfedern. Ich erhielt sie aus der Gegend von Eisenberg und aus dem Orlthale; in dem letz- tern brütet sie jedoch nicht. d. Die betropfte Schleiereule. sStrix flammea guttata. Sie unterscheidet sich durch die bedeutende Grösse und die lichte Zeichnung des Unterkörpers sehr leicht von allen vorher- gehenden. Sie ist bis 15‘ alt par. M. lang, auf dem Oberkörper den vorhergehenden ähnlich, mit 4 Schwanzbinden, auf dem Unter- körper aber ganz anders gefärbt. Dieser ist beim Männchen blen- dend weiss, auf dem Unterhalse, Kropfe und der Oberbrust weiss- gelblich, mit deutlichen braunen Fleckchen besetzt. Das Gesicht ist weiss, vor und um das Auge ein wenig rostbraun; der weisse, an den Schwungfedern mit kurzen Querflecken gezierte Unterflügel an den weissen Deckfedern mit wenig bemerkbaren braunen Längefleckchen. Das Weibchen ist auf dem Unterkörper blassrostgelb mit deut- lichen braunen, weiss eingefassten Fleckchen. Der Schleier ist weni- ger rein weiss, als bei dem Männchen und hat mehr Rostbraun, als bei diesem. Die Schleiereinfassung ist beim Weibchen rostgelb, beim Männchen weiss, bei beiden am äussern Rande rostbraun. Diese Eule ist der folgenden ähnlicher als der vorhergehenden und scheint dem Norden anzugehören, weswegen es im Syst. Nat. heisst „subtus albo (corpore).“ Ich erhielt sie durch die Güte des Herrn von Homeyer aus Pommern und ein gepaartes Paar von meinem ‚seligen Oskar, welcher es am 14. Februar 1848 in einem Taubenschlage zu Sandersleben gefangen hatte. — 2. Die beperlte Schleiereule. Strix margaritata, Paul. de Wrttbe. Sie hat viele Achnlichkeit mit der zunächst vorhergehenden; unterscheidet sich aber auf den ersten Blick von ihr 1. durch die viel grössern rundlichen und pfeilförmi- gen braunen Fleckchen des Unterkörpers und der Unter- flügel, 2. durch die gelbliche Hauptfarbe des Hinterkopfs und Nackens. — Dieses Kennzeichen ist ganz untrüglich, und 3. durch 5 schwärzliche Schwanzbinden. een Du 217 Se. Hoheit, der Herzog Paul von Württemberg entdeckte diese Eule in Nordafrika, und hatte die Güte mir ein Stück zu überlas- sen. Ich erhielt sie aber auch aus dem Rodathale im October 1845 und früher schon, nämlich im Jahre 1826 aus Gera. Sie ist in mei- nem Handbuche als Ströe guttata beschrieben. 3. Die auffallende Schleiereule. Strix paradoxa, Brm. Ich nenne diese Eule die auffallende, - weil sie auf dem ganzen Oberkörper ein vorherrschendes hohes Rostgelb hat, welches längs dem Oberarme an dem Handgelenke, den Schulter- und hintern Schwungfedern, wie an dem Hinterkopfe und längs der Mitte des Oberrückens mit einem_tiefen, weissgewässerten Aschgrau gedämpft und an diesen Theilen deutlicher als bei allen vorhergehenden mit schwarzen und weissen Flecken besetzt ist. Die Schwungfedern sind hochrostgelb, auf der innern Fahne grossen Theils weiss, an der Spitze aschgrau und weiss gewässert, der Oberflügel ist grossen Theils hochrostgelb, der weisse Unterflügel an dem Handgelenke mit kaum bemerkbaren braunen Längeschmitzchen. Der Schleier weiss mit einem dunkel rostfarbigen Fleck vor den Augen und einer schmalen rostfarbigen Einfassung derselben; der gelblich weisse Unterkörper am Kropfe blassrostgelb, von ihm an mit äusserst zarten braunen Fleckchen besetzt. Der blassrostgelbe Schwanz hat 4 schwarze Quer- binden, aber kein dunkles Spitzenband. Sie unterscheidet sich von allen vorhergehenden und der zunächst folgenden 1. durch die scharf abgesetzte gelbe und aschfarbige Zeichnung des Oberflügels und 2. die fast ganz gelben Schwungfedern — bei allen hier beschriebenen Eulen, die Nr. 5 folgende Strür Kirchhoffii ausgenom- nen, sind sie viel mit Aschgrau und Weiss gewässert — und 3. durch die sehr einfache Schwanzzeichnung ohne dunkles Spitzenband. Da sie nun mit der Strir margaritata die Grundfarbe des Unter- körpers, mit der Strix splendens die- zarte Zeichnung auf demselben und mit Strie Kirchhoffi die Farbe der Schwungfedern gemein hat; hielt ich als für nicht unpassend, sie Strir paradoxa zu nennen. Herr Dr. Buyry in Berlin, welcher sich während seines Aufenthaltes in Algerien um die Ornithologie dieses Landes schr verdient gemacht 218 hat, brachte mehrere dieser Eulen aus diesem Lande mit und hatte die Güte, mir eine derselben zu übersenden. — 4. Die glänzende Schleiereule. Strix splendens, Hemprich. Diese Eule hat auf dem Oberkörper eine aus Aschgrau und Gelb gemischte Grundfarbe mit kleinen — beim Männchen — und grösseren — beim Weibchen — schwarzen und weissen Fleckchen, 5 schwärzlichen Querbinden auf dem rostgelben, an der Spitze in einem breiten Bande tief aschgrau und weiss gewässerten Schwanze, an den Deckfedern des weissen Unterflügels viele kleine und auf dem glänzend weissen Unterkörper wenigere, aber besonders bei dem Weibchen grössere braune Fleckchen. Der weisse, vor dem Auge mit einem rostbraunen Fleck besetzte Schleier ist auch an dem ihn umfassenden Federkranze weiss, einen sehr schmalen äussern rost- braunen Ring ausgenommen. Das Weibchen ist nur auf dem Ober- körper etwas dunkler, als das Männchen, auf dem Unterkörper ebenso weiss. — Der selige Hemprich entdeckte und benannte diese schöne Eule auf seiner ihm den Tod bringenden Reise in Nordostafrika und mein Sohn Alfred brachte mehrere mit, welche er in Sennaar geschossen hatte. Ich erhielt aber auch eine von einem freundlichen Schullehrer bei Strassburg — leider kann ich seinen Namen nicht nennen, weil ich ihn nur ein Mal im October 1842 angetroffen habe und nicht wieder sah, sondern die schöne Eule geschickt erhielt, — welche für mich von einem sehr hohen Werthe ist, da sie in der Umgegend von Strassburg geschossen, ihrer Art das deutsche Bürgerrecht verschafft hat. Ich fühle mich gedrungen, hier meinen Dank öffentlich auszu- sprechen. Es ist mir kein Beispiel bekannt, dass ausser der meini- gen Strie splendens in einem europäischen Lande erlegt worden wäre. Wir sehen hieraus, wie wichtig es ist, wenn recht Viele sich mit Sammeln von Naturalien beschäftigen; dann geht wenig von seltenen Stücken verloren und der Forscher findet dann oft auch in einer kleinen Sammlung einen ihm wichtigen Gegenstand. Wir haben gesehen, dass die Strix splendens ein schöner Vogel ist; allein sie steht in der Schönheit weit zurück hinter der 219 5. Kirchhoffs-Schleiereule. Strix Kirchhoffii*) nobis. Sie ist ein wahrhaft prachtvoller Vogel, merklich grösser, als die zunächst vorhergehende — ihre vollständige Beschreibung soll näch- stens gegeben werden — und ähnelt ihr auch in der Farbe und Zeichnung. Ihr Oberkörper ist schön rostgelb, ohne aschgraue Mischung, welche auch die zunächst vorhergehende zeigt, nur längs der Mitte des Rückens, auf den Schultern und vor dem Handgelenke etwas aschgrau gewässert, überall mit schwarzen und weissen, auf dem Kopfe äusserst kleinen Fleckchen; die schön rostgelben, kaum merklich aschgrau gewässerten Schwungfedern haben wenig bemerk- bare dunkle Binden. Der Unterflügel ist blendend weiss, nur die längste Unterflügeldeckfeder vorn schwarzgrau. Die Steuerfedern sind mattrostgelb, die äusserste weisse ausgenommen, vor der weissen Spitze weit herauf aschgrau gewässert mit 3 bis 4 undeutlichen schwar- zen Querbinden. Der ganze Unterkörper ist blendend weiss mit seidenartigem Glanze, welcher sich auf dem weichen, zarten Ge- fieder sehr schön ausnimmt; der blendend weisse Schleier hat vor dem Auge einen dunkel rostfarbigen Fleck, seine rostbraune Einfas- sung ist nur in einer schmalen Spitzenkante an den äussersten Fe- dern sichtbar und deswegen sehr schmal; sie unterbricht das herrliche Weiss des Unterkörpers auf eine sehr angenehme Weise. Der Au- genstern ist wie bei den Verwandten schwarzbraun, der Augenlid- rand sehr dunkel. — Diese wunderschöne Schleiereule, deren Geschlechter gleich gefärbt sind — das Weibchen ist kaum weniger schön als das Männ- hen — unterscheidet sich von den beiden zunächst vorhergehenden l. durch den rostgelben, nur hier und da aschgrau ge- wässerten Oberkörper und 2. durch den ganz ungefleckten, blendend weissen Un- terkörper und Unterflügel. Sie lebt in Südspanien und bewohnt, wie die vorhergehenden, die grossen Gebäude, Trümmer und Felsen, aber sehr einzeln, und ist bei dem spanischen Volke um deswillen verhasst, weil man ihr schuld giebt, dass sie das Oel der ewigen Lampen in den Kirchen austrinke. *) Der königl. Hannöversche Herr Major Kirchhoff zu Schäferhof wird uns, dem Vater und den Söhnen erlauben, ihm aus wahrer Verehrung und Dankbarkeit diese geringe Huldigung darzubringen, 220 Ueber ihre Betragen und ihre Fortpflanzung werden meine Söhne Nachricht geben. 6. Die gefleckte Schleiereule. Strix maculata nobis. Diese etwas grosse Schleiereule — sie hat denselben Umfang wie unsere Strie flammea guttata — ist wegen ihres stark gefleck- ten Unterkörpers mit keiner der vorhergehenden zu verwechseln. Ihr Oberkörper ist tief aschgrau, fast schwarzgrau, weiss gewässert mit wenig Rostgelb vermischt und mit ziemlich grossen schwarzen und weissen Fleckchen, welche wie bei den Verwandten in Schnüren stehen, besetzt; die rostgelben, an der innern Fahne grossen Theils weissen Schwungfedern sind auf den breiten schwarzen Binden weiss- und zwischen ihnen schwarzgrau-gewässert und haben an den Spitzen weisse und schwarze Fleckchen. Der gelblich weisse Unterflügel ist an den blassrostgelben Deckfedern mehr als irgend eine der vorher- gehenden gefleckt; denn die schwarzbraunen und schwärzlichen Flecken sind ziemlich gross und sehr häufig. Der rostgelbe mit 4 schwar- zen Querbinden und schwarzen und weissen Spitzenflecken besetzte Schwanz ist an der vordern Hälfte schwarz und weiss gewässert. Der Schleier ist weisslich, vor den Augen mit einem rostbraunen Fleck, an dem Federkranze mit einem schmalen rostbraunen Halb- ringe; der übrige Unterkörper ist rostgelb, beim Männchen blassrost- gelb, heller als beim Weibchen, mit sehr deutlichen runden länglichen und herzförmigen tiefbraunen Flecken selbst an den Schienbeinen dicht besetzt. Diese Flecken sind beim Weibchen grösser, als beim Männchen. Die sehr ausgezeichnete Eule lebt im Sennaar und ist wie die beiden zunächst vorhergehen- den von uns entdeckt und zuerst beschrieben. Wir sehen bei diesen Eulen eine herrliche Stufenfolge in der Färbung von dem dunkeln Rostfarben zum blendenden Weiss, wel- che jeden Beobachter mit Verwunderung erfüllen muss. Sollte es mir gelingen, die von den hier aufgeführten Schleiereulen ver- schiedenen amerikanischen und australischen zu erhalten: so werde ich sie auch noch beschreiben und in der Naumannia bekannt machen. — Renthendorf, im Julius 1858. L. Brehm. 221 Die Steinkäuze. Athene, Boje, Noctua, Cuv. (Strix psilodactyla, L. Strix passerina, Gm., L. Strix noctua, Retz.) Die Steinkäuze unterscheiden sich dadurch von den andern Eulen, dass l.ihr Schleier wenig, über den Augen fast gar nicht ausgebildet ist, wodurch ihr Gesicht etwas Weihenartiges erhält, 2. ihr Schnabel stark und ungezähnelt ist und 3 ihre Füsse etwas lang, wenig befiedert, an den Zehen mit Haaren sparsam besetzt sind. Ihr Augenring ist blassgelb. Sie leben in der alten und neuen Welt und nähern sich den Tageulen. Ihre Aufenthaltsorte und Nistplätze sind Felsenhöhlen, alte Burgen und hohle Bäume, zuweilen auch Kaninchenhöhlen. Sie fressen Mäuse und Insekten, besonders Käfer; diese fangen sie ge- schickt im Fluge. Die Weibchen sind wenig oder nicht grösser als die Männchen, und ihnen gleich gezeichnet; ihr Jugendkleid aber weicht von dem ausgefärbten mehr oder weniger ab. Ich besitze folgende Arten und Gattungen (Species et ‚Subspecies.) Der langschwänzige Steinkauz. Athene longicauda, Brm. Er ist 10° bis 11“ lang, wovon auf den Schwanz 4 6 schen; sein Flügel misst vom Bug an 7 6. Er unterscheidet sich also durch seine bedeutende Grösse so sehr von allen nachfolgenden, dass er mit keinem derselben verwechselt werden kann. Der ganze Ober- körper ist mäusegrau, braun, an der Stirn, den Kopfseiten, dem Oberrücken, den Schulter- und Oberflügeldeckfedern weiss gefleckt; die mäusegraubraunen Schwungfedern haben weissliche, vorn hell- graue Querflecken auf beiden Fahnen. Diese sind aber kleiner und weit weniger bemerkbar als bei allen folgenden. Der schwarzgraue, weisslich gefleckte Unterflügel ist an seinen Deckfedern weisslichgelb und rostgrau, dunkler gefleckt. Der mäusegraubraune Schwanz hat 7 bis 9 auf der äussern Fahne hellgraue, auf der innern weisse Quer- binden. Der graue Schleier ist vor den Augen weiss mit schwar- zen Schäften. Der Vorderhals gelblich- und weissgrau, der übrige Unterkörper weiss mit braunen und rostbraunen Längeflecken; die Schienbeine und der obere Theil der Fusswurzeln rostgelb, der untere 222 Theil der Letztern weiss, die kurzen Zehen fast ganz unbehaart. Er lebt auf Java. 2. Der grosse Steinkauz, Athene major, Brm. Der Schnabel sehr dick, der Schwanz mit 3 lichten Binden, die Flecken der 4 letzten Schwungfedern 1. Ordnung auf der äussere Fahne fast unmerklich. Länge 9 44, Dieser Kauz unterscheidet sich von den folgenden we- sentlich: - 1. durch seine Grösse — er ist 1“ 6‘ länger als die fol- genden — 2. durch den dicken Schnabel; 3. durch den mit 3 Binden besetzten Schwanz — die folgenden haben wenigstens 4 helle Schwanzbinden; — 4. durch die wenig hervortretenden hellen Flecken auf der äussern Fahne der Schwungfedern, welche bei allen folgenden viel grösser sind. Der Oberkörper ist mäusegraubraun, auf dem Kopf mit weissen, vorn breiten Schaftstreifen, auf dem Rücken, den Schultern- und Oberflügeldeckfedern mit weissen, rundlichen und Querflecken; die mäusegraubraunen Schwungfedern mit 3 bis 5 Reihen weisser Flecken, welche auf der innern Fahne Querflecken sind, aber den Schaft lange nicht erreichen, auf der äussern aber klein, an den 4 letzten der 1. Ordnung hellgrau, nur in 2 Reihen vor- handen und kaum bemerkbar sind. Die schwarzgrauen Un- terflügel sind weiss gefleckt, die weissgrauen Unterflügeldeckfedern mit wenigen braunen Längeflecken besetzt. Der kleine Schleier ist weisslich, schwarzgrau gemischt und gefleckt, in einem kurzen Strei- fen über dem Auge rein weiss. Der übrige Unterkörper weiss, in der Mitte des Bauches an den Schienbeinen, Hosen und F usswurzeln rein, übrigens schwarzbraun gefleckt. Er lebt in Pommern. Ich erhielt ihn durch die Güte des Herrn von Homeyer. 3. Der Sperlingskauz. Atliene passerina, Boje. Strix noc- tua, Retz, Strix psilodactyla, L. Er ist merklich kleiner, als der zunächst vorhergehende, nur 8° 1" bis 8" Jang und bis 20‘ breit, und unterscheidet sich auf den ersten Blick von ihm durch die 5 oder 6 hellen Schwanz- binden, 223 Er zerfällt in folgende Gattungen : a. Der haarzehige Steinkauz. Athene passerina psilodactyla. Er steht dem zunächst vorhergehenden in der Zeichnung nahe, unterscheidet sich aber von ihm auf den ersten Blick: 1. durch die viel geringere Grösse — er ist wenigstens 1‘ kürzer als dieser — 2. den kleinern Schnabel; 3. die andere Flügelzeichnung — die weissen Flecke auf der äussern Fahne der Schwungfedern sind viel grösser und deut- licher, als bei ihm — und : 4. durch die ganz andre Schwanzzeichnung. Bei Athene major hat der Schwanz nur 3 nicht sehr deutliche und nicht durchgehende gelblichweisse Querbinden, keine Spitzen- binde, wohl aber einen gelblichweissen Längefleck auf der ersten Steuerfeder vor der Spitze. - Bei Ath. passer. psilodactyla hingegen zeigt der Schwanz gewöhnlich 6, sehr selten 5 deutliche, durchgehende rostgelbe Querbinden, von denen die eine an der Spitze steht.- Die- ser Unterschied ist so in die Augen fallend, dass man bei seiner Beachtung beide Arten leicht und sicher unterscheiden kann. Der Schleier dieses Steinkauzes ist schwarz und besonders vor den Augen weissgrau gemischt, unten mit einem weissen Ringe ein- gefasst. Der Kopf ist ziemlich breit und wenig gewölbt. Er bewohnt \ Mitteldeutschland und geht wahrscheinlich bis Schweden hinauf. | b. Der gemeine Steinkauz. Athene passerina vulgaris. Er ist lichter, als der vorhergehende, was man besonders an dem Schleier und Unterkörper bemerkt, hat 5 deutliche und zuweilen noch eine 6. undeutliche Schwanzbinde und einen mehr gewölbten Kopf. Ich erhielt ihn im Winter aus der hiesigen Gegend. e. der Steinkauz mit weissen Augenbrauen. Athene passerina leucophrys. Viel heller als die vorhergehenden, auf dem weissen Unterkör- per weit weniger schwarzbraun gefleckt, auf dem Schleier grossen- theils weiss mit einem breiten weissen Streif über dem Auge — da- her sein Name leucophrys — an den Schwungfedern mit grossen, gelb- lichweissen Querflecken und auf dem Schwanze mit 6 durchgehenden rostgelben Querbinden. — Auch das Jugendkleid unterscheidet sich von dem der Ver- wandten dadurch, dass es am Schleier und Unterkörper mehr Weiss 224 hat, als bei den andern, und auf dem Kopfe deutliche weissgraue Fleckchen zeigt, welche bei: den Jungen der vorhergehenden gar nicht oder kaum zu bemerken sind. Er bewohnt Nord- und Mittel- deutschland. 4. Vidals Steinkauz. Athene Vidali*) nobis. Dieser niedliche Steinkauz ist der kleinste von den mir be- kannten Steinkäuzen; denn er ist nur 7" 3“ bis 9" lang; sein Flügel misst vom Handgelenke an 5 2‘ bis 4“. In Farbe und Zeichnung ähnelt er allerdings dem zunächst vorhergehenden; allein er ist dennoch auf den ersten Blick von ihm zu unterscheiden; denn seine Zeichnung ist weit mehr ausgesprochen, als bei diesem; das Weiss ist ganz rein, schöner und vorherrschender, als bei allen hier aufgeführten Steinkäuzen und das Braun ist dunkler und schärfer begrenzt als bei diesen. Die Geschlechter sind einander gleich und haben folgende Zeichnung: der Oberkörper ist sehr dunkel, eigentlich schwarzbraun, auf dem Kopfe mit breiten rostgelblichweissen Schaft- flecken, welche den grössten Theil der vordern Hälfte der Federn einnehmen und das Schwarzbraun nur in Seitenkanten erscheinen lassen. Der Nacken und Oberrücken ist weiss mit oder ohne schwarzbraune Spitzenkanten und Spitzenflecken, woher es kommt, dass das Weiss hier herrschende Farbe wird; die Federn des Unter- rückens und der Schultern sind weiss mit einem schwarzbraunen Quer- und Spitzenbande, wodurch, da auch die Oberflügeldeckfedern stark weiss gefleckt sind, auf dem ganzen Oberkörper sehr gescheckte { Zeichnung entsteht. Die Schwungfedern sind fast wie bei den vor- hergehenden gezeichnet, nur mit dem Unterschiede, dass die rostgelb- lichweissen Flecken derselben grösser sind und desswegen kleinere Zwischenräume lassen. Der Unterflügel ist stärker als bei den Ver- wandten gefleckt rostgelblichweiss; auch sind die Unterflügeldeckfedern reiner weiss, als bei diesen. Der dunkelbraune Schwanz hat 6 rost- graugelbe durchgehende Querbinden. Der Schleier ist grösstentheils weiss, um die Augen und besonders hinter ihnen schwärzlich gemischt, *) Der Herr Professor Dr. Vidal in Valencia, welcher sich nicht nur durch Anlegung einer zoologischen Universitätssammlung, sondern auch durch eine Schrift über die Vögel Südspaniens um die Ornithologie sehr verdient gemacht hat, wird uns erlauben, diesen Kauz, nach griechischer Meinung ein Bild der Weisheit, nach seinem berühmten Namen zu nennen, 225 von einem braunen Federkranz eingefasst; der übrige Unterkörper ist rein weiss, am Unterhalse ganz ungefleckt, vom Kropfe an mit schmalen, scharf begrenzten braunschwarzen und schwarzen Länge- flecken, welche an dem Bauche, den Füssen und Unterschwanzdeck- federn fehlen. Das Jugendkleid weicht ebenfalls sehr von dem der Ver- wandten ab. In ihm ist der Kopf schwarzbraun, sehr stark weiss gefleckt, der Rücken und die Schultern sind weiss mit dunkelbraunen Spitzen und Querflecken, welche weniger als bei den Alten vortreten; die Schwungfedern, der Unterflügel und Schwanz wie bei den Alten; auf dem weissen Vorderkörper ist die dunkle Zeichnung weniger ausgesprochen, als bei diesen. — Vidals Steinkauz unterscheidet sich von allen vorhergehen- den und folgenden: 1. durch die geringere Grösse; 2. durch den viel dunklern, mehr weiss gefleckten Oberkörper; 3. durch den rein weissen, mit schmalen scharf be- grenzten braunschwarzen und schwarzen Längeflecken sparsamer besetzten Unterkörper und 4. durch das ganz andere Jugendkleid, welches am opfe schwarzbraun und weiss gefleckt, bei den Verwandten hell- mäusegrau, gar nicht oder kaum merklich weissgrau gesprenkelt und auf dem ganzen Mantel viel weisser in der Grundfarbe und dunkler gefleckt ist. Dasselbe gilt von dem Unterkörper. — Ich hoffe durch diese genaue Beschreibung deutlich gezeigt zu haben, dass Vidals Steinkauz keine Subspecies, sondern eine wirk- liche Species ist und dadurch diese Art für immer festgestellt zu haben. Vidals Kauz lebt in Südspanien an ähnlichen Orten, wie un- sere Steinkäuze, scheint aber keine grosge Verbreitung zu haben. Sein Hauptaufenthaltsort ist die Umgegend von Murcia. Mein Sohn inhold wird über sein Betragen genaue Beobachtungen anstellen E.. auch Vögel schicken, so dass wir dann in den Stand gesetzt werden, von diesem merkwürdigen Steinkauze Exemplare abgeben zu können. Naumannia. 189, 15 u» ” 226 5. Der griechische Steinkauz. Athene indigena, Brm. Der Schleier ist sehr unvellkommen; seine Federein- fassung weisslich; die Zeichnung des Unterkörpers sehr wenig ausgesprochen. Dieser Steinkauz ist etwas kleiner als Athene passerina, aber viel schlanker; seine, Länge beträgt wenigstens 8°, wovon auf den etwas langen Schwanz 3° kommen; sein Flügel misst vom Bug an 5" 6", Er ist merklich lichter, als alle vorhergehenden, auf dem Oberkörper hellmäusegraubraun, auf dem Kopfe mit schmalen, weisslichen Schaftstreifen und Strichen, auf dem Nacken mit grossen Theils weisslichen Federn, wodurch er dem zunächst vorhergehenden ähnlich wird; der übrige Oberkörper ist nur auf dem Oberflügel deutlich, übrigens sehr undeutlich weiss gefleckt. Die hellmäusegrau- braunen Schwungfedern mit mittelgrossen weisslichen Querflecken; der hellschwarzgraue Unterflügel an seinem Deckfedern weisslich mit wenig mattbraunen Längestreifen; der erdfarbige Schwanz mit 6 matt- rostgelblichen Querbinden; der sehr unvollkommene Schleier weisslich und schwarzgrau gemischt, an seinen wenig bemerkbaren Fe- derkranze weisslich; der mattweisse Unterkörper mit blass- oder mattbraunen, wenig vortretenden Längeflek- ken, die unvermauserten Jungen ähneln nach einem am 29. September geschossenen Vogel meiner Sammlung, welcher das Du- nenkleid zum Theil noch zeigt, unsern deutschen jungen Stein- käuzen, haben aber eine hellere Rückenfarbe, weissliche Streifen auf dem Kopfe, einen weisslich eingefassten Schleier und einen weissen Nackenfleck. Die Geschlechter sind einander ziemlich gleich gezeichnet; das Weibchen ist kaum grösser als das Männchen. Dieser Kauz hat an seinem Vorderkörper einige Achnlichkeit mit dem Nachtkauz (rauhfüssigen Kauze) Nyectale dasypus, Brm. (Strix dasypus, Bechst.) Er unterscheidet sich wesentlich von allen vor- hergehenden: 1. durch den hell eingefassten Schleier; 2. den nach Verhältniss eines Steinkauzschwanzes etwas langen Schwanz; j 3. den schmal, aber sehr deutlich hell gestrichelten Kopf; 227 4. durch die wenig ausgesprochene mattbraune Zeich- nung des Unterkörpers. Ich erhielt ihn aus Attika und Unterägypten, und halte ihn für den eigentlichen Vogel der Minerva, weswegen ich ihm den vorste- henden Namen gegeben habe. Bonaparte war geneigt, diesen Vogel, jedoch ohne ihn gesehen zu haben, für eine ausgebleichte Athene me- ridionalis zu erklären. Dass er diese nicht ist, werde ich weiter unten zeigen. Im königlichen Museum zu Dresden sah ich 2 Steinkäuze, welche nach der Versicherung des Herrn Hofrath Dr. Reichenbach aus Griechenland gesandt waren. Allein sie hatten mit dem eben- beschriebenen Vogel keine, mit unsern deutschen Steinkäuzen aber eine so grosse Aehnlichkeit, dass ich sie von diesen nicht unter- scheiden konnte; doch versicherte mir der Herr Hofrath Dr. Reichen- bach, dass sie von ihnen verschieden seien. 6. Der Zwischensteinkauz. Athene intercedens, Brm. Der braune Oberkörper und viele braune Länge- fleeken des Unterkörpers ziehen ins Rostbraune; der Bürzel ist gelblichweiss gefleckt; die gelblichweissen Kopfstreifen sind vorn nicht breiter, als in der Mitte; im Uebrigen unserm deutschen Steinkäuzen ähnlich. Ich habe diesen Steinkauz Athene intercedens genannt, weil er zwischen Athene passerina et meridionalis so in der Mitte steht, dass ich mit Dem nicht streiten werde, welcher ihn als eine ‚Subspecies des einen oder des andern betrachten will. Eigentlich ist er unserm deutschen Steinkauze, namentlich der Strix passerina vulgaris am Aehnlichsten, viel ähnlicher als Athene Vidali. Ich brauche deswegen, um ihn zu beschreiben, bloss die Unterschiede anzugeben. 1. Sein brauner Oberkörper zieht ins Rostbraune, was man auf dem Kopfe, Rücken und Schwanze am deutlichsten bemerkt; 2. der Bürzel ist gelblich weiss gefleckt, was daher kommt, dass seine gelblichweissen Federn nur an der Spitze braun sind; 3. die gelblichweissen Kopfstreifen sind mit wenigen Ausnahmen an der Spitze nicht breiter als in der Mitte und gehen bis vor, woher es kommt, dass sie viel deutlicher sind, als bei Ath. passerina. 4. die braunen Längeflecken des Unterkörpers ziehen an den Seiten ins Rostbraune, wovon bei allen deutschen Steinkäuzen keine Andeutung wahrzunehmen ist, — 15" 228 Ich verdanke diesen Vogel der Güte des Herrn Dr. Buvry in Berlin, welcher ihn aus Algerien mitbrachte. Ich kann nicht unterlassen, hier auf eine grosse Merkwürdigkeit aufmerksam zu machen. Man spricht sehr viel von klimatischen Varietäten*) und behauptet, der verschiedene Himmelsstrich sei die Ursache der Verschiedenheiten der im Ganzen einander ähnlichen Thiere. Da mag mir doch ein solcher Vertheidiger der sogenannten klimatischen Varietäten erklären, wie es das Klima bewirkt, dass der nordwestafrikanische Steinkauz dem unsrigen, fern von ihm wohnenden viel ähnlicher ist, als dem ihm nahe lebenden spanischen? 7. Der südliche Kauz. Athene meridionalis, auct. Noctua nilotica, Paul de Wrtbe. Der Oberkörper rostgraubraun mit rostgelblichweis- sen Flecken; die unreingelblichweissen Unterflügeldeck- federn mit braunen und rostbraunen Schaftstrichen und Flecken. Er hat die Grösse unseres deutschen Steinkauzes, unter- scheidet sich aber schr von ihm durch Grundfarbe und Zeich- nung. Der ganze Oberkörper ist rostgraubraun, auf dem Kopfe mit rostgelblichweissen Schaftstreifen. Diese erweitern sich grossen Theils- nach der Spitze zu so sehr, dass sie an manchen Federn unendliche Flecken bilden; der Nacken und Bürzel ist stark, der übrige Ober- körper wenig rostgelblich weiss gefleckt; die vordern Schwungfedern sind braun, die übrigen rostbraun mit rostfarbigen und rostgelblich- weissen Querflecken; der Unterflügel ist schwarzgrau und gelblich- weiss gebändert; die unrein rostgelblichweissen Unterflü- geldeckfedern haben braune und rostbraune Schaftstrei- fen und Flecke. Der Schwanz hat 6 rostgelbliche Querbinden. Der Schleier ist vor den Augen weiss, hinter ihnen braun und weiss- lich gemischt; sein Federkranz braun, weiss gefleckt, am Kinne steht ein weisslicher Querstreif, unter diesem ein brauner, mit wenig be- merkbaren hellen Fleckchen. Dieser wird von einem blendend weis- *) Ein ganz ungeschickter Ausdruck, weil er etwas Zufälliges, Nichts be- stimmtes bezeichnet. Ein weisser Sperling ist eine Varietät, aber Passer sa- licarius ist eine Art. 229 sen Gurgelfleck begrenzt; der übrige Unterkörper ist gelblichweiss wie bei den Verwandten, nur mit dem Unterschiede, dass seine Länge- flecken matt rostbraun sind. Die Geschlechter sind gleich gross und gleich gezeichnet. Er bewohnt das untere Nilthal, besonders die Trümmer von Theben und mag sich wohl zuweilen nach Europa verirren, vielleicht auch # hier und da in Südeuropa horsten. 8. Der rostfarbige Steinkauz. Athene ferruginea, nobis. Der Oberkörper ist hellrostgraubraun mit gelblich- weissen Flecken; der Unterkörper gelblichweiss mit rost- graubraunen Längeflecken; die weissgelblichen Unterflü- geldeckfedern ungefleckt. Dieser niedliche Steinkauz ist kleiner als der zunächst vorher- gehende. Ein am 8. März 1850 bei Achmim in Oberegypten von meinem Sohne Alfred geschossenes und frisch gemessenes Männchen ist 8 2’ Jang, wovon auf den Schwanz 2‘ 11‘ kommen und 19% breit, wovon auf den Flügel vom Bug an 5‘ 10‘ abgehen. Die Fusswurzel misst 1”, die äussere Zehe 5’, die mittlere 8, die innere 6!/,'“, die hintere 4. Dieser Steinkauz ist wie gesagt etwas kleiner, als der zunächst vorhergehende, was schon meinem Sohne aufgefallen ist; denn er bemerkt auf der Etiquette: „Auffallend klein!“ und zeigt unter allen mir bekannten die am meisten in das Rostfarbige ziehende Grundfarbe des Oberkörpers; auch die dunkle Zeichnung des Unterkörpers fällt weit mehr in das Rothbraune, als bei der zunächst vorhergehenden Art. Den Hauptunterschied aber bilden die Steuer-, Unterflü- geldeck- und Kopffedern. Die Steuerfedern haben nur 4 deutliche und eine undeutliche Querbinde; die gelblich- weissen Unterflügeldeckfedern sind ungefleckt, die läng- sten ausgenommen, welche an der Spitze schwarzgrau sind. Die Kopffedern haben vor dem rostgelblichweissen Spitzen- fleck in der Mitte ihrer Länge einen solehen Querfleck, durch welchen sie sich sehr von allen vorhergehenden Steinkäuzen unterscheiden. - Bei Beachtung dieser Unterschiede wird es auch dem Ungeübten leicht sein, diesen Steinkauz von dem zunächst vorhergehenden, ihm ähnlichen zu unterscheiden, 230 Er zeichnet sich auch dadurch von ihnen aus, dass er nicht wie dieser auf den Trümmern alter grosser Gebäude, sondern in Felsen wohnt. — Ich hoffe durch diese mühsame Beschreibung der vorste- henden, zum Theil sehr seltenen Käuze die Naturgeschichte derselben bereichert zu haben. Darum muss ich schliesslich bitten, dass Nie- ‚ mand über diese Käuze urtheile, ohne sie gesehen und genau unter- sucht zu haben. Renthendorf, im Juli 1858. L. Brehm. Beilage Nr. 7. Ornithologische Beobachtungen aus der Provinz Murcia. Von Dr. Reinhold Brehm. Wenn ich mir erlaube der verehrten „Deutschen Ornithologen- Gesellschaft“ beifolgend einige ornithologische Beobachtungen aus der Provinz Murcia in Südspanien zuzusenden, so muss ich von vorn- herein um gütige Nachsicht bei Beurtheilung dieses Aufsatzes bitten, da ein längeres Unwohlsein und die Kürze der Zeit mir nicht erlaub- ten, denselben ausführlicher zu bearbeiten. Verzeichniss der mir im vorigen Winter in hiesiger Proviuz zur Beobachtung gekommenen Vögel. Das Klima Mureias, eines der wärmsten Klimate Spaniens, ja Europas, unterscheidet sich bezüglich seiner Temperatur so wenig von dem Klima der benachbarten Küste Afrikas, dass es vielen ge- fiederten Sängern im Winter beinahe dieselben Vortheile als das jenes Erdtheiles bietet. Daher ist es auch nicht zu verwundern, dass man in hiesiger Provinz hinsichtlich der Vögelwelt nur einen sehr geringen Unterschied zwischen Sommer und Winter bemerkt. Die schöne, immergrüne Vega eignet sich wegen ihres Wasserreich- thums, ihrer Orangengärten und Rohrdickichte, welche die Wasser- kanäle umgeben, besonders für die ‚Sylvien; ihre Felder, die wöchent- 231 lich einmal mit Wasser überrieselt werden und im Winter stets feucht sind, besonders für Sumpfvögel, Bachstelzen ete. Blos die Bewohner der Lüfte, Bienenfresser, Ziegenmelker, Mauersegler, Schwalben, mit Ausnahme von Chelid. rupestris, die uns im Winter nicht verlässt, ziehen in den Wintermonaten den benach- barten heissen Erdtheil vor, um jedoch zeitig sich wieder einzu- finden. Die im Sommer fast ganz kahlen und blos im Winter mit etwas Grün bekleideten, die Vega einschliessenden Gebirge beherbergen Winter und Sommer.-fast alle ihre Bewohner. Von Raubvögeln be- obachtete ich daselbst: Vultur einereus und fulvus, wenn auch nicht so häufig als in den heissen Sommermonaten; Cathartes perenopterus in derselben Anzahl, wie im Sommer und ebenso Gypaitos barbatus, Aquila fuseicapilla [denn der hier lebende Steinadler ist die von meinem Vater unter obigem Namen, von französischen Naturforschern unter Aigle Saint-Victoire (wenigstens sah ich unsere juscicapilla unter diesem Namen im zoolog. Garten zu Marseille) beschriebene Art], A. Bonelli, Falco peregrinus, F. subbuteo, F. nisus und Milvus regalis erscheinen einzeln, Cerchneis tinnun- eulus und tinnunculoides häufiger als im Sommer. Von Eulen sind Standvögel Strix bubo, flammea und noctua, andere sah ich nicht. Von krähenartigen Vögeln sieht man Winter und Sommer Cor- vus corax und Pica caudata einzeln; Monedula turrium häufiger und Fre- gilus graculus in Schwärmen; die Mandelkrähen kommen erst Ende März. Würger, unter ihnen von mir bis jetzt blos Lanius meridionalis und rufus beobachtet, sind Standvögel. Von Schwalben bleibt Chelidonia rupestris den ganzen Winter hin- durch in den Gebirgen; Hirundo rustica erschien zuerst wieder am 25., urbica am 26. Februar, am 3. März in Schaaren; Cypselus apus und melba am 4. April; Caprimulgus ruficollis am 18. selbigen Monats. Merops apiaster zeigte sich erst Anfang Mai. Yunz torquilla und Certhia familiaris kletterten im Januar an den Weingeländern herum; Certh. brachydactgla, Sitta caesia dagegen kamen mir nicht zur Beobachtung, was wohl auch darin seinen Grund haben mag, dass sie auch im Sommer nur sehr selten erscheinen; sie hal- ten sich mehr in den wälderreicheren Provinzen Nordspaniens auf. 232 Upupa epops sah ich Mitte Februar. Aus der Gattung Fringilla bemerkte ich den ganzen Winter hin- durch Schaaren von Fringilla chloris, serinıs, coelebs (von letzt. beson- ders Weibchen) und carduelis; cannabina nicht ein einziges Mal. Pyrgita domestica und petronia sehr häufig; montana selten im Som- mer, einzeln dagegen im Winter. Von Eimberiza, gleich häufig wie im Sommer: Emb. miliaria, hortu- lana, cia, caesia, cirlus. Von Lerchen: Melanocorypha brachydactyla, calandra, Galerita cristata. Anthus pratensis in Schaaren auf den Luzernefeldern; Anthus aqua- ticus einzeln am Strande des Segura; beide nur im Winter. Budytes ziemlich häufig; häufiger als im Sommer Motacilla alba und sulphurea. Von Sängern verschwanden: Zuscinia vera, Hypolais polyglotta, Cur- ruca orphea, hortensis, melanocephala und atricapilla und erschienen mit Ausnahme von ypolais vom 7. bis 10. März wiederum in den Ge- büschen; Sylvia conspieillata, leucopogon und provincialis zogen sich aus den Bergen in die an die Vega grenzenden Gärten herab und sangen den ganzen Winter hindurch in den dichten Cactus- und Dornen- gebüschen; ARuticilla phoenieurus verschwand, dagegen erschienen Rutie. ater, Sylvia rubecula und cyanecula in ziemlicher Anzahl und blieben bei uns bis Mitte März. Von Schilfsängern ist luviatilis geschossen worden und zwar im Dezember; ich selbst habe keinen derselben im Winter beobachtet. Sylvia fitis und rufa sah man oft zu5—3 Stück auf einem Baume; S. Nattereri schoss ich bloss einmal. Drymoica eisticola einzeln im Januar und Februar, häufiger im März. Von Drosseln kamen zu uns: Turdus musicus und iiacus; T. cya- neus bewohnt Winter und Sommer ihre kahlen Felsen und ist nicht selten; viel seltener ist 7. sawatilis. T. merula Sommer und Winter gemein. Troglodytes sah ich weder im Sommer noch im Winter. ‚Sturnus vulgaris kam Mitte Dezember um Ende Januar wieder zu verschwinden. Von Steinschmätzern überwintern ausser Saricola leucura, rubetra und rubicola, einzeln stapazina und aurita. Leucura verlässt nicht seine 233 steinigen Wohnsitze und ist im Winter derselbe scheue, listige Vogel wie im Sommer; Pratincola rubicola hält sich auch im Winter stets paarweise in der Vega auf. Aceentor modularis erscheint einzeln im Winter. Von Meisen findet sich in gleicher Anzahl wie im Sommer 2. major und coeruleus. Was die Gattung Columba und Peristera anlangt, so sah ich Co- lumba livia in denselben Schwärmen, wie im Sommer, an den Fels- ‘wänden, häufig mit den Haustauben gemischt; palumbus und oenas wurde einzeln auf den Markt gebracht; Peristera turtur hält sich im Winter in Flügen von 30— 40 St. in den Olivenwäldern auf, um erst gegen Anfang März sich paarweise zu trennen. Perdix rubra ist Standvogel: Coturnix, unter letzteren ziemlich häufig Coturn. Baldami, Brm., findet sich im Winter in der Vega, häufiger von Anfang März bis April. €. Baldami wird von hiesigen Jägern sehr gut als besondere Art unterschieden und dürfte wohl auch ebenso verschieden von der gewöhnlichen Wachtel sein, als es Perdix rubra von saxatilis ist. Ein frischgefangenes Exemplar, das ich lebend besitze, ist die schönste Baldami, die ich gesehen. Pterocles arenarius soll im Winter seltner als im Sommer sein, was ich jedoch dem Betragen dieses scheuen Vogels, der sich im Winter in den Gerstenfeldern, die schon Anfang Mai kahl stehen, verbergen kann, zuschreiben möchte. Pterocles setarius ist von mir in hiesiger Provinz noch nicht ge- sehen worden. Otis tetrar im Sommer und Winter einzeln. Oedienemus crepitans gemein. Von Regenpfeifern sah ich einzeln Charadrius auratus; Aegialites minor im Dezember und Januar an den Ufern des Segura, später häufiger. Vanellus eristatus besucht in Schaaren blos im Januar die sumpfigen Felder der hiesigen Huerta. ‚ Ardea minuta wurde zweimal im Februar geschossen. Scolopaw rustieula kam im Dezember und Januar auf hiesigen Markt zum Verkauf; seltener Bekassinen. Tringa leucura sah ich ein- zeln im Januar an dem Segura, häufiger mit andern Strandläufern an der Meeresküste. Rallus aquaticus und Gallinula chloropus wurden den ganzen Winter hindurch in der Vera zeschossen. Fulica atra in Schaaren, jedenfalls Do L- ’ 254 auch cristata auf dem Mar menor, ebenso Podiceps cristatus; Pod, minor einzeln. Von Enten erschienen in grosser Anzahl Anas penelope, clypeata, boschas, crecca, querquedula, jedenfalls auch noch andre verschiedene Arten. Bis Mitte März hielten sich Schaaren von Phoenicopterus antiqu. am Mar menor auf. Fang der Calanderlerche in der Provinz Murcia, Die Calanderlerche (Alauda Calandra) nimmt entschieden hinsicht- lich ihres Gesanges unter allen Lerchen den ersten Rang ein, deshalb ist sie auch in Spanien einer der häufigsten Stubenvögel und wird von echten Vogelliebhabern oft mit schwerem Gelde bezahlt. Sie ist über die ganze Provinz Murcia, mit Ausnahme der Huerta, verbrei- tet, findet sich aber am häufigsten in dem Campo von Cartagena, jener wasserlosen dürren Ebene, die in der Nähe des Meeres aus salzigem, für die Cultur unbrauchbarem, jedoch mit dichtem hohen Gras bewachsenem Erdreich besteht. Die Calanderlerche ist ziemlich scheu, hält sich im Herbst und Winter mit der kurzzehigen Lerche in grösseren Schaaren zusammen und wird dann auf die zu beschreibende Art gefangen. Mir schien die Fangart etwas fabelhaft, deshalb begab ich mich selbst mit mehreren meiner Freunde auf ein im Campo von Carta- gena gelegenes Landhaus, um mich durch den Augenschein zu über- zeugen. Als wir die dortigen Hirten fragten, ob es Calandrias in der Nähe gäbe, versicherten sie, dass sie grössere Schaaren gesehen und sehr wohl den Schlafplatz der Lerchen ausgekundschaftet hätten. Nachdem wir ausgeruht und_uns durch ein Glas guten cartagen. Weines gestärkt hatten, nahm ich mein Gewehr zur Hand, um einen Ausflug nach Alauda brachydactyla zu machen, wurde aber von meinen Freunden davon zurückgehalten, denn ein einziger Schuss hätte uns die ganze Jagd verderben können. Endlich verschwand der letzte Sonnenstrahl, und da der Himmel etwas bewölkt war, wir auch keinen Mondschein hatten, so bedeckte bald tiefe dunkle Nacht das Campo. Jetzt wurden die Fanginstru- mente zusammengesucht. Sie bestanden aus einer blank geputzten, mit Blendschirmen versehenen Hand-Laterne, einer Herdenglocke, 235 wie sie Ziegen und Kühe am Halse tragen, einem an einem zwei Ellen langen Stabe befestigten, dicht gespannten Netze von der Grösse eines kleinen Tellers und einem Sacke, um die Beute aufzubewahren. Auf sämmtlichen Gesichtern sprach sich die grösste Fangbegierde aus, und einer meiner Freunde, ein alter, wohlbeleibter Herr, Mar- ques de Villas, trippelte vor Freude über die zu machende Beute hin und her, die Hirten zur Eile anspornend. In den zur Jagd unübertrefflichen Hanfsandalen (Atpargates) machten wir uns auf den Weg, und als wir an der Schlafstelle der Lerchen angekommen waren, wurde strengstes Stillschweigen beob- achtet. Der Hirt, welcher die Laterne trug, hielt jetzt dieselbe 3 Fuss über der Erde, schlug die Blendschirme auseinander und begann mit der andern Hand die Glocke zu läuten; er selbst befand sich im Schatten der Laterne. Drei Schritt hinter ihm ging einer unsrer Freunde mit dem Netze in der Hand, dasselbe dicht über dem Boden haltend, ihm zur Seite ein Hirt mit dem verhängnissvollen Sacke. Wir Uebrigen, der Sache noch nicht Kundigen, folgten in ge- messener Entfernung und sahen blos wie der Zweite das Netz häufig auf den Boden senkte, sich bückte und dem Dritten dann einen Gegenstand in den Sack schob. Kein Geräusch wurde gehört und stillschweigend langten wir am Ende des Feldes an. „Für heute haben wir genug, bemerkte der Fänger, ein Graf del Valle Sn. Juan, und jetzt kommen Sie und greifen Sie in den Sack,“ rief er mir zu. Ich griff hinein und fühlte gegen 30 todte Kalanderlerchen. Diese unschuldigen Thierchen, durch das Läuten der Herden- glocke getäuscht, durch den grellen Lichtschimmer geblendet, drücken sich fest auf den Boden und werden hier mit dem Netze bedeckt oder mit der Hand ergriffen, ohne dass sie einen Flügelschlag thun können. Um kein Flattern zu verursachen, werden ihnen sogleich die ersten Halswirbel mit Daumen und Zeigefingernagel zerdrückt und lautlos wandern sie zu ihren todten Schwestern. 236 Jagd auf Flughühner. Die Flughühner (Pterocles arenarius und setarius) finden sich in verschiedenen Provinzen Spaniens als Stand- oder Strichvögel. Sie bewohnen die baumlosen, wasserarmen Felder oder öden Strecken, leben truppweise und sind wegen ihres scheuen flüchtigen Wesens nur schwer zu erlangen. Pterocles arenarius bewohnt Aragonien, Castilien, Mancha, Murcia und einen Theil Andalusiens; Pt. setarius kommt in hiesiger Provinz sehr selten, häufig dagegen in der Mancha und Neu-Castilien vor. Im Winter ziehen sie sich mehr nach den wärmeren Provinzen und mögen wohl auch bis Afrika streichen. Sie besitzen ein reichhaltiges, gutes Fleisch und werden deshalb bezüglich des Geschmackes den Rothhühnern vorgezogen. In Murcia findet sich arenarius in dem öden, wasserarmen Campo, lebt truppweise bis zur Paarungszeit und wird auch dann noch oft zu 12 — 15 Stück zusammen gesehen. Die Brütezeit fällt in den Mai, woselbst sie, gleich dem Capri- mulgus, zwei graue, denen der Hühner an Grösse wenig nachstehende Eier auf den Boden legen. Nach Versicherung der Jäger sollen sie zwei und drei Mal brüten. Immer wählen sie zum Brutplatze einen dürren der Sonne ausgesetzten sandigen Boden. Die Jagd dieses flüchtigen, scheuen Vogels, der natürlich wegen seines Fleisches sehr geschätzt wird, beginnt mit der heissen Jahres- zeit und endet im Spätherbst. Sie können blos an den Orten, wo sie Wasser trinken, erlegt werden, und da in der Hitze fast alle Quellen und Pfützen versiegen, so ist die Jagd in dieser Zeit ziem- lich sicher. Von den Bädern von Archena aus, woselbst ich mich 14 Tage aufhielt, machten wir am 2. Pfingsttage eine Jagdparthie in das 11/, Legua entfernte Campo de Ulea. Wir verliessen an einem schönen Morgen das bei Ulea wegen seiner Orangenhaine und Granatenwälder, letztere jetzt in schönster Blüthe, wirklich paradiesisch schöne Thal des Segura und bogen bald in die kahlen, steilen, dürren Berge ein, um das höher gelegene Campo zu erreichen. Einzelne Cathartes schwebten über den Bergen und raschen Fluges segelte ein Gypaötos vorüber, ohne von einer ihm von mir zugesandten Spitzkugel Notiz zu nehmen. 237 Bienenfresser, Haubenlerchen, Steinschmätzer waren fast die einzigen Bewohner dieser Einöden. Gegen 7 Uhr erreichten wir endlich das Bett des Regenstromes, wo die Flughühner, hier Churra oder Churra manchena (spr. Tschurra mantschennia) in andern Gegenden Ganga genannt, Wasser zu trin- ken pflegen, Ein Hirt hatte genau die Stellen ausgekundschaftet und daselbst Anstände erbaut. Das Flussbett wurde zu beiden Seiten von steilen Felswänden eingeschlossen, die von prachtvoll blühendem Oleandergebüsch be- kleidet waren. Wir liessen unsre Pferde unter der Obhut eines Die- ners und begannen jetzt stromaufwärts zu marschiren. Blos hie und da zeigte sich eine Pfütze schmutzigen Wassers, an der wir einzelne Tapfen von Flughühnern im Sande bemerkten. Nachdem wir ’, St. gegangen waren, wurden die Tapfen zahlreicher und bald fanden wir die aus Steinen sorgfältig erbauten Anstände in der Nähe des hier rieselnden Wassers. Jetzt schärfte mir unser Jäger nochmals die schon gegebenen Verhaltungsmassregeln ein, nämlich ruhig im Anstande zu bleiben, das Gewehr zu spannen und auf das Wasser zu richten, um nach- her keine Bewegung zu machen, denn die Churras seien sehr scheue, listige Vögel. Sie recognoseirten erst sehr genau das Terrain, ehe sie sich niederliessen, stürzten sich dann in der Nähe des Wassers herab, drückten sich platt auf die Erde, das Ohr auf den Boden legend, um zu horchen, gingen dann rasch einige Schritte vor bis zum Wasser, tauchten den Schnabel dreimal in dasselbe, um in drei langen Zügen zu trinken und flögen so rasch davon, als sie gekom- men. In jetziger Jahreszeit trinken diese Thiere von 9— 10 Mor- gens, später von 8 — 9, täglich nur einmal Wasser. Einige Zeit hatte ich im Anstande gesessen, als ich das Tschuerr, tschuerr über mir hörte und auch bald 3 Flughühner hin- und her- fliegen sah, das Terrain recognoseirend; weiter oben liessen sie sich nieder; bald erschienen abermals 2, machten dieselben Manoeuvers und stürzten sich dann mit schnurrendem Geräusch dicht neben mei- nem Anstande auf den Boden. Genau, wie es der Jäger beschrieben, war ihr Betragen, als sie aber zum zweiten Male den Schnabel ein- tauchten, nahm ich sie auf’s Korn und feuerte. Blos das Weibchen 238 blieb auf dem Platze, das Männchen, schwer verwundet, flog davon, allein für uns unerreichbar weit. Einer meiner Freunde hatte eine Bande von 27 Weibchen ge- sehen, ohne zum Schuss kommen zu können. — Von jetzt an beginnt die Jagd und im nächsten Monat hoffe ich sie besser benutzen zu können. Beilage Nr. 8. Die zweifelhaften Arten der europäischen Motacillen. Von Dr. H. Zander. Schon auf der Versammlung zu Braunschweig im Jahre 1855 wurden die Motacillen zur Besprechung auf die Tagesordnung ge- setzt; aber wegen Mangel an Zeit kam dieser Gegenstand weder in Cöthen noch in Rostock zur Verhandlung, und ist somit immer noch unerledigt geblieben. Wenngleich nun ich schon einmal meine An- sicht über die Motacillen in der Naumannia 1851 S. 9 — 21. ausge- sprochen und auch bis heute dieselbe nicht geändert habe, sondern nur mehr noch darin befestigt worden bin, so erlaube ich mir den- noch, diesen Gegenstand hier noch einmal zu berühren, um die schon ganz in Vergessenheit gerathene Tagesordnung wieder in Anregung zu bringen. Durch leichtfertiges Speciesmachen sind auch unter den Motacillen mehrere Arten entstanden, von denen es sehr zweifelhaft ist, ob sie Ansprüche auf gute Species machen können; und es ist daher auch hier eine Sichtung sehr wünschenswerth, wie sie Prof. Dr. Blasius, diese Geissel der Nominal-Species, wie Bonaparte ihn nennt, schon bei mehrern andern Sippen vorgenommen hat, und zwar mit einer solchen Gründlichkeit und Schärfe und in einer so humo- ristischen Manier, dass es wahrlich den Gegnern schwer werden soll, ihre Missgeburten vor einem schmählichen Ende zu schützen. Wenn nun ich freilich bekennen muss, dass ich es nicht verstehe, mit sol- cher Gründlichkeit und Schärfe, wie mein verehrter Freund Bla- sius, die schlechten Species zu geisseln und auszumerzen, so will ich doch wenigstens so viel thun, dass ich auf einige aufmerksam 239 mache. Um mich indessen so kurz als möglich zu fassen, werde ich in manchen Punkten auf meine frühere Abhandlung zurückverweisen. Was zunächst die Sippe Motacilla betrifft, so ist es meine feste Ueberzeugung, dass es bis jetzt hiervon in Europa nur zwei gute Arten giebt, nämlich M. alba, L. und M. sulfurea, Bechst.; alle übri- gen Arten aber, die man noch daran gehängt hat, sind nur Formen der M. alba. Denn wie es bei so manchen andern über verschiedene Himmelsstriche verbreiteten Vögeln der Fall ist, dass sie, sei es aus klimatischen oder lokalen oder noch andern Ursachen, in der Färbung und Zeichnung ihres Gefieders oft bedeutend abändern, so auch bei unsrer weissen Bachstelze. Bei ihr tritt besonders die Erscheinung hervor, dass das Schwarz des Hinterkopfes sich weiter über den Nacken herab und sogar über den ganzen Oberkörper ausdehnt und die graue Farbe ganz verdrängt, das Grauweiss der Flügel aber sich in Weiss umändert und zugleich eine schärfere Begränzung und oft auch eine grössere Ausdehnung erhält. Betrachtet man nun die ex- tremen Formen für sich, ohne Zusammenhang mit den Mittelformen, so stellt sich freilich eine grosse Verschiedenheit in der Färbung und Zeiehnung heraus, und es ist wohl verzeihlich, wenn man da auf den Gedanken kommt, sie für besondere Arten zu halten. Doch legt man die Mittel- und Uebergangsformen dazwischen, so erscheint die Sache ganz anders, und es ist an eine specifische Trennung nicht mehr zu denken. Ich stellte in meiner frühern Abhandlung nach der Färbung 6 Formen auf, nämlich unter Nr. 1. Die gewöhnliche graurückige; unter Nr. 2. eine Abänderung, welche Brehm M. cerviealis nennt und bei welcher sich das Schwarz des Hinterkopfs bis auf den Rücken herab erstreckt; unter Nr. 3. eine Form, bei welcher der Rücken durch schwärzliche Spitzenflecke schon ziemlich dunkel erscheint; unter Nr. 4. zwei Formen, bei welchen der Rücken und die kleinen Deckfedern der Flügel fast schwärzlich erscheinen, von denen aber die eine sich noch besonders durch breitere Flügelbinden und Säume der hintern Schwingen unter- scheidet (M. Yarrellii); unter Nr. 5. eine auf dem ganzen Oberkörper glänzend tiefschwarze Form, bei welcher zugleich auch das Schwarz des Vorder- 240 halses sich so weit ausdehnt, dass es noch die Seiten der Oberbrust einnimmt, und dann in Schwarzgrau über- gehend, sich an den Seiten des Unterkörpers herabzieht. Es ist dies diejenige Form, welche Temminck zuerst als M. lugubris, Pall., aufstellte, nachher aber zur M. Yarrellü zog, und dagegen die Benennung lugubris oder lugens für die Pallas’sche aldeola var. camtschatica vorschlug, welche Form ich unter Nr. 6. aufführte. Sie zeichnet sich neben ihrer schwarzen Fär- bung, besonders durch die grössere Ausdehnung des Weis- sen im Flügel, sowohl an den Schwung- als an den Deck- federn, aus, ist aber nicht mehr europäisch, sondern kommt nur in Kamtschatka und auf den Kurilen vor. Betrachten wir nun die extremste Form, welche in Europa vor- kommt, nämlich die M. Yarrellü, Gould., lugubris, Temm. (im 1. Bande des Manuel d’Orn. p. 253.), so scheint es auf den ersten Blick allerdings, als ob sie nach ihrer Färbung eine gute Art sein könnte, denn die graue Farbe der gewöhnlichen Form ist hier ganz und gar in Schwarz übergegangen, und die Flügelbinden, sowie die Säume der hintern Schwingen sind rein weiss geworden, so dass die ganze Färbung fast nur aus Schwarz und Weiss besteht; aber legen wir daran Nr. 4., welche nicht mehr das intensive Schwarz auf dem Rücken hat und mitunter auch nicht mehr das reine Weiss im Flü- gel, und dann wieder hieran die beiden andern Formen Nr. 3. und 2., bei denen das Schwarz immer mehr zurücktritt und die Zeich- nung der Flügel nur noch wie bei der gewöhnlichen Form sich zeigt, so hat man die schönsten Uebergänge von der grauen zur schwarzen Form, von M. alba zu M. Yarrelli, und es ist nicht mehr möglich hier noch eine Gränze festzuhalten. Will man aber dennoch hier eine spezifische Trennung behaupten, dann muss man natürlich auch alle Zwischenformen als Arten annehmen, denn sonst weiss man mit ihnen nicht zu bleiben. Auf diese Weise aber würde man ins Blaue hineingerathen und lauter Arten bekommen, die Niemand unterschei- den könnte. Vergleicht man die plastischen Verhältnisse, so findet sich auch hier kein einziger Unterschied, auf dem man eine Species begründen könnte. Ich habe alle Formen genau verglichen, aber auch bei kei- ner einzigen eine auffallende Verschiedenheit weder in der Totallänge, 241 noch in der Länge des Schnabels, des Schwanzes, der Flügel, der Fusswurzeln und der Zehen bemerkt. Auch wird von den Autoren selbst kein solcher Unterschied in den plastischen Verhältnissen nam- haft gemacht, der als Stütze der Art betrachtet werden könnte; immer ist nur von der Verschiedenheit in der Färbung und der Flü- gelzeichnung die Rede. Ausserdem weiss man auch bis jetzt Nichts von einer Verschiedenheit in der Lebensweise, im Benehmen, in Stimme und Fortpflanzung. Wo beide Formen zusammentreffen, da paaren sie sich auch mit einander, und scheinen somit ganz in dem- selben Verhältnisse mit einander zu stehen, wie die Nebelkrähe mit der Rabenkrähe. Wenn also weder die Färbung und Flügelzeichnung, worauf doch hauptsächlich die Art begründet sein soll, noch die plastischen Verhältnisse, noch die Lebensweise, noch Nest und Eier und selbst nicht einmal die Stimme ein constantes Unterscheidungszeichen dar- bieten, was bleibt dann noch übrig, um die Art festzustellen? Ich weiss es nicht. Dass also hier von keiner bis jetzt sicher zu unter- scheidenden und genügend begründeten Species die Rede sein kann, scheint mir klar zu sein. Ich für mein Theil habe die feste Ueber- zeugung, und mit mir gewiss noch viele andere Ornithologen, dass M. Yarrellü ferner noch als Art zu bestehen kein Recht hat, sondern nur als Race betrachtet werden kann, welche ihren Ursprung und Wohnort vorzugsweise in England hat, von wo sie auf dem Zuge durch das südwestliche Europa wandert und einzeln auch bis nach Deutschland herüberstreift. Doch ist es höchst selten, dass sie hier in der reinen Form erscheint, gewöhnlich nur in den Uebergangs- formen. Was die wirkliche Ursache dieser dunklen Abänderung ist, hat man bis jetzt noch nicht zu ergründen vermocht. Man hat frei- lich die Sache a priori zu erklären versucht, aber hierbei ist man natürlich nur auf Vermuthungen und Hypothesen gerathen. Vielleicht, dass spätere Beobachtungen und Erfahrungen uns hierüber mehr Auf- schluss geben. i Unter den aussereuropäischen Motacillen - Arten, die ich hier unberührt lasse, weil ich zu wenig Exemplare unter Händen gehabt und gesehen habe, finden sich gewiss ebenfalls noch manche,:die als selbstständige Art sehr zweifelhaft sind. Doch will ich hier noch die M. albeola, var. Camtschatcae, Pall. (Zoogr. 1, p. 507. Nota), Mot. lugens, Ill., erwähnen, weil sie mit der europäischen Trauerbachstelze Naumannia 1858 16 242 oft verwechselt worden ist, und namentlich von Temminck Anfangs mit zu dieser gezogen, später jedoch, als er seinen Irrthum einsah, von ihr wieder getrennt wurde (s. Man. d’Orn. III. p. 175.) Sie unter- scheidet sich von der europäischen schwarzrückigen Form durch die, zwei Drittel ihrer Länge nach weissen, Schwungfedern. Da erst wenige Exemplare von ihr in den Sammlungen existiren, auch über ihre Lebensweise wenig bekannt ist, so lässt sich über ihre speeifische Verschiedenheit noch nicht mit Sicherheit urtheilen. Auch Pallas ist noch zweifelhaft, was er aus ihr machen, ob er sie als Localrace oder als eine eigene Art betrachten soll. Ich stellte sie in meiner frühern Abhandlung als eine Form der M. alba hin, und sie als solche zu betrachten, sieht man sich deshalb‘ veranlasst, weil auch bei der europäischen Form eine Neigung zur weitern Ausbreitung des Weissen im Flügel sich zeigt und Individuen vorkommen, bei denen dasselbe eine auffallende Ausdehnung erhalten hat. Indessen, wie gesagt, mit Bestimmtheit lässt sich über diese Form noch nicht aburtheilen. Weit mannigfaltiger noch, als bei M. alba, ist die Veränderlich- keit des Budytes flavus, Cuv., Mot. flava, Lin. Hier zeigt sich die Ab- änderung hauptsächlich in der Färbung und Zeichnung des Kopfs, indem das Grau der gewöhnlichen Form in reines Schwarz übergeht und der helle Augenbraunstreif sich ganz verliert, oder das Grau geht in Graugelb über, wie bei B. flaveolus, Mot. laveola, Temm. Die Gemässigtern unter den Speciesmachern haben hier 4 Arten angenom- men, als 2. Hlavus, B. einereocapillıs, B. atriecapillus oder melanocephalus und 2. flaveolus. Andere aber sind noch weiter gegangen, und haben eine unabsehbare Menge von Arten oder Subspeeies aufgestellt, und will man die angegebenen 4 Arten festhalten, so bleibt auch nichts Anderes übrig, wenn man consequent sein will, als alle die Zwischen- formen als Arten oder Subspecies anzuerkennen, wie Brehm gethan hat; aber wo ist dann das Ende? Es ist nicht möglich, alle Mittel- formen bestimmt zu unterscheiden, weil sie ins Unendliche gehen und die Uebergänge so genau unter einander zusammenhängen, dass man oft nicht weiss, wohin man die eine oder die andere Form bringen soll. Das Grau geht durch alle Nüancen bis zum reinen Schwarz, und der Augenbraunstreif verkleinert sich bis zum kaum bemerk- baren Pünktchen und verschwindet endlich ganz; oder das Grau geht allmählig zum Gelblichen über, wiewohl hier die Zwischenformen 243 am wenigsten zahlreich vorkommen. Ich habe eine grosse Menge Exemplare in Händen gehabt und genau verglichen, aber es ist mir nicht möglich gewesen, auch nur eine Form als Art festzuhalten, um so weniger, da sich keine einzige constante Verschiedenheit in den plastischen Verhältnissen auffinden liess, welche Veranlassung zur Begründung der Art hätte geben können und sie erkennbar charak- terisirt hätte. Auch findet sich weder bei den Weibchen noch bei den Jungen der verschiedenen Formen ein sicheres Unterscheidungs- zeichen, und ist es ganz unmöglich, bei diesen bestimmt angeben zu wollen, zu welcher Form dieses oder jenes Individuum gehört. Ausser- dem hat sich bis jetzt eben so wenig in der Lebensart als in der Fortpflanzungsweise eine wirkliche Verschiedenheit bei der einen oder der andern Form herausgestellt. Nach meinem Dafürhalten giebt es also nur zwei europäische Bachstelzen, nämlich Budytes flavus und B. eitreolus, und alle übrigen bisher als Art unterschiedenen sind blos klimatische Formen oder Localracen des B. flavus, von denen die rein schwarzköpfigen vorzugsweise dem warmen, die schwarzgrau- köpfigen hauptsächlich dem gemässigtern Klima, die graugelbköpfigen aber ausschliesslich England angehören. (S. Naumannia 1851. p. 15—21.) Zander. Beilage Nr. 9. Einige Bemerkungen über Beständigkeit und \chwanken der Speciescharaktere. Von 3. I. Blasius. ‚Jede philosophische oder allgemeine Erörterung des Artbegrifls geht von theoretischen Prinzipien aus, die für die praktische Anwen- dung nur dadurch eine Bedeutung erhalten, wenn sie eine erfahrungs- mässig festzustellende Beobachtung in Anspruch nehmen. Wer z. B. das physiologische Prinzip der Fortpflanzung für die Speciesbestim- mung als entscheidend ansieht, hat erst dann ein Urtheil über die Species, wenn die Fortpflanzungsverhältnisse für die betreffenden 16* 244 Individuen sicher festgestellt sind. Ein Jeder kann sich selbst beant- worten, über wie viele Vogelspecies wir nach diesem Prinzip ein ge- nügendes Urtheil haben. Wer in der Uebereinstimmung des Wesens den Begriff der Speeies dargestellt sieht, muss angeben, in welchen körperlichen und psychischen Eigenthümlichkeiten dies Wesen besteht, und wie sich diese Eigenthümlichkeiten für den speciellen Fall dar- stellen. ‘Diese Aufgabe ist in allen Fällen speciell zu lösen. Die erfahrungsmässige Beobachtung hat es immer mit einzelnen Eigenthümlichkeiten zu thun, durch welche den allgemeinen Prinzi- pien Genüge geleistet werden soll. Diese Eigenthümlichkeiten sind theils solche der Lebensweise: der Nahrung, Fortpflanzung, des Auf- enthaltes etc., oder solche, die sich ausschliesslich auf Körperverhält- nisse beziehen: Körpergrösse, Form und Verhältnisse der einzelnen Theile, der Färbung und Zeichnung ete. Jede erfahrungsmässig festzustellende Eigenschaft kann an und für sich in grosser Mannichfaltigkeit auftreten. Es ist denkbar, dass ein Vogel von der Grösse eines Kolibris an bis zu der eines Condors in allen möglichen Grössenabstufungen vorkommen könne, ohne in allen übrigen Eigenschaften irgend eine Abweichung zu zeigen; es würde nicht möglich sein, die zunächst gelegenen Glieder einer sol- chen Grössenreihe specifisch zu unterscheiden: es würde also im Gan- zen nicht möglich sein, irgend welche Stufen, auch nicht die so sehr entfernten Endglieder der ganzen Reihe als Arten zu sondern. Es ist denkbar, dass ein Vogel in allen Regenbogenfarben und in allen zwischen denselben liegenden Farbenmischungen vorkommen könne, ohne in irgend einer andern Eigenschaft eine Abweichung zu zeigen; es würde nicht möglich sein, die einander zunächst liegenden Farben- nüancen zu unterscheiden: es würde also im Ganzen nicht möglich sein, irgend eine speeifische Sonderung in einer solchen Reihe nach der Farbe zu machen u. s. w. Nur dadurch allein würde es möglich sein, innerhalb einer solchen Mannichfaltigkeit scharf gesonderte Species zu unterscheiden, wenn diese Reihen durch eine unausgefüllte Kluft unterbrochen würden, wenn sich innerhalb solcher Reihen scharfgesonderte Grenzen zeigten. Man würde z. B. bestimmt zwei Arten unterscheiden können, wenn einerseits nur Individuen in un- unterbrochener Reihenfolge von der Grösse der Kolibris bis zu der der Drossel, andererseits von der Grösse des Schreiadlers bis zu der des Condors beobachtet würden. Die unausgefüllte Kluft zwischen 245 der Grösse der Drossel und des Schreiadlers würde keine Unsicher- heit zulassen. In gleicher Weise sind mehrfache Unterbrechungen oder bestimmte Abgrenzungen in einer solchen allgemeinen Reihe denkbar. Die in der Natur vorkommenden Individuen können mit den naturhistorischen Eigenschaften in wesentlich zweifach verschiedener Weise behaftet sein; von dieser wesentlich verschiedenen Verbindung der naturhistorischen Eigenschaften mit den vorkommenden Indivi- duen hängt die Möglich- oder Unmöglichkeit der Unterscheidung der Species oder anderer systematischer Einheiten ab. Es wäre nicht undenkbar, dass alle naturhistorischen Eigenschaf- ten mit verschiedenen Individuen in allen möglichen Stufenfolgen oder Nüancen ihrer Reihen verbunden wären. Man würde den Indi- viduen von möglichst nahe gelegenen Abstufungen in einer beliebigen Eigenschaft, also auch vermittelst der Uebergänge, Individuen von möglichst grossen Gegensätzen in ein und derselben Reihe von Eigen- schaften nicht unterscheiden können. Damit fiele auch die Unter- scheidbarkeit für zwei oder mehrere beliebige Reihen von Eigenschaf- ten weg. Im Ganzen würde es nicht möglich sein, zu irgend einer feststehenden Unterscheidung, gleichviel von Species, Gattungen oder Ordnungen zu gelangen. Jede systematische Sonderung würde un- möglich sein, wenn alle naturhistorischen Eigenschaften mit den Indi- viduen in ununterbrochener Stufenfolge ihrer möglichen Verschieden- heiten verbunden wären. Der umgekehrte Fall würde eintreten, wenn die naturhistorischen Eigenschaften mit den Individuen nur innerhalb bestimmter Grenzen, mit Unterbrechungen der allgemein möglichen Abstufungen, verbun- den wären. Eine feste Unterscheidung würde möglich sein, wenn in irgend einer Reihe von Eigenschaften eine bestimmte Grenze constant ausgebildet wäre, gesetzt auch, dass alle übrigen Eigenschaften be- liebig wechselten. Und so wie in einer einzigen Eigenschaft bestimmte Grenzen denkbar sind, wären auch gleichzeitig in jeder anderen Eigenschaft bestimmte Grenzen möglich. Jede dieser Grenzen, jede dieser Unterbrechungen oder jede unausgefüllte Kluft in jeder mög- Hchen Reihenfolge irgend einer naturhistorischen Eigenschaft würde einen bestimmten naturhistorischen Charakter abgeben, Nur unter dieser Voraussetzung sind Unterscheidungen und mittheilbare Cha- raktere von allen möglichen systematischen Einheiten, Ordnungen, 246 Gattungen und Arten denkbar. Nur wenn diese Voraussetzung in der Natur wirklich stattfindet, ist an eine Sonderung und Unterscheid- barkeit der Arten zu denken. Darüber, ob in der Natur die eine oder die andere Verbindung von naturhistorischen Eigenschaften mit bestimmten Individuen vor- komme, lässt sich a priori nichts entscheiden. Die Möglichkeit scharf zu trennender Species, die Möglichkeit bestimmt auszusprechen- der Charaktere der Species können nur erfahrungsmässig festgestellt werden. Alle philosophischen Refleetionen über den Artbegriff füh- ren uns in Bezug auf die wirkliche Unterscheidung der Arten nicht einen Schritt weiter. Auch wenn die philosophische Begründung der Species noch so klar festgestellt wäre, würde die Unterscheidung un- möglich sein, wenn in der Mannichfaltigkeit der Eigenschaften nicht bestimmte Grenzen gegeben wären. Erfahrungsmäsig hat die Natur für sichere systematische Einhei- ten Grenzen gesetzt; Klassen, Ordnungen und Gattungen sind zu unterscheiden, sobald man nur deren Begriffe bestimmt fasst, sobald man nur bestimmte Charaktere als wesentlich entscheidend ansieht. Es giebt Thierformen, die scheinbar als Mittelbildungen zwischen verschiedenen Gruppen auftreten, die aber diesen Charakter sofort verlieren, sobald man diese oder jene Eigenschaft als wesentlich ent- scheidend ansieht, z.B. Schnabelthiere, die Gattungen Lepidosiren, Gy- pogeraus, Phoenicopterus etc. Wer auf die Fussbildung und den all- gemeinen Habitus achtet, muss die Gattung Phoenicopterus in nahe Beziehung zu den Störchen, wer auf die Schnabelbildung achtet, muss sie zu den Enten stellen; auch die anatomischen Eigenthüm- lichkeiten neigen sich hier und dorthin; aber die Gattung erhält eine bestimmte Stellung, sobald man diese oder jene Eigenschaft oder Gesammtheit von Eigenschaften als wesentlich entscheidend ansieht. Es fragt sich, ob auch die Natur in gleicher Weise für die Unterscheidbarkeit von Species gesorgt habe. Dass es stellenweise geschehen ist, geht schon daraus hervor, dass Grenzen für höhere systematische Einheiten existiren; es kann sich nur darum handeln, in welchem Grade es geschehen. Das Alles lässt sich a priori nicht feststellen. a Das steht fest, dass wir ganz allgemein die Unterscheidbarkeit als feststehendes Postulat annehmen: wir würden sonst in der Praxis keine Species zu unterscheiden beabsichtigen können. 247 Aber die Annahme eines solchen Postulats kann ja irrig sein! Giebt es doch theoretische Aussprüche von ausgezeichneten ornitho- logischen Beobachtern, aus denen man das bestimmt folgern muss; z. B. der Ausspruch: die Species gingen in einander über, seien durch allmählige Mittelbildungen mit einander verbunden, den wir in seiner wesentlichen Bedeutung noch kürzlich vernommen haben. Will man mit dieser theoretischen Ueberzeugung, die vielleicht ein Nachklang der verschollenen Schelling-Oken’schen Naturphi- losophie ist, angesichts der Natur consequent verfahren, so muss man von jeder Unterscheidung der Species, sogar der Subspecies abschen. Je mehr man unterscheidet, desto inconsequenter wird man. Die theoretische Ueberzeugung von den allmähligen Uebergängen besagt in ihrer einfachsten Gestalt doch nur: es ist nichts in der Natur unter- scheidbar, als das, was sie selbst isolirt hingestellt hat, das Indivi- duum. In diesem Punkte berühren sich die Extreme: trotz der all- mähligen Uebergänge wird Alles unterscheidbar; aber nicht als Spe- cies oder Subspecies, sondern nur als Individuum. Auch dem Prinzip nach treten die Extreme dicht aneinander. Sind die Eigenschaften mit den Individuen nicht in ununterbroche- nen Reihen, sondern nach bestimmten Grenzen verbunden; so kön- nen diese Grenzen sehr verschiedene Ausdehnung haben. Es ist denkbar, dass diese Grenzen in möglichst kleinen Entfernungen von einander liegen, dass jede quantitativ oder qualitativ verschiedene Eigenschaft gleichsam auf einem einzigen Moment der Reihe abge- schlossen ist, dass jede noch so geringe Abweichung von diesem fest abgegrenzten Moment schon eine wesentlich andere Bedeutung hat. Dann tritt mit jeder kleinsten Abweichung eine systematische Ver- schiedenheit, eine verschiedene Species oder Subspecies ein. Die Trennung geht der Möglichkeit nach in Folge dieses Prinzips ins Unbegrenzte: sie kann nur beim Individuum, als dem von der Natur isolirt Gegebenen, aufhören, da sich schwerlich irgend ein Individuum in der Natur wird nachweisen lassen, was mit irgend einem andern vollkommen übereinstimmt. Wer in Folge der Uebergänge Nichts für unterscheidbar hält, gelangt zu demselben Resultat, wie Derjenige, der jede kleinste Ab- weichung systematisch zu unterscheiden für nothwendig ansieht: beide eind in ihrer äussersten Consequenz auf die Unterscheidung des_In- dividuums reduzirt. Wenn sie faktisch zu andern Resultaten kom- 248 men, so bemerken sie den Widerspruch ihrer Theorie und Praxis nicht, oder sie legen ihrer Theorie keinen entscheidenden Werth bei. Denn in der Praxis lassen sie sich sichtlich durch keinerlei Art von theoretischer Begründung irre machen oder leiten. In der Praxis schlagen sie einen Weg ein, der auf geschickte Weise es vermei- det, mit irgend einer consequent ausgebildeten theoretischen Ueber- zeugung in Conflikt zu gerathen. Die Begriffe von Species, Gattun- gen etc. sind ihnen selbstverständliche Nothwendigkeiten oder her- kömmliche Ueberlieferungen, über die man nicht weiter nachzudenken hat, über die man sich vielleicht wundert, nachdenken zu sollen, wie etwa Goethe sich wunderte, dass über den Ursprung der Sprache, nachzudenken sei. Jeden dieser Begriffe von Species, Gattung etc. sieht man repräsentirt in einem typischen Bilde: man spricht, diese Speeies ist Typus der Gattung, dieses Individuum stellt den Typus der Species dar. Was dem Typus nicht ganz entspricht, ist aber- rant, abweichend, Varietät, zuweilen vielleicht Subspecies oder Sub- genus. Nehmen wir den Typus einer Species als feststehend an, so heisst es: diese Varietät oder Subspecies, oder beliebige andere Form ist etwas grösser, oder etwas kleiner, etwas brauner oder etwas grauer, etwas lebhafter oder etwas matter ete. Dies Etwas kann viel oder wenig sein, und wo es aufhört, kann nach Belieben eine andere Species anfangen. Auf diese Art kann man theoretisch die Möglichkeit aller denk- baren Uebergänge annehmen, und in der Praxis doch unterscheiden,- so viel und so weit man Lust hat. Der Widerspruch wird klug umgangen. Aber doch nur scheinbar! Erstlich muss, wenn diese Methode Sinn haben soll, der Typus in Grösse, Form, Färbung ete. ganz genau festgestellt sein. Dann möge man bedenken, wenn die Aus- drücke etwas mehr oder etwas weniger für den Leser Sinn haben sollen, dass das Maass dieses Mehr oder Weniger ebenso genau angegeben werden muss. Man darf nicht unbestimmt sagen: etwas grösser, sondern man ist gezwungen zu sagen, so und so viel grösser! Hat man ein Thier gefunden, das 1 Linie grösser ist als der Typus, und dies zu einer Subspecies oder Varietät erhoben, so ist das nächste Individuum, das um 0,5 Linie grösser ist, wieder herrenloses Gut, und ich bin gezwungen, aus diesem wieder eine 249 neue Subspecies zu machen. Hört endlich die Subspecies bei 3 Linien grösser ganz auf, so ist ein Thier von 3,5 Linien grösser nothwendig schon eine neue Speeies. Die nun noch weiter aufzufindenden Zwi- schenstufen zwischen allen diesen Maassen werden wieder neues Kopf- zerbrechen verursachen, und wieder als neue Species oder Subspecies eingeordnet werden wollen. Die Grenze der Unterscheidung, sobald man ganz genau zu Werke geht, hört doch nur beim Individuum auf. Nur dadurch, dass man sich in einer gewissen nebelhaften Un- bestimmtheit hält, kann man auf diesem Wege, ohne scheinbar mit sich in Widerspruch zu gerathen, vom Fleck kommen. Mit dieser Unbestimmtheit ist aber dem Leser, Dem, der die Natur nach Anlei- tung von Büchern 'studiren will, durchaus nicht gedient. Aehnlicher Weise heisst es: diese Species ist Typus dieser oder jener Gattung! Davon, worin die wesentlichen Eigenthümlichkeiten einer Gattung bestehen, wie sich die Gattung charakterisirt, ist nicht die Rede. Die Gattung wird durch eine anschauliche Vorstellung, nicht durch einen Begriff dargestellt. Diesem Typus ordnen sich die nächsten Verwandten von selber an; erst in grösserer Entfernung von diesem Typus kann die Sache zweifelhaft werden, ob eine Spe- eies mehr nach diesem oder jenem Typus hinneigt. Die Entschei- dung hängt dann vom subjektiven Ermessen ab; oft ist sie Würfel- spiel und fällt heute so, morgen so aus, z. B. in den zahlreichen modernen Gattungen, zu denen die Linne’schen Gattungen Turdus, Emberiza, Fringilla und andere Anlass gegeben haben. Auf welche Weise soll es dem Leser möglich werden, aus dem Resultate eines solchen Würfelspiels Vortheil zu ziehen. Doch das ist die Grenze der neuesten Leistungen noch nicht! Es wird immer mehr Brauch, nur den Namen als Rubrum über eine beliebige Zahl von Arten zu setzen, ohne irgend einen Charakter oder die typischen Formen auch nur zu erwähnen. In der typischen Form hat man doch noch eine Anschauung, die in der nebelhaften Unbestimmtheit ungefähr leiten kann; der blosse Name ist leerer Schall! Es steht fest, dass die Natur in der Thierwelt uns anschaulich nur Individuen darbietet; alle systematischen Vorstellungen von Spe- cies, Gattungen, Ordnungen, lassen sind erst durch die Thätigkeit unseres Geistes hervorgerufen, sie verstehen sich nicht von selber. Solche systematische Aufstellungen sind zu schaffen nur möglich, wenn der Thatbestand in der Natur eine Unterscheidung zulässt. 250 Wer je sich sorgfältig mit speciellen zoologischen Untersuchun- gen befasst hat, muss sich überzeugt haben, dass schwerlich je zwei Individuen verkommen, die in allen naturhistorischen Eigenschaften vollkommen übereinstimmen, er muss sich überzeugt haben, dass die naturhistorischen Eigenschaften mit den Individuen in grosser Man- nichfaltigkeit verbunden sind, dass aber diese Mannichfaltigkeit nicht in ununterbrochener Stufenfolge besteht, sondern einzelne Eigenthüm- lichkeiten in ganz bestimmten Grenzen ausgebildet sind. Nur wo solche bestimmte Grenzen bestehen, ist eine systematische Unter- scheidung im Allgemeinen, eine Unterscheidung der Species möglich. Im Feststellen der Mannichfaltigkeit der Eigenschaften und ihrer Grenzen besteht das Studium der Species und aller systematischen Einheiten und Begriffe. Eine jede Eigenschaft kann einer Species innerhalb gewisser Grenzen zukommen; sie muss nicht nothwendig auf eine ganz bestimmte, möglichst engbegrenzte Quantität oder Qualität beschränkt sein, nicht nothwendig einen ganz bestimmten Moment nicht überschreiten. Eine jede Species kann z. B. in der Grösse zwischen zwei bestimmt begrenzten Extremen schwanken, in den einzelnen In- dividuen alle Stufen zwischen den Extremen ausfüllen. Jedes Individuum hat innerhalb der bestimmten Grenze dasselbe Recht, zu dieser Species gestellt zu werden, wie jedes andere; jedes Individuum ist innerhalb dieser Grenzen ebenso typisch, wie jedes andere. Nur darin können sie sich verschieden verhalten, dass die eine Dimension häufiger vorkommt als die andere. Die naturhistorische Eigenschaft der Grösse kann schwanken und vielfach unbeständig sein, ohne den Speciescharakter zu stören: die Beständigkeit des Speciescharakters besteht nur im Einhalten der Grenzen. Diese Grenzen aber sind empirisch zu bestimmen, nirgends a priori vorauszuschen. Jede neue Erfahrung, jedes neu beobachtete Individuum kann für den Stand- punkt der Wissenschaft durch abweichende Grösse die bis dahin er- kannten Grenzen erweitern. Dadurch wird der philosophische Begriff der Species nicht berührt; der Charakter der vorliegenden Species erweitert sich aber der neuen Einsicht gemäss. Gleiche Bewandniss hat es mit allen übrigen körperlichen und psychischen naturhistorischen Eigenschaften. Sie können an verschie- denen Individuen derselben Species in grosser Mannichfaltigkeit und Abweichung ausgebildet sein; aber sie müssen unter sich in zusammen- 251 hängender Reihe, in ununterbrochener Stufenfolge stehen, und anderen Species gegenüber sich in irgend einem Punkte scharf abgrenzen. Es hat keinen naturhistorischen Sinn, zu sagen: „Diese oder jene Eigen- thümlichkeit ist nicht constant, sie schwankt“, um sie dadurch für die Charakteristik der Species als unbrauchbar abzuweisen. Sie ist mög- licherweise in bestimmten Grenzen constant, und dann dient die Feststellung dieser Grenzen zur Feststellung der Species. Es hat keinen Sinn zu sagen: „Diese Form ist etwas grösser oder kleiner, etwas heller oder dunkler, als eine andere“; es handelt sich nur darum, ob diese Eigenthümlichkeiten stufenweise an andern abschliessen, oder sich scharf ihnen gegenüber stellen: und dann kommt es nur auf die bestimmte Abgrenzung an. Für jede körperliche Eigenschaft, für jede Eigenthümlichkeit der Lebensweise kann man jeder Species eine gewisse Mannichfaltigkeit von vorn herein zugestehen; von vorn herein kann man für jede Species ein Schwanken der einzelnen Charaktere vermuthen: man muss sich nur dabei auch bemühen, die festen Grenzen dieser Schwankungen festzustellen, und fortwährend im Auge behalten, dass das Endresultat unserer Einsichten wesentlich von dem Maass der Beobachtung abhängt. Auf diesem Wege allein kann der heillosen Species- und Gat- tungsmacherei der Neuzeit Abbruch gethan werden. Das ornitholo- gische Publikum muss an die ornithologischen Schriftsteller die An- forderung stellen, dass man sich unter ihren Species- und Gattungs- namen etwas denken könne, und sich in dieser Anforderung nicht durch Täuschungen abfinden lassen. 252 Beilage Nr. 10. Einige neue oder weniger bekannte Fier, Von E. Baldamus. (Hierzu Taf. II.) Unter den von Herrn Dr. N. Kjärbölling mitgebrachten und der Versammlung vorgezeigten Eiern waren besonders die von Tota- nus fuscus und glottis, von Tringa platyrhyncha (Limicola pygmaea), dann die von Garrulus infaustus, Falco gyrfaleo und anatum interes- sant. Freund K. übergab mir die Eier, „Kabinetsstücke“ seiner sehr reichen Sammlung, zum Abbilden und Beschreiben, nebst seinen Notizen darüber aus dem Munde des englischen Ornithologen S. John Wolley. 1. Totanus fuseus. Tab. I. Fig. 1. Alle die, welche das Ei gesehen haben, können nur bestätigen, dass es in der That zu den am schönsten gefärbten und gezeichneten gehört. Grundfarbe wie Zeich- nungsfarbe sind von einem so lebhaften intensiven Tone und harmo- niren so vortrefflieh miteinander; der schöne Glanz hebt beide so sehr, und selbst die Gestalt ist eine so angenehme, dass ein ähnliches Ensemble nur selten vorkommen dürfte. Die Grundfarbe ist ein reines und gesättigtes Gelblichgrün oder Moosgrün, im frischen Zustande sicher noch reiner und lebhafter. Die Schaalenflecke, grössere und kleinere, von unregelmässiger Gestalt, sind dunkler und heller aschgraublau; die Zeichnungsflecke, am stumpfen Ende gross, unregelmässig, dichtstehend und einen deutlichen Kranz bildend, nach dem spitzen Ende zu kleiner und sparsamer stehend, sind von einem fast leuchtenden Kastanienbraun. Die Poren sind klein, flach, regelmässig rund, ziemlich dichtstehend; die Schaale glatt und von schönem Glanze. Die Gestalt fast rein kreiselförmig, allmählig abgestumpft. Grösse der Axen: 451/, und 32/, MM., also grösser als die grössesten Eier von 7. galidris. Aaum.Jahrg.1858.TafelI. | 10 Gm r Patsamıus Fierbendrmok wii Aehekint (Aımı # Tat glottis. # Tot fuscus JS htmtcola yagmaca.h.Tringa minuta.d 8. Bombyerlla Garrur- lu8 4 1. kienpocherens gr < 253 Das Nest, aus wenigen Halmen kunstlos erbaut, steht am Erd- boden, im Grase, in Waldungen und zwar vorzugsweise an offenen und nassen oder wenigstens feuchten Stellen. Eierzahl 4; 2. Totanus glottis. Taf. U. Fig. 2. Das Ei dieses Vogels ist weniger schön und gleicht im Ganzen einem grossen Rothschenkeleie (T. calidris). Grundfarbe ein helleres und unreineres Olivengrün (wahrscheinlich alle Nüaneen der Grundfarbe der letztgenannten Eier durchlaufend). Schaalenflecke röthlichaschgrau und violettgrau. Zeichnungsflecke röthlich umbrabraun, beide kleiner und weni- ger verwaschen als bei den meisten Rothschenkeleiern, überall gleich- mässig auf der Oberfläche vertheilt. Poren etwas tiefer und grös- ser als bei 7. calidris, das Korn etwas gröber. Matter öliger Glanz. Gestalt kreiselförmig, etwas bauchig, allmählig abgestumpft. Grösse der Axen: 46 und 331), M. M. (Die grössten Calidris-Eier meiner Sammlung messen 46 und 30 MM., und 44 und 31 MM.; die gröss- sten von Vanell. eristatus 46!/, und 32, 46 und 33 MM.) Nistort, Stand des Nestes, Nestbau und Eierzahl wie bei 7. Fuseus. 