. 5 RER 5 . 2 Va 3 N SE REES: . . 4 n r . 2 u * 15 EORSKLLESPEOPIFE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY Tin In" ER 2 Neue Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Würtembergifchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken ⸗ Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober⸗Medicinalrathe zu Weimar; Director der Königl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiferl, Leopoldiniſch⸗Caroliniſchen Academie der Nas turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch⸗mediciniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Kiederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Königreiche Würtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken⸗ bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen 3 Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medieo-chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur⸗ und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare - Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Fatultät der K. u. univerſität Peſth, der Neformed Medical Society of the United States of America zu New⸗ Vork, der Kcadénie re de Medeeine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländifhen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Societe d’Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal⸗ Beamten für die Beförderung der Staats ⸗Arzneikunde und der Kaiſerl. Königl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien Mitgliede und Ehrenmitgliede} und. Dr. Robert Frori ep, Königl, Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Minifterium der Geiſtlichen⸗, Unterrichts⸗ und Medicinal⸗ Angelegenheiten; 3 Profeſſor an der Friedrich: Wilhelms ⸗univerſität, Proſector an der Charité⸗ Heilanftalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Künſte, Mit liede der Königl. Ober⸗Examinations⸗Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Koadémie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſch⸗ chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur⸗ und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska L.äkare - Sällskapet zu Stockholm und der Societas physico- medica zu Moskau; Ehren⸗ Mitgliede des Vereins Großherzogl. Vadiſcher Medicinal⸗ Beamten für die Beförderung der Staats : Arzneitunde und des Apotheker⸗ f Vereins im nördlichen: Deutſchland. 5 Dreize hunter Ban d, zwei und zwanzig Stüde (Nro. 265 bis 286), zwei Tafeln Abbildungen in Quarto, Umſchlag und 8 Regiſter, enthaltend. ö iR ö Januar bis März 1840. TEE — In Lerlage „Induſtrie⸗Comptoirs zu Weimar. 18 4 0. RN = >: 1 es and R „ neg Unter dem Titel „Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur⸗ und Heilkunde“ laſſen die Herausgeber, — welche durch Neigung und Verhaͤltniſſe ziemlich früh. von dem benachrichtigt ſind, was die Aufmerkſamkeit eines Freundes der Wiſſenſchaften überhaupt und der Natur: und Heilkunde in'sbeſondere verdienen möchte, — von Zeit zu Zeit einige Bogen drucken, wo es noͤthig ſcheint, von Bemerkungen begleitet, und mit Abbildungen ausgeſtattet. 5 Da man nicht vorher weiß, wie viel des wirklich Wiſſenswerthen den Herausgebern vorkommt, auch nicht, wie viel fie Herren ihrer allerdings beſchraͤnkten Zeit find, fo haben dieſelben ſich nicht an Hefte von gewiſſem Umfang, oder an beſtimmte Zeit für deren Erſcheinung gebunden. Es iſt aber die Einrichtung getroffen worden, daß, ſobald ein Bogen, in groß Quartformat, auf ſchoͤnem Papier gedruckt, vorhanden it, derſelbe ſofort verſendet wird und durch alle Buchhandlun⸗ gen und Poſtaͤmter zu erhalten iſt. Drei und zwanzig oder vier und zwanzig Bogen Text machen einen Band aus — wobei don den dazu gehöoͤri⸗ gen Abbildungen jede Quarttafel für einen Bogen Text, eine ausgemalte fuͤr zwei Bogen gerechnet werden — und koſten, 5 mit Titelblatt und Sachregiſter verſehen, für diejenigen, welche ſich auf einen ganzen Band abonniren, 2 Rthlr. Saͤchſ. oder 8 Fl. 36 Kr. Rhein.; außerdem aber wird jeder einzelne Bogen ohne Abbildungen um 3 gGr., mit e Abbild. zu 6 gGr, und mit colorirten Abbild. zu 9 gGr. zu haben ſeyn. g Landes⸗Induſtrie⸗Comptoir. Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und WMeilkunde, geſammelt und mitgetheilt 93 * * „ * Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken- Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnüsiger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Nas turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societaͤt zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Würtemberg, der Societe d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken⸗ bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico - chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Srenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultaͤt der K. U. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New-York, der Academie Royale de Medecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterlaͤndiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Societe d’Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal- Beamten für die Beförderung der Staats-Arzneikunde und der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und ober t Fr e Koͤnigl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Miniſterium der Geiſtlichen =, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms⸗Univerſitat, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Kuͤnſte, Mit liede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſch⸗ chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm und der Societas physico- medica zu Moskau; Ehren⸗ Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats- Arzneikunde und des Apotheker ⸗ Vereins im noͤrdlichen Deutſchland. e i z bb t e B. d h 20% zwei und zwanzig Stuͤcke (Nro. 265 bis 286), zwei Tafeln Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. Januar bis Maͤrz 1840. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoir 14 0. SELTENER Nele N “0 % AurAt int area A Mr u er N « 7 y - p\ a tr 1 52 2 A ines Er 22, m Ro A reale, a. Sep, d rd 5 a ee 17 Amaic 5 x be HA auf nad he 2 5 an r = TB a NR | 255 ers e e N e duye RUN . 8 AR x 15 W AO, Mg Eh ER DU ZEN m 8 Be 1 3 Es"; me et Tr} . f 1 { 1 1 6; x En DIR E 7 f ya Dr 2 Ks AR be en erer AN \ 3 x . » A ET, — Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober, Medieinalrathe Frertep zu Weimar, und dem Mebicinatrotbe und Profefior Frottier zu Berlin. No. 265. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. (Nr. 1. N k u Beitraͤge zur Naturgeſchichte des Ameiſenloͤwen (Myrmeleon formicarium, Linr.). Von J. O. Weftwood, Esg. (Hierzu Figur 3. der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) Auf einer entomologiſchen Excurſion in dem Parke von Bellevue bei Paris, die ich im Monate Juli 1857 unternahm, machte mich mein Freund Audouin auf die vielen Zellen von Ameiſenloͤben aufmerkſam, die ſich am Fuße eines ho— hen Sandrandes befanden, wo der Sand ungemein fein war. Die Loͤcher waren von verſchiedener Groͤße; keines hielt aber über zwei Zoll Durchmeſſer und 2 Zoll Tiefe. Auch die Groͤße der Ameiſenloͤben war verſchieden und ſtand mit der ihrer Wohnung im geraden Verhaͤltniſſe. Ich nahm viele Exemplare mit nach Paris, und that mehrere davon in Kaͤ— ſten mit Sand, wo ſie einander jedoch toͤdteten, ſo daß ich bloß drei davon lebendig nach England brachte, von denen eines ſich faſt unmittelbar nach meiner Ankunft (am 23. Juli) in einen kugelfoͤrmigen Cocon von feinem Sande ein— ſchloß. An den andern beiden konnte ich die Lebensweiſe der Larven längere Zeit beobachten Sie konnten nicht vor: waͤrts gehen, was bei Thieren mit gutentwickelten Beinen gewiß ein ſehr ſonderbarer Umſtand iſt. Das Thier bewegt ſich gewoͤhnlich in fpiralförmiger Richtung ruͤckwaͤrts, indem es ſich zugleich niederwaͤrts ſtoͤßt. Der Kopf ſteht horizon— tal; der Ruͤcken iſt ſehr gekruͤmmt, und ſo erhaͤlt das hin— tere Koͤrperende eine Richtung nach Unten und ſenkt ſich in den Sand ein. So arbeitet es ſich hinein und wirft kleine Hügel auf, wie fie Roͤſel, Taf. 17 Fig. 7, abge: bildet hat; allein es ſcheint mir nicht, als ob dieſe retro— grade Bewegung mit der Bildung des Trichters etwas zu ſchaffen habe; denn fo wie ſich der Ameiſenloͤwe eine Stelle ausgeſucht hat, wo er ſeine Wohnung aufzuſchlagen gedenkt, ſo faͤngt er an, den Sand mit dem Hinterkopfe bald ruͤck— waͤrts, bald feitwärts, in die Höhe zu ſchnellen. Es ſchließt ſeine langen Kiefer (Fangzange) und bildet ſo eine Art Schaufel, die er rechts und links in den Sand ein— No. 1365. 2 des XIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. 1840. Januar Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. R u n d e. führt und fo eine Quantität deſſelben auf dem Kopfe fos wohl, als auf den Kiefern anſammelt. Die Bewegung des Kopfs hat mit der des Kopfs einer Ziege viel Aehnlichkeit, zumal wenn dieſe in ihrem Muthwillen nach der Seite ſtoͤßt. Auf dieſe Weiſe ſtellt der Ameiſenloͤbe nach und nach ſeinen Trichter lediglich mit dem Kopfe her, und die Vorderbeine bleiben bei dieſem Geſchaͤfte durchaus müffig, Man ſieht waͤhrend deſſelben auch nur den Kopf; denn der uͤbrige Koͤrper iſt im Sande begraben. Sobald aber der Trichter tief genug iſt, zieht das Thier den Kopf ebenfalls in den Sand zuruͤck, ſo daß nur die Kiefer ſichtbar bleiben, die ſich ungefaͤhr wie beiſtehende Figur aus⸗ nehmen und ſo auf dem Sande liegen, daß man ſie kaum bemerkt. Stoͤrt man das Thier, ſo thut es ſogleich einen Schritt ruͤckwaͤrts und zieht die Kiefer ein; allein, wenn ein Inſect in den Trichter faͤllt, ſchließen ſich die Kiefer ſchnell inſtinctmaͤßig, und ergreifen daſſelbe an den Flügeln, Beinen, dem Koͤrper, kurz, dem Theile, welcher ſich gerade im Bereiche der Kiefer des Ameiſenloͤwen befindet. Wird jedoch das Inſect nicht ergriffen, und ſucht es zu entkom— men, ſo dreht der Ameiſenloͤwe ſogleich den Kopf hin und her, ſchaufelt den Sand mit der groͤßten Behendigkeit auf, und wirft ihn zu beiden Seiten, fo wie ruͤckwaͤrts (nie aber vorwärts, wie manche Abbildungen die Sache faͤlſchlich darſtellen) in die Hoͤhe, bis der Trichter dadurch um ſo viel tiefer geworden iſt, oder die Waͤnde deſſelben ſo erſchuͤttert worden find, daß das Inſect an die unterſte Stelle deſſelben rutſcht, wo es von ſeinem Feinde ergriffen und unter den Sand gezogen wird. Iſt es ſehr widerſpenſtig, ſo zauſ't der Ameifenlöwe es herum, bis es zu ſchwach iſt, um ſich laͤnger mit Erfolg zu ſtraͤuben. Da alſo der Kopf des Ameiſenloͤben in den Sand zuruͤckgezogen iſt, ſo muß die in populären Schriften oft wiederholte Angabe, als ob die— ſe Larve inſtinctmaͤßig den Sand gerade auf das fliehende Inſect zu ſchleudere, fuͤr nicht ganz richtig erklaͤrt werden. Das in die Höhe Werfen des Sandes unter ſolchen Um: ſtaͤnden hat lediglich den Zweck, die Hoͤhle tiefer und deren 1 3 Waͤnde ſteiler zu machen, um dem fliehenden Inſecte das Erklimmen derſelben zu erſchweren. Setzt man einem Ameiſenloͤwen auf die ebne Oberflaͤ⸗ che einer Sandſchicht, fo ſtoͤßt er zuerſt das hintere Koͤr— perende ein Wenig in den Sand hinein, und zieht ſich dann mittelſt ſeines hinterſten Fußpaares weiter rückwärts, waͤh⸗ rend die vier vordern Fuͤße ſich paſſiv verhalten und nach— geſchleppt werden. Figur 3 A zeigt ein Glas mit Sand; a die auf der Oberfliche des Sandes hinterlaſſenen Spuren der Vorderbeine und Kiefer; b die allmaͤlig tiefer werdende herabgehende Spur der Larve; e die fühtbaren Kiefer der— ſelben; d ein kleines Sandhuͤgelchen, welches durch den da— runter befindlichen Körper der Larve gebildet wird. In dies ſer Periode der Anlegung ſeiner Hoͤhle wirft das Thier den Sand ruͤckwaͤrts. Die Bewegungen des Kopfes dieſes Thieres und das Schließen ſeiner Kiefer hat mit denſel— ben Handlungen der Larve von Cieindela viel Aehn— lichkeit. Als ich das Benehmen des Ameiſenloͤwen auf der Oberflaͤche des Sandes, ehe er ſich in denſelben eingeſenkt halte, beobachtete bemerkte ich, daß das Thierchen ſich mittelſt der Ruͤckwaͤrtsbewegung des hinterwaͤrtsgerichteten letzten Fußpaares bewegt. Wenn es eifrig wuͤhlt, thut es ebenfalls einen kleinen Schritt ruͤckwaͤrts und wirft dadurch etwas Sand auf ſeinen Kopf, und indem der Ruͤcken einen Buckel bildet, wird dieſer Sand gleich fortgeſchleudert, in— deß der Koͤrper zugleich wieder um einen Schritt auf ſeinem ſpiralfoͤrmigen ruͤckgaͤngigen Wege weiterruͤckt. Eine meiner Larven that ich in Spiritus; die andere ließ ich im Auguſt und September drei Wochen lang faſten; als ich aber dann von einem Ausfluge auf's Land zuruͤck— kehrte, fraß ſie Fliegen mit der fruͤhern Behendigkeit. Um die Mitte Septembers kroch aus der Puppe, die ſich zu Ende Juli gebildet, das gefluͤgelte Inſeet; die Hülle der Puppe blieb an den Raͤndern eines kleinen Loches im Sand— cocon ſitzen. Die Larve, welche ich in meinem Studir zim— mer hielt, blieb bis zum Eintritte kalten Wetters mun— ter, wurde dann aber, obwohl ſie in der Naͤhe des Camins ſtand, ſtarr; aber um die Mitte des Maͤrzes, noch ehe ſich Fliegen ſehen ließen ), begann der Ameiſenloͤde wieder ſeine fruͤhere Lebensweiſe und machte einen kleinen Trichter. Leider ſtarb er jedoch im Laufe des (folgenden Monats. (Mag. Nat. Hist. Nov. 1838.) Ueber die Metamorphoſen der Cruſtenthiere. Aus einem Briefe des Capit. Du Cane an Hrn. Leonard Je— nyns. Seer A dt ik e l. (Hierzu Fig. 4 — 9 der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel.) Southampton, d. 20. Aug. 1838. Da die Britiſche Geſellſchaft zur Befoͤrderung der Wiſ— ſenſchaften mich aufgefordert hat, ihr bei ihrer heurigen Zu— ſammenkunft in Neweaſtle einen Bericht uͤber die Verwand— *) Nur einzelne Trichocerae zeigten ſich damals. 4 lungen der Cruſtenthiere in den Gewaͤſſern von Southamp— ton vorzutragen, ſo theile ich ihnen folgende Beobachtungen aber die Metamorphoſen der Grabenkrabbe (Palaemon va- riabilis) und der gemeinen Garnele (Crangon vulgaris) mit, die Sie die Güte haben werden, der Geſellſchaft vor— zutragen. Voriges Jahr legte ich derſelben durch Hrn. Mac Leay Zeichnungen von der Larve der Grabenkrabbe vor, welche dieſelbe vom Auskriechen aus dem Eie an bis zum dritten Lebenstage darſtellten, an welchem meine Exemplare ſtarben. Ich bin dieſes Jahr nicht im Stande ge veſen, die Larven dieſer Species direct aus dem Eie zu erhalten; allein, da ich mir aus dem Graben, in welchem ſich dieſe Species vorzugsweiſe aufhaͤlt, dieſe Larven in großer Menge ver— ſchaffen konnte, ſo habe ich die verſchiedenen Verwandlungen derſelben bis zum völlig ausgebildeten Zuſtande ſehr genuͤ— gend beobachten koͤnnen. Dieſer Verwandlungen, welche die beiliegenden Zeich— nungen erlaͤutern, ſind vier; indeß moͤchten die drei letzten mehr als Folgen einer ſtufenweiſen Entwickelung oder Fort— bildung der Theile des erwachſenen Thieres, als fuͤr wahre Metamorphoſen anzuſprechen ſeyn. Figur 4 und 5 zeigen uns die Larve gleich nach dem Auskriechen aus dem Eie; Figur 4, wie ſie ſich zu erkennen giebt, wenn ſie ſchwimmt; Fig. 5, auf dem Ruͤcken liegend, wo man die Rudimente der aͤchten Beine unter dem thorax zuſammengefaltet ſieht. Figur 6 ſtellt die Larve im zweiten Stadium dar, wie ſie durch die Haͤutung aus dem erſten hervorgeht. Sie hat nun auf dem cephalothorax einen Saͤgezahn; die Augen ſind geſtielt geworden. Sie hat fuͤnf Paar Schwimmfuͤße, und ihre aͤten Füße, ſowohl die Geh- als die Greiffuͤße, find entwickelt. Die Rudimente der Unterbauchfloffen begin— nen ſich zu zeigen; allein der Schwanz iſt noch ſpatelfoͤrmig, wie fruͤher. Figur 7 iſt das dritte Stadium, deſſen Anſehen eben— falls durch directe Beobachtung der Haͤutung ermittelt ward. Die Larve beſitzt nun auf dem cephalothorax zwei Saͤgezaͤhne oder Dornen. Die Beine ſind noch ſo, wie im zweiten Stadium; allein die Unterbauchfloſſen ſind ſtaͤr— ker entwickelt, und der Schwanz hat an jeder Seite zwei Blaͤttchen bekommen, von denen eines zart gefranſ't iſt, das andere ſich aber noch im rudimentaͤren Zuſtande befindet. Figur 8 und 9 zeigen die Larve in ihrem vierten und letzten Stadium, Fig 9 ſchwimmend, Fig. 8 auf der Seite liegend. In dieſem Falle habe ich indeß die Haͤutung nicht beobachten koͤnnen. Dieß iſt offenbar daſſelbe Thier, wie das von Hrn. Thompfon in Jumeson’s Edinb. Journ. July 1836 abgebildete. Die Larve hat nun drei Saͤgezaͤh— ne, ſechs Paar falſche oder Schwimmfuͤße und die aͤchten Beine ſind ſo, wie bei der vollſtaͤndig ausgebildeten Krabbe. Die Unterbauchfloſſen ſind noch ſtaͤrker entwickelt, und der Schwanz ſteht dem des vollkommenen Thieres ſchon ſehr nahe, welches ich in dem Zuſtande zu beobachten Gelegenheit hatte, den es durch die naͤchſte Haͤutung erreicht. Es wird dann zu einem aͤchten Palaemon. Die beiden Bruſtſchil— ” 6 de zwiſchen Fig. 7 und 8 und 8 und 9 ſtellen dieſe Theile dar, wie ſie ſich abgeworfen ausnehmen. Ein merkwuͤrdiger Umſtand bei dieſer Larve iſt, daß in allen ihren Stadien ihre Bewegungen ruͤckgaͤngig find; als lein kaum hat ſie die letzte Huͤlle abgeworfen und die Schwimmfuͤße vollſtaͤndig abgelegt, fo zeigen ſich die bis da— hin unausgebildeten und nutzloſen Unterbauchfloſſen mit ſchoͤnen haarfoͤrmigen Franſen beſetzt, und mittelſt dieſer Or— gane ſchwimmt nun die Krabbe vorwaͤrts. Sie befinden ſich, wie fruͤher die Schwimmfuͤße, beſtaͤndig in ſchwingen— der Vewegung. Das Thier bewegt ſich nun nur noch ruͤck— waͤrts, wenn es einer Gefahr ausweichen will. Die Larven der gemeinen Garnele (Crangon vulga- ris) bieten im Allgemeinen denſelben Character dar, wie die der Grabenkrabbe. Ich beobachtete ſie 7 Tage lang, vom Auskriechen aus dem Eie an gerechnet, mußte ſie aber dann toͤdten, weil ich eine Reiſe zu unternehmen hatte. Bis da— hin hatten ſie keine Verwandlung erlitten. In dieſem Stadium beſitzen ſie aber nur drei Paar Schwimmkuͤße, und merkwuͤrdigerweiſe bewegen ſie ſich nicht, wie die Larven des Palaemon variabilis, rückwaͤrts, fondern fortwährend im Kreiſe, außer wenn ſie mit einander in Beruͤhrung kommen, wo fie dann plotzlich in ſeitlicher Richtung auseinanderſchre— ßen. Winzige Rudimente der aͤchten Beine waren ſchon ſichtbar. Aus obigen Beobachtungen ergiebt ſich alſo mit Be— ſtimmtheit die Richtigkeit der ſchaͤtzbaren Beobachtung des Hrn. Thompſon, daß die Decapoden Verwandlungen erleiden. (Annals of Nat. Hist., Nov. 1838.) Zweiter Artikel. "(Hierzu Fig. 10 — 15 auf der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel.) Southampton, d. 29. Nov. 1839. Seit meiner letzten Mittheilung uͤber die Ver wand— lungen der Gruftenthiere habe ich Gelegenheit gehabt, die Lar— ven einer kleinen Krabbe (Carcinus Maenas) zu beobachten, und glaube, daß meine Bemerkungen, nebſt den beigefuͤgten Abbildungen der Bekanntmachung werth ſind, da einestheils von dieſer Species, ſo viel ich weiß, noch keine Abbildungen vorhanden ſind, und meine Beobachtungen zugleich beweiſen, daß ebenſowohl manche kurzſchwaͤnzige, als langſchwaͤnzige Decapoden mehreren Verwandlungen unterworfen find, bevor ſie den Zuſtand der Vollkommenheit erreichen. Die Krabben, von denen ich meine Larven erhielt, bekam ich gegen das Ende des letztverfloſſenen Decembers mit Eiern un— ter dem Abdomen; allein erſt zu Anfang Maͤrz fingen bei einer derſelben die Larven an, auszukriechen, und bis tief in den April hinein kamen nur wenige derſelben zum Vorſcheine. Figur 10. zeigt die Geſlalt dieſer Larve dis zu dem eben erwähnten Zeitpuncte. Man bemerkte an derſelben keine an— dern Lebenszeichen, als geringe Bewegungen der Gliedmaßen und Fühler, und obwohl fie gehörig entwickelt waren, fo hielt es doch, theils wegen dieſes Mangels an Beweg— lichkeit, theils wegen der außerordentlichen Durchſichtig— keit der verſchiedenen Organe, ungemein ſchwer, das Thier 0 * 6 abzubilden. Als jedoch gegen Ende April die alten Krab— ben ihre Eier bereits vier Monate lang mit ſich herumge— tragen hatten, bemerkte ich mit Vergnügen eine große Men⸗ ge lebender Larven; eine ganze Maſſe davon lag auf dem Boden des Gefaͤßes, in welchem die Krabben gehalten wur— den. Dieſe hatten noch dieſelbe Geſtalt, wie fruͤher; allein eine Menge anderer Larven ſchwammen an der Oberflaͤche des Waſſers umher, und dieſe beſaßen die durch Figur 11. dargeſtellte Form. Ich war ſehr erſtaunt darüber, daf ich mich fo ploͤtz— lich im Beſitze zweier, anſcheinend verſchiedener, Thiere bes fand; allein ich entdeckte bald, daß die Larbe ſehr bald, nach— dem ſie unter der Geſtalt Fig. 10 aus dem Eie gekrochen iſt, ſich haͤuſet und unter der Geſtalt Fig. 11 erſcheint. Ja, man bemerkt ſogar das Thierchen unter dieſer letztern Geſtalt ganz deutlich durch die ungemein durchſichtige Huͤlle hindurch, welche es in ſeinem erſten Stande umgiebt, und ich habe mich bemuͤht, dieß in Fig 10, ſo wie in den ſehr vergrößerten Abbildungen des Schwanzes, Fig. 14 und 15, bildlich darzuſtellen. (Die kleine obere Figur zwiſchen 10 u. 11 zeigt eines der Freßwerkzeuze [eine mandibula)). Da waͤhrend vieler Tage hintereinander fortwaͤhrend eine Menge Larven auskrochen, ſo hatte ich oftmals Gele— genheit, dieſe Verwandlung zu beobachten. Sie geſchieht auf folgende Weiſe: Wenn die Larve eben aus dem Eie getreten iſt, liegt ſie auf der Seite, und ſcheint nur durch abwechſelndes Zuſammenziehen und Ausdehnen des Abdomen ihren Ort veraͤndern zu koͤnnen. Durch dieſe Bewegungen wird bald ihr großer Schwan; ausgeloͤſ't, und mit ihm wird die ganze Abdominalhuͤlle abgeworfen, worauf das Thier, mittelſt der nunmehr ſtarken Dornen ſeines Schwanzes, die größten Anſtrengungen macht, indem es denſelben unter das Abdomen zuſammenſchlaͤgt und ihn dann mit aller Kraft wieder geradeſtreckt, um die Huͤlle von den Beinen loszurei— ßen. Bei Weitem die meiſten Larven erſchoͤpfen ſich auf dieſe Weiſe und ſterben unter vergeblichen Anſtrengungen, dieſen Theil ihrer Huͤlle abzuwerfen. Allein gelingt ihnen dieſer Theil der Haͤutung, ſo werfen ſie auch die Huͤlle der Fuͤhler und das Bruſtſchild ab. Der Ruͤckendorn, welchen man ſchon in Fig. 10 bemerkt, und der ſich daſelbſt nach dem Kopfe zu neigt, ſteigt in die Hoͤhe, und neigt ſich dann nach der entgegengeſetzten Richtung. Der Stirndorn, wel— cher fruͤher zuſammengefaltst und unter dem thorax ver⸗ borgen war, ſteigt in die Hoͤhe, und das Thierchen ſchwimmt mittelſt unbeholfener kurzer Bewegungen ſeiner Schwimm: füße, manchmal auf dem Rücken, wie man in Figur 12 ſieht, manchmal auf dem Bauche, wie Fig. 15 zeigt, immer aber mit unterwaͤrts gebogenem Schwanze, fort. Der Schwanz hat auf dieſe Weiſe ſchon ziemlich die Lage, in welcher ihn das vollkommen ausgebildete Thier traͤgt. Man wird bemerken, daß die Larve des Carcinus Maenas in ihrem zweiten Stadium im Allgemeinen der des Cancer Pagurus gleicht, wie dieſelbe von Herrn Thompfon im zweiten Hefte der Zoological Resear- ches abgebildet worden iſt. Sie weichen beide von ihrem urſpruͤnglichen Typus ungemein = und ich bin der Mei: 1 7 nung, daß beide noch mehrfache Verwandlungen zu biftehen haben, bevor ſie zu vollkommenen Krabben werden. Da ich die Larven des Careinus Maenas von zwei verſchiedenen Exemplaren in ſolcher Menge erhalten hatte, ſo hoffte ich zuverſichtlich, alle ihre Metamorphoſen beobachten zu koͤnnen; indeß lebte keine derſelben laͤnger, als 14 Tage nach dem Auskriechen, und zu dieſer Zeit bemerkte man an ihnen durchaus nicht die geringſte Hinneigung zu einer ferneren Metamorphoſe. (Annals of Nat. Hist. Aug. 1839.) Miscellen. Ueber die corallenartige Structur der Hippuri⸗ ten hat Herr Leopold v. Buch am 17. December 1839 in der Ge⸗ ſellſchaft naturforſchender Freunde, zu Berlin, einen Vortrag ge— halten, aus welchem Folgendes, als das Weſentlichſte, mitgetheilt iſt. „Der ausgezeichneten Structur der Schaale der Hippuriten gemäß, koͤnnen es nur Corallenſtaͤmme, den Cypatophyllen analog, ſeyn. Auch giebt der Durchſchnitt eines Cyatophyllum flexuosum oder C. ceratites (Gold fuß, Taf. 17. Fig. 2. 3.,) eine klare Vorſtellung dieſer Hippuriten-Structur. Diagonale Lamellen bilden die Rinde und werden von unzaͤhligen Radien durchſetzt, welche am Rande als engſtehende Längsſtreifen hervor: treten. In der Mitte bilden ſich kammeraͤhnliche Scheidewaͤnde. Dieſe Mitte, aus feineren zerſtoͤrbaren Radien beftehend, wird leicht aufgelöfet, und es bleibt (wie auch bei Cyatophylium) eine große innere Hoͤhlung durch die ganze Laͤnge des Stammes. Die Cannelirungen der aͤußeren Oberflache welche man ſogar mit einem Sipho verglichen hat, entſtehen aus Tumescenz einzelner Theile des Randes, auch wohl aus Einſchließung kleinerer Hippuriten durch groͤßere. Der ſonderbare und ganz eigenthuͤmliche Deckel dieſer Geſchoͤpfe iſt auf ganz gleiche Art gebildet. Radien oder ſenkrechte Lamellen gehen von dem Mittelpuncte gegen den Umkreis, und werden von diagonalen aufſteigenden Trichter-Lamellen am Rande durchſetzt, welches der Structur einer Bivalve der Acepha— len gänzlich entgegen iſt. Daher koͤnnen die Hippuriten (Radioli— 8 ten, Sphaͤruliten, Caprinen) weder chamenartige Bivalven ſeyn (des Hayes), noch Cephalopoden (Camarks, noch Brachiopo— den (Goldfuß), ſondern ſie gehoͤren zu den vielſtrahligen Zoophy— ten, von der Familie der Oculinen (nach Ehrenberg). — Hip⸗ puriten ſind ausgezeichnete Leitmuſcheln fuͤr die unteren Schichten der Kreide- Formation.“ Eine Entbindung von fuͤnf Kindern beſchreiben, in dem Giornale delle due Sicilie vom 28. Juni 1838, Dr. Pass quale Cattolica, Profeſſor der geburtshulflichen Clinik, und Antonio Nanula, Profeſſor der Pathologie an der Univerjität zu Neapel: — Joſepha Califani, zu Neapel, ward mit 14 Jahr 3 Monaten an einen 27 Jahre alten Mann verheirathet, von welchem ſie in acht Geburten zehn Kinder hatte (die fuͤnfte und ſechste Geburt brachten Zwillinge). Sie lebte mit ihrem Manne zehn Jahre, und blieb nach ſeinem Tode drei Jahre Wittwe. Dann heirathete ſie zum zweiten Male einen Mann von 29 Jah— ren. Nach zwei regelmäßigen Geburten, wurde fie in ihrer dritten Schwangerſchaft ganz außerordentlich ſtark, ſo daß, mit ſieben Monaten, fie ſchon das Ende einer regelmäßigen Schwangerſchaft erreicht zu haben ſchien. Mit ſieben Monaten aber ſtellten ſich Geburtsſchmerzen ein, und ſie gebar nach einander und in natuͤr— lichen Lagen fünf lebende Kinder, welche ſaͤmmtlich getauft wur— den. Die Mutter litt nicht außerordentlich. Vier von den Kin— dern waren weiblichen, eins maͤnnlichen Geſchlechts. Der Knabe wurde zuerſt geboren und einige Minuten nachher ein Maͤdchen; dann folgten, nach einer Zwiſchenzeit von 15 Minuten, die andern drei Kinder. Die Kinder ſahen einander ſehr aͤhnlich, waren re— gelmaͤßig und gut gebildet, und faſt von der natürlichen Größe einer ſiebenmonatlichen Frucht. Jedes wog etwa drei und ein halbes Pfund und maß einen Franzoͤſiſchen Fuß. Die Inſertion der Nabelſchnur war etwa vier Linien weiter unten, als gewöhnlich. Der Placenten mit ihren Haͤuten waren vier, ſtatt fuͤnf. Jede hatte ihren eigenen Nabelſtrang, ausgenommen die vierte, welche, in einem großen Sacke, zwei enthielt. Die foetus mit ihren Membranen, Placenten und Nabelſtraͤngen werden in dem anato— miſchen Muſeum der Univerſitaͤt Neapel aufbewahrt. Vincenzo Licci, von Calimera in Otranto, Vincenzo Maſſari, von Mof— fetta in Bari und Dr. Antonio Scacani in Neapel beſorgten die Unterſuchung. (British and foreign Medical Review, Oct. 1839.) Hie i (ak un d e. Fractur des Koͤrpers des zweiten Halswirbels ohne alle Gefahr verkuͤndende Symptome. (Hierzu Figur ı u. 2 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) Wilhelm B. wurde am 28. Mai 1836 in den Mund von einer Musketenkugel getroffen, welche einwaͤrts ging, die zwei oberen Schneidezaͤhne zerbrach und wovon der Patient annahm, daß er ſie ausgeſpuckt habe. Die Wunden der Lippen heilten ſchnell, und es waren keine Symptome vorhanden, welche auf anderweitige Ver— letzungen deuteten; ſo daß der Patient am funfzehnten Tage nach ſeiner Aufnahme, als zum Dienſt tauglich, auf ſein ei— genes Verlangen, entlaſſen wurde. Nach acht und dreißig Tagen wurde er von Neuem in's Hoſpital aufgenommen. Er klagte uͤber große Schwie— rigkeit beim Schlingen, uͤber Schmerz und Steifigkeit im Nackentheile des Halſes; uͤber geringfuͤgige Beſchwerde bei'm Reſpiriren und Unfaͤhigkeit, die Zunge hervorzuſtrecken; über Schmerz in den Schulterblaͤttern, welcher ſich bis auf die Seite des Kopfes und die linke Seite des Halſes erſtreckte. Es wurde ein Blaſenpflaſter in den Nacken gelegt, wodurch, wie er ſagte, der Schmerz im Kopfe erleichtert wurde. Am dritten Tage nach ſeiner zweiten Aufnahme zeigte ſich eine leichte Geſchwulſt, weich und wie mit Luft aufge— trieben anzufuͤhlen, uͤber der parotis der rechten Seite; der meiſte Schmerz aber wird auf der linken Seite des Halſes zu bemerken ſeyn. Am vierten klagte der Kranke ſehr uͤber Schmerz in beiden Schulterblaͤttern bis zu der Seite des Kopfes hin— auf. Wenn man dem Laufe der carotis entlang fuͤhlt, fo wird dem Finger, dem untern Theile der cartilago ericoidea gegenüber, ein mehr als normaler Widerſtand fuͤhlbar; und wenn der Druck fortgeſetzt wird, ſo klagt der Kranke uͤber ein Gefuͤhl, als ſolle er erſticken und uͤber ver— mehrte Beſchwerde bei'm Schlingen. Der Kranke ſtarb am fuͤnf und zwanzigſten Tage nach ſeiner zweiten Aufnahme, ohne daß ſich andere Symptome gezeigt haͤtten. Sein Appetit hatte ſich nicht verloren; er 9 war im Stande, herumzugehen, und fein Allgemeinbefinden war bis innerhalb 24 Stunden vor ſeinem Tode gut. Dann trat eine ploͤtzliche Veraͤnderung ein; er wurde plößs lich ſchwaͤcher und ſtarb. Bei der Leichenoͤffnung war keine Erſcheinung von krankhafter Beſchaffenheit zu bemerken, bis die Luft- und Speiſeroͤhre entfernt wurden, wo hinter dem pharynx und oberhalb der epiglottis-Gegend eine Entfaͤrbung der umgeben— den Theile wahrzunehmen war. Ein dunkler Fleck dicht am zweiten Halswirbelbeine leitete die Aufmerkſamkeit auf dieſen Theil, wo man fand, daß die Kugel in den Koͤrper des Wirbel— beins eingedrungen war und in der dadurch gebildeten Hoͤhle viele Fragmente von zerbrochenen Knochen zuruͤckgelaſſen habe. Die ganze Subſtanz des Wirbelbeinkoͤrpers war durch und durch gebohrt, ſo daß die Ruͤckenmarksſcheide bloßgelegt war, aber keine andere Verletzung zeigte, als die, welche von der nachfolgenden Entzuͤndung herruͤhren mochte. Caries des zweiten und dritten Halswirbels hatte bis auf eine gewiſſe Strecke um ſich gegriffen. Die Kugel war in den Mund eingedrungen, war durch den Hintertheil des pharynx, ober: halb der epiglottis, durchgegangen und in den Korper des zweiten Halswirbels eingedrungen. Fig. 1. Vordere Anſicht: 1) Körper des epistro— phaeus; 2) Körper des dritten Halswirbels: a Gelenkflaͤche des Vordertheils des processus odontoideus; bb Ge: lenkflaͤche an den oberen ſchraͤgen Fortſaͤtzen für die Articu— lation mit dem atlas; ce zwei Gelenkflaͤchen an den unte— ren ſchraͤgen Fortſaͤtzen zur Articulation mit dem naͤchſtfol— genden Wirbel; d Spitze des processus spinosus des zweiten Halswirbels; ee abgebrochene und cariöfe Körper des zweiten und dritten Halswirbels; k hintere Portionen des Bogens des zweiten Halswirbels; g Ausbreitung des vor— getretenen callus. Fig. 2. Hintere Anſicht: 1) Koͤrper des epistro— phaeus; 2) Körper des dritten Halswirbels, der durch die Kugel zertruͤmmert und carioͤs war: a processus odon- toideus; bb Gelenkflaͤchen an den oberen ſchraͤgen Fort: ſaͤtzen; ce Gelenkflaͤche an den unteren ſchraͤgen Fortſaͤtzen; dd Dornfortiäge; hh. —Queerfortſaͤtze. (Mitgetheilt von R. Alcockz in Medic. Gaz, July 1839.) Ein neues Inſtrument zur Staphyloraphie (Hierzu die Fig. 16 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) ſchlaͤgt ein Herr Fauraytier in Paris vor. Daſſelbe deſteht Fig. 16 A aus einem Griffe, hp, welcher an feinem vorderen Ende, p, eine leicht hakenfoͤrmig gebogene elaſtiſche Zange darſtellt. Auf dieſem Griffe ſitzt vermittelſt zweier Ringe, un, beweglich eine Roͤhre, oe, welche nach Vorn in eine viereckige Platte ausgeht, die mit dem Haken des Grif— fes P eine Art von Zange bildet. An dieſer Roͤhre befin— den ſich 2 Ausſchnitte fuͤr das Knoͤpfchen a“ und fuͤr den Stift a“; das Knoͤpfchen ſteht mit dem Stilet in Verbin— dung; der Stift hindert Drehungen der Roͤhte. In der 10 Roͤhre gleitet ein Stilet hin und her, welches nach Vorn verdünnt iſt, um die Nadel r aufzunehmen; dieſe Nadel iſt kurz, coniſch, vorn geoͤhrt und hinten fingerhutartig ausge— hoͤhlt, um auf das Stilet aufgeſetzt werden zu konnen. Man faßt das Inſtrument wie eine Piſtole, ſetzt den Dau— men auf das Knoͤpfchen a“ und führt die Pincettenkruͤm— mung p hinter das Gaumenſcegel an die zu durchſtechende Stelle; nun wird das Stilet mit dem Daumen vorgeſcho— ben, fo daß das Knoͤpfchen bei b anſtoͤßt und das Stilet mit der Nadel durch das Gaumenſeegel und zwiſchen den Pincettenarmen durchdringt, wie bei (Fig. 16) B; hierauf zieht man das Stilet zuruͤck, es ſtreift ſich an den Pincettenarmen von ſelbſt die Nadel ab, wie bei (Fig. 16) C, und dieſe bleibt hinter dem Gaumenſeegel liegen, während man das Inſtrument zus ruͤckzieht. (Das Weſentliche an dieſem Inſtrumente, jedoch eins facher, iſt ſeit mehreren Jahren von Stromeyer ausge— führt; doch iſt mir nicht bekannt, ob Stromeyer fein Ins ſtrument publicirt hat.) R. F. Ein Speculumkiſſen (Hierzu Figur 19 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) empfiehlt in der Medical Gazette 25. Mai Herr Sen: ner, indem er anfuͤhrt, daß durch die Einführung der Mut⸗ terſpiegel in die Praxis große Fortſchritte gemacht worden ſeyen, daß aber die Schmerzhaftigkeit bei der Einfuͤhrung immer noch dem allgemeinen Gebrauche im Wege ſtehe. Um dieſe Unbequemlichkeit zu vermeiden, bedient er ſich eines Luftkiſſens, damit die weichen elaſtiſchen Hervorragun⸗ gen deſſelben zuvoͤrderſt Dilatation bewirken und durch Ues berragen über den Rand die Theile vor dem Drucke der Roͤhre ſicher ſtellen mögen. Er bedient ſich dazu kleiner Thierblaſen, welche zur Hälfte mit Luft gefüllt find. Das Kiffen wird dadurch gebildet, daß man den herab« haͤngenden Theil der Blaſe zuſammenbindet, nachdem die Luft in den oberen Theil derſelben zuruͤckgetrieben war. Dieſes Zuſammenbinden geſchieht mittelſt einer Seidenſchnur, die in eine Schleife geknuͤpft wird und mit einem Ende aus der vordern Oeffnung des Speculums hervorhaͤngt, wie an der Figur zu ſehen. Das Inſtrument wird auf die dort abgebil⸗ dete Weiſe vorgerichtet, mit einer fetten Salbe überzogen und nach den allgemeinen Regeln eingeführt. Sobald das Speculum mit feinen Kiffen über den Perinaͤal-Theil der vagina hinweggefuͤhrt iſt, zieht man an der Seidenſchnur 1, löſ't dadurch den Faden von der Blaſe, das Kiffen fuͤllt zuſammen, und die Blaſe kann mit der Schnur 2 aus dem Speculum hervorgezogen werden. Wo nicht beſondere Reiz⸗ barkeit ungewöhnliche Schonung verlangt, bedient man ſich, ſtatt des Speculumkiſſens, eines einfachen coniſchen Pfro— pfes von Holz, welcher auf einem langen Stiel aufgeſetzt iſt und genau in die vordere Muͤndung des Speculums paßt. 11 Ueber Auflöfung der Harnroͤhrenſtricturen durch Galvanismus. Von Guſtav Cruſell, Arzt in Helſingfors. (Auszug aus einer zum Drucke beſtimmten, aber noch unvollende— ten Arbeit. „ueber Anwendung der Electricitaͤt und des Galva— nismus in der Medicin“.) (Hierzu Figur 17. der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) Da mehrfach angeſtellte Erperimente mich uͤberzeugt haben, daß die beiden Pole des Galvanismus in pharmaco— dynamiſcher Hinſicht den beiden, ſich einander polar entge— gengeſetzten, Momenten der organiſchen Metamorphoſe ent— ſprechen, und zwar ſo, daß die Einwirkung des negativen Poles in allen Sphaͤren des Organismus Steigerung des reductiven oder critiſchen Momentes hervorruft, dagegen die Einwirkung des poſitiven Poles Steigerung des aſſimilati— ven Moments oder einer Thaͤtigkeit, welche der von Alters her ſogenannten Criſe geradezu entgegengeſetzt iſt: fo halte ich folgendes Verfahren gegen Stricturen der Harnroͤhre für ſehr zweckmaͤßig. Nachdem man die Lage und Oeffnung der Strictur durch gewoͤhnliches Sondiren erforſcht hat, fuͤhrt man in die Harnroͤhre ein Inſtrument ein, deſſen Beſchaffenheit die mit Figur 17 bezeichnete Abbildung angiebt, wobei zu beobachten iſt, daß der aus polirtem Kupfer beſtehende Theil in die Strictur hineingelegt wird. Das Inſtrument wird dann in leitende Verbindung mit einer Zinkplatte geſetzt, welche auf einer mit leitender Fluͤſſigkeit befeuchteten Stelle des Schenkels feſtgebunden wird. Nachdem der Apparat fünf bis zehn Minuten eingewirkt hat, nimmt man das Inſtrument aus der Harnroͤhre heraus. Dieſes Verfahren wiederholt man taͤglich ein- bis zweimal, indem man ein Inſtrument anwendet, deſſen Kupfertheil an Dicke zunimmt, je nachdem die Strictur ſich vermindert, oder deren Oeff— nung ſich erweitert Nachdem man dieſe Behandlung un— gefaͤhr eine Woche lang fortgeſetzt hat, darf man, nach den Verſuchen, welche ich damit angeſtellt habe, eine vollkomme— ne und definitive Heilung erwarten, welche man durch eine gelinde antiphlogiſtiſche Diaͤt, und durch das Einfuͤhren paſſender bougies medicamenteuses noch unterftüsen kann. Das Inſtrument iſt folgendermaaßen beſchaffen: Das Schwarze iſt ein zuſammenhaͤngendes Stuͤck Kupfer, das Punctirte irgend eine nicht-leitende Materie. Um ſicher zu ſeyn, daß das Inſtrument nicht uͤber die Strictur hinaus— gehe, kann man den dem Ringe zunaͤchſtliegenden, nicht- lei— tenden Theil deſſelben etwas dicker, als das Uebrige verferti— gen laſſen. Anmerkung 1. Laͤßt man das vorgeſchlagene Inſtrument aus Silber oder Gold machen, ſo wird man um ſo leichter ſeinen Zweck erreichen. Anmerkung 2. Sollte in einem individuellen Falle das Inſtru⸗ ment durch oben angegebenes Verfahren nicht den gehoͤrigen Grad von negativem Galvanismus bekommen, fo verſtaͤrkt man letzteren nach den gewöhnlichen Regeln. Doch bedarf es, nach meinen Beobachtungen, nur ſehr geringer ſowohl Inten— fität, ais Quantität, um feinen Zweck zu erreichen. 12 Anmerkung 3. Das Einführen von Cathetern wird in entzuͤnd— lich-ſpasmodiſchen Faͤllen bedeutend erleichtert, wenn man den zu Einführung in die Urinhöhle beſtimmten Silbercatheter in einen gelinden, negativ-electriſchen Zuſtand verſetzt. Tropfroͤhre zum Einfuͤhren von Fluͤſſigkeiten in hohle Zaͤhne. Vom Chirurgen J. D. Jeffery. (Hierzu Figur 18. der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel.) Obwohl die Zahnchirurgie gegenwärtig eine hohe Stufe der Vervollkommnung erreicht hat, ſo muß man doch noch haͤufig zur Linderung der Zahnſchmerzen zu Arzneimitteln ſeine Zuflucht nehmen. Da dieſe nun gewoͤhnlich corroſiver, oder hoͤchſt reizender Art ſind, ſo koͤnnen ſie nicht ohne Un— gelegenheit und ſelbſt Schaden mit dem Zahnfleiſche, oder den benachbarten Zähnen in Berührung kommen. Unter ſolchen Umſtaͤnden habe ich die hier (in natuͤr licher Größe Figur 18.) abgebildete Tropfroͤhre ſehr nuͤtzlich befunden, und ich erlaube mir, dieſelbe den Aerzten und Zahnchirurgen zu empfehlen. Sie beſteht ganz einfach aus einer Glasroͤhre, an de— ren einem Ende ſich eine hohle Kugel befindet und deren anderes Ende gebogen und zu einer ziemlich feinen Spitze ausgezogen iſt. Die anzuwendende Fluͤſſigkeit, z. B., Creoſot, welches man jetzt verdientermaßen vorzugsweiſe anwendet, wird da— durch in die Glaskugel gebracht, daß man zuvor die Luft aus letzterer, mittelſt einer Spirituslampe, austreibt und dann die Fluͤſſigkeit aufſaugen laͤßt, ohngefaͤhr wie man Thermome— terroͤhren füllt. Die Kugel darf aber nicht über I ihres Volums an Creoſot enthalten. Bei'm Gebrauche bringt man das gebogene Ende der Roͤhre in die Hoͤhlung des Zahns und laͤßt etwas von dem Creoſot in die Roͤhre uͤberfließen, und indem man die Ku— gel in die warme Hand faßt, dehnt ſich die Luft aus und treibt den Tropfen allmaͤlig nach der Muͤndung und von da in den Zahn. Die Vortheile, die dieſes Inſtrument gewaͤhrt, beſtehen 1. in der Bequemlichkeit und Sicherheit, mit welcher das Mittel in den Grund der krankhaften Hoͤhle und direct auf den Nerven gebracht werden kann; 2. darin, daß das Mit— tel durchaus nicht mit dem Zahnfleiſche und den benachbar— ten Zähnen in Berührung kommt. In der Kugel iſt ſtets ein Vorrath von Arzneimitteln vorhanden, ſo daß die Anwendung deſſelben gar keine Vor— bereitung erfordert, und das Inſtrument iſt ſo empfindlich, daß, wenn die Kugel kalt und die Hand ziemlich warm iſt, die Anlegung von 2 Fingern an die erſtere hinreicht, um den Tropfen ſachte vorwaͤrts zu treiben. Auch zur Anwendung der Salpeterſaͤure empfiehlt ſich dieſe Tropftoͤhre ausnehmend. (The Lancet, June 22, 1839.) Sidmouth d. 28. Mai 1859. 13 Heilung eines ſchief vereinigten Knochenbruches. Von Dr. Ch. Parry. Wir kaben vor Kurzem, N. N. No. 234 (Nr. 14 des XI. Bandes S. 224), eine Nachricht von der Durchſchneidung der tibia wegen eines ſchiefgeheilten Knochenbruchs, welche Herr Key ausgeführt hat, mitgetheilt. An dieſen ſchließt ſich folgender Fall an. Ein junger Menſch von 16 Jahren fiel auf dem Eiſe und brach die tibia ungefähr in der Mitte, die fibula zwei Zoll uͤber dem untern Ende. Der hinzugerufene Arzt galt zwar als geſchickt, war aber dem Trunke ergeben und ungluͤcklicher Weiſe, als er zu dem Kranken gerufen wurde, berauſcht. Es iſt nicht bekannt, welchen Verband er anz legte; dagegen fand ſich nach 4 Wochen, daß die beiden Knochen an der Bruchſtelle faft einen rechten Winkel bilde— ten; der Kranke konnte mit der Spitze des kranken Fußes den Fußboden nicht erreichen und mußte mit Kruͤcken ge— hen; ſetzte er ſich auf einen Stuhl, und ſtellte die Fußſoh— len neben einander, ſo ſtand das Knie der geſunden Seite 5 Zoll hoͤher, als das der kranken Seite. Dieſer Zuſtand dauerte mehrere Jahre; die meiſten zu Rathe gezogenen Aerzte waren der Anſicht, daß hier nichts zu thun ſey. Endlich kam der Kranke nach Cincinnati, wo mehrere Wund— ärzte den Rath gaben, den Fuß auf's Neue zu brechen, um die Heilung in einer beſſern Richtung zu bewerkſtelligen. Daruͤber vergingen indeß wieder mehrere Jahre, bis ſich der Kranke an Dr Parry wendete, welcher ſich vornahm, den Knochen bloßzulegen, die Muskeln davon abzupräpariren und von jedem Knochen einen Theil des Winkels arzutragen, hierauf das Glied gerade zu richten und eine Nachbehand— lung, wie bei einer complicirten Fractur, einzuleiten. Am 17. Januar 1839 wurde dieſe Operation mittelſt einer kleinen, ſchmalen Saͤge ausgefuͤhrt, welche ſich beſon— ders nötbig zeigte, da die fibula mit der tibia verwachſen war, fo daß die a. tibialis antica während des Durchſaͤ⸗— gens mit dem Finger geſchuͤtzt werden mußte. Die Durch— ſaͤgung der fibula geſchah fo, daß zwei Saͤgeſchnitte nach Hinten zuſammentrafen; außerdem mußte noch ein Knochen— ſtuͤck abgetragen werden, welches ausſah, als wenn bei der Fractur ein Knochenſplitter ſich in der Queere zwiſchen den Winkeln der Bruchſtuͤcke angelegt haͤtte, ſo daß der Winkel zwiſchen den beiden Knochenſtuͤcken durch Knochencencretion ausgefuͤllt war, nach deren Entfernung erſt die Streckung des Gliedes leicht auszufuͤhren war, wobei das Glied 3 Zall an Laͤnge zunahm. Zur Nachbehandlung waren in der er: ſten Nacht ſchmerzſtillende Mittel, ſpaͤter nur antiphlogiſtiſche Abführmittel, erforderlich. Am zehnten Tage beging der Kranke die Unvorſichtigkeit, ſich im Bette aufzurichten und dabei auf das kranke Glied zu ſtuͤtzen, wodurch die Knochen— adhaͤſon wiederum getrennt wurde und eine Blutung er— folgte. Durch Opium, Cataplasmen und Abfuͤhrmittel wurde indeß die darauf folgende Reaction gehoben, ſo daß 4 Wochen fpäter der Kranke geheilt entlaſſen werden konnte. Wahrfcheinlich würde, wenn man hier die Abbrechung der Knochen verſucht hätte, in dieſem Falle dieſelbe 2 Zoll höher aufgenommen. 14 oder tiefer erfolgt ſeyn, wodurch das Glied in aͤußerſt uns guͤnſtige Vechaͤltniſſe gebracht worden wäre, Zur Diagnoſe der Unterleibshydatiden. Eine Frau von 47 Jahren wurde im Juli in dem University college Hospital auf der Abtheilung des Dr. Thomſon, vermeintlich wegen Eierſtockswaſſerſucht, Die Frau war ſeit 20 Jahren verheirathet, hat Kinder gehabt und iſt ſeit vier Jahren krank. Sie litt zuerſt an einer gewiſſen Aengſtlichkeit, ſodann an geſchwolle— nen Fuͤßen; hierauf ſchwoll der Unterleib und zwar zuerſt in Form einer Geſchwulſt rechts und unten. Dieſe Geſchwulſt dehnte ſich allmaͤlig nach Links und Oben aus; der Urin war ſpaͤrlich und dunkel. Allmaͤlig litt die Verdauung; es wurde die Reſpiration erſchwert, und ſechs Monate nach Anfang der Krankheit wurde die Paracentheſe gemacht. Es blieb eine Geſchwulſt auf der linken Seite; die Waſſeran— ſammlung kehrte raſch wieder, und ſeitdem iſt die Frau ſehr haufig (48 Mal) punctict. Bei der letzten Punction wur⸗ den 13 Quart Fluͤſſigkeit ausgeleert; doch iſt der Umfang des Unterleibes durch die Operation nie vollkommen auf den normalen Zuſtand zurüuͤckgefuͤhrt worden. Die Menſtruation erſcheint bisweilen und iſt alsdann profus und langlauernd. Die Behandlung beſtand in guter Diaͤt, Blutegeln und ei— ner Mixtur aus Terpentin mit Morphium, welche Mittel auch zu Einreibungen auf den Unterleib benutzt wurden. Die Frau mußte ſpaͤter wieder punctirt werden, worauf ſich peritonitis entwickelte, welche in zwei Tagen den Tod herbeiführte. Nach dieſem Hergange vermuthete man einen hydrops ovarii der einen Seite, wofuͤr alle Er: ſcheinungen ſprachen, was aber durch die Section nicht beftätige wurde. In der Kopfhoͤhle fand ſich an der dura mater un⸗ ter dem linken Lappen des kleinen Gehirns eine kleine, wei: che, graue Geſchwulſt, von der dura mater bedeckt, die übrigen Organe, ebenſo, wie die der Brufthöhle, nor mal. In der Unterleibshoͤhle war die Leber geſund, aber im Zuſtande der Congeſtlion; ſowohl das Pfortader- als das hepatiſche Syſtem der Venen war von Blut ge— fuͤlt, die Gallenblaſe von dicker Galle ausgedehnt, und die Unterleibshoͤhle überhaupt enthielt eine Maſſe gelb— braunen Serums, während die Peritonaͤalflaͤchen mit Fez— zen von coagulabler Lymphe bedeckt und die Daͤrme hie und da verwachſen waren. In der Naͤhe des uterus fand ſich die groͤßte Quantität erfudirter Lymphe. Der uterus war etwas hypertrophiſch, enthielt in ſeiner Hoͤhle ein We⸗ nig blaſſe, blutige Fluͤſſigkeit, an der linken Seite des fun- dus eine große Faſerknorpelgeſchwulſt, an welcher, zugleich mit der Blaſe, den Daͤrmen und dem Peritonaͤum verwach— ſen, eine große Balggeſchwulſt hing, welche, ſelbſt in dem offenbar contrahirten Zuſtande, noch drei Quart Fluſigkeit enthielt und dicke Waͤnde beſaß. Die innere Haut war glatt, faſt feros, zeigte Spuren von Entzuͤndung und ließ viele Blutgefäße durchſcheinen. Auf ihrer Oberflaͤche waren 15 hier und da Schichten von coagulabler Lymphe abgeſondert. Sowohl in-, als außerhalb dieſes Balges, an den Waͤnden deſſelben anhaͤngend, fanden ſich Hydatiden von verſchiedener Groͤße, die kleineren von der Groͤße einer Erbſe bis zu der einer Orange. Sie waren mit gelbbrauner Fluͤſſigkeit ge— fuͤllt, und einige enthielten wiederum Hydatiden. Aehnliche Hydatidenbaͤlge fanden ſich in der ganzen Unterleibshoͤhle uͤber die Flaͤche des Peritonaͤums ausgebreitet, am reichlich— ſten aber in der Naͤhe des uterus; beide Ovarien waren normal. Die Punctionen waren immer in den groͤßten Hy— datidenbalg eingedrungen. Es ergiebt ſich aus dieſem Falle zunaͤchſt die Schwie— rigkeit der Diagnoſe, ſodann die mit der Operation verbun— dene Gefahr, indem es einestheils nicht moͤglich war, einen Aufbruch der Stichwunde des Balges gegen die Unterleibs— hoͤhle hin zu vermeiden, anderntheils bei der letzten Opera— tion, wobei bloß eine Waͤrterin dem Hauswundarzte beiſtand, ein Eindringen von Luft in die Unterleibshoͤhle kaum zu verhindern war. Ein Fall dieſer Art koͤnnte auch mit hydrometra vers wechſelt werden, wobei indeß die Obliteration des Mutter: mundes, als ein ſicheres diagnoſtiſches Merkmal, den Irr— thum leicht anzeigen koͤnnte. Einen Fall dieſer Art hat Dr. Thomſon ſelbſt im 18ten Bande der Medico-chirur— gical transactions bekannt gemacht; die Frau ſchien 6 Monate ſchwanger, der Unterleib war empfindlich, Fluctua— tion undeutlich und die Geſundheit uͤberhaupt geſtoͤrt. Die Kranke ſtarb an trockener Gangraͤn des Fußes, und bei der Section fand ſich der uterus ſo ausgedehnt, daß er mehrere Quart Fluͤſſigkeit hielt; der Muttermund war obliterirt. In einem andern Falle war die Obliteration des Muttermundes unvollkommen; er gab daher endlich nach, ſo daß eine große Quantität Fluͤſſigkeit durch die Scheide ab— ging. Auch dieſer Fall war fuͤr eine Eierſtockswaſſerſucht gehalten worden. Die Hydatiden in dem erſten Falle waren Acephaloci— ſten von kugeliger Form; ihre Haut beſtand aus zwei Schichten; die Fluͤſſigkeit war braͤunlich, durchſichtig. Sie erlangten einen betraͤchtlichen Umfang, wobei die Huͤllen eine faſerknorpelige Beſchaffenheit annahmen, und in der Hoͤhle kleine junge Hydatiden gefunden wurden, welche entweder frei ſchwammen, oder an den Seiten des Sackes anhingen. 16 Bei betraͤchtlicherem Wachsthume fingen ſie an, mit den be— nachbarten Theilen zuſammenzuhaͤngen, und es iſt wahr— ſcheinlich, daß der große Sack, welcher fo oft entleert wor— den war, urſpruͤnglich ebenfalls eine große Hydatide dar— ſtellte. Selbſt die kleinen Hydatiden zogen ſich zuſammen, wenn ſie entleert wurden, wobei nothwendig ihre Haͤute ſich verdickten. (The Lancet, 7. Sept. 1839.) Miscellen. Exſtirpation des uterus durch einen einzigen Schnitt und eine Schlinge bringt Dr. Bellini, nach Schmidt's Jahrbuͤchern, 24. 10., in dem Archivio delle Se. med. fisiche toscano, Fasc. 1. 1837, in Vorſchlag. Die Kranke nimmt dabei die Lage auf den Knieen und Ellenbogen an, um die Eingeweide nach Oben zu entfernen und die Kreuzbeinaushoͤhlung geraͤumiger zu machen. Mittelſt eines Uterinhalters, welcher, in die Uterushoͤhle eingeführt, ſich von einem Cylinder in eine Faͤcher— geſtalt umwandeln laͤßt, zieyt der Operateur den uterus zur Schei⸗ denmuͤndung herab und trennt nun, vermittelſt eines halbcirkelfoͤr— migen Schnittes durch das Scheidengewoͤlbe und peritonaeum, den uterus von dem Maſtdarme. Nun führt der Operateur eine Schlinge hinter dem fundus uteri, noͤthigenfalls die Ovarien mitfaſſend, hin— auf, indem er die Metalldrathſchlinge, mittelſt eines eigenen loͤffel— artigen Schlingentraͤgers, über die hintere Fläche des uterus hin⸗ auf-, und zwiſchen Harnblaſe und uterus wieder herabfuͤhrt. Bei'm Anlegen der Schlinge drängt man den uterus gegen den Nabel in die Hoͤhe, und ſodann wickelt man die Drathenden um den Griff! des Uterinhalters; nachher kommt die Kranke in die Ruͤckenlage, und man drängt den uterns nach Hinten und zieht abermals, ver— mittelſt des Schlingenträgers, die Schlinge an der vorderen Seite des uterus feſter zuſammen. Die Operation iſt noch nie an einer Lebenden in Ausfuͤhrung gebracht worden. Zur Herniotomie empfiehlt Sanſon, bei dem Acte der Einſchneidung der Strictur, als beſonders foͤrderlich und ſicher, ein Hervorziehen des Bruchſackhalſes; es beſteht darin, daß die Raͤn⸗ der der Bruchſacksoͤffnung durch Gehuͤlfen mit drei oder vier Pins cetten gefaßt, und waͤhrend der Durchſchneidung der Einklemmung und bis zum Ende der Operation hervorgezogen werden. Es wird dadurch die Muͤndung nicht allein erweitert und dem Wundarzte zu Geſicht gebracht, ſondern man ſichert ſich auch vor Verletzung des Darmes in der Tiefe, man iſt gewiß, keinen Theil des Bruch— ſackhalſes ungetrennt zu laſſen; man trennt das peritonaeum von den tiefer liegenden Gefäßen, welche, wenn fie allenfalls mit her- abgezogen und durchſchnitten werden follten, uͤberdieß bloßliegen würden und leicht unterbunden werden koͤnnten; endlich aber wird durch dieſes Verfahren auch die Reduction des Bruchinhaltes außer: ordentlich erleichtert. (Gaz. méd., Mr. 44.) Nekrolog. — Der vortheilhaft bekannte Dr. James Ha: milton, Profeſſor der Geburtshuͤlfe zu Edinburgh, iſt geſtorben. — — ERBE ERPPSETEFSUEE TEITS VOLTI7 KIT EEOE SUR ERFTUNPSERERSTERESTETTFOTE * Bibliographische Elements of practical Geology as applicable to Mining, Engi- neering, Architecture etc. With a comprehensive view of the Geological Structure of Great Britain. By J. Burr, New edition. London 1839, 8. Sporting Excursions in the Rocky Mountains, including a Jour- ney to the Columbia River and a Visit to the Sandwich Is- lands, Chili etc. By J. K. Townshend. London 1340, 8. Neuigkeiten, A practical treatise on the principal diseases of the lungs. By G. Hume Weatherhead, MD. London 1839. 8. Memoire sur les rétrécissements organiques du canal de l’uretre et sur bemploi de nouveaux instruments de scarification, pour obtenir la cure radicale de cette maladie; suivi d’un appen- dice sur le traitement des rétrécissements par la malaxa- tion. Par le Docteur Martial Dupierris, Medecin à la Nouvelle-Orl&ans, Avec planches. Paris 1839. 8. — ———— bl — za (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quart.) Vene Notizen a us dee m % % Gebiete der Natur- und Heilkunde, rr en e ee ee, Mo. 266. Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 2. des XIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 th oder 3 Fl. 36 Kr., Januar 1840. des einzelnen Stückes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Nn Einige zoologiſche Bemerkungen. Vom Profeſſor Dr. F. S. Leuckart. 1. Ueber das Gen. Lepidosiren. Diefes von dem wackern Reiſenden Natterer in Braſilien gefundene und unter obigem Namen beſchriebene Thiergeſchlecht *) gehört offenbar zu den ſonderbarſten und merkwuͤrdigſten Amphibien, die in neueſter Zeit bekannt ge— worden ſind. Natterer nannte die einzige, bis dahin be— obachtete Art Lepidosiren paradoxa, characteriſirte das Genus folgender Weife: Corpus anguillaeforme, to— tum squamatum, Pedes quatuor, valde distantes, adactyli, ſtellte daſſelbe in die Familie der Halslöchler oder Derotremata und in die Abtheilung der Doppelachmer oder Dipnoa. Ich legte Natterer's Abhandlung uͤber jenes Thier in der zoologiſch-phyſiologiſchen Section bei der Verſamm— lung der Deutſchen Naturforſcher zu Freiburg vor, und es ſprachen ſich über die Stellung der Lepidosiren verſchiede— ne Meinungen aus. So erklärte dieſelbe Agaffiz, z. B., für einen Fiſch, während Biſchoff verſicherte, daß fie nach feinen anatomiſchen Unterſuchungen offenbar zu den Amphi— bien gezaͤhlt werden muͤſſe, eine Anſicht, der auch ich bei— pflichten mußte, und zwar ſchon aus dem Grunde, da ihre Naſenhoͤhlen, nach Natterer's Beobachtung, ſich, wie bei Proteus und Siren, in die Rachenhoͤhle oͤffnen. — Fuͤr die amphibiſche Natur jener Thierart ſpricht noch eine Nachricht im Institut. No. 284. Juin. 1839 p. 196. Das naturhiſtoriſche Muſeum in Paris erhielt naͤmlich ein Individuum dieſes ſonderbaren Geſchoͤ— pfes, deſſen anatomiſche Unterſuchung auch erwies, daß es ein den Salamandern naheſtehendes Thier iſt. Kuͤrzlich hat auch Henle ) daſſelbe den Amphibien beigeſellt parenchy— *) Annalen des Wiener Muſeums der er. Bd. II. 1 Abtheil. 1. Wien 1837. 4. S. 156, ff. Taf. X. ) Vergleichende anatomifche Beſchreibung des Kehlkopfs, mit befonderer Berückſichtigung des Kehl Reptilien. Leip⸗ 9 1839. 4. S. gung des Kehlkopfes der a ien. Leip No. 1366, k u en d e. matöfe Lungen und eine nur haͤutige Stimmlade *) bei demſelben gefunden. Owen“) beſchrieb nun neuerdings ein Thier, in dem Fluſſe Gambia in Africa gefangen, welches er auch zu Lepidosi- ren rechnet und mit dem Namen Lepid. annectens ve: legt hat. — Er ſtellt aber dieſes Genus zu den $i- ſchen, und bemerkt, daß es als ein Verbindungsglied zwiſchen den Knorpelfiſchen und der Abtheilung der Mala- copterygii, hier aber in'sbeſondere der Eidechſen- ähnlichen Genera Polypterus und Lepisosteus, zu betrachten fen. Nach Owen bilden aber bei feiner Art die Geruchsorgane zwei ovale haͤutige Saͤcke, die durchaus nicht mit der Mundhöhle communiciren wie das doch, nach Nat— terer's Unterſuchungen, bei Lepidosiren paradoxa der Fall iſt. Sind aber die Angaben der beiden zuletztgenannten ausgezeichneten Naturforſcher, ſo wie die von Biſchoff, Henle und dem Franzoͤſiſchen Zoologen richtig, fo Eön= nen ohne allen Zweifel beide Arten, naͤmlich Lepidosiren paradoxa, Natterer, und Le— pidosiren annectens, Owen, durchaus nicht einem Genus, ja nicht einmal einer und derſel⸗ ben Claſſe angehoͤren. Owen's Art muß aller⸗ dings dann wohl als ein eigenes Genus zu den Fiſchen gerechnet werden, waͤhrend Natterer's Lepidosiren eine Amphibie bleibt. — Da die Lepidosiren paradoxa geſchuppt iſt, was bekanntlich, nach Meyer's Unterſuchungen, auch die Coͤci⸗ lien ſind, ſo kann wohl die fruͤher von Merrem, ſpaͤter von Joh. Muͤller und A. angenommene Eintheilung der Amphibien in Amphibia nuda und Amph. squa- mata nicht mehr gelten. — *) Das einzige Reptil mit bloß haͤutiger Stimmlade. Henle, a. a. ) Froriep's Neue Notiz. Jul. 1839, No. 222. S. 19. — Anal. des Scienc. natur. T. XI. Juin. 1839, p. 371. 0 — 19 2. Ueber das Gen. Cryptobranchus. Schon im Jahre 1851 ſtellte ich dieſes Amphibien = Geſchlecht auf und rechnete dazu, unter dem Namen Cryp— tobranchus salamandroides, ein, fruͤher als Salaman- dra gigantea von Smith Barton beſchriebenes, ſala— manderartiges Thier“). Später wurde jenes Genus unnoͤ— thiger Weiſe mit andern Namen bezeichnet, ſo von Har— lan zuerſt mit dem Namen Abranchus, ſpiter aber Me— nopoma, von Barton mit dem Namen Protanopsis, waͤhrend es Wagler Salamandrops benannte — Dieſes Genus gehoͤrt nun nach einer Eintheilung der Amphibien, die ich mir ſchon ſeit mehreren Jahren aufſtellte, in die Abtheilung der Doppelathmer, Dipnoa, Unterabthei⸗ lung Jehthyoidea, fiſchartige Doppelathmer, Familie Dei- retremata, Halslöhler *) Zu dieſer Familie gehoͤrt aus ßerdem noch das Gen. Amphiuma und ohnſtreitig auch das Gen. Lepidosiren. — Herr v. Siebold brachte aus Japan vor mehreren Jahren eine neue Waſſerſalamander-Art mit, deren coloſſale Große man jetzt noch an einem lebenden Individuum, wel: ches ſich im Leidener Reichsmuſeum befindet, bewundern kann. Temminck nannte dieſe Art Triton japonicus, v. Siebold aber Salamandra maxima***). — Die: ſes Thier nun iſt in neuefter Zeit von J. van der Does ven***, unter dem Namen Uryptobranchus japonieus, zu dem von mir vorhin bezeichneten Geſchlechte gerechnet. Es fragt ſich hier, mit welchem Rechte. Allerdings zeigt ſich in der Schaͤdelbildung, wie van der Hoeven nachge— wieſen hat, manche Aehnlichkeit mit der von mir Crypto- branchus salamandroides (oder alleghanensis) be— nannten Art; allein ein Hauptcharacter dieſes Geſchlechts fehlt jenem japaniſchen Salamander durchaus, naͤmlich das Vorhandenſeyn der beiden ſeitlichen Kiemen loͤ— cher am Halſe, die durchaus den der Familie der Hals— loͤchler angehoͤrenden Genera und Arten zukommen muͤſſen. Hiernach kann alſo dieſe Art nicht dem Gen. ) Oken's Iſis. 1821. Literariſcher Anzeiger S. 260. ) Von Ösen (oder oͤsen), Hals und rea, Loch. — Joh. Müller hat zuerſt dieſe Familic unter dem Namen Dero- tremata in das Syſtem eingefuͤhrt S. Tiedemann's und Treviranus Zeitſchrift f. Phyſiologie Bd. IV. Hft. 2. Heidelb. 1832. 4. S. 198 — Ich gab derſelben den gleich—⸗ bedeutenden, ſehr paſſenden, Namen, ohne damals von Muͤl— ler's Eintheilung etwas wiſſen zu koͤnnen, und bezeichnete als eine zweite beſondere Familie der Ichthyoidea die Genera Siren, Proteus, Necturus, Siredon unter der Benennung Aeibranchiata, Immerkiemer (von ’aei, immer und Pearxıa). h Eine ſchoͤne Abbildung diefes Thieres, wovon ich ein 37 Ianz ges Exemplar lebend in Leyden ſah, verdanke ich der Gefaͤllig— keit des Hrn. v Siebold. Abbildung nebſt Beſchreibung findet man in deſſen Fauna japonica. et) Jets over den grooten zoogenoemden Salamander van Japan. Leiden 1838. 8. Beſonderer Abdruck aus der Tyd- schrift van Nat. Gesch. en Physiol., den ich der Güte mei— nes verehrten Freundes, des Herrn Prof, van der Hoeven in Leyden, verdanke. 20 Cryptobranchus, ja nicht einmal der Fami— lie, welcher daſſelbe angehört, beigeſellt wer— den. — Ihrer Lebensweiſe, ſo wie der Form ihres Schwanzes u. ſ. w. nach, iſt, in der That, die Salaman- dra maxima als ein dem Gen. Triton angehoͤrendes Ge: ſchoͤpf zu betrachten; allein die Schaͤdelbildung weicht aller— dings auffallend von der der Arten des Gen. Triton ab, wie ſchon der Umſtand zeigt, daß bei dieſen ein einfaches, unpaares Intermaxillarbein vorkommt, während ſich bei dem Japaniſchen Salamander zwei Zwiſchen— kleferknochen, wie bei Cryptobranchus und Sala- mandra, finden. Man kann alſo wahrſcheinlich nicht mit Unrecht ein eigenes Genus aus dem Japaniſchen Salaman— der bilden, welches wohl nicht unpaſſend mit dem Namen Hydrosalamandra (Art: Hydrosal. Sibol- di) belegt werden könnte. Dieſes Geſchlecht gehört in mei: ne zweite Unterabtheilung der Dipnoa, welche ich Apha- nobranchiata, Schwindkiemer“), nenne; Familie: Batra- choidea, froſchartige Doppelathmer; Unterfamilie: Cauda- ta, welcher, außer Hydrosalamandra. noch Triton und Salamandra älterer Amphibiologen anheimfallen. Van der Hoeven hat ſelbſt noch den großen foſſi— len Salamander, Scheuch zeres Homo diluvii testis, zu der Gen. Cryptobranchus geſtellt und ihm den Na— men Cryptobr. primigenius gegeden. Es wird wohl zweifelhaft bleiben, zu welchem Geſchlechte ſalamanderartig er Amphibien jenes vorweltliche Gefchöpf zu zaͤhlen iſt; allein, wenn man den großen Japaniſchen Salamander geſehen hat, ſo erkennt man allerdings bald eine Aehnlichkeit mit dem foſſilen Thiere und es moͤchte nicht zu gewagt ſeyn, beide Arten einem Genus einzuverleiben. Hydrosa lam an— dra prisca oder primigenia konnte man daher den Homo diluvii testis nennen: ſicher iſt auch dieſes Thier ein Waſſerbewohner geweſen. Ueber die optiſchen Eigenſchaften der Mineralien hat Hr. Babinet verſchiedene Beobachtungen angeſtellt, über welche Hr Arago der Pariſer Academie der Wiſſen— ſchaften am 2. December berichtete. Die an manchen Naturkörpern unlängft von Phyſikern entdeckten optiſchen Eigenſchaften nehmen bekanntlich ſelbſt in naturhiſtoriſcher Beziehung einen wichtigen Rang ein, indem fie vortreffliche Kennzeichen zum Characterifiven vieler Stoffe darbieten und zur Kenntniß von Umſtaͤnden gefuͤhrt haben, welche uͤber die innerſte Structur dieſer Koͤrper neue und wichtige Aufſchluͤſſe geben. Dieſes Feld der Beobachtung iſt, nach der Anſicht der Commiſſion, von Hrn. Babinet mit Erfolg weiter bebaut worden; einestheils, indem er zur Erforſchung der optiſchen Eigenſchaften der rohen Naturſtoffe ein eben ſo bequemes, ) Von aparns, nicht mehr ſichtbar, verſchwunden und Bewvzıa, — Eine zweite Familie dieſer Unterabtheilung bilden die Ser- pentiformia, wohin das Gen, Coccilia gehört. 21 als genaues Inſtrument erfand und anwandte, und andrer— ſeits, indem er Thatſachen ermittelte, welche den zur Cr: kenntniß der Moleculaͤr-Structur der Körper führenden Weg mehr und mehr anbahnen. Zuerſt wollen wir Über das Inſtrument des Hrn. Babinet berichten. Allen Phyſikern, welche ſich mit Meſ— ſung der diedriſchen Winkel der Ciyſtalle beſchaͤftigt haben, ift zur Genuͤge bekannt, daß das Wollaſton'ſche Inſtru— ment fir den Gebrauch im Cabinette aͤußerſt viel Unbequemes hat, und daß es ſchon aus dieſem Grunde zu ſehr unſiche— ren Reſultaten fuͤhrt. Der im Freien und mit weit ent— fernten Viſirpuncten angewandte Bordaſche Kreis war bis— jetzt das einzige Inſtrument, mit dem man irgend genaue Ergebniſſe erreichen konnte. Bekanntlich gehoͤrt auch viel Zeit und große Vorſicht dazu, um ein Brechungeverhaͤltniß zu erlangen, weßbalb man eben bisher für unthunlich hielt, dieß zur Unterſcheidang der Körper anzuwenden. Der Po: lariſationswinkel, das Auseinandertreten der Strahlen dei der doppelten Brechung, der Abſtand der Axen bei doppel— axigen Genftallen, der Durchmeſſer der dieſelben umgebenden farbigen Ringe ꝛc. blieben ebenfalls lediglich deßhalb von der Characteriſtik der Mineralien ausgeſchloſſen, weil ſie die Anwendung ſchwer zu benutzender Inſtrumente erheiſchten. Das Inſtrument des Herrn Babinet traͤgt aber die Vi— ſirpuncte ſelbſt, verlangt durchaus kein feſtes Stativ, braucht bloß in der Hand gehalten zu werden, läßt fid uͤberall und jederzeit anwenden und giebt uͤber alle jene Puncte eben ſo leicht, als dieſer, Auskunft daher es für jedes mineralogiſche Cabinet unentbehrlich iſt. Die That ſach en, welche Hr. Babinet ermittelt hat, ſind ebenfalls ungemein wichtig. 1. Macht der Verf. auf Erſcheinungen der Aberra— tion oder Erloͤſchung gewiſſer Strahlen des Spectrum auf: merkſam, welche bei'm Durchgange des Lichts durch gewiſſe mineraliſche Koͤrper ſtattfinden und ſich in vielen Faͤllen zu unterſcheidenden Characteren ſehr zu eignen ſcheinen. So bieten, z. B, Prismen von Rubin, Granat, Zirkon, Topas, Beryll u. ſ. w, in Anſehung der durch dieſelben erzeugten Spectra oder gleichbedeutender Verſuche, ſehr merkliche iedenhei— ten dar. Mit einem Worte, die Koͤrper, welche ſcheinbar mit einander die groͤßte Aehnlichkeit haben, zeigen ſich als— dann ſcharf von einander geſchieden. Bei'm Beryll laͤßt ſich außerdem noch eine hoͤchſt merkwuͤrdige Erſcheinung beobachten, indem nämlich in dem gewöhnlich durch das Gelb eingenomme— nen Raume ein weißer Streifen erſcheint. Dieſer zeigt ſich dem unbewaffneten Auge ſehr deutlich, wird aber, wenn man das Licht mittelſt eines blauen Glaſes zerlegt, noch auffallender, indem dann der Reſt des gelben Stteifens gruͤn ausſieht und der weiße Streifen ſchaͤrfer hervortritt. 2. Die Abſorption bei ſtattfindender Polariſation hat dem Herrn Babinet ebenfalls einige Erſcheinungen gelie— fert, welche in Betreff der Unterſcheidung der Koͤrper nicht unerheblich ſeyn duͤrften. Er hat beobachtet, daß alle Stof— fe, an denen man bisher . Anziehungsrefra— ction bemerkt hat, auf de ngewoͤhnlichen Strahl am Staͤrkſten abſorbirend wirken, waͤhrend dagegen alle diejenigen, — 22 welche die Abſtoßungsreftaction oder die abſtoßende doppelte Strahlenbrechung darbieten, auf den gewohnlichen Strahl die geringſte Wirkung aͤußern. Hieraus ergiebt ſich ein bes quemes Mittel zur Unterſcheidung dieſer beiden Gruppen von Körpern, d. h. von Stoffen, welche ubrigens viel Aehnlich⸗ keit mit einander haben. Uebrigens macht der Beryll in dieſem Puncte eine Ausnahme, und dieſer Stein hat auch Hen. Biot mehrere Erſcheinungen dargeboten, welche be— weifen, daß deſſen Mobecuͤlaͤrſtructur von der des Smaragds abweicht. Indem Hr. Babinet daran erinnert, daß dieſe Ab— ſorption des polariſirten Strahls nur bei den zufällig ges faͤrbten Cryſtallen ſtattfindet, weiſ't er deren Vorhandenſeyn in verſchiedenen Graden bei ſehr vielen Subſtanzen nach, an denen fie rüber noch nicht beobachtet worden war. Uns ſerer Meinung nach, fagen die Berichterſtatter, wird man dieſe Reſultate einſt benutzen koͤnnen, um die Vertheilung der faͤrbenden Stoffe im Innern der Korper zu erklären, Über welche wir bisſetzt noch gar nichts Beſtimmtes wiſſen. 3. In Betreff des Dichroismus oder vielmehr Poly— chroismus haben die Beobachtungen des Hrn. Babinet ebenfalls bedeutende neue Aufſchluͤſſe geliefert. Er weiſ't nach, daß das durch einen Koͤrper dieſer Art fallende Licht aus zwei Theilen beſteht; einem, welcher nicht polarifict if und der nach allen Richtungen durchgeht, und einem polari— ſirten, der, je nachdem er ſich an den Brechungsaxen mehr entfernt oder ſich ihnen naͤhert, in größerer oder geringerer Menge durchgeht. Aus der Vermiſchung dieſer beiden Lich— ter entſtehen alle Farbentoͤne, die man beobachtet, und die in 2 bis 3 Richtungen ihr Maximum und Minimum er— reichen. In allen Faͤllen bleibt, wenn man das durchgefal— lene Licht der Einwirkung des zerſetzenden Koͤrpers unter— wirft, nur das gewoͤhnliche Licht und folglich dieſelde Faͤr— bung nach allen Richtungen uͤbrig. 4. Wir kommen nun auf Erſcheinungen zu reden, welche ſich an die ſchon vor mehreren Jahren von Hrn. Babinet gemachten Beobachtungen uͤber die Wirkungen der Netze auf das Licht anſchließen. Hier beſchaͤftiat ſich der Verfaſſer mit den optiſchen Wirkungen, welche ſich bei der Structur des Anwachſes mittelſt paralleler Schichten, der Faſerſtructur und gewiſſen polyedriſchen Structuren zei— gen und von denen ſich bisjetzt noch keine genaue Rechen- ſchaft geben laͤßt. Die Structur mit parallelſtreichenden Schichten erzeugt, wenn das Licht queer durchfaͤllt, farbige Streifen, welche de— nen der Netze aͤhnlich ſind. Bei der Faſerſtructur ſtellt ſich alsdann eine kronenfoͤrmige Figur dar. Vermoͤge dieſer merkwuͤrdigen Erſcheinungen ward es uns moͤglich, dieſe Ar— ten von Structuren bei Koͤrpern zu entdecken, wo die La— mellen und Faſern jo fein find, daß man deren Vorhanden⸗ ſeyn bisjetzt nicht einmal vermuthet hatte. Dieß iſt aber noch nicht Alles; bei dieſen Verſuchen laͤßt ſich naͤmlich nach dem Abſtande der Streifen und der Größe der ‚Kronen die verhaͤltnißmaͤßige Stärke der Schichten oder Faſern bei vers ſchiedenen Körpern ermeſſen und die Stärke ſelbſt berechnen, und hierdurch wird man unftreitig in den Stand geſetzt 2 * 23 werden, die Beziehungen zwiſchen der Structur und der ſpe— cifiſchen Schwere der Varietäten einer und derſelben Sub— ſtanz genauer feſtzuſtellen. Bemerkenswerth iſt, daß bei der Faſerſtructur die Kronen ſich nur dann zeigen, wenn die Faſern gleichfoͤrmig ſind, und hieraus ergiebt ſich ein Mit— tel, um zu erkennen, ob die Structur, welche man unter— ſucht, ein Reſultat der Ccyſtalliſation oder ein bloßes vers worrenes Gemiſch iſt. Hr. Babinet weiſ't nach, daß die Sternerſcheinung, die man bisher vergebens zu erklaͤren verſucht hat, ebenfalls mit den durch regelmaͤßig eryſtalliſirte Koͤrper veranlaßten Netzerſcheinungen zuſammenhaͤngt. Dieſe Structuren ſind bereits ſeit langer Zeit in gewiſſen Koͤrpern erkannt worden; allein der Verfaſſer hat ſie, mit Huͤlfe des Mikroſcopes, auch bei vielen andern Subſtanzen nachgewieſen, wo ſie Niemand vermuthet hatte. Aus feiner Theorie ergiebt ſich, daß man nicht nur Sterne mit ſechs, durch Winkel von 60 von einander getrennten Strahlen zu finden erwarten darf, wie man ſie bereits lange bei'm Corund kennt, ſondern daß man auf Sterne mit mehr oder weniger zahlreichen Strahlen, die mit einander, je nach den verſchiedenen Körpern, verſchie— dene Winkel bilden, gefaßt ſeyn muß. Alle cryſtalliniſchen Koͤrper muͤſſen deren, der Theorie nach, erzeugen, und an vielen haben die Commiſſaͤre in der That deren erkannt. Bisjetzt hat allein der, auch in andern optiſchen und mine— ralogiſchen Beziehungen ſo eigenthuͤmliche, Quarz ihrer Er— wartung nicht entſprochen. Aus eryſtallographiichen Gründen hat man verſchiedenartige Wirkungen zu erwarten, von denen ſich einige unter den Augen der Commiſſaͤre beſtaͤtigt haben; allein auch hier hat die Beobachtung Umſtaͤnde herausge— ſtellt, die man mit der Theorie allein nicht haͤtte ermitteln konnen, und die uns in Verbindung mit andern phyſicali— ſchen Erſcheinungen unſtreitig einſt zu wichtigen Reſultaten in Betreff der Molecuͤlaͤrbildung der rohen Naturkoͤrper fuͤh— ren werden. Faßt man das Obige kurz zuſammen, ſo ſieht man, daß wir durch die Arbeit des Hrn. Babinet ein, dem Be— duͤrfniſſe der Wiſſenſchaft völlig entſpre chendes, neues Inſtru— ment; merkwuͤrdige, früher nicht geahnete, optiſche Erſchei— nungen; eine genauere Würdigung mancher bereits bekann— ten Erſcheinungen dieſer Claſſe, endlich wichtige Anhalte— puncte zue Unterſcheidung und zur Kenntniß der Structur verſchiedener mineraliſcher Koͤrper kennen lernen. Die Academie entſchied ſich, in Uebereinſtimmung mit der Anſicht der Commiſſion, dafuͤr, daß die Arbeit des Hrn. Babinet in dem Recueil des Savans etrangers ab— gedruckt werde. Ueber die Beweg ungen des weichen Güau— mens bei'm Schlucken, Athmen und Sprechen, hat Dr. Bidder zu Dorpat neue Beobachtungen angeſtellt, aus welchen er folgende Reſultate ableitet: 1. Der weiche Gaumen hat im Zuſtande der Ruhe nicht eine einfach herabhaͤngende Stellung, ſondern bildet vielmehr eine nur ganz allmaͤlig nach Hinten herabſteigende Woͤlbung. 24 2. Er wird in der zweiten Station des Schlingens ſtark ges hoben, jo daß er den knöchernen Gaumen nach Hinten gegen den pharynx noch in horizontaler Richtung fortſetzt, ja in feinem mitte leren Theile ſogar uber dieſelbe ſich erhebt; es wird dadurch allein dem Biſſen der Eingang in den pharynx eröffnet, 3. Der eigenthumliche Muskel des Zapfchens kruͤmmt daſſelbe nach Hinten und verkürzt es, eine Action, die namentlich bei'm Erbrechen ſich kund giebt. 4. Bei'm Achmen durch die Naſe, während der Mund geöffs net iſt, nimmt das Gaumenſeegel, in Folge des Hebens der Zun— genwurzel, auch eine erhobene Stellung an. 5. Bei'm Athmen durch den Mund aber, wird keinesweges die hintere Naſenoffnung durch Schließen der hintern Gaumenbogen vor der herabtretenden Luft geſchloſſen, weil dieſe ohnehin den naͤ— her liegenden und breiten Weg durch den Mund wählen muß. 6. Nicht allein bei hoͤhern Toͤnen, ſondern uͤberhaupt bei jedem Tone wird das Gaumenſeegel in Folge einer Mitbewegung gehoben. 7. Die ſogenannte Naſenſtimme hängt nicht von einer Reſo— nanz in der Naſe ab, ſondern hoͤchſt wahrſcheinlich von dem auf— gehobenen Antheile einer oder der andern der beiden Anſatzroͤhren des Stimmorganes an der Modification des Tones. 8. Bei der Ausſprache der Vocale iſt das Gaumenſeegel eben fo wenig ruhig, ſondern wird bei ihnen ſowohl, als bei jedem ars ticulirten Laute durch Mitbewegung gehoben. (Neue Beobacht. u. d. Bewegungen des weichen Gaumens und über den Geruchs— ſinn von De. F. H. Bidder. Dorpat. 4. 1838.) Miscellen. Die Variation des Haars findet ſich am Sonder— barften beim Schaafe. Alle Saͤugethiere haben im wilden Zu: ſtande zwei Arten von Haar. Die borſtenartigen Haare, welche dem Thiere ihre Farbe geben und die Wollhaare, welche gewöhnlich nur einfache Daunen, die unter und zwiſchen dem Borſten— haare verborgen ſind. In dieſer Hinſicht bieten nun unſere Haushun— de und unſere Schaafe die beiden auferſten und eatgegengeſetzten Faͤlle. Der Hund hat nur Borſtenhaar; er hat bis auf den Keim die Wollhaare verloren, von welchen man jedoch einige Spuren noch an den Hunden von Neuholland und an dem Hunde der Eskimos findet, und das Schaaf dagegen hat alle Borſtenhaare verloren und hat nur die Wolle behalten. — Buffon meint, daß der Mouflon der Stammvater unſerer Hausſchaafe iſt, und dieſe Mei- nung ſcheint ſehr gegruͤndet. Wilde Arten koͤnnen als Stammel— tern einer zahmen Race angeſehen werden, jedes Mal, wo man durch genuͤgende Zwiſchenſtufen von der einen zur andern gehen kann. Zwiſchen dem Mouflon aber und unſeren Schaafen exiſtiren dieſe Zwiſchenſtufen. Zuerſt weiß man, daß alle unſere zahmen Racen ſich untereinander vermiſchen und untereinander zeugen. Man wußte das lange in Beziehung auf die Racen in Europa, und Friedr. Cuvier hat ſich davon fuͤr die auslaͤndiſchen Racen uͤberzeugt. Unſere Boͤcke befruchten die breitſchwaͤnzigen Schaafe der Berberei 2c. Auf der andern Seite kann man, wenn man ſich abwechſelnd mit der einen oder der andern dieſer Racen hilft, den Mouflon ſelbſt denjenigen Racen naͤhern, welche ihm die entfernte— ſten ſind. Es giebt deren groͤßere und kleinere unterſetztere, ſchlan— kere mit mehr oder weniger gewoͤlbtem Vorderkopfe, mit mehr oder weniger ſtarken Hoͤrnern 2c. ; faſt alle weichen vorzüglich von dem Mouflon durch das Haar ab. Der Mouflon ſcheint nur Borſten— haar zu haben; er hat faſt gar keine Wolle: um dieſe Wolle zu ſehen, muß man die Borjtenhaare voneinanderziehen, welche jene verbergen. Der Abſtand zwiſchen dem Mouflon, welcher von Wollhaar nur den Keim enthaͤlt, und unſern Schaafen, wel— che bis auf den Keim das Borſtenhaar verloren haben, ſcheint alſo fo groß, als er ſeyn kann. Aber auch hier ſtellen ſich dieſel⸗ ben Zwiſchenſtufen zwiſchen den Mouflon und das reine Wol⸗ lenſchaaf und naͤhern ſie untereinander. Der Morvan ſcheint nur Borſtenhaar zu haben, wie der Mouflon, das hochbeinige Africaniſche Schaaf hat waͤhrend des Sommers nur Borſten— 25 haar: ein wolliges Daunenhaar, dem des Mouflon ähnlich, erſcheint jeden Winter in geringer Quantität, und jedes Frühjahr verliert ſich dieſes Daunenhaar. Ueber den Biber ſind mehrere Bemerkungen, welche F. Cu— vier gemacht hatte, bereits in einer früheren Nummer mitgetheilt worden. Das Individuum, welches ihm zur Beobachtung zu Gebote ſtand, war ganz jung an den Ufern des Rhone gefangen worden. Eine Frau hatte das junge Thier an ihrer Bruſt geſäugt; es hatte alfo nichts erlernen können, ſelbſt nicht von ſeinen Eltern. Pr. F. Cu— vier hatte es in einen vergitterten Käfig gebracht, und da war etz, wo es ganz von ſelbſt die erſten Spuren feines Inſtinctes gab. Man fuͤtterte es gewöhnlich mit Weidenzwejgen, von welchen es die Rinde fraß. Bald bemerkte man, daß es ſelbige, wenn es die Rinde verzehrt hatte, in Stucke ſchnitt und fie in einem Winkel 5 26 des Kaſigs uͤbereinander haͤufte. Man kam ſodann auf die Idee, ihm die Materialien zu geben, mit welchen es bauen konnte, d. h., Erde, Stroh, Baumzweige, und nun ſah man, wie es kleine Maſ— fen dieſer Erde mit den Vorderfüßen zufammenballte und dann mit dem Kinne vorwärts ſtieß, eder fie mit dem Maule forttrug, fie übereinander legte und mit der Schnautze ſtark druckte, bis da— raus eine allgemeine feſte Maſſe entſtand; wie es dann einen Stab mit dem Maule faßte und in die Maſſe eintrieb, mit einem Worte, baute. — Hierbei ift nun zweierlei ganz klar; ein Mal, daß dieß Thier der Geſellſchaft der Seinigen nichts verdankte, nach Buffon, der erſten Quelle der Induſtrie des Bibers; und zwei— tens, daß das Thier ohne Nutzen, ohne Zweck bauet, maſchinenar— tig, und wie durch ein blindes Bedürfniß getrieben: denn, wie Hr. F. Cuvier ſagt, es konnte für daſſelbe durchaus kein Wohlſeyn hervorgehen, aus aller Muͤhe, die es ſich gab. Nie i k u nden, Beobachtung einer Luxation des Schenkelkopfes in dem Sitzbeinausſchnitte. Nach der Methode Després's (eigentlich Hippocrates's und Paul's von Aegina) eingerichtet. Bon Maleſpine. Mallet, 29 Jahr alt, arbeitet in einem niedrigen und engen Steinbruchsgange, wo er gezwungen war, den Rumpf vorwaͤrts zu beugen, und ſein rechtes Knie auf den Boden zu ſtuͤtzen, waͤhrend der Schenkel derſelben Seite ſtark gegen das Becken gebogen war. In dieſer Stellung von einem Erdeinſturze uͤbertaſcht und unmittelbar nach dem Zufalle wieder frei gemacht, empfand der Mann in der rech— ten Huͤfte einen ſehr lebhaften Schmerz, welcher das Ge— hen unmoͤglich machte: bald darauf wurde die Huͤfte der Sitz einer ſo betraͤchtlichen Geſchwulſt, daß der Verungluͤck— te dadurch beunruhigt und veranlaßt wurde, einen Kunſtge— noſſen zu Rathe zu ziehen, welcher 25 Blutegel am erſten Tage, 14 Schroͤpfkoͤpfe am zweiten, am dritten und vier— ten erweichende Cataplasmen und am fünften einen Aderlaß am Arme verordnete. 3 Am ſechsten Tage, nachdem die Geſchwulſt faſt ganz: lich verſchwunden war, empfahl der Arzt Ruhe und verkuͤn— dete eine baldige Geneſung. Da indeß die Fortdauer des Schmerzes und die Unmoͤglichkeit, das Glied zu bewegen, dem Kranken nicht geſtattete, wieder ſeiner Arbeit nachzuge— hen, fo meldete er ſich in der Pitie. in der Abtheilung des Herrn Lisfranc. Bei ſeinem Eintritte, zehnten Au— guſt, zehn Tage nach dem Unfalle, ergaben ſich folgende Umſtaͤnde: Das Glied iſt weich, (deutlich verkuͤrzt?), iſt in der Adduction. Der linke Schenkel iſt leicht gegen das Becken gebogen, das Knie ſteht etwas mehr vor, wie das der entgegengeſetzten Seite. Knie und Fuß ſind nach Innen gedreht. Der Schenkel iſt oedematoͤs; auch findet man in der Weichengegend die Vertiefung nicht, welche faſt alle Schrift— ſteller angeben. Die Huͤfte iſt in der Form entſtellt; die Falte am Hinterbacken iſt rechts etwas höher, als links. Wenn man mit Vorſicht den Verſuch macht, die Rotation nach Innen noch mehr zu verſtaͤrken, fo geſtattet dieß Ma: noeuver, welches uͤbrigens nicht ſchmerzhaft iſt, zu erkennen, daß der Schenkelkopf in dem Sitzbeinausſchnitte ſteht. Der mittlere Theil einer Linie, welche ſich vor der Spina pos— terior superior cristae ossis ilium bis an die tube- rositas ossis ischii giebt eine genaue Vorſtellung der Stelle, welche die knoͤchernen Enden eingenommen. Der große Tro— chanter iſt weniger vorragend, als die der entgegengeſetzten Seite; er liegt auf der Pfanne und nicht hinter dieſer Vertiefung; da der Schenkel mittelſt einer langſamen und altmäligen Ausdehnung lurirt worden iſt, fo geſtattet dieſe Art der Unterſuchung, die Form und die Reliefpartie der obern Hälfte des Pfannenwulſtes zu erkennen, in der Stel: le, wo ſich früber der große Trochanter befand. Verkuͤr— zung von drei Linien, gegen das geſunde Glied geſchaͤtzt, ge: meſſen von der Spina anterior superior eristae ossis ilium bis an den Knoͤchel. Von den Bewegungen iſt die Rotation nach Innen ſehr beſchraͤnkt und ſchmerzhaft; die Rotation nach Außen unmoͤglich. Die Beugung des Ge— lenks kann vermehrt werden, aber nur unter großen Schmerzen. 0 Am 21. Auguſt brachte Herr Lisfrane, während man das Becken recht fixirte, das Glied in die Adduction und verſtaͤrkte zu gleicher Zeit die Beugung des Schenkels gegen das Becken; dann beugte er das Bein gegen den Schenkel, und nachdem er ſeinen linken Vorderarm unter die Kniekehle und ſeine rechte Hand auf den unteren Theil des Beins (Unterſchenkels), um ſich deſſelben als eines Hebelarmes zu bedienen, gelegt hatte, macht er zugleich die Extenſion; er theilt dem Gliede eine Rotationsbewegung nach Außen, eine ziemlich bedeutende Abductionsbewegung mit, und in demſel⸗ ben Augenblicke hoͤrt man das eigenthuͤmliche Geraͤuſch, wel— ches auf ziemlich ſichere Weiſe zu erkennen giebt, daß die Gelenkflaͤchen wieder in ihre natuͤrlichen Verhaͤltniſſe zurüͤck⸗ gekehrt ſind. 27 Ueber die Transfufion des Blutes in practiſch— aͤrztlicher Hinſicht. Von Profeſſor Dr. Berthold. Die Transfuſion hat, trotz der vielen Einwuͤrfe, die man da— gegen erhoben hat, bei drohender Verblutung ihren hohen Werth, obwohl nicht in allen Fällen die von ihr erwartete Hülfe erreicht werde und obwohl auch ohne fie vom Blutverluſte bereits Asphye— tiſche, durch paſſende Behandlung gerettet wurden. Aus zahlreichen Merfuchen an Thieren ſchließt indeß der Verfaſſer, daß bei Asphy⸗ tiven durch Verblutung, bei welchen alle gewoͤhnlichen B lebungsmit— tel erfolglos geblieben ſeyn würden, die Transfuſion noch Rettung brachte. Auf dierſe Weiſe find bekanntlich, ſeit Blundell's Em: pfehlungen, ſehr viele verblutende Woͤchner'nnen gerettet worden, mie ſich bereits durch eine große Reihe von Erfahrungen beweiſen läßt. Der gute oder uͤbele Erfolg haͤnat aber von drei Puncten ab: 1. von dem Zuftande des wegen Verblutung ſich in Gefahr befindenden Individuums; 2. von der Blutart, welche zur Trans— fuſion gebraucht wird; 3. von der Operationsmethode. In Bezug auf das Erſte iſt es nicht ſowohl noͤthig, daß das Individuum durchaus geſund ſey, ſondern es muß nur die Aſſimilationskraft und die Lebensenergie uberhaupt noch ihrem Normalgrade nahe ſtehen; daher wird die Transfuſion ſelbſt bei Verblutung gichtiſcher ſcorbutiſcher, ſcrophu⸗ loſer, ſyphilitiſcher Perſonen Nutzen gewähren. Dieß beſtaͤtigen die an Thieren, z. B, an räudigen Hunden gemachten Verſuche, indem ſich dieſe, durch die Verblutung mattge vordenen Thiere durch die Transfu— ſion ſehr ſchnell erholten, ohne jedoch in ihrem allgemeinen Krankheits— zuſtande eine Aenderung zu zeigen. Hoffnung guͤnſtigen Erfolges iſt um ſo geringer, je bedeutendere Asphyxie durch die Verblutung entſtanden war; deſſenungeachtet darf ſich der Arzt in keinem Falle von Verſuchen abhalten laſſen, um ſo mehr, als eine nach richti— gen Grundſaͤtzen angeſtellte Transfuſion erfahrungsmaͤßig keine be— ſondere Gefahr mit ſich fuͤhrt. Ob Geſchlecht, Alter, Tempera— ment auf das Gelingen entſchiedenen Einfluß hat, iſt durch Erfah— rungen noch nicht conſtatirt:; indeß laßt ſich nach allgemeinen phy— ſiologiſchen Grundſaͤtzen wohl annehmen, daß bei'm weiblichen Ge— ſchlechte, bei pylegmatiſchem Temperamente, und im juͤngern Alter mehr zu erwarten ſey, wie überhaupt Ohnmacht und Asphyxie, Blutung und Saͤfteverluſt bei Frauen u. ſ. w. verhaͤltniß mäßig weniger gefaͤhrlich iſt. Sicherlich wuͤrde beſonders auch bei, durch Blutungen aus der Nabelſchnur, asphyctiſchen Neugeborenen die Tansfuſton Hülfe leiſten Was den zweiten Punct (Blutart) betrifft, fo läßt ſich als Geſetz annehmen, daß der Erfolg der Operation um ſo ſicherer iſt, je gleichartiger das Transfuſionsblut dem zu erſetzenden iſt. Wech— feifeitige Transfuſtonsverſuche an verſchiedenen Thierarten beſtaͤti— gen dieß. Man wird daher fuͤr kranke Menſchen auch nur Men— ſchenblut nehmen duͤrfen. Allein es muß auch von einem ganz ge— ſunden Menſchen ſeyn; denn zahlreiche Verſuche beweiſen, daß ein krankes Blut dem fremden Organismus eine Krankheit einimpfen kann. So brachte, nach Viborg, das Blut rotziger Pferde, in die Vene eines geſunden Pferdes eingeſpritzt, bei dieſem den Rotz, nah Gendrin, das Blut eines Blatterkranken, in die Vene eines Thieres eingeſpritzt, den Tod unter Erſtickungszufaͤllen her— vor. Es darf alſo das Blut cachectiſcher und dyscraſiſcher Indi— viduen bei der Transfuſion nicht in Anwendung gebracht werden, wozu der Arzt leicht dadurch verleitet werden koͤnnte, daß kraͤnkli— lite Familſenglieder bei Lebensgefahr ihrer Angehörigen ihr Blut vielleicht dringend anbieten. Iſt aber kein Grund zur Verweige— rung vorhanden, ſo duͤrfte ein elterliches, geſchwiſterliches oder ehe— liches Verhaͤltniß und andere phyſiſche Aehnlichkeit wohl zu beruͤck— ſichtigen ſeyn. Seit man die Beziehung des Blutes zum Lebens— proceſſe genauer kennt, weiß man, daß nur arterielles B'ut den Lebensproceß auf die Dauer zu unterhalten vermag; hiernach hat man in fruͤherer Zeit arterielles Blut benutzt; allein da das in die Venen injicirte venoͤſe Blut ſehr bald in die Lungen gelangt und daſelbſt arteriell wird, und da arterielles Menſchenblut bei weitem ſchwieriger als venoͤſes zu erhalten iſt, man alſo bei beabſichtigter 28 Transfuſion arteriellen Blutes meiſtens auf Thierblut angewieſen ſeyn würde, fo iſt es raͤthlich, in Uebereinſtimmung mit allen neu— ern Verſuchen, Venenblut zum Transfundiren zu wählen. Prevoſt und Dumas, fo wie Dieffenbach, haben eine verſchiedene Wir- kungsweiſe der einzelnen Beſtandtheile des Blutes bei der Trans— fuſion beobachtet: Serum oder zertbeilter Faberſteff hatte keinen andern Erfolg, als eingeſpritztes Waſſer oder Milch, d. h., es wirkte keiner von dieſen Beſtandtheilen wiederbel bend; wohl aber vermochte dieß der eruor. Daher hat Müller, beſonders um die Entſtehung eines in den Adern Stockung veranlaſſenden Blutge— rinnſels zu vermeiden, vorgeſchlagen, in den wenigen Faͤllen, wo eine Infuſion von Blut in die Adern eines Menſchen gerechtfertigt ſey, licher geſchlagenes, (vom Faſerſtoffe befreites) Blut zu injici⸗ ren. Dieſer Vorſchlag veranlaßte Biſchoff zu Verſuchen, unter denen beſonders der von Wichtigkeit, wo er einer Ente bis zum Eintritte von Zuckungen Blut abzapfte, das abfließende Blut durch Schlagen vom Faſerſtoffe befreite und den durch Filtriren vom a: ſerſtoffe geſchiedenen eruor nebſt Serum erwaͤrmt wieder injicirte, worauf das Thier in's Leben zurückkehrte; bald nachher öffnete er abermals die Ligatur, ließ von N.uem Blut abfließen, verfuhr wie fruͤher und belebte zum zweiten Male das voͤllig ſcheintodt da— liegende Thier durch Inj cd ion des faferftoffiihen im Serum ent- haltenen eruor, Der Verfaſſer wiederholte dieſen Verſuch bei einer Ente und einem Haſen mit dem beſten Erfolge; bei zwei Kanin— chen aber vergebens (wahrſcheinlich wegen der geringern Zähigkeit des Lebens dieſer Thiere). Um zu ermitteln, welche von den bei— den Methoden den Vorzug verdiene, ſtellte der Verfaſſer an ſechs durch Blutentziehung asphyctiſch gemachten Kaninchen Verſuche an, von deneu er dreien ein von Faſerſtoff befieites, den drei an— dern hingegen ein ungeſchlagenes friſches Blut injicirte; alle ſechs erholten ſich gaͤnzlich, aber offenbar die letzteren ſchneller und beſ— ſer, als die erſteren. Deßhalb wuͤrde, da die leicht eintretende Coa— gulation die Transfuſion jedenfalls erfolglos machen koͤnnte, bei Menſchen, wenn der Blutverluſt die Kraͤkte noch nicht zu ſehr ers ſchoͤpft hat, ein geſchlagenes, des Faſerſtoffs beraubtes, hingegen in Fällen einer bereits bedeutend gewordenen Asphyxie, zugleich auch um durch das Befreien des Blutes vom Faſerſtoffe keine Zeit zu verlieren, ein ungeſchlagenes Blut zur Transfuſion zu wählen ſeyn. Da bei der Transfuſion der Zweck zunächft in Erhaltung der Reſpiration und des Lebensproceſſes uberhaupt beſteht, fo iſt es, wie ſeit Blundell ſich vielfaͤltig erwieſen hat, durchaus nicht noͤthig ein dem verlorenen gleichkommendes Blutquantum zu injis ciren; wenige Unzen transfundirten Blutes vermoͤgen die Circula— tion und Reſpiration wieder ſo weit zu heben, daß der Organismus Zeit gewinnt, ſelbſt Blut zu reprodu iren und bei ferner fort— geſetzter ſtaͤrkender Behandlung in den gefunden Zuſtand zuruͤck— zukehren. Was den dritten Punct (Operatjonsmethode) anlangt, fo wird nur noch die mittelbare Transfuſton (die von Dieffenbach ſogenannte Pransfusio infusoria) angewendet, und zwar nur mit der einfachen Spritze. 1. Man lege eine zinnerne, etwa drei Uns zen haltende Spritze, deren Stempel gut ſchließt, aber ohne Be— feuchtung mit Oel ſanft geht, in miſchwarmes Waſſer. 2. Man öffne, je nach Umſtaͤnden, entweder durch einen einfachen Schnitt, oder nach vorhergegangener Bloßlegung durch vorſichtige Praͤpara— tion, die paſſendſte Armvene (oder außerdem die Vena jugularis externa) der zu rettenden Perſon in etwas ſchraͤger Richtung. In die geoͤffnete Ader ſchiebe man ein etwa 2“ langes, etwas ge— bogenes, an dem einen Ende hinlaͤnglich dünnes, aber abgerundetes, Roͤhrchen in der Richtung gegen das Herz hin in die Vene ein und laſſe es von einem Gehuͤlfen mit der einen Hand halten, während die andere Hand, mit dem Zeigefinger binter demſelben, die Vene comprimirt. 3. Man laſſe einem geſunden Menſchen mittelſt einer weiten Oeffnung zur Ader, fo daß das Blut in moͤglichſt ſtarkem Strome frei ausflſeßt. Davon fängt man die nöthige Quantität, moͤglichſt nahe der Venenoͤffnung, in einem etwa 3 - 4 Unzen haltenden, tiefen, in wilchwarmem Waſſer ſtehenden Gefäße auf. 4. Darauf ziebe man vorfihtig das Blut in die warme Spritze und laſſe das Gas reinigen. 5 Man wende die Spritze mit der Spitze nach Oben, ſchiebe den Stempel, um alle Luft zu entfernen, 29 etwas vor und treibe etwa einen Theeloͤffel voll aus der Spriten— fpige heraus. 6. Man ſenke die Sprigenfpige in das in der Vene des Patienten beſindtitte Röhrchen und injicire langſam und vorz ſichtig, nachdem der Gehülſe die Vene vor dem Röhrchen zu com: primiren aufgehört bat; jedoch laſſe man, um auch hier die Mog⸗ lichkeit des Lufteintrittes zu vermeiden, den letzten Blutreſt, etwa zu inem Eßtoffel voll, in der Sprige zuruck 7. Iſt die injicirre Blutmenge zur Belebung nicht hinlangtich, fo wiederhole man die Jujection ebenſo, indem man das Blut, durch Wiederanlegung der Adertaßbinde, aus der fruhern Oeffnung erhält, aber die zuerſt augfliehenden Tropfen nicht in dem Glasgefäaße auffangt. Das in der Ader des Patienten befindliche Roͤhrchen und die Spritze muſſen nach jeder Injection ſorgfaltig gereinigt werden. 8. Bei Injec— tion geſchlagenen Blutes iſt das Verfahren daſſelbez jedoch kann man die ganze erforderliche Blutmenge auf einmal ausfließen laſ— en. Während des Abfließens rührt man das Blut mit einem quirlfoͤrmigen Holzſtaͤbchen, ſeiht es darauf durch ein enges, feuch— tes, ziemlich dichtes und feines Leinwandlaͤppch en und inficirt die durchgelaufene, auf etwa 30° R. erwarmte, aus eruor und Se— rum beſtehende Fluͤſſigkeit. Das jo präparirte Blut kann noch, nachdem es 1 — 1 Stunde aus dem Körper entfernt worden, zur Injection gebraucht werden. 9. Nach der Transfuſion legt man 7 gewöhnlichen Aderlaßverband an. (Holſcher's Annalen. 3. „A4. H.) Bemerkungen gegen die Erklärung des Herz— ftoßes nach Dr. Gutbrod. Von Dr. Meſſerſchmidt. In den Neuen Notizen Nr. 245. (Nr. 3. des XII. Bds.) vom October 1839 S. 46 — 48 iſt die Erklarung des Herz⸗ ſtoßes nach Dr. Gutbrod, welche Dr. Skoda in feiner Ab— handlung über Auscultation und Percuſſion erläutert und verthei— digt, daraus woͤrtlich abgedruckt. Sie lautet wie folgt: „Es iſt ein bekanntes phyſicaliſches Geſetz, daß bei'm Ausfluſ— fe einer Fluͤſſigkeit aus einem Gefäße die Gleichmaßigkeit des Druk— kes, den die Gefaͤßwandungen durch die Fluſſigkeit erleiden, aufge— hoben wird, indem nämlich an der Ausflußoͤffnung kein Druck ftatt bat, an der der Ausflußoͤffnung aegenüberftehenden Wand des Ge— faͤßes aber derſelbe fortbeſteht. Dieſer Druck bringt das Segner— ſche Rad in Bewegung, er verurſacht das Stoßen der Schießge— wehre, das Zurückſpringen der Kanonen u. ſ. w. Bei der Zuſam— menziehung der Herzkammern verurſacht der Druck, den das Blut auf die der Ausflußöffnung gegenuͤberſtehende Wandung des Her— zens ausübt, eine Bewegung des Herzens in der, der Ausflußoͤff— nung entgegengef Bten Richtung, und dieſe Bewegung verurſacht den Stoß gegen die Bruſtwand. Das Herz wird mit einer der Schnelligkeit und der Menge des ausſtroͤmenden Blutes proportio— Am Kraft in der, den Arterien entgegengeſetzten Richtung ge— oßen.“ Dr. Gutbrod fuͤhrt ſelbſt an, daß, ſo wie ihm bekannt ge— worden, gegen dieſe, von ihm bereits in den mediciniſchen Jahrbu— chern des Oeſterreichiſchen Staates — Bd XIII. Stck. 2 — mit⸗ getheilte, Erklaͤrung des Herzſtoßes bisher nur Profeſſor Johannes Miller (Jahresber. f. d. J. 1836 S. 120) geſprochen habe, der dieſelde fur ein phyſicaliſches Mißverſtaͤndniß halte. Denn, ſagt er, bei der Fortbewegung des Blutes durch die Zuſammenziehung des Herzens finden nicht die Bedingungen ftatt. welche dem Sto— Ben der Schießgewehre und dem Zuruͤckſpringen der Kanonen zum Grunde liegen, naͤmlich die ſchnelle und gewaltſame Ausdehnung der hierbei ſich entwickelnden Gaſe, die nach allen Seiten hin auf 1955 fie einſchließenden Wände gleichmäßig auseinandertreibend wirken. Die DDr. Gutbrod und Skoda ſuchen hierauf ihre gege⸗ bene Erklärung des Herzſtoßes gegen die Einwendungen von Z. Müller zu rechtfertigen durch Berufung auf die bereits oben ans geführten phyſicaliſchen Vorgänge und deren weitere Erörterung, welche dieſelben glauben macht, daß ihre Vorſtellung uͤber den Grund des Stoßes der Schießgewehre von der J. Muͤller'ſchen Im 30 abweiche. Wenn aber auch biefe Vorſtellungen von einander ab+ weichen, fo bleibt doch immer noch zu unterſuchen übrig, auf wel⸗ cher Seite die Wahrheit ſey; denn nur dieſe liefert einen Beitrag zur Bereicherung der phyſiologiſchen Wiſſenſchaft. Ich habe die aufgeſtellten Beweisgrunde ciner wiſſenſchaftlichen Unter ſuch ung auf Wahrheit unterworfen und theile hier das Ergebniß derſel⸗ ben mit. Dr. Gutbrod ſagt: „Ich halte naͤmlich dafür, daß bei der Erklaͤrung des Stoßes der Schießgewehre die Kugel ganz übers fluſſig iſt. In der That ſtoßen die Schießgewehre, auch wenn ſie keine Kugel und keine Steppel enthalten, wenn man Pulver eins füllt und entzuͤndet. Das ſich erpandirende Gas druckt nach allen Richtungen gleich ſtark auf div Wände des Schießgewehrs. Der Druck auf den Theil der Wandung, welcher der Mundung des Laufes gegenuͤberliegte, findet keinen Gegendruck; mithin muß ſich das Schießgewehr zuruckbewegen.“ Die Angabe „findet keinen Gegendruck“, iſt jedoch eine fals ſche Voraussetzung, aus der alſo nicht gefolgert werden kann, daß ſich das Schirßgewehr durch den dabei nur einſeitig ftattfins denden Druck zuruͤckbewegen müfe. Dr Gutbrod hat namlich bei der Berrachtung jenes Vorganges überfchen, daß das von ihm bloß mit Pulver geladene Gewehr in der atmofpbärifchen Luft ab— geſchoſſen wurde, die mithin auch bis zu dem Pulver durch die Mündung in das Rohr eingedrungen war und daſelbſt von dieſer Seite her auf das Pulver drückte mit einer Kraft, die gleich war dem Gewichte einer Queckſilberſaule von der Grundfläche des Roh— res und der Höhe des dermaligen Baromsterftantes Mit dieſer Kraft wirkte alſo hierbei die Luft von der Mündung her der Ex— panſivkraft der Gafı entgegen, die ſich aus dem entzündeten Pul— ver entwickelten. Demnach war hier nicht der einſeitige Druck derſelben auf den Grund des Rohres die Urſache des Zuruckſtoßes, ſondern jene Gegenwirkung der äußern Loft. Ferner macht Dr. Gutbrod zur Begründung ſeiner Anſicht auch Anwendung von dem Vorgange an der Segner'iſchen hydrauliſchen Maſchine. Die phyſicaliſche Erklärung deſſelben, nach welcher der bloß einſeitige Druck des Waſſers die ruckgaͤngige Umdrehung derſelben be- wirken ſoll, iſt allerdings die allgemeine und gilt auch daher als ein phyſicaliſches Geſetz. Allein jene Erklärung iſt nicht vollftäne dig, nicht alle Umftände dabei berüͤckſichtigend Hat denn irgend Jemand die Segner'ſche Maſchine im moͤglichſt luftleeren Raume durch Waſſer in Bewegung zu ſetzen verſucht. — Ich zweifle, daß das bisher geſcheben ſeyn moͤge. Nun, auch ohne dieſen Ver— ſuch, iſt es gewiß, daß nicht der einſeitige Druck des Waſſers al— lein die ruͤckgaͤngig drehende Bewegung jener Maſchire bewirkt; ſondern daß die umgebende gemeine Luft einen großen Antheil da— ran hat. Denn dieſe druckt von Außen her ununterbrochen gegen die aus den Oeffnungen der horizontalen Roͤhrchen hervorſpringen— den Waſſerſtrahlen und wirkt alſo der Druckkraft dieſer entgegen, welche den Gegendruck nach Innen bis zu der Wand der Roͤhrchen fortpflanzen, die ihrer Oeffnung gegenuͤberliegt. Bei der bekannten Einrichtung dieſer Maſchine muß daher jener Gegendruck der äuße⸗ ren Luft die Haupturſache ihrer ruͤckgaͤngigen Bewegung feyn. - Das zu electriſchen Verſuchen beſtimmte fogenannte Klug: rad, beſtehend in einem dünnen, wagerecht drehbar auf einer Spitze ruhenden, metallenen Kreuze, deſſen vier ſpige Enden unter einem rechten Winkel nach ein und derſelben Seite umgebogen ſind, liefert ein Beiſpiel von rüdgängig drehender Bewegung, welche hier allein durch das Ausftrömen des electriſchen Stoffes und durch die Gegenwirkung der umgebenden Luft bewirkt wird, nach Art der ruͤckgaͤngigen Bewegung, welche die elaſtiſchen Kugeln der, zu dem phyſicaliſchen Apparate gehoͤrenden, Stoßmaſchine machen, wenn fie auf ruhende ftoßen. Dr. Gutbrod wendet hierauf ein phyſicaliſches Geſetz vom Gleichgewichte der Kräfte auf die Bewegung des Herzens an, ins dem er fagt: Das Blut druckt während der Kammerſyſtole auf jede Stelle der Herzwandung mit derſelben Kraft zuruͤck, mit wel⸗ cher es von dieſer gepreßt wird.“ Dagegen iſt gar nichts einzu⸗ wenden aber deſto mehr gegen das Folgende. „Da der Druck auf den Theil der Herzwandung, welcher der Ausflußmündung ges rade gegenuͤberliegt, durch keinen Gegendruck aufgehoben wird, 81 fo muß das Herz in der der Wusflıßmindung entgegengeſetz— ten Richtung zuruͤckweichen, falls der Druck fo groß iſt, daß er das Gewicht des Herzes überwinden kann. Die Beobachtung zeigt, daß das Herz in manchen Fälle! während jeder Kammerſyſtole bedeutend nach Abwärts ruͤckt. Wie ſoll man dieſes Herabruͤcken anders erklaren, als durch das erwähnte phyſicaliſche Geſetz.“ — Erſtens hat hierbei Dr. Gutbrod und nach ihm auch De. Skoda abermals uͤberſehen, daß die Ausflußöffnung der Herz— kammern nichts weniger, als frei ift, daß die durch die Kammerſy— ſtole in die Schlagader getriebene Blutmaſſe in der Ausflußoffnung, von den Klappen getragen, noch vorliegt, wenn die folgende Kam- merſyſtole eine neue Blutmaſſe nachdruͤckt und die aller Schlaga⸗ dern vor ſich herſtoͤßt, den Pulsſchlag bewirkend. Hierbei übt alfo die arterielle Blutmaſſe einen ſehr bedeutenden Gegendruck gegen die aus der Herzkammer nachgedrückte Blutmaſſe aus, und mithin iſt es keineswegs der bloß einfeitige Druck derſelben, der hier gar nicht ſtattfindet, welcher bei der Kammerſyſtole den Rückſtoß des Herzens bewirkt; ſondern gerade jener Gegendruck in der Ausfluß— oͤffnung. Indem zweitens Dr, Skoda ſagt: „Ich nehme darum kei⸗ nen Anftand, zu wiederholen, daß Gutbrod's und meine Erklaͤ— rung des Herzſtoßes ſich auf ein wohlverſtandenes phyſicaliſches Geſetz gruͤndet;“ ſo fand ich mich bewogen, darauf aufmerkſam zu machen, daß daſſelbe doch nicht gruͤndlich genug von ihnen verſtan— den ſey, und daher, nach ihrer falſchen Anſicht von der Urſache des Ruckſtoßes bei Schießgewehren und von der des ruͤckgaͤngigen Umdrehens des Seanerfhen Rades, keinen Erklaͤrungsgrund für den Herzſtoß abgeben koͤnne der alſo auf dieſe Weiſe von ihnen nicht erklärt iſt. Es bedarf aber auch zur Erklaͤrung des Herzſtoßes gar nicht des von Dr. Gutbrd und Skoda angewendeten phyſicaliſchen Geſetzes; denn das Herz macht ja ohne alle Ruͤckwirkung einer Blutmaſſe feine Kammerſyſtole noch eine Zeitlang rhythmiſch fort, wenn es ſchon aus einem lebenden Thiere herausgeſchnitten ift. Bei jeder Kammerſyſtole macht aber das Herz, in dieſem Falle auch ohne Mitwirkung des Blutes, eine Stoßbewegung gegen die anliegenden Koͤrper, und dieſe muß freilich um ſo ſtaͤrker ſeyn, ſo lange ſich das Herz in feiner organiſchen Verbindung b findet, wo feinen Kammern Blut zum Forttreiben zugeführt wird. Denn durch die Einwirkung deſſelben werden die Contractionen der Mus— kelfaſern, welche die Kammérwandungen bilden, verſtaͤrkt, und dieſe bewirken dabei, indem ſie das Blut austreibend zuſammendruͤcken, den kraͤftigeren Herzſtoß gegen die anliegenden Theile, wenn auch nicht nach Art der Schießgewehre, da dieſe kein organiſch lebender Muskel ſind, wie das Herz, deſſen Muskelfaſern zu Buͤndeln und dünnen, bandartigen Streifen verbunden find, die in der Queere und nach der Laͤnge ſich kreuzend ſchichtweiſe uͤbereinander liegen und ſo die dicken Wandungen, beſonders der Aortenkammer, zuſam— menſetzen. Hieraus ergiebt ſich denn hinreichend klar, daß die wahre Ur— ſache des Herzſloßes keine andere ſey, als die ſchnelle und kraͤftige Contraction der musculöfen Kammerwandungen, wobei das waͤh— 32 rend ihrer Erſchlaffung platt liegende Herz ſich, vermoͤge der ange— gebenen Lage ſeiner Muskelfaſern, rundet und wohl auch ein We— nig verlaͤngert, was nothwendig Erhebung deſſelben und Stoß be— wirken muß, der zugleich mit einer angemeſſenen Rückwaͤrtsbewe— gung des Herzens verbunden ſeyn kann, deren Urſache aber das arterielle Blut iſt, das dem aus der Herzkammer nachgetriebenen Blute einen ſo großen Widerſtand entgegenſetzt, daß dieſes auch von daher auf die gegenüberliegende Kammerwand zurückwirken muß, die bemerkbare Zuruͤckweichung des Herzens verurſachend. Mis ee ben. Gegen die Magenfäure bei Gichtiſchen empfiehlt Brodie die Darreichung abſorbirender Mittel, Magneſia, Kali oder Natron, drei oder vier Stunden nach jeder Mahlzeit, weil man dieſe Mittel gerade zu der Zeit geben muͤſſe, wo ſich die Saͤure im Magen befinde, waͤhrend die Mittel nachtheilig ſeyen, wenn ſie zu einer Zeit in den Magen gelangen, in welcher nichts Neutraliſirbares darin ſey. Werden dagegen die Saͤuren, die ſich etwa vier Stunden nach der Mahlzeit im Magen befinden, nicht entfernt, ſo gehen ſie in den uͤbrigen Koͤrper uͤber und bewirken, namentlich in den Nieren, eine Secretion von Harnſaͤure. Es zeigte ſich dieß bei einem Kranken, welcher an einem Rheumatis— mus des Knies, mit rothem Satze des Urines, litt. Dieſer bemerkte, daß, wenn er die Alkalien drei oder vier Stunden nach feiner Mall- zeit nahm, der Urin keinen Satz zeigte; nahm er dagegen das Mittel erſt fuͤnf oder ſechs Stunden danach, ſo zeigte ſich der Satz fo reichlich, als gewöhnlich. (Med. Chir. Review, July 1839.) Eine Heilung einer großen Blaſenſcheidenfiſtel hat nach dem American Journ. Aug. 1839 Dr. Hayward zu Maſſachuſetts vermittelſt einer dem Verfahren von Dieffenbach aͤhnlichen Operation geheilt. Die Fiſtel lag 14 Zoll über dem Bla⸗ ſenhalſe, hatte eine Groͤße, daß der Zeigefinger leicht durchdrang und verdickte Enorpelige Ränder. Zuerſt wurde eine dicke Bougie in die Blaſe eingefuͤhrt und damit die ganze Fiſtel herabgedruͤckt; hierauf wurde der Rand eine Linie dick abgetragen und nach Stil— lung der Blutung ringsherum die Schleimhaut der Blaſe ahgelöft, um der Wundflaͤche eine groͤßere Breite zu geben und ein Durch— dringen der Suturen bis in die Blaſe zu verhuͤten. Es wurden hierauf drei Knopfnaͤthe angelegt; die Suturen wurden am ſechs— ten Tage weggenommen, und die Heilung war vollkommen erreicht. (Man vergl. über das Dieffenbach'ſche Verfahren Chir. Ku: pfertaf. Taf. 381.) Necrolog. — Der hochverdiente Arzt Sir William El- lis, unter andern durch feine Leitung des Hanwell Lunatic Asy- lum vortheilhaft bekannt, iſt vor einigen Wochen in bereitsijvorge: ruͤckten Jahren geſtorben. ibo ger ae pe hies ch e ne ui g Re ie e n. Nouveau Recueil de Planches coloriées d’Oiseaux, pour ser- vir de suite et de complement aux Planches enluminées de Buffon. Par C. J. Temminck et Meiffren Laugier, Baron de Chartrouse. Livr, 98 — 102. Paris 1839. 4. (Hiermit tft nun das ausgezeichnete, auf 600 Tafeln geftiegene, Werk vollendet. A History of the fossil fruits and seeds of the London Clay. By James Scott Bowerbank etc. London 1840. 8. Part. I. Mit 17 Tafeln und 6 Bogen Text. The Dangers, Irrationality and Evils of Quackery; addressed to the Members of the Provincial Medical and Surgical Asso- ciation. By Charles Cowan, MD, London 1839. 8. An Exposition of Quackery and Imposture in Medicine; being a popular Treatise on Medical Philosophy, By Dr. Ticknor. New-York 1839. 8. — — — — _ Meue Wotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober, Medicinalratde $rerıep zu Melmar, und dem Mebicinatratte und Profeſſer Frorier ju Berlin. Mo. 267. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. (Nr. 3. des XIII. Bandes.) Gedruckt im Landes: Induftries Somptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Januar 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Ma ant er DACTYLIUS, eine neue Gattung Eingeweide— wuͤrmer aus der Ordnung der Hohlwuͤrmer (Ne- matoidea). Beſchrieben von F. B. Curling. (Plerzu die Fig. 20, 21 und 22 der mit Nr. 265 ausgegebenen Tafel.) Nematoideen. Character der Gattung: Corpus te— res elasticum annulatum et utrinque attenuatum, caput obtusum, os orbiculare, auus trilabiatus. — Art:, DACTYLIUS aeuleatus, mit folgendem Character: Capite obtuso, toto corpore aculeorum serie multi- plici armato, cauda obtusa et annulata. — Hab. in Hominis vesica urinaria, Stacheln am Kopfe find in mehreren verfchiedenen Are ten von Entozoän gefunden worden; aber das Vorhanden— ſeyn dieſer ſonderbaren Hautanhaͤnge auf dem Körper iſt nur bei einem Wurme der Nematoideen, dem Strongylus horridus, einem in dem oesophagus des Waſſerhuhns gefundenen Thiere, bemerkt worden. In dieſem Wurme beſtehen fie aus zuruͤckgebogenen kleinen Haͤkchen und find in vier Laͤngen-Reihen angebracht; aber dieſe erſtrecken ſich nur eine kurze Strecke dem Koͤrper entlang, und in der in Entozoorum Historia naturalis Vol. 1 tab. 3. Fig. 8 und 9 gegebenen Abbildung ſcheinen fie einzelne Stacheln zu ſeyn, ſtatt in Haͤufchen vorzukommen, wie in dem Dac- tylius aculeatus. Profeſſor O we n, indem er von die— ſen Epidermisfortſaͤtzen ſpricht, (welche er als greifende In⸗ ſtrumente betrachtet, um den Ruͤſſel und den Wurm in feis ner Lage zu halten) bemerkt: „Wenn ſie uͤber die Oberflaͤche des Körpers verbreitet find, fo mögen fie die Zuſatzfunction haben, bei der Fortbewegung der Art zu helfen, analog den Stacheln, mit welchen die Segmente des Oestrus ausgeſtattet find, welcher feinen Larvenzuftand, wie ein En— to oon, im Innern des Magens und des Darmcanals der böher organifisten Thiere *) zubringt. *) Cyclopaedia of A i Vol 11. 5. = natomy and Physiology. Art. Entozoa. No. 1367. R. . er Der Dactylius aculeatus wird wahrſcheinlich, als größeres zoologiſches oder pathologiſches Intereſſe befigend, ans geſehen werden. Die einzigen Hohlwuͤrmer, von denen bisher be kannt war, daß ſie die Harnorgane des Menſchen heim— ſuchen, find der Strongylus gigas und der Spiro- ptera hominis *); von beiden unterſcheidet ſich Dactylius in mehreren wichtigen Puncten. Bemerkenswerth iſt, daß in dem Falle, wo der Wurm gefunden wurde, keine entſpre— chende Störung der Harnwerkzeuge vorhanden und die Ent— deckung des Wurmes im Urine ganz zufaͤllig war. Es ſcheint dieß alſo ein weiteres Beiſpiel, welches zu denen von Trichocephalus dispar und Trichina spiralis hinzu⸗ kommt, von Wuͤrmern, welche bei Menſchen vorkommen, oh— ne irgend Symptome, oder nachtheilige Wirkungen in dem Theile, wo ſie ſich finden, hervorzubringen, und allem An⸗ ſcheine nach, ſich bei geſunder Beſchaffenheit der Gewebe entwickeln. Ich glaube, daß paraſitiſche Thiere im menſch— lichen Körper viel häufiger vorkommen, als gewoͤhnlich ange— nommen wird, indem fie gewöhnlih wegen ihrer großen Kleinheit uͤberſehen werden. er Figur 20 zeigt den Dactylius aculeatus, den männlichen und weiblichen, in natuͤrlicher Größe (das größere ift das weibliche Individuum, das kleinere das maͤnnliche). Figur 21 eine Seitenanſicht eines Theils der Hautdecken, mit einem Haͤufchen Stacheln und den ſtrahlenartigen Fibe en, wodurch fie bewegt werden. Figur 22. eine Portion des Wurmes, ſehr beträchtlich vergrößert und die Anordnung der Stacheln zeigend. (Jledico-chirurgical Transactions published by the Royal medical and chirurgical Society of London. Second Series. Vol IV. London 1839. 8. pag. 275. ffg.) ) Der Wurm, welcher von der Frau ausgeleert wurde, deren Geſchichte Lawrence in dem zweiten Bande der Medico chi- rurgical Transactions beſchrieben hat. 3 35 Ueber heftige ſaͤulenfoͤrmige Wirbelwinde, welche durch große kreisfoͤrmige Feuer entſtanden zu ſeyn ſcheinen. Von Herrn W. C. Redfield. “) Seitdem ich mich mit Ermittelung der naͤhern Beſchaf— fenheit der Orcane beſchaͤftigt, habe ich vielfach Gelegenheit gehabt, Vergleichungen zwiſchen dieſen großen und den klei⸗ neten Arten von Wirbelwinden anzuſtellen. Im Laufe mei: ner Forſchungen kamen mir auch mehrere Fälle vor, in des nen ſehr heftige Wirbelwinde durch Feuer veranlaßt worden ſeyn ſollen. Ich ſchrieb die Berichte Über dieſe Erſcheinun— gen mit allen Nebenumſtaͤnden nieder, und behielt mir vor, bei einer ſpaͤtern Arbeit über die kleinen Wirbelwinde, an die ich noch nicht habe kommen koͤnnen, dieſe Notizen zu benutzen. Indeß hat die muͤndliche Erwaͤhnung dieſer Faͤlle bei Meteorologen und uͤberhaupt Intereſſe erregt und man— che Anfrage bei mir veranlaßt, ob ich nicht alle Einzelnhei— ten der Erſcheinung bekannt machen wolle. Hierdurch fuͤhle ich mich bewogen, dieſe Faͤlle, ſo wie ich ſie aufgeſetzt, ohne Weiteres zur oͤffentlichen Kenntniß zu bringen. Der juͤngſte Fall dieſer Art, von dem ich jedoch zuerſt Kunde erhielt, ereignete ſich im Jahre 1830 in der Flur der Stadt Greenbuſh bei Albany. Was ich daruͤber in Erfahrung gebracht, erzählte mir bald nach dem Vorfalle Herr William Aik in von Greenbuſh, ein ſcharf beobach— tender Mann und dabei ein ſehr achtbares Mitglied der Ge— ſellſchaft der Freunde, auf deſſen Meierei das Exeigniß ſtatt— fand. Die Umſtaͤnde wurden, in Gegenwart des Herrn Ai— kin nach deſſen Angaben, ſorgfaͤltig zu Papiere gebracht, und das Protocoll von ihm durchgeſehen und beglaubigt. Bericht des Herrn William Aikin. „Im Jahre 1830 halte ich einen Wald von etwa 25 Acker Grundflaͤche abtreiben und das Buſchwerk auf der gan— zen Oberflache in Haufen, die zum Verbrennen beſtimmt waren, aufſetzen laſſen. Ehe dieſelben in Brand geſteckt wurden, ließ ich am ganzen Umkreiſe des Grundſtuͤckes das Buſchholz wegraͤumen und nach der Mitte zu ſchaffen, da— mit das Feuer ſich dem benachbarten Walde nicht mitthei— len koͤnne, und der Reiſigabraum bildete um das Innere der gerodeten Waldflaͤche einen großen kreisfoͤrmigen Gürtel, der an einem warmen und völlig windſtillen Sommertage faſt an allen Seiten zugleich angezuͤndet wurde. Rauch und Flamme zogen bald der Mitte des Grundſtuͤckes zu, wo ſie in Geſtalt einer gewaltigen Saͤule mit großer Geſchwin— digkeit in die Hoͤhe wirbelten. Mit der Staͤrke dieſes Wir— bels nahm auch der Brand ſchnell an Kraft zu, und da Hitze und Flamme durch die Aufwaͤrtsbewegung der Säule von allen Seiten nach Innen gezogen wurden, ſo wurde die ſpiralfoͤrmige Bewegung oder das Wirbeln der Säule im— mer ſchneller und heftiger. Es war ein praͤchtiges Schau— ‘ WM 2 *) Der Connecticutſchen Academie der Wiſſenſchaften und Künfte am 22. Januar 1839 vorgelefen und ſpaͤter im Söften Bde. des Silliman’fchen Journals abgedruckt. 30 ſpiel, dem ſich ein lautes brauſendes und beſtaͤndig krachen— des donneraͤhnliches Geräufch beigeſellte, wie ich es bei hef— tigen Hagelwettern oͤfters gehoͤrt habe. „Di ſes merkwuͤrdige Geraͤuſch, welches gewiß auf meh» rere engl. Meilen Entfernung vernehmbar war, war auch von häufigen lauten Exploſionen oder Knallen, wie Flinten - oder Piſtolenſchuͤſſe, begleitet, ſo daß man das Heckenfeuer exercirender Truppen zu hören glaubte. „Das Brauſen und Krachen, das heftige Wirbeln der Saͤule waͤhrte, meiner Schaͤtzung zufolge, etwa 20 Minu— ten lang. Die Geſchwindigkeit des Emporwirbelns war fo gewaltig, daß ich der Luft eine ſolche nicht zugetraut haͤtte, und die Säule erſtreckte ſich faſt fo hoch, als das Auge reichte. Zuweilen nahm dieſelbe eine geſchlaͤngelte Form an, kehrte aber dann wieder zur ſenkrechten Richtung zuruͤck“. Von Herrn Akin erfuhr ich auch, daß er bei mehre— ren Gelegenheiten in Hagelwolken eine wirbelnde Bewegung wahrgenommen habe, und daß dann ein fortwaͤhrendes don— neraͤhnliches Brauſen ſtattfinde, welches mit dem von ihm im obigen Falle vernommenen Aehnlichkeit habe. Eines die: ſer Hagelwetter zog, ſeiner Angabe zufolge, keine 120 Fuß von ſeinem Wohnhauſe voruͤber, entwurzelte Baͤume, wirbelte deren Aeſte in die Luft und verwuͤſtete einen Landſtrich von 60 — 70 Schritt Breite Ein anderer ſtaͤrkerer Hagel: ſturm richtete auf Herrn Aikin's damaligem Gute gewal— tigen Schaden an, indem die Schloſſen 4 — 5 Zoll, ja an einzelnen Stellen bis 20 Zoll hoch lagen. Der Strich, den dieß Hagelwetter verwuͤſtete, hatte faſt eine Stunde Breite, und daſſelbe war nicht nur von ſtarkem Donner und Blitz, ſondern ebenfalls von jenem eigenthuͤmlichen Geraͤuſche begleitet, wel— ches bei dem Verbrennen des Buſchholzes bemerkt wurde. In dieſem Falle fühlte man unten an der Erde keinen Wir: belwind, der jedoch in den hoͤhern Regionen der Atmoſphaͤre in ſehr ausgedehntem Grade thaͤtig zu ſeyn ſchien. Einen zweiten Bericht, der einen aͤhnlichen intereſſan— ten Fall betrifft, erhielt ich von Herrn Theodor Dwight, der gegenwaͤrtig zu Hartford im Staate Connecticut lebt, und fruͤher in unſerer Hauptſtadt wohnte. Herr Dwight hat mir den Vorfall mehr als einmal erzählt und auf meis ne Bitte Folgendes uͤber denſelben niedergeſchrieben. Bericht des Herrn Theodor Dwight. „Im April 1783 wohnte ich zu Stockbridge im Staate Maſſachuſetts. Das Wetter war ſeit einigen Wochen un— gewoͤhnlich trocken geweſen, und an mehreren Orten war durch Waldbraͤnde bedeutender Schaden angerichtet worden. Unter andern kam auch ein ſolcher auf einem Berge vor, der zwiſchen Great Barrington und Stockbridge liegt. Der Brand verbreitete ſich bis zum noͤrdlichen Ende des Berges, das ſuͤdlich von Stockbridge an den Fluß Houfatonic ftößt, welcher durch die Stadt flieft. Am Fuße des Berges, wo derſelbe gegen Norden auslaͤuft, befand ſich ein offenes Feld, welches kurz vorher gerodet worden war, und auf dem die ganz duͤrr gewordenen Reiſighaufen noch lagen. Als der Brand dieſes Feld erreichte, ſchickte der Eigenthuͤmer deſſel— ben feine Leute hin und ließ das Reiſig an allen Ecken an: 37 zuͤnden. Das Wetter war warm und heiter, die Luft volls kommen windſtille. Ich befand mich in meiner Wohnung nur ! Stunde Wegs vom Feuer; ploͤtzlich ward meine Auf— merkſamkeit durch ein brauſendes Geraͤuſch, das von ſtarkem Donner her zurühren ſchien, erregt. Als ich aus der Haus— thuͤr trat, entdeckte ich alsbald den Grund deſtelben. Als ſich das Feuer Über das ganze Feld verbreitet hatte, war mitten in demſelben ein Wirbelwind entſtanden, und als ich die Erſcheinung zuerſt gewährte, bot dieſelbe ein furdtbar = prächtiges Schauſpiel dar. Die Flamme batte ſich von allen Seiten zu einer unten „breiten, oben dünner werdenden Säule angeſammelt, die ſich 150 — 200 Fuß hoch ſenk— recht uͤber den Erdboden erhob. Sie drehte ſich mit un— glaublicher Geſchwindigkeit, waͤhrend von der Spitze derſel— ben ein ſchwarzer Rauchpfeiler aufſtieg, deſſen Ende das Auge nicht erreichen konnte, und der mit derſelben Geſchwin— digkeit, wie die Flamme ſelbſt, wirbelte. Das dabei ſtatt— findende Geraͤuſch war ſo laut, wie das des ſtaͤrkſten Don— ners, den ich je gehoͤrt, und da es ununterbrochen fortdau— erte, ſo reichte es bis zu einer groͤßern Entfernung, als auf welche der Donner gewoͤhn ich vernehmbar iſt. So lange die Brunſt waͤhrte, ruͤckte die ganze Saͤule langſam und majeſtaͤtiſch von einer Stelle des Feldes zur andern; allein ſonſt war die Luft faſt durchaus frei von Flamme eder Rauch, die ſich ſaͤmmtlich in der Säule vereinigten. Der Rauchthurm uͤber der Feuerſaͤule wirbelte nicht nur gewaltig geſchwind herum, ſondern ſchlaͤngelte ſich auch, wegen feiner unermeßlichen Hohe, zierlich in der Luft, wodurch die Er: ſcheinung um Vieles ſchoͤner ward. Die Wucht des Wir— bels war fo groß, das junge Bäume von 6 — 8 Zoll Durchmeſſer, welche auf dem Boden umherlagen, in die Hohe geriſſen und 40 — 50 Fuß hoch in die Luft geführt wurden. „Die Scene war fuͤr mich durchaus neu, und obgleich fie ſich vor faſt funfzig Jahren ereignet hat, fo lebt fie doch noch friſch nn meiner Erinnerung, und nicht leicht habe ich ein praͤchtigeres Schauſpiel geſehen.“ New-⸗York d. 28. November 1831. - Herr Dwight erzählte mir auch, der Mann, welcher das Feld in Brand geſteckt, ſey durch den Feuerwirbel in ſolches Schrecken geſetzt worden, daß er in den benachbarten Fluß geſprungen ſey. f Bei Gelegenheit einer Reife nach Amherſt fin Maſſa— chuſetts, die ich im Auguft 1832 unternahm, empfing ich von dem dort anſaͤſſigem Dr. Cowles folgende Nachrichten Über eine ähnliche Erſcheinung, welche ſich in der Nachbar— ſchaft jener Stadt zugetragen hatte, und von welcher der Doctor Augenzeuge geweſen war. Bericht des Dr. Cowles. „Im Sommer 1824 hatte ich das mir unnuͤtze Stamm⸗ holz und Reiſig von ſieben Acker Fichtenwaldboden zum Verbrennen aufſchichten laſſen. Der Wald war einige Mo— nate früher ausgerodet worden. Ich waͤhlte zum Verbren- nen der Materialien einen warmen und dabei windſtillen Tag, damit keine Gefahr für die benachbarte Holzung ent— 38 ſtehe, und lud einige Bekannte dazu ein. Die Materialien lagen in Haufenreiben und wurden, ſo viel als möglich, rings um das Grundſtuͤck von allen Enden zugleich ange— zuͤndet. Flamme und Rauch vereinigten ſich bald über der Mitte des Feldes zu einer gewaltigen wirbelnden Saͤule, welche ſich ke— gelförmig bis zu einer aufterordentlichen Hoͤbe erhob, Da— bei fand ein furchtbares Brauſen ſtatt, welches auf weite Entfernung vernebmbar war. Wenngleich durchaus kein Wind wehte, hatte der Wirbelwind doch eine ſo gewaltige Kraft, daß große Aeſte ſelbſt von Stellen, welche das Feuer nicht beruͤhrte, hoch in die Luft geführt wurden, und eine Strecke vom Felde wieder zur Erde gelangten. „Dr. Cutler zu Amherſt theilte mir mit, jener Brand babe feine Aufmerkſamkeit erregt, obwohl er ſich 2 Stunden weit von demſelben in ſeiner Behauſung befunden. Er habe von dort aus eine hohe Rauchſaͤule erblickt und zugleich ein folches Brauſen gehort, wie es durch eine lo— derndes Feuer in einem Schornſteine erzeugt wird.“ Ein geſcheidter Landwirth in der Grafſchaft Delaware (im Staate New: York), mit dem ich mich am 9. Mai 1832 zuſammenfand, erzaͤhlte mir, er habe öfters bei'm Verbren— nen des Abraums gerodeten Wa dbodens die Entſtehung von Wirbelwinden beobachtet, und dieſe ſeyen ſo heftig geweſen, daß ſchwere Aeſte dadurch in die Luft gefuͤhrt worden waͤren. Erſt vor Kurzem habe er einen ſolchen mit angeſehen, der ſich an einer Bergwand in die Hoͤhe bewegt und Baͤume umgeriſſen haͤtte. Bei'm Abbrennen eines hoͤlzernen Haufes habe ich ſelbſt von Zeit zu Zeit etwas Aehnliches bemerkt, und bei großen Feuern kommen überhaupt wohl oft ſtͤßweiſe Wirbelwinde vor. *) Uebrigens iſt mir kein genauer Bericht über bei großen Braͤnden von Staͤdten oder Waͤldern vorgekommene aͤhnliche Erſcheinungen, ſelbſt wenn keine Windſtille dabei ſtattfand, irgendwo aufgeſtoßen, als folgender, den ich in einer amerikaniſchen Zeitung fand. „Großer Brand. Die Gegend von Miramichi **) iſt öfters der Schauplatz jener gewaltigen Waldbraͤnde gemes fen, welche in America nicht ſelten große Strecken verwuͤ— ſten. Im Herbſte 1825 ereignete ſich ein ſolches Ungluͤck am Fluſſe Miramichi, und die Brunſt erſtreckte ſich 140 Meilen in die Laͤnge und 70 in die Breite. Daß gerade kein Wind wehete, machte keinen großen Unterſchied; indem, wie Herr Mac Gregor bemerkt, ſchon durch die Verduͤn— nung der Luft ein Wind erzeugt ward, der nach und nach eine orcanartige Heftigkeit annahm. Der Wald hatte dieſes⸗ mal ſchon einige Tage lang gebrannt, ohne daß man irgend Beſorgniß gehegt haͤtte; am 7. October aber erhob ſich ein „) Im Monate Auguſt 1889 ward bei dem Brande eines der großen Holzhoͤfe des Pale Collegiums Aehnliches bemerkt. Der Hof bildete ein Rechteck, und die Dolzvorräthe waren meiſt am Umkreiſe deſſelben aufgehaͤuft. Bei dieſer Gelegen⸗ beit bemerkten mehrere Perſonen, in'sbeſondere Herr B. E Hamlen, der Drucker von Silliman's Journal, eine ſol⸗ che Saͤule von Feuer und Rauch. „) Miramichi liegt in der engliſchen Provinz Neubraunſchweig, unfern dem ſuͤdweſtlichen Ufer des St. Lorenz⸗Buſens. 3 * 39 heftiger Wind aus Weſten und die Bewohner der Flußufer wurden ploͤ lich durch ein gewaltiges Getoͤſe in den Waͤl— dern in Schrecken geſetzt, welches dem unaufhoͤrlichen Kra— chen von lauten Do nerſchlaͤgen glich, waͤhrend ſich zugleich die Atmoſphaͤre mit dickem Rauche füllte und verfinſterte. Sie hatten kaum Zeit, die Urſache dieſer außerordentlichen Erſcheinung zu ermitteln, ehe die ganzen Waͤlder in der Um— gegend in lichten Flammen ſtanden, die ſich ein bis zwei Hundert Fuß uͤber die Gipfel der hoͤchſten Baͤume erhoben. Das Feuer waͤlzte ſich mit unglaublicher Schnelle fort und bot das furchtbar erhabene Schauſpiel eines ſtuͤrmiſchen Flammenmeeres dar. Zwei Staͤdte, Douglas und New— caſtle, waren im Nu ergriffen, und viele Einwohner flarben den Feuertod. Eine Menge Holzhacker kamen im Walde um; das Vieh verbrannte Heerden-weiſe; ſelbſt die Voͤgel, welche nicht vorzuͤglich ſtarke Flugkraft beſaßen, wurden in großer Menge vernichtet; ſo ſchnell griff das Feuer um ſich. So— gar die Fluͤſſe wurden durch die vielen brenzlichen Stoffe, die in deren Waſſer fielen, fo ſehr verunreinigt, daß man Lachſe und andere Fiſche in großen Maſſen todt am Ufer fand. Vielleicht iſt die Feuersnoth noch nirgends im groͤ⸗ ßern Maaßſtabe auf der Erde vorgekommen, als hier.“ Der Verfaſſer obiger Stelle iſt mir unbekannt; ſie ſcheint aber nur ein Bluchſtuͤck eines laͤngern Berichtes uͤber jenes vollkommen beglaubte furchtbare Ereigniß zu ſeyn. Bemerkungen uͤber vorſtehende Faͤlle. Unter den vielen Betrachtungen, die ſich uns bei Le— ſung obiger merkwuͤrdigen Erſcheinungen aufdraͤngen, will ich nur folgender fluͤchtig gedenken: 1. Die durch Feuer, ſelbſt wenn dieſe groß und heftig ſind, hervorgebrachte Verduͤnnung der Luft, kann ſolche Wirkungen nicht hervorbringen. Die taͤg⸗ liche Erfahrung lehrt zur Genuͤge, daß ſich aͤhnliche Reſultate nicht aus der Verdünnung der Luft allein erklären laſſen. Der ſtaͤrk— ſte Hitzgrad, welcher je durch Feuer in der Atmoſphaͤre erzeugt worden iſt, koͤnnte nie eine aufſteigende Stroͤmung von einer Staͤr— ke erregen, die hinreichte, benachbarte Koͤrper von bedeutender Schwere fortzubewegen oder gar in die Luft hinaufzufuͤhren. 2 Vorſtehende Refultate laſſen ſich nur durch eine ftätig und heftig wirkende ſtrudelnde Kraft er: klaren. Dieß ſcheint fo klar, daß wir nichts weiter zu deſſen Erklaͤrung hinzuzufuͤgen brauchen. 3. Der Urſprung der drehenden Bewegung und deren laͤnge— re Dauer am Unkreiſe der Brunſt ſcheinen hauptſachlich von der kreisfoͤrmigen Stellung der verſchiedenen aͤußeren Theile des Feuers und der Abweſenheit eines ſtoͤren⸗ den horizontalen Luftſtromes herzuruͤhren. Befindet ſich dagegen der Hauptſitz der wirbelnden Bewegung in einer hochſtrei— chenden atmoſphaͤriſchen Strömung ,„ fo ift die fortſchreitende Be— wegung des unterſten Theiles der wirbelnden Säule auf der Erd— oberfläche, fo wie der dieſem Fortſchreiten durch eine Queerſtroͤ— mung dargebotene Widerſtande, nicht hinreichend, die regelmäßige Entwickelung und das Fortruͤcken eines kraͤftigen Wirbelwindes zu hemmen. Dieß zeigte ſich hoͤchſt deutlich bei dem Orcane, wel— cher im Juni 1835 durch die Stadt New-Brunswick im Staate New Jerſey fuhr. 4. Die aufſteigende Kraft der wirbelnden Saͤule zeigt ſich in obigen Faͤllen in hoͤchſt auffallendem Grade. Man hat bemerkt, daß die erhitzte Luft von den ſtaͤrk— ſten Schmeizoͤfen ſich zu keiner ſehr bedeutenden Hoͤhe in die Luft 40 erhebt; die aufſteigende Kraft bricht ſich an dem Widerſtande der Luft und an der Vermengung der heißen mit der kalten Luft, und die Miſchung verbreitet ſich bald in horizontaler Richtung. Dage— gen beſitzt eine wirbelnde Saule eine weit bedeutendere Steigkraft; ſie wird weit verſchiedener und ſchneller in die Hoͤhe gefuhrt, und dieß ſcheint gerade von der fpiralformigen Bewegung der Saule herzuruͤhren, die in der Richtung der Axe derſelben bis zu einer noch nicht ermittelten Hohe fortwirkt. Selbſt der ringfoͤrmige Wirbel, welchen man zuweilen bei'm Abfeuern von ſchwerem Ge— ſchuͤtze an deſſen Mündung oder an dem Sicherheitsrohre der hoch— druͤckenden Dampfmaſchine beobachtet, ſcheint, ungeachtet ſeiner un— guͤnſtigen Geſtalt, die Eigenſchaften eines Wurfgeſchoſſes zu beſiz⸗ zen, und wird ebenfalls zum Theil nach Art einer Rakete, vermöge der drehenden Bewegung um den cylinderfoͤrmigen Kern des Rin— ges her, vorwaͤrts getrieben. In dieſem Falle bewegt ſich die Luft in einer ſenkrecht zur Ebene des Ringes ſtehenden Richtung vor— waͤrts ). Ueber die naheren Gründe und Bewirkung dieſer Auf— waͤrtsbewegung der wirbelnden Säule kann ich mich hier nicht weitl uftiger ausſprechen— 5. Die Aehnlichkeit der vorſtehenden Fälle mit jenen heftigen ſäulenfoͤrmigen Wirbelwinden, welche ſo haͤufig uͤber den Kratern feuerſpeiender Berge entſtehen, ſo wie die wahrſcheinliche Identität der beide Erſcheinungen hervorbringenden Urſachen ver: dient gewiß Beruͤckſichtigung. Wir begreifen auf dieſe Weiſe, wie die vulcaniſche Aſche ſo ungeheuer hoch in die Luft gefuhrt, und dann von den in verſchiedenen Hoͤhen herrſchenden Winden ge— waltig weit weggeweht werden kann. Das laute brauſende Ge. rauf) und das donneraͤhnliche Krachen, welche ſich bei vulcani« ſchen Ausbrüchen vernehmen laſſen, werden durch die uns vorlie— genden Faͤlle im Kleinen dargeſtellt und theilweiſe erklaͤrt. 5. Es ſcheint, daß in obigen Fällen auch electris ſche Exploſionen oder Entladungen vorkamen, und daß es nur an der gegenſeitigen Beruͤhrung groͤßerer Maſſen der obern und untern atmoſphaͤriſchen Schichten, fo wie an der Anweſenheit eines ftärkeren Waſſerniederſchlages fehlte, (Umſtaͤnde, welche ſich in der, bei den auf natuͤrliche Weiſe entſtehenden Wirbelwinden ſo oft vorkommenden ſogenannten Gewitterwolke vorfinden), um wirklichen Donner und Blitz hervorzubringen. Bei den fo eb nee wähnten vulcaniſchen Erſcheinungen wird die letztere Wirkung voll— ftändig erzeugt. 7. Dieſe Faͤlle koͤnnen gewiſſermaßen die begünftigenden Ein- fluͤſſe erklären, welche in Betreff der Erzeugung von Wirbel- winden, Windsbraͤuten, Waſſerhoſen 2c., in den windſtillen Breiten in der Nähe des Aequators und mitten im Oceane an der aͤußern Graͤnzlinie der Paſſatwinde ftattfinden. Da in un: ſeren Breiten die Hauptbewegungen der ſich in horizon aler Rich— turg drehenden Luft verhaͤltniß naßig langſam find, fo konnen hier die geringeren Einfluͤſſe der Vordunnung der Luft in Thaͤtigkeit treten, durch welche haͤufig Stoßwinde, Waſſerhoſen und andes re oͤrtliche Bewegungen in der untern Atmoſphaͤre erzeugt werden. 8. Der Wind bewegt ſich, wenn er ſenkrecht emporwirbelt, wie es in den obigen Fällen geſchah, weit geſchwinder, und alſo auch heftiger, als unter andern Umftänden. 9. In dieſen Faͤllen laͤßt ſich auch wahrnehmen, wie wirkſam die an der Oberflaͤche der Erde erhitzte Luftſchicht vermittelſt der Wirbelbewegung durch eine daruͤberliegende ausgeglichene kaͤltere Schicht oder hoͤhere Stroͤmung hindurchgetrieben wird, was auf keine andere Weiſe in demſelben Grade möglich wäre. 10. Aus dieſen und aͤhnlichen Betrachtungen erklaͤrt ſich die plögliche Bildung von Hagel bei Wirbelwinden, die ſich im Som— mer ereignen; und ſowohl die ſchichtweiſe Structur der Hagelkoͤr— ) Der hier beſchriebene Wirbel wird auch in einer fehr ſchoͤnen Weiſe durch das Verbrennen von Phosphor-Waſſerſtoffgas⸗ Blaſen erzeugt, die eben aus Waſſer emporſteigen. In die— ſem Falle laſſen ſich die eigenthuͤmlichen Bewegungen des ring— foͤrmigen Wirbels, fo wie die den Wirbelwinden eigene nach⸗ haltige und ausdehnende Kraft mit Vork heil beobachten. 41 ner, als deren häufige Sprengung enthält Belege für die Exiſtenz und die Wirkungen der heftigen wirbelnden Bewegung und die Wechſel der thermometriſchen und hygrometriſchen Umftände, denen ſie nach einander ausgeſetzt worden ſind, bevor ſie aus dem Wirbel herausgekommen und auf die Erde gefallen ſind. 11. Betrachtet man obige Faͤlle in Verbindung mit vielfach vorgekommenen Naturerſcheinungen, fo beftätigen fie des Weiteren Franklins Anſicht, daß die Säulen: Wirhelminde überhaupt we⸗ ſentlich dieſelbe Erſcheinung ſeyen, wie die Waſſerboſen. 12. Das eigenthuͤmliche Brauſen und die krachenden Explo— fionen, welche in den obigen Fallen beobachtet wurden, geftatten uns, ſelbſt unter Umſtaͤnden, wo ein Wirbelwind die Erdoberfläche nicht berührt, auf die Anweſenheit eines ſolchen in den höheren Regionen der Luft, z. B., innerhalb einer ſichtbaren Gewitterwolke, zu ſchließen. 13. Vielleicht leiten uns dieſe Geraͤuſche auch auf die Spur der Erklarung derjenigen Toͤne, welche ſich bei der Fortbewegung des Triebſandes, z. B., bei'm Djebel Narkous, oder in der Ges gend des koͤnenden Berges, bei Tor an dem Rothen Meere '), fo wie auch an einer Bergwand bei Regruwan in Gabul, wovon Kaiſer Baber und Capitaͤn Burnes reden, hoͤren laſſen. Nach der Beſchreibung der Localitaͤten, wo dieſe Geräufche vernommen werden, und den ſie begleitenden Umftänden, die ich jedoch hier uͤbergehen muß, zu ſchließen, kann ich kaum daran zweifeln, daß ſie durch einen, auf der vom herrſchenden Winde abgewandten Boͤ— ſchung des Berges entſtehenden, ſich um eine horizontale Axe dre— benden Wirbelwind hervorgebracht werden, welcher mit dem ber ruͤchtigten Helmwinde des Groß Fell-Berges in der Engliſchen Graſſchaft Cumberland von einerlei Art ſeyn dürfte. Das uns durch die Betrachtung obiger Erſcheinung eröffnete Feld der Forſchung iſt ausgedehnt und in vieler Beziehung intereſ— ſant; leider kann ich daſſelbe aber gegenwaͤrtig nicht ſo vollſtaͤndig ) S. Wellstead’s Travels in Arabia. II. p. 3 — 27. London 1838. Vol. 42 durchforſchen, als ich wohl wuͤnſchte. Journ. July — Oct. 1839.) Mi len In Beziehung auf die Erblichkeit acquirirter Modificationen bat Dr. F. Cuvier wenigſtens einige Frag⸗ mente mitgetheilt. „Die Modificationen, welche wir den von uns erſt gezähmten Thieren mitgetheilt haben, find für ihre Nachkom⸗ menſchaft nicht verloren.“ Unter unfiren Hausthieren iſt keine Race, welche nicht ihre unterſcheidenden Eigenſchaften durch Zeu— gung uͤbertrage und nicht hoͤchſtwahrſcheintich fie zufälligen Umftäns den verdanke. Ich fage zufällige Umftände, denn man kann ſie ihnen erhalten, ſie erwerben laſſen, ſie verlieren machen. Es iſt eine Art von Kunſt, die Reinheit der Racen zu erhalten, ſie zu modificiren, fie zu verändern und ganz neue Racen hervorzu⸗ bringen. — Man iſt ſtets ſicher, neue Racen zu bilden, wenn man Sorge trägt, immer ſolche Individuen ſich begatten zu laſſen, welche man zum Charactere der Race machen will. Nach einigen Generationen werden dieſe Character, die Anfangs zufällig produ— cirt wurden, fo ſtark eingewurzelt ſeyn, daß fie nicht anders vers nichtet werden konnen, als durch das Zuſammentreffen ſehr maͤchti⸗ ger Umftände; und die intellectuellen Eigenſchaften befeſtigen ſich ſo wie die phyſiſchen Eigenſchaften. So iſt es, daß die Hunde ſich für die Jagd durch eine befondere Erziehung gebildet haben, deren Wirkungen ſich fortpflanzen , aber welche unterhalten werden müfs ſen, damit ſie nicht wieder ausarten. Ueber die Entwickelung von Licht bei Pflanzen, dieſe zuerſt von Linns's Familje an Tropaeolum majus beobach⸗ tete Erſcheinung, hat Dr. Willſhire der Botanical Society zu London eine Mittheilung gemacht, nach welcher die Erſcheinung nur im Juli und Auguſt, bei warmem trocknen Wetter, niemals bei feuchter Luft, ſtatt hat. Dann ging er auch diejenigen Pflan⸗ zen durch, welche während der Faͤulniß Licht entwickeln, u. a. Schwaͤmme Karteffeln ꝛc. (Edinburgh new philos, Neri k ee , de Faͤlle von gluͤcklicher Behandlung des chroniſchen Waſſerkopfs durch Druck. Von J. F. Barnard. Die folgenden Faͤlle werden in einer beſonderen Bro— chuͤre mitgetheilt, welche vor Kurzem in London erſchienen iſt. Der Verf. ſagt, daß er dadurch auf dieſe Behand» lungsweiſe gefuͤhrt worden ſey, daß er mehrmals Koͤpfe Er— wachſener von einer Groͤße geſehen habe, welche auf keine andere Weiſe, als durch hydrocephalus in der Kindheit, bedingt werden ſeyn koͤnne. In dieſen Faͤllen ſey die Na— turheilung wahrſcheinlich dadurch bewirkt worden, daß die Kopfknochen ſich verhaͤltnißmaͤßig fruͤh vereinigten und auf dieſe Weiſe einen natuͤrlichen und ſehr wirkſamen Druck— verband bewerkſtelligten. Daraus entnahm der Verf. die Indication, der Natur nachzuahmen und allmaͤlige Compreſ— ſion des Kopfes gegen dieſe Krankheitsform anzuwenden: Erſter Fall. Ein Kind von etwa 14 Jahren war bis zu ſeinem ſechsten Monate ſcheinbar geſund; dann fing der Kopf an, zuzunehmen, und Hr. Barnard ſah das Kind erſt. als bereits alle Hoffnung auf einen guͤnſtigen Ausgang verſchwunden ſchien. Der Kopf war ungewoͤhnlich groß, hatte eine Schwere von ungefähr 3 des Übrigen Körpers und einen Umfang von 224 Zoll. Das Kind lag in einem Zuſtande von Stupor und war nicht im mindeſten Grade faͤhig, eine Bewegung mit dem Kopfe zu machen; dabei leichter Strabismus mit Rollen der Augen und faſt beſtaͤn⸗ digem Zucken der Muskeln des ganzen Koͤrpers und beſon— ders des Geſichtes. Das Ausſehen war leichenartig; die Haut gelblich; die Augen tief eingeſunken und von einem dunkeln Ring umgeben; die Weichtheile hingen ſchlaff an den Knochen; die Darmausleerungen hatten ein ungeſundes, bald gruͤnliches, bald ſchwaͤrzliches Ausſehen ſeit dem Beginne der Krankheit. Die Zunge war ſtets dick, weiß delegt, und wenn der Kopf bewegt wurde, ſo ſchrie das Kind und ſchien Schmerz zu empfinden; der Kopf wurde nun vollkommen glatt raſirt, worauf er mit 4 Zoll breiten Heftpflaſterſtreifen nach allen Richtungen hin umgeben wurde, fo daß die Schaͤdelwandun⸗ gen dadurch eine hinreichende Unterftügung erhielten. Dabei wurden fortgeſetzt kalte Umſchlaͤge Über den Kopf gemacht, und das Kind erhielt, wenn es erforderlich war, etwas Ri⸗ cinusoͤl. Die guten Wirkungen dieſer Behandlung waren deutlich; in weniger, als einer Woche konnte der kleine Pa: tient ſeinen Kopf leichter bewegen; das Schielen hoͤrte auf; 43 die Darmausleerungen wurden normaler, und das Zucken ber Muskeln ſeltener. Auch hoͤrte das Schreien auf, wenn man den Kopf bei Erneuerung des Verbandes bewegte. In Zeit von 14 Tagen war der Umfang des Kopfes um 4 Zoll vermindert; das Kind war lebendiger und nahm auch von den es umgebenden Perſonen Notiz. Die Darmausleerun— gen wurden vollkommen normal, die Zunge ziemlich rein, und die Haut von natürlicher Farbe; das Ausſehen war verſtaͤndiger und belebter. Zwei Monate nach Beginn der Behandlung ſchien das Kind in jeder Beziehung geſund; aber der Kopf war immer noch größer, als er eigentlich ſeyn ſollte; er hatte 20 Zoll Umfang, aber die Weichtheile des Koͤrpers waren feſt, die Hautfarbe geſund; der Verband wur— de etwa zwei Monate länger angewendet und dabei alle 14 Tage erneuert. Die Knochen waren zu dieſer Zeit vollkom— men vereinigt, der Kopf feſt und das Kind befand ſich wohl, ſo daß es nur Zeit erforderte, ſeine Muskeln, die ſo lange in Ruhe geweſen waren, wieder vollkommen in Thaͤ— tigkeit zu bringen. Zweiter Fall. J. W, ein Kind von zehn Mo— naten, war geſund auf die Welt gekommen und erſt einen Monat ſpaͤter unwohl, und wie man glaubte, wegen unge— nuͤgender Nahrung, da die Mutter nicht im Stande war, das Kind zu naͤhren, kraͤnklich geworden. Zwei Aerzte wur— den nach einander ohne weiteren Erfolg conſultirt, und der Kopf vergroͤßerte ſich im Verlaufe mehrerer Monate bis zu einem Umfange von 21 Zoll; die Fontanelle waren ganz offen und ausgedehnt, die Knochen loſe und beweglich; das Ausſehen uͤbel; das Geſicht gedunſen; die Muskeln erſchlafft; die Pupillen erweitert, unempfindlich, die Augen ſchielend und dabei bisweilen Convulſionen. Das Maͤdchen lag in halb comatöfem Zuſtande und ſchien gegen das, was um es herum vorging, unempfindlich; die Darmthaͤtigkeit war re— gelmaͤßig; die Ausleerung aber ungeſund. Hr. Barnard ließ den Kopf rafiten, legte die Heftpflaſter an, unterließ aber die kalten Umſchlaͤge. Am 5. Maͤrz. Nach einer Woche waren die allgemei— nen Symptome gebeſſert; die Darmausleerung normal; das Schielen verſchwunden; der Kopfumfang nicht vermindert; die Pflaſter wurden feſter angelegt. Das Maͤdchen hat ſei— ne Nahrung beſſer zu ſich genommen. Am 16. März. Keine Convulſionen mehr, Darmthaͤ⸗ tigkeit normal, mit einer einzigen Doſis Ricinusoͤl. Das Ausſehen gebeſſert; der Geſichtsausdruck klarer; das Kind beginnt, von den Umgebungen Notiz zu nehmen. Am 10. April. Die locker gewordenen Pflaſter wur— den friſch angelegt; der Umfang des Kopfs hatte um einen halben Zoll abgenommen, und von nun an nahm die Ge: ſundheit des Kindes immer mehr zu, fo daß zu Ende des Monats jedes uͤbele Symptom beſeitigt war. Am 6. Mai. Das Kind iſt ſtaͤrker und voller gewor— den; der Appetit gut; das Ausſehen geſund; die Pfla: ſter wurden erneuert, und es zeigte ſich, daß der Um— fang des Kopfes wiederum einen Zoll abgenommen habe; die Pflaſter wurden nochmals angelegt und im Juli wegge⸗ 44 laſſen, da zu dieſer Zeit das Kind vollkommen geſund ſchien und der Kopf nur noch 1857 Zoll maß. Dritter Fall. Jane Parfit, ein Kind von acht Monaten, war ſchon mit einem großen Kopfe geboren, wel— cher bis zum 15. Januar fortwährend zunahm. Die vor- dere und hintere Fontanelle waren weit offen, die Kopfkno— chen duͤnn, beweglich und von einander getrennt. Das Kind liegt beſtaͤndig und iſt nicht im Stande, den Kopf aufrecht zu erhalten; die Pupillen find erweitert, gegen Licht unems pfindlich; dabei Strabismus, bisweilen Convulſionen, waͤhrende Unruhe, Uebelkeit, abnorme Darmſecretion; der Appetit gut, faſt bis zur Gefraͤßigkeit; das Geſicht blaß, abgemagert; Theilnahmloſigkeit gegen alle Umgebungen, faſt bis zum coma geſteigert. Der Kopf wurde raſirt, der Pflaſterverband angelegt: der Umfang des Kopfes betrug 19 Zoll. Die Compreſſion wurde ohne Steigerung der Zufaͤlle ertragen; dabei wurde noͤthigenfalls Nicinusöt gegeben. Waͤhrend des erſten Monats zeigte ſich wenig Veraͤnderung in Bezug auf den Kopfumfang oder den allgemeinen Zus ſtand, außer daß die Convulſionen nicht ſo haͤufig eintraten und die Darmausleerungen ein mehr geſundes Ausſehen hatten. Am 2. Maͤrz. Seit 14 Tagen keine Convulſionen; Strabismus beſeitigt; Ausleerungen normal. Der Kopf wird allmaͤlig feſter; der Geſichtsausdruck lebendiger und ges ſuͤnder; der Schlaf iſt gut. Den 15. März, Bei Erneuerung des Verbandes war der Umfang des Kopfes um 5 Zoll vermindert; der Pfla— ſterſtreif von der Stirn zum Hinterhaupte wurde weggelaſ⸗ ſen, da er wegen groͤßerer Feſtigkeit des Kopfes unnoͤthig ſchien. Der Fall beſſerte ſich ohne Stoͤrung ſechs Wochen lang; das Kind nahm an Fleiſch zu; die Darmausleerungen waren normal; die Convulſionen und die Unruhe waren vollkommen verſchwunden; der Kopf iſt feſter; die Fonta⸗ nelle ſind kleiner; die Suturen ſind ziemlich geſchloſſen. Am 3. Mai wurde der Verband erneuert; der Kopf— umfang war nur wenig vermindert; das Kind iſt mehr im Stande, denſelben zu bewegen, obwohl die Halsmuskeln noch nicht im Stande ſind, ihn aufrecht zu erhalten. Es ſind ſeit Beginn der Krankheit vier Zaͤhne durchgebrochen. Von dieſer Zeit an beſſerte ſich der kleine Patient all— maͤlig; die Kraͤfte nahmen zu; die Pflaſter wurden zum letzten Male im Juli erneuert; das Kind war nun im Stande, den Kopf mit nur geringem Zittern aufrecht zu er— halten. Im September ſchien es vollkommen geſund, ob— wohl der Kopf noch groͤßer, als gewoͤhnlich war, von 18 Zoll Umfang, dagegen uͤberall feſt, mit Ausnahme eines kleinen Stuͤckes der vordern Fontanelle. Ein Jahr darauf ſah Hr. Barnard das Kind wieder und fand es in jeder Beziehung gefund: Vierter Fall. Bei einem ſechs Monate alten Kine de, deſſen Kopf 19 Zoll Umfang zeigte, wurde die Come preſſion vorgenommen; die Fontanelle waren weit offen und von Fluͤſſigkeit aufgetrieben. Die Knochen loſe und beweg— lich. Das Kind war nicht im Stande, den Kopf zu tras fort⸗ 45 — gen und lag beftindig mit aufgetriebenem leidenden Geſichte; erweiterten, unempfindlichen Pupillen, Strabismus, Unruhe und bisweilen Convulſionen; die Haut iſt trocken, rauh, der Urin ſpaͤrlich, der Darm verſtopft. Der Kopf wurde rafiıt und der Verband am erſten Juni angelegt. Am 15. Juni zeigt ſich eine merkliche Beſſerung im Zuſtande des Kindes; es iſt ruhiger, der Strabismus beſei— tigt, und die Pupillen contrahiren ſich etwas bei Einwirken des Lichts; das Ausſehen iſt beſſer. Am 2. Juli. Es war Ricinusoͤl erforderlich, uͤbri— gens das Kind in jeder Beziehung beſſer, das Ausſehen iſt gut, die Haut weich, die Urinmenge normal. Bei Erneue— rung des Verbandes fand ſich, daß der Kopfumfang 2 Zoll abgenommen habe. Am 24. Juli wurde der Verband wieder erneuert; das Kind beſſerte ſich fortdauernd; das Geſicht hat einen natuͤr— lichen Ausdruck; jede Spur von anasarca iſt verſchwunden. Die Darmthaͤtigkeit iſt regelmäßiger; es iſt bloß wöchentlich einmal etwas Ricinusôl erforderlich. Hierauf wurde der Verband noch zwei Mal erneuert; die Beſſerung ſchritt un— geſtoͤrt vor; im October uͤberſtand das Kind die Maſern, und zu Anfange Decembers war das Kind vollkommen ge— ſund, der Kopf 18 Zoll und ganz feſt, mit Ausnahme der vordern Fontanelle, welche noch theilweiſe offen war. Fünfter Fall. Ein Kind, 12 Monate alt, ließ ſeit vier Monaten eine allmaͤlige Vergroͤßerung des Kopfes bemerken; der Umfang betrug jetzt 19 Zoll. Fontanelle und Suturen waren weit offen, die Schaͤdelwaͤnde indeß nicht beſonders ausgedehnt, obwohl man Fluͤſſigkeit in der Tiefe fühlen konnte; der ganze Kopf war ſchlaff; die Kopfknochen gewiſſermaßen flottirend; das Geſicht zuſammengefallen, blaß; der Koͤrper ſehr abgemagert; die Pupille erweitert, ein Au— genlid gelaͤhmt. Gewoͤhnlich lag das Kind in ruhigem Schlafe, zeigte einige Gefraͤßigkeit und hatte bei unregelmaͤ— ßiger Darmthaͤtigkeit immer ungeſunde Excretion. Das Kind war von drei Aerzten behandelt und aufgegeben wor— den. Der Kopf wurde raſirt und der Pflaſterverband am 10. Maͤrz angelegt; obwohl die Compreſſion dabei mehr ge— ſteigert wurde, als in einem der fruͤhern Faͤlle, ſo folgte doch kein unguͤnſtiges Symptom. Drei Monate lang trat keine beſondere Veränderung ein; hierauf wurde der Verband erneuert; die Darmthaͤtigkeit und der Appetit waren gut. Ein Monat ſpaͤter, am 15. Juli, wurde der Verband noch— mals erneuert; der Kopf erſchien etwas feſter, aber von gleichem Umfange; in dem Allgemeinbefinden war auch keine beſondere Veraͤnderung zu bemerken; die Darmthätigkeit war regelmaͤßiger. Statt der Milchdiaͤt wurde nun Fleiſchbruͤhe verordnet. Am 5. September waren beide Augenlider in vollkom⸗ mener Thaͤtigkeit. Es waren keine Convulſionen zugegen; Unterleib normal; Ausſehen gut und ausdrucksvoll. Das Kind kann mit geringer Unterſtuͤtzung ſitzen und ſcheint les bendig. Der Kopf iſt viel feſter und hat um 1 Zoll an Umfang abgenommen. Die Glieder werden voller. Am 29. October iſt der Kopf feſt; die Suturen ſind geſchloſſen; das Kind fängt an, zu gehen; der Pflafterver: 46 band bleibt nun weg; die Beſſerung ſchreitet fort, und in drei Monaten iſt die Geſundheit vollkommen hergeſtellt. Sechster Fall. Ein Kind von drei Monaten war mit ungewoͤhnlich großem Kopfe geboren, und dieſer hatte fortwährend zugenommen, fo daß er jetzt 17 Zoll Umfang hatte. Die Symptome waren dieſelben, wie im vorigen Falle, mit Ausnahme des Schielens und der Laͤhmung des Augenlids. Am 15. Auguſt wurde der Kopf raſirt und der Pflaſterverband angelegt. Nach zwei Monaten war der Zus ftand des Kindes betraͤchtlich gebeſſert: der Kopf feſter; Con: vulſionen waren nicht mehr vorhanden; die Darmthaͤtigkeit regelmaͤßig; die Ausleerung geſund. Die Pflaſter wurden im Laufe der folgenden drei Monate zwei Mal erneuert; es zeigte ſich kein unguͤnſtiges Symptom. Ende Januars war das Kind vollkommen hergeſtellt. Die Suturen zeigten ſich vollkommen, die vordere Fontanelle beinahe geſchloſſen; det Kopf hatte indeß an Umfang von Anfang an nicht abge— nommen. Waͤhrend des ganzen Veclaufs wurde das Kind geſaͤugt, und es bedurfte nur ſelten einer Nachhuͤlfe. Ueber den Zuſtand des Blutes bei'm Abdominal— typhus. Von Profeſſor Forget. Nach einer gelehrten Unterſuchung über den genannten Gegenſtand kommt der Verfaſſer zu einem Reſuͤmé, welches wir hier mittheilen. Bei 123 Aderlaͤſſen in allen Perioden der Krankheit war das Blut bei 48 normal, bei 24 mit einer Entzuͤn⸗ dungshaut, bei 15 erweiht*); die Erweichung des Blutes fand ſich alſo nur in einem Achtel der Fälle (4,). Ver⸗ gleichen wir das Blut der erſten und der dritten Woche, ſo zeigt ſich bei 37 Aderlaͤſſen der erſten Woche achtundzwanzig Mal normales Blut, ſieben Mal eine Entzuͤndungscruſte, zwei Mal Erweichung, der erweichte Zuſtand alſo nur im achtzehnten Falle (25). Bei 28 Aderlaͤſſen in der dritten Woche erſchien das Blut dreizehn Mal normal, neun Mal mit einer Entzuͤndungshaut, vier Mal erweicht, alſo im ſiebenten Falle (4) erweicht. Allerdings läßt ſich behaupten, daß das Blut im Ty⸗ phus im Allgemeinen nicht das Ausſehen gewaͤhre, wie bei andern Krankheiten, z. B., Pneumonie, Rheumatismus ꝛc.; aber von den Merkmalen ausgeſprochener Entzündung bis zu einem Zuſtande von Aufloͤſung oder Faͤulniß, wovon die Schriftſteller ſprechen, iſt noch ein weiter Abſtand, und es wird hier behauptet, daß es im Allgemeinen unmoͤglich ſey, typhoͤſes Blut vom andern zu unterſcheiden. Noch ganz neuerdings wurde das Blut einer Frau, welche an metritis (nicht im Wochenbette) und einer andern, welche an Abdos minaltyphus in der zweiten Woche mit den Symptomen der Adynamie litt, verglichen; beide waren vollkommen aͤhn⸗ lich, fie hatten ein reichliches, derbes eoagulum, auf der Oberflaͤche roth, mit normalem Serum ꝛc.; dagegen beobs ) Das Original ſummirt hier 123, was nicht zutrifft. 47 achtet man in der Pneumonie und bei'm Rheumatismus coagula von ſtaͤrker rother Farbe und minderer Plaſticitaͤt, als bei manchem Typhus. Noch vor Kurzem kam eine Frau mit Kopfſchmerz und heftigem Fieber ohne Addomi— nalſymptome in die Clinik; das Blut eines Aderlaſſes zeigte ein ſchwarzes, zerfließendes coagulum, fo daß, wenn man darauf etwas haͤtte geben wollen, man die Kankheit fuͤr einen Typhus haͤtte erklaͤren muͤſſen. Zwei Tage darauf trat eine Geſichtsroſe auf welche in drei Tagen durch Mer— curialeinreibungen beſeitigt war. Auch der gelatinöfen Cru— ſte kann man keinen Werth beilegen, da ſie, ſowohl mit conſiſtentem als erweichtem Blute, in allen Perioden der Krankheit vorkoͤmmt und durchaus keinen ſemiotiſchen Werth hat. Es iſt möglich, daß fie bei'm Typhus haͤufiger vor— kommt, als bei andern Krankheiten; allein folgender Fall ſteht nicht allein: Im letzten Juni war eine Frau mit acuter hepatitis und ieterus im Spitale; das gelaſſene Blut zeigte ein derbes, ſchwarzes coagulum mit gelatinöfer, zaͤher, fehleimähnt cher Cruſte; wenn man hier auch ſagen kann, daß moͤglicher Weiſe der Farbeſtoff der Galle das Blut veraͤndert habe, fo kann jedenfalls die gelatinöfe Grus ſte nicht als characteriſtiſches Merkmal des Tophus betrach— tet werden, wobei ſie uͤberdieß mindeſtens eben ſo ſelten vorkoͤmmt, als die Erweichung des Coagulums. Aus allen angeſtellten Beobachtungen ergiebt ſich: 1. eine bemerkbare Veraͤnderung des Blutes in den verſchiede— nen Perioden des Typhus iſt keineswegs eine allgemeine Er— ſcheinung. 2. Das Blut ſcheint ſelten in der erſten Pe— riode verändert. 83. Das Blut erſcheint um fo weniger ſelten veraͤndert, als die Krankheit weiter vorgeſchritten iſt. 4. Der Grad der ſcheinbaren Veraͤnderung des Blutes, wo eine ſolche vorhanden iſt, iſt nicht immer mit den Perio— den der Krankheit im Verhaͤltniß. 5. Die bemerkbare Ver— Anderung des Blutes füllt keineswegs immer mit den Sym— ptomen der Faͤulniß oder Atarie zuſammen und vice ver— sa. 6. Die verſchiedenen Formen der Blutveraͤnderungen, wo eine ſolche vorhanden iſt, ſcheinen keineswegs mit irgend einer beſtimmten Form der Krankheit zuſammenzuhaͤngen. 7. Die Veraͤnderung des Blutes ſteht mit der Schwere der Krankheit nicht immer im Verhaͤltniſſe. 8. Die Blut— veraͤnderung nimmt bei demſelben Individuum nicht immer im Verhaͤltniſſe zu den angeſtellten Aderlaͤſſen zu; bisweilen findet das umgekehrte Verhaͤltniß ſtatt. 9. Die bemerkba— ren Veraͤnderungen des Blutes, wo ſie vorhanden ſind, ſchei— 48 nen ganz zufaͤllig zu ſeyn und von Umſtaͤnden abzuhaͤngen, die nicht zu ermitteln ſind. Wenn aber hiernach einem veränderten Ausfehen des Blutes beitm Typhus keine beſondere Bedeutung beigelegt werden kann, ſo iſt damit nicht geſagt, daß keine Veraͤnde— rung exiſtire. Dieſe muß aber in etwas Anderem geſucht werden, als bloß in dem aͤußeren Ausſehen der Fluͤſſigkeit; hier muͤſſen wir von dem Mikroſcop und von der Chemie Aufſchluß erwarten. (Gazette médicale. 48.) Miscellen. Eiſenbrodt hat Dr. D erouet:Boifier zur Behandlung aller der Kranken, bei denen ein fortgeſetzter Gebrauch der Eifenz ſalze erforderlich iſt, auf eine Weiſe bereitet, wodurch das Brodt, weder in Ruͤckſicht auf Geſchmack, noch in Bezug auf Farbe, ver— aͤndert erſcheint. Semmeln von drei Unzen koͤnnen 20 Gr. ferrum subcarbonicum enthalten, ohne daß dieß zu bemerken wäre. Eben— ſo verhaͤlt es ſich mit den uͤbrigen Eiſenmitteln. Man kann daher ſehr leicht 40 Gr. Eiſen in einem Tage gehen, was wohl die ſtaͤrkſte Doſis iſt, die man anwenden moͤchte. Dr. Louvel in Saint Denis hat dieſes Eifenbrodr mit Vortheil angewendet. Man bedient ſich des Eiſens beſonders bei Frauenkrankheiten, bei denen meiſtens der Magen ſchon geſchwaͤcht iſt. Giebt man alsdann außere halb der gewöhnlichen Mahlzeiten die Eiſenmittel, fo wird die normale Verdauung geſtoͤrt und der Magen auf ungewoͤhnliche Weiſe belaͤſti nt; bei Darreichung des Eiſenbrodtes dagegen geſchieht die Aſſimilation des Medicaments leicht und ohne Zweifel auch vollkommener. Ueberhaupt iſt das Brodt das zweckmaͤßigſte Vehi— kel fuͤr Arzneimittel, da es, ohne Beigeſchmack dargeſtellt, den Kranken nie zuwider wird. Daß die Aufnahme des Eiſens in den Organismus in dieſer Form vollſtaͤndiger ſtattfindet, ergiebt ſich unter Anderm daraus, daß eine Drachme Eiſen, in dieſem Brodte taͤglich genommen, keine ſchwarze Faͤrbung der faeces bewirkte, fo daß wohl ohne Zweifel alles Eiſen abſorbirt war. (Gaz. méd. No. 47). Das nervoͤſe Delirium, welches bei hyſteriſchen und ner— voͤſen Perſonen beſonders durch heftige Gemuͤthsaffecte veranlaßt wird und oft fo große Hartnaͤckigkeit zeigt, beobachtete Dr. Mad— dock in einem Falle, wo die Aufregung ſo groß war, daß nur durch die ſorgfaͤltigſte Aufmerkſamkeit Selbſtmord verhuͤtet wer— den konnte, waͤhrend der Kopf kuͤhl, die Extremitaͤten kalt und mit kleberigem Schweiße bedeckt, der Puls klein und beſchleunigt und die Pupillen contrahirt waren. Er behandelte dieſe Kranke mit Opiumclyſtiren und bewirkte dadurch in drei Tagen die Hei— lung, nachdem zuvor drei Tage lang die Darreichung von Mor— phium und andern beruhigenden Mitteln durchaus keine Wirkung gezeigt hatte. (Lancet, 7. Sept. 1839.) Necrolog. — Der um gerichtliche Medicin verdiente Dr. Marc, Leibarzt des Koͤnigs der Franzoſen, iſt am 13. Jan. zu Paris geſtorben. Gibliographis che Illustrations of the Breeds of the Domestic Animals of che Bri- tish Islands. By Davis Low. Edinburgh 1839. 4. On the Anatomy, Physiology and Pathology of the Ear; being the Price Essay in the University of Edinburgh, By Joseph Williams, MD. London 1839. 8. M. K. Neuigkeiten An exposition of the Symptoms, essential nature and treatment of nervousness. By James M. Gully, MD. London 1839, 8. Rapport confidentiel sur le magnetisme animal et sur la con- duite recente de l’Academie royale de médecine, adresse à la congregation de l’index et traduit de pitalien du R. P. Scobardi par Ch. B Paris 1839. 8. — — . —ñx Neue Üotizen a us dem 0 * Gebiete der Nakur- und Heilkunde, von dem ObersMedieinafratbe Frorien zu en eee und Profeſſor Frorie p zu Berlin. Noe. 268. (Nr. 4. des XIII. Bandes.) Januar 1840. Gedruckt im Landes- Induftries Gomptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. n Bemerkungen uͤber den großen Ameiſenbaͤren, Myrmecophaga jubata. Von Herrn Scho m burg k. In der Einleitung zu dieſem am 12. Februar 1839 der Londoner zoologiſchen Geſellſchaft vorgeleſenen Aufſatze verbreitet ſich der Verfaſſer uͤber mehrere allgemeine Eigen— ſchaften der Edentata und Monotremata, worauf er uͤber die hier in Rede ſtehende Species Folgendes mittheilt: Von ferne geſehen, erſcheint der Ameiſenbaͤr bedeutend hoͤher, als er wirklich iſt, was von dem langen und faſt ſenkrecht ſtehenden Haare der Maͤhne, ſo wie auch daher rührt, daß er den buſchigen Schwanz aufrecht trägt. Bei'm Gehen ſetzt er die aͤußere Flaͤche der Vorderfuͤße auf den Boden, ſo daß die langen Klauen einwaͤrts geſchlagen ſind. Sein Lauf iſt ein beſonderer Trab, und das Thier laͤßt ſich keineswegs ſo leicht einholen, wie man angegeben hat. Wenn man es zu Pferde jagt, muß man fortwaͤhrend ga— loppiren, und der Ameiſenbaͤr wird nicht leicht müde. Er naͤhrt ſich hauptſaͤchlich von weißen Ameiſen oder Termiten. Kommt der Ameiſenbaͤr an einen Ameiſenhaufen, ſo reißt er denſelben ohne Weiteres mittelſt ſeiner großen ſtarken Klauen ein und reckt ſeine lange duͤnne Zunge zwiſchen die auf dieſe Weiſe zu Tage gebrachten Inſecten, um dieſe zu ſammeln. Dabei bewegt er feine Zunge fo pfeilgeſchwind bins aus und herein, daß es ſehr erklaͤrlich iſt, wie ein fo gro— ßes Thier ſich an fo winzigen Inſecten ſatt freſſen kann. Außer den Termiten verſchluckt er aber auch eine bedeutende Menge von den Materialien des Haufens. Hiervon übers zeugte ſich Hr. S. vermittelſt der Oeffnung des Magens, und er iſt der Meinung, daß dieſe Subſtanzen als Ballaſt nothwendig ſind. „Man hat bisher allgemein geglaubt, der Ameiſenbaͤr lebe ausſchließlich von Ameiſen; dieß iſt jedoch nicht der Fall. In einem Exemplare, welches ich vor einem Jahre ſecirte, fand ich eine Species von Julus, und ein erwachſe— nes Exemplar, welches ich gegenwaͤrtig lebend beſitze, frißt ſehr gern friſches, gehacktes Fleiſch. No. 1368. „ u. Nn D. „Der Ameiſenbaͤr hat weder ein Neſt noch einen Bau; er findet in feinem gewaltigen haarigen Schwanze hinreis chenden Schutz vor unguͤnſtiger Witterung. Er rollt ſich gern ſo zuſammen, daß die beiden Enden des Thieres einander faſt beruͤhren und die Fuͤße unter den Bauch zu⸗ ſammengeſchlagen ſind, da denn der Schwanz das ganze Thier bedeckt. Sonſt nimmt er auch wohl die Stellung eines ſchlafenden Hundes an, wo nur die Schnauze und ein Theil des Koͤrpers vom Schwanze bedeckt ſind. Das Weibchen hat an der Bruſt zwei Zitzen, und bringt jedes Mal nur ein Junges zur Welt, und ſobald dieſes ſtark genug geworden iſt, um ſich auf dem Ruͤcken der Alten feſt— zuklammern, traͤgt es dieſes mit ſich herum. Es bleibt nie ſehr lange bei der Mutter, worauf dieſe ein anderes Junge gebiert, und das vorige ſich ſelbſt uͤberlaſſen bleibt. Wird die Mutter angegriffen, ſo vertheidigt ſie ſich tapfer. Sie ſetzt ſich auf das Hintertheil und haut mit ihren Klauen nach dem Feinde. Dieß geſchieht meiſt mit dem rechten Fuße, waͤhrend der linke auf dem Boden ruht. Greift man ſie aber von der andern Seite an, ſo vertauſcht ſie die Stellung der Klauen mit Blitzesſchnelle. Das Junge bleibt dabei fortwaͤhrend auf ihrem Ruͤcken ſitzen. Wird die Gefahr größer, fo wirft fie ſich auf den Rüden und haut mit beiden Klauen. Ein ſehr glaubwuͤrdiger Mann verſicherte mir, es falle dem Jaguar ſchwer, den Ameiſenbaͤren zu bezwingen, und der Kampf zwiſchen beiden Thieren ſoll ſehr eigenthuͤmlich ſeyn. Oft bleiben beide Thiere todt auf dem Platze, oder das eine überlebt das andere nicht lange. Der Ameiſenbaͤr beſitzt in ſeinen Vorderfuͤßen eine unglaubliche Kraft, und ich bezweifle nicht, daß er im Stande iſt, ſeinem Feinde den Bauch aufzureißen; dennoch haͤtte ich kaum geglaubt, daß der Ameiſenbaͤr dem grimmigſten Raubthiere Suͤdame— rica's gefaͤhrlich werden koͤnnte. „Dom Pedro Ayres ſchenkte mir ein junges Er⸗ emplar, deſſen Alter man auf vier Wochen ſchaͤtzte. Dieſer Herr erblickte die Alte mit dem Jungen auf dem Ruͤcken, als er uͤber eine Savanne ritt, = machte ſogleich Jagd 51 auf fie. Nachdem er ihr eine volle halbe Stunde nahans loppirt war, ſtellte fie fib zur Wehre. Dom Pedro, der den Laſſo geſchickt zu werfen verfteht, fing fie ohne Schwie— tigkeit mit demſelben. Das Junge hatte ſich bis zum letz⸗ ten Augenblicke an der Alten feſtgeklammert „Es maß von der Naſeuſpitze bis zur Schwanzwurzel 225 Zoll. Der Schwanz hatte 124 Zoll Laͤnge, und die Höhe des Thieres betrug 93 Zoll. Die fonft gelblichweißen Beine und die eben fo gefärbten Streifen, welche dem er— wachſenen Thiere ein fo auffallendes Anſehen geben, waren bei dem Jungen graulichweiß; übrigens glich es feiner Mut- ter in der Faͤrbung durchaus. „Der junge Ameiſenbaͤr war anfangs ſehr wild und ſuchte ſich in einer dunkeln Ecke des Zimmers, wo er ſich befand, zu verbergen. Wenn wir ihm nahe kamen, ſetzte er ſich gleich, nach Art der Alten, zur Wehre und ſchlug mit der rechten Pfote aus, indem er zugleich, nach Art ei— nes gereizten jungen Hundes, knurrte Nach wenigen Ta— gen hatte er ſich jedoch ſchon an ſeine neue Lage gewoͤhnt, und eine Jadianerin uͤbernahm es, ihn mit Milch und Caſſada, fo wie weißen Ameiſen, zu füttern. Er gewoͤhnte ſich bald an feine Waͤrterin und folgte ihr wie ein Hund. „Das Thier ſchien ſehr wenig animaliſche Waͤrme zu entwickeln, und obwohl wir es ſtets in einer wollnen Decke hielten, ſo fuͤhlte ſich ſein Koͤrper doch ſtets kalt an. Es ließ ſich nicht gern aus der Decke nehmen; und wenn wir es auf den Boden ſetzten, ſo ſtieß es einen klagenden, aber nicht unangenehmen Laut aus; nahm man darauf keine Ruͤckſicht, ſondern ließ es auf der Erde, fo wurde der Ton ſcharf und kreiſchend. Es folgte den ihm bekannten Perſo— nen mehr mit Huͤlfe des Geruchs, als des Geſichtes und ſtrich dabei mit der Naſe dicht am Boden hin. Hatte es die Witterung verloren, ſo drehte es ſich auf den Hinter— beinen rechts und links, bis es dieſelbe wiedergefunden hatte. Von der Bloͤdigkeit feines Geſichtes gab es uns öfters Be— weiſe; es ſtieß ſich oft an Gegenſtaͤnden, die es nicht eher bemerkte, als bis es mit denſelben in Beruͤhrung kam. Sein Geruchſinn war ausnehmend fein, und es konnte ſeine MWärterin, fo wie andere Perſonen, zu denen es Neigung gefaßt, auf eine bedeutende Entfernung riechen. Wenn die— ſes geſchah, fo fing es ſogleich an, den klagenden Ton der Sehnſucht auszuſtoßen Es kletterte ſehr gut. Mich lieb— te es ſehr, und wenn ich an meinem Schreibtiſche arbeitete, pflegte es ſich mir fachte zu nähern, und ſobald es feiner Sache gewiß war, daß es mich gefunden, kletterte es mir an dem Beine in die Hoͤhe. Seine Zuneigung gab es durch Lecken zu erkennen; es betrug ſich ſehr ſanft und fpiel: te gern. Jedermann war dem Thiere gut. Schlafen that es viel. Wir hatten es faſt zwei Monate lang, und da es anfing, ſich gut aufzufuͤttern, fo hofften wir, es aufzubrin— gen. Leider konnten wir keine Milch mehr erhalten, und ob die Veraͤnderung der Fuͤtterung oder ein anderer Umſtand daran ſchuld war, kurz, es fing an zu kraͤnkeln. Ich fand es zuweilen eiskalt; und obgleich ich es oft neu belebte, ſo ſtarb es doch an einem Tage, wo ich gerade abweſend war. 9 „Mittlerweile hatten wir ein erwachſenes Exemplar, ebenfalls ein Weibchen, bekommen. Nie werde ich den inter— eſſanten Anblick vergeſſen, den mir dieß Thier gewaͤhrte. Einige zu meiner Reiſegeſellſchaft gehoͤrende Indianer, die ich auf die Jagd geſchickt hatte, trafen das Thier auf einer Savanne, und waren klug genug, es nach San Joaquim zu treiben, ohne es zu verwunden. Meine Aufmerkſamkeit ward durch ein gewaltiges Geſchrei in der Naͤhe des Forts erregt, und als ich heraustrat, ſah ich auch alsbald den Ameiſenbaͤren, welcher auf die Haͤuſer zu galoppirte, und auf beiden Seiten von rothhaͤutigen Indianern mit Bogen und Pfeil eingepfercht war, die ſich alle Muͤhe gaben, daß das Thier ihre Linie nicht durchbraͤche. Am Fort angelangt, res tirirte ſich der Ameiſenbaͤr in den zuruͤcktretenden Winkel einer Baſtion, und ſuchte an der Mauer in die Hoͤhe zu klettern, indem er die Klauen in die Ritzen zwiſchen den Steinen einſetzte. Es gelang ihm jedoch nicht, und wir fingen ihn mit dem Laſſo. Er vertheidigte ſich jedoch noch tapfer, und da die Angreifenden ſich vor ihm zu fürchten ſchienen, ſo haͤtte er ſich beinahe wieder von der Schlinge befreit. Einige der muthigern Leute warfen ihn jedoch nie— der; es wurde eine zweite Schlinge um ein Bein geſchlun— gen, und das ſo gebaͤndigte Thier in den an unſer Quartier ſtoßenden Hof gebracht. Bei feinen Bemuͤhungen, ſich von der um den Rumpf geworfenen Schlinge zu befreien, hatte es ſich bedeutend geſchunden, und wir fanden daher für noͤ— thig, es in einen geraͤumigen Stall zu ſperren. Am dritten Tage fing es an, zu freſſen; wir gaben ihm Ameiſen und Farina. Letztere, die aus Cassada- Wurzeln bereitet wird, ſchlug es nie aus. Die Ameiſenhaufen in der Naͤhe des Forts waren bald erſchoͤpft, und mehr verſuchsweiſe, als in der Hoffnung, daß das Thier Fleiſch freſſen wuͤrde, legte ich ihm kleingehacktes, friſches Rindfleiſch vor, welches es je— doch gierig zu ſich nahm, ſo daß wir das Thier von nun an faſt bloß mit Rindfleiſch und Fiſchen fuͤtterten. „Durch gute Behandlung ward der Ameiſenbaͤr bald zahm und fraß uns aus der Hand. Wenn er gerade nicht ſchlief, fo ſaß er ganz auf dem Hintertheile, ſtreckte feine lange Naſe durch das Stacket feines Stalles und ſchnuͤffelte in die Luft. „Zuweilen reckte er ſich auch faſt ganz aufrecht in die Hoͤhe, was ihm gar nicht ſchwer fiel und blieb ſo mehrere Minuten hintereinander ſtehen. Zuweilen kreuzte er die Vorderbeine uͤber einander. Oft verſuchte er, Gegenſtaͤnde mit den Vorderpfoten aufzuheben, wobei ihm ſeine langen Klauen ſehr zu ſtatten kamen. Wenn er ſich aus der ru— henden Stellung erhob, ſtuͤtzte er ſich zuerſt auf die Kniee. „Warf man ihm Fleiſch vor, ſo breitete er die ſeitli— chen Ruſtern aus, und ſchien mit der biegſamen Oberlippe die beſten Biſſen herauszuſuchen. „Ich habe bereits bemerkt, daß das Junge ſehr gern kletterte, und bin uͤberzeugt, daß der Ameiſenbaͤr im Stande der Wildheit noͤthigenfalls Baͤume ſehr behend beſteigen kann. „Der Ameiſenbaͤr ſecernirt eine Fluͤſſigkeit, welche ſo durchſichtig wie Waſſer iſt und ihm faſt unaufhoͤrlich aus 53 Mund und Naſe trieft. Dieß iſt um fo merk vuͤrdiger, da das Thier nur ſehr wenig Waſſer ſaͤuft. Auch das Lla- ma, welches ſelten ſaͤuft, beſitzt einen großen Ueberfluß an Speichel. Ehe unſer alter Ameiſenbaͤr in ſeinen Stall ge— bracht wurde, lag er im Hofe in der Sonne und ſchwitzte ſo ſtark, daß er nicht naͤſſer haͤtte ſeyn koͤnnen, wenn er eben aus dem Waſſer gezogen worden waͤre. Merkwuͤrdig iſt auch, daß die fünf Exemplare, die mir in San Joaquim zu Geſichte kamen, ſaͤmmtlich weiblichen Geſchlechts waren. Nie iſt mir uͤberhaupt ein Maͤnnchen vorgekommen. Wie geht dief zu? Ich weiß dieß nicht anders zu erklären, als daß es weit weniger Maͤnnchen geben muͤſſe, als Weibchen, und daß erſtere vorzuͤglich ſcheu ſeyen. Die Exemvlare, wel— che ich geſehen, wurden ſaͤmmtlich dei Tage gefangen; viel— leicht gebt das Männchen nur des Nachts feiner Nahrung nich. Ein aͤhnliches Beiſpiel finden wir in der Gattung Auchenia, wo Heerden von Maͤnnchen und Weibchen abs geſondert weiden, und beide Geſchlechter nur zur Ranzzeit beiſammen angetroffen werden. „Ließe ſich nachweiſen, daß es bedeutend weniger Maͤnn— chen, als Weibchen giebt, ſo laͤge darin ein neuer Grund für die Annahme, daß die Species, fo wie die Zahnloſen überhaupt, dem Ausſterben nicht entgehen konne. Das Fleiſch des Ameiſenbaͤren wird von vielen Sins dianerſtaͤmmen, ſo wie auch von den Negern, genoſſen, wel— che deſſen Fell (2) für einen großen Leckerbiſſen halten. (An- nals of Nat. Hist. Nov. 1839.) Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Blut: ſcheibchen *) oder rothen Theilchen des Blutes der Wirbelthiere. Bon Richard Owen, Esq. Auf Veranlaſſung meines Freundes, Dr. Wagner, habe ich die ſcheibenfoͤrmigen Blutkuͤgelchen mehrerer der ſel— tenern Thiere im zoologiſchen Garten unterſucht, und theile hier die in Betreff der nachſtehenden Species erhaltenen Re— ſultate mit. Aus der Ordnung Pachydermata. Der Elephant, (Elephas indicus), ein faſt vollig erwachſenes Männchen. Das Rhinoceros (Rhinoceros indieus), ein völlig erwachſenes Maͤnnchen. Aus der Ordnung der Ruminantia. Des Dro— medar (Camelus Dromedarius); faſt ganz erwachſenes Maͤnnchen. Die Giraffe (Camelopardalis Giraffa), faſt völlig erwachſenes Maͤnnchen. Aus der Ordnung Edentata: das Guͤrtelthier (Da- sypus 6 einetus), völlig erwachſenes Maͤnnchen. Die Blutſcheibchen wurden im Blutwaſſer ſchwimmend, dann in einer geringen, duͤnn auf Glasſtreifen ausgebreite— ten und ſchnell aufgetrockneten Quantitaͤt Bluts, endlich „) Sonſt gewoͤhnlich Blutkügelchen genannt. 54 in einer Auflöſung von Küchenſalz, von der Staͤrke gewoͤhn— lichen Blutwaſſers, unterſucht. Die Beobachtungen wurden mit einer Roß Wolla— ſton' ſchen Doppellinſe von # Zell Brennweite mit dem Dujardin'ſchen Beleuchter in dem, dem koͤnigl. Collegium der Wundaͤrzte gehörenden, zuſammengeſetzten Mikroſcope un— terſucht; und dann mit einem trefflichen Mikroſcope von derſelben Vergroͤßerungskraft und mit demſelben Beleuchter wiederholt, welches Herr Roß unlaͤnzſt für den Dr. Ar— thur Farre ange'e tigt hat Dem Herrn Vouatt, dem an der Menagerie der zoologiſchen Geſellſchaft angeſtellten Ober-Thierarzte, bin ich fuͤr die mir, behufs der Verſchaffung des Blutes der ver— ſchiedenen Thiere hoͤnſt bereitwillig geleiſtete Huͤlfe, unge: mein verpflichtet. Vom Elephanten wurde das Blut aus einer kleinen Vene neben dem Ohre bezogen— Die rothen Theilchen hatten die gewoͤhnliche characteri— ſtiſche Geſtalt, wie bei den S aͤugethieren uͤberhaupt; fie zeige ten ſich naͤmlich rund, zu Scheiben abgeplattet und auf beiden Seiten etwas concav; in Anſehung der Größe wi— chen ſie mehr, als gewöhnlich, von einander ab; allein die meiſten darunter waren etwa um den vierten Theil groͤßer, als die mittelgroßen Scheibchen des Menſchenblutes, deren Durchmeſſer ich, behufs der gegenwärtigen Veraleichung, zu 3800 eines engl. Zolls annehme. *) Die größten Blut: ſcheibchen des Elephanten waren noch einmal ſo groß, als die mittelgroßen Blutſcheibchen des Menſchen; die kleinſten hatten denſelben Durchmeſſer wie die letztern; deßhalb iind die Blutſcheibchen des Elephanten groͤßer, als die irgend eines bis jetzt in dieſer Beziehung unterſuchten Saͤugethie— res. Uebrigens brauche ich wohl kaum zu bemerken, daß der Durchmeſſer der Blutſcheibchen zu der Größe des ganz zen Thieres, bei den Säugetbieren nicht beſtaͤndig im ge— raden Verhaͤltniſſe ſteht, und daß dieß bei den niedrigeren Thierclaſſen noch viel weniger der Fall iſt. Durch die Einwirkung der Salzaufloͤſung auf die Blut— ſcheibchen ward deren Groͤße ein Wenig vermindert, und die Zahl derjenigen, welche eine Verſenkung in den breiten ») Die wahre Durchſchnittsgröße iſt vielleicht etwas geringer; allein es haͤlt ſchwer, in dieſer Beziehung etwas Beſtimmtes feſtzuſtellen, weil die Durchſchnittsgroße der Blutſcheibchen bei verſchiedenen Perſonen verſchieden iſt, und auch bei derſel⸗ ben Perſon dieſe Scheibchen eine verſchiedene Größe haben. Der Güte des Herrn Bowerbank, deſſen Geſchicklichkeit und Genauigkeit in mikroſcopiſchen Unterſuchungen hinreichend bekannt ſind, verdanke ich die nachſtehenden Reſultate ſeiner Unterſuchung über die Blutſcheibchen von vier Perſonen, naͤm— lich drei Maͤnnern und einer Frau. 1. Bei einem Manne war der durchſchnittliche Durchmeſ⸗ ſer 27 Zoll; die beiden Extreme 23 und 32 Ir. Bei der Fraus Durchſchnittszahl: arr. Minimum 387. 5 3133 Bei’m dritten Individuum: Durchſchnittszahl: zz, Minimum es We 2 · 4. Beim vierten Individuum hatten bie, Blutſcheiochen die merkwürdig bedeutende Durchſchnittsgroͤße von r; das Minimum war z3%5 und das Maximum 1383. 4 * 55 Oberflaͤchen darboten, war bedeutender, als bei'm friſchen Blute. Es waren einige von den winzigen Chylus- oder Lymph⸗Kuͤgelchen vorhanden, allein in keiner der von mir unterſuchten Elephantenblut-Proben konnte ich an den Blut— ſcheibchen die Formvarietaͤt ermitteln, welche Profeſſor C. H. Schultze in dem Blute des zu Potsdam mit Blau— fäure vergifteten Elephanten fand, und wonach er in Be— treff des Blutes dieſes Saͤugethieres bemerkt, daß darin alle die verſchiedenen Formen von Blutſcheibchen zu finden ſeyen, von denen je eine dem Blute der Inſecten, Mollusken, Fiſche, Amphibien und Saͤugethiere characteriſtiſch ſey. Das Rhinoceros. Das Blut dieſes Thieres ward mittelfl eines kleinen Einſchnitts in die Oberlippe erlangt und beſtand deßhalb aus einer Miſchung von Arterien- und Venenblut. Waͤhrend der Waͤrter das gewaltige Thier mit einer Lieblingsſpeiſe ankoͤderte, ließ es die Operation an ſich vornehmen, ohne irgend darauf zu achten, ſo daß das her— abtroͤpfelnde Blut ohne alle Schwierigkeit aufgefangen wer— den konnte. Die Blutſcheibchen boten die bei den Saͤugethieren ge— woͤhnliche Form und eine geringere Verſchiedenheit der Groͤ— ße, als bei'm Elephanten dar. Der Durchmeſſer war im Durchſchnitte um ein Sechstel geringer, als der der Blut— ſcheibchen des Menſchen. Die groͤßten Blutſcheibchen des Rhinoceros haben 3898 / die kleinſten 3288 Zoll Durch: meſſer. Zu den bei der Unterſuchung des Rhinocerosblutes beobachteten zufaͤlligen Umſtaͤnden gehoͤrt, daß, obgleich die auf Glas ausgebreitete Probe unter denſelben Umſtaͤnden ge— trocknet wurde, wie die entſprechenden Proben vom Blute anderer Thiere, doch eine groͤßere Anzahl von Theilchen den gekoͤrnten oder maulbeerartigen Character darboten, als in dem Blute anderer vierfuͤßiger Thiere. Manche von den Theilchen, welche, in dem Blutwaſſer ſchwimmend, unterſucht wurden, boten ebenfalls gekoͤrnte Umriſſe dar. Das Dromedar. Als ich das, mittelſt eines klei— nen Einſchnitts in die Haut des Beines erlangte, Blut die— ſes Thieres betrachtete, bemerkte ich mit Vergnuͤgen, daß ſich die von Dr Mandl unlaͤngſt gemachte Entdeckung ruͤckſichtlich der elliptiſchen Geſtalt der Blutſcheibcheu beſtaͤ— tigte. Der Größenunterſchied derſelben iſt geringer, als bei'm Rhinoceroſſe; uͤbrigens zeigten ſich unter den elliptis ſchen Koͤrperchen auch einige runde. Der große Durchmeſſer oder die große Axe der mittelgroßen elliptiſchen Scheibchen betrug zo, der kleine Durchmeſſer 358 Zoll. Die Giraffe. Eine Miſchung von Arterien- und Venenblut dieſes Thieres ward durch einen Einſchnitt in den Hautbedeckungen des Geſichts deſſelben erlangt, und man bemerkte darin runde Scheibchen, wie im Blute des Rindes, andrer Wiederkaͤuer und uͤberhaupt Saͤugethiere. Im Durch— ſchnitte waren dieſe Koͤrperchen um ; kleiner, als bei'm Menſchenz die groͤßten, die in verhaͤltnißmaͤßig geringer Zahl vorhanden waren, maßen 808, die kleinſten 2s, die 56 mittelgroßen 55 Zoll. Das Reſultat dieſer Unterſuchung des Bluts des groͤßten Wiederkaͤuers iſt inſofern intereſſant, als ſich daraus ergiebt, daß das Volumen der Blutlkuͤgel⸗ chen in naͤherer Beziehung zu der Art der ganzen Organiſa— tion, als zu dem Volumen des Thieres ſteht. Aus der Unterſuchung der Blutſcheibchen des Schaafs, der Ziege und des Rindes ſchien bereits hervorzugehen, daß die eigenthuͤm— liche Organiſation der Wiederkaͤuer eine ungewoͤhnlich geringe Groͤße der Blutſcheibchen mit ſich bringe. Das Guͤrtelthier. Die Blutſcheibchen zeigten ſich bei dieſem kleinen Vierfuͤßer etwas groͤßer, als bei'm Rhino— ceroſſe; allein der Groͤßenunterſchied iſt bei den verſchiede— nen Koͤrperchen oder Blaͤschen geringer, als bei dem letztern Thiere. Die Form betreffend, tragen ſie den Saͤugethier— Character an ſich. Ihr durchſchnittlicher Durchmeſſer be— traͤnt a0 Zoll. (London Medical Gazette, 15. Nov. 1839.) Miscellen. In Betreff der eigenthuͤmlichen Wärme des spa— dix von Arum maculatum hat Dutrochet feinen fruͤhern Entdeckungen (Vergl. Bd. X. Nr. 14. S. 216 d. Bl.) in der Sitzung der Academie d. Wiſſ. am 16. December 1839 noch Fol— gendes hinzugefuͤgt: Der spadix bietet den Culminationspunct feis ner Wärme am erſten Tage des Bluͤhens dar. Der Parexysmus findet hauptſaͤchlich in dem obern, keulenſoͤrmig aufgetriebenen Theile des spadix ſtatt, und unter feinem Einfluſſe entfaltet ſich die spa- tha ſo raſch (binnen drei Stunden). Der Paroxysmus des zwei— ten Tages iſt weniger heftig, hat feinen Hauptſitz in den männlis chen Bluͤthen und vermittelt die Ausſtreuung des Pollen. Dieſer Paroxysmus tritt ſtets vor Mittag ein, und feibft bei ſolchen Ex— emplaren, die man vom Abende des erſten Tages an in einem voͤllig dunkeln Raume gehalten hat. So bietet denn das Arum macula- tum in ſeinem spadix im Großen dieſelbe Erſcheinung dar, welche man, bei einem viel geringern Grade von Eigenwaͤrme, in den jungen Staͤngeln aller Pflanzen beobachtet, d. h. einen am Tage ſtattfindenden Paroxysmus der Lebenswaͤrme, welcher ſich ſelbſt in der vollſtaͤndigſten Dunkelheit zu der beſtimmten Stunde erneuert. (Comptes rendus des séances de l’Acad. No. 25, 16. Dec.) Ueber die Blutkuͤgelchen der Säugethiere hat auch Herr Gulliver Beobachtungen angeſtellt und im Folgenden die Reſul⸗ tate derſelben mitgetheilt: In fünf Auſtralaſiatiſchen Thieren: Pera- meles lagotis, Petaurus sciurus, Macropus Benettii, Dasyurus ursinus und D. viverrinus, haben die Blutkügelchen die bei Saͤu— gethieren gewoͤhnlichſte Form, fo daß ihr Durchmeſſer von 3888 bis 3005 eines Zolls varjirt. — In Beziehung auf die von Mandl erwähnten ovalen Blutkuͤgelchen bei dem Dromedar, hat Herr Gulliver gefunden, daß auch die Blutkuͤgelchen der Auche- nia Vicugna, A. Paco und A. Llama ſehr deutlich elliptiſch ſind. Bei A. Vicugna find fie etwas kleiner, als in den andern Are ten. — Bei dem Moſchusthiere (Tragalus Javanicus) bemerkt Herr Gulliver, daß die Blutkoͤrnerchen kleiner als die find, wel⸗ che bis jetzt aus irgend einem Thiere beſchrieben ſind. In Traga- lus meſſen die Blutkoͤrperchen, obgleich ſehr deutlich in der Form, doch im Durchſchnitte nur 15455 eines Zolles. Aber es kommen viele Verſchiedenheiten vor. Die Größe iſt von os bis 2288 eines Zolles im Durchmeſſer. (Annals of Natural History or Ma- gazine of Zoology, Botany and Geology. Dec. 1839.) 57 58 ei a TE a ee Uebertragung acuter und chronifcher Exantheme von Thieren auf den Menſchen. Ende Octebers, wo die Maul- und Klauenſeuche uns ter dem Rindviehe im ganzen Canton Zürich epizootiſch herrſchte, ſah Dr. Wehrli in Oberhauſen, Gemeinde Kloten, und beſonders in Embrach, bei ſechs weiblichen In— dividuen von 2, 5, 10, 30, 31 und 40 Jahren, einen aphthoͤſen Ausſchlag in der Mundhoͤhle, wobei Zunge, Gau— men, innere Backenflaͤche und Rachen wie mit Kalk beſtri— chen waren. Damit verbanden ſich bald ſtaͤrkere, bald ſchwaͤ— chere Beſchwerden im Schlingen, Appetitmangel, bie weilen Neigung zum Erbrechen und in einem Falle bedeutende Geſichtsroſe; alle Kranken hatten Fieber und gaben einen peſtilenzialiſchen Geruch aus dem Munde von ſich. Bemer— kenswerth war nicht nur das gleichzeitige Vorkommen die— ſes Uebels mit der Klauenſeuche der Thiere, ſondern auch, daß die Schwaͤmmchen nur Perſonen weiblichen Geſchlechts befallen hatten. In welch' urſaͤchlichem Zuſammenhange die Aphthen mit jener Thierſeuche ſtanden, ob ſie ſpontan als Product der herrſchenden Krankheitsconſtitution und atmo— ſphaͤriſcher Verhaͤltniſſe, oder, wie Dr. Wehrli in einem Falle beſtimmt erfahren konnte, durch den Genuß thierwar— mer Milch von einer an der Maul- und Klauenſeuche kran— ken Kuh, alſo durch Anſteckung, entſtanden waren, daruͤber iſt der Berichterſtatter, wenigſtens in den andern fuͤnf Faͤllen, nicht im Reinen. Sein Heilverfahren beſtand bald in Brech-, bald in Abfuͤhrungsmitteln, welchen er ſchweißtreibende fol— gen ließ, in Gurgelwaſſern aus Eibiſchdecoct mit Borax und Roſenhonig, bei ſtarker Entzuͤndung der Mundhoͤhlenſchleim— haut mit Salpeter und in einem Falle, der ſich in die Laͤn— ge ziehen wollte, mit rothem Alaune. Nach 14 — 21 Tagen genaſen Alle. Dr. Toll in Winterthur fand ſeine bereits fruͤher ſchon gemachte Beobachtung beſtaͤtigt, daß der menſchliche Organismus für das contagium der Maul: und Klauenſeuche des Rindviehes auch Empfaͤnglichkeit be— ſitze. Zu der Zeit, als dieſelbe im Spaͤtſommer und Herbſte 1838 in der Gemeinde Seen bald epizootiſch, bald ſporadiſch herrſchte, beobachtete er ein Paar robuſte, ſonſt ſtets geſund geweſene Eheleute von 30 bis 35 Jahren, wel: che mit dem kranken Viehe viel beſchaͤftigt waren, demſelben die Maulhoͤhle auswuſchen und Ueberſchlaͤge und Verband uͤber die kranken Klauen beſorgten. lichkeit an ſich ſelbſt vernachlaͤſſigend, bekamen ſie eine eigen— thuͤmliche Affection der Schleimhaut der Mund- und Ra— chenhoͤhle, die mit der Maulſeuche des Hornviehs die größte Aehnlichkeit hatte. Zuerſt erſchienen an den innern Mund: winkeln halb durchſichtige, weißliche Blaͤschen, bedeutend groͤ— ßer, als bei den gewöhnlichen Aphthen, welche bald ſich oͤff— neten und ſchwammig-ſpeckige Geſchwuͤrchen zuruͤckließen. Von der Urſprungsſtelle aus pflanzte ſich das Exanthem Über die innere Flaͤche der Lippen, des Zahnfleiſches, Gau— mens und Über die ganze Zunge fort. Die befallenen Theile Die erforderliche Rein- waren geroͤthet, etwas geſchwollen, ſehr ſchmerzhaft; es ſtellte ſich ziemlich lebhaftes Fieber und leichter Speichelfluß ein. Die Krankheit blieb fünf bis ſechs Tage auf der Hoͤ— he; dann verloren ſich Fieber und Speichelfluß. Geſchwulſt und Hitze nahmen abz die Geſchwuͤrchen vereinigten ſich, be— kamen nach und nach einen rothen Grund, ſchmerzten aber noch lange. Die Verdauung blieb ſtets regelmaͤßig. Die Behandlung war innerlich Anfangs antiphlogiſtiſch; oͤrtlich, da nur blande Mittel ertragen wurden, Malvendecoct mit kleinem Zuſatze von Salmiak; ſpaͤter ſchwache Alaunauf— loͤſung, als Mund- und Gurgelwaſſer. Bez. Th. A. Hintermuͤller ſah bei mehreren Perſonen, welche maul— ſeuche-kranken Thieren die Maulhoͤhle auswuſchen, ſtarke Geſchwulſt der Hände und Arme entſtehen; auch kamen ihm mehrere Faͤlle vor, wo Menſchen, welche friſchgemolkene Milch von maulſeuche-kranken Thieren getrunken hatten, in und um die Mundhoͤhle Blaſen bekamen. Ebenſo ſah er bei einem Knaben, welcher einen mit flechtenartigem Aus: ſchlage behafteten Ochſen wuſch, daſſelbe Uebel entſtehen. In der Gegend von Andelfingen, in'sbeſondere in der Ge— meinde Dorlikon, beobachtete Dr. Fehr ſeit vier Jahren gleichfalls eine eigene Art Flechten, die ſich von den Thieren auf den Menſchen uͤbertraͤgt. Bei dem Rindviehe erſcheint ſie meiſt am Kopfe und Halſe, anfangs nur in kleinem Umfange; taͤglich aber greift ſie um ſich und die Haare fal— len aus. Von einem angeſteckten Thiere aus, traͤgt ſich das Uebel, in der Regel, auf alle Thiere im gleichen Stalle über. Bei den davon angeſteckten Menſchen zeigt ſich die Haut zuerſt nur etwas graubraͤunlich; bald aber treten auf derſelben mit gelber Lymphe gefuͤllte Stippchen hervor, und in etlichen Wochen iſt der Körper ungemein ſtark damit be ſetzt. Dabei iſt, in der Regel, das Allgemeinwohl damit nicht geftört; aber das Jucken belaͤſtigt den Körper Tag und Nacht. Der Ausſchlag iſt an ſich nicht boͤsartig, aber viel anſteckender, als die Kraͤtze, und Dr. Fehr ſah in kurzer Zeit einen großen Theil der Bewohner von Dorlikon davon befallen werden. Bei ſchon etwas laͤngerer Dauer derſelben ließ er auf die groͤßten Stellen das empl. perpet. Janin. legen und drei bis vier Tage lang liegen. Bei geringerem Ausſchlage thut weiße Praͤcipitatſalbe, Morgens und Abends eingerieben, ſehr gute Dienſte. Innerlich vrrordnete er mit gutem Erfolge Holztrank mit Guajak und ſpaͤter Schwefel mit Guajak und Spießglanzmitteln als Nachcur. (Bericht des Geſundheitsrathes pro 1838.) Chirurgiſche Beitraͤge. Von Alexander Watſon. Die Geſchaͤfte der Chirurgen waren früher rein mechaniſcher Art, und die mediciniſche Bildung war ausſchließlich Eigenthum der Aerzte. In neuerer Zeit hat ſich die Chirurgie emancipirt, wodurch nicht allein die Chirurgie verbeſſert worden iſt, ſondern die Heil⸗ kunſt überhaupt Quellen ſich eröffnet hat, die früher unbekannt 59 waren. Eine forgfamere mediciniſche Erziehung, beſonders die Cul— tur der chirurgiſchen Anatomie, hat der Anatomie und Operativ— chirurgie neue Impulſe gegeben. Manche Lehrer und Practiker ſchreiben aber der letztern eine fo große Wichtigke't zu, daß die Studirenden nicht ſelten zu glauben ſcheinen, das Operiren ſey der wichtiaſte Theil der Heilkunſt. Dieſes große Uebel wurde bereits vor 30 Jahren von John Bell, einem der talentvollſten Wundaͤrzte, welche jemals in Edin— burg lebten, beklagt, indem er ſagt: „Die Operationen maßen ſich eine Wichtigkeit in der Chirurgie an, welche ihnen urſpruͤnalich nicht zukommt; es koͤmmt zuletzt ſo weit, daß ſie gewiſſermaßen die ganze Wiſſenſchaft darſtellen, und ein Wundarzt wird keineswe— ges nach ſeinem Urtheile, nach ſeinen Kenntuiſſen und nach feiner allgemeinen Bildung geſchaͤtzt, ſondern nur in dem Verhaͤltniſſe, als er mit Eifer operirt. Die Leidenſchaft, ſich einen Ruf im Operjren zu erwerben, iſt gewiß ſeyr gefabrvoll.“ Lawrence in London macht in ſeinen Vorkeſungen S. 10 und 12 folgende, ſehr benchtenswerthe Bemerkungen: „Die Ausführung von Operatio— nen iſt oft der unwichtigſte Theil der Thaͤtigkeit des Wundarztes, ſelbſt in Fällen, welche die Operation erfordern: von gleicher und haufig von viel groͤßerer Wichtigkeit iſt es, zu beurtheilen, ob eine Krankheit durch andere Mittel geheilt werden koͤnne, — zu erken— nen, wenn eine Op, ration emp'ehlenswerth, und zu beſtimmen, wenn ſie nothwendig wird, den Kranken dazu vorzubereiten und nach Ausführung der Operation den Fall richtig zu behandeln. Ich will nicht geringſchatzig von Operationen ſprechen, — auch dieſer Zweig der Chirurgie muß forgfaltig ſtudirt und durch Operiren an der Leiche eingeübt werden, — aber man muß nicht einer Thaͤtigkeit eine hauptſaͤchliche Wichtigkeit beilegen, welche nur ſehr ſelten in An— ſpruch genommen wird. Es iſt ein großer Irrthum, zu glauben, daß ein Wundarzt vorzugsweiſe mit Operationen beſchaͤftigt ſey; es iſt in Gegentheil der Ruhm der neuern Chirurgie, daß ſie die Anzahl der Fälle, in welchen operirt wird, betraͤchtlich vermindert hat.“ Endlich ſchreibt ganz neuerdings einer der erſten Wundaͤrz— te: „Eine Vorliebe fuͤr gewiſſe Operationen und eine Art von uͤbermaͤßigem Eiker, Gelegenheiten dazu aufzuſuchen, ſind Zuͤge, welche man bei den neuen Wundaͤrzten bisweilen antrifft, welche ober hoffentlich durch die täglichen Verbeſſerungen in der Patholo— gie und Diagnoſtik beſeitigt und verdunkelt werden werden. Der bloße Operateur ſollte gar nicht zu den Wundaͤrzten, oder wenigſtens zu den beßern Wundaͤrzten, gerechnet werden, und die Jagd nach ſol— chen Patienten, welche brillante Fälle für die Overationgfäle, oder auch für einzelne Verſammlungen einer Coterie darbieten, ſollte von jedem gewiſſenha'ten Bearbeiter der Coirurgie verworfen werden. (Retro— ssective Adress upon Med, Science and Literature, Manchester 1836). In vielen Fallen ift das Operiren das glängendfte, dane— ben aber auch wiederum das ungenügendfte Geſchaͤft des Chirurgen; Schmerz und Gefahr iſt ſicher bei einer Operation, die wohl- thätigen Folgen derſelben find, ſelbſt unter den guͤnſtigſten Umſtaͤn— den, immer zweifelhaft. Daher haben die unterrichtetſten und er— fahrenſten unter den Wundaͤrzten auch dem Operiren immer eine geringere Wichtigkeit zugeſchrieben, als der juͤngere oder minder un— terrichtete Theil derſelben. Und diejenigen, welche wir mit der größten Verehrung betrachten, legen aut, wie aus ihren Schriften hervorgeht, den groͤßten Werth auf das Studium der Anatomie, Phyſiologie und allgemeinen Pathologie, weil dieſe allein eine ſiche— re Baſtis geben, auf welche Verbeſſerungen weiter gebaut werden koͤnnen. Dieſe, in Verein mit Erfahrung, ſind die einzigen ſichern Leiter bei den ſchwierigen und wichtigen Fragen der Praxis. Die Bearbeitung der pathologiſchen Anatomie und der Patho— logie hat viel dazu gewirkt, die Anzahl der wirklich nothwendigen Operationen in hoͤchſt auffallender Ausdehnung zu vermindern (Lawrence ſagt in ſeinen Vorleſungen: „um die Haͤlfte oder zwei Drittel innerhalb der letzten fuͤnfundzwanzig Jahre.“) Nicht allein dadurch, daß rationelfere Huͤlfe bekannt geworden iſt, ſon— dern auch dadurch, daß man das Unpaffende von Operationen ein— geſehen hat, bei Krankheiten, welche entweder nur ein locales Symptom allgemeiner Affectionen ſind, oder in welchen uͤberhaupt nichts mehr zu hoffen iſt; zugleich iſt durch beſſere Beachtung der Anatomie und Chirurgie die Kunſt des Operirens ſo vereinfacht, 60 daß jetzt jeder Wundarzt als competent zur Verrichtung aller ge⸗ wohnlichen Operationen zu betrachten iſt. Wenn ein Wundarzt ſich, bloß um zu glaͤnzen, in einem hoffnungsloſen Falle zu einer Operation entſchließt, jo heißt es gewohnlich, man muͤſſe wenig- ſtens die Möglichkeit der Rettung einem Kranken verſchaffen, wo— bei aber freilich der mögliche glückliche Ausgang nur ein zufälliges, oder wunderbares Ereigniß ſeyn würde. In ſolchen Fällen ſollte man immer fragen, ob die Operation nothwendig ſey, um das Le— ben des Kranken zu retten und zweitens, ob eine vernuͤnftige Aus— ſicht auf Erfolg vorhanden ſey. Sind dieſe Fragen nicht mit Be— ſtimmtbeit zu bejahen, fo iſt die Operation ungeeianet. Die größte Schwierigkeit in der Praxis der Medicin und Chi rurgie iſt nicht ſowohl die Anwendung der Heilmittel, als vielmehr die Unterſcheidung der Natur der Krankheit und die Beſtimmung, wogegen ein Heilmittel anzuwenden ſey. Sorgfalt, Tact und Kenntniß zur Unterſcheidung dieſer Puncte, dieß iſt das Wichtigſte und wahrhaft Nuͤtzliche in der chirurgiſchen Praxis. Das Stu— dium der großen Principien, welche in diefer Beziehung leiten koͤn— nen, iſt dagegen in unſerer Zeit ſehr vernachlaͤſſigt, und die Auf— merkſamkeit der Studirenden wird durch untergeordnete manuelle Dinge abgezogen, oder mit einfeitigem Intereſſe für irgend eine gro— ße Operation beichäftigt, ohne auf die Gründe zu achten, welche die Unternehmung dieſer Operation vielleicht verbieten. Nach dieſen Betrachtungen will ich aus meiner Erfahrung und Beobachtung Einiges zur Erläuterung der wichtigern Princie pien der Chirurgie mittheilen und, der Reihe nach, über einige der wichtigſten Puncte mich ausſprechen, z. B., uͤber Kopfverletzungen, über Verletzungen der Extremitäten, Eryſipelas, Gangraͤn, Krank- heiten des larynx, Gelenkkrankheiten u. ſ. w. I. Kopfverletzungen. A. Gehirnerſchuͤtterung. Erſter Fall. Georg Waters, 27 Jahr alt, ein verheira— theter Tageloͤhner von nuͤchterner Lebensweiſe, ſtuͤrzte am 8. Juni 1838 bei einem Hausbau 12 — 14 Fuß herab. Er wurde be— wußtlos aufgehoben. Eine Stunde darnach, bei feiner Aufnahme in das Spital, war er bewußtlos für das, was um ihn herum vor— ging und geſprochen wurde, aber nicht unempfindlich fuͤr Schmerz; der Athem war langſam und beſchwerlich; die Haut kalt; der Puls 80; die Pupillen contrahirt. Auf der Mitte des rechten Scheitel— beins findet ſich eine zwei Zoll lange Wunde, ohne Verletzung der Knochenhaut und des Knochens. Das rechte Schluͤſſelbein iſt ges brochen. Es wurde das Haar abraſirt, auf die Extremitaͤten Wärme applicirt und ein Terpenthinclpyſtir gegeben; Abends ers folgten zwei Ausleerungen; der Zuſtand blieb derſelbe. Das Cly— ſtir wurde wiederholt. Am 9. In der Nacht keine Aenderung; er ſchluckte, jedoch mit Schwierigkeit; Puls 84; zwei Darmausleerungen gingen ohne ſein Bewußtſeyn ab. Sechzehn Blutegel an die Stirn und kalte Umſchlaͤge über den Kopf, eine Sennamixtur mit Rieinusdl. Am 10. Der Zuſtand faſt unveraͤndert; Puls 90; Haut warm; Kopf heiß. Drei unwillkuͤhrliche Darmausleerungen. Blut- egel, Umſchlaͤge und Abfuͤhrmittel wiederholt. Am 11. Empfindung fuͤr die umgebenden Gegenſtaͤnde; das Schlucken geſchieht leichter; Puls 80; Haut warm; mehrere Stublgaͤnge. Am 12. Das Bewußtſeyn ſehr gebeſſert, er hat zum erften Male ſeine Frau erkannt; Puls 86; wenn er laut angeredet wird, ſo ſcheint er zu verſtehen und verſucht, wenn dieß gefordert wird, ſeine Zunge auszuſtrecken. Drei Stuhlgaͤnge. Am Abend wegen vermehrter Aufregung zwoͤlf Blutegel. Am 13. Nach einer guten Nacht ſteht er auf, wenn er laut angeredet wird, und iſt im Stande, feine Zunge auszuftreden, Puls 86; das Schlucken geht beſſer. Am 14. hat er etwas gefruͤhſtuͤckt und wird immer beſinnlicher. Oeffnung. Am 15. Derſelbe Zuſtand mit etwas Kopfweh; kalte Ume ſchlaͤge werden fortgeſetzt und ein Abfuͤhrmittel gegeben. 61 Am 16. Kein Kopfweh; die Kopfwunde ift geheflt: der Schluſſelbeinbruch verbunden. Puts 80; Zunge rein und feucht. Oeffnung. Am 23. Bei fortdauernder Beſſerung iſt der Appetit gut; die Darmausleerungen regelmäßig; er kann ſich an nichts erinnern, was feinen Fall begleitet hat, ode: darauf folgte; fein Gedachtuiß ſcheint ganz aufgehoben geweſen zu ſeyn. Am 30ſten wurde er ge: heilt entlaſſen. In dieſem Falle zeigte ſich Proſtration mit Collapſus, worauf die Reaction ſehr langſam eintrat und leicht in Schranken gehalten werden kennte Die Bewußtloſigkeft ſchwand ſehr allmaälig; das Gedaͤchtniß war ſuspendirt, das Gehoͤr ſehr beeinträchtigt; beides aber kehrte ſpaͤter wieder. Zweiter Fall. Alexander Carmichael, 27 Jahr alt, ein geſunder Tagelöhner von nuchterner Lebensweiſe, wurde am 10. Auguſt 1888 in einem Zuſtande von Buwußtloſigkeit um zehn Uhr Abends durch die Polizei nach dem Spitale gebracht. Man hatte ihn um vier Uhr Morgens am Fuße einer Treppe gefunden, und weil man ihn für betrunken hielt, nach der Polizeiwache gebracht, von wo er erſt ſpät am Abend nach dem Spitale geſchickt wurde. Er liegt bewußtlos, ohne zu antworten, kann aber durch Kneifen erweckt werden Die Reſpiration ift langſam, aber naturlich; die Haut kuͤhler, als gewohnlich; Puls 70, weich und regelmäßig. Auf der Mitte des linken Scheitelbeines findet ſich eine zwei Zoll lange Wunde, ohne Verletzung der Knochenhaut und des Knochens. Heißes Senffußbad; Raſiren des Kopfes, und ein Clyſtir. Am 11. iſt die Hauttemperatur hoher, als gewoͤhnlich; der Puls 86 und kraͤftig; die Pupillen etwas erweitert; er war ſchwer aus feinem Stupor zu erwecken; mehrere ugwillkuͤhrliche Stuhl- gaͤnge. Er ſchluckte Fluͤſſigkeit, hat aber nichts gegeſſen. Ein Aderlaß von 18 Unzen, kalte Umſchlaͤge über den Kopf, 5 Gr. Calomel und 15 Gr. extract. Colocynth. compos. Am 12. Das gelaſſene Blut war entzuͤndlich; die Haut warm; Puls 90, weich. Er ſchluckt mit Beſchwerde; die Pupils len contrahiren ſich durch Licht; mehrere Stuhlgaͤnge erfolgen un— willkührlich. Alle drei Stunden 3 Gr. Calomel. Ein Blaſenpfla— ſter auf den Kopf. Am 13. ziemliche Herſtellung des Bewußtſeyns; Haut warm; Puls 100, weich. Mehrere unwillkuͤhrliche Darmausleerungen; er verſucht zu antworten, wenn er laut angeredet wird, articulirt aber ſehr undeutlich; die Pupille natuͤrlich; Zunge feucht. 12 Blutegel an den Kopf, Calomel. Am 14. Puls 100, weich; mehrere unwillkuͤhrliche Stuhlgaͤn⸗ ge. Calomel alle 4 Stunden Am 15. langſame Beſſerung, normales Ausſehen, unzufams menhaͤngendes Antworten, leichtes Schlucken; unwillkuͤhrliche Stuhl: gange; Puls 90, weich; Zunge feucht. Am 17 Seine Bıfferuna ſchreitet vorwärts; Darmausfeeruns gen nicht mehr otne Bewußtſeyn; Puls 86, weich; die Schwerhoͤr rigkeit dauert fort; das Sprechen undeutlich. Calomel bleibt weg. Am 19. ſchreitet die Beſſerung fort; er antwortet vernuͤnftig und klagt uͤber Nichts. Am 21. klagt er nur über Hunger. keit und Gedaͤchtnißſchwaͤche dauern fort. Am 28. Die Schwerhoͤrigkeit gebeſſert; die Gedaͤchtnißſchwaͤ⸗ che dauert fort, ſonſt geht es täglich beſſer. Am 1. Sept. geheilt entlaſſen. In dieſem Falle folgte auf den primären Collapſus beträchtli⸗ che Reaction, welche kraͤftigeres Einſchreiten nöthig macht. Dritter Fall. William Grant, 40 Jahr alt, ſtuͤrzte am 23. Januar 1839 von einer Treppe herab und verletzte ſich am Hin: terhaupte und am Heiligenbeine. Er wurde in einem Zuſtande von Bewußtloſigkeit nach dem Spitale gebracht, athmete normal, hatte einen Puls von 65, weich und ſchwach; werden die Augen geoͤff— net, ſo ſind ſie empfindlich gegen Licht; Pupillen normal; es iſt ihm unangenehm, geftört zu werden, doch koͤmmt er durch lautes Puls 74; Schwerhoͤrig⸗ 62 4 Anreden zu ſich und antwortet bisn eilen undeutlich, confus und kurz, worauf er wiederum in Schlaf verfällt. Ein Abführmittel und Wärme an die Füße. Am 26. geht es beſſer; Puls 70; er iſt verdrießlich, wenn er geftört wird; die Empfindlichkeit gegen Licht dauert fort; er bat beträchtlichen Durft und nimmt nur Getränke zu ſich. Die Medi⸗ cin hat gewirkt; der Kopf wird raſirt und kalt fomentirt. Die Fuße werden warm gehalten. . Am 27. Der Kopf kuͤhl; er klagt, ohne angeben zu koͤnnen, was ihn beläaͤſtigt, iſt verdrießlich bei Störung , ſpricht deutlicher. Er bleibt empfindlich gegen Licht, und ſcheint, wenn irgend ein Körpertheil bloßgelegt wird, ſehr empfindlich gegen Kaͤlte; Puls 60, weich und ſchwach. Haut kühl; Geſicht collabirt; Urinverhal— tung. Die kalten Umſchlaͤge auf den Kopf werden weggelaſſen. J Unze Portwein mit Waſſer ſtundlich. Catheteriſiren und Colo— quintenpillen. Am 28. iſt er betrachtlich beſſer. Er antwortet deutlich; der Wein wurde ausgeſetzt. Er kann jetzt um ſich blicken, wird nicht mehr durch Licht belaͤſtigt; kann den Urin laſſen und hat Stuhl⸗ gang; Puls 80. Die Schlaͤfrigkeit hat aufgehört; er erinnert ſich nicht, was ihm paſſirt iſt. Am 29. unzuſammenbaͤngende Antworten; Puls 70, klein und ſchwach; Stuhlgang; Catheter. Er erhielt ſtuͤndlich eine Unze Wein; ein Blaſenpflaſter über den Kopf. Am 30. Schmerz von dem Blaſenpflaſter; unruhig und un⸗ geduldig; Puls 68 und ſchwach; der Wein wurde fortgeſetzt. Am 31. dauert die Beſſerung fort; Oeffnung, guter Schlaf, ae Benehmen; natürlicher Puls; der Wein wird fort: 0 etzt. 2 Am 1. Februar. Er beklagt ſich über Schmerz in der Kopfs haut, befindet ſich ubrigens, wie zuvor; die Zunge iſt ſchmutzig— Drei Gran Calomel, welche am Abend zu wiederholen waren. Am 2. verdrietzlich bei Störung; er liegt meiſtens im Schlafez antwortet, wenn er aufgeweckt wird, auf eine mürrifhe Weiſe; klagt über Empfindlichkeit der Wunde des Blaſenpflaſters; Puls 70, kraͤftig; Hautwaͤrme normal; die Empfindlichkeit gegen Kälte dauert fort. Mehrere gallige Stuͤhle. Calomel. Am 4. derſelbe Zuſtand, doch etwas gebeſſert. Am 7. dauert die Beſſerung fort; die geiſtigen Thaͤtigkeiten find in einem beſſeren Zuſtande. Am 14. geheilt entlaſſen. In dieſem Falle war im Anfange betraͤchtliche intellectuelle Störuna Der primäre Collapſus dauerte mehrere Tage, und es zeigte ſich mehr Tendenz zur Vergrößerung des Collapſus, als zu einer Reaction. Die Heilung wurde durch Reizmittel herbeigeführt. Es ergiebt ſich aus dieſen Fällen wiederum, daß es am guͤn— ſtigſten iſt, wenn die Reaction langſamer eintritt, und daß man daher auch mit Darreichung von Reizmitteln ſehr vorſichtig verfah⸗ ren muß. Mehrere Umſtaͤnde machen es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſtarke Hirnerſchuͤtterungen eine organiſche Störung hervorrufen; nament— lich die Störung und Verminderung der Gehirnfunctionen, welche ſich in der Aufhebung der intellectuellen Fähigkeiten und in der Depreſſion oder ſelbſt vollkommenen Vernichtung der Lebenskraft des Nervenſyſtems ausſprechen, — ferner das conſtante Vorkom— men der Reaction und die große Tendenz zu nachfolgender Ent: zuͤndung, wenn die Verletzung nicht zu betrachtlich war, — und endlich die Zerreißungen des Gehirnes, welche man in töbtlich ab⸗ gelaufenen Fallen bei der Section gefunden hat. Bei ſehr heftiger Erſchuͤtterung find die Organiſationsveranderungen fo beträchtlich, daß das Leben nicht dabei fortbeſtehen kann; bei minder heftiger Erſchuͤtterung erfolgen nur Functionsſtoͤrungen mit Entwickelung der Thätigkeiten der Naturheilkraft, wodurch ſich Entzündung aus⸗ bildet. 4 Es iſt ferner hoͤchſt wahrſcheinlich, daß die Störungen durch Hirnerſchütterung hauptſaͤchlich in den Gehirnhemiſphären ihren Sitz haben; denn der Zuſtand der Patienten gleicht faſt ganz dem von Thieren, welchen die Hemiſphaͤren weggenommen worden find, 63 wobei, nach den angeftellten Experimenten, das Leben noch lanze Zeit erhalten werden kann; ſie verloren ihre intellectuellen Faͤhig— keiten, ſo wie Geſicht und Gehoͤr; aber ſie behielten Muskelreiz— barkeit und die Kraft derjenigen Functionen, welche groͤßtentheils von den Gehirnhemiſphaͤren unabhängig find; ſie ſchluckten, verrich— teten ihre animalen Functionen, verhielten ſich aber wie im Schla— fe und ließen ſich nicht gern ſtoͤren. Dieſe Functionen haͤngen zwar fuͤr ihren vollkommenen Zuſtand von der Integritaͤt des gan— zen Nervenſyſtemes ab, werden aber hauptſaͤchlich durch den Ein: fluß der medulla oblongata, des Rückenmarks und den sympathi— cus geleitet, während die verminderte Kraft des Gehirns auch zu 1 Verminderung und bisweilen Vernichtung dieſer Functionen uͤhrt. Aus den Erſcheinungen, eben ſo wie aus dieſer Erklaͤrungsweiſe, ergeben ſich die Principien, nach welchen die Behandlung zu leiten iſt; es treten verſchiedene, ja ganz entgegengeſetzte Zuftände auf, gegen welche eine verſchiedene Behandlungsweiſe mit großer Sorg— falt und genauer Unterſcheidung angewendet werden muß. Der Collapſus und die darauf folgende Entzündung muͤſſen immer zus gleich im Auge behalten werden; dabei muß man beruͤckſichtigen, daß Gehirnerſchuͤtterungen keine kraͤftigere Behandlung irgend einer Art vertragen, indem durch Reizmittel ſehr leicht die Reaction und durch kalte Umſchlaͤge und Blutentziehung ſehr leicht wiederum die Depreſſion veranlaßt wird. Dieſe große Abhaͤngigkeit von äußeren Einwirkungen haͤngt wiederum davon ab, daß eine Verminderung der Nervenenergie zu den Wirkungen der Verletzung gehört. In manchen Fällen, wenn der primäre oder unmittelbare Col— lapſus betraͤchtlich iſt, muß die Reaction durch Nerven-Reizmittel angeregt werden, z. B. durch aͤußere Wärme, durch Wein, ver: duͤnnten Weingeiſt, Ammonium, Campher ꝛc.; dadurch wird das Leben unterhalten, es tritt Reaction ein; die Kraft wird durch an— dere Lebensreize (Eſſen und Trinken) gehoben, und die Hirnverlez⸗ zung iſt geheilt; die naͤchſte Indication aber beſteht darin, einer uͤbermaͤßigen Reaction entgegenzutreten, indem man der folgenden Entzündung durch kalte Umfchläge, Blutentziehungen und andere Ausleerungen entgegentritt. Hierbei leiten beſonders der Puls, der Kopfſchmerz und das Fieber. In allen Zuftänden des Collapſus und der Reaction find Bla: fenpflafter, über die Kopfhaut gelegt, hoͤchſt wohlthaͤtig, indem fie einmal als Reizmittel, ein ander Mal als Gegenreiz wirken. Bei Criminalunterſuchungen uͤber Kopfverletzungen, wobei das verletzte Individuum als Zeuge auftritt, iſt es klar, daß wegen der intellectuellen Stoͤrungen, und beſonders wegen der die Gehirner— ſchuͤtterungen begleitenden Gedaͤchtnißſchwaͤche, die Ausſagen deſſel— ben uͤber Zeit und umſtaͤnde bei der Verletzung mit aͤußerſter Vor⸗ ſicht aufgenommen werden muͤſſen. (Schluß folgt.) Miscellen. Eine fistula utero-vesicalis wird von Michaelis in Pfaff's Mittheilungen 1839 beſchrieben. Nach einer Zangen⸗ 64 geburt bei verengter conjug ita verlief das Wochenbett gut; aber am elften Tage trat Urinabgang durch die Scheide ein. Es fand ſich keine Oeffnung in derſelben; dagegen ſah man bei der Unterſu— chung den Urin aus dem Muttermunde hervordringen. Dicht uͤber der vordern Muttermundslippe konnte der Finger mit einer in der Blaſe liegenden Sonde in Beruͤhrung gebracht werden. Es wurde verordnet, alle halbe Stunden den Urin zu laſſen; dabei hoͤrte be— reits drei Tage danach der Urinabgang vollkommen auf. Vier Tage ſpaͤter wurde noch eine Unterſuchung vorgenommen, wobei noch eine Sonde von der Scheide aus in die Blaſe gelangte und etwas Urin abaing. Die Perſon entlief darauf aus dem Gebärs hauſe; Erkundigungen ergaben, daß die Fiſtel von ſelbſt geheilt ſey. Solche Fälle moͤgen oͤfter vorkommen, und alsdann fuͤr eine gewoͤhnliche Incontinenz gehalten werden. Sie heilen von ſelbſt, indem die ſich contrahirende Gebaͤrmutter auch die Oeffnung ver— ſchließt. Harnroͤhrenſchnitt als Vorbereitung der Dilata— tion der weiblichen Harnroͤhre, welche von Hodgſon vorgeſchlagen ift, hat ſich in einem von Hrn. Chavaſſe mitges theilten Falle ſehr zweckmaͤßig erwieſen. Mittelſt eines bistouri caché wurde die Harnroͤhre ſchraͤg nach Oben etwa 2 Linien weit eingeſchnitten, worauf der Dilatator von Weiß eingefuͤhrt wurde. Die Schraube deſſelben wurde langſam und mit einer kurzen Pau— ſe zwiſchen jeder Drehung in Wirkung geſetzt. Dadurch war in einer Viertelſtunde ſo viel Raum gewonnen, daß ein Stein, von der Größe eines großen Taubeneies, 6! Drachme ſchwer, mit Leich— tigkeit ausgezogen werden konnte. Indeß blieb eine partielle Incon— tinenz zuruͤck, welche auch nach drei Jahren, obgleich in verminder— tem Grade, noch beſtand; die Kranke konnte bei Tage den Urin drei oder vier Stunden und in der Nacht vollkommen bis zum Morgen halten. (Lancet, 14. Sept. 1839.) Statt der Exſtirpation der Mandeln, welche, ebenſo wie die Ligatur, nicht ohne Gefahr iſt, empfiehlt Graves zuerſt eine allgemeine Behandlung durch ſtaͤrkende Diaͤt in der Landluft, Salz- und Seebaͤder und adſtringirende Gurgelwaͤſſer, ferner Ber tupfen mit tinct. lodi, welche mit etwas Theriak vermiſcht iſt, endlich aber die Zerſtoͤrung der Mandeln durch allmälige Cauteri— fation, indem der Hoͤllenſtein an eine einzelne Stelle der vergrößerr ten Mandel angedruͤckt wird, worauf der kleine Schorf nad) fünf Tagen abfaͤllt; hiernach erſt wird eine gleiche Cauteriſation wieder holt, und ſo fort, bis die normale Groͤße der Mandel wieder erreicht ift. (Dublin Journ. Jan, 1839.) Eine Schwerhoͤrigkeit durch Verdickung der Schleimhaut der Trom melhoͤſhle iſt durch Herrn Parker durch Bleiwaſſer gehoben worden. Ein Burſche von 19 Jahren hatte ſeit ſeiner Kindheit einen Ohrenfluß; der aͤußere Gehoͤrgang war trocken; das Trommelfell fehlte, und die Trommelhoͤhle war mit einer milchähnlichen, geruchloſen Secretion gefuͤllt, unter wel⸗ cher die Schleimhaut roth und geſchwollen war. Es wurde eine Solution von 6 Gr. Bleizucker in 1 Unze Waſſer drei Mal taͤg⸗ lich eingebracht und dadurch in fuͤnf Tagen die Hoͤrweite von 5 Zoll auf 3 Fuß erweitert. (Med. chir. Review. July 1839.) an seo u ut nn nen rum nn ⁵ꝛ¹mD nen -wÿ ] Bibliographische Neuigkeiten Einige Worte über Phrenologie, hervorgerufen durch einen Aufſatz in dem Magazin fuͤr die Literatur des Auslandes. Von R. R. Noel ꝛc. Dresden 1839. 8. (Eine von einem ſehr geiſtvollen Anhaͤnger der Phrenologie herruͤhrende, vorzuͤglich gegen Dr. Roget und Dr. Sewall gerichtete, leſenswerthe Schutzſchrift.) Adolphi Guilielmi Otto, Commentatiuncula de rarioribus qui- busdam sceleti humani cum animalium aceleto analogiis. Vra- tislaviae 1839. 4. (1. de interparietali hominis osse. 2. de perpetua partis petrosae et squamosae in osse temporum se- paratione. 3. de ossium nucleorum in sterno hominis multi- tudine verarum costarum numerum aequante, 4. de canalis supracondyloidei ossis humeri in homine vestigio.) Serie de mémoires pour servir à l’histoire des difformites du systeme osseux. Par le Docteur Jules Guerin etc. Paris. 8. 1. Mem. sur l’extension sigmoide et la flexion dans le traite- ment des deviations laterales de l'épine; lu etc. 1833. M. K. 8. — 2. M&m. sur les moyens de distinguer les deviation simulées de la colonne vertebrale des devintions pathologi- ques; présenté etc. 1836. 8. M. K. — 3. Mem. sur une nouvelle methode de traitement du torticollis ancien; présenté etc. 1838. 8. — 4. Mem, sur l’etiologie générale des pieds-bots congenitaux; lu etc. 1838. — 5. Mem. sur les varietes anato- mique du pied-bot congénital dans leurs rapports avec la re- traction musculaire convulsive. — 6. M&m, sur les caracteres generaux du rachitisme; lu etc, 1857. 8. M. K. ———— — — — Ueue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medieinalratde & roriep zu Welmar, und dem Medieinatratte und Profeſſer Froriep ju Berlin. Mo. 269. (Nr. 5. des XIII. Bandes.) Januar 1840. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. art et Ueber das Geſchlechtsverhaͤltniß bei den Seeigeln und Seeſternen. Von H. Rathke. Rudolph Wagner hat unlängft in dieſen Blättern (Bd. XII. Nr. 7) die Reſultate von Unterſuchungen mitge— theilt, die er und Valentin in dieſem Jahre uͤber das Geſchlechtsverhaͤltniß verſchiedener Thiere, namentlich auch der Meduſen, Holothurien und Veretillen, angeſtellt hatten, und denen zufolge die genannten Strahlthiere getrennten Ge— ſchlechts find. In Betreff von Seeigeln und Seeſternen dagegen, die gleichfalls unterſucht wurden, blieb es zweifel— haft, ob auch unter ihnen maͤnnliche Exemplare vorkommen; denn die unterſuchten und zergliederten zeigten alle nur weibliche Geſchlechtsorgane. Dieſes Umſtandes wegen iſt es mir jetzt um ſo angenehmer, daß ich dieſe Echinodermen gleicher Zwecke halber unterſucht, und das Reſultat gewon— nen habe, daß auch unter ihnen, wie unter den Holothurien und Meduſen, einige Individuen weiblichen, andere maͤnnli— chen Geſchlechts find. Auf einer Reiſe, die ich in dieſem Jahre durch Nor— wegen und Schweden machte, zergliederte ich waͤhrend der Monaſe Juni und Juli unter andern Thieren auch Ophiu— ra nigra, O. lacertosa, O. aculeata, Asterias ru- bens, Echinus saxatilis und Spatangus flavescens. Bei den Ophiuren waren zu jener Zeit die Geſchlechtswerk— zeuge in hohem Grade ſtrotzend, ſo daß ſie die Leibeswand zwiſchen den Strahlen recht ſtark hervorgetrieben hatten, und theils deßhalb, theils auch, weil ich ſie in Menge er— halten konnte, wurden ſie am meiſten, beſonders aber Oph. nigra, zur Unterſuchung benutzt. Bei den verſchiedenen Arten der Ophiuren haben die Geſchlechtswerkzeuge zwar verſchiedene Formen; doch ſtellen fie im Allgemeinen zehn mehr oder weniger eingefaltete Saͤk— ke dar. Auch haben ſie bei allen Individuen einer Species zur ſelben Jahreszeit, im Ganzen genommen, dieſelbe Form, N verhaͤltnißmaͤßig zum ganzen Körper aͤhnliche 0. 6 * rr Größe. Verſchieden iſt dagegen bei den verſchiedenen Indi⸗ viduen einer und derſelben Species ihre Farbe und ihr In— halt. Bei einigen naͤmlich fand ich ſie gelbbraun, ſo je— doch, daß das Braun mehr oder weniger hervorſtach, und dieſe Farbe ruͤhrte her von den ſehr kleinen runden Eiern, die durch die duͤnne Wandung des Organes hindurchſchim— merten. Uebrigens hatten ſich die Eier meiſtens ſchon von der Wandung, die ihre Geburtsſtaͤtte iſt, abgelöſ't und las gen innerhalb der Höhle der Geſchlechtswerkzeuge (Eierſtoͤcke) in einer dicklichen farbloſen Fluͤſſigkeit, enthielten aber deut— lich noch ein ſehr kleines Keimblaͤschen. Bei andern Indi— viduen aber hatten die Geſchlechtswerkzeuge, die mitunter noch mehr, als bei jenen erſtern, angeſchwollen waren, eine milchweiße Farbe mit einem ſchwachen Stiche in's Roͤthliche oder Rothbraune, und enthielten nicht Eier, ſondern eine dik— ke milchweiße Fluͤſſigkeit, die, dem aͤußern Anſehen nach, der Fiſchmilch aͤhnlich war. Mikroſcopiſch unterſucht, beſtand die Fluͤſſigkeit theils und hauptſaͤchlich aus runden Kugeln, die noch kleiner, als die reiferen Eier, waren und kein Keim— blaͤschen einſchloſſen, theils aus einem formloſen Bindemit— tel. Eine ſelbſtſtaͤndige Bewegung konnte ich uͤbrigens an jenen kugelfoͤrmigen Koͤrperchen nicht bemerken. Ich halte nun jene Koͤrperchen für Spermatozoen und die Organe, in welchen ſie eingeſchloſſen waren, und welche ſich durch Farbe und Inhalt gar merklich von den Eierſtoͤcken unterſchieden, fuͤr Hoden. Anfuͤhren muß ich noch dabei, daß ich auf die Reiſe, zu der, wegen der eigenthuͤmlichen Art des Reiſens in Norwegen, alles Gepaͤck moͤglichſt leicht eingerichtet ſeyn mußte, nur ein Mikroſcop von mittlerer Staͤrke mitgenom⸗ men hatte, und daß moͤglicher Weiſe in dieſem Umſtande der Grund lag, daß ich an den Koͤrperchen, die mir Spers matozoen zu ſeyn ſchienen, wenn dieſelbe Schwaͤnze beſaßen, dieſe nicht geſehen habe. Auch von Asterias rubens, Echinus saxatilis und Spatangus flavescens unterſuchte ich mehrere Ex— emplare, deren Geſchlechtswerkzeuge Eier enthielten, die deut⸗ lich genug mit einem Keimblaͤschen und einem Keimflecke 5 67 verſehen waren. Bei andern Exemplaren dieſer Thiere aber fand ich in den Geſchlechtswerkzeugen Nichts, was man haͤtte für Eier halten koͤnnen, dagegen einen weißen Brei, der hauptſaͤchlich aus kleinen rundlichen und ſcharf be graͤnz⸗ ten Koͤrperchen beſtand, deren jedes ſich als einen Haufen kleiner farbloſer Koͤrnchen darſtellte. Koͤnigsberg, den 28. December 1839. Ueber gewiſſe Umſtände, welche auf die Farbe des Blutes waͤhrend des Coagulirens Einfluß haben. Newbigging, M. D., vormaligem A ſters⸗ K. Meciciniſchen Geſellſchaft in Edinburgh. Von Patrick S. K. präſidenten der Im Sommer 1833 ſtellte ich mehrere Unterſuchungen in Betreff des Zuſtandes des Blutes bei Ausſchlagskrankhei— tea an, und bemerkte bei dieſer Gelegenheit an dem Theile des eoagulum, welcher mit dem Boden der Taſſe in Bes ruͤhrung geweſen, in die das von einem Patienten ent— leerte Blut aufgefangen worden war, mehrere mir auffallen: de zinneberrothbe Stellen. Als ich die Hoͤhlung der Taſſe unterſuchte, fand ich, daß die Form der entſprechenden Theile der gruͤngefaͤrbten Verzierung mit der Geſtalt und Lage der zinnoberrothen Stellen des Blutkuchens genau uͤbereinſtimmte, während an denjenigen Theilen des Blut— klumpens, die mit andersgekfaͤrbten Stellen der Taſſe in Berührung geweſen waren, eine ſolche Farbeveraͤnderung ſich nicht zeigte. Da mir dieſer Umſtand neu und merk— würdig ſchien, fo machte ich die K. Mediciniſche Geſellſchaft mit demſelben b kannt. Spater wiederholte ich den Ver: ſuch in mehreren Fillen, wo ſich Aderlaß noͤthig machte, mit denſelben Porcellantaſſen und ſtets mit dem naͤmlichen Erfolge; uͤber dem Gruͤn bildete ſich ſtets eine grellrothe Faͤr— bung, welche gegen die dunkele Farbe der umgebenden Siellen des eoagulum auffallend abſtach. Un mich vol: lig dapon zu uͤberzeugen, daß die Erſcheinung mit irgend einer krankhaften Beſchaffenheit des Blutes durchaus nicht zuſammenhinge, ließ ich einem voͤllig geſunden Menſchen zur Ader, und auch in dieſem Falle bildeten ſich uͤber den gruͤnen St. ‚len die zinnoberrothen Flecken. Nachdem dieſer Punct feſtgeſtellt war, ſuchte ich weiter zu ermitteln, ob und inwiefern andere Farben aͤhnliche Wirkungen hervorbringen; denn bis jetzt hatte ich nur bei der gruͤnen irgend eine Ver— aͤnderung beobachtet. Ich wurde in meinem Vorhaben noch mehr beſtaͤrkt, da Dr. Abererombie mir mittheilte, er habe Aehnliches bemerkt. Ich verſchaffte mir deßhalb eine Menge Taſſen, in welchen Verzierungen von verſchiedenen Farben angebracht waren, und benutzte dieſelben in verſchie— denen Faͤllen, wo ſich Blutent ziehungen noͤthig machten; allein in keinem erhielt ich uͤber irgend einer andern Farbe eine Farbeveraͤnderung, als über der grünen, Vorausge— ſetzt, daß das Gruͤn gehoͤrig kraͤftig war, brachte es ſtets die zinnoberrothe Faͤrbung des Blutklumpens an den Stel: len hervor, die dem gruͤnen Muſter entſprachen. Ich theilte das Reſultat dieſer Beobachtungen im Auguſt 1835 bei 9 68 Gelegenheit der Verſammlung der britiſchen Gelehrten zu Dublin dieſer Geſellſchaft mit. Wegen einer Reiſe in's Ausland konnte ich erſt vor Kurzem an die weitere Unterſuchung des Gegenſtandes gehen. In den letzten zwei bis drei Monaten ſtellte ich jedoch eine betraͤchtliche Anzahl von Experimenten unter verſchiedenen Umſtaͤnden an, um einige der auf das Reſultat Einfluß ha— benden Umſtaͤnde zu ermitteln. Ich ließ mir eine betraͤchtliche Menge Taſſen mit Mu— ſtern von verfchiedenen Farben und Formen machen, und experimentirte mit denſelben, fe oft ſich dazu Gelegenheit zeigte Um auch irgend einem moͤglichen Einfluſſe des Stof— fes, aus dem die Verzierung bereitet war, auf die Faͤrbung des Blutklumpens auf die Spur zu kommen, verſchaffte ich mir, durch die guͤtige Vermittlung des Herren Child von hier, von Herrn Ridgway in Staffordſhire eine ziemlich genünende Auskunft über die bei'm Bemalen von Porcellan gebraͤuchlichen Stoffe. Von ihm lernte ich, daß die hell— gruͤne Farbe aus grünem Chromorxyd beſteht und in der ges wohnlichen Weiſe aufgetragen wird. Ein zur Verzierung von Porzellanwaaren ebenfalls ſehr gewoͤhnliches Verfahren iſt, daß man auf das Biscuit vor dem Glaſuren ein auf Pag ier gedrucktes und colorirtes Muſter abklatſcht. In die— ſem Falle iſt die Verzierung nicht erhaben, und die Farben ſind nicht ſo voll oder grell. Bei meinen fernern Unterſuchungen uͤberzeugte ich mich dann weiter, daß ſich das Muſter ſtets genau darſtellee, wenn die Farbe grellgruͤn und mittelſt des erſlern Verfah— rens, d. h. erhaben, aufgetragen war, waͤhrend ich in den Fallen, wo das letztere Verfahren angewandt worden war, nicht die geringſte Wirkung beobachten konnte. Ich aͤnderte nun den Verfuh dahin ab, daß ich ſieben prismatiſche Far— ben in getrennten Rauten auf den Boden eines Naͤpfchens malen und mit Copalfirniß überziehen ließ. Bei vier Ver— ſuchen, die ich mit dieſem Naͤpfchen anſtellte, bewirkte ich keine Veraͤnderung, außer in einem einzigen Falle, wo ſich nur eine kaum bemerkbare Marmorirung zeigte, die aber mit der durch die erhabene Verzierung hervorgebrachte Wir— kung gar keinen Vergleich aushalten konnte. Bis jetzt ſchie— nen mir der Erſcheinung zwei Bedingungen zu Grunde zu liegen, von denen jede auf das Reſultat Einfluß haben konn— te, naͤmlich die grelle Farbung der grünen Verzierung und deren Hervorſtehen über die allgemeine Oberfläche des Por— cellans; bei der erſtern ſchienen chemiſche Verhaͤltniſſe mit im Spiele zu ſeyn; bei der letztern konnte der Druck auf den Blutklumpen mitwirken oder die Ordnung, in der ſich die Blutkuͤgelchen ordnen, durch das Relief der Verzierung betheiligt werden. Da der Sauerſtoff anerkanntermaaßen das Agens iſt, vermoͤge deſſen das dunkle Purpurroth des Venenblutes in das hellere Zinnoberroth des Arterienblutes verwandelt wird — wenigſtens hat noch Niemand eine andere irgend wahr— ſcheinliche Erklaͤrungsart aufgeſtellt —, ſo duͤnkte es mich nicht unmoͤglich, daß zwiſchen dem grellen Gruͤne und dem Sau— erſtoffe der Atmoſphaͤre irgend eine beſondere Verwandtſchaft beſtehe, vermoͤge deren Etwas von dem letztern ſich uͤber der, erſtern verhalte, während er Übrigens bei'm Einfließen des Blutes in den Schroͤpfkopf ganz verdraͤngt werde. Ich be— ſchloß alſo, zu verſuchen, ob nicht irgend eine vom Sauer— ſtoffe in aͤhnlicher Weiſe afficirte Subſtanz eine ähnliche Er— ſcheinung darböte. Zu dieſem Ende bereitete ich eine Auf— loͤſung von Hauſenblaſe, mit Eiſen-Protoxyd verſetzt auf welche der Sauerſtoff in der Art wirkt, daß er die bleigraue Faͤrbung derſelben in eine ziegelroͤthliche verwandelt, und die— ſe Aufloͤſung goß ich warm in ein Naͤpfchen, worin ſich der Blutklumpen jedesmal über der grellgruͤnen Verzierung zinnoberroth gefärbt hatte. Als ich nun das ſich gebildet habende coagulum, nachdem deſſen der Luft ausgeſetzte Oberflaͤche ſich roͤthlich gefärbt hatte, aus dem Naͤpfchen ſchuͤttelte, zeigte die ganze, mit der Innenſeite des Gefaͤßes in Berührung geweſene Oberflaͤche des coagulum die bleis graue Faͤrbung, ohne daß eine Spur von einer verſchieden— artigen Farbung der dem grünen Muſter entſprechenden 8 wahrzunehmen geweſen waͤre. Da ich auf dieſe eiſe Nichts erreicht hatte, ließ ich, um in Erfahrung zu dringen, inwiefern das Relief der Verzierung auf die Ver— Anderung der Farbe Einfluß habe, am Boden des Naͤpf— chens eine Erhabenheit anbringen, indem ich da’elbft einen hoͤlzernen Knopf feſtkleben und mit Gopaifiniß uͤberſtreichen ließ. Wiederholte Verfuche mit dieſer Einrichtung des Ap⸗ parats ergaben aber durchaus kein Reſultat in Betreff der Veränderung der Faͤrbung, indem ſich am coagulum ledig— lich eine der Erhabenheit entſprechende Vertiefung danſtellte. Ich faͤrbte nun Hauſendlaſe mit Cochenille und probirte dieſe Miſchung auf erhabene gruͤne Verzierungen, konnte aber bei dieſer, dem Blutklumpen ziemlich ähnlichen coagulirten Maſſe dadurch keine Veränderung der Färbung zu Wege dringen. Nachdem ich mich hinreichend davon uͤberzeugt hatte, daß ſich die Erſcheinung nicht vermittelſt ciner bloßen, durch den Abdruck der Erhabenheit erzeugten, mechaniſchen Wir— kung erklaren laſſe, fiel mir bei, daß vielleicht beim Coagu— liren die Theilchen des Blutes ſich nur in Hinſicht auf die Verzierung ſo ordneten, daß die deſchriebene Erſcheinung hervorgebracht werde. Um dieſe Anſicht zu pruͤfen, fing ich das Blut in ein einfach weißes Naͤpfchen auf und brachte das coagulum, nachdem ſich daſſelbe vollſtaͤndig gebildet, in ein anderes Naͤpfchen, deſſen Verzierung in filitern Fäls len jedesmal die zinnoberrothe Faͤrbung zu Wege gebracht hatte. Nachdem ich es darin einige Stunden gelaſſen, ſchuͤt— tete ich es in der gewoͤhnlichen Art aus, und ſiehe, die Verzierung zeigte ſich wieder hoͤchſt vollkommen, als waͤre das flüffige Blut urſpruͤnglich in das zweite Näpfchen auf: gefangen worden. Hierdurch wurde offenbar die obige An— ſicht vollftändig widerlegt Bisher hatte ich bei meinen Beobachtungen durchaus keinen Umſtand wahrgenommen, welcher der Annahme wi— derſtritten haͤtte, daß die Erſcheinung mit der gruͤnen Farbe im Zuſammenhange ſtebe. In keinem Falle hatte ich, ob— wohl ich uͤber 60 Verſuche angeſtellt, die geringſte Veraͤnde— rung des Farbentons bewirken koͤnnen, wenn die Verzierung irgend eine andere Farbe als die gruͤne hatte. Neuerdings 70 aber, als ich eine kleine Taſſe anwandte, in welcher ſich eine Blu ne von fleiſchrother oder carmoiſinrother Farbe be— fand, die nach der Peripherie der Blumenblaͤtter zu dunk⸗ ler, und nach deren Mitte zu allmaͤlig heller wurde, fand ich mit Verwunderung, ats ich das Blutcoagulum heraus- ſchuͤttete, auf demſelben eine hoͤchſt vollkommene Darſtellung der Blume, deren Umriß nicht nur ungemein deutlich here vortrat, ſondern deren hellere und dunklere Schattirung mit der der gemalten Blume genau übereinftimmte, fo daß fie dem Auge ein recht treues Bild der Blume ſelbſt darbot, Bei genauer Unterſuchung der Taſſe ſchien es mir, als ob die Farben mit dem Pinſel aufgeſetzt worden ſeyen, und daß, da der Rand der Blumenklaͤtter dunkler war, als de- ren Inneres, die Farben dort auch dicker aufgetragen ſeyen und mehr Relief beſaͤßen. Wiederholte Verſuche mit der— ſelben Taſſe gaben daſſelbe Reſu ktat. Dieß iſt indeß das einzige Beiſpiel, wo ich durch irgend eine andere Farbe, als Gruͤn dieſe Erſcheinung erzeugen konnte, und im Laufe mei— ner Beobachtungen babe ich doch Taſſen mit außerordentlich verſchiedenen Verzierungen, ſowohl was die Figur als die Fa:be anbetrifft, angeſtellt. Ich brauche kaum hinzuzufügen, daß diefe einzige Be— obachtung ohne Weiteres die Anſicht widerlegt, daß die Wir— kung nothwendig von der grünen Farbe abhängig ſey, waͤh— rend mich dieſe Beobachtung ruͤckſichtlich der Urſache der fraglichen Erſcheinung um fo unſicherer macht. Nichtsdeſto— weniger habe ich nicht für uͤberfluͤſſig gehalten, meine For: ſchungen im Detail mitzutheilen, weil Andere durch meine erfolgloſen Bemuͤhungen zu gluͤcklicheren Unterſuchungen an— geregt werden, oder auch ſchon bei der Lectüre dieſes Arti- kels auf eine haltbare Erklaͤrung der Erſcheinungen verfallen durften. Mich hat der Gegenſtand ſehr intereſſirt, und ich werde auch meinerſeits denſelben ferner weiter aufzuhellen ſuchen. (Edinb. new philos. Journ. July — Octob, 1839.) Der Unterzeichnete wurde durch obigen Artikel zu fer— nern Verſuchen uͤber denſelben Gegenſtand veranlaßt, die be— reits einige Reſultate gegeben haben, welche der Mittheilung nicht unwerth ſcheinen. Durch die Verſuche des Dr. Newbigging iſt bereits feſtgeſtellt: 1. Daß das bloße Relief der Verzierung auf die zinnoberrothe Faͤrbung der entſprechenden Theile des Blut— klumpens eben ſo wenig Einfluß hat, als 2. die dem friſchausgeſtroͤmten Blute noch inwohnen— de Vitalität, weil ſich dieſelbe Erſcheinung auch an dem bereits erſtarrten Biutcoagulum hervorrufen laͤßt. Die Bedingungen, denen ſich die Aufmerkſamkeit des Forſchers nun hauptſächlich zuwenden zu muͤſſen ſcheint, find 1. dir Wirkung der Ausſtrahlung der grünen Far— be“) und „) Ich glaubte hier die gruͤne Farbe feſthalten zu müffen, da dieſe die hier in Rede ſtehende Eſgenſchaft fait, vielleicht ganz, ausſchließlich befigt. Aus den Mittheilungen des Verfaſſers er: ſieht man nicht einman, ob das Facſimite der rothen Blume zinnoberroth gefärbt geweſen, e vielleicht nur durch — 71 2. die der einfachen chemiſchen Reaction derſelben. In Betreff der moͤglichen Wirkung der Ausſtrahlung ſchien mir die Anſicht nicht a priori verwerflich, daß theils die durchſcheinende Beſchaffenheit des Porcelans, theils das durch das Blut ſelbſt bis zum Boden der Taſſe dringende Licht eine hinreichend ſtarke Ausgebung gruͤner Strahlen von grellgruͤnen Verzierungen bewirken koͤnnten, um in dieſer Weiſe chemiſch auf das Blut zu reagiren. Dabei ſchien es mir nicht unwahrſcheinlich, daß der, den gruͤnen Strahl be— gleitende, chemiſch wirkende Theil der Ausſtrahlung eine an— ziehende Kraft auf diejenigen Theilchen des Blutes ausübe, welche den der Compenſationsfarbe des Gruͤns entſprechen— den Farbeſtoff darſtellen, und daß dieß der Grund ſey, weßhalb ſich der hellrothe Farbeſtoff im Contacte mit der gruͤnen Verzierung concentrire und ſo auf dem uͤbrigens dunkler gefärbten Blutklumpen ein Facſimile der Verzierung darſtelle. Um die Haltbarkeit dieſer Anſicht zu prüfen, ſtellte ich in den letzten Tagen folgenden vergleichenden Verſuch an: Von einem hieſigen Porcellanmaler ließ ich in zwei weiße Ober— taſſen von gleicher Form und Groͤße am Boden und an den Seitenwaͤnden mit Chromgruͤn verſchiedene Umriſſe zeichnen und die Farbe dann einbrennen. Die Figuren waren in beiden Taſſen genau dieſelben und ließen ſich, da die Farbe ſtark aufgetragen war, bei'm Ueberfahren mit dem Finger deutlich fuͤhlen. Unter dem gefaͤlligen Beiſtande des thier— aͤFtztlichen Phyſicus, Hrn. Dr. Lent in von hier, ward nun einem zum Abſtechen bereit liegenden Schoͤpſe eine der Ju— gularvenen geoͤffnet und beide Taſſen mit dem ausſtroͤmen— den Blute gefüllt. Die eine Taſſe (A) ward ſchleunig in ein, durch Schließung der Laden verdunkeltes, Zimmer ge— tragen und dort in eine ebenfalls geſchloſſene kalte Ofenroͤh⸗ te geſtellt, die andere Taſſe (B) aber in einem Fenſter der Einwirkung des Tageslichtes ausgeſetzt. Als ſich nach einer Stunde beide coagula völlig ausgebildet hatten, wurden die Taſſen umgeſtuͤrzt und die coagula verglichen. Hierbei zeig: te ſich nun Folgendes: 1. An beiden coagula waren die Figuren deutlich wahrzunehmen; allein bei B waren ſie bedeutend heller und gegen die übrige Farbe des Blutklumpens a bſtechen⸗ der, als bei A, obgleich die Oberflaͤche des letztern coagulum durchgehends weit dunkler war, als die des eoagulum B. 2. Die Linien der Figuren waren bei A fowohl, als bei B deutlich hervorragend; obgleich die gemalten Fir guren der Taſſen ebenfalls ein deutliches Relief darboten. Es hatte alſo zwiſchen beiden eine ſtarke Anziehung ſtattge— funden, und die den gemalten Figuren entſprechenden Theile des coagulum hatten ſich in dem, den ganzen Klumpen umhuͤllenden, Serum zu erhabenen Linien entwickelt. 3. Waͤhrend die coagula dem Zutritte der Atmo— ſphaͤre ausgeſetzt waren, oxydirte deren Oberflaͤche mehr und mehr, ſo daß ihre allgemeine Faͤrbung allmaͤlig heller roth ward, und die Figuren nach und nach verſchwanden. einen verſchiedenen Reflex der vertieften Stellen erzeugt wor— den ſey. 72 Da ich dieſe Verſuche gelegentlich fortzuſetzen gedenke ſo greife ich den Schluͤſſen, die ſich aus obigen Reſultaten ziehen laſſen, nicht vor; zumal da der Punct, ob die Aus— ſtrahlung bei der Erſcheinung eine Rolle ſpielt, oder das Phaͤnomen einfach chemiſcher Natur iſt, durch dieß erſte Experiment noch nicht gehörig feſtgeſtellt ſcheint ). Ich hoffe aber Andere durch dieſe Mittheilung zu aͤhnlichen For— ſchungen anzuregen, damit die mit denſelben in Verbindung ſtehenden Fragen deſto eher und befriedigender erledigt wer— den moͤgen. Weimar, 30. Dec. 1839. W. Weißenborn, Miscellen. Ueber Albinos des Vorgebirges May im Staate New-Jerſey in Nordamerica berichtet Dr. Samuel Mare cy Folgendes: Die Aeltern dieſer Albinos ſind zwei ſchoͤne Exem— plare der Africaniſchen (Reger-) Race; fie ſind in der Grafſchaft Galloway geboren und gezogen, und haben ruͤckſichtlich der Morde litaͤt und des Fleißes, im Vergleiche mit den Negern der Nachbar- ſchaft, ſtets eines vorzuͤglich guten Rufs genoſſen. Von ihren ſechs Kindern ſind drei in allen Beziehungen aͤchte Neger und drei Albi— nos. Die beiden erſten Kinder waren ſchwarz; alsdann kamen hintereinander zwei weibliche Aldino’s, dann ein ſchwarzes Tochter- chen, endlich im Juni 1836 ein Albino-Knabe. — Die Mutter will die ungewoͤhnliche Farbe ihres erſten Albino-Kindes von einem Sturze herleiten, den fie während ihrer Schwangerſchaft von einer Schimmelſtute gethan. Bei der Geburt dieſes Kindes mußte fie viel ausſtehen. Sie ſuchte daſſelbe vor aller Welt zu verbergen und auf jede moͤgliche Weiſe ſchwarz zu machen. Bald darauf ward ſie wieder ſchwanger und gebar ein zweites Albinomaͤdchen. Durch die Geburt dieſes zweiten Albino's ward ſie wieder mit ih— rem Manne ausgeſoͤhnt, der ſich uͤber den erſten ſehr geärgert hatte. Der Hausfriede ward wiederhergeſtellt, und durch die Geburt eines Knaben von aͤcht Africaniſcher Farbe beſtiegelt. Bald darauf ward die Frau abermals ſchwanger und gebar den erwaͤhnten Albinoknaben. — Dieſe Albino's gleichen in Anſchung ihrer Koͤrperbildung durchaus den achten Negern. Ihre Füße find groß und platt; der wegen der außerordentlichen Länge der Ferſe mitten auf dem Fuße ſtehen⸗ de Unterſchenkel zeigt die den Neger characteriſirende Kruͤmmung der tibia. Die Lippen ſind aufgeworfen, die Naſe breit, das Haar wollig, die Haut außerordentlich zart und durchſichtig; die Augen blau, die Hornhaut mit einem zarten pfirſichbluͤthfarbigen Ringe umgeben; ein zweiter eben ſo gefaͤrbter Ring umgiebt die Pupille, wodurch die Augen ein hoͤchſt eigenthuͤmliches Anſehen erhalten. Durch ein etwas blendendes Licht werden dieſelben angegriffen, ſo daß die Albino's ſie mit den Haͤnden bedecken. Die gekraͤuſelten Haare gleichen in der Farbe gewoͤhnlicher gekaͤmmter Wolle. Aus genbrauen und Wimpern ſind ebenfalls weiß. Die Kinder haben ein geſcheidtes, lebhaftes und heiteres Weſen. Ein naturhiſtoriſches Muſeum für das Engliſche Oſtindien wird jetzt in Calcutta, nach einem von Prinſep entworfenen Plane, gegruͤndet und im Baue angefangen Necrolog. — Der Neſtor deutſcher Naturforſcher, der hochverdiente Obermedicinalrath und Profeſſor zu Goͤttingen, Jo— hann Friedrich Blumenbach, iſt am 22. Januar geſtorben. Dr. Phil. ») Ich muß hier bemerken, daß der Zutritt des Lichts zu der Taſſe A nicht vollſtändig genug abgeſperrt war, da die Thür der Ofenroͤhre bedeutend klaffte. An eine direct chemiſche Reaction des Chromgruͤns iſt wohl bei der ſchwachen Einwir— kung des Blutes kaum zu denken, da die Farbe mit einem Kieſelerdefluß aufgetragen und bei Gelbgluͤhhitze eingebrannt war. —————— — — 73 — 74 Dre: El Kuh: wir Ueber empfindliche Geſchwuͤlſte in der weiblichen Harnroͤhre. Von Alexander Ho ſa ck. Im Mai 1835 wurde ich von einem Dienſtmaͤdchen wegen eines Uebels befragt, welches, wie ſie ſagte, ihr gro— fe Leiden verurſache; es ſchien ihr, als wenn unmittelbar nach dem Waſſerlaſſen etwas in dem Canale herabgeſunken ſey und ihr auf der Stelle heftigen Schmerz verurſacht ha— be und haͤufig, beſonders, wenn ihre Kleidungsſtuͤcke daran kamen, blutete. Bei der geringſten Anſtrengung und Be— wegung wurde ſie in einem ſolchen Grade von herabdraͤn— genden Schmerzen befallen, daß ſie genoͤthigt war, das Bett zu ſuchen. Dieſe Beſchwerden hatten ſich etwa drei Jahre lang immer vermehrt; da ſie aber unverheirathet war, ſo hatte ſie aus Schaam ihre Leiden verhehlt, bis ſie nicht länger im Stande war, dieſelben auszuhalten. Hiernach nahm ich eine Unterſuchung vor, wodurch die Urſache ihrer Leiden ſogleich erklaͤrt war; ich fand zwei oder drei kleine Geſchwuͤlſte gerade im Eingange des meatus urinarius, an welchem ſie durch einen kurzen Stiel angeheftet waren. Sie waren von hellrother Farbe und ſchienen von der zar— ten Schleimhaut der Harnroͤhre bedeckt. Sie waren außer— ordentlich empfindlich und bluteten bei der leichteſten Beruͤh— rung. Der Form nach glichen fie einer Erbſe und variirten in Hinſicht der Groͤße bis zu der einer Bohne; zugleich wa— ren ſie ſo aufgerichtet, daß ſie den Strom des Urines hemm— ten. Die Kranke bezeichnete indeß den Schmerz bei'm Uri— niren nicht als das größte Leiden; denn dieſer war nicht zu vergleichen mit dem von Bewegungen oder von der Beruͤh— rung ihrer Kleidungsſtuͤcke herruͤhrenden Schmerze. Indem ich die Geſchwuͤlſte mit einer, Sonde in die Hoͤhe hob, entdeckte ich ihre Anheftung auf den Rand der urethra und empfahl die Abtragung derſelben, welche, nach der Zuſtimmung der Kranken, mit der Scheere ausgefuͤhrt wurde, wobei die Blutung nicht betraͤchtlich war. Nach wenigen Tagen war die Wunde geheilt, und die Kranke ſchien von ihrem Uebel vollkommen befreit, bis 6 Wochen ſpaͤter die Empfindlichkeit und andere Symptome ſich wieder: einſtellten. Nach drei Monaten wurde ich aufgefordert, ihr, wo moͤglich, wiederum durch eine Operation zu helfen. Bei der Unterſuchung fand ich den Rand der Harnroͤhre mit denſelben vollkommen organiſirten Wucherungen beſetzt; es ſah aus, ols wenn die Schleimhaut prolabirt und von Blut aufgetrieben, oder als wenn fie wie ein fungus her: vorgetrieben waͤre. Unter dieſen Umſtaͤnden beſchloß ich, die Wucherung dadurch zu entfernen, daß ich den Anfang des meatus urinarius ſelbſt exſtirpirte. Die Wunde heilte in der gewoͤhnlichen Zeit, und man bemerkte nachher nur noch einige mißfarbige Flecke in den Falten der Nymphen, die ich durch ein Aetzmittel zerſtoͤrte. Die Muͤndung der urethra blieb etwas härter, als es an gefunden Theilen der Fall iſt, und ich aͤußerte meine Zweifel, ob dieß nicht das Anfangsſtadium des seirrhus ſey. Die frühere Krank: heit kehrte aber nach wenigen Monaten mit allen erwaͤhn— ten Leiden zuruͤck. Ich beſchloß nun, ein größeres Stuͤck der Harnroͤhre abzutragen; dieſer Anſicht ſtimmte Dr. Wil⸗ kes bei, welcher bei der Operation aſſiſtirte. Nachdem die Kranke in eine Ruͤckenlage mit gegen den Koͤrper gebeugten Schenkeln gebracht war, maß ich zuerſt die Laͤnge der Harn⸗ roͤhre, indem ich bei Einfuͤhrung eines Catheters bemerkte, in welchem Augenblicke der Urin anfing, zu fließen. Dieſe Vorſicht erſchien nothwendig, weil die Laͤnge der weiblichen urethra ſehr verſchieden iſt, und weil ich doch die Blaſe nicht mit in den Operationsbereich ziehen wollte, wodurch leicht Folgen haͤtten herbeigefuͤhrt werden koͤnnen, welche fuͤr die Perſon noch uͤbler waren, als die beſtehende Krankheit. Nachdem dieſe Vorbereitungen getroffen waren, faßte ich die fungöfen Excrescenzen mit der Muſeuf'ſchen Hakenzange, zog ſie hervor, umſchrieb die Harnroͤhre mit einem Meſſer, ſetzte die Ablöfung nach Oben fort, bis ich etwa 4 Zoll des Canals adgetrennt hatte. Hierauf unterſuchte ich die Harn— röhre im obern Ende der Wunde, und da ich fie hier volls kommen natürlich und frei von aller Härte fand, fo trennte ich fie an dieſer Stelle. Die Blutung war fuͤr den Mo— ment ſehr groß, wurde aber durch einen Preßſchwamm an⸗ gehalten, oder doch ſo vermindert, daß dadurch alle Beſorg— niffe beſeitigt waren. Da die Kranke kurz vor der Opera⸗ tion ihr Waſſer gelaſſen hatte, ſo hielt ich es nicht fuͤr nothwendig, einen Catheter in der Blaſe zu laſſen; dieß be⸗ reuete ich indeß nachher, da ich am folgenden Morgen ge— nöthigt war, zu catheteriſiren, was, wie man ſich vorſtellen kann, nicht ohne betraͤchtliche Schwierigkeit auszuführen war. Ich beſchloß daher nun, den Catheter liegen zu laſſen, bis der Urin an ſeiner Seite ausfließen ſollte, was am ſechsten Tage der Fall war, worauf ich das Inſtrument heraus— nahm. Seit jener Zeit iſt die Krankheit nicht wieder ein⸗ getreten. Es wurde keine Bougie zur Offenhaltung der Müns dung eingelegt (was wohl nothwendig hätte erfcheinen koͤn— nen), weil ich die Reizung durch dieſelbe als einen Grund der Wiederkehr der Krankheit fuͤrchtete. Bei Unterſuchung des abgetragenen Theiles fand ich die Harnroͤhre ſehr ver— dickt und an ihrem Ende verhaͤrtet; da indeß dieſer Umſtand in aͤhnlichen Füllen von den Schriftſtellern nicht beobachtet wurde, ſo muß ich annehmen, daß dieß keine Folge des Wachsthums der Geſchwuͤlſte, ſondern die Wirkung zufaͤlli⸗ ger Reizung war. Den erſten Fall dieſer Krankheit ſah ich in der Praxis meines Freundes Dr. Mott, welcher vor mehreren Jahren von einem Herrn in Bezug auf ſeine Tochter, wegen dieſes qualvollen Leidens, um Rath gefragt wurde. Der Fall war dadurch von großem Intereſſe, daß Patientin erſt 18 Jahr alt war und in Begriff ſtand, ſich zu verheirathen. Sie 75 hatte uͤber zwei Jahre gelitten und, ihr Uebel als ein nicht zu beſeitigendes Hinderniß der Verheirathung anſehend, die Hochzeit mehreremale verſchoben, jedoch auch ihre Verbin— dung nicht ganz aufgehoben; da ſie deßwegen endlich ihren Zuſtand nicht laͤnger verbergen konnte, ſo entdeckte ſie die Urſache ihres Benehmens ihrem allein noch lebenden Vater, welcher fie ſogleich nach New. Vork zu Dr. Mott brachte. Am Rande des meatus urinarius hingen drei bohnengro— fe, abgeplattete, gefaͤßreiche, ſehr lebhaft geroͤthete und au— ßerordentlich empfindliche Geſchwuͤlſte angeheftet. Auch hier heilte die Wunde nach Exſtirpation des meatus urinarius vollkommen; das Maͤdchen kehrte geheilt zuruͤck und verhei— rathete ſich. Die Krankheit iſt verhaͤltnißmaͤßig ſelten; dennoch iſt bereits viel daruͤber geſchrieben worden; aber in den Hand— buͤchern der Chirurgie oder Geburtshülfe iſt, faſt ohne Aus— nahme, davon keine Notiz genommen. Itch muß geſtehen, daß ich weder von der Krankheit, noch von der Exſtirpation der urethra früher irgend Etwas gewußt hatte. Mor— gagni erwaͤhnt dieſe Krankheit zuerſt; er fat: im Jahre 1751 habe er bei Unterſuchung der Leiche einer alten Frau eine kleine dreieckige Excreſcenz im orificium urethrae geſehen, welche indeß nicht hervorragte; an einer andern Stelle bemerkt er, daß man bisweilen eine rothe, fungöfe Ercreſcenz von der Große einer Bohne am Rande des ori- ficium urethrae finde. Ein Herr Hughes aus Stroud— water in Glouceſterſhire beſchreibt 1769 eine Geſchwulſt von rother Farbe und weicher ſpongioͤſer Textur mit unre— gelmaͤßig zerriſſener Oberflaͤche, ſehr empfindlich und leicht blutend bei Beruͤhrung. Die Kranke war 11 Jahr alt, ſehr mager, und die Krankheit hatte drei Jahre beſtanden. Es wurde der meatus urinarius erſtirpirt; die Kranke litt einige Zeit, d. h. waͤhrend der Heilung, an Harnverhaltung; die Heilung war aber vollkommen Bei Unterſuchung des fungus nach der Operation hatte er die Groͤße des Nabels eines Erwachſenen; der vordere Theil war etwas ausgedehnt und nach Innen umgekraͤmpt, ſo daß eine Hoͤhle entſtand, in deren Tiefe die Mündung der Harnroͤhre lag. Im 13. Bande der Lancet beſchreibt Herr Wardrop vier Faͤlle, den erſten bei einem Maͤdchen von 13 Jahren, den zweiten bei einer Frau von 30 und den vierten von 60 Jahren (das Alter des dritten Falles iſt nicht angegeben). Auch hiernach iſt das Hauptſymptom die ungewoͤhnliche Empfind⸗ lichkeit. Bei einem dieſer Fülle kehrte die Krankheit nach der Verheirathung zuruͤck, ſo daß ſich die Kranke nochmals an Hrn. Wardrop wendete: die Geſchwulſt bildete einen ſcharlachrothen Schwamm, welcher die Harnroͤhre umgab und ſo empfindlich war, daß der geſchlechtliche Umgang uns moglich wurde. Durch Erſtirpation des orificium wurde die Krankheit vollkommen gehoben. Erwaͤhnung dieſer Krank— heit geſchieht auch von Boyer, Broomfield, Sharp, ar ner, Jenner, Chauſſier, Dubois, Madame La cha pelle, Rofenmülter, Vogel, ö Procchas ca u. A. (Aus The New-York Journal of Medicine in The British. and Foreign med. Review, Oct. 1839.) Chirurgiſche Beiträge. Alexander Wat fon. (Schluß.) B. Ueber Gehirnerſchütterung mit Blutergießung innerhalb des Schaͤdels. Von Manchmal kommen zu Gehirnerſchuͤtterungen die Symptome der Compreſſion hinzu, weil eine betrachtliche Blutmenge durch Zerreißung der Gehirnſubſtanz oder der Hirnhautgefaͤße in die S haͤdelhoͤhle ergoſſen iſt; dabei findet ſich gewöhnlich ein Schädel bruch, und die Blutergießung kann ſogleich oder erſt im Verlaufe einiger Zeit bei Beginn der Reaction auftreten. In dieſem letzten Falle iſt die unmittelbare Ergießung wahrſcheinlich durch die Ver- minderung der Circulationskraft bei'm Zuſtande des collapsus ſuspendirt. Vierter Fall. Janet Leechman, 27 Jahr alt, wurde am 17. Mai 1838, funf uhr Morgens, vollkommen bewußtlos einge- bracht. Man hatte ſie am Fuße einer fteiten Treppe gefunden; zwei fie begleitende Frauen verſi nerten, daß fie ſeit vier Tagen fortwährend ſich im Zuſtande der Berauſchung befinde, und auch am Abend zuvor betrunken geweſen ſey. Unmittelbar, nachdem ſie gefunden war, hatte ein Wundarzt verſucht, die Magenpumpe ans zuwenden, jedoch ohne Erfolg. Patientin lag in vollkommenem coma, mit beſchwerlichem Athem, kalten Extremitäten und nicht fühlbavem Puls Eine kleine Rißwunde zeigt ſich am hintern Theile des rechten Scheitelbeins ; eine Fractur iſt nicht zu bemerkenz die Pupillen ſind erweitert, und nicht empfindlich gegen Licht; aus dem rechten Ohre fließt etwas Blut. Mit der Magenpumpe wur— den mehrere Pfunde nach Branntwein riechender Fluͤſſigkeit ausge— leert; ein reizendes Clyſtir wurde gegeben, der Kopf raſirt, und Wärme auf die Ertremitäten angewendet; gegen Mittag war die Haut warm; der Puls 100 und weich; der Athem muͤhſam; es iſt moͤglich, ſie aus ihrem Stupor zu erwecken; zwei Darmauslee— rungen; kalte Umſchlaͤge über den Kopf; das Elyſtir zu wieder— holen. Am 18. wie Tags zuvor; Puls 86, weich. Sie hat etwas Thee genommen; reichliche Darmausleerungen in das Bett; Pu— pillen erweitert; Haut warm; Schmerz bei Unterſuchung der Wun— de; das Licht ſcheint zu belaͤſtigen. Am 19. die Symptome wie zuvor; doch hat ſich die Bewußtloſigkeit vermehrt; Puls 76, weich; das Schlucken geht ſchwer; Reſpiration beſchwerlich und langſam; gleiche Behandlung und Blaſenpflaſter. Am 20. nimmt das coma zu; der Athem wird immer muͤh⸗ ſamer, der Puls ſeltener; am Morgen erfolgt der Tod. Section. Die Schaͤdelknochen ſind ungewoͤhnlich dick, von der Wunde auf der rechten Kopfſeite geht eine Fractur nach Un— ten durch das Felſenbein hindurch, und die Knochenſtuͤcke ſtehen eine Linie weit auseinander. Ein kleiner Theil des Gehirns in dieſer Gegend war zerriſſen, desorganiſirt und mit coagulirtem Blute gemiſcht. Auf der linken Kopfſeite fand ſich eine betraͤchtliche Quan— titaͤt coagulirtes Blut unter der dura mater, zwiſchen den Haͤu⸗ ten, auf der Oberfliche des mittleren Lappens der linken Hemi⸗ ſphaͤre. Unter dieſer Stelle war die Hirnſubſtanz in betraͤchtlicher Aus dehnung desorganiſirt und mit grumdſem Blute gemiſcht. In dieſem Falle zeigte die Kranke zuerſt den Zuſtand aͤußer— ſter Berauſchung und Hirnerſchuͤtterung; durch die Magenpumpe wurde die Wirkung des Branntweins gehoben; die der Erſchuͤtte— rung dauerte fort; die Kranke war zu ſich zu bringen und konnte ſchlucken, was man ihr reichte; am dritten Tage aber nahm die Bewußtloſigkeit wieder zu, fie wurde comatds, es ſtellte ſich muͤh⸗ ſames Athmen und Schwinden des Pulſes ein, die Zeichen von Compreſſion des Gehirnes durch apoplectiſchen Zuſtand. Die Hauptergießung des Blutes befand ſich auf der, der aͤußern Wunde entgegengeſetzten Seite unter der dura mater, und es iſt zu bes merken, daß mehrere Theile des Gehirns in betraͤchtlichem Grade zerriſſen waren. 77 Fünfter Fall. Jane Haſtie, 24 Jahr alt, wurde am 19. Ja: nuar 1839, um 2 uhr Morgens, durch die Polizei nach dem Spirale gebracht, welche ſie kurz zuvor auf der Straße, am Fuße einer Trep— pe, gefunden hatte. Sie war bewußtlos und gab nur, wenn ſie gekniffen wurde, ein Lebenszeichen; der Puls war nicht zu fühlen; die Extremitäten kalt und ſteif. Bei der Unterſuchung fanden ſich zwei zerriſſene Wunden, die eine, einen halben Zoll lang, auf der Mitte des Stirnbeins, die andere, drei Zoll lang, auf dem hintern Tbeite des Hinterhaupts, beide mehr rechts. Eine Fractur oder Knochenhautverlezung war nicht zu bemerken. Es wurde Wärme auf Fuße und Arme angewendet. Um 9 Uhr Morgens war die Körperwärme hergeſtellt; der Puls fühlbar, zuerſt von hintangti— cher Kraft, e bwach und intermirtirend. das Athmen wurde roͤchelnd, und Mittags war der Zuftand der Apoplexie ausgebildet. Eine Conſultation entſchied gegen die Operation. Am 19. ſank der Zuſtand immer mehr, bis Abends 6 Uhr der Tod erfolgte. Section. Unter der Kopfhaut fand ſich in der Gegend der Wunden betraͤchtliche Ecchymoſe, namentlich von der hintern Wunde bis zum rechten Ohre. Unter der gura mater fand ſich ein be— trächtliches Blutcoagulum auf dem vordern Theile der linken He— miſphaͤre, begleitet von beträchtlicher Zerreißung der Hirnſubſtanz; auf der basis cranii fand ſich innerhalb der dura mater eine ber trächtliche Quantitat ergoſſenes Blut. Von der Hinterhaupts— wunde ging ein Knochenbruch bis zum ſoramen magnum, und es fand ſich hier auch etwas Bluterguß außerhalb der dura mater. Sechster Fall. James Latta, 30 Jahr alt, von un- ordentlicher Lebensweiſe, wurde am 27. September 1837 bewußtlos mit einer unregelmäßigen Wunde am Hinterhaupte, ohne bemerkba— ren Knochenbruch des Schädels, in das Spital gebracht, nachdem er zwei Tage lang ſich in dem Zuſtande der Beraufhung erhalten hatte. Warme Umſchlaͤge um die Fuße ac. Am 28. Nach einer ruhigen Nacht iſt er bei ſich, klagt uͤber Schmerz in der Stirngegendz Puls 30, weich; Zunge belegt, bei'm Ausſtrecken ebenſo wie Paͤnde und Fuße zitternd. Ein Aderlaß von 14 Unzen, ein Abführmittel und eine diaphoretiſche Mixtur. Am 29. Der Aderlaß hatte Ohnmacht veranlaßt; in der Nacht folgte murmelndes Delirium; er klagt nicht mehr uͤber den Kopf; die Wunde ſieht gut aus; zwei Stuhlgaͤnge; Puls 80 und weich. Die diaphoretiſche Mixtur wird fortgeſetzt. Am 30. leichtes Delirium in der Nacht; Puls 88; Zunge be— legt; zwei Gran Calomel und drei Gran Spießglanzpulver drei: mal täglich Am 6. October. Der Puls hob ſich; das Delirium wurde heftiger. Durch Opium und geiſtiges Getraͤnk wurde ein ruhigerer Zuſtand herbeigeführt. Am 7. October. Unzuſammenbaͤngend murmelndes Delirium; Puls 120; ſchlechte Nacht; reichliche Mundſecretion; Paralyſe des linken obern Augenlids. Kleine Gaben von Calomel und Anti— mon, Milchdiaͤt u. ſ. w. Am 8. Dieſelben Symptome. Blutentziehung von acht Unzen durch Schroͤpfen im Nacken; dieſelben Mittel. , Am 11. Blaſenpflaſter auf den Kopf. Das gelähmte Augen⸗ lid wird beweglicher; Puls 80, weich; Patient ſcheint ſehr ſchwach und bleibt in dem murmelnden Delirium. Darmausleerungenz Zun⸗ ge belegt; allgemeines Zittern. Etwas Branntewein und Waſſer alle zwei Stunden. Am 17. Derſelbe Zu fortgebraucht und etwas Fleiſchbruͤhe gegeben worden. Er hatte eine erträgliche Nacht; dagegen zeigt ſich eryſipelatoſe Anſchwellung der rechten Kopfſeite. Die Quantität des Branntweins wurde vermindert und Jalappe gegeben. ö Am 27. Die Symptome des delirium tremens, des erysipe- las und anderer Wirkungen der Verletzung dauerten faſt unverän⸗ dert fort. Geſicht und Hals waren ſehr geſchwollen; Puls 100 — 120, ſehr ſchwach; unwillkuͤhrliche Darmausleerungen; die Schwäͤ⸗ che nimmt zu, bis am Morgen der Tod erfolgt. d. Es waren die frübern Mittel 78 Scetſon. So meſt das cıysipelas reichte, fanden ſich zwi— ſchen Haut» und Knochenflaͤche Anſammlungen von Eiter. An der Stelle der Hautwunde fand ſich ein ſternförmiger Bruch des bins tein Theiles des linken Scheitelbeins, jedoch ohne die mindeſte Un: regelmaßigkrit der außern Knocheneberflaͤche. Die Fractur erſtreckte ſich in das Linke Felſenbein, und die dura mater war nach deren Laufe hin erweicht und entzündet. Im rechten vordern Hirntappen fand ſich eine Hohle mit erweichtem Blutecagulum, welches indeß großtentheils abſorbirt war. An der basis erau fand ſich beträcht⸗ A Blutergießung und eine Fractur durch den rechten Orbitale ortſatz. In dieſem Falle war auf Erſchuͤtterung und Bruch des Schaͤ⸗ dels, mit Blurergießung in und unter dem Gehirne, Entzündung der dura mater, delirium tremens und erysipelas gefolgt. Dennoch lebte der Kranke noch vier Wochen und ſchien ſogar ſich erhofen zu wollen, und hätte auch gewiß, bei beſſerem Zuſtande feiner Con⸗ ſtitution, mehr Ausſicht auf Heilung gehabt. N Siebenter Fall. Alexander Tait, 33 Jahr alt, ſtürzte am 23. December 1336, Abenos 6 Uhr, von einem Kutſcherſitze her⸗ ab, und wurde bewußtlos weggelragen. Er kam einige Zeit das rauf zu ſich und war im Stande, mit ſeiner Frau zu ſprechen, wurde aber bald wiederum bewußtlos und kam gegen acht Ubr in vollkommenem coma, aus welchem er nicht zu erwecken war, in dem Spitale an. Sein Athen war roͤcheind, die Pupille erwei⸗ tert, der Puls 80, intermittirend und die Hautflache zeigte Nei⸗ gung zum Kühlwerden. An der linken Schlafe zeigte ſich eine leichte Quetſchung mit Blutunterlaufung, ohne Fractur oder äußere Wunde. Nach dem Mirgethri'ten Schloß ich, daß eine Blutergie⸗ ßung ſtattfinde und daß er nicht lange leben werde, und der Tod erfolgte auch, in der That bereits zehn Stunden nach der Verletzung. Bei der Section fand ſich eine Eechymoſe der Kopfhaut am obern Theile der linken Schlafe und eine Fractur von da bis zur basis cranii;z auf der dura mater fand ſich ein großes coagu um von einem Zolle Dicke, unter der Fractur des Schlaͤfenbeins. Die Urſache davon war eine Zerreißung der meninges; im hintern Theile des Gehirnes, hinter dem thalamus, fand ſich eine Zerrei⸗ ßung mit crtravajirtem Blute. Das innere Ohr war mit coagulir⸗ tem Blute gefüllt, In dieſem Falle war dadurch, daß das Bewußtſeyn zurückge⸗ kehrt und erſt nach einiger Zeit wiederum Symptome von Hirn⸗ compreſſion eingetreten waren, das Vorhandenſeyn einer Ergleßung ſehr beſtimmt angezeigt ; es war aber nicht moͤglich, anzugeben, wo die Zerreißung ihren Sitz haben mochte, um ſie zu entfernen; obwohl ſich an der linken Schlaͤfe eine Quctſchung fand, fo konnte die Ergiehung doch ebenſowohl auf der entgegengeſetzten Seite ſtatt⸗ finden. Es war aber klar, daß jedenfalls die Hirnzerreißung, ſelbſt bei gluͤcklicher Operation, die Heilung unmoglich gemacht haben wuͤrde. L 5 Achter Fall. Ein Herr von 48 Jahren wurde am 19. April 1839, um drei uhr Nachmittags, aus feinem Cabriolette, mit wel- chem das Pferd durchgegangen war, mit Gewalt herausgeſchleu⸗ dert und ſturzte mit dem Kopfe auf das Pflaſter. Er wurde in dem ganz nahen Spitale in ein Privatzimmer aufgenommen. um 4 Ubr war er ganz bewußtlos, nicht fähig zu ſprechen; er konnte feine Augen öffnen, Kopf und Ertremitäten bewegen, ſchien einige ſeiner Bekannten zu erkennen und auch bisweilen zu verſtehen, was zu ihm geſagt wurde. Häuſig führte er die Hände an feinen Kopf und ſchien ſprechen zu wollen, ohne es zu koͤnnen. Ueber dem linken Ohre zeigte ſich eine Quetſchung mit Blut; unterlaufung und großer Empfindlichkeit der Stelle. Das Blut floß einige Zeit reichlich aus dem linken Ohre. Ein Schaͤdelbruch war nicht zu fühlen; außerdem fand ſich noch eine kleine Exoſton an der rechten Seite des Scheitels. Koͤrperwarme, Puls und. Athem waren normal; doch ſollte er allmälig immer mehr bewußt? los geworden ſeyn. | Bei einer Conſultation erſchien es hoͤchſt wahrſcheinlich * eine Fractur an der basis cranii mit Blutextravaſat vorhanden ſey; da noch kein collapsus eingetreten war, ſo wurde, um die Ergießung zu hemmen, ein Aderlaß von achtzehn Unzen angeſtellt; 79 auf den Kopf wurden kalte, auf die Füße warme Umſchlaͤge ges macht. Es ſchien, als wenn der Kranke ſehr gegen die Blutent— ziehung ſey; er konnte aber feinen Wanſch nicht deutlich machen; dagegen gab er beſtimmt zu erkennen, daß er uͤber die Urſache ſei⸗ nes jetzigen Zuſtandes ſich wundere, und nichts davon wiſſe. Nah dem Aderlaſſe bekam er Erbrechen und Unruhe und er ſchien nicht erleichtert. Abends gegen 7 uhr, nachdem der Kranke fortwaͤh⸗ rend aus dem Bette gewollt hatte, trat vollkommene Bewußtloſig⸗ keit ein. Gegen 8 Ühr fand ich vollkommenen Zuſtand der Apo— plexie; Puls 60; Athem ſchnarchend; rechte Pupille contrahirt, die linke erweitert. Da der Zuſtand ſehr raſch ſich verſchlimmerte, wurde eine neue Conſultation gehalten, und die Trepanation uͤber dem linken Ohre in Vorſchlag gebracht, jedoch nicht angenommen, und ich mußte ſelbſt zugeſtehen, daß ſelbſt, wenn die Operation Erleichterung bringen ſollte, doch keine Hoffnung zu ſeyn ſchien. Doch ſchien mir der Fall dem vorigen aͤhnlich, in welchem ich bedauerte, nicht operirt zu haben, wobei hinzugefügt werden konnte, daß die Lage des Kranken durch die Operation jedenfalls nicht ſchlimmer wurde. Es wurde durch Schroͤpfen Blut entzogen; abfuͤhrende Clyſtire bewirkten keine Beſſerung, und der Tod erfolgte 17 Stunden nach der Verletzung. Section. Ueber und hinter dem linken Ohre bis zum Hinz terhaupte war die Kopfhaut mit Blut unterlaufen; bei Abnahme der Schaͤdeldecke fand ſich feſte Verwachſung der dura mater, je— doch an der innern Fläche der Schlaͤfen und Scheitelbeine ein bes trächtliches coagulum, welches in der Mitte etwa einen Zoll dick war und die dura mater in einem Durchmeſſer von vier Zoll ab— gelöf’t hatte. Die Ergießung kam von Zerreißung der hintern meningea; von der linken Seite des Hinterhauptsbeins ging eine Fiſſur durch das Felſenbein bis zum foramen ovale des Keilbeins und von dem Felſenbeine durch die Schuppe des Schlaͤfenbeins, wodurch die hintere meningen abgeriſſen war. Nur ein kleines Fragment in der Gegend des innern Ohres war abgeloͤſ't; dadurch erklärte ſich die Blutung aus dem Ohre. Ein kleines Stuͤck der Hirnſubſtanz am vordern Lappen der rechten Seite, fo wie am mittleren Lappen der linken Hemiſphaͤre, war gequetſcht und mit coagulum gemiſcht. In dieſem Falle ging die von der Erſchuͤtterung herruͤhrende Bewußtloſigkeit bald voruͤber; derſelbe Zuſtand ſtellte ſich aber auf's Neue durch Compreſſion des Gehirnes durch das ergoſſene Blut ein. Der lichte Zwiſchenraum bald nach der Verletzung ging deut— lichen Symptomen einer Apoplexie ohne Depreſſion der Schädel: knochen voraus und konnte die allmälig zunehmende Compreſſion nur von Blutergießung hergeleitet werden. In Faͤllen dieſer Art fraͤgt es ſich beſonders, wo der Bluterguß ſitze und ob feine Ausleerung moͤglich fey. Eine ſolche Beſtimmung der Lage eines Blutextravaſates in der Schaͤdelhoͤhle iſt eine ſehr ſchwierige Aufgabe. Es kann außerhalb der dura mater, inner: halb derſelben und endlich innerhalb des Gehirnes ſitzen, entſpricht aber keineswegs immer den aͤußern Spuren von Verletzungen, wie, z. B., bei den Faͤllen 4., 5. und 6.; im Gegentheile findet es ſich haufig in der entgegengeſetzten Seite des Schädels, und dennoch find die Symptome ganz dieſelben. 80 Findet ſich indeß Ergießung in die basis cranii mit Druck auf der medulla oblongata, ſo erfolgt, in der Regel, auf der Stelle der Tod, waͤhrend, wenn das Blut auf einer der Seiten oder am obern Theile des Schaͤdels ſitzt, der Kranke in feinem apoplectie ſchen Zuſtande noch Tage lange leben kann. Ein anderer Umſtand iſt bemerkenswerth; Abernethy und Bro die behaupten, daß ein Blutcoagulum an der Äußeren Fläche der dura mater nie gefaͤhrlich werde, außer, wenn die meningea media zerriſſen ſey, was, nach Brodie's Beobachtung, nur ftatte findet, wenn der Knochencanal dieſer Arterie gebrochen iſt; wie— wohl von Andern auch eine Zerreißung der Arterie ohne Knochen— bruch beobachtet worden iſt. Auch der mitgetheilte Fall dagegen zeigt eine Ruptur der meningea posterior bei Bruch des Knochens im Verlaufe derſelben. In Faͤllen daher, in welchen Symptome von Hirndruck durch Blutextravaſat im Schaͤdel vorhanden ſind, der Tod aber nicht plotzlich eintritt und eine Verletzung in der Schlaͤfen-Scheitelbeinge⸗ gend, beſonders mit Fractur und Bluten aus dem Ohre, vorhan⸗ den iſt, ſteigt die Wahrſcheinlichkeit, daß hier der Sitz des ergoſſe— nen Blutes ſey, faſt zur Gewißheit. Was nun die Operation zur Entleerung des Blutes betrifft, fo ift fie an und für ſich nicht gefährlich und bisweilen mit außer— ordentlichem Erfolge verrichtet worden. Stirbt ein Kranker im Zuſtande der Bewußtloſigkeit, ſo kann die Operation ſeine Leiden oder ſeine Gefahr nicht vermehren, und bei richtiger Auswahl der Fälle ſehr wohl bisweilen einen günftigen Erfolg haben. Während daher früher die Operation zu häufig verrichtet worden iſt, fo iſt man jetzt in einen entgegengeſetzten Fehler verfallen: durch Miß⸗ brauch iſt die Operation außer Gebrauch gekommen. (Edinburgh med. and surg. Journ. July 1839.) Miscelle u. Als neue Operation des eingewachſenen Nagels beſchreibt Hr. Baudens folgendes raſche Verfahren: Mit der rechten Hand hält der Wundarzt ein Biſtouri, fo wie das Feder— meſſer bei'm Federſchneiden; die große Zehe wird mit der andern Hand von Unten gefaßt; nun druͤckt man die Meſſerſchneide 4 — 5 Linien oberhalb der Nagelwurzel perpendiculaͤr bis auf den Kno— chen ein, wendet alsdann die Schneide nach Vorn, und nimmt mit einem Zuge das ganze eingewachſene Stuͤck des Nagels ſammt dem ſchwammigen Fleiſche weg. Hr. B. hat dieſes Verfahren 50 — 60 Mal mit guͤnſtigſtem Erfolge ausgeführt und in vierzehn bis zwan— zig Tagen die Heilung immer erreicht. Daſſelbe Verfahren hat Gerdy als eigenes Verfahren beſchrieben, und auch er ſagt, daß die Operation ſo raſch auszufuͤhren ſey, daß die Kranken gar nicht Zeit haben, ſich über Schmerz dabei zu beklagen. (Gaz. d. Höpit. No. 112.) Nadeln von Platina empfiehlt Amuſſat zur umſchlun⸗ genen Naht; ſie ſind 14 — 16 Linien lang und an einem Ende ſehr ſpitzig, am andern Ende ſtatt eines Kopfes mit einem kleinen Ringe verſehen, der horizontal auf die Haut zu liegen kommt, alſo nicht druckt und zugleich bei'm Ausziehen der Nadel als Griff dient. (Bullet. de Thérap. 1839.) Giblio graphische Neuigkeiten. Animal Magnetism delineated by its Professors, a Review of its History in Germany, France and England; reprinted from the British and foreign medical Review. By Mr. Churchill. London 1839. 8. Anleitung zum Studium der Geognofie und Geologie, beſonders für Deutſche Forft- und Landwirthe und Techniker. Von Bernhard Cotta, Dr. Ph. Erſtes Heft. Elemente der Geognoſie. Dres— den 1839. 8. (Das Ganze wird in vier Heften erſcheinen.) Treatise on Syphilis in which the History, symptoms and me- thod of treating every form of that disease are fully consi- dered. By John Baict. London 1839. 8. The Transactions of che Provincial Medical and Surgical Au- Vol. VII. London 1839. 8. sociation, — —— ́— Neue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medielnalrathe und Profeſſor Frerier ju Berlin. No. 270. (Nr. 6. des XIII. Bandes.) Januar 1840. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. nn EF. Unterſuchungen uͤber die Structur und Entſtehung der Zaͤhne der Squaloides, nebſt Anwendung der beobachteten Thatſachen behufs einer neuen Theo— rie der Zahnbildung. Von M. R. O wenn. . Die neueſten Schriftſteller, welche über die Natur und Bildung der Zaͤhne gehandelt, und aus ihren Beobachtun— gen in Betreff der Zaͤhne der Fiſche, Reptilien und Saͤuge— thiere allgemeine Saͤtze gezogen haben, beſchreiben dieſe Pro— ducte als unorganiſche Körper, deren Anwachs nach Art tod— ter Materie durch die ſucceſſive Ablagerung von Schichten geſchehe, welche aus einer Zwiebel oder drüfenförmigen Membran ſchwitzen. Dieſe Theorie ſtellte Cuvier auf, und ſie ward von deſſen Nachfolgern angenommen (Vergl. Lecons d' Anatomie comparée, T. IV. Ire part. p. 197). Hr. v. Blainville hat noch ganz neuerdings die— ſelbe Anſicht in feiner herrlichen Ostéographie, p. 14 u. 15, ausgeſprochen, und ſelbſt Prof. Muͤller, welcher al— lerdings, bei der ihn auszeichnenden Gruͤndlichkeit und Ge: lehrſamkeit, die Zahnſubſtanz nach den Unterſuchungen eines Purkinje, Fraͤnkel und Retzius für zuſammengeſetzter hielt, iſt noch der Meinung, daß die Zaͤhne, gleich den Haas ten, Nägeln ꝛc., durch die fortgeſetzte Ausſchwitzung von Schichten aus einer ſecernirenden Zwiebel entſtehen, und er laͤugnet das Vorhandenſeyn irgend einer organiſchen Verbin— dung zwiſchen der Zahnſubſtanz und der Zwiebel, außer viels leicht bei den Gattungen Myliobatis und Rhinoptera. Da aber die Zähne ſich offenbar in centripetaler Rich: tung entwickeln und man die bereits hart gewordene Zahn⸗ ſubſtanz ſehr leicht von der darunter liegenden Zwiebel tren⸗ nen kann, fo laßt ſich die Entwickelung der Zähne ferner auf keine Weiſe mit der der Haare vergleichen, indem bei— 5 e durchaus keine Aehnlichkeit mit einander aben. Nachdem ich bei meinen miktoſcopiſchen Unterſuchungen über die Textur der Zähne der jetzt lebenden und vorweltli— No. 1370. chen Thiere aus den verſchiedenen Claſſen der Wirbelthiere wiederholte Beweiſe davon erlangt hatte, daß die Textur der Zaͤhne durchaus nicht in einer Anzahl von übereinanderlie— genden concentriſchen Schichten beſteht, ſtudirte ich die Ent— wickelung der Zähne bei verſchiedenen Thierclaſſen und uns terſuchte, mit Huͤlfe des Mikroſcops, die Veraͤnderungen, wel— che die ſecernirende Zwiebel waͤhrend der Ausuͤbung ihrer Functionen erleidet. In der vorliegenden Mittheilung gedenke ich, der Aca— demie das Reſultat meiner Forſchungen über die Entwicke— lung der Zaͤhne bei den Plagioſtomen aus der Familie der Squaloiden vorzulegen, indem ich eine kurzgefaßte Beſchrei— bung der Textur der Zaͤhne vorherſchicke, wie ich ſie bei drei Untergattungen von Squalus angetroffen habe. Die Zahnbildung der Haie und vieler andern Fiſche repraͤſetnirt in einem großen Maaßſtabe das Anf ang sſt a⸗ dium oder dag ſogenannte Warzen ſtadium der Zahne bildung bei'm Menſchen und den Saͤugethieren. Bei den fraglichen Thieren folgt auf dieſes Stadium kein Balg oder Durchbruchsſtadium. Die erzeugenden Warzen haben keine Huͤlle und brechen alſo nicht durch. Sobald der Zahn durch die Ablagerung von Kalkſalzen in den ſchon vorhandenen Zellen und Roͤhren feſt geworden iſt, tritt er allmaͤlig aus der ſchuͤtzenden Scheide heraus, welche in dem erſten Bildungsſtadium eine Falte der Schleimhaut um ihn bildete. Ich habe die Entwickelung der Zähne der Squa— loiden bei den Gattungen Galeus, Carcharias und Seymnus ſtudirt. Bei dem noch im uterus enthaltenen 1 Fuß langen Fötus des großen weißen Haies (Carcharodon, Smith) ſcheinen die Kiefer auf den erſten Blick noch voͤllig zahnlos. An der Innenſeite des Randes jedes Kiefers bemerft man einen mit dem Rande parallel laufenden Spalt zwiſchen der den converen Rand des Knorpels uͤberziehenden dünnen glat— ten Membran und dem vorſtehenden Rande einer Falte der Schleimhaut, die auf der innern Fläche des Kiefers liegt. Entfernt man dieſe Falte von dem Kiefer, ſo bemerkt man die, wie gewoͤhnlich, in verticalen Reihen ſtehenden Zaͤhne. 6 85 Die Spitzen derſelben find hinterwaͤrts und nach der Baſis des Kiefers gerichtet, und man ſieht, wie ſie aus Loͤchern oder Scheiden der haͤutigen Falte hervorkommen, ſo wie man dieſe hinterwaͤrts nach ihrer Befeſtigungsſtelle oder nach dem Untertheile des Kiefers zu zieht An dieſer Stelle ſetzt ſich die vordere Schicht der Falte, welche man, nach ihrer Function, die Buͤchſenfalte (plica thecalis) nennen koͤnn— te, an der Baſis der Zahnreihen in die Schleimhaut fort, waͤhrend die hintere Schicht der Falte ſich umſchlaͤgt, um das Zungenbaͤndchen zu bilden. Hart an der vordern Um— ſchlagslinie iſt eine Reihe einfacher kegelfoͤrmiger Waͤrzchen vorhanden; in der folgenden Reihe find die Waͤrzchen gro: ßer, ihr Kegel iſt dicker und platter und der Gipfel mit einer kleinen Capſel von dichter, glaͤnzender Subſtanz beklei— det, die ſich leicht beſeitigen laͤßt. Die dritte Reihe von Waͤrzchen am Unterkiefer, von Unten nach Oben gezaͤhlt, bietet bereits die Größe und Form der kuͤnftigen Zähne dar, an deren Raͤndern ſich deutliche Kerben zeigen. Die eine Haͤlfte des Zahnes iſt vollſtaͤndig entwickelt und man kann ſie von der fleiſchigen Unterlage der Zwiebel nicht anders beſeitigen, als indem man die Subſtanz dieſes letztern Or— ganes merklich zerreißt. Betrachtet man die Zwiebel unter dem Vergroͤßerungsglaſe, ſo ſieht man deutlich die durch das Abreißen hervorgezogenen Zäpfchen, welche in die Markcanaͤle des jungen Zahns eingedrungen waren. Die Zaͤhne in der vierten, fuͤnften und ſechsten Reihe, von Unten nach Oben gerechnet, ſind vollſtaͤndig ausgebil— del. Sie werden nach Oben zu immer kleiner, und die der letzten oder oberſten Reihe, welche bei'm Zuruͤckſchlagen der Buͤchſenfalte zuerſt zum Vorſcheine kommt und auch zuerſt ihre vollſtaͤndige Entwickelung erlangt, beſteht aus einfach kegelfoͤrmigen Zähnen, welche in Größe und Geſtalt mit der dritten oder Gipfelportion der tieferſtehenden Zaͤhne von der gewoͤhnlichen Groͤße uͤbereinſtimmen. Ihr Wachsthum iſt indeß vollendet und ihre Baſis feſt mit der membrana maxillaris verbunden. Bei einem 3 Zoll langen Carcharias- Fötus, tel: cher ſeine aͤußeren Kiemen noch nicht abgelegt hatte, war die membranöfe Rinne zwiſchen dem Kiefer und der Buͤchſen— falte weit tiefer unten, und auf der Membran des Kiefers waren nur zwei Reihen von Warzen zu bemerken. Bei dem weiter fortgeſchrittenen Embryo entſpringen wahrſcheinlich die kleineren Zaͤhne aus dieſen erſten Warzen, worauf dann unſtreitig andere, immer größer werdende Zähne entſtehen, bis dieſe zuletzt die normale Geſtalt und Groͤße der völlig ausgebildeten Zaͤhne erlangen. Die noch nicht mit Knochenſubſtanz belegten Zwiebeln beſtehen aus halbdurchſichtigen vieleckigen Koͤrnchen oder Zel— len, die in einer durchſichtigen Maſſe oder gleichſam Gang— art ſchweben und von einer lederartigen durchſichtigen Mem— bran umhuͤllt ſind, welche die aͤußere Oberflaͤche der Zwiebel bildet Dieſe, ſo wie die folgenden Erſcheinungen zeigen ſich bei ſtarker Vergroͤßerung. Unter dieſer Membran auf den gekerbten Raͤndern ſind die Koͤrnchen oder Zellen in Li— nien geordnet, welche denen der kalkfuͤhrenden Roͤhren des 84 kuͤnftigen Zahnes genau entſprechen. Die Bildung des Zah— nes beginnt mit der Ablagerung der erdigen Stoffe in die aͤußere lederartige Membran der Zwiebel. Es iſt mir nicht gelungen die Anordnung des ſich in dieſe Membran abla— gernden Salzes deutlich zu beobachten; es iſt durchſichtig, äußerſt dicht und bildet die glaͤnzende emaillirte Oberflaͤche des Zahns. Bei den von vollig ausgebildeten Zaͤhnen ges nommenen Durchſchnikten verlieren ſich die feinſten Endzwei— ge der parallelen an der Peripherſe befindlichen Kalkroͤhren in die oberflaͤchliche durch ſichtige Emailſubſtanz. Wenn die aͤußere emaillirte Lage der Zahnſpitze fertig iſt, laͤßt ſie ſich fo leicht von der darunterliegenden Zwiebel abloͤſen, daß man leicht auf den Gedanken kommen koͤnnte, daß zwiſchen bei— den Theilen durchaus keine organiſche Verbindung exiſtire. Bringt man aber eine ſo beſchaffene Zwiebel unter das Mikroſcop und vergleicht man ſie mit einer ſolchen, auf der ſich noch keine Kalktheile abgelagert haben, ſo ſieht man, daß jene nicht mehr mit der glatten dichten Membran be— kleidet iſt, welche man bei dieſer bemerkt, und der Rand der von ihrer Schmelzdecke befreiten Zwiebelſpitze zeigt ſich zottig und flodig. Es ergiebt ſich ganz deutlich, daß die erſte Schicht des Zabns nicht durch die Oberflaͤche der aͤußern Membran der Zwiebel ausgeſchwitzt worden und eben ſo wenig zwiſchen dieſer Membran und dem koͤrnigen Theile der Zwiebel abgelagert ift, was Purkinje und Raſch⸗ kow in Betreff der Saͤugethiere beobachtet haben wollen, ſondern daß ſie durch die Verwandlung der aͤußern Mem— bran in eine Art von Knochen oder dichtem Schmelz ent— ſtanden iſt. Die Bildung des Zahnkoͤrpers durch die Abla— gerung von erdigen Theilen in die ſchon vorher exiſtirenden und geordneten Hoͤhlungen laͤßt ſich auf eine noch befriedi— gendere Weiſe darthun. Je nachdem die Entwickelung des Zahns fortfchreitet, wird es immer ſchwerer, die verkalkte Portion der Zwiebel von der nichtverkalkten zu trennen, und zugleich leichter, die Fortſetzung der Auslaͤufer der Zwiebel in das Innere der vielen Markceanaͤle zu entdecken, welche fuͤr die knotenbildenden kalkfuͤhrenden Roͤhren eben ſo viele deutliche Mittelpuncte der ſtrahlenfoͤrmigen Verbreitung bilden. Da die Entwickelung des Zahns bei Squalus vermit— telſt einer Ablagerung von Kalkſubſtanz in die Maſſe und nicht durch Ausſchwitzung aus der Maſ— ſe der ſchon vorhandenen Zwiebel beginnt, ſo laͤßt ſich hier— aus ganz natuͤrlich auf die Art und Weiſe ſchließen, wie die Zahnbildung bei den Saͤugethieren ſtattfindet. In der Elfenbeinſubſtanz eines einfachen Saͤugethier— zahnes iſt ein einziger Markcanal, die ſogenannte Zwiebel: hoͤhle, fo wie ein einziges Syſtem von ſtrahlenfoͤrmig aus— laufenden kalkfuͤhrenden Roͤhren vorhanden; allein die Anla— ge und die Entwickelungsart find dieſelben wie bei Squalus. Je nach der mehr oder weniger bedeutenden Quantität des, in die Zwiebel abgelagerten, erdigen Stoffes, und im Verhaͤltniſſe zu der Zahl, Groͤße und Aggregationsart der Höhlen, welche dieſe erdige Subſtanz enthalten, iſt es mehr oder weniger leicht, den verfnöcherten Theil des Zahns von dem nicht verfnöcherten zu trennen. Allein dieſe Leichtigkeit 85 der Trennung beweiſ't keineswegs, daß zwiſchen den getrenn— ten Portionen keine organiſche Verbindung geherrſcht habe, oder daß die bereits verkalkte Portion durch Ausſchwitzung aus einer abſondernden Oberflaͤche ſo hervorgegangen ſey, daß bloßes Aufeinanderliegen ſtattfinde. Die kalkfuͤhrenden Roͤhren eines Saͤugethierzahnes ha— ben, ſowohl in den verkalkten, als nicht verkalkten Theilen der Zwiebel, deutlich voneinander getrennte Wandungen. Dieſe werden durch die Ablagerung von erdigen Theilchen in die verkalkte Portion der Zwiebel ſproͤde und trennen ſich dann leicht von ihrer nicht verkalkten Portion, welche ſich in den Reſt der Zwiebel fortſetzt, und nur wegen der unge— meinen Winzigkeit der zerriſſenen Roͤhrchen kann man die Unregelmaͤßigkeit der Oberfläche der Zwiebel nicht mit blo— ßen Augen erkennen, ſo daß dieſe Oberflaͤche ſich allerdings ausnimmt, als habe fie die Kalkſubſtanz frei ausgeſchwitzt, was aber lediglich auf optiſcher Taͤuſchung beruht Schließlich wiederhole ich, was ich bereits geſagt habe, daß naͤmlich die Organiſation der Zaͤhne der Squaloiden, ſo wie aller Thiere, bei denen ſie gehoͤrig ermittelt iſt, ſich durch die Theorie der Entwickelung durch Ausſchwitzung nicht erklaͤren laͤßt, und daß in Betreff der Squaloiden dieſe Theorie durch unmittelbare Beobachtung widerlegt iſt. Nur durch die Anwendung der Entwickelungsart durch Ablagerung von Kalkſalzen in bereits in der Maſſe der Zwiebel vorhandene Zellen oder Rohren, wie man fie bei den Squaloiden beobachtet, auf die Bildungsart der Saͤug— thierzaͤhne läßt ſich die zellige und roͤhrige Structur des Elfenbeins oder der Knochenſubſtanz der Menſchenzaͤhne ꝛc. genügend erklaͤren. Daß zwiſchen den verkolkten und nicht verkalkten Por: tionen der Zwiebel bei den Zaͤhnen der Saͤugethiere ein fo geringer mechaniſcher Zuſammenhang eriftirt, ſcheint aller: dings auf den erſten Blick fuͤr die Theorie der Ausſchwitzung und folglich fuͤr die druͤſige Natur der Zwiebel zu ſprechen; allein dieſer Grund ließe ſich eben ſowohl zum Beweiſe ver: wenden, daß der urſpruͤngliche Knorpel des Bruſtbeines die knochigen Kerne, welche ſich bei'm Embryo fo leicht aus den Höhlen auslöfen laſſen, in denen fie ſich bilden, in aufein— anderfolgenden Schichten ausſchwitze. Die Bildung oder Verknoͤcherung des Elfenbeins oder Zahnkoͤrpers unterſcheidet ſich, meiner Anſicht nach, von der der Knochen in Anſehung der Richtung, nicht aber der weſentlichen Beſchaffenheit der Entwickelung. In dem einen Falle verkalkt die urſpruͤnglich vorhandene Maſſe oder Gangart von der Peripherig nach dem Mittelpuncte zu, in dem andern vom Mittelpuncte nach der Peripherie zu. Die Verknoͤcherung der Zaͤhne iſt centripetal, die der Knochen centrifugal. Die Zuſammenſetzung des Elfenbeins und der Knochen iſt weſentlich dieſelbe. In beiden Faͤllen bemerkt man Mo— dificationen einer und derſelben Art von Structur Bei den hoͤhern Thierclaſſen ſtellen dieſe Modificationen ſich als ſehr ſcharf geſchieden dar; allein, in den niedrigern Zweigen der Wirbelthiere naͤhert ſich die Structur der Zaͤhne der der 86 Knochen mehr und mehr. (Comptes rendus des Séan— ces de Acad. d. Sc. 16. Dec. 1839.) Ueber verſchiedene Lebensperioden der Eingeweide— wuͤrmer. Von Dr. Hen le. Die Entſtehung der Eingeweidewuͤrmer laͤßt ſich heut— zutage ohne generatio aequivoca nicht wohl erklären. Indeß iſt es vielleicht nicht unpaſſend, hier auf eine That— ſache in der Entwickelungsgeſchichte der Eingeweidewuͤrmer aufmerkſam zu machen, für welche ſich mehr und mehr Ber lege haͤufen, daß naͤmlich die Entozoen in verſchie— denen Lebensperioden ganz verſchiedene Orga— niſation beſitzen, und zu einer gewiſſen Zeit dazu be— ſtimmt ſcheinen, außerhalb des Körpers zu leben, wirklich auch freilebend angetroffen werden. Die Lernaͤen haben in der Jugend Augen und Schwimmfuͤße wie die eigentlichen Schmarotzerkrebſe (v. Nordmann mikrograph. Beitraͤge, Bd. II. p 49). Monoſtomen und Diſtomen find in fruͤ— hern Perioden mit Wimperhaaren uͤber die Koͤrperoberflaͤche und mit Augen verſehen (v. Siebold in Wichmann's Arch. 1835. Bd. I. p. 69. und in Burdach's Phyſiolo— gie, zweite Aufl. Bd. II. S. 183.; ferner Dujardin in Ann. des sciences nat. T. VIII. p. 304.) Viele Di⸗ ſtomen entwickeln ſich aus Cercarien, die wenigſtens eine Zeitlang frei im Waſſer leben koͤnnen und dieſe wieder aus organiſirten, zum Theil mit Maul und Darm verſehenen Keimſchlaͤuchen, die mit ihren Jungen nicht die geringſte Aehnlichkeit haben. (Nitzſch, Beiträge zur Infuſorienkun— de. Halle 1817; Bojanus, Iſis 1818 S. 729; v. Beer, N. Acta Nat. curios. T. XIII. P. 2. p. 583; Carus, ebendaf. T. XVII. P. 1, p. 87. und v. Siebold, in Burdach's Phyſiologie a. a. O.) An dieſe herrlichen Entdeckungen, die Frucht und Lohn einer ſeltenen Liebe und Ausdauer ſind, reihen ſich wuͤrdig, und auf einem andern Wege fuͤr die gleichartige Zeugung der Entozoen beweiſend, die Beobachtungen von Eſchricht uͤber die Entwickelung der Bandwuͤrmer des Cottus scorpius. Dieſe Wuͤrmer ſtoßen alljaͤhrlich ihre Maſſen von eiertragenden Gliedern ab, waͤhrend nur der Kopf zuruͤckbleibt, der dann ſelbſt wieder neue Glieder treibt. Kann man glauben, daß dieſe Unzahl von Eiern, welche jaͤhrlich neu gebildet werden, dazu be— ſtimmt ſeyen, zwecklos im weiten Meere zu verkommen? In anderer Weiſe intereſſant iſt ein von Mieſcher kuͤrz— lich mitgetheiltes Factum, daß Trematoden epizootiſch in den Federbaͤlgen junger Sperlinge vorkommen. (Beſchrei⸗ bung und Unterſuchung des Monostomum bijugum. Ba: ſel 1838). An dieſen Ort koͤnnen die Wuͤrmer leicht von Außen gelangt ſeyn, und iſt, wie Mieſcher bemerkt, um ſo wahrſcheinlicher, da die Wuͤrmer nur bei jungen Voͤgeln und immer nur an dem Hinterleibe vorkommen, alſo an Theilen, die bei den eben ausgekrochenen Voͤgeln faſt unbe⸗ weglich im Grunde des Neſtes liegen. Nach dem Abſter⸗ ben des Wurmes bleiben ſeine Eier in der fettigen, den 6 * 87 Balg ausfuͤllenden Materie liegen, und koͤnnten alſo unter guͤnſtigen Umſtaͤnden, etwa waͤhrend des Bruͤtens, zur Ent: wickelung gelangen und auf eine neue Generation uͤbergehen. (Pathol. Unterſ. von Dr. H. Berlin 1840.) Ueber die Grundbildung der Koͤrper. Wenn man Niederſchlaͤge aus Aufloͤſungen, ſobald fie ſich gebildet haben, und zwar ſo ſchnell, als moͤglich, mi— kroſcopiſch unterſucht, ſo findet man, daß ſie immer aus kleinen Kugeln beſtehen. Fuͤr verſchiedene Koͤrper ſind dieſe Kugeln von verſchiedener Groͤße, fuͤr dieſelben Koͤrper im Anfange von gleicher Größe. Aber fie bleiben nicht von dies ſer Groͤße, ſondern ſie vereinigen ſich mehr oder weniger zu einer groͤßern Kugel, und ſind alſo fluͤſſig. Man kann ſie mit Queckſilberkuͤgelchen vergleichen, mit denen ſie auch die größte Aehnlichkeit haben, beſonders mit Queckſilberkuͤgelchen, welche durch Waſſer getrennt werden. Die Eryſtallbildung der Koͤrper entſteht ſpaͤter; zuerſt beſtehen die eryſtalliniſchen Koͤrper immer aus Kugeln. Man kann dieſes deutlich ſe— hen, wenn man eine Kalkaufloͤſung in Salpeter- oder Salz— ſaͤure durch Schwefelſaͤure niederſchlaͤgt und nun ſogleich den Niederſchlag mikroſcopiſch unterſucht. Auch bemerkt man dieſes noch leichter, wenn man eine ſolche Kalkaufloͤſung durch kauſtiſches Kali niederſchlaͤgt, wo die Kugeln lange ſichtbar ſind, auch deutlich in groͤßere zuſammengehen, dann aber, wenn die Kohlenſaͤure im Zimmer oder ſonſt durch Athmen hinzutritt, ſich in Rhomboöder, oder auch in Pris— men (arragonitiſch) verwandeln. Dieſe Umwandlung geſchieht plotzlich, oft unter den Augen des Beobachters. Zuweilen, beſonders bei metalliſchen Niederſchlaͤgen, gehen die Kugeln in Platten über, die keine beſtimmte Geſtalt haben. Es wird durch dieſe Unterſuchungen dargethan, daß die erſten Grundlagen der cryſtalliniſchen Körper keinesweges von einer beſtimmten Geſtalt, oder cryſtalliniſch find; ſondern kugel foͤr⸗ mig und, wie Queckſilberkugeln, fluͤſſig, fo daß die Eryſtall— geſtalt, oder jede feſte Geſtalt, mithin jede Feſtigkeit, in dem Koͤrper erſt entwickelt wird. Eine Darſtellung dieſer Beobachtungen findet ſich in Poggendorff's Annalen, 88 B. 46. S. 258. Mehrere Naturforfher, ich nenne die H Hrn. Profeſſoren G. Roſe und Poggendorff, haben dieſes bei mir geſehen. Daß die Körper zuletzt aus Kuͤgel— chen beſtehen, iſt ſchon mehr beobachtet worden; Herr Fritz— ſche hat aber ſchon geſehen, daß dieſe Kugeln bei'm Schwe— fel urſpruͤnglich flüffig find. Berlin, Januar 1840. Link. ie. Von den Blutgefaͤßen des Sehnengewebes giebt Hr. James Paget folgende Beſchreibung: „Die Gefaͤße in der Subſtanz der Sehne verlaufen in geraden und parallelen Linien von einem Ende der Sehne bis zum andern zwiſchen den Faſer— bündeln; fie geben ſelten Aeſtchen ab und anaftomofiren ſelten. Von den wenigen abgegebenen Zweigen trennt ſich die Mehrzahl allmaͤlig und unter einem ſehr ſpitzen Winkel von dem Gefaͤßſtam— me und verlaͤuft alsdann dem letztern parallel; doch geht auch bis— weilen ein Aſt der Queere nach durch die zwiſchenliegenden Seh— nenfaſern von einem Gefaͤße zu dem andern danebenliegenden. Die Gefaͤße der Sehnenſubſtanz vereinigen ſich nur ſelten mit denen der Sehnenſcheide und kommen im Gegentheile von den Gefaͤßen des Muskels oder des Theiles her, in welchen ſich die Sehne inſerirt; auf dieſe Weiſe kommt es bisweilen vor, daß die Gefaͤße beider Enden einer Sehne vollkommen injicirt werden, waͤhrend die Gefaͤ⸗ ße des mittleren Theiles leer bleiben; jede Arterie iſt von einer einzigen Vene begleitet. (London med. Gaz. July 1839.) Daß die Libellen ihre Eier, wie die Pfroͤpfe aus einer ſogenannten Knallbuͤchſe, mit Gewalt aus dem Leibe ſchießen, beſtaͤtigt Hr. James Bladon im December: hefte 1839 des Magazine of Natural History. Er fing zufällig ein Weibchen, welches eben legen wollte, und ſah, wie bei dieſem Geſchaͤfte die Eier etwa 3 Zoll weit in gerader Linie herausflogen. Mit Huͤlfe einer Lupe bemerkte er an der abwechſelnden Ausdeh— nung und Zuſammenziehung des letzten Abfchnittes des Unterleibes, wie jedes Ei in der Legeroͤhre hinabrutſchte. Wenn daſſelbe zwi— ſchen den Klappen am Ende des Hinterleibes angelangt war, blieb daſſelbe dort eine kurze Zeit ruhig. Dann bemerkte man an der Baſis der Klappen eine ſtarke Zuſammenziehung der Muskeln, wel— che ſo lange zunahm, bis das Ei, durch den Druck der Klappen auf daffelbe, herausgetrieben wurde, ungefähr fo, wie wenn Kin— der Kirſchkerne dadurch fortſchnellen, daß ſie dieſelben zwiſchen dem Daumen und Zeigefinger druͤcken. Aus obiger Beſchreibung erſieht man, daß nur ſehr harte oder glattſchaalige Eier auf dieſe Weiſe fortgeſchnellt werden koͤnnen. eke n dee Ueber Behandlung einiger Arten der Taubheit, Von Herrn Petrequin. Der Bau des Ohres iſt im Ganzen den Aerzten nicht ſo bekannt, wie es fuͤr die Beurtheilung der pathologiſchen Verhaͤltniſſe wuͤnſchenswerth iſt. Einer der wichtigſten Theile iſt die Trommelhoͤhle, uͤber deren Beſtimmung ſehr verſchie— dene Anſichten aufgeſtellt worden ſind. Der Nutzen der Euſtachiſchen Roͤhre iſt folgender: 1. Sie dient als Ausfuͤhrungscanal fuͤr die Secretion der Trommelhoͤhle, deren Anſammlung in letzter nothwendig Taubheit bedingen wuͤrde; man hat ſie deßwegen auch den Aquaeduetus Eustachii genannt. 2. Sie ſichert eine gleichmaͤßige Temperatur der Luft der Trommelhoͤhle, um eine Störung der Functionen der ver— ſchiedenen conſtituirenden Theile zu verhuͤten. 3. Sie dient dazu, in dieſer Luft den hygrometriſchen Zuſtand zu unterhalten, bei welchem die Senfibilität des runden und ovalen Fenſters geſchont wird. 4. Ihr Hauptnutzen iſt, die Luft in und außerhalb der Trommelhoͤhle im Gleichgewichte zu erhalten, um eine gleichmaͤßige Vibration des Trommelfells zu ſichern. Ebenſo 89 wie eine Trommel ihren Klang verliert, fo wie man die feits liche Oeffnung verſtopft, fo hört auch die Function unſeres Trommelfells auf, fo wie die Euſtachiſche Roͤhre nicht mehr frei iſt und das Trommelfell nicht mehr auf beiden Seiten mit der atmoſphaͤriſchen Luft in unmittelbarer Beruͤhrung ſteht. Ein zu reichliches Eindringen der Luft durch dieſen Gas nal bei'm Gaͤhnen und Nieſen veranlaßt den dabei gefuͤhl— ten Kitzel und die momentane Taubheit, welche daſſelbe be— gleiten, waͤhrend bei Einwirkung zu ſtarker Toͤne ein Kitzel im Munde gefuͤhlt wird, weil die durch das Trommelfell erſchuͤtterte Luft mit Kraft durch die Euſtachiſche Roͤhre ent— weicht. Um dieſen Kitzel, welcher bisweilen bis zum Brech— reize ſich ſteigert, zu vermeiden, öffnen, nach Weſtrumb, die Artilleriſten den Mund, wodurch die Luft leichter aus der Euſtachiſchen Roͤhre entweicht. Giebt man dieſe Saͤtze uͤber den Einfluß der Trommel— hoͤhle und der Euſtachiſchen Roͤhre auf das Gehoͤr zu, ſo iſt die pathologiſche Verbindung der Trommelhoͤhle, der Euſta— chiſchen Roͤhre und des pharynx klar. Die Sphäre der Reaction iſt erweitert und die Unterſuchung des Schlundes iſt bei Behandlung von Taubheiten von größter Wichtigkeit. Die verſchiedenen Bedingungen aͤußern ſich in folgenden Er— ſcheinungen. Die zunaͤchſt folgende Beobachtung zeigt die Aufeinanderfolge der Krankheitserſcheinungen, welche eintre— ten, wenn man die Natur der Affectionen vernachlaͤſſigt oder verkennt. Erſter Fall. Taubheit durch chroniſche Ent: zuͤndung der Euſtachiſcheu Roͤhre und des pha— ryn x. Champat, ein Fuhrmann von 37 Jahren und guter Conſtitution, wurde am 16. Februar 1838 im Hotel Dieu zu Lyon aufgenommen. Seit dreizehn Monaten war der Schlund chroniſch entzuͤndet, jo daß das Schlucken ges hindert war; die Schleimhaut ſah ſchmutzig roth und ver— dickt aus; das Zaͤpfchen war verlaͤngert und bewirkte durch Reizung der Zungenwurzel fortwaͤhrend Neigung zum Er— brechen. Die Schleimſecretion iſt dick, bisweilen puriform, dabei Durſt, Schlafloſigkeit und Hinfaͤlligkeit. Das Gehoͤr iſt nicht veraͤndert; das Geſicht ſehr geſchwaͤcht und die Augen ſind wahrſcheinlich durch das wiederholte Erbrechen injicirt und gleichſam aus der orbita hervorgetrieben. (Gur— gelwaſſer mit Alaun und taͤgliche Anwendung des Alauns in Pulverform, welcher eingeblaſen wird). Nach vier Ta— gen kann der Kranke etwas Brodt ſchlucken; der Zu— ſtand verbeffert ſich allmaͤlig, und der Kranke verlaͤßt am 22. Maͤrz geheilt das Spital. Der Schlund bleibt in gutem Zuſtande bis zum Sep: tember, wo durch Einwirkung der Witterung bei dem her— umziehenden Leben des Mannes die Schlundaffection wie— derum eintritt. Am 20. October kam er mit unvollkom— mener, aber noch fortſchreitender Taubheit des linken Ohres, varicoͤſer Roͤthung des Schlundes, Verdickung der Schleim— haut, Hypertrophie des Zaͤpfchens, Anſchwellung und Ulces ration beider Mandeln, beſonders der linken und vermehrter Schleimſecretion ıc. in das Spital zuruck; das Geſicht iſt auf dem linken deformirten Auge verloren; das Allgemein— —— 90 befinden iſt beſſer, als früher. (Gurgelwaſſer, Einblaſen und alle zwei Tage Beruͤhrung des Schlundes mit Alaun— ftein.) Da der Mann, trotz des Verbotes, raucht, fo iſt die Wirkung der Mittel langſam; nach acht Tagen indeß beſ— fort ſich der Zuſtand, der Kranke hört etwas beſſer, auch kehrt das Sehvermoͤgen wieder. Am 7. November klagt er noch uͤber etwas Schmerz im Ohre; dennoch iſt das Gehoͤr ſehr verbeſſert, und der Kranke faͤngt an, Gegenſtaͤnde zu unterſcheiden; Blaſenpfla— ſter im Nacken. Hierauf folgt merkliche Linderung der Schmerzen im Ohre; die Taubheit verſchwindet allmaͤlig; der Zuſtand des Schlundes und der Mandeln verbeſſert ſich; das Geſicht kehrt zuruck, und das Allgemeinbefinden iſt ganz gut, als der Kranke am 11. November das Spital verlaſ— ſen mußte. Hier zeigt ſich nicht nur der Einfluß des Mittels zu zwei verſchiedenen Zeiten ſehr deutlich, ſondern man kann auch die Taubheit in directem Verhaͤltniſſe zur Entwickelung des Schlundleidens erkennen. In dem Maaße, als die chro⸗ niſche Entzundung den Ausgang der Euſtachiſchen Röhre verſtopft, ſtellt ſich die Taubheit ein. Zweiter Fall. Olagner, ein Fuhrmann, 21 Jahre alt, wurde am 24. Juni 1838 wegen einer Quet= ſchung der rechten Hand und wegen einer ſeit zwei Mona— ten zunehmenden doppelten Taubheit aufgenommen. Damit er verſtehe, mußte man nicht allein ſehr laut ſprechen, ſon— dern er mußte auch den Sprechenden anſehen. Er klagte über Ohrenſauſen, Kopfſchmerz, Schmerz bei'm Schlucken und hatte einen geroͤtheten Schlund mit Anſchwellung der Schleimhaut. Der Gehoͤrgang war normal. Wegen der Taubheit konnte man ſich uͤber die Entwickelung der Krank⸗ heit nicht verſtaͤndigen; doch war es klar, daß er, als Fuhr— mann, allen Witterungswechſeln ausgeſetzt geweſen war. Nach Behandlung der Quetſchung an der Hand wurde ein Blaſenpflaſter in den Nacken gelegt, hierauf ein Abfuͤhrmit— tel und ein Alaungurgelwaſſer, ſo wie taͤglich zweimal ein Einblaſen von ſchwefelſaurem Alaun und Zucker zu gleichen Theilen verordnet. Das Gehoͤr beſſerte ſich am dritten Ta⸗ ge, und am 4. Juli hoͤrte er ſchon, was man leiſe zu ihm ſagte. Indeß klagte er doch noch uͤber Ohrenſauſen bei'm Eſſen und Kauen. Nach einem zweiten Abfuͤhrmittel wird das Schlucken leicht; die Roͤthe der Gaumenſchleimhaut ver— liert ſich, und das Gehoͤr kehrt vollkommen zuruͤck, ſo daß der Patient am 8. Juli geheilt entlaſſen werden konnte. Dieſelben Grundfäge wurden in folgenden Fällen auf eine guͤnſtige Weiſe befolgt. Dritter Fall. Joſeph Robin, ein Bauer, 25 Jahre alt, ſehr beſchraͤnkten Geiſtes und von lymphatiſchem Temperamente, wurde am 11. Juli 1838 im Hotel Dieu zu Lyon aufgenommen. Seit drei Monaten leidet er, ohne nachweisbare Urſache, an Taubheit; nach und nach hat ſich auch eine Entzündung des linken Auges entwickelt; das rechte Auge iſt ſchon feit mehreren Jahren verloren. Er ver: ſteht nichts und kann daher auch keine Auskunft geben. Am rechten Ohre bemerkt man nichts; am linken zeigt ſich das Ohrenſchmalz halb flüffig; die Schlundhoͤhle iſt chroniſch 91 entzuͤndet, und die übermäßige Schleimſecretion erſtreckt ſich auch bis zu den Euſtachiſchen Roͤhren. Der Augapfel ſelbſt iſt nicht entzuͤndet, ſondern nur vorgetrieben, ohne nachweis— bare Urſache. (Glauberſalz und ein Gurgelwaſſer mit No: fenhonig und Alaun; zweimal taͤglich Einblaſen von gleichen Theilen Zucker und ſchwefelſaurer Alaunerde; ein Augenwaſ— ſer von Kupfervitriol mit Laudanum.) Tags darauf ein Blaſenpflaſter in den Nacken; Beſſerung des Gehoͤrs. Am 17. Juli verſteht der Kranke bereits, was man ihm ſagt; bis zum 12. Auguſt wurde nun die Behandlung vernachlaͤſſigt; am 14. Auguſt wurden die erwaͤhnten Mit— tel auf's Neue angewendet; am 18. Auguſt hoͤrt der Kranke vollkommen gut; die Schlundhaut iſt rein; der Kranke ver— ſteht jede Converſation. Am 20. wurde er entlaffen, Ein Beiſpiel complicirterer Verhaͤltniſſe giebt folgender Fall Vierter Fall. Marie Blanchardette, 81 Jahre alt, ſeit zehn Jahren Waͤſcherin, wurde am 17. Oe tober 1838 aufgenommen wegen einer acuten bronchitis und einer ſtarken Taubheit des linken Ohres. Sie mußte ſeit drei Wochen das Bett huͤten und leidet an Huſten, Dyspnoe, Bronchialraſſeln, Kopfſchmerz, rothem Geſichte, heftigem Fieber, Verſtopfung. Sie iſt uͤbrigens geſund ge— weſen und von kraͤftiger Conſtitution. Auf dem linken Ohre iſt ſie faſt vollkommen taub; der aͤußere Gehoͤrgang iſt ge— roͤthet und angeſchwollen; es fließt etwas Schleim aus; ſie klagt über Ohrenſauſen, Schlingbeſchwerden und Unmoͤglich— keit, den Mund weit zu öffnen. (Mderlaß, diaphoretiſch calmirende Tiſane, knappe Diät, Oelclyſtire.) Tags das rauf iſt der allgemeine Zuſtand gebeſſert; die Schmerzen in dem Ohre dauern fort, werden aber durch funfzehn Blut— egel am proc. mastoideus vermindert. Der Schleimaus— fluß iſt reichlicher. Am 21. October. Beſſerung der bronchitis. Schlundhaut iſt roth injicirt; das Schlucken leichter. ſenpflaſter auf den linken Arm.) Am 25. dauert die Otorrhoͤe noch fort: ſie iſt gelblich, puriform; die Schlundhaut bleibt roth. (Gurgelwaſſer mit einer Drachme ſchwefelſaurer Alaunerde auf fuͤnf Unzen Gerſtenſchleim; eben ſolche Injection in den Gehoͤrgang; Einblaſen in den Schlund mit einem Pulver aus Zucker und Alaun). Die Taubheit ebenſo, wie das Ohrenklingen und der Schmerz nehmen ab. Am 28. hoͤrt ſie gut und leidet Ohrenklingen. Am 3. November ſtellten ſich wieder Kopf- und Oh— renſchmerz mit Schwere ꝛc. ein Gehn Blutegel an den linken proc. mastoideus); der Kopf wird frei; die Kranke hört deutlich; der Ausfluß dauert fort (Bitterwaſſer und ein Blaſenpflaſter in den Nacken); dabei vermindert ſich der Ausfluß und hoͤrt am 14. ganz auf. Das Gehoͤr iſt voll— kommen hergeſtellt, und es iſt nur noch ſelten ein wenig Oh— renſauſen zu bemerken. Patient wird entlaſſen. Fuͤnfter Fall. Eine kraͤftige, 27jaͤhrige Arbeiterin wurde am 16. Juni wegen unvollkommener Taubheit beider Ohren aufgenommen. Sie war mit vierzehn Jahren men— Die (Bla⸗ nicht mehr an 92 ſtruirt und iſt es ſeitdem regelmaͤßig, jedoch reichlich; uͤbri— gens war ſie immer geſund und klagt nur, daß ſie ſeit drei Jahren bisweilen an Ohrenſauſen mit Verminderung des Gehoͤres leide. Im Maͤrz hatte ſie eine gluͤckliche Entbin— dung, bemerkte aber danach Abnahme des Gehoͤrs mit Juk— ken und endlich Ausfluß aus dem Gehoͤrgange. Durch einen andern Arzt wurden Blutegel hinter die Ohren verordnet; die Blutegelbiſſe entzuͤndeten ſich, und deßwegen kam die Kranke am 10. Juni in's Spital. Die Seiten des Halſes waren angeſchwollen, hart und empfindlich gegen Druck. Die Kranke verſteht nur, wenn man ſie ſehr ſtark anredet und wenn ſie den Sprechenden anblicken kann. Der aͤußere Gehoͤrgang iſt nicht entzuͤndet; er iſt aber der Sitz eines zaͤhen, grauen Ausfluſſes. Die Kranke hat Ohrenſauſen, welches bald wie das Rauſchen eines Fluſſes oder des Win— des, bald wie Vogelgeſchrei klingt. Bei Unterſuchung der Schlundhoͤhle zeigt ſich das Gaumenſeegel mit ſeinen Boͤgen geroͤthet und mit grauem Schleime bedeckt; die Kranke hat uͤbrigens Appetit und verdaut gut. (Erweichende Ca— taplasmen.) Am 25. ift die Anſchwellung des Halſes verſchwunden: Roͤthung des Schlundes und Taubheit dauern fort. (Bla— ſenpflaſter in den Nacken; Gtauberſalz.) Am 28. keine Beſſerung; (Gurgelwaſſer mit Roſenho— nig und ſchwefelſaurer Alaunerde 5 Drachme auf vier Un— zen; Glauberſalz.) Am 30. verſteht die Kranke beſſer; das Ohrenſauſen iſt faſt verſchwunden. Das Veſicator wird offen erhalten und die Behandlung fortgeſetzt, bis zum dritten Juli, an welchem die Kranke geheilt entlaſſen wurde. Dieſe Faͤlle beweiſen die Wirkſamkeit des Verfahrens, vorausgeſetzt, daß die Diagnoſe mit Genauigkeit geſtellt iſt. Es folgen nun Taubheiten von verſchiedener Art. Sechs ter Fall. Ein Maurer, 32 Jahr alt, von kraͤftiger Conſtitution und bis dahin geſund, wurde am 7. Juni wegen eines ſeit einem Monate beſtehenden und immer zunehmenden heftigen Schmerzes im rechten proc. mastoi- deus aufgenommen, welcher Taubheit dieſes Ohres herbei— gefuͤhrt hatte. Der aͤußere Gehoͤrgang ſcheint nicht entzuͤndet; dennoch fließt eine oͤlartige Fluͤſſigkeit aus. Hinter dem Ohre iſt eine rundliche Anſchwellung zu bemerken, welche im proc. masteideus ihren Sitz zu haben ſcheint und einen Arzt zu der Annahme einer Exoſtoſe veranlaßt hat. Der Kranke hoͤrte auf dieſem Ohre nichts; die Geſchwulſt iſt hart, prall und gegen Druck ſehr empfindlich; es ſchien in der Tiefe etwas Fluctuation vorhanden zu ſeyn, ſo daß ein Biſtouri eingeſtochen und Eiter und Blut entleert wurde; die Geſchwulſt fiel zuſammen, ich ließ eine Meſche einlegen und erweichende Umſchlaͤge machen; dabei ein Abfuͤhrmittel. Mit der Geſchwulſt verſchwand der Schmerz und die Taub— heit; der Ohrenfluß hoͤrte auf, und der Kranke wurde nach ſieben Tagen geheilt entlaſſen. Dieſer Fall zeigt eine ſeltene Urſache der Taubheit und die Veranlaſſung einer Otorrhoͤe durch ſympathiſche Reizung von einer Affection des proc. mastoideus, ohne Entzuͤn— dung des Gehoͤrganges ſelbſt. 93 Ich komme nun zu einer Affection der tuba allein, ohne aͤußere Merkmale. Siebenter Fall. Am 12. Auguſt, bei großer Hitze, badete ſich ein Medicin Studirender in dem Rhone und tauchte dabei mehrmals; im Verlaufe des Tages bekam er eine ſchmerzhafte Schwere im linken Ohre und das Ge— fühl von einer unangenehmen Kälte; das Einbringen von etwas Baumwolle mit Balſam mildert; in der Nacht folgt aber Fieber mit heftigem Schmerze im Ohre. Tags darauf Schwaͤche, Mangel an Appetit, Durſt, belegte Zunge, un— vollkommene Taubheit auf dieſem Ohre. Als Sitz der Schmerzen bezeichnet er die Trommelhoͤhle und die tuba Eustachii. Ich ließ ſieben Blutegel anſetzen und ein Senf— fußbad nehmen. Am 14. Durſt, Verſtopfung, Appetitlo— ſigkeit; er bemerkt, daß bei kaltem Trinken die Taubheit auf der Stelle zunimmt, daß ſie dagegen ſich vermindert, wenn er ſich lange mit heißen Fluͤſſigkeiten gurgelt. Schnaubt er ſich ſtark, ſo ſcheint es ihm, als wenn ihm etwas im Ohre platze. Der ausgeſchnaubte Schleim iſt grün, Mor— gens bei'm Aufſtehen hat er bis zum 20. einen bittern Ge— ſchmack im Schlunde, was mich vermuthen laͤßt, daß ein ge— ringer Ausfluß aus der Euſtachiſchen Roͤhre ſtattfinde. Die Taubheit iſt zwar nicht vollkommen, aber doch ziemlich ſtark, nimmt aber nach Anwendung von Blutegeln allmaͤlig ab; die Einwirkung der Luft bleibt noch einige Zeit ſchmerzhaft; es wird daher Baumwolle im Ohre getragen; durch heiße Gurgelwaͤſſer wird die Krankbeit am 21. beendet; das Ge— hoͤr kehrt vollſtaͤndig zuruͤck und hat auch ſeit ſieben Jahren keine Stoͤrung wieder erlitten. Die otitis hatte zehn Tage gedauert. Achter Fall. Francois Devignes, ein Seiden— arbeiter, wurde am 17. September 1888 von einem Dieb angefallen, welcher ihm einen heftigen Fauſtſchlag auf das rechte Ohr verſetzte. Er fiel ohne Bewußtſeyn nieder, blieb einige Zeit in dieſem Zuſtande und fuͤhlte, als er wieder zu ſich kam, einen lebhaften Schmerz im ganzen Kopfe mit der Empfindung eines ſcharfen anhaltenden Tones im rechten Ohre. Einige Bluteoagula kamen aus dem Gehoͤrgange derſelben Seite, und Schwindel, Uebelkeit und Ohnmachtsgefuͤhl hat— ten nach dem Zufalle zwei Tage gedauert, als der Kranke nach dem Hötel Dieu gebracht wurde. Er war blaß, hatte ein Ausſehen von Stupor; ſprach langſam und be: ſchwerlich; antwortete jedoch richtig; Uebelkeit, Kopfſchmerz, weiße, dickbelegte Zunge. An der Stelle, wo der Schlag hingetreffen hatte, war keine Spur von Quetſchung; der Kranke bemerkte aber, daß ſeit dem Abgange der Blutcoa— gula fortwährend etwas Fluͤſſigkeit aus dem Ohre ausſickere; das Gehör dieſer Seite it ganz aufgehoben; das Oh: renſauſen dauert ununterbrochen fort; am Mittag hat er ungefaͤhr 10 Minuten lang ein Gefuͤhl von deutlichem, ver— ſchieden toͤnendem Glockenlaͤuten. (Zwoͤlf Blutegel hinter das Ohr.) Am 21. hat der Kopfſchmerz abgenommen, beſonders bei'm Liegen; fo wie ſich indeß der Kranke aufſetzt, empfin⸗ det er wieder Schwere im Kopfe, Schwindel, Truͤbung des 94 Geſichts und einen raſch von einem Ohre zum andern durch- fahrenden Schmerz, fo wie Oh renſauſen. Am 22. acht Blutegel hinter die Ohren. Am 27. merkliche Beſſerung, nur noch etwas Neigung zu Schwindel bei aufrechter Stellung; das Ohrentönen dauert fort, iſt jedoch weniger ſtark; das Geſicht hat wieder einen lebendigen Ausdruck; die Sprache iſt beſtimmter; der Appetit wird normal; das Geghoͤr iſt indeß noch nicht ganz wiederhergeſtellt. Blaſenpflaſter auf den Arm. Am 28. derſelbe Zuſtand; der Kranke hoͤrt noch nicht den Ton einer auf das rechte Ohr aufgelegten Uhr. Am 30. fortſchreitende, aber langſame Beſſerung; es dauert noch etwas Ohrenklingen fort, und das Gehör iſt zwar feiner geworden, hat aber nicht dieſelbe Feinheit, wie auf dem linken Ohre. Am 2. October zwölf Blutegel hinter das Ohr und ein purgans. Zwei Blafer pflafter werden nacheinander auf den proc. mastoideus aufgelegt. Am 18. faͤngt der Kranke an, das Geraͤuſch einer Uhr zu vernehmen; das Gehör kehrt immer mehr zuruͤck; etwas Ohrenklingen dauert aber noch fort. Am 26 nochmals ein Blaſenpflaſter hinter das Ohr und Baumwolle mit etwas Campher in den Gehoͤrgang. Am 1. November wird der Kranke guthoͤrend entlaſ— fen, obwohl er noch etwas an abnormem Ohrentoͤnen leitet. In einer Fortſetzung dieſes Aufſatzes werde ich auf Be: obachtungen übergehen, bei welchen meine Behandlungsme— thode bei veralteter Taubheit Nutzen brachte, welche mit ans dern Mitteln und von andern Aerzten vergeblich behandelt worden waren. (Gaz. méd. No. 49.) Paraplegie durch Krankheit der Ruͤckgratsbaͤnder. Von C. Aſton Key. Paraplegie, in Folge von Krankheit der Baͤnder des Ruͤckgrats, iſt ſelten beobachtet worden, beſonders in Faͤllen, wo keine Kno- chenkrankbeit zu Grunde lag; deßwegen find folgende Fälle nicht ohne Intereſſe. 1. Samuel D., 48 Jahr alt, von ſtarkem Koͤrperbaue und geſunden Ausfeben, wurde am 21. October 1888 in das Spital aufgenommen. Er litt an einer Harnröhrenftrietur mit Perinsal⸗ fiſtel! der Urin ging in reichlicher Menge und normal beſchaffen, hauptſaͤchlich durch die Fiſteloͤffnung, ab. Am 8. November beklagt er ſich über Unwohlſeyn und am 10. verfiel er plotzlich in ein De⸗ lirium mit Fieber. Die Symptome wurden unter dem Gebrauche von Sinapismen, Opium und Ammonium, fo wie durch Gegenreis zung im Nacken, vermindert. Der Kranke beſſerte ſich bis zum 28.; da wurde aber bemerkt, daß er die Kraft der Bewegung im rechten Beine faſt vollkommen verloren habe; das Fieber kehrte zurück, mit Affection des Senſorjums und Verminderung der Urin⸗ ſecretion; er klagte uͤber heftigen Schmerz in der Oberbauchgegend, der ſich in jede Lendengegend, beſonders in die linke, ausbreitet. In der zweiten Woche des Decembers wurde das linke Bein paras lptiſch; er verlor die Kraft der Bewegung beider untern Extremi⸗ täten ganzlich, obgleich in beiden eine unvollkommene Senſibilität zuruͤckblieb. Am 25. wurde er von Diarrhde befallen; alle uͤbri⸗ gen Symptome verſchlimmerten ſich, und es erfolgte der Tod am 3 Januar. Bei der Section waren die Bruſt- und Bauchorgane, mit Ausnahme des Dickdarmes, normal beſchaffen; der letzte war auf 95 feiner innern Fläche entzündet und in betraͤchtlicher Ausdehnung ulcerirt. Ueber der rechten Niere fand ſich eine mit fäculenter Maſſe gefüllte Peritonaͤalzelle, welche ſich in den Dickdarm öffnete. Der Maſtdarm in der Nähe des anus zeigte mehrere ausgebreitete friſche Geſchwuͤre. Beide Nieren waren mit Blut inficirt, von fe⸗ ſter Structur; in einer derſelben fanden ſich 2 — 3 kleine Eiter⸗ puncte. Die Blaſe war ſehr verdickt. In der Subſtanz des psoas fand ſich ein großer Abſceß, welcher mit einer Eiteranſammlung in dem Huͤftgelenke communicirte, deſſen ligam. teres, ſammt einem Theile der Gelenkknorpel, durch Ulceration zerſtoͤrt war; der Schen— kelkopf und das acetabulum ſchienen vergrößert, und der Schenkel⸗ hals war von alten Knochenablagerungen umgeben. Die Wirbel— beine waren nicht carids; die Kaͤrper der Lendenwirbel waren von unregelmäßigen Knochenvorragungen bedeckt, und die Interverte— bralſubſtanz ragte mehr, als gewoͤhnlich, zwiſchen ihnen hervor. Innerhalb des Canals der Wirbelſaͤule fanden ſich die Baͤnder, welche die Intervertebralſubſtanz zwiſchen dem zweiten und dritten Lendenwirbel bedecken, verhaͤrtet und hervorragend, ſo daß ſie den Wirbelcanal um ein Drittel verengerten und auf dieſe Weiſe das Ruͤckenmark einem Druck ausſetzten. 2. Georg Weeks, 40 Jahr alt, ſchlank, von geſundem Auss ſehen, iſt ſeit mehreren Jahren damit beſchaͤftigt, Bier fuͤr eine Brauerei auszufahren, ſo daß er fortgeſetzt eine angreifende und ermuͤdende Beſchaͤftigung hatte. Seine Geſundheit war im Allge⸗ meinen gut; doch hat er ſeit einem Jahre ein Gefühl von Schwaͤ— che im linken Kniee, welches ſich bald auf den Fuß ausbreitete und mit einem Gefuͤhle von Taubheit und Kaͤlte verbunden war. Nach einigen Wochen wurde der rechte Fuß auf dieſelbe Weiſe afficirt, und Patient litt an heftigen Schmerzen im Huͤftgelenke, wenn die— ſes bewegt wurde. Er war öfters genoͤthigt, feine Arbeit auf eis nige Tage auszuſetzen, weil die Schwaͤche in feinen Füßen ſich vers mehrte. Vor zwei Monaten bemerkte er zuerſt einen Mangel an Kraft im sphincter ani, welcher in Zeit eines Monats ſich faſt bis zur Incontinenz ſteigerte. Von dieſer Zeit geſellte ſich auch Schwindel bei jeder Bewegung hinzu. Am 6. Juli 1836, am Tage ſeiner Aufnahme in das Spital, hatte er die Kraft der Bewegung in den untern Extremitaͤten faſt ganz verloren, und es erſtreckte ſich ein Gefuͤhl von Ameiſenkriechen, Taubſeyn und bisweilen Schmerz von den Lenden an abwärts; er war nicht im Stande, ſeine Blaſe zu entleeren; der Urin floß tro— pfenweiſe ab; die Kraft des sphincter ani war ſehr beſchraͤnkt, und nicht ſelten ging der Stuhlgang unwillkuͤhrlich ab. Im Rüden hatte er ſelbſt bei Druck oder Bewegung keinen Schmerz; im Kos pfe ebenfalls keinen Schmerz, aber bisweilen Schwindel; er hatte den freien Gebrauch ſeiner Arme, und ſein Appetit war gut, aber die Sexualfunct'on war erloſchen. Am 25. Juli war der Urin ſtark ammoniakaliſch. Am 6. Auguſt ging uͤbelriechende eiterige Materie unwillkuͤhrlich aus der Blaſe ab, und dieß fand von Zeit zu Zeit ſtatt, ſo oft er aufſtand, bis zu ſeinem Tode. Die Kraft der untern Extremitaͤten, des sphincter ani und der Blaſe war ganz erloſchen. Der Tod erfolgte am 22. Auguſt. Bei der Sec⸗ tion erſchien das Gehirn etwas klein, uͤbrigens normal; die Leber, Milz und Nieren erſchienen geſund; nur einige Eiterpuncte fanden 96 ſich in den Nieren. Blaſe und Ureteren waren mit Fetzen von Fibrineſchichten ausgekleidet und enthielten ein blutig-eiteriges Se— cret. Die Intervertebralſubſtanz an dem zwoͤlften Ruͤckenwirbel mit dem daſſelbe bedeckenden Bande bildete eine leichte Hervorra— gung in dem Ruͤckenmarkscanale, als wenn eine Knochenwucherung von dem Rande des einen Wirbelkoͤrpers zu einer Ähnlichen des ans dern hinuͤberragte. Dieſe Queererhoͤhung verengte den Ruͤckenmarks— canal. Eine Verſchiebung der Knochen war nicht deutlich; doch ſah es bei einem Laͤngendurchſchnitte aus, als wenn der untere Wirbel etwas zuruͤckgewichen ſey, obwohl die vordere Flaͤche der Wirbelkörper eine einfache gerade Linie darſtellt; bei dieſem Durchs ſchnitte ſah man auch, daß vorzugsweiſe die Intervertebralſubſtanz in den Markcanal hineinragte. Das Ruͤckenmark ſelbſt erſchien bei ſorgfaͤltiger Unterſuchung ganz geſund. Hier folgt nun noch eine Anzahl ähnlicher Fälle, welche ſaͤmmt— lich beweiſen, daß Paraplegie bisweilen von einer Verdickung der Baͤnder der Wirbelſaͤule herruͤhre, ſo daß der Verfaſſer endlich zu dem Ausſpruche koͤmmt, daß die Wirbelbaͤnder haͤufiger krankhaft veraͤndert ſind, als irgend ein anderer Beſtandtheil der Wirbelſaͤule, und daß viele Faͤlle von Paralyſis, fie mögen temporär oder bleis bend ſeyn, zwar gewöhnlich bloß als Functionsſtoͤrung des Ruͤcken⸗ marks betrachtet werden, bei der Section aber als Folge einer Veraͤnderung der Bänder ſich ausweiſen. (Guy's Hospital Re- ports, No. 6.) Miscellen. Eine dem Keuchhuſten der Kinder aͤhnliche Affec⸗ tion alter Leute beſchreibt Dr. Mehliß in der Med. Vereins— zeitung. Dieſer Huſten bildet Paroxysmen, welche gewoͤhnlich zu— erſt waͤhrend des Schlafes eintreten, mit Beengung und Kitzel, wodurch die Leute zu tiefen Inſpirationen gereizt werden, welchen plotzlich 6 bis 12 gewaltſame und kurze Exſpirationen mit Ane drang des Blutes nach dem Kopfe und krampfhaftem Zittern der Glieder folgen, was ſich nach jeder Inſpiration wiederholt, bis alle mälig die Gleichheit der In- und Exſpirationen wiederhergeſtellt iſt; bisweilen geſellt ſich Wuͤrgen und Erbrechen hinzu. Der Auswurf iſt rein ſchleimig, anfangs ſparſam, dagegen reichlicher und leichter zu loͤſen, wenn die Anfälle nachlaſſen. Iſt bloß ein Anfall taͤglich vorhanden, ſo iſt er um ſo laͤnger und kann eine ganze Stunde anhalten. Die Patienten waren ſaͤmmtlich Landbewohner zwiſchen dem ſechszigſten und achtzigſten Jahre und ſonſt vollkommen ges fund, jedoch dem Wadenkrampfe und haͤufigem Schweiße unterwors fen. Trotz des Huſtens erreichten ſie alle ein hohes Alter, bis ſie endlich an marasmus senilis ſtarben. Es iſt weder Entzündung, noch reines Nervenleiden, ſondern ſcheint Folge einer durch das Alter bedingten verminderten Abſonderung der Bronchialſchleimhaut zu ſeyn. Milchkuren ſcheinen noch am meiſten Linderung zu ges waͤhren. Die Behandlung der Ruhr mit Eiweiß, welche von Mondiere (N. Notizen Nr. 203) empfohlen worden iſt, wird in der Gaz. méd. No. 47 von dem Dr. Saucerotte aus Luneville als ausgezeichnet wirkſam empfohlen. Bibliographische NMeui geit e n. Traité du systeme nerveux dans l'état actuel de la science. Par J. B. Sarlandiere. Paris 1840. 8. H. F. Link, Propylaͤen der Naturgeſchichte. (Zweiter Band der Propyläen der Naturkunde.) Berlin 1839. 8. (Eine ueberſicht der drei Reiche der Naturgeſchichte, geiſtreich und gelehrt.) On the Influence of the Constitution in the Production of Dis- ease. By E. O. Hocken. London 1840. 12. Traité des maladies des Européens dans les pays chauds et specialement au Senegal, ou Essai statistique sur le sol, le climat et les maladies de cette partie de l’Afrique. Par J. P. F. Thevenot, Paris 1840. 8. u Uh“ Ueue llotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheitt von dem Ober- Medieinalraide & roriep zu Melmar, und dem Medieiualratbe und Profeſſer Frerier zu Berlin, No. 271. (Nr. 7. des XIII. Bandes.) Januar 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stückes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Bl Gum mil Ueber die Lebensweiſe des Schimpanſe theilte Lieutenant Henry K. Sayers der Londoner Zoologi— ſchen Geſellſchaft am 26. Februar 1839 folgende Bemer— kungen mit. Bamboo (der gegenwaͤrtig in dem Garten der Zoolo— giſchen Geſellſchaft im Regents-Park befindliche Schim— panſe) ward vor etwa acht Monaten zu Sierra Leone von einem Mandingoneger gekauft, der ihn angeblich im Lande Bullom gefangen hatte, nachdem er zuvor die Mutter ge— ſchoſſen, in welchem Falle das Junge jederzeit bei dem tod— ten Koͤrper bleibt. Als ich ihn gekauft, uͤbergab ich ihn einem Negerknaben, meinem Bedienten, an den er ſich bin— nen wenigen Tagen mit ſolcher Leidenſchaft anſchloß, daß er ihm hoͤchſt laͤſtig wurde, indem das Thier, wenn ſich der Knabe nur einen Augenblick von ihm entfernen wollte, kreiſchte und furchtbar wuͤthend wurde. Auch zu Kleidungsſtuͤcken faßte er eine ſehr ſonderbare Vorliebe, und nahm jede Ge— legenheit wahr, ſich derſelben zu bemächtigen, wenn er in mein Zimmer kam. Er trug fie in die Vorhalle, feste ſich auf dieſelben und grunzte vor Vergnuͤgen; ward aber aͤußerſt zornig, wenn man ſie ihm wegzunehmen verſuchte, und ſetzte ſich kraͤftig zur Wehre, bevor er fie fahren ließ. Ich gab ihm daher ein Stuͤck Kattun zu beliebigem Gebrauche, das er uͤberall bei ſich fuͤhrte; auch ließ er ſich durch keine Ver— ſuchung dazu beſtimmen, es auch nur einen Augenblick her— zugeben. Da mir durchaus unbekannt war, wovon dieſes Thier ſich in der Wildheit naͤhrt, ſo fuͤtterte ich es ver— ſuchsweiſe auf folgende Art, die trefflich anſchlug. Mor: gens um 8 Uhr erhielt er, ein Stuͤck Weißbrod (von der ungefaͤhren Größe einer Vier-Pfennig-Semmel), in Waſſer oder Milch und Waſſer geweicht; um 2 Uhr ein Paar Ba— nanen oder Piſangfruͤchte, und vor dem Schlafengehen eine Piſangfrucht, Apfelſine oder ein Stuͤck Ananas. Piſang— fruͤchte ſchien er am Liebſten zu freſſen; vor ihnen ließ er alle Leckerbiſſen ſtehen, und wenn man ſie ihm vorenthielt, nahm er die ausgelaſſenſten Dinge vor. Ich hielt es einſt No. 1371. e fuͤr noͤthig, ihm eine abzuſchlagen, da er, meiner Meinung nach, ſchon genug gefreſſen hatte. Daruͤber gerieth der Schimpanſe in die aͤußerſte Wuth, erhob ein gellendes Ge— ſchrei, ſchlug ſich mit dem Kopfe ſo heftig wider die Wand, daß er ruͤckwaͤrts hinfiel, kletterte dann auf eine Kiſte, reckte, wie in Verzweiflung, die Arme in die Luft und ſtuͤrzte ſich von derſelben herab. Dieß Benehmen machte mich fuͤr ſein Leben ſo beſorgt, daß ich nachgab, und als er ſo ſeinen Zweck erreicht hatte, bezeigte er daruͤber die groͤßte Freude, die ſich in der Art, wie er mehrere Minuten lang grunzte und ſchrie, ſehr lebhaft ausdruͤckte; kurz, bei allen Gelegen— heiten, wo man ihm nicht den Willen that, zeigte er die empfindliche und ungeduldige Gemuͤthsart eines verzogenen Kindes; allein ſelbſt wenn er noch ſo zornig war, bemerkte ich nie an ihm die geringſte Neigung, zu beißen, oder mir oder dem Waͤrter auf irgend eine andere Weiſe ein Leids zuzufuͤgen Obwohl er ſich felbft von unbekannten Perſonen gern lieb: koſen und fuͤttern ließ, ſo bemerkte ich doch an ihm nie die mindeſte Neigung, die Bekanntſchaft irgend eines andern Thieres zu machen. Als ich ihn bekam, beſaß ich zwei Patas- Affen, und da ich glaubte, er werde von deren Ge: ſellſchaft profitiren koͤnnen, ſo that ich ihn in das naͤmliche Zimmer, wo er mit jenen Affen fuͤnf Monate lang blieb. Allein er war gegen fie nicht einmal freundlich, ſondern be— zeigte vielmehr, wenn ſie ihm nahe kamen, deutlichen Zorn und Widerwillen. Dieſe eigenthuͤmliche Anhaͤnglichkeit an den Menſchen und Abneigung gegen alle uͤbrige Geſchoͤpfe ſind mir immer als ein hoͤchſt characteriſtiſcher Zug dieſer Thiergattung vorgekommen. Der Schimpanſe zeigte ſich auch ungemein liſtig. So oft er ſich unbeobachtet glaubte, ſtahl er Alles, was er erlangen konnte, zuſammen, und zwar, wie es ſchien, lediglich, um ſeinem Diebsſinne zu ge— nuͤgen; wenn er es aber auch nur für möglich hielt, daß man ihn anſehe, ſo ließ er gleich davon ab, und wartete geduldig ſo lange, bis er ſicher nicht beobachtet zu werden glaubte. Gegen die Gewohnheit anderer Affen, war er fehr 7 99 reinlich, und beſudelte fein Bett oder die Nachbarſchaft deſ— ſelben nie; ja ſelbſt an Bord des Schiffes ging er, wenn er ein Beduͤrfniß zu befriedigen hatte, wenigſtens bei war— mem Wetter, ſtets von ſelbſt auf das Verdeck. Wenn er ſich in der Vorhalle allein befand, ſetzte er ſich jedesmal in die Fenſterbruͤſtung, d. h., an die hoͤchſte Stelle, zu der er kommen konnte, und von wo er die Ausſicht auf den Kaſernenhof, fo wie in mein Schlafzimmer hatte; bei Sons nenuntergang ſtieg er aber hinab und kroch in ein Waſch— kuͤbel, welches er ſich ſelbſt zur Schlafſtelle ausgeſucht hatte, und wo er die ganze Nacht blieb. Bei Sonnenaufgange ſuchte er dann wieder ſein Lieblingsplaͤtzchen im Fenſter auf. Hiernach moͤchte ich glauben, daß der Schimpanſe nur der Ausſicht oder Aeſung wegen auf Baͤume ſteige, mehrentheils aber ſich auf dem Boden aufhalte. Bamboo ſchien, als ich ihn kaufte, etwa vierzehn Monate alt zu ſeyn, und ſoviel ich von dem Neger erfah— ren konnte, erreichen die Schimpanſe's erſt im Alter von 9 — 10 Jahren ihre vollſtaͤndige Größe. Wenn ſich dieß ſo verhaͤlt, ſo ſteht auch in dieſer Beziehung dieſer Affe dem Menſchen ſehr nahe, da Knaben und Maͤdchen von 13 bis 14 Jahren in Weſtafrica voͤllig ſo ausgebildet ſind, als in unſerm Norden im 19ten bis 20ten Lebensjahre. Voͤllig ausgewachſen ſoll der Schimpanſe 4 — 5 Fuß hoch ſeyn, und mir iſt von glaubwuͤrdigen Leuten verſichert worden, es ſey in der Naͤhe von Free-town ein Maͤnnchen geſchoſſen und dorthin gebracht worden, welches 4 Fuß 5 Zoll hoch und ſo ſchwer geweſen ſey, daß zwei Maͤnner an ihm zu tragen gehabt hätten. Die Eingebornen verſichern, im wil— den Zuſtande beſitze dieſer Affe eine enorme Staͤrke, und koͤnne ohne alle Anſtrenzung Baumaͤſte zerbrechen, welche zwei ſtarke Maͤnner kaum zu biegen vermoͤchten. Der Schimpanſe kommt, ohne Zweifel, in allen Ländern vor, deren noͤrdliche Grenze der Gambia und deren ſuͤdliches Ende das Reich Congo bildet, indem die Eingebornen aus dem ganzen Zwiſchengebiete mit dieſem Thiere ſehr gut bekannt zu ſeyn ſcheinen. Nach eigner Erfahrung kann ich bezeu— gen, daß die niedrigen Ufergegenden des Landes Bullom, die ſich noͤrdlich am Fluſſe Sierra Leone hinziehen, deren ſo viele enthalten, als von der gemeinſten Affenart. Ich glaube, ſie leben in Geſellſchaften beiſammen, denn als ich die Reis— plantagen des Häuptlings Dalla Mohammadoo be: ſuchte, hoͤrte ich deren wenigſtens acht bis zehn an demſelben Orte ſchreien. Auch verſicherten die Eingebornen, dieſe Thiere machten ihre Streifzüge ſtets in größerer Geſellſchaft und mit Stöden bewaffnet, die fie ſehr geſchickt zu führen wuͤßten. Sie ſind dabei ungemein wachſam, und der Erſte darunter, welcher irgend etwas Gefaͤhrliches bemerkt, thut einen gedehnten Schrei, welcher faſt ſo klingt, wie der aͤngſtliche Huͤlferuf eines Menſchen. Die Hauptſchwierigkeit, welche der Erlangung ausgewachſener Exemplare von dieſer Species entgegenſteht, duͤrfte in dem Aberglauben der Ein— gebornen liegen, welche glauben, daß der Schimpanſe he— ren koͤnne. So viel ich weiß, haben manche Schriftſteller behaup— tet, die Bewohner der weſtafricaniſchen Kuͤſte nennten dieſe 100 Species Pongo; dagegen habe ich dieſelbe von keinem Ne— ger in der Naͤhe von Sierra Leone je anders nennen hoͤren, als Baboo, was jedoch nur eine Verſtuͤmmelung des eng— liſchen Wortes Baboon (Pavian) zu ſeyn ſcheint. (Annals of Nat. Hist. Nov. 1839.) Beobachtung uͤber das Wiederkaͤuen. Von Herrn Gin tra c. Im Journ. de med. pratique de Bordeaux, Ju- illet 1839 theilt Herr Gintrac zwei intereſſante Beobach— tungen mit. Der erſte Kranke iſt ein Geiſtlicher von 36 Jahren, lebendigen Geiſtes, von trockener, ſchwaͤchlicher Con— ſtitution, welcher außerordentlich ſchwach auf die Welt kam, da ſeine Mutter waͤhrend ihrer Schwangerſchaft heftigem Aerger und Kummer ausgeſetzt war; dennoch wollte ſie das Kind ſelbſt ſaͤugen; aber die Perſon, welche ſpecieller für das Kind zu ſorgen hatte, war der Anſicht, daß ihm die Muttermilch gefaͤhrlich ſey und druͤckte deswegen taͤglich die Magengegend und den thorax zuſammen, veranlaßte da— durch Erbrechen und erſetzte die wiederausgeleerte Fluͤſſigkeit durch Kuhmilch. Es wurde dieſem Verfahren zwar nach einiger Zeit Einhalt gethan; aber der Magen behielt doch eine ungewoͤhnliche Dispofition zum Erbrechen, und Herr Gintrac meint, daß es moglich ſey, daß das Wiederkaͤuen zu jener Zeit begonnen habe. Bei demſelben Kranken ſind uͤbrigens die Zaͤhne ſehr ſchlecht; es ſind nur noch elf vor— handen, und das Kauen geſchieht ſehr unvollkommen. Schwer verdauliche Speiſen, welche lange im Magen blei— ben, kehren bisweilen mit den erſt ſpaͤter genoſſenen Speiſen zuruͤck, ohne eine unangenehme Beſchaffenheit bekommen zu haben. Einige Nahrungsmittel kommen immer mehr oder weniger veraͤndert zuruͤck, z. B., die Milch. Zwei oder drei Stunden nach der Mahlzeit iſt der Athem des Kranken uͤbelriechend. Das Wiederkaͤuen beginnt bald nach dem Aufhoͤren der Mahlzeit und dauert mehr oder minder lang, je nach der Quantität Nahrungsmittel, welche in den Ma— gen aufgenommen worden ſind. Der Kranke wendete ſich wegen eines dreitaͤgigen Wechſelfiebers an Herrn G., ohne Anfangs etwas von ſeiner Infirmitaͤt zu erwaͤhnen; erſt, nachdem das Fieber durch ſchwefelſaures Chinin beſeitigt war, und der Kranke ſich zu gleicher Zeit, zu ſeinem Erſtau— nen, von der Unannehmlichkeit des Wiederkaͤuens befreit ſah, machte er ſeinem Arzte eine Mittheilung davon.“ Gegenſtand der zweiten Beobachtung iſt ein kleines Maͤdchen von vier Jahren, welches, in Folge einer Ruhr, an bulimia litt; bald fing nun der uͤberladene Magen an, ſich eines Theiles der aufgenommenen Nahrungsmittel zu entledigen. Anfangs wurden ſie ſaͤmmtlich ausgebrochen; ſpaͤter geſchah dieß nur mit einem Theile, während der ans dere Theil auf's Neue hinuntergeſchluckt wurde, nachdem er einige Augenblicke im Munde behalten worden war; endlich aber wurde gar nichts mehr ausgebrochen, und dasjenige, was durch das Wuͤrgen in die Mundhoͤhle gelangte, wurde einem neuen Kauen unterworfen, und endlich erſt, definitiv 101 hinuntergeſchluckt. Außer einer habituellen Verſtopfung, welche ſelbſt durch Clyſtire nur ſchwer zu beſeitigen war, ließ ſich kein Symptom einer Störung der Geſundheit aufs finden. Beſchaͤftigungen, Verlegenheit, Gegenwart einer fremden Perſon verhinderten die Erſcheinung des Wieder— kaͤuens. Die Anwendung der magnesia, des Chinins und der Sauerwaſſer hatte keinen Erfolg; ſeit aber dieſes Kind weniger und zu beſtimmten Stunden ißt, ſeit es mehr trinkt und fein Unterleib frei ift, hat ſich der Zuſtand auch verbeſ— ſert. Ein Glas friſches Waſſer, fruͤh Morgens genommen, befeitigt die Rumination faſt gaͤnzlich für den Übrigen Tag. Hiernach und nach den Mittheilungen in der medicini— ſchen Literatur ſind zwei Arten des Wiederkaͤuens zu unter— ſcheiden; die eine Art iſt ein krankhafter Zuſtand, ein Sym— ptom einer beträchtlichen Störung der Verdauungswerkzeuge; die andere Art haͤngt von einer Idioſyncraſie ab, characte— riſirt ſich nicht als pathologiſcher Zuſtand und ſtellt hoͤch— ſtens eine einfache Neuroſe, einen functionellen Schwaͤchezu— ſtand dar. Folgende Umſtaͤnde koͤnnen als Urſache des Wiederkaͤuens auftreten: 1. die Tendenz, eine große Quan— tität Nahrungsmittel in den Magen zu bringen; 2. uͤber— eiltes un vollkommenes Kauen; 3. Genuß ſchwerverdaulicher Speiſen; 4. wiederholter Druck auf die Magengegend un— mittelbar nach der Mahlzeit; 5. eine ſpecielle Veraͤnderung der Vitalität des Magens; 6. Einfluß der Gewohnheit. Das Phaͤnomen zeigt ſich gewoͤhnlich eine Viertelſtun— de, eine Stunde und ſelbſt zwei Stunden nach der Mahl— zeit; es dauert 145 — 5 Stunden und bisweilen noch laͤnger. Eine pathologiſch-anatomiſche Beſchreibung und Erklaͤ— rung des Wiederkaͤuens fehlt noch. Um das Uebel zu be— kaͤmpfen, iſt beſonders noch Regelmaͤßigkeit im Regimen und Achtſamkeit darauf zu empfehlen, daß nur eine kleine Quan— titaͤt Nahrungsmittel auf ein Mal genommen werde; daß man dazu nur die leichteſt verdaulichen waͤhlt, und daß man ſie bei der erſten Mahlzeit vollkommen kaut. Zu empfehlen iſt auch, daß man waͤhrend des Eſſens trinkt. Das Wich— tigſte iſt, nach dem Verf., die Verhinderung einer erſten Re— gurgitation; ein kraͤftiger Wille iſt dazu wohl im Stande; gelingt dieß nicht, ſo muß man dem Kranken vorſchreiben, daß er die in den Mund zuruͤckgekommenen Speiſen auf der Stelle wieder verſchluckt. Bittere Mittel, Laxanzen, leb— hafte Eindruͤcke koͤnnen einen guͤnſtigen Einfluß haben. Ueber die vorderen und hinteren Ruͤckenmarks— ſtraͤnge. Von J. van Deen. Der Bell'ſche Lehrſatz, welcher für die Nervenwurzeln nunmehr fo unumſtoͤßlich feſt ſteht, iſt doch keinesweges noch ſicher in ſeiner Anwendung auf die Stränge des Ruͤcken— markes ſelbſt. Da fuͤr die Loͤſung dieſer Frage in den letz— ten ſieben Jahren nichts geſchehen iſt, ſo unternahm ich eine Reihe von Verſuchen an Froͤſchen. Das Reſultat der— ſelben hat meine Erwartung weit übertroffen, und fie liefern 102 den Beweis, daß auch von den Ruͤckenmarksſtraͤngen die hinterſten nur das Gefühl, die vorderſten nur die Bewe— gung vermitteln. 1. Reizt man die vordere Oberfläche des Ruͤckenmar— kes, welche man von der Bauchhoͤhle aus nach Entfernung der Eingeweide bloßlegen kann, ſehr ſachte mit der Spitze einer Nadel, oder eines feinen Meſſers, ſo entſtehen Mus— kelbewegungen in den entſprechenden Koͤrpertheilen, in den Muskeln der rechten Seite, wenn man den rechten funicu- lus anterior reizt, in der linken Seite auf Reizung der linken; in den Muskeln beider Seiten, wenn man den Reiz auf die Mittellinie des Ruͤckenmarkes anwendet. 2. Steckt man ein feines zweiſchneidiges Meſſer vertical mitten in die eine Seite des Ruͤckenmarkes und vorſichtig durch die an— dere Seite des Ruͤckenmarkes wieder heraus, ſo daß die me— dulla spinalis geſpalten wird, fo entſtehen Muskelcontrac— tionen durch Reizung der Parthie vor dem Meſſer; keine, wenn man die Parthie hinter dem Meſſer mechaniſch reizt. 3. Schneidet man, nachdem beide Straͤnge auf dieſe Art getrennt worden, die vordere durch, ſo zeigt ſich Contraction in den Muskeln, keine dagegen auf Durchſchneidung des hinteren Stranges. 4. Daſſelbe erfolgt, wenn man die getrennten und durchſchnittenen Straͤnge einzeln reizt. 5. Man ſchneide die vordern Straͤnge allein von Vorn nach Hinten bis zum canalis medulla spin. durch, bringe in dieſen eine feine Borſte unb ſchiebe ſie etwas nach Unten, ſo erhaͤlt man keine Zuckungen, wenn man ſie nach Hinten, Zuckungen, wenn man ſie nach Vorn biegt. 6. Dieſer letzte Verſuch laͤßt ſich beſſer auf folgende Weiſe anſtellen. Ohne den Wirbelcanal zu oͤffnen, ſchneidet man ihn in der Ge— gend des zweiten und dritten Wirbels queer durch, praͤparirt noch einen Wirbel um das Ruͤckenmark weg, weil dieſes ſich nach dem Durchſchneiden immer etwas zuruͤckzieht; ſteckt dann die Borſte in den canalis med. spin. und biegt fie abwechſelnd nach den vordern oder hinteren Straͤngen. Das Reſultat iſt daſſelbe. Reizung des canalis med. Spin. ſelbſt veranlaßt keine Muskelbewegung. 7. Wenn man in den Wirbelcanal ſelbſt, nachdem er queer durchgeſchnitten, eine Nadel oder eine Borſte zwiſchen die Wirbelkoͤrper und die Vorderflaͤche des Ruͤckenmarkes, dann zwiſchen dieſes und die Wirbelbogen bringt, ſo entſteht im erſten Falle Zuckung, im letzten nicht. 8. Bei einem ſo praͤparirten Froſche nehme man doch vorn oder hinten vorſichtig die Wirbel eine Strecke weit weg. Man wird dann durch Reizung der hin— teren Straͤnge keinen Druck auf die vordern uͤben, welche ausweichen koͤnnen und es witd auch keine Muskelbewegung erfolgen. Doch muß die Reizung immer noch ſehr behut⸗ ſam und leiſe ausgeführt werden, um nicht von den fenfis bein Straͤngen aus durch Reflexion Bewegung zu veranlafs ſen. 9. Nimmt man von einem Froſche die Baucheinge— weide weg, legt man von Vorn das Ruͤckenmark bloß, trennt man die vordern Straͤnge von den hintern zwiſchen dem vierten bis ſechsten Wirbel und legt das Thier auf den Boden, ſo iſt die Muskelbewegung in den hintern Gliedma— ßen verloren, nicht aber die Empfindung, denn nach Auf— troͤpfeln von Schwefelſaͤure oder emer andern heftigen Rei⸗ 7 103 zung der Haut der Hinterſchenkel giebt das Thier deutliche Zeichen von Schmerz; ja noch mehr, die hintern Straͤnge, obwohl von den vordern abgetrennt, koͤnnen noch Reflexbe— wegungen vermitteln, und nach Abtrennung des Kopfes ent— ſtehen nach Reizung derſelben Kraͤmpfe in den vordern, nicht aber in den hintern Extremitaͤten. 10. Man oͤffnet den Wirbelcanal von Hinten, in einer Strecke von drei bis ſechs Wirbeln, trennt, wie angegeben, die hinteren Straͤnge von den vordern und ſchneidet jene durch, ſo behaͤlt das Thier die Bewegung und verliert die Empfindung in den hintern Ertremitäten. Man kann auch die beiden vordern Stränge von einander durch einen Laͤngsſchnitt trennen, und ſogar einen derſelben entfernen, ſo bleibt dem andern noch die Kraft, Bewegungen in den Muskeln der einen Seite her— vorzubringen. Dieſe letzten Verſuche ſind indeß nicht voll— ſtaͤndig beweiſend, denn da mit der Entfernung der Ruͤcken— marksſtraͤnge auch jedes Mal die Wurzeln an ihrem Urſprunge am Ruͤckenmarke abgetrennt werden mußten, ſo bleibt der Einwurf uͤbrig, daß, z. B., auch die hintern Straͤnge mo— toriſche Kraft beſaͤßen, dieſelbe aber, nach Durchſchneidung der vordern Wurzeln, nicht mehr zu den Muskeln fortge— pflanzt werden koͤnne. Ich mußte daher die Verſuche ſo anſtellen, daß die Wirkung des Ruͤckenmarkes in den vor— dern oder hinteren Straͤngen vernichtet wurde, ohne die Nervenwurzeln der hinteren Extremitaͤt zu verletzen. Dieß geſchah in folgender Weiſe: 11. Es wird der Wirbelcanal von Hinten, in der Gegend des dritten Wirbels, geöffnet, eine Staarnadel zwiſchen beide Stränge eingeſchoben und der vorderſte durchſchnitten. Nach dieſer Operation iſt zwar anfangs keine Veraͤnderung zu bemerken; die Hinterfuͤße find an den Leib gezogen, zeigen ſich empfindlich, und bewegen ſich auf Reize; bei genauerer Betrachtung aber wird es deutlich, daß alle dieſe Bewegungen nur reflectirt ſind, daß der Wille auf die Bewegung der Hinterbeine, in der That, ohne Einfluß iſt. (Der Froſch hat ganz dieſelbe Haltung, wie einer, deſſen Ruͤckenmark an den beſagten Stellen gaͤnz— lich getrennt iſt.) Setzt man ihn in Waſſer, ſo wird man ſich ſogleich von der Laͤhmung ſeiner Hinterbeine uͤber— zeugen. Reizung der Hinterbeine veranlaßt Reflexbewegun— gen faſt im ganzen Koͤrper; reizt man dagegen den Vorder— theil des Koͤrpers, ſo ſucht das Thier willkuͤhrlich zu ent— fliehen, und an den Bewegungen, die es zu dem Ende macht, nehmen die Hinterbeine keinen Antheil *). 12. Schneidet man auf die angegebene Weiſe (11.), ſtatt der vordern, die hinteren Straͤnge durch, ſo geht das Gefuͤhl verloren und die motoriſche Kraft bleibt allein uͤbrig. Der Froſch bewegt ſich ſo leicht und raſch, wie vorher, zeigt aber in den Hinterfuͤßen keine Empfindung auf mechaniſche Reize. Es iſt aber merkwuͤrdig, daß in dieſem Falle, obgleich die Ge— fuͤhlseindruͤcke nicht mehr zum Gehirne geleitet werden, doch „) Dieſer Verſuch beweiſ't zugleich, daß die Durchſchneidung des Ruͤckenmarkes nicht als eine mechaniſche Reizung zu Reflex— bewegungen disponirt; denn ſonſt muͤßten dieſe eben ſowohl im vorderen, als im hinteren Theile des Körpers ſtattfinden. Henle. 104 noch Reflexbewezungen auf Reizung der hintern Extremitaͤten entſtehen, wenn nur das Meſſer nicht uͤber das Centrum des Ruͤckenmarkes vorgedrungen und die graue Subſtanz (Sub— stantia spongiosa) nicht gaͤnzlich durchgeſchnitten iſt. Man muß deßhalb das wirkliche Gefuͤhl von Reflexionsge— fuͤhl wie die wirkliche Bewegung von Reflexionsbewegung unterſcheiden. (Dieſe Bolyerung iſt nicht richtig, wenn nur an einer Stelle die Mittheilung von den hinteren Straͤngen auf die vordern erfolgt, die Wirkung ſich ferner in den vor— dern Strängen allein weiter ausbreiten kann.) 13. Man öffne die Ruckenmarkshoͤhle von Hinten, vom dritten Wire bel bis zum Heiligenbeine und ſchneide die hintere Wurzel der Hinterextremitaͤten durch. Die Bewegungen werden da— durch kaum veraͤndert. Trennt man nunmehr die vordern Straͤnge, der Queere nach, am dritten Wirbel, ſo erliſcht alle Bewegung in den Hinterfuͤßen, ſowohl auf Reizung der Hinter- als Vorderbeine. 14. Nach Durchſchneidung der hinteren Nervenwurzeln des einen Beins und beider vordern Stränge hort die willkuͤhrliche Bewegung in beiden Beinen auf. Reflexbewegungen treten aber in beiden ein auf Rei— zung des einen Beins, deſſen hintere Wurzeln unverfehrt ſind. 15. Sind die vordern Wurzeln der Hinterfuͤße und die hintern Straͤnge des Ruͤckenmarkes durchſchnitten, ſo iſt weder Gefuͤhl, noch Reflexbewegung in den Hinterfuͤßen zu bemerken. 16. Sind die vordern Wurzeln nur eines Hin— terbeins und beide hintere Ruͤckenmarksſtraͤnge getrennt, ſo iſt das eigentliche Gefuͤhl in beiden Hinterbeinen vernichtet. Willkuͤhrliche und reflectirte Bewegung findet nur in dem Beine ſtatt, deſſen Nerven erhalten ſind; aber auch die Reizung des andern, unbeweglichen, hat Reflexionsbewegun— gen zur Folge. 17. Um ſchließlich noch einen entſcheiden— den Beweis zu haben, daß die willkuͤhrliche Bewegung vom Gehirne aus allein durch die vordern Straͤnge geleitet wer— den kann, ſo ſchneide man die vordern Straͤnge in der Ge— gend des dritten Wirbels durch, faſſe dann das Thier mit zwei Fingern der linken Hand unter den Vorderfuͤßen und ſchneide Stuͤcke der Vorderpfoten ab, ſo wird es mit allen Theilen vor der Trennung der vordern Straͤnge heftige Be— wegungen machen, indeß die Hinterbeine ruhig bleiben, ſelbſt wenn man nach und nach den Kopf und das Gehirn durch- ſchneidet und endlich das verlaͤngerte Mark irritirt. (Aus Tijdschrift voor natuurlijke Geschiedenis en Phi- siologie door van der Hoeven en de Vriese. Vijfde Deel. 3 Stuk, p. 151 — 186. Henle in Schmidt's Jahrbuͤchern 1839.) at sie been. In Beziehung auffoffile Thierreſte am Miſſouri hat Hr. Albert Koch (aus Roitſch bei Bitterfeld und ſeit zehn Jahren zu St. Louis, am Miſſouri, lebend und ſich in Nebenſtunden auf eine fuͤr die valerlaͤndiſchen Sammlungen erfolgreiche Weiſe mit dem Sammeln und Zubereiten von Naturalien beſchaͤftigend,) Ausgrabungen angeſtellt, die ein beſonderes guͤnſtiges Reſultat gewaͤh— ren, woruͤber Hr. Geh. R. Lichtenſtein, in Berlin, in den Berlini⸗ ſchen Nachrichten Folgendes ſagt: „Schon im Laufe des vorigen Sommers gab er mir vorlaͤufige Nachricht von den vorzuͤglichſten 105 Stuͤcken, die bei dieſem Unternehmen zu Tage gefördert find, von welchen zwei, Eiepbanten ähnlichen Thieren angehoͤrige, beſondere Aufmerktſamkeit verdienen. Das eine iſt der Schädel eines ſolchen, an weichem zwei mäßig lange Stoßzähne, dicht neben einander, aus der Mitte des Zwiſchenkieferbeins, unter der Schnauze hervor— wachen. und ſich, bogenförmig gekrümmt, mit ihren Spitzen nach Außen wenden. Da eine ſolche Bildung bis jetzt noch an keinem vorweltlichen Thiere geſehen worden, ſo erkennt Herr Koch darin eine neue Gattung, die er Missourium nennt. Das zweite tft ein ganz vollftändiger Schädel des Mastodon giganteum (wie bis jetzt noch keiner aufgefunden worden war) und von der außer— ordentlichſten Größe. Zu den Notizen Über die Lange der Stoß— zähne und einzelner Knochen, von welchen ich bereits bei der letz— ten Naturforſcher-Verſammlung in Pyrmont ausführlichere Mit— theilung gemacht habe, erhalte ich jetzt genauere Angaben der ſaͤmmtlichen Haupt⸗Dimenſionen in dem 5Ylten Stucke des St. Louis Daily Commercial Bulletin vom 13. November v. Jahres. Die bei dem Ausgraben ziemlich zerſplitterten Schaͤdelknochen ſind nämlich jetzt alle wieder zuſammengefuͤgt, und der ſo ergaͤnzte Schaͤdel iſt dem Publicum im St. Louis Muſcum oͤffentlich zur — 105 Schau geſtellt. Es beſtaͤtigt ſich, daß die Stoßzaͤhne bei dieſem Thier in horizontaler Richtung (mit den Spitzen feitwärts gewen— det) lagen. Die Lange eines jeden derſelben, auf der Krümmung gemeſſen, iſt 10 Fuß; in gerader Linie hat die Spitze des einen von der des andern einen Abſtand von 21 Fuß; die in dieſer Linie liegende Breite des Kopfes von einem Jochbogen zum andern be trägt 4 Fuß; die Lange des Schaͤdels von der weit vortretenden Spitze des Oberkiefers bis zum Hinterbauptsloche 6 Fuß; Ueberra⸗ gung des Oberkiefers uber den untern 15 Zell; Entfernung ſeiner Mitte von der Wurzel der Stoßzahne 2 Fuß; Breite deſſelben vor der Spitze 17 Zoll. Es wird aus dieſen Verhaltniſſen unwahr⸗ ſcheinlich, daß das Thier einen Rüſſel gehabt habe. Dieſer Schaͤ— del würde ein einfenſtriges Zimmer unſerer mittleren Wohnhaͤuſer ziemlich voll ſtaͤndig ausfüllen, das ganze Thier, in Betracht feiner muthmaäßlichen Höhe, ſchwerlich in anderen, als fürftlihen Saͤlen Raum gehabt haben.“ Sternebrae iſt der Name, mit welchem Blainville, in feiner neuen vergleichenden Dfteologie, die Abtheilungen des Brufts beins bezeiq net. Hei Ueber Abloͤſung der Vaginalportion des uterus. Von Robert F. Power. Eine der groͤßten Gefahren, welche bei Queerlagen (von welchen in dem Aufſatze bis dabin die Rede war) vorkom— men, iſt die Moglichkeit eines Gebaͤrmutterriſſes. Zum Gluͤck kommt dieſer Zufall ſelten vor; doch muß man immer auf ſeiner Hut ſeyn, beſonders wenn die Gebaͤrmutterthaͤtig— keit heftig iſt, oder irgend eine Mißbildung des Beckens ſtattfindet. Eine ſolche Verletzung kann an dem Gebaͤrmut— ter-Grunde,-Koͤrper, -Halſe oder -Munde vorkommen, par— tiell und complet ſeyn und ſehr verſchiedene Richtung haben. Bei partiellen Gebaͤrmutterriſſen kann der Peritonaͤaluͤberzug allein getrennt werden, waͤhrend Parenchym und Schleim— haut des uterus unverſehrt bleiben, oder, umgekehrt, die Schleimhaut und ein Theil des Parenchyms koͤnnen einrei— fen, während das peritonaeum nicht verletzt wird. Com— plete Gebaͤrmutterriſſe dringen durch die ganze Subſtanz durch und koͤnnen bei jeder Kindeslage durch heftige Wehen bei langſamer Geburt, durch Mißbildung des Beckens, oder abnorme Erweichung und Verduͤnnung der Uteruswaͤnde, oder durch Unvorſichtigkeit des Geburtshelfers herbeigefuͤhrt werden. Dieſer traurige Zufall koͤmmt bei Erſtgebaͤrenden, haͤufiger jedoch bei Mehrgebaͤrenden vor. Keine Gegend des uterus iſt frei von dieſem Zufalle; die Lage des Riſſes mo— dificirt aber in hohem Grade die Wirkung deſſelben; Zer— teifungen des Gebaͤrmutter-Grundes oder -Koͤrpers, ſelbſt wenn ſie nur partiell ſind und beſonders, wenn die ſeroͤſe Haut mit betroffen iſt, find abſolut toͤdtlich zu nennen, waͤh— rend ein Einriß und ſelbſt die vollkommene Ablöfung eines Theiles der Cervicalportion ohne bedenkliche Folgen ſtatt ha— ben kann. Hiernach iſt zu vermuthen, daß eine Verſchie— denheit in der Organiſation der Theile dieſem Umſtande zu Grunde liege. Die ſeroͤſe Haut, z. B., welche den Gebaͤr— mutterkoͤrper umhuͤllt, reicht nicht tiefer herab, wo auch we— niger Gefäße vorhanden ſind, da die Hauptaͤſte der arte— rige uterinae et spermaticae ſich in den obern Theilen k ein le. 2 des Organes verbreiten; auch die größern Venenſtaͤmme, die ſich in der Schwangerſchaft ſo ſehr erweitern, finden ſich (mit Ausnahme der placenta praevia) an jenem Theile des Organes. Auch die Nerven verbreiten ſich hauptſaͤchlich am Gebaͤrmutterkoͤrper; und wenn man das Parenchym aufmerkſam betrachtet, ſo findet man es am Gebaͤrmutter— halſe derber und blaſſer, als ſonſt irgendwo. Giebt es Bedingungen, unter welchen eine Kenntniß dieſer Eigenthuͤmlichkeiten auf die Behandlung Einfluß hat? Bisweilen kommt es vor, daß zu Anfange der Geburtsthaͤ— tigkeit der Muttermund vollkommen geſchloſſen, oder doch unnachgiebig conſtringirt bleibt. Dieſer Zuſtand kann ent⸗ weder davon abhaͤngen, daß der Muttermund von einer ganz unnachgiebigen Structur, ohne Spur einer organiſchen Ver— aͤnderung, umgeben iſt, oder davon, daß Structurveraͤnde— rungen, in Folge krankhafter Ablagerungen in oder rings um den Theil, vorhanden ſind; bisweilen ſind auch Folgen der Verletzungen bei fruͤhern Geburten, Abſceſſe, Ulcerationen und Narben, wodurch die Form und Lage des Organs ver— aͤndert worden iſt, zugegen. In manchen Faͤllen findet ſich, nach Ashwell, eine harte Geſchwulſt oder eine mehr bösartige Ablagerung, welche den Gebaͤrmutter-Mund und -Hals voll: kommen verändert ; in einem Puncte aber kommen alle dieſe Veraͤnderungen beſonders uͤberein, naͤmlich in der Schwierig— keit oder Unmoͤglichkeit der Ausdehnung des Muttermundes. Bei den einfachern Formen dieſer Faͤlle bewirkt man durch die gewöhnlichen Etſchlaffungsmittel, Blutentziehung, Brech— weinſtein, Opium ꝛc., Erweiterung; in den complicirtern Faͤl⸗ len aber bleiben nur zwei Mittel übrig, kuͤnſtliche Erweite- rung, oder Inciſion; das erſte Mittel iſt bloß bei geſundem Zuſtande des Muttermundes zulaͤſſig, wo die natuͤrliche Nachgiebigkeit nicht durch Structurveraͤnderungen aufgehoben iſt. Bei rigidem Zuſtande des Mutterhalſes dagegen iſt kuͤnſtliche Erweiterung ſehr gefährlich und nicht allein erfolg⸗ los, ſondern auch ſehr verletzend, Entzuͤndung und Brand veranlaſſend, wobei man auch noch die Gefahren des Ver— 107 zuges, Erſchoͤpfung oder Zerreißung der Gebaͤrmutter hinzu⸗ rechnen muß. Da ſich nun in der Geburtshuͤlfe feſte Zeit⸗ puncte Für die Anwendung der Mittel überhaupt nicht auf⸗ ſtellen laſſen, ſo bietet ſich um ſo mehr die Frage dar, ob ir gend anatomifche oder phyſiologiſche Bedingungen vorhanden ſind, welche gegen eine allgemeine Anwendung der Jnciſion des Muttermundes ſprechen. Ich glaube nicht. Im Ge: gentheile ſpricht der Erfolg der Faͤlle, in welchen die Opera— tion bei Zeiten unternommen wurde, fuͤr die Sicherheit und Nützlichkeit derfelben. Die anatomiſche Structur des Theis les bedingt, daß weder Blutung noch Schmerz die Inciſion begleitet. Zu dieſen Bemerkungen bin ich nicht allein durch einen intereffanten Aufſatz von Dr. Ash well, über Inciſion des Muttermundes, ſondern auch durch einen ſehr ſeltenen Fall von completer Abloͤſung des Muttermundes veranlaßt wor— den, welchen mir Herr Hugh Carmichael mitgetheilt hat. Dieſer Fall iſt folgendermaaßen von Hrn. Carmi— chael beſchrieben. 5 „Im vorigen Herbſte wurde ich eines Abends ſpaͤt er— ſucht, eine junge, unverheirathete Perſon zu beſuchen, welche im Begriffe ſtand, von ihrem erſten Kinde entbunden zu werden; ſie hatte, entfernt von ihrem Hauſe, etwa eine Stunde zuvor die Waſſer verloren, und ich fand den Mut- termund weit genug, um die Fingerſpitze aufzunehmen, aber duͤnn und hart. Die Wehen waren leicht, aber regelmaͤßig. Dieſer Zuſtand blieb unveraͤndert bis zum zweiten Tage, indem die Wehen nie ſtaͤrker, als Wehen des erſten Sta— diums, wurden. Dennoch ruͤckte der Kopf vor; der Mutter: mund erweiterte ſich nur ſehr wenig und erreichte endlich die Groͤße eines Achtgroſchenſtuͤckes; weiter dehnte er ſich nicht aus; die Raͤnder blieben hart. Eine Beckendeformitaͤt war nicht vorhanden. Da die Unnachgiebigkeit des Muttermun— des auch von Wehenſchwaͤche herruͤhren konnte, ſo gab ich am zweiten Tage Mutterkorn in ſolchen Gaben, daß der uterus nur in einen Zuſtand von Spannung gerieth, nicht aber zu heftigen Contractionen veranlaßt wurde. Fuͤnf Gran bewirkten in zehn Minuten dieſen Effect; da ſich aber der Muttermund nicht ausdehnte, ſo gab ich nur gleiche Doſen, als nach einer halben Stunde die Wirkung des Mutterkorns wieder nachließ. Auf dieſe Weiſe gab ich drei Doſen, wel— che indeß keine Erweiterung des Mundes zu Stande brach— ten. Wegen der langen Dauer der Geburtsarbeit war die Kreiſende erſchoͤpft; entſprechend dem beſonderen individuellen Zuſtande hatte ich die ſonſt wohl anwendbaren Blutentzie— hungen, Tart. emeticus und andere relaxantia unterlaſſen. Der Muttermund gab nicht nach; aber der Kopf ruͤckte ganz in das Becken herab, und trieb den Mutterhals vor ſich her. Im Laufe des zweiten Tages wurde der Zuſtand der Kreiſenden uͤbeler; ſie fing an, zu deliriren; der Puls war ſchnell und unregelmaͤßig, kurz, ich ſah, daß ſie bald unterliegen werde, wenn ich nicht Huͤlfe ſchaffe. Die Zan— ge war unter den vorhandenen Umſtaͤnden nicht anwendbar, und ich hatte daher nur die Wahl, die Perforation zu ma— chen und mit dem Haken die Extraction zu bewirken. Ich führte nach dem Gebrauche des Perforatoriums den Haken 108 ein, um das eine Seitenwandbein herauszubefoͤrdern. Waͤh— rend dieſer Beſtrebung erfolgte aber eine ſtarke Contraction des uterus, durch welche auf ein Mal der Kopf herausge- trieben wurde, welcher vor ſich den Muttermund und einen Theil des Mutterhalſes hertrieb; das Ganze hatte einen Durchmeſſer von 33 Zoll und wird in dem Coombe Hos- pital in der pathologiſchen Sammlung aufbewahrt. Die Placenta ging, wie gewoͤhnlich, ab es folgte aber betraͤcht— liche Blutung, und es war ſo ſchwer, die Gebaͤrmutter zu Contractionen zu bringen, daß kalte Affuſionen noͤthig wurden. Zwei Stunden nach der Entbindung wurde der Zuſtand ſehr bedenklich; Jactation, Unruhe, Athembeſchwer— den. Die Woͤchnerin erhielt Opium, wodurch Ruhe eintrat. Am andern Morgen fand ich ſie im Bette ſitzend und fruͤh— ſtuͤckend, mit der Verſicherung, daß ſie ſich weit wohler fuͤhle, als Tags zuvor. Die Wiederherſtellung ging in der ge— woͤhnlichen Zeit vor ſich“ „Der jetzt vorhandene kuͤnſtliche Muttermund liegt an der gewoͤhnlichen Stelle im oberen und vordern Theile der vagina und fühlt ſich hoͤckerig an. Die Perſon menſtruirt, aber unregelmaͤßig und ſehr profus, mit großen Blutklum— pen, und auf Befragen verſichert ſie, daß die Gefuͤhle der Geſchlechtsluſt bei ihr faſt ganz, wo nicht ganz, verſchwun— den ſeyen. Sie iſt ſeitdem nicht wieder ſchwanger ge— worden.“ Es iſt mir nicht bekannt, daß ein aͤhnlicher Fall irgend- wo vorgekommen waͤre (zwei Faͤlle ſind erwaͤhnt: N. Notiz. Nr. 238. [Nr. 18. d. XI. Bos.] S. 388). In einem Falle dieſer Art wuͤrde ich zu rechter Zeit die Inciſion des Gebaͤrmuttermundes vornehmen, wodurch ohne Zweifel das Kind gerettet und der Mutter viel Schmerz erſpart wer— den wuͤrde. 4 Vorne N 7 752 „ Ua 109 Dieß iſt die Abbildung des abgeloͤſ'ten Muttermundes; die getrennten Raͤnder erſcheinen eben, ohne Spuren von Zerreißung; dagegen ſcheint die natürliche Mündung an zwei oder drei Puncten eingeriſſen; Blutgefaͤße ſind nicht zu be— merken, und der Theil iſt feſt anzufühlen, ohne Spur von Oedem. (Dublin Journal, Sept. 1839.) Ueber einen in aͤtiologiſcher Hinſicht intereſſanten Fall von freiwilliger Amputation der Gliedmaßen der noch im uterus befindlichen Leibesfrucht berichtet Dr. H. Buchanan zu Columbia im Staate Tenneſſee, in den im American Journal abgedruckten Protocollen der Medieiniſchen Geſellſchaft dieſes Staates vom Mai 1839, Nachſtehendes. Im Februar 1839 ward ich eilig an einen etwa drei engliſche Meilen entfernten Ort auf dem Lande beſchieden, um einer Negerin zu helfen, welche angeblich an heftigen Schmerzen im Ruͤcken und Blutung aus der Baͤrmutter litt. Sie war etwa 40 Jahr alt, Mutter von zehn Kin— dern und hatte drei bis vier Mal Fehlgeburten gehabt. Bei meiner Ankunft fand ich, daß abortus ſtattgefunden und der Blutfluß aus der Baͤrmutter bereits aufgehoͤrt hatte. Aus der Unterſuchung des zwiſchen drei und vier Monate alten Foͤtus 090 ſich, daß derſelbe, außer einer bedeu— tenden ſeitlichen Abplattung des Kopfes, normal gebildet ſey; llein die Nabelſchnur war um den Schenkel und Hals in lgender Weiſe geſchlungen. Die Schnur ſtrich vom Nabel hart uͤber dem Kniegelenke unter den rechten Schenkel, ganz um denſelben herum, dann unter ſich ſelbſt hinweg, und dann vor dem Bauche und der Bruſt hin an die rechte Seite des Halſes, um welchen ſie ſich zwei oder vielmehr 2% Mal wand, fo daß man von Vorne zwei und von Hin— ten drei Touren ſah, worauf ſie vor der linken Schulter hin nach dem Mutterkuchen ſtrich. Da die Schnur der linken Schulter gegenüber ausſah, als ob fie zuſammengedruͤckt ges weſen waͤre, ſo nehme ich an, daß ſie ſich durch die Ach— ſelhoͤhle nach dem Mutterkuchen begeben habe. Unter die— ſen Umſtaͤnden ſieht man ein, daß, wenn das Kind ſich an— geſtrengt haͤtte, den Schenkel zu ſtrecken, die Schnur um den Hals, ſo wie um den Schenkel, feſter angezogen wor— den wire, fo wie auch deren Nabelende dadurch zuſammen— gezogen und die Circulation behindert worden ſeyn wuͤrde. Durch das Zuruͤckbiegen des Kopfes wuͤrden dieſelben Folgen entſtanden ſeyn; allein bei dieſer Bewegung würde das Mutterkuchenende der Nabelſchnur den Zug unmittelbar er— litten haben. Es laͤßt ſich mit Zuverſicht annehmen, daß unter dieſen Umſtaͤnden, die Leibesfrucht entweder durch Zu— ſammenſchnuͤrung des Halſes, oder durch die Behinderung der Eirculation, oder durch beide Urſachen zuſammengenom— men getödtet worden ſey, und daß die Fehlgeburt in Felge des Todes des Kindes ſtattgefunden habe. An vielen Stel— len, wo die Nabelſchnur uͤber ſich ſelbſt hinſtrich, war die— ſelbe ſtark zuſammengedruͤckt, oder vielmehr geſchwunden (atrophiſch). 110 Der Hauptgrund, aus welchem ich dieſen Fall wit— theile, iſt aber, daß ich auf die Wirkungen aufmerkſam zu machen wuͤnſche, welche die Umſchlingung des Schenkels durch die Schnur veranlaßt hat. Jedermann kann ſich noch jetzt davon uͤberzeugen, daß an der zuſammengeſchnuͤrten Stelle nur die Hautbedeckungen die Nabelſchnur von dem Knochen trennen; alles Uebrige iſt verſchwunden, wogegen das Bein unter der Ligatur eben ſo vollſtaͤndig entwickelt iſt, als das andere, und die Integumente unter der Liga— tur geſund zu ſeyn ſcheinen. Nun iſt aber hoͤchſt wahr— ſcheinlich, daß, wenn das Kind völlig ausgetragen worden waͤre, das Bein durch den Abſorptionsproceß, welchen der Druck der Nabelſchnur auf die umwickelte Stelle veranlaßte, amputirt worden ſeyn wuͤrde, die Amputationeflaͤchen aber, wie es in dergleichen Faͤllen gewohnlich beobachtet wird, ver— narbt waͤren, und das Glied unter der Ligatur, vermoͤge der Verbindung durch die dem Amputationsproceſſe am längs ſten widerſtehenden Hautbedeckungen, ſeine Vitalitaͤt behal— ten haben wuͤrde. Uebrigens laßt ſich mit Sicherheit an— nehmen, daß der unter dem Kniegelenke liegende Theil des Beines vor ſeiner voͤlligen Abtrennung mehr oder weniger abgemagert ſeyn würde. (London Medical Gazette, 1. Nov. 1839). Zuftand der Gehör: Drgane eines taubſtuumen Mädchens. Bon Dr. Mansfeld. Dieſe Taubſtumme, von fehr armen Aeltern geboren, aus ei: nem Dorfe bei Holzminden an der Weſer gebuͤrtig, wurde vor ungefähr vier Jahren als Zoͤgling in das Taubſtummen-⸗Inſtitut zu Braunſchweig aufgenommen. Die der Aufnahme ſtets voran⸗ gehende aͤrztliche Unterſuchung fand ſie, obwohl vollkommen taub, doch wegen bedeutender Verſtandesſchwaͤche, in Folge früherer Ver⸗ wahrloſung, zum eigentlichen Unterrichte nicht geeignet, Indeß, der übrige, auf scrophulosis begründete, krankhafte körperliche Zu⸗ ſtand und der gaͤnzliche Mangel wohlthuender Pflege bei den Ael⸗ tern, veranlaßten mich, fie den übrigen Inſtituts-Zoͤglingen beizu: geſellen, und durch hauptſaͤchliche Beruͤckſichtigung ihrer Krankbeit, das prognoſticirte kurze Leben unter den befriedigendſten Verhalt- niſſen auf ertraͤgliche Weiſe friſten zu laſſen. Um mindeſtens vier Jahre im Wachsthume zuruͤckgeblieben, mit ſchleppendem, ſchwer⸗ faͤligem Gange, abgemagerten Ertrimitäten, hartem, ſtark her⸗ vortretendem Bauche, aͤußerſt abgeplattetem Bruſtkaſten, bin und wieder deutlich fuͤhlbaren taubeneigroßen Maxillar-Druſen, dicker Oberlippe und Naſe, matten Augen und bleicher Phyſiognomie, und dieſe ohne irgend anderen Ausdruck, als den eines rein ſoma⸗ tiſchen, noch dazu krankhaften, Lebens, war dieſe kleine Taub⸗ ſtumme von ihrem achten bis zum zwoͤlften Lebensjahre, in wel⸗ chem ſie ſtarb, der Gegenſtand des Mitleidens aller übrigen Inſti⸗ tuts⸗Zoͤglinge geweſen Bruſtleiden, womit ſie ſchon in ihrer Heimath mannigfach zu kaͤmpfen gebabt, gaben ſich auch hier bald kund, und der durch eigenthuͤmlichen Ton bald zu erkennende Tuberkelhuſten, deſſen Ge⸗ genwart auch das Stethoſcop beftätigte, gab eine unzweifelhaft unguͤrſtige Prognoſe. 5 8 Die Section beftätigte die vorausgeſagte tuberculosis; die Lungen waren durch und durch mit Partikeln dieſer Materie ver⸗ ſehen, wovon viele, in Eiterung übergegangen, in der Lungenſub⸗ ſtanz mehrere Hoͤhlen verſchiedenen Durchmeſſers gebildet hatten. Doch das Augenmerk war vorzüglich auf die Zergliederung der Hörorgane beider Seiten gerichtet, die Herr Vice⸗Proſector Faͤ⸗ ſebeck zu uͤbernehmen die Guͤte hatte; man bemerkte: 111 1) Die pars squamosa, mamillaris und petrosa des Schlaͤ fenbeines, von Außen geſehen, ganz normal; das Gehirn an bei— den Seiten ebenfalls. 2) Das Trommelfell in der Laͤnge von 4“ nahm an der un: tern Flaͤche der obern Wand des aͤußeren Gehoͤrganges ſeinen An— fang und lief, wie bei'm Foͤtus und in den erſten Kinderjahren, horizontal nach Innen und Unten, zur innern Wand der un— tern Flaͤche des meatus auditorii externi, zeigte ſich an der inne— ren Seite geroͤthet und ungewoͤhnlich dick mit der Schleimhaut umkleidet. 3) Die Gehoͤrknoͤchelchen des linken Ohres (die des rechten Ohres verungluͤckten leider bei der Zergliederung) waren, bis auf den Steigbuͤgel, gehoͤrig gebildet. Dieſer erwies ſich aber als ein verkruͤppeltes, der Aehnlichkeit mit einem Steigbuͤgel nur nahe kommendes Knochenſtuͤck, von dem noch uͤberdieß der Fußtritt (Bas ſis) mit dem foramen ovale verwachſen war. Auch hier kann eine Bildungshemmung keineswegs verkannt werden, wenn es auch auf den erſten Blick als ſich widerſprechend erſcheinen koͤnnte, daß Hammer und Amboß, als ſo benachbarte Organe, in vollkom— mener Entwickelung ſich zeigten. Nach Rathke's und Valen— tin's Unterſuchungen entſteht naͤmlich der Steigbuͤgel ſpaͤter, als jene, und iſt in ſeinem erſten Bildungsſtadium ebenfalls, wie hier, einem ſolchen unaͤhnlich und in mehrere Stuͤcke geſondert. Wenn nun die Maſſe des Steigbuͤgels als wirklich verknoͤchert erſchien und nicht knorpeligt, wie in anfaͤnglicher Bildung, ſo beweiſ't dieſer Fall, daß ein Stehenbleiben auf einer fruͤhen Stufe der Formation ſich nicht auf Form und Maſſe zugleich, ſon— dern auf eine der beiden, wie gegenwaͤrtig auf erſtere, ſich nur zu beziehen braucht. 4) Der processus mastoideus hatte in ſeinem Innern, ſtatt der ſonſt vielen kleinen Knochenzellen, eine einzige große Hoͤhle, wie es in den erſten Jahren des kindlichen Lebens gefunden wird. 5) Die tuba Eustachii war ziemlich verengt und deren Schleimhaut (Pharyngealhaut), wie auch die der Trommelhoͤhle, be— fand ſich, wie in der Foͤtusperiode, in einem aufgelockerten Zuſtande. 6) Von den Muskeln der Gehoͤrknoͤchelchen war, außer dem musculus stapedis, der durchgehends flechſigt erſchien und dem der Muskelbauch fehlte, keine Spur eines andern zu entdecken; ſtatt der musculi mallei fand ſich eine kaͤſeartige Maſſe vor; die Fun— ctionen der Gehoͤrknoͤchelchen und die, beſonders durch den m. mal- lei s. tensor tympani zu bewirkende, Spannung des Trommelfells mußte daher = 0 erſcheinen 7) Das vestibulum und die canales semicirculares zeigten ſich zwar, von Außen geſehen, normal gebildet, aber ihre haͤutigen Saͤcke und Ampullen, ſo wie die Feuchtigkeit, mit der ſie in der Regel gefüllt zu ſeyn pflegen, fehlten ſämmtlich. 8) Die Schnecke, mit ihren Spiralgaͤngen und Haͤuten, bot bis auf die scala tympani, die ſich, ſtatt in der Trommelhoͤhle, im Vorhofe oͤffnete, nichts Abweichendes dar. 9) Der n. acusticus entſprang von der untern Wand der vierten Hirnhoͤhle, begab ſich um das crus medullae oblongatae ad cerebellum herum, und ging mit dem n. facialis- gemeinſchaft⸗ lich zum Boden des porus àcusticus internus, ohne einen Aſt von letzterem zu erhalten; der n. acusticus war, ſtatt daß er ſich durch ſeine Weichheit von den uͤbrigen Hirnnerven auszeichnen ſollte, von 112 harter Structur ohne deutliche Faſerung und theilte ſich im innern Gehoͤrgange in den nervus cochleae und vestibuli. Der erſtere trat in den modiolus und lief zur lamina spiralis, letzterer in das vestibulum, wo er bis zur scala vestibuli ging und da endigte. 10) Der n. glossopharyngeus mit dem davon abgehenden ramus Jacobsonii war vorhanden. Die Luftroͤhre mit dem Kehlkopfe erwies ſich ſehr eng; die Taſchen, die zwiſchen den Stimmritzenbaͤndern liegen, waren kaum ſichtbar; und Alles in einem ſchlaffen Zuſtande. Dieſer Fehler eines Theiles der Sprechorgane, verbunden mit dem flachen thorax und den ſchlechten Lungen, mußte daher auch die vorhandene ſo ſehr ſchwache Ausſprache der Taubſtummen erzeugen. (Monats— ſchrift f. Med., Augenheilk. u. Chir. von Ammon. Sept. uud Oct. 1839.) Miscelle u. Von der Wirkſamkeit anhaltender Wiederbele— bungsverſuche bei Scheintod hat man dieſer Tage in Pa— ris ein recht auffallendes Beiſpiel gehabt. Waͤhrend der letzten ſtarken Kälte zuͤndeten zwei kleine Schornſteinfegerjungen in ihrer Kammer ein Kohlenfeuer an, um ſich zu waͤrmen und waͤhrend es brannte, fielen ſie in Schlaf. Da kein Kamin da war, durch wel— ches der Kohlenrauch haͤtte abziehen koͤnnen, ſo wurden ſie am an— dern Morgen leblos gefunden. Obgleich nicht die geringſte Hoff— nung vorhanden zu ſeyn ſchien, ſie wieder zum Leben zu bringen, wurden fie doch ſogleich in das Höpital Beaujon geſchafft, welches das naͤchſte war, und wo ein junger Hauszoͤgling, Hr. Jules Piz card, anfing, zunaͤchſt die Wirkung von Reiben zu verſuchen. Waͤhrend neun Stunden ſetzte Hr. Picard und vier Gehuͤlfen ihre muͤhſame Anſtrengung fort, bis an ihren eigenen Haͤnden und an dem Korper der armen Knaben auf vielen Stellen die Hau wundgerieben war. Endlich hatten fie die Genugthuung, Lebenszeichen wahrzunebmen, und in kurzer Zeit waren die Patienten lebend; fie ſind gegenwaͤrtig vollkommen hergeſtellt und leiden nur noch an ge— ſchwuͤrigen Stellen derjenigen Theile ihres Koͤrpers, an welchen die Haut abgerieben worden war. Waͤhrend des Reibens wurde den Lungen von Zeit zu Zeit Luft eingeblafen. Ein Inſtrument zum Ausziehen hohler Zahnſtum— pfe beſchreibt Dr. Pauly in den Med. Ann. IV. 2 in Form eis nes gewoͤhnlichen Zahnſchluͤſſels, an welchem der etwas kleinere Haken getheilt und nach Außen mit ſcharfen Kanten verſehen iſt. Der Schluͤſſel wird, wie gewöhnlich, angelegt, mit dem Unterſchiede, daß man den Haken in die Zahnhoͤhle einſetzt und ihn nun vermit⸗ telſt einer an der Mitte des Hakens angebrachten Schraube aus— einanderſpreizt, fo daß die ſcharfen Kanten deſſelben in die Waͤn- de der Zahnwurzel eindringen. Die Extraction geſchieht vermittelſt der gewöhnlichen Handhabung des Schluͤſſels. Von einem intermittirenden Schielen erwaͤhnt in dem Septemberhefte von Pfaff's Mittheilungen der Juſtizrath Hegewiſch; er betrifft ein Kind, welches nach den Maſern feit 2% Jahren einen Tag um den andern ſchielt, wobei alle angewen— deten Mittel erfolglos geblieben ſeyen. i hi o re che neuigkeiten Etudes de Micromammalogie. Reyue des Musaraignes, des Rats et des Campagnols, suivie d'un Index méthodique des Mam- miferes d’Europe, Par Edm. de selys Lonchamps. Paris 1839. 8. Synopsis of Phrenology; directed chiefly to the Exhibition of the Utility and Application of the Science to the Advance- ment of Social Happiness, By J. Toulmin Smith. London 1839. 8. The modern Treatment of Syphilitic Diseases, both Primary and Secondary: comprising an Account of the New Remedies with Numerous Formulae for their Preparation and Mode of Administration. By Langston Parker. London 1839. 12. A Compendium of Materia medica and Pharmacy, adapted to the London Pharmacopoeia, embodying all the New french, American aud Indian Melecines and also comprising a sum - mery of practical Toxicology. By J. Hunter Lane, London 1839. 12. —— — ́ TFDTDſ—D—:D— 2 Vene Uotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalratbe Frerier zu Melmar, und dem Medicinatranhe und Profeſſer Frorſer zu Berlin. No. 272. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gal. (Nr. 8. des XIII. Bandes.) Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Januar 1840. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Hanne ande. Ueber die in Oſtindien einheimiſchen Seidenraupen. Von T. W. Helfer, Dr. M. Die Seide war ſchon in den aͤlteſten Zeiten einer der wichtigſten Handelsartikel, und im claſſiſchen Zeitalter ver— dankte China ſeine Beruͤhmtheit lediglich den Seidenzeugen, welche in jenem Lande ſchon in der Urzeit in großer Voll— kommenheit angefertigt wurden. Man nannte ſie Se oder Ser, und die oͤſtlich von Indien gelegenen unbekannten Laͤn— der erhielten von ihnen den Namen Serica. Die Satrapen des weſtlichen Aſiens, die Beherrſcher Rom's und von Byzanz ſtrebten eiftig nach dem Beſitze dieſer koſtbaren Stoffe, und unter dem goldnen Vließe der Argonauten hat man vielleicht nichts Anderes, als die aus dem Geſpinnſte des Seidenwurmes bereiteten Gewebe zu verſtehen. Dem Kaiſer Juſtinianus ward das Geheimniß ibres Urſprungs durch zwei kuͤhne Perſiſche Moͤnche enthuͤllt, de— nen es gelang, die Eier des Seidenfalters in einem Bam— busrohrſtocke über die eiſigen Berge des Himalaya, die Steppen Bokhara's und die wilden Gebirgszuͤge Perſien's bis in die ferne Hauptſtadt des Abendlandes zu bringen. Der Kaiſer legte auf den alleinigen Beſitz dieſes wichtigen Artikels einen hohen Werth. Die Einfuhrung der Seidenwuͤrmer zu Palermo zur Zeit Roger J. machte die Sicilianer zu einem reichen Volke, und die Venetianer gewannen ganz vorzüglich durch den Seidenhandel ihre fo berühmte Marine. Noch gegen— waͤrtig ziehen diejenigen Europaͤiſchen Rinder, wo der Geis denbau im Großen betrieben werden kann und wird, aus dieſem außerordentlich bedeutende Einkuͤnfte. So iſt, z B., im J. 1820 nur aus Frankreich für 120,000,000 Franken an verarbeiteter Seide ausgeführt worden; und in England wurden im Jahr 1828 4,547,812 Pfund rohe und verar— beitete Seide eingefuͤhrt, wovon 1,500,000 aus Bengalen N der Reſt meiſt aus Italien und der Tuͤrkei kamen. o. 1372. Weſteuropa und in'sbeſondere England eignen ſich we— gen des dort herrſchenden Clima's nicht gut zum Seidenbau. In England, Frankreich und Deutſchland hat man, weil der Bedarf ſtets den Vorrath uͤberſtieg, den Verſuch gemacht, die Seide durch Surrogate zu erſetzen. Man unterſuchte zu dieſem Ende verſchiedene faſerige Subſtanzen, und Bon verarbeitete in Frankreich zuerſt Spinnengewebe zu Stoffen; doch wies Neaumur nach, daß die Spinnen, weil fie ein— ander auffreſſen, ſich nie in großer Menge beiſammen halten laſſen, und auf dieſe Inſectenfamilie reflectirt daher heut zu Tage Niemand mehr. Auch die Mollusken ſind in Anſpruch genommen wor— den, und man hat, z. B., von der Pinna marina, welche eine zaͤhe Materie ausſchwitzt, eine ſehr haltbare und ſchoͤne Seide gewonnen. Es iſt dieß der Byssus der Alten; al- lein derſelbe muß ſtets weit theurer zu ſtehen kommen, als die vom Bombyx Mori gewonnene Seide, und wenngleich die Seeſeide noch jetzt in Calabrien und Sicilien verarbeitet wird, wie denn, z. B., zu Palermo eine bedeutende Fabrik exiſtirt, in der Nachtmuͤtzen, Strümpfe und Handſchuhe dar— aus gemacht werden, ſo wird ſie doch ſtets mehr eine Cu— tiofität bleiben, als zu den Beduͤrfniſſen des gemeinen Le— bens gezählt werden. In Deutſchland hat man zu Roͤſel's Zeit und noch neuerdings in Steiermark den Verſuch gemacht, die Seide der Saturnia Pyri, eines in Oeſterreich, Tyrol und der Schweiz gemeinen Schmetterlings, zu Gute zu machen; in— deß hat man bisjetzt noch keine befriedigenden Reſultate er— langt, was, meines Erachtens, daher ruͤhrt, daß die Raupe ſehr leicht ſtirbt, wenn fie nicht aͤußerſt praͤe's mit den Blaͤttern mehrerer Bäume aus der Gattung Pyrus gefüt» tert wird. Indeß wuͤrde das Gelingen dieſes Verſuchs von der hoͤchſten Wichtigkeit ſeyn. Die weitausgedehnten Laͤnder Oſtindien's koͤnnen ſich in Anſehung der Mannigfaltigkeit, der Fuͤlle und des Werthes ihrer Producte mit dem himmliſchen Reiche vollkommen meſ— fen. Unter der jetzigen aufmerkſamen und aufgeklärten Res 8 115 gierung werden dieſe Naturreichthuͤmer von Tage zu Tage bekannter und erfolgreicher ausgebeutet werden. In In— dien, wie in China, iſt ſeit unvordenklichen Zeiten Seide gebaut worden, aber nicht mittelſt des Maulbeer-Seiden— wurmes, der erſt neuerdings dort eingefuͤhrt worden iſt, ſon— dern mittelſt mehrerer, nur in Indien einheimiſcher Rau⸗ penarten. Der Vater der Oſtindiſchen Botanik, Dr, Rorburgh, hat von dieſen Schmetterlingsarten zuerſt eine kurze Nach— richt in den Verhandlungen der Linneiſchen Geſellſchaft mitgetheilt (Transactions of the Linnean Society Tom. VII). Er gedenkt dort nur zweier Arten, der Pha- laena (Attacus, Saturnia) Paphia und der Phalaena Cynthia. Bis dahin hatte noch Niemand dieſem Gegen— ſtande die geringſte Aufmerkſamkeit geſchenkt, wenn man eine vereinzelte Aeußerung des Dr. Buchanan abrechnet, der in ſeiner Beſchreibung der Provinz Dinajpur ſagt, man ziehe dort einen andern Seidenwurm auf dem Ricinus, deſſen Product von den Eingebornen zu deren haͤuslichem Gebrauche verarbeitet werde. Seit meiner Ankunft in Oſtindien habe ich den ver— ſchiedenen naturhiſtoriſchen Producten dieſes Landes die un— ausgeſetzteſte Aufmerkſamkeit gewidmet, und es iſt mir binnen zwei Monaten gelungen, noch zwei andere Arten der Gat— tung Saturnia zu entdecken, von denen die eine in Silhet und die andere in Bankoora gehalten wird. Um dieſelbe Zeit empfing Hr. James Prinſep von dem in Aſſam an— ſaͤſſigen Hauptmann Jenkins ein von Hrn. Hugon über die Seidenwuͤrmer dieſer, fo eben den Britiſchen Be: fisungen einverleibten, wichtigen Provinz abgefaßtes Schrei— ben, in welchem ſechs beſondere Species von Seidenraupen aufgeführt werden. Die Cocons von vier derſelben werden bereits von den Bewohnern Aſſam's auf Seide benutzt, und mit eben ſo viel Verwunderung als Freude habe ich erſe— hen, daß drei davon von dem bekannten Bombyx Mori ſowohl, als von den beiden andern in Bengalen gezogenen Arten verſchieden ſind. Dieſe neuen Entdeckungen verdienen eine ganz beſon— dere Beachtung. Oſtindien beſitzt demnach noch Huͤlfsquel— len, um ganz Europa mit einem Artikel zu verſehen, der mit der Baumwolle und Wolle rivaliſiren kann und beiden in vielfacher Beziehung vorzuziehen ſeyn wuͤrde, wenn er wohlfeil genug waͤre, um in noch allgemeinern Gebrauch zu kommen. Wollte man ſich in Indien auf die Cultur deſ— ſelben in ausgedehntem Maaße legen, ſo koͤnnten daraus unermeßliche Vortheile entſpringen. Man wird alſo hoffentlich folgende Beſchreibung der zahlreichen Oſtindiſchen Seidenwuͤrmer, welche gegenwaͤrtig dort wirklich auf Seide benutzt werden, mit Intereſſe leſen. Sieben darunter ſind bisher noch gar nicht erwaͤhnt worden. 1. Bombyx Mori, der Maulbeer⸗Seidenwurm, wel⸗ cher wahrſcheinlich, gleich dem Maulbeerbaume ſelbſt, nach Indien verpflanzt worden und zu bekannt iſt, als daß wir uns bei demſelben aufzuhalten brauchten. 2. Der wilde Seidenwurm der mittlern Provinzen, von dem man angegeben hat, er ſey die Raupe eines 116 Schmetterling, deſſen Größe die des Bombyx Mori nicht uͤberſteige. Ich habe mir denſelben bis jetzt noch nicht vers ſchaffen koͤnnen. Wahrſcheinlich hat man in dem fraglichen Falle mehrere Bombyx- Arten mit einander verwechſelt, ins dem die zuweilen in den Handel kommende Seide jener Pro— vinzen bedeutende Verſchiedenheiten darbietet. 3. Der Joree: Seidenwurm, Bombyx religiosae, mihi. Die Exemplare dieſes intereſſanten Schmetterlings haben leider auf dem Transport von Aſſam bis Calcutta fo ſehr gelitten, daß ich dieſelben nur ſehr oberflaͤchlich zu beſchrei— ben im Stande bin, indem ich mich lediglich an die mitge— ſchickte Zeichnung (wird auf der naͤchſtens auszugebenden, zu den N. Notizen gehoͤrigen Tafel, nachgeliefert werden) hal— ten kann, und auf eine ſtreng ſyſtematiſche Characteriſtik vers zichten muß. Genus Bombyx. Laͤnge, ungefähr 12 Zoll. Antennen, kammfoͤrmig. Kopf, klein, wenig vorragend. Augen, ſehr groß, braun— ſchwarz. Palpen, unbekannt. Thorax, faſt viereckig, mit braungrauen, dichten Haaren beſetzt, durch einen ſchwarzen Streifen vom abdomen getrennt. Abdomen, in der Abbil⸗ dung mit acht Segmenten. Beine, unbekannt. Fluͤgel, die obern ſehr kurz; bei'm Weibchen unvollkommen, dreieckig, der aͤußere Winkel ſpitzig; der innere Rand ohne Kante, hellgrau gefaͤrbt, nach der Spitze zu dunkler werdend Laͤngs des aͤußern Randes zieht ſich ein weißer unterbrochener Strei— fen hin, waͤhrend an der Spitze oder im aͤußeren Win: kel ein großer weißlicher Flecken fich befindet. Die unteren Fluͤgel ſind gleichfoͤrmig braun. Der Cocon dieſes Seidenwurms beſteht aus ungemein feinen Faͤden und beſitzt einen ſchoͤnen Glanz. Er fuͤhlt ſich ausnehmend ſanft an und unterſcheidet ſich bedeutend von dem Seidenwurme des Maulbeerbaumes. Dieſe Entdeckung des Hauptmanns Jenkins iſt lun— gemein intereſſant, indem wir dadurch mit einer, wenigſtens eben ſo guten, wo nicht beſſern Seide bekannt werden, als die des Bombyx Mori. Der Bombyx religiosa lebt auf dem Pipulbaume (Ficus religiosa), und da dieſer in ganz Indien haͤufig iſt, ſo wuͤrde die Cultur ſeiner Seide durchaus keine Schwie— rigkeit haben. Nach dem zweiten Transporte der vom Hauptmann Jenkins eingeſandten Cocons muß ich den Joree und den Deomooga für eine und dieſelbe Species halten. 4. Saturnia Silhetica, mihi. Longitudo polli- ces novem angl., sive lineas 108, alarum superio- rum expansarum. Diagnosis. Pectinicornis, alis superioribus api- ce recurvatö -falcatis, inferioribus oblongis. Alis superioribus, maculis duabus fenestralibus , inter- na triangulari magna, altera externa multö minori oblonga, inferioribus macula eadem unk versus corpus triangulari magna. Colore, cinnamomeis lineis variegatis albidis in medio, ad marginem ex- ternam flavis. Eier, Raupe und Puppe unbekannt. 117 Befhreibung. Kopf, ſtark hervortretend mit einem Buͤſchel von gelben Haaren. Augen, mittelgroß, hellbraun. Antennen, kammfoͤrmig, etwa 5 Linien lang, gelb. Palpen, vier an der Zahl, den innern vermilar (?) nicht bedeckend, braun. Mund, verborgen, ohne Ruͤſſel. Thorax, verkehrt— eiförmig, mit feinen, ſammetartigen Haaren bedeckt, die in's Purpurrothe ziehen und von derſelben Farbe find, wie die Fluͤgel. Abdomen, ſehr kurz, mit weit feinern und duͤnner— ſtehenden Haaren, als der thorax, bedeckt. Beine, dichtbe— baart, gelb, gleichlang. Tarſen, leicht gebogen. Fluͤgel, ho— rizontal, ausgebreitet, mit kraͤftigen Verzweigungen der Centralmuskeln und Sehnen; das obere Paar zimmetfarben, die Spitze ſtark gebogen; der obere Rand mit einem ſchoͤnen grauen ſammetartigen Gürtel eingefaßt; der äußere Rand ſtark concav; der aͤußere Winkel ſchoͤn roſafarben; der innere Rand kraͤftig gelb, mit einer ſchwarzen, ſchmalen, fadenfoͤr— migen, gewellten Linie, welche ſich in den aͤußern Winkel verliert. In der Mitte befindet ſich das allen Saturniae characteriſtiſche Auge. Diefer Flecken iſt durchſcheinend wie Glimmer, dreieckig, und der ſpitze Winkel dem Rumpfe zu: gekehrt. Weiter hinterwaͤrts befindet ſich noch ein kleiner längliche Flecken, der ebenfalls durchſcheinend iſt. Beide Flecken ſind mit einer dunkelbraunen Kante eingefaßt. Die Flügel des zweiten oder unteren Paares gleichen denen des erſten in Anſehung der Vertheilung der Farben durchaus; was die Geſtalt anbetrifft, fo find fie weit mehr conver und langgezogen. Das ſie bedeckende Haar ſteht ſehr dicht und iſt in der Naͤhe des Koͤrpers ſehr lang, zumal an ihrer Einfuͤgeſtelle. Die ſchwarze Linie iſt nicht gewellt, folgt aber dem Umkreiſe der Fluͤgel, und man bemerkt auf jeder Seite der Hauptnerven zwei ſchwarze, laͤngliche, mit Hellgelb eingefaßte Streifen. Wohnort: das Caſſia-Gebirge im Silhet und Dacca, wo die Seide der großen Cocons verſponnen wird. Wel— ches beſondere Verfahren man zu dieſem Behufe anwendet, iſt uns nicht bekannt. 5. Eine noch größere Saturnia, die von einer Fluͤ— gelſpitze bis zur andern zehn Zoll mißt, folglich einer der groͤßten aller bekannten Schmetterlinge iſt. Sie ward von Herrn J. W. Grant zu Chirra-Punjee gefunden, und befand ſich in der Sammlung des verſtorbenen Dr. Ja mes Clark. Mir iſt ſie noch nicht zu Geſicht gekommen. 6. Saturnia Paphia, Linn. Systema nat. II. . 809. 4. Phalaena Mylitta, Drurz. T. II. tab. 5 ig. I. mas. Rorhu¹⁰νjν. Trans. Linn. Soc. T. VII. p- 53. N Der Tusseh-Seidenwurm. Unter allen einheimiſchen Seidenraupen iſt dieſe die gemeinſte. Das Seidenzeug, welches hier zu Lande ſelbſt von Europaͤern ſo haͤufig getragen wird, ſtammt von ihr her. Herr H. W. Grant hat die Guͤte gehabt, mir vergangenen September uͤber 3,000 Cocons von dieſer Raupe zu verſchaffen, die ich habe auskriechen laſſen, ſo daß mir die guͤnſtigſte Gelegenheit zum Studium dieſer Art zu Theil ward. 118 Herr Michael Atkinſon von Jangypur ſagt, dieſe Art la ſſe ſich nicht als Hausthier gewöhnen, weil die Männz chen vor der Begattung davonfloͤgen. Dieß ſtimmt aller- dings mit meiner Erfahrung uͤberein. Um ſie an der Flucht zu hindern, that ich ſie unter ein Moskitonetz, wo die Begattung bald ſtattfand und die Weibchen mehrere Tauſend Eier legten, aus denen die Raͤuf chen am zehnten Tage krochen. Das erwaͤhnte Hinderniß ließe ſich alſo ohne große Schwierigkeit beſeitigen. Bisher iſt dieſer Seidenwurm noch nirgends gezogen worden; allein man ſammelt alle Jahre im Freien Millio— nen von ſeinen Cocons, die nach den in der Naͤhe von Calcutta beſtehenden Seidenhandel-Comptoirs, z. B., nach Thania-Kali, geſchickt werden; am bluͤhendſten iſt jedoch dieſe Fabrication zu Bhagelpur. In den uͤbrigen Provinzen, wie in Jangypur, ſammeln die Leute die Raupen hin und wie— der, und verſetzen ſie auf den Aſſembaum (Terminalia alata, Roxburgh.) Da dieſer Baum in der Nachbarſchaft der Haͤuſer angepflanzt wird, ſo laſſen ſich die Raupen dort leichter am Tage vor den Kraͤhen, und des Nachts vor den Sledermäufen ſch uͤtzen. Die Eingebornen unterſcheiden von dieſer Raupe zwei Varietäten, den Zughy und den Jaroo; beide gehören je— doch derſelben Species an. Im wilden Zuſtande lebt dieſe Raupe mehrentheils auf dem Bair (Zizyphus Jujuba.) Sie frißt aber auch, und vielleicht noch lieber von der Terminalia alata und Bombyx heptaphyllum. Der Schmetterling findet ſich auch zuweilen in Aſſam und Herr Hugon führt denſelben unter dem Namen Kontkuri mooga auf, Wenngleich man in Europa durch Rorburgh und Buchanan erfahren hatte, daß die Tussee- und Arrin- dy-Seidenwuͤrmer in Indien einheimiſch find, fo wußte man doch bis jetzt ſonderbarer Weiſe noch nicht, daß ſeit mehreren Jahren die Seide derſelben bloß deßhalb in gerin— ger Menge nach England ausgeführt wird, weil man fie für geringer hält, als die des Maulbeer -Seidenwur— mes. Aus demſelben Grunde hat man ſich auch noch nicht darum bekuͤmmert, ob es moͤglich iſt, dieſe Seidenwuͤrmer nach Europa zu verpflanzen. 7. Noch eine, von allen fruͤher erwaͤhnten verſchiedene, Saturnia alis inferioribus in caudam desinentibus. Sie gleicht einigen Arten, die ich geſehen habe, welche von Seva (9) auf der Inſel Java ſtammten. Von dieſem merkwuͤrdigen Inſecte habe ich mir nur die Fluͤgel verſchaf— fen koͤnnen. Es iſt in der Nachbarſchaft von Comercolly zu Hauſe. 8. Saturnia Assamensis, mihi. Longitudo alarum superiorum expansarum 60 — 65 linear. Diagnosis. Pectinicornis, alis superioribus apice acutis, subfalcatis, inferioribus subtriangula- ribus maculis duabus subeircularibus, non diapha- nis luteis. Color lateritis luteus, nebulis sparsis l 8 119 obseuris. lineis semicircularibus versus corpus duabus albis, fascia albida brunnea versus margi- nem inferiorem, Die Eier, fo wie die lebende Raupe und Puppe, find mir nicht zu Geſicht gekommen; allein nach der Zeichnung (auf der demnaͤchſt auszugebenden Tafel Abbildungen) ſind ſie leicht zu erkennen. Kopf, nicht weit vorſtehend, mit einem Buͤſchel roͤth— lichgelber Haare beſetzt. Augen, gewoͤhnlich dunkelbraun. Antennen, bei'm Männchen kammfoͤrmig und großer, als man ſie mehrentheils bei den Saturnien findet. Palpen, vier an der Zahl, den Mund bedeckend, welcher nicht ſicht— bar iſt. Thorax, viereckig, etwas laͤnglich, nach dem Ko— pfe zu grau- ſeidenartig ſchimmernd, welche Farbe in den vordern Rand der obern Fluͤgel uͤbergeht. Der hintere Theil des thorax ift von der Farbe der Flügel. Das abdomen erſtreckt ſich weiter, als zwei Drittel der Fluͤgel in ihrer na— tuͤrlichen Lage und hat dieſelbe Farbe wie dieſe. Beine, dunn, kurz, haarig, gelb. Tarſen, klein und gebogen. Fluͤgel, horizontal ausgebreitet mit einer ſtarken Rippe, welche die Haut des obern Paares an deren vorderm Rande ſtuͤtzt. Beide Fluͤgelpaare ſind dunkelgelb, ein Wenig in's Röthliche ziehend. Die bei'm Maͤnnchen ſehr convexe Spitze und der vordere Rand bis zur Mitte, vom Koͤrper an ge— rechnet, ſind ſilbergrau. Der aͤußere Rand zeigt nur wenig Verſchiedenheit (von der allgemeinen Faͤrbung der Fluͤgel 2). Eine braune, leicht gewellte Binde, die beiderſeits mit einer weißen Linie eingefaßt iſt, durchſchneidet die Fluͤgel nach ihrer ganzen Ausdehnung bei etwa zwei Drittel ihrer Laͤnge, von ihrer Einfuͤgung an den thorax an gerechnet. In den Raͤumen zwiſchen den Rippen bemerkt man braune Wolken; auf den obern Fluͤgeln ſieht man zwei halb— mondfoͤrmige weiße Linien, die auf die untern uͤbergehen und ſich faſt bis zum abdomen fortſetzen. Dieſe Linien find auf den obern Fluͤgeln groͤßer, als die auf den untern, und nach Innen concav, waͤhrend ſie auf den untern kuͤrzer und nach Hinten concav ſind. Die beiden Augen auf den Fluͤgeln, welche alle Saturnien beſitzen, ſind beinahe halbkreisfoͤrmig, aber nicht glimmerartig durchſcheinend, ſondern, wie der uͤbrige Fluͤgel, mit gelben Schuppen bedeckt, welche eine dunklere Linie mit einem braunen Rande an der Innenſeite bilden. Durch die characteriſtiſche Beſchaffenheit dieſer Flek— ken ſcheint der Schmetterling den Uebergang zu einer be— nachbarten Gattung zu bilden, wenngleich die Abbildung der Raupe dieſe durchaus zu Saturnia ſtellt. Der gelbbraune Cocon nimmt ſich ganz anders aus, wie andre Seidencocons, Die Entdeckung dieſes Schmetterlings verdankt man dem Hauptmann Jenkins und Herrn Hugon. In der von dem Letztern herruͤhrenden Schilderung der Seidenwuͤr— mer Aſſam's findet man die ganze Naturgeſchichte des In— fects, und früher war völlig unbekannt, daß die von dem— ſelben erhaltene Seide in ganz Aſſam ſtark im Gebrauche iſt. 9. Phalaena Cynthia, Drury. II. tab. 6. Fig. 2. Cramer IV., tab. 39, Fig, 4. Loxburgh, Linn. 120 Transact. T. VII., p. 42. Buchanan, Beſchreibung von Dinajpur, p. 214. (Buchanan verwechſelt fie ſon— derbarerweiſe mit der Phalaena Penelope). Den Arrindy arria oder Eria- Seidenwurm (Taf. 2 Fig. 2) haͤlt man in einem großen Theile Vorderindiens; nirgends jedoch in größerer Menge, als in Dinajpur und Rangpur. Er iſt vollig zum Hausthiere geworden und wird in Haͤuſern geboren und gezogen. Seine Hauptnah— rung find die Blätter des Kieinus communis. Man iſt noch nicht dahin gelangt, die Seide dieſer Art abzuhaſpeln; ſondern man muß ſie bis jetzt nach Art der Baumwolle verſpinnen. Das daraus gefertigte Zeug iſt ſcheinbar locker und grob, hat aber eine unglaubliche Dauer. Ein Kleidungsſtuͤck davon wird ſelten von einem Menſchen abgetragen, und ſehr oft geht es von einer Ge— neration auf die andere uͤber. (Atkinſon's Brief an Dr. Rorburgb.) Dieſer Seidenwurm ift fo productiv, daß man von demfelben zuweilen in einem Jahre zwölf Aernten erhält. Er waͤchſ't ſehr ſchnell, und in ſeiner ganzen Lebensweiſe iſt kein Umſtand, der verhinderte, daß man ihn zum Gegen— ſtande ausgedehnter Speculationen machen koͤnnte. Ganz vorzuͤglich ſcheint aber die Benutzung dieſer Art ſich deßhalb zu empfehlen, weil man auf dieſe Weiſe ein mit Ri- einus communis bepflanztes Grundſtuͤck auf doppelte Weiſe, einmal auf Oel, und das anderemal auf Seide, würde ausbeuten konnen; und weil, während der aus dieſer Seide bereitete Stoff unſcheinbar iſt, derſelbe ſich doch durch feine außerordentliche Haltbarkeit empfiehlt. “) Wuͤrde ſich dieſe Seide nicht mit Vortheil zu gewiſſen halbſeidnen Zeu— chen, z. B., mit Baumwolle vermiſcht, benutzen laſſen? Die hier in Rede ſtehende Phalaena ſtammt, gleich der vorhergehendeu, urſpruͤnglich aus Aſſam, und Herr H us gon hat derſelben in ſeinem Artikel einen intereſſanten Ab— ſchnitt gewidmet. 10. Saturnia trifenestrata, mihi. lineas 24 — 28. Diagnosis. Femina obscure castaneo- brun- nea, versus finem albido adspersa, linea transver- sali albida, alis superioribus ad marginem exter- nam fenestris tribus transparentibus, linea diago- nali versus corpus currentibus. Mas luteus linen brunneà transversali trans- verse super alas currente; alae superiores margine externa fuscescentes. Eier, gelblichweiß mit einer gezähnelten Linie auf ihrem groͤßten Umkreiſe. Larve, unbekannt, Puppe, nur aus einem ſehr beſchaͤdigten Exemplare bekannt. Cocon, gelb, netzformig, durchſcheinend, fo daß man das Innere ſehen kann, von außerordentlichem Seidenglanze. Longitudo ) Wahrſcheinlich find aus dieſer Seide die oſtindiſchen Schnupfs tuͤcher fabricirt, die, wenngleich im Ankaufe theuer, doch, in der That, die allerwohlfeilſten find, indem fie eine unverwüfts liche Dauer beſitzen. D. Ueberſ. 121 Vollkommenes Inſect. Weibchen von gleichfoͤrmig braus ner Farbe. Fluͤgelſpitzen von derſelben Farbe, weiß be— ſtaͤubt. Eine ſchmutzigweiße Linie zieht ſich queer Über die— ſelben. Das Merkwuͤrdigſte an dieſem Schmetterlinge ſind deei ſpiegelartige Augen auf den obern Flügeln, die an der Einfügerippe beginnen, welche ſich mitten unter dem Flügel befindet und nach Innen laͤuft und ſich, eines auf das andere folgend, nach dem hintern Koͤrperende hinziehen. Das erſte ſcheint aus zwei zuſammengefloſſenen Augen entſtanden zu ſeyn; das zweite iſt das kleinſte. Das Maͤnnchen iſt von ausgeglichen gelber Farbe, nur der hintere Rand der Flügel iſt braͤunlich; am vordern Rande zieht ſich eine Queerlinie hin. Die ſpiegelartigen Augen fehlen, nur vom dritten iſt eine Spur vorhanden, und ſtatt des zweiten ſieht man zwei braune Flecken. Die von mir beobachteten Exemplare boten Farbentoͤne dar, welche unmerklich von Dunkelbraun bis zu Hellgelb uͤdergingen; die Weibchen aber waren durchgehends duͤſterer gefaͤrbt. Auch die Entdeckung dieſer Art verdankt man dem Hauptmann Jenkins, der ſie in Aſſam fand, wo ſie auf dem Baume Soon lebt; uͤbrigens ſcheint man dieſelbe eben nicht zu benutzen. 11. Herr H. Creighton aus Malda erwähnt noch eines Seidenwurmes, deſſen Cocon man auf dem Mango findet. Die Bewohner von Malda ſammeln ihn und ver— miſchen deſſen Seide mit der des Arrindy. Das Inſect, von der ſie ſtammt, ſcheint bis jetzt noch nicht beobachtet zu ſeyn. Ohnſtreitig exiſtiren in Oſtindien noch manche andere Inſecten, welche ein ſeidenartiges Geſpinnſt liefern, und Dies ſes Land iſt gewiß ein weit guͤnſtigeres Gebiet, als Europa, um neue Quellen zur Gewinnung dieſer ſchaͤtzbaren Sub— ſtanz zu ermitteln. Hoͤchſt intereſſant wäre es, wenn man alle Oſtindiſchen Schmetterlinge, die einen Cocon ſpinnen und deren Zahl, nach der Analogie zu urtheilen, nicht unter 150 betragen kann, vereinigte, ihre Lebensweiſe ſtudirte und Cocons von jedem nach Europa ſendete, damit ſie dort genauer unter— ſucht werden koͤnnten. Man hat oͤfters der Oſtindiſchen Seide vorgeworfen, ſie ſey von ſehr untergeordneter Guͤte. Dieß iſt aber noch keineswegs ausgemacht. Der Maulbeer-Seidenwurm artet aus, wenn er nicht hoͤchſt ſorgfaͤltig behandelt wird. Hat man je verſucht, die in Oſtindien einheimiſchen Arten zu veredeln? Die Qualitaͤt der Wuͤrmer haͤngt gar ſehr von der Art ab, wie fie aufgezogen und in'sbeſondere gefüttert werden, indem man nicht nur darauf zu ſehen hat, was ſie 122 am liebſten freſſen, ſondern auch darauf, welches Futter die feinſte Seide giebt. Auch die Behandlung des Cocons vor dem Abhaspeln hat auf die Guͤte der Seide viel Einfluß. Wenn ſich aber das rohe Material, das man von den Oſt— indiſchen Seidenwuͤrmern erhalt, auch wirklich nicht veredeln ließe, fo würde daſſelbe nichtsdeſtoweniger in Europa ſehr begehrt werden. Alle in Hindoſtan producirte Seide iſt bis jetzt in Calcutta u. ſ. w. leicht abzuſetzen geweſen, und die Nachfrage war ſtets bedeutender, als der Vorrath. Um endlich zu beweiſen, daß die fo groben Zeuge von der Eria- Seide in England wirklich außerordentlich begehrt ſind, wer— de ich mir erlauben, dieſen Artikel mit folgender Angabe zu beſchließen. Hr. John Glaſſe, Chirurg zu Baglipur, ſchickte zu Anfang dieſes Jahrhunderts einige Eria Cocons nach England, und ſagte uͤber dieſelben: „Ich habe in Erfah— rung gebracht, daß mehrere Fabrikanten, denen man ſie ge— zeigt hat, der Meinung waren, wir haͤtten durch die Anga— be, die Schawls würden aus Ziegenwolle gefertigt, ihre Leichtglaͤubigkeit zum Beſten gehabt, und wenn man von dieſer Seide nach London ſchickte, ſo wuͤrde man dort dar— aus ſo gute Schawls fabriciren koͤnnen, als deren irgend in Oſtindien zu finden waͤren.“ Hieraus ergiebt ſich die Wichtigkeit, welcher dieſer Ar: tikel für den Handel erlangen koͤnnte, zur Genuͤge, und ges wiß verdient er die ganze Aufmerkſamkeit der vaͤterlichen Oſtindiſchen Regierung, ſo wie aller patriotiſchen Vereine, zu denen ich in’sbefondere die Aſiatiſche Geſellſchaft in Gals cutta rechne, die ſchon fo viel für die Wiſſenſchaft und folge lich für das allgemeine Beſte gethan hat. (Ausgezogen aus dem Journal of the Asiatie Society of Bengal, Ja- nuary 1837 in den Annales des Sciences naturelles, Mars 1839.) rn Ueber die Structur der Rinden-Subſtanz der Windungen des Hirns iſt der Académie royale de médecine, zu Paris, eine Abhandlung des Herrn Baillardet vorgeleſen worden, worin der Verfaſſer zu folgenden Schluͤſſen ſich berechtigt glaubt: 1. Die Rinden-Subſtanz der Windungen des Hirns iſt aus ſechs, abwechſelnd weißen und grauen, Lagen gebildet; wenn man eine dünne Scheibe (lame) von grauer Subſtanz zwiſchen zwei Glaͤſern unterſucht, ſo erſcheinen dieſe ſechs Lagen abwechſelnd durch⸗ ſichtig und undurchſichtig. 2. Die Uebereinanderlagerung dieſer Lagen in der Rinden-Subſtanz erinnert an die Idee einer Gals vaniſchen Säule. — Die Arbeit des Herrn Baillardet wird in das Bulletin der Academie aufgenommen werden. Die Lehre von den Kopfwirbelbeinen iſt von Blain⸗ ville für feine vergleichende Oſteologie angenommen. — — — e i tech u ed r. Ueber die Behandlung des Leiſtenbruches durch Bruchbaͤnder. Von Mal gaigne. Im 16. Bande des Bullet. gender. de therapeuti- que 1839 giebt Herr Malgaigne einen Aufſatz über jes nen Gegenſtand, welcher auf ſehr viele Beobachtungen ba⸗ ſirt iſt und, wohlverſtanden, richtige Regeln für die Praxis enthaͤlt. 0 Das Vorhandenſeyn eines innern oder eines äußern Leiſtenbruchs beweiſt die beſtimmte Anlage zu der Entwicke⸗ lung eines zw Leiſtenbruchs, ſo daß Jeder, der mit 123 eis einem Btuche behaftet iſt, darauf rechnen kann, nach einer unbeſtimmten Zeit einen zweiten zu bekommen. Jedes Bruchband, welches bis jetzt die Beſtimmnng hatte, einen angebornen oder zufaͤllig entſtandenen aͤußern Leiſten bruch zuruͤckzuhalten, iſt nach einem unrichtigen Prin— cipe zuſammengeſetzt und erfordert eine vollſtaͤndige Umaͤnde— rung. Alle comprimiren hauptſaͤchlich den aͤußern Bauchring und wirken kaum auf einen Theil des Leiſtencanals; das neue Princip, welches ich geltend zu machen wuͤnſche und welches ich auch bereits in der oͤffentlichen- und Privatpraxis haͤufig angewendet habe, beſteht darin, daß man einen Druck auf den ganzen Leiſtencanal, hauptfaͤch⸗ lich aber auf den innern Bauchring, anwendet. Die Hauptnachtheile der alten Methode find: 1. daß, indem nur der aͤußere Bauchring geſchloſſen wird, der Bruchinhalt in dem Leiſtencanale bleiben kann, daß alſo ein vollſtaͤndiger Bruch nur in eine hernia interstitialis umgewandelt wird; 2., daß nur zufällig eine Radicalcur zu erreichen iſt, und daß ſelbſt bei Kindern das Verhaͤltniß der erfolglos behandel— ten Faͤlle außerordentlich groß iſt; 8., daß der Bruch offen: bar weit weniger wirkſam zuruͤckgehalten iſt, wie ſogleich die Mehrzahl der Kranken zugeſteht, welche beide Methoden verſucht haben; 4., daß, wenn der Bruch eine ſehr kraͤftige Compreſſion erfordert, alle bis jetzt gebraͤuchliche Bruchbaͤnder, indem ſie auf das Schaambein druͤcken, den Saamenſtrang comprimiren und dadurch außerordentlich haͤu— fig Anſchwellungen des Saamenſtrangs und des Hodens ver: anlaſſen, eine Wirkung, welche nicht duech die neue Mes thode herbeigefuͤhrt wird. Dieſe Methode iſt von Sir Aſt— ley Cooper beſchrieben und angewendet worden; fie ift aber in England nicht bekannt, oder wieder vernachlaͤſſigt worden und findet ſich in den Schriften von Samuel Coo— per oder Lawrence nicht erwaͤhnt. Dieſe auffallende Thatſache iſt vielleicht einigermaaßen erklaͤrlich durch folgende Betrachtungen. Bruͤche finden ſich in der Praxis unter zwei Hauptformen, entweder einfach und leicht reponibel, oder com— plicirt mit bedenklichen Zufaͤllen, welche von der Einklem— mung herruͤhren. Der letztere, ſeltenere Fall erfordert raſche Entſchließung und eine geſchickte erfahrene Hand; der Fall gehoͤrt in den Bereich der ſpeciell ſogenannten Chirurgie und alle bedeutenden neuern Werke beſchaͤftigen ſich hauptſaͤchlich mit Beruͤckſichtigung der eingeklemmten Bruͤche. Die Wund— aͤrzte haben den einfachen und reponibeln Bruch zu gering geachtet; fie haben denſelben nur oberflichlih ſtudirt und feine Behandlung den Händen des Bruchbandfabricanten uͤberlaſſen. So bietet denn dieſe ſo haͤufig vorkommende und fo wichtige Krankheitsform jetzt [die auffallende Anoma— lie dar, daß. Wundaͤrzte die Krankheit ſtudiren, ſich aber nicht um ihre Behandlung bekuͤmmern, waͤhrend die Ban— dagiſten die Behandlung beſorgen muͤſſen, ohne mit der Na— tur der Krankheit vertraut zu ſeyn. Dieſer Zuſtand frap— pirte mich zuerſt, als ich mit der Beſorgung der Bruͤche in dem Bureau central beauftragt wurde. Die Mittelzahl der wegen Bruchbaͤndern und Peſſarien ſich dahin wendenden Kranken iſt 3,000, und in den beiden Monaten des Octo— bers und Novembers 1885 war ich im Stande, 435 ge: 124 ſchriebene Beobachtungen zu ſammeln und zu Reſultaten zu gelangen, welche der Mittheilung an zwei Academieen werth waren. Seit jener Zeit habe ich in der Stille mein Werk fortgeſetzt, in dem Wunſche, zu moͤglichſt vollſtaͤndigen Re— ſultaten zu gelangen. Waͤhrend der letzten drei Jahre hat mich meine Anſtellung in dem Bureau central und in den Spitaͤlern, fo wie meine Verbindung mit den Haupt— bandagiſten von Paris und meine Privatpraxis in den Stand geſetzt, mehr als 2000 Faͤlle von Bruͤchen zu ſehen und faſt jedes bekannte Bruchband zu verſuchen und die Bedin⸗ gungen anzugeben, unter welchen Bruchbaͤnder anzuwenden ſeyen, und nach welchen der Prognoſe und den Indicatio— nen eine ſichere Begründung zu ſchaffen iſt. Hier beabſich⸗ tige ich nur von der Behandlung des aͤußern Leiſtenbruchs, des gewoͤhnlichſten von allen und daher auch des fuͤr den Practiker wichtiuften, zu ſprechen. Der äußere Leiſtenbruch zeigt ſich nicht immer auf derſelben Stufe der Entwickelung, und ich habe daher folgende Perioden angenommen: 1. Wenn der Bruch nur durch den innern Bauchring hervorragt, ein beginnender Bruch 2. wenn er in dem Inguinalcanale liegt, der von Goyrand benannte Interſtitialbruch; 8. wenn er durch den aͤußern Ring hervorragt, bubonocele; 4. wenn er in das serotum herabreicht, oscheocele. Die beiden letzten Grade ſind wohl bekannt, und der einzige practiſche Unterſchied derſelben bezieht ſich auf die Einklemmung, welche gefährlicher iſt bei bubonocele, als bei oscheo- cele, während beide fonft dieſelben Indicationen geben. Der Interſtitialbruch wird häufig gar nicht erkannt, außer, wenn er ſehr groß iſt, was ſelten vorkoͤmmt; ſetzt man den Finger auf den aͤußern Bauchring, ſo fuͤhlt man keine Hervorragung oder Geſchwulſt, und die Klagen des Kranken werden einer eingebildeten Schwaͤche der Bauchwan— dungen oder irgend einer andern Urſache zugeſchrieben. Die— ſer Grad des Leiſtenbruchs iſt ſehr häufig, und da eine Eins klemmung dabei vorkommen kann, ſo iſt er der ernſteſten Aufmerkſamkeit zu wuͤrdigen. Der beginnende Leiſtenbruch endlich, der erſte Grad der Krankheit, iſt ganz vernachlaͤſſigt worden, ſowohl durch die Bandagiſten, als durch die Wundaͤrzte. Der Grund davon iſt leicht einzuſehen. Der Kranke wendet ſich niemals zu die: ſer Zeit der Krankheit an den Wundarzt und ich geſtehe, daß ich bis jetzt noch nicht Veranlaſſung gehabt habe, in einem Falle dieſer Art meinen Rath zu geben. Bloß bei ſecundaͤren Bruͤchen habe ich dieſen Grad erkannt, nachdem ich mir zuvor die ganze Wichtigkeit einer ſolchen Diagnoſe klar gemacht hatte; und da dieſe Wichtigkeit von einer Thatſache abzuleiten iſt, welche vor mir unbekannt war, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß Wundaͤrzte, welche wegen eines großen Bruches der einen Seite befragt wurden, nur geringe Aufmerkſamkeit auf eine faſt unmerkbare Anſchwel— lung der entgegengeſetzten Seite richteten. Aber dieſe Ge- ſchwulſt, ſo klein ſie auch ſeyn oder erſcheinen mag, iſt das ſichere Zeichen einer baldigen Entwickelung eines zwei— ten Bruches, und man mag den erſten Bruch noch ſo voll— kommen zuruͤckhalten, ſo wird der zweite um nichts weniger gewiß ſich ausbilden, ſobald dieſe leichte Hervorragung be— 125 merkt worden iſt. Ich werde auf dieſe fecumdären Brüche zuruͤckkommen; jetzt wunſche ich nur den Verlauf anzugeben, welchen Inguinalbruͤche bei ihrer Entwickelung gewoͤhnlich durchmachen, ſo weit naͤmlich dieſe Thatſache auf die Bes handlung Einfluß uͤbt. Ein Bruch macht gewoͤhnlich hinter einander jene vier Stadien durch. So ſtrengt ſich alſo ein Individuum an und fuͤhlt ein Krachen in der Leiſtengegend; er ſieht zuerſt nichts, aber nach acht oder vierzehn Tagen ſieht er eine kleine Geſchwulſt durch den aͤußeren Bauchring hervordringen, und die bubonocele geht endlich in die oscheocele über. Hiernach kann man ſchließen, daß bei der erſten Anſtren— gung der innere Bauchring ſich geoͤffnet habe, und daß der Bruch nachher allmaͤlig bis zu ſeinem letzten Grade ſich aus— gebildet habe. Häufig treten bei dieſen zufälligen Bruͤchen die Daͤrme auf ein Mal in den Leiſtencanal herab; ich habe ſelbſt geſehen, wie ſie ſogleich in den dritten Grad uͤber— gingen; und bisweilen erfolgt ſogleich bei der erſten Entſte— hung die Einklemmung. Aber ich habe niemals erfahren, daß ein zufällig entſtehender Bruch plotzlich bis in's sero— tum herabgetreten waͤre. Jeder der erſten drei Grade kann laͤngere oder kuͤrzere Zeit dauern; ſo, z. B., habe ich geſe— ben, daß ein Interſtitialbruch ſich bis zur Größe einer Fauſt ausdehnte und mehrere Jahre beſtand, bevor er aus dem aͤußern Bauchringe hervordrang; bisweilen bildet er ſich erſt gewiſſermaaßen ſein Lager in dem Canale und endet damit, daß er zuletzt nach Außen hervordringt; dieſer lange Verzug in dem Canale, welchen man an der Ausdehnung der vordern Wand erkennt, ſcheint mir die bis jetzt nicht erkannte eigent— liche Urſache der Verſchiebung der Gefaͤße des Saamenſtran— ges. Iſt dieß richtig, ſo wird man leicht ermeſſen koͤnnen, was fuͤr Vortheil die Anlegung von Bruchbaͤndern auf den aͤußeren Bauchring, wie ſie gewoͤhnlich ausgefuͤhrt wird, ha— ben kann. Eine bubonocele oder oscheocele wird in einen Interſtitialbruch umgewandelt, und man verhindert nur die Einklemmung durch den aͤußeren Bauchring, läßt aber den Kranken der Gefahr einer Einklemmung durch den innern Bauchring ausgeſetzt. Es wird nicht einmal die gewoͤhn— liche Unannehmlichkeit eines einfachen Bruches beſeitigt; da aber die Pelotte nichts nach Außen dringen laͤßt und den Bruch in dem Canale zuruͤckhaͤlt, fo hat man die Fortdauer der Beſchwerden den verſchiedenſten eingebildeten Urſachen zugeſchrieben. Bälle, welche dieß beweiſen, ließen ſich leicht in großer Anzahl anfuͤhren; jeder kann aber ohne Schwierig: keit bei dem erſten ſich ihm darbietenden Bruche ein Experi— ment anſtellen, welches ihn zu denſelben Reſultaten fuͤhren wird. Man ſetze den Daumen auf den aͤußern Bauchring, ſo dringt Nichts hervor, und der Kranke ſagt, daß ſein Bruch zuruͤckgehalten werde; man ſetze nun aber den Dau— men auf den innern Bauchring, ſo wird der Patient ſich aͤußern, daß der Bruch nun weit vollkommener und wirkſa— mer zuruͤckgehalten werde, und daß er bei Anſtrengungen ſinde, daß der Unterleib eine größere Feſtigkeit habe. Es iſt uͤbrigens leicht zu begreifen, daß bei dem gewöhnlichen Ver: fahren, wobei der Bruch nicht vollſtaͤndig zuruͤckgebracht iſt, auch eine Radicalcur nicht zu erreichen ſeyn wird. Man 125 wirkt blof auf den außfern Bauchring, und wenn eine Obli— teration ftatıfindet, fo findet fie bloß an dem aͤußern Bauch— ringe ſtatt, während der Leiſtencanal für den Interſtitial⸗ bruch offen bleibt. Bisweilen ausnahmsweiſe hat eine Nas dicalbeilung ſtattgefunden; da es aber nicht möglich war, dieſelbe mit einiger Sicherheit durch dieſelben Mittel in an» deren Faͤllen ebenfalls herbeizuführen, fo hat man die That— ſache überhaupt bezweifelt. Man hat bloß geglaubt, daß Bruchbaͤnder hinreichen, um die Heilung bei Kindern zu be— werkſtelligen: dennoch iſt die Anzahl der Ausnahmen von dieſer angenommenen Regel kaum glaublich. Hr. Baurat, einer unſerer beſten Bandagiſten, verſicherte mir mit trium— phirender Miene, daß er von funfzig Kindern im Stande ſey, ungefahr zehn zur Heilung zu bringen. Dieß kann ich aber, nach meiner eigenen Erfahrung, nicht als richtig ans nehmen. Ich habe unzählige: Flle angeborner Brüche vor mir gehabt, welche 20 bis 30, bis 40 und in einem Falle fogar 53 Jahre beſtanden, obwohl ein gewoͤhnliches Bruch- band getragen wurde. Aber wie kommt es, daß einige ge— heilt worden ſind, waͤhrend dieß bei den andern nicht ge— lang? Ich glaube, daß dieß von der Form und Größe der Pelotte abhängt. Wenn die Pelotte nun auf den aͤußern Bauchring liegt, fo werden bei Kindern nicht mehr Heilun— gen erreicht werden, als bei Erwachſenen; wenn aber gluͤckli⸗ cher Weiſe die Pelotte ſchlecht gemacht iſt, d. h, wenn ſie für den beabſichtigten Zweck eigentlich zu groß geraͤth, fo ruht ſie auch auf dem Leiſtencanale, und alsdann kann eine Obliteration dadurch bewirkt werden. Bei jungen Subjec— ten iſt der Canal ſo kurz, daß er durch eine Pelotte von maͤßiger Groͤße, ſelbſt wenn dieſe ſchlecht angelegt iſt, leicht comprimirt wird; die größere Vitalitaͤt erklaͤrt alsdann den haͤufigern Erfolg; bei Erwachſenen aber würden für denfels ben Erfolg ſehr große Pelotten erforderlich ſeyn, und bei ein— fachen Faͤllen betrachtet man immer eine zu große Pelotte als ſchlecht gemacht. Ich habe eine Heilung dieſer Art ganz zufällig erfolgen ſehen. Endlich kommt es vor, daß eine maͤßig große Pelotte, wenn ſie auf dem aͤußeren Bauch— ringe ruht, und ſelbſt gar nicht auf das Schaambein druͤckt, doch bei einigermaßen ſtarkem Drucke Schmerz und Hautexcoriationen, fo wie Anſchwellungen des Saamenſtran⸗ ges, Varicocele oder Hodengeſchwuͤlſte herbeifuͤhrt. In den letzten Jahren ſind viele Patienten, welche mit Carpen— ter's Holzpelotte, die auf dem aͤuferen Ringe und dem Schaambeine aufliegt, behandelt wurden, durch Schmerz und Excoriationen genoͤthigt geweſen, das Bruchband aufzug ben. Herr Devergie hat vor Kurzem einen jungen Mann mit doppeltem Leiſtenbruche zu mir geſchickt, welcher zugleich durch den Druck eines gewoͤhnlichen Bruchbandes auf jeder Seite eine gewöhnliche orchitis bekommen hatte. Es ift dieß, mit Ausnahme des Falles, wo eine Hernie zu gleicher Zeit mit der Lage des Hodens im Leiſtencanale vorkommt, der am ſchwierigſten zu behandelnde Fall. Ich habe auf dem Bureau central zu ermitteln geſucht, welches wohl das Verhaͤltniß der Anſchwellungen des Saamenſtranges und des Hodens ſeyn moͤge, und habe bei 200 Faͤllen 65 gefunden, naͤmlich 40 Anſchwellungen des Saamenſtranges 127. meiſtens varicoͤſer Art, 23 Hodenanſchwellungen, eine Atro— phie des Hodens und eine Hydrocele. Es ſind allerdings nicht alle dieſe ſecundaͤren Veraͤnderungen als Wirkung der Bruchbaͤnder zu betrachten; denn es finden ſich Varicocelen und Hodenanſchwellungen auch bei Individuen, welche einen alten Bruch hatten, aber niemals ein Bruchband trugen; hier iſt der Druck des Bruches ſelbſt die Urſache; minde— ſtens aber, muß man doch im Allgemeinen zugeben, daß der Druck des Bruchbandes eben fo häufig Hodenanſchwellun— gen veranlaßt, als der Druck eines nicht reponirten Bruches. Dieſe Bemerkungen find niedergeſchrieben, weil die aͤl— tere Methode, Bruchbaͤnder anzulegen, noch faſt ganz allge— mein iſt, und weil die Verbeſſerung, welche nothwendig iſt, von der Wiſſenſchaft noch nicht in die Praxis aufgenommen worden iſt. Aus dem Vorſtehenden ergiebt ſich nun, daß jedes Bruchband, welches bei'm Leiſtenbruche auf den aͤußeren Bauchring druͤckt, ein ſchlechtes Bruchband iſt, und daß der erſte Grundſatz fuͤr die Zuruͤckhaltung eines Bruches inner— halb der Bauchhoͤhle immer der iſt, daß man einen Druck auf den innern Bauchring und auf den Leiſten⸗ canal ausuͤben muͤſſe. Dieſem entſprechend muß Form, Groͤße und Grad des Druckes der Bruchbandpelotte be— ſtimmt werden. Miscellen. Bei Gelegenheit eines Praparates, woran ſich eine große Tuberkelhoͤhle dicht unter der Oberfläche der Lungen, nur noch von der pleura bedeckt, fand, machte Dr. Stokes, ia der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin, einige Bemerkungen uͤber Pneumothorax. Der Kranke wurde in dem fpätern Stadium der phthisis in das Spital aufgenommen; es fanden ſich die gewoͤhnlichen Zeichen einer Tuberkelhoͤhle im obern Theile der rechten Lunge; außerdem bemerkte man eine frank: haft helle Reſonnanz in der vordern Flache der Bruſt von der drit— ten Rippe abwärts, und fo oft der Kranke einathmete, fiel der dritte Intercoſtalraum auf eine merkwuͤrdige Weiſe ein und hob ſich bei der Exſpiration. Hieraus war alſo die Exiſtenz einer ſehr großen Hoͤhle mit duͤnnen Waͤnden dicht unter der Oberflaͤche der Lunge zu erkennen. Der Fall bot aber auch Intereſſe, weil er die Erſcheinungen des Pneumothorax erläuterte. Unter den mannich— faltigen Fällen von Pneumothorax durch Lungenfiſteln find zwei Reihen von Fällen zu unterſcheiden. In der einen iſt die Seite bes trächtlih von Luft ausgedehnt und giebt einen ſehr hellen Ton bei der Percuſſion; bei den andern Faͤllen iſt zwar etwas Luft in der Pleurahoͤhle; man bemerkt aber an der Seite weder Ausdehe nung, noch ungewöhnlich helle Percuſſion. Dr. Stokes hatte frü- her angegeben, daß dieſe Erſcheinung von der Natur der Oeffnung in der Lunge abhaͤnge. Es finden ſich, in der That, zwei verſchie— 128 dene Arten von Oeffnungen; bei der einen iſt die Oeffnung direct und fortdauernd offen; die Luft kann ein- und austreten, und es iſt daher weder Anſammlung noch vermehrter Druck vorhanden; bei einer andern Reihe von Fällen iſt die Oeffnung klappenartig und der Durchgang der Luft weit ſchwieriger. Dieſelbe kann in die Pleurahoͤhle nur eindringen, wenn die Bruſt ſehr ausgedehnt iſt; ſie kann aber faſt gar nicht wieder nach Außen gehen, ſo daß waͤhrend der Exſpiration die Bruſt im hoͤchſten Grade geſpannt bleibt. Dieß iſt nicht bloß als diagnoſtiſches Zeichen, ſondern auch in Bezug auf die Prognoſe von Wichtigkeit. Fälle mit klappenar— tiger Oeffnung haben immer einen ſehr raſchen Verlauf, und endis gen in kurzer Zeit mit dem Tode, waͤhrend bei gerader Oeffnung die Fortſchritte der Krankheit langſam ſind und der Kranke lange Zeit leben kann. Stokes kannte einen Herrn, welcher noch achtzehn Monate lang, nachdem die Erſcheinungen des Pneumothorax ein— getreten waren, lebte und ſich ſogar ziemlich wohl befand, außer gegen die letzte Zeit der Krankheit. Der Grund davon iſt, daß, wenn ſich der Kranke von dem erſten Eindrucke der Ausbildung des Pneumothorax und einer Lungenfiſtel erholt hat, bei gerader Oeff— nung die Luft leicht zur Pleurahoͤhle ein- und ausdringen kann, ſo daß die Lungen keinen vermehrten Druck auszuhalten haben und der Kranke vielmehr mit ziemlicher Leichtigkeit athmen kann. Fer— ner ſcheint in manchen Fällen eine Tuberkelablagerung in den Zune gen, der Eintritt einer neuen Krankheit die Entwickelung der Zus berkeln fuͤr einige Zeit zu ſuspendiren. Wo aber die Oeffnung klappenartig gebildet iſt, da werden die Leiden des Kranken bes traͤchtlich durch die Spannung der Bruſt vermehrt. Die zuruͤckge— haltene Luft druͤckt auf die Lungen, waͤhrend zugleich vermehrte feröfe Exſudation in der Pleurahoͤhle angeregt wird und die Leiden des Kranken ſteigert; das mediastinum wird zuſammengedruͤckt; die Leber abwaͤrts geſchoben, das Herz aus ſeiner Lage gedraͤngt und der Tod endlich durch Asphyxie herbeigeführt. (Dublin Journ. Nov. 1839). Als brandige Venenentzuͤndung (Phlebitic-gangrene) bezeichnet Dr. E. Kennedy eine Wochenbetttskrankheit von Aus ßerſt acutem Verlaufe. Am fuͤnften Tage nach der Entbindung zeigte ſich Fieber; am ſechsten Schmerz in der Wade, mit ein wenig Farbeveränderung in der Haut; dieſer Schmerz und die Farbenveraͤnderung breiteten ſich raſch aus; der Puls ſtieg auf 140 und wurde ſchwach und fadenfoͤrmig; dazu geſellten ſich die Zeichen der Proſtration. Die Krankheit breitete ſich uͤber den Schenkel aus, ſo daß dieſer der Sitz von Mißfarbigkeit und fuͤrchterlichen Schmerzen wurde; achtzehn Stunden nach Beginn der Krankheit erfolgte der Tod. Saͤmmtliche Venen des Gliedes fanden ſich ent— zuͤndet und mit Lymphexſudat angefuͤllt; Muskeln und Zellgewebe der Wade waren vollkommen zerſtoͤrt; auch die venae uterinae et iliacae waren entzündet. Einen aͤhnlichen Fall hatte Dr. Ken— nedy bereits früher mitgetheilt. (Dublin Journ., Nov. 1839.) Von Durchſchneidung des innern geraden Augen: muskels mittelſt eines durch die conjunctiva bewirkten kleinen Schnitts und dadurch erlangte Heilung des Schielens nach Innen, hat Hr. G. R. Dieffenbach, in Berlin, am 3. Febr. der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften einige Faͤlle mitgetheilt. Die Rap- ports hebdomadaires des seances fügen bei, daß die Operation nicht ganz neu fey, früher aber nur einen unvollſtaͤndigen Erfolg gehabt habe. Bibliographische History of British Ferns, with an Illustration of each species. By E. Newman. London 1840. 8. The Transactions of the Linnean Society of London. XVIII. part 2d. London 1839. 4. Volume N Neuigkeiten Compendium of Materia medica. London 1840. 8. On the Treatment of the Insane. London 1840. 8. By Dr. H. Lane. By Dr. J. G. Millingen, Neue Motizen a us dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſommelt und mitgetbellt von dem Ober- Medieinglrattt Frorien ju Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeior Froriep zu Berlin. No. 273. (Nr. 9. des XIII. Bandes.) Februar 1840. Gedruckt im Landes- Induftries Gomptoir zu Weimar, Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuckes 3 ggi. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nat u Ueber die Structur und Lebensweiſe der Physa- lia, Cuvier, oder des ſogenannten Portugieſi— ſchen Linienſchiffes (Holothuria Physalis, Linn.) Von Jonathan Couch. Es iſt mir nicht gelungen, in irgend einem, mir zu Gebote ſtehenden Werke einen Bericht uͤber die Physalia zu finden, in welchem deren Lebensweiſe, oder auch nur de— ren Geſtalt und Structur irgend genau dargeſtellt wären, Die Lebensweiſe derſelben iſt, wie bei allen auf einer nies dern Stufe der Organiſation ſtehenden Geſchoͤpfen, unges mein einfach; allein wenn es ihnen auch in dieſer Beziehung an einer reichen Begabung durch die Natur gebricht, ſo haben ſie in der Genauigkeit derjenigen Function, von welcher ihre ganze Exiſtenz abhaͤngt, einigen Erſatz, und da— her kann unſer Urtheil uͤber manche dunkele oder falſch aus— gelegte Functionen der Organe hoͤher organiſirter Thiere durch Dasjenige, was wir an dieſen niedrigen Geſchoͤpfen mehr vereinzelt und deßhalb deutlicher beobachten konnen, aufgeklaͤrt und berichtigt werden. In Pennant's Tagen war die Physalia in den Britiſchen Meeren noch nicht aufgefunden worden. Uebri— gens kommt ſie daſelbſt nicht ſelten vor, und zuweilen ſieht man eine große Anzahl von Exemplaren beiſammen, welche an der Oberflache des Waſſers von Wind und Fluth hin- und hergetrieben werden. Auf den erſten Blick erſcheint dieſes Thier in Geſtalt einer mit Luft gefuͤllten Blaſe, mit einem, der Laͤnge nach laufenden, niedrigen Kamme, der angeblich die Geſtalt und die Functionen eines Seegels beſitzt, ſo wie mit vielen Ran— ken oder drahtfoͤrmigen Anhaͤngſeln von verſchiedener Laͤnge, die locker in's Waſſer hinabhaͤngen, ohne daß irgendwo eine Oeffnung, oder Organe der willkuͤhrlichen Bewegung er: ſchienen. Wenn man ſie in ihrem natuͤrlichen Elemente genauer beobachtet, ſo entdeckt man an ihr eine Vorderſeite, welche durch einen kleinen, von Oben nach Unten gerichteten, ova— len Raum bezeichnet iſt, der, dünner als die benachbarten No. 1373. — — — ER n De. Stellen, an einen Mund erinnert, und an deſſen innerer Seite ein organiſcher Apparat ſitzt, den wir alsbald naͤher beſchreiben wollen. Von dem Rande des Raumes, welchen ich mit dem Namen Mundraum bezeichnen werde, erſtrecken ſich eine Anzahl Linien der Laͤnge nach an der Oberflaͤche hin, welche nach der ſpitz zulaufenden hintern Portion zu, wieder um einen Raum convergiren, der ſich faſt wie eine Oeffnung ausnimmt, und der nicht genau gipfelftändig iſt. Unter— ſucht man die Membran von Innen, fo fiebt man, daß die Wandung dort ebenfalls von einem Apparate von Faſern umſpannt wird, die zu denen der Außenſeite rechtwinklich ſtehen, und durch die vereinigte Wirkung dieſer beiden Fa ſer- Apparate werden die complicirten Bewegungen ausge— fuͤhrt, deren das Thier faͤhig iſt. Der Kamm, oder das ſogenannte Seegel, iſt eine fal— tige Membran, welche nicht weit von dem Mundraume be⸗ ginnt und der Ränge der Blaſe nach, bis ungeführ ebenſo— weit vom hintern Ende ſtreicht. Die Breite dieſes Seegels iſt bei verſchiedenen Exemplaren nicht genau dieſelbe; allein bei einem großen Exemplare iſt es etwa einen Zoll hoch und oben mit einem vorſtehenden Rande verſehen, waͤhrend es ſich unten wie das Dach eines Hauſes ausbreitet und in feiner Hoͤhlung durch Schediewaͤnde in Abıchnitte getheilt iſt. Das Gebilde des aufgeblaſenen Koͤrpers iſt durchſchei— nend, und bei guter Beleuchtung bemerkt man auf der rechten Seite des Vordertheils uͤber den herabhaͤngenden Ranken eine ausgedehnte, undurchſichtige, oben unregelmaͤßig kreisbogenfoͤrmige, ſcharf begraͤnzte Stelle, deren Structur offenbar von eigenthuͤmlicher Beſchaffenheit iſt, was ſich je— doch nicht auf die Anordnung der Muskelfaſern bezieht Die Ranken ſind von dreierlei Art. Die erſten, oder vordern ſitzen auf und unter einer Seite der gewöhnlichen Aufhangs- oder Schwebe: Linie im Waſſer. Sie find kurz, dichtſtehend und ihre Stiele bilden Raſen. Die andern bei— den Arten von Ranken find lang, manche nur wenige Zolle, andere faſt drei Fuß. Keine derſelben ſteht aber hinter der Mitte des Körpers, und die e ee verläns # 131 8 gerten, beſtehen aus häufigen Faͤden, welche mit einer Schnur plattgedruͤckter Kügelhen umgeben find, die ſich willkuͤhrlich zuſammenziehen, ausdehnen und ſeitlich bewegen laſſen. Die dritte Art von Ranken iſt die laͤngſte; ihre Baſis iſt dick und feſt, und die Muskel- Structur ſetzt ſich durch den groͤßten Theil ihrer Laͤnge fort, waͤhrend am Ende eine häutige Erweiterung vorhanden iſt, von der ein Faden aus⸗ geht, der mit einer Schnur von Kuͤgelchen umgeben iſt, die Anfangs gewunden und zuſammengeſchlagen iſt, und den Faden dann einfach bis an ſein Ende begleitet. Die Stiele dieſer letztern Ranken find etwa einen Zoll lang und höher an der Seite angeſetzt, als die der Ranken der zweiten Art; ſie ſcheinen aber der Beſchaͤdigung außerordentlich unterwor— fen zu ſeyn, indem man ſie ſelten alle vollſtaͤndig trifft. Die haͤutigen Faͤden ſcheinen die Kiemen zu ſeyn, wogegen die vordern aͤſtigen Ranken vielmehr, gleich Baumwurzeln, ab— ſorbirende Organe ſeyn duͤrften. Das Thier ſcheint auf keine andere Weiſe Nahrungsſtoffe einzunehmen, und die Aſſimilation derſelben moͤchte in der roͤthlichen Seite des in— nern Sacks von Statten gehen, da dieſe, außer der rothen Farbe, auch in der Subſtanz etwas dicker iſt, als die be— nachbarte Structer. Im geſunden Zuſtande zeigt dieſes Thier ſchoͤne Farben. Der Kamm iſt abwechſelnd hellblau und carmoiſin- oder fleiſchroth geſtreift, und die Blaſe iſt aͤhnlich gefaͤrbt und re— genbogenfarbig ſchillernd. Die Ranken ſind dunkler blau und zuweilen matt purpurroth. Innerhalb der Blaſe be— findet ſich eine dünne, haͤutige Structur, welche bei Oeff— nung der Höhle natürlich zerſchlitzt wird. An ihrem Vor- dertheile iſt ſie feſt an den Mundraum angeheftet; am hin— tern Ende iſt ihre Anfuͤgung ſehr locker, und am obern Rande hin bemerkt man eine unbeſtimmte Anzahl aͤſtiger Anhaͤngſel, von denen ein jeder einen Theil der Kammern des Kammes einnimmt. Bei manchen Exemplaren, wo der Kamm niedrig iſt, iſt deren Zahl geringer, und ſie zeigen ſich weniger aͤſtig und mehr abgeſtutzt; bei andern find fie lang, duͤnn und ſehr verzweigt. Bei'm lebenden Thiere liegt dieſe haͤutige Structur ſo dicht an den aͤußern Muskelwan— dungen an, daß ſie durch dieſelben hindurch nicht ſichtbar werden, und die Hoͤhlung leer ſcheint. Sie ſind auch, außer am Ende, fo ſchwach befeſtigt, daß fie ſich von ſelbſt tren— nen; indeß befindet ſich zwiſchen beiden eine duͤnne, zottige Schicht, welche an der aͤußeren oder umhuͤllenden Portion feſt ſitzt und der Haupt- wo nicht der einzige Sitz des Far— benſtoffs iſt. Wahrſcheinlich wird das Wechſelſpiel der Le— bensthaͤtigkeit hauptſaͤchlich durch dieſe Structur vermittelt, welche, trotz ihrer Duͤnnigkeit und Lockerheit, doch eben fo innig verbunden iſt, als manche Structuren bei anderen Thieren, welche doch mit dem ganzen Organismus in leb— hafter Wechſelwirkung ſtehen. Viele krankhafte Gewaͤchſe am menſchlichen Koͤrper haben mit dem Geſammtleben deſ— ſelben ſogar eine noch geringfuͤgigere Verbindung. Der ins nere Sack enthaͤlt nichts, als Luft, welche durch den Kamm ‚ fecernirt zu werden ſcheint, und dieß dürfte die vorzuͤglichſte, wo nicht einzige, Function deſſelben ſeyn. Man findet nir— gends eine Spur von Nahrungsſtoffen, und keine einzige — — x 132 ' beſondere Organiſation, außer an einer Stelle der Oberflache jene ſchon erwaͤhnte roͤthliche Verdickung. Dieß iſt die Portion, welche man aͤußerlich wahrnimmt, und dieß ſcheint von ihrem Gefaͤßreichthume herzuruͤhren, wenngleich man kein beſonderes Gefaͤß unterſcheiden kann. In ihr haben wahrſcheinlich diejenigen Lebensthaͤtigkeiten ihren Sitz, von denen die prächtige Färbung, die Ausſcheidung der, die Ober: flaͤche bedeckenden, ſcharfen Fluͤſſigkeit und die Aſſimilation der Nahrungsſtoffe abhängen. Man hat allgemein geglaubt, das Thier koͤnne die Luft in feinem Koͤrper beliebig an— haͤufen und bei Annaͤherung von Gefahr, oder uͤberhaupt, willkuͤhrlich ausſtoßen. Dieß ſcheint jedoch keineswegs der Fall zu ſeyn; denn was die Anſammlung betrifft, ſo kommt die Luft offenbar nicht von Außen, und daß ſie nicht ſchnell ausgetrieben werden koͤnne, um bei Stuͤrmen oder bei Annaͤherung von Feinden das Thier in den Stand zu ſetzen, unterzuſinken, lehrt die Erfahrung; denn man ſieht die Physalia oft auf den ſtaͤrmiichſten Wogen umhertreiben, und ſie wird von denſelben haͤufig auf die Kuͤſte geworfen. Ueberhaupt lehrt der Augenſchein, daß ein Geſchoͤpf mit ſo wenig feſten Theilen nicht unterſinken kann, ohne die Luft faſt gaͤnzlich auszutreiben, was durch gewoͤhnlichen mechaniſchen Druck nur in geringem Grade be— werkſtelligt werden kann; und wenn man einen Nadelſtich in die Blaſe macht, ſo kann man das Thier zwar ſtark zu— ſammendruͤcken, aber keinesweges ſo bedeutend daß es unter— ſinkt. Es laͤßt ſich aber nicht annehmen, daß die Physalia ſich ſelbſt ſtaͤrker entleeren koͤnne. Ich habe 59 von der darin enthaltenen Luft ausgetrieben, wodurch der Koͤrper ganz runzlich wurde, aber dennoch war an kein Unterſinken zu denken. Beobachtet man die Physalia auf dem Meere ſelbſt, ſo kann man ſich davon uͤberzeugen, daß der wahre Zweck ihres aufgeblaſenen Zuſtandes nicht nur im Schwimmen beſteht. Die ſtarke Anhaͤufung von Luft iſt namlich auch durchaus noͤthig, um den Muskeln bei ihrer Thaͤtigkeit einen Stuͤtzpunct zu bieten, und dadurch, daß ſich manche Theile der Oberflaͤche zuſammenziehen und andere ſich ausdehnen, ſtreckt das Thier das Mundende in Form einer Schnauze vor, er— hebt oder bewegt es bald nach dieſer, bald nach jener Seite, bewirkt nach ſeiner Mitte zu ſtellenweiſe Vertiefungen, ver— längert oder verkuͤrzt ſich und dehnt ſich hauptſaͤchlich nach der Seite zu aus, von welcher die Ranken herabhaͤngen. Alle dieſe Bewegungen geſchehen willkuͤhrlich; allein vielleicht zeigt ſich bei keiner die Erreichung eines Zweckes durch an— gemeſſenes Zuſammenwirken der Kraͤfte ſo deutlich, als wenn es das Thier dahin bringt, aus ſeiner gewoͤhnlichen Lage, wo der Kamm nach Oben gerichtet iſt, auf die Seite zu fallen. Dabei wird die vordere Portion zuerſt ausgedehnt, und ſo eine Baſis gebildet, welche die ganze Koͤrpermaſſe ſtuͤzen kann; dann wird das Hintertheil bis etwa zu einem Drittel der Länge verdünnt und aufwaͤrts gerichtet, in wel⸗ chem Zuſtande ſich nur wenig von der Oberflaͤche unter Waſſer befindet und das Thier ſich nur ein Wenig auf eine Seite zu neigen braucht, um ſo auf dieſelbe zu fallen, daß der Kamm auf die Oberfläche des Waſſers zu liegen koͤmmt. 133 Dieſe Lage ift vielleicht noͤthig, wenn durch austrocknende Winde das Obertheil der Membran ſteif geworden ift, Seine Lieblingsſtellung nimmt das Thier dann wieder an, indem es ſeine Geſtalt verlaͤngert, und man darf nicht ver— geſſen, daß dieſe Proceſſe bei einem Thiere ſtattfinden, bei welchem die genaueſte Unterſuchung kein Nervenſyſtem bat entdecken laſſen. Dieſe Bewegungen ſind bei einem von Luft aufgeblaſenen Thiere auch defhalb ſehr intereſſant, weil fie auf Ähnliche Thaͤtigkeiten mancher Thiere Licht werfen, bei denen man ſich ſeither mit einer irrigen oder unvollſlaͤn— digen Auslegung begnuͤgt hat So behauptet man gewoͤhn— lich, daß die hohlen und einziehbaren Greiforgane bei Echi- nus und Asterias nur dadurch vorgeſchoben werden, daß eine Fluͤſſigkeit in fie hineingetrieben wird, und daß ſie ſich zurückziehen, wenn dieſe Fluͤſſigkeit wieder in den Körper eingeſaugt werde. Damit, glaubt man, die Sache erklaͤrt zu haben, indem man annimmt, daß das Hervortreiben der einzige Zweck der Function ſey. Dieß ſcheint aber keines— weges der Fall zu ſeyn; die durch das Vorwaͤrtstreiben einer Fluͤſſigkeit bei Strahlthieren, fo wie von Luft bei der Physalia hervorgebrachte Ausdehnung iſt nur der erſte Schritt bei dem Proceſſe und bietet einen Stuͤtzpunct fuͤr die Muskelkraft, deren Wirkung der Hauptzweck iſt. Bei der Roͤhre der Lepades iſt die Thaͤtigkeit aͤhnlicher Art, allein, vielleicht wegen der ringelfoͤrmigen Structur, compli— cirter. Die durch die Fluͤſſigkeit in der Roͤhre bewirkte Ausdehnung iſt weniger bedeutend, und das Thier haͤngt zu— weilen feiner vollen Laͤnge nach, ſchlaff herab. Wenn es ſich bewegen will, ſo ſchafft es ſich durch Zuſammendruͤckung der Fluͤſſigkeit einen feſten Stuͤtzpunct, welcher dadurch noch ſicherer wird, daß er an der Wurzel oder an beſonderen Stellen ſtattfindet. Die hier beigebrachten Bemerkungen koͤnnen auf die willkuͤhrlichen Bewegungen vieler andern Thiere von weicher Textur ers finden und einen Apparat erläutern, durch welchen ſcheinbare Widerſpruͤche vereinigt, und Thiere mit ſo weicher Koͤrperbildung in den Stand geſetzt werden, Bewegungen auszufuͤhren, welche eine feſte Stuͤtze verlangen. Dieſe Stuͤtzpuncte, welche bei den hoͤher organiſirten Thie— ren der ſchwerſte Theil ihrer Structur ſind, und ebenſo— wohl durch ihre Schwere, als durch ihre Staͤrke wirken, ſind bei jenen ſo leicht, daß ſie den Dienſt eines Ballons verſe— hen, und vermitteln die Bewegungen dennoch nicht weniger wirkſam. Bekanntlich veranlaßt die Physalia, gleich mehreren Meduſenarten, wenn man ſie beruͤhrt, ein ſtechendes oder brennendes Gefuͤhl. Daß dieß der Fall iſt, laͤßt ſich nicht bezweifeln; denn ſelbſt Leute, deren Haut an den Haͤnden eben nicht ſuperfein iſt, verſpuͤren dieſe Wirkung. Bei einem Schiffsjungen, der vor nicht langer Zeit ein einziges Exem⸗ plar betaſtet hatte, ſchaͤlte ſich die Haut von den ganzen Händen ab. Uebrigens habe ich, für meine Perſon, obwohl ich vielfach Exemplare von beiden Gattungen, in und außer dem Waſſer, lebendig und todt, in die Haͤnde genommen babe, nie eine üble Wirkung davon verſpuͤrt. (Magazine of natural History, Nov. 1839.) 1314 In Betreff der Urſache der brennenden Empfindung, welche das Betaſten der Phyſalien veranlaßt, iſt Kort— hals's, in Nr 112. (Nr. 2. d. VI. Bos.) der Neuen Notizen mitgetheilte, Anſicht, mit welcher Herr Couch nicht bekannt zu ſeyn ſcheint, zu beruͤckſichtigen; waͤhrend wir ruͤckſichtlich der Functionen der drahtfoͤrmigen Anhaͤngſel auf Bennet's Angaben, in Nr. 146. (Nr. 14. des VII. Bos.) derſelben Bl., verweiſen. Inſofern uͤbrigens nicht die Physalia, von welcher unſer Verfaſſer handelt, eine andre Species iſt, als die Physalia pelagica, welche Korchals und Bennet in den Gewaͤſſern des Indiſchen und Stillen Weltmeeres beobachteten, iſt es intereſſant welchen Einfluß die hoͤhern Breiten auf die Verkuͤrzung der Anhaͤngſel haben, da Couch die laͤngſten der in den Bri— tiſchen Gewaͤſſern vorkommenden Physalia zu 3 Fuß be⸗ ſtimmt, waͤhrend Bennet von 18 Fuß, und Korthals gar von 30 Fuß langen Anhaͤngſeln ſpricht. Selbſt bei ſpecifiſcher Verſchiedenheit der beiderſeitigen Geſchoͤpfe findet daſſelbe Prin ip nicht weniger feine Anwendung in der frage lichen Beziehung. D. Ueberf. Ueber Verbeſſerung des Bodens durch Duͤngung, hat Herr Payen der Acad. des sciences eine Abhand— lung vorgetragen, deren Reſultate er in Folgendem zuſam— menfaßt (vergl. N. Notizen Nr. 258. S. 248.): 1) Jede beginnende Vegetation enthält ein betraͤchtli⸗ ches Verhaͤltniß ſtickſtoffreicher Subſtanz, muß alfo die Ele— mente dazu abſorbirt haben. Man hat fie in den Wuͤrzel— chen, den jungen Knoſpen, in allen Organen, in jeder Zelle und ſelbſt in dem Cambium gefunden, welches ihrer Bil: dung in der ganzen Ausbreitung der verſchiedenen Pflanzen vorangeht. 0 2) Außer dieſer erſten Verwendung der in dem Bor den enthaltenen ſtickſtoffhaltigen Nahrungsſtoffe fecerniren manche von den Pflanzen, welche den Boden am meiften erſchoͤpfen, reichlich ſtickſtoffhaltige Subftanz in ihren Gewe— ben; dahin gehören die Kohlarten, der Tabak, der Mauls beerbaum ꝛc. 3) Obwohl atmoſphaͤriſche Agentien durch ihre Stick— ſtoffverbindungen etwas zu dieſer Nahrung liefern koͤnnen, ſo erfordert dennoch die unleugbare Erſchoͤpfung des Bodens nach der Aernte im Allgemeinen einen Erſatz durch neue Hinzubringung von Dünger mit Stickſtoff-Verbindungen. 