3. Limicola pygmaea. Taf. I. Fig. 3. Grundfarbe ein mit Roth gemischtes unreines Olivengrüngelb. Schaalenflecke röth- lichgrau. Zeichnungsflecke dunkelröthlichbraun, unregelmässig, meist klein und sehr klein, scharf abgegrenzt, fast überall dicht die Oberfläche bedeckend, am stumpfen Ende dunkler und zusammen- fliessend, oft so sehr, dass von der Grundfarbe und den Schaalen- flecken Nichts sichtbar bleibt, fast ohne allen Glanz. Poren klein, flach und dicht. Glanz ziemlich matt. Gestalt: gestreckte zur Birnenform hinneigende Kreiselform. Grösse der Axen: 32 und 23 MM. (ein von Herrn Keitel vor 8 Tagen aus Lappland nebst dem „Mütterchen“, [wie dieLappen das auf dem Neste ergriffene W. nen- nen] mitgebrachtes Exemplar misst 33 und 22 MM., gleicht aber, wie die übrigen, dem eben beschriebenen so schr, dass die Eier, beson- ders wegen ihrer dicht stehenden, kleinen und entschieden abgegrenzten Flecken, nicht leicht mit ähnlichen zu verwechseln sind). Der Vergleichung halber noch die Maasse der grössesten Tringa minuta 30 und 20 MM. und der kleinsten Tr. alpina 33 und 24'/, MM. Die Nester standen im Grase! Leider Alles, was darüber zu erfahren war. 254 Beilage Nr. 11. Vermischte Bemerkungen über zweifelhafte Arten der Europäischen Vogellauna. Von J. 1. Blasius. I. Hirundo cahiriea, Licht. Auf der Versammlung in Cöthen erfuhren wir durch Olph- Gaillard, dass ZH. cahirica von Nager-Donazians am St. Gotthardt gefangen sei, und hatten Gelegenheit, das unzweifelhafte Corpus de- lieti zu sehen. Später erfuhr ich schriftlich von Landammann Nager, dass diese Schwalbe dort die einzige Rauchschwalbe sei, aber nur auf dem Frühlingszuge, und nicht selten von den Knaben mit blosser Hand gefangen wurde; auch ich erhielt von dort Exemplare, die den afrikanischen an Intensität der Färbung nichts nachgeben. Man müsste sich mit Recht verwundert fragen, wie kommt ein egyptischer Vogel nach dem St. Gotthardt, besonders in gewisser Art regelmässig nach Andermatt! Im folgenden Frühjahr fand Baldamus den Vogel brütend, und gepaart mit der normalen ZH. rustica in Diebzig; *) eins der fraglichen Exemplare habe ich noch in Händen. Im laufenden Frühjahr habe ich auch diese Schwalbe, gepaart mit der gewöhnlichen H. rustica, bei Braunschweig brüten geschn. Mehrere Exemplare wa- ren heller, als die egyptische H. cahirica; andere standen dieser in der Färbung der braunen Unterseite nicht merklich nach. Auch von andern Punkten habe ich Kunde erhalten, dass unter den Rauch- schwalben Individuen mit rothbrauner Unterseite brütend gefunden worden seien. Unter diesen Umständen kann es kaum noch auffallen, dass H. cahirica am St. Gotthardt angetroffen wird, und nur das kann noch als unerklärbar angesehen werden, dass sie die einzige dort vor- kommende Rauchschwalbe sein soll. *) Auch in diesem Jahre und zwar drei Exemplare. Baldamus. 255 Häufiser als die ganz dunkelbraun gefärbte normale H. cahirica sind Mittelformen zwischen beiden Extremen in Deutschland beobach- tet worden. Dr. Gloger erwähnt solche aus Schlesien, und giebt an, dass die sehr stark gerötheten Hausschwalben in Sardinien schon gewöhnlich seien. Auch in Sibirien, besonders in Ostsibirien, hat nach Pallas die Rauchschwalbe eine vorherrschend rostfarbige Un- terseite. Da beide so verschieden gefärbte Vögel sich untereinander paa- ren,*) die Färbungsabweichungen in allen Zwischenstufen in einander übergehen, und keinerlei Verschiedenheit beider Formen in der Le- bensweise besteht; so ist wohl nicht daran zu denken, eine Artver- schiedenheit festhalten zu wollen. Aber als was soll man sie ansehn? Z. B. Als klimatische Varietäten! Aber unser nordisches Klima scheint doch auch unter Umständen die afrikanische Form hervor- gebracht zu haben. Niemand wird mit Grund behaupten wollen, dass die im Norden brütenden dunkelrostfarbigen Rauchschwalben ursprüng- lich in Afrika ausgebrütet worden seien. Auch wird man im Ernst das Klima Östsibiriens nicht mit dem Egyptens identifieiren wollen. Noch weit weniger sind wir so weit, die Rostfarbe der afrikanischen oder sibirischen Rauchschwalben durch Causalzusammenhang empi- risch erklären, aus physischen Ursachen exact herleiten zu können. Der Name „klimatische Varietät,“ soweit das Klima als bedingende Ursache gedacht wird, bleibt einstweilen nur eine willkürliche Vor- stellung. Oder Racen? Aber Racen sollen nach der Consequenz der vorgeschlagenen Begriffsbestimmung keine Uebergänge zeigen, und die Jungen sollen ohne Mittelform auf die Eltern zurückgehn. Die Natur fügt sich dieser eingeführten Begriffsbestimmung nicht. Vielleicht Subspeeies? Der Begriff der Subspecies ist theore- tisch so wenig festgestellt, und in der Praxis so bunt vergeben wor- den, dass er der Willkür keine Schranken anlegen kann. Oder endlich gar Localformen ein und derselben Art? Aber ist das nicht ein Name ohne alle tiefere philosophische oder physiolo- gische Bedeutung! Vielleicht um so besser, wenn die Philosophie oder Physiologie auf schwachen Füssen steht. Eine thatsächliche Be- zeichnung erinnert doch wenigstens an einen Thatbestand! *) Auch in demselben Neste kommen Junge von beiderlei Färbung vor, und zwar von normal gefärbten Eltern | Baldamus. 256 es Sollte es einstweilen nicht gerathen sein, den Thatbestand mög- lichst erschöpfend festzustellen, ehe wir uns über Begriffe entzweien? Und dazu gehört, zu wissen: wo die weissen und wo die rostfarbi- gen Rauchschwalben ausschliesslich vorkommen; wie weit die eine Form, und in welchem statistischen Verhältniss, sich in das Gebiet der andern ausdehnt; welches die Verbreitung und das statistische Verhältniss der Mittelstufen und Uebergänge zwischen beiden Formen ist u. s. w. Zur Lösung dieser Aufgabe kann ein Jeder von uns behülflich sem. Ist die Aufgabe vollständig gelöset, werden wir uns über die Namen ohne Schwierigkeit verständigen. 2. Muscicapa muscipeta, B. Auch in jüngster Zeit sind noch Stimmen laut geworden, die der M. museipeta B. eine Artberechtigung zuschreiben wollen. Ich habe Gelegenheit gehabt, beide Formen in der Nähe von Braun- schweig auf dem Zuge und brütend seit Jahren vielfach zu beobach- ten. Eine Verschiedenheit in Grösse, Körperbildung, Stimme und Lebensweise, die über individuelle Bedeutung hinausgingen, wird schwerlich ein sorgfältiger Beobachter evident nachweisen können. Diese Fliegenschnäpper erscheinen bei Braunschweig gewöhnlich anfangs April in ziemlicher Menge, und sind dann an einigen be- stinnmten Localitäten an Waldrändern mit Sicherheit anzutreffen. Die meisten Männchen, die ich zu Anfang der Zugzeit erlegte, waren graue; erst gegen Ende der Zugzeit, wenn die Vögel anfangen ihre Brutlöcher aufzusuchen, wurden die schwarzen häufiger. Inzwischen zeigten sich mannichfache Uebergänge: graue Vögel mit schwarzen, unregelmässigen Flecken und einzelnen schwarzen oder schwärzlichen Federn auf Kopf, Hinterhals und Vorderrücken. Im laufenden Früh- jahr suchte ich bis über die Mitte Aprils hinaus an den gewohnten Waldrändern diese Vögel vergeblich; erst am 24. April sah ich ein Männchen am Nestloche. Fast alle Männchen aber, die ich in diesem Frühjahr erlegte oder singen hörte, waren schwarze. In der Structur der verschieden gefärbten grauen oder schwar- zen Federn habe ich unter der Lupe und unter dem Mikroskop keine wesentliche Abweichung gefunden. Ich wüsste keinen einzigen Grund dafür geltend zu machen, diese Abweichung in der Färbung der Federn an ein und demselben Vogel einer abweichenden Mauser zu- : 257 zuschreiben. Es liegt nicht fern, bei solchen grau und schwarz gefärbten Fliegenschnäppern an eine Umfärbung zu denken; geht eine solche vor sich, so muss sie sich an lebenden Individuen klar heraus- stellen. Bis dies geschehen, wird die Streitfrage für diesen speciel- len Fall als unerledigt anzusehen sein. ‘Es ist zwar gesagt worden, eine solche Umfärbung müsse für den ganzen Körper gleichmässig vor sich gehen, da sie von Innen heraus bewirkt würde; aber dies Postulat ist nur eine Vermuthung, obwohl es in sehr apodictischer Gestalt auftritt. Eine unerwiesene Hypothese, die einige Wahrschein- lichkeitsgründe für sich hat, beseitigen zu wollen durch eine andere Hypothese, die gar keinen festen Fuss hat, ist Geschmackssache. Solche schwarz und grau gesprenkelte Mittelformen sind unter allen Umständen nicht geeignet, die Vorstellung von zwei gesonder- ten Arten unangefochten zu lassen. Ebenso die verschiedenen Nüan- cen von grau und grauschwarz oder schwarz. Mit demselben Rechte, mit dem man graue und schwarze unterscheidet, müsste man auch gesprenkelte und grauschwarze unterscheiden. So lange die Ornitho- logie sich unter den zoologischen Disciplinen nicht das Vorrecht eines ganz besonderen, eximirten Speciesbegriffs erkämpft, muss man Mu- scicapa atricapilla L. und M. muscipeta B. für dieselbe Art erklären. 3. Muscicapa melanoptera, Heckel. Ein ähnliches Verhältniss ist das der Muscicapa melanoptera Heckel und M. collaris B. Diese neue Nominalart schien beseitigt und vergessen, bis sie in Naumann’s Vög. D. Bd. XIII. p. 245. Tab. 352, Fig. 1. wieder auftauchte. Heckel hatte die Art in seinen letzten Lebensjahren selber wieder aufgegeben. Er war durch die moderne Speciesfabrikation kopfscheu geworden, und eher in das entgegenge- setzte Extrem eingegangen. Aus persönlicher Mittheilung weiss ich, dass Heckel selbst den vergessenen Namen nie wieder aufgefrischt haben würde, Vergeblich fragt man sich, worin denn ein wesentlicher Unter- schied zwischen Tab. 65. Fig. 1. und Tab. 352. Fig. 1. bestehe. Nau- mann findet es p. 246 wünschenswerth, dass Heckel seine Beobach- tungen am lebenden Vogel mittheile. Leider ist das nicht mehr mög- lich! Aber es würde auch ohne specifischen Erfolg gewesen sein. Ich habe den Vogel in den Wäldern oberhalb Messina, bei San Alessio und am Aetna zahlreich beobachtet; er ist in Stimme und Naumanola 1869. 17 258 Lebensweise, wie im ganzen Körperbau vollkommen übereinstimmend mit dem Halsbandfliegenschnäpper Oesterreichs, der Schweiz und Oberitaliens. Nicht einmal eine südliche locale oder klimatische Va- rietät, wie etwa bei den Rauchschwalben, wird sich hier festhalten lassen. Die sicilianischen Vögel sind ebenso wenig, wie die der Alpen, von gleicher Intensität der Färbung. 4. Calamoherpe hortieola, Naum. In keinem Gebiete der Europäischen Ornithologie herrscht eine solche Mannichfaltigkeit der Ansichten, eine solche Unsicherheit, als in dem der Rohrsänger. Während z. B. von einer Seite C. arundi- nacea und palustris in eine einzige Art zusammengezogen werden, mehren sich von anderer Seite fortwährend die Mittelglieder zwischen beiden, und wollen als selbstständige Arten betrachtet werden. Von Zander, Brehm und Naumann sind diese Mittelglieder sorgfältig beobachtet und unter verschiedenen Namen als selbstständige Arten betrachtet worden. Was man von diesen Thieren weiss, ist wesent- lich von unseren Freunden in Barkow, Ziebigk und Renthendorf fest- gestellt worden. Die genannten Localitäten eignen sich zur Beobach- tung dieser Mittelformen, wenn sie sich einmal dort betreffen lassen, besonders gut. Die Wasser- und Rohrflächen sind so beschränkt, dass sie nur einem einzigen, oder doch sehr wenigen Päärchen hier Unter- kommen sichern. Man kann sich also leicht vor Verwechselung hü- ten, und die Individuen dauernd der Beobachtung unterwerfen. — Wenn in dem Mangel an Vergleichungspunkten ein Uebelstand liegt, so ist doch auch jener Vortheil nicht abzuläugnen. Die Umgegend von Braunschweig hat die entgegengesetzten Vortheile und Uebelstände aufzuweisen. Ungefähr eine halbe Stunde von meiner Wohnung entfernt, befindet sich ein Complex von Teichen mit Inseln, Grä- ben, Bächen, Wiesen, Rohrbüschen und Hecken, der durchschnittlich zwei bis drittehalb Hundert, früher bis drei Hundert, brütende Päär- chen von Rohrsängern beherbergt. Diese sind in der Regel etwa in folgender Weise vertheilt: Von (€. turdoides gegen 20— 30 Päärchen, >» » arundinacea „ 100-120 » » palustris a 16-020 ” » » phragmitis „ 80—100 5 ».» aquatica F 10715 2. » „m loeustella ea 8— 10 » 259 Die Mittelformen zwischen C. arundinacea und palustris sind ge- wöhnlich zahlreicher als €. palustris vorhanden. Man sicht, dass es an Material nicht fehlt; aber es hält schwer, die Individuen und Päärchen isolirt zu beobachten. Man findet nicht selten die Nester in drei bis vier Schritten Entfernung von einander. So fragt man sich | denn oft vergeblich: zu welchem Neste gehört das singende Männchen? Aber es gelingt doch nicht selten, einzelne Päärchen und Nester auf- zufinden, die man dauernd isolirt beobachten kann. Seit vielen Jah- ren habe ich es mir angelegen sein lassen, die schwierigen Rohrsän- gerarten an diesen günstigen Oertlichkeiten ausdauernd zu beobachten, und das, was ich in der Natur sah und hörte mit den Aufzeichnun- gen in Büchern zu vergleichen. Ich habe mich überzeugt, dass in der gesammten Europäischen Ornithologie kaum irgend eine andere ebenso schwierige Frage zu klarer Endentscheidung vorliegt, als die der Rohrsänger. Viele der mitgetheilten Beobachtungen finde ich bestätigt, viele andere gar nicht; im Ganzen drängte sich mir die Ueberzeugung auf, dass auch die Rohrsänger in Aufenthalt und Le- bensverhältnissen sich sehr nach den momentanen Umständen einrich- ten, und sich im Freien nicht zu der Einseitigkeit gezwungen fühlen, zu der man sie'in Büchern verurtheilt hat. Am consequentesten und gleichförmigsten in Aufenthalt, Stimme und Lebensweise erhält sich ausser C. locustella, die C. turdoides und palustris. Schon C. phragmitis zeigt eine grosse Vielseitigkeit in Stimme, Nestbau und Aufenthalt. Während die meisten Nester un- mittelbar auf dem Boden, umgeben von Wasser, zwischen Schilf und Riedgras, auf erhöhten Rohrbulten stehen, fand ich andere entfernt von Wasser in Hecken und Büschen, zwei bis drei Fuss hoch von der Erde. C. aquatica baut durchgängig auf erhöhten Rohrbulten, umgeben von Wasser, wenige Schritte von den Teichrändern ent- fernt. Es scheint, als ob €. arundinaces und die erwähnten Mittel- formen nach C. palustris hin sich in keinerlei Weise irgend eine Grenze setzen wollten. i In der Regel nistet C. arindinacea zwischen Rohrstengeln über der Wasserfläche; doch gar nicht selten auch in Hecken und im Ge- büsch zehn bis zwanzig Schritte vom Wasser entfernt, sogar zuweilen an ganz trockenen Stellen in Kiefergebüschen, mehr als fünfhundert Schritte von allem Wasser entlegen, hin und wieder sogar unmittel- bar auf der Erde, auf einem Rohrbulten, oder gar auf der kahlen, 17* 260 vegetationslosen Fläche eines ausgetrockneten Teichbodens. Und nicht etwa die unter den Namen horticola, pinetorum et arbustorum getrenn- ten Mittelformen, sondern ganz normale C. arundinacea mit rostbrau- nem Gefieder, mit dem charakteristischen einförmigen Gesange und den schmutzig grünlichen, bräunlich-olivenfarbig gefleckten Eiern. Aber diese in Gesang und Färbung normale C. arundinacea legt auch Eier von fast weisslicher Färbung mit feinen graugrünlichen Fleckehen, andere von olivengrünem Grunde, dunkel olivengrünen Flecken und fast gleichmässig dunkelbraungrünem dieken Ende, und noch andere lebhaft und rein blaugrüne Eier mit dunkelgrünen dicht oder entferntstehenden Flecken, die den Eiern der C. palustris sehr nahe stehn und als ziemlich identisch mit den Zanderschen Eiern von C. pinetorum angesehen werden können. Wiederholt habe ich ferner singende Männchen geschossen, die mit dem normalen Ge- sange der C. arundinacea ein so blasses und so schwach rostfarbig überflogenes Gefieder verbanden, dass man sie zu der Naumann’schen C. horticola hätte zählen müssen. Wieder andere singende Männchen habe ich erlegt, die ihrer Stimme nach unbedingt zu C. horticola N. gezählt werden mussten, während ihr Gefieder von den gewöhnlichen rostbraunen Vorkommen der ©. arundinacea nicht zu unterscheiden war. Da ich die beiden letztern Formen nur im Rohr erlegt habe, ist es mir noch nicht gelungen, sichere Eier derselben ausfindig machen zu können. Vögel, die ich nach ihrem mannichfachen Gesange und nach ihrer Färbung unbedingt für ©. horticola N. ansehen musste, habe ich nistend in Hecken und Gebüsch entfernt vom Wasser, und ebenso im Rohr über der Wasserfläche angetroffen, mit Nestern, die an die der Aypolais erinnerten, und andere, die nicht wesentlich von C. arundinaecea zu unterscheiden waren, mit Eiern, die theilweise ganz denen ähnlich sahen, die Zander von seiner C. pinetorum aus seinem Garten genommen, und andere, die ich in keinem wesentlichen Punkte von sichern Eiern der C. arundinacea zu unterscheiden vermochte. Wie diese Vögel sich nach ihren Aufenthalts- und Nistplätzen einrichten und nach der Decke strecken, wenn der allgemeine Was- serstand sich geändert hat, einzelne Teiche abgelassen oder aus- getrocknet sind, wenn durch Trockniss oder geringe Frühlingswärme das Rohr später als gewöhnlich treibt, und das alte Rohr gänzlich fehlt, habe ich mehrfach zu beobachten. Gelegenheit gehabt. Wer 261. von dem Gedanken ausgeht, dass diese Thiere in Aufenthalt und Lebensweise constant sein müssen, wird sich in der freien Natur nie zurechtfinden. Wer auf dem Wege der Beobachtung zu dem Resul- tate gelangt ist, jede dieser Species sei in ihren Lebensbeziehungen in einen engen, constanten Kreis eingeschlossen, kann nur sehr ein- seitige Beobachtungen gemacht haben. Wer sich dabei beruhigt fühlt, oder gar etwas drauf zu Gute thut, zahlreiche Species der Teichrohr- sänger nach Stimme, Lebensweise, Aufenthalt, Nestbau und Eibildung zu unterscheiden, ohne den festen Anhaltspunkt anderer naturhisto- rischer Beziehungen zur Hülfe zu haben, muss von zahlreichen That- sachen abstrahiren können, oder sie nie gekannt haben. Wenn ich die in Büchern mitgetheilten Beobachtungen mit dem Thatbestande in der Natur vergleiche, wie sich derselbe mir in der Umgegend von Braunschweig darbietet; so muss ich die bisherigen Versuche, die sogenannten Mittelformen zwischen ©. arundinacea und palustris als besondere Species hinzustellen, nicht für hinreichend gelungen ansehen. Die Natur ist keineswegs so schroff, aber weit mannichfaltiger als diese Abgrenzungen. Wenn man den Begriff von (. arundinacea so weit fasst, als die bunte Mannichfaltigkeit dieser Art es vorzuzeichnen scheint; so widersprechen die getrennten Arten demselben grösstentheils nicht. Diese Trennungen müssen als inter- essante und nothwendige Beiträge zur Naturgeschichte des Teich- rohrsängers angesehen werden, die keineswegs bis jetzt als erschöpfend betrachtet werden können. Am auffallendsten abweichend ist die €. pinetorum, Zand., für die Naumann den neuen Namen €. horticola einzuführen suchte. Von C. arbustorum, Brehm, die Naumann mit der vorigen identifieirt, stimmt ein Originalexemplar im Berliner Museum wesentlich mit ©. arundinacea überein; ein anderes, was ich selbst besitze, vermag ich nicht von C. palustris nach dem Gefieder zu unterscheiden. Mehrere andere von Brehm unterschiedene, meist auf dem Zuge beobachtete Arten, sind von Brehm selber als Subspecies bestimmt gedeutet. Ueber €. fruticola, Naumann, darf man billiger Weise ebenso unsicher sein, als Naumann selber über das einzige im letzten Jahrzehend des vorigen Jahrhunderts gefangene und nur in der Abbildung erhaltene Exemplar, unsicher ist, # Will man absolut Arten in dieser Region erreichen; so reichen die bis jetzt unterschiedenen bei weitem nicht aus. Aber es scheint mir 262 ‘wenig Aussicht vorhanden, irgend eine derselben zur sicheren Unter- scheidbarkeit zu bringen. 5. Calamoherpe lanceolata, Temm. Von C. lanceolata, Temm. sind zwei Exemplare durch Bruch bekannt geworden. Temm. giebt an, sie seien in der Umgebung von Mainz gefunden. Dem wurde später von Bruch widersprochen, und das südliche Russland allgemein als Fundort angegeben. Es ist mir interessant gewesen, das im Mainzer Museum unter dem noch allge- meinern Fundorte „Europa“ stehende Exemplar untersuchen zu kön- nen. Wenige Arten der europäischen Ornis haben eine so verschie- dene Deutung erlebt. Temm. führt die Art unmittelbar nach 8. lo- eustella auf. Unter dem Gattungsnamen Locustella führt Bonaparte im Conspectus drei Arten: Locustella, Penn., Certhiola, Pall. und ru- bescens, Blyth auf; die vorliegende Lanceolata T. aber stellt er unter seine Gattung Calamodyta zwischen aquatica und melanopogon, T. Ich weiss, dass die Beschreibung sogar Veranlassung gegeben hat, eine afrikanische Drymoica in ihr zu vermuthen. Brehm hält das Thier für eine €. locustella, P. . Das Exemplar im Mainzer Museum hat die Grösse einer kleinen C. locustella. Totallänge ungefähr FREI TH Schwanzlänge TIERE Flügellänge 2 Kopf mit Schnabel 11,124 Lauflänge 8,24 Mittelzehe mit Nagel 6,2. +1,6° Daum mit Nagel 3,9 42,9 In der Regel ist ©. locustella etwas grösser, und erreicht wohl eine Flügellänge von 2° 4“, eine Schwanzlänge von 1” 11“, und eine Lauflänge von 9,5‘; doch habe ich auch Individuen von C. locu- stella gemessen, die der fraglichen €. lanceolata schr nahe kommen. Das Gefieder ist dem der Zoeustella ähnlich, aber etwas entschiede- ner gefleckt und gestrichelt. Die ganze Oberseite hellrostgrau mit braunschwarzen Schaftstrichen, die auf dem Kopfe gleichmässig und kleiner sind. «Die Unterseite weisslich, auf der Brust mehr getrübt, am Kinn ungefleckt, sonst überall schwarzbraun gefleckt und gestrichelt; die Schaftflecke an Kropf und Brust etwas schärfer, an den Weichen 263 und untern Schwanzdeckfedern etwas heller und länger, am Bauche wenig gefleckt. Der Flügelbau ist ganz der von Locustella. Die Schwanzfedern sind einfarbig und ganz von der Form der Federn der Locustella. Die Federn der linken Schwanzhälfte sind von einer andern Vogelgattung eingesetzt. Die Hinterschwingen des linken Flügels stehen in der Mauser. Die grossen Schwungfedern sind, be- sonders an der 5. bis 7. stark abgerieben; die übrigen scharf erhalten. Die Fleckung der Kehle deutet auf einen Jugendzustand. Der Schna- bel ist defeet, und die Schnabelspitze durch schwarzes Wachs er- gänzt. Ueber die Beschaffenheit und das, Schicksal des wahrscheinlich an Temm. gekommenen anderen Exemplares ist mir nichts bekannt; im Museum in Leiden ist es mir nicht zu Augen gekommen. Temm. giebt in seiner Beschreibung, die aller Wahrscheinlichkeit nach von diesem Exemplar entlehnt ist, an, dass der Schnabel ebenso stark, der Schwanz ebenso lang, aber etwas mehr zugespitzt, übrigens der Vogel ein gutes Drittel kleiner sei, wie C. loeustella; die ganze Länge sei kaum 4 Zoll. Man überzeugt sich vielleicht, dass in diesem Falle bei gleicher Schnabelstärke und Schwanzlänge Vieles der von dem guten Drittel geringeren Grösse auf Rechnung des Ausstopfers zu schreiben sein könnte. Wenn man annehmen muss, das Temminck’sche Exemplar sei gleicher Art mit dem Mainzer, so muss man auch anneh- men, dass der Temminck’sche Vogel nicht wesentlich kleiner habe sein können, als eine grosse Locustella. Dadurch aber werden die Beziehungen dieser nur auf beiden be- rührten Individuen beruhenden Art zu unserer ©. locustella immer in- timer. Ich muss gestehen, dass ich der Brehm’schen Ansicht, €. lan- ceolata, Temm., sei identisch mit ©. loeustella, (s. Brehm, Vogelfang, S. 234), keine Gründe entgegen zu setzen weiss, So lange, bis man durch unverstümmelte frische Exemplare und ‚Beobachtungen an lebenden Thieren eines Besseren belehrt wird, muss man diese Tem- mink’sche Art für unbegründet anschen. 6. Calamoherpe familiaris, Menetr. Schlegel hält in seiner kritischen Uebersicht der Europäischen Vögel diese Art für standhaft verschieden von ©. galactodes, T., wäh- rend Naumann in seinen Nachträgen beide mit Bestimmtheit für identisch ansieht. Es ist Thatsache, dass die Exemplare aus Spanien 264 und Afrika sich von denen aus Griechenland und Westasien, aus Smyrna und vom Kur, durch die Färbung der Oberseite bestimmt unter- scheiden lassen. Auch steht es nicht zu bezweifeln, dass dieser Ab- weichung in der Färbung ein nicht unbedeutender Gegensatz im Ver- hältniss der Flügel- und Schwanzlänge, wenn auch in verschiedenem Grade, parallel geht. Dass darin Gründe für eine Sonderung in zwei Arten erblickt werden können, lässt sich nicht bestreiten. Dass beide Formen nicht unbedingt identifieirt, sondern mindestens als geogra- phische Abweichungen scharf auseinandergehalten werden müssen, darf man wohl als feststehend ansehen. Naumann giebt an, der Vogel solle auf Helgoland vorgekommen sein; es fragt sich welche Form: die spanisch-afrikanische oder die griechisch-asiatische. Bei meinen Erkundigungen in Helgoland erfuhr ich, dass an dem dortigen Vorkommen nicht zu zweifeln sei, dass aber der dort erlegte Vogel sich jetzt in der Sammlung des Apo- thekers Mechlenburg in Flensburg befinde. Um ins Klare zu kommen, machte ich von einer Excursion auf die friesischen Inseln einen Ab- stecher nach Flensburg und überzeugte mich dort, dass der fragliche Vogel der griechisch-asiatische: C. familiaris, Menetr., sei. Es liest kein Beweis dafür vor, und ist unwahrscheinlich, dass die spanisch-afrikanische Form: (©. galactodes, T., je nördlich von den Alpen vorgekommen sei. Die von Naumann in den Nachträgen Tafel 367 abgebildeten drei Vögel gehören nach der Färbung und dem Verhältniss der Flügel- und Schwanzlänge sämmtlich der griechisch-asiatischen Form: (©. fa- miliaris, Menetr., an. 7. Hypolais Pregli. Frauenf. Von dieser angeblich neuen Art besitze ich durch den Entdecker Pregl zwei Original-Exemplare aus Dalmatien, die durchaus nicht von S. elaica, Linderm. oder S. ambigua, Schleg. zu unterscheiden sind. Die Art muss ohne jeden Zweifel aus dem Verzeichnisse der europäischen Ornis gestrichen werden. Auch besitze ich einige Ori- ginalexemplare der 8. pallida, Ehrenberg, und muss gestehen, dass es schwer, wenn nicht unmöglich sein wird, diese Form von der S. elaica, Lind., zu trennen. Der Name von Ehrenberg würde der älteste für die Art sein, wenn man sich überzeugen müsste, dass beide For- men identisch seien. 265 8. Hypolais Arigonis. Brehm jun. Unter diesem Namen beschrieb A. Brehm im dritten Bande der allgemeinen deutschen naturhistorischen Zeitung, p. 467, Nr. 161, einen breitschnabeligen Sänger aus Spanien. Zuerst hatte Gerbe unter dem Namen S. pallida auf diesen Vogel aufmerksam gemacht. De Selys-Longchamps hat sofort erkannt, dass er mit der S. pallida Ehrenbergs nicht zu verwechseln sei, und den Namen $. cinerascens für denselben vorgeschlagen; nur schien ihm dessen Vorkommen in Europa zweifelhaft zu sein. Dies Vorkommen in Spanien ist„nun durch A. Brehm, der über 40 Exemplare derselben mitgebracht hat, zur Genüge bewiesen. Der Name cinerascens De-Selys würde wohl als ältester selbstständiger Name für die Art beizubehalten sein. Eine genaue Beschreibung der Lebensweise hat A. Brehm am angeführten Orte versprochen. Die eigenthümlichen Eier derselben hat Kunz zahlreich aus Spanien erhalten. 9. Alauda Duponti. Vt. Lange Zeit bin ich über die Selbstständigkeit dieser Art zweifel- haft gewesen; nur darüber glaubte ich sicher zu sein, dass sie nach der Beschreibung sich nicht weit von Alauda arvensis entfernen könne. Schlegel, der den Vogel in der Natur nicht gesehen hat, hält ihn für eine gute Art, und weist bei der Gelegenheit auf ein unter dem Na- men Alauda ferruginea bezeichnetes Exemplar des Grafen von der Mühle hin; von der Mühle bezieht sein in der Anmerkung p. 35 er- wähntes Exemplar aber ausdrücklich auf Alauda ceristata, L. Bona- parte führt im Conspectus I. p. 246 die Art unter der Gattung Cer- thialauda, neben Alauda desertorum, Stanl., oder bifasciata, Lichtenst. auf, und unter dem Namen Alauda Duponti habe ich aus Algier auch Vögel erhalten, die von Alauda desertorum gar nicht zu unterscheiden waren. Wenn auch die Art hätte als selbstständig angesehen werden müssen, schien es doch zweifelhaft zu sein, ob man sie mit Alauda desertorum oder arvensis oder cristata als Gattungsverwandte zusam- men zu gruppiren habe. Daran konnte zweierlei Schuld sein: erst- lich, dass man den Vogel selber nicht kannte, und zweitens, dass man, wie es in neuester Zeit ziemlich allgemein eingerissen ist, die Art ohne irgend eine Charakteristik der Gattung beliebig unter eine Summe von Gattungsnamen gleichsam verwürfelte. Es versteht sich 266 von selber, dass mit ein und demselben Gattungsnamen jeder Schrift- steller einen eigenen, abweichenden Begriff verbinden kann; wenn Jeder angiebt, welchen Begriff er mit einem bestimmten Namen ver- bindet, wird sich der Leser orientiren können. Wenn es aber Brauch wird, in speciellen Faunen oder allgemeinen Uebersichten die Gat- tungsnamen ohne jeden Begriff, ohne jede Spur von Charakteristik als blosses Rubrum über eine Reihe von Species zu stellen; so ist das für die resp. Verfasser zwar sehr bequem, für die Leser aber ohne jede Bedeutung. Die heutige’ Ornithologie kann kaum irgend einen augenfälligeren Beweis von gänzlichem Mangel an logischer Bestimmtheit, von wissenschaftlichem Verfall ihrer Systematik zu Tage fördern. Es kann ganz gleichgültig sein, ob man ein Thier Alauda Duponti, Galerida Duponti oder Certhialauda Duponti nennt; aber es ist von Bedeutung, bestimmt zu wissen, welche Thierform man unter Alauda, Galerida oder Certhialauda verstehen will, und wie sich eine sogenannte Duponti in einer dieser Gattungen von ihren Anverwandten unterscheidet. Ich habe kürzlich eine Lerche aus Algier erhalten, die mit der Beschreibung der Alauda Duponti, Vt. in Temmincks Manuel so vollständig und genau übereinstimmt, dass ich nicht einen Augenblick anstehe, sie für identisch mit derselben zu halten. Und diese Lerche ist eine ausgezeichnete, selbstständige Art, die wie Temm. schon an- giebt, an die Alouette Sirli vom Cap erinnert. Sie gehört aber weder zu den Haubenlerchen, Galerida, noch, trotz ihres langen Schnabels zu den Wüstenlerchen, Certhialauda (!) oder Alaemon; sondern sie kann generisch von unserer Alauda arvensis nicht getrennt werden. In der Kopfbildung, Bildung der Nasenlöcher, des Schnabels im All- gemeinen und der Füsse, und im Flügelbau muss sie mit Al. arvensis in derselben Gattung untergebracht werden. Ein etwas längerer Schnabel, wie ihn in der Regel -Al. arvensis besitzt, hat Veranlassung gegeben, diese ausgezeichnete Art in eine schiefe generische Stellung zu bringen. Beilage Nr. 12. I. Notizen aus Bayern. Von J. Jäckel. Ich bedauere es von Herzen, auch im heurigen Jahre zur Versammlung nicht kommen zu können. Sage das den hochverehrten Versammelten, melde Ihnen freundliche Grüsse von mir und den Wunsch eines fröhlichen gedeihlichen Tagens. Weil ich denn unter den lieben Herren nicht persönlich sein kann, so will ich die- sen Zeilen noch Weniges anfügen, das Du, wenn Du es nicht etwa für uninteressant hältst, den Versammelten mittheilen kannst. Am vergangenen 3. Mai a. c. stand eine Stunde von hier in einem Weiher des Ortsflures Krausenbechhofen ein Paar Strandreuter, Hypsibates himantopus; Tags darauf hielten sie sich ebendaselbst auf, und am 8. Mai traf ich wieder 2 — vielleicht dasselbe Paar — alte Vögel in den Weihern bei Poppenwind. Tags darauf stand ein Stück im Strittweiher bei Biengarten, am 10. Mai 2 Stück im grossen Stöcksee bei Poppenwind. Diese strichen weg nach dem Strittweiher; als ich an demselben angekommen war, sah mein freudetrunkenes Auge 5 Stück dieser herrlichen Stelzenvögel, 4 Alte und einen Jungen. Den letzten gewahrte ich am 11. Mai im Abelsweiher bei Hesselberg. Dieser, ein herrliches altes Männ- chen, und von dem am 8. Mai beobachteten Paare das Weibchen, wurde erlegt. Sie trieben sich in einem Umkreise von etwa 2 Stunden auf den grossen und vielen Weihern meiner Gegend umher. Trotzdem dass im heurigen Jahre die hiesigen Weiher so wasserarm sind, wie sichs die ältesten Leute nicht erinnern können, so war gleichwohl der Zug der Schnepfenvögel ein merkwürdig belebter. Zwar bei den grossen Waldschnepfen lautete heuer das Sprüchlein: Oeuli sind sie nicht hie; Laetare nicht einmal rare; Judica noch keiner da, Palmarum tralarum. Der diesjährige Strich war einzig in seiner Art zu nennen; es war nämlich keiner, und lässt sich vom Schnepfenstrich Anno 1858 nur reden, wie von lucus a non lucendo. Ich habe Nachrichten aus den verschiedensten Gegenden Bayerns, aus den wärmsten Lagen am Main, wie aus Gebirgs- und grossen Waldstrecken, 268 desgleichen von Frankfurt, aus dem Darmstädtischen erhalten, von überall her die einstimmige Klage gehört, dass auch die fleissigsten Jäger und die besten Hunde auf dem Anstande und bei dem Buschiren keinen Schnepfen auszumachen und zu schiessen im Stande gewesen, und nur ausnahmsweise hie und da ein Glücklicher ein oder zwei Stücke zu sehen oder gar zu schiessen Gelegenheit gehabt habe. Es darf als eine Rarität angesehen werden, dass ein Jäger in dem Hirschpark von Pommersfelden 3 Schnepfen schoss. Unser Freund Dietzel sah nicht eine. Wie ist diese auffallende Thatsache zu erklären? Frage doch auf dem Brocken die Ver- sammelten, ob auch im nördlichen Deutschland der Strich ein so auffallend schlechter gewesen? Ich glaube, dass es im Norden ebenso wie in Süddeutschland war. Ueber unser Bayern, 1412 []Meilen, können sie doch nicht in einer Nacht mit dem Hauptzuge hinübergekommen sein, ohne sich niederzulassen. Ich glaube vielmehr, dass durch die ungewöhnliche Kälte und den tiefen Schnee, durch den die Winter- aufentbalte der Schnepfen, z. B. Griechenland, Kleinasien etc. heimgesucht waren, diese Vögel massenweise umgekommen sind. Auch Bekassinen gab es in diesem Frühjahre nur höchst wenige; in Lagen, in denen ich sonst zur Strichzeit Hunderte anzutreffen sicher sein kann, fand ich nach stundenlangem Absuchen entweder nicht eine oder nur einige wenige, im besten Falle 6— 7 Stück. Dagegen sah ich in keinem Jahre eine solche Menge Kampfstrandläufer, To- tanus calidris, glareola. Am 13. und 14. April war in meinen Weihern ein Leben und Treiben der Vogelwelt, wie ich es nie schöner gesehen und gehört. Anas clypeata, penelope (in Hunderten), acufa (im März oft an 60 Paare und darüber), fuligula, ferina, querquedula. Limosa melanura, Flüge bis zu 6 Stücken, Hun- derte von Machetes pugnax in grösseren und kleineren Vereinen, auf einem Schwarm an 60—80 Stück, dazu Flüge von Tringa alpina. Denke Dir dazu den Gesang und die Locktöne der Drosseln, Amseln, Rothkehlchen und Laubsänger, der Blaukehlchen, Rothschwänze, Steinschmätzer, gelben Bachstelzen, Wiedehöpfe, Pieper, Hänflinge, Zaunkönige, das Treiben der Blessen, Möven, Steissfüsse, Rei- her, der Krähen und Kiebitze und Fischaare meiner Gegend; so wirst Du mir glau- ben, dass ich an diesen beiden Tagen ein Bild der Vogelwelt vor mir gehabt habe, wie man es sonst nur weit von Bayerns Grenzen haben kann. Herr Johann Friedrich Leu in Augsburg erhielt am 30. Juni 1858 ein 4 Wochen altes Haushuhn, das ohne Dunen aus dem Eie kam und nackt blieb. Der Eigenthümer, ein Bauer, hatte es, da es „eklich‘‘ aussah, der altenHenne weg- genommen und in die Stadt gebracht. Das Thierchen, dem Schutze der erwärmen- den Alten entzogen, fror immer und starb. Herr Leu fügt hinzu, dass Herr Dr. Körber, Vorstand des naturhistorischen Vereines in Augsburg, mehrere Jahre Kaninchen hielt, die zweimal nacheinander nackte Junge brachten. In einem Wurfe befanden sich zwei, in dem andern drei solcher Jungen. Als weiteres Beispiel von Atrichie führt Herr Leu noch an, dass er im Jahre 1857 in Leipzig ein sehr schönes, ganz nacktes Pferd arabischer Rage, welches dort zur Schau gestellt war, gesehen habe. 3. Jäckel. 269 Il. Jahresbericht aus dem Münsterlande. Von Dr. B. Altum. Meine recht lückenhaften phänologischen Beobachtungen über die Vögel in diesem Jahre sind folgende: 14. Febr. Turd. merula singt vollständig. Al. arvensis erster noch kurzer Gesang. 2. März. Merg. merganser zieht. 5. „ Fr. coelebs singt fortwährend. Al. arv. häufiger kurzer Gesang. Erster Sturnus vulgaris, Anth. aquat. noch stets an seinem Winterstand. Mot. alba nährt sich von Fliegen auf dem Boden. Häufige Begattung der Dohlen. Acc. modul. angekommen. 7. „ Tiefer Schneefall. Fr. montifring., coelebs (© &), cannabina in Schaa- ren vereint. Desgleichen Al. arvens. 8. „ Kleine Trupps Staare, Turd. pilaris, Falco tinnunculus. Nach dem Schneefalle Fr. montif., montium. Rubecula fam. ” 14. „ Ace. modul. singt. 16. „ Char. pluv., Scol. gallinago ziehen durch. 18. „ Mot. alba singt, die erste Al. arbor., Vanell. crist. zieht vorüber, A. boschas; Anth. aq. zieht nach N.-O., T. pilaris nach S.-W., Züge von Grus cinerea, Anser arvensis zieht durch. 20. „ Rubecula häufiger, €. moned. bricht Reiser zum Nestbau, Pic. minor, Fr. chloris begatten sich. 21. „ Zug von A. penelope. 23, Gesang von Acc. modul., Rubec. fam., Turd. music., Mot. alba, Fr. coe- lebs, cannab., chloris, Emb. citrinella, Al. arvens., arbor., Par. maj., Trogl. parwul., Certh. fam., Sitta caesia. — A, erecca zieht in festen Paaren, boschas desgl. und in kleinern Schaaren, Ardea cinerea einzeln, Vanella eristatus zieht noch durch, Col. palumb. in Paaren. 23. „ Cyaneeula coerulecula. Anth. pratensis, Emb. schoen. 25. „ Ch. pluvialis, Turd. pilaris ziehend. 26. „ Anser albifrons. 27. „ Rutic. tithys eingetroffen, von welchem Vogel in Linz a/D. in d. J. über- winterten. Schaar von T. iliacus, Pratinc. rubicola gepaart. 29. „ Rutic. thythis häufig, Phyll. rufa angekommen, Sturnus vulgaris be- sücht seine Niststellen. 1. April, Besetzter Horst von (. corar. 5. „ But. phoenicurus singend. 6. » Phyll. fitis, Nester von Corv. pica, corone, Fr. coelebs, Turd. merula, Turd. iliacus und pilaris, An. erecca, Tringa alpina, Tot. ochropus ziehen. Sax. oenanlhe, Crex porz., Sylv. atricapilla angekommen. 9%. „ Hir. rustica angelangt, Turd. torquatus und pilaris, A. boschas, crecca, clypeata ziehen. 270 11. April. St. aluco hat stark bebrütete Bier. T. merula 3—5 Eier. 4eg. hiat., Ch. pluvial., Machet. pugnax ziehen. 14, ,„ Eier von (€. corone und pica, T. merula brütet, Tot. ochrop., Turd. tor- quat, ziehen, Falc. palumb. hat Eier. 15. „ Scol. rusticula stellenweise häufig, Pandion hal. zieht durch, Upupa epops eingetroffen, F. palumb. brütet. 16. „ Luscinia, Cuculus angekommen. 17. „ Budyt. flava. 18. „ Anth. arboreus, singend, aussergewöhnlich häufig. 19. „ Phyll. fitis ebenfalls, Jynz torg., Sylv. atricapilla, Sazicola oenanthe singend, Musc. atricapilla einzeln, Ember. hortulana. 20. „ Sylvia cinerea, Hirundo riparia, Pratincola rubetra, Cypselus apus eingetroffen. 22. „ Hir. rustica baut, urbica, Anth. campestris angekommen, Pic. viridis hämmert seine Nisthöhle, Lan. exceubitor baut. 26. „ Schönes altes M. von F. rufipes, Aegial. minor, Actit. hypoleueus, Phyl. sibilatrix, Cal. phragmitis, Turd. torquatus (5 ©), Circ. pygargus (&), theils angekommen, theils durchziehend, Turd. musicus, Nest mit 4 Eiern. 30. „ Lanius rufus, Muse. grisola. 2. Mai. Calamoh. palustris (?) 3... Sylv. hortensis, Oriolus galbula, Car. arundinacea eingetroffen. 8. ,„ Zanius collurio 5 einzeln. 10. ,„ Aegial. minor gepaart. 11. „ Erstes Paar von Col. turtur, Act. hypol. in Zügen durchziehend, Sylv. hypol. zahlreich. 14. „ sSterna hirundo ziehend, von Col. palumb. 10 Stück zusammen ziehend. II. Literarische Berichte, 9. Naturgeschichte der Vögel Buropa’s. Von Anton Fritsch, Custos der zoolo- gischen Abtheilung am Museum des Königreiches Böhmen in Prag. (Das ganze Werk ist auf 16 Hefte zu je 4 Tafeln in gr. Fol. mit im Ganzen c. 700 Abbildungen berechnet, und kostet die Pränumeration bei dem Hrn. Verfasser 25 fl. C.-M. Siehe die beifolgende „Einladung zur Pränumeration.‘ Der Herr Verfasser legte bereits der Halberstädter Ornitholog. Versammlung einige Probetafeln des in Rede stehenden Werkes vor. Seit jener Zeit sind die drei ersten Hefte erschienen, und erlauben uns jetzt ein Urtheil über dasselbe. Es ist zunächst bei Beurtheilung desselben in’s Auge zu fassen, dass der Herr Verf. ein Werk liefern wollte, das bei sehr billigem Preise doch seinen Zweck, die Vögel nach guten und gleichmässigen Abbildungen bestimmen zu können, erreichen möchte. Er benutzte zu dem Ende die „bewundernswürdigen Fortschritte der Lithographie, welche ihn in den Stand setzten, die Abbildungen mittelst des Farbendruckes der- art verfertigen zu lassen, dass sie sich den schönsten bisher erschienenen an die 271 Seite stellen können, indem die einzelnen Abdrücke, einander vollkommen gleich, vollendete Oelgemälde darstellen.“ Beifolgende Probe-Tafel wird besser als alle Worte zeigen, auf welcher Höhe die Kunstleistungen dieser Art stehen: die bei Weitem meisten der 142Figuren der vorliegenden 12 Tafeln sind ganz vortrefflich, einzelne darunter in der That vollendete Meisterwerke, so z. B. die beiden Eulen- tafeln, Taf. 11 und 12, die an Weichheit und Zartheit der Conturen ete. schwerlich ihres Gleichen finden. Leider sind einige nach schlecht ausgestopften Originalen gezeichnete und also verzeichnete Figuren darunter, so z. B. auf den eben ge- nannten Tafeln die der St. flammea. Aber Tafel 12 ist, wie eine der besten des Werkes, so eine der schönsten unter allen, die wir jemals gesehen. Ueberhaupt sieht man die Fortschritte sehr deutlich, die der Künstler im Verlaufe des Werkes gemacht. Dass es nicht an verfeblten Zeichnungenfehlt, haben wir schon bemerkt, und das hat seinen Grund darin, dass die Abbildungen nach Originalen, natürlich ausgestopften, gemacht sind. Diese Abhängigkeit des Zeichners von dem Aus- stopfer hätte aber leicht vermieden werden können, da Musterzeichnungen genug _ vorhanden sind, um wenigstens grobe Verstösse gegen die natürliche Stellung und den ganzen Habitus zu vermeiden. Der Herr Verf. hat das auch erkannt, und er beabsichtigt, einige der verfehlten Abbildungen in spätern Heften noch einmal und besser zu geben. Der Text, der nach Verlangen in deutscher, böhmischer oder französischer Sprache beigegeben wird, macht keinen Anspruch auf erschöpfende Gründlichkeit und Ausführlichkeit — zu den 142 Figuren der drei Hefte gehören 90 Seiten in 8° — enthält eine kurze Beschreibung der Arten, Aufenthalt, Nah- rung, Sitten, Fortpflanzung ete., und wir möchten allerdings wünschen, dass dem sonst so gut ausgestatteten Werke ein ausführlicherer Text zur Seite ginge; indess sollen ja Freunde der Natur die ihnen vorkommenden Vögel nach den Abbildungen in ihren verschiedenen Kleidern leicht bestimmen können und „Näheres über sie er- fahren.“ Diesen -Zweck erreicht aber das Werk nach unserer Ansicht besser als alle ähnlichen, vor denen es noch den Vorzug durchweg vortrefflicher artistiscber Aus- führung neben grosser Wohlfeilheit hat: jede Figur kostet — nach den 3 ersten, die Raubvögel, Paar- und Wendezeher und Lerchen enthaltenden Heften — c. 2 Kreuzer. Wir können deshalb das interessante Werk nicht nur den Laien und Anfängern in der Ornithologie empfehlen; auch den Vorgeschrittenen werden manche Abbildungen nützlich und wahrhaft erfreulich sein! B. 272 IV. Bekanntmachungen. Zu Ehrenmitgliedern wurden in der zweiten Sitzung der XII. Versammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft creirt: 1: 2. 3. 4. Se. Königl. Hoheit, Herzog Paul Wilhelm von Würt- temberg. Akademiker Dr. F. von Brandt, Kais. Russ. Staatsrath. Prof. Dr. Eversmann, Kais. Russ. Staatsrath in Kasan. Dr. Friedrich Sturm, Kupferstecher in Nürnberg. Beigetreten sind der Deutschen Ornithologen - Gesellschaft als ordentliche Mitglieder: 1 Be Althammer, Luigi, Direktor des Museums zu Roveredo. Gade, Königl. Hannov. Prem.-Lieut. in Einbeck. Homeyer, Alex. von, Königl. Preuss. Lieut. etc. in Frank- : furt a. M. Schulenburg, Graf von der, Königl. Hannov. Amtmann in Hannover. Seidler, Oscar, Postexpedient in Berlin. Vollborth, Dr. med. in Einbeck. Waldhelm, F., Fabrikbesitzer in tete Wendt, Oberregierungs-Rath a. D. auf Bleckede. Diejenigen Mitglieder, welche das vorjährige Versammlungs-Heft (IV. Heft der Naumannia, als Extraheft an die Mitglieder gratis zu versenden) noch nicht erhalten haben sollten, wollen sich an die Ver- lagsbuchhandlung der Herren Voigt & Günther in Leipzig wen- den, unter Angabe der Buchhändler-Gelegenheit etc, durch welche sie es zu beziehen wünschen. Der Sekretär: Dr. E. Baldamus. Druck von Gebrüder Katz in Dessau. | 273 Nr. 19. Nittheilungen über das Vogelleben in Kurland. Von ns 6. F. Büttner. I. Beobachtungen über F. linaria und P. erythrina. Am mittheilenswerthesten scheinen mir unter meinen Beobach- tungen diejenigen, welche die bei Ihnen seltner vorkommenden, also die mehr nordischen und östlichen Arten betreffen. Ich fange daher an mit: ; Fringilla linaria, bei uns unter dem Namen Ziserinchen bekannt. Diesen Vogel habe ich von meiner Kindheit an zu beobachten Gele- genheit gehabt, da er in meinem Geburtsorte Schleck, 3 Meilen unter- halb Goldingen in der Nähe der Windau, regelmässig Wintergast war. Er erschien am Anfange des Winters in Schwärmen von 10 bis 50—60 Stück und besuchte fleissig die Futterplätze. Es waren immer mehrere rothbrüstige darunter. — Im Jahre 1833 kam ich hie- her nach Kabillen, 3 Meilen östlich von Goldingen. Zu meiner Freude fand ich meinen Vogel als regelmässigen Wintergast vor, sah ihn aber nie auf den Futterplätzen, deren doch mehrere da waren, ein paar für das zahme Geflügel und einer insbesondere für kleine Vögel. Fr. lin. hielt sich dagegen in Gesellschaft von Fr. spinus in einem Schwarm von 100 auch wohl 200 Stück in den meist recht hohen Kronen der Erlen auf, die in ein paar Gruppen mein Haus umgeben. Einmal, um mich von der Richtigkeit der Angabe in Gloger’s Hand- buch ete., dass „/r. lin. hinsichtlich der Grösse des Schnabels ausser- ordentlich abändere,“ zu überzeugen, schoss ich in den Schwarm hinein. -Es fielen 5 F lin. und 2 spinus; unter ersteren waren 2 mit rothangeflogener Brust. Gloger’s Angabe fand ich bestätigt. Naumannia. 1868. 18 274 Etwa im Jahre 1846 fing ich an Eier zu sammeln. Wie erstaunt war ich, bei einer Excursion im nahen Walde auf einem Nestchen Fring. linaria sitzend zu finden. Ich hatte den Vogel nur als Winter- gast gekannt. Mein Vater, eifriger Beobachter der inländischen Vogelwelt und in jungen Jahren auch Eiersammler, war über meine Entdeckung ebenso erstaunt, da auch er nie gehört, dass der Vogel bei uns niste. Es war den #.Mai 1847, wo ich das Nest mit einige Tage alten Jungen und andere mit stark bebrüteten Eiern fand. Es machte mir Mühe, endlich den 42. Mai c. a. ein Nest mit für meine Sammlung brauchbaren Eiern aufzufinden. Von diesen schickte mein Vater ein oder 2 Stück nebst dem Neste an einen jungen Sammler in Dessau, ich glaube Siegfried, eines gab ich vor ein paar Jahren an Dr. Hummel für Sie, eines der Sammlung der naturforschenden Gesellschaft in Riga und behielt selber nur noch eine halbe Schale, da ich den Verlust leicht ersetzen zu können meinte. Plötzlich aber verschwanden meine kleinen Nachbarn, die ir den langen Winter hindurch die Umgebung des Hauses so an- genehm belebt hatten, und mit ihnen blieb auch der Zeisig aus. Dieser nistet zwar noch nach wie vor in meinem Garten, macht sich aber im W inter, vielleicht seiner geringen Anzahl wegen, nicht be- merkbar. Was die Ursache des Verschwindens der Fr. lin. ist, kann ich nicht sagen. Mangel an Nahrung kann es nicht gut sein. Ob vielleicht der ganze Schwarm einen Zug unternommen hat und auf demselben verunglückt ist? Seit wenigstens 2 Jahren habe ich kein Pr. lin. gesehen. — Dass sie nicht hier auf den Futterplatz kamen, er- kläre ich mir daraus, dass die hohen und zum Theil alten Schwarz- Erlen, so wie mehrere Weiss-Erlen und Birken ihnen reichliche Nah- rung gaben, die sie als eingeboren um so leichter zu finden wussten, Oder waren es — umgekehrt — meine alten Erlen, die’ sie veran- lassten, hierzubleiben und in der Nähe zu nisten? Die Nestchen standen auf jungen Tanne (Tanne oder Gräne heisst bei uns Pinus picea, L., und Fichte oder Kiefer P. silve- stris, L.) 4 bis 7 Fuss hoch, und waren ziemlich kunstlos von trockenen Zweigen und Gräsern gebaut. Das Ei hat in Zeichnung und Grösse viel Aehhlichkeit von dem von spinus, die Grundfarbe schlägt aber mehr ins Meergrüne, während mein Zeisigei einen röth- lichen Anflug hat. Es waren, glaube ich, 5 Eier in jedem Neste. Der Napf schien mir auffallend tief zu sein; ich habe aber andere 275 Nester zu wenig beobachtet, als dass ich darüber ein Urtheil haben könnte. Die Brütenden zeigten sich auf dem Neste sehr zahm. — 2) Pyrrhula erythrina ist, wie Sie wissen, bei uns Brutvogel. Unter den ankommenden Zugvögeln ist er einer der letzten; er er- scheint alljährlich, wenn die Kirschen und Pflaumen in voller Blüthe stehen. Das Männchen muss schon im Jugendkleide seine Pubertät haben, denn ich habe 2 oder 3 Mal in meinem Garten nistende Päär- chen gehabt, wo das Männchen vom Weibchen nicht zu unterscheiden war. Im 3., selbst 4. Jahre scheint mir ersteres noch nicht völlig ausgefärbt zu sein. Er baut ein einfaches, dem der Fr. cannab. ähn- liches Nest. Die beiden, die wir in meinem Garten gefunden, stan- den 8 bis 10 F. hoch in den buschigen Windästen der verwilderten Pflaumen-Bäume. Ein Ei, dessen Echtheit ich verbürgen kann, gab ich nebst einem Kranichei an Hummel für Sie. Das Ei war fast einfarbig grünlich, intensiver als das von Fr. cannab., sonst aber dem- selben ähnlich, nur grösser. Ich besitze zwar eines, kann dessen Echtheit aber nicht verbürgen. (Mein Sohn nimmt es für Sie mit.) Es ist unter Umständen gefunden, die es sehr wahrscheinlich machen, dass es P. er. angehört. Das Nest war in einem Berberitzen-Strauch etwa 3 F. von der Erde gebaut, im Kabillenschen Hofes-Garten, wo mehrere Paare P. er. nisteten, Fr. cannab. aber meines Wissens nicht; und das wäre doch der einzige Vogel, mit dem man das Nest der P. er. ver- wechseln könnte. Seit 2 Jahren erscheint zwar der Vogel im Frühjahr immer noch bei mir, nistet aber nicht mehr, und auch nieht in dem genannten Hofes-Garten. — P. er. ist bei uns zwar nicht selten, aber” auch nicht häufig. Er scheint Obstgärten und Gebüsch von Laub- holz an Hügeln und Bachufern zu lieben. Im eigentlichen Walde habe ich ihn nie gesehen. Wie er von Fr. cannab. in seinem Geniste viel Aehnlichkeit hat, so in allem Uebrigen gar keine. Er ist in seinen Bewegungen ruhiger, gemessener, flattert nicht so viel, wie die canna- bina, lässt, indem er seiner Nahrung nachgeht, den Körper nach Art der Papagayen herabhängen und durchsucht in anmuthigen Stellungen die untere Seite des Laubes. In Gesellschaft habe ich ihn nie ge- sehen, selbst nicht in der des (ratten. Nur die Jungen sind anfangs in der Nähe der Mutter. Auf Zäunen habe ich ihn nie sitzen ge- sehen, wie Fr. cannab. so häufig. Sein Lockton hat Aehnlichkeit mit dem von Or. galb., ist aber nicht so weich und flötenartig, sondern viel gellender, und klingt etwa wie: wize wi-i-a; man hört ihn aber 18* 276 dennoch sehr gern, weil er so rein und laut das ganze Vogeleoncert gleichsam beherrscht. Er lässt ihn im Frühjahr den ganzen Tag hören und verräth dadurch seine Anwesenheit. Dabei liebt er die mittel- hohen Baumkronen, ist stets in Bewegung und wechselt seinen Stand- punkt oft, indem er sich still und geräuschlos von einer Baumkrone in die andere schwingt. Das Männchen namentlich sieht man wohl zuweilen in der Spitze der Obstbäume etc. sitzen und locken, gleich- sam als wollte es sein schönes Kleid zeigen; es verweilt aber in dieser Stellung nie lange auf einem Fleck. In diesem Allen, die späte An- kunft hinzugerechnet, erinnert der Vogel an Or. galbula. Gesang habe ich nie von ihm gehört. — Mein Sohn wird Ihnen übrigens dar- über bessere Auskunft geben können, da er den Vogel mit jün- geren und schärfern Sinnen beobachtet hat. Nr. 20. Ornithologischer Bericht aus West-Gothland in Schweden. 157188. Vom Forstmeister H. Gadamer. Da ich meinen vorigen Aufenthaltsort in Trolle Ljungby im Jahre 1556 mit West-Gothland vertauschte, und sich meine Beobachtungen fernerhin hauptsächlich auf diese Provinz und namentlich auf den Marie- städer Kreis beziehen werden, — dürfte es an seiner Stelle sein, eine Be- schreibung meines jetzigen Aufenthaltsortes voranzuschicken, um dar- nach das Vorkommen verschiedener Vögel beurtheilen zu können und zu zeigen, welche Vortheile oder Nachtheile das Terrain denselben gewähren kann oder muss. Mariestad Län (Kreis) liegt zwischen 57,48 und 59,2% nördl. Breite und 30,7 und 32,24% Länge. Dessen Lage und Höhe über dem Meeresspiegel ist in C. af Forssell’s Statistik folgendermaassen an- gegeben: „Y,, des Kreises liegt mehr als 800 Fuss über demselben; a u UL Ai u u DL 2. 22 2.0. 225 277 6/,, mehr als 300 Fuss und ®/,, unter 300 Fuss. Die höchsten Punkte sind der Billing mit 927 Fuss; sodann die Hvarfs-, Fahrdahla- und Mösse- Berge, an 800 Fuss u. a. m. Der Kreis selbst besteht aus: 7,01 Feld» 10,51 Wiesen, 48,39 Wald, ‚9,02 DJMeilen Seen und Moräste. Auf jede DMeile kommen 2584 Menschen. Obengenannte Berge, der Billing besonders, enthalten folgende geognostische Lagerungen: „Die Flötzlagerung beginnt bei 327 Fuss Höhe über dem Meere, mit einer Sandsteinlage von 79 Fuss Mäch- tigkeit; darauf folgt ein 80 Fuss mächtiges Alaunschiefer-Lager, dann ein Urkalklager von 207 Fuss Mächtigkeit, dann Thonschiefer 125 Fuss mächtig und zuletzt perpendiculäre Trapplager von 106 Fuss. Der Mariestäder Kreis ist im Norden und Westen (zum Theil) begrenzt vom Wenern See, der 147 Fuss über dem Meeresspiegel liegt und 47,93 DMeilen enthält; im Osten vom See Wettern (295 Fuss. über dem Meere und 17,10 ODMeilen gross). Die jährliche Mitteltemperatur ist + 7,97, die jedoch im Winter 1831—32 bis + 9,33° stieg. Wie wir aus obigen Angaben sehen, nehmen Wald und Wasser den grössten Theil des Areals ein. Die Hauptmassen des ersteren häufen sich in der Gegend, die ich bewohne, besonders gegen den Strand des See Wettern, auf einem Höhenzuge — Hökens-as, der sich wiederum durch ausgeschickte Arme in der ganzen Gegend ver- breitet. Zwischen diesen Armen sind Thäler und Niederungen, wo Landbau und Viehzucht getrieben wird und wo einige Flüsse: der Tidan, Ösan u. a., die ganze Gegend versumpfen. Man sollte nun glauben, dass eine grosse Menge von Sumpf- und Wasservögelarten hier stationirt sein müssten; — dem ist jedoch nicht 80. Hier in den Sumpfgegenden, die um meinen Wohnort herumliegen, habe ich noch nichts Andres brütend bemerkt, als: Va- nellus eristatus, Numenius arquatus, Machetes pugnaw; Totanus hypo- leueos; T. calidris (Wartofta See), Totanus ochropus, glareola; Scolo- pax rusticola major, gallinago; Gallinula erex, porzana (selten), Anas Boschas, acuta (selten), penelope (selten), erecca; Podiceps rubricollis; Colymbus aretieus; Sterna nigra. An dem Strande des Wettern: Charadrius hiatieula et minor, Ardea cinerea, Haematopus ostralegus (einzeln), Sterna hirundo; Larus canus, Fuligula fusca, elangula (selten); Mergus merganser,, serrator und Colymbus septentrionalis. Dagegen ist die Individuenzahl gewisser Vögel sehr gross. So 278 werden hier in meiner Gegend bei den jährlichen Jagden im Juli oft über 800 junger A. boschas erlegt. Auf vorgenannten Bergen, z. B. den Hvarfs-, Färdahla- und Mösse- bergen, die waldlos sind und nur Gesträuch und darunter mehrere Arten Vaceinium und Erica, sowie wenig Birken haben, findet sich Tetrao tetrixe in solcher Menge, dass jährlich dort 4—-600 Stück geschossen werden. Tetrao urogallus dagegen hat wiederum die sumpfigen Kiefer- und Fichtennadelwälder ansehnlich bevölkert, so dass man auf ihren Balz- plätzen 30--40 Hähne um sich herum balzen hören kann; und solcher Balzplätze giebt es viele in den unter meiner Verwaltung stehenden bedeutenden Forsten. Dass ich einige Grade höher im Lande hinaufgekommen war, sah ich schon bei meinem ersten Ausfluge, als ich das Nest des Picus tridaetylus fand. Die Spechtarten major, minor und martius finden sich hier in sehr grosser Individuenzahl; weniger leuconotus, viridis und canus, letzterer höchst selten und nur einmal gesehen. In Folge des sehr nasskalten Frühjahrs und Sommers 1857 gin- gen viele Bruten der Anas boschas, erecca, Tetrao urogallus und tetrie verloren; es gab demnach im Herbste nicht so viele junge Vögel, den- noch wurden über 300 Stück der letzteren erlegt. Perdix einerea hatte auch sehr durch die Frühlingskälte gelitten, denn erst gegen den 20. Juni war man mit dem Säen und Kartofiel- stecken fertig geworden, und noch zu dieser Zeit sah man gar viele Bäume, die noch lange nicht ihre Blätter entwickelt hatten. Darum gab’s wenig Hühner. Dieselbe Erfahrung machte ich an den Sylvien, die sich unterm Sommer in sehr geringer Zahl hier aufhielten. Es gab zu wenig Insekten, so dass sie sich wohl nur aus Futtermangel zurück- ziehen mussten. Auch Sturnus sah ich nur in wenigen Exemplaren. Cueulus canorus hörte ich bei meinen zahlreichen Ausflügen fast gar nicht. Schon Anfang August kamen einige Tage starken Frostes, so dass alle Kartofteln erfroren und das Getreide nur eine Nothreife er- hielt. Als Ursache für diesen so kalten Sommer gaben unsere Zei- tungen an, dass vom Eismeere her gewaltige Eismassen an das Nordcap und die norwegische Küste getrieben worden wären. Dem sei nun, wie ihm wolle; sicher ist es wenigstens, dass ungeheure Massen junger Vögel zu Grunde gingen. Schon die ersten Tage im August ver- = 279 liessen uns die Schwalben*; von Cypselus, Hirundo bis Capri- mulgus. Erstere und Zirundo liessen fast alle ihre Jungen im Neste zurück, wo sie eines schmähligen Todes starben. Cypselus hatte unter dem Dache meiner Wohnung ihre Nester und ich musste den Todeskampf der armen Jungen anhören, welcher sich durch Flügelschläge und ein immer matter werdendes Zwitschern zu erkennen gab. Hirundo urbiea hatte ihre Jungen schon so weit, dass sie nach einigen Tagen ausgeflogen wären; — die Eltern verliessen sie aber und die armen Jungen verhungerten oder stürzten sich vom Hunger getrieben aus den Nestern. Kranich und Gänse begannen schon im August ihren Zug nach dem Süden, wahrscheinlich aber hielten sie sich noch einige Zeit im südlichen Schweden auf, da die Temperatur dort nicht so niedrig war wie in West-Gothland. Zeitig sammelten sich Turd. viseivorus und pilaris in Zügen von Millionen. Schaaren von Parus major, ater, eristatus, caudatus, palu- stris var. borealis und coeruleus durchstreiften die Wälder, wie im Spätherbste, begleitet von Regulus eristatus. Pieus tridactylus auf dem Striche zeigte sich häufiger. Aus eiv und demselben Baume klopfte ich an einem Abende eine Gesellschaft von 5 Stück Pieus martius heraus, die in guter Eintracht ein ge- meinsames Nachtquartier gewählt hatten. Ein zeitiger Schneefall, wo der Schnee über eine Elle hoch lag, und eine Kälte von 20—24° Reaumur vertrieb im Augenblick auch die letzten Sommervögel. Nun traten die Wintervögel auf. Unter allen den ungeheuern Schaaren von Turdus viseivorus und pilaris, die während des Winters sich hier aufhalten, hat es mir nicht glücken wollen, in dieser Zeit eine Turdus iliacus zu sehen, wie ich doch nach irgend einer ornithologischen Angabe, — ob in der Naumannia? — hoffen durfte. Turdus iliacus verlässt uns wohl auch bis zum letzten Individinum, sonst würde sie meiner Aufmerksamkeit nicht haben entgehen können. *) Wie lokal dieser Frost jedoch war, erfuhr ich später, denn in der Pro- vinz Nerike, welche nördlicher liegt als West-Gothland, waren noch am 18. September die Schwalben in Massen zu schen. Es war sonach nur eine Lokal- Veränderung. 280 Wie reich an Individuen die Turdus-Arten sein müssen, kann man daraus ersehen, dass trotz der vielen Millionen, z. B. von pilaris, die sich‘ während des Winters in Deutschland finden, man hier dennoch keine Lücken sieht, da sie in ungeheuren Schwärmen sich den ganzen Winter hier aufhält. — Auf dem Plateau des Hvarfberges sah ich schon Anfang Sep- tember Emberiza nivalis in Schwärmen, und Cinclus aquatieus in grosser Zahl an den Ufern des Tidaflusses. ; Pyrrhula vulgaris, in Tausenden, garnirte die dicht bereiften Garten- und Alleebäume — ein reizender Anblick — dieses brennende Roth in dem blendenden Weiss! Der December brachte mir eine Striz ulula und eine St. passerina; letztere ein junges, sehr dunkles Exemplar. Ein Agquwila fulva wurde von einem Bauer mit der Axt erschlagen. Sonst ist die Natur wie todt, kaum dass ein Corvus coraw sich sehen lässt. Falco palumbarius jedoch hält starke und ergiebige Jagden bei den zahmen Tauben. Strix bubo, vom nahen Berge, giebt sein Missvergnügen durch sein kräftiges „hu! hu, hu!“ zu erkennen. 30. Januar 1858. Der ganze Winter vom October bis jetzt war sehr schneereich und dabei auch empfindlich kalt. Garrulus glandarius hat viel durch den Schnee gelitten, so dass man verhungerte findet. Bombyeilla garrulus hat sich nicht gezeigt! Von Corvus-Arten sieht man nur coraz und cornix, doch bemerkt man leicht, dass ein guter Theil der letztern auf Reisen ist. Pica varia, so auch Passer domestieus und Emberiza eitrinella halten sich um die Häuser; Emberiza miliaria findet sich be- kanntlich gar nicht hier, obwohl es hier nicht an Ebenen und reichen Getreidefeldern fehlt, die ihr zusagen würden. Vom Januar ab bis heute (21. Febr.) war Wetter und Tempe- ratur sehr abwechselnd; bald eine Kälte von 24—25°R. — mit mehr als ellenhohem Schnee, bald wieder 1—2° Wärme. Corvus corax be- reitet sich zum Brutgeschäfte vor; Tetrao tetriw übt sich bei schönem Wetter im Balz! Dies sieht man hier für einen Vorboten von Schnee- wetter an, und in der That traf auch seine Prophezeiung in diesem Winter sehr oft ein. Gegen Mitte März hörte man schon ein und den andern Tetrao urogallus — alte Vögel — balzen. Als es aber wieder kalt wurde, ’ I an PER 281 fror auch ihm der Schnabel wieder zu, so dass er schwieg. Von Frühlingsvögeln sah ich am 2. März Alauda arvensis et arborea, Stur- nus vulgaris am 16., Anas boschas am 4. März auf dem Tida. Am 21. zeigte sich Falco Buteo in mehreren Paaren, und Fring.coelebs 3 inMenge. Als Merkwürdigkeit erzählten die Zeitungen, dass bei Gefle Zarus eburneus erhalten wurde. Selbe Zeitungen berichten auch, dass schon im Jahre 1853 im Februar ein solcher Vogel in Nerike, Kihls Kirch- spiel, erlegt worden sei, in dem Augenblick, da er sich auf dem Ca- daver eines Fuchses verpflegte. Dieser Vogel war sehr scheu und erst nach vielen Versuchen glückte es, ihn zu schiessen. Er befindet sich nur in der Sammlung des Hermm Patron C. G. Löwenhjelm auf Klock- hammer. Falco milvus zeigte sich zum ersten Male am 24. März zugleich mit Columba oenas. Am 4. April Cygnus musieus; am 7. Charadrius apri- carius und motaeilla alba; Numenius arquatus am 10. desselben Monats. Strie bubo, der im vorigen Jahre als Wittwer gelebt, indem sein Weibchen auf dem Neste geschossen wurde, hat sich in diesem Jahre wieder verheirathet und seine junge Frau zu derselben Wohnung ge- führt, die ich schon vorher in der Naumannia beschrieben. Am 9. April hatte er 3 Eier im Horste, wenn ich dies Nest so nennen darf, denn die Eier lagen buchstäblich auf blosser Erde. Wie leicht man zu demselben gelangen konnte, möge man daraus ersehen, dass ich noch bis an die Fichte schleichen konnte, wo er zwischen zweien, etwas über die Erde stehenden Wurzeln seinen Horst hatte; erst nachdem ich ihn lange betrachtet, ohne dass er mich gewahrte, wen- dete er sich von ungefähr mit den Augen aufwärts. Nachdem er mich mehrere Secunden angeglotzt, und ich mich des Lachens über seine Gebehrden nicht länger enthalten konnte, strich er ab. Ich legte ihm 3 Hühnereier unter, und es soll mich wundern, ober sich betrügen lässt. Am 10. April Scolop. rustica, am 11. Falco eyaneus — ein herr- liches Männchen, nicht 40 Schritt vor mir, über dem Tida vorbeise- segelnd, auch Anas crecca, 3 @, gewahrte ich. Am 14. besuchte einer meiner Jäger den Horst des Uhu und fand richtig das Weibchen auf den Hühnereiern brütend. Er schoss dasselbe, und brachte es mir. Dessen Brutfleck war sehr gross. Totanus ochropus, Pratincola rubieula, Anser einereus haben sich vorgefunden. So eben habe ich einen Brief von Freund Meves. Er erzählt mir, dass am 8. October 1856 Anthus Richardi bei Calmar auf dem Dampf- 282 Schiffe „Nagler“ gefangen und im November desselben Jahres Ardea alba, L., bei Westerar geschossen worden ist. In Wahrheit zwei Räritäten für unsern kalten Norden! Am 18. April die ersten Kraniche, 50 an der Zahl; den 20. Ci- ceoni alba — selten für West-Gothland! und Ardea cinerea. Am 22. April hartes Schneewetter! Alle Frühlingsboten leiden sichtbar; Alauda arvensis schlägt sich in Gesellschaften zusammen; Fring. coelebs et montana suchen mit Emb. eitrieilla die Dungstätten. Numenius, Scolopax und Motacilla an offenen Bächen. Den 23. April liess ich den Horst des F. palumbarius besteigen und fand 3 rein blaugrüne Eier ohne Flecken. Ich schoss beide Gatten; die Sache ist also sicher! Dass es aussergewöhnlich ist, dessen Eier auch ohne ge- ringste Andeutung von rostbraunen Flecken zu finden,*) bezeugen Prof. Nilson und Dr. Kjärbölling, da sie in ihren Faunen beide die- selben ohne Ausnahme als braungefleckt beschreiben. Borkhausen (Deutsche Fauna 1797) sagt gar, dass er „rothgefleckte, schwarzge- fleckte und gestrichte Eier lege, bei dem die weisse Farbe nur hie und da durchscheine“, und ihm betet Vater G. L. Hartig dasselbe wortgetreu nach. Wahrscheinlich wurden seine Eier mit denen des F. peregrinus verwechselt, — denn diese habe ich in dieser Färbung selbst gehabt. April 25. Das rauhe Wetter mit Schnee und starkem Frost hat einen grossen Theil der angekommenen Vögel wieder vertrieben; selbst die Staare, welche schon gepaart umherstrichen, haben sich wieder in Schaaren vereint. April 26. Falco Buteo Eier; den 29. Emberiza schoenielus in Menge unter den Stachelbeerbüschen an meiner Wohnung, 5 u. $. Bis gestern sehr unfreundliches kaltes Wetter. Alle angekommenen Vögel leiden, was man deutlich sieht, am meisten durch die Kälte. Embe- riza schoenielus sitzt aufgeblasen, wie ein Federball, ohne Bewegung. Der 3. Mai brachte ein seltenes Stück für meine Sammlung, näm- lich Ciconia nigra @; das Männchen wurde auch observirt. Das Wetter ist nun besser und die Stachelbeere fängt an grün zu werden. Am 15. Mai wieder hartes Schneegestöber mit Sturm. Birkhahn- balz in Flor; auch der Auerhahn balzt noch. Am 12. Mai Turdus pilarius mit Jungen. u), Umgekehrt: die Zeichnung ist aussergewöhnlich. B. 283 Von Cygnus musieus zeigte sich auf dem Tida noch ein einzelner am 6. Juli. Als Merkwürdigkeit in ornithologischer Hinsicht habe ich noch notirt, dass im verflossenen Sommer 6 Stück Merops apiaster bei Wexiö, 1!/, Meile südlich von der Stadt, erlest wurden. Sie hielten sich in der Nähe eines Gartens auf, wo Bienen und Hummeln auf den blü- henden Kirschenbäumen ihre Nahrung suchten. Nre2l: Ornithologischer Bericht aus Neu-Vorpommern vom Jahre 1858, Dr. 6. Quistorp. Januar. Die erste Hälfte dieses Monates verlief wie die letzten Monate des Jahres 1857 bei sehr gelindem Wetter. Das Thermometer zeigte oft + 5°R.; die herrschenden Winde waren südliche und west- liche, und setzte derselbe wirklich einmal nach Norden oder Osten um, fing es dabei an zu frieren und auch wohl etwas zu schneien, so dauerte dies höchstens einige wenige Tage, worauf sofort wieder Thauwetter mit Regen folgte. In der letzten Woche dieses Monats trat erst Frostwetter mit ziemlich hohen Kältegraden ein, das Ther- mometer fiel in einigen Nächten bis auf — 8°R., es fiel ein wenig Schnee bei Nord-, Ost- und Südostwind. Der Schnee wurde zwar bald durch eintägigen Regen wieder fortgenommen, doch stellte sich sofort wieder Frostwetter ein, das auch den grössten Theil des Mo- nates Februar hindurch anhielt. Den ganzen Monat Januar hindurch sah ınan ungewöhnlich grosse Mengen von Grünfinken, Flachsfinken, Meisen, Grauammern, Dompfaffen, Wachholderdrosseln; ausserdem wurden Schneefinken, Rothschwänze und an manchen Stellen auch Seidenschwänze gesehen, gefangen und geschossen. In dem Jagdre- viere, welches ich am häufigsten durchwanderte, blieben den ganzen Winter hindurch mehrere Exemplare von Columba palumbus; ich sah einmal 6 beisammen auf der Erde unter hohen Eichen sitzen und 284 Eicheln suchen; zu andern Malen sah ich 2, 3 und 4 beisammen. öulen habe ich in diesem Winter nur sehr "wenige gesehen. Februar. Diesen ganzen Monat hindurch hielt das Frostwetter an, doch war der Boden bei dem Mangel an Schnee ganz unbedeckt, eine Wohlthat für die Rebhühner, welche auf der grauen Erde von den Raubvögeln viel schwerer erspähet werden und somit deren Angriffen viel weniger ausgesetzt sind, als wenn der Erdboden mit Schnee be- deckt ist, so dass auf dieser weissen Fläche das scharfe Auge eines Falco palumbarius, peregrinus oder nisus eine Kette Rebhühner leicht in unglaublich weiter Entfernung entdeckt und dann stets sicher sich eins derselben raubt. Am 1. Februar sah ich die ersten Feldlerchen, etwa 10 an Zahl, in einer Schaar beisammen, und in den nächsten Tagen darauf stiegen schon überall während des schönen Sonnen- scheins in den Mittagsstunden Lerchen singend in die Luft. Am 11. sass ein Staar in der Mittagsstunde auf einem Baum in einer unserer Vorstädte und sang ganz munter und ausserordentlich gut sein Lied- chen; es war überhaupt ein sehr hübsches Exemplar seiner Gattung. Gegen Ende dieses Monates steigerte sich die Kälte immer mehr bis zu 10—12° R,. doch immer noch ohne Schnee. März. Anhaltendes Frostwetter ohne Schnee; erst am 6. fing es an zu schneien und hielt mehrere Tage hindurch bei starkem W est- winde, mit Ostwinde jedoch abwechselnd, an. Am 8. sah ich noch mehrere Feldlerchen. Am 12. sah ich den ersten rothen Milan (Falco milvus) ganz in der Nähe dieser Stadt; wahrscheinlich derselbe Vogel war schon am Tage vorher von einigen Jagdfreunden auf derselben Stelle und zu derselben Stunde in der Luft kreisend gesehen wor- den. In der Nacht vom 11. auf den 12. fror es noch bei 5° Kälte mit Westwind; der Schnee war auf dem Felde jedoch geschmolzen, da die Sonne in den Mittagsstunden schon recht warm schien. Einige Förster erzählten mir, dass sie schon Staare in der ersten Woche des Monates März gesehen hätten. Der rothe Milan war ebenfalls von mehreren Förstern häufig in der ersten Hälfte des März gesehen, und da dem alten Jägerglauben zu Folge mit den rothen Milanen gleich- zeitig die ersten Waldschnepfen ankommen, so hatten dieselben nicht ermangelt, sofort sich auf den Zug zu begeben, jedoch ohne Schnepfen zu sehen oder zu hören. Am 14. und 15. wurde die Wit- terung bei Südwestwind immer milder und in den Mittagsstunden sangen unzählige Feldlerchen. Am 15. sah ich die erste weisse Bach- 285 stelze in der Nähe der Wohnung eines Försters, in dessen Hause dieser Vogel schon seit mehreren Jahren nistet; die zweite Bachstelze kam am 25. an. Am 15. Abends beim Dunkelwerden zog von Süd- west nach Nordost, der See zu, dicht an dieser Stadt vorbei ein un- geheuer grosser Zug von Saatgänsen, die den Tag über sich wohl im Lande auf den Saaten geäst hatten. Am 16. sah ich die ersten beiden Ki- bitze in den Mittagstunden über die Chaussee in der Nähe der Stadt niedrig hinfliegen. Der Wind hatte in der Nacht stark aus Westen geweht mit nebeliger, trüber Luft. Die Rebhühner fand man schon seit Anfang dieses Monats trotz Kälte und Schnee paarweise. Am 17. sahen mehrere Förster dieser Gegend Schaaren von Staaren, ich selbst sah etwa 20 in einem Fluge. Wealdschnepfen wurden jedoch von Niemand weder auf der Suche gefunden, noch auf dem Zuge gesehen oder gehört, obgleich man jetzt täglich Kibitze, Kornweihen und Tauben erblickte; erst am 24. dieses Monates wurde die erste Waldschnepfe in hiesiger Gegend geschossen, nach einer trüben ne- beligen Nacht mit Westwind. Die Waldschnepfenjagd fiel in diesem Jahre üherhaupt wieder sehr schlecht aus, da namentlich in den höher gelegenen trockenen Revieren fast gar keine Schnepfen gefunden wurden. Nur in recht quellenreichen nassen Brüchen fand man an einigen Tagen des April einige Schnepfen, doch waren dies grosse Ausnahmen und im Allgemeinen war die Schnepfenjagd dieses Frühlings noch viel schlechter als im vorigen Jahre. Die wenigen Schnepfen, welche man fand, waren überdies so ausserordentlich scheu, dass, wo mehrere Jäger zusammensuchten, man sich sehr bald entschliessen musste, durch Vorstellen einiger Schützen eine förmliche Treibjagd zu ver- anstalten. So ist es, wie ich gehört habe, fast überall, nicht blos in hiesiger Provinz der Fall gewesen, denn auch aus Hinterpommern erfuhr ich ganz dasselbe. Die Schnepfen waren auch grösstentheils sehr abgemagert und schlecht. Bekassinen, Doppelschnepfen und Stumme fand man auf nassen Wiesen in ziemlicher Menge und waren dieselben sehr feist. Als ich um die Mitte des April meine Verwandten in Hinterpommern besuchte, machte ich auf den Wiesen meines Schwa- gers, der durch Stauung dieselben unter Wasser gesetzt hatte und sie noch in diesem Zustande erhielt, sehr gute Jagd auf diese Schnepfen, die am Rande der überflutheten Wiesen in ziemlicher Menge lagen und an den warmen Tagen in den Mittagsstunden recht gut aushielten. Auch waren dort und in den benachbarten kleinen Hölzern grosse Flüge 286 von Turdus pilaris. Zwei Schreiadler (Aguila naevia) sah ich dort ebenfalls häufig auf den Wiesen sitzen und über denselben kreisen, Februar. Am 11. 22: 26. März. 12. 15. 17. 18. «20. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. In der Vom 1. an Alauda arvensis. 1 Staar. 5 Columba palumbus. Will einer meiner Jagdfreunde schon Motaeilla alba ge- gesehen haben. Falco milvus. Fulica atra schon zahlreich auf den Teichen am Ryckflusse. 1 Motaeilla alba. 1 Kibitz und 1 rother Milan. Ungefähr 20 Staare. 10 Kibitze und 1 Falco pygargus. 1 Rothkehlchen (Sylvia rubecula, Lath.) und 1 Falco pygargus. Ein Förster hiesiger Gegend schiesst die erste Waldschnepfe. 40 Staare ungefähr gesehen und 2 Falco Milvus. Die zweite Bachstelze beim Förstergehöfte im Steffenshage ist angekommen und beide bauen bald wieder ihr Nest, wie alljährlich, im Eulenloche des Hauses. Ich sah noch an diesem Tage 1 Waldschnepfe und 3 Turdus merula. I Waldschnepfe. 2 Turdus musieus; Abends mehrere Kraniche gehört. 2 Kraniche gesehen; 1 Turdus musicus Abends singen gehört. Ungefähr 15 Columba turtur, mehrere Turdus iliacus und 4 Anthus pratensis. 1 Storch (Cieonia alba) und Anthus pratensis. letzten Woche des März war Motaeilla alba voll- zählig hier und zwar in so grosser Menge wie selten; man sah sie hauptsächlich April. 3. 4, auf den mit Dünger befahrenen Feldern. Die erste Schnepfe von mir gesehen. 4 Störche (Ciconia alba) gesehen. Krammetsvögel sind jetzt schon zahlreicher daund sitzen schon in den Gärten der Vorstädte. Das Wetter ist fortwährend bei Nord-, Nordwest- und Nordostwind kalt und es friert in den Nächten stark. Auf nassen Wiesen und in Mooren 287 fand man seit Anfang dieses Monates schon Bekassi- nen, und zwar sehr zahlreich. 9. 1 Totanus calidris, viele Anthus pratensis. Gehört auch Charadrius auratus. 16. Sylvia Trochilus, Bechst. 17. 1 Sylvia Tithys, Lath. Dieser Vogel nistet schon seit mehreren Jahren sehr zahlreich in dieser Stadt; an der Marien-Kirche nisten z. B. mehrere Paare. 18. Mehrere Syhra Tithys, Lath. 21. Mittags 2, Nachmittags 6 Hirundo urbieca, L., Ardea einerea und 2 Anas querquedula. 23. 1 Jyna torquilla, L. 25. 2 Sylvia atricapilla singen gehört, 1 Sylvia Phoenicurus, Lath., 1 Sylvia Hypolais,*) Lath., und 1 Sazicola oenanthe, Bechst., gesehen. 26. 5 Alauda arborea, L., und mehrere Saxicola. 23. 1 Motacilla flava und 1 Sylvia Philomela. Von Ciconia alba kamen noch einige in der letzten Woche des April bei einem sehr starken Regenwetter angezogen, dennoch erreicht die Zahl der jetzt hier brütenden Störche lange noch nicht die der früheren Jahre von demjenigen, in welchem eine so grosse Menge auf ihrem Frühjahrszuge verunglückte. Mai. Am 7. waren in den Rohrdickichten am Ryckflusse die Rohrsänger angekommen. Am Abende dieses Tages hörte ich auch das erste Wachtelmännchen in einem Kornfelde schlagen, für hiesige Gegend eine sehr frühe Erscheinung, Am 8, Lanius eollurio gesehen. 9. Hörte ich Sylvia turdoides, Mey., zum ersten Male singen. 15. (ueulus canorus und Oriolus galbula gehört und gesehen. Am 21. hörte ich Abends zum ersten Male Crew pratensis, Bechst., im Kornfelde. 26. Upupa epops gesehen. In der letzten Woche dieses Monates sah ich, als ich eines Abends den Wackerower Forst durchging, eine ungewöhnlich grosse Menge von Caprimulgus europaeus, zu zweien, dreien und vieren, sich ein- ander greifend unter dem diesem Vogel eigenthümlichen Geschrei. Jedenfalls waren es wohl stets mehrere Männchen, welche ein Weib- *) Ist wol Schreibfehler. 288 chen verfolgten; denn sobald letzteres, was alle Augenblicke geschah, sich auf einem Baumaste niederliess, setzten sich seine sämmtlichen Verfolger in nächster Nähe um dasselbe herum. Seit der Mitte dieses Monates habe ich zu wiederholten Malen Pandion haliaötos, Weibchen und Männchen, über den Teichen neben dem Rycekflusse schweben und fischen gesehen; seinen Horst hatte dieser Vogel mehrere Jahre hintereinander in einer eine gute Meile von hier entlegenen Forst; ob in diesem Jahre wieder, habe ich noch nicht erfahren können. Am 13. Mai sah ich ein junges Exem- plar von Agwila albieilla über eine Wiese am Strande hinfliegen, ohne sehr scheu zu sein, da er mir sowohl als mehreren anderen Personen ziemlich nahe vorbeiflog. In der ersten Woche des Juni hörte ich Ardea stellaris, L., zu wiederholten Malen Abends sein eigenthümliches Geschrei vernehmen lassend, aus dem Rohre eines kleinen sumpfigen Flusses. Ueberhaupt ist dieser Vogel in den letzten Jahren wieder viel häufiger in hiesiger Provinz vorgekommen, als eine lange Zeit hindurch zuvor. In der zweiten Woche des Juli wurde am Ufer des Ryckflusses wieder ein- mal Ardea minuta, L., gesehen, jedoch nicht geschossen; dieser Vogel kommt sehr selten in hiesiger Provinz vor. Wie sich später herausgestellt, hat der Vogel hier gebrütet, denn gegen Ende August wurde ein lebender junger Vogel zur Stadt gebracht. Zur Naturgeschichte einiger Vögel. Mäusebussard, Falco buteo. In der letzten Hälfte des Februar traf ich in der Wackerower Forst eine grosse Menge Mäusebussarde und namentlich viele Vögel mit sehr hellem Gefieder, von denen ich einen schoss. In der ersten Hälfte des Monates März sah ich ebenfalls sehr viele Vögel dieser Gattung, jedoch viel mehr dunkel- als hellgefiederte. Ich gestehe übrigens ganz offen, dass ich als passionirter Waidmann den Mäuse- bussarden, wie überhaupt den Bussarden keinen Pardon gewähre, denn wenn sie auch manche Maus, manchen Maulwurf und manche Schlange vertilgen mögen, so wird doch auch mancher junge Hase und andere jagdbare Thiere ihre Beute. Ich schiesse dagegen nie eine Eule anders, als zu ganz besonderem Zwecke, weil ich Eulen für höchst nützliche und nicht den geringsten Schaden bereitende Raubvögel halte, während ich von den Bussarden leider nicht das- 289 selbe behaupten kann. Ich liess vor einigen Jahren den Horst eines Mäusebussard besteigen, nachdem ich die Jungen geschossen hatte; es fand sich im Horste ein feister Maulwurf neben einem feisten jun- gen Hasen hingebettet. Am 15. März dieses Jahres sah ich einen Mäusebussard längere Zeit einen im Felde frei stehenden Dornbuseh umkreisen; ich wurde neugierig, was derselbe dort habe, sing auf die Stelle zu, und als ich ziemlich nahe war, kamen aus dem Dorn- busche 2 Rebhühner hervorgeflogen, auf welche der Bussard nicht unterliess sofort seine Jagd zu machen, natürlich vergebens, da er trotz möglichster Anstrengung die Rebhühner nicht einzuholen im Stande war. In strengen Wintern aber, wo die Rebhühner bei hoch- liegendem Schnee aus Futtermangel mager und kraftlos werden, wird so manches eine Beute des ungeschwächten Bussardes, und ich glaube, es ist dem passionirten Waidmann nicht zu verargen, wenn er den Bussard zu erlegen, so oft er Gelegenheit dazu hat, für seine Pflicht hält. Vor längerer Zeit sah ich ebenfalls einmal auf einer grossen Wiese, welche vom Walde begrenzt wurde, einen grossen ausgewachsenen Hasen von 2 Bussarden so heftig angegriffen werden, dass derselbe es für gut befand, sich möglichst schnell ins Holz zu be- geben. Die Bussarde verfolgten ihn, so lange sie ihn nur schen konnten. Am 20. März dieses Jahres stand ich im Holze neben holzab- fahrenden Wagen und hörte plötzlich Töne, ganz ‚ähnlich denen, welche die Waldschnepfe Abends beim Zuge und mitunter auch am Tage aufgescheucht, namentlich bei kaltem Wetter, wenn sie schlecht aushält, quitschend hören lässt. Ich sah mich um und gewahrte 2 Mäusebussarde, welche, sich heftig einander angreifend, aus ziem- licher Höhe so in meiner Nähe zur Erde fielen, dass meine Hühner- hunde auf sie zusprangen und fast ergriffen hätten. Krähen, Corvus cornix. Diese Vögel vertilgen gewiss eine grosse Menge Mäuse; ich habe in diesem Winter Gelegenheit gehabt zu schen, wie sie ganz langsam auf den von Schnee entblössten Feldern einhergingen, lauernd, ob sich nicht eine Maus in ihrer Nähe zeigen sollte, So- bald man eine Krähe lauernd still stehen sah, dauerte es meist nicht lange, dass man sie einen ähnlichen Sprung machen sah, wie der Fuchs, wenn er eine Maus ergreift. Mit einigen Schnabelhieben war die Maus getödtet und wurde dann verzehrt. Die Krähen sind Naumanula 1858. 19 290 aber auch gefährliche Räuber für das junge Federvieh, auf dem Lande namentlich. Ich hatte noch in diesem Frühjahre Gelegenheit zu be- obachten, wie eine Krähe, welche in dem benachbarten Gehölze ihre Jungen hatte, zu häufigen Malen des Tages auf den Hof eines Gutes geflogen kam, um namentlich die jungen Enten von einem Teiche auf der Mitte des Hofes eine nach der andern zu rauben. Nachdem sie dies einige Zeit getrieben hatte, wurde ihr dies Handwerk gelegt und sie mit einem Schusse erlegt, über dem Teiche an einer Stange zum warnenden Beispiele für ihres Gleichen aufgehängt, seit welcher Zeit die jungen Enten Ruhe vor solchen Angriffen hatten. Carbo Cormoranus. In meinen früheren Berichten habe ich schon mitgetheilt, dass auf der Insel Usedom, in der Nähe vom Badeorte Heringsdorf, dieser Vogel bis zum Jahre 1850 in grossen Colonieen horstete. Dann verschwand derselbe plötzlich, siedelte nach der Insel Wollin über, um im Jahre 1855 auch von dort zu verschwinden. Im Jahre 1857 nun kehrten plötzlich einige Paare dieser Vögel wieder nach Usedom zurück, brüteten dort in der Nähe ihres frühern Horstplatzes, und im Sommer 1858 folgte ihnen das Gros der Armee, nachdem dieselbe jedenfalls durch die Avantgarde des Jahres 1857 den Rapport er- halten, dass sich dort wieder das Terrain und sonstige Verhältnisse zur Niederlassung günstig zeigten. Einige junge Vögel wurden von Herrn Dr. Herre von dort mit hergebracht und mein College, Dr. Bo- dinus, hat dieselben bereits zum Geschenk erhalten und füttert sie auf. Falco eineraceus, Mont, ist bisher in unserer Provinz nicht häufig vorgekommen, so dass dieser Vogel in dem Verzeichniss der Vögel der Provinz Pommern, herausgegeben im Jahre 1837 von Dr. Schilling und Dr. Horn- schuch, als selten aufgeführt ist. In diesem Herbste sieht man eine ausserordentlich grosse Menge dieser Vögel auf den Feldern herum- streichen und den in grosser Anzahl dort sich vorfindenden Rebhüh- ner hart zusetzen. Es sind alles junge Vögel, die man sieht, und dieselben sind sehr wenig scheu, so dass sie in grosser Menge von den Jägern erlegt werden. Ich selbst habe schon ziemlich viele ge- schossen. Vor einigen Tagen sah ich, wie drei dieser Raubvögel mehrere Völker Rebhühner so anhaltend und heftig verfolgten, dass letzteren nichts Anderes übrig blieb, als sich alle in den Garten eines 291 kleinen Vorwerkes zu flüchten, wo sie unter den breiten Blättern des Kohls und der Rüben sichern Schutz fanden. In der ganzen hiesigen Provinz wird dieselbe grosse Anzahl dieser Raubvögel be- merkt. Vor zwei Jahren sollen zum ersten Male diese Vögel in grösserer Menge als gewöhnlich gesehen sein, doch lange nicht so sehr häufig als in diesem Herbste. No. 22. Verzeichnis der in West-kothland bis jetzt von mir brü- tend gelundenen Vögel, so wie der Zugvögel im H. Gadamer. Jahre 1857 — 1838. Von Gesehen. Brütend. Im Winter, Vorkommen. Aquila fulva „ albicilla » haliaätos Falco gyrfalco „ Peregrinus „ subbuteo „ lithofalco „" tinnunculus „ buteo „ lagopus „ Apivorus „ milvus „ nisus „ palumbarius „ eyaneus Stryz nyctea „ tengmalmi „ noclua „ uralensis * * | am Strande des See Wettern. selten. aufdem Trappfelsen ein Paar. Angabe von Kolthoff. auf den Trappfelsen. gemein. im Herbstzuge. Angabe von Kolthoff. nicht häufig. nicht häufig. häufig. selten. Winter 1857. selten. ziemlich häufig. selten. 19* 292 Gesehen. Brütend. Im Winter, + ‚Strix funerea „ aluco „» Bubo „ olus Lanius excubitor „ eollurio Picus martius „ viridis „ canus „» leuconotus » major »„ minor » tridactylus Cuculus canorus Jynz torquila Certhia familiaris Sita europaea Corvus monedula =, corax » Frugilegus = cornix Pica varia Caryocatactes guttata Garrulus glandarius Sturnus vulgaris Bombyeila garrula Upupa epops Coracias garrula Cypselus apus Caprimulgus europaeus Hirundo rustica » urbica Muscicapa grisola = atricapilla + | Vorkommen. f Inicht so selten. häufig. in mehreren Paaren auf den Trappfelsen. seltner. jedes Jahr. ziemlich gemein. gemein. seltner. nur einmal gesehen. sehr selten. häufig. nicht selten. nicht häufig. häufig. sehr häufig. ziemlich selten. nicht häufig. nicht häufig. nur einige Paare. junges, welches ich früher für corone hielt. häufig. sehr häufig. gesehen am 8. Juni 2 Stück. häufig. gemein. einige Individuen. bei dem Städtchen Hjo. nach Angabe Anderer beiHjo. gemein. gemein. gemein. gemein. gemein. selten. 293 [aim Brütend. ann | Vorkommen. Cinclus aquaticus : ki — am Tidaflusse. Turdus piaris ; i — |häufig. „ musicus ii ee — |häufig. „ viscivorus Y - — ‚häufig. ”„ merula bi; S — nicht häufig. Anthus pratensis Bi , — |in Menge. „ arboreus f & — [gemein. Samicola rubetra a *. | — .|gemein. »„ oenanthe ‚ % — |gemein. Alauda arborea * a — nicht häufig. „ arvensis & x — |häufig. Motacilla alba be ig — |häufig. a ‚Hava # x — nicht so häufig wie vorige. Sylvia cinerea * P — nicht häufig. „ eurruca hi 2 — nicht häufig. » hortensis 5 E — ziemlich in Menge. „ trochlus # . — häufig. „ abietina r 2 — häufig, » sibilatrie f R — ‚nicht häufig. » hypolais : S — nicht häufig. » " phoenicurus Aue * — häufig. „ rubecula 4 ie — |seltner. Parus major f 2 — |[häufig. » palustris k a — nicht häufig. „ var. borealis f 5 — |häufiger. „ caudatus s ? — in Menge. es alter ir & — in Menge. „ eristatus x , — ziemlich häufig. Accentor modularis % — | — |selten. Regulus cristatus h 5 — häufig. Troglodytes europaeus f F — |selten. Emberiza citrinella ’ a — häufig. a hortulana. B B — nicht selten. " schoenielus ' u — nicht häufig. ” nivalis f — * in Zügen jeden Winter. Fringilla coccothraustes, * ’ — selten. 294 Gesehen. | Brütend. | din Vorkommen. Fringila chloris F * | _ |selten. 24 coelebs * 5 — |häufig. = domestica .; 5; — |häufig. a montana & 5 — [ziemlich selten. 5 cannabina e ! — [nicht häufig. # montifringilla| * _ * in Flügen. s ‚Navirostris iu _ * (selten. 5 linaria 5 — * in Zügen. “ spinus 5 B — |häufig. 5 carduelis % T — |selten. Pyrrhula vulgaris $ 5 — in Menge. Loxia curvirostris 5 x — in Menge. ». Pülyopsittae. + s — selten. Corythus enuel. * _ * einmal gesehen. Columba oenas * pn — |einige Paare. » palumbus + = — jährlich einige Paare. Perdix einerea Ki ie —_ "häufig. Tetrao tetrix & > — ‚häufig. » urogallus * # — ziemlich häufig. » bonasia Eu a — \nach Angabe Anderer. Charadrius minor = — selten. P= hiaticula % & — am Wartostasee ein Paar. = apricarius x ? — auf den Bergplateaus. Vanellus eristat. * B — |selten. Ardea cinerea = E — |am Wetternsee. Ciconia alba x — — selten. „nigra + — | — |häufiger, öfters geschossen. Grus cinerea % = — nach Angabe Anderer. Numenius arquatus * x — gemein. Machetes pugnax € bö — | Wartostasee ziemlich gemein. Totanus glareola * ei — [ziemlich allgemein. „ ochropus 5 5 — wie vorige. * * » hypoleucos „ ealidris Scolopaw rusticola 5 major wie vorige. Wartostasee. in Menge. in Menge. 295 Scolopaw gallinago 5 gallinula Gallinula cerex » porzana ‚Sterna nigra = hirundo Larus canus Cygnus musicus Anser cinereus „ albifrons „ torquatus Anas boschas „ erecca „ acuta » penelope „ elangula „ glacialis » fusca Mergus merganser 5 serralor „ albellus Colymbus arcticus „ septentrionalis Podiceps rubricollis Im Winter. Vorkommen. Gesehen. | Brütend. * * * * * * ? * * * * * * * * * * * * * * * * %* Pr * * + + * * * * \ ” | * * | * in Menge. einmal im Herbste gesehen. gemein. einmal auf der Entenjagd. Wartostasee. am Wetternsee. am Wetternsee. auf dem Zuge gemein. "auf dem Zuge gemein. auf dem Zuge gemein. Herbstzug. sehr gemein. hier und da. hat auf den Wiesen am Tida bebrütet, nach Andern. einige Male gebrütet. auf dem Zuge. einmal auf dem Tida geschos- sen. nach Angabe Andrer manch- mal auf Wettern. nicht häufig. nicht häufig. Tida, einmal gesehen. ziemlich häufig auf dem Wet- tern- und allen Seen darum. seltner. Wartostasee. 296 Nr. 23. leber die Brütezeit der Vögel in der Provinz Neu- Vorpommern, Von Dr. &. Quistorp. Strive aluco, L., hatte in der letzten Woche des März ein Ei. Corvus coraw, L., sass am 3. April auf 5 Eiern; ich liess den Horst besteigen und nahm das ganze Gelege, das schon ziemlich stark bebrütet war; doch liessen sich die Eier noch ausblasen. Dieses Rabenpaar lieferte schon seit Mitte März täglich ganz erbitterte Kämpfe mit Falco palumbarius, L., welche aber stets damit endeten, dass der Rabe seine Zuflucht in einem Baume nehmen musste, an dessen Stamm er sich so 'dicht herandrängte, dass sein Gegner ihm nichts mehr anhaben konnte. Mir kamen diese wiederholten Kämpfe verdächtig vor; ich suchte deshalb die nächste Nähe des Rabenhor- stes, der sich in einer ziemlich hohen Eiche befand, ab und fand dabei in einer nahestehenden Eiche den Horst des Falken. Ich hoffte die Eier desselben mir nach einiger Zeit holen zu können, fand jedoch, als ich mich zu’ diesem Zwecke mit einem Steiger wieder dorthin be- gab, zu meinem grossen Verdrusse den ganzen Horst desselben zer- stört, jedenfalls von muthwilligen Buben. An Stelle dessen hatte sich Falco tinnuneulus, L., dort in der Nähe angesiedelt und hatte in der letzten Woche des April eben sein Nest vollendet. Falco tinnuneulus, L., nistet in grosser Menge in einem am Rande einer Wiese in der Nähe des Peeneflusses gelegenen Kiefernwalde, in welchem sich meistens auch noch Horste von Falco Milvus, L., Falco buteo, L., und einmal auch ein Horst von Aquila naevia, W., be- finden. Falco buteo, L., hatte am 8. Mai schon mehrere Eier; in der vor- j letzten Woche des Mai waren die Eier der meisten Bussardhorste schon stark bebrütet. Falco Milwus, L., hatte ebenfalls in der vorletzten Woche des Mai stark bebrütete Eier. In einem Walde von Eichen und Buchen, ver- mischt stehend, fand ich in der vorletzten Woche des Mai einen Horst 297 von Falco buteo, L., und Falco Milwus, L., nahe bei einander; in jedem von beiden befanden sich 2 stark bebrütete Eier. Aquila naevia, W., horstete recht zahlreich in diesem Jahre in hiesiger Provinz, und ich weiss von einer ziemlichen Anzahl von Eiern dieses Vogels, welche hier erbeutet sind. Zu Anfang des Monat Mai hatte dieser Vogel an manchen Stellen schon volles Ge- lege. Falco peregrinus, Gm., wurde ebenfalls an mehreren Stellen dieser Gegend horstend gefunden; zu Anfang der zweiten Woche des Mai fand man auch schon ein Gelege von 3 Eiern dieses Vogels. Pandion haliaötos, M. et. W., horstete in den Wäldern‘ der Insel Usedom in der Nähe der Stadt Swinemünde häufiger. In der Nähe von Greifswald horstete mehrere Jahre hinter einander ebenfalls ein Paar dieser Vögel im Lanzer Reviere. Ob er in diesem Jahre wie- der dort horstet, habe ich noch nicht erfahren; jedenfalls horstet der Vogel in einem Reviere in der Nähe unserer Stadt, da ich ihn zu mehreren Malen auf dem Flusse Ryck und den nahen Teichen habe fischen sehen. Agquia albieilla horstete eine Reihe von Jahren hinter einander im Eldenaer Reviere. In diesem Jahre habe ich erst einmal einen solchen Vogel am 13. Mai am Strande über eine Wiese hinflie- gen gesehen, auf welcher ich nach Eiern von Strandvögeln suchte. In den Wäldern Usedoms horstet auch dieser Adler häufiger, und ich habe bei meinen Aufenthalten in Heringsdorf stets mehrere Vögel dieser Art im nahen Pudaglaer Forste geschen. Falco ater, Gm., soll ebenfalls auf der Insel Usedom häufiger nistend gefunden werden. Ardea einerea, Bechst., hat in hiesiger Provinz mehrere Nist- eolonien; die eine in den hohen Kiefern der Warsiner Forst bei Wol- gast, die andere im Zarentiner Walde zwischen Grimmen und Trüb- sce, Auf jeder Stelle horsten etwa 40 — 50 Paare. Auf Usedom im Pudaglaer Forste, auf dem sogenannten langen Berge, horstet die dritte Colonie. Um die Mitte des Monat Juni hat dieser Vogel schon flugbare Junge. Carbo Cormoranus, Mey., von welchem auf der Insel Usedom in der Pudaglaer Forst in der Nähe der Försterei Fanger eine Colonie in hohen Buchen nistet, hatte in diesem Jahre in der ersten Woche des Juni schon Junge, die jedoch noch nicht flugbar waren. 298 Fulica atra, L., hatte schon zu Anfang des Monat Mai volle Ge- lege. Auf einem grossen Teiche, welcher durch einen Leinpfad vom Flusse Ryck abgesondert ist, horsten hier alljährlich etwa 30 — 40 Paare dieser Vögel. Am 5. Mai dies Jahres trat plötzlich ein sehr hoher Wasserstand im Flusse ein, und da der grosse Teich mit dem- selben in Verbindung steht, so erhöhte sich der Wasserstand auch in diesem so sehr, dass sämmtliche Eier dieser Vögel aus ihren Nestern gespült wurden und von den Knaben gesammelt wurden, die gewiss an 150 und drüber fanden. Anfang Juli hatte Fulica atra schon ziemlich grosse Junge. Anas querquedula, L., hatte am 8. Mai schon volles Gelege. Am 7. Juli wurde jedoch noch einer solchen Ente beim Mähen des Wie- sengrases der Kopf abgemäht, so fest sass dieselbe auf ihren Eiern, die schon grösstentheils die Schale gesprengt hatten. In der Regel haben Anas querquedula und Boschas in der ersten Hälfte des Juli schon ganz ausgewachsene Junge, die gegen Ende dieses Monates vollkommen flugbar sind. Totanus calidris, Bechst., hatte am 13. Mai schon stark bebrü- tete Eier. Ebenso Tringa alpina, L., während die Eier von Schinzü, Br., noch nicht bebrütet waren. Corvus cornie, L., sass am 8. Mai fest auf vollem Gelege. Corvus pica, L., hatte theilweise am Ende Mai schon grosse Junge; ich fand jedoch auch noch in der ersten Woche des Juni ganz frische Gelege. Corvus glandarius, L., hatte in der ersten Woche des Juni volles Gelege. Falco nisus, L., hatte in den ersten Tagen des Juni 6 stark be- brütete Eier in seinem Horste, der in einer dichten Kiefernschonung gebaut war. Falco cineraceus, Mntg., hatte in der zweiten Woche des Juni volles Gelege. Turdus musieus, L., nistete in diesem Jahre in hiesiger Provinz in ungeheurer Menge; ich fand in den ersten Wochen des Juni Nester mit nur einem Ei, andere mit vollem Gelege und schon stark be- brütet, also Eier aus allen Stadien. Ausgebrütete Junge fand ich erst in der dritten Woche des Juni die ersten. Turdus merula, L. Ich fand einige Nester dieses Vogels, das 299 x eine in einer Kiefernschonung, etwa 4 Fuss über der Erde in einer Gabel des Baumes mit 2 Eiern; ein anderes mit 5 Jungen dicht über der Erde auf einem abgehauenen Stamme zwischen den neu aufge- schossenen Stangen angelegt. Als ich eines Morgens, nachdem ich am Tage zuvor die noch ganz unbefiederten Jungen wohlbehalten im Neste gesehen hatte, wieder am Neste vorbeiging, fand ich dasselbe leer und glaubte sicher, dass die Jungen von irgend einem Thiere vertilgt seien; jedoch, um mich zu überzeugen, blieb ich einige Zeit in der Nähe dieses Ortes, zumal da die alten Vögel sich noch in der Nähe aufhielten, und sah nun, dass sie mit Futter für die Jungen immer in ein dichtes Gesträuch nahe beim verlassenen Neste hinein- flogen und zwar stets höchst schlau und verstohlen, so dass der Ort, wo die Jungen drin versteckt waren, nur schwer zu ermitteln war. Eine wie unendliche Menge von Nestern aber durch andere räube- rische Vögel oder Vierfüssler zerstört wird, habe ich in diesem Jahre zu beobachten erst Gelegenheit gehabt; ich fand eine sehr grosse Menge von Turdus musieus, Sylvia atricapilla, Emberiza eitrinella und vielen andern Vögeln. Da ich von allen schon reichlich Eier für meine Sammlung hatte, liess ich sie ruhig sitzen und die Vögel brüten; doch leider viel zu häufig fand ich, wenn ich wieder einmal in die Nähe des Nestes kam, dasselbe leer mit den zerbrochenen Eierschalen in der Nähe des Nestes oder auch dieselben gar nicht mehr zu ent- decken. Columba palumbus, L. Ich fand mehrere Nester mit 1 und auch 2 Eiern. In einem Neste lag neben einem frischen Eie eins, dessen Schale schon durch das Junge gesprengt war. Ich liess dasselbe mit nach Hause nehmen und einer brütenden zahmen Taube unter- -legen; am andern Tage war auch schon das Junge von Columba pa- lumbus ausgekrochen und lebte am Tage meiner Abreise (8 Tage spä- ter) noch. Lanius eollurio nistet in grosser Menge in unserer Provinz und hatte in diesem Jahre im Anfange des Juni schon viele volle Gelege. In einem Neste dieses Vogels fand ich in der Mitte der 6 Eier von Lanius ein Ei von Cuculus canorus von der Grösse der ihn umliegen- den Eier und von grauer Farbe mit vielen kleinen dunkleren Punkten. Einige Kukukspaare hielten sich beständig in dem Gehölze auf, in welchem sich das Nest fand. Sylvia hypolais, Liath,, nistete ebenfalls schr zahlreich in dieser 300 Provinz und hatte in der zweiten Woche des Juni meist volles Gelege. Sylvia philomela, Bechst. Ich habe mehrere Nester dieses Vogels gefunden mit 2, 3, 4 und 5 Eiern. In der zweiten Woche des Juni brüteten die Sprosser fest auf ihren Eiern. Alle Nester, die ich fand, waren niedrig über der Erde fast ganz im Kraute versteckt. Sylvia luseinia, Lath., die überhaupt in dieser Provinz nicht allzu- häufig ist, habe ich nicht brütend gefunden. Sylvia atricapilla, Lath., nistete ausserordentlich zahlreich hier und hatte in der ersten Woche des Juni volles Gelege. Die Eier dieses Vogels variiren ausserordentlich in ihrer Farbe, vom Hellgrau bis zum hell Fleischroth durch viele Farben hindurch. ‚Sylvia hortensis, Bechst., nisoria, Bechst., cinerea, Lath., Trochi- lus, Bechst., phragmitis, Bechst., palustris, Bechst., Phoenieurus, Lath., Tihys, Lath., brüteten alle in der zweiten Woche des Juni. Saricola oenanthe, Bechst., und rubetra, Bechst., brüteten beide in der ersten Woche des Juni, von letzterer fand ich namentlich viele Nester in Wiesen und alten Torfmooren, das Nest stets sehr tief und versteckt unter dem Grase in der Erde angelegt, so dass die sonst so hellscheinenden blauen Eier doch sehr schwer zu finden waren, wenn man den Vogel nicht deutlich vom Neste wegfliegen sah. Sazicola oenanthe hat sein Nest meist in.-Steinhaufen, Steinmauern, unter Brücken. Museicapa luctuosa, Temm., und M. grisola, L., brüteten in der zweiten Hälfte des Juni. Emberiza schoenielus, L., hatte in der zweiten Woche des Juni volles Gelege und fand sich recht zahlreich brütend hier. Parus major, L., hatte in der zweiten Woche des Juni schon Junge in einem hohlen Obstbaume, die sie mit grossem Fleisse fut- terte. Als ich zuerst dies Nest entdeckte und den Finger in die enge Eingangsöffnung steckte, pickten die Jungen mit lautem Schreien an meinen Finger; als ich dies jedoch blos 2 — 3mal gethan, liessen die Jungen bei meiner Annäherung an den Baum nie mehr etwas hören, berührten auch nie mehr meinen Finger, so tief ich denselben auch in ihre Höhle hineinstreckte und so nahe ich ihnen denselben auch bringen mochte. Fringilla domestica, L., campestris, Schrank, Fringilla coelebs, L., Chloris, Mey., cannabina, L., brüteten eben in der ersten Hälfte des Juni. 301 Upupa epops, L., von dem ich ein Paar zu beobachten Gelegen- heit hatte, kamen täglich in den Hofgarten und zwar beide, Männ- chen und Weibehen. Sehr oft nahmen sie Baumaterial mit sich und flogen damit dem nahen Walde zu, wo sie jedenfalls sich ein Nest anlegten; doch habe ich dasselbe nicht finden können. Crex pratensis fand sich in der ersten Woche des Juni ebenso wie im vorigen Jahre in der Wiese hinter dem Hofe des Gutes, auf welchem ich mich aufhielt, zu mehreren Paaren ein und wird dort jedenfalls wieder genistet haben. Im vorigen Jahre wurden 4 Nester dieses Vogels beim Mähen des Grases um .die Mitte des Juni mit Eiern gefunden. Mergus merganser, L., hatte am 10. Juli stark bebrütete Eier. Es nisteten in diesem Jahre mehrere Paare hier am Strande. Ardea minuta wurde in diesem Jahre öfters am Ryckflusse bei Greifs- wald gesehen. In der letzten Woche des August brachte man einen Jungen hier ausgebrüteten Vogel dem Dr. Bodinus, der denselben bis jetzt noch lebend erhalten hat, obgleich er nur noch schwach das Futter nimmt. Ich weiss kein Beispiel, dass Ardea minuta zuvor hier brütend beobachtet worden ist. Ciconia alba, Bechst., hatte am 8. Juni stark bebrütete Eier; in einem Neste war die Schale eines Eies schon gesprengt und man konnte deutlich am Rande des Nestes stehend die lauten Töne des Jungen Vogels, noch im Ei befindlich, hören. Meistens fand ich 3 Eier in den Nestern dieser Vögel. Grus cinerea, Bechst., hatte in einem benachbarten Walde am Ende Mai 2 Eier, die genommen und von einem zahmen Vogel aus- gebrütet wurden. Leider starben die Jungen. Hirundo rustica, L., urbica, L., riparia, L., sowie Cypselus apus, Ill., brüteten alle im Monate Juni; Cypselus und Hirundo riparia hatten jedoch später vollere Gelege, als die beiden andern Schwalben- arten. Motacilla alba, L., brütete zu Anfang Juni; Motacilla flava, L., jedoch erst gegen die Mitte dieses Monates. Anthus campestris, Bechst. Ich sah mehrere Paare dieser Vögel in der ersten Hälfte des Juni, konnte jedoch ihre Nester nicht finden. Anas tadorna, L., hatte in der letzten Woche des Juli schon fast flügge Jungen. 302 Fringilla campestri, Schrank. Von Feldsperlingen wurde auf einem benachbarten Gute ein Nest gefunden, in welchem neben 2 grauen Eiern 2 ganz weisse sich befanden. Nr. 24. Insatz zur „Lonservirung von Vogeleiern“, Von Baron Richard König- Warthausen. (Naumannia 1858. S, 101.) Dr. Krüper empfiehlt mir als bewährt für die Conservirung der Grundfarbe bei zartschaaligen Eiern, diese vor dem Ausbla- sen einige Tage liegen zu lassen, die entleerten im Dunkeln zu trock- nen und dann gleich zu verkleben. Es ist übrigens ein grosser, wenngleich verbreiteter Irrthum, jegliche Verminderung der Färbungs-Intensität von einem wirklichen Abbleichen herzuleiten. Unausgeblasene Eier sind häufig nur deshalb lebhafter gefärbt, weil sie feucht sind und die trockenen „abgeblass- ten‘ werden dann wieder dunkel, wenn man sie einige Zeit in Was- ser lest. In Folge der natürlichen Feuchtigkeit sind manche Schaa- len durchsichtiger, es erscheinen da gewisse Flecken sehr deutlich, die später beinahe ganz verschwinden; auch diese werden im Wasser wieder deutlicher oder sie zeigen sich vollständig (z. B. bei Sylvia nisoria), wenn man die Eier vor ein Kerzenlicht hält. Gewisse Flecken liegen ja nicht unmittelbar auf der Oberfläche; violett z. B. als Schat- tirung von Braun ist meist nur dadurch hervorgebracht, dass eine dünne Kalkschicht (von gleicher Beschaffenheit wie die Grundfarbe der übrigen Schaale) über einen ursprünglich braunen Fleck gelagert - ist, und es werden gewöhnlich die verschiedenen Schattirungen blos durch verschieden tiefe Einsenkung der Farbe in die Masse bedingt. Ein mit Säure behandeltes Crex- oder Rallus-Ei zeigt dies besonders deutlich. Manche im feuchten Zustand noch deutlich durchscheinende Zeichnung kann also ohne eigentliches Verbleichen mehr oder minder verschwinden, je mehr oder weniger ihre Hülle durch Trockniss sich trübt. 303 Nr. 25. Brielliche Mittheilungen über Helgoland. Prof. Dr. H. Blasius. Braunschweig, Anfang September 1858. Ich soll Nachricht über meine Sommerexceursionen geben. Also zunächst über Helgoland. .... Seit langer Zeit habe ich für den Bestand der europäischen Vogelfauna keine so interessante Sammlung gesehen, als die Lokalsammlung des Malers und Gouvernements- Sekretärs H. Gaetke in Helgoland. Die Mittheilungen Naumann’s in der Rhea, die von Gaetke in Cabanis Journal, waren wohl ge- eignet, die Aufmerksamkeit eines jeden Ornithologen auf diesen ein- samen Felsen im Meere zu lenken und die Ungeduld des ornitholo- gischen Publikums auf eine bedenkliche Probe zu stellen, Hatten die thatsächlichen Mittheilungen Gaetke’s, abgesehen von seinen Ansichten in dem so lebhaft geführten Streit über Mausern und Ver- färben, doch sogar dahin geführt, dass sie unumwunden in Zweifel gezogen wurden. Von Homeyer sagt in Cabanis Journal 1857 p. 143. unter Anderm: „... Da nun ein Interesse des Sammlers durch- aus nicht vorlag, so schwindet vollends jeder Grund des Mistrauens. Anders ist es freilich mit solchen Vögeln, die als Neuheiten oder grosse Seltenheiten in die europäische Fauna, namentlich von Helgo- land, fortwährend eingeführt werden. Hier handelt es sich um ganz zuverlässige Angaben, wenn dieselben überhaupt Berücksich- tigung erwarten. Die Helgoländer besitzen leider durch den häufigen Verkehr mit Fremden nicht mehr die frühere Sittenreinheit. Da ihnen sehr wohl bekannt ist, welchen Werth ein auf ihrer Insel er- legter Vogel gegen einen von ausserhalb gebrachten derselben Art hat, so liegt die Versuchung sehr nahe, durch unrichtige Angabe den Werth eines Exemplars um das Zehn- oder Zwanzigfache zu er- höhen. Es möchte daher im Interesse der Wissenschaft liegen, wenn die Ormithologie Helgolands den Ornithologen nicht ferner verschlos- sen bliebe.“ P7 — 304 Es ist wohl anzunehmen, dass Herr von Homeyer die Trag- weite dieser Aeusserungen bestimmt eingesehen hat. Er nennt zwar in den angezogenen Sätzen keinen Namen; aber in dem ganzen Ar- tikel ist nur von den positiven Angaben und Meinungen Gaetke’s die Rede; auch hat sich in jüngster Zeit kein anderer Helgoländer wissenschaftlich mit der Ornithologie Helgolands beschäftigt. Es kann demnach wohl kein Zweifel darüber bestehen, wer gemeint ist, wenn auch scheinbar blos auf den Sack geschlagen wird. Hier heisst es mit anderen Worten: Schlägst Du meinen Juden, so schlag’ ich dich! Gaetke erklärt, dass er im Februar 5 Zarus minutus in vollstän- diger Mauser zum weissen Kleide gefunden habe; fragt, ob von Homeyer die Vögel, welche seine abweichende Ansicht begründe- ten, frisch in Händen gehabt, und bemerkt, dass bei den auf Han- delswegen erhaltenen Exemplaren alle Glaubwürdigkeit aufhöre: und die angezogenen, mit der verloren gegangenen Sittenreinheit der Helgoländer motivirte Verdächtigung ist die Rück-Antwort! So standen die Angelegenheiten der Helgoländer Ornithologie im vergangenen Jahre. Vieles war als auf Helgoland vorgekommen an- gegeben; Vieles wurde in kurzen Andeutungen brieflich von Gaetke gleichsam angedroht. „Sie schen, die Bereicherungen unserer euro- päischen Ornis nehmen kein Ende!“ sagt Gaetke selber in Cabanis Journal 1856 p. 378. Nun aber sollte, nach von Homeyer’s Andeu- tungen, die neue reiche Fundgrube sich in ein principielles Verfäl- schungsdepot auf Grundlage eines schmutzigen Handelsschwindels auflösen. Wenn die Andeutungen von Homeyer’s Glauben fanden, musste eine unerbittliche ornithologische Krisis unvermeidlich über Helgoland hereinbrechen. Aber auf wen war hier zu bauen? Gaetke sprach anscheinend aus Erfahrung an Ort und Stelle, und in der Art und Weise seiner Aussprüche lag keine Andeutung von beabsichtigtem Betrug. Wenn er nicht ganz sicher über die Art war, so gab er nur kurze Andeutun- gen, die entschieden auf genauer Beobachtung beruhten, ohne es zu wagen, einen Artnamen ins Spiel zu ziehen. Und so lange man keine gerichtlich geltend zu machenden Gründe für das Gegentheil hat, ist man doch verpflichtet, im Leben und in der Literatur öffent- lich einen Jeden a priori für ehrlich zu halten, oder mit Stillschweigen übergehen zu müssen, gleichviel, wie man innerlich darüber zu den- ken Neigung haben kann. Von Homeyer stellte sein moralisch 305 vernichtendes Misstrauensyotum aber nur aus der Ferne her als Ver- muthung, als Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit auf, ohne es durch irgend eine unbestreitbare, selbst beobachtete Thatsache zu begrün- ‘ den. Aus seinen Ausdrücken scheint hervorzugehen, dass ihm die Verhältnisse in Helgoland persönlich unbekannt sind. Er schliesst: „Es möchte im Interesse der Wissenschaft liegen, wenn die Ornitho- logie Helgolands den Ornithologen nicht ferner verschlossen bliebe.“ Sie muss ihm also verschlossen sein! Und a priori lässt sich wenig Positives oder Negatives über dieselbe feststellen. Aber auf welche Weise soll die Omithologie Helgolands den Ornithologen aufgeschlossen werden? Und vollends, wenn die orni- thologischen Beobachter auf Helgoland als verdächtig dargestellt, als wissenschaftliche Betrüger gebrandmarkt werden? Soll die. Ornitho- logie Helgolands zu den Ormithologen kommen? Soll Gaetke jedem Ornithologen, der ein Interesse daran nimmt, seine betreffende Sammlung zusenden! Möglich mag das sein! Ich würde aber ge- glaubt haben, die Grenzen der Bescheidenheit zu überschreiten, wenn ich an einen mir ganz fremden Mann diese Anforderung hätte stel- _ len wollen! Doch was könnte es auch nutzen, wenn die ganze Sammlung auf Schwindel beruhte, wenn sie „von ausserhalb ein- gebracht“ wäre. Ein erschwindeltes Exemplar lässt sich ja auch - versenden. Und wenn einmal öffentlich der Verdacht feststeht, es sei Jemand ein unzuverlässlicher Schwindler, wozu dienen dann die ausführlichsten Angaben und alle möglicher Weise fremdher beige- brachten Belege! Mir schien das beste Mittel zum Aufschluss, wenn die Ornitho- logen sich selbst nach Helgoland bemühten, und sich durch den Augenschein und persönliche Mittheilung aufzuklären suchten. Und so habe ich es persönlich im laufenden Sommer gehalten. Ich bin nach Helgoland gegangen, habe mich sofort an Gaetke gewandt und ihm offen und ehrlich erklärt, ich sei nicht seinetwegen oder der Insel wegen, sondern blos seiner Sammlung wegen nach Helgoland gekommen: und ich habe von Seiten Gaetke’s eine Bereitwilligkeit und Offenheit der Mittheilung gefunden, die mir Nichts zu wünschen übrig liess. s Gaetke, kein geborener Helgoländer, sondern ein Preusse, ist durch die Kunst nach Helgoland geführt und durch Zufall zum Sammler und ornithologischen Beobachter gemacht worden. Dieser Nanmannla 1858 20 306 Zufall ist in Gestalt eines auf Helgoland frisch erlegten norwegischen Gierfalken ihm in den Weg getreten. Auf einem Gebiete, in dem blos Haussperlinge und Lummen brüten, muss ein edler Jagdfalke eine auffallende Erscheinung sein. Gaetke hatte es bedauert, dass der schöne Vogel hätte verfaulen müssen, und den Versuch gemacht, ihn, so gut als es angegangen, auszustopfen. Das ist der noch er- haltene Anfang seiner Sammlung gewesen. An diesen Anfang haben sich allmählich alle dortigen Vorkommen, die ihm von Interesse geschienen, angereiht. Zuletzt hat er es sich zur Aufgabe gemacht, alle vorkommenden Arten nach dort erlegten Exemplaren in seiner Sammlung zu repräsentiren, und bis jetzt auf dem engen Gebiet der Felseninsel von etwas mehr als 500 europäischen Arten mehr als 400 erhalten. „Zur Erreichung dieses Resultats sind ihm einige eingeborene Helgoländer, Fischer und Jäger, besonders die Gebrüder Aeuckens, behülflich gewesen. Gaetke hat von der ersten Zeit seines Sam- melns an über die dort erlegten selteneren Erscheinungen ein genaues Tagebuch geführt. In diesem findet man Zeit, Ort und Umstände der Beobachtung und Erlegung ganz genau verzeichnet. Ausserdem enthält es ganz specielle Maassangaben, wie man sie grossentheils nur an frischen Vögeln im Fleisch beobachten kann, auf eigenthümliche Weise durch Anlegen des Vogels auf dem Papier verzeichnet. Die Farben sämmtlicher Theile, die durch Präparation verloren gehen oder wechseln, sind ausführlich angegeben. Auch über Stimme, Stellung und Bewegung des lebenden Vogels fehlen die einschlagen- den Angaben nicht. Wer sich je mit beobachtender Ornithologie befasst hat, muss sich sofort überzeugen, dass hier von keiner Fäl- schung die Rede sein kann, sondern dass er die Angaben eines sehr gewissenhaften und sorgfältigen Beobachters vor sich sieht. Wer den Verlauf dieses Tagebuchs überblickt, den Inhalt der ersten Jahrgänge mit dem der spätern vergleicht, muss die Idee, dass es auf eine Täu- schung hätte abgesehen sein können, mit Unwillen von der Hand weisen. Es ist nach meiner Meinung zu wünschen, dass von den in diesem Tagebuche aufgezeichneten Beobachtungen für die europäische Örnithologie nicht eine einzige verloren gehe. Mit dem Verlauf und den Angaben des Tagebuchs geht der Be- stand der Sammlung Hand in Hand. Die im Tagebuche verzeich- neten Individuen von seltenen Arten sind fast ohne Ausnahme noch in der Sammlung erhalten. Die Art der Aufstellung lässt keinen 307 Zweifel darüber, dass die aufgestellten Exemplare aus frisch erlegten Individuen und nicht aus trockenen, fremdher eingeführten Bälgen hergestellt sind. Sie rühren sämmtlich von Gaetke’s eigener Hand her, und Gaetke hat in der Aufstellung nicht allein die Anforde- rungen des Künstlers, sondern auch die des Naturbeobachters, des Naturforschers an sich gestellt und meisterhaft erfüllt. Vollendetere Darstellungen in Stellung und Federlage, wie die meisten Vögel sei- ner Sammlung darbieten, kenne ich nirgend. Ausgestopfte Vögel von einer Schönheit, wie sein Prachtexemplar von Motacilla certhiola, Pall., im frischen Gefieder, wie sein Turdus varius, Pall., zahlreiche Exemplare von Emberiza pusilla, Pall., von Actitis rufescens, Vieill., und das Winterkleid von Zarus roseus, Jard.u. Selby, sind mir noch nicht vorgekommen. Auch die zufällig hingeworfenen Aeusserungen und Angaben der Inselbewohner über die vorgekommenen Vögel stimmen ganz mit den Tagebüchern und der Sammlung Gaetke’s überein. Von systemati- schen Namen haben die Insulaner, die sich für die Vogelwelt interes- siren, wenig oder gar keine Vorstellung; sie bezeichnen die Vögel nach den Eigenthümlichkeiten der Stimme und des Benehmens, im Anschluss an bekannte Namen. So heisst Anthus Richardi, Vt., nach seinem Lockton der Brief, und Anthus campestris der kleine Brief. In der Regel sind diese Bezeichnungen naiver Natur, immer aber schla- gende Belege von einer bestimmten und lebendigen Auffassung und Beobachtung. Sie kennen die seltenen Vögel genau, und jedes vor- gekommene Individuum hat seine lebendige Geschichte. Wie der leidenschaftliche Jäger von jedem starken Hirsch oder Rehbock, den er erlegt, auch nachträglich noch jeden Schritt und Tritt und jede Bewegung kennt, und sich dabei jedes einzelnen Gedankens, jedes Gefühls unauslöschlich erinnert, wie er sich gedrückt und gebückt, wie er geschlichen oder auf flacher Erde hingekrochen, um dem scheuen Wilde nahe zu kommen; so erinnern sich die Helgoländer Jäger jedes einzelnen seltenen Vogels, den sie in die Sammlung von Gaetke geliefert. Geht oder fährt man mit ihnen um die Insel und bringt das Gespräch auf diesen Gegenstand, so ist’s, als ob sich jeder Felsenvorsprung belebte: „hier fand ich unter mehr als hundert tod- ten Schwalben die schöne rothköpfige (Hirundo rufula, Temm.), die Gaetke mit Lebensgefahr schon zwei Tage lang verfolgt hatte, hier schoss mein Bruder die schöne rothe, spitzschwänzige Möve (Zarus 20* 308 roseus, Jard. u. Selby u. =. w. u. s. w.“ Nach einem solehen Spazier- gang um die Insel in Gesellschaft eines Insulaners, ohne Gaetke, mit historisch -ornithologischen Reminiscenzen fragte ich einen begleiten- den Freund: Glaubst Du, dass die Leute die Wahrheit reden, oder dass sie uns Schwindel vorlügen? Die Antwort war: Wie kommst Du darauf? Wenn das Schwindel ist, so ist der ganze Inselfels eine Erdichtung, und wir sitzen hier nicht mitten im Meer, sondern weit eher in der Lüneburger Haide! Und doch, man denke sich, das Alles sei Lug und Trug, das genaue Tagebuch, in dem so bestimmt Zeit, Ort, Maass, Stimme und Benehmen, nebst dem glücklichen Finder bezeichnet sind, die Uebereinstimmung des Tagebuchs mit der Sammlung, die Ueberein- stimmung der Aussagen der Insulaner unabhängig von einander und von Gaetke mit den Angaben Gaetke’s und seiner Sammlung, die genauen und von vielen Seiten bestätigten Jagdgeschichten jedes ein- zelnen seltenen Vogels, die Sammlung selber, die nur nach frischen Exemplaren im Fleisch mit Künstlerhand hat hergestellt werden kön- nen: setzte das nicht eine ganze Schule des Luges und Betruges vor- aus, an der ein grosser Theil der Bevölkerung Helgolands Theil ge- nommen, im Interesse eines Einzelnen, der ihnen fremd ist und den sie auch jetzt noch kaum als den Ihrigen betrachten! Der Gedanke scheint mir an Ort und Stelle eine Absurdität. In Helgoland, wo ein Jeder weiss, was der Andere treibt und was ihm widerfährt, herrscht nur eine Stimme darüber, dass von irgend einem Neben- gedanken nicht die Rede sein könne. Woher sollten auch manche Vögel, die auf Helgoland erlegt und noch vorhanden sind, durch den Handel bezogen sein? Ich will nur Motaeilla Certhiola, Pall., Motaeilla saliearia, Pall., oder Sylvia cali- gata, Licht., Regulus modestus, Gould, Motaeilla eitreola, Pall., Tur- dus varius, Pall., Pyrrhula rosea, Pall., Larus roseus, Jard.u.Selby, Zarus Sabinii (Leach) anführen. Von anderen, wie Emberiza pusilla, Pall., hat Gaetke zahlreiche Exemplare besessen, ehe sie von irgendwo durch den Handel zu beziehen waren. Und um zuletzt“ nur mit einem Worte den letzten angeblichen Zweck des ganzen Schwindels zu berühren: Gaetke hat nur auf starkes Zudringen einige wenige Exemplare seiner Sammlung von seltnen Arten, die er zahlreich be- sass, ehe sie durch irgend einen Händler ins Publikum gelangt waren, aus den Händen gegeben; was an auffallenden Seltenheiten dort 309 vorgekommen ist, kann man fast gänzlich auch noch in seiner Samm- lung sehen. Was speciell den Vogelhandel in Helgoland betrifft, so befassen sich damit nur einige Insulaner. Sie schiessen und präpariren im Herbst, Winter und Frühling Vögel, um sie im Sommer an Bade- gäste zu verkaufen. Unter ihren Vorräthen findet man nicht selten Sachen, die auf dem Continent als Seltenheiten angesehen werden müssen. Die Preise derselben sind aber der Art, dass kein Natura- lienhändler in Deutschland, dass kein Ornitholog in der Welt die Vögel, wenn er sie besässe, zu solchen Spottpreisen hergeben würde. Ich kann das mit Bestimmtheit behaupten, da ich selber manchen seltenen Vogel gekauft habe, und auch Kunde von den Preisen be- sitze, die von handelnden Ornithologen eingehalten werden. Am höchsten verhältnissmässig stehen in Helgoland die grossen Mö- ven: Larus marinus, Larus fuscus und argentatus im Preise; aber blos deshalb, weil die Badegäste am meisten Werth auf dieselben legen. Von einem ornithologischen Handelsschwindel und von Fälschungen zum Zweck desselben kann nicht die Rede sein, sondern nur von einem ehrlichen und sehr bescheidenen Nebenerwerb. Doch nun genug, und schon mehr als zuviel über die öffentlich ausgesprochene Verdächtigung. Ich habe geglaubt, nach diesem öf- fentlichen Ausspruch nicht verschweigen zu dürfen,. wie die Sachen stehen. Nicht um Gaetke’s und der Helgoländer Ehre zu retten: das ist Privatsache! und ausserdem überflüssig, da von Homeyer nicht eine einzige unbezweifelbare Thatsache zu Gunsten "eines wirk- lich vorgekommenen Betruges hinstellt. Auch nicht, um von Ho- meyer’s Verdächtigung zu tadeln, die nach dem Zusammenhange, in dem sie ausgesprochen wurde, im Unmuthe über abweichende An- sichten in der Mauser- und Verfärbungsfrage nebenbei zu Tage ge- kommen ist. Aber ich habe mich für verpflichtet gehalten, die Fol- gen dieser Verdächtigung von unserer Wissenschaft, für die auch von Homeyer sein Wort einlegt, fern zu halten. Es wäre zu ver- wundern, wenn von Homeyer in Sachen der europäischen Orni- thologie sein Wort in die Wagschale würfe, ohne ihm irgend eine Bedeutung beilegen zu wollen. Was aber folgt, wenn auch Andere dem in dieser Sache ausgesprochenen schweren Worte eine ernste Bedeutung beilegen? Kin jeder Unparteiischer kann und muss zwar sagen, es ist nicht ein einziger thatsächlicher Grund für die Verdäch- 310 tigung beigebracht worden; aber wie Viele sind geneigt, auf eine be- stimmte Autorität zu bauen! Wer dieser Verdächtigung nur irgend eine Bedeutung beilegte, müsste alle durch Gaetke über Helgoland bekannt gewordenen Thatsachen gänzlich ignoriren. Diese Thatsachen und Beobachtungen aber, von deren Richtigkeit und Unverdächtig- keit ich mich überzeugt habe, glaubte ich der europäischen Ornitho- logie retten und erhalten zu müssen. Ich halte dafür, dass die Or- nithologie den nun fast zwanzigjährigen unermüdlichen Bemühungen von Gaetke zu Danke verpflichtet ist, und dass kein Grund vor- liest, die Zuverlässigkeit von Gaetke’s Angaben irgendwie in Zweifel zu ziehen. Ich kann es Gaetke, der mit der Vollendung einer Fauna Hel- golands beschäftigt ist, billig überlassen, seine Beobachtungen selber zu veröffentlichen. Aber ich will es nicht unterlassen, einige Resul- tate seiner Jangjährigen eifrigen Bemühungen anzudeuten und einige Bemerkungen an dieselben knüpfen. Von Seltenheiten der europäi- schen Fauna für diese Lokalität sind auf Helgoland erlegt worden: 1. Falco Gyrfaleo, L, Schleg. Das eine der erlegten Exem- plare gehört zu den interessantesten, die mir vorgekommen. Es ist ein junger Vogel, in der Uebergangsmauser zum alten Kleide be- griffen. Es beweiset, dass Schlegel vollkommen im Recht ist, wenn er den alten norwegischen Gierfalken als einen dem alten Wander- falken ähnlich gezeichneten und ähnlich gefärbten Vogel ansieht. Bis jetzt habe ich kein Exemplar gesehen, an dem der Uebergang so bestimmt zu beobachten gewesen wäre. 2. Falco vespertinus, L. 3. Falco cenchris, Naumann. 4. Strie nyetea, L. 5. Merops apiaster, L. 6. Hirundo rufula, Temm. Nach Vergleichung von sicilianischen und sibirischen Exemplaren ist die auf Helgoland gefundene Schwalbe offenbar mit der südeuropäischen Form dieser Art übereinstimmend, nicht mit Hirundo daurica, L., oder Hirundo alpestris, Pall. 7. Museicapa parva, Bechst. 8. Lanius phoenieurus, Pall., für Europa neu! 9. Cinclus Pallasü, Tem m. 10. Merula rosea, Briss. 11. Turdus varius, Pall. 311 12. Turdus ruficollis, Pall. 13. Orpheus lividus (W ils.), für Europa neu! 14. Taxostoma rufum (L.), für Europa neu! 15. Petrocichla sazatilis (L.). 16. Aedon jamiliaris (M&netr.). Der Vogel muss früher mehr- fach auf Helgoland vorgekommen sein. Von Gaetke erfuhr ich, dass das einzige, ihm sicher bekannt gewordene Exemplar von Helgoland in der Sammlung des Apothekers Mecklenburg in Flensburg sich befinde. Ich begab mich von Helgoland dorthin, um zu sehen, welche der beiden Formen, die spanisch-afrikanische, Aeden galactodes (T em m.), oder die griechisch-asiatische, Aedon familiaris (Menetr.) sich nach Helgoland verflogen habe. Es war unzweifelhaft die letztere. 17. Calamoherpe Certhiola (Pall.). Der Vogel ist ein Prachtstück im frischen Gefieder und hier zum ersten Mal in Europa gefunden! Ausser diesem hat von Middendorff zwei Exemplare der Art am ochotzkischen Meere erlegt. Bis dahin war das Originalexemplar von Pallas im Berliner Museum das einzige bekannte. 18. JIduna salicaria (Pall.) — Sylvia caligata, Licht. Ebenfalls in Westeuropa zum ersten Male hier gefunden. 19. Phyllopneuste proregulus (P all.) — Phyllobasileus supereiliosa(Lath.) Cabanis. 20. Phyliopneuste javanica (Horsfield), oder eine dieser sehr nahe stehende Art. Als ich den Vogel in Helgoland sah, hielt ich ihn nach der Erinnerung für einen aus Paris erhaltenen javanischen Vogel, den Bonaparte selber für seine Phyllopneuste javaniea Consp. av. I. p. 240. n. 10, erklärte, und der mit einem später von Ver- reaux erhaltenen Exemplare der Phyllopneuste javanica oder Phyllo- Pneuste magnirostris, Blyth. (Nr. 15969) vollständig übereinstimmte. Als ich meine Reisenotizen durchlas und zur Aufklärung der Art meine Vorräthe verglich, fiel mir ein ebenfalls von Verreaux unter Nr. 23707 erhaltener Vogel ohne Namensbezeichnung vom ochotzki- schen Meere auf, dessen Herkunft sehr speciell folgender Weise be- ' zeiehnet ist: Mer d’Ochotsk, Latitude 59°. 38° N., Longitude 1479, 30‘. E., Jeudi 15. Septemb. 1853. Yeux noir bleu. Beide Vögel aus Java und vom ochotzkischen Meere stehen einander so nahe, dass ich aus meinen fragmentarischen Reisenotizen nicht mit Bestimmtheit entnehmen kann, zu welcher Form das Helgoländer Exemplar gehört. Beide vorliegende Vögel aber kann ich nach genauer Vergleichung 312 unmöglich als derselben Art zugehörig ansehen, abgesehen davon, dass ihre Fundorte um fast 70 Breitengrade auseinander liegen. Da der Name für die javanische Art feststeht, so handelt es sich darum, ob die ostsibirische schon irgendwo als Art beschrieben ist. Bona- parte führt im Conspectus als asiatische Arten: Sylvia brevirostris, Striekl., Sylvia fuscata, Blyth., und griseola, Blyth., aus Mittelasien, und -Ficedula eoronata, Temm., aus Japan auf. Keine derselben passt auf die vorliegende Form vom ochotzkischen Meere. Von Mid- dendorff beschreibt in seiner Reise ausserdem noch die Sylvia (Phyl- lopneuste) sibirica v. Midd. als neue Art und die Sylvia (Phyllopneuste) Eversmanni, Bonap. Die erstere hat nichts mit der vorliegenden Form vom ochotzkischen Meere gemein, während die letztere voll- ständig mit derselben übereinstimmt. Von Middendorf erhielt seine S. Eversmanni an der Boganida unter dem 70° nördlicher Breite, und am Westabhange des Stanowoj-Gebirges am Flusse Ujan. Der Fund- ort stimmt genügend mit dem meines Vogels vom ochotzkischen Meere überein. Aber der Vogel von Middendorff’s ist sicher nicht die Phyllo- pneuste Eversmanni Bonaparte’s. Bonaparte’s Phyllopneuste Evers- manni besteht in einer blossen Umtaufe der Sylvia ieterina Ever- mann’s, Addend. ad Zoogr. Ross. As. Bonaparte eitirt im Conspec- tus p. 289. nicht allein den Evermann’schen Vogel dazu, sondern er giebt in der Revue eritique p. 30. den Grund an: ihm gefiel „ee nom maudit d’ieterina“ nicht. Und im Grunde genommen hatte er Recht, obwohl die Mühe in diesem Falle eine verlorene war. Evermann’s ‚Sylvia ieterina beruht auf der Ficedula icterina der Wirbelthiere Euro- pas p. 185. Nr. 218. Ich glaubte in einer von Phyllopneuste trochilus im Flügelbau etwas abweichenden Form die Sylvia icterina, Vieill, zu erkennen; nach der kurzen Angabe der Wirbelthiere richtete sich, wie er selber es mir erklärte, Eversmann bei seiner Bestimmung. Ich besitze ein Originalexemplar von Evermann’s $. icterina, das ganz mit Exemplaren aus Baiern und dem Würtembergischen über- einstimmt, und nur mit Ph. Trochilus zusammengestellt oder in dessen Nähe angereiht werden kann. Ich halte diese für Ph. Trochilus. Gleieh- viel, wie man aber über diese Form denkt, so hat sie unter allen Umständen nichts mit dem vorliegenden Vogel vom ochotzkischen Meere und mit dem von von Middendorff beschriebenen Exemplare von der Boganida gemein. Ich muss demnach meinen Vogel vom ochotz- 313 kischen Meere und die von v. Middendorff als Sylvia (Phyllopneuste) Evers- manni beschriebenen Vögel als einer ganz neuen Art angehörig betrachten, die ich im Gegensatz zu der nahe stehenden javanischen Art mit dem Namen: Phyllopneuste borealis, nov. Sp., bezeichnen möchte. Diese bildet mit der Phyllopneuste javanica zusam- men eine natürliche Gruppe unter den Laubvögeln, die sich durch weit bedeutendere Körperstärke, durch einen weit stärkeren, von der Basis stark erweiterten Schnabel, durch einen gelben, an den Spit- zen der grossen oberen Flügeldeckfedern gebildeten Flügelschild, durch scharf abgesetzte und am Schaft etwa \/, Linie lang ausgezogene schlanke Spitzen der Schwungfedern, durch hellfarbige scharf abgesetzte Spitzenkanten der Schwanzfedern und geraden Schwanz von den übrigen Arten unterscheidet und die man unter dem Namen Acanthopneuste gleichsam als Untergattung von den übrigen Laubsängern sondern könnte. Der gelbe Flügelspiegel, den v. Middendorff in seiner Reise L 1., Taf. XVI. Fig. 2. besonders abbildet, bildet eine halb durchgehende helle Flügelbinde und reiht beide Arten unmittelbar an die Phyllopneuste proregulus (Pall.) oder die Motaeilla superciliosa. Lath., den Regulus modestus, Gould, -der zwei gelbe Flügelbinden und ähnliche scharfe abgesetzte Spitzen der Schwungtedern. besitzt. Die beiden verwandten Arten unterscheiden sich in folgender Weise: Phyllopneuste javanica, (Horsf.). Die Oberseite und die Kan- ten der Schwung- und Schwanz- federn bräunlich grün. Der Scheitel bräunliehsrün, von der Farbe des Rückens. Die breit und bis zur schief abgeschnit- Schwanzfedern sind tenen Spitze auf der Innenfahne allmählich erweitert; die Innen- fahne wendet sich nach der Spitze mit einem abgerundeten deutlichen stumpfen Winkel auf den Schaft zu. Die weissliche Endkante der ersten Schwanzfederspitze er- Phyllopneuste borealis, nov. Sp. Die Oberseite und die Kan- ten der Schwung- und Schwanz- federn gelblich grasgrün. Der Scheitel dunkler gefärbt, graugrün. " Die schlank, allmählich Schwanzfedern sind schwach erweitert und erreichen ihre grösste Breite im Endviertel; die Innenfahne wendet im Eindviertel in sich ungleich- mässigem Bogen dem Schaft zu. Die weisslicehe Endkante I . n . der ersten Schwanzfederspitze er- 314 reicht ihre grösste Breite an dem |reicht ihre grösste Breite unmittel- abgerundet stumpfen Winkel der | bar neben der Schaftspitze auf der Innenkante, entfernt vom Schafte. | Innenfahne. Die Unterseite beider Arten ist längs der Mitte weiss mit schwa- chem schwefelgelben Anflug. Die Federn der Kopfseiten. und des Vorderhalses sind bei der sibirischen Art nach der Spitze und den Kanten grau getrübt, so dass diese Theile matt grau gewölkt aus- sehen, während Kehle und Vorderhals bei der Phyllopneuste javanica rein gelblichweiss ist. Die Weichen der sibirischen Art sind stark grünlich grau überflogen, nach oben hin fast von der Farbe des Rückens. Der Flügelbau beider Arten stimmt in mancher Beziehung über- ein; die kleine erste Schwungfeder ist nur wenig grösser als die oberen Deckfedern und überragt dieselben bei der sibirischen Art gegen 1 Linie. Die 3. und 4. Schwungfeder bilden die Flügelspitze; die 5. ist grösser, die 6. kleiner als die 2.; doch steht bei der sibirischen die Spitze der 2. der 5. näher als der 6., bei der javanischen die Spitze der 2. der 6. näher als der 5.: vielleicht aber ist auf diese Abweichung wenig Werth zu legen. Bei beiden Arten ist die 3., 4. und 5. Schwung- feder auf der Aussenfahne deutlich eingeengt. Auffallend länger und auch etwas spitzer ist der Flügel bei der sibirischen Art. Der Schwanz ist bei beiden Arten ziemlich grade, die 1. Feder kaum merk- lich verkürzt, die übrigen bei der javanischen von gleicher Länge, bei der sibirischen die beiden Mittelfedern sogar etwas verlängert. Der Schnabel ist bei beiden dunkelhornblau mit gelblich fleischfarbigen Rän- dern. Die Füsse sind bei beiden hellfarbig, bei der javanischen Art braungrau, bei der sibirischen bläulichgrün. Die Maasse sind folgende. Ph. javanica, Ph. borealis,n.Sp. Ph.icterina,E. Horsf. Java. ochotzk. Meer. Org.-Exp. Blügellänge .... 2.122, DU 9270 2, 5,4” 2". (3% Schwanzänge . . . . Lee isn 3 nn Kopf mit Schnabel . . last Ka la Mundspalte . . . . — m re — 6,5% Schnabel vor Kettssenlbcherk _ 4 a, Ti Höhedes Schnabelsan der Stirn — 1,7 li BE: 9 Breite „ 3 19 —_ 2 —u ud Lauflänge . . SER 2 a 1 9 —, 9% — 8,8“ Mittelzehe mit Em . — HD A — 5/12" —4,5 +2 Verkürzungder]. Schwungfär. u says ame 2,3 Die 1. Schwungfeder länger als die oberen Deckfedern. . — 3” — 1" _ 4" “ 315 Die von Middendorff angegebenen Maasse stimmen im Ganzen mit dem des Vogels vom ochotzkischen Meere überein, während sie von denen des Originalexemplares der Ph. icterina Ev., = Eversmanni, Bp-, besonders in den Verhältnissen abweichen. Ich muss es einstweilen unentschieden lassen, welcher der beiden Arten der auf Helgoland erlegte Vogel angehört,, hoffe aber von Gaetke, den ich um Auskunft gebeten, zuverlässige Notizen oder den Vogel zur Vergleichung zu erhalten. Aus geographischen Grün- den wird man es vielleicht für wahrscheinlicher halten, dass sich die sibirische Art bis zu unseren Breitengraden verfliegen könne; doch lässt sich a priori nicht darüber entscheiden. 21. Sylvia orphea, Temm. 22. Saricola rufescens (Brisson), Sax. aurita, Temm. 23. Sazicola Stapazina, L. 24. Motacilla Yarrellü, G1d. 25. Budytes eitreola (Pall.). Die auf Helgoland erlegten jungen Vögel sind in hohem Maasse durch ihre Färbung interessant. 26. Anthus cervinus (Pall.). 27. Anthus ludovieianus (L. Gm.). Für Europa mit Sicherheit zum ersten Male hier nachgewiesen. 28. Anthus Richardi, V ieill., 29. Alauda brachydactyla, Lsl. 30. Emberiza pusilla, Pall. Ist ungleich häufiger dort vorgekom- men, als die folgenden Arten. 31. Emberiza rustica, Pall. 32. Emberiza caesia, Cretschm. 33. Emberiza hortulana, L. ‘ 34. Emberiza aureola, Pall. 35. Emberiza melanocephala, Scop. 36. Pyrrhula rosea, Pall. 37. Pyrrhula serinus, L. 38. Fringilla eitrinella, L. 39. Parus barbatus, L, 40. Accentor alpinus, L. 41. Grus virgo, L. 42. Eudromius asiatieus (Pall.).. Das gefundene Exemplar ist ein junger Vogel, der unzweifelhaft dieser Art und nicht dem Ch. pyr- rhothorax, T. angehört. 316 43. Charadrius longipes, Temm., Ch. orientalis, Schleg. 44. Charadrius virginianus, Borcekh., Ch. marmoratus, W ag]. 45. Actitis rufescens, Viell. 46. Tring. Temminckü, Ls]. 47. Limicola pygmaea, Lath. 48. ‚Sterna Dougalli, Mont. 49. Larus roseus, Jard. et Selby., Winterkleid. 50. Larus Sabinii, Leach. Jugendkleid. 51. Anas perspieillata, L. 52. Anas Stelleri, Pall. = 53. Thalassidroma Leachi, Temm. u. 8. w. Man sieht, dass Vögel aus sehr verschiedenen Weltgegenden, aus Nord- und Südeuropa, aus ganz Nordasien und Nordamerika sich diese einsame Felseninsel zum Ruhepunkte auf ihren oft seltsamen Wanderungen aufsuchen. Gleichviel, welchen Werth man für die Fauna Europas auf diese vereinzelten Fremdlinge legen will: die Thatsache, dass sie erscheinen, ist nicht abzuleugnen. No. 26. Fin Wort über die Möven der Ioographia Rosso - astatica von Pallas. (Briefliche Mittheilung.) Von Prof. Dr. Blasius. Durch wesentliche Abweichungen in der Auffassung der Möven- Monographien von Bruch und Bonaparte, durch rasche Aende- rungen in den Ansichten der verschiedenen Arbeiten Bruch’s bin ich veranlasst worden, in letzter Zeit meinen eigenen Zweifeln über die Arten dieser Gattung etwas näher auf den Grund zu gehen. Eine der wichtigsten Quellen für nordasiatische Möven ist offenbar die Zoographia Rosso-asiatica von Pallas. Der Umstand, dass Larus niveus, Pall., als Art unter die Gattung Rissa gestellt wird, führte 317 mich dahin, die Mövenbeschreibungen von Pallas genauer anzu- sehen. Pallas führt mehrere neue Artnamen in die Gattung Larus ein. Ueber seinen Larus Ichthyaötos und Lurus minutus bestehen keine Zweifel. Ueber seinen Zarus marinus, L., albus, dorso subnigro, und seinen Larus glaueus, Brünnich, totus albus, dorso et alis canis, kann auch wohl kein Zweifel bestehen. Anders ist es mit seinem ZDarus cachinnans. Pallas eitirt zu demselben den Larus Consul Martens, Larus marinus et glaueus, Brün- nich, und Zarus cinereus, Briss., Orn. VI, Tab. 17, so wie die Herring Gull, Pennant und Latham. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob sich diese Citate sämmtlich mit einander vereinigen lassen. Für die Feststellung der Art scheint es mir aber mehr auf die Beschrei- bung anzukommen. Nach der Flügellänge: 177‘, gehört sie offenbar zu den grössern Arten, in die Nähe von L. argentatus. Von der Fär- bung sagt er: dorsum et alae supra intense leucophaea seu coerules- cente cana. Aber auch von L. glaucus sagt er: dorsum et alae coeru- escente-cana, und auch den unzweifelhaften ZL. minutus beschreibt er: dorso alisque leucophais; das ist unzweifelhaft die Färbung des _L. argentatus. Auch die Flügelzeichnung stimmt mit Z. argentatus, je- doch auch mit der der verwandten Arten überein. Das „Rostrum ca- rina valde angulatum“ kann wohl nur auf L. argentatus, aber nicht auf die nächstverwandten Arten bezogen werden. Nach den Mitthei- lungen von Middendorff’s, kommt diese Möve ziemlich häufig durch Sibirien bis zum ochotzkischen Meere vor; es wäre’sehr auffallend, wenn Pallas sie übersehen hätte. Man muss unwillkürlich auf den Gedanken kommen, unter diesem Namen sei der L. argentatus, Brün- nich, zu verstehen. Gewöhnlich ist der Name anders gedeutet wor- den. Im Museum in Berlin und Leyden steht unter dem Namen Z. cachinnans eine Möve von dunklerer Rückenfarbe, etwas geringerer Grösse und schwach winkelig hervortretendem Kiel. Auch Bona- parte führt seinen L. cachinnans neben L. marinus und fuscus unter den schwarzrückigen Möven auf. Bruch, der in seiner ersten Mono- graphie in Cabanis Journal 1853 dieselbe Ansicht festhält, und den Namen seiner Gattung Dominicanus einreiht, stellt in seiner zweiten Mo- nographie, Cab. Journal 1855, den Namen unter die grauen Möven seiner Gattung Laroides. Man ersieht zu gleicher Zeit daraus, welche Bedeutung diese modernen Gattungen haben. 318 Lichtenstein trennt in dieser Region der Möven eine Art unter dem Namen Larus leueophaeus ab, die mit den Exemplaren des L. eachinnans vom Caspischen Meere im Berliner und Leydener Mu- seum in der Färbung vollkommen übereinstimmt. Bonaparte stellt diesen Z. leucophaeus, Leht., zu den hellrückigen neben Z. argentatus; Bruch in beiden Monographien ebenfalls, in der ersten als von Z. Michahellesii getrennte Art, in der zweiten als mit Z. Michahellesü übereinstimmend. In der Sammlung in Mainz steht eine hellfarbige L. Michahellesi, die sich von L. argentatus nicht unterscheiden lässt, und ein dunkelrückiges Originalexemplar von L. leueophaeus, Licht., welches gar keine Verwandtschaft mit Z. argentatus hat. Diese Verwirrung ist offenbar Sache von Bruch; sie besteht nicht allein im Mainzer Museum, sondern auch in beiden Monographien. Ich weiss kein einziges Mittel, diesen L. leucophaeus, Leht., von den dunkelrückigen Exemplaren des sogenannten L. cachinnans in den Mu- seen zu unterscheiden. Sie können weder mit dem Z. argentatus, noch mit dem Z. fuseus, L., verwechselt werden; aber es ist mir sehr zwei- felhaft, ob man ein Recht hat, den Namen Z. cachinnans, Pall., auf sie anzuwenden. Es scheint mir, als ob man befugt sei, die unzwei- felhaft gute Art mit dem Namen L. leucophaeus, Leht., zu bezeichnen, und den Namen L. cachinnans, Pall., als synonym zu L. argentatus, Brünnich, zu stellen. Zu diesem L. leucophaeus gehören ausserdem noch einige andere Formen, die in letzter Zeit als Arten getrennt worden sind. Pallas beschreibt ferner eine Möve unter dem Namen Z. canus, p: 330. L. .... alarum apice atro ... Vertice leucophaeus. Cervix cano- nebulosa. Remiges 4 extimae toto apiee nigrae; interiores sensim minus ... Pedes rubri-fusei, vel nigrieantes. Das kann unmöglich der Zarus canus, L., sein, mit seinem im Sommer weissen, im Winter grauge- fleekten Hinterkopfe und Hinterhalse, mit seinen schwarzen Schwung- federn, mit breiten weissen Flecken vor der Spitze der 2 ersten, mit seinen blassgelblichen oder blassfleischfarbigen Füssen. Ich zweifle nicht einen Augenblick daran, dass Pallas eine vielleicht etwas lang- zehige L. tridactylus im Winterkleide vor sich gehabt hat. Eine Arten- verwechselung, von der ich aus neuester Zeit noch ein Beispiel auf- führen könnte, s. Bruch in Cab. Journal 1855. p. 284. Nr. 33. Wenn Pallas in der Note zu seinem Zarus canıs angeführt, dass eine von ihm in Belgien beobachtete Möve: ... Rostrum rubrum; re- 319 miges tres extimae albae, apice, exteriore Iimbo, interiusque late nigrae .. abweichend sei, so hat er vollkommen Recht; denn die Beschrei- bung lässt kaum einen Zweifel darüber, dass er dabei das Winter- kleid von L. ridibundus, L., vor Augen gehabt habe. Den Larus tridactylus hat Pallas, ausser unter dem Namen Z. canus, noch dreimal in seiner Zoographie aufgenommen. Zunächst als ZL. Rissa im Sommerkleide. Die Diagnose und Beschreibung der Körper- färbung und Flügelzeichnung, so wie die Grösse, lässt keine Zweifel hierüber zu. ı Dann als Z. Gavia, p. 329, im Winterkleide. Pallas deutet am Ende der Beschreibung selber an, dass ihm der Vogel mit L. tridac- tylus, L., übereinstimmend scheine. 8 Zuletzt als Z. torquatus p. 328. den jungen Vogel mit der dunklen Querbinde im Nacken, den schwarzen obern Flügeldeckfedern u. s. w. Dass Larus canus, L., in Sibirien vorkommt, wissen wir durch von Middendorff l.c.p. 243. Bei seiner Häufigkeit in Nordrussland und in Sibirien wäre es auffallend, wenn Pallas ihn übersehen hätte. Die einzige Beschreibung der Zoographie, die auf diese Art passt, ist die unter Z. niveus, Pall., p. 320: L.totus albus, dorso cano, rostro virescente-flavo immaculata. Magnitudo corvo coracis (Ulna alarum: 14"5“.) Palpebrarum margo nudus ruberrimus.... Reliquo colore et apice alarım nigro praecedenti (Z. cach.) simillimus. Nur die Pedes fusci könnten einige Zweifel erregen. Sowohl Bonaparte als Bruch stellen diesen L. niveus, Pall., zu den dreizehigen Möven in die Gattung: Rissa. Ich kann nicht finden, dass in der Beschreibung ein einziger Anhaltspunkt dafür vor- handen ist. Beide Ornithologen führen keinen einzigen Grund für ihre Ansicht an. Bruch giebt sogar eine ganz andere Heimath für das Thier an, wie Pallas. Es scheint mir, als ob die Art und deren Stellung bei Bonaparte und Bruch blos auf einem missver- standenen Studium der Zoographia und nicht auf Anschauung irgend eines seit Pallas in der Natur beobachteten Vogels beruhe, der ir- gend eine Verwandtschaft mit L. tridactylus, L., haben könnte. Beide Ornithologen lassen uns ganz darüber im Unklaren, ob sie je eine dreizehige Möve mit den von Pallas angegebenen Eigenschaften ge- schen haben. Auch L. ridibundus, L., der nach von Middendorff bis ans ochotzkische Meer vorkommt, wird von Pallas nicht direct unter 320 diesem Namen aufgeführt. Er eitirt den Linne’schen Namen unter seinem ZL. atrieilla p. 324. Die Beschreibung desselben bezeichnet offenbar das Sommerkleid unserer Lach-Möve. Das Winterkleid des 2. ridibundus ıst unzweifelhaft unter der folgenden Nummer 384, p. 326, als L. einerarius, Pall., beschrieben. Der junge Vogel von ZL. ridibundus im Winterkleide ist unter dem Namen 2. naevius Nr. 385 p. 327, aufgeführt. Demnach würden sich die von Pallas in der Zoographia aufge- führten Namen und- Beschreibungen auf folgende Arten beziehen: l. L. marinus, L. 2. L. argentatus, Brünnich=Z, cachinnans, Pall., Sommerkleid. 3. L. glaueus, Brünnich. 4. L. canus, L. = L. niveus, Pall., Sommerkleid. L. tridactylus, L., — L. Rissa, Pall., Sommerkleid. — L. Gavia, Pall., Winteikleid. — L. canus, Pall., Winterkleid. — L. torquatus, Pall., Jugendkleid. 6. L. Ichtyaötos, Pall., Sommerkleid. 7. L. ridibundus, L, — L. atrieilla, Pall., Sommerkleid. -—— L. cinerarius, Pall. und Nota zu L.canus, Pall., Winterkleid. — L. naevius, Pall., Winterkleid des jungen Vogels. 8. ZL. minutus, Pall., Sommerkleid. & Diese Arten stimmen im Wesentlichen mit den von von Mid- dendorff in Sibirien beobachteten überein, indem derselbe den Z. argentatus, glaueus, canus, ridibundus und minutus als sicher beobachtet aufführt, über das Vorkommen von Z. leucophaeus nicht sicher ist, und ausserdem noch Z. Sabinü hinzufügt. Von Middendorff erwähnt ausserdem noch einer Varietät des Larus argentatus von der Südküste des ochotzkischen Meeres mit dunkler Rückenfärbung, die zwischen der des Z. marinus und argentatus die Mitte gehalten. Dies stimmt ganz mit dem Charakter des Z. leuco- phaeus, Licht., überein, welche Art demnach, da sie vom Mittelmeere' und dem Caspischen See bekannt ist, eine fast so ausgedehnte Ver- breitung haben würde, wie die Silbermöve. J. H. Blasius. 321 Nr. 27. Aphorismen über das Wandern der Thiere, insbesondere der Vögel, Von Pastor J. &. Büttner in Curland.*) Nach einem Auszuge aus M. J. Schleiden, der in der Illustrirten Landwirthschaftlichen Dorfzeitung von 1856 in Nr. 5 abgedruckt ist, ent- scheidet sich dieser berühmte Naturforscher dafür, dass Nahrungs-Mangel die Thiere zum Wandern treibe. Für einige Thierarten, die ein geselliges Leben führen, in grossen Rudeln beisammen leben, mag diese Ansicht gelten, aber für die sporadisch lebenden Säugethiere, Insecten, spora- disch lebenden Vögel und für die regelmässig ziehenden Vögel kann man diese Ansicht nicht gelten lassen. Das nahrungsuchende ‚Thier geht so weit bis es Nahrung findet, zehrt dieselbe ab und geht alsdann weiter. Aber die in Heerden wandernden Thiere zeigen eine Vorkenntniss von einer herannahenden Jahreszeit, der sie nicht ent- gehen wollen, wenn die Jahreszeit mit dem Mangel sich schon ein- stellt, sondern lange Zeit voraus, z. B.: Die Rennthiere versammeln sich im Herbste zu Tausenden an einer bestimmten Stelle des Kolyma, wenn noch kein Nahrungsmangel eingetreten ist, und der Winter sich noch nicht eingestellt hat, der Strom often ist, und schwimmen über diesen weg, mit grosser Gefahr von den Menschen getödtet zu werden, die über sie herfallen und sie erstechen; sie kehren nieht zurück zu dem Ufer, von welchem sie abgegangen sind. Hierbei ist etwas (nach Baron von Wrangel) hoch zu beachten. Sie haben "einen Anführer, dem das ganze Rudel von Tausenden blindlings folgt, in Allem was er thut. Kehrt er um, geht er nicht ins Wasser, #0 kehren alle um. Geht er ins Wasser, so gehen alle ins Wasser, auch wenn die Menschen mitten in das Rudel hinein rudern und die Thiere erstechen. Keins geht zurück, erschreckt vor der Men- __ *) Vater, Sohn und Enkel interessiren sich lebhaft für die Ornithologie. Der Verfasser dieser Aphorismen „war früher eifriger Jäger, wenn man aber in die Achtziger gekommen ist, wollen die Püsse nicht mehr so willigfort:* Der Sohn heisst G. F.Büttner. Naumanula, 1868 21 322 schenmenge. Erstechen die Menschen den Anführer, so kehrt das Rudel um und geht zurück. Wie bei diesen Rennthieren ein Anführer ist, so sind bei allen Zügen der Vögel Anführer, nach welchen sich der ganze Schwarm richtet. Ist von einem kleinen Schwarme, der nur einen Anführer hat, der Anführer getödtet, so geht der Schwarm verloren. Dies erfahren wir fast alljährlich, wenn von einem Schwarm Schwäne oder Gänse der Anführer erschossen wird. Alsdann verlässt der Schwarm den Ort nicht, bis er entweder erschossen oder erfroren ist, wenn er nicht Gelegenheit findet, sich an einen andern vorüber- ziehenden Schwarm anzuschliessen. Die Rennthiere haben ihre bestimmte Stelle, wo sie sich zusam- men finden und überschwimmen. Das spricht für grosse Lokalkennt- niss des Ortes und der Reiseroute, die sie nehmen wollen oder müs- sen. Interessant wäre es zu wissen, warum sie gerade diese Stelle wählen. Ob da der Strom am schmälsten ist oder am ruhigsten fliesst ete.? In den Zeitungen war einmal mitgetheilt, dass die Rennthiere nicht mehr bei offenem Wasser durch den Kolyma schwimmen, son- dern das Befrieren des Stroines abwarten und alsdann über das Eis gehen. Das wäre eine merkwürdige Erscheinung, die grossen Auf- schluss über das Thierleben ertheilen würde, nämlich: dass die Thiere durch eigenes Nachdenken an Cultur zunehmen. Sie werden ge- witzigt durch oftmalige Verfolgungen der Menschen. In Nord- Ame- rika versammeln sich im Frühlinge die Moschusochsen, die nordi- schen Hasen, Rennthiere, Wölfe, Schneehühner, um nach der Mel- ville und andern Inseln überzugehen und da zu hecken; verlassen den nahrungsreichen Ort, gehen auf das nahrungsleere Polareis viele Hundert Meilen, und finden dort noch keinen mit Speisen besetzten Tisch auf den Inseln. Was sie zu dieser Reise treibt, ist doch nicht der Trieb nach Nahrung. Da ist ein viel mächtigerer Trieb, der sie bewegt, diese gefahrvolle Reise zu machen, wo sie mit Hunger zu kämpfen haben. Wie wissen diese Thiere, dass dort Land ist? und dass sie da werden ruhig ihr Fortpflanzungsgeschäft treiben können. In Lappland gehen die Rennthiere vom reichen Nahrungsplatze nach Norden auf die nahrungsarmen Berge, nicht der Nahrung wegen, sondern ihren Quälern, den Bremsen zu entgehen. 323 Am Auffallendsten ist das Wandern der sporadisch lebenden Inseeten. In den Zeitungen wurde angezeigt, dass ein Schwarm von Millionen Papilio cardwi aus dem Badenschen über den Rhein nach Frankreich gewandert ist. Zwei Mal hat man in Schwärmen von Millionen die Kohlschmetterlinge, Papilio brassicae, vom festen Lande nach England hinüberziehen sehen. Ein Mal von Frankreich, das andere Mal von Belgien. Hier in Kurland war 1851 eine solche Menge Papilio brussicae ausgebrütet, dass sie mehrere Tage hinter einander einzeln, ziemlich dicht beisammen, dann auch zwischenein in gewaltigen Schwärmen von vielen Tausenden von Norden nach Süden zogen. Ein grosser Schwarm derselben ist nach Westen, auf die Ostsee hingezogen, wo sie im Meere ertrunken sind. Diese Nach- richt hat ein Schiffer nach Libau gebracht. Der Hirschkäfer ist von uns in der nördlichen Hälfte von Kur- land noch nicht gefunden, wohl aber in ziemlicher Menge in dem Niederbartauschen Forste. Von hier aus hat wahrscheinlich ein Schwarm auswandern wollen, und ist auf die Ostsee hingezogen, wo sie ihren Tod gefunden haben denn die Ostsee hat bei Libau eine Menge dieser Käfer auf den Strand geworfen, wo die Bauern sie aufgelesen und nach Libau gebracht haben, von denen einer Herrn Pastor Kawall nach Pussen noch frisch und weich zugeschickt wurde. Also nicht bloss die Heuschrecken, sondern auch viele andere Arten von Insecten stellen solche grosse und weite Wanderungen an. Vielleicht wird das plötzliche Erscheinen mancher Inseetenarten auf diese Art zu erklären sein: z. B. so mancher Nachtschmetter- linge. Es müssen nur noch mehr Beobachtungen angestellt werden. Dass diese sporadisch lebenden Thiere in solcher Menge sich ver- sammeln können, möchte wohl so zu erklären sein, dass, wenn erst einige sich erheben, da wo diese überziehen, sich neue erheben und zum Schwarm hinzustossen, so dass solcher Schwarm von Schmet- terlingen eben so anwächst, wie die Schwärme der Wanderheu- schrecken. Bei den Schmetterlingen kann es auch nicht Nahrungstrieb sein, denn die geniessen sehr wenig; und ihr Ziehen spricht für keinen regelmässigen Trieb. Die Vögel werden wahrscheinlich durch sehr verschiedenartige Veranlassung zum Wandern gereizt; denn von den Vögeln, welche wir für Standvögel 21* 324 halten, wandern mehrere Arten nach anderen Gegenden hin; z. B., die Nebelkrähe, Forvus corni«, zieht jeden Herbst im September zu Tausenden von uns nach Preussen, und zwar nicht in Schwärmen, sondern einzeln, auch Paarweise, in geringen Abständen von einan- der. 1802, als ich aus Deutschland zurückkam, fuhren wir mit einem Fuhrmann 3 Tage über die Kur’sche Nehrung nach Memel. Diese 3 Tage hindurch zogen die Krähen vom Morgen, so wie der Tag grauete, bis spät in den Abend hinein, einzeln etwa 50 — 80 — 100 Schritt von einander entfernt, so breit wie die Nehrung ist, von Nor- den nach Süden. Bei dieser Wanderung werden sie von den Be- wohnern der Kur’schen Nehrung mit Netzen gefangen und zum Essen verwendet. Dass die Drosseln, Turdus, in so grossen Schaaren wegziehen, habe ich erst durch den angeführten Aufsatz von Schleiden erfah- ren; denn derselbe giebt an, dass in der einzigen Stadt Danzig, nach Klein, im Jahre 1746 bei der Aceise 30,000 Paare angezeigt und ohne Angabe bei der Aceise wohl dreimal so viel verzehrt, also gegen 200,000 getödtet sind. Dadurch wird uns ein grosser Schaden zugefügt, denn die Drosseln brüten immer in der Nähe der Felder, und fangen im Frühlinge die Insecten, Larven ete. von den gepflüg- ten Aeckern für ihre Jungen, so dass sie fortwährend in grosser Menge auf den Feldern sich aufhalten und die Würmer suchen. Im Winter leben sie zu Tausenden in den Flächen, die mit Wachholder- strauch überzogen sind, und nähren sich von den Wachholderbeeren. Sie sind aber seit mehreren Jahren gewaltig geschwunden, so dass ich diesen Winter keine einzige Drossel gesehen habe und dass auf meinen Feldern im Sommer nur einzelne erscheinen. Ganz unregelmässig ziehen andere unserer Standvögel z. B. die Spechte. Etwa in dem Jahre 1812 sah ich am Labrackschen Strande eines Morgens im Juli Buntspechte, Picus major, nach Süden ziehen. So viel ich übersehen konnte, zählte ich 50. Aber es steckten noch mehr im Walde, welche sich nach und nach erhoben. Ein Freund von mir hatte vom kleinen Grasspecht, Picus minor, auf einer alten Eiche im März auch circa 200 beisammen gesehen. Diese begaben sich doch wohl auch auf eine Wanderung. Zu diesen Wandervögeln müssen wir auch die zuweilen von Norden herabkommenden Vögel, Forythus enucleator, Bombyeilla gar- rulus, Fringilla montifringilla, Fringilla linaria etc. rechnen. Diese 325 kommen nur bisweilen aus dem Norden zu uns. Früher hielt man sie für die Ankündiger milder Winter, jetzt für die Ankündiger har- ter Winter. Daraus kann man ersehen, dass nicht das Vorgefühl des an- kommenden Winters sie hertreibt, sondern irgend etwas Anderes, was wir noch nicht wissen. Die eigentlichen Zugvögel, welche zum Brüten hierher- kommen, werden auch nicht vom Hunger weder her-, noch wegge- trieben, denn ihre Ankunft richtet sich nicht darnach, ob die Erde mit Schnee bedeckt ist oder nicht, sondern nach dem Stande der Sonne, wie die vorgerückt ist. In ganz warmen Wintern, wo die Erde ganz offen ist und kein Schnee sie deckt, kommen doch die Zugvögel nicht vor der Zeit an und in ganz kalten harten Wintern bei hoher Schneedecke kommen sie nieht nach der gewöhnlichen Zeit. Bei den eigentlichen Zugvögeln ist Folgendes sehr zu beachten: Dass viele von ihnen als Quartiermacher einzeln voraus ankom- men und die Brutplätze besuchen, doch ohne an die Nester zu gehen. Die, welche ich als Revidenten ankommen sah, sind: 1. Der Kiebitz, Vanellus eristatus, der bei tiefem Winter oft im Anfang Februars ankommt. 2. Der Staar mit den Lerchen zugleich 1856 in Kabillen (6 Mei- len von Schleck) den 23. Februar, in Schleck den 8. März bei 10 Grad Kälte, Morgens. 3. Die Bachstelze. 4. Die Rauchschwalben. 5. Bei dem Herrn von Buchholz im Garten nisten 18 Störche so nahe an der Hoflage, dass man von dem Gehöfte alle 18 Nester übersehen kann. Dort kommt erst ein Storch an, verschwindet, und bleibt mehrere Tage weg, dann kommen einige und setzen sich auf die Nester. Nach mehreren Tagen kommen in Menge Weibchen an, beziehen die Nester und das Nisten geht vor sich. — Die Staare und Bachstelzen erscheinen des Morgens, die Schwalben gewöhnlich Nach- mittags zwischen 3-— 6. Diese Revidenten bleiben meist nur einige Minuten und verschwinden alsdann wieder. Daher das Sprüchwort: eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Merkwürdig! sie sind ganz still, geben keifien Laut von sich, Von den Rauchschwalben erscheinen bisweilen nach 8— 14 Tagen 2— 3 Revidenten auf ein Paar Minuten, sehen sich eben so nur um, verschwinden alsdann 326 wieder und ziehen wahrscheinlich nach dem Süden zurück. Diese Revidenten zeigen sich nur bei warmem Wetter und kommen darum nie vor Kälte um. Wenn dagegen die ganze grosse Menge ange- kommen ist, die gleich die alten Nester besuchen, und es tritt kalte Witterung ein, so erfrieren sie leicht und oft. Denn diese ziehen nicht zurück, verschwinden nicht mehr. Bisweilen verbergen sie sich an Orten, wo sie Schutz finden vor dem Winter und der Kälte. Die Revidenten entgehen sehr leicht der Beobachtung, denn es ist nur Zufall, dass sie da fliegen oder sich setzen, wo der Beobachter gerade in dem Augenblicke ist, wenn sie erscheinen. Die grosse Menge bemerkt man leicht. Erstlich schon der Menge wegen, dann auch, weil sie schreien und singen, man sie also hören kann. Dieses doppelte Erscheinen der Zeit nach macht, dass die Nachrichten über die Ankunft der Vögel oft so weit aus einander stehen. 1837 fiel Schnee im Februar 11., 13., 14., 15., 16., 18., 19., 20., 24., 25., 26., 27., 28., im März vom 6. bis 11. ununterbrochen. Der Schnee lag über 3 Fuss hoch in den Wäldern. Den 4. April ging das Eis in der Windau. 1838 fiel fast gar kein Schnee, die Erde blieb fast ganz unbe- deckt. Am 8. Januar stieg der Frost auf 26, im Februar auf 12. im März den 26. Morgens 14°, Mittags 1°, Abends 6° Frost, am 28. Thauwetter, am 31. Regen, am 4. ging das Eis in der Windau. In diesen beiden Jahren von so ganz entgegengesetztem Wit- terungsverhältnissen erschienen die Zugvögel in der Zeitfolge folgen- dermassen: 1837. 1838. Lerchen und Tauben . . . . . 28. Febr. _ Stauiier., 1, 1apynke, neu re — Lerchen und Tauben. n.. m, 5. März. Staatehlsus al ART cHuRr- Bachstelze, Reviden. . . ... 18 , nn. Storch nl ee — BachstelzewAln Kern ae ee 2. April. Das Eis der Windau geht. . . . 4 ,„ Kur, Aus diesem verschiedenartigen Ankommen der Zugvögel in den bei- den Jahren kann man ersehen: dass nicht die Erwartung, hier mehr Nah- 327 rung zu finden, die Zugvögel hertreibt — und eben so wenig der Zustand der Erde und die Beschaffenheit der Witterung bei uns, sondern dass sie wohl nicht ganz, aber doch mehr nach dem Stande der Sonne sich richten und darum oft erfrieren, wenn kalte Witterung eintritt. 1807 erfroren eine Menge Staare, Bachstelzen etc., nicht von den Revidenten, sondern später, von den Vielen, welche die Nester bezogen hatten; die Staare erfroren nicht, auf den Nestern, in den hohlen Bäumen, wo sie Schutz hatten, sondern im Freien; — die Störche dagegen auf den Nestern. Von den meisten Zugvögelarten kommen erst die Männchen, besetzen die Brüteplätze und locken die Weibchen an durch Singen oder durch Rufen, Locktöne. Darum ist den Sängern das Singen so Bedürfniss, dass die eben gefangenen in einen dunkeln Prudel gelegten Nachtigallen-Männchen gleich da auf dem Fangplatze schlagen. Die Männchen der Störche kommen meistens zwischen dem 22. und 28. März mehrere Tage voraus an, besetzen die Nester und erwarten auf dem Neste stehend die später ankommenden Weibchen und empfangen sie mit Klappern. Da die Männchen der Störche an verschiedenen Orten nicht gleichzeitig er- scheinen, so ziehen diese wahrscheinlich einzeln her. Beim Weg- ziehen versammeln sie sich aber zu grossen Schwärmen. Was treibt die Zugvögel her? Wahrscheinlich das stärkste physiologische Gesetz. Die Art soll nicht untergehen! Es ist der Fortpflan- zungstrieb. So wie sie ankommen, geht das Nestermachen und Eierlegen vor sich. Warum kommen sie aber hierher? Vielleicht, um den kleinen Feinden, den Insecten zu entgehen. Denn schon hier im Norden wird die Brut vieler Arten Vögel durch Insecten getödtet, z. B. in den Hänflingsnestern findet man die Jungen sehr oft getöd- tet durch Fliegenmaden. In jungen noch nicht flüggen Lerchen habe ich sehr oft grosse Fliegenmaden gefunden, welche in den Flügeln, Schultern, am Halse, am Kopfe der jungen Vögel steckten. Auch an Drosseln, Turdus, habe ich einige Mal Fliegenmaden gefunden. Ja eine grosse Zippdrossel konnte gar nicht fliegen. Als ich sie untersuchte, fand ich in ihrem Flügel Fliegenmaden stecken. Die jungen zahmen Gänse werden hier bei uns sehr oft durch kleine Fliegen, welche ihnen in die Ohren kriechen, getödtet, Am Eismeere 328 und auf Sibiriens Tundern werden diese kleinen Diptern wohl nicht sein, und die jungen Gänse werden von ihnen nicht gefährdet wer- den. Das gilt vielleicht für so manche Arten Zugvögel. Doch mehr noch werden wir es für eine Anordnung des Weltenordners ansehen müssen, der keinen Raum auf Erden ohne Leben lässt. Was zeigt den Zugvögeln den Weg? Von den aufmerk- samen Beobachtern der Thiere ist es wohl allgemein anerkannt, dass die Vögel, so lange wie sie leben, zu den alten Brüteplätzen zurück- kehren, und wenn sie todt sind, kommen wahrscheinlich ihre Jungen dahin zurück. Hier einige von meinen Erfahrungen: 1. In der Linde vor meiner Thüre brütete ein Staar, der das Geschrei der Enten und der Puter nachzuahmen erlernt hatte; das Pfeifen meines Kutschers, wenn derselbe die Pferde anhielt, ahmte er so richtig nach, dass er mich oft täuschte, und ich nachsah, ob der Kutscher vorgefahren sei. 2. Eine Grasmücke, Sylvia eurruca, hatte eine solche Zuneigung zu mir gefasst, dass, wenn ich im Garten säete, pflanzte, pfropfte, so kam sie herangeflogen, setzte sich 8— 10 Schritt von mir und sang mir vor. Ihr Gesang war abweichend von dem der andern und war viel lieblicher. 3. In meinem Vorhause nistete eine Rauchschwalbe, welche so_ zahm war, dass, wenn sie auf der Hausthüre sass und ich vorbei- ging, sie nicht aufflog, auch wenn mein Hut nur 8— 10 Zoll von ihr abstand. Sie kannte alle meine Stubengenossen, so dass sie ruhig blieb, wenn die durch das Vorhaus gingen; wenn dagegen Fremde ins Vorhaus traten, wurde sie unruhig und gab Warnungstöne an, so dass ich jedes Mal wusste, wenn ein Fremder ins Vorhaus getre- ten war. Diese 3 Vögel kamen gegen 10 Jahr regelmässig wieder und die Schwalbe am längsten. Was sie dahin zurückführt ist wahrscheinlich ein ausser- ordentliches Gedächtniss, Ortssinn. Dass sie einem ausgezeichneten Örtssinn haben, zeigt uns die Brieftaube und jede andere Taube, wenn man sie von ihrem Lieblingsorte weg nach einem andern hin versetzen will. Am neuen Orte schwärmen sie, und schweben so hoch als sie vermögen. Werden sie ihren alten Wohnort gewahr, so ziehen sie aus der Höhe gerade dort hin. 329 So machten es Tauben bei mir, die ich aus dem 6 Meilen ent- fernten Windau hergebracht hatte. Wenn die Störche, die Kraniche etc. ihre Jungen aus dem Neste geführt haben, so schweben sie mit diesen zu einer Höhe hinauf, dass sie dem Auge entschwinden. Aus dieser Höhe können sie, wenn sie über Kurland schweben, den Rigai- schen Meerbusen und das Kur’sche Haff sehen. Solcher erkennbaren Gegenstände werden sie von Kurland bis Afrika dreissig bis vierzig haben, welche sie sich leicht merken können, die ihnen den Weg zeigen und nach welchen sie sich richten. Wenn der Vogel den Weg einmal gemacht hat, so kann er ihn nicht verfehlen. Daraus lässt sich erklären, warum die Vögel im Frühlinge theils einzeln, theils in Schwärmen von 2— 3 Individuen ankommen; im Herbste aber immer in grossen Schwärmen wegziehen, wenigstens eine ganze Brut beisammen, und warum diese Brut verloren geht, wenn man den Anführer wegschiesst, weil die jungen Thiere den Weg noch nicht wissen. Zweitens lässt sich daraus erklären, warum viele Arten Vögel nach den Seiten, nach Osten oder Westen hin, nicht leicht abweichen. Sie wollen den bekannten Weg nicht verlassen. Von vielen Arten Vögeln, welche längs dem Caspischen Meere nach Kasan oder Oren- burg hinziehen, kommen keine hierher zum Brüten. Noch hat kein weisser Reiher, kein Löffelreiher, kein Pelikan in Kurland oder west- lieh von Kurland gebrütet. Nur einzelne sind im Osten Kurlands gesehen und geschossen worden. Das sind entweder verirrte oder dort hart abgeschlagene Individuen, welche umherirren. Das gilt für die kleinen Zugvögel ebenfalls. Nach den Seiten hin mögen die Zugvögel sich wohl ausbreiten, aber sicherlich sehr langsam und wohl nur, wenn die Art sich be- sonders stark vermehrt hat. Dagegen spricht aber dies: als hier die Störche sich so stark vermehrt hatten, dass Schwärme von 40 — 80 Individuen sich den Sommer umhertrieben, doch keine oder sehr wenige über die Düna gegangen sind, um in Lievland zu brüten. Ihr Geburtsort ist ihnen zu lieb, 'als dass sie ihn verlassen sollten. Das Ausbleiben oder Zurückkommen mancher Zug- vögelarten in sehr geringer Zahl ist wohl daraus erklärbar, theils dass sie auf dem Zuge, besonders wenn sie weit übers Meer gehen, umkommen, theils noch mehr, weil sie in den südlichen Län- dern so gewaltig weggefangen werden; z. B. in Italien sollen sie so- 330° gar die Nachtigallen, Schwalben ete. zum Essen wegfangen. Allein- es kann doch andere Ursachen auch geben. Dafür spricht folgende sehr merkwürdige Erscheinung. Am Ende des vorigen Jahrhunderts bis etwa zum Jahre 1820 war der gemeinste Neuntödter bei uns der Lanius minor, Lin. Als das Museum in Mitau errichtet war, ver- misste ich da den Zanius minor und sprach darüber mit Dr. Lich- tenstein. Er antwortete mir: der ist hier nicht. Auf meine Aeusse- rung: das sei gerade der gemeinste Lanius bei uns, sprach er: schaf- ten sie uns den. Ich trug meinem Diener auf, einen zu schiessen. Allein man konnte keinen auffinden und dieser sonst gemeine Vogel blieb völlig aus bis zum Jahre 1832, also 12 Jahre. In diesem Jahre schoss ich einen unweit meiner Wohnung und brachte ihn nach Mitau zu Lichtenstein. Doch schon auf dem Wege sah ich eine Menge derselben und angekommen in Mitau sagte mir H. Lichten- stein, dass dieser Lanius jetzt hier auf allen Dornbüschen sich auf- halte. Was hat diesen Vogel, der wahrscheinlich nicht weggefangen ist, bewogen, 12, vielleicht noch mehr Jahre auszubleiben, und als- dann in solcher Menge anzukommen? Am Ende des vorigen und im Anfange dieses Jahrhunderts war hier eine gelbe Bachstelze gemein, die jetzt ganz verschwunden ist. Sie war grösser als die jetzt gemeine gelbe Bachstelze, Motaeilla ‚flava. Es ist wahrscheinlich M. sulphurea gewesen. Von Sylvien bleiben eine Menge weg, die ich früher hier be- merkt habe. Die Staare, die rings um meine Wohnung in künstlichen Nestern (Brutkasten) in Menge nisteten, sind in diesem Jahre 1858 gänzlich ausgeblieben. Als äusserste Grenze des Nordrandes der Zugbahn scheint Kur- land für folgende Vögel zu sein: 1. Der Eisvogel, Alcedo ispida, den ich zweimal, einmal an der Abau gefunden habe. 2. Lanius collurio, den ich hier vor ein paar Jahren im Walde sah. 3. Die Turteltaube, von welcher zwei Jahre eine auf meinem Felde erschien, um Nahrung für ihre Jungen nach dem Walde zu holen. 