4) Nach den gewoͤhnlichen Bebauungen werden befon- ders die ſtickſtoffhaltigen organiſchen Subſtanzen wegen leich- terer Zerſetzbarkeit zuerſt in Gasform verbreitet und durch die neue Vegetation aſſimilirt, waͤhrend das Holzſkelett der Pflanzengewebe unzerſetzt laͤnger widerſteht. Daſſelbe zeigt ſich auf Duͤngerhaufen, wo thieriſche mit vegetabiliſchen Subſtanzen gemiſcht werden. 5) Die Düngungen wirken um ſo nuͤtzlicher, jemehr die ſpontane Zerſetzung mit den Fortfchritten der Vegetation in Verhaͤltniß ſteht. 9 135 6) Wenn man die zu raſch ſich auflöfenden und zer» ſetzenden Duͤngerarten in dieſer Beziehung dem zweckmaͤßig⸗ ſten Zuſtande moͤglichſt nähert, fo kann man ihre Wirkungs⸗ weiſe vervierfachen; das Blut in der bei Raffinerieen zuruͤck— bleibenden Kohle bildet ein frappantes Beiſpiel. 7) Das Muskelfleiſch, das Blut und verſchiedene thieriſche Abgänge, welche man ſonſt auf eine Weiſe ſich verändern ließ, daß 3, ihrer Producte verloren gingen, wer— den jetzt ſo benutzt, daß gar nichts verloren geht. 8) Die verſchiedenen Mittel, um Duͤnger in einen Zuſtand zu verſetzen, daß die Zerſetzung deſſelben gerade den Fortſchtitten der Pflanze folgt, find von doppelter Art: 1. man zertheilt oder zerlegt die, welche zu lange widerſtehen würden; 2. man vermehrt die Cohaͤſion oder Reſiſtenz der— jenigen, welche zu raſch den Einwirkungen der Faͤulniß fol⸗ gen wuͤrden. 9) Von den am meiſten widerſtehenden koͤnnen die Knochen in verfbiedenem Zuftande auf folgende Weiſe ges ordnet werden: a Ganze Knochen, welche ihr Fett noch in die compacte Subſtan; infiltrirt enthalten; b, dieſelben naß aufbe vahrt, wobei ihre Subſtanzen iſolirt bleiben; e, dieſel— ben ſtufenweiſe mehr und mehr zerkleinert; d, die Knochen ihres Fettes beraubt; e, die Knochen, in welchen, unter uͤbri⸗ gens gleichen Umſtaͤnden, die ſtickſtoffhaltige Subitanz des fibröſen Gewebes, durch Temperatur und Waſſer auelöslich gemacht, darin geblieben ift. k, dieſelben durch immer bes traͤchtlicheres Auswaſchen dieſer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz bes raubt, bis zu dem Puncte, wo ſie vollkommen unwirkſam werden. Dieſe Unterſchiede erklären manche ſcheinbare Ano— malieen, welche man bei der Anwendung der Knochen in der Agricultur bemerkt hat. 10) Poroͤſe, gepulverte, mit faulenden Subſtanzen ge— miſchte, aufgeloͤſ'te oder hydratartige Kohlen unterſtuͤtzen ers ſtens die Düngung durch Verlangſamung der Zerſetzung, ſo daß die Emanationen des Duͤngers der Abſorptionskraft der Pflanzen genau entſprechen, und zweitens dadurch, daß ſie eine Zwiſchenſubſtanz bilden, in welcher der Stickſtoff con— denſirt und ſodann an die Pflanzen abgegeben werden kann, und drittens endlich dadurch, daß ſie die Waͤrme der Son— nenſtrahlen abſorbiren und an den Boden abgeben. Wenn übrigens dieſe Kohlen eine gewiſſe Qualitat Kalk enthalten, fo desinficiren fie beſſer und erfüllen jene Zwecke noch ſicherer. \ 11) Der Stickſtoff in den Pflanzen kann wieder er⸗ langt werden, um zum Duͤnger zu dienen. Dieß iſt eine Aufgabe für die Landbau treibenden Fabrikanten, deren Pros duct ein von Stickſtoff freier Extract iſt. 12) Unter den verſchiedenen thieriſchen und vegetabi— liſchen Abfaͤllen, welche als Duͤnger dienen, haben die am reichſten ſtickſtoffbaltigen im Allgemeinen am meiſten Werth. Die Aufmerkſamkeit der Landbauer muß daher darauf ge— richtet ſeyn, den Verluſt ſtickſtoffhaltiger Subſtanzen zu ver— meiden. — 186 Miscellen. In Beziehung auf Ovologie hat Herr Laurent der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften eine Abhandlung uͤbergeben, welche den Titel fuͤhrt: Unterſuchungen über die drei Ar⸗ ten von reproducirenden Körpern der Thiere und über die Naturgeſchichte und Anatomie der Eier der Hy- dra vulgaris grisea. Das Reſumé ſeiner Unterſuchungen giebt der Verfaſſer mit Folgendem: — 1. Die allgemeine Zus ſammenſetzung des Eichens, oder der Ovariums-Eier, wie Wa g— ner vorgeſchlagen, iſt nicht auf die ganze Thierreihe anwendbar. — 2. Die Eichen, oder Ovariums⸗Eier, welche concentriſch zwei⸗ blaſig ſind und zu ihrer Entwickelung in der größten Majoritat der Thierarten einer ſpermatiſchen Befruchtung bedürfen unterlie— gen in der Thierreihe einer graduellen Vereinfachung, im Verhaͤlt⸗ niſſe der entſprechenden fortfchreitenden Vereinfachung der maͤnnli- chen und weiblichen Organe und Apparate, welche endlich vollſtän— dig verſchwinden. — 3. Das Ei der Hydra grisea vulgaris, welches ich in feiner innerſten Structur unterſucht habe, iſt eine blaſig und iſt fruchtbar, ohne eine ſpermatiſche Befruchtung erfah— ren zu haben, und enthaͤlt nur eine einzige Susſtanz von ſubbla⸗ ſtodermiſcher Natur. — 4. Die keimartigen Sprolfen.: Knoten der Hydra vulgaris grisen, das heißt die Sproſſen in ihrem An— fangszuftande, beſtehen nicht aus einem Blaͤschen, welches den ein⸗ fachſten und einblajigten Eichen analog ſeyn wuͤrde. Dieſe anfan⸗ genden Sproſſen find nichts, als, wie man allgemein annimmt, eine. Kusdehnung des Gewebes des Mutter- Individuums. — 5. Die ſehr kleinen Fragmente der unteren Organismen (Hydra etc.) — welche fähig find, vollſtaͤndige Individuen zu werden — zeigen ebenſowenig, wie die Sproſſen, eine einblaſige, den einfachſten Eiern analoge, Zuſammenſetzung. Dieſe kleinen reproducfrenden Fragmente vollſtändiger Individuen find gewiſſermaßen Sproſſen, die von einer Mutter unabhaͤngig ſind. — Die angenommenen Kunſtausdrücke Abſonderung (für die Eier), Ausdehnung (fur die Sproſſen) und Abtrennung (fuͤr die Fragmente) deuten auf die wirklichen Verſchiedenheiten der Production dieſer drei Arten von Körpern bin, abgeſehen von den Verſchiedenheiten, welche durch das Vorhandenſeyn oder die Nullitaͤt ſpecieller Organe zu ihrer Her— vorbringung bedingt werden. Ueber einen eigenthuͤmlichen Fall von Fortbewe⸗ gung eines Körpers durch den Blitz berichtete Herr Arago am 20 Januar der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, nach einem Briefe des Herrn Hubert, Folgendes: Montags, den 8, Junf 1839, ſchlua der Blitz um 6 Uhr Morgens in eine Eiche, welche an einem Wege unfern der Straße nach Boiſemont ſtand, wobei zwei Stein metzen getroffen wurden. Der Jüngere, der ziveis undzwanzig Jahre alt war, blieb auf der Stelle todt; die rechte Seite war ihm von der Schulter bis an die Fußſohle verbrannt, und als man ihn entkleidete, zerfiel fein baumwollner Anzug zu Charpie. Der Aeltere, Nicolas Pion, Vater des erſtgenannten Arbeiters, ward von der Stirn abwärts bis zur linken Schulter, wo ſich ein Loch befand, und von da bis zum linken Fuße verſengt, Der Strahl war zu dem linken Schuhe herausgefahren, in dem ſich ein Loch bemerken ließ. Im Augenblicke, wo der Blitz den Schuh verließ, ſcheint eine Exploſion ftattgefunden zu haben, denn der Körper des unglücklichen Nicolas Pion ward 23 Meter weit fort: und in ein Kaſtaniengebuͤſch geſchleudert. Herrn Hubert wurden dieſe Umftänte von dem Gartenhuͤter des Schloſſes Boiler mont mitgetbeilt, der auf das Geſchrei des Greiſes herbeigeeilt war. — Zwei Wochen vorher hatte der Blitz, unfern Boiſemont, in eine Muͤhle eingeſchlagen und dieſe großentheils zertrümmert, Das im Erdgeſchoſſe befindliche Pferd war mit dem Schrecken davongekommen; aber einer Katze wurden die Ohren zerriſſen, die Sohlen der Pfoten verbrannt und alle Klauen, bis auf eine, ab— geriſſen. Zwei Kinder des Muͤllers wurden ſo betaͤubt, daß ſie 1800 N Hausthuͤr nicht finden konnten. (Le Temps, 22. Janv. 1840. in 137 — 138 ill un dN. . Der Mechanismus der Schreie und ihre Into— nation, für jede Art des phyſiſchen und morali— ſchen Schmerzes in Noten ausgedruckt. (Von einem ungenannten franzöſiſchen Arzte.) Der Mechanismus der Bildung der Schreie unterſcheidet ſich nicht weſentlich von den andern die Stimme betreffenden Erſchei⸗ nungen. Er kann ſich zugleich der Bildung der tiefſten Tone der Stimme und der der böchſten Toͤne der Fiſtel anſchließen. Im All— gemeinen iſt der Ton der Schreie viel intenſer, als der der anderen Stimmaͤußerungen und bietet immer etwas Scharfes dar, welches dem Ohre weh thut und tauſend Abſtufungen unterliegt. Der ar: ticulirten Stimme hinzugefügt, bilden die Schreie einen wichtigen Theil der Sprache und werden ein ergaͤnzendes Hülfsmittel der Sprache, welches, obgleich zufällig und temporaͤr, nichtsdeſtoweni— ger das Energiſchſte und Raſcheſte iſt, um große Gemuͤthsbewegungen, lebhafte und plögliche Empfindungen und alle phyſiſchen und morali— ſchen Schmerzen auszudruͤcken. Da die Art Sprache, welche den Schmerz veranlaßt, lediglich inſtinctiv und natürlich iſt, ſo iſt ſie eben dadurch auch die maͤchtigſte von allenz ſie iſt es, welcher uns am ſtaͤrkſten erſchuͤttert und in uns die lebhafteſte Empfindung erregt: ſie iſt es endlich, welche allein von allen Menſchen verſtanden wird und bei ihnen die plöglichften Entſchließungen hervorruft. Die Schreſe und gewiſſe an die Affecte gebundene Stimmbeu— gungen, indem ſie zur beſtimmenden Urſache unangenehme oder ange— nehme Seelenzuſtaͤnde und Empfindungen haben, worauf ſich ihr wirklicher Ausdruck bezieht, find ebendadurch vorzugsweiſe geeig— net, auf diejenigen, welche ſie ausſtoßen, die Aufmerkſamkeit der Horenden zu lenken. Durch den Character ihrer Intonation und ibren disſtinctirten Accent, geben fie auf eine nicht zu verwechſelnde Weiſe die Eindrüce und die Empfindungen an, welche fie ausdruͤk— ken wollen: So bringen die Schreie des Schmerzes und diet, wel— che eine drohende Gefahr austrücen, bei ung eine ganz verſchiedene Aufregung hervor: die einen flößen Mitleid ein, andere rufen zur Vertheidigung auf und muntern die Streitenden auf; wieder an— dere bewirken Schreck und treiben zur Flucht an. Laute Schreie des Vera ns machen uns froh, während Schreie der Verzweif— lung un Herzen nagen und uns mit Traurigkeit erfüllen. Die, welche aus phyſiſchem Schmerze entſpringen, helfen ihn ertraͤg— licher zu machen und ſcheinen eine heilſame Bewegung der Natur zu ſeyn, welche darauf binwirkt, das Uebel zu generaliſiren, um die Intenſitat deſſelben zu mindern. Etwa wie eine Farbe und cher wird, wenn man ſie in ciner Fluͤſſigkeit ausbreitet. Mon⸗ taigne hat in feinem naiven Style arfagt, „daß die Schreie den Schmerz verdunſten, und daß die Bewegung des Schreiens vor Tiſche ſehr heilſam ſey.“ Wenn man die Art von collapsus und die Erleichterung erwägt, welche aus den Schreien hervorzugeben ſcheinen, ſo möchte man berechtigt feon, fie unter die antiphlogistica und vorzüglich unter die contrastimulantia einzuordnen , wie die Italiener dieſe verſtehen, Anhänger der neuen italieniſchen Methode fie nehmen 5 Der Schrei, eine den Menſchen und den Thieren gemeinſchaftliche Stimme, bietet uns für die letzteren ein Mittel zur Handlung und eine Sprache dar, die dieſe leichter zu verſtehen ſcheinen, weil ſie ſich der ihrigen nähert. Buffon hat bemerkt, daß die meiſten Thiere durch Schmerzſchreie ſehr bewegt werden. Man weiß, daß die drohenden Schreie der Schaͤfer nicht allein die Woͤlfe von den Heerden fern balten, ſondern zuweilen ſelbſt hinreichend find, um wilde Thiere zu beſtimmen, daß fie ihre Beute loslaſſen. Wenn, wie ich angegeben habe, jeder Schmerz feine eigenthuͤmli⸗ che Intonation und Stimmbeugung hat, wenn die Schreie von phyſiſchen Schmerzen von denen aus moraliſchen Schmerzen ver⸗ ſchieden find, und wenn beide untereinander differiren, je nach dem Ausdrucke und der Empfindung, auf welche ſie ſich beziehen, ſo iſt unbeſtreitbar, daß das Stud um der Schreie bei'm Menſchen dem Arzte helfen konnen, in gewiſſen Affectionen eine ſicherere Diagnoſe zu ſtellen und fie vor manchen Irrthümern bei ihren Urtheilen ſi— cher ſtellen können. Es wird daher den Pathologen und den ope— rirenden Chirurgen nötzlich ſeyn, die verſchiedenen Intonationen des Schmerzes, je nach den Krankheiten, den Symptomen und der Art der Operationen, ſich immer im Geiſte gegenwartig zu erhalten. Obgleich der Umfang und Menfur (iapason) der Schreie von dem natürlichen Klange (timbre) der Stimme abbängt, und folg⸗ lich bis in's Unendliche verſchieden iſt, ſelbſt bei Individuen, welche fie unter ahnlichen Umftänden ausſtoßen, fo balte ich es doch nicht für unmöglich), annaberungsweiſe durch Zablen oder Muſiknoten die Intervalle der doppelten Toͤne auszudrucken, welche die jedem Schmerze eigenen Schreie ausmachen. Da unter einer anſehntichen Zahl von Phyſiologen, welche ſich mit dem Mechanismus der Stim⸗ me beſchaͤftigt haben, keiner den Schrei unter demſelben Geſichts: puncte ſtudirt bat, wie ich, fo will ich mit wenig Werten einige der Beobachtungen mittheilen, die ich gemacht habe und welche, wenn ich mich nicht taͤuſche, einiges Intereſſe gewähren. Obwohl der Mechanismus der verſchiedenen Erſcheinungen der Stimme mit einem Schleier bedeckt iſt, den man wohl immer nur unvollkommen heben kann, fo glaube ih doch ſagen zu konnen, daß die Schreie und die den Affecten angehörigen Stimmbengun⸗ gen beim Menſchen aus zwei unterſchiedenen Intonationen zuſam— mengefegt find, weiche mit ihren verſchiedenen Modificarionen durch eigenthuͤmliche Anſtrengungen und übertriebene Gentractionen des Stimmapparates hervorgebracht werden. Der Ton, welcher an⸗ fangs tief iſt, wird pröglich ſcharf und mehr oder weniger gezo⸗ gen, und dieſe zwei faſt gleichzeitigen Intenationen, deren Vereini⸗ gung den Schrei bilden, zeigen Tonintervalle, welche bei Perſo⸗ nen unter denſelben phyſiſchen und moraliſchen Bedingungen immer einander gleich ſind, aber welche in's Unendliche ſich verändern, je nach dem Ausdrucke und dem Sckmerze, auf welchen die ver⸗ ſchirdenen Sckreie ſich beziehen. Es giebt alfo zwei Toͤne in der Bildung des Schreies: der erſte, welcher ſehr kurz iſt und wovon der Umfang und Menſur (diapason) eben fo verſchieden iſt wie der na⸗ türliche Klang der Stimme, vermiſcht ſich mit dem zweiten, wel⸗ cher anbaltender iſt und welcher, je nach der Natur des Schreies, der Terze, der Quarte, der Quinte, der Octave des Gleichwirken⸗ den (de son congenere). oder, was am bäufiaftın ftatt bat, einem der ſcharfen Toͤne der Fiſtel entſpricht. Ich muß uͤbrigens bemerken, daß nicht bloß bei'm Menſchen dieſe beiden Intonationen vorkommen, fondern daß faſt alle Wirhelthiere, beſonders die Sͤu⸗ gethiere, Schreie ertönen laſſen, welche aus wenigſtens zwei Toͤ⸗ nen zuſammengeſetzt ſind, welche Accente und Intervalle dar bie⸗ ten, die in jeder Art verſchieden, aber bei den unter denſelben Eindruͤcken lebenden Individuen derſelben Art unveraͤnderlich ſind. um das Reſultat der von mir über die verſchiedenen Schreie ge⸗ machten Beobachtungen beſſer faßlich zu machen, werde ich als Aus- gangspunct (diapason) das tiefe E unter dem Noteuſoſteme (ut au dessous des lignes d'une portée de la musique notte) nehmen, in⸗ dem ich von Neuem erinnere, daß dieſe Note, welche zur tonan⸗ gebenden gewaͤhlt wird, nach den Individuen ſich verändern kann, aber daß zwiſchen dieſem oder jedem Ausgangspuncte die Intervalle aus den Doppeltoͤnen, welche die Schreie bilden, faſt immer die⸗ ſelben ſind und annaͤhrend in Noten ausgeſchrieben werden koͤnnen, wie ich es jetzt zu thun verſuchen werde. 1) Schrei, welcher durch Anwendung des Feuers g veranlaßt wird. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, zu bemerken, daß die durch Anwendung des Feuers veranlaßten Schreie tief ſind, und daß der 139 Doppelton, der daraus hervorgeht, durch die untere Octave und die Terze dargeſtellt werden kann; z. B., C... und das E auf der erſten Linie. Der Stimmton dieſer Schreie iſt durch das ſtumme e und die Ausrufung ah ausgedruͤckt. No. I. — Ss — 0 * ach Gott! 2) Schrei, durch die Einwirkung eines ſchneidenden Inſtrumentes veranlaßt. Die durch die Einwirkung eines ſchneidenden Inſtrumentes hervorgerufenen Schreie ſind ſcharf und durchdringend, und koͤn— nen ausgedruͤckt werden zunaͤchſt durch einen ſehr raſchen Ton, oder ein Zweiunddreißigſtel der Octave der Mitte, welches faſt das G ſeyn wuͤrde, auf der zweiten Linie, und faſt zu gleicher Z it durch einen ſcharfen anhaltenden Ton, oder eine halbe Tact-Note der Octave der Fiſtel, welche das G der zweiten Octave ausdrückt. Die Stimmtöne dieſes Schreies find: e. ah! e, ah! La la. No. 2. — — „„ — „„ e- ah e - ah e- ah la la. 3) Schrei von pulſirenden Schmerzen. Die Schreie, welche von, durch eine phlegmonoͤſe Entzündung, ein panaritium, einen Furunkel veranlaßten, pulſirenden Schmerzen herruͤhren, bieten vier Toͤne von faſt gleicher Dauer dar; der tiefſte iſt die Octave, der hoͤchſte iſt die natürliche Sekte, her— nach um einen halben Ton geſenkt, um zur Quinte zu gelangen; der erſte, welcher ein Sechszehntel (double croche) iſt, entſpricht dem C als Ausgangspunct (Put pris pour dia pason); der zweite, welcher ein Viertel ift, entſpricht dem natuͤrlichen H in dem No: tenſyſteme (la naturel dans la portée), und der dritte dem as, welches ein Achtel iſt, eben ſo wie der vierte, der mit der Quarte endigt, das heißt mit G auf der zweiten Linie. Die Stimmtoͤne dieſes Schreies, der gewoͤhnlich mit dem Namen Aechzen bezeich— net wird, bilden fuͤr die erſte Note den Vocal a, und fuͤr die n die Sylbe on, dreimal ſyncopirt (syncopée trois 018). No. 3. —— See * * a on a 4) Schrei von ſtechenden Schmerzen. Der Doppelton, welcher aus dem Schreie von ſtechenden Schmerzen bei'm Geſichtsſchmerze, bei Zahnſchmerz, bei der Gicht, bei einem im letzten Stadium befindlichen Krebſe ꝛc. entſteht, kann durch ein Zweiunddreißigſtel dargeſtellt werden; z. B., das tiefe D unter der Linie und durch deſſen Octave auf der vier- ten Linie, welche in die Laͤnge gezogen ſeyn und eine Art Zittern 140 zur Folge haben muß. Die Stimmtoͤne dieſes Schreies geben die Vocale A und O0. oh! 5) Schrei von betaͤubenden Schmerzen (douleurs gravatives). Der Schrei von betaͤubenden Schmerzen, wie ſie die Coliken, acute Entzündungen des Bauchfells, der Blaſe, der Unterleibseinge⸗ weide, gewiſſe Kopfſchmerzen zc- begleiten, iſt ziemlich gut ange— deutet durch drei Toͤne der Mitte (trois tons du medium); das G auf der erſten Linie und der folgende halbe Ton, das heißt, das as, hernach das bereits angegebene naturliche G. Der erſte Ton wird durch eine Achtel dargeſtellt, der zweite durch ein Viers tel mit dem Puncte und der dritte, welcher derſelbe iſt, wie der erſte, ebenfalls durch ein Achtel. Die Vocaltoͤne dieſes Schreies bilden die Vocale: ſtummes E und die Naſenſylbe un. No. 5. un, e un. 6) Schrei bei Entbindungen. Die Schmerzen der Geburt entreißen die ſchaͤrfſten und heftig ſten Schreie von allen; ſie haben einen eigenthuͤmlichen Ausdruck, der ſehr bekannt und noch weit merkwuͤrdiger iſt, als der aller anderen Schreie, deren bisher Erwähnung geſchehen iſt. Die dop- pelten Toͤne, welche ihn hervorbringen, koͤnnen durch die unterſte Octave und die Siebenzehnte dargeſtellt werden; z. B., das tiefe C unter der Linie und das hohe D der Fiſtel. Es ſcheint, daß die furchtbaren Schmerzen ein inen den natuͤrlichen Umfang der Stimme erhöhen und zugleich feinen Ume fang vermehren. Die Vocale, welche die beiden Intonationen dies ſes Schreies darſtellen, ſind das ſtumme E und das A, wie bei dem durch die Wirkung eines ſchneidenden Inſtrumentes veranlaßten Schmerze. No. 6. D. N Se # e- ah. e - ah 7) Schrei des Keuchhuſtens. Der ſehr ausgezeichnete Schrei, welcher in dem Krampfhuſten in'sbeſondere den Keuchhuſten characteriſirt, wird ziemlich gut dar⸗ geſtellt durch zwei Noten der erſten Octave (du premier registre), welche unter ſich das Intervall einer Quinte darbieten; z. B., das C unter der erſten Linie und das G auf der zweiten. Das erſte, ſehr kurz und abgeſtoßen, iſt ein Zweiunddreißigſtel; und das zweite, welches zuerſt ein Viertel mit dem Puncte, hernach ein Achtel und ein Sechszehntel iſt, endigt damit, daß fie ſich mit dem erſten vers einigt und, wie dieſes, ein Zweiunddreißigſtel wird. Die Vocal⸗ 10 toͤne dieſes Schreies bilden zwei Sylben, ke und ot, Der frans zoͤſiſche Ausdruck des Huſtenanfalls, ſchreibt ſich wahrſcheinlich von der Beobachtung her, die man gemacht hat, daß gewiſſe Huſten von zwei Tönen zuſammengeſetzt waren, welche zwiſchen ſich das Intervall einer Quinte haben. No. 7. * ke-ot + + + ke - ot ke-0ot ke-ot. See — F + +_ ke- ot ke ot ke-ot ke-ot 8) Schrei des Quaͤkens. Das Quaken, oder die natürliche Stimme der Neugebornen, welche aus zwei Sylben, u und in, zuſammengeſetzt iſt, kann mittelſt eines Achtels und eines Viertels mit einem Puncte darge— vllt werden, die durch das Intervall einer Octave von einander etrennt find; z. B., das G auf der zweiten Linie und feine Oc— tape über den Linien. u in u- In. Wenn die Kenntniß der verſchiedenen Intonationen der aus den phyſiſchen Schmerzen reſultirenden Schreie den Pathologen und den operirenden Aerzten nuͤtzlich ſeyn kann, fo muß auch die Kenntniß der Schreie aus moraliſchen Schmerzen das lebhafteſte Intereſſe gewaͤhren, nicht allein den Phyſiologen, ſondern auch den Componiſten dramatiſcher Muſik und den Kuͤnſtlern der komiſchen und tragiſchen Theater. Wenn die Muſiker immer die diatoniſche Leiter 5 und lebhafte und ploͤtzliche Gemuͤths⸗ Affecte v rem Gedaͤchtniſſe haben, ſo werden ſie leichter dazu gelangen, die Harmonie nachahmend und ausdrucksvoll zu machen, und die Buͤhnen⸗Kuͤnſtler werden im Stande ſeyn, auf ganz na⸗ tuͤrliche Weiſe alle Inflexionen der Stimme eintreten zu laſſen und zu variiren, welche ſich auf die wirkliche Situation der Perſon be— iehen, deren Rolle fie ſpielen. Dieſe [Kenntniß iſt bei großen cteurs gewiſſermaßen inſtinctiv! um nicht dieſe Betrachtungen noch weiter auszuſpinnen, ber gnüge ich mich, durch Noten die Toͤne und Intervalle auszu⸗ ruͤcken, welche die den moraliſchen Schmerzen angehoͤrigen Stimms Inflexionen bezeichnen. 9) Schrei der Freude. Er iſt, wie die meiſten Schreie, aus zwei Tonen gebildet, von denen der eine kurz, der andere aber in die Laͤnge gezogen iſt; z. B., das D unter der Linie und dieſelbe Note auf der vierten Linie. Welch ein Gluͤck! 142 10) Bivats Schrei. Das Vivat⸗Geſchrei iſt, wie der Freudenſchrei, aus zwei Tönen gebildet, die aber untereinander nur das Intervall einer Note haben; z. B., D. E. No. 10. — — — — Drei e-a e-a vi wa. 11) Aufruf» Schrei, Die beiden Zöne, welche den Aufrufs Schrei abgeben, zeigen Intervalle einer Note, welche daraeftellt werden kann durch das tiefe D und das E zwiſchen der vierten und fünften Linie. Die Stimmtöne, welche ihn bilden, nehmen die Interjection hola, oder den Ausruf ah, an. Der erſte Ton iſt kurz, der zweite verlaͤngert. e ho - la ho - la 12) Schrei des Schrecks. Die doppelte Intonation, welche aus dem durch lebhaften und pldtzlichen Schreck, oder durch eine drohende Gefahr, veranlaßten Schrei hervorgeht, iſt die am meiſten mißtoͤnende (Je plus discord de tous), Man kann ſie ausdrücken durch das tiefe C der Violine und das hohe H der Fiſtel, welches zu gleicher Zeit eine Art Ace cord mit dem mittleren C zu machen ſcheint. No. 12. — 2 ah ah. . _/ 13) Schrei des Weinens. Der Schrei des Schluchzens oder des Weinens wird zunoͤchſt durch drei abgeſtoßene Noten, oder drei Zweiunddreißigſtel, waͤb⸗ rend der Inſpiration und hernach durch eine halbe Tact-Note auf die kleine Quinte, oder ſechs halbe Toͤne höher gebracht und durch drei geſtoßene Zweiunddreißigſtel (portée A la quinte mineure ou six demi-tons plus haut et par trois croches saccadées), welche der Quarte entſprechen. Die drei erſten Toͤne koͤnnen dargeſtellt werden durch drei D unter der Linie; der vierte durch ein as und die letzteren durch drei G auf der zweiten Linie. No. 13. Schrei des Schluchzens. — ö A Einathmen. e ee un in in in! 14) Schrei der Abneigung. Der Schrei der Abneigung wird durch zwei Bıugungen der Stimme, die faſt von einerlei Dauer ſind und zwiſchen ſich das Intervall von einer Quarte, z. B., C und F übrig laſſen. 143 e:_ pu a fo hi. Man ſieht, nach dem eben Angegebenen, wie es bis auf einen gewiſſen Punct möalich wäre, die Tonleiter aller unferer Leiden— ſchaften zu entwerfen und eine diatoniſche Leiter der, durch den Schmerz hervorgerufenen, Shreie zu fertigen. Es ſcheint ſelbſt, daß der Erfindungsgeiſt, welcher die Meufchen quält und ſie oft dahinbringt, die allerſonderbarſten Dinge ſich auszudenken ſie ſchon dahingebracht hat, mit den Schreien der Thiere lebende Orgeln zu verfertigen, auf welchen man Concerte von ſonderbarer Natur ausführte und worüber Thatſachen verzeichnet ſind, z. B. in dem Berichte, wel hen Don Juan Chriſtoval Calvete de Eſtella über die Reife Philipp's, Prinzen von Caſtilien, nach den Niederlanden und in Jean Bouchet's Annales d' Aquitaine. Ueber durch fremdartige Beimiſchungen im Brun— nen verdorbenes Trinkwaſſer enthält der Bericht des Zuͤricher Geſundheitsrathes pro 1838 eine Mittheilung, welche wir als einen oft behaupteten und ſelten be— wieſenen, fuͤr die Medicinalpolizei wichtigen Gegenſtand hier auf— nehmen. „Das Ergebniß der chemiſchen Unterſuchung mehrerer, im J. 1838 von dem Geſundheitsrathe dem Profeſſor Dr. Eoͤwig zu dem Zwecke uͤbergebener Flaſchen Brunnenwaſſer aus der Gemeinde Waadt, um nachzuweiſen, ob nicht in demſelben organiſche, von Miſtjauche oder ähnlichen Zerſetzungsproducten thieriſcher Theile herrührende Stoffe enthalten ſeyen? iſt folgendes. Prof. Loͤwig richtete bei der Analyſe feine Aufmerkſamkeit hauptſächlich auf fol- che Stoffe , welche in dergleichen thieriſchen Fluͤſſigkeiten ſich vor: finden und im gewoͤhnlichen Brunnenwaſſer nicht angetroffen wer— den, alſo namentlich auf die Anweſenheit phosphorſaurer Salze, ſalpeterſaurer Verbindungen, Kochſalz und ammoniakaliſcher Salze. Mit dem Inhalte ſaͤmmtlicher Flaſchen wurden daher folgende Ver— ſuche vorgenommen: 1) Das Waſſer wurde, jedes einzeln fuͤr ſich, im Waſſerbade bis zur Trockne abgedampft. Jedes hinterließ, in Vergleich zur verbrauchten Quantitaͤt, einen nicht unbedeutenden dunkel gefaͤrbten, viele organiſche Stoffe enthaltenden Ruͤckſtand. 2) Ein Theil des Ruͤckſtandes wurde mit ein Wenig aufge— loͤſtem Kali deſtillirt; dabei entwickelte ſich fo reichlich Ammonium, daß daſſelbe ſchon durch den Geruch erkannt werden konnte. 5) Ein anderer Theil des Ruͤckſtandes (1) wurde in einer Platinſchaale durch Gluͤhen von den organiſchen Stoffen befreit. Dabei entwickelte ſich derſelbe Geruch, welcher überhaupt bei Zer— ſtorung thieriſcher Subſtanzen beobachtet wird. Die zuruͤckgebliebe— ne Aſche wurde mit Waſſer ausgelaugt und der vom Waſſer unge⸗ loͤſ't gebliebene Theil in verduͤnnter Salzſaure geloͤſ't. 144 4) Die wäfferige Loͤſung (3) reagirt: ſchwach alkaliſch. Mit etwas Salpeterſäure geſaͤttigt, ergaben ſich folgende Reactionen: n, ſalpeterſaures Silberoxyd gab einen ſtarken, weißen, in freier Saͤure unloslichen Niederſchlag; b, Chlorplatinnatrum gab bei Zu— ſatz von Weingeiſt eine kaum bemerkbare Truͤbung; e, kohlenſaures Kali gab keinen Niederſchlag; d, Ammoniak bewirkte keine Reac— tion; e, Chlorcalcium gab in der ammoniakaliſchen Fluſſigkeit einen weißen, in Salzſaͤure loslichen und durch Zuſatz von Ammoniak ſich wiederzeigenden Niederſchlag; k, der trockene Rückitand der waͤſſeri— gen Loͤſung enthielt demnach Kochſalz, phosphorfaures Natron und eine Spur Chlorkalium. 5) Die ſalzſaure Loͤſung (3) gab a, mit Ammoniak einen ſchwach gelbgefaͤrbten Niederſchlag; b, mit kleeſaurem Kali einen ſtarken weißen Niederſchlag: c, mit phosphorfaurem Natron- Am— moniak in der vom kleeſauren Kalke abfiltrirten Fluͤſſigkeit einen Niederſchlag; d, der durch Ammoniak (a) erhaltene Niederſchlag wurde mit ein Wenig Kali gekocht, die alkaliſche Loͤſung mit ein Wenig Salzſaͤure gefättiat, dann mit Ammeniak überfättiat; es zeigte ſich ſogleich ein weißer Niederſchlag, als etwas ſalzſaurer Kalk hinzugefugt wurde. Die ſalzſaure Loͤſung enthielt demnach kohlenſauren Kalk, kohlenſaure Bittererde, phosphorſauren Kalk und Spuren von Eiſen. 6) Ein Theil des Ruͤckſtandes (1) wurde auf fluͤſſiges Zinke amalgam gelegt und mit ſalzſaurer Eiſenoxydulloͤſung uͤbergoſſen. Es zeigten ſich ſehr bald an vielen Stellen ſchwarze Flecken, wo— durch mit Beſtimmtheit Salpeterſaͤure angezeigt ward. “ Das Vorkommen des phosphorfauren Natrons und Kalkes, der nicht unbedeutende Gehalt an Kochſalz, das Vorhandenſeyn der ammoniakaliſchen und ſalpeterſauren Salze, fo wie der ſtickſtoffhal— tigen extractartigen Materien, laſſen keinen Zweifel über das wirkliche Vorkommen von thieriſchen Stoffen in dem unterſuchten Waſſer uͤbrig.“ D Miscellen. Erweichung der vorderen Straͤnge des Halsthei— les des Ruͤckenmarkes kam Dr. Power bei einer Frau von funfzig Jahren vor, welche ploͤtzlich in den oberen und unteren Ertre: mitaͤten eine Paralyſe der Bewegung erlitten hatte. Blaſe und rectum waren nicht afficirt, und in den Gliedmaßen blieb eine leichte Kraft der Bewegung; Verluſt der Empfindung war gar nicht zu bemerken, und ebenſowenig Fieber, Kopfſchmerz oder Stoͤ⸗ rung des Bewußtſeyns; bald darauf ſtellte ſich Dyspnoͤe ein, und das Athmen beſchraͤnkte ſich auf Zellgewebs-Bewegungen; endlich wurde auch das Zwerchfell gelaͤhmt, und der Tod erfolgte unter großer Dyspnoͤe. Bei der Oeffnung fand ſich Erweichung am Cer— vicaltheile des Ruͤckenmarkes. (Dublin Journ., Nov. 1839.) Das Handwurzelgelenk iſt, nach Prof. Guͤnther in Kiel, als ein doppeltes Gelenk zu betrachten, wobei die Gelenkver— bindung zwiſchen den Vorderarmknochen und der erſten Carpalreihe beſonders bei der Extenſion, das eben ſo vollſtaͤndige Gelenk zwiſchen der erſten und zweiten Carpalreihe aber befonders bei der Beu— gung in Anſpruch genommen wird. (Pfaff's Mittheil. VII. 7. und 8.) Bibliographische Memoire sur P’histoire physiologique de la ventriloquie ou en- gastrimysme. Par Colombat, de l’Isere. Paris 1840. 8. Lectures on the physiology and diseases of the Chest. By Charl. J, Williams. London 1839, 8, Neuigkeiten Lettre sur la fievre miliaire, Par A, Robert. 1839. 8. Clinique médicale, ou Choix d’observations recueillies à l’höpital de la Charité (elinique de M. Lerminier). Par G. Andral, 4. edition revue corrigée et augmentee, Cing Volumes Pa- ris 1840. 8. U — — Vene Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober-⸗Medielnalrathe Frorien ju Weimar, und dem Mediemalrathe und Profeſſor Froriev ju Berlin, Mo. 274. (Nr. 10. des XIII. Bandes.) — Februar 1840. Gedruckt im Landes = Induftrie- Gomproir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gi. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. Ra t u r Koͤnnte nicht vielleicht das Sehen bei andern Ge— ſchoͤpfen, als der Menſch, durch andere ausſtrah— lende Elemente, als bei dem Letzteren, vermittelt werden? In der Sitzung der Academie der Wiſſenſchaften am 2. Decbr. las Hr. Biot einen Aufſatz uͤber mehrere Puncte in der Theorie der Strahlung vor, aus welchem wir hier Folgendes ausheben. Bekanntlich beſitzt das Licht die Eigenſchaft, gewiſſe Lebensfunctionen der Pflanzen zu erregen, oder ſelbſt zu be— dingen; aber es hat bisjetzt noch Niemand die Frage auf— geſtellt, ob dieß vermoͤge derſelben Elemente der Ausſtrah— lung geſchieht, welche in unſern Augen die Empfindung des Sehens erzeugen. Iſt es nicht, ſagt Hr. Biot, vielmehr wahrſcheinlich, daß die fraglichen Erſcheinungen durch un— ſichtbare Elemente hervorgebracht werden, welche die ſichtba— ren begleiten und die in unorganiſchen Stoffen gewiſſe che— miſche Veraͤnderungen zu bewirken vermoͤgen? Dieß ließe ſich wohl ermitteln, wenn man ſehr reizbare Pflanzen, z. B., die Mimosa sensitiva, dem Einfluſſe des zerſtreuten oder directen Sonnenlichts mittelſt Dazwiſchenbringung von durch— ſcheinenden Schirmen verſchiedener Art ausſetzte. Man müßte die Schirme aus Stoffen anfertigen, welche zum Verſchlucken der Strahlen von dieſer oder jener Brechbarkeit vorzuͤglich geſchickt ſind, und auch beobachten, welche Gaſe ſich, bei Anwendung ſolcher Schirme, aus unter Waſſer be— findlichen Pflanzen entwickeln. Ich will hier an einen, von mir vor vielen Jahren zu dieſem Zwecke angeſtellten, Ver— ſuch erinnern, deſſen Reſultat ſich heutzutage unſchwer er: klaͤren laͤßt, und mir der eben ausgeſprochenen Anſicht ſehr guͤnſtig zu ſeyn ſcheint. Als ich mich im Jahre 1808, der Beſtimmung des Meridians wegen, mit Hen. Arago auf Formentera befand, ſtellte ich zufaͤllig einige eudiometriſche Verſuche uͤber das ra aus den unter Waſſer gebrachten und von der Sonne Vo. 1374. Wa N beſchienenen Blaͤttern der Agave americana entwickelnde Gas an. Ich erinnerte mich der Stoͤrungen, die Hr. De— candolle in den P rioden des Pflanzenſchlafes durch kuͤnſt— liche Beleuchtung hervorgebracht hatte und wollte die Wir: kungen dieſes Agens auf die Blätter der Agave ameri- cana in Eıfahrung bringen. Zu dieſem Ende brachte ich einige derſelben unter eine umgeſtuͤrzte Glasglocke und ließ mehrere Stunden lang das Licht zweier argandiſchen Lam— pen auf dieſelben einwirken, welches durch zwei, uns zu naͤchtlichen Signalen dienende, große Hohlſpiegel concentrirt wurde. Das Tageslicht wurde ſorgfaͤltig ausgeſchloſſen, und es entwickelte ſich auch nicht eine Luftblaſe. Nachdem ich dieß in Erfahrung gebracht, trug ich die Glocke aus der Hütte, wo fie von dem zerſtreuten Lichte eines bewölkten Himmels beleuchtet ward. Sogleich entwich Gas in außer: ordentlicher Menge. Das von den Reverberen zuruͤckgewor— fene Licht war ſo intenſiv, daß die Augen davon geblendet wurden, waͤhrend dieſe das Tageslicht natuͤrlich ohne alle Ueberreizung ertragen konnten. Das Reſultat dieſes Vex— ſuchs blieb mir im Gedaͤchtniſſe, ohne daß ich mir daruͤber Rechenſchaft geben konnte. Als Hrn. Melloni's Entdek— kungen bekannt wurden, glaubte ich, man koͤnnte es auf Rechnung einiger Waͤrmeſtrahlen des Sonnenlichts ſetzen, die vorzuͤglich leicht durch vegetabiliſche Membranen deingen koͤnnten; allein mehrere von dieſem geſchickten Phyſiker zur Prüfung dieſer Anſicht angeſtellte Verſuche beſtaͤtigten dieſel— be nicht, und ſo blieb jenes Reſultat noch unerklaͤrt. Nach— dem uns Hr. Daguerre endlich feine praͤparitten Papiere dargeboten, welche die Exiſtenz von unſichtbaren Strahlen darthun, die chemiſche Wirkungen aͤußern, und die im Ta: geslichte in unendlich groͤßerer Menge vorhanden, oder doch weit kraͤftiger ſind, als im intenſiveſten kuͤnſtlichen Lichte, zumal wenn man daſſelde durch zwei glaͤſerne Hüllen *) hat „) Nämlich den Glascylinder der Argandſchen Lampe und die Glasglocke. 10 147 ſtrelchen laſſen, wurde mir jenes Reſultat verſtaͤndlich; denn da dergleichen Strahlen ſelbſt dem durch Hohlſpiegel concen— trirten kuͤnſtlichen Lichte faſt ganz abgehen, ſo konnte da— durch kein Gas entwickelt werden, wenngleich daſſelbe die Augen außerordentlich blendete. Auch folgender Umſtand ſcheint mir, ſo faͤhrt Herr Biot fort, von demſelben Principe abhaͤngig zu ſeyn. Der verſtorbene Delaroche und ich ſahen in der Nachbarſchaft der Baleariſchen Inſeln Fiſcher ihre Angellei— nen bis zu einer Tiefe von drei bis vier Hundert Klaftern in die See hinablaſſen. An den Kuͤſten um Nizza fiſcht man auf dieſe Weiſe in 600 Klafter Tiefe. Bei dieſer wuͤrde nun aber, nach Bouguer's Verſuchen uͤber die Durchſichtigkeit des Meerwaſſers, das Sonnenlicht für das menſchliche Auge gar nicht mehr wahrnehmbar ſeyn. Den— noch faͤngt man dort Fiſche mit großen Augen, die hoͤchſt bebend und gefraͤßig find. und die ſich von andern Species naͤh— ren, deren ſie nur mittelſt einer in jenen Tiefen ſelbſt gehaltenen Jagd habhaft werden koͤnnen; denn die in der Schwimmblaſe jener Fiſche enthaltene Luft laͤßt ſich nicht ſo ſchnell ausgeben und wiedereinnehmen, noch weniger ſo geſchwind ſecerniren, daß ſie ſich in ſenkrechter Richtung irgend geſchwind und weit auf- oder niederbewegen koͤnnten. Uebrigens beweiſ't der bedeutende Verhaͤltnißtheil Sauerſtoffgas, den dieſe Luft ſtets enthaͤlt, ebenfalls, daß ſie fuͤr gewoͤhnlich in ſolchen Tiefen leben. Nun laͤßt ſich aber wohl vicht annehmen, daß irgend ein Thier ein ſtark entwickeltes Organ beſitze, welches ihm nichts nuͤtzt Dieſe Fiſche ſehen alſo, und ſe— hen unter Umſtaͤnden, wo fuͤr den Menſchen die vollkom— menſte Finſterniß herrſcht. Dieſe verſchiedenartige Fähigkeit des Sehens erſcheint aber keineswegs paradox, wenn man weiß, daß das, was wir Licht nennen, nur ein beſonderes Element der den ſo— genannten leuchtenden Koͤrpern durch die Ausſtrahlung ent— ſtroͤmenden Materie iſt. Nach den Beobachtungen Arago's uͤber die Strahlen, welche von den Sternen ausgehen, die ſich in der Ekliptik befinden, und auf welche die Erde ſich zu bewegt, reicht eine Veränderung von Pacßhzs ihrer eigen— thuͤmlichen Geſchwindigkeit, auf- oder abwaͤrts, hin, um ih— nen die Faͤhigkeit, von unſeren Augen wahrgenommen zu werden, zu entziehen, und dieſelbe Veraͤnderung kann dieſe Faͤhigkeit andern vorher unſichtbaren Strahlen ertheilen. Da nun ſolche fuͤr uns unſichtbare Strahlen in der Aus— ſtrahlung der Sonne vorhanden find, fo wäre es leicht moͤg— lich, daß manche darunter von dem Meerwaſſer in weit ge— ringerem Grade abſorbirt werden, als die leuchtenden Strah— len des fuͤr uns ſichtbaren Spectrum, auf welche allein ſich die Bouq u er'ſchen Verſuche beziehen, und wenn die in großen Tiefen lebenden Fiſche eine für jene, für uns dun— kelen Strahlen empfindliche Netzhaut beſitzen, ſo iſt es ganz erklaͤrlich, daß fie an Orten, die für uns völlig dunkel ſeyn würden, ſehr ſcharf ſehen koͤnnen. 148 Ueber die Gaͤhrung, Faͤulniß und Verweſung. Von J. Liebig. Wir theilen einen Auszug aus einer intereſſanten Abhandlung in Poggendorff's Annalen 1839 Nr. 9. über die Grundſaͤtze mit, nach welchen die Erſcheinungen von ſelbſt erfolgender, d. h., durch unbekannte Urſachen veranlaßter Zerſetzungen und Veraͤnde— rungen der organiſchen Materie zu beurtheilen ſind. Die Elemente organiſcher Verbindungen, Kohlenſtoff, Waſſer— ſtoff, Stickſtoff und Sauerſtoff, beſitzen einen ungleichen Grad von Anzichung gegen einander. Bei Verbrennung eines Körpers aus Kohlenſtoff und Waſſerſtoff wird zuerſt nur der Waſſerſtoff oxydirt und nur, wenn mehr Sauerſtoff, als dieſe Waſſerbildung erfordert, vorhanden iſt, kommt es auch zur Oxydation von Kohlenſtoff; iſt nicht mehr Sauerſtoff vorhanden, fo ſchlaͤgt ſich der Kohlenſtoff als Kienruß nieder. Ebenſo wird bei Verbrennung einer Stickſtoff-⸗ und Kohlenſtoffverbindung nur der Kohlenſtoff oxydirt, und der Stickſtoff, mit ſeltenen Ausnahmen, als Gas abgeſchieden. Kohlen— ſtoff und Stickſtoff ſtehen mithin in ihrer Verwandtſchaft zum Sauerſtoffe viel weiter von einander, als Kohlenſtoff und Waſſer— ſtoff. Düfes ungleiche Streben, mehr oder weniger innige Verbin— dungen unter einander zu bilden, behaupten dieſe Elemente, in welcher Form fie auch zu einem zuſammengeſetzten Körper fi ver— einigen moͤgen. Die genannten Elemente vereinigen ſich in den mannigfaltig— ſten Berhältniffen zu zuſammengeſetzten organiſchen Atomen. Das einfachſte unorganiſche Atom enthält zwei, das einfachſte orga- niſche unter allen Umftänden drei Aequivalente; und im Allge— meinen enthalten die organiſchen Verbindungen eine groͤßere An— zahl von Atomen oder Aequivalenten in einem zuſammengeſetzten Atom, als die unorganiſchen, obwohl ebenfalls mit großer Verſchie— denheit, indem ein Atom Traubenzucker ſechsunddreißig Aequivalen⸗ te, dagegen die Eſſigſaͤure nur zwölf Aequivalente und Amygda— lin neunzig Aequivalente enthaͤlt. Die Beſtandtheile thieriſcher Materie ſind noch weit mehr zuſammengeſetzt. Der Character einer organiſchen Verbindung iſt abhängig von einer eigenthuͤmli— chen Form, in der die Elemente ſich vereinigt haben, und letztere ſind darin in der Form zuſammengeſetzter Radicale enthalten; ihre Verſchiedenheit bei gleicher oder ungleicher Zuſammenſetzung iſt ausſchließlich abhängig von der Form und Zuſammenſetzung dieſer Radicale; in einem organiſchen Atome ſind mithin zweierlei Arten von Anziehung thaͤtig: 1) Die Anziehung des aus Kohlenſtoff und Stickſtoff, Koh⸗ lenſtoff und Waſſerſtoff, Stickſtoff und Waſſerſtoff ꝛc., zufammenz geſetzten Radicals zu dem Sauerſtoffe oder den andern einfachen oder zuſammengeſetzten Radicalen, mit denen es verbunden iſt; 2) die beſonderen, hoͤchſt ungleichen Grade von Anziehung, welche die Elemente, der Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Sauerſtoff und Stickſtoff, zu einander haben. Der Verwandtſchaft der Elemente wirkt die Verwandtſchaft des Radicals entgegen. Durch die uͤberwiegende Verwandtſchaft des Radicals wird der Character, die Eigenthuͤmlichkeit der Verbindung behauptet, indem in Folge derſelben die Beſtandtheile in einer beſtimmten Ordnung zuſammengehalten werden. Die ungleiche Verwandtſchaft der Ele mente zu einander ſtrebt dieſe Eigenthuͤmlichkeit zu vernichten. Dieſes Verhaͤltniß fol in Folgendem die chemiſche Differenz genannt werden. Ein organiſcher Atom enthaͤlt alſo in ſeiner eigenthuͤmlichen Zuſammenſetzung eine Urſache, die feine Vernichtung herbeifuͤhrt, ſobald das Streben ſeiner Elemente, ſich nach ihren ſpeciellen Ver— wandtſchaften zu einfachern Verbindungen zu ordnen, das Ueberge—⸗ wicht über die Verwandtſchaft des Radicals erhält. Die Veränderungen organiſcher Atome durch fremde Urſachen, inſofern dadurch eine neue Ordnung ihrer Elemente veranlaßt wird, nennt man organiſche Metamorphoſe, deren unterſcheiden⸗ des Merkmal auch darin liegt, daß alle Elemente an der Umſetzung Theil nehmen, alſo kein einzelnes abgeſchieden wird. Je groͤßer die Anzahl der Atome der Elemente in einem einzelnen organiſchen 149 2 Atome, um fo größer find die ſpeciellen Anziehungen der Elemente, und um fo leichter erfolgt eine Metamorphoſe. Organiſche Atome mit zwei Elementen können nur eine Art von Metamorphoſe erkei— den. (Kohlenſtoff und Waſſerſtoff in fluſſiger und feſter Verbin⸗ dung von gleicher procentiſcher Zuſammenſetzung). — Bei Atomen mit drei Elementen iſt die Verwandtſchaft des Radicals meiſtens üderwiegend über die ſpecielle Anziehung der Elemente; die Ver— bindungen haben einen beſtimmten Character, fie find Sauren, oder Baſen, oder unfaͤhig, eine Verbindung einzugehen (neutral). Die noch zuſammengeſetzteren Atome, in denen die Verwandtſchaft des Radicals durch die ſpeciellen Anziehungen der Elemente im Gleich— ewichte gehalten wird, beſitzen einen unbeſtimmten, chemiſchen Kasse: fie find Sauren gegen ſtarke Baſen und Baſen gegen ſtarke Säuren. Bedingung der Metamorphofen ift alfo Störung des Gleich— gewichts in der Anziehung des Radicals zu den damit verbundenen Elementen oder Radicalen, in Folge einer Steigerung der chemi— ſchen Differenz f iner Elemente. Gleichgewichtsſtorung wird bewirkt: a) Durch Aenderung des Cohaſionszuſtandes, welche zwei oder mehr ſeiner Elemente durch den Einfluß der Waͤrme erfahren. b) Durch Berührung mit einem dritten Körper, der keine Vers bindung hier eingeht. c) Durch Hinzutreten der Elemente des Waſſers. d) Durch gleichzeitiges Zuſammentreffen von mehreren dieſer Urſachen. Der Erfolg der Proceſſe iſt entweder ein Zerfallen in mehrere zuſammengeſetzte Atome (Dolymorpbofe), oder ein Zuſammentreten mehrerer einfacherer zu einem zuſammengeſetzteren (Symmorphoſe), wie, z. B., die Verwandlung des cyanſauren Ammoniaks in Harnſtoff. Der Erfolg der Metamorphoſe eines organiſchen Atoms durch den Einfluß der Wärme iſt beiſtickſtofffreien Miſchungen eine Theilung des Kohlenſtoffs in den Waſſerſtoff und Sauerſtoff der Verbindung 5 es entſteht auf der einen Seite ein Oryd des Kohlenſtoffes und auf der andern eine oder mehrere Verbindungen, welche allen Waſſer— ſtoff enthalten, Eſſigſaure, z. Be, zerfällt in Kohlenſaͤure und Ace— tan, Meconfäure in Koblenfäure und Komen- oder Pyromeconſaͤure. Oder es entſteht Waſſer und eine Verbindung, welche allen Koblenftoff enthält. Aepfelſaͤure zerlegt ſich in Waſſer und Fu: mar- oder Egquiſetſaͤure; ameiſenſaures Ammoniak in Waſſer und Blaufäure. Bei gleichzeitigem Auftreten von Waſſer und Kohlenſaͤure wird Kohle abgeſchirden; man erhält in Folge der Umſetzung der Ele— mente der entſtandenen neuen Verbindungen eine große Mannigfal⸗ tigkeit von neuen Producten. Dieß iſt der Erfolg einer Zu— ſammenſetzungsweiſe, die man im Allgemeinen mit trockener De: ſtillation bezeichnet. Bei dieſem Proceß erfolgt immer eine Tbeilung des Kohlen— ſtoffs in den Waſſerſtoff und Sauerſtoff der Subſtanz, und es ent— ſteht Kohlenſaͤure und Kohlenoxyd auf der einen und irgend eine Kohlenwaſſerſtoff-Verbindung auf der andern Seite; bei Ueberſchuß von Kohlenſtoff bleibt Kohle im Ruͤckſtande. Die trockene Deſtil— lation iſt alſo eine im Innern der Subſtanz vorgehende Verbren— nung von einem Theile ihres Kohlen ſtoffs oder Waſſerſtoffes auf Koſten von allen oder von einem Theile Sauerſtoff, in deren Folge ſich die übrigen Elemente zu neuen Verbindungen ordnen. Die chemiſche Natur der durch Einfluß der Wärme auf organiſche Koͤr— per gebildeten Producte hängt meiſtens nur von ihrer Fähigkeit ab, bei einer gewiſſen Temperatur Gasform anzunehmen und ſich damit jeder weiteren Veraͤnderung zu entziehen. Die Wärme wirkt hier gleich einer praͤdisponirenden Verwandtſchaft, und dieſe Fälle müſſen von den eigentlichen Metamorphoſen geſondert werden. Es iſt klar daß die Theilung der Elemente durch Störung des Gleichgewichtes der Beſtandtheile einer Verbindung nach den nämlichen Geſetzen vor ſich gehen muß, wenn die Beſtandtheile des Waſſers daran Theil nehmen, oder wenn dem Einfluſſe der Fluͤch⸗ tigkeit eine Graͤnze geſetzt wird, indem man, z. B., organiſche Materien mit Waſſer einer höheren Temperatur ausſetzt. Durch die Metamorphoſe der Harnfäure verwandelt fie ſich bei'm Hinzu⸗ treten der Elemente des Waſſers bei 200° ohne Gasentwickel ung — 150 in Ammoniak und eine gelbe, in Waſſer nicht lösliche Säure, wel— che allen Kobtenftoff enthält, — MRohrzucker oder Stärke, mit Waſſer auf 200 erhitzt, verwandeln ſich beide durch Aufnahme von Waſſer in Traubenzucker. Diefer Proceß erfolgt ganz, wie, z. B., die Metamorphofe des Oxamid (welches, mit Waſſer auf 220 er: bigt, die Elemente von zwei Atomen Waſſer afjimilirt, einer Seits Oxyde des Kohlenſtoffs mit allem Sauerſtoff, anderer Seits eine Stickſtoffverbindung mit allem Waſſerſtoffe bildete). Der Unterſchied zwiſchen beiden beſteht darin, daß wir die Form zu kennen glauben, welche das Waſſer annimmt, wenn es ſich dem Oxamid afjimilirt, dagegen nicht die Form, in welche es tritt, wenn es ſich mit der Staͤrke verbindet; das erſte iſt eine Metamorphoſe, das zweite eine Symmorphoſe. Die erhöhte Temperatur kann durch Berührung mit andern Koͤrpern, durch chemiſche Verwandtſchaften erſetzt werden, die Ver⸗ bindung mag mit dem neuen Producte oder mit einem ſeiner Be— ſtandtheile geſchehen; z. B., der Rohrzucker verwandelt ſich, in ver: duͤnnter Schwefelſaure geloͤſ't, bei gewoͤhnlicher Temperatur in Traubenzucker. Meconfäure in Berührung mit heißer Salzſaͤure zerfällt augenblicklich in Comenſaͤure und Kohlenſaure; Asparagin mit Säuren in asparaginſaures, Oxamid in oralfaures Ammoniak. Dieſe beiden letzten Metamorppoſen erklärt man gewoͤhnich als ber dingt durch eine Praͤdispoſition der Saͤure zum Ammoniak; allei Tig Klecſaure bewirkt fie ebenfalls, und falpeterfaurer Kalk be: wirft fie nicht, obwohl in dem letzten Falle zwei Verwandtſchaften, die der Salpiterſäure zum Ammoniak und die der Oxalſaͤure zum Kalke, in Thaͤtigkeit geſetzt werden. Durch praͤdisponirende Verwandtſchaft, durch die Einwirkung von Säuren und Alkalien und andern Körpern wird das Gleichge⸗ wicht zwiſchen den Anziehungen der Elemente einer oraaniſchen Verbindung unter allen Umftänten geſtoͤrt; es bilden ſich durch Anſetzung der Elemente neue Producte, deren chemiſche Eigenſchaf⸗ ten entgegengeſetzt find den Eigenſchaften des einwirkenden Koͤr— pers , fo daß ſie ſeiner Wirkung eine Gränze ſetzen, indem fie ſich mit ihm verbinden. Starke Säuren veranlaffen die Bildung von Waſſer, oder baſiſchen Korpern; ftarie Baſen zwingen gewiſſerma⸗ ßen die Elemente, zu einer Säure zuſammenzutreten, wobei gewöhn: lich die Elemente des Waſſers Antheil nehmen. Dieſe Zerſetzungen gleichen denen unorganiſcher Verbindungen durch dieſelben Urſachen; der Unterſchied beruht nur darin, daß bei organiſchen Verbindungen die Leichtigkeit der Metamorphoſe in dem Grade groͤßer iſt, als die Anzahl der Atome der Elemente und die chemiſche Differenz derſelben größer iſt. Bei unorganiſchen oder auch bei einfach zuſammengeſetzten organiſchen Atomen iſt die Zer⸗ ſetzung an eine beſtimmte Bedingung geknüpft; allein bei complexen organifchen Atomen aͤndern ſich die Producte mit der Verſchleden⸗ beit, der Concentration des einwirkenden Koͤrpers und mit der Temperatur, bei welcher die Zerſetzung vor ſich geht, ſo daß man nach der Mannigfaltigkeit der Zerſetzungsproducte auf die complexe Zuſammenſetzung eines organifchen Atoms zurückſchließen kann. Mit der Zunahme des Sauerſtoffs in einem organiſchen Atome wächſ't die Leichtigkeit feiner Zerlegung, weil damit die Verwandt⸗ ſchaft zu den Elementen zunimmt, welche das Radical bilden; eben⸗ ſo nimmt die Zerſetzbarkeit mit der Menge des Sauerſtoffs ab (Talgſaͤure). . Die Kraft des Zuſammenhaltens der Beſtandtheile eines Koͤr— pers iſt unendlich verſchieden; manche koͤnnen durch die ſtaͤrkſten Virwandtſchaften nicht überwunden werden; andere zerfallen bei den ſchwaͤchſten Störungen des Gleichgewichts durch unmerkliche Temperaturunterſchiede, oder die kleinſten Stoͤrungen des Electrici— taͤtszuſtandes. Da nun in der Natur ewiger Wechſel der Tempe⸗ ratur, und bei jeder Beruͤhrung Electricitaͤtsaͤnderungen ſtattſin⸗ den, ſo giebt es Koͤrper, welche nach und nach unabwendbar von ſelbſt zerſetzt werden, z. B., das zweite Oxyd des Waſſers, die hoͤchſte Schwefelungsſtufe des Waſſerſtoffs, die Nitroſchwefelſaͤure u. a., deren allmälig vor ſich gehende Zerſetzung zu einer augen⸗ blicklichen wird, durch Beruͤhrung mit fein zertheilter Kohle, Pla⸗ tin und zahlloſen andern feſten Körpern, ohne daß dieſe bierbei eine Veränderung erleiden. Man bat zur Erklärung dieſer Zerſez⸗ 10 * 151 — zungen eine beſondere Urſache geſucht; allein mit unrecht; wenn man nicht annehmen will, daß Reibung oder Stoß die katalptiſche Kraft in dem knallſauren Silberoryd, Queckſilberoxydul, in dem Ber— thollet'ſchen Knallſilber hervorrufen, daß ſie bei dem Chloroxyde oder der chlorigen Säure die Wärme der Hand, oder eine etwas hoͤhere Temperatur hervorruft, ſo kann dieſe Kraft ebenfalls bei der Zer— ſetzung des Waſſerſtoffſchwefels, oder Waſſerſtoffſuperexyds nicht thatig ſeyn; der Uaterſchied liegt lediglich darin, daß die Zerſetzung in dem einen Falle in einem feſten Koͤrper, in dem andern in einem Gaſe, und in den Fällen, wo man die neue Urſache voraus— ſetzt, in einer Fluͤſſigkeit vor ſich geht. In Vorſtehendem ſind die Regeln angedeutet, nach denen die Umſetzungen der Elemente da erfolgen, wo keine gewöhnliche chemie ſche Zerſetzuug ſtattfindet; in Folgendem iſt eine bisjetzt nicht beach— tete Urſache der Veränderungen zu bezeichnen, welche Verweſung, Faͤulniß, Gaͤhrung und Vermoderung genannt wird. Dieſe Urſache iſt die Faͤhigkeit, welche ein in Zer— ſetzung oder Verbindung, d. h., in einer chemiſchen Action begriffener Körper beſitzt, in einem andern ihn berührenden Körper dieſelbe Thaͤtigkeit hervorzu— rufen, oder ihn fähig zu machen, dieſelbe Verände- rung zu erleiden, die er ſelbſt erfährt; Ähnlich einem brennenden Koͤrper, dem ein anderer genaͤhert wird, um ihn eben— falls anzubrennen. Dieſe Faͤh'gkeit eines in Umwandlung begriffe— nen Körpers, in einem andern Affinitaͤten hervorzurufen, oder die Verwandtſchaft ſeiner Elemente in dem Grade zu ſteigern, daß ſie Verbindungen eingehen, die ſie vorher nicht eingingen, iſt eine be— fondere Aeußerung der Affinitaͤt, wirkend gleich einer eigenthuͤmli— chen Kraft. Beiſpiele für dieſen Vorgang laſſen ſich in Menge anführen; z. B, Platin ift in Salpeterſaure unloslich; wird er mit Silber legirt, fo überträgt ſich die Loͤslichkeit des Silbers auf das Platin. Stickgas verbrennt nicht in Sauerſtoff; aber mit Waffer: ſtoffgas gemengt und in Sauerſtoffgas angezündet, verbrennt der Waſſerſtoff zu Waſſer, der Stickſtoff zu Salpeterſaͤure. Eine merkwuͤrdige Beobachtung in Beziehung auf organiſche Verbindung iſt von Theodor de Sauſſure gemacht worden. Mit Waſſer durchdrungene Dammerde, Ackererde, Holzfaſer (Baumwolle), Seide, Saamen nehmen Sauerſtoff auf, indem fie Kohlenfäure abge— ben; werden ſie aber unter gleichen Bedingungen in eine Miſchung von Sauerſtoff und Waſſerſtoff gebracht, ſo verſchwindet mit dem Sauerſtoffgaſe gleichzeitig Waſſerſtoffgas; beide vereinigen ſich zu Waſſer die Veraͤnderung, welche die organiſche Subſtanz erleidet, theilt ſich dem Waſſerſtoffe mit. Obige Benennungen find von einander zu unterſcheiden: Ver— weſung bezeichnet die Veraͤnderung organiſcher Materie in be— feuchtetem Zuſtande bei gewoͤhnlicher Temperatur; ſie hoͤrt auf bei dem Frierpuncte des Waſſers und bei Abſchluß des Sauerſtoffes. Es iſt ein Verbrennen in niederer Temperatur; wird der Zutritt der Luft durch Waſſer abgeſchloſſen, ſo geht die Verweſung in Faͤulniß über; dieſe nämlich iſt eine Verweſung ohne den Sauer— ſtoff der Atmoſphaͤre, indem die Verbrennung eines oder mehrerer Elemente auf Koften des in der Materie oder im Waſſer enthalte— nen Sauerſtoffs vor ſich geht. Bei gehindertem Zutritte des Sauerſtoffs und bei Mangel von Waſſer tritt Faulniß und Ver— weſung gleichzeitig ein, was man Vermoderung nennt. Gaͤh— 152 rung iſt die Faͤulniß vegetabiliſcher Subſtanzen ohne unangench⸗ men Geruch. 3 In einem aus Kohlenſtoff, Wafferftoff und Sauerſtoff zufame mengeſetzten verweſenden Körper muß (nach dem Geſetze der Eler mente) ein Theil oder aller Waſſerſtoff ſich als verörennlichſter Beſtandtheil zuerſt und allein mit dem Sauerſtoffe zu Waſſer vers binden; die übrigen Elemente werden mit dem Sauerſtoffe der Subſtanz zu waſſerſtoffarmeren Oxyden vereinigt, oder der Sauer⸗ ſtoff verbindet ſich mit einem Theile des Kohlenſtoffs und geht als Kohlenſäure weg. Dieſe Verbindung des Koblenſtoffes tritt nicht fruͤher ein, als bis aller damit verbundene Waſſerſtoff in Waſſer verwandelt iſt. Wird bei dem Acte der Verweſung mehr Sauer— ſtoff aufgenommen, als der Menge des in Waſſer verwandelten Waſſerſtoffs entſpricht, ſo iſt ein waſſerſtoffaͤrmeres Oxyd entſtan— den, welches durch Aufnahme von Sauerſtoff eine hoͤhere Oxyda— tionsſtufe bilden kann. — Dieſe Regeln ergeben ſich aus den bis jetzt allein genau bekannten Verweſungsproceſſen, der Eſſigſaͤure— Bildung aus Alcohol und der Humusbildung aus verweſenden Ve: getabilien. (Schluß folgt.) Miscellen. Ueber eine eigenthuͤmliche Bewaffnung des Zwi— ſchenkiefers der reifen Embryonen der Schlangen und Eidechſen hat Hr. Prof. Muller am 11. Novbr. der K. Academie der Wiſſenſchaften zu Berlin ſeine Beobachtungen mitge— theilt. Dieſe Bewaffnung, die in den beiden genannten Ordnungen der beſchuppten Amphibien ganz allgemein iſt, hingegen in der Ord— nung der Krokodile und Schildkroͤten durchaus fehlt, beſteht in ei— nem langen, auf der Flaͤche gekruͤmmten Koͤrper, welcher in die Categorie der Zahnbildungen zu gehoͤren ſcheint. Die etwas breite Baſis dieſes Inſtrumentes iſt beweglich an der untern Seite des Zwiſchenkiefers befeſtigt und kann etwas vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts, aber nicht von einer Seite zur andern, gebogen werden. Vorn wird dieſer Körper allmälig ſchmaͤler und von Oben nach Unten duͤnn und endigt zuletzt mit einem ſcharfen vorderen Rande, ber Schneide des Zahngebildes, die in verſchiedenen Gattungen eine verſchiedene Geſtalt hat. Dieß Organ iſt immer von Oben nach Unten und Vorn gebogen, und ſein ſcharfes Ende ſieht daher an den reifen Embryonen aus dem Munde frei hervor. Auch diejeni— gen Schlangen, die im erwachſenen Zuſtande keine Zaͤhne im Zwi— ſchenkiefer beſitzen, haben doch dieſe foͤtale Bewaffnung des Zwi— ſchenkiefers. Es laͤßt ſich vermuthen, daß die reifen Embryo— nen der Schlangen und Eidechſen ſich dieſes Organes wie eines Meiſels bedienen, um die Schaale zu zerbrechen, oder einzuſchnei— den. Bei den lebendig gebaͤrenden Schlangen mit weicherer und den eierlegenden mit haͤrterer Schaale zeigen ſich uͤbrigens in der Form und in der Ausbildung des Organs keine Unterſchiede. Eine neue Voltaiſche Säule von ungewoͤhnlicher Staͤrke, nach dem Grove'ſchen Principe conſtruirt, hat Herr Profeſſor Schoͤnbein in der Beilage Nr. 12. zur Allgemeinen Zeitung, vom 12. Januar, beſchrieben. Necrolog — Der verdiente Optiker, Lerebours, zu Paris, iſt am 13. Februar geſtorben. ek en n Da, Beobachtungen uͤber die Behandlung des acuten Rheumatismus durch Opium. Von Dr. Corrig an. Schon Sydenham beklagt es, daß er acuten Rheuma— tismus bei geſchwaͤchten Kranken nicht ohne Blutentziehung zu heilen im Stande ſey, weil durch den Blutverluſt andere, Jahre lang dauernde, Leiden herbeigefuͤhrt werden. Dennoch iſt Sydenham der groͤßte Vertheidiger der antiphlogiſti— ſchen Behandlung des Rheumatismus, obwohl er nach den 1 Blutentziehungen auch Abfuͤhrmittel anwendet, und ſogar einmal anfuͤhrt, daß auch ohne Blutentziehungen durch ca- thartica die Heilung bewirkt werden koͤnne. Wahrſcheinlich würde er feine Behandlung noch mehr geändert haben, hätte dieſem nicht feine Hypotheſe von der Natur der Krankheit entgegengeſtanden. Seit jener Zeit hat man ſehr verſchie— dene Behandlungen empfohlen, die ſich zum Theil gerade entgegenſtehen, woraus ſich ergiebt, daß die Krankheit, in der That, auf ganz verſchiedene Weiſe zu heilen iſt; doch wird man dabei gern zugeben, daß eine derſelben vorzuͤgli— 153 cher ſeyn werde, entweder in Bezug auf Abkuͤrzung der Dauer der Krankheit, oder in Bezug auf ſicherere Verhuͤtung bedenklicher Complicationen, wie pericarclitis, endocardi- tis, oder innere Metaſtaſen, oder in Ruͤckſicht auf Scho— nung der Kräfte des Kranken. In dieſer Beziehung glaube ich, daß der Behandlung durch Ooium alle diele Vorzüge zukommen. Dieſes Mittel kuͤrzt die Dauer der Krankheit ab; es bringt den Kranken verhaͤltnißmaͤßig mit wenig Lei— den durch eine fo ſchmerzhafte Krankheit durch; es ſchont feine Krafte, fo daß er als Reconvalescent ohne beſondere Schwaͤchung aufſteht; endlich vermindert es auch auf eine ſehr merkwuͤrdige Weiſe die Tendenz zu Complicationen, wie pericarditis, endocarditis ır. Einige Fälle werden zunächft die Art der Behandlung zeigen, wobei ich bemerken muß, daß ich in den drei erſten Fallen noch Calomel mit dem Opium verband, weil ich zu: erſt noch nicht den Muth hatte zu dem fortgeſetzten Ge— brauche des Opiums in großen Doſen; bei größerer Erfah: rung ging ich aber zu dem Opium allein uͤber. Erſter Fall. Maria Auna Mullen, 17 Jahr alt, wurde am 8. Maͤrz in das Spital aufgenommen. Sie war ſeit ſieben Tagen krank und nicht im Stande, im Bette ſich umzudrehen. Die Gelenks an Hand, Ellenbogen, Knie und Knoͤchel waren roth, geſchwollen und ſehr ſa merz— haft; die Schultern und der Nacken waren ebenfalls ſchmerz— haft und ſteif. Sie lag ganz huͤlflos im Bette; die Haut war heiß; der Puls 108, weich und voll; das Geſicht mit Schweiß bedeckt; die Zunge feucht und gelb; Verſtopfung. Sie erhielt in 4 Doſen 10 Gr. Calomel mit 4 Gr. Opium und ein purgans mit Colchicum am nuͤchſten Morgen. Am gten, loten und 11ten wurde das Calomel mit Opium wiederholt; in der Nacht vom 11. ſchlief ſie wenig. Am 12. erhielt fie 3 Gr Opium alle vier Stunden, alſo 8 Gr. in vierundzwanzig Stunden, ohne Einwirkung auf das Gehirn. Am 18., nach einer Gabe Ricinusöl, erhielt fie Abends 14 Gr. Morphium aceticum; am 14. dieſelbe Quantität. Am 16. erhielt fie Chinin; am 17. war fie geheilt. Zweiter Fall. Egan, 19 Jahr alt, wurde am 15. Januar 1838 aufgenommen. Drei Wochen zuvor hat er ſich erkaͤltet und Schmerzen in den Knieen, Knoͤcheln und Füßen, ſpaͤter in den Schultern, bekommen. Seine Zunge war belegt; der Puls 112; die Haut heiß. Er konnte den Arm nicht bewegen; die Hand- und Fingergelenke wa— ren geſchwollen, roth und ſchmerzhaft. Er klagte uͤder Em: pfindlichkeit bei Druck auf die Herzgegend, jedoch ohne einen krankhaften Herzton. Er nahm in den erſten 24 Stunden 6 Pillen von 1 Gr. Opium mit 2 Gr. Calomel. Daſſelbe wurde am 17. und 18. wiederholt; am 20. ohne Calomel; am 25. bekam er 14 Gr. Opium alle vier Stunden; am 29. Chinin; am 30. war er geheilt. Dritter Fall. Am 19. Januar 1838 ſah ich in der Praxis meines Freundes, Dr. Doyle, einen Herrn R., 30 Jahr alt, welcher feit mehreren Tagen fluͤchtige Schmer— zen und ſeit drei Tagen einen ſehr acuten Schmerz im Nak— ken, in den Schultern, im Kreuze, in den Knieen und 154 Hands und Fußgelenken hatte die Gelenke waren geſchwol⸗ len, roth und ſehr ſchmerzhaft; ſeit drei Naͤchten kein Schlaf; Puls 13; Daer function frei; Zunge weiß belegt; Urin dunkel mit rothem Sedimente; die Haut ſtellenweiſe ſchuitzend. Ein Gran Opium mit 2 Gran Calomel alle drei Stunden; Opiatfomente auf die Gelenke. Tags darauf weniger Schmerz; Puls 120, aber kein Schlaf. Opium zu 12 Gr., alle drei Stunden geſteigert. Am 21. etwas Schlaf, Puls 104; die Schmerzen und Gelenkgeſchwulſt vermindert; Opium wurde fortgeſetzt. Am 22. Puls 92; guter Schlaf; Opium zu 14 Gr. alle drei Stunden, bis zum 24., wo gar kein Schmerz und vollkommen ruhiger Puls zugegen war. Chinin. Vierter Fall. Michael Quin, 33 Jahr alt, hatte vor vierzehn Tagen nach einer ſtarken Durchnaͤſſung Schmer- zen in den Fußgelenken und Tags darauf in den Knieen, Huͤften und dem Ruͤcken bekommen. Bei der Aufnahme war das linke Fußgelenk, die linke Schulter und das rechte Knie ſchmerzhaft, heiß und geſchwollen; die Darmfunction frei; die Zunge weiß belegt; Puls 104. Ein warmes Ca— millenfoment mit Campherſpiritus wurde uͤber die Gelenke gelegt, und er erhielt 1 Gr. Opium mit 4 Gran ſchwefel— ſaurem Chinin alle vier Stunden. Tags darauf 3 Gran eſſigſaures Morphium alle drei Stunden. Am 18. wuter Schlaf, viel weniger Schmerz; die Haut feucht; der Puls 104. Dieſelbe Behandlung wurde fortgeſetzt, aber das Morphium etwas vermehrt zu 4 Gran alle zwei Stunden. Am 20. waren Hand- und Ellenbogengelenke frei, die Schulterſchmerzen ſehr vermindert, beide Kniee ſchmerzhaft, guter Schlaf; Puls 104. Am 23. bei fortgeſetzter Be— handlung war der Puls weich, Haut kuͤhl, Schlaf gut, Zunge feucht, im rech:en Kniee bei der Bewegung feor we— nig Schmerz; die Darmfunction frei. Morphium mit 2 Gran Campher zu jeder Doſis wurde fortgefegt; Fleiſch— bruͤhe. Am 26. wegen Diarrhoͤe eine Kalkmixtur mit tinet. Opii; er erhielt ſodann in der Convalescenz drei Mal tägs lich 1 Gran Chinin mit zwei Loͤffeln mistura Guajaci. Fuͤnfter Fall. Herr K., 20 Jahr alt, litt ſeit vier Tagen an Fröften und Appetitloſigkeit am vierten Tage; am 27. October ſchwollen Hand-, Ellenbogen- und Schul— tergelenke; am 28. war die ſchmerzhafte Geſchwulſt ver— mehrt; der Puls ſchnell und hart, 120; die Zunge ſehr weiß; der Urin dunkelroth; 1 Gran Opium alle drei Stun— den. Im 29. Beſſerung nach einer guten Nacht, gleiche Behandlung. Am 30. dauert die Beſſerung fort. Am 31. wurde der Rheumatismus fluͤchtig, er verließ die obere Ex— tremitaͤt und befiel Huͤft- und Kniegelenk der andern Seite; der Puls ſank auf 92. Alle drei Stunden 2 Gr. Opium. Die naͤchſten zwei Tage war der Rheumatismus ſehr ver> aͤnderlich. Bei dieſen fluͤchtigen Anfaͤllen wurde der Puls bisweilen ſehr ſchwach; er fuͤhlte Druck und Zuſammen— ſchnuͤrung auf der Bruſt; der Geſichtsausdruck wurde ſehr aͤngſtlich; der Schweiß profus. 1 Gr. Opium mit 14 Gr. Chinin alle drei Stunden. Am 3. Novbr. merkliche Beſſe— rung; die Schmerzen waren faſt verſchwunden; der Puls 84 und ruhig. Die Mittel wurden aus Vorſicht fortgeſetzt. Am 9. wurde der Kranke nach Hauſe entlaſſen. In die⸗ 153 ſem Falle waren die Symptome zwei Tage lang ſehr be: denklich und drohten in pericarditis uͤberzugehen; aber bei beharrlicher Fortſetzung der Behandlung war der Kranke in zwölf Tagen geheilt, ohne merkliche Verminderung feiner Kräfte. Sechster Fall. Am 24. April beſuchte ich meinen Freund, Dr. Aldridge, in einem ſehr heftigen Anfalle der Krankheit. Faſt alle Gelenke waren geſchwollen und ſehr ſchmerzhaft. Die Schmerzen zogen von Gelenk zu Gelenk; Puls 120; Zunge ſehr belegt, aber feucht; ſehr laͤſtige Schlafloſigkeit. Der Anfall dauerte bereits drei Tage. Ich empfahl Opiatbebandlung, zuerſt 1 Gran alle zwei Stun— den, ſodann 1 Gr. ſtuͤndlich, bisweilen ein Abfuͤhrmittel, dieß wurde dreizehn Tage fortgeſetzt; am 14. mixtura Guajaci mit Chinin; am 15. konnte er wieder herumge— hen und beſchrieb die Behandlung als ſehr angenehm, in— dem die Schmerzen durch das Opium ſo beſchwichtigt wur— den, daß er mit verhaͤltnißmaͤßig geringen Leiden durch den Anfall durchkam Dr. Aldridge ſchrieb mir folgende Be— merkungen uͤber die Opiatbehandlung: | „Ich hatte vor acht Jahren nacheinander zwei Anfälle von Rheumatismen, nach welchen die Reconvalescenz ſich mehrere Monate hinzog. Im April d. J. waren meine Kräfte durch die Anſteengungen des Winters ſehr erſchoͤpft; ich war mißgeſtimmt, ſchwach und hypochonder. Die erſte Andeutung eines neuen Anfalls war ein oͤfter wiederkehren— des Gefuͤhl von Ohnmacht, das unangenehme Gefuͤhl des Ausſetzens des Herzſchlages in der Herzgegend. Hierauf folgte zwei Tage lang Fioͤſteln, allgemeine Unbehaglichkeit und die uͤbrigen Vorboten des Fiebers; ich nahm ein war— mes Bad, befand mich aber viel uͤbler. Es ſtellten ſich heftige Schmerzen in den kleinen Gelenken ein; am folgen— den Morgen machte ich eine Blutentziehung aus meinem Arme; da dieſe nicht half, ſo wendete ich mich an Sie. Sie fanden mich mit geſchwollenen Hand- und Fußgelenken, mit heftigen Schmerzanfaͤllen bald in dieſem bald in jenem Gelenke und zwar mit Schmerzen, gegen welche Zahnſchmerz eine Wohlthat iſt. Sie beruhigten mich durch die Ver— ſicherung, daß mein Herz frei ſey, und nach Darreichung eines Abfuͤhrmittels erhielt ich ein Gr. Opium alle zwei Stunden. Ich geſtehe, daß ich daruͤber erſchreckt war, zu— mal da ich immer bei Fiebern zu Kopfaffectionen geneigt geweſen war. Ich gehorchte ungern, hatte aber bald Grund, mit der Verordnung zufrieden zu ſeyn, da von nun an die Anfälle zwar noch eintraten, aber keinesweges fo unertraͤg— lich waren. Ich ſchlief viel; mein Kopf blieb frei außer, wenn ich zuweilen eine zu große Doſis Opium nahm. Am 14. Tage war ich bereits im Stande, die Treppe hinabzu— gehen; hierauf rieb ich meine Gelenke, die bisweilen noch ſchmerzten, mit einem Linimente aus Schwefel und Cam— pheroͤl und nahm innerlich Chinin mit Guajak. Seitdem habe ich bis jetzt, d. h. vier Monate lang, nicht den leich— teſten Ruͤckfall gehabt. So viel ich mich erinnere, habe ich waͤhrend meiner Krankheit etwa 200 Gr. Opium ge— nommen.“ Siebenter Fall. Am 3. Mai ſah ich Herrn H., 26 Jahre alt, welcher ſeit drei Tagen an acutem Rheu⸗ 156 matismus litt. Die Schulter-Hand- und Kniegelenke wa— ren geſchwollen und ſchmerzhaft und wegen der bald da, bald dort vortretenden Schmerzen hat er ſeit drei Naͤchten nicht geſchlafen; Puls 120, voll; Zunge feucht. Taͤglich bekam er, ſechs Tage lang, 8 — 10 Gr. Opium. Am ſiebenten Tage Opium mit Guajak und Chinin; am achten Tage nur noch etwas Steifigkeit der Gelenke; Puls 76; Appetit gut. Achter Fall. Herr Clarke litt ſeit einigen Tagen an pleuritis, welche durch Blutentziehungen und Mercur beſeitigt wurde. In der Reconvalescenz ſchwoll das Zahn: fleiſch; er bekam Geſchwulſt der Kniee, Schultern und der Knoͤchel; es folgte acuter Rheumatismus, welcher die Ger lenke, den Nacken und den thorax befiel, feine Reſpiration beengte und ſeinem Geſichte einen aͤngſtlichen Ausdruck gab. Er erhielt 1 Gr. Opium alle vier Stunden, hierauf 14 Gr.; nach drei Tagen war er frei von Schmerz, ließ die Pillen weg, und bekam einen leichten Ruͤckfall; 2 Gr. Opium wurden dreiſtuͤndlich 24 Stunden lang gegeben, wo— rauf der Schmerz vollſtaͤndig wegblieb. Ich koͤnnte die Anzahl der einzelnen Faͤlle noch ver— mehren, was indeß unnoͤthige Wiederholung wäre, Ich will daher nur noch einige allgemeine Bemerkungen bei— fuͤgen. Die wichtigſte Regel fuͤr die Anwendung des Opiums bei acutem Rheumatismus iſt die, daß min hinreichende Gaben anwende. Einige haben erfolglos dieſe Behandlungs— weiſe verſucht; als ich mich aber naͤher erkundigte, ergab ſich, daß ſie alle vier oder ſechs Stunden 1 Gr. gaben. Dabei traten aber nur die ſtimulirenden Wirkungen des Mittels hervor; um die beruhigenden Wirkungen zu erlan— gen, muß man ſo lange in der Doſis ſteigen, bis der Kranke ſich erleichtert fuͤhlt, und muß erſt dann bei einer Doſis bleiben, wenn die Krankheit ſtaͤtig dabei abnimmt. Zuerſt erkennt man die richtige Doſis daran, daß der Kranke auf Befragen angiebt, daß er zwar nicht geſchlafen habe, aber frei von Schmerzen ſey und ſich behaglich fuͤhle. Der achte Fall zeigt, wie raſch die groͤßern Doſen wirken. Ein Ruͤckfall wurde durch dreiſtuͤndlich 2 Gr., alſo 16 Gr. in 24 Stunden, ſogleich gehoben. Gewöhnlich werden 10 — 12 Gr. in 24 Stunden hinreichen. Der Umſtand, daß das Mittel ſo gut vertragen wird, iſt ein merkwuͤrdiger Zug bei dieſer Behandlungsweiſe und ſpricht zu Gunſten derſelben. Der Kopf wird durch die große Quantitaͤt von Opium nicht eingenommen, ſelbſt dann nicht, wenn, wie bei Dr. Al: dridge, Dispoſition dazu vorhanden iſt. Ein anderer ſehr auffallender Umſtand iſt der Eintritt von Diarrhoͤe, waͤh— rend der Kranke Opium nimmt, und zwar einer Diarrhoe, die bisweilen ſo heftig wird, daß ſie Staͤrkeclyſtire oder Kalk— mixtur mit Kino erfordert. Es iſt ſelten noͤthig, den Kranz ken waͤhrend des Gebrauchs des Opiums Abfuͤhrmittel zu reichen; ja bisweilen bringen die Abfuͤhrmittel die Schmer— zen wieder hervor, entweder weil ſich der Kranke bei'm Aufſtehen erkaͤltet, oder weil die geſteigerte Thaͤtigkeit der Daͤrme erhoͤhte Reizbarkeit veranlaßt. War nicht zu An— fange Verſtopfung zugegen, ſo iſt es vortheilhaft, wenn der Kranke nur einmal alle zwei Tage Oeffnung hat. 157 In den meiſten Fillen habe ich außerdem Embrocatio— nen der afficirten Gelenke angewendet, entweder aus wars mem Terpenthinoͤl, oder wenn dieß zu reizend war, aus Campherſpiritus, bisweilen auch aus einem Decoct von Mohnkoͤpfen. War das allgemeine Leiden voruͤber und nur noch Steifigkeit mit kaum merklicher Geſchwulſt vorhanden, ſo nahm ich ein Liniment aus gleichen Theilen Terpenthin— öl und Campheroͤl, mit einer Drachme Schwefel auf die Unze Liniment, ’ Im Verlaufe eines Falles von acutem Rheumatismus koͤmmt ein Zuſtand vor, welcher bisweilen ſehr in Verlegen— heit ſetzt. Das Fieber ſcheint gebrochen, die Haut iſt feucht, ja ſogar bisweilen mit Schweiß bedeckt und dam— pfend, dabei aber klebrig, blaß und aufgedunſen; die Schmer— zen beginnen herumzuziehen; der Puls wird beſchleunigt und kleiner; in dieſem Zuſtande iſt ſchwefelſaures Chinin mit Opium das zweckmaͤßigſte Mittel, wie, z. B., in dem fuͤnf— ten Falle. Ein anderes wirkſames Mittel, wenn das acute Stadium vorüber iſt, iſt die mixtura Guajaci. Da ich nicht uͤber die acute Form der Krankheit hinaus mich ver— breiten möchte, fo fage ich auch nichts über das Kali hy- droiodieum, oder uͤber irgend eines der andern gegen chro— niſchen Rheumatismus wirkſamen Mittel. Es giebt aber eine Form des acuten Rheumatismus, in welcher die Opiat— behandlung unbefriedigt laͤßt, wenn man dieſelbe allein an— wendet; dieß iſt die Form, welche bei Praͤdispoſition zu Gicht auftritt und als eine Combination der Gicht mit Rheumatismus betrachtet werden muß. Eine Vergleichung der Opiatbehandlung mit dem Ver— fahren von Bouillaud iſt in doppelter Ruͤckſicht anzuſtel— len: erſtens in rein practiſcher Beziehung, zweitens ruͤck— ſichtlich der Uebereinſtimmung mit den allgemeinen Grund— fügen der Pathologie und Therapie. Der erſte Punct muß rein empiriſch entſchieden werden, und es kommt ed bei an auf Abkuͤrzung der Dauer und Verminderung der Heftigkeit der Schmerzen; 2. auf moͤglichſt geringe Schwaͤchung in der Reconvalescenz; 3. auf Verhuͤrung der complicirenden Herzkrankheiten, welche ſo oft ſpaͤter noch nach langen Leiden den Tod herbeifuͤhren. In runder Zahl iſt die Dauer mei— ner Faͤlle in Mittel ſiebzehn Tage vom Eintritte des Anfalls und neun Tage vom Beginne der Opiatbehandlung; bei Bouillaud dagegen war die mittlere Dauer ſeiner erſten acht Fälle 55 Tage vom Beginne des Anfalles und 26 Tage vom Beginnne der Behandlung durch Blutentziehun— gen; dennoch ſcheinen einige Falle ven Bouillaud zur Zeit der Entlaſſung aus der Behandlung keinesweges geheilt geweſen zu ſeyn; im erſten Falle waren die Symptome pleuritiſcher Ergießung, im dritten Falle Schulterſchmerz und im achten Falle ſogar Blaſebalggeraͤuſch vorhanden. Was die Erleichterung des Kranken betrifft, fo iſt hier der Vortheil ganz auf Seiten der Opiatbehandlung; die Kran- ken werden nicht narcotiſirt, fuͤhlen ſich aber ruhig und un— terſcheiden ſich weſentlich von dem wimmernd unruhigen Zus ſtande der Kranken bei antiphlogiſtiſcher Behandlung. Was die Erhaltung der Kräfte für die Reconvalescenz betrifft, ſo iſt dieſer Umſtand zwar von nicht geringer Wich⸗ 158 tigkeit, denn keine Krankheit iſt geneigter zu Nüdfälten, als Rheumatismus, und wir haben dem Arbeiter und Hand— werker wenig geleiſtet, wenn wir ihn bei der Cur des Rheu— matismus ſo geſchwaͤcht haben, daß er Exkaͤltungen weniger zu widerſteben vermag. Schon Sydenham erkannte dieß an und ſprach dadurch zu Gunſten des Opiums, durch wel- ches die Kräfte gar nicht angegriffen werden. Bei der Mes convalescenz nach der Opiatbehandlung muß ſich der Kranke nur noch von der localen Steifigkeit und Schwaͤche erholen, während Bouillaud's Schlag auf Schlag ſich wiederho⸗ lende Aderlaͤſſe, Blutentziehungen durch Schroͤpfen, Einwik⸗ kelungen, Blaſenpflaſter und Mercurialſalben betraͤchtlich ſchwaͤchen muͤſſen und, wie Bouillaud ſelbſt zugiebt, bei der leichteſten Erkaͤltung einen Ruͤckfall veranlaſſen und noch auf Jahre hinaus den Patienten auch andern Krankheiten mehr bloßſtellen; die Opiatbehandlung entſpricht alſo allein der zweiten Aufgabe. Noch mehr iſt es dieß bei der dritten der Fall, naͤm— lich bei Verhütung der Complication mit endocarditis oder pericarditis. Dieſe find der Schrecken der Practiker, denn ſie bedingen, ſelbſt bei der richtigſten Behandlung, Jahre lange Leiden und enden nur mit dem Tode. Zur Verhuͤ— tung derſelben ſteht die Opiatbehandlung uͤber allen Behand— lungsweiſen. In den acht mitgetheilten Faͤllen wurde das Herz kein einzig Mal ergriffen; einige Mal drohte dieſe Ge— fahr, wurde aber durch beharrliche Opiatbehandlung beſei— tigt. In meiner ganzen Praxis iſt mir nur ein einziger Fall vorgekommen, wobei das Herz ergriffen wurde; Bouil— laud dagegen ſagt, nach ſeiner Erfahrung ſelbſt, daß pe— ricarditis oder endocarditis ein faſt beſtaͤndiger Beglei— ter des acuten Rheumatismus ſey und ein ander Mal, daß achtmal unter neun Faͤllen der Rheumatismus von Affec— tion der fibroͤſen Theile des Herzens begleitet werde. Dieß iſt ein ſchrecklicher Commentar ſeiner Behandlungsweiſe und wuͤrde ſchon allein hinreichen, der Opiatbehandlung den Vorzug einzuraͤumen. Nun noch einige Bemerkungen uͤber die Darreichung des Opiums in Beziehung auf die Grundſaͤtze der allgemeiz nen Pathologie und Therapie. Sydenham und Bou il— laud betrachten die Krankheit als Gelenkentzuͤndung, Roche und And ral als plethora mit Veränderung des Blutes. Bei der letzten Anſicht iſt nicht zu begreifen, warum die Krankheit von Gelenk zu Gelenk wandern ſoll, waͤhrend doch ſaͤmmtliche Blutgefaͤße veraͤndertes Blut enthalten, und wa— rum die Herzaffection Intermiſſionen machen ſollte, da noch immer daſſelbe veraͤnderte Blut darauf einwirkt. Bei ſo haltloſer Theorie laſſen ſich auch keine zweckmaͤßigen practi⸗ ſchen Folgerungen erwarten. Nach Bouillaud, foll die Krankheit in einfacher Entzuͤndung beſtehen; Schmerz, Ge— ſchwulſt und Turgescenz werden zwar als Entzündung be⸗ zeichnet, find aber doch auch oft vorhanden, ohne daß Ent- zuͤndung angenommen werden kann. Andral ſagt daher, bei Entzuͤndung finde ſich Störung der Circulation (Rothe, Congeſtion, Turgestenz), Störung der Nutrition und Se— cretion (Ergießung) und Störung der Innervation Schmerz); bei gewöhnlichen Entzuͤndungen find dieſe drei Puncte ver: 159 einigt; die Circulationsſtoͤrung iſt vorherrſchend und Blut: entziehung indicirt; dagegen bei vorherrſchender Innervation mit localer Congeſtion werden zwar die uͤbrigen Functionen ebenfalls geſtoͤrt, ſo daß zuletzt das Bild der Entzuͤndung herauskoͤmmt, aber doch ein von gewoͤhnlicher Entzuͤndung verſchiedener Zuſtand vorhanden iſt. Die Aufeinanderfolge der Erſcheinungen iſt von großer Wichtigkeit. Z vei Pati— enten leiden an Lichtſcheu, Kopfſchmerz, Funkenſehen, Tur— gescenz der Kopfgefaͤße und Klopfen der temporalis und carotis; dennoch iſt bei beiden die Natur der Krankheit verſchieden; bei dem Einen nuͤtzt Blutentziehung, bei dem Andern reizende oder Opiatbehandlung, weil bei dieſem die Störung der nervoͤſen Functionen das Primäre war. Aehn— lich verhaͤlt ſich's mit dem Rheumatismus; dieſer tritt als Neuralgie auf und verbindet ſich erſt ſpaͤter mit Geſchwulſt und andern Entzuͤndungserſcheinungen, welche auch ſpaͤter noch leicht von gewoͤhnlicher Entzuͤndung zu unterſcheiden ſind. Hiernach iſt auch die Behandlung gegen das primaͤre Leiden, die Innervationsſtoͤrung, zu richten, und dadurch wird auch der raſche Uebergang von Schmerz, Geſchwulſt u. ſ. w. von einem Theil auf den andern erklaͤrt, eine Er— ſcheinung, die mit der Annahme von plethora oder ver: aͤndertem Zuſtande des Blutes nicht in Uebereinſtimmung zu bringen iſt. Auch das Begleitungsfieber iſt kein Entzuͤndungsfieber. Bei acutem Rheumatismus zeigt ſich bei einem Pulſe von 130, alſo ſcheinbar ſehr heftigem Fieber, feuchte oder ſchwiz— zende Haut, welche bei Entzuͤndungsfieber immer erſt das Stadium des Nachlaſſes bezeichnet, waͤhrend die feuchte Haut bei'm Rheumatismus nicht ſelten eine Verſchlimme rung begleitet. Es iſt alſo hier Reizfieber und nicht Ent— zuͤndungsfieber vorhanden. Daß man bei nachfolgender pericarditis entzuͤndliche Ergießungen von Lymphe oder purulenter Fluͤſſigkeit findet, iſt kein Beweis der entzuͤndlichen Natur der ganzen Krauk— heit; man findet ja dieſelben Ergießungen nicht in den Ges lenken. Dieſer Ausgang muß daher mehr von der Natur des Pericardiums und nicht von der Natur der Grundkrank— heit abgeleitet werden. Iſt ein Gelenk von acutem Rheu— matismus ergriffen, ſo wird es in vollkommener Ruhe er— halten; der Inſtinet, welcher Bewegung vermeiden lehrt, iſt ſo groß, daß der Kranke unbeweglich im Bette bleibt; wuͤrde dagegen eines dieſer Gelenke mehrere Stunden lang mit Gewalt in Bewegung erhalten werden, ſo wuͤrde die Ent— zuͤndung mechaniſch geſteigert, wohl, ohne Zweikel, in Eite— rung enden; was aber in den Gelenken nicht ſtattfindet, 150 zeigt ſich im pericardium: die Bewegung des Herzens dauert fort; fie wird ſogar durch das Reizfieber geſteigert und die gereizten Flaͤchen gehen in Entzuͤndung und Eite— rung über, Auch bier erklärt ſich die Wirkſamkeit des Opi— ums; wir koͤnnen zwar die Bewegung der Flächen nicht hemmen, aber wir koͤnnen die geſteigerte Innervation des Theiles herabſetzen, wir koͤnnen die Reizbarkeit vermindern und dadurch bedingen, daß die Bewegung nicht reize und keine gewoͤhnliche Entzuͤndung herbeifuͤhre. Das Herz er— trägt alſo die Bewegung beſſer, wenn durch Opium die Reizbarkeit abgeſtumpft iſt. Dieß iſt der Grund, warum, meiner Anſicht nach, die Opiatbehandlung das beſte Vorbau— ungsmittel gegen Hirnaffection bei acutem Rheumatismus iſt, waͤhrend die Behandlung durch Blutentziehungen, indem fie die Reizbarkeit vermehrt, das pericardium weniger ges eignet macht, die erregende Urſache, naͤmlich die eigene Be— wegung, zu ertragen, wodurch die Gefahr des Ueberganges in gewoͤhnliche Entzuͤndung vermehrt wird. Dublin Journ. Nov. 1839.) Miscellen. Eine Heilung der Epilepſie durch Exſtirpation einer kleinen Geſchwulſt am Winkel des Unterkiefers iſt, nach der Revue med. Oct. 1839, von Dr. Betrundi mite getheilt worden Ein 25jaͤhriger Mann, ſeit feiner Kindheit epie leptiſch, hatte an der angegebenen Stelle eine weiche, unempfind— liche, nicht ſchmerzhafte Geſchwulſt, bei welcher auffiel, daß immer mit einem Haͤufigerwerden der epileptiſchen Anfaͤlle eine Zunahme der Geſchwulſt zuſammentraf. Da die Heftigkeit der Epilepſie ſehr bedenklich wurde, fo beſchloß man, den Verſuch mit einer Exſtir— pation der Geſchwulſt zu machen. Sowie die Operation mit Zus ſtimmung des Kranken begonnen wurde, gerieth dieſer in einen ſol— chen Anfall von Wuth, daß ſechs Menſchen kaum im Stande wa— ren, ihn feſtzuhalten; durch Heftigkeit der Blutung erfolgte eine Ohnmacht, und es konnte die Operation beendigt werden. So wie Patient aus der Ohnmacht erwachte, ſtellte ſich der Wuthanfall auf's Neue ein, dauerte noch drei Tage, kehrte aber alsdann nicht wieder. Die Wunde heilte durch Eiterung, und ſeitdem iſt die Epi— lepſie ganz verſchwunden. Ueber die Eigenſchaft des Bleies, Speichelfluß zu erregen, ebenſo wie Queckſilber und oft ſelbſt in groͤßerem Verhaͤltniſſe, iſt durch Dr. Golding Bird in dem Westminster Medical Society eine intereſſante Diſcuſſion veran— laßt worden. Da Mehrere die Thatſache bezweifeln, oder durch beſondere Dispoſition von Kranken allein erläutern wollten, erzählte Dr Golding Bird, daß vor Kurzem an einem Tage drei Frauen in das Guy's Hospital aufgenommen worden ſind, an welchen die fa: livirende Wirkung des Bleies in Mund und Zahnfleiſch dargethan war. Ihre Geſundheit im Allgemeinen war übrigens gut. Sie waren in einer Schrot-Manufactur als Arbeiterinnen beſchaͤftigt geweſen ꝛc. Bibliographische neuigkeiten. The Chemist, No. 1. 1840. Histoire naturel!e des Animaux sans vertebres, présentant les cnractères généraux et particulier de ces animaux, leur distri- bution, leurs classes, leurs familles, leuts genres et la eita- tion des principales epeces qui s’y rapportent ete. Par J. B. P. A. Delamarck etc. 2de édition, revue et augmentee de notes, présentant les faits nouveaux dont la science s’est en- richie jusqu’a ce jour. Par MM. G. P. Deshayes et H. Milne- Edwards. Tome III. 8. Paris 1840. (Dieſer 3te Theil iſt Edited by Charles Watt, Esq. London der VIII. der ganzen Reihe und es fehlt nun nur noch Tome IX. zur Beendigung des ganzen Werks.) Coup d’oeil sur les eaux principales des Pyrenées, précédé de quelques considerations sur les eaux minerales en general. Pac le Docteur Felix Andry. Paris 1840. 8. Traité sur les maladies puerpérales, suivi de recherches sur V’auscultation des femmes enceintes, Par Théodore Helm. Paris 1840. 8. Neue Notizen q u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, gammelt und mitgetheitt von dem No. 275. ber- Medieinatraide Frertep zu Welmar, und dem Meblefnalratte und Profeßer Frorien u Bertin. (Nr. 11. des XIII. Bandes.) Februar 1840. Gedruckt im Landes⸗Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 Rr. , des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. alt ur in Betreff der gemeinen Hausſpinne. Beobachtungen Die Hausſpinne ſchlaͤgt ihren Wohnſitz ohne Unter— ſchied im Palaſte des Könige und in der Hütte des Armen auf; auch in meinem Studirzimmer. Es iſt klein und beis nahe quadratiſch. Ich ſitze gewoͤhnlich an der einen Seite des Kamins, und mir gegenuͤber in einem Winkel an der Decke hatte eine Spinne angefangen, ihr Netz zu weben. Ich beobachtete fie taͤglich, und bald fiel mir auf, daß meh— tere kleine Spinnen ihr bei der Arbeit Huͤlfe leiſteten. Die Aufgabe dieſer kleinen Thiere ſchien zu ſeyn, alle diejenigen Theile des Gewebes auszufuͤhren, welche leichte Arbeiter er— heiſchten, indem fie ſich, z. B., an einem Faden hinüber: und heruͤberſchwangen. Die alte Spinne heftete feſte Faͤ— den in der gehoͤrigen Ordnung an, waͤhrend die jungen die Zwiſchenraͤume ausfuͤllten und ſo die Arbeit vollendeten. Anfangs wunderte ich mich ſehr uͤber dieſe Beobachtung; als ich aber andere Netze betrachtete, fand ich daſſelbe, wenn— gleich alleidings manche von einer und derſelben Spinne ge— webt waren. Nachdem ich einmal auf dieſen Umſtand auf— merkſam geworden war, forſchte ich dem Gegenftande weiter nach, ſammelte zu dieſem Zwecke alle Spinnen, groß und klein, die ich im Haufe auftreiben konnte, ließ fie in mei— nem Studirzimmer frei laufen und entfernte mich dann aus demſelben, nachdem ich alle Thuͤren und Fenſter wohl ver— ſchloſſen hatte. Zwei Tage lang ließ ich das Zimmer verſchloſſen, und als ich am dritten wieder hineintrat, fand ich nur ſehr we— nige von meinen Spinnen an den Winden angeſiedelt. Die meiſten hatten ſich verkrochen, oder fortgemacht. Meh— tere hatten aber, zu meiner großen Befriedigung, angefangen, zu ſpinnen, und mehrere Netze wurden ganz auf die oben beſchriebene Weiſe zu Stande gebracht. Ich bemerkte auch, daß, ſobald ein Netz fertig iſt, die kleinen Spinnen daſſelbe verlaſſen und ein friſches beginnen. Wie läßt ſich nun die— No. 1375 RN ſes ſonderbare Verhalten erklaͤren? Meiner Anſicht nach, nur auf eine der folgenden Weiſen. Erſt koͤnnte man an— nehmen, die kleinen Spinnen ſeyen Junge der großen, welche von dieſer im Weben unterrichtet würden. Eine ſolche Ans nahme waͤre aber faſt laͤcherlich, doch immer nicht in dem Grade, wie die, welche einer meiner Collegen aufſtellte, als ich ihm die Sache erzaͤhlte, naͤmlich, daß die kleinen Spin— nen die dienſtbaren Geiſter der großen ſeyen und von der Beute einen gewiſſen Antheil erhielten. Denn die Spinne iſt kein geſelliges Geſchoͤpf, wie die Ameiſe, welche einen geordneten ſtaatlichen Haushalt beſitzt. Ob die kleinen Spinnen einer andern Species angehören, wie ich faſt ver— muthe, davon habe ich mich allerdings nicht poſitiv uͤber— zeugt. Iſt dieß aber der Fall, ſo moͤchte meine Beobach— tung folgendermaßen auszulegen ſeyn. Die kleinen Spin— nen weben zuweilen in der Naͤhe einer großen. Die letztere nimmt aber von dem neuen reinlichen Netze Beſitz, weil es ihr Muͤhe erſpart, und ſetzt die Arbeit fort, laͤßt auch die kleinen Spinnen, ſo lange ſie ſelbſt webt, ruhig fortſpinnen. Wenn aber das Netz fertig und ihre Aufmerkſamkeit nicht anderweit in Anſpruch genommen iſt, entledigt ſie ſich der ihr laͤſtigen Gaͤſte. Dieſe weichen und beginnen neue Netze. ; Ich geſtehe, daß diefe Erklaͤrungsart keinesweges übers zeugend iſt, muß es aber Andern, die mit der Lebensweiſe der Spinnen vertrauter ſind, als ich, uͤberlaſſen, diefelbe zu prüfen und erforderlichen Falles eine beſſere aufzuſtellen. Ich kann nur die Richtigkeit meiner Beobachtung verbürgen. (Dublin medical press, No. X. March 1839.) Ueber Gaͤhrung, Verweſung und Faͤulniß. Von J. Liebig. (Schluß.) Bei der Verweſung des Alcohols werden durch den Sauerſtoff zwei Aequivalente Waſſerſtoff in Waſſer verwandelt und das wafs ſerſtoffaͤrmere Oryd, Aldehyd, welches allen Sauerſtoff des Alto: 11 183 hols enthält; durch Aufnahme von zwei Aequivalenten Sauerſtoff verwandelt ſich ſodann der Aldehyd in Eſſigſäure. In der Verweſung des Holzes wird fuͤr jedes Volumen aufge— nommenen Sauerſtoffs ein Volumen Kohlenſaͤure abgeſchieden; dieß iſt keine directe Oxydation des Kohlenſtoffs, weil eine Materie von größerm Waſſerſtoff- und geringerm Kohlenſtoff Gehalte nicht zuruͤck— bleibt; das Zuruͤckbleibende enthält die Elemente des Waſſers und mehr Kohlenſtoff, als der Koͤrper, aus dem ſie ſich gebildet hat. Der aufgenommene Sauerſtoff iſt daher an den Waſſerſtoff getre— ten, während die Kohlenſaure von der Holzfaſer herruͤhrt. Druͤckt man die Zuſammenſetzung des Holzes durch die Formel 0 . 5 5 : © E C36 Hs O2 aus, fo werden bei feiner Verweſung 24 At. Waſſerſtoff hinweggenommen . 8 0 9 H21 die ſich mit 12 At. Sauerſtoff zu Waſſer vers binden. Von den Elementen, welche uͤbrig bleiben = b 8 3 - . C3 H21 O2 trennen ſich 6 At. Kohlenſaͤure 2 > 5 CG 012 es bleibt Humus, Ulmin, eine an Kohlenſtoff reichere Verhindung 0 5 > 3 5 C30 H21 Oı2 welche Waſſerſtoff und Sauerſtoff nicht in der Form von Waſſer enthält, und die mithin fähig iſt, weiter zu verweſen, d. h. durch Sauerſtoff weitere Veraͤnderungen zu erfahren. Denkt man ſich allen Waſſerſtoff hinweggenommen und allen Sauerſtoff in der Form von Kohlenſaure von dem Holze getrennt, fo bleiben zwei Drittel von dem Kohlenſtoffe der Subſtanz in mehr oder weniger fein zertheiltem Zuſtande. Das erſte Product dieſer Verweſung iſt Humus, das letztere der Moder. Der Moder iſt Kohle, welche, in Verbindung mit Waſſerſtoff und Sauerſtoff in der Form von Waſſer, den Haupt— beſtandtheil des Torfs und der Braunkohle ausmacht, Die Faͤulniß entſteht durch Gleichgewichtsſtorung in den An— ziehungen der Elemente eines complexen organifhen Atomsl;* das Endreſultat iſt eine neue Ordnung der Elemente nach ihrer beſon— dern Verwandtſchaft; ſie erfolgt nur bei Gegenwart von Waſſer, deſſen Elemente meiſtens Antheil an dieſer Umfegung nehmen. Die Faͤulnißproducte ſind daher aͤhnlich den Producten, die ſich durch den Einfluß der Waͤrme auf organiſche Materie bilden Der Un— terſchied zwiſchen trockener Deſtillation und Faͤulniß beruht darauf, daß bei der letztern die Fluͤchtigkeit oder Feuerbeſtändigkeit der Producte keinen Einfluß uͤbt. Ein in Verweſung begriffener Koͤr— per fault, wenn die Luft abgeſchloſſen wird, ein in Faͤulniß begrif— fener nimmt an der Luft Sauerſtoff auf; er verweſ't. Antiſeptiſche Materien verhindern die Verweſung, jo wie die Faͤulniß. Feuchte vegetabiliſche Materien verweſen an der Luft; ſie neh— men Sauerſtoff auf, der ſich mit ihrem Waſſerſtoffe verbindet. Der Sauerſtoff der Subſtanz vereinigt ſich mit einem Theile ihres Kohlenſtoffs zu Kohlenſaͤure, die ſich als Gas entbindet. In einer Atmoſphaͤre von Waſſerſtoffgas hoͤrt die Verweſung dieſer Materien auf; ebenſo wie in der Luft, entwickeln fie Kohlenſäure. Es iſt evident, daß der Sauerſtoff dieſer Kohlenſaͤure von der Sub— 1585 u nicht von der Atmoſphaͤre hergenommen wird. (Sauf: ure. Pflanzenfaſer, welche unter Waſſer fault (auf dem Boden von Suͤmpfen) entwickelt Kohlenſaͤure und Kohlenwaſſerſtoffgas. Ein At. Holz und drei At. Waſſer enthalten die Elemente von ſechs At. Kohlenſaͤure und ſechs At. Sumpfgas. Speiſen und andere Stoffe in einem hermetiſch geſchloſſenen Gefaͤße zur Siedhitze des Waſſers erwaͤrmt, laſſen ſich unveraͤn— dert aufbewahren. Der Sauerſtoff der eingeſchloſſenen Luft, als Bedinger der Verweſung und in Folge derſelben der Faulniß, geht eine Verbindung in einer Temperatur ein, in welcher keine Faͤulniß ftattfinden kann. Wird das Gefäß geoͤffnet, fo fängt bei Luftzu— tritt die Verweſung und Faͤulniß wieder an. Die meiſten Braunkohlenarten und Torf, welche Waſſerſtoff und Sauerſtoff in Verhaͤltniß wie im Waſſer enthalten, ſind un— zweifelhaft entſtanden, in Folge der Vermoderung der Holzfaſer; durch Verweſung trennte ſich aller, oder ein Theil des Waſſer— ſtoffs, durch Faͤulniß der Sauerſtoff derſelben von den Elemen— 164 ten des Holzes. Denkt man ſich die letztere Metamorphoſe in einer etwas hoͤhern Temperatur und unter einem hohen Drucke vor ſich gehend, ſo muͤßten auf der einen Seite ungeheure Keen von Koh⸗ lenſaͤure und auf der andern Ablagerungen von Kohlenſtoff entſte—- hen, die einen Theil des Waſſerſtoffs der Subſtanz enthalten; die Steinkohlen und manche Arten von Braunkohlen find dieſe Ue⸗ berreſte der Metamorphoſe des Holzes; eine Beziehung zwiſchen ihrer Zuſammenſetzung und der des Holzes kann jetzt mit Leichtig⸗ keit nachgewieſen werden. Splintkohle von Neweaſtle und Gans nelkohle von Lancaſhire haben die Zuſammenſetzung des Gulmin mit Abzug der Elemente von ſechs At. Kohlenfäure, und die Bat: kohle »von Caresfield bei Neweaſtle iſt aus Cannelkohle entſtan— den, von deren Elementen ſich die Beſtandtheile von vier At. Koh— lenſtoff und acht At. Waſſerſtoff abgeſchieden haben. In Rüdjicht auf dieſe Vermuthungen iſt es merkwürdig, daß die böfen Wetter in Braunkohlengruben nicht aus entzuͤndlichen Gaſen, ſondern aus Kohlenfäure beſtehen, und daß alle Braunkohlenlager der Wette— rau bis zur Eifel von Kohlenſaͤurequellen begleitet ſind, aus denen ſich die zahlreichen Säuerlinge dieſer Gegenden an allen Orten bil» den, wo Quellen von ſuͤßem Waſſer zu Tage kommen. Wegen größerer chemiſcher Differenz und wegen mannichfalti⸗ gerer Zuſammengeſetztheit geht die Metamorphoſe der Faͤulniß in thieriſchen Materien leichter von Statten, als in vegetabiliſchen. Die groͤßere chemiſche Differenz liegt in der Verwandtſchaft des Kohlenſtoffs oder des Kohlen- und Waſſerſtoffs zum Sauerſtoffe und in der einſeitigen Verwandtſchaft des Stickſtoffs zum Waſſer— offe. Alle ſtickſtoffhaltige Materien, welche ſehr zufammengefegt find, oder eine große chemiſche Differenz beſitzen, gehen, ſobald ih— nen die Beſtandtheile des Waſſers dargeboten werden, die Meta- morphofe der Faͤulniß bei gewoͤhnlicher Temperatur ein. Blau— ſaͤure verwandelt ſich in Ameiſenſaͤure und Ammoniak; Cyan in Kleeſaͤure und Ammoniak; Cyanſaͤure-Hydrat in Kohlenſaͤure und Ammoniak; durch gewoͤhnliche chemiſche Zerſetzung bildet ſich gleich zeitig cyanfaures Ammoniak und blauſaures Ammoniak; Producte einer Symmorphoſe ſind Harnſtoff, Paracyanwaſſerſtoff und Pa— racyanſäure. Indem auf der einen Seite alſo Oxyde des Koh— lenſtoffs, oder das Oxyd eines Kohleuwaſſerſtoffs entſteht, bildet ſich auf der andern eine Stickſtoffverbindung, welche allen oder den übrigen Waſſerſtoff ınthält. Es iſt hier keine Praͤdispoſition, wie bei gewoͤhnlicher Zerſetzung, ſondern Spaltung in zwei zuſam— mengeſetzte Atome, die miteinander vereinigt werden. Der Harnſtoff entſteht aus den Elementen des cyanſauren Ammoniaks in Folge einer Theilung der Beſtandtheile feines Rudi: cals, des Kohlenſtoffs und Stickſtoffs in dem Waſſerſtoffe und Sauerſtoffe. Viele ſtickſtoffhaltige Materien, welche Beſtandtheile von Thies ren und Pflanzen ausmachen, erleiden von dem Augenblicke an, wo ſie aufhören, dem lebenden Organismus anzugehoͤren, wo fie mit Waſſer und Luft zuſammengebracht werden, eine fortſchreitende Veraͤnderung; fie gehen von ſelbſt in Verweſung, in Faͤulniß über. Blut und Pflanzenſaͤfte koͤnnen nicht mit Luft zuſammengebracht werden, ohne daß ſich ihre Beſchaffenheit ändert; es wird Sauer— ſtoff abſorbirt, es beginnt Verweſung und in Folge derſelben Faͤulniß. Die Faͤulniß dieſer Materien zerfaͤllt in mehrere Perioden; die Verbindungen, welche im Anfange gebildet wurden, verſchwinden gegen das Ende der Metamorphoſe; Kohlenſaͤure, Ammoniak, Waſ— ſer und ein dem Humus aͤhnlicher Koͤrper ſind die letzten Producte derſelben, Stickſtofffreie, organiſche Verbindungen gehen, bis auf wenige Ausnahmen, im Zuſtande der Reinheit, von ſelbſt nicht in Faͤul⸗ niß uͤber; dieſe Metamorphoſe ſtellt ſich nur dann ein, wenn ſie mit in Faͤulniß begriffenen, in der Regel, alſo mit ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen in Beruͤhrung gebracht werden. Faulendes Muskel- fleiſch, Urin, Hauſenblaſe, Osmazom, Eiweiß, Kaͤſe, Gliadin, Kleber, Legumin, Blut bringen, in Zuckerwaſſer gebracht, die Faͤulniß des Zuckers (Gaͤhrung) hervor. In vorzuͤglichem Grade koͤmmt dieſe Eigenſchaft einem Koͤrper zu, welcher deßhalb Ferment genannt worden iſt. Das Fer— 165 ment entſteht in Folge einer Metamorphofe, welche in zuckerhalti⸗ gen Pflangenfäften bei Zutritt der Luft beginnt und bei Ab ſchluß derſelben bis zu einem gewiſſen Puncte fortfahrt; in ihm ſindet ſich aller Stickſtoff der ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheile der Pflan⸗ zenſaͤfte wieder, die man als Pflanzeneiweiß, Kleber, Pflanzen⸗ leim kennt. Es entſteht alſo durch eine Veränderung in dieſen Materien und hat ſelbſt meiſtens einerlei Beſchaffenheit. Es iſt eine aͤußerſt leicht veraͤnderliche Materie, die in einer ununterbros chen fortſchreitenden Metamorphoſe (Faͤulniß, Verweſung oder Gaͤhrung) begriffen iſt. Das Ferment iſt kein eigenthümlicher Erz reger, fondern bringt Fäuiniß und Gaͤhrung nur in Folge der Ver⸗ änderung, die es ſelbſt erleidet, hervor. 2 Das Ferment ift ein in Faͤulnis und Verweſung begriffener Körper (les verwandelt den Sauerſtoff in Kohlenſaure, entwickelt Koblenfäure und iſt zuletzt eine kaͤſcaͤhnliche Maſſe, welche nicht mehr Gäbrung erregt). Zur Erhaltung der Eigenſchaften des Fer⸗ mentes (zur Unterhaltung ſeiner Faͤulniß) iſt Waſſer erforderlich. Es bewirkt nicht mehr Gaͤhrung, wenn man daſſelbe austrocknet; fie werden auch vernichtet durch Siedhitze, Alcohol, Kochſalz, Uer bermaaß von Zucker, Queckſilberoxyd, Sublimat, Holzeſſig, ſchwe— felige Säure, ſalpeterſaures Silberoxyd, aͤtheriſche Oele, alſo durch alle Subſtanzen, welche der Faͤulniß entgegenwirken. Der unlösliche Körper, den man Ferment nennt, bewirkt die Gäbrung nicht; denn wenn man Bier- oder Weinhefe mit kaltem, deſtillirtem Waſſer auswäſcht, fo bringt der Ruͤckſtand keine Gaͤb— rung in Zuckerwaſſer hervor, wohl aber das Waſchwaſſer. Die Gaͤhrung erzeugende Faͤhigkeit des in Waſſer loͤslichen Theils der Hefe beruht nicht auf einer Wirkung durch den Contact; die Hefe verliert ihre Gaͤhrungskraft durch Berührung mit Alcohol, ohne daß fie der letztere erhalten bätte. Nur unter Zutritt der Luft entſteht in, mit Ferment verſetzten, gaͤhrungsfaͤhigen Fluͤſſigkeiten Gaͤhrung durch Abſorption des Sauerſtoffs und dadurch vermittelte Bildung der Kohlenſaͤure. Bei der Gaͤhrung des Zuckers mit Ferment gehen zwei Zer— ſetzungsproceſſe nebeneinander vor, und in der Kohlenſaͤure und dem Alcohol findet man ſo genau, als man nur erwarten kann, den Koblenſtoff des Zuckers wieder; der Zucker enthält aber weder fertig gebildete Kohlenſaͤure, noch Alcohol oder Aether, noch irgend eins der andern zahlreichen Producte, die in Folge der Einwirkung fremder Agentien entſtehen; ſein Verhalten characteriſirt ihn als ein complexes organiſches Atom; ſein Zerfallen in Alcohol und Koblenfäure geſchieht in Folge einer Umſetzung feiner Elemente. Die Elemente des Ferments nehmen bei der Gaͤhrung des Zuckers keinen Antheil; es iſt eine Spaltung eines complexen Atoms, ähns lich den Metamorphoſen organiſcher Atome durch die Waͤrme, mit dem Unterſchiede, daß dieſe Spaltung im Waſſer vor ſich geht, und daß die Elemente des Waſſers ſich mit einem der gebildeten Pro— ducte verbinden. Während der Gaͤbrung des Zuckers nimmt die Quantität des Ferments ab; bei einer zweiten Gäbrung iſt dieß wieder der Fall, und alsdann hat der Ruͤckſtand die Eigenſchaften a Wfalte und verhält ſich indifferent gegen friſches Zuder: waſſer. Alſo erleiden bei Gaͤhrung des reinen Zuckers mit Ferment beide eine Zerſetzung, durch welche ſie voͤllig verſchwinden. Aus dem Zucker entſteht Koblenfäure und Alcohol; die Producte der Umfegung des Fermentes kennt man nicht, man weiß nur, daß fein Stickſtoffgehalt fi als Ammoniak in der gegohrnen Flüffiakeit wiederfindet. Das Ferment beſitzt alſo feine Faͤhigkeit durch feine Verwe— fung, und das unauflösliche, ausgewaſchene Ferment erhalt feine Eigenſchaſten wieder, wenn man es faulen läßt. Durch Beruͤh— rung mit dem Sauerſtoffe beginnt alsdann wiederum Verweſung; und dringt man aun Zucker hinzu, ſo beginnt in dieſem der naͤm⸗ liche umſetzungsproceß, den das Ferment erleidet. Iſt die Menge des Ferments zu gering, ſo bleibt Zucker unzerſetzt, weil für ihn die Urſache der Zerfegung, die Berührung mit einem in Zerſetzung begriffenen Körper, feblt, I die Menge des Ferments großer, fo iſt die Faͤulniß des Zuckers früher beendigt, als die des Ferments. Eine gewiſſe Menge Ferment iſt alſo erforderlich; aber feine Wir⸗ kung iſt keine Maſſenwirkung, ſondern beſchraͤnkt ſich auf fein Vor: 166 handenſeyn bis zu dem Zeitpuncte, wo der letzte Alom Zucker ſich zerſetzt hat. Das Ferment iſt mithin kein eigenthuͤmlicher Körper, kein Stoff oder Materie, welche Zerſetzung bewirkt, ſondern dieſe find nur Trager einer Thätigkeit, die ſich über die Sphäre des in Zerſetzung begriffenen Körpers hinaus erſtrecken. Die Wirkung faulender Materien, in andern Faulniß zu erre⸗ gen, läßt ſich nicht nach den gewohnlichen chemiſchen Zerſetzungen erklären; die Urſache der Metamorphoſe ift jeder Körper , deſſen Elemente in einer Umſetzung begriffen find. Hierdurch erklären ſich viele Erſcheinungen, z. B., friſcher Pferdeharn mit Salzſaure lie⸗ fert Dippurfäure, faulender Harn dagegen Benzoẽſäure. Mens ſchenharn giebt mit Galpeterfäure ſalpeter fauren Harnſtoff, gefaul⸗ ter Harn enthält keinen Harnſtoff. Amygdalin mit Hefe und Zuk⸗ ker entwickelt nach einigen Monaten Blauſaͤure. Eine Auflöſung von Asparagin giebt durch Abdampfen Asparagincryſtalle; durch Abdampfen mit Hefe verſchwindet das Asparagin und man erhaͤlt asparaginſaures Ammoniak. Harnſtoff läßt ſich bei hoherer Tem⸗ peratur durch Berührung mit Ferment in kohlenſaures Ammoniak zerlegen. Aus der Mutterlauge des Harns von diabetes mellitus, aus welcher der größte Theil des Harnzuckers herauscryſtalliſirt war, erhielt man durch Zuſatz von Salpeterſäure viel Harnſtoff; nach fuͤnftägiger Gaͤhrung dagegen keinen ſalpeterſauren Harnſtoff, ſondern vermittelſt Deſtillation ammoniakhaltigen Weingeiſt. Dieß find Fälle, wo die Metamorphofe zweier Körper neben einander vor ſich geht, ohne daß die Elemente des einen An- theil nehmen an der Entſtehung von Producten, die durch die Zere ſetzung des andern gebildet werden. Es giebt aber auch Erfah⸗ rungen, wonach unter abgeaͤnderten Bedingungen alle oder ein Theil der in Action befindlichen Elemente auf einander eine beſtimmte Wirkung aͤußern und wobei die Producte von dieſer gegenſeitigen Reaction abhaͤngig ſind. Der Indigo erfährt eine Desoxydation, wenn er mit Pflanzen⸗ ſtoffe, Waid, Kleie, Krapp und einem Alkali bei beftimmter Tem⸗ peratur in Beruͤhrung gebracht wird; der im Handel vorkommende Waid beſteht aus gefaulten und getrockneten Blattern der Waid— pflanze (Isatis tinctoria); bei ihrer Berührung mit Indigo und Waſſer tritt eine Reaction ein, mit Desoxydation des Indigo's und Loͤslichkeit deſſelben in dem Alkali; iſt Waid im Ueberſchuſſe, ſo aͤndern ſich die Producte, es entwickeln ſich uͤbelriechende Gaſe und die Menge des Indigo's nimmt ab; dieſer erſcheint, da durch das Alkali eine chemiſche Praͤdispoſition gebildet wird, nicht als reine Gährung oder Faͤulniß; indeß ſpielt das Alkali doch nur eine fecundäre Rolle, indem es den desorydirten Indigo löslich macht. Es ergiebt ſich aber, daß Waid die Fähigkeit befigen muß, den Sauerſtoff aufzunehmen, den der Indigo abgiebt, d. h., es erfolgt eine Desoxydation einer organiſchen Materie durch eine damit in Beruͤhrung gebrachte andere organiſche Subſtanz, die ſich ſelbſt im Zuſtande der Zerſetzung befindet. 1 Der Saft von Runkelruͤben, gelben Rüben, Zwiebeln enthält eine reichliche Quantität Zucker neben ſtickſtoffhaltigen Materien, deren Zuſammenſetzung unbekannt iſt; wenn dieſe Pflanzenſafte bei der Temperatur von 30° bis 40° fich ſelbſt überlaffen werden, fo ſtellt ſich eine lebhafte Gasentwickelung ein, der Rohrzucker geht in Traubenzucker über, es entwickelt fi kohlenſaures Gas in Menge neben Koblenwaſſerſtoff und Waſſerſtoffgas, welche beide Gaſe der Verf übrigens nicht bemerkt hat; die Fluͤfſigkeit enthält nach volle endeter Zerſetzung eine reichliche Menge Milchſäure und Mannid und man findet keineswegs das Acquivalentalcohol, welches der vorhandene Zucker hätte liefern muͤſſen Milchſaͤure und Mannid enthalten keinen Stickſtoff; ſie ſind durch Zerſetzung des Zuckers (aber nicht durch gewöhnliche Gaͤhrung) entſtanden und enthalten die Elemente des waſſerfreien Traubenzuckers minus ein Atom Sauerſtoff. Die Entwickelung von Waſſerſtoff, wenn fie ſich be⸗ ſtätigt, beweiſ't eine Zerſetzung von Waſſer; allein dieſes Waſſer enthielt Zucker (welcher Waſſerſtoff und Sauerſtoff in dem Ber: haͤltniſſe, wie im Waſſer, enthält), ein organiſches Oryd, von dem man Grund hat zu glauben, daß es ſeinen Sauerſtoff mindeſtens nicht ſchwieriger abgiebt, als das Waſſer. Jedenfalls war vor der Zerſezung weder Milchſaͤure noch Mannid zugegen, und den Zucker 1 167 abgerechnet, beträgt ihre vereinigte Menge bei Weitem mehr, als die Menge der fremden Materien, welche neben dem Zucker Be— ſtandiheile der Pflanzenſaͤfte ausmachen. Eine ahnliche Mitwirkung fremder Materien muß bei der Gährung anderer Pflanzenfäfte vorausgeſetzt werden. Honig, Zraubenfaft und andere Pflanzenſaͤfte enthalten in den ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheilen die Bedingung zur Faͤulniß; ohne Beruͤhrung mit Sauerſtoffgas beginnt aber die Zerſetzung nicht; ſo wie dieß aber der Fall iſt, fo truͤbt ſich der Pflanzenſaft, die Fluͤſ— ſigkeit ſaͤttigt ſich mit Kohlenſaͤure, und von dem Augenblicke an, wo dieſes Gas nicht mehr aufgenommen wird, ſtellt ſich Gasent— wickelung ein. Nun beginnt eine weſentlich verſchiedene Periode der Metamorphoſe; denn es kann jetzt der Zutritt des Sauerſtoffes abgeſchloſſen werden, ohne daß damit die Gaͤhrung aufkoͤrt. Mit eingetretener Ruhe iſt der Zucker verſchwunden, und die fraher aufs geloͤſ'ten ſtickſtoffhaltigen Materien finden ſich als Hefe oder Fer— ment in unauflöslichem Zuſtande wieder. Dieſe Subſtanz iſt durch eine Veränderung entſtanden, welche die aufgelöͤſ'ten ſtickſtoffhalti— gen Materien, Pflanzenfeim oder Eiweiß, für ſich nicht erleiden. Sind fie durch eine Oxydation entſtanden, fo muß der Sauerſtoff. dazu von den Elementen des Zuckers oder des Waſſers genommen ſeyn; denn ſie bilden ſich nach Beginn der Gaͤhrung auch bei voͤl— ligem Abſchluſſe der Luft. Hieraus muͤſſen jedenfalls an Waſſerſtoff reichere oder an Sauerſtoff aͤrmere Producte entſtehen. Oenanthſaͤure, Kartoffel- und Getraidefuſeloͤl find Producte der Gaͤhrung unter Witwirkung fremder Materien; denn ſie find vor der Gaͤhrung nicht nachweis— bar. Durch Zuſatz von mannigfaltigen Pflanzenſaͤften könnte man dieſe Producte wahrſcheinlich in's Unendliche vervielfältigen. Bei der Faͤulniß des Pflanzenleims wird Kohlenſaͤure und reines Waſ— ſerſtoffgas frei, alſo Waſſer zerlegt, deſſen Sauerſtoff eine Verbin: dung eingeht. Die Gaͤhrung des Zuckers mit Ferment iſt mithin verſchieden von der Gaͤhrung eines Pflanzenſaftes, oder der Bierwuͤrze; bei dem erſten verſchwindet das Ferment mit dem Zucker; bei der an» dern wird es neben oder in der Metamorphoſe gebildet, welche der Zucker erleidet. „Die Form und Beſchaffenheit dieſer unloslichen Niederſchläge hat manchen Phyſiologen zu einer ſehr ſonderbaren Anſicht uͤber die Gaͤhrung verführt. . Mit Waſſer zertheilte Bier- und Weinhefe, unter einem guten Vergroͤßerungsglaſe betrachtet, ſtellt durchſcheinende plattgedruͤckte Kuͤgelchen dar, die zuweilen, in Reihen an einanderhaͤngend, die Form von Vegetationen annehmen; in den Augen Anderer find fie manchen Infuſorien aͤhnlich. Es wäre gewiß eine hoͤchſt merkwürdige Erſcheinung, wenn Pflanzenleim und Eiweiß, die ſich in verändertem Zuſtande bei der Gaͤhrung des Bers und der Pflanzenſaͤfte abſcheiden, bei die— ſer Abſcheidung eine geometriſche Geſtalt annaͤhmen, da dieſe Koͤr— per niemals in cryſtalliſirtem Zuſtande beobachtet worden ſind; dieß iſt nun nicht der Fall, ſie ſcheiden ſich ab, wie alle Subſtan— zen, die keine cryſtalliniſche Beſchaffenheit befigen, in der Form von Kuͤgelchen, die entweder frei herumſchwimmen, oder mit einan— der zuſammenhaͤngen. Dieſe Naturforſcher wurden durch dieſe Form verleitet, das Ferment fuͤr belebte organiſche Weſen, fuͤr Pflanzen oder Thiere zu erklaͤren, welche zu ihrer Entwickelung die Beſtandtheile des Zuckers ſich aneignen, und in der Form von Kohlenſaͤure und Al— cohol als Excremente wieder von ſich geben; fie erklären hieraus die Zerſetzung der Zuckers und die Vermehrung der Maſſe des zu— geſetzten Ferments bei der Biergaͤhrung. Dieſe Anſicht widerlegt ſich von ſelbſt; im reinen Zuckerwaſſer verſchwinden bei ſeiner Gaͤhrung der ſogenannte Saamen mit den Pflanzen; die Gaͤhrung findet ſtatt; die Zerſetzung des Zuckers er— folgt mit der des Ferments, ohne daß man eine Entwickelung oder Reproduction der Saamen, Pflanzen oder Thiere bemerkt, welche als die Urſache des chemiſchen Proceſſes von dieſen Naturforſchern angeſehen wird. 168 Bei der Faͤulniß thieriſcher Materien befinden ſich ihre Ele“ mente in einem unaufhoͤrlichen Wechſel, in einem Zustande des ge* torten Gleichgewichts, der ſich durch die ſchwaͤchſten, darauf ein” wirkenden Kräfte, durch fremde Materien, fremde Verwandtſchaf— ten und Wärme, ändert und modiſicirt. Ein folder Zuftand ſcheint nun den fruchtbarſten Boden zur Entwickelung der unvoll— kommenen und niedrigſten Thierclaſſen, der mikroſcopiſchen Thiere, darzubieten, deren Eier ſich, wie man weiß, auf die unbegreiflichſte Weiſe uͤberall hin verbreiten; fie entwickeln in dieſen faulenden Materien und Pflanzen lich in Myriaden fort, indem fie die neuen, durch die Faͤulniß entſtandenen, Producte zu ihrer Nahrung ver— wenden. Manche Naturforſcher betrachten den chemiſchen Proceß der Fäulniß als eine bloße Folge der Erzeugung der Thiere; dieß iſt naturlich gerade ſo, als wenn man die Urſache der Faͤulniß des Holzes und ſeiner Vermoderung von den Pflanzen herleiten wollte, zu deren Nahrung die verweſende Dammerde dient. Allein dieſe Thiere entſtehen in faulenden Materien nicht, wenn man die Bedingung ihres Vorhandenſeyns, den Contact mit der atmoſphaͤriſchen Luft, abſchließt, ſo wenig, wie im faulenden Kaſe Maden entſtehen, wenn man die Fliegen abhaͤlt. Dieſe Anſicht zerfaͤllt in ſich ſelbſt, wenn man erwägt, daß mit dem Verſchwinden des faulenden Koͤrpers die Thiere ſterben; daß nach ihrem Tode eine Urſache vorhanden ſeyn muß, welche die Vernichtung ihres Organismus herbeifuͤhrt, welche die Beſtandtheile ihrer Muskeln und Organe beſtimmt, ſich zu feſten und gasfoͤrmi⸗— gen neuen Producten umzuſetzen. Dieſe Urſache iſt dann doch zu— letzt ein chemiſcher Proceß. Die organiſche Chemie bietet in dem Verhalten ihrer Verbin— dungen zwei einander entgegengeſetzte durchgreifende Erſcheinun— gen dar 1) Es entſtehen Körper von neuen veränderten Eigenſchaften, indem ſich die Elemente mehrerer Atome einer einfacheren Verbindung umſetzen und vereinigen zu einem Atome einer hoͤhern Ordnung. 2) Es zerfallen zuſammengeſetzte Atome einer hoͤheren Ordnung in zwei oder mehrere minder com: plexe Atome einer mindern Ordnung, in Folge einer Aufhebung des Gleichgewichtes in der Anziehung ih— rer Elemente. Dieſe Stoͤrung wird bewirkt: a) durch Wärme ; b) durch Beruͤhrung mit einem differenten Koͤrper. c) durch den Einfluß eines in einer Metamorphoſe begriffenen Koͤrpers.“ Miscellen. Ueber getrennte Geſchlechter bei den Seeigeln (Echini) ſind auch von Dr. Peters Beobachtungen gemacht und, am 21. Januar, der Geſellſchaft Naturforſchender Freunde in Berlin brieflich mitgetheilt worden, welche ſich an Das anſchließen, was Neue Notizen Nr. 249. (Nr. 7. des XII. Bds.) und Nr. 269. (Nr. 5. dieſes Bds.) bekannt gemacht wurde. „Die Maͤnnchen haben weiße, die Weibchen rothe Saͤfte in den Geſchlechtsorganen.“ Hieran laͤßt ſich die Bemerkung anknuͤpfen: daß man bei manchen Comatulen an den pinnulae keine Eierſtoͤcke und Eier vorfindet, während ſie bei anderen Individuen ſehr deutlich ſind. Einen neuen Apparat zur Beleuchtung des Mir kroſcopes durch Ory-Hydrogenlicht, ſtatt Sonnen-⸗ lichts, hat der Pariſer Optiker, Hrn. Selligues, erfunden, über welchen der um mikroſcopiſche Unterſuchungen verdiente Dr. Donne fi, völlig befriedigt, ſehr guͤnſtig äußert und verſichert, daß er ſich jetzt in feinen Vorleſungen des auf dieſe Art beleuchte⸗ ten Mikroſcops zur Demonſtration der Textur der verſchiedenen Elemente der thieriſchen und vegetabiliſchen Organiſation, der Zus ſammenſetzung der verſchiedenen Fluͤſſigkeiten, der Erſcheinungen der Circulation in den Pflanzen ꝛc., bedienen koͤnne. 169 in a ei Ueber die Natur der Tuberkelbildung. Von Herrn Marcheſſaux. Aus einer Reihe einzelner Beobachtungen entwickelt der Verfaſſer zunächſt eine ausfuͤhrliche Beſchreibung der allmaͤ— ligen Veraͤnderung, welche die Tuberkeln durchmachen, und kommt endlich zu einer Darlegung feiner Theorie, welche wir hier allein mittheilen. Aus den geſammelten Beſchreibungen iſt einfach zu ſchlieſfen, daß die Tuberkelmaterje nichts Anderes iſt, als ausgetretenes Blut, welches nachher verſchiedene Verwandt— ſchaften durchmacht. Hat nicht der rothe Punct, welcher der erſte Grad des Tuberkels iſt, große Verwandtſchaft mit einer kleinen Blutergießung in ein organiſches Gewebe? Zuerſt ſcheint es in das Gewebe infiltrirt; es unterſcheidet ſich wenig davon, aber bald iſt der fluͤſſige Theil abforbirt, und das coagulum liegt nun in einer kleinen Hoͤhle und unterſcheidet ſich von dem umgebenden Gewebe; bald trennt ſich die kleine Blutconcretion in zwei Theile, was man mei— ſtens auch an den Bluteoncretionen innerhalb des Gefaͤßſy— ſtems bemerkt. Von dieſen beiden Theilen iſt der eine weiß, feſter und liegt in der Mitte; der andere iſt weich und roth. Dieſer letztere wird immer duͤnner, ſey es durch Ab— ſorption, ſey es durch Compreſſion von Seiten des Central— theiles, welcher im Gegentheile zunimmt. Bald iſt die aͤußere Schicht zu einem hautartigen Gebilde umgewandelt, hier— auf auf einige einzelne Reſte reducirt, und endlich iſt ſie ver— ſchwunden. Eine ganz aͤhnliche Erſcheinung kommt bei Blutconcretionen innerhalb der Gefaͤße vor. Der rothe Theil, welchen man in der Mitte einzelner Tuberkeln findet, mag durch die Gefäße dahin gebracht ſeyn, deren Endigun— gen zu dem Tuberkel gehen, oder es mag ſich anders ver— halten; immerhin iſt es ſicher, daß ſich das Blut ſpaͤter in wahre Tuberk e lmaſſe verwandelt, denn es verſchwindet im— mer bald. Dieſe Veraͤnderung, welche ebenfalls die Identi— taͤt des Tuberkels und Blutes beweiſ't, kann unter die Ur— ſachen des Wachsthums des letztern gerechnet werden. Wenn dieſer rothe Centraltheil, welchen man in manchen Faͤllen antrifft, nicht erſt ſpaͤter entſteht, als der umgebende Theil, ſondern wenn er wirklich zu gleicher Zeit abgelagert iſt, ſo finden wir die Analogie dieſer Anordnung in dem Blutcoa— gulum, welches oft einen roͤthlichen Centraltheil von einer feſtern, weißlichen Huͤlle umgeben zeigt. In der Mitte der Tuberkeln hade ich bisweilen fluͤſſiges Blut, bisweilen eine feſte ſchwaͤrzliche Subſtanz gefunden Sollten dieß zwei auf— einanderfolgende Umſtaͤnde ſeyn, durch welche das Blut durchgeht, bevor es zum Zuſtande der Tuberkelmaterie ge— langt? Iſt dieß ſo, ſo glaube ich doch, daß dieſe Aufein— anderfolge der Veraͤnderungen nicht allen, ſondern nur ein— zelnen Fällen zukommt; denn man findet keinesweges immer dieſe beiden Arten der Centralſubſtanz. Was giebt es aber den Blutgerinnſeln Aehnlicheres, als die ſchichtenweiſe Anord— nung mancher Tuberkeln und das pſeudomembranoͤſe Ausſe— 170 rn hen der Tuberkelmaterie, welche die innere Flaͤche der Tu— berkelhoͤhlen auskleidet und allmaͤlig von Außen nach Innen mehr und mehr die Charactere des Tuberkels annimmt! Die Centralerweichung des Tuberkels, welche man bisjetzt noch nicht auf eine befriedigende Weiſe hat erklären können, ſcheint mir ebenfalls die Aehnlichkeit zwiſchen dieſem krank— haften Producte und dem Blute zu beweiſen. Seit de Arbeit des Herrn Lecroux iſt nicht mehr zu leugnen, daß Blutcoagula, in der That, in der Mitte in Eiterung uͤber— gehen können. Die Erweichung des Tuberkels iſt aber eben falls eine Zerſtoͤrung durch Eiterung. Dir einzige Verſchie⸗ denbeit beſteht darin, daß der Eiter ſeroͤs iſt, ſtatt dick zu ſeyn, wie man ihn meiſtens im Innern der coagula fin: det. Uebrigens hat man auch Faͤlle angefuͤhrt, in welchen die Eiterung der coagula zwiſchen den verſchiedenen Schich— ten derſelben begonnen hatte; dieß iſt ebenfalls ein Punct der Analogie zwiſchen einem Blutcoagulum und dem Zus berkel, da auch bei dieſen zwiſchen den einzelnen Schichten die Erweichung vorkommen kann. Von beſonderer Wichtig— keit iſt das Anhängen der Tuberkeln an Gefaͤßendigungen ). Beweiſ't dieſe Anordnung, welche der kleiner, an den Gefaͤßendigungen anhaͤngender coagula bei manchen Apo⸗ plexieen fo ähnlich iſt, nicht „daß dieſe kleinen Gefaͤße das Bluttroͤpfchen geliefert haben, welches den Tuberkel bildet? Es ſcheint mir ſchwer, die Beziehung der Gefaͤße und Tu— berkeln zu einander zu erklären: dieſe letztern muͤſſen noth— wendig aus den Gefaͤßen bervorgedrungen ſeyn, wenn fie nicht etwa eine Art von Wucherung der Gefaͤß wandungen ſeyn ſollten. Waͤre dieß fo, fo wuͤrde die Veränderung bei'm erſten Beginne des Tuberkels nicht in einer Art von Infiltration von Fluͤſſigkeit in das Gewebe beſtehen, ſondern man wuͤrde von Anfange an eine kleine von dem umgeben— den Gewebe deutlich unterſchiedene Geſchwulſt finden, was nicht der Fall iſt; auch wuͤrde dabei die Umwandlung von Blut in die Tuberkelmaſſe im Innern der Gefaͤße, wie *) Der Verfaſſer ſagt zuvor: Die Tuberkeln zeigen immer, fo wie man fie mit dem Auge erkennen kann, einen Gefäßſtiel, und da gewöhnlich mehrere Tuberkeln zufammınliegen, fo ent⸗ ſteben dadurch, daß die Gefaͤßſtiele dieſer kleinen Granulationen durch Gefaͤßverzweigungen in Zufammenbang ſtehen, kleine traubenfoͤrmige Gruppen; der Gefaͤßſtiel iſt bäufig roth; bis⸗ weilen unterſcheidet man kleine ſchwarze Linien darin, biswei⸗ len die graue Farbe der Gefaͤßwaͤnde, mit kleinen roͤthlichen Puncten beſetzt, welche nichts Anderes find, ats kleine Deffs nungen, welche das Innere des Gefäßes ſichtbar machen. Sel⸗ ten ſtellt ein einziges Gefäß für ſich den Stiel dar; meiſtens find es zwei oder drei, welche durch etwas Zellgewebe unterein⸗ ander vereinigt find. Das eine Ende dieſer kleinen Gefäße oͤff— net ſich in den Tuberkelgranuationenz andere Gefäße geben jer doch auch durch den Tuberkel hindurch. Oft ſieht man Ge: faͤße in einen Tuberkel eindringen, ohne wieder daraus her vorzutreten. Dieſe endigen ſich im Innern und könnten wohl dazu beſtimmt ſeyn, das Wachsthum des Tuberkels zu r⸗ mitteln. Die geringe Quantitat Blut im Innern dieſer Tu⸗ berkelkörner ſcheint für dieſe Art des Wachsthums zu fprewen, 171 ich ſie in einem Falle beobachtet habe, nicht vorkommen koͤnnen. Man muß daher annehmen, daß die krankhafte Sub— ſtanz aus den Gefaͤßen hervordringt; es fragt ſich aber nun, dringt fie ganz gebildet hervor, exiſtirt fie bereits in dem Blute, oder entſteht Tuberkelmaſſe erſt durch allmaͤlige Um— wandlung ergoſſenen Blutes? Die erſte Anſicht iſt von Magendie jedoch nur als Hppotheſe aufgeſtellt worden; fuͤr die zweite ſcheinen mir mehrere Gruͤnde zu ſprechen. Exiſtirte die Tuberkelmaſſe bereits gebildet in dem Blute, ſo muͤßte ſie auch wohl bei ihrer Ausſcheidung ſogleich die Ei— genſchaften des Tuberkels darbieten, was nicht der Fall iſt, und waͤre Tuberkelmaſſe ganz gebildet in dem Blute, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß man fie auch darin entdecken würde, was, meines Wiſſens, nie der Fall war. Obwohl aber die Tuberkeln nicht ganz gebildet im Blute vorhanden ſind, ſo muß man jedenfalls zugeben, daß feine Beſtandtheile darin vorhanden find. Hier bietet ſich wieder eine neue Frage: Tragen bloß einzelne Beſtandtheile des Blutes durch Vereinigung und gegenſeitige Ruͤckwirkung zur Bildung des Tuberkels bei, oder ſind alle Beſtandtheile hierbei thaͤtig? Das Letztere iſt nicht wahrſcheinlich; denn das Serum, z. B., und das rothe Haͤutchen auf der Ober— flaͤche werden jedenfalls wieder abſorbirt und tragen zur Entwickelung des Tuberkels nicht bei; welche Beſtandtheile verwendet werden, muß die Chemie lehren. Alles, was ich hier angeben kann, iſt, daß das Blut mit allen Beſtandthei— len in das Gewebe austritt und nachher durch eine Reihe von Verwandlungen einen Tuberkel bildet; freilich gehoͤren dazu Bedingungen, welche uns noch nicht bekannt ſind, wahrſcheinlich ein eigenthuͤmlicher Zuſtand des Blutes und der Gewebe. (Arch. gen. de med. Oct. 1839.) Beobachtungen von cysticercus des Gehirns. Von Dr. Ni vet. Erſter Fall. Am 18. September 1835 wurde Frangois Joret, ein Mann von 43 Jahren, im Höpital Beaujon aufgenommen. Er gab an, daß er im Jahre 1834 eine Pneumonie der linken Seite erlitten habe; nach— her fing er an, mit Bleiweiß zu arbeiten, und ſeitdem hat er ſchon vier Mal eine Bleicolik gehabt. Seine dermalige Krankheit hatte neun Tage zuvor mit lebhaften Schmerzen in den Gliedmaßen angefangen; bald darauf zeigte ſich Ap— petitloſigkeit, leichte Colik, normaler Stuhl; in den darauf folgenden Tagen Uebelkeit; heftige Colik ohne Verſtopfung. Bei ſeiner Aufnahme zeigte ſich folgender Zuſtand: blaſſes, etwas zuſammengezogenes Geſicht; Verminderung der Sen— ſibilitaͤt und Muskelcontractilitaͤt, ſchleppende Sprache, rich— tige und beſtimmte Antworten; Geruch aus dem Munde, wie bei verdorbenem Magen; ſchwarze Zähne; natürliche Zunge; Schmerzhaftigkeit der Magengrube; eingezogener Un— terleib. Einmal Stuhlgang ſeit der Aufnahme. Er klagt außerdem über Schmerz im Halſe, Schwaͤche und Schwin— 172 del, wenn er aufſitzt; der Puls iſt normal, 72. tiſane, erweichendes Lavement.) Am 19, in der Nacht war der Kranke ſehr unruhig, er delirirte und wollte mehrmals aus dem Bette. Am Morgen klagt er noch uͤber Schwindel und Ohrenſauſen; die Sprache iſt langſam und beſchwerlich; der Puls bleibt unveraͤndert; ſeit geſtern kein Stuhlgang. (Malvendecoct mit Extract. Valerianae, zwei Schroͤpfkoͤpfe hinter die Ohren, ein Bad.) Am 20. Delirium und Aufregung waren noch heftiger, als in der vorigen Nacht; man war genoͤthigt, dem Kran— ken die Zwangsjacke anzulegen. Am Morgen iſt er ruhiger, aber er iſt ſeines Verſtandes nicht maͤchtig; der Puls iſt beſchleunigt, wenig entwickelt; die Verſtopfung dauert fort. (Aderlaß von vier Taſſen, zwei Blutegel hinter die Ohren, 8 Gran Calomel, Malvendecoct, ſpaͤrliche Diät.) Am 21. Das gelaſſene Blut iſt ſeroͤs, ohne Cruſte; der Zuſtand iſt nicht gebeſſert; das Delirium dauert fort; die Aufregung hat zugenommen. Das Abfuͤhrmittel hat öfters gewirkt; die Haut iſt feucht; der Puls maͤßig ſtark, be— ſchleunigt (104); die Pupillen normal. Die Senfibilität der Haut iſt nicht geſtoͤrt, aber der Kranke hebt die Arme ſchwer. (Blaſenpflaſter an die Schenkel, setaceum im Nacken, Limonade, Eis auf den Kopf, Diät.) Am 22. Delirium, fortwaͤhrende Unruhe, Verminderung der Senſibilitaͤt; ſpaͤter wird der Athem roͤchelnd; der Mund iſt geoͤffnet; Augenlider und iris unbeweglich; der Puls fa— denfoͤrmig, unregelmäßig; der Kranke bleibt in der vollkom— menſten Unbeweglichkeit und ſtirbt gegen Mittag. Section am 23. September. Kopf und Ruͤcken— markshoͤhle. Die pia mater des Gehirns iſt von durchſichtigem Serum infiltrirt, welches nur an drei oder vier ſogleich zu beſchreibenden Puncten undurchſichtig ſcheint. Bei Abnahme der Gehirnhaͤute finden ſich vier kleine Cyſten in der Dicke derſelben und in den Furchen des Gehirns; die graue Subſtanz iſt nicht erweicht; die weiße Subſtanz normal beſchaffen. Bei genauer Unterſuchung der converen Flaͤchen der Hemiſphaͤren finden ſich kleine verhaͤrtete Kerne, welche nichts Anderes ſind, als eben ſolche Cyſten, ſie liegen in der grauen Subſtanz und bilden eine leichte Erhoͤhung auf der Hirnoberflaͤche. Die dickſten ragen etwas in die weiße Subſtanz hinein; es find im Ganzen vierzehn, welche regelmaͤßig über die Hirnoberflaͤche ausgebreitet find. Das kleine Gehirn und das Ruͤckenmark erſcheinen normal; indeß finden ſich doch 14 Unze Serum unter der arachnoidea des Ruͤckenmarkes. Bruſthoͤhle. Der Herzbeutel ent— hätt 33 Serum, jede der Herzhoͤhlen ein Fibrinecoagulum; die linke Lunge iſt durch alte Adhaͤſionen an die Rippen⸗ pleura angeheftet. Unterleib shoͤhle. Die innere Flaͤ⸗ che der großen Curvatur des Magens iſt rothbraun; die ganze Magenſchleimhaut verdickt, aber nicht erweicht, Die innere Flaͤche des Duͤnndarmes hellroth; die Peyerſchen Druͤſen ſehr deutlich, jedoch ohne krankhafte Veraͤnderung. Die Schleimhaut des Dickdarmes iſt rothgrau; die Schleim— baͤlge find ziemlich voluminoͤs, das Gewebe der Leber er— ſcheint normal; die Gallenblaſe iſt durch einen feſten, fibroͤ— (Gummi⸗ 173 fen Strang erſetzt; der duetus choledochus und hepa- ticus iſt erweitert; der duetus eysticus iſt nur 4 oder 5 Linien lang und endigt blind. Später iſt noch ermittelt worden, daß der Kranke dem Trunke ergeben war, daß man nie Spuren von Epilepſie bel ihm bemerkt hat, daß er aber einen eigenthuͤmlichen Character gehabt und nicht ſelten auffallende Reden ge— rührt habe. Zweiter Fall. CEysticercus im Gehirn und in den Muskeln. Ein Mann von 56 Jahren, Namens Hardy, eine Schweineſchlaͤchter, wurde am 15. Novbr. 1835 in vollkommenem Delirium in das Höpital Beaujon gebracht Eine Perſon, welche ihn ſeit achtzehn Jahren kannte, machte folgende Mittheilung: Der Mann war dem Trunke ergeben, von heiterem Character, ſeit vie— len Jahren epileptiſchen Anfaͤllen unterworfen, welche indeß nur ſelten eintraten; vor Kurzem erhielt er einen Fußtritt von einem Schweine gegen den linken Unterſchenkel; es entwickelte ſich ein pseudoerysipelas, welches in wenigen Tagen die ganze Extremitaͤt einnahm. Einige Tage vor ſeiner Aufnahme brachte er ſich auch noch eine Wunde am rechten Unterſchenkel bei. Am 15. November Abends. Delirium, Aufregung; der Puls kraͤftig, voll, beſchleunigt; das linke Bein iſt be— traͤchtlich geſchwollen, mit grauen Phlyctaͤnen bedeckt; hie und da iſt die Haut entbloͤßt, blaͤulich. An der vordern innern Flaͤche des linken Unterſchenkels findet ſich ein trocke— ner Schorf; die Senſibilitaͤt iſt in der kranken Gliedmaße faſt vollkommen aufgehoben. (Aderlaß von vier Taſſen, er— weichende Cataplasmen). Am 16. wurden am linken Beine 20 Scarificationen gemacht, welche keinen Schmerz verurſachten; es floß Se— rum und etwas Blut durch die Einſchnitte am Schenkel aus. Das Delirium dauert fort; der Puls iſt unregelmaͤ— ßig und beſchleunigt, 128; die Zunge trocken. Auf der lin— ken Hinterbacke hat ſich ein Brandſchorf gebildet. (Zwanzig Blutegel an die proc. mastoidei, Limonade, Cataplas— men, Diät.) Am 17. Das Delirium dauert fort; die Aufregung hat abgenommen; die Zunge iſt etwas feucht. Das erysi- pelas erreicht die obere Grenze des Schenkels. Die Aus: dehnung der Brandſchorfe iſt betraͤchtlich; der Puls von gleicher Frequenz. (China.) Der Tod erfolgt im Laufe des Tages. Section am 19 Die Blutleiter und Hirnvenen ſtrotzen von Blut. In den Hirnhaͤuten und der grauen Subſtanz der Hemiſphaͤren finden ſich acht Hydatidenbaͤlge, ein einziger in der Dicke der weißen Subſtanz. Es findet ſich nichts Auffallendes in den Gehirnventrikeln; außerdem fanden ſich einige aͤhnliche Baͤlge in dem linken m. psoas und iliacus und in den übrigen Muskeln der Bauchwan— dungen; die Lungen ſind normal; das Herz groß; die rech— ten Herzhoͤhlen mit Blut gefüllt; die Bauchaorta verdickt; ſaͤmmtliche Arterien von der iliaca bis zur Fußſohle vers Enöchert; die Venen normal; die Lymphgefaͤße des linken Beines enthalten Eiter, ebenſo die Leiſtendruͤſen; aber eine 174 ahnliche Anfüllung findet ſich nicht in den Lymphgefaͤßen oberhalb dieſer Druſen. Die Schorfe find abgetrocknet, ziemlich tief. Das Zellgewebe iſt mit einem truͤben Se— rum infiltrirt; die Unterleibseingeweide ſind nicht merklich veraͤndert; die Milz groß und muͤrbe. Die gemeinſchaftlichen Charactere der Blaſenwuͤrmer bet dem Joret und Hardy ſind folgende: 1) Die Baͤlge haben ſich theils in der Dicke der Muskeln, theils in dem Zellgewebe der pia mater, theils in der grauen Subſtanz der Hemiſphaͤren, nur ein einziger hat ſich in der weißen Subſtanz des Gehirns entwickelt. 2) Eine zellgewebige oder zellgewebig-fibroͤſe Balg— haut von verſchiedener Dicke und Feſtigkeit umgiebt den Hydatidenbalg; bald iſt dieſe Haut duͤnn und durchſichtig, bald iſt ſie dick und undurchſichtig, aber niemals haͤngt ſie mit der Caudalblaſe zuſammen. Der Hydatidenbalg, welchen man auch die Caudalblaſe genannt hat, iſt durchſichtig und leicht zu zerreißen. Auf einer Seite bemerkt man einen undurchſichtigen Punct, wel— cher die Stelle bezeichnet, durch welche der eysticercus aus der Schwanzblaſe hervortritt. Die Caudalblaſe iſt mit durchſichtiger, leicht opaliſirender Fluͤſſigkeit gefuͤllt, welche in der Siedhitze Flocken abſetzt. Der Umfang varüiirt zwiſchen dem einer Erbſe und einer Haſelnuß. Oeffnet man die Blaſe, fo findet man den kleinen undurchſichtigen Körper des in die Caudalblaſe zuruͤckgezogenen eysticereus, welcher ſich bei nicht geoͤffneter Blaſe auch hervordruͤcken läßt; wen⸗ det man einen ſtaͤrkern Druck an, ſo wird die Blaſe umge— wendet, und man ſieht, daß das Thier mit dem Schwanze an ihr anhaͤngt. Am freien Ende des eysticercus zeigt ſich eine kleine Spalte, durch welche ſich der Kopf hervor— druͤcken läßt Unter dem Mikroſcope zeigt ſich der Körper ſpindelfoͤrmig mit Queerſtreifen. Am Kopfe bemerkt man vier Saugwarzen, zwiſchen denen eine Hervorragung mit dem Hakenkranze hervorſteht. Die Laͤnge des entwickelten Thieres ohne Caudalblaſe beträgt 4 — 6 Linien. Bei den Thieren der erſten Beobachtung war der Hakenkranz und die Hervorragung der Saugwarzen ſchwarz gefaͤrbt; bei den größeren Thieren der zweiten Beobachtung waren ſie farblos Ruͤckſichtlich der Symptomatologie zeigen dieſe beiden Fälle nur, wie verſchieden die Symptome des eysticercus des Gehirns ſind; bei dem zweiten Kranken waren ebenſo, wie bei einem Falle, den Herr Calmeil bekannt gemacht hat, Anfaͤlle von Epilepſie zugegen, bei dem erſten nur eine bizarre Characterſtimmung und momentan voruͤbergehende Delirien; denn die fpäteren anhaltenden Delirien und bedenkli— chen Hirnzufaͤlle, denen der Joret unterlag, ſcheinen mit mehr von der Einwirkung der Bleivergiftung herzuruͤhren, wiewohl das Vorhandenſeyn der eysticerei die Entwicke— lung der Gehirnſymptome beguͤnſtigen und die Krankheit ver— ſchlimmern konnte. Der Kranke des Herrn Calmeil zeigte einige Zeit vor dem Tode Somnolenz, Zittern des Unterkier fers, Delirien, Aufregung, Sehnenhuͤpfen und keine Läh⸗ mung; berüdfichtigt man aber, daß der Kranke des Herrn Brera apoplectiſch geſtorben iſt, während der des Hrn. Louis keine Störung der Hirnfunction zeigte, fo wird man zuge— 175 ben muͤſſen, daß bei dem jetzigen Stande der Wiſſenſchaft es unmöglich iſt, den eysticercus des Gehirns zu diagno— ſticiren Ich fuͤge noch eine Bemerkung hinzu. Es iſt naͤmlich auffallend, daß dieſer Blaſenwurm gerade bei einem Schwei— neſchlaͤchter vorkam, welcher ſich gewiß haͤufig mit finnigem Schweinefleiſch genaͤhrt hat, da ſich dieſes ſchwerer verkauft, als das Fleiſch geſunder Schweine. (Arch. gen. Dec. 1839.) Zwei Falle von Thymusaſthma nebſt Leichenoͤff— nung ſind in dem Berichte des Zuͤricher Geſundheitsrathes, nach den Mittheilungen der Aerzte, Blattmann und Dr. Stoͤhr, aufgefuͤhrt. Ein vier Tage altes, ſchwaͤchliches Maͤdchen litt perio— diſch an ſehr beengtem, bei der Inſpiration pfeifendem, dem Croupton aͤhnlichem Aſthma, blaͤulich-rothem Geſichte und allgemeinen Convulſionen Die Rippen liefen beiderkeits ſpitzig gegen das ſehr hervorſtehende und erhabene Bruſtbein zu; dabei eigentliches Bauchathmen. Bei dem zweiten ge— gen fuͤnf Minuten dauernden Anfalle war Hr. B. gegen— waͤrtig. Zwanzig Minuten ſpaͤter erfolgte der dritte mit einem eigenthuͤmlichen, feinen, pfeifenden Schrei des Kindes; dabei ſtarkes Schleimraſſeln auf der Bruſt und kalte Glied— maßen. Zu Herſtellung freierer Circulation wurden zwei Blutegel an die Bruſt gelegt und ein gelindes Brechmittel gereicht. Nachdem hierauf ziemlich viel Schleim erbrochen und auch nach Unten Wirkung erfolgt war, verordnete man Moſchus und Zinkblumen, wobei die Anfaͤlle an Heftigkeit und Haͤufigkeit dergeſtalt abnahmen, daß in den folgenden Tagen nur noch einer erſchien. Jedoch dauerte noch vier Monate lang eine ganz leichte Engbruͤſtigkeit fort, wobei das Kind ſich uͤbrigens wohlbefand und die nur mit fort— ſchreitender Entwickelung deſſelben uͤberhaupt und des Bruſt— kaſtens in'sbeſondere allmaͤlig ſich verlor und ſpaͤter nur dann noch bemerkt wurde, wenn das Kind lebhaft und luſtig war. Waͤhrend des Durchbruchs der erſten Schneidezaͤhne ward das Kind aber in der vierundzwanzigſten Lebenswoche ein Opfer der chroniſchen Gehirnhoͤhlenwaſſerſucht, wie ein fruͤheres derſelben Eltern Die Section zeigte eine vergroͤßerte, mit dem Herzbeutel verwachfene Thymus, die an ihrem obe- 176 ren Theile verhaͤrtet war und eine Unze wog. Die andern Btuſteingeweide waren regelmaͤßig. Ein 36 Wochen altes Kind zeigte den 15. Februar ſchweres, bisweilen ausſetzendes Athmen, rauhen Huſten, dabei öfteres, ploͤtzliches Erwachen Nachts mit einem Schrei, worauf eine Zeitlang der Athem voͤllig unterdruͤckt war und ſich erſt nach und nach wieder einſtellte. Die Behandlung beſtand in Blutegeln, verſuͤßtem Queckſilber, Jodſalbe, Ers pectorantien, Senfteigen, Veſicatorien, Ciyſtiren, wiewohl ohne Erfolg. Den 21 Maͤrz, ſechs Wochen nach dem er— ſten Anfalle, ſtarb das Kind. Bei der Section turgescit— ten die Hautvenen; die Thymus war 5 Zoll lang, drittehalb Zoll breit, wog 7 Drachmen, war mit dem Herzbeutel durch Zellſtoff verwachſen und draͤngte die Lunge zur Seite. Ihr oberer Lappen, auf der Luftroͤhre liegend, hatte dieſe voͤllig breit gedrückt, ſo daß der Canal der Luftroͤhre daſelbſt nur eine ſchmale Spalte darbot. Ihr haͤutiger Theil war eingeſtuͤlpt, ihre Ringe beruͤhrten ſich hinten; Luftroͤhre und bronchi waren mit zaͤhem Schleime uͤberfuͤllt. Miscellen. Ueber fecundäre Pleurafiſteln ſprach Dr. Stokes, am 11. Mai 1839, in der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin. Der dazu Gelegenheit gebende Fall war folgender: Die urſpruͤng— liche Fiſtel, welche von Innen nach Außen ging und mit einer Höhle in der Lunge in Verbindung ftand, war deutlich zu erken- nen; aber außer dieſer Oeffnung waren mehrere andere, welche ſich von Außen nach Innen gebildet hatten, zu bemerken; dieſe bildeten ovale Flecke, mit Durchbohrung der ſeroͤſen Haut und der darunter liegenden Theile, und in der Tiefe fanden ſich mehe rere kreisrunde Oeffnungen, welche mit kleinen Bronchialroͤhren communicirten, jedoch nicht mit irgend einem deutlichen Tuberkel— abſceß in Verbindung ſtanden. Dieſer Zuſtand ſchien eine ziemlich lange Dauer der Krankheit vorauszuſetzen, und Dr. Stokes meinte, daß ſolche ſecundaͤre Fiſteln mehrere Eigenthuͤmlichkeiten in den phyſicaliſchen Zeichen des chroniſchen Empyems und Pneu— mothorax erklaren koͤnnten. Eine Seife, um Stoffe fuͤr Waſſer undurchdring⸗ lich zu machen, welche dabei den Vortheil großer Wohlfeilheit hat und dadurch die Snfalubrität mancher Gewerbe aufheben kann, hat Hr. Menotti erfunden. Man rechnet, daß es nicht drei Groſchen (40 centimes) Eoftet, um eine gewoͤhnliche Blouſe waſ— ſerdicht zu machen, und ſo einfach, daß man den Stoff nur in eine kochende Auflöͤſung dieſes Savon hydrofuge zu tauchen, auszudruͤk⸗ ken und zu trocknen braucht. — Die Angaben des Erfinders find von den HHrn. Robiquet und Dumas beſtaͤtigt worden. Auch u die chirurgiſchen Verbandapparate iſt diefe Erfindung ſehr wichtig. —— — — TS Bibliographische Traité du magnetisme animal, consider sous le rapport de P’hygiene, de la médecine legale et de la therapeutique, Par G. G, Lafont- Gouzi. Paris 1840. 8. Tableau analytique des substances chimiques minerales em- ployées dans la medicine et dans les arts, d’apres la methode dicholomique. Par Ed. Langlebert Paris 1840 18. Traite sur la phthisie tuberculeuse pulmonaire. BR. Riffard, a Annonay. Paris 1840. 8. Par le Docteur Ne ü eit n. Oeuvres completes d' Ambroise Paré, revues et collationées sur toutes les Editions, avec les variantes; ornees de 217 Plan- ches et du portrait de l’auteur; accompagnees de notes hi- storiques et critiques et précédées d'une introduction sur Vorigine et les progres de la chirurgie en Occident du si- xieme au seizieme siecle et sur la vie et les ouvrages d’Am- broise Pare. Par J. F. Malgaigne. Tome I, Paris 1840. 8. M. 2 K. (Wird aus drei ſtarken Bänden, mit in den Text eingeſchalteten Tafeln, erſcheinen.) — — — Vene Wotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt don dem Ober⸗Medielnalratbe Frorſer zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Profefor Frorie zu Berlin. Ne. 276. (Nr. 12. des XIII. Bandes.) Februar 1840. Gedruckt im Landes ⸗Induſtrie- Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. N a tau k Elementar-Gewebe, Schnabelhaut-Gewebe. Von Prof. Mayer. (Hierzu d. Figg. 1— 56 der mit d. naͤchſten Stuͤcke aus zugebenden Tafel.) Das Specifiſche des thieriſchen Gewebes richtet ſich nach der Form und Qualitaͤt der thieriſchen Monaden. Da die Form der Monaden als eingeſchachtelte Keime, Kerne in Huͤllen eingeſchloſſen, eine aͤhnliche iſt, ſo ergiebt ſich ſchon hieraus eine gewiſſe Homogenitaͤt der Gewebe des thieriſchen Koͤrpers. Aber auch die Qualität der thieri— ſchen Monaden iſt, mit Ausſchluß der acceſſoriſchen adhaͤ— rirenden Beſtandtheile, als welche find: Pigment, erdige, metallene Subſtanzen, nicht weſentlich heterogen um ſo we— niger, je naͤher das Thier ſeinem Entſtehungspuncte ſteht. Auch liegt dieſe Heterogenitaͤt, zumal in den fruͤheſten Zu— ſtaͤnden des Embryolebens, außerhalb des Horizontes unſeres, ſelbſt bewaffneten, Auges. Aus den eryſtallklaren Troͤpfchen des Keimblaͤschens entwickeln ſich die heterogen ſten Gebilde! Es iſt auch dieſe Qualitaͤt der thieriſchen Monaden eine mehr vitale zu nennen, oder ſie iſt hauptſaͤchlich durch die Vitalität bedingt. Es möchte hierbei ſchon auf die Stelle im Raume, auf den Ort in der Lebensbahn des Thierleibes ankommen, welchen Grad der Vitalitaͤt die urſpruͤnglich gleiche oder identiſche Monade erhalten ſoll, wie in dem Magnet— ſtabe die Eiſentheile am Pole + und — ME in dem Indifferenzpuncte OME zeigen. Ein Beiſpiel möge dieß erläutern. Im Wahnſinne nimmt die Empfindlichkeit der Gehirnmarkmonaden ab; in der Entzuͤndung der Knochen wird die Knochen-Monade empfindlich, beweglich! Die Qualitaͤt der thieriſchen Gewebe wird aber auch noch dadurch beſtimmt, daß die einen vorzugsweiſe aus dem Kernſtoffe, die andern aus dem Schaalenſtoffe (Stoff der Hülle) gefpennen werden. Eine dritte Art beſteht aus den ganzen Monaden, oder aus beiden Stoffen zugleich. Meiner Anſicht nach, duͤrften folgende Arten von mi— kroſcopiſchen Geweben anzunehmen ſeyn. No. 1376. KR u nd . 1. Das Markmonaden-Gewebe (das des Gehirn- und Nervenmarkes). 2. Das Blutmonaden-Gewebe. Hierzu gehoͤren die Knochen „ die Knorpel, deren Knochenkoͤrperchen und Knorpelkoͤrperchen aus Blutmonaden und Plasma ein— getaucht beſtehen. 3. Das Blutkernmonaden-Gewebe. Dar— aus (aus den Kernen der Blutmonaden) beſteht die Mus— kelſubſtanz. 4. Das Druͤſenkornmonaden-Gewebe. Dieſes iſt das Element der Druͤſen. Es iſt doppelt, wie die Druͤ— ſen, welche man in weiße Druͤſen (glandulae conglome— ratae) und in Blutdruͤſen (glandulae lobatae), z. B., die Leber, Milz u. ſ. f., eintheilt, — entweder Blutkorn oder aus weißen Blutmonaden, ſogenannten Lymphkuͤgelchen, beſtehend. Es ſind aber die noch nicht zur kernigen Con— centration gelangten großen, gekoͤrnten Kugeln, welche man im Saamen (Notizen 1837 April No. 7.), im Speichel, in der Thymus, in den Lymphdruͤſen, in der Milz, in der Le— ber, in der Nebenniere u. ſ. f. findet. Sie wandeln ſich durch Contraction des Inhaltes zum Kern in die Monaden des weißen Blutes um, von welchen fruͤher behauptet wurde, daß ſie blos als Kerne ohne Huͤlle im Blute ſich vorfaͤnden, von welchen ich aber ausgeſagt habe (N. Notizen 1839 Februar 14.), daß ſie alle runde, oder auch ovale Huͤllen beſaͤßen. In dem Parenchym der Druͤſen ſind ſie von ver— ſchiedener Groͤße, noch unconcentrirt, von den kleinſten bis zu den groͤßten. Sie haͤngen und wachſen gleichſam wie Fruͤchte an den Aeſtchen des Capillargefaͤßſyſtems und der Secretionscanaͤle. Sie theilen und vereinigen ſich wieder ſehr leicht. Ihre Transſudation durch die Wandung des Secretionscanales iſt nicht durch Poren, ſondern durch die Halbfluͤſſigkeit der Wandung des aus Schaalenſtoff beſtehen— den Ganges an deſſen Wurzeln bedingt, ſo wie durch ihre leichte Theilbarkeit befördert. Es ſcheint, dieſe Druͤſen, 3 B., die Speicheldruͤſen, ſchuͤtteln dieſe gekoͤrnten Kernkugeln ab, wie der Baum ſeine reifen Fruͤchte, ſo wie neuer Nah— rungsſtoff in den Magen gelangt. (N. Notizen 1839 Jan. Nr. 180.) Das pancreas ſcheint eine Ausnahme info: 12 179 fern zu machen, als ich im succus pancreaticus mei— ſtens ganz kleine klare Kuͤgelchen in außerordentlicher Zahl wahrn e hme, von der Größe von zo, Linie. Auch im Mundſafte (Speichel) der Froͤſche ſehe ich dieſelben. Doch ſah ich auch öfter große gekoͤrnte Kugeln im pancreatiſchen Safte. 5 Die Monaden des weißen Blutes, welche, wie geſagt, durch Concentration des Inhaltes zum Kerne, aus jenen, wahrſcheinlich durch die Reſpiration, entſtehen, wie jene ſchon durch Salze und Saͤuren uͤberhaupt in dieſe ſich umwandeln laſſen, bilden nun im expandirten Zuſtande die Elemente mehrer peripheriſchen Gebilde, z. B., die der Epider— mis, des Epitheliums der Schnabelhaut u. ſ. f. Sie neh: men, wie ſchon die rothen Blutkuͤgelchen, eintrocknend na— mentlich, eine eckige, zellige Geſtalt an, mit mehr oder min— der regelmaͤßigen Seiten, deren Zahl bis ſechs ſteigen kann. Ich habe bereits fruͤher dieſe Monadenbildung der Epider— mis beſprochen und namentlich die ſehr ſchoͤne Bildung ſol— cher zelligen Monaden an dem Schnabel von Buceros Rhinoceros erwähnt, welche ich mit den aͤhnlich gebauten Schuppen der Fiſche verglichen habe (N. Notizen 1887 Januar, Ne. 5.). Man findet hier dieſe Monaden abge— bildet von der Schnabelhaut von Loxia Pyrrhula, Bu- ceros Rhinoceros, Platalea leucorodia, Psittacus erithacus, Gallina domestica und Testudo graeca. Man erſieht die Gleichfoͤrmigkeit dieſer ſchoͤnen Bildung bei den Voͤgeln, und ſie kehrt ſelbſt wieder in dem Schnabel der Schildkroͤte. Die Größe dieſer Monaden variirt von 5 L. bis zi Linie. Die größten beſitzt der Papagei. Man erkennt deutlich die Huͤlle und den Kern darin, wie im wei— ßen Blutkuͤgelchen. 6. Endlich beftehen andere Organe blos aus Schaalenſtoff, welcher entweder als reiner Fluß vor— kommt, z. B., in der Capſel der Cryſtalllinſe, Demours'⸗ ſchen Haut u. ſ. f., oder als Quadratfaſer, in der Faſer der Linſe ſelbſt, (die jedoch unendlich theilbar) und als ſolche (ſenſible) Quadratfaſer in den Säulen der retina und der Nerven, als haͤrtliche Faſer im Neurolem (welches mit jener Quadratfaſer die Primitiv-Nervenfaſer erſt ausmacht), in den Sehnen, im Zellſtoffe Die primitive Zellfaſer laͤßt ſich durch Waſſer zum Cylinder anſchwellen machen. Primitive Nerven- und Zellfaſer erſcheinen unter dem Mikroſcope identiſch, dieſe iſt nur die leere Huͤlle von jener; und dieſe wird zur Nervenfaſer, wenn ſie durch das Hinſtroͤmen der Markmonaden belebt wird. So beſtehen alſo die Organe vorwaltend entweder aus Schaalenſtoff, oder aus Kernſtoff. Jener iſt Faſerſtoff, dieſer Eiweißſtoff in vitaler Gerinnung. Der ungeronnene Eiweißſtoff des Blutſerums enthaͤlt beide Stoffe in ſich. Beide ſcheinen gleichen Grad der Vitalität zu haben. Das Lebendige des Schaalenſtoffes (Faſerſtoffes) iſt das Saamenthier und die Flimmerſubſtanz; das Leben— dige des Kernſtoffes der Keimblaͤschenſtoff und die Hirnmark— monade. Die Differenz der Vitalitaͤt dieſer Elemente liegt aber außer dem Horizonte des Mikroſcopes. Das Innere der Natur erſchließt ſich nicht den 8 Sinnen, Der Geiſt allein erkennt des Geiſt's geheim' Beginnen! 180 Des Geiſtes Fug iſt Jahrtauſende voraus, waͤhrend die Beobachtung minutenweiſe nachhinkt. Haͤtte der große Kepler nicht die Geſetze des Umlaufes der Weltkoͤrper pro— phetiſch ausgeſprochen, der Rieſenrefractor würde fie. noch lange vergebens ſuchen! Kepler hat auch zuerſt erkannt, daß die retina der Sitz der Sehkraft ſey, die die neueſte Empirie zum empfindungsloſen Inſtrumente macht. Es giebt wohl eine hoͤhere Phyſiologie, als die, welche aus Hun— degeheul und Froſchgezappel zuſammengeſetzt iſt, ſo wie eine höhere Architectonik des Thierleibes, als die, nach welcher er, gleich einer Bienenwabe, blos aus Zellen beſteht. Die Monaden ſind es, welche dieſe Zellen bewohnen und beleben. Sie feiern darin ihre Orgien des Lebens in tauſend Ver— wandlungen. Erklaͤrung der Figuren. Fig. 1. Plaͤttchen der Schnabelhaut von Loxia Pyrrhula. Fig. 2 desgleichen von Buceros Rhinoceros. Fig. 3. desgleichen von Platalea leucorodia. Fig. 4. desgleichen von Psittacus erithacus. Fig. 5. desgleichen von Gallina domestica. Fig. 6 desgleichen von Testudo graeca. Ueber das Purkinjeſche Bläschen in dem Froſcheie. („Schreiben des Dr. Ruſconi an Herrn Profeſſor Ernſt H. Wer ber zu Leipzig, über das Keimblaͤschen.“ „Ich beeile mich, Ihnen zu melden, daß ich ver— ſchiedene Beobachtungen uͤber das Keimblaͤschen gemacht habe, ſowohl bei den Reptilien der Familie der Batrachier, als auch bei den Schuppenfiſchen, und daß die von mir das ruͤber erhaltenen Reſultate vollſtaͤndig denen entgegengeſetzt find, welche Baer in feinem Schreiben de Ovi mamma- lium ete, bekanntlich gemacht hat. Letzterer ſagt, wie Sie wiſſen, daß das Keimbläshen im Eie nicht vorhanden iſt, wenn dieſes in den Oviduct eingetreten (Ova in oviduetu vecta vesicula carent, longe ante foecundationem), und ich trete gern dieſem Ausſpruche bei, wenn von den Voͤgeln die Rede iſt; allein ich weiche um tauſend Stunden von ihm ab, wenn er von Batrachiern und Fiſchen han— delt, indem ich bei den von mir angeſtellten Unterſuchungen geſehen und beruͤhrt habe, daß das Keimblaͤschen bald nach der Befruchtung verſchwindet und daß ſein Verſchwinden eine Wirkung der Befruchtung ſelbſt iſt. Gegenwaͤrtig will ich nichts weiter daruͤber ſagen, weil ich mir vorbehalte, aus— führlih darüber zu ſprechen, wenn ich Ihnen Rechenſchaft (ragguallio) von meinen über dieſen Gegenſtand gemachten Beobachtungen ablege. Die Auseinanderſetzung meiner Un— terſuchungen wird der Gegenſtand eines fuͤnften an Sie ge— richteten Schreibens abgeben und wird von mehreren Figu— ren begleitet ſeyn, welche von mir ſelbſt mit allem Fleiße und mit, wo moͤglich, noch groͤßerer Aufmerkſamkeit ge— zeichnet ſind, und da ich von dem Keimblaͤschen ſpreche, muß ich Ihnen ſagen, daß es mir nicht wenig unange— 181 nehm geweſen ift, daß Ein und der Andere (taluno), indem er mein zweites an Sie gerichtetes Schreiben geleſen und den wahren Sinn einiger meiner Worte nicht aufgefaßt hat, hat glauben konnen, daß ich die Exiſtenz des Keimblaͤschens in dem Eie der Batrachier nicht zugebe. Sie wiſſen, daf Baer, bevor er die Metamorphoſen derl Froſcheier in feiner, dem Muͤller'ſchen Journale einverleib— ten, Abhandlung beſchreibt, ſagt, „daß alles Eiweiß und die Dotterhaut Waſſer abſorbire und daß dieſes ihr Abſorbiren ganz deutlich ſey, weil das ganze Eiweiß waͤhrend der erſten Stunden nach der Befruchtung anſchwillt, ſondern auch hoͤchſt wahrſcheinlich ſey, hauptſaͤchlich aus der Urſache, daß die Dotterhaut allmaͤlig von dem Dotter ſelbſt getrennt wird, vermoͤge des Waſſers, welches zwiſchen die eine und den andern eindringt, obwohl ein Theil dieſes Waſſers aus dem Keimblaͤschen ſtammen mag. Nun, wenn ich Ihnen geſchrieben habe, daß Baer mit ſeiner Einbildungskraft in dem Froſcheie Canaͤle, Hoͤhlen und Blaͤschen geſehen habe, fo habe ich nicht die Exiſtenz der Keimblaͤschen in Zweifel ziehen, ſondern habe nur ſagen wollen, daß während der er— ſten Stunden, welche auf das Legen des Eies folgen, in ihm Keimblaͤschen vorhanden ſind, aus welchen ein Theil des Waſſers kommen koͤnnte, welches, nach Baer's An— gabe, zwiſchen der Dotterhaut und dem Dotter eindringt. Und in der That, wenn dieſer Schriftſteller in ſeinem Schrei— ben ſagt, daß in batrachiis ova in oviductu vecta vesicula carent, lounge ante foecundationem und daß in ovis partu jam editis nunquam inveni vesi- culam, wie iſt es möglich, frage ich Sie, daß das Keim: bläschen mit feiner Feuchtigkeit dazu beitragen kann, die Dotterhaut ven dem Dotter abzutrennen, nachdem das Ei in das Waſſer abgeſetzt iſt und jenes ſeit mehreren Tagen aufgehört hat, zu exiſtiren? Wenn alſo ich Ihnen geſchrie— ben habe, daß Baer mit ſeiner Einbildungskraft das Blaͤs— chen geſehen habe, ſo habe ich ſagen wollen, daß er es in einer Epoche geſehen, wo es ſchon verſchwunden geweſen. Als ich Ihnen in dieſer Weiſe geſchrieben habe, habe ich mich gaͤnzlich geſtuͤtzt, nicht auf meine Beobachtungen, ſon— dern auf diejenigen, welche Baer ſelbſt in ſeinem Schreiben de Ovi mammalium bekannt gemacht hat und welchen ich volles Zutrauen geſchenkt hatte; jetzt aber, wo ich ſelbſt Unterſuchungen uͤber die Keimblaͤschen in den Eiern der Froſche und Fiſche angeſtellt und in den Froͤſchen mehr als vier— zig Tage lang verfolgt habe, jetzt, wo ich meine Unterſu— chungen uͤber das kaum gelegte und befruchtete Froſchei wie— derholt habe, ſage ich Ihnen von Neuem, daß Baer ſich geirrt hat, wenn er in dem Eie ſelbſt einen in eine Hoͤhle führenden Canal geſehen hat und füge hinzu, daß er ſich irrte, als er die Worte niederſchrieb: in batrachiis ova in oviduetu vecta vesicula carent. (Biblioteca ita- liana. Tomo 95.) Berechnung der Tiefe eines Bergwerks nach den Schwingungen des Secundenpendels. Die Schwerkraft veraͤndert ſich, wenn wir unter die Erdoberfläche hinabſteigen, nicht nach demſelben Geſetze, wie 182 wenn wir uns aus den hoͤhern Regionen der Luft der Erd— oberflaͤche naͤhern. Wenn man von einem hohen Berge hin- abſteigt und von Zeit zu Zeit Beobachtungen mit dem Pen- del anſtellt, fo findet man, daß bis zur Meeresoberflaͤche die Schwerkraft fortwaͤhrend zunimmt. Sobald man aber tiefer ſteigt und von Zeit zu Zeit beobachtet, wird man fin— den, daß von nun an die Schwerkraft beſtaͤndig geringer wird. Der Grund hiervon erklaͤrt ſich folgendermaßen: Man denke ſich, ſobald man bis zu irgend einer Tiefe ge— langt iſt, die Maſſe der Erde in zwei Theile zerlegt, von denen der eine eine ſphaͤriſche Rinde der ganzen Kugel bil⸗ det, deren Dicke bis an die Stelle reicht, wo man ſich ge— rade befindet, waͤhrend der andere die von dieſer Rinde oder Schaale umſchloſſene maſſive Kugel iſt. Merkwuͤrdigerweiſe neutraliſiren nun einander die anziehenden Kräfte, welche auf irgend einen innerhalb einer hohlen Kugel irgendwo befindli— chen Korper von dieſer ausgeübt werden, d. h fie halten einander genau das Gleichgewicht, ſo daß der Koͤrper durch— aus keinen Impuls erhaͤlt, ſich nach irgend einer beſondern Richtung zu bewegen, und wenn die Erde hohl und deren Höhlung eine Kugel wäre, fo würden wir, wenn wir in dieſelbe hinabſteigen koͤnnten, ohne alle Anſtrengung in der⸗ ſelben hin- und herſchwimmen. Ja, jede Ausuͤbung der Muskelkraft wuͤrde gefaͤhrlich ſeyn, indem ſie uns mit Ge— walt gegen den einen oder den andern Theil der innern Wandung ſchleudern koͤnnte. Da auf dieſe Weiſe die uͤber den Menſchen, welcher in ein Bergwerk hinabſteigt, befind— liche Erdrinde ſo gut wie keine Anziehung auf denſelben ausuͤbt, ſo wird er nur von der unter ihm befindlichen maſ⸗ ſiven Kugel angezogen. Der Durchmeſſer dieſer letztern vermindert ſich aber, je tiefer man ſteigt, während die relas tive Lage zu der kleinern Kugel genau dieſelbe bleibt, wie ſie es zu der groͤßern war, als man ſich an deren Oberflaͤche befand. So laͤßt ſich alſo annehmen, man ſtehe waͤhrend des Hinabſteigens auf einer ſich fortwaͤhrend verkleinernden Ku— gel. Da man auf dieſe Weide durch eine immer kleiner werdende Quantitaͤt Materie angezogen wird, ſo leuchtet ein, daß man immer weniger ſtark angezogen wird. Dieſe Verminderung der Anziehung iſt der Verminderung des Ab: ſtandes von dem Mittelpuncte der Erde genau proportional, und wenn wir dieß Geſetz auf die Beſtimmung der Wire kung anwenden, welche die Verminderung der Anziehung auf die Bewegung des Pendels aͤußert, ſo erhalten wir folgende Regel, um die Tiefe einer Mine zu beſtimmen: Man beob— achte, wie viele Schlaͤge (Schwingungen) das Secunden⸗ pendel binnen Tagesfriſt weniger thut, wenn es ſich an der Sohle der Mine befindet; t oder ziemlich , dieſer Secundenzahl wird die Tiefe des Bergwerks in Bruchtheilen einer engliſchen Meile ausdruͤcken. (Illustrations of Sei— ence. London and Paris Observer, 19. Jan. 1840.) Miscellen. ueber das Wachsthum der Haare hat Herr Mandl zu Paris einige Beobachtungen gemacht, welche den allgemein da⸗ ruͤber angenommenen Anſichten nicht zu entſprechen ſcheinen. „Bei 12. 183 den Perſonen, deren Haare friſch abgeſchnitten find, bemerkt man, daß jedes Haar feinen Durchmeſſer behält, bis an das freie Ende, welches eine ſcharfe Abſchnittsfläche darbietet, woran das Auge den Durchſchnitt der Rindenſubſtanz und die des inneren Canals (Ob hier nicht unter dem Mikroſcope eine optiſche Täuſchung ſtatt— gefunden hat 2) unterſcheiden kann. Wenn man dieſelben Haare nach einer kuͤrzeren oder laͤngeren Zeit unterſucht, zeigt ſich jedes Haar in eine mehr oder weniger verlaͤngerte Spitze endigend, welche aber an ih⸗ rem Gipfel nicht mehr durchbohrt iſt. Muß nicht dieſe Veraͤnderung der Form als das Reſultat einer lebenden Thätigkeit und fo ange— ſehen werden, als wäre dadurch die Moͤglichkeit einer Saftbewe⸗ gung im Innern des Haares bewieſen? Was noch dafür ſpräche, iſt die Verſchiedenheit, welche man in der Art der Endigung der Haare bemerkt, jenachdem ſie kurz abgeſchnitten, oder lang erhalten worden find. In den letzteren bemerkt man, ftatt der Bildung einer Spitze, nur eine Verſchließung des Endes des Canals, was wahrſcheinlich von der Schwierigkeit der Bewegung der innern Säfte herruͤhrt.“ 184 Ueber das Herabfallen von Spinnen aus der Luft enthaͤlt ein, von Suckur am Indus vom 17. September 1839 datirter und im Asiatic Journal mitgetheilter, Brief Folgendes: „Ich machte einen Spatziergang in's Freie, als ich mich plotzlich von einer Unzahl kleiner und großer Spianen bedeckt ſah. Ich bemerkte alsbald, daß ich mich mitten in einer großen Wolke von dieſen Inſecten befand, welche in einem leichten Gefpirnfte von bedeuten der Größe aus den hoͤhern Gegenden der Luft herabſchwebten. Nachdem ich mich aus der Wolke begeben, gewann ich einen Stand— punct, von wo aus ich ſie ungehindert beobachten konnte, und nun ſah ich zu meinem Erſtaunen ein ineinandergewirrtes Gewebe her— abſinken, in welchem unzaͤhlige Spinnen, jede an einem feinen Fa— den, auf- und niederſtiegen, waͤhrend die Faͤden in den Strahlen der aufgehenden Sonne alle Farben ſchillerten. Der Morgen war etwas duͤſter und deſſen Stille ward von Zeit zu Zeit durch fernen Donner unterbrochen“. C AA ˙ AA ( „ e ee Ueber den Rotz bei'm Menſchen, den Einhufern und einigen andern Saͤugethieren las Herr Breſchet am 10. Februar der Academie der Wiſſenſchaften einen von ihm und Herrn Royer verfaßten vorlaͤufigen Aufſatz vor, zu deſſen baldiger Mittheilung die Verfaſſer durch die vom Kriegsminiſter an die Academie er— gangene Aufforderung zur Angabe der wirkſamſten Mittel, durch welche dem Umſichgreifen des Rotzes unter den Cava— leriepferden geſteuert werden konne, veranlaßt worden waren. Lange Zeit, heißt es darin, betrachtete man den Notz als eine den Einhufern eigenthuͤmliche Krankheit; neuere Erfah— rungen laſſen jedoch keinen Zweifel darüber, daß dieſelbe auch auf den Menſchen und andere Thierarten, z. B., den Hund, das Rind und Schaaf, Übertragen werden koͤnne. Nicht alle dieſe Species werden indeß gleich leicht angeſteckt; bei den Einhufern iſt fie bei Weitem am haͤufigſten, und nur bei ihnen entwickelt ſie ſich von ſelbſt. Unter den Wie— derkaͤuern laͤßt fie ſich der Ziege und dem Schaafe leicht ein— impfen, und dieß iſt auch bei einem Fleiſchfreſſer, dem Hunde, der Fall, der jedoch, wie es ſcheint, ſich, ohne an— geſteckt zu werden, in Staͤllen aufhalten kann, wo ſich rotz— kranke Pferde befinden. Bei'm Menſchen iſt die primaͤre Entwickelung nie beobachtet worden; ſie kann jedoch bei ihm nicht allein durch eine zufaͤllige Einimpfung, ſondern hoͤchſt— wahrſcheinlich auch dadurch, daß Rotzmaterie vom Pferde oder Eſel mit einer ſeiner Schleimhaͤute in Beruͤhrung kommt, ja ſelbſt durch den laͤngern Aufenthalt in Staͤllen, wo ſich rotzkranke Pferde befinden, entſtehen. Alle Individuen, bei denen man den Rotz bis jetzt beobachtet hat, waren entwe— der Thieraͤrzte oder Stallknechte, kurz Leute, die ihr Beruf fuͤr gewoͤhnlich mit Pferden in Beruͤhrung brachte. Der Rotz kann bekanntlich ſowohl acut, als chroniſch ſeyn. Die Anſteckungskraft des eiterfoͤrmigen Ausfluſſes aus der Naſe iſt aber in beiden Faͤllen, dem Grade nach, ſehr verſchieden. Der acute Roß geht viel leichter uͤber, als der chroniſche, und ſelbſt der acute ſteckt nur waͤhrend der Paroxysmen leicht an, die ſich in deſſen Verlauf von Zeit zu Zeit einftellen, z. B., wenn die Pferde ſtaͤrker ges arbeitet haben, als gewoͤhnlich. Uebrigens kommt der Um— ſtand, daß eine Krankheit in der chroniſchen und acuten Form einen verſchiedenen Grad von Boͤsartigkeit oder An— ſteckungskraft darbietet, auch bei'm Menſchen vor. So ge: hen chroniſche Blennorhagie und chroniſcher Schanker durch Beruͤhrung eben nicht leicht uͤber; die Jauche alter ſyphiliti— ſcher Geſchwuͤre iſt wenig contagioͤs, und der Eiter der ſe— cundaͤren (consécutifs) Geſchwuͤre iſt es gar nicht (Hunz ter). Durch die Verwechſelung dieſer beiden Zuſtaͤnde ſind viele franzoͤſiſche Thieraͤrzte veranlaßt worden, den Rotz für nicht contagioͤs zu erklären, und noch jetzt giebt es deren, die dieß behaupten. Daß Menſchen durch den Rotz ange— ſteckt werden koͤnnen, iſt in Deutſchland und England in einer authentiſchen Weiſe beobachtet worden, und wir ſelbſt haben Faͤlle dieſer Art in der Charité, fo wie im Hötel- Dieu zu behandeln gehabt. Auch die Vorſteher andrer Ho— ſpitaͤler, z. B., die Herren Andral, Bouillaud und Huffon, haben dafür Zeugniß abgelegt. Das vergleichende Studium des Rotzes bei den Ein— hufern und dem Menſchen lehrt, daß die Symptome der Krankheit, je nach den von ihr ergriffenen Species, in ges wiſſen Puncten verſchieden ſind, ohne daß dadurch der we— ſentliche Character der Krankheit ſich aͤndert. So iſt, z B, bei'm Menſchen im Allgemeinen der Ausfluß aus der Naſe nicht beobachtet worden; allein dieß ruͤhrt daher, daß die Materie in die Naſenhoͤhle zuruͤckfaͤlt, indem der Patient faſt unausgeſetzt fo hinfaͤllig iſt, daß er auf dem Ruͤcken liegen bleibt; der Ausschlag auf der membrana pituitaria giebt ſich deßhalb weit weniger deutlich kund, als bei'm Pferde, was uns um fo weniger wundern darf, da der Geruchsap: parat bei dieſer Thierſpecies eine fo bedeutend größere Aus— dehnung beſitzt, als bei'm Menfchen. Das Anſchwellen der Lymphganglien am Unterkiefer, welches man bei'm acuten Rotze des Pferdes oft bemerkt, kommt bei'm Menſchen ſelten vor; dieß erklaͤrt ſich indeß 185 theilweiſe durch den Umſtand, daß bei'm Menſchen die Uns terkieferganglien von den Naſenhoͤhlen verhaͤltnißmaͤßig viel weiter entfernt ſind, als bei'm Pferde. Ueberdem haben bei dieſem Thiere dieſe Ganglien mit den Lymphgefaͤßen und Ganglien des hintern Theils der Mafenböhlen einen weit mehr unmittelbaren Zuſammenhang, und dieſe Gefaͤße und Ganglien werden, wegen der großen Ausdehnung der Entzündung in den Naſenhoͤhlen, haͤufiger zur Mitleidenheit gezogen. Das Anſchwellen, welches man bei dem chroni— ſchen Rotze des Pferdes als ein ungemein wichtiges Sym— ptom betrachtet, hat ſich bei'm Menſchen in den uͤbrigens nicht gehoͤrig feſtgeſtellten Faͤllen der chroniſchen Form nicht gezeigt, wenngleich es bei ſyphilitiſchen Naſengeſchwuͤren oder ſerophuloͤſen Leiden der Naſenhoͤhlen angetroffen wor— den ift. Die pmeumonie lobulaire, welche, nach Royer, durch den hautwurmfoͤrmigen Rotz bei'm Menſchen erzeugt wird, hat man erſt ganz neuerlich auch bei'm Pferde beob— achtet; allein dieſe Aehnlichkeit der Krankheit bei beiden Species iſt gegenwaͤrtig vollkommen feſtgeſtellt. In Betreff der durch den acuten Rotz erzeugten Haut— leiden bieten die bis jetzt am Menſchen beobachteten Erſchei— nungen, in Vergleich mit denen, welche man für gewoͤhn— lich am Pferde bemerkt, einen bedeutenden Unterſchied dar. Wenn ſich der acute Rotz bei'm Menſchen entwickelte, nahm derſelbe faſt durchgehends die hautwurmartige Form an, d. h., der Robausſchlag zeigte ſich nicht nur in den Naſenhoͤh— len und Reſpirationswegen, ſondern auch auf der Haut, in— dem ſich in dem unter der Haut befindlichen Zellengewebe Wurmbeulen entwickelten. Allerdings bemerkt man bei'm Pferde ebenfalls Knoten auf der Haut und Abſceſſe in dem unter derſelben, fo wie zwiichen den Muskeln, liegenden Zell— gewebe; allein dieſer Fall kommt feltener vor, und wenn er dei den Einhufern auftritt, ſo zeigen ſich die Beulen meiſt am Schlauche oder um den Mund her, kurz, an haarloſen Stellen, waͤhrend bei'm Menſchen der Ausſchlag obne Un— terſchied an allen Koͤrpertheilen, wenngleich am ſtaͤrkſten im Geſichte, ſich entwickelt. Dieſer Unterſchied erklaͤrt ſich uͤb— rigens aus der Verſchiedenheit, welche zwiſchen der Structur der Haut bei dem Menſchen und den Einhufern ſtattfindet. Die krankhaften Veraͤnderungen der Unterleibsorgane ſind weder bei'm Menſchen, noch bei'm Pferde erheblich; nur die Leber und beſonders die Milz werden bedeutend zur Mitleidenheit gezogen, und man findet in ihnen aͤhnliche Knoten, wie die, welche man gewöhnlich unpaſſend metaſta— tiſche Abſceſſe nennt, und die am haͤufigſten in Folge von phlebitis nach Amputationen, ſo wie von ſogenannten Ei— teranſteckungen vorkommen. Aehnliche Ablagerungen hat man ſowohl bei'm Menſchen, als bei'm Pferde, auch zuwei— len in den Nieren angetroffen. Bei'm Menſchen giebt ſich die Rotz-Anſteckung oft zus erſt durch Abſceſſe und puftulöfen und gangränöfen Aus— ſchlag auf der Haut deutlich kund, ſo daß dieſe Symptome ſich ſchon völlig ausgebildet haben, bevor man ſich von dem Vorhandenſeyn des Ausſchlags in den Naſenhoͤhlen beſtim mt überzeugen kann; bei'm Pferde dagegen beruht die Sicher: 186 heit der Diagnoſe hauptſaͤchlich auf dem eiterfoͤrmigen Aus— fluſſe aus der Naſe; fo wie dem puftulöfen und gangränds fen Ausſchlage in den Naſenhoͤhlen, den man bei'm Ausein- anderziehen der Naſenloͤcher leicht auf der Scheidewand der Naſenhoöhlen ſehen kann. . Bisher find alle Verſuche, den Rotz zu heilen, ſowohl bei'm Menſchen, als bei'm Pferde völlig geſcheitert. Es handelt ſich alſo beim gegenwärtigen Stande der Wiſſen— ſchaft faſt lediglich darum, die Entwickelung dieſer Krankheit bei den Einhufern durch Entfernung der Veranlaſſungsurſa— chen zu verhindern, ſo wie jeder Uebertragung derſelben auf andere Thiere und den Menſchen vorzubeugen. In dem Artikel der Herrn Royer und Breſchet wird erwaͤhnt, daß Herr Becquerel, der Sohn, Faͤlle von Anſteckung beobachtet habe, und in Betreff dieſer las Herr Becquerel, der Vater, nun einige Bemerkungen vor. Hr. Magendie nahm hierauf das Wort und erklärte, die von ſeinen Collegen vorgetragenen Anſichten ſchienen ihm großentheils durchaus unzulaͤſſig. Zuvoͤrderſt ſeyen der acute und chroniſche Rotz nicht, wie Herr Breſchet meine, zwei Formen derſelben Krankheit, ſondern zwei durchaus verſchie— dene Krankheiten. Wenngleich über beide noch viel Unge— wißbeit herrſche, fo koͤnne man doch der, unpaſſenderweiſe „chroniſcher Rotz“ genannten Krankheit, fuͤr die man einen neuen Namen aufzuſtellen habe, keineswegs die Eigenſchaft zuerkennen, daß ſie ſich durch Contagion fortpflanze. In practiſcher Beziehung fen dieſer Umſtand aber von der hoͤch— ſten Wichtigkeit, indem die Cavaleriepferde durch den chroni— ſchen, nicht durch den acuten Rotz decimirt wuͤrden, und der falſchen Anſicht, daß jene Krankheit contagios ſey, alljährlich eine gewaltige Menge Pferde, die noch brauchbar ſeyen, zum Opfer fielen. Was den acuten Rotz betrifft, fo ſey durchaus nicht erwieſen, daß derſelbe auf die Menſchen, an denen man dieſe Krankbeit beobachtet hat, von Pferden uͤbergegangen ſey; denn dieſelben aͤufern Potenzen, durch welche dieſelbe in den Pferden entwickelt worden ſey, haben auch auf die, in den Staͤllen wohnenden und dieſelbe Luft athmenden, Menſchen eingewirkt und koͤnnten auch bei dieſen die primaͤre Entſtehung des Rotzes bewirkt haben. Wenn ſie ſpaͤter von einem rotzkranken Menſchen auf ein geſund gebliebenes Thier uͤbergegangen ſey, ſo beweiſe dieß nicht, daß ſie ſich bei'm Menſchen nicht primär entwickelt habe. Er wolle die Mög» lichkeit einer ſolchen Uebertragung vom Menſchen auf einen Einhufer durch Inoculation nicht laͤugnen; allein er habe dieſen Verſuch obne Erfolg angeftellt, Hr. Breſchet bemerkte hierauf, wenn dieſer Verſuch auch in einigen Faͤllen Hrn. Magendie mißgluͤckt fen, fo laſſe ſich daraus kein ſicherer Schluß ziehen. Vielmehr er— gebe ſich aus den authentiſchſten Experimenten mehrerer aus— gezeichneten Aerzte, daß eine ſolche Inoculation gelingen koͤnne, und uͤbrigens ſey die Krankheit noch nie bei Frauen oder Kindern, ſondern einzig und allein bei Männern beob— achtet worden, welche mit rotzkranken Pferden zu thun ges habt haͤtten. 187 „Wenn man uns aber einwendet, dieſe Menſchen ſeyen denſelben krankmachenden Potenzen ausgeſetzt geweſen, wie die rotzkranken Pferde, und dieſe Potenzen koͤnnten auf jene in derſelben Art eingewirkt haben, wie auf dieſe, ſo daß in beiden dieſelbe Krankheit erzeugt worden ſey, ſo mag dieſe Art zu ſchließen wohl auf zwei Pferde, ein Pferd und einen Eſel, meinetwegen ſogar ein Pferd und ein Schaaf paſſen, aber das Pferd und der Menſch ſcheinen mir eine ſolche Gleichſtellung nicht zu vertragen. Wenn zwei Geſchoͤpfe ganz verſchiedene Nahrungsſtoffe zu ſich nehmen, fo find die aͤußeren Potenzen ſchon weſentlich verſchieden, und zum Be: weiſe, daß aͤußere Potenzen allein die Krankheit nur bei ge⸗ wiſſen Thierſpecies erzeugen koͤnnen, läßt ſich anführen, daß noch nie ein Rind oder ein Schaaf, welches nicht bei rotz— kranken Pferden in demſelben Stalle geftanden, von dieſer Krankheit befallen worden iſt, wenngleich die Kuh- und Schaafſtaͤle oft eben ſo ungeſund ſind, als gewiſſe Pfer— deſtaͤlle. „Ueberdem iſt noch nie ein Stallknecht vom Rotze er— griffen worden, ohne daß eines ſeiner Pferde dieſe Krankheit vorher gehabt haͤtte; und endlich kann man von einem Thierarzte, der nicht im Stalle ſchlaͤft, ſondern denfelben nur gelegentlich beſucht, an dem ſich aber die Rotzkrankheit waͤh— rend der Behandlung rotzkranker Pferde zeigt, gewiß noch weniger behaupten, daß er denſelben krankmachenden Poten— zen unterworfen geweſen ſey, wie ſeine Patienten.“ Hr. Larrey bemerkte noch ſchließlich, daß ihm waͤh— rend feines virljährigen Aufenthaltes bei den Armeeen nicht ein einziges Beiſpiel vorgekommen ſey, wo ein Menſch den Rotz durch primaͤre Entwickelung, oder durch Anſteckung vom Pferde erhalten haͤtte. Ueber angeborene Schenkelluxationen Von Gerdy. In einem Berichte uͤber mehrere Arbeiten des Herrn Pravaz und Humbert uͤber die Reduction der luxatio femoris congenita an die Acad. royale de méd. giebt Herr Gerd zuerſt eine vollſtaͤndige Geſchichte der bis jetzt immer noch nicht hinreichend gekannten luxatio femoris congenita, oder derjenigen Lageveraͤnderung des Schenkelko— pfes, welche die Folge eines urſpruͤnglichen Bildungsfehlers der Gelenktheile iſt. Dieſe Luxation zeigt ſich hiufig ſchon bei der Geburt; doch giebt es Fälle, die erſt ſpaͤter entſtehen, aber, weil fie von einem urfprünglihen Bildungsfehler des Gelenkes herruͤhren, als angeborne betrachtet werden muͤſſen. Die Krankheit war ſchon den Alten bekannt, iſt im vorigen Jahrhundert von Paletta und in neuerer Zeit von Dus puytren und Sandifort ſtudirt worden. Der anatomiſche Zuſtand zeigt locale oder weſentliche Veraͤnderungen und ſecundaͤre, entferntere: N a) Die erſtern beſtehen in einer anomalen anatomiſchen Dispofition des Gelenkes; der Schenkelkopf iſt gewöhnlich abgeplattet und weniger voluminoͤs; der Schenkelhals zeigt eine Menge verſchiedener Formen und Anfuͤgungsweiſen; die 188 Gelenkpfanne iſt gewoͤhnlich verengt und in verſchiedenem Grade mißbildet; bisweilen iſt ſie auf eine leichte Depreſſion reducirt, welche uͤbrigens weit oder eng ſeyn kann; andere Male iſt ſie noch ziemlich geraͤumig, rund, elliptiſch oder dreieckig; endlich kann ſie eine fuͤr die Aufnahme des Schen— kelkopfes hinlaͤngliche Groͤße haben, oder ſelbſt zu groß ſeyn. Die neue Gelenkhoͤhle, welche das luxirte obere Knochenende aufnimmt, liegt haͤufig uͤber der Gelenkpfanne, zwiſchen der Sitzbeinſpalte und dem Huͤftbeinſtachel. Ein Knochenrand, von verſchiedener und unregelmaͤßiger Hoͤhe, umgiebt das neue Gelenk, beſonders am obern Theile, andeere Male findet ſich aber auch nicht die mindeſte Vertiefung; die Knorpel fehlen gewoͤhnlich in der Gelenkpfanne, dagegen behaͤlt der Schenkelkopf den ſeinigen, jedoch etwas verdünnt; was den Theil des Darmbeins betrifft, auf welchem der Schenkelkopf aufruht, ſo iſt ſein Perioſt um ſo dicker und um ſo mehr von faſerknorpeligem Anſehen, je genauer der Schenkelkopf daran befeſtigt iſt. Das runde Schenkelband iſt bisweilen ganz zerſtoͤrt; bisweilen bildet es nur eine ſchwache ligamen— toͤſe Hervorragung; andere Male iſt es vorhanden, aber als— dann immer verlaͤngert, faſt immer verduͤnnt, atrophiſch und bei manchen Subjecten in mehrere ſchwache Baͤnder getheilt. Was die uͤbrigens unverſehrte Gelenkcapſel betrifft, jo ift ſie in der Richtung der Luxation bloß verlaͤngert; ſie iſt ge— woͤhnlich unter rechtem Winkel zwiſchen dem obern Knochen— ende und der Gelenkpfanne gebogen und an der betreffenden Stelle haͤufig verengt, jedoch nicht immer ſo, daß es un— moglich wäre, den lurirten Knochen zu reponiren. Gewoͤhn— lich iſt die Gelenkcapſel beträchtlich hypertrophiſch, und der Schenkelkopf, welcher ſeine Pfanne verlaſſen hat, traͤgt ver— mittelſt der ſtarken Gelenkcapſel die Hälfte der Laſt des Koͤrpers, gerade ſo, wie die Fauſt eine Laſt tragen wuͤrde, die man an einem uͤber die geſchloſſene Hand vorgezogenen Aermel aufhängen würde, Iſt die Capſel verkuͤrzt und ſehr verdickt, ſo kann ſie ſich einer unmittelbaren Reduction des Schenkelkopfes widerſetzen, wird aber einem hinlaͤnglich lang fortgeſesten und gehörig geſteigerten Einrichtungsverſuche nicht widerſtehen. Bei dieſer Luxation find ſodann mehrere Bits aͤnderungen in den oberhalb des Gelenkes angeſetzten Mus— keln zu bemerken: Der glutaeus minimus kann atro— phiſch, ganz zerſtoͤrt, oder durch den Schenkelkopf durchbohrt ſeyn; die benachbarten Muskelfaſern find entfaͤrbt, häufig in ein fibroͤszelliges, gelbes und fettartig ausſehendes Gewebe umgewandelt und verbinden ſich endlich mit der Gelenkcap— ſel, welche ſie verſtaͤrken b) Man begreift, daß dieſe Veraͤnderungen ihrerſeits wieder zur Entſtehung ſecundaͤrer oder acceſſoriſcher Mißbil— dungen Veranlaſſung geben koͤnnen: ſo wird das Becken, welches durch den Schenkelknochen an den Darmbeinen, d he, alſo an einem weniger feſt widerſtehenden Puncte, als die Gelenkpfanne, einen Druck erleidet, in der Queere und ſelbſt. von Vorn nach Hinten zuſammengedruͤckt; in dieſen beiden Faͤllen iſt die Form des oberen Beckenein ganges betrachtlich verändert. Von der andern Seite werden die Sttzbeinknor— ren durch die Wirkung der mm. gemelli, obturatores et quadrati nach Außen gezogen, indem dieſe ſelbſt durch das 189 Indiehoͤheſteigen des Schenkelbeines nach Oben und Vorn gezogen find, Dieſer Umſtand bewirkt eine beträchtliche Veränderung des Beckens, welches alsdann einen eigenthuͤm— lichen Anblick gewaͤhrt, weil die vordere Seite alsdann ſchraͤg nach Vorn herabſteigt. Uebrigens zeigt der untere Becken— ausgang einen groͤßern Queerdurchmeſſer, als gewöhnlich. Solche Veraͤnderungen muͤſſen natuͤrlich auf Entbindungen influiren, welche dadurch bald erleichtert, bald erſchwert find. Häufig iſt das Darmbein ſehr wenig entwickelt, und wenn alsdann nur einſeitige Luxation vorhanden iſt, ſo iſt auch nur ein Darmbein atrophiſch, und es folgt daraus ebenfalls eine Veranderung der Beckeneingaͤnge und ſelbſt eine Ver— bildung des Schaambogens; das Darmbein iſt alsdann zu— ruͤckgedraͤngt und ſteht faſt vertical. Dieſer Umſtand kann auf die Schwangerſchaft und auf die Entbindung nachtheilig einwirken, und muß jedenfalls eine Schieflage des uterus nach der entgegengeſetzten Seite hin bewirken. Außerdem zeigen ſich in Folge der angeborenen Luxation noch andere ſecundaͤre Veranderungen: 1. eine Richtungsveraͤnde— rung des Gliedes; meiſtens Rotation des Fußes nach Innen, wiewohl dieſe keineswegs, wie Du puytren ans nahm, immer vorhanden iſt. Man findet nicht ganz ſelten die Fußſpitze nach Außen, oder gerade nach Vorn gerichtet; haͤufig bemerkt man auch eine veraͤnderte Neigung des Fu— ßes, und derſelbe iſt nach Innen gerichtet, ſo daß Knie und Unterſchenkel ſich mit denen der andern Seite kreuzen (in der Regel nur bei Rotation des Fußes nach Innen). 2. Verkürzung der Gliedmaße; dieſe erfolgt durch das Indiehoͤheſteigen des Schenkelknochens, wobei die Hinterbacke an der Seite angeſchwollen und nach Unten abgeplattet iſt, waͤhrend die Schenkelfalte etwas in die Hoͤhe geſtiegen iſt. Die Verkuͤrzung des kranken Gliedes iſt bei Greiſen be— traͤchtlicher, als bei jungen Perſonen, wegen der länger dauernden Einwirkung der Koͤrperlaſt auf die Huͤftgelenk— baͤnder, welche dadurch immer mehr verlaͤngert werden. Nichtsdeſtoweniger begreift man, daß das Indiehoͤheweichen des Gliedes aufhoͤren muß, wenn das neue Gelenk nach Oben durch einen Knochenrand begraͤnzt wird, gegen welchen ſich der Schenkelkopf anſtemmen kann. 3. Atrophie des Schenkels und Unterſchenkels. Dieſe beginnt am entfprechenden Huͤftbeine und verbreitet ſich ſodann auf ver— ſchiedene Weiſe auf die uͤbrigen Knochen und Weichtheile des Gliedes. Iſt die Atrophie ſo weit gediehen, daß das Glied nicht mehr zum Gehen dienen kann, ſo erfolgt eine Anchy— loſe zwiſchen dem Schenkel und Huͤftbeine. 4. Nüd: gratsverkrümmung. Nicht ſelten iſt das Ruͤckgrat uͤber der kranken Seite ſtark eingebogen, ſo daß eine Her— vorragung des Unterleibes daraus folgt. Durch eine ſolche Verkrümmung wird das Gleichgewicht hergeſtellt. Dupuy— tren hat in einem ſolchen Falle ſogar eine abnorme Be— weglichkeit zwiſchen Ruͤckgrat und Heiligenbein geſehen. Symptome der angebornen Luxation. Un— terſucht man die Huͤfte, ſo iſt es leicht, zu bemerken, daß die Hand ſich in der Leiſtengegend der kranken Seite viel leichter eindruͤcken laͤßt, als auf d geſunden Seite. Dieß haͤngt von dem Mangel des Schenkelkopfes in der Pfanne ab. 190 Bisweilen fühlte man ſodann gegen die aͤußere Darmbeins grube hin das obere Ende des Schenkelknochens, beſonders wenn der Fuß nach Innen gewendet iſt. Es kommen ins deß auch Fälle vor, in welchen der Schenkelkopf von ſehr dicken Weichtheilen bedeckt iſt, und daher jeder Unterſuchung ſich entzieht. Wird das Becken durch Gehuͤlfen ſixirt und zieht man ſodann an dem luxirten Beine, fo verlängert ſich daſſelbe; aber dieſe Verlaͤngerung kann bloß ſcheinbar ſeyn und von der Neigung des Beckens abhaͤngen, anſtatt von einem ver— ticalen Herabruͤcken herzuruͤhren Beugt man den Schenkel nach Vorn und legt dabei die Hand hinter der Hervorra— gung des großen trochanter an, ſo fuͤhlt man, wie der Schenkel ſich hebelartig, oder in einem Zirkelbogen bewegt. Nach Herrn Bouvier ſoll dieſe Bewegung conſtant ſeyn; aber es iſt wohl anzunehmen, daß fie mangeln konne, zuerſt in den Fällen, in welchen der Schenkelkopf und Schenkelhals fehlt und außerdem in denjenigen, in welchen der Schenkel— kopf ſich zuletzt eine neue Pfanne ausgetieft hat und von einem betraͤchtlichen Knochenrande umgeben iſt. Alsdann muß ſich wenigſtens die Ausdehnung der Bewegungen des Schenkelkopfes auf ſehr enge Graͤnzen beſchraͤnken. Was den Mechanismus dieſer Bewegung betrifft, ſo nimmt Herr Bouvier an, daß die Anfuͤgung ſich kreuzender und in verſchiedener Richtung verlaufender Faſern der Gelenkcapſel die Baſis des Schenkelkopfes unbeweglich fixire und dadurch einen Mittelpunct der Bewegung bilde, um welchen der Gelenkkopf Kreisbogen beſchreibe. Aber Herr Gerdy hat vielmehr gefunden, daß die verlängerte Huͤftgelenkrapſel den Schenkel keineswegs fixirt, ſondern ihm im Gegentbeile die ausgedehnten Bewegungen geſtattet, welche man mit demſel— ben ausführen kann, fo daß man vielmehr annehmen muͤſſe, daß der Schenkel in der Gegend ſeines Halſes nur durch die zahlreichen Muskeln fixirt ſey, welche ſich an den kleinen und großen trochanter anheften. Bei aufrechter Stellung wird der Rumpf hintenuͤber geneigt, um das Gleichgewicht zu halten, und bei'm Gehen beruͤhrt der Fuß der kranken Seite den Boden nur mit der Fußſpitze; in andern Faͤllen kommt es jedoch auch vor, daß der Kranke das Knie der geſunden Seite beugt und dadurch das Bein derſelben Seite verkuͤrzt; hierbei ruht alsdann der kranke Fuß mit ſeiner ganzen Sohle auf dem Boden. Die Gelenkbewegungen ſind beſchraͤnkter; beſonders aber iſt die Abduction auf viel engere Grenzen beſchraͤnkt, als ges woͤhnlich; ebenſo iſt die Rotation verhindert, beſonders wenn der Fuß ſtark nach Innen gedreht iſt. Das Hinken iſt von ſehr auffallendem ſeitlichen Schwanken des Rumpfes be— gleitet; dieß bemerkt man befonders bei Frauen, deren Bek— ken ſehr breit iſt; dabei muß man noch beruͤckſichtigen, daß das Becken bei jedem Schritte eine hebelartige Bewegung macht, was das Gehen nicht allein ungracios, ſondern auch beſchwerlich macht; bisweilen iſt es ſogar nur mit Huͤlfe eines Stockes, oder einer Kruͤcke moglich. Ein ſehr auffal⸗ lender Umſtand iſt, daß das Laufen weniger beſchwerlich iſt; dieſer Umſtand erklaͤrt ſich dadurch, daß alsdann jedesmal, wenn der Körper herabſinkt, derſelbe durch den, den Boden 191 beruͤhrenden Fuß zuruͤckgeſtoßen wird und daß es daher nicht noͤthig iſt, daß der Rumpf eine große Neigung gewinne, um das Gleichgewicht auf dem Fuße zu halten, welcher ihm einen neuen Impuls geben ſoll und nicht zur Stuͤtzung be— ſtimmt iſt. (2) Verlauf der Krankheit. Dieſer iſt noch wenig ſtudirt und daher auch wenig bekannt. Zuerſt erkennt man die Krankheit nur an dem Unvermoͤgen der Kinder, in einem Alter zu gehen, wo ſie eigentlich ſchon gehen muͤßten; alsdann aber exiſtirt die Affection bereits lange. Vermehrt ſich nun das Gewicht des Koͤrpers, ſo macht das verticale Hin- und Hergleiten des Schenkelknochens, nah Sandifort, das Hinken in einem weiter vorgeruͤckten Alter auffallender; dieß wuͤrde indeß nicht ſtattfinden, wenn ein neues Gelenk mit ſehr entwickeltem Knochenrande vorhanden waͤre. Auf der andern Seite kann man aber auch nicht zugeben, was Herr Humbert und Jaquier behaupten, daß naͤmlich die Ge— lenkpfanne unveraͤndert bleibe, auch wenn der Schenkelkopf nicht darin liege. Was nun die Heilung eines ſolchen Falles betrifft, ſo hat Herr Pravaz, wie wir ſchon fruͤher in den No— tizen mitgetheilt haben, vier Faͤlle bekannt gemacht, in wel— chen er bei zweien eine vollſtaͤndige Heilung durch ſeine Be— handlungsweiſe zu Stande gebracht hatte, waͤhrend bei einem Kranken der guͤnſtige Erfolg zur Zeit der Bekanntmachung noch ſo friſch war, daß man uͤber den endlichen Ausgang noch nicht mit Sicherheit urtheilen konnte. Einer der voll— kommen geheilten Fälle iſt von einer Commiſſion der Acad. de méd. unterſucht worden, und das Ergebniß der Unter— ſuchung wollen wir hier noch mittheilen. Es handelt ſich um einen Knaben von ſieben Jahren, bei welchem das Hinken von einem Alter von funfzehn Mo— naten an bemerkt worden war. Die Ausdehnung wurde maͤßig, und mit taͤglichen Zwiſchenzeiten zum Ausruhen, vorgenom— men, um die verkuͤrzten Muskeln zu verlaͤngern, ohne je— doch die Kraͤfte des Subjectes zu ſehr in Anſpruch zu neh— men. Nach ſieben bis acht Monaten wurde endlich die Re— duction erreicht, nachdem einige von der Behandlung unab— haͤngige Hinderniſſe zwiſchengetreten waren. Der trochan- ter ragte nicht mehr hervor, und in der Leiſtenfalte fuͤhlte man nicht mehr die fruͤhere Vertiefung; ſchob man den Fuß von Unten nach Oben zuruͤck, ſo ſtieg er nicht mehr allein in die Hoͤhe, ſondern theilte dem Rumpfe die Bewe— gung mit, welche mit ihm vorgenommen wurde. Mehr— mals ſtellte ſich die Luxation wieder her; aber durch beſtaͤn— dige Sorgfalt und häufige Wiederholung derſelben Manoeu— ver wurde endlich der Schenkelknopf, welcher mittelſt eines 192 Guͤrtels gegen das Becken angedruͤckt war, in dieſer Stel: lung fixirt, und um gewiſſermaßen die Gelenkpfanne auszu- bohren, brachte Herr Pravaz das Kind halb liegend in einen Wagen, welchen es mit ſeinen Fuͤßen in Bewegung ſetzte, wobei die Schenkel fortwährend Flexions- und Exten— ſionsbewegungen machen mußten, waͤhrend der trochanter durch einen Gürtel mit hohler Pelotte firirt war. Unter Einwirkung dieſer Uebung, welche taͤglich zweimal wieder— holt wurde, gewann das Gelenk endlich allmaͤlig immer mehr Nachgiebigkeit und Kraft. Spaͤter ging das Kind mit Huͤlfe von Rollkruͤcken, und endlich, etwa ſieben Monate nach der Reduction, konnte es ohne Unterſtuͤtzung gehen. Nach den mit großer Sorgfalt angeſtellten Unterſuchungen iſt die Heilung ganz vollſtaͤndig und auch bis in die neueſte Zeit unveraͤndert geblieben. Herr Pravaz geſteht dem Herrn Humbert die urſpruͤngliche Idee, eine Heilung der angebornen Luxation zu verſuchen, zu, nimmt aber die Prioritaͤt der Ausfuͤhrung in Anſpruch, was Herr Hum— bert beſtreitet, uͤber deſſen Faͤlle indeß die Commiſſion der Academie kein Urtheil abgeben konnte, da die Kranken ihr nicht vorgeſtellt worden ſind. Mi e elle n Die Erfolge der Tracheotomie bei'm Croup find vor einiger Zeit bei einer Discuſſion in der Acad. de med, zu Pa⸗ vis zur Sprache gekommen. Sie find nicht ſehr aufmunternd, wies wohl man zugeben muß, daß die Urſache der häufigen Erfolglor ſigkeit wohl hauptſaͤchlich von der langen Verzoͤgerung der Opera- tion herruͤhrt. Die Reſultate waren nach der eigenen Erklaͤrung einiger der ausgezeichnetſten Operateurs, folgende: Operationen. Heilungen. Todesfalle. Amuſſat . 8 5 8 0 6 Baudelocque . . 15 0 15 Blandin 5 . 5 0 5 Bretonneau 0 8 18 4 14 Gerdy 8 5 ° 56 4 2 Roux 5 2 0 1 0 4 Trouſſeau . 80 20 60 Velpeau e 6 0 6 140 28 112 Die Cöfung der Brucheinklemmung, ohne Oeffnung des Bruchſackes, wird von den Herren Diday und Ordi— naire, in der Gaz. med. No. 44 und 46, auf's Neue durch Beob- achtungen empfohlen, während Herr Jules Guerin ankuͤndigt, daß er naͤchſtens Erfahrungen für feinen Vorſchlag, der fubcutanen Durchſchneidung der Brucheinklemmung, mittheilen werde. Fucus amylaceus, ein Moos von Eeylon, iſt der medico botanical Society zu London von Herrn Battley vorgelegt wor⸗ den, als ein treffliches, gallerthaltiges Nahrungsmittel fuͤr Recon— valescenten, ſtillende Frauen ꝛc. — Es wird an den Kuͤſten von Java vom Meere in Menge ausgeworfen und dort geſammelt. CCrr—— n rr Gibliographis che A complete Description of the Bones. don 1839. 12. South's Knochenlehre, deutſch bearbeitet von Dr. Henle ꝛc. Berlin 1840. 12. (Das in England ſehr verbreitete, mit vor— trefflichen Abbildungen ſaͤmmtlicher Knochen in Holzſchnitten von Branſton verſehene, Werkchen nicht bloß verdeulſcht, ſondern By J. F. South, Lon- Nouveau traité de Pharmacie theorique et pratique. neuigkeiten. ſehr klar und wiſſenſchaftlich, dem Deutſchen Standpuncte ent: ſprechend, neu bearbeitet.) Traité des alteration du sang. Par P. A. Piorry et D. Lheri- Par E. tier. Paris 1840. 8. Soubeiran, Seconde Edition, Paris 1840. 2 Vols. 8. Ueue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, 0 geſammelt und mitgetheilt von dem Ober» Medieinalraide Frorſep zu Weimar, und dem Medieinatrathe und Profeffor Freriep zu Berlin. No. 277. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 13. des XIII. Bandes.) Februar 1840. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. u wid ur Beiträge zur Geſchichte der Structur des menſch— lichen Eies und Embryo's vor der dritten Woche nach der Conception. Von Dr. Allen Thomſ on. (Hierzu d. Figg. 7 — 17 der mit dieſem Stuͤcke ausgegebenen Tafel), Die Anatomie des menſchlichen Eies iſt zwar in neue— ſter Zeit vielfach ſtudirt worden; dennoch iſt die feinere Bil— dung in den erſten drei oder vier Wochen nur ſehr unvoll— ko bekannt. Gruͤnde ſind, erſtens, die Schwierigkeit, » e aus dieſer Zeit zu erlangen und, zweitens, die gewoͤhnlich abnorme Bildung des Eies in Fällen von abor— ie auffallende Analogie in der Entwickelung des Eies bei den verſchiedenen Thierclaſſen und die großen Fort— ſchritte, die man bei den Thieren in dieſer Beziehung ge— macht hat, haben veranlaßt, daß unſere mangelhafte Kennt— niß der Structur des menſchlichen Eies aus directer Beob— achtung nicht ſo bemerkbar wurde, als dieß ſonſt wohl der Fall geweſen waͤre; denn wegen der Analogie in dem groͤ— e. der wichtigern Erſcheinungen in der Entwicke— gsgeſchichte der Thiere und des Menſchen hat man ge— glaubt, die Analogie auf die ganze Entwickelungsgeſchichte ausdehnen zu duͤrfen; dennoch giebt es Viele, welche eine ſolche Ausdehnung der Analogieen fuͤr unrichtig halten; An— dere, welche unrichtiger Weiſe der Anſicht ſind, daß die Entwickelung des menſchlichen Eies ſich ſehr weſentlich von der der niedern Thiere unterſcheide. Man muß indeß zuge— ben, daß es einige wichtige Puncte giebt, bei welchen die Entwickelung der Saͤugethiere von der der Voͤgel und die des Menſchen von der beider ſich unterſcheidet. Es iſt da— her gewiß hoͤchſt wuͤnſchenswerth, ſoviel als moͤglich, die Anzahl ſorgfaͤltiger Beſchreibungen des ſchwangern menſchli⸗ chen uterus oder der Abortivfruͤchte in den früheften Zeiten der Schwangerſchaft zu vermehren. Nach dieſer Anſicht die folgenden Beobachtungen in dem Edinburgh me Surg. Journ. 1839 mit⸗ getheilt, welchen ich indeß Einiges uͤber die Faͤlle voraus— No 1377. Raunen und e. ſchicken will, in welchen ſehr junge Eier von Andern be— ſchrieben worden ſind. Alle Diejenigen, welche dieſem Gegenſtande ihre Auf⸗ merkſamkeit zugewendet haben, wiſſen, daß es aͤußerſt ſchwie— rig, wo nicht ganz unmoͤglich iſt, genau die Periode zu be⸗ ſtimmen, in welcher nach der Conception das menſchliche Ei in der Hoͤhle des uterus anlangt. Giebt man indeß auch zu, daß der Calcuͤl bei abortus gewoͤhnlich ſehr unſicher iſt und daß es bei ploͤtzlichen Todesfaͤllen große Schwierigkeit hat, etwas Beſtimmteres uͤber den Termin der Conception zu erfahren, ſo iſt doch aller Grund vorhanden, anzuneh⸗ men, daß bei Menſchen ebenſo, wie bei mehreren Arten der Thiere, große Verſchiedenheit in Bezug auf die Zeit des Her⸗ abſteigens des Eies und auf die der Schnelligkeit der Entwi— ckelung nach der Ankunft in der Uterushoͤhle ſtattfindet. Es ſcheint zweifelhaft, daß ein menſchliches Ei jemals mit Beſtimmtheit im uterus vor dem zehnten oder zwölf— ten Tage nach der Befruchtung beobachtet worden iſt. In einigen Faͤllen wurde allerdings der uterus innerhalb der erſten acht Tage nach der Conception forgfältig unterſucht; aber es ſcheint nicht, daß in einem dieſer Faͤlle das Ei deut— lich geſehen worden waͤre. Baer berichtet uͤber die Unterſuchung eines ſchwangern uterus einer Weibsperſon, welche ſich acht Tage nach der Schwaͤngerung ſelbſt umbrachte; es fanden ſich die Haupt⸗ zeigen einer friſchen Conception; corpus luteum im erſten Stadium im Eierſtocke und die auf der innern Fläche des uterus exſudirte decidua mit Blutgefaͤßen verſehen, welche von der Schleimhaut des uterus hineinragten; ein Ei konnte im uterus nicht aufgefunden werden. (Siebold's Journ. f. Geburtshuͤlfe XIV. Hft. 3., fo wie in Baer's Vorleſ. uͤber Entwickelungsgeſch. d. Thiere. 1837). Eduard Weber publicirte im Jahre 1880, in einem beſondern lateiniſchen Programme (Disquisitio anatomica uteri et ovariorum puellae septimo a conceptione die defunctae), das Ergebniß der Unterſuchung des uterus eines Maͤdchens, bei welchem ebenfalls die Zeichen 13 195 der friſchen Conception vorhanden waren Uterus, tubae, ovaria und ligamenta rotunda turgescirten von Blut; uterus und Ovarien waren vergroͤßert; eines der Graaf' ſchen Blaͤschen war „geplagt; ein anderes hervorragend und gefäßreich, und eine Sicht plaſtiſcher Lymphe bedeckte und umgab die vergrößerten pilli der innern Uter ars haut, was wahrſcheinlich die beginnende decidua war. In der Satz: burger mediciniſch-chirurgiſchen Zeitung 1832. III., p. 10 heißt es alsdann: In der Mitte der innern hintern Flaͤche des uterus, an einer Stelle, wo Uterushaut und decidua mehr geröthet waren, als an andern Stellen, fand ſich ein kleiner, runder, transparenter Körper, auf der aͤußern Seite glatt, aber an den Rändern. mit den umgebenden villin ver: einigt, bemerkte man einen runden, gelblichen und durchſcheinenden Grund, welcher das Ausſehen eines kleinern in ein groͤßeres eingeſchloſſenen Blaͤschens hat; das kleinere Blaͤschen lag nahe an der Oberflaͤche des groͤßern, fo, als ſollte dieſes eben dadurch hervorgedraͤngt werden; an der hervorragenden Stelle fand ſich ein kleiner dunkeler Fleck, wie ihn Baer an dem Eie des Hundes abgebildet hat. Das aͤußere Blaͤschen betrachtet der Verfaſſer als das Ei, das kleinere als das Nabelblaͤschen. Auffallend iſt, daß Weber, in ſeiner Ausgabe von Hildenbrand's Anatomie IV., des zuletztbeſchriebenen Blaͤschens im uterus nicht Eriväh: nung thut, und daß auch Baer, in ſeinen Vorleſungen fiber Entwickelungsgeſchichte II., p. 270, angiebt, daß es zweifelhaft ſey, ob in jenem Falle ein Ei vorhanden ge— weſen. l Sir Everard Home und Hr. Bauer (Philosoph. transact. 1817 p. 252) glaubten, daß fie ein kleines Ei und einen Embryo in dem uterus eines Mädchens entdeckt hatten, welches am ſiebenten Tage nach vermuthlicher Schwaͤngerung geſtorben war. Der uterus ergab, in der That, die Hauptzeichen der Conception; aber wenn man den angegebenen Zeitpunct als richtig annimmt, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß der von Bauer beſchriebene kleine Koͤr— per kein Fötus war, wofür ihn Bauer annahm; denn er lag in dem Uterushalſe, innerhalb der Höhle der decidua und nicht in deren Subſtanz eingeſchloſſen; auch war die Form des Koͤrpers ſelbſt, woran ein Herz und eine Leber zu erkennen ſeyn ſollte (ſtatt daß man ein chorion und eine Dotterſubſtanz hätte erwarten ſollen), ſo, daß dieſer Beobach— tung kein Werth beizulegen iſt. Bei dieſer Gelegenheit kann ich anfuͤhren, daß ich vor einigen Monaten durch Dr. J. V. Simpfon Gelegenheit erhielt, den uterus einer jungen Frau zu unterſuchen, wel— che von ihrem Manne in einem Anfalle von Eiferſucht er— mordet worden war, und zwar, wie es nach einigen Zeichen ſchien, kurze Zeit, nachdem Schwangerſchaft eingetreten war. Dieſe Frau war einige Jahre verheirathet geweſen, jedoch ohne Kinder zu haben. Bei Eröffnung des uterus fand ſich in der etwas etweiterten Hoͤhle eine decidua aus dem erſten Stadium ihrer Bildung, dabel ein großes corpus luteum, ſtark gefaltet, innen mit einer Hoͤhle und an der Oberflache des Ovariums hervorragend; ein Ei fand ſich von Perlmutterfarbe; in der Mitte dieſes Koͤrpers luteum fand. 196 weder in der Hoͤhle des uterus, noch in der der Fallopi⸗ ſchen Roͤhren. Uebrigens waren die kimbriae verdickt und hoͤckerig und die Muͤndung der Fallopiſchen Roͤhren dadurch ſo verengt, daß nur eine duͤnne Sonde eingefuͤhrt werden konnte; es bildete dadurch das Ende jeder Roͤhre einen Sack, welcher eine Anzahl kleiner, kalkartig ausſehender, ſan⸗ diger Partikelchen enthielt. Auf dieſe Weiſe mußte wöhl der Eintritt eines Eies in die Fallopiſche Roͤhre vechindert ſeyn. Ich habe zwar angefuͤhrt, daß kein Ei im uterus oder in den Fallopiſchen Roͤhren aufzufinden geweſen ſey; ich muß aber doch noch bemerken, daß ich ein kleines, zartes Blaͤschen von 2 Zoll im Durchmeſſer in der Subſtanz der ‚deeidua eingelagert fand, nicht weit von der Oeffnung der Fallopiſchen Röhre der Seite, auf welcher ſich das corpus Dieſes Blaͤschen war ſo zart, daß es durch die erſte Beruͤhrung zerſtoͤrt war, und ich bin daher geneigt, anzunehmen, daß es nur eine kleine runde Zelle in der de— eidua geweſen ſey da ſich weder ein flockiges chorion, noch ein inneres Dotterblaͤschen bemerken ließ. Dr. John Reid hat vor Kurzem den uterus einer Frau unterſucht, welche plotzlich geſtorben war. Das Vor— handenſeyn eines corpus luteum in einem ovarium und der decidua in dem uterus macht es wahrſcheinlich, daß kurze Zeit vor ihrem Tode Conception ſtattgefunden hatte; er war aber nicht im Stande, irgend etwas zu entdecken, was das Vorhandenſeyn eines Eies in dem uterus oder den Fallopiſchen Roͤhren angezeigt hätte: In einem Aufſatze uͤber den fruͤheſten Zuſtand der Eier der Saͤugethiere in den Philos. transact. 1837 p. beſchreibt Herr Thomas Wharton Jones ein ſehr kleines menſchliches Ei, welches ihm durch Dr. Mackenzie von Glasgow zugeſchickt worden war, und welches ich als eins der fruͤheſten, wo nicht als wirklich das fruͤheſte menſchliche Ei betrachte, welches, meines Wiens, genau beſchrieben worden iſt. Dr. Mackenzie hielt das Ei fuͤr drei bis vier Wochen alt, da die Frau, welcher es abgegangen war, die Menſtruation einmal nicht gehabt und ſich fuͤr in der vier⸗ ten Woche ſchwanger gehalten hatte. Nehmen wir aber nicht an, daß die Entwickelung gehemmt, oder verlangſamt worden ſey, fo iſt es nicht wahrſcheinlich, daß das Ei fo alt war, wie Dr. Mackenzie annahm. Wenn ich in dieſem Aufſatze von dem Alter einer Frucht ſpreche, fo iſt dieß, außer bei ausdruͤcklicher Erwaͤhnung, immer ſo zu verſtehen, daß ich dadurch den Grad der Entwickelung der Theile bezeichne, nicht aber das angebliche Datum der Be— fruchtung. Das erwähnte Ei fand ſich in einer durch abortus abgegangenen Subſtanz in der Seite der deeidua, und es war ziemlich von der Groͤße einer großen Erbſe, bevor es in Weingeiſt gelegt worden war. Eine Seite der aͤußeren Flaͤche des Eies war glatt, die andere mit Chorionzotten be— deckt. Die ganze Hoͤhle des chorion war mit einem fei— nen gallertartigen Zellgewebe ausgefuͤllt, in welchem gegen das eine Ende des Eies hin ein kleiner runder Koͤrper ein— gelagert war. Dieß war offenbar das blaͤschenartige bla- stoderma ohne eine Dotterhautbedeckung; „der Embryo war 197 noch nicht zum Vorſcheine gekommen, obwohl das bläschenars tige blastoderma vorbereitende Veraͤnderungen eingegangen war“. Die hier zunaͤchſt in Bezug auf Entwickelung ſich ans ſchliußenden Eier find zwei von denjenigen, welche ich hier beſchreiben werde. Alle uͤbrigen von verſchiedenen Beobach— tern beſchriebenen gehoͤren einer weiter vorgeruͤckten Periode an, in welcher die Theile des Foͤtus und deſſen Haͤute be— reits gebildet ſind. Im Jahre 1825 beſchrieb Podels menſchliche Eier in den frühern Stadien (Isis 1825. Heft 12.) Unter 50 unterſuchten Eiern befanden ſich nur 4, welche zwiſchen dem achten und ſechszehnten Tage nach der Conception durch abortus abgegangen waren, und welche zu dieſer Zeit, nach ſeiner Anſicht, bereits gut gebildet ſind. Er ſpricht von einem Embryo in einem Eie, welches acht Tage nach der Conception abgegangen ſeyn ſoll, und bei welchem er der Rudimente der hintern Extremitaͤten bereits erwaͤhnt, zugleich mit einer großen Blase, welche nach feiner Theorie zur Entſtehung des amnion Veranlaſſung giebt, indem fie den Embryo in ſich aufnimmt. Pockels beſchreibt auch noch Eier von zehn und zwölf Tagen nach der Conception; aber es ſcheint mir klar aus feinen vortrefflichen Zeichnun— gen beivorzugeben, daß einige dieſer ſehr jungen Eier eine abnorme Beſchaffenheit haben und daß andere einer ſpaͤtern Zeit angehoͤren; eine Anſicht, die durch Betrachtung der Präparate im Jahre 1831 mir beſtaͤtigt worden iſt. Die Theorie, daß das amnion ſich als große mit dem Embryo n erbundene Blaſe entwickele, in welche der Embryo ke, widerſpricht der Analogie bei allen Thieren und ferer jetzigen Kenntniß von dieſem Gegenſtande un— Ich komme in der Folge auf dieſen Gegenſtand zuruͤck. Dr. Pockels hat ſehr genau das Ausſehen des Na: belblaͤschens oder des Dotterſacks zu der Zeit beſchrieben, wann es mit dem Embryo durch einen ſehr kurzen Stiel zuſammenhaͤngt; er beſchreibt außerdem ein anderes Blaͤs— chen, näher an dem Caudalende des Embtyo's, unter dem n der vesicula erythroides, welche er als ein dem enſchlichen Eie eigenthuͤmliches Gebilde betrachtet; Baer und Coſte haben gezeigt, daß dieſes Blaͤschen der allan- tois oder Harnblaſe der andern Thiere entſprichte— Coſte gruͤndet auf die von ihm als richtig angenom⸗ mene Beobachtung von Home und Bauer einige ſeiner Schluͤſſe in Bezug auf den früuͤheſten Zuſtand des menſchli— chen Eies. Er giebt auch eine ſehr genaue Beſchreibung und Zeichnung von einem ſehr frühen Eie, welches et zer⸗ gliedert hat. Die Groͤße und Geſtalt dieſes Eies war die einer kleinen Haſelnuß, das chorion deutlich villoͤs; der Körper des Embryo kam zum Vorſcheine nach Eröffnung des chorion. Es war 14 Linie lang und 13 Linie br it, von ovaler Geſtalt, auf der Abdominalflaͤche mit einer el⸗ liptiſchen Oeffnung von 4 Linie Länge; durch dieſe Deff: nung ſtanden mit der Bi des Embryo die Stiele zweier Blaͤschen in Verb g, der eine ziemlich in der Mitte des Körpers, der andere näher an dem Caudalende. 198 Dieſe Theile find auf der dritten Tafel Fig. IV. in Co⸗ fi! Cours sur le développement de l’homme et des animaux, Paris 1837, abgebildet. Eines dieſer Blaͤs— chen entſpricht dem Nabelblaͤschen, eines der allantois. Waͤhrend Coſte einige Anſichten von Pockels glücklich bekaͤmpft und fi gegen die Ctitiken von Velpeau und Raspail erfolgreich vertheldigt, ſcheint er doch uber meh— rere Puncte in Irrthum zu ſeyn. Er nimmt an, daß das amnion des menſchlichen, fo wie des Saͤugethiereies, ſich zuerſt durch Abloͤſung oder Erhebung der epidermis des Nötus bilde. Hierbei muß Coſte die Beobachtungen übers ſehen haben, durch welche es erwieſen ſcheint, daß das am- nion ſich durch Vereinigung der Kopf- und Schwanzfalte der ſeroͤſen Schicht der Keimhaut der Saͤugethiere bildet, ziemlich, wo nicht vollkommen, auf dieſelbe Weiſe, wie dieß durch Pander in Bezug auf die Voͤgel gezeigt worden iſt. Von dieſer Bildungsweiſe habe ich mich haͤufig an den Eiern von Kaen, Schaafen und Kaninchen überzeugt, bei welchen ich das amnion in offenem Zuſtande vor BVereinis gung der Kopf- und Schwanzfalte gefunden habe. Herr Coſte ſcheint durch die ſehr raſchen Veraͤnderungen irre geleitet worden zu ſeyn, welche das amnion bei verſchiede⸗ nen Stadien der Entwickelung durchmacht, wobei es in dem menſchlichen Eie in einer im Verhaͤltniſſe zu den Voͤgeln ſehr fruͤhen Zeit gebildet iſt; — ferner durch die große Naͤhe, in welcher es Anfangs uͤber der Koͤrperoberflaͤche des Embryo's liegt, — und durch die nachfolgende raſche und be— traͤchtliche Ausdehnung, wenn es die Embryoflaͤche verläßt und zuletzt vielmehr einen innern Ueberzug des chorion bildet: das letzte iſt einer von den Umſtaͤnden, welche der Entwickelung des menſchlichen Eies eigenthuͤmlich ſind, und welche, wie ich glaube, haͤufig mit abnormer Beſchaffenheit deſſelben verbunden find, fo daß dadurch leicht itrige Ans ſichten veranlaßt ſeyn konnten. 5 In dem fpäteren Verlaufe feines Werkes iſt die Ver— wirrung, welche Coſte dadurch herbeiführt, daß er chorion und Dotterhaut als ſynonym betrachtet, um ſo auffallen: der bei einem Beobachter, welcher ſo gute Gelegenheit hatte und mehrere werthvolle Beobachtungen der Wiſſenſchaft ge—⸗ liefert hat. f N Das Alter der von Coſte beſchriebenen Früchte iſt nicht mit Beſtimmtheit bekannt, und wegen der Unſicherheit der Altersbeſtimmungen von Abortivfrüchten vergleicht er die ſeinigen mit denen von Pockels und ſchließt hiernach und nach andern Umſtaͤnden, daß ſie zwiſchen dem ſechszehnten und fuͤnfundzwanzigſten Tage nach der Conception ſtehen, womit die Structur uͤbereinzuſtimmen ſcheint. Zugleich iſt aber zu bemerken, daß, nach der Geſchichte des Falles, ein Monat das geringſte Alter iſt, welches der Frucht zugeſchrie— ben werden zu koͤnnen ſcheint; dieſer Widerſpruch iſt ein neuer Beweis dafür, bis zu welcher Ausdehnung die Ent— wickelungsfortſchritte menſchlicher Eier in der fruͤhern Zeit der Schwangerſchaft ſchwanken koͤnnen. Velpeau ſagt in ſeiner Ovologie humaine, 1833, p. 77, daß er Gelegenheit gehabt habe, drei menſchliche Eier zu unterſuchen, welche nicht mehr, als zwölf Tage alt 13 199 gewefen ſeyen; ſie hatten das Volumen einer großen Erbſe; das erſte glich einer einfachen Blaſe mit villoͤſer Bedeckung; das zweite zeigte einige, jedoch unſichere, Andeutung der Bil⸗ dung eines Embryo's; und das dritte bezeichnet Velpeau mit Recht als eins der intereſſanteſten bisjetzt beobachteten menſchlichen Eier. Daſſelbe wurde von einer Hebamme er— langt, welche am dreizehnten Tage nach der Conception abortirte; ſie hatte fruͤher ſchon ſechs Kinder gehabt, und das Alter des Eies erhaͤlt dadurch etwas Beſtimmtes, daß der Mann dieſer Frau ſechs Wochen verreiſ't geweſen war und am Abende vor dem angenommenen Conceptionstermine zuruͤckgekehrt war. Das chorion war villoͤs; das Nabel blaͤschen und das den Embryo einſchließende amnion ſind in Chazal's ſchoͤner Zeichnung abgebildet; die Beſchrei— bung des Eies dagegen iſt fo dürftig, daß fie uns über die wichtigſten Puncte der Structur im Dunkel laͤßt. In the Lancet 1837 JI. p. 258 giebt der ſeitdem verſtorbene Herr Miller die Beſchreibung eines ſehr jun— gen menſchlichen Eies, bei welchem der Durchmeſſer des chorion bloß 5 Linien betraͤgt. Die, freilich unvollkommene, Zeichnung laͤßt ſchoͤnen Aufſchluß erwarten; die Beſchreibung aber iſt ſehr mangelhaft und enthaͤlt mehrere Irrthuͤmer. Herr Miller beſchreibt, z. B., die Keimſcheibe als auf der aͤußern Fläche des chorion liegend, während der Foͤtus in dem amnion innerhalb liege, und er betrachtet das amnion und die allantois als aus einer Haut gebildet, Dinge, die unmoͤglich ſind. Prof. Mayer in Bonn beſchreibt in feinen Icones seleetae ein menſchliches Ei von 4 Zoll Durchmeſſer, deſſen Alter auf drei Wochen angegeben wird. Der Foͤtus liegt in dem, von der Koͤrperoberflaͤche noch nicht weit entfernten, amnion, und das Nabelblaͤschen iſt mit dem Koͤrper durch einen kurzen, aber zugleich engen Gang verbunden. Prof. Muͤller giebt in ſeinem Jahresberichte f. d. Jahr 1883 die Beſchreibung eines menſchlichen Eies von 7 — 8 Linien Durchmeſſer, welches, nach der Angabe der abortirenden Frau, entweder 9 oder 34 Tage alt ſeyn mußte. Der Embryo war 25 Linien lang, in ein amnjon einge⸗ ſchloſſen, welches dicht an der Oberflaͤche des Koͤrpers anhing. Das Nabelbläschen, von 14 Linie Durchmeſſer, war mit dem Darme durch einen ſehr kurzen Gang verbunden, oder viel— mehr durch eine leicht contrahirte Parthie deſſelben, welche Linien Laͤnge hatte. ef) Ich ſchließe dieſe Bemerkungen über die Angabe der Autoren ruͤckſichtlich des menſchlichen Eies in den erſten drei Wochen durch Angabe der Beobachtung von Baer, wel— cher in ſeinen wichtigen Vorleſungen uͤber Entwickelungsge— ſchichte II. S. 264 eine kurze Ueberſicht deſſen giebt, was bis 1837 uͤber die fruͤheſte Beſchaffenheit des menſchlichen Foͤtus bekannt war. Bei Gelegenheit der Beſchreibung des uterus von einer Frau, welche acht Tage nach der Contep— tion geſtorben war, giebt er an, daß die Periode, in welcher das Ei in den uterus eintritt, bei Menſchen ebenſo, wie bei mehreren niederen Thieren, betraͤchtlichen Verſchiedenheiten unterworfen iſt, und daß auch die Bildung des Foͤtus vom ſiebenten bis zwoͤlften Tage verſchieden ſeyn koͤnne, angenommen, 200 daß das von Home und Bauer beobachtete Koͤrperchen wirk— lich ein Embryo geweſen ſeyn ſollte. Nach Baer iſt noch kein menſchliches Ei innerhalb der Uterushoͤhle beobachtet worden, an welchem das chorion nicht mehr oder weniger flockig war. Das Ei beſteht zuerſt aus zwei Blaͤschen, aus dem chorion und dem darin liegenden Dotter, auf deſſen Ober: flaͤche die Andeutungen eines Embryo's ſich entwickeln, wenn derſelbe einen Ueberzug von der Keimhaut erhalten hat, wel— cher auf dieſe Weiſe den Dotterſack, oder das Nabelblaͤschen bildet. Die allmaͤlige Trennung dieſes Blaͤschens von dem Foͤtus durch Contraction des Nabelganges, welches Barer als wahrſcheinlich betrachtet, wird durch die Praͤparate be— wieſen, welche ich nachher beſchreiben werde. Baer hat ferner durch Unterſuchungen eines menſchli— chen Eies von vierzehn Tagen nach der Conception gezeigt, daß die Keimhaut oder das blastoderma ſich, wie bei Voͤ⸗ geln und vierfuͤßigen Thieren, in eine animale und vegetative Schicht (1. ſeroͤſes und 2. Gefaͤß- und Schleimhautblatt von Pander) trennt, aus deren erſtem das amnion ganz ſo gebildet werde, wie es bei den Voͤgeln bekannt iſt; ſehr geiſtreich weiſ't er darauf nach, daß das falſche amnion (Pander's) eine aͤußere ſeroſe Bedeckung des Foͤtus ab— giebt, welche bald uͤber die Oberflaͤche des amnion und Dotters unregelmäßig ausgebreitet iſt. Dieß habe ich hau= fig beobachtet, und es ſcheint mir wahrſcheinlich, daß dieſes amnion zu mehreren Irrthuͤmern Veranlaſſung gegeben hat, welche man bei Beſchreibung der Haͤute der fruͤhen Eier be— gangen hat. Zuletzt hat Baer noch gezeigt, daß die allantois wenigſtens der innere Theil der Harnblaſenhaut in d ſten Wochen die Geſtalt eines kleinen birnfoͤrmigen chens hat, welches mit ſeinem Stiele oder urachus Caudalende des Darmrudiments anhaͤngt, und nicht, wie Manche und unter Andern Velpeau behauptet haben, als eine ausgedehnte Haut den ganzen Raum zwiſchen chorion und amnion auskleidet. Bei zwei abnormen menſchlichen Eiern habe ich dieſes blaͤschenfoͤrmige Anſehen der allantois, wie es Baer beſchreibt, angetroffen; aber ich kann nicht ſa⸗ gen, daß es mir, wie ihm, gegluͤckt iſt, es in allen Eiern unter fuͤnf Wochen, welche ich beobachtet habe, zu finden. Dieſes Bläschen iſt von Coſte richtig beſchrieben und fcheint die von Pockels benannte vesicula erythroides zu feyn?): Das erſte Ei (auf beiliegender Tafel Fig. 7., 8., 9. und 10.) ! Dieſes Ei ward mir durch die Güte des Prof. Cu— min von Glasgow im Herbſte 1838 zu unterſuchen ver— ſtattet. Eine genaue Angabe uͤber das muthmaßliche Alter deſſelben laßt ſich nicht machen. Es ging ſechs Wochen ’ ) Zunge Eier find auch beobachtet worden, jedoch nicht hinrei⸗ chend genau beſchrieben von Dr. John Burns (Edinb. med. and surg. Journ. II. p. 1 1806), von Stanley (im 6ten Bande der Medical transaet. of the college of Physiciaus of London, 1820. p. 414.) und von Dr. Lee (im 17ten Bande der Medico-chir. transact. of London, p. 474. 1832). Sei⸗ ler 's ausgezeichnetes Werk über dieſen Gegenſtand ift mir nicht zugänglich geweſen. 