4. Die grosse Trappe, die ein paar Mal gesehen und auch geschossen worden ist. 331 5. Die Zwergtrappe, Otis tetrax, desgleichen in kleinen Schwärmen von 5 — 6 Stücken. Das Herziehen der Vögel im Frühlinge kann man durch den Fortpflanzungstrieb erklären: Aber warum ziehen die Vögel weg, so wie das Brüten der Hauptmenge vollbracht ist und die Jun- gen zum Wegziehen erstarkt sind? Die Schwalben versammeln sich um den 20. August in gros- sen Schaaren, sitzen am Tage auf den Dächern, von wo sie schnell herabfliegen auf ein von einer alten Schwalbe gegebenes Zeichen, alsdann in der Luft viele Flugübungen machen, wieder auf das Dach sich setzen und so das Spiel forttreiben bis zum Abend; dann ziehen sie auf das Schilf an das Wasser hin, wo sie bei stillem Wetter schlafen. So schicken sie sich zum Wegzichen an. Die Störche, welche zurückbleiben, sind durch irgend einen Zufall aufgehalten. Die Schwalben, welche später noch erscheinen, haben ent- weder 2 Mal gebrütet oder sie haben sich durch Zufall verspätet im Brüten. Aber die eigentliche Zeit des Wegziehens bleibt immer die, wenn sie sich in Schaaren versammeln und diese Schaaren verschwin- den. Einzelne Schwalben bleiben bis zu Ende Septembers. Das ent- scheidet aber nicht über die Zeit des Abziehens. Der Staar, Sturnus vulgaris, führt hier eine eigene Lebensart. Im Frühlinge kommt er in die baumreichen Gegenden um zu brü- ten; so wie aber seine Jungen flügge sind, verlässt er die Brüteplätze und zieht nach grossen Binnenwassern, wo er sich in Schaaren von Tausenden versammelt und da sein Wesen treibt. Im Oktober be- sucht er wieder auf einige Wochen die Brüteplätze, aber nur in we- nigen Paaren. Die Tauben schaaren sich schon im Anfange August zusammen, fallen auf die abgemähten Roggenfelder, aber nicht auf die Gersten- felder, und verlassen uns, wenn die abgeerndteten (Grerstenfelder voll Aehren und Körner für sie, also mit einem von ihnen geliebten Nah- rungsmittel besetzt sind. Warum verlassen diese den reichen Nahrungs- platz*) und kommen im Frühlinge auf die umgepflügten nahrungs- leeren Felder? Die zahmen Gänse stellen sich, wohl zu merken, *) Weil sie die Sämereien verschiedener Pflanzen lieber fressen, als Getreide, 332 wenn der Südwestwind weht, auf Anhöhen dem Winde zugekehrt, in Reih und Glied, und der älteste Gänserich fängt an Ermunterungs- töne auszustossen, anfänglich sanft, dann immer stärker. Hat seine Stimme die höchste Kraft erreicht, so stimmt die ganze Heerde mit grossem Geschrei ein, sie erhebt sich und nun ziehen sie dem Winde entgegen der Wohnung vorbei, aber dann besinnen sie sich. Die alten sichern Wohnungen wollen sie doch nicht verlassen und keh- ren zum Grehöfte zurück. Was ist in dem Südwestwinde, dass derselbe im Herbste auf sie einen solchen Reiz zum Ziehen ausübt? Im Frühlinge meiden sie ihn und suchen Schutz vor ihm. \ Wir bleiben hier wieder bei der Vorstellung stehen: das Ziehen der Vögel für einen Instinet, Naturtrieb erklären zu müssen, der vom Schöpfer ihnen gegeben ist, Trieb, der für die Thiere überhaupt als | Naturgesetz gilt, und den wir weiter nicht erklären können. \ Nr. 28. Namens-Verzeichniss der kleineren überseeischen Vögel, welche jetzt auf dem Wege des Handels nach Deutschland gelangen, Mit Berücksichtigung des gegenwärtigen Sprachgebrauchs niedergeschrieben von Dr. Carl Bolle. Da die von Bechstein und anderen Schriftstellern gelieferten Namen unserer exotischen Stubenvögel durch die veränderte Rede- weise meist ungenügend geworden sind, auch zum Theil jetzt andere Arten als früher zu uns kommen, so glaube ich im Sinne der Orni- thologen und Liebhaber zu handeln, wenn ich folgenden Catalog ihrer praktischen Benutzung übergebe, der zugleich als nothwendige Inter- pretation des Jargons der Vogelhändler ete. gelten mag: 333 Kleine Papageien. Vaterland. Der Gesellschaftsvogel oder Inseparabel. Agapornis pullaria,| Guinea. Der - Die De - De - De - Der Der Der Der Der Der Die Die L., sub.: Psittacus. — The Love-bırd. Undulatus-Papagei (eine Zeitlang auch Pepita-Papa-) Neu- gei oder Andalusier, und corrumpirt: Angulatus!!)| holland. Melopsittacus undulatus, Gould. — La Perruche on- dulee. — Kakodille. Nymphieus Novae-Hollandiae, Wagl. ag Finken. Kardinal oder die virginische Nachtigall. Cardinalis) Nord- virginianus, Bonap., Loxia cardinalis, Gmel. Amerika. graue Kardinal. Paroaria cueullata, Bonap. Le[Brasilien u. Paroara huppe. Dieser singt, der Folgende nicht. \der Rio de la Plata. glattköpfige graue Kardinal. Paroaria dominicana,| Süd- Bonap., Fringilla, Vieill. Le Paroara. (selten.) amerika. grüne Kardinal. Lophocorythus Gubernatriwe, Gray.| La Plata- Emberiza, L, staaten. Cubavogel. Euethia lepida, Cab. Fringilla, L. —| West- Tomeguin, der Spanier. indien. Indigovogel. Spiza eyanea, Bonap. KEmberiza, L.| Nord- Le Ministre. Azulito, der Spanier. amerika. Nonpareil. Spiza (iris, Bonap. Emberiza, L. —| Südliche Mariposa, der Spanier. Staaten von Nordame- rika. blaue Kernbeisser. Coceoborus eoeruleus, Sw. Loxia,| Nordame- Gmel. (selten.) } rika. Reisvogel. Oryzornis oryzivora, Cab. Lozxia, Gmel.| Sunda-In- — Le Padda. Gorrion de Manila, der Spanier. seln u, Phi- lippinen. Nonne. Dermophrys Maja, Hodg. Ostindien. Nonne. Dermophrys majanoides, Hodg. Unterschei-) „ » » det sich von Maja durch Schwarz zwischen Kehle und Brust, wird aber gewöhnlich mit dieser zusam- | mengeworfen. 334 Vaterland. Das Bronzemännchen. Dermophrys malaeca, Hodg. Lo-| Hinter- via, Gmel. ZL. braceata, Licht. Le Jacobin. indien. Der Elstervogel. Spermestes striata, Licht. Lozxia striata| Ostindien. L. Fr. leuconota, Tem. Le Jabot. Die ähnlichen Loxien :molueca, Gm el. und atricapilla,V ieill., (Le Mungul, malaccanachstehend, aber mitganz braunem Unterleibe), sind mir bis jetzt bei den Vogelhändlern noch nicht lebend vorgekommen. Wohl aber in ei- nigen Paaren ein hierher gehöriger Vogel von Grösse der Malacca etwa, am ganzen Leibe mattschwarz, mit dunklem, schwärzlich braunem Rücken. Diesen habe ich nicht bestimmen können, Das Hirundellchen oder der kleine Elstervogel. ‚Sperme-\ Tropisches stes cucullata, Sw. Afrika. Der Muskatvogel. Spermestes punctularia, Lieht. Frin-| Ostindien. gilla, Vieill.— Le Domino. Der Diamantvogel. Amadina leucocephala, Lath., sub Frin- Neu- gilla. Sporathlastes guttata, Bonap. holland. Der Bluthals oder Bandvogel. Amadina faseiata, Sw.| Tropisches Loxia, Gmel. — La Gorgecoupde ou la Collerette.| Afrika. — Degollado der Spanier. Das Silberbeckehen oder Silberfasänchen. Amadina can-| „ „ tans, Hartl. Zringilla, V ieill. — Le Bec de plomb. une... 0... Amadina malabarica, L.,| Vorderin- sub Lozwia. Wird von cantans nicht gehörig unter-|) dien und schieden. Ceylon. Der Paradies-Kernbeisser. Amadina erythrocephala, Hartl.| Angola. Loxia, L. (sehr selten.) Der Orangevogel. Eupleetes franeiscanus, Isert, sub Loaia | Tropisches Fringilla ignieolor, Vieill. — Cardinal de Africa der) Afrika. Spanier. Der doppelte Orangevogel. (Bechsteins Grenadierkern-| Westküste beisser. Kupleetes Oryx, L., sub Lowia. (Viel seltner| Afrika’s als Voriger.) und Vorge- birge der guten Hoff- nung. 335 Der Napoleonsvogel. Kupleetes melänogaster, Lath., sub Lozia. Fringilla ranuneulacea, Licht. — Le Worabee. Der Webervogel. Quelea occidentalis, Hartl. Emberiza quelea, L., Loxia sanguinirostris, Gmel. — Le Diuch. Der Paradiesvogel oder die Paradieswittwe. Vidua pa- radisea, L., sub Emberiza. — La Veuve & collier d’or. — Viuda. der Spanier. Der Dominikaner oder die Dominikaner-Wittwe. Vidua prineipalis, L., sub Emberiza. E. serena, L. Vidua erythrorhynchos, Sw. — La Veuve dominicaine. Der Atlasvogel. Hypochera ultramarina, Gmel., sub Frin- gilla. Fr. nitens, auctor. ex parte. — Le Comba-Sou. Der Helenavogel. Estrelda Astrild, Vieill., sub Fringilla. Der Astrild. Estrelda einerea, Vieill., sub Fringilla E. Troglodytes, Licht. Le Senegali gris. Das Orangebäckchen. Estrelda melpoda, Vieill., sub Frin- gilla. Fr. lippa, Licht. Das Citronvögelchen oder Orangebrüstchen. Estrelda sub- flava, Vieill., sub Fr. F. sanguinolanta, Temm. — Le Senegali aurore. Das Rothschwänzchen. Estrelda coerulescens, V ieill., sub F. Schnabel karmoisinroth; später, zum Herbst hin, schwärzlich; weshalb Vieillot ihm einen rothen schwarzen Schnabel zuschreibt, welches Beides sich nach den Jahreszeiten richtet. DerAmaranthvogel oder dasFeuervögelchen. Estreldaminima, Vieill., sub Fringilla. — Le petit Senegali rouge. Höchst selten nur habe ich bis jetzt die ähnlich gefärb- ten, grössere E. senegalla, L., lebend bei uns gese- hen.) Le Senegali rouge; sie hat nicht, wie Vorige, einen gelben Augenring. Der Cordon-bleu oder der blaue. Bengalist. Estrelda phoeni- cotis, Sw. Jringilla Bengalus, L. Der Bengalist. Estrelda Amandara, Vieill,, sub Fr. — Le Bengali mouchete. Vaterland. Tropisches Afrika. Senegal, Guinea. Tropisches Alrika. Senegan- bien, Gui- nea. Senegam- bien. Swainson einen. Tropisches Afrika. Ostindien. 336 Der (falsche) wilde Canarienvogel. Serinus butyraceus, L. sub Fr. (Selten.) Der Mozambek. Serinus (Crithagra) Hartlaubü, C.Bolle. C. ehrysopyga, Hartl. nec. Sw. Der Angola-Hänfling. Serinus (Poliospiza) angolensis, Gmel. sub Fr. F. uropigyalis, Licht. (Selten.) 2202020. Serinus musieus, Vieill., sub Fr. musica, Hartl. — Le Chanteur d’Afrique. (geht auch fälschlich unter dem Namen: Angolahänf- ling.) Fringilla tristis, den amerikanischen Stieglitz bringt man. jetzt kaum jemals mehr nach Deutschland; ebenso wenig: Fr. granatina, Vidua regia u. a. m., die doch zu Bechsteins Zeiten bekannt genug waren. Feinschnäbler. Der Baltimore-Vogel oder Trupial. Hyphantes Baltimore, Vieill. Der Blauvogel (auch wohl fälschlich: Blaudrossel.) Sialia Wilsoni. Sw. Sylvia Sialis, L. Der texanische Mönch. Mimus felivo@, Vieill., Orpheus earolinensis, L. (Nur in Hamburg von mir gesehen.) Der amerikanische Spottvogel. Mimus polyglottus, L., (Wird jetzt in Thüringen gezüchtet.) © RE Turdus rubripes, Temm. Galeoscoptes, Cab. (Nur sehr einzeln zu uns gebracht.) Kleine Tauben. Das schuppige Erdtäubehen. Geopelia malaccensis, Sw. Das langschwänzige Täubchen. Oena capensis, Selby. Das Sperlingstäubchen. Chamaepelia passerina, S w. Vaterland. Vorgebirge der guten Hoffnung. Tropisches Afrika. Senegam- bien. Nord- amerika. West- indien. Ostindien. Tropisches und südli- ches Afrika. Westindien und südli- che Ver- einsstaaten. 337 Nr. 29. Iur Naturgeschichte von Fringilla Serinus, Von Dr. Julius Hofmann. Im dritten Hefte des II. Bandes der Naumannia sprach ich die Behauptung aus, dass der Girlitz wohl nie im Nadelholze niste; je- doch ist mir unterdessen ein Fall der Art vorgekommen, den ich zu veröffentlichen für meine Pflicht halte. Am 8. Mai dieses Jahres hörte ich auf einem Spaziergang am Rande eines lichten Kiefernwaldes ein Girlitzmännchen im Fluge singen. Der betreffende Punkt liegt eine Viertelstunde von der Thal- ebene entfernt und 300 Fuss über derselben; obwohl meine Excur- sionen mich meist an demselben vorbeiführen, hatte ich doch noch nie einen Girlitz daselbst gesehen. Um so grösser war daher mein Erstaunen, als ich von derselben Kiefer (es ist eine der äussersten), auf die sich das Männchen niederliess, zu gleicher Zeit ein Weibchen wegfliegen sah. Ich stellte mich in der Nähe versteckt auf und hatte bald Gelegenheit, das Girlitzweibchen zu beobachten, wie es Bau- material herbeitrug und eben die Grundlage zu seinem Nestchen auf jener Kiefer anlegte. Diese hat eine Höhe von etwa 25 Fuss, und das Nestchen stand etwa 16 Fuss hoch auf einem Nebenaste, 3 Fuss vom Hauptstamme entfernt. Es besteht von Aussen hauptsächlich aus grünem Moos; auf dieses folgen diverse Hälmchen und Gräschen nebst sehr wenigen Nadeln. Innen ist es mit Haaren, Fasern, Pflanzen- und Thierwolle und Federn äusserst fein ausgelegt. 17. Mai holte ich dasselbe und war dann Zeuge eines sonder- baren, ja rührenden Vorfalls. Ich hatte nämlich eine mit Baumwolle gefüllte Schachtel mit auf den Baum genommen, um die Eier hin- einzulegen und so beim Herabsteigen vor dem Zerbrechen zu schützen; zufällig war mir oben ein ziemlich grosses Stück Baumwolle an dem Aestehen hängen geblieben, auf welchem das Nest gestanden war. Während ich das Nest holte, waren die Girlitze nicht zugegen, kamen aber zurück, als ich eben fortgehen wollte. Sie bemerkten den Raub Naumannla 1808, 22 338 ohne sich auf dem Baum niederzusetzen und umflogen "den Ort mit einem häufig ausgerufenen, traurig klingenden Girlieth. Endlich flog das Weibchen entschlossen auf den Nestplatz hin, ergriff das Stück Baumwolle mit dem Schnabel und trug es, immer noch trau- vig lockend, gegen 80 Schritt weit und liess es dann herabfallen. Dieser Zug von Muth und verzweifelter Mutterliebe hätte mich in der That bewogen, das Nest wieder an seine Stelle zu setzen, wenn ich hätte hoffen können, dass es wieder von den Eltern angenommen würde. Die 4 Eier waren schwach angebrütet und sind eigenthümlich gefärbt. Die Grundfarbe ist, wie immer, grünlich weiss; das stumpfe Ende ist fast über und über matt und schmutzig roth gewässert und getüpfelt; dazwischen stehen einzelne purpurschwarze Flecke, welche jedoch nicht, wie bei den meisten Girlitzeiern, geschwänzt oder in Haarstriche ausgezogen, sondern eher rundlich sind. Das eine hat überdies auch seitlich einige grobe, schwachrothe, unregelmässige Flecken. Bei einem zweiten zeigt sich eine eigenthümliche Erschei- nung, die ich bei einem Ei von Perd. cinerea meiner Sammlung wie- derholt sche. Die Grundfarbe des ganzen Eies ist heller als bei den übrigen, dagegen scheint sich bei ihm der Farbstoff auf einen kleinen Raum eoncentrirt zu haben; es läuft nämlich ein ganz gleichmässiger grünlich blauer Ring parallel mit dem undeutlichen Fleckenkranz um das Ei herum, 2 Linien von der Spitze entfernt. Was nun den Standort des Nestes betrifft, so muss ich bemerken, dass derselbe, wenn er im Thale gelegen wäre, ganz und gar für den Vogel passend geschienen hätte. Kaum 20 Schritte vom Baume entfernt zieht sich eine auf den Seiten mit Gras bewachsene Fahr- strasse hin, welche mit Obstbäumen besetzt ist und an die sich thal- wärts grosse Baumgärten anschliessen; zur Rechten liegen viele, dem Girlitz sehr angenehme Weinberge, und in gerader Richtung zieht sich eine mehrere 100 Schritt lange, mit vielen samentragenden Unkräutern bewachsene sandige Haide hin, welche wiederum von Obstbäumen umschlossen ist. — Ich bin nun überzeugt, dass nur diese äusserst günstigen Umstände das Girlitzpaar bewegen konn- ten, sein Nest auf einer Kiefer anzubringen, aber immerhin bleibt es seltsam, dass es an einem so hoch über dem Thalniveau stehen- den Orte geschah. Als Hauptgrund für ersteres mag wohl der Um- stand erwähnt werden, dass jene Baumgüter fast nur aus Apfel- und 339 Kirschbäumen bestehen und an dicht belaubten Birnbäumen sehr arm sind. Obiges zusammenfassend und meine bisherigen Erfahrungen über die Lebensweise des Vogels hinzuziehend, glaube ich meine Behaup- tung dahin modifieiren zu müssen: dass zwar der Girlitz unter gewissen, besonders in Beziehung auf Nahrung recht gün- stigen Umständen auch auf einem Nadelbaume nisten kann, dass dies aber unbedingt ein seltener Fall ist, und dass er es vollends mitten im Walde gewiss nie thut. Bis jetzt weiss ich nur noch von folgenden Bäumen, dass Girlitze darauf brüteten: Birnbaum, Zwetschenbaum, Kastanie, Akazie, Pappel. Schliesslich kann ich es nicht unterlassen, die kurze Beschrei- bung zweier Girlitznester zu geben, welche ich im vorigen Jahre fand und welche beide in ihrer Färbung und Struktur den auffallend- sten Contrast zeigen. Nr. 1. macht im Ganzen einen düstern Ein- druck; es besteht von Aussen aus schwarzbraunen Würzelchen, dun- keln Blatttheilen und Moos; innen ist es mit Haaren und lauter sch war- zen Federn ausgelegt. Nr. 2. sieht sehr freundlich aus; den äussersten Theil machen sehr feine lehmgelbe Würzelehen und Hälmehen aus, und zwischen diese sind die hellgrünen zarten Blüthenrispen des jährigen Rispen- grases (Poa annua, L.) und Spinnengewebe in ziemlicher Menge ein- gewirkt. Innen ist es äusserst fein mit lehmgelben Haaren und schr zarten, hellgefärbten Pflanzentheilchen ausgelegt. Beide Nester standen (fast zu gleicher Zeit) in demselben Garten, keine 200 Schritt von einander entfernt. Das verschiedene Material war daher nicht durch die Lokalität bedingt. Es beweist dies daher deutlich, dass die’ Vögel der gleichen Art oft einen ganz verschiede- nen Geschmack und Vorliebe für besondere Farben haben. - I nn 340 Nr. 30. Vom Vogelmarkte. Von Dr. A. Hansmann. Und immer doch bleibt mir der hiesige (Berliner) Vogelmarkt die beste Probe von dem, was mit zwei Flügeln im mehrmeiligen Umkreise vom Weichbilde der Stadt lebt. Sie können Alles gebrauchen, diese praktischen Ornithologen, vom kleinen jungen Spatzen, dem das Schwänzehen erst wie der Hemdzipfel eines noch nicht schulpflichtigen Bübchens heraushängt, bis zum abgethanen Schurken von Sperber, der, über einen Mord- anfall auf die Lockvögel ertappt, nun in Schmutz und Ketten klirrt, durch seine bösen Augen die mit leichtem Schauern vermischte Be- wunderung der vorübergehenden Mädchen auf sich ziehend. Sie können Alles gebrauchen, und von dem es heuer gerade viel giebt, von dem haben sie viel. Auch in qualitativer Beziehung ist der Maassstab vorhanden. Vor mehreren Jahren waren es die jungen Kuckuke, die Einem überall ihre feurigen Rachen entgegensperrten, sonder Vorurtheil über die generische Trennung der ihnen sich als vorgesetzt betrach- tenden Gelehrten, Sperlinge anbettelnd oder Bachstelzen, -oder eine Dohle, die mit derbem Fusstritte über den Quälgeist hinwegsteigend, mit den graublauen hellen Augen nach einer in der Nähe stehenden Fleischerbude hinüberfunkelt. Dies Jahr sind es die Turteltauben, die sich besonders häufig finden. Es wird wohl bei den betreffenden Eltern im Mai geheissen haben: das Jahr ist gut, nicht Braunbier, sondern Wieken und Erb- sen sind gerathen, und unsere Wolfsmilch da draussen auf der Brache steht prächtie. Aber o, Wicken und o, Wolfsmilch! Aus schnöder Federspule wird den hoffnungsvollen Kindern gequellte Leinsaat mit widerlicher Gewalt in den Kropf gepumpt, anstatt aus zierlichem Schnabel, der im Mai so holdselig zu girren verstand, und der in der Kunst des Schnäbelns ja sprüchwörtlich geworden ist. Aber, mein Gott, würde vielleicht manche Dame sagen — wenn sie über- 341 haupt so etwas zu sagen -wagte — das ist das Produkt so wunder- pP 8 8 völler, Jasmin- und Maien-parfümirter Liebe: diese kleinen unbehol- fenen Dinger, die hier haufenweise zusammenliesen, kahlhälsig und o© o- {>} mit so hässlichen gelben Haaren bedeckt? Ja, mein Fräulein, diese kleinen Unholde sind in einem paar Wochen trotzdem wieder so zier- lich, wie ihre Eltern waren, und ist nicht Mancher in seiner Jugend ’ D g als Rothköpfehen umhergelaufen, den jetzt die prächtigsten dunkel- braunen Locken zieren, ohne dass er die in seinem Haare als fär- bende Substanzen enthaltenen Margarin- und Oelsäuren weiter in- {=} commodirt hätte? a e : Ta OR sc s ! P e Was steht denn dort so geduckt und traurig? Wahrhaftig Oedien crepitans! Alles können sie brauchen ! Armer Bursche! Von deiner Brache haben sie dich also weg- gefangen, wo leise das falbe Gras weht und die einzelnen krüppeli- gen Kiefern Nachmittags im Sonnenbrande trauern, wo des Nachts die leichten Nebel ziehen und eine Mond-bestrahlte Mohnblume stumm wie ein Stern am halbverwehten Fusspfade steht?! Und nun im engen Käfige, wo du dich nicht einmal aufrichten kannst, wo sich der Schmutz an deine dreigespaltene Sohle heftet, du, dessen Fuss- boden stets so sauber mit Kies bestreut war, und mit wie weissem Sande in den Gegenden, wo, wie die Leute sagen, der Schnee nicht aufhört? h Mit den hellen Augen, yAcvzomıg, wie ein Käuzchen, ohne dessen bösen Blick, schaut er recht traurig umher. „Ihr könnt mir doch nicht helfen! Noch geht es, aber wie dann, wenn die Blätter fallen und der Mondschein aus der Wildbahn auf die Haide tritt und leise raunt: Fort, fort, wenn ich wiederkomme, muss ich den Herbst- sturm mitbringen, und droben auf dem Bernhardin giebt es keine Wirthshäuser für Euresgleichen. Ihr könnt keinen Schweizer bezah- len, und umsonst sagt der euch nicht einmal guten Tag. Und auch Neuenburg ist ja nicht mehr preussisch, dass sie euch als Landsleute dort besser behandeln müssten!“ Was ist das? Zwei junge Rauchschwalben sitzen auf den Stän- geln, unsicher und unbeholfen. Jeden Augenblick erhalten sie einen Puff von einem umhertrampelnden Sperling, dessen Eltern diejenigen der kleinen Braunkehlen vielleicht durch alle drei Instanzen vom - Nestbau, Eierlegen und Jungenpflege aus ihrem angestammten hohen Sitze herausgefochten haben. Friss, Vogel, oder stirb! Und sie wer- 342 den bald sterben und ihre kleinen Leichen als Belohnung dem Käuz- chen zugeworfen werden, dem kostbaren Hofnarren des. Vogelmonar- chen. Die Segler sind schon fort, und die Schwalben werden ihnen bald folgen, und es wird ein Paar unter ihnen lange noch umher- flattern und wird zwei Junge suchen, und traurig wird ein Männchen auf der hervorspringenden Dachgosse sitzen und den Schauplatz eines Sommerlebens noch einmal überschauen und stille dann den andern folgen, ohne in deren Lied mit einzustimmen: „Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm, waren alle Kasten schwer.* — — - Das ist mir aber interessant! Flügge Junge von Motac. boarula hier aus unserer flachen Mark, auf deren Bergen der Schnee schon im Oktober liest, wenn er nämlich so früh auch auf das Schilf der Flussufer gefallen ist. Und daneben Turdus pilaris im Nestkleide. Sie scheint jetzt wirklich hier Posto gefasst zu haben, die sich wie ein Zigeunertrupp von Schlesien aus zu uns hereingeschmuggelt hat. Und noch Eins: Erythrost. parva! Ein Weibchen mit drei flüggen Jungen. Allerliebst sind. die Vögelchen. In dem engen Käfige wis- sen sie trotzdem so zierliche Evolutionen zu machen. Zwischen den Sprunghölzern bleiben sie schnurrend in der Luft stehen, wie ein Nachtschmetterling, und der Raum einer Spanne genügt ihnen, um einen kleinen Zickzackflug auszuführen. Platt auf dem Bauche gleich einer Kröte liegt Caprim. europaeus apathisch und indifferent gegen Alles, wie ein Türke. Allah ist gross und sein Wille geschehe. Er hungert und sperrt den Schnabel nicht auf, er durstet und rührt doch kein Glied. Ihm scheint die Sonne nur da zu sein, dass sie einen Contrast bilde gegen seine dunklen Waldesschatten. Der Mond ist seine Sonne! Der Duft der Nacht- violen und des Gaisblatts kann ihn nur berauschen, dass er dann hinaustaumelt über die Haide und durch die blühenden Apfelbäume schwankt und den grossen dunklen Nachtfaltern nachfährt gegen den Goldregen, dass dessen Blüthen blitzend zu Boden stäuben. Nachtviolen und Gaisblatt, wo eine dicke Höckerin mit der Giesskanne ihren Kohl und ihre Gurken besprengt! — Ein ruppiger Eichelhäher mit zerschundener Nase perpendikelt hin und her im Käfige. Man sollte meinen, alle seine Leidenschaf- ten wären in dem Drange nach Freiheit untergegangen. Aber ein aufmerksamerer Beobachter wird sofort an den blutigen Köpfen eini- 343 ger Finken und Goldammern erkennen, wie sich böse Gewohnheiten nicht so leicht wieder verbannen lassen. Rothkehlchen und Blaukehlchen, Nachtigallen, Sperber-, graue, Mönchs-, Garten- und Müllergrasmücken, jung und alt, du brauchst dich trotz aller Anstürmungen bei der Regierung nicht speciell gut mit der Polizei zu stehen, oder vielleicht gar ein Mandarin vom blauen Knopfe zu sein, um das Recht zu haben, einen Käfig mit Insassen neben deine Glaskugeln aufzuhängen, wenn du ein Schuster bist oder hinter deine Hortensien-beschatteten Drahtfenster, wenn deine Wiege auf parquettirtem Fussboden schwankte! Trotz der Vogel- fänger trillert und jubilirt es dies Jahr bei uns in Feld und Wald, wie ich mich seit langer Zeit nicht erinnern kann, ohne dass die patentirten Nistkästen weniger leer wären, wie andere Jahre, Es lässt sich einmal kein Vogel befehlen, wohin er bauen soll, ebenso wenig wie man mich zwingen könnte, meine Habseligkeiten in ein verlassenes Schilderhaus zusammenzuschleppen. Es werden auch noch alle Jahre von den bösen Buben gleich viel Nester ausgenommen wer- den, ohne dass das schwarze Loch und der Haselstock jemals an ihrer fürchterlichen Autorität verlieren. Ob sie nun die Eier beim Spielen oder beim Ausblasen zerbrechen, bleibt sich gleich, und wenn sie dieselben in einen Kasten auf Kleie oder Watte legen, so ist das Corpus delicti desto eher bei der Hand, und dann mag der Frevel recht, recht nachdrücklich bestraft werden, etwa durch ein volles Dutzend Zulage, dafür bin ich von ganzer Seele. Um aber einen praktischen reellen Schaden zu verursachen, dazu fehlt der ganzen Sache eine durchgreifende Consequenz, und über den mora- lischen mögen diejenigen zu Gerichte gehen, die dazu besonders be- rufen sind. In einem grossen Käfige sitzen zwei Kolkraben, von denen der Händler ernsthaft versichert, beide könnten schon „Jakob* sagen und der grosse auch noch: „Na, alter Junge,“ obgleich der schlaue Mann sie erst vorgestern aus dem Horste geholt. Als dies einiges Staunen erregt, versichert ein Mann aus der umstehenden Menge, er hätte jene Worte selber gehört. Der Mann will sich aber mit dem Händ- ler blos gut stellen. Er hat vorhin mit ihm um einen Igel gefeilscht, und jenem einen Groschen weniger geboten, als er verlangt. Des Mannes Seele hängt an dem Igel, man sieht es ihm auf allen Ge- sichtezügen ausgeprägt. Das aber macht den Händler um so siche- 344 rer in seiner Forderung. „Glauben Sie nicht, dass dies etwa so ein gewöhnlicher Igel sei,“ meint der Naturforscher des Wochenmarktes, „wie sie sich Nachts hinter den Zäunen umbhertreiben, nein, ein veri- tabler ächter Schweineigel ist es, sage ich Ihnen, und in 14 Tagen muss er wieder Junge bekommen (trotzdem es ein Männchen ist). Das zog. Noch ein begehrlicher Blitz aus den Augen, der schmutzige Geldbeutel wird hervorgelangt, der bedungene Preis ohne ferneren Widerstand bezahlt, und triumphirend zieht der Käufer mit dem un- holden Gaste ab, um ihn Nachts zwischen den Oelfässern und Kaffee- säcken irgend eines Lagerbodens umherspuken zu lassen, bis er eines schönen Tages spurlos geworden und nimmer wieder aufzufinden ist. Da sitzt er ruhig auf seiner Stange, ruhig, stolz und traurig, wenn auch jung, doch jeder Zoll ein edler Wanderfalk. So selten, dass dein fürstliches Geschlecht über unseren Kiefernwäldern thront, und doch haben sie deine erhabene Wiege ausfindig gemacht. Und was wird dein Schicksal sein, du Herr vom Stegreif? Du wirst nicht auf den Strömungen des Windes schwimmen, du wirst nicht bei einer Kresse-bestandenen Waldquelle den Märzschnee mit dem Blute einer Amsel färben, kein grölzender Reiher wird hastig vor dir Reissaus nehmen, vor heller Angst einen drei Fuss langen weissen Streifen hinten wegsendend, kein Waldeoncert wird urplötz- lich verstummen, wenn du über die Wipfel dahinfährst, du wirst nicht dein Gefieder im Abendroth baden, über einer Waldecke dich schwenkend, weit, weit ausschauend über das dämmernde Flussgebiet bis zu jenem fernen spitzen Kirchthurme, über den der blasse Mond bereits steht, „wie der Punkt über einem IL.“ Sie werden deinen Fuss an eine Kette legen, an eine blanke Messingkette, sie werden dich hinten im staubigen kleinen Garten, kaum grösser als ein Spuck- napf, auf eine Stange setzen und dich mit Rinderkaldaunen füttern, bis dein Magen krank geworden und dein Gefieder struppig. Und eines Morgens wirst du matt, von der Stange fallen und mit der Kette hängen bleiben. Du wirst noch ein paar Male mit den Flü- geln schlagen, und weil du gar so zahm geworden in der letzten Zeit, werden sie sich herantrauen und dich herabnehmen, und dann werden sie sich wundern, dass ein so grosses starkes Thier so leicht hat sterben können, und vorwurfsvoll berechnen, was sie beim Flei- scher für die Kaldaunen bezahlt bei den theuren Zeiten. Auch Mäusebussarde sind vorhanden, und aus einem Korbe 345 guckt eine ganze Brut bernsteinäugiger Ohreulen, und die staunende Jugend erzählt sich Räubergeschichten von den „Uhus“, Grossmut- ters Mährlein nieht zu vergessen, wie eine Eule bei dem Tode ihres Seligen die ganze Nacht auf Nachbars Dache geschrieen, und wie der Sturm mit allen Thüren im Hause dazu geklappt, was aber von einem aufgeklärten Quartaner, der ja schon „Naturgeschichte in der Klasse hat“, entschieden bestritten wird, der auch eine vernünftige Erklärung von der wilden Jagd hinzuzufügen bemüht ist, ohne aber Proselyten zu machen, denn die kleine Gesellschaft hat vom Olymp herab im Opernhause den Freischützen gehört oder vielmehr gesehen. Und für sie, für die das Leben noch keine grosse Täuschung hat, ist Alles, was auf den Brettern geschieht, Wahrheit und wirkliche Handlung, kein Spiegelbild. Meisen, Finken, Ammern sind im Ueberflusse vorhanden, sogar noch die Reste eines ziemlich spät aufgefangenen Schwarmes von Pleetr. nivalis. Den Goldammern pflegen die listigen Händler auf dem Kopfe die grauen Federspitzen wegzuscheeren, damit er untadel- haft gelb vom reinsten Feuer erscheine. Den Eingeweihten, die doch wohl kaum eine Goldammer kaufen, machen sie auch weiter kein Hehl daraus, und auf meine lakonische Frage: Frisirt? nickte mir der Mann ganz gemüthlich Ja zu. Pirole, Staare und Wiedehopfe waren dies Jahr sehr stark auf dem Markte, ebenso Schwarzdrosseln, die sonst weniger häufig zu sein pflegen; Spechte indessen fand ich nur ein oder zweimal, und zwar P. major, der überhaupt bei weitem der gemeinste von allen Gattungsverwandten bei uns ist, so wie medius der seltenste, natürlich tridactylus und leuconotus ausgenommen. Linota montium, die sonst oft sehr stark vertreten sind, fehlten diesen Winter fast ganz, auch linaria war in geringerer Menge vor- handen. Aber noch zweier Raritäten muss ich erwähnen, einer fast weissen Hhpolais polyglotta und zweier vollständiger Albinos von Ruticilla phoenieurus. Es sind noch junge Vögel von diesem Jahre, munter und lustig in ihrem Käfige bei einem Händler mit ausländischen Vögeln. Der Mann behauptet dreist, die Exemplare wären aus Neu- holland. Auf die Erage, wie diese Insektenfresser von dort her soll- fen transportirt sein, da man sie unterwegs ja nicht füttern könne, erwielert er naiv, sie hätten bis dato Hirse und gequetschten Mais 346 gefressen, und nur um tiefere Studien an diesen Wunderthieren zu machen, hätte er ihnen zur Abwechselung Miereneier (Ameisenpuppen) gegeben. Originell, aber gewissenlos! Wenn sie einen Vortheil da- durch zu erhalten glauben, beschwören diese Leute auch, dass ein Zaunkönig Wallnüsse geknackt hätte. Und nun möge mir der gelehrte Leser, der mir, wie ich wohl weiss, schon einmal einen Vorwurf daraus gemacht, schliesslich ver- zeihen, dass ich wieder in einer Fachschrift ein Paar Seiten lang geschwatzt habe, ohne „etwas Neues“ zu bringen. Ich will es ja so- bald nicht wieder thun! Alfred Hansmann. 347 Zur Erinnerung an Ludwig Thienemann. Am 24. Juni 1858 Morgens 8 Uhr entschlief nach langen und schweren Leiden Dr. med. Thienemann auf seinem Landgut bei Dresden. Friedrich August Ludwig Thienemann, der Sohn eines geachteten Geistlichen und Bruder zweier gleichfalls dem geistlichen Stande angehörigen, ge- schätzten Mitglieder unserer Gesellschaft, war am 25. December 1793 zu Gleina bei Freiburg an der Unstrut geboren. Er besuchte 1805 — 1808 die Domschule za Naumburg und kam dann nach Schulpforta, wo er sich noch 1812 authielt. Nachdem er sich seit 1814 mit seltener Ausdauer und dem ihm eigenen Scharfblick auf der Leipziger Hochschule dem Studium der Naturkunde und der Arzneiwissen- schaft gewidmet hatte, erlangte er 1520 den medicinischen Doctorgrad. In diese Zeit fällt es, das Thienemann von Weimars edlem Grossherzog, Carl August, einen Ruf als Lehrer an dessen Institut zu Tiefurth erhielt, den er jedoch ablehnte; er bereiste nun den Norden Europa’s, verlebte über ein Jahr auf Island und be- schäftigte sich dort neben botanischen Studien sowie Vorbereitungen zu einer ar- ktischen Conchyliologie, vorzugsweise mit dem Haushalt der nordischen Vögel und der Untersuchung von Seethieren, namentlich Phoken. Zu Ende des Jahres 1821 zurückgekehrt, begann Thienemann akademische Vorlesungen über Zoologie an der Universität Leipzig, vertauschte diese Stellung 1825 mit der eines zweiten Inspeetors am königlichen Naturalienkabinet zu Dresden, wo er mit rastloser Thä- tigkeit am Präpariren und der Aufstellung einer zahlreichen Sammlung meist selbst mitgebrachter Meer- und vierfüssiger Säugethiere arbeitete, aber durch unvorsich- tigen Umgang mit Gift den Grund zu seiner unheilbaren Krankheit legte. Nach- dem durch Landtagsbeschluss diese Inspectorstelle eingegangen, kam der Verewigte 1839 als Bibliothekar an die königliche öffentliche Bibliothek in Dresden, zog sich jedoch in Folge eines bedenklichen Halsleidens aus der Oeffentlichkeit zurück, um den Rest seines Lebens ungetheilt den Wissenschaften zu leben. Was Thienemann als Mensch war, das war er ganz, reich an Herzensgüte, treu gesinnt dem kleinen Kreise seiner Freunde, voll Eifer für die Erkenntniss des Wahren, der Täuschung rücksichtslos feind. Im Gebiete der Wissenschaft gebührt ihm das unbestrittene Verdienst, die Oologie aus oberflächlicher Spielerei zu dauern- der Bedeutung erhoben zu haben. In seinen literarischen Arbeiten (der leider unvollendeten „Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel“ 1845 — 56, der „BRhea“ 1846 — 49, der mit seinem Bruder Wilhelm und mit Brehm gemein- schaftlich herausgegebenen „systematischen Darstellung der Fortpflanzung der Vögel Europas“ 1825 — 38, bis zurück auf die „Reise im Norden Europas“ 1824 — 27) liegen reiche Früchte eines strebsamen Menschenlebens. Betrachten wir diese ohne grossen Lärm und aus bescheidener Zurückgezogenheit ans Licht getretenen Erzeugnisse eines allseitig gebildeten, rastlosen Geistes, so zeigt sich 348 ein stetes Fortschreiten, analog den verschiedenen Stufen der menschlichen Ent- wieklung, und wir können dem Abschluss des Ganzen unsere hohe Bewunderung nicht versagen, wenngleich eben dieses sein letztes Werk nur fragmentarisch vor- liegt. Vergessen wir nicht, dass Thienemann nicht seiner Theorie, dass viel- mehr die vollständige Entwicklung dieser Thienemann’s gebrochener Gesund- heit erlag! Ohne durchdachten Plan, ohne solides Fundament und ohne haltbares Gerüst kann kein Bau gelingen; in langer und gründlicher Schule hat der Verewigte unter Einsetzung seiner geistigen und zeitlichen Güter angestrebt, diese ersten Bedin- gungen sich zu eigen zu machen. Wie weit dies dem klaren Denker gelungen, wird erst die Zukunft vorurtheilsfreier zu beurtheilen vermögen. Thienemann hat statt oberflächlicher Beschreibung der oft so wandelbaren Verhältnisse der Farbe, Zeichnung, Gestalt und Grösse sich streng an die Kry- stallisation der Eierschale gehalten und hierauf sein ganzes System gegründet, ohne deshalb einseitig oder eigensinnig Das zu verkennen, was aus dem allgemeinen Resultat augenfälliger Erscheinungen eine wissenschaftliche Würdigung verdient. Schwarz auf Weiss haben wir freilich aus seiner Feder kaum mehr als eine Reihe trefflieher Beschreibungen einzelner Eierarten. Die abstrakten Resultate, die hochwichtige Lehre vom Korn (generell mit meistens schon fertigen Abbildungen), ferner die Verhältuisse des Gewichts der noch vollen und der entleerten Eier zu einander und zu den sie hervorbringenden Vögeln, die Theorie der Färbung u. s. f. sind kaum theilweise zu Papier gebracht, viel weniger veröffentlicht. Bekanntlich — oder es sollte doch wenigstens bekannt sein — hat Thienemann schon vor längerer Zeit als Grundidee seines Wirkens folgende Sätze aufgestellt: 1) Vögel, wirklich Specie verschieden, legen auch zu unterscheidende Eier ; wo die Eier gewisser Vögel nicht zu unterscheiden sind, findet auch ein wahrer spezieller Unterschied der Vögel nicht statt. 2) Stehen die Bier gewisser Vögel in so grosser Verwandtschaft, dass man eine ununterbrochene Reihenfolge wahr- nimmt, so ist es misslich, generische Sonderung vorzunehmen. 3) Bei scheinbar grösster Variation der Eier derselben Species, ja desselben Individuums, ist es doch möglich, feste Merkmale zu finden — in den Organisationsverhältnissen der Schaale: Korn, Poren; a) ganz rohe, b) krystallinische, e) an die thierische Milch- gerinnung erinnernde Schaalenmasse. Thienemann hat viele Widersacher gefunden. Das wird ihm gewiss nicht zur Unehre gereichen. Der Gründe und Vorwände zu Angriffen lassen sich freilich mancherlei auffinden, bald in bester, bald in schlimmer Absicht, häufig aus Ober- flächlichkeit, manchmal aus Missverständniss, selten unbestreitbare. Wie miss- lich ist es für betrügerische Händler, wenn ihre absichtlichen, für gewissenhaftere Sammler, wenn absichtslose Täuschungen ohne Schonung aufgedeckt werden! Wie schmerzlich fällt es nicht, eine lieb gewonnene theure Seltenheit degradiren zu sollen! Mancher will untersuchen, hat aber gar keine Ahnung, was eine brauch- bare Lupe und welcher Unterschied sei, ob man zum ersten oder zum tausendsten Mal zu ihr greift. Wie Wenige bedenken, dass eine Thienemann’sche Beschrei- bung vom Korn eines Eies das ausgezogene Resultat aus der vergleichenden Unter- suchung meistens grosser Reihenfolgen ist, deshalb häufig sogar nicht: übereinstim- men darf, wenn man ein einziges aufgegriffenes Exemplar entgegenhält, weil dieses zufällig nicht ganz normal, d. h. überall oder stellenweise unentwickelt sein kann. Man hat die Methode allzu suhtil genannt. Weniger subtil wäre oberflächlich, denn was ist am Vogelei nicht subtil? Die Uebung im Ueberblick, die „Autopsie“ macht allerdings manchmal für Manchen die weitere Untersuchung wenigstens zum Behuf der Bestimmung überflüssig, allein nicht immer, und deshalb reicht sie nicht aus. Ueberdies erstrebt der Oologe mehr als die blosse Erkenntniss der Species, ein Verdienst, das er mit jedem gründlichen Beobachter in Wald und Flur, mit on ee u NZ 349 Vogelstellern und Waldschützen theilen muss; die Wissenschaft fordert mehr als Praxis und Autopsie, sie fordert ein System, Abstraction und jenen Geist, der das Todte belebt. Man hört ferner bisweilen sagen: „ich habe den Meister auf die Probe gestellt, aber er hat sie nicht bestanden.“ Das sagt sich leicht. Thiene- mann war nicht der Mann, um viele Experimente mit sich und seinem Wissen machen zu lassen, wohl aber ist mir bekannt, dass entschiedene Gegner seiner An- sichten zweifelhafte Eier unter der Hand zur Bestimmung an ihn gelangen liessen, um die von ihm bestimmten nachher eifrigst als richtig bestimmt zu vertheidigen. Es ist ja eine alte Erfahrung, dass man gerne auf eine Autorität fusst, wenn man sie gerade brauchen kann, sie aber ignorirt, wo sie belästigt. Allerdings hat Thienemann in einzelnen Fällen entschieden geirrt, es auch frei selbst bekannt, soweit er es einsah. Dafür war er ein Mensch und ein Missgriff des Einzelnen im einzelnen Falle stösst eine Theorie noch lange nicht um. Seien wir deshalb dank- bar gegen unsere Vorgänger, ohne gerade knechtisch in verba magistri zu schwö- ren! Wären unsere Meister sich nicht selbst Autorität gewesen, so wären wir noch immer auf dem mittelalterlichen Standpunkt der vorigen Jahrhunderte, auf dem Standpunkt eines Aristoteles, Plinias, Aldrovandı und Buffon. Eine ins Einzelne gehende Vertheidigung der Ansichten Thienemann’s liegt nicht im Zweck dieser Zeilen. Das Specielle lässt sich überhaupt nur prak- tisch, das Ei in der Hand, die Lupe am Auge, nicht so im Allgemeinen und nur mühsam schriftlich ausführen. Soviel ist mir ausgemacht: wollen wir die Ergeb- nisse von Thienemann’s Wirksamkeit verwerfen, so sprechen wir der Oologie das Todesurtheil und müssen sie als kindische Verirrung beschämt zu Grab tragen. Ein inniger brieflicher Verkehr seit meinem 18. Lebensjahr, längerer Aufent- halt in der Nähe des Entschlafenen, fast alljährliche Besuche in seinem gastlichen Haus und ein mir stets bewiesenes wohlthuendes Zutrauen haben mich seinem Her- zen wie seiner wissenschaftlichen Anschauungsweise für immer nahe gebraht. Es schien mir deshalb eine fromme Pflicht, des unvergesslichen Lehrers und väterlichen “ Freundes hier zu gedenken. Warthausen, 2. Juli 1858. Kammerherr Baron Richard König-Warthausen. Ankunft 1858. Jan. 25. E2TE ZE, Febr. 6. te en: März 1. ET: „io: al . ls N: ev, ah „ur29: 293 50: u: 350 Il. Notizen, briefliche Mittheilungen ete, Zugtabellen. der Vögel in der Umgegend der Stadt Oldenburg im Frühling 1858. Von €. F. Wiepken. Alauda avvensis, einzelne. Sturnus vulgaris, en Zug von 8 Exemplaren. Anthus pratensis, 7 Vögel am Deich gesehen, die kümmer- lich nach Nahrung suchen. Alauda arvensis in grossen Zügen, darunter einzelne Gale- rita arborea. Otocorya alpestris. Es sind 2 Exemplare von einem hiesi- gen Vogelsteller gesehen, welcher 1850 eine gefangen, die ich erhalten. Mergus merganser. Anas celangula. Emberiza schoeniclhus. Vanellus cristatus. Motaeilla alba. Ciconia alba. Ardea cinerea. Actitis hypoleucos. Larus ridibundus. Ciconia nigra. Limosa melanura. Rutieilla tithys. Sylvia curruca. 351 Sawicola oenanthe. Upupa epops. Sylvia atricapila. Machetes pugnäw. Totanus calidris. Hirundo rustica. Budytes flava. Phyllopneuste trochilus. Cyanecula suecica. Phyllopneuste rufa. Sylvia hortensis. Lusciola luscinia. Ruticilla phoenicura. ‚Sylvia cinerea. Hirundo urbica. Calamoherpe phragmitis. Lanius ruficeps. Cuculus canorus. Hirundo riparia. Oypselus apus. Hydrochelidon fissipes. Calamoherpe turdoides. n» » » Palustris. » nn» “rundinacea. Phyliopneuste hypolais. » nn». sibllatrir. Turtur auritus. Oriolus galbula. Caprimulgus europaeus. Circus cyaneus. Coturnie communis. Crex pratensis. 352 Ankunft einiger Zugvögel in Kurland. Von 6. FT. Büttner. Beobachtungsort: Kabil- len in der Mitte Kur- ' . \1855.| 1856.|1857.| 1858. lands gelegen, unter c. 57° Br. (nicht 56°.) Sturnus vulgaris. 25.3. |81.3*.| 2.3*.|21.3*.) * Erstes Erscheinen. Motae. alba. 2811 3A 9A Ua Nachwinter. Zweite Alauda arvensis. 298 |78:3#129,2#118.3% Rückkehr 1856 u. 57 Fring. coelebs. 312, 172.42 [31.3231 am 18.3; 1858 am Col. oenas. 1642 121.3. |20,,3120% 29.3. Vanell. cristat. 2., | 4.4. |31.„ |31.„ | * Erstes Erscheinen. Cicon. alba. 2 a Rückkehr am 19.3, Cygnus et anser. OR Arsen 18.3 und 29.3. Eine Milvus regalis. 85, .25 80:34 bei uns jährlich wie- Scolop, rustie. — 1107, — — derkehrende Er- Col. palumbus. ee | Ir leilber scheinung, besonders Buteo vulg. 14., |10.,„ | — | — hinsichtlich der Scol. gallinago. Der — — Staare und Ler- ‚Sazie. oenanthe. 16... | 65, 115.4. 18:4, chen. Muse. atricapilla. — | — 121., | — | * Die Störche kamen Phyllopn. rufa. 29120. 16, 1285, mehr als decimirt, F. tinnune. 2, Nblere 2 später als sonst, und Hir. rustica. — |25., | 3.5*| 1.5. augenscheinlich „ urbica. — 27.5 Br 30 krank zurück. Eine Jynx torg. ANDN 120. 18:40. Seuche muss sie hart Bud. flavus. — 125, |22.4.| — mitgenommen haben. 353 Beobachtungsort: Kabil- |1855.|1856.| 1857. 1858.) 19% in der Mitte Kur- lands gelegen, unter ce. 57° Br. (nicht 56°). Corac. garrul. | NIEREN NE. IP Leider vermehren sie Rut. phoenicur. | 8. 1294,19 1:5: sie sich bereits wieder Cuculus canor. I a sehr stark, zuunserm Anser. 112. Ba — — Verdrusse, denn sie Upupa epops. udn. thun hier wegenihrer Pyrrh. erythr. I7-4117.55 10146526, Menge sehr bedeu- Lusc. luseinia. 117. 2er tenden Schaden.*) Crex pratens. 20.,„ |27., |23., |17.„ | * IndiesemJahre (1858) Musie. grisola. 33 absolvirten- die Coturnix vulg. a an De Wildgänse in 2 Oriolus galbula. el Tagen ihre ganze Zugzeit, die sich sonst durch mehrere Wochen hindurch- zieht. Turdus piaris führte Junge aus 1855: 1. 6. Sturnus vulgaris führte Junge aus 1855: 6. 6. *) S. die Notiz darüber, ‚von dem Vater des Hrn. Verf. auf folg. Seite. 24. Ende Juni d. J. ist hier im Oldenburgschen ein Pelecanus onocrotalus geschossen worden, nachdem er sich 8 Tage zwischen einer Viehheerde aufgehalten. C. F. Wiepken. 25. Dass Scolopar rustieula sich allerdings zuweilen in grosse Schwärme zusammenschlägt, bestätigte mir ein alter Förster, der gar viele Waldschnepfen in seinem Leben geschossen hat. Er schoss einmal aus einem grossen Schwarme, der in der Nähe eines Sees lag, 4 Stück auf einen Schuss. Ich selbst fand, als ich im Herbste auf Haselhühner ging, in einem Dickichte im Walde gegen Naumannia. 1868 23 354 20 Waldschnepfen auf einer Fläche von c. 25DO'Fuss gelagert, die vor meinen Füssen herausflogen. 26. Zwischen Kurland und Liefland findet in Beziehung auf naturgeschichtliche Erscheinungen bekanntlich ein merkwürdiger Unterschied Statt. Die Düna bildet nämlich eine Scheidewand, über welche einige Thierarten nicht leicht gehen. So sind z. B. die weissen Störche in Kurland in grosser Menge, und hatten sich vor 1856 so stark vermehrt, dass, wie schon erwähnt, sich um das Gehöft des Gutes Garsden 18 Nester befanden und auf den Wiesen in der Nähe 80 und mehr Hagestolze umherstolzirten. Jenseit der Düna waren aber keine, oder doch nur sehr wenige. (Dasselbe gilt beiläufig auch von den Rehen.) Jm Jahre 1856 war übrigens von jenen 18 Nestern auf Garsden nur eins beflogen. In der Gegend von Libau soll auf 10 Nester nur ein Storch gekommen sein, und die Nester noch obendrein zerstört haben. Auch kamen die Störche ausser- ordentlich spät an, am ‚%,. April anstatt zwischen den 20.—28. März. Hat sie eine Seuche aufgerieben oder sind sie sonstwie zu Grunde ge- gangen? 27. Uebrigens sind die Störche arge Räuber. Alles Lebende, was sie auf der Erde finden und überwältigen können, wird ihnen zur { Beute. Ich habe sie 3mal Wasservögel, einmal einen jungen Hasen davon tragen sehen, und einem wurde ein junger Fuchs abgenommen. Auf meinen Wiesen haben sie Bekassinen, Wachtelkönige (Crer pra- tensis) ete. völlig ausgerottet. J. G. Büttner. 355 II. Literarische Berichte. 10. Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen Amerika, nach Mikro- nesien und durch Kamtschatka, von F. H. v. Kittlitz. Gotha. Verlag von Justus Perthes. 1858. Verfasser, der Ende der zwanziger Jahre der Reise um die Welt auf den rus- sischen Schiffen Sengawin und Moller als Naturforscher zugetheilt war, macht uns jetzt mit dem Ergebniss seines Wirkens bekannt. Das Buch schildert die überseeischen Verhältnisse auf das Natürlichste und Anziehendste, auf eine so fesselnde Weise, dass man sich höchst ungern von ihm trennen mag; es lässt uns alle Freuden und Leiden eines reisenden Naturforschers so recht mitgeniessen, und rathet und giebt Belehrung Allen, die sich auf ähnlichen Reisen befinden sollten. - Die vielen ornithologischen Bemerkungen sind von denen der Botanik und Ichthyologie, sowie von den geographischen und sonstigen Reise-Notizen nicht ge- trennt; eine Absonderung von ihnen, abgesehen davon, dass sie nicht gut möglich, hätte auch leicht ihren Werth insofern verringern können, als sie dann des natürlichen Zusammenhanges entbehrt hätten, so aber sind sie eng mit und durcheinander ver-' flochten, und tragen immer zu charakteristischen Schilderungen der betreffenden Oertlichkeit bei. — Der zu machende Einwurf, des Buches Werth könnte durch seine späte Veröffentlichung beeinträchtigt werden, ist allerdings sehr natürlich ; doch rühren ja die uns mitgetheilten Beobachtungen aus Ländern her, die seit ge- nannter Zeit kaum von einem reisenden Ornithologen besucht wurden, wie dies na- mentlich von Sitcha, den Aleuten und selbst von Kamtschatka gilt, wo sich Verfasser fast ein Jahr aufhielt, vorzugsweise um die Fortpflanzungsgeschichte und Lebensweise dortiger Charakter-Vögel zu studiren. Und in der That erhalten wir darüber einige höchst schätzenswerthe Beiträge, wie von Calliope Kamtschatkensis, (Striekl), Euspiza aureola, (Pall.), Emberiza rustica, (Pall.), Haliaetus pela- gieus, (Pall.) und leucocephalus, Muscicapa infuscata, (Pall.), Mormon cornieu- lata ei eirrhata, Anas dispar, Phalacrocoraz bieristatus, (Pall.), Linaria brun- neinucha, (Brandt), Larus glaucescens, (Licht.), und glaucopterus, Corvus Ca- ealotl., (Wagl.), Zonotrichina rufina, gracilis und atrata (Kittl.) und vieler Anderer. Sehr interessanteBeiträge über Vögel aus Chili, so von: Synallazis aegitha- loides, (Kittl.), undhumicola, (Kittl.), Pteroptochos albieollis(Kittl.), und rube- ‚eula, (Kittl.), Geositta cunicularis, (Vieill.), Phytotoma Rara, (Mol.), Cryp- (urus perdicarius. (K.), Psittacara patagonica u. 8. w. Von den Carolinen, Philippinen etc. beispielsweise: Haliastur indus (B 0dd.), Jeraz sericeus, (Kittl.), Halcyon chlorocephala, (Gmel.) und rufirostris, (Licht.), Alcedo bengalensis. (Gmel.), Rhipidura philippensis, (Cuv.), Lampro- tornis corvina und columbina (Kittl.), u. a. m. — In Summa sind wohl mehr als 300 Arten erwähnt, die grösstentheils mit Notizen über Lebensweise versehen wurden. — 23* 356 Somit ist wohl dem Buche, das ausserdem noch mit einigen schönen Kupfer- stichen, sowie mit vielen Holzsehnitten versehen wurde, seiner interessanten Natur- schilderungen wegen ein sehr grosser Lesekreis zu wünschen, seiner zahlreichen ornithologischen Bemerkungen halber aber dürfte es sich vorzugsweise für die Be- sitzer der Naumannia eignen. — Frankfurt a. M., den 1. October 1858. Alex. vv Homeyer, Lieutenant im 38. Infanterie-Regiment. 11. Ornithologie Canarienne, : MM. P. B. Webb, S. Bertholet et M. Alfred Moquin- Tandon. (gr. in 40, mit 4 von E. Travies gemalten Tafeln, 3 Kupfer-, 1 Steindrucktafel. Taf. I. Fring. Teydea, 5 ©: Taf. II. Fring, canaria, 5 $- Taf. II. Columba laurivora 5 ©- (Steindr.) IV. Fring. Tintillon, Fg.1. Procellaria columb. Fg.2. Es werden im Ganzen 106 Arten aufgeführt, wovon 65 Brut- und meist auch Standvögel, 18 regelmässige Zugvögel und 23 zufällig, meist in Folge grosser Süd- und Südwest-Stürme Verschlagene sind. Eigenthümlich scheinen den Kanarischen Inseln nur 3 Arten, Fringilla canaria, leydea und Tintillon, vielleicht auch Parus violaceus? zu sein: Puffinus columbinus, Cypselus unicolor und Columba laurivora kommen auch auf Madeira vor. Ob Thalassi- droma hypoleuca sich auch anderswo findet, wagt man nicht zu behaupten. I. Brutvögel, die meist Standvögel sind. 1. Neophr. perenopt. — Im ganzen Archipel gemein. Die Eier, nach Crespon, grünlich weiss, ohne Flecken! Falco peregrinus. — Teneriffa. DieEier, nach Schinz und Thienemann, un- gefleckt! 3. Falco subbuteo, — Fast alle Inseln, selten. 4 „ linnuneul. Im ganzen Archipel, ziemlich gemein. 5. Ace. nisus, do. 6. Milv. regalis, do., besonders auf den westlichen Inseln. 7 8 9 ww . Buteo vulgaris, do., gemein. . Circus cineraceus. Teneriffa. . Strie flammea, überall, ziemlich gemein. 10. ,„ otus, do. 11. Corv. corax, do. 12. Pyrrhoec. alpinus. Insel Palma. Schwärme von 200 ete. } 13. Lan. ewcubitor. Alle Inseln, häufiger im Osten. Nistet oft in den Büschen von Euphorbia Canariensis. 14. Muse. luctuosa. Teneriffa. Nistweise und Eier sind falsch, (von M. grisola!) 15. Turdus Merula. Alle Jahre. — Einer der gemeinsten Vögel. 16. Saw. rubicola. Teneriffa. Selten. 17. Cal. aquatica. Canaria. 18. Sylv. atricap. Alle Inseln, welche Gebüsch haben. 19. „ melanoceph. Teneriffa. 20. „ einerea. Fast alle Inseln. z 21. „ passerina. Alle Inseln, trockene Küstengegenden, Plateau der Canadas. Fuss des Pic von Teneriffa. 22. Rutic. phoenie. Teneriffa. 357 23. Rubecul. famil. Alle bebuschten Inseln, ziemlich selten. 24. Budyt. flavus. Der grösste Theil des Archipels; gemein. 25. Anthus arboreus.*) Alle Inseln. 26. Alauda arvensis. Lancerota u. Fuertaventura. Ziemlich gemein. 27. Parus major.*) Westl. Arch. Seltener als folgende. 28. „ eoeruleus. Alle Inseln. Selten Lane. u. Fuertavent. — Vielleicht P. violaceus? 29. Emb. miliaria. Alle Inseln. Gemein. 30. Emb. eitrinella? (Auf Autorit. Ledru’s). 31. Pyrrhula güthaginea. Lance. u. Fuertav., ziemlich gemein. Fortpfl. nicht bekannt. 32. Fringilla petronia. Alle Inseln. Weniger gemein als die anderen Fringillen. 33. n hispaniol. Lanc. u. Fuertav. häufig. 34. 5 Teydea, n. sp., Teneriffa. Plateau des Canadas, nach dem Pico de Teyde zu, in einer Höhe von ca. 2200 bis 2900 Mötres über dem Meere. Baut sein Nest in Ginstergesträuch (Cytisus nubigenus), deren Region er bewohnt, und von deren Samen er zu leben scheint. 35. Fring. canaria. Alle Inseln. — Die gelben ete. in Europa sind Albinos, kommen dort nicht vor. 36. Fring. Tintillon, n. Sp. Alle Inseln mit Gebüsch. Im Sommer in den Lor- beerwäldern, im Winter in den Gärten. 37. Fring. carduelis. Alle Inseln. Sehr gemein. 38. „ camnabina. Alle Inseln. Sehr gemein. 39. „ spinus. Teneriffa. 40. Cypselus unicolor.***) Alle Inseln und Madeira (Heineken). 41. Alcedo ispida. Küsten, alle Inseln. 42. Picus major. Auf den waldigen I. Das Nest besonders in Pinus canariensis. 43. Upupa epops. Alle Inseln. Zieht theilweise im September weg. 44. Columba laurivora, n. sp. Waldige L der westlichen Gruppe. Madeira. Nährt sich besonders von den Beeren des Lorbeer (Laurus indica) und den jungen Schösslingen von Visnea Mocanera. Vortreffliches Wild. 45. Columba afra.t) Zugvogel. 46. Columba livia. Alle Inseln. Sehr gemein. 47. Pierocles arenaria. Nur Fuertaventura, wo es Standvogel ist. 48. Perd. petrosa (Lath.) Canaria, Teneriffa, La Gomera, Ferro. *) Man findet ihn an allen eultivirten Orten, frisch bearbeiteten Feldern und ge- bahnten Wegen; er hält sich stets an der Erde, setzt sich zuweilen auf altes Gemäuer. Warum hat ihn Bechst. „arboreus“ genannt? *) Die Fakultät „des Sciences de Toulouse“ besitzt, ein merkwürdiges Nest, sehr gross, aus einer grossen Menge Moos und trockenen Pflanzen erbaut, zwischen Fenstern und Fensterladen, in welchen sie — 2 Paare, die ihre Nester in demselben Mooshaufen hatten — eine kleine Oefinung gemeisselt. b; **) Wir bemerkten bei unserer Ankunft am Rande des Kraters des Pie von Tene- ‚zwischen 8 und 9 Uhr Morgens, diese Vögel am Grunde des Kraters hinstreichen. warmen und schwefeligen Dünste schienen sie nicht zu incommodiren. Sie suchten ne Zweifel seltene Insekten, deren Gegenwart in der Höhe von 11,150 Fuss über m Meere nicht weniger überraschend ist; es waren Archaniden, Phalangium spiniferum, #ich in-den mit krystallisirtem Schwefel erfüllten Spalten aufhielten; und doch konnte Mensch kaum die glühende Temperatur und die giftigen Dämpfe dieser vulkanischen den ertragen. In der ersten Woche des Mai hörte man in den in unersteiglichen elsenspalten angelegten Nestern die Jungen, }) Kommt im späteren Frühjahr an und zieht in sehr grossen Zügen im November . Doch bleiben etliche. 358 49. Perd. coturnix. Auf allen Inseln häufig. Machen zwei Bruten. Unentschieden ob Zugvogel. . 50. Otis Houbara. Fast nur auf Fuertaventura, Standv.; einzelne auf Lancerota. Sehr scheu. 51. Cursorius isabellinus. Lancer., Fuertav., S.-W.-Küste der Grande-Canaria. Sehr scheu. 52. Oedien. crepit, Alle Inseln. 53. Haematop. niger. I.d. östl. Gruppe. Standyogel? 54. Tringa variabilis. Alle Inseln. Wahrscheinlich Standvogel. 55. Scolop. rusticola. Die waldigen I. 56. Alca torda. Fast der ganze Archipel, besonders der östliche? 57. Sterna cantiaca. Lancer. und Fuertav. 58. „ hirundo. Lancer. und Fuertav. Sehr gemein. 59. „ minula. I. d. östl. Gruppe. 60. Larus marinus. I. Alegranza; ziemlich gemein. 61. „ argenlat. Alle Inseln; der gemeinste Schwimmvogel. 62. Puffinus cinereus,*) Schinz. Die kleinen unbewohnten Inseln und einzelne Felsen. Sehr gemein. 63. Puffinus Anglorum. Insel Alegranza. 64, AA columbinus. Webb. und Berth. Insel Alegranza.**) (Procellaria Anjinho, Heineken). 65. Thalassidr. hypoleuca, Webb. ete., (Procell. marina, Lath.?) Strand von Teneriffa. II. Zugvögel. Regelmässig (im Winter). Zufällig. 1. Aquila albieilla. Küsten der unbe- 1. Corv. Monedula. 1 Expl. in zehn wohnten Inseln. Jahren. Y 2. Sturnus vulgaris. Einzeln, beson- 2. Fring. nivalis. Einmal bei Orotava. ders in der Fichtenregion. 3. Merops apiaster. Zuweilen im 3. Turd. musicus. Winter. 4. „ Aliacus.**) Zuweilen schr zahl- 4. Cucul. glandarius. reich. 5. Calidris arenaria. 5. Sazxic. oenanthe. 6. Himantopus rufipes. 6. Motac. alba. 7. Vanell. squatarola. Im Winter. 7. Hirundo rustica. 8. Streps. interpres. Zweimal erlegt. 8. Cypsel. apus. 9. Ardea cinerea. 9. Caprim. ruficollis. Anfang Herbst, 10. „ garzella. selten. 11. „ nyelicoram. 10. Charadr. pluvialis. 12, „ ralloides. Le u canlianus. 13. ,„ stellaris. 12. Vanellus eristatus. 14. Ciconia alba. 13. Actit. hypoleucos. 15. Platal. leucerod. 14. Limosa rufa. 16. Numen phaeopus. Einmal auf Tene- 15. Scol. gallinula, in ziemlicher Menge. riffa. *) Kommt nach Schousboe im Oktober und November in Marocco an. **) Diese Puffinus nisten in den Grotten von Alegranza, Salvage und den übrigen kleinen Felseninseln in solcher Menge, dass man „in guten Jahren“ bis an 30,000 Junge getödtet hat. Sie werden Nachts bei Fackelschein aus den Höhlen hervorgezogen. Das Recht, diese Vögel auf den vulkanischen Inseln zu tödten ete., besitzt ein reicher Be- wohner von Madeira, »**) Gegen Ende des Herbstes und während des Winters in ziemlicher Menge. 359 16. Gallinula chloropus. Nicht selten. 17. Limosa melanura. 17. Fulica atra. 18. Gallin. porzana. Selten. 1 Expl. 18. Uria troile. 19. Puffinus obscurus, Schinz.? 20. Thalassidr. pelagica. Nach Ledru sollen noch vorkommen: 21. Anas boschas. Selten. 22. „ erecca. Einmal. 1. Cire. aeruginosus. 23. „ leucophthalm. Selten. 2. Troglodytes parvulus. 3. Motacilla boarula und drei andere (Budytes) ohne Namen, wahrschein- lich Varietät von flava. 4. Fring. chloris. 5. Silla europaea. 6. Phasianus, nach Sonnini colchi- cus, ist indess Cursor isabell., wel- chen die Kanarier Faysan nennen. IV. Bekanntmachungen. Mr. Eyton, der bekannte Verfasser des Werks über die Anatiden, ist gegen- wärtig mit der Publikation eines grossen Werks über die Osteologie der Vögel be- schäftigt. Dasselbe soll zunächst die Abbildungen vollständiger Skelette der Typen aller Familien enthalten, nebst Detail-Figuren der wichtigern Skelettheile anderer Species. Die Wichtigkeit eines solchen Werkes und die Ausführung der ersten Lieferung fand in der letzten Versammlung der British Association in Leeds eine so volle Anerkennung, dass dem Verfasser überdem eine bedeutende Geld- unterstützung bewilligt wurde. Um die Lücken seiner eigenen Sammlung aus- zufüllen und die Doubletten von schon vorhandenen Species zu erhalten, hat er einen Katalog seiner osteologischen Sammlung drucken lassen und übergiebt der Redaktion dieser Zeitschrift nebst dem Prospectus des erwähnten Werkes eine Partie Exemplare des Cataloges, um dieselben an solche Ornithologen zu verthei- len, welche geneigt sind, entweder gegen Tausch oder durch Kauf ihm Skelette oder Vögel in Spiritus zu überlassen. Er bittet die Redaktion, diese Zeilen in ihre Zeitschrift aufzunehmen und fügt für die Ornithologen, welche mit ihm in Correspondenz zu treten wünschen, seine Adresse bei. T. C. Eyton, Esgq. f. L. S. Eyton (Wellington. Salop) England. 360 MONOGRAPHIE oes PICIDES (Anciens genres Picus et Yunz (Linnee), Picumnus (Tem.), ainsi que les genres modernes compris sous les aneiennes d&nominations), ou HISTOIRE NATURELLE 5 GENERALE ET PARTICULIERE DE CES OISEAUX ZYGODACTYLES (2 vol in-F° de texte, et 2 vol, in-F° contenant 125 planches lithographiees, coloriees avec soin, comprenant six a 700 figures). a — On ne doit pas etre surpris que l’homme auf etudie la nature en devienne meilleur: il se trouve sans cesse en rapport avec les oeuvres de la Toute-Puissance er&atricee: aucune ne lui est indifferente, toutes sont pour lui autant de merveilles d’une Providence dont on ne sait lequel admirer le plus, de sa fecondite, de sa sagesse ou de sa bienveillauce. (St. DENYS l’areopagiste.) „Qui saura done determiner combien, parmi tous les pies deerits et rapportes des differentes regions, il en est qui devraient ötre reunis ?* (LEVAILLANT. Ois. d’Afr,, VL, p. 21) Les oeuvres du divin Crdateur sont tellement variees, tellement admirables dans leur ensemble comme dans leurs details, qu’on ne saurait les etudier sans se laisser entrainer ä un examen de plus en plus appronfondi, et que, dans notre infime insuffisanee, nous devons nous estimer heureux, lorsque nos recherches per- severantes nous amenent & decouvrir quelques objets nouveaux ou quelques-unes des regles qui paraissent ayoir te suivies pour la er&ation ou la distribution des animaux sur notre globe. On ne s’etonnera done pas que j’aie consaere, en faveur des sciences natu- relles, une partie des loisirs que me laissent mes travaux judiciaires, et que j’aie et amene A rediger cette Monographie, resultat d’&tudes consciencieuses sur une famille d’oiseaum zygodactyles, dont mes recherches ont considerablement aug- mentd le nombre et determind beaucoup d’especes jusqu’alors incertaines. _ L’ouvrage que j’offre aujourd’hui au monde savant, a dt€ commencee il ya plus de quinze ans, et c’est assez dire que j’ai dü successivement refondre mes premiers travaux pour les coordonner avec les decouvertes posterieures, et pour mettre & profit les observations publices jusqu’en 1858. Aussi ma Monographie des Picides, a-t-elle, & diverses &poques, depuis 1844, te annoncee par des savants aussi distingues que bienveillants, qui en ont eu une connaissance plus ou 361 moins &tendue, notamment par MM. Strickland,!) Gerbe,?) O. des Murs,?) Is. Geoffroy Saint-Hilaire,*) Pucheran, °) S. A. le prince Ch. Bonaparte,6) Rei- chenbach ‚?) Gould,®) Guerin-Möneville?) etc. Ce n’est qu’apres avoir examind A plusieurs reprises la majeure partie des colleetions ornithologiques de l’Europe, et apres avoir verifi€ le catalogue des grimpeurs des collections exotiques, ainsi que les especes eitdes par tous les au- teurs, que j’ai pu dresser l’etat des Pieides deja decouverts sur le globe; toutefois, pour pouvoir &tudier A loisir la classification & adopter, deerire et comparer avec soin les nombreuses especes qui composent cette famille, j’ai forme, dans mon cabinet priv@ de zoologie une tres-riche collection de Picid@s, comprenant toutes les especes, autant que possible, et en outre les deux sexes, les divers äges, les variet6s et les races. Je suis ainsi parvenu A reunir deja pres de 700 exemplaires. On.ne se fera gueres une idee exacte de tout ce qu’ont exig@ de soins, de depenses et de fatigues, les voyages reiteres que j’ai effeetues, la correspondance que jai etablie, non seulement dans une foule de localites de l’Europe, mais encore au Bengale, en Afrique et en Amerique, les envoi de grimpeurs qui m’ont ete adresses en communication, m&me d’un autre continent, ainsi que les nombreuses planches colorices que j’ai fait exdcuter dans diverses localites pour debrouiller la synonymie; le depouillement et la revision de tous les textes, la traduetion que jai dü faire d’un tres-grand nombre d’ouvrages publies en Anglais, en Allemand, en Espagnol etc., ce qui m’a servi souvent dA rectifier des erreurs reproduites sans cesse. ' Je dois ajouter, ndanmoins, que ma tache a &t& allögee par le concours bien- veillant que je suis heureux et fier d’avoir trouve, & diverses &poques, de la part des savants distinguds qui m’ont aid& de leurs lumieres, ou qui m’ont obligeam- ment communique les richesses ornithologiques qu’ils avaient ü leur disposition. . !) Report on the recent progress and present state of Ornitology, publie dans le Rap- port de Tassociation britannique; 1844, p. 197. „M. Malherbe of Metz is at present en- gaged on a general history of the Pieidae, a work much wanted on account of the many genera and species introduced into this family.“ 2) Diet, universel des Sciences naturelles, vol. X, p. 144; 1847. ®) Enecyclopedie d’hist. nat. de M. Chenu. Ois. I, p. 215; 1850, „Un habile et eonseiencieux ornithologiste, M. Alfred Malherbe, qui s’occupe de publier une Monogra- phie complete, avec planches, des Picides, ete.“ 9) Introduction au catalogue methodique de la collection des mammiföres et des oiseaux du Museum de Paris (1. part., 1851, p. Vll.). En parlant du concours des naturalistes aux- quels il a bien voulu confier le soin de rediger le catalogue des richesses de notre col- leetion nationale, le savant prolesseur’ajoute: „J’espere avec ce secours, pouyvoir mener a bonne fin, en quelques anndes, une entreprise dont toute la difficulte ne sera peut- etre apergue que de ceux qui y auront pris part....... M. Malherbe, qui s’oceupe d’une maniere speciale des Pieides, et qui a port@ si loin la connaissance de ces zygodactyles, a deja prepared, pour cette famille, le catologue de nos especes et de nos princeipaux individus.“ 5) Rerue et magasin de zoologie. ®) Comspectus volucrum zygodactylorum (Atenao italiano, no. 8, 1854). „I Pieidi tra brave non lasceranno desiderare di meglio stampata che sia la mono- graphia del benemerito signor Alfredo Malherbe. Giudice veramente giusto, infaticabile et illuminato travera egli certamente presso gli scienziati quella simpatia che merita, quella virtu ch'esereita, ete.“ Et, Conspectus volucrum anisodactylorum (Atenao ital., no 11., 1854). „Questo Picologo dottrinatissimo ha fatto molti e giusti rilievi eirca i miei Chrisop- lei, mesopiei, dendropiei, ete., eto“ ’, Dans plusieurs passages de son savant ouvrage intituld Handbuch der speciellen Ornithologie, Scansoriae-Picinae. *) Dans son magnifique Recueil des oiscaur d’Asie (The birds of Asia, part. IX., art Picus cahanisi). ?) Revue et magasin de zoologie; nolamment, 1858, p. 225. 362 Je citerai notamment MM. Isidore Geoffroy Saint-Hilaire et Pucheran, au Museum de Paris; Hartlaub, ä Br&me; J. Natterer, a Vienne; Lichtenstein, & Berlin; Tem- minck, a Leyde; Sundevall, ä Stockholm; J.-Ed. et G. R. Gray, au museum bri- tannique; Horsfield, au museum de la Compagnie des Indes orientales; ‘Thomas Wilson, ‘a Philadelphie; Blyth, au museum de la Societ€ asiatique de Caleutta; Jules et Edouard Verreaux, ä Paris; Rüppell, au museum de Francfort-sur-Mein; Kaup, au museum de Darmstadt; Reichenbach, au museum de Dresde; Krauss, au museum de Stuttgard; Strickland, Selater, Gould et Leadbeater, ä Londres; Cail- liaud, au museum de Nantes; Lesson, & Rochefort; Abeill&, & Bordeaux; Merian, au museum de Bäle; Ledoux, capitaine du g@nie, en Alg£rie, etc. Pourquoi faut-il que l’expression de ma reconnaissance de puisse plus par- venir jusqu’ä plusieurs d’entre eux, dont les noms et les travaux survivront tou- jours avec gloire! La Monographie que je publie comprend deux parties distinetes, La pre- miere renferme l’histoire generale des Pieid6s divisee en chapitres intitules: Origine mythologique des Picides; leur röle chez les anciens et chez les modernes; leurs Moeurs, habitat, nourriture, vol, chant et cris, sociabilite, apprivoisement, instinet, migrations, propagation, nids, oeufs, ineubation; Physiologie, tact, goüt, odorat, vue, ouie; Anatomie, travaux y relatifs; auteurs; t&te et cou des Picid&s; bee; os omoide; narines; vertebres; hyoide; langue; glandes salivaires; estomac; intestins; coecum, coeur; foie; sternum; ailes; os sacrum; bassin; queue; os, air; pieds; tarses; doigts; ongles. Des observations interessantes et nouvelles sur leur plu- mage; le nombre des especes indiquees par les divers auteurs, ainsi que les divers systemes de classification adoptes par ceux-ci; enfin la r&partition geographique des Pieides sur le globe. Cette premiere partie contient dans le texte un certain nombre de gravures sur bois, relatives & l’anatomie et & l’ovologie. La seconde partie, qui est tres-&tendue, renferme la deseription exacte de toutes les especes classees suivant ma methode. Chaque artiele contient une de- seription en latin pr&cödee de la synonymie des noms latins; puis la synonymie frangaise et celle des autres langues; la discussion des textes, des erreurs que jindique chez les auteurs; les moeurs et le lieu d’origine de l’oiseau; ses caract eres anatomiques; la description en francais des sexes, äges et varietes; les dimensions de toutes les parties du corps; enfin, l’indication des diverses collections dans les- quelles se trouve l’espece et souvent le type de l’auteur qui l’a fait connaitre. Ce travail est pröc&d& d’un catalogue des ouvrages et des auteurs eit&s par abreviation dans le cours de ma Monographie, et suivi d’un catalogue alphabetique et synonymique de tous les noms latins au nombre de sept A huit cents qui ont suc- cessivement &t& imposes aux Pieides, avec l’indication des genres auxquels ils se rapportent, du volume et de la page otı il en est question dans mon ouvrage. Je n’ai pas hesite, malgre les depenses considerables qui devaient en re&sulter, a faire peindre de grandeur naturelle toutes les especes nouvelles, et celles qui sont assez rares ou mal determindes par les auteurs, c’est-A-dire les deux sexes de plus de 140 especes. Les autres especes, mieux connues, sont seulement repro- duites avec reduction, au nombre d’environ 130. ÜCes dernieres sont toutes, d’ailleurs, deja figureus de srandeur naturelle dans les planches enlumindes de Buffon, les planches coloriees deTemminck, dans les oiseaux d’Afrique de Levail- lant, les oiseaux de ’Amerique septentrionale de Vieillot, et les oiseaux de ’Hima- laya de M. Gould. Mes 125 planches reprösenteront 6 & 700 figures coloriees, en y compre- nant les deux sexes, et le jeune lorsqu’il differe beaucoup, c’est-A-dire, plus du triple de sujets que comportent les planches in-folio de la plupart des auteurs. L’execution en a te eonfige a M. Delahaye, peintre au Museum de Paris, dont le pinceau a d&ja enrichi plusieurs publications importantes. 363 Puiss&-je ötre assez heureux, Monsieur, pour &tre honor& de votre adhesion, et pour voir mes travaux accueillis avec la bienveillance que je sollieite de la part de tous ceux qui portent, comme vous, un haut inter&t A l’&tude des sciences natu- relles et des oeuvres de Dieu. Alfred Malherbe. Conseiller a la Cour Imperiale de Metz, Administrateur du Museum de la ville, President de la Societe d’Histoire naturelle de la Moselle, ancien President de l’Acad&mie Imperiale, Membre de l’Institut des provinces de France, des Acad&mies et Societes d’Histoire naturelle d’Amsterdam, d’Angers, de Berlin, de Bordeaux, de Catane, de Dijon, de Dresde, de Francfort-sur-Mein, de Leipzig, de Liege, de Lille, de Lyon, de l’ile Maurice, de Mayence, de Messine, de Nancy, de Philadelphie, de Strasbourg, de Valence, de Verdun, etc., etc. La Monographie des Picides (Pies, Pieumnes, Torcols, ainsi que les genres modernes compris sous les anciennes denominations), ou l’Histoire naturelle gene- rale et particuliere de ces oiseaux zygodactyles, sera publide en vingt-eing livrai- sons de texte in-folio, papier jesus (55 centimetres de haut sur 36 de large), et vingt-eing livraisons, m&me format, de chacune cing belles planches lithographiees et coloriees A la main avec soin. Six A sept cents figures repr@senteront, avec detail, tous les Piecides originaires de l’Europe, de l’Afrique, et si nombreux sur- tout en Asie et en Amerique. Le texte formera deux volumes et les planches deux autres volumes. Une livraison de texte de 16 A 20 pages, et une livraison de planches paraitront tous les vingt jours. Le prix de ces deux livraisons r&unies sera de 18 franes de France (ou environ 15 schell., ou 4 thal. 24 sgr., ou 8 fl. 52 kr.) pour les souscripteurs, dont la liste sera publiee dans le premier volume. Les personnes, qui voudront bien honorer de leur souscriptions cet ouvrage, qui ne sera tir€ qu’a 150 exemplaires, et en faciliter ainsi la publication, sont prices de le faire savoir le plus töt possible, en adressant direetement a l’auteur l’avis de souseription ci-inclus, apres y avoir mentionn& tres-lisiblement les indica- tions n&cessaires. Toutes les planches coloriees ainsi que la premiere page du texte de chaque ‚ volume et de chaque partie, devront porter au bas l’empreinte d’un timbre sec con- tenant le cachet de l’auteur avec le titre de l’ouvrage, sans quoi les souscripteurs sont invites & les refuser. Metz (Moselle), aoüt 1858. Alfred Malherbe. 364 Zu den Biertafen im I. und Il. Hefte, (Berichtigung.) ' Durch Versehen des Lithographen sind die beiden Tafeln der Eierabbildungen im II. und III. Heft falsch numerirt und in Folge davon, ohne mein Wissen, da die Tafeln direkt an den Hrn. Ver- leger geschickt worden, auch falsch eingeheftet worden. Man hat also die Bezeichnung Tafel I. in Tafel II. und umgekehrt zu ver- wandeln und bei etwaigem Einbinden demgemäss heften zu lassen. Auch die Nummern der einzelnen Abbildungen auf Tafel II. sind, abweichend von denen des Textes (S. 252 und 253) vom Lithogra- phen verändert worden. Die auf der Tafel bezeichneten Namen sind die richtigen; nur ist in der letzten Zeile anstatt „Carpodacus“ (9:10.) zu setzen: „Üorythus enucleator“. D. Red. Als ordentliche Mitglieder sind der „Deutschen Ornitho- logen - Gesellschaft“ beigetreten: H. Siemang, Bibliothekar etc. S. K. H. des Erzherzog, Stephan v. Oesterreich, in Schaumburg. C. F. Büttner, Pastor in Cabillen in Kurland. Dr. Gustav Jäger in Wien. Der Sekretär. 365 Zur nächstjährigen Ornithologen- Versammlung in Nuttgart, 15. 16. 17. Juni. Wir ersuchen hierdurch diejenigen unserer verehrten Gesell- schaftsgenossen, welche Vorträge bei der nächsten Versammlung zu halten beabsichtigen, Einem von uns wo möglich noch vor Beginn der Versammlung gefälligst Mittheilung davon machen zu wollen. Zugleich erlauben wir uns auf denjenigen Theil der seit Jahren fest- stehenden Tagesordnung aufmerksam zu machen, der seine Erledi- gung noch wenig oder gar nicht gefunden hat. Möchte Jeder, der Gelegenheit dazu hat, im Voraus darauf Bedacht nehmen, durch alle nur einschlägigen Studien, sowie durch Vorlegen des betreffen- den Materials zunächst jene in der Naumannia (Protokolle und Bei- lagen der Versammlungen) öfter bezeichneten Gruppen etc. aufhellen zu helfen! Der Lokalgeschäftsführer Dr. Julius Hoffmann. Der Sekretär Dr. E. Baldamus. Erklärung. In dem „Berichte über die Leistungen in der Naturgeschichte der Vögel während des Jahres 1857* von G. Hartlaub (im Archiv für Naturgesch. XXTV. Jahrg. 2. Band), findet sich S. 14, 15 folgende Auslassung: „Verzeichniss eentral-afrikanischer und nordafrikanischer Vögel, abgebildet in des Herzogs Paul Wilhelm v. Würtemberg Icones ineditae, und im Jahre 1842 aufgestellt. Bald., Naum. 1857. Hft. 6. P. 432 — 435. 73 Arten mit grösstentheils unpublicir- ten neuen Namen, aber sämmtlich inzwischen beschrieben von Ande- ren und natürlich unter andern jetzt allein gültigen Namen. Es war in der That eine höchst unglückliche Idee, dieses uns seit langer Zeit wohl bekannte, ziemlich werthlos gewordene Verzeich- nisse zu publieiren, und wir möchten dem Herausgeber der Nau- mannia den wohlgemeinten Rath ertheilen, in solchen Fällen eigener Incompetenz Sachverständige zu consultiren. * 366 Herr Dr. Hartlaub hat die Güte gehabt, mir den fraglichen Jahresbericht „nicht ohne einiges Herzklopfen wegen der sehr an- züglichen Stelle“ zuzusenden. Ich beeile mich deshalb den aus- gezeichneten Ornithologen darüber vollständig zu beruhigen, freilich aber auch zugleich zu erklären, dass die Logik der Zusammenstellung der „höchst unglücklichen Idee” mit der „Publikation eines etc. ziemlich werthlos gewordenen Verzeichnisses“ mir weniger aus dem Kopfe als aus dem Herzen, von wegen des „wohlgemeinten Rathes“, zu stammen scheint. Meine eigene Incompetenz gestehe ich übrigens gerne zu, werde aber in solchen und anderen Fällen auch ferner meinem schon öfter ausgesprochenen Grundsatze gemäss „Redak- teur“ und nicht „Correktor“ und „Censor“ sein und bleiben. Ich dürfte ja sonst z. B. Nichts von unserm (beiläufig sehr verdienter Weise zum Dr. creirten) Veteranen Brehm aufnehmen etc. etc. Ich halte es sogar für die Pflicht, einer so viele verschiedene Mitarbeiter zählenden Redaktion die „Eigenthümlichkeiten selbst bis auf den Styl«, so weit nur irgend möglich zur Geltung kommen zu lassen, und erlaube mir, wo man es nicht ausdrücklich wünscht, auch nicht die kleinste Correktur, es müsste denn die von offenbaren Schreib- fehlern sein. Selbst in der Angabe meiner abweichenden Ansichten glaube ich mich bescheiden genug der „Anmerkungen“ oder „Nach- schriften“ bedient zu haben. Von einer „Verantwortlichkeit der Redaktion“ kann also — wie das auch Hr. Dr. Hartlaub ein Jahr nach der Publikation des Obigen eingesehen zu haben scheint — überhaupt nicht die Rede sein, umsoweniger, da einige meiner Herren Mitarbeiter ausdrücklich die „Integrität ihrer Artikel bis auf die Orthographie“ fordern: es bliebe sonst nichts Anderes übrig, als einen „verantwortlichen“ und „nicht verantwortlichen Theil“ zu brin- gen. Was endlich das ärgerliche Verzeichniss S. H. des Herzogs Paul Wilhelm anlangt, so wusste der verdiente Reisende, wie ich, dass seine nicht publieirten Namen längst durch andere um die Priori- tät gekommen, und wir Beide wussten ferner, dass die jetzige Publi- kation daran Wenig oder Nichts ändern würde; und so würde ich denn, selbst wenn ich gewusst hätte, dass er von seinen Acquisitio- nen Nichts zu näherer Untersuchung eingesendet, nicht angestanden haben, seiner freundlichen Bitte um Aufnahme des Verzeichnisses zu willfahren. Die Redaktion. 367 Die Vögel, (Aus dem Englischen übersetzt.) O Vögel, trautes Völkchen, so schön, so leicht beschwingt, Die ihr von platter Erde bis zu den Wolken dringt! Wohin mag Jemand wandern, wo seine Wohnung baun, Dass er nicht allenthalben mit Lust euch sollte schaun? Ihr nistet in Gebirgen auf starrem Felsgestein, Ihr kehrt in finsterm Dickicht uralter Forsten ein; Ihr brütet, von der Traufe des Hüttners überdeckt, Und schlaft auf offnem Felde in fettem Gras versteckt. Ihr berget euch in Haiden und lauert in dem Moor, Ihr tauchet in den Teichen und schlüpft ins Uferrohr, Ihr streichet längs dem Flusse durch reichbepflanztes Land, Und tanzt, wo Wellen schlagen mit Schaum den öden Strand. Ihr, holde Vögel, kommet in Schwärmen dicht gesellt, Wenn’s am Gezweige sprosset, wenn Schnee zu Haufen fällt, Kommt, wenn der Rosen reichste verbreitet ihren Duft, Und wenn die falben Blätter fortwirbeln in der Luft. — Wie denket doch der Knabe, im Voraus hoch erfreut, An euch, an eure Lieder, bei naher Ferienzeit! Er hört im Spätherbst zirpen das kecke Rothbrüstlein, Und im bekränzten Juni der Amsel Melodein. Wenn da durch Wald und Fluren der Knabe sich ergeht, Zerrupfend jede Blüthe, die an dem Wege steht, Dann hält er ein und jauchzet: Der Kukuk! er ist da! Willkommen! Horch, wie schallet sein Rufen mir so nah! Ja, schöne, liebe Vögel, willkommen sollt ihr sein; Wir flechten eure Namen in Noth und Segen ein, Im Krieg den Aar, die Taube in Lieb’ und Harmonie, Mit Todesblitzen jenen, das Oelblatt tragend die. Der Born der Freundschaft sprudelt erst dann recht rein und hell, Wenn ihr vertraulich girret an seinem Labequell. Und — dass ich kurz mich fasse — Wer wagt es, wer getraut’s, 368 Die Weisheit selbst, die strenge, zu scheiden von dem Kauz? — Ihr herrlichen Geschöpfe der Freiheit und des Lichts, An Heiterkeit und Frohsinn, o, welchem Aug’ gebricht's, Das zuschaut, wenn ihr mustert das glänzende Gewand, Den Busen schwellt und kräuselnd die Kehle setzt in Stand? — Ob glücklich gleich dem König — wie jenes Volkslied sagt — Ob gleich dem Bettelbuben, wird nicht von mir gefragt; Mehr gilt mir mein Vergnügen, und dieses schildr’ ich so: Wie in der Luft der Vogel fühl’ ich mich frei und froh! — Drum hört, wo ich mir wünsche mein letztes schmales Haus! Dort, wo kein Marmor schliesset die Pracht des Himmels aus, Dort wölbet meinen Hügel, wo das Maasliebchen blüht, Und’s Häschen in dem Mondschein nicht scheu vorüberflieht ; Doch sorgt auch, dass zu Häupten ein Baum gepflanzet sei, Der weit und hoch sich dehne, der Vögel Sorgenfrei. Ihr Lustgesang erklinge als Grablied mir, — denn dem Kommt gleich an reiner Wahrheit kein andres Requiem. W. Fr. Trinthammer. RAR en u EV um No. 31. ER a D N a pp “ - = Der Wüstentrompeter (Pyrrhula githaginea), Eine biographische Skizze. von Dr. Carl Bolle. In ihrer braunen Wittwentracht Tritt die Sahara vor mich hin. Freiligrath. Die naturgeschichtliche Kenntniss der meisten konstant Europa bewohnenden Vögel lässt wenig zu wünschen mehr übrig; aber unter den mit einer gewissen Regelmässigkeit in einzelnen Gegenden unsres Erdtheils erscheinenden Gästen, die wir uns, wenn auch in zweiter Linie erst, der Ornis desselben zuzuzählen gewöhnt haben, giebt es noch manche, deren Lebensverhältnisse in einem Dunkel liegen, welches der Forschergeist der Gegenwart mehr und mehr zu erhellen bemüht sein muss. So heisst es noch in des verdienstvollen Degland „Ornithologie europedenne,“ wie von nicht wenigen andern Vögeln, so auch von Pyr- rhula githaginea: „Ihre Sitten, ihre Gewohnheiten, Nahrung und Fortpflanzung sind unbekannt.“ — Den Schleier dieser Ungewissheit zu lüften und an deren Stelle in allgemeinen Umrissen ein hinreichend treues Gemälde der Species zu setzen, mag als Zweck dieser Zeilen gelten. Zwar haben vorzügliche Forscher auf dem Gebiet unsrer Wissenschaft, unter ihnen ein Rüppel, ein Heuglin und vor Allen der Levaillant der Nilländer, Alfred Brehm, dem Vogel in seiner östlichen Ieimath Aufmerksamkeit geschenkt und indem sie ihn den \ Sammlungen einverleibten, zugleich das Wissen von ihm durch einige schätzenswerthe Thatsachen bereichert; aber es geschah dies nur vorübergehend; wie im Fluge. Vogelärmere Gegenden waren er- Naumannia 1858. 24 370 forderlich, um das Auge eines Beobachters mit mehr Stätigkeit auf dieser anspruchslosen und doch so lieblichen Erscheinung haften zu lassen, über die ich hier, wenn auch nicht Erschöpfendes, so doch Genaueres aufzuzeichnen versuchen will. Als die Länder Südeuropas, in denen das sporadische Auftreten von Pyrrhula githaginea nachgewiesen ist, können bisher nur die Provence, Toscana und der griechische Archipelagus mit Sicherheit genannt werden. Am häufigsten sieht sie einer der mittäglichsten Punkte unsres Welttheils, die Insel Malta, ihren Boden betreten. Der Vogel ist dort, wie Schembri*) berichtet, ein zwar immerhin seltener, doch in einer beschränkten Anzahl von Individuen fast jeden Winter eintreffender Gast, dessen vorübergehender Aufenthalt in die Monate vom December bis März zu fallen pflegt. Prinz Carl Lucian Bonaparte, der ihn nach lebenden aus Malta erhaltenen Exemplaren in seiner Iconographia Faunae italicae abbildet,**) sagt uns über sein Vorkommen auf dem Festlande der apenninischen Halbinsel nur, dass Paolo Savi so glücklich gewesen sei, bei Pisa einen derartigen Rosen- gimpel mit dem Kauz auf Leimruthen zu fangen. In desselben Autors mit Schlegel gemeinschaftlich herausgegebener „Monographie des Loxiens“ finden wir ebenfalls Malta als die einzige Localität Europas bezeichnet, wo dieser Fink „regelmässiger auf dem Zuge einzusprechen scheine.“ Die höchst eigenthümlich sonoren Töne, welche er hören lässt, haben ihm im Malteser Dialecte den Namen „Trumbettier“ (Trompeter) verschafft, der nicht passendershätte ge- wählt werden können, wie ihn denn bereits Bonaparte für den natur- gemässesten von allen erklärt, während Cabanis auf ihn seine für diese Art vorgeschlagene generische Benennung: Bucanetes gründet. Wer sich übrigens mit der heut zu Tage beliebten übergrossen Ver- vielfältigung der Gattungen nicht befreunden kann, wird es vielleicht vorziehen, in unsrem Vogel nichts als eine durch stärkeren Schnabel *) Catalogo orn. del gruppo di Malta 1343. **) Und noch einmal in der Monographie des Loxiens. Eine andre zwar weniger feine, aber recht kenntliche und treue Abbildung findet sich in Roux, Or- nithologie provencale. T.74. Eine vierte hat Gould in seinen Prachtwerke „The birds of Europe“ auf Tafel 208 geliefert, eine viel frühere Temminck. Pl. enl. 400 £. 1. und 2. Die erste, mir bis jetzt nicht zugänglich gewordene bildliche Darstellung des Vogels enthält die Deseription de l’Egypte auf T. 5. fig. 8. 371 und terrestre Lebensweise allerdings aberrante Form von Pyrrhula zu erblicken, die ein gemeinsamer Grundtypus des Colorits nicht allzufern von P. sinaitica, erythrina, rosea u.a. m. zu stellen gestattet, oder er wird mit skeptischem Achselzucken zusehen, wie die Gelehrten aus einem von Volk so treffend genannten Gimpel, dessen Lebens- weise ihnen vollkommen unbekannt war, nach einander eine Fringilla, eine Pyrrhula, einen Carpodacus, eine Erythrospiza, einen Erythro- thoraz, und einen Serinus gemacht haben! Welches ist nun aber das eigentliche Vaterland dieser nur die wärmsten Theile der mediterraneischen Region Europa’s flüchtig be- rührenden Loxie? — Unstreitig werden wir, um es aufzusuchen, unsre Blicke einem noch entlegneren Süden zuwenden müssen. Dem ist in der That so, denn es ist ein Vogel der Sabara und ihrer Säume, ein echter Wüstenfink, mit dem wir es hier zu thun haben. Weit jenseit der fruchtbaren Küstenzone Nordafrika’s, die das Mittelmeer südwärts begrenzend, Fauna und Flora fast durchweg mit dem gesammten Becken dieses ungeheuren Binnenwassers theilt; jenseit des Atlasgebirges, hinter dem Tell der ackerbauenden Araber, erschliesst sich mit dem Horizont der Wüste ein neues geheimniss- volles Reich, in dem uns eine zwar kärgliche aber fremde Welt von Pflanzen und Thieren entgegentritt. Denn nicht Alles ist Tod und Schweigen in dieser gefürchteten Sahara; nicht überall ist sie das schreckenerregende Sandmeer, das unter dem Gifthauche des Samum seine Wogen schlägt. Sie hat ihre Brunnen längs der Caravanen- strassen, ihre palmenbeschatteten Oasen, ihre unter dem Fall der Winterregen von wasserreichen Bächen durchflutheten Wadis und, nicht nur am Rande, auch im tiefen Innern schmückt sie sich hin und wieder mit Buschwaldung von Mimosen und Tamarisken. Selbst dem üödesten Kiesgrund entspriessen zur rechten Jahreszeit eigen- thümliche Wüstenpflanzen: Halfagräser und die am Boden rankende oft meilenweite Strecken gesellig übergrünende Coloquinte, von deren bittern Melonenfrüchten sich der Strauss nährt. Wo aber Pflanzen- leben mit den anorganischen Massen um die Stätte ringt, da schauen wir auch nach der Thierwelt uns nicht vergebens um. Wie abwech- selnd sich nun auch die Bodenbeschaffenheit dieses unermesslichen von Meer zu Meer, vom Euphrat zum Senegal, reichenden Wüsten- gürtels darstellen möge, dessen Wandlungen der ihn durchstreifende Nomade mit hundert Worten der arabischen und Berbersprache nennt, 24% 372 immer wird es im grossen Ganzen ein Stempel gewaltiger Oede und Unfruchtbarkeit sein, den die Natur ihm aufdrückte und demgemäss wird auch der Charakter seiner Fauna ein damit harmonirendes Ge- präge tragen, das schon in der äussern Erscheinung einer durchweg einförmigen, dem Colorit des oft nackten Erdreichs sich anschmiegen- den Färbung hervortritt. Es ist übrigens namentlich die Vogelwelt, und mehr noch als jene der östlich gelegenen libyschen Wüste, die der Sahara im engeren Sinne erst wenig bekannt; denn die muth- vollen Reisenden, welche sie auf dem Schiff der Wüste zu durch- kreuzen wagten, hatten inmitten unzähliger Gefahren Anderes zu thun und im Sinne, als dem beweglichen Treiben der gefiederten Schaaren nachzuspüren. Daher kommt es, dass wir die Sahara-Ornis fast nur aus an ihrer fränkischer Gesittung zugänglicheren Grenzen angestellten Beobachtungen kennen. So sind Oberegypten und Nubien nebst dem südlichen Algerien bisher allein die Striche gewesen, aus denen wir über ein wahrhaft heimathliches Vorkommen unsres kleinen Wüsten- gimpels sichre Kunde hatten. Was wir von seiner geographischen Verbreitung, sowie sonst noch über ihn wissen, beruht nur auf längs der Peripherie seines weiten Territoriums gewonnenen Erfahrungen. Von seinem mehr centralen Auftreten schweigen die Berichte, reden nur Vermuthungen. Bestimmt aber ist er unter den wüstengebornen Vögeln, die sonst fast ohne Ausnahme ein fahles, düsteres Kleid tragen, einer der interessantesten; ohne Zweifel der hübscheste und reichgefärbteste von Allen, das wahre Schoosskind einer meist stief- mütterlichen Natur und ein Beweis mehr dafür, wie unter allen Kli- maten die schöpferische Urkraft der ewigen Nothwendigkeit des Schönen Rechnung getragen hat. Die Ornithologie kennt unsren Vogel erst seit dem berühmten Feldzuge der Franzosen gegen Egypten. Obwohl am Nil und in Palästina Zeuge sehr alter Civilisationen, und Europa so nahe woh- nend, war er doch bis dahin der Systematik fremd geblieben. Kein naturhistorischer Schriftsteller erwähnt seiner vor der wissenschaft- lichen Erforschung Egyptens, die mit dem Degen in der Faust beim Klange jenes berüchtigten Commandos: „Les änes et les savans au milieu du quarr&!* geschah. Seine Geschlechter hatten auf den Sphinxen der Pharaonen geruht, in der Cyrenaika griechische Cultur erblühn und fallen sehen; sie waren um die Tempelpforten des Jupiter Am- mon und um die Zellen der Einsiedler in der Thebais geschlüpft; 373 was kümmerte den Menschen der kleine Vogel; was kümmerte er die erst so spät neugierig gewordene, noch so junge Wissenschaft! Sie erfuhr, etwa als man 1800 zu schreiben begann, dass die Wüsten Afrika’s einen Rosengimpel haben. Wir aber wollen unsern Leser, falls er uns folgen mag, in ein Land führen, wo er, unbeirrt von den Schrecknissen der grossen Wüste und doch in ihrer unmittelbaren Nähe, sich in die Anschau- ung des uns hier beschäftigenden Vogels mit der Musse versenken kann, welche das Gefühl persönlicher Sicherheit giebt; ein Land, in welchem ein längerer Aufenthalt uns selbst genauer mit ihm be- kannt zu werden vergönnte. Die Sahara schliesst nicht mit dem Meere ab: sie hat ihre Vorposten in den Ocean hinausgeschoben. Drei von den capverdischen, zwei von den canarischen Inseln sind kaum etwas Andres als losgerissene Bruchstücke des Sandmeers. Die der letzt genannten Gruppe zugehörigen Eilande Lanzarote und Fu- ertaventura tragen den Wüstencharakter in sehr hohem Grade und selbst ihre westliche Nachbarin, das viel fruchtbarere Gran-Canaria verläugnet, obwohl im Innern baum- und quellenreich, auf weite Strecken den Einfluss der Saharanähe nicht ganz. Auf diesen meer- umschlungenen Thebaiden nun wohnt Pyrrhula githaginea in grosser Anzahl und auf ihrem echt libyschen Boden sind die Beobachtungen gemacht worden, deren Resultate wir hier niederlegen. Der allgemeine Name, den der Wüstentrompeter auf den Canaren trägt, — obwohl er daselbst zu den weniger beachteten, nicht grade Vielen bekannten Vögeln gehört, — ist Pajaro moro (der maurische Vogel) oder Moro schlechtweg. In Canaria heisst er hin und wieder Pajaro majorero (Vogel von Fuertaventura); auf Fuertaventura selbst auch Pispo und nach Berthelot, Gorrion colorado (bunter Sperling.)*) Es ist ein lebhaftes und schönes Vögelchen, von Natur ein wenig stärker als der Canarienvogel, dem das etwas dicke Köpfchen mit dem papageienartig gewölbten Scharlachschnabel, da dasselbe von einem keineswegs kurzen und sehr beweglichen Halse getragen wird, nichts von der Eleganz seiner Formen raubt. Der etwas gedrungene *) Keiner der vogelweisen Orientalisten theilt uns den arabischen Namen von P. githaginea mit; wir möchten, um ihn zu erfahren, es fast wagen, von Herrn Alfred Brehm an Chalil-Effendi zu appelliren. 974 Körper, der meist eine mehr aufrechte als horizontale Stellung ein- nimmt, ruht auf mit verhältnissmässig hohen Tarsen versehenen blass- rothen Beinen, die nebst Füssen und Nägeln von bemerkenswerther Zartheit für einen Vogel sind, der sich fast beständig auf dem harten Erdboden bewegt. Die weit geöffneten, dunkelbraunen Augen heben sich vermittelst eines Kranzes weisslicher Federchen vortheilhaft von dem Grundton des Gefieders ab, welehes nur iu der ersten Jugend vom Falb der Wüstenbewohner — im vollendeten Kleide des Männ- chens aus einer überaus reizenden Mischung von Atlasgrau und Rosenroth oder vielmehr einer dem Blutroth sich nähernden Nuance des letzteren besteht. Wenn diese zwei Farben schon beim Mauer- läufer der Alpen scharf gesondert, eine blumenhaft schöne Wirkung hervorbringen, so erscheinen sie hier, durch die sanftesten Schattirungen in einander überfliessend, von nicht weniger reichem, nur milderem Effect. Das Roth gewinnt mit vorschreitendem Alter des Vogels alljährlich an Ausdehnung und Intensität; es tritt im Frühling, wo das Gefieder den höchsten Grad der Ausfärbung erreicht, am vollendetsten auf, so dass es dann den purpurnen Schmelz der die Saat schmückenden Radeblume (Agrostemma Githago), die dem Vogel den Namen lieh, an Schönheit weit hinter sich zurücklässt. Der Schnabel besitzt zur Fortpflanzungszeit im höchsten Maasse jenes wundervolle Corallenroth, das, den Moro von fernher sichtbar machend, ihm zugleich unter allen Fringillen der canarischen Inseln das exo- tischste Ansehn giebt. Gegen den Herbst hin verblasst er zusehends; ebenso am lange kränkelnden Vogel; beim Weibchen ist er nur ge- sättigt Gelbroth. Die Männchen tragen häufig ein in der Farbe von einander recht abweichendes Federkleid, je nachdem das Roth darin zu grösserer oder geringerer Entfaltung gelangt ist. Mannigfache Farbenabstufungen liegen zwischen den Extremen mitteninne. Ich habe Individuen gesehn, die wie in Blut getaucht aussahen und der- gleichen Geschossene aus der Jagdtasche gezogen, bei deren Anblick ich äussern hörte, das könne wohl nicht die natürliche Farbe des Vogels sein; er müsse im Blut gelegen haben.*) *) Nach dem, was Herr Dr. Buvry mir mittheilt, sind die Githagineas Al- geriens von hervorstechenderem Roth als die egyptischen. Man könnte daher vielleicht eine intensiv gefärbtere westliche Localrace annehmen und zu dieser würde natürlich der Vogel der Canaren mitgerechnet werden müssen. Er 375 Merkwürdig ist, dass das rothe Pigment nicht auf das Gefieder allein beschränkt bleibt, sondern sich auch über die Epidermis des Körpers in einer Weise verbreitet, die einen gerupften Wüstentrom- peter als eine wahre kleine „Rothhaut” erscheinen lässt. Je purpur- farbner das Individuum, desto stärker tritt diese an den unbefiederten Stellen der Brust am sichtbarsten vorhandene Eigenthümlichkeit her- vor. Beide Geschlechter unterscheiden sich nicht durch die Grösse, ihre Länge beträgt 5° — 5° 2‘ rheinländisch, ihre Breite mit aus- gespannten Flügeln 83/,“; ihre Länge von der Schnabelspitze bis an die die halbe Schwanzlänge erreichenden Flügelspitzen: 43/,”. Der Schwanz selbst misst nicht volle 1°/,“, mithin ist er eher kurz als lang zu nen- nen. Er ist leicht gabelspaltig ausgerandet. Der sehr dicke, am Öberkiefer vorzüglich starkgewölbte, seitlich zusammengedrückte Schnabel mit, die untere Kinnlade etwas überragender Spitze, hat längs der oberen Firste gemessen über !/,“ Länge. Er ist an seinem Grunde fast so hoch als lang. Die Nasenlöcher sind mit kleinen Federn und, wie die Basis des Unterkiefers, mit ziemlich dicht stehenden 3—4'" langen Borstenhärchen überdeckt. Die Zunge, von halber Schnabel- länge, ist diek und fleischig, nebst der innern Mundhöhle fleischfarben. Die Tarsen sind nicht ganz 1” hoch. Die Mittelzehe ist doppelt so lang als jede der beiden seitlichen; die Hinterzehe ungefähr eben so lang als die mittlere; sie führt den stärksten und gekrümmtesten der übrigens hornfarbenen Nägel. Die Iris ist dunkelbraun. Ziemlich in die Augen fallend sind dagegen die Farbenunter- schiede der Geschlechter und Altersstufen. Beim alten Männchen sind im Hochzeitskleide Scheitel und Nacken rein aschgrau mit seiden- artigem Glanze, Schultern und Rücken mehr oder weniger bräunlich- aschgrau mit röthlichem, durch so gefärbte Federränder gebildetem Anfluge; die grösseren Flügeldecken blassbräunlich, breit rosenroth gerandet; Schwingen (17—]18 Federn in jedem Flügel, bei der Spe- cies überhaupt die 3 äussersten gleich lang, die vierte schon kürzer) und die 12 Steuerfedern dunkel braungrau, an der äusseren Fahne karminroth, an der innern weisslich gesäumt; an der Spitze etwas breitere, verwaschen weissliche Ränder tragend. Dieser dunklere Mantel lässt, indem er sich vorn zu öffnen scheint, ein Unterkleid frei, das aus einem mattglänzenden, schwer zu beschreibenden Ge- misch von Atlasgrau und Rosa besteht und namentlich an der Stirne, 376 ; den Zügeln, der Kehle und oberen Augengegend, bis gegen die Backen hin — am intensivsten um den Schnabel herum — sowie am Bürzel, in reines rosiges Karmin übergeht. Mehr oder weniger stark hervortretende, breitere oder schmälere rothe Ränder jeder einzelnen Feder bedingen dies Farbenamalgam. Bauch und untere Steissfedern sind blass rosenröthlich. Ganz alte, besonders schön ausgefärbte Männchen zeigen auch rothgesäumte Achselfedern und einen viel stärker röthlich angehauchten Rücken. Die Unterseite ist bei solchen fast ganz dunkelrosa; über- haupt der Purpur aller Theile von gesättigterer Karminfarbe, als bei Jüngeren, mitunter fast blutroth. Im Herbst ist das Männchen weniger schön. Es gleicht dann mehr dem Weibchen, d. h. das Roth des gesammten Gefieders ist weniger hervorstechend und das Aschgrau des Oberleibes in ein etwas stumpfes Graubraun verwandelt, weshalb, mehr aber noch beim Ab- legen des Jugendkleides, die Vögel während der Mauser, oben stark marmorirt aussehen. Ein röthlicher Anflug des Rückens ist übrigens selbst in diesem Stadium wahrnehmbar; auch der Bürzel meist rein roth. Bei seiner ersten Mauser schon nimmt das junge Männchen Blassrosa an, während es oben dunkelgraubraun wird. Was es an Roth besitzt, hat aber dann noch schmale gelbliche Federränder und erscheint dadurch getrübt. Zuerst zeigt das Rosenroth sich an der Unterbrust, an der Kehle und in der Umgebung des Schnabels, mehr unten als oben; in einem ganz schmalen Streifen jedoch auch an der Stirn; dann an den unteren Steissfedern, die schmutzig rosen- röthlich werden, und an den Säumen der grossen Flügeldecken; un- reiner und mehr graulich am Bürzel. Das Weibchen ist am ganzen Oberleibe bräunlichgrau. Diese Färbung verliert sich allmälig in die hellere der Unterseite, die von der Kehle bis zu dem weisslichen Bauche exclusive, röthlich über- flogen ist und überhaupt einen rothgrauen Farbenton zeigt. Am meisten spielt dieser noch an der Kehle, unmittelbar unter dem Schnabel ins reine Rosa. Der Bürzel ist von ziemlich gesättigter, doch unrein rosenrother Farbe, die nach hinten zu durch die breiter werdenden Säume an Intensität zunimmt. Die Schulterfedern sind schmutzig rosenroth gekantet; die innern Flügelfedern weisslich. Die grösseren Flügeldecken, Schwung- und Schwanzfedern gleichen denen des Männchens, nur sind sie nach aussen schmäler und viel 317 weniger rein karminroth gerändert. Wie beim Männchen sind die Kanten der mittleren Steissfedern am breitesten; je mehr nach aussen, desto schmäler und grauer werden sie. An den beiden äussersten des Weibchens erscheinen sie ganz blassgrau. Die unteren Schwanz- decken sind zunächst dem After blassrothgrau, weiter hinten, wo sie an Grösse zunehmen, weissgrau mit undeutlich bräunlichen Schaft- strichen. Die Füsse des Weibehens sind von blasserem Roth als die des Männchens. Bei beiden Geschlechtern sind die Flügel stets ohne jede Binde; auch ist zu keiner Zeit irgend welche Strichelung oder Flammung des Gefieders vorhanden. Das Jugendkleid ist von dem der Erwachsenen durchaus abweichend. Der Vogel trägt, wenn er das Nest verlässt, jene helllchm- oder schmutzig isabellgelbe Livree, die Degland mit Unrecht auch dem weiblichen Geschlecht zuschreibt. Diese Färbung geht unten, von der Kehle an ins Weissliche über, ohne je- doch auch hier eine Strichelung darzubieten. Von Roth ist keine Spur da, auch nicht auf dem gleichfalls isabellgelben Bürzel. Gelblich sind auch die Backen und unteren Schwanzdecken. Der Bauch ist schmutzigweiss. Grössere und kleinere Flügeldecken, Schwingen und Schwanz haben eine schwärzlichbraune Farbe mit zweiseitiger graugelber Säumung. Schnabel und Füsse sind fleischfarben. — Wer die Wohnsitze der Pyrrhula githaginea kennen lernen will, darf nicht erwarten, von mir, wie damals, als ich den wilden Cana- rienvogel schilderte, in die Gärten der Hesperiden, durch blumen- reiche Thalschluchten oder an den Saum der Lorbeerwälder geführt zu werden. Die „glücklichen“ Inseln sind keineswegs allerorten das mit ewigem Grün geschmückte Paradies, wie die Phantasie des Nord- länders sie sich ausmalt. Gar Mancher, der auf der Fahrt nach fremden Weltheilen begriffen, diese Landmarken der Schifffahrt zur heissen Sommerszeit aus dem Meere auftauchen sah, ist zurückge- bebt vor der schauerlichen Nacktheit ihrer verglasten Klippen, vor dem Anblicke dieses öden Landes, das aschgrau und ziegelroth, von Lava- und Tuffströmen bald schwarz bald weiss gestreift, in allen Farben, Grün, wie es scheint, allein ausgenommen, vor ihm daliegt und hat, mit den Eilanden -—- einen schönen Traum mehr hinter sich gelassen. Die beiden östlichen Inseln zumal bieten in ihrer ganzen Ausdehnung eine Reihe von Wüstenlandschaften dar, wie sie Arabien und Afrika nicht krasser aufzuweisen haben. Ihre kahlen Wildnisse mahnen lebhaft an die Nachbarschaft der Sahara. Lanzarote starrt 378 von vulcanischer Asche und den noch heissen Laven seiner feuer- speienden Berge; die Mittagsseite Gran Canarias hat gelbe, weithin pflanzenlose Kalk- oder Toseaflächen, wehenden und glutherhitzten. Dünensand; mehr als Alles aber ist Fuertaventura ein seltsam ödes Land. Da giebt es, zumal im unbebauteren Süden der Insel, nichts als einen verbrannten Boden mit Basaltfragmenten übersäet; geröll- bedecekte Hügel, auf denen in verzweifelnder Monotonie meilenweit nichts wächst als die strauchige Euphorbie, nichts wuchert als der runde Dornbusch der Agulaya, an den Küsten Schlackenfels mit weissem Flugsand abwechselnd, in den Niederungen Tamariskenge- büsch; dahinter in der braunen Ferne irgend ein Aschenkegel oder die Stämme hoher Dattelpalmen mastengleich und gesellig um eine feuchtere Stelle herum aufstrebend. Das sind die Züge unter denen dort die Natur sich dem Wandrer zeigt; melancholische Bilder nur entrollt sie vor seinen Blicken, wenn er zu Kameel, wie landesüblich seines Weges zieht. Aber es haben auch diese ihren Reiz. Glänzt ja doch fast überall hinter dem dürren Lande das endlose Meer mit seiner die Seele erquiekenden Frische und wo gäbe es noch einen Himmel von so wunderbarer Bläue, wo Nachts einen sternenreicheren, als er sich über die Einsamkeit dieser von der Welt abgeschiedenen Insel spannt! Und dann, dass man kein Misstrauen auf ihr kennt, vor keiner Gefahr zu zittern braucht, weil die Menschen dort so einfach und gut geblieben von alten Zeiten her bis auf den heutigen Tag. Man bedarf nieht der Haine und Quellen, um froh gestimmt zu werden, wo so viel Herzlichkeit herrscht, wo jede Hütte dem Fremdling offen steht und der Wandrer dem Wandrer in den tiefsten Einöden begegnend, allezeit freundlichen Gruss bietet, ein Anerbieten von Beistand, wo’s etwa Noth thäte und, wenn die Pfade sich schnell kreuzen, zwischen Unbekannten, ein: „Woher und wohin, Landsmann ?“ und ein frommes: „Vaya Ud con Dios y con la Virgen!“*) zum Abschiede. Wie so ganz anders stehen doch die Dinge sechszehn oder zwanzig Meilen weiter ostwärts, wo hinter dem breiten Meeresarme die Tierra del Moro, das ungläubige Räuberland liegt. Von dort mag in der Urzeit der kleine Wüstentrompeter her- über gekommen sein; wer kann wissen, wie viele Jahrtausende vor *) „Geht mit Gott und der heiligen Jungfrau!“ 379 den friedlichen Hirtenstämmen von Berberblut, die — man weiss nicht wie früh — das Inselland zuerst bevölkerten. Ihre Ahnen mochten’ ihn an den Katarakten des Nil, ihre Väter ihn am Fuss des Atlas gekannt haben. Jetzt, wo, was von ihnen übrig geblieben, seit länger als vierhundert Jahren spanisch reden und zu den Heiligen beten gelernt hat, könnte vielleicht, wenn seine Stimme verstanden würde, das rothgraue Vögelchen der Steinwüste sie an ihre vergessne Abkunft erinnern. Wir treffen den Wüstentrompeter als zum Theil häufigen Brut- vogel auf Lanzarote, Fuertaventura und Gran Canaria an. Er lebt auf letzterer Insel kaum minder häufig als auf den beiden anderen, welche die Verfasser der Ornithologie canarienne für sein alleiniges Heimathland innerhalb des Archipels hielten. Ich fand ihn über die ganze östliche Hälfte Canarias verbreitet und habe Grund anzuneh- men, er möge auch in den mehr nach Abend zu gelegenen Theilen desselben nicht fehlen, mithin erst der Canal, über den der Teyde seinen Schatten wirft, die äusserste Grenze seines Vorkommens bil- den. Die Oertlichkeiten, an denen er mir aufstiess, umfassen, von dem Städtchen Arucas im Norden beginnend, die bei weitem grössere Hälfte der Insel. Ich traf die Ersten im April 1856 auf einer Ex- eursion nach der Caldera von Bandama an der Heerstrasse, die von Ciudad de las Palmas in die Vegas des Innern führt und begrüsste sie freudig, wie alte Bekannte, denen man unerwartet begegnet. Nah bei der Hauptstadt brütet er weniger zahlreich; er zeigt sich daselbst und in der Umgebung ihres Hafenplatzes, Puerto de la Luz, erst mit beginnender Strichzeit in Menge. Die Gegenden, in denen ich den Vogel sonst noch auf Canaria beobachtete, sind die Distriete von Jinamar, Carrizal und Juan-grande. Nirgend war er indess häufiger und sein Wohnort anziehender, als bei Arguineguin, wo er in Flügen die Trümmerhaufen und Grabhügel einer zur Zeit der Eroberung durch die Spanier zerstörten Stadt der Ureinwohner be- lebte, die noch heut ein Vorgebirge bedecken, das — an grottenreiche Felsen gelehnt, Fichtenhochwald im Hintergrund — ein unvergleich- liches Panorama beherrschend, über die See zum Pik von Teneriffa hinüberschaut. Die westlicher gelegenen Inseln der Gruppe hat der Pajaro moro gemieden; wohl weil der dieselben ursprünglich bedeckende diehte Waldwuchs ihn zurückschreekte. Er ist auf Teneriffa, Go- 380 mera, Palma und Ferro bisher nicht einmal als Gast beobachtet worden; obwohl er gelegentlich sich wohl einmal auch dorthin ver- fliegen mag. Das Terrain, wenn Pyrrhula güthaginea es lieben soll, muss vor Allem baumlos sein und von der Sonne der heissen Küstenregion beschienen werden. Der schüchterne Vogel will sein Auge frei über die Ebene oder das Hügelgelände schweifen lassen. Was er vor- zieht, sind die dürrsten und steinigsten Orte, wo der in der Mittags- hitze aufsteigende Luftstrom über verbranntem Gestein zittert, so dass von seinem Flimmern und vom Reflex des Lichtes auf dem vegetationsleeren Boden der Wandrer fast erblindet. Nur wenig Gras, im Sommer verdorrt und gelb gebleicht, darf zwischen den Steinen hervorragen; nur hin und wieder niedres Gestrüpp der Bal- samerzeugenden Tabayba (Euphorbia balsamifera) oder des stachligen Prenanthes, den nur das Dromedar frist, zerstreut der Erde entspros- sen, damit dem Wüstentrompeter wohl sei an einer Stelle. Da lebt er denn, mehr Geröll- als Felsenvogel — eine Loxie mit den Sitten eines Steinschmätzers! — stets gesellig, wenn die Sorgen der Fortpflanzung ihn nicht isoliren, familienweis oder in kleinen Truppen. Von Stein zu Stein tanzt das muntere Vögelchen oder es gleitet in meist niedrigem Fluge dahin. Selten vermag der Blick es weit in die Landschaft hinaus zu verfolgen; denn das röthlich graue Gefieder der Alten verschmilzt so unmerkbar‘ mit der gleichartigen Färbung der Steine und mehr noch der blattlosen Euphorbienstämme und Zweige, wie das Isabell der Jungen mit dem fahlen Gelb von Sand, Tuftstein oder Kalk. Dazu kommt noch jenes Flimmern der unteren Luftschichten in der an Spiegelungen und Sinnestäuschungen so reichen Wüste, die uns erst recht erkennen lehrt, wie unentbehrlich das wohlthuende Grün einer zusammenhängenden Pflanzendecke doch dem menschlichen Auge ist. Gar bald würden wir seine Spur ver- lieren, wenn nicht die Stimme, das wunderbar sprechende Organ, welches eine der grössten Merkwürdigkeiten des Vogels ist, unser Wegweiser, ihn aufzusuchen, würde. Horch! Ein Ton wie der einer kleinen Trompete zittert durch die Luft: gedehnt, vibrirend, und wenn unser Ohr ein feines ist und wir gut gehört haben, werden wir diesem seltsamen Klange vorhergehend oder unmittelbar nach ihm, ein Paar leise, silberhelle Noten vernommen haben, die wie die kaum hörbaren Aecorde einer von unsichtbaren Händen gerührten Harmo- 381 .nika, glockenrein durch die stille Wüste hinklangen. Oder es sind sonderbar tiefe, dem Gequak des canarischen Laubfrosches nicht un- ähnliche, nur weniger rauhe Sylben, die, hastig wiederholt, hinter einander ausgestossen werden und die das Thierchen selbst mit fast gleichen, aber schwächeren Lauten, bauchrednerisch, als kämen sie aus weiter Ferne, beantwortet. Nichts ist wohl misslicher, als Vogel- töne durch Buchstaben unsrer Alphabete wiedergeben zu wollen. Beim Moro dürfte dies vorzugsweise schwierig sein. Es sind eben Stimmen aus einer besonderen für sich bestehenden Sphäre, die man vernommen haben muss, um sich eine richtige, Vorstellung davon zu machen. Niemand wird einen wirklichen Gesang von einem Vogel so beschaffner Gegenden erwarten. Die erwähnten, abenteuerlichen Klänge, denen er oft noch eine Reihenfolge krähender und schnur- render anhängt, vertreten bei ihm die Stelle eines solchen. Sie passen in ihrer Seltsamkeit so vollkommen zu der gleichfalls ungewöhnlichen Umgebung, dass man ihnen stets freudig lauscht und auf sie- horcht, sobald sie schweigen. Diese Trompetenstösse en miniature sind wie eine der melancholischen Stimmen der Wüste selbst oder als ob die Djinns der Einöde redeten, „Vox clamantis in deserto“. Da, wo das Erdreich, wie z. B. auf dem Isthmus el Hable zwischen Fuertaventura und dessen südlicher Verlängerung, der Halbinsel Handia, aus nichts als Flugsand besteht, verschwindet der Moro. Er ist nicht dazu gemacht, wie ein Brachhuhn oder ein Cursorius isabellinus über den Sand zu laufen. Auch steiles felsiges Gebirg scheint er nicht grade aufzusuchen; wenigstens habe ich ihn in letz- terem nur einmal, über der Ansiedelung Cofeito angetroffen, bald nachdem ich im April des Jahres 1852 ihm auf Handia zum ersten- male in meinem Leben begegnet war. Desto mehr liebt er das Malpais, jene öden, schwarzen Lavaströme, voll gletscherartig klaf- fender Risse und Schlünde, auf denen kaum ein Hälmehen grünt, die ihm aber durch die sicheren Schlupfwinkel, welche sie in ihren Höhlungen darbieten, anzulocken scheinen. Nie sieht man den Wüstentrompeter sich auf einem Baum oder Strauch niederlassen, wie es der Steinsperling, der überall mehr nach oben strebt, so gerne thut, In bewohnteren Distrieten sind diese Vögel ziemlich scheu; da aber, wo, wie in Handia und fast im ganzen Süden Fuertaven- turas, das Schweigen und die Einsamkeit der Wüste sie umgiebt, noch recht zutraulich: am meisten die Jungen, «die man oft unver- 382 muthet auf einem Stein neben sich sitzen und einem mit den mun- teren schwarzen Aeuglein ins Gesicht schauen sieht. Die Nahrung des Vogels besteht in der Freiheit ganz oder fast allein aus Pflanzenstoffen, namentlich aus den Sämereien von Gräsern, die man im Magen der Erlegten als mehlartigen Brei vorfindet. Auch nach ölhaltigen Körnchen, wie sie Compositen und Cruciferen er- zeugen, ist er begierig. Er schält alle diese, nach Fringillenart, aufs sorefältigste, indem er sie zwischen den Kiefern seines kräftigen Schnabels hin und her bewegt; mag auch wohl, da er sie sich in der Gefangenschaft so. gut schmecken lässt, draussen zarte, junge Blätter verzehren. Obgleich die Moros als Bewohner sehr trockner Gegenden, lange dursten können, so ist es ihnen doch nicht möglich, das Wasser auf die Dauer zu entbehren. Wie spärlich, trüb und lau auch die Quelle rinnt oder der Teich stagnirt, sie müssen durch einen, wenn auch meilenweiten Flug, täglich einmal wenigstens erreichbar sein. Daher sind diese Finken in der Sahara, wie vorauszusetzen war und wie es die im Dattellande Algeriens, namentlich bei Biskra, von Herrn Dr. Buvry gesammelten Erfahrungen bestätigen, auf die Nachbarschaft der Oasen angewiesen. Ihr Er- scheinen ist für vom Durst gequälte Caravanen immer ein günstiges Augurium. Ich selbst sah sie auf den Canaren meist Morgens und Nachmittags, stets zu mehren, zur Tränke fliegen. Sie trinken viel auf einmal, in langen Zügen, zwischen welchen sie den Kopf erheben, baden sich auch wohl nachher im seichten Wasser, wenn es vom Schlamm nicht allzusehr verunreinigt ist. Nie habe ich sie im Sande, wie Sperlinge thun, sich wälzen und stäuben sehen. Die Brutzeit beginnt im März. Der Gewohnheit der meisten Wüstenvögel treu, wird das Nest so versteckt angebracht und mit so ungemeiner Vorsicht verhehlt, dass man es nur selten auffindet. Mir ist es nie gelungen eines zu entdecken, wie vielfach ich mich auch danach umgeschaut habe. Ebenso vergeblich suchte Brehm in Egypten nach demselben. Im Märzmonat sah er diese Pyrrhulas Baustoff eintragen, „doch schreibt er, wollte es mir nicht gelingen, mehr zu entdecken; die Felsmassen zu beiden Ufern des Nils bieten auch dem niedlichen Vogel meist einen viel zu ausgedehnten und zu überaus günstigen Nistplatz dar, als dass ein Sammler Nachsuchungen zu diesem Zwecke mit Erfolg betreiben könnte.” Ich weiss je- doch von Augenzeugen namentlich von den Ziegenhirten Fuertaven- 383 turas, dass die Moros, wo Malpays vorhanden, am liebsten in dessen Schründen nisten, sonst aber ihr Nest auf der Erde unter grosse, überhängende Steine bauen. An solch einer Stelle hatte es der Mayordomo von Arguineguin, wie er mir erzählte, als Knabe bei Jinamar auf Canaria gefunden. Auch steht es bisweilen in den Zwischenräumen der Feldsteine, aus denen die die Sequeros oder trocknen Acker umgebenden Mauern roh aufgethürmt sind und in Felsspalten mit weitem Eingange. Es hat einen ziemlich tiefen Napf und ist kunstlos aus dem groben Stroh der Wüstengräser geflochten: innen mit grösseren Federn, meist des Gangahuhns und der Hubara, auch wohl mit einem Paar Flocken Kameelwolle oder Ziegen- haar leicht gepolstert. Die Zahl der Eier, die es enthält, beträgt 3 — 5. Wie viele Bruten jährlich gemacht werden, bin ich nicht im Stande mit Gewissheit anzugeben. Weniger als zwei möchten es indess nicht leicht sein, da ich noch im Juli die Alten paarweis bei- sammen traf; auch der Vogel an für ihn geeigneten Orten individuen- reich genug ist. Die flüggegewordenen Jungen streifen in Trupps umher, denen sich nach Erfüllung ihrer ehelichen Obliegenheiten auch die Eltern, deren Mauser in der zweiten Hälfte des Juli an- fängt, zugesellen und sie so zahlreicher machen. Im Herbst und Winter werden diese Schaaren durch viele aus Afrika herüberkom- mende verstärkt, denen es ein Leichtes ist, den Meeresarm zwischen den Inseln und de" Küste zu überfliegen. Man hat schon ermüdete Moros am Bord der Fahrzeuge, mit denen die Isleüofischer auf jener von grösseren Schiffen gemiedenen See kreuzen, sich niederlassen sehen. Diese Reisen erklären, indem sie uns den Wüstentrompeter als Strichvogel kennen lehren, das Phänomen seines alljährlichen Erscheinens auf Malta, dem ja, wie den canarischen Inseln die west- liche Sahara, nur in etwas weiteren Abstande, die grade dort das Mittelmeer erreichende Wüste der Syrten Front macht. Ein eigent- liches Ziehen sind diese Streifereien nicht, mehr ein Herumschweifen, wie so viele Fringillen, im Gegensatz zu den nach einer bestimmten Richtung, meist südwärts wandernden Sylvien, ete. es treiben. Der Wüstentrompeter ist in seinem insularen Vaterlande, so weit meine Wahrnehmungen reichen, wenig Nachstellungen ausge- setzt: er kann im „Reich der Steine” nach Herzenslust ein sorgen- freies Leben führen. Keine Schlange bedroht ihn oder seine Kinder, es giebt ja deren überhaupt keine auf den Canaren; auch ausser ver- 384 - wilderten Katzen, die buschreiche Stellen aufsuchen und einzelnen davongelaufenen Frettchen, kein vierfüssiges Raubthier. Des Moro Nachbar, der Thurmfalk scheint in gutem Einverständniss mit ihm zu leben, so dreist wagt sich das Vögelchen in seine Nähe. Auch die Schleiereule, wenn sie zur Nachtzeit geräuschlos, wie ein weiss- leuchtendes Phantom, über das Blachfeld streicht, findet ihn wohl kaum unter den flachen Steinen und in den Klüften, die seinen Schlummer schützen. Nur vor der Gabelweihe (Milvus regalis) mag er sich zu hüten haben. Der grosse Verfolger der Thierwelt aber, der Mensch, achtet in jenen Gegenden auf kleine Vögel nur wenig; auf diesen insbesondere fast nie. Das muss ein Fremder, ein „Na- turalista“ sein, der ihn eines Schuss Pulvers werth hält, ihm-in bren- nender Sonnenhitze mit der Flinte nachschleicht. Dem Moro, der dann fällt, wars bestimmt, aus Liebe getödet zu werden, aus Hass oder Interesse wird er es gewiss nicht. Ich habe Wüstentrompeter genug geschossen: erst auf Handia; dann später als ich das Schloss von la Oliva bewohnte, in grosser Anzahl. Einmal — unweit los Lajares, an der Tränke erinnre ich mich, eine ganze Jagdtasche voll dieser allerliebsten Vögel erlegt und mit nach Haus gebracht zu haben. Immer neue und neue waren erschienen, nachdem das Blei die Reihen ihrer Vorgänger niedergestreckt hatte. Es war um die Nach- mittagszeit und die Gegend ringsum sehr wasserarm. i Lange hat es gedauert, ehe es mir gelang, lebende Wüstentrom- peter zu erhalten. In Fuertaventura blieben alle meine Bemühungen fruchtlos. Erst in Canaria vier Jahre später war ich glücklich genug, diesen sehnlichen Wunsch erfüllt zu sehen. Es würde die Geduld des Lesers ermüden, wollte ich erzählen, auf wie abenteuerliche und mysteriöse Weise ich, nachdem die halbe Stadt Las Palmas von diesem meinem Verlangen geredet, zuletzt doch zum Ziele gelangte und die ersten dieser Vögel aus den Händen eines in der Vorstadt S. Juan wohnenden Mannes erhielt, der Ramon Lopez hiess und, — man schaudere — Niemand anders als der „Verdugo“, zu Deutsch: der Henker, von Canaria war. Nun erfuhr ich auch, wie man, was ich bisher mit Unrecht für äusserst schwer gehalten, — Moros fängt. Man bedarf dazu eines Garnes und eines Reclamo oder Lockvogels derselben Art. Diesen fesselt man in irgend einem wüsten Thalgrunde oder am Rande eines Stoppelfeldes, möglichst fern von Baum und Busch, 385 wo man weiss, dass dergleichen Vögel umherstreifen, zu ebener Erde an. Bald wird sein unaufhörlich ausgestossener Lockton die wilden Cameraden herbeirufen. Sie lassen sich aus der Luft nieder; sie hüpfen, wie tanzend von einem Stein zum andern. Einen Augen- blick noch zaudern sie, aber schon sind sie so nahe, dass man ihre Farben erkennen, ihre Augen glänzen schen kann. Sie pieken von dem rings um den Lockvogel herum ausgestreuten Futter und wenige Sekunden später klappt das Netz über ihnen zusammen: sie sind ge- fangen! Anfangs trotzig und wild, bequemen sie sich doch bald, den Canariensamen, den man ihnen vorlegt, als Nahrung anzunehmen. Dieser Fang ist ein Vergnügen, das ich mich wohl rühmen darf, vor anderen Ornithologen voraus gehabt und in vollem Maasse genossen zu haben. Welch eine Lust, so in früher Morgenstunde mit der Fangschnur in der Hand hinter einem Felsblock oder auch, in an- gemessner Entfernung, ganz frei dazuliegen und durch reichliche Beute seine Mühe belohnt zu sehen! Man fängt an solchen Orten auch Steinsperlinge, Stieglitze, Hänflinge, Calandrella-Lerchen, spanische Sperlinge und hin und wieder einen kleinen Stösser, der den Lockvögeln zu Leibe will. Da ich zehn Wüstentrompeter mit nach Deutschland gebracht habe und deren noch mehre besitze, bin ich im Stande, über ihr Verhalten als Stubenvögel Auskunft zu geben. Als wir über die Nordsee fuhren und während eines mehrtägigen Sturmes, bei schon winterlicher Jahreszeit, in grosser Gefahr schwebten, liessen die Moros der Kälte trotzend, fortwährend ihr Lied vernehmen. Nie werde ich es vergessen: wir lagen in unserm vom Seewasser durch- nässten Kojen, von oben schlugen die Sturzwellen von Zeit zu Zeit in die Cajüte, seit Nächten war kaum Schlaf in unsre Augen, seit Tagen nichts Warmes über unsre Lippen gekommen. Ich war kaum im Stande, des Morgens aufzustehen; den Vögeln ihr Futter zu reichen und ihren Käfig, der beim Schwanken des Schiffes Gefahr lief, zer- trümmert zu werden, aufs Neue zu befestigen. Oben schaute man sich — immer vergeblich — nach dem rettenden rothen Felsen von Helgoland um, der uns heimkehrenden ‚Deutschen den ersten Gruss vom Vaterlande bringt. Die nächste Zukunft lag dunkel genug vor uns, Da hörte ich eine junge und schöne Frau, unsre Reisegefährtin von England her, auch eins der Opfer des traurigen Schleswig- 3 Holsteiner Krieges, mit schwacher Stimme sagen: „ Naumannla 1808, 25 o lange die 986 kleinen Rothschnäbel noch trompeten, habe ich Hoffnung; sind die aber still, — dann wird wohl keine mehr für uns sein!“ So hatte ich sie denn aus ıhrer sonnigen Heimath übers Meer mitgebracht, um ein deutsches Herz in Nöthen mit Trost zu erfüllen, noch ehe die Vögel selbst deutschen Boden betraten. Die Gefahr ging vor- über, kurz darauf sahen sie ihn, schneebedeckt, an der Mündung der Elbe. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Moros harte und dauerhafte Vögel sind, die obwohl sie die Wärme, im Norden zur Winterzeit die Nähe des Ofens suchen, doch auch eine ziemlich niedrige Temperatur zu ertragen vermögen. Ich verlor während der Seereise, der andre Vögel so leicht unterliegen, keinen Einzigen von ihnen. Man kann sie in Deutschland recht gut vom April bis Ok- tober im Freien lassen, nur ist es selbstredend, dass sie gegen wirk- lichen, scharfen Frost verwahrt werden müssen. Das Naturell dieser Finken ist sanft und friedlich.*) Sie empfehlen sich durch ihr keckes, graciöses Wesen, durch Zahmheit und grosse Verträglichkeit sowohl unter einander als gegen andre Vögel, vorzüglich aber durch die sonderbaren stark aceentuirten Töne, die sie so fleissig hören lassen. Das Trompeten der Männchen ertönt auch im Spätherbst und Winter. Als grosse Freunde der Geselligkeit rufen und antworten die Thier- chen einander fortwährend. Am angenehmsten aber werden sie im Zimmer ohne Zweifel dadurch, dass sie bei Licht stets munter und meist noch lebhafter als bei Tage sind. Kaum wird die Lampe angezündet, so begrüssen sie ihren Herrn durch Trompeten, ohne durch Flattern wie so viele Inseetenfresser, zu später Stunde lästig zu werden. Sie führen dann die belustigendsten Concerte auf, die man sich denken kann. Bald sind es schöne und helle, aber kurze Trompetenklänge, bald jener langgedehnte dröhnende Ton, der die Hauptnote ihres Gesanges (?) ausmacht. An diesen schliesst sich oft ein Schnurren oder verschiedentlich modulirte Laute, die das *) Einer der Meinigen hatte sich durch einem Zufall den Flügelknochen ge- brochen. Ich beeilte mich, ihn in einem besonderen kleinen Käfig zu sperren: da sass er denn, wohl 14 Tage lang mäuschenstill in einer Ecke am Boden, ohne mehr als die zum Fressen und Saufen unumgänglich nöthigen Bewegungen zu machen. Man konnte ihn fast berühren, ehe er von der Stelle rückte. Dieser fust vernunftähnliche Selbsterhaltungstrieb hatte eine radikale Heilung zur Folge, 387 Miauen der Katzen nachzuahmen schemen. Ein andermal beginnen sie mit Tönen, leis und rein, wie ein Silberglöckehen läutet; darauf folgt dann ein damit kontrastirendes fast ammerartiges Geschnarr. Dem quakenden Tone kä, kä, kä, den sie am häufigsten wiederholen, antwortet in der Regel ein viel tieferer, sacht und kurz ausgestossener. Diese bald rauh, fast krächzend, bald flötend klingenden, immer aber höchst emphatisch vorgetragenen Sylben drücken durch ihre Variationen jede Aenderung in der Gemüthsstimmung des Vogels aus. Selten hört man ein zwar unzusammenhängendes aber langes Geplauder, wie das kleiner Papageien; sie rufen auch, kakelnd wie Hühnchen, kekek, kekeek, drei bis viermal hinter einander. Ein lautes Schak, Schak ist der Ausdruck des Erstaunens oder Miss- trauens beim Anblick ungewohnter Dinge. Jagt man sie und will sie ergreifen, so quaken sie ängstlich. Alle diese Töne sind fast ohne Ausnahme so absonderlich sprechend und vollklingend, dass man erstaunt, sie von einem so kleinen Thier- chen zu vernehmen. Gewiss wäre seine Stimme durch Erziehung einer ähnlichen Vervollkommnung fähig, wie wir sie bei unsrem Dompfaffen bewundern. Am lautesten trompeten die Moromännchen — die Weibchen haben diesen Ton überhaupt nicht — im Frühlinge. Dabei legen sie den Kopf ganz nach hinten über und richten den weit geöffneten Schnabel gerade in die Höhe. Die leiseren Töne werden mit geschlossnem Schnabel hervorgebracht. Ueberhaupt machen die Vögel beim Singen, auch sonst zur Paarungszeit, die komischsten Bewegungen. Sie tanzen förmlich um einander herum und treiben sich scharf, wenn sie in erregter Stimmung sind. Bei der Verfolgung des Weibchens nehmen die Hähnchen nicht selten mit senkrecht emporgerichtetem Körper und weit ausgebreiteten Flügeln die Figur eines Wappenadlers an. Es scheint dann als seien sie im Begriff, den Gegenstand ihrer Zärtlichkeit in die offnen Arme zu schliessen. Auch in der Voliere halten sich die Wüstentrompeter, ihrer Natur gemäss, am liebsten am Boden auf, wo sie auch meist schlafen. Sie lernen jedoch bald, sich auf Sprossen und Stangen zu setzen, Ueber den Erdboden huschen sie mit grosser Schnelligkeit, hüpfend, nicht schreitend, hin. Sie ducken sich viel unter Gegenständen, die sie verbergen können, kriechen aber nie in Höhlungen mit engem Eingange. An der Sonne strecken sie sieh behaglich mit gesträubtem Gefieder aus und bilden zu mehren beisammen, so die reizendsten 25* 338 Gruppen. Man sieht sie nicht oft sich baden. Zur Mauserzeit be- dürfen sie vorzüglich sorgsamer Pflege, da sie ohne eine solche leicht kränkeln und erliegen. Leider verlieren sie in der Gefangen- schaft das prächtige Roth grösstentheils; es verblasst zu einem rosenröthlichen Anfluge an Stirn, Brust und Bürzel, der beim Männchen stärker hervortritt. Immer aber bleiben sie auch so noch, durch nichts mehr als durch den Corallenschnabel, eine stattliche und an- genehme Erscheinung. Man ernährt den Wüstentrompeter, wie andre Finken, mit Sämereien, in deren Auswahl er nicht ekel ist; doch zieht er die grösseren öligen, z. B. Hanf, den mehlhaltigen, wie Hirse und Spitz- samen, vor. Sehr angenehm sind ihm die Kolben von Panicum italicum, die grünen Köpfchen des Löwenzahns, aus denen er die Samen geschickt hervorzuholen versteht, halb oder ganz reife Korn- ähren, die Früchtehen der verschiedenen Amaranthusarten und zarte Blätter von Kohl, Salat, Kreuzkraut oder Miere. Von thierischen Stoffen reizen nur Ameisenpuppen seinen Appetit, lebende Insecten bleiben unberührt. Die Moros sind überhaupt keine Kostverächter und sehr leicht zu erhalten. Ich sah sie in ihrer Heimath mit zer- kleinertem Mais vorlieb nehmen. Weiches Futter: in Milch oder Wasser geweichte Semmel, Obst, ja selbst gekochte Kartoffeln, verzehren sie mit besonderen Wohlbehagen. Die passendste Fütte- rungsmethode für diese Vögel dürfte ein Gemisch von Hirse oder Canariensamen mit ein wenig Hanf und von Zeit zu Zeit daneben etwas Grünes, sein. Die Moros zeigen viel Neigung sich in der Gefangenschaft fortzupflanzen und wären gewiss mit einiger Sorgfalt und Ausdauer leicht völlig zu domesticiren. Da ist nichts von der entschiedenen Abneigung der meisten tropischen Fringillen, sich in unserem Norden einander geschlechtlich zu nähern. Ebenso wenig ist bei ihnen zu diesem Behufe die Anwendung künstlicher Wärme erforderlich. Die Temperatur unserer Frühlinge genügt ihnen vollkommen. Es müssen die eiskalten, mit glühend heissen Tagen "wechselnden Nächte der Sahara sein, die dem Vogel die Empfindlichkeit gegen niedere Wärmegrade genommen und ihn in dem Grade acclimatisirbar ge- macht haben. Die Hähnchen sind so erpicht auf den Genuss der Liebe, dass die meinigen schon im ersten Frühjahr nach dem Verlust ihrer Freiheit beständig Strohhalme in den Schnabel nahmen und et 389 damit die Weibchen umtanzten, als wollten sie ihre Bereitwilligkeit zu den Pflichten eines Familienvaters dadurch zu erkennen geben. Hält man sie von ihres Gleichen getrennt, so nahen sie sich auch andern Vögeln freundschaftlich; ja ich habe es im Juli dieses Sommers erlebt, dass ein Githaginea - Wittwer eine Sperlingstaube (Columba passerina), also ein mehr als doppelt grösseres Thier als er selbst, zu treten versuchte. Im April 1858 setzte ich ein Trompeterpärchen in eine zur Voliere eingerichtete Kammer, deren vergittertes Fenster der Nach- mittagssonne freien Zutritt gestattete, und bald hatte ich die Freude sie alle der Paarung vorangehende Manöver durchmachen zu sehen. Sie trieben sich mit hochaufgerichteter Haube, schnäbelten und fütterten sich aus dem Kropfe, nicht oft zwar, doch dafür um so leidenschaft- licher und stets mit im höchstem Affeet gesträubten Scheitelfedern und herabhängenden, wie krampfhaft zuckenden Flügeln. Zum Nisten wählten sie ein hochhängendes Bauerchen von denen, worin die Harzer ihre Canarienvögel bringen, dessen herausgenommene Holzstäbe es vorn weit offen liessen. Sie zogen Stroh jedem andern Baumaterial vor — Heu und Moos verschmähten sie ganz — und nahmen dabei auf einmal so viel Halme in den Schnabel, als dieser zu fassen vermochte. Inwendig legten sie das Nest mit Federn aus Der Bau; schlicht und einfach, wie er war, ging langsam von Statten und ward obwohl auch das Männchen etwas zu Neste trägt, doch fast ausschliesslich vom Weibehen bewerkstelligt. Nie verweilten Beide längere Zeit zusammen im Neste; kam der Eine hinzu, gleich schlüpfte der Andre hinaus und umgekehrt. Sehr lange Halme, die sie wagrecht trugen, hineinzuschaffen, kostete den bauenden Thierchen oft viel Mühe, da sie dieselben nicht gehörig zu drehen und zu. wenden wussten. Am 24. April Morgens fand ich das erste Ei im Neste. Die folgenden Tage ward täglich ein neues hinzugelegt, bis die Zahl von vieren beisammen war. Die Mutter hatte zwar bis dahin nicht festgesessen, würde aber wahrscheinlich — gegen Störung durch andre Vögel gesichert — gebrütet haben, wäre ich nicht entschlossen gewesen, die Hälfte dieses ersten Geleges auf dem Altar der Oologie zu opfern. Die übriggebliebenen zwei Eier legte ich einer mir als vortrefflich brütend bekannten Canariensie unter, die nach l4tägiger Incubation ein Junges ausbrachte, das gar nicht so hässlich, wie junge Singvögel sonst wohl, vielmehr ganz niedlich 390 aussah. Es war an den nackten Stellen, zu denen vornehmlich der Hals gehörte, fleischfarben, sonst ziemlich dicht mit zartem schnee- weissem wohl 4 langen Flaum bedeckt, der am Oberkopf eine Art abstehenden Häubchens bildete. Der Schnabel war nebst den Mundwinkeln, gelblich. Trotz der guten Pflege, die es von seiner Adoptivmutter genoss, starb es jedoch, kaum eine Woche alt, ohne in dieser Zeit bedeutend gewachsen zu sein; — vielleicht, da es das einzige Junge im Neste war, an den Folgen überreichlicher Atzung Bald schritten meine Trompeterchen zur zweiten Brut. Vom 3. bis 5. Mai bauten sie ein neues Nest, in dem sich diesmal keine Federn zur Ausfütterung befanden. Dies ward jedoch bald darauf wieder verlassen und das alte halbzerstörte ausgebessert und aufs Neue be- zogen. Am 9. Mai lag wieder ein Ei, das erste von dreien darin, aber schon kränkelte das Weibehen und wollte nun, obwohl ich ihm die Eier liess, nicht brüten, sondern flog, mit gesträubtem Gefieder, ängstlich hin und her, als suchte es nach einem ihm instinetmässig bekannten Heilmittel, das die Gefangenschaft ihm versagte. Ganz still und sichtbar betrübt, sass unterdess der treue Gatte neben dem Neste. Er ward erst unruhig, nachdem sein Weibchen — das letzte mir übrige — am 18. Mai gestorben war und seine Ruhelosigkeit hielt mehre Tage an. Dies Weibchen, durch welches die bisher unbekannten Bier zu- erst zur Kenntniss der Oologen gelangten, steht jetzt ausgestöpft, im Berliner Muscum. Die Eier von Pyrrhula githaginea sind für den Vogel ziemlich gross, von Farbe blass meergrünlich oder noch heller, mit zerstreuten rothbraunen Pünctchen und Flecken, die am spitzen Ende sehr ver- einzelt stehen, am stumpfen eine Art Kranz bilden. Dieser zeigt, ausser mehren feinen dünnlinigen Schnörkeln und Ziekzacken, auch nicht selten ziemlich grosse hellrothbraune, an den Rändern ver- waschene Flecke, die meist in ein geschlängeltes Schwänzchen aus- laufen, manchmal aber fast rund sind und in einzelnen Fällen auch über die mehr einfarbige Hälfte des Eies zerstreut stehen. Als eine eigenthümliche Krankheit, die den Wüstentrompeter, wie andre Vögel der canarischen Inseln, zu befallen pflegt, erwähne ich eine lepröse Verdiekung der Oberhaut der Füsse, die mit Hy- pertrophie der Nagelbildung verbunden ist. Die unförmlichen, weisslichen stets trockenen Auswüchse der Zehen, die man beim ge- >. 391 fangenen Vogel mit der Scheere zu verkürzen genöthigt ist, worauf sie indess schnell wieder nachwachsen, bestehen aus honigwabenför- migen Zellen, die schon dem blossen Auge, besser aber noch unter der Loupe, sichtbar sind. Mit der Haut sind diese Excrescenzen innig verwachsen, so dass es unmöglich ist, sie ohne Hülfe eines schneidenden Instruments zu entfernen. Die Vögel können dabei übrigens noch lange am Leben erhalten werden.*) Pyrrhula githaginea soll neuerdings in Palästina wahrgenommen worden sein. Ihre Grenzen gegen Syrien und Arabien hin sind noch nicht bekannt genug. Hemprich und Ehrenberg waren die Ersten, die sie nach den Gelehrten der französischen Expedition wieder beobachteten. Der junge Brehm fand den Vogel in Egypten nicht unterhalb Beni-Souef; bei Assuan, nahe der nubischen Grenze, sah er, mit Vierthaler, viele Ge- sellschaften desselben auf den Trümmern der antiken Stadt. In Nubien selbst traf Brehm südlich vom Wendekreis des Krebses noch Rosen- gimpel in kleinen Flügen. Unter den Vögeln Dongolas, bis wohin der Einfluss des tropischen Klimas reicht, erwähnt er die Species nicht mehr. Er nennt den Vogel „einen stetigen Bewohner Oberegyptens und eines grossen Theils von Nubien.*“ Heuglin dehnt seine Fund- orte nilabwärts etwas weiter aus, indem er sagt, er werde auch in Mittel- Egypten auf Brachfeldern und Felsen gefunden, brüte im April und sei ihm bei Assuan in den Monaten vom Februar bis Juni, nicht aber im Oktober und November vorgekommen, weshalb er nicht entscheiden könne, ob die Art daselbst Standvogel sei oder nicht.**) . Der Wiüstentrompeter wird, ungeachtet seiner Vorzüge, auf den eanarischen Inseln kaum jemals als Stubenvogel gehalten, „por ser *) Steinsperlinge und Hänflinge sind diesem Uebel ebenfalls unterworfen. Ich besitze eine davon ergriffene Fringilla petronia, bei der sich während der Rauhe die Haut der kranken Füsse erneuerte und auf diese Weise nur ein geringer Grad des Leidens zurückblieb. *) Die von Bonaparte bereits mit dem Ausdrucke starken Zweifels eitirte Angabe Brandts, Loria githaginea sei auch eine Bewobnerin des östlichen Si- biriens, erlauben wir uns aus physikalischen Gründen für apokryph zu halten und unbedingt auf einen der verschiedenen Rosengimpel Asiens, unter welchen die nur nach einem Unicum des Berliner Museums bekannte bucharische L. obsolvta, Licht., der unsrigen allerdings nahe steht, zu beziehen, 392 tan comunes“ (weil sie so ‘gemein sind), wie mir ganz neuerdings ein Freund aus Fuertaventura schreibt. Ich glaube indess eher aus Mangel an Liebhaberei, die sich in jenen Gegenden auf einige wenige Singvögel beschränkt. Als Beweis seiner Vortrefflichkeit füge ich noch ein Paar Zeugnisse von Ornithologen über ihn hinzu. Mein Freund Sabin Berthelot, der vieljährige Kenner und erste gründliche Erforscher der canarischen Ormis, sagt von ihm in einem Briefe, den er vom französischen Cousulate zu S. Cruz de Tenerife aus an mich richtete: Il trompette, il miaule: c’est l’enfant de joie de ma voliere! ... 4 Schembri drückt sich über Pyrrhula githaginea folgendermaassen aus: „Er lässt sich sehr leicht zähmen, ohne dadurch seine Munter- keit einzubüssen. Seinem Besitzer wird er durch Zutraulichkeit lieb und werth. Gern ruft er die Sperlinge, plaudert liebevoll mit ihnen und betrachtet sie aufmerksam. Fliegen sie weg oder entfernen sie sich etwas, so sucht er sie mit seinem charakteristischen, scharf schnarrenden Tone, wie der einer hölzernen Trompete, mit der die Kinder spielen, zurückzulocken. Dies ist der Laut, der ihm bei den Maltesern den Namen Trumbettier verschafft hat. Ausser dieser eigenthümlichen Note, hat er noch andre, obwohl der Fürst von Musignano (C. L. Bonaparte) nur den einen erwähnt, der sich durch die Sylbe geh, die er stark vibrirt und volltönend wiederholt, aus- drücken lässt. Man kann sie dureh piü, pitı wiedergeben und er repetirt sie 5 — 6 mal in einem Zuge. Dann folgt nochmals der andre Ton: giü, giü, den er+stolz erklingen lässt und selbst mit seinem charakteristischen Trompeten beantwortet. Der Prinz Bonaparte geht sogar so weit, dem Vogel, ausser dem Trompetentone, noch ein „sehr harmonisches Gezwitscher“ zuzu- schreiben, und sagt an einer andern Stelle von ihm: „Unter seinen Eigenschaften nimmt eine ungewöhnliche Zahmheit und Zutraulichkeit den ersten Platz ein. Wenn ein Paar Sperlinge vorüber fliegen oder sich nahe bei seinem Käfig niederlassen, um Futter aufzupicken, so springt er, vor Freude darüber ganz Leben, hin und her und schaut sie unverwandt an. Fliegen sie davon, so versucht er sie durch drei bis viermal wiederholtes Trompeten zurückzuhalten. Zum Schluss, folgende Synonymie: Pyrrhula Payreaudaei, Audouin. Deser. Egypte. Zool. 1. p. 286. t. 5. fig. 8. (1810?) FERNE UL € worin 393 Fringilla githaginea, Lieht. Doubl. p. 24 No. 242 (1822). F. thebaica, Hemprich in sched. Mus. Berolin. F. rosea, Vieill. (?) sec. sched. Mus. Berolin. Pyrrhula githaginea, Temm. Pl. col. 400. f. 1. 2. — Roux. Ornith. provencale. throspiza githaginea, Bonap. Osserv. regne anim. de Cuv. p. 80 spiza guNnag pP 8 pP No,..3. Carpodacus Payreaudaei, Gray. Gen. Birds No. 8. Bucanetes githagineus, Trompetergimpel. Cab. Mus. Hein. p. 164. Serinus githagineus, Gloger. Erythrothorax githagineus, Papageiengimpel, Chr. L. Brehm. . Rosengimpel, A. Brehm. —|——__”“eeee Geschrieben zu Berlin am 22. November 1858.- “No. 32. Leber das Pigment in den Eischalen der Vögel, Prof. Wilh. Wicke. Der Königliehen Societät der Wissenschaften zu Götlingen, am 13. October 1858 durch Herrn Öbermedieinalralh Wöhler vorgelegt. So viel mir bekannt, liegen über diesen Gegenstand bis jetzt noch keine Untersuchungen vor. Man weiss nur, dass das Pigment organischen Ursprungs. Wenn man die Eischalen erhitzt, so werden sie schwarz; vorzugsweise die obere farbige Schicht. Nach dem Auflösen des Kalks in Säuren bleibt eine fein vertheilte Kohle zurück. Wahrscheinlich lassen sich alle Farbestoffe in den Eiern auf zwei zurückführen, wovon der eine braun, der andere grün. Diese Farben treten mannichfach nüaneirt auf. Das Grün kann in’s Blaue verlaufen; das Braune so hell sein, dass es gelb erscheint u. s. w. Manche Farben sind so unbestimmter Natur, dass man sie als her- vorgegangen aus einer Mischung jener beiden Farben ansehen möchte. 394 Den braunen Farbstoff nehmen wir z. B. bei den Eiern der Falken und Bussarde, den grünen bei den Krähen- und Drossel- Eiern und manchen andern wahr. Beide Farbstoffe sind in Wasser und Alkohol unlöslich. Behandelt man aber die Eier mit verdünnter Salzsäure, so lässt sich der Farb- stoff isoliren. Man erhält ıhn in Form eier schlüpfrigen schleim- artigen Substanz. Zugleich beobachtet man, dass der Farbstoff nur die Oberfläche der Eier bedeckt. Beim Behandeln mit Salzsäure wird jede Eischale weiss. Betrachtet man die schlüpfrige Substanz unter dem Mikroskope, so sieht man ein unbestimmt körniges Gerinsel, ähnlich dem Chlorophyll in den Blättern. Ich will hier zuerst von dem grünen Farbstoff reden. Bläulich erscheint derselbe in den Eiern des Rothschwänzchens Syhra phoeni- curus L.; der Drossel Turdus musicus L.; fast grasgrün in den Eiern der Krähe Corvus eorone L. Die Eier vom Kiebitz Vanellus eristatus M. et W.; von der Lumme Uria lomvia Pall., der Drossel sind be- kanntlich mit schwarzen Flecken verschen. Diese ‚lösen sich beim Behandeln mit Salzsäure wie kleine Schollen ganz ab. Unter ‚das Mikroskop gebracht erscheinen sie dunkelgrün, wie saftgrün. Der grüne Farbstoff ist überhaupt ungleich verbreiteter als der braune. In grosser Menge erhält man ihn aus den Kiebitz- Eiern. Der Farbstoff wurde auf folgende Weise isolirt. Eine ziemliche Quantität der gröblich zerkleinerten Eischalen wurde mit verdünnter Salzsäure so lange in gelinder Wärme digerirt, bis aller Kalk gelöst war. Zurück bleiben die Eihäute der innern Schalenwände und auf diesen lose haftend, der Farbstoff. Die Flüssigkeit wurde durch Leinwand eolirt — das Filtriren durch Papier geht, der Häute wegen, schlecht — der Rückstand einige Male mit Wasser nachgewaschen, durch Ausringen noch weiter von der anhängenden Salzlösung befreit. Darauf in einem Digerirglase mit Alkohol zum Sieden erhitzt, filtrirt. Schon in der Kälte löst sich, wenigstens theilweise, der Farbstoff in dem Alkohol auf; vollständig beim Sieden. Die alkoholische Lösung wird in einem Porzellanschälchen auf dem Wasserbade ab- sedunstet. Man erhält als Rückstand eine grüne oder bläulich grüne amorphe Masse, ohne Geruch, von schwach bittergalligem Geschmack. Die Eier des Rothschwänzchens und der Drossel geben einen türkisblauen, die der Krähe einen grasgrünen Farbstoff. Ausnehmend schön ist derselbe in den Eiern des Fischreihers Ardea cinerea L. L 3 En ee län 395 Was ist nun dieser Farbstoff? Sein Verhalten gegen Reagentien giebt ihn als den grünen Gallen- farbstoff, Biliverdin, zu erkennen. Bekanntlich unterscheidet man zwei Gallenfarbstoffe. Gallen- braun, Cholephyrrhin (Berzelius), Biliphäin (Fr. Simon), „die gewöhnliche Modification, welche auch die Ursubstanz der Gallen- pigmente in den höheren Thieren zu sein scheint“ (Lehmann, Lehrbuch der physiologischen Chemie, 2. Aufl. S. 320), und das Gallengrün, Biliverdin. Von dem braunen Farbstoff, als Pigment in den Vogeleiern, rede ich nachher. Der grüne Farbstoff löst sich nicht in Wasser, In Aether mit röthlicher, in Alkohol mit grüner Farbe; besonders auf Zusatz von etwas Salzsäure. Löslich in Kali mit gelbrother Farbe. Ich fand, dass auch Essigsäure eine grüne Lösung hervorbringt. Es gehört dieser grüne Farbstoff zu der Modification des Biliverdins, welche noch durch salpetrige Säure Farbenveränderungen erleidet (Lehmann’s Handbuch S, 321). Man kann zu dieser Reaction die ursprüngliche salzsaure alkoholische Lösung benutzen. Durch das genannte Reagens wird die grüne Lösung zuerst violett, dann rosa, endlich hellgelb. Diese Reaction habe ich bei dem grünen Farbstoff aller oben ge- nannten Eier eintreten sehen. Durch basisch essigsaures Bleioxyd wurde der grüne Farbstoff vollständig gefällt. Beim Erwärmen des Niederschlags mit Salzsäure und Alkohol ging der Farbstoff wie- derum in Lösung. Man hat angenommen, dass das Biliverdin aus dem Cholephyr- rhin durch Oxydation entstanden. Ich versuchte die Einwirkung der schwefligen Säure, als einer redueirenden Substanz, auf den grünen Farbstoff. Er wurde dadurch beim gelinden Erwärmen braun, liess sich aber durch salpetrige Säure wieder herstellen. Was nun den braunen Gallenfarbstoff anbetrifft, so glaube ich, dass derselbe in den rothbraunen Eiern des Falken, Falco tinnuneulus L. und der ebenso gefleckten Eier des Bussard’s, Buteo vulgaris Beehst. enthalten ist. Die rothen Punkte der Eier mancher kleinen Singvögel rühren wahrscheinlich von demselben Farbstoff her. Durch Mineralsäuren sull das Cholephyrrhin grün gefärbt werden. Betupft man die erwähnten Bier mit Salzsäure, so verschwinden 396 die rothen Flecken. Sie nehmen eine moosgrüne Farbe an. Unter dem Mikroskop beobachtet man die bei dem grünen Farbstoff be- schriebene Structur. Ich konnte, weil ein weiteres Material mir nicht zu Gebote stand, nur die Falken-Eier einer näheren Prüfung unterwerfen. Die Isolirung des Farbstoffs geschah in der vorhin beschriebenen Weise. Das Alkohol - Filtrat war rosa gefärbt; gab aber nach dem Verdampfen einen bräunlich gefärbten Rückstand. Derselbe war unlöslich in Wasser. Löslich in Alkokol mit brauner Farbe. In Kali mit hellgelber Farbe, beim Stehen dunkler werdend, mit einem Stich ins Grüne. Durch salpetrige Säure ging die Farbe in Grün über. Der grüne Farbstoff wurde durch basisch essigsaures Bleioxyd gefällt. Der Niederschlag gab beim Erwärmen mit Salz- säure und Alkohol eine grüne Lösung — Reactionen, welche zu beweisen scheinen, dass durch oxydirende Mittel aus dem Chole- phyrrhin das Biliverdin entstanden. & Eier, welche die oben erwähnte grüne oder braune Farbe nicht haben, wie z. B. die Eier vom Blässe- Wasserhuhn, Fulica atra L. und von der Eider - Ente, Somateria mollissima L. scheiden doch, wenn auch in geringerer Menge, Flocken von Biliverdin ab. Nur in den Eiern der Cochinchina-Hühner, blassgelb, konnte ich diesen Farbstoff nicht finden. Die alkoholische Lösung hat ebenfalls eine blassgelbe Farbe. Hier nur noch die Bemerkung, welche bezogen auf die blaue oder grüne Färbung mancher Eier von Interesse ist, dass die Galle der Vögel meist smaragdgrün aussieht. Ob das Biliverdin und Cholephyrrhin nur dem kohlensauren Kalk beigemischt oder ähnlich wie bei den Gallensteinen, nach den Untersuchungen von Dr. Bramson in Danzig (Zeitschr. für rationelle Medizin, herausgegeben von Henle und Pfeufer 4. Bd. S. 199) als Biliverdin-Kalk vorhanden ist, wage ich nicht mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Das Letztere ist deshalb wahrscheinlicher, weil der Farbstoff erst löslich in-Alkohol, nach dem Entfernen des Kalks durch Salzsäure. Der Farbstoff in den Gallensteinen verhält sich genau so. Man könnte mir. einwenden, dass der Gallenfarbstoff noch zu wenig gekannt, um durch die erwähnten Reactionen genügend die Identität desselben mit dem Eischalen-Pigmente festzustellen. Man könnte letzteres vielleicht eher für veränderten Blutfarbstoff halten. 397 Da die Eier den Eileiter passiren — ein sehr blutreiches Organ — so könnte durch Ausschwitzung hier die Färbung der Eier erfolgen. Indessen in den Eischalen ist selbst durch die empfindlichsten Re- agentien kein Eisen nachzuweisen. Ausserdem sprechen directe Be- obachtungen gegen diese Annahme. Die Färbung der Eier erfolgt nicht im Eileiter, sondern in der Kloake, wo es ja an Gallenfarb- stoff nicht fehlt. Es möge mir erlaubt sein, die interessanten Beobachtungen, welche Herr C. Wiepken, Custos des oldenburger Museums, über die Färbung der Eier gemacht und mir brieflich mitgetheilt hat, hier anzuführen. „Ich schoss Abends, gegen die Dämmerung ein Kampfhahn- Weibchen, Machetes pugnax L., welches ein fast reifes Ei bei sich hatte. Das Ei war schon in der Kloake, die Zeichnung war bereits da, aber noch matt. Das Ei „würde den andern Morgen früh, also 5 bis 6 Stunden später, gelegt worden sein. Ein andermal schoss ich eine Pfuhlschnepfe, Limosa melanura - L., Nachmittags gegen 4 Uhr, die ebenfalls ein Ei bei sich hatte. Dasselbe war aber noch nicht in der Kloake und hatte noch keine Färbung. Ausserdem habe ich drei Mal Sumpfvögel geschossen, 2 Machetes pugnax und eine Bekassine, Scolopax gallinago L., welche mehr oder weniger ausgefärbte Eier bei sich hatten, die immer schon in der Kloake steckten. Vergangenes Jahr verunglückte mir ein Weibchen von Callipepla californica während der Legzeit, und die Section ergab ein ungefärb- tes Ei, welches noch nicht die Kloake erreicht hatte.“ Ich glaube, dass diesen Zeugnissen eines durchaus zuverlässigen Beobachters zufolge, in Verbindung gebracht mit meinen Unter- suchungen, kein Zweifel mehr darüber herrschen kann, dass das Pigment der Eier wirklich Gallenfarbstoff ist. Das Material für meine Untersuchung verdanke ich meinem verehrten Freunde Herrn Prof. Blasius in Braunschweig, dem ich dafür hier meinen Dank ausspreche. Ich behalte mir fernere Mittheilungen über den Gegenstand vor. 398 No. 33. Beobachtungen in der Vogelwelt ım Jahre 1858. 4 Von von Preen. Während des Winters im Januar und Februar hatten wir hier die gewöhnlichen hochnordischen Gäste. Buteo lagopus war beson- ders auf den mäusereichen Feldern sehr zahlreich, und von Plat. elangulus bedeckten zahllose Schaaren den grossen See, Im März erhielt ich am 11. ein Milvus regalis @ und eine sehr magere Wald- schnepfe, am 12. ein prächtiges sehr altes Weibchen von Hal. albi- eilla, der unter den Enten arg gewirthschaftet hatte. In diesen Tagen wurde auf dem Werder im Buchendickicht eine Ard. stellaris ergriffen, die sehr abgemagert war, und den Kropf voll Baumknos- pen, Gras und kleinen Knollen von Ficaria Ranunculoides hatte, Sie nahm den Fischern die dargebotenen Fische aus der Hand, wurde aber, als sie sich mehr erholte, sehr böse und nach 14 Tagen erschlagen. Gegen den 22. März wurde Milvus ater sehr oft auf dem Zuge beobachtet, aber leider keiner erlegt. - Am 12. April, bei heftigem Sturm- und Graupelwetter, fand ich mehrere scheue Päärchen von Totanus ochropus, den ich in diesen Tagen an allen unseren Seen gepaart antraf; leider gelang es mir nicht, eines solchen habhaft zu werden, er ist für uns eine sehr seltene Erscheinung. Zur Brütezeit waren alle wieder verschwunden. Während des abscheulichen Wetters bemerkte ich eine Schaar Motaeilla flava %, untermischt mit einigen Mot. alba 5. Unter den gelben Bachstelzen, die auf einem frisch gehackten Acker ganz zu- traulich umherliefen, bemerkte ich einige schwarzköpfige und eine mit auffallend hellem gelbgrünem Kopf. Ich eilte deshalb mir feinen Schrot zu verschaffen, fand aber nach einer Stunde die ganze Schaar verschwunden, und habe sie später nicht wieder bemerkt. Am 19. erhielt ich ein altes sehr schönes 5 von Plat. niger. Es war bei dem Sturm des 12. auf dem Gute meines Vaters auf dem Felde umher laufend ergriffen worden und hatte bis 18. im 399 Entenstalle von Brod und Gerste gelebt. Das Brod hatte sie gut verdaut, die Gerste war aber wohl Ursache ihres Todes geworden. Am 17. Mai erhielt ich noch ein P. niger %, welches mit seinem Weibchen auf der Warnov bei Rostock geschwommen hatte, und erlegt war; sollte die schöne Tauchente wohl dort haben brüten wollen? Am 23. fand ich ein Nest mit 4 schwach bebrüteten Buteo vul- garis-Eiern. Die beiden Alten waren dunkelbraun, die Eier aber ausserordentlich verschieden. Eins war ganz ungefleckt, das zweite hatte so grosse grauröthliche Schaalenflecke, dass die Grundfarbe fast ganz bedeckt war, das dritte war mit feinen dichtstehenden braunrothen Punkten bestreut, wie ein Milwvus-Ei, das vierte endlich mit einen Kranz von grossen braunrothen Flecken, in der Mitte ge- zeichnet. Ich habe nachher noch viele Gelege erhalten, die aber weiter nichts Interessantes zeigten, und aus 2 bis 3 Eiern bestanden. Aus demselben Feldholze erhielt ich aus einem A. palumbarius- Horste 5 sehr grosse U, bebrütete Eier, von denen eins grüngefleckt und unbefruchtet war. Der Horst war mit den Bauchfedern und Dunen des Habichts sehr dick und warm gepolstert. Eine Strix aluco hatte in demselben Holze 4 fast flugbare Junge. Da ich nun einmal bei den Raubvögeln bin, so will ich die unter ihnen gemachten Brutbeobachtungen hier folgen lassen. Die See- und Fischadler hatten ihre Horste in den Revieren an der Ostsee wieder besetzt, ich erhielt aber weder Eier noch Du- nenjunge, weil die Förster diese seltenen Vögel nicht stören wollen, was ich hier zu ihrem Lobe erwähnen muss. Von Pernis apivorus erhielt ich am 15. Juni ein Weibchen mit 2 Eiern, die ®/, bebrütet waren. Der Horst war mit frischen grünen Buchenzweigen belegt, zwischen denen das Weibchen wie in einer Laube brütete. Von Falco subbuteo erhielt ich am 16. Juni ein prächtiges altes Weibchen mit vier '/, bebrüteten Eiern die unter sich ganz gleich waren, und die in der alten 1838er Ausgabe von Thienemann abge- bildete Färbung hatten. Von diesem Vogel giebt es in den Samm- lungen sehr viele falsche Eier; die sichern Eier, aus Nestern, bei denen die Alten erlegt waren, sind an Korn und Färbung leicht von den Tinnuneulus-Biern zu unterscheiden, wenn sie auch unter einander sehr verschieden sind, Von demselben HHorste schoss ich am 7, Juli 400 ein abstreichendes Weibchen von F. subbuteo, welches einem alten Weibchen von F. aesalon in meiner Sammlung so ähnlich gezeichnet und gefärbt ist, dass man es nur an den plastischen Verhältnissen der Schwungfedern unterscheiden kann. Das Nest war leer, der Eierstock des Vogels aber sehr angeschwollen. Das Männchen schwebte in schwindelnder Höhe über dem kleinen Nadelholze, das auf einer 40° hohen Kiefer den Horst enthielt. Dieser war im Grunde ein altes Krähennest mit viel Tannenreisig aufgefrischt, und dann mit Moos, Bast, Kiefernadeln, grossen Stücken Strohpapier und Zeitungen ausgepolstert. Federn enthielt er nicht. Vom Falco tinnunculus brüteten sehr viele Päärchen in unseren Feldhölzern, ich fand die ersten bebrüteten Eier am 16. Juni. Falco aesalon war im Herbste ziemlich zahlreich; ich erhielt ein sehr altes Männchen, eine für Mecklenburg äusserst seltene Er- scheinung. Als ich den Vogel erhielt, am 29. November, hatte er frisch zinnoberrothe Füsse, jetzt sind sie rothgelb geworden. Cireus rufus brütet in der Umgegend ziemlich zahlreich. Die ersten. Eier erhielt ich mit einem normalgefärbten Weibchen am 5. Mai, und zwar 2 unbebrütete, dann am 9. 4 schwachbebrütete. Am 27. Mai ein Päärchen mit 4 unbebrüteten; das alte Männchen war normal gefärbt, das Weibchen tief kaffeebraun, mit blendend weissem Scheitel, Kinn und Kehle, aber schwarzbraunen Schleier um die Backen. Am Bauch-trug es lange zerschlissene weisse Federn. Ein ähnliches habe ich nie gesehen. Am 29. ein dunkelrostbraunes Weibchen mit gelbem Scheitel und Kehle, ohne Schulterfleecken mit 2 bebrüteten grossen Eiern. Endlich am 4. Juni vom Doepe-See ein normales altes Weibchen mit 4 sehr kleinen Eiern, die schon bedunte Junge enthielten. Aus- serdem fand ich noch 4 Nester mit Eiern von normalen Weibchen, von denen eines auf einer schwimmenden beweglichen Schilfkufe bald an dem West- bald an dem Ostende des schlammigen Sees stand. Die sehr scheuen Männchen bekommt man selten zu Gesicht, noch seltener zu Schuss. Bei zwei Nestern, die ich nicht störte, sah ich Männchen im Mittelkleide den Jungen Futter bringen; bei einem andern bemerkte ich zugleich zwei alte Männchen, die ganz friedlich bei dem brütenden Weibchen sassen. Circus eyaneus habe ich nur 2 junge noch nicht ganz flugbare erhalten, die mit ihren Dunengesichtern sehr kömisch aussahen. 401 Circus pallidus. Auf der Rostocker Versammlung sah ich diesen Vogel zuerst und lernte ihn von den beiden nahverwandten unter- scheiden. Später schickte mir der Herr Professor Blasius ein altes Männchen und schrieb mir, Zander habe ihn in Mecklenburg gefunden. Diesem war jedoch sein junges Exemplar noch zweifelhaft. Ich habe in diesem Herbste 4 junge Vögel und 1 altes leider verfaultes Weibchen er- halten, und den schönen Weih oft beobachtet, und will, was ich dar- über erfahren habe, mittheilen. Da mir aber nur wenig ornitho- logische Literatur zugänglich ist, so weiss ich nicht, ob meine Beob- achtungen neu sind, und bitte sie, wenn dies nicht der Fall ist, als eine Bestätigung der früheren anzusehen. Ich erhielt meine Steppenweihen vom 8. bis 25. August aus 4 ver- schiedenen Theilen Mecklenburgs; 2 junge & @® aus der Gegend von Schwaan, 1 junges © von Rostock, 1 junges 5 von Stavenhagen und das alte © leider viel zu spät, aus der Gegend von Goldberg. Dann konnte ich sie ziemlich oft hier bei Schwerin beobachten. Den von Prof. Blasius gegebenen Beschreibungen kann ich nur noch hinzufügen, dass bei den jungen Männchen die roströthlichen oder rostgelben Ränder der kleinen Oberflügeldeckfedern so breit werden, dass sie alles Rostbraun verdecken und einen auffallenden rostgelben Schild oder Fleck bilden, welcher namentlich am sitzenden Vogel schon weithin sichtbar ist. Ihr Flug ist von dem des C. cyaneus sehr verschieden; sie schiessen oft, wie die Wanderfalken, mit fast angelegten Flügeln eine Strecke fort, verfolgen mit Schnelligkeit die fliegenden Vögel, fangen sie aber wohl nur im Sitzen. Dabei fliegen sie den ganzen Tag umher und schaukeln nur kurze Zeit in der Dämmerung nach Wei- ienart. Am hellen Mittage sah ich sie niemals schaukeln, dagegen einige Male auf den Spitzen junger Kiefern in sehr aufrechter Stel- lung sitzen. Dabei sind sie weit weniger scheu, als die andern Wei- hen, und scheinen fast die Menschen und Hunde aufzusuchen. So umschwärmte bei einem Manöver ein junger Vogel die feuernden Schützenlinien, und setzte sich den Leuten fast vor die Füsse Ein altes © versuchte ein geflügeltes Rebhuhn zu fangen, so dass der Jäger es zu erschlagen unternahm, aber leider fehlte. Die beiden jungen Vögel bei Schwaan wurden erlegt, als sie junge kaum flügge Rebhühner verspeisten, und sich trotz des anfänglichen Vorbei- schiessens nicht stören liessen. Ein altes Weibchen flog mir fast an den Kopf, als ich mich zu dem auf einer Kiefer sitzenden Jungen Naumannla, 1858. 26 402 anschleichen wollte. Ein auf einer freistehenden Kiefer sitzendes Männchen liess sich anschleichen, und flog erst nach dem zweiten Fehlschusse mit der Büchse davon, und zwar auf mich zu, der ich es dann ebenfalls mit der Büchse fehlte. Dabei sind sie ziemlich gesellschaftlich, so dass man gewöhnlich mehrere nahe zusammen Jagen sieht. Zum Aufenthalt lieben sie junge Kiefernschläge ganz besonders, und haben auch in 10‘ hohen Schlägen an lichten Stellen gehorstet übrigens habe ich sie ebenso wohl auf dürren weiten Heiden, wie in von Hecken und Alleen durchschnittenem Terrain jagen sehen. Ihre Nahrung wird der der übrigen gleich sein; ein junger Vogel hatte Federn und Ständer einer alten Feldlerche im Kropf. Von der Fortpflanzung kann ich nur berichten, dass ein Jäger in einem Kiefernbestande auf einer kleinen Blösse einen Horst mit 4 Dunenjungen fand, die aber, als er sie am Nachmittage für mich aus- nehmen wollte, verschwunden waren. Der Horst war sehr gross und bestand aus Kiefernästen, der Napf war mit frischem Haidekraut sauber ausgepolstert. Die Alten schwebten noch lange in der Gegend umher und später hat der Jäger auch zwei Junge bemerkt. Der Weih ist in diesem Jahre in allen Gegenden unseres Vater- landes, wo junge Kiefernbestände auf schlechtem Boden sind, beob- achtet worden, namentlich sind die auffallenden jungen Vögel, mit dem einfarbigen rostrothen Unterleib oft bemerkt worden. Da nun ausser dem Zanderschen Exemplar dieser Vogel in keiner Mecklen- burgischen Sammlung vorkommt, auch allen Jägern ganz fremd war, so möchte ich glauben, dass er wirklich in diesem Jahre zuerst sich hier angesiedelt hat, vielleicht veranlasst durch die ganz abnorme Wärme der beiden letzten Sommer. Ich besitze noch zum Ver- tauschen zwei schön gestopfte junge Vögel 5 und ®. 4 Nyctea nivea wurde im November bei Doberan erlegt und findet sich in der Sammlung des Forstmeister v. Wickede daselbst. Von Aquila naevia erhielt ich ein junges ljähriges &; am 10/6. von Ag. Julva ein ® im hellbraunen Kleide mit einzelnen neuen schwarzen Federn eingestreut, weisser Fussbefiederung und rein weisser oberer Schwanzhälfte; der Augenstern war tiefbraun. Der schöne Adler wurde am 31. October in der Gegend von Brahesdorf mit feinem Hühnerschrot aus der Luft herabgeschossen; es war ihm nur ein Korn in das rechte Ellenbogengelenk geschlagen, aller übrige Schrot sass . N 403 in den dichten Dunen, und im Fett des Unterleibes. Aus derselben Gegend erhielt ich am 25. October ein junges © von Pandion haliae- tos, welches einen Aal und einen Barsch im Kropfe hatte und sehr fett war. Am 23. April bemerkte ich in einem Dorfe bei Rostock unter anderen gewöhnlichen Rauchschwalben mehre mit ganz brauner Unterseite, und sah später hier bei Schwerin auch einige solche auf den Chausseebäumen, doch schienen mir diese weit heller zu sein. Erlegen konnte ich leider keine. Sollten das durch den heissen Som- mer erhöhte Färbungen sein? Einige gewöhnliche Rauchschwalben brüteten unter den Zug- brücken auf dem Werder. Die Eier hatten auffallend grosse Flecken, sonst habe ich keinen Unterschied gefunden. Merkwürdig ist es aber, dass das Aufziehen der Brücken die Vögel nicht störte, obgleich es täglich wohl 10 Mal stattfindet. Vom Cuculus canorus fand ich am 15./6. ein Ei im Nest der S. nisoria; die Grasmücke brütete, obgleich der Kukuk die eigenen Eier derselben zertrümmert hatte. Das Ei gleicht noch ganz genau den frischen Eiern der $. nisoria; am 2./7. und 4./7. je eines in C, arundinacea mit grossen graugrünen dichtste- henden Flecken. Am 6./7. zwei ganz gleiche aus S. hortensis-Nestern, den Nesteiern täuschend ähnlich und nur an der Grösse zu unter- scheiden. Im Juli fand ich leider zu spät eine Gegend, in der es von jungen Kukuks wimmelte, hoffentlich werde ich im nächsten Jahre zu rechter Zeit hinkommen können. Lanius rufus fand sich an seinen sonstigen Standorten nicht ein, so dass ich nicht einmal einen zum Ausstopfen bekommen konnte. Lanius eollurio war wie immer schr zahlreich. Die meisten Nester, die ich fand, enthielten bräunliche oder grünliche Eier, nur eines am 15./6. enthielt 6 weisse Eier mit Kränzen von violetten Schaalen- und dunkelrothen Flecken. Dasselbe Päärchen legte noch einmal 5 ebensolche Eier, und zeigte sich der Färbung des g nach als ziemlich alte Vögel. Am 14. Juni fand ich in einem Bruch, auf einem alten Stock etwa einen Fuss von der Erde, ein aus grossen Reisern gebautes Nest, wohl einen Fuss im Durchmesser und ?