201 —— nach der Menftruntion durch abortus ab; nach feiner Grds ße kann man es aber hoͤchſtens als 12 — 14 Tage alt betrachten. Der Äußere Durchmeſſer betrug, nachdem ein kleines Stuͤckchen anhaͤngende decidua abgenommen war, 30 eines Zolles; doch war das Praͤparat dadurch etwas con— trahirt, daß es in Eſſigſaͤure und verduͤnnten Alcohol gelegt worden war. Das chorion zeigte ein leicht zottiges Anſe— ben, und zwar auf der einen Seite ſtaͤrker villoͤs, als auf der andern. Nach ſorgfaͤltiger Oeffnung des chorion. wel— ches bloß aus einer einzigen Hautſchicht beſtand, kam eine undurchſichtige Blaſe, der Dotterſack oder vesicula umbi- licalis, im Innern zum Vorſcheine, auf deren einer Seite ein Koͤrper lag, welcher nichts Anderes ſeyn konnte, als der rudimentaͤre Embryo. Das Nabelblaͤschen und der Embryo fuͤllten die Hoͤhle des chorion nicht vollkommen aus, indem der Durchmeſſer des Blaͤschens ſehr wenig mehr betrug, als die Haͤlfte des Durch— meſſers des chorion; der Embryo war 1 Linie lang und ziem— lich 45 Zoll dick. Der Raum zwiſchen der aͤußern Fläche des Nabelblaͤschens und der innern Flaͤche des chorion wurde durch ein duͤnnes, zaͤhes Gewebe albuminöfer Filamente ein genommen, welche wahrſcheinlich durch Coagulation in dem Weingeiſte entſtanden waren. Gegen den Ruͤcken des Em— bryo's und auf der entgegengeſetzten Seite des Nabelblaͤschens war dieſes Gewebe dichter, als an irgend einer andern Stelle und verband Foͤtus und Nabelblaͤschen feſt mit dem cho- rion. Ich habe mehr, als einmal dieſe Vereinigung bemerkt, welche der Unterſuchung ſo junger Eier einige Schwierigkeit in den Weg legt. ITIch war nicht im Stande, eine aͤußere Haut des Dot- tert, oder Nabelblaͤschens zu. unterfcheiden, welche der Dotterkaut entſprochen hätte, indem dieſer Theil nur durch 202 die koͤrnige Keimhaut oder das blastoderma bedeckt war, welche in mehrere Schichten trennbar zu fern ſchien. Ich konnte keine Blutgefaͤße auf dem Dotterſacke erkennen, ob— gleich eine Unregeimäßigkeit der Oberflaͤche für ihre Exiſtenz zu ſprechen ſchien. (Schluß folgt.) Miscellen. Ueber die Strömungen in den hoͤhern Theilen der Atmoſphaͤre äußert ſich Herr Green in Folgendem: Auf meinen vielen Luftreiſen merkte ich frühzeitig genau auf dieſen Umſtand, und das Reſultat war, daß die Strömungen eine Gleich foͤrmigkeit beſitzen, welche unmöglich zufällig feyn kann. So ſehr ſich die Winde in der unteren Region durchkreuzen mochten, ſo fand ich doch bei einer gewiſſen, ſich nicht völlig gleichbleibenden, aber innerhalb 10,000 Fuß von der Erdoberflaͤche haltenden Hoͤhe ſtets eine weſt— liche oder etwas nordweſtliche Strömung. Bei 275 Luftreiſen iſt mir auch nicht eine einzige Ausnahme von dieſer Regel vorgekom— men. Ich will zwar nicht behaupten, daß dieß uͤber allen Puncten der Erdoberfläche der Fall ſey; doch geht daraus hervor, daß in jenen hohen Regionen wahrſcheinlich überall eine große Gleichfoͤr⸗ migkeit der Stroͤmungen herrſche. Von einem Fluthregen erſtattet Hr. Balz, in den me: teorologifhen Beobachtungen zu Marſeille, Bericht. Dieſer Regen hatte am 27. September ſtatt und war fo ſtark, daß er, nach dem Regenmeſſer, binnen fuͤnfundzwanzig Minuten 44 Millimeter Waſ⸗ fer gab. Die Straße Cannebière, deren Breite 30 bis 35 Meter betraͤgt und deren Neigung gegen den Hafen ſehr auffallend iſt, war in einen Strom von einem halben Meter Tiefe verwandelt, worin Kinder ſchwimmen konnten. Bemerkenswerth iſt, daß das Jahr 1839, wo binnen ſo kurzer Zeit dieſe ungeheure Waſ— ſermenge fiel, trockener war, als irgend ein anderes Jahr, deſſen man ſich in den ſuͤdlichen Departements Frankreich's erinnert. — . Hen i e u u d e Gluͤcklich behandelter Fall von Phlebitis. Von George Bell. 4 Phlebitis iſt eine Krankheit, auf welche locale Heil: mittel wenig Einfluß uͤben, waͤhrend die allgemeine Behand— lung noch nicht vollkommen bekannt iſt. Gluͤcklich behan- delte Faͤlle mitzutheilen, iſt daher wichtig, da nur aus einer groͤßern Anzahl derſelben endlich richtige Principien fuͤr die Behandlung abgeleitet werden koͤnnen. Deßwegen wird auch dieſer Fall hier mitgetheilt. a Richard Millar, 22 Jahr alt, mager, von geordnes ter Lebensweiſe, wurde am 18. Juni 1836 im St. Bar: tholomäus = Hofpital, wegen oͤdematoͤſem Eryſipelas des Vorderarms und einfacher Entzündung, der Haut des Ober: arms, aufgenommen; ſein Geſichtsausdruck war aͤngſtlich, die Haut heiß und trocken, der Puls beſchleunigt und voll, da: bei Verſtopfung und andere Fieberſymptome. Er gab an, daß ihm etwa zehn Tage zuvor, wegen einem Seitenſchmerze zur Ader gelaſſen worden ſey; Tags darauf befand er ſich wohl und kehrte zur Arbeit zuruͤck. Die Umgebung der Aderlaßwunde entzuͤndete ſich und wurde ſchmerzhaft; er ſetzte aber ſeine Arbeit, trotz der zunehmenden Schmerzen, fort, bis er endlich genöthigt war, zu Hauſe zu bleiben. Die Symptome ſteigerten ſich; er blieb ohne Behandlung und kam am Ende des neunten Tages in dem beſchriebenen Zuſtande nach dem Spitale. 24 Blutegel an den Ober- arm, Fomentationen und ein Abfuͤhrmittel aus Calomel und zuſammengeſetztem Coloquintenextract. Am folgenden Tage war der Schmerz, aber nicht die Geſchwulſt, vermindert, obwohl der Arm weniger geſpannt war. Das Allgemeinbefinden war nicht gebeſſert; Patient klagte uͤber einen von der Wunde gegen die axilla hinauf: ſchjeßenden Schmerz; der Geiſt war weniger klar; die Zunge af den Raͤndern mit Cruſten bedeckt. Die vena basilica war ziemlich ihrer ganzen Ränge nach verhärtet zu fühlen. Am 20. derſelbe Zuſtand; die Umgebung der Wunde war aufgetrieben, undeutlich fluctuirend; durch einen kleinen Einſchnitt konnte eine Drachme Eiter ausgeleert werden; eine 203 Sonde konnte nur nach Oben und Unten im Verlaufe der Vene eingefuͤhrt werden, und die Anſicht, daß ein Venenab— ſceß geoͤffnet ſey, wurde noch dadurch beſtaͤtigt, daß bei einem ſanften Drucke auf die Vene von Oben nach Unten noch zwei Drachmen gefaͤrbten Eiters herausdrangen; die Vene, welche zuvor hart und geſpannt anzufuͤhlen war, war nun weich und nachgiebig geworden. Der Puls war noch beſchleunigt, aber weich; die Haut unthaͤtig; die Zunge be— legt; der Durſt maͤßig, und die Haut trocken, aber nicht pergamertartig. Ein abfuͤhrendes Clyſtir und alle acht Stunden eine Pille aus 22 Gran Kalk und Queckſilber und — — viel Doverspulver; außerdem Brauſepulver je nach den Umſtaͤnden. Am 21. Die allgemeinen Symptome waren gebeſſert; Ge— ſchwulſt und Schmerz des Armes waren vermindert; Patient klagt aber uͤber einen Schmerz unter den kurzen Rippen auf der linken Seite und Über acuten Schmerz im linken Kniege— lenke. Der Seitenſchmerz wurde durch Druck erleichtert, aber der des Knies bei der leichteſten Beruͤhrung ſehr ver— mehrt. Das Knie wurde fomentirt. Von da an beſſerte ſich der Zuſtand; das Zahnfleiſch wurde vom Queckſilber et— was angegriffen; der Arm wurde normal, und der Kranke trat in die Reconvalescenz; die Vene hatte ſich zu der Groͤße einer Violinſaite zuſammengezogen. Statt der al— terirenden Pillen wurde ein vittereg Infuſum verſchrieben. Am 28. wurde er entlaſſen und auf das Land geſchickt. In dieſem Falle war zuerſt keine Spur von Phlebitis, ſondern nur Pſeudoeryſipelas vorhanden. Am Tage nach der Aufnahme wurde die verhaͤrtete Vene fuͤhlbar; es zeigte ſich Tendenz zu typhoͤſem Fieber, und es entſtand die Frage, ob die antiphlogiſtiſche Behandlung fortgeſetzt werden dürfe. Ich zweifelte daran; auch war die Heftigkeit der Krankheit bereits gebrochen, und der folgende Tag beſtaͤtigte meine An— ſicht, denn es hatte ſich bereits Eiter gebildet. Es war das her beſonders der allgemeine Zuſtand zu behandeln. Dieſe und einige andere locale Entzuͤndungen ſind von einer Eigenthuͤmlichkeit des Fiebers begleitet; dieſes verhaͤlt ſich nicht wie das rein ſymptomatiſche Fieber bei Pneumonie und andern einfachen Entzuͤndungen, ſondern wie das, wel— ches die Gaſtroenteritis mit Entzuͤndung der Follikeln des Darmes begleitet; es iſt eine ſogenannte febris continua, welche wenig Ausleerungen vertraͤgt und durch Behandlung der localen Affection nur wenig veraͤndert wird. Es iſt ein idiopatiſches Fieber, erregt von einer beſondern Urſache, von welcher es bald unabhaͤngig wird. In Beziehung auf die Behandlung der Phlebitis im Allgemeinen ſcheint das Verfahren in obigem Falle Nach— ahmung zu verdienen; ich nahm es in dieſem Falle an, weil ich es bei Etyſipelas mit aͤhnlichem Allgemeinleiden oft nüslich gefunden hatte. Vorſichtige locale Blutentziehun— gen, alterantia, milde Abfuͤhrmittel und clysmata, hier⸗ auf ernährende und mäßig ſtimulirende Mittel find am Mei: ſten geeignet, das Allgemeinleiden zu beſeitigen; die alte- rantia bezwecken beſonders eine Veraͤnderung der Darm— und Leberſecretionen, was bei anhaltenden Fiebern von 204 Wichtigkeit iſt. Kräftige cathartica find nicht zu em⸗ pfehlen, wenn nicht etwa die Daͤrme ungewoͤhnlich angefuͤllt ſind. Die Abfuͤhrmittel muͤſſen als alterantia und nicht als ausleerende Mittel angewandt werden. Mit Eryſipelas, Phlebitis und andern localen Krankheitszuſtaͤnden ſind nicht ſelten Unterleibsfymptome verbunden, welche dem übrigen Leiden vorausgingen; es beſteht hier eine gegenſeitige Ab— haͤngigkeit, und die Wirkung der alterantia bezeichnet, in der Regel, den Anfang der Reconvalescenz. Daſſelbe ſieht man bei der Behandlung des delirium tremens durch Calomel und Opium, wobei ein Nachlaß der Symptome je— desmal eintritt, jo wie die characteriftifhe Einwirkung des Mercuts erfolgt; dieß iſt ſo ſicher, daß es als prognoſtiſches Merkmal betrachtet werden kann. Eine Störung der Thaͤtigkeit der Gallenorgane verbin— „det ſich haͤufig mit einer Affection des Magens und Darm— canals; dieſe Affertion mag eine primäre oder ſecundaͤre ſeyn, das Reſultat iſt daſſelbe; einmal beſtehend, wirken beide Krankheiten aufeinander und das Mißverhaͤltniß wird fo uns terhalten. Jede einzelne Affection iſt ein Grund der Fort— dauer der andern; die Aufgabe iſt, die eine zu beseitigen, um auch die andere ſicher zu uͤberwinden. (Edinburgh med. and surg. Journ. Oct. 1839). Ein Cysticercus cellulosae unter der conjunctiva nach aͤußerer Verletzung. Von Dr. Häring in Ludwigsburg. Das ſieben Jahre alte Töchterchen des Hrn. St. K. in M. ſtieß ſich im Herbſte 1837 an die Kante einer Kufe und trug ein blaues Auge davon, welches aber bald wieder verſchwand. Erſt im Juni 1838 bemerkten die Eltern, daß das rechte untere Augenlid geſchwollen ſeyn. Der um Rath ge— fragte Hausarzt fand eine Geſchwulſt in der conjunctiva und verordnete eine Jodſalbe, um die Reſorption derſelben zu bewerkſtelligen. Kurze Zeit nachher wurde auch ich um Huͤlfe gebeten. Ich fand eine roth und fleiſchig ausſehende Geſchwulſt von der Groͤße einer in ihrem Laͤngendurchmeſſer durchſchnittenen Haſelnuß, welche gegen den canthus ex- ternus hin auf der’selerotica feſt aufſaß und bei gerader Stellung des bulbus von dem untern Augenlide ganz be— deckt wurde. Die conjunctiva war da, wo fie die Ges ſchwulſt uͤberzog, ſtark geroͤthet. Das Uebel verurſachte durchaus keinen Schmerz; die Pupille war normal, das Geſicht nicht beeinträchtigt; nur wuͤnſchten die Eltern, der etwaigen übeln Folgen willen, deſſen Entfernung. Ich hielt die Geſchwulſt für ein Sarcom und rieth zur Erſtirpation, die aber, wegen etwaiger Verdünnung der selerotiea an der krankhaften Stelle, mit Vorſicht geſche⸗ hen müßte. Da die Eltern vorher noch einen andern Heilverſuch gemacht wuͤnſchten, ſo verſchrieb ich eine Solut. lapid. in- fernal. zum Bepinſeln, mit der Weiſung, daß, wenn ins nerhalb acht Tagen keine merkliche Beſſerung ſich zeige, das 205 Meſſer angewendet werden muͤſſe. Nach Verfluß biefer Zeit zeigte ſich außen auf der Geſchwulſt ein gelber Punct, und die Geſchwulſt ſchien in Eiterung uͤberzugehen, weßhalb auch die vom Hausarzte angeordneten Cataplasmen fortgefegt wurden. Als aber dieſe nichts bezweckten, ſo wurde am 23. Juni ein Einſtich in die Geſchwulſt gemacht, worauf zwei Tropfen gelblichen Eiters ausfloſſen; weil aber die Ge— ſchwulſt ſich nicht verkleinerte, fo erweiterte ich die Stich— wunde ein Wenig, und nun erſchien, zu meinem Schrecken, ein durchſichtiger Koͤrper, der ganz wie corpus vitreum ausſah; allein durch die Bewegung des untern Augenlides fiel eine runde Blaſe herab von der Größe einer Erbſe, wel— che ſich bei der mikroſcopiſchen Unterſuchung als Cysticer- cus cellulosae auswies, indem die bekannten vier Saug— naͤpfe und der doppelte Hakenkranz deutlich erkennbar waren. Die noch theilweiſe beſtehende Geſchwulſt verſchwand in ei— nigen Wochen unter dem Gebrauche einer Jodſalbe. Zwei aͤhnliche Fälle finden ſich in der medic. Vereins— zeit. 1838 Nr. 18 und in den N. Notiz. 1838 Nr. 170. (Medic. Correspondenzblatt IX. Nr. 25.) eber Behandlung der Taubheit. Von Petrequin. Fernere Belege zu denen des in No. 270 [Nr. 6. des laufenden Bds.] S. 94 abgebrochenen Aufſatzes. Neunter Fall. un vollkommene Heilung einer chroniſchen Taubheit, Eine kraftige Perſon von 28 Jahren kam am 8. Juli 1838, wegen einer unvollkommenen Taubheit auf beiden Ohren, in das Spital; eine Urſache der Krankheit war nicht aufzufinden. Die Unterſuchung ergab einen normalen Zuſtand des Ohres; die Kranke hat nie den mindeſten Schmerz gehabt; ſie iſt dagegen Anginen ungewoͤhnlich unterworfen. Die Taubheit begann auf dem linken Ohre, vor vier oder fuͤnf Jahren, mit einem ſehr unangenehmen Sauſen, ohne Schmerz im Ohre; jedoch mit hefti⸗ gem Kopfſchmerze; zwei Jahre darauf zeigten ſich dieſelben Er— ſcheinungen auch in dem rechten Ohre, und ſeitdem nimmt die Taubheit fortwaͤhrend zu. Zu Anfang der Krankheit gab ein Arzt ein Brechmittel, und da dieſes keinen aünftigen Erfolg hatte, fo er— Elärte er, daß nicht zu helfen ſey. Im Obre bemerkt man nicht die mindeſte Entzuͤndung oder Abſonderung, im Schlunde dagegen chroniſche Entzündung des Gaumenſeegels. Die Kranke verſteht nur, wenn man fehr ſtark ſchreit, und wenn fie Einem dabei in's Geſicht ſehen kann. Am 9. Juli, Einblaſen von ſchwefelſaurem Alaun und Zucker; Gurgelwaſſer mit 4 Drachme ſchwefelſaurem Alaun; Abfuͤhrmittel aus Bitterwaſſer. Am 10. Fertſetzung der Gurgelwaſſer und Einblaſung; drei— zehn Blutegel hinter das rechte Ohr. Am 17. Blaſenpflaſter in den Nacken. Am 28. bemerkt man unter dem Einfluſſe dieſer Behandlung eine merkliche Beſſerung. Am 27. Cauteriſation der Euſtachiſchen Röhre mit Höllenftein, von Herrn Bonnet in Abwefenbeit des Herrn Petrequin aus: geführt; Gurgelwaſſer und Einblaſungen werden fortgeſezt.“ Am 31. Neue Cauteriſation ohne bemerkbaren Erfolg. Am 2. Auguſt eine dritte Cauteriſation. Am 8. verläßt die Kranke, aus Furcht vor den Cauteriſatio⸗ nen, das Spital. * Veobllſtaͤndiger war der Erfolg in dem zehnten Falle, welchen ich mit Dr. Periſſel behandelt habe. 205 Zehnter Fall. Heilung einer alten doppelten Taubheit mii Otourhde. Vernière, ein Meubelhändier aus Lyon, 41 Jahr alt, von ſanguiniſchem Temperament und kraͤftiger Conſtiturſion. Vem achten Jahre an hatte ex mindeſtens zwei Mal im Jahre Ohrenſchmerzen, welche in der Nacht oder am Morgen nach it rem Anfange jedesmal mit einem reſchlichen Ohren— fluſſe endeten, der drei bis vier Tage dauerte. Im dreizehnten Jahre kam er nach Lyen und biſeb bis zum fuͤnfundzwanzigſten Jahre frei von feinen Schmerzen; hierauf erkältet er ſich in Herb ſte, bekam einen Catarrb, und nun kehrten die Ohrenſchmerzen zu⸗ ruck und zwar im linken Ohre, aus welchem, nach vier Tage dauernden heftigen Schmerzen, ein Obrenfluß eintrat, welcher 13 Jahr dauerte; un vollkommene Taybheit begleitete die Schmerzen, fo wie den Ausfluß; das rechte Ohre blieb frei. Ein Blafenpflas ſter auf den linken Arm, Oeleinſpritzungen und eine Salbe bewirk⸗ ten die Heilung; hierauf blieb er geſund bis zum 3Iften Jahre, als eine neue Erkältung im linken Ohre und bald auch im rechten bef: tige Schmerzen herbeiführte, worauf ein Ausfluß aus dem rechten Ohre eintrat; die Schmerzen gingen von einem Ohre zum andern, und der Kranke wurde auf beiden Seiten taub, auf dem rechten Ohre jedoch nur unvollkommen. Ein laͤſtiges Sauſen begleitete die Taubheit. Man wendete Oeleinſpritzungen, beruhigende Cataplas⸗ men, Abfuͤhrmittel, ein Veſicator und ſpater ein Fontanell auf den unten Arm an. g Am 18. Juli 1838, als der Kranke ſich an Herrn Periſſel wendete, ließen die ſeit acht Tagen dauernden Ohrenſchmerzen nach; Saufen und Kopfſchmerz dauerten fort; aus dem linken Gehörgange floß gelblicher Eiter aus. Auf beiden Ohren Taubheit mit Obren— ſauſen. Das rechte Ohr iſt etwas weniger afficirt, und der Kranke verſtand mit diſem Ohre, wenn man mit erbobener Stimme zu ihm ſprach (dünne Fleiſchbruͤhe, Lavements, zwölf Blutegel an den After, ein Blaſenpflaſter hinter jedes Ohr). Die Blafenpflafter eiterten ſehr ſtark; es verminderte ſich der Ohrenfluß; der Kopf: ſchmerz verſchwand; das Sauſen nahm ab, und das Gehoͤr verbeſ— forte ſich fo, daß man ohne beſondere Anſtrengung mit ihm ſpre— chen konnte. Um indeß ein beſſeres Reſultat zu erhalten, wurde er zu Herrn Petrequin gebracht. Am 24. Auguſt ergab die Un⸗ terſuchung, daß er früher häufige Anginen gehabt habe, und daß davon das Gaumenſeegel und das Zaͤpfchen, fo wie die Schlund: haut, eine bläulichzrotbe Faͤrbung mit varicoͤſer Injection und An: ſchwellung der Schleimbaͤlge hatten. (Gurgelwaſſer mit zwei Scrupel ſchwefelſaurem Alaun auf 6 Unzen Gerſtendecoct, Einbla⸗ ſen von Alaun und Zucker, ein Blaſenpflaſter in den Nacken und ein Abfuͤhrmittel aus Bitterſalz). i Am 13. Sept. war die Eiterung im linken Ohre ziemlich verſchwunden und die chroniſche Entzündung im Schlund: befeitig‘. Der Kranke hoͤrte ſehr gut auf dem rechten und ziemlich auf dem linken Ohre. Die Doſis des Alauns im Gurgelwaſſer wurde bis auf 3j geſteigert. In den darauffolgenden Tagen wendete man, ftatt der Einblaſungen, Betupfen mit Alaunſtein an. Der Ausfluß hat aufgehoͤrt, und der Kranke verſteht, ſelbſt wenn mit leiſer Stimme zu ihm geſprochen wird. Die Behandlung wurde noch bis zum October fortgeſetzt, worauf das Gehoͤr vollkommen hergeſtellt und der Kranke geheilt war. g Noch beweiſender fuͤr die neue Behandlungsweiſe iſt vielleicht folgender Fall. Elfter Fall. Seit funfzehn Jahren zunehmende Taubheit auf beiden Seiten vollkommen geheilt. Am 18. September 1888 brachte mir eine der Nonnen, welche im Hotel Dieu die Krankenpflege beforaen, ihren Bruder, Herrn Lar⸗ ge, welcher ſo taub war, daß es nicht moͤglich war, ſich demſel⸗ ben verftändlich zu machen. Im Gehoͤrgange war nichts zu bee merken. Im Schlunde zeigte ſich dunkele Rothe des Gaumenſee⸗ gels, Zaͤpfchens und des Schlundes. Außer dieſer chroniſchen Schleimbautentzuͤndung befand ſich der Greis vollkommen wobl. Ich verordnete täglich ein Alaungurgelwaſſer und milde Diät, und‘ da ich befürchtete, daß das Einblaſen nicht regelmäßig ausgeführt werde, fo zog ich es vor, alle 2 — 3 Tage die kranken Schleim⸗ baulflaͤchen mit Alaunſtein zu beruͤhren. Nach vier Tagen, am 2lſten, war er ſchon im Stande, zu verfichen, was ſehr laut zu 207 ihm geſprochen wurde, und er hoͤrte in der Meſſe den Ton des Gloͤckchens, was er lange Zeit nicht mehr im Stande geweſen war. Ueber fein fruͤheres Befinden gab er nun Folgendes an. Er iſt 72 Jahr alt und ſeit funfzehn Jahren harthoͤrig, was fortwaͤh⸗ rend zunahm. Mehrere Curen waren vergeblich geweſen; aber jede merkliche Verminderung des Gehoͤrs traf immer mit einer An⸗ gina oder einem Schnupfen zuſammen. Er litt an Ohrentoͤnen, bald wie das Brauſen der Wogen, bald wie das Pfeifen des Win: des oder das Schreien der Voͤgel, der Schlag einer Uhr, der ferne Ton einer Orgel ꝛc. Schon im funfzehnten Jahre hatte er, nach— dem er auf feuchtem Boden geſchlafen hatte, zum erſten Mal eine Taubheit gehabt, welche ſehr allmälig wieder ſchwand. Am 23ſten war er wieder im Stande, das Geraͤuſch einer Ta— ſchenuhr zu hören, was lange Zeit nicht der Fall war, ſelbſt wenn er die Uhr zwiſchen die Zähne, auf das Ohr, oder an den proc. mastoideus legte. Er verſtand nun Perſonen, welche gewoͤhnlich etwas laut ſprachen, und konnte ſelbſt einer Converſation folgen. Bei'm Berühren mit Alaun fühlt er etwas vom Schlunde gegen das Ohr hingehen; die Roͤthung iſt verſchwunden. Er gebraucht ſehr fleißig das Alaungurgelwaſſer und läßt ſich alle zwei Tage mit Alaun touchiren. Am 27. zeigt ſich einige Schwankung in der Beſſerung in Folge des wechſelnden Herbſtwetters; es zeigt ſich etwas Andrang des Blutes gegen den Kopf (Abfuͤhrmittel und Vermeidung der kuͤhlen feuchten Luft; die Alaunbehandlung wird fortgeſetzt). Am 4. October. Auf dem linken Ohre hoͤrt der Kranke eine leiſe Stimme und das Geraͤuſch einer Uhr in einiger Entfernung; auf dem rechten Ohre iſt dieß nicht der Fall. Das Gurgelwaſſer wird gewaͤrmt (zweite Flaſche Bitterwaſſer). Am 8. October hoͤrt er auf beiden Ohren gut; er geht auf's Land, wo er dieſelben Mittel fortſetzt. i Am 25. kehrt er zuruͤck; das Gehoͤr iſt um Vieles gebeſſert. Das Ohrenſauſen iſt ganz verſchwunden. Die Taubheit kehrte auch im Winter nicht wieder, und im October 1839, als ich den Kranken zuletzt wieder ſah, war er ſehr zufrieden mit dem Reſul⸗ tate der Cur, welche ſeit zehn Monaten ganz aufgehoͤrt hatte; ich empfahl ihm jedoch, im Ohre etwas Baumwolle zu tragen, welche mit etwas Oel getraͤnkt und mit etwas Campher beſtreut ſey. Bonnet hat mit Andern ſchon fruͤher bemerkt, daß vielen Taubheiten eine Entzuͤndung der Schleimhaut des Schlundes zu Grunde liege und hat daher die Cauteriſation des pharynx em- pfohlen, welche in vielen Fällen ſich fo aͤußerſt guͤnſtig erweiſ't, um die durch Anſchwellung geſchloſſene Euſtachiſche Röhre zu oͤff⸗ nen. Ich ſuchte daſſelbe auf ſchmerzloſere und einfachere Weiſe zu erreichen. Ich kannte ſchon die gute Wirkung der ſchwefelſauren Alaunerde in Bezug auf chroniſche Entzündungen der Mundhoͤhle, und wie man aus den vorſtehenden Faͤllen geſehen hat, ſo hat ſie dieſelben Vortheile, wie die Cauteriſation, ohne das Unangenehme derſelben zu haben. Der Alaun iſt eines der mächtigften umaͤn⸗ dernden adstringentia fuͤr die Schleimhaͤute. Ich bediene mich des Mittels in drei Formen, als Gurgelwaſſer ZB — 1 auf Zv Gerz ſtendecoct mit ZB Syrup. Man läßt mehrmals des Tages gurgeln, und dabei die Fluͤſſigkeit moͤglichſt lange im Schlunde halten; bei kalter Witterung iſt es beſſer, das Gurgelwaſſer lau anzuwenden. Daneben bediene ich mich der Einblafungen eines Pulvers aus 208 gleichen Theilen Alaun und Zucker ein oder zwei Mal taͤglich. Das Gurgelwaſſer darf nicht fruͤher, als eine halbe Stunde nach dem Einblaſen angewendet werden; endlich bediene ich mich drittens auch des Touchirens mit Alaun, welcher auf den Mandeln und am Gaumenſeegel hingefuͤhrt wird, was nur einen voruͤbergehenden Brechreſz bewirkt. (In hartnaͤckigen Fällen koͤnnte man auch Alauninjectionen in die Trommelhoͤhle vermittelſt des Catheterismus in die tuba machen). Ein Punct, der zur Empfehlung des Alauns ſehr wichtig iſt, iſt der, daß der Alaun nicht bloß heilend, ſondern auch ſchuͤtzend wirkt und, namentlich bei den ſo haͤufig wiederkehrenden Anginen, dieſe Tendenz zu Recidiven hebt. (Gaz. méd. 1839. No 50.) Miscellen. Die Spontanheilung von Aneurysmen, nach War⸗ drop (Costello’s Cyclopaedia. Art. Aneurysm.): 1) Die ger woͤhnlichſte Spontanheilung erfolgt dadurch, daß der Ancurysmaſack mit geronnenem Faſerſtoffe ausgefuͤllt und ſo verſtaͤrkt wird, daß alle Gefahr einer Zerreißung des Sackes aufhört, während der ur— ſpruͤngliche Canal des Gefaͤßes offen und wegſam bleibt; 2) der Sack wird nicht allein ausgefüllt, ſondern es wird auch der Arte- riencanal obliterirt; 3) das aneurysma kann ſich fo vergrößern, daß es ober- oder unterhalb der Geſchwulſt die Arterie comprimirt und die Arterienwaͤnde in Beruͤhrung und zur Verwachſung bringt; 4 ein aneurysma kann durch Eiterung des Sackes geheilt werden, nachdem die Arterie oberhalb und unterhalb der Geſchwulſt zuvor mit coagulum ausgefüllt war; in ſolchen Fällen koͤnnen auch die aͤußern Bedeckungen ſich entzünden, mit dem Sacke verwachſen, ulceriren und die Theile des Coagulums, welche nicht reſorbirt ſind, aus— ſtoßen, worauf die Hoͤhle durch Granulationen ausgefuͤllt wird; 5) die fünfte Art der Spontanheilung beſteht darin, daß die Ges ſchwulſt unter der Haut platzt, das ergoſſene Blut auf die Arterie druͤckt und Obliteration bewirkt. Eine Anchyloſe durch Senkung eines necrotiſchen Knochenſtuͤckes hat Herr Jobert beobachtet. Die untere Hälfte des kemur war necrotiſch geworden und ganz und gar von neuer Knochenmaſſe umgeben; dabei wurde das necrotiſche Stuͤck durch die neugebildete Knochenmaſſe allmaͤlig von Oben nach Unten fo vorwärts getrieben, daß es durch den condylus internus des neuen femur, durch das Kniegelenk und in verticaler Richtung durch den condylus internus der tibia durchdrang. Der necrotis ſche Theil des kemur hatte vollkommen feine normalen Dimenftor nen, ſeine Form und ſeinen Markcanal behalten. Der neue Knochen iſt voluminoͤs, feine Oberfläche ungleich und mit mehreren Cloaken durchbohrt. Die Articulation des Kniees iſt organiſch anchylo— ſirt durch die feſten Knochenwucherungen, welche vom neuen fe- mur zur tibia übergehen und welche fo beträchtlich ſind, daß es unmöglich ſeyn würde, die Beweglichkeit wiederherzuſtellen, wenn man nicht etwa die Knochenwucherungen durch uͤbermaͤßige Gewalt zerbrechen wollte. (Gaz, des Höpitaux No. 140.) Necrolog. — Der verdiente Herausgeber der Annali universali di medicina, Dr. Omodei, zu Mailand, iſt geftorben: Gibliographis che Journal of the Asiatic Society of Bengal. Edited by the Ac- ting Secretaries. 1839. (No. 1 und 2 enthalten Auffäge von Will. Samefon, B. H. Hodgſon, Don Sinbaldo Demas, Dr. Burcke, N. Wallich, M. Kittoe, W. B. O'Shaugh⸗ neſſy, wovon ich einige mittheilen werde.) A Winter in Iceland and Lapland. By the Hon. A. Dillon. London 1840. neuigkeiten. Nouveau traité des cataractes, causes, symptömes, complica- tions et traitement des alterations du crystallin et de la cap- sule sans opérations chirurgicales. Par M. T. Drouot, Bor- deaux 1840. 8. M. 4 K. Nouvelle méthode de traitement de l’empoisonnement par Par- senic et documens médicauxlegaux sur cet empoisonnement. Par M. Rognetta, DM. Paris 1840. 8. — — —— : (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto). Vene Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Oben Medieinolroide Froriep zu Weimar, And dem Medicınalrathe und Prefeſſer Frorſer u Berlin, No. 278. (Nr. 14. des XIII. II. Bandes.) Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen es ganzen Bandes, von des einzelnen Stückes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Februar 1840. 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gl. 5 r Beitraͤge zur Geſchichte der Structur des menſch— 1 * Eies und Embryo's vor der dritten Woche nach der Conception. Von Dr. Allen Th omſo en. (Hierzu d. Figg. 7 — 17 der mit vorigem Stuͤcke ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) Der Embryo befand ſich im fruͤheſten Zuſtande ſeiner Entwickelung; denn er lag mit ſeiner Bauchſeite beinahe platt auf der Oberfläche des Nabelblaͤschens; das abdomen zeigte noch keine Spur von Daͤrmen, fondern nur eine lange, ſeichte Inteſtinalgrube, welche mit dem Innern des Dotterſackes eine gemeinſchaftliche Hoͤhle bildete. Das zu— ſammengerunzelte Ausſehen des Ruͤckens des Embryo's, Fig. 10, iſt wahrſcheinlich nicht natuͤrlich, ſondern durch Einn irkung des Alcohols oder anderer Urſachen veranlaßt. In der Um— gebung der Inteſtinalgrube hing die Keimhaut der Foͤtal— waͤnde mit der der Oberfläche des Dotterſackes zuſammen. Das eine Ende des Embryo's, offenbar das Kopfende, war betraͤchtlich dicker, als das andere und hatte eine abgerundete Form, Fig. 10., ein Ausſehen, welches ſich einigermaßen da— von unterſcheidet, was ich als vollkommen natuͤrlichen Zu— ſtand erwarten wuͤrde; es war in dieſem Falle wahrſchein— lich die Wirkung zufälliger Urſache. (Bei der Unterſuchung wurde kein Theil des Foͤtus mit einem Inſtrumente beruͤhrt und aus der Lage gebracht, und die Unterſuchung iſt dadurch etwas un vollkommener, daß ich fie in ſchlechtem Lichte und ber meiner Abweſenheit vom Haufe auch ohne Huͤlfe feine— rer Inſtrumente vornehmen mußte.) Ein dunklerer und dickerer Theil zwiſchen dem Kopfende des Embryo's und der Oberfläche des Dotters ſcheint mir die Stelle des rudimen— taͤren Herzens ar zudeuten. Dieſes Ei ſcheint mir ruͤckſichtlich ſeiner Entwickelung zwiſchen den oben beſchriebenen von Th. W. Jones und denen von Velpeau, Pockels u. A. zu ſtehen, bei denen No. 1378. * b. der Foͤtus bereits weiter entwickelt war. Mit Ausnahme der erwähnten Runzelung des Dorſaltheiles, ſcheint das Aus— ſehen des Theils normal und dieß beſonders ruͤckſichtlich der relativen Groͤße eines Theiles zu dem andern. Es bietet daſſelbe ein Beiſpiel der fruͤheſten Beſchaffenheit eines menſchlichen Foͤtus, welche bisjetzt beobachtet worden iſt, wenn wahrſcheinlich die Primitivfalten ſich eben vereinigt haben, um den Vertebralcanal zu bilden, und wenn die In: teſtinalfalten der Schleim- und Gefaͤßſchichten der Keimhaut noch nicht durch ihre Vereinigung zur einfachſten Form des Darmes Veranlaſſung gegeben haben; die Ci:culation des Blutes mag begonnen haben, oder auf dem Puncte Raum, zu beginnen. Dieſes Präparat zeigt alſo zwei merkwuͤrdige Eigen⸗ thuͤmtichkeiten des menſchlichen Eies: 1) die febr geringe Groͤße des Embryo's in der erſten Zeit der Entwickelung, in Vergleich zu der Größe anderer Thiere und 2) die ſehr fruͤ— he Periode, in welcher der Dotter durch eine vollkommene Bedeckung der Keimhaut eingeſchloſſen iſt, — ein Umſtand, in welchem einige Analogie mit dem Eie mehrerer im Waſ— fer lebender Batrachier, z. B., des gemeinen Waſſerſala— manders, beſteht. 3 Das zweite Ei. (Fig. 11. 12. 13. 14) Dieſes Ei befindet ſich im Beſitze des Dr. John Reid in Ed enbulg, welcher mir die Unterſuchung deſſelben geſtat— tete. Es wurde aus dem uterus einer Frau von 20 Jab⸗ ren genommen, welche nach vierzehn taͤgigem Krankſeyn ge ſtorben war. Sie war ſechs Wochen vor ihrem Tode mit einem Manne verheirathet, mit welchem fie bereits ein Jahr gelebt und ein Kind gehabt hatte. Die letzte Menſtruation bö:te am 24. Mai auf; ihr Mann ein Arbeiter, war am Ende jeder Woche bei ihr, und ihr Tod erfolgte am Iſten Juli, das iſt fünf Wochen und einen Tag nach der erſten Beiwohnung, die nach der letzten Menſtruation folgte. Die ganze Groͤße des Eies und die Structur des Foͤtus ſpricht 14 211 aber nicht für ein fuͤnfwoͤchentliches Alter; ſelbſt drei Wo— chen erſcheinen noch zu lange, es muͤßte denn das Unwohlſeyn, welches vierzehn Tage lang dem Tode vorausging, die Ente wickelung des Eies verlangſamt haben, was nicht unwahr— ſcheinlich iſt, wenn man den großen Umfang des Eies mit der Größe des Foͤtus und Nabelblaͤschens vergleicht. Be— ruͤckſichtigen wir die Größe des Eies und einige andere Um: ſtaͤnde (die Frau ſoll mit den Symptomen der chorea ge— ſtorben ſeyn), ſo ſcheint Grund, anzunehmen, daß der Be— ginn der Krankheit und der Schwangerſchaft in Beziehung zu einander ſtanden und ziemlich in dieſelbe Periode fallen. Hiernach bin ich geneigt, das Ei als wenig uͤber 15 Tage alt zu betrachten Der uterus wurde ſorgfaͤltig aus dem Körper genom— men und, im Beiſeyn von Dr. Reid und Dr. J. 9. Simpfon, von mir unterſucht, bevor er in Alcohol gelegt wurde. Der Umfang des uterus war ungefaͤhr um die Haͤlfte groͤßer, als bei ungeſchwaͤngertem Zuſtande. Das linke ovarium zeigte das vollkommenſte corpus luteum, welches ich in einer weiblichen Leiche jemals geſehen habe. Eine betraͤchtliche Hoͤhle fand ſich im Innern dieſes gelben Körpers, deſſen Oeffnung an der Oberflaͤche des ovarium vollkommen geſchloſſen war. Die gelbe Subſtanz dieſes Körpers bildete eher einen regelmaͤßig gefalteten Ueberzug der Flaͤche einer Hoͤhle, als eine runde, ſolide Maſſe. Bei Durchſchneidung der Uteruswaͤnde zeigte die deci- dua, welche an der innern Flaͤche der Schleimhaut anhing, in ihrer ganzen Ausdehnung kleine Blutgefaͤße, welche von einer Haut zur andern uͤbergingen. Das Aeußere der de— eidua vera maß etwa 2 Zoll in der Laͤnge; die Dicke der Waͤnde derſelben betrug etwa 2 Zoll; die Hoͤhle der deci- dua enthielt die gewoͤhnliche Fluͤſſigkeit, und von der hinte— ren Wand der decidua vera ragte die Auftreibung der decidua reflexa hervor, in deren Subſtanz das Ei ein— gelagert war. Dieſe Hervorragung der decidua reflexa hatte etwa 3 Zoll Durchmeſſer. Bei Durchſchneidung die— fer Membran kamen die Zotten des chorion zum Vor⸗— ſcheine. Der größte Durchmeſſer des Eies oder chorion maß 10 eines Zolles, der kleinere Durchmeſſer 5 5 die Zotten des chorion, Fig. 5., waren auf einer Seite viel zahlrei— cher und mehr veraͤſtelt, als auf der andern. Die Unterſuchung des Innern des Eies mußte noth— wendig verſchoben werden, bis es einige Zeit in Alcohol ge— legen hat. Als ich durch das chorion, welches aus einer Schicht zu beſtehen ſchien, durchgeſchnitten hatte, zeigte ſich die Höhle deſſelben (Fig. 12.) ausgefüllt mit einem feinen Gewebe, wie ich es ſchon bei dem vorigen Praͤparate be— ſchrieben habe, und wie es von Velpe au bei aͤltern Eiern corps retieule genannt worden iſt. In dieſem eingela— gert, und in der Naͤhe des einen Endes des chorion lag der Embryo mit ſeinem Dotterſacke. Beide, ſowohl Em— bryo als Dotterſack, waren an das Innere des chorion durch einen dichtern Theil der netzfoͤrmigen Subſtanz und ganz in derſelben Weiſe, wie bei dem erſten Eie, angeheftet, d. h., der Ruͤcken des Foͤtus und die hintere Seite des 212 Dotterſacks waren am meiſten angeheftet. Die Laͤnge des Fotus betrug ziemlich 28 Zoll, die des Dotterſackes 7 Zoll. Der Foͤtus war, wie bei dem zuerſt beſchriebenen Eie, mit dem Dotterſacke nicht durch einen Stiel oder einen zu— ſammengezogenen Umbilicaltheit verbunden, ſondern lag bei: nahe glatt mit der Abdominalſeite auf der Oberflaͤche des Dotters, ſo daß ein unmittelbarer Uebergang von der Keim— ſchicht, welche den Dotter und die Seiten des Foͤtus be— deckte, zu bemerken war. Der Vertebralcanal, an welchem das Kopf- und Schwanzende leicht zu unterſcheiden ſind, erſcheinen viel deutlicher, als in dem zuerſt beſchriebenen Eie. Als ich den Foͤtus an ſeinen Enden betrachtete, ſah ich auch, daß die Grube des Vertebralcanals (ob zufaͤllig oder normal, kann ich nicht entſcheiden) in ſeiner ganzen Laͤnge mehr oder weniger offen war. Unter dieſem Rudimente der Cerebro Spinalare zeigte ſich eine vollkommener ausgebildete Inteſti— nalgrube, als die war, welche bei dem erſten Eie ſich zeigte; und durch eine zufaͤllige Zerreißung eines kleinen Theiles des Caudalendes des Embryo's war ich im Stande, durch die Inteſtinalgrube in das Innere des Dotters hineinzuſehen, mit welchem die Inteſtinalgrube eine gemeinſchaftliche Hoͤhle bildete. Unter dem Kopfende des Embryo's, zwiſchen dieſem und dem Dotter, ſah ich eine unregelmaͤßig geſtaltete Maſſe, welche die Stelle des Herzens andeuten mag, wenn ſie nicht dieſes Organ ſelbſt iſt. Es fand ſich weder allantois, noch amnion; ich möchte aber die Aufmerkſamkeit des Leſers auf ein feines Hautſtuͤckchen leiten, welches an dem Hoͤcker zwiſchen dem Foͤtus und dem Dotter am Kopfende anhing und ausſah, wie ein Stuͤck des netzfoͤrmigen Koͤrpers, nur feſter und hautähnlicher, als der uͤbrige Theil; dieſes hautaͤhnliche Ges webe wendete ſich uͤber den Kopf des Embryo's leicht hinweg, und vermittelte die feſte Anheftung an die innere Seite des ehorion. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß dieſes Haut— ſtuͤck ein Theil der Kopffalte der ſeroͤſen Schicht der Keim— haut ſey, welche das amnion bildet. Baer's Bemerkun: gen in ſeinem angefuͤhrten Werke haben die Anſichten von Pockels und Coſte über die Bildung des amnion befrie⸗ digend widerlegt, und obwohl directe Beobachtungen noch nicht gemacht ſind, wobei der nicht vereinigte Zuſtand der Kopf⸗ und Schwanzfalte des amnion bei'm menſchlichen Foͤtus geſehen worden waͤre, ſo kann doch kein Zweifel ſeyn, daß in dieſer Beziehung das menſchliche Ei von dem anderer Thiere ſich nicht unterſcheide. Ich war bei dieſem Praͤparate nicht im Stande, die vasa omphalo-mesaraica auf der Oberfläche des Dotters zu ſehen, obwohl dieſelben Merkmale, welche ich bei Be— ſchreibung des erſten Eies erwaͤhnt habe, auch hier ihre Gegenwart zu beweiſen ſchienen. Das Ei alſo, welches Fig. 11. — 14. abgebildet iſt, giebt ein Beiſpiel, wonach, trotz etwas vorgeſchrittener Entwicke— lung des chorion, der Embryo ſelbſt und die unmittelbar damit verbundenen Theile noch in ſehr fruͤhem Zuſtande ſich befinden. Obwohl Embryo und Dotterſack dieſes Eies klei— ner ſind, als bei dem erſten Eie, ſo ſchließe ich doch aus der beſtimmtern Form und groͤßeren Feſtigkeit der Theile, — 213 daß fie eben fo, wie das Chorion, in einem etwas weiter vorgeſchrittenen Stadium der Entwickelung ſich befanden. Wir ſehen hier den Dotter von den Schichten der Keim— haut bedeckt, wodurch der Dotterſack oder das Nabelblaͤschen gebildet wird; der Embryo beſteht hauptſaͤchlich aus den Rudimenten der Cerebroſpinalaxe und der Inteſtinalgrube, in welcher das Herz in ſeinem erſten oder einfachſten Zu— ſtande angenommen werden kann, ein Zuſtand, welcher, wenn eine ſolche Vergleichung geſtattet iſt, ſich dem des bebruͤte— ten Huͤhnereies in der 30ſten bis 35ſten Stunde nähert, Das dritte Ei (Fig. 15, 16 und 17.) Dieſes letzte Ei gehoͤrt einer betraͤchtlich ſpaͤtern Perio— de, als die beiden vorangegangenen, an. Ich erhielt daſſelbe 1854 von Herrn Sidey aus Edinburg; es war ſechs Wochen nach dem Ende der letzten Menſtrualperiode einer Perſon abgegangen, welche zuvor Kinder gehabt hatte. Betrachtet man das Ei als Ganzes, fo ſollte man es of— fenbar als eins von 5 — 6 Wochen ſchaͤtzen; aber es iſt eins von denen, welche man bei abortus fo häufig antrifft, die, aus Mangel an Uebereinſtimmung zwiſchen der Entwik⸗ kelung der Eihäute und der Foͤtustheile, zur Erläuterung der Structur aus einer fruͤhern Periode dienen koͤnnen, als zu welcher das ganze Ei gelangt iſt, weil einzelne Theile der Frucht in ihrer Entwickelung gehemmt worden ſind. In der That bildet der Foͤtus und die Nabelblaſe dieſes Praͤ— parates ein Glied in der Entwickelungsreihe der Eier, wel— ches von den zuvor befchriebenen nicht weit entfernt iſt. Das chorion, etwa 1 Zoll in feinem groͤßern Durch— meſſer haltend, zeigt eine betraͤchtliche Menge Zotten, von maͤßiger Groͤße und zwar, wie gewoͤhnlich, auf einer Seite, welche ſpaͤter der placenta entſpricht, reichlicher, als auf der andern. Das Innere des chorion war mit einer flofs Eigen Fluͤſſigkeit gefuͤllt, und der Embryo hing mit der Na— belblaſe an der innern Flaͤche des chorion an. (Fig. 10.) Der Foͤtus (in Fig. 17. um 10 Durchmeſſer vergroͤ— fert) war etwa z“ lang und der Körper etwa zs“ dick. Bei dieſem Präparate beſteht der Embryo aus den Rudi— menten des Kopfes und der Wirbelſaͤule, welche Kopf und Rumpf des Koͤrpers bilden. Extremitaͤten ſind bisjetzt noch nicht zum Vorſcheine gekommen. Die Gehirnblaſen find leicht ſichtbar, und der Sacraltheil der Wirbelſaͤule iſt an dem Caudalende verlaͤngert. Rudimente der Augen oder Ohren konnte ich nicht unterſcheiden, obwohl ſie, wie ich glaube, vorhanden ſeyn mußten. Das Herz hing unbedeckt aus dem Koͤrper des Embryo's hervor und hatte die einfach— ſte Form dieſes Organes in den fruͤhern Entwickelungsſta— dien, nämlich die einer gekruͤmmten Röhre, deren eines Ende, dem bulbus aortae entſprechend, an der Vorderſeite des Halſes angeheftet war, waͤhrend das andere Ende, den Vor— hoͤfen entſprechend und mit den Venen in Verbindung, weis ter nach Hinten mit dem Koͤrper des Embryo's zuſammen— hing. In einer ſpaͤteren Abhandlung hoffe ich die allmaͤligen Veraͤnderungeng zu zeigen, durch welche bei dem menfchli- chen Foͤtus dieſe einfach gekruͤmmte Röhre, wie bei Voͤgeln und vierfuͤßigen Thieren, allmälig in das vollkommene Herz * 214 der weiter vorgeſchrittenen Entwickelungsſtadien ſich ums wandelt. Der Darmcanal bildete eine einfache und gerade Roͤhrez der Mund war offen, aber der After an dem Caudalende noch nicht gebildet. Am mittleren Theile des Koͤrpers des Embryo's oͤffnete ſich der Darmcanal durch eine weite Oeff— nung in das Nabelbläschen, welches nicht mehr unter dem Foͤtus lag und ihn trug, wie bei den beiden vorigen Eiern, ſondern anfaͤngt, durch einen mehr zuſammengezogenen Theil davon getrennt zu werden, welcher letztere ſich ſpaͤter verlaͤn— gert und zu einem duͤnnen Stiele eder Gange verengt, wo— durch in der vierten und fuͤnften Woche und ſpaͤter das Nabelblaͤschen mit dem Darme zuſammenhaͤngt. Einige der vasa omphalo-mesaraica waren auf der Oberflache des Nabelblaͤschens ſichtbar. Das hintere Ende des Darmes oͤffnete ſich, oder ſetzte ſich vielmehr in eine Roͤhre fort, durch welche der Embryo feſt an das chorion angeheftet war. Dieſe Roͤhre hatte die Geſtalt eines Trichters, oder war etwas birnfoͤrmig und bildete offenbar den urachus. Es iſt möglich, daß der er— weiterte unmittelbar an dem Foͤtus liegende Theil die birn— foͤrmige Blaſe enthalten haben mag, welche Baer als allan- tois betrachtet, obwohl ich in dieſem Falle nicht im Stande war, mich von ihrer Gegenwart zu uͤberzeugen. Ich habe dagegen bei zwei abnormen Eiern die Blaſe beobachtet, wel— che von Baer als Analogon der allantois beſchrieben wird. Zwei ſehr kleine Bronchialſpalten waren am Halſe des Embryo's ſichtbar, welche nach ihrer Lage die zwei erſten zu ſeyn ſcheinen, von den vier, welche ſpaͤter vorhanden ſind. In einem ſpaͤtern Aufſatze werde ich menſchliche Embryonen beſchreiben, bei welchen ich vier Kiemenſpalten auf ein Mal beobachtet habe. Ein amnion, welches unmittelbar den Körper des Em- bryo's bedeckt hätte, war nicht zu ſehen; bei der erſten Unter ſuchung dieſes Praͤparates vor fuͤnf Jahren glaubte ich das amnion dicht an dem chorion anliegend zu bemerken, und betrachtete dieß als einen von den Faͤllen, bei welchen das amnion auf eine zu dem Foͤtus unverhaͤltnißmaͤßige Weiſe gewachſen war. Seitdem ich indeß Baer's Bemerkungen im zweiten Bande ſeiner Entwickelungsgeſchichte geleſen ha⸗ be, ſcheint es mir, als wenn ich mich wohl in dieſer Bes ziehung geirrt habe. Aus zahlreichen Beobachtungen, welche ich an ſolchen Thieren angeftellt habe, habe ich die Ueberzeu— gung, daß bei ihnen allen das amnion ſich genau auf die⸗ ſelbe Weiſe bildet, wie bei den Voͤgeln; und nach einigen Beobachtungen, welche ich erſt vor Kurzem an menſchlichen Eiern zu machen Gelegenheit hatte, bin ich uͤberzeugt, daß ſie keine Ausnahme von dem allgemeinen Geſetze, welches Pander aufgeſtellt hat, bilden. Ich möchte hier kurz er= waͤhnen, daß, obgleich ich bisjetzt niemals im menſchlichen Eie die Höhle des amnion nach Hinten offen gefunden ha= be, bevor ſich die Kopf und Schwanzfalte der ſeroͤſen Schicht des blastoderma begegnen, ich doch nach vollſt in— diger Bildung des amnion die Ueberbleibſel des falſchen amnion (von Pander) an der Stelle der Verbindung auf der Außenſeite des amnion ſelbſt habe anhaͤngen ſehen, 14 * 219 Krämpfe der glottis herbeigeführt worden. Es fey ihm auch ein Fall bekannt, wo ein Herr von Zeit zu Zeit 1 bis 6 Wochen lang dauernde Anfaͤlle von ſpasmodiſchem asthma gehabt habe, deren Veranlaſſung, wie es ſchien in Diaͤt— fehlern gelegen. Gegenwärtig habe er ſeit mehreren Jah— ren keinen Anfall gehabt Haͤtte nun aber die Krankheit in dieſem Falle von Erweiterung der Luft zellen bergeruͤhrt, fo müßten dieſe allmälig wieder ihre natuͤrliche Große ange— nommen haben. Er habe vor einigen Jahren eine große Anzahl von Verſuchen über das Athemholen der Thiere ans geſtellt. Bei der Durchſchneidung des achten Nervenpaares eines Thieres ſey ihm die große Aehnlichkeit der dadurch veranlaßten Symptome mit denen des ſpasmodiſchen asthma aufgefallen. Die Thiere haͤtten dann lediglich durch einen ſtarken Willensact zu athmen geſchienen, und konnten deß— wegen nicht ſchlafen, was auch bei manchen Perſonen der Fall ſey, die an krampfhaftem asthma litten und ſich bei’m Athmen ſehr anſtrengen muͤßten. Dieſe Schwierigkeit der Reſpiration bei den, wie angegeben, behandelten Thieren ſchiene daher zu ruͤhren, daß die ſympathiſchen Beziehungen zwiſchen dem Gehirn und der Lunge aufgehoben worden ſeyen. Das Athemholen wuͤrde nothwendig haben aufhoͤren muͤſſen, wenn es nicht durch einen kraͤftigen Willensact unterhalten worden ſey, welcher die Muskeln in Thaͤtigkeit geſetzt habe. Der Verf. der Abhandlung habe noch auf einen andern Umſtand aufmerkſam gemacht, nämlich‘, daß durch das na— tuͤrliche Beſtreben der Lungen, ſich zuſammenzuziehen, die Aus— treibung der Luft aus den Zellen befördert werde. Er bes zweifele keineswegs, daß dieſes Beſtreben die Thaͤtigkeit der Reſpirationsmuskeln gewiſſermaßen unterflüge. Ein Fran— zoͤſiſcher Phyſiolog habe gefunden, daß bei Wunden in den Bruſtwandungen die Lunge vorfalle. Er ſelbſt habe dieß bei Thieren beobachtet. Bei'm Einathmen kehre die Lunge in die Bruſthoͤhle zuruͤck, waͤhrend ſie bei'm tiefen Ausath— men wieder vorfalle, woraus ſich denn ergebe, daß die Lunge eine von der Thaͤtigkeit der Muskeln unabhaͤngige Zuſam— menziehungskraft beſitze. Dr. Budd aͤußerte die Meinung, daß in dem von dem Praͤſidenten erwaͤhnten Falle von Waſſerſcheu die nach dem Ableben des Patienten in der Lunge gefundenen Luftblaſen, in der That, nur Anſammlungen von Luft geweſen ſeyen, die in das Zellgewebe eingedrungen wäre. Dergleichen Er— gießungen von Luft haͤtten aber mit der Erweiterung der Luftzellen, welche den Hauptcharacter des Emphyſems bilde— ten, durchaus nichts gemein, und kaͤmen bei'm Croup und Keuchhuſten gar nicht ſelten vor. In dem zweiten Falle ſey allerdings ſpasmodiſches asthma vorhanden geweſen. Er wolle das gelegentliche Vorkommen ſolcher Fälle keines— wegs in Abrede ſtellen; allein er behaupte, der Krampf finde nicht in den Bronchenroͤhren, ſondern in den innerlichen Re— ſpirationsmuskeln ſtatt. Allerdings glaube man an der Luft⸗ roͤhre auf den erſten Blick Muskelfaſern wahrzunehmen; al— lein die mikroſcopiſche Unterſuchung beſtaͤtige dieß keineswegs. Er habe zur Erledigung dieſes Punctes vielfache Experimente und Unterſuchungen angeſtellt, z. B., einen Ochſen mittelſt eines Arthiebes zu Boden ſchlagen und dann fogleic die 220 Luftroͤhre ausſchneiden laſſen, deren vordere Ringe dann von einander getrennt worden ſeyen. Durch die Anwendung des Galvanismus haͤtten ſich aber durchaus keine Contractionen zu Wege bringen laſſen. Hr. Macilwain hielt die Anſicht, des asthma in der Erweiterung der Luftzellen zu fus chen ſey, fuͤr irrig. Er hielt vielmehr dafuͤr, wenn wir ihn recht verſtanden haben, die fragliche Krankheit entſtehe durch Ergießung von Luft in das Zellgewebe, wodurch der raͤum— liche Inhalt der Luftzellen vermindert werde. Dr. John Wilſon berichtete kuͤrzlich über zwei File, wo emphysema der Lunge den Tod herbeigefuͤhrt, und man bei der Leichenoͤffnung durchaus dieſelben Erfcheia nungen gefunden habe, waͤhrend doch in dem einen Falle die Auſcultation bei'm Klopfen an den Bruſtkaſten einen unge— woͤhnlich hellen Ton habe vernehmen laſſen, und in dem andern Falle nicht. Ueber den Grund dieſes Unterſchieds wiſſe er ſich keine Rechenſchaft zu geben. (The Lancet, 31. Dec. 1839.) daß der Grund Ueber die Pflanzen, welche die in der Medicin anwendbaren ſtinkenden Gummiharze erzeugen. Von A. Richard. Herr Lindley hat unlaͤngſt (S. Botanical Regi- ster, Aug. 1839 p. 64) einige intereſſante Nachrichten uͤber die ſogenannten ſtinkenden Gummiharze mitgetheilt, hinſichtlich welcher man bekanntlich bisher nur ſehr unvoll— ſtaͤndige Kenntniß beſaß. Die Quelle, aus welcher er ſchoͤpfte, ſind die von Sir John Mac Niell in Perſien an⸗ geſtellten Forſchungen, durch welche ſowohl in naturhiſtori- ſcher, als pharmacologiſcher Beziehung ſehr ſchaͤtzbare Reſul— tate gewonnen worden ſind. 1. Das Gummi ammoniacum ſtammt allerdings, wie Don angiebt, von einer Pflanze aus der Familie der Umbelliferae, welche den Typus der von jenem Botaniker aufgeſtellten neuen Gattung Dorema bildet und von ihm unter dem Namen Dorema ammoniacum beſchrieben worden iſt (S Richard, Element d’Hist. nat. med. Edit. 3 Vol III. p. 581). Es tröpfelt in Menge von dem Stängel der in Bluͤthe ſtehenden Pflanze, und Hr. Lin d— ley hat Exemplare derſelben geſehen, an welchen daſſelbe noch in bedeutender Menge ſaß, und die in der Gegend zwiſchen Ghorian und Khaff geſammelt worden waren. Dieſe Subſtanz iſt alſo ganz ſicher eine natuͤrliche Excretion der Pflanze. Uebrigens iſt ein bemerkenswerther Umſtand, daß eine Maſſe von Gummi ammoniacum, welche in der Gegend von Ghorian geſammelt worden war, eine Menge von Fruͤchten einer noch nicht beſtimmten Art der Gattung Ferula, aber nicht eine einzige von Dorema enthielt. 2. Asa foetida. Die Verſchiedenheit der von Pal⸗ las und Kaͤmpfer uͤber den Urſprung der Asa foetida aufgeſtellten Meinungen hat noch nicht völlig aufgeklärt werden können. Die in Perſien von Herrn John Mac' 221 Niell veranftalteten Sammlungen find weder der einen noch der andern Meinung guͤnſtig. Unter den drei Arten von Fruͤchten, welche man in Maſſen von Asa foetida angetroffen hat, gehört keine weder der Ferula persica, noch der Ferula Asa foetida an. Eine derſelben hat indeß mit der Frucht von Ferula persica einige Aehnlich— keit, iſt aber groͤßer und breiter. In der Dicke und der faſt volligen Abweſenheit des randfoͤrmigen limbus des Kelchs gleicht fie ihr. Die beiden andern Fruͤchte weichen von einander ab, und unterſcheiden ſich auch durch mehrere Kennzeichen von der Art, welche Profeſſor Lindley unter dem Namen Ferula Hooshee beſchrieben hat. Aus dieſen verſchiedenen Umſtaͤnden laͤßt ſich ſchließen, daß die Asa foetida aus mehreren in Perſien wachſenden Arten der Gattung Ferula ausſchwitzt, und daß die Pro— ducte dieſer verſchiedenen Species bald in Vermiſchung mit einander, bald jede beſonders, in Europa eingefuͤhrt werden, und die im Handel vorkommende Asa foetida bilden. 3. Galbanum. Don hat unter dem Namen Gal- banum offieinale die Pflanze beſchrieben, welche dieß Gummiharz liefert. Dieſe Beſchreibung iſt nach den Fruͤch— ten abgefaßt worden, welche an den Stuͤcken dieſer im Handel vorkommenden Subſtanz kleben. Hrn. Lindley zufolge, iſt es aber durchaus nicht erwieſen, daß die Fruͤchte und das Gummiharz derſelben Pflanze angehoͤren. Ja, nach den von ihm gemachten Wahrnehmungen und eingezo— genen Erkundigungen, ſtellt es ſich als hoͤchſt wahrſcheinlich heraus, daß beide gar nichts mit einander zu ſchaffen haben. So hat Herr Mac' Niell Exemplare von einer Pflanze mit nach England gebracht, welche er im Juni 1838 in der Gegend von Durood in Khoreſtan (Khoraſan) gefunden hat, und von welcher er annimmt, daß ſie eine zweite Sorte Gummi ammoniacum liefere. An den Aeſten dieſer Pflanze ſitzen noch Tropfen eines blaßgelben Gummiharzes, welches alle Kenn zeichen des aͤchten Galbanum darbietet. Hr. Pereira, jener gruͤndliche Kenner der Arzneiſtoffe, be— merkt uͤber dieſe Subſtanz Folgendes: „Dieſes Gummiharz iſt weder Asa foetida, noch Gummi ammoniacum ; ebenſo wenig bietet es vollſtaͤndig die Kennzeichen des Gal- banum oder des Sagapenum dar, wie ſie im Handel vorkommen. Da jedoch dieſe beiden letztern Subſtanzen ſich in ihren Characteren nicht immer gleich bleiben, ſo kann ich nicht mit Beſtimmtheit ſagen, ob das von Herrn John Mac Niell mitgebrachte Gummiharz nicht doch vielleicht einer dieſer beiden Arten angehoͤre, indem es zumal mit dem Galbanum eine ſehr große Aehnlichkeit darbietet.“ Nach Obigem, faͤhrt Hr. Lindley fort, ſcheint es mir ausgemacht, daß, wenn die fragliche Species auch das achte Galbanum nicht liefert, fie doch ein demſelben ſehr nahe ſtehendes Gummiharz hervorbringt. Die Früchte der— ſelben ſind von denen der Art, welche Prof. Don Galba— num officinale genannt bat, durchaus verſchieden. Auf den erſten Blick glaubte ich, daß die in Rede ſtehende Pflanze der Gattung Opopanax beizuzaͤhlen fen, indem ich annahm, ihre Früchte ſeyen noch jung, und nicht voll— 4 222 ſtaͤndig entwickelt, benn fie glichen allerdings den Fruͤchten jener Gattung, kurz nach dem Abbluͤhen, bedeutend. Als ich aber die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß fie völlig reif ſeyen, und zwei gut entwickelte Saamen enthielten, mußte ich meine erſte Anſicht verwerfen, und meine Pflanze als nicht zur Gattung Opopanax gehörend betrachten. Ste naͤhert ſich der Gattung Smyrnium bedeutend mehr, als Opopanax eder Ferula. Unterſucht man indeſſen ihre Charactere ſorgfaͤltig, ſo erkennt man leicht, daß ſie keiner dieſer drei Gattungen beizuzaͤhlen iſt, und eine eigene Gattung bildet, welche ich Opoidia genannt, und deren Character ich folgendermaßen beſtimmt habe: Genus Opoidia, Lindley. Bluͤthe polygamiſch; Kelch mit fünf gleichen, ſehr Eleis nen Zähnen; Blumenkrone mit fünf ovalen, am Gipfel zu: geſpitzten und einwaͤrts gebogenen Blumenblaͤttern; Früchte faſt eifoͤrmig und cylindriſch; jedes mericarpium bietet drei Kanten oder wenig vorſpringende Hauptflaͤchen dar, die durch faſt ebene Rinnen von einander getrennt ſind; die vittae oder Behälter des eigenthuͤmlichen Saftes der Haupt: rippen ſtehen vereinzelt und ſind ſehr klein; die der Neben— rippen ſtehen ebenfalls einzeln, haben aber eine bedeutende Größe; auf der Commiſſur endlich bemerkt man zwei ſehr ſtark entwickelte und zwei andere ſehr kleine. Der Saamen iſt zuſammengerollt. Opoidia galbanifera, Lindley. Bot. Reg. 1839. Die Pflanze ift zaͤhlebig und hat ungefähr den Habi: tus der Pastinaca Opopanax. Der Stängel iſt auf recht, hoͤckerig und gefluͤgelt; die Blätter find geſtielt und doppelt gefiedert; die Blaͤltchen laͤnglich, abgeſtumpft, ſaͤge— zaͤhnig, herablaufend und rauhhaarig, während der Blatt: ſtiel unbehaart if. Die Dolden find blaßgelb, zum Theil aufſitzend und achſelſtaͤndig, zum Theil endſtaͤndig und ges ſtielt; die Strahlen der Dolden dreimal ſo lang, als die der Doͤldchen. Die Hülle fehlt zuweilen, und befteht, wenn fie vorhanden, aus einer gewiſſen Anzahl ovaler, dünner und an den Rändern haͤutiger Blaͤttchen; die Huͤllchen find viel⸗ blättrig. Die Strahlen der ausgebreiteten Doͤldchen find wenigſtens noch einmal fo lang, als die Fruͤchte; die Blu— menblätter klein, oval, in eine aufwärts (einwaͤrts) gebogene Spitze endigend, und von Farbe gelblichweiß. Die Früchte bieten die in dem Character der Gattung angegebenen Kenn: zeichen dar. Dieſe Art ſtammt aus Perſien und ward in der Um: gegend von Durrood in der Provinz Khorafan von Herrn John Mac' Niell entdeckt Wenn, nach dem oben Mitgetheilten, der Urſprung der ſtinkenden Gummihatze auch noch nicht als vollſtaͤndig aufgeklaͤrt betrachtet werden kann, ſo ſind wir dadurch der Erledigung der Aufgabe doch um ein Bedeutendes naͤher ge— ruͤckt, und es läßt ſich annehmen, daß 1) das Gummi ammoniacum von Dorema ammoniacum, Don, ſtam— me; 2) daß die Asa foetida nicht von eimer Pflanze, 223 — ſondern von mehreren Species der Gattung Ferula komme, namentlich von F. Asa foetida, F. persica und F. Hooshee; 3 daß das Galbanum ebenfalls von verſchie⸗ denen Pflanzen, und zwar dem Galbanum toffieinale, Don, und der Opoidia galbanifera, Lindley, erzeugt werde. (Journal de Chimie médicale, Fevr. 1840.) Miscellen. ueber beſondere Formen des Hygroms oder der Waſſerſucht der Hautſchleimbeutel giebt Hr. Lukas in The Laucet 21. Sept. 1839 Nachricht. Ein Arzt hatte ein ſol⸗ ches Hygrom unter dem glutaeus maximus der linken Seite, von der Größe eines Taubeneies, welches er zuruͤckdruͤcken und mit der Hand in das Becken hineinfuͤhren konnte, fo daß der Kranke ſelbſt die Geſchwulſt für einen Bruch hielt. Bei forgfältigerer Unterſu— chung war es deutlich, daß die Geſchwulſt nie ganz verſchwand, obwohl fie groͤßtentheils in das Becken zuruͤckvich. Da zugleich die Geſchwulſt vollkommen elaſtiſch blieb und gerade uͤber der kleinen iſchiadiſchen Oeffnung lag, fo war die Diagnoſe um ſo deutlicher. Als nun endlich der m. obturator interrus durch Aus- und Eins wärtsrollen des Fußes bewegt wurde, fo konnte man die Geſchwulſt nach Belieben hervortreten und verſchwinden laſſen. Der Kranke harte einige Monate zuvor ſehr heftig an Rheumatismen gelitten; durch mehrmalige Oeffnung der Geſchwulſt, wobei Synovial-Fluͤſ⸗ ſigkeit abging, wurde die Geſchwulſt zum Verſchwinden gebracht (conf. R. Froriep: über Balggeſchwuͤlſte im Becken. Neue No: tizen No. 177.) — Ein anderer Fall, welcher beweiſ't, daß dieſe Geſchwuͤlſte bisweilen an conſtitutionellen Krankheiten Theil nehmen, iſt ein ſolcher, wobei wegen einer hartnäckigen arthri⸗ tiſchen iritis ſchon früher zwei Mal das linke Knie entzündet ger weſen war, und die Entzuͤndung ſich in Ergießung endigte. Bei dem letzten Anfalle hatte Patient iritis des linken Auges und hefti⸗ gen Schmerz im Kniee und unter dem deltoideus. Als die iritis nachließ, minderten ſich auch die übrigen Schmerzen und es er— folgte Ergießung in dem Kniegelenke und in der bursa unter dem deltoideus, Die Anſchwellung unter dieſem Muskel war betraͤcht⸗ lich; ſie hob den Muskel ſtark in die Hoͤhe und die Geſchwulſt war elaſtiſch. Bei Unterſuchung des Gelenks von der axilla aus, zeigte ſich dieſes frei von Ergießung. — Ein junger Mann, wel⸗ cher viel an Symptomen fecundärer syphilis gelitten hatte, bekam zwiſchen dem untern Winkel der scapula und dem darüber hinglei⸗ tenden latissimus dorsi eine wallnußgroße, elaſtiſche, ovale Ge— ſchwulſt, welche bei Beruͤhrung und bei Bewegung des Armes ſehr ſchmerzbaft war. Durch Blutegel und den innerlichen Gebrauch von Jodine und Sarſaparillendecoct wurde die Geſchwulſt in zehn Tagen beſeitigt. — Eine ſeltene Form der Hygrome kommt auch zwiſchen der Hervorragung des Schildknorpels und der Haut vor, wo ſie bei Frauen auffallende Verunſtaltung bewirkt. Bei einer 224 jungen Wittwe lag eine ovale Geſchwulſt, von der Groͤße eines Taubencies, auf der vordern Flache des Schild- und Ringknorpels; die bedeckende Haut war nicht mißfarbig, und die Geſchwulſt unter der Haut folgte, wenn man fie faßte, den Bewegungen der trachea bei'm Schlucken nicht. Viele Mittel waren vergeblich angewendet worden, bis, nach richtiger Erkenntniß des Falles, durch Punctue eine eiweißaͤhnliche Fluͤſſigkeit entleert und dadurch die Heilung be— wirkt wurde. In Bezug auf Schenkelhalsfracturen bemerkt Dr. Adams in der 17ten Lieferung der Cyclopaedia of Anatomy and Physiology: „Außer der Abnahme der ſchraͤgen Stellung des Schenkelhalſes finden ſich noch zwei Umſtaͤnde, wodurch der Bruch dieſes Knochentheils bei "reifen leichter möglich wird, naͤmlich Ver- groͤßerung der Knochenzellen, wodurch alſo die Stärke des Kno— chens abnimmt, und zweitens die partielle Abſorption des langen an der untern Fläche befindlichen Bogens von compacter Knochen— ſubſtanz, worauf bei dem Erwachſenen, wie es ſcheint, die Haupt- ftärfe des Schenkelhalſes beruht; bei manchen alten Subjecten finden ſich bisweilen ſelbſt gar keine Knochenzellenwaͤnde mehr, ſo daß eine weite, mit Mark ausgefuͤllte Hoͤhle das Innere des Schenkelhalſes ausmacht. Durch alle dieſe Veraͤnderungen wird der Schenkelhals geſchwacht und ein Zuſtand herbeigeführt, wobei ſelbſt ohne einen Fall eine Fractur ftattfinden kann. Es finden ſich in den Muſeen bisweilen Präparate, bei welchen der Schenkelhals ganz allmälig abſorbirt iſt, fo daß der Schenkelkopf den Trochanteren naͤher ges ruͤckt war. Solche Fälle hat man, wenn der Krankheitsverlauf nicht bekannt war, ohne Zweifel bisweilen als Beweiſe der Moͤg⸗ lichkeit einer Knochenvereinigung bei Intracapſularfracturen aufge— führt. Dieſe Beobachtungen über die Veranderungen des Schen— kelhalſes bei Greifen erklaͤren hinreichend, wie es möglich iſt, daß ſo auffallend haͤufig durch die unbedeutendſten Veranlaſſungen bei Greiſen Intracapſularfracturen entſtehen. Die Fractur muß unter ſolchen Umſtaͤnden mehr als ein Stadium krankhafter Veränderung betrachtet werden, wobei eine Beſſerung nicht ſtattfinden kann, aber nicht als eine zufaͤllige Verletzung, wobei durch die Huͤlfe des Wundarztes Herſtellung zu erwarten iſt. Zur Operation der Varicen hat Ricord eine fu bs cutane Ligatur in Anwendung gebracht. Nachdem die Venen in einer Hautfalte emporgehoben find, zieht man unter ihnen, mit⸗ telſt Durchſtechung der Baſis der Hautfalte, einen ſeidenen Faden durch; hierauf laͤßt man die Vene aus der Hautfalte herabfallen und ſticht die Nadel durch das Ausgangsloch wieder zuruͤck, jo daß die Vene darunterbleibt, wenn die Nadel durch die Eingangsoͤff⸗ nung wieder hervortritt. Die Vene liegt nun in der Schlinge uns ter der Haut, bei deren Schließung namentlich das Mitfaſſen von Haut vermieden werden muß. Nach ſieben Tagen wird die Liga— tur abgenommen, und die varicoͤſen Venen ſind alsdann obliterirt. (Journ. de connaiss. med. chir, Sept. 1839). Necrolog. — Der verdiente und hochgeachtete Protome⸗ dicus des Koͤnigreichs Ungarn, Michael von Lenhoſſek, ift am 15. Februar zu Ofen verſtorben. Bibliographische Neuigkeiten. Résumés d'histoire naturelle. ris 1840. 12. Par N. Meissas. Geologie. Pa- Legons d' Astronomie, professées a l’Observatoire royal. Par M Arago etc. Recueillies par un de ses elèves. 3me édition. Paris 1840. 18, De la folie, considérée dans ses rapports avec les questions me- dico-judiciaires. Par C. C. H. Marc. Deux Volumes. Paris 1840. 8. Des secours à donner dans les differens cas d’empoisonnemens, de pigqüres et de mersures vénimeuses et dans les différentes especes d’asphyxies, Par A. D. Leconte. Paris 1840. 12. ——— — — Menue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, getammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medteinalrathe F roriep ju Melmat, und dem Medleitiatrathe und Prefeſſer Freter jun Berlin No. 279. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 15. des XIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Ar, Februar 1840. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. Nine de. uͤber die innerſte Structur der Fiſchſchuppen Von Dr. L. Mandl. Vorgelegt der Parlſer Academie der Wiſſenſchaften, den 24. Juni 1839. (Hierzu Fig. 18 bis 33 der mit No. 277 d. Bl. ausgegebenen Tafel.) J. Hiſtoriſche Die von den Phyſiologen bisher angeſtellten Unterſuchungen über die Fiſchſchuppen beſchraͤnkten fih im Allgemeinen auf eine febr geringe Anzahl von Schuppen; man unterſuchte fie nur mit der Lupe, beſchrieb ihre Geſtalt ziemlich ungenau, und ihre innerfte Structur wurde nicht berückſichtigt. Selbſt als Hr. Agaſſiz feine Aufmerk—⸗ ſamkeit, behufs der Claſſification der Fiſche, dieſem wichtigen Ge— genſtande zuwandte, begnugte er ſich mit Beſtimmung der Formen. Schon Borellus (f. Petrus, Observationum microscopi- carum centuria, Hag. Com. 1656, obs. 37) hatte geſehen, daß die Schuppen concentriſche Linien darbieten, welche durch Strahlen und ſchwarze Puncte von einander getrennt werden. „Squammae an apparent, si aspiciantur, lineis orbicularibus multis istinctae, et in parte qua cuti adhaerent, radiis ue punctis multis transcurrentibus divisae.“ Die Abbildung einer Schuppe, welche er mittheilt, entſpricht dieſer unvollkommenen Beſchreibuug vollkommen, welche, ſo zu ſagen, aus der Kindheit der Microgras phie ſtammte. Hooke (Micrographia, London 1667, p. 162) theilte eine Abbildung der Schuppe der Scholle mit, die an Genauigkeit die fpäter erſchienenen übertrifft. Wir koͤnnen die Form der Zähne und der Laͤngs⸗ canäle leicht unterſcheiden. Uebrigens iſt Hooke's Beſchreibung von dieſen Einzelnheiten ſehr kurz und ungenau: „Durch ein ge⸗ woͤhnliches, einfaches Vergroͤßerungsglas geſehen,“ ſagt er, „nehmen ſich die Zähne ungefähr fo aus, wie die Ziegeln eines Daches; es ſind durchſichtige Zapfen mit harten Spitzen. Die Laͤngscanaͤle find dünne, federkielartige Röhren, mittelft deren vielleicht die gans zen Schuppen ernährt werden.“ Leeuwenhoek hat über die Fiſchſchuppen weit unvollſtändi— gere Beobachtungen angeſtellt, als über viele andere Gegenſtande; und dennoch nahmen alle feine Nachfolger fie auf Treu und Glau⸗ ben hin. „Es bildet ſich,“ ſagt er *), „jedes Jahr, unter der alten Unterſuchungen Einleitung. *) Cont. are. nat. Lugd. Batav. 1722 (Op. omn. P. III.) Ep. I BE 1696. Ep. phys. Delphis. 1719. Ep. 24 p. No. 1379, u Schuppe, eine neue, welche über die erſtere hinausragt, fo daß man den Rand der alten auf der neuen ſieht, und man, indem man auf dem Queerdurchſchnitte die Schichten zahlt, das Alter des Fi— ſches nach der Zahl der, die ganze Schuppe bildenden, nachgewach— ſenen Schichten beſtimmen kann.“ Wir werden ſpaͤter den Uns grund dieſer Meinung darthun, und bemerken bier nur vorläufig, daß in den Abbildungen, welche, nach keeuwenhoek, den Queerdurch⸗ ſchnitt darſtellen, ſich, in der That, nur ein Theil der Oberflaͤche, und keineswegs das Innere der Schuppe zeigt. Dieſer Naturfors ſcher hatte früher “) eine andere Anſicht aufgeſtellt. Die Entdek⸗ kung der Schuppen bei'm Aale, von welchen er eine beſſere Abbil— dung mittheilte **), als feine Nachfolger, und von welchen er glaub— te, fie ſeyen aus Kuͤgelchen zuſammengeſetzt, fo wie feine Unterſu—⸗ chungen uͤber den Barſch, hatten ihn zu der Meinung veranlaßt, als ob die Schuppen nach Art des Holzes wüchſen, fo daß ſich je- des Jahr ein neuer Ring bildete. Dieſe Hypotheſe hatte er aber, wie wir geſehen, ſpaͤter aufgegeben. Reaumur (Histoire de Académie, 1716. Paris 1718 p. 229) hatte bereits bemerkt, daß, wenn man den wie Silber glaͤn⸗ zenden Stoff durch eine ſtarke Lupe betrachtet, derſelbe als aus Blaͤttchen zuſammengeſetzt erſcheint, von denen die meiſten ſehr eckig zugeſchnitten find. Dieſe Blättchen bilden Rechtecke, die ungefähr viermal ſo lang als breit ſind; bei einigen zeigen ſich indeß die Enden abgerundet; und bei einigen andern zugeſpitzt; alle ſind aber außerordentlich dünn. Dieſer Forſcher glaubte, man konne dieſe Cryſtalle nicht zerbrechen; allein ſein Irrthum ruͤhrt daher, daß er Bruchſtuͤcke fuͤr ganze Cryſtalle anſah. Er verſichert, dieſelben ſeyen in Gefaͤßen, oder Arten von Roͤhren enthalten, indem er die Bündel, in welchen dieſe Cryſtalle von Natur vorkommen für Gefaͤße hielt. Réaumur glaubte ferner, daß die Fiſchſchuppen dieſem Stoffe ihre Bildung und ihr Wachsthum verdankten. „Wenn,“ ſagt er, „die orientaliſche Eſſenz im Sommer faulig wird, ſo ruͤhrt dieß von den, ihr zufällig beigemiſchten, thieriſchen Stoffen ber; die Cryſtalle ſelbſt find unzerſetzbar.“ Dieſe letztere Bewerkung iſt durch unſere Unterſuchungen nicht beſtätigt worden. Außerdem giebt er eine genaue Beſchreibung von der Art und Weiſe, wie man mit— telſt dieſes Stoffs, deſſen Vorhandenſeyn an der untern Oberflache der Schuppe er ganz deutlich angiebt, die falſchen Perlen fabricirt. Dieſe Beobachtungen Réaumur's find von mehreren neueren Schriftſtellern, welche uͤber die Fiſchſchuppen geſchrieben haben, nicht zu Rathe gezogen worden. 8 Roberg (Dissert. de piscibus. Ups. 1717 40.) hat in ſei⸗ ner Beſchreibung des Aals Seeuwenhoek's Abbildung von Neuem mitgetheilt. ) Arc. nat. (Op. omn. p. I.), Lugd. Batav. 1722 p. 105. 1685. ) Opera omnia, P. I. p. 48. 15 a 227 Petit (Memoires de Académie 1733. Paris 1735, p. 193) theilt nur ſehe umvollfommene Abbildungen von Karpfenſchuppen, nach Unterſuchungen mit unbewaffnetem Auge, mit. Schaffer (Piscium, bavırivo-ratisbonensium pentas. Ra- tisb. 1761 p. 28. 43 etc.) macht in ſeiner Beſchreibung von den Schuppen der Familie der Percoiden auf die Zähnchen an den freien Rindern und die daraus entſtehende Rauhigkeit aufmerkſam, und will darin ſogar den Grund finden, weßhalb die Hechte den Barſch immer mit dem Kopfe nach Vorn verſchlingen. „Ones ex parte posteriori denticulis acutis exasperatae; quae tamen denticuli seu aculei minime, ut auctores affirmant, retrorsum flexa, sed recta, caudam respiciunt, quae directio etiam in causa est, qnare manum caudam versus ducens nullam, caput versus punctoriam, asperitatem sensit“ und in der Anmerkung: „Si id, quod Willughbeius refert, perpetua experientia docet, quod pis- ces lucius percas semper cupite, nunquam in cauda apprehen- dat et sic deglutiat, eo confirmaretur, lucium sibi mirum in mo- dum providere, non inseium, a capite ad caudam denticulos non sentiri, et innocuos esse" “) Er fügt eine Tafel hinzu, auf welcher Suppen vom Barſche abgebildet find, und obgleich dieſe Figuren eine große Aehnlichkeit mit einander haben, fo glaubt doch Schaͤfer, bedeutende Unterſchiede an denſelben zu bemerken. Baſter (Opuscula subseciva. Harlemi, 1759 1765, liber III. 1761 p. 121) handelt in einem: De squamwis piscium überfchrie- benen Paragraphen, von vielen andern Dingen, indeß doch auch nebenbei von den Fiſchſchuppen, von denen er ziemlich Daſſelbe ſagt, wie Borellus. Indeß theilt er eine Tafel mit, auf der man 41 Abbildungen von Fiſchen verſchiedener Gattungen ſieht, welche jedoch Leeuwenhoek 50 Jahre früher weit genauer ver: oͤffentlicht hatte. Was die Zaͤhnelung der Schuppen anbetrifft, fo war dieſelbe in den Hooke'ſchen Abbildungen, trotz deren gro— ßer Unvollkommenheit, deutlicher dargeſtellt. Es iſt für die Geſchichte der Micrographie intereffant, an ſol⸗ chen Beiſpielen zu zeigen, wie dieſelbe, gegen das Ende des 18ten Jahrhunderts hin, Ruͤckſchritte machte; denn faſt alle Schriftſteller der 2ten Hälfte des 18ten Jahrhunderts theilen, im Vergleich mit ihren Vorgaͤngern, die indeß, wie Leeuwenhoek und Hooke, ihre Inſtrumente ſelbſt machten, ſehr mittelmaͤßige Beobachtun⸗ gen mit. In Ledermüller's Beſchreibung der Fiſchſchuppen ſpiegelt ſich deſſen laͤppiſcher Sinn recht deutlich ab. (Microſcopiſche Be⸗ luſtigungen, Nürnberg 1760 Taf. 29, 38, 59 und 93.) „Ich glau⸗ be,“ ſagt er, „daß, wer ſich die Muͤhe geben wollte, die Schuppen aller Arten von kleinen Fiſchen zu unterſuchen und zu zeichnen, ſich ein eben fo artiges als curioſes Muſchelkabinet bilden koͤnnte.“ Von der Structur der Schuppen hat er gar keinen Begriff. Als Probe fuͤhren wir nur an, daß die Aalſchuppe, ſeiner Angabe nach, mit einer unendlichen Menge großer und kleiner ovaler Schildchen bedeckt iſt. Wir erſparen unfern Leſern die Betrachtungen, in wel⸗ chen dieſer Schriftſt ler ſich ergeht, um die unendliche Weisheit des Schoͤpfers an den Fiſchſchuppen zu demonſtriren. Fontana (über das Vipern⸗Gift, Florenz 1781, Bd. 2) theilt einige, voͤllig werthloſe, microſcopiſche Beobachtungen uͤber den Schleim des Aales mit, der aus Bläschen beſtehen ſoll, die mit ſehr kleinen Kügelchen gefüllt find. Laͤßt man dieſelben auf Glas trocknen, fo erſcheinen fie unregelmäßiger, und man bemerkt in ih⸗ rem Innern einen kleinen Koͤrper; zerdruͤckt man die Bläschen, fo ſieht man eine Menge ſehr kleine Koͤrper aus denſelben hervor— kommen. In einer Abhandlung über die Schuppen mehrerer Arten von Fiſchen, die man im gemeinen Leben für ſchuppenlos hält (Journal *) Bei dem mit Schleim uͤberzogenen Kaulkopfe (Cottus gobio), der folglich um ſo eher, ohne alles kratzende Gefuͤhl, gegen den Strich der Schuppen, verſchluckt werden kann, wird dieſer Umſtand der Forelle oft verderblich, indem die, an den Kiemen des dicken Kopfes ſitzenden, hakenformigen Stacheln ſich in die Mundhoͤhle der Forelle feſtſtechen, ſo daß die Letztere mit dem Kaulkopfe im Munde und in der Speiſeroͤhre ſterben muß. D. Ueberſ. % 228 de physique 1787 tom. XXXI. p. 12) beſchreibt Brouſſonet nur die Geſtalt einiger Schuppen, wie ſie ſich, theils unter dem Microſcope, theils mit bloßen Augen geſehen, ausnimmt. Er ſagt unter Anderm Folgendes: „Die Bauern mehrerer noͤrdlichen Länder kannten die Schuppen des Aales lange vor Leeuwenhoek und ſammelten dieſelben forgfältig, um fie mit der weißen Tuͤnche zu vermiſchen, womit fie ihre Haͤuſer anſtreichen; welche dadurch, zumal wenn ſie von der Sonne beſchienen werden, einen ſehr ange⸗ nehmen Glanz erhalten.“ Heuf in ger (f. Hiſtologie Bd. 1, Hiſtographie, Eiſenach 1822) hat, wie Neaumur, gefehen, daß der wie Silber glängende Stoff aus eckigen Körperchen beſteht, unter denen ſich auch ſchwarze, glänzende, eckige befinden. Kuntzmann (Verhandlungen der Geſellſchaft naturforſchen— der Freunde in Berlin. Berlin 1824, S. 269; 1829, S. 369) hat nur den erſten Theil einer ſehr ausgedehnten Arbeit über die Fiſchſchuppen herausgegeben, die ſich jedoch lediglich mit den ver— ſchiedenen Formen beſchaͤftigt. Dieſe Unterſuchungen konnten zu nichts Gediegenem führen, weil ihm die wahre Organifation der Schuppen unbekannt blieb, und er daher deren Bau und Geſtalt nicht richtig auslegen konnte; er iſt aber, unſers Wiſſens, der erſte, wel—⸗ cher die Anſicht aufgeſtellt hat, daß die Geſtalt der Schuppen als unterſcheidendes Kennzeichen der verſchiedenen Familien dienen koͤnne. Schade, daß er dieſen Gedanken nicht in einer angemeſſe— neren Richtung verfolgt und daß er vorgezogen hat, die Schuppen bloß nach ihrer Form zu claſſificiren, was, wie geſagt, zu nichts Befriedigendem fuͤhren kann. Kuntzmann hat ſeine Unterſuchun⸗ gen an getrockneten Schuppen angeſtellt, und iſt mit Réaumur der Meinung, daß das Wachsthum nicht nur an den Raͤndern, ſondern auch an allen andern Puncten der Schuppe ſtattfinde. Er nimmt fo'gende verſchiedene Claſſen von Schuppen an: a) bäutige, welche keine deutlichen concentriſchen Linien darbieten (Gadus Lota); b) halbhaͤutige; der hintere Theil wie bei den vorigen, der vordere Theil mit Linien verſehen (Clupea Harengus); c) einfache, welche nur concentriſche und keine Laͤngslinien darbieten (Salmo Salar); d) mit einem regelmäßigen Muſter, z. B., Muraena Anguilla; e) mit 4 verſchiedenen Feldern, z. B., Cyprinus Carpio; k) ſtachlige (Scorpaena); der Verf. ift der Meinung, daß die Stacheln hier auf der, die Schuppe umhuͤllenden Membran ſtehen, weil man ſie durch Maceration zum Abfallen bringen kann; g) dornige (Perca Lucioperca); die Dornen ſind wahre Fortſetzungen der Schuppe und fallen durch Maceration nicht ab. Die Schuppen der beiden letzten Claſſen ſind ebenfalls in Felder getheilt. Wir werden ſpaͤter ſehen, daß dieſe Claſſification irrig iſt; fo ſind, z. B., die concentriſchen Linien in der erſten Claſſe in Geſtalt von Zellen vorhanden, und nur die Durchſichtigkeit der Letztern vers hinderte Hrn. Kuntzmann, ſie zu bemerken, obwohl er hinzu⸗ fügt, er habe auf den vertrockneten Schuppen unregelmaͤßige Linien geſehen. Auch die letzten beiden Claſſen ſind, wenn gleich der Verfaſſer das Gegentheil behauptet, nicht von einander verſchie— den. Dennoch war dieſe Abhandlung werthvoller, als alle früheren denſelben Gegenſtand betreffenden Arbeiten. Ehrenberg hat, im 28ten Bande der Poggendovyfſſchen Annalen, Leipzig 1833 S. 470, die Eryſtalle des filberartigen Stoffes beſchrieben, welche bereits RSEaumur beobachtet hatte. Dieſer Artikel enthalt auch eine, von Heinrich Roſe herruͤhrende, chemiſche Analyſe dieſes Stoffes. Er iſt in verdünnter Salpeter fäure aufloͤslich; durch ammonium wird die Aufloͤſung nicht, durch Kleeſaͤure nur ſchwach getruͤbt. Die Subſtanz läßt ſich durch Hitze völlig verflüchtigen, enthält keinen Kalk, und it in Saͤuern, Alco⸗ hol und bei der Siedehitze auch in Alkalien aufloͤslich. ' Wir werden weiter unten unfere, unter'm Microſcope ange- ftellten, Verſuche über diefe Cryſtalle mittheilen. Agaſſiz (Recherches sur les poissone fossiles, deuxieme livraison, vol. I. p. 26 etc. Neufchatel 1834) hat vor wenigen Jahren die Aufmerkſamkeit der Gelehrten auf die Form der Schup⸗ pen gezogen, indem er ſie feiner Claſſification zum Grunde legte. Nachdem er uͤber die Structur der Haut Einiges vorangeſchickt, Geſelt er erſt von der Lage der Schuppen, und dann von ihrer eſtalt. 229 Hr. Agaſſiz legt die verſchiedenen Arten der bachziegelförs migen Anordnung dar, ohne ruckſichtlich der Beſchaffenbeit der Haut in Einzelnheiten einzugehen und fährt dann folgendermaßen fort: „Hieraus ergiebt ſich, daß die Lage der Schuppen ſehr ver⸗ ſchledenartig iſt; indeß unterſcheidet man gewohnlich Reihen, die regelmaͤßig genug ſind, daß man, beſonders in Betreff der dachzie⸗ gelformigen Schuppen, deren Lage genau beſtimmen kann. Die Reihen ziehen ſich von der Mitte des Rückens bis zur Mitte des Bauchs, ſchraͤg von Vorn nach Hinten. Man könnte dieſe Reihen paſſend die Rucken⸗Bauchreihen nennen. Auch muß man die obere Halbreihe von der untern unterſcheiden, und ich werde diejenigen, die ſich von der Seitenlinie nach dem Ruͤcken ziehen, die Mitte⸗Rückenreihen nennen; auch zwifchen den vordern Mitte» Rüdenreiben und den hintern einen Unterſchied machen. Die erſtern ſind diejenigen, welche von Vorn nach Hin⸗ ten, und die letztern diejenigen, welche von Hinten nach Vorne gerichtet ſind. In ahnliche Abtheilungen zerfallen die Reihen, wel— che ſich unter der Seitenlinie befinden und die ich Mitte: Bauchreihen nenne; diejenigen, welche ſich von der Seitenlinie vorwärts und abwärts ziehen, nenne ich die vordern Mittes Bauchreihen, und diejenigen, die nach Hinten und Unten ſtrei⸗ chen, die hintern Mitte Bauchreihen. Aan, ä „Die Schuppen,“ führt Hr. Agaffiz fort, „find in Schleims hoͤhlen oder kleinen, durch das chorion gebildeten Saͤcken enthalten, mit denen fie jedoch nicht durch Gefäße verbunden find.” Wir be— merken, daß uns dieſer Punct keinesweges ſo ausgemacht erſcheint, und werden ſpaͤter Beobachtungen beibringen, welche dieſer Anſicht widerſprechen. „Sie beſtehen aus hornartigen oder kalkigen La— mellen oder Blattchen, die über einander liegen und an der Ober— fläche des chorion ſecernirt werden. Dieſe Blattchen legen ſich, eines nach dem andern, an die untere Flaͤche der vorhergehenden an, an die ſie durch Schichten verhaͤrteten Schleims befeſtigt wer— den (?).“ Dieſe Anſicht ſtammt von Leeuwenhoek, nur daß dieſer die Blattchen ſelbſt, Schuppen nennt. „um ſich einen rich- tigen Begriff von dieſer Entwickelungsart zu machen, muß man ſie uerſt bei den Fiſchgattungen unterſuchen, wo die Schuppen ſich in hrer einfachſten Structur darſtellen; z. Be, bei den Aalen, Blen- nius, Cobitis und Leuciscus. Man kann ſich leicht davon überzeugen, daß die concentriſchen Linjen des vordern Randes ſich in die des hintern fortſetzen, oder umgekehrt.“ Gerade die von Hrn. Agaſ⸗ fig beiſpielsweiſe angeführten Schuppen, deren concentriſche Linien aus lauter iſolirten Zellen beſtehen, berechtigen zu ganz entgegen— geſetzten Folgerungen. „Nachdem man die Schuppen eine Zeit lang in Waſſer hat maceriren laſſen, haͤlt es nicht ſchwer fie in eine große Anzahl von mehr oder weniger dicken und großen Lamellen zu trennen, die je— doch ſaͤmmtlich die Form der Schuppe haben. Dieſe Lamellen lies gen fo über einander, daß die kleinſten die Mitte der Schuppe ein: nehmen, und den aͤußern Theil derfelben bilden, während die grös ßern über jene hinausragen, und ſucceſſiv an deren untere Fläche angeleimt ſind. Auf dieſe Weiſe leuchtet ein, daß die, an der aͤu— ßern Oberfläche der Schuppen ſichtbaren, concentriſchen Linien bloß die Ränder der, die Schuppen bildenden Lamellen ſind.“ Das von Hrn. Agaſſiz Bemerkte gilt bloß von den Lamellen der untern Schicht, die ſich durch Maceration trennen laſſen; ſeine Folgerung gruͤndet ſich alſo auf falſche Auslegung, die uͤberdem ohne Anwen— dung des zuſammengeſetzten Microſcops gar keine Zuverlaͤſſigkeit darbietet. „Alle Modificationen, welche man in Anſehung der Ge— ſtalt und Beſchaffenheit der Oberfläche der Schuppen bemerkt, ruͤh— ren von der Form der Anwachs⸗Lamellen und von der Art und Weiſe her, wie fie ſich über einander legen. An der äußern Ober: flache mancher Schuppen, z. B. bei denen der Ganoiden, ſetzen ſich Email⸗Schichten ab.“ Was die Längscanäle betrifft, fo nennt Hr. Agaſſiz dieſel⸗ ben Furchen „Dieſe find Rinnen am Rande der aͤußern Oberflaͤ⸗ che der Schuppen, welche ſich von einer Lamelle auf die andere fortſetzen, und ſich während des Wachsthums der Schuppe verviel⸗ faͤltigen.“ Bei Gelegenheit der Beſchreibung der verſchiedenen aͤu— ßern Formen, welche die Umriſſe der Schuppen dem unbewaffneten Auge darbieten, ſpricht Hr. Agaſſiz auch von den Lappen und 230 fährt folgendermaßen fort: „Wenn dieſe Lappen als Zähne oder Saͤgezaͤhne ſehr ſpitz zulaufen, und nur auf der letzten Lamelle vorhanden ſind, indem ſie ſich auf den vorhergehenden nach und nach abgeſtumpft und abgenutzt haben, fo entftchen Schuppen mit einfach ſaͤgezaͤhnigen Rändern. Zuweilen finden ſich dergleichen fpige Lappen aber auf mehreren Lamellen hintereinander, und als— dann ſtarrt der Rand der Schuppe von mehreren Reihen von Spiz⸗ zen und fühle ſich ſehr ſcharf an.“ Wir werden weiter unten ſehen, daß wir die Natur dieſer Spitzen ganz anders aufgefaßt haben, als Hr, Agaffiz; wir haben darin gut organiſirte Theile erkannt, die aus einer Hülle und einem zabnförmigen Körper beiteben, welcher ſeiperſeits Wur— zeln, verſchiedene Flaͤchen, je nach feiner Lage verfchiedene Grade von Entwickelung, und bei jeder Fiſch-Familie beſondere Formen darbietet. Endlich ſtellt Hr. Agaſſiz die Hauptabtheilungen der Claſſe der Fiſche nach der Form der Schuppen auf. „Ich habe,“ ſagt er a. a. O. Additions p. 5. „in den an den Schuppen zu bemerken⸗ den Unterſchieden ein Mittel zu finden geglaubt, die natürlichen Verwandtſchaften aller Fiſche auf eine genauere Weiſe zu beſtim⸗ men. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß die Fiſche in ihrer ſchup⸗ pigen Bedeckung ein, dieſer Thierclaſſe ausſchließlich angehoͤrendes, characteriſtiſchts Kennzeichen beſitzen. Hier folgen nun die Ord⸗ nungen und die Namen der Hauptfamilien. „Ordnung I. Placoides. Dieſen Namen führt die Ordnung wegen der Unregelmaͤßigkeit der feſten Theile ibrer Integumente. Dieſelben beſtehen in Email- Schildern, die häufig eine bedeutende Größe beſitzen, oft auch zu kleinen Spitzen zufammenſchwinden, wovon einestheils die Schilder der Rochen, anderntheils die cha⸗ grinartige Bedeckung der Stachelrochen und Haie Beiſpiele ab— geben. „Ordnung II. Ganoides. Der diefer Gattung gemeinſchaft— liche Character beſteht in der eckigen Geſtalt ihrer Schuppen, wel⸗ che aus zwei Subſtanzen zuſammengeſetzt find; nämlich aus über« einanderliegenden hornartigen oder knochenartigen Lamellen, und ei⸗ ner dicken Email⸗Oecke.“ Hr. Agaſſiz zieht hierher mehrere les bende und foſſile Familien, z. B., die Scleredermen, Gymnodonten, Lophobranchien, Goniodonten, Siluren und Store. „Ordnung III. Ctenoides. Die Schuppen beftehen aus Platten, die am hintern Rande kammfoͤrmig find. Durch die Kämme dieſer zahlreichen Platten, welche fo übereinander liegen, daß die untern immer uͤber die obern hervorragen, fuͤhlen ſich die Schuppen rauh an. Dieſe Structur iſt vorzuͤglich bei den Cheno⸗ donten und Pleuronecten auffallend. Hierher gehören auch noch die Percoiden, Polyacanthen, Sciaͤnoiden, Sparoiden, Scorpänoi- den und Auloſtomen.“ Wir werden im zweiten Capitel Gelegen— heit haben, zu ſehen, daß dieſe Kaͤmme keinesweges bloße Platten find, welche fo übereinander liegen, daß die untern immer über die obern hervorragen, ſondern daß es aͤchte Zähne find, die wir durch alle ihre Entwickelungen verfolgen werden. Dieſe Structur mußte nothwendig Hrn. Agaſſiz, wegen der Unzugaͤnglichkeit ſeiner Beobachtungsmittel, entgehen, und aus demſelben Grunde hat die— ſer ausgezeichnete Forſcher die Form der Zaͤhne bei mehreren Fa⸗ mitien nicht erkannt, welche er in die folgende Ordnung ge— bracht hat. „Ordnung IV. Cycloides. Die Familien, welche in dieſer Ordnung untergebracht worden find, tragen Schuppen, die aus einfachen Platten mit glatten Raͤndern beſtehen, was jedoch nicht hindert, daß ihre aͤußere Oberfläche häufig mit verſchiednen Mus: ſtern geziert iſt, welche ſich auf der aͤußern Oberflache aller Plate ten wiederfinden. Hierher gehören die Labroiden, Mugus, Atheris nen, Scomberoiden, Gadoiden, Gobioiden, Muraͤnoiden, Luceoiden, Salmo, Clupea und Cyprinus.“ Wir werden ſpaͤter ſehen, daß dieſe Ordnung Familien enthaͤlt, deren Schuppen die auffallendſten Verſchiedenheiten darbieten. So kann man unmoͤglich die Schup⸗ pen der Karpfen mit denen der Gobioiden, oder die von Mugus mit denen der Atherinen zuſammenſtellen. Bei Mugus haben ſie deutliche Zähne, wenngleich fie ſich nicht rauh anfühlen. In der Familie der Cyprinen giebt es Gelegenheit zu Unterabtheilungen. Auch hier war die einfache Lupe, oder 3 eine ſchwache Ver 1 * 231 groͤßerung nicht hinreichend, um dieſen Forſchungen bie gehörige Bundigkeit zu geben. Wir werden auf dieſen Punct zuruckkom⸗ men, welcher ſeit den Arbeiten des Hrn, Agaſſiz über die Form der Schuppen eine große Wichtigkeit erlangt hat. Am Schluſſe dieſer hiſtoriſchen Bemerkungen uͤber die zur Ermittelung der Structur der Schuppen angeſtellten Forſchungen, machen wir noch darauf aufmerkſam, daß faſt alle Forſcher Leeu— wenhoek's Anſichten beigetreten find, und alfo weder die aͤchte Form, noch die Organiſation der Schuppen begriffen haben, was hauptſaͤchlich daher rührte, daß ihre Vergrößerungsgläfer nicht die gehoͤrige Kraft und Vollkommenheit beſaßen. II. Von der Structur der Schuppen. Im erſten Capitel, welches eine hiſtoriſche Ueberſicht der, uͤber die Schuppen angeſtellten Unterſuchungen enthält, haben wir bereits geſehen, daß alle frühere Schriftſteller ſich in der Meinung verei⸗ nigen, dieſe Gewebe ſeyen das Product einer Secretion und beſtaͤn— den aus mit einander gleichartigen Schichten, die denen der zwei— ſchaaligen Muſcheln aͤhnlich ſeyen. Dieſe zuerſt von Leeuwen— hoek aufgeſtellte, und von allen fpätern Forſchern unverändert an— genommene Meinung verbannte alſo jeden Gedanken an eine Er— nahrung von Innen, an eine aͤchte Organiſation, welche die Schuppe zu einem Gewebe machen würde, welches Nahrungsſtoffe empfängt und fortleitet, und mehrere Entwickelungsſtufen durchläuft. In der Auffindung dieſer, den oben erwaͤhnten Forſchern ent— gangenen Organiſation beſteht nun gerade das Reſultat unſrer Un⸗ terſuchung uͤber die innere Structur der Schuppen. Wenn daſ— ſelbe nicht ſchon fruͤher erlangt wurde, ſo liegt dieß ganz einfach an der Unzulänglichkeit der angewandten Mittel. Niemand hatte ſich des zuſammengeſetzten Microſcops oder bedeutender Vergroͤße— rungen bedient. Man unterſuchte die Schuppen nur mit der Lupe bei einer fuͤnf-, hoͤchſtens zehnfachen Vergroͤßerung; und vernach— laͤſſigte durchaus, dieſe Hautanhaͤngſel bei den verſchiedenen Fami— lien vergleichungsweiſe und in ihren verſchiedenen Graden der Ent— wickelung zu ſtudiren. Wir koͤnnen alſo dreiſt behaupten, daß von uns zum erſten Male gehoͤrig kraͤftige Unterſuchungsmittel angewandt worden ſind; zum Studium der innern Structur wurde ſtets eine dreihundertfache Vergroͤßerung benutzt, und bei dieſer ſind die Figuren 18 bis 33 gezeichnet. Auf dieſe Weiſe haben wir den Beweis erlangt, daß die mei— ſten Schuppen aus zwei uͤber einanderliegenden Schichten beſtehen, von denen die untere die Structur der faſrigen Knorpel, die obere die der Kuͤgelchen-Knorpel darbietet. Die letztere iſt außerdem mit Streifen verſehen, die durch das Ineinanderfließen der urfprünglis chen Zellen entſtehen. Durch dieſe beiden Lagen ſtreichen, der Laͤnge nach, Linien, welche beiden Schichten angehören. Wir werden von allen dieſen Beſtandtheilen beſonders handeln, und zuvoͤrderſt ein deutliches Bild von der Schuppe zu entwerfen ſuchen, wie ſie ſich ſchon bei einer ſchwaͤchern, z. B., funfzigfachen Vergrößerung den Blicken darſtellt. Nehmen wir beiſpielsweiſe eine gehoͤrig entwickelte Karpfen— ſchuppe Fig. 19. An dieſer bemerken wir Laͤngslinſen, die von einem gemeinſchaftlichen Ausgangspuncte nach dem Umkreiſe ſtrei— chen, und deren Zahl fo unbedeutend iſt, daß fie genau beſtimmt werden kann. Die Stelle, nach welcher dieſe Linien convergiren, iſt mehr oder weniger ausgedehnt Wir nennen fie den Heerd oder focus. Zwiſchen den Längslinien bemerkt man eine außer— ordentlich betraͤchtliche Anzahl von Linien, welche mit den Raͤndern mehr oder weniger parallel laufen, von den Laͤngslinien geſchnitten werden, und entweder mit einander anaſtomoſiren, oder ſich unun— terbrochen eine in die andere fortſetzen Dieſe Linken nennen wir die Zellenlinien, weil ſie in den Zellen entſpringen. Endlich bemerkt man bei ſehr vielen Schuppen auf einem ihrer Raͤnder dor— nenartige Erhoͤhungen, welche wir die Zaͤhne der Schuppen nen— nen, indem dieſer Name in Bezug auf ihre Entwickelungsart der angemeſſenſte ſcheint. Um die Laͤngs- und Queerlinien her, und zumal in der Naͤhe des focus, finden wir mehr oder weniger elliptifche, gelbliche Körs 4 232 perchen, welche wir die Körperchen der Schuppen nennen; wenn man endlich die obere Schicht der Schuppe zerreißt oder beſeitigt, fo koͤmmt eine untere, faſrige Schicht zum Vorſcheine. Wir werden nun von jeder dieſer Structuren befonders hans deln; um uns jedoch deren Beſchreibung zu erleichtern, wird es dienlich ſeyn, die Schuppe in mehrere Abtheilungen zu zerlegen. Man nehme an, es ſeyen von den 4 Ecken der Schuppe Linien, die übrigens in der Natur ſchon mehr oder weniger kräftig angedeutet find (Fig. 19), durch den Heerd gezogen, fo wird die Schuppe dadurch in 4 Theile oder Felder getrennt werden. Dasjenige Feld, welches in die Haut eingefügt und nach dem Kopfe zu gerichtet iſt, nen— nen wir das Wurzel⸗ oder Grundfeld; das gegenuͤberliegende, nach dem Schwanze zu gerichtete, und bei der dachziegelfoͤrmigen Anordnung, von andern Schuppen nicht bedeckte, nennen wir das Gipfel oder Endfeld. In Folge dieſer Nomenclatur heißt das dem Ruͤcken zugewendete Feld, das rechte, und das nach der Bauchſeite zu liegende, das linke. Dieſe beiden letzten Felder, welche zuſammen die Seitenfelder heißen, find faſt immer cin: ander gleich. Bei den Schuppen der Karpfen und mehrerer anderer Fiſche ſtellen ſich dieſe 4 Felder deutlich dar; uͤbrigens laſſen ſich dieſelben an den Schuppen aller Fiſche leicht beſtimmen. A. Von den Laͤngscanaͤlen. Die Laͤngslinien, welche von einem gemeinſchaftlichen Puncte oder dem Heerde der Schuppe nach der Peripherie zu ſtreichen, ſpielen in der Anatomie des von uns hier unterſuchten Gewebes eine wichtige Rolle. Man hat bis jetzt in Bezug auf dieſelben durchaus keine Meinung ausgeſprochen, einmal, weil man ſie nicht ſtudirt hatte, und dann, weil die Forſcher in den Zellenlinien die Graͤnzen des fortwaͤhrenden Wachsthums zu erkennen glaubten, und es ſich deßhalb angelegen ſeyn laſſen mußten, Linien, deren Beſtimmung fie ſich nicht zu erklaͤren vermochten, und deren Vorhandenſeyn ſogar der von ihnen aufgeſtellten Anſicht zu widerſprechen ſchien, mit Stillſchweigen zu uͤbergehen. 0 Wenn, in der That, nach der zuerſt von Leeuwenhoek aus— geſprochenen und ſeither von allen Forſchern wiederholten Anſicht, die Schuppe ganz einfach aus uͤbereinanderliegenden gleichartigen Schichten beſteht, deren Raͤnder durch jene mehr oder weniger con— centriſchen Linien angedeutet werden, welche wir die Zellenlinien genannt haben, welche Bedeutung ſoll man dann jenen breiten Streifen beimeſſen, welche von einem gemeinſchaftlichen Mittels puncte ausgehen und die peripheriſchen Linien nicht nur durchſetzen, ſondern auch oft breite leere Raͤume zwiſchen ihnen laſſen? Wie kommt es dann, daß in der Schuppe zehn, zwanzig oder auch wohl mehr breite Streifen vorhanden ſind, aber man an dieſen doch keine Linien bemerkt, welche den fortwaͤhrenden Anwachs der Schuppe bezeichnen? Man hat ſich daher damit begnuͤgt, dieſe Linien faͤcherfoͤrmig geordnete Furchen u. ſ. w. zu nennen. Bei unſerer Unterſuchung der Schuppen iſt es uns nicht nur gelungen, die verſchiedenen For- men dieſer Linien, fo wie die, in der Stufenfolge der Schuppen an ihnen vorkommenden Abaͤnderungen zu beſtimmen, ſondern wir has ben ihnen auch die Rolle anweiſen koͤnnen, welche ſie in den Lee bensfunctionen der Schuppe hoͤchſt wahrſcheinlich ſpielen. Die Laͤngslinien durchlaufen alle Bildungsſtufen von einer blo— ßen Rinne bis zu einem völlig geſchloſſenen Canale. Bald bie⸗ ten ſie die Geſtalt eines, oben der Laͤnge nach durchbrochenen Ca— nals dar, an dem man die Dicke der durchbrochenen Wandung, ſo wie den Grund oder die Sohle ſieht; bald ſtellen ſich dieſelben als Canaͤle dar, deren ganze obere Haͤlfte beſeitigt iſt; endlich ſind es oft bloße Rinnen oder Furchen, welche die obere Schicht der Schuppe durchſetzen, ſo daß die untere deren Grund bildet. In manchen Faͤllen ſtreichen dieſe Canaͤle durch den knochigen Theil einer Schuppe verein— zelt; in andern anaſtomoſiren ſie unter einander, und bei manchen Schuppen haben ſie die Geſtalt von Dornen. Wir wollen nun dieſe Formen im Detail ftudiren. Wenn man die Schuppen der Acerina vulgaris (Fig. 21) unterſucht, fo ſieht man, wie die Laͤngslinien ſich in Geſtalt abs 233 wechſelnd zuſammengeſchnurter und wulſtiger Canale darſtellen. Die eingeſchnuͤrten Stellen bieten nur das Anſehen einer runden Schnur dar, deren naͤhere Beſchaffenheit und Structur ſich nicht kund geben. Wir würden in Ungewißheit darüber bleiben, wenn bie aufgetriebenen Stellen, die in der Fortſetzung dieſer Schnuren liegen, uns über die Organifation der Letztern nicht aufklaͤrten. An dieſen aufgetriebenen Theilen ſieht man ganz deutlich, daß die obere Wand theilweiſe beſeitigt ift, und man bemerkt dann nicht nur den Grund des Canals, Fig. 21 u., der zuweilen koͤrnig iſt, zuweilen aber Queerſtreifen darbietet, ſondern kann auch meiſtentheils die Staͤrke der befagten Wand deutlich erkennen. Sie wird von einer doppel: ten Linie oder Kante, Fig. 21b., begraͤnzt, von denen die eine der obern Oeffnung angehoͤrt. In manchen Faͤllen wird die Oeffnung auch nur durch einen einfachen Rand angezeigt. Man wird ſich dieſe verſchiedenen Formen aus den verſchiedenen Graden von Schraͤg— beit erklaren koͤnnen, in denen die obere Wand beseitigt iſt; zuwei— len iſt ſie, in der That, nur ganz oberflaͤchlich, in andern Faͤllen mehr oder weniger tief abgeſchnitten. Unterſucht man nun die Schuppe des Mulculus barbatus, Fig. 22, fo bemerkt man, daß die Langslinien von einer Stelle zur andern ebenfalls geſchloſſen ſind; allein es ſind große Stellen von der obern Wand beſeitigt, und man bemerkt leicht den Grund des Canals. Mah hat hier alfo eine hohle Roͤhre, deren obere Wand nach dem groͤßten Theil ihrer Länge fehlt. Die Sohle derſelben liegt auf der untern Schicht der Schuppen, und die Seitenwaͤnde werden durch die obere Schicht gebildet. Man bemerkt in der Zeich— nung, wie die Zellenlinien ſich weder in Fig. 21 noch in Fig. 22 bis an die geſchloſſenen Stellen der Canaͤle fortfegen *). Die Schuppe des Serranus (Fig. 23) bietet in dieſen Längslinien hohle Röhren dar, bei denen ein Theil der obern Wand durchgehende fehlt. Wir ſehen in der Abbildung den Canal nirgends geſchloſ— fen; allein man ſieht den Grund und die Seitenwände, welche mit Granulationen bedeckt ſind, deren Bedeutung wir ſpaͤter darlegen werden, vollkommen deutlich. Die Laͤngslinie nähert ſich auch hier mehr oder weniger der runden Canalform, und dieß iſt ſchon eine Mittelſtufe zwiſchen dem Canale und der Furche. Unterſuchen wir endlich die Schuppe der Percarina Demidoffii Fig. 24, obwohl auch ſehr viele andere Schuppen, z. B., die haͤu⸗ tigen, dſeſelbe Erſcheinung darbieten, fo iſt der Canal bereits in eine wahre Furche verwandelt. Die obere Wand fehlt ganz und gar; die untere, oder vielmehr die Sohle, wird nur durch die untere Schicht der Schuppe (Fig. 24a.) gebildet, welche in ihrer Verlaͤnge— rung zum Rande wird; eigentliche Seitenwände find nicht vorhan— ri werden nur durch die Unterbrechung der obern Schicht ge— ildet. In dieſem Falle haben wir alſo nicht, wie in den fruͤher an— Naked Fallen, eine hohle, durch die Schuppe ſtreichende Röhre, ondern die Längslinie entſteht bloß durch die dortige Abweſenheit der obern Schicht. Die Figuren 21 bis 24 ſtellen uns die Stufen— folge der verſchiedenen Formen, von der faſt ganz geſchloſſenen, a ſtellenweiſe durchbrochenen Röhre, bis zur einfachen Fur— e dar. Das letzte Beiſpiel beweiſ't, daß die durch die mehr oder we— niger knochenartigen Schuppen ſtreichenden Canale oder vielmehr Röhren weſentlich daſſelbe find, wie die Laͤngslinien, von denen bisher die Rede war. *) In Fig 21 erſtrecken ſich die Zellenlinien dennoch bis an den Canal. D. Ueberſ. 234 Unterfuchen wir, in der That, die Schildchen, welche der Syn- gnathus auf feiner Oberfläche trägt, fo ſehen wir, daß fie don völlig geſchloſſenen Röhren durchſetzt werden, an denen die Waͤnde nirgends unterbrochen ſind, und die nach dem Rande zu vereinzelt ſtreichen, nach der Mitte der Schuppe zu aber anaſtomeſlren und ge— gen den Grund oder die Wurzel der Schuppe hin zahlreiche, von den Anaſtomoſen der Röhren umfaßte Inſelchen oder Felder bilden. Dieſes Gewebe bietet eine eigentliche Knochenſtructur noch nicht dar; allein bei den Schuppen, wo dieſe letztere Organiſation vorhanden iſt, wie, z. B., bei den Scinken, Fig. 25., bilden die Längelinien, wie in dem zuletzt angefuhrten Falle, vollkommen ge: ſchloſſene runde Röhren. Auf der Sohle bemerkt man die knochi— gen Koͤrperchen nebſt ihren Canaͤlchen, Fig. 25 b. Alle knochigen Schuppen, Schildchen u. ſ. w. bieten faſt dieſelbe Form dar, weß⸗ halb wir unfere Beobachtungen auf die Acanthopterpgier und Ma» lacopterygier beſchraͤnkt haben, indem die Schuppen der übrigen Fiſche, fo viel wir deren auch unterſucht haben, nur geſchloſſene Röhren darboten, welche durch ein knochiges Gewebe ſtreichen. Dieſe Röhren ſpringen zuweilen über die Oberflache der Schuppe vor und bilden wahre Dornen, wie bei'm Gadus Euxi- nus, dem Rochen u. ſ. w. Sie ſcheinen dann aus einem faſerigen Gewebe zu befteben, das durch Laͤngslinjen angedeutet wird, welche von der Baſis nach dem Gipfel ſtreichen. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Electriſche Eigenſchaften der Körper als Prü⸗ fungsmittel von Nahrungsſubſtanzen. Herr Rouf: feau hat im Johre 1824 unter dem Namen Deagometre einen Apparat angegeben, womit die Verunreinigung des Olivenoͤls mit anderm Oel erkannt werden konnte, was ſich darauf gründete, daß das erſtere die Electricitat nicht leitet, während die übrigen Oelar— ten mehr oder minder Leiter ſind, und dieſe Eigenſchaft auch der Miſchung mittheilen. Jetzt glaubt man, dieſes Verfahren auch auf andere Subſtanzen ausdehnen zu koͤnnen, welche im haͤuslichen Ge— brauche find, indem Chocolade ohne Zuſatz von Mehl iſolirt, was mit dieſem Zuſatze nicht der Fall iſt; ebenſo ifolirt geroͤſteter und gemahlener Kaffee, was aufhört, wenn dem Kaffeepulver auch nur eine geringe Quantität geroͤſteten Cichorienpulvers beigemiſcht iſt. (Gaz. méd. 1839. No. 48.) Ueber die meteorologiſchen Erſcheinungen, welche das Gebiet des Nils, von dem erſten Cataract an ab⸗ warts, ſchon ſeit längerer Zeit den Phyſikern merk: wuͤrdig erſcheinen ließen, — den Einfluß eines ganz gleich⸗ foͤrmigen Witterungs- und Temperaturverhaͤltniſſes durch eine Strecke von acht Breitengraden hindurch, in einem Landſtriche, defs ſen Clima zunaͤchſt an das der Tropenzone graͤnzt, und welcher die Producte der letztern theilt — findet ſich ein intereſſantes Schrei— ben des Herzogs Paul Wilhelm von Wuͤrtemberg dad. Derr in Nubien (22° 44“ 21“ noͤrdl. Br. Rupp.) 7. Jan 1840 in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung No. 66. vom 6. März. Necrolog. — Der berühmte Aſtronom, Wilb. Math. Olbers DM., iſt zu Bremen, wo er als Arzt und Menſch der Achtung feiner Mitbürger ſich erfreuete, am 2. März geftorben. g Reine Entzuͤndliche Verlängerung der epiglottis. Von G Thompfon. Herr Thompfon iſt der Anſicht, daß, wenn bei einer Entzündung im Schlunde ploͤtzich der Tod eintritt, ohne daß bedenkliche Zufaͤlle vorausgegangen waͤren, man denſel— ben von einer Vergroͤßerung des Kehldeckels herzuleiten habe. Die Affection, welche Hr. T. in dem 7ten Bande der Trans. of the prov. med. associat. 1839 beſchreibt, beſteht in einer Verlängerung der den Kehldeckel bedeckenden Schleim— - 235 haut, welche durch eine allmaͤlige ſeroͤſe Ergießung hervor— gebracht wird. Dieſe Veraͤnderung kann einen ſolchen Grad erreichen, daß das Leben in Gefahr geraͤth, indem der ver— laͤngerte Kehldeckel in die Stimmritze eindringt und auf dieſe Weiſe Asphyxie bewirkt. Dieſe Verlaͤngerung des Kehldek— kels kann ſehr betraͤchtlich ſeyn; er hat ſie von mehr als 2 Zoll Laͤnge geſehen. Die Fluͤſſigkeit zwiſchen den beiden Schleimhautblaͤttern iſt citronengelb und verleiht der Ge— ſchwulſt eine ſolche Durchſichtigkeit, daß man ſehr leicht den Stiel eines dahintergehaltenen Kaffeeloͤffels durch ſie hindurch erkennen kann. Der Koͤrper des Kehldeckels ſcheint dabei etwas angeſch wollen und nimmt an der Entzuͤndung Theil, welche die Gaumenboͤgen betroffen hat. Anſchwellung der Mandeln iſt mit dieſer Krankheitsform nicht v rbunden, de— ren Symptome uͤbrigens die folgenden ſind: Die Krankheit beginnt als einfache angina; hierauf folgt ein Wenig Rau- higkeit der Stimme und bisweilen Aphonie Dieſer Zuſtand dauert nicht lange; bald tritt ein bedenkiicheres Symptom auf: es iſt dieß ein Gefuͤhl von Erſtickung, welches Anfangs nur leicht iſt, aber raſch ſich vermehrt und auch nicht mehr verſchwindet, wenn man den Kranken trinken laͤßt, wie dieß im Anfange der Fall war. Bei oberflaͤchlicher Unterſuchung findet man eine Entzuͤndung in der Rachengegend, ohne deutliche Anſchwellung, außer etwa am Kehldeckel. Dieſer iſt etwas aufgettieben, ſcheint aber nur feine gewoͤhnliche Linge zu haben, wenigſtens, wenn man ſich darauf be— ſchrankt, den Punct zu erkennen, wo die Roͤthe aufhoͤrt. Tritt der Tod plötzlich ein, ſo iſt man geneigt, ihn einer laryngitis oder einem oedema glottidis zuzuſchreiben. Die fortdauernde Wiederholung der Schluckbewegungen, wel— che den abnormen Anhang des Kehldeckels fortwaͤhrend im pharynx nach Hinten fuͤhrt, verhindert bisweilen ziemlich lange bedenklichere Zufaͤlle; aber eine Huſtenanſtrengung, eine raſche Inſpiration iſt oft hinreichend, um fie plotzlich her— vorzurufen; denn es iſt eine ſolche Bewegung hinreichend, um die Spitze des Kehldeckels in den larynx einzufuͤhren. Die Folgen, die daraus entſtehen muͤſſen, find leicht ein- zuſehen. Von den beiden vom Verfaſſer mitgetheilten Fällen laſſen wir hier den einen folgen; derſelbe ſagt: Am 23. Nov. 1834 wurde ich zu einem Herrn A. gerufen, welcher ſich ſeit der vorhergehenden Nacht über Schmerzen im Schlunde beklagte, die ziemlich heftig, und von Zeit zu Zeit von leichter Erſtickungsnoth begleitet waren, die ſogleich beſeitigt war, wenn man den Kranken etwas trinken ließ. Die Rachenhoͤhle war entzündet , die Mandeln etwas angeſchwollen, der Kehldeckel breiter und Länger, als gewöhnlich und ſehr iniiciet; ich glaubte feine Spitze wahrnehmen zu koͤnnen. Ich verſchrieb ein Blaſen⸗ pflaſter, Gurgelwaſſer und ein Abfuͤhrmittel und verſprach eine baldige Wiederherſtellung. Kaum eine halbe Stunde batte ich ihn verlaſſen, fo wurde ich in größter Eile zu ihm zuruͤckgerufen; er hatte einen Erſtickungsanfall gehabt, welcher durch ſeine Heftigkeit ſeine Familie in Schrecken verſetzte. Ich fand ihn blaß, wie einen Todten; der Anfall war aber bereits vorüber; feine Frau hatte ihm auf den Ruͤcken geklopft und — — 236 dadurch Huſten veranlaßt, welcher ihn auf der Stelle erleich terte. Da ich bereits einen Fall dieſer Art geſehen hatte ſo konnte ich die Natur dieſes Uebels nicht verkennen und machte mir Vorwürfe, daß ich den Kehldeckel nicht aufmerke ſamer betrachtet hatte. Indem ich die Baſis der Zunge niederdruͤckte, konnte ich die Baſis des Kehldeckels erkennen; indem ich nun den Kranken huſten ließ, wurde der Anhang deſſelben in die Hoͤhe gebracht und ich konnte ihn nach Vorn ziehen. Dieſer Anhang reichte bis zu den Schneidezaͤhnen nach Vorn, ſo daß ich ihn faſſen und mit einer Lancette abſchneiden konnte. Darauf folgte unmittelbar Erleichte— rung; es kehrte kein Zufall zuruͤck. Die Geſchwulſt wurde durch eine Art von Taſche gebildet, welche aus der aͤußerſt feinen und durchſichtigen Schleimhaut beſtand, welche eine Fluͤſſigkeit einſchloß, die im Momente der Durchſchneidung in den Mund ausfloß. Merkwuͤrdiger Fall von Ectrophie der Harnblaſe. Von Dr. Handyſide. Obwohl Faͤlle dieſer angebornen Mißbildung der Harnorgane haufig mitgetheilt worden find, fo will ich doch einiges Einzelne uͤber meinen Fall ſagen, da er ſich durch einige intereſſante Eigen— thuͤmlichkeiten unterſcheidet. James Forbes, 42 Jahre alt, von ſeiner Jugend an als Gaͤrtner beſchaͤftigt, war vor 8 Jahren durch heftigen Gelenk— rheumatismus in den untern Extremitäten genoͤthigt, ſeine bis— herige Beſchaͤftigung aufzugeben. Spaͤter litt er an einem lange dauernden rheumatiſchen Fieber mit heftiger Affection des linken Knie- und Huͤftgelenkes, welche mit Luxation des Oberſchenkels auf das Darmbein, und daher mit Verkuͤrzung des Fußes endete. Früher war er robuſt; jetzt aber ift er abgemagert, und ſeitdem leidet er auch mehr als fruͤher von einer Auswaͤrtsſtuͤlpung ſeiner Harnblaſe, deren Schleimhaut ſich ebenfalls in ſehr reizbarem Zu— ſtande befindet. Die Körperlänge dieſes Mannes beträgt 5 Fuß 47 Zoll, wähs rend das Maaß von einer Spitze des Mittelfingers bis zum ane dern bei ausgeſtreckten Armen 6 Fuß 27 Zoll beträgt. Die Uns gleichheit iſt auffallend, denn obwohl in den letzten 8 Jahren eine Vorwaͤrtskruͤmmung des Dorſaltheiles des Ruͤckgrats ſeine Koͤr— pergröße etwas vermindert haben mag, fo iſt dennoch jenes Miß— verhaͤltniß angeboren, da auch fruͤher der erwachſene Mann nicht größer war, ats 5 Fuß 9 Zoll 9). Bei der Geburt fand ſich in der regio hy pogastrica eine kleine rothe Geſchwulſt, an deren oberem Theile der Nabelſtrang angeheftet war, wovon bald nachher jede Spur verſchwand. Er iſt das aͤlteſte von 7 geſunden Kindern (worunter 4 maͤnnlichen Geſchlechts) und iſt allein mit einer Mißbildung behaftet. Als er heranwuchs, vergrößerte ſich die Geſchwulſt raſch zur Pubertaͤts— zeit, wiewohl nicht in dem Verhaͤltniſſe, als in den letzten 8 Jahr ren. Sie war vor 8 Jahren um die Haͤlfte kleiner, als jetzt, und vor etwa 3 Jahren, als ich den Kranken zum erſten Mal ſah, war ſie um kleiner, als jetzt. Jetzt zeigt ſie folgende Beſchaf— fenheit: Die vordere Wand der regio hypogastrica in dem unteren Dritttheile der linea alba fehlt an einer Stelle, welche der Baſis oder dem Halſe der Geſchwulſt entſpricht; die Geſchwulſt beſteht aus der vorgeſtuͤlpten hinteren Wand und dem untern Boden der *) Die von den Kuͤnſtlern angenommene vollkommene Ueberein— ſtimmung der Koͤrperhoͤhe und der Breite von einer Finger- ſpitze bis zur andern iſt nicht richtig, indem ein Ueberwiegen der letzten Dimenſion über die Koͤrperhoͤhe um mehr als 24 Zoll als Regel von mir gefunden worden iſt. (Verf.) 237 ä Harnblaſe, fo daß eine der Queere nach verlaufende läͤnglich⸗ovale Hervorragung gebildet wurde. Die Haut der Bauchflaͤche geht in den obern Theil der Geſchwulſt über, und zeigt eine trianguläre Narbe, 2 Zoll breit, 11 boch, welche mit der Oberflache der Blaſe in Verbindung ſteht. Die zunachſt dacanſtoßende Bedeckung des Palſes der Geſchwulſt zeigt ein ähnliches, undurchſichtig vernarb⸗ tes Ausſchen. Die Oberflache der auswaͤrts gewendeten Blaſe it t Schleimhaut überzogen, mit Ausnahme einer vernarbten Stelle am obern Rande, als Bezeichnung der Anheftung des Nabelſtran— ger, zweitens eines dreidigen Stückes an der vordern Flache der linten Seite der Geſchwulſt; beide Stellen gleichen einer alten Narbe; eine Veränderung dieſer beiden Stellen iſt auf keine Weiſe beobachtet worden. Die Schleimhaut ſelbſt iſt von lebhafter Farbe, glatt, unter der Loupe fein villds und außerordentlich empfind⸗ lich; fie iſt mit einer dünnen Schleimausſchwitzung bedeckt, welche indeß von der hohen Temperatur des Theiles fortwaͤhrend verdickt wird, loſe, undurchſichtige Blaͤttchen bildet, welche wiederum von darunter ausſchwitzendem Schleim abgeloͤſ't werden, fo daß die Oberfläche nichtsdeſtoweniger von der Secretion beſtaͤndig be— t iſt. Die Empfindlichkeit gegen Berührung, oder gegen die wirkung einer kalten Atmoſphaͤre iſt während des Froſtwetters kurz vor demſelben noch erhöht, und überhaupt immer fo groß, daß der Kranke mit großer Sorgfalt jede Art von Reizung vermeiden muß. Dieß erreicht er durch eine Art von Schild. An der untern Oberfläche der Hervorragung bemerkt man das corpus trigonum, 13 Zoll von einander und 4 Zoll von dem penis die Oeffnungen der Ureteren. Der Rand der Oeffnung jedes Ure— ters iſt von einer elliptiſchen Schleimhauthervorragung umgeben, welche wegen ihrer Dicke und ſchraͤgen Richtung den freien Abfluß des Urins verhindert. Deſſenungeachtet ſieht man dieſe Fluſſigkeit fortwährend und unwillkuͤrlich aus dem linken Ureter ausfließen, deſſen Muͤndung etwas weiter iſt, waͤhrend die obere Flaͤche des yo mit der rechten Oeffnung in Berührung fteht, und dadurch 'appenartig den Abfluß des Urins verhindert. Der Mann beſitzt indeß die Kraft, nach Belieben einen kleinen Urinftrabl aus dem linken Ureter auszutreiben, und wenn die Geſchwuiſt ein wenig von dem penis in die Hoͤhs gehoben wird, fo kann er durch ſtarke Con⸗ traction des Zwerchfelles, der Bauchmuskeln und des levator ani gewaltſam einen Urinſtrahl aus beiden Ureteren zugleich hervortrei⸗ ben. Dieſer Ausfluß des Urins iſt freier, wenn zuvor die Müns dungen der Ureteren durch etwa ; Zoll tiefe Einführung einer Bougie erweitert wird. Weiter hinauf ſcheinen dieſe Canale ſehr erweitert und vielfach gewunden zu ſeyn, und gewiſſermaßen ſup⸗ plementaͤre Blaſen oder Harnreceptacula zu bilden. Die Richtigkeit dieſer Annahme ergab ſich dadurch, daß ich einmal 2 Stunden lang, und ein ander Mal 21 Stunden die Muͤndungen der Harnleiter verſchloß, und den Urin in den erweiterten Harnleitern zuruͤckhielt. Bei dieſen wiederholten Experimenten entſtand etwa eine Stunde nach dem Anfange derſelben ein Gefühl von betraͤchtlicher Ausdeh⸗ nung in der obern Leiſtengegend und laͤngs des Saamenſtranges, von beträchtlichem Mißbehagen und Schmerz und einem deutlichen Zuruͤckweichen der hervorgetriebenen Blaſe begleitet, mit Contrac⸗ tion derſelben in allen Richtungen; am Ende dieſer Experimente erhob ich die Geſchwulſt, und entfernte, zur großen Erleichterung des Individuums, den Pfropf, worauf ein wenig Urin aus jedem Harnleiter auszufließen begann; aber bei Einführung meines Fin⸗ gers durch das rectum und Erhebung eines darin fuͤhlbaren waͤſ— ſerigen Sackes floß der Urin reichlich, und zeigte eine deutliche ſtrohgelbe Foͤrbung, waͤhrend er gewoͤhnlich ganz durchſichtig und farblos zum Vorſchein kommt. Es iſt hinzuzufügen, daß der Abs uß des Urins immer regelmaͤßig und ohne Unterbrechung fort⸗ auert, und in 24 Stunden durchſchnittlich 6 Pfund beträgt. Die Boſtandtbeile deſſelben find indeß nicht ganz normal, da eine hin⸗ reichende Menge Eiweiß darin iſt, um in der Siedhitze einen Nie— derſchlag zu bilden, und da außerdem etwa 10 Procent eines dicken, fehr zaͤhen Schelimes beigemiſcht iſt. Ferner iſt feit den letzten 9 Monaten aus dem linken Harnleiter ſeden Morgen ein rundes glattes Kuͤgelchen bervorgekommen, von der Größe einer Erbſe, aus einem weißen Niederſchlage wie naſſer Pfeifentbon, von phosphorſaurer Ammoniaktalkerde in zaͤhen Schleim eingeſchloſſen. 238 Die gewöhnliche ſpeciſiſche Schwere des Urins voriirt von 1009, zu 1022,1, und beträgt bei dem Urin, welcher von 6 Ubr Morgens bis 1uhr in der Nacht geſan melt wurde, 1020,5, Funf⸗ zig Minuten, nachdem der Kranke 1 Unze Rhabarberinfuſum ge: nommen hatte, ſtieg das ſpeci wicht von 1009, 4 auf 1022; 40 Minuten Später, wahrend wel der Urinfluß our er ſtopfen der Mündungen verhindert wurde, ſtieg das ſpec. icht anf 1020,55; als jedoch die Harnleſter darauf wieder 1 Stunde 50 Mir nuten zugehalten wurden, fo wur das ſpec. Gewichr auf 10104 gefallen. Folgendes find die Maaße und äußern Beziehungen dieſer um: geſtuͤlpten Blaſe. Der Qucerdurchmeſſer bei erſchlafftem Zuſtande, wenn der Kranke ſitzt, betraͤgt 44 Zoll, der verticale Durchmeſſer 2% Zoll und die Höhe der Hervorragung über der Bauchflaͤche 13 Zoll. Diefer letztere Durchmeſſer wird aber bei Muskelanſtrengun⸗ gen bis zu 3 Zoll geſteigert; bei horizontaler Stellung und in der Ruhe vermindert ſich der Qucerdurchmeſſer der Geſchwutlſt auf 3! Zoll, und die uͤbrigen Durchmeſſer bleiben dieſelben; aber nach der Nachtrube im Bette iſt die ganze Geſchwulſt auf den Umfang ei— ner großen Pflaume reducirt; wenn indeß unter gewohnlichen Um: ftänden eine Zurückziehung der eingetriebenen Maſſe durch Eräftige Reſpirationsthaͤtigkeit verſucht wird, fo ſcheint die Geſchwulſt in als len Durchmeſſern verkleinert zu werden; denn es beträgt alsdann der Durchmeſſer 81 Zoll, der ſenkrechte Durchmeſſer 11 und die Höhe 1 Zoll. Dieſe Verminderung der verſchiedenen Durchmeſſer tritt gleichzeitig mit der Contraction der Bauchmuskeln ein und kann wohl von der Thätigkeit derſelben aboeieitet werden; jedoch bei aufmerkſamer Beobachtung der Oberflache während der Con— traction wird es wahrſcheinlicher, daß die Geſchwulſt ſelbſt eine deutlich musculöfe Haut beſize. Verſtopft man die Surnleiter, jo ſcheint der untere Theil der Geſchwulſt einwaͤrts gezogen zu were den, und das Ganze ſieht alsdann eingefallen und gerunzelt aus. Der wabrſcheinliche Grund der Verſchiedenheit des umfanges der Geſchwulſt iſt der, daß dieſelbe innerlich einen Bruchſack dar- ſtellt, in welchem mehrere Duͤnndarmſchlingen liegen. Dieſe er: kennt man hier waͤhrend der Exſpiration an den wellenförmiaen Bewegungen, welche alsdann durch die dünne Wand der Bauch⸗ decken am Rande der Geſchwulſt bemerkt werden. Beim Liegen bat der Kranke niemals eine andere Loge im Bette annehmen koͤnnen, als die auf dem Ruͤcken oder auf der rechten Seite. 7 Die Temperatur der hervorgetriebenen Schleimhbaufflaͤche brachte das Thermometer in einem Zimmer von 40° F. auf 98, während die Temperatur im Innern des Harnleiters, in welchem die Therr mometerkugel 11 Zoll eingeführt worden war, 991 F. betrug. Auch in dieſem Falle, wie in der Mehrzahl der bis jetzt be⸗ obachteten Fälle, fand ſich eine Spalte der Schaambeine, ein Man⸗ gel der symphysis. Die Schaambeine ſelbſt ſcheinen in dieſem Falle vollkommen vorhanden, obwohl die Spitzen ihrer spinae 7! Zoll weit auseinanderſtehen. _ Die mm. recti abdominis haben ihre normale Anheftung an den Knochen; fie bilden aber 5 Zoll oberhalb der Geſchwulſt einen Winkel und mit der Geſchwulſt ſelbſt ein Dreieck, deſſen Flache der auseinandergezogenen linea alba entfpricht und einen vernarbten Fleck enthält, der die Stelle des Nabels bezeichnet. Die Pyrami⸗ dalmuskeln fehlen. Die übrigen Maaße des Beckens find folgende: die Entfernung der vordern obern Huͤftbeinſtachel über die Bauch- woͤlbung gemeſſen 14“, in gerader Richtung 12 über den letz⸗ ten Lendenwirbel gemeſſen 164; die Entfernung des obern Huͤft⸗ beinſtachels und Schaambeinſtachels 5“; die Entfernung der Sitz⸗ beinknorren 41; der scrobiculus cordis von dem Halſe der Ge: ſchwulſt 111“ und die lestere von dem Schaambeinſtachel 27% von dem vordern Huͤftbeinſtachel 6“ und vom Steißbeinſtachel 61“, & Der penis hängt am corpus trigonum der umarflülpten Bla- fe: aber es iſt nur die Eichel demerkbar, welche geſpalten und nickt durchbohrt iſt; ihre Länge beträgt 11°, ihre Breite 2“ und ihre Dicke 71“. Die vordern 3 Be obern oder Rüdenfläte bil⸗ den eine flache Furche, in welche der Urin zum Theil herabfaͤllt; dieſe Furcke iſt ſeitlich etwa 1“ weit mit einem Rande verfeben Das hintere Drittheil erhebt ſich zu einer dreieckigen, aͤußerſt em⸗ 259 pfindlichen, dem veru montanum urethrae entſprechenden Her— vorragung. 3° von einander und 3“ von der Seite des penis bemerkt man die Oeffnungen der beiden Saamengaͤnge, und in der Umgebung mehrerer Schleimbeutel, wovon eine durch ihre Größe und Richtung nach Hinten als die lacuna magna erkannt wird, welche nach Vorn liegt; das praeputium fehlt an der obern Flaͤ— che, iſt aber an der untern vorhanden, bildet hier ein zuſammenge— runzeltes halbmondfoͤrmiges krenulum und geht ſeitlich in die Scro⸗ talbedeckungen uͤber. Die Eichel iſt einer Erection faͤhig; ihre Farbe iſt normal, wie auch das veru montanum und die Harn— roͤhrengrube ihre natürliche hellrothe Färbung zeigen. Die corpora cavernosa ſind nicht zu bemerken; der penis kommt nicht vermit⸗ telſt feiner crura von den Knochen, ſondern iſt an ein feſtes Band befeſtigt, welches zwiſchen den Schaambeinaͤſten ausgeſpannt iſt und mit dem durch den After eingefuͤhrten Finger gefuͤhlt werden kann; die Knochenluͤcke beträgt hier 4%. An dieſer Anheftungsſtelle an das Queerband iſt der Blaſenhals und der untere Theil des corpus trigonum in einem ziemlich ſpitzen Winkel nach Innen und Unten gezogen, und die Dicke der Theile beträgt nur etwa einen halben Zoll. Die prostata iſt nicht zu fuͤhlen, obgleich ſie ſehr wahrſchein— lich vorhanden iſt, wie ſich aus dem Vorhandenſeyn ſtarker Ge— ſchlechtsneigung ſchließen laͤßt. Wahrſcheinlich exiſtiren auch Saa— menblaͤschen, obwohl ſie ebenfalls nicht zu fuͤhlen ſind; es geht aber eine ziemlich reichliche Schleimſecretion durch die Saamenoͤff⸗ nung ab. as scrotum bildet eine kleine trianguläre längliche Taſche, welche von Oben nach Unten 31 mißt, unten gerunzelt und leer iſt eine deutliche raphe zeigt und normale Hoden enthaͤlt, welche aus dem abdomen zur gehoͤrigen Zeit herabſteigen und in der Baſis und im obern Dritttheile des Scrotums liegen, wobei der linke etwas höher und etwas weiter nach Vorn zu fühlen ift, als der rechte. Die Secretion der Hoden iſt normal; vasa deferentia ſind deutlich zu fühlen und endigen normal. Die Saamenſtraͤnge find dick; es iſt aber keine Kraft eines eremaster zu bemerken. Der Kranke iſt dem Hervortreten eines Bruches auf jeder Seite bei irgend einer betraͤchtlichen Anſtrengung oder Ermuͤdung durch weites Gehen unterworfen. Der anus liegt 2“ vor dem os coceygis und 3“ hinter der Baſis des scrotum. In einer Fortſetzung dieſes Aufſatzes will ich Beobachtungen über die Schleimhautflaͤche und ihre Secretion, über den Einfluß der Blaſe auf den Urin, ſo wie Experimente uͤber den Einfluß verſchiedener Mittel auf die Urinabſonderung mittheilen. (Edin- burgh med. and surg. Journ, Oct. 1839). Miscellen. Ueber die Compreſſion des tumor albus der Kno⸗ chen hat Prof. De Lavacherie zu Lüttich eine Brochuͤre her— ausgegeben, worin er die Compreſſion vermittelſt Pflaſterumwik— kelungen ſehr empfiehlt. Die von ihm erhaltenen Reſultate find, daß dreizehn unheilbar erklärte Fälle vollkommen geheilt, drei 240 eben ſolche Fälle fo weit gebeſſert waren, daß die Heilung in Kurs zem erwartet werden konnte, und daß drei andere, nach dem Ans fange der Behandlung zu ſchließen, denſelben günſtigen Ausgang verſprachen. Er ſchließt mit folgendem Refüme: 1) die Arthrocas cen der harten Theile, fo wie die caries mancher ſpongidſen Knochen können der Compreſſion weichen und ebenſowohl geheilt werden, als die von den Weichtheilen ausgehenden Gelenkgeſchwuͤlſte und die einfachen Geſchwuͤre; 2) was auch der Grad der Krankheit ſey, die Compreſſion kann immer mit Vortheil verſucht werden. Dieſes Mittel ſchadet nicht und iſt im Gegentheile heilſam, weil es die Quantitat der Eiterung beſchraͤnkt und, in der Regel, die Schmer— zen mildert, welche von der uͤbermaͤßigen Ausdehnung der Gewebe und von zufälligen Bewegungen des Gelenkes herruͤhren; 8) die Fälle von tumor albus, welche die Amputation noͤthig machen, find unendlich viel ſeltener, als man glaubt; 4) die Indication zur Amputation iſt ſehr ſchwer feſtzuſtellen; 5) die Amputation ge» waͤhrt als Heilmittel keineswegs hinreichende Sicherheit; 6) die Verkruͤmmungen, welche durch Gelenkanchyloſe entſtehen, ſind kei— nesweges immer unheilbar; 7) endlich, die Compreſſion iſt das wirkſamſte Mittel, um dem ſchleichenden Eiterungsfieber zuvorzu— kommen, oder daſſelbe zu vermindern und zu hemmen, indem ſie die Luft verhindert, in die Knochenzellen einzudringen, wo ein läns gerer Aufenthalt derſelben dem Eiter jenen eigenthuͤmlichen aͤußerſt uͤbeln Geruch giebt. (De la compression contre les tumeurs blauches des parties dures, par le Docteur De Lavacherie, Pro- fesseur de clinique chirurgicale à l'Université de Liege. Gand 1839.) In Bezug auf die Stelle des Anſatzes der pla- centa hat Herr Carmichael in dem Dublin Journal die Be⸗ hauptung aufgeſtellt, daß der Mutterkuchen nicht, wie man ge— woͤhnlich ſage, am fundus, ſondern tiefer unten, an der hinteren Wand der Gebärmutter, feinen Sitz habe. Durch fortgeſetzte Uns terſuchung wurde dieß, in Bezug auf das Ende der Schwanger— ſchaft, immer beſtaͤtigt. So fand es ſich auch bei alten anatomis ſchen Praͤparationen der Dubliner Muſeen; dagegen widerſprach das Stethoſcop immer, oder wenigſtens in achtundneunzig unter hundert Faͤllen. Da nun anzunehmen war, daß bei der erſten Bildung der placenta dieſelbe im fundus uteri ſitze, fo wurde ge— ſchloſſen, daß die Entwickelung der Gebärmutter allein in der vor deren Wand deſſelben ſtattfinde, um zu erklaͤren, warum die pla- centa gegen das Ende der Schwangerſchaft eine andere Stelle einnehme, als zu Anfang derſelben, wobei allerdings die Ausdeh— nung am fundus uteri immer noch betraͤchtlicher bleibt, als an ir⸗ gend einer anderen Stelle. Das Geranium Robertianum wird gegen Druͤſen⸗ anſchwellun gen und Milchknoten in dem Zuͤricher Ber. d. Geſundheitsrath. 1839 empfohlen: zj friſch zerſtoßener Pflanze wird mit 3jv ungeſalzener Butter zu einer Salbe gekocht und zum Einreiben gebraucht. Necrolog. — Der um die Lehre von den Hautkrankhei⸗ ten hochverdiente Dr. Biett, Arzt am Höpital Saint - Louis zu Paris, iſt am 4. März geſtorben. — An demſelben Tage ſtarb auch der Dr. Hippolyte Cloquet daſelbſt. Bibliographische Cours de Physique. 1840. 3. Beobachtungen aus der Zootomie und Phyſiologie. Treviranus. 1. Bd. Mt 19 Abbild. Par J. M. M. Peyre, 2. edit, Paris Von G. R. Bremen 1839. 4. Ne ußg keiten. Clinique chirurgicale de l’höpital d’instruction de Strasbourg. Par P. Malle. Paris 1840. 8, Practical observations shewing that Mercury is the sole cause of what are termed Secondary Symptoms, By P. J. Mur- phy. London 1840. 8. Menue Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetbellt von dem Ober-Medieſnalratbt Frorter jn Weimar, und dem Mediemaltathe und Profefer Frerier gu Beru. Ne. 280. Gedruckt im Landes » Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 16. des XIII. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Rthlr, oder 3 Fl. 36 Kr., Maͤrz 1840. des einzelnen Sruckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. — — — Natter Kn Unterſuchungen über die innerſte Structur der Fiſchſchuppen. Von Dr. L. Mandl. Vorgelegt der Pariſer e Wiſſenſchaften, den 24. Juni (Hierzu Figg. 18 — 33 der mit Nr. 277 d. Bl. ausgegebenen Tafel.) (Fortſetzung). Werfen wir einen Blick auf dieſe verſchiedenen Formen, welche ſich uns bei Unterſuchung der erwaͤhnten Schuppen dargeboten ha— ben, und zu denen wir noch eine Menge von Mittelſtufen hinzufuͤ— gen koͤnnten, ſo muͤſſen wir fuͤr ausgemacht gelten laſſen, daß die Laͤngstinien ſich unter allen Formen, von der einer einfachen Kurs che bis zu der einer geſchloſſenen bohlen Roͤhre, welche bei den knochigen Schuppen maſſiv oder ausgefüllt wird, darſtellen. In den meiſten Faͤllen iſt dieſe Roͤhre aber hohl, und mag ſie ſich nun geſchloſſen, oder bedeutend offen darſtellen, ſo kann ſie doch immer als ein Canal betrachtet werden. Eine in's Detail gehende Anatomie zeigt uns ſogar, daß die knochigen Gewebe an: fangs knorplich und von Gefäßen, fo wie hohlen, ſich ſpaͤter aus— füllenden Roͤhren, durchſetzt find. So ſtellen ſich die Röhren der knochigen Schuppen ſelbſt, ſ. Fig. 25., denen der übrigen Schup⸗ pen an die Seite, wenn man ſie waͤhrend ihrer Entwickelung un— terſucht, ehe fie den hoͤchſten Grad der Organiſation erlangt haben. Die Laͤngslinien wuͤrden uns alſo in allen ihren Formen eine Reihe von hohlen Roͤhren darbieten, die den Namen Canaͤle mit Recht verdienen Dieſe Canale ſtreichen nach der Laͤnge der Schuppe durch dieſelbe, und zwar nach einem Heerde zu, welche, wie wir fpäter zeigen werden, ein Mittelpunct der Ernährung, eine Stelle iſt, wo das Gewebe eine befondere Entwickelung darbie— tet. Im Wurzelfelde ſtehen dieſe Canaͤle mit der Haut in unmit⸗ telbarer Verbindung; im Gipfelfelde und in den Seitenfeldern find fie indeß nur da vorhanden, wo dieſe Felder mit Haut überzogen find. Wäre nun wohl, nach dieſen Praͤmiſſen, der Schluß zu kühn, daß dieſe Candle dazu dienen, die naͤhrenden Säfte aus der Haut nach dem Mittelpuncte der Ernährung und Entwickelung der Schuppe zu führen, und daß fie mit der Organiſation der letztern in inniger Verbindung ſtehen? Wir wollen indeß dieſe Anſicht durch ein genaueres Studium der Entwickelung der Schuppen nä⸗ ber zu begründen ſuchen, wenngleich wir es ſchon jetzt als außer allen Zweifel geſtellt betrachten, daß dieſe Canale die Functionen achter ernaͤhrender Gefäße erfüllen. Dieſe Laͤngslinien erreichen nicht immer den Heerd, und wenn fie er 1 ausehen, nicht immer die Peripherie. B. Von den Zellenlinien. Die größte Schwierigkeit, auf welche wir bei'm Studium der innern Structur der Schuppe geſtoßen find, war die Deutung der zahlreichen Linjen, welche ſich mehr oder weniger parallel mit den Raͤndern durch die Schuppe ziehen. Aus vielen Grunden konnten wir aber der Anſicht derjenigen Naturforſcher nicht beitreten, wel⸗ che darin nur die Ränder ſecernirter Lagen erkennen. Der bloße Blick durch das Mikroſcop auf die Schuppe war dieſer Meinung ſchon unguͤnſtig; denn wenn man ſelbſt eine der vollkommenſten Schuppen, z. B., von Corvina nigra, Fig. 26., unterſucht, fo ſieht man, daß ſich jene Linien uber die Oberfloche der Schuppe erheben (Fig. 26a) und eine befondere Unterlage (Fig. 26 b) haben, welche von der untern Schicht der Schuppe (Fig. 25 c) und den Koͤrperchen verſchieden ift. ) 8 Dieſe Linien ſind ſehr kurz und wie zerſtuͤckelt mitten in die Schuppe eingeſprengt; fie werden von den Laͤngsgefaͤßen durch⸗ ſchnitten. Bei den in Spiritus aufbewahrten Schuppen findet man oft große Stellen ohne dieſe Streifen; ſchabt man an der obern Flaͤche der Schuppe, fo läßt ſich leicht irgend ein Theil der Linien beſeitigen, und alle dieſe Umſtaͤnde ſprechen gewiß gegen die Meinung, daß dieſelben die Raͤnder von gleichartigen Lagen der Schuppen ſeyen. Auch mußten wir deßhalb von vorn herein dieſe Anſicht ver— werfen, und in dem vergleichenden Studium der Schuppen eine beſſere Erklaͤrung ſuchen. Wir fanden ſie in der Beobachtung ders jenigen Schuppen, welche beinahe nur Membranen darſtellen, und in weit geringerem Grade entwickelt und zuſammengeſetzt ſind. Durch dieſe Unterſuchungen haben wir die Gewißheit erlangt, daß jene Linien ihren Urfprung Zellen verdanken, welche ſich urſprünglich auf einer beſonderen Grundlage in der obern Schicht der Schuppe entwickeln, daß ſich dieſe Zellen allmätig füllen, verlaͤngern und zus letzt zu mehr oder weniger breiten Linien werden, welche ihre ur⸗ ſprungliche Beſchaffenbeit hoͤchſtens noch durch einen ungleichen Rand kund geben. Wir wollen nun Beiſpiele anfuͤbren. Wenn wir, z. B., die Schuppen von Opbidium barbatum unterſuchen, welche ungefaͤbr eine der in Fig. 20. dargeſtellten Formen beſitzen, fo ſehen wir aus dem Heerde Längscanaͤle hervor— treten, und zwiſchen dieſen finden ſich concentriſche Reihen von Lie nien, welche wir alsbald näher unterſuchen wollen. An dieſer dreis hundertfach vergrößerten Schuppe ſehen wir, daß die concentriſchen „) Da die Buchſtaben bei Fig. 26. im Originale fehlen, fo hat ſie der Ueberſetzer nach beſtem Ermeſſen in der Copie nachtragen muͤſſen. Dieß gilt auch von einigen anderen Figu⸗ ren, wo im Texte Buchſtaben * ſind. 1 243 Linien aus iſolirten Zellen zuſammengeſetzt find, von denen jede die eigentliche Zelle und deren Unterlage darbietet. Sie iſt von der benachbarten Zelle durch eine ſchmale Furche getrennt, ſo daß jede Zelle mit ihrer Unterlage von der Unterlage der benachbarten Zelle geſchieden iſt; außerdem bemerkt man die kängscanaͤle. Zuweilen iſt der hintere Rand der Unterlage deutlich zu ſehen; an jeder Zelle bemerkt man auf der einen Seite die Dicke ihrer Wand, wel— che durch zwei Linien angezeigt wird. Bei dem Gadus Euvxinus fino die Zellen noch iſolirt; allein die bereits mit einander verbundenen Unterlagen ziehen ſich in Ge— ſtalt von Bändern parallel mit den Yingscanälen hin. Man be— merkt die beiden Schichten, aus welchen die Schuppen zuſammen— geſetzt find, deutlich. Die untere Schicht bildet die Sohle der Car nale, die obere die Unterlage der Zellen. Bei'm Aale iſt die Entwickelung in einem noch hoͤhern Grade vorhanden; die Zellen bilden um den Heerd her ſchon deutlichere Linjen; nur find eine gewiſſe Anzahl von Reihen durch einen brei= ten Raum getrennt; die Unterlagen der iſolirten Zellen find ſaͤmmt— lich zu einer gleichfoͤrmigen Schicht vereinigt, die Zellen ſelbſt von einer doppelten Linie umgeben. Die Zellen an der Oberflache der Schuppen von Motella tri- cirrhata, Fig. 27., bieten blatterähnliche, in Reihen geordnete und hervorragende Gebilde dar, ſo daß man ſie auf dem umgebogenen Rande beliebig auf die eine oder die andere Seite fallen laſſen kann, ab. Die obere Schicht, «, iſt nur durch die Laͤngscanaͤle, d, ge— trennt ). In Fig. 28. haben wir ein Stuͤck von der Schuppe des Mul- lus barbatus abbilden laſſen, welches von dem Lappen zwiſchen zwei Laͤngscanälen herruͤhrt. Man bemerkt ſowohl Reihen, die noch aus iſolirten Zellen beſtehen, a a, als andere, welche die Zellen, aus denen fie entſtanden ſind, noch deutlich bemerken laſſen, bb; die letztern fangen an, ſo mit einander zu verſchmelzen, daß ſie nur noch an den äußeren Rindern bemerkbar find, cc, und bei manchen Reihen ift auch an dem Rande von den Zellen wenig mehr zu bemerken, de d. Bei dem Serranus seriba, Figur 29, kann man ein merkwuͤr— diges Beiſpiel von der Entſtehung dieſer Linien durch die Ver— ſchmelzung der Zellen bemerken: man ſieht ſehr deutlich, daß der eine Rand der Unterlage von ungemein kleinen, kugelfoͤrmigen Zellen eingenommen iſt, aa, die zuletzt nur noch eine gekerbte Linie bil— den, bb. Endlich bemerkt man bei'm Karpfen an den Linien kaum noch einige Zellen; die meiſten dieſer Linien ſtellen ſich unter einer Ge: ſtalt dar, die wir ſpaͤter naͤher darlegen werden. In dieſer Reihe von Schuppen, welche wir eben durchgegan— gen, haben wir bald Zellen geſehen, die nur auf der einen Seite erhaben waren und ihre Staͤrke durch eine doppelte Linie kund ga— ben, bald ſolche, die ſich ringsum erhaben darſtellten und die man beliebig auf die eine oder die andere Seite fallen laſſen kann; aber alle befinden ſich auf einer beſondern Unterlage, welche von der Schicht der S huppe deutlich verſchieden iſt, und welche, ſammt den Zellen und den darauf abgelagerten Koͤrperchen, die obere Schicht der Schuppe bildet. Wir haben außerdem bei dieſer Reihe von Schuppen die all— mälige Verſchmelzung der Zellen verfolgt, vermoͤge deren ſie zuletzt die ſogenannten Zellenlinien bilden, deren Entſtehung ohne dieſe vorläufige Unterſuchung ganz unverſtaͤndlich ſeyn würde. Betrachtet man nun irgend eine Schuppe, z. B., die der Corvina nigra, Figur 26, fo kann man über die Organiſation dieſer Linien nicht mehr in Zweifel ſeyn. An den Linien aa wird man erken— nen, daß ſie aus den Zellen entſpringen, denn einer ihrer Ränder iſt noch unregelmaͤßig gekerbt; ſie ſind vorragend, ſpringen uͤber die Schuppe vor, und bilden ihren erhabenſten Theil. Darunter erblicken wir die Unterlagen dieſer Linien bb, welche dunkler ge— faͤrbt ſind, als die uͤbrigen Theile der Schuppe und tiefer, als die Linien aa, liegen. Von dem letztern Umſtande kann man ſich bei *) Bei dieſer Figur iſt es dem Ueberſetzer unmöglich geweſen, die Buchſtaben richtig einzutragen. 244 Anwendung des Microſcops leicht uͤberzeugen; denn um ſie deue— lich zu unterſcheiden, muß man, wenngleich auch zuweilen nur in ſehr geringem Grade, die Brennweite veraͤndern. Von den Koͤr— perchen werden wir weiter unten genauer handeln, und hier nur im Vorbeigehen bemerken, daß in der erwaͤhnten Figur die Schuppe in der Lage dargeſtellt iſt, wo die Linien ſich im Brennpuncte befinden, daher denn die Koͤrperchen nicht deutlich bemerkt werden koͤnnen. Wenn man dieſe Linien in der Naͤhe des Gipfelfeldes beobach— tet, und zwar bei Schuppen, die mit Zähnen verſehen find, fo ſieht man häufig, wie ſie ſich durch eine Krümmung mit einer benach— barten Linie verbinden; fo daß es ſich ausnimmt, als ob eine Linie die Verlängerung der andern gebogenen bilde. So wären wir denn zu einem Reſultate gelangt, welches von der Meinung derjenigen Schriftſteller ſehr abweicht, die in dieſen Linien nur die Ränder der Lagen der Schuppen erkannt haben, Dieſe Anſicht, der ſchon die bloße Betrachtung durch das Microſcop aus den fruͤher erwaͤhnten Gründen unguͤnſtig war, wird durch uns ſere Beobachtungen vollkommen umgeftoßen. Allerdings wäre es noch belehrender geweſen, wenn wir die verfchiedenen Grade der Entwickrlung der Schuppe an demſelben Exemplare hätten ſtudiren konnen; indeß hat die vergleicherde Betrachtung verſchiedener Schuppen uns doch Reſultate verſchafft, die wenigſtens ziemlich gültig an die Stelle der angedeuteten Unterſuchung treten koͤnnen. C. Von den Koͤrperchen. Bekanntlich ſind die Knorpel mit, dieſem Gewebe characteri— ſtiſchen, Koͤrperchen von verſchiedenen Formen verſehen; bei den Schuppen bietet ſich eine ganz aͤhnliche Bildung dar. Dieſe Koͤr— perchen ſind gelblich, mehr oder weniger dunkel gefärbt, und von länglicher, mehr oder weniger elliptifcher Geſtalt, wie man in Fi— gur 30 deutlich bemerkt. Nach dem Rande der Schuppe zu wer— den ſie kleiner, bis fie ſich zuletzt nur noch als Koͤrnchen darſtel— len, Fig. 30 aa. Dieß bemerkt man auch zuweilen um die Laͤngscanaͤle her. Bei ſtaͤrkerer Vergrößerung unterſcheidet man ihre Geſtalt deutlicher; man ſieht, wie ſie zuweilen leicht aufgetriebene Seiten darbieten, wie in andern Faͤllen ihre rundlichen Enden mit ſehr kleinen Koͤrperchen verbunden, oder unregelmaͤßig begraͤnzt ſind. Im Heerde werden ſie ſehr blaß und bilden große Fladen. Ihre gewoͤhnliche Länge beträgt 185 Millimeter; allein ihre Größe iſt, wie bereits bemerkt, ſehr verſchieden. Dieſe Koͤrperchen ſcheinen ſehr unregelmaͤßige Reihen zu bilden, die wir jedoch bis jetzt noch nicht deutlich haben wahrnehmen koͤnnen. Ihre Richtungen ſchnei— den einander zuweilen in der Art, daß ſie Kreuze bilden. Sie ſcheinen uns dieſelbe Rolle zu ſpielen, wie die Koͤrperchen der Knochen und Knorpel. Laͤßt man Säuren auf fie einwirken, fo werden fie Durchs ſichtig, und es dürften fich darin, wie man es von den Koͤrperchen der Knochen annimmt, Salze ablagern. Behandelt man eine Schuppe, z. B., mit Salzſaͤure und laͤßt jene eine Zeitlang darin liegen, fo verſchwinden die Koͤrperchen faſt ganz, und man ſieht, daß ſich Salze daſelbſt abgeſetzt haben. Die Koͤrperchen find in dem Gewebe in der Nähe der Zellen: linien, theils in der Unterlage der Letztern, theils in einem beſon— dern Gewebe abgelagert, welches uͤber der untern Schicht der Schuppe liegt. An dieſem Gewebe laͤßt ſich keine beſondere Orga— niſation wahrnehmen; es iſt ein amorphes Gewebe, wie dasjenige, in welchem die Koͤrperchen der Knochen abgelagert ſind. Wir werden dieſes Gewebe, welches zugleich die Koͤrperchen, die Zellenlinien und ihre Unterlage umfaßt, die obere Schicht der Schuppe nennen. Die Organiſation, welche wir ſo eben beſchrieben haben, ſcheint dieſe Schicht den noch unverknoͤcherten Knorpeln mit Koͤrperchen nahe zu ſtellen. D. Die faſrige Schicht. Wenn man die obere Fläche der Schuppe mit einem Meſſer abkratzt, bis die Zellenlinien, deren Unterlage und die Koͤrperchen beſeitigt ſind, ſo ſieht man dann die untere Schicht zum Vorſcheine kommen, die aus faſrigen Lamellen beſteht, deren Faſern einander * 245 unter regelmäßigen Winkeln ſchneiden, die aber in derſelben Lamelle ſaͤmmtlich in derſelben Richtung ſtreichen, Figur 31. Wenn man die Schuppe, ſtatt daran zu ſchaben, zerreißt, ſo wird auch die untere Schicht zerriſſen, und man fpaltet die Lamel⸗ len in eine große Menge von Faſerbundeln oder ſelbſt einzelnen ern. Br Dieſe Organifation iſt derjenigen der Faſerknorpel durchaus ahnlich. Wenn man die Schuppe auf dieſe Weiſe zerreißt, fo geſchieht es manchmal, daß man auf Fragmente ftößt, an denen man ficht, daß die Zellenlinien mit ihren Unterlagen über den Rand hinaus⸗ ragen, woraus denn deutlich hervorgeht, daß dieſe verſchiedenen Lagen nichts mit einander gemein haben. Bei manchen Schuppen bemerkt man die untere Schicht ſchon, ohne daß man das Zerreißen in Anwendung zu bringen braucht. Dieß iſt, z. B., bei den Karpfenſchuppen der Fall. Man ſieht dann verworren neben den Unterlagen der Zellentinſen ſehr dicht ſtebende Streifen, welche eben die Faſern der untern Schicht find, und nach verſchiedenen Richtungen ſtreichen. Dieſe Schicht iſt am Heerde der Schuppe am dickſten und an den Rändern am dünnſten. Wir werden ſpaͤter ſehen, wie durch die Bildung der Schuppe dieſe Unterſchiede in der Staͤrke veran— laßt werden. Von den Längscanaͤlen iſt bereits geſagt worden, daß fie zu: weilen nur einfache Furchen find, wilde durch die Unterbrechung der obern Schicht der Schuppe entftehen und deren Sohle die uns tere Schicht bildet. Unterſucht man den Rand der Schuppen, Fi- gur 21, ſo ſieht man deutlich, wie ſich der Grund dieſer Canale in einen breiten Raum fortſetzt, den wir den Randraum nennen, und der nur durch die untere Schicht der Schuppe gebildet wird. Dieſer Raum ſtellt ſich, ſowohl an dem Rande des Wurzelfeldes, als an dem der Scitenfelder dar. Wenn in dieſen Randroͤumen die Faſern nicht auf den erſten Blick erſcheinen, ſo kann wan ſie doch ſtets durch Zerreißung der Schuppe zum Vorſcheine bringen. Dieſe Randraume ſtellen ſich nicht nur an den angeführten Schuppen, wo ihre Bildung durch die untere Schicht am deutliche ſten hervortritt, ſondern auch an ſehr vielen andern Schuppen dar. E. Der Heerd. Mit dieſem Namen bezeichnen wir die Stelle, nach welcher ſaͤmmtliche Laͤngscanaͤle hinſtreichen, die jedoch nicht immer in der Mitte der Schuppe liegt. Man bemerkt in derſelben ſehr große, blaſſe Körperchen von geringer Dicke, fo wie unterbrochene, fo zu ſa— gen, zerftücelte Zellenlinſen. So verhält ſich wenigſtens die Sache bei den meiſten harten Schuppen der Acanthopterygier; bei den Malacopterygiern dagegen, und hauptſaͤchlich bei haͤutigen Schup⸗ pen, bietet der Heerd oft nur eine ausgeglichene, ſcharf begraͤnzte Oberflaͤche ohne Koͤrperchen oder unterbrochene Kreislinien dar; er iſt dann gewöhnlich von concentriſchen Zellenlinien umgeben. Die Größe des Heerdes iſt verfchieden; bald nimmt er nur eine ſehr kleine Stelle ein, bald iſt er ſehr ausgedehnt. Er be— ſtimmt die Größe der verſchiedenen Felder, indem die Graͤnzlinien derſelben durch denſelben Mittelpunct ſtreichen. Er iſt bald rund, bald laͤnglich, ellſptiſch oder quadratiſch u. f. w. Körnig nennen wir einen Heerd, wenn ſich in demſelben eine Anhaͤufung von Koͤrperchen, zablreichen zerſtuͤckelten Zellenlinien und mehr oder weniger deutlichen ausgefüllten und verunſtalteten Zellen darſtellt; ausgeglichen nennen wir ihn dagegen, wenn er weder Koͤrperchen, noch unterbrochene Zellenlinien, noch ausgefüllte Zellen enthält. Die meiſten koͤrnigen Heerde befinden ſich nicht in der Mitte der Schuppe. und haben eine ſolche Lage, daß das Wurzelfeld das groͤßte, und das Gipfelfeld das kleinſte iſt; wogegen die meiſten ausgealichenen Heerde gerade oder ziemlich in der Mitte liegen. Die Felder find dann in der Größe mehr einander gleich; die Schuppe iſt meiſt laͤnglich, und die Zellenlinien ziehen ſich concens triſch um den Heerd her. 246 F. Von den Zähnen der Schuppen. Die Rauhigkeften, welche man an dem Gipfelrande der Schup⸗ pen bemerke, ſind bis jetzt noch nicht hinreichend genau unterſucht worden. Wir wollen daher dieſe Gewebe an einer und derſelben Schuppe ftudiven, um die verſchiedenen Veraͤnderungen, die fie ers leiden, deſto beſſer zu begreifen. An dem gipfel = oder endſtändigen Rande der Schuppe von Cor vina nigra ſtehen Körper, deren Geſtalt man in Figur 32 er: kennt, welche ein Fragment des Gipfelfeldes darſtellt. Auf den ers ften Blick ſiebt man längliche, von einer Hülle umgebene, Körper, und ee war zuvorderſt nothig, ſich zu überzeugen, ob diefe Hulle, in der That, ein anderes Gebilde ſey, als ihr Kern. Es iſt uns gelungen, durch Zerreißung dieſer Theile dieſen Punct aufzuklären. Wir bewirkten die Zerreißung mittelſt einer Nähnadel, wobei bald die ganzen Körper getrennt, bald nur deren Hüllen mehr oder we— niger tief beſchadigt werden. Auf dieſe Weiſe kann man faſt alle dieſe Koͤrper beſeitigen, ſo daß nur die Membran, auf der fie fe: hen, zurückbleibt. Wenn man dieſe Koͤrper im Detail unterſucht, ſo bemerkt man an denſelben bald eine Ähnliche Organiſation, wie an eigentlichen Zähnen; wir ſehen in der That erſt einen, von einem Sacke ums gebenen Keim; dieſer Keim fängt allmaͤlig an, ſich zu entwickeln, bekommt Wurzeln, und es laſſen ſich au demſelben verſchiedene Schichten unterſcheiden; ihr Ende iſt ungleich abgeſtutzt oder ſpiz⸗ zig. Wir glauben alſo dieſe Körper, mit Bezugnahme auf ihre Bildungsart, ganz paſſend die Zähne der Schuppen nennen zu konnen. Am wenigſten entwickeln ſich die Zähne in der Nähe des Heer— des, und am meiſten auf der erſten Reihe, d. h., auf derjenigen, welche ſich am Rande des Gipfelfeldes befindet. So ſehen wir, z. B., in Figur 32 die beiden obern Zähne in ihren Saͤcken; ihre Wurzeln ſind ſehr deutlich; man ſieht die Staͤrke der Baſis des Zahns, und deſſen ganze Oberfläche iſt nirgends unterbrochen. Bei den beiden tieferſtehenden Zaͤhnen iſt die Entwickelung weit weniger vorgeſchritten; die Enden find abgeſtutzt; der Zahn wird durch feine aͤußere Lage nicht völlig umb uͤllt; allein man unterſcheidet die Wurzeln deutlich und ſelbſt an dieſen verſchiedene Lagen. Außerdem ſtellt die Figur noch verſchiedene Grade der Entwickelung dar, bis man zu den unterſten Zaͤhnen gelangt, welche mit Koͤrperchen bedeckt, und noch ſehr wenig markirt und ausgebildet ſind. Wir wollen nun einige der, bei den verſchiedenen Familien der Fiſche vorkommenden Formen der Zaͤhne beſchreiben. Bei den Gobioiden findet man eine einfache Reihe abgeſtutzter Zähne; die Oberfläche der abgeſtutzten Krone ift ungleich und dun⸗ keler gefärbt, als die übrige Schuppe. Die Wurzeln find zuweilen, fo wie die Hüllen, vollkommen deutlich zu ſehen; ihre Membran ift von dem Reſte der Schuppe durch eine Linie getrennt. Die Percoiden bieten in der erſten Reihe ſehr ſpitze Zaͤhne dar; die übrigen Zähne find faſt viereckig, und man fiebt deren Saͤcke auf den Seiten. Ihre Anordnung ift abwechſelnd (alterni— rend). Bei Solea nasuta findet man in allen Reihen ſpitzige Zähne. Die Stellung derſelben auf den Schuppen iſt, wenn man dieſelben zum erſtenmale unterſucht, ſehr ſchwer zu begreifen, weil die Wur⸗ zeln und der untere Umkreis des Sackes jedes obern Zahnes, durch das Ende und den Sack des darunter ſtebenden Zahnes bedeckt wird. Es gehoͤrt daber febr viel Aufmerkſamkeit dazu, um dieſe Drganifation genau zu erkennen. Bei Sargus annularis find nur die Zähne der zwei oder drei erſten Reihen gehörig deutlich zu erkennen; die übrigen ſieht man nur verworren in einer Art von Schatten. Bei den zahlreichen Reihen der Zähne von Mugil cephalus kann man die allmälige Entwickelung der Zähne im Detail ſtudi— ren. In den, dem Heerde zunaͤchſt befindlichen Reiten find runde Soͤcke vorhanden, in denen ſich ein runder Kern befindet; ſpaͤter verlängert ſich der Sack zu einer Spitze; die Baſis des Zahrs er⸗ ſcheint; die Wurzeln entwickeln ſich; das ſpitze Ende des Zahnes bildet ſich aus, und der ganze Zahn verſchmilzt endlich mit dem Sacke. Die Geſtalt dieſer Zähne nähert ſich der Eiform, und fie 16 247 find abwechſelnd geſtellt. Die dem Heerde zunächft ſtehenden Zaͤh— ne, oder vielmehr nur Keime von Zaäynen, ſtellen ſich nur undcut⸗ lich dar, indem ſie von Koͤrperchen und unterbrochenen Zellemeinien bedeckt find. Man trifft die Zähne auf einer Portion der Schuppe, welche bei mehreren Fiſchen, z. B., Trigla, durch längeres Verweilen in Weingeiſt leicht zerftört wird. Dieſer Theil fallt dann zugleich mit den Zähnen ab, und die Abtrennung findet auf der, die Zähne von der übrigen Schuppe ſcheidenden Linie regelmäßig ſtatt. Daſſelbe bemerkt man bei den Gobioiden u. ſ. w. Man finder die Zähne ſtets in der größten Zahl bei der Mitte des Gipfelfeldes, und es werden deren nach den Seitenraͤndern zu immer weniger, bis man zuletzt an einen iſolirten Zahn gelangt. G. Von der Bildung der Schuppe. Wollen wir nun die bei'm Studium ber innern Structur der Schuppen erlangten Refultate zur Erklärung der Art und Weiſe, wie Letztere ſich bilden, anwenden, fo werden wir alsbald ſehen, daß auf die Unterſcheidung der Bildung der obern Schicht von der der untern Schicht viel ankommt. Die obere Schicht, welche, wie früher angegeben, aus Zellen, Unterlagen derſelben und dem, die Koͤrperchen enthaltenden Gewebe beſteht, entwickelt ſich durch Zuwachs an der Peripherie um die Bellenfinien her. Durch ſolchen Zuwachs bilden ſich nicht nur neue Zellenlinien, ſondern es verlängern ſich auch die Laͤngslinien in eben dem Maaße. Hoͤchſt wahrſcheinlich bilden ſich die Zellenlinien nicht nur eine nach der andern, ſondern es entſtehen deren mehrere zugleich; den Beweis hiervon findet man bei den Schuppen, welche bei dem allmaͤligen Zuwachſe ihre Randraͤume behalten, und deren Zellenlinien oder Zellen auf dieſe Weiſe in mehrere Gruppen ge— trennt werden. Beifpielsweife führen wir die Schuppen von Co- bitis fossilis an. Allein dieſer Anwachs an der Peripherie wiirde keinesweges die bedeutende Stärke des mittleren Theiles der Schuppe erklären; der Grund dieſer Dicke iſt in der Entwickelungsart der untern Schicht zu ſuchen. Wir haben geſehen, daß dieſe Schicht aus mehreren Lamellen beſteht, und dieſe vermehren ſich während des Wachs— thums der Schuppe fortwährend. Die durch die ganze Schuppe ſich ziehenden Laͤngscanäle führen den Nahrungsſaft in der Art herbei, daß ſich nach der ganzen Ausdehnung der Schuppe eine gleichfoͤrmige neue Lage bilden kann; da nun die alten Lamellen die kleinſten find, fo muß naturlich die Schuppe nach dem Heerde zu immer am dickſten ſeyn. Die Entwickelung der Zähne ſteht auch mit dieſer Anſicht voll kommen im Einklange; wir haben, in der That, geſehen, daß dieſel— ben in der Nähe des Heerdes am unvollkommenſten find, alſo an derjenigen Stelle, wo die Laͤngscanaͤle aufhören, und daß fie nach dem Rande der Schuppe zu immer vollftändiger entwickelt werden. Ohne Ernaͤhrung iſt aber keine Entwickelung moͤglich. Sie muß alſo vom Heerde nach dem Rande zu fortſchreiten, d. h., ſo, daß die am wenigſten entwickelten Zaͤhne auf der jungen Schuppe ſich immer mehr ausbilden, indem ſie nach dem Gipfelrande zu vor⸗ ruͤcken. Zugleich bilden ſich hinter ihnen, in der Nähe des Heer: des, neue Keime. Es wird nicht ſchwer halten, hier eine Verbin— dung zwiſchen dieſer Entwickelung und den Längscandlen aufzufin⸗ den, welche in dem Theile der Schuppe enthalten ſind, der zunaͤchſt mit der Haut in Verbindung fteht, Das Wurzelfeld iſt, in der That, ganz von Haut umgeben; wir glauben fogar öfters Faͤden bemerkt zu haben, welche in die Länas— canaͤle eindringen. Aus dem eben Dargelegten ergiebt ſich alſo, in welcher innigen Beziehung dieſe Candle zu der Entwickelung der Schuppen ſtehen, und daß ſie, ſo zu ſagen, die Function der Wur⸗ zeln verſehen. Dieſe Anſicht wird vielleicht noch durch eine Beobachtung be— ftätigt, die wir hier nicht verſchwejgen wollen. An den Schuppen von mehreren Arten der Gattung Abramis glauben wir bemerkt zu haben, daß ihre Laͤngscanäle, wenn fie älter werden, verſchwinden; denn an andern Exemplaren fanden wir deren, welche nur in Au— ſehung der Größe Verſchiedenheiten darboten. Dieſe Candle würz 248 den alſo im Alter ausgefuͤllt werden, welche Erſcheinung in der Phyſiologie keineswegs vereinzelt daſteht. Werden nun die Nahrungsſaͤfte in dieſen Canzlen ſelbſt fort— geführt, oder find letztere nur Veraͤſtelungen von Lympygefäßen? Dieſe Frage muß durch fernere Unterſuchungen entſchieden werden. Vor der Hand begnuͤgen wir uns damit, die Beziehungen zwiſchen dem Wachsthume der Schuppe und dieſen Canalen, fo wie die wichtige Rolle dargelegt zu haben, welche die Letztern in der Anas tomie und Poyſiokogie der Schuppe ſpielen. Nach dem fo eben Auseinandergeſetzten brauchen wir kaum zu wiederholen, wie ſehr unſere Meinung mit derjenigen der Schrift⸗ ſteller im Widerſpruche ſteht, welche in den Zellenlinien die Ränder der ſecernirten Lagen der Schuppe erblicken. x Es iſt alfo durch unſere Unterſuchungen erwieſen, daß die Schuppen nicht als das Product der Hautſecretion zu betrachten find, ſondern daß in dieſen Anhaͤngſeln der Haut eine innere Er— nährung, ein wahres Wachsthum von Statten geyt. Zuvoͤrderſt bieten die Zaͤhne einer großen Anzahl von Schuppen, durch die ganze Art ihrer ſtufenweiſen Entwickelung, einen ſehr deutlichen Beleg hierfur dar; die mit der Haut in Verbindung ſtehenden Canale ſprechen ebenfalls dafur; die Zellen, welche man, wenn ſie gefullt find, Koͤrnchen nennen muß, erteiden die angegebenen allmaͤligen Veränderungen und beweiſen folglich, daß fie ernährt werden und wachſen, und daß fie ihren Urſprung nicht einer Secretion vers danken Außerdem iſt nun voͤllig erwieſen, daß man in der Structur der Schuppe zwei voͤllig heterogene Schichten zu unterſcheiden hat, die in Anſehung ihrer Organiſation, des Wachsthums und der Theile, aus denen ſie beſtehen, nichts mit einunder gemein haben. Die obere Schicht, welche in Anſehung der Structur den aus Koͤr⸗ perchen zuſammengeſetzten Knorpeln nahe kommt, unterſcheidet ſich weſentlich von der faferigen untern Schicht Uebrigens bleibt hier noch die Entſcheidung eines Punctes fernern Unterſuchungen vorbe— halten; wir haben geſagt, daß die faferigen Lamellen der untern Schicht, die nach einander entſtehen, eine uͤber die andere hinaus⸗ reichen, und daß auf dem vorſpringenden Rande, alſo auf der jungs ſten Lamelle, ſich neue Zellenlinien entwickeln, welche ſo die Fort⸗ fegung der obern Schicht bilden. Entſtehen nun aber dieſe Zellen⸗ linien garz unabhängig von der untern Schicht, oder find fie das Reſultat der Erhebung der letztern, welche jedoch, indem fie ſich erhöbe, eine vollſtaͤndige Umbildung erleiden würde? Dieſer letztern Anſicht widerſpricht die weſentlich verſchiedene Structur beider Schichten, ferner der Umſtand, daß die Zahl der untern Lamellen oft weit bedeutender, zuweilen aber auch geringer iſt, als die der Linien, endlich die Bildung der Zaͤhne, welche voͤllig unabhangig von der untern Schicht von Statten geht. Dagegen ließe ſich zu Gunſten der erwaͤhnten letztern Anſicht z. B. anfuͤhren, daß ſich ja auch die Knorpel in Knochen verwandeln, und beide Gewebe doch weſentlich verſchieden organiſirt ſind. Man duͤrfte behaupten, eine einzige Lamelle konne recht wohl an ihrer Oberflache mehrere Zel⸗ lenlinien entwickeln, oder nicht alle Lamellen boten dieſe Umbildung dar. Auf keinen Fall läßt ſich aber noch ferner behaupten, jene Linien ſeyen nichts weiter, als der Rand der untern Lamellen; denn wir haben erſtlich nachgewieſen, daß der Rand der Schuppe eine andere Structur darbietet, als die Zellenlinien; daß ferner die Richtung der Letztern oft eine ganz andere iſt, als die des Ran⸗ des; und daß auch die zwiſchen zwei Canaͤlen liegenden Zellenlinien öfters unterbrochen find und kreuzweis zu einander ſtreichen, waͤh⸗ rend der entſprechende Rand der Schuppe nur eine ausgeglichene Linie bildet, ac. . Was die, andere Anſicht anbetrifft, daß ſich naͤmlich die obere Schicht unabhaͤngig von der untern entwickelt, ſo laͤßt ſie ſich frei⸗ lich vor der Hand noch nicht ſtreng nachweiſen; indeß duͤrfte das Studium der ſich bei jungen Exemplaren ſtufenweiſe entwickelnden Schuppen Materialien zur Entſcheidung dieſer, ruͤckſichtlich der Phyſiologie der Schuppen hoͤchſt intereſſanten, Frage liefern. 2 Die an der untern Flaͤche der Schuppe auf einer eigenthuͤm⸗ lichen Membran abgelagerte, ſilberartig glaͤnzende Subſtanz beſteht aus Cryſtallen, deren Geſtalt durch Fig. 33 erlaͤutert wird. (Schluß folgt.) 249 Miscellen. ueber die Circulation bei Salpa und Beroe hat Hr. Milne Edwards neue intereſſante Entdeckungen mitges theilt: „Ich babe mich überzeugt, ſagt er, daß die Beſchreibung der Schriftſteller, welche der Circulation bei der Salpa nachge⸗ ſorſcht haben, keineswegs exact iſt; und ich habe auch das Vorhan⸗ denſeyn eines Nervenſyſtems bei diefen Thieren dargetlanz aber die Erſcheinung, welche mich am meiſten intereſſirt hat, iſt die Bes wegung der ernährenden Fluſſigkeit bei dem Beroe ovatus. Es {ft bei dieſen Meduſarien ein doppeltes Syſtem von ſehr entwickel⸗ ten Gefäßen, fo daß bei ihnen die Circulation auf ſehr vollſtan— dige Weiſe ſtatthaben kann; aber es iſt nichts vorhanden, was ei— 250 nem Herzen vergleichbar waͤre, und die Circulation wird durch zit⸗ ternde Wimpern im Innern der Gefaͤße bedingt, welche an einem der Enden des Syſtems gelegen find. Wie man ſieht, ift dieß eine Art der Circulation, von welcher man bisjetzt kein Beiſpiel kannte. In Beziehung auf den Orang⸗Outang, meldet Hr. James Brooke, dad. Sincapore d. 19. Octob 1839, nach ei⸗ nem dreimonatlichen Aufenthalte auf Borneo, daß zwei verſchiedene Arten (?) von Drang» Outang entdeckt worden find, von denen die größere Art eine Höhe von ſechs bis ſieben Fuß bat. Necrolog. — Der in Acgypten reiſende Franzoͤſiſche Na— turforſcher, Ingenſeur Lefevre, ift am 19. October 1839 geſtor⸗ ben. Durch ſeine geologiſche und zoologifhe Sammlung hat er das Muſeum der Naturgeſchichte zu Paris bereichert. einen de. Luxation des Oberarms auf den Ruͤcken der seapula. Von Aſtley Cooper. In meinem Werke “) uͤber Luxationen und Fracturen der Gelenke habe ich Abbildungen von Luxationen des Ober— armbeins in die Achſelhoͤhle oder nach Unten, — unter den pectoralis in die Nähe des Schluͤſſelbeins oder nach Vorn, — und uͤber die unvollkommene Luxation des Oberarmkopfs auf den proc. eoracoideus (jedoch nicht bis auf die Sternal— feite deſſelben) mitgetheilt; aber ich hatte damals kein Praͤ— parat von Luxation des Oberarmbeins auf den Rüden des Schulterblatts. Da ich ſeitdem Gelegenheit gehabt habe, einen ſolchen Fall zu unterſuchen, fo will ich dieſen befchreis ben und abbilden. Der Fall unterſchied ſich von denen, die ich fruͤher geſehen hatte, durch ſeine Urſache, da er nur die Folge von Muskelaction war und keine aͤußere Einwirkung irgend einer Art die Veranlaſſung gegeben hatte. Fall. Ich wurde zu Herrn Complin, einem Herrn, welcher in der City wohnte, gerufen, um feine linke Schul⸗ ter zu unterſuchen. Ich fand eine deutliche Luxation des Oberarmbeins auf den Rüden der scapula, was man er: kannte — aus dem Eindruck unterhalb des acromion, — aus dem Fehlen des Oberarmkopfes in ſeiner natuͤrlichen Lage, — aus einem Eindrücke, in welchen ſich die Fin: ger zwiſchen dem Oberarmkopfe und dem proc, coracoi- deus einlegen lieſſen, und ganz beſonders — aus der Her— vorragung des Oberarmkopfs auf dem hintern Theil der Ge— lenkhoͤhle der scapula und auf dem untern Rande deſſel⸗ ben, indem zugleich der Raum zwiſchen dieſem Rande und der Spina scapulae ausgefüllt wurde. Ich gab den Rath, die Extenſion vorzunehmen; aber der Kranke hatte bereits ſo viel durch Reductionsverſuche gelitten, daß er gegen die mindeſte Bewegung ſeiner Schul— ter war; ich drang daher nicht weiter in ihn, und er be⸗ hielt ſeine Luxation bis zu ſeinem Tode. Dr. Cobb, Herr *) Abhandl. über Luxat. und Fract. von Aſtley Cooper. A. d. Engl. mit 3 Kupfern. Weimar 1823. Key und deſſen Sohn hatten den Kranken unterſucht und der Letztere hat mir folgende Bemerkungen uͤber den Fall aufgeſchrieben. „Herr Complin war 52 Jahr alt und epileptiſchen Anfaͤllen unterworfen. Einen ſolchen, welcher beſonders hef— tig war, erlitt er eines Morgens im Bette, und bei den hef— tigſten convulſiviſchen Bewegungen wurde ſeine Schulter luxirt. Seine Frau, welche bei ihm war, verſichert, daß er waͤhrend des Anfalles weder aus dem Bette gefallen ſey, noch ſeine Schulter angeſtoßen habe; Dr. Cobb, Herr Key und ich ſelbſt find zugleich uͤberzeugt, daß die Veraͤn— derungen, welche ich beſchrieben habe, und welche bis zum Tode beſtanden, nur die Folge der Muskelanſtrengung gewe— fen ſey. Außer dieſer ungewöhnlichen Entſtehungsweiſe fan: den ſich in dieſem Falle noch zwei andere auffallende Umſtaͤnde. Der eine war, daß der Oberarmkopf durch Extenſion in ſeine natuͤrliche Lage in der Gelenkhoͤhle gebracht weiden konnte, aber, ſobald der angewendete Zug aufhoͤrte, wiederum auf den Ruͤcken des Schulterblatts zuruͤckwich und alle Erſcheinun⸗ gen der Dislocation auf's Neue hervorbrachte. Die zweite Eigenthuͤmlichkeit beſtand in einem Gefühle von Crepitiren. wenn der Oberarmkopf aus der Gelenkhoͤhle heraustrat, fo daß die Annahme veranlaßt wurde, der Rand der Gelenk— hoͤhle ſey abgebrochen Daraus ſchloß man ferner, daß die Leichtigkeit, mit der der Oberarmkopf aus ſeiner Lage wich, von dem unvollkommenen Zuſtande der Gelenkflaͤche ſelbſt herruͤhrte.“ Der Patient war nicht im Stande, den Oberarm in irgend einer Ausdehnung zu gebrauchen, oder nur zu bewe— gen; auch konnte er durch eigene Anſtrengung ihn nicht von der Koͤrperſeite erheben. Er lebte noch 7 Jahre, erlangte aber den Gebrauch des Gliedes nicht wieder. Wegen der eigenthuͤmlichen Umſtaͤnde bei dieſem Falle erſuchte ich einen der Aerzte, jedenfalls, wenn ſich Gelegen: heit dazu gebe, die Leichenoͤffnung zu machen. Dieß that Herr Key, welcher die Theile aus der Leiche herausnahm und ſie, nachdem er ſie unterſucht hatte, mir mit folgenden Zeilen zuſchickte: „Mein Herr! Sie werden ſich erinnern, daß die Schul: terluration bei Herrn Complin nur von Muskelaction in einem epileptiſchen Anfalle entſtanden war; waͤhrend des Lebens wurde es fuͤr wahrſcheinlich gehalten, daß ein Theil der Gelenkhoͤhle, oder ein Stuͤck des Oberarmkopfs, oder viel— leicht das tuberculum minus, abgebrochen ſey, und daß deswegen der Oberarmkopf nach ſeiner Reduction nicht in ſeiner natuͤrlichen Hoͤhle bleiben koͤnne. Die Unterſuchung nach dem Tode ergab aber, daß die Urſache dieſes Sym— ptoms die Zerreißung der Sehne des m. subscapularis war, welcher am Rande der cavitas glenoidea anhing und in Folge ſeiner Zerreißung und ſeiner unvollkommenen und unregelmaͤßigen Vereinigung ſehr verdickt und veraͤndert war. Die Muskeln vom Schulterblattruͤcken waren atro— phiſch, weil fie aufer Gebrauch gekommen waren, und die Sehne des langen Kopfes des biceps war ganz, aber durch Anwachſung nach Unten angeklebt; indeß ſende ich Ihnen die Theile zu genauerer Unterſuchung. Aſton Key.“ Bei Unterſuchung des Praͤparates fand ich Muskeln und Knochen in folgendem Zuſtande: Der Kopf des Ober: arms lag hinter der cavitas glenoidea scapulae, ruhte auf dem hintern Rande der Gelenkflaͤche und auf dem obern Rande des Schulterblattes, da, wo ſich dieſer mit dem Ge— lenke vereinigte. Wurde die scapula von Vorn angeſehen, fo lag der Oberarmkopf hinter dem acromion, aber tiefer, und es blieb ein großer Raum zwiſchen dem dislocirten Ges lenkkopfe und dem proc. coracoideus, fo daß die Finger rief in die Gelenkhoͤhle eingeſenkt werden konnten. Sah man die Theile von der hintern Seite an, ſo fand man den Oberarmkopf zwiſchen dem Schulterblattrande und der Spi- na scapulae, in dem Raume, welcher gewoͤhnlich vom infraspinatus und teres minor ausgefuͤllt iſt. Die ‘Sehne des subscapularis und der innere Theil des Cap: ſelbandes an der Inſertion dieſes Muskels waren zerriſſen; aber der größere hintere Theil des Capſe bandes war unverſehrt mit dem Oberarmkopfe nach Hinten gedraͤngt, ſo daß der hintere Theil des Gelenkkopfes davon eingehuͤllt war. Der m. supraspinatus war ſehr geſpannt, der subscapularis durch mangelnde Thaͤtigkeit vermindert und der infraspinatus und teres minor verkuͤrzt und er— ſchlafft, da mit dem Gelenkkopfe die Inſertionsſtellen der Muskeln nach Hinten geruͤckt waren. Die Sehne des lan— gen Kopfes des biceps war mit dem Gelenkkopfe ebenfalls nach Hinten gezogen und verlaͤngert, aber nicht abgeriſſen. Was die Veränderungen in den Knochen betrifft, fo waren der Oberarmkopf und der aͤußere Rand der cavitas glenoidea in unmittelbarer Beruͤhrung mit einander, fo daß der eine Knochen ſich auf dem andern rieb, wenn der Oberarmkopf be ſvegt wurde; dieß erklärt das Gefühl von Crepitiren, welches man in der erſten Zeit der Dislocation hatte, da doch keine Fractur vorhanden war. Die cavitas glenoidea war an ihrem hintern Rande leicht abſorbirt, ſo daß eine Vertiefung gebildet wurde, in welcher der Ober— armkopf ruhete: dieſer letztere Knochen, ebenſo wie der Ge— lenkknorpel, waren einigermaßen abſorbirt und durch die Rei— dung an den Stellen veraͤndert, wo ſie waͤhrend der 7 Jahre mit der scapula in Beruͤhrung geweſen waren. 8 252 Die Oberfläche der urſpruͤnglichen cavitas glenoidea war nicht mehr glatt IN \ Nm) N dern rauh und un— tegeimäfig, mit Er» hoͤhungen an einis gen Stellen und Vertiefungen an an⸗ dern. Die Spitze des acromion wur⸗ de abgefägt, um zu ſehen, ob vielleicht ein Knochenſtuͤck⸗ chen abgebrochen ſey; es war aber nicht die mindeſte Spur einer Fractur zu bes merken. und knorpelig, ſon⸗ Beſchreibung der Abbildung. a Scapula. b Acromion. c Spina scapulae. d Körper des Oberarmbeins. e Oderarmkopf, hinter die cavitas glenoidea scapu- lae getrieben, zum Theil durch Friction abſorbirt. f Neues Capſelband. g Neue Gelenkhoͤhle. Die Zergliederung dieſer Luxation erklaͤrte ſehr wohl alle damit verbundenen Umſtaͤnde. Bei der gewoͤhnlichen Luxation nach Hinten oder auf das dorsum scapulae bleibt der Knochen bei gehoͤriger Reduction in feiner Lage Es iſt bloß die Anlegung einer Cirkelbinde und einige Stun— den Ruhe noͤthig, um die fernere Ausweichung des Knochens aus der Gelenkhoͤhle zu verhuͤten; die Muskeln, welche ihre Kraft wiedererlangen, fixiren den Knochen ſelbſt in ſeiner natuͤrlichen Gelenkhoͤhle. Aber in unſerem Falle war, wegen Abreißung der Sehne des subscapularis und des Capſel- bandes vom tuberculum minus und wegen des einſeitigen Zuges des infraspinatus und teres minor, der Obere armkopf ohne Halt, wenn er in ſeine Gelenkhoͤhle gebracht wurde. Er mußte durch die beiden hintern Muskeln ſogleich wieder in die Lage der hintern Luxation zuruͤckgezogen werden. Bei dem in einem ſolchen Falle erforderlichen Verbande muͤßte derſelbe von der Vorderflaͤche der Bruſt hinter der Schulter herumgefuͤhrt werden, um den Oberarmkopf nach Vorn zu halten, und es muͤßte eine Pelotte hinter dieſen Knochentheil gelegt werden, um zu verhuͤten, daß derſelbe nicht wiederum aus ſeiner Gelenkhoͤhle herausgleite. Dieſer Verband müßte gerade das Gegentheil von der gewöhnlichen fascia stellata ſeyn, deren Touren ſich auf dem Ruͤcken kreuzen, während hier die Kreuzung auf der Vorderflaͤche der Bruſt ſtattfinden muͤßte. Zu dieſem Verbande wird alsdann noch eine Schlinge zur Unterſtuͤtzung und Nüdwärtshaltung des Ellenbogens gehoͤren. 253 1 Seit ich zuletzt uͤbet Luxationen des Schultergelenkes geſchrieben habe, find mir mehrere Fälle von Luxatlonen auf das dorsum scapulae vorgekommen, und ich will hier eis nige Beiſpiele mittheilen. Gewoͤhnlich erfolgt der Zufall durch einen heftigen Stoß auf einen entgegenſtehenden Kür per mit vorgeſtrecktem Arme, und der Oberarmkopf wird als— dann weiter nach Hinten getrieben, als in dem Falle des Hrn. Complin; wahrſcheinlich iſt dabei der hintere Theil des Capſelbandes zerriſſen und geſtattet die Ausweichung des Knochens aus der Gelenkhoͤhle auf den Ruͤcken der scapula und in die Untergraͤthengrube. In dieſen Fällen wird bei Anwendung der gewöhnlichen Meductionsmittel, Fixirung der scapula durch eine Binde und Abziehen des Armes vom Körper, die Reduction nur langſam und mit Schwierigkeit bewirkt. Es machte mir daher fol— gender Fall Freude, in welchem ich noch nach 23 Tagen ohne Gewalt und ohne complicirte Mittel die Einrichtung leicht bewirkte. Ein Herr in Effer gerieth mit einem Manne in Streit und verrenkte ſich, indem er ihn heftig von ſich ſtieß, das Oberarmbein nach Hinten. Ein Wundarzt gab ihm den Rath, nach London zu gehen, um einen Spitalwundarzt zu conſultiten. Am ſiebenzehnten Tage geſchah dieß, und der Wundarzt, an welchen er ſich wendete, verſuchte die Ein— renkung des Knochens, jedoch vergeblich. Am 28ſten Tage wendete ſich der Kranke an mich; die Art der Verletzung war deutlich, da die Hervorragung des Oberarmkopfes auf dem Schulterblatte leicht gefuͤhlt werden konnte, und wenn man den Ellenbogen rotirte, ſo konnte man fuͤhlen, daß ſich der Oberarmkopf auf dem Schulterblattruͤcken drehte. Da der Kranke nach meiner Wohnung gekommen war, ſo hatte ich nicht die Mittel bei der Hand, die gewoͤhnliche Exten— ſion vorzunehmen; ich ſetzte daher den Kranken auf einen Stuhl, dog den Ellenbogen unter rechtem Winkel, erhob den Arm des Kranken und leitete ihn hinter ſeinen Nacken herum, ſo daß die Hand hinter dem Halſe zur entgegenge— ſetzten Schulter gelangte; hierauf druͤckte ich den Ellenbogen zuruck und ſchob, durch einen Druck auf den Oberarmkopf, denſelben unter den untern Theil des obern Randes, worauf er ſogleich in die Gelenkhoͤhle zuruͤckkehrte. Herr Bransby Cooper war bei der Einrichtung der Verrenkung zugegen. Man wird indeß auch durch andere Mittel zum Ziele kommen. Ein Mann, der ſich in Guy's Hoſpital meldete, wurde von Hen. Tallent, dem Aſſiſtenten des Hrn. B. Co o— per, auf einen Stuhl geſetzt; der Wundarzt ſetzte ſein Knie in die axilla des Kranken und bewirkte die Repoſition, in— dem er durch einige Studirende an der Handwurzel unter ſeinem Schenkel extendiren ließ. Mr. Dunn, Wundarzt in Blackftiars, bewirkt die Einrichtung leicht, indem er die scapula firitte, und ganz auf die gewöhnliche Weiſe die Extenſion an der Handwurzel machen ließ. In einem Falle, in welchem Herr Key und Herr Whittaker die Behandlung beſorgten, waren ſie nicht im Stande, die Luxation dadurch einzurichten, daß ſie den El— — 254 lenbogen hinter den Kopf erhoben, wie folgendes Schreiben von Hern Key ergiebt. „15. Auguſt 1839. M. H.! Am letzten Freitage kam eine Luxation des Oberarmes nach Hinten vor, von welchem ſie vielleicht gern etwas Naͤheres erfahren. Ein ſtarker Mann ſiel in einer Balgerei mit einiger Gewalt auf ſeine Schulter und fand, als er aufſtand, daß er am Arme großen Schmerz habe, und daß dieſer faſt unbrauchbar ge— worden war. Herr Whittaker ſah ihn gleich nach dem Zufalle und fand, daß der Oberarmkopf nach Hinten ver: renkt war. Die ungewoͤhnliche Beſchaffenheit des Falles veranlaßte ihn, nach mir zu ſchicken, damit ich den Fall ebenfalls ſehen moͤge. Ich fand einen ſehr kraͤftigen Mann, welcher auf ſeinem Bette ſaß, heftige Schmerzen hatte und mehr klagte, als Patienten bei Luxationen gewöhnlich thun. Ich vermuthete daher, daß wobl eine Fractur in der Ge— gend des cervix humeri zugegen ſeyn möge, zumal da auf den erſten Anblick keine Vertiefung unter dem deltoideus zu bemerken war, indem das Gelenk ſo rund ausſah, als gewohnlich. Indem ich aber an die Seite des Mannes trat, um den Arm zu unterſuchen, wurde mir die Deformi— tät der Schulter deutlich. Der vordere Theil war abgeplat— tet, der hintere Theil an dem Gelenke voller, als gewöhnlich. Der Oberarmkopf war auf dem hinteren Theile des cervix scapulae deutlich zu feben und zu fühlen; Rotation nach Außen war ganz unmoglich, weil der subscapularis ge— ſpannt war und jede Bewegung des Gliedes den beftigſten Schmerz machte; die Schmerzen wurden bezeidnet, als wenn fie den untern Theil des deltoideus einnahmen, in der Richtung der Articularnerven, welche wahrſcheinlich durch den Druck des Oberarmkopfes litten. Zuerſt ſetzten wir un— fern Kranken auf einen Stuhl, und während Herr Whitt⸗ aker das Schulterblatt firiete, führte ich den Ellenbogen nach Oben und Hinten, um den Oderarmkopf in die Ge— lenkgrube bervorzuziehen, aber ohne Erfolg. Alles, was wir dadurch erreichten, war ein leichtes Vorruͤcken des Knochens und eine Ohnmacht. In dieſem Zuſtande legten wir den Kranken auf den Rüden, fixirten die scapula durch Ein— ſetzen der Ferſe in die axilla, und zogen den Arm nach Unten; nachdem die Extenſion ein oder zwei Minuten fort: geſetzt war, gelang die Repoſition. Herr W. hat mir mit: getheilt, daß ſich ſein Kranker wohl befinde, obwohl die Schulter in hohem Grade entzuͤndet und geſchwollen war.“ (Guy’s Hospital Reports, Vol. IV. London 1839.) Einundſiebenzigtaͤgiges Hungern. Beobachtet von Dr. R. D. Thomſon. Nachdem der Verfaſſer mehrere Fälle mitgetheilt hat, in wel⸗ chen bei Negern der Tod nach zehntägiaer Abſtinenz eintrat und andere, in welchen Europäer eine gleiche Zeit ohne Nahrung uͤber⸗ leben konnten, ja ſogar eine viel längere Zeit ohne Nahrung auszu⸗ halten vermochten, wenn ſie nur Waſſer zum Trinken erhalten konnten, ſo meint derſelbe, die Leſer hinreichend vorbereitet zu ba= ben, um ihnen einen neuerdings in feiner Beobachtung vorgekom⸗ menen Fall mitzutheilen. x J. R., 33 Jahr alt, 5 Fuß 9 Zoll boch, blond und ſcropbulds, war ſeit feiner Geburt blödfinnig, jedoch immer von der freundlich⸗ 255 ften Art, außer wenn er gefliſſentlich gereizt wurde. Er war das her in feinem Wohnorte einem Dorfe von Suͤdſchottland, auch all: gemein beliebt. Er wurde zwar fruͤh in die Schule geſchickt, lernte aber niemals das Alphabet, denn er konnte es nur gleich ei— nem Papagei nachſprechen; dagegen hatte er ein ſehr gutes Ger daͤchtniß für Namen, und kannte die Namen aller Pferde aus ſei— ner Nachbarſchaft auf 3 engl. Meilen in die Runde, und wenn ein ihm bekannter Bewohner des Ortes von einer Reiſe zurückkehrte, ſo gab ihm John jedesmal einen genauen Bericht von allen Ver⸗ änderungen, Todes- und Geburtsfaͤllen, welche ſich in der thieri⸗ ſchen Welt zugetragen hatten. Er war uͤberdieß ſarkaſtiſch und ſehr geneigt, ſich mit kleinen Scandalen zu befchäftigen, die er alsdann in einer bloß naͤhern Bekannten v rftändlichen Sprache voller Ellip— fen mittheilte. Auffallend und ſehr angenehm war fein treues und herzliches Gedaͤchtniß, wenn er Bekannte nach vielen Jahren wie— derſah. Taͤalich beſuchte er einzelne Perſonen aus der Nachbar— ſchaft und war uͤberall gut aufgenommen; kleine Geſchenke, die er erhielt, brachte er immer ſeiner Mutter nach Hauſe, zu welcher er eine ſehr warme Anhänglichkeit zeigte. Im Sommer 1834 änderte fich ploͤtzlich fein Weſen; er ging mit einem Maſchinenarbeiter, welchen er ſehr liebte. Dieſer machte ſcherzweiſe einige Bemerkungen, die ihn verletzten, fo daß er plößr lich umkehrte, in aufgeregtem Zuſtande zu ſeiner Mutter heim— kehrte und ſich, weil er Kopfweh habe, zu Bette legte. Hartnaͤckig verließ er nun das Bett mehrere Monate nicht; einen Tag endlich ließ er ſich uͤberreden, aufzuſtehen, damit ſein Bett gemacht werden könne; dabei fand ſich nun, daß er ganz das Vermögen verloren hatte, ſich im Gleichgewichte zu erhalten und ſich zu bewegen, waͤh⸗ rend er ungewöhnlich fett geworden war; übrigens aß er mit Aps petit, und alle Functionen gingen, wie bei vollkommen gefunden Zur ſtande, vor ſich. So blieb es bis zum Juni 1838, als am letzten Sonntag d. M. nach einem heftigen Gewitter er verweigerte, its gend eine Speiſe zu ſich zu nehmen. Eine Woche lang nahm er noch Bier an; darauf aber blieb Waſſer die einzige Subſtanz, wel- che er über feine Lippen brachte; war das Waſſer truͤbe, oder ent— hielt es die geringſte Quantität faͤrbender Subſtanz, fo wies er es zus ruͤck: er unterſuchte es daher auch, bevor er trank, auf das Sorg— faͤltigſte. So blieb er etwa 30 Tage, worauf er nach ſeiner fruͤ— hern Gewohnheit wieder reichlich zu eſſen anfing. Waͤhrend dieſes Anfalls von Abſtinenz war das Fett allmaͤlig abſorbirt und er ſehr ſchlaff geworden. Im September fand ich ihn wieder geſund, mit ungeſtoͤrtem Gange aller natuͤrlichen Functionen, aber enorm fett. Sein geiſti⸗ ger Zuſtand war ganz ber frühere, und er beſchaͤftigte ſich mit eis nigen kleinen Spielſachen. Einige Monate dauerte dieſer Zuſtand der Geſundheit; aber am 6. Febr. 1839 trat ein ähnlicher Anfall von Abſtinenz ein. Eis nige Tage litt er an Erbrechen und heftiger Uebelkeit; er weigerte ſich, irgend etwas Anderes zu ſich zu nebmen, als Waſſer oder Halbbier; feine Zunge vergrößerte ſich allmaͤlig und ſchwoll fo an, daß ſie endlich zum Munde heraushing. Dieſe Geſchwulſt ließ nach, nachdem er 50 Tage lang Abſtinenz beobachtet hatte. Er ſchien ſich nun etwas wohler zu fuͤhlen, verlor aber das Vermoͤgen zu ſprechen, obwohl ſein Geiſteszuſtand beſſer zu ſeyn ſchien, als waͤhrend der Geſundheit. In den erſten 5 Tagen hatte er noch Stuhlausleerung, ſpaͤter nicht mehr. Einmal in 24 Stunden ließ 256 er Urin, jedoch in geringer Quantität. Er klagte über nichts, aus ßer wenn ihm Speiſe geboten wurde, welche er mit Abſcheu be— trachtete. Er machte dann immer Zeichen, wodurch er Waſſer vers langte, wovon er taͤglich 3 oder Amal eine Taſſe austrank. Allmä: lig wurde er immer magerer; feine Augen ſanken tief ein; er bes kam endlich ein geiſterbaftes Anſehen; feine Kräfte nahmen allmaͤlig ab, bis er am 18. April, nach einer 71 Tage dauernden vollkomme— nen Abſtinenz (mit Ausnahme von Waffer und 3 Löffeln Gerftens brübe, 6 Tage vor feinem Tode), fein ruhiges Leben endete. Eine Section wurde nicht gemacht. (Lancet, June 1839.) Mis ee len. Ein neues Inſtrument zur Extraction von Stei⸗ nen aus der Harnroͤhre wird von Hrn. A. J. Burmeſter, in The Lancet, Oct. 1839, befchrieben. (Hierzu Figur 36 und 37 der mit Nr. 277 ausgegebenen Tafel.) Das Inſtrument bes ſteht aus einer ſilbernen Röhre, Fig. 1 a., 9 Zoll lang, woran nach Vorn ein birnfoͤrmiger Körper, b, fo befeſtigt iſt, daß vier Oeffnungen, c, bleiben, dur v welche die Stahlfedern, d, Fig. 2., hervordringen. Die Federn find gewöhnliche Taſchenubrfedern, an denen an ihrem vordern Ende kleine Haͤkchen angebracht find, wähs rend das hintere Ende mit einem runden Schieber, e, vereinigt iſt, an welchem ſich ein Griff, k, befindet, um den Schieber in der Roͤhre auf- und abzubewegen, und dadurch die Federn hervortrer ten zu laſſen, oder zuruͤckzuziehen. Vor der Einfuͤhrung in die Harnroͤhre muß das Inſtrument gut geoͤlt und der Schieber mit den Federn zuruͤckgezogen ſeyn; den Stein in der Harnroͤhre hält man dadurch feſt, daß man den Daumen der linken Hand hinter ihm aufdruͤckt. Hierauf führt man den Mittel- und Zeigefinger durch die Ringe, g, bringt das vordere Ende der Roͤhre mit dem Steine in Beruͤhrung und ſchiebt ſodann mit dem in den Ring, h, eingeſetzten Daumen durch einen leichten Druck die Stahlfedern vor; dieſe faſſen ohne Schwierigkeit den auszuziehenden Stein und halten ihn bei dem Zuruͤckziehen des Inſtrumentes durch die klei— nen Widerhaken feſt. Blutergießung von der Uterushöhle durch die Muttertrompeten in die Bauchhoͤhle beobachtete Herr Barlow bei einer jungen Frau, welche im ſechsten Monate mit vielem Blutverluſte abortirte und an purpura haemorrhagica, fünf Tage nach dem abortus, ſtarb. Bei der Section fand ſich in der Unterleibs- und Beckenhoͤhle Erguß von coagulirtem Blute, deſſen Coagula aus den gefranzten Enden der Trompeten hervortraten, waͤhrend das Blut in andern Organen duͤnn und ſo beſchaffen war, wie man daſſelbe bei purpura zu finden pflegt. Sir B. Brodie erwaͤhnt bei dieſer Gelegenheit eines ihm vorgekommenen Falles einer jungen Frau mit vollkommener atresia vaginae, bei welcher eine beträchtlihe Quantität der Menſtrualfluͤſſigkeit im uterus ans geſammelt war; mittelſt des Troicarts wurde eine ſchwarze gru— moͤſe Fluͤſſigkeit aus dem uterus entfernt und nach dem bald dar— auf erfolgenden Tode fand ſich ganz ähnliche Fluͤſſigkeit in betraͤcht- licher Menge in der Bauchhoͤhle, wohin ſie wahrſcheinlich durch die Fallopiſchen Roͤhren gelangt war. (The Lancet, 22. Nov. 1839.) Gibliographis che Neuigkeiten The Canadian Naturalist. 12. The Amateur Florist's Assistant. 1840. 12, By P. H. Grosse. London 1840. By J. Wilmott. London De la Goutte, de ses causes et du traitement le plus rationel à lui opposer. Par Alphonse Teste, MD. Paris 1840. 8. De l'influence des ages sur les maladies. These etc. Par A. N. Gendrin. Paris 1840. 8. — — Ueue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, gefammelt und mitgetheilt von dem Ober, Medieinoltatbt F rer tep za Mehnar, und dem Mebiefnalrotb, unt Profefſer Froriey jm Berlin. No. 281. (Nr. 17. des XIII. Bandes.) Maͤrz 1840. Gedruckt im Landes ⸗Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 gr, des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. rr Unterſuchungen uͤber den Mechanismus der Fi— ſtelſtimme oder Ueberkehlkopfs-Stimme. Vom Dr. Colombat, Director des orthophoniſchen Inſtituts in Paris. Wenngleich, nach dem groͤßten Theile des Umfangs der Tonleiter der Stimme, die Stimmritze dasjenige Organ iſt, durch welches die Toͤne weſentlich erzeugt werden, ſo ver— haͤlt es ſich doch, unſerer Anſicht nach, mit dem gellenden Geſchrei und den Fiſteltoͤnen anders. Sobald naͤmlich der Kehlkopf bis an die hoͤchſte Graͤnze ſeiner Toͤne gelangt iſt, hoͤrt der Umfang der natuͤrlichen Stimme auf, und wenn noch hoͤhere Toͤne hervorgebracht werden ſollen, ſo muß dieß durch einen eigenthuͤmlichen Mechanismus geſchehen. Der Ausgangspunct dieſer neuen Reihe von Toͤnen liegt unmit— telbar hinter der letzten Note des erſten Stimmregiſters, d. h., bei der erſten Note des zweiten, welche verſchiedene Perſonen mehr oder weniger vollkommen ſo erzeugen koͤnnen, daß ſie jene letzte Note um eine Octave hoͤher wiedergiebt. Die ſaͤmmtlichen Toͤne, welches dieſes zweite Regiſter bilden, bezeichnet man gewöhnlich mit dem Namen der Kehl- oder Fiſtelſtimme. Wenn man aber nun fragt, welches Organ bei der Bildung dieſer Stimme vorzüglich thaͤtig fen, fo antworten wir, daß dieſe hohen Toͤne faſt ausſchließlich durch die Thaͤ— tigkeit oder vielmehr durch die kraͤftige Zuſammenziehung des obern Theils des Stimmapparats hervorgebracht werden. Um unſere Anſicht deutlicher darzulegen, wollen wir erſt zei— gen, was vorgeht, wenn der Kehlkopf ſo in die Hoͤhe be— wegt wird, daß die Stimmritze den hoͤchſten Ton von ſich giebt, deſſen fie faͤhig iſt. Nachdem alsdann der Stimmap— parat durch die Contraction der mm. thyro-hyoidei, ge- nio-hyoidei, mylo-hyoidei, stylo-hyoidei, digastriei, genio-glossi, hyo-glossi und endlich der constricto— res pharyngis inferiores in die Höhe gezogen worden, wird es durch die mm. hyo-thyroidei laterales, hyo- arytaenoidei obliqui et transversi und die thyro- arytaenoidei superiores et inferiores firitt und zus No. 1381. ſammengezogen. Zugleich verengt ſich der Schlundkopf; das Gaumenſeegel, deſſen vordere, faſt ſenkrechte Flaͤche nieder— waͤrts gekehrt und horizontal geworden iſt, wird in der Art ausgeſpannt, daß die in den Schlundkopf muͤndenden Oeff— nungen der Naſenhoͤhlen geſchloſſen werden; die hintern Saͤu— len naͤhern ſich einander, in der Weiſe, daß ſie eine Art von Stimmritze, oder elliptiſche Spalte bilden, deren Durchmeſſer in ſenkrechter Richtung 8 bis 5 Linien, und in waagerechter 2 bis 2 Linien betraͤgt; das Zaͤpfchen zieht ſich zuſammen, wird kuͤrzer und erhebt ſich mehr und mehr, indem man von den erſten Fiſteltoͤnen zu den hoͤhern Noten dieſes Regiſters uͤbergeht, und verſchwindet ganz und gar, wenn man den aͤußerſten Grad der Höhe erreicht hat. Die Zunge wird ſehr convex, erhebt ſich und zieht ſich ſtark zuſammen, was vorzuͤglich von ihrer Baſis gilt; die Mandeln ſchwellen be— deutend an, und naͤhern ſich einander; die Scheidewand zwi— ſchen dem Kehlkopfe und dem Schlundkopfe verengt ſich; endlich giebt die duͤtenfoͤrmig umgebogene epiglottis dem aus der Stimmritze kommenden duͤnnen Luftſtrome die Rich— tung nach der elliptiſchen Spalte oder obern Stimmritze, welche, wie geſagt, dadurch entſteht, daß die hintern Saͤulen ſich einander naͤhern, und alle erwaͤhnten Theile ſich uͤber— trieben ſtark zuſammenziehen. Die Ueberkehlkopfs⸗Toͤne, wel⸗ che durch dieſen Mechanismus hervorgebracht werden, entwei⸗ chen nicht mehr, wie die Noten des erſten Regiſters, zum Theil durch die Naſe, ſondern erklingen nur im Munde, nachdem ſie durch die Reibung der Luft an den Lefzen der neugebildeten Stimmritze erzeugt worden find. Dieſe Lef— zen, welche durch die hintern Saͤulen gebildet werden, ſind noch deutlicherern Schwingungen faͤhig, als die eigentli— chen Stimmſaiten, deren Schwingungen man mit denen der Lippen bei'm Pfeifen oder bei'm Nachahmen der Toͤne ge— wiſſer Inſtrumente oder Thiere, z. B., des Waldhorn's, des Fagot's, des Violoncell's, der Flügel einer Fliege oder Müdr, eines Maikaͤfers ꝛc. vergleichen kann Bei dem Mechanismus, welcher die hohen Fifteltöne erzeugt, ſcheint ſich in'sbeſondere die Geſtalt der ganzen Stimmpfeife zu veraͤndern. Bei der Kehlkopfsſtimme hat 17 259 dieſe Pfeife zwei Oeffnungen: die Naſe und den Mund, und iſt oben gebogen, waͤhrend ſie bei der Fiſtelſtimme nur eine Oeffnung hat, und gerade und ſenkrecht gerichtet iſt, welche Richtung durch die Erhoͤhung des Kehlkopfs und die Ruͤck— wärtsbiegung des Kopfes beguͤnſtigt wird, wodurch ſich die Organe um ſo leichter verengen, und die Toͤne um ſo we— niger durch die Naſenhoͤhlen entweichen koͤnnen. Bei der Stimme des erſten Regiſters, welche man un— paſſender Weiſe die Bruſtſtimme nennt, bilden die Mund- und Rachenhoͤhle zuſammen zwei hohle Kegel, die nach ihren, der Stimmritze zugekehrten Grundflaͤchen zu in einander uͤber— gehen, und deren getrennte Gipfel nach Vorne gerichtet ſind; dagegen bilden bei der Stimme des zweiten Regiſters der Mund und der Rachen nur einen einzigen Kegel, deſſen Spitze nach Hinten, und deſſen Grundflaͤche nach Vorne ge— richtet iſt. Bei dem Mechanismus der Fiſtelſtimme iſt an dem Kehlkopfe, oder vielmehr an der Stimmritze, kein deut⸗ liches Schwingen zu bemerken. Ihre Function beſteht nur in der bedeutenden Verengerung der Muͤndung, durch welche der duͤnne Luftſtrom entweicht, der, in Verbindung mit dem ſchon im Munde befindlichen, zur Erzeugung der Fiſteltoͤne, ſo wie der kreiſchenden oder gellenden Toͤne hinreicht, uͤber die ich gleich mehr ſagen werde. Daß die Luft bei den gellenden Toͤnen nur durch den Mund und nicht, wie bei den tiefern, ſowohl durch den Mund, als durch die Naſe herausſtreicht, ergiebt ſich auch daraus, daß es bei den Fiſteltoͤnen ganz unmoͤglich iſt, die Naſentoͤne der Franzoͤſiſchen Sprache zu articuliren. Will man, z. B., main, lointain ausſprechen, ſo wird es klin⸗ gen, wie ma, luota. Aus dieſem Grunde verſteht man die Saͤngerinnen, Tenoriſten und beſonders Sopraniſten, wenn fie Worte fingen, weniger gut, als die Barptoniſten und Baſſiſten; und Leute, die bei den mitteltiefen und zu— mal ſehr tiefen Toͤnen eine unangenehm naͤſelnde Stimme haben, koͤnnen helle und reine Fiſteltoͤne hervorbringen. Eine der geiſtreichſten Schauſpielerinnen in Paris, Mademoiſelle D., am Theater des Palais Royal, bietet ein auffallendes Beiſpiel dieſes Falles dar. Um die Richtigkeit der von uns uͤber den Mechanismus der Fiſtelſtimme aufgeſtellten An— ſichten weiter darzuthun, bemerken wir, daß, als wir uns bemuͤhten, zwei Toͤne von verſchiedenen Mechanismen, naͤm— lich einen Kehlkopfs- und einen Fiſtelton, zugleich zu erzeu— gen, wir dieß Reſultat ohne ſonderliche Schwierigkeit erreich— ten, indem wir mittelſt ſtarker Schwingungen der Stimm— tigenlefzen irgend eine tiefe Note, und mittelſt der obern oder Fiſtelſtimmritze dieſelbe Note, aber in einer hoͤhern Dez tape, ertönen ließen. Man hört dann, wie dieß bei man— cher Art von Gekreiſch der Fall iſt, deutlich zwei Toͤne zu— gleich, die allerdings nicht ſehr rein, ja ſogar etwas heiſer ſind, aber doch eine Art von Accord bilden, welcher zur Ge⸗ nuͤge beweiſ't, daß der Kehlkopf allein nicht in allen Fällen die Stimme erzeugt, fondern daß das Gaumenſeegel, und befonders die Säulen , das Zäpfchen und alle Theile der Scheidewand zwiſchen dem Schlundkopfe und Kehlkopfe durch ihre kraͤftige Zuſammenziehung und gegenſeitige Annäherung eine andere Art von Stimminſtrument bilden, welches vom 260 Kehlkopfe nur inſofern abhaͤngig iſt, als dieſer jenem den noͤthigen Luftſtrom liefert. Schon Ferrein glaubte, als er den Mechanismus des Stimmorgans auf den der Stimmſaiten zuruͤckzufuͤhren ſuchte, an einen beſondern Mechanismus in Betreff der Er— zeugung der hohen Töne; denn er ſagt in feiner der Acade⸗ mie der Wiſſenſchaften vorgelegten Abhandlung (S. 429 der Denkſchriften vom J. 1741). „Ich ſehe mich genoͤthigt, eine Einſchraͤnkung zu machen, auf die man nicht gefaßt ſeyn dürfte, namlich, daß die Stimmſaiten nicht die Orga⸗ ne jeder Art von Stimme find; dahin gehören eine gewiſſe Schlundkopf- oder Rachenhoͤhlenſtimme, fo wie die Fiſtel— ſtimme. In Bezug auf dieſe habe ich eine andere Erzeu— gungsart ermittelt, welche ich in einer fpätern Abhandlung darzul gen gedenke.“ Wiewohl nun aber Ferrein noch lange lebte, nach— dem er angeblich dieſe Entdeckung gemacht hatte, ſo iſt er doch die verſprochene Auseinanderſetzung derſelben dem Pu— blicum ſchuldig geblieben, und es laſſen ſich daher in Be— treff feiner Anſicht nur Vermuthungen aufitellen. Haller nimmt (Physiol. Lib. IX., sect. 3. $ 13) an, Ferrein habe das Gaumenſeegel im Sinne gehabt; denn man lieſ't a. a. O.: „Quin aliquae non literae solae. sed etiam voces per guttur edantur et quin earum modulatio aliqua per palatum mobile aut proprias ad linguam adductum aut vicessim remo- tius exerceatur. Dubium quidem non videtur esse illud peculiare vocis organum quod se descriptu- rum promisit Ferrinius.“ Ein Deutſcher Schriftſteller, Helwag, hat ebenfalls im Vorbeigehen Einiges uͤber den eigenthuͤmlichen Mechanis— mus der hohen Zone der Fiſtelſtimme geſagt, die er vox substrieta nennt, während er die Bruſtſtimme mit dem Namen vox plena bezeichnet. In feiner Inaugural-Diſſerta⸗ tion: De formatione loquelae, Tubing. 1784, heißt es: „Ad substrietam vocem uvula contrahitur, ad plenam non mutatur.““ Dr. Bennati, der ſich, wie auch ich, ſpeciell mit den Krankheiten der Stimmorgane beſchaͤftigte, hielt dafuͤr, daß die hohen Toͤne nicht durch die Contraction der Mus— keln des Gaumenſeegels und der Scheidewand zwiſchen dem Kehl- und Schlundkopfe hervorgebracht wuͤrden; er nahm, gleich allen Phyſiologen, welche ſich mit der menſchlichen Stimme beſchaͤftigt haben, an, daß die Bildung der Ueber— kehlkopfstoͤne, wie die aller uͤbrigen, im Kehlkopfe ſtattfinde und daß ſie nur im obern Theile der Stimmpfeife modifi— cirt wuͤrden. Ich dagegen behaupte, daß die Stimmritze dabei weſentlich gar nicht betheiligt ſey, ſondern daß ſie durch eine Art von neugebildeter oberer Stimmritze erzeugt werde, und zwar wird dieſe neue glottis dargeſtellt: 1) uns terhalb durch die Zungenwurzel; 2) durch den Schlundkopf, der die hintere Wand bildet; 3) auf den Seiten, durch die einander genaͤherten Säulen, wodurch eine elliptiſche Spalte entſteht, deren Lefzen, wie die der Stimmritze, in Schwin— gung treten koͤnnen; 4) endlich durch das Gaumenſeegel und das Zaͤpfchen, welche durch ihre Erhebung verhindern, daß 261 die Stimme nicht, wie die Bruſtſtimme, durch die Naſen— hoͤhlen entweichen kann. Wenn alle dieſe Theile einander durch die Contraction der Gaumen: Schlundkopfmuskeln ge— nähert worden find, bilden die Mund- und Rachenhoͤhle einen hohlen Kegel, deſſen Grundflaͤche der Oeffnung des Mundes entſpricht. Ich kann auch Bennati's Anſicht nicht beipflichten, wenn derſelbe ſagt, daß zur Erzeugung aller hohen Toͤne die Firirung des os hyoideum und der Zungenwurzel noͤ— thig ſey. Wenn es ſich nur von dem modulirten Ge— ſange handelte, ſo waͤre die Nothwendigkeit dieſer Fixirung eher zu begreifen; allein bei dem Geſange, wo zugleich ar— ticulirte Worte ausgeſprochen werden, laͤßt ſich dieſe Theorie nicht für richtig erkennen; denn die Zungenwurzel wird, wie das ganze Organ, genoͤthigt, bei der Articulation der Woͤrter eine Menge von Bewegungen zu machen. Die Herren Gerdy und Malgaigne, welche die Bewegungen des Gaumenſeegels und der ſaͤmmtlichen, die Scheidewand zwiſchen dem Schlund- und Kehlkopf bildenden Theile genau beſchrieben haben, ſtellten die von mir mitgetheilte Anſicht, daß dieſe Bewegungen die Erzeugung der Töne des zweiten Stimmregiſters zum Zwecke haben, und daß durch die ge— genfeitige Annaͤherung und gewaltſame Contraction der hin— teren Säulen ein neues, hauptſaͤchlich zur Erzeugung der hohen Toͤne dienendes Stimmorgan gebildet werde, welches die eigentliche Stimmritze erſetze, keineswegs auf. Die Schlundkopfſtimmritze bildet ſich erſt, nachdem der Kehlkopf bis an die aͤußerſte odere Graͤnze des Umfangs ſeiner Toͤne gelangt iſt. Durch die bloße Anſicht der Stimmorgane kann man, bei einiger Uebung, ohne Weiteres erkennen, von welcher Art die Stimme eines Individuums iſt. Die Formverſchieden— heiten, und zumal die Abweichungen in Betreff des raͤumli— chen Inhaltes dieſer Organe, ſind ſo bedeutend, daß man ſich in dieſer Hinſicht ſelten taͤuſcht. Bei den Saͤngern, deren Stimme, zumal nach Oben, viel Ausdehnung beſitzt, z. B., den Sopraniſten und Tenoriſten, ſind die obern Theile des Stimmorganes weit entwickelter und beweglicher, als bei den Baſſiſten. Bei dieſen Letzteren hat der Kehl— kopf einen weit größeren Umfang und erſtreckt ſich bis faſt an die Mitte des Halſes hinab. Die cartilago thyroi- dea (der Adamsapfel) ſpringt weit ftärker vor; die Naſen— hoͤhlen ſind, vielleicht, weil die Luft fortwaͤhrend durch die— ſelben ſtreicht, weiter; Schultern und Bruſt breiter, der Mund dagegen kleiner, das Gaumenſeegel dicker und kleiner, das Zäpfchen weniger vorfallend, fo wie weniger beweglich, endlich alle Theile, welche die Rachenhoͤhle bilden, von ‚ges ringerem Umfange. Bei den Tenoriſten und beſonders Sopraniften iſt das Geſicht gewoͤhnlich kleiner, wenngleich die Kehlgegend umfangsreicher iſt; der Kehlkopf ſteigt bis an den Unterkiefer herauf; die Naſenloͤcher ſind bisweilen ſo eng, daß ſie die Luft kaum durchſtreichen laſſen; dagegen iſt das Zäpfchen ſtark entwickelt und ſehr zuſammenziehbar; das Gaumenſeegel größer und dünner und die Zunge verhaͤltniß— maͤßig dicker und breiter. Zu der bedeutendern Entwickelung und Beweglichkeit dieſer Organe bei den Sopraniſten traͤgt —— 262 auch noch der Umſtand bei, daß die Saͤnger dieſer Art den obern Theil der Stimmpfeife öfter uͤben, als den untern, und nie werden dieſe Theile ſtaͤrker angeſtrengt, als durch Rollen, in denen die hoben Noten des zweiten Regiſters die Anwendung der Fiſtelſtimme erforderlich machen. Schließlich wollen wir noch darauf aufmerkſam machen, daß die Bekanntſchaft mit dem Mechanismus der hohen Toͤne für die Diagnoſe, Prognoſe und Behandlung der Lei— den der Stimmorgane von der hoͤchſten Wichtigkeit iſt, da die Art der Stimme ſehr oft einen Unterſchied in jenen Beziehungen veranlaſſen muß. Bei Perſonen mit tiefer Stimme iſt die Cur faſt immer ſchwieriger, weil bei ihnen der Kehlkopf meiſt der Sitz des Leidens iſt. Bei Tenoriſten und uͤberhaupt Perſonen mit hoher Stimme dagegen, iſt die Diagnoſe gewoͤhnlich leichter und die Behandlung wirkſamer, indem bei ihnen mehrentheils nur die Theile der Scheide— wand zwiſchen Schlund- und Kehlkopf angegriffen ſind. Da dieſe nun durch das Geſicht erreicht werden koͤnnen, ſo laͤßt ſich nicht nur die Natur des Leidens mit größerer Si— cherheit erkennen, ſondern man hat auch den Vortheil, daß man dagegen ohne Umſtaͤnde oͤrtliche Mittel anwenden kann. Wir wollen noch hinzufuͤgen, daß Heiſerkeit, wie Aphonie und Dysphonie, bei Perſonen mit tiefer Stimme ſich über alle Noten oder den ganzen Umfang der Stimm— leiter erſtrecken, während dagegen bei den Tenoriſten meh- rentheils nur die hohen Toͤne der Fiſtel oder des zweiten Regiſters umgeaͤndert oder aufgehoben ſind, und die Bruſt— ſtimme oder das erſte Regiſter feinen gewohnlichen Klang, ſeine Reinheit und Kraft noch beſitzt. In meiner Abhandlung von den Krankheiten der Stimmorgane (Traité des maladies des organes de la void) habe ich die practiſche Anwendung meiner Anſich⸗ ten auf die Behandlung der Aphonie und Dysphonie aus: einandergeſetzt. (Gazette des Höpitaux, 1. Fevr. — Unterſuchungen uͤber die innerſte Structur der Fiſchſchuppen. Von Dr. L. Mandl. } Vorgelegt der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, den 24. Juni 1889. (Hierzu Fig. 18 bis 33 der mit No. 277 d. Bl. ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) III. Von den Schuppen, inſofern ſie als Charactere behufs der Claſſification dienen koͤnnen. Bei'm Studium der Naturgeſchichte kommt es offenbar vor Allem auf Beſtimmung der natürlichen Charactere, d h., der Kenn: zeichen an, welche ihren Grund in den weſentlichen natürlichen Ei» genſchaften der There ꝛc. haben, und die man theils durch Beobs achtung des Thierkoͤrpers, als eines Ganzen, oder der einzelnen Theile deſſelben, immer aber ohne Zuziehung anderer Huͤlfswiſſen⸗ ſchaften, zu ſtudiren vermag. Bei den Unterſuchungen dieſer Art iſt nun aber der wichtigſte Punct, Charactere aufzufinden, welche zu der Natur der Thiere in der innigſten Bezieb ung fteben, deren Orgas niſation, Anatomie und Phyſiologie genau gebunden, kurz ſtreng weſentlich find, und ſich durch die zufälligen Umftände des Wohn⸗ orts, der Nahrung ꝛc. nicht verändern. Nur die genaue Beſtimmung und Würdigung dieſer Charactere kann uns über die Art, Gattung und Familie feſte und richtige An⸗ ſichten verſchaffen, und uns vor den Irrthuͤmern ſicher ſtellen, in 0 263 welche Naturforſcher verfallen find, ) Details genügende Charactere zur Aufſtellung neuer Arten zu fine den geglaubt haben. So iſt es nur zu häufig vorgekommen, daß Botaniker aus zwei Varietäten derſelben Pflanze, welche ſich am Rande deſſelben Grabens befanden und ſich vielleicht hoͤchſtens durch verſchiedene Farbung der Bluͤthe unterſchieden, zwei beſondere Arten zu bilden verſuchten. Sehen wir nicht taglich Ichthyologen und überhaupt Zoologen nach bloßen Verſchiedenheiten in der Farbe, Größe u. ſ. w. neue Arten ſchaffen, während dieſe Abänderungen rein zufällig ind und von den Einflüffen des E:ima’s, der Ernäh⸗ rung u. ſ. w. abhängen? Abgeſehen von dem Werthe, welchen die fo begründeten Charactere haben, iſt jedoch noch ein anderer Punct ſehr zu beruckſichtigen, den die Naturforſcher mehrentheils vernach⸗ laſſigt haben. 1 . 0 Jede Eigenſchaft, welche bei irgend einem Geſchoͤpfe einen na⸗ tuͤrlichen Character bildet, kann in verſchiedenem Grade abaͤndern und in ihren aufeinanderfolgenden Veränderungen eine fortlau⸗ fende Reihe bilden. Alle Glieder dieſer Reihe ſtehen durch gewiſſe Bezuͤge mit einander in Verbindung; keine iſt von der andern durch einen weſentlichen Unterſchied getrennt, und jedes Glied der— ſelben Reihe kann durch ein anderes erſetzt werden, ohne daß da⸗ durch die Statur des Geſchoͤpfes ſich ändert. So koͤnnen ſich, z. B, die Farben Weiß und Roth mit allen ihren Abaͤnderungen bei Roſen finden, ohne daß deßhalb eine neue Art entſtaͤnde. Alle Karbentöne zwiſchen Weiß und Roth bilden alſo hier eine natür⸗ liche Reihe, deren Glieder eines an des andern Stelle treten konnen, ohne daß dadurch die Natur der Roſe veraͤndert wuͤrde. Der Profeſſor Mohs hat dieſe Grundfäge mit vielem Gluͤck auf die Mineralogie angewendet; oder dieſe Anſichten von den na⸗ tuͤrlichen Characteren und den Reihen, welche ſie bilden, verdanken vielmehr dieſem ausgezeichneten Gelehrten ihre Entſtehung 3 Die Erſchaffung der Eryſtalliſations-Syſteme, z. B., des würfelfoͤrmi⸗ gen, rhomboédriſchen, pyramidalen, u. f. w., bildete eben ſo viele natürliche Reihen mit einer großen Menge von Gliedern, die ein ander ſämmtlich ſubſtituirt werden koͤnnen, während die Reihen ſelbſt weſentlich von einander getrennt und zu unterſcheiden find. Zur Beſtimmung einer Art koͤmmt alſo wenig darauf an, ob ein Mineral in der Wuͤrfelgeſtalt, oder irgend einer andern, von dieſer abgeleiteten, Form cryſtalliſirt iſt; nie aber kann es die Pyrami⸗ denform darbieten, weil ſich vom Würfel zur Pyramide kein Ueber⸗ gang denken laͤßt. 6 5 Alſo nur ſolche Charactere, welche Reihen von einander tren⸗ nen und keine Uebergaͤnge geſtatten, bilden eine umüberjteigliche Scheidewand von einem Geſchoͤpfe zum andern, und berechtigen zur Aufſtellung neuer Arten. Sobald zwiſchen den Characteren eines neu aufgefundenen Exemplares und denen einer bekannten Art ein Uebergang ſtattfindet, iſt zu keiner ſtrengen Trennung Gelegenheit da. Leider hat die Vernachlaͤſſigung oder vielleicht die Unkenntniß dieſer Grundfäge viele Naturforſcher veranlaßt, auf nichtsſagende und man verzeihe uns den Ausdruck, alberne Kennzeichen hin, eine Menge neuer Arten aufzuſtellen, wodurch in die Naturgeſchichte die größte Verwirrung gebracht worden iſt. NS 5 Dieſer Mißbrauch läßt ſich nur durch ein einziges Mittel ab⸗ ſtellen, namlich dadurch, daß man die wahren naturlichen Chara— ctere ſtudirt, die aus ihnen hervorgehenden Reihen aufmerkſam beobachtet, und die Reſultate bei der Claſſiſication der Thiere ſtreng anwendet. Es hat uns geſchienen, als od die Schup⸗ pen, Behufs der Claſſiſication der Fiſche einen ſolchen na⸗ türlihen Character darboͤten. Die innige Verbindung zwiſchen dieſen Anhaͤngſeln der Hautbedeckung und der ganzen Organiſation des Thieres, wovon ſchon im erſten Capitel die Rede geweſen iſt, ſpricht ſehr zu Gunſten dieſer unſerer Anſicht. Auf den Umſtand, daß die Fiſche der Floſſen beraubt nicht aber ohne Schuppen fort⸗ leben koͤnnen, und daß die Letztern folglich in phyſiologiſcher Hin- ſicht eine wichtigere Rolle ſpielen, als die Erſtern, legen wir hier keinen beſondern Werth, weil ſich daraus fuͤr den fraglichen Zweck keine bündige Folgerung ziehen laſſen dürfte. { Die phyſiologiſche Wichtigkeit der Schuppen hat für uns we⸗ nig Bedeutung; denn es handelt ſich nur darum, in Erfahrung zu bringen, ob ſie dazu dienen koͤnnen, ein Geſchoͤpf ſtreng von dem welche in ganz unbedeutenden — 264 andern zu ſcheiden. Nun behalten aber die Schuppen nicht nur bei demſelben Exemplare, ſondern auch bei allen Exemplaren derſelben Art dieſelbe Geſtalt; fie find bei den Exemplaren einer andern Kar milie weſentlich verſchieden; fie bilden beſondere Reihen von For- men , die von einander deutlich abweichen, deren Glieder aber alle Uebergangsſtufen darbieten, die ſie untereinander verbinden; alſo koͤnnen die Schuppen bei der Beſchreibung und Claſſification der Fiſche als natürlicher Character benutzt werden. Hrn. Agaſſiz bleibt das Verdienſt, die Naturforſcher zuerſt auf die Schuppen aufmerkſam gemacht zu haben; allein ohne die Huͤlfe des Microſcops blieb ihm nicht nur die Organiſation der Schuppen verborgen, ſondern mußte er auch Schuppen von verſchiedener Organiſation mit einander verwechſeln. So ſagt, z. B., Hr. Agaſſiz „), in der Familie der Cyprinen ſey der ganze Koͤrper mit Schuppen vedeckt, die aus einer ziemlich großen Anzahl von Anwachs⸗Lamellen mit ganzen, glatten Raͤn⸗ dern beſtaͤnden, und es zoͤgen ſich mehr oder weniger zahlreiche Rinnen oder Furchen vom Mittelpuncte des Anwachſes bis zum Rande der Schuppe ꝛc., und er ſtellt die Cyprinen in die Haupt- familie Cycloſdes; allein dieſe Furchen find Canale, dieſe ganzen und glatten Ränder der Anwachs-Lamellen nichts weiter als Li⸗ nien, welche durch das Ineinanderfließen von Zellen entſtehen, und die ſich auf allen Schuppen wiederfinden. Man ſiebt alſo, wie der Verfaſſer, wegen Unbekanntſchaft mit der Organiſation, auch keine characteriſtiſche Beſchreibung der Schuppen geben konnte, und Schuppen mit einander verwechſeln mußte, die doch aͤchte unters ſcheidende Kennzeichen zwiſchen den Familien bilden. Wir finden in der angeführten Abhandlung des Hrn. Agaſſiz ein Beiſpiel dieſer Art. Dieſer ausgezeichnete Gelehrte behauptet a. a. O. S. 48, die Beziehungen, durch welche die Mugi und Atherinen mit den Cypri— nen verbunden würden, ſeyen Cuvier durchaus entgangen, weil dieſer beruͤhmte Naturforſcher der Anweſenheit oder Abweſenheit der dornigen Strahlen auf dem Rüden zu viel Wichtigkeit beige legt habe. Demnach mußte Hr. Agaſſiz einen, allen dieſen Fi: ſchen gemeinſchaftlichen Character aufſuchen, um ſie mit einander in Verbindung bringen zu koͤnnen, und er will denſelben in der Beſchaffenheit ihrer Schuppen gefunden haben, welche ſämmtlich aus Anwachs⸗Lamellen mit glatten Rändern beſtehen ſollen, woher ſich der Name Cycloides ſchreibt. Nun kann es aber kaum etwas Verſchiedeneres geben, als die Schuppen der Mugi, Atherinen und Cyprinen. Der Unterſchied iſt ſo bedeutend, daß wir aus den Atherinen eine eigene Familie gebildet haben, wozu ſchon Cuvier geneigt war, und was er ge— wiß definitiv gethan haben würde, wenn er die eigenthuͤmklichen Chacactere ihrer Schuppen gekannt hätte. Mit Vergnuͤgen haben wir geſehen, daß der Profeſſor Nordmann unſere Anſicht theilt, indem er ſowohl aus den Atherinen, wie aus Mullus, befondere Familien bildet. Eben ſo wenig koͤnnen wir Hrn. Agaſſiz darin beipflichten, daß Fitzinger Unrecht daran gethan habe, die Cyprinen von Co- bitis zu trennen. Wir wollen hier nicht die Gründe betrachten, aus welchen der letztgenannte Naturforſcher dieſe Trennung vorge— nommen hat; allein gewiß wird dieſelbe durch die microſcopiſche Unterſuchung vollkommen gerechtfertigt, und dieſer Unterſchied be— rechtigt ſchon allein zur Trennung der genannten Gattungen. Wir wollen hier keine weitern Gruͤnde zur Bekraͤftigung unſ— rer Meinung anfuͤhren. Die beigebrachten Beiſpiele beweiſen ſchon hinreichend, daß wir nur durch genaue Unterſuchung mittelſt des Microſcops zu einer richtigen Erkenntniß der Geſtalt der Schuppe gelangen koͤnnen. Die Unvollkommenheit des Reſultates, welches Hr. Agalfiz durch die Betrachtung der Schuppe mit unbewaff: netem Auge gewann, verbürgt dieß hinlänglich, indem weder ſeine ausgebreiteten Kenntniſſe, noch ſeine Genauigkeit und Geuͤbtheit in dergleichen Unterſuchungen ihn dem Gegenſtande gewachſen machten. Es fragt ſich nun noch, in wie weit die Schuppen zu Characteren Behufs der Unterſcheidung der Arlen, Gattungen und *) Memoires de la Société des Sciences naturelles de Neuf- chatel, t. I. p. 34. Neufchatel 1835. 255 Familien benutzt werden duͤrſen. Begreiflicher Weiſe kann dieſe Frage nur durch genaue und anhaltende Unterſuchung einer gro— Ben Anzahl von gut erhaltenen Exemplaren entſchieden werden. Es koͤnnte wohl geſchehen, daß man dieſelbe Form bei verſchiedenen amilien anträfe, und daß man noch andere Gharactere zur Claſ— tfication zu benutzen haͤtte, wie man, z. B., dieſelbe Cryſtallform bei ganz verſchiedenen Mineralien antrifft. Bis jetzt haben wir für jede Familie bedeutend verſchiedene und characteriftifche Formen funden. Haben wir unſere Unterſuchungen nicht bis zur Unters cheidung der Gattungen und Arten fortführen koͤnnen, fo liegt die Schuld vielleicht nur daran, daß es uns an einer hinreichenden Anzahl von Exemplaren fehlte; indeß geben wir die Hoffnung kei— nesweges auf. Fernere Beobachtungen werden uns über dieſen Punct aufklaͤren; jedenfalls iſt es uns bereits gelungen, Unter— ſchiede zwiſchen Familien feſtzuſtellen, deren Schuppen Hr. Agaſ— fix für gleichartig bielt, wie wir dieß oben genügend dargelegt zu baben glauben. Erklarung der Figuren. Figur 18. Schuppe des Barſches. 19. Schuppe des Karpfens. 20. Schuppe des Cobitis fossilis. 21. Theil einer Schuppe von Atherina vulgaris, zur Erläuterung der Laͤngscanaͤle. 22. Stüd von einer Schuppe des Mullus barbatus. 23. Stüd von einer Schuppe des Serranus scriba. Desgl. von Percarina Demidoflii. Desgl. von Scincus. Desgl. von Corvina nigra. 27. Desgl. von Motella tricirrhata. 28. Desgl. von Mullus barbatus. 29. Desgl. von Serranus scriba. . Desgl. von demſelben Fiſche, zur Erläuterung der Koͤrperchen. 31. Untere Schicht einer Schuppe. 32. Zaͤhne einer Schuppe von Corvina nigra. 33. Silberartiger Stoff. (Annales des sciences naturelles, Juin, 1839). EITE EI I 21 e ee I] Ueber die Petroleumquellen bei Yay-nan⸗ gung, in Birma, erzaͤhlt der Americaniſche Miſſionaͤr Howard Malcolm in der Beſchreibung feiner Fahrt auf dem IJrawaddy: „Am 28. Ju— ni vor Sonnenuntergange kamen wir nach Yay-nan⸗gung, ein wer gen ſeines Handels mit Petroleum wichtigen Dorfs. Da die 256 Quellen des Petroleum nur Dreiviertelftunden entfernt waren, fo machte ich mich gleich auf, fie zu beſuchen. Der Weg war von Ochſenkarren ſehr befahren und kreuzte oft das jetzt trockne Bett des Fluͤßchens, wovon das Dorf den Namen hat. Eine ddere, unebnere Gegend kann man ſich kaum vorſtellen. Die Felſen ſind Sandſtein, Puddingſtone und Verſteinerungen; der Boden Sand und blauer Thon. Kleine Hügel ſteigen an allen Seiten ſteil in die Höhe, wie Wellen in einer bewegten See, unfruchtbar und unangenehm anzuſehen. Nur ein Gewächs ſchien einen ihm güunſti⸗ gen Boden zu finden ; es glich einer (Prickly-pe-r), erreicht eine Hohe von dreißig Fuß und einen Stamm von! Fuß Durchmeſſer — Die Brunnen ſind ſehr zahlreich; man giebt mehr, als vierhundert an auf einem Raume von etwa zwölf Engl. Quadratmeilen. Sie ſind von 200 — 300 Fuß tief und von geringem Kaliber. Die Temperatur, wenn der Inhalt in die Höhe gezogen wird, iſt 89° F. Die Arbeiter laſſen ſich nicht in den Brunnen zum Schoͤpfen bins ab, ſondern man läßt einen irdenen Topf hinunter, und dieſer wird über einen auf der Brunnenoffnung gelegten Baum von zwei Männern, die mit dem Stricke auswärts gehen, hinaufgezogen. Der Topf wird in einen kleinen Pfubl ausgeleert, wo das reichlich beigemiſchte Waſſer ſich ſenkt und das Oel rein abgeſchoͤpft wird. Es wird in irdene Toͤpfe gefaßt, die etwa dreißig Pfund enthals ten. Der Preis war zwei Tikal für 2; Viss oder 2 Schilling Sterl. für etwa 10 Pfund. Ein Brunnen giebt mit drei oder vier Arbeitern täglich 400 bis 500 Viss, zuweilen erhält man 700. Der Betrag haͤngt von der Quantitaͤt Waſſer ab, welches mit dem Oele in die Hoͤhe gezogen wird. Ueber die eigenthuͤmliche Bildung des Kopfes des Aegyptiſchen Menſchenſchlages, welche ſich auch bei deren Abzweigungen, der Hebraͤiſchen, Phoͤniciſchen und Arabiſchen Race, findet, hat Herr Dureau de la Malle 1833 der Academie zu Paris eine Mittheilung gemacht, welche wir im 35ften Bde d. Not. S. 9. mit Abbildungen mitgetheilt haben. Hierzu fuͤgte er in der Sitzung vom 25. November 1839 die Mittheilung, daß Herr E. Boré, Orientaliſt, welcher jetzt in Perſien und Kurdiſtan reiſ't, auch dort dieſelbe Bildung (hochſtehenden Gehoͤrgang) gefun⸗ den habe, wie es Herr Dureau fruͤher, nach alten Denkmalen, in Bezug auf die Chaldaͤer, Kurden und Meder nachgewieſen hatte. Er ſchließt daraus, daß ſich auch in den ppyſiſchen Merkmalen jetzt, wie früher, eine Uebereinſtimmung der beiden Racen, oder vielmehr der beiden Zweige einer und derſelben Race, finde, während die Ue— bereinſtimmung der Sprache nicht minder einen Urſprung aus einem gemeinſchaftlichen Stamme bezeugen. Die Kurdiſchen und Chaldaͤiſchen Fuͤhrer des Herrn Bors konnten ſich, wenn ſie ihr Patois ſprachen, mit den Juden verftändigen, wenn dieſe die He⸗ braͤiſche Schriftſprache ſprachen. (Gaz. méd. 1839, No. 48.) * H e Ma ee Ueber die Wirkung der Atmoſphaͤre auf Krank— heiten. Die aͤltern Phyſiker, ſagt Dr. Sigmond in feinem Werke uͤber den Gebrauch des Queckſilbers, ſchrieben der Sonne und dem Monde einen ſehr bedeutenden Einfluß auf den Menſchenkoͤrper zu, und Dr. Mead hat eine ſehr merk: wuͤrdige Sammlung von Fällen aufgezeichnet, aus denen ſich die Einwirkung der Planeten auf den menſchlichen Or— ganismus ergeben ſoll. In neuerer Zeit haben Theorie und Erfahrung dargethan, daß, wenngleich die Paroxysmen und Perioden der Krankheiten gewiſſen Geſetzen unterliegen, den— noch kein Grund zu der Annahme vorhanden iſt, als ſeyen die Himmelskoͤrper irgend dabei betbeiligt , indem die Der: anderungen in der Atmoſphaͤre die Veranlaſſungsurſache find. Bei beſondern Zuſtaͤnden der Luft herrſchen epidemiſche Krankheiten; das Heilverfahren muß, je nach der Verſchie— denheit der veranlaſſenden atmoſphaͤriſchen Potenzen, Abaͤnde— rungen erleiden, und die Arzneimittel verlieren unter ſolchen Umſtaͤnden öfters ihre Kraft, ja wirken wohl ſchaͤdlich. Bei ſchoͤnem hellen Wetter greifen die Mercurialmittel ſelten den Darmcanal an, fo wie fie dann auch nur ausnahmsweiſe jene geiſtige Niedergeſchlagenheit hervorbringen, welche deren Gebrauch bei truͤbem, feuchtem Wetter nach ſich zieht. Dieß rührt keineswegs lediglich daher, daß der letztere Zus ſtand der Atmoſphaͤre die Circulation von der Peripherie des Körpers mehr nach den innern Theilen zuruͤckdraͤngt und die Hautthaͤtigkeit hemmt, indem ſelbſt das Eältefte Wetter, wenn es nur trocken iſt, die Verordnung von Mercurialmitz teln nicht verbietet. Jener Umſtand ſcheint gewiſſermaßen 267 mit dem electriſchen Zuſtande des Körpers zuſammenzuhaͤngen. Bei feuchtem, nebligem Wetter geraͤth bekanntlich der Or— ganismus in einen abgeſpannten und abgeſtumpften Zu— ſtand, waͤhrend bei heiterem, wenn auch noch ſo kaltem Wet— ter das Gefuͤhl von heiterer Lebensthaͤtigkeit den ganzen Körper durchdringt. Im erſtern Falle entzieht uns die At— moſphaͤre die Electricitaͤt viel ſchneller; im letztern iſt die Luft ſo trocken, und deßhalb ein ſo ſchlechter Leiter, daß ſie uns im Beſitze unſerer Eigen-Electricitaͤt laͤßt; deßhalb er— hebt ſich der Geiſt an heiter-kalten December- und Ja— nuartagen ſo frei, und deßhalb fuͤhlt er ſich an truͤben, duͤ— ſteren Novembertagen wie gelaͤhmt; deßhalb iſt der Franzoſe lauter Leben, der Hollaͤnder phlegmatiſch, der Englaͤnder kei— nen Tag wie den andern, bald von Hoffnung und Froͤhlich— keit uͤberſprudelnd, bald mit ſich und der Welt unzu— frieden. Bei feuchtem Wetter ſollte man mit dem Verordnen von Mercurialmitteln ſehr vorſichtig ſeyn, und wenn der Krankheitszuſtand dieſelben unumgaͤnglich nothwendig macht, hat man auf die Kleidung die groͤßte Sorgfalt zu verwen— den. Bei naßkaltem Wetter traͤgt Jedermann gern Flanell; allein der zweckmaͤßigſte Stoff, mit welchem man den Koͤr— per dann bekleiden kann, iſt Seide. Es giebt wirklich nichts Behaglicheres und der Geſundheit Foͤrderlicheres, das man dann tragen koͤnnte. Bekanntlich kann durch ein vollkommen trocknes ſeidenes Taſchentuch ſelbſt der ſtaͤrkſte Blitz nicht ſchlagen, da Seide ein vollkommener Nichtleiter der Electri— citaͤt iſt. Wenn man ſie daher auf der Haut traͤgt, ſo kann die Luft dem Körper feine Electricitaͤt nicht entziehen. Seidene Weſten, Unterhofen und Strümpfe find während der feuchten Wintermonate in England ungemein zu em— pfehlen. Sie leiſten dem Hypochonder, dem an krankhafter, nervoͤſer Reizbarkeit Leidenden weit weſentlichere Dienſte, als die kraͤftigſten toniſchen Arzneimittel, und wirken auf den Geiſt und Koͤrper weit ſtaͤrkender, als ein gutes Glas Wein. Die Wirkung iſt auch keineswegs voruͤbergehend; es verbrei— tet ſich durch den ganzen Koͤrper das Gefuͤhl der Lebens— kraft und eine angenehme Waͤrme. Bei'm Gebrauche von Mercurialmitteln befinden ſich deßhalb die Patienten, wenn ſie in Seide gehuͤllt ſind, weit wohler, als wenn ſie im Bette liegen bleiben; übrigens iſt die letztere Vorſichtsmaßregel leichter zu haben und anzuwenden, und deßhalb iſt es bei'm Gebrauche aller Mercurialmittel wenigſtens ſehr rathſam, daß der Patient, bis ſie ihre Wirkung gethan haben, im Bette bleibe. Dieß iſt beſonders bei'm Gebrauche des Calomel ſehr anzurathen. Durch Vernachlaͤſſigung der gehoͤrigen Vorſichtsmaßregeln find mehr uͤbele Folgen entſtanden, als durch zu ſtarke Gaben, und man hat die Leibesbeſchaffenheit des Kranken ſtets gehörig in Anſchlag zu bringen. Frauen zimmer von zaͤrtlicher, nervoͤſer, reizbarer Conſtitution wer— den leicht hinfaͤllig, mißmuthig und zur Erfuͤllung ihres Be— rufs untuͤchtig; fie fühlen beftändig Froͤſteln, vergießen leicht Thraͤnen, bekommen zuweilen faſt hyſteriſche Zufaͤlle, und werden von einer allgemeinen Unbehaglichkeit ergriffen, welche unangenehmer iſt, als heftiger Schmerz. Dagegen ſcheinen kraͤftige plethoriſche Individuen, die, in der Regel, in Be— tracht der Beſchaffenheit ihrer Krankheit heftige Schmerzen 268 zu erdulden haben, vom Gebrauche des Calomel durchaus keine ungewoͤhnlichen Empfindungen zu verſpuͤren. Er wirkt indeß auf ſolche Conſtitutionen, in der Regel, ungemein kraͤf— tig, und laͤßt in denſelben, wenn deſſen Anwendung irgend lange fortgeſetzt, oder oft wiederholt wird, eine weit entſchie— denere Schwaͤchung zuruͤck. Die Englaͤnder werden, im Vergleiche mit Individuen anderer Nationen, in der Regel, bedeutend weniger vom Calomel angegriffen, weil ſie ge— woͤhnlich ſehr kraͤftige Nahrungsſtofſe genießen und an Tem— peraturwechſel ſo ſehr gewoͤhnt ſind. Auslaͤnder dagegen ſind gegen die Wirkung dieſes Mittels weit empfindlicher, und koͤnnen in England nur weit ſchwaͤchere Gaben davon vertragen, als in ihrem Vaterlande. Sie haben vor den ſogenannten blauen Pillen und Calomel eine heilige Scheu, und werden, wie geſagt, hier zu Lande von dieſen Mitteln weit ſtaͤrker angegriffen, als in ihrer Heimath *). Einſchnuͤrung des jejunum durch eine angeborne Verlaͤngerung ſeiner Haͤute. Von W. Major. Freitag Morgens, am 8. November 1839, wurde ich zu einer Frau von 37 Jahren, von magerem Koͤrperbau und ſanguiniſchem Temperamente, gerufen, welche ſich uͤber Uebelkeit und einen ſeit zwoͤlf Tagen oͤfters auftretenden dumpfen Schmerz in der Nabelgegend beklagte. Der Schmerz wurde durch Druck nicht vermehrt und war nicht von Fieber begleitet. Tags zuvor war eine ſpaͤrliche Darm— ausleerung vorhanden geweſen. Die Kranke erhielt Calomel und Opium und nachher eine abfuͤhrende Mixtur alle zwei Stunden. Um 3 Uhr Nachmittags wurden, da die Medi— cin ausgebrochen worden war, Fomentationen auf den Un— terleib gemacht und eine Pille aus Coloquinten und Calo— mel gegeben. Um 9 Uhr Abends war keine Darmauslee— rung erfolgt: die Uebelkeit war Nicht vermindert; der Schmerz vermehrt, gegen die linke Lumbargegend ausgebrei— tet und gegen Druck empfindlich; in der linken Lendenge— gend fand ſich durch krampfhafte Contraction der entfprechens den Muskelfaſern eine harte, umſchriebene Hervorragung, welche nachher wieder verſchwand, während andere ähnliche an mehreren Stellen auftraten. Es wurden 10 Unzen Blut aus dem Arme entzogen, die Fomentationen fortgeſetzt; die Pillen, mit Zuſatz von etwas Crotonoͤl, ſtuͤndlich wieder— *) Der Verf. ſcheint nicht gehörig in Anſchlag zu bringen, daß Ausländer, namentlich Deutſche, die in England in die Haͤn— de von Aerzten fallen, welche noch nicht entwoͤhnte Kinder mit Calomel zu behandeln gewohnt ſind, oft in ihrem Leben noch kein Gran von dieſem oder andern Mercurialmitteln ge— nommen haben, waͤhrend blaue Pillen gegenwaͤrtig ein Mittel find, welches viele Engländer fo regelmäßig bei ſich tragen, wie Tabaksraucher ihr Feuerzeug. Wer geneigt iſt, Experimente an ſich anzuſtellen, der verſuche ſein Heil einmal auf dem Continente mit einem reiſenden Engliſchen Arzte; derſelbe wird ihn bei den einfachſten Krankheiten mit Mercurialmitteln behandeln, welche Störungen in feinem Organismus hervor⸗ bringen, die er vorher nie gekannt hat. D. Ueberſ. 