/, Höhe haltend. Die Reiser wurden nach der Mitte immer feiner, und ‚der sehr kleine Napf bestand aus trockenem Gras und Moos. Darin lagen 3 Eier, lichtgrün mit wenigen olivengrünen Flecken, die bei dem einen am stumpfen Ende in einen dünnen Fleckenkranz ver- 26* 404 einigt waren. Ich setzte mich beim Neste an und bemerkte nach einiger Zeit, dass ein Vogel sich ungesehen auf die Eier geschlichen hatte. Im Abfliegen erlegte ich einen L. collurio, den ich Anfangs für ein Männchen hielt; Kopf, Rücken und Schwanz tragen ganz die Färbung des Männchens, während die Brust und die Weichen mit wenigen schmalen Sperberzeichnungen bedeckt sind. Das zugehö- rende Männchen zeigte sich auch nach einiger Zeit, wurde aber lei- der zu arg zerschossen. Es war sehr intensiv gefärbt, das Grau am Hinterkopfe tief blaugrau, der Rücken schön rothbraun, die Brust leb- haft rosenroth, über die Stirn hatte er ein rein weisses Band, welches sich noch über die schwarzen Augenstreifen hinzog. Das Päärchen war wohl ein sehr altes, was schon daraus zu folgen scheint, dass die 3 Eier bebrütet waren, während sonst L. coll. auf so wenig Eiern nicht brütet. Welche schöne Gelegenheit würden diese Vögel einem Artenfabrikanten zur Anwendung seines Talentes liefern! Ich hüte sie sorgfältig vor diesem Schicksal. Von Cyanecula suecica erhielt ich am 19. ein schönes junges Männchen; ein Knabe zeigte mir in einem Weidenbusche das Nest, in dem das Blaukehlchen gebrütet hatte. Sylvia nisoria war in diesem Jahre ausserordentlich häufig. Alle Gebüsche in der Nähe des Wassers waren von diesen lieblichen Sängern belebt und unaufhörlich gaukelten die singenden Männchen von Baum zu Baum. Dichtes undurchdringliches Gebüsch, gleichviel ob Dornen oder Weiden, mit einzelnen hohen Bäumen und recht vielen kleinen freien Plätzen sind ihr Lieblings-Aufenthalt, wo aber der mit Rohr bekränzte See in unmittelbarer Nähe nicht fehlen darf. Fern vom Wasser habe ich sie niemals nistend gefunden. Das Nest baut sie in verschiedener Höhe, gewöhnlich 6 bis 10° hoch auf dünne schwankende Weidenruthen, oder in die Ranken des Gaislaubes, zu- weilen aber auch weit niedriger. Ich fand eines mit 5 Jungen auf dem Boden zwischen den Wurzeln eines alten Erlenstocks erbaut. Volle unbebrütete Gelege fand ich vom 25. Mai bis 15. Juni, an letzterem Tage jedoch auch schon fast flugbare Junge. Im Ganzen fand ich 11 Nester, die sämmtlich aus den dürren Ranken des im Rohre so häufig wachsenden Convolvulus erbaut waren. Sie werden zwar nie so locker gebaut, als die ‚S. horiensis-Nester, finden sich aber auch verschieden dicht, die hochsitzenden sind immer die losesten, das auf dem Boden befindliche war so gross und dicht, wie ein Nest wer. : re 405 von Lan. collurio. Während der Begattungszeit machen sie sehr son- derbare Bewegungen, legen z. B. leise singend den Körper ganz auf die Seite, breiten zitternd bald den einen, bald den andern Flügel aus, schlagen mit dem Schwanze ein Rad, springen dann plötzlich auf den Boden und wälzen sich, mit den Flügeln schlagend, umher, als ob sie krank wären, steigen dann laut singend in die Luft und setzen auf einem hohen Baume ihre Gaukeleien fort. Schiesst man eine und hängt sie in die Büsche, so versammeln sich alle aus der ganzen Gegend bei ihr und springen singend und trompetend um sie herum. Fehlt man sie, ohne dass sie den Schützen gewahren, so machen sie sich ganz dünn und schlank, bleiben unbeweglich sitzen, und trompeten in einem fort. Im Fluge können sie sehr gewandte und kurze Schwenkungen machen und fliegen zuweilen, ohne anzu- stossen, durch das dichteste Gebüsch. Die Jungen trennen sich bald von den Alten und treiben sich in den sauern Kirschen der Gärten umher, durch deren Genuss sie ganz blaurothe Köpfe und Bäuche be- kommen, und dann höchst sonderbar aussehen. Schon Ende Juli scheinen sie fortzuziehen, denn im August habe ich keine mehr be- merkt. S. atricapilla legte in diesem Jahre auffallend oft lebhaft rothe Eier, die sonst in hiesiger Gegend höchst selten waren. Er sowohl als S. hortensis, einerea, Emberiza schoeniclus und Citrinella hatten sehr viele unbefruchtete Eier in den Nestern; ich fand mehr- mals ein oder zwei halbflügge Junge mit 3 bis 4 faulen Eiern im Nest. Ist ihnen etwa die übergrosse Hitze beim Brüten oder Be- gatten lästig gewesen? Die Calamoherpen nehmen hier immer mehr ab, nur C. phrag- mitis wird immer gemeiner. Es hängt dies wohl genau mit dem Austrocknen der Moore und Seen in den glühenden Sommern zu- sammen. ©. turdina brütete meistens im Gebüsch, ebenso arundinacea, und beide vollendeten mehrere Nester, bis sie eins belegten. C. palustris scheint auch seltener zu werden, ich erhielt zwar einige Gelege, aber konnte keinen Vogel erlegen. C. phragmitis war überaus gemein, ich fand die vollgelegten Nester mit 4 bis 7(!) Eiern vom 22. Mai bis 20. Juni. Die Vögel eind sehr verschieden intensiv gefärbt, die kleinsten am lebhaftesten rostgelb, die grössten oft ganz hellgelb; doch sind alle Zwischenstufen 406 leicht zu bekommen. Unter den Nestern war eins mit den Federn des Machet. pugna® durchflochten. Der Gesang der im Gebüsch wohnenden ist bedeutend schöner und reicher, als der auf den Moo- ren, Vögel und Eier sind aber ganz gleich. C. locustella brütet jedenfalls in unserer Nähe ziemlich häufig. Ich habe mehrere erlegt an einer Chaussee, dann im See, der an den Seiten mit Weiden bewachsen ist, auch am 28./6. ein Nest mit Jungen gefunden, aber vergebens Tagelang nach Eiern gesucht. Es wäre sehr zu wünschen, wenn in der Naumannia einmal alle Erfahrungen über das Nisten dieses Vogels zusammengestellt würden. T. parvulus scheint besonders die Kugelfänge zum Nistort zu lieben und baut sein grosses Nest oft an die gefährdetsten Stellen, ohne sich durch das tägliche Schiessen stören zu lassen. Von Corvus cornix erhielt ich am 30. November ein ganz weisses Exemplar mit weissgelben Augen; nur die Theile, welche die Nebel- krähe schwarz hat, sind hier rothbraun. Die Bedeckung der Füsse und der Schnabel waren schmutzig roth, alles Dunengefieder blen- dend weiss. Am 18. October erhielt ich eine alte Elster, die sich in einer Dohne gefangen hatte. Haubenlerchen giebt es auch hier sehr viele, bald dunkeler, bald heller gefärbte. Ich habe indessen bisher mich vergeblich bemüht, sie zu bestimmen nach dem Brehmschen Aufsatze im III. Heft 1858 der Naumannia, und doch sagt Herr Brehm, dass er die Arten kurz schildere und die Subspecies mit wenig Worten bezeichne, damit der Leser sie zu bestimmen vermöge. Wie kann Jemand glauben, dass es überhaupt möglich sei, nach solchen Beschreibungen irgend etwas zu erkennen. Die Unmöglichkeit einer bessern Be- schreibung liegt aber natürlich an den Species und Subspecies, die sich nur durch präcise Charactere, wie die Ausdrücke „bedeutend gross“; „stark gefleckt“; „sehr dunkel“, unterscheiden lassen. Emberiza Schoeniclus hatte am 23. Juli noch ein Gelege von 3 unbebrüteten Eiern, die ersten fand ich am 15. Mai. Fringilla Spinus wurde von Herrn Riefkohl in Rostock zum Legen gebracht. Ich fand hoch in einer Kiefer an einer kleinen Waldwiese ein Nest mit Eiern, die den Rostocker ganz gleich sind. Ich konnte keine Vögel in der Nähe entdecken, und hatte leider EEE dpi 407 zum Warten keine Zeit. Standort und Bauart des Nestes waren ganz so, wie Gloger sie beschreibt. Columba Palumbus hatte am 28. Juli zwei wenig bebrütete Eier. Das Nest stand etwa 7° hoch in den Ranken des Gaislaubs, und war sehr dicht und sorgfältig gebaut, fast so gross wie ein Nest von (. Frugilegus. Charadrius cantianus hat wieder in Poel gebrütet; ich erhielt 4 leider zerbrochene Eier. Vanellus eristatus hatte am 13. April die ersten Eier, die letzten am 4. Juni. Strepsilas interpres wird in Poel immer seltener. Ich erhielt am 18. Mai ein Gelege von 3 Eiern, von denen 2 gewöhnlich gefärbt, das 3. aber auf lebhaft weinrothem Grunde, mit grauen, violetten und weinrothen Flecken dicht gezeichnet ist. Es gleicht keinem mir bekannten Ei, wurde aber von Herm Dr. Kjärbölling sogleich richtig bestimmt. Tringa Schinziü, wenn man sich dieses schlechten Namens noch bedienen darf, war in diesem Sommer auffallend wenig auf der Brust gefleckt; ich habe Exemplare gesehen, die kaum eine Andeutung der schwarzen Fleckenzeichnung hatten. Auch von ihr habe ich ein Ge- lege von 3 rothen Eiern erhalten. Der Grund war gelbroth mit sehr dichtstehenden lebhaft rostrothen grossen Flecken. Dabei waren die Eier weit schlanker und birnenförmiger, als die gewöhnlich gefärbten, und hatten eine viel feinere, aber harte, feste Schaale. Von Tot. glareola erhielt ich Eier aus Pommern, Holstein und Jütland, die unter einander ganz gleich sind, aber sich bedeutend und characteristisch von denen aus Südost-Russland unterscheiden. Sollten diese wohl nicht einem andern Vogel, etwa Limosa cinerea ge- hören ?*) Scolopaz major hatte auf einem unserer Moore gebrütet; ich fand am 5. Juli ein Päärchen, welches ängstlich um seine Jungen besorgt war, die aber auf einer unnahbaren Schilfkufe umherliefen. Mein Hund holte eins, hatte es aber leider zu sehr gedrückt. Ardea stellaris war sonst in den Rohrplätzen unserer Seen sehr ‚gemein und man hörte im Frühling das Brüllen überall. Jetzt hat sie uns gänzlich verlassen und in diesem Jahre kein einziges Paar hier gebrütet, *) Ich vermuthete längst dasselbe. Baldamus. 408 Die weissen Störche haben sich noch immer nicht wieder ver- mehrt, seit sie vor einigen Jahren im Mittelmeer ertranken. Gallinula porzana war ziemlich häufig. Am 12. Juli fand ich 3 Nester auf kleinen Seggenkufen, dicht, kaum Handbreit, neben ein- ander. In zweien lag ein unbebrütetes Ei, im dritten sassen zwei eben ausgekrochene schwarze Dunenjunge. Die Alte lief und flog ängstlich und pfeifend umher. Ich habe schon früher beobachtet, dass dieses Rohrhühnchen mehrere Nester dicht neben einander baut und mit Eiern belegt, auch schon Junge in zwei Nestern gefunden. Sollte wohl das Männchen besonders brüten, oder wie ist diese Er- scheinung zu erklären? Larus ridibundus hatte ihre Colonie neben der Nordspitze unsers Sees wieder bezogen und machte einen rasenden Lärm. Sie brütet oft auf schwimmenden Schilfkufen und man findet auf 12T] Fuss gegen 60 Eier. Am 4, Juni waren die meisten schon gepickt, und es ge- lang nur mit Mühe eine Suite zu sammeln. Etwas von ihnen ent- fernt brüten viele Tauch- und Schwimmenten, ich sah und fand A. elypeata, querquedula, acuta, boschas, dann Plat. ferinus, fuligulus und elangulus? Schwarze und Lachseeschwalben fehlen ebenfalls nicht, und wählen letztere die festeren Stellen des Morastes. Die Rohrweihe hatte ihr Nest etwas abgesondert, und erschien zuweilen, wie ein Ge- spenst aus hoher Luft, um sich ein Ei zu holen, was sämmtliche Möven zum Auffliegen und zu entsetzlichem Lärmen veranlasste. Es ist Schade, dass diese Colonie so weit von hier entfernt und so um- ständlich zu erreichen ist, sonst wären dort sicher schöne Beobach- tungen zu machen. Anas boschas. Die ersten Eier fand ich am 6. April in einem dichten Gebüsch. Das Gelege kam aus und am 28. Juni wurden einige von den Jungen, die noch immer in der Nähe sich aufhielten, ge- schossen. Am 23. Juli besuchte ich die Brutstelle wieder, und fand zu meinem Erstaunen, fast in demselben Neste, eine Märzente auf 9 wenig bebrüteten Eiern. Sollte dies wohl eine zweite Brut sein? Die Eier waren ebenfalls glücklich ausgekommen, denn 4 Wochen später sah ich die Ente mit ihren 9 Jungen in der Nähe umher schwimmen. Anas elypeata und Plat. ferinus hatten am 4. Juni die volle Eier- zahl. Erstere hier sonst sehr selten, war ziemlich häufig, brütete aber meist an unzugänglichen Orten. ; ’ 1 ’ 409 Plat. fuligulus hatte am 19. Juli noch keine Junge. Ich fand ein Nest mit 8 Eiern, die schon ganz mit schwarzen Dunen bedeckte Junge enthielten. An demselben Tage fand ich in einem Baume 10 Dunenjunge von Mergus merganser, die genau der Beschreibung ent- sprachen, die Naumann von ihnen entwirft. Merg. serrator brütete ebenfalls sehr zahlreich, doch konnte ich trotz aller Mühe keine Jungen auffinden. Ich beabsichtige im nächsten Sommer die Dunenkleider zu sam- meln, und erbiete mich hierdurch zum Vertauschen derselben gegen Eier und ausgestopfte Vögel. Die Dunenjungen stelle ich gleich so auf, wie sie im Nest zu sitzen pflegen, wer sie indessen lieber als Balg haben will, möge dies nur gütigst bestellen. Schwerin, den 2. December 1858. Premierlieutenant von Preen. Nr. 33. Ueber die Sehleierkäuze, Von Prem.-L. von Preen. Es macht auf den Leser einen sonderbaren Eindruck, wenn er in einem Buche, und wäre es eine Zeitschrift, die direetesten Wider- sprüche unmittelbar neben einander findet; man kann sich da nicht enthalten Parthei zu nehmen, besonders wenn die Sache interessirt. In dem dritten Hefte des Jahrganges 1858 der Naumannia finden wir neben den Arbeiten von Dr. Zander und Dr. Blasius, die eifrig bemüht sind, diejenigen Namen aus der Ornithologie zu verbannen, die nur Alters- oder individuelle Verschiedenheiten einzelner Species mit veränderlicher Färbung bezeichnen, einige Aufsätze des trefflichen Forschers Dr. L. Brehm, in denen er die minutiösesten Färbungs- Verschiedenheiten einiger Arten beschreibt und sie als neue Species oder Subspecies auf das freigebigste mit besondern Namen versieht, 410 Von diesen Aufsätzen bleibt der über die Haubenlerchen, mit dem Eingange über Materialismus und Schöpfungsglaube, jedem Leser vollkommen unverständlich, der nicht etwa Herrn Brehms Hauben- lerchen zur Hand hat. Denn an und für sich allein haben Aus- drücke, wie gross und klein, hell und dunkel und so weiter, wie auch ihre Comparative und Superlative, gar keine Bedeutung. Auch von den „untrüglichen Hauptkennzeichen“, die zuweilen angeführt werden, kann man sich kaum einen Begriff machen, wenn man über- haupt einige Vögel zu unterscheiden versucht hat. Ueber die Steinkäuze verbittet sich Herr Dr. Brehm jedes Urtheil von Solchen, die seine Steinkäuze nicht sehen oder besitzen. Da nun aber wohl Niemand so glücklich ist, grade dieselben Thiere zu haben, wie der Verfasser, so hat dieser seine Vögel geschickt gegen jede Kritik gesichert. Es bleiben demnach zur Beurtheilung nur die Schleierkäuze übrig, die dann des Interessanten gar Manches bieten. Leider hat Herr Dr. Brehm es unterlassen, plastische Unterschiede und die Grösse der beschriebenen Individuen anzugeben; sonst sind die Be- schreibungen so ausführlich, dass man die Vögel darnach malen könnte. Meine folgende Zusammenstellung der Charactere hat nur den Zweck eine Uebersicht zu ermöglichen, und habe ich mich dabei, soweit es der Raum zuliess, der Brehmschen Ausdrücke bedient. Be Lusammenstellung der Brehm’schen Schleiereulen. Dr. L. Brehm’ Oberkopf und Nacken. Oberkörper. Gesicht und Schleier. Unterkörper. Unterflügel. Schwanz. No Strix la vay mmea L. a) St.fl. obscura. h) St. fl.vulgaris. Tief dunkel asch- grau an den Seiten rothgelb mit sehr kleinen schwarzen u. weissen Flecken. Tief dunkel asch- grau. Beim © ganz, beim 5 an der obern Hälfte rostfarben. Dunkelrostgelb mit braunen u. weissen Flecken. Weisslich, vorn schwarz ge- bändert und gewäs- sert, kleine Deck- federn blass rost- gelb, mit kleinen braunen Flecken. Rostgelb, mit 3 schwärzlichen Bin- den und tief asch- grau weiss gewäs- sertemSpitzenband. Ba Ebenso wie a, nur etwas lichter. Etwas heller wie a. Grossen Theils weiss, vor dem Auge braun rost- farbig, beim © der obere Hals rostfar- Etwas heller als a. Deckfedern mit vielen braunen Flecken oder ohne sie?? Ebenso aber 4 Schwanzbinden. big überflogen. c) St.fl. adspersa. Noch lichter als b. Beim 5 rostgelb überflogen. Noch heller wie b. Trüb weiss, vor den Augen einrost- brauner Fleck. Blassrostgelb, die sparsamen Flecken beim 4) kaum be- merkbar. ” Deckfedern blass rostgelb, stets un- gefleckt. 4 Schwanzbinden, d) St.fl. gutto Bei & und © beim 4) des Weiss, um Auge etwas braun, welel beim © breite Beim % blen weiss, an Krop fleckt. & weiss, am Deckfedern deutliche br Längsflecken den Schwu kurze Querfi on 4 Schwanzbin No. 3. St. paradoxa. T No. 4. No. 5. No. 6. St. splendens. | St. Kirchhoff. | St. maculata, Hoch rostgelb, weissgewässert gefleckt. Hoch rostgelb. Am Oberarm, Handge- lenk, Schulter, und hinteren Schwung- federn tief weiss- gewässert asch- Weiss, mit dunkel rostfarbigem Fleck vor, und Rand um den Augen, nen Flecken. Weiss, mit kaum bemerkbaren brau- nen Längsschmitz- chen an dem Hand- i-/Blass rostgelb mit 4 schwarzen Bin- den, ohneSpitzen- band. am Hinterkopf tief, aschgrau. Deutlich] Tief aschgrau mit wenig Rostgelb vermischt. Schön rostgelb ohne _Aschgrau, aber mit äusserst kleinen Flecken. Aschgrau u. Gelb gemischt, mit Flecken. Aschgrau u. Gelb gemischt mit beim % grösseren, beim © kleineren Flecken. Schönrostgelb, nur[Tief aschgrau mit auf der Mitte desiwenig _Rostgelb Rückens, aufSchul-|vermischt, mit ter und Handge-|ziemlich grossen lenk aschgrau ge-Flecken. wässert. Klein ge- fleckt. Weiss mit rostf.| Blendend weiss |Weisslich mit rost- Fleck vor denimit rostfarbenem|braunem Fleck. Augen. Federkranz|Fleck vor dem weiss mit rost-JAuge. Einfassung braunem Ring. |sehr schmal rost- braun. Glänzend weiss |Blendend, mit wenigen brau-Jungefleckt. nen Fleckchen. m weiss,|Rostgelb, mit sehr deutlichen, runden länglichen herz- förm. Flecken, auch an den Schienbei- nen, dicht besetzt. ee Gelblich weiss, rostgelbe Deckf. sehr dicht gefleckt. Weiss, mit vielen'Blendend weiss, kleinen braunenldie längste Deck- Fleckchen. feder vorn schwarz- grau. Rostgelb mit 5) Mattrostgelb, die schwärzlichen Bin-läusserste weiss.\schwarze Binden, den. Breites, tiefj3 bis 4 undeut-und schwarz und aschgrau und lichen Binden. | weisse Spitzen- weissgew. Spitzen-ISpitze weiss, weitlflecken. Vordere band. herauf aschgrau ge-|Hälfte schwarz u. Rostgelb, 4 wässert. weiss gewässert. Schwungfedern. Vorkommen. Unverglichene Kennzeichen. No. 1. Strix flammea L. a) St.fl.obscura. Hell rostfarbig, Innen-Fahne weiss- lich, 3 bis 4 schwar- ze Querbänder, Aussenfahne mit aschfarbigen und | weissen Zeichnun- gen bedeckt. Altenburg. Oberflügel - Deck- federn tief asch- farben, hell gewäs- sert; mit schwarzen und weissen Längs- schmitzchen. ‚Leipzig und Alten-| Eisenberg und | Sandersleben b) St.fl. vulgaris. \c) St.fl. adspersa. Lichter als a. Lichter als b. burg. Orlthal. Pommern. No. 2. „margarilala, | Rodathai, ord - Afrika. No. 3. St, paradoxa. No. 4. St, splendens. No. 5. $t. Kirchhoffn. Hoch rostgelb, Innenfahne weiss, Spitze aschgrau und weiss gewäs- sert. Algerien. Nicht beschrieben. Nordost -Afrika, 'Sennaar, burg. Strass- Schön rostgelb, wenig aschgrau ge- wässer, Binden wenig bemerkbar. Südspanien. Augenlidrand sehr dunkel. No. 6. $t. maculata. Rostgelb, Binden breit und schwarz, weiss _gewässert, zwischen ihnen schwarzgraue, an .d. Spitzen weiss und schwarze Flecken. Sennaar. So gross wieNo.1d. 416 Aus dieser Zusammenstellung nun.scheint mir klar und evident hervorzugehen, dass wir es hier nur mit verschiedenen Fär- bungsstufen Einer Art zu thun haben. Wenn nur die beiden Nr. 5 und 6 bekannt wären, so würden Beide bestimmt für Arten gehalten werden können, giebt man aber der St. maculata die Nr.1, dann ist es nicht mehr möglich, sie wegen der vollständigen Ueber- gänge von der St. Kirchhoffii zu unterscheiden. Der Kopf durchläuft alle Stadien von Tiefdunkelaschgrau bis zum schön Rostgelben, indem er bei den zwischenstehenden erst lichter, (Nr. 1, b, c), dann rostgelb angeflogen, (Nr. 2), rostgelb gemischt, (Nr. 4), rostgelb mit grauem Hinterkopf (Nr. 3) und endlich schön rostgelb (Nr. 5) wird. Genau ‘ebenso ist die Färbungsabstufung beim Oberkörper, wenn auch zuweilen etwas andere Ausdrücke gebraucht sind. Der Schleier ist weiss mit braunem Fleck vor dem Auge; das Braun ist bald etwas mehr oder weniger ausgebreitet.*) Die Schwungfedern schliessen sich in der Färbung genau dem Oberkörper an, da hier das Grau vorherrscht, findet sich’s auch bei den Schwungfedern. Am Schwanze sind bald 3, bald 4 oder 5 Binden, Nr. 1a und Nr.5 haben 3, die Nr. 6, Nr. 1b,c,d und Nr. 3 haben 4, dagegen Nr. 2 und 4, 5 Binden. Man sieht, die Zahl varürt; ich be- sitze eine-Alte mit dem Jungen, jene hat 4, dieses 3 Binden; dabei gleicht die Alte keiner der Beschreibungen, von Nr. 1a hat sie die Oberkörperfarbe und die Schwanzbinden, von Nr. 3 die Färbung des Unterkörpers, von Nr. 6 die der Schienbeine Die Färbung der Schwüngfedern finde ich gar nicht beschrieben. Das Junge könnte Nr. la sein, wenn es nicht die Schwungfedern von Nr. 5 hätte. Da nach den Brehmschen Beschreibungen alle Kennzeichen so hübsch gleichmässig sich ändern, so ist es schade, dass die Schwanzbinden so revolutionair sind; wäre vielleicht nicht mit 3 verschiedenen Genus zu helfen? und zu dem Zwecke Nr. 1a in 2 oder mehr Subspecies zu trennen? Die Unterseite durchläuft alle Färbungsstufen vom Dunkel- rostgelb, stark gefleckt, bis zum blendend Weiss, ungefleckt. Denn nachdem die Färbung in Nr. 1b und ce immer lichter geworden ist, *) Hier will ich nur bemerken, dass ich vor zwei Jahren sehr viel Eulen in Raubvogelfallen fing und wieder fliegen liess, worunter sich eine Schleiereule mit ganz braunem Schleier befand, während eine in derselben Nacht dicht daneben gefangene einen ganz weissen Schleier hatte. Sonst waren beide gleich gefärbt. Ban en Bubo maximus,bp. Naturgeschichte der Vögel Europas von A.Fritsch. Tab.12. Fig.5: 417 die Flecken immer mehr abgenommen haben, (wobei Nr. 1b als Kenn- zeichen erhält „Unterflügeldeckfedern mit vielen braunen Flecken oder ohne sie, was mir denn doch zu genial vorkommt), ist bei Nr. 1d das 5 blendend weiss, nur am Kropf noch gelblich, während das © seinen gelben Unterkörper behält. Ich würde bei diesen Vö- geln auf Scheidung antragen, wenn ich dadurch nicht etwa in den Ruf des Unglaubens oder des Materialismus käme und die Schei- dungsgesetze nicht so schwierig wären. Wie Nr. 2 gefärbt ist, wird nicht gesagt, Nr. 3 ist noch gelblich weiss, Nr. 4 glänzend, aber Nr. 5 blendend weiss. Die Grösse der Flecken nimmt unmerklich ab, mit dem Weisswerden des Unterkör- pers; nur bei Nr. 2 schemt eine Ausnahme, doch ist die Beschrei- bung sehr mangelhaft und nur auf Vergleiche und Comparative ge- stützt. Der Unterflügel folgt in der Färbung den Stufen der Unter- seite. Das Weisswerden der Unterseite scheint genau parallel zu gehen mit dem Gelbwerden des Oberkörpers, nur bei Nr. 1d, viel- leicht einer besonders alten Eule, ist es etwas vorausgeeil. Wenn Nr. 6 nicht da wäre, so würden die Fundorte auf ein Hellerwerden nach dem Süden zu hindeuten, also dürften wir lokale oder klima- tische Abänderungen annehmen. Nun ist aber Nr. 6 aus dem Senn- aar, gemeinschaftlich mit Nr. 5. Sollten wohl hohe Gebirge denselben Einfluss haben, wie nörd- liches Klima, und könnte wohl der 15,000 Fuss hohe Abbu Jared in seinen Felsenschluchten eine Schleiereule beherbergen, die in ihrer Ausfärbung zum reinen Weiss ebenso gehemmt wäre, wie die Schleier- eulen in Altenburg und Leipzig? Das Verdienstliche des Brehmschen Aufsatzes, wofür ihm jeder Omithologe Dank wissen wird, ist jedenfalls das, dass er die immer noch hin und wieder auftauchende Strix splendens gründlich und überzeugend zur Ruhe gebracht hat; und er würde uns zu noch mehr Dank verpflichten, wenn er das Alter seiner Schleiereulen ein- mal genau, d. bh. anatomisch an den Schädelresten untersuchen wollte. Deun nach Allem scheint es, als ob die Schleiereulen mit dem Alter immer heller werden, dies im Süden schneller vor sich geht wie im Norden, wie sich dort alle Thiere schneller entwickeln, und als ob die Strassburger St. splendens und die sonderbare Nr. 1d solche durch hohes Alter bevorzugte Individuen wären. Naumannla. 1858. 27 418 Kann aber Herr Dr. Brehm uns bestimmte plastische Verschie- denheiten für seine Species angeben, die nicht in einander übergehen, kann er Beschreibungen entwerfen, wie die von Dr. Blasius über die 4 Circus-Arten in Naumannia 1857, dann versprechen wir ihm der Erste zu sein, der seine Arten anerkennt. Bis dahin thue er uns den Gefallen, Herrn Dr. Blasius nicht mit Arbeit zu überladen, nicht fortwährend neue Species zu beschreiben, so dass dieser viel- leicht gezwungen würde, die schlechten Unarten noch leben zu lassen, weil er erst die schlechtesten tödten muss. Herr Professor Dr. Blasius möge es mir verzeihen, dass ich ihm hier ins Hand- werk gepfuscht, die Gelegenheit war zu günstig, und er findet ja doch noch übermässig viel Stoft für seine Thätigkeit. Schwerin, den 28. December 1858. Der Premierlieutenant von Preen. No. 35. Ornithologisches aus llelgoland. H. Gätke. Da der Inhalt meines ornithologischen Tagebuches für 1858 wie- derum ein im höchsten Grade erfreulicher, so kann ich nicht umhin, meinen der Vogelkunde huldigenden Freunden einige Auszüge aus demselben hierfolgend mitzutheilen: Ich habe im Laufe des Jahres wieder zwei für Europa neue Arten hier erhalten: Larus Rossü, am 5. Februar, und Sylvia virens, Wilson, am 19. October. Ausser diesen habe ich auf's Neue ein Exemplar einer dritten, in den Verzeichnissen der Vögel unseres Erdtheils, so weit mir be- kannt, ebenfalls bis jetzt noch nicht aufgenommenen Art erhalten: Anthus ludovieianus, am 17. Mai, einen sehr schönen alten weiblichen Vogel. Ein Exemplar dieser Art im Winterkleide erhielt ich schon 1851 am 6. November. Regulus modestus oder „Sylvia bifasciata“, wie ich diesen kleinen Laubvogel in meiner in einigen Monaten erscheinenden Schrift „die Vögel Helgolands“ aufgeführt, ist ebenfalls wieder einige Mal gesehen, auch einmal — mit dem Blaserohr — krank geschossen wor- den, 22. September und 12. October. Dies kleine so niedliche Vögel- chen ist nunmehr als regelmässig jeden Herbst, auf der Rückkehr von seinen nordöstlichen Brutplätzen, hier vorkommend anzusehen; ich habe dasselbe bis jetzt acht Mal erhalten und gestopft, von wel- chen Exemplaren zwei sich in dem Besitz des preussischen_ Stabsof- ficiere, Herrn von Zittwitz, befinden, eins nach Schweden und eins in 27* 420 die Sammlung des Herrn Professor Blasius gekommen; die übrigen vier Stücke befinden sich in meiner eigenen Sammlung. Unglück- licher Weise hält sich dies Vögelchen hier fast immer in den kleinen Gärten zwischen den Häusern auf — und fast nur in solehen, welche Weidengebüsch enthalten; daselbst ist demselben nun nicht anders als mit dem Blaserohr beizukommen, was den Ertrag der Jagd sehr beeinträchtigt; dennoch sind von obigen acht Exemplaren sieben durch Knaben von 10—12 Jahren mit dem Blaserohr geschossen. Könnte man sich des Schiessgewehrs bedienen, so hätte ich bestimmt schon die doppelte Zahl Exemplare dieser interessanten Art erhalten. Emberiza pusilla ist auch wiederholt, Ende September und An- fang October, hier wieder vorgekommen, und kann ebenfalls mit Sicherheit als jeden Herbst hier durchziehend angesehen werden; im- mer bleibt es aber ein sehr seltener Vogel, da er stets nur in weni- gen Stücken erscheint. Pyrrhula rosea fem. war ebenfalls wieder hier am 26. und 27. Oc- tober; am letzteren Tage schoss ich diesen Vogel krank, so sehr, dass er bestimmt während der Nacht verendet; dies war schon spät am Abend, so dass der Vogel nicht wieder aufgesucht werden konnte und leider verloren ging; dieser Umstand war jedoch weniger ver- drüsslich, da meine Sammlung schon einen jungen Vogel dieser Art besitzt, welcher hier am 3. October 1851 geschossen worden. Ein schönes altes Männchen von Anthus Richardi habe ich noch so spät wie den 9. December erhalten und gestopft. Die Zeit des alljährlichen Erscheinens dieser Piepers, sowie die sie begleitenden Umstände — Wetterverhältnisse — beweisen deutlich, dass seine Brut- plätze sich nordöstlich bis ins nördliche Asien erstrecken. Dass Syl- via bifasciata so wie die ebenfalls hier erlegte Sylvia javanica von denselben Länderstrichen aus nach Helgoland gelangt, war mir gleich- falls durch die Art und Weise ihres Erscheinens zur Gewissheit ge- worden, was denn auch seine Bestätigung durch Mittheilungen des Herrn Blasius erhielt. Mit Sylvia javanica bekam ich am selben Tage, den 6. October 1854, ein schönes altes Männchen von 8. bifasciata; so wie auch an einem Tage, den 20. September 1857, Emberiza rustica und Anthus cervinus hier geschossen wurden und meiner Sammlung zugingen. — Das sind des Neides werthe Facta für meine verehrten ornithologi- schen Freunde. N . u 421 Auffallend ist die späte Zugzeit so kleiner Insectenfresser: Sylvia bifasciata zieht den ganzen October hindurch; Muscicapa parva habe ich bis zum 8. December erhalten, seine gewöhnliche Zugzeit ist stets der Monat November; Anthus Richardi ist zwar ein kräftiger, ro- buster Vogel, seine ganze Erscheinung trägt aber doch einen ent- schieden südlichen Charakter, welcher sein so spätes Vorkommen wie im November, ja bis in den December hinein, sehr auffallend macht; junge Herbstvögel dieser Art ziehen auch stets viel früher; ich habe deren schon Ende August erhalten. Solche Stücke tragen gar keine Rostfarbe an ihrem Kleide; die Obertheile sind düster erdfarben mit bleichen, schmutzig gelbweissen Säumen, wie junge Lerchen und Brachpieper; Kropf, Brust und Seiten auf trüb gelblichweissem Grunde sehr gross düster-erdbraun gestreift. Doch ich schweife zu weit ab von der ursprünglichen Absicht dieser Mittheilung. Eine Beschreibung der beiden oben angeführten neuen Candidaten für die europäische Ornis wird allen Freunden der vaterländischen Vogelkunde hoffentlich willkommen sein, weshalb solche hier folgen mag. Larus Rossi‘ ist ein alter männlicher Vogel, so schön, rein und gut erhalten, als der kühnste Wunsch ihn nur verlangen kann. Der Kopf, Hals, die ganze Unterseite, sowie der Schwanz mit seinen obern Deckfedern sind fleckenlos weiss, alle diese Theile mit dem reinsten schönsten Roth gewölkt übergossen. Der Rücken und die Flügel, auch die grossen Schwingen nicht ausgenommen, sind grau, von der- selben Reinheit und Farbenstimmung wie bei Larus minutus; auch diese Theile sind ziemlich stark mit dem schönen sanften Roth ge- wölkt. Die erste Schwungfeder hat längs ihrer Aussenfahne einen tief-sammetschwarzen Streif, welcher die elegante Erscheinung des Vo- gels sehr steigert; die Spitzen der Schwingen zweiter Ordnung bil- den ein weisses Band über den ruhenden Flügel. Vor, unter und hinter dem Auge haben die Federchen schwärzliche Spitzen, als ob die geringe Abzeichnung des Sommerkleides dort schon auf dem Wege der Umfärbung aufträte. Der merkwürdig kleine Schnabel ist schwarz; das grosse Auge ist ganz dunkelbraun; die nicht hohen Füsse sind schön roth, eine Färbung, wie wenn man Zinnober mit etwas Karmin vermischt. Die sanfte, hellrothe Färbung ist kein Rosenroth; letzteres hat einen, wenn auch nur geringen, bläulichen Anflug, welchen der Far- 422 benton dieses Vogels gänzlich entbehrt. „Gewölkt“ habe ich die rothe Färbung genannt, weil nicht alle Federn gleichmässig von der- selben durchdrungen. Der Vogel ist ohngefähr zwei Drittel im Ue- bergange zum Sommerkleide, dem rothgefärbten, vorgeschritten; die Umfärbung geht auch in diesem Falle nicht gleichmässig an allen betheiligten Federn vor sich, sondern dieselben bieten an den untern hellen, sowie an den obern grauen Theilen alle Ueber- gangsstufen in der Umfärbung, vom ganz reinen Weiss und Grau bis zur vollständigen Sättigung der Federn mit der rothen Farbe dar. Einige zur bessern Untersuchung dem Vogel ausgezupfte Federn zeigen, dass die rothe Farbe von den Wurzeln derselben in den Schaft hinaufsteigt, und sich von da der ganzen Feder mittheilt. Alle Stu- fenformen der Umfärbung stehen so gemischt neben einander, dass ich mit der Pincette eine ganz ausgefärbte rothe Feder zu- gleich mit einer noch gar nicht vom Processe des Umfärbens be- rührten rein weissen auszupfen konnte. Auch das wieder „ganzran- dig“ Werden der Federn gleichzeitig mit der Umfärbung, wie früher von mir beobachtet, hat sich aufs Neue bei dieser Möve bestätigt; ganz besonders deutlich zeigt es sich an den Federn des Schwanzes, an welchem rechts die zweite und links die vierte Feder von aussen ganzrandig und roth angeflogen, während die übrigen weiss und ein wenig verstossen sind. Das ganze Gefieder dieser Möve ist von einer merkwürdigen sei- denartigen Zartheit. Die Maasse von Larus Rossü sind folgende: ganze Länge 15%," ; Länge des ruhenden Flügels 11'/,“; Länge des Schwanzes bis zur Spitze der 14,“ verlängerten Mittelfedern 6°/,“; die Flügel über- ragen die Schwanzspitze um 1Y,'; Länge des Schnabels von der Stirn zur Spitze 9; Höhe der Fusswurzel 1‘ 4; Länge der Mit- telzehe 1” 1. Kaiserling und Blasius, sowie Schlegel, haben die Möyve als zu- fällig in Europa vorkommend aufgeführt; in beiden Fällen stützt man sich auf Jardine & Selby, Orn. Illust. I. pl. 14, erschienen 1828. — Richardson, in Richardson & Swainson Faun. boreal. Americana II. p- 427, sagt aber im Jahre 1831 ganz entschieden, dass die beiden von Parry’s zweiter Nordpol-Expedition mitgebrachten Exemplare der Zeit die einzigen Exemplare seien, welche in Sammlungen exi- stiren. Yarrell hat in seinem 1845 erschienenen letzten Bande der 423 Vögel Grossbritanniens diese Möve nicht mit aufgeführt, was wohl genügend beweist, dass dieselbe bis dahin an den britischen Küsten nicht erlegt worden. Ich glaube demnach, dieselbe mit Sicherheit neu für Europa nennen zu dürfen. Den Namen „Larus Rossü“ habe ich beibehalten, weil Kapitän Ross die erste dieser Möven im hohen Norden geschossen, und Ri- chardson dieses erste Exemplar mit jenem Namen sehr schicklich be- legt hat. Sylvia wirens, Wilson, American Ornithologie; Sylvicola virens, Swainson, dürfte vielleicht eine weniger interessante Acquisition für die Ornis Europa’s sein, wie der vorhergehende schöne Fremdling; dennoch möge die Beschreibung dieses kleinen niedlichen Thierchens - hier ebenfalls einen Platz finden. Oberkopf, Rücken und Bürzel dieses Sängers sind schön und _ rein gelblich-olivengrün, auf dem Bürzel sehr ins Gelbe übergehend; die Stirn, ein breiter Augenstreif, Gesicht und Halsseiten sehr schön und rein gelb; durch das Auge geht ein schwärzlicher Streif, welcher sich auf der Ohrgegend verläuft, letzter noch etwas von seiner Farbe mittheilend. Kinn, Vorderhals und Kopf sind rein schwarz, alle Fe- i dern dieser Theile haben gelblich weisse Kanten, welche nach dem Kinne zu sehr viel von der Grundfarbe verdecken. Nach Wilson verschwinden im Sommer diese hellen Kanten ganz und lassen die genannten Theile rein und glänzend schwarz erscheinen, was auch dem Vögelchen den Namen „schwarzkehliger Sänger“ zugezogen. Brustseiten, Bauch und untere Schwanzdeckfedern sind gelblich weiss, auf welchem Grunde sich, als Fortsetzung der Kopffärbung, jeder- seits zwei breite tiefschwarze Streifen nach dem Schwanze hin er- strecken. Schwung- und Steuerfedern sind schwarz mit bläulich aschgrauen Säumen, welche auf den letzten Hinterschwingen sehr breit und hell, fast weiss werden; die grossen Flügeldeckfedern haben breite weisse Enden, die kleinern sind fast ganz weiss, wodurch zwei schr breite leuchtende Flügelbinden gebildet werden. Die beiden äussern Feder- paare des Schwanzes sind fast ganz weiss; sie haben auf der Aussen- fahne nur einen schmalen schwarzen Streif, welcher an der Spitze breiter und wurzelwärts sich als fast nur schwarzer Schaft verläuft; auch das dritte Federpaar von aussen hat auf der Innenfahne noch Y _ einen grossen weissen Fleck. 424 Schnabel und Füsse sind schwarzbraun, ebenso das Auge. Die Form dieses kleinen Vögelchens ist eine zierliche, obzwar der Schnabel im Verhältniss zur Grösse des Vogels ziemlich stark und die Füsse etwas schwach genannt werden müssen. Der Schwanz ist fast gerade abgeschnitten, sein äusseres Federpaar nur ganz wenig verkürzt. Die Flügel sind ziemlich spitz; die erste und vierte Schwung- feder sind gleich lang; die zweite und dritte, die Flügelspitze bilden- den Schwingen nur ganz unbedeutend länger als die erst genannten beiden; die zweite, dritte und vierte Schwungfeder sind nahe der Spitze auf der Aussenfahne sehr stark ausgeschnitten. Ganze Länge des Vogels von der Stirn zur Schwanzspitze 5’; Länge des ruhenden Flügels 2” 6°”; Länge des Schwanzes 2”; die Flügel lassen vom Schwanze unbedeckt 1; Länge des Schnabels 5‘, Höhe der Fusswurzel 9‘; Länge der Mittelzehe 5“, ihres Nagels 2‘; Länge der Hinterzehe 3‘, des sehr gekrümmten Nagels derselben 2/,“*. Auch diese interessante Vermehrung der Vögel Europa’s haben wir dem Blaserohr eines eilfjährigen Knaben zu verdanken. Ich habe den Körper dieses Vogels in Spiritus aufbewahrt; sollte er für irgend einen Leser dieser Zeilen von Interesse sein, so steht er solchem bereitwillig zu Diensten. Ich hatte früher schon angefan- gen, nach dem Stopfen die Körper seltener Fremdlinge aufzubewah- ren, unterliess dies jedoch wieder, als mir von einem öffentlichen Mu- seum auf Uebersendung des Brustbeines von Zarus Sabinei und To- tanus (Tringa) rufescens die Antwort ward: solche Sachen hätten nicht das geringste Interesse. Für die Folge werde ich jedoch wieder alle Körper seltener hier erlegter Vögel aufbewahren, und zwar im In- teresse der Ausstopfer Helgolands, um diesen armen Menschen ein Beweismittel der Redlichkeit zu erhalten, falls sie in Zukunft wieder auf so nicht zu verantwortende, unmännliche und erbärmliche Weise verdächtigt werden sollten, wie dies vor nicht zu langer Zeit in einem wissenschaftlichen Blatte ohne irgend welche Veranlassung leider ge- schehen. Schliesslich will ich hier noch ein Verzeichniss derjenigen Vögel geben, um welche die vaterländische Ornis durch mich von hier aus bereichert worden, von denen die grössere Zahl noch das besondere * Interesse hat, auch für Europa neu zu sein. Turdus rufus October 1837. Turdus lividus 28. October 1840. Emberiza pusilla 4. October 1845. Totanus rufescens 9, Mai 1847. Larus Sabinei 25. October 1847, Charadrius virginieus 20. December 1847. Cinclus Pallasi 31. December 1847. Emberiza caesia® 31. Mai 1848. Motaeilla eitreola 26. September 1848. Charadrius asiatieus. Pall. 16. November 1850. Sylvia caligata 28. September 1851. Pyrrhula rosea 3. October 1851. Anas perspicillata 9. October 1851. Sazieola aurita 26. October 1851. Anthus ludovieianus 6. November 1851. Ermberiza aureola 18. September 1852. Sylvia javanica 6. October 1854. Lanius phoenieurus 26. October 1854. Hirundo rufula 31. Mai 1855. Sylvia certhiola 13. August 1856. Charadrius longipes 25. Juni 1857. Larus Rossü 5. Februar 1858. ‚Sylvia virens 19. October 1558. Ich glaube berechtigt zu sein, Anas perspieillata in obiges Ver- zeichniss einzuschliessen, da Naumann in seinem Werke selbst sagt, dass die Nachricht vom Vorkommen dieser Ente auf deutschem Bo- den sich als unzuverlässig erwiesen, und er derselben nur in ıFolge anderer Gründe dort Erwähnung gethan. 0 Grus wirgo ist ebenfalls von Helgoland aus dem Verzeichnisse der deutschen Vögel zugegangen; die schöne Drossel, Turdus varius, ebenfalls hierher zu zählen, da schon im Jahre 1835 zwei derselben auf Helgoland gefangen und an den bekannten Naturalienhändler Brand in Hamburg gelangten; es sind dies die beiden Stücke, welche in Naumanns Nachträgen als an der Elbe erhalten aufgeführt sind. Im Ganzen sind vier dieser Drosseln hier gefangen, die letzte davon am 3. October 1849, was grade eine Lücke in obiger beispiellosen Reihenfolge ausfüllt; ebenso Klegulus modestus, wovon ich hier das” ‚erste Exemplar am 4. October 1846 erhielt; es waren aber von dieser Art schon wenigstens zehn Jahre früher wiederholt einzelne Stücke 426 hier gefangen worden und durch einen alten Ausstopfer, Namens Koop- mann, präparirt und nach Hamburg gebracht. Es ist zu bedauern, dass nicht schon länger die Ormis Helgo- lands einer strengen Controlle unterworfen gewesen; wie mancher seltene Vogel mag schon durch Unkenntniss verloren gegangen sein? — Ich hoffe, meine Forschungen hier noch lange fortsetzen zu kön- nen, in welchem Falle ich bestimmt meinen continentalen Herren Col- legen in der Ormithologie noch oft die frohe Nachricht vom Fange eines neuen schönen Fremdlings werde geben können. Was wird zunächst 1859 uns wohl bringen?! Nr. 36. Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. Von dem Pfarrer Jäckel zu Neuhaus bei Höchstadt */,. (Umfasst’ die Zeit vom I. October 1857 bis ult. Sept. 1858.) Den ganzen October hindurch war zumeist herrliches Wetter; wahre Sommertage begünstigten die am 19. des Monats beginnende Weinlese; Champignons in grösster Menge, und so schmackhaft wie in ihrer besten Zeit, wuchsen auf den Aengern; es blühten die Erd- beeren und setzten Früchte an. Gegen Ende des Monats (29. Oct.) war des Abends an verschiedenen Orten Bayerns bei gewitterhaftem Himmel ziemlich heftiges Blitzen wahrzunehmen. Die Laubfrösche schrieen noch am 31. October und die Wälder erglühten von einer Unzahl leuchtender Johanniswürmehen (Lampyris noctiluea). Einzelne Feldhasen hatten schon am 13. ihren vollen Winterbalg angelegt; bei den meisten war in der Mitte bis zum Ende des Monats nur erst der Rücken verhärt, übrigens noch der Sommerbalg vorhanden. Die ersten Tage des November brachten starke Reife, durch welche jedoch nur die zartesten Gartengewächse erfroren. Bis zum ie Er ge WE 427 19. blieb die Witterung mild und frühlingsartig. Noch am letztge- nannten Tage sah ich auf Wegen muntere Amaren und sammet- schwarze Canthariden-Larven. In den Wäldern, in Hecken und Grä- ben erglänzten, Sprühfunken gleich, zahllose Johanniswürmehen; die Laubfrösche schrieen; in Wäldern und auf Aengern standen Fliegen- schwämme und Champignons in üppigster Vegetation; die milde Herbst- witterung hatte in manchen Gegenden die Bäume zu einer zweiten Blüthe gebracht; Veilchen, Erdbeeren, Primeln, Frühlingsenzian, Schöllkraut (Chelidonium majus), Gundelrebe, Kornblumen, Schafgarbe, Rittersporn, Geraniaceen, Hirtentäschlein (Capsella Bursa pastoris), Ackerveilchen etc. blühten bis über die Mitte des Monats hinaus und reife Erdbeeren fand man sogar auf der Bürg, einer ungefähr 1500 Fuss hohen Anhöhe des Pegnitzthales bei Vorra zwischen Hersbruck und Velden. Die Wintersaaten hatten einen ungewöhnlich üppigen Wuchs erreicht und berechtigten zu den schönsten Hoffnungen, die auch nicht getäuscht wurden. Auf vielen Aeckern blühte Korn, das aus ausgefallenen Körnern aufgegangen und üppig aufgeschossen war. Den ganzen Monat hindurch wurde in der hiesigen, in der Erlanger und Nürnberger Gegend noch geackert und die Saat bestellt. In der Nacht vom 18. auf den 19. überfroren die hiesigen Weiher und win- terte es ohne vorherigen ausgiebigen Regen zu allgemeinster Besorg- niss (wegen Wassermangels) völlig zu. Dieser wurde auch im gan- zen Königreiche, im Rhein-, Main- und Donaugebiete, so gross, dass an vielen Stellen des Rheins die Kies- und Sandbänke vom Ufer bis in die Mitte des Stromes gingen, an andern als neue sich jeden Tag vergrössernde Inseln emportauchten. Der Wasserstand der Donau sank unter den bekannt niedersten Pegel herab und Felsen im Fluss- bette, die seit Jahrhunderten nur höchst selten sichtbar geworden wa- ren, boten Gelegenheit, die Flusschronik mit Einhauung einer neuen Jahreszahl zu bereichern. Der Wasserstand des Inn war so niedrig, dass die den Schiffzügen vorgespannten, Pferde hie und da im Stande waren, ganz über den Strom zu reiten. Auf dem Bodensee konnte man trocken Fusses auf dem Grund des See’s nach der Insel Mainau gehen, und während hier zu Land beispiellose Trockenheit herrschte, hausten jenseits der Alpen furchtbare Stürme und fiel der Regen in Strömen, wurden Strassen in Lagunen verwandelt und drang das Wasser in die Häuser. Bei uns versiegten die meisten Brunnen; von manchen Ortschaften im oberfränkischen Gebirge musste das Wasser 428 für Menschen und Vieh täglich Stunden weit herbeigefahren werden, und die Brunnen, welche noch Wasser gaben, wurden nicht selten bewacht und die tägliche Wasserabgabe für die einzelnen Haushal- tungen polizeilich regulirt. In vielen Gegenden, namentlich Süd- bayerns, verwüsteten zahllose Mäuseschaaren, durch die trockene Wit- terung begünstigt, die Felder und spotteten der ganzen neumodischen Myomachie, dem Phosphor, den Alkaloiden und der Zinker’schen Ausräucherungsmaschine. Nächst den später eingetretenen verderb- lichen Witterungsverhältnissen, die gewiss den Hauptausschlag gaben, befreite die Naturpolizei, Bussarde, Eulen, Krähen u. s. w. das Land von dieser grossen Plage; leider fand man aber in den von den Mäu- sen heimgesuchten Gegenden in Folge der Giftanwendung häufig die traurigen Leichen vieler der Landwirthschaft höchst nützlichen Vögel. Gegen Ende des Monats fiel Schnee. Auch der December war im Ganzen mild und zeigte noch kein eigentlich winterliches Gewand. Am 4. noch lieferten die Monat- rosen meines Gärtchens etliche halboffene Knospen und die im Freien stehenden Winterlevkojen einige Blüthenstengel zu einem kleinen Blumenstrauss. Korn und Weizen zeigten sich so stark bestockt, dass die Felder frischgrünenden Wiesen glichen. War die Witterung einestheils für die späten Feldarbeiten äusserst günstig, so war an- derntheils die Klage über die lang andauernde, fast unerhörte Trocken- heit allgemein. An vielen Orten standen wegen Mangel an Wasser die Mühlen still; die Brunnen versiegten mehr und mehr und der bisher schon sehr fühlbare Wassermangel steigerte sich zur Noth. — Weihnacht im Klee. Bis zum 28. December waren die Weiher mei- ner Gegend offen; in der Nacht zum 29. froren sie zu. An einzel- nen Straucharten fand sieh noch zu Ende des Monats grünes Laub an den jüngsten Trieben, ja manche Birnbäume waren noch mit völ- lig grünem Laube bedeckt. So charakterlos blieb die Winterwit- terung auch beinahe den ganzen Januar 1858 hindurch. Die Saaten standen wunderschön, die Aspen trieben an und waren am 13. mit Kätzchen bedeckt; die Schnaken tanzten ihre luftigen Reigen, der Grünspecht jauchzte, die Kohlmeise war unermüdlich im Singen; am 26. flogen die Bienen und sogar eine von dem warmen Abend her- vorgelockte Fledermaus (Plecotus auritus) flog im Dorfe umher und A wurde gefangen mir gebracht. In manchen Ortschaften herrschte so 429 grosse Wassernoth, dass das Wasser sogar verkauft wurde. Das Ende des Monats brachte strenge Kälte und überzog sich die Donau mit einer so starken Eisdecke, dass sie von Regensburg aus stromabwärts mit Lastwägen aller Art passirt werden konnte. Auch der Untersee (Bodensee) fror zu. Der Februar begann mit mässiger Kälte, die sich erst vom 18. an bedeutend steigerte und ernstlich Winter machte. An schönen Tagen sangen den ganzen Monat hindurch die Kohlmeisen und zo- gen die Dohlen in ziemlich grossen Vereinen und in kleinen Flügen; auch die Emmerlinge dichteten auf den Gipfeln der Eichen, wenn es windstille war und die Sonne warm schien, und in den letzten Tagen des Februars vernahm man ihren vollständigen Gesang. Das üppige Hasenvölklein hatte schon im Januar zu rammeln angefangen; es gab daher Februarhäschen, von denen der grösste Theil der Kälte im Februar erlegen sein dürfte. Ungleich strenger als hier zu Lande - trat der Winter jenseits der Alpen auf. Tyrol, die lombardische Ebene, ganz Oberitalien war mit fusstiefem Schnee bedeckt, so dass z. B. die Eisenbahn zwischen Verona und Mailand täglich ausge- schaufelt werden musste. Die Etsch trieb Eis, ihre Nebenarme wa- I ren zugefroren; der Po hatte eine Eisdecke, welche Menschen und ü Zugvieh trug, eine Erscheinung, die man seit 1788 nicht mehr hatte. Auch Neapels herrlicher Himmel brachte den ungewohnten Anblick diehten Schneefall. Schneestürme, wie sie sonst nur Russlands Step- pen kennen, verwehten die Umgegend von Konstantinopel dermassen, dass auf dem platten Lande jede Spur einer Strasse geschwunden und aller Verkehr unterbrochen war. Selbst in der Stadt war der Schnee zu haushohen Massen zusammengeweht und 5 bis 6 Schuh hohe Schneewände erhoben sich in den Gassen; es wurden Häuser durch den darauf lastenden Schnee eingedrückt und Menschen und Vieh gingen bei der zugleich herrschenden grossen Kälte zu Grunde, Wölfe drangen bis an die Thore der geängsteten Stadt, und so gross war die Kälte, dass der Winterhafen von einem Ufer an das andere einfror. Nach Berichten aus Algier lag der Schnee 2 Mö£tres hoch zu Bona. Auch Spanien war von heftigem Frostwetter heimgesucht: E..; Januar sank das Thermometer auf —5!/," R. Es darf mit Gewissheit angenommen werden, dass dieser furchtbare südliche Winter die Ursache des beispiellos schlechten Schnepfenstriches ge- wesen ist. Es müssen die Waldschnepfen und auch Bekassinen, die Bi - 430 gleichfalls nur in höchst geringer Anzahl wiederkehrten, an ihren von Kälte, Schnee und Eis schwer heimgesuchten Winteraufenthalten in Masse zu Grunde gegangen sein. — Der Wasserstand der Donau war so niedrig, dass von der Römerbrücke bei Orsowa 18 bisher unbe- kannte Pfeiler blos gelegt wurden. E Bis zum 14. März fiel bei meist windigem Wetter noch ziemlich viel Schnee und tobte am 8. ein furchtbarer Orkan, der an den Te- legraphenstangen gewaltige Zerstörungen anrichtete, in Schwabmün- chen eine Güterhalle einwarf und an einer Kirche Augsburgs einen Theil der Kupferbedachung aufhob und wegries. Am 15. trat mit Thauwetter und Regen der Frühling sein Regiment an; schon am 18. hatte die Aisch ihre Eisdecke abgeworfen; auf der Donau war der Eisstoss am 24. vollends abgegangen. Am 7. stümperte der Fink an seinem Schlage, am 11. sang er schon gut. Auf den ausgetretenen Flüssen herrschte ein buntes, vielbewegtes Vogelleben. Vom 18: an flogen Bienen, Aphodier, Mücken, Schmetterlinge (Vanessa urtieae und polychloros), die braunen Grasfrösche murrten am 23. und hatten ge- laicht am 28.; am 23. flogen zum ersten Male die Zwergfledermäuse (Vesperugo pipistrellus); am 25. kam der Thurmfalke; am 28. sah ich die ersten Bohrlöcher der Regenwürmer und grünte der Stachelbeer- strauch; am 24. blühte die Haselstaude, am 29. a jarfara, am 30. Pulmonaria offieinalis. Der Monat April hatte seine bekannten Launen, war aber im Ganzen sehr trocken und schön. Am Schlusse des Monats herrschte Höhenrauch. Am 2. blühte in den Gärten Anemone hepatica, am 6. Viola odorata und Veronica hederaefolia, am 11. Primula veris, am 15. Daphne mezereum, am 17. Gageen, Draba verna, in den Wäldern Anemonen, am 19. Leontodon tarawacum, am 24. Caltha palustris, am 29. Vinca minor. Am 6. blühten die Erlen, am 13. die Aspen, am 17. die Birken, am 20. die Eschen und Rüstern, am 23. grünte die Birke, am 24. blühte die Stachelbeere, am 25. standen Aprikosen und Pfirsiche in schönster Blüthenpracht und entfaltete die Rosskastanie ihre Blätter; am 26. blühte der Ahorn und grünten die Bachweiden; am 27. fingen in geschützten Lagen die Reine-Olaude und Cyper- bäume zu blühen an; es grünte die Lärche, die Erle und der Vogel- beerbaum, der Flieder, der Weissdorn und die Buche und blühten Kirschbäume und Johannisbeersträucher, der Schwarzdorn und ein- zelne Zwergäpfelbäume an Spalieren. Cieindelen flogen am 15., am 431 on. Pieris Rhamni, am 19. Vanessa Jo, am 24. Papilio Machaon. Die Frösche (Rana esculenta) schrieen am 17., die Eidechsen (Lacerta agi- lis) waren munter am 19. Am 2. erhielt ich die ersten Kiebitz-Eier. am 22. bauten die Staare und weissen Bachstelzen; am 27. falzten die Birkhähne. Mai. Omnia nunc rident, nune felicissimus annus. Am 2. grünte der Massholder und fingen die Birnbäume an zu blühen, am 5. grünte die Ulme, war die Rosskastanie belaubt und blühten die Mandel- und Spalierapfelbäume; am 11. standen die Obstbäume in reichster Blüthe, desgleichen Gentiana verna, Ranunculus aquatilis und in Masse die gewöhnlichen Orchideen. Die ersten Achren zeigte das Korn am 14., am selben Tage grünten die Eichen und blühte der Raps, am 17. der Flieder, am 27. der Weissdorn und das Maiblümchen. Am 12. May hatten die Staare Junge. Wenn je ein Frühjahr für die Vegetation im Allgemeinen gün- stig war und zu ausgezeichneten Erntehoffnungen berechtigte, so war es das von 1858. Saatfelder und Wiesen erhielten spät erst, im April, ihr saftiges Grün, und die Obstblüthe war gleichfalls eine späte und in einem Monat vollendet. Der Fruchtansatz war bei manchen Obst- gattungen massenhaft und sah man es den Bäumen nicht an, dass sie schon im Vorjahre so reich getragen hatten. In Bezug auf grosse Hitze und Trockenheit, den reichen Ernteertrag und vorzüglichen Wein glich das Jahr seinem Vorgänger vollkommen, ja übertraf den- selben in manchem Stück. Ausgezeichnet war es ferner durch den herrlichen Donatischen Kometen. In ornithologischer Beziehung ist hervorzuheben, dass das Jahr durch das Erscheinen von Seiden- schwänzen, Nussknackern, Leinfinken nicht charakterisirt, als Enten-, Drossel- und Schnepfenjahr als höchst mittelmässig, in letzterer Be- ziehung als ganz schlecht zu bezeichnen war; nur der Frühjahr-En- tenstrich war in bevorzugten Gegenden gut. Der Frühjahrstrich be- gann für viele Vögel sehr frühzeitig. Ausser Schwänen in Oberbayern und Flügen von Strandreutern, welche in Mittel- und Oberfranken sich zeigten, war nichts Aussergewöhnliches zu notiren. Vultur fulvus Briss. Im Herbste 1857 wurde in Schwaben bei Günzach an der Eisenbahn zwischen Kaufbeuern und Kempten ein brauner Geier von einem Bauern geschossen und in letzterer Stadt ausgestopft. 432 Faleo peregrinus Briss. Im Herbsstriche sah ich hier die ersten Wanderfalken am 2. October, an welchem Tage der Raubvogelstrich sehr lebhaft war. Auf einer Wiese sassen 6 Mäusebussarde; Ler- chenfalken stiessen nach Lerchen; ein Taubenhabicht fing in geringer Entfernung von mir eine Aulica atra in der Luft; 4 Rohrweihen strichen in den Weihern umher wurden von Krähen verfolgt, und ein Wanderfalke stiess nach Knäkenten. Am 15. October wurde ein junger Wanderfalke bei Dillingen geschossen, ein desgleichen Falke am 3. November bei Unterschwaningen. Vom 19. November an traf ich hier keinen mehr. Im Frühjahre kehrten sie mit den Enten wie- der und sah ich am 18. März 1858 einen Wanderfalken zuerst auf der Aisch vergeblich nach Enten jagen und dann an einem nahen Feldholz zehn Hohltauben verfolgen. Den ganzen März und April hindurch konnte ich bei jedem Weiherbesuche gewiss sein, diesen kühnen Räuber in Verfolgung von Enten anzutreffen; namentlich im März war er der Schrecken der in ungewöhnlich grosser Anzahl vor- handenen Spiessenten. Eine weibliche Ente dieser Art hatte er am 22. März vollkommen auf eine Mahlzeit aufgezehrt; es war an ihr nur der Kopf mit einem kleinen Theile des Halses und die Flügel unversehrt, desgleichen die Ruder vom Gelenke an; von allem An- dern liess er nur die sauber abgenagten Knochen zurück. Ein Stau- nen erregender Appetit. Pandion haliaötos L. Der Frühjahrstrich begann hier am 26. März und dauerte bis in die Mitte Aprils; der Herbststrich nahm sei- nen Anfang am 1. September und war lebhaft diesen ganzen Monat hindurch. Wegen der grossen Trockenheit des Sommers, während dessen viele besetzte Karpfenweiher gänzlich vertrockneten und die- jenigen, welche doch aushielten, auf einen so niedrigen Wasserstand gebracht wurden, wie ihn sich die ältesten Leute hiesiger Gegend nicht erinnern, thaten die „„Weissbäuche‘“ empfindlichen Schaden an der Fischerei. Buteo lagopus Brünn. Am 19. October sah ich hier den ersten Rauhfussbussard. Ende März verliessen sie uns. Aquila chrysaitos L. Am 7. Juli 1858 wurde ganz in der Nähe der Solnhofener Steinbrüche ein junger, sehr ermatteter und abgema- gerter Steinadler von einer Buche herabgeschossen. Der Vogel wurde durch das Geschrei von Elstern, Krähen und andern kleinen Vögeln dem Schützen verrathen, von diesem für eine grosse Eule gehalten | | | 433 und mit herbeigeholtem Gewehre 1Y/, Stunden darnach von dem nämlichen Aste, auf welchem er zuerst gesehen worden, herabgeschos- sen. Der Magen war ganz leer, die Schweiffedern stark verstossen und stand der Vogel in der Mauser. Nach öffentlichen Blättern spran- gen im Algäu bei Oberstdorf im August plötzlich ein Dutzend wei- dender junger Pferde, durch einen teigenden Steinadler erschreckt und scheu gemacht, von der hohen Seealpe über die schroffen Fels- wände in das durch seine Adlerhorste berühmte Oythal und wurden bis auf zwei, welche die muthigen Hirten noch aufhielten, zer- schmettert. Haliaötos albieilla Briss. Am 6. November wurde bei Augsburg ein junger Seeadler geschossen; ein alter trieb sich den ganzen Win- ter 1857/58 auf dem Lech umher, konnte aber nicht zum Schuss gebracht werden. Milvus regalis Briss. Am 7. November wurde bei Memmingen, wo damals die Feldmäuse in Unzahl vorhanden waren, ein junger Milan halbtodt im Felde gefunden und starb bald darauf in Folge des Genusses vergifteter Feldmäuse. Der Frühjahrsstrich begann am 1. März und wurde am 7. ejus. m. wärmer, am 10. März war er am lebhaftesten. Im Herbststrich sah ich die ersten hier am 11. Sept. Milvus niger Briss. Am 19. April kreiste ein schwarzer Milan über einem Weiher hiesiger Gegend. Am 9. Mai wurde ein Weib- chen in einem Wäldchen an der Donau bei Dillingen auf dem Horste geschossen. Am andern Morgen hatte das Männchen den Horst be- setzt, kam aber zu demselben nicht mehr zurück, als am Abend jenes Tages auf selbes Jagd gemacht worden war. Einige Tage nachher wurde im Walde bei Obermedlingen ein Weibchen, am nächsten Tage auch das Männchen, auf dem Horste erlegt. Im Magen des Weib- chens waren ausser einem Eingeweidewurm Reste von. Fischen, Ei- dechsen und der halbe Unterkiefer einer jungen Katze, die wahr- scheinlich als Aas von der Donau ausgeworfen worden war. Circus cyaneus L. Im Mittelfränkischen (Arberg, Hesselberg) be- gann der Herbststrich am 14. October und dauerte den Monat hindurch. Am 15. April wurde ein altes Männchen bei Günzburg erlegt. Circus eineraceus Mont. Am 1. September 1858 wurde ein junges Männchen, in dessen Magen sich Reste eines Emmerlings, einer Ei- dechse und Spitzmaus vorfanden, bei Augsburg erlegt. Naumannia. 1868. 28 434 Circus aeruginosus L. Am 2. October wurde von vier in den Moor- und Poppenwinder Weihetn umherstreichenden Rohrweihen ein junges Männchen erlegt und mir gebracht, welches am ganzen Körper, auch auf dem Scheitel und an der Kehle, chokoladebraun war und nur im Nacken einen rostgelben Flecken hatte. Am 13. September begann in den hiesigen Weihern der Herbststrich. Nyetale Tengmalmi, J. Fr. Gmel. Am 26. November hat mein werther Freund, Herr Leu, den ich um seine sehr schätzbaren Mit- theilungen auch für das nächste Jahr höflichst bitte, ein Weibchen aus der Gegend von Augsburg erhalten. Bubo maximus Ranz. Am 20. Oktober wurde ein Schuhuweib- chen bei Memmingen, im Januar 1858 ein Männchen bei Klingenbad, gleichfalls in Schwaben, geschossen. Im September hielt sich ein Schuhu 8 Tage auf dem Thurme des hiesigen Schlosses auf. Er hinterliess 8 Gewöllballen, die ich untersuchte, und in denen ich 21 Schädel von Sorex fodiens, 15 von Sorex vulgaris, 5 von Sorex leuc- odon, einen von Arvicola arvalis und einen von Mus sylvaticus fand. In einem Gewölle war auch ein kleines Gehäus einer Schnirkel- schnecke, zum Beweise, dass der Schuhu am Rande eines der am hiesigen Schlosse gelegenen Weiher den Spitzmäusen nachgestellt hatte. Beim hastigen Zugreifen wurde das Schneckenhäuschen mit aufgegriffen und zufällig verschluckt. Andere als Mäusenahrung hatte der Vogel binnen 8 Tagen nicht genossen. Cypselus apus L. Die Thurmschwalben kamen auch in diesem Jahre ungewöhnlich frühe an. Bei Arberg in Mittelfranken wurde eine einzelne am 21. April, bei Nürnberg die ersten von Dr. J. W. Sturm am Duztendteich am 23. ej. m. gesehen. Erst am 29. April zeigten sich bei Arberg mehrere; an demselben Tage kamen sie in Memmingen und dahier am alten Schlosse gegen 6 Uhr Abends an. Der Zug dauerte noch bis in den Mai hinein; denn erst am 7. und 8. dieses Monats sah man sie zahlreich in Nürnberg, Ebrach, Arberg. Am 25. Juli begann hier und im Memmingen der Abzug und war am 27. ej. bereits vollendet. Am 29. Juli und am 3. August sah ich noch hier etwa je ein Dutzend auf dem Durchzuge von Norden her. Trotz des heissen Sommers brüteten diese Vögel heuer sehr lange, Herr Büchele fand in Memmingen das erste Ei am 19. Mai, das zweite ein paar Tage später. Am 12. Juni schlüpfte das erste Junge, über dem zweiten Eie sass das brütende Weibchen 21 Tage. Noch |— 455 am 23. Juli nahm mein Freund einen ganz flügsen Jungen aus dem Neste. Sie wurden häufig blos mit fliegenden Ameisen gefüttert, mit- unter auch mit Nachtschmetterlingen; denn in einem Jungen fand Herr Büchele 5 Stück Noctua Persicaria. Caprimulgus europaeus L. Ankunft bei Arberg am 25. April. Cueulus canorus L. Ankunft bei Arberg und hier am 17. April, am 20. ej. m. bei Ebrach; am 21. war überall in hiesiger Gegend sein Ruf zu vernehmen. Jynz torgwlla L. Ankunft bei Ebrach am 16., bei Arberg am 17., hier am 21. April. Upupa epops L. kam bei Arberg am 8., bei Ebrach am 11., hier am 12. April an; in der Mitte des April war der Zug beendet. Am 1. Mai erhielt Herr Leu 7 Eier. Im Dorfe Breitenbrunn bei Augs- burg brütete ein Wiedehopf in einem Loche unter dem Dache eines Backofens. Zweimal legte das Weibchen jedes Mal 8 Eier, die ihm zweimal genommen wurden, legte zum dritten Male abermals 8 Eier, die ihm gelassen wurden und aus welchen es 8 Junge glücklich aus- brachte. Genanntes Dorf ist von Wald umgeben. Alauda arborea L. Der Frühjahrstrich begann in den Steiger- waldgegenden am 28. Februar und dauerte für hiesige Gegend bis Mitte März; am 20. dieses Monats belebte ihr herrlicher Gesang weit und breit die Wälder meiner Umgebung. Alauda arvensis L. Am 6. November war der Feldlerchenzug noch sehr stark; am 22. ej. m. sah ich nur mehr kleine Truppe und eine einzelne noch am 23. December. Der Wiederstrich begann da- hier am 13. Februar, wo ich bei sehr schönem Wetter nur wenige sah und hörte. Am nächsten Morgen zwischen 8 und 9 Uhr strich nur eine einzige Lerche über mich hin, während schon Mittags ge- waltige Flüge auf den erst an den Südseiten der Bifänge und auf den Saatkämmen schneefreien Feldern sich herumtrieben. Bis zur Mitte des Monats Februar dauerte der Zug ununterbrochen fort; am 18. ej. m. trat jedoch heftiges Winterwetter ein, das mit schneidend kalten Ostwinden den Monat hindurch anhielt und den Zug der Feld- lerchen unterbrach. Was da war, trieb sich auf grossen Haufen, kümmerlich das Leben fristend, umher. Am 27. Februar war es bei sehr schönem Wetter windstill und sangen hier zum ersten Male die Lerchen. 28* 436 Fringilla linaria L. Am 25. October sah ich hier einen kleinen Flug, welcher sich den ganzen Winter hindurch in der Gegend um- hertrieb. Auch bei Augsburg waren diese Wintervögel sehr selten. Herr Leu erhielt (im Januar) nur ein einziges Exemplar. Fringilla montifringilla L. Die Gägler kamen hier am 2. Octo- ber, im Rückstrich am 20. März an. Nucifraga caryocatactes L. Im October wurde in der Gegend von Herzogenaurach bei Erlangen ein Tannenheher geschossen. Corvus monedula L. Der Durchzug, dauerte hier, immer schwächer werdend, den ganzen October, November und December hindurch; am 18. März passirten viele Dohlen in grossen Vereinen mit Saat- krähen die hiesige Gegend; am 24. ej. m. sah ich aber auch eine Schaar von 50 Dohlen, bei denen keine Krähe war. Corvus cornie L. Ankunft der Nebelkrähen bei Arberg am 11. October. Corvus frugilegus L. Am 18. März, einem schönen Tage, zogen vier Heerhaufen, jeder zu vielen Hunderten, von West nach Ost. Die Haufen folgten sich enge hinter einander und zogen, die einen von der Linken zur Rechten, die andern umgekehrt, himmelhoch un- ter wirrem Geschrei ihre Kreise. Ein herrlicher Anblick, wenn es gleich nur gemeine Krähen waren. Die grosse Höhe, in welcher solche Schaaren fliegen, benimmt auch dem tausendstimmigen Ge- krächze der Saatraben, deren Stimme ohnehin viel angenehmer, als die der Gattungsverwandten ist, viel von seiner Rauhheit und hören sich diese verschiedenst modulirten Bässe junger und alter, heiserer und reiner Rabenkehlen, dazwischen das hohe, helle Kiah der Doh- len, die gerne Reisegesellschaft leisten, gar nicht übel an. Sturnus vulgaris L. Am 24. October war die Hauptmasse der Staare abgezogen; doch sah ich hier noch am 26. ej. m. einen star- ken Flug in Gesellschaft vieler Kiebitze, 6 Stücke noch am 31. Oc- tober, an welchem Tage ich noch einen Laubfrosch schreien hörte; den letzten Staar am 21. December. Bei :Arberg zeigten sich die letzten 6 Stück im November. Bereits am 12. Februar trafen die ersten in Memmingen, am 19. in Arberg, am 21. hier ein und waren am 1. März überall häufig zu sehen. Ein Staar auf meines Nach- bars Dach machte den Ruf des Totanus ochropus täuschend ähnlich, desgleichen den des Rebhuhns nach. Pe ES en u Ze 437 Tichodroma muraria L. Herr Leu erhielt am 4. October ein Exemplar von Füssen, am 14. November ein zweites von Immenstadt und am 19. März 2 Männchen von Oberstdorf. Anthus spinoletta L. Herr Landarzt Kress traf ihn auf einer Reise in die bayerischen Alpen im September 1858 in Familien an den feuchten Stellen der Triften in der Gegend der Königsalpe, nament- lich an den Gruben an, die zur Ansammlung des Wassers zum Trän- ken des Viehes vorhanden sind. Anthus arboreus Bechst. Der Frühjahrstrich begann am 10. April; am 14. ej. m. sangen die Baumpieper überall. Anthus campestris Bechst. Bei Aarberg zeigten sich die ersten Brachpieper am 17., hier am 21. April. Der Zug dauerte bis in die ersten Tage des Mai. Motaeilla alba L. Ankunft dahier und bei Ebrach am 11. März. Motacilla flava L. Die ersten zwei gelben Bachstelzen sah ich am 8., am 13. April schon viele. In der Nacht vom 13. auf den 14. April war hier der Hauptzug. Als ich am letztgenannten Tage in die Weiher kam, mochten wohl ein Hundert dieser prächtigen Vö- gelehen daselbst vorhanden gewesen sein. Ende Aprils war der Zug vorüber. Oriolus galbula L. kam 1858 ungewöhnlich frühe an. Herr Dr. J. W. Sturm, dessen Name Bürgschaft genug ist, dass keine Ver- wechslung mit einem Staare, welcher den Pirolruf bekanntlich täu- schend nachzumachen versteht, vorgefallen ist, hörte ihn bereits am 15. April im Walde am Dutzendteiche bei Nürnberg. Herr Forst- wart Jägerhuber in Arberg, ein vorzüglicher praktischer Beobachter, sah den ersten Pirol am 21. April, dann aber bei 14 Tagen keinen mehr. Im Eichenwäldehen nahe an meinem Hause hörte ich ihn erst am 5. Mai und von Ebrach wurde mir seine Ankunft am 6. Mai ge- meldet. Turdus musicus L. Der Zug der Singdrosseln dauerte bei Ar- berg den ganzen October, November und December hindurch; am 17. März sangen hier die ersten und am 20. ej. m. sah ich die letz- ten Durchziehenden. Turdus torquatus L. Am 18. April wurde ein junges Männchen, welches sich Stunden lang in einer Hecke bei Buch, !/, Stunde von hier umhertrieb und auf einem Baume sang, geschossen. Salicaria cariceti Naum. kam in die hiesigen Weiher am 18. April. 438 ‚Regulus ignicapillus Brehm zeigte sich bei Arberg am 10. April, im Vorjahre daselbst am 21., bei Augsburg am 31. März. Ficedula hypolais L. kam hier am 5., bei Ebrach am 21. Mai an. Ficedula sibilatrix. Ankunft bei Ebrach am 24. April. Ficedula trochilus L. Ankunft bei Arberg am 1., hier am 7. April. Viele sangen erst am 15. ej. m. Ficedula rufa Lath. kam bei Memmingen am 22., hier am 30., bei Ebrach am 31. März an. Sylvia eurruca Lath. kam am 19. April bei Ebrach, hier am 20. an, baute ihr Nest in die Laube meines Gärtchens und legte das erste Ei am 16. Mai. Sylvia atricapilla Briss. kam bei Memmingen am 21., bei Ebrach und hier am 22. April an. Sylvia einerea Briss. Ankunft hier und bei Memmingen am 21., bei Ebrach am 25. April. Sylvia hortensis Penn. Ankunft bei Ebrach am 2., bei Memmin- gen am 5. Mai. 2 Luseiola luscinia L. strich hier und in Weingartsgreuth am 2. und 3. Mai durch. Cyanecula suecica L. Der Herbstzug dauerte bei Arberg den ganzen October hindurch; auf dem Frühjahrszuge zeigten sie sich dort am 1., bei Ebrach und Augsburg am 8. April. Herr Leu er- hielt am 4. Mai ein im Gärnchen bei Augsburg gefangenes sehr schönes Männchen mit rothem Stern. Erithaeus rubecula L. kam bei Ebrach am 21, bei Memmingen am 22., hier am 25. und bei Augsburg am 28. März an. Rutieilla phoenieurus L. Ankunft bei Arberg am 6., bei Augs- burg am 8., bei Ebrach am 12., hier am 21. April. Am 22. Mai ein Nest mit 6 Eiern in einer Hopfenkoppel. R. tithys Scop. kam in Nürnberg am 19., hier und in Memmin- gen am 22. März an; am 27. ej. m. waren sie überall zahlreich. Pratincola rubetra L. Ihre Ankunft wurde mir von Augsburg am 16., von Memmingen am 21., von Arberg am 26. April, von Eb- rach am 2. Mai gemeldet. Pr. rubicola L. Ankunft bei Ebrach am 22. März. Saxicola oenanthe L. kam hier und bei Ebrach am 9. April an. Lanius eollurio L. kam in den Steigerwaldgegenden und hier erst am 10. Mai, bei Arberg schon am 29. April an. DE BEE DREI TEN TE a SEELE u 439 Lanius rufus Briss. Ankunft dahier am 21. April. Museicapa grisola L. Ankunft in der Umgebung Arbergs am 17. April, im hiesigen Orte am 5. Mai. Muse. atricapilla L. kam nach den Berichten meiner Herren Cor- respondenten bei Augsburg am 11., bei Arberg am 14., bei Ebrach am 27. April an. j Muse. albieollis Temm. Ankunft bei Ebrach in den dortigen Bu- chenwaldungen am 27. April. Brütet in der Umgebung von Mün- chen bei Schleissheim. Herr Leu erhielt von dorther Eier (ausge- nommen am 23. Mai) und einen jungen Vogel, und sah dort geschos- sene alte Männchen und Weibchen. Hirundo urbiea L. kam in Ebrach am 8., in Arberg am 14., da- hier am 18. April an. Am 21. September waren hier Junge der zweiten Brut noch im Neste. Hirundo rustica L. kam in Nürnberg am 4., hier am 5., am 12. April in Memmingen an. Vom 13. bis zum 15. April, wo die Wei- her an den Rändern des Nachts sich noch mit Eis überzogen, sah ich hier noch wenige. In Augsburg wurde in einem Neste mit drei Jungen ein Albino gefunden. Am 20. September flogen Junge einer zweiten Brut aus einem Neste in meiner Scheune aus. Cotyle riparia L. sah ich zuerst am 8. Mai über den hiesigen Weihern, von da an täglich den ganzen Monat hindurch in grösserer oder geringerer Anzahl. Bei ziemlicher Kälte, heftigem Ostwind und Regenschauer sah Herr Dr. J. W. Sturm am 8. und 9. Mai auf dem Dutzendteiche bei Nürnberg eine ungemein grosse Anzahl von Sta- chel- und Uferschwalben. Ganze Stellen, an denen sie sich zum Schutze gegen den Wind niederliessen, erschienen braun, so dicht sassen sie beisammen. Columba palumbus L. Ankunft bei Arberg am 19. März. C. oenas Gm, Die ersten 4 Stück sah ich hier am 8. März und Durchziehende häufig bis Ende des Monats in grösseren und kleine- ren Flügen. Zu Ende Septembers schlugen sie sich in grosse Schaa- ren zusammen. Peristera turtur L. Ankunft bei Arberg am 26. April. Ortygion coturnie L. Bei Arberg verstrichen die letzten Wach- teln bis zum 5. October. Am 15. jenes Monats traf Herr Diezel eine schr schwere junge Wachtel bei Kleinwallstadt mitten im Walde 440 an. Am 29. April schlugen sie bei Memmingen; in hiesiger Gegend hörte ich sie erst einzeln vom 7—10, Mai. Otis tetrax L. Das Zwergtrappenweibchen, welches am 27. Sep- tember 1857 bei Haunstetten in der Gegend von Augsburg erlegt wurde, hatte im Magen viele grosse Heuschrecken, Käfer und einige grüne Blätter. Orex pratensis Bechst. schrie hier zum ersten Male am 28. Mai. Ortygometra porzana L. Ankunft in den hiesigen Weihern am 5. April. Ortygometra minuta Pall. Ein Exemplar erhielt Herr Büchele von der Iller bei Memmingen am 12. April. Fulica atra L. Ankunft auf hiesigen Weihern am 18. März. Grus ceinerea Bechst. Herr Revierförster Diezel sah im heurigen Frühjahre zur Zeit des Schnepfenstriches zwei Kraniche auf einer Wiese im Schweinfurtischen bei Grafenrheinfeld. Oedicnemus crepitans Temm. Im October trieb sich ein Triel längere Zeit auf einem Hutwasen hiesiger Gegend umher. Vanellus ceristatus M. et W. Die letzten Kiebitze sah ich im Herbstzuge am 18. November; sie hielten die ersten Fröste aus und blieben bis die Weiher völlig überfroren waren; am 13. März kehr- ten sie wieder und waren am 18. ej. m. schon in grossen Haufen auf den Aischwiesen. Charadrius phwialis L. Der Wegzug dauerte bis zum Ende des November. Herr Leu erhielt noch am 20. und 25. genannten Mo- nats Goldregenpfeifer aus der Gegend von Augsburg und Geisenfeld. Am 18. März sah ich hier auf den zum Theil überschwemmten Aisch- wiesen starke Flüge, mehrere zu 50—60 Stücken, am 20. ej. m. nur noch kleine Truppe. Aegialites curonicus Beseke zeigte sich auf dem Striche in den hiesigen Weihern am 20. April und wieder am 13. Juli. Hypsibates himantopus L. Am 3. Mai stand in einem der hiesi- gen Weiher bei Krausenbechhofen ein Paar Strandreuter. Sie wur- den nicht beunruhigt und Tags darauf an der nämlichen Stelle wie- der gesehen. Am 8. Mai suchte ich die Poppenwinder- und Moor- weiher nach diesen herrlichen Vögeln ab und traf ein Paar, wahr- scheinlich dasselbe, welches am 3. und 4. Mai bei Krausenbechhofen beobachtet worden war, im grossen Stöcksee an. Das Weibchen wurde flügellahm geschossen ; das Männchen strich zwei bis drei Schuss- ” 441 weiten weg, kehrte jedoch laut und anhaltend schreiend auf die Stelle des Anschusses zurück, wo eben der Schütze nach dem geflügelten Weibchen fing, setzte sich nach kurzem Kreisfluge in denselben Wei- her, wurde hier von dem Schützen, den die versprochene Prämie hitzig gemacht hatte, auf 45 Gänge leider gefehlt, und strich in einen benachbarten ‘grossen See ab, in welchen es sich in solcher Entfer- nung vom Ufer stellte, dass ein Schuss nicht anzubringen war. Auf- gescheucht schrie es viel im Herausstreichen, schwang sich hoch auf und verliess die Gegend. Tags darauf traf ich den trauernden Witt- wer im Strittweiher bei Bingarten an. „Ich kenne Dir, Spiegelberg“ — und fort strich, schon als ich und der Schütze vom gestrigen Tage in weiter Ferne unsern Operationsplan auf die im Glanze der Früh- sonne weithin leuchtende Gestalt machten, der vorsichtige Vogel. Wir folgten ihm unter Verwünschungen über die Misere der kleinen Jagd- bögen durch die Mechelwinder, Oberlindacher und Weissendorfer Jagd von Weiher zu Weiher, um ihn wo möglich wieder auf unsern eigenen Jagdgrund zurückzubringen, jedoch vergeblich. Am 10. Mai wurde die Jagd fortgesetzt und trafen wir wiederum im oben erwähn- ten grossen Stöcksee bei .Poppenwind ein Pärchen, das indessen auch sehr zeitig das Weite suchte und nach dem Strittweiher abstrich, an welchem angekommen, wir 5 Stück beisammen, 4 alte gepaarte Vö- gel und einen jungen, erblickten. Leider waren an diesem Tage die “Weiher durch Gräserinnen sehr beunruhigt; die Strandreuter hielten deshalb, einmal scheu gemacht, eine schussmässige Annäherung nicht aus und fielen bald da, bald dort immer nur auf kurze Zeit ein. Ein _ auf zu weite Entfernung abgefeuerter Wagschuss verwundete indess doch einen alten Vogel der Gesellschaft, welcher sich bald von seinen Kameraden trennte. Am folgenden Tage stand der Verwundete im Abelsweiher bei Moorhof augenscheinlich kränklich, doch noch sehr flüchtig. Es gelang nur mit vieler Mühe, ihn endlich zu erlegen. Derselbe war ein sehr schönes altes Männchen und hatte am Tage zuvor einen einzigen Schrot in das Fleisch der Brust bekommen, eine Wunde, die sich bald ausgeheilt hätte. Das am 8. Mai erlegte Weib- chen hatte gleichfalls einen alten Schuss. Der rechte Lauf war ihm wahrscheinlich ganz zerschmettert worden; denn eine stark aufgetrie- bene Callusbildung erstreckte sich 1'/,” lang gegen die Zehenwurzel herab, die innere Seitenzehe war nur zur Hälfte vorhanden, an der äussern war die vordere Hälfte gangränös abgestorben und dem Ab- 442 fallen nahe. Im Magen fand ich kleine Wasserkäfer und unkennt- liches kleines Gewürm, in den Eingeweiden eine interessante lange Taenia. Ganz zur nämlichen Zeit, wie ich, beobachtete Hr. Dr. J. W. Sturm in Nürnberg auf dem eine Stunde von jener Stadt entfernten Dutzend- teiche solche Vögel. Er schrieb mir darüber Folgendes: „Am 8. Mai spät Abends sah ich das erste Pärchen am grossen Dutzendteich. Ich traute meinen Augen kaum, als ich die Vögel in Gesellschaft mehre- rer Totanus bis an den Bauch im Wasser herumspazieren sah. Es war dies an einer Landzunge, an und auf welcher auch eine Truppe von ohngefähr 20 Larus ridibundus und 8 Sterna nigra ihr munteres Wesen trieben. Am 9. Mai Morgens 5 Uhr traf ich die seltenen Gäste ziemlich an derselben Stelle, wie Abends vorher. In den Nach- mittagsstunden beobachtete ich in Gesellschaft meines Bruders Fried- rich diesen lieblichen Sumpfvogel noch einmal und jetzt entdeckten wir noch ein zweites Pärchen und ein einzelnes Stück. Mit guten Fernröhren versehen, sahen wir dem Treiben derselben länger zu, während welcher Zeit ein Paar den Coitus vollzog, worauf sich zu- erst der Mann und hernach das Weib mehrmals badeten. Der kalte Tag (+ 9° R.), der heftige Ostwind und öftere Regenschauer mussten den Vögeln unlieb sein, denn sie verbargen sich hinter die Kufen. Auch ein Pärchen der Larus ridibundus schnäbelte sich mehrmals am Lande und vollzog später den Coitus. Am 10. Mai regnete es Vor- mittags; der Abend war sonnig und windstill, weswegen die Totanus sehr munter waren und laut schreiend viel umherstrichen. Ein Strand- reuterpärchen war mitten unter ihnen, blieb jedoch auf der Land- zunge zurück, wenn die Wasserläufer wegstrichen. Als es schon zu dunkeln anfing, sassen sie wieder in einer Gresellschaft von 12 Was- serläufern und wahrscheinlich übernachteten sie auch an dieser Stelle. Am 11. Mai waren sie abgezogen.“ . Die Stimme dieser Vögel betreffend, füge ich noch an, dass die Schreckenslaute, mit welchen das Männchen des am 8. Mai dahier erlegten Weibchens den Tod seiner Gefährtin beklagte, sehr viele Aehnlichkeit mit der Stimme des gemeinen Wasserhuhnes (Fulica atra) hatten, doch klangen dieselben Wasserläufer-artig. Beide Gatten zeigen auf dem Zuge viele Anhänglichkeit aneinander. Totanus glottis L. Am 22. April kamen sie in den hiesigen Wei- hern an und am 24. ej. m. traf ich sogar ein Stück an einem bis an 443 die Häuser meines Pfarrdorfes reichenden kleinen Karpfenweiher. 5 Stück traf ich im Strittweiher am 14. Mai, am 24. ej. m. 3 Stücke in den Poppenwinder Weihern, von wo ich am 20. Mai ein sehr schönes Weibchen erhielt. Im Herbststriche hörte ich die ersten hell- farbigen Wasserläufer am 11. September. Totanus fuseus Briss. Am 2. October hörte ich noch einen ein- zelnen in den Moor- und Poppenwinder Weihern; am 17. April stell- ten sie sich daselbst im Frühjahrzuge ein, der am 16. Mai beendigt war, an welchem Tage ich noch einen Vereinzelten antraf. Ein am 10. Mai erlegtes Männchen trug das vollständige Sommergewand. Totanus calidris L. kam am 24. März in den hiesigen Weihern an. Am 13. und 14. April war daselbst ein so buntbewegtes Vogel- leben, wie ich es noch nie erlebt. Bei herrlichem Wetter trieben sich starke Flüge von Rothschenkeln theils für sich, theils als An- führer von Alpenstrandläufern umher. Von allen Seiten her ertönte das Locken und Jodeln des muntern Völkleins, dessen Durchzug in den genannten beiden Tagen und etwa noch bis zum 17. April am stärksten, und am 28. ej. m. geschlossen war. Sechs bis acht Paare haben am Moor- und Strittweiher gebrütet; ich fand Eier und Junge. Totanus glareola L. Der Frühjahrzug begann am 14. April mit Flügen von 15 bis 20 Stücken, deren Jodeln häufig zu vernehmen war. Tags darauf zeigten sie sich schon in grosser Anzahl und star- ken Flügen. Ich bin fest überzeugt, dass im Sommer 1858 einzelne Paare hier gebrütet haben; denn obwohl ich Nest und Eier nicht fand, so traf ich doch am 10. und 15. Mai noch jodelnde Männchen und am 26. Juni im Gesümpfe am Strittweiher 10 Bruchwasserläufer an. Der Herbstzug beginnt erst Anfangs August und Anfangs Juni sind schon manche Bruchwasserläufer flugbar. Ich glaube daher, dass jene 10 Stück hier ausgebrütet worden sind. Totanus ochropus L. Bereits am 20, März traf ich am Ufer der ausgetretenen Aisch einen Flug von 3 Stücken, am 15. April einen Einzelnen am Moorbach in den Moorweihern an. Limosa aegocephala. Am 23. März sah ich in den Moorweihern zwei Limosen dieser Art; am 24. März und 13. April ebenda je ein Stück; am 17. April im Blätterweiher eine Einzelne und am 18. und 19. April ebendaselbst je sechs Stücke beisammen. Machetes pugnax L. Nachstehender Auszug aus meinem Tage- buche dürfte für manchen Leser von Interesse sein: 444 3. April: in den Moorweihern 9 Kampfstrandläufer gesehen. 13. April: aus einer Schaar von etwa 150 jungen Weibchen und einjährigen Männchen wurde ein prachtvolles Männchen (Nacken und Halskragen ziemlich entwickelt, das Gesicht voll von gelben Warzen) und ein Weibchen erlegt. Ein anderer Haufe war gegen 40 Stücke stark. Einzelne und kleine Flüge führten Alpenstrandläufer an. Einen Anblick, der zu den Hochgenüssen im Leben eines Omithologen ge- hört, gewährten die von der Frühsonne beschienenen, weit- hin mit der Pracht ihrer weissen, rostrothen und schwarzen Hausse-cols und Alongeperrücken leuchtenden, cheyaleresken Gestalten der jungen männlichen Kampfhähne. 14. April: viele Kampfstrandläufer in den Moorweihern. Eine Schaar, die mich wegen Ungunst des Terrains ankriechen sah, strich weg und liess sich auf dem Damme des Abelsweihers nie- der. Hier gelang mir's, mich so zu nähern, dass ich dem Treiben dieser schönen Vögel längere Zeit zusehen konnte. Urplötzlich rannte eines der Männchen in Boxerstellung ge- gen einen seiner Kameraden an, der jedoch, nicht im min- desten rauflustig, die mehrmals erfolgte Forderung auf einen Gang nicht annahm und jedesmal schleunigst rückwärts über die Mensur ging. Es gibt also auch unter diesen Vögeln Manschetare. Am Abend lag im Blätterweiher eine Schaar von mindestens 100 Stücken. Am nämlichen Tage sah Herr Dr. J. W. Sturm am Dutzendteich bei Nürnberg ein Männchen, 15 — 18. April: täglich grosse Flüge bis zu 60 Stücken und dar- 28. über. April: bereits seit 8 Tagen wird kein Vogel dieser Art mehr gesehen. . Mai: 3 junge Männchen am Stritt-, . 3 desgleichen am Moor- weiher. . Mai: ein Flug von 30 Stücken. . Mai: 5 junge Männchen. e . Mai: 25 —30 junge Männchen, davon eines erlegt. . Mai: ein altes Weibchen in den Bucher Weihern erlegt. Mai: 26 Stück in den Poppenwinder Weihern. . Mai: 5 alte Weibchen gesehen. 445 5. Juni: 2 Flüge alte Weibchen gesehen; auf einem Fluge 5, auf dem andern 11 Stück, wovon 2 erlegt wurden. 