259 holt, und ein Clyſtir gegeben aus Terpenthin, Bitterſalz, Opium und Gruͤtze. Am 9. Novbr, Um 10 Uhr Vormittags ließen, nach einer unruhigen Nacht, die Symptome ein Wenig nach; die Verſtopfung dauerte fort, und die Krampfſchmerzen waren nicht gemildert. Die Kranke erhielt einen Theeloͤffel voll Tropfen aus Opium, Aether und Kampher, alle 20 Minu— ten und nochmals ein Clyſtir. Um 4 Uhr Nachmittags kei— ne Linderung; der Magen behaͤlt nichts bei ſich. Ein Lini— ment aus Crotonoͤl, Olivenoͤl, Campher und Opium wurde in den Unterleib eingerieben. Um 10 Uhr Abends war der Schmerz betrachtlich vermindert; die Uebelkeit hatte nachge— laſſen; das Liniment wurde fortgeſetzt, und alle zwei Stun— den (von der Waͤrterin ohne Verordnung) 1 Unze Ricinus— öl gegeben - Am 10. Nov, um acht Uhr Morgens, nach einer un— ruhigen Nacht, war noch keine Oeffnung eingetreten; der Schmerz war heftiger und nahm durch Druck betraͤchtlich zu. Blutegel auf den Unterleib und Fomentationen, ein Clyſtir und eine Ricinusemulſion. Um vier Uhr Nachmittags war der Schmerz etwas gemildert, die Uebelkeit ſehr ſtark; ein Ciyſtir ohne Terpenthin wurde wiederholt und ein Blaſen— pflaſter auf den Unterleib gelegt. Am 11. Nov., zehn Uhr Morgens. In der letzten Nacht war auf das Ciyſtir eine reichliche Ausleerung faͤcu— lenter Maſſen gefolgt; der Schmerz hatte nachgelaſſen; die Kranke hat vier oder fuͤnf Stunden geſchlafen. Die Kraͤfte haben am Morgen offenbar nachgelaſſen, dabei Puls 120 und ſtarker Durſt. Es wurde eine Camohermixtur mit Salzen verordnet. Um 6 Uhr Abends trat der Schmerz wiederum ein; der Unterleib war betraͤchtlich aufgetrieben; es erfolgte Erbrechen einer dunkelgrumoͤſen Maſſe; die Fo— mentationen wurden fortgeſetzt und ein ſchmerzlinderndes Ciyſtir gegeben. Am 12. Nov., ſechs Uhr Morgens. Es war ein, wie es ſchien, fünf Monat alter Foͤtus faſt ohne bemerkbare Thaͤtigkeit des uterus ausgetrieben worden, und die, noch einige Stunden zurückbleibende, placenta wurde leicht durch Einfuͤhrung der Hand entfernt. Da die Kranke zu collabi— ren ſchien, ſo erhielt ſie etwas Branntwein, jedoch ohne Er— folg; denn ſeit der Austreibung des Uterusinhaltes wurde das Erbrechen anhaltend, die Kraͤfte nahmen raſch ab und waren bis acht Uhr Abends erſchoͤpft. Bei der Section fand ſich der Magen von Luft und dunkelgrumoͤſen Maſſen betraͤchtlich ausgedehnt; die Daͤrme zeigten keine Spur von krankhafter Veraͤnderung, außer am Anfange des jejunum, welches ſehr blutreich, von dunkelpurpurrother Farbe war, wobei dieſe Faͤrbung vom untern Dritttheile des duodenum bis 3 oder 4 Zoll vom Jejunum herab bis zu einem Puncte vorhanden war, an welchem der Duͤnndarm von einer ſtrangartigen Ver— laͤngerung umgeben war; die von dem vordern Rande des Jejunum entſprang, über die vordere Flaͤche des Dar: mes nach Unten ging, ſich umbeugte, durch eine Oeffnung im mesenterium hindurchging und hinter dem Darme wie— der in die Hoͤhe ſtieg, bis ſie den Anfangspunct erreichte, von wo ſie abermals zwiſchen dem Urſprunge der Verlaͤnge— 270 rung und dem Darme herabſtieg, ſo daß auf dieſe Weiſe ein vollkommener Knoten gebildet wurde, deſſen Loͤſung ſich unmoͤglich zeigte, indem an der Spitze des Stranges ſich ein dreieckiger Knoten fand, welcher zu groß war, als daß er zwiſchen dem Anfange der Verlängerung und dem Dar— me hätte zuruͤckgefuͤhrt werden koͤnnen. Die ſtrangaͤhnliche Verlängerung zeigte ſich bei forgfäls tiger Unterſuchung hohl, indem ihre Cavitaͤt mit der des Darmes an ihrem Anfange, ſo wie mit dem Centrum des hohlen und ſcheinbar mit einer Schleimhaut ausgekleideten Tuberkels an ihrem Ende in Verbindung ſtand. Dieſer Strang erſchien uͤbrigens auch inſofern als eine wirkliche Fortſetzung des jejunum, als fie aus den drei Darmhaͤu— ten beſtand und als — valvulae conniventes auf ihrer innern Flaͤche, in kurzer Entfernung nach ihrem Anfange, deutlich bemerkbar wurden. Die drei Haͤute waren eben fo deutlich an dem Tuberkel, durch welchen der Strang endete. Der Knoten ſchien hauptſuͤchlich durch die hypertrophiſche Muskelhaut gebildet zu ſeyn. Das Praͤparat befindet ſich in dem Beſitze des Herrn Luke, im Muſeum des London Hospital. (The Lan— cet, 30. Nov. 1839.) Ueber Aufbewahrung der Leichen zu anatomiſchen Unterſuchungen, ohne Veraͤnderung der Farbe oder der Dichtigkeit der Gewebe. Von Dr. Ch. Dujat. Bis jetzt iſt es nicht gelungen, die Faͤulniß thieriſcher Subſtanzen zu hemmen, ohne das Ausſehen der Gewebe zu veraͤndern; Alauneinſpritzungen, obwohl ſie in der neueſten Zeit weſentliche Dienſte geleiſtet haben, veraͤndern die In— ſtrumente und verleihen den Muskeln, Gefaͤßen und Venen eine weiße, gleichfoͤrmige Faͤrbung, welche nicht geſtattet, ſie leicht von einander zu unterſcheiden. Ihr Gebrauch iſt da— her auch nicht ſo allgemein geworden, als man dieß haͤtte denken ſollen. Es iſt daher nicht ohne Intereſſe, ein leichtes Verfah— ren kennen zu lernen, wodurch man die Faͤulniß verhindert, ohne das Ausſehen der Theile im mindeſten zu veraͤndern; beſonders unter den Tropen waren bis jetzt anatomiſche Stu— dien ſchwierig, weil in allen Jahreszeiten daſelbſt die Faͤul⸗ niß raſch eintritt; aber ſeitdem Dr. O'Shaughneſſey für die Sectionsuͤbungen von den Arſenikeinſpritzungen Ges brauch gemacht hat, welche Dr. Tranchina zu Palermo erfunden hat, werden die anatomiſchen Studien auf der me— diciniſchen Schule der Eingebornen zu Calcutta ſelbſt mit mehr Leichtigkeit vorgenommen als bei uns. Im verfloſſenen Winter und noch neuerdings in der Ecole pratique zu Paris habe ich mehrere Leichen nach dieſer Weiſe eingeſpritzt; der Erfolg war vollkommen: das Gehirn war nach mehreren Wochen noch eben ſo feſt, wie man es gewoͤhnlich bei Leichenoͤffnungen findet, und die pa— thologiſchen Veraͤnderungen einzelner Organe hatten durch— aus ihr gewoͤhnliches Anſehen behalten. Der Arm einer im letzten März mit Arſenikſolution injicirten Leiche wurde in einem geſchloſſenen Raume aufbewahrt, um die Austtock— nung zu hemmen; drei Monate ſpaͤter war er vollkommen 271 erhalten; ſeitdem iſt er ausgetrocknet, ohne jedoch eine Far: benveränderung erlitten zu haben. Am 11. October unter: drach ich die bereits weit vorgeſchrittene Faͤulniß einer Leiche durch eine Arſenikinjection, und noch jetzt, Ende Novem— ber's, zeigt ſich keine andere Veränderung oder Verſchieden— heit von einer ganz friſchen Leiche, als Abſchaͤlung der epi- dermis. Faulige Präparate, welche in derſelben Fluͤſſigkeit macerirt waren, haben ihren Geruch verloren und ſich voll— kommen erhalten. Man begreift leicht den Vortheil dieſes Verfahrens fuͤr anatomiſche Praͤparationen, ſo wie fuͤr Bereitung natuͤrlicher Skelette und Aufbewahrung der auszuſtopfenden Thierhaͤute. Ich glaubte, Dr. O'Shaughneſſey habe die Arſe— nikeinſpritzungen zuerſt für die anatomiſchen Studien in Ans wendung gebracht; doch iſt mir ſeitdem mitgetheilt worden, daß Profeſſor Dudley ſeit mehr als 15 Jahren in den Vereinigten Staaten die Leichen injicirt, welche in der Schule zu Lexington zu den anatomiſchen Studien dienen; ſelbſt Chauſſier ſcheint dieſes Verfahren angewendet zu baten. Man koͤnnte wegen der giftigen Eigenſchaften in Be— zug auf dieſes Verfahren Beforgniffe hegen; indeß find die Haͤnde nur ſelten bei den anatomiſchen Arbeiten durch die Fluͤſſigkeiten der Leiche benetzt, und dieß dauert jedenfalls nur kurze Zeit; man hat alſo um ſo weniger eine Abſorption zu befuͤrchten, als die arſenige Säure in der Kaͤlte ſchwer loͤslich iſt, alſo groͤßtentheils in den Geweben ſich abſetzt und nur in ſehr geringer Quantitaͤt in der Fluͤſſigkeit zuruͤckbleibt. Die Brforgniife find daher uͤbertrieben, ja ich bin uͤberzeugt, daß Verletzungen bei'm Seciren ſolcher Leichen weniger ges faͤhrlich ſind, als bei friſchen Leichen. Man hat auch eine Entwickelung von Arſenikwaſſerſtoff befuͤrchtet; dieſer kann ſich aber nicht bilden, weil keine faulige Zerſetzung ſtattfin— det; uͤberdieß entſcheidet ſich die Erfahrung gegen jene Be— ſorgniſſe, da zu Paris, Calcutta und Lexington eine große Anzahl Zöglinge an ſolchen Leichen praͤparitt haben, ohne die mindeſte Belaͤſtigung zu erfahren; auch habe ich die Quantitaͤt des erforderlichen Arſeniks von 2 Pfd., welche Tranchina in eine Leiche einſpritzt, auf 4 und ſelbſt auf 2 Unzen reducirt. Mein Verfahren iſt folgendes: 4 Unzen arſenige Saͤure und 3 Pfund Waſſer laſſe ich fünf bis zehn Minuten ko— chen, und ſpritze mit einer gewoͤhnlichen, nicht eingeoͤlten Spritze die Fluͤſſigkeit durch die eruralis oder carotis ein, in welche zuvor die Spitze eines dicken Catheters eingebracht worden war. Da die Spritze nur 1 Pfund Fluͤſſigkeit hält, fo muß man fie drei Mal füllen, um die 3 Pfund Fluͤſſig— keit einzuſpritzen. Die Einſpritzung muß warm geſchehen, 272 weil bei der Abkühlung ein Theil des Arſeniks ſich ausſchei⸗ det. Man muß die Einſpritzung mit einiger Kraft machen, um fie auch in die feinern Gefaͤße zu treiben. Bei den Leichen, welche angiologiſchen Praͤparationen dienen ſollen, laͤßt man die Solution 24 Stunden einwirken, bevor man die Gefaͤße mit Fett oder Harzinjectionsmaſſe ausfuͤllt, was übrigens eben fo leicht gelingt, als wenn die Arfenikinjeca tion nicht vorausgegangen wäre, Für gewöhnliche anato— miſche Arbeiten habe ich bisweilen nur zwei Unzen Arſenik mit zwei Pfund Waſſer eingeſpritzt; da indeß dieſe Quan— titaͤt Fluͤſſigkeit bei großen Leichen nicht in alle Theile eins dringt, ſo habe ich bei ſolchen Leichen bisweilen einzelne Stellen in Faͤulniß uͤbergehen ſehen, während indeß alle uͤbrigen Theile unveraͤndert bleiben. Soll eine Leiche eine unbeſtimmte Zeit hindurch aufbe— wahrt werden, fo muß man die Injection in gleicher Quans titaͤt ein zweites und ſelbſt ein drittes Mal wiederholen, und zwar nach Verlanf einiger Stunden, wenn die vorhergehene de Einſpritzung bereits alle Gewebe durchzogen hat. Ich habe Grund, anzunehmen, daß ein mit 12 Unzen Arſenik getraͤnktes Cadaver fuͤr immer vor Faͤulniß geſichert ſey, wo man daſſelbe auch aufbewahren moͤge. Sublimataufloͤſungen find nicht fo ſicher conſervirend, weil das Salz allmaͤlig zu Calomel und ſpaͤter ſelbſt zum metalliſchen Zuſtande reducirt wird, und in beiden Faͤllen keine conſervirende Kraft mehr beſitzt, waͤhrend alle Verbin— dungen des Arſeniks ſich der Faͤulniß widerſetzen. In der neueſten Zeit iſt Greofotauflöfung, und in Guy’s Hospital Reports, Octob. 1839 p. 142 von den Doctoren Babington und Rees Pyroxalſpiritus empfoh— len worden. Dieſe Fluͤſſigkeiten conſerviren ſehr wohl; ihr unangenehmer Geruch und ihr hoher Preis widerſetzen ſich in— deß ihrer allgemeinern Einführung; die arſenige Säure hat kei— nen Geruch, und die fuͤr eine Leiche erforderliche Quantitaͤt koſtet nicht uͤber 8 Sous. (Gaz. méd. 1839. No. 49.) Mi s ce lh een; Ueber die Natur der Veränderungen der Peyer⸗ ſchen Drüfen bei'm Abdominaltyphus, äußert Dr. St a⸗ beroh aus Berlin, nach ſeinen Beobachtungen uͤber dieſe Krank— heit in Paris, Glasgow und Dublin, die Anſicht, daß die Veraͤnde⸗ rungen primaͤr nur in einer eigenthuͤmlichen Infiltration dieſer Druͤſenfollikeln beſtehen, worauf die Entzuͤndung der Schleimhaut erſt als Reaction gegen dieſe krankhafte Ablagerung ſecundaͤr auftrete. Statt der Sublimatbäder, hat Dr. Hanmann bei Coxarthrocace einfache Waſſerbaͤder von 28 Grad von gleicher Wirkſamkeit gefunden, wenn dieſelben unter gleichen Cautelen, d. h., in einem wohlgeheizten Zimmer und mit nachherigem Einwickeln in erwaͤrmte wollene Decken angeordnet wurden. (Graͤfe's Journ., 28. Bd. 3. Heft.) — — . Bibliographische Neuigkeiten. The Principles of Botany. By W. H. Willshire, M. D. Lon- don 1839. 12. The Students compendium of comparative anatomy comprising the most approved Zoological Classificutions and a Descri- ption of the Osseous, Ligamentary, Musculous, Nervous, Sanguineous, Respiratory and Urinary Systems; together with the Organs of Sense, Digestion, Chylification, Absorption and Generation, in all the invertebrated and vertebrated Classes, from the Monad which commences the Scale of animated na- ture, up to Man, which completed it. By P. Evers etc. Dublin 1839, 8, Observations on medical Education, with a view of legislative Interference. By Richard Jones. London 1339. 8. Observations of Yaws, Leprosy, Tetanus etc. By J. Marwell, M. D, London 1839, 8. —— — äƷ mi9g Neue UMotizen a us deem Gebiete der Natur- und Heilkunde, grtaommett und mitgetheilt von dem Ober- MNebieinatratbe Frortep ju Weimar, and dem Mediemalratde und Profeſſer Frorier u Berlin. No. 282. (Nr. 18. des XIII. Bandes.) Gedruckt im Landes = Induftrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 36 Kr., Maͤrz 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Maenner Ueber das Ausſterben von Menſchenracen. Von Dr. Pritchard. Waͤhrend andere Zweige der Naturgeſchichte mit gro— ſem Eifer ſtudirt werden, bekuͤmmert man ſich verhaͤltniß— maͤßig um den wichtigſten unter allen, die Naturgeſchichte des Menſchen, ſehr wenig. Hierauf aufmerkſam zu machen, bat mir deßhalb wichtig geſchienen, weil taͤglich Gelegenhei— ten, dieſes Studium weiter zu führen, vorkommen, um nie wiederzukehren. Dieß iſt in Betreff anderer Gegenſtaͤnde der Naturgeſchichte und anderer Wiſſenſchaften nicht der Fall. Die verſchiedenen Zweige des menſchlichen Wiſſens ſind ein— ander in Betreff der Dauer ihrer Objecte keineswegs gleich. So beſchaͤftigt ſich die reine Mathematik mit ewig unveraͤn⸗ derlichen Gegenſtaͤnden und Verhaͤltniſſen. Die Wahrheiten, die ſie erforſcht, wuͤrden ſich von aller Ewigkeit her genau ſo ergeben haben, wie gegenwaͤrtig, und ihre Erkenntniß iſt an keinen Ort, ſondern nur an die Intelligenzen gebunden, wel- che die Faͤhigkeit beſitzen, ſie zu ermitteln. Ja, die abſtra— cten Zahlen- und Raumverhaͤltniſſe würden in derſelben Art, wie wir ſie erkennen, beſtehen, wenn auch kein Geiſt da waͤre, der ſie begreifen koͤnnte; doch in Bezug auf den Menſchen, laͤßt ſich vielleicht behaupten, daß die den unorganiſchen Stoff be— treffenden Thatſachen fuͤr ihn ewige Wahrheiten ſeyen, da die Materie an ſich unzerſtoͤrbar iſt, wie ſie, ſo weit wir nachkommen koͤnnen, unerzeugbar und in ihren Grundeigen— ſchaften unveraͤnderlich iſt. Die Ewigkeit der Exiſtenz kommt, nach unſern Begriffen, und Erfahrungen von der Zeit zu urtheilen, dem winzigſten Partikelchen unorganiſchen Stof— fes fo gut zu, als jenen großen Weltkoͤrpern, welche ſchon zahlloſe Generationen nach unwandelbaren Geſetzen ſich durch den Weltraum bewegen ſahen. Mit ſaͤmmtlichen Producten der organiſchen Natur verhaͤlt ſich die Sache durchaus an— ders; fie exiſtiren nur als eine Reihe von aͤhnlichen Indivi— duen, welche nach einander entſtehen und vergehen, ein Ge— ſchick, welches der Menſch mit dem Kraute, von dem er ſich naͤhrt, gemein hat. Die organiſche Natur iſt aber noch ei— No. 1382. n un d. nem andern Wechſel unterworfen. Die Familien, aus denen fie beſteht, haben eine begränzte Exiſtenz, deren Bedingungen in der Beſchaffenheit der aͤußern Natur zu ſuchen ſind. Wenn ſich dieſe geaͤndert hat, muͤſſen nothwendig andere or— ganiſche Thierfamilien, deren phyſiſche Beſchaffenheit zu der neuen Ordnung der Dinge paßt, an die Stelle der alten treten. Es wurde intereſſant ſeyn, zu unterſuchen, ob ſolche Urſachen auf das Geſchick uralter Menſchenracen Einfluß gehabt haben. So viel iſt gewiß, daß gewaltige Landſtri⸗ che, wo nicht die ganze Erdoberflache, einſt von laͤngſt un⸗ tergegangenen Menſchenſtaͤmmen bewohnt wurden, und viele dieſer Racen waren in Anſehung der phyſiſchen Charactere von denen verſchieden, welche heut zu Tage dieſelben Laͤnder bewohnen. Wurden aber dieſe ausgeftorbenen Staͤmme durch climatiſche oder ſonſtige örtliche Veraͤnderungen vernichtet, welche deren Exiſtenz unter den neueingetretenen Umſtaͤnden unmoglich machten? Zur Beantwortung dieſer Frage fehlt es uns an hinreichenden Auskunftsmitteln. Unlaͤngſt ſprach man ſich in Frankreich uͤber eine An⸗ ſicht aus, die, wenn fie gegründet wäre, einen Fall dieſer Art dargeboten haben wuͤrde Die Pariſer geographiſche Geſell⸗ ſchaft ſchrieb einen Preis fuͤr die befte Abhandlung über die Geſchichte der Negerrace aus, welche angeblich die Urbewohner⸗ ſchaft der noͤrdlich vom Himalaya und dem Kuen⸗lun⸗Gebirge gelegenen Laͤnder Mittelaſien's geweſen iſt. Man nahm an, das Vorhandenſeyn eines ſolchen Volkes in jener Gegend ſey durch uralte chineſiſche Geſchichtswerke erwieſen, und wenn feſtgeſtellt wire, daß das hoͤchſte und kaͤlteſte Tafelland der alten Welt das Urland der ſchwarzen wollhaarigen Menſchen ſey, ſo ließe ſich mit Sicherheit ſchließen, daß dort eine be⸗ deutende phyſiſche Veraͤnderung ſtattgefunden haben muͤſſe, indem man gegenwaͤrtig Neger, als einheimiſche Bewohner, faſt nur in den heißen Laͤndern zwiſchen den Wendekreiſen antrifft. Uebrigens zeigte ſich, daß dieſe Anſicht durchaus irrig ſey, und daß das Kuen-lun, deſſen in den alten chineſiſchen Ge⸗ ſchichtswerken als des Wohnſitzes von Negern gedacht wird, nicht das weſtlich von China und nördlich von Thibet lies 18 275 © gende Bergland, dem Sudo= Chinefifhen Oceane liegen und in China denfel: ben Namen fuͤhren. Es iſt durchaus ungewiß, welchen Ur— ſachen man die in der Urzeit ſtattgefundene Entvolkerung großer Landſtriche zuzuſchreiben hat; indeß ſcheinen ich die Umwälzungen, welche dieſes Reſultat zur Folge hatten, über gewaltig ausgedehnte Gebiete erſtreckt zu haben. In den entlegenſten Gegenden Nord- und Oſt-Aſien's hat man Al⸗ terthuͤmer entdeckt, aus denen ſich ergiebt, daß dieſer ganze große Welttheil einſt von Voͤlkern bewohnt ward, deren Namen nicht einmal bis auf unſere Zeit gekommen ſind. Manche derſelben ſcheinen in Civiliſation und Kuͤnſten ziemliche Fortſchritte gemacht zu haben. Man findet ihre Grabmaͤler über die oͤſtlich vom Jeniſey ſich erſtreckenden Gebiete zer ſtreut. In jenen entlegenen Laͤndern trifft man Denkmale dieſer Art in gewaltiger Menge und von praͤchtiger Bauart, die Zierrathen und mancherlei Inſtrumente von Gold, Sil— ber und Kupfer enthalten; z. B., Guͤrtel von edlen Metal— len, Armbaͤnder mit Perlen uͤberſaͤet. In denſelben Grab— milern finden ſich Scherben von irdenen oder porcellanernen Gefaͤßen. Ich kann mich hier nicht mit einer weitlaͤuftigen Darlegung der Gruͤnde beſchaͤftigen, aus denen die Peters— burger Academiker geſchloſſen haben, daß dieſe Ueberreſte von ausgeſtorbenen Voͤlkern herruͤhren, welche lange vor den hi— ſtoriſchen Zeiten dort gehauſ't haben muͤſſen, ſondern will nur bemerken, daß Denkmaͤler, welche daſſelbe beweiſen, auch in der neuen Welt, von den Uferlaͤndern des Ohio und Miſſiſippi, wo man in den Gräbern Skelette findet, die mit denen der Indianer keine Aehnlichkeit haben, bis zu dem ho— hen Tafellande von Titicaca in den Cordilleren Peru's, wo man jene von dem menſchlichen Typus ſo gewaltig abwei— chenden ſonderbaren Schaͤdel antrifft, aufgefunden worden ſind. Selbſt auf den Inſeln Polyneſien's entdeckt man Spu— ren, die auf eine erloſchene Menſchenrace hindeuten, und endlich ſprechen manche Umſtaͤnde dafuͤr, daß auch weitaus— gedehnte Landſtriche Europa's einſt von Menſchenracen be— wohnt worden ſeyen, deren phyſiſche Charactere von denen der Celten, Gothen und anderer aus dem Orient eingewan— derten Indo⸗germaniſchen Nationen verſchieden waren. Ich will nun den Gegenſtand von einer andern Seite betrachten, um welche es mir hier hauptſaͤchlich zu thun iſt. Das Ausſterben der Menſchenracen hat noch jetzt ſeinen Fortgang. Aus was fuͤr Urſachen die uralten Racen auch immer verſchwunden ſeyn moͤgen, ſo wiſſen wir doch, auf welche Weiſe viele Nationen ſeit dem Beginne der hiſtoriſchen Zeiten zu Grunde gegangen ſind. Wie viele ganze Racen ſind nicht ſeit den wenigen Jahrhunderten ausgerottet wor— den, in denen das neuere Syſtem der Coloniſation ſeinen Fortgang hatte! Die Guanchen, jenes zahlreiche Volk, wel: ches die Canariſchen Inſeln bewohnte, exiſtiren jetzt nur noch als Mumien, waͤhrend ihre Grabmaͤler von den Fortſchrit— ten in den Kuͤnſten Zeugniß ablegen und die europäifchen Muſeen bereichern helfen. Die Voͤlkerſchaften und Staͤm— me, welche durch die Eroberung America's durch die Spa— nier untergegangen ſind, laſſen ſich kaum zaͤhlen. Die letzte völlig vernichtete Race iſt die der Charruas, von welcher ich zu ſondern gewiſſe Inſeln bedeute, welche in wg 276 Paris drei dahin als Seltenheiten gebrachte Exemplare ſah. Dieſe Race hat ſehr viel Eigenthuͤmliches, wie man aus der kurzen Skizze derſelben erſieht, welche Don Felix de Azara geliefert hat, uͤber die wir aber nichts Volltändiges beſitzen, noch je beſitzen werden. Das ganze gegenwartig von civiliſirten Nationen eingenommene Ge iet der neuen Welt war vor 3 — 4 hundert Jahren dicht mit eingebornen Voͤlkerſchaften beſetzt. Ein aͤhnlicher Ausrottungsproceß hat ſeit Jahrhunderten in Suͤdafrica ſeinen Fortgang gehabt, wo früher volkreiche Hirtenſtämme der Hottentottenrace in ur⸗ alter Einfalt friedlich in Geſellſchaft ihrer großen Heerden lebten und wanderten, waͤhrend man deren traurige Ueber— reſte jetzt nur noch in den gaͤnzlich verarmten und Wen zahlreichen Buſchmaͤnnern antrifft, die fih von Wurzeln, In⸗ ſecten und Reptilien naͤhren und durch die unbarmherzig Behandlung von Seiten der chriſtlichen Europaͤer voͤllig ent— menſcht und zu blutgierigen Raubthieren gemacht worden ſind. Wo ſich auch immer die Europaͤer niedergelaſſen, ſind die eingebornen Stämme wie vor einer anſteckenden Krank: heit dahingeſchwunden; wo einfache Jaͤger- oder Nomaden⸗ Voͤlker mit den hoͤher civiliſirten, ackerbautreibenden Nationen in Beruͤhrung kommen, iſt ihr Untergang beſiegelt, und dieß ſcheint von der Zeit an der Fall geweſen zu ſeyn, wo der erſte Hirte unter den Streichen des erſten Ackerbauers den Geiſt aushauchte. Da ſich nun die europaͤiſchen Colonieen, zumal in der allerneueſten Zeit, mit Macht ausbreiten, und die durch Ent— fernung und phyſiſche Schwierigkeiten der Coloniſation in den Weg tretenden Hinderniſſe von Tag zu Tag unbedeus tender werden, ſo laͤßt ſich vorausſagen, daß die einer gro— ßen Anzahl von Menſchenracen drohende Gefahr des Aus— ſterbens beſtaͤndig größer und dringender wird, ja, daß im Laufe des naͤchſten Jahrhunderts die Ureinwohner der meiſten Länder der Erde in ihrer urſpruͤnglichen Geſtalt gar nicht mehr vorhanden feyn dürften. Wenn mittlerweile die chriſt- lichen Nationen es nicht für ihre Pflicht halten lernen, eins zuſchreiten und zahlreiche Staͤmme ihrer Art vom gaͤnzlichen Untergange zu retten, fo iſt es in natuthiſtoriſcher Bezie— hung von der groͤßten Wichtigkeit, daß wir uͤber deren phy— ſiſche und geiſtige Charactere weit vollſtaͤndigete Auskunft! erhalten, als wir bis jetzt beſitzen. Eine große Menge phy— ſiologiſcher Fragen, welche ſich auf die Geſchichte der Men— ſchenart und die Geſetze ihrer Fortpflanzung beziehen, ſind bis jetzt noch nicht oder nur unvollſtaͤndig erledigt. Die Pſychologie der wilden Menſchenracen iſt noch nicht gruͤnd⸗ lich und von einem hinreichend aufgeklaͤrten Standpuncte aus ſtudirt worden und doch bedarf man derſelben, wenn die Geſchichte der Menſchennatur und die philoſophiſche Kennt— niß des Menſchengeiſtes nicht luͤckenhaft bleiben fol. Denn wie waͤre hierin Vollſtändigkeit irgend zu erreichen, wenn alle Naturvoͤlker und mit ihnen deren Gedanken und Un: ſichten zu Grabe getragen wuͤrden? Ich kann bei dies ſer Gelegenheit nicht umhin, den Aufruf an die Ge— ſellſchaft der Britiſchen Naturforſcher British associa- tion) ergehen zu laſſen, daß ſie die edlen Bemuͤhungen man— cher jetzt lebenden, aber vereinzelt wirkenden Menſchenfreunde 217 unterftügen möge, welche mehr bezwecken, als das Ausſterben der Menſchenracen, ſo wie es ſich irgendwo ereignet, als geſchichtliche Thatſache aufzuzeichnen, welche vielmehr die Ab⸗ ſicht haben, dieſer traurigen Erſcheinung nach Moͤglichkeit entgegen zuarbeiten ). (Longman’s Chronicle, Dee, 1839. Edinb. new Philos. Journ., Oct. 1539 — Jan. 1840) Ueber die Circulation in den Pflanzen. Ueberſetzt aus dem L’Institut I. Section 7me Annee No. 310. von 8 05 Dogauer, Koͤnigl. botan. Gärtner zu Greifswald. Herr Ch. Morren theilt eine Abhandlung nebſt Zeichnun⸗ gen, welche die Beobachtungen, die er uͤber die Circulation in den Coxrollenhaaren der Marica coerulea gemacht bat. darſtellen, mit, Wir wollen nicht in alle Einzelnheiten der Beobachtungen des Hrn. Morren eingehen, fondern nur erwähnen, welche allgemeinen An⸗ ſichten er hieraus in Hinſicht auf die Circulation in den Pflanzen im Allgemeinen zieht. Aber, um wohl verſtanden zu werden, iſt es hötbig, in wenigen Worten die Anſicht heutigen Tages hierüber zu erwähnen, indem wir den Autor ſelbſt citiren. } „Als Herr Robert Brown die Bewegung des Saftes in den tofenfrangförmigen Haaren der Tradescantia virginica entdeckte, alaubte er, daß die Zellchen mit Luft angefüllt waren (1). Die zahlreichen Unterſuchungen des Herrn Meyer über die Bewegung dieſes Lebensſaftes in den Haaren der Hydrocharis morsus ranae (2) haͤtten ſchon beweiſen koͤnnen, daß hier einiger Irrthum berrſche. N 0 Im Jahr 1832 entdeckte Hr. J. Holland, nach einem Briefe an Hrn. Aikin, die Girculation in den Haaren des Blattſtieles des Senecio vulgaris (3). Er erkannte die innere Fluſſigkeit, und dachte ſich, daß die Kügelchen laͤngs eines Syſtemes innerer Faſern an den Enden und Seiten jeder Zelle circulirten; er erkannte Queer⸗ ftrömungen. Im Jahr 1833 ſtudirte Heinrich Slack von Neuem die Circulation in Tradescantia, Hydrocharis und Peutstemon (4). Er kam auf fie noch in einem Briefe deſſelben Jahres, von Epſom datirt, zuruͤck, und that die Bewegung in der Neſſel, in den Kelchhaaren der Maurandia, in den Corollenbaaren der Veil⸗ chen, der Tulpen dar; er ſelbſt glaubt, daß dieſe Erſcheinung in allen durchſcheinenden Haaren exiſtirt (5). Es iſt wenig von ihm *) Seloſt wenn dieſe Bemühungen vom beſtmöglichen Cr folge gekroͤnt würden, ließe ſich die Reinerhaltung der mit der Civiliſation in Beruͤhrung kommenden Naturvoͤlker in keiner Weiſe erlangen; denn die Vermiſchung mit den einwandernden Racen iſt auf keine Weiſe zu verhindern, wenngleich deren Vernichtung durch Mord, oder indirect durch Rauchen und die Branntweinpeſt, mittelſt weiſer und meuſchenfreundlicher Geſetze einigermaßen gehemmt werden kann. Auch in der Thierwelt bemerkt man ähnliche Erſcheinungen, daß einheimi⸗ ſche Arten vor verwandten eingewanderten Arten ganz ver⸗ ſchwinden, wie dieß in Bezug auf die Hausratte und die Wanderratte, und, wenngleich unter verſchiedenen Bedingun⸗ gen, in Betreff des Auerochſen und zahmen Rindes der Fall iſt. D. ueberſ. 1) Robert Brown, On the sexual organs and impregnation in Orchideae and Asclepiadeae 1831. ee Nova acta Ac. Leop. naturae Curiosorum, Tom. 3) James Holland, Henry Slack and Cornelius Varley, Com- munications relative of the microscope: Trans. for the en- couragement of arts, manufactures and commerce, vol. XLIX., part. II. p. 5. +) Edmund Turell, James Holland and Henry Slack, Impro- vements in the microscope; Trans. for the encouragement of arts, manufacture and commerce, vol, XLIX, 5) Observations on the motion of fluids in plants by Henry Slack, Communications etc. (supra laudata): Trans, of arts, etc. vols, XLIX., part II. 278 bekannt, daß er in dieſer letzten Arbeit erklart, er habe anfangs ges glaubt, die Circulation entftände durch die Einwirkung des Waſſers auf die für das Mikroſcop zubereiteten Theilchen, aus Exosmoſe und Endosmoſe, weil man immer die Haare und Zellen, in welchen die Circulation exiſtirt, unter Waſſer beobachtet; ſpaͤter aber habe er, indem er das Phänomen in Haaren beobachtete, die in Den, Schleim und Salzaufloͤſung getaucht worden und ſelbſt unbefeuch⸗ tet in der Luft geblieben ſcyen, wahrgenommen, daß es auch dort ſich zeige, und daß es aus keinen phyſiſchen oder chemiſchen Urſa— chen abgeleitet werden könne. Nach ihm fand die Circulation in dem Raume ftatt, welchen innere Höblungen zwiſchen ſich und der äußern Wand der Haare und der Säcke laſſen, die die gefaͤrbte (Tradescantia) oder ungefärbte (Senecio Fluͤſſigkeit enthalten. Er ließ den nucteus eine thaͤtige Rolle ſpielen. Die kreiſenden Strömungen gingen nach dieſem, und er war faſt, man muß es eingeſtehen, das Herz der Zellencirculation. Indeß verglich Slack die von ihm in ſo vielen Pflanzen beobachtete gyrfrende Bewegung mit der der Kugelchen in den Algen, Chara und Nitella und ans dern niedern Pflanzen. Im Jahr 1838 ging das Gebiet der Un— terſuchung von England nach Deutſchland über. Herr Meyen 1) beſchaͤftigte ſich beſonders mit der Circulation in den Haaren der Tradescantia ciliata und der Cobaea scandens; die Strömungen finden nicht zwiſchen den von Slack zugeftandenen Membranen ſtatt, ſondern gehen bald gegen die innere Wand der allgemeinen Umhuͤllung, bald gerade mitten durch die innere Hoͤhlung, und der nucleus oder globu'us hat einen bedeutenden Einfluß auf fie. Im Jahr 1837 hatte er bereits die Naturforſcher durch feine Beobach— tungen über die Circulation in den Haaren der Loasa tricolor vorbereitet, feine Ideen aufzunehmen 2). Er erklaͤrt daſelbſt ſchon, „daß die in dieſen Organen beobachtete Bewegung eine einfache, Mo⸗ dification der gewöhnlichen Rotationsſtroͤmungen des Zellenſaftes iſt.“ Er verglich, wie Slack und ſeine Freunde, die Bewegung der Circulation mit der kreiſenden Bewegung der niederen Pflan- zen. Endlich theilte Herr Schult ebenfalls im Jahr 1838 der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris eine Notiz über die Circula— tion in den Pflanzen mit 3), wo er feſtſtellt, daß in den verſchie⸗ den organiſirten (Gefäß⸗Pflanzen) die Rotation des Saftes in den Zellen nur die Circulation iſt, die durch die in den Zellen enthal- tenen, Lebensſaft-fuͤhrenden Gefäße entſteht. Dieß war, faͤhrt Herr Morren fort, ein Lichtſtrahl, welchen zu firiven wichtig war. Herr Schultz hatte ſeine Beobachtungen uͤber eine Menge von Pflanzen, Commelineen und Gampanulaceen angeſtellt. Er theilte mir perſoͤnlich feine Unterſuchungen mit, und ich ſuchte ſogleich das Daſeyn eines Gefaͤßgeflechtes in den Gampas nulen zu bewahrheiten, wo es auch mir nicht ſchwer wurde, es zu finden; aber ich geſtehe, daß man es nirgends fo gut ſieht, als in der Marica coerulea. „Ich bekenne, daß ich mit Herrn Schultz nicht uͤbereinver⸗ ſtanden bin, ſowohl über die Benennungen der verſchiedenen Er: ſcheinungen der Bewegungen des Lebensſaftes, als auch über die Art und Weiſe, ihre Vertheilung im Pflanzenreiche aufzufaſſen. Herr Schultz nennt Cycloſe die Bewegung in den Gefaͤßen, und Rotation die in dem Innern einer Zelle. Aber es wuͤrde viel ein⸗ facher ſeyn, viel gruͤndlicher, wie es mir ſcheint, uͤberhaupt mehr uͤbereinſtimmend mit der gebraͤuchlichen Sprache der Phyſiologie, Circulation zu nennen, was Circulation iſt, ein Strömen in abgeſchloſſenen und anaſtomoſirenden Gefaͤßenz Cycloſe die Bewer gung im Kreiſe im Innern einer Zelle, eines urſpruͤngtich ſphaͤriſchen Koͤrpers, deſſen Durchſchnitt ein Cirkel iſt, und endlich die Benennung Rotation für die Kreiſung zu bewahren, die man bei vielen Pflanzen an globuliniſchen, chlorophylliſchen Koͤrperchen antrifft, die ſich um ſich berum drehen, oder, wie die Infuſorien, um einans der herum wimmeln; dieß ſieht man in den Zellchen der Blaͤtter der Vanilla planifolia und den Staubfäden der Sparrmannia af- ricana, und wie Herr Meyen fagt, in 1000 andern Pflanzen. 1) Meyen, Neues Syſtem der Pflanzen⸗Phyſiologie, Th. II. S. 206. 259. 2) Meyen, Secretionsergane der Pflanzen, S. 43. 3) Llastitut, No. 250, p. 332. a 18 279 Ich glaube, daß die Benennungen weniger Verwirrung verurſachen wuͤrden. Herr Schultz tadelt Herrn Meyen, weil er annimmt, daß in den verſchieden⸗organiſirten oder Gefaͤß⸗Pflanzen zu gleicher Zeit eine Circulation des Lebensſaftes und eine Notation des Intracel⸗ lularſaftes ſeyn koͤnnte. Ich bin überzeugt, durch Erfahrungen und einzelne Beobachtungen, daß der Vorwurf des Herrn Schultz nicht gegründet iſt. Ich glaube, daß die Sache unrichtig aufgefaßt worden iſt, weil die drei Arten von Bewegung, worüber ich wei— ter oben geſprochen habe, nicht genügend unterſchieden worden find. Eben fo iſt es gewiß, daß in den Pflanzen, wo die opo⸗ phoren Gefäße und ihr Saft ſehr ſichtbar ſind, wo ſich der große Kreislauf leicht zeigt, es nichtsdeſloweniger eine Bewegung in den Zellen giebt, welche nicht daher koͤmmt, daß der Lebensſaft-fuh— rende Apparat feine Gefaͤs netze in die utriculi ſendet, noch daher, daß opophore Gefäßapparate beſonders in den Zellen exiſtiren. Zum Beiſpiel, in der Hoya carnosa, wo der Lebensſaft und ſeine Bewegung ſo gut zu beurtheilen ſind, giebt es in den Zellen des Blattes eine Bewegung der Globulinen, die von der Art der Rotation, worüber ich ſchon weiter oben geſprochen habe, iſt; aber dier iſt keine Spur von Zortrücden durch die Gefaͤße. Hr. Va⸗ lentin hat ſchon dieſe Thatſache angegeben I), Hr. Meyen, der eine ahnliche Bewegung in vielen andern Pflanzen feſtgeſtellt, hat ſelbſt die Idee verbreitet, daß dieſe beweglichen Molecule faſt immer bräunlich oder vöthlih und mit denen zu vergleichen find, die ich bei den Cloſterien angegeben hatte 23. Dieſe letztere That: ſache geſtehe ich nicht als ganz genau zu; denn in den ſehr großen Zellen der Blatter der Vanilla planifolia kann man eine ſehr ſtarke Bewegung von gruͤnen Globulinen darthun, welche anhaͤlt, ſo lan⸗ ge die Zelle geſchloſſen iſt; und die Globulinen folgen jeder Rich⸗ tung neben andern, die voͤllig unbeweglich, größer und auch gruͤn find. Kuͤrzlich ſah ich in den Staubfaden der Sparrmannia africa- na große Kuͤgelchen ſich um ſich herum drehen und nach verſchiede⸗ nen Seiten gehen. Dieß ſind rothe Kugeln, wie die Palmellen, und in den Zellen enthalten. Aber in allen dieſen Faͤllen ſind kei— ne Gefaͤße vorhanden. ae muß man erkennen, daß Herr Schultz Recht gehabt hat, das Geflecht als ein wahres Gefaͤßſyſtem zu be⸗ trachten, wo man die Bewegung in vielen Fällen bemerkt, daß man aber nicht gehörig zwiſchen gyrirender und circulirender Fort- bewegung unterſchieden hat. 0 Hier geht der Auctor, um ſeine Meinung zu rechtfertigen, zur Beſchreibung von Einzelnheiten uͤber, wo wir es nicht für anpaſſend halten, ihm weiter zu folgen, und die ſich ausſchließlich auf ſeine Beobachtungen über die Corollenhaare der Narica coerulea be⸗ ziehen. Miscellen. In Beziehung auf die Choroibalbrüfe im Auge der Fiſche hat Hr. Profeſſor Job. Muͤller der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin am 18. Febr. mitgetheilt, daß dieſes Organ, welches den Knochenfiſchen allgemein zuzukommen 1) Valentin, Bericht uͤber die Schleſiſche Geſellſchaft fuͤr va— terlaͤndiſche Cultur. 1833. 2) Meyen, Neues Syſtem der Pflanzen. S. 255. Phyſiologie, Th. II. 280 ſchien, den Fiſchen ohne Nebenkiemen, d. h., ohne Pſeudobranchien, mit denen die Choroidaldruͤſe im innigen Zuſammenhange ſtehe, fehle. Hr. Profeſſor Müller hatte die Chorofdaldruͤſe ſchon bei'm Wels, Aal, Cobitis und Erythrinus vermißt; ſie wurde ebenſo bei mehreren in Weing:ift aufbewahrten Siluroiden mit gro ßen Augen, wie bei den Gattungen Plotosus, Pimelodes, Syno- doutis, vergebens geſucht. Die Gattungen Ophicephalus und Chro- mis ſchienen anfangs eine Ausnahme zu machen, indem ſich bei ih— nen keine Pſcudobranchien, wohl aber eine Choroidaldruͤſe im Auge fanden. Indeß fand der Verfaſſer bei dieſen beiden nachtraͤglich eine ganz verborgene druͤſige Pſeudobranchie, fo daß die Exiſtenz der Pſeudobranchien und die der Ehoroidaldrüfe ſich durchaus ges genſeitig zu bedingen ſcheinen. Auch bei der Gattung Platax fins det ſich die Anfangs vermißte Nebenkieme vor. Von Knochenfi— ſchen mit freiliegenden oder verborgenen Nebenkiemen ſind dermalen 167 Gattungen, von ſolchen ohne Nebenkiemen 27 Gattungen bekannt. Hr. Muͤller (nach den Mittheilungen in Paris) verſichert, daß die ſogenannten Pſeudobranchien der Knochenfiſch-Organe von ganz einenthuͤmlicher Art find, die mit den Reſpirationsorganen nicht zuſammenhaͤngen, indem ſie vielmehr arterielles Blut erhalten und venöfes von ſich geben und die Vene der Pſeudobranchien ſich in vena portarum für das Auge, d. h., für die Choroidaldrüfe, um⸗ ändere. Die Choroidaldruſe iſt ein Gemenge von arteriellen und venoͤſen Gefaͤßen. Der arterielle Theil empfaͤngt das Blut von den Pſeudobranchien und giebt das Blut an die Arterie der cho- roiden; der venoͤſe Theil empfaͤngt das Blut der Venen der cho- roidea und übergiebt es dem venöfen Syſteme des Koͤrpers. Die arteridſen Gefaͤße der iris, des Glaskoͤrpers, der retina kommen vom arteriellen Gefaͤßſyſteme des Körpers, ohne irgend eine Gefäße communication mit dem Gefaͤßſyſteme der Pſeudobranchien und der Choroidaldruͤſe. Die Queckſilber daͤmpfe zur Hervorbringung der Daguerreſchen Lichtbilder anzubringen iſt von dem Da— guerreſchen Verfahren einer der unbequemſten Theile. Abgeſehen von der Schwere des Queckſilbers (2 Pfund) und der Zerbrechlichkeit der Glasflaſche, ſind die Leichtigkeit, mit welcher das Thermometer durch die angewendete Hitze der Weingeiſtlampe zerſpringt, und die Umherſtreuung der unmerklichen Queckſilberkuͤgelchen, welche überall eindringen, ſich an die Finger des Operateurs haͤngen, auf die Ta— fel, wo man die Platten polirt ꝛc., und welche dann Flecken auf die Platten machen und den Verluſt mehrſtuͤndiger Arbeit nach ſich ziehen, ſehr unbequeme Eigenſchaften der urſpruͤnglich Daguerre⸗ ſchen Procedur — Am 2. März hat Hr. Soleil der Acade- mie des Sciences nun folgendes Verfahren mitgetheilt: Man bil det mit einem Theile Silber (welches aus einer Aufloͤſung von ſalpeterſaurem Silber durch Kupfer niedergeſchlagen iſt) und fünf Theilen deſtillirten Queckſilbers ein Amalgam, welches man in eie nem mit geſchliffenem Stöpſel verſchloſſenen Glaſe aufbewahrt. Wenn man Gebrauch davon machen will, ſo ſenkt man einen kleinen ſilbernen Spatel in das Glas, und nimmt ſo viel davon heraus, als hinreicht, um eine ſilberne Scheibe von 4 Centimeter Durchmeſſerr und ein Millimeter Dicke damit zu reiben. Dieſe amalgamirte Scheibe, vom Umfange eines 50 Centimenſtuͤcks, wird auf den leicht vertieften Eiſenblechboden des Queckſilberdunſtkaſtens gelegt; der Docht der darunter geſtellten Campe darf nur aus drei bis vier Fa— den Baumwolle beſtehen und muß die Flamme ſo gehalten werden, daß die Waͤrme immer maͤßig iſt. ee KR N N. Beobachtungen über den Puls bei phthisis pul- monalis. Von W. A. Guy. Es war zu hoffen, daß die Kenntniß von der Einwir— kung der Koͤrperſtellung auf den Puls geſunder Menſchen eine practiſche Anwendung auf Krankheit zulaſſen werde. Die Erfahrung hat dieß beſtaͤtigt. Ich machte meine Beob— achtungen zunaͤchſt bei Lungenſchwindſuͤchtigen, und zwar bei Maͤnnern, weil bei dieſen uͤberhaupt die Koͤrperſtellung merk— licher auf den Puls wirkt, und weil bei ihnen die ſtethoſco— piſche Unterſuchung leichter anzuſtellen iſt. Es wurden Kranke ausgewaͤhlt, bei denen die phthisis ſo unzweifel— haft war, als es überhaupt ohne Leichenoͤffnungen moͤglich iſt. Bevor der Puls unterſucht wurde, blieben ſie jedesmal 281 einige Zeit in Ruhe, fo daf die verſtaͤrkte Frequenz eine Folge der Muskelanſtrengung ſeyn konnte. Es iſt laͤngſt bekannt, daß Beſchleunigung des Pulſes zu den beſtimmteſten Symptomen der Lungenſchwindſucht gehoͤrte. Genauere Beobachtungen ſind wenig bekannt ge— macht; es mögen daher zunaͤchſt einige Bemerkungen darüber folgen. 560 Beobachtungen an 59 Kranken in einem Al— ter von 17 bis 56 Jahren gaben folgendes Reſultat: Mox. Minim. Unterſch. Im Stehen 162 72 90 Im Sitzen 152 65 87 Der Unterſchied iſt hierbei zwiſchen der größten und geringſten Frequenz ſo betraͤchtlich, daß es zweifelhaft er— ſcheint, ob dieſe Extreme derſelben Krankheit angehoͤren. Daß indeß bei phthisis der Puls verhaͤltnißmaͤßig langſam ſeyn kann, ergiebt ſich an einem 56jaͤhrigen Manne, bei welchem der Puls im Stehen 77 und im Sitzen 74 war; doch fanden ſich auch ſehr auffallende Differenzen bei denſel— den Individuen, z. B. Alter Nummer des Im Stehen Im Sitzen Falls Max. Min. Diff. Max. Min. Diff. 17 25 144 110 34 133 108 30 24 13 142 104 38 138 98 2:37. 28 17 150 112 38 148 108 40 23 22 150 112 38 148 108 40 33 15 148 82 66 136 82 54 Als allgemeine Regel findet ſich, daß Verminderung der Frequenz des Pulſes von einer merklichen Beſſerung in den uͤbrigen Symptomen der Krankheit begleitet iſt; der Puls varürt von Tag zu Tag und von Woche zu Woche mit dem ſchwankenden Zuſtande der Krankheit. In dem letzten Falle der ſo eben Angefuͤhrten waren die Verſchiedenheiten des Pulſes von Woche zu Woche ſehr verſchieden, in 10 aufeinanderfolgenden Wochen 142, 93, 108, 132, 144, 96, 82, 112, 129, 148. Von der Regel, daß der Puls bei Lungenſchwindſucht beſchleunigt ſey, giebt es auch Ausnahmen, und es waͤre wichtig, die Verhaͤltnißzahl dieſer Ausnahmen kennen zu ler— nen; dieß iſt jedoch eine ſehr ſchwierige Aufqabe, da bis jetzt die normale Pulsfrequenz bei verſchiedenem Alter noch nicht e e ermittelt iſt. Nach 25 Beobachtungen über en Puls geſunder Männer von 25—30 Jahren im Sitzen ſcheint die hoͤchſte Frequenz 92 zu ſeyn. Nehmen wir nun an, daß dieß überhaupt die größte Frequenz fen, die bei ges ſunden erwachſenen Maͤnnern vorkomme, ſo wird ſich die Verhaͤltnißzahl der Pulsbeſchleunigung bei Phthiſiſchen leicht angeben laſſen, wenn man die Zahl bemerkt, wie oft die Beobachtungen uͤber dieſe Graͤnze hinausgehen und auf ſie fallen. Von 280 Phthiſiſchen zeigten bei ſitzender Stellung 46 eine Zahl nahe der 92; darüber hinaus gingen 234; der Puls iſt alſo über dieſe Graͤnze der Geſundheit immer 5 Mal in 6 Fällen geſteigert; die Frequenz im Stehen zeigt folgende Tabelle. Zwiſchen 70 und 80 in 4 Faͤllen (Min. 72.) 80 — 90 — 22 — 90 — 100 — 29 — 100 — 110 — 37 — 282 Zwiſchen 110 und 120 in 64 Fallen 130 — 140 — 35 — 120 — 130 — 62 — 140 — 150 — 25 — 150 — 160 — 1 — 160 — 170 — 1 — (Max. 162.) In einer fehr beträchtlihen Mehrheit findet ſich da— her der Puls zwiſchen 110 und 150; die geringfte Anzahl iſt 72, die hoͤchſte 162. Hieraus folgt indeß noch nicht, daß eine Ausnahme von der Regel, wonach der Puls bei Schwindſucht beſchleunigt iſt, ſtattfindet; wenn wir annehmen, daß ein Kranker 72 im Stehen und 75 im Sitzen zeige, ſo folgt noch nicht, daß dieſelbe Perſon in geſundem Zuſtande nicht einen noch langſamern Puls hat. Die geringſte An— zahl der Pulsſchlaͤge bei 25 gefunden Männern von 25—30 Jahten iſt naͤmlich 53, und bei einer größern Anzahl von Beobachtungen wuͤrde man gewiß eine noch geringere Fre— quenz als Minimum treffen, und ſo iſt es wohl anzuneh— men, daß bei den Phthiſiſchen mit einem Puls von 65 in geſunden Tagen der Puls 50 und noch weniger Schlaͤge ge— zeigt habe. So lange wir die Frequenz des Pulſes eines Individuums im geſunden Zuſtande nicht kennen, ſo lange koͤnnen wir auch die geringe Frequenz des Pulſes nicht als ei— nen auf der Stelle zu erhebenden Beweis gegen das Vorhan— denſeyn der Schwindſucht anſehen, und es iſt dieſe geringe Frequenz auch nicht gleich als eine Ausnahme von der alls gemeinen Regel zu beobachten, da offenbar eine Steigerung des Pulſes von 45 zu 60 verhaͤltnißmaͤßig ebenſo betraͤcht— lich iſt, als die von 60 zu 120. Andererſeits iſt es auch keinesweges gewiß, daß die Frequenz von 92, welches ich als das Hoͤchſte bei 25 jungen Maͤnnern fand, fuͤr den Zuſtand der Geſundheit nicht zu groß ſey; denn es kann leicht die⸗ ſelbe auf einer krankhaften Beſchaffenheit beruhen, welche der Aufmerkſamkeit des Arztes ſich entzieht. Waͤhrend daher eine geringe Anzahl der Pulsſchlaͤge weder als Ausnahme von der Regel noch als Beweis, daß keine plithisis da fen, betrachtet werden kann, fo iſt im Gegentheil eine betraͤcht— liche Steigerung der Frequenz ein ziemlich wahrſcheinlicher Beweis vorhandener Schwindſucht, ſelbſt wenn alle andern Krankheitsſymptome fehlen. Ich gehe nun zu den Veraͤnderungen des Pulſes durch Veraͤnderungen der Stellung uͤber. Sitzen und Stehen ſind zu ſolchen Beobachtungen am geeignetſten, weil der Unter⸗ ſchied deutlicher iſt und weniger Ausnahmen zulaͤßt, als die Verſchiedenheit zwiſchen Sitzen und Liegen. Selbſt fuͤr ge⸗ ringe Frequenz des Pulſes betragen die Ausnahmen von der Regel, daß der Puls im Stehen beſchleunigter iſt, als im Sitzen, nur s aller File; und je mehr die Zahl der Puls: ſchlaͤge ſteigt, um fo ſeltener werden Ausnahmen, welche ganz verſchwinden, ſo wie man die hoͤhere Frequenz der Schwind⸗ ſucht erreicht. 1 50 Zuerſt muß ich wieder an die Differenzen bei'm gefun: den Manne erinnern; dieſe find folgende: Bei einem Pulſe von sin. ML iſt die Differenz im Sitzen und Stehen 60 80 100 120 le u ] 283 Nehmen wir an, daß die Differenz in demſelben Ver— haͤltniſſe fuͤr die naͤchſten 20 Schlaͤge zunimmt, ſo ergiebt ſich eine Differenz von 34 Schlägen zwiſchen Sitzen und Stehen bei einem Pulſe von 140. Dieſe Zahlen ſind eher unter, als uͤber der wirklich beobachteten Differenz, da die Tabellen, woraus die Zahlen entnommen ſind, auch Puls— beobachtungen von Kindern enthalten, bei denen die Stel: lungsveraͤnderung verhaͤltnißmaͤßig wenig ausmacht. Daß ich die Differenz nicht zu groß angenommen habe, ergiebt ſich auch aus den Beobachtungen uͤber meinen eigenen Puls im 27ſten Jahre, wobei die angegebenen Zahlen jedesmal das Mittel aus 50 Beobachtungen ſind, mit Ausnahme der letz— ten, welche ein Mittel aus 42 Beobachtungen iſt. Frequenz des Pulſes . . . 60 80 100 120 Differenz zwiſchen Sitzen und Stehen . 5 11 23 34 Vergleichen wir die Wirkung der Lageveraͤnderung bei Schwindſuͤchtigen mit der bei Gefunden, fo füllt zunaͤchſt aus, daß die Wirkung, ſtatt mit der Frequenz zuzunehmen, ziem— lich dieſelbe bleibt, bei allen Frequenzen des Pulſes. Frequenz des pulſes Nummer der Beobacht. Max. Min. Mittel — — — — — — — — — Kor 80 4 ROTE Sg 22 10 0 2.54 90 — 100 29 10 0 38% 100 — 110 37 17 0 5,08 110 — 120 4 16 0 4,47 120 1430 62 16 0 455 son =. 190 35 12 0 414 140 — 150 25 20 0 5,80 Es ſcheint hiernach, daß die mittlere Differenz zwiſchen Sitzen und Stehen immer ziemlich dieſelbe iſt, daß das Mi— nimum in allen Fällen gleich O0, das Maximum in keinem Falle gleich der mittleren Differenz bei geſunden Maͤnnern iſt; bei 67 unter 280 Faͤllen, etwa 27 Procent, fand ſich keine Verſchiedenheit zwiſchen Sitzen und Stehen, waͤorend bei geſunden Maͤnnern dieſe Ausnahme nur einmal in 20 Faͤllen, alſo bei 5 Procent, vorkoͤmmt. So wie der Puls bei Geſunden frequenter wird, verſchwinden dieſe Ausnah— men ganz und gar. Die angeſtellten Beobachtungen finden ſich in den bei— gefuͤgten Tabellen, wovon die erſte alle einfachen, die zweite alle mehrfachen Beobachtungen enthaͤlt. Aus der erſten Ta— belle ergiebt ſich, daß bei gleicher Frequenz des Pulſes die mittlere Differenz zwiſchen Stehen und Sitzen bei geſunden Maͤnnern zu der mittlern Differenz bei Phthiſiſchen ſich ver— haͤlt, gleich 13 zu 1. Aus der zweiten Tabelle, welche eine weit groͤßere Anzabl von Beobachtungen enthaͤlt, ergiebt ſich, daß die mittlere Differenz bei Gefunden über dreimal fo groß, als die hoͤchſte und beinahe ſechsmal ſo groß, als die mittlere Differenz bei phthisis iſt; es findet ſich kein ein— ziger Fall, bei welchem die größte Differenz bei phthisis der mittlern Differenz bei Gefunden gleichkaͤme. Es iſt zu bemerken, daß, mit Ausnahme von 2 Fällen, der Puls nicht bei liegender Stellung unterſucht worden iſt. Aus dieſen 2 Beobachtungen folgt aber, daß die Differenz zwiſchen Sitzen und Liegen weit geringer iſt, als die Differenz zwiſchen Ste— hen und Sitzen, naͤmlich: ü 284 Im Stehen Im Sitzen Im Liegen Differenz — — — — — — 112 108 100 4 8 12 144 144 130 0 14 14 136 130 120 6 10 16 135 125 108 10 177 Ich habe auch einige Gelegenheiten benutzt, den Puls phthiſiſcher Frauen zu unterſuchen; die erſte folgender Ta— bellen giebt die Reſultate einzelner, die zweite die Reſultate mehrfacher Beobachtungen. Wuerde BAUS Alter Stehend Sitzend Differenz 3 17 134 132 2 1 46 140 138 2 2 18 140 138 2 4 32 130 130 0 Stehend Sitzend Differenz 1 — — — — — — Nummer des Falls Alter Max. Mein. Meinel. Max. Min, Mittel. Mar. Min. Mittel. — — mm — — — nu — um 4 22 152 137 142 150 132 140 8 0 2.5 5 26 146 134 138 144 134 136 4 0 2 3 34 120 96 108 114 92 101 6 0 4 Dieſe freilich nicht hinreichend zahlreichen Beobachtungen geben aͤhnliche Reſultate, wie bei Maͤnnern; da indeß die Differenz bei geſunden Frauen geringer iſt, als bei geſunden Maͤnnern, ſo ſind die Beobachtungen bei Weibern zur Dia— gnoſe nicht ſo brauchbar. Sollte ſich nun durch Unterſuchung des Pulſes in ans dern Krankheiten mit beſchleunigtem Pulſe und in anderer Beziehung der phthisis aͤhnlich finden, daß die Wirkung der Stellungsveraͤnderung ſo groß oder noch groͤßer iſt, als bei Geſunden, ſo haben wir ein wichtiges Mittel zur Dia— gnoſe der phthisis von den andern Krankheiten. Wenn auf der andern Seite, wie es wahrſcheinlich iſt, die Diffe— renz bei der Stellungsveraͤnderung mehr als einer Krankheit mit beſchleunigtem Pulſe gemeinſchaftlich iſt, ſo erkennen wir aus dem Pulſe allein, daß der Fall zu einer von dieſen Krankheiten gehoͤrt, und wir muͤſſen alsdann andere Unter ſcheidungsmittel aufſuchen. Sollte ſich, z B., die Beobach— tung von Dr. Graves (Dublin Hosp. Rep., Vol. 5), wonach durch Stellungsveraͤnderung bei Hypertrophie keine Differenz bewirkt wird, durch ausgedehntere Erfahrung be— ſtaͤtigen, fo koͤnnten wir dieſe Krankheit von der phthisis unterſcheiden, und zwar, abgeſehen von andern diagnoſtiſchen Huͤlfsmitteln, ſchon durch den Character des Pulſes allein. Wenn auf der andern Seite in einem Falle von Anaͤmie wir einen frequenten, durch Stellungsveraͤnderung wenig af— ficirten Puls finden, fo iſt bierdurch der Fall von phthisis nicht zu unterſcheiden; es muͤſſen andere phyſicaliſche Zeichen zur Diagnoſe zu Huͤlfe genommen werden. Obwohl ich glaube, daß der geringe Einfluß der Stel— lungsveraͤnderungen auf den Puls der phthisis nicht aus⸗ ſchließlich zukoͤmmt, ſo glaube ich doch, daß man dadurch die phthisis von einigen andern mit beſchleunigtem Pulſe ver— bundenen Krankheiten wird unterſcheiden koͤnnen. Es iſt, z. B., von Dr. Knox und Dr. Graves angegeben wor— den, daß bei Schwaͤchezuſtaͤnden der Einfluß der Stellungs— veraͤnderung zunaͤhme; fie haben dieß fuͤr einen guten Schwaͤ— chemeſſer (Aſthenometer) gehalten; beſtaͤtigt ſich dieß, fo ha⸗ 285 ben wir ein leichtes und ſicheres Mittel, von einigen Krankhelten zu unterſcheiden, Schwoͤche hauptſaͤchliches Symptom iſt. Nehmen wir, ſo lange Beweiſe des Gegentheils feh— len, an, daß die Einwirkung der Stellungsveraͤnderung auf den Puls für phthisis pulmonalis characteriſtiſch ſey, fo kann man fragen, was wir dadurch gewinnen; erhalten wir dadurch größere Sicherheit bei vorgeſchrittenen und bei be— ginnenden Fällen von phthisis, auf eine Weiſe, welche durch andere Unterſuchungsmittel nicht zu erlangen iſt? Dieß iſt zu bejahen. Bei ausgebildeter phthisis iſt dieſes Zei— chen nebſt der Pulsfrequenz faſt ebenſo ſicher, als Pectorilo— quie; ebenſo aber auch in friſchen Faͤllen, wo noch keine Pectoriloquie vorhanden ſeyn kann, und wo das einzige Sym⸗ ptom die Schwaͤche iſt. In dieſen ſeltenern Faͤllen werden wie durch dieſes Zeichen unterſtuͤtzt, z. B, in dem sten Falle der zweiten Tabelle. Dieſer Kranke, ein ſtaͤmmiger, geſund ausſehender Burſche, klagte nur uͤber Schwaͤche, welche ſeit einiger Zeit ohne nachweisbare Urſache vorhanden war. Der Kranke war nicht abgemagert, hatte keinen Huſten und kei— nen Nachtſchweiß; die Percuſſion war dumpf mit unvoll: kommenem Reſpirationsgeraͤuſch unter dem rechten Schluͤſ⸗ ſelbeine, dabei keine Spur von Pectoriloquie ; der Puls war beſchleunigt, 126 im Stehen, 122 im Sitzen, alſo mit eis ner Differenz von nur 4 Schlaͤgen. Ich notirte den Fall als phthisis und war überzeugt, daß die Diagnoſe durch den weitern Verlauf beſtaͤtigt werde. Einige Wochen blieb der Kranke in demſelben Zuſtande, indem nur der Puls an Fre— quenz zunahm, und zwar in den aufeinanderfolgenden Wochen, bloße Schwaͤche bei welchen die 126, 156, 148, 150. In der 4ten Woche beklagte er ſich zuerſt uͤber Nachtſchweiße, welche von da an ununterbrochen fortdauerten; in der 12ten Woche ſtellte ſich einige Tage Diarrhoͤe ein, bierauf leichter Huſten ohne Expectoration und undeutliche Pectoriloguje; in der 17ten Woche Blut— huſten mit fpärlicher Expectoration; in der 20ſten Woche abermals Bluthuſten und Vermehrung des Huſtens und Aus— wurfs; deutliche Pectoriloguie. In dieſem Falle gab alfo die Pulsfrequenz mit geringer Differenz bei Stellungsveraͤn— derungen die erſte Andeutung einer Krankheit, welche durch den weitern Verlauf ſehr beſtimmt nachgewieſen iſt. Es iſt wahrſcheinlich, daß bei phthisis, wie bei mehreren andern Krankheiten, die Circulation zuerſt afficirt wird, und die frü⸗ heſten Anzeichen der herannahenden Krankheit giebt. beobachtete ich auch bei einem Falle von Scharlach. Knabe von 12 Jahren, war, hatte einige Zeit uͤber Halsſchmerz geklagt; dieſer ver— ſchwand und der Knabe behauptete, daß er ſich vollkommen wohl fühle. Der einzige Grund, warum ich noch den Aus— bruch des Scharlachs erwartete, war die ungewoͤhnliche Fre— quenz des Pulſes; dieß dauerte 2 oder 3 Tage ohne ein an: deres Symptom, und es folgte ein ſehr milder Ausbruch der Krankheit. Der Werth vorſtehender Beobachtung iſt durch ausge⸗ breitetere Erfahrungen feſtzuſtellen, und ich will vorkommende Gelegenheiten benutzen; indeß ich hoffe, auf einen intereſſan⸗ Dieß Ein welcher der Anſteckung ausgeſetzt 286 ten und practiſch hoͤchſt wichtigen Gegenſtand aufmerkſam gemacht zu haben. Sollte die practiſche Wichtigkeit ſich nicht beftätigen, fo iſt wenigſtens für die Phyſiologie Gewinn zu erwarten. Einſtweilen kann ich folgende Schlußſaͤtze auf: ſtellen: 1) Bei phthisis pulmonalis variiert die Frequenz des Pulſes in weiten Graͤnzen, indem der Unterſchied bis zu 90 95 ſteigt. Bei denſelben Individuen ſchwankt die Pulsfrequenz Kelle indem fie. in wenig Tagen eine Steigerung von 60 Schlaͤgen erleiden kann. 3) In 5 unter 6 Fallen uͤberſchreitet die Frequenz des Pulſes bei phthisis die hoͤchſte Frequenz, welche man bei Geſunden beobachtete. 4] Die Differenz bei'm Stehen und Sitzen in der phthisis iſt ziemlich dieſelbe für alle Puls frequenzen. ) Das Maximum der Differenz beim Stehen und Sitzen in allen Faͤllen von phthisis pulmonalis faͤllt mit der mittlern Differenz und der Geſundheit zuſammen. 6) Nach einer großen Anzahl von Faͤllen ſcheint es, daß die mittlere Differenz bei Gefunden 8—6mal fo groß iſt, als die mittlere und Zmal fo groß, als die größte Dif— ferenz bei phthisis. 7) Angenommen, daß die geringe Einwirkung der Sl lungsveraͤnderung etwas der phthisis pulmonalis Eigen⸗ thuͤmliches fen, fo bildet es eins der conſtanteſten und fichers ſten ihrer Zeichen. 8) Angenommen, daß die geringe Einwirkung der Stel⸗ lungsveraͤnderung mehr als einer Krankheit mit beſchleunig— tem Pulſe eigen fen, fo wird fie dieſe Krankheiten von an⸗ dern unterſcheiden, womit ſie verwechſelt werden koͤnnten, während fie ſelbſt von phthisis pulmonalis leicht zu um: terſcheiden ſind, entweder durch den Puls oder die 1 ſchen Zeichen. 0% 1 - -&i Mitt. Differenz Alter Stehend Sitzend Differenz im geſunden Zuſtande n 156 152 = 40 48 150 150 0 37 230 0 148 148 1 0 36 22 148 142 6 36 21 136 136 0 32 gg 130 130 x 30 38 120 120 0 27 40 120 118 2 27 32 118 118 0 25 24 108 100 8 23 20 103 100 3 21 40 100 99 1 20 39 84 84 0 15 56 77 7 3 12 22 72 70 2 10 Mittel | 118 b 11180 2 | 26 287 2 8 Stehend Sitzend Differenz 3 00 8 BEI 8 — — ee E 1.| 9 20162 10 132 144 104 125,8 18 0 6,31 11.17 280/150 112 131,5 148 1080127 9 04,631 III.] 528150 132 140,6 1481301385 | 10) 2 4,6! 34 IV.] 2 46150 150 150 11461145] 1455| 5 4 4,5 37 v. 23 23150112 125,3 148108 122,33 8 0 3 28 VI. 15 33148 82115, 136 82 104,8 200 00 9 26 VII.] 327148120132 140114126,6 8 2 5,331 VIII.] 2250144112128 (144/1080126 440 229 IX. 26 17144 110125,8 13810812314 0 2,828 Xx. 13 24142 104/123,8133J 96118 9 0 5,8 28 XI. 4 I30| 1381121 |126,7\134|120[124,7| 4 0 2 29 XII. 10 /84|1371106|122,41135|100|118,6| 6| 1 3,8] 28 XIII.] 2 25136 135135,5 130|125]127,5| 10) 6| 8 | 32 XIV.|10 |86| 136)110| 120,61 132106] 117,2| 6| 0] 3,427 XV.] 2 21134/120127 128116122 6 4 5 29 XVI.] 3 40134120126 \124]114)119,3] 10) 4] 6,6 28 XVII. 8 30134/100113, 128 96]102,2| 16 0 52) 25 XVIII.] 245134130132 132124128 60 0 3 [31 XIX. 6 2332116 125,7 132112121 8 0 4,5 28 XX. 3 31/130 124 126,6 122118120, 8 / 6 29 XXI.] 3 23 128] 111] 116,7|116|103[109 120 3] 7,6 26 XXII. 4 2028 96108 124 92ſ102,5] 4 0| 3 23 XXIII. 3 320128114120 120100 110,3] 147 9,727 XXIV. 235128114121 126 114/120 2 0 1 27 XXV. 5 25/127 99118 122 96ſ112,4] 12 0 5,6 26 XXVI.] 227 126 120123 120 120/120 6 0 3 27 XXVII. 2371241411 122110146 4 2 3 27 XXVII.] 7 3301200 811007114] 76 98 6 5 4,421 XXIX. 228120102111 120100110 2001 24 XXX. 3 181118] 96110 114 92/1067] 4 2 3,324 XXXI. 518116 881 102,4114/ 88100 8] 4/ 0 1,60 20 XXXII. 3 211160106110 106 96100 101010 24 XXXIII. ] 335112 96 104,3 108 90) 100 6 34,22 XXXIV.| 226112110111 |104]102| 103 8 8| 8 |20 XXXV. 2 32112011011 112/101 106,5] 9) 0 4,5 24 XXXVI.] 2 52108] 90 99 108] 82 95 8 0 4 20 XXXVII. 1742 108] 820 94,8 108| 82] 92,9] 80 0 1,9| 19 XXXVIIII 2 29 107 100 103,5 100 100100 | 7! o| 85521 XXXIX. 3 30102] 880 94 96 78 86 10 68 18 XL 5 20 96 80 90 4 92 80 88,4] 6 012 17 XLI. 6 37 90 84! 865! 88 76! 82 8 1! 4,51 16 — Mittel. 1260107117 1280/108102 |8,1711,814,62] 26 — — 288 Mreeeetenen Operation der Varicocele von Reynaud. Man faßt mit beiden Haͤnden den Saamenſtrang der kranken Seite, iſolirt das vas deferens und ſchiebt es gegen den penis zuruͤck; hierauf 3 bildet man mit dem Zeigefinger und Daumen der linken Hand eine Falte in der Scrotalbaut, welche die Saamengefaͤße und Nerven enthält. Durch die Baſis dieſer Falte wird eine gebogene Nadel mit gewichstem Faden durchgeſtochen. Laßt man nun die Hautfalte los, fo zeigt ſich zwiſchen dem Ein- und Ausſtichspuncte ein Zwi⸗ ſchenraum von etwa einem Zoll, auf welchen ein kurzer, dicker Sharpiecylinder aufgelegt wird, über welchen man den Faden knüpft und mit einer Schleife bindet, damit er noͤthigenfalls geloͤſ't und auf's Neue gebunden werden kann. Auf die Stichwunden legt, man Ceratlaͤppchen und darüber eine einfache Compreſſe. Der Patient bieibt im Bette, unterſtuͤtzt das Ecrotum mit einer Unter— lage und wird mit kuͤhlenden Getraͤnken und Lavements behandelt. Wenige Tage nachher zeigt ſich Entzuͤndung in der Umgebung der Ligatur, gewöhnlich leicht, fo daß ein Feſterbinden nicht verhindert iſt; iſt die Entzündung aber heftig und ſehr ſchmerzhaft, ſo loͤſ't man die Ligatur, beſeitigt die Entzuͤndung und bindet auf's Neue; dieß erfordert zwei oder drei Tage Zeit. In dem Maaße, als die Weichtheile getrennt werden, zieht man die Ligatur feſter zuſam— men. Gegen den funfzehnten bis achtzehnten Tag ſind Gefaͤße und Nerven durchſchnitten und es bleibt nur noch die Haut zu trennen, was auf der Hohlſonde durch einen Schnitt geſchieht; dieſe einfache Wunde heilt raſch, und in etwa fuͤnfundzwanzig Ta— gen nach Beginn der Operation iſt die Heilung erreicht. Zwei Fälle beftätigen dieſes Verfahren. (Journ. de connais. med, Fevr. 1839.) Eine intereſfante Thatſache für medicina foren- sis enthält die Gazette des Tribunaux: Auf das Geruͤcht, daß eine Frau Saillot heimlich niedergekommen ſey, begiebt ſich die Polizei am Sonntag, 3. Nov. 1839, Vormittags in ihr Haus; ſie muß zugeſtehen, daß ſie am vorigen Abende niedergekommen ſey, verſichert aber, daß das Kind nicht gelebt habe; ſie geſteht ferner, daß ſie, um die Niederkunft zu verbergen, das Kind von ihren Schweinen habe auffreſſen laſſen. Das Gericht unterſucht den Stall und findet daſelbſt Knochenfragmente eines Kindsſchaͤdels. Man ſchlachtet die beiden Schweine und findet im Magen derfelben die Ueberreſte eines Kindskoͤrpers und namentlich die Lungen. Dr. Anquetil, einer der Aerzte, thut dieſe Reſte in einen Eimer, um fie zu reinigen und bemerkt, daß die Stucke der Lunge ſchwimmenz er verfolgt nun die Lungenprobe und erhaͤlt die Ueberzeugung, daß das Kind gelebt habe. Am folgenden Tage wird ein zweiter Arzt binzugerufen, und aus ihrer Unterſuchung ergiebt ſich: 1., daß die Fragmente und Stuͤcke des Foͤtus einem reifen Kinde angehörten ;' 2. daß fie einem ziemlich ſtarken Kinde angehoͤrten; 3. daß das Kind geathmet habe, aber die Reſpiration und folglich das Leben von kurzer Dauer geweſen ſey. Die Frau, von Neuem befragt, geſtand nun auch ein, daß das Kind gelebt habe. ——— —_ Bibliographische De L’homme animal. Par le Docteur Felix WVoisin. Paris 1840. 8. (Mit befonderer Beruͤckſichtigung der Gall’ » und Spurzheim'ſchen Lehre.) Introduction au Magnetisme, examen de son existence depuis les Indiens jusqu'à l’&poque actuelle, sa theorie, sa pratique, ses avantages, ses dangers et la nécessité de son concours avec la médecine. Par Hub. Gauthier. Paris 1840. 8. Nen wteiken Recherches cliniques sur l’auscultation des organes respiratoires et sur la premiere periode de la phthisie pulmonaire. Par le Docteur J. Fournet. Ouvrage couronne en 1837, au concours des höpitaux de Paris. Paris 1840. 8. Pharmacopoea Danica, Regia auctoritate a collegio sanitatis re- gio Hafniensi edita. Hafniae 1840, 8. (Die letzte Daͤniſche Pharmacopoͤe war von 1805.) — —— . UH:h06 Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgeheilt don dem Ober- Medicinalratde & reriep zu Wamar, und dem Me icinatrarı und Preteſſer Freter zu Bertin Mo. 283. (Nr. 19. des XIII. Bandes.) März 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthylr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. — ——— — — — — — Wa un E n Ueber die Lebensweiſe der mit Gehaͤuſen verſehe— nen Weichthiere aus den Gattungen Achatina und Phasianella, Von F. Logan Efg., Chirurgen der K. Marine. Die nachſtehenden Beobachtungen wurden im J. 1830 bei den Inſeln de Loß und am Rio Nunios angeftellt und beziehen ſich auf zwei Molluskenarten, von denen die eine der Gattung Achatina, die andere der Gattung Phasia- nella angehört. Der etwa 7 Breitegrade vom Aequator und 4 engl. Meilen von der arricanifchen Küfte liegenden De Loß⸗Inſeln find drei, wenigſtens find nur 3 wichtig ge— nug, um bier beruͤckſichtigt zu werden. Sie bilden zuſam— men ein Hufeiſen, welches einen trefflichen Hafen umſchließt. Auf denſelben fanden ſich 2 Arten der ſchoͤnen Muſchelgat— tung Achatina in großer Menge. In Geſtalt und Größe ſtanden beide einander ſehr nahe; dagegen waren ſie in der Faͤrbung ſehr verſchieden. Die ausgewachſenen Muſcheln hatten 4 Zoll Länge und an der Oeffnung 14 Zoll Weite. Andere, die erſt das erſte Stadium des Wachsthums voll— endet zu haben ſchienen, waren nicht uͤber 1 Zoll lang. Der Umſtand, welcher mir als merkwuͤrdig erſchien, und wel— cher zur Entdeckung der nachſtehend angeführten Thatſachen führte, war, daß viele derſelben ſich im Zuſtande der Er: ſtarrung befanden. Bekanntlich ziehen ſich in kaͤltern Him⸗ melsgegenden die Helices, ſo wie, meines Wiſſens, alle Schaalenſchnecken, welche auf dem Lande leben, zu An⸗ fange des Winters an geſchuͤtzte Orte, unter alte Mauern, Steine, in Felsritzen ꝛc. zuruck, und bereiten ſich eine kalk— erdige Schicht, welche die Oeffnung der Schaale genau ſchließt, worauf fie in einen Winterſchlaf verfallen und er: ſtarren. Bevor ich obige Erſcheinung beobachtete, nahm ich, nach der wohl allgemein uͤber dieſen Punct herrſchenden An— ſicht, an, die Kaͤlte ſey der einzige Grund der Erſtarrung No. 1383. dieſer Thiere, und die Natur habe ihnen die Faͤhigkeit gege— ben, jenen Deckel zu ſecerniren, um ſich vor der Kaͤlte zu ſchuͤtzen und andere Schaͤdlichkeiten, z. B., Inſecten und Wuͤrmer, waͤhrend des Winterſchlafs von ſich abzuhalten. Unter dieſer Breite aber, kaum 7 Grad vom Aequator, herrſcht kein Winter, gegen welchen ſie des Schutzes beduͤrf— ten oder der ihre Erſtarrung durch Kälte herbeifuͤhren koͤnn— te; dennoch findet man ſie hier, wie in Europa, in einem unbeweglichen Zuſtande, und wie es ſcheint, erſtarrt in ihre Schaalen zuruͤckgezogen und mit einem rein weiten feſten kalkigen Deckel geſchuͤtzt, welcher genau auf die Oeffnung der Schaale paßt, und mit einem ſchleimigen oder leimarti— gen Stoffe befeſtigt iſt. Dieſer Deckel haͤngt nirgends mit dem Thiere zuſammen, ſondern fällt, nach kurzer Maceration in warmem Waſſer, von ſelbſt ab, fo daß die Oeffnung der Schaale ſich glatt und ganz zeigt. Nachdem ich durch dieſe Beobachtung die Thatſache feſtgeſtellt hatte, daß wenigſtens in dieſen Breiten die Er— ſtarrung nicht von Kälte herruͤhren koͤnne, würde ich mich mit dieſem Reſultate begnuͤgt haben, wenn ich nicht an denſelben Stellen, naͤmlich in Felſen- und Baumritzen und unter Steinen, unter jenen, mit einem Deckel verfehenen und im Zuſtande der Erſtarrung befindlichen Schnecken hin und wieder Exemplare getroffen haͤtte, denen der Deckel fehlte, und welche ſich anſcheinend im Zuſtande der Thaͤtig— keit befanden. Dieß war in der Woche vor Weihnachten, wo das Wetter an dieſen Kuͤſten am heißeſten iſt, der Fall; und da ich daruͤber im Zweifel war, ob ſich dieſe letztern Exemplare nicht ſo eben in jene Schlupfwinkel begeben hits ten, um gleich den andern dort in Erſtarrung zu verfallen, oder ob dieſer Zuſtand bier zu Lande vielleicht von keiner beſondern Jahreszeit abhaͤngig ſey, ſo erkundigte ich mich bei mehreren Eingebornen, von denen Viele etwas Engliſch ſprechen, wo man dieſe Thiere etwa freſſen ſehen konnte. Ein Mann meinte, ſie verließen ihre Schlupfwinkel immer 19 281 erſt nach Sonnenuntergang, und man muͤſſe ſie dann mit der Laterne ſuchen. Ich nahm ihn alſo zum Fuͤhrer und machte mich mit ihm des Nachts auf den Weg. Wir hat⸗ ten noch nicht lange geſucht, ſo rief mein Fuͤhrer: Hier ſind, glaube ich, Schnecken, und dabei zeigte er auf drei kleine glaͤn— zende Körper, deren Obertheile etwa 22 Zoll von einander abſtanden, waͤhrend die untern Enden nicht über 4 Zoll von einander entfernt zu ſeyn ſchienen. Sie hatten etwa die Staͤrke einer duͤnnen Federſpule und warfen das Licht mit ſolcher Kraft zuruͤck daß ſie ſich genau ſo ausnahmen, wie zwei glänzende Silberſtaͤbchen. Dieſe waren die zwei langen Fuͤhlhorner der Schnecke, und nur durch ſie wurden wir wohl in den Stand geſetzt, das Thier bei Nacht zu fin— den. Wir bemerkten, daß dieſe Schnecken an den zarten Trieben und Blättern uͤppig vegetirender Pflanzen, und zwar meiſt in der Nähe der Wurzeln abgeftorbener Baͤume oder neben ſchatten gebenden Pflanzen fraßen, wo der Pflanzen: wuchs den E:äftigften Fortgang hatte und die Schnecken ſich zugleich in der Nachbarſchaft ihrer Schlupfwinkel befans den. Nachdem ich eine hinreichende Anzahl von Exempla— ren verſchiedener Groͤße zuſammengebracht und mit einander verglichen hatte, fand ich, daß das Thier, um ſeine volle Größe zu erlangen, ſechs Stufen des Wachsthums durchlau— fen muß, und als ich diejenigen unterſuchte, welche ſich im Zuſtande der Erſtarrung befanden und mit einem Deckel ver⸗ ſehen waren, erkannte ich auch an dieſen dieſelben ſechs Stu— fen der Groͤße, waͤhrend bei allen die Lefze oder der Rand der Oeffnung des Gehaͤuſes feſt und vollſtaͤndig ausgebil—⸗ det war. Dagegen hatte bei manchen der lebensthaͤtigen und waidenden Exemplare der neue Anwachs kaum begon— nen, bei andern faſt ſeine Vollſtaͤndigkeit erreicht; kurz ich fand an ihnen alle Stufen des Fortſchreitens in Anſehung der Erlangung eines neuen Wachsthumsgrades, und der Rand des neuen Anſatzes war gewoͤhnlich ſo weich, daß er der lei— ſeſten Berührung mit dem Finger nachgab. Wenn ich den kalkigen Deckel der ſchlafenden Exemplare beſeitigte, gaben ſie wenig oder keine Lebenszeichen von ſich, außer wenn ſie durch Stechen oder ſonſt gereizt wurden, da ſie ſich denn langſam in die Schaale zuruͤckzogen. Ließ man fie ruhig, ſo kehrten ſie ganz allmaͤlig wieder in ihre vorige Lage zuruͤck. Dagegen zeigten die freſſenden Exemplare eine große Reizbar— keit, indem fie ſich bei der leiſeſten Beruͤhrung mit einem gurgelnden Geraͤuſche ſchnell in ihr Gehaͤuſe zuruͤckzogen. Sich ſelbſt uͤberlaſſen, ſchoben fie fi bald wieder vor, und zeigten ihre Fuͤhlhoͤrner, was die andern nie thaten. Ruͤckſichtlich des Kiemenapparates dieſer Thiere hat Lamarck einige Zweifel erhoben, indem er die Vermuthung aufſtellt, daß ſie ebenſowohl Luft als Waſſer einzuathmen faͤ⸗ hig feyen. Daß viele Arten dieſer Gattung an den Ufern von Fluͤſſen und ſtehenden Gewaͤſſern waiden, iſt allerdings gegruͤndet; allein daß ſie je Waſſer einathmen, iſt keineswegs erwieſen, da wir viele, andern Gattungen angehoͤrende, Thiere kennen, die ſich immer oder faſt immer im Waſſer aufhalten und doch nur Luft einathmen. Haͤtte Lamarck die Sache genauer unterſucht, fo würde er jene Vermuthung nicht auf: geſtellt haben, indem die fraglichen Thiere nur mit niedrigen 292 netzfoͤrmigen Kiemenſchnuren verſehen ſind, die ſich nicht in Geſtalt von Buſcheln, Faͤden, Platten, Kaͤmmen oder ge— faͤßreichen Knochen erheben, und offenbar eine viel zu geringe gefaͤßreiche Oberflaͤche darbieten, als daß das Waſſer auf die Säfte des Thieres gehörig einwirken koͤnnte. Ueberdem iſt mir kein Thier dieſer Gattung je vorgekommen, welches einen Schließdeckel beſaͤße, und dieſes Kennzeichen benutzt doch Lamarck in ſeiner Claſſification der Land- und Suͤßwaſ— ſerſchnecken ſehr richtig als untruͤgliches Beweismittel, daß eine Schnecke lediglich freie Luft athme. Was die Oert— lichkeit anbetrifft, wo man die fraglichen Schnecken zugleich freſſend und ſchlafend findet, fo iſt dieſelbe eine kleine Inſel— gruppe mit ſteilen felſigen Ufern, auf der überall gewaltige Bloͤcke uͤbereinander getbürmt find und deren Oberfläche überz haupt die ſchroffſten Unregelmaͤßigkeiten darbietet. Die ſaͤmmt— lichen Inſeln beſitzen weder ſtehendes, noch fließendes Waſ— ſer, wenngleich aus Quellen treffliches ſuͤßes Waſſer, ſo— wohl fuͤr den Bedarf der Einwohner, als der dort anlegenden Schiffe gewonnen wird. Dieſe Quellen ſpru— deln unten aus den ſteilen Felſen der Kuͤſte, und zwar zum Theil über, zum Theil unter der Fluthhoͤhe, fo daß man an vielen Orten nur zur Zeit der Ebbe oder we— nigſtens halben Ebbe ſuͤßes Waſſer erhalten kann. Viele der obenerwaͤhnten Schnecken wurden ſo weit landeinwaͤrts gefunden, daß ſie wenigſtens 14 Tage lang in derſelben Rich— tung haͤtten fortkriechen muͤſſen, um an's naͤchſte Waſſer zu gelangen, und wenn ſie in dieſes gingen, ſo wuͤrde ſie die Brandung alsbald an den Felſen zerſchmettern. Ich habe vielleicht uͤber dieſen Gegenſtand, nach der Anſicht Mancher, ſchon zu viel geſagt; allein wenn eine irrige Meinung durch eine Autorität, wie Lamarck, verbreitet wird, fo iſt deren Widerlegung um fo dringender und vollſtaͤndiger noͤthig. Zu Ende Maͤrz und Anfang April, drei Monate, nach— dem ich obige Beobachtungen angeſtellt, fand ich an der Muͤndung des Rio Nunios auf den Wurzeln, Staͤmmen, Zweigen und Blaͤttern vieler Mangelbaͤume eine Unterart der Lamarck'ſchen Gattung Phasianella in großer Menge. Diejenigen Exemplare, welche an den Wurzeln und Staͤm— men unter der Fluthhoͤhe ſaßen, hingen an dem Baume nicht feſter, als unſer Turbo litoreus, und gleich dieſem, zog ſich das Thier, wenn man daſſelbe abriß, ſchnell in ſein Haus zuruͤck, waͤhrend es zugleich den groͤßten Theil des in ſeinen Kiemen befindlichen Waſſers ausſprudelte. Dagegen ſaßen die auf den hoͤhern Zweigen und Blaͤttern der Baͤume klebenden Exemplare weit feſter und ließen auch weit weni— ger Waſſer aus den Kiemen fahren, manche faſt gar keines, und man mußte fie bedeutend ſtark mit dem Finger druͤk— ken, um nur etwas zu erhalten. Dieß veranlaßte mich zu einer genauern Unterſuchung, und ich fand bald, daß die meiften von den über der Flutb hoͤhe ſitzenden Schnecken an die Rinde oder Blaͤtter der Baͤume mittelſt eines weißen glaͤnzenden Gummi's oder Schleims völlig feſtgeleimt waren, ſo daß weder Inſecten noch Luft eindringen konnten. Viele derſelben ſaßen ſo feſt, daß die Lefze des Gehaͤuſes abbrach und an der Rinde oder dem Blatte ſitzen blieb, und jeden— falls ließ ſich bei'm Abreißen derſelben ein knackendes oder 293 kniſterndes Geraͤuſch hören, Die Thiere ſcheinen mit dieſem Gummi in großer Menge verſehen zu ſeyn, indem ein glaͤn— zend weißer Streifen den Weg bezeichnet, den ſie gekrochen ſind, ſo daß man die Baͤume, auf denen ſie ſich aufhalten, ſchon von Weitem erkennen kann. Sie ſcheinen geſellig zu leben, indem man nur felten ein einzelnes Exemplar antrifft, und ſie waͤhlen ſich nur gewiſſe Staͤmme zu ihrem Wohn— ſitze. Als ich dieſe Beobachtungen weiter verfolgte, fand ich, daß die an Aeſte oder Blaͤtter geleimten Exemplare, gleich den mit Deckeln verſehenen Achatinae, wenig oder gar keine Lebenszeichen von ſich gaben, bis man ſie ſtach oder ſonſt reizte, worauf ſie ſich in ihr Gehaͤuſe zuruͤckzogen, was ungemein langſam geſchah, wobei einige darunter, eben ſo allmaͤlig, etwas Waſſer fahren ließen, während dieß bei an— dern in kaum bemerkbarem Grade geſchah. Die letztern hatten, meiner Vermuthung nach, ihren Schlaf beinahe vol bracht, da ſie es wohl nicht lange ohne Waſſer in ihren Kiemen aushalten koͤnnen. Es lag mir viel daren, genau zu ermitteln, wie lange dieſe Thiere in dieſem ſchlafaͤhnlichen Zuſtande verharren; allein ich hielt mich an demſelben Orte nie lange genug auf, um dieſen Zweck zu erreichen. Nach obigen Umſtaͤnden zu urtheilen, moͤchte es ſcheinen, als ob die in den erwaͤhnten Gehaͤuſen lebenden Weichthiere zu gewiſſen periodiſch wieder— kehrenden Zeiten, mit denen Clima und Jahreszeiten durch— aus nichts zu ſchaffen haben, in einen ſchlafaͤhnlichen Zu— ſtand verfallen, indem ſie zugleich die Faͤhigkeit beſitzen, die Oeffnung ihres Gehaͤufſes mittelſt eines harten kalkartigen Deckels oder dadurch zu verſchließen, daß ſie ſich mitteiſt ei— nes ſtarkklebenden Gummi's an andre Koͤrper feſtkleben. Ohne dieſe Vorſicht würden fie während ihres unthaͤtigen, erſtarr— ten Zuſtandes binnen wenigen Stunden von den überall ſchaarenweiſe umherziehenden Ameiſen, welche ſelbſt an Stel—⸗ len, wo der Unterſchied des Waſſerſtandes bei Ebbe und Fluth 13 bis 14 Fuß betraͤgt und viele Meilen weit vom trocknen Lande, bis in den Wipfel der Mangelbaͤume hinauf, anzutreffen ſind, aufgefreſſen werden. Das erſtemal, als ich die Mollusken oben auf den Mangelbaͤumen bemerkte, glaubte ich natuͤrlich, daß fie ſich von Pflanzenſtoffen naͤhrten, und daß fie ſich des Freſſens wegen auf die Blaͤtter begaͤben. Als ich dieſe aber ungemein ſorgfaͤltig unterſuchte, konnte ich nirgends eine Spur von Abnagung entdecken, ſelbſt da nicht, wo die Schnecken am dickſten ſaßen. Ich kann daher nicht ſagen, ob ſie ſich von animaliſchen oder vegetabiliſchen Stof— fen naͤhren. Obige Umſtaͤnde veranlaſſen mich zur Aufſtellung fol⸗ gender Fragen: 1 Kennt man genau den Zeitpunct, wo bei irgend ei⸗ ner Art der großen Familie der Weichthiere die Fortpflan: zungsfaͤhigkeit eintritt? 2) Verfallen ſaͤmmtliche Mollusken, bevor fie ihr volles Wachsthum erreichen, öfters periodiſch in ſchlafaͤhnliche Erz ſtarrung? 3) Pflanzen ſie ſich nach jeder Ruheperiode, oder erſt nachdem ſie voͤllig oder beinahe ausgewachſen ſind, fort? 294 4) Wie oft pflanzen ſie ſich vor ihrem Tode fort, nach— dem ſie ihr volles Wachsthum erreicht haben? 5) Laͤßt ſich nicht annehmen, daß waͤhrend jeder dieſer Ruheperioden gewiſſe Veraͤnderungen in ihrem Organis— mus vorgehen, welche denjenigen einigermaßen entſprechen, welche die Inſecten während ihres Puppenſtandes eriei= den, oder wenigſtens das Feſtwerden und die Vervoll— ſtaͤndigung des neuen Schaalenanwachſes bewirken, welcher ſich während der Periode der Lebensthaͤtigkeit und Ernaͤh— rung ſchnell entwickelt hat? Die Beſtimmung der Dauer der Perioden, während deren dieſe Thiere ruhen und lebensthaͤtig ſind, wuͤrde von großem Intereſſe ſeyn, und ließe ſich durch Jeden bewirken, der ſich ein Jahr oder auch vielleicht nur ein halbes Jahr hintereinander an demſelben Orte der heißen Zone aufhielte, da es an Schnecken aus der einen oder andern Gattung wohl zwichen den Wendekreiſen nirgends fehlt ). (Edinb. new philos. Journal, Oct. 1859 - Jan. 1840.) Ueber den Umfang und die Geftalt des Kopfes bei Bloͤdſinnigen; mit Beziehung auf die intellectuellen Fähigkeiten betrachtet. Von Hrn. Desmaiſons-Dupallans. Findet bei Blödfinn ein conſtantes Verhaͤltniß zwiſchen dem Volum und der Geſtalt des Kopfes und der Verhinde— rung der Entwickelung der intellectuellen Fähigkeiten ſtatt? Hr. Desmaiſons hat dieſe Frage durch Beobachtungen und Meſſungen an 12 Bloͤdſinnigen im Bicétre zu entſchei— den verſucht. Bei 9 derſelben iſt der Bloͤdſinn vollkommen; die drei andern befinden ſich in dem Zuſtande, welchen Es— quirol imbeeillite (Geiſtesſchwaͤche) nennt. Die Maxima und Miaima der Maaße, welche Des— maiſons fand, ſind folgende: Millimeter. Horizontaler Umkreis . . 1 571 487 Bogenlinie von der Naſenwurzel bis zum Hinterhauptshoͤcker - N 540 310 Durchmeſſer von Vorn nach Hinten 195 168 Queerdurchmeſſer 5 1 5 157 128 Vorderer halber Umkreis 8 N 310 258 Hinterer halber Umkreis . . 261 239 *) In Bezug auf die Dauer der Ruhezeit (abgefeben von der Winterruhe) mehrerer Helix-Arten, z. B., H. nemoralis, wel⸗ che ſich mittelſt eines erhaͤrtenden Schleimes an Bäumen Ele: ben und dort lange unthaͤtig verbarren, ließen ſich auch in un: form Klima Beobachtungen anſtellen, da dieſe Art von Erſtar⸗ rung auch bei uns in der warmen Jahreszeit ſtattfindet. Die Verſchließung des Gehaͤuſes mancher Arten mittelft einer kalk⸗ erdigen Deckelſchicht, wie Helix Pomatia, geſchieht dagegen in gemaͤßigten Himmelsſtrichen nur bei'm Eintreten der kalten Jahreszeit. Der Ueberſ. 19 * 295 Indem der Verf. die beiden Individuen, an denen ſich dieſe Extreme ergaben, zur Vergleichung waͤhlte, unterſuchte er nun weiter, ob ſich in Betreff ihres Blodfinng eine dem Unterſchiede in den Dimenſionen ihrer Koͤpfe entſprechende Verſchiedenheit zeige, und er fand, daß bei dem Bloͤdſinni— gen mit dem größten Kopfe nicht mehr Inſtinct oder Spur von irgend einer Faͤhigkeit vorhanden ſey, als bei dem mit dem kleinſten Kopfe. Da dieſe Unterſuchungen durchaus an erwachſenen Bloͤd— ſinnigen angeſtellt wurden, bei denen ſich weder Contractio— nen noch Laͤhmung der Gliedmaßen zeigten, auch kein aͤuße— res Symptom auf hydrocephalus ſchließen ließ, fo läßt ſich gegen die erſte ermittelte Thatſache, daß das Volum des Kopfes zunehmen und das Suoßject dennoch vollig bloͤdſianig bleiben konne, auf den Grund der Moͤglichkeit des Vorhan— denſeyns von Waſſerkopf hin, nichts einwenden. Wenn man das Volum des Kopfs bei den Individuen dieſer Reihe vergleicht, welche in Anſehung der Entwickelung der intellectuellen Fähigkeiten die größte Verſchiedenheit dar— bieten, ſo findet man, daß dasjenige, welches den kleinſten Kopf beſitzt, im geeingſten Grade biodfinnig iſt; und daraus ergiebt ſich eine zweite Thatſache, daß naͤmlich bei Bloͤdſin— nigen das Volum des Kopfes der Entwickelung der Intelli— genz nicht proportional iſt. Aus andern Stellen des Desmaiſons'ſchen Artikels ergeben ſich endlich folgende Saͤtze: der Blodſinn iſt zuwei— len ohne Deformitaͤt des Kopfes vorhanden, und wenn das Volum und die Symmetrie des Kopfes die gehörige Be— ſchaffenheit darbieten, laͤßt ſich durchaus keine dem Bloͤdſinne eigenthuͤmliche Deformitaͤt deſſelben nachw iſen. In Faͤllen dieſer Art iſt der hintere Theil des Kopfes eben ſo oft ab— geplattet, als der vordere. (L’Experience, Janv.) 296 ieee e e n Um zu mikroſcopiſchen Unterſuchungen durchſich— tige Abſchnitte von Geweben machen zu koͤnnen, em— pfiehlt Valentin ein Doppelmeſſer. Es beſteht aus zwei ſehr ſcharfen Klingen, welche vermittelſt einer Schieberpincette ein— ander beliebig genähert werden konnen, fo daß der Zwiſchenraum z viſchen beiden ſchneidenden Schärfen immer enger wird, wobei au der Platte, auf der ſich der Schieber bewegt, eine Scale angebracht werden koͤnnte, um ſögleich die Dicke des Schnittes nach einem be— ſtimmt Maaße zu beſtimmen. Das Inſtrument eignet ſich vorzuͤg— lich für Unterſuchungen aller einigermaßen harten Theile des Kor— pers von einiger Größe, ſelbſt des friſchen Gehirns und Rüden marks. Für Pflanzenanatomie iſt es, ſeiner Große wegen, hoͤchſtens zu perpendiculaͤren Durchſchnitten durch Lichenen, durch Blätter und dergleichen brauchbar, aber auch bei der Härte der vegetabili— ſchen Theile im Ganzen nicht nothwendig Es iſt in Bern von dem Inſtrumentenmacher Pluß, für 5 Franzoͤſiſche Franken, zu ha— ben. (Valentin's Repert. IV. 1, S. 30.) Eine Mißgeburt ohne Nabel beſchreibt Retzius in den Jahresberichten der ſchwediſchen Geſellſchaft. Das Kind war voͤllig ausgetragen und hatte mehrere Tage gelebt. Der gewoͤhn— liche Nabel fehlte; indeß fand ſich eine ſchwache Spur der Inſer— tion der Nabelgefäße am obern Rande einer hemiſposriſſhen biut— rothen Geſchwulſt von 2 Zoll Durchmeſſer, welche, bloß vom Bauch— felle bedeckt, 3 Zoll weit in der Dicke des kleinen Fingers hervor— ragte. Dieſe Hervorragung ruͤhrte von einer Ausſtulpung des Duͤnndarms her, welche mit dem Dickdarme nicht vereinigt war; der letztere war ſehr kurz und begann als ein blinder Sack im un— tern Theile der Unterleibshoͤhle; er ſtieg ſodann in's Becken und muͤndete mit 2 großen Oeffnungen am untern Theile der erwaͤhn— ten Geſchwulſt aus. Das iſolirte blind endigende S romanum und rectum waren mit Schleim gefuͤllt. Die Speiſeroͤhre, Magen und Dünndarm, fo wie das pancreas, waren normal. Das mesente- rium heftete ſich etwas tiefer und links uͤber der rechten Niere an. Die Nieren waren normal; die Uretheren muͤndeten zur Seite der Geſchwulſt; die Harnblaſe fehlte; der uterus war geſpalten und durch die unmittelbar darein uͤbergehenden Tuben vergroͤßert; die Schaam— beine fehlten: eine Spur der vagina fand ſich vor dem After, aber ohne Verbindung mit dem uterus. Das Kind lebte einige Tage, ſog und ſchien nichts zu leiden. Urin ging reichlich ab (Dieſer Fall gehört alſo mit in die von mir in meiner Habilitationsſchrift de funiculi umbilicalis defectu Comment. acad, Berol, 1832. zu: ſammengeſtellten Faͤlle. R. F.) aaa — NE „i Ueber die Diagnoſe der beginnenden phthisis. Von Dr. Hughes. Es wird bisweilen gegen die Percuſſion und Auſculta— tion eingewendet, daß die phthisis in ihrem erſten Anfange durch keines der phyſicaliſchen Zeichen erkannt werden kann, ja es kommen Faͤlle vor, in welchen die allgemeinen Erſchei— nungen keinen Zweifel uͤber das Vorhandenſeyn von Lungen— tuberkeln laſſen, bei denen aber die phyſicaliſchen Zeichen feh⸗ len. Dennoch iſt die Erkennung der erſten Anfaͤnge der Tu— berkeln bereits vor der Bronchialreizung von größter Wich— a un tigkeit; es waͤre fuͤr den Arzt von Bedeutung, wenn er, ſelbſt in verhaͤltnißmaͤßig kleiner Anzahl, vor dem Auftreten der allgemeinen Symptome durch Percuſſion und Auſcultation die erſten Andeutungen der vorhandenen Krankheit erhalten koͤnnte. Obwohl ich daher zugebe, daß in manchen Faͤllen von beginnender phthisis wenig oder keine Belehrung aus genauer Unterſuchung der Bruſt zu entnehmen iſt, ſo kann ich doch die Anſicht eines beruͤhmten Arztes nicht theilen, wel— cher glaubt, daß man durchaus auf die allgemeinen Sym— ptome bei der Diagnoſe der phthisis beſchraͤnkt ſey. Man— che Schriftſteller haben ſehr kurz von dem Nutzen geſpro— 237 chen, welcher aus topiſcher Unterfuchung in den ftuͤhern Stadien der Krankheit bezogen werden kann. Die Unter— ſuchungemittel find auch hier Inſpection, Auſcultation und Percuſſion; keines der dadurch zu erlangenden Merkmale in fruͤhern oder ſpaͤtern Stadien der phthisis ift pathognemo⸗ niſch; ihr Werth hängt faſt ganz davon ab, daß ſie zuerſt in einzelnen Theilen der Lunge exiſtiren und allmälig zu den übrigen fortſchreiten, alſo eine Vergleichung der verschiedenen Gegenden der Bruſt zulaſſen, beſonders weil es nachgewieſen iſt, daß die phthisis faſt immer in den obern Theilen der Lunge beginnt und allmaͤlig nach Unten weiter ſchreitet, auch meiſtens mehr einſeitig ſich entwickelt; daher koͤmmt es, daß namentlich in den ſeltenen Fallen, in welchen Tuberkeln in der ganzen Ausdehnung der Lungen abgelagert ſind, die Dia— gnofe ganz fehl ſchlaͤgt. Behufs der Inſpection muß der Kranke vollkom— men ruhig, ohne Muskelanſtrengung, gerade, dem Lichte ge— genüber in einem Bette oder Lehnſtuhle zuruͤckgelehnt, mit zuruͤckgebogenem Kopfe und Schultern ſich halten, fo daß der obere Theil der Bruſt entbloͤßt ſey. Dabei bemerkt man bei uͤbrigens wohlgebildeten Perſonen nicht ganz ſel— ten eine Verſchiedenheit in dem Contur beider Infraclavicu— lar⸗Gegenden, indem die eine voll und abgerundet, die an— dere im Verhaͤltniß eingedruͤckt und flach iſt. Die oft ſehr geringe Verſchiedenheit iſt als Zeichen von geringem Wer— the, dagegen als beſtaͤtigendes Merkmal, in Verbindung mit andern Zeichen, von Wichtigkeit. Laͤßt man nun tief ein— athmen, fo ſieht man die eine Seite wie in gefunden Ta— gen ſich erheben, die andere verhaͤltnißmaͤßig ganz bewegungs— los; dieß iſt bisweilen leichter zu füblen, als zu ſehen, wenn man beide Haͤnde auflegt. Dieſe Abflachung der einen Seite der Infraclaviculorgegenden gehoͤrt unter die fruͤhern localen Zeichen der phthisis, obwohl man fie gewohnlich nur als Beweis einer collabirten Tuberkelhoͤhle betrachtet. Allerdings iſt die Abflachung im Anfange nicht immer vorhanden und in der ſpaͤtern Zeit haͤufig weit ſtaͤrker, als im Anfange; dennoch iſt dieſes Zeichen bei einer ſo ſchwer zu beſtimmenden Diagnoſe, wobei die gewöhnlicher” Zeichen nicht ſelten fehlen, nicht ohne Werth. Die ungleiche Expanſion bei tiefer Ins ſpiration koͤmmt weit haͤufiger vor, als die Abflachung einer Seite, iſt aber, wie mir ſcheint, ein ſehr fruͤher und ſehr häufiger Begleiter der Tub ſerkelablagerung; manchmal geht es jeder Spur von dumpfer Percuſſion voraus. Es haͤngt davon ab, daß einestheils der Raum zum Eindringen der Luft durch Verdickung der Bronchialaͤſte, ſo wie durch Abla— gerung der Tuberkelkoͤrnchen eingenommen iſt, waͤhrend auch Adhaͤſionen in allen Stadien der phthisis vorkommen kön— nen. Das Einſinken kann von Atrophie des unthaͤtig ge— wordenen Lungengewebes und von Schwinden der nicht mehr in normaler Thaͤtigkeit befindlichen Pectoralmuskeln abgelei: tet werden. Die Abflachung einer Seite kann bisweilen ſcheinbar ſeyn, wenn die andere durch partielles Emphyſem aufgetrieben iſt; hier geben die Übrigen Zeichen leicht Aus— kunft. Stokes bemerkt die frühe Abflachung der Infra— claviculargegenden bei der phtllisis ebenfalls und empfiehlt die Meſſung mit dem Taſtercirkel; dieſe iſt indeß weniger ſicher 258 als die Inſpection. Dr. Williams und Andral fpres chen ebenfalls von der Abflachung der Bruſt in der fruͤhern Periode der phthisis. Die Auſcultation gewaͤhrt bisweilen ebenfalls ent— ſcheidende Merkma'e; fie iſt aber vielen Veraͤnderungen un— terworfen, und erfordert mehr Genauigkeit, als die Percuſ— ſion; bisweilen bemerkt man nur eine Abnahme des Veſicu— largeraͤuſches, welches indeß nicht felten auch bei Gefunden auf beiden Seiten nicht vellkommen gleich iſt; deswegen muß dieſes Merkmal entweder ſehr beſtimmt ſeyn, oder mit an— dern Zeichen zuſammentreffen. In andern Faͤllen hört man, damit verbunden, in der In“ raclavicular -, Acromial- oder Scapulargegend eine deutliche Verſtaͤrkung des Exſpirations— tones, welcher in normalem Zuſtande faſt hörbar iſt, aber durch Vergleichung mit gefunden Lungenrbeilen hinreichend deutlich werden kann; in andern, vielleicht mehr vorgeſchritte— nen, Faͤllen bemerkt man, außer dem Mangel des Veſicular— geraͤuſches, der Verſtaͤrkung des Exſpirationstoncs, auch eine Heiſerkeit der Reſpiration Ich moͤchte dieß ein Diminutiv der Bronchialreſpiration nennen. Andral und Stokes ſprechen von pu riler Reſpiration; doch ſcheint es mir, daß wahre puerile Reſpiration nie als unmittelbare locale Wir— kung der Bronchialreizung oder der Tubercularverdichtung vorkoͤmmt; es ſcheint mit vielmehr, daß dieſe Beobachter da— mit die von mir angeführte Heiſerkeit der Reſpiration be— zeichnen wollen. Das Reſpirationsgeraͤuſch iſt, in der That, ſtaͤrker, als im normalen Zuſtande und ohne Raſſeln; aber auch nicht eine bloße Verſtaͤrkung des reinen Veſiculargeraͤu— ſches, ſondern, wie geſagt, ein geringer Grad der Bronchial— reſpiration in Folge von Verdickung oder Compreffien der kleinern Bronchialroͤhren. Da etwas bronchitis meiſtens den tubereula miliaria vorausgeht, fo hört man biswei— len zugleich ein wenig duͤnnes Schleimraſſeln eder einen ein— zelnen klickenden Ten von etwas dickem Schleime, der den Luftdurchgang durch einen groͤßern Bronchialaſt hemmt. ſes Raſſeln bemerkt man haͤufig nicht bei oberflaͤchlicher Un— terſuchung, ſondern erſt bei tiefer Inſpiration und Span⸗ nung der Theile durch Zuruͤckdruͤcken der Schulter. Außer— dem ſind noch zwei Zeichen anzufuͤhren, wiewohl ſie gewohnlich nicht ganz fo truͤbe auftreten, nämlich eine zitternde Vibra— tion der Stimme (eine Art von Bronchophonie) und ver— mehrte Deutlichkeit der Herztoͤne uͤber dem kranken Lungen— theile. Außer dieſen beiden letzten Zeichen, welche Folge par— tieller Conſolidation find, ſcheinen die Ergebniſſe der Aus feultation von Verdickung oder Compreſſion der kleinern Bron= chialroͤhren, oder von Secretion ihrer Schleimhaut berzuruh— ren; fie koͤnnen daher auch bei einfacher bronchitis vors kemmen. Von dieſer aber unterſcheidet ſich die beginnende phthisis dadurch, daß die Zeichen ſich gewoͤhnlich auf einen kleinen Theil der Lungen beſch raͤnken, welcher in der Mehr- zahl die Spitze der Lunge iſt, während die bronchitis ge: woͤhnlich die ganze Oberflaͤche der Bronchialhaut a’ficirt ; fie unterſcheidet ſich ferner durch den Verlauf und allgemeinen Character der Krankheit. Percuſſion. Das hierdurch zu erlangende Zeichen, obwohl es erſt ſpaͤt auftritt, iſt vielleicht mehr werth, als Die⸗ 239 alle übrigen, welche das Vorhandenſeyn von Tuberkeln an— zeigen; gleich den uͤbrigen erlangt es aber ſeine Wichtigkeit nur von dem Theile der Bruſt, in welchem der dumpfe Ton bemerkt wird. Dumpfer Ton in der Baſis entſpricht mehr der pleuritis oder Pneumonie; derſelbe in der Spitze der Lungen, beſonders wenn er ſich auf einer Seite beſchraͤnkt, bezeichnet phthisis. Ich habe immer gefunden, daß die mittelbare Percuſſion der unmittelbaren vorzuziehen iſt, und daß der beſte Pleſſimeter ein Finger der linken Hand iſt; mehr ergiebt eine ſanfte Percuſſion, und deutlicher iſt ſie un— terhalb, als auf dem Schluͤſſelbeine. Die Percuſſion ſollte immer waͤhrend einer angeſtrengten Inſpiration, waͤhrend ei— ner Exſpiration, ſo wie waͤhrend der gewohnlichen Expanſion der Bruſt gemacht werden, fo wie man hierdurch ſelbſt tiefer liegende, impermeabel gewordene Theile, welche noch vom geſunden Lungengewebe bedeckt ſind, erkennen kann. Durch dieſe Procedur werden leichte Verſchiedenheiten deutlich, wel— che auf andere Weiſe der Entdeckung ſich entziehen. Klin— gen beide Infraclaviculargegenden gut, ſo iſt es wuͤnſchens— werth, daß auf gleiche Weiſe die obern Theile der regio- nes mammariae unterſucht werden, da es bisweilen, ob vohl ſelten, vorkoͤmmt, daß Tuberkelablagerung in dieſen zuerſt ſtattfindet. Auch die Acromial- und Scapulargegend iſt zu unterſuchen, obwohl im geſunden Zuſtande die Toͤne hier nicht deutlich genug ſind, um leichte Veraͤnderungen im Lun— gengewebe nachzuweiſen. Der Klang der Infraclavicularge— gend, auch wenn er gut iſt, muß immer mit dem anderer Bruſttheile verglichen werden, da man nicht ſelten einen Klang fuͤr hell anſieht, welcher bei der Vergleichung weniger durch Intenſitaͤt, als durch den Character ſich ſogleich unter— ſcheidet, indem er zwar hell iſt, aber nicht ſo ausgedehnt vibrirt, ſo daß es den Eindruck macht, als wenn eine feſte Maſſe hinter einem gefunden Lungenſtuͤcke liege; in folchen Faͤllen findet man alsdann eine noch auffallendere Verſchie— denheit in der Reſonnanz beider hintern Seiten. Wenn daher bei einer Perſon mit Bronchialreizung und ſcrophuloͤſer Conſtitution oder erblicher Anlage zur phthi- sis eine Abflachung oder mangelhafte Ausdehnung einer der Infraclaviculargegenden, — wenn ebendaſelbſt fortdauernde Schwaͤche oder Heiſerkeit der Reſpiration oder eine Zunahme des Reſpirationsgeraͤuſches bemerkt wird — wenn ein leich— tes Schleimraſſeln in der Infraclavicular-, Acromial- oder Scapulargegend der einen Seite (oder auch auf beiden Seiten, wenn ſie in andern Lungentheilen fehlen) vorhanden iſt, ſo kann man, ſelbſt, wenn kein dumpfer Percuſſionston aufzufinden wäre, den Beginn der phthisis mit ziemlicher Zuverſicht vorausſagen. Es iſt nicht wahrſcheinlich und kaum anzu— nehmen, daß alle dieſe Zeichen bei demſelben Individuum vorhanden ſeyn ſollten, obgleich mehrere gemeinſchaftlich und alle nach einnder auftreten. Je zahlreicher und je ſtaͤrker ſie ſind, um ſo ſichern Schluß erlauben ſie. Dumpfer Ton bei der Percuffion wird, wenn er nicht bereits vorhanden iſt, wahrſcheinlich nur zu bald und trotz der geeigneten Heilmittel auftreten und die Wahrſcheinlichkeit zur Sicherheit erheben. Folgender Fall mag als ein Beiſpiel fuͤr vorſtehende Bemerkung dienen, und die Wichtigkeit der phyſicaliſchen 800 Zeichen in den früheren Stadien der phthisis für dieſe fo wie fuͤr begleitende Krankheiten beweiſen. Eine Wittwe von 24 Jahren, von zartem Bau, mit duͤnner, feiner Haut und ſeit der Geburt ſchielend, kam am 17. Januar 1839 in meine Behandlung. Sie gab an, daß sie vor etwa 5 Jahren ſich in der Seite bei'm Strek— ken wehgethan, aber nach einer Woche nichts wieder davon geſpuͤrt habe. Außer einem leichten habituellen Huſten war ſie bis zu ihrem Wochenbette vor einem Jahre und 9 Mo— naten immer wohl geweſen; ihre Entbindung war leicht und raſch, es folgte aber, nach ihrer Angabe, ein prolapsus uteri. Nach dem Verluſte ihres Mannes und Kindes ging ſie in Dienſte, wurde aber durch den Uterusvorfall und gleich— zeitige Anſchwellung des Unterleibes mit der Zeit ſo belaͤ— ſtigt, daß ſie ihren Dienſt aufgeben mußte. Die durchaus ſchmerzloſe Anſchwellung des Unterleibes beſtand feit 4 Mo— naten, und ein Wundarzt hatte ihr geſagt, daß dieß von dem Vorfalle und dadurch bewirkte Zuruͤckhaltung der Blaͤ— hungen herkomme. Bei meinem erſten Beſuche hatte ſie einen leichten, abgebrochenen Huſten; der ausgedehnte Unter— leib fluctuirte; es war Leucorrhoͤe mit prolapsus uteri, deſſen Unterſuchung nicht geſtattet wurde, ſpaͤrlicher gefaͤrbter Urin ohne Sediment, eine blaſſe Zunge, ſchlechter Appetit, kleiner beſchleunigter und ſchwacher Puls, wenig Schlaf, und deprimirte Stimmung zugegen. Durch Abführmittel war Oeffnung erfolgt. Es fand ſich weder Oedem, noch Le— ber- oder Milzanſchwellung, noch ein Zeichen von Herzkrank— heit, noch ein locales oder allgemeines Merkmal einer Lun— genkrankheit, welches hingereicht hätte, die Unterleibs-Affection durch einfache mechanſſche Verſtopfung zu bewirken. Bei Unterſuchung der Bruſt bemerkte ich jedoch, daß ſich die Rip— pen nur leicht in der Infraclavicular- und Mammargegend erhoben, wo zugleich heiſerer Reſpirationston und dünnes Schleimraſſeln gehoͤrt wurde, welches in dem untern Theile der Bruſt fehlte. Eine deutliche Dumpfheit bei der Per— cuſſion war nicht zu bemerken. Nach einer, etwa einen Monat dauernden, erfolgloſen arzneilichen Behandlung folgte eine hartnaͤckige Darmverſto— pfung; alle eingenommenen Abfuͤhrmittel wurden ſogleich wieder ausgebrochen. Deswegen wurden verſchiedene Arten der Klyſtire mit Senna, Bitterſalz, Seife, Terpenthin, Ri— cinusöl, asa foetida ete angewendet, doch alles ohne Er: folg; fie blieben etwa 4 Stunde bei der Kranken, gingen aber nachher durchaus ungefaͤrbt wieder ab. Die Kranke war unruhig, hatte nur wenig Schlaf, klagte aber uͤber kei— nen Schmerz; auch hatte ſie keine Uebelkeit 3 oder 4 Tage vor ihrem Tode, welcher als Folge einfacher Erſchoͤpfung etwa 10 Tage nach der Verſtopfung eintrat. Section. Aeußerlich nichts Auffallendes, außer gro— ßer Abmagerung mit Spannung und Fluctuation des Un- terleibes. Der Kopf wurde nicht geoͤffnet. Die linke pleura war nicht angewachſen und enthielt ein wenig Fluͤſſigkeit; in der Spitze der linken Lunge fanden ſich einige rohe Tuberkeln: die Bronchialſchleimhaut war dunkel injicirt, an einer Stelle mit einer erbsgroßen Ecchymoſe, jedoch wenig oder gar nicht verdickt. Die rechte pleura hing feſt an, aber die Lunge, sol mit Ausnahme einiger roher Tuberkeln an der Spitze, er— ſchien geſund. Herz und pericardium waren normal. Bauchhoͤhle. Bei Eröffnung des Peritonaͤums floſſen etwa 25 Galonen einer trüben, uͤbelriechenden, ferögpurulen: ten Fluͤſſigkeit aus, worauf nur eine runde Geſchwulſt von der Groͤße eines Manns kopfes zu ſehen war, die mit einer dicken, weichen, flockigen Haut bedeckt war, auf dem Ruͤck— grate lag und mit der vordern Bauchwand durch zwei dicke ſtarke Baͤnder von 4 Zoll Laͤnge und 3 Zoll Breite und 3 Zell Dicke verbunden war. Sie beſtanden einfach aus fe— ſter Fibrine und waren mit derſelben lockein Subſtanz be— deckt, welche die Unterleibshoͤhle auskleidet. Dieſer Ueberzug war an den Bauchdecken etwa 5 Zoll dick und beſtand aus zwei Schichten, deren aͤußere feſt, weiß und halbducchſichtig, die innere weich, gelblich und undurchſichtig war und eine lockere, flockige Oberflaͤche harte. Die Duͤnndaͤrme, wel— che den Klumpen der Hauptgeſchwulſt bildeten, da ſie nur mit Gewalt von einander getrennt werden konnten, und da der Dickdarm auf beiden Seiten in der Lendengegend feſt ad— haͤrirte, geſtatteten nicht, irgend eine neu entſtandene Verſtopfung des Darmes aufzufinden, ſo lange die Daͤrme noch in situ waren. Nachdem die Daͤrme ſorgfaͤltig auseinandergelegt waren, ließ ſich indeß auch keine ſolche Verſtopfungsſtelle auffinden. Das colon und coecum enthielten eine be— traͤch tliche Quantitaͤt von normalen und nicht verhaͤrteten faeces. Unter der abgezogenen dicken Pſeudomembran fand ſich das peritonaeum der Daͤrme und des Netzes duͤnn und durchſichtig, außer da, wo es mit kleinen hirſekornfer— migen Granulationen bedeckt war, welche, uͤber das ganze peritonaeum verbreitet, halbdurchſichtig und von der Groͤtze eines Stecknadelkopfes waren Eine feſte breite Schicht von Pfeudomembren ging vom Schaambeine zum Kreuzbeine binüber, ſchied die Unterleibs- von der Beckenhoͤhle und ver: hinderte das Auffteigen der ausgedehnten Blaſe, welche da— her in die Scheide herabgedraͤngt war und in geringer Aus— dehnung durch die Scheidenmuͤndung hervorragte. Der ute— rus war von natürlicher Größe und in normaler Lage, je: doch etwas retrovertirt durch einen etwa 3 Unzen haltenden Balg zwiſchen dem uterus und der Blaſe. Der Magen war durch die Fluͤſſigkeit des Unterleibes in die Hoͤhe ge— trieben und an der ebenen Flaͤche an das Zwerchfell ange— wachſen. Die obere Flaͤche der Schleimhaut und des Magens erſchien geſund. Die convere Oberflaͤche der Leber war eben— falls mit dem Zwerchfelle feſt verwachſen, die concave Ober: flache mit Pſeudomembranen bedeckt; der aͤußere Theil dieſes Organes war etwa + Zoll tief, von weißer Farbe und hart; innerlich ſchien ſeine Structur normal. An Gallenblaſe, Milz und Nieren war nichts Ungewoͤhnliches zu bemerken, mit Ausnahme der Peritonaͤalflaͤchen der Organe, welche eben— falls von Pſeudomembranen uͤberzogen waren. In Bezug auf vorſtehenden Fall iſt nur zu bemerken, daß, obwohl wegen Mangel irgend eines Zeichens von Le— ber-, Herz- oder Milzkrankheit, fo wie nach dem allgemei⸗— nen Verlaufe die Peritonaͤalwaſſerſucht durch Tuberkelkrankheit ſehr wahrſcheinlich wurde, dennoch die Diagnoſe durch den Verdacht beginnender phthisis beſtaͤtigt wurde, der ſich auf er 302 das Vorhandenſeyn phyſicaliſcher Zeichen gründet. Die Urſa— che der Peritonaͤalkrankheit, welche ſich von dem Wochenbette herſchreibt, und die Umſtaͤnde, welche die Verſtopfung veran— laßten, find hier nicht weiter zu erörtern. In Bezug auf letztere bemerke ich nur, wie es danach, daß die faeces durch das ganze colon vertheilt gefunden wurden, ohne daß ir— gend eine locale Anſammlunz ſtattgefunden hätte, wahrſchein— lich wird, daß der Inhalt des Darmes nicht ausgeleert wur— de, weil der Dickdarm ſich wegen der Anwachſung ſeiner Waͤnde an die umgebenden Theile nicht contrahiren konnte. (Guy's Hosp. Rep., Vol. IV.) Ueber die Saamenthierchen und uͤber einige Ur— ſachen der Sterilität der Frauen, fo wie über den unwillkuͤhrlichen Saamenverluſt. Von Donn é. Ueber die Saamenthierchen find, ſeit Leuwenhoeck, ſehr viele Unterſuchungen gemacht worden; dennoch ſind noch wichtige Fragen zu loͤſen, namentlich ruͤckſichtlich des Einfluſſes, welchen dieſe Thierchen bei der Befruchtung ausüben. Donn E hat dieſelben zunaͤchſt dadurch unter: ſucht, daß er fie mit den hauptſaͤchlichſten Fluͤſſigkeiten des th ieriſchen Körpers in Berührung brachte, um den Einfluß kennen zu lernen, welchen dieſe auf jene belebte Weſen ha⸗ ben, welche man, nach Allem, als das Wirkſame bei der Befruchtung zu betrachten, geneigt iſt. Die Zooſpermen werden durch Blut, Milch und Eiter nicht verändert; in dem Schleime der vagina und des uterus leben dieſelben, wie zu vermuthen war, ganz gut, und die Gegenwart der von Donns aufgefundenen Infuſorien in gewiſſen Schei— denausfluͤſſen ſcheint denſelben durchaus nicht ſchaͤdlich; da— gegen wirken der Speichel und der Urin ſo nachtheilig ein, daß die Thierchen in dieſen Fluͤſſigkeiten auf der Stelle ſterben. Es giebt jedoch Faͤlle, in welchen der Vaginal- und Uterinalſchleim ebenfalls eine verderbliche Beſchaffenheit be; kommt, und dieß iſt der wichtige Punct in Donn é's Ab— handlung ruͤckſichtlich der Sterilität. Bei manchen Frauen fand er bei ſcheinbar vollkemmener Geſundheit Vaginal— und Uterinalſchleim, in welchem die Zooſpermen auf der Stelle zu Grunde gingen. Dieſe ſchaͤdliche Eigenſchaft liegt bald in dem Vaginalſchleime, bald und in hoͤherm Grade in dem Uterinalſchleime, wobei ſich zugleich fand, daß jener auffallend ſauer, und dieſer auffallend alkaliſch war, wie überhaupt dieſe beiden Schleimarten ſich dadurch von einan⸗ der unterſcheiden, daß ſie vor und hinter dem os uteri eine verſchiedene Reaction zeigen. Ohne daß man nun im All— gemeinen lobgleich dieß bisweilen geſchehen iſt die Leucorrhoͤe als eine Urſache der Sterilitaͤt betrachten kann, fo darf man dıch einigen Arten des Ausfluffes die Eigenſchaft beilegen, daß ſie die befruchtende Wirkſamkeit des Saamens vernichte. Die zweite Parthie von Don né's Abhandlung be— ſchaͤftigt ſich mit dem unmwillkuͤhrlichen Saamenverluſt und 303 namentlich mit der fo ungemein ſchwierigen Diagnoſe deſ— ſelben. Herr Lallemand in Montpfellier hat uͤber dieſen Gegenſtand zwar ein beſonderes Werk herausgegeben, wel— ches aber gerade dadurch der Sicherheit ermangelt, daß die darin enthaltenen Beobachtungen auf zu unſichere Charac— tere baſirt find. Donne zeigt nun, daß es unmoͤglich iſt, nach den von Lallemand angegebenen Merkmalen, den Saamen in dem Urine zu erkennen. Man findet naͤmlich „truͤben, dicken, uͤbel- und ekelhaft riechenden Urin“, wel— cher dennoch keine Spur von Saamenfeuchtigkeit enthaͤlt; man ſieht ſelbſt „bei dem Uebergießen in ein anderes Gefaͤß eine flockige Wolke (wie ein dickes Gerſtendecoct) abfließen, und eine eiweißaͤhnliche, fadenziehende und gruͤnliche Materie auf dem Boden des Gefaͤßes haͤngen bleiben“; man ſieht endlich „dicke, gelblichweiße und nicht anhaͤngende Kluͤmpchen in dieſem Depot, wie Eitertropfen vertheilt“, ohne daß man mit Lallemand uͤberzeugt ſeyn koͤnnte, daß ein Saamen— verluſt ſtattfinde. Donne hat alle dieſe von Lallemand angegebenen Merkmale an Urin gefunden, welcher durchaus nicht ſaamenhaltig war, während im Gegentheile ſelbſt durch— ſichtiger, klarer, oder nur leicht ſchleimiger Urin unter dem Mikroſcope zahlreiche Zooſpermen zeigte. Dieſes Inſtrument muß man anwenden, um die Saamenfluͤſſigkeit im Urine aufzuſuchen, und dieſes Mittel iſt um ſo ſicherer, als die Zooſpermen eine ganz characteriſtiſche Form haben, und ſelbſt durch einen langdauernden Aufenthalt in dem Urine in' ihrer Form nicht veraͤndert werden. Das größere ſpecifiſche Ges wicht derſelben macht, daß ſie in dem Urine zu Boden ſin— ken, wo daher die gerinzfte Quantität derſelben vermittelſt des Mikroſcopes aufgefunden werden kann. Ehe man nun aus der Gegenwart der Zooſpermen in dem Urine einen Schluß ziehen konnte, war es noͤthig, feſtzuſtellen, daß im gewoͤhnlichen Zuſtande dieſe Thiere ſich nie im Urine finden. Donne hat in dieſer Beziehung zahlreiche Verſuche ange: ſtellt, und iſt ſo zu dem Schluſſe gekommen, daß der Urin im normalen Zuſtande keine Zooſpermen enthalte, mit Aus— nahme eines beſtimmten Falles, wenn naͤmlich eine Ejacula— tion vorausgegangen war, wonach in dem zunaͤchſt gelaſſe— nen Urine das Mikroſcop immer ſolche Thierchen nachweiſ't. Hierdurch wird die Diagnoſe (außer bei dieſem einen Falle) ganz leicht. (Gaz. méd. No. 22.) Bibliographische On the Influence of Artificial Light on the Eye. Hunter. London 1840. 8. The Eye, By William Jeafferson, Esq. late superintending Surgeon of the Bombay Eye Infirmary. Bombay 1839. 8. By Dr. J. 304 Misc ehe n. Die raſche Erweiterung der Harnroͤhrenverenge⸗ rungen empfiehlt Dr. Pay an, im Vorzug gegen die permanente und temporaͤre Erweiterung, auf's Neue durch mehrere Beobachtun— gen. Das Verfahren beſteht darin, daß man den Kranken durch Baͤder und leichtes regimen vorbereitet und Lage und Weite der Verengerung ermittelt; hierauf fuͤhrt man, nach den gewoͤhnlichen Regeln, eine Cautſchuckbougie ein, welche anfangs von der Structur feſtgebalten wird, nach drei bis ſechs Stunden aber leicht beweglich wird. Man zieht ſie nun heraus, laͤßt den Kranken harnen und bringt unmittelbar darnach eine andere, dickere Sende ein; nach einigen Stunden verfaͤhrt man auf gleiche Weiſe, bis man in kur— zer Zeit zu den dickſten Nummern gelangt. Zur Vermeidung des Krampfes muß man ſorgen, daß fo wenig, wie moͤglich, Zeit zwi— ſchen dem Perausnehmen der einen und dem Einführen der andern Bougie verfließt. Dieſes Verfahren ruͤhrt von Lallemand her, iſt aber von payan als allgemeines Verfahren angenommen wor— den. Bei neun Faͤllen blieb es einmal erfolglos, wegen der uͤber— maͤßigen Reizbarkeit des Kranken, welcher gar keine Bougies und auch nicht Cauteriſation oder Scarification ertrug und endlich nur durch die Inciſion der Structur von Außen her geheilt werden konnte. (Revue méd. Sept. 1839.) Als Heilmittel des Eroups empfiehlt Herr Hatin Cauteriſation der Schlundhoͤhle, welche von Herrn Peronneau auf die Art gemacht wurde, daß er die Zunge mit einem Spatel niederdruͤckte, und mittelſt eines langen Aetzmitteltraͤgers ein oder zwei Secunden lang raſch über alle Puncte des Schlundes herfuhr. Das Kind durfte alsdann wieder athmen, und wurde ſodann ganz, wie das erſte Mal, nochmals geaͤtzt; hierauf durfte es trinken, und von dem Momente an, war der Crouphuſten in einen einfachen catarrhaliſchen Huſten umgewandelt; die einzige Unannehmlichkeit von dieſer Operation fuͤr den Kranken war ein Gefuͤhl von Prik— keln, welches ſich aber ebenfalls bald wieder verlor. Das Verfah— ren war in vier Fällen von gleich guͤnſtigem Erfolge. (Revue méd. Oct. 1837.) Die nachtheiligen Folgen des Genuſſes des Kar⸗ toffelbranntweins follen, nach Hrn. Krauß, nicht von dem Alcohol, ſondern von narcotiſchen Beimiſchungen herruͤhren; na— mentlich ſoll dieß der Fall ſeyn, wenn die zum Brennen benutzten Kartoffeln bereits keimen, indem ſie alsdann eine betraͤchtliche Quantitaͤt Solanin enthalten; auch ſoll ſich bei den Zubereitungen der Knollen zur Deſtillation eine betraͤchtliche Menge Blaufäure entwickeln. Eine Laͤhmung der Hautnerven des Vorderarmes durch äußern Druck beobachtete Dr. Mayer-Arens bei ei: nem durch Nachtwachen ſehr ermuͤdeten Burſchen, nachdem dieſer eine halbe Stunde lang mit auf die Kante eines Ofens geſtuͤtzten Arme, auf dem fein Kopf ruhte, gelegen hatte. Die Lähmung wurde erſt durch mehrtaͤgigen Gebrauch des Strychnin's beſeitigt. (Bericht des Geſundheitsrathes in Zuͤrich 1839.) Neuig te n Recherches et Observations sur les eaux thermales de Bagnols les Bains, pres Mende (Département de la Lozere). Par M. L. Chevalier. Paris 1840. 8. M. 1 K. De l’Heredit& dans les Maladies. Par A. Piorry. Paris 1840. 8. — —y— — — — ? — Neue Notizen a us dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, gammelt und mitgethellt von dem Ober- Mrtisinatrarte Frerter ja Wemar, und dem Medtemalratht unt Drofefier Freries e Selin. N“. 284. (Nr. 20. des XIII. Bandes.) Maͤrz 1840. Gedruckt im Landes » Induftries Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Wanner Ueber Mannbarkeit vor der Zeit theilt Hr. Thomas B. Peacock zu Cheſter im Januar— hefte 1840 der London Medical Gazette Nachſtehen— des mit: Jane Jones, welche den Gegenſtand dieſes Artikels bildet, kam mir zuerſt vor etwa anderhalb Jahren zu Ge— ſicht, wo mich ihre Mutter wegen eines Ausfluſſes aus der Mutterſcheide des Kindes zu Mathe zog, der ſchon vor meh: reren Monaten eingetreten war und mit der monatlichen Rei— nigung große Aehnlichkeit hatte. Das Anſehen des Maͤd— chens fiel mir gleich auf; denn es war ſo groß und ſeine Geſtalt in jeder Beziehung fo entwickelt, daß ich die Rich— tigkeit der Ausſage ſeiner Mutter, es ſey kaum uͤber fuͤnf Jahre alt, ſehr bezweifelte. Meine Erkundigungen belehr— ten mich indeß darüber, daß es ſchon bei der Geburt ein unge— woͤhnlich großes Kind geweſen und dann ſehr ſchnell ges wachſen ſey. Es war noch keine drei Jahre alt, als man ein ungewoͤhnliches Anſchwellen ſeiner Bruͤſte bemerkte; und vor ſeinem fuͤnften Jahre wurden dieſelben ſchnell noch weit voluminöfer; die pudenda erlangten eine weit bedeutendere Entwickelung, und die menses traten ein und erneuerten ſich von dieſer Zeit an regelmaͤßig. Die Bruͤſte waren, als ich Jane Jones ſah, ſehr vollſtaͤndig entwickelt, und der mons veneris, fo wie die Schaamtefzen, zwar noch unbe- haart, aber doch weit aufgetriebener, als dieß gewöhnlich bei Kindern dieſes Alters der Fall iſt. Sie iſt gegenwaͤrtig ſieben Jahre alt; ihre Geſtalt iſt die einer erwachſenen Frauensperſon, naͤmlich queer uͤber die Bruſt und das Becken breit, und ihre Extrmitaͤten ſind voll und rund. Das Geſicht iſt, beſonders unten, breit und ihr Anſehen dumm und kindiſch. Ihre Hoͤhe betraͤgt 4 F. 31 Zoll, der Umfang der Beuſt 29 Zoll. Sie wiegt 72 Pfd. avoirdupois. Ihre Zähne find, mit Ausnahme der erſten Backenzaͤhne und der zwei mittelſten Schneidezähne des Unterkiefers, ſaͤmmtlich Milchzaͤhne. Ihre Bruͤſte ſind größer, als man fie bei unverheiratheten, erwachſenen Frauensverſonen gewoͤhnlich findet. Die Drüfe iſt groß und No. 1384. Kun dt. feſt, und die Warze ſteht in die Hoͤhe; auch iſt der Hof einigermaßen dunkel gefaͤrbt, wie dei Schwangeren. Der mons veneris ragt bedeutend hervor und iſt ſtark behaart. Nach der Ausſage ihrer Mutter, hat ſich die monatliche Rei— nigung ſeit meinem erſten Beſuche mit regelmaͤßigen Zwi⸗ ſchenzeiten, meiſt von einem Monate, zuweilen auch drei Wochen, eingeſtellt, und der Ausfluß zwei Tage lang ſtark, ſo wie die nachfolgenden zwei Tage ſchwaͤcher, angehalten. Die Secretion läßt ſich, ſowohl in Anſehung der Qualität, als der Quantität, ven den menses andrer Frauensper⸗ ſonen durchaus nicht unterſcheiden. Waͤhrend der Ausfluß ſtattfindet, nehmen die unteren Augenlider eine dunkle Fär- dung an, und das Mädchen fühlt die fo haͤufig unter aͤhn— lichen Umſtaͤnden vorkommenden Lendenſchmerzen; kurz, es find an ihm alle die Zeichen zu bemerken, wie dei Mädchen, bei denen ſich die menses zur rechten natürlichen Zeit ein— gefunden haben, und es hat durchaus das allgemeine Anſe— ben eines Mädchens von dreizehn Jahren. Jane Jones ſcheint nur ein bis zwei Jahre jünger zu ſeyn, als ihre eine zige, gegenwärtig vierzehnjährige Schweſter; allein ihre Ge⸗ ſtalt iſt weit mehr weiblich entwickelt. Was ihre geiſtigen Faͤhigkeiten betrifft, ſo moͤchte man auf den erſten Blick ein ſehr unguͤnſtiges Urtheil über dieſel— ben faͤllen. Ihre Schulmeiſterin ſagt jedoch, das Mädchen gehöre zwar keineswegs zu den geſcheidten, lerne aber doch leidlich gut; fie naͤht gut und lieſ't für ein Kind von ſieben Jahren recht erträglich; beiim Spielen benimmt ſie ſich ſo kindiſch, wie ihre Cameradinnen von gleichem Alter. Ihre Mutter theilte mir mit, Jane ſey empfindlich, wenn its gend eine Perſon ihres Geſchlechts auf die befondere Be: ſchaffenheit ihres Koͤrpers Anſpielungen mache, und benehme ſich gegen Mannsperſonen weit verſchaͤmter, als andere Kins der deſſelben Alters. Da meine Aufmerkſamkeit durch dieſen Fall auf den Gegenſtand gezogen worden war, ſo that ich mich nach Auskunft uͤber aͤhnliche Erſcheinungen um, und gelangte ſo zur Kenntniß mehrerer außerordentlichen Beiſpiele von Manns barkeit vor der Zeit. 20 307 Dieſelben laſſen fih, je nach dem Alter, in welchem bie Geſchlechtstheile ſich entwickelten, in drei Claſſen bringen. Zu der erſten Claſſe gehoͤren Faͤlle, wo die Geſchlechtstheile entweder fuͤr ſich eine vorzeitig ſtarke Entwickelung zeigten, oder wo der ganze Organismus fruͤhzeitig einen hohen Grad von Ausbildung erhielt und alſo auch jene Organe vor der Zeit reiften. Hierher iſt der von Dr. Ledſeau in New-Orleans im 11ten Bde. der Medical Gazette mitgetheilte Fall zu ziehen, wo bei der Geburt die Bruͤſte voͤllig ausgebildet und der mons veneris mit Haar bedeckt gefunden wur— den, die menses aber ſich im Alter von drei Jahren ein— ſtellten; desgleichen Dr. Wall's Fall, in den Medic. Chirurg. Transactions Vol. II., wo die menses im Alter von neun Monaten erſchienen und die Bruͤſte im Al— ter von achtzehn Monaten ſo groß waren, wie bei einem Maͤdchen von achtzehn Jahren; ferner die beiden Beiſpiele, deren im iſten und 12ten Bde. deſſelben Werkes gedacht iſt; und von denen der erſtere durch Hrn. Whyte mitge— theilt wurde, und folgender Art war: Bei Philip Ho— worth's Geburt war deſſen Kopf mit Haaren bedeckt und die Knochennaͤthe feſt verwachſen; als er ein Jahr alt war, bewuchs die Schaamgegend mit Haaren, der penis und die Hoden ſchwollen an, und als der Knabe dreijährig geworden, waren dieſe Organe ſo groß, wie bei einem Er— wachſenen. Den Bericht über den letztern der beiden oben erwähnten Fälle verdanken wir dem Herrn South; die Kopfnaͤthe waren bei der Geburt offen; im Alter von vier Monaten fing Haar auf der Schaamgegend an zu wachſen, in dem von etwas mehr, als einem Jahre traten Pollutio— nen ein, und in dem von 33 Jahre waren die Geſchlechts— organe vollſtaͤndig entwickelt. In dieſe Claſſe hat man auch wahrſcheinlich den von Hrn. Breſchet im I1ten Bde. der Medico - Chirurgi- cal Transactions mitgetheilten Fall zu ſetzen, wo alle Zeichen der Pubertaͤt bei einem dreijaͤhrigen Knaben vorhan— den waren. Die zweite Claſſe bilden ſolche Faͤlle, wo die Kinder bei der Geburt nichts Außerordentliches darboten, aber die Geſchlechtstheile ſich im Alter von 3 — 5 Jahren außeror— dentlich ſtark entwickelten und die Zeichen der Mannbarkeit auftraten. Unter diefen Fällen iſt einer der merkwuͤrdigſten derje— nige, welchen Sir Aſtley Cooper im 4ten Bde. der Me- dico -Chirurgical Transactiops mittheilt. Im Alter von drei Jahren bemerkte man den Ausfluß der Menſtrua— tion zuerſt, und nach fuͤnf bis ſechs Monaten zeigte er ſich abermals; dann kehrte er mit Zwiſchenzeiten von fuͤnf Wo— chen oͤfters wieder, und im Alter von ſieben Jahren beob— achtete derſelbe regelmaͤßige dreiwoͤchentliche Perioden. Bei 45 Jahren waren die Bruͤſte ſo groß, wie bei einer zwan— zigjaͤhrigen Jungfrau. Dr. Cookſon hat umſtaͤndlich uͤber ein Maͤdchen be— richtet, bei welchem ſich die Menſtruation zuerſt im Alter von 35 Jahren einſtellte und anfangs unregelmäßig, ſpaͤ— ter aber alle 5 — 6 Wochen wiederkehrte. (S. Medi- cal and Physical Journal, Vol. 25.) — — 308 Im Midland Medical Reporter, Vol. 1 wird vom Dr. Burn der Fall eines Knaben erzählt, welcher zwar bei der Geburt ein eher zu kleines, als zu großes Kind war, an dem man aber im Alter von 7 — 8 Monaten eine ungewoͤhnlich ſtarke Ent wickelung der Geſchlechtstheile beobachtete, die bei 4% Jahren fo groß waren, wie bei einem ſiebenzehnjaͤhrigen Burſchen. Die geiſtige Entwickelung ſcheint in den meiſten Fällen nicht in demſelben Grade frühzeitig eingetreten zu ſeyn, als man, nach den organiſchen Erſcheinungen, hätte erwar— ten ſollen. “ So waren, z. B., die von Dr. Ledſeau und Dr. Cookſon beſchriebenen Kinder in dieſer Beziehung ganz, wie andere ihres Alters; Dr. Wall's war durchaus kin⸗ diſch, und Dr. Burn's ſehr geiſtesſchwach, ſo daß es im Alter von 44 Jahren nur hoͤchſt unvollkommen reden konnte. Der von Hrn. Breſchet erwaͤhnte Knabe hatte ein gutes Gedaͤchtniß, allein in feinem Urtheile war er nicht weiter, als andere Kinder, und ſeine Phantaſie zeigte ſich auch nicht ungewoͤhnlich lebhaft. Philip Ho worth dagegen war, gleich dem von Hrn. South beſchriebenen Knaben, ſcharfſinniger, als andere gleichen Alters; der er— ſtere ſtand, in Anſehung der Intelligenz, als er drei Jahre alt war, mit gewöhnlichen ſechsjaͤhrigen Knaben auf derſel— ben Stufe, und der Letztere ſah zwar kindiſch aus, und ſpielte mit andern Knaben, war aber ungewoͤhnlich pfiffig und neugierig. Das Mädchen, über welches Sir A. Coo— per berichtet, unterſchied ſich, als er es zuerſt ſah, nicht von andern Kindern, zeigte aber im Alter von 7 Jahren einen ungewöhnlichen Grad von Schaamhaftigkeit. In allen Faͤllen, wo die Geſchlechtstheile ihre Voll— kommenheit vor der Zeit erhielten, waren die Kinder unge— woͤhnlich groß. Philip Howorth maß im Alter von 35 Jahren 3 Fuß 4 Zoll, wog 514 Pfund und glich durch— aus dem Farneſiſchen Herkules. Dr. Burn druͤckt ſich in Betreff des von ihm erwaͤhnten Kindes in aͤhnlicher Weiſe aus. Hrn. South's Knabe konnte in demſelben Alter einen halben Center in einer Hand heben, und war 3 F. 7 Zoll hoch und wog 64 Pfd. Die Koͤrperformen glichen durchaus denen eines erwachſenen Mannes; nur war der Knabe queer uͤber die Huͤften breiter, als uͤber die Bruſt. In Dr. Cookſon's Falle war das Mädchen ganz, wie eine kleine Frau geſtaltet, und in Hrn. Ledſeau's im Alter von 44 Jahren 424 Parifer Zoll hoch und verhaͤlt— nißmaͤßig ſtaͤmmig. Hrn. Breſchet's Knabe wog, als er 3 Jahr alt war, 50 Pfund und maß 3 F 63 Zoll, wäh: rend ſeine Geſtalt in demſelben Verhaͤltniſſe kraͤftig war. Dr. Burn erwaͤhnt, in ſeinem Falle ſey die hinter einer durch den aͤußeren Gehoͤrgang ſenkrecht ſtreichenden Ebene liegende Portion des Gehirns bei weitem größer ges weſen, als die vor dieſe Ebene fallende, und das kleine Ge— hirn habe ein bedeutenderes Volum dargeboten, als bei er— wachſenen Perſonen in gewoͤhnlichen Faͤllen. Auch Herr South und (in dem von Hrn. Breſchet erwähnten Falle) Dr. Spurzheim beobachteten ein ungemein volu— minoͤſes kleines Gehirn. Bei dem von mir oben beſchriebe— 309 nen Midchen iſt allerdings die hintere Portion des Gehirns groß, doch in keinem auffallenden Grade. Dieſer Punct iſt, inſofern er die Grundſaͤtze der Phrenologie betheiligt, von beſonderem Intereſſe. In den meiſten Faͤllen wird auch des Umſtandes ge— dacht, daß die Zaͤhne ungewoͤhnlich fruͤh zum Vorſcheine kamen, ſchnell wuchſen und bald gewechſelt wurden. In mehrern ward, bei'm Eintreten der organiſchen Veraͤnderung, die Geſundheit bedeutend angegriffen, erholte ſich aber wie— der, ſobald die Functionen gebörig in Gang gekommen wa— ren. Dr Wall's Fall ſcheint durchaus in Folge einer Krankheit entſtanden zu ſeyn. Eine intereſſante Frage, die indeß ſchwer zu erledigen iſt, wäre, ob ein Mädchen, das fo fruͤhzeitig menſtruirt wird, wie in den oben angeführten Fällen, auch alsdann ſchon conceptionsfaͤhig fen? Dr. Cookſon iſt der Meinung, daß in dem von ihm angefuͤhrten Falle dieſe Faͤhigkeit wohl vorhanden geweſen ſeyn moͤchte, und Dr. Ledſe au nahm an, das von ihm beobachtete Mädchen habe im Alter von acht Jahren ein Kind gebaͤren können. Uebrigens habe ich, in Anfebung dieſes Punctes durchaus, nichts Gewiſſes in Erfahrung bringen fönnen. In dem Medical and Phy- sical Journal, Vol. 24, werden einige Auszüge aus einem Werke des Dr Dickſon mitgetheilt und die Angabe des Dr. Somme citivt (welche in einer 1761 zu Paris herausgekommenen Liſte von Faͤllen enthalten iſt), daß ein im Alter von zwei Jahren menſtruirtes Maͤdchen im Alter von acht Jahren und zehn Monaten ein tedtes Kind gebo— ren habe; und Dr Thomſon erwähnte in feinen Vorle— ſungen über medieina forensis (ſ. Lancet 1836 u. 37), Billaud habe von einer Frau berichtet, ſie ſey von einem zehnjaͤhrigen Knaben geſchwaͤngert worden, deſſen Mannbar— keit vor der Zeit er dem Umſtande zuſchreibt, daß er in die politiſchen Wirren der Revolution hineingezogen worden ſey (J). Die dritte Claſſe von Faͤllen iſt diejenige, wo die Men— ſtruation nur 3 — 4 Jahre ftuͤher eintritt, als gewöhnlich; und dieſe Erſcheinung bietet eben kein beſonderes Intereſſe dar, indem die Maͤdchen, bei welchen ſie vorkommt, entwe— der in Spinnmuͤhlen oder in heißen Schulſtuben mit ſtok— kender Luft verkommen und gleichſam in Treibhaͤuſern gezei— tigt ſind, wo ſie ſich ſo ſchnell entwickelt haben, wie die Be— wohnerinnen der Tropenlaͤnder, die gewoͤhnlich im Alter von 10 oder 11 Jahren mannbar werden. (London medical Gazette, January 1840.) Trichina spiralis, in Deutſchland aufgefunden. (Aus einem Schreiben des Hrn. Dr. Kobelt, dat. Heidelberg 18. Maͤrz). In der Leiche eines, unter bydropiſchen Erſcheinungen verſter— benen, 73jährigen, bloͤdſinnigen Mannes fand ich die noch ziemlich toroſen und hellrothen Muskeln mit einer außerordentlichen Menge weißlicher Puͤnctchen dicht beſaͤt, und glaubte hierin die Cyſte der Trichina spiralis wieder zu erkennen, die ich vor zwei Jabren in London bei R. Owen, dem Entdecker dieſes entozoon, zum er⸗ ſten Male geſehen batte. — Die ſogleich angeſtellte mikroſcopiſche Unterſuchung beftätigte meine Vermuthung, indem fie mich jeden dieſer Puncte als eine ovallinſenformige, belle Cyſte von etwa 5 bis 36“ Länge erkennen ließ, deren beide Enden in einen duͤnnern, 310 ſtumpf abgerundeten, dunkleren und foliden Fortſatz ausliefen, und in deren ovaler Gavität das fpiralförmig zuſammengerollte Würms chen leicht bemerkt werden konnte. — Bei'm Zerreißen dieſer allgemeinen Hulle mittelſt Zerren an den beiden Fortſaͤtzen, trat eine zweite völlig eirunde Hulſe hervor, in der der Bewohner der Eyſte unmittelbar eingeſchloſſen war. — Bei weitem oie Mehr- zahl dieſer Balgchen enthielt, von einem dicklichen, aber klaren li- quor umgeben, nur cin einziges Würmchen. Acht Mal ſah ich deutlich zwei derſelben in einer etwas geräumigern oder durch eine merkliche Einſchnuͤrung unvollkommen in zwei Hälften getheilten Cyſte liegen, und nur einmal tonnte ich mit aller Beſtimmtheit 3 Bewohner zahlen. Sehr ſelten fand ich die Cyſte nur mit obi⸗ gem liquor gefüllt; weniger ſelten traf ich auf ſpiralformig gelas gerte und auch die Geſtalt des Thierchens hinſichtlich der Dicke ges nau nachahmende Gryitalle, als ob daſſelbe erſt verglaſ't und dann in Stucke gebrochen worden wäre. Zuweilen war das ganze Oval mit einem cenformen, dunkeln, kieſelharten Kerne erfüllt, aus deſſen Innern die leeren Spiralzuͤge des verſtorbenen Thierchens als lichte Raͤume ſcharf hervorſtachen. Auch ganz dunkle Kerne ohne dieſe Zeichnungen fanden ſich. Alles, wie mir ſcheint, Urkunden aus den verſchiedenen Entwickelungsperioden des Binnenwurmes, deren Deus tung nicht ſchwierig ſeyn moͤchte. Der Paraſit ſelbſt, der frei in der genannten Huͤlle lag, ohne fie völlig auszufüllen oder mit ihr zuſammenzuhaͤngen, hatte im Durchſchnitte etwa die Länge von 25 — “ und präfentirte ſich als ein beiderends ſtumpf auslaufendes, ſchlankes Rundwürmchen, deſſen eines Ende ſich allmälig verſchmaͤchtigte. Aus der Blaſe ge— nommen, lag er, ſich ſelbſt uͤberlaſſen, gewohnlich in 2! — 3 Spi⸗ ralwindungen zuſammengerollt, und zwar fo, daß das duͤnnere Ende immer das Centrum behauptete und auch bei'm Strecken des Wurmes eingekruͤmmt blieb. Noch mehrere Tage nach dem Tode des von ihm bewohnten Individuums rollte er ſich abwechſelnd bald auf bald zu; aber auch abgeſtorben ſtrebte er, kuͤnſtlich aus⸗ geſtreckt, feine urſpruͤngliche Spirallage wieder einzunehmen. Der ganzen Laͤnge nach faſt vollig durchſichtig, enthielten die meiſten in ihrem Innern nur an einem Puncte gegen das dickere Ende hin ein dunkleres, granulirtes oder traubenfoͤrmiges Organ, das etwa als Geſcklechtsdruͤſe gedeutet werden konnte. Da, wo zwei Thier⸗ chen in einer Cyſte lagen, fand ſich dieſes Organ ein Mal bei keinem, drei Mal bei beiden und vier Mal nur bei einem ders ſelben, in dem Falle, wo ich drei in einer Huͤlſe ſah, nur bei zweien. Mund-, After: und Geſchlechtsoͤffnung aufzufinden, war mir, trotz aller Bemuhungen, unmoͤglich und auch in der, bei Verletzung des Wuͤrmchens aus ſeinem Koͤrper hervorquellenden, grumoͤſen Maſſe ließen ſich keine geſonderten intestina deutlich un⸗ terſcheiden. Von obigen zwei Bewohnern, denen beiden das trau⸗ benförmige Organ fehlte, wich der eine von der gewöhnlichen Ge⸗ fesch ab, indem er kuͤrzer, dicker und vollkommen walzenfoͤrmig erſchien. z In noch höherem Grade aber als dieſe helmintbologiſchen That— ſachen muß den Anatomen und mehr noch den Phyſiologen der Sitz und die Verbreitung dieſes Paraſiten durch die verſchiedenen Gebilde des menſchlichen Koͤrpers intereſſiren. — Er fand ſich naͤmlich einzig und allein in den willkuͤrlichen Mus⸗ keln, aber auch in allen derſelben ohne Ausnahme, nämlich: in den mm. des Bauches, der Bruſt und des Ruͤckens, mit Einſchluß der mm. intercostales, des diaphragma und triangularis sterni, in ſaͤmmtlichen mm. der untern, und noch zahlreicher in denen der obern Extremitaͤten, in den Hals-, Nacken-, Antlitz-, Kopf, Kau⸗ und Augenmuskeln und in denen des äußern Ohres, indeß er den kleinern mm. der Gehoͤrknoͤchelchen fehlte, was jedoch mit der 61⸗ jährigen Taubheit des Verſtorbenen zuſammenhaͤngen mochte. In keinem der übrigen Gewebe und ſelbſt nicht in den unwill⸗ kürlichen Muskeln war eine Spur des Wuͤrmchens zu finden, fo ſorgfaͤttig ich auch das Herz, die Muskelhaut des Magens, des Darmcanals, der Harnblaſe u. ſ. w. unterſuchen mochte. Ebenſo wenig waren die Cyſten in der tunica dartos, der iris, der mitt: leren Haut der Gefäße, der Harnleiter u. ſ. w. aufzufinden. Ja dieſe Eigenthuͤmlichkeit des Paraſiten in der Wahl ſeines Wobnſitzes war mit fo ſtrenger Conſequenz durchgeführt, daß, z. B., vom 20 311 ganzen tractus intestinorum nur der Anfang und das Ende, naͤm⸗ lich außer den mm. der Lippen und Wangen, der Zunge und des Gaumenſeegels auch noch die des Schlundes und die Faſern der erſten zwei Zolle der Speiſeroͤhre, ſo wie endlich nach langem Intervalle der sphincter ani externus, der levator ani und die trausversales perinaei die Cyſten enthielten, waͤhrend ſelbſt die unmittelbar daran ſtoßenden Faſern der vegetativen mm. wie, g. B., die des sphincter ani externus, vollkommen davon frei was ren. Ebenſo verhielt es ſich mit den Reſpirationsorganen. Alle nm. des laryux waren beſetzt, die Tracheal- und Bronchialmus— keln aber berſchont. Im uropoetiſchen und Sexual-Syſteme kamen fie nur im sphincter vesicae urinariae, im bulbo- und ischio-ea- vernosus und im cremaster vor. Ueberal aber, wo die Eyſten ſich in einem Muskel vorfanden, lagen ſie mit ihrem Laͤngendurchmeſſer im Verlaufe der Muskelfa— ſern entlang in Zwiſchenraͤumen von einer oder mehreren Linien oder auch dicht hintereinander aufgereiht, ſo daß das ganze stratum des Muskels etwa wie ein glatt gekaͤmmter und mit Laͤuſeeiern dicht beſetzter Chignon ausſah. Indem ich mich aller Raifonnements über die eben mitgetheil— ten Thatſachen enthalte, füge ich ſchließlich bei, daß denjenigen Fachgenoſſen, die ſich etwa für dieſe in Deutſchland neue Erſchei— nung intereſſiren ſollten, einzelne dieſer Muskelpaxthieen zu Gebote ſtehen. Dr. G. C. Kobelt, Proſector und Pripatdocent zu Heidelberg. Mee In Beziehung auf foſſile und lebende Infuſo— rien theilt am 17. März Hr. Profeſſor Ehrenberg der Ver— ſammlung naturforſchender Freunde mit, daß nach ſeiner mikro— ſcopiſchen Analyfe die, durch Hrn. Prof. G. Roſe geſchlagenen, 812 Steinproben, die auf Hrn v. Humboldt's Reife bei Wolok an der Wolga, unweit Saratow, beobachteten kreideartigen Kalkfelfen, aus denſelben mikroſcopiſchen Polythalamien-Arten vorherrſchend beſtehen, welche von Island an die weſteuropaͤiſchen Kreidemaſſen bilden. Derſelbe zeigt dann die Bacizlaria paradoxa der Nordſee lebend vor, welche feit September vor. Jahres ſich in Berlin im Seewaſ— fer erhalten und vermehrt hatte. Viele Exemplare waren deutlich mit Jufuſorien-Lauſen beſetzt, welche der Gattung Cocconeis ange— hören mögen, indem Coce. Nasicula eine bisher unbekannte, queer geſtreifte, an beiden Enden zugeſpitzte Art dieſer Gattung in dem⸗ ſelben Waſſer zahlreich lebt und vielleicht alſo die erwachſene Form jener kleinen iſt. Eben ſo haben ſich zwei neue Arten in der Mitte queer eingeſchnuͤrter und geftreifter Naviculae, N. Didymus und N. gemina, jetzt in jenem Seewaſſer vorgefunden und beſonders auch eine größere Art der Gattung Synnychia, von der nur eine kleine Ferm bekannt war, zahlreich entwickelt, die den Namen 8. quaternaria erhielt. Derfelbe zeigte dann die Abbildung eines neuen Genus von Raͤderthieren aus der Umgegend Berlin's, La- rella Piscis, welches, dem Chaetonotus Laurus ſehr ähnlich, ſich durch zwei ſeitliche Stirnaugen, die dieſem fehlen, unterſcheidet. Hierauf ſprach derſelbe über einen kuͤrzlich von ihm beobachteten erſten Fall eines wirbelnden ausgebildeten Jungen im noch unge— legten Eie der Hydatina senta und über die bisher uͤberſehene Ei genthuͤmlichkeit der Arcella aculeata, ihre Schaale aus gewaͤhlten Naviculis immer moſaikartig ſelbſt zuſammenzuſetzen. Ueber das gleichzeitige Vorkommen der appen- dices pyloricae und eines drüfigen pancreas bei Ga- dus lota, über Spuren des druͤſigen pancreas bei'm Barſch, Per- ca fluviatilis, wo es vom Fett ſehr unkenntlich gemacht wird, und ein ſehr deutliches panereas bei'm Hecht, Esox lueius, ohne ap- pendices pyloricae, gleichwie es vom Wels und Aal bekannt iſt, hat Herr Profeſſor Müller, am 21. Januar, der Geſellſchaft Ras turforſchender Freunde zu Berlin Beobachtungen mitgetheilt. Hei lk un d e. Ueber den Einfluß des Clima's auf die Lungen— ſchwindſucht. Von Dr. Chervin. Ich habe in der neuen Welt Cayenne, das Franzöfifche, Hollaͤndiſche und Engliſche Guiana und faſt alle Weſtindi— ſche Inſeln, auch die ganze Kuͤſte der Vereinigten Staaten von New-Orleans bis Portland, im Staate Maine, be— ſucht. In den niedrigen Gegenden der Tropen-Laͤnder, wo ich mich aufgehalten, hält ſich der Thermometerſtand Jahr aus Jahr ein ziemlich auf 25 bis 26° R. Tiefer ſinkt das Queckſilber nur zu Ende December's und Anfangs Januar's, und zwar nur wenige Stunden vor Sonnenaufgang. Auf Guadeloupe, welches unter 16° N. B. liegt, beobachtet man alsdann nur 16° R.; allein ſobald die Sonne ſich uͤber den Horizont erhebt, faͤngt das Queckſilber an zu ſtei— gen, und ſteht Nachmittags gewöhnlich auf 20 bis 259, ja wohl noch hoͤher. Zu Havannah, unter 23° N. B, beobachtete ich zu Ende December's 1819 und Anfang Januar's 1820 um 5 bis 6 Uhr Morgens nur 12° R.; aber auch dort wurde es im Laufe des Tages recht heiß. Trotz der hohen Temperatur des Clima's auf den An: tillen in Guiana und Cayenne, iſt die Lungenſchwind— ſucht ziemlich gemein, wenngleich nicht ſo haͤufig, wie in Frankreich. Indeß verläuft fie in den niedrigen Gegenden zwiſchen den Wendekreiſen im Allgemeinen langſamer, als in der gemäßigten Zone. Nur in den Monaten November, December und Januar, waͤhrend die Nordoſtwinde wehen, macht die Krankheit an Orten, die dieſen Winden ausge— ſetzt ſind, welche viele Bruſtkrankheiten erzeugen und die ſchon vorhandenen verſchlimmern, ſchnelle Fortſchritte. Wie groß die auf den Antillen durch die Lungenſchwindſucht an— gerichtete Sterblichkeit ſey, kann ich nicht genau angeben; uͤbrigens iſt mir in jenen Laͤndern ſo wenig ein Fall von einer gruͤndlichen Heilung vorgekommen, als in irgend einem andern. Nicht in allen Staaten Nordamerica's zeigt ſich die Lungenſchwindſucht gleich haͤufig und gefaͤhrlich. In den oͤſtlichen Staaten, naͤmlich Maine, New Hampfhire, Ver— mont, Maſſachuſetts, Rhode Island und Connecticut, iſt die Krankheit ſehr gemein und in ihrem Verlaufe ſchnell, wogegen fie in den mittlern Staaten, New- Vork, New: Jerſey, Pennſylvania, Delaware und Maryland, ſeltner vor— kommt und ihre verſchiedenen Stadien langſamer durchläuft. Noch ſeltner und gutartiger iſt ſie in den ſuͤdlichen Staa— ten, naͤmlich Virginien, den beiden Carolina's, Georgien, Alabama, Miſſiſippi, Louiſiana und den Florida's. Aus Obigem geht hervor, daß der Einfluß einer kal— ten und in'sbeſondere ſehr veraͤnderlichen Temperatur auf die 813 Erzeugung und den Verlauf der Lungenſchwindſucht in den Vereinigten Staaten ſehe auffallend iſt. Ein Mitglied der K. Academie der Medicin in Paris, Hr. Gerardin, hat behauptet, die Haͤufigkeit dieſer Krank— heit in den Vereinigten Staaten ruͤhre daher, daß man dort bei der Behandlung ſo vieler Leiden Calomel anwende; al— lein dieß beruht auf einem offenbaren Irrthume; denn jenes Mittel wird in den ſuͤdlichen Staaten fo häufig und in jo großen Dofen verordnet, wie in den oͤſtlichen, und dennoch iſt die phthisis in den erſteren weit ſeltener und hat daſelbſt einen weit langſamern Verlauf, als in den letzten. Wenn Bruſtkrankheiten bei den Nordamericanern gemeiner find, als unter den Suͤdamericanern und Europaͤern, ſo ruͤhrt dieß offenbar von der Strenge und Veraͤnderlichkeit des Clima's ber; allein jene Krankheiten ſchlachten nicht, wie ſich Hr. Gerardin ausdrückt, den größten Theil der Americani— ſchen Jugend ab. Sie veranlaſſen, je nach der Oertlichkeit, etwa ein Viertheil ſaͤmmtlicher Sterbefaͤlle; allein dieß iſt in den ſuͤdlichen Staaten keineswegs der Fall, wo viele der Bewohner der oͤſtlichen und mittlern Staaten den Winter zubringen, um den Krankheiten der Athmungsorgane zu ent— gehen, welche ihnen ſonſt zu jener Jahreszeit zuſetzen wuͤr— den, oder wenigſtens deren Heftigkeit und Gefaͤhrlichkeit zu mindern. Manche begeben ſich zu demſelben Zwecke auf die Inſel Cuba. Den New: Vorker Sterblichkeitsliſten zufolge, wurden dort binnen 5 Jahren, von 1804 1808, etwa ein Fünftel der Todesfaͤlle durch die Lungenſchwindſucht veranlaßt. Wenn wir, ſagt Prof. Mittchill (Mitchele), die durch ans dere Lungenkrankheiten herbeigefuͤhrten Sterbefaͤlle hinzurech— nen, ſo wird die Totalſumme etwas uͤber ein Viertel der ſaͤmmtlichen Todesfaͤlle betragen “). Zu Portsmouth, welches noͤrdlicher liegt, war die durch Lungenkrankheiten im J. 1808 herbeigefuͤhrte Sterblichkeit ebenfalls etwas bedeutender, als ein Viertel der Totalzahl **). Zu Philadelphia betrug die Zahl der durch Auszehrung ver— anlaßten Todesfälle von 1807 — 1828 incl. etwa 1 der Totalzahl, die todtgebornen Kinder abgerechnet ***). Dr. David Hoſack berechnet, daß in den Verei— nigten Staaten die erwaͤhnte Krankheit die Totalzahl der Sterbefaͤlle um wenigſtens ein Sechstel vergroͤßere +). Dem Dr. Johnſon zu Charleſton in Suͤdcarolina zufolge, beträgt die Zahl der durch Auszehrung und Schwaͤ— che herbeigefuͤhrten Todesfaͤlle im Durchſchnitt etwas weni— ger, als ein Sechstel, und er bemerkt, daß viele dieſer Ster— befaͤlle ſich bei Patienten ereignen, welche aus den nördlichen Staaten kommen, um im Winter der Milde des Clima's theilhaftig zu werden. „Wenngleich das Wetter bei uns ſich ſchnell und ſtark ändert, fo praͤdisponirt es doch offen: bar weniger zu Lungenkrankheiten, als das Clima der oͤſtli— N Med. Repository, Vol. 11 p. 33 u. Vol. 13 p. 5. *) A. a. O. Vol. 9 p. 283 u. Vol. 11 p. 311. **) The North American medical and surgical Jou nal, Vol. 7. +) The Amer. Med. and Philos. Register, Vol. 4. 314 chen und mittlern Staaten; denn felbft in New-Vork legen dieſe Krankheiten ein Viertel bis ein Drittel der Menſchen auf die Bahre“ “). Im J. 1800 betrug die Totalzahl der Sterbefaͤlle zu Charleſton 807, von denen 145 durch phthisis, und 6 durch acute Lungenentzuͤndung berbeigefuͤhrt worden waren, fo daß die Lungenkrankheiten etwa 177 ſaͤmmtlicher Todes— fälle veranlaßten, und das Geſundheitsbuͤreau wies nach, daß die meiſten Sterbefaͤlle der letztern Art bei Fremden vor— gekommen, die ſich ihrer Kraͤnklichkeit wegen nach Charleſton begeben hatten *). Wegen ihrer geographiſchen Lage müf: fen die ſuͤdlich von Charleſton liegenden Gegenden kuͤckſicht— lich der fraglichen Krankheiten noch beſſer daran ſeyn. End: lich verhielt ſich, nach den mediciniſch-ſtatiſtiſchen Berichten der Doctoren Niles und Ruß, die durch phthisis in New -⸗Vork, Boſton und Philadelphia verurſachte Sterblich— keit waͤhrend einer Reihe von Jahren im Durchſchnitt zu der ganzen Mortalitaͤt, wie 1: 6,03 und die durch andre Lungenkrankheiten herbeigefuͤhrte, wie 1 : 4,83 ***). Aus den eben dargelegten Umſtaͤnden ergiebt ſich, daß, wenngleich die phthisis in den Vereinigten Staaten aller— dings durchaus nicht ſelten vorkommt, ſie doch in den ſuͤd— lichen weit ſeltner, als in den mittlern und zumal den öft- lichen iſt. Hieraus geht der Einfluß des Clima's auf Er— zeugung dieſer Krankheit ſehr deutlich hervor, und dieſe wuͤrde offenbar weit weniger Opfer fordern, wenn die Einwohner, in'sbeſondere die Frauen, ſich gegen die rauhe Witterung und ſchnelle Temperaturwechſel beſſer verwahrten. In den Ver: einigten Staaten hat man oft alle 4 Jahreszeiten an dem— ſelben Tage auszuhalten, und Perſonen von ſchwacher Lei— besbeſchaffenheit und reizbaren Bruſtorganen koͤnnen ſolchen ploͤtzlichen Uebergaͤngen von der Waͤrme zur Kälte nicht wohl widerſtehen. Als ich mich am Oſterſonntage 1820 zu New: Orleans befand, ſah ich binnen 12— 15 Stunden das Ther— mometer um 41—42° Fahrenh. fillen Im J. 1821 war ich zu Waſhington ebenfalls Zeuge eines ſehr bedeutenden Sinkens der Temperatur binnen ſehr kurzer Zeit, und von andern Beobachtern ſind noch auffallendere Wechſel berichtet worden, als der angegebene. Begeben wir uns nun von Nordamerica nach dem füds lichen Spanien, ſo finden wir daſelbſt ein weit milderes und beſtaͤndigeres Clima. Ich lebte 1823 und 1824 beinahe ganzer zwei Jahre hintereinander in dieſem Lande, und hielt mich 1828 und 1829 ungefaͤhr 5 Monate lang dort auf, da mich die Franzoͤſiſche Regierung als Mitglied der medici⸗ niſchen Commiſſion dorthin geſandt hatte. Aus den Nach— richten, die ich bei dieſen Gelegenheiten einzog, ergiebt ſich, daß gleichwohl die Lungenſchwindſucht auf der Pyrenaͤiſchen Halbinſel nicht ſelten, ja in Gibraltar ſehr haͤufig vorkommt. Dr. Hennen ſagt in dieſer Beziehung: „Ueber den Typus des Fiebers kann Meinungsverſchiedenheit herrſchen; aber ruͤckſichtlich der, zu Gibraltar fo haͤufigen Lungenkrankheiten iſt durchaus Alles Elar. Man hat fie die eigentliche ende: ©) New York med. Repository, Vol. 11 p. 407. **) Southern Patriot, 26. Jan. 1821. ) Medical Statistics etc. Tab. XVI. 315 miſche Krankheit jener felfigen Halbinſel genannt, und wie ſehr das Clima auf Verſchlimmerung derſelben hinwirkt, konnte man im Jahr 1817 in einer hoͤchſt beklagenswerthen Weiſe an den 4 Weſtindiſchen Regimentern bemerken, wel— che unlaͤngſt von den Karaibiſchen Inſeln dorthin verſetzt worden waren. Faͤlle von aͤchter Lungenſchwindſucht kom— men ungemein haͤufig vor, und fuͤhren den Tod ſchnell und unfehlbar herbei; aber merkwuͤrdiger Weiſe iſt die Krankheit auf der gegenuͤberliegenden Africaniſchen Kuͤſte faſt ganz un— bekannt “). Meine Erkundigungen und Beobachtungen waͤhrend mei— nes Aufenthaltes zu Gibraltar, ſtimmen mit den Angaben des Dr. Hennen uͤber die Haͤufiakeit des Vorkommens der Lungenſchwindſucht an jenem Orte uͤberein. Ueber die Zahl der im buͤrgerlichen Hoſpitale von Gibraltar ſeit der Stiftung dieſer Anſtalt im Jahr 1815 bis zum 20. Des cember 1825 behandelten Faͤlle, giebt die erſte Tabelle einer kleinen Broſchuͤre Auskunft, waͤhrend die vierte die Zahl der außerhalb des Hoſpitals waͤhrend deſſelben Zeitraums von den Aerzten und Chirurgen der Anſtalt behandelten Schwind— ſuͤchtigen nachweiſ'it. Uebrigens findet man in Dr. Hen— nen's Werke auch genuͤgende Beweiſe hinſichtlich der Haͤu— figkeit der fraglichen Krankheit auf Malta und den Joniſchen Inſeln. An ſonſtigen ſtatiſtiſchen Belegen in Betreff des Vor— kommens der Lungenſchwindſucht in den uͤbrigen Gegenden des ſuͤdlichen Spanien's fehlt es mir; allein ich weiß, daß die Krankheit daſelbſt gemein genug iſt, und man ſie fuͤr contagioͤs haͤlt. Dieſe Anſicht veranlaßt manche, dem Pas tienten nachtheilige Maaßregeln. Haͤufig raͤumt man, wenn ein Schwindſuͤchtiger dem Tode nahe iſt, alle beweglichen Gegenſtaͤnde, die irgend einen Werth haben, aus ſeinem Zimmer, um ſie nicht bei ſeinem Ableben verbrennen zu muͤſ— ſen. Welchen ſchrecklichen Eindruck muß dieß nicht auf den armen Leidenden machen! Dieß wäre Alles, was ich uͤber den Einfluß des Cli— ma's auf die Erzeugung und den Verlauf der Lungenſchwind— ſucht zu ſagen habe. Ich bekenne ſelbſt, daß mein Bericht in Anſehung der Genauigkeit und Beſtimmtheit viel zu wuͤn— ſchen uͤbrig laͤßt; allein ich muß mich zu der Meinung der Doctoren Clark und Hennen bekennen, daß das Clima von Suͤdeuropa ſchwindſuͤchtigen Perſonen bei Weitem nicht fo zutraͤglich ſey, als man gemeinhin glaubt **). Faͤlle von Doppelhernien. Von Bransby Cooper. Am Freitage, den 26. April 1839 wurde nach Herrn Toulmin geſchickt, um Hrn. J. zu beſuchen, einen Mann von 68 Jahren, welcher um 10 Uhr Abends an Schmerz in den Daͤr— men und im Magen litt, begleitet von haͤufigem Erbrechen, bei Sketches of the Medical Topography of the Mediterra- nean, p. 119. ) Aus einem Briefe des Dr. Chervin, Mitglieds der K. Aca— demie der Medicin an den Dr. Amédée Latour, den zuerſt die Gazette des Médecins Practiciens vom 15. Dec. 1839 und nach dieſer die London Medical Gazette, Jan. 1840 mit⸗ theilte. 316 welchem aber zugleich angegeben wurde, daß zweimal im Laufe des Tages Oeffnung vorhanden gewefen ſey. Da indeß Hr. Toulmin erfuhr, daß der Kranke an einem Bruche leide, ſo erkundigte er ſich, ob dieſer zurückgebracht ſey, und da der Kranke verſicherte: „daß Alles in Ordnung ſey““, fo nahm er an, daß die Symptome von einer Indigeſtion herruͤhrten. Es wurde ein Abführmittel ver— ordnet aus Magneſia und Rhabarber, welches alle 3 Stunden ges nommen werden ſollte, bis reichlich Oeffnung erfolgt ſey. Die Nacht verlief ſchlaflos und unter großem Schmerze; die Medicin hatte nicht gewirkt; fie war immer wieder ausgebrochen worden. Es war kein Stuhlgang mehr eingetreten, die Haut kuͤhl, der Puls 60 und weich. Keine Vermehrung des Schmerzes im Unter— leibe bei Druck. Es wurde ein kraͤftiges Abführmittel verordnet, aus Bitterſalz mit Sennatinctur alle 2 Stunden, bis Oeffnung er- folgt. Als Hr. T. im Laufe des Tages wiederkam, hoͤrte er, daß der Kranke eine gut geformte Ausleerung gehabt habe. Dieß verminderte die Beſorgniſſe des Arztes um ſo mehr, als Hr. J. an— gezogen und nach dem Wohnzimmer herabgekommen war; doch blieb einiger Geund zu Beſorgniſſen, da das Erbrechen und der Schmerz, in vermindertem Maaße zwar, doch noch fortdauerte. Die abfuͤhrende Mixtur wurde beibehalten. Am Abend waren die fruͤheren dringenden Symptome wie— dergekehrt, Schmerz und Erbrechen war etwas vermehrt und der Kranke lag zu Bette. Hr T benutzte nun die Gelegenheit, die Leiſtengegend genau zu unterſuchen und fand Folgendes: In der rechten Leiſtengegend, wo Hr J. ſeit Jahren ein Bruchband trug, zeigte ſich eine unnatuͤrliche Abflachung in Vergleichung mit der andern Seite; dieß ſchien indeß von der Abſorption des Fettes durch den Druck der Bruchbandpelotte herzuruͤhren. Die Auftrei— bung der linken Seite hing indeß nicht bloß von Anſammlung von Fett ab, ſondern ruͤhrte zum Theil von einem kleinen Bruche her, der durch den aͤußern Bauchring hervorragte, aber bei der Unter— ſuchung ſogleich zuruͤckging; dennoch war auf der linken Seite noch eine größere Fuͤlle, als auf der rechten. Eine Pille aus Galomel und Rhabarber, und danach eine abfuͤhrende Brauſemiſchung, und ein Sinapismus auf die Magengegend. Am Sonntage den 28. April derſelbe Zuftand: Erbrechen und Leibſchmerz dauerten fort, Puls ruhig und weich, das Ausſehen frei von Angſt, die Zunge leicht belegt; keine weiteren Ausleerun— gen. Statt der Abfuͤhrmittel wurden kleine Doſen von Calomel und Opium gegeben und ein Terpenthinclyſtir verordnet. Bei einer Conſultation wurde ebenfalls keine Spur einer Einklemmung auf— gefunden; der Grund der Symptome war nicht zu ermitteln; mit den angegebenen Arzneien wurde fortgefahren. Montag am 29. Nach einer ſehr unruhigen Nacht zeigte ſich Kothbrechen und Schluchzen, dagegen keine vermehrte Fülle oder Empfindlichkeit des Unterleibes, eher Abnahme des Schmer— zes; Puls 60 und weich; aber bei jedem zehnten Schlage ausſez— zend; ein Symptom, welches uͤbrigens oͤfter vorkoͤmmt und daher nicht ſehr beunruhigt. Es war klar, daß eine nicht zu beſeitigende Verſtopfung des Darmes vorhanden ſey: zwar war dieſe nicht wohl von dem Bruche in der linken Leiſte herzuleiten, da dieſer eben ſo leicht, wie der auf der andern Seite, zuruͤckgebracht werden konnte; indeß konnte man nicht umhin, zu befuͤrchten, daß bei der groͤßern Fülle dieſer Gegend hier noch ein krankhafter Zuſtand zu Grunde liegen moͤge. Bei dieſer Schwierigkeit wurde ich zur Con— ſultation gezogen. Da ich erfuhr, daß der Kranke feit mehreren Jahren auf der rechten und ſeit einigen Monaten auf der linken Seite einen Bruch habe, ſo begann ich die Unterſuchung mit den Leiſtengegenden. Die linke zeigte ſich ſogleich als ſtaͤrker ausgedehnt, jedoch ohne eine umſchriebene bruchaͤhnliche Geſchwulſt, ſondern mehr, als wenn die Hervorragung das Reſultat einer natuͤrlichen Fettablagerung ſey, welche auf der rechten Seite durch den Druck des Bruchbandes wieder abſorbirt ſey. Bei Manipulation des linken Leiſtencanales bemerkte ich indeß ein etwas unnatuͤrliches Gefuͤhl und eine unge— woͤhnliche Fuͤlle. Bei Unterſuchung der rechten Seite konnte ich keine Hervorragung in dem Canale fuͤhlen; Huſten oder die leich— teſte Contraction der Bauchmuskeln dagegen veranlaßten auf der Stelle das Herabtreten eines Bruches, der indeß durch den leich— 317 teſten Druck wieder zurückgebracht werden konnte. Ich brachte den Zeigeſinger in den Leiſtencanal durch Zurückdrangen der nachgiebigen Haut; und als ich dabei den Kranken huſten ließ, war es vollkom— men klar, daß kein Bruch im innern Bauchringe liege; es war nichts auf dieſer Seite zu entdecken, was Verdacht erregt hatte. Meine Aufmerkſamkeit wendete ſich daher wieder auf die linke Seite, deren geringe Abweichung von dem natürlichen Ausſehen in Verbindung mit den begleitenden Symptomen nothwendig Beden— ken erregen mußte. Wir kamen überein, den Zuſtand genau zu er— mitteln, und der Kranke gab feine Einwilligung zu der ihm vorge: ſchlagenen Operation, welche darin beſtand, daß der linke Leiſten— canal bloßgelegt wurde. Es fand ſich ein kleiner leerer Sack, aber nichts, was nur im Mindeſten die Symptome erklären konnte. Wir blieben in demſelben Zuſtande von Unſicherheit ruückſichtlich der Urs ſache der Krankheit. Nach angelegtem Verbande wurde der Kranke wieder zu Bette gebracht und er erhielt wiederum Abführmittel, Die Verſtopfung und Uebelkeit dauerte fort; Schmerz und Erbre— chen war aber ſeit der Operation etwas vermindert. Am Dienſtag den 30. Nach einer unruhigen Nacht war Schmerz und Uebelkeit geringer; es war aber keine Darmauslee— rung eingetreten, das Ausſehen war ſehr aͤngſtlich, der Puls be— ſchleunigt und ſchwaͤcher; dennoch hatte ſich Hr. J. um 9 Uhr ra— ſirt, wonach indeß Collapſus eintrat und ſchon um 10 Uhr der letzte Athemzug erfolgte. Auf den Wunſch der Verwandten wurde die Section vor— genommen. Das Äußere Ausſehen der Leiche zeigte nichts Beſonderes, außer Neigung zu raſcher Zerſetzung. Bei der Unterſuchung der Opera— tionsſtelle fand ſich in dem Leiſtencanale der Bruchſack, welcher jetzt ein wahrſcheinlich erſt nach dem Tode herabgeſtiegenes, normales Netz enthielt. Der Sack wurde geoͤffnet und fein Inhalt mit der größten Leichtigkeit in die Unterleibshoͤhle zuruͤckgebracht, da er nicht eingeklemmt war, was die Wichtigkeit unſerer Anſicht vom vorigen Tage beſtaͤtigte, daß auf der linken Seite keine, das Le— ben gefaͤhrdende, krankhafte Veraͤnderung vorhanden ſey. Es wurde nun die vordere Bauchwand nach Unten zuruͤckgeſchlagen, um die Lage der Daͤrme genauer zu unterſuchen Es fand ſich weder in Anſehung der Gefaͤßvertheilung, noch in Bezug auf die Lage der Baucheingeweide hinter dem linken innern Bauchringe etwas Ab— normes; es fanden ſich weder Anwachſungen, noch Spuren von Entzündung. Bei Unterſuchung der Beſchaffenheit der rechten In- guinalgegend, des Sitzes der alten reponiblen Hernie, fanden wir ein Stuck Darm in dem Bruchſacke; es war ebenſo beweglich als waͤhrend des Lebens; als ich aber die Darmſchlinge aus ihrer Lage im innern Bauchringe wegnehmen wollte, fand ſich ein Widerſtand gegen dieſe Lageveraͤnderung, als wenn einige Adyvaͤſionen den Darm zuruͤckbielteu. Bei Unterſuchung der Urſache fand ſich, daß ein Darmftüc in einem kleinen Bruchſacke eingeklemmt war, wel— cher vor dem groͤßern Bruchſacke lag der das bewegliche Darm- ſtuck enthielt Dieſer Theil des Darmes und der Sack, welcher ihn einſchnuͤrte, lag innerhalb der Bauchhoͤhle und wuͤrde nicht zu befeitigen geweſen ſeyn, ſelbſt wenn die Exploration auch auf der rechten Seite vorgenommen waͤre, außer in dem Falle, daß man die Eröffnung des Bruchſackes vorgenommen hätte, während derſelbe in das Scrotum hereinragte; hierzu war aber offenbar kein Grund, da der Bruchinhalt fo leicht durch die Taxis zurüͤckge— bracht werden konnte. Man muß indeß zugeben, daß, wenn der Bruch geoͤffnet worden waͤre, bevor er aus dem Scrotum zuruͤck— gebracht wurde, gewiß der vordere Bruchſack mit dem eingeflemmten Darme zu Geſicht gebracht worden ſeyn wuͤrde, ſo daß man die Ein— klemmung haͤtte loͤſen koͤnnen, anftatt den Bruch durch die Taxis im Zuſtande der Einklemmung zurückzubringen. Da indeß das Beſteben dieſes zweiten Bruches während des Lebens nicht feſtzu⸗ ſtellen war, ſo, glaube ich, wuͤrde Niemand ein ſolches Verfahren unternommen haben; wollte man dieß als Regel aufſtellen, ſo wuͤrde man die Taxis immer als ein ungehöriaes Verfahren bes trachten muͤſſen und jede unbewegliche Hernie ſogleich opericen. Es iſt indeß aus dieſem Falle zu lernen, daß, wenn nach Re: poſition eines Bruches durch die Taxis die Symptome der Ein⸗ klemmung fortdauern, die Geſchwulſt, wo moͤglich, wieder hervorge— 318 draͤngt und operirt werden ſollte, da es alsdann klar iſt, daß durch die Repofition die Einktemmung des Darmes nicht gehoben wurde, Dieſer Fall iſt außerdem dadurch von Wichtigkeit, daß er die Noth⸗ wendigkeit beweiſ't, den Zuſtand der Hernie nach Loſung der Strie— tur außerhalb des Bruchſackes ſehr genau zu unterſuchen, bevor man den Inhalt des Bruchſackes zurüdbringt, ohne die Prritondals haut zu oͤffnen. Denn bei einem complicirten Falle, wie der be— ſchriebene, waͤre es ſehr moͤglich, daß der Inhalt des größern Bruchſackes in die Unterteibshöhle zurückgebracht würde, und mit ihm ſogleich der kleinere Bruchſack, mit dem darin eingeklemmten Darme, wenn nämlich, wie geſagt, der Bruchſackhals behufs der Loͤſung der Strictur nicht geöffnet worden wäre. Der folgende Fall bietet Echwierigkriten dar, welche dem oben beſchriebenen fo ahnlich find, daß ich ihn ebenfalls der Bekannt: machung werth halte James Adams, 67 Jahr alt, ein gefund ausſehender Mann, wurde am 18. Nov. 1834 mit einem eingeklemmten äußern Leiſten— bruche der rechten Seite in das Spital aufgenommen. Er gab an, daß er bereits ſeit 30 Jahren an einem Bruche leide, aber nie— mals eine Schwierigkeit bei der Reduction deſſelben gefunden habe, Am Montage Morgens, während er zu Stuhle war, trat fein Bruch hervor, worauf er ſogleich Uebelkeit bekam; da er den Bruch nicht zuruͤckbringen konnte, fo wurde er beſorgt, und meldete ſich zur Aufnahme in dem Spitale. Er litt alsdann an beſtaͤndigem Uebelſeyn, der Puls war weich und zufammendrüdbar, die Zunge trocken und belegt, die Haut fühl aber feucht, der Geſichtsaus— druck ſehr aͤngſtlich. Der Bruch reichte in das Scrotum herab, war aber ſelbſt bei'm Drucke nicht empfindlich. Er ging ohne Bes ſchwerden nach ſeinem Bette hin, und da alsdann die Taxis er— folglos blieb, fe wurde der Kranke in ein warmes Bad gebracht. In dieſem wurde er nach einer halben Stunde ohnmächtig, und in dieſem guͤnſtigen Zuſtande zeigte ſich eine Wiederholung der Taxis ſcheinbar erfolgreich, denn der Bruch ging in die Unterleibshoͤhle zurück. Als er in das Bette zuruͤckgebracht wurde, ſagte er, daß er ſich erleichtert fühle und drang darauf, daß ein Bruchband an: gelegt werde, was auch ſogleich geſchah. Der Kranke bekam ein Ciyſtir, welches aber ſogleich wieder abging, ohne Darmausleerung zur Folge zu haben. Die bedenklichen Symptome kehrten aber bald wieder zuruͤck; der Puls wurde beſchleunigt; die Nacht war ſehr unruhig, und der Kranke hatte bisweilen Erbrechen, waͤhrend die Verſtopfung fortdauerte. Am 19ten. Die Verſtopfung blieb unverändert, dabei Koth— brechen. Fruͤh am Morgen verordnete ihm Hr. Callaver ein Ricinusdlclyſtir, welches, wenn es nicht wirke, nach zwei Stunden wiederholt werden ſollte. Um 1 Uhr ſah ich den Kranken, und fand die Verſtopfung unverändert; die Uebelkeit war anhaltend. Ich un: terſuchte auf's Neue ſehr ſorgfaͤltig in Bezug auf einen Bruch, konnte aber weder an der gewöhnlichen Bruchgegend, noch an ir: gend einer andern Stelle irgend etwas entdecken, was einem Bruche ähnlich geſehen hätte. Ich ließ daher eine elaſtiſche Röhre bis in die flexura sigmoidea hinauffubren, in der Hoffnung, durch Injece tion hier verhaͤrtete Kothmaſſen aufzuloͤſen, welche die Urſache der Verſtopfung ſeyn möchten. Die Einfuhrung war indeß ſehr ſchwie⸗ rig und die Injection drang nur, wie gewoͤhnlich, in den Maſt⸗ darm. Ein Senfteig in die Magengrube und zwei Gran Calomel mit einem Gran Opium. Am 20. Novbr. Die Nacht war weit beſſer; das Erbrechen kehrte aber am Morgen wieder, doch ſcheint die erbrochene Maſſe etwas weniger kothartig in Geruch und Ausfeben; Puls 90; die Stimme iſt ſchwaͤcher, und der Kranke klagt nun über kneipende Schmerzen im Unterleibe, mit Empfindlichkeit gegen Druck. Man verſuchte auf's Neue, ein Clyſtir boch hinaufzubringen, aber der Kranke klagte fo ſehr über Schmerz von Einführung des Inſtru⸗ ments, daß die Operation nicht befriedigend ausgefuͤhrt werden konnte; es wurden indeß zwei Spritzen voll Salzaufloͤſung mit Sennainfuſum eingeſpritzt, kehrten aber auf der Stelle wieder zus rück. Der Kranke wurde nun immer ſchlechter, der Puts ſank und nach 6 Uhr erfolgte der Tod. Section. Das Veritonäum war in feiner ganzen Ausdeh⸗ nung entzuͤndet. Die zwei obern Dritttheile des Duͤnndarms wa: 319 n beträchtlich ausgedehnt, von dunkelroͤthlicher Faͤrbung, mit ver⸗ aſtelten Gwillorgefäßen bedeckt. Im untern. Dritttheile fand ſich eine Darmſchlinge von etwa 2 Zoll Länge in einem Sacke einge⸗ ſchnuͤrt, welcher zwiſchen der rechten linen iliopeetinra und der Harnblaſe lag, in der Vertiefung des Yeritonäums , welche zum innern Bau pringe führt und welche gewoͤhnlich den Sack eines In⸗ aninalbruches bildet. Die Blaſe enthielt etwa 5 Unzen Urin und war eigenthuͤmlich nach Oben verlängert. Der Bruchſack, von der Bauchhoͤhte aus geſehen, ſchien die Größe einer Wallnuß zu haben; die Mündung deſſelben, welche die Einſchnürung bildete. war von betraͤchtlicher Größe, obwohl die Strictur ziemlich feſt war. Der Bru hſack ſetbſt war nicht ſehr mißfar⸗ big, aber der Darm innerhalb deſſelben war von dunkelarunli— cher Farbe; nirgends fanden ſich Spuren friſcher Adhaͤſton oder an⸗ derer feſter Ausſchwitzung; das Becken enthielt ewa 2 Unzen ei⸗ nes uͤbelriechenden, dunkelgelblichrothen Serums. Ein feſter und roͤthlicher Rand des Netzes hing mit der vordern Fläche des Sak⸗ kes ſehr feſt zuſammen, und einige pſeudomembrandſe Streifen bes feſtigten den Blinddarm in der fosza iliaca. Etwa 3 Zoll des Dünndarms unterhalb der Strictur zeigten Spuren fruͤherer Con⸗ ſtrictionen, indem der mittlere Theil dieſes Stuͤckes etwas erwei⸗ tert, undurchſichtig und injtcirt war, wärend an den beiden En: den dieſes Stuͤckes unregelmäßige, wie vernarbte Stellen als Spu⸗ ren eines fruͤhren Druckes zu bemerken waren (das Praͤparat be⸗ findet ſich in dem Muſcum von Guy's Hospital), Die übrigen Brucheingeweide wacen normal, mit Ausnahme des Maſtdarms, welcher an der dem promontorium entfprechenden Stelle eine Pers foration zeigte, umgeben von einem dunkeln, ecchymotiſchen Flecke, welcher offenbar durch die Verſuche, eine elaſtiſche Rohre in das colon einzuführen, veranlaßt worden war. 8 5 INN; Diefer Fall zeigt Fehr gut, daß die Repoſition einer Hernie in die Unterleibshoͤhle durch die Taxis nicht nothwendig das Aufhoͤren der Einſchnuͤrung bedingt, und daß im Gegentheil alle Symptome der Darmverſtopfung übrig bleiben koͤnnen, obgleich keine Ger fhmutit an der Bau bil che mehr zu bemerken iſt. Ein ſolcher Zu⸗ ſtand bietet für die Wihl der anzuwendenden Behandlungen große Schwierigkeit; Abfuͤhrmittel koͤnnen nichts leiſten, da ſie nur die Uebelkeit vermehren, ohne eine Ausſicht zur Ueberwindung der me⸗ chaniſchen Obſtraction zu geben. Clyſtire find vielleicht indieirt, da ſie moͤglicherweiſe verhaͤrtete Kotbmaſſen beſeitigen „ welche in der That die einzige Urſache der Obſtruction ſeyn koͤnnen, wobei die Hernie nur eine zufällig damit zuſam nentreffende Veränderung iſt, was min beſonders vermuthen kann, wenn durch die Clyſtire große Maſſen von Kothballen entfernt werden. Hierauf koͤnnte main Abführmittel mit Sicherheit anwenden; erweiſen ſich aber dieſe Mittel unwirkſam, ſo bleibt, meines Erachtens, nichts uͤbrig, als zu einer chirurgiſchen Operation zu ſchreiten, welche ich von nun an immer zu empfehlen keinen Aaſtand nehmen wuͤrde. Das Verfah— ren, welches ich in ſolchen Fallen befolgen wuͤrde, waͤre: 1) alles Mögliche zu thun, um das Wiederhervortreten des Bruches zu be⸗ fördern, was unter den beſchriebenen Umſtaͤnden ſehr häufig gelin⸗ 820 gen wird, da der Erfolg der Taxis bereits erwieſen hat, daß der Bruchſack nicht verwachſen iſt; 2) fobald die Geſchwulſt wieder hervorgetreten iſt, wuͤrde ich den Bruchſack oͤffnen und ganz wie bei einem gewöhnlichen Bruchſchnitte verfahren, jedoch die Eroͤff— nung des Bruchſackes ſelbſt nie unterlaſſen. Wenn aber der Bruch nicht wieder hervorgetrieben werden kann, ſo, glaube ich, ſollte man die Bruchpforte bloßlegen und durch Erweiterung derſel— ben das Herabtreten des Bruches erleichtern, oder ſelbſt, wo es noͤ— thig wäre, den Bruchſack bloßlegen und die Erweiterung der Stric— tur moͤglich machen. Dieſe Operation iſt zwar gefaͤhrlich und ſchwierig, bietet aber hinreichende Ausſicht auf Erfolg, um die Un— ternehmung derſelben doch raͤthlich zu machen; jedenfalls iſt fie beſ— ſer, als nichts thun, wobei der Kranke durch Fortdauer der Ver— ſtopfung einem ſichern Tode entgegengeht. In der That mochte ich auch ferner noch behaupten, daß die häufigen Repoſitionsver- ſuche durch die Taxis und der dadurch verantaßte Zeitverluſt weit gefährlicher iſt, als eine geſchickte Ausfuͤhrung der von mir vorge— ſchlagenen Operation. Es iſt, in der That, bereits durch alle Wund⸗ ärzte zugeftanden, daß ein Kranker mit Symptomen des einge— klemmten Bruches und irgend einer abnormen Anſchwellung am Unterleibe immer ein Gegenſtand der Operation ſey. Die von mir vorgeſchlagene Exploration geht daher nun einen Schritt weiter, — ſie ſucht den Theil auf, welcher, obwohl in die Unterleibshoͤhle zuruͤckgebracht, doch bei ſeinem dermaligen Zuſtande nicht im Stande iſt, feine normale Function zu verrichten. (Guy’s Hospital Re- ports. Vol. 4. London 1839.) Miscellen. Mangel der Geruchsnerven beobachtete Dr. Preſat an der Leiche eines 60jaͤhrigen geiſteskranken Holzhaͤndlers, welcher an Tuberkelſchwindſucht geſtorben war. Die Furchen fuͤr die Ge— ruchsnerven enthielten keine Spur derſelben, ihrer Wurzeln oder ihres bulbus, waͤhrend die graue Pyramide, an welcher die Geruchsnerven entſpringen, ſehr entwickelt und zugeſpitzt iſt. Alle uͤbrigen Gehirn— nerven waren normal. An der Siebplatte fehlte rechts die Grube fuͤr den bulbus; die Siebplatte war nicht durchloͤchert, nur auf der linken Seite fand ſich eine Oeffnung, durch welche der ramus na- salis quinti durchging. Der Mann hatte nie eine Geruchsempfin⸗ dung gehabt, waͤhrend die innere Empfindlichkeit der Naſe gegen Tabak, Staub oder mechaniſche Reizung ſehr entwickelt war. Ae— ther bewirkte nur das Gefuͤhl eines Stechens und vermehrte Thraͤnenabſonderung. (L’Experience 1838.) Als Operation des Capſelſtaares, empfiehlt Brett in dem Indian medical Journ. folgendes Verfahren. In dem ſchraͤgen Durchmeſſer nach Unten und Außen, etwa 13 Linien von dem Hornhautrande macht man einen zwei Linien langen Einſchnitt in die sclerotica, geht mit einem Haken ein und zieht den Staar heraus. (London medical Gaz. Jun) 1837.) E ————— —̃ Bibliographische Neuigkeiten. The Arcana of Nature revealed; or Proofs of the Being and Attributes of God, elicited in a brief Survey of the Works of Creation, By Thomas Kern, M.D. Dublin 1840. 2 Vols, 8. Anatomie und Phyſiologie der Centralgebilde des Nervenſyſtems. Von Dr. F. J. Julius Wilbrand, außerord. Profeſſor und Proſector bei der mediciniſchen Facultaͤt der Landesuniverſität zu Gießen. Mit 1 Steindrucktafel. Gießen 1840. 8. (Seite 158 findet ſich als „Entwicklungsgeſchichte des Nervenſyſtems vom Menſchen, verglichen mit dem Centralnervenſyſteme der Wirbel⸗ thiere“, eine intereſſante Zuſammenſtellung.) A Treatise on the Causes and Consequences of habitual Con- stipation. By John Burne, M. D. London 1840. 8. Ou Diseases of the Bladder and Prostata Gland. By W. Coul- son. Second Edition. London 1840. 8. M. K. A new Method of Slaughtering Animals for human food. By James Carson, M. D. London 1839. 8. — ——— —ẽ²¾8e ö Meueliotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, aetemmelt und mitgetheilt von dem Obere Mebieingtratde F rere zu Memar, unt dem Diericinatranhe and Prefeſſet Froriet iu Berlin. No. 285. (Nr. 21. des XIII. Bandes.) Maͤrz 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Atbir. oder 3 Fl. 36 Kr, des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Natur e Ueber Laurus Cassia, Linn., fo wie die Pflan— zen, von denen die Cassia-Rinde (Caſſienrinde) gewonnen wird. Von Robert Wight, D. M. Meine Forſchungen uͤber den obigen Gegenſtand wur— den zunaͤchſt durch die von Seiten der Regierung an mich ergangene Aufforderung veranlaßt, wo moͤglich zu ermitteln, ob die im Handel vorkommende gemeine Caſſiarinde oder Cas— Sia lignea der dickere und gröbere Theil der Rinde des aͤchten Zimmetbaumes ſey, oder von einer andern Art herruͤhre. Bevor ich dieſe Anfrage gründlich beantworten konnte, ſchien es mir nötbig, zu ermitteln, welche Pflanze Linné mit dem Namen Laurus Cassia bezeichnet habe, und ob alle unter der Benennung Garfiarinde im Handel vorkom— mende Waare von dieſer Pflanze ſtammen koͤnne. Dieſe vorläufige Unterſuchung machte ſich hoͤchſt noͤthig, da Herr Marſhall die, ziemlich allgemein für ungegruͤndet gehal— tene Behauptung aufgeftellt hatte, die Blätter und Rinde der Laurus Cassia, Linn., ſeyen keineswegs aromatiſch, ſondern bitter, und ſchwecke und rieche nur ſchwach nach Myrrhen. So ſehr man auch an der Richtigkeit dieſer An— gabe gezweifelt hat, ſo iſt ſie doch buchſtaͤblich wahr, und hat überdem zu einer Entdeckung geführt, welche ein Bo: taniker von Profeſſion, auf welchen Namen Hr. Mar: ſhall, meines Wiſſens, keinen Anſpruch macht, wohl nur ſchwer hätte machen koͤnnen. Hr. Marſhall wurde auf dieſelbe lediglich durch den landesüblichen Namen ge⸗ führt, und es nahm ihn Wunder, wie dieſe Pflanze von Linné habe Cassia genannt werden, und wie dieſer ihrer Rinde habe Eigenſchaften zuschreiben koͤnnen, die ihr durch— aus fremd ſeyen. Ich glaube jetzt im Stande zu ſeyn, dieſe Frage zu beantworten und den geheimnißvollen Schleier zu lüften, unter welchem dieſe Art bisher verborgen war, und der bisjetzt den Bemühungen aller Forſcher getrotzt hat. Bekanntlich waren die Botaniker früherer Zeiten in ihren Beſchreibungen der Pflanzen, gegen die jetzigen, ſehr weit zuruck, und machten ſich zumal in Betreff des Citirens von No. 1385. angeblich dieſe oder jene Art darſtellenden Abbildungen gro- ber Verſtoͤße ſchuldig, von welcher Sünde man den großen Linné eben ſo wenig frei ſprechen kann, als irgend einen ſeiner Zeitgenoſſen. Er ſcheint allerdings oft vermuthet zu haben, daß jene Abbildungen ſehr wenig naturgemäß ſeyen, und wenn eine ſolche mit einer vor ihm liegenden Pflanze aus demſelben Lande auch nur eine entfernte Aehnlichkeit hatte, ſo glaubte er annehmen zu duͤrfen, daß jene dieſe vorſtellen ſolle. Das hier in Rede ſtehende Beiſpiel kann uns als ein ſchlagender Beleg zu diefer Behauptung dienen, und obne Hrn. Marſhall's Entdeckung wäre man über den That— beſtand vielleicht noch lange im Dunkeln geblieben. In Hermann's Herbarium von Ceyloniſchen Pflanzen fand Linné eine mit dem Namen „Dawalkurundu Nika- dawala““ bezeichnet, unter welchem derſelbe auch in Her⸗ mann's Musaeum Zeylanicum beſchrieben iſt. Dieſe hielt er, wie es ſcheint, nur nach der Tracht, fuͤr eine Art von Laurus, und beſchrieb fie, in feiner gewöhnlichen Eur: zen und praͤciſen Weiſe, als Laurus foliis lanceolatis trinerviis, nervis supra basin unitis, nachdem er vor— her den wahren Zimmetbaum als „Laurus foliis ovato- oblongis trinerviis, basi nervis unientibus“ ange- führe hatte. Der Unterſchied zwiſchen beiten erſcheint nah Obigem ſehr gering; indem er nur darauf beruht, daß die eine Art lanzettfoͤrmige Blätter mit, über der Baſis zuſammenlaufen⸗ den Rippen, die andere aber laͤnglich-eifor mige Blätter mit bis zur Baſis getrennten Rippen beſitzen ſoll, welche Abweichungen in der That ſehr unbedeutend find, und zur Trennung der beis den Gewaͤchſe nicht berechtigen, da man dergleichen an den Blaͤttern deſſelben Baumes ſehr häufig antrifft. Unter die ſen Umſtaͤnden darf man ſich nicht wundern, daß die Bo— taniker Hrn. Marſhall's Anſicht, als ob 2 Baͤume, von denen man annahm, ſie gehoͤrten zu derſelben Gattung, und boͤten in ihrer aͤußern Geſtalt ungemein viel Aehnlichkeit dar, doch in ihren Eigenſchaften durchaus von einander abwichen, ſehr kuͤhn fanden. Aber die Sache verhaͤlt ſich dennoch ganz gewiß ſo, wie Hr. Marſhall ſie angegeben hat. Wenn wir, mit Huͤlfe der Marſhall'ſchen Beobach— tungen, die Geſchichte der beiden Arten zu erforſchen ſuchen, 21 523 fo wird uns Alles bald klar werden; wenngleich Hr. Marſhall ſelbſt es beinahe unbegreiflich fand, wie Linné den Dawalkurundu, Laurus Cassia nennen konnte. Dieß geſchah, weil das Exemplar des Dawalkurundu, welches Sinns zu Gebote ſtand, weder eine Brüche boch eine Frucht beſaß, ſonſt hätte er es bei ſeinem Scharf⸗ blick unmoglich mit den Pflanzen zuſammenſtellen koͤnnen, mit de⸗ nen er fie für nahe verwandt hielt. Allerdings iſt dieß nur eine Vermuthung von mir; allein dieſelbe erhält durch die Nebenum⸗ ſtände ſo viel Wahrſcheinlichkeit, daß ſich an deren Richtigkeit kaum zweifeln läßt. Linné hat nämlich in feiner Flora Zeylanica von jeder der obigen beiden Arten eine kurze Beſchreibung mitgetheilt. Die vom Zimmetbaume bezieht ſich faſt bloß auf die Bürhe und iſt ungemein genau. Bei der Beſchreibung der Andern geſchiehr der Bluͤthe gar keine Erwähnung. Er erklart, er wiſſe nicht, durch welche Kennzeichen er ſie von der Camphorifera japonensium zu unterſcheiden habe, mit der ſie in Anſehung der Blaͤtter große Aehn⸗ lichkeit darbietet, wayrend beide Gewaͤchſe in Betreff des Bluͤthen— ſtandes durchaus von einander verſchieden ſind, indem der Campher⸗ baum eine Riſpe trägt, deren Stiel fo lang iſt, wie das Blatt, während die Bluͤthen des Dawalkurundu ein faſt aufſitzendes Kopf; chen bilden, d. h., 5 bis 6 aufſitzende Bluͤthen an der Spitze eines ſehr kurzen Blumenſtiels zuſammengedraͤngt und von einer vier⸗ bis fuͤnfblättrigen Hülle umgeben ſind Mehrere dieſer Koͤpfchen bilden in der Regel Quirle um die kahlen Theile der Aeſte, von welchen die Blätter abgefallen ſind. hans Im Eingange feiner Beſchreibung der Laurus Cassia) er⸗ wähnt Linn é, er habe dieſe Pflanze zuerſt für eine Varietät der vorhergehenden (des Zimmetbaums) gehalten; gegenwärtig wiſſe er aber nicht, wie er fie von der Camphorifera japouensium trennen ſolle; denn die Blätter ſeyen dünner, als bei'm Zimmetbaume, des ren Rippen vereinigten ſich, wie bei der Canphorifera, über der Baſis; ſie ſeyen unten mit einem graulichen Thaue oder Reife be⸗ ſchlagen, ebenfalls wie beüm Campherbaume, und zugleich lanzett⸗ förmig, fo. wie von duͤnnerem Gewebe, wie bei'm Zimmetbaume; kurz die ganze Beſchreibung ſtimmt auf's Genaueſte mit Hrn. Mar⸗ ſhall's Beſchreibung des cingaleſiſchen Dawalkurundu überein, und es läßt ſich nicht im Geringſten bezweifeln, daß Beide dieſelbe Pflanze meinten, ſo daß Hr. Marſhall mit Recht ſagen konnte, die Laurus Cassia des Linné beſitze durchaus nicht die ihr zuge⸗ ſchriebenen Eigenſchaften. So weit iſt Alles klar; allein nun hebt die Verwirrung an. 5 ane Hätte einns feines eignen unpartheiiſchen Urtheils in dieſem Falle ſich bedienen Eönnen, fo würde er wohl nicht in den Irrthum verfallen ſeyn, einem Gewaͤchſe, welches er, bei all ſeinem Scharf⸗ ſinne, nicht von dem Campherbaume zu unterſcheiden wußte, das Verdienſt der Erzeugung der Cassia zuzuſchreiben, oder er würde doch wenigſtens ſicher dieſen Umftand als noch nicht gehoͤrig ermit⸗ telt angeführt haben, fo daß man die Frage fuͤr unerledigt haͤtte gelten laſſen müſſen. Da er aber andere Stimmen zu Rathe zog, fand er in Burmann's Thesaurus Zeylanicus die Abbildung einer Zimmet⸗ oder Laurus-Art, welcher Burmann den Namen Cin- namomum perpetuo- florens etc. beigelegt hatte, und deren Tri⸗ vialname Dawalkurundu ſeyn ſollte; nicht als ob das Exemplar ſelbſt ihm unter dieſer Benennung zugekommen wäre, ſondern weil er es von dem aͤchten Zimmetbaume, von dem er Exemplare und Abbildungen geſehen, für verſchieden und fuͤr eine wilde Varietaͤt hielt, welche nothwendig die von Hermann in deſſen Musaeum Zeylanicum beſchriebene Pflanze ſeyn muͤſſe, obwohl der Buüthen⸗ ſtand von dem in der Beſchreibung mitgetheilten ſehr verſchieden war. Dieſer wichtige Punct war von Burmann nicht uͤberſehen worden; aber er hatte denſelben, fo gut es ging, zu beſeitigen ge— ſucht, und der Pflanze alſo denſelben cingaleſiſchen Namen beige⸗ legt. Da Linneé's Exemplare keine Blüthen hatten, aber die ) Hane speeiem olim pro antecedentis varietate habui; nunc vero qua nota hane a Camphorif-ra japonensium distin- guam, non novi; folia enim Cinnamomo tenuiora, nervis ante basin coeuntibus, ut in Camphorifera, subtus rore cae- sio illinita, ut Camphora, et simul lanceolata ac tenuiori substantia quam praccedentis. Linn. Flor. Zeylan,, p. 62. 324 Aehnlichkeit derſelben mit der Burmann’fchen Abbildung uͤbrigens bedeutend war, fo fehlte es ihm an den Mitteln, den Unzerſchied zu entdecken, und fo verfiel er in den Fehler, Burmann's Benen— nung der abgebildeten Pflanze für richtig zu halten. In Itheede's Hortus Malabaricus (II. Tab. 57.) fand er die Abbildung einer andern Zimmetart, die mit ſeinem Exemplare noch eine größere Aehn⸗ lichkeit darbot, als die Burmann'iſche Figur; auch dieſe betrachtete er als ſynonym, und da an der Rheede'ſren Pflanze die Gewürzs haftigkeit der Blaͤtter und Rinde geruͤhmt wurde, welche denen des achten Zimmetbaums aͤhueich ſeyn ſollten, wenngleich beide Pflanzen von einander verſchieden ſeyen, fo glaubte Linné dieſe Eigenſchaften unbedenklich dem Dawalkurundu zuſchreiben und alle drei Pflanzen als eine und dieſelbe unter dem Namen Laurus Cassia au’fuhrın zu dürfen, von welcher die officinelle Cassia lignea-Rinde komme. Nach der obigen geſchichtlichen Darlegung der Entſtehung des Namens Laurus Cassi darf man ſich nicht wundern, daß nicht zwei Botaniker⸗ſich je darüber vereinigt haben, welcher Pflanze der Name eigentlich gebuͤhre, und daß nicht Einer je auch nur vermus then konnte, welche Pflanze Linné als den Typus dieſer Art bes trachtet habe Es iſt hier nicht meine Abſicht, die in dieſer Be— zichung aufgeſtellten verſchiedenen Vermuthungen durchzugehen; ſondern ich will hier nur bemerken, daß, meines Willens, noch Nies mand die oben dargelegte Anſicht, oder etwas Aeunliches, bekannt gemacht hat. Es biuiot mir nun nur noch uͤbrig, über die drei, wie gezeigt, mit einander verwechſelten Arten einiges Nähere an— zuführen. Die zuerft erwähnte, der Dawalkurundu, von der Linné ſelbſt ein Exemplar vor ſich hatte, und die man deßhalb als den Typus der Art zu betrachten hat, iſt, meines Erachtens, Laurus involu- crata, Vahl und Lamarck (in der Encyclopédie methodique), In Prof. Nees's Monographie der Indiſchen Laurinae (all Plant. as. rariores) iſt dieſelbe Tetradenia Zeylania genannt, obs wohl derſelbe Botaniker ſie früher als Litsea Zeylanica aufge- führt hat, welcher Name, meiner Anſicht nach, beibehalten werden ſollte, da der andere bereits vergeben iſt. Der geringe Structur— unterſchied ſcheint die Aufſtellung eined neuen genus nicht zu rechts fertigen. Die zweite und dritte Art find von demſelben ausgezeich— neten Botaniker als Varietaͤt feines aͤchten Zimmetbaumes, Cinna- momum Zeylanicum, aufgeführt, wozu ich meine Zuſtimmung nicht geben kann, da keine von jenen Abbildungen zu irgend einer Form jener Art paßt und ſie überdem ſelbſt von einander ſpeciſiſch vers ſchieden ſind 5 Cinnamomum perpetuo-florens ſcheint mir eine beſondere Art zu ſeyn, welche dem C. sulphuratum, Vees, von der ich Exemplare aus Ceylon erhalten, ſehr nahe ſteht, ja vielleicht mit ihm identiſch iſt. Das Anſehen der Pflanze, wie ſie ſich in der Abbildung dar— ſtellt, ſpricht hierfür, und wenn man ſich auf die Beſchreibung ir⸗ gend verlaſſen kann, ſo darf ſie der Gattung durchaus nicht beige— zählt werden. Uebrigens ſchenke ich der Beſchreibung wenig Vers trauen, da man vor 100 Jahren die Structur der Pflanzenbluͤthen keineswegs mit der jetzt üblichen Genauigkeit zu unterſuchen pflegte. Sollte man mir entgegnen daß das C. perpetuo-florens mit gelb⸗ lichen weichen Haaren bedeckt ſey, und Burmann dieſes Umſtandes nicht gedenke, fo erwidre ich, daß ich ein ganz unbehaartes Exem— plar aus Ceylon beſitze, welches in Anſehung der Form der Blaͤt— ter genau mit C. perpetuo-florens uͤbereinkommt, aber zahlreichere und kleinere Bluͤthen beſitzt. Burmann konnte ein Exemplar dies fer Art vor jih haben, und ich kann daſſelbe eben jo wenig, als balkes ein anderes, für eine Varierät des aͤchten Zimmetbaums alten. Die Malabariſche Pflanze Carua (Hort. Mal. I. tab. 57) ſcheint mir dagegen eine recht leidliche Abbildung von einer in mei⸗ nem Herbarium befindlichen pflanze zu ſeyn, welche Nees ſelbſt Cinnamomum iners benannt hat. Mag ich fie nun aber auf die rechte Art bezogen haben oder nicht, fo ſtehe ich doch keinen Augen» blick an, zu behaupten, daß ſie auf keine Form des aͤchten Zimmet⸗ baums zuruͤckgefuͤhrt werden kann; und eben fo wenig darf ich Nees darin beipflichten, daß die im Botauical Magazine No. 1636 unter dem Namen Laurus Cassia abgebildete Pflanze dem Cinna- 825 momum Zeylanicum beigezaͤhlt werden müſſe, indem fie der Ma: laboriſchen Pflanze ſehr nahe ſteht, welche ich für die einzige Art der Gattung halte, welcher der Name Cassia, inſofern derſelbe überhaupt in der botaniſchen Nomenclatur beibehalten werden fol, von Rechtswegen gebührt weil fie unter jenen fälſchlich zuſammen⸗ eworfenen Pflanzen die einzige iſt, von der man weiß, daß ſie die Yassia-M'nde liefert. Eine andere, im Botanical Magazine abge— bildete Pflanze (Laurus Cinnamomum, No. 2023) iſt, meiner An: ſicht nach, ebenfalls bierherzugiehen, und ich kann durchaus nicht begreifen, weßhalb ſie in jenem Werke unter einem andern Namen aufgeführt iſt, als die früher erwähnte. Die Pflanze, welche Nees früber für Laurus Cassia hielt, aber fpäter Cinnamomum aroma- ticum nannte, ſtammt aus China, und iſt, wenngleich ſicher ſpeci⸗ ſi ch verſchieden, doch fihr nahe mit jener Art verwandt. Von ihr kemmt ein großer Theil der in Europa unter dem Namen Cassia verkäuflichen Rinde, wenngleich fie mit der Laurus Cassia des Linné durchaus nichts gemein hat, die, wie aus Obigem herver— gebt, lediglich in Ceylen und im eigentlichen Indien zu ſuchen iſt. Dieſer Name ſollte, da er ſich durchaus nicht auf eine beſtimmte Art zuruckfuͤhren läßt, aus der botaniſchen Nomenclatur gänzlich verbannt werden, da durch deſſen Beibehaltung nur Veranlaſſung u Verwirrung und Mißverftändniffen gegeben wird. Hierdurch werde ch auf die Unterſuchung der naͤchſten Frage geführt: von welcher Pflanze oder von welchen Pflanzen die Caſſia-Rinde des Handels gewonnen werde? Die Beantwortung dieſer Frage wird durch vorſtehende Unter— ſuchung, aus der ſich ergiebt, daß die Caſſia-Rinde von wenigſtens zwei Pflanzen ſtamme, ſehr vereinfacht. Die erſte derſelben iſt die von Rheede abgebildete Malabariſche Carua, die zweite, das Cinnamomum aromaticum, Vees. Uebri⸗ gens wird die Caſſia Rinde nicht nur von dieſen beiden Arten, ſon— dern, meiner Ueberzeugung nach, von faſt allen Arten der Gattung gewonnen. Unter einer Parthie Exemplare von Bäumen der Kuͤſte Malabar's, von denen angeblich Caſſia-Rinde erlangt wird, die mir zur Unterſuchung vorgelegt wurden, erkannte ich nicht wer niger als 4 beſondere Arten, und unter dieſen auch den aͤchten Zimmetbaum, von welchem, wie es ſcheint, die Rinde der aͤltern Aeſte von jener Küfte unter dem Namen Cassin ausgeführt wird. Außerdem bringt Ceylon noch drei oder vier Arten hervor, welche ſaͤmmtlich mit dem aͤchten Zimmetbaume viel Aehnlichkeit haben und im wilds wachſenden Zuſtande leicht für denſelben gehalten und geſchaͤlt wer: den, aber ein geringeres Product liefern dürften. So gaͤbe es denn in Vorderindien und Ceylon mindeſtens ſechs Pflanzenarten, die ſo— genannte Cassia erzeugen. Zu dieſen dürften in den doͤſtlichern Ländern Aſien's und den dortigen Inſeln noch ein Dutzend kommen, die ſämmtlich eine große Familienaͤbnlichkeit darbieten, meines Wiſſens alle aromatiſch ſind, und mehr oder weniger auf Cassia benutzt wer⸗ den; und fomit leuchtet hinlaͤnglich ein, daß es unmoͤalich ift, ir⸗ gend eine beſondere Pflanze als diejenige zu bezeichnen, von welcher die Cassin lignea des Handels gewonnen werde; und ebenſowenig paßt auf irgend eine Pflanze der Gattungsname Cassia, weil das Product aller zimmetbaumartigen Gewaͤchſe, welche eine Rindens forte liefern, welche nicht als Achter Zimmer verkäuflich iſt, unter dem Namen Cassia in den Handel kommt. (Edinb. new phil. Journal, October 1839— January 1840). Bemerkungen über den Zimmet. Von Henry Marſhalt, General⸗Inſpector der Hofpitäler, Die Abhandlung des Herrn Marfball über den Zimmet, auf welche ſich Pr. Wight in dem obigen Artikel bezieht, ward der K. Geſellſchaft im März 1817 von Sir Joſeph Banks mitgetheilt und im October- und Novemberhefte deſſelben Zahre ganges der Annals of Philosophy abgedruckt. Wir laſſen hier ei⸗ nen kurzen Abriß von Hrn. Marſhall's Artikel, fo wie einige Prem Bemerkungen folgen, die er, uns zugehen zu laſſen, die Güte atte. 5 Der 3immetbaum (Laurus Cinnamomum) findet ſich wild: wachſend auf den Inſeln Ceylon, Sumatra, Borneo, des Sulu⸗ Archipels, den Nicobaren und Philippinen, in Cochinchina, auf der 926 Kuͤſte Malabar ıc. und ift in Braſilien, Guſana, auf Isle de France und Bourbon, den weſtindiſchen Inſeln, in Aegypten ꝛc. acclie matiſirt. Er erreicht eine Hohe von 25—30 Fuß, und fein Stamm eis nen Durchmeſſer von 12— 15 Zoll. Die jungen Blätter haben eine ſcharlach⸗carmoiſinrothe Farbe. Die Rinde der jungen Triebe iſt oft ſchon dunkelgrün und bellerangenfarben gefleckt. Die vollkem⸗ men entwickelten Blätter ſind 6—9 Zell lang und 2—3 Zoll breit. Die Bluͤthe zeigt ſich im Januar und Februar, und der Saame reift im Juni, Juli und Auguſt. Die Bluͤthe hat denſelben unans genehmen Geruch, welchen Knochen, die man fägt, verbreiten. Nur während des Blübens entwickeln die Bäume irgend einen Geruch. Angeblich giebt es auf Ceylon mehrere Varietäten des Zim⸗ metbaumes, melden die Eingebornen verſchiedene Benennungen bei⸗ gelegt haben. Bisher hat man jedoch noch wicht genügend nachge⸗ wieſen, daß mehr als eine Art von Laurus dort vorkomme, wel—⸗ che eine arematiſche Rinde liefert. Die unterſcheidenden Kennzei⸗ chen der ſogenannten Varietäten beſtehen meiſt in geringen Ver⸗ ſchiedenheiten in der Geſtalt der Blätter oder dem Geſchmacke der Rinde und rechtfertigen die Aufſtellung verſchiedener Arten in kei⸗ ner Weiſe. Buͤffel, Rinder, Ziegen, Rothwild und Pferde freſſen das Laub, und Tauben, fo wie Krähen, verſchlingen die Beeren aͤußerſt gie— rig. Der Baum waächſ't ſehr häufig, ſelbſt in den unwegſamſten Dickichten, und die Vögel, in deren Magen die Keimkraft der Saa⸗ men nicht vernichtet wird, tragen unſtreitig zu deſſen Verbreitung viel bei. Vielleicht findet ſich in keinem Lande der Welt der Zimmetbaum häufiger, als auf Ceylon; indeß waͤchſ't er auf dieſer Inſel faſt lediglich in deren ſuͤdweſtlichem Theile. In den übrigen Strichen derſelben iſt er verhaͤltnißmaͤßig felten, fo wie dort auch der Rinde der hochwuͤrzige Geſchmack fehlt, welchen fie in der eigentlichen „Zimmetgegend“ erhält. Der Zimmetbaum gedeiht am Beſten in einem humusreichen und dabei leichten, trocknen Boden, und eini— ger Schutz vor den brennenden Sonnenſtrahlen ſcheint ibm nötbia. In reinem Quarzſande kommt er auch fort; allein er producirt dort wenig Zimmet, weil die Rinde rauh und ungeſund wird, wie dieß, z. B., an den ſandigen Stellen der Marendahner Pflanzung bei Colombo der Fall iſt. Die Laurus Cassia, Linn, die auf Ceylon ſehr haͤufig waͤchſ't, beſitzt keine aromatiſche Rinde, und von ihr wird demnach die im Handel vorkommende Cassia nicht gewonnen Es wurde zwecklos ſeyn, wenn man hier alle Botaniker namhaft machen wollte, die ſich in dieſem Puncte geirrt haben, indem das Zeugniß des Dr. Ba die Richtigkeit der Angabe Marfhall’e hinlänglich be raͤftigt. In der Nachbarſchaft von Colombo exiſtiren vier Zimmet⸗ pflanzungen, welche zuſammen 8 bis 10 Tauſend Morgen halten und einen großen Theil des von der Inſel ausgeführten Zimmets liefern. Betraͤchtlich viel wird jedoch auch aus den Wäldern ge: wonnen, und zwar ſowohl an der Kuͤſte, als im Innern oder dem Kandy Gebiete. Die Hauptproducte des Zimmetbaumes find: : 1) Caſſienbluͤthen ). Die im Handel vorkommenden Caſſienbluͤtben find wahrſcheinlich die unreifen Früchte und fleifchi- gen Fruchtboͤden des Saamens des Zimmetbaums. Die praͤparir⸗ ten Zimmetnaͤgelein ſehen aus wie kleine Nägel mit rundlichen Kör pfen und beſitzen dieſelben Eigenſchaften, wenngleich im geringern Grade, wie der Zimmet ſelbſt. Aus Ceylon, wo man dieſe Ge- wüͤrznaͤgelein in ungeheuerer Menge ſammeln koͤnnte, bat man de⸗ ren bisjetzt noch nicht erportirt. Im Jahre 1816 präparirte Hr. Marfball zu Colombo 100 Pfund von denfelben, die der ver⸗ ſtorbene Sir Robert Browurigg nach England ſchickte, um die Aufmerkſamkeit der Regierung auf Ausbeutung dieſes neuen Erwerbszweiges zu ziehen, der auf Ceylon bis dahin noch ganz brach gelegen hatte, da ſelbſt die Holländer, während fie Herren der Inſel waren, dort keine Gewuͤrznaͤgelein bereitet zu haben ſcheinen. *) Zimmetblumen, Zimmetbluͤthen, Aimmetkelche, Zimmetnaͤgelein. 21 327 2) Zimmet. Dieſes ſehr geſchaͤtzte Gewürz ift die präpas rirte Rinde des Zimmetbaumes. Die Aerndte beginnt auf Ceylon zu Anfang Mai und dauert bis fpät in den October hinein. Aeſte von 1 bis 3 Zoll Durchmeſſer geben den beſten Zimmet. Man ſchaͤlt fie, indem man ein Paar Lingseinſchnitte durch die Rinde macht, und dann ein Meſſer unter dieſe führt, um fie vom Holze zu trennen. 5 5 Das grüne Haͤutchen oder die äußere Rinde wird von der tie⸗ fern Schicht abgeſchabt, die dann, forgfältig getrocknet, den Zimmet des Handels bildet. In Ceylon wickelt man mehrentheils mehrere noch weiche Rindenſtreifen zu Kielen oder Roͤhren von etwa 40 Zoll Länge zuſammen, und ſieht ſehr forafältig darauf, daß bei der Ausfuhr keine geringeren Rindenſorten von andern Bäumen oder dem Zimmetbaume ſelbſt, beigemiſcht werden. In Anſehung der Güte des Zimmets giebt es ſehr bedeutende Verſchiedenheiten, die durch climatiſche Verhaltniffe, den Boden, die Himmelsgegend, nach welcher der Standort des Baumes gerichtet iſt, das Alter und die Geſundheit des letztern, ſo wie auch durch den Grad der bei der Präparation aufgewendeten Sorgfalt bedingt werden Was das Clima betrifft, ſo iſt zu bemerken, daß aller noͤrdlich von Putlam oder oͤſtlich von Matura gebaute Zimmet im Vergleich mit ande⸗ rem wenig aromatiſch iſt und fuͤr kaum marktfaͤhig gehalten wird. Man fuͤhrt den Zimmet aus Ceylon in Ballen von 92! Pfd. aus, die doppelt mit aus Hanf, nicht, wie man behauptet hat, aus der Rinde der Cocospalme, bereitetem Tuche umwickelt ſind; denn die Cocospalme hat bekanntlich keine Rinde. Auch wird weder Pfef— fer noch Kaffee mit in dieſe Ballen verpackt, was gleichfalls faͤlſch⸗ licherweiſe behauptet worden iſt. Seit der Beſetzung Ceyloms von Seiten der Engländer bis etwa 1823, hatte die Oſtindiſche Geſellſchaft das Monopol des auf Ceylon gewonnenen Zimmets. Zur Beaufſichtigung der Sorz tirung und Verpackung deſſelben waren ein Inſpector und zwei Gehuͤlfen zu Colombo angeſtellt, und Hr. Marſhall fungirte mehrere Jahre lang als einer der letztern. Bei'm Sortiren wur⸗ den drei Qualitäten, die erſte und zweite, endlich die dritte oder der Ausſchuß, gebildet, welcher meiſt aus kleinen Stücken oder Spaͤ⸗ nen beſteht. In dem Contracte der Oſtindiſchen Geſellſchaft war ren nur die beiden erſten Sorten begriffen, waͤhrend die dritte zur Verfuͤgung der Ceylon'ſchen Regierung blieb. Uebrigens war ſti— pulirt, daß dieſe dritte Sorte nicht nach Europa verſchifft werden dürfe, weil fie den Preis der beiden andern herabgedruͤckt haben würde, Mehrere Jahre lang ließ man den Ausſchuß ſich anhaͤu⸗ fen, ſo daß die Vorrathshauſer fo ſtark damit überfüllt wurden, daß General Maitland, als Gouverneur der Inſel, eine große Menge davon verbrennen ließ. Aus folgender Tabelle wird man erſehen, wie viel Zimmet binnen 16 Jahren fuͤr Rechnung der Oſtindiichen Geſellſchaft aus Ceylon ausgefuͤhrt worden iſt. ES Verladen Zahl der Zahl der Beſchaffenheit des Jahr im Ballen Pfunde Contracts. 1802 Nov. 1802 1.401 282,217 Herr Dundas zahlte con⸗ 1803 Mai 1803 1 650 „2173 tractmaͤßig 3 Shill. pro 1804 März 1804 3,769 348,632? Pfd. mit der Bedingung, 1805 März 1805 3,274 302 845 das, was cr über 5, daran 1806 Febr. 1806 2,559 236 7075 gewinne, der Ceylonſchen Regierung abzutreten. 1807 Febr. 1807 3,271 302,567, Hr. Windham zahlte fuͤr 1808 Febr. 1808 4,865 450.0121 das Pfd. 2 Shill. 8 Pence 1809 Febr. 1809 4,012 371,110 ohne Weiteres. 1810 Febr. 1810 3,910 361,675 Unter Erneuerung des 1801 1811 Marz 1811 4,435 410,237 mit Hrn. Dundas abge⸗ 1812 März 1812 4,000 370 000 ſchloſſenen Contracts, mit- 1813 März 1813 4,600 425,500 telſt einer vom Schatzcanzler 1814 Febr. 1814 2,965 274,262 Lord Liverpool ausgeſtell⸗ ten Vollmacht vom 5. Maͤrz 1810. 1815 Febr. 1815 4,178 386 465 Laut im Mai 1815 mit dem 1816 Febr. 1816 4.251 393,217? Grafen Bathurſt auf 41 1817 Febr. 1817 3,700 342,250 Sh. pro Pfd. abgeſchloſſe⸗ — — 1,344 124,320 nen Contracts für hoͤchſtens 450,000 Pd. (jährl. 2). 328 Die Oſtindiſche Geſellſchaft fuhr bis 1823 fort, dergleichen Con⸗ tracte uber die Ausfuhr des Zimmets abzuſchließen, und verſchickte ihn fpäter für eigne Rechnung nach London, wo er von deren Agenten zum Beſten des Colonialſchatzes verkauft wurde. Bald nachdem Sir Rob. Brownrigg Gouverneur der Inſel geworden war, ward auch die dritte Sorte oder der Ausſchuß zum Theil benutzt, wie ſich aus folgender Tabelle ergiebt. Nachweis über den 1815 und 1816 von der Ceylon'ſchen Re⸗ gierung verkauften Zimmetausſchuß und deſſen Erlös. Pfd. St. Sh. Pence. 1815 1,785 Pfd. zu 10 Fanams pro Pfd. Sa. 1,586 16 ah 1816 139,828 — ditto - 12,429 — — — 82,099 — 75 Rupien pro 100 Pfd. — 7,381 18 71 — 39,006 — 23 Schill. pro Pfd. — 4.875 15 — Obige Quantitaͤten Zimmet wurden an Kaufleute in Madras und Bengalen unter der Bedingung verkauft, fie nicht nach Eu⸗ ropa zu verladen; allein man hat Grund zu glauben, daß fie dene noch, und zwar unter dem Namen Cassia, nach England gelang⸗ ten. Seit dem Ablaufe des Contracts mit der Oſtindiſchen Gefelle ſchaft iſt von Ceylon kein Zimmet unter der Benennung Cassia ausgeführt worden. 3) Das weſentliche Oel des Zimmets. Dieſes wird auf Ceylon und zwar mehrentheils aus den bei'm Sortiren abbres chenden Zimmetſtuͤckchen bereitet. Man pulverifirt dieſe Abfälle grob und weicht ſie etwa 48 Stunden lang in Seewaſſer ein. Bei'm Deſtilliren gehen zwei Oelarten über, eine ſchwerere und eine leich— tere. welche nicht zugleich aufſteigen. Das leichte Oel ſchwimmt ſchon nach wenigen Stunden auf dem Waſſer, während das ſchwe⸗ rere zu feiner vollſtaͤndigen Abſcheidung 10 — 12 Tage bedarf. Aus 80 Pfd. Zimmet erhaͤlt man etwa 2! Unzen leichtes und 5% Unzen ſchweres Zimmetoͤl. Beide Sorten werden abgeſondert ger wonnen und verkauft. Aus nachſtehender Ankündigung in der Co— lumbo'ſchen Zeitung erſieht man den Marktpreis der verſchiedenen Sorten von Zimmetoͤl. Nachweis uͤber den Verkauf von Zimmet- und Gewuͤrznaͤgelein im letztverfloſſenen October. Schweres Zimmetoͤl 29 Pfd. 12 Unzen zu 3 Sh. die Unze. Leichtes Zimmetoͤl 29 — 12 — — 3 — — — Gewuͤrznaͤgeleinddl 76 — 7 — — 4 Pence — — Nächſtfolgenden 7. Januar werden folgende Quantttaͤten oͤffentlich verkauft werden: Schweres Zimmetoͤl - 18 Quart. Leichtes — .. . 18 — Gewuͤrznaͤgeleindͤl 9 . 45 — Columbo, den 18. Decbr. 1832. Die nach dem Deſtilliren zuruͤckbleibenden Stuͤcken Zimmet⸗ rinde, welche ihres flüchtigen Oels beraubt ſind, kommen nie 115 1 in Handel, wie wohl oͤfters faͤlſchlich behauptet wor— en iſt. f 4) Gewuͤrznaͤgeleinoͤl. Die reifen Blätter des Zim⸗ metbaumes geben vermoͤge der Deſtillation, ein weſentliches Oel, welches dem Gewuͤrznaͤgeleinoͤl (Nelkenoͤl) außerordentlich gleicht und gelegentlich wohl unter dieſem Namen auf den Markt kommt, 5) Campher. Man kann dieſe Subſtanz aus der Rinde der Wurzel der Laurus Cinnamomum gewinnen, obwohl fie in der Wurzel der Laurus Camphora, welche auf Ceylon wachſen ſoll, in weit größerer Menge vorhanden iſt. Durch Abkochung erhaͤlt man aus den reifen Beeren eine ges ruchloſe, talgaͤhnliche Subſtanz, welche man indeß ſelten bereitet und die man in keiner erheblichen Weiſe zu benutzen verſteht. Bis zum Jahre 1833 wurde die Bereitung und der Verkauf bes Zimmets von der Regierung als Monopol in Anſpruch genome men. Alle Zimmetbaͤume in der Colonie gehörten dem Staate, und wer, ſelbſt auf ſeinem eigenen Grund und Boden, Zimmetbaͤume ausrottete oder ſchaͤlte, war der Strafe der Transportation unters worfen. Seit dem 9. Maͤrz 1833 haben jedoch alle, die freie Be— nutzung des Zimmetbaums von Seiten der Privaten hemmenden, früber beſtehenden Verbote und Beſchraͤnkungen völlig aufgehört, und folglich kann jetzt Jedermann ſo viel Zimmet bauen, ſammeln und verkaufen, als er will, wenn er nur bei der Ausfuhr den ge— ſetzlichen Zoll entrichtet. 529 Cassia (Caſſienrinde). Ruͤckſichtlich des Baumes ober der Bäume, von welchen die aromatiſche Rinde ſtammt, welche unter dem Namen Gaffienrinde gaͤng und gebe iſt, find wir noch im⸗ mer ſehr im Dunkeln, und es iſt zu wünſchen, daß Dr, Wight ſich noch ferner recht ernſtlich mit der Aufklärung dieſes Gegenſtan— des beſchaͤftigen möge, da nicht nur die Wiſſenſchaft, ſondern auch der Handel ſehr dabei intereſſirt ſſt. Die Caſſienrinde, welche Eus ropa meift von Canton aus bezieht, unterſcheidet ſich von dem Ceylon'ſchen Zimmet auch inſofern, als fie in Bundeln von 2— 3 Pfund Schwere, die in Kiſten verpackt ſind, verſandt wird. Aber von welcher Pflanze dieſe Canton'ſche Caſſia bezogen wird, oder wo dieſelbe wachſ't, iſt durchaus nicht mit Beſtimmtheit zu ſagen. Die Ausdrücke Zimmet und Caſſia dienten ſchon im hohen Als terthume entweder zur Bezeichnung zweier verſchiedener Subſtanzen oder verſchiedener Sorten des Productes deſſelben Baumes (Vergl. 2. B. Moſ. Cap. 30, V. 23 und 24, wo in der Luther'ſchen Ueberſezung die Ausdrucke Cinnamet und Caſien gebraucht ind.) 9 Der Zimmetbaum iſt in den Tropenländern einbeimifh, und die zubereitete Rinde gelangte wahrſcheinlich durch Phoͤnfciſche Kauf⸗ leute nach Palaͤſtina (Vergl. 1. B. Mof. Cap. 37, V. 25 und Heſekiel Cap. 27, V. 19). Herodot giebt an, der Ausdruck Kinnamon ſey aus Phoͤnicien nach Griechenland übergegangen, und aller Wahrſcheinlichkeit nach, hat das Hebraͤiſche Kinnemon oder Kanam denſelben Urſprung. Das Land, in welchem irgend ein Handelsartikel erzeugt wird, beſtimmt bäufia den Namen des letz— tern für alle Völker der Erde. Deßhalb muſſen wir den Urfprung der Ausdrucke Kinnamon und Cassia in dem Lande ſuchen, wo der Zimmetbaum einheimiſch iſt. Die Malaien nennen den Zim— met Kayu manis (ſüßes Holz), und davon koͤnnten allerdings die hebraͤſſchen und griechſſchen Namen des Zimmets abgeleitet ſeyn, indem der Zimmetbaum auf den von Malaien bewohnten Inſeln ſehr haͤuſig waͤchſ't. Kannema, welches Suͤßholz bedeutet, iſt dem⸗ nach der malaiſche Name des fraglichen Gewuͤrzes. Die Perſer nennen es Kinnamon, und in manchen Laͤndern Oſtindien's heißt es Dar Chinie (chineſiſches Holz), und wirklich wurden Zimmet und Caſſia lange Zeit unter dem Namen chineſiſch Holz in Europa eingefuhrt. Das malaiſche Wort Kayu (Holz) ſcheint dem hebraͤi⸗ ſchen Kiddah, das durch Cussia oder Casien überfegt worden iſt, zu Grunde zu liegen, und der lateiniſche Name, unter welchem die Rinde im Handel vorkommt, iſt Cassia lignea. Vor Alters wur— den die ungefchälten Schoͤßlinge oder Aeſte in Europa eingeführt und Holz und Rinde zugleich verkauft, und daher rührt unſtrritig das Epitheton lignea. Moſes war, nach 2. B. Mof. Cap. 30, V. 23 — 25 angewiefen, aus Myrrhen, Ginnamet, Calmus, Ca— ſien und Baumoͤl das heilige Salböl nach der Apothekerkunſt zu bereiten. Wie wurde aber die Apothekerkunſt zur Präparation die⸗ ſes Oels angewandt? Vielleicht nach dem ſchon feit uralten Zeiten — 330 bei den Eingebornen Oſtindlen's tur Bereituna aromatiſcher Oele ublichen Verfahren, bei welchem die gewurzbaften Stoffe grob puls verffirt und mit einer angemeſſenen Menge ſixen Oels in ein irde⸗ nes Gefäß gethan werden. Hierauf gießt man fo viel Waſſer das zu, daß die aromatiſchen Stoffe geſchuͤtzt werden und bringt das Gefäß über das Feuer. Bei'm Kochen verbinden ſich die wefents lichen Oele der Gewürze mit dem fixen Oele und ſchwaͤngern dieſes mit ihrem Wohlgeruche. Im Hobentiede Salomonis (Cap. 4), fo wie in den Sprüchen Salomonis (Cap. 7, V. 17) wird des Einnamets, und im Heſckiel (Cap. 27, V. 19) der Caſien gedacht. Der, Zefaias Cap. 43, V. 24 und Jeremias Cap. 6, V. 20 erwähnte, Kal mus (ſußes Rohr) iſt, aller Wahrſcheinlichkeit nach, nur ein Synonym des Zim— mets ). Daß hier nicht die Rede von dem Zuckerrohr ſeyn konnte, laßt ſich daraus abnehmen, daß in der zuletzt angeführten Stelle geſagt wird, es komme aus einem ferren Lande *), und die Kreuz⸗ fahrer trafen doch daſſelbe in Menge in Syrien, und nannten es Canna Meles (Honigrehr); daher wir annehmen durfen, es ſey in Palaͤſtina einheimifh, wenngleich vor dem sten Jahrhunderte kein Zucker daraus fabricirt worden zu ſeyn ſcheint. (Edinburgh New Pbilos. Journ, Oct. 1839 — Jan, 1840). Miscellen. Große Fußtrittſpuren von Vögeln hat Hr. Des genhard in der Nähe von Oiva, Provinz Socorro, auf der Spitze eines Gebirgsruͤckens, welche das gemeine Volk Cu- chilla de las Pesunas del Venailo (Felsrücken der Hufe der Hirſche) nennt, in einem Bache im rothen Sandſteine in ei— ner Hoͤhe von 5000 Fuß aufgefunden. In dem Schreiben des Herrn Degenbard (Bergwerksdirector in Marmato, Provinz Popayan) an Hrn. Al. v. Humboldt in Berlin wird auch die Beobachtung beftätigt, daß manche Erdbeben auf den Gehalt der Salzquellen in dortigen Gegenden Einfluß äußern. In Beziehung aufden Echinorhynchusnodulosus hat Hr. Dr. Henle der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin mitgetheilt, daß das Nervenſyſtem dieſes Thieres, welches nach dem Typus der Mollusken gebaut iſt und aus einem Ringe von Queerfaſern, aber nicht am Schlunde, ſondern an der hintern Koͤr— permuͤndung beſteht, zu beiden Seiten mit Haufen Gangtienkuge ln beſetzt iſt, von denen aus ſich Faͤden in den Koͤrper verlieren. „) Dieß ſcheint deßbalb weniger anzunehmen, weil im 2. Buche Moſ., Cap. 30, V. 23 — 25 Zimmet, Caſſia und Kalmus als eben fo viel beſondere Stoffe aufgeführt werden, D. Ueberſ. „) Ueberdem iſt das Zuckerrohr nicht aromatiſch. D. Ueberf. Be. ei Zerſtoͤrung der Gelenkknorpel in den Gelenken der Hand und deren Folgen. T Von Cruveilhier. Bel einer alten Frau, welche in der Salpetriere an einer andern Krankheitsform ſtarb, fanden ſich die meiſten Gelenke mehr oder minder verändert, namentlich die Schul— ters, Ellenbogen- und Kniegelenke, welche anchylotiſch ſchie— nen, fo daß die Ungluͤckliche faſt bewegungslos im Bette liegen mußte und zu den einfachſten Huͤlfsleiſtungen des Beiſtandes Anderer dedurfte. Die Kranke leitete ihr Leiden von einem gichtiſchen Rheumatismus her, woran ſie ſeit ih— Lankan en de. rer Jugend zu leiden hatte. Bei der Section fand ich alle Gelenke von Knorpel entbloßt, mit mehr oder min— der betraͤchtlicher Mißbildung der Gelenkflaͤchen. Eine An: chyloſe war nicht vorhanden; aber die Knochen waren durch die Deformation der Gelenkflaͤchen und durch die Retraction der Gelenke im Zuſtande der Unbeweglichkeit. Die Haͤnde waren auf dieſelbe Weiſe afficirt und zeig— ten bei der Section folgende Eigenthuͤmlichkeiten: die Finger der linken Hand ſtanden unbeweglich auf der vordern Flaͤche der Mittelhandknochen. Als die rechte Hand präparirt war, ſah man, daß die untern Enden der Mittelhandknechen, von Knorpel entbloͤßt und mißgeſtaltet, eine beträchtliche Hervor— 331 ragung hinter den obern Enden der Phalangen bildeten, von welchen ſie ganz abgewichen waren. Die Sehnen der Ex— tenſoren waren aus ihrer normalen Lage auf die rechte oder linke Seite des Gelenkes gelagert, woraus ſich erklaͤrte, warum die Kranke waͤhrend des Lebens eine Streckung der Finger gar nicht mehr ausfuͤhren konnte Die Ausweichung des untern Endes der erſten Phalanx auf die zweite Pha— lanx war am zweiten und dritten Finger vorhanden. Geht die Krankheit noch weiter, ſo verſchmelzen die Mittelhandknochen in eine unregelmaͤßige Maſſe, in welcher die einzelnen Knochen kaum noch zu erkennen ſind; auch die obern Enden der Metacarpalknochen verſchmelzen unvollkom— men mit den Carpalknochen, und in keinem Gelenke findet ſich eine Spur von Knorpel. Die Abnutzung der Gelenk— knorpel erſtreckt ſich aber auch auf die zweite und dritte Phalanx. Dieſe auffallende Abnutzung, eine Art von Zerfreſſung der Gelenkflaͤchen, iſt eine Folge gichtiſcher Zerſtoͤrung der Gelenkknorpel. Seit 7 Jahren meiner Praxis in der Sal— petriere habe ich eine ziemliche Anzahl conſecutiver Luxatio— nen der Phalangen nach Gelenkkrankheit geſehen; mehrere Kranke leiteten die Affection von der Einwirkung der Kaͤlte und Feuchtigkeit her; andere von einer Schwangerſchaft, ei— nem ſogenannten Milchrheumatismus; einige, welche die Ge— legenheitsurſoche nicht auffinden konnten, nannten die Gicht im Allgemeinen. Man hat die Frage aufgeworfen, ob die Frauen uͤber— haupt der Gicht unterworfen ſeyen. Ich habe eine ziemliche Anzahl Frauen behandelt, welche in dem Metatarſalgelenke der großen Zehe und noch haͤufiger in den Fingergelenken alle Erſcheinungen einer Gichteriſe darboten. Bei mehreren erkannte man durch das Gefuͤhl kleine Rauhigkeiten in der Umgebung der Gelenke; aber niemals habe ich Gelegenheit gehabt, bei Frauen weder waͤhrend des Lebens, noch bei der Section, jene Concretionen von Harn und phosphorſaur m Kalke zu ſehen, welche eine der pathognomoniſchen Charactere der Gicht zu ſeyn ſcheinen. Lang fortgeſetzte rheumatiſche oder gichtiſche Gelenk— ſchmerzen, beſonders wenn ſie mit Geſchwulſt verbunden ſind, haben faſt immer die Reſorption der Knorpel und durch dieſe Reſorption die Abnutzung der Gelenkflaͤchen zur Folge. Wie koͤmmt dieſe Reſorption der Knorpel zu Stande? Jedesmal, wenn eine chroniſche Entzündung oder nur ein einfacher ent⸗ zuͤndlicher und ſchmerzhafter ſogenannter Fluß die Synovial— haut befaͤllt, koͤmmt es allmaͤlig zum Verſchwinden der Ges lenkknorpel. Die Knorpel werden Schicht fuͤr Schicht ab— ſorbirt, ohne dabei die mindeſte vitale Affection zu zeigen; ſie werden abſorbirt, ohne einen ſelbſtſtaͤndigen Widerſtand entgegenzuſetzen. Die Ueberbleibſel eines auf dieſe Weiſe verſtuͤmmelten Knorpels ſind eben ſo weiß und in ihrer Sub— ſtanz unveraͤndert, wie der geſundeſte Knorpel. Jedes Ge— webe aber, welches durch Reizung und Zerſtoͤrung nicht in Entzuͤndung verſetzt wird, kann, als nicht mit Leben begabt, betrachtet werden (9. Nach der Abnutzung der Knorpel folgt die der Kno— chen, und dieſe wird durch die Reibung bewirkt, welche eine 382 Gelenkflaͤche auf der andern erleidet. Die deformirten Flaͤ⸗ chen ſind in ihrer Form nicht mehr einander entſprechend; fie berühren ſich nicht nur an einigen Puncten und koͤnnen ſelbſt vollkommen auseinanderweichen; dadurch entſtehen con— ſecutive Verrenkungen; bisweilen weichen aber die Gelenkflaͤ⸗ chen nicht von einander ab, und wenn alsdann die Unbe— weglichkeit lange Zeit fortdauert, wenn die Baͤnder, Sehnen und alle das Gelenk umgebenden Theile ſich contrahiren und gewiſſermaßen nach dem gebogenen Gelenke formen, ſo nennt man dieß eine Anchyloſe. Hierbei ſey mir ein Wort uͤber die Anchyloſen erlaubt, welche in dieſem Augenblicke Gegenſtand von Verſuchen ſind, welche ohne Zweifel lobenswerth genannt werden muͤſſen, welche aber nur dann von Nutzen ſeyn koͤnnen, wenn ſie mit Umiſcht ausgeführt werden, d. h., wenn fie ſich auf pathologifch = anatomifhe Kenntniß anchylotiſcher Gelenke gruͤnden. Die Anchyloſe in cliniſcher Beziehung iſt eine vollkom— mene oder unvollkommene Verrichtung der Bewegungen eines Gelenkes; hiernach bezeichnet man ſie als wahre und als falſche Anchyloſe. Anatomiſch bezeichnet, iſt die Anchyloſe diejenige Gelenkkrankheit, wobei die Gelenkflaͤchen unter eins ander verwachſen ſind. Man muß die Gelenkſteifigkeit von der ihr aͤhnlich ſehenden Anchyloſe wohl unterſcheiden; jedesmal, wenn ein Gelenk lange Zeit im Zuſtande der Unbes weglichkeit bleibt, wird es ſteif, ja nach Verlauf einer ge— wiſſen Zeit werden die fpontanen Bewegungen ganz unmoͤg— lich; endlich hoͤrt auch die paſſive Beweglichkeit auf, man muͤßte denn Gewalt anwenden, und wenn zuletzt die Kranken ſterben, fo iſt man ganz verwundert, unverſehrte Gelenkflaͤ⸗ chen zu finden, in Faͤllen, wo man eine feſte Knochenverei⸗ nigung annahm. Dieſe Gelenkſteifigkeit hängt von Retraction der Muss keln und beſonders der Gelenkbaͤnder ab, welche, langſam verkuͤrzt, nicht mehr die mindeſte Extenſion ohne ſehr leb⸗ hafte Schmerzen geſtatten. Es iſt indeß bisweilen ſehr ſchwierig, eine Anchyloſe und Gelenkſteifigkeit zu unterſchei⸗ den; iſt man indeß im Stande, dieſe Diagnoſe feſtzuhalten, ſo wird man Reſultate erlangen koͤnnen, welche diejenigen in Erſtaunen ſetzen, welche die Gelenkkrankheit nicht ſtudirt has ben; ja man wird mittelſt vorſichtiger Bewegung ſteifer Gere lenke, unter Beihuͤlfe der Baͤder und Douchen, viele Kranken zu heilen im Stande ſeyn, welche ohne Huͤlfe der Kunſt zu einer fortdauernden Infirmitaͤt verurtheilt ſeyn wuͤrden. Man muß aber keinen vollkommenen Erfolg erwarten, außer, wo die Krankheit noch nicht alt iſt; denn wenn die Gelenkkrankheit bereits lange Jahre beſteht, fo erfolgen Vers änderungen der Form und gegenſeitigen Beziehung zwiſchen den Knochenenden; die Muskeln gehen in einen fettartigen Zuſtand uͤber; die Muskelnerven werden atrophiſch, und die Arterien und Venen verlieren an Umfang. Die Deformation der Gelenkflaͤchen bei dieſem neuen Zuftande kann ſo betraͤchtlich ſeyn, daß eine unvoll— kommene oder vollkommene Luxation folgt, deren wahrer Character haͤufig ſehr ſchwer feſtzuſtellen iſt. So habe ich, z. B., in der Salpetrière bei mehreren Frauen, welche felt 833 ihrer Kindheit in Folge von Condvulſionen an einer obern Extremitaͤt gelaͤhmt waren und bei denen die Pand ſtark gegen den Vorderarm gebeugt war, eine Luxation geſehen, welche, wenn mir das Vorausgegangene nicht bekannt gewe— ſen waͤre, mir niemals als eine alte Luxation erſchienen wäre. Dieß war auch der Fall bei einem Madchen, deſſen Arm, nich Cruveilhier, in den chirurgiſchen Kupferta— feln, Taf. 372 abgebildet iſt; jener Fall wurde fuͤr eine Luxation und von Dupuytren für eine Fractur nach Luration gehalten. Aus Vergleichung dieſes und aͤhnlicher Falle ergiebt ſich, daß es eine conſecutive Luxation durch paralytiſche oder convulſive Beugung der Hand auf den Vorderarm war In dieſem Falle waren mehrere Hand— wur elknochen verwachſen, einige bis auf eine Spur vers ſchwunden. Die Gelenkſteifigkeit verdient ex professo neben der Anchyloſe ſtudirt zu werden; gegen fie und keineswegs gegen wahre Anchyloſe kann man hoffen, die neue Methode mit Erfolg anzuwenden, durch welche Hr. Louvrier in weni— gen Secunden und ohne Fractur, vermittelſt eines von ihm erfundenen Apparates, Gelenke gerade gemacht hat, die man ſeit langer Zeit fuͤr anchyloſirt hielt. Aber man begreift leicht, daß es nicht einer Gewalt, welche 4 Pferdekraͤften gleich iſt, wie ſie, nach dem gebrauchten Hebel zu urthei— len, von jenem Arzte angewendet wird, bedarf, um ein ſtei— fes Kniegelenk zu ſtrecken. Ich weiß nicht, wie ſich die Er— fahrung uͤber dieſe gewagten Verſuche ausſprechen wird; aber die Theorie weif't ſelbſt fuͤr den Fall einer einfachen Gelenkſteifigkeit jedes Einrichtungsmittel zuruck, welches auf eine fo ploͤtzliche Weiſe wirkt; denn, ich kann es nicht ge: nug wiederholen, alle Weichtheile, welche ein ſteifes Gelenk umgeben, und namentlich die Baͤnder, ſind verkuͤrzt und ha— ben nicht mehr die hinreichende Laͤnge, um von einem Kno— chenende zum andern zu gehen, wenn das Gelenk ſeine nor— male Richtung wieder erhaͤlt. Ich kenne keine Art der ploͤtzlichen Streckung, welche, ohne Zerreißung von Bändern, und alſo ohne conſecutive Zufaͤlle möglich wäre, wodurch im guͤnſtigſten Falle eine neue noch betraͤchtlichere Steifigkeit des Gelenkes in einer andern Lage deſſelben veranlaßt wird. Dieſe Steifigkeit kann, wenn ſie uͤberhaupt zu uͤberwinden iſt, nur durch Mittel gehoben werden, welche langſam und unmerklich wirken, wie die Urſachen, durch welche die Krank: heit entſtanden iſt. Die gewaltſamen und plotzlich wirkenden Streckappa— rate find noch weniger bei der wahren Anchyloſe zu gebrau— chen, wovon 4 verſchiedene Arten zu unterſcheiden find: 1) die peripheriſche Anchyloſe oder Anchyloſe durch Invagination, wozu, als eine beſondere Varietät, die Ans chyloſe durch Knochenhervorragungen gehoͤrt; bei dieſer Art der Anchyloſe find die beiden Knochen nicht durch einen Ads baͤſſonsproceß auf den Gelenkflaͤchen, ſondern durch eine Knochenſcheide unter einander vereinigt, welche von einem Knochen zum andern heruͤbergeht, unabhaͤngig von irgend einem Exſudationsproceſſe auf den Gelenkflaͤchen. 2) Die Anchyloſe durch Jurtapofition oder Verklebung wenn die beiden Gelenkflaͤchen ſo unter einander zuſammen— — 234 haͤngen, daß man nicht mehr unterſcheiten kann, was dem einen oder dem andern Knochen angehört. Es iſt zu be: merken, daß dieſe Anchyloſe nie vorkommt, fo lange noch die Gelenkflaͤchen mit Knorpel übersogen find. Die wahre Anchyloſe ſetzt das Verſchwenden der Knorpel voraus; dage— gen koͤnnen fie noch vorhanden ſeyn bei pfeudomembranoͤſer oder fibrofer Verwachſung der Gelerkflachen, wodurch eine Art von Gelenkſteifiakeit, aber keine eigentliche Anchyloſe ge— bildet wird. 3) Die Arnchyloſe durch Zwiſchen⸗ ſchicht. Wenn eine mehr oder minder dicke Knochenſcheibe zwiſchen den Gelenkflaͤchen liegt. 