28. Juni: noch 9 Stück alte Weibchen am Strittweiher. Der Herbstdurchzug begann hier am 8. September. Tringa einelus L. Die ersten kleinen Schaaren, von Rothschen- keln und Kampfstrandläufern geführt, kamen hier am 13. April an. Ein an diesem Tage erlegtes Männchen hatte auf dem Bauche schon einzelne schwarze Federn im Weiss seines Wintergewandes; ein an- deres am 14. Mai geschossenes trug das vollendetste Sommerkleid, in welchem ich noch am 16. und 24. ej. m. zwei kleine Flüge, einmal zu 8 und 2 Stücken antraf. Der Herbstzug begann am 8. Septem- ber, an welchem Tage ich 2 Stücke erhielt, und dauerte den ganzen Monat hindurch. Ascolopax gallinago L. Der Herbststrich war vorzüglich, der Frühjahrstrich schlechter als schlecht. Die ersten Bekassinen kamen am 19. März hier an. Seolopaz rustieula L. Der Herbststrich war in manchen Gegen- den recht gut, so um Augsburg, in andern ganz schlecht. Ueber den Frühjahrstrich, der beispiellos schlecht gewesen, siehe meine Notizen aus Bayern in diesem Journal 1858, pag. 267 f. Am 5. April wurde bei Augsburg eine kranke, aber nicht verwundete Schnepfe halbtodt aufgefunden, am nämlichen Tage im Bayreutbischen die ersten 2, bei Arberg am 6. April die erste Schnepfe angetroffen; während schon Ende März im gräflich schönbornschen Hirschpark zu Pommersfelden 3 Stück erlegt wurden. Bei Ebrach hat man die erste am Tage nach Palmarum, den 29. März, erbeutet. Die Schnepfenberichte lauteten aus allen Gegenden Bayerns und der Nachbarstaaten vollkommen gleich. Viele der passionirtesten Jäger haben keinen Schuss gethan, ja nicht einmal eine Schnepfe zu Gesicht bekommen oder ihr Falzen gehört. Freund Diezel hat fünfmal den Anstand besucht, eben so oft getrieben und zehnmal mit einem äusserst fleissigen Hund ge- sucht, ohne ein Körnlein Pulver zu verbrennen. In Stuttgart brach- ten die sämmtlichen” zahlreichen Jagdliebhaber im Ganzen nur drei Schnepfen zusammen. Das war doch Etwas. Zahlreiche Berichte, z. B. aus der Gegend von Ansbach, Feuchtwangen, Erlangen, Bam- berg, Bayreuth, Würzburg etc. wissen nur von ein oder zwei Stücken, die während des ganzen Striches nicht geschossen, sondern nur ge- sehen wurden, nicht falzten und, kaum gesehen, wie ein Irrwisch ver- 446 schwunden waren. Wie schon erwähnt, glaube ich, dass diese Thiere durch den tiefen Schnee und die grosse Kälte, womit ihre Winter- aufenthalte im Süden, wie Griechenland, Italien, Kleinasien ete., heim- gesucht gewesen sind, massenhaft erfroren oder vielmehr durch Nah- rungsmangel umgekommen sind. Dass selbst Schnepfen, welche so glücklich waren, dieser Katastrophe zu entgehen, noch bei uns an den Folgen des ausgestandenen Elends starben, dürfte das oben angeführte Vorkommniss von Augsburg beweisen. Numenius arquata L. den ganzen October hindurch waren bei Arberg und in den hiesigen Weihern noch viele Brachschnepfen in Flügen zu 20 und 30 Stücken zu sehen. Im November nahm ihre Zahl bedeutend ab; am 3. sah ich einen, am 4. neun, am 7. drei, am 16. und 18. fünf Stück in einem ausgefischten Weiher. Sie hielten die ersten Fröste aus und zogen erst ab, als in der Nacht vom 18/19. November sämmtliche Weiher ganz überfroren. Am 31. März wurde der Erste im Wiederstriche gehört und dauerte dieser bis zum 12. Mai. Dieser sonst hier so häufige Vogel gehörte im Frühjahr- und Herbststriche, während dessen ich nur vier Stücke zu sehen bekam, zu den Seltenheiten der hiesigen Weihergegend, eine höchst auffal- lende Erscheinung, die ich mir ebenso wie den ganz schlechten Schnepfenstrich erkläre. Ardeola minuta L. Zwei junge Männchen, welche am 25. und 29. August auf einem hiesigen Weiher und bei Pommersfelden erlegt wurden, sind in meinen Besitz gekommen. Botaurus stellaris L. Ein altes Männchen erhielt Herr Leu am 25. November. Cieonia nigra L. Am 18. August wurde in den Bucher Weihern und im grossen Brandsee ein schwarzer Storch gesehen, Tags darauf im Espansee bei Heppstädt geschossen und mir gebracht. Es war ein junges Männchen, dessen Magen und Schlund mit einer grossen Menge kleiner und grosser Thaufrösche (Rana temporaria), mit weni- gen kleinen Käfern und einem Hechte angefüllt war. Ende Juli schoss Hr. Prof. Petry in Augsburg schon auf einen schwarzen Storch, wel- cher — gleichfalls ein junges Männchen erst am 26. August in der Lechhauser Aue erlest und Herrn Leu gebracht wurde. Noch Ende Septembers zeigten sich schwarze Störche bei Dinkelsbühl in Mittelfranken, und im nahen Würtemberg wurde am 6. August bei BEZ ze 447 Ellwangen ein junges Männchen aus einer Gesellschaft von 3 Stücken geschossen. Ciconia alba Briss. Am 28. Februar kam in Memmingen der erste Storch auf seinem Neste an, in langen Jahren die zweitfrüheste Ankunft; 1849 kam er nämlich am 27. Februar in jener Stadt an. Nach Bamberg kehrte er am 15. März zurück; am nächsten und zweitnächsten Tage sah ich schon mehrere Störche zwischen hier und Bamberg; vom 19. März an bis Ende des Mcnats strichen mehrere über hiesigen Ort von West nach Ost; erst am 3. April war der Schlot in meinem Pfarrdorfe, von welchem im Vorjahre das Nest ab- geworfen worden war, mit dem Männchen besetzt. Am 7. April früh 110 Uhr kam die lang ersehnte Gattin zum harrenden Gemahl. Welch eine Freude und welch ein Geklapper! Noch ehe ein Stecken zur künftigen neuen Wiege herbeigetragen war, begannen die Zärt- lichkeiten und in wenig Tagen war auch für die Unterkunft der Lie- bespfänder gesorgt. Am nämlichen Tage kamen die Störche in Bay- reuth an. Die hiesigen brüteten 4 Junge aus. Am 4. August kamen gegen Abend 5 fremde Störche hieher und übernachteten im herz- lichsten Einverständnisse mit der hausgesessenen Storchenfamilie in dem einen Neste, so weit dasselbe Raum bot. Sieben Junge richte- ten sich in diesem ein, die Alten standen auf den nächsten Schlöten und einem Thürmehen am Nest. Am 25. August kamen zwei Junge zum letzten Male aufs Nest. Cygnus musieus Bechst. Am 30. Januar zeigte sich auf dem Starnberger See eine Schaar von etlichen vierzig Singschwänen, wo- von zwei Stück, ein junger noch etwas braunfleckiger und ein alter, geschossen wurden. Anfangs Februar wurden wieder zwei Stück bei Fürstenfeldbruck, am 5. Februar eines bei Passing, am 11. Februar ein anderes bei Nonnenhorn am Bodensee und Mitte und Ende März noch zwei bei Nannhofen erlegt. Herrn Leu’s Arbeiter in München erhielt im Ganzen sieben Stück zum Ausstopfen, mehrere später noch erbeutete wurden auch verspeist. Am 8. März fielen wieder zwanzig Schwäne im Starnbergersee ein. Anser segetum J. Fr. Gm. Im Herbst wurde die erste, eine ein- zelne Wildgans von Gänsebuben am 26. October gesehen. Eine sol- che setzte sich nämlich zu den zahmen Gänsen und schwamm mit ihnen umher. Es könnte das, gesehen habe ich sie nicht, eine Grau- gans gewesen sein. Saatgänse sah ich erst vom 18. November an, 448 und zwar habe ich den ganzen Winter 1857/58 hindurch nur sehr selten Gänse und fast immer nur ganz wenige Stücke oder kleine Flüge bis zu zehn Stücken angetroffen. Im März gab es ein wenig mehr; Flüge von 20—30 Gänsen wechselten zwischen den Aischwie- sen und den Moorweihern hin und her. Am 23. März sah ich die letzten. Anser brenta Pall. Ein junges Weibchen wurde bei Schroben- hausen erlegt. Anas penelope L. Kaum hatte die Aisch ihre Eisdecke gesprengt und abgeworfen, da kamen auch am 18. März mit den Märzenten die Pfeifer, wie sie der hiesige Jäger nennt, begatteten sich nach län- gerem gegenseitigem Kopfnicken auf dem Wasser, waren bereits am 23. März nächst den Märzenten die zahlreichsten Strichenten, am 19. April auf dem Strittweiher noch in einem Fluge von 80— 100 Stück und acht Paare noch am 10. Mai daselbst anwesend. Der Herbst- strich begann bereits am 12. September mit zehn Pfeifenten, ohne dass sich bis Ende des Monats ihre Anzahl gemehrt hätte. Anas querguedula L. Der Frühjahrstrich war lebhaft am 22. März. Ein brütendes Paar fand ich in einem jungen dichten Föhrenschlage nicht weit von den hiesigen Weihern; am 13. Juli standen die jungen Knakenten auf. i Anas strepera L. Am 19. October kleine Flüge in den hiesigen Weihern. Anas acuta L. Am 18. März etliche Paare Spiessenten auf der Aisch, woselbst ich 2 Tage darnach etliche 20 Paare unter den März- und Pfeifenten antraf. In den folgenden Tagen wuchs ihre Anzahl noch bedeutend an und am 29. März lagen auf dem Stritt-, Abels- und Blätterweiher wenigstens 60 Paare. Das Wasser des Abelswei- hers war durch das nächtliche Treiben dieser Enten, ihr Bohren und Schnattern, so getrübt wie bei Hochwasser. Am 13. April sah man nicht mehr so viele, doch immer noch gegen sonst eine ziemliche An- zahl; von da an verstrichen sie jedoch schnell und am 14. und 17. April waren nur noch einige Paare hier. Eine grössere Truppe die- ser schönen langhalsigen Enten gewährt schwimmend, Nahrung su- chend und hinten aufkippend einen wunderschönen Anblick. Ein sehr schönes Männchen hatte Dytiscus-Arten und Knollen von Wasserge- wächsen im Magen. en 449 Anas boschas L. Der Herbststrich 1857/58 war höchst mittel- mässig; einige Hunderte von Enten auf einem Fluge schon das Ma- ximum, was zu schen war. Am 18. November strichen sie unruhig den ganzen Tag hin und her; man sah es ihnen an, dass der Stun- den ihres Aufenthaltes bei uns nur noch wenige sein würden. In der Nacht vom 18. auf den 19. November überfroren die Weiher gänz- lich und die Enten waren fort. Am 18. März begann der Wieder- strich und brachte in den Tagen vom 20. bis 24. ej. m. grosse Schaa- ren, die auf den Weihern hiesiger Gegend, von denen leider der beste Entenweiher trocken lag, nach einem bis zu zwei Tausenden zählen mochten. Am 29. März war der Strich beendigt. Am 10. Juli standen hier die Jungen auf und der Strich im August und September war schlechter als je, eine Folge des grossen Wasser- mangels. Anas ereeca L. Im Herbsstriche waren viele hier; ich sah Flüge zu 100 Stücken und darüber; im Frühjahr dagegen vom 18. März an kamen nur kleine Truppe auf die Weiher. Rhynchaspis elypeata L. Mehrere Paare traf ich am 29. März in den Poppenwinder Weihern, am 17. April 5 Paare auf dem Anger- und einige auf dem Strittweiher. Am 10. Mai beobachtete sie Herr Dr. J. W. Sturm noch auf dem Dutzendteich. Glaueion elangula L. Am 14. November sah ich ein altes Männ- chen auf dem Mühlweiher am hiesigen Ort, am 20, März auf der Aisch 2 Männchen, 3 Weibchen und seitlich von einem grossen Hau- fen von März-, Spiess-, Pfeif- und Kriekenten etliche Paare Schell- enten. Fuligula eristata Raj. Vom 18. März an sah ich auf der Aisch und den Weihern kleine Flüge bis zu 30 Stücken, am 13. April noch etliche feste Paare und Herr Dr. Sturm die letzten Reiherenten am 10. Mai auf dem Dutzendteich bei Nürnberg. Fuligula nyroca Güld. Ankunft dahier am 29. März. Am 1. September wohnte ich einer Jagd auf junge Moorenten bei, welche _ eben erst aufstanden. Es waren Junge einer späten Brut, denen noch dazu, da sie kaum wenige Tage alt waren, durch ein Versehen die Mutter todt geschossen worden war, wodurch sie jedenfalls in ihrem Wachsthume zurückblieben. Es gelang nur 3 Stück zu erlegen. Naumannla. 1868, 29 450 Fuligula ferina L. kam an ihren hiesigen Brutplätzen am 20. März an. Herr Dr. Sturm beobachtete sie noch am 12. Mai auf dem Dutzendteich, woselbst sie vielleicht auch gebrütet hat. Mergus castor L. Ein junges Weibchen erhielt Herr Leu am 7. December von der Wörnitz bei Haarburg; am 12. April wurde er noch auf der Iller bei Memmingen gesehen. M. serrator L. Am 15. und 16. April war ein sehr altes Männ- chen im Hochzeitkleid auf dem Dutzendteich und hielt sich immer ganz allein und’ abgesondert von den auf dem Weiher liegenden En- ten. (Dr. J. W. Sturm.) Mergus albellus L. Ein Päärchen fischte am 3. März auf dem halb offenen Neuweiher am hiesigen Dorfe; es hielt sich enge zusammen. Colymbus septentrionalis L. Am 1. November wurde ein Weib- chen an der Wertach bei Kaufbeuern lebend gefangen. (Leu.) Larus ridibundus L. Vom Bodensee erhielt Herr Leu Lachmö- ven in den ersten Tagen des März; auf der Aisch zeigten sie sich, sobald dieselbe ihre Eisdecke abgeworfen hatte, zugleich mit den Zug- enten am 18. März und dauerte ihr Strich bis Mitte Mai. Am 17. April war eine grosse Schaar in den Moorweihern. Sterna leucopareia Natt. Am 27. Mai trieb sich ein Paar unter zahlreichen schwarzen Seeschwalben auf dem Strittweiher bei Beingar- ten umher und setzte sich nach einiger Zeit auf den dichten Filz des ganze Strecken des Weihers bedeckenden und in schönster Blüthe stehenden Ranunculus aquatilis nieder, hinter welchem ein hohes Bin- senfeld stand. Am selben Tage sah Herr Dr. Fr. Sturm 4 dieser schö- nen Seeschwalben auf dem Dutzendteich bei Nürnberg. Am 5. und 6. Juni strichen wiederum auf dem Strittweiher 3 Paare weissbärtige unter schwarzen und weissschwingigen Seeschwalben umher und am 26. Juni sah ich eine einzelne. Es ist möglich, dass sie wieder hier gebrütet haben; Gewissheit konnte ich mir nicht verschaffen, da ich h im Juni und Juli nur sehr selten wegen vieler Amtsgeschäfte die Weiher besuchen konnte. Sterna leucoptera Meisn. et Schinz. Am 5. Juni waren 6 Paare weissschwingige unter vielen schwarzen und etlichen Paaren weissbär- tiger Seeschwalben auf dem Strittweiher anwesend. Ein Weibehen wurde erlegt. Sterna nigra Briss. Den Tag ihrer Ankunft dahier kann ich nicht bestimmt angeben. Am 8. Mai sah ich die ersten schwarzen & 451 Seeschwalben; auch Hr. Dr. J. W. Sturm gewahrte sie an jenem Tage auf dem Dutzendteich bei Nürnberg. Es haben hier sehr viele ge- brütet und wurde eine junge noch am 23. September auf dem Wei- her an der hiesigen Dorfmühle geschossen. In meinem vorigen Jahresberichte (Naumannia 1857, pag. 390 Zeile 18 und 19) sind die Worte zu streichen: „am 28. Mai hatten sie auf den Lechinseln ihre volle Eier- „zahl, meist 3 Stück.“ Es gilt aber diese Notiz für Sterna anglica Mont. Nr. 37. Einige nidologische und oologische Notizen aus der Im- . gegend von Rostock im Frühjahr 1858 von E. Riefkohl. Nach vielfachen Bemühungen ist es mir in diesem Jahre endlich geglückt, ein Zeisig-Paar, Fringilla spinus, im Käfig zum Legen zu bringen. Ich hatte es schon fünf Jahre hinter einander theils im Käfig, theils in einer sogenannten fliegenden Hecke versucht, und mit eben diesem Päärchen auch die beiden letzten Jahre, aber immer ohne Erfolg. Am 12. Juni d. J. aber bemerkte ich, dass das Weibchen anfıng, ein Finkennest, das ich im Bauer befestigt und das die Vö- gelchen ziemlich zerzaust hatten, wieder auszubauen und besonders auszurunden, indem es sich ins Nest setzte und eifrig mit weit geöff- netem Schnabel in demselben sich hin und her drehte. Es liess sich auch bei diesem Geschäfte durch mein aufmerksames Betrachten aus unmittelbarster Nähe durchaus nicht stören, — das Päärchen war, bei- 20% 452 läufig gesagt, sehr zahm — und war mit dem Bau des Nestes etwa zwei Tage von Morgens früh bis gegen Mittag ohne Aufhören be- schäftigt; des Nachmittags baute es nur wenig. Am 15. Morgens lag das erste Ei im Neste; am 16. legte das Vögelchen das zweite Ei, und von nun an, immer einen Tag um den andern, acht Eier, ohne dass es jedoch eigentlichen Trieb zum Brüten zeigte, denn es sass immer nur des Morgens, und zwar stets mit weit geöffnetem Schna- bel und überhaupt sehr unruhig, kurze Zeit auf den Eiern. Dadurch beschädigte es leider auch mehrere Eier. Ich nahm daher, als vier Eier im Neste lagen, zwei, die unversehrt waren, aus demselben her- aus. Da flog, während ich das Bauer noch vor mir stehen hatte, zuerst das Männchen und dann das Weibchen zum Neste, stellten sich auf den Rand desselben und begannen sehr eifrig an den Ma- terialien des Nestes zu zupfen und zu ziehen, so dass die beiden zu- rückgebliebenen Eier bald gänzlich bedeckt waren. Dies artige Schau- spiel wiederholte sich von nun an jedes Mal, sobald ich das Bauer vom Nagel herab nahm, und ich that dies absichtlich sehr häufig. Eine Folge davon war aber auch, dass das Weibehen anfänglich nicht wieder aufs Nest ging und deshalb auch das fünfte Ei auf den Bo- den des Käfigs legte, wo ich es zerbrochen fand. Doch wurde am folgenden Tage das Nest wieder in Ordnung gebracht und die drei letzten Eier wieder in dasselbe gelegt, obgleich auch jetzt noch die Vögelchen, sobald ich mich dem Käfig näherte, am Neste zupften und die Eier zu verbergen suchten. Am 30. Juni bemerkte ich, dass das Weibchen unwohl war, und sah bald, dass demselben etwas aus dem After steckte. Ich griff es daher und zog ihm die zusammen- gerollte, noch nicht mit einer Kalkkruste überzogene, aber doch schon bläuliche Haut eines zerbrochenen Eies aus dem Leibe. Das Vögel- chen war nun bald wieder ganz munter und fing auch schon nach wenigen Tagen wieder an, sein Nest in Ordnung zu bringen. Es legte nun am 8. Juli das erste Ei und darauf regelmässig jeden Tag eins, im Ganzen aber vier Eier, sass dabei fortwährend des Tages, aber nicht bei Nacht, jedoch immer, wie auch früher, sehr unruhig und mit weit geöffnetem Schnabel auf den Eiern, legte am 12. nicht und brü- tete von nun an auch nicht mehr, obgleich ich es dies Mal nicht im Geringsten gestört hatte. — Die Eier hatten eine schöne blau-grünliche Farbe, die sich auch nach dem Ausblasen ziemlich gut erhalten hat; während ein anderes, das ich gekauft habe, fast ganz weiss ist. Sie 453 sind fein röthlich, aber nur sehr wenig schwärzlich punktirt und ge- fleckt und scheinen mir für die Grösse des Vögelchens gar nicht klein, denn sie sind grösser als die Eier von Fringilla carduelis, die ich diesen Sommer fand. — Im nächsten Jahr, denke ich, wird mein Zeisig-Paar wieder nisten, und dann werde ich auch versuchen, ob ein Girlitz-Päärchen, Fringilla serinus, das ich mir gekauft habe, nicht auch im Bauer hecken sollte. — Ein hiesiger Herr hat in diesem Sommer ein Dompfaffen-Paar, Pyrrhula vulgaris, unter vielen andern Vögeln in einer fliegenden Hecke gehalten. Die Vögel hatten sich ein freilich nur schlechtes Nest in einer Fichte selbst gebaut, und das Weibchen hat zehn Eier gelegt, aber ebenfalls nur wenig Lust zum Brüten gezeigt. Gegen Ende des April machte ich einen Ausflug nach der Ro- stocker Haide, einem mehrere Meilen langen und sehr breiten Walde am Gestade der Ostsee, der sicher viele ornithologische Schätze und Seltenheiten enthält, leider aber für einen häufigern Besuch zu weit von Rostock entfernt liegt. Ich bekam dort ausser mehreren Raub- vögel-Eiern, z. B. Falco buteo, milvus und ater, auch ein sehr grosses und sehr dunkel gezeichnetes Ei vom Kraniche, Grus einerea. Das Nest des Vogels hatte ein Arbeitsmann einige Wochen früher gefun- den, die drei Eier mitgenommen und sie einer Henne zum Ausbrü- ten untergelegt, weil er die Jungen theuer zu verkaufen hoffte. Die Henne, so erzählte mir der Mann, hatte auch acht Tage ruhig ge- brütet, darauf aber das Nest verlassen. Bei den wiederholten Ver- suchen, die Henne wieder auf die Eier zu setzen und zum fortge- setzten Brüten zu bewegen, waren zwei Eier zerdrückt und sehr stark beschädigt, und ich fand, als ich in den Hühnerstall trat, zwei zer_ brochene und ein gutes Ei. Am 6. Mai nahm ich aus einem Neste des Falco nisus, das ich am 2. mit einem Ei gefunden hatte, die in demselben befindlichen drei Eier. Die Vögel blieben aber in dem kleinen Gehölze; ich sah sie am folgenden Tage und auch später dort noch häufig; und grade drei Wochen später, am 27. Mai, nahm ich ihnen wieder fünf Eier. Beide Nester standen sehr niedrig, das erste höchstens 18 Fuss und das andere nicht höher als 15 Fuss; es gab dort aber auch nicht viele höhere Kiefern. Ein Nest von /alco tinnunculus fand ich am äussersten Rande eines kleinen Feldholzes in einer sehr hohen Kiefer, von der nicht 454 fünf Schritt entfernt bei Tag und bei Nacht die Lokomotiven we- nigstens zwanzigmal des Tags vorbei sausten, und liess aus demsel- ben am 11. Mai sechs frische Eier nehmen. Auch diese Vögel blie- ben in dem Gehölze und nisteten dort zum zweiten Mal, und wie- derum grade drei Wochen später nahm ich ihnen aus ihrem Neste, das diesmal auf einer sehr hohen Kiefer in der Mitte des Holzes stand, wieder fünf frische Eier. Sämmtliche Eier sind klein und sehr dun- kel gefärbt, und zwar die vom letzten Gelege noch dunkler als die vom ersten, unter denen wenigstens zwei etwas heller gefärbt sind. Sehr hübschsah es aus, als beim zweiten Ausnehmen die Vögel wiederholt nach dem Kletterer stiessen, während sie das erste Mal nur kurze Zeit über dem Baume rüttelten und sich dann eiligst entfernten. Ich habe in einer Reihe von Jahren sehr viele Nester von Falco buteo gefunden und ausnehmen lassen, aber niemals bemerkt, dass er zum zweiten Male genistet hätte, wenigstens ganz gewiss nicht in demselben Holze; denn ich besuchte die verschiedenen Holzungen wöchentlich wenigstens einmal und fand die Vögel niemals wieder auf den dortigen Horsten. Einmal jedoch ist es mir vorgekommen, dass Falco buteo, nachdem ihm seine Eier genommen waren, denselben Horst wieder benutzt hat. Ich liess nämlich am 13. April aus einem Buteo-Horste die in demselben befindlichen Eier, zwei an der ], nehmen. Als ich etwa eine Stunde später wieder zum Neste kam, sass der Vogel wieder auf demselben und flog ab. Meinend, es sei wohl ein Ei im Neste geblieben, liess ich den Baum noch einmal er- steigen; aber der Kletterer, so viel er auch suchte, fand den Horst leer. Nach etwa acht Tagen kam ich wieder zum Horste und der Vogel flog ab. Da liess ich den Baum nochmals ersteigen und nun lag ein Ei im Neste, das ich jedoch dem Vogel liess und das auch glücklich ausgebrütet wurde; denn ich sah das Junge später häufig auf dem Horste und jagte es auch eines Tages von demselben ab. Lanius excubitor nistet hier einzeln, ZLanius minor jedoch sehr häufig. Von Lanius excubitor bekam ich im vorigen Jahre ein Eis das bei fünf Jungen im Neste lag und faul gebrütet war. Das Nest stand in einem Birnbaume etwa 18 Fuss hoch, dicht vor der Thür eines Bauernhauses. In demselben Baume, ich möchte sagen auf der- selben Stelle, stand in diesem Jahre das Nest von Zanius minor, und gegen Ende des Mai wurden mir die fünf Eier aus demselben ge- bracht. Die Vögel verliessen den Garten, den ich häufig besuchte, 455 deshalb aber nicht; sie machten sich durch ihr fortwährendes Geschrei und Gehader mit andern Vögeln sehr bemerklich. Am 13. Juni hat- ten sie in demselben Garten noch dichter am Hause und nur etwa 10 Fuss hoch ein neues Nest fertig, verliessen es aber, weil die Kna- ben im Hause den Baum zu häufig erstiegen und die Vögel zu sehr gestört hatten. Sie gingen jedoch auch nun nicht aus dem Garten, sondern bauten auf einem andern Birnbaume ein drittes Nest, das ich später mit Jungen fand. Ich habe im Laufe dieses Sommers noch 4 andere Nester dieses Vogels gefunden, die ich jedoch ungestört liess. In den letzten Tagen des Juni wurden mir noch von einem Kna- ben zwei wenig bebrütete Eier gebracht, die diesem Vogel wohl ge- hören mögen, wenigstens sind sie ganz ähnlich gefärbt und gezeich- net, wie Herr Pastor Pässler eins in der Naumannia von 1850, Heft 2, pag. 42 beschreibt. Fünf Eier waren im Neste; die beiden, die ich erhielt, — die andern gingen leider entwei, als der Knabe in meiner Gegenwart das Nest vom Baume holte — sind bedeutend grösser als die Eier des Lanius collurio, sehr gestreckt und spitz zulaufend, haben eine röthlich-gelbe Grundfarbe und ausser einem breiten Flecken- kranze am stumpfen Ende fast gar keine Zeichnung. Das Nest sass in einem Garten nahe bei der Stadt auf dem horizontalen Aste einer S appel, etwa 6 Fuss vom Stamme entfernt und 15 bis 18 Fuss hoch. Die Materialien desselben bestehen zum grossen Theil aus ‚Baumwolle. Der Knabe beschrieb mir den Vogel als unten weiss und oben grau mit schwarzem Kopfe; das passte sehr gut auf Lanius mi- nor, doch muss ich hinzufügen, dass der Vogel, den ich freilich nur auf einen Augenblick in der dichten Laubkrone des Baumes zu Ge- sichte bekam, mir kein ZLanius minor zu sein schien, sondern eher Lanius rufus, der ja auch, wie in der Naumannia von 1853, p. 336 berichtet wird, röthliche Eier legt. Ein Nest von Lanius rufus fand ich vor zwei Jahren oben auf einer abgehauenen Pappel mit fünf Eiern; im vorigen Jahre in der zweiten Hälfte des Mai etwa vier Fuss hoch in einer Garten-Hecke. In letzterem Neste Jagen drei nicht sehr grosse Eier von weiss-grün- licher Grundfarbe und mit grossen aber sehr wenigen lederfarbigen Flecken. Am 19. Juni d.J. fand ich in einem Dornbusche am Rande eines grossen Gehölzes ein Lanius-Nest, von dem der Vogel abflog. Im Neste lagen vier Eier, und zwar zwei mit gelblicher, zwei mit grünlicher Grundfarbe; erstere ganz wie Collurio-Eier gefleckt, aber 456 grösser, letztere aber den Eiern von rufus täuschend ähnlich. Das Auf- fallende dabei war aber, dass die beiden gelben Eier stark bebrütet und der Inhalt derselben schon in Fäulniss übergegangen war; denn als ich, um sie auszublasen, am stumpfen Ende eine Nadel hinein- steckte, platzte die Schale und ein Theil des Inhalts spritzte heraus. Die beiden grünlichen Eier aber waren vollkommen frisch. Da ich nicht weiss, welche Bewandtniss es mit diesen Eiern haben mag, werde ich sie dem Herrn Redacteur dieser Zeitschrift zur Bestim- mung zuzusenden mir erlauben, und wird seine anerkannte und aus- gezeichnete Kenntniss der Eier das Räthsel sicher lösen. Charadrius minor nistete hier im vorigen wie in diesem Jahre in etwa 4 bis 6 Paaren auf einer kleinen Strecke sehr sandigen Acker- landes, das brach lag. Ich fand im vorigen Jahre vier Nester dieses Vogels, jedes mit drei Eiern, in kleinen Vertiefungen, die aus reinem gelbem Sande bestanden. Zwei dieser Nester waren sehr hübsch und dicht mit Steinchen gepflastert, jedenfalls von den Vögeln selbst, denn nirgends lagen viele Steine beisammen; die beiden andern aber waren nur eine kleine Vertiefung im Boden. In diesem Jahre fand ich zwei Nester, jedes mit vier Eiern; das eine stand im Sande und war wun- derschön gepflastert, die Eier sahen auch wie gewöhnlich aus; das andere aber sass auf dem Brachacker selbst zwischen grünenden - zen. Die kleine Vertiefung dieses Nestes war mit wenigen Halmen ausgelegt und die Eier sahen dunkelgrau-grün aus. Diese Färbung hat sich jetzt allerdings bedeutend verloren, ist aber doch noch im- mer sehr merklich. Uebrigens fand ich die Nester im vorigen Jahre schon am 15. Mai mit der vollen Eierzahl; in diesem Jahre dagegen fingen die Vögel erst Anfangs Juni an zu legen. Am 29. Mai machte ich in Begleitung des Herrn Professors Rö- per hieselbst, eines eben so liebenswürdigen und gefälligen Mannes als tüchtigen Naturforschers und besonders ausgezeichneten Botani- kers, einen Ausflug nach Warnemünde und der dortigen Umgegend. Wir gingen wohl eine Stunde am Gestade der Ostsee entlang und ich fand dort, ohne danach zu suchen, eine Menge Nester der Feld- lerche, Alauda arvensis, alle noch mit Eiern; jedoch von Strandvö- geln, z. B. Charadrius cantianus, deren Nester ich zu finden hoffte, war nirgends eine Spur. Dagegen fand ich, als wir in die grossen Wiesen und Weiden auf der andern Seite von Warnemünde kamen, drei Nester von Totanus calidris, jedes mit vier ganz frischen Eiern, 457 und eine Menge Kibitznester, sämmtlich mit wenig bebrüteten Eiern. Ich hatte an andern Stellen schon vor 14 Tagen junge Kibitze ge- sehen und war daher überrascht, hier noch Eier, und noch dazu wenig bebrütete, zu finden. Ich erfuhr aber von einem Hirtenknaben, dass die jetzt fast ganz trockene Weide vor etwa drei Wochen durch ein Steigen der Warnow ganz überschwemmt und so die erste Brut der Vögel vernichtet worden war. In einem Kibitzneste lag neben drei Eiern von gehöriger Grösse eins, das noch nicht so gross ist, wie ein Ei des Grauammers, Emberiza miliaria, aber ganz grauschwarz ge- färbt, so dass von der Grundfarbe fast nichts zu sehen ist. Ausser- dem fand ich auf dieser Weide ein Nest von, wie ich glaube, Scolo- pax major. Ich habe die Eier dieses Vogels bis jezt freilich nie ge- sehen, zweifle aber nach der Beschreibung, die Herr Professor Nau- mann in seiner so interessanten und ausgezeichneten Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, Theil 8, pag. 306 von denselben giebt, nicht daran, dass die gefundenen vier Eier diesem Vogel angehören. Lei- der habe ich die Beschreibung der sicher ächten Eier dieses Vogels, die der verehrte Herr Redacteur der „Naumannia“ in dersel- ben 1855, pag. 232 verspricht, bis jetzt nicht gefunden. Was nun diese vier Eier betrifft, so sind sie an Grösse schr verschieden; eins i as länger als die grössten Eier von Totanus calidris, aber lange nicht so birnförmig, besonders am stumpfen Ende nicht so rasch ab- gerundet; zwei haben etwa die Grösse der Gambett- Wasserläufer- Eier, sind aber ebenfalls viel schlanker; das vierte ist noch etwas klei- ner als die Eier von Turdus merula, aber ebenfalls wenig kreiselför- mig. Auch die Grundfarbe dieser Eier ist verschieden: die des gröss- ten ist grünlich-weiss, wenig ins Gelbliche spielend; Nr. 2 u. 3 sind etwas gelblicher; das kleinste endlich ist das dunkelste, doch ist auch dieses Gelb immer noch sehr hell und hat sehr wenig Achnlichkeit mit der viel dunklern, rostgelben Grundfarbe der Eier von Totanus ealidris. Die Zeichnung dieser vier Eier besteht aus wenigen braun- grauen Schalenflecken und aus vielen meist gerundeten Flecken von fast Schwarzbraun auf der Schale, die am spitzen Ende kleiner und "weniger dicht, am stumpfen Ende jedoch grösser sind, sich dort auch häufen und einen unordentlichen Fleckenkranz bilden. So ist es we- nigstens bei den drei grössern Eiern, von denen das grösste und hellste auch beinahe rein schwarz gefleckt ist, während die beiden an- dern mehr braun-schwarz gezeichnet sind und ausserdem noch eine 458 Menge gelblicher Flecken haben, dunkler gelb als die Grundfarbe, von denen ich sagen möchte, dass sie halb in, halb auf der Schale liegen. Das vierte und kleinste Ei hat am stumpfen Ende die we- nigste Zeichnung, ist dagegen am spitzen Ende sehr stark und grob gefleckt. Ich habe eine grosse Menge der Eier von Totanus galidris theils selbst gefunden, theils in andern Sammlungen gesehen, aber nie welche in Händen gehabt, die nicht von diesen auf den ersten Blick auffallend verschieden gewesen wären. Ich will aber doch nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass die eben beschriebenen Eier wirklich die von Scolopa® major sind, sondern mir nur Aufklärung erbitten, welchem Vogel sonst sie wohl gehören möchten, obgleich ich sehr gut weiss, dass ein Bestimmen nach blosser Beschreibung bei den meisten Eiern ein schwieriges Ding ist, noch schwieriger fast als das Beschrei- ben selbst. Einige Tage später, am 4. Juni, machte ich nochmals eine Ex- cursion nach dieser Weide bei Warnemünde. Die Hitze war aber leider an diesem Tage wie in dieser ganzen Zeit so unerträglich, dass dadurch das Suchen ungemein erschwert wurde. Doch war die Aus- beute dieses Tages keine geringe, denn die Weide war jetzt ganz trocken und ich konnte ohne Mühe dahin gelangen, wohin ich früher des Wassers wegen nicht hatte kommen können. Ich fand an di Tage etwa ein Dutzend Kibitz-Nester, sämmtlich noch mit Eiern, fünf Nester von Totanus calidris, jedes wie immer mit vier Eiern; doch liess ich diese alle liegen. Ausserdem fand ich drei Nester von Machetes pugnax, eins mit drei, eins mit vier und eins mit zwei, sämmtlich frischen Eiern. In einer kleinen Vertiefung auf einer grünen, sehr hohen Graskufe, sehr weit vom Ostsee-Strande ent- fernt, stand ein Nest von Charadrius hiatieula. Hätte ich den Vogel nicht selbst gesehen, — er flog nemlich, als er aufgejagt wurde, nur wenige Schritte weit fort und lief dann ängstlich schreiend umher — so würde ich die Eier gar nicht für die von Charadrius hiatieula gehalten haben, zumal ich nach der Angabe des Herrn Professors Naumann in seiner Naturgeschichte Theil 7, pag. 206 das Nest dieses Vogels an dieser Stelle gar nicht vermuthete. Die vier wenig be- brüteten Eier nemlich, die ich in dem mit wenigen Halmen ausge- legten Neste fand, hatten eine von der gewöhnlichen rost-gelblichen durchaus abweichende Grundfarbe, denn sie sahen sehr dunkel grau- grün aus. Auch die Zeichenfarbe ist anders wie gewöhnlich, nicht 459 braunschwarz, sondern grauschwarz, und die Zeichnung selbst besteht, besonders bei zweien von den Eiern, nur aus länglichen, zum Theil verwaschenen und ziemlich grossen Flecken und Schnörkeln, und nicht wie gewöhnlich aus runden grösseren und kleineren Punkten Jetzt ist die Grundfarbe dieser Eier allerdings viel heller geworden, hat aber mit der gewöhnlichen noch immer gar keine Aehnlichkeit, sondern ist ein helles Graugrün. — Sollten die Vögel, Charadrius minor, von dem ich weiter oben sprach, und Charadrius hiatieula, dessen Nest ich hier im Grase fand, eine Ahnung davon haben, dass ihre Eier mit graugrüner Grundfarbe im grünen Grase weniger leicht aufzufinden seien? — Wie fangen sie es aber an, dass ihre Eier dann grade eine solche Färbung bekommen? — Ausserdem fand ich an diesem Tage auf dieser Weide ein frisches Ei von Larus ridibundus und ein ebenfalls frisches Ei von Tringa Schinzü, beide in einer jetzt ausgetrockneten Vertiefung aber an verschiedenen Stellen liegend. Im künftigen Jahre denke ich diese Weide wieder zu besuchen; doch fürchte ich, dass dieser Aufenthaltsort den Vögeln sehr verleidet werden wird, da jetzt eine Chaussee von hier nach Warnemünde grade mitten durch diese Weide gebaut wird. Von Jynx torquilla fand ich am 24. Juni ein Nest mit sechs Eiern, oder vielmehr kein Nest, denn die Eier lagen in einem etwa 8 Fuss hohen Loche auf blossem Holzmoder. Ich nahm die Eier alle mit und grade eine Woche später wieder sieben andere, die der Vogel unterdessen gelegt hatte. Trotzdem fand ich nach etwa 8 Tagen wiederum fünf Eier, die ich jedoch nun dem Vogel liess und die er auch glücklich ausbrütete. Der Vogel war übrigens sehr scheu, denn er flog immer schon, wenn ich wenigstens noch 30 Schritt vom Baume entfernt war, vom Neste und liess sich auch, so lange ich in der Nähe war, nicht wieder sehen. Am 6. Juni unternahm ich einen Ausflug am rechten Ufer der Warnow entlang nach der Rostocker Haide zu. Ich kam bald an ein kleines Kiefern-Gehölz, in dem sich im vorigen Jahre eine kleine Colonie von Corvus frugilegus angesiedelt hatte und die auch in diesem Frübjahr trotz aller Störung und Verfolgung, die sie hatte erdulden müssen, in noch grösserer Menge dort nistete. Ich fand eine Anzahl junger Leute, — es war an einem Sonntag-Nachmittage — dort beschäftigt, die Vögel zu schiessen, vorzüglich aber vermittelst Haken, die sie an Stangen befestigt hatten, die Bäume zu schütteln, und eine 460 Menge Eier, besonders aber kleine und grosse Junge lagen rings umher todt auf der Erde, während die alten Vögel hoch oben in der Luft schwebten und mit grässlichen Lärm ihr Klagelied ertönen liessen. Als ich den Burschen über dieses unsinnige Niedermetzeln so sehr nützlicher Vögel Vorstellungen und Vorwürfe machte, antworteten sie mir, diese Krähen holten ihnen nicht nur die jungen Hühner und Enten vom Hofe, sondern liessen auch kein anderes Vogelnest, das sie fänden, und sie wären darin sehr geschickt, ungestört; und wirk- lich zeigten sie mir zum Beweise ihrer Behauptung eine Menge Schalen der Eier von Vanellus eristatus und besonders Fulica atra, die unter den Bäumen lagen. Gegen solche Beweise half nun alles Reden meinerseits nichts, und um so weniger, da auch mein Begleiter, ein älterer Bauer, versicherte, er habe oft bei seinen Feldarbeiten gesehen, wie diese Vögel trotz alles Schreiens und Abwehrens der Alten die Kibitz-Nester der Eier beraubt hätten. Uebrigens nistet hier in der Umgegend von Rostock Corvus coraw hie und dort einzeln Corvus cornix in sehr grosser Menge, Corvus monedula ziemlich zahl- reich in den Thürmen während Corvus corone hier an der Ostsee- Küste verhältnissmässig viel seltener vorkommt als im Innern des Landes, wo man dagegen Corvus cornie immer nur einzeln init, Nuceifraga caryocatactes habe ich vor mehreren Jahren im Innern von Mecklenburg den ganzen Sommer hindurch beobachtet, konnte jedoch trotz alles Suchens sein Nest nicht finden. Es wurde mir aber gegen Ende des Juni von einem Holzaufseher ein noch nicht ganz flügger Vogel dieser Species gebracht, der von einer Kiefer herunter geschossen war. Als wir weiter gingen, fanden wir ein Nest von Falco tinnuneulus in einer ziemlich niedrigen Kiefer, indem der Vogel beim Anklopfen an den Baum von demselben abflog. Die fünf Eier waren ganz frisch, sehr gross und zwei von ihnen ganz gleichmässig rothbraun gefärbt, während die andern auf hellerm Grunde dunkler gefleckt waren. — Sodann zeigte mir mein Begleiter ein Nest von Strix otus, das er vor 8 Tagen mit einem Ei gefunden hatte und das etwa 10 Fuss hoch in einer kleinen Kiefer stand. Die Eule sass so fest auf dem Neste, dass der Mann sie an den Schwanz fassen konnte und einen Theil desselben, als sie fort flog, in der Hand behielt. In dem Neste lag auch jetzt nur ein Ei, das faul war. — Ferner führte mich er en 461 der Mann zu einem Fuchsbaue, in dem in diesem Jahre ein Enten- Paar genistet hatte. Er beschrieb mir die Enten, so gut er konnte und besonders als sehr gross, und seine ganze Beschreibung passte sehr gut auf Anas tadorna, die, wie ich weiss, auf dem einige Meilen von hier entfernten Fischlande schon öfter brütend gefunden ist. Im nächsten Jahre werde ich mich nach dieser Ente zu rechter Zeit umsehen, denn ich hoffe, dass sie wieder kommt, da sie, wie mir der Mann sagte, hier nicht gestört worden ist. — Als wir beim Heimwege durch eine höchstens 3 Fuss hohe Kiefernbesamung gingen, fand ich sehr nahe bei einander drei Nester von Fringilla cannabina. Auffallender Weise standen alle diese drei Nester un- mittelbar auf der Erde in einer kleinen Vertiefung unter einer Kiefer, und die Eier waren alle verhältnissmässig sehr gross und sehr wenig gezeichnet, manche nur mit einigen rothen Punkten. Am 8. Juni fand ich bei einem Spaziergange am Rande einer Wiese unter einem Grasbüschel ein Nest von Pratineola rubetra mit vier Eiern, und am folgenden Tage lagen sechs Eier im Neste. Ich hoffte ein Kuckus-Ei mit gefunden zu haben, doch ist dies nicht der Fall, denn sämmtliche Eier sind nicht im Geringsten verschieden, alle wie gewöhnlich gross und gleich gezeichnet. Parus caudatus wurde hier mit sieben rein weissen, frischen Eiern gefunden. Am 19. Juni nahm ich aus einem Neste von Upupa epops, in dem sechs fast lügge Junge sassen, fünf ganz frische Eier. Die Rohryögel nisten hier bei der ihnen so ungemein zusagenden Localität alljährlich in grosser Menge. Im reinen Rohre am Ufer der Warnow findet sich Sylvia turdoides einzeln, Sylvia arundinacea in sehr grosser Menge. An der Ober-Warnow, nicht schr weit von der Stadt, liegt ein von weiten Wiesen umgebener und im Winter und Frühjahr stets vom Flusse überschwemmter Bruch, der theils aus schr dichtem, mit Rohr durchwachsenem Gebüsche, theils aus blossem Rohr besteht und der Lieblingsaufenthalt vieler Vögel ist. Hier nistete im vorigen Jahre Circus cyaneus, doch wurde das Nest zu spät gefunden; hier fand ich in diesem Frühjahr ein wahrschein- lich durch ein plötzliches Steigen der Warnow überschwemmtes und daher verlassenes, auf einem abgehauenen Ellern-Stumpfe recht hübsch gebautes Nest von Anser cinereus mit 6 schon ziemlich bebrüteten Eiern. Hier nisten Enten, Rohr- und Gold-Ammern und besonders 462 viele Rohrvögel. Sylvia palustris nistet hier sehr häufig, und ich habe sehr viele Nester dieses Vogels im vorigen und in diesem Jahre gefunden, aber nie eins im reinen Rohr, sondern gewöhnlich etwa 3 Fuss hoch in einem Busche am Rande eines Dickichts; die Nester von Sylvia arundinacea standen hier gewöhnlich nicht im reinen Rohr, sondern in Büschen. Ein Nest von Sylvia carieeti fand ich am 9. Juni nur ein wenig über der Erde zwischen wenigen Rohrstengeln in einem grossen Busche mit 5 schon ziemlich stark besessenen Eiern. An eben diesem Tage hörte ich hier Sylvia locustella anhaltend schwirren, aber später nie wieder, obgleich ich diesen Bruch häufig besuchte. Auch ist es mir bisher leider nicht geglückt, ein Nest dieses Vogels aufzufinden. Ebenso habe ich bis jetzt Sylvia phrag- mitis in diesem Bruche nie nistend gefunden, wohl aber sehr häufig in kleinen, von Rohr eingefassten Mergel-Gruben, bald im Rohr selbst aber stets sehr niedrig, bald in einer grossen Buphorbia palustris. Die so höchst interessanten Mittheilungen, die Herr Professor Naumann in seinen Nachträgen über Sylvia horticola macht, — leider sind mir dieselben erst jetzt zu Gesichte gekommen — habe ich mit grossem Vergnügen gelesen, und zwar um so mehr, da ich aus ihnen ersehen habe, dass ich in diesem Jahre so glücklich gewesen bin, diesen Vogel hier nistend aufzufinden. Am andern Ufer der War- now von hier aus nemlich liegt, höchstens 100 Schritt vom Wasser entfernt, ein Wirthshaus, das im Sommer sehr häufig besucht wird. An der einen Seite des Hauses hin führt vom Wasser herauf ein ungefähr $ Fuss breiter Weg, der auf der einen Seite vom Hause selbst und den Hinter-Gebäuden, auf der andern aber von einer hohen und breiten Hecke begrenzt wird. Neben dieser Hecke liegt eine ziemliche Fläche Ackerlandes, das in diesem Sommer mit Roggen besäet war; vor derselben nach dem Wasser zu ist eine Schiessbahn, darauf eine nur einige Schritt breite Pappel- Allee mit wenigem, niedrigem Gebüsche, dann ein schmaler Wiesenstreif und endlich am Flusse selbst eine Rohrfläche, in der Sylvia turdoides und sehr häufig arundinacea nistet. Als ich eines Tages diese Hecke durchsuchte, fand ich in derselben etwa 8 Fuss hoch ein Nest, das ich für das von Sylvia hypolais hielt, in dem aber keine Eier lagen. Etwa acht Tage später, am 14. Juni, sah ich wieder nach dem Neste und nun fand ich in demselben vier Eier, die ich mitnahm, weil sie sehr auffallend geformt und gezeichnet waren, obgleich ich sie für Eier von 8. arundi- | } } 463 nacea hielt. Jetzt aber bin ich überzeugt, dass Nest und Eier der Sylvia horticola zugehören. Das Nest loszumachen, ohne es zu zerreissen, war keine leichte Sache, denn die Materialien desselben waren um mehrere Zweige der Hecke sehr fest gewickelt, und wegen der Höhe, in der es sass, war schwer an dasselbe zu kommen. Während ich damit beschäftigt war, kam das Männchen angeflogen, setzte sich nicht weit von mir in die Hecke und liess lustig seinen muntern Gesang ertönen. Dieser Gesang hatte, soviel ich mich jetzt noch erinnere, allerdings viel Aehnliches mit dem von S. arundinacea, aber doch auch wieder so viel Eigenthümliches, dass er mir gleich auffiel und ich den Vogel für einen Virtuosen unter seinen Brüdern hielt; doch achtete ich damals leider nicht genug darauf. Das Nest selbst, das ich noch besitze, hing ganz frei und der Boden war von keinem Aste oder Zweige unterstützt; es ist verhältnissmässig klein, — doch habe ich auch die Nester von Sylvia arundinacea im Gebüsche gewöhnlich viel kleiner als im Rohr gefunden — etwa reichlich 3 Zoll hoch und gegen 3 Zoll breit, sehr tief und schön ausgerundet und mit feinen Halmen so hübsch ausgelegt, als wäre es gedrechselt. Die Materialien des Nestes bestehen aus Pflanzen-Rispen und feinen Grasblättern, mit Baststreifehen und vielen Insectengespinnst und besonders mit vielen Wergklümpchen durchwoben; und mit letzterem Stoffe war das Nest auch um die Zweige befestigt, weshalb es auch so schwer hielt, es los zu machen, ohne es zu zerreissen. Die vier Eier, von denen ich leider nur noch zwei besitze, sind einander sehr ähnlich; alle vier sehr kurz oval, ohne Glanz, bläulich-weiss mit hell- aschgrauen Schalenflecken und mit grossen braungrünlichen Flecken auf der Schale, die einen grossen Theil des Grundes frei lassen und am stumpfen Ende einen deutlichen Fleckenkranz bilden. Mit den Eiern von Sylvia arundinacea, deren ich eine grosse Menge besitze und gesehen habe, haben diese Eier allerdings viel Aehnliches; doch aber findet sich auch bei ihnen so viel Eigenthümliches, das ausser der bläulichern Grundfarbe besonders in der Art der Zeichnung und in der Gestalt besteht, dass sie gleich dadurch auffallen. Eben dadurch wurde ich auch bewogen, die Eier, als ich sie sah, mitzunehmen, und eben deshalb bat mich auch ein Bekannter um zwei derselben. — Uebrigens muss meiner Ansicht nach dieses Vögelchen nicht sehr scheu sein, wenigstens nicht in der Brütezeit, denn es wählte zum Nestbau, obgleich ihm andere ruhigere Stellen zu Gebote standen, 464 einen Platz, von dem die Schiessbahn, die sehr viel benutzt wurde, nur wenige Schritte entfernt war, eine Hecke an einem Wege, der täglich von Hunderten von Menschen begangen wurde, und eine Stelle, die dem Tanzsaal, in dem wöchentlich zweimal wenigstens mit grossem Geräusche getanzt wurde, sehr nahe lag. Wenn Sylvia sylvestris Meisn. wirklich eine gute Art ist, so habe ich das Nest und die Eier dieses Laubvogels vor mehreren Jahren schon im Innern von Mecklenburg gefunden. Wenigstens stimmen die drei Eier, die ich damals fand und noch besitze, ganz !mit der Beschreibung überein, die Herr Pastor Pässler in der Naumannia von’ denselben giebt, und sind einem andern Ei täuschend ähnlich, nur etwas grösser, das ich von einem Bekannten als diesem Vogel angehörend bekommen habe und das aus der Schweiz sein”soll. Schliesslich nun noch ein Verzeichniss, an welchem Tage ich in diesem Jahre die Nester nachstehender Vögel, meistens mit noch nicht voller Eierzahl, in hiesiger Gegend gefunden habe, indem ich. denke, dass diese Mittheilung aus dem äussersten Norden Deutsch- lands für manche Oologen vielleicht zum Vergleichen von Interesse sein wird. Falco palumbarius am 25. April ein Ei. Falco nisus am 2. Mai ein Ei. Falco tinnunculus am 22. April zwei Eier, im Thurm; am 11. Mai in einem Baum sechs Eier. Falco milvus am 29. April zwei Eier. Falco buteo am 13. April zwei Eier, am 17. drei. Strie otus am 15. April ein Ei. Strie aluco am 23. März zwei Eier. Lanius minor am 24. Mai vier Eier. Lanius rufus am 24. Mai drei Eier, im vorigen Jahre. Lanius collurio am 27. Mai drei Eier. Corvus corax am 17. März zwei Eier. Corvus cornie am 19. April drei Eier. Corvus monedula am 23. April ein — drei Eier, im Thurme. Corvus pica am 25. April ein Ei. Corvus glandarius am 1. Mai drei Eier. Oriolus galbula am 2. Juni ein fertiges Nest, das jedoch ver- lassen wurde. Sturnus vulgaris am 3. Mai vier Eier, am 11. drei. es 465 Museicapa grisola am 2. Juni zwei und fünf Eier. Museicapa atricapilla am 24. Mai drei Eier. Turdus viseivorus am 2. Mai vier Eier. Turdus musieus am 8. Mai drei Eier; am 12. eins. Turdus merula am 2. Mai drei Eier. . Sylvia luseinia am 18. Mai drei Eier. Sylvia rubecula am 12. Mai fünf Eier. Sylvia nisoria am 2. Juni sechs Eier. Sylvia curruca am 16. Mai ein Ei; am 25. drei. Sylvia einerea am 24. Mai vier Eier. Sylvia hortensis am 29. Mai vier Eier. Sylvia atricapilla am 16. Mai drei Eier. ‚Sylvia phoenicurus am 24. Mai drei Eier. Sylvia hypolais am 8. Juni zwei Eier. Sylvia trochilus am 2. Juni drei Eier. Sylvia rufa am 25. Mai sechs Eier; am 28. fünf. Sylvia arundinacea am 9. Juni vier Eier, am 14. drei, am 16. zwei. Sylvia palustris am 16. Juni drei Eier, am 26. zwei. Sylvia phragmitis am 11. Juni vier Eier; am 20. vier und fünf Eier. Sylvia cariceti am 9. Juni fünf besessene Eier. Troglodytes parvulus am 29. Mai fünf Eier. Anthus arboreus am 19. Mai ein Ei, am 31. vier. Motacilla alba am 19. Mai vier Eier, am 23. fünf. Motacilla flava am 23. Mai drei Eier. Sazicola oenanthe am 11. Mai zwei Eier. Sazwicola rubetra am 24. Mai vier Eier; am 8. Juni vier, Accentor modularis am 10. Mai zwei Eier. Parus palustris am 9. Mai fünf Eier. Parus coeruleus am 6. Mai ein Ei. Alauda arvensis am 18. April zwei und drei Eier. Alauda arborea am 18. April fünf stark besessene Eier. IOmberiza eitrinella am 8. Mai vier Eier. Fringilla domestica am 7. Mai drei Eier, in einem Busche., Fringilla montana am 9. Mai vier Eier, am 12. vier. Jringilla coelebs am 12. Mai zwei Eier, am 13. vier. Fringilla chloris am 7. Mai ein Ei; am 9, vier, Fringilla cannabina am 8. Mai zwei Eier. Fringilla carduelis am 12. Juni drei Eier, Naumannla 1808, 30 466 Jynx torqwlla am 24. Juni sechs Eier. Certhia familiaris am 28. April drei Eier. Hirundo rustica am 7. Juni vier Eier; am 10. drei. Hirundo riparia am 6. Juni drei Eier. Cypselus apus am 6. Juni ein Ei. Perdix coturnie am 14. August drei frische Eier. Charadrius hiaticula am 4. Juni vier Eier. Charadrius minor am 1. Juni ein Ei und zwei Eier. Charadrius vanellus am 18. April mehrere Nester mit vier Eiern. Machetes pugnax am 4. Juni zwei, drei und vier Eier. Totanus calidris am 29. April drei Nester mit je vier Eiern. Gallinula porzana am 10. Juni sieben Eier. Fulica atra am 5. Juni fünf stark besessene und drei frische Eier; am 13. fünf und sieben frische Eier. Sterna hirundo am 7. Juni zwei Eier. ‚Sterna minuta am 10. Juni zwei Eier. Nr. 38. Die Vögel der \teiermark, E. Seidensacher. Die nachstehenden Notizen beruhen durchgehends auf genauen und zuverlässigen, einen Zeitraum von 20 Jahren umfassenden Beo- bachtungen und Aufzeichnungen. In so ferne dieselben „die obere oder nördliche“ Steiermark, das ist den gegenwärtigen Brukerkreis, betreffen, sind sie den in den Verhandlungen der k. k. zoologischen bo- tanischen Gesellschaft zu Wien vorgekommenen und in dessen Schriften vom Jahre 1856 erschienen, und den mir brieflich gemachten Mit- theilungen meines verehrten Freundes, Herrn P. Blasius Hanf, 467 Pfarrers zu Mariahof, eines ausgezeichneten Forschers, entnommen; in so weit sie aber die mittlere und südliche oder untere Steiermark, das sind der Grazer und Marburger Kreis, berühren, sind sie durch- aus von mir selbst gemacht worden. Bisher ist noch keine Fauna der Vögel jenes Landes erschienen, und bei der Ausdehnung desselben, seinen Bergen und Alpen, welche manche ornithologische Schätze dem Forscher darbieten dürften, kann sich aus den Beobachtungen einzelner Personen wohl noch eine erschöpfende Durchführung aller Vorkommnisse in der Vogelwelt nicht erwarten lassen. Es soll diese Aufzählung der Vögel meines Vaterlandes nur dazu dienen, ein Scherflein zu den in der Naumannia bisher nieder- gelegten Beobachtungen beizutragen, und vielleicht für die Folge einer Fauna der Steiermark einigen Stoff zu liefern. Neustadtl in Krain im März 1859. E. Seidensacher. Landvögel. Vultur cinereus. Zeigt sich sehr selten im südlichen Theile. Am 13. Juli 1844 Nachmittags wurde bei Pettau ein solcher, an- scheinend gesunder Vogel, welcher sich aus grosser Höhe allmählig zur Erde herabliess, von dem in der Nähe arbeitenden Dienstvolke auf freiem Felde erschlagen; er hatte nur etwas Gras im Magen. Vultur fulvus. Selten, aber doch öfters als der vorige vor- kommend. Ein solcher Vogel hielt, auf einer Eiche sitzend, sechs Schüsse aus, ohne abzufliegen; erst beim siebenten Schusse wurde er getroffen und stürzte vom Baume. Ein anderer liess sich unweit von Marburg im Pessnitzthale auf einige Schritte nahe kommen und wurde mit ganz feinem Schrote erlegt. Falco peregrinus. Alljährlich am Striche. Er treibt sich ebenso auf Feldern, als in der Nähe sehr bewohnter Orte herum. Bei einem Hasentreiben am 23. November 1847, wobei sehr viele Schüsse fielen, begleitete ein derlei Vogel auf freiem Felde stundenlang die Jäger- kette, flog auch über dieselbe weg, um auf aufgescheuchte Feldhühner zu stossen, bis er endlich bei einem neuerlichen solchen Versuche herabgeschossen wurde, Er zeigt sich vom September an, zuweilen überwintert er, und verliert sich im März. 30* 468 Falco subbuteo. Allenthalben nistend. Ich selbst fand am 11. Mai 1846 ein Nest dieses Vogels mit 6 Eiern; am 20. Mai 1853 erhielt ich 3, am 25. Mai desselben Jahres 5, und am 26. Mai 1854 4 und 5 Eier von je einem Neste. Er kommt bald zu Anfang des April und verlässt uns im Ok- tober, einzelne erst im November. Zwölf Eier dieses Falken zeigen folgende Maassverhältnisse: Länge 37 Millimeter bei einer Breite v. 32M.-M. 1 Stück. 38 SB 2 „on ri 30=—=30; Au 4 40 zn Ai eben 80:53 ee ir A Ana ee I ee 3 42 Her 32; e 43 b PnalgE er 33: sb nl Falco aesalon. Kommt im Winter vor. Auf Feldbäumen sitzend lauert er Hänflingen, Finken, Sperlingen u. s. w. auf, bis sie sich schaaren, stürzt dann auf sie los und treibt einen derselben aus dem Fluge heraus, um auf ihn Jagd zu machen. Nistend scheint er selten vorzukommen, doch erhielt ich am 17. Mai 1851 4 etwas bebrütete Eier in der Gegend von Hartberg, die aus einem auf einem Nadelholzbaume befindlichen Neste genommen wurden. Zwei dieser Eier, welche mir noch vorliegen, haben eine Länge von 37 und 38 M. M. bei einer Breite von 33 M. M. und eine der Kugelform sich nähernde Gestalt. In den höher gelegenen Gegenden scheint dieser Vogel nicht vorzukommen. Falco tinnunculus. Der gewöhnlichste Raubvogel; nistet bei uns in Thürmen, Löchern an alten Mauern, und sehr häufig (ja gewöhn- lich) in Nestern auf Föhren und Fichten der Schwarzwälder, mitunter selbst grösserer Gärten. Er ist gesellig und mitunter in Städten; seine Legezeit beginnt um den 20. April und dauert fast den ganzen Mai hindurch; die Zahl der Eier ist hiergegends gewöhnlich 5 oder 6. Sie haben bei einer grossen Anzahl meiner Sammlung den Grössenunterschied von 374, M. M. Länge bei 29 M. M. Breite, bis zu 40 M. M. Länge bei 33 M. M. Breite. Beim Neste ist der Vogel oft sehr wenig scheu, so dass er auf den nächsten Bäumen herumfliegt, wenn man die Eier ausnimmt. Ich selbst habe sehr viele Horste untersucht und oft nur alte, bisweilenmit Haaren ausgelegte, also wahrscheinlich früher von Krähen benützte, Nester vorgefunden; mitunter steht der Horst auf Aesten, entfernt vom Stamme. 469 Faleo cenchris. Kommt in der nördlichen Steiermark gar nicht, in der mittleren sehr einzeln, in der südlichen dagegen zahlreich und nistend vor, vorzüglich in trockenen Gegenden mit Sandboden. Er trifft zwischen 7. und 25. April ein, und beginnt sehr bald das Brütegeschäft, so dass er um oder etwas vor Mitte des Mai zu legen anfängt. Ich kenne nur dreierlei Niststellen: diese sind entweder Löcher an Mauern und Thürmen, Winkel und Löcher in Thürmen und unter Dächern, oder endlich Höhlen in Eichen. Sein Nest ist nur eine ganz unbedeutende Unterlage; in Löchern von Mauern etc. sind es einige Zweige oder Strohhalme; in Baumhöhlen etwas Moos, oder gewöhnlich der blosse schon vorhandene Moder, so dass ich im Jahre 1853 Eier erhielt, welche von letzterem ganz beschmutzt und fast schwärzlich gefärbt waren. Er nistet gerne gesellig, häufig an derselben Mauer oder in demselben Thurme mehrere Paare, mitunter selbst unter Sperlingen und Dohlen. Die Zahl der unter sich sehr abweichenden Eier steigt von 3 auf 7, die gewöhnliche scheint 4 zu sein. Sie ergeben an 67 Stücken meiner Sammlung folgende Grössenverhältnisse: Länge 33 M.-M. Breite 27 M.-M. 1 Stück. „ 33—331/, „ Pe 1: a 21) OP A Er Er „ 34341, „ ENTFERNT, „39854, » BUN 28-31. Mal; „ 36—36%, „ a a »„ 37-37, „ RIFF ” 8 nn 30 „ 1, » Be 5 BO Sie wiegen leer 16—22 Grane, voll (frisch oder wenig angebrütet) 2 Quentchen 40 Grane bis 1 Loth (Apothekergewicht). So wie die Grösse der Eier, eben so ist auch ihre Färbung und Zeichnung verschieden; im Allgemeinen zeigen sie ein lichteres, leb- hafteres Roth als die Eier von F. tinnunculus; allein auch hierin gibt es Abweichungen, so dass einzelne sehr den letztgenannten Eiern ähnlich sind, und sich nur durch eine dünnere, weichere, daher auch leichtere Schale sicher unterscheiden lassen. Die meisten derselben haben eine gelbröthliche, viele eine lehmgelbe, andere eine weisse Grundfarbe; letztere lassen meistens einen grössern Theil der- selben ohne Zeichnung, und haben diese an der Basis, seltener an der Höhe angehäuft, während jene mit farbigem Grunde meist eine 470 mehr gleichmässig über die ganze Eifläche vertheilte Zeichnung tragen; auch schwärzliche oder schwarzbraune Flecken sind nicht selten, welche vertrocknetem Blute gleichen, und sich, wie überhaupt meistens die Zeichnung, leicht wegwaschen lassen. Durch das längere Brüten des Vogels verlieren die Eier die lebhafte Färbung und grossentheils selbst die Zeichnung, werden bräunlich oder gelbgrau und glänzend. Doch erhielt ich im Jahre 1858 auch ein Gelege von 4 unbebrüteten und mir ganz frisch zu- gekommenen Eiern, welche so blass in der Grundfarbe und so matt in den Flecken gefärbt erscheinen, wie Eier, denen die Zeichnung weggewaschen wurde. Gleichzeitig habe ich auch 4 etwas bebrütete rothbraune Eier erhalten, welche sowohl in der Zeichnung, als auch in der Grundfarbe sehr dunkel gehalten blieben. Es bleiben oft Eier in den Nestern zurück, welche entweder lauter sind, oder in denen die mehr oder weniger entwickelten Jungen nicht zur Reife gelangten. Ich fand im Juli 1858 in einem einzigen Neste, aus welchem die Jungen ausgeflogen waren, 3 Windeier, von denen eins fast walzen- förmig in der Form der Eier von Caprimulgus europaeus ist. Im allgemeinen nähert sich die Form bei manchen ziemlich der Kugelgestalt, wenige sind oval, meistens sind sie bauchig, die Höhe abgestumpft und die Basis abgerundet. Der Dotter ist hellgelb. Die Jungen verlassen das Nest um den Anfang des Monates Juli, streichen einige Zeit am Nistorte mit den Alten herum und verlieren sich grösstentheils schon um den 20. Juli, indessen findet man einzelne Vögel auch noch im August, selbst noch zuweilen bis zum Anfange Septembers; gewöhnlich verlässt uns dieser Falke in Flügen zu 5—7 Individuen (daher wahrscheinlich in ganzen Bruten). Im Frühjahre erscheint er einzeln oder paarweise. Der Vogel verräth seın Nest durch sein Herumfliegen, dann sein Geschrei „Psche Psche, Wsche und Zik, Zik sehr leicht, ist bei demselben nur wenig, sonst ziemlich scheu, wird äusserst zahm, und bringt häufig seine Nahrung nur mit einem Fusse zum Schnabel, oder frisst sie, — dieselbe mit einem Fusse haltend und auf dem andern stehend. Sie besteht aus Heuschrecken, Käfern, verschiedenen Insekten und Mäusen; ich fand jedoch in einem Neste 2 und daneben eine getödtete Eidechse (Zacerta agılis) noch unversehrt oder wenig 471 zerrissen; dann bei einem andern Neste 2 Mäuse liegen, und alles diess auffallender Weise zu einer Zeit, wo das Weibchen noch gar nicht gelegt hatte, sondern erst nach wenigen Tagen zu legen begann. Am 21. Mai 1858 fand ich hoch auf einem Kirchthurme unter dem Neste dieses Falken, welches noch keine Eier enthielt, eine junge, schon fast flügge Feldlerche (Alauda arvensis) unverletzt, welche ich aufnahm, fütterte und noch derzeit lebend besitze. In Krain kommt dieser Falke häufiger vor und man beschuldiget ihn hier, dass er in Kirchthürmen und Gemäuern die jungen Tauben verzehre, was ich für glaublich halte, weil dort, wo er zahlreich nistet, keine Taubenbruten aufkommen. Junge Vögel nehmen vor Allen grössere Heuschrecken gerne; ein flügellahm geschossenes Weibchen, welches ich monatelang hielt, und welches in kurzer Zeit ausserordentlich zahm wurde und mich sehr genau kannte, zog rohes Fleisch todten Vögeln vor, trank häufig Wasser, und fürchtete sich weder vor Hunden noch Katzen. Kein Vogel fürchtet sich vor ihm, höchstens lässt, wenn er schnell und unvermuthet zum Neste fliegt, eine Meise ihren Warnungsruf „Zih“ hören. Ich sah Sitta europaea ruhig seinen Jungen Futter ins Stammloch einer Eiche zutragen, während F. cenchris unferne auf einem Aste derselben Eiche sass; Schwalben, Sperlinge und Dohlen, ihm ganz nahe nistend, fliegen ebenso unbesorgt vom und zum Neste. Falco rufipes. In ganz Steiermark, aber nur am Zuge. Haupt- sächlich zeigt sich dieser Vogel im südlichen Theile am Frühjahrs- zuge und zwar vor oder um die Mitte des Mai, hier in grösseren oder kleineren Flügen, nie vereinzelt. Bei Pettau erschien im Mai 1852 ein ungeheurer, jedenfalls mehrere Tausend Vögel starker Schwarm, und sehr viele Individuen hiervon wurden erschossen oder gefangen. Im Herbste einzeln und meist Junge. Falco fulvus. In den Gebirgen einzeln, übrigens nistend; selbst wenige Stunden von Cilli (in der südlichen Steiermark) entfernt, am Bachergebirge, wurden schon Junge ausgenommen. Falco haliaetus. Kommt eben sowohl an den Gebirgsgewässern als auch an den Flüssen der Ebenen, aber nur am Zuge, im Früh- jahre bis höchstens um die Mitte des April vor. Ein Weibchen wurde von mir am 19. Oktober 1856 unweit von Cilli erlegt, welches einen 6 Loth schweren Weissfisch (Cyprinus leu- 472 ciscus) in den Fängen hatte, im Fluge von mehreren Krähen verfolgt wurde, und einiger von Jägern auf dasselbe abgefeuerten Schüsse ungeachtet, die Au nicht verliess, sondern wiederholt auf einen der Aeste beraubten Baum zurückehrte, um seine Beute zu verzehren. Falco leucopsis (Aquila brachydactyla). Mehrmals: wurde mir in Cilli erzählt, dass sich in der Umgegend grössere Geier (mit diesem Ausdrucke werden alle Falken mit Ausnahme des Thurmfalken und Sperbers bezeichnet) herumtrieben, welche eine ganz weisse Unter- seite hätten, während die Oberseite des Körpers braun sei. Jene Mittheilungen konnten aber auf die nicht sehr häufigen Bussarde nicht passen, weil ich solche nur im braunen Kleide sah, und Rauch- füsse sich nur sehr vereinzelt im Winter zeigen, während jene Falken auch Mitten im Sommer gesehen wurden. Ich wusste daher nicht, welcher Vogel gemeint sein könne, denn der Schlangenadler war mir selbst nie vor die Flinte gekommen, obgleich ich zuweilen die Ge- birge (in derhöchsten Höhe von 2600Fuss in jener Gegend) durchwandert hatte, woselbst sich übrigens Schlangen und Nattern (Vipera berus, chersea und Coluber natrix) dann auch Blindschleichen in Menge vorfanden. Im Jahre 1858 wurde der Horst dieses Adlers hoch auf einer Tanne in der Nähe von Felsen vorgefunden, und enthielt am 17. April ein unbebrütetes Ei. Dieses ist bauchig, an der Höhe zuge- spitzt, grünlichweiss ohne alle Zeichnung, wie die Eier des Habichtes gefärbt, war stark beschmutzt, hatte eine Länge von 68 und eine Breite von 54 M, M., einen hellgelben Dotter und voll ein Gewicht von 6 Loth und 1 Quentchen, leer wiegt es 2 Quentchen 14 Grane. Auch Freund Krüper erkannte mit Zuversicht das Ei als jenes des Schlangenadlers. Falco albieilla. Kommt bisweilen im Winter einzeln an Flüssen vor, und wurde schon mehrmals erlegt. Falco palumbarius. Ist in grösseren Schwarzwäldern ein nicht seltener Standvogel. Sein Horst steht bei uns meistens auf Nadel- bäumen 7—12 Klaftern hoch; er ist sehr gross, innen mit frischen Fichtenzweigen schön rund ausgelegt, wird durch mehrere Jahre benützt, und, theilweise zerstört, in kommenden Jahren wieder aus- gebessert. Er enthält von Mitte März an Eier, deren Zahl von 3 bis 5 steigt, und welche in der Grösse sehr abweichen, öfters dunkelgrünlich und mitunter auch bleichbräunlich gefleckt sind. —eenenee LE 473 Am 19. März 1851 fand ich bei Hartberg einen neuen Horst dieses Vogels, von dem ich das Weibchen verscheuchte. Am 22. März ging ich mit einem Kletterer zum Neste, schoss das abfliegende Weibehen und erhielt 3 schöne grosse frische Eier. Das Weibchen, welches ich öffnete, hatte noch ein mit einer weichen grünlichen un- gefleckten Haut umgebenes Ei, und im Magen Reste einer Feldmaus, Der Horst war um den Stamm einer Führe herumgebaut, und es musste von unten mittelst Zerreissen die Unterlage durchbrochen werden, um zu den Eiern zu gelangen. Am 3. Tage danach hatte das Männchen bereits ein anderes Weibchen und wollte es, wie ich beobachtete, zum zerstörten Horste führen; da es diesem aber hier nicht gefiel, richtete es sich in der Nähe einen alten Horst zurecht, aus welchem ich am 27. April (1851) 4 Eier abnahm, das Weibchen aber gleichfalls wieder erlegte. Demungeachtet erhielt ich im Jahre 1852 am 24. März vom letzteren Neste 2, am 10. April vom ersteren Horste 4, und am 15. Mai 3 Eier; alle diese Eier sind nur von demselben Weibchen ge- legt, weil sich im betreffendem Walde nur ein Habichtspaar aufhält. Fünf sehr bebrütete Eier erhielt ich von einem Horste am 2. Mai 1851, am selben Tage auch 2 kleine frisch gelegte; 3 bebrütete am 1]. Mai 1851; 3 frische am 24. März, 4 sehr stark bebrütete am 16. Mai 1856. Falco nisus. In Schwarzwäldern nistend, die gewöhnliche Eier- zahl ist 4—5; die Legezeit beginnt um oder etwas vor der Mitte des Mai. Ich erhielt Eier dieses Vogels: 3 frische am 28. Mai 1844, 4 frische am 17. Mai, 5 etwas bebrütete am 10. Juni 1851, 4 kaum bebrütete am 25. Mai und 3 ebensolche am 29. Mai 1853; 5 fast ganz frische am 12. Mai 1854, 4 frische am 13. Mai und 4 wenig bebrütete am 18. Mai 1856, und 4 frische Eier am 13. Mai 1858. Ist Stand- und Strichvogel. Falco milvus. Am Zuge. Falco ater. Selten, nur am Zuge. Falco buteo. Kommt in Gebirgs- und hügeligen Wäldern über- all nistend vor. Seine Legezeit beginnt hiergegends um Anfang des April; Zahl der Eier 2 oder 3, selten nur 1. Falco lagopus. Im Winter allenthalben in der mittlern, auch südlichen Steiermark auf Feldbäumen lauernd. In früheren Jahren war er mitunter zahlreich, Ein von mir flügellahm geschossenes 474 Weibchen, welches ich durch 6 Monate hielt, rührte getödtetes Wild nicht an, wiewohl es Rindsleber und frisches Vogelfleisch gerne annahm. Falco apivorus. Sehr einzeln; ist wenigstens in der nördlichen Steiermark Nistvogel. Falco aeruginosus. Am Herbstzuge, beiläufig von Mitte August an, und am Frühjahrsstriche. i Falco ceyaneus. Zeigt sich am Herbst- und Frühjahrszuge, am letzteren von Mitte Februar bis Mitte März, und hält sich mitunter wochenlang an demselben Orte auf. Faleo cineraceus. Im April und September; keine von den Weihenarten scheint in Steiermark zu nisten. Strie nisoria. Wurde ein Exemplar in Obersteiermark erlegt. Strix uralensis. Obgleich nicht zahlreich, kommt diese Eule in Steiermark, namentlich im mittleren und südlichen Theile, selbst brütend vor. — Es wurden in einem ausgedehnten, Laub- und Nadelholz enthaltenden und einige Teiche einschliessenden Walde im Marburger-Kreise einzelne dieser Eulen in den Jahren 1845 und 1846 erlegt, ja bei einem Fuchstreiben am 22. Februar 1847 wurde ein gepaartes Paar dieser Vögel geschossen. Bei Wilden wurde Ende Oktober 1841 ein Stück im ersten (sehr dunklen) Kleide, und es wurden daselbst auch alte Vögel erlegt. Strix aluco. In Laub- oder gemischten Wäldern und zwar in Baumhöhlen mittlerer oder geringer Höhe, auch auf anderen Gebäuden im Dachboden nistend. Die Legezeit ist nach meinen Wahrnehmungen ebenso schon im März, als auch erst um Ende April oder am Anfange des Mai; Eier 2—4, übrigens fand ich. auch schon 1 Ei und 6 Eier im Neste. Grewöhnlich sind diese Vögel in der Farbe sehr braun gehalten, graue fand ich seltener. Strix flammea. Selten, aber doch hie und da auf Thürmen nistend; bei Cilli erhielt ich 1855 aus einer hohlen Eiche Anfangs Juni Eier. Strix noctua. Einzeln allenthalben, auch in Gebäuden nistend. Sie überwintert. Im Frühjahre 1856 hat eine solche Eule es sich in Cilli zur Aufgabe gemacht, die vor den Fenstern befindlichen Käfige zu plündern und hat durch einige Zeit Nacht für Nacht Vögel geraubt. Bei Rann sah ich viele solcher Eulen und öfters schon bei Tage herumfliegen, 475 Strie dasypus. In hoch liegenden Gebirgswäldern Nistvogel, jedoch sehr vereinzelt. Sie wurde mit 4 Jungen angetroffen. Strix pygmaea. Wie die vorige. Striw brachyotus. Im Zuge; ich fand diese Eule in Klee- und Stoppelfeldern, dann im abgemähten Schilfe, und zwar vom Sep- tember bis November; einzelne überwintern auch, denn sie wurde im Januar und Februar von mir erlegt. Striw bubo. In Gebirgswäldern nistend; öfters auch in Ebenen erlegt. Strive otus. Nistet in den Schwarzwäldern in Nestern auf Nadelbäumen, lest um, oder oft schon vor der Mitte des April, einzelne um Ende des März, 3—4 Eier. Der sonderbarste Fall, welcher mir bei diesem Vogel vorkam, war, dass ich im Jahre 1849 an einem Nachmittage von einem auf einer Weisstanne (Pinus abies) befindlichen Krähenneste die alte festbrütende Krähe (cornix) ver- scheuchte; als ich aber am Morgen darnach den Baum bestieg, um die Kräheneier abzunehmen, fand ich im Neste 2, mehrere Tage alte Junge des St. otus vor, ohne von Kräheneiern oder Jungen auch nur eine Spur zu bemerken. Im Jahre 1856 nistete ein Paar dieser Eulen in einer weit von jedem Walde entfernten, aus Fichten und Rosskastanien bestehenden Allee ‘bei einem Schlosse in der Ebene. Am 24. Mai 1857 lagen in einem Neste auf einer Fichte 4 noch kaum bebrütete Eier. Strie scops. Im gebirgigen Theile der Steiermark selten, auf Alpen ganz fehlend, ist diese Eule im mittleren und südlichen Theile vorzüglich in hügeligen Gegenden recht zahlreich in Laub-, minder in Nadelwäldern, oft auch in Obstgärten nahe bei den Häusern. Sie legt von Ende des Mai bis Mitte des Juni 3—4, seltener 5 Eier, und nistet vorzüglich in Baumhöhlen, zuweilen auch in aufgehangenen Staarenkästchen, selten in Nestern auf Nadelbäumen. Ich fand jedoch in einem Nadelholze bei Graz im Jahre 1841 in einem auf einer Föhre um 6 Klafter hoch stehenden Neste 5 Eier, in denen die Jungen schon Laute von sich gaben. Die Eier, nach beiläufig 40 Stücken verglichen, steigen in der Grösse von 30 M. M. Länge bei 27 M. M. Breite, bis zu einer Länge von 34 M. M. bei einer Breite von 29 M. M; sie sind gewöhnlich rundlich, sehr selten oval, einzeln missgeformt, wiegen voll 2 Quentchen 35 Grane bis 3 Quentchen 15 Grane, leer 13—17 Grane, und haben zuweilen eine gelbliche 476 Farbe, — wenngleich frisch gelegt. Die Jungen haben ein graues Dunenkleid, ‚eine grünlichgelbe Iris, und werden ausserordentlich zutraulich und zahm. Selbst wenn sie mit Vögeln aufgefüttert werden, daher beim Zerreissen derselben ihre Kraft üben, sind sie ausge- wachsen einen Sperling nur mit Mühe zu bezwingen und zu tödten im Stande; Mäuse fangen sie in der Freiheit wohl, da ich solche in ihren Nisthöhlen vorfand. Corvus corax. In den grösseren hügeligen und Gebirgswäldern Nistvogel, streift er im Winter oft in Flügen von 2—4 Individuen an Flüssen herum. Legt im März; am 14. April 1854 fand ich auf einer dieken Buche in der Höhe von beiläufig 5 Klaftern ein Nest mit nur 2 halbwüchsigen Jungen. Corvus corone. Ziemlich selten, aber Nistvogel; ich fand im Jahre 1844 ein Nest mit 3 jungen Krähen, die von einer mit einer Nebelkrähe gepaarten Rabenkrähe, — wie ich mich aus dem Zufliegen und Füttern der Alten selbst überzeugte — herrührten. Der Jungen waren 2 ganz schwarze und ein graues. Bastarde dieser Krähe mit der Nebelkrähe sieht man öfters, zuweilen auch unter Flügen von Nebelkrähen einzelne Rabenkrähen. Sie sind, gleich der folgenden, das ganze Jahr hindurch zu treffen. Corvus cornix. Sehr gemein; ihre Legezeit beginnt bei uns mit Anfang des April; die Mehrzahl der Eier, 3—6 im Neste, findet man aber erst nach der Mitte jenes Monats. Brütet auf Laub- und Nadelbäumen. Corvus frugilegus. Im Winter in grossen Flügen; Nistkolonie ist mir keine bekannt geworden. Corvus monedula. Ist, in ihr passenden Gegenden, durch ganz Steiermark verbreitet, vorzüglich aber im südlichen Theile, hier in Höhlen der Eichen brütend, legt um Ende des April. Kommt im Februar und März und verlässt uns im November. (Ueberwintert schon im südlichen Theile von Krain). Garrulus piea. Sehr gemein; gerne auch nahe an Ufern kleiner Flüsse, welche mit höheren Weiden oder Erlen bewachsen sind. Sie ist Standvogel, beginnt mit Anfang des April zu legen, nistet zuweilen auch im Gebüsche, und hat 6—7, öfters auch 8 Eier. Garrulus glandarius. Allenthalben gemein als Nistvogel, der um die Mitte des April seine 5—6, ja 8 Eier zu legen beginnt. Er ist Stand- oder Strichvogel. H . j = 477 Nucifraga caryocatactes. In den Gebirgswäldern, wo die Zirbel- kiefer vorkommt, Nistvogel. In hügeligen Wäldern selten im Herbste am Striche, in den Ebenen gar nicht. Er nistet sehr zeitlich, wess- halb es schwer hält, des Schnee’s wegen zum Neste zu gelangen. Pyrrhocorax alpinus. In einzelnen felsigen Gebirgsgegenden der oberen Steiermark Nistvogel, in Ebenen gar nicht vorkommend. Bombyeilla garrula. Zuweilen im Winter in kleinen Flügen bis in den südlichen Theil des Landes. Coracias garrula. Kommt im gebirgigen Theile nur am Zuge, dagegen im mittleren einzeln, im südlichen zahlreich nistend vor. Sie erscheint mit Anfang des Mai und zieht im September, selbst schon zu Ende des August, in kleinen Flügen fort. Die Eier werden mitunter sehr bald nach der Mitte des Mai, gewöhnlich aber im letzten Drittheile dieses Monats gelegt; ich erhielt sehr viele, sie weichen in Grösse und Gestalt sehr ab; ihre Zahl steigt von 4—6. Sie liegen gewöhnlich in Höhlen der Eichen, wie sich auch der Vogel gerne in Eichenwäldern, Auen und Wiesen mit Gruppen von Bäumen, vorzüglich Eichen, aufhält. Oriolus galbula. Ist im südlichen und mittleren Theile ein nicht seltener Nistvogel, welcher um Ende des April oder in den ersten Tagen des Mai erscheint, und uns um Ende August, in kleinen Flügen herumstreichend, verlässt. Ich fand die Nester auf Laub- und Nadelbäumen mit 3—5 Eiern, die kurz vor Ende des Mai ge- legt werden. Im obern Theile des Landes scheint dieser Vogel nur am Zuge vorzukommen. Sturnus vulgaris. Im südlichen Theile der Steiermark gegend- weise sehr zahlreich nistend, ist er im mittleren als Nistvogel nur mehr einzeln, im nördlichen nur in wenigen Paaren vertreten. Er nistet ebensowohl in Baumhöhlen, als in den für ihn besonders her- gerichteten und vorzüglich auf Obstbäumen und Eichen hoch auf- gehängten Kästen, die dann mitunter auch von Sperlingen, ja auch, und zwar, wie man mir versicherte, nicht selten (mir selbst kam nur ein derlei Fall vor) von Strix scops als Brütestellen benützt werden. Er erscheint unter den Dohlen früh im März, ja zuweilen schon im Februar, verlässt uns schr spät, mitunter einzeln erst im Dezember bei grossem Schnee, und legt nach der Mitte des April gewöhnlich 5 oder 6 Eier. 478 Pastor roseus. Selten, doch auch schon in Aer obern Steiermark erlegt; in der südlichen erscheint er zuweilen selbst in kleinen Flügen. Lanius excubitor. Er zeigt sich vorzüglich im Winter, auf Feld- bäumen kleinen Vögeln auflauernd; doch kommt er auch, obgleich ziemlich selten, nistend vor; im Juni 1858 erhielt ich aus der Gegend von Cilli ein Gelege von 4 frischen Eiern, welche voll 57, 57, 58 und 62 Grane wogen, und deren eines die Zeichnung an der Spitze trägt. Lanius minor. Kommt überall, im mittleren Theile mehr einzeln, dagegen im südlichen sehr häufig und gerne hoch auf Eichen oder Pappeln nistend vor. Er erscheint um Anfang des Mai, und die ersten Eier, deren ich viele fand, wurden von Mitte Mai an gelegt; ihre Zahl steigt von 5 auf 7. Er verlässt uns, in Flügen von 6—20 Individuen herumstreichend, gewöhnlich im August, mitunter am Anfange des September. Lanius ruficeps. Im südlichen Theile selten, aber zuweilen doch nistend. 5 Lanius collurio. Ist ein sehr gemeiner, im ganzen Lande, die Gebirge ausgenommen, nistender Vogel. Er erscheint um Ende des April und verlässt uns im September. Bei Hartberg fand ich 1851 ein Nest, dessen Eier bald um Anfang des Mai gelegt waren, (28. Mai fast flügge Jungen). Museicapa grisola. Nistvogel; ich fand ihn in Gärten in Mauer- ausbrüchen, unter Dächern auf Balken, dann auf knorrigen Aesten, vorzüglich der Rosskastanien nistend.. Kommt in den ersten, und beginnt das Legen in den letzten Tagen des Mai. Museicapa albicollis (collaris). Kommt im Mai, ich fand ihn nistend. Museicapa luctuosa*) Nur am Zuge bemerkt. Museicapa parva. Gleich dem vorigen. Turdus viseivorus. Allenthalben in Schwarzwäldern, in manchen Gegenden gemein, legt schon in den ersten Tagen des April seine 3—4 Eier. Stand- und Strichvogel. *) Anmerkung. Herr P. Blasius Hanf hat den 21. April als den frü- hesten, und den 7. Mai als den spätesten Tag des ersten Erscheinens dieses Vogels für seine Gegend aufgezeichnet; hier bei Neustadtl in Krain fanden ich und Dr. Theobald Krüper den Vogel schon am 25. Februar (1859) und an den folgenden Tagen in einzelnen Individuen anwesend. ae 5 SE FON ” Bar « * 479 Turdus pilaris. Kommt im November oft in grossen Flügen, überwintert mitunter und verlässt uns im März oder am Anfange des April. Turdus musieus. Fast überall mehr oder minder zahlreich nistend; beginnt den Nestbau um Ende des März und legt 4-5 Eier. Sie ist Zugvogel, überwintert aber einzeln und bisweilen. Turdus iliacus. Erscheint einzeln oder in kleinen Flügen im November und Dezember, überwintert mitunter und verlässt uns im März. Turdus torquatus. Auf den Hochgebirgen ein zahlreich vertrete- ner Nistvogel. Nur einzelne überwintern bisweilen. Ein Nest dieses Vogels welches ich auf der velka kapa, dem höchsten Berge des Bachergebirges im Marburger Kreise am 7. Juli 1847 fand, stand auf einer Fichte bei 8 Fuss hoch, und ähnelte ganz dem Neste der Schwarzdrossel. Turdus merula. Gemeiner Nistvogel, welcher oft überwintert und öfters um Ende des März schon Eier legt. Turdus sawatilis. Einzeln, aber im südlichen Theile des Landes nistend, legt schon vor oder doch um die Mitte des Mai. Cinelus aquaticus. An Gebirgsbächen, zuweilen auch in der Ebene, vorzüglich dort, wo Forellen vorkommen, Nist- und Stand-, höchstens Strichvogel; er überwintert als solcher an offenen Ge- wässern der Ebenen, von wo er sich im Januar oder Februar wieder verliert. Beginnt um, oder kurz vor der Mitte des April zu legen. Sylvia turdoides. Ist in ganz Steiermark am Zuge, an geeigneten Stellen auch nistend. Am 19. Juni 1853 fand ich bei Pettau schon ein Nest mit 5 kleinen Jungen, und am selben Tage ein erst halb- vollendetes und ein Nest mit 2 unbebrüteten Eiern. Wiewohl er in der Gegend von Pettau sehr zahlreich ist, und ich viele Nester mit Eiern fand, traf ich doch in keinem ein Kuckuksei an. Zwei Junge fütterte ich auf, sie waren sehr zahm, im Käfige sehr gewandt, hoben, sich an den Füssen auf der Sitzstange anhaltend, und den Körper hinabsenkend, vom Boden Ameisenpuppen auf, und schwangen eich wieder leicht auf die Stange hinauf, fielen mir aber durch ihr Geschrei lästig. Kommt zu Ende des April und verschwindet all- mählig im August und September, (11. September 1857 späteste Beobachtung). Sylvia Sluviatilis. Sehr selten, am Striche, Sylvia locustella. Im Zuge. 480 Sylvia aquatica. Wie voriger. Sylvia phragmitis. An geeigneten Orten nistend. Sylvia arundinacea. Ueberall am Zuge, an geeigneten Orten, z. B. bei Pettau, nistend. Sylvia palustris. Fand ich bei Pettau nistend. Sylvia luseinia. Im Zuge fast überall, im mittlern und im süd- lichen Theile auch, mitunter zahlreich, nistend; häufig bei Rann. Er- scheint um die Mitte des April und verstreicht im August. Sylvia philomela. An der Drau bei Pettau, sehr sparsam nistend. Sylvia nisoria. Kommt im gebirgigen Theile gar nicht, im süd- lichen nur in einzelnen Gegenden, aber auch nicht häufig, als Nist- vogel vor. Sylvia atrieapilla.. Kommt um die Mitte des April, verlässt uns im October, beginnt bald am Anfange des Mai zu legen, und ist überall mehr oder weniger zahlreich, im südlichen Theile selbst bis zu 5000 Fuss Höhe auf Bergen. Von derselben Oertlichkeit erhielt ich mit gewöhnlich gefärbten Eiern auch ein Gelege röthlicher. Die Zahl der Eier ist 4—5. Sylvia hortensis. Fast überall, aber als Nistvogel sparsamer als der vorige. Beginnt um Ende des Mai zu legen. Sylvia einerea. Gemeiner Brutvogel. Beginnt schon um Ende des April zu legen; Eier 4—-5, selten 6. Sylvia eurrueca. Als Nistvogel nur gegendweise zahlreicher; legt um Ende des Mai die 4—6 Eier und nistet mitunter auf Obstbäumen. Sylvia rubecula. Gemein; überall Nistvogel, im mittlern und süd- lichen Theile einzeln überwinternd., Sylvia suecica. Am Zuge. Sylvia tithys. Im ganzen Lande Nistvogel. Erscheint schon im März und beginnt zu Anfang des Mai zu legen. Ich sah ihn im Saale des wenig bewohnten Schlosses Neuberg (im Grazer Kreise) alte Nester der dort häufigen Hirundo urbiea als Niststellen benützen. Sylvia phoenieurus. Erscheint Anfangs April, beginnt mit Ende desselben Monats seine 5—7 Eier zu legen, verlässt uns im Sep- tember und October und ist überall häufig. ‚Sylvia hypolais. Im Zuge; nistend ist mir dieser Vogel noch nicht vorgekommen, wiewohl ich ihn mitten im Sommer sah. Sylvia sibilatrix. Im Zuge, einzeln brütend. Sylvia fitis. Nistvogel, kommt im April. 