4) Die Anchyloſe durch Verſchmelzung, wenn die Knochenenden nicht nach Art der Synarthroſen unter einander vereinigt ſind, wobei, außer wenn Verſchmelzungen vorgekommen jind, im: mer noch moͤglich iſt, anzugeben, was jedem Knochen an— gehört, — ſondern nach Art der verſchiedenen Oſſifications— puncte eines und deſſelben Knochens, welche ganz in einan— der übergeben. Bei dieſer letzten Anchyloſe iſt es unmoglich, die Gränzen zu beſtimmen, wo die beiden Knochenſtucke aufs hören; faſt immer iſt damit Subſtanzverluſt verbunden, und die beiden Knochenenden haben bisweilen gemeinſchaftlich nicht einmal die Hoͤhe und Dicke eines der beiden Gelenk— enden. 5) Man konnte auch noch eine fünfte Art anneh— men, wobei Vereinigung zweier Arten der Anchyloſenbildung vorkaͤmen: Anchyloſe durch Invagination, und Anchyloſe durch Verklebung oder durch Verſchmelzung an einem Ges lenke. Es iſt klar, daß bei allen dieſen Anchyloſen die Strek— kung durch eine Maſchine nicht ohne Knochenbruch moͤgli h. waͤre, und die Fractur wird alsdann weit haͤufiger in der Continuitaͤt der Knochen, als gerade auf dem Vereinigungs— puncte der Gelenkenden zu Stande kommen. (Oruveilhier, Anat., patholog. 34. Livr. Tab. I). Das in England patentirte Verfahren, Schlacht: vieh zu toͤdten und das danach genannte Patent— Fleiſch verdient aus mehr als einem Grunde hier Erwaͤhnung. Die Ten⸗ denz naͤmlich iſt, um ein recht faftiges, kraͤftiges Fleiſch zu er⸗ halten, das Thier fo zu toͤdten, daß der Strömung des Blutes aus den kleinſten und kleineren Venen in die größern Arft« und Staͤm⸗ me ein Hinderniß entgegengeſetzt werde, damit die feinſten Capil⸗ largefaͤßen und auch die Lymphgefäße gefüllt erhalten und fo die Entleerung der Theile von ihren Säften verhütet werde. Nun haben aber Verſuche gelehrt, daß, je kräftiger und vollſtaͤndiger die Ausdehnung und Zuſammenziehung der Lungen während des Athmungsäctes geſchieht, und je länger dirfes (Athmen) andauert, deſto mehr das Blut aus den feinſten Wuͤrzelchen oder Aeſtchen der Venen in die großen Arfte und Stämme einſtroͤme. In den Fällen ; wo der Tod bei einem Saugethiere fo erfolgte, daß nach dem Tode die Lungen voll, ausgedehnt und von einer bedeutenden Reſilienz ſich zeigen, findet ſich faſt die ganze Blutmaſſe in den großen Arften und Stämmen des Venenſyſtems zuſammengehaͤuft, während in den Fällen, wo der Tod in der Axt ſtattfand, daß die Lungen zufammengefallen oder zuſammengedruͤckt waren, dieß in bedeutend geringerem Grade der Fall iſt. 0 . 8 Bei dem neuen patentirten Zödtungsverfahren wird das Thier nicht auf die gewohnlichen Weiſen geſchlachtet, ſondern es wird der äußeren Luft ein Eingang in die Bruſthöhle verſchafft, ſo daß die 835 Lungen dadurch vollſtaͤndig comprimirt werden. Verfahren dabei iſt folgendes: An einen luftdichten Sack oder eine ſtarke Rindsblaſe, die wenigſtens 3 Cubikkuß Luft aufneh- men koͤnnen müffen, wird eine einfache, wenige Zoll lange und wer nige Linien im Durchmeſſer haltende, knoͤcherne, elfenbeinerne oder börnerne Röhre fo genau befeſtigt, daß an der Seite keine Luft entwiſchen kann; vorn bleibt das Roͤhrchen offen. Das Roͤhrchen hat etwa in der Mitte feiner aͤußern Flaͤche einen erhabenen, nach Vorn etwas ausgehoͤhlten Rand oder Knopf, um zu bezeichnen, bis wie weit das Roͤhrchen eingeſteckt werden ſoll. Nun wird, mittels eines Blaſebalgs, der luftdichte Sack oder die Rindsblaſe mit Luft gefüllt und derſelbe dicht unter dem Roͤhrchen zugebunden. Hier— auf macht der Fleiſcher an dem vorher gefeſſelten Thiere zwiſchen der fuͤnften und ſechsten Rippe, und um zwei Dritttheile des Rau— mes zwiſchen Bruſtbein und Wirbelſaͤule von letzter entfernt, mit einem kleinen Meſſer einen nicht uͤber zwei Zoll großen, aber bis in den Pleurenſack eindringenden Einſchnitt. So wie das auf beiden Seiten des Tbicres geſchehen iſt, dringt augenblicklich die aͤußere Luft ein, die Lungen fallen zuſammen und das Thier ſinkt. Da aber die Oeffnung nur klein iſt, ſo koͤnnte leicht die Communica— tion mit der äußern Luft unterbrochen werden. Um diaß zu ver— huͤten und den Tod zu beſchleunigen, wird in jede Oeffnung das Röhrchen des einen Luftſacks oder der mit Luft gefuͤllten Blaſe bineingedrüdt, das um den Hals dieſer Blaſe gelegte Band geloͤſ't und die Luft in die Bruſthoͤhle des Thicres bineingepreßt. Ein gänzliches Zuſammenſinken der Lungen iſt die Folge, und 1 — 4 Minuten nachher iſt das Thier vollkommen todt. Reſultate dieſes neuen Verfahrens ſind folgende: 1) das Fleiſch wiegt auf dieſe Weiſe 7 — 10 pCt. mehr; 2) das Fleiſch Hält ſich weit laͤnger; 3) das fo erlangte Fleiſch iſt viel oͤconomiſcher (d. b., man gebraucht gegen 20 pCt. weniger, um fi in gewohn— ter Weiſe in Fleiſchſpeiſen, guter Suppe ꝛc. zu genügen); 4) das Fleiſch alter Thiere wird dabei faſt eben fo ſümackhaft, wie das jüngere, namlich vollſaftig, zart und angenehm duftend; 5) dage— gen wird auch das Fleiſch jüngerer Thiere feſter und naͤhrender, als wenn dieſe auf gewoͤhnliche Weiſe geſchlachtet werden; 6) Kalb— fleiſch und Lammfleiſch ſieht allerdings nicht mehr ſo bleich aus. Dagegen wird aber alles andere Fleiſch kraͤftiger und ſchoͤner roth; 7) das neue Toͤdtungsverfahren iſt ſicherer und weniger ſchmerzhaft als der Schnitt durch den Hals, als der Hieb mit der Axt auf den Kopf, oder der in manchen Gegenden uͤbliche Stich in die Bruſt ꝛc. (Nach Carson's New Method of slaughtering Ani- mals, in the Lancet vom 22. Febr.; auch Berl. Nachr.) F Ueber die Vesicantia bat Hr. Trouſſeau in dem Journ. des connaiss. med. chir. Nov. 1839 Unterſuchungen mitge⸗ theilt, wonach das wirkſame Princip der Canthariden in einem äthes riſchen Extracte derſelben enthalten iſt, und weit ſicherer und ra— ſcher wirkt, als die Pflaſter. Aus Cantharidenpulver mit einer hinreichenden Quantität Schwefeläther bereitet man durch Auslau— gen eine Art von aͤtheriſcher Tinctur, entfernt ſodann den Aether durch Deſtillation und erhält ein gruͤnes, dickes, ſehr blaſenziehen⸗ des Del; überzieht man hiermit Wachspapier in dem verſchiedenen Verhältniſſe zum Wachſe von 15, 5, 20 und 2, fo erhält man blaſenziehendes Papier von verſchiedener Stärke, welches vor den verſchiedenen gebräuchlichen epiſpaſtiſchen Pomaden den Vorzug der Reinlichkeit, der Wohlfeilheit und der Schnelligkeit der Wirkung Das patentirte 886 hat. Man kann auch ein Stuͤck Fließpapier von entſprechender Groͤße auf ein groͤßeres Heftpflaſter legen, ein wenig mit dem aͤtbe— riſchen Extracte befeuchten und auflegenz dadurch erhaͤlt man in 6 bis 7 Stunden eine Blaſe. Als Veranlaſſungen von Irrſeyn eraab ſich bei ei: ner Unterſuchung von 1125 Faͤllen in den Krankenhaͤuſern der Vers einigten Staaten, über deren Entſtehungsweiſe etwas Sicheres zu ermitteln war, dem Dr. Earle Folgendes: 1. Phyſiſche Urſachen. Unmaͤßigkeit 8 A N > 2 1 146 Faͤlle Verſchiedene Krankheiten 4 f . . 103 Verſchiedene conſtitutionelle Krankheiten 8 57 Onanie . ® 0 8 5 5 9 h Erblichkeit 2 . . . . 40 Folgen des Wochenbettes 5 . . 42 Typhoͤſes Fieber = . 8 = . 10 Zurüdgetriebene Hautausſchlaͤge 8 8 . Schlaͤge auf den Kopf 5 . . . . Organiſche Hirnkrankheiten — . . . Uebern,äßiges Arbeiten . . . . . Verwundungen R A . . . 1 Epilepſie . Ale 5 > 5 5 Sonnenſtich . 8 a . Folge von einem Sturze . . 2 „ . Hirnentzuͤndung 0 A s a 8 8 Uebergang zu ungewohnter bloß vegetabiliſcher Nahrung und Faſten . . . 8 Gehirnerythem . + . . 2 Bildungsfehler . . . . . . Mutterblutfluß x EF SA Een . 2 — - eee der e Unterdruͤckung der Menſtruation l . ’ . 705 496 — 2. Pſychiſche Urſachen. Einfluß religiöfer Ideen 5 5 . . 70 Haͤuslicher Zwiſt 60 Verluſt und Verlegenheit in Geldgeſchäften 5 56 Verluſt von Freunden. 5 2 . . 46 Beherrſchung von Gemuͤthsaufregung . 0 34 Getaͤuſchte Liebe = 1 0 8 5 28 Getaͤuſchter Ehrgeiz . She . . 11 Verdruß . . 0 . 8 7 . “el Zorn. 0 A . 4 0 8 . 8 Unruhe. . = 9 „ . . Eiferſucht . . . . a 0 » Härte der Eltern . . . Schreck 1 5 . N Aerger . 5 . . 5 . . Aufregung bei bevorftehender Verheirathung . Metaphyſiſche Discuſſionen x 8 . 0 Er Ear 5 4 2 N 2 1 1 1 1 Romanlectuͤre 0 0 5 . . 8 346 — Verſchiedene zugleich phyſiſche und pſychiſche Urſachen 2 8 . v . 73 — Unbekannte Urſache . en e 200 — 1125 Fä- (American Journ. of the med, science.) Bibliographische Neuigkeiten British Coleoptera delineated, consisting of figures of all the Genera of British Beetles drawn in outline. By W. Spryetc‘, edited by W. E. Shukard etc. London 1839. (No. 1—6 find erfchienen.) A. Bertolonii, Flora Italica sistens Plantas in Italia et in In- sulis circumstantibus sponte nascenter. Bononiae 183339. 8. (Das Neueſte davon iſt der 1ſte Heft des IV. Bandes.) Practical Observations on Various Subjects relating to Midwi- fery. By J. Hamilton. London 1839. 8. A Manual on the Bowels etc. 1840. 8. By James Black, MD, London EEE Neue Wotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, nefommelt und mitgetheilt von dem Ober ⸗Medieinglratbe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalratde und Prefeſſot Frerier zu Berlin. Ne. 286. Gedruckt im Landes -Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 22. des XIII. Bandes.) preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Maͤrz 1840. des einzelnen Stückes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. N ee Aer, Ueber einige in Suͤd-Virginien angeſtellte Ver— ſuche in Betreff des Sonnenlichts. Von J. W. Draper, M. D., Profeſſor der Chemie an der Univerfität New- Vork. Es iſt mir eben in engliſchen Blaͤttern ein Brief von Sir John Herſchel an die britiſche Geſellſchaft zur Bes foͤrderung der Wiſſenſchaften zu Geſichte gekommen, in wel⸗ chem von mehreren merkwuͤrdigen Wirkungen der verſchiede— nen Regenbogenfarben die Rede iſt. Vor etwa 5 Jahren beluſtigte ich mich bei heiterem Wetter und ſehr heißem Sonnenſcheine damit, den Mori— chini'ſchen Verſuch behufs der Magnetiſirung von Stahl zu machen, und erlangte bei dieſer Gelegenheit in Betreff der chemiſchen Wirkungen der Sonnenſtrahlen einige Re— ſultate, welche mir mit dem Gegenſtande des oben erwaͤhn— ten Briefes in ſehr naher Beziehung zu ſtehen ſcheinen. Die meiſten derſelben find in dem Journal des Franklindſchen Inſtituts in Philadelphia bekannt gemacht worden; da ſie aber in England, wie es ſcheint, nicht beruͤckſichtigt worden ſind, ſo duͤrfte eine Mittheilung derſelben in einem engli— ſchen Journale jetzt, wo der Gegenſtand dort fo viel Inter eſſe erregt, an der Zeit ſeyn. 1) Wenn man einen Sonnenſtrahl durch eine Aufld- fung von chromſaurem Kali fallen laͤßt, fo verliert er die Faͤhigkeit, photogeniſches Papier (Silber- Chloridpapier) zu ſchwäͤrzen. Concentrirt man das durch eine Schicht diefer Fluͤſſigkeit gegangene Licht, mittelſt einer Linſe, und bringt man Silberchlorid in deren Brennpunct, ſo kann daſſelbe lange darin bleiden, ohne ſich bedeutend zu veraͤndern. In dem oben erwähnten Journale wurde folgende Liſte der Aufloͤſungen mitgetheilt, welche die angeführte Fäͤhig⸗ keit beſitzen: Chromſaures Kali-Deutoxyd, Chromſaures Kali, a Gelbes ſchwefelwaſſerſto i 5 ſchwefelwaſſerſtoffſaures Ammonium, R un d e. Schwefelwaſſerſtoffſaurer Kalk, Salzſaures Eiſen, Gold- Chlorid, Platina-Chlorid. Wir haben zu bemerken, daß die Aufloͤſungen von dies ſen ſaͤmmtlichen Subſtanzen gelb ſind. Uebrigens fand ich auch, daß ſehr viele vegetabiliſche Aufguͤſſe, zumal wenn ſie einen Stich in's Gelbe beſitzen, die chemiſchen Strahlen verſchlucken. 2) Als ich Stuͤcke Papier, welche mit einer Schicht von Silberchlorid überzogen waren, der Wirkung eines Strah— les ausſetzte, welcher durch rothes ſchwefelblauſaures Eiſen gegangen war, wurde das Papier ziegelroth gefaͤrbt. War der Strahl durch eine Auflöfung von ſchwefelſaurem Kupfer und Ammonium gegangen, ſo wurde es blaubraun, und als ich endlich ein Stuͤck dieſes Papieres in einem Kaſten, deſſen Einrichtung ich gleich näher beſchreiden werde, fünf Tage lang der Einwirkung von Licht ausſetzte, das durch eine Einwirkung von chromſaurem Kali-Deutoxyd gegangen war, nahm es eine deutliche, wenn gleich blaſſe, gelblich- gruͤne Faͤrbung an. 3) Hoͤchſt wahrſcheinlich find in dem Sonnenlichte Strahlen vorhanden, welche eigenthuͤmliche chemiſche Kraͤfte beſitzen. Ein Strahl, welcher durch chromſaures Kali-Deutoryd gegangen iſt, ſcheint die chemiſche Verbindung einer Mi⸗ ſchung von Chlorine und Waſſerſtoffgas nicht bewirken zu koͤnnen. Ich ließ denſelben mehrere Stunden lang auf eine ſolche Miſchung einwirken, ohne irgend eine Veraͤnderung zu bemerken. Nichtsdeſtoweniger kann derſelbe Strahl vegeti— rende Blätter. in den Stand ſetzen, die Ausſcheidung von Kohlenſaͤure zu bewirken. Ich nahm einen hölzernen Ka⸗ ſten, der etwa einen Cubikfuß maß, und deſſen Boden durch zwei parallele Glastafeln gebildet wurde, welche unge⸗ faͤhr Zoll von einander abſtanden. Dieſe Tafeln wurden durch einen Rahmen gehalten, und zwiſchen beide eine Auf⸗ 22 339 loͤſung von chromſauerem Kali-Deutoxyd, oder irgend einem andern Salze, mit welchem experimentirt werden ſollte, ein— getragen; der Kaſten dann auf eine ſeiner Seiten geſtellt, und fo ein Behälter gebildet, in welchem Stoffe der Ein⸗ wirkung von Strahlen ausgeſetzt werden konnten, die durch irgend ein beliebiges Mittel gegangen waren. Nachdem der Glastrog dieſes Kaſtens mit einer Aufs loͤſung von chromſaurem Kali-Deutoryd gefüllt worden war, ſtellte ich in den letztern eine Retorte mit Waſſer, das ſchwach mit Kohlenſaͤure angeſchwaͤngert war, und in dem ſich einige wenige friſche Blätter befanden. Nach kurzer Zeit ſtiegen eine Menge Luftblaſen auf. Eine andere, gleich beſchaffene Retorte war daneben der unmittelbaren Einwir⸗ kung der Sonnenſtrahlen ausgeſetzt, und als ſich aus beiden Retorten ſo viel Gas entwickelt hatte, als zur Anſtellung der chemiſchen Unterſuchung hinreichte, fand ſich, daß in beiden Faͤllen Kohlenſaͤure ausgeſchieden war; wenngleich dieß, wie ſich erwarten ließ, im letztern Falle, in bedeuten— derer Menge geſchehen war. Das Gas beſtand aus einer Miſchung von Koghlenſaͤure, Sauerſtoffgas und Stickgas, und die conſtante Anweſenheit des letztern Beſtandtheils ruͤhrte von der Beſchaffenheit der angewandten Blaͤtter her. Auch bildet ſich unter der Einwirkung von Licht, das vorher durch dergleichen gelbe Salze gefallen und folglich der Strahlen beraubt iſt, welche Silberchlorid ſchwaͤrzen, die grüne Farbe der Pflanzen aus. Ich nahm im Mai 1837 eine Anzahl Erbſenpflaͤnzchen aus dem Garten und ließ ſie in Licht vegetiren, welches in der fraglichen Art modificirt war, ſo wie auch in ſolchem, welches durch ſchwefelblauſau— res Eiſen und ſchwefelſaures Kupfer und Ammonium ge: gangen war, und in allen dieſen Fällen wurden die Blaͤt— ter gruͤn. Auch ließ ich Gartenkreſſenſaamen unter denſel— ben Umſtaͤnden keimen, und wenn die Pflaͤnzchen eine ge— wiſſe Größe erlangt hatten, waren fie jederzeit grün, wäh: rend die, welche im Dunkeln gewachſen waren, gelbe Blaͤt— ter und weiße Stängel zeigten. Profeſſor Silliman erwaͤhnte in einer der älteren Nummern feines Journals, er habe geſehen, daß der Schein eines gewoͤhnlichen Caminfeuers eine Miſchung von Waſſerſtoffgas und Chlorine zum Explodiren gebracht habe. 4) Mitter behauptete zuerſt, die entgegengeſetzten aͤußerſten Graͤnzen des Sonnenſpectrum 11 5 entgegenges ſetzte chemiſche Kräfte; fo entwickeln ſich, z. B., aus Phos— phor unter der Einwirkung des rothen Strahls Daͤmpfe, waͤhrend dieſe aufhoͤren, ſobald der violette Strahl darauf⸗ falle. Ich wiederholte dieſen Verſuch vielmal unter guͤn— ſtigen Umſtaͤnden, ohne daß er mir gelungen wäre. 5) Uebrigens gelang es mir, die Interferenz derjenigen Claſſe von chemiſchen Strahlen, welche Silberchlorid und Silberbromid ſchwaͤrzen, ſehr ſchoͤn darzuſtellen, wogegen ich, in Ermangelung eines paſſenden Apparates, deren Polariſa— tion nicht bewirken konnte. Ein durch einen Draht ſtrei⸗ chender electriſcher Strom ſcheint auf die chemiſchen Strah— len nicht die geringſte Wirkung zu aͤußern. Man ethielt auf Chloridpapier (photogeniſchem Papier) daſſelbe ſaubere, vergroͤßerte Bild des Drahtes, wenn derſelbe in einen von niedergeſchlagen. eine Auflöfung von Goldchlorid zu zerſetzen, und die metal⸗ liſchen Nadeln lagern ſich an der dem Lichte zugewandten 340 einer Linſe divergirenden Strahl gebracht ward, die elec⸗ triſche Stroͤmung mochte nun durch den Draht ſtreichen oder nicht. Wir wollen uns nun von den chemiſchen Wirkungen zu einem ſehr 9 mechaniſchen Einfluſſe des Sons nenlichts wenden. a. Nachdem ich einen großen Luftpumpen -Recipienten (oder Glocke) ganz rein und trocken gemacht, that ich auf die Pumpenſcheibe einige Stückchen Campher und brachte dann in den Recipienten ein Vacuum zu Wege. Nun trug ich die Pumpe ſammt dem Recipienten in den Sonnenſchein, und bald ſah man die ganze, der Sonne zugewandte Seite des Glaſes mit Cryſtallen beſchlagen, während ſich auf der gegenuͤberliegenden Seite des Recipienten wenig oder keine bemerken ließen. Unter der feurigen Sonne Virginien's ſtellte ſich dieſes Reſultat, fo daß ſchoͤne ſternfoͤrmige Cry⸗ ſtalle ſich bildeten, welche den ganzen obern Theil, ſo weit derſelbe der Sonne zugekehrt war, bedeckten, binnen vier Minuten dar. b. Man bewirke in einer 2 Zoll oder darüber im Durchmeſſer haltenden und uͤber 30 Zoll langen Roͤhre ein Toricelliſches Vacuum und fuͤhre durch das Queckſilber hin⸗ durch ein Stuͤck Campher in dieſelbe ein. So kann die Roͤhre beliebig lange Zeit im Dunkeln aufbewahrt werden, ohne daß ſich in derſelben irgend etwas zutraͤgt; allein fo= bald man ſie in den Sonnenſchein bringt, wird binnen we— nigen Minuten die der Sonne zugekehrte Seite mit Cryſtal⸗ len beſchlagen. g e. Man klebe an die innere (aͤußere?) Wand des Re⸗ cipienten einer Luftpumpe ein Stuͤck Zinnfolie von 1 Zoll Durchmeſſer und ſtelle denſelben, nachdem man übrigens fo verfahren, wie unter à angegeben worden, ſo in den Son— nenſchein, daß die Zinnfolie der Sonne zugewandt iſt. Es werden ſich dann bald Cryſtalle bilden; allein die Zinnfolie wird ſie in ihrer Naͤhe vom Glaſe abhalten, und innerhalb eines gewiſſen Abſtandes vom Metallkreiſe wird man U. Cryſtalle bemerken. d. Die Cscyſtalliſation bildet keinen weſentlichen Be ſtandtheil dieſer Erſcheinungen. Queckſilberdaͤmpfe im Xos ricelliſchen Vacuum werden, gleich den in einem Recipienten, innerhalb deſſen ſich Waſſer befindet, aufſteigenden Duͤnſten, nach der dem Lichte zugekehrten Seite in Form von Thau Die Sonnenſtrahlen beſitzen auch die Kraft, Seite ab. Küͤnſtliches Licht kann keine dieſer Erſcheinungen ke⸗ wirken. e. Nach Beſeitigung des bei'm Verſuche c angewand⸗ ten Stuͤckchens Stanniol's, bringe man daſſelbe auf ein klei⸗ nes Stativ vor den Recipienten, und man wird ſehen, daß die durch ſeinen Schatten getroffene Stelle und deren naͤchſte Umgebung von Cryſtallen frei bleibt. f. Man nehme einen bereits mit Ciyſtallen beſchlage— nen Recipienten, ſtelle ihn in die Sonne, bringe den Stan: 841 niot vor denſelben, und man wird ſehen, ſchatteten Stelle alle Eryſtalle verſchwinden. gt. Statt, wie bei'm Verſuche c, ein Stuck Zinnfolie oder Stannfol anzuwenden, erwaͤrme man einen Recipien⸗ ten und reibe ein Stuͤck Harz daran, fo daß er mit einem durchſcheinenden Kreiſe dieſer Subſtanz dedeckt wird. Man ſtelle ihn in den Sonnenſchein, und man wird finden, daß das Harz das Glas nicht ſchuͤtzt. b. Wenn man, bevor man den Recfpienten in den Sonnenſchein bringt, die recht, trockene Innenſeite deſſel— den hier und da mit einem Glasſtabe frottirt, ſo werden ſich an dieſen geriebenen Stellen die Cryſtalle in deutlichen Rei⸗ hen ablagern *). Laſſen ſich nun dieſe ſonderbaren Reſultate bei dem jetzigen Stande der Wiſſenſchaft wohl anders erklaͤren, als daß man annimmt, die der Sonne zugewandte Seite des Retcipienten ſtrahle die empfangene Waͤrme frei zuruͤck, waͤhrend auf der andern die Ausſtrahlung gehemmt werde, kurz die vordere Seite ſey kuͤhler, als die andere? (The London and Edinb. Phil. Mag. Febr. 1840.) daß an der be⸗ Ueber die Wirkung des Krapps (Rubia tincto- f rum) auf die Knochen las Hr. Flourens der Academie der Wiſſenſchaften in Paris am 3. Februar einen erſten Artikel vor. Er hat naͤmlich Verſuche uͤber die merkwürdige Erſcheinung angeſtellt, daß die Knochen der Thiere, die man mit Stoffen ernährt, denen man eine größere oder ges . Quantitat Krapp beigemiſcht hat, eine rothe Faͤrbung dar— ieten. Die Thatſache ſelbſt iſt ſchon ſeit mehrern Jahrhunderten bes kannt und, z. B., in einer Sammlung von Geheimmitteln und Naturmerkwürdigkeiten mitgetheilt, welche der Arzt Antoine Mi: zaud im Jahr 1572 zu Paris herausgab. Erſt im vergangenen Jahrhunderte wurde fie jedoch von dem Londner Chirurgus Bel—⸗ hier etwas genauer ſtudirt. Derſelbe ſtellte namlich Verſuche darüber an, deren Reſultate man in den Philosoph. Transact. 17 Jahre 1736 findet, die jedoch noch viel zu wuͤnſchen uͤbrig aſſen. Später behandelte der berühmte Duhamel denſelben Ges genſtand mit jenem Scharfſinne und jener Beharrlichkeit, durch die ſich ſeine Arbeiten uͤberbaupt auszeichnen. Er beſtimmte eine Menge von Belchier zweifelhaft gelaſſener Puncte, erſchoͤpfte uͤb⸗ rigens den Gegenſtand keinesweges, und brachte es nicht dahin, alle Phyſiologen zu uͤberzeugen; zumal da diejenigen, welche die Genauigkeit der von ihm beigebrachten Umſtaͤnde bezweifelten, ſich mehrentheils nicht die Mühe gaben, die Verſuche zu wiederholen. Als Hr. Flourens ſich an ſeine Aufgabe machte, hatte er ſeine Aufmerkſamkeit denjenigen Puncten zuzuwenden, mit denen ſich ſein beruͤhmter Vorgaͤnger nicht beſchaͤftigt hatte. So machte er, z. B., Verſuche, theils mit dem Krapp, wie ihn die Natur lie— fert, theils mit deſſen Faͤrbeſtoffe, der Alizarine. Ueberdem hatten die Chemiker bei den im Handel vorkommenden Krappſorten Ver: ſchiedenheiten in Anſehung der chemiſchen Zuſammenſetzung nachge— wieſen, welche wahrſcheinlich von der Beſchaffenheit des Bodens her— rühren, und von denen ſich vermuthen ließ, daß fie auf dem thieri⸗ ſchen Organismus eine verſchiedenartige Wirkung aͤußern wuͤrden. „) Dieſes Reſultat ſcheint auf eine Veränderung in der mechank⸗ ſchen Beſchaffenheit des Glaſes hinzudeuten, wodurch entweder die Strahlung von ſeiner Oberfläche oder durch ſeine Subſtanz oder durch beide modiſicirt werde. Der Herausgeber des Phil. Mag. 342 Dieſe Vermuthung hat ſich, wie man fpäter ſehen wird, vollkom⸗ men beſtatigt. Die Verſuche des Hrn. Flourens wurden ſowohl mit Säus gethieren, als mit Vögeln angeſtellt; indeß theilte er nur die mit Bögeln erhaltenen Reſultate der Academit mit. Er ſtellte feine Verſuche mit zwei, bödjftens drei Wochen al⸗ ten Tauben an. Bei einigen derfeiben wurde pulveriſirter Krapp den Nahrungsſtoſſen beigemiſcht, und die Wirkungen dieſes ſoge⸗ nannten Krappfutters ſtellten ſich an den anatomiſchen Präpa⸗ raten Nro. 1 und 2 dar. Nro. 1 iſt das Skelett einer Taube, welche 14 Tage lang mit Avignon-Krappfutter ernährt worden war. Die Knochen find ſchoͤn roth; aber bei dem Skelette einer Taube, welche nur 6 Tage El⸗ faß Krappfutter erhalten hatte (bei Nro. 2), find fie weit dunkler eröthet- 1 Ueberhaupt zeigte ſich in jedem Falle, wo Elſaßer Krapp an⸗ gewendet worden war, die Farbung dunkler, als wenn man Avignon'⸗ ſchen Krapp gefüttert hatte. Wandte man den letztern an, fo ge— hörten immer mehr Zeit und Subſtanz dazu, um einen gewiſſen Grad von Roͤthung zu erzeugen, und die hoͤchſten Grade laſſen ſich nur mit dem Elſaßer Krappe erreichen. Nro. 3 iſt das Skelett einer Taube, deren Futter man zwei Tage lang mit Alizarine vermiſcht hatte. Das Thier hat von dies ſem Stoffe im Ganzen nur 2 bis 3 Grammen erhalten, und den- noch ſind ſeine Knochen ſehr roth, wenngleich der Ton matter und weniger intenſiv iſt, als bei Nro. 2. Nro. + iſt das Skelett einer Taube, deren Futter man nur eis nen Tag lang mit Alizarine vermiſcht hatte. Die Knochen find ebenfalls ſehr deutlich geröthet, obgleich nicht fo ſtark, wie im vor⸗ hergehenden Falle. Bei den vorſtehenden Verſuchen, hatte man den Krapp mit den gewoͤhnlichen Futterſtoffen vermiſcht eingegeben; Nro. 5 zeigt aber das Skelett einer Taube, die man eine Zeitlang nur mit El— ſaß'ſchem Krappe gefüttert hatte. Man gab dem Thiere 40 Grame men in 2 Mahlzeiten, von denen jede 20 Grammen betrug. In. den erſten 24 Stunden zeigte ſich keine Wirkung auf die Knochen, wovon man ſich uͤberzeugte, indem man einen nur von der Haut bedeckten Knochen bloßlegte. Die Taube ſtarb nach 52 Stunden, und man bemerkte an ihren Knochen eine ſehr tiefe Roͤthung. Bei allen bisher erwaͤhnten Skeletten hat man die Baͤnder, und mehr oder weniger große Stüde von der Knochenhaut ſtehen laſſen, fo daß man deutlich ſehen kann, wie der Krapp immer nur die kno⸗ chigen Theile erreicht und kenntlich macht, alle übrigen aber ver⸗ ſchont. Alle Knochen, aber nur die Knochen, find roth; die Baͤn— der, Sehnen, Knorpel haben ihre gewöhnliche Farbe beibehalten; fo daß nur die Theile, welche ſchon wirklich verknoͤchert find, eine rothe Faͤrbung darbieten. Duhamel batte bei einigen Bögeln, noch waͤhrend des Le— bens derſelben, an einigen Stellen des Auges einen Anfang von Färbung zu beobachten geglaubt. Bei der Section, ſagt er, ers kannte ich, daß nur die Kapfel, in welcher die Cryſtalllinſe liegt, ein wenig geroͤthet war. Hr. Flourens beobachtete bei allen mit Krappfutter genährten Tauben einen rothen Ring um die Re: genbogenhaut, und entdeckte bei der Section den Sitz dieſer Faͤr⸗ bung. Dieſer rothe Ring, der einzige Theil des Auges, der ſich ſo färbt (denn die Cryſtalllinſe und deren Kapfel, der Glaskoͤrper und deſſen Membran verändern die Farbe nie), iſt der Ring von klei⸗ nen knochigen Stuͤcken, der ſich bekanntlich am vorderen Theile des Umfanges der Hornhaut befindet. Deßhalb bemerkt man auch bei den Säugethieren, denen dieſer Knochenring fehlt, in Folge der Krappfütterung nie einen rothen Ring. Belchier hatte geſehen, daß die Knochen eines, mit Krapp⸗ futter ernaͤhrten Hahnes nach 16 Tagen roth geworden waren. Duhamel erkannte bald, daß die Roͤthung der Knochen ſchon in viel kuͤrzerer Zeit erfolgt. Er ertangte binnen 3 Tagen reines Roth, binnen 36 Stunden lebhaftes Roſa und binnen 24 Stunden Blaßroſa. Bei den Verſuchen des Hrn. Flourens zeigten ſich die Wirkungen binnen noch viel kuͤrzerer Zeit. Nro. 10 iſt das Skelett einer Taube, die nur eine Mahlzeit Elſaßkrapp genoſſen hat, und nur 24 Stunden fpäter getödtet wurde. 2 345 Dennoch find alle Knochen ungemein lebhaft geröͤthet. Das Stuͤck Nro. 11 iſt das Skelett einer Taube, welche ebenfalls nur eine einzige Mahlzeit von 5 Grammen Krapp (Alizarine?) erhalten und darauf nur noch 5 Stunden gelebt hat. Die Knochen ſind nur um ein Unbedeutendes weniger roth, als bei dem vorigen Exem⸗ lare. x Diefe Reſultate wurden, wie gefagt, bei 2 hoͤchſtens 3 Wochen alten Tauben erlangt. Dagegen bemerkte man bei alten Tauben, nachdem man ſie mehrere Tage lang mit Krappfutter ernaͤhrt hat⸗ te, kaum einen Anfang von Faͤrbung. Je älter das Thier iſt, und je vorgeruͤckter folglich die Knochen in ihrer Ausbildung ſind, deſto geringer iſt die Wirkung. Ueber die Wirkung des Krapps auf die Zaͤhne trug Hr. Flourens der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften am 16. Maͤrz Folgendes vor: Belchier hatte bemerkt, daß die Zaͤhne durch den Genuß des Krapp's, mit Ausnahme ihres Schmelzes, gefärbt werden. Du⸗ hamel erwaͤhnt dieſer Erſcheinung nicht, obwohl ſie ihm nicht unbekannt war, indem Fougeroux bemerkt, daß die Zahnwurzeln achte Knochen ſeyen und ſich, wie Duhamel durch ſeine Verſuche uͤber den Krapp nachgewieſen habe, durch einander uͤberlagernde ichten bilden. Su Hunter hat ebenfalls beobachtet, daß ber knochige Theil der Zähne von Krapp gefaͤrbt wird. Blake gedenkt dieſes Um⸗ ſtandes ebenfalls. Die Sache ſelbſt war alſo hinlaͤnglich bekannt; nur hatte man die Verbreitung des Krapps im Zahne nicht ver⸗ folgt, und ſich dieſer Unterſuchung nicht bedient, um die Entwickelung des Zahnes zu ſtudiren, welche in der entgegengeſetzten Richtung wie die der Knochen ſtattfindet. Aus den von Hrn. Flourens der Academie vorgelegten Praͤparaten ergiebt ſich die Verbreitungs⸗ art des Krapps in den Zaͤhnen ſehr deutlich. Bei einem Ferkel, welches man 14 Tage lang mit Krapp ge⸗ fuͤttert, ift die äußere Schicht des Zahnes weiß, und dieſe hatte ſich gebildet, ehe das Thier Krappfutter erhalten; die innere oder neu⸗ gebildete Schicht dagegen iſt roth; die Zaͤhne wachſen alſo, indem ſich von Innen Schichten anſetzen. > Ein zweites Präparat zeigt den Backenzahn eines Ferkels, welches man 14 Tage lang mit Krappfutter, und dann wieder 20 Tage lang mit gewoͤhnlichem Futter, ernährt hatte. Hier iſt nun die Stellung der Schichten umgekehrt; die rothe iſt mehr aͤußer⸗ lich, und die weiße mehr innerlich. Die letztere iſt offenbar dieje⸗ nige, welche ſich nach dem Ausſetzen des Krappfutters gebildet hat; allein was iſt aus der Schicht geworden, die ſchon vorhanden war, ehe das Schwein Krapp erhielt, und von der man denken ſollte, ſie muͤſſe außerhalb der rothen Schicht vorhanden ſeyn und dieſelbe verbergen. Da nun dieſe letztere aber die äußerfte ift, fo iſt diejenige, welche fruͤher ihre Stelle einnahm, offenbar reſorbirt worden, was ſich noch deutlicher aus einem dritten Praͤparate ergiebt, wo die zuerſt gebildete Schicht erſt unvollkommen reſorbirt iſt, ſo daß die darunter liegende, d. h., diejenige, welche waͤhrend der Krappfuͤt⸗ terung gebildet worden, bereits durchſchimmert. 344 Man kann dieſe Verſuche auf verſchiedene Weiſe abaͤndern, er⸗ langt aber immer Reſultate, aus denen ſich ergiebt: 3 1) Daß die Zähne, wie die Knochen, in einzelnen, neben eine ander liegenden Schichten anwachſen. Ä 7 2) Daß bei der Entwickelung der Zähne, wie bei der der Kno⸗ chen, immer auf einer Seite neue Schichten hinzukommen, waͤhrend auf der andern alte reſorbirt werden. j 113 3) Daß dieſes Hinzutreten und Verſchwinden bei'm Zahne in der umgekehrten Richtung, wie bei'm Knochen, ſtattfindet; denn bei'm Knochen treten die neuen Schichten Außerlih, bei'm Zahne innerlich hinzu, waͤhrend die Reſorption bei'm Knochen innerlich, und bei'm Zahne aͤußerlich geſchieht. die; 4) Daß der einzige ſich färbende Theil des Zahnes der kno— chige iſt, und der Schmelz ſtets farblos bleibt. g Thut man Zähne, welche durch Krapp gefärbt find, in Salze ſaͤure, ſo werden die Erdſalze vollkommen beſeitigt, und es bleibt nur der biegſame Knorpel zuruͤck. Zur vollſtändigen Entfaͤrbung deſſelben gehoͤrt aber eine ſehr ſtarke Saͤure. Aus Obigem ergiebt ſich, daß die mechaniſche Theorie, welche in dem knochigen Theile des Zahnes einfache erdige Schichten, bloße, durch den weichen Kern geſchwitzte, todte Lagen erblickt, eben ſo wenig zulaͤſſig iſt, als die neuere Theorie des Hrn. Owen, nach welcher dieſer knochige Theil nichts, weiter ſeyn ſoll, als der verknoͤcherte weiche Kern. Die Knochenſubſtanz der Zaͤhne iſt, nach Hrn. Flourens, ein aͤchter verknoͤcherter Knorpel, der ſich um die Zwiebel oder den weichen Kern bildet, und den die erdigen, Theilchen allmälig durchdringen; der aber deßhalb nicht verſchwin- det, da ſich die erdigen Theilchen durch Saͤuren von ihm trennen laſſen, und er dadurch wieder in ſeinen biegſamen Zuſtand zuruͤck— verſetzt wird. ; a Miscellen. um die Cowperſchen Druͤſen bei'm Weibe darzu— ſtellen, muß man, nach Taylor, den sphincter vaginae wegneh⸗ men; vor und unter jedem corpus cavernosum clitoridis verläuft eine ovale blaͤulichrothe Erhöhung (corpus spongiosum), als Ana⸗ logon des bulbus urethrae des Mannes. Dieſe Erhöhung wird durch ein septum in zwei Seitentheile zerlegt, hinter deren jedem eine Cowperſche Druͤſe hinter der tiefſten fascia perinaei verborgen liegt. Dieſe Druͤſen find länger, als bei'm Manne, abgeplattet und liegen mit ihrem längften Durchmeſſer von Oben nach Unten. Vor ihrem innern und untern Rande verlaͤuft der ein Zoll lange Ausfuͤhrungsgang, der nach Oben und Innen ſteigt und ſich inner⸗ halb des orificium vaginae, an der Seitenflaͤche derſelben, in eine breite Grube öffnet. (Valent in's Repert. IV. 132.) Fuͤr naturhiſtoriſche Sammler iſt es intereſſant, daß in Neapel Hr. Morell, ein geborner Schweizer, ein ſehr eifriger Sammler und bereit iſt, groͤßere und kleinere Sammlungen von Gegenſtaͤnden der Naturgeſchichte Neapel's und Sicilien's, im Tauſch oder gegen Zahlung abzulaſſen. dn e. Eine neue Behandlung der Ruͤckwaͤrtsbeugung des uterus bat Hr. Ch. Halpin zu Dublin ausgeſonnen, mit, gluͤckli⸗ chem Erfolge angewendet und der Obstetrie Society of Ireland am 2. Januar dieſes Jahres mitgetheilt. In einem ſehr ſchwierigen Falle von retroversio uteri, wo durch die anhaltende Harnverhaltung der Zuſtand der Frau bereits ſehr bedenklich geworden war, wo das ge— woͤhnliche Verfahren der Repoſition von Hrn. Hal pin und Dr. Finlay vergebens angewendet worden war, wo Erſte— rer fühlen konnte, wie die Winde des uterus nur un— 845 ter dem ſehr kleinen Beruͤhrungspuncte feiner Finger nach— e wo dieſer Druck mit den Fingern bei der Ge— renden das Gefühl veranlaßte, als ſeyen die fo gedruͤck— ten Theile im Begriff zu zerreißen, — in dieſem bedenklis chen Falle ſah Hr. H. ein, wie die einzige Wahrſcheinlich— keit, die Frau der Gefahr zu entreißen, in der Anwendung eines Inſtrumentes beſtehen moͤchte, welches ziemlich gleich— foͤrmig auf alle Theile der Uterusgeſchwulſt druͤckend einwir⸗ ken kann und mittels deſſen hinlaͤngliche Gewalt angewendet werden konne, um den uterus über das promontorium ossis sacri zu erheben. „Hier, ſagt Hr. H., kam mir nun der Gedanke, daß ich mittels einer Blaſe im Stande ſeyn würde, das Becken aufzublaſen und ſo den Inhalt deſ— ſelben in die Unterleibshoͤhle zu heben. Dieſem Gedanken gemaͤß verfuhren wir. Ich befeſtigte eine kleine ſriſche Blaſe (Kalbsblaſe) an die Roͤhre einer Spritze Ma⸗ genpumpe oder Klyſtirſpritze), und nachdem ich die Blaſe einige Augenblicke in warmes Waſſer gelegt hatte, um ihr die Waͤrme der Koͤrperwaͤrme anzupaſſen, brachte ich ſie, leer, in die vagina zwiſchen den fundus uteri und den Maſtdarm. Indem ich nun die Blaſe in der vagina mittels meiner vor die Scheidemuͤndung gelegten Hand zuruͤckhielt, blies Dr. F. ſie langſam und gleichfoͤrmig auf. Nach ei— niger Zeit klagte die Gebaͤrende uͤber ein Gefuͤhl von Span— nung oder Berſtenwollen, aber nicht uͤber Schmerz. Wir hoͤrten nun auf, Luft in die Blaſe einzutreiben, ließen die bereits darin befindliche Luft zuruͤckbleiben und einen anhalten— den, gleichfoͤrmigen, gut gerichteten Druck auf die Geſchwulſt ausuͤben. Nach Verlauf von fuͤnf Minuten, trieben wir mehr Luft in die Blaſe, worauf die Patientin langſam aus— rief: „„ach, nun draͤngt Ihr etwas nach Oben gegen meinen Magen.“ Ich hielt die Blaſe noch Länger in ihrer Lage; und dann, ehe ich ſie herauszog und nur etwas Luft her— auslaſſend, fuͤhrte ich meinen Finger ein und hatte die Be— friedigung, zu finden, daß die Geſchwulſt nicht mehr im Becken lag, und daß der Muttermund, nach Unten und Hin— ten gerichtet, von meinem Finger erreicht werden konnte. Nunmehr, und nicht. cher, entfernte ich den Apparat.“ — „Die Blaſe mit einem Schließhahne zu verſehen und an die Roͤhre einer Spritze zu befeſtigen, wird nach der durch die Unterſuchung ja bekannten Größe des Beckens ausgewaͤhlt.“ — „Waͤre der durch die Luft ausgeuͤbte Druck nicht hinreichend zur Erreichung des Zweckes, ſo brauchte in die Blaſe man, ſtatt Luft, nur Waſſer einzutreiben und wuͤrde dann eine Kraft erhalten, welcher nichts widerſtehen koͤnnte; waͤhrend wir doch zu gleicher Zeit dieſe Kraft ſo in unſerer Gewalt haben, daß üble Folgen nicht entſtehen konnen.“ „Dieſer Apparat iſt nicht allein anwendbar, um den uterus in ſeine Normallage zuruͤckzubringen, ſondern auch ihn darin zu erhalten.“ — (Dublin Journal, March 1810.) 0 846 Ueber den Eingeweidewurm Daetylius aculeatus “). (Geſchichte eines Maͤdchens, welches eine Anzahl bisher nicht be⸗ ſchriebener Eingeweidewürmer durch die urethra entleerte, nebſt Be⸗ ſchreibung der Thiere.) Von T. B. Curling, aſſiſtirendem Wundarzte im London- Hospital. Am 31. May 1839 erhielt ih von Herrn Drake, Wundarzt, am Commercial Road wohnhaft, eine Anzahl in Urin enthalte ner Würmer, welche wenige Stunden vorher von einem kleinen Maͤdchen, ſeiner Patientin, abgegangen waren und worüber er ni von mir verlangte. Folgende Geſchichte theilte er mir mit: Das fünf Jahre alte Mädchen hatte ſich bis Juni 1837 einer guten Geſundheit erfreut, wo ſie einen Anfall von Lungenentzündung in fogenannter ſubacuter Form, von einem eigenthümlich hohlen Hu— ſten und einem geſtoͤrten Zuſtande der Darm-Schleimhaut begleitet, bekam. Sie iſt dieſem Huſten von früheſter Jugend unterworfen geweſen, da eine leichte Erkältung oder Störung im Darmcanale hinreichend geweſen, ihn zu veranlaſſen. Ebenſo iſt ſie von Zeit zu Zeit von Ascariden incommodirt worden. Zu Anfange Mai’s hatte fie einen Anfall von Maſern, nach welchem Ermattung und Abmagerung zuruͤckblieben. Ein laͤſtiger Huſten blieb auch zuruck, nebſt Fieber von remittirendem Character, und ihr Urin war dunkel gefärbt und an Quantität ſpärlich. Unter wilder antiphlogiſtiſcher Behandlung nahm das Uebel ab, und der Urin erhielt ein natürlis ches Anſehen. 26. Mai. Heute wurden zum erftenmale einige kleine Wür⸗ mer im Urine bemerkt, und in mehreren der folgenden Tage ent: leerte ſie nach dem Aufſtehen am Morgen ſieben oder acht aus der urethra. 1. Juni. Mehrere Ascariden-Wuͤrmer wurden im Stuhl⸗ gange bemerkt; aber heute und den folgenden Tag waren keine Wuͤrmer im Urine zu ſehen. Am 3. Juni wurden ſie wieder bemerkt, und ſeitdem ſind des Morgens von Zeit zu Zeit einige derſelben abgegangen. Am 11. Der Huſten hat ſie verlaſſen und, ſie nimmt raſch an Geſundheit und Staͤrke zu. An einer Affection der Harnwerkzeuge hat ſie nie gelitten. t Ich fand den Urin, in welchen die Würmer enthalten waren, ſtark gefaͤrbt und leicht ſauer. Man beobachtete, daß ſie gleich nach dem Urinlaſſen einzeln flottirten, aber eine kurze Zeit hernach ſich zuſammenhaͤuften, und auf dem Boden des Gefäßes in der Form einer Kugel zuſammengewunden waren und nur mit Schwie⸗ rigkeit getrennt werden konnten. Wenn ſie geſtoͤrt wurden, waren ihre Bewegungen oft ſehr lebhaft, und wenn fie in dem Urine ver⸗ blieben, lebten fie oft zwei oder drei Tage lang. Sie waren ſehr durchſichtig, ſo daß die contenta des Darmcanals mit bloßen Aus ' gen ſehr deutlich bemerkt werden konnten. In Weingeiſt gethan, wurden ſie bald hernach weiß und undurchſichtig Es waren ihrer von zweierlei Größe, die groͤßern Würmer zahlreicher, als die kleinen. 5 a Eine oberflähliche Unterſuchung überzeugte mich bald, daß dieſe Würmer zu keiner Gattung Eingeweidewürmer gehörten, von wel⸗ ) Anmerkung. Als ich in Nr. 267 (S. 83 dieſes XIII. Bos. der N Notizen die Neuigkeit über den Dactylius acu- leatus mittheilte, batte ich eben noch Zeit und Raum, um auf der Tafel die kleinen Figuren unterzubringen, denen ich nur das Weſentlichſte zur Erläuterung beifügte und glaubte, wegen des weiteren Details, auf das Original verweiſen zu können. Aus einer mir zugekommenen Zuſchrift eines unferer geachtetſten Helminthologen erſehe ich, daß uͤber die Richtigkeit der Angabe des Aufenthaltsortes des neuen Wurms Zweifel obwalten, welche vielleicht nicht entſtanden waͤren, wenn ich die vollftändige Geſchichte mittgetheilt hätte, welche ich alſo jetzt folgen laſſe. 341 chen bis jetzt bekannt war, daß fie bei Menſchen angetroffen wers den, und in Beziehung auf die Jahreszeit war ich anfangs verlei— tet, mir einzubilden, daß fie die Larven eines Inſectes ſeyn moͤch— ten. Als ich aber eins in das Sehfeld des Mikroſcops brabte, ers kannte ich eine ſchoͤne Organiſation und wahrhafte Nematoideen— Structur, und bei'm Nachſchlagen von Rudolphi im Synopsis Entozoorum und andern Werken über, dieſen Gegenſtand entdeckte ich, daß ſie ein bis jetzt noch nicht beſchriebenes Entozoon ſey. Nachdem ich von Herrn Drake mehrere dieſer Wuͤrmer zu ver— ſchiedenen Zeiten erhalten hatte, habe ich Gelegenheit gehabt, wie— derholte Unterſuchungen derſelben mit dem Mikroſcope vorzunehmen, in welchen mir der Vortheil zu Theil wurde, von den Herren Owen und John Reckett unterſtuͤtzt zu werden. Die Thierchen, lebens dig und ſehr activ wie fie waren, bildeten ſehr intereſſante Gegen— ſtaͤnde, da wir die ſonderbaren Handlungen, die in ihrem Innern ſtatt hatten, ſehr gut ſehen und beobachten konnten. Der Wurm iſt von heller Farbe, cylindriſcher Form, und ſpitzt ſich allmälig gegen beide Enden hin, beſonders aber gegen das vordere, duͤnnere hin zu. Das Weibchen ifl etwa ? Zoll lang; das Maͤnnchen iſt, wie das bei den meiſten Nematoideen der Fall iſt, viel kleiner, etwa % Zoll. Sie find jedoch oft in der Größe verſchieden, beſonders das Maͤnn⸗ chen. Der Kopf des Wurmes iſt abgeſtumpft und hat einenkreisfoͤrmi— gen Mund. Der Mund iſt, in der Regel, nicht ſehr in die Augen fallend, und es wurden mehrere Wuͤrmer unterſucht, ehe ich ihn entdecken konnte. Der Hals iſt deutlich geringelt. Der Schwanz iſt ſtumpf und ebenfalls geringelt, aber nicht ſo viel, wie der Hals. Die Bedeckung iſt von zarter, durchſichtiger Structur, zwei Lagen von Faſern, Kreisfibern und Laͤngsſibern enthaltend, welche ich beide fuͤr muskuloͤs halte. Nach der Ruptur eines Wurmes, welcher in verduͤnntem Weingeiſte aufbewahrt wurde, ſah man dieſe Faſern mit großer Deutlichkeit, indem ſie an dem verletzten Theile vorragten. Die Bedeckung ift mit einer Anzahl ſcharfſpitziger Sta— cheln bewaffnet, welche in Buͤſcheln von drei oder vier, zuweilen von fuͤnf, in der Lange nach gleich abſtehenden Reihen angebracht ſind. Die Zwiſchenraͤume zwiſchen den Stacheln in jeder Reihe, mit dem Mikrometer gemeſſen, variiren zwiſchen 5 bis n Zoll. Mit Ausnahme eines kleinen, gleich naͤher zu bezeichnenden Theils des Koͤrpers, waren die allgemeinen Bedeckungen vollſtaͤndig durch dieſe Stacheln geſchuͤtzt, welche bis zum dritten Ringe am Kopfe und ebenſo auch bis dicht am Ende des Schwanzes bemerkt wer— den. Es wurde im Allgemeinen bemerkt, daß am vorderen Theile des Körpers die Stacheln nach Hinten, in der Mitte gerade aus⸗ waͤrts und in der Naͤhe des Schwanzes nach dem Kopfe gerichtet waren; indem ich den Wurm, zwiſchen zwei Glasplatten leicht zus ſammengedruͤckt, unter dem Geſichtsfelde des Mikroſcops unterſuchte, erhielt ich auch oft eine Seitenanſicht dieſer an die Seiten des Thies res befeſtigten Stacheln und konnte dann ſehr deutlich deren Bewe— gung unterſcheiden, indem das Thier ſie willkuͤhrlich vortreiben und zuruͤckziehen konnte. Die Stacheln ſind an die aͤußeren Bedek— kungen befeſtigt, in welche ſie bei der Zuruͤckziehung aufgenommen werden, und ſie ſcheinen durch eine Anzahl von Faſern be— wegt zu werden, welche ſtrahlenartig in die Subſtanz der Be— deckung ausgehen. Der Darmcanal erſchien in einigen Fällen hell⸗ gelb, in anderen zeigte er eine braune Farbe. Bei der Unterſu⸗ chung eines großen weiblichen Wurmes ſchien der Nabrungscanal mit drei kleinen gewundenen Röhren am Munde anzufangen, welche ſehr bald in eine einzige übergehen. Dieſer einfache Canal, nad) dem er eine Zeit lang in gewundenem Laufe fortgegangen war, wurde ſackfoͤrmig erweitert und endigte am Schwanzende mit einer dreilappigen Oeffnung, dem After. In einem Falle ſah ich das Oeffnen und Schließen dieſer Oeffnung. Der Anfang des Nah: rungscanals mit drei Röhrchen war nicht immer deutlich, und eine Zeit lang habe ich ſelbſt angenommen, daß er nur mit einer ein— fachen Röhre anfange. Die Bewegungen des Darmcanals waren außerordentlich ſchoͤn. Er bewegte ſich frei im Innern des Thie— res, einmal ſich ſtreckend, ein andermal ſich windend, wie der Körper des Wurmes ſſch ausſtreckte, oder verkuͤrzte. Auch bewegte er ſich in ungewöhntiher Weiſe vorwärts und ruͤckwaͤrts und fo, daß die Saͤckchen ſich durch eine Art periſtaltiſcher Thaͤtigkeit erwei— terten und ſich zuſammenzogen. Auf jeder Seite des Vordertheils 848 des Darmcanals iſt eine Reihe gelappter Körper, deren Structur und Beſtimmung ich nicht ausfindig machen konnte. Sie waren von heller Farbe und begleiteten den oesophagus in feiner lebhaften Bewegung in der Laͤngenrichtung. In mehreren maͤnnlichen Würs mern ſah man laͤngs des Mittelpunctes des Darmcanals einen Streif laufen, der ſich in der Nähe des Afters verlor. Zur Seite des Nahrungscanals und ihn in ſchraͤger Richtung kreuzend, beobachtete ich in vielen Fällen, und beſonders in weibli⸗ chen Wuͤrmern, eine deutliche Roͤhre von heller Farbe, auf welcher Queerſtreifen erſchienen, welche unabhängige Bewegung und einen etwas pulſirenden Character haben; gewohnlich ſah man es am vordern Theile des Koͤrpers, konnte aber eine gewiſſe Strecke auf dem hintern Ende verfolgt werden. Der pulficende Character dieſer Roͤhre wurde zuerſt von Herrn Owen entdeckt. Die Pulfas tionen erſchienen in Zwiſchenraäͤumen von 8 — 12 Secunden. Dieſe Röhre bildet, feiner Meinung nach, die Analogie der Dorfalarte-, rien in den Anneliden. In mehreren Wuͤrmern konnte ich deutlich zwei hellgefaͤrbte Gefäße gewahren welche in der Nähe des Kopfes um den Nahrungscanal Windungen machten, Seitenzweige abgaben und bins ten in einen einzelnen Stamm ſich vereinigten, welcher ebenfalls Zweige nach den Seiten abſendet. Zwiſchen dem Darmcanale und den aͤußeren Bedeckungen konnte ich bei zahlreichen Gelegenheiten eine außerordentlich ſchnelle Circulation kleiner Kuͤgelchen wahrnehe men, welche in zwei entgegengeſetzten Richtungen nebeneinander ſtroͤmten Dieß beobachtete man in Zwifchenräumen faſt an der ganzen Ränge des Thieres, wurde aber auch häufig durch die Bes wegungen des Darmcanals verdunkelt. Auch konnte ich in der Naͤ⸗ he des Schwanzes eine Anzahl Kuͤgelchen in der Laͤngen- und Queerrichtung ftrömen ſehen. *) Dies Structur des weiblichen Wurmes iſt noch viel complicire ter. Die vulva liegt am vorderen Ende etwa einen Fuͤnftel Zoll vom Kopfe. Sie erſcheint als ein warzenartiger Fortſatz, iſt et— was undurchſichtig und kann mit bloßem Auge unterſchieden wer⸗ den. Das Thier ſchwillt an dieſer Stelle anz die Bedeckungen ſind dicker; es befinden ſich hier keine Stacheln, und auf eine kurze Strecke ober- und unterhalb der vulva iſt der Körper von einer Reihe dunkelgefaͤrbter Fibern umgeben. Etwa in der Mitte zwi— ſchen dem Kopfe und der vulva und an den dem Darmcanale entgegengeſetzten Seiten fand ich, bei den zahlreichen mikroſco⸗ piſchen Unterſuchungen der weiblichen Wuͤrmer, immer zwei ovale koͤrnige Koͤrper oder Druͤſen. Unmittelbar unter dieſen ovalen Koͤr— pern, befanden ſich zwei wenig gewundene, roͤhrige Fortſaͤtze. Es dauerte lange, ehe ich uͤber die Structur dieſer Fortſaͤtze in's Klare habe kommen koͤnnen; aber nach wiederholten Nachforſchungen fand ich, daß jeder an einem Ende in ein freies, glockenfoͤrmiges, braunrothes Ende ausging, welches ſchoͤn gefranſ't war. Dieſes freie Ende bewegte ſich im Innern des Koͤrpers in verſchiedener Richtung mit großer Freiheit, und die Schwierigkeit, die Structur dieſer Körper in's Klare zu bringen, hing vorzuͤglich von der Ver— ſchiedenheit der Form und des Anſehens ab, welche ſie unter dieſen Umftänden darboten. Wahrſcheinlich hatten fie irgend eine Verbin⸗ dung mit dem Darmcanale, da fie dieſen in feinen häufigen Bewe⸗ gungen in der Longitudinalrichtung begleiteten. Aus dem anderen Ende jedes dieſer Körper ſchien eine kleine gewundene Röhre her vor, und beide, nachdem ſie zuſammen eine kurze Strecke laͤngs des Darmcanals gelaufen waren, erreichten die Oviducte; aber dieſe Verbindung wurde nicht ſehr deutlich geſehen. Die Oviducte bes ſtanden aus zwei duͤnnen Roͤhrchen, von welchen man deutlich ſah, daß fie an der vulva anfingen und ſich dann in ſehr geſchlungener Weiſe um den Darmcanal herumwanden, bis auf die Haͤlfte des Weges zwiſchen After und vulva. „) Der Wurm wurde, nachdem er in Spiritus geſetzt war, fo undurchſichtig und zerſetzte ſich ſo ſchnell, daß die erwaͤhnte ſchoͤne Organiſation bald nach dem Tode nicht mehr wahrges nommen werden konnte. Ich verſuchte, einige in Salz und Waſſer aufzubewahren und in verduͤnntem Weineſſig, aber ohne beſſeres Reſultat. 349 Ich hatte ſehr forgfältige Unterſuchungen der kleineren Wuͤr⸗ mer vorgenommen; aber ich konnte weder einen penis, noch irgend einen Geſchlechtsapparat erkennen, obgleich ich in einem Exemplare, in der Nahe des vordern Endes, dunkel gefärbte Queerlinien bes merkte, die denen bei den weiblichen Würmern in der Nahe der valva gefundenen ähnlich waren. Wären dieſes junge Würmer, deren Scrualorgane noch nicht entwickelt ſind, oder wären es nicht Thiere maͤunlichen Geſchlechts? Es find allerdings nicht genuͤgende Beweiſe vorhanden, um einen ganz poſitiven Schluß zu rechtfertigen; al— lein inſofern bei den meiſten Nematoideen dieſelbe Ungleichheit in der Größe der beiden Geſchlechter vorhanden iſt, als in den vorlies genden Würmern, und da, mit Ausnahme der ebenerwaͤhnten dunkeln Linien, die vorgelegten kleineren Exemplare keine Spur von den, bei den Weibchen bemerkten, complicirten Structuren zeigen, fo habe ich vor der Hand vorgezogen, fie als zu dem männlichen Geſchlechte gehoͤrig anzuſehen. Aus obiger Beſchreibung werden diejenigen, welche mit der Structur der Entozoen vertraut find, leicht die wahre Nematoideen— Structur erkennen. Doch weichen dieſe Wuͤrmer von allen bekannten Gattungen dieſer Ordnung ab, nicht allein, indem fie der Charac— tere ermangeln, wodurch jene ſich unterſcheiden, ſondern auch, weil fie mehrere Structur-Eigenthümlichkeiten beſigen, namentlich einen deutlich geringelten Koͤrper, eine lefzenartige Afteröffnung und eine Bedeckung, welche rundherum mit Stacheln beſetzt iſt. Indem man daher dieſes entozoon in die Rudolphiſche Ordnung Nematoidea ordnet, in welcher fie ein neues Genus bilden würden, kann der Character folgendermaßen geſtellt werden. „Genus: Dactylius: Corpus teres elasticum annulatum et utrinque attenuatum, caput obtusum, os orbiculare, anus tri- labiatus. ö Dactylius aculeatus: Capite obtuso, toto corpore aculeorum serie multiplici armato, cauda obtusa et annulata. — Hab. in Hominis vesica urinaria, Stacheln an dem Kopfe befeftigt finden ſich in mehreren vers ſchiedenen Arten von Entozoen; aber das Vorhandenſeyn dieſer ſonderbaren Hautfortſaͤtze an dem Körper iſt nur in einem einzigen Wurme der Nematoidea beobachtet worden, naͤmlich im Strongylus horridus, den Rudolphi in dem oesophagus "des Waſſerhuhns gefunden hat. In dieſem Wurme befteben fie aus umgebegenen Häkchen und ſind in vier der Laͤnge nach laufenden Reihen geordnet; aber ſie erſtrecken ſich nur laͤngs einer kurzen Strecke des Körpers, und in der Darftellung*), die von ihnen gege— ben worden, ſcheinen fie. einzeln zu ſtehen, während fie in dem Dactyſius aculeatus in Buſcheln vorkommen. Profeſſor Owen, indem er von dieſen Epidermisfortfägen ſpricht, von welchen er anz nimmt, daß fie als Greiforgane dienen, um den Ruſſel und den Wurm in ihrer Lage zu halten, bemerkt: „Wenn fie über die ganze berfläche des Körpers verbreitet find, fo mögen fie auch die Function haben, die Fortbewegung zu begünftigen, analog den Stacheln an den Segmenten der Oeſtruslarve, welche den Larven— zuſtand, wie ein entozoon, im Innern des Magens und Darmcaz nals höher organiſirter Thiere zubringen.“ ““) Der Dactylius aculeatus wird wahrſcheinlſch ſo angeſehen werden, daß er groͤßeres naturhiſtoriſches als pathologiſches In— tereſſe beſitze. Der einzige Wurm aus der Claſſe Nematoidea, wovon früher bekannt war, daß er die Urinwerkzeuge heimſucht, iſt Strongylus Ha und Spiroptera hominis *), von welchen beiden der Dacty- us in wichtigen Eigenthuͤmlichkeiten abweicht. — ) Entozoorum Historianaturalis, Vol. I. tab. 3. Fig. 8 u. 9. **) Cyelopaedia of Anatomy and Physiology; Art. Entozoa, Vol. II. p. 127. f ) Der von einer Frau abgegangene Wurm, deſſen Fall von Lawrence im 2ten Bande der Transactions of the medical and chirurgical Society erzählt wird. 350 Es iſt bemerkenswerth, daß in dieſem Falle keine entſprechen⸗ de Störung der Harnorgane vorbanden war und die Entdeckung des Wurmes im Urine vollig zufällig war. Dieß ſcheint alſo ein weiteres Beiſpiel zu ſeyn, wie auch ſchon Trichocephalus dispar und Trichina spiralis, von Würmern, die bei Menſchen vorkom⸗ men, ohne irgend ein Symptom zu veranlaſſen oder eine nachthei⸗ lige Einwirkung auf den Theil auszuüben, wo ſie ſich finden und, dem Anſcheine zufolge, in geſunder Beſchaffenheit der Gewebe. Ich glaube, daß paraſitiſche Thiere im menſchlichen Körper viel häufiger vorkommen, als allgemein angenommen wird, indem fie wegen der Klein⸗ heit ihrer Geſtalt gewoͤhnlich überſehen werden. Zur Unterſtutzung dieſer Anſicht darf ich bemerken, daß die Art Entozoa, welche jetzt bei Menſchen häufiger, als eine andere vorkommt, der Trichocepha- lus dispar, nicht eher, als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts entdeckt worden iſt und bis vor Kurzem in England kaum bekannt war. Dr. Baillie giebt, nachdem er ihn beſchrieben hat, an: er iſt nicht allein in England, ſondern, ich glaube, auch in andern Ländern. felten”), und Dr. Hodgkin bemerkt, obgleich ich oft und ſorgfaͤltig nach dieſem Wurme geſucht habe, fo habe ich ihn doch nur einmal finden koͤnnen 5). Und doch würden, wenn man ſorg⸗ fältig nachſuchte, wahrſcheinlich ein oder mehrere Exemplare in dem Dickdarme der meiſten Körper nach dem Tode gefunden wer— den. Dr. Bellingham in Dublin unterſuchte hintereinander den Darmcanal von neunundzwanzig Perfonen, welche im St. Vincents Hospital ftarben, und in ſechsundzwanzig unter neunundzwanzig fand er eine größere oder geringere Zahl dieſer Würmer ***), Im Laufe des Winters 1838 — 1839 wurden ſie in vielen der im London⸗Hoſpital unterſuchten Leichen gefunden, in dem Darmca— nale von gefunden, ploͤtzich umgekommenen Leuten eben ſowohl, als bei denen, welche acuten oder chroniſchen Krankheiten unterlagen, Hr. Cooper, Chirurg zu Greenwich, hat mir eine Nachricht über ſiebenzehn Faͤlle mitgetheilt, wo er nach Trichocephalus ſuchte, und wo derſelbe in elf Faͤllen vorhanden war. Er giebt an, daß er ihn ſeitdem in vielen Fällen gefunden, aber kein Verzeichniß ges führt habe. In einem Falle fand er zwölf, in einem andern acht. Oogleich der Trichocephalus gewöhnlich das coecum bewohnt, fo wurde er in dieſem Falle auch in verſchiedenen Theilen des colon und in dem appendix vermiformis gefunden. Die Häufigkeit, die⸗ fer Würmer wird durch zahlreiche Beobachter in Deutſchland und Frankreich bezeugt; und während des Wuͤthens der Cholera in Neapel wurde von Hrn. Thibault dargethan, das fie nicht als lein in den Körpern der an dieſer Krankheit Verſtorbenen vorkamen, ſondern auch in dem Darmcanale von Perſonen, die andern Krank: heiten unterlegen waren. Bei den Leichenoͤffnungen von achtzig an verſchiedenen Krankheiten verſtorbenen Perſonen wurde der Trichocephalus bei allen, ohne Ausnahme, gefundent)- Während Hr. Quekett und ich mit der Unterſuchung eines Exemplars des Dactylius befchäftigt waren, entdeckten wir in dem um ihn flottirenden Urin ein Thierchen von ovaler Geſtalt, mit acht kreisfoͤrmigen Puncten und einer Gentralhöhle verſehen, welches ſich, mittelſt einer Reihe um den Körper herum angebrachter cilia, frei bewegte. Dieß Thier muß zu den Infusoria polygastrica ges rechnet werden, und fein Vorkommen im Urine in voller Thaͤtigkelt iſt ein nicht unintereſſanter Umſtand. P. S. — Den Morgen nach der Vorleſung dieſes Aufſatzes in der Geſellſchaft, gab Herr Drake ſeiner Patientin kleine Doſen Oleum therebinthinae, und feit der Zeit wurden keine Würmer „) Engravings to illustrate morbid Anatomy, p. 89. „) Lectures on the morbid Anatomy of the serous membra- nes, p. 207. e) Dublin Journal of medical Science, Vol. XII. p. 346. In einer neuen Nummer dieſes Journals ſagt Dr. Be, daß er den Trichocephalus in 49 Fallen unter 55 fand. +) Eneyclographie des Sciences medicales, Aoüt 1837. Socié- tes savantes. p. 183. 851 mehr in dem Urine gefunden, weder lebende noch todte. Doch wa⸗ ren bereits einige Tage vorher die Wuͤrmer ſeltener und in kleiner Zahl abgegangen. Fig. 21. der mit Nr. 265 (Nr. 1. dieſes Bandes) ausgege⸗ benen Tafel: natuͤrlicher Groͤße. Fig. 22. Seitenanſicht der Bedeckung, welche ein Bündel, Stacheln zeigt, fo wie auch die ſtrahligen Faſern, wodurch fie bes wegt werden. 1 Fig. 23. Eine Portion des Warmes, ſehr vergrößert, welche die Anordnung der Stachelreihen zeigt. (Wegen der uͤbrigen Figu⸗ ren muß das Original nachgeſehen werden.) Miscellen. Einen Fall von Tagsſtimmloſigkeit beſchreibt Dr. Knaf in Weiterweber's Beiträgen III. 3. Ein 3Yjähriges geſundes und kraͤftiges Frauenzimmer wurde wegen des Ver⸗ dachtes eines Diebſtahls ſehr gemißhandelt, beſonders auf den Ruͤcken geſchlagen; ſie konnte danach nicht mehr laut ſprechen, nur lispeln, jedoch ohne Schmerz; nach 14 Tagen entwickelte ſich Epilepſie, wobei die Stimme ganz verloren ging; die Epilepſie wurde beſeitigt, dagegen blieb die Stimmloſigkeit, trotz aller Be— handlung, zuruͤck; die Menſtruation war regelmäßig, aber ſpaͤrlich. Sechs Jahre darauf wurde die Perſon ſchwanger, und nun änderte ſich die Krankheit in der Art, daß ſtets mit Eintritt der Nacht all⸗ mälig vollkommene Stimm und Sprachfaͤhigkeit eintrat, die ſich⸗ aber am Morgen eben ſo allmaͤlig wieder verlor. Waͤhrend des Saͤugens war Patientin bei Tag und Nacht ihrer Stimme volls kommen maͤchtig; mit dem Abſetzen des Kindes aber trat die Tagen ſtimmloſigkeit wieder ein, waͤhrend die Menſtruation wieder regele mäßig, aber ſehr ſpaͤrlich eintrat. Morgens zwiſchen 8 und 9 Uhr zeigt ſich Zuſammenſchnuͤren in Bruſt und Hals mit Beklemmung, hierauf ein ſtechender Schmerz in der Scheitelgegend, ſodann ein krampfhaft zuſammenſchnuͤrendes Gefuͤhl in den obern Extremitaͤten und in der regio epigastrica; dabei wird die Stimme zuerſt hei⸗ ſer und ſodann iſt Patientin unvermoͤgend, einzelne Saͤtze und Worte auszuſprechen. Um 9 uhr iſt ſle nicht mehr im Stande, den leiſeſten Ton mit Willkuͤhr von ſich zu geben, nur in ſtaͤrkerm Affecte ſtoͤßt fie einen gellenden Laut aus. Der Geſichtsausdruck iſt unruhig und verdrießlich. Bei Unterſuchung des Ruͤckentheils der Wirbelſaͤule und des Halſes im Verlaufe des sympathicus und vagus empfindet ſie etwas Schmerz; alle uͤbrigen Functionen ſind normal, der Puls nur etwas krampfhaft zuſammengezogen; Mits tags iſt die Krankheit auf ihrer Hoͤhe; Abends zwiſchen 7 und 8 Uhr läßt fie nach, Patientin fängt an, mühfam und heiſer einzelne Worte hervorzubringen; um 8 Uhr ſpricht fie geläufig, jedoch noch Dactylius aculeatus, männliche und weibliche, in 852 heiſer, und je weiter die Nacht vorſchreitet, deſto natürlicher. wird die Stimme; dabei wird auch der Puls wieder frei, voll und weich. Seit 12 Jahren wiederholt ſich dieſer Zuſtand taͤglich; nur im Winter verſchlimmert ſich die Krankheit, indem alsdann nur von 12 Uhr Nachts bis Morgens 8 Uhr die Stimme zugegen iſt. Vor 6 Jahren, während des Beſtehens von Bruſtgeſchwüren, welche feitz dem jeden Winter wiederkehren, beſſerte ſich der Zuſtand etwas, indem die Bruſtbeſchwerden geringer wurden und die Sprache fruͤher wiederkehrte. Daſſelbe ſoll der Fall ſeyn, wenn die Kranke etwas Spirituoͤſes genießt. 1 1 Neuralgie des facialis fand ſich, obwohl man man fie‘ öfters geläugnet hat, in einem von Profeſſor Lippich zu Padua in den öfter. Jahrbüchern XVII. 2. mitgetheilten Falle. Nach eis, nem kalten Zugwinde fuͤhlte ein 70jaͤhriger Mann reißenden Schmerz, in der Gegend des rechten Zitzenfortſatzes und Steifheit des Halfee- Der Schmerz wurde anhaltend und über die ganze Geſichtshaͤlfte verbreitet, zuweilen ſich in das Ohr erſtreckend. Alle Mittel blie- ben fruchtlos, bis auf einmal der Schmerz aufhoͤrte und uͤber dem Zitzenfortſatze eine weiche Geſchwulſt entſtand, aus welcher viel Ei⸗ ter ausgeleert wurde. Als die Wunde zuheilte, entſtand der Schmerz wieder und zwar wegen Verbreitung auf das innere Ohr empfinde) licher, als zuvor. Etwas ſpaͤter zeigte ſich eine geringe Verzie⸗ hung des Mundes nach links; der Schmerz ſetzte nicht aus.“ Als die Verzerrung nach links betraͤchtlicher wurde, wurden ver- geblich die indicirten Mittel angewendet; es ſteigerte ſich das Fie⸗ ber, und es folgte Delirium, Meteorismus, Sopor, Trismus und der Tod. Bei der Section fand ſich das rechte Schlaͤfen⸗ bein corrodirt; es drang eine Sonde in die Kopfhoͤhle ein; hinter dem Hirnknoten fanden ſich 2 Drachmen Eiter, der ſich laͤngs des 7ten und Sten Nervs durch den meatus auditorius internus in den Vorhof und die Schnecke fortſetzte. Das Neurilem und die Markſubſtanz des facialis waren ſchwammig und geſchwollen, der acusticus ganz erweicht. Zur Erleichterung der taxis der Bruͤche, hat Dr. Weatherhead einen ſehr kleinen Troicart anfertigen laſſen, wel— cher bei'm Einſtoßen die Faſern der Darmhaͤute nur von einander— ſchiebt, ohne ſie eigentlich zu trennen. Durch die Röhre entweicht, nach Zuruͤckziehung des Stiletts, die Luft aus der eingeklemmten Darmſchlinge, welche die Repoſition verhindert, ſo daß nachher die taxis weder Schwierigkeit hat, noch auch durch Reizung der Darm— ſchlinge durch erfolgloſe Manipulatſonen ſchaͤdlich einwirkt. Als andauernde Sinapismen empfiehlt Dr. Graves eine Zuſammenſetzung aus 1 Theile friſchem Senfmehl, 3 Theilen Mehl und ſoviel Theriak, als zur Bereitung einer Paſte erforder: lich iſt. Dich kann 3 —6 Stunden liegen bleiben, und die dadurch bewirkte Roͤthe dauert einen Tag. Dieſes Mittel wird beſonders empfohlen, wo es darauf ankommt, gichtiſche Affectionen nach Aue ßern Theilen zu leiten. * Bibliographische neuigkeiten. Manual of Land and fresh Water Shells. By Dr. Turton; en- larged by J. E. Gray. London 1840. 8 M. K. De Graphite Moravico et de Phaenomenis quibusdam originem Graphitae illustrantibus commentatio, qua Academia caesarea Leopoldino-Carolina naturae curiosorum viro illustrissimo C. A. Ch. H. Lib. Bar. de Kamptz etc. etc., solemnia semisaecularia muneris sui publici — rite celebranda congratulatur, inter- prete Ernesto Friederico de Glocker etc, Cum tabulis duabus. 1840. 4. (Enthält für das geognoſtiſche Vorkommen des Grar phits in Mähren, beſonders über deſſen Verhaͤltniß zum foges nannten Urkalk, mehrjaͤhrige wichtige Beobachtungen.) Elements of the Practice of Medicine. Part first. By Charles Lendrick, MD., Queens Professor of the Practice of Medi- cine eto. Dublin 1840. 8. De b'étude des fluides normaux et anormaux au point de vue chirurgical, eto. Par F. G. Lescelliere --Lafosse, Montpel- lier 1840. r | 2 2 u 2 — % zu dem dreizehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen A. Abdominaltyphus, Zuſtand des Blutes bei demſ. CCLXVII. 46. Achatina, Lebensweiſe derſ. CCLXXXIII. 289. Albino's der Negerrace. CCLXIX. 22. Ameifenlöwe , Beiträge zur Naturgeſchichte deſſelben. CCLXV. 1. Amputation, freiwillige, eines Foͤtusglieds CCLXXI. 109. Und yloſe durch Senkung eines necrotiſchen Knochenſtücks. CCLXXVII. 208. Aneurysma, Spontanheilung deſſelben. CCLXXVIT. 208. Appendices pyloricae und pancreas bei'm Gadus lota. CCLXXXIV. 312. Arum maculatum, eigenthuͤmliche Wärme des spadix dert. CCLXVIII. 56. Atmoſphaͤre in ihrer Wirkung auf Krank⸗ heiten. OCLXXXI. 265, Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) B. Babinet, uͤber optiſche Eigenſchaften der Mineralien CCLXVI. 20. Barnard, gluͤckliche Behandlung des chro— niſchen Waſſerkopfs durch Druck. CCLXVII. gar. Bell, uͤber einen gluͤcklich behandelten Fall von Phiebins. CCLXXVII. zor. Berthold, über Transfuſion des Blutes in practifch aͤrztlicher Hinſicht. CCLXVI. 27 Bidder, über Bewegung des weichen Gau: mens. CCLXVI. 23. Bieber, Bemerkungen über denſ. CCLXVI. 25. Blaſenſcheidenfiſtel geheilt. CCLXVI. 32. Blei erregt Speichelfluß, wie Queckſilber. CCLXXIV. 160. Blitz, Fortbewegung eines Koͤrpers durch denſ. CCLXXIII. 136. Bloͤdſinnige, Kopfform u. Kopfumfang bei denſelben. CCLXXXIII. 294. Blut, Zuſtand deſſelben bei'm Abdominal⸗ typhus. CCLXVII. 46. Blutergießung in die Bauch hoͤhle, von der Uterushoͤhle durch die Muttertrompeten. CCLXXX. 256. Blutkuͤgelchen bei den Wirbelthieren. CCLXVIII. 53. Blutkuͤgelchen bei den Saͤugethieren. CCLXVIII. 36. Boden, durch Düngung verbeſſ. CCLXXIII. 134. Brucheinklemmung durch ſubcutane Ein— ſchneidung derſ. zu heben. CCLXXVI. 192. Brucheinklemmung ohne Oeffnung des Bruch⸗ ſackes zu loͤſen. CCLXXVI. 192. Brunnen, fremdartige Beimiſchung in Waſ— fer deſſelben. CCLXXIII. 143. Buch, Yeop. v., über Hippuriten. CCLXV. 7 * 554 Buchanan, Über freiwillige Amputation eines Foͤtusgliedes. CCLXXI. 109. Budd, ib. Emphyſem d. Lunge. CCLXXVIII. 217. C. Capſelſtaar, Operation deſſ. CCLXXXIV. 320, Cassia Rinde, und die Pflanzen, woher fie ſtammt. CCLXXXV. 321. Cauteriſation des Schlundes als Heilmittel des Groupe. CCLXXXIII 304. Chervin, über den Einfluß des Clima's auf Lungenſchwindſucht. CCLXXXIV. Zrı. Choroidaldruͤſe im Auge der Fiſche. CCLXXXII. 279. Circulation bei der Molluskengattung Py- rosoma. CCLXXVIII. 216. Circulation bei Salpa u. Beroe. CCGCLXXX. 249. Circulation in den Pflanzen. CCLXXXII. 277. Clima, deſſen Einfluß auf Lungenſchwind— ſucht. CCLXXXIV. 311. Colombat, uͤber den Mechanismus und In— tonation der Schreie als Ausdruck phyſi— ſcher u. moraliſcher Schmerzen. CCLXXIII. 137. Colombat, über den Mechanismus der Fi— ſtelſtimme. CCLXXXI. 257. Cooper, Aſtley, über Luxation des Oberar⸗ mes auf den Ruͤcken der scapula. CCLXXX. 249. Cooper, Bransby, über Doppelhernien. CCLXXXIV. 315. Corrigan, uͤber Behandlung des acuten Rheumatismus durch Opium. CCLXXIV. 151. Couch, uͤber Structur und Lebensweiſe der Physalia, CCLXXIII. 129. Cowperſche Druͤſen CCLXXXVI. 344. Cruſell, Aufloͤſung der Harnroͤhrenſtrictu— ren durch Galvanismus. CCLXV. II. Crustacea, Metamorphoſe derſ. CCLXV. 3. Cruveilhier, über Zerſtoͤrung der Gelenk: knorpel in den Handgelenken. CCLXXXV. 329. Cryptobranchus, CCOLXVI, 20. Curling, über den Dactylius, CCLAXVII, 33. CCLXXXVI. 346. bei'm Weibe. N ge g i t e e. Cysticercus cellulosae unter der con- junctiva nach äußerer Verletzung. CCLXXVII. 204. Cysticercus des Gehirns. CCLXXV. 171. D. Dactylius aculeatus, neuer Eingeweide⸗ wurm. CCLXVII. 33. CCLXXXVI. 346. Dehn, 3. van, über die vorderen und hin: teren Ruͤckenmarksſtraͤnge. CCLXXL 101. Delirium, nervöfes. CCLXVII. 48. Desmaiſons-Dapallans, über den Umfang und die Geftalt des Kopfes bei Bloͤdſin— nigen. CCLXXXIII. 294. Despres's Beobachtung einer Luxation des Schenkelkopfes auf den Sitzbeinausſchnitt. CCLXVI. 25. Diagnoſe der beginnenden CCLXXXIII. 295. Dieffenbach's Durchſchneidung eines gera— den Augenmuskels zur Heilung des Schie— lens. CCLXXII. 128. Donne, über Saamenthierchen und Urſa— chen der Sterilitaͤt. CCLXXXIII. 302. Doppelhernien. CCLXXXIV. 315. Doppelmeſſer zu microſcopiſchen Unterſu— chungen. CCLXXXIII. 296. Draper, uͤber einige in Suͤdvirginien ange— ſtellten Verſuche uͤber das Sonnenlicht. CCLXXXVI. 337. Druck bei chroniſchem Waſſerkopf. CCLXVII. 41. Du Cane, uͤber Metamorphoſe der Cru— ſtenthiere. CCLXV. 3. Dujat, uͤber Aufbewahrung von Leichen. CCLXXXI. 270. Phthiſis. E. Echinorbynchus nodulosus. CCLXXXV. 330. Ectrophie der Harnblaſe. CCLXXIX. 236. Ei der Hydra vulgaris grisea unterſucht. CCLXXIII. 136. Ei und Embryo, menſchliche, vor der drit⸗ ten Woche nach d. Conception. CCLXXVII. 193. CCLXXVII. 209. Eidechſen-Embryonen. CCLXXIV. 152. Eingeweidewuͤrmer, die verſchiedenen Les bensperioden derſ. CCLXX. 86. Eiſenbrod. CCLXVII. 48. Electriſche Eigenſchaften als Pruͤfungsmit— tel von Nahrungsſubſtanzen. CCLXXIX. 234. Elementargewebe, CCLXXVI. 177. Embryonen von Eidechſen und Schlangen. CCLXXIV. 152. Emphyſem der Lunge. CCLXXVIII. 217. Epiglottis, Verlaͤugerung derſ CCLXXIV. 233. Epilepſie durch Exſtirpation einer kleinen Geſchwulſt am Winkel des Unterkiefers geheilt. CCLXXIV. 160. Erblichkeit acquirirter Modificationen bei Thieren. CCLXVII. 42. Exantheme von Thieren auf Menſchen uͤber— tragen. CCLXVIII. 57. Schnabelhautgewebe. F. Fäulniß. CCLXXIV. 148. CCLXXV. 102. Fauraytier's Inſtrument zur Staphylora— phie. GCLXV. 9. Fenner's Speculumkiſſen. CCLXV. 10. Fiſchſchuppen, innerſte Structur derſelben. CCLXXIX. 225. CCLXXX. 241. Fiſtelſtimme Mechanismus derſ. CCLXXXI. 257. Fistula utero - vesicalis. CCLXIX. 63. Flourens, über die Wirkung des Krapps auf die Knochen. CCLXXXVI. gat. Flourens, uͤber die Wirkung des Krapps auf die Zähne. CCLXXXVI. 343. Fluthregen. CCLXXVII. 202. Forget, uͤber den Zuſtand des Blutes bei Abdominaltyphus. CCLXVII. 46. Fractur des Koͤrpers des zweiten Halswir⸗ bels. CCLXV. 2. Fucus amylaceus. CCLXXVI, 192. Fünflinge, Geburt derf. CGLXV. 8. Fußtrittſpuren, foſſile, von Vögeln in Co: lumbia, CCLXXXV. 330. G. Gaͤhrung, CCLXXIV. 148. — CCLXXV. 162. Galvanismus, gegen Harnroͤhrenſtricturen, CCLXV. 11. Gaumen, weicher; Bewegungen deſſelben. CCLXVI, 23. Gehirnerſchuͤtterung, CCLXVIII. 60. — mit Blutergiefung. CCLXIX. 26. Gehoͤrorgan bei einem taubſtummen Maͤd— chen. CCLXXI 110. Gelenkknorpel, Zerſtoͤrung derſelben in den Handgelenken. CCLXXXV. 329. Geranium Robertianum. CCLXXIX. 250. Gerdy, über Schenkelluxation. CCLXXVI. 187. Geruchsnerven mangelnd. 320. Grundbildung der Körper, CCLXX, 87. Gummiharze, ſtinkende; von welchen Pflan— zen ſie ſtammen. CCLXXVIII, 220. Guy, Beobachtungen uͤber d. Puls bei phthi- sis pulmonalis, CCLXXXIII. 279. CCLXXXIV. H. Haar, Variationen deſſ. CCLXVI. 24. Haare, Wachsthum derſ. CCLXXVI. 183. Häring, über Cysticercus cellulosae unter der conjunctiva nach Außerer Verletzung. CCLXXVII. 20g. Halpin, neue Behandlung der Ruͤckwaͤrts— beugung des Uterus. CCLXXXVI. 343. Halswirbel, zweiter, gebrochen. CCLXV. 7. Handwurzelgelenk. CCLXXIII. 144. Handyſide, über Ectrophie der Harnblaſe. CCLXXIX. 236. Harnblaſe, Ectrophie derſelben. CCLXXIX. 236. Harnröhre, weibliche, mit empfindlichen Geſchwuͤlſten in derſelb. CCLXIX, 73. Harnroͤhrenſchnitt als Vorbereitung der Dilatation der weiblichen Harnroͤhre. CCLXVIIL 64. Harnroͤhrenſtrieturen, durch Galvanismus aufgelöft. CCLXV. 11. Harnröhrenverengerung, raſche Erweiterung derſ. CCLXXXIII. 304. Helfer, über die in Oſtindien einheimiſchen Seidenraupen. CCLXXII. 113. gfk. Henle, über die Lebensperfode der Einge— weidewuͤrmer. GCLXX. 86. Herniotomie. CCLXV, 16. Herzſtoß, über denſ. CCLXVI. 29. Hippuriten, corallenartige Structur ders. CCLXV. 7. Hirn, Structur der Rindenſubſtanz deſſelb. CCLXXII. 122. Hoſack, über empfindliche Geſchwuͤlſte in der weiblichen Harnroͤhre. CCLXIX. 73. Hughes, uͤber Diagnoſe der beginnenden Phthiſis. CCLXXXIII. 295. Huſten alter Leute, dem Keuchhuſten der Kinder aͤhnlich. CCLXX. 96. Hydra vulgaris grisea, Eier berfelben. CCLXXIII. 136. Hygrom, beſondere CCLXXVIII. 223. Formen deſſelben. A} Jeffery's Tropfroͤhre bei hohlen Zähnen. CCLXV. 12. Jejunum, Einſchnuͤrung (def. CCLXXXI. 268. Infuſorien, uͤber CCLXXxXIv. 311. Inſtrument zum Herausziehen von Steinen aus der Harnroͤhre. GCLXXX. 256. Irrſeyn, Veranlaſſung deſſelb. CCLXXXV, 336. foſſile und lebende. K. Key, Afton, über Paraplegie durch Krank⸗ heit der Ruͤckgratsbaͤnder. CCLXX. 94. Knochenbruch, ſchief vereinigter, geheilt. CCLXV. 13. Kobelt, uͤb. Trichina spiralis. CCLXXXIV. 309. Kopfbildung bei dem aͤgyptiſchen Menſchen— ſchlage. OCLXXXI. 266. Kopfform und Kopfumfang bei Blöͤdſinni⸗ gen. CCLXXXIII. 294. Kopfwirbelbeine, vergleichend anatomiſch angenommen von Blainville. CCLXXII. 122. Krankheiten, durch Wirkung der Atmo— ſphaͤre influirt. CCLXXXI. 265. Krappwurzel und deren Wirkung auf die Knochen und Zähne, CCLXXXVI. 341. 343. 355 L. Lähmung der Hautnerven des Vorderarms durch äußern Druck. CCLXXXIII. 304. Laurent, über drei Arten von reprobuciren— den Körpern und über das Ei der Hy- dra vulgaris grisea. CCLXXIII. 136. Leichen, Aufbewahrung derſelben zu ana- tomiſchen Zwecken. CCLXXXI. 270. Leiſtenbruch, Behandlung deſſelben durch Bruchbaͤnder. CCLXXII. 121. Lepidosiren. CCLXVI, 15. Leukart, über Lepidosiren. GCLXVT. 17. über Cryptobranchus. CCLXVI. 19. Libellen, Eierlegen derſ. CCLXX. 88. Lichenen, haben antherenartige Koͤrperchen. CCLXXVIII. 216. Lichtbilder, Erleichterung des Anbringens der Queckſilberdämpfe dazu. CCLXXXII. 280. Lichtentwickelung bei Pflanzen. GCCLXVII 42. Liebig, uͤber Gaͤhrung, Faͤulniß und Ver— weſung. CCLXXIV. 148. CCLXXV, 162. Link, über die Grundbildung der Körper. CCLXX. 82. Logan, uͤber Lebensweiſe der Achatina und Phasianella. CCLXXXIII. 289. Lungen⸗Emphyſem. CCLXXVIII. 217. Lungenſchwindſucht, vom Clima influirt. CCLXXXIV. 311. Luxation des Oberarms auf den Ruͤcken der scapula. CCLXXX. 249. M. Magenfäure bei Gichtiſchen. 32. Major, uͤber Einſchnuͤrung des jejunum. CCLXXXI. 26g. Malespine, über Després's Methode, die Schenkelluxationen in den Gigbeinauss ſchnitt einzurichten. CCLXVI. 25. Malgaigne, üb, Leiſtenbruchbaͤnd. CCLXXII. 121. Mandeln, Exſtirpation derſ. durch Ars: mittel. CCLXVIII. 64. Mandl, unterſuchungen über die innerſte Structur der Fiſchſchuppen. CCLXXIX. CCLXVI. 356 225. CCLXXX. 241. CCLXXXI. 262. Mannbarkeit vor der Zeit. CCLXXXIV. 305. Mansfeld, ber das Gehoͤrorgan eines taubſtummen Maͤdchens. CCLXXI. 109. Marcheſſaux, über die Natur der Tuberkel⸗ bildung. CCLXXV. 169. Mayer, über Elementar Gewebe, Schnabel: hautgewebe. CCLXXVI. 177. Medicina forensis, eine intereſſante hat: ſache für dieſelbe. CCLYXXII. 288. Menſchenracen, uͤber Ausſterben derſelben. CCLXXXII. 273. Meſſerſchmidt, über die Lehre vom Herz— ſtoß. CCLXVI. 20. Metamorphoſe der Cruſtaceen. CCLXV. 5. Meteorologie des Nilgebietes. CCLXXIX. 234. Mikroſcop, Beleuchtung beſſelben durch Oxyhydrogen⸗-Licht. CCLXXV 168. Mineralien, optiſche Eigenſchaften derſelb. CCLXVI. 20. Missourium, ein neuaufgefundenes foſſiles, Elephanten⸗aͤhnliches Thier. CCLXXI. 104. Mißgeburt ohne Nabel. CCLXXXIII. 206. Morell, naturhiſtoriſcher Sammler in Nea— pel. CCLXXXVI. 344. Morren, uͤber Circulation in den Pflanzen. CCLXXXII. 277. Myrmecophaga jubata. CCLXVIII. 49. N. Nabelloſe Mißgeburt. CCLXXXIII. 296. Nadeln von Platin. CCLXIX. 80. Nagel, eingewachſener, operirt. CCLXIX. 80. Naturhiſtoriſches Muſeum GELXIX. 72. Nekrolog: Jam. Hamilton. CCLXV. 16. — Sir Will. Ellis. CCLXVI. 32. — Marc, CCLXVII. 48. — Blumenbach. G Lerebours. CCLXXI V. 152.— v. Lenhoſſek. CCLXXVIII. 224. W. M. Dlbere. CCLXXIX. 234. Biett. CCLXXIX. 240. — Hip⸗ polyte Cloquet. CCLXXIX. 240. — Le⸗ teure. CCLXXX. 250. Neuralgie des farialis. CCLXXXVI. 352. Newbigging, uͤber die Umſtaͤnde, welche au die Farbe des coagulirenden Blutes En: fluß haben. CCLXIX. 67. zu Calcutta. R g g ö t & r. Nivet, uͤber Cysticercus CCLXXV. 121. des Gehirns. O. Oberarmknochen auf den Ruͤcken der sca- pula luxirt. CCLXXX. 249, Optiſche Eigenſchaften der Mineralien. CCLXVI. 20. Orang-Dutang. CCLXXX. 250. Owen, zur Vergleichung der Blutſcheibchen. CCLXVIII. 33. — über Entſtehung der Zähne der Squaloiden. COLXX, 81. P. Paraplegie durch Krankheiten der Ruͤck⸗ gratsbaͤnder. CCLXX. 94. Parry, Heilung eines ſchiefvereinigten Kno⸗ chenbruchs. CCLXV. 13. Patentfleiſch und patentirte Schlachtungs— art. CCLXXXV. 334. Pauli's Inſtrument zum Ausziehen hohler Zahnſtumpfe. CCLXXI. 112. Papen, über Verbeſſerung des Bodens durch Düngung. CCLXXIII. 134. Peacock, uͤber Mannbarkeit vor der Zeit. CCLXXXIV. 305: Petrequin, über Behandlung einiger Arten von Taubheit. CCLXX. 87. — Ueber Behandlung der Taubheit. CCLXXVII. 205. Petroleum-Quellen in Birma. CCLXXXI. 265. Peyerſche Druͤſen im Abdominaltyphus ver— ändert. CCLXXXI. 272. Pflanzen, welche die in ber Medicin an⸗ wendbaren ſtinkenden Gummiharze erzeu— gen. OGOGCLXXVIII. 220. Phasianella, Sebensweiſe derſ.CCLXXXIII. 289. Phlebitis, gluͤcklich behandelter Fall derſ. CCLXXVII. 201. Phthisis pulmonalis, Verhalten des Pul⸗ ſes bei derſelben. CCLXXXII 279. — beginnende, Diagnoſe derſ. CCLXXXIII. 205. Physalia, Structur und Lebensweiſe derſ. CCLXXIII. 129. Placenta, Anſatz derſ. CCLXXIX. 240. Pleuraſiſteln, ſecundaͤre. CCLXXV. 176. Pneumothorax. CCLXXII. 122. Power, R., uͤber Abloͤſung der Vaginal— portion des Uterus. COLXXI. 105. — ueber Erweichung der vordern Strange des Halstheiles des Ruͤckenmarkes. CCLXXIII. 144. Pritchart, uͤber das Ausſterben von Men⸗ ſchenracen. CCLXXXII. 273 Puls bei phthisis pulmonalis. CCLXXXII. 279. Purkinje'ſches Bläschen im Froſch⸗Eie, über daſſelbe. CCLXXVI. 180. R. Rathke, uͤber das Geſchlechtsverhaͤltniß bei den Seeigeln und Seeſternen. CCLXIX. 65. Redfield, uͤber heftige ſäulenfoͤrmige Wirz belwinde. CCLXVII. 38. Rheumatismus acutus, durch Opium be= handelt. GCLXXIV, 152. Richard, über die Pflanzen, welche die in der Medicin anwendbaren Gummiharze erzeugen. CCLXXVIII. 220. Rotz bei Menſchen, Einhufern und e nigen andern Saͤugethieren. CCLXXVI. 183. Ruͤckenmarksſtraͤnge, vordere und hintere. CCLXXI. 101. Ruckwärtsbeugung des uterus, nach einer neuen Methode behandelt. CCLXXXVI. 343. Ruhr mit Eiweiß behandelt. CCLXX. 96. Ruſconi, über das Purkinjeſſche Bläschen im Froſcheie. CCLXXVI. 180. S. Saamenthierchen, Sterilitaͤt der Frauen und unwillkuͤrlicher Saamenverluſt. CCLXXXIII. 302. Sammler, fuͤr naturhiſtoriſche. CCLXXXVI, 344. Sayers, über die Lebensweiſe des Schim⸗ panfee, CCLXXI. 97. Scheintod fordert anhaltende Wiederbele— bungsverſuche. CCLXXI. 112. Schenkelhalsfracturen. CCLXXVIII. 224. Schenkelluxationen. COLXXVI. 187. Schielen, intermittirendes. COLAXL 112. Schimpanſee, Lebensweiſe def. CCLXXT, 97. Schlachten, neue und in England patentirte Art def. CCLXXXV. 334. Schlangen⸗Embryonen, über den Oberkiefer derſ. CCLXXIV. 152. Schomburgk, über den großen Ameiſenbaͤ— ren. CCLXVIII. 49. Schreie, Intonation derſelben als Ausdruck phyſiſcher und moraliſcher Schmerzen. CCLXXIII. 137. Schwerhoͤrigkeit durch Verdickung d. Schleim: haut der Trommelhoͤhle. CCLXVIII. 64. Secundenpendel: Schwingungen zur Beſtim— mung der Tiefe eines Bergwerks benutzt. CCLXXVI. 181. Seeigel und Seeſterne, Geſchlechtsverhaͤlt— niß bei denſelben. CCLXIX. 65. Seeigel, getrennte Geſchlechter bei denf. CCLXXV. 168. Sehen bei andern Geſchoͤpfen als der Menſch. GCLAXXIV. 145. Sehnengewebe, Blutgefäße def. GCLXX. 88. Seidenraupen, 11% Seife, um Zeuche waſſerdicht zu machen. CCLXXV. 179. Sinapismen, andauernde. 352. Solanin in Kartoffelbranntw. CCLXXXIII. 204. Sonnenlicht, Verſuche CCLXXXVI. 337. Speculumkiſſen. CCLXV. ic. Spinne, Lebensweiſe d. gemeinen. CCLXXV. 161. Spinnen, aus der Luft fallend. CCLXXVI. 184. Squaloiden, Entſtehung der Zaͤhne derſelb. CCLXX. 81. Staphyloraphie, Inſtrument dazu GCLXV. 9. Sternebrae. CCLXXI. 106. Strömungen in hoͤhern Theilen der Atmo— ſphare. CCLXXVII. 202. Oſtindiſche. CCLXXII CCLXXXVI. uͤber daſſelbe. Tagsſtimmloſigkeit. CCLAXXVI. 351. Taubheit, Behandlung einiger Arten berf, CCLXX. 87. — Behandlung derſ. CCLXXVII. 205. Toxis, Erleichterung derſ. COLXXXVI, 352. Thompſon, uͤber Verlaͤngerung der epi- glottis. CCLXXIX. 233. Thomſon, R D., über einundſiebenzigtaͤ— giges Hungern. CCLXXX. 284. Thomſon's Beitraͤge zur Geſchichte der Structur des menſchlichen Eies und Em— bryo's vor d. dritten Woche. CCLXXVII. 193. CCLXXVIII. 209. Thymus⸗Aſthma. CCLXXV. 175. Tiefe eines Bergwerks nach den Schwin— gungen eines Secunden-Pendels zu be— ſtimmen. CCLXXVI. 181. Toͤne der Schmerzen in Noten ausgedruͤckt. CCLXXIH. 137. Tracheotomie bei'm Group. 192. Transfuſion in practiſch⸗aͤrztlicher Hinſicht. CCLXxVI. 27. Trichina spiralis. CCLXXXIV. 300. Tropfroͤhre zum Einführen von Fluͤſſigkei— ten in hohle Zähne. CCLXV, 12. Tuberkelbildung, Natur derſ. CCLXXV. 169. Tumor albus durch Compreſſion behan— delt. CCLXXIX. 239. CCLXXVI. U. Unterleibs-Hydatiden, Diagnoſe derſelben. GELXV. TA. Uterus, Extirpation deſſelben. CCLXV. 16. Uteri portio vaginalis, Abloͤſung derſelb. CCLXXI. 105. Uteri retroversio nach einer neuen Methode behandelt von Hal: pin. GCLXXXVI. 3343. V Vaginalportion des uterus, Ablöfung deſſ. CCLAxI. icg. Varicen, Operation derſelben durch ſubcu— tane Ligatur. CCLXXVIII. 224 Varicocele, Operation derſ. COLXXXII. 288. Venenentzuͤndung, brandige. GCLXXII. 128. Verweſung. CCLXXIV 148. CCLXXV. 162. Vesicantia, uͤber ein neues Veſicator— CCLXXXV, 335. Voltaiſche Säule von ungewoͤhnlicher Stärke CCLXXIV. 15% W̃ Waſſerbaͤder, heiße, gegen Coxarthrocace. CCLXXXI. 272. Waſſerkopf, chroniſcher, durch Druck geheilt, CCLXVIL. 41. Watſon's chirurgiſche Beiträge über Ge— hirnerſchuͤtterung. CCLXVIII. 58. Gehirnerſchuͤtterung und Blutergießung. CCLXIX. 76. Weſtwood, Beiträge zur Naturgeſchichte des Ameifenlöwen, CCLXV. I. Wiederbelebungs-Verſuche, recht anbal- tende. CCLAXI. 112. Wight, über Laurus Cassia, L., fo wie die Pflanzen, von denen die Caſſia-Rinde gewonnen wird. CCLXXXV. 327. Wirbelwinde, ſaͤulenfoͤrmige. CCLXVII 35 3. Zaͤhne und Zahnbildung bei den Haien, CCLXX. 87. 358 A. Andral, G. CCLXXIII. 144. Andry, Felix. CCLXXIV. 160. Arago. CCLXXVIII. 223. B. Baiet, John. CCLXIX. 80, Black, Jam. CCLXXXV. 336. Bowerbank, Jam. Scott. CCLXVI. 31. Burne, John. CCLXXIV. 320. Burr, J. CCLXV. 15. C. Carson, Jam, CCLXXIV. 320. Chevalier, L. CGLXXXIII. 304, Churchill. CCLXIX. 79. Colombat, CCLXXIII, 143. Cotta, Bernh. CCLXIX. 79. Coulson, W, CCLXXXIV. 320. Cowan, Charl, CCLXVI. 32. D. Des Hayes. CCLXXIV. 159. Dillon, A. CCLXXVII. 202. Drouot, T. CCLXXVII. 208. Du Pieris, Mart. CCLXV. 16. E. Evers, P. CCLXXXI. 221. F. Fournet, J. CCLXXXII. 288. G. Gauthier, Hub. CCLXXXII. 287. Gendrin, A. N, CCLXXX. 285. Glocker, E. F. de. CCLXXXVL 351. Gray, J. E. CCLXXXVI. 351. Grosse, P. H. CCLXXX. 255. Guerin, Jul, CCLXVIII. 64. Gully, Jam, CCLXVII. 48. H. Hamilton, J. CCLXXXV. 336. Helm, Theod. CCLXXIV. 160. Noel, R. R. R e g z te b leit 0 er a Henle. CCLXXVI. Tor. Hocken, E. O. CCLXX. 96. Hunter, John. CGLXXXIII. 303. J. Jeafferson, W. CCLXXXIII. 303. Jones, Rich. CCLXXXI. 272. K. Kerns, Tho. CCLXXXIV. 319. L. Lafont-Gouzi, G. G. CCLXXV, 175. Lane, J. Hunter. CCLXXI. 112. Langelbert, Ed. CCLXXV 175. Laugier, Meiffren, CCLXVI. 31. Leconte, A. D. CCLXXVIII. 224. Lendrick, Ch. CCLXXXVI. 352. Lescellière-Lafosse. CCLXXXVI. 352. Lheritier. CCLXXVI. 192. Link, H. F. CCLXX. 95 Low, Davis. CCLXVII. 4% M. Malgaigne, J. F. CCLXXV. 176. Malle, P. CCLXXIX. 240. Marc, C. C. H. CCLXXVIII. 224. Maxwell, J. CCLXXXI. 272. Meissas, N. CCLXXVIII. 223. Millingen, J. G. CCLXXIII. 128. Milne Edwards. CCLXXIV. 159. Murphy, P. J. CCLXXIX. 240. N. Newman, E. CCLXXII. 127. CCLXVIII. 63. O0. Otto, Ad. Wilh. CCLXVIII. 63. P. Pare, Ambr. CCLXXV. 176. Parker, Langston, CCLXXI, 112. ie. Peyre, J. M. M. CCLXXIX. 239. Piorry, P. A. CCLXXVI. 192. A. Piorry. CCLXXXIII. 304. R. Riffard. CCLXXV. 175. Robert, A CCLXXIII. 144. Rognetta. GCLXXVII. 208. S. Sarlandiere, J. B. CCLXX. 95. Scobardi, R. P. CCLXVII. 48. Selys-Lonchamps, Edm, d. CCLXXI. 111. Shukard, W. E. CCLXXXV. 335. Smith, J. Toulmin. CCLXXI. IIt. Soubeiran. CCLXXVI, 192. South, J. F. CCLXXVI 191. Spry, W. CCLXXXV, 335. T: Temminck, J. G. CLXVI. 31. Teste, A. CCLXXX. 256. Thevenot, J. P. F. CCLXX. 96. Ticknor, Dr. CCLXVI. 32. Townshend, J. K. CCLXV. 18. Treviranus, G. R. CCLXIX. 239. Turton, Dr. CCLXXXVI. 351. V. Voisin, Felix. CCLXXXII. 282. W. Watt, Charl. CCLXXIV. 150. Weatherhead, Hume. CCLXV. 16. Wilbrand, Jul. CCLXXXIV. 319. Williams, Jos, CCLXVII. 47. Williams, Charl. J. CCLXXIII. 143. Wilmott, J. CCLXXX. 255. Willshire, W. H. CCLXXXI. 271. Ueue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken-Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na— turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societaͤt zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Königreiche Wuͤrtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken— bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins fuͤr das noͤrdliche Deutſchland, des Vereins zur Befoͤrderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico -chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt- und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultaͤt der K. U. Univerſitaͤt Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New- Mork, der Académie Royale de Médecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterlaͤndiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d’Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten fuͤr die Befoͤrderung der Staats-Arzneikunde und der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Di. Naber tag ri e p. Koͤnigl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Minifterium der Geiſtlichen -, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms-Univerſitaͤt, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Kuͤnſte, Mitgliede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnuͤtziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Médecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſch⸗ chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico- medica zu Moskau und der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats- Arzneikunde und des Apotheker-Vereins im noͤrdlichen Deutſchland. ie rz e iet err . zwei und zwanzig Stücke (Nro. 287 bis 308), i. Tafeln Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. April bis Juni 1840. 2 —— Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. 11 * 8 11% daa en: ir N “. er 20 en 75 5 22 ‘ Unt An tn ieee Inn lm mo! + 7 1 W * N ( e Bi b a 15 g 1 — 5 91 . * 6 1612 ** giudu 1 ni ort e e a 975 ans ana, are anz been | ana use aa 8 een oa eee dan ec ego 1 2510 cp = Ba 7205 aa, en ed z och ud ee tete N * et If 31 ea en re e nl md Binde Wa ont 17 5 . 15 W eee e e 00 0 Nee 1 Wwe AN, an e ec vd Wee Racine 413 No 50 70 ah 5 10 hie n ne ae „ h pa > RN) b Jene RR uh n da aan „orale * e RR % be 1400 Ae ee Eu e een ai ee N An neren 356 Kr I ee so Ae t wbllrör wg, 1 In ae 1 nr ma La nahe I vera un; Aren, MO e ee Mr ke 5 REN en Ben . 1115 ue ren eee . 1 us, nl, ace u 5 aich 3 Bei 718 Be kN ee 670, N00 eee sus e 0 . eee e ein: l ad uu ano in No e e Z 2 — N, ae u Kim Me: ur av af Nec BR) e . 6 0 e 34 Hd har 2150 bu 3 ee 1799 a i e e Düker Aan. 1250 a Sag £ n 1 4 1 4 en , 0 n u i 2 7 * 7 14 4 0 Hin 2. ap} te hh i 1973 1 dau 10 ee u Aa Kin. eee ee dee nr Satan . a er ‚a Mau dh a ' hd us #0 5 U ee ing 7 bee w DRS BET a ai „ars skoda Äh. Bra 4 oda 8 3 Bun) u Pte are 3 au Bea 100 rl 55 eee eee eee e e in Neue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalratde Frortep zu Welmar, und dem Medfefnalrathe und Profeſſer Froriep zu Verlin. No. 287. (Nr. 1. des XIV. Bandes.) April 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir, oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. R Bursa seu cystis tubae Eustachianae bei einigen Saͤugethieren. Von Profeſſor Mayer. In meinen Analecten fuͤr vergleichende Anatomie II. habe ich einen laͤnglich-ovalen Sack oder Beutel (bursa) an der hintern Wand des Pharynx bei'm Baͤren (Ursus fusus, Ursus americanus und U. griseus) beſchrieben, welcher aus zwei durch eine Scheidewand getrennten Taſchen beſteht und deſſen Beſtimmung und Nutzen mir voͤllig un— bekannt und raͤthſelhaft war. Ich habe nun ſeither dieſe bursa bei mehrern Saͤugethieren gefunden und ihre Be— ſtimmung, wie ich glaube, ermittelt und in der obigen Be— zeichnung ausgeſprochen. Bei den Wiederkaͤuern iſt dieſer Sack nur klein und wenig entwickelt. Auch iſt er einfach und bildet nur eine Taſche. Bei'm Kalbe finden ſich jedoch deutlicher zwei ſeit— liche Taſchen gegenüber der Ausmuͤndung der tuba Eusta- chii an der obern von Muskelſubſtanz entbloͤßten pars membranacea des Pharynx vor. Bei'm Rehe dagegen bildet er ganz oben und mitten an der hintern Wand des Pharynx liegend eine kleine etwas coniſche Hervorragung nach Hinten von der Groͤße eines Fingerhutes. Von den feinen ostiis oder der Spalte der tuba Eustachiana laufen zwei Halbcanaͤle oder Rinnen zu der Oeffnung dieſes Sackes hin. Ich fand denſelben voll von dickem Schleim, derſelbe der, von der tuba gegen ihn hin fließend ſich zeigte. Bei'm Hunde, wo die tuba nach vorwaͤrts gerichtet iſt, iſt keine merkliche Vertiefung wahrzunehmen. Ebenſo verhaͤlt es ſich mit dem pharynx der Katze. Dagegen fin: det ſich dieſer Beutel bei dem Schweine wieder in betraͤcht— licher Größe vor, fo daß er die Länge von beinahe 13 Zolle und die Weite von 3 Zoll beſitzt. Er beſitzt einen beſon— dern Muskel (NI. detrahens bursae pharyngis), wel— cher vom M. constrietor inferior an fein ſtumpfes Ende hingeht und den Beutel nach abwaͤrts zieht, wenn er durch den M. constrietor medius nach aufwärts gehoben und entleert worden iſt. No. 1387. RR un de. Bei Mycetes ursinus find die beiden Saͤcke ſehr be— traͤchtlich und hat fie bereits Brandt (de instrumento vocis mammalium) geſehen, nur ihre Beſtimmung nicht gekannt. Bei'm Pferde iſt dieſe eystis oder dieſer sinus tubae Eustachianae am beträchtlichften entwickelt und den Thier— aͤrzten wohl bekannt. Es ſind zwei große sinus, durch eine Scheidewand getrennt, welche an der hintern Wand des pharynx ſich weit nach abwärts erſtrecken. Bei'm Menſchen findet ſich an der Stelle nur eine kleine Grube ſeitlich an der obern Stelle der hintern Wand des pharynx. Sie liegt unmittelbar unter dem ligamen- tum suspensorium pharyngis (mihi), welches an die raphe des pharynx von der Mittellinie der pars basi- laris oss. ocip. bis zum constrietor inferior abgeht und welches auch bei den Saͤugethieren viel mehr als bei'm Menſchen entwickelt iſt. Vielleicht iſt das von einigen Ana— tomen (Marx, Hunter?) geſehene diverticulum pha- ryngis, das angeborne naͤmlich, nicht das kuͤnſtlich erzeugte oder eingeſackte, als eine ruͤckſchreitende Thierbildung anzu— ſehen. Ueber die Entwickelung des Vogels im Eie, befindet ſich in der zuletzt erſchienenen Nummer 9. der Guy’s Ho- spital Reports (October 1839) ein Aufſatz, welcher die Aufmerk— ſamkeit aller derer verdient, die ſich mit thieriſcher Phyſiologie be⸗ ſchaͤftigen. Der anatomiſche Wachsboſſirer des Hoſpitals, Hr. Io: ſeph Town, dem das Muſeum des Hoſpitals ſchon ſo ſchoͤne Stuͤcke verdankt, erbielt von dem Schagmeifter der Anſtalt den Auftrag, eine Reihe von Darſtellungen zu verfertigen, zur Erläuterung der Ver: änderungen, welche während der Bebruͤtungsperiode im Eie vorge⸗ hen. Ehe er aber zur Ausführung ſchritt, zog er die Werke Sir Everard Home's und anderer Schriftſteller zu Rathe, damit er ſich mit den Anſichten fruͤherer Beobachter vertraut machte und ſaͤhe, wie weit ſeine eigenen Beobachtungen mit den Anſichten neue⸗ rer Phyſiologen uͤber dieſen Gegenſtand zuſammentraͤfen. Das Re⸗ ſultat dieſes erſten Studiums war, daß gleich bei'm Anfange ſei— ner Unternehmung ſeine Aufmerkſamkeit auf einen Umſtand gelenkt wurde, welcher der allgemein angenommenen Theorie von der De⸗ carboniſation des Blutes im Embryo durch deſſen Berührung mit dem Sauerſtoffe der Atmoſphaͤre zu widerſprechen ſchien; und das 1 8 veranlaßte ihn eine Reihe von Verſuchen anzuſtellen, welche die auffallende Angabe liefern, daß die natuͤrliche Entwickelung des enthaltenen Embryo's vorwaͤrtsſchreitet und vollitändig wird, ohne daß atmoſphäriſche Luft zur Arterialiſation der venoͤſen Circulation übertragen würde. Hr. Tow bemerkte naͤmlich, daß die, die Schaale ausfleie dende Haut (durch welche das Durchgehen der Luft, ehe ſie das chorion erreichte angenommen wurde) an Dicke zunahm und, als lem Anſcheine nach, weniger durchgaͤnglich für die Luft wurde, in einem Verhaͤltniſſe, welches der Dauer der Zeit entſprach, während welcher der Bebrutungsproceß vorgeſchritten war; ein Umſtand, der dem gerade entgegengeſetzt war, den man erwarten durfte, wenn die erwähnte Decarboniſations-Theorie richtig war. Da nun Hrn. T. der Gedanke beiging, daß in dem Falle, wo man gefunden hatte, daß die Bebruͤtung nicht vorruͤckte, wenn man ein Hinder niß gegen den angenommenen Austritt der atmoſphaͤriſchen Luft hatte eintreten lajfen, daß in dieſem Falle eine Taͤuſchung ſtattgefunden vaben möge, indem man zur Verſchließung der Schaale eine Sub: ſtanz verwendet habe, welche durch ihre ſchaͤdlichen Eigenſchaften der Exiſtenz des enthaltenen Embryo verderblich wurde. Entſchloſ— fen, über dieſen Punct in's Reine zu kommen, wiederholte Herr Town das fragliche Experiment in folgender Weiſe: „Nachdem ich eine Anzahl friſch gelegter Eier von ſo viel moͤglich gleicher Größe und Form ausgewählt hatte, firnißte ich mehrere Male ihre aͤußere Oberflaͤche mit Eiweiß, welches einige Zeit in einem offenen Gefaͤße geftanden, bis es durch Verdunſtung die gehoͤrige Conſiſtenz erhalten hatte; dieß wurde wiederholt, bis die Schaale vollſtaͤndig lackirt erſchien. Dann zeichnete ich mit Bleiſtift auf eins derſelben gleich große Segmente, wie die Abthei— lungen einer Apfelſine und ſchnitt dann ein Kartenblattſtuͤck ſo, daß es auf eine dieſer Abtheilungen genau paßte; dann ſchnitt ich eine Menge aͤhnlicher Segmente von Kartenblatt, und macerirte ſie zwei Tage lang in Eiweiß, bis fie völlig davon durchdrungen und ſo weich und breiig waren, daß ich ſie leicht auf das Ei anlegen und die Raͤnder ſo genau zuſammenbringen konnte, daß die Ver— einigungslinie kaum bemerkbar blieb. Nachdem ich das Ei in die— ſer Weiſe bedeckt hatte und ſie getrocknet waren, wiederholte ich viermal dieſe Kartenuͤberzuͤge und Firniſſe, wobei ich Sorge trug, die Mitte jeder Section über die Vexeinigungslinie des vorherge— henden Ueberzugs zu bringen. Die Eier waren alſo nun mit vier ſo geſaͤttigten Papierdicken bedeckt. Außerdem ſehr zahlreiche La— gen von Eiweiß, welches wie ein Firniß gebraucht war, zuerſt auf der Oberflache des Eies und dann zwiſchen jeder Lage Kartenpa— pier; das Ganze bildete eine fo dicke und hornartige Bedeckung, daß ich uͤberzeugt war, es ſey ganz undurchdringlich.“ Die fo gefhügten Eier wurden am 11. April der Bebruͤtung unterworfen, und die, welche in verſchiedenen Perioden des Pro: ceſſes unterſucht wurden, zeigten die Entwickelung des Embryo's ohne Abweichung von den normalen Bedingungen, indem das Kuͤch— lein in derſelben Art ausgebruͤtet wurde, als wenn es unter ge— woͤhnlichen Verhaͤltniſſen bebrütet worden waͤre. Um das Experi— ment doppelt ſicher zu machen, ſo wurde es nachher wiederholt, und war von demſelben Erfolge begleitet, obgleich uͤber die eben beſchriebene Bedeckung noch mehrere Lagen Oelfirniß hinzugefuͤgt waren, welche abſichtlich mit den ſchaͤdlichſten Subſtanzen bereitet waren, zum Beweiſe der luftdichten Beſchaffenheit des zuerſt ge— brauchten Schutzes. Eine andere von Hrn. Town verzeichnete Beobachtung von Wichtigkeit iſt, daß, als er, ohne das chorion zu verletzen, eine bes traͤchtliche Portion der Eierſchaale wegnahm, während die Girculas tion vor ſich ging, — durch den Zutritt der atmoſphaͤriſchen Luft an dem Blute keine ſichtliche Wirkung hervorgebracht wurde. „Das Blut fuhr fort, das Küchlein in einer dunkelrothen oder venöfen Form zu verlaffen, zu dem ehorion uͤberzugehen, und nach— dem es diefe Membran durchlaufen hatte, wurde es hellſcharlachroth zu dem Kuͤchlein zuruͤckgefuͤhrt, und dieſe Verſchiedenheit blieb voll— kommen bemerkbar, fo lange die Circulation fortdauerte; alsdann aber, jedoch nur alsdann, ſchien die Atmoſphaͤre auf das Blut zu wirken; und beide Gefaͤße, Arterien wie Venen, wurden gleich hell— ſcharlachroth, als wenn dieſe Veränderung vermöge der Circulation 4 durch's chorion bewirkt werde und von einem Bitalitätsprincipe abhaͤnge.“ Neue Beobachtungen uͤber diejenigen Knochentheile, welche die Kalkerde enthalten. (De ossium Genesi, structura et vita, Dies, inaug. auctore Miescher, Berolini 1836.) (Hierzu Fig. 20 der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel.) Purkinje und Valentin haben gelehrt, daß zur genauen Unterſuchung des Baues der Knochen es nicht hinreiche, dieſelben in Säuren aufzuld’en, fondern die beſte Methode fen, fie in dünne Scheiben zu ſchneiden und durch Schaben mit dem Meſſer faſt durchſichtig zu machen, alsdann aber ſey vermittelſt des Microfcos pes zu unterſuchen. J. Müller machte von dieſer Methode Gebrauch und fand, daß die Kalkerde, ſowohl in den Zähnen als in den Knochen, in beſtimmten Organen enthalten ſey. Zunaͤchſt wurden Unterſuchun— gen an Scheibchen angeſtellt, die dem Körper cariöfır Zähne ent⸗ nommen waren. Der stud. chir. Linderer hatte naͤmlich be= merkt, daß, wenn ein Zahn auch nur ganz oberflaͤchlich carios war, doch feine Koͤrpermaſſe, von der cariöfen Stelle an, bis zur Hoͤhle des Zahnes, an weißer Farbe verlor und durchſcheinend wurde. Unter dem Microſcope ſah Muͤller, daß, wo der Zahn weiß er— ſchien, Canaͤlchen, welche Fibern aͤhnlich waren, unvermindert die Kalkerde enthielten, wo aber ſich durchſichtige Stellen fanden, da waren jene Canaͤlchen, wiewohl bei unverletzten Waͤnden, zum Theile leer und zeigten nur kleine Stuͤckchen dunkler Maſſe. Die undurchſüchtige Maſſe dieſer Canale, welche in reflectirtem Lichte weiß erſchien, iſt dieſelbe, welche die Canaͤlchen ganz geſunder Zaͤhne enthalten, wodurch dieſelben ebenfalls durchſcheinend werden, wenn man durch Säuren jene Subſtanz auszieht. Pr. Schwann ſay unter dem Microfcope die fortſchreitende Aufloͤſung jener Sub— ſtanz in den Canaͤlchen unter Einwirkung der Säuren. Dieſe Canaͤlchen erſtrecken ſich von der Oberflaͤche nach der Hoͤhle des Zahnes hin. Aber der groͤßte Theil des Zahnes beſteht aus Knorpelmaſſe, welche ſich in den großen Zwiſchenraͤumen zwi⸗ ſchen jenen kalkfuͤhrenden Canaͤlen befindet. Die Fibern des Schmelzes find keine Canaͤlchen, ſondern Fi— bern, die aus Faſerbuͤndeln beſtehen, welche ſich in Eſſigſäure ſchwer, in Salzſaͤure leicht loͤſen. Muͤller vermuthete nun eine aͤhnliche Structur der Knochenz daher ließ er eine kleine Scheibe aus der äußern Tafel eines menſch— lichen Schaͤdels auf die bezeichnete Weiſe hoͤchſt fein vorbereiten, und fand alsdann durch microſcopiſche Unterſuchung, daß die Kalk- erde groͤßtentheils in kleinen Schlaͤuchen enthalten iſt, zwiſchen des nen ſich durchſcheinende Knorpelmaſſe befindet, worin ſie bei Erwei— chung durch Saͤuren erſcheinen. Die kleinen, weißen, laͤnglichrunden, aber alsdann undeutlicheren Koͤrperchen liegen regelmäßig zwiſchen den primitiven Knorpelſchichten, und ihr Durchmeſſer iſt dem Ver— laufe der letztern parallel. Von der Oberflaͤche jener Koͤrperchen gehen kleine Zweige aus, welche ſich in die benachbarten Knorpel— ſchichten faſt ſenkrecht einfügen, fo daß die Koͤrperchen zu beiden Seiten in haarfoͤrmige Wuͤrzelchen auszulaufen ſcheinen, welche ſich wieder mit den Zweigen anderer Koͤrperchen verbinden, und die alle Kalkerde enthaltenz denn wenn man eine ſchwarze Tafel unter die Knochenſcheibe halt, ſo ſieht man deutlich die weiße Farbe je— ner Roͤhrchen. Gießt man Salzſaͤure auf das Knochenſcheibchen, ſo wird es ganz in Knorpelmaſſe verwandelt und die weiße Farbe der Koͤrperchen und ihrer Zweige verſchwindet; doch kann man noch durchſichtige Spuren der Koͤrperchen entdecken. Man könnte jene Koͤrperchen kalkfuͤhrende Säckchen, (utriculi chalcophori), ihre Zweige, kalkfuͤhren de Canaͤlchen (canalicuſi chalcophori) nennen. Der mittlere Durchmeſſer der letztern beträgt 0,0002 bis 0,0003 engliſcher Linien. Aehnlich verhalten ſich die Knochen aller Wirbelthiere. Fraglich bleibt nun, ob die Kalkerde bloß in jene Saͤckchen und Canälchen frei abgelagert, oder eb fie ſich auch in der Knor⸗ pelmaſſe, chemiſch mit derſelben verbunden, vorfinde. Erklärung der Figur 20. Ein dünnes Scheibchen der aͤußeren Tafel des Schädels, in res flectirtem Lichte gefiben, mit 720 maliger Vergroͤßerung dargeſtellt. Man ficht die undurchſichtigen Koͤrperchen und ihre ſich nesfoͤrmig verbindenden Zweige; die zwiſchen ihnen liegende Subſtanz iſt durchſichtig. Nachtrag zum Aufſatze uͤber Elementar-Gewebe. Von Profeſſor Mayer. (Hierzu Fig. 21 u. 22 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel). Dieſelbe ſchoͤne Organiſation, wie wir ſie in der Schnabelhaut der Voͤgel und Amphibien (vergleiche Neue Notizen Nummer 276 [Nro. 12 des XIII. Bds.]) wahrnehmen, findet ſich auch wieder in der Hornhaut der Klapper der Klapperſchlange und in der der Hornſpitze des Schwanzes von Lachesis rhombea, wie die beilie⸗ gerden Abbildungen zeigen. Es find ſehr regekmaͤßige, meiſtens voͤl— lig ſechseckige Monadenzellen mit mehr oder weniger deutlichem Inhalte der Monadenkerne. Erklaͤrung der Abbildungen. Figur 21. Hornſpitze des Schwanzes von Lachesis rhombea; Figur 22. Hornhaut der Klapper von Crotalus horridus. Ueber das Vorkommen von Gebeinen verſchiede— ner Menſchenracen in demſelben Grabmale in der Naͤhe von Jeruſalem, berichtet Hr. W. R. Wilde in feinem unlaͤngſt erſchienenen Nar- rative of a Voyage to Medeira, Teneriffe and along the sho- res of the Mediterranean ete Folgendes: Da mir zu Ohren gekommen war, daß die Araber unlaͤngſt ein merkwürdiges Grabmal entdeckt und aufgegraben haͤtten, fo ritt ich mit meinen Freunden, den Hrn. W. Meiklam und Finlay, von Jeruſalem aus dahin. In einer Felſenwand des Ortes, wel— cher Aceldama genannt wird, unfern des ſogenannten Grabes des Jeſaias, hatten einige mit Graben beſchaͤftigte Araber zufällig den Eingang, eines in den maſſiven Felſen acbauenen, Grabmals ent— deckt, der bisher mit Schutt und Geroͤlle bedeckt geweſen war. Zur Zeit unſeres Beſuchs war derſelbe erſt theilweiſe aufgedeckt, indem Dornen und Steine die Haͤlſte deſſelben noch verbargen. Am meiſten fiel mir gleich Anfangs die Beſchaffenheit der Thür auf, da mir nie eine ahnliche zu Geſicht gekommen war, außer zu petra. Sie beſteht aus einer einzigen Steintafel und dreht ſich auf horizontalen Zapfen, deren Lager oben in die Pila— ſter einge hauen find. Arabern zertruͤmmert worden, um ohne Weiteres in das Grabmal eindringen zu koͤnnen. Hoͤchſt eigenthuͤmlich erſchien mir der Um: ſtand, daß dieſe Thuͤr nicht, wie bei andern Graͤbern, zum im— merwaͤhrenden Verſchluß der irdiſchen Ueberreſte dienen ſollte, ſon— dern offenbar beſtimmt war, gelegentlich geoͤffnet zu werden. Nach: dem wir eingetreten waren und unſere Lichter angezuͤndet hatten, bemerkten wir, daß wir uns in einem ziemlich großen, laͤnglichen Saale befanden, der mit großer Genauigkeit in den Felſen gehauen war, aber übrigens nicht die geringſte Verzierung darbot. Es paßte auf dieſes Grab durchaus die Beſchreibung, welche Chriſtus von den Gräbern giebt, mit denen er die Phariſaͤer vergleicht: „Wehe euch Schriftgelehrten und Phariſaͤern! denn ihr ſeyd wie uͤbertuͤnchte Gräber, die äußerlich ſchoͤn, inwendig aber voll Tod: tengebeine und Unflat ſind.“ Am Ende und an den Seiten des Saales führten eine Anzahl Thuͤren in innere Gemaͤcher, von bes nen jedes eine kleine, laͤngliche Crypte von etwa 7 Fuß Ränge dar: ftellte, und auf beiden Seiten einen Trog oder Sarcophag ent: hielt, der ebenfalls in den maſſiven Felſen gehauen war und ſich etwa 3 Fuß über den Fußboden erhob. In allen diefen Troͤgen lagen eine Menge von Todtengebeinen, ohne alle Ordnung, durch— einander. Sie waren außerordentlich gut erhalten; dagegen zeigte ſich an vielen Stellen der Raͤnder der Troͤge der Stein abgeſprun⸗ Der untere Theil derſelben war von den— — 6 gen und abgeführt, als ob eine hoͤufige Benutzung derſelben ſtatt⸗ gefunden habe, während nicht nur dieſe Stellen mit Zünche übere zogen, fondern auch viele Knochen, die in den Troͤgen zu unterſt lagen, mit derſelben bekleckſt waren. Die Knochen lagen ſchichten⸗ weiſe, und da ſich in jedem Troge eine gute Anzahl von Schich⸗ ten befand fo mußte die Tunche angewandt worden ſeyn, als be⸗ reits ein Theil der Leichen in den Trogen lag. Dieſe Zünde ft das erſte bis jetzt entdeckte Zeugniß für jenen alten jüdifchen Gebrauch und war ungemein gut erhalten. Wenn man fie von den Wänden abkratzte, konnte man fich überzeugen, daß viele Schichten derſelben aufgetragen waren. Uebrigens verſicherte man uns, daß ſich in dem Grabmale noch Alles in demſelben Zuſtande befinde, wie damals, als es zuerſt entdeckt und geoͤffnet werden. Der allermerkwuͤrdigſte Umſtand aber war, daß jede Partie Crypten, d. h. die an den beiden verſchiedenen Seiten, die Ueberreſte ver— ſchiedener Menſchenracen enthielt, wie ſich aus den in den Troͤgen befindlichen Schaͤdeln deutlich ergab. In allen Crypten rechter Hand vom Haupteingange fanden ſich durchaus andere Schaͤdel, als in allen Crypten linker Hand, und die Crypten am Ende des Saales, oder dem Haupteingange gegenuͤber, enthielten gleichfalls Schädel ganz eigenthumlicher Art, die weder mit denen rechter, noch mit denen linker Hand Aehnlichkeit hatten. Uebrigens waren in den letztgenannten Crypten die Todtenkoͤpfe von keinem fo gleiche foͤrmigen Character, als in den beiden andern. So ſorgfäͤltig ich auch ſuchte, ſo konnte ich doch in den Crypten rechts und links nicht einen einzigen Schaͤdel finden, welcher, der Art nach, in die Crypten der gegenuͤberliegenden Seite gebört bärte, Beide Arten waren entſchieden von einander geſondert. Kein elnziger aller dies fer merkwuͤrdigen Köpfe gebörte aber der juͤdiſchen Race an; ja ich konnte in dem ganzen Grabmale keinen finden, an mels chem die Charactere der caucaſiſchen Race deutlich erkennbar ge⸗ weſen wären. Da nun alle nicht zu dieſer Race gehoͤrenden Indi⸗ viduen in Jeruſalem fremd ſeyn mußten, und dieſe Schädel Mens ſchenracen angehören, die, nach dem Zeugniß der Geſchichte, ſeit 2,000 Jahren in Jeruſalem nicht eirheimiſch waren, fo müſſen fie von Ausländern herruͤhren, und es ſcheint mir daher glaubhaft, daß dieſes Grabmal, welches ſich auf der Stelle befindet, die man für das Blutfeld hält, eines derjenigen Grabmäler des Aceld ama fon, welche von den Prieſtern „zur Beſtattung der Fremden“ ge⸗ kauft wurden. Miscellen. Ueber die Landblutegel in Ceylan, womit uns zuerſt Hr. Davy bekannt gemacht hat, findet ſich in Major Forbes neuerſchienenem Werke (Eleven years in Ceylon, comprising Sket- ches of the fieldsports and Natural History of that Colony and an Account of its Antiquities. London 1840. 2 Vols. 8.) fol⸗ gende Angabe: Sie find unglaublich zahlreich auf den Bergen und in ſolchen Theilen des Innern, welche von anhaltender Trockenheit frei find. Sie find von brauner Farbe; ihre gewohnliche Größe ift etwa drei Viertelzoll in Laͤnge und ein Zehntel-Zoll Dicke; fie koͤnnen ſich jedoch bis auf zwei Zoll verlängern und find dann dünn genug, um durch die Maſchen eines Strumpfes zu dringen. Sie bewegen ſich ſchnell, ſind ſchwer zu toͤdten und es iſt unmoͤglich, ſie in ihrem blutigen Vorhaben irre zu machen; denn wenn man ſie von den Beinen abreißt, ſo haͤngen ſie ſich an die Haͤnde und faſſen unmittelbar feſt, fo wie fie die Haut berühren, da fie von den Ber denklichkeiten und dem Eigenſinne ganz frei find, welche bei ihren eu— ropaͤiſchen Brüdern oft fo zweckſtoͤrend ſind. Sie ſaugen ziemlich viel Blut ab, und dieſes ſammt dem ſtarken Jucken und einer geringen Entzündung iſt das Aergſte, was ein ſonſt geſunder Menſch von ihren Biſſen zu erdulden hat; Thiere aber leiden ernſtlicher von ihren Biſſen und Schaafe, z. B, gedeihen nicht auf Weiden, wo Blutegel ſind. Die Sammlung von Gegenſtänden der Naturge⸗ ſchichte aus Guiana, welche von Schomburg im Laufe feis ner Reifen in Guiana, von 1835 bis 1838, zuſammengebracht wurde, iſt jetzt, nebſt vielen Geraͤthen, Waffen, Kleidungsſtücken und andern Kunſtwerken der Eingebornen, zugleich mit Zeichnungen 1 7 — 8 verſchiedener Gegenftände und Anſichten des Landes, in London of⸗ fentlich ausgeſtellt: Regentstreet No. 209. Es befindet ſich da⸗ bei unter andern ein Exemplar des merkwuͤrdigen ſcharlachro— then und zwölf Fuß lang werdenden Suͤßwaſſerfiſches Piras ruku (Sudis Gigas), eine Darſtellurg der Victoria regia in natuͤrlicher Größe und eine geologiſche Sammlung in Beziehung auf die Formationen des Landes. Zugleich ſieht man drei Einge— borne aus dem Innern Guiana’s, die erſten, welche je nach Europa kamen, und drei Indianerſtaͤmmen angehoͤrig, einen Macufi, einen Warraaͤ und einen Paravilhana. n Ueber Erwaͤrmung und Ventilation von Gebaͤuden. Von Ch. J. Richardſon. (Hierzu Figg. 1 — 19 der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel.) In unſerem Clima mit ſeiner kalten und feuchten Atmoſphaͤre iſt die Erlangung einer reinen gleichmaͤßigen Wärme in den Woh⸗ nungen ein Hauptbeduͤrfniß, ſo wie eine Hauptaufgabe fur den Architecten. Ar nott verſichert, daß in England + aller Gebor— nen an Schwindſucht ſterben, was theils von der Veranderlichkeit der Witterung, theils und noch mehr von der fehlerhaften Erwar— mung und Ventilation der Haͤuſer hercuͤhre. Rechnet man dazu alle Falle von Aſthma, Rheumatismus und Wechſelſieber, fo ſieht man fi aͤngſtlich nach Huͤlfe um. Im hoͤhern Norden hat man gute Einrichtungen zur Erwärmung mit Erſparniß des Feuerma⸗ terials. Die Wärme eines Feuers wird durch mehrere Raume verz theilt und obwohl dieß nur in Kachel- oder Eiſenoͤfen durch Er— hitzung der Luft geſchieht, ſo iſt es doch beſſer als die Kaminhei— zung in England, wo einem einzigen Feuer im Wohnzimmer die Kälte der Flure und der andern Zimmer entgegenwirkt. Frank— lin und Graf Rumford haben zwar die Grundfäge, nach wel— chen die Kohlenheizung ſtattfinden muß, ſehr verbeſſert und die Camine haben eine ungewoͤhnliche Eleganz gewonnen; dennoch iſt immer noch ein Strom von kalter Luft erforderlich, um den Rauch wegzunehmen, und wenn das Zimmer einen ſolchen nicht giebt, ſo geſchieht dieß von den Thuͤren und Fenſtern aus. Register sto- ves vermindern zwar dieſe Unannehmlichkeit einigermaßen; fie ent— ſprechen unſern neuern Gebäuden beſſer; dennoch find, in der Re: gel, Thuͤren und Fenſter jetzt ſo gut gearbeitet (d. h. in England), aller aͤußere Zug wird ſo ſorgfaͤltig vermieden, daß bei der leiſe— ſten Hemmung ihre Wirkung aufhoͤrt und der Rauch in die Zim⸗ mer eindringt. Die engliſchen Camine ſind behaglich und elegant, geben aber in der That wenig wirkliche Waͤrme. Die directe Waͤrme ſteigt durch die Camine in die Höhe, und der damit hervor— dringende Rauch verdirbt die Atmoſphaͤre und ſchwaͤrzt die Ober— flaͤche der Gebäude. Die unzähligen Caminaufſaͤtze mit Windfah— nen ꝛc. zeigen, wie viel Muͤhe wir uns geben muͤſſen, dem Rau— chen bei unſeren Heizeinrichtungen abzuhelfen. Hierzu kommt bei der Caminheizung die Haͤufigkeit des Anbrennens der Schornſteine, welches, z. B., in London haͤufiger vorkoͤmmt, als in irgend einer andern Hauptſtadt, indem in London monatlich 120 — 150 Schorn— ſteine brennen. Neue Vorſchlaͤge zur Erwaͤrmung der Wohngebaͤu— de werden daher gewiß nicht als uͤberfluͤſſig betrachtet werden koͤnnen. g Die Erwaͤrmung und Ventilation unſerer Wohngebaͤude ge— ſchieht jetzt in verbeſſerter Weiſe nach 3 Syſtemen: entweder wird atmoſphaͤriſche Luft durch heiße Eiſenplatten in Oefen erhitzt, oder zweitens durch Circulation von Dampf in eiſernen Roͤhren, oder drittens durch Circulation von heißem Waſſer in eiſernen Roͤhren. Das dritte Syſtem hat ſich durch die Erfahrung ſo— wohl für öffentliche, als für Privatgebaͤude am meiſten bewährt. Heizung. Zuerſt iſt zu bemerken, daß die atmoſphaͤriſche Luft bei allen das Vehikel, die Waͤrme zuzufuͤhren, iſt, und die Art, wie man alſo die Luft mit Waͤrme hinlaͤnglich und mit Sicherheit und Leichtig— keit ſaͤttigt, iſt der erſte Gegenſtand der Unterſuchung. ’ Die Luft ift ein Gemiſch aus Stickſtoff und Sauerſtoff unter beſtimmten Verhaͤltniſſen mit Beimiſchung von etwas kohlenſaurem Gas und einer verſchiedenen Menge von Waſſerſtoff. Der Sauer— ſtoff bildet 3, und iſt der wichtigſte Theil; einmal geathmete Luft iſt nachher zum Athmen nicht mehr geeignet, und man nimmt an, daß ein Menſch ungefaͤhr eine Gallone jede Minute noͤthig habe. Der Sauerſtoff der Luft iſt aber zugleich das Hauptbeduͤrfniß bei der Verbrennung. Wird die Luft durch die Feuerung verderbt, ſo haben wir ein Gefuͤhl von Beklemmung, und das Leben kann end— lich in einer des Sauerſtoffs beraubten Atmoſphaͤre nicht fortbeſte— hen; fo wichtig uns daher warme Temperatur in unſeren Zims mern iſt, eben ſo wichtig iſt es, daß die erwaͤrmte Luft rein und zur Reſpiration geeignet ſey. Jedes Syſtem, welches die Luft zer— ſetzt oder verdirbt, muß der Geſundheit nachtheilig ſeyn. Hierin beſteht der Hauptunterſchied zwiſchen der Heizung mit heißer Luft und der Heizung mit Dampf- und Waſſercirculation. Bei der Luftheizung koͤmmt die Luft in die Zimmer direct aus den er— hitzten Raͤumen eines Ofens, waͤhrend bei den beiden andern Ar— ten des Heizens die Waͤrme einfach von den Roͤhren ausſtrahlt, welche das warme Waſſer oder den Dampf in den Zimmern her— umleiten. Die Verſchiedenheit iſt ſehr weſentlich; denn durch die letzte Methode erhält die Luft ihre Hitze von Subſtanzen von einer nie— drigen Temperatur, welche nicht hinreicht, die Beſtandtheile der Luft zu verändern, fo daß eine Luftverderbniß nicht ſtattſinden kann; während durch Luftheizung die Luft zuerſt mit gluͤhenden Eiſenplat— ten in Beruͤhrung koͤmmt, wobei ihr Sauerſtoff mehr oder minder durch das Eiſen abſorbirt wird, alſo ein groͤßeres Verhaͤltniß von erhitztem Stickſtoffe nach den Zimmern hingeht. Ohne einen doppelten Apparat zu gleichzeitiger Ventilation und Erwaͤrmung iſt es nicht moͤglich, die Temperatur der auf ſolche Weiſe geheizten Raͤume zu reguliren. Ohne dieſe Verbeſſe— rung ſind die Einwuͤrfe in der That nicht zu uͤberwinden. Bei heißen Luftoͤfen wird der Zug nur durch die Temperaturverſchieden⸗ heit zwiſchen der ſehr verduͤnnten Luft im Ofen und der kalten Utz moſphaͤre des Zimmers, in welche fie eindringt, bedingt. Sie dringt daher in ſo hoher Temperatur ein, daß ſie raſch gegen die Decke in die Hoͤhe ſteigt und den Theil des Zimmers, wo ſie ein— tritt, unangenehm warm und ſehr gefaͤhrlich macht, da hier die Neſpiration verhindert wird, während die entferntern Theile des Zimmers kalt und unbehaglich bleiben. Man laͤßt daher gewoͤhn— lich die heiße Luft an mehreren Stellen eindringen. Wenn man durch Ventilation die untere Luft des Zimmers auszieht, ſo muß die warme obere Luftſchicht herabſteigen und ſich mit der kaͤltern miſchen; dabei ſind die Folgen nicht ſo bedenklich; aber dieſe Methode bedingt eine ſehr complicirte Anlage von Schorn— ſteinen in einem Gebaͤude, da ein beſonderer Zug aus jedem Zim— mer zu dem Ventilationsapparate erforderlich iſt. Dieß iſt nicht ohne große Gefahr in Privathaͤuſern, wo dieſe Röhre zwiſchen duͤn— nen Waͤnden an Tapeten und andern brennbaren Stoffen hinlau— fen, da der geringſte Riß in einer der Eiſenplatten des Ofens die Flamme zu jedem Zimmer hinfuͤhren kann. Der Heizapparat durch Dampfeirculation beruht auf einem weit beſſern Principe, als der vorige und iſt in mancher Beziehun der ſpaͤtern Heizung durch Heißwaſſercirculation ähnlich; denno ftand in dieſem Falle die Koſtſpieligkeit des Apparats feiner allge— meinen Einfuͤhrung entgegen: nur Reiche konnten ſich dieſen Luxus erlauben, waͤhrend er fuͤr die Mittelclaſſe nicht zugaͤnglich war, da er außer einer erſten Auslage auch eine fortdauernde und ſachver— ſtaͤndige Aufſicht erforderte. Die gefaͤhrliche Luftheizung und die koſtbare Dampfheizung ſind in neuerer Zeit durch die einfachere und weniger koſtſpielige Heiß— waſſer circulation mit Eiſenroͤhren erſetzt worden. Das Prin- cip, wonach dieſes Syſtem die Hitze nach irgend einem gegebenen Puncte hinleitet, beruht in der Eigenſchaft des Waſſers, daß eine 9 Bewegung unter den Partikeln eintritt, ſobald die Wärme darauf einwirkt. Die Verdünnung durch die Wärme in einer auffteigenden Waſſerſäule bewirkt einen Druck von dem kaͤltern Waſſer in den abſteigenden Röhren; das erſtere ſteigt wegen größerer Leichtigkeit und das andere koͤmmt herab, um einen Waͤrmezuſchuß zu erhal— ten, aufzuſteigen und wieder zuruͤckzukehren, wie zuvor. So ent⸗ ſteht eine fortdauernde Circulation, wodurch die Wärme an jeden beliebigen Ort vertheilt wird. Man hat dieſe Circulation nicht ungeeignet mit dem Blutlaufe des menſchlichen Körpers verglichen, wo die Fluͤſſigkeit auch von dem Herzen weg und wieder zuruck— fließt, um hier durch die Lungen neues Oxygen zu erhalten, wie das Waſſer durch den Ofen wieder Wärme erhält. Die Wirkung dieſes Princips hängt naturlich von dem Appa— rate ab, durch welchen es in einem Gebäude in Anwendung ges bracht wird Der Marquis de Chabannes, welcher dieſes Syſtem einführte, brachte einen Keſſel unten im Hauſe an, wel— cher mit einem Reſervoir auf dem Dache communicirte; das zwi— ſchen beiden circulirende Waſſer ging ſodann durch Zweigröhren nach den verſchiedenen Zimmern ab. Trotz mancher Verbeſſerungen iſt dieß noch jetzt von Vielen beibehalten. Es iſt indeß bekannt, daß der Druck des Waſſers in Verhaͤltniß zu ſeiner perpendiculaͤ— ren Hoͤhe zunimmt. Die Gefahr mit eine n geſchloſſenen Keſſel ei— nen in einiger Hoͤhe angebrachten Waſſerbehaͤlter in Verbindung zu ſetzen, ergiebt ſich leicht, wenn man ſich an das Experiment erin⸗ next, daß man ein mit Waſſer gefülltes Faß ſprengt, wenn man eine enge lange, Roͤhre darin anbringt und durch dieſe in einer be— trächtlichen Hohe auch nur wenig Waſſer hineingießt. Obwohl man nun allerdings den Keſſel ſo machen kann, daß er dem Drucke widerſteht, fo iſt dieß doch immer ſchwierig und koſtbar; uͤberdieß wirkt der Druck auch auf die tiefern horizontalen Roͤhren und be— ſonders auf die Fugen in dem Apparate. Auch hat der Architect bei der Einführung dieſes Altern Syſtems in den Privathaͤuſern mit manchen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen. Das Waſſer ſteigt darin ſel— ten über 66° R.; ſteigt die Temperatur höher, So fließt entweder das Waſſer in dem Reſervoir uͤber, oder das Waſſer wird aus dem Apparate gerade in die Hoͤhe getrieben, ſo daß der Keſſel rothgluͤbhend wird, in welchem Zuftande, es mag kaltes oder hei— ßes Waſſer unvorſichtig zugegoſſen werden, der Keſſel auf der Stelle ſpringen wuͤrde. Bei der genannten niedrigen Temperatur des Waſſers koͤnnen aber die Roͤhren einen Camin nicht erſetzen, man müßte denn die Oberflächen der Röhren fo vergrößern, daß darunter das Ausſehen des Zimmers oder des Gebäudes überhaupt litte. Die Röhren find entweder rund, mit 3 — 4 Zoll Durchmeſ— ſer, oder es ſind große, platte Roͤhren von verſchiedenen Durch— meſſern. Sie enthalten alſo ſehr viel Waſſer, bisweilen viele hundert Gallonen. Aus dieſen Gruͤnden iſt dieſes Syſtem der Heißwaſſerheizung nicht ſehr verbreitet; es iſt koſtbar und zur Einrichtung einer Ven— tilation find die Röhren dieſes Syſtems von geringem Nutzen, da fie nicht zu betraͤchtlicher Hoͤhe geführt werden koͤnnen. Der beſte bis jetzt eingeführte Heizapparat iſt die Heiß waſ— ſerheizung von Perkins; diefer Apparat iſt feſt, nicht koſt⸗ bar und uͤberall leicht anzubringen; er iſt ſeit laͤnger als 5 Jah— ren (1832) in Gebrauch und mit großem Erfolge in Gebäuden der verſchiedenſten Art in großer Ausdehnung ausgeführt worden. Es nimmt der Apparat wenig Raum ein; er laͤßt ſich daher überall anbringen, und wegen der raſchen Circulation und hohen Temperas tur des Waſſers in ſeinen Roͤhren iſt er ſelbſt zur Heizung der größern Gebäude zureichend. Dr. Combe ſagt in feinem populären Werke „Principles of Physiology applied to the Preservation of Health” darüber: „Die Wirkſamkeit, Deconomie, Sicherheit und Annehmlichkeit der Heizung durch Perkins's Apparat kann beſonders für Spitäler, große und feuergefährliche Gebäude kaum uͤberſchaͤtzt werden. Die Rohren können durch Zimmer mit Papieren und andern leicht ent⸗ zuͤndlichen Producten durchgeleitet werden, ohne daß ein Ungluͤcks⸗ fall moͤglich wäre; und iſt der Apparat einmal im Gange, fo koͤnnen die Flure und uͤberbaupt alle Theile, eines Hauſes eben ſo gut geheizt werden, als ein einzelnes Zimmer. Die Vorzuͤglichkeit des Perkin s'ſchen Apparats beſteht darin, 10 daß er den groͤßtmoͤglichſten Vortheil von dem Waſſer, als circuli— rendem Medium, zieht, was früher nur ſehr unvollkommen geſchah. Die Quantität des Waſſers iſt ſehr viel geringer; der Durchmeſſer der Röhren iſt von 4 Zoll auf 1 Zoll reducirt. Die geringe Quan⸗ tität des Waſſers, welche mit dem Feuer in unmittelbare Berüh— rung kommt, nimmt die Hitze weit ſchneller auf, und fo folgt eine ſehr raſche Circulation In der einfachſten Form beſteht der Apparat aus einer zu: ſammenhaͤngenden oder endloſen Roͤhre, welche überall geſchloſſen und mit Waſſer gefüllt ift. Etwa 3 der Roͤhre iſt in irgend einer paffenden Form aufgewickelt und in einem Ofen angebracht; die übris gen 3 werden durch die Circulation des heißen Waſſers erwärmt, welches von dem obern Ende des zuſammengewundenen Theiles wegfließt und bei feinem Laufe durch das Gebäude ſich abkuͤhlt und dadurch zur Wiedererwaͤrmung nach dem aufgewundenen Theile zu— ruͤckkehrt. Die Circulation des Waſſers durch ſo enge Roͤhren, beruht auf der großen Ausdehnbarkeit des Waſſers. In dem ei— nen Theile der Roͤhre ſteigt das durch Expanſion leichter gemachte und mit kleinen Dampfbläschen gefüllte Waſſer raid) nach Oben, wird hier condenſirt und bildet wiederum eine zweite Wafferfäule, welche keine Dampfblaͤschen enthält und daher nothwendig im Vers haͤltniß zu der Expanſion des Waſſers in der aufſteigenden Rohr hier wieder herabſteigt. Da der Dampf 1800 mal leichter iſt, als Waſſer, fo begreift man, wie leicht ein kleiner Waſſerſtrom in forts waͤhrender Circulation erhalten werden kann; und beruͤckſichtigt man das Vermoͤgen, Hitze zu abſorbiren, ſo iſt es nicht auffallend, daß es eine betrachtliche Strecke in der Röhre hin gehen kann, bevor es ſo abgekühlt wird, daß es ganz wirkungslos wird. Eine Röhre, die Expanſionsroͤhre genannt, iſt auf dem hoͤch— ſten Puncte der durch die Zimmer des Gebaͤudes geleiteten Roͤhren angebracht. Die Fuͤllroͤhre des Apparats iſt im Niveau mit dem Fuße dieſer Röhre, fo daß ſammtliche kleine Röhren gefüllt wer— den können, ohne daß es moͤglich iſt, daß auch die Expanſions— rohre ſich fuͤlle. Dieſe Roͤhre iſt gewohnlich weiter, als die Heiz⸗ roͤhren, und ihre Laͤnge ſteht im Verhaͤltniſſe zu dem Quantum von Roͤhren, an welche ſie angefuͤgt iſt; da ſie leer bleibt, ſo geſtattet ſie dem Waſſer bei der Erwaͤrmung, ſich auszudehnen, ohne die engen Roͤhren einer Berſtung auszuſetzen. Waſſer dehnt ſich, wenn es von + 4° auf + 80° R. erhitzt wird, etwa 5 pCt. aus; um aber 1 Quadratzoll um 5 pCt. zu⸗ ſammenzudruͤcken, würden 28,000 Pfund erforderlich ſeyn. Hier⸗ aus ergiebt ſich hinreichend die Nothwendigkeit, dem Waſſer hin⸗ reichende Expanſion zu geſtatten. Die Praxis hat gezeigt, daß 15 bis 20 pCt. Expanſionsraum hinreichend iſt für die größte Hitze, welche durch Heißwaſſer erreicht werden kann. Die natürliche Tendenz zum Aufſteigen in der Heißwaſſerſäule wird ſoviel als möglich dadurch unterftügt, daß man den Ofen in dem Gebaͤude ſo anbringt, daß die Roͤhre von da in gerader Linie bis zum hoͤchſten Puncte, wo das Waſſer circuliren ſoll und wo die Expanſionsroͤhre angebracht iſt, aufſteigt. Von dieſem Puncte koͤnnen zwei oder mehrere abſteigende Säulen gebildet werden, da es nur noͤthig iſt, dieſelben in einer Roͤhre zu vereinigen, bevor ſie in den Ofen eindringen. Fig. 1. erklart dieſe Anordnung; a iſt die aufſteigende Säule, b, die Expanſionsroͤhre, o, die abſteigenden Saulen, d, der zuſam⸗ mengewundene Theil im Ofen, e. die zuſammengewundenen Theile in den Zimmern, mit der abſteigenden und nicht mit der aufſteigen⸗ den Säule zuſammenhaͤngend; die Wärme wird der Luft des Ge⸗ baͤudes von der aͤußern Flaͤche der Roͤhren mitgetheilt, welche zu⸗ ſammengewunden und unter verkleidenden Bedeckungen in den Zim⸗ mern angebracht ſind. Bei Fig. 2. find die aufſteigenden und abſteigenden Säulen in dem Winkel des Camins angebracht und die zuſammengewunde⸗ nen waͤrmenden Roͤhren liegen in den Caminoͤffnungen jedes Zim⸗ mers, wobei die Rauchfaͤnge verfchloffen find. Die Erpanfionsröhre iſt horizontal angebracht und liegt auf dem oberſten Theile der obern gewundenen Roͤhre. . Ein eingeſchraubter Pfropf befindet ſich im obern Theile der Expanſionsroͤhre; dieſer wird geöffnet, während der Apparat mit Waſſer gefüllt wird, und er läßt auf dieſe Weiſe die Luft in den 11 Pr” Roͤhren entweichen. Da nun die Fuͤllroͤhre mit dem unterften Roͤh⸗ renzu ze in Verbindung ſteht, fo treibt das Waſſer bei feinem Auf⸗ ſteigen in den Röhren die Luft aus. Wenn das Ganze gefüllt iſt, fo ſchließt man ſowoyl die Zullröhre als die Expanſionsroͤhre ſorg— faltig mit den dazu beſtimmten Schraubenpfröpfen. 0 Es iſt ſehr wichtig, daß die Luft vollkommen aus den Roͤhren ausgetrieben werde. Gewoͤhnlich erreicht man dieß zuerſt dadurch, daß man das Waſſer mehrmals durch fie hindurchpumpt. Die Temperatur der Perkins'ſchen Roͤhren kann zwiſchen 52% R und 120 R. variiren, und in Trockenhäuſern ꝛc., wo eine ſehr hohe Temperatur erforderlich iſt, kann man leicht 120 — 160’ erreichen. Auf dieſe Weiſe erhaͤlt man eine Oberflache mit hinrei— chender Temperatur, um jedes beliebige Zimmer zu erwärmen. Der geringe Durchmeſſer der Roͤhren macht ſie jeder Lage entſpre— chend; ſie ſind leicht in die verſchiedenen Theile des zu erwaͤrmen— den Gebäudes zu leiten und in dieſen fo anzuhäufen, daß eine ent⸗ ſprechende Waͤrme erreicht wird, ohne daß doch das Ausſehen des Zimmers im Mindeſten geſtoͤrt wird. Die Röhren find von geſchmiedetem Eiſen und J Zoll dick und nach einem patentirten Verfahren der Hrn. James Ruſſell und Söhne. Zuerſt werden Eiſenbleche von der entſprechenden Dicke ausgerollt; hierauf werden die Ränder in der Lange von 12 Fuß aneinandergebracht: ſo werden ſie in einem Ofen beträchtlich erhitzt und mittelſt einer Dampfmaſchine durch eine Zange durchgezogen, welche den Röhren die entſprechende Weite giebt und zu gleicher Zeit die Ränder vollkommen vereinigt. Dieſes Durchziehen wird mehrmals wiederholt, und wenn endlich die Roͤhre bei'm Eintrei— ben eines Keils nicht mehr einreißt, ſo werden die Roͤhren anein— andergeſchraubt und mit einer hydrauliſchen Preſſe gepruft, ob ſie einen innern Druck von 3,000 Pfund auf den Quadratzoll aushal— ten. Nachher werden ſie kalt auf beliebige Weiſe gebogen, und wenn endlich ein Heizapparat zufammengefegt iſt, fo wird er zus erft mittelſt einer Druckpumpe mit Waſſer gefüllt und einem be— trächtliben Drucke ausgeſetzt, bevor man mit dem Heizen beginnt. Dieß geſchieht, um die Fugen zu probiren. Das Zufammenfügen hat beſondere Schwierigkeit, indem es namentlich bei großen Roͤh— ren ſehr leicht Waſſer durchlaͤßt; ſelbſt der Eiſenkitt iſt wegen un— gleicher Ausdehnung und Zuſammenziehung der Eiſenroͤhren nur zu oft unwirkſam. In dieſer Beziehung ſind indeß die kleinen Roͤh— ren von Perkins beſonders ſicher. Sollen zwei Roͤhren zuſammengefuͤgt werden, ſo ſchraubt man beide Enden wovon das eine abgeplattet, das andere zugeſchärft iſt, fo feſt ein, daß das ſcharfe Ende der Röhre ſich in den abge— platteten Rand der andern einfuͤgt. 3. und 4. giebt eine Anſicht und einen Durchſchnitt einer ſolchen Fuge, Fig. 5. einen Durchs ſchnitt derſelben in nicht völlig halber Größe; Fig. 6., 7. und 8. ſind Keilfugen. Die Formen und Dimenſionen der Oefen variiren natuͤrlich nach der Localität. Die am haͤufigſten gebrauchte Form iſt Fig. 9. bis 15. abgebildet, in der Regel 3 — 6 Quadratfuß groß; der abgebildete iſt 41 Quadratfuß und wird als ein ſehr kraͤftiger Ofen betrachtet. Fig. 9. zeigt den Plan uͤber dem Roſt, Fig. 10. unter dem Roſt, Fig. 11. einen Durchſchnitt in der Linie ab und Fig. 12. einen Durchſchnitt in der Linſe cd: — aa, gewoͤhn⸗ liche Backſteine; 5b, feuerfeſte Steine; e, Steine, welche den ges wundenen Roͤhrenapparat tragen; d, Raͤume fuͤr Aſche und Ruß, welche ſich ſonſt an den Roͤhren anſammeln wuͤrden; e, Thuͤren 9 Ausleeren des Rußes; 7, Thür des Aſchenraums; g, Tragbal⸗ en für den Roſt; A, Roſt; i, eine Eiſenplatte, um den Aſchen— raum von den Röhren zu trennen, k, Roͤhrenwindungen, , dop— pelte Feuerthuͤr, um die Schlacken auszuräumen; m, Thür zum Aufſchuͤtten; n, Bedeckung mit Porzellankacheln. Fig. 13. zeigt, wie die abſteigende Roͤhre in den Ofen eintritt, indem ſie durch die Roſttraͤger hindurchgeht. Fig. 14. giebt einen Durchſchnitt des Reſervoirs, in welchem der Staub und Ruß ſo herabfaͤllt, daß er durch die Thuͤren e ausgeräumt werden kann. Fig. 15. zeigt den Ofen mit dem daran angebrachten Roͤhrenapparate. Das Kohlenfeuer iſt von drei Seiten mit einer Feuerwand von 9 Zoll Dicke umgeben, in deren Umgebung ſich ein 4 Zoll breiter Raum befindet, der die Roͤhrenwindungen enthaͤlt. Die Roͤhren treten 12 unter dem Roſte ein und an dem obern Theile des Ofens aus. Der Rauch geht vom Feuer aus durch die Roͤhrenkammer zu einer Oeffnung am hintern Theile des Ofens. Auf dieſe Weiſe iſt eine zu heftige Erhitzung der Röhren in dem Ofen verhindert; die Hei⸗ zung geſchieht mit Coaks, mit denen eine gleiche Temperatur für 8 — 10 Stunden erreicht werden kann, ohne daß in dieſer Zeit nach dem Feuer geſehen wird. Der Ofen braucht uͤbrigens mit dem zu erwaͤrmenden Gebaͤude nicht in Verbindung zu ſeyn; er kann in einem ganz davon getrennten Keller liegen; dadurch wird der Staub und andere Unannehmlichkeiten, die mit Oefen immer vers bunden ſind, für die Bewohner des Hauſes beſeitigt. Die Anordnung des Ofens geſtattet ſehr leicht eine Steigerung oder Verminderung der Temperatur. Iſt die Hitze zu groß, fo ſchließt man die Aſchenraumthür und den Rauchfang etwas und reicht dieß nicht zu, fo öffnet man die Thuͤren e, um etwas kalte Luft zu den Roͤhrenwindungen zutreten zu laſſen, waͤhrend zugleich der Zug des Ofens ſelbſt vermindert wird. Der abgebildete Ofen befindet ſich in dem britiſchen Muſeum in einem Keller, wovon die Röhren 45 Fuß hoch nach dem Print- room und nad) dem Bird-room geleitet find; wovon der erſte Raum 360 Fuß, der letzte 400 Fuß halt, während 140 zu dem Ofen auf- und abgehen und 150 aufgewunden find, dieß beträgt zufams men 1,050 Fuß, welche, obwohl der erſte Raum 42 Fuß lang und 30 Fuß breit iſt und durch aroße Deckeufenſter beltuchtet wird, doch im Winter vollkommene Waͤrme geben. Das Feuer wird um Uhr Morgens angezuͤndet und brennt lebhaft, bis die Zimmer hinreichend erwaͤrmt ſind, dann wird die Klappe in dem Ofen theilweiſe geſchloſſen. Um 11 Uhr werden friſche Kohlen aufge— 0 und um 4 Uhr werden ſaͤmmtliche Feuer in dem Muſeum eloͤſcht. 9 Durch vergleichende Experimente dieſes Syſtems mit der Luft— heizung und der alten Heißwaſſerheizung ergiebt ſich, daß durch das Perkins'ſche Syſtem felbft in dem Heizraume die Hitze nie bis zu einem gefaͤhrlichen Grade geſteigert wird, was bei den bei— den aͤltern Syſtemen bei gleicher Quantität des Brennmaterials immer der Fall war. Es rührt dieß daher, daß in den kleinen Roͤhren das Waſſer viel raſcher circulirt, alſo die Hitze kraͤftiger abſorbirt, fo daß fie in dem Ofenraume ſich nicht fo ſehr anhäus fen kann. Die Einfuͤhrung des Apparats von Perkins in Gebaͤuden, welche nicht mit Canaͤlen fuͤr die Roͤhren verſehen ſind, iſt durch den geringen Durchmeſſer der Röhren, durch die Leichtigkeit, wos mit ſie ſich biegen laſſen, und beſonders dadurch erleichtert, daß ſie faſt eben fo leicht anzubringen find, als man jetzt Klingelzuͤge ans legt. Hr. Perkins hat uͤbrigens denſelben Apparat dereits zu andern Zwecken, z. B., zum Korntrocknen, zum Kaffeeroͤſten, zum Brodbacken ꝛc. angewendet, und es beſteht jetzt der Plan in Lon don, große Wohnhaͤuſer für Arme zu bauen, in welchen die Hei— zung mit dieſem Syſteme durchgeführt iſt. Ventilation. Bei der jetzigen Bauweiſe unſerer Wohnhaͤuſer rechnet man darauf, daß die Fenſter ebenſowohl Luft als Licht geben und wenn wir, in ein Zimmer eintretend, die Empfindung von ſchlechter Luft haben, fo öffnen wir Thür und Fenſter, um einen Luftzug zu vers urſachen. Dieß iſt aber, beſonders im Winter, unangenehm und gefaͤhrlich. Das Unpaffende, die Ventilation durch geöffnete Fen⸗ ſter zu beſorgen, bemerkt man beſonders, wenw die Zimmer mit Menſchen überfüllt find, und dadurch die Luft ſehr warm wird, z. B. in Ballſaͤlen; hier uͤberwindet die ſchwerere kalte Luft von Aus ßen leicht die innere Luft, es entſtehen Luftſtroͤmungen, welche, in Gemeinſchaft mit der kalten Temperatur unſerer Flure, unſere Häufer bei ſolchen Vergnuͤgungen ſehr unangenehm und’ unge ſund machen. Unſere geſchloſſenen Wohnungen nehmen auf den gehörigen Luftwechſel ohne gleichzeitige Zugluft nicht hinreichend Ruͤckſicht. Wir verlaſſen nicht felten unſere Beſchaͤftigung bloß um bei'm Ausgehen die reine Luft zu athmen. Das Gefü von Wohlbefinden, welches wir dabei erfahren, ſollte uns aber darauf leiten, dieſen Lebensreiz uns auch in unſern Wohnungen in gleicher Reinheit zu verſchaffen. 13 Man hat ein Ventilationsſyſtem, welches mon das frehrilline nennt, wobei in der Decke der Zimmer Oeffnungen angebracht find, durch welche die verdorbene und alſo warme Luft entweicht, waͤh— rend durch Oeffnungen am Fußboden, welche durch Canale von der Spitze des Daches aus mit friſcher Luft verſehen werden, kalte Luft einſtroͤmt. Dieſes Syſtem genügt aber einestheils nicht, wenn die äußere Luft ſehr feucht ift, weil dann kein Zug entſteht; ſodann aber hat fir dieſelbe Unannehmlichkeit, wie die Fenſterventilation. Die Luft drückt in allen Richtungen mit gleicher Kraft und dringt daher durch Oeffnungen an der Decke ebenſowohl ein, als durch ein Fenſter zur Seite. Eine veränderte Windrichtung, ein zufaͤl— lig entftebender Lichtſttom im Zimmer kann den Austritt der Luft verhindern, und dann dringt die kalte Luft eben fo leicht ein, als die unreine hinausgeht. Wie oft fühlt man nicht den kalten Luft— ſtrom auf die Koͤpfe herabſteigen, wenn man ſich in einem großen, mit Menſchen ſehr angefuͤllten Saale beſindet, in welchem die Def: kenoͤffnungen aus ganz entgegengeſetzter Abſicht geöffnet find. Um ſolchen entgegengeſetzten Wirkungen nicht ausgeſetzt zu ſeyn, muß man mecanifche Mittel anwenden, um die Luft aus dem Raume hinauszuziehenz dieß geſchieht am beſten dadurch, daß man auf irgend eine paſſende Weiſe die in Rede ſtehenden Oeffnun— gen erwärmt, und in der That, würde in einer ſolchen Oeffnung ein kalter Luftſtrom berabfteinen, o wird er nothwendig, durch die bier vorhandene Hitze verdünnt, umwenden und wieder in die Höhe ſteigen. Der Marquis de Chabannes hat dieſes Syſtem der gezwungenen Ventilation zuerſt in Wohnbaͤuſer eingeführt; er brachte an der Decke jedes Raumes die Mündung von Roͤhren an, welche ſaͤmmtlich mit einer Hauptröhre in der Mitte des Gebaͤudes in Verbindung ſtanden, welche letztere allein entweder durch Dampf oder durch Kohlenfeuer oder durch Gasflamme erwärmt wurde. Hiermit wurde alsdann noch ein Ofen verbunden, um die Luft in den fo gereinigten Zimmern zu erwärmen. Dieſe erwaͤrmende Luft hat aber, wie alle heiße Luft, ſogleich die Tendenz, nach der Decke in die Höhe zu ſteigen und durch die Ventilationsröhren zu entwei— chen. So wurde durch die Ventilation die Erwaͤrmung aufgeho— ben, obwohl dieſe eigentlich der Zweck der ganzn Einrichtung war Deßwegen, fo wie wegen der Koſtbarkeit der Einrichtung von kuftheizungen in Privatbauſern, unterblieb die allgemeine Ein— fübruna dieſes Syſtems. In ſolchen Fällen müßte im Gegentheil die ausziehende Ventilationsroͤhre am Fußboden angebracht ſeyn, da— mit die kalte Luft ausgezogen und die in die Höhe geſtiegene warme Luft genöthigt werde, herabzuſteigen. Wenn Heißwaſſer⸗ oder Dampfroͤhren zur Heizung gebraucht werden, ſo iſt die Er— waͤrmung mäßig, und die Ventilationsöffnungen koͤnnen an jeder ber liebigen Stelle angebracht werden. Man hat ſich über die Stelle, an welcher die Ventilationsoͤff— nungen angebracht werden müßten, viel geſtritten; da aber alle warme Luft in die Höhe ſteigt, fo muß die Wirkung des Heizappa— rates bis zu einem gewiſſen Grade verloren gehen, wenn die Ven— tilationeöffnung an der Decke angebracht iſt. Wo man nur gute Luft und Wärme will, da iſt es keine Frage, daß die Ventilationse Öffnung am Fußboden beſſer und oͤconomiſcher ift, während bei der Ventilation an der Decke gerade die ſchwere, kohlenſaͤurehaltige Luft nicht ausgezogen wird, es müßte denn eine ungewöhnlich ſtarke Ventilationskraft angewendet werden. Perkins Syſtem der einzoͤlligen Rohren giebt zugleich mit der Erwärmung des Gebäudes eine ſichere Ventilatjonskraft, wie fie kein anderes Syſtem in gleicher Ausdehnung zu gewähren ver: mochte. Die Ventilationsöffnungen können dabei an jedem beliebi⸗ gen Puncte angebracht werden, und wird ein tiefer Punct vorgezo⸗ 1 fo kann er für fi, oder in Verbindung mit einer Ventilations— ffnung an der Decke in Anwendung kommen. Bei der Ventilation und Erwärmung eines Prioathauſes würde ich zuerſt mit dem Treppenraume beginnen. Dieſer iſt als die Hauptarterie des Hauſes zu betrachten, und iſt dieſe durch einen Strom warmer friſcher Luft wohl erwärmt und ein beftändiger Luftwechſel durch eine gebörig erwaͤrmte Ventilationsoffnung ge⸗ ſichert, fo iſt ſchon ein großer Theil der Aufgabe gelöſ't, da das Treppenhaus alle nicht gerade in fortwährendem Gebrauche befind⸗ lichen Zimmer hinlänglich erwarmt und ventilirt, fo daß eine ber 14 ſondere Ventilation nur in den hauptſächlichſten Wohn- und Schlaf⸗ zimmern nöthig ift. Wo dieß Letztere erforderlich iſt, da exxeicht man es durch zwei oder mehrere Reſerveroͤhren, welche in Canaͤlen in den Mauern angebracht find, wovon eine oder zwei, gehörig ans gelegt, zur Ventilation immer hinreichen werden. Bei Fig. 15. ſieht man deutlich, daß, wenn der Canal durch 2 oder mehrere Etagen kleinerer Zimmer binaufgeht, und wenn eine keine Oeffnung von jedem Zimmer in dieſen Canal geführt wird, eine hinreſchende Ventilation erreicht iſt, vorausgeſetzt, daß eine Oeffnung am obern Theile des Canals angebracht iſt. In einem Hauſe, welches nach dieſem Syſteme erwaͤrmt wird, wäre es leicht, die Roͤhren mit den Windungen in den verſchiede— nen Etagen durch einen oder zwei Reſervecandle dieſer Art, wenn dieſe angelegt waͤren, in Verbindung zu ſetzen, und dadurch den gewuͤnſchten Zweck zu erreichen. Die gewohnliche Ganalweite, 14 Zoll auf 9, iſt zu betraͤchttich dazu und man mußte fie daher, wie bei Fig 16., mit einer Scheidewand in der Mitte verfeben, fo daß jeder der beiden Canaͤle 4)“ auf 9“ erhält, indem man die Scheis dewand nicht hoͤher hinauffuͤhrt, als bis zum Anfange der Expan ſionsroͤhre, welche darauf zu fteben käme. Bei Fig. 17. iſt noch ein 41 Raum auf jeder Seite zugegeben für die beiden Zimmer auf der obern Etage, da ich für jeden einzelnen Raum nur einen Canal empfehlen kann. Der Canal muß perpendiculär fteben, und da die Haͤuſer in London, in der Regel, zwei Zimmer Tiefe haben, fo würden nur zwei ſolche Canale, etwa in der Mitte jedes Zim— mers erforderlich ſeyn; wuͤrden aber beide vereinigt und in die Mitte des Hanſes gelegt, wie bei Fig. 18, mit einer gemeinfchafte lichen Oeffnung im Dache, tiefer als die Oeffnung der Camine, ſo würden ſie noch wirtſamer ſeyn. Die Erwärmung der verſchfede— nen Zimmer konnte dann durch Zweigröhren der abſteigenden Seite verſehen werden, wobei ein Schließhahn an der Stelle der Röhre angebracht würde, wo fie in das Zimmer eintrete. Dies würde uns in den Stand ſezen, die Circulation von einem Zimmer aus⸗ zuſchließen und fie auf die Röhren in den Canaͤlen nach Belieben zu beſchraͤnken. Fig. 19. erklärt dieſe Anordnung; aa find die Windungen der Röhren in den verſchiedenen Etagen; bb find die Canaͤle zum Einlaſſen der äußern Luft unter bie Poſtamente, welche die Roͤhrenwindungen bedecken; ce, die Ventſtationsdffnungen; dd, die Schließhaͤhne. Die Canaͤle ſollten an ihrem obern Ende mit Metallroͤhren und Kappen verſehen ſeyn, um abwaͤrts druͤckende Luftſtroͤme zu vermeiden um dieſes Syſtem anzubringen, iſt es noͤthig, daß die Canaͤle leicht zugänglich ſeyen, um die Röhren einzuführen. Am untern und obern Ende der Canaͤle werden daher Oeffnungen von etwa 6 Fuß Höhe mit beweglichen Backſteinen zugeſetzt. Im Sommer kann die Circulation durch umdrehen der Schließ⸗ haͤhne von allen Zimmern zuruͤckgebalten werden, fo daß die Er: waͤrmung durch das heiße Waſſer ſich auf die Canale beſchraͤnkt. Die Ventilation geht alsdann, wie gewoͤrnlich, vor ſich, ohne daß die Raͤume erwaͤrmt werden. Dieß iſt von großem Vortheile in unſerem wechſelnden Clima, wobei alsdann, wenn im Juni oder Juli unverhofft ein kalter Tag eintritt, nur die Hahne aufgedreht zu werden brauchen, um unſern Zimmern die erforderliche Tempe⸗ ratur zu geben. Obwohl ich nun alaube, daß ein warmer Luftſtrom, welcher von angenehmer Temperatur in das Zimmer eintritt, nich 's Unan⸗ genehmes baben kann, fo will ich doch hierauf noc Rückſicht nehmen. Bei Fig. 19. wird man fiben, daß, während die ver: dorbene Luft an der Decke herausgezogen wird, auch an dem Fuß⸗ boden eine tiefere Oeffnung nach jedem Canale hinfuhrt. Dieß wird natürlich jeden Zugwind neutraliſiren, und zugleich weſentlich zur Reinigung der Zimmerluft beitragen, weng die großere Schwere der Kohlenſäure hindert, daß dieſeſbe an der Decke abgeleitet wird. Hieraus ergiebt ſich der Vortheil eines Canales in der ganzen Hoͤhe des Gebaͤudes, um an jedem beliebigen Puncte aus einem Zimmer die Luft ausziehen zu koͤnnen und zualeich jeden bemerk⸗ baren Zug zu vermeiden. Deutlich iſt der Vorzug dieſer Methode vor dem heißen Luftſyſteme, wobei, um gleichmäßige Temperatur zu baben, nur eine untere Oeffnung und keine obere geſtattet iſt. 15 Um die Ventilationszuͤge zu reguliren, Eönnen die Oeffnungen mit beweglichen Schiebern verſehen werden. i Wenn mit dem Heizſyſteme nicht zu gleicher Zeit ein Ventilas tionsſyſtem eingerichtet wird, ſo kann jenes nicht die gewünfchten Annehmlichkeiten gewähren. Es kann daher auch nur dasjenige Syſtem eine allgemeine Aufnahme erlangen, welches beide Zwecke erfuͤllt. Deßwegen iſt der hier vorgeſchlagene Apparat empfohlen worden, wobei uͤberdieß ein Hausbeſitzer, wenn er ſich die Reguli⸗ rung der Haͤhne vorbehaͤlt, von feinen Domeſtiken vollkommen un: abhängig iſt, indem dieſen nichts uͤberlaſſen bleibt, als das Feuer im untern Ofen anzuzuͤnden; ein groͤßerer und angenehmerer Luxus iſt kaum zu denken, als dieſer Apparat, wodurch in allen Zim- mern reine, angenehm erwaͤrmte Luft geſchafft wird, ohne bemerk— bare Stroͤmungen heißer oder kalter Luft und wobei Zu- und Ableitung der Luft mit groͤßter Bequemlichkeit regulirt werden kann. — Es iſt hier zu bemerken, daß unſere Wohnhaͤuſer niemals einen ſolchen Grad von Ventilation und Erwaͤrmung beduͤrfen, als es hier beſchrieben worden iſt; indeß wird ſchon der größte Theil des Er— forderlichen geleiſtet ſeyn, wenn man nur das Treppenhaus mit dem Flur, als Hauptarterie der ganzen Wohnung, gut erwaͤrmt und ventilirt. Um dieß zu bewirken, kann der Ofen außerhalb des Hauſes (3. B., in einem Waſchhauſe) ſtehen; die auf- und abſtei⸗ genden Roͤhrenzuͤge koͤnnen in einem Winkel des Treppenhauſes frei liegen und vom Boden bis zum Dache hinaufreichen und Zweig— roͤhren zu den Zimmern der Etage mit den Schlafzimmern abge— ben, welche dadurch ohne weitere Aufſicht warm gehalten werden. Zu gleicher Zeit koͤnnte auch das Geſellſchafszimmer auf gleiche Weiſe erwaͤrmt ſeyn. Waͤre ſodann ſogleich an irgend einer Stelle des Treppenhauſes ein Poſtament mit Windungen der Waͤrmeroͤhre angebracht, ſo daß ein Strom der aͤußern Luft dadurch eintrete, waͤhrend an einer andern Stelle des Treppenhauſes die Luft her— ausgezogen wuͤrde, ſo wuͤrde dabei das ganze Gebaͤude vortrefflich ventilirt ſeyn, ohne daß Thuͤr und Fenſter dadurch einen andern Zweck bekaͤmen, als den, die Bewohner durchzulaſſen und Licht zu geben. (Aus Popular treatise on the Warming and Ventilation of Buildings; by Ch, J. Richardson.) Ueber die erſte Periode der tuberkuloͤſen Lungen— ſchwindſucht hat Hr. D. J. Fournet im zweiten Bande ſeiner in Nummer 282 (Nro. 18. des XIII. Bos.) S. 288. der Neuen Notizen ers waͤhnten Schrift ſehr intereſſante cliniſche Beobachtungen mitgetheilt. Nachdem er nach einander den Einfluß der Conſtitution, des Alters, des Geſchlechts, der Vererbung ꝛc. auf die Erzeugung der Lungentuberkeln betrachtet hat, unternimmt der Verfaſſer im ſechs— ten Capitel das Studium der durch Unterſuchung des Reſpirations— ſyſtems (wo Hr. F. das Inſpirationsgeraͤuſch von dem Exſpira— tionsgeräufche unterſcheidet) erlangte Zeichen. Das wichtigſte Res ſultat iſt wohl das Ergebniß, daß in der erſten Periode der phthi- sis eine Vermehrung der Intenfität des Inſpirationsgeräuſches vore handen iſt. Wenn naͤmlich im Normalzuſtande das Inſpirations— geraͤuſch mit 10 ausgedruͤckt wird, ſo kann es ſich bei anfangender Tuberkelbildung auf 12, 15 und ſelbſt 18 ſteigern; zu gleicher Zeit tritt eine Verminderung der Dauer dieſes Geraͤuſches ein, ſo daß, wenn man auch hier die Zahl 10 als Vergleichungspunct der Nor- 16 maldauer annimmt, dieſe Dauer bei Tuberkelſchwindſucht nur noch 8, 7, 6, ja ſelbſt 5 betragen wird. Aber haͤufig traͤgt es ſich zu, daß die Intenſitaͤt und die Dauer des Inſpirationsgeraͤuſches keine wahrnehmbare Modification erleiden: dann behält das Inſpi⸗ rationsgeraͤuſch ſeine Normalzahl und das Exſpirationsgeraͤuſch iſt faſt nur allein geftört, verändert. Ein Character, welchen der Verfaſſer in der erſten Periode der phthisis ebenfalls hervorhebt, iſt die Trockenheit, die Härte und Rauhheit des Inſpirationsgeraͤu- ſches. Was das Exſpirationsgeraͤuſch anlangt, ſo bietet es ſtets in dieſer erſten Periode eine Vermehrung der Intenſitaͤt und Dauer dar. Das erwähnte Werk des Hrn. Fournet „über die Auſculta⸗ tion der Reſpirationsorgane und uͤber die erſte Periode der Lun— genſchwindſucht“, kann als eine lange Entwickelung des folgenden Satzes betrachtet werden: „Es iſt in einer ſehr großen Anzahl von Fällen moglich, die Tuberkelbildung von dem Augenblicke zu erkennen, wo fie in einem noch leichten Grade eintritt und den Um— fang und Grad zu beſtimmen, in welchen ſie erfolgt iſt, und es iſt alſo moͤglich, fie von ihrem erſten Entſtehen an mit geeigneten Mits teln zu bekaͤmpfen.“ R Einen neuen Schlingenleiter (hierzu Figur 23 der mit dieſer Nummer ausgegebenen Tafel) beſchreibt der Bataillonschi— rurg Gerner in der Bibliothek for Laeger No. 2 1838. Ders ſelbe beſteht aus einer Cautſchukroͤhre a, durch welche die Schlinge hindurchgeht und an welcher ein Handgriff von Meſſing 5 ange- bracht iſt. Die Roͤhre iſt 17 Zoll, der Handgriff 5 Zoll lang, der Durchmeſſer 2—3 Linien. Am Griffe befindet ſich eine hakenfoͤr⸗ mige Charnierklappe e, deren Spitze in ein Loch des Handgriffs eingreift und durch die Druckfeder d darin erhalten wird. Am Griffe befinden ſich 2 Roͤhrchen e, durch welche eine 10 Zoll lange Meſſingſtange F hindurchgeht, durch welche ein Ring am vordern Ende vor- und zuruͤckgeſchoben werden kann, um die Schlinge der Roͤhre größer oder kleiner zu machen; außerdem gehört noch ein Stilett (Schlin⸗ genftäbchen) dazu, um die biegfame Röhre feſt zu machen und ein mit einem Haͤkchen verſehenes Stilett, um die Schlinge in die Roͤhre einzulegen. Iſt dieſe eingeführt, fo wird fie etwa 5 Zoll hervorge— zogen, um die Roͤhre geſchlagen, durch den vorgeſchobenen Ring gefuͤhrt, und an der hakenfoͤrmigen Klappe befeſtigt; hierauf fuͤhrt man das Verſtaͤrkungsſtilett in die Roͤhre und fuͤhrt das Inſtru— ment, indem der Zeigefinger auf die Klappe, Ring- und Mittelfine ger auf den freien Theil des Griffs und die innere Handflaͤche an das Knoͤpfchen der Meſſingſtange gelegt wird; begegnet die Schlinge der Roͤhre dem mit der andern Hand gefaßten Fuße des Kindes, ſo wird ſie uͤbergebogen; hierauf wird die Klappe geoͤffnet, der Ring wird vorgeſchoben und die Roͤhre zuruͤckgezogen, waͤhrend man den Daumen der eingelegten Hand gegen das blinde Ende der Schlinge ſetzt, und die Schlinge wird auf dieſe Weiſe feſtgezogen. Salicin (24 Gr.) hat Dr. Fevrio in Mantua bei 108 Fällen von Wechfelfiebern als ſicheres febrifugum erprobt, nur zweimal war er gendthigt, die Dofis zur Zeit des Anfalles zu wie⸗ derholen. Am ſicherſten wirkt es in Pulver. (Annali universali.) Nekrolog. — Der Profeſſor der chirurgiſchen Patholo⸗ gie zu Utrecht, Pr. Suermann, iſt geſtorben. — —— ——— (—ü—é ——ü8——T— Free Gibliographis che A Dictionary of Geology, Mineralogy etc. ble. London 1840. = * Lives of Eminent Naturalists, with Portraits. By Dr. W. Hum- London 1840. 12. mes un ei ein. Traité complet de bandages et d’anatomie appliquée A l’&tude des fractures et Juxations, avec les appareils qui leur con- viennent. Par Michel Thivet. Paris 1840. 8. M. K. Treatise on Amaurosis and Amaurotic affections. By G. A. Hocken, London 1840. 8. — — r—— (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto). Neue Notizen a us dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober ⸗Medieinalratbe Fror ep zu Weimar, und dem Medieinalratde und Prefeſſer Frorier zu Berlin. No. 2888. (Nr. 2. des XIV. Bandes.) April 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. en Ueber den gegenwaͤrtigen Stand der Unterſuchun— gen uͤber das Nervenſyſtem. Von Dr. H. Holland. D'Alembert bezeichnet richtig den Zwiſchenraum zwiſchen Geometrie und Metaphyſik als „den Abgrund der Ungewißheiten und den Schauplatz der Entdeckungen“; ein großer Theil dieſes in⸗ tellectuellen Gebiets wird von der Wiſſenſchaft der Nervenfunctio— nen eingenommen, welche bei dem jetzigen Zuſtande unſerer Kennt niſſe eine Art neutralen Grundes zwiſchen den Wiſſenſchaften der Materie und denen der Functionen des animaliſchen Lebens und des Geiſtes bildet. Dieſe nahe Stellung bei der Region der Me: taphyſik hatt dem Gegenſtande noch feine beſondern Schwierigkei— ten verliehen. Die Sprache bemuͤht ſich hier vergebens allen Ein— gebungen des Gedankens und des Bewußtſeyns zu entſprechen, und die Discuſſion iſt unendlich verwirrt worden, durch die Beſtrebungen der Philoſophen aller Zeitalter — ihren Lehren eine beſondere Phra: ſeologie zu geben, ohne vertragsmaͤßiges Verſtaͤndniß der damit verbundenen Ideen. Das tiefe Intereſſe, welches man jetzt an dieſem Zweige der Phyſiologie nimmt und die thätigen Unterſuchungen, welche ſich da— mit beſchaͤftigen, moͤgen einige Bemerkungen über dieſen Gegen— ſtand rechtfertigen, wenn fie auch nichts zu den bereits bekannten Thatſachen hinzufuͤgen. Es iſt dieß einer von den Faͤllen in der Wiſſenſchaft, in welchen man ſich bisweilen der Wahrheit mebr naͤhert, indem man die Ordnung der Thatſachen umwandelt und ſie in neuen Combinationen gebraucht. In den folgenden Bemer— kungen werde ich nur einige Vuncte dieſes umfaſſenden Gegenſtandes berühren, und Manches fragweiſe hinſtellen, als die beſte Art, da— durch die noch unbeſtimmten oder dunkeln Puncte zu bezeichnen. Der Sprache darf, in der That, nicht allein die Schwicrigkeit dieſer Unterſuchungen Schuld gegeben werden. Unſer Gang wird jeden Moment gehemmt, — einerſeits durch die complicirte und zarte Organifation, welche dabei entziffert werden muß; — auf der andern Seite durch die unüberwindlichen Graͤnzen, welche in der Gonftitution des menſchlichen Geiſtes aufgerichtet zu ſeyn ſchei— nen, um eine zu genaue Betrachtung ſeines eigenen Wirkens zu verhindern oder ſelbſt eine zu genaue Kenntniß der materiellen In— ſtrumente, wodurch der Geiſt wirkt, und der gegenſeitigen Bezie⸗ bung derſelben nicht zuzulaſſen. Es mag ſeyn, daß einzelne Men⸗ ſchen durch boͤhere Gapacität ihres Verſtandes (es mag dieſe in der Sprache ausgedruckt werden koͤnnen oder nicht) oder durch groͤßere Concentrationskraft (wenn dieſer Ausdruck den Zuſtand des Gei⸗ ſtes beſſer bezeichnen ſollte) dem Verftändniffe dieſer großen Func⸗ sp a Natur, in der That, näher ruͤcken, als andere. Aber NO. 1388. k un de. jede ſolche Verſchiedenheſt iſt unbedeutend im Verhaͤltniſſe zu dem noch unentdeckten und unwegſamen Raum, welcher darüber hins ausliegt. Das Hoͤchſte, was wir erreichen koͤnnen, iſt, die Graͤnze der Unterſuchungen zu beſtimmen und für die Wahrheit und Er: kenntniß innerhalb dieſer Graͤnze zu arbeiten. Eine Frage, welche diefe Bemerkungen erklart und, in der That, bei unferer Unterſuchung vornanſteht, iſt die, welche die Natur, verſchiedene Form und Function der Nervenkraft be⸗ trifft. So ſehr man auch, mit Recht oder Unrecht, dieſe Bezeichnung getadelt haben mag, fo iſt es doch gewiß, daß wir irgend einen gleichbedeutenden Ausdruck bei Unterſuchungen über die Phaͤnomene des thieriſchen Lebens nicht entbehren koͤnnenz bei jedem Schritte ſind wir genoͤthigt, zuzugeben, daß die Auffaſſung der Thatſache ſo ausgedruͤckt werde, und fo ungenügend unfere gegenwärtigen Mittel zur Beſtimmung ihrer Natur und ihrer Beziehungen zu dem Geiſte und Koͤrper des Menſchen ſeyn moͤgen, ſo koͤnnen wir die Wirk⸗ lichkeit einer ſolchen Kraft nicht mit mehr Recht laͤugnen, als dieß mit den Wirkungen geſchaͤhe, welche offenbar von dieſer Quelle ausgehen. Andere Ausdrucke, — Energie, Agens, Element und Princip, find mit gleichem Rechte angewendet worden; alle ſchlie⸗ ßen ſich leicht an eine Beziehung zu phyſicaliſchen Agentien an. welche erſt noch nachzuweiſen ſind; aber alle ſind dem Einwurfe ausgeſetzt, daß fie als ein einziges Princip oder Element etwas be⸗ zeichnen, wovon wir nicht wiſſen, ob es wirklich ein ſolches iſt. Die Unterſuchung fuhrt uns hier zunaͤchſt zu dem weſentlichſten Puncte in Bezug auf Nervenkraft, naͤmlich zu der Einheit derſelben: ob ein und daſſelbe Agens verſchiedene Effecte je nach der Art der Mittheilung oder je nach der verſchiedenen Bildung und Vitalität der Theile, worauf es wirkt; — ober ob zwei oder mehr Kraͤfte vorhanden ſind, welche unter einer gemeinſchaftlichen Bezeichnung zuſammengefaßt ſind, weil ſie durch die Nerven wirken, welche aber, in der That, verſchiedener Natur find und deßwegen verſchie— dene Reſultate hervorbringen. Dieſe Frage, zu welcher ich ſpaͤter zuruͤckkehren werde, wird beſtimmter, ſo wie wir zu den einzelnen Functionen des Nerven⸗ foftems und namentlich zu denen der Empfindungs- und Bewe⸗ gungsnerven uͤbergehen. Hier iſt die nachweisbare, mechaniſche Einrichtung ziemlich oder ganz dieſelbe; uͤberall zeigt ſich Vermi⸗ ſchung bebufs gegenſeitiger Wirkung und Beziehung: dennoch find die Functionen fuͤr unſere Auffaſſung ſo durchaus verſchieden, daß wir auf keine Weiſe annehmen koͤnnen, daß daſſelbe phyſicaliſche Agens, wie es auch immer modificirt werde, im Stande ſey, bei⸗ den Zwecken zu genügen. Die Anſicht, welche von mehreren Pbyr ſiologen angenommen worden iſt, daß die Verſchiedenheit einfach darin beſtehe, daß die Thaͤtigkeit in den Empfindungsnerven cen⸗ tripetal, in den Bewegungsorganen centrifugal fen, giebt der Schwierigkeit nur eine andere Form und iſt weniger haltbar, ſeit 2 19 dieſe beiden Claſſen von Nervenfaſern als deutlich unterſchieden vollſtändig nachgewieſen find. \ Die Unterfuhung erſtreckt ſich, und zwar unter gleicher Dun⸗ kelheit auf den Nerveneinflut des orgauiſchen Lebens, wenn es ge: ſtattet iſt, dieſen Namen fur die Kraft zu gebrauchen, durch welche zahlreiche Muskeln bewegt und die mannichfachen Thaͤtigkeiten der Circulation, Abferption und Setretion ausgefuhrt werden, ohne eine directe Mitwirkung der beiden großen ſchon genannten Functionen; obwohl in fo mannichfaltiger und genauer Beziehung zu denſelben, daß es ebenſo unmöglich ſcheint, dieſe beiden Agentien zu trennen, als ihre Abhaͤngigkeit von einer einzigen Quelle der Kraft nachzu⸗ weiſen. — Und außerdem, in Verbindung mit dieſen organiſchen Functionen, ſollen wir den directen Einfluß aller geiſtigen Erregung auf dieſelben erkennen, ſelbſt in der einfachen Thaͤtigkeit der Auf: merkſamkeit; einen Einfluß, der ſich in jedem Theile des Lebens, im Schlafe, im Traume und im Wachen, bemerklich macht, — mit einigen der merkwuͤrdigſten Sympathieen unſerer Natur verbunden iſt, und — wie wir annehmen muͤſſen, von der Verteilung des Nervenſyſtems zu deu verſchiedenen Koͤrperorganen abhängt. Auch koͤnnen wir mit Sicherheit hier nicht bei der allgemeinen Bedeutung des Ausdrucks ſtehen bleiben, wenn wir die verſchiedenen Functionen des animaliſchen Lebens, welche durch das Nervenſyſtem zur Ausführung kommen, zu erklären ſuchen. Es drängt ſich die Frage durch unſer Bewußtſeyn und durch immer erneute Beobach⸗ tung auf, ob nicht irgend eine eigene unabhängige Energie vor⸗ handen ſey, deren unmittelbare Quelle und deren Sitz das Gehirn ſey und wodurch die hoͤhern animaliſchen Functionen unterhalten, mit einander in Verbindung gebracht und jedem Theil eines individuellen Weſens die noͤthige Einheit gegeben wird; — ein Princip, welches in verſchiedenen Individuen von verſchiedener Kraft iſt, und das darſtellt, was man das Temperament eines Jeden genannt hat; — variicend in demſelben Individuum zu verſchiedenen Zeiten, fo daß durch ihren Erceß oder ihren Mangel Störungen der Functionen des Koͤrpers oder des Geiſtes im Lebenden veranlaßt werden. Eine Beſchreibung dieſes Agens des Senſoriums moͤchte, in der That, über alle Erſcheinungen der Geſundheit und Krankheit ſich verbrei— ten, von einer übermäßigen Aufregung der Koͤrper- und Geiftes: kraͤfte bis zu dem plötzlichen Collapſus, welche ploͤtzlichen Tod droht oder wirklich herbeifuͤhrt Die Bezeichnungsweiſe dieſes Agens koͤnnte ebenſowohl aus der Spra he des gewoͤhnlichen Lebens als aus der der philoſophiſchen Schuten aller Zeiten genommen werden. Es iſt klar, daß hier von den Äußerften Graͤnzen der menſch⸗ lichen Erkenntniß die Rede iſt. Durch die nahe Verbindung mit den Functionen des Geiſtes auf der einen Seite und mit der Lehre von dem Lebensprincip auf der andern Seite ſtellt ſich die Frage in ein Dunkel, welches wir kaum zu beſeitigen hoffen duͤrfen. Es kann ſeyn, daß das Princip, wonach wir forſchen, nicht eine fuͤr ſich beſtehende einzeine Kraft iſt, ſondern nur eine Qualität oder ein Grad anderer Thaͤtigkeiten, durch welche die Seele mit der materiellen Organiſation in Verbindung ſteht; — daß wir nicht berechtigt ſind, von mehr als von groͤßerer oder geringerer Senſi— bilität, von einem hoͤheren oder niederen Grade der Willenskraft oder von der verſchiedenen Stärke der Eindruͤcke zu ſprechen, welche durch geiſtige Erregung auf den Körper ausgeübt werden. Dieß iſt, in der That, eine Seite der Frage, mehr metaphyſiſch als phy— ſiologiſch, welche in allen Zeiten denkenden Koͤpfen Schwirrigkeit gemacht und, entſprechend der Dunkelheit derſelben, Streit veranlaßt hat. Es bieten ſich unſerer Betrachtung Kraͤfte dar, welche wir nicht als Eigenfhaft irgend eines phyſicaliſchen Agens betrachten, noch durch irgend eine Analogie, welche außerhalb ihrer eigenen Thaͤtigkeit liegt, erklären konnten; und welche, indem ſie manchen getrennten Organen und Functionen Einheit giebt, von der Com— bination der Functionen felbft abzubängen und unterſtuͤtzt zu werden ſcheinen; auf der andern Seite finden wir ſie untrennbar verbun— den mit der großen für ſich daſtehenden Einheit der Seele und des Willers; eine Beziehung, welche in dieſer Unterſuchung im— mer als eine ausgemachte Sache bei unſerer jetzigen Kenntniß von der menſchlichen Natur feſtgehalten werden muß. (Dieß bezieht ſich auf die Annahme eines beſondern Sinnes, wodurch eine Gemein— 20 ſchaft des Gefuͤhls und des Bewußtſeyns in allen Koͤrpertheilen vermittelt werden ſollte, das ſogenannte Gemeingefäyl oder Selbſt⸗ gefühl). In Beziehung auf viele dieſer Puncte liegt es im Inter⸗ eſſe der Wiſſenſchaft, daß die Unterſuchung niemals und durch keine Kunſtelei der Sprache über dieſe Gränze hin ausgeführt werde. Oogleich dieſelbe nicht mit beſtimmten Worten definirt werden kann, ſo iſt ſie als eine allgemeine Graͤnze doch ſicher und deutlich und wird dieß um ſo mehr, jemehr unſere Kenntniſſe an Genauigkeit zunehmen. Dieſe Bemerkungen laſſen ſich unmittelbar auf die Frage nach dem Febensprincipe anwenden; — ein Ausdruck, welcher als Bezeichnung eines von der Organization unabhangigen Agens, das ſelbſt zu organijiren und zu beleben im Stande ſey, feinen Weg in alle Theile der Phyſiologie und allgemeinen Philoſophie gefun— den hat, und welcher ſelbſt, wenn er von ſcharfdenkenden Maͤnnern verworfen wurde, doch noch oft unter irgend einer minder materiels len Form des Ausdrucks in ihren Schriften durchſchimmert. Bei den Unterſuchungen über das active Princip des thieriſchen Orga— nismus (welches bei der Entwickelung und Reproduction thätig it), haben einige neuere Phyſiologen dieſem immer eine befondere Exi⸗ ſtenz zugeſtanden, als einem primum movens des O ganismus, wor⸗ in fie ſich der Theorie von Stahl und attern Scheiftſtellern und noch deutlicher der Lehre von dem Lebensprincipe in einer oder der andern ihrer Formen nähern (wobei die ODeutſchen durch den Reiche thum ihrer Spra be verlockt zu werden ſcheinen, obwohl die Untere ſuchung uber die Identitat oder Beziehung des pſychiſchen Princi— pes zu dem Lebensprineipe ein glänzendes Beiſpiel des Scharfſin— nes von Müller in feiner Phyſiologie ift). Auf dieſen letztern Gegenſtand gehe ich nicht weiter ein, da ich nichts Neues hinzu— zufügen habe. Die Annahme der Exiſtenz eines von den Organen und Functionen lebender Körper unabhängigen Lebensprincipes und die Annahme einer unabhaͤngigen Thaͤtigkeit deſſelben iſt bei dem jetzigen Stande unſerer Kenntniſſe nichts als eine Phraſe, an die Stelle von Thatſachen geſetzt, welche die vitalen Actionen und Bes ziehungen ebenſowenig als die Erſcheinungen der Generation und der Fortpflanzung durch einfache Theilung bei den niedern Thieren erklärt, wodurch noch am meiſten jene Schlußfolgerung beſtaͤtigt zu werden ſcheint; — im Gegentheile werden dadurch auf eine nachtheilige Weiſe beſchraͤnkende Gränzen bei allen übrigen Theilen der Unterſuchung aufgerichtet, welche eigentlich unſerer Forſchung ruͤckhaltslos hingegeben find. Wir führen ein getrenntes Agens ein, während Alles, was unſere Unterſuchung aufzufaſſen im Stande iſt, nur beſtimmte active Geſetze ſind. Ich habe mich dabei laͤnger aufgehalten, indem hieraus die Schwierigkeiten des Gegenſtandes und der Einfluß, welchen ſolche Anſichten auf die Unterſuchung des Nervenſyſtems üben, erkannt werden. Gehen wir nan zu der Frage zuruͤck, was fuͤr andere Attribute des Lebens direct von dieſem Theile der thieriſchen Deco- nomie abhängen, fo kommt die große und merkwuͤrdige Claſſe der fogenannten Inſtin ct actionen zum Vorſchein, welche hinreichend von den bereits erwaͤhnten unterſchieden ſind, um die Unterſuchung zu geſtatten, ob dafuͤr irgend eine ſpecielle Organiſation, oder eine ihnen beſtimmte Nervenfunction exiſtirt. Da die Anatomie hierauf nicht direct antwortet, fo muͤſſen wir durch Definition, ſoweit es geht, die Natur der fo benannten Thaͤtigkeiten klar zu machen ſuchen. Wenn wir unfere Anſicht von dem Inſtincte auf die be— ſondern Bewegungen beſchraͤnken, welche jedesmal der Erregung gewiſſer Senſationen fo.gen, unabhängig vom Willen und Bewußt⸗ ſeyn, ſo iſt es klar, daß beſondere Theile fuͤr dieſe Function in der Structur des Organismus vorhanden ſeyn muͤſſen, und die Lehre von der Reflexfunction der Nerven erklaͤrt viele von dieſen Erſchei— nungen. Was ferner die Inſtinctbewegungen der Organe willkuͤhr— licher Bewegung betrifft, ſo dürfen wir annehmen, daß die Ner— venſtructur für beide dieſelbe ſey; die durch Wiederholung zur Ge— woͤhnung werdenden Reihen von Muskelactionen naͤhern ſich dem Inſtincte, inſoweit der Wille dabei in Betracht koͤmmt und koͤn— nen wenigſtens nicht durch irgend eine Einſicht aufgeklaͤrt werden, die wir in dieſe gemeimnißvollen Lebensbeziehungen haben. (Sir Ch. Bell unterſcheidet indeß Nerven der Inſtinctbewegung von denen der Willensbewegung.) 21 Aber wir dürfen die Bedeutung des Inſtinctes nicht bloß auf Bewegungen beſchranken. Der Ausdruck fuhrt uns auf jene lan⸗ gen Reihen von Handlungen, bei welchen ſolche Bewegungen, ſie mögen unmittelbar automatiſch ſeyn, oder eine Thatigteit der Wil⸗ lenskraft mit einſchließen, nur die Maſchinerie und; Dandluns en, welche, ſoweit wir fehen können, kein Mitwirken der Gedanz en oder des Bewußtſeyns erfordern und doch genauer und gleich förmiger ausfallen, als irgend eine Wirkſamkeit thieriſcher Intels ligenz; — Handlungen, welche bei andern Thieren merkwurdiger find, als beim Menſchen, welche immer zahlreicher werden, je— mehr wir in der Reihe der Thiere herabſteigen, und welche endlich auf der unterſten Stufe mit der Exiſtenz identiſch werden, und ſiy unmittelbar an entfprichende Functionen des vegetabiliſchen Lebens anſchließen Die Beziehung dieſes Gegenftandes zu unſerer Aufgabe liegt in der Frage, od Organe mit dieſen Actionen ebenſo verbunden ſind, wie das Gehirn mit dem Proceſſe des Denkens und Fuhlens, oder ob die Nervenſtructur nur dazu beſtimmt iſt, dieſelben weiter zu leiten Trotz einiger Beobachtungen, welche zu zeigen ſcheinen, daß wiſſe Juſtincte durch Verletzung des Gehirns und Ruckenmarks ges oͤrt oder verändert werden, haben wir doch keine ſichern Nachweiſe über dieſen Gegenſtand. Vieueicht das beſte Beiſpiel wird durch die merkwürdige Veränderung der Nerven der Inſecten gegeben bei ihren Verwandlungen von der larva zur pupa und imago. Hier liegt ober ein Grund zum Zweifel in der weſentlichen Verſchiedenheit des Lebens bei dieſen verſchiedenen Zuſtaͤnden, ſo daß nicht gerade eine nothwendige Beziehung zu den Inſtinctactionen, ſondern nur zu den Functionsveraͤnderungen angenommen werden muß. Dieſer Gegenſtand hat viel Dunteles und große Schwierigkeit in Aufſtel— lung guͤltiger Unterſcheidungen und in Auffindung entſprechender Bezeichnungen. Inſtinktactionen ſind ſo innig verbunden mit will— kuͤhrlichen Thaͤtigkeiten, — Erregung und naächſte Inſtrumente find dieſelben, — ſo daß, waͤhrend wir weſentliche Unterſchiede erken— nen, wir doch fortwährend uns verirren, wenn wir verſuchen, denſelben in die verſchiedenen Theile der Lebensoͤconomie nachzus folgen. Es bleibt uns noch eine der Hauptverrichtungen des Nerven⸗ foftems übrig, naͤmlich die Vermittelung einer Verbindung der Gefühle und Bewegungen in den verſchiedenen Theilen des lebenden Organismus, — eine Function, welche zum Theil in den bereits beſchriebenen enthalten, beſonders aber in dem Einfluſſe der Gemuͤthsbewegungen auf den Körper angedeutet iſt, jedoch auch ferner in den zahlreichen und complicirten Sympathieen ſich aus— drückt, welche auf beſondern Nervenverbindungen beruhen; Ver— bindungen, welche uns zum Theil durch directe Beobachtung oder Experiment bekannt find, während andere, noch unerkannt, den⸗ noch ſicher beſteben. Die merkwuͤrdigſten unter dieſen Sympathieen (welche uns unmittelbar auf die Frage vach der Einheit der Ner⸗ venkraft führen) find die, welche von der Beziehung der Nerven bei verſchiedenen Talenten oder Fertigkeiten abhaͤngen; — die Er: regung der Bewegung in einem Theile durch Empfindung in einem andern; — oder umgekehrt, Erregung der Empfindung durch Be— wegung; — und wiederum die Verbindung beider mit den beſon— dern Nervenfunctionen des organifchen Lebens. Ein ſehr wichtiger Schritt iſt in dieſem Theile der Phyſtologie durch eine klare Beſtim⸗ mung derjenigen ſympathiſchen oder Reflex-Actionen zwiſchen den Empfindungs und Bewegungsrerven geſcheben, welche direct durch das Rückenmark ohne Mitwirkung des Gehirns vorſichgehen. Dieſe Entdeckungen von Beziehungen, die nicht durch anatomiſche Beob— achtung direct ſich erklaren, erweitern unſere Kenntniß von dem ganzen Organismus des Nervenlebens beträchtlich und find von bes ſonderem Werthe, ſowohl fuͤr alle Theile der Pathologie, als auch für die Erklärung der natürlichen Functionen des Körpers. Sie zeigen auf eine klarere Weiſe, als dieß fruͤher der Fall war, einen einfach automatiſchen Theil des Nervenſyſtems, mit welchem Ge⸗ fühl und Wille nur indirect verbunden iſt; — welches in ſich ſelbſt die Mittel der Erregung und conſecutiven Bewegung hat und Ac⸗ tionen bervorbringt, welche wahrſcheinlich früher als alle übrigen ftattfinden, — und zu welchen die Gehirn- und Geiſtesfunctionen allmaͤlig hinzukommen, ſich damit verbindend, ſie modificirend, aber 22 niemals fie verdraͤngend. Die Verbindung dieſer automatſſchen Em» pſindungen und Bewegungen mit einigen der Erſcheinungen des Juſtinctes it bereits angegeben worden. Ihre Beziehung zu der Nervenſtructur und zu den willtührlichen Bewegungen werde ich fpäter erwähnen; alles dieß iſt von großem Jatereſſe und verdient ausführlichere Ausecinanderſatzung, als in diem leichten Umriſſe moͤglich iſt. Die vorausgeſchickten Bemerkungen erwähnen, in der That, nur die allgemeinen Probleme des Nervenſyſtems; — die verſchiedenen Puncte, welche durch Anatomie oder durch Beobachtung der Les benserſcheinungen aufgeklärt werden müffen und können; und die⸗ jenigen, welche eine rationelle Phyſiolog'e liegen laſſen wird, als außerhalb der Granzen für unſere jetzige Aufkaſſung beſindlich. Die Angabe alles deſſen, was in neuerer Zeit zur Förderung der Untere ſuchung durch die beiden erwähnten Mittel geſchehen iſt, würde für ſich ein dickes Buch erfordern, und ſch kann nur kurz die ein» zelnen Reſultate erwähnen, welche die wichtigſten Schluſſe begrüns den. Die Quellen zur Belehrung über dieſen Gegenſtand find, in der That, jetzt fo zahlreich, daß nicht mehr erforderlich iſt. Die Anwendung der Anatomie auf das Gehirn und die Ner— ven iſt eine doppelte, in Bezug auf die feinere Structur der Ner— venſubſtauz und in Bezug auf Unterſcheidung, Vertheilung und Verbindung der verſchiedenen Abtheilungen des Nervenfpftems. Die letzte Richtung iſt jetzt die wichtigſte für die Ponfioiogie und wird es wahrſcheinlich immer bleiben, da die Entwickelung annehmbarer Schluſſe ſelbſt aus der feinſten Unterſuchung der Nervenftructur große Schwierigkeit hat. Dieſe Unterſuchung, welche Ehrenberg mittelſt des Microfcops begonnen hat und welche von andern Phy⸗ fiotogen mit Gluck verfolgt worden iſt, hat allerdings viele merke wuͤrdige, zum Theil unerwartete, Refultate ergeben, welche moͤgli⸗ cher Weiſe mit der Zeit die Erklärung der Erſcheinungen und Ber ziehungen des Nervenſyſtems erleichtern konnen. Dabin gehört die Roͤhrenſtructur der die Markſubſtanz des Gehirns und der Nerven zufammenfegenden Faſern, die cylindriſche Form dieſer Röhren, an einzelnen Stellen mit Tendenz zu einem varicöfen Ausſe hen, — die Exiſtenz eines zaͤhen Inhaltes oder eines Markes, welches im Gebirue fluſſiger iſt, als in den Nerven und durch Goaaulation für ng wird, — der Mangel von Anaſtomoſen oder Vereinigungen zwiſchen den röhrenförmigen Faſern, — die ſcheindare Identitat der Structur in Empfindungs- und Bewegungsnerven, — und die eigenthuͤmlich koͤrnige Subſtanz, welche durch die gefäßreiche Tex— tur der grauen Subſtanz ebenſowohl in den Ganglien, als in dem 1 vertheilt iſt, und die Organiſation dieſer Theile charac⸗ eriſirt. So intereffonr dieſe Reſultate find, fo liefern fie doch keinen Schluͤſſel für die Erkenntniß der Bewegungen und Combinationen, welche eigentlich die Nerventhätigkeit ausmachen; auch iſt es nicht einmal nachzuweiſen, daß die als ſolche beſchriebenen Theile wirk- lich die Elemente der Nervenſtructur find. Selbſt der behauptete Unterſchied der Function der grauen und Markſubſtanz dleibt durch ſolche Unterſuchungen unerwieſen; und alle andern Unterſuchungen, welche ſich auf Verſchiedenbeit der Function beziehen, werden durch eine Gleichfoͤrmigkeit der Structur gehemmt, welche weder Folge⸗ rung noch Erklärung geſtattet. Wenn dieſe und ahnliche Thatſa⸗ chen jemals die Baſis genauer Erkenntniß werden, fo kommt die— ſes Reſultat vielleicht cher durch Entwickelung der Wiſſenſchaft außerhalb, als durch innere, aus ſich ſelbſt zu entwickelnde Beweiſe zu Stande. Indem wir zu jener allgemeinen Anatomie der Vertheilung und Verbindung der Theile des Nervenſyſtems übergeben, fo fine den wir es faft eben jo ſchwierig, die Thatſachen, welche durch die neuern Unterſuchungen feſtgeſtellt worden ſind, zu claſſificiren, als fie nur aufzuzaͤklen Die Dunkelheit der Functionen iſt hier ebenfalls eine Haupturſache der Verwirrung. In keinem Zweige der mediciniſchen Wiſſenſchaften iſt die Verbindung zwiſchen Zer« gliederung und Experimentatphyſiologje fo genau; die letztere iſt durchaus weſentlich zur Auseinanderſetzung der Theile, welche un— tertinander vermiſcht und mit einander verbunden ſind das Ause ſehen derſelben giebt fo wenig Auskunft über die Eigenfchaften. daß ein Experiment zur Erklärung der ſcheinbar augenfalligſten Bezie⸗ 2 * 23 hung unentbehrlich iſt. Unſere Kenntniß von den ſymmetriſchen Ner⸗ ven des Rückenmarks konnte als abgeſchloſſen betrachtet werden, bis die große Entdeckung von Sir Ch. Bell über die getrennte Function der hintern und vordern Wurzeln nicht allein dieſe be⸗ ſondern Functionen erklärte, ſondern auch ferner die Unterſuchungs— weiſe bezeichnete, welche auf andere analoge Structuren angewens det werden mußte. Die neuern Unterſuchungen des Verlaufs und der Functionen der Gehirnnerven, in welchen Magendie und Mayo ſo viel geleiſtet haben, zeigen dieſelbe Einwirkung; ob⸗ wohl noch Vieles unbeſtimmt gelaſſen iſt, ſo bietet die Unterfus chungsmethode doch die befte Gewähr fur endliche Erreichung des Zieles. Hier ſind aus ähnlichen Urſachen vergleichende Anatomie und Phyſiologie von größter Wichtigkeit, indem ſie allmaͤlig die gegenſeitige Verbindung aller Theile und Functionen erläutern; ob⸗ gleich, was nicht zu laͤugnen iſt, auch Schwierigkeiten für die Uns terſuchung daraus erwachſen, indem ſich Bedingungen zuigen, un⸗ ter welchen Actionen, die man gewohnlich fur willkuͤhrlich halt, ſtattfinden, auch nach Wegnahme desjenigen Theiles, auf welchen man dieſe Function bis jetzt zurückfuhrte. Dieſer letzte Umſtand fuͤhrt uns zu einer der groͤßten Berei⸗ cherungen der Phyſiologie des Nervenſyſtems, namlich die genauere Definition der Structur und Function des Cerebroſpinalorgans, in ſeiner Beziehung einerſeits zu den unwillkuͤhrlichen und In⸗ ſtinctactionen, anderntheils zu Gefühl und Willen, wodurch die Seele mit dem materiellen Organismus verbunden wird. Neuere Unterſuchungen haben hier Irrthuͤmer beſeitigt, welche alle fruͤhe⸗ ren Anſichten von dieſem Gegenſtande verdunkelten, und genaue Zer⸗ gliederungen, wodurch nicht allein verſchiedene Theile des Rücken— marks unterſchieden, ſondern auch eine zuſammenhaͤngende Struc— tur der einzelnen Nervenfaſern durch das verlängerte Mark mit Theilen innerhalb des Gehirns bewieſen iſt, zeigen (ohne ſie erklären zu Eönnen) Combinationen bewußter und automatiſcher oder in⸗ ſtinctmaͤßiger Handlungen, welche man wohl unter die eigenthuͤm— lichſten Erſcheinungen des thieriſchen Lebens rechnen kann. Aber obwohl dieſe Abtheilung der Structurverhältniffe jetzt beſſer bekannt iſt, als zuvor, ſo bleibt doch noch viel zu vollſtoͤndi⸗ ger Auseinanderſetzung uͤbrig. Selbſt die Art der Theilung des Ruͤckenmarks iſt nicht vollkommen beſtimmt; einzelne Unſicherheiten bleiben in Bezug auf die Empfindungsfunction der hintern Stränge übrig; eine Zutheilung einer Function fuͤr die mittlern oder ſeitli— chen Stränge ift noch unſicher. Die Fragen über Urſprung und Ende in einzelnen Theilen des Gehirnes iſt unerledigt, ſelbſt was die Art der Beſchreibung dieſer Thatſachen betrifft; und Vieles iſt noch zu lernen, in Bezug auf die Commiſſuren oder Kreuzungen zwiſchen den Theilen des Ruͤckenmarks ſelbſt. Ferner bleibt noch zu erweiſen, ob noch ein ſpecielles Structurverhaͤltniß vorhanden iſt, welches den Reflexactionen entſpricht, die durch das Ruͤcken⸗ mark allein, unabhaͤngig von aller Verbindung mit dem Gehirne, zu Stande kommen, — ein wahres Spinalſyſtem, von deſſen ercitoriz ſchen und motoriſchen Nerven der mechaniſche Theil der Reſpira⸗ tion, Ingeſtion und Egeſtion der Nahrung und überhaupt die Ac— tionen der Muͤndungen und Sphincteren am ganzen Koͤrper ab⸗ haͤngen. Dieß indeß iſt ein Punct von ſolcher Wichtigkeit fuͤr alle unſere Anſichten uͤber die Functionen des organiſchen Lebens, daß es wahrſcheinlich nicht lange im Ungewiſſen bleiben kann. (Grain ger's getrenntes Syſtem der Spinalnerven iſt anatomiſch noch nicht hinlaͤnglich erwieſen). Unter den Umftänden, welche in neuerer Zeit in Bezug auf Empfindungs- und Bewegungsnerven ermittelt worden find, hat für unſere kuͤnftige Kenntniß vielleicht die größte Wichtigkeit die Nachweiſung der Ganglien am hintern Ende der Spinalnerven; — die Convergenz von verſchieden-functionirenden Nerven in derſelben Scheide; — die Individualität jedes Nervenfadens, ſoweit er zu beobachten iſt, vom peripheriſchen Ende bis zum Centrum; — und die Art der Endigung der Nerven, entweder einzeln oder in einem Netzwerke oder durch Verbindungsſchleifen zwiſchen den Faſern, wie in den Muskeln, im Allgemeinen durch den ganzen Koͤrper. Dieſe und andere Thatſachen, welche nun einige wenige Folgerungen ge— ſtatten, werden ſpaͤter ohne Zweifel einen Theil der ſicherern und 24 zuſammenhaͤngenden Kenntniß ausmachen, zu deren Erlangung alle ſolche Beobachtungen mehr oder weniger direct beitragen. h Der Apparat des ſympathiſchen Nerven und feiner Ganglien, welcher hauptſaͤchlich dem erganiſchen Leben dient, kann mit Recht die terra incognita des Nervenſyſtems genannt werden. Seine Anatomie wird nur durch eine ſehr ſtückweiſe und dunkele Phyſio— logie unterjtügt, und feine Beziehungen ſind nur fragweiſe aufzu— ſtellen, ſelbſt bei den Organen und Functionen, welche den ge— naueſten Zuſammenhang damit zu haben ſcheinen, wovon die Actio- nen des Herzens ein klares Beiſpiel abgeben. Die Art der Ver— bindung dieſes Syſtems mit dem Cerebroſpinalſyſteme zeigt eine lange Reihe ungeloͤſ'ter Fragen, und die Experimente des Ur. W. Philip und Anderer haben, indem ſie gewiſſe Puncte feſtſtellten, doch die Anzahl der noch zu loͤſenden Fragen vermehrt. Die Na— tur und Function der Ganglien (welche den Uebergang der Kraft von den groͤßern Nervencentris entweder bedingen oder modificiren und leiten) ſind uns nur durch Annahmen bekannt, und ſelbſt durch dieſe noch zu unbeſtimmt, als daß ſie ats ein Gegenſtand der Wiſ⸗ ſenſchaft erwähnt werden dürften. Die Verbindung des ſympathi⸗ ſchen Nerven mit dem Gefäßſyſteme und mit der allgemeinen Er⸗ regbarkeit des Koͤrpers ſind andere Puncte von gleichem Intereſſe, aber von nicht minderer Unbeſtimmtheit. Unſere gegenwärtigen Kenntniſſe, ruͤckſichtlich des Gehirns, ere geben ahnliche Fragen, die ſich in Ruͤckſicht auf Anzahl urd Schwierigkeit vermehrt haben, ſeitdem einige Phyſiologen daſſelbe als eine Gruppe von Ganglien beſchrieben und mit den Functio— nen des Geiſtes in nähere Verbindung gebracht haben, wenn ich mich fo ausdruͤcken und eine raͤumliche Bezeichnung für etwas ans wenden darf, was, nach unſerer Beurtheilung, keine Beziehung zum Raume haben kann. Wenn wir uͤber die ſcheinbare Verbindung und Endigung (das letzte ſelbſt ift zweifelhaft) der Bündel der Em- pfindungs- und Bewegungsnerven hinausgehen, fo wird die Ana⸗ tomie des Gehirns wenig mehr als eine Beſchreibung von Schein— barkeiten, die von verſchiedenen Beobachtern verſchieden geordnet worden ſind; und Phyſiologie iſt auf einzelne Thatſachen beſchraͤnkt, welche groͤßtentheils entweder aus der Pathologie oder aus der vergleichenden Anatomie und Experimenten an lebenden Thieren ab— geleitet worden ſind. Alles dieß iſt an Zahl und Genauigkeit er- weitert, es ſind manche merkwuͤrdige Schluͤſſe daraus gefolgert worden; unterſucht man aber den Gegenſtand aufrichtig, ſo wird man ſehen, wie wenige Folgerungen als abgeſchloſſen betrachtet werden koͤnnen. Pathologiſche Beobachtungen, ſo groß auch zu— letzt ihr Werth ift, haben bis jetzt durch ihre Widerſpruͤche die Uns terſuchung mehr verwirrt, als aufgeklärt, und die Reſultate wirklis cher Experimente treffen hiermit, fo wie unter einander, nur fo theil— weiſe zuſammen, daß jede Folgerung aus ihnen noch durch fernere Unterſuchung beftätigt werden muß. Ohne in beſondere Details einzugehen, kann ich hier als ein auffallendes Beiſpiel nennen — unfere Unbekanntſchaft mit den Functionen der grauen und der Mark: ſubſtanz, ja des Gehirns ſelbſt oder anderer Ganglien. Ihre Ver: ſchiedenheit wird durch manche weſentliche Unterſchiede der Struce tur und Vertheilung bewieſen; aber aus keiner dieſer Quellen ers halten wir Aufklaͤrung über die Beſtimmung und gegenfeitige Bee ziehung derſelben; alle bis jetzt daruͤber ausgeſprochenen Anſichten find nur als Hypotheſen zu betrachten: die wahrſcheinlichſte iſt viel⸗ leicht die, wodurch der Mark- oder Faſertheil als Leiter und Der: binder der Kraͤfte betrachtet wird, welche in dem grauen Theile entſtehen; aber die Unbeſtimmtheit dieſes Ausdruckes zeigt ſchon, wie weit wir noch von einer ſichern Kenntniß entfernt ſind. Daſ— ſelbe laͤßt ſich ruͤckſichtlich der Functionen des Cerebellums ſagen, welches, trotz aͤußerſt genauer Zergliederung und vieler Experimente, uns doch nur in Bezug auf gewiſſe partielle Bewegungserſcheinun— gen bekannt iſt, vielleicht nicht einmal das wichtigſte Attribut die⸗ ſes Organs. (Ich habe, z. B., Noten uͤber Faͤlle, in welchen, trotz des Mangels gehöriger Richtung bei den Koͤrperbewegungen, den⸗ noch nach dem Tode keine merkbare Veraͤnderung in dem kleinen Gehirn aufzufinden war.) Die Bezeichnung der „medulla oblongata“ ift vielleicht eine ungluͤckliche, da durch einen einzigen Namen getrennte Theile von verſchiedenem Character, und zwei von dieſen, die Bewegungs- und 25 Empfindungsſtraͤnge, wie es ſcheint, nur bei ihrem Durchgange zum Gehirn dadurch bezeichnet werden. Außer demjenigen, was wir über die Functionen dieſer Stränge und über die Verbindung der corpora o varia mit den Reſpiratlonsbewegungen durch den vagus wiſſen, zweifele ich, ob irgend etwas Sicheres über dieſen Theil der Hirnſtructur zu ſagen iſt. Die Experimente von Flourens u. A., welche die medulla oblongata als den beſondern Sitz der Empfindung und des Willens bezeichnen, ſind, obwohl wir ſie nicht anders zu erklären wiſſen, dennoch denſelben Zweifeln unterworfen, welche in gewiſſem Grade alle Beobachtungen dieſer Art begleiten. Obwohl wir ſaͤmmtlichen Commiſſuren nicht mehr zuſchreiben koͤnnen, als Verbindung der verſchiedenen Theile des Gehirns und beſonders beider Seiten deſſelben, ſo ſind dennoch dieſe Verbindungs— organe von beſonderem Intereſſe, ſowohl in der Geſundheit, als in der Krankheit. Indem ich nothwendig in dieſer Skizze das uͤbergehe, was durch die neuere Anatomie in Bezug auf die eigenthümlichen Cerebralner— ven erlangt worden iſt, und indem ich die ruüͤckſichtlich ihrer Func⸗ tion und Verbindung noch zu beantwortenden Fragen bei Seite laſſe, kann ich noch auf einen andern wichtigen Punct in der Phyſiolo— gie des Gehirns hinweiſen, naͤmlich auf die Functionen der Hemi⸗ ſphaͤren; — Theile, welche nach ihrer Größe, eigenthuͤmlichen Structur und fortſchreitenden Entwickelung von den niedern Wir— belthieren bis zum Menſchen offenbar von beſonderer Wichtigkeit fuͤr einige unſerer hoͤhern Faͤhigkeiten ſind. Daß die eigentliche Natur der Beziehungen derſelben noch unbekannt iſt, koͤnnte als ein weiterer Beweis der Unvollkommenheit dieſes Tbeils der Phy— ſiologie und der damit verbundenen Schwierigkeiten betrachtet wer— den. Die Reſultate von Verletzungen oder Krankheiten, der anges borne Structurmangel bei Idioten und die directen Experimente von Flourens u. A. haben einigen Phyſiologen hinreichend geſchie— nen, dieſen Gehirntheil als Sitz der intellectuellen Functionen bezeich— nen zu dürfen. Ein beſſerer, mit unſerer Kenntniß mehr überein: ſtimmender Ausdruck iſt der, daß dieſe Theile gewiſſe geiſtige Thaͤ— tigkeiten ſo vermitteln, daß jede Verletzung der Structur in ver— bältnißmäßiaem Grade die damit verbundenen Functionen beeintraͤch— tigt. Aus ſchon erwähnten Gruͤnden iſt es bier eben fo wichtig als ſchwierig, die Sprache auf einfache Bezeichnung der Facta zu beſchraͤnken. Die complicirte Natur der Thaͤligkeiten ſelbſt (welche durch Definition nethwendig getrennt werden muͤſſen, obwohl ſie für unſer Bewußtſeyn nur Theile einer Einheit find), erſchwert ferner alle Schlüffe aus den verſchiedenen bis jetzt genannten Quel⸗ len der Belehrung. (Schluß folgt.) ere Von dem Gußeifen finde ich eine mir ganz neue Eigen⸗ thuͤmlichkeit in einer Abhandlung erwaͤhnt, welche Hr. Wilkin⸗ fon der Roy. Asiatic Society zu London vorgeleſen hat. Naͤm⸗ lich die, daß Gußeiſen ſich von freien Stuͤcken erbitzt, wenn es in die Luft gebracht wird, nachdem es mehrere Jahre unter Salzwaſ— ſer gelegen. Die ſonderbarſte Thatſache der Art beobachtete man 26 im Juni 1836, wo, vermittelſt eines Taucherapparates, von, dem im Juli 1545, alfo vor 300 Jahren, an der Inſel Wight in einem Sergefechte untergegangenen Schiffe Mary Rose einige Kanonenku⸗ geln zu Tage gebracht wurden. Dieſe Kugeln wurden, als ſie der Luft auegefigt wurden, heiß und zerſielen in Stucke. Auch be: merkte man, daß fie alle 36 pc an Gewicht verloren hatten. Ein eiferner Ring von einer der Kanonen dieſes Schiffes, welchen Hr. W. vorzeigte, und welcher von geſchmiedetem Eiſen verfertigt war, war nicht fo verändert, wie das Gußeiſen, ſondern bloß oxydirt. Hr. W. gab an, daß die Gußeiſen-Roſte (cast iron grate), welche lange in den Porter-Bottichen (porter-vats) der großen Londoner Brauereien gelegen, ſich aus ahnlichen Urfadyen erhitzten, wenn der Porter abgezogen wird. Er erinnerte an die Gußeifen „Schuͤtzer“, welche, nach Sir Humphry Davy's Empfehlung, an den Kupfers beſchlag von Schiffboͤden befeſtigt werden, um deren Gorrofion durch Salzwaſſer zu verhindern und fügte hinzu, daß in dieſem Falle die Wirkung des Salzwaſſers auf das Eiſen durch die galvaniſche Wir⸗ kung des Contacts der beiden Metalle verſtaͤrkt wurde. Das Eifen verliert in zwei, drei Jahren die Hälfte feines Gewichts, obgleich es feine urſprüngliche Form beibehaͤlt; und an einem großen Stucke, weiches Hr. W. vorzeiate, war das Gewicht faſt bis auf die Leich⸗ tigkeit des Korks reducirt, und dieß Stuck zeichnet auf Papier ge⸗ rade fo wie Reißblei. Die Urſache iſt in allen dieſen Faͤllen die geringe Quantität des in Waſſer aufgelöf’t gehaltenen kohlenſauren Gaſes indem dieß von der atmoſphaͤriſchen Luft aufgenommen wird, welche immer etwa 1 pC. dieſes Gaſes enthält. Dieſes kohlenſaure Gas iſt die Urſache des Roſtens. Hr. W. wies dieß nach auf eine einfache Weiſe, indem er zwei Flaſchen vorzeigte, wovon die eine Ei⸗ fen in gewoͤhnlichem Waſſer, die andere in Waſſer, welches feiner Koblenfäure beraubt war, enthielt; in letzterer war das Eiſen voͤl— lia glaͤnzend, obgleich es zwei Jahre unter Waſſer geweſen war; in erſterer war es mit Roſte bedeckt. Dieſe Thatſachen gaben uͤber die Urſache der zuerſt erwähnten ſonderbaren Erſcheinung eine Aufklaͤrung. Den Chemikern iſt bekannt, daß mehrere Metalle, wenn ſie ſehr fein zertheilt ſind, ſich freiwillig entzuͤnden, durch die Abſorption des Sauerſtoffs. Gußeiſen, welches lange Zeit der Wirkung des Salzwaſſers ausgeſetzt war, iſt in dieſem Falle: es iſt namlich, in der That, faſt ganz Kohlenſtoff, und das wenige Metall, was in der Maſſe vertheilt bleibt, iſt natürlich ſehr fein zertheilt. Bei der Ausſetzung an der atmoſphaͤriſchen Luft fand nun eine Abſorption des Sauerſtoffs ſtatt und große Hitze wurde entwickelt. Neuerzeugte Salz⸗Ablagerungen. In den Salzgruben von Hallein hat man Grubengeraͤthe und in ſo einer Lage, in Beziehung auf die jetzt in Bearbeitung begriffenen Steinſalzlager, gefunden, daß man zu dem Schluſſe gelangt, es muͤſſen ſeit dem Anfange der Bearbeitung dieſer Gruben Ablagerungen von Salz ſtattgehabt haben: Ablagerungen, die durch die Einwirkung von Waſſer auf die vorher exiſtirenden Lager von Steinſalz entſtanden find Dieſe Thatſache iſt in mehrerer Ruͤckſicht intereſſant, und muß auch als Erinnernung für Geologen dienen, damit fie forgfältig zwiſchen ur⸗ ſpruͤnglichen, alten Salzlagern, und zwiſchen den Ablagerungen von ſehr neuem datum, die erſt durch die Einwirkung von Waſſer und Luft auf die alte Formation entſtanden ſind, unterſcheiden. —— — — e * Wr 1 ri Ueber das Stottern. > Von einem Arzte, der früher ſelbſt geſtottert. Mitgetheilt vom Dr. Du Soit zu Moudon in der Schweiz. Das Stottern iſt eine Neuroſe oder ein zuweilen to⸗ niſcher, zuweilen chroniſcher Krampf der Reſpirationsorgane, deſſen Wirkung darin beſteht, daß er dieſe Organe der Herr— ſchaft des Willens entzieht, und ſobald dieſer Krompf auf⸗ hoͤrt und das Athmen regelmäßig von Statten geht, hoͤrt auch das Stottern auf. Die meiſten Schriftſteller, welche vom Stottern gehanz delt haben, ſuchten den Grund deſſelben in den Sprachwerk⸗ zeugen, der Zunge und den Lippen, in der unregelmäßigen, 27 convulſiviſchen Bewegung dieſer Theile und ihrer fehlerhaften Lage in Bezug auf den Gaumen und die Zaͤhne. So glaubt Hervez de Chégoin die Urſache in der abfoluten oder relativen Kleinheit des fleiſchigen Gewebes der Zunge, in der Dicke oder Kürze ihres Bandes, wodurch fie in ihrer Des wegung beſchraͤnkt und die Articulation der Toͤne verhindert werde, zu finden. Allein bei der großen Mehrzahl der Stot— ternden ſind die Organe gut gebildet, und wollte man dieſe Veranlaſſungsurſachen fuͤr die richtigen gelten laſſen, ſo wuͤrde man die unendlich vielen Varietaͤten des Stotterns und den Einfluß, den geiſtige Affecte auf daſſelbe aͤußern, noch nicht erklärt haben. Dieſe beiden Falle dürfen daher nur als Ausnahme gelten. Viele ſuchen, wie Sauvage und Itard, den Grund des Stotterns in der Schwaͤche der Zungenmuskeln Allein koͤnnen die Stotternden nicht alle ſichtbaren Bewegungen der Zunge und Lippen mit der groͤß— ten Leichtigkeit ausfuͤhren? Liegt hier nicht offenbar eher ein krampfhafter, als ein Zuſtand von Schwaͤche vor? Wie ließe ſich im letztern Falle das Aufhoͤren des Stotterns im Alter erklären, da es ſich doch, wenn es von Schwaͤche ber: rührte, dann verſchlimmern muͤßte? Andere wollen die Ur— ſache des Leidens in der Art, wie das Gehirn auf die Stimmmuskeln wirkt, erkennen, und dieſe Erklärung muͤßte man fuͤr richtig gelten laſſen, wenn ſie nicht zu vag waͤre, und wir werden gleich ſehen, daß die Vertheidiger derſelben die wahre Natur des Stotterns ebenfalls nicht begriffen has ben. Rullier ſagt im Artikel Begue des Dictonnaire de Médecine: „Bei'm Stotternden ſprudeln die dem Gedanken folgenden und Behufs der Faſſung der letztern in Worten auf die Sprechmuskeln einwirkenden Nervenſtroͤmun— gen mit ſolcher Kraft hervor und wiederholen ſich mit ſol— chet Geſchwindigkeit, daß die Bewegung der artikulirenden N ihnen ſchlechterdings nicht ſchnell genug entſprechen ann!“ Es heißt aber gewiß den Stotternden zu viel Ehre er— zeigen, wenn man ihnen einen ſolchen Ideenreichthum und eine ſo ſtuͤrmiſche Thaͤtigkeit des Gehirns beimißt. Ich, mei⸗ nestheils, muß geſtehen, daß ich nie etwas Aehnliches ver— ſpuͤrt habe, und ich kenne mehrere Stotterer, bei denen die Thaͤtigkeit des Gehirns ſehr gering iſt, und die ſich eher durch Schlaffheit, als Lebhaftigkeit auszeichnen. Wäre jene Erklaͤrungsart die richtige, ſo ſollte man auch glauben, das Stottern muͤſſe bei den Frauen öfter vorkommen, als bei den Männern, da bei jenen die Gehirnthaͤtigkeit gewiß ſt uͤr miſcher hervorſprudelt, als bei dieſen, und doch beobachtet man gerade das Gegentheil. Hr. Magendie will das Stottern durch eine mangelhafte Thaͤtigkeit der organiſchen Intelligenz er— klaͤren, durch welche die Bewegungen der Stimmorgane, welche zugleich unter der Herrſchaft des Nervenſyſtems des organiſchen Lebens und unter der der Gehirnthätigkeit ſtehen, beeinträchtigt werden. Dieſer Erklaͤrungsart kann man eben— falls den Vorwurf machen, daß ſie zu unbeſtimmt ſey. Man kann ſich nach derſelben keine deutliche Vorſtellung von dem Grunde des Stotterns bilden und auch kein Heilmittel von derſelben ableiten. Die Erklärung von Charles Bell hat mit den beiden letztern viel Aehnlichkeit und unterliegt 28 denſelben Einwuͤrfen; ſeiner Anſicht nach, ruͤhrt das Stot— tern daher, daß die Faͤhigkeit, die verſchiedenen die Sprache bildenden Thaͤtigkeiten mit einander in Einklang zu bringen, in mangelhaftem Grade vorhanden iſt. Wir wollen nun beobachten, was mit einem Stottern— den vorgeht, wenn derſelbe zu ſprechen verſucht; wir haben zu dieſem Ende zwei Abarten zu betrachten, die man auch fuͤr zwei Grade gelten laſſen kann. Bei dem erſtern, ge— lindern (welchen Malbouche „vorderes Stottern“, Co— lombat „bégaiement labio-choreique“ “) nennt), redet der Stotterer ziemlich gelaͤufig; allein wenn ein Wort mit gewiſſen Conſonanten anfaͤngt, als p, b, », und die Ausz ſprache deſſelben mit dem Ende einer Exſpiration zuſammen— trifft, fo fließt der Athem nicht mehr gleichfoͤrmig, ſondern ſtoßweiſe, ſchnaubend und beſchleunigt aus, und indem ſich der Stotterer bemuͤht, das Wort auszuſsrechen, bewegen ſich ſeine Lippen convulſiviſch. Zuweilen befinden ſich die Lippen mehr in einem Zuſtande von toniſchem Krampfe, und zuletzt uͤberwindet der Stotterer die Schwierigkeit, was ihm aber jedesmal ganz ſicher gelingt, wenn er wieder Athem geſchoͤpft, oder eine Einathmung vollzogen hat, wie Hr. Malbouche ganz richtig bemerkt. Bei'm zweiten Grade (dem hintern Stottern, nach Malbouche, oder dem begaiement gutturo-tetanique “), nach Colomba) befindet ſich der Stotterer mit weitgeoͤffnetem Munde in der Unmoͤglichkeit, einen Laut von ſich zu geben, ſelbſt wenn das Wort, das er ausſprechen will, mit einem Vocale anfaͤngt (wie mir dieß oft mit dem Worte oui begegnete); das Geſicht und der Hals ſchwellen an, die venae jugulares treten heraus; bei Manchen iſt der Zuſtand mehr veitstan;=, bei andern mehr ſtarrkrampfartig. Ich kenne einen Stotterer, der, ſo— bald er ſprechen will, ſich im Kreiſe dreht und mit den Ar— men ſchlaͤgt, als ob er vom Veitstanze befallen waͤre. Hier— aus ergiebt ſich, daß die von Hrn. Colombat aufgeftells ten Benennungen nicht richtig gewaͤhlt ſind; denn bei der von ibm labio-choreique genannten Varietaͤt iſt der Zus ſtand oft tetaniſch, fo wie bei der, welche er gutturo-teta- nique nennt, haͤufig choreiſch. Beide Varietaͤten finden ſich auch öfters bei demſelben Individuum zuſammen. So fins det ſich ein Stotterer des erſten Grades zuweilen gleich, wenn er zu reden anfangen will, behindert, wenn das erſte Wort mit einem ſchwer aus zuſprechenden Conſonanten beginnt; die Furcht, ſtecken zu bleiben, macht alsdann ſeine Reſpiration ſchnaubend, und er bleibt ſtumm, wie ein Stotterer des zwei— ten Grades. Bei beiden Graden hoͤrt das Stottern in Folge einer kraͤftigen Einathmung auf; allein es tritt bald wieder ein, wenn der Stotterer nicht ſehr darauf achtet, daß er regelmaͤßig atbmet, und es kehrt mehr oder weniger oft und ſtark wieder, je nachdem die Reſpiration mehr oder we— niger unregelmäßig iſt, und die Gemuͤthsbewegungen des Patienten auf Steigerung oder Verminderung der Willens— kraft des Gehirns hinwirken. Wenn man aber den Stot— ) Veitstanzartiges Lippenſtottern. *) Dem ſtarrkrampfartigen Kehlſtottern. 29 terer dazu vermag, regelmäßig zu athmen, feine Reſpiration in einem beſtimmten Tacte gehen zu laſſen, wie dieß bei'm Singen und Declamiren ſtattfindet, fo wird der Fehler ſich nicht offenbaren, und wenn er beim Sprechen Überhaupt ſich demſelben Zwange zu unterwerfen vermag, ſo wird er nie ſtottern. Zu dieſem Reſultate führt die Methode des Hrn. Serres direct, waͤhrend andere daſſelbe nur mittelbar herbeiführen, Nach dem eben Geſagten leuchtet ein, daß der weſent— liche Unterſchied der von den Schriftſtellern uͤber dieſe Ma— terie aufgeſtellten Varietaͤten des Stotterns darin liegt, daß die Organe des Ein- und Ausathmens in einer veitstanz— oder ſtartkrampfartigen Zuſtand gerathen, wodurch bei der erſtern Varietaͤt die Erzeugung der Laute behindert, bei der letztern verhindert wird. Was mit den Lippen, der Zunge und der Kehle vorgeht, iſt nur Nebenſache und bil— det lediglich Modificationen eines und deſſelben Leidens. Wir haben bereits geſagt, daß jeder Grad des Stotterns ſich dadurch fuͤr den Augenblick heben laͤßt, daß man kraͤftig einathmet, und den unwillkuͤhrlichen, unregelmaͤßigen Bewe— gungen der Reſpirationsorgane dadurch ein Ende macht, daß man ſie durch die vom Gehirne ausgehende Wirkung des Willens regulirt. Vermittelſt dieſes, mir vom Dr. Lindt zu Bern empfohlenen Verfahrens habe ich mich vom Stot— tern curirt, als ich 20 Jahre alt war, und obgleich das Leiden bei mir in einem ſehr hohen Grade ſtattfand. Die Cur wurde wahrſcheinlich durch die gymnaſtiſchen Uebungen, die ich damals mit großem Eifer trieb, und denen ich den Einfluß zuſchreibe, daß ſie die Einwirkung des Gehirns auf das ganze Muskelſyſtem vermehrten, einigermaßen beguͤnſtigt. Es bleibt uns nun noch nachzuweiſen, daß alle gegen das Stottern angewandten Heilverfahren, die ihre Erfinder fuͤr rationell ausgaben, weil fie dieſelben auf die von ihnen aufs geſtellte Aetiologie des Stotterns gegruͤndet hatten, rein empiriſch ſind, eben weil jene Aetiologie falſch war und alle nur deßhalb anſchlugen, weil ſie, ohne daß deren Erfinder dieß wußten oder beabſichtigten, das Athemholen regelmaͤßig machten. Wir wollen mit Demoſthenes beginnen, der ſich dadurch curirte, daß er am Meeresufer mit kleinen Steinen im Munde (wodurch er nur noch eine Schwierigkeit mehr zu beſiegen bekam) Verſe von Euripides und Sophocles, ſo wie ſeine eignen Reden declamirte. Itard dagegen ſchlug ein mechaniſches Mittel zum Aufheben der Zunge, und die Uebung im Reden einer fremden Sprache vor; in: deß machte feine Methode wenig Gluͤck. Vo iſin erkannte zwar den krampfhaften Character des Stotterns, vervoll— kommnete aber die Behandlung in keinem Stuͤcke. Mad. Leigh wollte bemerkt haben, daß die Stotterer die Zunge zu tief ſenkten, und da ſie dieß fuͤr den Grund des Stot— terns hielt, ſo wollte ſie die Cur dadurch bewirken, daß ſie anrieth, die Zunge ſtets hoch an den Gaumen anzulegen. Auf dieſe Weiſe heilte fie binnen drei Jahren 150 Stotte— rer. Die Herren Malbouche, welche die Methode der Mad. Leigh nach Europa brachten, fanden dieſelbe ſehr mangelhaft, indem fie nicht weniger als LI fehlerhafte Stel— 30 lungen der Zunge bel Stotterern erkannt haben wollten und gegen dieſe eben fo viele corrigirende Stellungen in Vor— ſchlag brachten. Allein Hr. Magendie bemerkt ganz rich— tig, daß dieſe verſchiedenen Lagen der Zunge nur auf eine theoretiſche Spitzfindigkeit hinauslaufen, und daß die Stots terer ihren Fehler loswerden koͤnnen, wenn ſie ihre Zunge in irgend eine beliebige Lage beingen, ja ſogar, wenn fie dieſelbe in eine Backen zahnluͤcke im Unterkiefer einführen, wos von Hr. Her vez de Chégoin ein Beiſpiel anführt. Als lerdings wird die Zunge bei den Stotterern aus Mangel au Uebung traͤge, und wenn faſt Alle, die ſich mit der Heilung des Stotterns befaßt haben, daruͤber einig ſind, daß es zweckmaͤßig ſey, die Zunge eine gewiſſe Lage einnehmen zu laſſen, ſo ruͤhrt dieß daher, daß ſie die Uebung dieſes Orga— nes fuͤr vortheilhaft erkannt haben, indem daſſelbe ſo der Herrſchaft des Gehirns mehr unterworfen wurde. Offenbar wird man daſſelde Reſultat durch die Uebung erlangen, wel— che das Declamiren giebt, was ſich aus dem Beiſpiele des Demoſthenes ergiebt, der ſich bemühte, das Getöfe der Wellen zu uͤberſchreien; allein durch die bloße Uebung der Zunge, und ohne daß man das Athmen regelmäßig zu ma— chen ſucht, wird man ſicher das Stottern nicht heilen. Dieſes letztere Mittel wendet aber Hr. Malbouche an, indem er ſeine Zoͤglinge, ſo oft ſie ſtocken, eine Einathmung vollziehen laͤßt, obwohl er in dieſer Vorſchrift nur ein bei— laͤufiges Huͤlfsmittel ſieht. Ich will hier beiſpielsweiſe eines Umſtandes gedenken, aus dem ſich ergiebt, auf was fuͤr Spisfindigkeiten Hr. Malbouche feine Theorie gründet. Das p gehoͤrt unter die Lippenconſonanten; allein da die Stotterer faſt keinen Buchſtaben ſo ſchwer ausſprechen, als dieſen, was zu der Theorie des Hrn. Malbouche nicht paßt, nach welcher anzunehmen waͤre, das Stottern beſtehe lediglich in den fehlerhaften Bewegungen der Zunge, ſo hat er das p zu den Zungenbuchſtaben rechnen muͤſſen, waͤhrend ſich doch Jedermann davon uͤberzeugen kann, daß die Aus— ſprache des p durchaus keine Bewegung der Zunge in Ans ſpruch nimmt. Uebrigens legte Mad. Leigh ihren Zögline gen außer den Uebungsſtunden unbedingtes Stillſchweigen auf, und ſie bemerkte, daß diejenigen, bei denen der Wille eine bedeutende Staͤrke hatte, leicht curirt wurden; was of— fenbar daher kam, daß es dieſen leichter wurde, die unregel— mäßigen Bewegungen ihrer Reſpirationsorgane zu bemris ſtern. Die beiden noch zu unterſuchenden Methoden wirken mehr direct auf. die Reſpiration, ohne dieß jedoch als we— ſentlichſtes Princip zu Grunde zu legen. Hr. Colombat hat, außer der Aufſtellung der, wie oben gezeigt, unhaltbaren Varietaͤten des Stotterns, die er die lippen⸗veitstanzartige und kehl-ſtarrkrampfartige nennt, dieſe noch ganz unnöthigerweiſe in 10 Unterabarten gebracht, von denen jede eine eigenthuͤmliche Behandlungsart in An— ſpruch nehmen ſolle. So fehlerhaft aber auch feine Theorie ift, fo laͤßt doch feine Curmethode wenig zu wuͤnſchen übrig, und ſie paßt zu der von uns aufgeſtellten Theorie ſehr wohl. Sie beſteht in der gleichzeitigen Anwendung von nachſtehen⸗ den drei Mitteln: 1) Die Zunge wird in eine ſolche Lage gebracht, daß die Spitze nach Oben und Hinten gerichtet iſt. 31 in 2) Bei'm Anfange jedes Redeſatzes athmet man tief ein, und wiederholt dieß mehr oder weniger oft. 3) Bei'm Spre— chen ſchlaͤgt man den Tact, indem man mit dem Daumen auf den Zeigefinger klopft. Es leuchtet ein, daß man bei Beobachtung dieſer Regeln nicht ſtottern werde, und man wird ſich uͤber den guten Erfolg dieſer Methode nicht zu wundern haben, da dieſe weſentlich darin beſteht, daß man den Stotterer jedesmal, wenn er einen Redeſatz beginnt, eine Inſpiration machen und die Zeit der Erneuerung der Einathmungen durch die Bewegung des Daumens gegen den Zeigefinger anzeigen laͤßt. Auf dieſe Weiſe hat, trotz der fehlerhaften Theorie, der Empirismus zur völlig richtigen Bes handlung des Stotterns gefuͤhrt. Hr. Serres von Alais endlich iſt darauf verfallen, das Articuliren jedes Tones von einer heftigen Bewegung des Armes begleiten zu laſſen. Um die Lage der Zunge bekuͤm— mert er ſich nicht, und dennoch hat dieſe Methode denſelben guten Erfolg, wie die vorige. Allein weder Herr Serres, noch Hr. Itard, der uͤber dieſes Verfahren berichtet, und daſſelbe ſehr ſonderbar findet, hat bemerkt, daß man bei je— der kraͤftigen Bewegung ausathmet, daß alſo der Zoͤgling, um bei jedem Laute eine kraͤftige Bewegung machen zu koͤn— nen, immer einen guten Vorrath von Luft in den Lungen haben und ſich daran gewöhnen muß, nur während des Aus— athmens zu reden. Ich erinnere bei dieſer Gelegenheit noch an Das, was ich uͤber die Nuͤtzlichkeit der gymna— ſtiſchen Uebungen in Betreff der Vermehrung der Wil— lenskraft und der Thaͤtigkeit des Gehirns in Bezug auf de— ren Einwirkung auf das ganze Muskelſyſtem geſagt habe. Die von Hrn. Serres ausgeſprochene Anſicht, daß die Behandlung des Stotterns in einer Gymnaſtik der Reſpi— rations- und Stimmorgane beſtehen muͤſſe, iſt eben ſo neu, als in practiſcher Beziehung fruchtbar. So duͤrfte ich denn den Zweck, den ich mir vorgeſetzt, erreicht haben, naͤmlich die Methoden, das Stottern zu hei— len, welche ſich bis jetzt am nuͤtzlichſten bewaͤhrt haben, mit der Theorie in Einklang zu bringen, und nachzuweiſen, daß ihr weſentlicher Nutzen darin beſteht, daß fie die Bewegun— gen der Reſpirationsorgane regelmaͤßig machen. (Gazette médicale de Paris, 7. Mars, 1840.) 82 Miscellen. In Bezug auf Lufteinblaſen bei Asphyxie hat Dr. Durrant einige Verſuche angeſtellt, um zu beſtimmen, was fuͤr Safe in den asphyxirten Lungen und in welchem Verhaͤltniſſe fie vor handen ſeyen. Erſter Verſuch. Bei einem aufgehaͤngten Hunde wurde unmittelbar nach Erloͤſchen des Lebens die trachea bloßge— legt und unterbunden, fo daß keine atmoſphäriſche Luft in die Lun⸗ gen eindringen konnte; nun wurde der Körper unter Waſſer ge— bracht, die trachea in der Naͤhe der Lungen geoͤffnet und durch Compreſſion der Lungen die darin enthaltene Luft ausgetrieben und in einem Gefaͤße aufgefangen. Durch Stickſtoffgas wurde dieſe Luft unterſucht und es fand ſich, daß nur wenig Oxygen darin war, da die rothen, ſalpetrigſauren Daͤmpfe kaum bemerkbar waren. Zwei⸗ ter Verſuch. Ein Hund wurde ertraͤnkt und die trachea unter Waſſer unterbunden. In dieſem Falle wurden gar keine rothen Dämpfe ſichtbar. Dritter Verſuch. Um genauer die Quanti⸗ tät des noch in der Luft enthaltenen Oxygens zu erfahren, wurden mehrere Thiere gebunden und durch Strangulation getoͤdtet. Die aus den Lungen erhaltene Luft gab bei Zutritt von Stickſtoffgas ſehr leichte rothe Daͤmpfe, die uͤbrige Luft wurde mit folgen— dem Reſultate forgfältig analyſirt. Nachdem fie zuerſt von Koh— lenſaͤure vorſichtig befreit war, wurde fie über Mercur vollkom- men getrocknet und ſodann mit Hydrogengas der Wirkung eines Platinſchwammes ausgeſetzt, wodurch ſich ergab, daß ſie nur 175 Proc. Oxygen enthielt, waͤhrend die ausgeathmete Luft, nach Ent— fernung der Kohlenſaͤure, 13 Proc. enthält. Hiernach ſcheint es für Belebungsverſuche förderlich, wenn reines Sauerſtoffgas in die Lun⸗ gen eingeblaſen würde. (London med. Gaz, Febr. 1840.) Endemiſche Hydatidengeſchwuͤlſte des Hodens. Ebenſo wie im Ovarium, entwickeln ſich auch im Hoden ſeroͤſe Baͤlge, wodurch dieſes Organ eine groͤßere Ausdehnung erlangt, als durch irgend eine andere Krankheit (mit Ausnahme des Mark: ſchwamms). Ein Allgemeinleiden iſt damit nicht verbunden. Dieſe Krankheit iſt weit feltener, als die Eierſtockswaſſerſucht bei Frauen; auch hat man eine erbliche Anlage bisjetzt nicht nachgewieſen; dage— gen ſcheint die Krankheit in manchen Gegenden endemiſch, und wenn die Berichte der Reiſenden richtig ſind, ſo ſcheinen die Einwohner der Inſel Tinian dieſer Krankheit ſehr unterworfen; es wird an— gegeben, daß ſehr viele der Einwohner dieſer Inſel mit einer An⸗ ſchwellung des Hodens behaftet find, welche durch Exſtirpation ge— heilt wird und wobei die Kranken bisweilen die Operation ſelbſt ausfuͤhren. Die Krankheit ſoll nicht gefaͤhrlich ſeyn, und ſie kann alſo auch nicht als eine der boͤsartigen Formen betrachtet werden. (Hodgkin: Lectures on the morbid auatomy. Vol. I on the serous membranes.) Nekrolog. — Der verdiente Dr. Marie Antoine Pe⸗ tit, der ältefte der Aerzte am Hotel Dieu zu Paris, iſt ge: ſtorben. Bibliographische The Zoology of the Voyage of H. M. S. Beagle, No. 1. Part IV. Fish. By the Rey. Leonard Jenyns. London 1840. (Enthält acht Tafeln von Acanthopterygii.) Recueil de mémoires et d’observations de physique, de météo- rologie, d’agrieulture et d'histoire naturelle. Par le Baron L. A. d' Hombres Firmas. T. II. Nimes 1840. 8. Neuigkeiten. Essai historique descriptif et statistique sur la maison des alié- nes de Clermont (Oise), accompagné du plan general de cet asile. Par Eug. J. Woillez, DM. Paris 1839. 8. Histoire de la lithotritie précedée de reflexions sur la dissolu tion des calculs urinaires. Par Leroy d'Etiolles. Paris 1839. 8. Menue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Obere Medieinalraſde Ferie qu Weimar, und dem Meticinatrarhe und Preteſſer Fror ie iu Berlin, No. 289. (Nr. 3. des XIV. Bandes.) April 1840. Gedruckt im Landes-Induſtru-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel Schwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr ’ Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. nnn Ueber den gegenwaͤrtigen Stand der Unterſuchun— gen über das Nervenſyſtem. Von Dr. H. Holland. (Schluß.) Wenn hier irgend eine beſondere Folgerung gerechtfertigt wer— den kann, fo iſt es wahrſcheinlich die, welche die Gehirnhemiſphaͤ— ren als Organ des Gedachtniſſes und der Affociation (in der einfachſten Bedeutung des Ausdruckes) betrachtet. Pathologi— ſche Thatſachen und Zergliederungen (einige Fälle unter meinen Beobachtungen) liefern Beweiſe für dieſe Annahme. Soweit wir beſtimmte Begriffe mit ſo abſtracten Puncten verbinden koͤnnen, ſo ſcheint es, daß das Gedaͤchtniß (unterſchieden von dem geiſtigen Acte der Erinnerung) mit der materiellen Structur enger verbun— den ſeyn muß, als irgend eine andere intellectuelle Fähigkeit. Seine Schwankungen im gewoͤhnlichen Laufe des Lebens find mannichfal— tiger und ausgedehnter; — ſeine Richtung und ſeine Gegenſtaͤnde find oft merkwuͤrdig partiell und den plöglichften und auffallendften Veraͤnderungen unterworfen; — es iſt durch Krankheit oder an— dere phyſiſche Zufaͤlle leichter afficirt, — und die endliche Ab— nahme tritt früber ein und iſt oft unabhängig von der An» nahme der boͤhern Kräfte des Geiſtes. Der Geiſt beſchaͤftigt ſich mit dem Gedaͤchtniſſe, faſt bewußt, als mit etwas, was außer— halb deſſelben liegt und worüber er nur beſchraͤnkten Einfluß übt, während zu gleicher Zeit dieſe Facultaͤt bei'm Menſchen fo vor— herrſcht und einen fo großen Theil ſeines Lebens ausfullt, daß wir ganz natürlich erwarten muͤſſen, es werde ein großer und betraͤcht⸗ licher Theil der Structur ſeinen Functionen gewidmet ſeyn. Von dieſen Betrachtungen wird es leicht ſeyn, zu den Specu— lationen uͤberzugehen, welche die Verbindung der hoͤhern geiſtigen Thaͤtigkeiten mit der materiellen Organiſation betreffen, und Ges 1 der Controverſe in allen Zeiten der Philoſophie geweſen ind Ich enthalte mich aber dieſes Gegenſtandes, nicht allein, weil er erſchoͤpft iſt, ſondern weil ich glaube, daß dieſe Beziehung bei dem jetzigen Zuſtande unſerer Kenntniſſe dem menſchlichen Geiſte unerreichbar iſt. Ich will nur, zur Berichtigung eines berrz ſchenden Mißverſtaͤndniſſes, bemerken, daß, je weiter wir darin vorſchreiten, das Gehirn als ein Syſtem von Nervenfafern, die zu einem complicirten Organe für verſchiedene Beziehungen und Func— tionen vereinigt ſind, zu entwirren, um ſo mehr der Geiſt von aller materiellen Organiſation geloͤſ't wird. Indem wir die allge— meine Aehnlichkeit der Cerebralſtructur mit den Empfindungs» und Bewegungstheilen des Nervenſyſtems und mit denen, welche den ſym⸗ pathiſchen Thaͤtigkeiten dienen (was alles dem geiſtigen Principe No. 1389. untergeordnet iſt), nachweiſen, entfernen wir daſſelbe, wenn ich mich fo aus druͤcken darf, aus jedem localen Wohnplatze. Und während wir den Einfluß jedes Theiles des Gehirns und einiger Theile mehr als anderer zugeſtehen, ſo annulliren wir noch directer jede Annahme, daß dieſe materiellen Functionen ſelbſt Acte oder Be— dingungen des empfindenden Principes ſcyen. Ich deute dieſes beſonders an, weil es ein allgemeiner Irr— thum, ſowohl derer, welche Speculation treiben, als derer, welche ſie verwerfen, iſt, daß ſie annehmen, durch Nachweis dieſer beſon— dern Beziehungen werden die Thaͤtiakeiten der Materie mit denen des Geiſtes identificirt. Wäre die Unterſuchung auch noch 100mat feiner und ſicherer, ſo wuͤrde die Trennung beider für unſere Auf— faſſung doch ganz dieſelbe bleiben, wie jetzt Aber in der Wahr: hrit find Anatomie und Phyſiologie noch mit Puncten der Struc— tur beſchaͤftigt, welche weit unter der letzten Organiſation des Ge— hirnes ſtehen. Viele der Ergebniſſe gewoͤhnlicher Zergliederung haͤn⸗ gen wahrſcheinlich nicht von der ſpaͤrlichen Nervenmaſſe, ſondern von den bäutigen Bedeckungen ab, welche die Nervenmaſſe uberall begleiten und einhuͤllen. Selbſt die mikroſcopiſchen Beobachtungen, welche eine Roͤhrenſtructur der Medullarſubſtanz nachweiſen, laſſen uns über die darin befindliche eigenthuͤmliche Subſtanz im Un⸗ gewiſſen. Die Chemie giebt nichts, worauf ſich eine Folgerung baſiren ließe, und die Schluͤſſe aus der Pathologie find unbeſtimmt und ungenuͤgend, indem dabei nur die groͤbern Structur- und Verbindungsverhaͤltniſſe beruͤckſichtigt ſind. Dieſe unvermeidlichen Schwierigkeiten moͤchten indeß bis zu einem gewiſſen Puncte zu überwinden feyn ; aber die, welche direct von der Beziehung zwi⸗ ſchen organiſirter Structur und Geiſt abbaͤngen, find ihrer Natur nach unuͤberſteiglich, und wir werden der Wiſſenſchaft am beſten alte wenn wir fie von den zu verfolgenden Aufgaben ganz aus: chließen. Die Frage nach Exiſtenz und Eigenſchaft eines pf yſicaliſchen Agens, welches durch Gebirn und Nerven wirkt, iſt von dieſen metaphyſiſchen Speculationen ganz getrennt und kann ebenſo gut als irgend eine andere Unterſuchung in der Wiſſenſchaft verfolgt werden. Sie iſt, in der That, viel und mannichfaltig beſprochen worden, bisweilen unbeſtimmt und hypothetiſch, bisweilen experi- mentell, mit Ruͤckſicht auf eine beſtimmte Theorie. Ich habe ſchon zu Anfang darauf hingewieſen und komme abermals darauf zurüd, nachdem ich inzwiſchen die verſchiedenen Functionen des Nervenſy⸗ ſtems und die Leiſtungen der Anatomie und Phyſiologie in dieſer Beziehung erwähnt habe. Obwohl ein ſolches Agens durch unfere Sinne und durch directe Beobachtungen auf keine Weiſe zu erken⸗ nen ift, fo iſt doch die Exiſtenz und durch den Organismus ver- breitete Wirkung deſſelben ganz auf dieſelbe Weiſe bewieſen, als die der Blutcirculation. Die merkwuͤrdige Anordnung der Nerven 3 35 in dem Körper, biefe mögen einzeln oder in Centralmaſſen geſam⸗ melt fiyn, kann als Beweis dienen, daß fie die erwähnte Beſtim— mung haben, ſelbſt wenn wir den noch beſtimmtern Baoeis durch Stoͤrung und Aufhebung der Functionen vermittelſt Verletzung der Leitungsnerven, oder der zu ihrer Endigung dienenden Nerven— centra nicht hätten. Dieſe fo einfache und genaue Nachweiſung ei: nes Agens, welches dem Raume nach und vermittelſt eines bes ſtimmten Structurtheiles weiter geleitet wird, läßt keinen halt— baren Zweifel zu. Sie wird uͤberdieß beſtaͤtigt, wenn wir auf andere Phänomene Ruͤckſicht nehmen, welche ihre Eigenſchaf— ten und Wirkungsgeſetze beweifen; wobei die letztern mit eben fo viel Recht Gegenſtand der Unterſuchung ſind, als die Geſetze des Lichtes, der Wärme und Electricitͤt, mit welchen ſie in manchen Puncten fo merkwürdige Analogie haben. Die zur Aufklaͤrung der Nervenartion in geſundem und kran⸗ tem Zuſtande find zu zahlreich, als daß fie aufgezählt werden koͤnn— ten; ich will hier, mit Uebergehung aller Einzelheiten, nur auf die allgemeinen Folgerungen aufmerkſam machen, welche ſte geſtatten, wovon einige zwar zweifelhaft, andere aber beſtimmt genug ſind, um als ein Theil unſerer Kenntniſſe von dem Nervenſypſteme anges nommen zu werden; ſie ſtehen unter einander in Verbindung, ſo daß ſie ſich in mehrfacher Beziehung gegenſeitig erlaͤutern. Hier aber muͤſſen wir wieder auf eine ſchon oben angegebene Schwie— rigkeit aufmerkſam machen, naͤmlich auf die Frage, ob wir über ein einzelnes Agens ſprechen koͤnnen, wo die Functionen, ihrer Natur nach, ſo weit von einander abzuweichen ſcheinen. Dieſer Punct iſt noch nicht beantwortet. Dusjenige, welches ſinnlicher Auffaſſung nicht fähig iſt und nur durch gewiſſe Wirkungen ſich kund giebt, liegt auch außerhalb des Bereiches ſinnlicher Auffaſſung und wir muſſen uns mit allgemeinern Schlüffen begnügen Was wir bei ei- nem Ueberblicke der ganzen Nervenſtructur und der Nervenverbin— dungen unter ſich mit den Centralorganen mit Recht annehmen koͤnnen, iſt, daß es ein Element von derſelben Natur ſey, fähig zu aͤhnlicher Beziehung der Quantitaͤt oder Intenſitaͤt, zu Uebertra— gung auf verſchiedene Organe laͤngs des Verlaufes der Nerven und zur Unterbrechung durch gleiche verletzende oder ſtoͤrende Urſachen. Die Hypotheſe der Electricitaͤt zur Erklaͤrung der verſchiedenen Ars ten der Erregung, Wirkung und Leitung mag immerhin zu unbe— ſtimmt feyn; ſicher iſt es doch, daß durch dieſe Art von Analogie die Einheit der Nervenkraft am beſten und mit groͤßerer Wahrſcheinlich— keit feſtgehalten werden kann, und als wir ſie aus angenommenen Verſchiedenheiten der Nerventextur erlangen koͤnnten. Eine andere Frage, welche ebenfalls mit dem Agens der Ner— venkraft zuſammenhaͤngt, iſt die nach der Art ihrer Fortpflan⸗ zung durch die Nerven; ob dieſe wie ein Strom, aͤhnlich den electriſchen Mittheilungen, oder durch Bewegungen innerhalb der Nerven ſtattfindet, was bei denen, die der Undulationstheorie des Lichtes anhaͤngen, mehr Beifall findet, dieſe eben ſo ſchwierige Frage iſt hier zu erwaͤhnen, weil ſie alles das mit beruͤhrt, was andere Eigenthuͤmlichkeiten und Bedingungen des Nervenagens angeht; nach der letztern Anſicht, z. B. moͤchte es ſcheinen, daß wir nicht mit Recht von ihrer Quantitaͤt, von Ueberſchuß oder Man— gel ſprechen könnten, welche doch zur Bezeichnung der Erſcheinun— gen nothwendig find; wenn wir aber ſtreng und mit genauer Be: achtung der Analogie dieſer andern großen Agentien folgern, ſo moͤgen wir die Unterſuchung auf gleiche Weiſe nach irgend einem der erwähnten Geſichtspuncte fortſetzen. Nach der Lehre von der Electricität, vom Lichte und von der Wärme geſtatten die Erſcheinun— gen eine doppelte Erklaͤrung bis zu einer Ausdehnung, welche ohne Kenntniß der Thatſachen kaum fuͤr moͤglich gehalten werden ſollte. In allen dieſen Faͤllen indeß ſind einzelne der hoͤhern Bedingungen der Unterſuchung bei einer Hypotheſe beſſer beachtet, als bei ans dern; daſſelbe koͤnnte leicht auch bei unſern Unterſuchungen uͤber die Nervenkraft der Fall ſeyn. Unterdeß entſpricht unſere jetzige Kenntniß am beſten dem Begriffe eines Agens, welches fortſchrei— tend längs des Verlaufes der Nerven mitgetheilt wird, um Functio— nen in den verſchiedenen Theilen auszufuͤhren, zu welchen die Ner— ven gehen. Dieß iſt am deutlichſten in Bezug auf Empfindung und Willensthaͤtigkeit, wo Experiment und Beobachtung am leich 36 teſten und deutlichſten find und wovon alle weitern Schluͤſſe haupt⸗ fachlich abgeleitet werden muͤſſen. Von den verſchiedenen Eigenſchaften oder Bedingungen, welche wir der Nervenkraft beilegen koͤnnen, iſt die der Quantitat vielleicht die beſtimmteſte. Die allgemein gebraͤuchlichen Ausdrucke von Uebers ſchuß und Mangel, Erſchoͤpfung und Erſatz ſcheinen, in der That, ebenſo erforderlich zu ſeyn, wie für die gewöhnlichen Bezeichnun⸗ gen gewiſſer Koͤrperzuſtaͤnde und Gefuͤhle, und wir koͤnnen kaum eine einzige Erſcheinung unſerer empfindenden oder organiſchen Functionen beſchreiben, otzne dieſe Idee zuzugeben. Obwohl wir nicht im Stande find, mit Sicherheit die Structur oder Thätige keit zu bezeichnen, durch welche Nervenkraft erzeugt wird (etwas zur Beweisfuͤhrung ganz weſentlich Anzunehmendes), fo ftört dieſer Mangel die Folgerung doch auf keine Weiſe (am wahrſcheinlichſten iſt die Anſicht, wonach die graue Subſtanz als Sitz dieſer Action betrachtet wird). Es iſt durch Beobachtung ſicher, daß die Pro- duction hauptſächlich in den Centralorganen ſtattfindet, und daß beſtaͤndige Lieferung von dieſen aus an die leidenden Nerven erfor— derlich iſt, um die Kraft der letztern und alle eigenthümlichen ein— fachen oder ſympathiſchen Actionen des thieriſchen Levens zu unter— halten; ſelbſt, was die Functionen des Ganglienſyſtems betrifft, ſo ſehr es auch ſcheinbar mit einer vom Cerebroſpinalſyſteme unabs hängigen Nervenkraft verſehen ift, fo iſt es doch auf verſchiedenem Wege dem letztern untergeordnet und erfordert bis zu einem gewiſ— ſen Grade die Verbindung mit dieſem, um ſeine Actionen ungeſtoͤrt unterhalten zu koͤnnen. So dunkel auch dieſe Beziehungen ſind, ſie ſchließen doch alle in einem oder dem andern Theile den Begriff der Quantität in ſich; nicht fo beſtimmt, wie bei den Willensthaͤ— tigkeiten, aber doch auch auf andere Weiſe nicht zu erklaͤren. Von Quantitat in dieſem allgemeinen Sinne liegt die beſte Bezeichnung in einfachem Ueberſchuß und Mangel, fo weit dieſe zu bemerken ſind. Es giebt, in der That, verſchiedene Beweiſe der Exiſtenz dieſer verſchiedenen Zuſtaͤnde bei allen Lebensfunctio nen. Die große Schwierigkeit iſt hier die bereits vorhin erwaͤhnte der Un— terſcheidung zwiſchen Energie des Senſoriums (Einfluß der hoͤhern animaliſchen Function) und dem Agens, wodurch Eindruͤcke wirk- lich laͤngs der Nerven weiter geleitet werden. Ich habe bereits an— gefuͤhrt, wie wir aufrichtig uns zur Loͤſung dieſer abſtracten Frage incompetent erklären muͤſſen. Obwohl der Begiff von Identitat nicht zu halten iſt und einige Schriftſteller beides auch ſo weit ge— trennt haben, wie Materie und Geiſt, ſo iſt es doch ſchwierig, die Sprache einer getrennten Beſchreibung ihrer Eigenſchaften und Wirkung anzupaſſen (am meiſten hat hierfuͤr Pe. Wilſon Phi— lip geleiftet). Was beſonders die genannten Bedingungen des Ueberſchuſſes oder Mangels betrifft, To ſcheint dieſer auf beide an— wendbar; und wir koͤnnen nicht uͤber die Erſcheinungen weiter ſchließen ohne dieſe Annahme, ſelbſt bei den geiſtigen Functionen im engern Sinne Beſchränken wir uns jedoch auf den einfachſten Ausdruck der That ſachen, fo iſt es fiber, daß beftändige Variationen in der Quantität der Kraft ſtattfinden, durch welche der Geiſt und die hoͤhern animaliſchen Functionen in Thätigkeit erhalten und mit den Koͤrperorganen und der Außenwelt in Verbindung geſetzt werden. Dieſe Variationen kommen unter verſchiedenen Individuen vor, und bilden zum Theil das, was wir das Temperament nennen; ſie ſind aber noch deutlicher bei demſelben Individuum zu verſchiedenen Zeiten. Den Mangel erkennen wir am leichteſten, theils durch das einfache Gefuͤhl der Erſchoͤpfung oder Ermuͤdung dieſer Functionen, wovon durch Aufhoͤren der Action die entſprechendſte Erholung ge— waͤhrt wird, — theils durch den mehr ploͤtzlichen Nachlaß oder Verluſt der Kraft, deſſen wir uns im Leben oft bewußt werden, bisweilen ohne nachweisbare Urſache, weit mehr jedoch bei den verſchiedenen Krankheitszufaͤllen. Acuter Schmerz und im Allge— meinen jeder Erceß der Empfindung iſt Urſache ſolcher Erſchoͤpfung: — beftige und lang fortgeſetzte Uebung der Willensthaͤtigkeit durch Muskelbewegung hat aͤhnlichen und noch bemerkbareren Einfluß: — daſſelbe erfolgt durch angeſtrengtes Denken oder durch tiefe und ſchmerzliche Gemuͤthserregungen, welche anhaltend einwirken. Er— ſchoͤpfung durch eine dieſer Urſachen (wozu wir vielleicht noch ei⸗ nen undeutlichern Einfluß von dem organiſchen Nervenſyſteme hin⸗ 87 fügen koͤnnten) hat gemeinſchaftliche Wirkung auf alle, welche eilich nicht nach Graden gemeſſen werden kann, aber binreicht, um den gemeinſamen Character der Kraft zu beweiſen, welche Ge: genftand dieſer Schwankungen iſt *). Obwohl Ueberſchuß weniger leicht zu erkennen iſt, als Mangel, fo wird er doch durch verſchiedene Erſcheinungen bewieſen, — viel⸗ leicht durch manche, welche nicht gewöhnlich fo erklärt werden. Nehmen wir die Erzeugung durch eine Bebensthätigkeit an, fo muß die Abweichung von dem mittleren Zuſtande vorkemmen, entweder durch Exceß dieſer Lebensthaͤtigkeit oder durch Mangel von Ver- wendung auf die verſchiedenen Functionen, denen die Nervenkraft dient. Es ließen ſich viele Beiſpiele anführen, wo eine leichte Ver— mehrung durch Erſcheinungen bewieſen wird, welche mit der Geſund— heit vereinbar find, vermehrte Senſidilitäͤt und größere Energie der Bewegungsthaͤtigkeit, jedoch noch vollkommen unter der Derrs ſchaft des Willens. Dieſe Wirkungen gehen durch regelmäßige Steigerung in Zuſtaͤnde über, welche wir Krankheit nennen; und ich zweikele nicht, daß manche nicht fo aufgefaßte Krankheitszu⸗ ſtaͤnde doch wirklich von einem Exceſſe der ſogenannten Lebensktaft abhaͤngt; beſonders Krankheiten intermitt'render Art gekoͤren hier— ber. Fälle von Epilepſie und andern Krampfkrankheiten ſcheinen die Begriffe von Anſammlung, Ueberſchuß und plötzlicher Verwen⸗ dung nothwendig mit ſich zu verbinden und find uͤberdieß Beiſpiele, in welchen die fo verärderte Kraft großentheils dem Willensein— fluſſe entzogen wird. Ohne dieß weiter auszuführen, läßt ſich noch eine Frage beifügen, ob nicht gewiſſe Formen der Geiſteskrankhei— ten ebentalld von einem ſolchen Exceſſe abhängen, — beſonders bei Manie geſtatten einige der Symptome dieſe Erklärung, — die auf: geregte Senſibilitaͤt und unbekaͤmpfbare Heftigkeit der Actſon, die fortgefegten Muskelanſtrengungen ohne entſprechende Ermuͤdung und das Aushalten lang fortgeſetzten Wachens. Dieſe Unterſuchung uͤber den Einfluß der Quantitoͤt der Ner— venkraft verdient, als ein Theil der Pathologie, mehr Aufmerkſam— krit, als bis jetzt darauf gerichtet worden iſt. Ob wir in irgend einem verftändlichen Sinne von Intenſitaͤt der Nervenkraft, als von einer von den Quantitaͤtsverhaͤltniſſen verſchiedenen Eigenſchaſt, ſpre— chen konnen, ift ſehr zweifelhaft. Die Analogie anderer imponde— rabeler Agentien, z. B., der Electricität, darf uns nicht zu weit in unſern Folgerungen führen, denen die Sprache oft einen falſchen Schein von Richtigkeit verleiht, der auf mannichfache Weiſe die beſſern Intereſſen der Wiſſenſchaft beeintraͤchtigt. Mehr Grund iſt, die Zeit als ein Element in den Actſonen der Nervenkraft anzuerkennen. In Bezug auf die geiftigen Func⸗ tionen habe ich dieß an einem andern Orte abgehandelt, und wenn wir in dem gegenwaͤrtigen Falle ein Agens erkennen, welches durch die Nerven zu und von den Centralorganen des Nervenſyſtems ge— leitet wird, fo muͤſſen wir es als moͤglich anerkennen. daß Un— gleichheiten in dem Verhaͤltniſſe der Bewegung zu verſchiedenen Zei: ten und in verſchiedenen Nerven vorkommen Es iſt indeß keine von Unſicherheit freie Beobachtung bis jetzt über dieſen Gegenſtand angeſtellt worden, noch berechtigt uns die Analogie zu der Erwar— Bunt daß jemals eine ſolche Schaͤtzung in unſerm Bereiche ſeyn unte. In Ruͤckſicht auf die allgemeinen Attribute der Nervenkraft giebt es noch eine für alle unſere Anſichten von der Lebensdͤcono— mie intereſſante Frage, namlich, ob dieſes fo innerhalb des leben— den Körpers erzeugte und zu allen Theilen, je nach ihrer Function, vertheilte Element irgend einer Art von Vertheilung uͤber dieſe Graͤnze hinaus und einer Einwirkung auf andere lebende Organis— ) Schmerz, als Urſache der Erſchoͤpfung der Nervenkraft, iſt von großem practiſchen Intereſſe. Der individuelle Empfindungs— zuſtand iſt dabei zu beachten; er variirt bei verſchiedenen Pers ſonen und bei derſelben zu verſchiedenen Zeiten. Ob dieß von den Nervenenden oder den Ganglien an der Wurzel der em— pfindenden Stränge ftattfinde, iſt ſchwer zu beſtimmen. Bell's Entdeckungen ſprechen fuͤr Letzteres, und eine Beobachtung von Hrn. Newport ſcheint zu beweiſen, daß es hauptſaͤchlich auf die Größe der Ganglien und das Verhältnig der grauen Sub⸗ ſtanz in denfelten ankommt. 38 men fähig ſeyen? Wir können nicht behaupten, daß dieß unmoͤg⸗ lich ſey, und eine oder zwei große Autoritäten haben die Anſicht von der Wahrſcheimichkeift ausgeſprochen. Aber ein vorurtheils⸗ freier Blick auf die angefuhrten Beweiſe wird zeigen, daß dieſe in manchen weſentlichen Puncten zweideutig find; und ein Vorurtheil gegen das Princip ftügt ſich auf den Mangel aller ſichern That⸗ ſachen, welche, wenn die erſte Annahme richtig wäre, doch un laͤugbar in jedem lebenden Theile vorkommen muͤſſen (Mesme⸗ rismus). Von dieſem Puncte geben wir leicht zu einer Frage über, welche der Gegenſtand der Discuſſion der ausgezeichnetſten Phyſiologen geweſen iſt und noch ibre mögliche Loͤſung von künftigen Unterſu⸗ chungen erwartet, nämlich die Natur des Agens, welches die gro= ßen Functionen des thieriſchen Lebens in's Werk ſetzt. Kann ans genommen werden, daß es irgend einem Agens in der Natur gleſch ift, oder müffen wir gleich zugeben, daß es nirgends in der Natur ein Analogon finder? Dieſe Frage entſpricht unferer Aufgabe um fo mehr, wenn wir fie auf das electriſche Agens beſchraͤnken: Phy— ſiologen haben dirfes als dasjenige angenommen, welches allein eine annehmbare Erklärung geſtattet. Auch kann es nicht in Erſtaunen ſetzen, daß ſie ſo geneigt geweſen ſind, dieſes große Element als bewegendes Princip in dem Nervenſyſteme anzunehmen, wenn wir die große Ausbreitung, ja beinahe die Allgemeinheit feiner Wir— kung in der Natur bedenken und dazu die wirklichen Beweiſe inni= ger und verſchiedenartiger Beziehungen zu dem Nervenſyſteme be— rückſichtigen. Indem es auf neue Weiſen entwickelt und durch ſicherere und feinere Inſtrumente nachgewieſen wurde, iſt es in ei⸗ nigen Faͤllen auch als Reſultat der Entwickelung oder Concentra— tion durch vitale Actionen erkannt worden; in andern Fällen bat es die Koͤrperactionen erregt, modificirt oder erſetzt; und mit Rüd- fit auf feine Beziehung zu chemiſcher Action und zu der ganzen Lehre von Affinität und Polarität hat es den Schein, als verbinde es die Phaͤromene des animaͤliſchen und organiſchen Lebens voll: kommener und natürlicher, als irgend ein anderes Princip, welches wir annehmen Fönnten. Es wuͤrde unmoͤglich ſeyn, die noch daruͤber ſchwebende Con⸗ troverſe in ihre Einzelheiten zu verfolgen; ſammeln wir im Allge⸗ meinen alles, was durch Experiment und durch die an deſſen Re- ſu tate ſich anfnüpfenden Folgerungen geleiſtet worden iſt, fo muſ— fin wir zugeben, daß kein ſicherer oder unzweideutiger Beweis der Identitaͤt mit der Nervenkraft vorhanden iſt, daß aber für fernere Unterſuchung viel Grund gelegt iſt. Das Hauptargument dagegen beſteht darin, daß Electricität unter der Form des galvaniſchen Stromes ihre erregende Einwirkung auf Muskelactien durch einen getrennten oder ſo verletzten Nerven hindurch fortſetzt, durch wel— chen der eigenthuͤmliche Nerveneinfluß ganz gebemmt ſeyn wuͤrde. Dieſes durch die Genauigkeit des Factums ſtarke Argument kann wohl nur dadurch beſeitigt werden, daß man eine von der jetzt bes kannten Form ganz abweichende Electricität annimmt, welche im thieriſchen Koͤrper erzeugt wird und wirkt; — eine Annahme, welche durch keine andere Thatſache unterſtuͤtzt, obwohl durch die verſchiedenen und merkwuͤrdigen Modificationen des electriſchen Agens annehmbar gemacht wird, welche wir in der Elcctricität der Mas ſchine, der Voltaiſchen Saͤule, des Magnets, der thermoelectriſchen Verbindung und der electriſchen Fiſche kennen. Das letzte Phaͤno⸗ men, welches bei'm erſten Blicke ein Beweis fuͤr die Meinung ſcheint, verliert fein Gewicht als ſolchen durch die Nachweiſung eines großen eigentbuͤm ichen Apparates von Nerven und Zellen in die: ſen Thieren, der einer electriſchen Function dient, welche von allen Attributen der Nervenkraft ſich unterſcheidet und den Wirkungen der Anſammlung und Spannung des electriſchen Agens in den ver⸗ ſchiedenen kuͤnſtlichen Apparaten auf das Vollkommenſte gleicht. Die Production der Muskelcontractionen durch electriſche Ers regung der Empfindungs , fo wie der Bewegungsnerven; — die gleiche Wirkung anderer mechaniſcher oder chemiſcher Reize, bei de⸗ nen Electricitäͤtsentwickelung nicht bewieſen iſt; — ferner der Man⸗ gel von Einwirkung auf das feinſte Electrometer bei Berührung der Muskelnerven waͤhrend der kraͤftigſten Muskelcontractionen; — dieß find Umftände, welche durch die in Rede ſtehende Theorie ſchwer zu erklaren find und jedenfalls die Annahme einer Art der 3 * 39 electriſchen Erregung und Wirkung nöthig machen, welche von als len bis jetzt bekanuten ſich unterſcheidet. (Dieſe Controverſe iſt in Muͤller's PHnfiotogie vollſtandig abgehandelt; wäre nicht man: ches Unſichere darin zu bemerken, ſo wuͤrden die Verſuche von W. Philip, wobei nach Durchſchneidung des vagus die Verdauung durch einen galvaniſchen Stamm unterhalten wurde, viel beweiſen). Die Erzeugung animaliſcher Electricität, unabhängig von äußern Beziehungen, iſt ſehr leicht als die Wirkung derjenigen Lebensactio⸗ nen zu erkennen, wobei durch chemiſche Veränderung oder auf andere Weiſe Materie den fungirenden Organen entgegen- oder zugeführt wird. Da aber bei der in Rede ſtehenden Lehre dieſe Actionen ſelbſt als Effect der Electricität in ihrem Zuſtande als Nerven⸗ kraft angenommen werden, fo kommen wir hier auf die ſchwierige Lehre einer Wirkung im Zirkel; wir muͤſſen vielmehr eine directere Erzeugungsweiſe (allenfalls nach dem Typus der electriſchen Thiere) und die Exiſtenz von Eigenſchaften und Beziehungen ruͤckſichtlich der Jatenſttaͤt, Vertheilung und Einwirkung annehmen, von wels chen wir in andern Zuſtaͤnden keine Kenntniß haben. (Bei den electriſchen Fiſchen iſt noch ungewiß, ob die großen Nervenganglien, welche ihrer ungewoͤhnlichen Kraft angemeſſen ſcheinen, die Electricitaͤt erzeugen, oder nur den ausgebreiteten Ans ſammlungs- und Leitungsorganen Energie geben). Es iſt daher eine angemeſſene Frage, ob wohl Identitaͤt anzunehmen ſey, wo für unſere jetzigen Kenntniſſe fo verſchiedene Umftände obwalten. Sollte kuͤnftig dieſe Frage bejaht werden, ſo wird dieß wahrſchein— lich in demſelben Sinne und als ein Theil derſelben Entdeckungs⸗ reihe geſchehen, wodurch alle dieſe großen Imponderabilien allmaͤlig einem gemeinſchaftlichen Principe unterworfen werden, der hoͤchſten und letzten Aufgabe menſchlicher Wiſſenſchaften. Einſtweilen koͤn⸗ nen wir immerhin behaupten, daß, wenn irgend eine der Kraͤfte der unbelebten Natur, wie wir ſie jetzt bezeichnen bei den Functio— nen des Nervenſyſtems mitwirkt, die Electricität unzweifelhaft dies jenige iſt, welche am beſten alle erforderlichen Bedingungen erfuͤllt. Dieß ſcheint aber der aͤußerſte Punct zu ſeyn, bis zu welchem ein Schluß jetzt zu rechtſertigen iſt. In den vorſtehenden Bemerkungen über den Verlauf und jetzi— gen Stand der Unterſuchungen uͤber das Nervenſyſtem habe ich mehrere von dem Gegenſtande nicht zu trennende und für die Phys ſiologie hoͤchſt intereſſante Puncte nur theilweiſe erwähnt. Sol ve ſind die ſpecielle Beziehung der Nervenkraft zu den vitalen Kraͤften des organiſchen Lebens, — dem größten Gliede in der Schöpfung, welches zu gemeinſamen Functionen und Wirkungen Principe ver— einigt, welche für unſere Auffaſſung vollkommen verſchieden ſind und welche in den verſchiedenen Verhaͤltniſſen derjenigen, welche durch das Nervenſyſtem wirken und dargeſtellt ſind, alle For— men und Gradationen des animaliſchen Lebens darſtellen. Die vi— talen Eigenſchaften des Blutes und die der Muskelfaſer ſind die Grundlage der organiſchen Exiſtenz, inſofern ſie ſich von der unor— ganiſchen Materie unterſcheidet; und die Arten, auf welche dieſe Eigenſchaften zu Thaͤtigkeit erregt werden, vermittelſt der Kraͤfte des Senſoriums und Nervenſyſtems, bilden, in der That, die Haupt— aufgaben der Phyſiologie. Aller Einfluß des Nervenſyſtems auf die Materie der thieriſchen Körper, muß, ſoweit wir dieß verſte— hen koͤnnen, durch oder auf dieſe beiden Medien angewendet wer— den. Auf dieſelben Beziehungen haben wir offenbar auch die Phaͤ— nomene der Generation und Reproduction zuruͤckzufuͤhren; indem wir immerhin zugeben, daß wir dadurch uns nur der Schwelle des Myſteriums nähern, und daß die Wirkung der Organiſation, indem dadurch Ähnliche Lebenseigenſchaften der unorganiſchen Subſtanz mitgetheilt werden, wahrſcheinlich für immer unſerer Kenntniß ent— zogen iſt. Die Beziehungen des Nervenſyſtems zur Muskelthaͤtigkeit ſind ein fruchtbarer Gegenſtand der Unterſuchung der Phyſtologen gewe— ſen; leichter zu beobachten, als die Beziehungen zum Blute und zwei Hauptlehren zuſammenfaſſend, wovon jede von beſonderm In— tereffe für die Oeconomie des Lebens iſt; — 1) die Beziehung der Nervenkraft zu der eigenthuͤmlichen vitalen Gontractilität der Mus— kelfaſern; 2) die Verbindung der willkuͤhrlichen und unwillkuͤhrli— chen Bewegungen durch den ganzen Koͤrper. Die erſten Unterſu— chungen, welche ſich auf den von Haller zu beſtimmt als eine 40 lex eterna bezeichneten Begriff gruͤnden, haben noch mehrere Puncte unertedigt gelaſſen, z. B., das Verhaͤltniß der Nerven- und Contractionskraft bei Muskelaction, Erſchoͤpfung und Intermiſſion. Dieſe beiden Kräfte find unabhängig von einander; fie entſpringen aus verſchiedenen Quellen und koͤnnen zu gleicher Zeit in ſehr dere ſchiedenem Verhaͤltniſſe zu einander exiſtiren; das reizende Agens in den Nerven kann fehlen oder durch eine Reihe von Thaͤtigkeiten er: ſchoͤpft ſeyn, während die Contractilität anderer Muskeltheile ungee ſtoͤrt bleibt. Da wir aber Grund haben, anzunehmen, daß die Nervenkraft zu verſchiedener Zeit ungleich entwickelt wird, ſo kann fie bisweilen in Ueberſchuß uͤber die Muskelcontractilität vorhanden ſeyn von welcher wir wiſſen, daß ſie bisweilen durch mangelhafte Ernährung oder andere Urſachen durch den ganzen Körper im Alle gemeinen geſchwaͤcht iſt. Die mannigfaltige Combination dieſer Umftände (welche ſich durch Unterſcheidung der willkührlichen und unwillkuͤhrlichen Bewegungen noch vervielfältigt, iſt wahrſcheinlich eine Quelle vieler eigenthuͤmlichen Reſultate und Anomalieen in Ge⸗ ſundheit und Krankheit, welche gewoͤhnlich nicht auf dieſe Weiſe angeſehen werden, und ich glaube, daß ſpeckellere Beachtung derſelben von dieſem Geſichtspuncte aus manche Schwierigkeiten löfen würde, welche dieſen Gegenſtand noch umgeben. Die Beziehung der willkuͤhrlichen Muskelaction zu den unwill— kuͤhrlichen zeigt eine eben fo zahlreiche und ihrer Natur nach complie cirte Aufgabe. Es giebt keine intereſſanteren Gegenſtände der Unter ſuchung, als die Functionen (3. B., Reſpiration, Deglutition und die Wirkung aller Sphincteren), bei welchen beide in Betracht kommen und wo, obwohl gewoͤhnlich zuſammenwirkend, doch auch Oppoſitionen oder gegenſeitige Hinderungen vorkommen. Ein merkwuͤrdiges Reſultat ſolcher Unterſuchungen iſt der Bes weis der beſchraͤnkten und nur ſecundaͤren Natur der willkuͤhrlichen Bewegung. Sie kommen nicht allein zuletzt und durch Huͤlfe wie- derholter Anſtrengung und Erziehung, ſondern ſie gehen auch am fruͤheſten unter dem Einfluſſe der Gewohnheit wieder verloren, bee fonders bei den erwähnten Verbindungen. Die Uebung, welche fie zum Gebrauch auf den hoͤchſten Punct der Vollkommenheit bringt, entruͤckt ſie in gewiſſem Grade dem Bewußtſeyn, welches bei dem Begriffe des Willenseinfluſſes weſentlich erſcheint, und die beſtimmte— ſten Willensactionen find diejenigen, wobei die Muskeln auf ganz neue Wrife geübt werden. Von den zuſammengeſetzten und come plicirten Bewegungen, welche die Lebensgewohnheiten ausmachen (denn Thaͤtigkeiten eines einzigen Muskels ſind verhaͤltnißmaͤßig ſel⸗ ten), kann nicht mehr behauptet werden, als daß wir gewiſſe Acte wollen, welche durch beſondere Muskelcombinationen, die uns in ihren Details ganz unbekannt ſind, zu Stande kommen. Es iſt eine Hauptaufgabe der Phyſiologie, bei ihrem jetzigen Zuſtande des Fortſchrittes, dieſe Reſultate zu unterſcheiden und beſſer zu definie ren; und was bisjetzt geleiſtet worden iſt, läßt allgemeinere Refulz tate und vollſtaͤndigere Sicherheit erwarten. Zum Schluſſe dieſes Umriſſes moͤchte ich noch bemerken, daß dieſer Punct derjenige iſt, in welchem ſich alle einzelnen Unterfue chungen vereinigen, und einerſeits mit den hoͤhern Lehren von Lee ben, Reproduction und geiſtiger Exiſtenz, auf der andern mit den großen allgemeinen Kraͤften oder Geſetzen der unbelebten Natur verbinden, welche immer in und um uns in Thaͤtigkeit find? Die Phyſiologie ſcheint in dieſer Beziehung jetzt auf dem Uebergange zu einer groͤßern Entdeckung zu ſtehen, ebenſo wie die übrigen phy⸗ ſicaliſchen Wiſſenſchaften (von Licht, Wärme, Electricitaͤt, chemi— ſcher Kraft, und vielleicht Schwerkraft), welche durch die neuern Unterſuchungen immer mehr zu allgemeinen Geſetzen hingefuͤhrt wer— den. Es iſt eine Frage vom tiefſten Intereſſe, worauf ich auch ſchon aufmerkſam gemacht habe, ob hier die Beziehung nicht innis ger iſt, als die bloßer Analogie, und ob fernere Unterſuchungen nicht einige der Functionen des Nervenſyſtems mit den allgemeinern Elementen der Kraft und Thaͤtigkeit in der phyſicaliſchen Welt in Verbindung bringen werden. Vitale Geſetze und phyſicaliſche Ge— ſetze ſtehen ganz in gleichem Verhaͤltniſſe zu unſerer Kenntniß. Sie naͤhern ſich einander immer mehr, jemehr unſere Kenntniß forte ſchreitet und koͤnnen moͤglicher Weiſe zuletzt, ſelbſt für menſchliche Auffaſſung, einem gemeinſchaftlichen Principe unterworfen werden, 41 welches die ganze Reihe der Erſcheinungen umfaßt, fo fernſtehend und unaͤhnlich fie auch jetzt erſcheinen. Alle Wiſſenſchaft ſtrebt dahin, die Einheit der Schoͤpfung zu beweiſen, indem fie die aegenfeitige und allgemeine Beziehung der Theile beweiſ't. Der Ausſpruch eines großen Philoſophen „Luni— vers, pour qui saurait bembrasser dun seul point de vue, ne serait qu'un fait unique et une grande vérité“ mag in einem Sinne eine bloße Phantaſie erſcheinen, umfaßt jedoch, von eis nem allgemeinen Standpuncte aus betrachtet, das große Ziel aller wbilofopbie. Die einfache Thatſache und die große Wahrheit iſt die von einer allmaͤchtigen Urſache; ein Schluß, zu welchem wir von allen Seiten unwiderſtehlich geleitet werden, indem wir bei dies ſem Schluſſe alle zwiſchenliegenden Stufen von Exiſtenz oder Kraft überfpringen, welche wir jetzt zu undeutlich ſehen, um fie mit den Fäbigkeiten des Menſchen in feinem jetzigen Zuſtande richtig aufzus faſſen. (Medical not, and reflect. London 1839.) Miscellen. Von dem Kiang⸗Pferde, einem wilden Pferde des oͤſtlichen Himalaya⸗Gebirges, findet ſich in Moorcroft's Travels in the Himalayan Provinces Vol. 1 p. 311 folgende Nachricht: „In den oͤſtlichen Theilen dieſes Landes befindet ſich eine noch nicht beſchriebene wilde Varietaͤt des Pferdes, welche ich Equus Kiang nennen will. Es iſt vielleicht mehr Eſel, als Pferd, aber feine Ohren ſind kuͤrzer (in Equus hemionus find fie lang), und es iſt entſchieden nicht der Gurkhor, oder der wilde Efel von Sindh. Seine Aus dauer und Stärke machen es ſehr ſchwer, es zu fangen.“ Spaͤter, S. 443, heißt es: „Wir ſahen viele große Heerden von dem Kiang, und ich machte mehrere Verſuche, ein Stuck zu erlangen, aber immer mit nicht glücklichem Erfolge. Einige wurden verwundet, aber nicht genug, um ihre Schnelligkeit zu mindern, und ſie ſprangen dann raſch die Felſen hinauf, wo es 42 unmoglich war, ihnen zu folgen. Vier oder fünf gut berittene Jaͤger würden eine glückliche Jagd machen, aber ein einzelnes Indivi⸗ duum hat keine Ausſicht. Der Kiang geftattet ſeinen Verfolgern nicht, naͤyer als bis auf fünf» oder ſechshundert Ellen heranzukommen; dann trottirt es davon, dreht ſich um, blickt auf den Verfolger, wartet, bis er wieder in die Nähe kommt, wo es ſich dann wieder davon macht, Wenn man auf daſſelbe ſchießt, ſo wird es in Furcht geſetzt und geht ganz und gar davon. Die Chan ⸗than-Bewohner fangen es mit Schlingen, und zuweilen ſchießen ſie es. Nach Allem, was ich von dem Thiere geſehen habe, wurde ich es weder für ein Pferd, noch für einen Eſel erklaͤren. Seine Geſtalt gleicht eben fo ſehr dem Einen, als dem Andern, und fein Schrei ift mehr dem Eſelsſchrei, als dem Wiehern ahnlich. (Das Geſchrei des Dſchiggetai iſt eine ſonderbare Miſchung von Beidem.) Die vorherrſchende Farbe iſt blaßroͤthlich nußbraun; aber die Naſe, der Untertbeil der Kinnlade und des Halſes, des Bauches und der Fuße iſt weiß. Die Maͤhne ift dünn und aufrechtſtehend; die Obren mäßig lang; der Schweif ift haarlos und reicht bis etwas unter die Hacke. Die Höbe etwa vierzehn Hand. Die Geſtalt, von dem Vorderfuße bis zu den Hin— terbeinen in gleicher Ebene mit dem Rücken, iſt mehr eben, als bei dem Eſel. Es iſt vielleicht dem Quagga naͤher verwandt, aber es iſt ohne Streifen, ausgenommen einen, welcher an jeder Seite des Rückens zu dem Schwanze läuft, Dieß war bei einem Füllen ſehr deutlich zu ſehen, bei'm Ausgewachſenen aber nicht zu unters ſcheiden. Eine Geſellſchaft für mikroſcopiſche unter ſuchun⸗ gen hat ſich in London, unter dem Titel Microscopical Society, vereinigt und Profeffor Owen zu ihrem erften Präfidenten gewählt. Gegenſtände ihrer Thaͤtigkeit find zunaͤchſt Verbeſſerung und Vers vollkommnung in der optiſchen und mechaniſchen Zuſammenſetzung der Mikroſcope; Vorleſung und Beſprechung von Abhandlungen über, neue und intereſſante Gegenftände mikroſcopiſcher Unterſuchung; Bil⸗ dung einer Sammlung von ſeltenen und wertt vollen mifrofcopifchen Gegenſtaͤnden; und Anlegung einer einſchlagenden Buͤcherſammlung. r Exoſtoſen oder Oſteochondrophyten. Von Cruveilhier. Ich will hier einige Bemerkungen uͤber zwei Geſchwuͤlſte des humerus und des Beckens bei verſchiedenen Kranken mittheilen; auffallend iſt die Identitaͤt des Ausſebens und der Structur dieſer beiden enormen Knochenvegetationen. Das erſte Präparat betrifft das rechte Oberarmbein, welches vor drei Jahren von Hrn Profeſſor Ro ur zugleich mit dem äußern Ende des Schluͤſſelbeins, des Acromions und des vordern Winkels des Schulterblatts erſtirpirt wors den war. Die enorme Geſchwulſt, welche unregelmaͤßig ei— form g war, umgab die obern z des humerus von allen Seiten, io daß fie ſogar Über das obere Ende hinausragte. Das Gewicht entſprach vor dem Austrocknen dem Volumen der Geſchwulſt, aber nach dem Austrocknen war das Ge— wicht um 3 vermindert, woraus ſich ergiebt, daß das Kno— chengewede nur ungefähr 4 der Maſſe bildete. Die Ge: ſchwulſt hatte ein lappiges, knotiges Anſehen, wobei die eins zelnen Lappen durch tiefe Furchen, die mit Sehnengewebe ausgefüllt waren, getrennt wurden. Die Oberflaͤche der Ge: ſchwulſt hing mit den benachbarten Theilen nur durch ein aͤußerſt lockeres Zellgewebe zuſammen, und die Sehnen des deltoides, pectoralis major, teres major und latis- simus dorsi drangen in ſie ein. Uebrigens hatte die Ober— flaͤche der Geſchwulſt ein knorpeliges Ausſehen und war von einer fibroͤs⸗zellgewebigen dichten Schicht von ungleicher Dicke umgeben, welche die Zwiſchenraͤume zwiſchen den Lappen zum Theil ausfuͤllte und dadurch die Hervorragung der einzelnen Knoͤtchen und Hoͤcker verdeckte. Wird dieſe Schicht abgezo— gen, ſo treten nicht allein die einzelnen Lappen, ſondern auch die hoͤckrigen Erhabenheiten derſelben, das geſtielte Anſehen derſelben, wodurch ſie von einem gemeinſchaftlichen Kerne zu entſpringen ſcheinen, deutlich hervor. Es entſteht einiger: maaßen das Ausſehen des Blumenkohls. Bei Durchſckneidung der Geſchwulſt zeigten ſich fol gende Eigenthuͤmlichkeiten der Tertur: 1) die meilten Lap⸗ pen find nur an der Oberfläche knorpelig; bei einigen iſt die Knorpelſchicht aͤußerſt dünn, und jeder Hoͤcker oder knorpelige Knoten ſitzt auf einem centralen Knochenkerne; bei andern ſind die Knoͤtchen durch und durch knorpelig und bloß die Mitte des Lappens beſteht aus Knochenſubſtanz; endlich giebt es Lappen, welche ganz aus Knorpelmaſſe beſtehen, und dieſe zeigen bei einer gewiſſen Größe Aushoͤhlungen durch unres gelmaͤßige Zellen oder Höhlen mit runzeligen hoͤcktigen Wins den ohne auskleidende Haut, dagegen mit einer zaͤhen ſyno⸗ vialaͤhnlichen Fluͤſſigkeit gefuͤlt. Eine dieſer großen Höhlen enthielt Eiter. Die hoͤckerige Anwendung zeigt ſich in der 43 Dicke der Geſchwulſt ebenfo, wie auf der Oberfläche derſel— ben. — Nach Innen hin 2) liegt die Geſchwulſt auf dem Oberarmknochen auf, iſt aber nach Oben und in großer Ausdehnung wirklich in den Knochen eingepflanzt, deſſen com— pacte Subſtanz in ein ſchwammiges Gewebe ausgedehnt iſt, welches von den oberflaͤchlichen Schichten aus in die Dicke der Geſchwulſt hineinragt und allmaͤlig ſich verliert. Die Markroͤhre iſt vollkommen erhalten. 3) Unabhaͤngig vom Knochengewebe, welches durch Auflockerung der compacten Subſtanz des humerus entſtanden iſt, zeigen ſich in der Dicke der Geſchwulſt unregelmaͤßige Kalkablagerungen, welche nicht organiſirt ſind, und von allen Seiten durch Knorpel— ſchichten von ungleicher Dicke eingehuͤllt werden. Dieſe Con— eretionen reiben ſich an das Knochengewebe an, von welchem es jedoch leicht iſt, ſie zu unterſcheiden. 4) Hie und da fanden ſich in der Knorpelſubſtanz knoͤcherne oder knochen— aͤhnliche Koͤrner, ſo daß es keineswegs widerſtrebend iſt, an— zunehmen, daß bei der Entwickelung der Geſchwulſt der knor— pelige Zuſtand im Allgemeinen dem Kaochengewebe erſt vor— ausgeht. Man kann auch annehmen, daß fpäterbin die ganze knorpelige Maſſe endlich noch mit phosphorſaurem Kalke infiltrirt worden waͤre. Bei'm Trocknen verwandelte ſich die knorpelige Maſſe in faſerige Schichten, und es zeigte ſich dadurch, daß die Knorpelmaſſe noch unvollkommen gebil— det war, indem wahre Knorpel ſelbſt bei'm Austrocknen groͤß— tentheils ihren Umfang und ihre Feſtigkeit behalten. Das zweite Praͤparat habe ich von Dr. Flaubert erhalten, dem erſten Wundarzte des Hötel Dieu zu Rouen. Dieſe enorme Geſchwulſt entſprang vom Koͤrper und vom horizontalen Aſte des Schaambeins, lag hauprfächlich auf der vordern Flaͤche, ragte aber am obern Rande auch nach Hin— ten heruͤber. Die hinter dem Schaambogen liegende Par— thie iſt indeß weit kleiner, als die vordere. Dieſe Geſchwulſt theilt ſich durch tiefe Furchen in dicke Maſſen oder Lappen, welche auf einem gemeinſchaftlichen Kerne ſich bald mit einem breiten, bald mit einem ſchmalen Stiele aufſetzen. Jeder Lappen war wiederum mehr oder minder tief gefurcht und in Hoͤcker und Knoten von der verſchiedenſten Form und Groͤße; einige derſelben ſind voll, die andern hohl, letztere immer gus Knorpelſubſtanz mit einer mit Serum gefüllten Hoͤble. Die erſtern bald knoͤchern oder ſteinern, bald oſteo— cartilaginoͤs, und bei dieſen letztern nimmt die ſteinerne Maſſe die Mitte, die knorpelige Schicht den Umfang ein. Mebrere dieſer Knoten oder Hoͤcker hängen mit dem Lappen nur vers mittelſt eines fibroͤſen Gewebes zuſammen; alle dieſe Maſſen aber lagern in einer Art von fibroͤſer Huͤlle, die in alle Furchen und Zwiſchenraͤume eindrangen; die Muskeln und Muskelaponeuroſen, welche ſich an das Schaambein anhef⸗ ten, koͤnnten zwar ſcheinen, als haͤtten ſie zur Bildung die— ſer großen Maſſe fibroͤſen Gewebes beigetragen; der Analos gie nach aber muß ich doch ſchließen, daß dieſe normalen Gewebe der Geſchwulſt fremd geblieben find, und daß die Geſchwulſt ganz und gar von dem Knochen und dem Pe⸗ rioſt ausgegangen iſt. Ein Durchſchnitt der Geſchwulſt zeigte, daß ſie ſich auf dem ganzen Umfange des Schaam— beines anſetzte, und daß von dieſem Knochen aus fpongiöfe 44 Subſtanz ſich in die Mitte der Geſchwulſt hinein entwickelt hatte. Derſelbe Durchſchnitt zeigte, daß die cartilaginoͤſe Subſtan; ſich nicht bloß auf die Oberfläche beſchraͤnkte, fons dern auch in der Mitte dicke Maſſen darſtellte. Man fab dabei mehrere Höhlen, umgeben von knorpeligen und Ealkarz tigen Maſſen. Mit Ausnahme der centralen Knochenpar— thie, welche deutlich als Entwickelung des Knochengewebes des Schaambeins erſchien, zeigte ſich der ganze uͤbrige harte Theil der Geſchwulſt als eine gypsartige Maſſe, welche aus amorphen groͤßern und kleinern koͤrnigen Maſſen beſtand. Auch dieſe Geſchwulſt wurde durch Austrocknen ungewoͤhnlich leicht. Bei'm Durchſaͤgen der getrockneten Maſſe ſind die ungleichen Kalkkoͤrner zerſprungen und haben dadurch ſelbſt den Beweis gegeben, daß ſie nur ein Aggregat bilden, aber nicht als organiſirte Maſſen zuſammenhaͤngen. Bemerkungen. Zu welcher Categorie hat man nun dieſe Geſchwuͤlſte zu rechnen? Sind ſie Degenerationen des Knochens, Oſteoſarcome, oder Knochenkrebſe. Sie ſchei⸗ nen mir einfach nur knorpelig-knochige Wucherungen zu ſeyn, welche einer unbegraͤnzten Zunahme fähig find, aber nicht Degenerationen. Es ſind Wucherungen, Aus— wuͤchſe, Paraſiten, welche vom Perioſt und Knochengewebe ſelbſt ausgehen, und welche der ſo zuſammengeſetzten Claſſe der Exoſtoſen angehoͤren, denen uͤberdieß der Name osteo- phytes ſehr wohl zukoͤmmt, welchen Lobſtein jeder von der Knochenoberflaͤche und von den Gelenken ausgehenden Vegetation giebt. Da außerdem mindeſtens ebenſo viel Knor— pelgewebe darin iſt, und dieſes gerade in practiſcher Bezie— hung von Wichtigkeit iſt, fo werde ich fie als Oſte och on— drophyten bezeichnen. Die weißgraue Farbe der Ober— flaͤche, welche eben von der Knorpelſchicht herruͤhrt, die ela— ſtiſche Weichheit derjenigen Theile der Geſchwulſt, in welchen der Knorpel vorherrſcht, hat viele Beobachter getaͤuſcht und ſie zu der Anſicht verleitet, daß ein Oſteoſarcom vorhanden ſey, waͤhrend nur eine knorpelig-knochige Wucherung vorlag. Dahin iſt auch eine Geſchwulſt des Schenkels zu rechnen, welche von Boyer, im dritten Bande ſeiner Chirurgie, S. 607, genau, aber als eine krebsbafte Krankheit, beſchrieben wird. Bei genauer Vergleichung findet ſich aber leicht, daß alle Einzelnheiten mit unſern Oſteochondrophyten übereinftims men, obwohl allerdings die Ablagerung der Knochenwuche— rung in Form von Spitzen und Nadeln eine Verſchiedenheit darſtellt, welche indeß nur als Varietaͤt, nicht als Verſchie— denheit, einer Art zu betrachten iſt. Ich beſitze ein patholoe giſches Praͤparat, welches dem von Boyer ſowohl in Be— zug auf den Sitz und auf den Umfang, als in Bezug auf die ſtalactitenaͤhnliche Bildung der Knochenhervorragungen ganz aͤhnlich iſt; es unterſcheidet ſich aber dadurch, daß das Gewebe des Schenkelknochens, anſtatt auf der Oberflaͤche der Geſchwulſt eine zellige Auflockerung zu zeigen, vielmehr un— gewoͤhnlich feſt und compact iſt; die Markhoͤhle fehlt ganz und iſt durch ein feſtes, elfenbeinartiges Gewebe erſetzt, wel— ches nur nach Oben hin eine zellige Bildung zeigt; dabei iſt der Schenkelknochen mit der ihn umgebenden Knochen— wucherung auf das Innigſte verſchmolzen, und die Wuche— rung ſelbſt iſt im Innern compact und nur oberflaͤchlich ſta— 45 lactitenaͤhnlich. Zwiſchen biefen Knochenſpitzen findet man dann die Zellen und Höhlen, welche waͤhrend des Lebens flüffige oder weiche Subſtanz enthalten, aber durch Austrock— nen verſchwinden. Da ich das zuletzt erwähnte Praͤparat bereits getrocknet erhalten habe, fo kann ich über die Bes ſchaffenheit der weichen Theile nichts angeben und nur der Analogie nach ſchließen, daß fie aus einem knorpeligen Ges webe beftanden haben. Ja Bezug auf diefe in Vielem ähnlichen und doch ver— ſchiedenen Präparate bemerke ich, daß die Krankheitsarten zwar beſchraͤnkt find, daß aber die Varietaͤten unzaͤhlig ges nannt werden muͤſſen; ich kenne nicht 2 pathologiſch-anato— miſche Präparate, fo wenig als 2 Krankheitsfaͤlle, welche in jeder Beziehung vollkommen gleich waͤren. Albers in Bonn hat die Benennung Oſteophyt eben— falls angenommen, will aber noch die periosteophytes davon trennen; jedoch muß ich geſtehen, daß ich bei ſeinen Definitionen keine Characterverſchiedenheit bemerke. Giebt es Unterſcheidungsmerkmale zwiſchen Exoſtoſe und Oſteophyt? Mir ſcheint der letztere eine Art des genus exostosis. Wahrend die Exoſtoſe eine Entwickelung der ganzen Dicke oder eines Theiles der Dicke des Knochens, alſo eine Hypertrophie, darſtellt, iſt der Oſteophyt nur eine Wucherung, eine Art von Auswuchs, ein Knochenpolyp, wel— cher geſtielt auf dem Knochen aufſitzt, ſo daß man den letz— tern abnehmen koͤnnte, obne den Knochen ſelbſt zu beruͤhren. Dabei iſt es natuͤrlich nicht moͤglich, daß der Knochen, auf welchem eine Wucherung aufſitzt, nicht auch in feiner ganz zen Dicke eine Texturveraͤnderung erleide; dieſe Ernaͤhrungs— modificationen, welche ſich in verſchiedener Weiſe ausdehnen, veraͤndern indeß, ſelbſt wenn ſie eine großere Auflockerung oder Dichtigkeit bedingen, in der Natur der Krankheit durch— aus nichts. Man koͤnnte bisweilen ſagen, daß gleichzeitig Exoſtoſe und Oſteophyt vorhanden ſeyen, und die Möglichkeit dieſer gleichzeitigen Exiſtenz iſt der beſte Beweis für die Ver— ſchiedenheit, welche zwiſchen ihnen ſtattfindet. (Anatomie pathol., Livr. 34.) Locale Nervenzufaͤlle in Folge von Abdominal— reizung. Von E. Hoden Eine blaſſe und zarte Frau, welche fruͤher an Hyſterie gelitten hatte, wurde etwa im ſiebenten Monate ihrer Schwangerſchaft nach einigen, wie es ſchien, ſehr unbedeu— tenden Veranlaſſungen von ſehr heftigen Krankheitsſympto— men befallen. Waͤhrend der ganzen Zeit ihrer Schwanger— ſchaft, welche dem Anfalle vorausging, litt ſie an betraͤchtli— chen Verdauungsbeſchwerden und Abdominalreizung; fie hatte oͤfters Erbrechen unverdauter Speiſen, Schmerz im linken Hypochondrium, ohne Empfindlichkeit gegen Druck, colikar— tige Schmerzen und bald Verſtopfung, bald Diarrhoͤe. Die Darmausleerung war immer übel beſchaffen und meiſtens ſehr dunkel gefaͤrbt. 46 Zu einer Zeit, als die Verſtopfung ſehr hartnädig war, etwa im fiebenten Monate der Schwangerſchaft, erlitt fie einen leichten Stoß, indem fie bei'm Herabgehen uͤber die letzte Stufe einer Treppe ſtolperte; am ſelben Tage hatte fie noch eine heftige Aufregung durch einen Wort— wechſel mit ihrem Manne. Unter dieſen Umſtaͤnden wurde fie von heftigem Froſtſchauer mit darauffolgender Hitze der Haut, beſchleunigtem, ſpitzanſchlagendem, aber weichem und ſchwachem Pulſe, Durſt und Trockenheit des Halſes befal— len; fie bekam den heftigſten pulſirenden Kopfſchmerz über den Augenbrauen; Empfindlichkeit gegen Licht und leichte amaurotifche Affection; dabei war fie ungeduldig bei dem leichteſten Geraͤuſche, aber das Ausſehen war collabirt und blaß; fie klagte über Schwindel und Ohnmacht, wenn fie ſich aufrichtete; der Unterleib war aufgetrieben und etwas ſchmerzhaſt; der Urin reichlich und blaß; die Zunge dick bes legt mit einem braͤunlich ſchleimigen Ueberzuge; die Reſpi— ration beſchleunigt und der Athem ſehr uͤbelriechend. Bald nach Entwickelung dieſer Symptome nahmen die Schmerzen im Unterleibe ſehr zu; es ſtellte ſich die größte Empfindlichkeit ein; die Kranke konnte das Gewicht der Bettdecke nicht ertragen, und die leichteſte Beruͤhrung ver— anlaßte einen lauten Schrei. Aber die Empfindlichkeit ge— gen Druck war ſehr eigenthuͤmlich; die Kranke klagte eigent— lich am lauteſten, bevor die Hand die Bauchflaͤche beruͤhrte; ein feſter Druck dagegen verminderte eher den Schmerz, an— ſtatt ihn zu vermehren. Der Schmerz, welcher in den Baucheingeweiden ſeinen Urſprung nahm, ging im Verlaufe des n. ischiadicus an der hintern Seite der Schenkel herab, und dieß vermehrte die Leiden der Kranken um ein Betraͤchtliches. Sobald dieſe Symptome eintraten, fo was ren die Leiden im Kopfe erleichtert; der Puls blieb ſehr weich und beſchleunigt und war von einem deutlichen in die Hoͤheſchwellen begleitet. Die Verſtopfung dauerte fort, und der Urin wurde in vermehrter Menge abgeſondert. Da ich den fruͤhern Zuſtand der Kranken kannte, ſo war ich ſogleich im Stande, die gegenwaͤrtigen Symptome auf die rechte Quelle zuruͤckzufuͤhren. Sie erhielt 15 Gr. Rhabarber mit 5 Gr. Calomel und ebenfoviel aromatiſchem, Pulverzuſatz, ein Clyſtir mit einer halben Unze Terpen⸗ tinoͤl, und eine halbe Drachme Opiumtinctur in einer hinrei— chenden Quantitaͤt Gruͤtzabkochung. Die Wirkung war ſehr befriedigend; es wurde eine große Quantitaͤt ſehr uͤbel— riechender dunkeler Kothmaſſen, welche seybala enthielten, raſch ausgeleert., worauf die dringendſten Symptome ſogleich aufhoͤrten. Am naͤchſten Morgen klagte ſie nur uͤber leichtes Kopf— weh und einen Schmerz im Verlaufe des iſchiadiſchen Ner⸗ ven. Dieſe Symptome wurden durch die eingeleitete Be— handlung ebenfalls vollends entfernt, und durch ſorgſame Beachtung der Function des Darmcanals, ſo wie ihres All— gemeinbefindens, erholte ſie ſich bald und vollkommen und brachte zur rechten Zeit ein geſundes Kind zur Welt. Dieſe Zufaͤlle hatten offenbar eine hyſteriſche Grund— lage; ſie erreichen ſelten einen ſo hohen Grad, haͤngen aber, wie Dr. Marſhall Hall gezeigt hat, von Irritation des 47 Nervenſyſtems ab, welche durch irgend eine leicht erregende Urſache hervorgerufen wird. (The Lancet, 28. Decbr. 1839.) Ein Fall von chroniſchem Croup. Von Dr. Henry Starr. Es wird ſeit laͤngerer Zeit der Croup in einen acuten und chroniſchen eingetheilt, wo bei dem letztern eine aus Fa— ſerſtoff, oder, nach Andern, aus Eiweiß, beſtehende Pſeudo— membran die Schleimhautflaͤche der Luftwege uͤberzieht. Dr. Warren ſcheint dieſe Krankheitsform zuerſt beſtimmt beſchrieben zu haben; in ſeinem Falle wurden von einem neunjaͤhrigen Maͤdchen zu verſchiedenen Zeiten Pſeudomem— branen mit Huſten ausgeworfen. (Aehnliche Faͤlle ſiehe in Caspars Wochenſchrift.) Der neue Fall iſt folgender: Am 9. Auguſt 1839 wendete ſich die 22jaͤhrige Harz riet Burdet an mich; ihr Ausſehen war gut; doch hatte ſie eine ungewoͤhnlich heiſere Stimme, welche bisweilen zu einem Wispern herabſank; dieſen Fehler bezeichnete ſie aber als etwas Habituelles, was nur in der letztern Zeit zuge— nommen habe. Sie klagte uͤber Schmerz im hintern und vordern Theile der Bruſt mit einem allgemeinen Gefuͤhle von Oppreſſion in den Lungen. Dieſe Symptome nebſt Huſten, welcher bisweilen durch Auswurf einer Quantitaͤt haͤutiger (gekochten Macaronis aͤhnlicher) sputa erleichtert wurde, waren ſeit zehn Tagen vorhanden. Die abnormen sputa zeigten genau die Ramification der Bronchien und waren offenbar in denſelben abgeformt worden. Die gegen die Schleimhaut gerichtete Flaͤche der sputa ift hie und da etwas mit Blut gefaͤrbt. Durch das Stethoſcop bemerkt man nur eine Verminderung des Reſpirationsgeraͤuſches; der Puls iſt klein und weich, nicht uͤber 80, jedoch bisweilen deutlich intermittirend. Die Menſtruation iſt ſeit einiger Zeit unregelmaͤßig; die Verdauung ungeſtoͤrt. Die Behand— lung bezweckte Erleichterung der Expectoration, Erregung der Hautthaͤtigkeit und Verminderung der allgemeinen Reizung. Sie beftand in einer Camphermixtur mit etwas Blauſaͤure und Tartarus stibiatus, einem Blaſenpflaſter und Dovers Pulver mit Calomel. Auf die erſte Doſis der Mixtur — 48 folgte Erbrechen, was ſich nicht wiederholte; dagegen folgte Stuhlgang und reichliche Tranſpiration. Zwei Tage wurde das Gefühl von Uebelkeit unterh aten; die Bildung der Pſeudomembran wurde dadurch nicht vermindert, dagegen die arterielle Erregung gehoben. Die Kranke bekam nun reizend- erpectorirende Pillen aus Asa foetida, Myrrhe, Seilla und Conium; dreitaͤgiger Gebrauch erleichterte den Auswurf, verminderte aber feine Quantität nicht. Einrei⸗ bung von Brechweinſteinſalbe uͤber dem Bruſtbeine hatte ebenfalls keinen Einfluß auf die Seerstion. Nun erhielt die Kranke Pillen aus Calomel, Antimon und Conium; die guͤnſtige Wirkung dieſer Mittel wurde durch einen kleinen Aderlaß befoͤrdert. Nach vier Tagen wurde das Zahnfleiſch afficirt; aber Huſten und Auswurf nahmen ab, und der Puls war nicht mehr intermittirend. Die Pillen wurden noch einen Tag fortgeſetzt; die Saliva— tion nahm zu, aber der Auswurf hörte ganz auf. g Die Salivation wurde durch die gewoͤhnliche Behand— lung gehoben und die Kranke geheilt entlaſſen. (London med. Gaz. Febr. 1840.) Miscellen. Zur Diagnoſe fremder Körper im larynx, wobei die Symptome bekanntlich ſehr variiren, hat Hr. Hawkins der Royal med. and surg. Society im Febr. 1839 einen Fall mitgetheilt, wo bei einem 12jähriaen Midchen bei'm Suppeeſſen plotzlich heftiges Erbrechen und erſtickender Huſten eintrat, welche Symptome bald nachließen und nur ein Geraͤuſch bei'm Athmen und einen fixen Schmerz unter dem Ringknorpel zuruͤckließen. Die Kranke athe mete mit Beſchwerde und mit einem croupaͤhnlichen Tone. Mit- telſt Tracheotomie wurde ein Stuͤck eines Halswirbels von einem Schaafe (4 Zoll lang) ausgezogen. Nach 2 Stunden war die Stimme der Kranken hergeſtellt. Die Groͤße des Bruſtkaſtens kann ein gutes Zeichen der phyſiſchen Kraft des Individuums ſeyn. Ueber dieſe Qualification hat Dr. Balfour, fo lange er das Amt eines Diſtrict Militaͤrchi⸗ rurgen in London verſah, eine Tabelle über Meſſungen bei 1,439 Rekruten entworfen, aus welcher ſich ergiebt, daß der Umfang der Bruſt bei jener Zahl im Durchſchnitt 323 Zoll beträgt: das Maris mum 37 Zoll und das Minimum 28 Soll. — Hr. Marſhall deutet darauf hin, daß kein Rekrut fuͤr die Armee enrolirt werden ſollte, deſſen Bruſtkaſten nicht wenigſtens 830-31 Zoll mißt. Bibliographische Facts on Mesmerism. don 1840. 12. Essai sur les phenomenes électriques des animaux. Ch. Matteucci. Paris 1840. 8. M. 2 K. By the Rev. C. H. Townshend. Lon- Par M. Ne ung kei deen. Formulaire général, ou Guide pratique du médecin, du chirur- gien et du pharmacien, contenant ete.; avec les poids mé- triques en regard des poids anciens. Par P. L. Cottereau etc. Paris 1840. 32. Premiere Lettre sur la Syphilis, ou Examen critique des doctri- nes de M. (Philippe) Ricord, chirurgien de l’höpital civil des veneriens de Paris etc. Par M. Devergie ainé. Paris 1840. 8. Neue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Obere Medicinalrame & reriep ju Melmar, und dem Mevicinalrame und Preteſſer Frottier iu Berlin, No. 290. (Nr. 4. des XIV. Bandes.) April 1840. Gedruckt im Landes⸗Induſtru- Comptoir zu Weimar. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 22 Wogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. r Abhandlung uͤber die Geſchichte der Phyſiologie des Bauchredens (Ventriloquie, Engaftromysmus). Vom Dr. Colombat (de l'Jſéère) ). Das Bauchreden oder der Engaſtromysmus (von Er, in; yasıp, Bauch, und „5 Sos, das Wort, oder , ich ſchnaube) iſt eine Art von dumpfer, bald nahe, bald fern klingender Stimme, mittelſt welcher ſich die ſonderbar— ſten und mannigfaltigſten acuſtiſchen Taͤuſchungen hervor— bringen laſſen. Dieſe Kunſt war ſchon im hoͤchſten Alterthume bekannt, indem, z. B., Hippocrates (Epidem. Lib. V. et VII.) derſelben erwähnt. Ariſtophanes gedenkt eines gewiſſen Eurykles, welcher ſich darauf verſtanden und in Athen fuͤr einen Zauberer gegolten habe. Es ſcheint ſogar, daß bei den Voͤlkern des Alterthums das Bauchreden eine der geheimen Kuͤnſte der Magier und Pythoniſſen oder Wahr: fagerinnen, die auch den Namen Engaftrimenthen führten, geweſen ſey; und ſelbſt in der heiligen Schrift findet man Spuren davon, indem, z. B., das Wahrſagerweib, welches auf Saul's Geheiß den Geiſt Samuel's heraufbeſchwoͤrt (1. B. Samuelis, Cap. 28), und die Magd, von der im 16. Capitel der Apeſtelgeſchichte die Rede iſt (dieſe nach des heiligen Auguſtin's Erklaͤrung; f. De doct. Christ. Cap. 28, Lib. II), wahrſcheinlich Bauchrednerei trieben. Cicero (de Divinat. L. II.) redet von gewiſſen Frauen, die den Daͤmon in ihren Leib aufnaͤhmen und die— ſen auf die ihnen vorgelegten Fragen aus dem Bauche ant— worten ließen. Dieſer beruͤhmte Redner und mehrere andere Schriftsteller ſchildern uns die Delphiſche Pythia oder Py— thoniffa als mit geſpreizten Beinen auf einem Dreifuße ſitzend und ihre Orakelſpruͤche, ſobald der Wahrſagergeiſt Über ſie gekommen oder in ſie eingedrungen, wie in einem Anfalle ») Aus einer ſo eben im Verlage von Moquet in Paris er⸗ ſchienenen kleinen Schrift: Mömoire sur histoire physiologi- que de la Ventriloquie etc. No. 1390, Ra ie l. von Wuth ausſtoßend. Tertullian behauptet, andere Wahrſagerinnen haͤtten bei geſchloſſenem Munde ihre Ora— kelſpruͤche durch die Geſchlechtsorgane von ſich gegeben. Caͤ— lius Rhodiginus (Cap. XII. Lib. VIII.) verſichert, eine Frau gefeben zu haben, die wirklich aus dem Bauche geredet habe; endlich berichtet einer der gelehrteſten Cxitiker des Mittelalters, Adrian Turnebus, welcher 1565 in Paris ſtarb, ein im Lande berum ziehender Mann habe, ohne die Lippen zu bewegen, ein gewaltiges Geraͤuſch verurſachen und mehrere Woͤrter deutlich ausſprechen koͤnnen; auch viel Zulauf gehabt und viel Geld eingenommen (Libel. de vin. Meibom. Comment.). Wir wellen noch binzufuͤgen, daß Hr. James (Diet. univ. de Medec. T. I. p. 486), nach Selden, von einem Knaben in der Nachbarſchaft von London berichtet, der 14 Jahr alt, und unter dem Na— men Speaking Smith bekannt geweſen ſey und eine ausnehmende Geſchicklichkeit im Bauchreden beſeſſen habe. Derſelbe Schriftſteller gedenkt auch noch zweier andern Bauchredner, namentlich einer Frau, die in England umher⸗ gezogen fen und Außerordentliches geleiſtet habe. Unter al: len Bauchrednern England's iſt jedoch Fitz-James der be ruͤhmteſte. Nicht nur articulirte Töne konnte er auf die e eigenthuͤmliche Weiſe hervorbringen, ſondern auch verworre— nes Geraͤuſch, z. B., wie wenn viele Leute heftig durchein— ander reden, das Knarren und Quieken ven ſchlecht ge— ſchmierten Raͤdern, das Geraͤuſch einer Saͤge, das Schnau— ben von Blaſebaͤlgen ꝛc. hoͤchſt vollkommen nachahmen. Ganz vorzuͤglich authentiſche Nachrichten über die Geſchichte der Bauchrednerei, welche uͤber das zur Hervorbringung der acuſtiſchen Taͤuſchungen dieſer Art angewandte Verfahren den meiſten Aufſchluß geben, findet man jedoch auf ftanzoͤſi— ſchem Boden. Indem wir unferer Zeitgenoffen, des Hrn. Comte, deſſen Talent wir noch jetzt zu Paris zu bewuns dern Gelegenheit haben, und des Hrn. Alexandre Vate— mare, der nicht nur Bauchredner, ſondern auch vollendeter Mime iſt, nur im Vorbeigehen gedenken, wollen wir hier ausfuͤhrlichet von Louis Brabant, einem Kammerdiener 4 51 Franz I. und von Saint⸗Gille, einem Gewuͤrzkraͤmer zu Saint⸗Germain⸗en-Laye, handeln, der um die Mitte des 18ten Jahrhunderts lebte und ſein Talent nur als Dilet— tant, nie fuͤr Geld, in Ausuͤbung brachte. Louis Brabant iſt vielleicht der ſonderbarſte aller bekannt gewordenen Bauchredner, die neueſten ſelbſt nicht ausgenommen. Die Liebe entwickelte ſeine Anlage zur Ven— triloquie. Vermoͤgenslos und aus niedrigem Stande, faßte er fuͤr eine junge reiche Erbin eine heftige, aber ungluͤckliche Leidenſchaft. Sein Antrag ward von deren Eltern hochmuͤ— thig zuruͤckgewieſen. Als der Vater des jungen Maͤdchens geſtorben war, ſtattete Louis Brabant der Wittwe einen Beſuch ab, und kaum war er in's Haus eingetreten, fo glaubte letztere die Stimme ihres Mannes von Oben zu hös ren: „Gieb meine Tochter dem Louis Brabant; er iſt ſehr reich und hat einen trefflichen Character; ich erleide jetzt im Fegefeuer eine grauſame, aber gerechte Strafe, weil ich mich dieſer ſehr paffenden Heirath widerſetzt habe. Thue, was ich Dir befohlen, und ich werde in den Himmel kom— men.“ Gleich darauf trat der erkorne Gemahl in's Zim— mer. Weder die Wittwe, noch irgend Jemand der Haus— genoſſen konnten vermuthen, daß er ihrem verſtorbenen Manne als Dolmetſcher gedient habe; er hatte ſtill im Vorzimmer gewartet, bis die Mutter ſichtbar ſeyn würde; feine Lippen und ſeine Geſichtszuͤge waren unbeweglich geblieben. Der Befehl von Oben ließ ſich nicht mißverſtehen; er mußte be— folgt werden, und die Heirath ward genehmigt. Dieſer erſte Schritt war gelungen; aber Brabant brauchte, außer der Frau, auch Geld. Er machte ſich deß— halb an einen alten, reichen Wucherer, den die Gewiſſensbiſſe zwiſchen ſeinen Geldkiſten zu quaͤlen anfingen. Das kuͤnf— tige Leben erſchien ihm oft als drohendes Geſpenſt. Dieß machte ſich Brabant zu Nutze; unter irgend einem Vor— wande legte er bei Herrn Cornu einen Beſuch ab, lenkte das Geſpraͤch auf Hoͤlle, Fegefeuer, Teufel und Geſpenſter, und als dieſes ſeine vorbereitende Wirkung gethan, ließ ſich plotzlich eine furchtbare Stimme hören, Die Seele des laͤngſt verblichenen Vaters des Hrn. Cornu kuͤndigte dies ſem an, ſie muͤſſe noch weit laͤnger im Fegefeuer ſchwitzen, wenn er nicht ein Werk der Barmherzigkeit uͤbe. Wenn er dem Brabant nicht eine bedeutende Summe zuſtelle, um Chriſtenſclaven aus der tuͤrkiſchen Gefangenſchaft zu erloͤſen, fo werde Cornu der Sohn den verdienten Lohn der ewigen Verdammniß für feine Sünden empfangen und Cornu der Vater noch einige Jahrhunderte von den Flammen des Fe— gefeuers gepeinigt werden. Der Geiz behielt aber die Ober— hand; ſo ſehr der alte Filz von Angſt gequaͤlt war, konnte er ſich doch nicht entſchließen, ſich von ſeinen Thalern zu trennen. Ein zweiter Beſuch machte ſich noͤthig, und dieß— mal drohte Hrn. Cornu nicht nur ſein Vater, ſondern alle ſeine verſtorbenen Verwandten und Bekannten betaͤubten ihm mit gleichem Anliegen die Ohren, und drohten ihm mit den fuͤrchterlichſten Strafen. Alle Kalenderheiligen wurden ange— rufen, und der Laͤrm war ſo graͤulich, daß Hr. Cornu ſich entſchloß, dem liſtigen Brabant 10,000 Kronen zujzuſtel⸗ 52 len. Spaͤter erfuhr der Geizhals, daß er angefuͤhrt worden ſey, und ſtarb vor Aerger. Der berühmte Bauchredner Saint-Gille ward eis nes Tags durch ein Ungewitter genoͤthigt, in einem Moͤnchs— Elofter bei Saint-Germain Schus zu ſuchen. Die Brüders [haft war gerade durch den Tod eines ausgezeichneten Mit⸗ glieds in große Trauer verſetzt worden. Man zeigte dem Fremden das Grab des frommen Bruders; aber wie erſtaun— ten die Moͤnche, als ſich die Stimme des Letztern hoͤren ließ und ihnen heftige Vorwürfe uͤber ihre Saumſeligkeit im Beten machte, wegen deren er länger als billig im Fege⸗ feuer ſchmachten muͤſſe. Sie begaben ſich ſogleich in die Kirche, begingen ein bruͤnſtiges Todtenamt, und waͤhrend die Moͤnche das De Profundis fangen, aͤußerte die Stimme des Verſtordenen ihre Zufriedenheit und Erkenntlichkeit. Die— ſes Ereigniß machte vielen Laͤrm, und der Kloſterabt nabm davon Gelegenheit, heftig gegen die Unglaͤubigkeit der Zeit von der Kanzel zu donnern. Ein weniger ernſthaftes Abentheuer verſchaffte dem Saint— Gille im J. 1771 Gelegenheit, vor den HHen. Leroy und Fouchy, Commiſſaͤren der Academie der Wiſſenſchaften, und mehrern Perſonen von Rang Proben feines Talents ab— zulegen. Es hatte ſich das Geruͤcht verbreitet, daß ſich in der Gegend von St. Germain die Stimme eines Luftgei— ſtes hören laſſe, und es handelte ſich darum, zu unterſuchen, ob Etwas und was an der Sache ſey. Die ganze Geſell— ſchaft wußte um das Geheimniß, mit Ausnahme einer Das me, mit welcher, ohne daß ſie es ahnete, ein Verſuch ange— ſtellt wurde. Man nahm auf dem Lande unter freiem Him— mel ein Mittagsmahl ein, wo dann der Geiſt ſich ſogleich einfand und bald aus der Luft, bald aus der Erde, bald von Nahe, bald von Ferne mit der Dame ſprach und ſeine Rolle ſo gut ſpielte, daß jene, auch nachdem man ihr den Zuſammenhang der Sache mitgetheilt, lange nicht davon zu uͤberzeugen war, daß ſie mit keinem Geiſte geſprochen habe. Wenn man bis faſt auf die neueſte Zeit die Bauch— redner als Beſeſſene betrachtet hat, ſo ruͤhrt dieß daher, weil unwiſſende und aberglaͤubiſche Perſonen von jeher Alles, was fie ſich nicht genügend erklaͤren konnten, uͤbernatuͤrlichen Ur— ſachen zugeſchrieben haben. Nachdem aber die Finſterniſſe des Koͤhlerglaubens durch die Fortſchritte in den Wiſſenſchaf— ten allmaͤlig aufgehellt worden find, hat man auch ruͤckſicht- lich des Bauchredens richtigere Anſichten erlangt, und gegen— waͤrtig iſt man daruͤber im Reinen, daß dieſe Kunſt ſich er— lernen laͤßt, wie jede andere, und daß ihre anſcheinend uͤber— natuͤrlichen Wirkungen von einer beſondern Art der Thaͤtig— keit der Stimmorgane herruͤhren. Worin beſteht aber der phyſiologiſche Mechanismus, wecher dieſe eigenthuͤmliche acuſtiſche Taͤuſchung, hervor— bringt? Bevor wir über einen noch fo unvollſtaͤndig unterſuch— ten Gegenſtand unſere Anſicht ausſprechen, wollen wir der einander meiſt widerſprechenden Meinungen der Phyſiologen und Bauchredner kuͤrzlich gedenken. Zuvoͤrderſt hat man von jeher geglaubt, und glaubt im gemeinen Leben auch wohl noch, daß die Stimme der Bauch— 53 redner im Bauche erzeugt werde, und dieſer allgemein vers breitete Itrthum hat auch die Veranlaſſung zu der falſchen Benennung der Erſcheinung gegeben. Rolandi (Aglosso stomagraphia, Cap. 6, tit. 3) meinte, wenn die beiden Membranen des Mittelfells, welche gewöhnlich mit einander verwachſen ſeyen, getrennt blieben, fo ſcheine die Stimme aus der Bruſthoͤhle zu kommen, und die Leute, bei denen dieß der Fall ſey, waͤren Bauchredner. Amman, Nollet und Haller behaupten, die Stimme werde bei'm Bauch— reden nur während des Einathmens erzeugt. Im Jahre 1770 ſteute der oͤſterreichiſche Hauptmann Baron von Mengen, welcher ſich auf das Bauchreden verſtand, nach an ſich ſelbſt angeſtellten Beobachtungen folgende Erklärung der Erſcheinung auf: „Die Zunge werde gegen die Zaͤhne gedruͤckt, und die linke Wange bilde fo eine Höhle, in wel— cher die Stimme mittelſt der im Rachen angeſammelten Luft hervorgebracht werde. Die Toͤne nehmen dann einen hohlen, dumpfen Klang an, und dieß fen der Grund, weß— halb fie aus der Ferne zu kommen ſchienen. Man muͤſſe dabei die Luft ſehr langſam ausgeben und ſo ſelten als möglich einathmen.“ Dumas und Lauth (Memoires de la Société des sciences et arts de Strasbourg) meinten, das Bauchreden ſey eine Art von Wiederkaͤuen der Toͤne, die, nachdem ſie im Kehlkopfe gebildet worden, in die Bruſt zu— ruͤckgeſtoßen wuͤrden, wo ſie einen eigenthuͤmlichen Klang an— nahmen, fo daß fie aus der Ferne zu kemmen ſchienen. Die Herren Richerand und Fournier (Grand Diction, des Sciences medicales find der Anſicht, die in der Stimmritze erzeugte Stimme werde dann in die Lun— gen zuruͤckgedraͤngt, und trete aus denſelben nur allmaͤlig wieder heraus, wobei ſie im Kehlkopfe gedaͤmpft werde, wel— cher auf dieſelbe einwirke, wie der Dämpfer dei einem muſi⸗ kaliſchen Inſtrumente. Hr. Comte, unſer beruͤhmter Bauchredner, ſagt, die Stimme bilde ſich, wie gewoͤhnlich, im Kehlkopfe, werde aber durch den Mechanismus andrer Theile, als die gewoͤhnlich bei'm Sprechen in Thaͤtigkeit find, modificirt und durch das Einathmen in den Bruſtkaſten geführt, woſelbſt fie erklinge. Hrn. Dugald Stewart (Philosophy of the human mind, Tom. III.) zufolge, nimmt das Bauchreden das Zufammentreffen zweier verſchiedenen Faͤhigkeiten in Ans ſpruch, die ſich nur ſelten beiſammen finden: daß naͤmlich, er— ſtens, das Stimmorgan verſchiedener Modificationen fähig ſey, und daß, zweitens, natürliche Anlage zur Mimik vor— handen ſey, ohne welche die verſchiedenen Biegungen und Modulationen der Stimme nicht erzeugt werden koͤnnen. Dr. Herſchell, deſſen genialer Blick nicht nur nach den Sternen gerichtet iſt, ſagt im feiner gelehrten Abhand- lung uͤber den Schall, das Bauchreden ſey eine Kunſt, die ſich darauf gruͤnde, daß der Ton ſich nicht geradlinig fort— pflanzt, wovon denn eine Folge ſey, daß das Ohr des Men— ſchen die Richtung, aus welcher die Schallwellen urſpruͤng— lich kommen, nicht genau beurtheilen kann. Dieſem beruͤhm— ten Aſtronomen zufolge, ruͤhrt dieſe Unfähigkeit des Ohres, den wahren Character der Bauchredner-Toͤne, die einen ſehr ein 54 fachen Urſprung haben, zu erkennen, keineswegs von der Unvollkommenheit des Gehoͤrorganes, fondern von der Br ſchaffenheit des Schalles ſelbſt her, deſſen Einfallswinkel je nach dem Zuſtande der Luft und der Art der benachbarten Körper unendlich verſchieden ſeyn kann. Sir J. Herfchelt bemerkt auch, die Stimme der Bauchredner werde in der Kehle ohne Mitwirkung der Mundhoͤhle und der Lippen er— zeugt, und fuͤgt hinzu, die durch dieſe kuͤnſtlichen Toͤne ver— anlaßte Taͤuſchung ruͤhre daher, daß dieſe Tone durch einen andern Mechanismus erzeugt würden, als die gewöhnlichen Toͤne der Stimme. Endlich hat Dr. Lespagnol (Dissertation inau- gurale, Paris, 1811) die Theſis vertheidigt, daß ſich haupt⸗ ſaͤchlich mittelſt des Gaumenſeegels die Intenſitaͤt der Toͤne in der Art abſtufen laſſe, daß die Taͤuſchungen des Bauchredens enıftänden. Dieſe letztere Theorie kommt der unfrigen außeror— dentlich nahe, indem fie von derſelben rur infofern abweicht, als Dr. Lespagnol nur von dem Gaumenſeegel redet, und die Erſcheinung des Bauchredens ledialich dem Umſtande zuſchreibt, daß das Gaumenſeegel die Luft am Ausſtreichen durch die Naſenhoͤhlen hindere. Der ganze Unterſchied zwi— ſchen der Stimme, welche aus der Naͤhe, und der, welche aus der Ferne zu kemmen ſcheint, beſteht, nah Hrn. Les— pagnol's Behauptung, darin, daß bei der erſtern die Toͤne aus dem Munde und aus der Naſe kommen, waͤhrend ſie bei der letztern nur durch die Mundhoͤhle heraustreten. Was dieſer Arzt uͤber das Austreten der Luft ſagt, iſt vollkom— men gegruͤndet, und Jedermann kann ſich, durch den Ver— ſuch, den alsbald zu beſchreibenden Mechanismus in Thaͤ— tigkeit zu ſetzen, welchen wir für den des Bauchredens hal— ten, leicht davon uͤberzeugen. Es iſt dazu keineswegs eine eigenthuͤmliche Organiſation, ſondern lediglich eine gewiſſe Geſchmeidigkeit der obern Theile des Stimmorgans noͤthig, und durch ein wenig Gewohnheit und Uebung gelingt ſes Ei— nem ziemlich leicht, alle die akuſtiſchen Taͤuſchungen hervor: zubringen, in denen eben das Weſen der Bauchrednerei beſteht. Da eines Theils der Menſch, in der Regel, den ins ſtinctmaͤßigen Hang zur Nahrung hat, und auf der andern Seite wehl kein Organ zur Nachahmung geſchickter iſt, als das Stimmorgan, fo moͤchten wir behaupten, daß Jemand, der, zumal ass jugendliches Individuum, längere Zeit in Geſellſchaft eines Bauchredners lebte, von ſelbſt zu einem ſolchen werden wuͤrde, wie, z. B., zwei Leute, die zu⸗ ſammenwohnen, zuletzt denſelben Klang der Stimme er— halten. Ueberzeugt, daß zum Bauchreden nur ein gut gebilde— tes und geſchmeidiges Stimmorgan, ſo wie geraͤumige, der Luft gehoͤrig durchgaͤngliche Lungen gehoͤren, bemuͤhten wir uns, da wir uns im Beſitze jener Eigenſchaften befinden, die Bauchrednerei zu erlernen, und dieß gelang uns recht gut. Um alle durch dieſe Kunſt erreichbaren akuſtiſchen Taͤu⸗ ſchungen hervorzurufen, fehlt es uns nur an hinreichender Uebung und an der den eigentlichen Bauchrednern noͤthigen Fähigkeit, alle Biegungen der Stimme nachzuahmen. 4 * 55 Um die Bauchrednerſtimme zu erzeugen, wenden wir folgenden Mechanismus an: Erſt athmen wir tief ein, um mit einem gehoͤrigen Vorrathe von Luft verſehen zu ſeyn; dann ziehen wir das Gaumenſeegel, den Schlundkopf, Kehl— kopf, die Zungenwurzel und alle Ausathmungsmuskeln ſtaik zuſammen, ſo daß bei Erzeugung der Stimme moͤglich we— nig Luft aus der Lunge treten kann und die Toͤne nur in der Mundhöhle, nicht auch in den Naſenhoͤhlen erſchallen, welches letztere bei Erzeugung der gewoͤhnlichen Stimme der Fall iſt. Es halt gar nicht ſehr ſchwer, dieſes Reſultat zu erreichen, indem man das Gaumenſeegel, ſo wie ſaͤmmtliche Bauch-, Bruſt- und Halsmuskeln, kraͤftig zuſammenzieht. Auch muͤſſen wir bemerken, daß, wenn wir die Stimme mehr und mehr aus der Ferne erſchallen laſſen wollen, wir ſie allmaͤlig um , £ oder Z Ton vertiefen und deren Klang zugleich daͤmpfen, indem wir die Zunge nach dem Züpfiben zu erheben, ſo daß deren Concavitaͤt nach Art der Surdine eines Blaſeinſtruments oder wie die Hand in dem Trichter eines Waldhorns wirkt. Das Hauptgeheimniß der Bauchredner beſteht alſo dar— in, daß ſie der Luft das Austreten durch die Naſe verweh— ten, und dieſelbe in einer ſehr gepreßten Weiſe langſam nur durch die Mundhoͤhle entweichen laſſen. Auf dieſe Art wird die Stimme dumpf und erhaͤlt die Schwaͤche und den Klang, vermoͤge deren es ſcheint, als ob ſie aus der Ferne komme. Um die Täuſchung zu verſtaͤrken und den Hörer glauben zu machen, daß die Stimme von einem gewiſſen Orte komme, braucht man deſſen Aufmerkſamkeit nur geſchickt auf den ges wuͤnſchten Ort zu lenken und dann nach jener Richtung hin zu ſprechen, indem man das Gaumenſeegel mehr oder weni— ger erhebt, damit ſich die Stimme nach Belieben mehr oder weniger zu entfernen ſcheine. Man muß auch dahin trach— ten, daß man den Unterkiefer möglich wenig bewege und ſich bemuͤhe, gewiſſermaaßen mit geſchloſſenem Munde zu articu— liren Dann muß ſich der Bauchredner ſtets ſo zu ſtellen ſuchen, daß man ihn im Profil ſieht, damit ſein Geſicht um ſo ausdrucksloſer und faſt wie das eines Blinden er— ſcheint. Auf dieſe Weiſe wird man um ſo weniger auf den Gedanken kommen koͤnnen, daß die Töne, die er hören laͤßt, von ihm ausgehen, und ſo wird er es leicht dahin bringen, die vollkommenſte Taͤuſchung zu erzeugen. Dieß Reſultat wird auch dadurch beguͤnſtigt, wenn man von Zeit zu Zeit auf die gewöhnliche Weiſe redet, da dann der Contraſt zwi— ſchen der natuͤrlichen und kuͤnſtlichen Stimme viel dazu bei— trägt, das Ohr in Betreff der Richtung und der Localitaͤt der letztern irre zu leiten. Aus dem bisher Beigebrachten folgern wir, daß die Kunſt des Bauchredners nicht nur in der Faͤhigkeit, jede Art von Toͤnen in ihrem gewoͤhnlichen, ſo wie durch Entfernung oder andere Urſachen modificitten Character nachzuahmen, ſondern auch darin beſteht, dieſe verſchiedenen Arten von Toͤ— nen durch Mu kelbewegungen hervorzubringen, welche von den Zuhoͤrern nicht bemerkt werden. Der Bauchredner wuͤr— de alſo alle ſeine Nachahmungskunſt und kuͤnſtliche Articula— tion vergebens zu Huͤlfe nehmen, wenn ſich der Ton gleich dem Lichte in gerader Linie fortpflanzte und das Ohr die 56 Richtung des erſtern ſo genau beurtheilen koͤnnte, wie es das Auge in Betreff der Richtung der Lichtſtrahlen vermag. Wir glauben ſchließlich den ſchon oben beigebrachten merkwuͤrdigen Thatſachen noch folgende beifuͤgen zu muͤſſen, welche wir Hrn. William Nicholſon nacherzaͤhlen, und aus denen ſich ergiebt, daß man es in der Bauchrednerei nur unter der Bedingung ſehr weit bringen koͤnne, daß man die inſtinctmaͤßige Nachahmungsgabe in einem hohen Grade beſitzt. — Der beruͤhmte Fitz-James, deſſen Talent Paris und London zu Anfang des laufenden Jahrhunderts zu bewun— dern Gelegenheit hatten, befand ſich eines Tages in einer Geſellſchaft, welcher der bekannte Volange ſo eben eine Comoͤdie vorgeleſen hatte. Nach der Vorleſung brachte letz— terer die Rede auf die Gaukeleien der vorgeblichen Bauch— redner, und behauptete, die Stimmen, welche ſie hören lie— ßen, wuͤrden durch verborgene Perſonen hervorgebracht, die in paſſender Entfernung vertheilt waͤren, daher denn jeder Bauchredner zur Hervorbringung von Taͤuſchungen vieler Vor— bereitungen beduͤrfe und nie aus dem Stegreife ſeine Kunſt zeigen konne. Kaum hatte Volange aber dieſe Meinung geaͤußert, ſo erhielt er eine Antwort, uͤber die ſich alle An— weſenden außerordentlich verwunderten. Die Stimme ſchien aus dem untern Stockwerke durch den Fußboden heraufzu— kommen. Allein die Unterredung ward bald noch viel ſon— derbarer; die Buͤſten und Statuen ſchienen daran Theil zu nehmen, aͤußerten ihre Meinung und vertheidigten fie eifrig. Nachdem die Neugierde der Zuhörer auf's Hoͤchſte geſpannt worden, erklaͤrte ihnen der Bauchredner, wie er ſie getaͤuſcht; erlaͤuterte die Uebungen, die er angeſtellt, die Studien, die er gemacht, und verdeutlichte ihnen nicht nur durch einen klaren Vortrag, ſondern auch mittelſt auf der Stelle beige- brachter Anwendungen feiner Saͤtze, wie unvorbereitete Zu: ſchauer und Zuhoͤrer ſich in Anſehung der Entfernung und Rich— tung der Stimm täuihen müßten. Nachdem Fitz James ſo die Huͤlfsmittel des erſten Theiles ſeiner Kunſt anſchau— lich gemacht, wandte er ſich zum zweiten, zu deſſen Anwen— dung noch mehr Intelligenz gehoͤrt und die Biegſamkeit des Organes nicht hinreicht. Er zeigte, daß er uͤber die Schau— ſpielkunſt gründlich nachgedacht und deren Geheimniſſe theo— tetifh und practiſch ſtudirt hatte. Sein Geſicht nahm nach einander den treuen Ausdruck der verſchiedenſten Leidenfchaf. ten an; binnen wenigen Minuten erſchien er groß, klein, ſchmaͤchtig, wohlbeleibt, heiter, duͤſter, einfach oder manierirt; kurz er bewies, daß er das Talent der Nachahmung in eis nem unvergleichlich hohen Grade beſaß. Uebrigens muͤſſen wir die Anſicht ausſprechen, daß Hr. Alexander Vatte— mare ihm darin gewiß wenig nachgiebt; wir haben denſel— ben binnen + Stunde mehr als 25 verſchiedene Charactere darſtellen und, als wahrer Proteus, bald als Nonne, bald als Schanzaraͤber, alte Frau, Moͤnch, Kind, junges Maͤd— chen ꝛc. auftreten ſehen, und in jeder Rolle waren feine Stimme, Geberden und Geſichtszuͤge derſelben durchaus an— gemeſſen. Als hierher gehoͤrige Literatur führen wir noch die Registres de Académie des sciences, Janvier 1771, das Werk des Abbé de La Chapelle: Le ven- 57 triloque ou l’engastrimythe und die Revue britan- nique, Dec. 1825 und Mars 1831, an. Miscellen. Niederſchlag von Regen. Ein intereſſantes Beiſpiel von der Belehrung, welche man durch Luftſchiffung in den hoͤhern Re⸗ gionen der Almoſphare erhalten kann, ergiebt ſich aus der Beſzie⸗ dung, welche, der Erfahrung zufolge obwalten, zwiſchen der Bildung oder dem Niederſchlage des Regens und dem Zuſtande des Himmels oberhalb der Wolken, die den Regen enthalten und folglich außer dem Bereiche liegen der Beobachtung für einen auf dem Erdboden ſtationirten Forſcher. Es iſt namlich Tyatſache, daß jedesmal, wo von einem ganz mit Wolken überzogenen Himmel Regen herabfällt, eine ahnliche Schicht Wolken jedesmal in einer gewiſſen Höhe oberhalb ſich befindet, wodurch die Sonnenſtrahlen aufgefangen und von der untern Wolkenſchicht abgehalten werden; und dagegen, wenn, bei ſcheinbar derſelben Beſchaffenheit des Himmels, Regen ganz oder roͤßtentheils fehlt, ein helles Firmament mit einer nicht von Wol— en verdunkelten Sonne der vorherrſchende Character des Raumes 58 unmittelbar darüber if. So daß es alfo eine entſchiedene Thats ſache iſt, daß, wenn der Regen aus den über der Erde aus gebrei⸗ teten Wolken ſtroͤmt, die Strahlen der Sonne nicht auf die frag⸗ lichen Wolken wirken, während hingegen Regen nicht aus ſolchen Wolken faͤllt, auf deren obere Flaͤche die Sonnenſtrahlen ungehins dert fallen können. (Poly techmie Journal.) Höhe der Küftenlinie der Zange. — In dem Bes richte über die Reſultate der franzöfifchen nördlichen wiſſenſchaftli⸗ chen Expedition iſt angegeben, daß die Auffindung und Beſtimmung der mittlern Mecresflaͤchen-Höhe geſtattet hat, an mehreren Pun⸗ cten die Linie der Geetange (Fucus vesiculosus) zu meſſen; eine Linie, welche in horizontaler Richtung läuft und für den Beobach⸗ ter eine ſehr gute Bezeichnung längſt der ganzen Küfte von Fin⸗ marken abgiebt. Zugleich hat man eine Verification der Gontinuität der Linien und Terraſſen erlangt, welche anzeigen, welches der alte Hoͤhenſtand der Meeresflaͤche in fernen Perioden war. Es ſcheint, daß in dieſen Linien es an Horizontalität mangelt. So wird die obere Linie am Alten⸗Fiord, wo ſie eine Höbe ven 67 Ellen erreicht, allmälig gegen die offene See hin niedriger und hat in der Nach⸗ barſchaft von Hammerfeſt nur noch eine Hohe von 28 Ellen. Dieſe Reſultate müffen naturlich den Geologen fıhr intereſſiren. (L’In- stitut.) 2 A ange an en a 1 Lak Nene Merkwuͤrdige Beobachtung über einen Blitzſchlag. Von Dr. Eugene Bermond. Es iſt nur zu gewöhnlich, von ploͤtzlichen Todesfaͤllen zu hör ren, welche durch Gewitter⸗Electricität veranlaßt wurden; aber nichts iſt ſeltner, als einen vom Blitze Getroffenen, wenn er es fo ſtark war, daß die Lebensfunctionen faft eine Stunde lang vernich— tet ſchienen, wieder in's Leben kommen zu feben. Aus dieſem Grunde, ſo wie mehreren andern Beziehungen, iſt die Mittheilung der folgenden Krankengeſchichte aus dem Hotel Dieu Saint Andre de Bordeaux gleich lehrreich und intereſſant. Am 29. Nov. 1339, um 8 Ubr Abends, ſchlug der Blitz in das Schiff Helene, welches in der Muͤndung des Fluſſes bei Bordeaux vor Anker lag. Einer der Reiſenden, 85 Jahr alt, welcher zu ſei— ner Familie nach Guadeloupe, wo er ingénieur des ponts et- chaussdes iſt, zurückzureiſen im Begriffe ſtand, wurde von dem Blige getroffen und plotzlich aller Lebenszeichen beraubt. Bei unſeren jetzigen Kenntniſſen in der Phyſik kann keine Eins zelnheit zu gering ſcheinen, um zu erläutern, wie das furchtbare Ereigniß ſich begab. Hr. Marie war während des Gewitters auf dem Verdecke fpagieren gegangen und war in die Cajüte, wo feine Gefaͤhr— ten bouillotte ſpielten, nur hinabgeſtiegen, weil einer derſel— ben, welcher ihm ſein Spiel zeigen wollte, ihn inſtaͤndig darum bat. Er ſetzt ſich dieſem zur Seite auf die große Tafel, ſtutzt ſi y nachlaͤſſig auf den Ellenbogen, indem er die Beine gekreuzt hält und den linken Fuß auf einen mittels einer Eiſenſtange auf dem Boden befeſtigten Stuhl ſtuzt. Die große Lampe, welche die Tafel erhellte, war über den Köpfen der Spieler mittels einer Metallſtange an dem Deckenfenſter befeſtigt. In einem und demſelben Moment ſchragt der Blitz in den Beſanmaſt, dringt in die Cajute durch das Deckenfenſter (clairevoie), zerbricht die Lampe in tauſend Stucken, wirft den Porccllanteller mit den Marken um, und zerſtreut dieſe rundherum weit. Die Reiſenden baden nichts empfunden, als eine Erſchutterung, mit Ausnahme des Hrn. Marie, den man ohne allen Anſchein von Leben bingeſtreckt findet. Nachdem man ibm vergeblich Hülfe zu leiſten bemüht ge— weſen, weiß man in der Verzweiflung am guͤnſtigen Erfolge nichts Beſſeres, als ihn einem Schlagregen mit Hagel auszuſetzen, und nach fuͤnfviertel Stunden geben einige Bewegungen zu erkennen, daß das Leben nicht erloſchen iſt. 2 Alles, was von Haaren im Antlige ift, die Augenwimpern eins geſchloſſen, war vom Blitze verbrannt; desgleichen die an Rumpf und Gliedern befindlichen Haare. Eine große Verbrennung bes zeichnet am Halſe und an der Bruſt den Lauf einer geldenen mit einem Grucifire verfebenen Kette, ein mütterliches Geſchenk, was Hr. M. immer trug. Die Ringe dieſer Kette waren zerſtreut, und man bat nur ein einen Decimeter großes Stuck vom Crucifixe un— verſehrt gefunden. Andere Verbrennungen von geringem Grade, durchliefen die ganze Länge der linken unteren Ertremität, haupt⸗ ſaͤchlich auf der äußern Seite, vom äußern Kndchel ausgehend, wo die größte Wunde ſich befand. An derſelben Stelle halte der Blitz eine Schnalle von Metall, welche die Fuß bekleidung befeſtig'e, ge⸗ ſchmolzen und letztere ziemlich weit fortgeſchleudert, indem er ſie zackig ausgeſchnitten hatte, als wenn es mit der Scheere geſche⸗ ben wäre. Die rechte untere Extremität zeigt nur am obern Theile des rechten Beines und der innern Seite des Schenkels Brand— wunden. Die Arme waren ganz verſchont worden; am Antlige waren nur einzelne kleine Phiyctänen. Nach dieſer Reihe der eben erwähnten Verletzungen wird man verleitet, zu denken, daß es die äußere Schnalle des linken Stiefels, wahrſcheinlich in Berübrung mit der den Stuhl befeſtigenden Eifenftarge, war, durch welche die electriſche Entladung von der Wolke auf den Boden ftatzachabt hat; fie hat die vordere Flache des Körpers um fo leichter gefurcht, als die goldene Kette einen vortrefflichen Conductor abgab. Das Uhrgehäuſe, von demſelben Metalle, hatte an ſehr vielen Stellen feine S verloren, als wenn es von Mercur angegriffen worden waͤre. In dem Augenblicke, wo Hr. Marie wieder ſeine Beſinnung erhielt, erlangte er auch ſeine Intelligenz in voller Kraft wieder, und es war vergeblich, ibn über den Urfprung ſeines Ucbels irre machen zu wollen. Er erinnerte ſich ſogleich, wie noch jetzt. des hellen Lichtes, welches ihn ſchmerzhaft geblendet hatte, des Kniſterns und des Gefühls von Verbrennung, welches er im Antlige empfun⸗ den hatte; das Klingen der weggeſchleuderten Marken batte cbens falls frine Ohren erreicht; aber nicht fo war es mit dem Geraͤu⸗ ſche des Donners, wovon er keine Erinnerung hatte, eben ſo wenig wie von irgend einer gewaltſamen Erſchuͤtterung. Die Rückkehr zu dem Gefühle ſeiner Exiſtenz war von traurigen Entdeckungen 59 begleitet: fein Sehvermoͤgen war ganzlich aufgehoben; alle Theile ſeines Körpers ſchienen ihm nicht mehr anzugehoͤren, fo ſtumpf was ren die Empfindungen und ſo ſchwierig die Bewegungen: es war eine unverletzt erhaltene Intelligenz inmitten der Ruinen der Or— ganifation. Das Beduͤrfniß, den Urin zu laffen und zu Stuhl zu gehen, zeigte ſich nicht eher, als am dritten Tage. Während der folgen: den ſechs Tage fanden dieſe Ausleerungen nur mit vieler Schwie— zigfeit ſtatt. Als am 18. Dec. 1839 der Kranke in das Hoſpital Saint— André gebracht wurde, waren die Brandwunden noch ſehr friſch, mit bochrothen, ſehr dichtſtehenden Granulationen. Puls klein, haͤufig, zuweilen unregelmäßig; die Schläge des Herzens undeutlich; die Auſcultationen entdeckten in ihnen kein beſonderes Geraͤuſch und eben fo wenig auch in den Reſpirationsorganen. Die Hauttemperatur war etwas niedrig; fortwährend laͤſtiges Gefuͤhl von Eiſeskaͤlte. Geiſteskrafte völlig unverletzt; Uebertreibung der Gefahr feiner Krankheit; gar keine Hoffnung für die Möglichkeit der Heilung; ſelten Schlaf waͤhrend der Nacht, begleitet von Traͤumen, welche verbrennende Körper aller Art zum Gegenſtande haben, zuweilen, Erwachen mit Auffahren veranlaffınd, mit Zunahme der Schmer— zen in den Augen. Unter Tags faſt fortwaͤhrende, beſchwerliche, ermuͤdende Betäubung; Kopfſchmerzen an der Stirngegend, zuwei— len bis in den Hinterkopf ſich erſtreckend. Die Sinne des Geruchs, des Geſchmacks und beſonders des Gehoͤrs hatten größere Empfindlichkeit erlangt. Mit einem bisjetzt unbekannten Zauber wirken die Toͤne einer Drehorgel oder Trom— pete auf das Ohr des Kranken. Der Blick unbeweglich und wie ſtier. Unbeweglichkeit der Pupillen. Seit dreizeyn Tagen iſt das Sehvermoͤgen wiedergekehrt, aber auf ſehr unvollftändige Weiſe. Die Ge genſtaͤnde koͤnnen nur wie im Fluge unterſchieden werden und erregen ein ſehr reichliches Thraͤnenfließen, ſo wie ein lebhaftes Prickeln. Sinn des Getaſtes ſtumpf. Stimme bedeutend geſchwaͤcht. Reſpiration langſam, nicht tief. Vollſtaͤndige Vernichtung, wahrhafte Aufloͤſung der Muskel— kraͤfte. Der Kranke fuͤhlt kein Band, welches die Glieder verei— nigt. Die Wirbelſaͤule, übermäßig biegſam, iſt unfaͤhig, ſich obne Unterſtuͤtzung aufrecht zu erhalten. Die untern Extremitaͤten koͤn— nen nur langſam und nur in der horizontalen Lage bewegt werden; Beine und Fuße ſcheinen ſchwer wie Blei. Die Schwaͤche der Arme iſt geringer. Der ganze Körper iſt in den Bewegungen, die man mit ihm vornimmt, wie eine träge Maſſe, die nur dem Ge— ſetze der Schwere folgt. Seine verſchiedenen Gliedertheile, einander gleichſam fremd, haben, nach der trivialen, aber richtigen, Ver— gleichung des Patienten, das ungeordnete Spiel der Theile eines mittels einer Schnur gegliederten Hampelmanns (pantin de foire). Schmerzhafte Krämpfe, die ſich von den Zehen bis zu den Knieen erſtrecken, find befonders in der Nacht häufig: fie har ben ſich zum erſtenmale am 10. Dec gezeigt Wenig ausgeſprochener Appetit; Verdauung etwas ſchwer, was auf Rechnung der Folgen einer chroniſchen gastritis geſchrieben wird. Während der erſten zehen Tage nach dem Eintritte des Kranken in das Hoſpital, find allgemeine Bäder und erweichende Augen— waͤſſer verordnet. Das erſte Bad hatte ein ziemlich deutliches Ge: fuͤhl von Wohlbehagen zur Folge; aber das zweite brachte eine ſol— che Abgeſchlagenheit hervor, daß es nicht raͤthlich ſchien, ein drit— tes zu verordnen. Zweimal und in dreitaͤgigen Zwiſchenraͤumen wurden Blutegel hinter beide Ohren geſetzt; nur das zweite Anle— gen hat Erleichterung bewirkt, und auch dieſes war nicht von Be— fand. Der Kopfſchmerz macht ſich vorzüglich Nachts fühlbar. Ein Abfuͤhrungsmittel mit 64 Grammen Ricinusdl ſcheint der Der conomie heilfame Erſchuͤtterungen mitgetheilt und das Gefuͤhl allge— meiner Betaͤubung vermindert zu haben. Die Verbrennungswun— den werden mit Cerat verbunden. 26. Dec. Keine bedeutende Modification der Symptome. Nur hat erſt heute der Kranke die Laͤhmung des rechten Auges entdeckt. Indem er mehr Schmerz, als gewöhnlich, in dieſem Auge empfand, fiel ihm ein, ſich deſſelben zu bedienen, waͤhrend er das der andern Seite zuhielt und hatte nun die ſchmerzhafte Ueberra— 60 ſchung, daß er nichts unterſcheiden konnte. Bis dahin hatte er un— ter einer Illuſion gelebt, indem er mit beiden Augen die Bilder zu ſehen glaubte, welche das linke Auge allein ihm überlieferte. (Das erweichende Augenwaſſer wird fortgeſetzt. — Er erhält Milch— ſuppe.) g g 10. Jan. 1840. Scit 8 Tagen gebraucht der Kranke ſchwe— felſaures Chinin, in der Doſis von 40 Centigrammen in einer Pos tion. Der Zuſatz von 5 Centigrammen extractum opii gummosum, und bei einer andern Veranlaſſung von 2 Centigrammen eſſigſau— ren Morphiums, hat bald weggelaſſen werden muüſſen, da es die Betaͤubung der Glieder vermehrte, ohne die Schmerzen der Kraͤm— pfe zu vermindern. Man hat das ſchwefelſaure Chinin dem Chi— na ſxtracte vorgezogen, welches, nachdem er mit Molken zwei Tage hindurch gereicht worden, die Unannehmlichkeit mit ſich fuhrte, den Magen zu irritiren. Muskelſchwaͤche noch dieſelbe: die Empfindlichkeit der Augen iſt etwas gemindert, beſonders nach dem beſtändigen Gebrauche ei— nes Lichtſpͤrms. Das rechte Auge hat heute Lichtſtrahlen wahr— nehmen koͤnnen. Reichlicher Thraͤnenfluß; fortwährend die Em— pfindung, als waͤren kleine u unter dem Augenlide Ems pfindung von Kälte geringer. Die Brandftellen ſind auf dem Wege der Vernarbung. Der Kranke ſaugt einige cötelettes aus. 12. Januar. Der electro-motoriſche Apparat des Hrn. Fo⸗ zembas von Bordeaux, iſt geſtern am linken Knie angewendet, oberhalb einer Wunde, welche hartnaͤckiger und ſchmerzhafter iſt, als die uͤbrigen, und heute an der Stirn. Auffallende Wirkungen ſind zu bemerken: Die Schmerzen der Wunde ſind wie weggezau— bert; die Kraͤmpfe ſind weniger lebhaft; der Kopfſchmerz geringer. Der Kranke hat zum erſtenmale einen ruhigen und erquickenden Schlaf genoſſen. 14. Januar. Das ſchwefelſaure Chinin iſt ununterbrochen alle Tage in Potion angewendet und in der Doſis von 40 Centigram— men. Es iſt dem Kranken ſehr angenehm, welcher ſagt, daß er dadurch fortwaͤhrend einen Zuwachs von Lebensenergie, eine Wie— derherſtellung der Erwaͤrmung, eine Verminderung der Betaͤubung und eine Aufreizung des Appetits und eine groͤßere Activitaͤt der Verdauungsfunction erlanae. 8. Februar. Das rechte Auge hat ſeit dem 10. Januar raſche Verbeſſerung erlangt. In feinen Fortſchritten hat das Seben zu intereſſanten Bemerkungen Gelegenheit gegeben. Anfangs bemerkte der Kranke nur die Schatten der Perſonen. Später ſind optiſche Taͤuſ bungen eingetreten, welche die Gegenſtaͤnde in der Entfernung in verſchiedener Richtung verlaͤngert erſcheinen ließen, wie in gewiſ— fen Hohlſpiegeln. Später hat die allgemeine graue Färbung der Gegenſtaͤnde der Wahrnehmung ihrer wahren Farben Platz gemacht. Die Augen haben eine Empfindlichkeit behalten, welche anfangs durch die fluͤſſigen Augenwaͤſſer geſteigert zu werden ſchienen; auch hat man dieſe mit Nutzen durch Cataplasmen von gekochten Aepfeln erſetzt. Gegenwaͤrtig wird Roſenwaſſer und aqua plantaginis majoris von dem Kranken allen andern oͤrtlichen Mitteln vorge— zogen. Seit drei Tagen hat eine ſonderbare Erſcheinung den Kranken uͤberraſcht. Von Zeit zu Zeit erſcheint das Bild von gewundenen glaͤnzenden Blitzen vor ſeinen Augen, welche eine ſchnelle Richtung von Oben nach Unten verfolgen und dann plotzlich verſchwinden. Die Pupille iſt immer unbeweglich und in einem Zuſtande von normaler Dilatation. Die Kraͤmpfe haben an Intenſitaͤt abgenom— men; bis vor Kurzem waren ſie zuweilen noch ſo ſtark daß ſie bei— den Beinen eine in die Hoͤhe ſchnellende Bewegung mittheilten. Ein anderes Mal erſtreckten ſie ſich, ſtatt in den Knieen anzuhal— ten, bis an die Huͤften, und dann hatte eine allgemeine Bewegung von Auffahren ſtatt, begleitet von einem klatſchenden Geraͤuſche in den Schenkelgelenken. Dſeſe Krämpfe, welche ſich nie in den Are men gezeigt haben, ſind in dem rechten Beine ſtaͤrker, als im lin— ken; während ſie ſtatthaben, ſcheint die Vitalität der Glieder, wel⸗ che ſchon bedeutend abgemagert ſind, an Energie wieder zuzuneh— men. Zuweilen fuͤhlt der Kranke auch, als wuͤrden ſie ſchnell von electriſchen Stichen durchfahren. Es muß auch bemerkt werden, daß ſeit vierzehn Tagen etwa ſich in den Rücken- nnd Lendengegenden, wie auch in den fehnigten 61 Straͤngen der Kniekehlen einige Steifigkeit gezeigt hat: fpäter hat auch das Ruß: und Beingelenk an dieſer Steifigkeit Theil genome men. Dieſer erſte Contraſt mit der vorhergegangenen Schlaffheit der Glieder iſt uns als gunſtiges Zeichen vorgekommen und iſt ſo auch dem Kranken erſchienen, der von der Zeit an das Bewußtſeyn feiner Muskein hat. Seit derſelben Zeit hat er ſelbſt ſeinen Löffel zum Munde führen koͤnnen, um ſeine Suppe zu eſſen. Die Arme, welche verſchiedene Dinge halten können, geben nicht mehr ein fo uͤbertriebenes Gefühl ihrer Schwere. Von da an hat auch der Kranke verſucht, einige Schritte zu machen, indem er ſich von dem Waͤrter die Nierengegend ſtark unterſtugen ließ. Der Appetit iſt gut. Die Verdauung iſt leicht. (Er genießt zwei Gotelettes ). 15. Februar. Der Kranke kann ſich ohne Stutze aufrecht er— halten. (Bei jeder Mahlzeit genießt er ein halbes Hühnchen). Das Sehen iſt deutlicher, beſonders mit dem linken Auge und geſtattet ihm, die Umgraͤnzung der Gegenſtaͤnde zu anterſcheiden. 1. März. Beide Augen empfinden noch momentan ein Gefühl von Brennen oder von Sand. Vor einigen Tagen bemerkte der Kranke, daß, indem er die Brillen (Nr 13) ſeines ſechszig Jahre alten Freundes verſuchte, er Druckſchrift leſen konnte. Er bkeeilte ſich, von dieſer Entdeckung Nutzen zu ziehen, um ſeiner Familie zu ſchreiben Seine Schriftzüge ſind ſehr unvollkommen, wegen des Zuſtandes feines Taſtſinnes. Es ſcheint ihm als wenn die Gegen— ſtaͤnde, die er zwiſchen den Fingern hält, noch durch ein Zwiſchen— bäutchen davon getrennt find. Doch iſt er Taͤuſchungen weniger ausgefegt, als fruher. Es kommt ihm, z. B., nicht mehr vor, daß er einen Körper zwiſchen den Fingern zu halten glaubt, wähs rend jener ihnen ſchon entfallen iſt. Er iſt auch nicht mehr ſo ganz unempfindlich gegen den Kitzel in der Hand, und die Fußſohle, wenn fie auf dem Boden ruht, ſcheint nicht mehr, wie Pr. Mas rie ſich ausdrückte, durch eine Hülle von Baumwolle davon ge— trennt. Seit geſtern iſt in der Nacht Schweiß erſchienen: durchaus keine Tranſpiration vorhanden. Geſtern ſchweflichtſaures Waſſerbad angewendet. Endlich bat der Kranke auch zum erſten Male das Bewußt— ſeyn einer gemeinſchaftlichen Vereinigung eines Gelenkes zwiſchen Knie und Schenkel Die Knice, welche von ſelbſt zuſammenknick— ten, geben das Gefuͤhl eines Widerſtandes. N 30. Närz. Die ſchweflichtſauren Waſſerbaͤder, welche man ver— ordnet batte, um die Energie der Muskeln aufzuregen, ſind ausgeſetzt worden, weil ſie die Steifigkeit derſelben zu vermehren ſchienen; eben fo find die Einreibungen mit Chinatinctur ausgeſetzt worden, wel— che die Einreibung mit Hyoscyamusdͤl erſetzt hatte: letztere hotte die Betäubung der Contractionsfähigkeit begünſtigt. — Jetzt ſind Gallertbaͤder in Anwendung. Die Potſon mit ſchwefelſaurem Chi⸗ nin iſt immer fortgeſetzt worden, zu großer Zufriedenheit des Kran— ken, welcher das Wohlſeyn vergöttert, welches er dadurch empfiur det. Der Apparat des Prn. Fozem bas iſt ſeit einer Woche etma nicht mehr angewendet. Während dieſes Monats haben wahrhaft auffallende Fort— ſchritte in der Ortsbewegung ſtattgehabt. Allmaͤlig war der Kranke im Stande, mit Kruͤcken, ſpaͤter mit dem Stocke allein zu gehen; jetzt vermag er es ohne alle Stuͤtze, aber es geht noch langſam und unſicher, wegen der Steifheit, die er in den Waden bemerkt. Die Arme bewegen ſich ſehr gut. Das Sehen iſt im guten Zur ſtande. Die Erection in dem penis hat angefangen, ſich zu zeiz gen. Aber ein ſonderbarer Umſtand, der bisſetzt nie gefehlt bat, iſt eine regelmäßige Aufeinanderfolge von guten und von boͤſen Ta— gen, wie ſich der Kranke ausdrückt. In der That zeigt ſich alle zwei Tage ein allgemeines Unbehagen, Kopéſchmerz, Muskelſteiſig⸗ keit und geringe Neigung, ſich Bewegung zu machen. Gluͤckli her⸗ weiſe wird der Fortſchritt der Locomotion nicht gehindert; die Muss teln neymen an Umfang zu, und Alles läßt hoffen, daß ſehr bald Hr. Marie ſich wird einfhiffen koͤnnen, um ſich in, feine Hei⸗ math und zu ſeiner Familie zu begeben. Ein analpſirender Ueberblick des geſchilderten Falles führt den Berichterſtatter zu folgenden Sägen: 1) Div electriſche Entladung von den Wolken auf die Erde bisher war hat man ein bat die Richtung von dem Kopfe nach dem linken Fuße des Hrn. 62 Marie genommen. Die rechte untere Extremität hat nur bis an die Stelle, wo ſie ſich zur Zeit des Blitzes mit dem andern Beine kreuzte, Verbrennung erlitten. Die obern Extremitäten haben nichts, als gewiſſermaaßen einfache Seitenſtrahlungen der electriſchen Fluſ⸗ ſigkeit erhalten. 2) Die Richtung, vordern Oberflache des Körpers fortgelaufen iſt, Anweſenheit metalliſcher Körper (Goldkette, ſchnalle / influirt worden zu ſeyn. 3) Das electriſche Fluidum hat den Lauf der Hauptramifica⸗ tionen der Hirn-Rückenmarks⸗Axe verfolgt. Die Nervenmittelpuncte ſcheinen nur mit weit geringerer Intenſitaͤt und wie in zweiter Eis nie erreicht zu ſeyn. Abgeſehen von der erſten Stunde, ſind der Kopfſchmerz und die Betaͤubung die einzigen Symptome geweſen, woraus die Theilnahme des Hirns an den Wirkungen der Fulmi⸗ nation erhellt. 4, Die in den erſten Augenblicken vollſtaͤndige und ſpaͤter un vollſtaͤndige Aufhebung der Senſibilitat und Centractilitat (die Muskeln des Auges und die iris find von dieſen Strömungen nicht unberührt geblieben) iſt die Forge geweſen von einer heftigen Per⸗ turbation der Innervation. Dieſe Thatſache reiht ſich an die bee kannte Unfähigkeit des Muskelſyſtems der vom Blitze getoͤdteten Per ſonen, auf electriſche Reizungen zu reagiren. 5) Die Perturbation der Innervation iſt begleitet oder ge— folgt geweſen von einer übermäßigen Anbaͤufung von electriſchem Fluidum in den mit dieſer Function beauftragten Organen, wenn man nach der Wirkſamkeit der zum Eatziehen dieſer Fluͤſſigkeit geeigneten Mittel u urtheilen darf. 6) Darf die Störung der Circulation und Reſpiratſon, die der Galorificarion, welche die Folge derſelben ſeyn mußte, darf fie dem Antheile beigemeſſen werden, welchen die Nervenplexus der Arterien und des Herzens an der Störung genommen batten? Iſt das Blut ſelbſt jeder chemiſchen Modification fremd geblieben? 7) Wir haben faſt nichts zu ſagen über den Einfluß, welchen die ausbauchenden und abſondernden Organe erlitten haben. Die Thraͤnendruſen haben unmaͤßig abgeſondert, während auf der an⸗ dern Seite die Haut nur erſt ſehr ſpaͤt feine flüffigen Ausdünſtun⸗ gen geliefert hat. 8) Die erſten Bäder, welche dem Kranken gleich anfangs (zu Goulet) und im Hotel Dieu gegeben wurden, haben fekr große Er⸗ leichterung bewirkt. Man weiß, daß das Waſſer ein vortreff icher Leiter des electriſchen Fluidums iſt, welches es abſorbirt und mit Leichtigkeit aufloͤſet. 9) Allgemeine Aderlaͤſſe ſind nicht angewendet worden, wegen der außerordentlichen Schwäche des Kranken, der uͤbrigens mager und von trocknem nervoͤſen Temperamente war. 10) Der electro-motoriſche Apparat des Hrn. Fozembas hat koſtbare und unbeftreitbore Vortheile gewährt. Dieſer Apparat bie ſteht aus einem Glaskaſten, welcher in feinem Boden eine doppelte Metalloberflaͤche darbietet, von welcher die untere mit einer großen Zahl ſehr ſpitzer Stahlſpitzen verſeben iſt. In der Mitte des Ka: in welcher das electriſche Fluidum an der ſcheint durch die goldne Uhr, Sta hl⸗ ſtens iſt eine kleine Oeffaung, welche einen Leitungsſtrang durchläßt, der beſtimmt iſt, die obere metalliſche Oberflache mit dem Boden oder dem gemeinſchaftlichen réservoir in Verbindung zu erhalten. Ein kleines Seidennetz iſt zwiſchen den Rändern der Baſis des Kar ſtens ausgeſpannt, um die Haut vor der Wirkung der im Innern angebrachten Spitzen zu ſichern. Der Apparat iſt an einem Sei⸗ denbande befeſtigt, welches zu feiner Anlegung auf die Theile dient. Die Theorie des Apparates iſt nun folgende: Wenn ein Theil der Sit einer Condenſation von thierifcher Electricität iſt, ſo treten ihm die ihm gegenübergeftellten Nadeln fortwährend eine Electric tät ab, die der in ihm enthaltenen entgegengeſetzt iſt, und haben alſo die Tendenz, allmälig dieſe Electricität zu neutraliſiren. Die forts waͤhrende Communication der Nadeln mit dem Boden, mittels des metalliſchen Conductors, macht dieſe Thätigkeit fortſchreitend und anhaltend. (Man ſebe die Schrift des Dr. Coudret: Recherches medico physiologiques sur Téſectric'té animule. Paris 1887.) Gleich, nachdem wir bei Hrn. Marie den mediciniſchen Ele⸗ ctromotor angewendet haben, iſt der Schlaf rubig und angenehm gewordenz die Schmerzen der Verbrennungen ſind verſchwunden und 63 die Krämpfe weniger lebhaft geworden. Man hatte bereits, um dieſe Muskelconeracturen zu vertreiben, vergeblich die herkoͤmm— lichen Mittel angewendet, z. B., den Eiſenſtab unter der Bettma— tratze in der Richtung des leidenden Theils gelegt, das Anlegen der nackten Fuße auf den Boden u. ſ. w. 11) Die Störung der ernaͤhrenden Function und die tiefe Ems pfindung, welche ſie von einer völligen Vernichtung der Kräfte gab, it bemundernswürdig gehoben worden durch das ſchwefelſaure pie nin. Gleich nach den erſten Doſen hat Hr. Marie ſich gleichſam von der Fähigkeit zu leben, begabt gefurlt; denn er hatte daran immer gezweitelt bei der völligen Abweſenheit von Ef iergie, in wel— wer er ſich befand. Das Alkaloid iſt ununterbrochen täglich vier Monate lang angewendet worden, ohne jemals die geringſte Aufrei— zung in feinem Magen zu veranlaſſen, obgleich dieſer der Sitz eis rer langen chroniſchen Irritation geweſen war. Nichts kommt dem Enthuſiasmus gleich, welchen der Kranke fuͤr das Mittel gefaßt hatte. Durch daſſelbe, ſagt er, fühle ich mich von Bewegung , von Waͤrme und von Leben beſeelt. 12) Die Rückkehr der Bilder von Blitzen auf die retina und die Intermittenz von Tagen des Wohlſeyns und Uebelſeyns beziehen ſich auf ſchon bekannte Geſetze des Nervenſyſtems. 13) Die Fortſchritte der Muskelkraft find von einer Steifſta— keit der contractilen Organe, welche ſelbſt durch Shwefelsäder und ortliche Reizm'ttel vermehrt waren, angezeigt und begleitet gewe⸗ ſen; die letzten waren gegen gallertige Bäder und olige Einreibun— gen aufgegeben worden. (Bulletin medical du Midi, Avril 1840.) Miscellen. Bei der Louvrierſchen Behandlung der Anchylo— fen vermittelſt eines gewaltſamen Streckapparates find in neuerer Zit doch einige unglückliche Falle vorgekommen. Der erſte betrifft eine 51jaͤhrige Frau, welche ſeit 6 Jahren an einer falſchen Anchyloſe, in Folge von Narbencontraction nach ſy⸗ phylitiſchen Geſchwüren am Knie, und noch fortwährend an allge⸗ meiner Syphilis und gleichzeitig an Tuberkelſchwindſucht litt. Dr. Louvrier gab erſt nach längerer Zeit den Bitten der Kranken nach und operirte, trotz dieſer Contraindicationen. Bei der Opera— tion klagte die Kranke über heftigen Schmerz zuerſt in der Knie kehle, ſodann im Schenkel, in der Aftergegend und im Innern des Beckens. An der Kniekehle war ein kleiner Riß entſtanden, durch welchen der n. popliteus externus bloßgelegt war; es folgte eine Ecchymoſe auf der äußern Seite des Gelenks, Harnverhaltung; der Hautriß wandelte ſich in ein ſyphilitiſches Geſchwuͤr um, welches raſch um ſich griff, waͤhrend ſich das Gelenk heftig entzuͤndete. Die Symptome der Phthiſis nahmen zu, und nach 4 Wochen erfolgte der Tod. Bei der Section fand ſich das Gelenk vollkommen vereitert: an den Kreuzbaͤndern hingen einige mit ihnen abgeriſſene Knochenſtuͤckchen; die Synovialhaut und die Knorpel waren ver— ſchwunden, die v. poplitea entzündet und mit Eiter gefüllt Die Harnblaſe war heftig entzuͤndet, die Nieren in der Corticalſubſtanz mit einigen kleinen Abſceſſen verſehen. Die Lungen enthielten er— weichte Tuberkeln und waren entzündet. Dieſer Fall beweiſ't min: 64 deſtens, daß bei dieſer Operation, wie bei jeder andern, wohl zu überlegen iſt, ob überhaupt in dem ſpeciellen Falle operirt werden dürfe. Der zweite Fall betrifft einen Traiteur, welcher ſeit 15 Jahren an dem in ſpitzem Winkel gebogenen rechten Knie eine wahre Anchyloſe hatte. Bei der Streckung des Gliedes durch die Maſchine hoͤrte man ein Geraͤuſch, welches den Bruch einer gros ßen und feſten Vereinigungsflaͤche andeutete. Die unmittelbaren Folgen nach der Operation waren wie gewoͤhnlich; leichte Bewer gung, wenig Schmerz, keine Geſchwulſt und nach 2 oder 3 Tagen die gewoͤhnliche Ecchymoſe; aver bald verior der untere Theil des Giiedes feine Wärme und Empfindlichkeit, es entſtanden Brands blaſen und Gangraͤn des untern Theiles des Fußes. Die Erſchei— nungen in dem Kniee febft ſind dagegen vollkommen guͤnſtig und zeigen nichts Ungewoͤhntſches. An dem Brande des Unterſchenkels bat fi die Demarcationslinie g bildet, und außer dem Verluſte des Fußes Scheint der Fall einen guten Ausgang zn nehmen. Wahr- ſcheinlich iſt die a. poplitea abgeriſſen, was übrigens durch kein Symptom ſpeciell angezeigt ‘ft. Außer 14 fruͤhern günftigen Ope— rationen hat Hr. Louprier übrigens in der letzten Zeit noch 2 gluͤckliche Operationen rechtw'nkliger Anchyloſen des Kniees ges macht. (Gaz. des Höpit. No. 2.) Ueber den Leberthran als antiscrophulosum hat Dr. Tauflied eine Abhandlung mitgetheilt, an deren Ende er aus einer Reihe gluͤckticher practiſcher Erfahrungen fols gende Nefultate zieht: 1) der Leberthran wirkt bei lymphati— ſchen Subjecten, welche denſelben gebrauchen, guͤnſtig auf das Algemeintefinden; 2) bei zweckmaͤßiger Anwendung iſt er ein wirkſames Heilmittel gegen Knochenſcropheln, harten Leib und chro— niſche, ſcrophuloͤſe oder rheumatiſche Gelenkentzuͤndung; 3) carıes mit offenen Geſchwuͤren und Anſchwellung der umgebenden Weich— theile erfordert neben der allgemeinen Behandlung mit Leberthran eine unterſtuͤtzende locale Behandlung, namentlich vermittelſt Com- preſſion und Fomentationen mit alkoholiſcher Jodaufloͤſung; 4) der Leberthran wirkt nicht gegen Gelenkgicht, noch gegen Anſchwellung der Lymphdruͤſen an andern Koͤrpertheilen, als in der Unterleibes boͤhle. Ihre Wirkung ſcheint zweifelhaft oder ganz unwirkſam bei einigermaßen vorgeſchrittener ferophulöfer phthisis; 5) der Leber— thran muß, um guͤnſtige Reſultate zu geben, mehrere Monate lang anhaltend gegeben werden. Für das Verfahren des Dr. Barthelemy zur Am: putation des penis, welches im Jahre 1829 bekannt gemacht worden iſt und darin beſteht, daß man einen elaſtiſchen Catheter tief in die Blaſe einfuͤhrt und ſodann das Glied ſammt der Sonde auf einen Schnitt durchſchneidet, fuͤhrt Hr. B. in der Gaz. méd. No. 46 mehrere Beobachtungen anderer Aerzte an, aus welchen hervorgeht, daß bei dem gewoͤhnlichen Verfahren die nadherige Einlegung der Sonde wegen Zuruͤckziehung der urethra aͤußerſt ſchwierig, bisweilen unmoͤglich ift, fo daß im letzten Falle zur Ente ſtehung einer Atreſie Veranlaſſung gegeben wird; 2) ergiebt ſich aus den Beobachtungen, daß ein Hineingleiten der Sonde nicht zu befuͤrchten iſt, wenn man die Vorſchrift befolgt, daß man die Sonde fo tief einführt, daß fie gegen die hintere Wand der Blaſe ſich ans lehnt, indem alsdann durch die Reaction der Blaſe ſelbſt unmittels bar nach Abtragung des penis die Sonde hervorgetrieben wird. ( d a ar ET an een Bibliographische Neuigkeiten. Transactions of the Berwickshire Naturalist's Club. 1840. (Ent: halten die Adreſſe für das Jahr 1839 von Rev. T. Knight und Abhandlungen uͤber das Aufhoͤren des Fließens des Teviot am 27. November 1838, von Dr. Douglas zu Kelſo; uͤber die Wir— kungen des Winters 1838 auf das thieriſche und vegetabiliſche Leben, von P. J. Selby; meteorologiſche Beobachtung in der Abtei St. Batbon in Berwickſhire; über die Metamorphoſe von Balanus punctatus, von Rev. T. Riddel; Beſchreibung der Cephalopoda an der Küfte von Berwickſhire, von Dr. John— Fon; über die Neſter des Gasterosteus spinacchia, über eine befondere Waſſerlarve, von P. J. Selbyz Fall, wo aus der Naſe eines zehnjaͤhrigen Knaben die Larve eines Kaͤfers ausge— leert wurde; über den Myliobates aquila, Cuv., von Dr. Joh n⸗ 4850 und Beitraͤge zu der Flora von Berwickſhire, von James ar dy.) Nouveaux élémens de chimie theorique et pratique. Par M. R. T. Guerin - Varry. 2de édition. Paris 1840. 8. Traité de l’Inceubation et de son influence therapeutique, Par le Docteur Jules Guyot. Paris 1840. 8. M. 4K. On the Ceylon Moss. By Dr, G. Sigmond and Dr. F. Farre. London 1840. 12. Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober ⸗Medicinalratbe Fro tte ju Weimar, und dem Metisınalratbe und Prefeſſer Frorier zu Berlin. Ne 291. (Nr. 5. des XIV. Bandes.) April 1840. Gebruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Ueber die Reproduction der Virgularia oder Pennatula mirabilis. Von Sir John Graham Dalyell. Wenige Producte des Thierreichs find fo unvollſtaͤndig bekannt, als dieſes, welches doch unter allen eines der merk— wuͤrdigſten und ſchoͤnſten iſt. Es exiſtirt auch von demſel— ben, meines Wiſſens, keine einzige genaue Abbildung. Alle, die mir zu Geſicht gekommen ſind, haben mit dem leben— den Thiere nicht einmal eine entfernte Aehnlichkeit, außer der, welche der unermuͤdliche Muͤller geliefert hat; allein auch dieſe ſcheint mehr nach der Erinnerung, als nach dem Leben gezeichnet zu ſeyn. Die Exemplare, welche man in Cabinetten findet, ge— ben von dem lebenden Thiere eine ganz falſche Vorſtel— lung. — Nachdem ich fruͤher manche meiner Beobachtungen uͤber die Fortpflanzung verſchiedener Zoophyten » Gattungen mit: getheilt habe, will ich hier Einiges Über den erwähnten Gegenſtand niederſchreiben. In Spiritus nimmt ſich die Virgularia einigermaßen wie eine Feder aus, daher ſie fruͤher den Namen Penna— tula führte. Ihr eigentliches Anſehen iſt ſchwer zu beſchrei— ben; doch will ich verſuchen, dem Leſer eine allgemeine Vorſtellung davon zu geben. Um 4 des Umkreiſes eines gelben, fleiſchigen, ſtabfoͤrmigen Koͤrpers ſitzen zahlreiche Rei— ben ſchraͤggeſtellter, dünner Blaͤtter, welche am Rande 8 *) Knoten tragen, die ſich zu ebenſoviel Sternpolypen entfalten. Das letzte Viertel des Umkreiſes iſt ganz glatt und ausge— glichen. Mitten durch den Stab ſtreicht der Laͤnge nach ein Knochen, welcher im Verhaͤltniß zu ſeiner Laͤnge unge— mein duͤnn iſt. Im Zuſtande der Ruhe iſt die Pennatula von plat— ter Geſtalt und nicht über 3 Linien dick. Sobald fie aber in Thaͤtigkeit tritt, ſchwillt fie fo an, daß fie $ eines 9 — 10 Linien ſtarken Cylinders ausfuͤllen, während das letzte ) Aus der nachſtehenden Berechnung der organiſchen Theile der Virgularia ſcheint bervorzugehen, daß an jedem Blatte 20 zu Polypen entfaltbare Knoten ſigen, von denen jeder 8 tenta- cula trägt, Der Ueberſ. No. 1391. r Viertel wegen der oben erwaͤhnten Abplattung dieſer Seite leer bleiben wuͤrde. Was aber die Laͤnge des Thieres an— betrifft, ſo iſt dieſelbe bisjetzt noch voͤllig unbekannt, da man daſſelbe noch nie unverſehrt erhalten hat. Gewoͤhnlich findet man Bruchſtuͤcke von 7 — 8 Zoll Laͤnge. Das groͤßte mir vorgekommene Exemplar war 23 Zoll, und der darin befindliche Knochen nicht weniger als 18 Zoll lang. Allein auch dieſer war verſtuͤmmelt, denn der Kno— chen ragte an dem einen Ende einen Zoll weit nackt her— vor, und war ſchon längere Zeit unbedeckt geweſen, da ein anderes Thier ſein Gehaͤuſe darauf gebaut hatte Nach der hier verloren gegangenen Fleiſchportion und der uͤber das andere Ende des Knochens hinausragenden fleiſchigen Spitze zu ſchließen, mußte das fragliche Exemplar wenigſtens 30 Zoll lang geweſen ſeyn. Der Knochen duͤrfte wohl das laͤngſte aller cylindriſchen knochigen oder ſchaaligen Producte ſeyn, indem es ungefaͤhr 500 mal ſo lang als dick iſt. Die Virgularia mirabilis und das fruͤher von mir unter dem Namen Sertularia uber beſchriebene Zoophyt, welches in Dr. Johnſton's unlaͤngſt erſchienenem gelehre ten Werke Sertularia argentea genannt wird, ſind beide in den ſchottiſchen Meeren zu Haufe und duͤrften unter al- len bisher beſchriebenen Zoophyten die geſtreckteſte Koͤrper— form darbieten Die Menge von Thierchen und organiſchen Theilen, aus denen die Virgularia beſteht, uͤberſteigt allen Glau— ben. An einem 7 Zoll langen Exemplare zaͤhlte ich 130 Blaͤtter, an jedem derſelben 20 Hydrae (Polypen), jeden mit 8 Tentakeln und an jedem Tentakel 20 Fiedern (pin- nae), fo daß im Ganzen 416,000 organiſche Theile ber= auskommen, die ſaͤmmtlich willkuͤrlich beweglich ſind. An den größten Exemolaren dürften ſich aber wenigſtens 1 Mil- lion ſolcher Organe befinden. Wie faſt alle die Tiefen der See bewohnende Thiere, tritt auch die Virgularia nur des Nachts in Thaͤtigkeit; und nur dann verlaͤßt ſie den Zuſtand der Erſchlaffung, ſchwillt an und laͤßt ihre zahlreichen Polypen ſich entfalten. Ob ſich die Virgularia von einem Orte zum andern bewegen koͤnne oder aufrecht angewachſen ſey, hat bisher noch nicht ermittelt werden koͤnnen. Wenn ſie auf dem Bo⸗ 5 67 den des Meeres liegt, kann fie fich gewiß nur hoͤchſt lang— ſam fortbewegen. Haͤlt man ſie in einem großen Glascy— linder, fo nimmt ihr Körper ſtellenweiſe eine gewundene Ges ſtalt an. So bemerkte ich, z. B., an demſelben 8 Zoll langen Exemplare zu einer Zeit die Geſtalt einer einzigen une unterbrochenen Spirale, und zu einer andern drei oder vier unterbrochene Spirale oder ſchraubenfoͤrmig gewundene Stellen. Im Ganzen genommen hat das Thier mit der Pen— natula phosphorea und der Lobularia (richtiger Al- cyonium digitatum genannt) viel Aehnlichkeit; indeß hat ſie vor der letztern den Vorzug, daß ſie einen angenehmen Moſchusgeruch verbreitet. Die Hydrae aller 3 Arten ſchei— nen in der Geſtalt mit einander uͤbereinzuſtimmen. Die Virgularia mirabilis iſt bisher nur an einem ſehr beſchraͤnkten Wohnorte, der angeblich einen ſchlammigen Boden beſitzen ſoll und ſich dicht bei Inchkeith, weſtlich von dieſer Stadt, im Frith of Forth *) befindet, angetroffen worden. Ich ließ Anfang Juni zwei Fiſcher daſelbſt mit dem Schleppnetze arbeiten, und verſchaffte mir ſo eine An— zahl Exemplare, von denen jedoch keines uͤber 8 Zoll lang war. Die ſtaͤrkſten wurden ausgewählt, in paſſende Glas: gefaͤße gethan und bei einer mäsigen Temperatur erhalten. Sie müffen unter ſolchen Umſtaͤnden häufig beſichtigt wer— den, damit man ſich von der fortwaͤhrenden Reinheit des Waſſers uͤberzeugt, weil man bei dem geringſten Verſehen die Frucht aller ſeiner Bemuͤhungen einbuͤßt. Nach drei Tagen ſah man gelbe, etwas ovale Koͤrper— chen, ſowohl an den Wandungen des einen Gefäßes hinauf— ſteigen, als frei im Waſſer umherſchwimmen und niederfal— len. Einige darunter ſtiegen mit großer Geſchwindigkeit mit— ten darin 10 Zoll hoch. Ich beſeitigte mehrere davon mit— telſt eines Uhrglaſes und unterſuchte dieſelben unter dem Mi— croſcope, wo ſie ein glattes, derbes, fleiſchiges ausgegliche— nes Anſehen und eine ziemlich eifoͤrmige Geſtalt darboten und ſchnell im Waſſer umherſchwammen. Aeußere Organe waren daran nicht bemerkbar. Sie gleichen in allen Be— ziehungen genau den planulae der Sertulariae, und 651 deren animaliſche Beſchaffenheit blieb mir kein Zweifel uͤbrig. Am 25ften Juni, d. h. 12 Tage, nachdem dieſe Thier— chen ſich zuerſt im Waſſer gezeigt hatten, entdeckte ich auf dem Boden des Gefaͤßes drei im Entſtehen bezeichnete Pen— natulae. Sie lagen horizontal, und an einem Ende der— ſelben hatte ſich ein ſchraͤg aufwaͤrtsgerichteter Polyp oder eine Hydra entfaltet. Ich verſchaffte mir ſpaͤter 7 ſolche Exemplare, welche in eine zur microſcopiſchen Unterſuchung leidlich paſſende Lage gebracht wurden. In dieſer blieben ſie, ſo wie auch in den uͤbrigen Gefaͤßen, bis Ende Juli am Leben; an keinem der— ſelben entwickelte ſich jedoch mehr als eine Hydra, welche gegen das Ende hin aufhörte, ſich weiter zu entwickeln, ) Vor vielen Jahren brachten wir auch in der Prestonpans- Bay, im Frith of Forth, mit dem Schleppnetze ſehr ſchoͤne Exemplare der Virgularia an die Oberflaͤche. Der Herausgeber des Originals. 68 wenngleich ſie noch am Leben war, wie dieß auch bei an— dern Zoophyten vorkommt. Von Anfang an veraͤnderten ſie indeß ihre Lage nie. Dieſe war ſtets horizontal, und das Thier klebte ſehr ſchwach am Boden des Gefaͤßes. Ich bin daher der Meinung, daß, wenn fie, wie einige Fiſcher behaupten, an ihrem urſpruͤngli⸗ chen Fundorte aufrecht in die Hoͤhe wachſen, deren Adhaͤſion durch eine, ſich nach Unten uͤber den Knochen hinaus erſtrek— kende, fleiſchige Portion bewirkt werde. Uebrigens muß ich geſtehen, daß mir dieſer Punct noch durchaus nicht klar iſt. So loͤſ't ſich denn alſo, nach Art der Fortpflanzung der meiſten Zoophyten, ein gelbes Ei von der erwachfenen Pennatula ab, welches, wie bei manchen andern Arten, als Embryo in der Form einer aͤußerſt lebhaften planula exiſtirt. Seine Bewegung hoͤrt ſpaͤter auf; die planula oder das Scheibchen verlaͤngert ſich in einen cylinderfoͤrmigen Koͤrper, und ſpaͤter entwickelt ſich an dem einen Ende eine Hydra mit 8 Tentakeln. Anfangs ſind die Fiedern oder Flanſen (pinnae), welche den kammfermigen Theil des Tentakels bilden, nur in geringer Zahl vorhanden und nach der Spitze deſſelben zu ſtaͤrker entwickelt, waͤhrend ſie nach Unten zu bloße Hervorragungen bilden. In der Mitte be— merkt man den Magen, der unten mit 4, blinden Saͤcken aͤhnlichen, Organen verſehen iſt. Den Mittelknochen habe ich indeß nicht erkennen koͤnnen. Einige Spuren von einer circulirenden Fluͤſſigkeit, welche durch die auf- und niederſteigende Bewegung winziger, dunk— ler Theilchen angedeutet wird, die in einem uͤbrigens nicht ſichtbaren Gefaͤße enthalten zu ſeyn ſcheinen, das beiderſeits ſo hoch wie der Magen hinaufreicht, verdienen weiter un— terſucht zu werden, da man bei microfcopifchen Unterſu— chungen der Taͤuſchung fo ſehr ausgeſetzt iſt. Die planulae ſind ſehr winzig und haben nicht uͤber J L. Laͤnge; die im Entſtehen begriffenen Pennatulae er- reichten, wenngleich ſie ſich im Liegen bedeutend ſtreckten, nie uͤber 2 Linien Laͤnge. Sie boten ſtets eine ſchoͤne gleich— foͤrmig gelbe Farbe dar, und der Koͤrper war ſehr biegſam und von veraͤnderlicher Geſtalt. Die mit ihnen in Beruͤh— rung kommenden Schlammtheilchen bilden einen Ueberzug über denſelben. (The Edinburgh new philos. Journal, July — October 1839.) Ueber wachserzeugende Inſecten. Vor einiger Zeit legte Hr Julien der Academie der Wiſſenſchaften in Paris ein Stuͤck ſehr weißen Wachſes oder vielmehr von einer Subſtanz vor, welche wie Wal— rath ausſah, und die aus China ſtammte, woſelbſt man fie von mehreren Baͤumen ſammelt. Sie wird von Inſec— ten dort abgeſetzt, welche nicht zu der Sippe der Bienen gehoͤren. Da nun mehrere Academiker den Wunſch geaͤu— ßert hatten, über dieſe wachsbereitenden Inſecten und die Baͤume, auf deren Staͤmmen ſie leben, ſo wie das Wachs ſelbſt Naͤheres zu vernehmen, ſo hat Hr. Julien aus mehreren der beſten landwirthſchaftlichen Schriften China's 69 die auf dieſen Gegenſtand bezuͤglichen Stellen zuſammenge— tragen und der Academie in deren Sitzung vom 13, April d. J. mitgetheilt. Die Chineſen ziehen die Wachsinſecten auf drei Baͤu— men, von denen zwei den Botanikern bekannt ſind. Der eine iſt der Niu- Tsching, in welchem Herr Adolphe Brongniart das Rhus succedaneum erkannt hat; der zweite der Tong-tsin, welcher, nach A. Nemufat, Thunberg und Kämpfer, das Ligustrum glabrum iſt; den dritten endlich nennen die Chineſen Chouikin, d. h., den Kin der feuchten Orte. Nach anderen Anwendungen des Worts Kin zu ſchließen, gehoͤrt er zu derſelben Familie wie der Mou- kin oder ſtrauchartige Kin, welcher mit Hibiscus Syrineus, Kaempfer, gleichbedeutend iſt. Die Beſchreibung der beiden erſtern Baͤume werden wir hier nach Chineſiſchen Schriften nicht mittheilen, da man dieſel— be in unſern botaniſchen Werken weit beſſer findet. Den Chouikin betreffend, findet ſich nur folgende fragmentariſche Notiz: „Die Blätter des Baumes Choui- Kin gleichen denen des Niu-tching, haben aber ſaͤgezaͤhnige Raͤnder und ſtehen zu Fuͤnfen beiſammen. An dem Baume wachſen keine Bluͤthen.“ f Ueber die Cultur diefer Baͤume heißt es in dem Werke Pien- min- thou: „Man fäet die Saamenkoͤrner des Niu— tehing im letzten Monate des Jahres; die erſten Schoͤßlin— ge erſcheinen im Fruͤhjahre. Im folgenden Jahre ver: pflanzt man fie im dritten Monate (April). Wenn der Baum etwa 7 Fuß Höhe erlangt hat, kann man ihn mit Inſecten beſetzen, die La-tchong heißen. Man pflanzt die Bäume Niu-tehing etwa auf dieſelbe Weiſe, wie die Maulbeerbaͤume, in Laͤngs- und Queerreihen, ſo daß jeder Baum vom andern etwa um 1 Tehang (10 Fuß) abſteht. So wird der Baum groß und kraͤftig. Die Wurzeln müfs ſen mit dem beſten Duͤnger belegt und der Boden um die Baͤume her muß alle Jahr einmal bearbeitet werden. Un— kraut wird mit der Hacke oder dem Spaten beſeitigt. Auf dieſe Weiſe werden die Aeſte ſtark und erhaͤlt man gute Wachsaͤrnten.“ Das Baumwachs wird in China noch nicht ſeit ſehr langer Zeit benutzt. Der Verfaſſer eines ſehr geſchaͤtzten landwirthſchaftlichen Werks, Koung hi, welcher lange mit den Europaͤiſchen Miſſionnaͤren, namentlich mit dem Pater Matth. Ricci, der ihm Unterricht in der Mathematik er theilte, in Verkehr ſtand, ſagt daruͤber Folgendes: „Vor den Dynaſtieen der Thang und Song (vom ſſebenten bis dreizehnten Jahrhundert unſerer Zeitrechnung) wurde das weiße Wachs zu Kerzen blos von der Bienenzucht gewon— nen. Das von den La-tchong erzeugte weiße Wachs kam erſt während der Dynaſtie der Vouen oder Mongolir ſchen Kalſer, d. h., um die Mitte des dreizehnten Jahr— hunderts, in Gebrauch. Gegenwaͤrtig wird es allgemein an: gewandt. Man gewinnt es in den Provinzen Sſé-Tchouen, Hou⸗Kouang, Pun-Nan und Fo:Kien, fo wie in den füdöftiih von den Bergen Mei-Ling liegenden Diſtricten, u. ſ. w. Das aus Sſé-Tchouen und Yun-Nan wird indeß am meiſten geſchaͤtzt. In keinem Geſchichtswerke, 70 welches vor der gegenwaͤrtigen Dynaſtie verfaßt iſt, geſchieht des Baumwachſes Erwaͤhnung. „Heutzutage wird deſſen in den öftlihen und ſuͤdlichen Provinzen China's in Menge gewonnen. Anfangs hatte ich nicht glauben wollen, daß unfere Vorfahren mit demſel⸗ ben unbekannt geweſen feven ; und id vermuthete, die Ver— faſſer älterer Schriften ſchwiegen darüber einzig aus dem Grunde, weil ſie ihre Reiſen nicht weit genug ausgedehnt haͤtten, um als Augenzeugen berichten zu koͤnnen. Allein ich habe mit Leuten aus Wou-Tcheou geſprochen, die mir geſagt haben, daß fie die Wachscultur erſt ſeit zwanzig Jahren betrieben. Im Diſtricte On: hing ſagten mir die Bauern, ſie befaßten ſich erſt ſeit zehn Jahren damit. In meiner Gegend endlich iſt die Cultur erſt ſeit fünf Jahren eingeführt. Im Jahre Keng » fin (1610) habe ich etwa 100 Niu-tehing - Stämme angepflanzt, und bei Befol⸗ gung des jetzt üblichen Verfahrens Wachs gewonnen. In der Nachbarſchaft meines Dorfes kommt das Wachsinſect auch wild vor. Die Haͤlfte der Inſecten, die man hier an— wendet, wird aus dem Diſtricte Ou-hing bezogen, die an— dere an Ort und Stelle ſelbſt gezüchtet. Man nimmt an, die letztern ſeyen die beſſern.“ In einem andern Werke, dem Tehong-chi-tra-pou, lieſit man Über die Aernte und Reinigung des Wachſes Nachſtehendes: „Wenn der Baum Tong tsing in voller Kraft ſteht, ſo beſetzt man ihn am beſten im fuͤnften Mo— nate mit den Wachsinſecten, welche auf ihm ihre Nahrung finden. Im ſiebenten Monate (Auguſt) findet die Wachs⸗ aͤrnte ſtatt. Man darf nicht Alles Wachs wegnehmen, in⸗ dem, wenn man eine gewiſſe Menge ſtehen laͤßt, im vierten Monate des folgenden Jahres ſich neue Inſecten daraus entwickeln. „Nach dem Einaͤrnten läßt man das Wachs zuvoͤrderſt in der Sonne trocknen. Hierauf bedeckt man die Oeffnung eines irdenen Gefaͤßes mit einem leinenen Tuche, auf welches man das Wachs legt. Alsdann ſetzt man das Gefäß in einen Keſſel mit ſiedendem Waſſer, worauf das Wachs bald ſchmilzt und in das irdene Gefäß troͤpfelt. Sobald es als— dann geronnen und feſtgeworden iſt, erſcheint es vollkommen weiß und kann fofort zu Kerzen verarbeitet werden. Die groͤbern Theile thut man in einen leinenen Beutel und wirft dieſen in ſiedendes Oel, wo das Wachs ſchmilzt und ſich mit dem Oele vermiſcht, welches dann ebenfalls zu Lich⸗ ten benutzt werden kann. „Wenn man einen Baum drei Jahre hintereinander auf Wachs benutzt hat, muß man ihn eben fo lange aus- ruhen laſſen.“ In derſelben Schrift findet ſich uͤber die Abwartung der Baͤume Folgendes angegeben: „In den Laͤndern Pa und Chou, welche zu der Provinz Sſé-Tchouen gehören, laßt man die Saamen des Baumes Tong-tsing vor dem Saͤen etwa zehn Tage lang in Reiswaſſer weichen, nach— dem man ſie vorher von ihrer Fruchthuͤlle (pericarpium) befreit hat. Nachdem der erſte Stamm ausgedient hat, hackt man ihn am Wurzelſtocke ab, aus welchem dann kraͤftige Schößlinge treiben, die man ihrerſeits mit Inſecten 5 * 71 beſetzt. Hat ein Baum ein Jahr lang dieſen Nahrung ge— waͤhrt, ſo laͤßt man ihn das folgende ruhen. Um das Wachs zu ſammeln, iſt nöthig, daß man die ſaͤmmtlichen Aeſte des Baumes abhaut. Man darf keinen einzigen al⸗ ten, d. h., ſolchen Aſt, auf welchem Wachsinſecten gehauſ't haben, ſtehen laſſen.“ „Das weiße Wachs des La-tsong, heißt es im Pen -tsao-loui-pien, hat mit dem Bienenwachſe wenig Aehnlichkeit. Es wird von kleinen Inſecten erzeugt, welche ſich von dem Safte des Baumes Tong-tsing naͤhren und diefen Saft lange Zeit nachher in eine Art von weißem Talg umbilden, welcher ſich an die Zweige des Baumes haͤngt und dieſelben uͤberzieht. Manche behaupten, obwohl mit Unrecht, dieſe Subſtanz ſey der Unrath des Thierchens. Im Herbſte ſammelt man das Wachs, indem man es von den Zweigen abkratzt, laͤßt es kochen und ſeiht es durch ein Stuͤck Zeuch, worauf man es in kaltes Waſſer gießt, in welchem es alsbald feſt wird und Klumpen bildet. Zer⸗ bricht man dieſe, ſo findet man darin glänzende, durchſchei⸗ nende Adern, wie in dem weißen Steine, Chi-tao genannt (eine Art Speckſtein). Vermiſcht man es mit einer gewiſ— ſen Menge Oel, ſo laſſen ſich daraus Kerzen bereiten, die den Bienenwachskerzen weit vorzuziehen ſind.“ Zu welcher Familie gehoͤrt nun aber das Inſect, wel— ches dieſes Wachs erzeugt? Dieß zu ermitteln, wird den Entomologen viel Muͤhe koſten, weil die Auskunft, die man daruͤber in Chineſiſchen Büchern findet, hoͤchſt dürftig und unbeſtimmt iſt. Ja ſelbſt in Betreff der Ordnung, in welche das Inſect zu ſtellen ſeyn dürfte, werden fie in gro— ßer Verlegenheit ſeyÿn. Hr. Julien ſchweigt darüber, ob man in den von ihm zu Rathe gezogenen Werken eine Ab— bildung davon findet. Selbſt wenn dieß aber auch der Fall waͤre, wuͤrde man wohl wenig Nutzen daraus ziehen koͤnnen. Die Chi— neſiſchen Abbildungen von Thieren ſind zuweilen ſehr gut, oft aber voͤllig ungenau, und merkwuͤrdigerweiſe iſt die eine Claſſe faſt durchgehends mit großer Treue behandelt, waͤh— rend die andere gleichſam abſichtlich vernachlaͤſſigt worden. So ſind, z. B., die Abbildungen der Voͤgel im Allgemei— nen treu, die der Saͤugethiere dagegen fehlerhaft und dieß zwar nicht nur in Betreff der Arten, die der Zeichner viels leicht nie geſehen, ſondern nur nach der falſchen Figur irgend eines Reiſewerks copirt hat, ſondern ſelbſt in Bezug auf die gewoͤhnlichſten Species. So ſieht man, z. B, den Eſel mit geſpaltenen Klauen. Die in dergleichen Buͤchern vorkommenden Inſecten duͤrften in einer noch groͤbern Art ent— ſtellt ſeyn, als die Saͤugethiere. Indeß kommen allerdings Ausnahmen vor, und da man wirklich einige ziemlich natur— getreue Abbildungen von Inſecten in Chineſiſchen Werken findet, ſo lohnt es ſich ſchon der Muͤhe, nach einer Figur des La-tchong zu ſuchen. „Die Wachsinſecten,“ ſagt der Verf. des Pen- tsao- kang- mou, find Anfangs fo groß, wie junge Läufe. Nach der Zeit, genannt Mougt-chong (nach dem 5. Juni), 72 ſteigen ſie auf die Baumzweige, naͤhren ſich von dem Safte und laſſen eine Art Speichel fahren. Dieſe Fluͤſſigkeit bef— tet ſich an die Aeſte und verwandelt ſich in ein weißes Fett, welches erhaͤrtet und das Baumwachs bildet. Es nimmt ſich aus wie Reif. Nach der Zeit, genannt Tehou— chou (nach dem 23. Aug.) kratzt man es ab. Nach der Zeit Pe-lou (nach dem 7. Sept.) klebt dieſes Wachs fo feſt an dem Baume, daß deſſen Beſeitigung ſehr ſchwer halten wuͤrde. „Wenn die Inſecten noch klein und kaum ausgekro— chen ſind, iſt ihre Farbe weiß. Nachdem ſie Wachs erzeugt haben und ſie voͤllig reif geworden, zeigen ſie ſich roth und ſchwarz. Sie kriechen zuſammen und hängen ſich klumpen— weiſe an den Baum. Wenn das Inſect im Begriffe iſt, zu legen, bildet es ſich eine Capſel (buchſtaͤblich: ein Haus), welche dem Neſte der auf dem Maulbeerbaume lebenden Fangheuſchrecke gleicht. Im Innern bemerkt man die wei— ßen Eier, welche kleinen Lauseiern gleichen und in Klums pen vereinigt ſind, von denen jeder mehrere hundert Stuͤck enthält. Zur Zeit Li-hia (am 6 Mai) ſammelt man dieſe Eier, ſchlaͤgt ſie in Ingwerblaͤtter und haͤngt ſie hin und wieder an die Aeſte des Wachsbaumes. Nach der Zeit Mang-tchong (5. Juni) kriechen die Jungen aus ihrer Hülle, und verſtecken fih anfangs unter die Blätter. Später kriechen fie an den Zweigen in die Höhe, ſez— zen ſich an denſelben feſt und bereiten Wachs. Die Erde unter den Baͤumen muß von Ameiſen frei gehalten werden, welche den Wachsinſecten nachſtellen. Anmerk. ueber die Inſecten, welche die Subſtanz hervor— bringen, die von den Chineſen Baumwachs genannt wird, er— innert Hr. Vir ey, daß er im X. Bde. des Journal comple- mentaire des sciences médicales einen Auffag geliefert habe über Coccus ceriferus, daß derſelbe ſich nicht allein in China fine det, ſondern auch in Oſtindien; ferner daß er in einer zu Madras im Jahr 1790 erſchienenen Monographie beſchrieben und daß das Wachs von Pearſon chemiſch unterſucht iſt. (Phil. Trans- actions for the year 1794.) D Ueber die Nebenkiemen und Pfeudobrandien der Störe hat Hr. Prof. J. Müller der Geſellſchaft naturfor— ſchender Freunde am 21. April eine Mittheilung gemacht. Das von der Pſeudobranchie am Spritzloch kommende Gefaͤß theilt ſich in zwei Aeſte, die arteria ophthalmica und carotis cerebralis; die beiden Carotiden des Gehirns durchbohren den Schaͤdel, ohne ſich vorher zu verbinden, und Zweige derfelben hängen durch die Kopf: knorpel mit Zweigen der aͤußern carotis zuſammen. Bei dieſen Knorpelfiſchen, denen die Choroidaldruͤſe fehlt, iſt das Blut der Pſeudobranchie nicht allein dem Auge beſtimmt, und die Pſeudo— branchie gleicht einem carotiſchen Wundernetze, waͤhrend ſie bei den Knochenfiſchen bloß im rete mirabile ophthalmicum ift. 0 Daguerriſche heliographiſche Bilder, wie ſie auf die iodirte Silberplatte erſcheinen, auf immer zu fixiren und mittelſt einer hoͤchſt einfachen Methode zur Vervielfältigung durch den Druck geeignet zu machen, iſt eine Entdeckung, welche Hr. Profeſſor Dr. Berres zu Wien gemacht hat und demnaͤchſt durch genaue Beſchreibung zur oͤffentlichen Kenntniß bringen wird. 78 K Seroͤſe Balggeſchwuͤlſte der Bruſt. Von Sir Benjamin Brodie. Dieſe Krankheit der Weiberbruſt iſt von ganz befon: derem Intereſſe, hauptſaͤchlich, weil ſie in ihren ſpaͤtern Sta— dien leicht mit Carcinom verwechſelt wird, obgleich fie nicht boͤsartiger Natur iſt. Dieſe Krankheit ſieht man in Spi: taͤlern ſelten; dagegen habe ich ſie in meiner Privatpraxis oͤfters beobachtet. Aber in Buͤchern habe ich nirgends eine Beſchreibung gefunden, welche meinen Beobachtungen vell— kommen entſpraͤche. Dieß ruͤhrt hauptſaͤchlich daher, daß die Krankheit in ihrer Entwickelung ein vollkommen verſchiede— nes Ausſehen annimmt, ſo daß, wenn man einen Fall in dem fruͤhern Stadium und einen andern in den ſpaͤtern Sta— dien neben einander hat, ohne die Zwiſchenſtufen beobachtet zu haben, es kaum moͤglich ſeyn würde, ihre Identitat zu erkennen. Dennoch iſt die Krankheit in dem Werke von Aſtley Cooper und in der Abhandlung uͤber die Krank— heiten der Bruſt von Velpeau erwähnt, Die erſte bemerkbare Spur der Krankheit iſt eine ku gelige Geſchwulſt in dem Druͤſentheile der Bruſt und bis zu einer gewiſſen Ausdehnung beweglich unter der Haut; bisweilen bloß eine einzige, bisweilen 2 oder 3 oder noch mehr. Die Unterſuchung der Bruſt bei lebenden Perſonen giebt keine Auskunft uͤber die Anzahl derſelben, da ſie erſt bei einer gewiſſen Groͤße durch die Haut hindurch fuͤhlbar werden. In den meiſten Faͤllen beſchraͤnkt ſich die Krank— heit auf eine Bruſt, obwohl es auch nicht ganz ungewöhnlich iſt, daß beide Bruͤſte auf gleiche Weiſe afficirt werden. Die kugelige Form, welche die Geſchwulſt im Anfange immer annimmt, iſt ein hinreichender Beweis, daß ſie durch Fluͤſſigkeit in einem Balge gebildet wird. Wird die Ge— ſchwulſt mit einer ausgehoͤhlten Nadel punctirt, ſo kann die Fluͤſſigkeit vollkommen ausgeleert werden; und bei dem Zu: ſammenſinken der Geſchwulſt ſieht man alsdann, wie wenig Raum der Balg ſelbſt einnimmt. Die Fluͤſſigkeit iſt immer ferös, und zwar bei kleinen Geſchwuͤlſten obne irgend eine Bei— miſchung, bei weiter vorgeſchrittener Entwickelung mit irgend einem Farbeſtoffe gruͤn, braun oder faſt ſchwarz. Auch die Quantität der Flüffigkeit variirt; bei Zergliederungen findet man bisweilen kaum einen einzigen Tropfen, in andern Filz len mehrere Unzen. In zwei Faͤllen fand ich kleine Baͤlge aus einer duͤnnen Haut, welche Serum enthielten und die ganze Druͤſenſtructur durchdrungen hatten, während die da— zwiſchenliegende Subſtanz ein vollkommen normales Ausſe— ben hatte. Ich vermuthe indeß, daß die Baͤlge urſpruͤnglich durch Erweiterung der milchfuͤhrenden Gänge entſtehen. In einem meiner Praͤparate fuͤhrt eine Borſte, welche durch die Muͤndung eines Milchganges in der Warze eingebracht wor— den iſt, unmittelbar in eine darunterliegende Cyſte, und es iſt nicht ganz ungewoͤhnlich, daß man durch Druck auf die Geſchwulſt die Fluͤſſigkeit durch die Warze austreiben und vollkommen entleeren kann. 74 GAD In der erſten Zeit iſt das Allgemeinbefinden nicht ge— ſtoͤrt, und der Kranke klagt Über keinen Schmerz, außer bis— weilen Über die unangenehmen nervöfen Empfindungen, wel- che fo leicht entſtehen, fo oft überhaupt die Aufmerkſamkeit aͤngſtlich auf irgend einen Koͤrpertheil gerichtet wird. Ich habe niemals einen Fall geſehen, wo dieſe Krankheit vor der Pubertaͤtszeit oder nach der mittleren Periode des Lebens aufgetreten wäre, und wenn ich mich nicht ganz irre, fo koͤmmt fie haͤufiger bei unverheiratheten, als bei verheirathes ten Perſonen vor. Es iſt nicht felten, daß gar keine weitern krankhaften Ver: aͤnderungen eintreten, als die bisjetzt beſchriebenen; die Baͤlge bleiben unveraͤndert, oder nehmen waͤhrend der folgenden Zeit des Lebens nur aͤußerſt langſam an Umfang zu. Aber in andern Faͤllen verlieren die Geſchwuͤlſte ihre kugelige Form und es wird eine feſte Subſtan; in der Bruſt abgelagert, welche verſchiedene Baͤlge zu einer großen krankhaften Maſſe mit einander verbindet. Dieſer Proceß kann viele Sabre hinter einander fortdauern, ohne Schmerz oder andere Belaͤ— ſtigung zu verurſachen, mit Ausnahme deſſen, was von dem Umfange der Geſchwulſt abhängt. Aber zuletzt kommt im: mer eine Zeit, wo andere Veraͤnderungen eintreten und die Krankheit einen bedenklichern Character annimmt. Die Haut wird an irgend einer Stelle ſtaͤrker gefpannt, dünner, fie ent— zuͤndet ſich und ulcerirt und es folgt ein hartnaͤckiges, blu— tendes Geſchwuͤr; hierauf zerreißt irgend eine der ſtaͤtker aus— gedehnten Geſchwuͤlſte und entleert ihren ſeroͤſen Inhalt. Bisweilen beilt die Oeffnung zu und bricht ſodann zu ver— ſchiedenen Malen wieder auf, bis zuletzt eine fungoͤſe Wu— cherung durch die Oeffnung hervordringt. Hier entſteht nun die Frage, von welcher Art eigentlich die Veraͤnderungen ſeyen, durch welche allmaͤlig eine anfangs ſo geringe und einfache Krankheit und eine ſo ausgebreitete und complicirte Form umgewandelt wird? Dieß zu erklaͤren, wird eine Reihe von Krankheitsfaͤllen und die Beſchreibung der dazu gehoͤrigen Praͤparate am meiſten geeignet ſeyn. B Der erſte Fall betrifft e nen haͤutigen Balg, welchen ich aus der Bruſt einer Kranken aus der Privatpraxis ausge- ſchnitten habe. Er iſt von dem Umfange einer großen Wall⸗ nuß, und etwa 4 feiner Höhle wird von einer unregelmaͤßig geſtalteten Excrescenz eingenommen, welche an einem Theile der innern Oberflaͤche derſelben angeheftet iſt. Vor mehreren Jahren war Herr Green und ich zu— gegen, als Herr Freeman die Bruſt einer Frau abnahm, weil eine aͤhnliche Geſchwulſt in ihr ſich gebildet hatte. Die Geſchwulſt war ziemlich von derſelben Groͤße und enthielt Serum, und außerdem war J der Höhle durch eine Excres— cenz ausgefüllt, welche von einem Theile der innern Flaͤche emporragte und ausſah, als beſtehe ſie aus Fibrine, welche gefaͤßreich geworden war. Der folgende Fall iſt ſehr intereſſant. Eine Dame conſultirte mich im October 1887 wegen einer Geſchwulſt in der Bruſt, welche die Größe einer großen Wallnuß ha— 75 — ben mochte. Sie war von kugeliger Geſtalt und enthielt deutlich Fluͤſſigkeit. Andere Zeichen einer Krankheit waren nicht vorhanden. Ich punctirte mit einer ausgehoͤhlten Na— del und es floß gelbes Serum aus; ſodann machte ich eine größere Oeffnung mit einer Lancette und fuͤhrte einen Lein— wandſtreifen ein, um Granulation hervorzurufen, und da— durch die Obliteration der Höhle zu veranlaſſen. Es folgte reichliche Eiterung und große Belaͤſtigung auf dieſe leichte Operation. Nach zwei Monaten hielt ſich die Kranke fuͤr faſt geheilt und verließ aus eigenem Antriebe London, ob— wohl der Abſceß nicht gehoͤrig geſchloſſen war. Ich hoͤrte nichts weiter von ihr, bis ſie nach 15 Monaten wieder in meine Behandlung zuruͤckkehrte. An der Stelle des Balges, welchen ich geoͤffnet hatte, fand ſich jetzt eine betraͤchtliche feſte Geſchwulſt, wovon ein Theil von etwa der Haͤlfte der Groͤße einer Orange durch die Oeffnung in der Haut her— vorragte und einen unregelmäßig geſtalteten fungus darſtellte. Ein anderes Mittel, als die Entfernung der Bruſt war nicht vorzufchlagen: die Kranke unterwarf ſich demſelben leicht und ſie war bald darnach hergeſtellt. Als ich die Geſchwulſt noch friſch unterſuchte, fand ich in der Baſis noch einen kleinen Reſt der urſpruͤnglichen Balgmembran, die noch ein wenig Serum enthielt. Eine große Quantität ſolider Subſtanz ragte als Excreſcenz von der innern Flaͤche des Balges hervor, und hatte ein ei— genthuͤmlich gefaltetes oder gefranztes Ausſehen, und ein Theil dieſer Excrescenz, welcher durch die Haut hervor— ragte, bildete den aͤußern fungus. Die Structur der krank— haften Geſchwulſt erſcheint von ſehr einfacher Art; ſie iſt mit nichts beſſer zu vergleichen, als mit unvollkommen orga— niſirter Fibrine. Sie beſchraͤnkt ſich auch nicht auf die in— nere Flaͤche des Balges; denn es findet ſich eine betraͤchtliche Menge auf der aͤußern Seite derſelben in unmittelbarer Be— ruͤhrung mit der Bruſtdruͤſe. Vor der Operation ſchien mir der uͤbrige Theil der Bruſt geſund; bei nachheriger Zer— gliederung fand ich aber darin eine große Anzahl haͤutiger Baͤlge von verſchiedenen Groͤßen, von der einer Erbſe bis zu der einer Pferdebohne. Dieſe Baͤlge enthielten ein durch— fihtiges, gelbes Serum und waren offenbar von derſelben Natur, wie der groͤßere Balg, den ich fruͤher punctirte, und in welchem ſich nachher der fungus entwickelt hatte. Wir kommen nun zu einem Praͤparate von einer Kran— ken, die ſich noch in der Behandlung des Herrn Keate im St. Georges-Hoſpitale befindet. Vor 15 Monaten kam dieſelbe zur Behandlung in das Spital mit einer wallnuß— großen, kugelrunden und beweglichen Geſchwulſt in der lin— ken Bruſt, uͤber der Bruſtwarze. Herr Keate machte eine Punction mit einer ausgehoͤhlten Nadel und fand, daß Se— rum abfloß. Bald darauf ſtellte ſich ein ganz aͤhnlicher Ab— fluß durch die Bruſtwarze ein. Von dieſer Zeit an kam die Kranke bisweilen nach dem Spitale, und man ſah, daß die Geſchwulſt allmaͤlig an Größe zunahm. Vor 6 Wochen wiederholte Hr. Keate die Punction und entleerte eine be— trächtlihe Menge gelbes Serum. Dadurch nahm der Um— fang der Geſchwulſt ſehr ab, nahm aber ſogleich wieder zu, fo daß er bald die frühere Größe übertraf. Am 21. Dec. 76 v. J. (alfo jetzt vor 4 Wochen) machte derſelbe einen Eins ſchnitt, und nun zeigte der Balg einen ſolchen Umfang, daß nicht weniger als eine halbe Pinte Serum durch die Wunde ausgeleert wurde. Das Serum war mit Blut gefaͤrbt, und es folgte eine ziemlich reichliche Blutung. Im Verlaufe we— niger Tage drang ein großer, dunkelgefaͤrbter fungus durch die Wunde hervor, und unter dieſen Umſtaͤnden machte Hr. Keate die Amputation der Bruſt. Die Geſchwulſt beſteht aus einem großen haͤutigen Balge, welcher ungefähr 1 Pfd. Fluͤſſigkeit halten wuͤrde, wenn nicht der größere Theil dieſer Höhle durch viele von der innern Flaͤche hervorragende Ex— c escenzen ausgefüllt würde. Dieſe Excrescenzen variiren, in Bezug auf Gröfe, von der einer Erbſe bis zu der einer kleinen Orange; ſie ſind von einer duͤnnen Haut bedeckt, welche eine Einſtuͤlpung der innern Schicht des Balges zu ſeyn ſcheint. Die Excrescenzen erſcheinen von ſehr mannig— faltiger Structur; einige gleichen auf der Durchſchnittsflaͤche friſch coagulirtem Eiweiß ohne Organiſation, andere unvoll— kommen organiſirter Fibrine, andere den Fettgeſchwuͤlſten, obwohl fie in der That keine oͤlige Subſtanz enthalten; eine dieſer Maſſen endlich iſt bei'm erſten Blicke leichter für Marks ſchwamm zu halten. Wir kommen nun zu einem noch weiter vorgeſchritte— nen Stadium der Krankheit. Eine Geſchwulſt dieſer Art exſtirpirte ich in meiner Privatpraxis im Novbr. 1836. Die Geſchwulſt hatte ſeit mehreren Jahren ſich ſehr langſam ver— groͤßert und zur Zeit der Exſtirpation den Umfang einer klei— nen Orange erreicht, aber eine unregelmaͤßige Geſtalt. In der Nähe der Baſis der Bruſtwarze findet ſich ein membra— noͤſer Balg, welcher 2 oder 8 Drachmen eines ſehr dunkel gefärbten Serums enthielt. Einige kleinere Büige, welche ebenfalls Serum enthielten, fanden ſich in der Naͤhe, und eine Borſte, welche durch einen der Ausfuͤhrungsgaͤnge der Warze eingebracht wurde, drang in einen der Baͤlge durch eine kleine runde Oeffnung ein. Auf den erſten Blick erſcheint die Ges ſchwulſt als eine gleichmaͤßige Maſſe ſolider Subſtanz; bei genauerer Betrachtung aber fand ſich eine Zuſammenhaͤu— fung membranoͤſer Baͤlge, deren Hoͤhlen vollkommen mit fibrinoͤſer Maſſe ausgefuͤllt waren. In mehreren der Baͤlge zeigte ſich, daß die fibrinoͤſe Maſſe an einer Seite der ins nern Flaͤche anhing und uͤbrigens zwar die auskleidende Mem— bran des Balges uͤberall beruͤhrte, jedoch nicht weiter damit in Verbindung war. Es iſt kaum zu bezweifeln, daß, wenn in dieſem Falle die Operation bis zu einer ſpaͤtern Periode verſchoben wor— den wäre, die wuchernden fibrinoͤſen Maſſen, durch welche die Baͤlge ausgefuͤllt wurden, uͤberall mit der Membran ver— wachſen ſeyn wuͤrden, welche ſie beruͤhrte, ſo daß das Ganze, mit Ausnahme einiger noch Serum enthaltender Baͤlge, eine ſolide Maſſe dargeſtellt haben wuͤrde, in welcher die urſpruͤng— liche zellige oder balgartige Structur ganz verſchwunden waͤre. Dieſe letzte Umwandlung zeigte ſich in einem Praͤpa— rate, welches ich bereits im Jahre 1818 in meiner Private praxis erlangte. Ueber die fruͤhere Geſchichte des Falles iſt mir nichts Genaueres bekannt; aber wahrſcheinlich hatte die 77 Krankheit ziemlich lange gedauert, da zu der Zeit, als ich um Rath gefragt wurde, die Bruſt einen enormen Umfang erreicht hatte und nicht weniger als 7 Pfd. ſchwer war. Die Kranke war in den mittleren Jahren, übrigens geſund; Haut und Achſeldruͤſen waren nicht krankhaft verändert. Uns ter dieſen Umſtaͤnden wurde die kranke Bruſt amputirt; die Wunde heilte gut, und ich hoͤrte noch mehrere Jahre ſpaͤter, daß die Kranke lebe und ſich wohlbefinde. Auf der Durch— ſchnittsflaͤce der Geſchwulſt ſieht man den größern Theil derſelben in eine gleichmaͤßige feſte Maſſe umgewandelt, de— ren Structur ſchwer mit Worten zu beſchreiben iſt, indem man nur angeben kann, daß an einigen Stellen die Ges ſchwulſt ein undeutlich blaͤtteriges Anſehen hat. Es find in: def in einem Theile der Geſchwulſt mehrere membranoͤſe Baͤlge von verſchiedenen Dimenſionen, welche, als zuerſt in ſie eingeſchnitten wurde, Serum enthielten. Einer dieſer Baͤlge zeichnet ſich durch betraͤchtlichern Umfang aus und enthaͤlt mehrere Unzen Fluͤſſigkeit, außerdem aber auch eine große Excrescenz an einer Stelle der innern Oberflaͤche, in die Höhle hineinragend. Dieſe Excrescenz iſt von unregel— mäßiger Geſtalt, dem Ausſehen nach mehreren Excrescenzen der zuvor beſchriebenen Präparate ſehr ahnlich. Im friſchen Zuſtande ſchien die Excrescenz aus friſch coagulirtem Eiweiße zu beſtehen, halb durchſichtig, zum Theil hellgelb, zum Theil purpurroth, fo daß die Wucherung einem Buͤndel weißer und rother Trauben nicht unaͤhnlich ſah. Nachdem wir nun dieſe Beobachtungen im Einzelnen durchges gangen haben, ſo will ich verſuchen, mit wenigen Worten die pa— thologiſche Geſchichte dieſer Krankheit zu entwerfen, deren Verſtaͤnd— niß nicht allein in wiſſenſchaftlicher, ſondern auch in practiſcher Ber ziehung von großer Wichtigkeit iſt. 1) Eine mehr oder minder große Anzahl von haͤutigen Baͤl— gen, welche Serum enthalten, wird in der Bruftdrüfe entwickelt. Die Fluſſigkeit iſt zuerſt gelb, durchſichtig; ſpaͤter wird ſie von dunkler Farbe und undurchſichtig. Es iſt Grund vorhanden, anzu: nehmen, daß dieſe Bälge durch Dilatation einiger Stuͤcke der milde führenden Gänge entſtehen. 2) Krankhafte Wucherungen oder Excrescenzen entwickeln ſich an der innern Seite einer oder mehrerer dieſer Baͤlge und ragen in die Hohlen hinein. Dieſe Excrescenzen ſcheinen aus Eiweiß oder Faſerſtoff zu beſtehen und nach einiger Zeit (wo nicht fogieib) or— ganiſirt zu werden. Sie ſind mit einer duͤnnen, zarten Haut be— deckt, welche von der innern Flaͤche des Balges über fie zurüdiges ſchlagen zu ſeyn ſcheint. Ob fie indeß urfprünglich zwiſchen zwei Schichten der Balgmembran gebildet werden, oder ob ſie zuerſt nur Ablagerung von Faſerſtoff oder Eiweiß auf der innern Balg— fläche darſtellen und erſt fpäter eine dünne Haut auf ihrer Ober: fläche bilden, bleibt noch der Beſtimmung durch fernere Beobach— tungen überlaffen. 3) Es iſt einiger Grund vorhanden, anzunehmen, daß eine ahnliche Ablagerung fibrinöfer Subſtanz auch von der äußern Flaͤ⸗ che der Balge ſtattfinde, und auf dieſe Weiſe verſchiedene Bälge mit einander in Verbindung ſetzen; dieſer Punct mag aber vielleicht noch durch weitere Unterſuchungen erläutert werden. 4) unter gewiſſen Umftänden werden die Baͤlge durch die krankhafte Wucherung fo vollitändig ausgefüllt, daß ihre Höhlen obliterirt ſind. Die Geſchwulſt wird alsdann in eine ſolide Hoͤhle umgewandelt, in welcher indeß die Ueberbleibſel der Balgmembra— nen noch bemerkbar ſind; dieß iſt die Einleitung einer noch fernern Veränderung, wobei der arößere Theil der Bälge ganz verſchwin⸗ det und eine ſolide Maſſe von undeutlich blättriger Textur ſtatt derſelben gefunden wird. 78 5) Wird einer der membrandſen Baͤlge kuͤnſtlich geoͤffnet, oder berſtet er durch übermäßige Anſammlung der Fluſſigkeit, fo wird die fibrindfe Excrescenz der innern Flaͤche nicht langer durch den Druck der Haut zurückgehalten, nimmt an Umfang zu und ragt Außertih in Form eines fungus bervor, wodurch die Krankheit eis nen neuen und bedenklichern Character annimmt. Bei diefem legs ten Stadium der Krankheit muß natürlich ſich ausbildende Ulceras tion, Verjauchung und Blutung, als gewoͤhnliches Reſuttat der Verſchwaͤrung krankhafter Structuren, eintreten, und es wird als— dann kein Mittel von Nutzen ſeyn, außer der Wegnahme der afſi⸗ cirten Theile durch eine chirurgiſche Operation. Dieß führt uns zu dem wichtigſten Puncte unſerer Unterſu⸗ chung. Bei Betrachtung der Behandlung dieſer Fälle iſt es pafr ſend, diejenigen zu unterſcheiden, bei welchen die Krankheit noch in dem frühern Stadium der ſerumhaltigen eystis ſich befindet, und diejenigen, welche bereits durch die Entwickelung ſolider fibrie noͤſer Subſtanz complicirt find. Im erſten Falle können wir den Inhalt des Balges mittelſt einer gefurchten Nadel ausleeren; dieß hat nie übete Folgen und unterftügt nicht ſelten unſere Diagnoſe, indem wir dadurch erfah— ren, ob bereits eine Wucherung feſter Subſtanz im Innern des Balges ſtattgefunden habe. Die Punction bat indeß keinen blei— benden Nutzen, da die Fluͤſſigkeit im Laufe von 2 oder 3 Tagen ſich immer regenerirt. Nach meiner Erfahrung kann ich in ſolchen Fallen eine andere und betraͤchtlichere Operation empfehlen. Es iſt unnoͤthig, einen einzelnen Balg zu entfernen, da es immer hochſt wahrſcheinlich iſt, daß andere Waſſerbaͤlge in dem übrigen Theile der Bruſt gleichzeitig vorhanden ſeyen, welche nur noch nicht bins reichend entwickelt ſind, um durch die Haut bindurch bemerkt wer— den zu koͤnnen, oder weil ſolche Bälge ſich fpäter entwickeln, wenn fie auch bei der Operation noch nicht vorhanden find. Eine Ab— nahme der ganzen Bruſt iſt aber unter ſolchen Umftänden ein uns verantwortliches Verfahren; es müßte dieß in den wenigen Fällen geſchehen, in welchen ſich der Balg bereits ſo weit vergrößert hat, daß er durch feinen Umfang beſchwerlich wird. Die Krankheit in ihrem fruͤhern Stadium verurſacht keine Beſchwerden und kann viele Jahre und ſelbſt das ganze Leben des Kranken hindurch be: ſtehen, ohne weiter vorzuſchreiten, und unter dieſen Umftänden kann durch den Verzug kein Schaden geſchehen. Ueberdieß giebt es, wenn ich mich nicht ganz irre, eine einfache und ſichere Behandlungsweiſe, welche oft mit großem Vortheil anzuwenden iſt, und welche nicht die Bedenken hat, welche bei einer eingreifenden Operation immer zu hegen ſind. Vor einigen Jahren confultirte mich eine Dame wegen einer kleinen Geſchwulſt in der Bruſt, in der Naͤhe der Bruſtwarze. Die Geſchwulſt enthielt offenbar Fluͤſſigkeit. Da ich damals die Sache noch nicht beſſer wußte, ſo empfahl ich die Exſtirpation. Der Tag wurde zu der Operation beſtimmt; es kamen aber einige haͤus⸗ liche Umſtaͤnde dazwiſchen, welche es nothwendig machten, die Ope⸗ ration zu verſchieben. Unter dieſen Verhaͤltniſſen ſchlug ich einen Verſuch mit reizenden Einreibungen vor; der Verſuch wurde ges macht, und das Reſultat war, daß die Geſchwulſt verſchwand. Ei⸗ nige Zeit darauf fragte mich eine andere Frau wegen einer kugeli⸗ gen Geſchwulſt, groͤßer als ein Taubenei, in einer Bruſt. Ich pun⸗ ctirte mit einer gefurchten Nadel und entleerte eine beträchtliche Quantität Serum. In wenigen Tagen hatte ſich die Fluͤſſigkeit wieder erzeugt, und die Geſchwulſt, welche ganz verſchwunden war, zeigte ſich ſo groß, als zuvor. Ich wendete nun dieſelbe Behand— lung, wie in dem vorigen Falle, an, und im Verlauf einiger Wochen war die ganze Fluſſigkeit abſorbirt und nichts mehr bemerkbar, als eine leichte Verdickung, die von der zuſammengefallenen Balg— membran herzuleiten zu ſeyn ſchien. Die Verdickung verſchwand allmaͤlig, und als ich 3 oder 4 Jahre ſpaͤter die Kranke wieder fab, war keine Spur der Krankbeit zurückgekehrt Seit jener Zeit habe ich dieſelbe Behandlungsweiſe in vielen Fällen. angewendet; in eis nigen derſelben war das Reſutltat, daß die Geſchwülſte vollkommen verſchwanden; in andern wurden fie wenigſtens beträchtlich verkleie nert, und nur in wenigen Faͤllen, in welchen die Behandlung nicht En genug durchgefuhrt wurde, blieb fie ohne ſichtbaren günftigen rfolg. 79 Die Embrocation, deren ich mich gewöhnlich bedient habe, ift folgende: 55 Spiritus camphorati, Spiritus tenuioris aa 3jj ss, Liquo- ris plumbi diacetatis 3j fiat Embrocatio. Damit wird ein Stuͤck Flanell befeuchtet und fo aufgelegt, daß der Theil der Bruſt, in welchem die Geſchwulſt ſitzt, davon bedeckt ſey. Die Anwendung wird 6 — Smal täglich erneuert, bis ſich die Haut entzündet. Hierauf läßt man den Umſchlag 2—3 Tage weg, kehrt aber dazu zuruck, ſobald die Entzündung nachlaͤßt. Die nothwendige Dauer dieſer Behandlungsweiſe variirt in verſchiedenen Fällen; in manchen iſt Alles in 3 — 4 Wochen erreicht: in andern Fällen muß die Behandlung mit bisweilen eintretenden Intermiſſio— nen mehrere Monate fortgeſetzt werden; andere reizende Mittel koͤnnen bisweilen ſtatt der angefuͤhrten Compoſition in Anwendung kommen; man legt, z. B., mehrere Blaſenpflaſter hintereinander und haͤlt jedes einige Tage mit Ceratum Sabinae offen, oder man ſtreicht eine Aufloͤſung von einer Drachme Jod in 1 Unze Alcohol 1 — mal täglich mittelſt eines großen Kameelhaarpinſels auf die Haut auf; im Ganzen aber glaube ich, daß die angeführten Em brocationen wirkſamer find, als alles Uebrige. Dieſe Mittel find jedoch von keinem Nutzen, wenn die Ents wickelung ſolider Subſtanz bereits begonnen hat. In dieſem wei— ter vorgeruͤckten Stadium der Krankheit iſt nichts Gutes zu erwar— ten, außer wenn die ganze Bruſt entfernt wird. Eine ſolche Ope⸗ ration giebt aber ſichere Ausſicht auf Heilung; die Krankheit ſcheint ganz local zu ſeyn; ſie gehoͤrt der Bruſt an und hat zu keinem andern Organe Beziehung; weder die Haut, noch die Lymyhdruͤ— fen leiden mit; es iſt keine Complication mit irgend einer Krank: heit der Eingeweide vorhanden; und Alles, was ich von der Krank— heit geſehen habe, berechtigt zu dem Schluſſe, daß, wenn man nichts von der Bruſt zuruͤcklaͤßt, auch keine Gefahr eines Recidivs fey- Ein ſorgfaͤltiger Beobachter wird es 'nicht ſchwierig finden, Fälle dieſer Krankheit von andern Bruſtkrankheiten zu unterfcheis den; behufs leichterer und ſicherer Diagnoſe wollen wir indeß die— jenigen Krankheiten durchgehen, mit welchen eine Verwechſelung am leichteſten vorkommen koͤnnte; dieß ſind folgende: 1) Ein dünner haͤutiger Balg mit durchſichtig waͤſſriger Flüf- ſigkeit, ohne coagulabeln Stoff, findet ſich in der Bruſt. Dieſer laßt ſich mit den reines Waſſer enthaltenden Baͤlgen vergleichen, welche bisweilen in Verbindung mit der Leber vorkommen und wo— von ich einige Faͤlle in der London med. Gaz. I. p. 844 u. XV. p. 25 bekannt gemacht habe; ebenſo läßt er ſich mit der hydrocele cystica des Saamenſtranges vergleichen. Dieſe Krankheit iſt wahr— ſcheinlich ſelten, da mir nur 2 Beiſpiele davon vorgekommen ſind. In einem dieſer Faͤlle wurde der Balg durch eine Operation ent— fernt; in dem andern erkannte ich die Natur des Falles aus der mit der gefurchten Nadel entleerten Fluͤſſigkeit. Die Geſchwulſt verſchwand darauf unter dem Gebrauch einer reizenden Embro— cation. 2) Bisweilen bildet ſich in der Bruſt eine Hoͤhle, welche eine oder mehrere wahre Hydatiden enthält. In dieſem Falle findet ſich eine einzige fluctuirende Geſchwulſt, welche allmälig zu einer beträchtlichen Größe anwaͤchſ't und aus welcher, wenn ſie weit ge— öffnet wird, die Hydatiden hervortreten; die Hoͤhle wandelt ſich 1 10 in einen Abſceß um, der ſich allmaͤlig verkleinert und zu— eilt. 3) In einem weiter vorgeſchrittenen Stadium der Krankheit verwechſelt man ſie nicht ſelten mit Carcinom, und ich zweifle nicht, 80 daß eine große Anzahl der Faͤlle, in welchen die Operation ein Carcinom bleibend geheilt haben ſollte, eigentlich Faͤlle dieſer Art waren. Ich habe bisjetzt mich auf Beſchreibung des Urſprunges, des Verlaufs und der Behandlung dieſer Bruſtkrankheit beſchraͤnkt, ohne derſelben einen Namen zu geben, wofür ich endlich den Namen der feröfen Balggeſchwulſt der Bruſt (sero-cystic tumor of the breast) vorſchlage, da dieſer Name mit ziemlicher Beſtimmtheit den Charas cter der Geſchwulſt bezeichnet. (London med. Gaz., Feb. 1840.) Miscellen. Spontane Austreibung eines großen Blaſenſtei⸗ nes durch die Scheide iſt nach London med. Gaz. Febr. 1840 von Herrn Roberts und Cheſter beobachtet worden. Eine Frau von 56 Jahren litt ſeit ihrer Kindheit an Schmerzen im Ruͤckgrate und im Becken; ſeit 6 Jahren litt ſie an Harnbeſchwer— den mit heftigem Draͤngen und alsdann mit dem Gefuͤhle, als wenn ein ſchwerer Koͤrper in die Harnroͤhre eindringe und den Abfluß hemme. Seit 4 Jahren hoͤrte der Abfluß durch die Harnroͤhre ganz auf, und der Urin wurde unwillkuͤhrlich durch die Scheide ent- leert. Die Leiden waren ſehr heftig, und Patientin konnte ſich nur durch Laudanum mit Colombotinctur etwas Erleichterung verfihaf: fen. Hiernach iſt es wahrſcheinlich, daß der Stein den Blaſenhals ausfuͤllte und daß oberhalb deſſelben die Blaſe dur h ein Geſchwuͤr mit der Scheide in Verbindung getreten war. Vor 9 Monaten wurde der Stein in der Scheide, mit einer weißen Haut uͤberzogen, zuerſt bemerkt Ein um Rath gefragter Arzt erklaͤrte ihn aber fuͤr Gebaͤrmutterkrebs. Im October 1839 zeigte ſich der fremde Koͤr— per in der Scheidenmuͤndung und verurſachte die fuͤrchterlichſten Schmerzen. Durch warme Fomentationen wurden die Theile er— ſchlafft; der Stein ging ab, und die Kranke iſt dadurch von einem eiförmigen, beinahe 3 Unzen wiegenden Blaſenſteine befreit, wel— cher Durchmeſſer von 61 Zoll und von 6 Zoll hat. Die Harnroͤhre ſcheint verwachſen, und der Urin geht durch die Blaſenſcheidenſi— ſtel ab. Einen Fall von Krankheit des Ruͤckenmarks hat Hr. Stanley der Roy. med. and chirurg. Society im Januar mitgetheilt, wobei allmälig die Bewegungsfaͤhigkeit der untern Ere tremitaͤten ganz aufgehoben wurde, waͤhrend die Empfindungsfaͤhig— keit unveraͤndert blieb und wobei, wider Erwarten, nicht die hintern, ſondern die vordern Straͤnge des Ruͤckenmarks vom pons bis zur caudı verändert gefunden wurden. Dieſe Beobachtung, fo wie ähnliche, bei wel ben durch caries der Ruͤckenwirbel conſecutiv die hins tern Ruͤckenmarksſtraͤnge zerftört find und doch nur die Bewegung beeintraͤchtigt iſt, ſprechen fuͤr Bell's Anſicht, daß die hintern em⸗ pfindenden Nervenwurzeln nicht von den hintern Straͤngen, ſondern von den ſeitlichen Straͤngen entſpringen. (London med. Gaz. Jan. 1840.) Oleum Joliffiae africanae, welches von Hrn. Batt⸗ ley aus Madagascar mitgebracht und der Medico-botanical-So- eiety vorgelegt worden iſt, wird als ein ſehr heftiges Hautreizmittel geſchildert. Es wird aus der Schaale der Frucht ausgepreßt, und ſieht dem Suͤßmandeldle aͤhnlich; die Saamenkoͤrner der Pflanze, on zu den Cucurbitaceen gehört , find von dem reizenden Prin— cipe frei. — Bibliographische Neuigkeiten. Crania Americana. Fol. Cours de physique de l’&cole polytechnique. Tome ler. Propriétés générales des corps. — sique de la chaleur. 2. edit. Paris 1840, 8. By S. G. Morton, MD. London 1840. Theorie phy- M. 9 K. Par G. Lams. Practical medicine. By Dr. Twedie. London 1840. 12. Resunié de quelques recherches relatives à l’etude des maladies du coeur des principaux animaux domestiques. Par U. Leblanc. Paris 1840. 8. M. 1 Tabelle. — —— — — Neue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgethellt von dem Ober- Wedſefnalratde Froriep zu Weimar, und dem Medicınalratbe und Prefeſſer FErorien zu Berlin. No. 292. Gedruckt im Landes » Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 6. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 86 Kr., April 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Na tur Ueber foſſile Baͤume, welche in den Ausgrabun— gen für die Mancheſter- und Bolton-Eiſenbahn gefunden wurden, hatte Hr. J. Hawkſhaw am 22. Mai 1839 der Geo- logical Society zu London Bericht erſtattet, und ich hole jetzt einiges Specielle der Mittheilung nach, weil es neuer— dings andere Mittheilungen hervorgerufen hat, welche uͤber die Bildung der Steinkohlenlager Licht verbreiten moͤchten. Der groͤßte dieſer Baͤume war ſchon im Jahre 1837 auf— gefunden worden, die andern vier im Fruͤhjahr 1889 in demjenigen Theile des Lancaſhire-Kohlenlagers, durch wel— chen die Eiſenbahn hindurchgeht. Sie ſind alle in ſenkrech— ter Stellung zu der Ebene des Kohlenlagers, welches nach Süden zu etwa 15° geſenkt iſt; und fie ſtehen in einer geraden Linie, obgleich ſchraͤg in Beziehung auf das Durch— ſtreichen der Schichten. Die Entfernung des erſten von dem letzten iſt etwa 100 Fuß; aber die dazwiſchen liegenden Baͤume ſind nicht gleichmaͤßig vertheilt. Die Wurzeln ſind in einen weichen thonigen Schiefer geſenkt, und in derſelben Ebene mit ihnen iſt eine Kohlenſchicht von 8 bis 10 Zoll Dicke, von welcher man weiß, daß fie ſich queer uͤber die Eiſenbahn bis wenigſtens auf eine Strecke von 30 Fuß er— ſtreckt. Dicht uͤber der Bedeckung der Wurzeln, aber unter der Kohlenſchicht, wurde eine fo große Quantität von Lepi- dostrobus variabilis entdeckt, in harten Thonklumpen eingeſchloſſen, daß mehr als ein Scheffel (bushel) aus den kleinen Oeffnungen rund um die Baſis der VBaͤume ges ſammelt wurde. Die Stimme waren ganz und gar von einem Ueber— zuge von zerreiblicher Kohle eingehuͤllt, die von 4 bis} Zoll Dicke hatte, aber abfiel; fo wie man die matrix von Ort und Stelle bewegte. Die inneren Abdruͤcke der Baͤume be— ſtehen aus Thenſchiefer, welcher unterhalb der Stelle, wo die Rinde war, von unxregelmaͤßigen, weniger als 4 Zoll breiten und etwa 2 Zoll voneinander entfernten, longitudinalen Riefen durchſetzt iſt. Dieſe Zeichnungen werden jedoch als ſehr No. 1392. KR % nm e. unregelmaͤßig beſchrieben. Hr. Hawkſhaw ſpricht auch von Andeutung einer wellenartigen, unregelmaͤßigen, faſe— rigen Structur. Die Maaße der Baͤume ſind folgende: Umfang: Hoͤhe: Nr. 1 155 Fuß an der Baſis, 77 F. an der Spitze 11 F. ee eee e e eee ee — 3 6 ne “ ” . * * — 3 > ne 4 6 8 . * . * * * 5 — sem 5 73 2 * * . * * 6 — No. 2. hat drei große ſich ausbreitende Wurzeln von faſt 4 Fuß im Umfange, und ſie trennen ſich 5 bis 6 Fuß von dem Stamme in acht Zweige. Die Wurzeln von Nr. 2 und 3 erſtrecken ſich, dem Anſcheine nach, nur auf eine kurze Strecke; die von Nr. 4, ſo weit ſie bloßgelegt ſindz ſind fuͤnf an der Zahl, 4 Fuß im Umfange, feſt und ſtark und ſcheinen ſich auf eine betraͤchtliche Entfernung zu erſtrecken. Die Stellung von Nr. 1 verhindert, daß deren Wurzeln bloßgelegt werden koͤnnen. Hinſichtlich der Gattung, zu welcher die foſſilen Baͤu— me gehören, wird eine poſitive Meinung nicht ausge ſprochen. Die Abhandlung ſchließt mit einigen Bemerkungen uͤber die ſtrittige Frage, ob die mit der Kohle verbundenen Pflan— zen an der Stelle wuchſen, wo ſie gefunden werden. Hr. H. giebt zu, daß die verticale Stellung der Baͤume nicht beweiſe, daß fie nicht fortgeſchwemmt ſeyen, aber, nach den Erfahrungen, welche ein Aufenthalt in Suͤdamerica hat machen laſſen, begreift er, daß es ſchwerer iſt, anzunehmen daß fuͤnf fortgeſchwemmte Baͤume aufrecht an einer Stelle aufgeſtellt wurden, als daß fie da wuchſen, wo fie vors kommen. Am 26. Febr. dieſes Jahres (1840) hat nun Herr Hawkſhaw weitere Beobachtungen Über dieſe Bäume der Geological Society mitgetheilt. — Es iſt ſeit vorigem Jahre ein ſechster Baum in gleicher Lage und in geringer Entfernung von den andern e und Hr. H. ſpricht 85 ſich nun mit größerer Zuverſicht fuͤr die Anſicht aus, daß die Baume an der Oberflaͤche der Schicht gewachſen ſind, wo ſie nun ſtehen *). Die Hauptgegenſtaͤnde dieſer nachtraͤglichen Mittheilung aber find — das raſche Verrotten des Innern von gefülls ten oder niedergeworfenen dicotyledonen Baͤumen in tropiſchen Gegenden und die Wahrſcheinlichkeit, daß viele von den hohlen Abdruͤcken großer Stämme, die in Kohlenlagern an: getroffen werden, daher ruͤhren, daß der verrottete Mittel⸗ theil der Baͤume dieſer Claſſe ausgefuͤllt werde, und nicht, wie viele Geologen glauben, Abdruͤcke von Monocotyledonen find. Die tropiſchen Wälder, mit welchen Hr. H. aus perſoͤnlicher Unterſuchung bekannt iſt, liegen in Venezuela, an dem Ufer des Carraibiſchen Meeres, zwiſchen dem Sten und 10ten Grade noͤrdlicher Breite und 65 und 70’ weſtlicher Laͤnge. In dieſem Diſtricte ſind wenige Monate hinkei— chend zur Zerſtörung des Innern des größten dicotyledonen Baumes, beſonders in den niedrigen und ebenen Waͤldern laͤngs der Kuͤſte; aͤhnliche Wirkungen aber, ſagt Hr. H., werden weniger haͤufig in mondcotyledonen Vegetabilien hervorgebracht, und er entſinnt ſich nicht eines einzigen Bei— ſpiels von einer Palme, die auf ſolche Weiſe hohl gewor- den war. In einigen von ihm beobachteten Fallen glich die ausgehoͤhlte Portion des dicotyledonen Baumes, in dem Boden zuruͤckbleibend, einer Gießers-Hohlform, wenn die Kernform entfernt und das Metall nicht eingelaſſen iſt. Zuweilen waren niedergeworfene Baumſtaͤmme, die aͤußerlich das Anſehen hatten, als wenn ſie voͤllig ſolid waͤren, ſo in— nerlich verrottet, daß ſie dem Drucke ſeines Fußes nachga— ben und ſich als völlig hohl zeigten, und gefährliche Zufaͤlle find dadurch eingetreten, da temporäre Bruͤcken von dicoty— ledonen Stämmen errichtet waren, deren verfaulter Zuſtand erſt dadurch erkannt wurde, daß die darüber ſchreitenden Reis ſenden in das darunter wegſtroͤmende Waſſer ſtuͤrzten. Die niedrigen ebenen Gegenden, wo die Zerſtoͤrung hoͤchſt ſchnell vorſchreitet, und worin, wegen des tiefen reichen Bodens und wegen der großen Feuchtigkeit, die Zwiſchenraͤume zwi— ſchen Waldbaͤumen und groͤßern Palmen mit Geroͤhrig, Binſen und andern Pflanzen erfuͤllend bewachſen ſind, ſind die Landſtriche, welche, wie Hr. H. ſagt, ſehr leicht uͤber— ſchwemmt werden; und, fuͤgt er hinzu, wenn das Fuͤll— wachsthum oder das Unterholz hinlaͤnglich groß iſt, fo koͤnnte hernach eine Kohlenſchicht gebildet werden, welche wenige Spuren von ſoliden dicotyledonen Baͤumen, aber Abdruͤcke ausgehoͤhlter Staͤmme enthielten; und er folgert daraus ſchließ— lich, daß, obgleich in unferen Kohlenlagern foſſile Pflanzen gefunden werden, die mit einem mechaniſchen Dépöôt ge: füllt ſind und Spuren anderer Pflanzen enthalten, dieſer Zuſtand nicht beweiſe, daß die urſpruͤnglichen Pflanzen hohl geweſen ſeyen, da ſie ja auch ſolide Baͤume geweſen ſeyn koͤnnen, welche durch Operationen, wie ſie noch jetzt in tro— piſchen Waͤldern vor ſich geben, ausgehoͤhlt worden ſeyn moͤgen. ) Man vergleiche auch die Abbildung des Durchſchnitts einer Klippe in Dorſett, welche ich auf das zweite Blatt meiner Geo: logiſchen Elementarkarte aufgenommen habe. 2 * * 84 Bemerkungen uͤber die Charactere der in der Naͤ— he von Mancheſter entdeckten foſſilen Baͤume und uͤber die Bildung von Steinkohle durch allmaͤli— ges Unterſinken, von J. E. Bowman, ſind ebenfalls am 26. Februar 1840 der Geological So- ciety vorgeleſen worden. Der Verfaſſer beginnt mit der Auseinanderſetzung, daß die Theorie von dem allmaͤligen Unterſinken des Landes, auf welchem die Vegetation waͤchſ't, viele Erſcheinungen in den Steinkohlenlagern beffer erkläre, als die Annahme, daß die Pflanzen aus der Entfernung herbeigeſchwemmt und unter Waſſer abgelagert worden ſeyen. Er leugnet nicht, daß die Farrenkrautblaͤtter und andere in dem Schiefer und Sandſtein zerſtreuten Ueberreſte durch Waſſer herbeigetrieben ſeyen; aber es kommt ihm ſchwierig vor, zu erklaͤren, wie fortgetriebene Pflanzen und Baͤume herabgeſunken ſeyn koͤnnten, ohne mit dem Sedimente ver— miſcht zu ſeyn, womit das Waſſer beladen war; und daß die Bildung eines Lagers von brennbarer Kohle unmoͤglich iſt, wenn nicht die Vegetabilien waͤhrend des Proceſſes von einer hinlaͤnglichen Quantitaͤt Thon oder Sand bedeckt waren, um das Entweichen der fluͤchtigen Ingredienzen zu verhin— dern. Er iſt auch der Meinung, daß man ſchwer begreifen koͤnne, wie ein zuſammenhaͤngendes Lager von fortgetriebener vegetabiliſcher Subſtanz auf einer fo großen Strecke zuſam— mengehaͤuft wurde, wie fie einige Kohlenlager einnehmen, welche, in einem Falle, ein Areal von 200 Engl. Qua- dratmeilen betraͤgt und in einem andern Falle eine Laͤnge von 35 Engl. Meilen einnimmt — Dagegen fallen, nach Hrn. Bowman' s Anſicht, dieſe Schwierigkeiten weg, wenn angenommen wird, daß die Baͤume oder die andern Vege— tationen uͤberhaupt an der Oberflaͤche wuchſen, welche jetzt das Kohlenlager ausmacht, und daß ſie allmaͤlig unterſanken und durch Anhaͤufung von Thon und Sand bedeckt wurden. Der Verfaſſer geht dann auf das Detail der Erſcheinun— gen über, welche in Hrn. Hawkſhaw's Mittheilungen bes ſchrieben ſind; aber vorzuͤglich erlaͤutert er, noch genauer, als dort geſchehen, die Charactere der Zeichen an den Baͤu⸗ men oder Abdruͤcken. Um mit der groͤßten Genauigkeit ihre Natur zu erkennen, zeichnete er ſie ſorgfaͤltig auf Papier, welches auf die Oberflaͤche der Staͤmme gelegt wurde, und er iſt ſo in den Stand geſetzt worden, die Irregularitaͤten in den Laͤngenrinnen und deren wellenfoͤrmige, gabelartig getheilte oder anaſtomoſirende Charactere getreu darzuſtel— len. Auch macht er auf das Vorhandenſeyn einer, laͤngs der ganzen Laͤnge eines dieſer Baͤume befindlichen, Vertie— fung aufmerkſam, welche mit einer dünnen Lage Kohle aus: gekleidet iſt und der Furche aͤhnelt, welche in einem dicoty⸗ ledonen Stamme durch den Druck einer paraſitiſchen Pflanze hervorgebracht werden wuͤrde. — Hr. Bowman er— waͤhnt dann der Entdeckung von 1838, wo bei der Durch— grabung des Tunnels bei Claycroß ohnweit Cheſterfield eine Anzahl Staͤmme gefunden wurden (angeblich faſt 40 an der Zahl), die auch rechtwinklicht zu der Ebene der Schichten 85 ftanden ; und ſchreitet dann, mit Ruͤckſicht auf foſſile Baums ſtaͤmme uͤberhaupt, aber ganz beſonders auf die aus der Man— cheſter⸗ und Bolton-Eiſenbahn, zu der Nachweiſung: 1. daß fie feſte, hartholzige oder Zimmerholz » Stimme waren, der gewoͤhnlichen Meinung, daß ſie weich oder hohl geweſen, entgegen; 2. daß ſie an den Stellen, wo ſie gefunden wurden, gewachſen und geſtorben ſind; 3. daß ſie hohl wurden durch die von Natur eintretende Verrottung ihres Innern. Mit Ruͤckſicht auf den erſten Punct, bezieht er ſich auf das Anſehen und die Beſchaffenheit, welche di— cotyledone Baͤume darbieten, auf das die Riſſe der Rinde und die Dicke der Baſis des Stammes und der Hauptwurzel, fo wie auf das ſcheinbare Herausheben der letztern aus dem Boden durch die jaͤhrliche Hinzufuͤgung von Holzlagen, und er erlaͤutert die genaue Analogie, welche eine nach einem dieſer foſſilen Staͤmme verfertigte Zeichnung mit den eben erwaͤhnten Characteren hat. Auch zeigt er, daß keine weichen Monocotyledonenbaͤume, wie Palmen und baumartige Farrn, auf welche Kohlenlager-Foſſile zuruͤckgefuͤhrt worden find, dieſe Deconomie in ihren Stämmen wahrnehmen laſſen, und, daß ſie nicht maſſive, gabelartig getheilte Wurzeln haben, ſondern im Allgemeinen eine dichte Vereinigung gerader ſucculenter Faſern, wie die einer Hyacinthe. Die Zeichnungen (markings) auf der Oberflache der Abdruͤcke hält Hr. B. für noch hinzukommende Beweiſe, daß die Foſſilien holzige Dico— tyledonen geweſen, da ſie mit denen der ihrer Rinde beraub— ten neueren Waldbaͤume uͤbereinſtimmen. Zu fernerer Ver— ſtaͤrkung dieſes Glaubens führe er die Anſicht Robert Brownu's an, in Beziehung auf eine Portion eines aͤhn— lichen Stammes, welcher etwa 400 Engl. Ellen von den andern bei'm Graben eines Brunnens gefunden wurde. Polirte Scheiben dieſes Foſſils geſtatteten Hrn. Robert Brown, in den Queerſchnitten die Gleichfoͤrmigkeit der Vascularitaͤt aufzufinden, welche ein Beweis der Coniferen— Structur iſt; und in der Longitudinalſection, parallel mit den Medullarſtrahlen, wurde das Vorhandenſeyn dieſer Strahlen dargethan. Das Exemplar liefert daher den Be: weis der dicotyledonen Structur, mit bedeutender Wahr— ſcheinlichkeit, daß es coniferos iſt, obgleich in den mit den Strahlen parallelen Schnitten keine Scheibchen wahrzuneh— men ſind. Zur Unterſtuͤtzung des zweiten Punctes, daß die Bäume an den Stellen wuchſen, wo ſie gefunden find, wies derholt Hr. Bowman ſein Glaubensbekenntniß, daß die Kohlenſchichten aux den Reſten einer uͤppigen Vegetation, welche allmaͤlig untergeſunken fen, herruͤhren, und er deutet auf die Schwierigkeit der von andern Schriftſtellern vorgebrachten Annahme bin, daß eine An ahl Baͤume in aufrechter Stel— lung fortgetrieben und nebeneinander ſenkrecht zu der Ebene, worauf fie ſtehen, geſtellt werden koͤnnten; auch fuͤhrt er die abwärts gerichtete Stellung der Wurzeln als einen Beweis dafür an, daß die Baͤume in ihrer urſpruͤnglichen Stellung ſeven, indem, wenn fie losgeriſſen, fortgetrieben und abge— ſetzt worden wären, das Gewicht der Stämme die Wurzeln aufwaͤrts gebogen haben wuͤrden. — In Bezug auf den dritten Punct, daß die Foſſilſen durch Verrottung ihres Holzes hohl geworden, weiſ't Hr. B. auf die von Hrn. Hawk: 86 ſhaw in der oben erwähnten Abhandlung mitgetheilten Bes obachtungen hin; er erwaͤhnt auch die Autorität Schoms burgk's für ahnliche Beiſpiele von ſchneller Zerſtoͤrung des Innern der dicotyledogen Bäume in den niedrigen und heißen Diſtricten Surinam's. Er erörtert dann, mehr in's Ein— zelne gehend, den Proceß, vermittelſt deſſen verticale Staͤm⸗ me ausgehoͤhlt und von dem in dem Waſſer enthaltenen Sedimente angefuͤllt werden moͤchten, unter welchem, wie er es ſich vorſtellt, das vorher trockne Land in jener Periode uͤberſchwemmt war. Zum Schluſſe theilt Hr. Bowman noch einige Bemerkungen uͤber das Wachsthum der Baͤu— me in tropiſchen Climaten mit, in Beziehung auf die Pe— riode, welche noͤthig ſeyn wuͤrde, um eine Maſſe von ve— getabiliſcher Subſtanz zuſammenzuhaͤufen, welche zur Ders vorbringung eines neun Zoll dicken Kohlenlagers noͤthig ſeyn möchten. Er iſt der Meinung, daß das Minimum an Zeit ein Jahrhundert ſeyn wuͤrde, und daß, zur Hervorbringung einer Kohlenſchicht von einem Zoll Dicke, ſiebenundzwanzig Zoll vegetabiliſche Subſtanz noͤthig ſeyn würden. Einige Bemerkungen uͤber den ſogenannten großen Japaniſchen Salamander Vom Profeſſor J. van der Hoeden. Mein Freund, Prof. Leuckart aus Freiburg, hat in dieſen N. Notizen (No. 266. Jan. 1840) einige Worte über die Salamandra maxima der Fauna japonica mitgetheilt, worin er den Vorſchlag thut, aus dieſem Thiere ein eigenes genus zu bilden, welches er mit dem Namen Hydrosalamandra belegen will. Dieſes Genus rechnet er mit Triton und Salamandra zu einer Familie. Es fragt ſich aber, ob man dieſen Namen paſſend nennen kann, da doch offenbar Triton mit eben demſelben Rechte Hydro- salamandra zu nennen if. Doch muß ich bemerken, daß in einer natürlichen Ordnung des Thierreichs Triton und Sa- lamandra nicht neben dieſes genus zu fiellen find. Nicht bloß zeigt die Schaͤdelbildung, wie ich fie, nach Leuk⸗ kart's Angabe nachgewieſen habe, manche Aehnlichkeit mit Menopoma, ſondern die ganze aͤußerliche Form, das Skelett, die winzig kleinen Augen, ohne Lider u. ſ. w., beweiſen offenbar, daß das Thier aus Japan mit Meno- poma zu einer Familie, und wie ich meine, zu einem ge- nus gehoͤre. Auch Harlan, der im Herbſte 1889 das Leidener Reichsmuſeum beſuchte, war durch dieſe Aehnlich— keit, worauf ich ihn aufmerkſam machte, uͤberraſcht. Ich weiß wohl, daß die beiden ſeitlichen Kiemenlöcher von Me- nopoma dem Japaniſchen Thiere fehlen; aber daraus folgt, daß die Familie der Derotremata oder Derotreta auf einen kuͤnſtlichen Character gegruͤndet iſt. Man kann aller— dings nach dieſem Character beide Thiere trennen und Am— phiuma mit Menopoma zuſammenfuͤgen; aber dieſe lezten genera ſtehen weit mehr entfernt von einander, als Me- nopoma und die fogenannte Salamandra maxima. Dies ſes war mir auch das Wichtigſte bei meiner Entdeckung 3 6 * 87 denn eine Entdeckung wage ich zu nennen, daß ein Thier, welches ſchon ſieben Jahre lang im Leidener Muſeum gelebt hatte, erſt im December 1837 durch meine Vergleichung mit Menopoma ſeine wahre Stelle im Syſteme des Thierreichs bekommen hat Menopoma und Salamandra maxima find einander fo aͤhnlich, daß, wer letztere zum genus Sa— lamandra zaͤhlen will, auch gezwungen iſt, Menopoma eine Salamandra zu nennen, welches wohl bloß eine Recht—⸗ haberei zu nennen wäre und nicht mehr Beifall von kennt— nißreichen Zoologen unſerer Zeit zu erwarten hat, als wenn man Manatus und Trichechns rosmarus wiederum, wie früher Lin naͤus, zu Einem Geſchlechte rechnen wollte. Uebrigens wird hoffentlich meine, vor zwei Jahren ſchon geſchriebene, ausfuͤhrlichere Abhandlung Über dieſen Gegen— ſtand jetzt in den Memoires de la Soc. d’Hist. nat. de Strasbourg erſchienen ſeyn und die Bedenken widerle— gen. Will man aus dem Japaniſchen Thiere deinoh ein eigenes genus bilden, fo bleiot dies wenigſtens außer Zwei: fel, daß dieſes genus mit keinem andern nähere Ver— wandtſchaft hat, ais mit Menopoma, und daß die durch meinen hochverehrten Freund Prof. J. Muͤller aufgeſtellte und auch in meinem vor 6 Jahren ausgegebenen Handbu— che angenommene Familie von Derotremata ſchwerlich bei— behalten werden kann. Nicht das Thierreich wollen wir in unſere systemata hineinzwingen, ſondern unſere Syste- mata dem Thierreiche anpaſſen. Mie bie n. ueber die Seidenhaarziege von Angora und eine andere Art Ziege, welche in dieſer Provinz Kleinaſien's gefunden wird und der Thibetaniſchen Shawl⸗Ziege aͤhnlich iſt, hat Lieutenant 88 Corolly ber Royal Asiatic Society zu London am 18. Januar eine Mittheilung gemacht. Die zuerſtgenannte Ziege wird nur in dem Diſtkricte Angora gefunden und verliert all' ihr Characceriſti⸗ ſches, wenn fie in eine andere Localität verſetzt wird, wenn fie überhaupt am Leben erhalten werden kann. Ihr eigenthuͤmliches und ſchoͤnes Vließ ſcheint das Reſultat der Wirkung des Bodens und des Elima's zu ſeyn, wo ſogar Hunde und Katzen ſeidenarti— gen Pelz haben. Aus den Haaren dieſer Ziege werden jene fei— nen weichen Stoffe verfertigt, die in Europa ſo ſehr geſchaͤtzt und gewoͤhnlich Caſchmir genannt werden. Die Vließe, wenn ſte vollſtandig find, werden als Fußteppiche und Satteldecken ges braucht; die Haut wird vorzuglich zu Stiefeln und Pantoffeln be— nutzt. Aus den Haaren wird ein feines Garn geſponnen, aus wel— chem Handſchuhe und Fußſocken verfertigt werden und von ſolcher Fein heit, daß ein Paar faſt mit 20 Schillings bezaylt wird. Einige Pros ceduren bei'm Kraͤmpeln des Haars ſind ſonderbar. Lieutn. Corolly beſchrieb die Art und Weiſe, wie das Garn von den arbeitenden Frauensperſonen mit Speichel befeuchtet wird, und war uͤberzeugt, daß das in der Melonenzeit verfertigte Garn viel vorzuglicher ſey, als in den andern Jahreszeiten, wegen der ſchleimigen Eigenſchaft des Speichels um dieſe Jahreszeit Das Garn wird hernach von einer aus einer Art Rettig bereiteten Fluͤſſigkeit durchweicht, wel— che mittelſt des Mundes der Arbeiterinnen auf die uͤber einen Rahmen geſpannten Faden geſpritzt wird. Dieſer Proceß ſoll die Gute des Artikels ſehr verbeſſern, und die Leute verſichern, daß, obgleich die Operation ihre Zaͤhne verdirbt, ſie doch nicht durch andere mechaniſche Huͤlfsmittel erſetzt werden koͤnne, zufolge der klebrigen Beſchaffenheit der Fluͤſſigkeit ꝛc. Das Muſe um der Tweedside physical and ant i- quarian Society zu Kelſo fängt an, bedeutend zu werden und erhaͤlt reichliche Schenkungen und Bereicherungen, beſonders fuͤr die zoologiſche Abtheilung. Nachahmungswerth fuͤr andere Samm— lungen iſt beſonders die Befolgung des Grundſatzes, daß der Hauptwerth des Muſeums in der Sammlung ſolcher Gegenſtaͤnde beſtehen muͤſſe, die ein locales Intereſſe haben. Auf dieſe Weiſe wird der geringſte Beitrag wichtig, und die Zahl der Theilnehmer und Geber waͤchſ't naturlich in einem anderen Verhaͤltniſſe, als wenn man die Naturgeſchichte im Allgemeinen vor Auge hat, oder wenn man nur vorzugsweiſe auf Seltenheiten Jagd macht. Je. iel Ueber die aͤrztliche Behandlung des hohen Alters. Von Dr. H. Holland. Ruͤckſichtlich der Krankheiten und Behandlung des Grei— ſenalters giebt es einige Puncte, welche zwar dem erfahre— nen Arzte bekannt find, in der allgemeinen Praxis jedoch kaum hinlaͤnglich beruͤckſichtigt werden. Man giebt zwar zu, daß die Regeln, welche fuͤr andere Lebensperioden gelten, hier abgeaͤndert werden muͤſſen; die Urſachen und die Aus— dehnung dieſer Abaͤnderungen werden aber nicht hinreichend gewürdigt. Gewiß iſt es, daß das hohe Alter nicht bloß nach der Zahl der Jahre zu beſtimmen iſt. Familie, Tem— perament, individuelle Conſtitution, Lebensereigniſſe, Alles wirkt zuſammen, um die Zeit zu veraͤndern, in welcher die Veraͤnderungen anfangen, welche dem Ausdrucke in phyſiolo— giſchem Sinne entſprechen, und um die Regel zu beſtimmen, nach welcher ſie vorſchreiten. Das hohe Alter kann uͤber— dieß bei verſchiedenen Individuen als ungleich bezeichnet wer: den, je nachdem es ſich auf die verſchiedenen Koͤrpertheile R un de. und Functionen bezieht; dieſe Verſchiedenheit geht aus dens ſelben allgemeinen Urſachen hervor, welche ſo eben genannt worden find. Angeerbte Krankheiten oder zufällige Stoͤrun— gen veranlaſſen nicht ſelten ein fruͤhzeitiges Zerfallen in ei— nem Oegane, während die übrigen von der Zeit noch ver— haͤltnißmaͤſig unberührt find, Dieſe Puncte find für den Practiker von Wichtigkeit, aber im Ganzen ſo complicirt, daß es kaum moͤglich iſt, ſie zu ordnen und zu beſchreiben. Erfahrung allein kann uns hinreichend dacuͤber belehren. Nehmen wir den Ausdruck hohes Alter indeß in ſei— nem gewöhnlichen Sinne, fo iſt keine Schwierigkeit, gewiſſe Veranderungen zu erkennen, welche in allen Theilen des Or— ganismus ſtattgefunden haben oder vor ſich gehen, und es iſt nicht zu zweifeln, daß die mediciniſche, prophylactiſche und therapeutiſche Behandlung in Bezug auf dieſelben modifieirt werden muß. Bichat bat das Leben definitt als „l’ensemble des fonctions qui résistent à la mort“ (der Inbegriff der Functionen, welche dem Tode widerſtehen), und die Beſchrei— 89 bung iſt, obwohl ſpitzfindig und vielleicht nicht ſtreng log'ſch, dennoch richtig in einer wichtigen Beziehung, naͤmlich, daß die lebende Organiſation Dasjenige ſey, welches eine Zeitlang der Einwirkung der gewohnlichen Geſetze und Bedingungen der Materie entgegen iſt, und denſelben in manchen Puncten widerſpricht (ein anderer Autor definirt als „lud putre- dini contrarium“). Hierbei find allgemeine Ausdrücke ges braucht, weil ich glaube, daß unſere jetzigen Kenntniſſe es nicht geſtatten, eine beſtimmte Linie zwiſchen den ſogenann— ten phyſicaliſchen und vitalen Geſetzen zu ziehen. Eine ſol— che Graͤnztinie mag exiſtiren; unſer Beſtteben, fie anzugeben, beweiſ't aber bisjetzt mehr unſere Unkenntniß, als daß es die naturliche Graͤnze zwiſchen den organiſchen und unorga— niſchen Geſetzen darzulegen vermochte. Alle größren Ent— deckungen in den phyſicaliſchen Wiſſenſchaften (beſonders ei— nige der neueſten Zeit) haben dieſe angenommene Graͤnze veraͤndert und meiſtens das Gebiet der phyſicaliſchen Erſchei— nungen nach dem der vitalen Erſcheinungen hinuͤber er— weitert. Aber die Kraft der Vitalitaͤt, welche man leichter da— durch definirt, was ſie wirkt, als dadurch, was ſie iſt, kann nicht als eine beſtimmte Quantitaͤt betrachtet werden; ſie fluctuirt ſelbſt waͤhrend der Zeit des kraͤftigen Lebens, und nimmt ab, jemehr das Alter herannaht, und ihre Abnahme giebt in gleichem Verhaͤltniſſe den Eindruͤcken allgemei— ner phyſicaliſchen Agentien Gewalt uͤber den Koͤrper, gegen welche das Leben auf der Stufe der Kraft gewiſſermaßen in Oppoſition zu ſtehen ſcheint. Es giebt wenig merkwuͤrdi— gere Gegenſtaͤnde der Unterſuchung, als die Beſchaſſenheit des menſchlichen Körpers, wenn durch Schwaͤchung der Les benskraft ſogenannte rein phyſicaliſche Agentien und Veraͤn— derungen neue und eigenthuͤmliche Wirkungen hervorbringen, deren Fortſchreiten die ſtufenweiſe Abnahme der ſogenannten Lebenskraft zeigt. Die Schwerkraft, z. B., welche offenbaren Einfluß auf die Circulation in allen Körpertheilen hat, und gegen welche in der Structur der Blutgefaͤße mehrere Vorrichtungen ans gebracht ſind, wirkt in vermehrtem Maaße, ſo wie die le— bendigen bewegenden Kraͤfte abnehmen. Dieſe Verände— rungen, welche von mechaniſchen Urſachen abhaͤngen und die verſchiedenen Ablagerungen und Obliterationen mit einſchlie— ßen, welche im Gefaͤßſyſteme und andern Theilen des Orga— nismus ſtattfinden, ſind von verſchiedenen Schriftſtellern fo vollſtaͤndig beſchrieben worden, daß es unnoͤthig iſt, ſie auf's Neue aufzuzaͤhlen. (Ich nenne Boerhave, Haller und Bichat, unter den Neuern Carswell über gangraena senilis). Die weitere Frage uͤber Veränderungen in dem Blute oder das Eintreten chemiſcher Verwandtſchaften bei Verminderung der vitalen Beziehungen, iſt ein dunklerer Ge— genſtand der Unterſuchung, woruͤber wenig Sicheres zu er— langen iſt. Das größere Verhaͤltniß des venoͤſen Blutes im hoͤhern Alter iſt eine dieſer Veränderungen, und es iſt wahr ſcheinlich, daß einige der Ablagerungen und Veraͤnderun— gen in verſchiedenen Geweben Folge der verminderten Reis ſtenzkraft gegen allgemeine chemiſche Veraͤnderungen fin (2), beſonders in den feinſten Gefaͤßen, wo ein ſolcher Verluſt an 90 Kraft am leichteſten ſich geltend machen wird. Ob wir auf dieſe Quelle oder mehr direct auf die Function der Lungen oder die des Nervenſyſtems die verminderte Waͤrmeerzeugung beziehen müffen, iſt noch nicht ausgemacht, obwohl dieß eine der intereſſanteſten Fragen der Phyſiologie iſt. Wie ſich dieß aber auch immer verhalten möge, die Wichtigkeit der Thatſache fuͤr die mediciniſche und allgemeine Behandlung des hohen Alters iſt nicht zu verkennen. Eben ſo kurz kann ich die in Bezug auf ihren Urſprung weniger deutlichern, aber nicht minder allgemein beobachteten uͤbrigen Veraͤnderungen im Greiſenalter erwaͤhnen; die Sinne werden, ohne merkbare Structurveraͤnderung, weniger erregbar und undeutlicher; die Energie der Willensthaͤtigkeiten iſt ge— ſchwaͤcht, ihr Einfluß auf die Muskelaction beeintraͤchtigt, und zwar (felbft unabhängig von Veränderungen der Mus— kelgewebe) oft. dis zur partiellen Paralyſe. Die Vermin— derung der Irritabilitaͤt in allen Geweben, welchem Theile des Nervenſyſtems ſie auch untergeben ſeyn moͤgen, ſcheint in einem beſtimmten Verhaͤltniſſe zu der Abnahme der Sen: ſibilitaͤt und Willenskraft zu ſtehen. Daraus folgen krank— hafte Veraͤnderungen in allen Functionen der Abſorption und Secretion, auf der Haut nach Außen und auf den Haͤuten nach Innen; eben daraus folgt das Unvermoͤgen eines ent⸗ ſprechenden Erſatzes zufaͤlliger oder krankhafter Verletzungen. Die geiſtigen Functionen, beſonders die der Erinnerung und Aſſociation, erleiden Veraͤnderungen, jedoch nicht gerade in beſtimmtem Verhaͤltniſſe der Zeit oder des Grades zu der Abnahme dieſer Kraͤfte, welche uns mit der Außenwelt di— recter verbinden. Wo keine beſtimmten Störungen des Sen— ſoriums vorhanden find, da werden einige der hoͤhern Facul: taͤten des Verſtandes ebenſowohl als des moraliſchen Ge— fühis bis in ſehr ſpaͤte Zeit und während allgemeinerer Kör: perabnahme erhalten; zuletzt indeß laſſen ſie ebenfalls nach, und zwar nach den Geſetzen, nach welchen der lebendige Geiſt waͤhrend ſeiner irdiſchen Exiſtenz an eine gewiſſe Or— ganiſation geknuͤpft iſt; — mit dieſer von Kindheit auf wachſend; — in einigen ſeiner Facultaͤten unabhaͤngig, ſo weit das Bewußtſeyn uns darüber belehrt; — in andern ſo an die phyſiſchen Bedingungen der Structur gebunden, daß jede Veraͤnderung der letzten auf das Genaueſte zuruͤck— wirkt; — das Ganze ein tiefes Geheimniß, in welches der menſchliche Verſtand für jetzt nicht einzudringen vermag *). „) Die Entwickelung der intellectuellen Kräfte in der Kindheit bat man forgfältig ſtudirt, nicht fo die Abnahme im Alter; ein ſchwieriger Gegenſtand. Man glaubt, die fpäter entwickel⸗ ten Functionen nehmen am frübeften wieder ab; dieß iſt ſehr zweifelhaft; jedenfalls geſchieht es nicht in gleichem Zeitverbält- niſſe für alle Facultaͤten. Nimmt nicht das Vermögen, friſche Eindruͤcke aufzunehmen und zu affociiren, früher ab, als die Kraft der Combination und Anwendung? Iſt nicht die Faͤ⸗ higkeit, Combinationen oder Gedankenreihen zu leiten und zu firiren, eine der am frübeiten aufgehobenen? Bei einer Dame von 91 Jahren zeigte ſich die Geiſtesabnahme beſonders in der Abweſenheit des Ideenganges von dem Klange der Worte; ein doppeldeutiges Wort oder ſelbſt eine ſolche Sylbe führte den Geiſt gleich auf einen neuen und ganz fremden Gegen⸗ ſtand. Bei einem meiner andern alten Patienten mit fehr treuem Gedachtniſſe für Perſonen und einzelne frühere Lebensereigniſſe 91 Es iſt bemerkenswerth, auf ein wie enges Gebiet der Thaͤtigkeit das Leben durch das Alter oder Krankheit vor feinem letzten Erloͤſchen bisweilen reducirt wird, und wie lange es, auf dieſe Weiſe beſchraͤnkt, mit geringer Erregung und unbedeutender Verwendung ſeiner Kraͤfte ſich fort— zieht. Die Organe beſorgen die zur Exiſtenz weſentlichen Proceſſe langſam; die Reſpiration kann auf ein kleines Stuͤck der Lungen reducirt werden. Das Blut wird vom Herzen ſchwach vorwaͤrts getrieben und bewegt ſich traͤge durch die in ihren feinern Aeſten verftopften Gefäße; die geiſtigen Faͤ— higkeiten, ſo weit man ſie zu beurtheilen vermag, ſcheinen ſich im Zuſtande eines undeutlichen Traumes zu befinden, eine Analogie, die man auf mannigfache Weiſe und mit be— ſonderem Intereſſe in Bezug auf die Natur des Geiſtes uͤberhaupt verfolgen koͤnnte. Eine Beobachtung moͤchte ich nur noch im Allgemeinen machen, naͤmlich, daß keine Vorausberechnung oder Ge— fuͤhl eine richtige Schaͤtzung des Verhaͤltniſſes geben kann, welches der Geiſt zu dem Tode in den letz— ten Lebensſtunden nimmt, ſelbſt wo Schwaͤchung der gets ſtigen Faͤhigkeiten nicht ſtattgefunden hatte. Dieß iſt be— ſonders richtig, wenn lange ſchmerzhafte Krankheiten dem Tode vorausgehen. Aber ſelbſt Erſchoͤpfung durch kurz— dauernden, aber heftigen Schmerz aͤndert dieſe Bezie— bung, und ſelbſt ohne Leiden irgend einer Art hat die bloße Verminderung der Lebenskraft durch das Alter dieſelbe Wirkung. Der Ernſt des Lebens nimmt ab, ſo wie der Beſitz des Lebens allmaͤlig entzogen wird; jeder Arzt iſt Zeuge hiervon, wenn er bisweilen eine langſam und ſchmerz- und geraͤuſchlos dahingehende Exiſtenz beobachtet, wie ſie fuͤr den Tod reif wird. Bekanntſchaft mit allen Umſtaͤnden, welche auf dieſe Weiſe den natuͤrlichen Fortſchritt des Alters bezeichnen und mit den durch Krankheit bewirkten Mobificationen iſt na— tuͤrlich fuͤr die Praxis von Werth. Ich will einige die— ſer Puncte, welche beſonders beachtungswerth ſcheinen, hier weiter anfuͤhren. Die erſte practiſche Folgerung, Arzt aus ſolcher Kenntniß ziehen wird, welche ein vorſichtiger iſt gewiſſermaßen eine negative, naͤmlich nicht einzugreifen, — oder wenigſtens mit Vorſicht und Beſchraͤnkung, — in den Faͤllen, wo zeigt ſich ein auffallendes Unvermoͤgen, ſie durch irgend eine vernuͤnftige Verbindung aneinanderzureihen, ſo daß die ge— ringſte Beziehung zu Zeit und Ort hinreicht, den Geiſt ſogleich auf eine neue Bahn zu bringen. Solche Zuftände haben nahe Verwandtſchaft mit dem Zuſtande des Traͤumens, indem bei beiden die Kraft der Combination und der Lenkung der Gedan: ken fehlt. Die Abnahme des Gedächtniſſes zeigt ſich früher und leichter in Bezug auf Worte und Namen, als in Bezug auf Ereigniſſe, und zwar ſowohl im Alter, als in Krankheit, z. B., Paralyſe und andere Hirnkrankheiten, wo die Ideen richtig bleiben, die Worte aber zum Theil oder ganz fehlen oder auf eigenthuͤmliche und unerklaͤrliche Weiſe, ohne alle Be— ziehung zu dem beabſichtigten Sinne, untergelegt werden. Die geiſtigen Operationen der Auffaſſung des Willens, des Gedaͤcht— niſſes und des Nachſinnens geſchehen im Alter abſolut langſam, und es iſt unmoͤglich, einen Einfluß der Zeit hier auszu: ſchließen. 92 Veränderungen eines Organes oder einer Function eingetre— ten ſind, welche ihrer Natur nach nicht ruͤckgaͤngig gemacht werden koͤnnen. Im Angeſichte beſtimmter Beweiſe der Eins wirkung des Alters eine mediciniſche Behandlung anzuwen— den, heißt zu gleicher Zeit das Vertrauen und den Nutzen der Medicin auf das Spiel ſetzen. Dieß iſt um ſo mehr zu beachten, als ein Patient und feine Umgebung ſelten ges neigt iſt, dieß anzuerkennen. Es iſt oft eine fehr ſchwierige Gewiſſens- und Meinungsfrage, bis zu welchem Puncte in ſolchen Faͤllen die Praxis vorſchreiten muͤſſe, wobei man zu gleicher Zeit immer zugeben muß, daß man etwas dem Ge— fuͤhle des Kranken und etwas der Unſicherheit unſeres Ur- theils, ſo lange dieß einer wirklichen Erfahrung vorausgeht, ſchuldig iſt. Dieſe die mediciniſche Moral angehende Frage iſt, wie ſo manche andere, nicht bloß nach einer allgemeinen Regel zu behandeln. Hier muß man ſich auf Integritaͤt und Discretion des Pract'kers als Leiter in den endloſen Varietäten der einzelnen Fälle verlaſſen. In einigen iſt Nach- giebigkeit bis zu einem gewiſſen Puncte ſelbſt fuͤr den Kran— ken indirect vortheilhaft; in andern kann von einer ſolchen Einmiſchung in den Lauf der Natur nur Nachtheil erwar— tet werden, und nur Gewiſſenloſigkeit oder Unkenntniß koͤn— nen ſich in einem ſolchen Verfahren aͤußern. Beiſpiele der letztern Art moͤgen von einer Claſſe ſehr beachtenswerther Faͤlle hergenommen werden; namentlich von denjenigen, wo Ausſonderungen aus irgend einem Körpers theile ſtattfinden, und wobei die Richtigkeit einer Unterdruͤk— kung des Ausfluſſes die Hauptfrage bei der Behandlung iſt. Die Mißachtung, in welche mit Unrecht die Humoralpa— thologie gekommen iſt, hatte die Wirkung, die Aufmerkſam— keit von dieſer Krankheitsclaſſe lange Zeit abzuziehen, waͤh— rend die alten Aerzte, wenn auch mit geringern Mitteln zue Unterſuchung, aͤmſiger ihnen nachforſchten. Die neueren Uns terſuchungen haben ſich wieder dahin zuruͤckgewendet, und zwar mit der bereits durch die Reſultate beſtaͤtigten Sicherheit, darin ein weites Feld fuͤr die Entdeckung zu finden. Dieſe Abſonderungen moͤgen habituell, oder critiſch, oder vicariirend ſeyn, immer ſind ſie der Ausdruck einer Lebensfunction, was man in der Praxis gar nicht feſt genug halten kann. Dieſe wichtige Ruͤckſicht laͤßt ſich auf File in jeder Les bensperiode anwenden und nicht gerade am wenigſten auf einige Symptome, welche im hohen Alter haͤufig vorkommen. Bei'm eatarrhus senilis, ;. B., und den verſchie— denen Bronchialaffectionen alter Leute haben wir zu unter— ſuchen, ob es paſſend iſt, ſie durch eine kraͤftige Behandlung zu hemmen (was meiſtens vom Arzte verlangt wird), oder ob die Abſonderung von Schleim oder andern Fluͤſſigkeiten nicht im Gegentheil eine Sicherung für den Körper ind. — ein Abfluß deſſen, was, im Blute zuruͤckgehalten, ernſtere Krankheiten veranlaſſen wuͤrde? Ohne behaupten zu wollen, daß es in jedem Falle ſo ſey, lehrt mich doch meine Er— fahrung, daß in vielen Fällen die Hemmungen ſolcher Aus— ſcheidungen nachtheilig und, wenn ſie wirklich erreicht wird, gefaͤhrlich iſt. Nach Beweiſen aus ſener Lebensperiode und beſonders nach den Beiſpielen der Metaſtaſen zweifele ich nicht, daß dieſe beträchtlichen Schleimabſonderungen oft für die Geſundheit eben fo weſentlich find, wie die Abſonderun— gen aus andern Organen, welche wir aͤmſig im Gange zu halten ſuchen. Die Nothwendigkeit derſelben, welche ohne Zweifel noch unbekannte Beziehungen zu den geſunden Ei— genſchaften des Blutes haben, variiert außerordentlich nach der verſchiedenen Lebensweiſe und in verſchiedenen Altern, und dieſe Variation laͤßt ſich nicht ſelten mit dem Zuſtande an— derer Secretionen in Verbindung bringen, wodurch der Aus— druck „vicarlirend“ Beſtaͤtigung erhält, obwohl vielleicht nicht in dem abſoluten Sinne, in welchem er bisweilen angewen— det wird. Wir moͤgen zufällig eintretende Exceſſe mäßigen, die Expectoration erleichtern und den Huſten fo reguliren, daß er fo wenig als moͤglich die Ruhe ſtoͤrt. Die Behand, lung aber über dieſen Punet — eine Bewachung der ges woͤhnlichen Symptome — hinauszufuͤhren, iſt haͤufiger ein ſchaͤdlicher Eingriff, als daß er eine richtige Anwendung der aͤrztlichen Thaͤtigkeit genannt werden koͤnnte. Das zuletzt genannte Symptom, der Huſten, iſt das— jenige, wofür am haͤufigſten die Hülfe des Arztes in An— ſpruch genommen wird, und wo man nur zu oft und ruͤck— ſichtlos nachgiebt. Denn die Secretionen aus dieſen Mems branen moͤgen noͤthig ſeyn oder nicht, das Huſten iſt jeden— falls zur Heraufbefoͤrderung detſelben unerlaͤßlich; und es muͤſſen jedem Arzte Faͤlle vorgekommen ſeyn, in welchen es ſchwer iſt, die Ueberzeugung zu beſeitigen, daß die ploͤtzliche Hemmung des Huſtens durch Opiate oder andere Mittel ein ungluͤckliches Ende beſchleunigt habe. Dieß muß man bei Behandlung der Krankheiten des hohen Alters immer im Auge behalten, ſowohl wegen der Haͤufigkeit dieſes Sympto— mes, als auch wegen der unrichtigen Anſichten daruͤber, wel— che immer das beſſere Urtheil des Arztes bedraͤngen. Aehnliche Vorſicht iſt in Bezug auf Behandlung der Abſonderung lithiſcher Säure durch die Nieren zu em— pfehlen, welche im hoͤhern Alter, in der Regel, geſteigert iſt. Die große Menge der abgehenden Saͤure beunruhigt nicht felten und veranlaßt reichliche Darreichung von Alkalien; ift Tendenz zu Concretion und Zuruͤckhaltung in den Nieren vorhanden, ſo mag dieß richtig ſeyn; geſchieht aber die Aus- leerung leicht und ohne begleitende Störung innerer Organe, fo iſt das Kluͤgſte, in der Regel, größte Maͤßigung. Dieſe Ausſcheidung iſt, in der That, oft die wirkſamſte Entfernung eines Stoffes, welcher, wenn er zuruͤckgehalten und ange— haͤuft wird, eine Quelle ernſtlicher Krankheiten, beſonders des Gehirns, bei betagten Leuten wird. Ich habe viele Kranke geſehen, welche ſich unwohl befanden, wenn ſie nicht mit dem Urine in reichlicher Menge ſolche Stoffe aus— leerten. Aus demſelben Geſichtspuncte find die habituellen Darm: ausleerungen zu betrachten, welche haͤufig Symptomen bedenklicher Krankheiten gleichen, jedoch nicht von uͤbeln Fol— gen begleitet find, und nur das Beduͤrfniß einer Abfcheidung dieſer Stoffe aus dem Körper anzeigen. Ein Eingreifen in ſolchen Fallen iſt ſelten von guter Wirkung und kann im Gegentheil ernſtlich ſchaden, indem es Actionen ändert oder hemmt, welche fuͤr den Organismus heilbar ſind. 94 Daſſelbe laͤßt ſich auf die, jedoch ſeltner vorkommenden, paffiven Blutungen im hoͤhern Alter anwenden, z. B., Naſenbluten, Blutharnen, Blutungen aus den Daͤrmen, aus dem Uterus u ſ. w. — Entſprechend den aͤlteſten Anſich— ten in der Arzneikunde, find dieſe oft als heilſame Auslee— rungen zu betrachten, welche zur Erleichterung einzelner Or— gane oder der geſammten Circulation critiſch eintreten. Bei Annäherung des hoͤbern Alters und überhaupt bei andern beſtimmten Lebensperioden (ohne zu weit auf die Myſterien der Epochen einzugehen) treten verſchiedene Aenderungen in dem Gleichgewichte des Blutes und anderer Theile ein, und in Folge ſolcher Veraͤnderungen ſtellen ſich leicht Congeſtio— nen und Ausleerungen ein, wobei die letztern zur Erleichte— rung oder Verhinderung der erſteren dienen. Die Unterfus chungsmittel, wodurch dieß zu beſtimmen iſt, ſind, in der Re— gel, einfach und deutlich, ſofern man nur die Sorgfalt an— wendet, auf ſie zu achten, und die Erfahrung lehrt, wie bäufig ſelbſt die reichlichſten Auslecrungen gluͤcklich zu Ende kommen, indem ihre Dauer durch ſie ſelbſt beſchraͤnkt wird, d. h., durch die Erleichterung, welche fie für die fie erregen— den Urſachen herbeifuͤhren. Aber auch hier wird der Arzt nicht ſelten in feiner zuruͤckhaltenden Beobachtung (der be: ſten hier anzuwendenden Handlungsweiſe) durch die Aufregung und Angſt der Angehörigen der Kranken geftört. Ohne ein Zeichen von Entzuͤndung oder organiſcher Krankheit wird die Lancette zur Hand genommen, um, wie man glaubt, die in— nere Blutung zu hemmen, — oder es wird Blei oder ein anderes Adſtringens gegeben, mit einer unbeſtimmten Bezie— hung zu Sitz und Urſache der Krankheit und oft mit nach⸗ theiligen Einfluͤſſen in anderer Beziehung. Wenn ich mir einen auftichtigen und offenherzigen Ue— berblick uͤber die Erfolge ſolcher Faͤlle bilde und dabei eine ungehoͤrige Beguͤnſtigung der Lehre von critiſchen und vica— rüirenden Ausleerungen bei Seite ſetze, fo glaube ich doch, daß mehr Schade durch zu eilige Hemmung ſolcher Blutun— gen, als durch vorſichtiges Zoͤgern und Beobachten der Fort— ſchritte derſelben gethan worden iſt, wobei man im les tern Falle natuͤrlich die noͤthige Sorgfalt anwenden muß, die Kräfte des Organismus bei eintretender Erſchoͤpfung zu bes ben. Selbſt bei gewohnlichen Blutungen in Folge von Structurveraͤnderungen muß man dieſe Ruͤckſicht im Auge behalten, noch mehr aber, wenn man Grund hat, anzuneh— men, daß die Blutung auf einer Schleimhautflaͤche oder in einem parenchymatoſen Organ ohne wirkliche Krankheit ſtattfindet. Obwohl ich dieſen Punct hier berühre, weil er im hoͤ— hern Alter beſondere Beachtung verdient, ſo laͤßt ſich dieſelbe Bemerkung in Bezug auf die Behandlung von Blutungen allgemeiner faſſen. Es giebt gewiß Faͤlle, in welchen raſche Hemmung allein Rettung gewaͤhrt und andere, in welchen man auf's Sorgfältigfte der Blutung zuvorkommen, oder ihr eine andere Richtung geben muß. Es bleiben aber noch zahlreiche Fälle übrig, und zwar in allen Lebenszeiten, in mels chen ſelbſt active Blutungen bloß dadurch zu behandeln find, daß man einfach Alles beſeitigt, was die Blutung auf's Neue erregt oder fie verlängert; während die Urſachen der 95 Blutung am beſten durch fie ſelbſt gehoben werden. Sogar Haͤmoptyſis iſt an und für ſich nicht fo ſehr zu fuͤrch⸗ ten, da ſie oft eine partielle Erleichterung fuͤr die Lungen— circulation gewährt. Blutbrechen, fo reichlich es auch ſeyn mag, erfordert ſelten eine active Behandlung; es be— zeichnet beſtimmter vielleicht, als eine andere Blutung, das Beduͤrfniß der Erleichterung, welche es ſodann auch wirklich einem Theile der Circulation gewaͤhrt, und ich glaube, daß man durch die zue Hemmung deſſelben gewöhnlich angewen— deten Mittel mehr ſchadet, als nutzt. Daſſelbe paßt auf Haͤmaturie, mit einigen Modificationen für Fälle, in wels chen die Blutung durch Steine oder andere Nierenkrankhei— ten bewirkt wird. Ueber dieſe Puncte, ſo wie uͤber viele andere, muß die Erfahrung des Arztes im einzelnen Falle entſcheiden. Wo man indeß bei allgemein anzuwendenden Vorſchriften zu zahlreiche und wichtige Beſonderheiten zuge— ben muß, da verlieren ſie an ihrem Werthe fuͤr die Praxis ſehr beträchtlich. Mit dieſem Gegenſtande in Verbindung iſt die Frage nach der Indication und nach dem Betrage der Blutent— ziehung als Heilmittel in hoͤherem Alter. Dieß iſt ein Gegenſtand häufiger Unſicherheit des Practikers und (gleich den vorausgehenden Fragen) am beſten durch richtige Er— fahrung in Bezug auf jeden Fall zu löſen. Die allgemeine Regel ohne Zweifel iſt die — einer verhaͤltnißmaͤßigen Ber ſchraͤnkung und einer noch ſorgſamern Beachtung der Zeichen, durch welche dieſe Graͤnzen in der Praxis ſich kund geben. Die verſchiedenen Entzuͤndungen und Congeſtionen kommen in denſelben Organen und auf dieſelbe Weiſe, als in fruͤ— hern Lebensperioden, vor, jedoch mit Verminderung der in dem Organismus liegenden Mittel zum Widerſtande gegen die Krankheit oder zum Erſatze irgend eines Verluſtes, wel— cher durch die Behandlung ſelbſt herbeigeführt wurde. (Louis, Beobachtungen über Entzündungen bei Schwaͤchezuſtaͤnden.) In dieſer Beziehung iſt, beſonders im Alter, die zu jeder Zeit wichtige Regel zu beachten, daß ein einmal noͤthiges Heil— mittel raſch anzuwenden ſey, bevor die Krankheit feſtern Fuß faßt, bevor Theile desorganiſirt ſind und bevor die Nerven— kräfte durch lange Krankheit erſchoͤpft worden ſind. Das Letztere iſt im Alter beſonders zu beachten, damit wir nicht durch lang fortgeſetzte Behandlung einzelner Symptome, welche durch die erſten Mittel haͤtten beſeitigt werden koͤn— nen, andere noch bedenklichere hervorrufen. Hier muͤſſen wir dem Pulſe im hohen Alter eine beſondere Achtſamkeit ſchen— 96 ken. Die Arterie liegt durch Abſorption anderer Theile der Oberflaͤche näher, ihre Textur und Elaſticitaͤt find verändert, und dadurch entſteht ein Puls, welcher zu den gewohnlichen Erklaͤrungen nicht paßt, und welcher den unerfahrenen oder den nachlaͤſſigen Unterſucher durch einen Schein von groͤße— rer Kraft der Circulation, als wirklich vorhanden iſt, irre leitet. Aehnliche Taͤuſchung entſteht oft durch Verknoͤche— rung eines Theiles des Herzens oder Gefaͤßſyſtems, welche in dieſer Lebensperiode fo haͤufig vorkommt. Es wird das durch ein gereizter, anſchwellender Pulsſchlag bewirkt, welchen man bisweilen fuͤr einen kraͤftigern Puls haͤlt, wodurch man ſich zu nachtheiliger Blutentziehung verleiten läßt, deren uͤbele Folgen nicht leicht wieder zu beſeitigen find *). ) Eine Vergleichung des Pulſes mit den durch Auſcultation und Percuſſion zu erlangenden Zeichen organiſcher Veränderungen des Herzens und der großen Gefäße, werden zu oft vernach— laͤſſigt, obwohl es wahrſcheinlich iſt, daß der Radialpuls im- mer eine beſtimmte Modification erleidet. (Schluß folgt.) Miscellen. Zur Aufloͤſung der Blaſenſteine innerhalb der Harnblaſe iſt bekanntlich von Albin Gras die Einſpritzung koh— lenſauren Natrons oder Kali's empfohlen worden, damit auf dieſe Weiſe das leichter loͤsliche harnſaure Natron oder Kali gebildet werde; dagegen erinnert Berzelius, daß die Harnſaͤure zwar als lerdings mit einem Theile des kohlenſauren Kali's ſich verbinde, dagegen einen andern Theil in doppelt kohlenſaures Kali vers wandelt, was der Auflöslichkeit der harnſauren Salze entgegenſteht. Er empfiehlt ſtatt der kohlenſauren Alkalien den Borax, welcher die Harnſaͤure in weit größerem Verhaͤltniſſe loͤſt. Der Borax ſoll auch ſtatt des doppelt kohlenſauren Natrons bei Harngries den Vorzug verdienen, von einem Gran allmätig ſteigend. Dieſes Mite tel hat noch den Vortheil, von dem Magen leichter vertragen zu werden. (Journ. de connaiss. med, 1833.) Eine unterſuchung der Gehoͤrorgane bei angebor⸗ ner (2) Taubheit wird von Dr. Edwards mitgetheill. Auf der einen Seite fehlten das Trommelfell und die Gehoͤrknoͤchelchen. Nach Eröffnung der Schaͤdelhoͤhle zeigte ſich die pars petrosa über den halbcirkelfoͤrmigen Gängen ungewöhnlich hervorragend, und als dieſe durchſchnitten wurden, fanden ſie ſich auf beiden Seiten mit kaͤſiger Subſtanz gefuͤllt. Die Knochenſtructur ſchien normal; auch war die kaͤſige Maſſe keineswegs durch die Saͤgeſpaͤne bei'm Durchſaͤgen verunreinigt; über das Vorhandenſeyn der kaͤſigen Subſtanz war kein Zweifel, und an eine Heilung der Taubheit daher nicht zu dens ken. (London méd. Gaz. Febr. 1840.) — — Giblio graphische neuigkeiten. Histoire naturelle générale et particulière de tous les genres de coquilles univalves marines a l'état vivant et fossile, publiee par monographie; ou description et classification methodique de toutes les especes connues jusqu’a ce jour, représentées en cou- leur, avec la figure et l’anatomie d'un assez grand nombre de mollusques nouvellement decouverts, Par P. L. Duclos. Liv. 1 et 2. Paris 1840. Fol. Recherches anatomiques et physiologiques sur les ovaires de l’espece humaine; considérée specialement sous le rapport de leur influence dans la menstruation. Par C. Negrier. Paris 1840. M. K. Lettres sur l’'histoire médicale du Nord-est de la France. Par Emile Begin. Metz 1840. 