481 ‚Sylvia bonelli. Im Gebirge der oberen Steiermark nistend. Ich erhielt jedoch auch in der Gegend von Pettau am 5. Juni 1853 ein Nest mit zwei 17 Grane schweren Eiern. — Herr Pfarrer Hanf fand in Obersteiermark am 29. Juni 1853 ein Nest dieses Vogels mit einem jungen Kuckuke, und die 5 Eier der Sylvia ausser dem Neste in geringer Entfernung herumliegend; merkwürdigerweise war von die- sen nur eines bebrütet, während die andern unbebrütet, aber einzelne derselben zerbrochen waren. Nester mit Jungen wurden von diesem meinem Freunde gleichfalls schon gefunden. ‚Sylvia rufa. Kommt im März, verlässt uns im October, einzeln noch später, legt im April 5—6 Eier, ‚zum zweiten Male im Juni 4—5 und wird häufig zum Ausbrüten von Kuckukseiern verwendet. Regulus eristatus. Ist im ganzen Lande Stand- und Strichvogel, an geeigneten Stellen im Nadelholze nistend. Im mittleren Theile be- ginnt es den Nestbau im Mai und legt erst nach der Mitte dieses Monats. Ich fand mehrere Nester, aber alle in der Höhe von 24 bis 48 Fuss, und etwas entfernt vom Stamme. Regulus ignicapillus. Kam mir nistend bei Hartberg um Ende Mai 1844 vor. Das Nest stand etwa 40 Fuss hoch auf einer Fichte im Schwarzwalde und enthielt 10 Junge, deren einzelne schon davon flogen, als ich das Nest untersuchte. Die Alten waren sehr kühn und näherten sich mir bis auf ein Paar Schritte. Der Vogel ist hier selten. Troglodytes vulgaris. Standvogel im ganzen Lande, auf Gebirgen bis zur Alpenregion hinauf. Er beginnt um die Mitte des April zu legen, und das Männchen baut öfters Vergnügungsnester, deren ich von einem einzigen im Jahre 1851 vier fand. Im Schwarzwalde baut er gern auf kleine Fichten. Sawicola oenanthe. Kommt im März, verstreicht im September, brütet einzeln in den Ebenen, wo ich selbst sein Nest fand, zahl- reicher aber auf den Alpen. Sawicola aurita. Ein einziges Mal von mir im Monat Mai gesehen. Saricola rubetra. Ankunft im April, hie und da Nistvogel. Saricola rubicola. Herr Pfarrer Hanf bemerkte ihn nur am Zuge, Anfangs Mai und im October. Dagegen fand ich diesen Vogel in der mittleren und südlichen Steiermark oft nistend mit 5—7 Eiern, welche kurz nach der Mitte des April gelegt werden. Er ist nach Naumannia, 1868, al 482 meinen Erfahrungen ein sehr harter Vogel, bleibt bis zum Schneefall und erscheint schon zeitlich im Mai; hier in Neustadtl fand ich ihn in einzelnen Exemplaren noch im Dezember 1858 und schon nach Mitte Januar 1859 wieder. Accentor alpinus. Auf hohen Gebirgen nistend, kommt im Win- ter auch in die Ebenen herab, da bei Tüffer mehrmals derlei Vögel gefangen wurden. Accentor modularis. Er nistet im gebirgigen Theile; im flachen Lande traf ich ihn nur im Zuge; überwintert einzeln in Hecken nahe bei Häusern. Motaeilla alba. Ueberall Nistvogel, überwintert einzeln im süd- lichen Theile; Zugzeit Anfang März und Mitte October. Motaeilla sulphurea. Ueberall an geeigneten Plätzen, namentlich an Gebirgsbächen; überwintert einzeln, und beginnt zuweilen schon in den ersten Tagen des April zu legen. Eier gewöhnlich 5. Motaeilla flava. Erscheint im April; ich fand sie noch nicht nistend. Anthus aquatieus. Auf den Alpen unter mit Rasen bewachsenen Steinen nistend. Ueberwintert einzeln und kommt schon im März im südlichen Theile auf seiner Rückwanderung an. Anthus campestris. Ist im südlichen Theile, z. B. bei Pettau, Nistvogel. Zerstreut. Anthus cervinus (rufigularis). Wurde vom Herrn Pfarrer Hanf am 28. April 1847 ein Paar, und am 24. April 1855 ein Weibchen ge- schossen. Anthus pratensi. Im Zuge sehr zeitlich im März und noch spät im October und November; mitunter im südlichen Theile in kleinen Flügen überwinternd. Da ich ihn noch um Ende des April und schon im Juli getroffen habe, dürfte er an geeigneten Stellen nisten, obgleich ich noch kein Nest vorfand. Anthus arboreus. Gemeiner Nistvogel; kommt um die Mitte des April, verstreicht im October, beginnt mit Anfang des Mai zu legen, und es finden sich seine 4—6 Eier in derselben Gegend in allen Farben- und Zeichnungsabweichungen. Alauda arvensis. Gemein, nistend, kommt im Februar, verlässt uns im October und November, überwintert aber auch einzeln. Alauda arborea. Nistvogel; zieht im October und März. (Hier er 483 bei Neustadtl in Krain sangen schon mehrere dieser Lerchen sehr lebhaft am 13. Februar 1859.) Alauda ceristata. In Gebirgsgegenden sehr selten, im südlichen und mittleren Theile fast überall Standvogel. Im Winter mitten in Städten und Dörfern auf Strassen. Parus major. Strichvogel, überall häufiger oder doch einzeln nistend. Parus ater. In Schwarzwaldgegenden gewöhnlicher Standvogel. Legt im April — 8 Eier. Parus coeruleus. Strichvogel, in ebenen und hügeligen Gegenden nistend; nicht häufig. Parus cristatu. Wie P. ater, doch mehr zerstreut. Parus palustri. Im mittleren und südlichen Theile Strich- und gemeiner Nistvogel; legt gerne in Löcher der Obstbäume, und zwar von Mitte April an, seine 5—6 Eier. Parus caudatus. Gremeiner Standvogel; beginnt den Nestbau schon mit Ende März. Emberiza citrinella. Im ganzen Lande Standvogel, der mitunter schon zu Ende des März, gewöhnlich aber um die Mitte des April zu legen beginnt. Einzelne Paare nisten auch in dichten Büschen oder Zäunen ein Paar Fuss über der Erde. Emberiza miliaria. Im mittleren, vorzüglich aber im südlichen Theile, überhaupt aber nicht auf Gebirgen, Nistvogel. Kommt schon im März, beginnt aber’erst im Mai seine 3—5 Eier zu legen. Emberiza schoenielus. Im Zuge überall, mitunter häufig, einzeln überwinternd. Er erscheint im September, kommt bis zum November noch regelmässig vor und kehrt im März an seine gewöhnlichen Brüteplätze zurück. Emberiza eirlus.. Wurde von mir in Gebüschen der Essigbeere (Berberis vulgaris) unweit der Murufer bei Graz im Juni 1842, und zwar in einzelnen Paaren (mit 4 Eiern und eben so viel Jungen) nistend gefunden. Emberiza hortulana. Fand ich zu Ende des Mai 1841 ein Paar an einem Bachufer bei Graz nistend. Emberiza eia. Sehr einzelnes Vorkommen, übrigens auch in Sommermonaten, Loria curvirostra. In grösseren Schwarzwäldern, nach Massgabe als der Tannen-, Kiefern- und Fichtensamen gedeiht. Herr Pfarrer 31* 484 Hanf fand ihn mehrmals nistend; ich selbst nur bei Hartberg ein einziges, von einem Raubthiere herabgeworfenes Nest. Pyrrhula vulgaris. In gebirgigen Schwarz- und gemischten Wäl- dern nistend, in den Ebenen im Herbste und Winter am Striche. Im Jahre 1858 erhielt ich bei Cilli Gelege mit 4 und 5 Eiern, und zwar das erste schon am 8. Mai. Fringilla coccothraustes. In ganz Steiermark am Striche, übrigens an geeigneten Orten auch nistend, so bei Marburg, Pettau und Cilli. Fringilla chloris. Im ganzen Lande Stand- und ‚Strichvogel; legt zu Anfang des Mai 4—5 Eier. Fringilla domestica. Allenthalben ein gemeiner Standvogel. Fringilla montana. Gemeiner Standvogel. Fringilla serinus. Ist Zugvogel und kommt überall, gegendweise recht zahlreich nistend vor. Er legt in den letzten Tagen des April oder im Mai das erste Mal, im Juli oft erst das dritte Mal, wenn ihm eine Brut zerstört wird. Er brütet öfters sehr niedrig auf Na- delgebüsch, in Gärten vorzüglich auf Hollunderbäumen. Die Zahl der in Grösse und Zeichnung abweichenden Eier beträgt 4—5. Ver- lässt uns im September und October und kommt im März und April. Fringilla coelebs. Gemein im ganzen Lande; überwintert einzeln, beginnt Anfangs April zu legen; Bier 4—5. Fringilla montifringilla. Strichvogel im Winter; verlässt uns schon im Februar und März. Noch nicht nistend beobachtet. Fringilla nivalis. Auf den Hochgebirgen der Obersteiermark brü- tend; kommt nur selten im Winter auf die schneefreien Stoppelfelder und Wege herab. Fringilla cannabina. Im Herbste im ganzen Lande; ich fand nur ein einziges Paar bei Fehring zur Nistzeit, konnte aber das Nest, wochenlangen Suchens ungeachtet, nicht auffinden. Fringilla eitrinella. Kam mir nur in einem Exemplare im Winter 1849 und im Winter 1850 bei Hartberg vor, woselbst er sich bei Samenstauden herumtrieb. Fringilla spinus. Ueberwintert in Schaaern und nistet in einzelnen Gegenden und Jahren; Herr Hanf fand ihn wiederholt auf Fichten brütend. Fringilla linaria. Erscheint in manchen Jahren im Winter sehr zahlreich, und wurde von Herrn Hanf am 18. Juni 1856 ein Nest dieses Vogels mit 3 Jungen auf einer hohen Lärche (pinus larix) in 485 der Mitte des Baumes 6 — 7 Klafter hoch in den Verzweigungen eines Astes, beiläufig 2 Klafter vom Stamme entfernt, aufgefunden. Die Jungen wurden aufgefüttert. Uebrigens hat Herr Hanf am 24. Juni 1852 zwei Junge im Nestkleide geschossen, und traf am 15. September 1855 einen Flug dieser Vögel. Fringilla carduelis. Strichvogel, fast überall im Lande nistend. Legt um Anfang des Mai 4— 5 Eier in sein Nest, welches er gern auf Apfelbäumen und Rosskastanien baut. Cueulus canorus. Ueberall bis in die Gebirge. Er erscheint um die Mitte des April und verlässt uns im September, wo er mitunter in Gärten auf Gemüsestöcken Raupen aufsucht. Er hält sich bei uns ebenso in Laub- als Nadelwäldern, auch in Auen auf. Ich fand einen Jungen im Neste des Zanius collurio, auch fand Herr Hanf einen solchen im Neste der Sylvia bonelli, deren Eier theils bebrütet, theils unbebrütet ausser dem Neste lagen. Ich selbst habe Kuckukseier in ee Nestern der Sylvia rubecula, rufa, Muscicapa grisola und des Anthus rboreus gefunden, mir selbst ist aber weder aus eigener Wahrneh- mung noch auch durch Beobachtungen Anderer in Steiermark der Fall bekannt geworden, dass das Ei den Eiern des Nestvogels ähn- lich gefärbt und gezeichnet gewesen wäre. Nach meinen eigenen Be- obachtungen liegen mir folgende Daten zur Hand: 1) Im Mai 1847 fand ich in einem Neste der Sylvia rubecula 3 Eier dieses Vogels; am Tage nach der Entdeckung des Nestes waren diese 3 Eier weg und im Neste lag ein Ei des Cuculus; es wurde weggenommen, und am vierten Tage nach dessen Wegnahme lagen wieder 3 Rothkehlchen- eier im Neste; letztere sind bei fleischfarbener Grundfarbe heller und dunkler lehmröthlich, an der Basis dichter gewässert; das Kuckuksei hat die Grösse eines Dorndrehereies, ist graugrünlich, fein rostbraun gefleckt, an der Basis mit einem Kranze von eben solchen und asch- grauen verwaschenen Flecken; hie und da sind feinste schwarze Pünktchen wahrzunehmen. — 2) Am 7. Juni 1853 erhielt ich ein Nest der Sylvia rufa mit 3 etwa vier Tage bebrüteten, gestreckten, 14'/, Grane schweren Eiern, welche weiss mit grauen, rothbraunen und dunkelbraunen, meist an der Basis befindlichen Flecken bezeich- net sind. Dabei befand sich ein unbebrütetes Kuckuksei, 58 Grane schwer, grauweiss im Grunde mit rostgrauen grossen, darüber dunkel- grauen Flecken und einer feinen, ins Rostgelbe ziehenden Wässerung. Auch einzelne schwarze Pünktchen sind vorhanden, — 3) Am 23. Mai = 486 @ 1856 fand ich 4 Eier der Sylvia rubeeula, welche gelblich- oder grün- gelblichweiss im Grunde und röthlichlehmfarben gezeichnet sind. Das dabei befindliche, gleich den Nesteiern unbebrütete Kuckuksei, 51 Grane schwer, graugelblichweiss im Grunde, braun und grau grob an der Basis dichter gefleckt, welches Eiern der Feldlerche noch am meisten ähnlich ist. — 4) Am 7. Juni 1356 fand ich ein Nest der ‚Sylvia rufa; in demselben lagen 2 zerknickte, ein unverletztes und ein an der Basis mit einem runden Loche versehenes Ei dieses Vogels, und dabei war ein Kuckuksei, 49 Grane schwer, blassgraugrün im Grunde, sehr matt braun und grau fein gefleckt, mit zahlreichen dunklen Punkten, den gewöhnlich gezeichneten Nesteiern daher ganz unähnlich. — 5) Am 4. Mai 1857 fand ich 4 frische Rothkehlchen- eier von blassröthlicher Grundfarbe, hellgrauroth fein, vorzüglich an der Basis gezeichnet. Das dabei befindlich gewesene Kuckuksei, 1 Quentchen schwer, hatte bei grünlichweisser Grundfarbe rostbräun- liche, ölgraue und braune, an der Basis kranzförmig gestellte Flecken. — 6) Von Muscicapa grisola fand ich am 24. Mai 1857 ein Nest I. 2 lebhaft grünlichen, roth gefleckten Eiern, bei denen ein Kuckuksei, 53 Grane schwer, grauweiss im Grunde, fein graubraun und grau, an der Basis stärker und dichter gefleckt, mit einzelnen Punkten, lag. — 7) Am 31. Mai 1857 lag in einem Neste bei 5 wenig bebrü- teten Rothkehlcheneiern, welche röthlich oder theils grünlichweiss im Grunde, an der Basis lebhaft röthlich gefleckt waren, ein gleichmässig mit den Nesteiern bebrütetes Kuckuksei, ganz wie das in Nr. 5 ge- zeichnet und gefärbt, 53 Grane schwer. Da es in der Nähe des Geleges von Nr. 5 sich befand, ist es wahrscheinlich von demselben Kuckuksweibchen, weil die Kuckuke bei uns ziemlich ausgedehnte Reviere behaupten und nicht häufig sind. — 8) Anfangs (zwischen 4.— 3.) Juni 1857 fand ich im Neste von Anthus arboreus bei 4 wenig bebrüteten, röthlich gefärbten Nesteiern ein frisches, 54'/, Grane schweres Kuckuksei, hell und lebhaft graugrün, matt braun und grau gefleckt, mit einzelnen dunklen Pünktchen. — 9) Gleichfalls im Neste von Anthus arboreus fand ich am 21. Juni 1857 in der Gegend des vorigen Geleges 4 frische Eier des Baumpiepers in rother Färbung mit einem frischen, 57 Grane schweren Kuckuksei, ganz wie das vorige, bei lebhafterer Grundfarbe gezeichnet. — Ausserdem hatte ich noch ein Gelege von Eiern der Sylvia cinerea mit einem röthlich ge- färbten und gezeichneten Kuckuksei in Händen. di 487 In der oberen Steiermark hat Herr Hanf Kuckukseier in dem Neste des Accentor modularis und der Sylvia tithys gefunden. Ein Ei im Neste des ersteren Vogels hatte Zeichnung und Farbe der Eier von Sylvia einerea, 3 Kuckukseier in einzelnen auf Dachböden befind- lichen Nestern der Sylvia tithys waren ziemlich lebhaft blaugrün ohne Zeichnung*), und nach seinen Beobachtungen wird in der obern Steier- mark vorzüglich der Hausrothschwanz zum Erzieher des jungen Kuk- kuks auserwählt. Ich muss noch erwähnen, dass in der Umgegend von Pettau in der südlichen Steiermark Sylvia turdoides häufigst vor- kam, dass ich sehr viele Nester dieses Vogels mit Eiern und Jungen auffand, aber in keinem einzigen derselben das Ei oder einen Jungen des Kuckuks entdeckte, wie denn überhaupt dort in den Auen und Werdern dieser Vogel sehr spärlich vertreten war, obgleich es ihm an Pflegeältern für seine Nachkommenschaft durchaus nicht gefehlt haben würde. Picus Martius. Vorzüglich in den mit Laubholz gemischten Schwarz- wäldern, sehr einzeln, Standvogel; er beginnt um die Mitte, zuweilen schon am Anfange des April zu legen. Ich fand seine Nisthöhle in Buchen und meistens in beträchtlicher Höhe mit 3—4 Eiern. Beim Neste ist er zuweilen sehr kühn und umfliegt mit Geschrei den Nist- baum, wenn man es plündert. Picus viridis. Fast überall, Stand- und Nistvogel; beginnt um Ende des April seine 6—7 Eier zu legen. - Picus canus. Standvogel, legt schon um die Mitte des April seine 6 — 8 Eier, welche denen des Vorigen mitunter an Grösse nicht nachstehen. Picus major. Einzeln in Nadel- und gemischten Wäldern Stand- und Nistvogel; beginnt um Ende des April zu legen. Picus leuconotus. Wenngleich selten, ist er doch Nistvogel; im Jahre 1853 fand ich bei Pettau das Nest dieses Vogels mit Eiern, Sie waren zu Anfang des Mai gelegt, in der Grösse jener von Picus canus fast gleich, unter sich etwas abweichend. Picus medius. Ich fand ihn in der Gegend von Hartberg einzeln als Standvogel, auch seine Nisthöhle in dem Aste einer Rüste. Picus minor. Ist sehr spärlich vertreten, doch nistet er in geeig- neten Gegenden gern in der Nähe von Wäldern in Gärten auf Obstbäumen. Am 8. Mai 1858 fand ich bei Cilli ein Gelege von 5 Eiern im Gewichte von 25—27 Granen in einer Erle. *) Wohl zu bemerken! . Baldamus. 488 [u Picus tridactylus. Nach den Beobachtungen des Herrn Hanf kommt er hoch in der Waldgrenze aber sehr sparsam brütend vor. Jynz torquilla. Fast überall, Zugvogel, kommt nach der Mitte des April und legt im Mai 7—10 Eier, welche nach frischen Exem- plaren 34 —40 Grane wiegen. Sitta europaea. Gemeiner Standvogel, legt mitunter schon in den ersten Tagen des April. Certhia familiaris. Stand- und Strichvogel; legt um Ende des April oder im Mai, und baut öfters auch in aufgescheitertes Holz. Seine Eier finden sich ebensowohl fein als grob, heller oder dunkler röthlich oder rothbraun gefleckt vor. Tichodroma phoenicoptera. Strichvogel, welcher im Winter bis zu den Häusern bewohnter grösserer Ortschaften von den Bergen herab- streift. Er trieb sich in den Jahren 1839 — 1841 bei Graz durch längere Zeit im Winter und Sommer in einigen Exemplaren herum. In der Umgegend von Cilli nistet er auf Felswänden. Herr Hanf fand ihn vorzüglich auf den aus Grauwacke bestehenden Hochgebirgen. Upupa epops. Zugvogel, kommt um die Mitte des April, ver- schwindet zu Ende des September, und beginnt schon zu Anfange des Mai seine 6—9 Eier zu legen, welche nach Farbe, Form und Grösse bedeutend abweichen. Alcedo ispida. Standvogel; sehr vereinzelt an Flüssen und Bächen. Ich fand am 3. Juni 1854 und am 15. Juli 1847 je 7 bebrütete Eier. Noch nach der Mitte des Juli fand ich ein Weibchen mit der Aus- grabung einer Nisthöhle beschäftigt. Hirundo rustica. Gemein; im mittleren und südlichen Theile des Landes beobachte ich jährlich zwischen dem 25. und 30. März die ersten Schwalben; Herr Hanf in der Obersteiermark zwischen dem 3— 6. April. Hirundo urbica. Kommt erst gegen den April, verschwindet im September. Gemeiner Brütevogel. Eierzahl 4—5. Ich fand bisher nur einmal gelblich gefleckte Eier. Hirundo riparia. Ich fand Nistkolonien an der Mur, Drau und Save, auch einzelne Paare. Legt zu Ende des Mai zum ersten und zu Anfang des Juli zum zweiten Male ihre 3—7 Eier. In der oberen Steiermark scheint die Uferschwalbe nicht zu nisten, sondern zieht Anfangs Mai durch. Cypselus murarius. An geeigneten Stellen Nistvogel, kommt An- 489 fangs Mai und beginnt vor Ende dieses Monats zu legen. Ich fand bei Hartberg ein Nest in dem Loche eines steinernen Thürstockes an einem Thurme, in welchem Loche auch ein Sperling nistete, dessen Nest (mit Eiern) der Segler durchkriechen musste, um zu seinen eig- nen Eiern zu gelangen. Caprimulgus punctatus. Im ganzen Lande am Durchzuge, im mitt- leren und südlichen Theile Nistvogel; ich erhielt viele Gelege um Ende des Mai, immer mit 2, nur einmal mit einem Ei. Columba palumbus. In Schwarzwäldern überall Nistvogel. Kommt in den ersten Tagen des März, zieht im October und November fort und beginnt mit Anfang des Mai zu legen. Columba oenas. Zieht im mittlern und südlichen Theile im Fe- bruar und November, legt zeitlich im April 2 Eier und scheint in der oberen Steiermark nur selten vorzukommen, wohl weil sie in den Nadelwäldern keine Brutstellen findet. R & Columba turtur. Kommt Anfangs Mai, zieht im September fort und nistet hie und da in der mittleren und südlichen Steiermark zahl- reich, während sie in der nördlichen blos durchzuziehen scheint. Ich fand Nester auf Laub- und Nadelbäumen und im Gebüsche mit 2 Eiern, welche zum ersten Male um Ende des Mai gelegt werden, Tetrao urogallus. Als Stand- und Nistyogel in den höheren und ausgedehnten Gebirgswaldungen des ganzen Landes. Tetrao tetriv. Wie der vorige. Am 6. Juli 1853 fand Herr Hanf ein Nest dieses Vogels mit 7 stark bebrüteten Eiern unter einem Wachholderbusche, welches durch einen zu Boden gebeugten Ast in zwei Theile derart getheilt war, dass der Vogel diesen 2—3 Zoll dicken Ast übersitzen musste, um die zu beiden Seiten jener Scheide- wand liegenden Eier zu bebrüten. Tetrao bonasia. In den grösseren, bergigen und in den Gebirgs- wäldern nistend. Im Winter streicht der Vogel mitunter in Wälder der Ebenen herab, wo er sonst nicht vorzukommen pflegt. Am 18. Mai 1856 erhielt ich bei Cilli 8 wenig bebrütete Eier, und am 22. Mai j. J. krochen in einem anderen Neste schon die Jungen aus; im Jahre 1857 fand ich am 24. April bereits 6 Eier in einem Neste. Tetrao lagopus. Auf den Alpen der oberen Steiermark zahlreich, auf den Hochgebirgen des südlichen Theiles einzeln. Perdix einerea. Im ganzen Lande an geeigneten Oertlichkeiten 490 als Standvogel, oder im Winter in stärkeren Flügen, als sogenanntes „Berghuhn“ der Jäger, streichend. Hie und da häufig. Perdiv coturnix. Gemein; erscheint zu Ende des April oder ge- wöhnlich in den ersten Tagen des Mai, beginnt um die Mitte dieses Monats zu legen und verlässt uns im September und October. Ich fand jedoch einzelne noch im November, und habe noch am 25. No- vember 1847 eine Wachtel erlegt. Eier T7—13, welche man noch zu Anfang des September hie und da findet. Perdie sawatilis. Auf den Alpen der oberen und unteren Steier- mark nistend. Legezeit im Juni. Nr. 38. Üeber das Schnurren der Bekassine, Von dem Pfarrer Jäckel zu Neuhaus bei Höchstadt a. A. in Bayern. Der Königl. Hannov. Postsekretär Herr W. A. E. Pralle in Celle hat auf Anregung des von Louis Ziegler in dessen Feder- wildjagd über das Schnurren der Bekassine Gesagten, dass es näm- lich der Mühe werth wäre, wenn Jäger in bekassinenreichen Gegen- den hierüber noch mehr gründliche Beobachtungen machten, in einem kurzen Aufsatze seine eigenen Erfahrungen veröffentlicht, welche der Bechsteinschen Erklärungsweise widersprechen und die Naumannsche bestätigen. Er sagt in der Naumannia 1852 Heft I. p. 26: „Am 24. März 1846 gegen Mittag habe ich auf ganz freiem Moore, und zwar nach kurzem Zwischenraume zweimal von einer fliegenden Bekassine, die ich etwa während einer halben Stunde be- obachtete, den ungefähr wie Jick-jack, jick-jack klingenden Gesang, wenn ich mich so ausdrücken darf, und das Meckern zu gleicher Zeit vernommen, d. h. das Meckern begann schon, ehe das diesem sonst vorhergehende Singen ganz beendigt war. Am 25. März 1851, eben- falls gegen Mittag, habe ich meine frühere Beobachtung auf das Unzweifelhafteste bestätigt gefunden, indem ich den Gesang während des meckernden Schnurrens und auch noch nach demselben von einer und derselben sich gaukelnd umhertaumelnden Bekassine ununter- 491 brochen vernahm. Freilich war, da die doppelte Verrichtung des Singens und des krampfhaften Starrens der Federn zu gleicher Zeit vernommen wurde, letzteres, das Meckern, weniger laut und anhal- tend, als es sonst zu sein pflegt, wenn der Gesang ihm vorhergeht, oder wenn es ganz ohne diesen ertönt.“ Es freut mich, die Pralle’schen Beobachtungen vollkommen be- stätigen zu können. Ich habe nämlich auch im vorigen Jahre dem neuerdings so vielfach besprochenen Gegenstande des Bekassinen- schnurrens meine unausgesetzte Aufmerksamkeit zugewendet, des festen Vorsatzes, wenn mich fortgesetzte Beobachtungen von der Rich- tigkeit der einen oder anderen der von mir bisher nicht getheilten Meinungen überzeugen sollten, solches zu bekennen und öffentlich einen Widerruf zu thun. Liegt ja doch an Personen gar Nichts, sondern Alles an der Wahrheit und ihrer Förderung durch solide Forschung. Wer dieser dienen will, dem sollte es um der Sache en niemals schwer werden, gegebenen Falles selbst das Geständ- ss eines früheren Irrthums und nachgefolgter besserer Erkenntniss abzulegen. Meine diesjährigen Beobachtungen sind diese: Am 14. April nach einer kalten Nacht, in welcher die Weiher an den Rändern und in windfreien Lagen weit hinein mit Eis sich überzogen hatten, fingen früh 10 Uhr bei sehr schöner Witterung und gänzlicher Windstille die Bekassinen auf allen Seiten zu schnur- ren an und machte ich nebst zweien meiner Begleiter — Jäger, mit vorzüglichen Sinnenwerkzeugen, denen meine Beobachtung nichts Neues mehr war — die Wahrnehmung, dass kurz hintereinander drei Paare Bekassinen in mässiger Höhe über uns hinwegstrichen, welche das Schnurren sowohl, als auch das Tikküp tikküp (oder tik-tak, oder gicko, oder gazzi; der Eine versteht es so, der Andere anders) im Fluge hören liessen, d. h. zuerst das Tikküp riefen, und wenn jenes zu Ende war, schnurrend sich abstürzten. Eine einzelne Be- kassine trieb sich längere Zeit gleichfalls in schr mässiger Höhe über uns umher, in Liebesübermuth die ausgelassensten Capriolen ausfüh- rend. Diese schnurrte und rief im Niederschiessen Tikküp tikküp, brachte also zu ganz gleicher Zeit mit den Kehltönen auch das Schnurren durch die Flügelbewegung hervor. Ihr luftiger Cirkus er- streckte sich beiläufig zu %/, Theilen über einen grossen Weiher hin, was ich deshalb ausdrücklich erwähne, weil dadurch doch wohl der 492 Gedanke an eine Täuschung und die Annahme, es könnte während des Schnurrens das auf der Erde sitzende Weibchen Tikküp gerufen haben, von selbst wegfällt. Wäre mir übrigens nur der leiseste Zweifel übrig geblieben, ob die Töne, auf welche es hier ankam, von oben herab von demselben Thiere kamen, das zugleich schnurrte, oder von unten her von einem zweiten Individuum, so würde ich es nicht wagen, Obiges als Thatsache mitzutheilen. Am 20. Mai beob- achtete ich abermals eine einzelne Bekassine, welche längere Zeit in den Weihern umherstrich und dabei anhaltend Tikküp rief. Sie schoss dazwischen auch mehrmals abwärts, ohne dass nur der leiseste schnurrende oder meckernde Laut hätte vernommen werden können. Bei diesem Abstürzen war die Querachse des Vogels (von einer Flü- gelspitze zur andern gezogen) senkrecht gegen die Erde gerichtet, der Absturz demzufolge lautlos. Die famöse Meckergeschichte ist wohl schon ohne diese Zeilen, ohne Pralle's und meine neuesten Beobachtungen, zum definitiven Abschluss gelangt gewesen. Gut ist es jedenfalls, dass für die Rich- tigkeit der Naumannschen Erklärungsweise noch die vorstehenden thatsächlichen Beweise geliefert werden konnten. Es kommt freilich darauf an, ob man Herrn Pralle und mir glauben wird. Es giebt nicht Wenige, die so leicht nichts glauben, als was sie nicht selbst gesehen und gehört haben, oder gesehen und gehört zu haben ver- meinen. Was sie reden, das muss vom Himmel herab geredet sein; was sie sagen, das muss gelten auf Erden. Was von einer Metro- pole der Wissenschaft kommt, findet vielleicht noch Gnade; der Dorf- ornithologe muss es sich schon gefallen lassen, wenn hinter seine Behauptungen etliche Fragezeichen gesetzt werden. Der Zweifel ist gewiss oft gerechtfertigt und ohne Frage besser, als die gedankenlose Nachtreterei und das kritiklose Nachbeten. Seine Grenzen hat indess Alles, auch der Zweifler, und der vage Schwätzer und der nüchterne ehrliche Beobachter sind 2 gut und bald zu unterscheidende Species, „Man sieht’s ihnen an den Federn an, was sie für Vögel sind;“ ihre Sprache verräth sie, Wer nun die vorwürfige Angelegenheit immer noch als eine schwebende Frage ansieht, weil er Beobachtungen wie Pralle und ich noch nicht gemacht hat, möge wenigstens noch abwarten, ob nicht er selbst oder ein Forscher von gewichtigerem Namen, als der meine, Vorstehendes bestätigen kann. Ich treibe ornithologische Studien seit ER EEE IE RE Ch u 493 mehr als zwanzig Jahren, im hiesigen Weiherlande seit sechs Jahren, und habe erst im Frühjahre 1858 das Glück gehabt, fliegende Be- kassinen das Tikküp rufen*) und eine Einzelne diesen Gesang und das Schnurren zugleich hervorbringen zu hören. Vielleicht hört der geehrte Zweifler das auch noch. Nasse Füsse, Rheumatismen, Erkältungen, auch kalte Fieber sind aber auf Bekassinen -Beobach- tungsstationen leichter zu bekommen, als die Ueberzeugung von der Richtigkeit der Pralle’schen Angaben. In meiner Kritik der Altum’schen Theorie (Naumannia 1857 p. 21 ff.) habe ich p. 27 und 28 gesagt, der Schwanz, durch welchen bekanntlich nach A. das Schnurren hervorgebracht werden sollte, könne das Instrument auch aus dem Grunde nicht abgeben, weil die zarten Federn desselben nur einen schrillen, also hohen Ton, nicht aber einen dumpfen von sich geben könnten. Ferner seien bei der Bekassine die Steuerfedern nach aussen stark abgestuft und das äus- rste Paar gegen die beiden Mittelfedern um Y, Zoll kürzer. Die verkürzte zartere Feder müsse aber einen Laut in höherer, die län- gere und längste in tieferer Tonlage geben. In einer Anmerkung unter dem Texte bemerkt hierzu Baldamus, nicht die Länge des Blättehens (Labium oder Zunge bei den soge- nannten Rohrinstrumenten) an sich, sondern seine Spannung bedinge Höhe oder Tiefe des Tones. Gegen meine Argumentation beweist diese an sich richtige Be- merkung nichts. Die mittelsten und längsten Schwanzfedern der Be- kassine haben den stärksten Schaft; in dem Grade, in welchem die beiderseitigen übrigen Schwanzfedern an Länge abnehmen, wird auch ihr Schaft schwächer. Eine Feder mit starkem Schafte giebt aber unter Umständen einen tiefen, eine mit schwachem Schafte einen hohen Ton von sich, und wenn die Schwanzfedern das Instrument wären, so müsste, ich wiederhole es, das Schnurren entweder aüs hoher Tonlage in die Tiefe herabsinken, oder in hohen Tönen an- fangen, in tiefere übergehen und in der nämlichen Tonhöhe, in wel- cher eg angefangen, wieder schliessen, je nachdem der halbe oder der ganze Schwanz das Instrument wäre. Man fasse einen Gänsekiel, mit oder ohne Fahne, an der Federröhre und schlage leicht gegen die *) Ich hatte zuvor, wie sich der geneigte Leser aus meinen früheren Auf- sätzen erinnern wird, jede derartige Versicherung, als auf Sinnentäuschung be- ruhend, ablehnen zu müssen geglaubt. J. 494 scharfe Kante eines hölzernen Tisches in der Art, dass man mit dem Anschlagen oder Klopfen in der Gegend des Nabels der Feder, also gleich hinter der Spule, beginnt und mit demselben bis zur Schaft- spitze in kurzen Absätzen fortfährt, so wird man sich überzeugen, dass die längsten Federn im Bekassinenschwanze, jedoch nicht weil sie länger sind als die andern, sondern weil sie einen stärkern Schaft haben, einen tiefern, die übrigen einen in dem Grade an Tonhöhe zunehmenden Laut von sich geben müssten, in welchem der Schaft an Stärke ab- und an Zartheit zunimmt. Bei der Darlegung der Art und Weise, wie der berüchtigte Ton entstehe, habe ich a. a. ©. p. 28 behauptet, dass das Schnurren in demselben Maasse an Tonhöhe zunehme, in welchem die Schwung- federn in der Richtung gegen den Körper der Bekassine an Länge und Stärke abnehmen. Baldamus bemerkt hierzu, dass der Ton an Höhe allerdings zunimmt, „und dann wieder ab; zugleich auch cres- cendo und deeresceendo < >>.“ Dieses angebliche Wiederabnehmen des Tones und das decrescendo > bin ich nicht im Stande zu hören; und wenn ich noch so oft hinhöre, ich vernehme es nicht. Und doch sind die Bekassinen der Brücher am Zusammenflusse der Elbe und der Saale der Species nach ganz dieselben Vögel wie die, welche in dem hiesigen Weiherlande schnurren und brüten. Ich war sogleich nach Lesung der betreffenden Anmerkung der gewissesten Ueberzeu- gung, dass sich mein hochverehrter Freund Baldamus geirrt habe. Ueber Vogeltöne, Lockstimmen und Balglaute besonders, auf das Gedächtniss vertrauend, absprechende Urtheile abzugeben, halte ich schon im Allgemeinen für eine ziemlich gewagte, und wenn es Fein- heiten anlangt, für eine höchst gewagte Sache. "Naumann, welcher für Auffassung von Vogelstimmen eine hohe seltene Begabung hatte, hat in den wenigen Fällen, wo ihn seine an Ort und Stelle der Be- obachtung gemachten Aufzeichnungen im Stiche liessen, auf sein Er- innerungsvermögen sich nicht verlassen. Diesem gewiss löblichen Verfahren nachahmend, wollte ich mich über die Baldamus’sche Be- hauptung nicht eher aussprechen, als bis ich sie in der Natur geprüft hätte, was im Frühjahre 1858 mit dem guten Willen geschehen ist, die auf- und absteigende Tonleiter, das erescendo und decrescendo im Bekassinenschnurren hören zu wollen, wenn es überhaupt zu hören sei. Ich habe es aber, wie gesagt, nicht gehört, auch — weil an und für sich unmöglich — nicht hören können. Wenn der Ton an 495 Höhe zu und dann wieder abnehmen würde, so müsste der Bekas- sinenflügel so gebaut sein, dass die Schwingfedern zweiter Klasse, welche schwächere Schäfte haben, als die der ersten Klasse, all- mählig wieder an Starkschäftigkeit zunähmen und die hintersten Schwingfedern einen ebenso starken Schaft hätten, wie etwa die erste und zweite Schwinge erster Ordnung. Diese Zunahme der Stärke des Schaftes würde dann auch eine allmählige Zunahme der Länge dieser Federn bedingen. Man könnte vielleicht glauben, dass ich mich mit diesem Axiom verhauen hätte, weil der Bekassinenflügel wirklich so gebaut ist, dass sein Hinterrand stark mondförmig aus- gebuchtet ist und eine vordere und eine hintere Spitze hat, welch letztere beinahe die Länge der vorderen, der Schwingen erster Klasse, erreicht. Allein die Schäfte der vorderen Schwingen sind stark, die der zweiten Ordnung entschieden schwächer und die der hintern Flü- gelspitze ganz schwach. Diese Federn, überhaupt sehr flatterhafter ‚und widerstandsloser Complexion, und also ihrer Natur nach so wenig, wie die weichen Schwanzfedern zur Hervorbringung eines schnurren- den Tones fähig, müssten denselben Ton von sich geben, wie die vordersten grossen Schwingen, und dann, aber auch nur dann hätte es mit dem erescendo und decrescendo seine Richtigkeit. Die Federn der hinteren Flügelspitze sind jedoch, ich wiederhole es, unfähig, irgend welchen Ton, sei es einen hohen oder niederen, hervorzubringen. Sie sind während des Schnurrens stumm, und darum ist die von Baldamus behauptete Wiederabnahme des Tones, sowie das gleichzeitige erescendo und decrescendo eine pure Unmög- lichkeit.*) Schliesslich noch das Versprechen, dass, wenn ich mich wider Erwarten über kurz oder lang eines Anderen und Besseren über- zeugen sollte, ich das offen gestehen werde. Es ist diese Sache nun so lange Jahre und in so verschiedener Weise behandelt worden, dass die Schwierigkeit der Lösung constatirt ist und sich Niemand zu schämen braucht, seinen Irrthum zu bekennen. *) Das Stärker- und Schwächerwerden des Tones hängt nicht von der Grösse oder Schaftstärke der Federn (des Instrumentes), sondern von der Stärke der Schwingungen der Luftsäuleab. Beim Beginn und beim Ende des Sturzes der Bekassine ist aber die Kraft der Bewegung und demnach die Stärke der Schwingungen eine geringere. Weiteres künftig. Baldamus. 496 No. 39. Einige Worte über die von Frau Ida Pfeiffer an das kaiserliche Museum zu Wien eingesendeten Vögel aus Madagascar. Von August von Pelzeln, Kustosadjunkt am k. k. zoologischen Kabinette. Die kaiserliche ornithologische Sammlung erhielt Mitte des Som- mers 1853 eine Sendung von Vögeln aus Madagascar, welche Frau Ida Pfeiffer auf ihrer letzten Reise, deren Anstrengungen und Leiden die Ursache ihres vorzeitigen Todes wurden, für dieses Institut ge- sammelt hatte.*) Da sich unter denselben einige für die Fauna Madagascars noch neue, sowie mehrere sehr seltene Arten befinden, so glaube ich, dass einige Bemerkungen hierüber nicht unwillkommen sein dürften. Die eingesendeten Arten sind: Buteo sp. Das Exemplar, welches sich in der Färbung dem Buteo vulgaris sehr nähert, unterscheidet sich sowohl von diesem als von dem afrikanischen B. Tachardus durch viel kürzere Flügel. Die ganze Länge des Vogels beträgt 181/,“, die der Flügel 12“, des Schwanzes 8!/,”. In Hartlaubs System der Ornithologie Westafrikas Seite 2 sind in der Anmerkung bei Buteo Tachardus die von I. Verreaux mitgetheilten Messungen eines, wahrscheinlich weiblichen, von Madagascar stammenden Exemplares der Pariser Sammlung ge- geben, welche ziemlich gut auf unseren Vogel passen. Es dürfte nicht unwahrscheinlich sein, dass der Bussard von Madagascar eine eigene Art bildet. Unser Exemplar zeichnet sich übrigens auch durch die schöne, regelmässige, lichte und dunkle Bänderung auf der Unterseite der Schwingen aus. Tinnuneulus punctatus Quv. *) Die Vögel bildeten nur einen kleinen Theil ihrer werthvollen Sendung, welche viel Interessantes aus den verschiedensten Thierklassen enthält. VIE ZRDE TH H REBEL ENT 497 Alcedo vintsioides Eyd. et Gerv. Merops superciliosus Linne. Nectarinia Sow-manga Gray. Pratincola Pastor Strickl. — Rubetra madagascariensis Brise. (Motacilla Sibilla -Gmel.) unterscheidet sich in mehreren Punkten, namentlich ist zwischen der schwarzen Kehle und der rostfarbenen Brust ein weisser Raum vorhanden. Ich möchte P. Sibilla bis auf weiteres für verschieden von P. Pastor halten. Tehitrea sp. Dierurus forficatus Gray. Coracopsis Vasa Bonaparte. Leptosomus afer Vieill. m. et fem. (vel m. jun). Die von Frau Pfeifer eingesendeten beiden Exemplare stimmen in allen wesent- lichen Theilen so sehr überein, dass über die specifische Zusammen- gehörigkeit der von den Eingebornen Vouroug-driou und Cromb ge- nannten Vögel meiner Ansicht nach kein Zweifel bleiben kann. Coua coeruleu Gray. Coua Reynaudii Pucheran. Diese Art wurde von Bonaparte (Consp. I. 109) irrig mit der sehr verschiedenen C. ruficeps Gray ver- einigt. Centropus Tolu Nlig. — C. Tolu wurde immer nur in dem Kleide beschrieben, in welchem die ganze vordere Hälfte des Leibes gelbliche Schaftstreifen auf dunklem Grunde zeigt. Unter der gegen- wärtigen Sendung befinden sich ausser zwei Exemplaren in der erwähnten Färbung zwei Individuen, welche, mit Ausnahme der rostrothen Flügel, einfarbig schwarz mit grünlichem Schiller sind. Diese Vögel, von welchem es nicht gewiss ist, ob sie das Gefieder des Männchens oder das ausgefärbte Kleid beider Geschlechter zeigen, sind ohne allen Zweifel von Lesson (Trait& d’Ornithologie 136) unter der Benennung Centropus philippensis var. de Madagascar er- wähnt worden. Ardea rufierista Verr. Dieser Reiher wurde von Verreaux nach Bonap. (Consp. II. 125) von der nahe verwandten Ardea russata des afrikanischen Continentes spezifisch getrennt. Da kein Exemplar aus Madagascar früher in der kaiserlichen Sammlung war, und die beiden der vorliegenden Sendung junge Vögel sind, so kann über die wirkliche Artdifferenz keine Meinung ausgesprochen werden. Ardea sp. Ist A. malaccensis Gmelin (im Jugendkleide; Pl. Naumannia 1868, 32 498 enl. t. 911) sehr ähnlich, aber grösser als diese Art, selbst wenn sie ganz ausgewachsen ist. Die ganze Länge des von Frau Pfeiffer eingesendeten Vogels beträgt 21‘, die des Schnabels, der Spalte nach, 3“ 5“, des Flügels 9° 6’, der Tarse 2'/,“. Die dunkle Farbe überwiegt an Kopf und Hals weit mehr als bei A. malaccensis und ist tief schwarz, nicht braun wie bei jener; die braunen Rückenfedern zeigen häufig mehr oder minder breite weissliche Schaftstreifen. Dieser Reiher ist nicht nur für die Fauna von Madagascar neu, sondern er dürfte auch ohne Zweifel als einer noch unbeschriebenen Art angehörig zu betrachten sein, deren Kenntniss aber leider noch sehr unvollständig bleibt, da das einzige vorliegende Exemplar ein junger Vogel ist. Scopus Umbretta Gmel.*) Wien, 30. März 1859. No. 40. Iur Naturgeschichte von Bombyeilla barrulus. Vom Herausgeber. Am 9. August d. J. schrieb mir Herr Naturalienhändler Keitel in Berlin, dass er so eben von einer Reise nach Lappland zurück- gekehrt sei, und neben andern Seltenheiten Nester, Eier und lebende Junge von Bombyeilla Garrulus mitgebracht habe. Ich reiste andern Tages nach Berlin, um endlich die lange besprochenen vielfach lange vergebens gesuchten Eier und Nester zu sehen, und falls die Preise nicht allzuhoch sein würden, davon zu acquiriren. Noch hatte Herr Keitel nicht Alles ausgepackt, aber als guter Kaufmann nicht gezögert, von den seltensten Eiern einige Gelege zu verschicken. Indess sah ich noch Seidenschwanz-Eier und Nester genug, um mir von den gewöhnlichen Abweichungen einen Ueberblick verschaffen zu können. Bevor ich zu der Beschreibung derselben und des Jugendkleides *) Merops supereiliosus, Tchitrea sp, und Scopus Umbreita sind leider in „unbrauchbarem Zustande angekommen. u. Re 499 übergehe, gebe ich die allerdings. nicht sehr erschöpfenden Mitthei- lungen des Herrn Keitel über die Fortpflanzung. Der Seidenschwanz ist nach Ansicht des Herrn Keitel, der sich dabei auf die Angaben der Lappen stützt, ein Zugvogel, der nicht alle Jahre zum Brüten wiederkehrt, und von den Bewohnern des nördlichen Lappland, wo die letztjährigen Brütcolonien beobachtet wurden, „früher nicht be- merkt“ worden ist. Dass der nach allen Beobachtungen am Nistplatze „sehr stille“ und überhaupt nicht laute Vogel von den Lappen „früher“ nicht bemerkt worden, — d. h. nicht früher als bis ver- schiedene Reisende, besonders John Wolley, die Aufmerksamkeit der guten Leute durch klingende Rubel und Species geweckt und geschärft hatten — möchte für obige Behauptung kein ausreichendes Argument sein. Auch kann vom Zugvogelcharakter im gewöhnlichen Sinne des Worts hier nicht die Rede sein: keine Vogelart zieht, in der nörd- lichen Hälfte der alten Welt von Norden nach Süden oder von Osten nach Westen, um sich fortzupflanzen. Wo dergleichen — selbst periodische — Wanderungen in den angegebenen Richtungen vor- kommen, tragen sie stets den Charakter der Unregelmässigkeit, während die Wanderungen der eigentlichen Zugvögel von sehr bestimmter Regelmässigkeit sind. Nach Allem scheint der Seidenschwanz — und dafür sprechen auch seine unregelmässigen Winter- Wanderungen — zu jenen phlegmatischen Nomaden zu gehören, die nicht von der Stelle gehen, solange sie ihren Tisch reichlich besetzt finden, und die nur die äusserste Noth zu einem nähern oder ferneren Weideplatze treibt, an dem sie sich genügen lassen, so lange es irgend angeht. Dass er sich in der Nistzeit so lange den Nach- forschungen selbst der eifrigsten Forscher und Sammler zu entziehen vermocht hat, dazu hat, ausser dem stillen phlegmatischen Wesen der Vögel wohl auch ihr eigenthümlicher Aufenthaltsort nicht wenig beigetragen. Die alten, bemoosten, finstern Tannenwälder des Nor- dens bieten ihm ohne Zweifel ein recht sicheres Versteck, besonders wenn, wie gewöhnlich, der sumpfige Boden das Eindringen an sich schon schwierig macht. Solche — und zwar ziemlich ausgedehnte und geschlossene Wälder bilden seinen Sommeraufenthalt in der Fortpflanzungszeit, die für jene hohe Breite ausserdem ziemlich früh, nämlich von Ende Mai bis Mitte Juni (?) fällt. So wenig- stens in diesem Jahre (1858). 32* 500 Der Seidenschwanz brütet kolonienweise, ob in grösseren oder kleineren Kolonien, scheint nicht ausgemacht zu sein. Sicher ist, dass stets mehrere Nester in der Nähe beisammen stehen. Die Nester standen auf Tannen, meist in einer Höhe von 15 bis 20 Fuss, auf einem Aste nahe am Stamme. Die 7 oder 8 Nester, welche ich untersuchen konnte, sind alle so eigenthümlich von einer schwarzgrünen Haarflechte construirt, dass sie mit keinem andern mir bekannten Neste zu verwechseln sind. Sie erscheinen, von oben und von der Seite gesehen, fast ganz schwarz, und nur von unten geben ihnen die Tannenreiser, welche die Grundlage bilden, nebst einigen Blattflechten eine hellere Farbe. Die Mehrzahl der Nester besteht nur aus dieser Grundlage von dün- nen Tannenreisern und dem Aufbau der Ausfutterung mit jener schwarzgrünen Flechte; bei einigen ist der Napf noch mit feinen schmalen Grasblättern und Stengeln und einzelnen Haaren, besonders Rennthierhaaren ausgelegt. Federn sah ich bei keinem dieser Nester verwendet, ausser einigen Federn des Vogels, die zufällig hineinge- kommen sein mögen. Die Nester waren bei dem Transporte etwas gedrückt, so dass man Höhe und Weite derselben nur annähernd zu bestimmen vermag. Eines der schönsten, in meinem Besitze, ist wohl c. 4 Zoll hoch, und 7 — 8 Zoll breit gewesen; der Durchmesser des Napfes beträgt 3 Zoll, die Tiefe desselben 2'/, Zoll. Die gewöhnliche Eierzahl ist nach Herrn Keitel 5 und 6. Ob 7 in einem Gelege vorkommen, scheint noch unsicher zu sein. Auch die Eier unterscheiden sich von denen aller andern euro- päischen Vögel, mit Ausnahme eines einzigen, des Coceothraust. vul- garis, so bedeutend, dass sie gleichfalls mit keinem verwechselt werden können. Selbst die Eier der doch sonst so ähnlichen nordamerikanischen Art, B. eedrorumy sind nicht blos in der entsprechenden Grösse, sondern selbst in der Färbung und Zeichnung verschieden. Sir John Wolley verglich jene mit den Eiern der Hypolais, und die Zeichnung wenig- stens hat allerdings viel Aehnliches; selbst die Abänderungen darin welche ich sah, und von denen Taf. I. Fig. 5 und 8 eine Abbildung*) *) Die Eiertafeln im II, und III. Hefte dieses Jahrganges sind ein Versuch im Farbendruck, der trotz aller Mühe, welche sich der Lithograph unter meiner speciellen Leitung gegeben, Manches zu wünschen übrig lässt; die Farben haben sich durch die vielen angewendeten Platten zum Theil sehr verändert, 501 zeigt, kommen auch bei den Eiern der Aypolais vor. Anders aber ist es mit der Grundfärbung. Herr Keitel hatte mehre Eier mit- gebracht, die er, weil sie mehr oder weniger stark bebrütet waren, nicht hatte entleeren mögen, und die also nicht ausgebleicht waren, vielmehr wohl ihre volle Färbung behalten hatten, was Herr Keitel übrigens ausdrücklich bestätigte. Man erhält diese Farbe, wenn man Schwarz und Weiss, mit etwas Roth (Florentiner Lack) und Blaugrün mischt; die abweichenden Nüancen nach Roth oder Grün hin ergeben sich aus dem Mehr oder Weniger der Beimischung dieser Farben. Die unreine Rosafarbe (Florentiner Lack mit Hellgrau) der Hypo- lais-Eier wird aber von den Eiern des Seidenschwanzes auch nicht einmal annährend erreicht: das entschiedene Aschgrau zeigt nur bei einigen einen mehr oder weniger entschiedenen Stich ins Rothe, bei den meisten ist die grünlich-blaue Nüance des Grau, ohne jeden Zusatz von Roth, überwiegend. J. Wolley bezeichnet sie mit dem Namen Lachsfarbe „salmon colour“, und sagt, dass sie „bei dem frischen Eie sehr auffallend“ ist. In dieser wie es scheint überall nicht bedeutend variirenden Grund- farbe — die Färbung der Figur 5 und 8 auf Tafel I. ist etwas zu stark grünlich, das Röthliche von Figur 7 ist durch die späteren Platten zu sehr geschwächt worden — stehen, mehr oder weniger grünlich und bläulich grau*) verwaschen, grössere und kleinere Schaalenflecke von unregelmässiger, jedoch meist rundlicher Form, sparsamer oder häufiger, bei den meisten Exemplaren über die ganze Fläche vertheilt, nur bei einigen gegen das stumpfe Ende dichter stehend und mit der übrigen Zeichnung dann einen Kranz bildend. Die Farbe dieser ist ein gelbliches mehr oder weniger tiefes Braun, das indess meist von einer darüber liegenden tief braun- oder rein- schwarzen Farbe ganz bedeckt ist; wo dieses Schwarz den Rand des Gelbbraun frei lässt, entstehen, zumal wo diese Zeichnung einen Theil der Schaalenflecke überzieht, sogenannte Brandflecke, die bei manchen Exemplaren häufiger, bei andern seltener oder gar nicht auftreten; im letzten Falle sind dafür braune und schwarze Flecke neben einander, die schwarzen indess vorherrschend. Die Form der *) Man erhält diese Farbe durch einen schwachen Zusatz von Blau, Grün oder Roth zu einem ziemlich tiefen Aschgrau, Bei Figur 6 und 7 sind diese Schaalenflecke zu hell und zu grün gerathen. 502 Zeichnungsflecke ist gleichfalls eine mehr oder weniger runde; die unregelmässigen sind meist aus dem Zusammenfluss mehrer runder Flecke entstanden. Nur ein Exemplar zeigt eine schwarze Wurm- linie am stumpfen Ende (Figur 6.), einige andere haben nur sehr wenige, nicht aus einer Aneinanderreihung runder Flecken entstandne kurze Wurmlinie und Schmitze, diese dann auch in den Schaalen- flecken. Ein einziges der von Keitel mitgebrachten Eier zeigt neben einzelnen runden Flecken eine grosse Menge sehr kleiner Punkte und Schmitzchen, während die Schaalenflecke so gross wie bei allen übrigen sind. Die typische Gestalt der Seidenschwanzeier ist eine der Kreiselform sehr nahe kommende, d. h. der grösste Querdurch- messer liest den stumpfen Ende sehr nahe, das dann ziemlich kurz abgerundet ist, während die Seitenfläche nach dem spitzen Ende zu sehr wenig gewölbt ist, (Figur 7. drückt diese Form nicht genug aus.) Die seltenere Form scheint die kurz oder gestreckt ovale zu sein. Die Grösse variirt nach den von mir gesehenen und in meinem Besitze befindlichen Exemplaren zwischen 22 M.M.Länge bei 14 M.M. Breite (kurze Eiform); Dal ea ala „ (Kreiselform) und ZU EAN „ URLOU A, „ (gestreckte Kreiselform). Die Schaale ist nach Verhältniss der Grösse sehr dünn und feinkörnig, und von einem matten Glanze (Oelglanz). Die Poren sind meist sehr flach, rund und klein, nur einzelne verhältnissmässig sehr gross und von unregelmässiger Peripherie, auch etwas tiefer. Auf- fallenderweise zeigen sie auch hierin eine ziemlich grosse Aehnlich- keit mit den Kernbeissereiern, so dass der Unterschied kaum durch mehr als die regelmässiger runde Form der grössern Poren der letz- teren zu bezeichnen sein dürfte.*) *) Einer meiner ornithologischen Bekannten machte mich vor einigen Tagen darauf aufmerksam, dass in diesem Jahre grosse Nachfrage nach Kernbeissereiern bei ihm sei, und dass er so viele liefern solle, als er nur auffinden könne; er argwöhnte, nachdem er die Seidenschwanzeier bei mir gesehen, dass gewisse Varietäten der erstern leicht unter einem sehr viel besseren Namen in Umlauf kommen könnten. Ich glaube zwar nicht, dass ein solches Quid pro quo Jemand passiren kann, der Seidenschwanzeier gesehen; ich kann auch nicht glauben, dass ein so erbärmlicher Betrug wirklich ins Grosse getrieben werden könne: indess will ich hiermit gleichfalls darauf aufmerksam gemacht haben, und ausserdem die Unterschiede beider noch kürzlich bezeichnen. Grösse und Gestalt sind dieselben, 503 Herr K. hatte auch einige Nestvögel mitgebracht, von denen einer noch lebend war. Bei diesem waren die Scheitelfedern oliven- braun mit hellaschgrauen Rändern; um die Schnabelbasis und über bis hinter die Augen ein sammtschwarzer Strich von 2 bis 3 Linien Breite. Die ganze Oberseite, Hals- und Brustfedern schön aschgrau, mit breiten, das Grau fast völlig deckenden, olivenbraunen Rändern; beide Farben zwischen den Schultern am dunkelsten, auf dem Bürzel heller. Kehle hell rostbräunlich. Unterleib hell aschgrau, die Basis der Federn mit Gelb angeflogen, ihr Rand olivenbräunlich. Unter- schwanzdeckfedern zimmtbraun, die grösseren an der Spitze mit weissem Keilflecke. Handdeckfedern braunschwarz, die übrigen Flügeldeckfedern dunkelolivenbraun; die ersten 8 grossen mit weissen, eine Binde bildenden Spitzen. Schwungfedern braunschwarz, die ersten 3 mit weisser, die folgenden 4 mit gelber, die letzten wieder mit weisser, 2 bis 3 Linien breiter Spitze, von denen die innersten 5 be- reits mit den rothen Plättchen versehen sind. Steuerfedern schwärz- lich mit 2 bis 4 Linien breiter gelber Endbinde. — Iris schwarz- braun; Schnabel licht hornfarbig, an der Firste und Spitze dunkler, Schnabelränder an der Basis noch mit der gelben Weichhaut; Füsse gelbbraun, Nägel schwärzlich. nur dass die kreiselähnliche Form bei Coccoth. nicht so häufig und so wein vor- kommt, Auch die Färbung des Grundes ist bei einzelnen Exemplaren beider Arten genau dieselbe (nicht nur bei den grünlichen, sondern auch bei den röth- lichen fast übereinstimmend genau). Auch den Unterschied der Farbe der Schaalenflecke findet man nur bei genauerem Vergleiche, und nicht einmal immer. Dagegen ist die Gestalt der Zeichnungsflecke sowie deren Färbung ein sicheres Unterscheidungsmerkmal. Bei den Kernbeissereiern kommen zwar auch grosse runde dunkle Flecken vor, aber diese sind sparsamer und nie — oder fast nie — ohne Schnörkel, Haarstriche, Wurmlinien etc., finden sich auch nur am stumpfen Ende. Ferner ist die Farbe derselben stets ein Olivenschwarz, ohne Neigung zur Bildung von Brandflecken, und diese Farbe ist — für das blosse Auge sichtbar — stark aufgetragen, besonders wenn es Olivenschwarz und nicht, wie es doch meist der Fall ist, vielmehr Olivenbraun ist. Auch gibt es wohl wenig Kernbeissereier denen Schnörkel, Haarzüge, Wurmlinien selbst in den Schaalenflecken fehlten. Endlich ist die Schaale der Kernbeissereier viel stärker und desshalb sind die Eier (von gleichem Volumen mit denen der Bombyc.) merk- lich leichter. Indess mag man „unter Hunderten von Kernbeissereiern“ immer- hin Exemplare finden, die den ungeübtern Sammlern als Seidenschwanzeier ge- boten werden könnten! Man sehe sich also vor! 504 Man sieht, dass der junge Vogel bereits im Nestkleide die Hauptfarben des alten hat. Es fehlt besonders den Federn der Ober- seite nur noch jener schmutzig pfirsich- und zimmtfarbene Anflug, Das Roth der Hornplättchen ist von derselben Lebhaftigkeit wie bei den Alten; das Weiss und Gelb der Bänder hat noch nicht die ganze Reinheit, wie bei jenen. Die Holle, deren Federn noch nicht die ganze Länge erreicht, wurde von dem Vogel oft aufgerichtet. Osternienburg im August 1858. Nachschrift. Eine auffallende Erscheinung ist das ziemlich späte Vorkommen der Seidenschwänze und deren bis gegen Ende April verlängerter Aufenthalt bei uns im vergangenen so gelinden Winter. In meinem und dem reichlich mit Ebereschen versehenen Nachbargarten, so wie in Dessau und Köthen sind sie im März und April mehrfach beobach- tet, erlegt und gefangen worden, Herr Bankdirektor Ehmer in Dessau erhielt einen solchen im April lebend und erhält ihn noch. Mai 1859. Dr. E. Baldamus. 505 I. Notizen, briefliche Mittheilungen etc. Zur Naturbeschreibung der Sylvia (C.) Locustella. Obgleich schon seit vielen Jahren die Ornithologie, vorzüglich aber die Oologie zu meinen Lieblingsstudien gehörte, und ich auch die Vögel Thüringens nebst ihren Eiern mit ziemlicher Gewissheit bestimmen konnte, waren mir doch noch manche Arten der Rohrsänger unbekannt geblieben, vorzüglich weil in der Gegend meines Wohnortes die für diese Vögel passenden Nistplätze fehlen. Im Jahre 1853 liess ich zu Ende des Monats Juni an einem nicht steilen Bergabhange ein circa 1/, Morgen haltendes Esparsettefeld abmähen. Hier hatte ich oft schon das Nest der Saricola rubeira gefunden, und auch jetzt glaubte ich ein solches zu sehen, als mir meine Mäher sagten, dass sie Tags vorher in der Mitte des Ackers ein Nestchen gefunden hätten, von dem ein graues Vögelchen geflogen sei. Aber wie staunte ich, als ich in dem Neste, welches der scheue Vogel verlassen hatte, fünf mir bisher ganz unbekannte Eier fand. Das Nest war von dürren Grasstengeln erbaut und der ziemlich tiefe Napf war mit feinen Grashälmchen aus- gelegt. Die Eier waren schon ziemlich stark bebrütet, wesshalb ich auch beim Ausblasen eins derselben zerbrach, die übrigen aber im Jahre 1854 mit auf die Ornithologen-Versammlung nach Gotha brachte, woselbst H. Pfarrer Baldamus die Güte hatte, sie als die Eier der $. Locustella zu bestimmen. Da nun der oben bezeichnete Acker fern von allen Waldungen ist, so wird hiermit die Angabe von Naumann und Baldamus bestätigt, dass S. Locustella nicht nur in lichten Waldungen, sondern auch auf Wiesen, und wie hier sogar auf freiem Felde niste, Ueber den Standort des Horstes der Kornweihe (Circus cyaneus). Im 3. Bande der Naumannia v. J. 1853 pag. 375 sagt Dr. J. Speer- schneider in Schlotheim in seiner „Vergleichenden Aufzählung“ etc., dass Circus cyaneus nur Getreidefelder bewohne, Dieser Behauptung kann ich aus Erfahrung widersprechen. In den circa !/, Meile von bier gelegenen Holzungen, zur Forstei Tonna gehörig, welche indess von Triften und andern waldlosen Stellen durcbschnitten sind, brüten jährlich 2 — 3 Paare dieser Weihe. Schon einige Mal habe ich Eier von dort her erhalten, auch selbst ein Nest gesehen, welches auf einem 1 Fuss hohen und 1 Fuss im Durchmesser haltenden Eichenstocke stand. Bemerkenswerther noch erscheint mir folgendes Vorkommen dieser Weihe. In dem 506 circa 4 Meilen langen und 2 Meilen breiten Hainichwalde zwischen Mühlhausen und Eisenach fand vor einigen Jahren ein Förster (mein Schwager) das Nest dieses Vogels mitten im Walde in einem starken Buchen-, Eichen- und Ahornbestande an einem Haselstrauche auf der Erde, also an einem wenigstens Y/, Meile von Getreidefeldern entfernten Orte. Das Nest enthielt drei noch unbebrütete Eier und das Weibchen wurde dabei geschossen. Ueber Bastardirung unter den Vögeln. Auf der Ornithologen-Versammlung zu Halberstadt v. J. 1853 hat, wie Nau- mannia Band III. pag. 116 — 118 berichtet, eine von Herrn Kjärbölling aus Kopenhagen vorgezeigte neue Ente „Anas clangula mergoides“ Veranlassung zu einer lebhaften Debatte über Bastardirung der Vögel gegeben. Es ist hier die Frage aufgeworfen worden, ob Vögel von verschiedener Gattung sich im Freien paaren und dabei erwähnt, dass diese Frage wegen Mangel an Erfahrung nicht mit Zuverlässigkeit beantwortet werden könne und auch so lange unbeantwortet bleiben werde, bis neue beweisende Thatsachen darüber entscheiden würden. Eine solche kann ich anführen; freilich eine Bastardirung unter dem Hühnergeschlechte, die ohnediess in Polygamie leben. Ein hiesiger Gutsbesitzer hielt ein Pfauenpaar (Pavo cristatus) und einige Perlhühner (Numid. meleagr.) auf seinem geräumigen Hofe und daran grenzenden grossen Obstgarten. Zur Zeit, wo die Pfauhenne brütete, gefiel es dem Herrn Gemahl, eine Henne der Numid. meleagr. als Geliebte sich zu erwählen und mit ihr den Begattungsakt nicht nur einmal, sondern mehr- mals im Hofe und im Garten zu vollziehen. Die Eier der Perlhühner wurden einer Truthenne (Meleagr. gallopavo) zum Ausbrüten untergelegt und unter den jungen ausgebrüteten Küchlein zeichnete sich eins durch Grösse, Gestalt und dunklere Farbe von den übrigen merklich aus. Je grösser es wurde, desto deutlicher er- kannte man in ihm den Bastard von Pfau und Perlhuhn. Völlig ausgewachsen hatte es die doppelte Grösse des Perlhahns; der vordere Theil des Vogels war pfau -, der hintere perlhuhnartig gestaltet. Nach einigen Jahren schenkte der Guts- besitzer das merkwürdige Exemplar einem Bürger zu Gotha, bei welchem es später starb, darauf ausgestopft und in dem Herzog]. Naturalien-Kabinet zu Gotha aufge- stellt wurde. Sollte dieser Bastard von den Herren Ornithologen, als sie bei ihrer Anwesenheit auf der Ornithologen-Versammlung zu Gotha v. J. 1854 das Kabinet in Augenschein nahmen, übersehen worden sein? J. Hocker, Pastor zu Westhausen bei Gotha. Es liegt gegenwärtig hierorts eine Anzahl Eier einer Hausente zum Aus- brüten unter, die sich mit einem Gänserich freiwillig gepaart hatte, obwohl ein Entrich auf demselben Hofe sich befand. Ueber das Resultat nächstens. Baldamus. In meiner Voliere hat sich ein Feldlerchenweibchen mit einem Staare gepaart, d.h. sie lässt sich treten und hat ein Nest gebaut! Im vorigen Jahre legte sie Eier, hatte da aber noch einen legitimen Gatten; beim Incest wird wohl Nichts herauskommen. R. Baron König-Warthausen. Spätes Brüten. Denjenigen unserer Zugvögel, deren Abreise schon vor, oder alsbald im Be- ginnen des Herbstes erfolgt, sind eigentlich nur die Frühlingsmonate zur Besorgung ihrer Familienobliegenheiten anberaumt; wie es aber keine Regel ohne Ausnahme 507 giebt, so zeigen sich auch hier manchmal einzelne Paare, die auffallend weit über diesen Termin hinaus vielleicht deswegen Gehecke machen, weil ihnen — was be- sonders bei niedrig nistenden häufig vorkommt — die rechtzeitigen Bruten durch irgend ein Missgeschick zerstört worden waren und ihr nicht vollständig befriedigter Geschlechtstrieb hernach unter günstigen Temperaturverhältnissen länger als sonst gewöhnlich rege geblieben ist. Ein Fall der Art ereignete sich verwiehenen Sommer in meinem Garten. Am 3. Juli hörte ich nämlich einen eigenthümlich variirten Sylviengesang, ohne jedoch den Virtuosen sogleich daraus errathen zu können, bis er endlich in die bekannte Schlussweise der Curruca atricapilla überging. Begierig, den freundlichen Be- such mir etwas näher zu betrachten, schlich ich mich sachte herbei und entdeckte nach langem vergeblichen Spähen zuletzt dicht vor mir den lieblichen Mönch, der — unklösterlich genug — in der Krone eines Rosenbäumchens laut phantasirend auf seinem Neste sass. Nachdem er abgeflogen, sah ich, dass das Nest noch un- vollendet war; ich hielt es daher für ein Spielnest und dachte nicht im Entfernte- sten an dessen weiteren Ausbau. Wie freudig war ich jedoch überrascht, dasselbe nach einigen Tagen fertig und am 13. Juli ein volles Gelege von fünf Eiern darin zu finden! Von jetzt an brütete das Paar aufs eifrigste und mein Interesse für den Schwarz- und Braunkopf ging ebenso lebhaft daraus hervor, dass ich ihnen jeden Morgen sogleich einen Besuch machte, wobei mich immer der Eine oder Andere kirr und freundlich anblickte. — Am 25. d. M. waren vier Junge ausgegangen, die nun von den Aeltern fleissig gefüttert, von mir aber vor Bubenfrevel und Katzenunfug geschützt wurden. Doch die Freude war von kurzer Dauer! Bei meinem Morgenbesuch am 3. August fand ich, leider, das Nest zerrissen und seiner halbflüggen Insassen beraubt. Wahrscheinlich hatte ein Marder, ein Iltis oder Wiesel auf nächtlichem Freibeuterzuge die friedliche Wohnung meiner Lieblinge ausgegattert und die armen Kleinen grausam gewürgt. Mehrere Tage liess sich das Männchen, den Verlust seiner Kinder und wohl gar auch der Mutter beklagend, hören, bis es die Stätte des verübten Gräuels gänzlich mied. Wie schützt man doch diese lieben Geschöpfe gegen solches Raubgesindel und Strauchmörderpack? Motacilla sulphurea Bechst. Diese Bachstelze brütet, wenn sie geeignete Localitäten findet, auch in Ebenen, Am 5. Mai d. .. fand ich zwischen Steinen eines künstlichen Wasserfalls in dem herrlichen von Bethmannschen Garten zu Frankfurt ein Nest mit drei Eiern, die ich aber, um nicht gröblich gegen Hausrecht und Gartenfrieden zu verstossen, zurück- lassen musste. Ein anderes Paar überraschte mich gegen Ende April d. J. in der Nähe meines Wohnorts; doch konnte ich alles Suchens ungeachtet das Nest nicht finden, bis nach etwa 14 Tagen die Alten, beim Füttern belauscht, mir den Weg zu demselben zeigten. Es stand unter einer Brücke bei einer Mühle und enthielt fünf fast flügge Junge. Herr Lieutenant v. Homeyer hat gleichfalls beobachtet, dass sie bei Frankfurt nisten. (Naum. 1858, S. 145.) Aquila albieilla in der Wetterau. Im Winter von 1857 auf 1858 besuchte monatelang jeden Tag ein solcher Vogel die offenen Stellen des zugefrorenen Mains unweit der Mainkur, ws ich ihn mit dem Perspectiv zu beobachten oft Gelegenheit hatte. Trotz vieler Nachstellun- gen und manches abgehaltenen Schusses kam derselbe jedoch glücklich durch, da er — klug genug — sich immer ausser Schussweite hielt. Anfangs November d.J, 508 zeigte sich abermals ein Seeadler in hiesiger Gegend, der aber, weniger vorsichtig, bei Sachsenhausen (Frankfurt) erlegt und, wie das gewöhnlich geht, um das Mirakel merkwürdiger zu machen, für A. /ulva ausposaunt wurde. C. Jäger. Ein neuer Glanzstaar in Palästina. Im Laufe dieses Frübjahrs (1858) ist von dem für Ornithologie und Oologie bisher namentlich in Algerien unermüdlich thätigen Rev. H. B. Tristram in Pa- lästina die überraschende Entdeckung eines Glanzstaars gemacht worden, welchen Selater (Annales Dec. 58) beschreibt und Spreo Tristramii nennt. Ein Päärchen dieser schimmernden Vögel wurde am 30. März bei Mar-Saaba im Thal des Hebron geschossen, Das Nest stand in der Nähe in leider unzugänglichem Felsgeklüft. Dies Vorkommen ist um so.auffallender, da man bisher von keiner Lamprotornithine in so grosser Nähe Europa’s und unter verhältnissmässig so nördlichen Breiten etwas gewusst und ausser den zahlreichen afrikanischen Species nur zwei Arten: Polidauges leucogaster Gm. und Amydrus Nabourop. Daud., als zugleich Arabien angehörig, gekannt hatte. Diese „glänzende“ Bereicherung der Ornis des heiligen Landes kann als Seitenstück zu dem Auffinden einer Nectarinie, N. osea Bon. in den Ebenen von Jericho gelten. In den Strandwaldungen bei Colberg in Pommern hat sich zu Anfang d. J. eine grössere Zahl nordischer Schneeeulen (Strix nivea L.) niederge- lassen; sie sind vielfach geschossen worden und vor einigen Tagen wurde sogar eine lebendig zur Stadt gebracht. — Jedenfalls hängt ihr, in Deutschland ausser- ordentlich seltenes, Erscheinen mit den starken Nordstürmen zusammen, welche Anfangs November über ganz Europa dahinbrausten. Dr. ©. Bolle. In den ersten Tagen dieses Monats (August 1858) zerstörte ich ein Sperlings- nest in einem meiner Staarhäuschen, das nach Abfliegen der zweiten Brut in Besitz genommen war. Die Eier dauerten mich; ich warf das Nest hinaus und liess zur Probe die vier kaum bebrüteten Eier dieses dritten Satzes auf dem blossen Holz liegen. Als ich nach zwei Tagen wieder nachsah, hatten die Spatzen ein neues, voluminöses Nest über ihre Eier gewölbt und brüteten weiter. Ein weiterer hüb- scher Beleg dafür, wie schnell die Vögel ihr Haus bauen, wenn „perieulum in mora“ ist, beweist ein Wiesenschmätzernest (Pratincola rubetra), das ich am 4. Juli d. J. sauber verfertigt mit einem Ei auf den hiesigen Thalwiesen in einem Heuhaufen fand, dessen Gras am 2, Juli geschnitten und zusammengerecht worden war. Die Lerche in der Voliere, von der ich in meinem letzten Briefe schrieb, hat gelegt, der Staar aber die Eier jedesmal gleich aufgefressen. Ich kam erst beim vierten Nest hinter seine Schändlichkeit und kann also nicht sagen, ob nicht auch die früheren Nester Eier enthalten hatten. Ich glaube jedoch eher, dass es Windeier als Früchte jenes verbotenen Umganges waren. Ein Lerchenmännchen, das ich meinen Vögeln indess beigesellt hatte, war sicher nicht der Vater, da er mit geschnittenen Flügeln eine traurige Rolle unter den Fröhlichen spielte. Aus den hiesigen Sümpfen erhielt ich in diesem Jahre (1858) am 26. Mai vier fast unbebrütete Eier von Numenius arquata, am 27.Mai vier frische Eier von Anas boschas (die ersten von hier), am 12. Juni drei frische Eier von Scolop. gallinago 509 (zum 2. Male. Am 3. Juni wurde ein Wachtelnest mit 14 Eiern beim Klee- schneiden zerstört; sie enthielten fast zum Auskriechen reife Junge, die ersten Eier waren also schon im April gelegt worden. Sonst bekam ich hier die meisten frischen Eier im Juli; unter acht aufbewahrten Gelegen von frischen Eiern ist das früheste vom 4. Juli, das späteste vom 16, August. Ein allerdings verdorbenes Gelege ward gar im October gefunden. Dass ich am 17. April im hiesigen Garten ausgekommene Rabenkrähen fand, habe ich wohl schon geschrieben. Richard Baron König-Warthausen. Auf einem seit vielen Jahren besetzten Storchneste in meinem Filiale Trebbichau hatte sich in diesem Frühjahr (1859) nur ein Storch eingefunden, der sich übrigens bald häuslich eingerichtet hatte und auf 4 Eiern zu brüten begann. Während des Legens und beim Beginn des Brütens hatten sich öfters andere Störche eingefunden, wahrscheinlich Männchen, die sich in den Besitz des Weibehens und seiner Wohnung einzudrängen versuchten. Sie wurden indess sämmtlich, zu- weilen nach längeren und härteren Kämpfen zurückgewiesen. Da kam am 28. April gegen 5 Uhr Abends ein Männchen, mit grosser Zuversicht und dem festen Willen zu siegen und zu besitzen, auf den Horst geflogen, siegte im verzweifelten Kampfe, zähmte die Widerspenstige, warf die vier Eier aus dem Horste, indem es eins nach dem andern mit dem Schnabel fasste und einige Fuss weit fortschleuderte, vollzog sodann triumphirend die Begattung und war und gebehrdete sich fortan als Herr im Hause. Das Weibchen hat dann gelegt und brütet jetzt, ohne fernerhin einen Auflehnungsversuch gegen den energischen Hausherrn gewagt zu haben. Die Sache ist faktisch. Herr Amtmann Sehmidt nebst Frau Gemahlin, vor deren Fenstern er sich zutrug, sowie mehrere Hofleute, waren Zeuge des merkwürdigen Auftrittes, der den Freunden der Thierseele viel zu denken und zu rathen geben wird. Nur von dem Storche kennt man derartige Executionen, während bekanntlich bei den meisten andern Vögeln das in die Rechte eines um- gekommenen Gatten eintretende Individuum ohne Weiteres auch die häuslichen Pflichten übernimmt (Weiterbrüten, Ernährung der Jungen ete.). ’ Dr. E. Baldamus. Die äusserst milde Witterung dieses Winters und Frühjahrs hat den Rückzug vieler Vögel sehr beschleunigt. So sind hier bei Münster z. B. bereits nach Mitte Februars grosse Züge von Turdus iliacus angekommen. Am 19, Februar wurde hier in der Nähe, auf dem Hause Hülshoff, ein frisches Ei von Siurnus vulgaris gefunden, welches aus dem Neste gefallen war. Ferd. Frhr. Droste von Hülshoff. 510 II. Literarische Berichte. 12. Die Eier der europäischen Vögel, nach der Natur gemalt vonFr. W.d. Baedecker. Mit einer Beschreibung des Nestbaues von Ludwig Brehm und W. Paessler. In eirca 10 Heften zu 8 Tafeln und Text im Imp.-Fol. Subser.-Preis & 4 Thlr. Iserlohn, Verlag von Julius Baedecker. Ref. hat es schon vor Jahren und wiederholt ausgesprochen, dass Herr Fr. W. J. Baedecker zu den besten Eiermalern gehört, vielleicht einzig und unüber- troffen in dieser schwierigen Kunst dasteht. Seine Abbildungen sind die denkbar genauesten Copien und mit einer fast allzu serupulösen Treue dargestellt, so dass der individuelle Charakter jedes einzelnen Eies unverkennbar ausgedrückt ist. Der Herr Verleger hat nun, im Verein mit seinem Vater, alles Mögliche gethan und keine Kosten gescheut, um die trefflichen Original-Abbildungen treu und würdig durch Griffel und Pinsel zu vervielfältigen, und wir müssen von vornherein anerkennen, dass ihm dies nach lange fortgesetzten Versuchen in einer bisher un- erreichten Weise gelungen ist. Die bis jetzt erschienenen 4 Hefte sind das Schönste und Treueste, was die Kunst in der Oologie geleistet hat, und übertreffen darin selbst das Thienemann’sche Werk. Aber es ist eben nur ein Bilderwerk, dessen Abbildungen von späteren wissenschaftlich beschreibenden Werken werden eitirt werden: der Text ist — und das müssen wir zu seiner Entschuldigung hier an- führen — und soll der Intention des Werkes nach sein blosse Beilage*). An diesen dürfen wir daher einen Maassstab der Kritik überhaupt nicht anlegen. Nachdem wir dem Werke das ihm gebührende Lob im Allgemeinen gezollt, werden wir uns im Einzelnen auf die Bezeichnung des weniger gelungenen zu be- schränken haben. Dahin rechnen wir die Abb. der Eier von Emb. Cirlus. T. III. Fig. 7., die wir ohne die Bezeichnung nicht erkannt haben würden, während die übrigen Figuren dieser Tafel von wahrhaft photographischer Treue sind. Weniger gelungen ist T. IV, die Drosseleier, in Zeichnung und Colorit: beides- freilich höchst schwierig bei diesen und ähnlichen Eiern. Die Abbildung der Somat. spec- tabilis ist offenbar nach jenen lebhaft grünen Exemplaren von $. molissima ge- macht, die man fälschlich für Eier der Prachtente gehalten hat. Am schwierigsten darzustellen sind die Eier, welche eine Zeichnung, wie die Sperlingseier haben: diese kleinen scharfen und verwaschenen Schmitze, Striche, Flecken bieten unglaubliche Schwierigkeiten für die Zeichnung und Colorirung. Desshalb gehören auch alle ähnliche Abb. zu den weniger gelungenen, wie ein Blick auf T. 12. und die sonst so treffliche T. 19. zeigt. Nach T. 20 die ähn- . F Pr lichen Arten bestimmen zu wollen, dürfte ein sehr gewagtes Unternehmen sein. Die Abb. 2. 3. 4 auf T. 22. scheinen nach sehr ausgebleichten Exemplaren ge- fertigt zu sein, falls das Colorit genau nach der Vorlage gemacht ist. T. 27. beweist recht sichtlich die Fortschritte, welche die Künstler durch längere Uebung gewonnen: die Schwierigkeiten dieser Tafel sind zum Theil auf überraschende Weise überwunden; die feinen Nüancen der spahngrünen Färbung dieser Eier sind sehr schwer wiederzugeben, wie das Fig. 2. 8 und 13 beweisen, Taf. 28. *) Ref. hat eben desshalb den Antrag des Herrn Verlegers, den Text zu be- arbeiten, ablehnen zu müssen geglaubt, weil diesem nur als Nebensache ein sehr beengier Raum gestattet werden sollte, sıll (Kräheneier) gehört zu den schönsten der vier vorliegenden Hefte, und einzelne Abb. darauf, ja die meisten, sind unübertrefflich gut gemacht. Fig. 4. 5. und 7 auf T. 30 sind nach sehr gebleichten Exemplaren gemalt; und das mittlere der Eier Fig. 5. gehört sicher nicht T. ochropus, vielmehr wohl Actit. hypoleucos an. Endlich sind die Eier von Sterna nigra T. 32. Fig. 3. von einer übereinstimmenden Nüance der Grundfärbung, die bei diesen Eiern keineswegs die typische ist. Man sieht schon aus der Geringfügigkeit der gemachten Ausstellungen, dass das Ganze vortrefflich sein muss. Und in der That sind in allen 4 Heften Tafeln, die den strengsten Anforderungen gegenüber nicht das Geringste zu wünschen übrig lassen. Um so mehr ist es zu beklagen, dass der Herr Verleger zu den grossen Opfern nicht noch das verhältnissmässig kleine der Mög- lichkeit eines guten Textes gebracht hat. Möge eine grössere Theilnahme als bisher, dem trefflichen Bildwerke zu Theil werden! 13. A Monograph of the birds forming the Tanagrine Genus Calliste; illustrated by coloured plates of all the known species. By Philip Lutley Selater, M. A., etc. London John van Voorst. gr. in 8. „In jedem Zweige der Zoologie scheinen Abbildungen, selbst wenn sie nicht zu den vollendetsten gehören, eine bessere Idee von den Gegenständen zu geben, als die genaueste Beschreibung. So wenigstens in der Ornithologie, und dass sie nicht eine der anziehendsten Branchen der Naturgesch. ist, liegt an dem Mangel an colorirten Bilderwerken und deren gewöhnlich sehr hohem Preise, Der gegen- wärtige Band will diesen Mangel durch ausreichend genaue Abbildungen einer interessanten Vogelgruppe, bei mässigem Preise, abzuhelfen suchen, und ist keine Geldspeculation; werden die Kosten gedeckt, so sollen noch andere Bände ähnlichen Charakters nachfolgen,“ S. P. L. Selater gehört zu den fruchtbarsten Ornithologen der Jetztzeit; sein Interesse für seine Wissenschaft ist eben so lebhaft als uneigen- nützig. Er hat bereits eine ganze Reihe von Familien und Gruppen monographisch bearbeitet, und ist unermüdlich thätig, seine Studien weiter auszudehnen und nutz- bar zu machen. Das vorliegende Werk enthält auf 45 sauber lithographirten und eolorirten Tafeln 55 Abbildungen von 52 Arten der Gruppe Calliste, nebst einer Karte für die Verbreitung derselben, einem Schema Generum Tanagrinorum und einem Callistarum schema geographicum. Der Textgiebt die sehr vollständige Synony- mie, die (lateinische) Diagnose des M., bezüglich des W. und Jungen, Geschicht- liches und Kritisches. Sehr zu empfehlen! 14. Ueber die Vertilgung der Feldmäuse. Eine Preisschrift von A. J. Jaeckel, etc. Nürnberg, Druck der Sebaldschen Offiein 1858. Wir sagen über das kleine preisgekrönte Schriftchen nichts weiter, als dass es jeder Ornitholog mit Vergnügen lesen kann, jeder Land- und Forstwirth es lesen muss! Es verdiente, wie Fr. Glogers neueste, bereits besprochene Schrift- chen, jedem Lehrer und jedem Jäger von Regierungswegen in die Hand gegeben zu werden! 15. De avium passerinarum laryege bronchiali. Dissert. inaugur. anatom. etc. auctore Richardus llerre, Dessaviensis. Gryphiae 1859. Wir erwähnen der Dissertation unseres eifrigen jungen Ornithologen hier nur, um darauf hinzuweisen, dass er „ad summos in medicina, chirurgia et arte obstre- ticia honores rite assequendos“ ein Thema aus seinem Lieblingsstudium gewählt hat, dem er, falls die Umstände nicht geradezu entgegen sind, treu zu bleiben sich ernstlich vorgenommen hat, Der Herausgeber, 512 IV. Bekanntmachungen, Es ist den verehrten Mitgliedern der Deutschen Ornithologen- Gesellschaft bereits mitgetheilt worden, dass wegen der eigenthüm- lichen Zeitverhältnisse die diesjährige Versammlung in Stuttgart bis auf weitere Bestimmung seitens des Vorstandes aufgehoben worden ist. Hoffen wir, dass derselbe im Vereine mit dem Herrn Geschäfts- führer vielleicht noch in diesem Herbste zur Versammlung nach Stuttgart einladen kann! Als ordentliche Mitglieder sind der Deutschen Ornithologen- Gesellschaft beigetreten: Herr Eduard Seidensacher, K.K. Rathssekretär und Staats- anwalt etc. in Neustadtl, Krain. Ferdinand Freiherr Droste von Hülshoff in Münster. Der Sekretär Dr. E. Baldamus. ort re MS ERTY® USE N 7 1% Druck von Gebrüder Katz in Dessau. _ = © 7 = ww —_ _ x Inhaltsverzeichniss. I. Originalaufsätze. . Katalog der auf den Cykladen einheimischen und überwinternden oder nur durchziehenden Arten von Vögeln. Von Dr.med. Erhard. . Ueber den Zug der Vögel in Neu-Vorpommern, nebst einigen Mit- theilungen aus meinem Jagdtagebuche zusammengetragen. Von Dr. Gustav Quistorp in Greifswald. . Einige Bemerkungen über Vögel der Provinz Neu-Vorpommern. Von Dr. Gustav Quistorp. . Ornithologische Beobachtungen, welche im Monat März 1853 von Herrn Hugo Schilling an der Nordwestküste von Rügen und nament- lich auf der Insel Hiddensee daselbst gemacht worden sind. Mit- getheilt von Dr. Gustav Quistorp. ; . Einige Mittheilungen von meiner Reise in Schweden im Jahre 1849. Von Dr. G. Quistorp.. . Zur Naturgeschichte der korallenschnäbeligen Aipndoi Cap graculus). Von Alfred Hansmann. . Beobachtungen in der Vogel im Jahre 1857. Von Lieutenant von Preen. . Ornithologische Beoheebtrikin vom Jahre1854. Von Th.Holland. Nekrologe. . Prof. Dr. Johann Friedrich Naumann. Se \> . Geheimrath Prof. Dr. Martin Hinrich Carl Lichtenstein . Forstrath Karl Ludwig Koch IV. Bekanntmachungen. » Ornithologen - Versammlung . Verkauf einer Vogelsammlung MEN FIN Druck von Gehräder Katz In Dessau Seite [57 = 67 96 96 ed a Inhaltsverzeiechniss. I. Originalaufsätze. 9. Etwas über Arten und Racen. ‘Von A. von Müller. 5 - 10. Weiteres über die Präparation der Vogeleier und die Einrichtung von Eiersammlungen. Von Baron Richard König- Warthausen. Nachtrag, dazu vom Herausgeber . . . . . 2. Us 002. Ei 1. Zu Gottlands Fauna. Von W.Mewes.. 12. Zur Fortpflanzungsgeschichte der europäischen Vögel. . S 13. Das Variiren der Eier von (. eisticola. Von G.Keitel. . 14. Frühjahrsrapport aus dem Kaukasus. Von Dr. Hummel. . . 15. Frühjahrszug und Notizen über einige Vögel in der N von Frankfurt aM. Von A. Homeyer. . ... 0. IAls 16. Frühjahrs- und Herbstzug der Vögel in der Umgegend von Frank- furt a.M. und Hanau in den Jahren 1856 und 1857. Von C. Jäger. 17. Drei Ziegenmelker Nord-Amerikas. Aus dem de des Auda- bon. Von Dr. C.Bolle. . . . H 5 r Nekrolog. Otto Balduin von Münchhausen I. Notizen und briefliche Mittheilungen. . III. Literarische Berichte. . Allen Freunden der Land- und Forstwirthschaft zu gefälliger Beachtung. In dem unterzeichneten Verlage sind soeben folgende zwei Schriften. erschienen: : 3 I. Für Schulen und gewöhnliche Landleute bestimmt: e Kleine Ermahnung zum Schutze nützlicher Thiere als naturgemässer Abwehr von Ungezieferschäden und Mäusefrass. Von Dr. €. W. L. Gloger. Zweite (für den Buchhandel bestimmte) Ausgabe. 44 Seiten. 8. Preis 3 Sgr. Die erste Auflage, .im Betrage von blos 1200: Exemplaren, ist nicht in den Buchhandel gekommen,‘ söndern von dem Königl, Preuss. Landes-Oeconomie- Collegium, auf dessen besonderen Wunsch das Sehriftchen verfasst worden ist, durch Vertheilung an die landwirthschaftlichen Vereine des Preussischen Staates zunächst unter diesen verbreitet worden “ II. Zur specielleren Erläuterung des vorigen und seines Zweckes, daher besonders für Lehrer und gebildetere Landwirthe, Gärtuer und Forst- männer ete. bestimmt: Die nützlichsten Freunde der Land- und Forstwirthschaft ‚unter den-Fhieren, ‘als die von der Natur bestellten “ Verhüter und Bekämpfer von Ungezieferschäden und Mäusefrass. Von Dr. C. W. L. Gloger. 96 Seiten Octav. Preis 7'/, Sgr. Die landwirthschaftlichen Vereime Deutschlands überhaupt, ihre Vorstände, die Herren Landräthe oder „Kreishaaptmänner“ und sonstige Polizeiverwalter, desgleichen die Magisträte als Verwalter städlischer Landgüter und Forsten werden leicht erkennen, dass es zur wirklichen praktischen Du Ne eines derartigen, so überaus nölhigen Schutzes nützlicher Thiere vor Allem der allgemeiner Bekanntschaft mit dem Nutzen derselben bedarf: Hierzu aber muss die Verbreitung solcher Schriften dienen, welche den Zweck haben, einerseits eben die Nützlichkeit solcher Thiere darzulegen, und andrerseits die Nachtheile ihrer bisherigen Verfolgung durch "warnende Beispiele von Ungezieferschäden klar zu machen. Ebenso wird es Jedem als notwendig erscheinen, dass auf diesem Wege, nämlich durch allgemeine Belehrung, zu- gleich auch dem vorgearbeitet werden muss, was eine zu verbessernde Gesetz- gebung zu gleichem Behufe zu thun haben wird. > Zu einer solchen Verbreitung im Grossen gehört natürlich überall’ die Mitwirkung vieler Einzelnen, zu der in seinem Kreise Jeder im Kleinen beitragen kann. Ganz besonders wird dies Niemand leichter und wirksamer ver- mögen, als gemeinnützige Vereine oder Personen wie ‘die oben bezeichneten. Diesem Bestreben will gern auch die Verlags-Anstalt entgegenkommen, indem sie auf den ausdrücklichen Wunsch des Verfassers bereit ist, für die genannten beiden Schriften bei Abnahme einer grösseren Anzahl von Exemplaren unmittelbar von ihr selbst einen Parlie- preis von ?/, des Ladenpreises eintreten zu: lassen, Doch kann sie dies nur in dem Falle, wenn die Bestellung nicht unter „zwei Reichsthaler“ beirägl, wenn diese portofrei eingeht, und wenn. gleichzeitig mit dieser (ohne Weitläufigkeiten irgend welcher Art) entweder der Betrag für die gewünschten Exemplare portofrei mit eingeht, oder wenn ‘die Einziehung desselben durch Postvorschuss bei der Absendung als gestaltet angesehen wird. n Dugegeu können andere (Sortiments-) Buchhandlungen einen solchen Preis- Nachlass ohne Schaden für sich selbst nieht gewähren, da sie Exemplare nur zu demselben Preise von uns geliefert erhalten. Berlin, im März 1858. Allgemeine Deutsche Verlags-Anstalt, 53, Mohrenstrasse. Druck von Gebrüder Katz in Dessau, Fr viez u . . Inhaltsverzeichniss. I. Originalaufsätze. Protokoll. der XII. Versammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft zu Harzburg, dem Brocken ete. vom 7. bis 10. Juni 1858 . Beilage No. 1. Extract aus der Rechnungs-Ablage de 1856—57 über die Kasse der deutschen Ornithologen - Gesellschaft . Beilage No. 2. Jahresbericht über das Gesellschaftsjahr 1857—1858 Beilage No. 3. Statuten der deutschen Ornithologen - Gesellschaft Beilage No. 4. Brief von G. Hartlaub . Beilage No. 5. Verzeichniss der in den Gärten der zoologischen Ge- sellschaft zu London lebenden Papageien. Von Ph. L. Selater Beilage No. 6. Etwas über die Haubenlerchen. Von Dr. L. Brehm Die Schleierkäuze. Von Demselben Beilage No. 7. Ormmnithologische Beobachtungen aus der Provinz Murcia. Von Dr. Reinhold Brehm. 3 Beilage No. 8. Die zweifelhaften Arten der europäischen Motaecillen. Von Dr. H. Zander Re A Beilage No. 9. Einige Bemerkungen über Beständigkeit und Schwanken der Speciescharaktere. Von Prof. Dr. J. H. Blasius . Beilage No. 10. Einige neue oder weniger bekannte Eier. Von N a En ER a ee Fer Beilage No. 11. Vermischte Bemerkungen über zweifelhafte Arten der Europäischen Vogelfauna. Von Prof. Dr. J. H. Blasius . II. Notizen. "Beilage No. 12. 1) Notizen aus Bayern. Von J. Jäckel I - 2) Jahresberichtausdem Münsterlande. VonDr.B. Altum III. Literarische Berichte. . . IV. Bekanntmachungen. . . » 2.200 £ ETF Druck von Gohröder Katz in Dessau. Seite ee a + er dx u ff Inhaltsverzeiechniss. ann I. Originalaufsätze. 19. Mittheilungen über das Vogelleben inKurland. Von G.F. Büttner. 20. Ornitholog. Bericht aus Westgothland in Schweden 1857—1858. Vom Forstmeister H. Gadamer . . . 2... 21. ee Bericht aus Neu- es vom Jahre 1858. Von Dr. G. Quistorp . . - » a ee 22. Verzeichniss der in West-Gothland bis jetzt von mir brütend gefun- denen Vögel, sowie der Ren nn im Jahre 1857—1858. Von H. Gadamer . . e SER NE 23. Ueber die Brützeit der " Vögel in der Provinz Neu-Vorponmen, NRRLDTICHFRWBLOTDT Es enter wegen ie os > 24. Zusatz zu „Conservirung von ee Von Baron Richard König-Warthausen.. . . . Dre 25. Briefliche Mittheilungen über Haciana, Von Dr. H. Blasius . 26. Ein Wort über die Möven der Zoographia Rosso-asiatica von Pallas. BEREICHE RU EOH Eat 5 En a La er an ee et 27. Aphorismen über das Wandern der Thiere, insbesondere der ER Von Pastor J. G. Büttner in Curland . . . Dr 28. Namens-Verzeichniss der kleineren überseeischen Yard, welche jetzt auf dem Wege des Handels nach Deutschland ERER Nieder- geschrieben von Dr. CarlBolle . . . 2 29. ZurNaturgeschichte von Fringilla serinus. Von Dr. Jul.Hoffmann 30. Vom Vogelmarkte.. Von Dr. A. Hansmann Zur Erinnerung an Ludwig Thienemann . . .». 2.2... IL. Notizen. Zugtabellen. Ankunft der Vögel in der Umgegend der Stadt Olden- burg im Frühling 1858. Von C.F.Wiepken . . . . Ankunft einiger Zugvögel in Curland. Von G. F. Büttner . II. Literarische Berichte. . . Seite 273 321 332 337 340 347 I. Originalaufsätze, Seite 31. Der Wüstentrompeter (Pyrrhula gihaginen): Eine biographinape £, Skizze. Von Dr. CarlBolle . . . . na el 32. Ueber das Pigment in den Bischalen der Vögel. Von Prof. W. W.Wilke 393 33. Beobachtungen in der Vogelwelt im Jahre 1858. -Von y. Dre e % 398 34. Ueber die Schleierkäuze. Von Prem.-L. v. Preen . .. © # 409 35. Ornithologisches aus Helgoland. Von H. Gätke. Aa RT 49 36. Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. Von dem Pfarrer Jäckel zu Neuhaus’bei Höchstadt .A. . . 2 2 2.22 02.2000. 426 37. Einige nidologische und oologische Notizen aus der Umgegend von Rostock im Frühjahr 1858. Von Riefkohl . . . ... 451 38. Ueber das Schnurren der Bekassine. Vom Pfarrer Jäckel in Neuhaus 490 39. Einige Worte über die von Frau Ida Pfeiffer an das kaiserliche Museum zu Wien nee aus ae Von August ; vonHbBelzelnv.. ne. 2 Pre EN a ch 40. Zur Naturgeschichte von BombyecillaGarrulus. Vom Herausgeber 498 IL. N NOLRBN SZ: Daran. ZUR RER 505. III. Literarische Berichte. . .. . . = 510 IV. Bekanntmachungen... . . sus «512 Druck von Gebrüder Katz in Dessau. Ba AL nal ” ' A} AN A 7 fr ‘ At CAR: h r D ” 4 „ N“ ‘ ” % ö I rn \ u 5 x ” \ ’ Wa) £ 7 » E R 7 BAAR, zu %, Pe je ar Dr BR, > IE D6a, g al f y Bi » ‘ J q Y a ar m * P + En “ , 4 r We X v = r- x F “ . $ 5 bs | “ = # Ru “y,. u13 a on a. . %