8. { Moyens de conserver la santé des cochons, apergu hygienique, renfermant etc. Par L. V. Collaine. Metz 1840. 8. — mm Menue Wotizen a u 8 dee m Gebiete der Nakur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Obere Medieinalratbe $ roriep zu elmar, und dem Wedieinatraide und Mrofeffor Frorien zu Berlin. No. 293. (Nr. 7. des XIV. Bandes.) April 1840. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 36 Ar, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. Verſuche uͤber die Entwickelung und das Wachs— thum des Lachſes, von deſſen Auskriechen aus dem Eie bis zum Alter von zwei Jahren. Von Hrn. Shaw, mitgetheilt durch Hrn. James Wilſon. Schon in Nr. 1090 (Nr. 12. d. L. Bos.) der No: tizen, fo wie in No. 111. (Nr. 1. des VI. Bdes.) der Neuen Notizen haben wir von den Beobachtungen, Anſich— ten und Verſuchen des Hrn. Shaw über die Lachsbrut berichtet. Was wir hier uͤber dieſelben beibringen, iſt ein Nachtrag zu feinen fruͤhern Artikeln, welcher am 16. Der. 1839 der K. Geſellſchaft zu Edinburgh vorgetragen ward, und den wir aus dem Edinb. new philos. Journal, Jan. — Apr. 1840 entnehmen. Der Verfaſſer theilt in dieſem Nachtrage einen Be— richt über die Fortſetzung ſeiner Verſuche ruͤckſichtlich der Entwickelung der Lachsbrut mit, welche feine frübern Beob— achtungen beſtaͤtigen. Die an ſeinen kuͤnſtlichen Teichen ge— machte Ausſtellung, als ob die Lachsbrut darin nicht hin— reichende Nahrung gefunden habe, betrachtet er als durchaus unbegruͤndet, da dieſe Teiche von den Inſecten, die Fiſchen gewoͤhnlich zur Nahrung dienen, wimmeln, und die jungen Lachſe in denſelben denen deſſelben Alters in den Baͤchen und Fluͤſſen durchaus gleichen. Er hatte fruͤber ermittelt und angegeben, daß die jungen Lachſe in dem Fluſſe, wo ſie geboren find, unter dem Namen Parre, Pinke, Fingerlin— ge ꝛc, zwei Jahre lang bleiben, und während dieſer Lebens— periode wendet er auf ſie die in Schottland uͤbliche Benen— nung: Parr an. Die Zeitigung der gelegten Eier richtet ſich in einem bedeutenden Grade nach der Temperatur der Jahreszeit, In ſtrengen Wintern entwickelt ſich das Lebensprincip lang- ſam. Bei ſeinen Verſuchen fand er, daß bei Laich, welcher ſich in fließendem Quellwaſſer von der Durchſchnittstempe— ratur von 40° OF. befand, der Fiſchembryo dem unbewaff— neten Auge am 6Often Tage erkennbar war und am 108. Tage nach der Befruchtung auskroch. Laich, welcher von demſelben Lachsweibchen an demſelben Tage in einem Fluſſe No. 1393. Denn Hemer Hk war gelegt worden, deſſen mittlere Temperatur nicht uͤber 33 betrug, zeigte ſichtbare Embryonen erſt am 90ſten Ta— ge, und bis zum Auskriechen verſtrichen deren 161. Den— noch ſcheint die Wanderung der groͤßern Fiſchbrut nach der See zu nicht von der veraͤnderlichen Zeit der Bebruͤtung abhaͤngig zu ſeyn, indem in der erſten Woche des Mai’s im zweiten darauffolgenden Jahre die Hauptarmee regelmaͤ— fig aufbricht, und an demſelben Tage (10. Mai), wo Hr. Shaw dieſesmal die eben aus dem Eie hervortretenden Jungen beobachtete, zogen große Schwaͤrme Lachsbrut ſtrom— abwaͤrts. Dennoch haͤlt man gemeiniglich dafuͤr, daß fie im Laufe deſſelben Fruͤhjahres, wo ſie ausgebruͤtet worden, ihre Wanderung nach der See antrete. Mit ſeiner Abhandlung hat Hr. Shaw eine große Anzahl der verſchiedenartigſten Exemplare eingeſchickt, welche die ſtufenweiſe Entwickelung der Brut vom Auskriechen aus dem Gie bis zum vollendeten zweiten Lebensjahre darſtellen. Der Parr oder einjährige Lachs hat etwa 33 Zoll Laͤnge und zeigt das gewoͤhnliche Sommerkleid. Im Alter und in der Größe ſtimmt er mit dem ſogenannten Mai-Parr der ſchottiſchen Fluͤſſe uͤberein, und nur dieſe Art von Parr, nebſt der ganz jungen Brut, wird nach dem Anfange Mai's in den Fluͤſſen gefunden, da zu dieſer Zeit alle zweijaͤhrigen Parrs oder Lachſe in die See ziehen. Der Mai-Parr kann als mit dem Pink des Fluſſes Hodder identiſch betrachtet werden, von dem Hr. Marrell redet, iſt aber ſchon ein Jahr alt, waͤhrend man ſonſt annahm, ſein Alter betrage nur wenige Wochen. Er bleibt den ganzen Sommer und folgenden Winter im Fluſſe, und vermoͤge einer anomalen oder wenigſtens ungewoͤhnlichen Entwickelung, werden die Maͤnnchen ſchon im Laufe dieſer Lebensperiode zeugungsfaͤ— hig und begatten ſich mit den erwachſenen Lachsweibchen oder befruchten deren Eier. Ein characteriſtiſches Beiſpiel hinſichtlich dieſer Entwickelungsperiode lieferte der Verſuchs— teich am 14. November 1838. Das Exemplar war das mals achtzehn Monate alt, und in dieſem Alter zeigten ſaͤmmtliche Maͤnnchen der verſchiedenen Bruten ſich vollkom— men mannbar, indem die Milch reif war, während man bei 7 99 keinem einzigen Weibchen von demſelben Alter Regen an— traf. Bei den achtzehnmonatlichen Exemplaren im Fluſſe verhielt es ſich in Betreff der relativen Entwickelung der Maͤnnchen und Weibchen ganz ebenſo. \ Die durchgreifende conſtitutionale Veränderung, vermoͤz ge deren ein ſogenannter alter Parr in einen jungen Lachs verwandelt wird, tritt meiſt im April des zweiten Jahres darauf ein. Zwanzig Monate alte Exemplare, die am 0» Jan. 1839 aus dem Teiche genommen wurden, maßen 6 Zoll Laͤnge, und ſahen ganz ſo aus, wie die gewoͤhnlichen Parrs Diejenigen aber, die am 24. Mai aus demſelben Teiche genommen wurden?), hatten, obwohl ſie nur einen halben Zoll länger waren, die Tracht des Parrs ab— gelegt und die des Lachſes angenommen. Dieſe Veraͤn⸗ derung beſteht hauptſaͤchlich darin, daß die ſchwarzen Flecken auf dem Kiemendeckel verſchwinden, die faſt farbloſen Bruſt⸗ floſſen an den Spitzen mit Schwarz unterlaufen, die breiten ſenkrechten Streifen an den Seiten ſich verwiſchen und ſtatt der früher vorherrſchenden duͤſterbraunen und gelblich: weißen Farbentoͤne, oben blaͤulichſchwarz und unten ſilber— weiß auftreten. Verſchiedene andere von Hrn. Shaw ein⸗ geſandte Exemplare bieten Belege zu aͤhnlichen Veraͤnderun⸗ gen dar, und aus mehreren erkennt man den Uebergangs— zuſtand zwiſchen dem Parr und dem Lachſe ſehr deutlich. Alle dieſe Exemplare ſtammen aber aus Laich, den ſich Hr. Shaw in der fruͤher angegebenen Weiſe von erwachſenen Lachsweibchen verſchafft hatte. Obige Bemerkungen dienen den früher der Geſellſchaft vorgetragenen (und auch in d. Bl. a. a. O. mitgetheilten) zur Beſtaͤtigung und fuͤhren dieſelben weiter aus. Der Umſtand aber, daß die maͤnnlichen Parrs, welche bereits zeugungsfaͤhig find, dem alten Lachsweibchen folgen, waͤh⸗ rend daſſelbe ſeinen Laich in dem Fluſſe abſetzt, gab die Idee zu folgendem eigenthuͤmlichen und mit Erfolg gekroͤn— ten Verſuche an die Hand. Im Januar 1837 verſchaffte ſich Hr. Shaw ein Lachsweibchen von 14 Pfund Gewicht aus dem Fluſſe, wo es eben laichen wollte, und aus dem— felben Fluſſe einen nur 15 Unzen wiegenden männlichen Parr. Mit der Milch des letztern befruchtete er die Eier des erſtern, that den Laich in das Fließwaſſer ſeines Teichs und beobachtete deſſen Entwickelung, wie er es mit dem auf die gewoͤhnliche Weiſe befruchteten Lachslaiche gethan, und da ergab ſich denn, daß die Entwickelung der Embryonen c. ganz in gleicher Weiſe ſtattfand, wie im letztern Falle. Dieſe Verſuche wurden mit demſelben Erfolge im Winter 1838 wiederholt, und die (aus dem Fluſſe bezogenen) Parrs, welche zur Befruchtung angewandt worden waren, nahmen im folgenden Fruͤhjahre das Wanderkleid der jungen Lachſe an. Einen vergleichenden Verſuch ſtellte er an, indem er die Eier von drei erwachſenen Lachsweibchen mit der Milch von drei in dem Teiche gezogenen Parrs befruchtete, und das Reſultat der Bebruͤtung der Eier und ſpaͤteren Entwik— kelung der Fiſche war durchaus daſſelbe, woraus ſich u. A. auch ergiebt, daß die im Teiche gezogenen Parrs durch die ) Welche alſo etwas uͤber zwei Jahr alt waren. D. Ueberſ. 100 Einſperrung keineswegs ſchwaͤchlich geworden waren und uͤberhaupt in keiner Weiſe ihren normalen, natuͤrlichen Cha— racter verloren hatten. Die bei dieſen Verſuchen angewand— ten Exemplare wurden der Geſellſchaft vorgelegt. Eines derſelben iſt ſelbſt aus der Befruchtung der Eier eines erwachſenen Lachsweibchens mit der Milch eines Parrs hervorgegangen, und wuͤrde alſo, wenn Parr und Lachs nicht diefelbe Species wären, ein Baſtard ſeyn. Nun geben aber die Phyſiologen zu, daß ſolche Baſtarde, die aus der Begattung verſchiedener Thierſpecies hervorgegangen find, nicht fortpflanzungsfaͤhig ſeyen. Dieſer maͤnnliche Parr, welcher von einem Parr und Lachs abſtammt, iſt aber ſelbſt wieder der Vater einer zahlreichen Familie junger Lachſe ge— worden, und dieſer Thatſache, deren nähere Umſkaͤnde in feinem Artikel genau angegeben find, ſchreibt Hr. Shaw bedeutende Wichtigkeit zu. Man hatte gegen Herrn Shaw's fruͤhere Verſuche den Einwurf gemacht, daß er durch die gezwungene Befruchtung des Lachslaichs mittelft Parrmilch keineswegs die Identitaͤt der beiden Species dar— gethan, ſondern einen Baſtard erzeugt habe. Die Nach— kommenſchaft iſt jedoch von andern jungen Lachſen im Parr— ſtande wenigſtens aͤußerlich durchaus nicht zu unterſcheiden, und da fie fortpflanzungsfaͤhig iſt, fo beweiſ't dieß ebenfalls viel in Betreff der Identitaͤt beider. Hr. Shaw bemerkt uͤberdem, wenn der Parr eine beſondere Species waͤre, ſo muͤßte aus dem Umſtande, daß er das Lachsweibchen be— gleite, die groͤßte Verwirrung unter den Wanderfiſchen im Fluſſe entſtehen, indem zeugungsfaͤhige Parrmaͤnnchen ſich in gewaltiger Menge an den Laichplaͤtzen der Lachſe aufhal⸗ ten, waͤhrend das Lachsweibchen ſeine Eier legt. Die Shaw' ſchen Verſuche wurden mit großer Ge— nauigkeit angeſtellt, oft wiederholt und haben ſtets daſſelbe Reſultat gegeben. Schließlich bemerkt Hr. Shaw bei die— ſer Gelegenheit noch, daß der Trog oder das eigentliche Laichbeet von dem Weibchen allein, und zwar mittelſt einer beſondern Anwendung des Schwanzes, ausgehoͤblt werde. Bisher nahm man an, das Maͤnnchen leiſte dabei bedeuten— den Beiſtand indem es mit der Schnauze und dem Unter— kiefer den Kies zur Seite ſchiebe und wieder an Ort und Stelle bringe. Das Laichen dauert, in der Regel 3 — 4 Tage. Im Laufe feiner Verſuche fand er, daß die Vitali— taͤt des Laichs ſich noch eine gewiſſe Zeit nach dem Tode des Weibchens erhaͤlt. Es gelang ihm, Eier aus dem Koͤrper eines Fiſches, der ſeit zwei Stunden leblos geweſen, mit der Milch eines lebenden Parrs zu befruchten, und in denſelben entſtanden und entwickelten ſich Embryonen, wie unter gewoͤhnlichen Umſtaͤnden. Ueber den dießmaligen Aufſatz des Hrn. Shaw iſt noch zu bemerken, daß derſelbe ſeine Experimente mit be: ſonderer Beziehung auf moͤgliche oder wirklich erhobene Ein— wuͤrfe gegen die Beweiskraft derſelben veranſtaltet und vers mannigfacht hat. So hat man, z. B., in Betreff der me— chaniſchen Befruchtungsmethode geſagt, daß der Laich viel⸗ leicht auf irgend eine andere Weiſe, als durch die Milch des Parrs befruchtet worden ſey. Deßhalb ſuchte Herr Shaw dieſen Punct außer allen Zweifel zu ſtellen, indem 101 * er zu zwei verſchiedenen Malen einen Theil der Eier aus einem Lachsweibchen unbefruchtet in Fließwaſſer that, da ſich denn das von ihm vermuthete Reſultat ergab, daß ſich bis zum Ablaufe der Bebruͤtungszeit auch nicht das mindeſte Zeichen von Vitalitaͤt an dieſen Eiern wahrnehmen ließ. Die Lachsweibchen waren uͤbrigens dieſelben, deren übrige Eier dann mittelſt der Parrs befruchtet wurden. Die nicht zu befruchtenden wurden natuͤrlich jedes Mal vor— weggenommen und abgeſondert in das Fließwaſſer gebracht. (Edinb. new philos. Journ. Jan. — Apr. 1840.) Ueber die Cultur der Roſen und die Fabrication des Roſenwaſſers und Roſenoͤls zu Ghazeepore *). Ich uͤberſende Ihnen hierbei mit Vergnuͤgen die ver— langte Auskunft über die Fabrication und den Vertrieb des Roſenwaſſers ꝛc. im hieſigen Diſtricte. Ghazeepore ſcheint ſchon ſeit langer Zeit wegen feines Attar (Otto, Roſenoͤl) und Roſenwaſſers beruͤhmt zu ſeyn, und es beſtrebt ſich, den wohlverdienten Ruf ſich zu erhalten. Es werden ge— nug Roſen cultivirt, um den Markt in der gehörigen Art zu verſorgen, und da der dadurch entſtehende Gewinn im Durchſchnitt die Mühe und Koſten der Production eben nicht uͤberreichlich lohnt, fo iſt bisjetzt in den benachbarten Diſtricten kein Verſuch gemacht worden, Ghazeepore in Ans ſehung dieſes Erwerbszweiges Abbruch zu thun. Um die Station Ghazeepore her find etwa 300 Beegabs oder 150 engl. Morgen Land in kleinen abgeſonderten Stuͤcken zu Roſengaͤrten benutzt und auf allen Seiten mit hohen Lehm— mauern oder Cactuszaͤunen befriedet, damit das Vieh keinen Schaden anrichten koͤnne. Dieſe Grundſtuͤcke, welche Ze— min dars gehören, find mit Roſenbaͤumen bepflanzt und werden alljährlich um eine gewiſſe Summe für den Grund und Boden, ſo wie um eine andere fuͤr die Baͤume, deren auf dem Beegah ungefaͤhr 1000 ſteben, verpachtet. Fuͤr den erſten Poſten betraͤgt das Pachtgeld meiſt 5 Rupien (5 Gulden Conv. Muͤnze) und fuͤr den letztern 25 Rupien (25 G. C. M.). Die Culturkoſten belaufen ſich außerdem noch auf etwa 4—5 Rupien. In guten Jahren aͤrntet man von dem Beegah ein Lac Roſen. Dieſe werden ſtets Lac-Weiſe verkauft. Der Preis ſchwankt von einem Jahre zum andern zwiſchen 40 und 70 Rupien. Die vorjaͤhrige Aernte wurde zu dem letztern Preiſe aufgekauft. Sobald die Roſen bluͤhen, kommen die Zemindars, Paͤchter und Kaufliebhaber in der Stadt zuſammen, und die Kaufcontracte werden gültig auf Lieferung fo und fo ) Die hier folgende hoͤchſt intereſſante Notiz über den berühmten Induſtriezweig, von dem fie handelt, verdanken wir dem Dr. Jack— fon, Chirurgen zu Ghazeepore Wir verſchafften uns dieſelbe behufs einer Schrift: „Materia medien Oſtindien's “ die ihrer Zeit erſcheinen wird. Mittlerweile gereicht es uns zum gros ßen Vergnügen, die von Herrn Jackſon gelieferten merkwür— digen Nachrichten in unferer Zeitſchrift bekannt zu machen. Anmerkung des Journal of the Asiatic Society of Bengal, May 1839. 102 vieler Lacs Roſen abgeſchloſſen. Hat der Pichter die ſtipu— lirte Quantität an den Aufkäufer abgeliefert, fo iſt er nicht mehr an den erſten Preis gebunden und erhaͤlt jederzeit für den Ueberſchuß ſeiner Aernte einen beſſern Preis. Die Roſenbaͤume fangen zu Anfang Maͤrz an zu blühen und fahren den ganzen April über damit fort. Fruͤh— morgens werden die Roſen von vielen Maͤnnern, Frauen und Kindern gepfluͤckt und in großen Saͤcken nach den Bren— nereien der Aufkaufer geſchafft, wo ſie deſtillirt werden. Die Roſenbauer ſelbſt befaffen ſich nur hoͤchſt felten mit der De— ſtillatien. Der landesuͤbliche Deſtillirapparat iſt ungemein ein⸗ fach. Er beſteht aus einer großen kupfernen oder eiſernen Blaſe, die gut verzinnt iſt und 8— 12 Gallonen faßt. In der Geſtalt gleicht ſie den irdenen Buͤchſen, in welchen die Gomaſtahs ihr Opium verſenden; d. h., ſie hat einen wei— ten Bauch, ziemlich engen Hals und eine etwa 8 Zoll weite Oeffnung. Auf dieſe wird der Helm befeſtigt, der nur in einem alten Kochtopfe mit einem Loche in der Mitte beſteht, welches die Kuͤhlſchlange aufnimmt. Das Rohr, welches hier die Kuͤhlſchlange vorſtellt, be— ſteht aus zwei unter einem ſpitzen Winkel aneinandergeſetzten Stuͤcken Bambusxrohr und iſt nach feiner ganzen Laͤnge mit Bindfaden umwickelt und dieſer mit Lehm verſtrichen, da— mit die Daͤmpfe nicht entweichen koͤnnen. Das etwa 2 Fuß lange kuͤrzere Stuͤck wird in das Loch in der Mitte des Heims befeſtigt und dort mit Mehl und Waſſer ver— kittet, wogegen der herabſteigende Schenkel in eine lang= halſge Retorte oder Vorlage eintaucht, welche man eine Bhubka nennt. Dieſe wird in ein Kübel mit Waſſer ge— ſetzt, das ſtets erneuert werden muß, ſobald es warm ge— worden. Der Helm wird ebenfalls mit der Blaſe verkittet und das lange herabſteigende Rohr da, wo es in die Bhubka taucht, mit einem Lappen gut gelidert, ſo daß die ſaͤmmtlichen Daͤmpfe zuſammengehalten werden. Die Blaſe ſteht in einem Ofen von gebranntem Thone, und fo haͤtten wir alle Theile des Deſtillirapparates beſchrieben. Es wird auf dem Bazar ſo vielerlei Roſenwaſſer fa— bricirt und fo viel Fluͤſſigkeit, die nur ein mit Sandelöl verſetztes Gemenge iſt, unter dieſem Namen verkauft, daß ſich uͤber das bei der Bereitung angewandte Verfahren we— nig allgemein Gültiges ſagen läßt. Beim beſten Roſen— waſſer, welches auf den Markt kommt, kann man indeß etwa 1000 Roſen auf das Seer Waſſer rechnen. Meh— rentheils deſtillirt man aber von derſelben Quantität Roſen 13 Seer Roſenwaſſer, und von dieſem iſt vielleicht ſogar der Attar abgeſchieden. In die Deſtillirblaſe gehen 8 — 16 Tauſend Rofen. Auf 8000 Roſen gießt man 10 — 11 Seers Waſſer und erhält davon 8 Seers Deſtillat. Dieſes thut man in glaͤ⸗ ſerne Buͤchſen und laͤßt es mehrere Tage an der Sonne ſte— hen. Hierauf ſtoͤpſelt man dieſe mit Baumwolle zu, die einen Ueberzug von feuchtem Thon erhält, welcher nach dem Erhaͤrten einen völlig hermetiſchen Schluß bewirkt. Der Preis einer ſolchen Buͤchſe iſt 12 — 16 Rupien. Dieß iſt die erſte Qualitaͤt. 7 * 103 Zur Bereitung des Mofenöls oder Attar tkut man die Roſen ebenfalls in die Blaſe und laͤßt das Waſſer, wie bei der Fabrication des Roſenwaſſers, allmaͤlig übergehen. Nach: dem dieſer Theil des Proceſſes vollbracht iſt, thut man das Roſenwaſſer in ein großes metallenes Becken, das mit be— feuchtetem Muſſelin bedeckt wird, den man mit einer Schnur feſtbindet, damit Inſecten und Staub nicht eindringen Eons nen Dieß Gefäß wird etwa 2 Fuß tief in den vorher bes feuchteten Erdboden eingegraben und darin eine Nacht uͤber gelaſſen. Man fabricirt den Attar ſtets zu Anfang der Ro— ſenaͤrnte, wo die Nächte noch kuͤhl find. Fruͤh Morgens wird das duͤnne Haͤutchen Attar, welches ſich uͤber Nacht auf der Oberfläche des Roſenwaſſers angefammelt hat, mit einer Feder abgenommen, ſorgfaͤltig in ein kleines Flaͤſchchen geſtrichen, und Tag fuͤr Tag, waͤhrend man es ſammelt, kurze Zeit in die Sonne geſtellt, nachdem man aber eine hinreichende Quantitat davon beiſammen hat, der klare bern— ſteinfarbene Theil deſſelben in kleine Fläſchchen gefuͤllt. Der reine aͤchte Attar hat, wenn er erſt 8— 4 Tage alt iſt, eine blaßgruͤne Färbung, die er nach und nach verliert, fo daß er blaßgelb erſcheint. Waͤhrend der erſten Paar Tage liefert die Deſtillirblaſe keinen ſo reinen Attar, als ſpaͤter, da an— fangs immer Staub und kleine Unkeinigkeiten in der Blaſe enthalten ſind und ſich mit dem Attar vermiſchen, aber, wenn der letztere ſchmilzt, was ber 84° Fahrenh. der Fall iſt, zu Boden fallen. Von dem Lac Roſen erhaͤlt man im Allgemeinen 180 Gran oder 1 Tolah Attar, der uͤbrigens reichlicher ausfällt, wenn die Roſen recht groß und die Naͤchte bis zum Gefrierpuncte kalt ſind. Der auf dem Ba ar ges kaufte Attac iſt meiſt verfaͤlſcht und zwar mit Sandclöl oder Baumoͤl vermiſcht. Selbſt der reichſte Eingeborne weigert fi, den Preis zu zahlen, zu welchem reiner Attar irgend hergeſtellt werden kann, und nur Europäer geben für den— ſelben Kaͤufer ab. Im vorigen Jahre koſtete das Tolah 80 bis 90 Rupien; ein Jahr früher hatte man es zu 50 Ru⸗ pien haben koͤnnen. Die Brennkolben werden tag- oder wochenweiſe vermiethet, und es kommt oft vor, daß hieſige Einwohner ſich etwas Roſenwaſſer zum eignen Gebrauche oder zu Geſchenken an Freunde bereiten, um ſicher zu ſeyn, daß fie es von beſter Qualität erhalten. Man beſeitigt hier zu Lande nie die Kelche von den Bluͤthen, ſondern thut Al⸗ les in die Blaſe, wie es aus dem Garten gebracht wird. Uebrigens ſcheint es mir ſehr rathſam, die Kelche zu befeitigen, indem ſich dann das Roſenwaſſer länger hält und den ſaͤuerlichen Geruch nicht hat, den man an dem hier fa— bricirten Roſenwaſſer oͤfters bemerkt. Auf 1 Lac Roſen rechnet man gemeiniglich 100 Flaſchen. Es muß ſtets zwei— mal deſtillirt werden. Ueber 10,000 Roſen gießt man ſo viel Waſſer, daß man 16 bis 20 Flaſchen uͤbergehen laſſen kann. Am folgenden Tage ſchuͤttet man dieſe 20 Flaſchen über neue 8,000 Roſen und laͤßt etwa 18 Flaſchen uͤber— gehen. So bereitetes Roſenwaſſer duͤrfte das beſte ſeyn, das uͤberhaupt fabricirt wird. Der Attar iſt ſo bedeutend leichter, als das Waſſer, daß man vor dem Gebrauche das Roſenwaſſer erſt einige Tage in der Sonne digeriren laſſen muß, damit ſich beide innig mit einander miſchen, und No: 104 ſenwaſſer, welches 6 Monate lang aufbewahrt worden, iſt ſtets beſſer, als friſch bereitetes. Zu Anfang der Roſenzeit kommen Leute von allen Seiten herbei, um Einkaͤufe zu machen, und das Roſen— waſſer wird in ſehr großer Menge fabricirt und verkauft. In der Stadt Ghazeepore ſind dann etwa 86 Blaſen im Gange. In der Regel thut man in die Vorlage eine be— deutende Quantitaͤt Sandeloͤl, das dann ſorgfaͤltig abge— ſchoͤpft und unter dem Namen Sandel-Attar verkauft wird, während man das Waſſer in Flaſchen fuͤllt und als Roſen— waſſer verkauft. Zur Zeit, wo man es zu Markte bringt, laͤßt man ein Paar Tropfen Sandeloͤl auf den Hals der Flaſche fallen, um ihr einen ſtarken Geruch zu ertheilen, und vielen Eingebornen ſcheint es ganz einerlei zu ſeyn, ob der Parfum von Sandelöl oder Roſenwaſſer herruͤhrt. Es gelangen alljaͤhrlich große Quantitaͤten Sandeloͤl aus den ſuͤdlichern Gegenden hierher. Am meiſten wird das Roſenwaſſer und der Sandel— Attar von den Eingebornen bei Gelegenheit ihrer Feſte und Hochzeiten verbraucht. Den Gaͤſten wird dann beim Em— pfange viel davon geſpendet, und das Zimmer reichlich da— mit eingeſprengt. Zu Benares findet das Roſenwaſſer ſehr ſtarken Abſatz, und viele Rajahs beziehen es direct von Gha— zeepore. Das meiſte Roſenwaſſer geht gleich nach der De: ſtillation außer Land, und ſechs Monate nach der Fabrica— tionszeit findet man es in der Stadt nur noch in 5—6 Laͤden. Der Werth der zur Fabrication des Roſenwaſſers all— jaͤhrlich verkauften Roſen mag etwa 15,000 Rupien betra— gen, und durch die Bearbeitung derſelben wird deren Werth um etwa 40,000 Rupien vermehrt. Die Eingebornen be— dienen ſich des Roſenwaſſers ſehr häufig zu medieiniſchen Zwecken, zumal behufs der Bereitung von Mixturen, und eingemachte Roſenblumenblaͤtter (ſogenanntes Goolcund) wer— den ſehr haͤufig genoſſen. Auch aus andern ſtark wohlriechenden Blumen hieſiger Gegend werden weſentliche Oele bereitet (Edinb. new philos. Journ., Jan. — April 1840.) Miscellen. Ueber die Saamenſchlaͤuche von Limboriastictica, Achar , einer Lichenosa, hat Herr GR. Link der Geſellſchaft naturforſchender Freunde Beobachtungen mitgetheilt, nach welchen es wahre Saamenſchlaͤuche und keine Infuſorien ſind, welches auch Hr. Prof. Ehrenberg beſtaͤtigte. Die Bewegungen ſind aber thieriſchz ſie geſchehen in langſamer, ſchneller Fortſchreitung nach einer beſtimmten Richtung entweder durch ein ſeitliches Zittern oder ein Ueberſchlagen der Laͤnge. Merkwuͤrdig iſt, daß die Exemplare, woran dieſe Beobachtungen gemacht wurden, ſchon vor 30 Jahren geſammelt waren. Nachahmungswerth fuͤr naturforſchende Geſell⸗ ſchaften iſt die Einrichtung des Berwickshire Naturalist's Club, regelmaͤßig gemeinſchaftliche naturhiſtoriſche Excurſionen zu ma⸗ chen und mit dieſen ihre Verſammlungen zu verbinden. Dadurch wird das Intereſſe und der Verkehr unter den Mitgliedern erhal— ten und geſteigert, und die Forſchung zunaͤchſt auf die benachbar— ten Gegenden des Vaterlandes gelenkt, wo es an Gelegenheiten zu eigenen Beobachtungen nicht mangelt. 105 A 106 Lk on dig Ueber die Beſchaffenheit der Luft in großen Staͤdten. Im erſten Jahresberichte der zum Einregiſttiten der Geburts- und Sterbefälle, fo wie der Heirathen in England beſtellten Behoͤrde findet ſich ein Anhang, durch welchen man über die Sterblichkeit in großen Städten, im Vergleich mit Landdiſtrieten, genaue Auskunft erhält. Hr. Farr, von wel— chem dieſer Theil des Berichts in einer ſehr gediegenen Art ausgearbeitet worden iſt, erhielt die Data zu ſeinen Berechnun— gen von 32 Vereinen (Kirchſpielen?) der Hauptſtadt und 24 der größten andern Städte England's, worunter ſich Manz cheſter, Liverpool, Birmingham ꝛc., denen er dann die Graf: ſchaften Cornwall, Devonſhire u. a. gegenuͤberſtellte, welche ungefahr eben ſo viel Einwohner haben. Die durch 12 der Hauptkrankheiten binnen 6 Monaten veranlaßten Sterbe— fälle werden in folgender Tabelle gegen einander gehalten. In London und 24 andern Unter 3,500,000 auf Staͤdten, die zuſammen dem Lande lebenden eine Einwohnerzahl von Individuen. 3,553,000 beſitzen. Epidemiſche, endemiſche und contagiöfe Krank: beiten, 2 5 12,766 6,045 Sporadiſche Krankheiten 25,393 14,230 Krankheiten, deren Sitz zweifelbaft war . 4,396 3,730 Vor Alter. 8 . 2,924 3,102 Ploͤtzliche Sterbefälle (uns naturliche? violent deaths) 8 5 1,370 929 Nicht näher bezeichnete 1,104 1,657 Aus dieſer Tabelle ergiebt ſich mit Beſtimmtheit, daß ſich da, wo viele Menſchen auf einen engen Raum zu— ſammengedraͤngt ſind, die Sterblichkeit ſteigert, und wenn man die Sache genauer unterſucht, ſtellt ſich eben ſo deut— lich heraus, daß der Zuſtand der Luft auf dieſe Steigerung einen gewaltigen Einfluß aͤußert. Diejenigen Arten von Krankheiten, auf welchen die Verſchiedenheit in Anſehung der Sterblichkeit in Städten und auf dem Lande hauptſaͤch— lich beruht, ſind gerade die, bei welchem die Luft eine be— deutende Rolle ſpielt. Bei den erſten drei Claſſen obiger Tabelle zeigt ſich, z. B., die Sterblichkeit in großen Staͤd— ten doppelt ſo groß, als auf dem Lande, und in Betreff der Lungenkrankheiten iſt die Zunahme nicht viel geringer. Die durch Abzehrung und Typhus herbeigefuͤhrten Todes— fälle haben ſich, nach Hrn. Farr's Angabe, in Staͤdten re— ſpective um 39 und 221 Procent vermehrt. Beide Krank⸗ heiten beruhen aber in hohem Grade auf dem Einfluſſe der Atmoſphaͤre. Ueberhaupt glaubt ſich Hr. Farr nach feinen Beobachtungen zu der Behauptung berechtigt, daß die unge— ſunde Luft der Städte an der Steigerung der dortigen Sterblichkeit ſchuld ſey. Uebrigens tragen auch andere Urs ſachen, nur in geringem Grade, zu dieſem Reſultate bei. Betrachten wir aber die gewoͤhnlichen Wirkungen, welche eine dichte Bevölkerung auf die Luft aͤußern muß, auch nur einigermaßen genau, ſo werden wir ſehr geneigt ſeyn, der von Hrn. Farr ausgeſprochenen Anſicht beizupflichten. Je⸗ der Menſch athmet taͤglich unge faͤhr 666 Cub. Fuß Luft ein, und wenn man das dem Athmungsproceſſe unterworfen geweſene Gas in einem Mecipientem auffinge und irgend ein Geſchoͤpf, ſelbſt den Menſchen nicht ausgenommen, in die⸗ ſes Gas braͤchte ſo muͤßte es ſterben. Ein furchtbarer Be— leg zu dieſem Satze iſt das bekannte Ereigniß, das ſich zu Calcutta zutrug, wo von 146 Menſchen, die eine Nacht über in demſelben dichtverſchloſſenen Zimmer, dem fogenanns ten ſchwarzen Loche, eingeſperrt geweſen waren, am fol: genden Morgen nur noch 28 lebten. Der Tod der übrigen wurde lediglich dadurch herbeigeführt, daß fie genöthigt wa— ren, immer wieder dieſelbe Luft einzuathmen Schon aus dieſem Grunde allein laſſen ſich alſo ſehr uͤble Wirkungen beimeſſen. Fuͤgen wir nun die Ausduͤnſtungen hinzu, die ſich aus faulenden thieriſchen und vegetabiliſchen Stoffen, aus den Goſſen, Abzuͤchten und Kloaken entwickeln; ferner den Rauch und die Übrigen Producte der Verbrennung, wels che durchaus giftige Stoffe ſind, und die tauſend und aber tau— ſend ſchaͤdlichen Duͤnſte, welche die Gewohnheiten und Be⸗ ſchaͤftigungen des Menſchen um ihn verſammeln, ſo werden wir zugeben, daß die Stadtluft, inſofern nicht in einer ge— eigneten Weiſe der Unreinheit derſelben entgegengewirkt wird, ein Medium iſt, das Einem Furcht und Grauen einflößen könnte. Auf dem Lande werden alle ſchaͤdlichen Dünfte ſchnell durch Luftſtröͤmungen weggeführt oder fo verduͤnnt, daß ſie durchaus nicht ſchaͤdlich wirken. Allein waͤhrend in manchen Gegenden Aſien 8 nur 1 Menſch auf die englis ſche Quadratmeile kommt, leben in London auf demſelben Flaͤchenraume 200,000. Schon wenn dieſe ſich unter freiem Himmel oder Zelten, wie Soldaten in einem Lager, befaͤn⸗ den, wuͤrden durch ſie ſehr concentrirte giftige Gasarten ent⸗ ſtehen; allein wenn der Raum von 10,000, nach allen Richtungen ſtreichenden hohen Mauern durchſchnitten ift, die zum Theil in die Gaſſen hinein vorfpringen, wenn kein Sonnenſtrahl in die letztern dringen kann, die Circulation der Luft gehemmt, und der Abfall von Schlachtvieh, Ge⸗ muͤſe ıc., Unſauberkeiten aller Art ſich in den feuchten Stra⸗ ßen und Höfen anhaͤufen und dort faulen; wenn die Todten mitten unter den Lebenden begraben werden; dann wird die ganze Luft im eigentlichen Sinne verpeſtet und giftig wer⸗ den und, wie es ſonſt in London geſchah und in Conſtanti⸗ nopel noch jetzt der Fall iſt, jahrlich 5 pCt. (und einen Bruchtheil) der Bevölkerung wegraffen, auch im Sommer von Zeit zu Zeit Seuchen veranlaſſen, an denen wohl ein Viertheil der ganzen Bevoͤlkerung ſtirbt. Ungeachtet dieſes furchtbaren Contingents von ſchaͤdli⸗ chen Einflüffen, denen die Luft in großen Städten unter: worfen iſt, giebt uns jedoch die Erfahrung die troͤſtliche Verſicherung, daß die Luft von derſelben Menſchenmenge auf einer Quadratmeile wenig mehr der Gefundbeit nadıs theilig gemacht wird, als auf hundert Quadratmeilen, wenn 107 die geeigneten Mittel angewendet werden, um dem Men: ſchen im erſtern Falle ſtets einen gehörigen Vorrath von ftis ſcher, reiner Luft zuzufuͤhren und die Hauptquellen der gif— tigen Duͤnſte zu beſeitigen. Gewiſſermaaßen geſchieht dieß in allen großen Staͤdten. Wenigſtens findet man in den in neuern Zeiten gebauten Theilen derſelben die Erfahrungen in der Vorzeit beruͤckſichtigt, und mancherlei Vorkehrungen ges gen die Verpeſtung der Luft getroffen. Die Vortheile dieſer neuern Bauart ergeben ſich in einer hoͤchſt auffallenden Weiſe, wenn man den Geſundheitszuſtand dieſer Quartiere mit dein in den alten Quartieren vergleicht, wo man breite Straßen, luftige Haͤuſer, wohlverſorgte Waſſerleitungen und gut angelegte Abzuͤchte, welche zur Geſundmachung der neuen Quartiere hauptſaͤchlich beitragen, vergebens ſucht. Die mittlere jaͤhrliche Sterblichkeit in verſchiedenen Quartieren London's ſtellt ſich folgendergeſtalt heraus. Unter 100 Frauen ſtarben jaͤhrlich: In Whitechapel . 39 In Kenfington 0 8 22 — Shoreditch 5 B 32 — St. Pancras 0 20 — Bermondſey h . 30 — der City 5 4 20 — Holborn . 3 3 29 — Camberwell 8 18 — St. George (Southwark) 27 — Hackney . . 5 18 — Strand E 0 . 25 — St. George (Hanover⸗ — Stepney H 0 24 Square) 5 . 183 Man darf nicht unbemerkt laffen, daß manche neue Quartiere der Londoner Vorſtaͤdte eben ſo ungeſund ſind, wie die am engſten gebauten alten. Der Grund davon liegt offenbar in dem nicht durch Abzuͤchte ausgetrockneten Sumpfboden und andern ſchaͤdlichen Einfluͤſſen, die eben wegen der ſchwachen Bevoͤlkerung der Vorſtaͤdte nicht immer beſeitigt werden koͤnnen. In allen Faͤllen laͤßt ſich aber mit Sicherheit nachweiſen, daß die Sterblichkeit zu der Beſchaf— fenheit des Diſtricts in Bezug auf Luͤftung und Reinlich— keit im geraden Verhaͤltniſſe ſteht. Ueber die aͤrztliche Behandlung des hohen Alters. Von Dr. H. Holland. (Schluß.) Eins der beſten Zeichen iſt die Gleichmaͤßigkeit der Herz— action, welche um fo forgfältiger zu beachten iſt, jemehr Structurveraͤnderung des Organes im hoͤhern Alter vorkommt; iſt der Puls intermittirend und in Bezug auf Kraft oder Frequenz des Schlages ungleich, ſo muß man die Vorſicht in Bezug auf Blutentziehung verdoppeln, und dieſe Vorſicht iſt nicht minder noͤthig, wenn man Grund hat, zu vermu— then, daß dieſe Unregelmaͤßigkeit von einer Affection des Gehirns abhaͤngt. In dieſem Falle bezeichnet er haͤufiger einen Mangel der Nervenkraft, als einen Zuſtand des Ge— hirnes, welcher Blutentziehung fordert, waͤhrend er bei Ver— anlaſſung in dem Gefaͤßſyſteme haͤufiger das Reſultat me— chaniſcher Schwierigkeiten durch Structurveraͤnderung, durch ungleichen Zufluß des Blutes zum Herzen oder durch Ver— Änderung in der Qualität des Blutes ſelbſt iſt, als Folge wirklichen Uebermaaßes in der Quantitaͤt des Blutes. Wo deſſenungeachtet die Symptome eine Blutentziehung fordern, da muß ihr Einfluß auf die Regelmaͤßigkeit der Herzaction 108 auf das Sorgfaͤltigſte als ein Zeichen benutzt werden, und zwar nicht allein zur Zeit der Entleerung, ſondern noch mehr in einer Zeit, wo die Circulation ſich von der ploͤtzlichen Gleichgewichtsſtoͤrung erholt hat. Die Einwirkung auf das Gemeingefuͤhl und die Ner— venkraft iſt bei der Frage uͤber das Blutlaſſen im hohen Alter ohne Zweifel der wichtigſte Punct; es iſt gewiß, daß es Zuſtaͤnde des Gehirns giebt, mit welchen das Allgemein— befinden im Alter auf das Innigſte verbunden iſt und wo ploͤtzlicher oder betraͤchtlicher Blutverluſt verſchiedene krankhafte Zuſtaͤnde paratytiſcher oder convulſiver Art herbeifuͤhrt, deren Vorkommen nur zu häufig und zu ausſchließlich von den ges woͤhnlichen Practikern der Blutfuͤlle im Gefaͤßſyſteme zuge— ſchrieben wird. Irrthuͤmer in der Behandlung, in Folge dieſer Anſicht, moͤgen in andern Lebensperioden, wo ſie durch zufaͤllige Urſachen herbeigeführt find, ausgeglichen werden; aber im hoͤhern Alter, wo dieſe Zufaͤlle von organiſchen Ver— aͤnderungen abhingen und mehr oder minder permanent ſind, da iſt der angerichtete Schaden bisweilen unerſetzbar. In ſolchen Faͤllen iſt wegen des im Allgemeinen ſo aͤhnlichen Ausſehens der Symptome, welche von verſchiedenen Urſachen herruͤhren und ganz entgegengeſetzte Behandlung erfordern, um ſo groͤßere Sorgfalt und um ſo mehr Urtheil erfor— derlich. Ferner iſt zu bemerken, daß Blutentziehungen dem hoͤhern Alter, wenn ſie wegen der Symptome auch wirklich noͤthig ſind, doch keinesweges nothwendig den gleichzeitigen Gebrauch von Mitteln, welche die Nervenkraft unterſtuͤtzen, ausſchließen. Eine Krankheit, welche als hauptſaͤchliches und fruͤheſtes Heilmittel eine Blutentziehung erfordert, betrachtet man, in der Regel, als ein ſolches, wobei auch keine andern, als antiphlogiſtiſche Mittel paſſen, ſo lange derſelbe Zuſtand fortdauert, und im Allgemeinen iſt es auch ſo; es kommen aber Ausnahmsfaͤlle vor und mehrere derſelben namentlich im hohen Alter. Das Syſtem der Nerven und der Gefaͤße iſt zwar bei allen Lebensfunctionen genau verbunden; beide haben jedoch ihre getrennten Kraͤfte. Selbſt, wenn man jedes nur im Ganzen auffaßt, ſcheinen ihre Kraͤfte nicht immer in genauem Verhaͤltniſſe zu einander zu ſtehen, be— ſonders da, wo die Veraͤnderungen im Gefaͤßſyſteme, fie moͤ— gen in Entzuͤndung oder einfacher Congeſtion beſtehen, ihrer Ausdehnung nach beſchraͤnkt ſind. In ſolchen Faͤllen mag zur Beſſerung die durch Blutentziehung zu bewirkende Ver— aͤnderung nothwendig ſeyn; zugleich iſt aber auch der Reiz der Nervenkraft erforderlich, welcher zu einer gleichmaͤßigen Vertheilung des Blutes noͤthig iſt, und ohne welchen Stoͤ⸗ rungen einer neuen Art auftreten oder das durch Blutent⸗ ziehung behandelte Uebel eine neue Form annehmen kann. Wir koͤnnen den Namen der Entzuͤndung gewiſſen Faͤllen nicht verſagen, welche nicht allein waͤhrend der Schwaͤche, ſondern ſelbſt in Folge derſelben auftreten. Die richtige Un: wendung der Heilmittel auf die ſie begleitenden oder conſe— cutiven Faͤlle bildet einen der ſchwierigſten Puncte in der aͤrztlichen Praxis. Es genügt, dieß hier in Beziehung auf die Behandlung der Krankheiten des hohen Alters anzu— führen, 109 Mehrere dieſer Beobachtungen in Bezug auf Blutent— ziehung find ebenſo auf den Gebrauch der Abfuͤhrmittel anzuwenden. Die haͤufige Anwendung draſtiſcher Arzneien wirkt ſowohl im Allgemeinen, als auch im Einzelnen, auf die ihrer Wirkung direct unterworfenen Organe nachtheilig. Die Nothwendigkeit bringt ſelbſt im hoͤhern Alter dazu, dieſe Regel bei Seite zu ſetzen; aber es ift nothwendig, fie bei jedem Theile des aͤrztlichen Handelns immer im Auge zu behalten. Wenden wir dieſe Regel an, fo müffen wir das Factum beachten, daß ſchwaͤchere Circulation und Ab— nahme der Senſibilitaͤt und Secretion der Schleimhäute im Alter oft Mittel und Doſen unwirkſam machen, welche zu andern Zeiten leicht wirken, ſo daß wir hier noch mehr als in andern Faͤllen unſere Mittel nicht nach allgemeinen Deſen— tabellen, ſondern nach der Beobachtung der Wirkungen auf den Körper abmeſſen muͤſſen. Mehrere aufgeſtellte Bemerkungen ſind auf die allge— meine Praxis anwendbar; hier fuͤhre ich ſie beſonders als die Regeln an, wonach am beſten ausleerende Mittel im hoͤ— bern Alter angewendet werden koͤnnen. Eine andere Frage aber betrifft die Anwendung der Opiate in derſelben Le— benszeit. Dieſer Punct iſt nicht ohne ſeine beſondere Schwie— rigkeit. Außer den Modificationen, welche durch die verſchie— denen Beziehungen der Zeit zu den Koͤrperkraften nothwen— dig werden, ſo wie außer denen, welche Folge der verſchie— denen Idioſyncraſieen zum Opium ſind, wird bei dieſer Art der Behandlung noch eine Eigenthuͤmlichkeit durch die Fun— ctions- und Texturveraͤnderungen des Gehirns im hohen Als ter veranlaßt. Mehrere dieſer Veraͤnderungen ſind von der Art, daß ſie die Wirkung der Opiate mindeſtens zweifelhaft, wo nicht in vielen Faͤllen ganz beſtimmt ſchaͤdlich machen. Der unbeſtimmt ſchlaͤfrige Zuſtand, welcher ſich im hohen Alter allmaͤlig und ohne acute Krankheit einfindet, ſcheint zuletzt das Leben in einen bloßen Traum umzuwandeln, und dieß bezeichnet einen veraͤnderten Zuſtand des Gehirns- und Nervenſyſteme, bei welchem narcotica die Veraͤnde⸗ rung wahrſcheinlich beſchleunigen und vollſtaͤndiger ausbilden. Zum Gluͤck find dieß die Fälle, in welchen Opiate im All: gemeinen am wenigiten nothwendig find. Der in Rede ſte— hende Zuſtand iſt eine Wohlthat fuͤr die letzte Lebenszeit und wird ſelten Gegenſtand mediciniſcher Behandlung, außer wenn ſich irgend ein ploͤtzlicher Uebergang zu einem comatoͤ— ſen Zuſtande ausbilden ſollte. Und ſelbſt da, wo andere Organe mehr activ afficirt find, iſt die Senſibilitaͤt in ſol— chen Faͤllen oft ſo vermindert, daß die Mittel, welche in andern Lebensperioden zur Beſeitigung der Reizung allein erforderlich find, ganz unnoͤthig werden. Alle practiſchen Fragen beziehen ſich in dieſen Faͤllen offenbar auf Grade, und es iſt nicht moͤglich, irgend eine allgemeine Regel zu geben, welche die Individualität jedes einzelnen Falles unnoͤthig macht. Wir haben uͤberdieß im hoͤhern Alter bisweilen Symptome, welche mehr direct die Hülfe der Opiate nöthig machen, z. B., habituelle Ruhe- loſigkeit in der Nacht in Folge undeutlicher Bilder und Toͤne, welche den Geiſt durch den Schein der Wirklichkeit, welcher uͤber den Zuſtand des Traͤumens hinausgeht, beun⸗ 110 ruhigen. Die Wirkung des Mittels iſt indeß in dieſen Faͤl— len keinesweges ſicher, und es bedarf immer erſt des Verſu⸗ ches. Denn fortſchreitende oder dauernde Veraͤnderungen im Gehirne, welche hier gewohnlich zu Grunde liegen, machen den durch mareotica herbeigefuͤhrten Stupor nicht ſelten nachtheilig, während die ſchlafmachende Kraft dieſer Mittel ſelbſt ganz ungewiß wird. Es iſt kein Zweifel, daß es Faͤlle giebt, in welchen ſich dieß anders verhält; es iſt aber ſchwer, ein anderes Criterium zu finden, wonach man dieſe erkennen koͤnnte, als den Erfolg eines Verſuches. Bei Enureſis der Greiſe, beſonders wenn fie von Krankheit der prostata abhaͤngt, habe ich oft von einem gelinden Opiate beſſere Wirkung geſehen, als von irgend ei— nem andern Mittel. Und bei dem ſo laͤſtigen und hartnaͤk— kigen Uebel, Prurigo senilis, iſt dieſe Behandlung wahrſcheinlich die beſte. Wo der innere Gebrauch des Db iums aus irgend einem Grunde nicht raͤthlich iſt, da kann die Reizung bettaͤchtlich gemindert werden durch Was ſchungen und Salben, in welchen das Opium das haupt- ſaͤchlichſte Ingredienz bildet. Die Verbindung mit gelinden Mercurialien in derſelben Gebrauchsform wirkt häufig noch guͤnſtiger. Die Regeln in Bezug auf Diät im Alter weichen von denen fuͤr alle uͤbrigen Lebensperioden nicht weſentlich ab. Es handelt ſich dabei hauptſaͤchlich nur um Grade, und die Fragen danach laſſen ſich durch dieſelben Modificationen und Ausnahmen beantworten, wie in andern Faͤllen. Regelmaͤ— ßigkeit in den Stunden der Mahlzeiten ſcheint, in der That, ebenſo wie in der Kindheit, fuͤr das Allgemeinbefinden weit wichtiger, als wenn der Koͤrper noch in der vollen Kraft des Lebens ſteht. Der Organismus beſitzt zu dieſer Zeit bereits weniger Mittel, ſich den Einflüffen anzupaſſen, und die Fun— ctionen find weniger geeignet, nachtheilige Einfluͤſſe und Maͤngel zu erſetzen. Reizmittel, welche in der mittleren Le— benszeit oft ſowohl der Art, als der Quantität nach ſchaͤd— lich ſeyn würden, zeigen ſich in der ſpaͤtern Zeit oft vortheil— haft und unentbehrlich. Nach gleichen Regeln find die Fra⸗ gen in Bezug auf einzelne Nahrungsmittel für dieſe beiden Perioden zu beantworten, wobei man auf die Schwierigkeit des Kauens im Alter und auf den Mangel der kraͤftigen Körperbewegung Ruͤckſicht nehmen muß, durch welche Ob: ſtructionen verhindert und alle medanifchen und vitalen Kräfte, von denen die Verdauung abhängt, unterſtuͤtzt werden. Alles, was ſich auf Erhaltung der Waͤrme und da— durch auch der gleichmaͤßigen Circulation im Alter bezieht, iſt hinlaͤnglich bekannt. Die Functionen, von denen die thieris ſche Waͤrme abhängt, haben ihre Energie verloren; die Waͤr— meerzeugung iſt daher vermindert; um ſo ſorgfaͤltiger muß der Verluſt derſelben (durch Entziehung deſſen, was vorhan— den iſt) vermieden werden. Dieß iſt wichtig, nicht allein zur Unterftüsung der Functionen der Haut, der Muskelthaͤtig— keit und des allgemeinen Behagens, ſondern auch zur Ver— minderung der Tendenz zu Congeſtionen nach innern Orga» nen, wodurch nicht allein ſpecielle Krankheiten herbeigefuͤhrt, ſondern auch die allgemeine Abnahme der Körperkräfte be: 111 ſchleunigt wird. Wir Eönnen das Gleichgewicht zwiſchen Abſorption und Depoſition, deſſen Verluſt, nach Einigen, das Alter bezeichnen ſoll, nicht herſtellen. Iſt es aber, wie es wahrſcheinlich iſt, Aufgabe, dieſe Veraͤnderungen zu verlang— ſamen, fo geſchieht dieſ wahrſcheinlich am beſten dadurch, daß man die thieriſche Waͤrme und ungeſtoͤrte Circulation durch das ganze Gefaͤßſyſtem moͤglichſt erhaͤlt. In Verbindung mit dieſem letzten Puncte ſteht gewiſ— ſermaßen die hoͤchſt intereſſante, wenn auch ſehr gewoͤhnliche Frage, in welchem Grade die Koͤrperkraͤfte durch ſorgfaͤltige Uebung derſelben unterhalten wer—⸗ den koͤnnten: ob, z. B., die Muskeln durch vollſtaͤndige Uebung derſelben, oder ob fie mehr darch verhaͤltnißmaͤßiges Ru— hen in der fruͤhern Kraft erhalten werden koͤnnen? Obwohl dieſe Frage durch gewoͤhnliche Beobachtung leicht geloͤſ't werden zu koͤnnen ſcheint, fo iſt dieß doch nicht der Fall. Sie ſchließt einige der ſchwierigſten und dunkelſten Puncte der Phyſiolo— gie ein, naͤmlich die uͤber die Natur und den Urſprung der Vitalitaͤt, ihre Vertheilungsweiſe und die Art ihrer Abnah— me; — Fragen, welche unter den verſchiedenſten Formen und Namen die denkenden Koͤpfe aller Zeiten in Verlegenheit ge— bracht und Theorieen und Streite ohne Ende zu Tage ge— bracht haben. Nehmen wir indeß das Leben nicht als eine beſtimmte, erſchoͤpfbare Quantität eines unbekannten Ein: fluſſes, ſondern als Ausdruck der gemeinſamen Wickung vieler organiſirten Theile an, ſo werden wir uns einer befriedigenden Antwort ziemlich naͤhern. Diejenigen Lebensgewohnheiten, welche die groͤßte Anzahl der Organe oder Functionen in ge— ſundem Zuſtande erhalten (wobei auch die relative Wichtig— keit dieſer Function zu beruͤckſichtigen iſt), koͤnnen auch als ſolche betrachtet werden, welche am meiſten das Leben ver— laͤngern. Poſitive Ermuͤdung eines Organes durch Anſtren— gung deſſelben iſt immer ein Exceß; — dieſer mag von ge— ringer Bedeutung ſeyn, wenn er nur in einzelnen Faͤllen ein— mal vorkoͤmmt, wird aber gewiß nachtheilig, wenn er haufig oder gewoͤhnlich ſich wiederholt. Jede Uebung einer natuͤr— lichen Function innerhalb dieſer Graͤnzen kann mit Sicher— heit als an und fuͤr ſich wohlthaͤtig betrachtet werden und erhaͤlt die Integritaͤt des Organes laͤnger, als der entgegen— geſetzte Zuſtand von Unthaͤtigkeit oder Nichtgebrauch. Dieſe practiſche Unterſcheidung iſt einfach und wahr— ſcheinlich richtig; ſie iſt uͤberdieß auf jede Lebensperiode an— zuwenden und ſehr paſſend fuͤr das Alter in allen ſeinen Stadien. Die Graͤnzen der Thaͤtigkeit ohne Erſchoͤ— pfung werden immer enger; in demſelben Verhaͤltniſſe muß die Thaͤtigkeit allmaͤlig abnehmen. Uebung ohne Erſcho— pfung, und zwar mit gehoͤriger Beachtung oͤfters eintretender Fluctuationen der Kraft, kann als Dasjenige betrachtet wer— 112 den, was die Functionen am meiſten in ihrem geſunden Zu— ftande erhält und dadurch ihre Dauer am meiſten verlängert. Dieſelbe Regel laͤßt ſich mit gleicher Sicherheit auf die geiſtigen Functionen anwenden. Hier iſt ebenfalls eine Verminderung der Dauer der Kraft im Alter natuͤr— lich; ſie wird durch uͤbermaͤßigen Gebrauch erſchoͤpft und iſt durch haͤufiges und ſtarkes Uebermaaß dauernder Beeintraͤchti— gung ausgeſetzt. Auf der andern Seite iſt ein Aufhören des Gebrauches ebenfalls keine Erhaltung, und wir haben alle Urſache, anzunehmen, daß die Integritaͤt dieſer Kraͤfte am beſten und laͤngſten durch gewoͤhnliche Uebungen erhalten wird, jedoch innerhalb der Graͤnzen, welche ohne Ermuͤdung in jeder Lebensperiode erreicht wer den koͤn nen. Bei allen Bemuͤhungen, Regeln fuͤr die Verlaͤngerung des Lebens und die Erhaltung der Lebenskraͤfte zu entdecken, iſt zu bezweifeln, daß irgend eine Regel gefunden werden koͤnne, welche nicht direct dem oben angefuͤhrten Principe unterge— ordnet waͤre. Wir haben es hier nicht mit einem einfachen, durch unſere Unterſuchungsmittel erkennbaren, Elemente zu thun. Organe und ihre Functionen erklaͤren fuͤr unſere jetzige Faſſungskraft allein das Leben; und deren Erhaltung in geſunder Thaͤligkeit iſt Alles, was wir thun koͤnnen, um dieſes Problem zu loͤſen, und die Wuͤnſche zu befriedigen, welche in dieſer Beziehung zu allen Zeiten von den Men— ſchen gehegt worden find. (Holland, Med. Not. and Reflex.) Miscellen. Die Anwendung verduͤnnter und verdichteter Luft mit den Apparaten des Hrn. Junod iſt in Paris das durch allgemeiner zugänglich geworden, daß Hr. J. von der Admi— niſtration der Spitäler ſaͤmmtlichen Spital- und Armenaͤrzten, fo wie den cliniſchen Profeſſoren, zur Dispoſition geſtellt worden ift. Seine Apparate beſtehen jetzt: 1) in einem groͤßeren Apparate, worin eine oder mehrere Perſonen der Wirkung der comprimirten Luft ausgeſetzt werden koͤnnen; 2) in einem Apparate für ganze Extremitaͤten; 3) in einem Apparate für die untere Koͤrperhaͤlfte; 4) in einem Apparate fuͤr den Unterleib und die Oberſchenkel. Die Apparate ſind bei Charrière für Erwachſene zu den Preiſen von 60 300 Fr. zu erhalten. Tollwuth bei einer Katze wurde (Casper's Wochen⸗ ſchrift Nr. 38) von Dr. Janſen beobachtet. Das Thier war ſchon einige Tage traurig und ſcheu geweſen, dann ploͤtzlich mit ge⸗ ſtraͤubtem Haare und funkelnden Augen über Tiſche und Stuͤhle zur Thuͤre hinausgeſprungen, hatte in groͤßter Schnelligkeit ein Dutzend Huͤhner gebiſſen und dann wieder in der Stube die Hun— de angefallen. Ein Mädchen wollte fie zuruͤckziehen, wurde dabei gebiſſen, und da keine regelmäßige Behandlung eintrat, nach vier Monaten von der Wuth ergriffen, worauf nach wenigen Tagen der Tod erfolgte. creq-baññ13ñłĩ;é— OFISEECSTTEISREELTERTEER Bibliographische neuigkeiten. Transactions of the Zoological Society of London. Vol. II. P. 4. London 1840. De Galvanismi acus-puncturae magneticae conjuncti nonnullis in ae morbis praestantia, Auctore F. Cervelleri. Neapoli 1839. Raggionamento dell' influenza delle scienze mediche sull' inei- vilimento. Del D. Turchetti Odoardo. Pistoja 1839. 8. Sulle emorragie interne dell' utero independenti dalla gravidanza, cenno teorico-pratico di Michele Borgiali. Torino 1839. 8. ee Ze Neue Motizen aus dem a Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalratbe Frorte ju Weimar, und dem Medieinalratde und Prefeſſor Frorier zu Berlin. Ne. 294. Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 8. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 86 Kr., April 1840. des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. N Nn k Ueber die Structur und Bildung der menſchlichen Haare. Von Dr. Henle. Bei der Beſchreibung der feinern Structur des Haares gehen wir von dem Schafte aus. An demſelben unterſcheidet man, in der Regel, 2 Subſtanzen, eine äußere, durchſcheinendere und glatte, die Rinde, und eine innere, koͤrnige, das Mark. Das Mark iſt an den gefärbten Haaren dunkler, an den weißen Haaren glaͤnzender weiß, als die Rindenſubſtanz, ſo daß die Farbe des Haars haupt— ſaͤchlich von dem Marke herruͤhrt; doch iſt auch die Rinde an den gefärbten Haaren nicht farblos, ſondern nur minder intenfiv farbig. Die Rindenſubſtanz zeigt in ihrer ganzen Laͤnge eine ſehr merkliche, der Laͤnge nach laufende Streifung, ſo daß ſie wie aus einzelnen Faſern von unermeßbarer Dicke zuſammengeſetzt ſcheint. Zuweilen laſſen ſich auch bei'm Spalten der Laͤnge nach einzelne faſerige Stucke abnehmen und an geknickten Stellen ſieht man die Bruchenden in einzelne unregelmäßige Faſern fplittern. Die Streifen verlieren ſich gegen die Spitzez gegen die Wurzel hin were den ſie deutlicher, und hier ſieht man auch ſtaͤrkere, der Laͤnge nach laufende und dunklere Streifen, die ſich wie kurze und häufig unterbrochene Furchen ausnehmen. Die Laͤngsſtreifen ſind in jeder Tiefe bis zu der Markſubſtanz hin deutlich. Einigemal ſah ich ſie an der Oberfläche nicht bis zum aͤußern Rande reichen, und es ſchien, als ob die Laͤngsſtreifen und die farbige Rindenſubſtanz noch von einer hellen und ſtructurloſen Lamelle uͤberzogen wuͤrde, die hie und da an den Seiten den Rand bildete, indem die Rinden— ſubſtanz ſich etwas davon nach Innen entfernte. Der Haarſchaft hat aber, in der Regel, noch eine andere Art von Streifen, welche nur an der Oberfläche ſichtbar find, nämlich queer etwas ſchief verlaufende, wellenfoͤrmig gebogene Linien, die ei— nen ſehr merklichen Schatten werfen, mitunter auch am Rande des Hagres etwas vorragen. Dieß iſt beſonders auffallend an der Spige der. ftärkern Haare und an den feinen Wollhaaren, welche oft dadurch ein Anſehen erhalten, wie Bambusroͤhre. Haͤu⸗ ſig verbinden ſie ſich untereinander, indem 2 Queerſtreifen zu eis nem einzigen zuſammenfließen. Sie ftehen fo dicht, daß auf eine Länge von 0,1,“ 20 — 28 ſolcher Streifen kommen. Es iſt nicht ſchwer, ſich zu Überzeugen, daß die Streifen nur der Oberflaͤche angehoͤren. Betrachtet man naͤmlich ein cylindriſches, z. B., ein Kopfhaar bei ſtarker Vergrößerung, indem man es mit etwas Wafs ſer zwiſchen 2 Glasplatten preßt, und bringt man die Oberfläche deſſelben in den Focus, ſo ſind zuerſt die Queerſtreifen deutlich, No. 1394. Run de. während die Markſubſtanz nicht oder zerſtreut geſehen wird. Näs hert man dann allmaͤlig die Objectivlinſe dem Objecte, indem man den Körper des Mikroſcops abwärts oder den Objectivtiſch in die Hoͤhe ſchraubt, ſo verſchwinden die Queerſtreifen und das Mark wird deutlich; dann bei fortgeſetzten Schrauben wird wieder das Mark undeutlich und die Qugerftreifen der untern Fläche treten in die richtige Diſtanz. An der Länge nach geſpaltenen oder ſehr ſchief durchſchnittenen Haaren ſieht man auf der Schnittflaͤche keine Queerſtreifen, aber wohl die Laͤngsfaſern. Indem die Queerftreis fen am Rande vorragen, macht ſich ein Bild, als entſtehe das Haar aus ineinanderſteckenden Röhren, deren obere Begraͤnzungen durch die Queerſtreifen ausgedrückt würden. Kür eine ſolche Bil- dung ſcheint auch das von Fourcroy angegebene Experiment zu ſprechen ), daß Haare zwiſchen 2 Fingern gerollt, fi immer nach einer Seite und zwar nach der Spitze hin fortſchieben, welches ich indeß fo wenig, als Heuſinger **) beftätigen kann. Die Un⸗ ſtatthaftigkeit dieſer Anſicht wird ſich in Folgendem ergeben: An der Stelle, wo der Haarſchaft die Haut durchbohrt, ift der: ſelbe immer von einzelnen, loſe anhaͤngenden Epibermisptättchen oder Zellen umgeben. Solche kommen auch nicht ſelten hoͤher bins auf hie und da vor, und es kann ſcheinen, wenn ſie ſich bei'm Walzen und Druͤcken des Haars abblaͤttern, als ſeyen ſie abgeloͤſ'te Theile der Rindenſubſtanz ſelbſt. Gewiß adhaͤriren ſie dem Haare nur von der Zeit her, wo es an der betreffenden Stelle in dem Ein— gange des Haarbalgs ſteckte. Bei laͤngern Haaren find fie um fo ſeltener, je weiter von der Wurzel. Die Markſubſtanz nimmt, wenn fie vorhanden iſt, den mittlern Theil des Haarſchafts ein. Sie fehlt in den ſtaͤrkern Haaren nicht leicht völlig, wenn auch oft in großen Strecken; in den feinen Wollhaaren dagegen iſt fie nicht zu finden. Sie beſteht aus ſehr kleinen, zu Kluͤmpchen agglomerirten, Pigmentkoͤrnchen oder Fetttroͤpfchen ahnlichen, glaͤnzenden Kuͤgel⸗ chen, welche oft in continuirlicher und dichter Reihe übereinander liegen und dann nur eine dunkle, koͤrnige Maſſe darſtellen, oft aber auch minder gehaͤuft und dann deutlich erkennbar ſind, ſelbſt hier und da groͤßere und kleinere Luͤcken zwiſchen ſich laſſen. Zuweilen finden ſich auch 2 parallele Streifen von Mark der Laͤnge nach ne⸗ beneinander, durch einen bellen Streifen getrennt und fließen weiter hin wieder zu einem einzigen zuſammen. Iſt die Markſubſtanz in ) Bichat, anat. génér. II. 787. **) Hiſtologie S. 158. 115 kuͤrzerer oder längerer Strecke unterbrochen, fo erſcheint an ſolchen Stellen das Paar oft von ganz gleichmaͤßig faſerigem Baue, wie ein ſolider Cyeinder; oft iſt es auth heller im Innern an der Stel— le, wo die Markſub tanz vermißt wird, oder von einem dicht und unregelmäßig queerſtreiſigen Gefuge, dunkler als die Rinde. Zu⸗ weilen ſah ich ſelbſt die Lucke in der Markſubſtanz von 2 Linien begränzt, welche ſich oben und unten in die ſeitlichen Graͤnzen der Markſubſtanz fertſetzen, fo daß es den Anſchein hatte, als verlaufe im Innern des Haars ein Canal, welcher bald von den Kuͤgelchen des Markes eingenommen, bald leer oder nur mit gleichfoͤrmiger, durchſichtiger Subſtanz erfüllt ſen mußte. Der Queerdurchmeſſer der Markſubſtanz beträgt ungefähr 1— 4 des Durchmeſſers des ganzen Haarſchafts, und diefen Durchmeſſer müßte auch der Canal haben. Dieſe Methode der Unterſuchung reicht zwar aus, um die Markſubſtanz zu erkennen, nicht aber, um ſich von der Exiſtenz ei⸗ nes centralen Canals mit Beſtimmtheit zu überzeugen. Zu dem Ende iſt es noͤthig, feine Queerſchnitte zu unterſuchen, die man ſich ſehr leicht dadurch verſchafft, daß man kurze Zeit nach dem Raſiren dieſelbe Operation abermals vornimmt. Die Scheiben oder kurzen Haarcylinder, welche min auf dieſe Weiſe erhaͤlt, ſind zwar meiſt ſehr ſchief abgeſchnitten und deshalb unbrauchbar; doch finden ſi ch unter der Menge von Fragmenten immer einige, die ſo fein ſind, daß ſie ſich auf die eine Schnittfläche legen, und die andere nach Oben kehren. Man ſieht alsdann, wenn das Haar Mark enthielt, wie dieſes, mehr oder minder regelmäßig kreisfoͤrmig begraͤnzt, gleich einem Kerne, die Mitte einnimmt, und von einem Ringe hel⸗ ler und ſehr fein ſtreifiger oder koͤrniger Rinde umgeben iſt. In dem Segmente eines etwas glatten Barthaars, welches 0,059 im größten, 0,01“ im kleinſten Durchmeſſer maß, betrug der Durch: meſſer des Markes 0,017. Aber auch, wenn die Markſubſtanz fehlt, wird an der entſprechenden Stelle auf dem Queerdurchſchnitte eine dem äußern Umfange des Segments concentriſch verlaufende dunkle Linie wahrgenommen, welche nur die Graͤnze des Markcas nals ſeyn kann. Dieſer iſt alsdann zwar nicht leer, aber doch von einer Subſtanz eingenommen, die ſich dem Anſehen nach von der Subſtanz der Rinde unterſcheidet, heller und weicher zu ſeyn ſcheint. In einzelnen Haaren, namentlich in den feinen, fehlt zuweilen die Markſubſtanz völlig; häufiger fehlt fie in ſehr großen Strecken und fängt erſt in weiter Entfernung von der Wurzel an. Nicht immer iſt in dem untern Theile des Haarſchafts und niemals in der Spitze Mark wahrzunehmen. ar An dem obern Ende verjüngt ſich der Haarſchaft, um in die Spitze überzugehen, entweder allmälia oder plotzlich. Das Ende iſt an den längern Haaren wirklich ſpitz, zuweilen auch durch einen oder mehrere Einſchnitte in kurzen Strecken geſpalten. (An den Borſten reicht die Spaltung bekanntlich oft tief hinunter). An dem feinern Flaumenhaare des Körpers iſt häufig, wahrſcheinlich nach⸗ dem die Spitze abgebrochen, das obere Ende faſt eben ſo ſtark wie der Körper und abgerundet. Hier unterſcheidet ſich auch die Strus ctur der Spitze nicht von der des übrigen Haares. Wo das obere Ende ſehr fein wird, z. B., an den Augenwimpern, verlieren ſich die wellenfoͤrmigen Qucerftreifen fo wie das Mark, und die Laͤngs⸗ ſtreifen werden undeutlich. Das Anſehen des untern Endes des Haares, der Wurzel oder der Zwiebel it nach den verſchiedenen Entwickelungsepochen deſſel— ben ſehr verſchieden; freiwillig ausgefallene Haare haben eine ſehr unbedeutende, gewoͤhnlich auch an dunkeln Haaren, weiße, trockene Anſchwellung; an ausgeriſſenen Haaren iſt das untere Ende in ei— ner Laͤnge von 12“ weich und feucht, oft nicht nur nicht ver⸗ dickt, ſondern allmaͤlig zugeſpitzt und am Ende wie abgeriſſen, in andern Fällen entweder in der ganzen Länge, oder an einzelnen Stellen von einer weichen, weißen, wie fettigen Subſtanz umgeben, die ſich abſtreifen laͤßt und mit welcher es um das Dreifache und mehr ſtaͤrker ift, als der Haarſchaft. Dieſe Subſtanz iſt es, welche man im gemeinen Leben die Haarwurzel zu nennen pflegt. Sie ent⸗ ſpricht, wie ſich zeigen wird, zugleich der Haarwurzel und dem Ge⸗ bilde, welches in anatomiſchen Werken als Haarbalg beſchrieben wird. Betrachtet man bei ſtarker Vergroͤßerung ein mit der ſoge⸗ nannten Wurzel vollſtaͤndig ausgeriſſenes Haar (Augenwimpern und 116 weiße Kopfhaare eignen ſich am meiſten zu dieſen Unterſuchungen), an welchem olſo das untere Ende einen Cylinder darſtellt, der dik— ker als das Haar iſt, oder einen ſpindelfoͤrmigen Koͤrper, deſſen Ränder allmälig in den Haarſchaft übergehen; fo ſieht man, wie im Innern der weißen Subſtanz der Haarſchaft eine Strecke weit underändert und mit den ihm eigenen ſcharfen Gonturen, oft mit auffallend deutlichen und am Rande prominirenden Queerſtreifen herabſteigt. Am Ende aber ſchwillt er allınälig zu einer Kugel oder einem eifoͤrmigen Körper, an deſſen laͤngſter Axe eine Fortſez⸗ zung der Laͤngenaxe des Haars iſt. Der Durchmeſſer des Korpers, den ich Haarknopf nennen will (da die bereits uͤblichen Namen mehrfache Bedeutungen erhalten haben), beträgt etwa das Dreis fache des Haarſchafts. Es maß, z. B., der Haarknopf an einem Haare von 0,033“ Durchmeſſer 0,093“. Wo der Haarſchaft in den Knopf uͤbergeht, hoͤrt die Schaͤrfe ſeiner Conturen auf, die wellenfoͤrmigen Queerſtreifen ſchwinden, die Laͤngsſtreifen werden viel feiner und deutlicher, fie divergiren zugleich wie die Haare eis nes Pinſels, gleichſam in den Haarknopf ausſtrahlend, ihre Farbe wird heller. Es zeigt fi) nun, das die kurzen und dunkeln Laͤngs— ſtreifen, deren oben gedacht wurde, von platten und ſehr in die Länge gezogenen Anſchwellungen der Faſern erzeugt werden, An— ſchwellungen, welche nichts anders ſind, als in den Faſern einge— ſchloſſene oder denſelben adhärirende metamorphoſirte Zellenkerne. Statt der Markſubſtanz zeigt ſich ein ſcharf begränzter Laͤngsſtreif, aus kleinen zu 2 und 3 nebeneinander liegenden Kugelchen, wie Zellenkerne, zuſammengeſetzt. Gegen die Milte oder den Aequator des Haarknopfes hin verliert ſich die Faſerung und es erſcheinen ftatt derſelben rundliche oder eckige Körnchen von 0,002 — 0,003“ Durchmeſſer, von dem Character der Zellenkerne des rete Mal pighüi, die durch Anwendung einer nicht zu concentrirten Eſſigſäure ſehr deutlich werden. Sie liegen ziemlich gedrängt nebeneinander in einer waſſerhellen, aber feſten und zaͤhen Subſtanz, aus welcher fie ſich ſchwer iſoliren laſſen; gelingt dieß, fo ſieht man ſie zu— weilen von einer feinern Schicht derſelben, einer Art von Zelle, umgeben. Bei dunkeln Haaren kommen unter den beſchriebenen Kernen auch einzelne, rundliche Pigmentconglomerate vor, ahnlich denen der gefärbten Stellen des rete Malpighii. Der obere Pol des Haarknopfes haͤngt, wie erwähnt, mit dem Haarſchafte unun— terbrochen zuſammen; der untere Pol iſt immer abgeriſſen, zuwei⸗ len gerade an oder etwas uͤber der Spitze, und dieſer Fall iſt beſon⸗ ders lebrreich. Man ſieht alsdann durch die unregelmaͤßig abgeriſ— ſenen untern Ränder des Haarknopfs in das Innere deſſelbenz man überzeugt ſich, daß er hohl iſt und daß in feinen Wänden die Bel: lenkerne in einfacher Schicht liegen. Die Oeffnung an der untern Spitze, welche in dieſem Falle in die Höhle des Haarknopfs führt, hat etwa 0 02)“ im Durchmeſſer. Nach Oben geht aber von dem Haarknopfe außer dem Haar- ſchafte noch ein anderes Gebilde aus; ich will es Wurzelſcheide mens nen. Es umfaßt den Haarſchaft wie eine enge Rohre, kann aber durch Druck von ihm entfernt werden, ſo daß zwiſchen der äußern Flaͤche des Haarſchafts und der innern Wand der Röhre ein Raum entſteht, in welchem man zuweilen fluͤſſiges Fett auf und abtrei— ben und ſelbſt oben zwiſchen dem Haare und der Röhre heraus preſſen kann An dieſer Röhre muß man eine äußere uud innere Schicht unterſcheiden. Die innere iſt duͤnner und heller. Sie hat zu den Seiten des Haarknopfes, an dem Hare, an welchem die bisherigen Meſſungen angeſtellt wurden, eine ſcheinbare Dicke von 0,0085“; ich ſage ſcheinbar, weil eine Meſſung auf dem Ran— de, wie ſie hier allein moͤglich iſt, nicht genau ſeyn kann. Wo die aͤußere Schicht der Wurzelſcheide am ſtaͤrkſten iſt, hat fie auf dem Rande einen Durchmeſſer von 0,030. Sie iſt koͤrnig, gelblich und, gleich dem Haarknopfe, aus einer hellen Subs ſtanz und Zellenkernen gebildet, die aber an den dickern Stellen mehrfach uͤbereinander liegen. Die aͤußerſten Zellenkerne ſind durch queerlaufende, helle Linien geſchieden, wahrſcheinlich die Graͤnzen cy- linderförmiger feiner Zellen, in welchen die Kerne enthalten find. Die innere Schicht der Wurzelſcheide hat faſt in ihrer ganzen Laͤnge dieſelbe Dicke, die Äußere dagegen verdünnt ſich nach Oben und Unten. Unten verſchmelzen beide untereinander und mit der Oberflache des Haarknopfs, fo daß die Wand des letztern gewiſſer— 117 maßen in 3 verfchiedene Gebilde ſich fondert, in die Rinde des Haas res und die beiden Schichten der Wurzelſcheide. Dieſe geht nach Oben und Außen ohne Unterbrechung in die epidermis über, wie man an feinen Durchſchnitten einer mit Haaren verſehenen Haut feben kann. Man dürfte demnach auch die Wurzelſchelde eine Einſtülpung der Oberhaut nennen, von deren Boden das Haar ſich erhebt. Die Wurzelſcheide iſt aber nicht identiſch mit dem Haar⸗ balge, der Gefäße hat, ſondern nur gleichſam das Gpithelium deſ⸗ ſelben, deſſen innerſte Schichten aber nicht direct abgeſchuppt wers den, fondern eine eigenthuͤmliche Metamorphoſe erfahren, von wel— cher ſogleich die Rede ſeyn ſoll. Der eigentliche Paarbalg iſt aus Zellgewebfaͤden gebildet, eine wahre Ginftülpung der cutis. So weit das Haar durch die cutis läuft, iſt der Haarbalg von der Subſtanz der letztern nicht wohl zu trennen. Der unterſte Theil des Haares aber, der an vielen Stellen, wie, z. B., in der Achſethoͤhle, in's Fettgewebe binabreicht, laßt ſich leicht mit ſeinem zellgewebigen Haarbalge iſoliren. Dies fer bildet alsdann um die eben befchriebene Haarſcheide eine Aus ßerſte Schicht von Laͤngsfaſern, welche ſtellenweiſe Zellenkerne ent⸗ halten und dadurch varıkös ſind, eine Schicht von 0,010 Dicke um einen Haarknopf von 0,060“ Durchmeſſer. Dieſer Balg en— det nach Unten blind und etwas erweitert, um den Haarknopf aufs zunehmen. Er iſt am ftärfften am blinden Ende, und von dieſem erhebt ſich wieder ein Fortſatz nach Innen, die Haarpulpa, welche durch die Oeffnung des Haarknopfs von Unten in die Höhle difs feiben eindringt. Seine Geſtalt konnte ich nicht genau ermitteln, da bei'm Abreißen des Haares faſt immer der unterſte Theil des Haarknopfs um die Pulpa ſitzen bleibt. Indeß laͤßt fie ſich eini⸗ germaßen auch durch den Haarknopf erkennen, welcher, fo weit er die Pulpa umgiebt, heller iſt, als an den hoͤhern Stellen. Dar⸗ nach ſcheint die Pulpa kurz und kegelfoͤrmig zugeſpitzt zu ſeyn. Im Uebrigen iſt der Haarbalg nach Innen glatt, nach Außen durch Zellgewebfaͤden mit benachbarten Theilen mehr oder minder loſe verbunden. Er hat Gefäße und wohl auch Nerven; ob dieſe indeß in die Haarpulpa eindringen, iſt noch nicht entfchirden, Ich bemerke noch, daß bei'm Ausreißen geſunder Haare häufig nicht die ganze Haarſcheide, ſondern bald der obere, bald und haͤu— figer nur der untere Theil derſelben an dem Haarſchafte hängen bleibt und mit herausgezogen wird, wodurch die ſogenannte Wur⸗ zel gar vielerlei Geſtalten annehmen kann, die ſich aber alle aus dem Vorhergehenden leicht deuten laſſen. Auch bleibt faſt immer der obere Theil der Wurzelſcheide zuruck, von der Einmuͤndungs— Be der Talgdruͤſen an, welche dicht unter der Hautoberflaͤche ſich efindet. . Iſt das Haar mit der Wurzelſcheide vollſtaͤndig ausgezogen oder auch nur mit der innern Schicht derſelben, fo läßt ſich durch Druck unter dem Mikroſcope die Scheide ſpalten, von dem Haare entfernen und die innere Schicht iſolirt zur Anſicht bringen. Dieſe zeigt ſich in mannigfaltigen Formen, welche eben ſo vielen Entwickelungsſtufen entſprechen. Zuerſt iſt ſie eine weiche und gäbe, ganz glashelle, einfache aber netzfoͤrmig durchbrochene Mem⸗ ran, welche nicht weiter, weder in Faſern, noch in Kügelchen zer» legt werden kann. Die Oeffnungen derſelben ſind entweder fein, und dann gleichen ſie laͤnglichen Spalten, die mit dem laͤngſten Durchmeſſer der Laͤngenaxe des Haares parallel liegen oder ſie find größer, und dann werden fie zu runden oder ovalen Loͤchern, welche auch nach transverſaler und ſchiefer Richtung ſich ausdehnen. Haͤu⸗ ſig gebt an der einen oder andern Spitze einer ovalen Oeffnung eine ſchmale Spalte oder auch nur ein Strich eine Strecke weit ſort, welches andeutet, daß die Oeffnung in dieſer Richtung ſich erweitern werde. Werden dieſe Oeffnungen größer und erhalten fie das Uebergewicht, ſo glaubt man ein Gewebe von platten, ſchief und queer verlaufenden Laͤngsfaſern vor ſich zu haben, die überall durch Anaftomofen ohne Unterbrechung zuſammenbängen. Endlich kommt es zu wirklichen Trennungen der Continuität; ſtatt der ein⸗ fachen Membran bat man im Ganzen ringförmig verlaufende, aber haͤufig durch ſchiefe Anaſtomoſen verbundene, hier und da auch frei endende, platte Faſern vor ſich, breitere und ſchmalere. Die breiten theilen ſich gabelförmig in 2 und 3, ohne daß die Theilung an der einfachen Faſer vorgebildet waͤre; die feinſten haben eine Breite 118 von 0,0008“. Die breiten Faſern und auch die ſchmalen, wenn fie dichter gehaͤuft find, haben einen Anflug von Gelb nnd ſtechen durch ore ſcharfen Gonturen ſehr ab von den feinen und zarten Läangsfaſern der Rindenſubſtanz. Sie gleichen in all dieſen Bezie— hungen ganz und gar den Faſern der mittlern Arterienhaut und anderer elaſtiſcher Gewebe. Wenn die innere Schicht der Wurzel⸗ ſcheide aus ſolchen Faſern beſteht, fo adhärirt fie gewoͤhn ich dem bereits fertigen Haarſchafte in dem Grade, daß ſie auch allein demſelben anhängt, wenn bei'm Ausreißen des Haars die übrige Maſſe der Wurzelſcheide im Haarbalge ſitzen bleibt. Dann fiche der untere Theil des Haares aus, als ſeyen die auseinanderfabren— den Laͤngsfaſern von quetren, mitunter fpiralförmig laufenden und durch Anaſtomoſen zuſammenhaͤngenden ftärfern Bändern um« wickelt, und in der That iſt oft die Rindenſubſtanz durch die Qucer⸗ baͤnder etwas eingefhnürt, und dieſe ragen am Rande deutlich vor. Häufig bleibt aber auch die ganze Rage der claſtiſchen Qucerfaſern an der Wurzelſcheide, auf einer äußern, hellen, anſcheinend ftructur'ofen Membran, alſo einer zweiten Lamelle der innern Schicht der Wurzelſcheide liegen, und dann ſieht die Wur— zelſcheide, von Innen betrachtet, faft genau fo aus, wie die äußere Oberfläche des Haares, nur daß fie hell und weich iſt. Ha⸗ ben ſchon dieſe Quserfaſern durch ihre Größe, ihre Entfernung von einander und ihre Anaſtomoſen die groͤßte Aehnlichkeit mit den Queerſtreifen des ausgebildeten Haarſchaftes, ſo wird jeder Zweifel über die Identität beider ſchwinden, wenn man ein 'an der Wurzel mit ſolch en elaſtiſchen Faſern umwickeltes Haar trocknen laßt. Die Queerftreifen des reifen Haares ſind alſo erbärtete elaſtiſche Faſern, die innerhalb des Haarbalges ſich aͤußerlich um die längsfaferige Rindenſubſtanz ans legen. Nicht immer zeigt ſich die innere Schicht der Wurzelſcheide an allen Stellen auf gleicher Stufe der Entwickelung; oft hat ſie unten nur feine Oeffnungen und iſt oben in Faſern zerfallen; oft liegen einzelne ſtaͤrkere Faſern um den Haarſchaft und werden außen von einer zweiten, netzfoͤrwig durchbrochenen Lage umſchloſſen; auch kommen ſchon Queerſtreifen von derſelben Form, wie an den dus ßern Theilen des Haars, innerhalb des Haarbalges vor, ein Ber weis, daß das Eintrocknen an den elaftiichen Kafern, fo we— nig, wie an der Oberhaut, durch aͤußere Einwirkungen bedingt iſt. Immer aber beginnen die Queerſtreifen erſt oberhalb des Haarknopfes. Häufig bat die Wurzel, mag man fie an ausgeriſſenen oder mit ihrem Balge praͤparirten Haaren unterſuchen, eine von der bisher beſchriebenen ganz abweichende Geſtalt. Statt des weichen, zelligen Haarknopfes findet ſich eine unbedeutende kolbige Anſchwel— lung, Haarkolben, welche, wie die Subſtanz des Haarſchafts, feſt und faſerig, nur heller iſt. Von der aͤußern Oberflaͤche deſſelben ragen nach Unten und den Seiten kurze und unregetmaͤßige Fort— fäge, wahrſcheinlich die ausgezackten untern Ränder der äußerſten Schichten der Rindenſubſtanz. Sie ſehen wie Faſern aus, mittelſt denen das Haar und die innere Wand des Balges zuſammenzuhaͤn. gen ſcheinen. Dieſe Art von Wurzeln findet ſich an den fpontan ausgefallenen Haaren, und deßhalb iſt es wahrſcheinlich, daß ſie einer ſpaͤtern Entwickelungsſtufe des Haars angebört oder vielmehr das Ende feiner Entwickelung bezeichnet. Wenn der Zufammens hang mit dem Balge aufgehoben ift, und dieß iſt bei den Folbigen Haarwurzeln der Fall, ſo waͤchſ't das Haar nicht weiter; vielleicht auch ernaͤhrt es ſich nicht mehr und fällt aus. Aus den bier mitgetheilten anatomiſchen Thatſachen läßt ſich die Art, wie das Haar gebildet wird, mit ziemlicher Wahrſchein⸗ lichkeit erſchlieſßen. Wie die Epidermis, wöchſ't auch das Haar von der Matrix, d. h. vom Balge und von der Pulpa, aus, weil nur von dieſer Seite ber neue Subſtanz zugeführt wird. Die neu⸗ erzeugten Theile draͤngen die altern vor ſich ber nach Außen. Ein Verluſt an dem aͤußern Ende wird an den Haaren ſo wenig, wit an der Oberhaut, von den zunaͤchſt gelegenen erfegt, ſondern nur durch Nachwachſen von Unten her ausgeglichen. Die Spitze der Haare, wenn ſie abgeſchnitten oder abgebrochen iſt, erzeugt ſich nicht wieder. 8 119 Der zuerſt erzeugte Theil des Haares muß alſo die Spitze ſeyn, was auch die Erfahrung beſtätigt; dann folgt der Schaft. An der äußern Oberflache der Haarpulpa und in der Furche zwi⸗ ſchen ihr und dem Grunde des gefäßreichen Haarbalges ſetzen ſich, gleich einem Epithelium dieſer Theile Zellen an, welche durch neue immer erſetzt werden. Von dieſen Zellen verwandeln ſich die Außern in Faſern der Rindenſubſtanz; in ihnen bleiben, fo lange ſie weich ſind und oft noch weit hinauf, die Zellenkerne als Varicoſitäten ſichtbar; die innern Zellen, welche uͤber der Spitze der Pulpa ſich befinden, bleiben viel weiter aufwaͤrts in ihrem primitiven Zuſtan⸗ de; zwiſchen ihnen oder aus ihnen entſtehen ſtellenweiſe Conglome⸗ rate von Pigmentkoͤrnchen; möglich iſt es, daß weiterhin die Zellen verſchwinden oder ſich in eine gleichartige Subſtanz aufloͤſen. Aus ihnen wird die Markſubſtanz. An den Waͤnden des Haarbalgs er— zeugen ſich zugleich Zellenſchichten deren Umwandlung lagerweiſe von Außen nach Innen, gegen die Axe des Balges vorſchreitet. Daß die Zellen der aͤußern Schicht der Wurzelſcheide ſich zu der negförmig durchbrochenen Membran umgeſtalten, iſt einſtweilen eine nur durch die Analogie unterſtuͤtzte Vermuthung; wie aber aus die— fer Membran die Queerfaſern hervorgehen, iſt durch Beobachtung nachgewieſen. Indem das Haar vom Grunde aus ſich verſchiebt, legt ſich zugleich die von Augen gegen den Haarſchaft heranwach⸗ ſende Qucerfaſerlage um denſelben, wird an ihm feſt und mit ihm über die Hautoberflaͤche hervorgetrieben. Die normale Structur des Haares beruht auf einem harmoni— ſchen Zuſammenwirken beider Proceſſe, der Bildung des Schafts einerſeits und der Queerfaſern andererſeits. In der Zeit, welche zwiſchen der Vollendung je zweier Queerſchichten verſtreicht, muß, wenn die Bildung regelmäßig werden ſoll, das Haar um die Laͤnge des Haarbalgs vom Grunde aus wachſen. Ein ſolch' ideales Zu: ſammenſtimmen darf man im concreten Falle kaum erwarten, und daher mag es kommen, daß die Queerſtreifen fo oft unregelmäßig ſind, oft auch ſtellenweiſe fehlen und daß, wie oben bemerkt, zu⸗ weilen ſtatt derſelben oder uͤber denſelben, noch eine waſſerhelle Mem— bran erſcheint, ohne Zweifel eine nicht zur vollen Entwickelung ge: kommene Lamelle oder Wurzelſcheide. Die Erzeugung von Zellen an der Oberflaͤche des Haarbalgs und der Pulpa und ihre Umwandlung in Faſern dauert eine Zeit lang in gleicher Weiſe fort, und ſo lange waͤchſ't das Haar. Hat es die Gränge feiner Entwickelung erreicht, To ſchließt es ſich nach Unten gegen die Pulpa ab und bildet den Kolben, welcher viel— leicht die vertrocknete Pulpa ſelbſt einſchließt; ob es in dieſem Zus ſtande beharren koͤnne oder ob derfelbe ein Abſterben und Ausfal—⸗ len der Haare bedinge, iſt unbekannt. Dieſe Thatſachen liefern ein neues Argument gegen die Tren— nung der Gewebe in organifirte und nichtorganiſirte. Die Elemente des Haares, welches man lange als eine vertrocknete, abgeſchiedene Maſſe zu betrachten pflegte, gleichen in ihrer Entwickelung zum Theil dem Zellgewebe, zum Theil den elaſtiſchen Faſern, welche beide bis jetzt nur als gefaͤß- und nervenreiche Gewebe bekannt ſind. Namentlich war mir die vollkommene Uebereinſtimmung in der Bildung der Queerfaſern des Haares und der mittlern Haut der Arterien uͤberraſchend. Wie an der Wurzelſcheide von Außen nach Innen, ſo folgt an der mittlecen Arterienhaut von Innen nach Außen auf eine Zellenlage die netzfoͤrmig durchbrochene Mem— bran und endlich eine Faſerſchicht, die an den Haaren verhornt oder vertrocknet, an den Arterien entweder im weichen Zuſtande bleibt oder vielleicht reforbirt wird, um neuen, von Innen nad: wachſenden Schichten Platz zu machen. ien. Ueber die Neſter des funfzehnſtachlichten Stich⸗— lings (Gasterosteus spinachia) finden ſich in den Transactions 120 of the Berwiekshire Naturalist's Club folgende ſonderbare Beob— achtungen: Dieſe Neſter werden im Fruͤhjahre und Sommer an verſchiedenen Theilen unſerer Küfte, in felſigen und tangreichen Tuͤmpeln zwiſchen Ebbe- und Fluth-Zeichen gefunden: fie werden zus weilen in der Nähe von Berwick angetroffen, kommen aber häufiger bei Eyemouth und Coldingham vor. Sie ſind etwa acht Zoll lang und von elliptiſcher oder birnfoͤrmiger Geſtalt, gebildet durch Ver— flechtung der Zweige einiger gemeinen Tangarten, z. E., des Fucus nodosus mit mehreren Confervae, Ulvae, den kleineren Florideae und Corallinen Sie ſind alle in eine verwirrte, compacte Maſſe vereinigt mittelſt eines Fadens, welcher durch, rundum und dazwi— ſchen in jeder denkbaren Richtung läuft. Der Faden iſt von gro= ßer Laͤnge, ſo fein als gewoͤhnliche Seide, zaͤhe und etwas elaſtiſch, weißlicht und von einer eiweißartigen Subſtanz gebildet. Die Eier werden in die Mitte dieſes Neſtes in verſchiedene irregulaͤre Hau— ben von etwa 1 Zoll Durchmeſſer gelegt, und beſtehen aus vielen Hundert Eiern, welche die Groͤße von gewoͤhnlichem Schrot haben und von weißer oder Bernſtein-Farbe ſind, je nach dem Grade ih— rer Reife. Die weiter vorgeruͤckten ſind mit zwei runden ſchwar⸗ zen Puncten verſehen, in welchen man mit dem Mikroſcope die Augen des Embryo's erkennt, die in dieſer Periode unverhaͤltniß— maͤßig groß und entwickelt ſind. In einem und demſelben Neſte werden Maſſen von Eiern in verſchiedenen Graden der Entwicke⸗ lung angetroffen. Es iſt klar, daß der Fiſch zuerſt den Laich inmitten des dortwachſenden Tanges abſetzen und nachher die Zweige deſſelben um die Eier herum vereinigen muß, indem damit zu gleicher Zeit alle andere Bruchſtuͤcke und Reſte vereinigt wer⸗ den, welche um den Kern herumliegen oder flottiren. Fuͤr das Un— beſchaͤdigtbleiben ſeines Neſtes und Laichs iſt, allem Anſcheine nach, der Fiſch eine Zeitlang ſehr aͤngſtlich. Einige Individuen wurden von Hrn. Duncan und dem ehrwärdigen Hrn. Turnbull eini⸗ ge Wochen lang bewacht, und man beobachtete, daß derſelbe Fiſch immer bei ſeinem Neſte anweſend war. Waͤhrend der Zeit der Hoffnung und Erwartung werden fie ganz furchtlos und laſſen ſich mehrere Male mit der Hand aus dem Waſſer nehmen. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß der Zweck ihres Aufenthaltes in der Naͤhe des Neſtes der iſt, es gegen den Angriff ſolcher Thiere zu ſichern, welche geneigt ſeyn moͤchten, auf den Inhalt deſſelben Jagd zu machen. — Ueber eine eigenthuͤmliche Art von Faſern, wel che in vielen Geweben die primitiven Bündel ſpiral⸗ oder ringförmig umgeben, hat Hr. Profeſſor Henle in Berlin der Geſellſchaft naturforſchender Freunde daſelbſt eine Mit theilung gemacht. Es gehoͤren dahin die Queerſtreifen an den Haaren, welche innerhalb des Haarbalgs aus einer gefenſterten Membran entſtehen, die durch fortſchreitende Reſorption zu einem Netze von anaſtomoſirenden Queerfaſern wird. Auf gleiche Weiſe bilden ſich die Faſern der innerſten Haut der Gefäße durch Abla— gerung von Streifen und Reſorption der Interſtitien aus einer einfachen Membran. Im Zellgewebe kommen an vielen Stellen Buͤndel vor, von Spiralfaſern umwickelt, die ſichtbar werden, wenn das Zellgewebe mittelſt Eſſigſaͤure fichtbar gemacht wird. Sie entſtehen aus einzelnen Kernen, die zu Faſern verſchmelzen, Aehn⸗ liche laufen auch zwiſchen den Zellgewebbuͤndeln, nähern ſich, durch Verdickung und Nachbildung, den claftifchen Faſern, mit denen fie oft verwechſelt worden ſind. In der Faſerhaut der Arterien und Venen, z. B., find die ſogenannten elaſtiſchen Faſern nichts Ande— res, als auch nur zwiſchen den eigenthuͤmlichen Faſern oder Faſer— bündeln verlaufende Streifen, die ſich, wie die Spiralfäden der Zellgewebbuͤndel, aus beſonderen Kernen ente wickeln. Necrolog. — Hr. Robiquet, einer der ausgezeichnet⸗ ſten Chemiker unſerer Zeit, iſt zu Paris geſtorben. — . — 121 122 Ge eben en . Ueber einige vermeintliche Ruͤckgratskrankheiten. Von Dr. Holland. Ich habe in meiner Praxis eine große Anzahl dieſer eigenthuͤmlichen Affectionen geſehen, bei welchen krankhafte Zuſtaͤnde des Nervenſyſtems, bisweilen auch Krankheiten von Eingeweiden, ganz das Ausſehen eines Nücgratsleidens ans nehmen und auch ſogleich aͤrztlich als ſolche behandelt wer— den. Die Mehrzahl dieſer Faͤlle koͤmmt bei'm weiblichen Geſchlechte vor, und obwohl das Leiden jetzt beſſer bekannt iſt, als fruͤher, fo zweifle ich doch nicht, daß die Faͤlle haus figer vorkommen, als man gewohnlich annimmt. Die Aehn— lichkeit mit wirklichen Ruͤckgratskrankheiten iſt, ohne irgend beabſichtigte Verſtellung, oft ſo auffallend, daß wir wohl an— nehmen duͤrfen, daß viele ſolche taͤuſchende Krankheiten bis zuletzt unerkannt bleiben. Eine gewoͤhnliche Urſache der Taͤuſchung in ſolchen Faͤllen iſt der bisweilen fire, bisweilen längs des Ruͤckgrats herumziehende Schmerz, welcher ſogar, nach Verſicherung der Kranken, durch locale Blutent ziehungen, Blaſenpflaſter, Mor ren und andere aͤhnliche Mittel gemindert wird. Haͤufig koͤmmt dazu Schwaͤche oder Taubſeyn der untern Extremi— taͤten, die ſich bis zu paralytiſcher Affection ſteigern koͤnnen, — Schmerz bei Bewegung und Linderung durch Ruhe, — Dispoſition zu Muskelkraͤmpfen und nicht ſelten Beſchwer— den und Schwierigkeit bei Entleerung der Blaſe. Dennoch koͤnnen alle dieſe und noch andere Symptome von einem nervoͤſen oder hyſteriſchen Zuſtand ohne irgend eine locale Affection ihren Urſprung nehmen und werden in vielen Faͤl— len am beſten durch Mittel gelindert, welche gar keine Beziehung irgend einer Art zum Ruͤckgrate haben. Es iſt, in der That, eine der uͤbeln Folgen der unrich— tigen Auffaſſung dieſes Leidens, daß die Symptome deſſel⸗ ben ſehr oft durch die dagegen angewendeten Mittel ver— mehrt werden, und daß man vorher nicht beſtehende wahre Ruͤckgratskrankheiten durch die Muskelſchwaͤchung herbei— führt, welche Folge der langen Ruhe, des Zuhauſebleibens, des Liegens und der localen Blutentziehungen iſt. Es ſind mir merkwuͤrdige Faͤlle bekannt, in welchen Patienten, welche durchaus nicht an Nervenſchwaͤche oder eingebildeten Affee— tionen litten, dennoch oͤrtliche nervoͤſe Schmerzen an irgend einer Stelle des Ruͤckgrats hatten (oft nur das Reſultat einer Sympathie mit irgend einem innern Organe); wobei dieſelben durch verſchiedene Behandlungsweiſen endlich faſt ganz um den Gebrauch ihrer untern Extremitaͤten gebracht wurden. Ein Beweis der wahren Urſache wird oft dadurch gegeben, daß die Heilung in wenigen Wochen erfolgt, waͤh— rend die Symptome vielleicht Monate oder Jahre lang dauerten; und daß dieſe Heilung nicht durch Mittel herbei geführt wurde, die man auf das Ruͤckgrat anwendete, fon: dern durch Eiſen, China, Ammonium und Valeriana, kaltes Seebad oder Waſchen mit kaltem Salzwaſſer, und fortges ſetzte und allmaͤlig geſteigerte Bewegung der Glieder. In ſolchen, keineswegs ſeltenen Faͤllen wird, wenn irgend eine phyſiſche Infirmitaͤt die Fortdauer des phyſiſchen Leidens unterſtuͤtzt, ein überlegter Arzt auch die moraliſche Behand— lung mit großem Vortheile zur Unterſtuͤtzung feiner Cur anwenden. Ich ſpreche von dieſen Faͤllen nicht etwa, weil ich ſie fuͤr erfahrene Aerzte als etwas Neues betrachtete, ſondern weil es wichtig iſt, die nothwendige Kenntniß derſelben recht eindringlich zu machen, wodurch allein der junge Arzt vor Irrthum bewahrt und der Kranke vor den Mißverſtaͤndniſ— ſen der bloßen Ignoranz und ſelbſt vor den Mißhandlungen durch Quackſalberei und Betrug geſichert wird. Es iſt be— merkenswerth in Bezug auf die Geſchichte ſolcher Krankhei— ten, wie groß das Verhaͤltniß der weiblichen Kranken dieſer Art iſt. Da dieſe Ungleichheit zwiſchen beiden Geſchlechtern ſich in Bezug auf wirkliche Ruͤckgratsleiden durch keine Ur— ſache hinreichend erklaͤren laͤßt, und da es manche Eigen— thuͤmlichkeiten in der weiblichen Conſtitution giebt, welche wohl zur Hervorbringung taͤuſchender Erſcheinungen einer Ruͤckgratskrankheit disponiren, fo haben wir hier einen pracs tiſchen Beweis von der Haͤufigkeit ſolcher taͤuſchenden Sym— ptome und von der Wichtigkeit, gut zur Erkennung derſelben vorbereitet zu ſeyn. Zur Behandlung ſolcher anomalen Krankheitsformen ger hoͤrt ſowohl Feſtigkeit des Characters, als auch Erfahrung. Unſere erſten Schritte ſind oft ſchuͤchtern, nicht allein wegen der ſchwankenden Natur der Symptome, fondern auch we— gen der Gemuͤthsſtimmung und wegen des nervoͤſen Tempera— ments der Kranken; ein Zuſtand des Befindens, welcher haͤufig dazu beiträgt, Krankheiten hervorzurufen, und faft immer mit- wirkt, ſie zu verſchlimmern. Dieß ſind Faͤlle, in welchen, wenn wir die Gruͤnde unſeres Handelns wohl feſtgeſtellt ha— ben, ein ſcheinbares Mißlingen der Cur im Anfange keines- wegs ſtoͤren darf. Gerade die merkwuͤrdigſten Faͤlle von endlich vollſtaͤndigem Erfolge ſind diejenigen, in welchen die Widerſpruͤche in dem frühern Theile der Behandlung am zahlreichſten und entmuthigendſten waren. Es kommen ohne Zweifel zweideutige Faͤlle vor, in welchen die localen Symptome von Schmerz, Congeſtion oder Irritation irgend eines Theiles des Ruͤckgrats deutlich genug find, um locale Heilmittel, wenigſtens zum Verſuche noͤthig zu machen. In ſolchen Faͤllen, namentlich, wenn man Veranlaſſung findet, mit dieſen Mitteln fortzufahren, glaube ich, daß Blutegel im Allgemeinen den Blaſenpfla⸗ ftern, Aetzmitteln und andern reizenden Eingriffen vorzuzie⸗ hen ſind. Die Symptome kommen, wie geſagt, am haͤu⸗ figſten da vor, wo eine krankhafte Empfindlichkeit des ganz zen Nervenſyſtems vorhanden iſt, und hier wird man nicht ſelten finden, daß Reizmittel, wenn ſie auch ſo leicht ſind, daß fie andere Perſonen kaum afficiren, ungewoͤhnliche Rea⸗ ctionen hervorrufen und den ganzen Fortſchritt der Cur ſtoͤ⸗ 123 ren. Ich habe oft den offenbarſten und unmittelbaren Nutzen davon geſehen, daß ich ein Fontanell oder offenes Blaſenpflaſter zuheilen ließ, weil es nur den Erfolg hatte, die Symptome zu verſchlimmern, zu deren Linderung es ver— ordnet worden war. In Faͤllen dieſer Art kann man das Opium in weit groͤßerer Ausdehnung aͤußerlich gebrauchen, als dieß gewoͤhn⸗ lich in der Praxis geſchieht, und man wird nach meiner Ers fahrung großen Vortheil davon ſehen. Derſelbe Zuſtand des Nervenſyſtems, welcher eine leichte Reizung der Hautnerven zur Urſache allgemeiner Nervenaffection macht, verleiht Dies ſem Mittel einen großen Werth als Antidotum. Wo eine wahre Entzuͤndung nicht vorhanden war, oder beſeitigt iſt, und wo nur Reizung und nerpoͤſe Sympathie die Urſache der Leiden iſt, welche in dem Ruͤckgrate und in den Glied— maßen ihren Sitz haben, da iſt es merkwuͤrdig, wie nüßlich dieſes Mittel, aͤußerlich angewendet, ſich erweiſ't: — es iſt jedoch keineswegs auf die nachlaͤſſige und unwirkſame Weiſe anzuwenden, welche bei aͤußern Mitteln fo gewoͤhnlich iſt; man muß ſorgfaͤltig die fuͤr die anzuwendende Ferm hinrei— chende Quantitaͤt Opium in Gebrauch zieben. Dieſe Faͤlle vermeintlicher Ruͤckgratskrankheit haben auch noch ein ferneres Intereſſe, da ſie zu einer wichtigen Krankheitsclaſſe gehoͤren und dieſelbe erlaͤutern, welche zwar in neuerer Zeit genauer, als fruͤher, beachtet worden iſt, jedoch noch keineswegs in ihrer ganzen Ausdehnung hin— reichend erkannt wird. Ich meine die verſchiedenen Formen der Hyſterie, beſonders jene haͤufig vorkommende und merkwuͤrdige Varietaͤt der Krankheit, wo eine Stoͤrung (Per— verſion) der Empfindung oder, beſſer, der Sinnesfunctionen vorhanden iſt, welche Empfindung einſchließen. Die Schmer— zen längs des Ruͤckgrats in den ſchon erwähnten Fällen ges bören hieher, ebenſo das Unvermoͤgen, die Extremitaͤten gehoͤrig zu gebrauchen, — ein ſo auffallendes Symptom dieſer Krank— heit! Sir Benjamin Brodie, mit welchem ich ſo manche Fälle der Art geſehen habe, hat die Beobachtung gemacht, daß bei hyſteriſcher Paralyſe die Muskeln keineswegs unfär hig find, dem Willen zu gehorchen, ſondern daß die Func— tion des Willens ſelbſt nicht ausgeuͤbt wird. Nach meiner Erfahrung muß ich dieſer Bemerkung vollkommen beipflich⸗ ten. In der That iſt die ganze Reihe der Symptome in dieſen Faͤllen, welches auch die entfernten Urſachen ſeyn moͤ⸗ gen, zunaͤchſt von Störungen des Senſoriums abhängig, wos durch ohne Regel gewiſſe Claſſen der Empfindungen afficirt werden und den Zuſtand und die Thaͤtigkeit der Willens⸗ kraͤfte beeinträchtigen. Manche dieſer Anomalieen ruͤhren offenbar von einem geſtoͤrten Zuſtande des Gefuͤhlsſinnes her, indem dieſer bald ungewoͤhnlich geſteigert, bald auf eine unnatuͤrliche Weiſe abgeſtumpft iſt. Und dieſe Eigenthuͤmlichkeiten werden durch ihre häufig beobachtete partielle Einwirkung und die oͤftere Ortsveraͤnderung geſteigert, — Erſcheinungen, welche der allgemeinen Theorie der Empfindung ſowohl im geſunden, als im kranken Zuſtande angehoͤren. In manchen dieſer Faͤlle koͤnnte man ſagen, daß die Kranken in einer Art von Cyclus unregelmaͤßiger Em: 121 pfindungen leben, die ſich gegenſeftig auf die ſonderbarſte Weiſe verdrängen und erſetzen; meiſtens aber verſchwinden fie alle, wenn ein wirklicher Schmerz in Folge einer Entzuͤn— dung oder eines andern wahrhaften Krankheitsproceſſes auf— tritt. Es ſind mir Faͤlle bekannt, in welchen Zahnſchmerz, ein leichter Catarrh, oder die Reizung von einem Splitter fuͤr eine Zeitlang die traurigſten und ſeit lange beſtehenden krankhaften Empfindungen dieſer Art vollkommen zu verban— nen im Stande waren; wobei aber alle dieſe Empfindungen wiederkamen, fo wie die unterbrechende Urſache aufgehört hatte. Die intellectuellen und moraliſchen Thaͤtigkeiten neh⸗ men nicht ſelten an dieſer Infirmitaͤt mehr oder minder Theil und veranlaſſen die eigenthuͤmlichſten Perverſionen der Gefuͤhls- und Handlungsweiſe, wolche dem Arzte vorfoms men und bisweilen lange Zeit anhalten. Indeß kommen, wie ich ſchon bemerkt habe, auch viele Fälle vor, wo nur koͤrperliche Symptome ohne irgend eine phyſiſche Beimi— ſchung vorhanden ſind; auf dieſe beſonders wollte ich hier die Aufmerkſamkeit lenken. Brodie verdanken wir ferner die erſte Beſchreibung jener merkwuͤrdigen hyſteriſchen Affection der Gelenke, wel— che mit den Ruͤckgratskrankheiten, von denen ich hier fpreche, beinahe verwandt ſind. Sie ſind, in der That, Wirkungen einer gemeinſchaftlichen Urſache und erfordern in den meiſten Faͤllen dieſelbe Behandlung. Betrachten wir dieſe Faͤlle unter einem gemeinſchaftli⸗ chen Geſichtspuncte, fo gehören fie zu den merkwuͤrdigſten und unterrichtetſten Gegenſtaͤnden in der ganzen Pathologie. Eben fo wie Wahnſinn und Trunkenheit, erläutern fie mans che Puncte in der Verbindung des Geiſtes und Koͤrpers, welche im gefunden Zuſtande nicht fo deutlich hervortreten. Sie belehren uns ferner in der Geſchichte des Wahnſinns, indem fie mit manchen partiellen geiſtigen Halueinationen verbunden ſind, welche ſich oft durch ihren ganzen Verlauf hindurch verfolgen laſſen und gewiſſermaaßen die Verbin⸗ dungsglieder zwiſchen Vernunft und Verruͤcktheit darſtellen. Dieß giebt eine Art natuͤrlicher Analyſe von Bedingungen, welche fuͤr unſere Unterſuchung zu complicirt ſind, wenn ſie ſich erſt vollſtaͤndig ausgebildet haben. (Med. Notes and reflex.) Berthold's Myopodiorthotikon Die am 6. April der K. Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Göttingen mitgetheilte Methode des Hen. Profeſſors Berthold, mittelſt feines Myopodiorthotikion die Kurzſich— tigkeit zu heilen und zu verhuͤten, iſt im 66ſten Stuͤcke der Göttinger gel. Anzeigen veröffentlicht worden. Dieſelbe bes ruht darauf, die mutationes oculi internae, d. i. das Accommodationsvermoͤgen des Auges für die Naͤhe und Fer— ne der bei den Myopen zu ſtarken phyſiſchen Brechungskraft der durchſichtigen Augentheile anzupaſſen. Um nun dieſes Vermoͤgen zur dauernden Beſeitigung oder Verminderung der Myopie zu reguliren, geht Profeſſor Berthold von dem Principe aus, daß es, wie jede auf Willkuͤhr beruhende 125 Koͤrperbewegung, durch Uebung geſtaͤrkt werden koͤnne, wenn dieſe längere Zeit hindurch fortgeſetzt wird, und wenn nicht gleichzeitig Umſtaͤnde einwirken, wodurch die in Folge der Uebung gewonnene Staͤrkung wieder verloren geht. Zur Erreichung dieſes Zweckes hat er das Myopodiorthotikon con— ſtruirt, das die Beſchäftigung des Leſens ſowohl als auch des Schreibens geſtattet, ja ſogar iſt Leſen und Schreiben die zweckmätzigſte Beſchaͤftigung, um mittelſt jenes Inſtru— ments die Myopie zu beſeitigen. Der Apparat beſteht aus einem auf einen beliebigen Tiſch zu ſtellenden Pult, zur Un— terlage des zum Leſen dienenden Buchs. Das Pult iſt auf einem ungefaͤhr gleich großen Grundbrett mit ſeiner vordern Seite mittelſt Scharniere beweglich. Vom hintern Theile des Pults ſteigt jederſeits eine Schraube in die Höhe, wels che durch einen deweglichen Queerbalken hindurch geht, der mittelſt einer Mutter hinauf und herab bewegt werden kann. Durch die Mitte des Queerbalkens iſt ein Hortzontalloch durchgeſtemmt zur Aufnahme eines an ſeinem vordern Ende etwas in die Höhe ſtrebenden Naſenſtegs zur Anlehnung des obern Theils der Naſenwurzel. Mittelſt der Beweglichkeit des Pults auf dem Grundbrette, des Queerbalkens an den Seitenſchrauben und des Naſenſtegs im Queerbalken, kann man den Apparat ſo richten, daß das zum Leſen dienende Buch die zum Sehen zweckmaͤsigſte Lage und Stellung ges gen das Auge erhaͤlt. Iſt nun anfangs die Entfernung der Spitze des Naſenſteges vom Pulte fo groß, daß der Kurze ſichtige ein aufgelegtes Buch deutlich und bequem leſen kann, ſo wird durch eine Viertel-, halbe bis ganze Drehung der Schraubenmutter dieſe Entfernung nach und nach vergrößert. Beſonders hat man ſich vor einer zu raſch fortſchreitenden Entfernung zu hüten, weil derſelben das Aecommodationsver— mögen des Auges in feiner Gewinnung an Stärke nicht folgen kann, weßhalb gewohnlich nur alle 1—2 — 3 — 4 Tage eine Drehung der Schraubenmütter vorgenommen wer: den darf. Ueberhaupt wird das ganz langſame, nicht uͤber— eilte Fortſchreiten als die Hauptbedingung zur ſichern und gluͤcklichen Cur betrachtet. Durch verſchiedene Maaßſtaͤbe an dem Inſtrumente wird es moͤglich, daſſelbe zum Leſen von verſchiedenen, mit verſchiedener, kleinerer oder groͤßerer Schrift gedruckten Buͤchern zu gebrauchen. Es wird ein Fall mit— getheilt, daß ein Mann von 26 Jahren binnen nicht völlig vier Monaten durch den Gebrauch des Inſtruments dahin gelangte, ein Buch aus einer Entfernung von 114 Zoll voll⸗ kommen bequem und deutlich zu leſen, welches er vorher nicht aus einer groͤßern Ferne, als 5 Zoll, deutlich und bes quem zu leſen im Stande war. Die Vorfihtsmanfregeln beim Gebrauche des Appa— rats und etwa dabei noͤthige diaͤtetiſche Pflege und aͤrztliche Behandlung des Auges, ſind in der Abhandlung weiter aus— einander geſetzt. „Der Anwendung des Myopodiorthotikon, beißt es am Schluſſe, ſteht kein Hinderniß entgegen; das Kind, wie der Knabe, Juͤngling und Erwachſene, das weib— liche, wie das maͤnnliche Geſchlecht, der Gelehrte wie der Künftier, wird davon mit Nutzen Gebrauch ma ben koͤnnen, od wohl man ſich nicht verhehlen darf, daß in den frübern Jahren des Lebens ſchnellerer Erfolg von der Cur zu erwar⸗ 126 ten iſt, als in den ſpaͤtern, vorgeruͤcktern, und daß die Dauer der Anwendung mit den Graden der Kurzſichtigkeit in diree— tem Verhaͤltniſſe ſteht. Daß die Cur Übrigens einige Abs aͤnderung in der gewöhnlichen auf die Geſichtsbeſchaͤftigung ſich beziehenden Lebensweiſe nothwendig macht, kann kein Einwurf gegen dieſelbe ſeyn, indem ja Entfernung der Krank heitsurſachen als allgemeinfter ther apeutiſcher Grundſatz gilt; dennoch darf auch dieſe Cur beſtimmte, die Myopie beguͤnſti— gende Momente ausſchließen, andere hingegen anempfehlen. Iſt doch das mit Rüͤckgrats- oder Extremitätenkruͤmmungen behaftete Kind unter Umſtaͤnden im Streckapperate zu lie⸗ gen gezwungen, wodurch es in ſeinen Beſchaͤftigungen, im Unterrichte, in ſeiner phyſiſchen und pfychiſchen Erziehung überhaupt bei weitem mehr beeintraͤchtiat wird, ats es bei der Heilung der Myopie nach jener Methode moͤglich iſt. Ja ſogar wird dieſe Curart, da der Kopf dabei aufrecht er⸗ halten und zweckmaͤßig unterftügt wird, gegen Neigung zu beſtimmten Ruͤckgratskruͤmmungen, fo wie gegen den Nad- theil eines durch Übermäfiges Vorhaͤngen des Kopfs gegen diefen beguͤnſtigten Congeſtionszuſtand von Nutzen ſeyn mir: ſen. Zu welchen Vortheilen aber die Verminderung oder Beſeitigung der Kurzſichtigkeit führt, wie dadurch die Aus: wahl beſtimmter Geſchaͤfte größer, der Myops aber zu yes wiſſen Beſchaͤftigungen erſt befaͤhigt wird, bedarf wohl einer weitern Erwaͤhnung eben ſo wenig, als daß man im Stande iſt, durch zeitige Anwendung des Inſtruments bei ſolchen Kindern, denen, etwa weil ihre Eltern an Myopie leiden, eine Neigung zu dieſem Sehefehler inne wohnt, demſelben ſchicklich vorzubeugen. Ja ſogar ließe ſich in letzterer Hin⸗ ſicht von dem Apparate eine Anwendung im Großen ma— chen, wenn detſelbe in Schulen und überhaupt in öffentli⸗ chen Unterrichtsanſtalten eingerichtet wuͤrde. Zu dem Ende muͤßten die an Kurzſichtigkeit Leidenden, ſo wie die dazu ge⸗ neigten Kinder von den gutſehenden geſondert und an einen beſondern Tiſch zuſammengeſetzt werden. Dieſer Tiſch wür— de durch Seitenſchrauden und Queerbalken zu einem gemein— ſchaftlichen Myopodiorthotikon umgewandelt und mittelſt der am vordern Ende etwas ftärker in die Höhe ſtrebenden Na— ſenſtege den einzelnen Kindern, entſprechend der jedesmaligen Sehweite, angepaßt. Nur hierdurch, aber nicht durch den in den Schulen ab und an erſchallenden, wenn auch mituns ter durch einen phyſiſchen Nachdruck geſchaͤrften Ruf „Kopf zuruck!“ wird es möglich ſeyn, das fo allgemein herrſchende Leiden der Kurzſichtigkeit im Allgemeinen und im Keime zu erſticken.“ Dazu dürfte aber wohl die Mitwirkung der Re— gierungen, weiche die Einführung folder Vorrichtungen in offentlichen Schulen und Unterrichtsanſtalten den Vorſtehern derſelben zur Pflicht machen müßten, erforderlich ſeyn. (A. 3.) is te. ueber Heilbarkeit der Gehirnerweſchung finden ſich im 7. Bande der Neuen Notizen No. 140 intereſſante Unterſuchun⸗ gen von Dechambre. Ueber denſelben Gegenſtand hat Dr. Syms Unterſuchungen angeſtellt, durch welche er zu folgenden Schluͤſſen gekommen iſt. Die Rückkehr erweichter grauer Subſtanz zum normalen Znſtande erweiſ't ſich anatomiſch durch Abſorption 127 einer oder mehrerer Schichten dieſer Subſtanz, durch Anwachſung der pia mater, durch Höhlen in der grauen Subſtanz der corpora striata oder anderer Centraltheile des Gehirns mit gleichzeitiger Atrophie. War außerdem eine Tranſudation oder ein Extravaſat außerhalb der Blutgefäße, d. h., alſo rothe Erweichung der grauen Subſtanz, vorhanden, ſo zeigen die atrophiſchen Windungen und die kleinen Höhlen mit den übrigen Gehirntheilen eine dunkelrothe Farbe. Man findet hier, als Folge der rothen Erweichung, auch noch dieſelben Veränderungen, wie bei der weißen Erweichung der grauen Subſtanz, d. h., theilweiſes oder ſelbſt vollſtaͤndiges Ver⸗ ſchwinden der grauen Subſtanz, welche im letztern Falle ſelbſt die weiße Subſtanz der Hemiſphaͤren entbloͤßt liegen läßt, kleine Hoͤh— len in den geſtreiften Koͤrpern oder anderen Theilen, welche graue Subſtanz enthalten und Atrophie derſelben Theile. Die Wirkun⸗ gen der Heilung der Erweichung der weißen Subſtanz ſind zahl⸗ reiche Oeffnungen, welche ſcharf und glatt ausgeſchnitten ſind, eine klare Fluͤſſigkeit enthalten, bisweilen von einer feinen Membran ausgekleidet werden, deren andere von kleinen Oeffnungen durchloͤ⸗ chert ſind. Dieſe Hoͤhlen ſind von der verſchiedenſten Groͤße und Form, von dem Umfange einer Erbſe bis zu dem einer Bohne. Der pordſe Zuftand, wodurch das Gewebe dem Käſe oder dem fris ſchen Brode ähnlich wird, die Verhaͤrtung der weißen Subſtanz in der umgebung der Hoͤhlen, der granulirte Zuſtand der weißen Sub⸗ ſtanz im Gehirne der Kinder bei feröfer Ergießung in die Gehirn: hoͤhlen ſind wahrſcheinlich das Reſultat einer entzündlichen Erwei— chung, welche in einer fruͤhern Zeit ſtattfand. Enthalten die er⸗ wähnten Höhlen ein rothes Depot, fo find fie das Reſultat der rothen Erweichung, oder vielmehr des Zuſtandes, welchen man Capillarapoplexie nennt. Zur Behandlung des Seeſcorbuts bedient ſich Herr Henderſon, welcher bereits 7 Transporte von nach Neuholland Exportirten begleitet hat, und auf einer Reiſe, trotz ungenuͤgenden Zuſtandes der Transportſchiffe, von 1439 Verurtheilten nur 4 an Scorbut und 6 an andern Krankheiten verloren hatte, folgenden Verfahrens: Um der Krankheit vorzubeugen, iſt das Wichtigſte eine genaue Beachtung der Nahrung, Kleidung, des Schlafens und der Reinlichkeit; dem Citronenſafte wird, als Prophylacticum, keine Wirkſamkeit zugeſtanden. Was die Behandlung betrifft, ſo laͤßt Hr. H., ſo wie die erſten dunkeln Symptome eintreten, den Grei⸗ ſen und Schwachen kleine Bettdecken und denjenigen, welche ſich wirklich krank fühlen, die waͤrmere Spitalkleidung geben, ihre Porz tion Eingeſalzenes und Citronenſaft ihnen entziehen und dafuͤr friſches Fleiſch, Reis, Sago und Thee, bisweilen auch etwas mehr Wein reichen und taͤglich in mehreren Doſen 2— 4 Drachmen Ni— trum in 8 Unzen Waſſer, bisweilen mit 1 Tropfen Pfeffermuͤnz⸗ geiſt oder einem Loͤffelchen Chinin oder Eſſigaͤther, geben. Dieſe Methode iſt bisweilen am erſten Tage den Kranken laͤſtig; jedoch ſchon am zweiten Tage verliert ſich die dadurch hervorgerufene Uebelkeit, und die Kranken, welche an der mit dem Scorbute ver— bundenen Mattigkeit leiden, koͤnnen die Vertheilung der genannten Mittel kaum erwarten. Der Salpeter aus dem Schießpulver ſoll vor dem gewoͤhnlichen cryſtalliſirten Salpeter einige Vorzuͤge ha— 128 ben. Das Schießpulver iſt ein mechaniſches Gemenge von 75 Sale peter, 15 Schwefel und 10 Kohle; jedes Pfund enthaͤlt alſo 24 Loth Salpeter, welche man mit Waſſer leicht aufloͤſen kann, da Schwefel und Kohle in Waſſer unloͤslich ſind. Es werden alſo 6 Pfd. warmes ſuͤßes Waſſer auf 2 Pfd. Pulver geſchuͤttet, umgee ſchuͤttelt nnd nach 12 Stunden decanthirt; Pinte klarer Solu— tion enthalt 4 Drachmen Nitrum und wird ohne weitere Vorberei⸗ tung in einem Tage verwendet. (Edinburgh med. and surg. Journ. 1839.) Ueber die Schnecken finde ich in dem Bulletin medical du midi folgende Bemerkungen von Hrn. Oscar Figuier. Zus erſt beſtreitet derſelbe die bisher angenommene Meinung, daß die mediciniſchen Eigenſchaften der Schnecken in dem ſchleimigten Koͤrper beruhen, den ſie enthalten. Dieſer Koͤrper iſt, nach ihm, ganz ohne Kräfte, während die vollſtaͤndigen Schnecken ſehr ent— ſchiedene Eigenſchaften haben; er ſchreibt dieſe einem beſondern Oele zu, welches man durch Aether aus dem von ihrem Schleime befreieten Fleiſche der Schnecken ausziehen kann. Dieſes Oel, welchem er den Namen Helicin gegeben hat, iſt durchſichtig, von gelblicher Far— be und von einem auffallenden und characteriſtiſchen Geſchmacke; Alcohol loͤſet es auf; die Alkalien bilden mit ihm Seifen, und die Säuren ſcheiden es aus den Verbindungen, mit einem noch ſtaͤrke⸗ ren Geruche begabt, aus, welches, nach Hrn. Soubeiran's Ans gabe in dem Helicin einen dem Hircin und Phocaͤnin analogen Stoff andeutet. Es enthaͤlt ein Viertel Procent Schwefel und, der Analogie zufolge, ſchreibt Hr. Figuier dieſem Elemente die Eigenſchaften der Schnecken in den Bruſtkrankheiten zu. — Die Schnecken müffen ganz vollftändig angewendet werden, und um je— de Erhöhung der Temperatur, welche den ſchwefeligten Stoff zers ftören könnte, zu verhuͤten, bildet Hr. Figuier mit demſelben eine Zuckerbereitung, indem er einen Theil Schneckenfleiſch mit fuͤnf Theilen Zucker zerreibt und Alles langſam trocknet. Dieſer Sacharolé dient nachher, um Paſtillen davon zu verfertigen, wie Altheenzucker und andere Paſten. — Hr. Figuier dringt dar⸗ auf, daß man die Schnecken hungern laſſe, ehe man ſich ihrer bes dient. Man hat nachtheilige Zufaͤlle entſtehen ſehen durch Schnek— ken, welche ſich von giftigen Pflanzen genaͤhrt hatten. Zum Blaſenziehen empfiehlt Herr Carlisle ein dem Hammer von Mayor ähnliches Inſtrument, welches er Veſi— cant nennt; es beſteht aus einer Metallplatte, welche man etwa 5 Minuten in kochendes Waſſer ſtellt und alsdann uͤber der zu rei— zenden Stelle, welche mit naſſem Tafft bedeckt iſt, 3-4 Secunden eindrückt; in 10 Secunden erhält man einen Brandſchorf; wenn man die Haut mit trockner Seide uͤberdeckt, und daruͤber das In— ſtrument bewegt, bis Schmerz entſteht, fo erhält man bloß Roͤ— thung der Haut; legt man alsdann Cerat uͤber, ſo entſteht zuerſt Zuſammenziehung und Blaͤſſe der Haut; bald aber ſtroͤmt das Blut zu, die Entzuͤndung ſteigert ſich und die epidermis erhebt ſich zu einer Blaſe. (Philosophical Magaz.) Nekrolog. — W. Niemeyer, Profeſſor und Director der Entbindungsanftalt zu Halle, 52 Jahr alt, iſt am 22. März geſtorben. — Fan —— ä — Gibliographis che Neuigkeiten La G£ologie dans ses rapports avec l’agriculture et l’&conomie politique. La moitié des terresde France sont susceptible d’etre utilement amendees eto. Par M. Nerde Boubde, Paris 1840, 18, Manners and Customs of the New Zealanders. By J. S. Po- lack, Esg. London 1840. 8. (Enthält u. a. intereſſante Thatſachen uͤber die zwei verſchiedenen Menſchenracen, welche ſich auf Neu⸗Seeland finden.) The medical Jurisprudence of Insanity. By J. M. Pagan, MD. Lecturer on med. juris. in Glasgow. London 1840. 8. De la nature et du traitement des alterations pulmonaires. Guerison de la phthisie, Par J. J. Pascal, Paris 1840. 8. Ti Menue Notizen a u 8 dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, ge ſammelt und mitgetheilt von dem Obere Medieinalratde & reriep zu Wamar, und dem Mevicinatrarde und Profeſſer Frerie zu Berlin, No. 295. (Nr. 9. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nee n Ueber die chemiſche Wirkung der Strahlen des Sonnenſpectrums auf Silberpraͤparate und andre, theils metalliſche, theils nicht metalliſche Stoffe, ſo wie uͤber einige photographiſche Verfahrungs— weiſen. Von Sir John F. W. Herſchel. Der Verf. hatte ſich bei Abfaſſung dieſes, der Royal Society am 5. März d. J. vorgetragenen Artikels vorge— fest, eine Anzahl vereinzelter Thatſachen und Beobachtungen zu verzeichnen, welche ſich auf die Einwirkung des weißen ſowohl, als des farbigen Lichts auf verſchiedene chemiſche Agentien beziehen, und die er im Laufe ſeiner, durch Hrn. Daguerre's Entdeckung veranlaßten, photographiſchen Ver— ſuche zu bemerken, Gelegenheit hatte. Nachdem er an den Inhalt ſeiner fruͤhern Mittheilung uͤber denſelben Gegen— ſtand erinnert, machte er darauf aufwerkſam, daß es in practiſcher Beziehung hoͤchſt wichtig ſey, die beſten Mittel zu entdecken, durch welche von einer Original-Photographie beliebig viele treue Copieen erhalten werden koͤnnen; ſo wie daß zu dieſem Ende durchaus Papier oder ein aͤhnliches Material erforderlich ſey. Der Kuͤrze wegen bezeichnet der Verf. durch pofitiv Photographieen, bei denen Licht und Schatten in derſelben Art vertheilt find, wie bei'm Origi— nale, und durch negativ ſolche, bei denen das Gegentheil der Fall iſt. Die Ausdrucke gerade und verkehrt lie— ßen ſich zur Bezeichnung von Bildern anwenden, bei denen die Gegenſtaͤnde in Betreff desjenigen, was links und rechts gewendet iſt, dem Originale gleichen oder nicht. Was die Veranſtaltung einer zur Publication beſtimmten Auflage von photographiſchen Bildern betrifft. fo läßt ſich durch Anz wendung der Camera obscura die doppelte Uebertragung vermeiden, die ein großes Hinderniß des Copirens von Ge— mälden oder Kupferſtichen bildet. Die Hauptpuncte, auf welche der Verfaſſer in gegenwaͤrtigem Artikel ſein Augen— merk gerichtet hat, ſind folgende: No. 1395. BÜ n Done: 1. Die Mittel, Photographieen zu fixiren; uͤber die vergleichende Brauchbarkeit verſchiedener chemiſchen Agentien zur Erlangung dieſes Zweckes, als baſiſch-ſchwefelſaures Na— tron, hydriodinſaures Kali, eiſenblauſaures Kali ꝛc., verbrei— tet er ſich ziemlich weitlaͤuftig, und fuͤhrt in dieſer Bezie— hung einige merkwuͤrdige Eigenſchaften eines von ihm ent— deckten Agens an. 2. Die Mittel, Original-Photographieen zu copiren und uͤberzutragen, der Verf. legt in dieſer Hinſicht gro— fen Nachdruck auf die Nothwendigkeit, das photographiſche Papier waͤhrend dieſer Operation mit dem zu copirenden Originale in der genaueſten Beruͤhrung zu halten. 3. Das Praͤpariren des photographiſchen Papieres. Er verbreitet ſich umſtaͤndlich über mehrere Verſuche, die er zu dem Zwecke anſtellte. Die Empfindlichkeit des Papieres gegen die Einwirkung des Lichtes zu vermehren; in'sbeſon— dere uͤber diejenigen Combinationen chemiſcher Subſtanzen, welche, entweder zugleich oder nacheinander angewendet, dem Papiere die erforderliche Empfindlichkeit zu ertheilen vermögen. Er unterſucht die Wirkung des Bleioxyds und der verſchie— denen Salze deſſelben, inſofern fie als Beitz- oder Aetzmit— tel dienen koͤnnen, ſo wie den Einfluß, den die zur Anmwen- dung gebrachten verſchiedenen Papierſorten auf das Reſultat haben, und leitet davon mehrere practiſche Regeln ab. Er beſchreibt ein Verfahren, mittelſt deſſen ſich Glas mit einem photogeniſchen Ueberzuge belegen läßt, wodurch man in den Beſitz eines neuen intereſſanten photographiſchen Verfahrens gelangt. Dabei erwaͤhnt er, daß dieſe Methode, Glas mit einem duͤnnen Haͤutchen von praͤcipitirten Silberſalzen oder andern Compoſitionen zu beſchlagen, das einzige genuͤgende Mittel darbietet, um das Verhalten jener Stoffe gegen das Licht ſo wie deren comparative Empfindlichkeit und andere Eigenſchaften derſelben gruͤndlich zu ſtudiren. Nachdem er die Reſultate ſeiner Verſuche mit Silber Jodid, Chlorid und Bromid angefuͤhrt, macht er darauf aufmerkſam, daß Expe— rimente mit Silber-Fluorid angeſtellt werden ſollten, indem, wenn daſſelbe vom Lichte zerſetzt wuͤrde, ein Anfteſſen oder 9 131 Arsen des Glaſes durch das Freiwerden der Fluorine erlangt werden dürfte. Da bekanntlich die Gold- und Platinaſalze vom Lichte ebenſowobl reducirt werden, als die Silberſalze, fo ſtellte der Verfaſſer viele Verſuche mit den Chloriden der erſtern beiden Metalle an, und die Reſultate wurden ebenfalls mitgetheilt. Hierauf beſchrieb er eine merkwuͤrdige Eigenſchaft der Hydriodinſalze, daß dieſe nämlich unter gewiſſen Umſtaͤnden die desorydirende Wirkung des Lichtes erhöhen, ja wohl, inſofern diefelbe ſich nicht gel— tend macht, veranlaſſen. 4. Der naͤchſte Abſchnitt der Abhandlung beſchaͤftigt ſich mit der chemiſchen Analyſe des Sonnenſpectrums. Lange ſchon wußte man, daß Strahlen von verſchiedener Farbe und Brechbarkeit in Betreff der Bewirkung chemiſcher Veraͤnderungen ſehr verſchiedene Grade von Kraft beſitzen, und daß die, welche ſich dem violetten Ende des Spectrums zunaͤchſt befinden, am ſtaͤrkſten desorydiren. Der Verfaſſer findet jedoch, daß dieſe verſchiedene chemiſche Thaͤtigkeit durch das ganze Spectrum vertheilt iſt; daß ſie nicht bloß eine Function der Brechbarkeit iſt, ſondern mit phyſiſchen Eigenſchaften andrer Art, ſowohl des Strahles, als des zer— ſetzenden Mediums in Beziehung ſteht, und daß dieſe Be— ziehung keineswegs dieſelbe iſt, wie die, welche die Abſor— ptionskraft des Mediums in Betreff der farbegebenden “) Strahlen bedingt. Aus ſeinen Verſuchen geht ferner her— vor, daß bei dieſer Thätigkeit ein drittes Verhaͤltniß in's Spiel kommt und ſowohl den Grad, als die Art der chemiſchen Einwirkung auf jeden Punct des Spectrums ſehr weſentlich betheiligt, naͤmlich die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Stof— fes, auf welchen die Strahlen einfallen und deſſen Veraͤnde— rungen deren Wirkung anzeigen und das Maaß des letztern ſind. Der Verf. bemuͤhte ſich, das Vorhandenſeyn unwirk— ſamer (indifferenter) Raͤume in dem chemiſchen Spectrum zu entdecken, wie ſich dunkle Linien in leuchtenden befinden; allein dieß wollte ihm nicht in einer befriedigenden Art ge— lingen. Er machte indeß bei' dieſer Gelegenheit mehrere in— tereſſante Wahrnehmungen. Das Maximum der Einwir— kung auf die gewoͤhnlichſte Art von photographiſchem Pa— pier, naͤmlich auf das mit gewoͤhnlichem Kuͤchenſalze praͤpa— rirte, zeigte ſich naͤmlich nicht jenſeits des Violetts, ſondern auf der Graͤnze des Blau's und Gruͤn's in der Naͤhe des Strahls F der Frauenhoferſchen Scale; und das ‚fihtbare Ende der violetten Strahlen ſchnitt das auf dem Papiere ſtehende photographiſche Bild ziemlich in zwei gleiche Haͤlf— ten. Zu den ſichtbaren violetten Strahlen kam, bei etwa des Abſtandes des Strahls II der Frauenhoferſchen Scale vom Strahl G, eine Art von Minimum der Wirkung vor. Das ganze Roth bis etwa zu der Frauenhoferſchen Linie C ſcheint keine Wirkung zu aͤußern, und endlich ertheilen die orangerothen Strahlen dem Papiere eine ziegelrothe Faͤr— bung, welche in Gruͤn und Dunkelblau uͤbergeht. Hieraus folgert der Verf., erſtlich, daß das Objectivglas einer photos graphiſchen Camera obscura durchaus achromatiſch ſeyn ) Oder waͤrmegebenden? D. ueberſ. 132 muͤſſe, und zweitens, daß es einſt gelingen werde, Photo— graphieen von der natuͤrlichen Farbe zu erzeugen. 5. Die Ausdehnung des ſichtbaren prismatiſchen Spectrums uͤber den ihm gewoͤhnlich zugeſchriebenen Raum hinaus hat ſich, wie der Verf. bemerkt, bei Gelegenheit die. fer Unterſuchungen herausgeſtellt: er hat entdeckt, daß jen— ſeits der aͤußerſten violetten Strahlen leuchtende Strahlen vorhanden ſind, welche im Auge nicht die Empfindung von Violet oder einer andern bisher erkannten prismatiſchen Far— be, ſondern von einer ſolchen erzeugen, die man Laven— delgrau nennen koͤnnte und ſehr ſtark desoxydirend wirken. 6. Chemiſche Eigenſchaften des rothen Endes des Spectrums. Man fand, daß die Strahlen, welche dieſen Theil des Spectrums einnehmen, die entgegengeſetzte Wir— kung aͤußern, wie die blauen, violetten und lavendelgrauen. Wenn die rothen Strahlen zugleich mit dem zerſtreuten Lichte des Himmels auf praͤparirtes Papier einwirken, fo wird der verfaͤrbende Einfluß des letztern aufgehoben und das Papier bleibt weiß. Iſt aber das Papier bereits durch ge— woͤhnliches Licht verfaͤrbt worden, fo verwandeln die rothen Strahlen deſſen vorhandene Farbe in grelles Roth. 7. Hierauf wird die vereinigte Einwirkung von Strahlen verſchiedenen Grades von Brechbarkeit unterſucht, und der Verfaſſer befaßt ſich in'sbeſondere mit der Wirkung eines rothen Strahls, mit welchem irgend ein anderer ein— zelner Strahl des Spectrums vergeſellſchaftet iſt; er ſucht zu erforſchen, ob und welche Verſchiedenheiten ſich in der gemeinſchaftlichen und aufeinanderfolgenden Wirkung zweier gegebenen Strahlen von bekannter Brechbarkeit offenbaren, und ob dieſe Thaͤtigkeit im Stande ſey, Wirkungen zu er: zeugen, welche keiner von beiden Strahlen fuͤr ſich allein hervorbringen koͤnnte. Es ergab ſich, daß, wenngleich die vorhergehende Einwirkung der weniger brechbaren Strahlen die durch die mehr brechbaren ſpaͤter erzeugte nicht merklich zu modificiren ſcheint, dennoch im umgekehrten Falle dieß ſich anders verhielt und die gleichzeitige Einwirkung beider ganz andre photogeniſche Wirkungen hervorbrachte, als die, welche beide Strahlen einzeln einwirkend erzeugten. 8. Im naͤchſten Abſchnitte wird die chemiſche Wir— kung des Sonnenſpectrums weit uͤber die aͤußerſten rothen Strahlen hinaus verfolgt und nachgewieſen, daß die rothen Strahlen ſelbſt unter gewiſſen Umſtaͤnden eine ſchwaͤrzende oder desoxydirende Kraft beſitzen. 9. Der Verf. legt hierauf Vermuthungen dar, welche ihm durch einige Wahrnehmungen an die Hand gegeben wurden, die auf eine in der Sonnenatmoſphaͤre ſtattfindende Abſorptionsthaͤtigkeit, auf eine Verſchiedenheit in der chemi— ſchen Thaͤtigkeit der von der Mitte der Sonnenſcheibe und den Raͤndern derſelben ausgehenden Strahlen hinzudeuten ſcheinen, indem die letztern, weil ſie einen viel laͤngern Weg durch die Sonnenatmoſphaͤre zuruͤckzulegen hatten, auch der abſorbirenden Thaͤtigkeit, inſofern dieſe exiſtirt, im hoͤ— heren Grade unterworfen ſeyn mußten; woraus ſich denn ferner ergeben wuͤrde, daß die abſorbirende Atmoſphaͤre der Sonne ſich weit uͤber die leuchtende hinauserſtreckt. 133 10. Zunachſt wird über die Wirkung des Spectrums auf verſchiedene vegetabiliſche Farben gehandelt, wie ſie ſich aus einer Reihe von Verſuchen ergeben hat, welche der Ver— faſſer begonnen, aber wegen des unguͤnſtigen Zuſtandes der Witterung noch nicht weit hat fortſetzen können. 11. Die bleichende Kraft mehrerer Strahlen des Specs trums unter der Einwirkung von Hydriodin-Salzen auf ver— ſchiedentlich praͤparirtes und vorher durch die Sonnenſtrahlen geſchwaͤrztes Papier. Die eigenthuͤmliche Kraft des hydrio— dinfauren Kali, geſchwaͤrztes photographiſches Papier faͤhig zu machen, durch fernere Einwirkung des Lichts weiß zu werden, wird hier genau unterſucht, und vom Verf. nachge— wieſen, daß ſich daraus eine neue Reihe von Verhaͤltniſſen der verſchiedenen Theile des Spectrums in Betreff ihrer che: miſchen Wirkungen herleiten laͤßt. 12. Die Analyſe der chemiſchen Strahlen des Spec— trums durch abſorbirende Media, welche den Gegenſtand des nichſten Abſchnitts bildet, eröffnet ein ungemein ausgedehn— tes Feld der Unterſuchung, und der Verf. beſchreibt eine Menge merkwuͤrdiger Erſcheinungen, welche ſich ihm im Ver— laufe feiner Experimente über dieſen Gegenſtand dargeboten haben. Sie beweiſen, daß die photographiſchen Eigenſchaf— ten farbiger Media dem farbegebenden Character derſelben nicht adäquat find, indem fie auf die chemiſchen Strahlen nach andern Geſetzen abſorbirend einwirken, als auf die leuchtenden, und daß die Geſetze in beiden Fällen unabhaͤn— gig von einander ſind. Es werden Belege dafuͤr beigebracht, daß die gruͤnen und andern Strahlen der brechbarern Art, welche doch die von ihnen getroffenen Körper bedeutend be— leuchten, durchaus keine ſchwaͤrzende Wirkung auf praͤparir— tes Papier aͤußern. 13. Die ſteigernde und daͤmpfende Kraft, welche ges wiſſe Media unter beſondern Umſtaͤnden auf die chemiſche Wirkung des Sonnenlichts aͤußern. Zu dieſer Unterſuchung ward der Verf. durch den in ſeiner fruͤhern Mittheilung er— waͤhnten Umſtand veranlaßt, daß die Schwaͤrzkraft der Son— nenſtrahlen bedeutend geſteigert werde, wenn man zwiſchen ſie und das photogeniſche Papier eine dicht mit dem letztern in Beruͤhrung befindliche Glasplatte bringt. Der Einfluß verſchiedener andern auf praͤparirtes Papier gelegten Media wurde durch Verſuche ermittelt und die Reſultate, tabellariſch geordnet, mitgetheilt. 14. Der Verf. beſchließt feine Abhandlung mit der Beſchreibung eines Aetinographen oder ſelbſtanzeigenden Photometers für meieorologiſche Zwecke ). Es dient dazu, einen beſtaͤndigen, ſich von ſelbſt erzeugenden, comparativen Maaßſtab von dem jedesmaligen Vetrage der Beleuchtung der ſichtbaren Hemiſphaͤre oder von dem Tageslichte; ferner von der Intenſitaͤt, Dauer und Unterbrechung des directen Sonnenſcheins oder, wenn die Sonne nicht ſichtbar iſt, des— jenigen Punctes des bewoͤlkten Himmels zu erlangen, wo ſich die Sonne befindet. In einer vom 3. Maͤrz d. J. *) Nach der Analogie von Thermometrograph würde man die— ſes Inſtrument wobl paffender mit dem Namen Photome— trograph zu bezeichnen haben. D. Ueberſ. 134 datirten Nachſchrift führt der Verf. an, er habe ein Ver: fahren ermittelt, mittelſt deſſen die Waͤrmeſtrahlen des Son— nenſpectrums eine eigends für dieſen Zweck praͤparirte Ober— flaͤce in der Art afficiren, daß dadurch ein Thermo— graph des Spectrums erlangt werde, bei welchem die In— tenfität des waͤrmefuͤhrenden Strahls von irgend einer gege— benen Brechbarkeit durch den Grad von Weiße angezeigt werde, welche auf einer geſchwaͤrzten Oberflaͤche erzeugt wird; indem die verſchiedenen Strahlen die von ihnen ge— troffenen Stellen verſchieden afficiten, wobei ſich die höchſt merkwuͤrdige Erſcheinung von Hitzſtellen oder Waͤrme— bildern der Sonne ganz abgeſondert von der großen Flaͤche des Waͤrmeſpectrums zeigt. So iſt denn der ganze Raum, uͤber welchen die Zerſtreuung durch das Prisma die Son— nenſtrahlen ausbreitet, mit Einſchluß der Waͤrmewirkung der am wenigften, und der chemiſchen Wirkung der am ſtaͤrkſten brechbaren Strahlen, bedeutend mehr, als doppelt ſo groß, wie das Newtonſche farbige Spectrum. In einer zweiten, am 12 Maͤrz d. J. mitgetheilten, nachtraͤglichen Bemerkung beſchreibt der Verf. ſein Verfahren, das Waͤrmeſpectrum ſichtbar zu machen, welches darin beſteht, daß er die eine Seite ſehr duͤnnen weißen Papiers mit Rauch oder Ruß beſchlagen laͤßt, bis ſie ganz ſchwarz iſt, dann die weiße Oberflaͤche der Einwirkung des Spectrums ausſetzt und ſie mit Alcohol befeuchtet. Indem die Waͤrmeſtrahlen nun die— jenigen Stellen, auf welche ſie fallen, ſchneller trocken ma— chen, als die uͤbrige Oberflaͤche, offenbaren ſich dieſe Stellen und das Geſetz ihrer Vertheilung dadurch, daß dieſelben weiß bleiben, während der Reſt des Papieres durch Aufſau— gung der Feuchtigkeit in die Poren ſich ſchwaͤrzt. Der Verf. giebt auch ein Verfahren an, wie ſich der in dem eben erwaͤhnten Falle ſich nur voruͤbergehend darſtellenden Wirkung Dauer verleihen laͤßt. Dieſe Beobachtungsmetho— de wird dann zur ferneren Unterſuchung verſchiedener mit der Vertheilung der Waͤrmeſtrahlen zuſammenhaͤngenden Puncte, als der Durchgaͤnglichkeit verſchiedener Media fuͤr dieſe Strahlen, der Polariſation ſtrahlender Waͤrme (die ſich auf dieſe Weiſe leicht ſinnlich wahrnehmbar machen läßt) u. ſ. w., in Anwendung gebracht. Daß mehr oder weniger iſolirte Hitzſtellen in ziemlich gleichen Abſtaͤnden laͤngs der Axe des Spectrums hin liegen (deren Urſprung wahrſcheinlich in der Anwendung des Flintglasprisma, moͤglicherweiſe auch in der Abſorption von Seiten der Atmoſphaͤre zu ſuchen iſt), hat der Verf. befriedigend nachgewieſen. Von dieſen Stel: len liegen zwei, ovale, die eine ganz nahe bei, die andere ziemlich weit jenfeit dem aͤußerſten rothen Ende des Spec— trums, und dieſe find weniger deutlich iſolirt; zwei vollkom— men runde und abgeſonderte zeigen ſich in derſelben Rich— tung in groͤßerer Entfernung, und eine ſehr ſchwache und nur undeutlich erkennbare in einem hoͤchſt bedeutenden Abſtande von dem aͤußerſten Roth, naͤmlich um 422 Theile einer Scale entfernt, von welcher das ganze Newton'ſche farbige Spectrum 559 Theile meſſen wuͤrde. 9 * 155 Miscellen. Die Entwickelung des Mutterkorns beginut, nach Meyen, im Saamen des Roggens ſchon mit dem erſten Auftreten des Eiweißes des Saamens. Statt der großen mit Staͤrkemehl gefüllten Zellen entſtehen kleinere, welche ſich aber bedeutend ver— mehren. Eihuͤllen und Pericarpium werden dann von Unten aus zerſtoͤrt; die Zellemvände des letztern entweder zerriſſen, oder auf ganze Strecken von einander getrennt, ſo daß die fremde Wuche— rung hervortritt. Der entartete Saame wird hierdurch auf ſeiner Oberflache dunkelviolett, während die innere Maſſe noch mehr oder weniger ungefaͤrbt bleibt. Die violette Oberfläche wird von kleinen, kurzveraͤſtelten, pilzartigen Faͤden, welche von den oberſten Zellenſchichten der krankhaften Wucherung des Einriſſes ausgehen, bedeckt. Durch Abſchnuͤren zerfallen fie in längliche, ſporenaͤhnliche Koͤrper, welche abfallen und neue Faͤden treiben, ſo daß die Wu— cherung der Oberflache ſehr raſch und üppig zunimmt. An der 136 Spitze des Pericarpes findet ſich eine ſpeckartige Haut, welche faſt ganz aus vielen durch Gallerte zuſammengehaltenen Sporen beſteht und ſpaͤter abfällt. (Nach Annales des Science, natur, in Valen⸗ tin's Repert. IV. 1. 62) Zur Conſervirung von Leichen hat man ſich nach Guy’s Hosp. Rep., No 9, in dieſem Spitale des Holzeſſiggeiſtes bedient und das befriedigendſte Reſultat erhalten, indem die mit einer Galone dieſer Fluͤſſigkeit injicirte Leiche, als fie 5 Wochen ſpaͤter im Som— mer zu anatomiſchen Prüparationen beſtimmt wurde, drei Wochen lang in jeder Beziehung dieſem Zwecke entſprach, ohne daß eine Spur von Faͤulniß eingetreten waͤre. Ueber die Temperatur am Grunde des Meeres in der Naͤhe der Gletſcher von Spitzbergen ſind bei der Franzoͤſiſchen Expedition, 1838, von Herrn Martins Beobachtun— gen angeſtellt worden, wonach durchſchnittſich eine Seemeile vom Hauptgletſcher des Bellſundes die Temperatur der Oberfläche des Meeres + 35,50 C. und am Boden + 0, 84 C. war. Hei k u n d e. Ueber Varicoſitaͤt der Capillargefaͤße. Von Dr. Hake. Die Schrift des Hrn. Hake, gegen deren Erſcheinen ſich ſo viele Stimmen in England erhoben haben, indem dieſelbe als ein Plagiat einer noch nicht erſchienenen Schrift, d. h. unbefugte Benutzung deſſen bezeichnet worden iſt, was der Verfaſſer bei Dr. Kier nan geſehen hatte, iſt jetzt aus— gegeben. Wir theilen hier den Text mit, woraus ſich er— giebt, daß die Arbeit des Hrn. Hake mindeſtens noch nicht zur Reife gediehen war, und in der That, namentlich wegen Verwechslung normaler Theile mit pathologiſchen Produce tionen vielen Einwendungen Raum giebt. Sein Text lautet: „Es giebt eine Krankheit der Leber dei dem Kanin— chen, welche in carcinomatoͤſer Vergrößerung der Lebergaͤnge beſteht, ſich aber unter der ſcheinbaren Form kleiner Abſceſſe zeigt. Dieſes Ausſehen ruͤhrt von Erweiterungen der Gaͤn— ge her, welche in regelmaͤßigen Zwiſchenraͤumen entweder in geringer Anzahl, oder ſo zahlreich vorkommen, daß ſie den groͤßern Theil der Leberſubſtanz einnehmen und durch das Peritonaͤum hindurch an vielen Stellen der Oberflaͤche be— merkt werden. Ich war vor Kurzem beſchaͤftigt, den Character des Eiters, wie er ſich in den verſchiedenen Krankheitsformen entwickelt, zu unterſuchen, und der erſte Schritt meiner Un— terſuchung dieſer Krankheit der Lebergaͤnge war auch, zu un— terſuchen, was fuͤr Eiter dieſelbe enthielten, wobei ich nichts als eine der bekannten mikroſcopiſchen Varietaͤten der Eiter— kuͤgelchen zu ſehen erwartete. Dieſe Fluͤſſigkeit war aber von gewoͤhnlichem Eiter ſehr verſchieden; ſie beſtand aus eifoͤrmigen Koͤrperchen, welche die Eiterkuͤgelchen an Große mehrmals uͤbertrafen. Dieſe Koͤrperchen enthielten innerhalb ihrer aͤußeren ovalen Capſel einen centralen, runden Kern, welcher im Allgemeinen denſelben Durchmeſſer hatte, wie der Queerdurchmeſſer der aͤußern Capſel, obwohl er darin auch bis zur ganzen Laͤnge der ovalen Hülle variirte. In— nerhalb dieſes centralen Kernes lagen zahlreiche Molecuͤle, theils groͤßer, theils kleiner, als diejenigen, welche man durch Aufloͤſung der gewoͤhnlichen Eiterkuͤgelchen mittelſt ſtarker Eſſigſaͤure darſtellen kann. { Eine genauere Unterſuchung der allgemeinen Charactere der Krankheit fuͤhrten mich darauf, zu bemerken, daß ſowohl die Gallenblaſe, der duetus eysticus und choledochus, als auch die ductus hepatiei mit der Fluͤſſigkeit angefüllt waren. Von dem ductus choledochus ging fie frei in das duodenum ab und war dem Inhalte des Darmes in betraͤchtlicher Menge beigemiſcht. In zwei Faͤllen fand ich eine Verſchließung des Ganges von der Gallenblaſe zum duetus eysticus; einmal war dabei die Gallenblaſe mit purulenter, das andere Mal mit grünlich durchſichtiger Fluͤſügkeit ges fuͤllt; aber die eifoͤrmigen Koͤrperchen fanden ſich bei beiden Faͤllen darin. . Der naͤchſte Schritt der Unterſuchung betraf die Ver— theilung der Gefaͤße und die Mittel, durch welche dieſe Ma— terie in den Lebergaͤngen abgelagert worden war; die erwei— terten Stellen ſahen in hohem Grade gefaͤßreich und dunkel— roth aus. Nachdem ich ein anderes Kaninchen bekommen hatte, unterband ich aorta und vena portae, fo daß al: ler Zufluß von Blut zu der Leber abgeſchnitten war; hierauf öffnete ich die vena hepatica. Die Leber, welche im hoͤchſten Grade von der Krankheit befallen war, wurde Tags darauf mit vollkommenſtem Erfolge injicirt; die gefaͤßreiche Oberflaͤche der Lebergaͤnge nahm die Injection von der Le— berarterie und von der Pfortader auf, beſonders aber von der letztern. Die weiße Fluͤſſigkeit innerhalb der Lebergaͤnge war an einigen Stellen von der durch die Pfortader einge— ſpritzten gruͤnen, an andern von der durch die Arterie einge— ſpritzten rothen Injectionsmaſſe gefaͤrbt. Nach Oeffnung der Lebergaͤnge fand ich die innere Oberflaͤche dick und unregel— maͤßig angeſchwollen, mit der rothen und gruͤnen Injection impraͤgnirt, ohne daß Gefaͤße mit dem bloßen Auge zu ent— decken geweſen wären, mit Ausnahme der betraͤchtlicheren Aeſte der a. hepatica. Bei mikroſcopiſcher Unterſuchung fand ich die aͤußere Flaͤche der Gaͤnge mit einem aͤußerſt fei— 137 — nen, von der Pfortader herkommenden Geflechte bedeckt, durch welches die Arterienzweige durchgingen; dieſes Geflecht zeigte an vielen Stellen die Charactere geſunder Gefaͤße; eine Thatſache vom hoͤchſten phyſiologiſchen Intereſſe, da fie zeigt, auf welche Weiſe die Pfortadercirculation auf die Le— bergaͤnge ſich fortpflanzt; und da dieſe Vertheilung auch auf die innere Flaͤche der Gaͤnge weiter geht, wie gezeigt werden ſoll, fo erklärt ſich daraus die Secretion der Galle nach demſelben Principe, wie die Secretion anderer Fluͤſſig— keiten, namlich durch Vertheilung von Gefäßen über eine freie Oberflaͤche. Eine Unterſuchung der innern Oberflaͤche der Gaͤnge zeigte, daß die Wucherung derſelben aus einem plexus von Capillargefaͤßen beftand, welches von der Pfort— ader herkam und mit anderen Geflechten von der a. hepa- tica vermiiht war. Dieſer plexus jedoch, anſtatt ein ge— ſundes Ausſehen zu zeigen, beſtand aus varicöſen Gefaͤ— ßen, welche an einzelnen Stellen ungewoͤhnlich erweitert und Enotig, an andern contrahirt waren. In der That be— ſtand die ganze Structur aus einem plexus varicöfer Gas pillargefaͤße. Dr. Carswell hat in ſeinen Abbildungen der Ele— men tarformen der Krankheit eine Zeichnung der hier beſpro— chenen Krankheit gegeben und hat das Verdienſt, nachgewie— fen zu haben, daß ſie in den Lebergaͤnsen ihren Sitz habe, „deren Endigungen in Form birnformiger Saͤcke von ver: ſchiedener Größe ausgedehnt find. In dieſen Saͤcken war, nach ihm, ebenſo wie in den Gallengaͤngen, die Tuberkelma— terie von Farbe und Conſiſtenz des Rabmes und floß aus dem abgeſchnittenen ductus choledochus aus, wenn ein Druck auf die Endigungen der duetus hepatiei einwirkte. Die birnrörmigen Saͤcke zeigten äußerlich eine glatte, gleich— maͤßige Oberflache, außer in zwei oder drei Fällen, in wel: chen ſie leicht gelappt waren. Innerlich erſchienen einige zellig, aber die meiſten waren gleichmaͤßig hohl; der fundus mehrerer dieſer Saͤckchen war, wie es ſchien, durch kleine Blutgefaͤße mit der Leberſubſtanz verbunden.“ Dieſe Brobachtungen ven Cars well habe ich durch Unterſuchung der Krankheit in ihren fruͤhern Stadien beſtäͤ— tigt gefunden. Zuerſt zeigt ſich einfache Erweiterung des Ganges ohne Verdickung; die Galle innerhalb des Ganges zeigt zu dieſer Zeit Kuͤgelchen, gleich denen des Blutes, je— — 138 doch von drei bis vier Mal größerem Durchmeſſer, bisweilen mit einem Molecule auf ihrer Scheibe. In einem fpäteren Stadium iſt der Gang verdickt und an ſeinem Anfange in der druͤſigen Subſtanz birnförmig, mit Eiter gefullt. Dieſe Verdickung des Ganges ſtellt den rohen Zuſtand des Carci— noms dar; indem ſich aber die Krankheit weiter ausbildet und ſaͤmmtliche Gänge knotig und, in der That, varicôs werden, ſo wird die Structur erweicht und bietet alle Cha— ractere des Medullarſarcoms dar. Das zellige Ausſehen, welches die Krankheit zeigt, rührt von flockenartigem Her— vortreten von Gefaͤßen her, und die endliche Erweichung kommt von der Zartheit der Gefuͤße, welche mit der varicds ſen Erweiterung zunimmt. Es kommt häufig vor, daß die aͤußere Fläche der er— weiterten Lebergaͤnge gefaͤrbt iſt, durch Gefaͤßcongeſtion; durch Injection zeigt ſich alsdann, daß dieſes Ausſehen von einem plexus der Capillargefaße von der Pfortader herrührt. Dieſe Gapillargefäße find nicht in demſelben Maaße varicös, wie innerhalb des Ganges, aber oft von regelmäßiger Form und Große, fo daß man fie als die normale Verbreitung der Pfortader auf den Lebergaͤngen betrachten kann; Ar— terienäfte gehen über dieſe Gänge hin, aber ihre ple— xus-aitige Vertheilung iſt beſchraͤnkt auf die innere Oberflaͤche, welche ſie ohne Anaſtomoſirung mit einer ahnlichen Structur von Pfortader-Capillargefaͤßen aus: kleiden. Die Gefaͤße, welche die erweiterten Gaͤnge und die Druͤſenkoͤrner der Leber verbinden, find die feinen Gaͤnge, welche um dieſe Koͤrper herum ausgebreitet ſind; dieſe Capillargaͤnge, welche nicht an der Krankheit Theil nehmen, erhalten ebenſo, wie die der größeren Aeſte, ihre Injection von der Pfortader. Die carcinomatoſe Structur der Gänge beſteht ganz und gar aus einem plexus varicöfer Capillargefaͤße, wel— cher ſich in jeder Richtung ausbreitet und nicht uͤber die Ober— fläche allein. In der That, die krankhaften Gefäße begin nen vem aͤußeren plexus, anaſtomoſiren und gehen zu der innern Flaͤche der Gaͤnge, waͤhrend in den Zwiſchenraͤumen der Eiter angeſammelt iſt. Der varicoͤſe Zuſtand der Ca— pillargefaͤße iſt gleichzeitig mit ihrer Bildung; der Proceß ih— res Wachsthums, wo nicht gar ihre erſte Bildung, iſt pathos geniſchen Geſeten unterworfen. Die neuen Gefaͤße ragen nicht in eine albuminoͤſe oder andere Ablagerung hinein, wie man behauptet hat, ſondern erheben ſich in Form von Flok— ken von einer gefaͤßreichen Baſis, werden varicoͤs und geben wiederum Zweige ab; ihr Wachsthum allein beſtimmt die Zunahme des Carcinoms, und ihre verſchiedenen Stufen der Varicoſitaͤt ihre fortſchreitende Erweichung. Dieß iſt die Art, wie dieſe krankhafte Subſtanz ſich innerhalb der Gänge entwickelt (20; ihre Structur iſt ganz gefaͤßreich; macht man einen Queerdurchſchnitt des Ganges, fo ſieht der varicoͤſe Capillarplexus, welcher die Subſtanz deſſelben ausmacht, aus, wie eine Honigwabe, und die Ge— fäße find fo fein, daß man nur die erweiterten bei einer Ver— größerung von 20—30 Durchmeſſern unterſcheidet. 139 Was auch die Beſtimmung der arteriae hepaticae fen (entweder das Blut für die Schleimſecretion herbeizu— ſchaffen, oder die Salze der Galle abzuſchneiden, was beides angenommen worden ift), jedenfalls ſind fie bei der Krank: heit mit betheiligt; denn, obwohl geringer an Anzahl, als die Venen, ſo ſind ſie doch auf gleiche Weiſe varicoͤs, oder richtiger, da es Arterien betrifft, aneurysmatiſch Die bewirkende Urſache des Carcinoms liegt in dem allgemein varicoͤſen Zuſtande der Venen und der aneurysma— tiſchen Beſchaffenheit der Arterien in dem Capillartheile der— ſelben, ſo wie in der einfachen Zunahme der ſo afficirten Gefaͤße. Die Anwendung dieſes Geſetzes der krankhaften Ent— wickelung auf das Studium der Krankheit wird man am Schluſſe dieſer Abhandlung finden. Die eiterige Materie innerhalb der krankhaften Leber— gaͤnge des Kaninchens beſtand unter dem Mikroſcope aus ſe— roͤſer Fluͤſſigkeit und eifoͤrmigen Koͤrperchen in ähnlichem Verhaͤltniſſe, wie die Blut- oder Eiterkuͤgelchen zu ihrem Serum. Sie ſind halbdurchſichtig, gleichen der Form nach den Eiern, koͤnnen aber aus mehreren Urſachen nicht als ſolche betrachtet werden. In Eiern findet man Zuſammen— hang der verſchiedenen Theile, eine Continuitaͤt der Organi— ſation; einen entgegengeſetzten Zuſtand findet man in den ovalen Koͤrperchen, deren Haupteigenthuͤmlichkeit eine Ten— denz zur Abweichung von der normalen Form und zur Auf— löfung in die zuſammenſetzenden Beſtandtheile iſt, deren ges genſeitige Verhaͤltniſſe ganz phyſicaliſch find. () Die Sub— ſtanz der eifoͤrmigen Koͤrperchen iſt homogen, jeder feiner Theile in ſich vollſtaͤndig, von gleichfoͤrmiger Structur und mit dem Uebrigen nur durch die Contiguitaͤt der Subſtanz und nicht durch zuſammenhaͤngende Organiſation vereinigt. Die haͤutigen Huͤllen findet man uͤberall ohne Kern, die letz— tern ohne ihre eifoͤrmigen Hüllen, uͤbrigens aber vollſtaͤndig. Die runden Kerne von verſchiedener Groͤße mit oder ohne Capſel ſind bisweilen ganz, oder zum Theil von ihren Mo— leculen befreit, während die letztern einzeln oder in Gruppen in dem Serum unveraͤndert bleiben. In demſelben Medium finden ſich auch einzelne Stuͤcke der ovalen Capſeln unter verſchiedenen, oft regelmaͤßigen Formen. Dieſe Veraͤnderun— gen entſprechen in vieler Beziehung denen der gewöhnlichen Eiterkuͤgelchen, welche bei verſchiedenen Krankheiten entweder im Blute oder ſonſtwo in ihre Beſtandtheile getrennt ge— funden werden. Ihre Molecuͤlen finden ſich alsdann ohne Huͤlle unter den uͤbrigen Beſtandtheilen herumſchwimmend, waͤhrend die Huͤlle ganz oder in Stuͤcke zerſpalten oder in einzelne formloſe Theile aufgeloͤſ't iſt. Einmal beſtand eine Quantitat kreidiger Maſſe in einem Nierenkelche ganz aus Eitermolecuͤlen; in dieſem Falle fand ſich eine reichliche Menge Eiterkuͤgelchen im Blute. Ferner, obwohl die Mole— cüle der eifoͤrmigen Körperchen, welche von verſchiedener Groͤ— ße ſind, bisweilen viel kleiner ſich zeigen, ſo ſind ſie doch eben ſo oft faſt von demſelben Durchmeſſer, wie das ge⸗ woͤhnliche Eitermolecuͤl, und in jedem runden Kerne finden ſich ein oder zwei Molecuͤle von viel betraͤchtlicherer Größe. Eſſigſaͤure ſcheint auf die eifoͤrmigen Körper nicht zu wirken, außer unter Beihuͤlfe eines leichten Druckes. Durch daſſelbe 140 Mittel wird aber das Eiterkuͤgelchen vollkommen aufgeloͤſ't; dieß iſt der Hauptbeweis, welchen ich fuͤr die Identitaͤt des Eiters und der Fluͤſſigkeit in den kranken Lebergaͤngen an— führen kann (1); ausgenommen die Unmöglichkeit, eins vom andern mit bloßem Auge zu unterſcheiden; ein hinreichender Beweis, wo das Mikroſcop nicht angewendet wird. Obwohl ich den Eiter ſehr vielfach in verſchiedenen Krankheiten ſowohl in, als außer dem Blute unterſucht habe, ſo geben meine Beobachtungen doch nicht hinreichende Data, um die Art der Bildung danach zu beſtimmen. Das, was ich beobachtet habe, mag indeß vielleicht dazu dienen, die vorliegende Streitfrage aufzuklaͤren. Es iſt nicht be— kannt, ob der Eiter eine Verderbniß des Blutkuͤgelchens oder eine neue Bildung ſey. Indeß fand ich in zufällig gebilde⸗ tem Eiter die Kügelchen genau von der Größe der Blutkuͤ— gelchen. Es fanden ſich einige reine Blutkuͤgelchen, und an⸗ dere waren gleich an Größe und Glaͤtte der Oberflaͤche; eini- ge aber hatten eine, zwei oder mehr von den characteriſtiſchen Zeichnungen des Eiters, wodurch die Lage angezeigt wird, in welcher die Molecuͤle gebildet werden, oder in ihrer Bil— dung fortſchreiten. Es kommen andere vor von gleicher Größe, in welchen dieſe Zeichnungen ſehr deutlich und die Ränder rauh waren: im Eiter aber, welcher durch allgemeis ne Krankheitszuſtaͤnde, oder durch chroniſche Krankheiten ir— gend eines Theiles gebildet iſt, hat das Kuͤgelchen ein Drit— tel bis zweimal die Groͤße des Blutkuͤgelchens, iſt platter und hat einen zerriſſenen Rand. Dieſe Art von Kuͤgelchen kann in dem Blute in allen Faͤllen gefunden werden, in welchen das Allgemeinbefinden durch eine locale Eiterablage— rung leidet. Im letzten Stadium der Phthiſis haben wir, Dr. Carswell und ich, im Blute keine andere Kuͤgelchen gefunden, als Eiterkuͤgelchen (1). Dieſe Thatſachen ſprechen fuͤr die Annahme, daß der Eiter aus dem Blute gebildet iſt, und dieſe Anſicht bin ich auch, nach dem jetzigen Stande unſerer Kenntniffe, ſehr ges neigt, anzunehmen; aber wenn die eikoͤrmigen Koͤrperchen Ei— ter ſind, wie Grund iſt, anzunehmen, ſo zeigt ſich die Schwierigkeit, daß ſie weit groͤßer von Durchmeſſer ſind, als manche von den Gefäßen, welche die zuvor beſchriebenen plexus zuſammenſetzen. Die knotigen Theile dieſer Gefaͤße indeß, ebenſo wie die, welche bis zum hoͤchſten Grade ihrer Ausdehnung gekommen zu ſeyn ſcheinen, ſind betraͤchtlich weiter, als dieſe Koͤrperchen; und da die letztern ebenſowohl die Zwiſchenraͤume der plexus, als die Hoͤhle der Gaͤnge einnehmen, ſo iſt es mehr als wahrſcheinlich, daß ſie in die— ſen Reſervoirs aus dem Venenblute gebildet werden, welches dieſelben hauptſaͤchlich anfuͤllt. Der groͤßte Durchmeſſer, bis zu welchem varicoͤſe Ca— pillarvenen gelangen, iſt 788 Zoll; aber oft variiren fie bis zu 1 Zoll in demſelben Zweige; aber die feinſten Aeſt— chen, welche neu entſtanden zu ſeyn ſcheinen, haben nur 300 Zoll Durchmeſſer. Durch Vergleichung des Umfangs der eifoͤrmigen Koͤrperchen, welche etwa „Es Zoll im kuͤrze⸗ ſten und 7 im laͤngſten Durchmeſſer haben, mit der 141 Größe der ausgedehnten Gefäße, ſieht man, daß die letztern groß genug ſind, um jene zu enthalten. Wenn die Blutkuͤgelchen einmal in dieſe varicoͤſen Side gelangt find, fo iſt es hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß ſie jemals wieder bis zu dem Lungenſyſteme gelangen ſollten. Die aͤußerſte Zartheit der Gefaͤße und ihr raſches Wachſen aber zeigt, wie leicht ſich die Theile den Umſtaͤnden anpaſ— fen. Statt das Blut zu reinigen, ſcheiden die Gefaͤße durch eine Veraͤnderung ihres Zuſtandes und eine Zunahme ihres Inhalts Eiter ab, als einen Erſatz fuͤr die Galle, welche eigentlich durch den natuͤrlichen Canal der Gallenabſonde— rung ausgelvert wird. Cruveilhier erwähnt, daß er in den erweiterten Gallengaͤngen eines Hundes nur Blut gefun— den habe; ein Fall, in welchem wahrſcheinlich eine Zerreis fung varicoͤſer Capillargefaͤße Veranlaſſung zu einer Blu— tung gegeben hatte. Daß die unzureichende Oxydation des Blutes entweder durch die Lungenkrankheit, wie in dem ans geführten Falle von Phthiſis, oder durch die Zuruͤckhaltung des Blutes in den varicöfen Capillargefaͤßen, oder durch irgend eine andere Urſache, zur eiterigen Degeneration der Kügelchen Veranlaſſung geben wird, bezweifele ich nicht. Bei Perſonen, in deren Blute ſich waͤhrend ihres Aufenthal— tes im Spitale Eiter gebildet hat, was nicht ſelten vor— koͤmmt, ſind alle Spuren davon verſchwunden, ſo wie ſie zwei oder drei Tage in einer reineren Luft gelebt haben (1). Nach demſelben Geſetze wird Blut, welches in varicofen Gapillars gefaͤßen zuruͤckgehalten iſt, in Eiter ausarten, anſtatt durch die Secretion gereinigt und nachher zu dem Blute weiter gefuͤhrt zu werden. Wie aber dieſe neue Form der Eiterkuͤ— gelchen entſtehe, muß bis jetzt uneroͤrtert bleiben, da andere Fälle von Eiterſecretion aus dem Venenblute zur Unterſtuͤz— zung der Unterſuchung nicht geſammelt ſind. Spuren der eifoͤrmigen Koͤrperchen fanden ſich weder in der Harnblaſe, noch im chylus. Obwohl das Blut nicht ſo beſchaffen war, daß man auf die Exiſtenz derſelben in der Circulation ſchließen konnte, ſo zeigte daſſelbe doch einige bemerkenswerthe Eigenthuͤmlichkeiten. In der Leber, Milz und in den Nieren waren die Blutkuͤgelchen conflui⸗ rend, d. h., ſie hatten ihre Individualitaͤt mehr oder min— der verloren und waren zu Maſſen zuſammengetreten: ein Zuſtand des Blutes, welchen ich auch unter andern Verhaͤlt— niſſen, z. B., bei Fieber, Haͤmorrhoiden u. ſ. w. und ſelbſt bei nervöfen Affectionen, Unruhe, Palpitationen u. f. w. gefunden habe, wenn keine andere Krankheit zugegen war. In den Lungen waren die Blutkuͤgelchen deutlich, aber oft in der Geſtalt ovaler Körperchen und ihrer Kerne gruppirt; in der Leber fanden ſich dieſelben Gruppen, aber mit con— fluirenden Blutkügelchen. Hier fanden ſich auch dieſelben großen Kuͤgelchen, wie in der Galle, in dem frühern Zus ſtande der Krankheit. Es waren deutliche Unterſchiede zwiſchen den eifoͤrmigen Koͤrperchen in den Verdauungsorganen. Diejenigen in dem Magen ſchienen eine partielle Verdauung erlitten zu haben, und im Zwoͤlffingerdarme fand ſich einige Verſchiedenheit in ihrer Form. 142 Die Capillargefaͤße des Magens und Zwoͤlffingerdarms, welche ich injiciret hatte, waren aneurysmatiſch, und in den Theilen, zu welchen ſie hingingen, fand ſich eine Tendenz zu dem Zuſtande, welcher in ſolchen Faͤllen faͤlſchlich Ulcera— tion genannt wird, und jetzt zu erklaͤren iſt. Der Umſtand, daß alle krankhaften Productionen, kreb— ſiger, tuberculoͤſer, knöcherner oder anderer Art, nicht allein gleichzeitig exiſtiren, ſondern auch in ihrer Structur ſelbſt vermiſcht ſeyn koͤnnen, — daß fie mit eiteriger, feröfer, blutiger oder anderer Ergießung vorkommen, — dieſer Um— ſtand, welchen Beclard als eine Hauptſchwierigkeit im Studium der pathologiſchen Anatomie betrachtete, kann jetzt als ein gemeinſamer Beweis betrachtet werden, daß ein und daſſelbe Geſetz fuͤr die Entwickelung aller Krankheiten gilt. Obwohl die Natur dieſes Geſetzes unbekannt war, ſo haben die Schriftſteller doch nicht verfehlt, eine innige Verbindung zwiſchen den verſchiedenen Formen des Carcinoms zu ent— decken, fo daß seirrhus, Carcinom, Medullarſchwamm, oder gallertartiges Sarcom ohne Unterſchied mit demſelben Na— men bezeichnet worden ſind, waͤhrend man einerſeits Tuber— kel und Melanoſe, andererſeits Melanoſe und Krebs zu einer Claſſe vereinigte. Wenn Beclard über das Carcinom ſagt: „ſein Ge— webe hat weniger Conſiſtenz, als seirrhus, jedoch mehr, als Gehirnſubſtanz; es iſt milchig weiß und auf der Durch— ſchnittsflaͤche mit rothen Puncten von den durchſchnittenen Gefaͤßen beſetzt, welche ſehr zahlreich, jedoch ſehr feinhaͤutig ſind, und kaum dem Drucke der Injectionsmaſſe widerſte— hen“; — ſo war dieſer Schriftſteller nicht weit davon, die Urſache dieſer Krankheit zu erkennen, und haͤtte er ſich zur Aufgabe gemacht, dieſe aufzufinden, fo würde er wahrfchein- lich das Wahre entdeckt haben, welches auf dieſe Weiſe in ſeinem Bereiche lag. In den Tuberkeln der Milz habe ich die Capillarartes rien aneurysmatiſch geſehen; daß ſie ebenſo bei jeder Form tuberculoͤſer und careinomatöfer Geſchwuͤlſte fenen, iſt noch zu beweiſen; indeß ſcheint es mehr als wahrſcheinlich, daß, waͤhrend ein gemeinſchaftliches Geſetz bei der Ernaͤhrung der normalen Gewebe durch geſunde Gefäße wirkt, die Abweis chung von dieſem Geſetze einer Krankheit der Gefäße zuzus ſchreiben ſey. Daß Blutung von Zerreißung varicoͤſer Capillargefaͤße herruͤhrt, ſieht man bei krebſigen Affectionen; daß ſie von derfelben Urſache in allen Geweben, ſowohl in den Lungen, als im Gehirne oder irgend einem andern Organe ausgeht, moͤchte ich nicht bezweifeln, dagegen behaupten, daß directe Beobachtung dieſe Frage auf der Stelle entſcheiden koͤnne. Dieſe erweiterten und verduͤnnten Gefaͤße verlieren, wenn die Krankheit, welche fie darſtellen, oberflaͤchlich iſt, den mes chaniſchen Halt und werden gangraͤnös; dieſer Zuſtand giebt zu der Zerſtoͤrung der Theile und zu ihrem allmaͤligen Vers ſchwinden dei boͤsartiger Krankheit Anlaß, nicht durch Abs forption, ſondern durch Auflöfung oder Zerſtoͤrung der äußern Oberflaͤche. 143 Die Capillargefaͤße in geſundem Zuſtande find von gleichmaͤßigem Durchmeſſer und etwa von der Groͤße eines Blutkuͤgelchens; hieraus laͤßt ſich der Schluß ziehen, daß in allen Geweben, welche Eiter abſondern, die Capillargefaͤße in einem Zuſtande von Erweiterung find (12); denn das Eiterkuͤgelchen iſt gewoͤhnlich ) — 2 mal größer, als das Blutkuͤgelchen; daher muͤſſen die Capillargefaͤße, welche Eiter abſondern, von verhaͤltnißmaͤßigem Durchmeſſer ſeyn. Dieſe einfache Wahrheit oͤffnet den Weg zur Unterſuchung des Zu— ſtandes der Capillargefaͤße durch die große Claſſe ferophuld: ſer, ſyphilitiſcher und anderer Abſceſſe und eiternder Flaͤchen jeder Art. Daß bei Entſtehung aller Krankheiten die Capillarge— fiße die thaͤtigen Agentien find, kann nicht bezweifelt wer: den; und wenn man die Ausdehnung, bis zu welcher dieſe Gefaͤße im Stande ſind, Veraͤnderungen in der Production fremdartiger Geſchwuͤlſte zu erleiden, voͤllig verſtanden hat, ſo iſt zu hoffen, daß der Practiker mit nun erweitertem Ge— ſichtskreiſe auch ſicherere Mittel auffinden wird, um ihre Thaͤtigkeit zu beſchraͤnken. Sollte dieſe in's Kleinſte gehende Unterſuchung auch andere Beobachter auf daſſelbe Beobachtungsfeld leiten, ſo iſt zu empfehlen, daß die Unterſuchung der Capillargefaͤße in keinem Falle verſaͤumt werde, weder bei Aneurysmen großer Gefaͤße, bei Varicen, Hypertrophie und Atrophie der Organe, noch ſelbſt bei allgemeinen Krankheiten, wie Entzuͤndungen und Fieber. Eine arterielle Behandlung bösartiger Krankheiten iſt noch zu entdecken. Sie muß auf Experimente begruͤndet werden, die man an Thieren anſtellt, mit Arzneimitteln, de— ren Einwirkung auf die Capillargefaͤße dabei erkannt wer: den ſollen; ſodann iſt ſie auf die Beobachtungen von der Wirkung der Mittel auf das Blut zu gruͤnden; denn dieſe Fluͤſſigkeit iſt offenbar in größerer oder geringerer Ausdeh— nung bei der Production fremdartiger Geſchwuͤlſte betheiligt. Indeſſen kann in Faͤllen, in welchen eine Exciſion nicht ausgefuͤhrt werden kann, wo aber die Arterie, deren darin ſich vertheilende Capillargefaͤße aneurysmatiſch ſind, zugaͤng— lich iſt, die Ligatur verſucht werden und, zwar nicht allein ohne Gefahr, ſondern auch mit einiger Hoffnung auf guͤn⸗ ſtigen Erfolg. Hierauf kann man Venaͤſection und Trans— fuſion, vorſichtig, aber den Regeln nach ausgefuͤhrt, folgen Bibliographische Legons de Botanique, comprénant principalement la morpholo- gie vegetale, la terminologie, la botanique comparee, l’exa- men de la valeur, des caracteres dans les diverses familles naturelles etc. Par Auguste de Saint-Hilaire, Paris 1840, 8. M. 12 Abbild. Voyage autour du monde, exécuté pendant les anndes 1836 et 1837 sur la corvette la Bonite, command&s par M. Vail- 144 laſſen; ein Experiment, welches in vorſichtigen Haͤnden ge— fahrlos iſt, aber zu Reſultaten fuͤhren kann, welche unſere practiſchen Kenntniſſe bei dieſer gefaͤhrlichſten Krankheitsclaſſe erweitern koͤnnten. (A treatise on varicose capillaries, as constituting the structure of carcinoma of the hepatic duets. By Th. Gor. Hake, M.D. London 1839). see Len. Eine Beobachtung über eine, in Folge der Anwen— dung eines Staͤrkemehlverbandes eingetretene, Gans graͤn hat Hr. Dr. Defer in Metz bekannt gemacht. Ein Weingaͤrt⸗ ner, von guter Conſtitution, erlitt einen Sturz, welcher einen Queer— bruch der Knieſcheibe des linken Beines zur Folge hatte. Der Geſundheitsbeamte der Nachbarſchaft wurde herbeigerufen und legte eine mit Staͤrkemehl getraͤnkte Cirkelbinde von den Zehen bis zum obern Dritttheile des Schenkels an; er beſuchte den Kranken von Zeit zu Zeit, ließ aber den Verband liegen, wie er ihn angelegt hatte. Sechs Wochen nachher kam er, um den Verband abzuneh— men; da aber der Geruch, welcher ſich verbreitete, ihn auf die Vers muthung brachte, daß das Gtied gangraͤnescirt ſey, ſo wagte er nicht weiter, ohne Herbeirufung eines andern Arztes die Fractur an— zurühren, und nun wurde Hr. Dr. Defer verlangt. — Der Ger ruch, der von dem kranken Theile ausging, ließ dieſen nicht einen Augenblick zweifeln, daß er einen Fall von Gangraͤn vor ſich habe. Nachdem der Verband abgenommen war, ergab ſich, daß die Gan— graͤn ſich von den Zehen bis ſieben Zoll unter dem Knie erſtreckten und zum Stillſtande gelangt war. Die Zehen waren völlig mumifi— cirt, der Fuß kalt und gaͤnzlich unempfindlich; die Haut loͤſ'te ſich in Fetzen ab. Das Gelenk zwiſchen tibia und Fußwurzel war entbloͤßt, die hintern, vordern und Seitenbaͤnder zerſtoͤrt, fo daß die nicht mehr zuruͤckgehaltenen Sehnen wie ſtarke Stränge geſpannt waren. Gefaͤße und Zellgewebe waren voͤllig zerſtoͤrt. Die Sehnen fingen an ſich zu erfoliicen, und die Knochen des Beins waren in ihrem untern Drittel ganz bloß. Da der Fall für unheilbar erkannt wers den mußte, fo ſchritt man zur Amputation, und der Kranke iſt here geſtellt. Eine neue Behandlung der Kraͤtze hat Hr. Raffaele Napoli mit Erfolg angewendet. Man nimmt Chlorkalk von gu— ter Qualitaͤt 1 Pfund, ſchuͤttet es in 8 bis 4 Pfund Waſſer, laͤßt es zwei Stunden lang digeriren, und ſeihet es dann durch dichte Leinwand In dieſes Waſſer taucht man Compreſſen und legt dieſelben, ſo befeuchtet, auf den mit den Kraͤtzpuſteln bedeckten Theil. Man bedeckt jede Compreſſe mit einer zweiten, die mit ftars kem Weineſſig befeuchtet iſt. So wie die Compreſſen trocken wer— den, feuchtet man ſie von Neuem an. Dieſe Behandlung ſetzt man bis zum Verbrauche der Fluͤſſigkeit fort. Nach dieſer Zeit iſt die Kraͤtze gruͤndlich geheilt. In einigen ſehr ſeltenen Faͤllen muß man den Verband mit Umſchlaͤgen wiederholen. nie ui lant etc. Physique, par M. B. Darondeau et M. E. Cheva- lier. Observations meteorologiques. Paris 1840. 8. On the Improvement and Preservation of the Female figure. With a new Mode of Treatment of Lateral Curvature of the Spine. By G. B. Childs. London 1840. 12. De la fluxion et de la congestion. These présentée au con- cours pour la chaire de pathologie médicale etc. Par E. F. Dubois (d' Amiens). Paris 1840. 4. M. 1 T. — . ͤ 04lbl Neue Notizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mirgerbeilt von dem ObersMedicinalratbe Froriep zu Weimar, und dem Mediemalrarhe und Profeſſor Froriep zu Berlin, No. 296. (Nr. 10. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes » Induftries Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 86 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nat u r Ueber die Structur und Phyſiologie des Fettes. Von James Paget, Proſector fuͤr pathologiſche Anatomie und Curator des anatomiſchen Cabinets am Bartholomaͤus-Hoſpitale. Man hat oft etwas Sonderbares darin gefunden, daß das in den winzigen Zellen des adipoͤſen Gewebes enthal— tene Oel nicht aus ihnen in die benachbarten Theile durch— ſchwitze, und dieſer Umſtand iſt von Vielen als einer der ſtaͤrkſten Beweiſe für das Vorhandenſeyn einer eigenthuͤmli— chen Lebenskraft in den Geweben betrachtet worden, welche fähig fen, die Neigung zur mechaniſchen Einſaugung der Feuchtigkeiten zu uͤberwinden. Uebrigens iſt dieſe Anſicht uͤberhaupt und in'sbeſondere in Bezug auf die adipoͤſen Ge— webe völlig nutzlos und unwahrſcheinlich. Ruͤckſichtlich der leg: tern laͤßt ſich deren Ungegruͤndetheit leicht nachweiſen, indem, ſo lange die Zellen unverſehrt ſind, das Oel ebenſowohl nach dem Tode, als waͤhrend des Lebens darin zuſammengehalten wird, und es läßt ſich, glaube ich, nachweiſen, daß dieſe an: gebliche Ausnahme von den allgemeinen phyſicaliſchen Ge— ſetzen, in der That, eine ungemein ſchoͤne Anwendung der letztern auf die Beduͤrfniſſe des thieriſchen Organismus iſt. Wenn zwei verſchiedene Fluͤſſiskeiten durch eine organi— ſche Membran oder durch eine dünne Lage gewiſſer fein-po— töfer Subſtanzen von einander getrennt find, fo kann keine derſelben die Scheidewand völlig durchdringen, wenn fie nicht eine gegenſeitige Neigung beſitzen, ſich mit einander zu ver— miſchen. Haben ſie dieſe Neigung nicht, ſo werden die Po— ten der Membran diejenige Fluͤſſigkeit aufſaugen, auf welche fie die ſtaͤkkſte Haarroͤhrchenanziehung aͤußern; find fie aber einmal gefuͤllt, ſo gerathen beide Fluͤſſigkeiten in den Zuſtand vollſtaͤndiger Ruhe. Bringt man, z. B., ein Stuͤck Wlaſe zwiſchen Waſſer und Oel, ſo wird das erſtere in die Poren eindringen und dieſelben fuͤllen, aber nicht durch dieſelben ſtreichen oder ſich mit dem Oele vermiſchen, weil beide Fluͤſ— ſigkeiten keine Verwandtſchaft zu einander haben; das Oel dringt aber deßhalb nicht in die Poren der Blaſe ein, weil es von derſelben nicht mit gleicher Kraft angezogen wird, No. 1390. . M n wie das Waſſer. Daher iſt eine feuchte Membran oͤldicht und eine geölte Membran waſſerdicht; denn beide Fluͤſſigkei⸗ ten ziehen einander nicht an, und wenn die Poren einer Membran einmal mit der einen oder der andern gefüllt find, ſo uͤben dieſelben auf die andere keine Haarroͤhrchenanzie— hung aus. Wenn ferner zwei nicht miteinander vermiſchbare Fluͤſ— ſigkeiten, z. B., Waſſer und Terpentinoͤl, zuſammengeſchuͤt— telt werden, fo daß ihre Theile einander möglich innig me— chaniſch durchdringen, ſo laſſen ſie ſich ſchnell von einander abſcheiden, indem man ſie auf einen vorher mit einer derſelben getraͤnkten Filter gießt. Hat man das Filtrirpapier, z. B., mit dem Terpentinoͤl befeuchtet, fo läuft das letztere durch, und umgekehrt ſickert das Waſſer durch, wenn man das Pa— pier mit demſelben benetzt hat. Die Zellen des adipoͤſen Gewebes ſcheinen mir daſſelbe Geſetz zu erläutern. Es find Blaͤschen, welche aus einer außerordentlich zarten organiſirten Membran beſtehen und von denen jedes ein winziges Troͤpfchen Oel enthaͤlt. Das Gewebe ihrer membranoͤſen Wandungen iſt mit derſelben F uͤſſigkeit befeuchtet, welche alle Gewebe aus dem Blute aufſaugen, d. h., einer waͤſſerigen Fluͤſſigkeit, welche eine geringe Quantität Eiweißſtoff und gewiſſe Salze enthaͤlt, mit der alſo das Oel keine Neigung hat, ſich zu vermiſchen, und ſo iſt jedes Oeltroͤpfchen in einem oͤldichten Blaͤschen eingeſchloſſen. Eine ſchoͤnere Anordnung der Materialien laͤßt ſich kaum denken. Die meiſten mechaniſchen Zwecke, welche das Fett zu erfuͤllen hat, ſind der Art, daß faſt jede andere in den Zellen enthaltene Fluͤſſigkeit denſelben entſprechen wuͤrde; in— deß, abgeſehen von den Vortheilen, die deſſen ſpecifiſche Leich⸗ tigkeit darbietet, und durch die es vorzüglich für die Kno⸗ chen paßt, fo wie von deſſen Wichtigkeit als Excretion, läßt ſich nur das Oel auf dieſe Weiſe in einem beſchraͤnkten Raume erhalten. Jede waͤſſerige Fluͤſſigkeit würde ſchnell in die umgebenden Gewebe durchſickern, wenn ſie ſich nicht in waſſerdichten Zellen befaͤnde. Allein dergleichen Zellen hätten 10 147 nicht ohne gewaltige Abweichungen von der allgemeinen Structur des Organismus eingerichtet werden und nicht lange waſſerdicht bleiben koͤnnen, wenn ſie nicht fortwährend mit einer Feuchtigkeit verſorgt worden waͤren, mit der ſich das Waſſer nicht bermifcht. Es hätte eine Circulation von Del oder einer ähnlichen Fluͤſſigkeit bewirkt werden muͤſſen, um das Durchſchwitzen des Waſſers durch mit Oel getränkte Membranen zu verhindern, ſo wie vermittelſt der Eirculation des Blutes dieſe Membranen, in der That, ſtets mit wäſſeriger Feuchtigkeit verſorgt werden, damit ſie oͤldicht blei⸗ ben. Bei Lebzeiten des Thieres ſaugen die Oelzellen, vermoͤge der Haarroͤhrchenanziehung ihrer Wandungen, dieſe waͤſſerige Feuchtig⸗ keit beſtändig aus dem circulirenden Blute auf, welches ihnen durch winzige Gefäße zugeführt wird, und nach dem Tode ſchwitzt, wenn das Fett an einem feuchten oder kühlen Orte aufbewahrt wird, ebenfalls kein Oel aus den Zellen, bis dieſe zerreißen *). Nur wenn die Zellen durch mechaniſche Trennung oder Platzen in der Wärme, durch Kiulniß oder die Einwirkung des Alcohols zerriſſen werden, oder auch durch Austrocknen aufhoͤren, oͤldicht zu ſeyn, koͤnnen ſie das Oel fahren laſſen. Wenn man alſo ein Ge⸗ webe, in dem ſich Fettzellen befinden, doͤrrt, ſo zeigt ſich auf deſ— fen Oberfläche eine Menge kleiner Oeltroͤpfchen, da die Zellen, nach⸗ dem die waͤſſerige Feuchtigkeit aus deren Wandungen entwichen iſt, nicht mehr oͤldicht find und folglich, wenn ſie ſich bei'm Auftrock⸗ nen zuſammenziehen, das Oel aus ihnen herausgepreßt wird. Legt man dagegen ein ganz aͤhnliches Gewebe in Waſſer, ſo entweicht nur aus den getrennten Zellen der Schnittflähe Oel, oder auch wohl aus ſolchen, die durch Faͤulniß oder zufällig geöffnet worden find. Beim Sieden und Braten des Fleiſches finden wir dieſel— ben Umftände beſtaͤtigt; im erſtern Falle fließt das Oel nur aus den zertrennten Fettzellen der Schnittflächen; im letztern ſchwitzt es fortwaͤhrend aus, je nachdem die Austrocknung der Zellwaͤnde immer tiefer fortſchreitet, bis ſich auf der Oberflaͤche eine oͤldichte Rinde von verkohlten animalifchen Stoffen gebildet hat. Dieſe, fo wie viele andere Umftände, welche ſich ohne Weiteres darbieten, be— weiſen hinlänglich, daß, fo lange die Fettzellen ganz und feucht ſind, das Oel nicht durch deren Wandungen dringen kann; und biervon iſt die einfache und klare Urſache, daß es die waͤſſerige Fluͤſſigkeit, welche ſich bereits in den Poren der Zellwaͤnde befin— det, weder verdraͤngen, noch ſich mit derſelben vermiſchen kann. Ich werde dieſe Gelegenheit dazu benutzen, uͤber einige der Zwecke, welche das adipoͤſe Gewebe im Thierkoͤrper zu erfüllen be⸗ ſtimmt iſt, einige Bemerkungen zu machen. Bei weitem der groͤßte Theil der Fettmaſſe iſt fluͤſſig, und die Wandungen der Zellen ſind fo außerordentlich dünn und biegſam, daß man fie bei vielen me: chaniſchen Benutzungsarten des Fettes gar nicht zu berüdjichtigen braucht. Gleich jeder, nicht in Zellen enthaltenen Fluͤſſigkeit, iſt das Fett unzuſammendruͤckbar, und pflanzt den auf daſſelbe aus— geübten Druck nach allen Richtungen fort. Allein die Formen, welche ſich irgend einer Maſſe Fett durch aͤußern Druck ertheilen laſſen, find durch diejenigen beſchraͤnkt oder theilweiſe bedingt, wel« che die Oelzellen, ohne zu zerreißen, anzunehmen vermoͤgen. Das Verhalten des Fettes iſt in dieſer Beziehung ungefähr daſſelbe, wie das von Waſſer, welches ſich in einem waſſerdichten Beutel befaͤnde. Die Geſtalten, welche die Waſſermaſſe alsdann anzunehmen ver: mag, werden durch diejenigen bedingt, deren das ſie umgebende waſſerdichte Zeuch faͤhig iſt. Es würde ſich, z. B., nicht in die Ge— ſtalt eines langen Kegels oder Cylinders preſſen laſſen; ebenſowenig in die irgend eines ſcharfwinkeligen Koͤrpers, waͤhrend doch eine nicht eingeſchloſſene Fluͤſſigkeitsmaſſe dieſe Formen eben fo Leicht *) Wenn Morgagni (Prodromo delle gr. Anat. Tav. 1 Fig. 1 2. T. IX. u. X.) und Andre von den Wandungen ſagen, fie ſeyen gefäßreih, fo beruht dieß wahrſcheinlich auf einem Irrthume. Gleich allen übrigen Primaͤrzellen, find die Fett— kugelchen außerhalb der Gefäße; allein wenn fie auch nicht von Blutgefaͤßen durchdrungen werden, fo koͤnnen fie deßhalb doch eine hinlaͤngliche Quantität Feuchtigkeit auffaugen, wenn ſie mit den Blutgefaͤßen durch eine ununterbrochene poroͤſe Membran in Verbindung ſtehen. 148 annehmen würde, als irgend andere. In Betreff geringer Korms veraͤnderungen aber übt der Beutel, da ſich die darin eingeſchloſſenen fluſſigen Theilchen volkommen leicht übereinander hin bewegen, eis nen nur ſehr unerheblichen Einfluß aus. Dieſer wird aber um ſo geringer ſeyn, je zarter und geſchmeidiger die Wandungen des Sackes find, und wenn die Fluͤſſigkeit ſich nicht in einem einzigen Beutel, ſondern in einer Menge von etwas beweglichen, ſehr win zigen und mit ſehr zarten Wandungen verſehenen Zellen befindet, wie dieß, z. B., bei jeder Fettmaſſe der Fall iſt, wo die Zellen 360 bis rige Zoll im Durchmeſſer und deren Wände eine ganz unglauoliche Feinheit darbieten, fo läßt ſich denken, daß deren Obers flaͤche eine gewiſſe Reihe von geringen Formveraͤnderungen ſo ge— nau und leicht annehmen koͤnnen, wie eine nicht in Zellen einge— ſchloſſene Fluͤſſigkeitsmaſſe. Welchen Nutzen es hat, daß das Fett unzuſammendrückbar iſt und deßhalb den auf daſſelbe ausgeuͤbten Druck auf eine große Oberflache vertheilt, laͤßt ſich an der Fußſohle, ferner an der Ges gend unter der tuberositas ischii und gewiſſen andern Theilen nachweiſen. Auf den an dieſen Stellen befindlichen Fettmaſſen ſte— hen und ſitzen wir, in derſelben Art, wie man auf einer Waſſer— matratze liegt, vollkommen obne Nachtheil, weil nicht ein Troͤpf— chen Oel aus den fuͤr daſſelbe undurchgaͤnglichen Zellen entweichen kann. Denſelben Zweck hat wahrſcheinlich auch das in den tiefen Hautſchichten anderer Theile befindliche Fett zu erfuͤllen, durch welches faſt die ganze Koͤrperoberflaͤche eine Fluͤſſigkeitshuͤlle er— haͤlt und die benachbarten Theile in gewiſſem Grade vor aͤußerer Verletzung geſchuͤtzt werden. Der Hauptnutzen den wir, vermoͤge dieſer Anſicht, dem adipd⸗ ſen Gewebe zuzuſchreiben haben, beſteht jedoch darin, daß es als ein paſſives Material zur Ausfuͤllung der zwiſchen benachbarten Organen befindlichen Lücken dient. Denn die Functionen verſchie— dener Organe bedingen verſchiedene Formen, die einander nicht ge— nau angepaßt werden koͤnnten, ohne daß eine Function der andern mehr oder weniger hinderlich waͤre. Wir wollen dieß durch einige Beiſpiele erläutern. Die weſentlichen Theile des Herzens find deſ— fen musculoͤſe Wandungen und Klappen, und zur Ausführung der verſchiedenen Thaͤtigkeiten dieſes Organes iſt nothwendig, daß die erſtern die Geſtalt beſitzen, welche wir bei'm Seciren bemerken, und die ſich in Bauſch und Bogen mit der zweier nebeneinander befinds lichen Sanduhren vergleichen Läßt, indem die Muskelfaſern der Herzohren und Ventrikel um die mit jedem verbundenen Klappen her eingeſchnürt ſind. Allein ein ſo geſtaltetes Organ koͤnnte ſich nicht frei mit abwechſelnden Zuſammenziehungen und Ausdehnun— gen in einem Raume bewegen, der eben nur um ein Geringes größer wäre, als es ſelbſt, und dieſe Schwierigkeit wird dadurch vermehrt, daß an die Muͤndungen der Hoͤhlen große Adern ange— ſetzt find und die acteria und vena coronales an der Oberfläche der Wandungen hinlaufen. Wer ein ſecirtes Herz mit feinen gro— ßen Blutgefäßen unterſucht, von welchem alles Fett und Zelfger webe forgfältig beſeitigt worden iſt, der wird zugeben, daß ſich ein ſo unregelmäßig geſtaltetes Organ in einer Höhle von deren Wänden es dicht umgeben wäre, und die ſich allen Verſenkungen deffelben ans ſchmiegte, unmoͤalich frei bewegen koͤnnte Dieſe Schwierigkeit ift aber bei der wirklichen Einrichtung des Organismus beſeitigt; alle Unregelmaͤßigkeiten der Oberflache, welche jene Theile des Herzens und die zur Bewirkung der Circulation noͤthigen Blutgefäße dars bieten, ſind mit Fett (oder an einigen Stellen Zellgewebe) ausge— füllt, welches ſich genau an den Stellen ablaaert, wo ohne deſſen Anweſenheit ſchroffe Erhoͤhungen oder Vertiefungen vorhanden ſeyn wurden; z. B., in den Furchen, wo die Faſern der Herzohren und Ventrikel um die Klappen her ſich zuſammendraͤngen; in denen neben den art. und ven. coronales und allen ihren nur einigerma— ßen ſtarken Aeſten; in den Räumen zwiſchen den großen Arterien— und Venenſtämmen, in der Vertiefung über dem septum der Ven— trikel c. So erhält das ganze Organ eine einfache eifoͤrmige Ger ſtalt mit glatter ebener Oberflaͤche, ſo daß es ſich mit geringſt moͤglicher Reibung an den Wandungen des Herzbeutels ausdehnt und zuſammenzieht, ſo wie nach verſchiedenen Richtungen bewegt, waͤhrend zugleich die Beweglichkeit der Oeltbeilchen durch deren Zellen nicht in dem Grade verhindert iſt, daß ſie ſich nicht den ge— 149 ringen Fermveraͤnderungen anpaffen könnten, denen die Theile des Herzens, mit denen fie ſich in Berührung befinden, während ihrer naturlichen Functionen unterworfen ſind. Das Fett in der Augenhoͤhle ſcheint eine ähnliche Beſtimmung zu haben. Es gilt bier zu ermöglimen, daß ein ſpharoidiſcher Körper, der Augapfel, durch lange an deſſen Gipfel gebeftete Muskeln in der Naͤhe der Baſis einer hohlen vierſeitigen Pyram de leicht bewegt werde. Es liegt auf der Hand, daß dieſe Paupttheile des Sehap— parats, wegen ihrer verfchiedenen Geſtalt, nicht fo aneinander ges ſetzt werden können, daß kein Raum zwiſchen ihnen bliebe. Wie vortheilhaft zur Ausfüllung deſſelben ein Gewebe ſey, welches faſt alle mechaniſchen Eigenſchaften einer Fluſſigkeit beſitzt, leuchtet ohne Weiteres ein, und durch daſſelbe wird ermöglicht, daß ſich der Aug— apfel mit ungemein geringer Reibung bin und her bewegt; waͤh— rend er doch eine gehörig ſichere Unterlage hat und die Muskeln auf denſelben fo zwanglos einwirken, als ob fie durch eine fluſſige Maſſe ſtrichen. Eine cylindriſche Roͤhre kann ferner nicht, ohne daß viele leere Zwiſchenräume bleiben, in eine ziemlich kugelfoͤrmige Höhle gebracht werden, und vorausgeſetzt, daß dieſe Formen ſich für die verſchiede— nn Functionen des Nahrungeſchlauches und der Bauchhoͤhle am bes ſten eignen liegt auf der Hand, daß jener nicht in dieſer angebracht werden kann, ohne daß Lücken zwiſchen den beiderſeitigen Wandun— gen bleiben, wenn vicht alle Winkel mit irgend einer Subſtanz ausgefullt werden. Außer andern Beſtimmungen, welche das Fett des omentum, des mesenterium und der appendices epiploicae haben dürfte, erfüllt es dieſen Zweck weniaftens ganz gewiß. Uns terſucht man die Leichen von Perſonen, die vor dem Ableben nicht abgemagert find, fo erſtaunt man über die Genauigkeit, mit wel— cher jede Lucke zwiſchen den Baucheingeweiden in der Art mit Fett ausgefüllt iſt, daß fie ſich übereinander und an den Peritoncalwan— dungen mit ſehr geringer Reibung und innerhalb der Graͤnzen der Formveraͤnderungen bewegen können, welche die Functionen des Darmcanals erheiſchen, wobei ſich das Fett fo geſchmeidig zeigt, als irgend eine Fluͤſſigkeit. Unter vielen Beiſpielen, welche wir zur Erläuterung dieſes Nutzens des adipöfen Gewebes beibringen könnten, wollen wir hier noch eines hervorheben, naͤmlich das der Haversiſchen Drüfen oder der Fettmaſſen, welche an gewiſſen Stellen in faſt alle Höblen der beweglichen Gelenke hineinragen was auch bei vielen bursae, Seh— nenſcheiden ꝛc. der Fall iſt. Bei der Structur eines beweglichen Gelenkes iſt ein Hauptumſtand, daß alle unnötbige Reibung ver: mieden werde, und wir finden daher, daß die Portionen der Knor— peloberflächen, die irgend mit einander in Beruͤhrung kommen, ſo kein find, als fich dieß mit der Sicherheit ihrer Zuſammenfuͤgung irgend verträgt. Bei den meiſten Gelenken ſind, wie auch deren Lage ſonſt beſchaffen ſeyn mag, die Knorpel nur mit einer verhaͤlt— nißmaͤßig geringen Portion ihrer Oberflaͤche mit einander in Be— ruͤhrung, und divergiren von dieſer Portion aus von einander mehr oder weniger ſtark, ſo daß zwiſchen den weſentlichen Theilen des Gelenkes, den Knorpeln und Baͤndern immer bedeutende Luͤcken vorhanden ſeyn muͤſſen. Ein großer Theil derſelben iſt nun mit 1 25 an welches (oft in großen und zartgeformten Zapfen oder ortfägen) in das Innere der Gelenkboͤhlen hineinragt ſich in alle krummlinige Winkel ſchmiegt, welche ſonſt zwiſchen den Knorpeln und Bändern leer bleiben wuͤrden, und ſich bei den verſchiedenen Bewegungen des Gelenkes leicht jeder durch die natürlichen Stel: lungen jener Gewebe veranlaßten Formveraͤnderung fügt. Da die Bewealſchkeit der Oeltheilchen aber durch deren Zellen beſchraͤnkt iſt, ſo kann das Fett um die Gelenke her nur unvollftändig zur Ausfüllung der in den Gelenkhoͤhlen befindlichen Luͤcken dienen: deß⸗ balb werden die winzigern Zwiſchenraͤume durch die Synovia vollends gefuͤllt, und die volftändige Zuſammenpaſſung aller Oberflächen durch eine freie Fluͤſſigkeit bewirkt, welche in die engern Raͤume eindringt, in welche die Fettzellen nicht hineintreten koͤnnten, und zwiſchen den Knorpeln einen Druck abzuhalten hat, den die Fett zellen nicht ertragen würden, ohne zu platzen Es ließen ſich noch viele andere Faͤlle anführen, in denen das Fett vornehmlich die Rolle der Fuͤtterung (wenn ich mich dieſes Ausdruckes bedienen darf) zu ſpielen ſcheint, und wo es fi auf: 150 findet, führt es wenigſtens nebenbei den Nutzen mit herbei, daß es die wichtigerg und zu kraͤftigen Functionen dienenden Organe zu einer ununterbrochenen Maſſe von einer Form verbindet, welche manche locale Vortheile mit ſich bringt. Es erfüllt dieſen Zweck nicht nur bei innern Organen, ſondern auch an der Oberflache des Körpers, der es die Rundung giebt, vermoͤge welcher die Extremi⸗ täten und der Rumpf unter Anderm bei'm Durchſchneiden von Luft und Waſſer einen geringern Widerſtand zu überwinden haben; wel⸗ cher Umſtand, z. B., bei der runden Geſtalt der Wale ſeine An— wendung findet, welche, nachdem man die großen Fettmaſſen von ihrem Koͤrper entfernt hat, eine Form darbicten, die ihnen bei'm Schwimmen ſehr hinderlich ſeyn wurde. Durch die von mir nachgewieſene Structur des Fettes wird man noch auf Betrachtungen anderer Art gelentt. Man nimmt allgemeen an, daß bei den Walen und auch bei andern Thieren mehr oder weniger das Fett zum Schutze gegen Kalte diene. Seine Structur it auch zur Erfüllung diefer Beſtimmung unge- mein gerignet. Als Ftüſſigkeit iſt daſſelbe ein außerordentlich ſchlechter Waͤrmeltiter, und da er in einer Menge winziger von einander getrennter Zellen enthalten iſt, ſo iſt deſſen Bewegung auch vollſtaͤndig gehemmt, oder die Circulation auf jede befondere Zelle beſchraͤnkt, ſo daß es auch auf dieſe Weiſe die Wärme nicht fortleiten kann, waͤbrend die Temperatur der Zellen durch die be— nachbarten Blutgefaͤße beftändig ziemlich hoch erhalten wird. Wäre die Fett- oder Oelmaſſe nicht in Zellen vertheilt, fo koͤnnte durch deren Circulation die Temperatur der darunterlicgenden Muskeln leicht bedeutend herabgeſtimmt werden. Das Oel des Fettes iſt von Manchen für eine Ercretion aus— gegeben worden, und die Bemerkung gilt allerdings für alle Ger webe, daß die den circulirenden Fluſſigkeiten zur Ernährung der Gewebe entzogenen Materialien in Bezug auf den ganzen Orga— nismus Excretionen ſeyen ). Dieß ſcheint nun auf das Oel des Fettes ſeine vollſtaͤndige Anwendung zu finden. Da bei deſſen Ausſcheidung dem Blute eine große Menge Koblenſtoff und Waſſer- ſtoff entzogen wird, fo muß diefer Proceß in Betreff der Ergap⸗ rung eine wichtige Rolle ſpielen, und die Anhaͤufung des Fettes in großer Menge findet, wenn ſie nicht zu dem Zwecke geſchieht, um das Tyier zu langem Faſten zu befähigen, unter Umftänden ftatt, dir mehr auf eine krankhafte Veraͤnderung der Seecretionen, als auf Steigerung der Ernährung hindeuten. Eine gewiſſe Quantitat Fett iſt dem Thiere allerdings noͤthig, weil dieſe Subſtanz zu ges wiſſen mechaniſchen Zwecken dient. An den weiter oben erwähnten Stellen findet ſich daſſelbe ſtets in größerer oder geringerer Menge, ſelbſt wenn der Koͤrper noch ſo abgemagert iſt, oder es fehlt doch wenigſtens fo hoͤchſt feiten, daß man es als einen weſentlichen Be: ſtandtheil der Structur jener Theile zu betrachten hat *). Allein bis auf jene in mechaniſcher Beziebung nützliche Quantität Fett, iſt das ſcheinbare Paradoxon Hunter's „Fett bildet keinen Be— ſtandtheil des Thieres“ (f. Catalogue, Vol. III. p. 209) vollkom⸗ men richtig. Jenes Quantum ausgenommen, kann man es ſicher „) G. R Treviranus. Die Erſcheinungen und Geſetze des organiſchen Lebens. Bd. 1. S. 401. ) Mir iſt nur ein einziger Fall vorgekommen, wo das adipoͤſe Gewebe des Herzens ganz fehlte; allein es war durch ein glei⸗ ches Volumen von ſehr feuchtem Zellgewebe erſetzt. In der orbita fehlt das Fett, meines Wiſſens, nie ganz; das Einfal⸗ len der Augen bei großer Abmagerung erfolgt durch den Ver⸗ luſt einer in mechaniſcher Beziehung unwichtigen Quantität, um die Gelenke her iſt man ſicher, ſtets Fett zu finden, und an den Baucheingeweiden vermißt man es nur in hoͤchſt ſelte⸗ nen Fällen. Bei allen höher organiſirten Thieren trifft man an den genannten Stellen, ſo viel ich weiß, Fett. Beim Haſen, den man fuͤr eines der magerſten Thiere hält, und bei dem man an den Stellen, wo ſich das Fett bei andern ers ſtaunlich anbaͤuft, nur wenig davon findet, wird man um das Herz her, in den Augenhoͤhlen ꝛc. nie die Menge vermiſſen, welche die von mir nachgewieſenen mechaniſchen Zwecke voll: kommen zu erfüllen im e 1 151 „als zufällig abgelagerten Stoff“ betrachten. Es iſt eine verhal⸗ tene Excretion, deren laͤngeres Verweilen im Koͤrper nicht von denſelben nachtheiligen Folgen begleitet iſt, als das von andern Fluͤſſigkeiten derſecben Claſſe; denn da es in waſſerdichten Zellen eingeſchloſſen iſt, ſo kann es nicht ohne Weiteres in den Strom der Circulation uͤbergehen oder ſich in die benachbarten Gewebe verbreiten. Das angehaͤufte Fett eines den Winter verſchla— fenden Thieres gehoͤrt zum allgemeinen Organismus erſt dann, wenn es, vermoͤge eines der Ernaͤhrung dienenden Aufſau— gungsproceſſes, von den Zellen in das Blut uͤbergeht. Vorher iſt es nur ein Vorrath von Nabrungsftoffen, welcher dem Körper nä— her, als andre Vorräthe, aufgeſpeichert iſt. Ebendaher ſind auch die der Geſundheit nachtheiligen Wirkungen der uͤbermaͤßigen Wohlbe— leibtheit durchaus mechaniſchen Urſprungs; denn das Oel in den Fettzellen kann auf die Beſchaffenheit der Nahrungsſaͤfte ſo wenig irgend einen Einfluß aͤußern, als wenn es ſich gar nicht mehr im Körper befaͤnde. (London medical Gazette, Jan. 1840.) — 152 Miscellen An die Bemerkung, daß große Feuer Gewitterausbruͤ— che verhindern, ſchließt ſich eine neue Mittheilung von Herrn Matteucci an, welcher bei einer Reiſe in den Appenninen fand, daß die Cantone, wo man Holzkohlen macht und Schwefel laͤutert, ſehr ſelten von Gewittern und nie von Hagel getroffen werden. Man ſagte ihm daß der Canton, in welchem ſich die Schwefeloͤfen befinden, ſeit fuͤnf Jahren nur ein einziges Gewitter mit Hagel erlebt habe, und daß die Stelle ſelbſt, wo dieſe Oefen ſteyen (Perticaja bei Rimino), ganz verſchont geblieben ſey. Ueber wirkliche Knochenbildung bei kieſelſchaa— ligen Gallio nellen, welche ungleiche Kettenglieder veranlaßt, tbeilte Hr. Profeſſor Ehrenberg der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin ſeine Beobachtungen mit und zeigte lebende Exemplare vor. Necrolog: — Hr. Jullien⸗Desjardins, Stifter der Société d'histoire naturelle auf der Inſel Maurice, dem man viele Beobachtungen verdankt, iſt, 40 Jahre alt, geſtorben. rn u nn Ueber Abſceſſe zwiſchen Schlund und Halswirbel— ſaͤule bei Kindern und Erwachſenen. Von Dr. Chr. Flemming. Es kommen Faͤlle von Verſchließung der Speiſeroͤhre vor, in welchen die Diagnoſe aͤußerſt ſchwierig iſt; dahin gehören namentlich die Entzündungen und Abſeeſſe hinter dem pharynx. Von einer Familie von fuͤnf Knaben zwiſchen 7 und 17 Jahren erkrankten drei ohne nachweisbare Urſache auf folgende Weiſe. Das juͤngſte Kind erwachte zwei Stun— den, nachdem es in's Bett gebracht war, mit Erbrechen, brachte die Nacht ruhig hin, ſchien am andern Morgen et— was muͤde, ſchlief, wie gewoͤhnlich, am Mittage und wurde um 2 Uhr in Convulſionen gefunden. Die ſogleich ange— wendeten Mittel blieben erfolglos; ich fand es 2 Stunden vor dem Tobe comatoͤs, faſt pulslos, auf der linken Seite gelaͤhmt, auf der rechten in leichten Convulſionen. Der Tod erfolgte 22 Stunden nach Eintritt der Convulſionen, 39 nach dem erſten Erbrechen. Bei der Section fand ſich das Gehirn blutreich, uͤbrigens keine Spur von krank— hafter Veränderung. . Drei Tage fpäter wurde der Gjährige Knabe, ein zar— tes Kind, befallen, welcher, als Reconvalescent von einem remittirenden Fieber, noch ſehr abgemagert war. Er erbrach ſich mehrmals, klagte über heftigen Kopfſchmerz und einige Fieberſymptome, wurde aber nach wenigen Tagen durch mild ausleerende Mittel hergeſtellt. Tags darauf erkrankte auch der vierte, bis dahin ſcheinbar geſunde, 33 Jahr alte Knabe mit denſelben Sym— ptomen. Die erſten Ecſcheinungen waren mild, nahmen aber nach etwa 36 Stunden eine große Heftigkeit an, wo— bei, unter den Erſcheinungen eines heftigen Entzuͤndungsfie— bers mit Hirnaffection, durch die ſehr energiſche Behandlung doch am vierten Tage die Reconvalescenz geſichert ſchien. Eine von Tag zu Tag auffallendere feſte Stellung des Ko— pfes und Steifigkeit des Halſes zog nun die Aufmerkſam— keit auf ſich. Der Kopf war nach Hinten gezogen, die Muskeln wurden immer ſteifer, und die Bewegungen des Kopfes ſchmerzhaft und ſehr beſchraͤnkt. Der Knabe klagte uͤber Schmerz im Halſe und Schlingbeſchwerden, welche zeitweiſe mit heftigen krampfhaften Anſtrengungen verbunden waren. Huſten war nicht zugegen; die Stimme blieb frei. Das Articuliren der Worte wurde aber merkwuͤrdig veraͤn— dert, indem die Worte gewiſſermaßen mit Schmerz heraus: gedraͤngt wurden und oft ganz unverſtaͤndlich blieben. Durch oͤftere forgfältige Unterſuchung des Rachens und des Halſes war durchaus keine locale Urſache zu entdecken; die Sym— ptome aber machten unter zunehmenden Allgemeinleiden be= traͤchtliche Fortſchritte. Die Behandlung bezweckte haupts ſaͤchlich die Reſorption ergoſſener Fluͤſſigkeiten und beſtand hauptſaͤchlich in Queckſilber und Blaſenpflaſter am Hinter— kopfe. Am zehnten Tage hatten die Symptome ihre Hoͤhe erreicht; das abgemagerte, ſchwache Kind hatte keinen Appe— tit und trank nur gegen dringenden Durſt, da das Schluk— ken ſchmerzlich und krampfhaft war; dabei vollkommne Som— nolenz. Ich bemerkte nun, daß die Koͤrperſtellung den aufs fallendſten Einfluß auf die Symptome hatte. Der stupor bei'm Liegen verſchwand faſt ganz bei'm Sitzen. Auch die ſchwierige ſchnarchende oder roͤchelnde Reſpiration bei'm Lie⸗ gen wurde ruhig bei'm Sitzen, wodurch auch der Puls von 40 faſt normal wurde. Fluͤſſigkeiten wurden, ſtatt in den Magen zu gelingen, jetzt meiſtens durch die Naſe und den Mund wiederum ausgeſtoßen. Alles dieß konnte durch me— chaniſche Verſtopfung des pharynx veranlaßt ſeyn; aber wie: derholte Unterſuchung wies dieß nicht nach. Dieſe wurde indeß namentlich dadurch erſchwert, daß das Kind die Kiefer kaum fo weit öffnen konnte, daß ich meinen kleinen Finger ein⸗ 155 zubringen im Stande war. Indem ich dieſen mit Gewalt einführte, fuͤhlte ich indeß eine Geſchwulſt hinter der Baſis der Zunge, welche ein Gefühl von Fluctuation gab. Genauere Ermittelung war unmoͤglich. Der weiche Gaumen und das Zaͤpfchen waren deutlich zu unterſcheiden; aber wegen um: vollkommener Oeffnung des Mundes war uͤbrigens nichts zu erkennen, da ſelbſt das Unterſuchen durch das Gefühl we: gen der heftigen Dyspnoͤe nothwendig bloß momentan ſeyn konnte. Obgleich ich davon nie etwas gehoͤrt hatte, ſo machte der Fall mir doch den Eindruck, daß ein Abſceß hinter dem pharynx vorhanden ſeyn möge, welcher mechaniſch die ers waͤhnten Krankheitserſcheinungen hervorbringe. Die Docto- ten Crampton und Cu ſack ſtimmten, nach einer forgfäitis gen Unterſuchung, mit mir uͤberein, und es wurde mit einer Erplorationsnadel die Punction der Geſchwulſt beſchloſſen. Sogleich ſpritzte eine reichliche Quantität gutartigen Eiters hervor, und in demſelben Augenblicke war auch das Ausſe— hen des Falles veraͤndert, die Somnolenz beſeitigt, das Schluk— ken erleichtert. Den Tag uͤber erhielt das Kind Nahrung und kleine Doſen von Chinin; Abends war der ſchnarchende Athem und uͤberhaupt das fruͤhere Ausſehen des Falles wie— der eingetreten, jedoch konnte der Mund wieder weiter geoffnet werden. Ich offnete den wieder verſchloſſenen und gefüllten Abſceß mit augenblicklicher Erleichterung aller Symptome. Ich ließ nun den Rumpf des Kindes fo hoch, als möglich, legen, mit tie liegendem Kopfe: die Nacht war ruhig; es floß viel Eiter aus dem Munde. Tags darauf fpielte der Knabe mit ſeinen Geſchwiſtern, und er wurde von da an vollkommen geſund. Der naͤchſte Fall, den ich mittheilen will, iſt der eines Knaben von 7 Monaten, welcher beweiſ't, daß dieſe Kranks nn ſchon in der erſten Periode der Kindheit vor— mmt. Im April 1888 wurde ich zu einem Kinde gerufen, deſſen Vater mir ſagte, daß es an Hirnwaſſerſucht leide, woran mehrere Kinder aus ſeiner naͤchſten Verwandtſchaft unter gleichen Symptomen geſtorben ſeyen. Ich fand Sym— ptome von gastroenteritis mit Verdacht auf Cerebralcom— plication. Außerdem waren einige Druͤſen am Halſe ge— ſchwollen, wie es ſchien, in Folge von wunden Stellen bins ter dem Ohre. Mund und pharynx waren frei; die untern Schneidezaͤhne waren eben durchgebrochen. Die Behandlung richtete ich hauptſaͤchlich gegen die Abdominalſtoͤrungen und das Druͤſenleiden, worauf ſich der Zuſtand ſo beſſerte, daß ich am Fteitage meinen Beſuch ausſetzte. Am Sonnabende wurde in Eile nach mir geſchickt, und ich fand alle Sym⸗ ptome wieder auf gleicher Höhe, wie früher: unaufhoͤrliche Unrube, immer wiederkehrendes Erbrechen, Roͤthung des Ges ſichts, lautes, beſchwerliches Athmen und fortwaͤhrendes Auf— fahren aus dem Schlafe, in den das Kind nur im Arme der Mirterin verfiel. Jeder Verſuch, das Kind in die Wiege zu legen, vermehrte die Symptome. Zugleich bemerkte ich, daß der Kopf des Kindes zuruͤckgezogen war und daß das Kinn ungewöhnlich hervorragte; dei jedem Verſuche, den Mund zu öffnen, ſchrie das Kind; am Halſe, beſonders uns 154 ter den ſchon erwähnten Drüfen, zeigte ſich die größte Ems pfindlichkeit; die Geſchwulſt hatte zugenommen; die Haut war aber normal gefärbt. Die leichteſte Bewegung des Kos pfes ſchien ſchmerzhaft. Die Symptome ſchienen mit von Entzuͤndung der Drüfen abzuhaͤngen, und ich wendete Blute⸗ gel, Umſchlaͤge und milde Mertcurialabfuͤhrmittel dagegen an. Tags darauf, nach einer uͤbeln Nacht, zeigten ſich bloß die entzündeten Druͤſen etwas beffer, die übrigen Symptome uns verändert, Es hatte ſich ein gurgelndes Geraͤuſch im Ras chen (von dem hier angefammelten Schleime) hinzugeſellt; das Schlucken iſt ſehr ſchwierig und fuͤhrt jedesmal heftige Anfälle von Dyspnoe herbei, welche auch eintreten, wenn man das Kind in die Wiege oder an die Btuſt legt. Ich fürchtete einen Anfall von Convulſionen, glaubte einige Aehn⸗ lichkeit mit dem vorigen Falle zu erkennen, fuhrte meinen Finger in den Rachen ein, fühlte hier eine volle Geſchwulſt und machte einen Druck auf dieſelbe, durch welchen, da gleichzeitig eine convulſiviſche Bewegung des Kindes hinzu⸗ kam, eine plötzliche Entleerung von Eiter durch die Naſe herbeigeführt wurde. Eine Stunde ſpaͤter wurde mit Sir Henry Marſh und Hrn. Cuſack eine Conſultaton ge⸗ halten. Das Athmen, hauptſaͤchlich durch die Naſe, war ruhiger; eine kleine Quantität Fluͤſſigkeit konnte jedoch mit Schwierigkeit geſchluckt werden; das Ausſehen war auffal⸗ lend; aus der Naſe floß dicker Eiter; jeder Verſuch, das Kind zu legen, veranlaßte heftige Dyspnoe; die hintere Wand des Rachens war, mit aller Muͤhe, nicht zu ſehen, indem der Raum hinter der Zunge mit dickem, eiterigem Schaume gefüllt war. Ich fühlte deutlich eine Geſchwulſt, war aber nicht im Stande, ſie mit der Explorationsnadel zu öffnen. Es mußte daher der weitere Verlauf abgewartet werden, waͤh⸗ rend die Kraͤfte des Kindes durch ernaͤhrende Klyſtire erhalten wurden. Zu gleicher Zeit hielt ich den Apparat zur Tracheoto⸗ mie bereit, wenn dieſer etwa noͤthig werden ſollte. Auf dieſe Weiſe wurde der Zuſtand unverändert erhalten; die Kraͤfte hoben ſich, wiewohl die Verengerung der Speiſeroͤhre noch auffallender war. Tags darauf hoͤrte der Eiteraus fluß aus der Naſe auf; die Dyspnde und Erſtickungsnoth nahm zu; die Geſchwulſt wurde immer feſter und zeigte keine Flu⸗ ctuation, und da die Geſchwulſt tiefer als die Zunge lag, fo wurde es nöthig, ein befonderes Inſtrument zur Eröffnung der Geſchwulſt vorzubereiten. Zu dieſem Ende wurde von Hrn. Cuſack und mir beiftehend abgebildeter Schlundtroi⸗ cart zuſammengeſetzt, deſſen Rohre etwa 4 Zoll lang war. Roͤhre. — ’ Flemming's Schlundtroicart. 2 Hr. Cuſack firirte Tags darauf den Kopf des Kin⸗ des; ich führte mit dem Zeigefinger der linken Hand die 155 Troſcartroͤhre in dem pharynx herab zur Geſchwulſt, ſtieß das Stilett vor und fah ſogleich eine Quantität gutartigen Eiters bervorftürzen. Die Beſſerung war augenblicklich und bleibend. Der Knabe iſt nun vollkommen geſund. Aehnliche Fälle bei Er wachſenen find mir nicht vors gekommen, obwohl ich Abſceſſe in den Mandeln, dem wei— chen Gaumen und hinter den Mandeln (nach Petit) ope⸗ rirt habe; dagegen finden ſich Fälle von Abſceßbildung zwi— ſchen dem pharynx und der Wirbelſaͤule bei den chirurgi— ſchen Schriftſtellern aufgezeichnet. Sir Aſtley Cooper ſpricht (in ſeinen Vorleſungen uͤber Abſceſſe) davon, und in dem Dictionnaire de méd. et chir. pratique findet ſich unter dem Artikel „Pharyngotomie“ ein anderer Fall. Bemerkenswerth iſt, daß auch in dieſen Faͤllen der Abſceß bereits gebildet war, bevor nur ein Verdacht, daß ſich ein ſolcher entwickele, gefaßt werden konnte. Nach dem Berichte uͤber dieſe Faͤlle, welchen ich mit Genauigkeit abgeſtattet habe, iſt eine in's Einzelne gehende Beſchreibung nicht weiter nöthig; die Krankheit iſt entzuͤnd— licher Natur und acut oder chroniſch, circumfeript oder dif— fus, wie ſich nach folgenden Bemerkungen aus den Ele— ments of the practice of medicine von Dr. Bright und Addiſon ergiebt: „Acute idiopathiſche pharyngitis, auf den pharynx beſchraͤnkt, kommt hoͤchſt ſelten vor; wir haben nur zwei Faͤlle geſehen bei einer Frau in den dreißi— ger und bei einem Manne in den vierziger Jahren. Die Frau wurde nach einer Erkaͤltung von Halsſchmerzen, gro— ßen Schleimdeſchwerden und bald darauf folgendem Fieber befallen; die Zufaͤlle nahmen raſch zu, bis zuletzt nicht mehr die geringſte Quantitaͤt Speiſe oder Getraͤnk genommen wer— den konnte; die Stimme war deutlich, aber die Articulation der Worte unvollkommen, als wenn es der Kranken un— möglich oder unangenehm ſey, die Kehlkopfsmuskeln (2) zu bewegen. Bei einer genauen Unterſuchung war kaum die leiſeſte Spur von Entzuͤndung im Schlunde zu entdecken; die epiglottis war nicht zu unterſcheiden; druͤckte man je— doch auf eine Stelle aͤußerlich auf der rechten Seite hinter dem Schildknorpel, ſo klagte die Kranke uͤber lebhaften Schmerz. Aderlaß, Blutegel an den Hals, warme Um— ſchlaͤſe und Einathmen von warmen Waſſerdaͤmpfen mac: ten, daß die Kranke nach wenigen Tagen wieder ſchlucken konnte; eine hinzukommende pleuritis aber führte bei ih: rer ſchlechten Conſtitution den Tod der Kranken herbei. Bei Unterſuchung der Theile nach dem Tode ſah man un— zweideutige Zeichen acuter Entzuͤndung am untern Theile des pharynx, der epiglottis und der hintern Fläche der cartilagines arytenoideae mit eiteriger Infiltration des fubmucöfen Zellgewebes, welche bei längerer Dauer der Krank: heit gewiß in einen Abſceß uͤbergegangen waͤre, der nach ſei— ner Lage wahrſcheinlich Erſtickung bewirkt haben wuͤrde. Die Symptome des zweiten Falles waren gan; ahnlich; je— doch fehlte der Schmerz bei einem Drucke von Außen.“ Ich bin geneigt, anzunehmen, daß die Krankheit, außer feltenen traumatiſchen Fällen ((. Cooper's Vorleſ.), immer ſymptomatiſch iſt und von einer conſtitutionellen Krankheit abhaͤngt, entweder von einem Fieber oder von einer Dyscraſie. 156 Der Sitz des Abſceſſes iſt unzweifelhaft zwiſchen dem pharynx und der vordern Flaͤche der Muskeln der Halswir— belſaͤule. Aus den anatomiſchen Verhaͤltniſſen erklaͤren ſich die Symptome; die große Spannung und unnachgiebige Haͤrte der Geſchwulſt wird veranlaßt durch die ſtarke, obwohl faſt durchſichtige Haut, auf welcher der obere constrietor fau— cium ausgebreitet iſt, und die Unbeweglichkeit der Kiefer er— klaͤrt ſich durch die Anheftung eines Theiles deſſelben Mus— kels an der Seite. Die Leichtigkeit, womit in einzelnen Faͤllen der Mund geoͤffnet wird, während in andern die Oeff— nung ganz unmöglich iſt, laͤßt ſich entweder aus verſchiede— ner Quantitaͤt des angeſammelten Eiters oder vielleicht aus der Bildung des Unterkiefers bei'm Kinde erklaͤren, da gerade bei den juͤngſten Kindern die Beweglichkeit nicht vorhanden war. Die Gehirnſympiome, fo wie die Reſpirationsbeſchwet— den, laſſen ſich leicht auf einen mechaniſchen Druck auf Ner— ven und Gefaͤße und auf das Vorhandenſeyn eines unreinen Blutes im Nervencentrum zuruͤckfuͤhren, waͤhrend die eigen— thuͤmliche Haltung des Kopfes, die Unmoͤglichkeit, denſelben zu erheben, das Eintreten faſt apoplectiſcher Zufaͤlle bei'm Liegen wohl von dem verſchiedenen Drucke des Abſceſſes auf die glottis abgeleitet werden kann. Bei Kindern iſt die Einwirkung auf das Gehirn von hauptſaͤchlicher Wichtigkeit. Man koͤmmt im Allgemeinen darin überein, daß Kinder Hirnaffectionen beſonders unter— worfen ſind; daß ſolche durch die verſchiedenſten Urſachen, beſonders aber durch Stoͤrungen im Capillarſyſteme, herbeigefuͤhrt werden. Merkwuͤrdig iſt nun, daß gerade in den ſchlimm— ſten Faͤllen Affectionen des Halſes damit verbunden ſind; ſollten dieſe nicht eine der Urſachen der Hirnaffectionen ſeyn? Dieſe Betrachtungen haben mich zu einer Anſicht geführt, welche ich aus anatomiſchen und practiſchen Schluͤſſen ableite; naͤmlich, daß eine genauere Unterſuchung der Urſachen und Symptome bei dieſer Affection, namentlich in ihrer acuten Form, wohl geeignet waͤre, die traurigen Folgen jener Krank— heiten zu beſchraͤnken, inſofern es bekannt iſt, daß die Hals— lymphdruͤſen bei dieſen Krankheiten immer mitleiden, und daß auch in dem Gewebe zwifchen pharynx und Wirbelſaͤule ſol— che Druͤſen vorkommen, wie ſie auch Cloquet abgebildet hat. Die von mir beſchriebene Affection iſt nicht ſelten eine acute Entzuͤndung einer dieſer Druͤſen, beſonders in der Kind— heit. Dieſe Anſicht hat ſich mir durch die mitgetheilten Fälle beſtaͤtigt. Dieſe Drüfen find zwar nicht conſtant, kom men jedoch, wie ich mich uͤberzeugt habe, haͤufig vor, und ich glaube, daß die ferophulöfen Affectionen des Schlundes, wel— che nicht ſelten tiefe Ulcerationen zur Begleitung haben, oft nichts Anderes find, als chronifche Vereiterung dieſer Drüfen, Um das Bisherige zuſammenzufaſſen, fuͤhre ich an, daß ich das acute Leiden des Schlundes bei Kin dern haͤufig als eine Entzuͤndung der Lymphdruͤſen hinter dem Schlunde betrachte, welche raſch in Eiterung uͤbergeht und beſonders waͤhrend des Zahnens, bei Hautkrankheiten und bei Leiden der Darmſchleimhaut zu befuͤrchten iſt. Als pathognomoniſche Zeichen betrachte ich ein Fieber, welches in ſeinem Character der Conſtitution des Kindes entſpricht, und folgende locale Symptome: Allgemeines Unbehagen und 157 Störungen des Cerebral, Circulatlons- und Reſpirations— ſyſtems, welche mit verhaͤltnißmaͤßig geſundem Zuſtande dies fer Syſteme, je nach verfchiedener Koͤrperſtellung des Sub— jectes, abwechſeln; feſte zuruͤckgezogene Stellung des Kopfes mit Steiſigkeit der Nackenmuskeln und mehr oder minder ſeſte Schließung der Kiefer; ſchmerzhaftes Schlingen; Un— möglichkeit, fefte Speiſen hinunterzuſchlucken, während Fluͤſ— ſigkeiten convulſiviſch durch Naſe und Mund wieder hervor— gettieben werdenz oͤftere Schlingbewegungen, ohne daß etwas im Munde waͤre, und bei Unterſuchung des Schlundes eine feſte hervorragende Geſchwulſt unterhalb der Baſis der Zunge und wenn ſie doch ſichtbar wird, glatt, abgerundet und ſehr gefaͤßreich, meiſtens in der Mitte erſcheinend. Dabei ſindet ſich Eiterungsfieber. Dieſe Symptome ſcheinen mir ſo ſicher beweiſend fuͤr das Vorhandenſeyn eines Abſceſſes hinter dem pharynx, daß ich keinen Moment mit der Eröffnung zögern würde, In ſolchen Faͤllen iſt eine operative Huͤlfe durchaus noͤthig. Bei der Eroͤffnung muß große Sorgfalt angewendet und fuͤr ei— nen Gehuͤlfen geſorgt werden, welcher den Kopf feſthaͤlt und ihn im Moment der Eroͤffnung ſogleich vorwaͤrts bewegt. Zur Eroͤffnung empfehle ich das eben beſchriebene Inſtru— ment, den Schlundtroicart. Einmal habe ich in einem ſolchen Falle den Abſceß, welcher ziemlich hoch ſaß, ſpontan aufbrechen und ſich haupt— ſaͤchlich durch die Naſe entleeren ſehen. Dieß geſchah bei einem 4 Wochen alten Knaben, welcher ein Eryſipelas der Geſichts- und Kopfflaͤche mit Convulſtonen bekam. Außer ſehr ſchwaͤchlicher Conſtitution waren auch noch viele andere Symptome ſehr unguͤnſtig, und als eben der Tod bevorzu— ſtehen ſchien, trat plotzlich eine reichliche Eiterausleerung durch die Naſe ein, wodurch ſogleich das Ausſehen des Falles ſich aͤnderte und das Kind ſich erholte. Auch chroniſche Abſceſſe werden in der fruͤhern Lebenszeit an derſelben Stelle einzeln oder mehrfach gefuns den. Wegen der geringen Stoͤrung, die ſie Anfangs veran— laſſen, erlangen fie bisweilen einen beträchtliden Umfang, bevor fie bemerkt werden. Sie kommen bei ferophulöfen Kindern vor, und entſprechen ohne Zweifel den fo häufig vor— kommenden ſcrophuloͤſen Halsdruͤſengeſchwuͤlſten. Die Sym— ptome ſind milder, als bei der acuten Form und zeichnen ſich beſonders durch den Einfluß aus, welchen die Veraͤnderung der Lage auf die Reſpiration ausübt. Fieber fehlt und am Tage befindet ſich das Kind wohlz es ſpielt mit andern und klagt nicht über den Hals, ſelbſt wenn man, wegen des rau— ben Tones des Athmens im Schlafe, nach dem Halſe fragt. Man hat Zeit, den Fall vollſtaͤndig zu unterſuchen; man findet dabei chroniſche Anſchwellung der Mandeln. Nicht ſel ten ſind dieſe Abſceſſe Folge des Scharlachs, der Pocken und der Maſern und koͤnnen dann auch mit eiterigen Obrflüffen verbunden ſeyn; bisweilen erfordern fie operative Huͤlfe, ſonſt Behandlung nach allgemeinen Grundſaͤtzen. Es ergiebt ſich aus dem Bisherigen, daß man noch auf eine bisher nicht beachtete Urſache von Obſtructionen im Halſe der Kinder Ruͤckſicht nehmen muß; — daß characte— riſtiſche Symptome davon vorhanden find, wiewohl fie leicht — 158 mißdeutet werden, wenn man ſie nicht genau unterſucht; — und daß dieſe Verengerungen durch eine einfache Operation ſicher bewerkſtelligt werden koͤnnen. Bei Erwachſenen habe ich die Krankheit nicht geſe— hen; doch iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie der Krankheits— form bei den Kindern in Hinſicht der Symptome und des Verlaufes ſehr ahnlich feun werde. Wahrſcheinlich find man⸗ che Fälle von toͤdtlicher tonsillitis hierher zu rechnen. Chros niſche Abſceſſe an dieſer Stelle ſind auch bei Erwachſenen wohl immer ferophulöfer Natur; doch ſcheint hier die Dia— gnoſe ſchwieriger, da, z. B., Allan Burns einen Fall anfuͤhrt, wobei ein Polyp für einen Schlundabſceß gehalten wurde, und ebenſowohl die umgekehrte Verwechſelung vors kommen koͤnnte. Dublin Journ., March 1840.) Operation des kuͤnſtlichen Afters im Jahre 1776 Es iſt in fruͤhern Schriften mehrfach davon die Rede, daß das von Littre vorgeſchlagene Verfahren bei atresia ani von Hrn. Duret in Lyon und Hrn. Pillore in Rouen zuerſt ausgefuͤhrt worden ſey. Der Fall von Du— ret findet ſich in der Memoires de la société de mé— deeine de Paris; der Fall des Hrn. Pillore iſt jedoch jetzt erſt von deſſen Sohn unter den Papieren feines Va: ters aufgefunden worden; es iſt folgender: Herr Morel, We inhaͤndler und Poſtmeiſter zu Vert- Galant, wurde im Jahre 1776 von Beſchwerden bei'm Stuhlgange befallen; er empfand leichte Schmerzen im After; dieſe nahmen zu, ohne unertraͤglich zu werden; da die Beſchwerden bei'm Stuhlgange aber zunahmen, ſo wurde er unruhig darüber und kam deßwegen nach Rouen. Er wendete ſich an Herrn Dela Roche, einen geſchickten Arzt, welcher milde Abs fuͤhrmittel verordnete, welche durch Erweichung der Excre— mente den Zuſtand einige Zeit erleichterten; da indeß die Schwierigkeit der Ausleerung immer zunahm, ſo erhielt er lebendiges Queckſilber, um dadurch das Hinder niß zu überwinden. Der Kranke nahm 2 Pfd. zu ſich; man erwartete täglich den Abgang deſſelben, aber es blieb zuruͤck; der Unterleib. wurde täglich mehr aufgetrieben, jedoch ohne ſchmerzhaft zu ſeyn. Zu dieſem Zuſtande, und einen Monat nachdem der Kranke das Queckſilber zu ſich genommen hatte, wurde ich zu Rathe gezogen. Ich unterſuchte erſt das rectum und fand hier im obern Theil deſſelben einen harten ſcirrhoͤſen Wulſt, welcher den Canal vollkommen verſchloß und durch welchen die Ein: fuͤhrung von Sonden und Roͤhren mehrere Tage vergeblich verſucht wurden. Da in dieſem Zuſtande der Kranke ſeit mehr als einem Monate keine Ausleerung mehr gehabt hatte, und der Unterleib ſich immer mehr vergroͤßerte, ſo ſchlug ich vor, einen kuͤnſtlichen After anzulegen. Der Kranke willigte ein, und da bei einer Conſultation mit fünf andern Aerzten keiner von dieſen dazu ſeine Einſtimmung geben wollte, ſo fragte der Kranke ſelbſt, ob ſie ihm ein anderes Rettungs- mittel angeben konnten und beſtimmte auf ihre verneinende Antwort, daß zur Operation geſchritten werden muͤſſe. 159 Es wurde die Eröffnung des Blinddarms beſchloſſen, da dieſer ein Reſervoir bildet und zu hoffen war, daß nicht ein fortwaͤhrender Abfluß der Excremente ſtattfinden werde, welche nur abgehen ſollten, wenn das mit einer Pelotte ver— ſehene Bruchband abgenommen wuͤrde. Die Operation begann mit einem Queerſchnitte durch die Haut, ein wenig oberhalb der Leiſtenfalte; ſchraͤg von Unten nach Oben durch das Zellgewebe dringend, ge— langte ich zur Aponeuroſe des aͤußern ſchraͤgen Bauchmus— kels und trennte auch dieſen in dem Verhaͤltniſſe, daß von dem Reſervoir bis zu der aͤußern Muͤndung ein Canal von einem Zoll Laͤnge gebildet wurde. Ebenſo wurden die uͤbri— gen Muskeln und das Peritonaͤum getrennt. Nun fand ich den Grund des Blinddarms leicht, zog ihn hervor, fixirte ihn mit einem Gehuͤlfen, oͤffnete ihn der Queere nach und heftete ihn mit einer Sutur an jede Wundlippe an. Die Faͤden wurden uͤber Compreſſen gebunden, um das Zuſam— menrunzeln der Wundlippen zu verhindern; die Excremente gingen reichlich ab. Es wurde nur ein leicht deckender, aber nicht compri— mirender Verband angelegt, um den Abfluß der Excremente nicht zu hemmen, welcher auch, in der That, mehrere Tage reichlich fortdauerte. Der Unterleib nahm an Umfang ab; da aber das Queckſilber nicht abging, ſo mußte der Kranke auf unſern Rath alle moͤglichen Stellungen annehmen, um das Metall leichter zum Weitergehen zu beſtimmen. Es zeigte ſich indeß keine Spur. Seit der Operation waren bereits 15 Tage verfloſſen, der Darm war mit den Wund— lippen verwachſen, die Suturen waren entfernt, Alles ſchien im beſten Zuſtande, als der Kranke an verſchiedenen Stellen des Untecleibes undeutliche Schmerzen empfand; wir leiteten dieſelben von Blaͤhungen ab, aber der Kranke war der An— ſicht, daß ſie durch das Queckſilber verurſacht wuͤrden. Am 20ſten Tage wurde der bis dahin ſehr platte Un— terleib aufgetrieben und ſehr ſchmerzhaft; es wurden erwei— chende Fomentationen und durch den kuͤnſtlichen After Ein— ſpritzungen gemacht, ſodann zwei Aderlaͤſſe ꝛc.; aber trotz al— ler Mittel, ging es immer uͤbler, und der Kranke ſtarb am 28ſten Tage nach der Operation. Bei der Section fand ſich der Blinddarm und das colon bis zur Flerur in normalem Zuſtande; der Blind— darm war mit den Wundlippen verwachſen, mit Ausnahme eines Winkels, wo ſich eine Eiterſenkung in das Zellgewebe gebildet hatte, die aber mit den innern Theilen nicht in Verbindung ſtand. Der Dickdarm wurde ſeiner ganzen Länge nach geöffnet, enthielt aber nur zaͤhen Schleim; der 160 ſcirrhoͤſe Wulſt, welcher die primaͤre Krankheit bildete, hatte 8 — 9 Zoll Laͤnge und nahm das Ende des colon und den Anfang des rectum ein, und zwar fo, daß die Darm— hoͤhle vollkommen geſchloſſen war; nach Oben fand ſich in dieſem Wulſte ein Geſchwuͤr, welches uͤbelriechenden Eiter lieferte, und das Zellgewebe hinter dem peritonaeum, in der Gegend der Nieren und des Anſatzes des mesenterium, war in Eiterung begriffen, jedoch ohne Eiteranſammlung; die Peritonaͤalflaͤche war entzündet und mit den benachbarten Darmſchlingen verwachſen. Das Queckſilber, welches der Kranke genommen hatte, fand ſich in einer der letzten Windungen des jejunum, wels ches durch das Gewicht des Metalles in das Becken hinter die Blaſe herabgezogen war und eine Taſche bildete, die hie und da mit gangraͤnoͤſen Flecken beſetzt war und ſaͤmmtliches Metall ohne Verluſt enthielt. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Operation ohne das Queckſilber einen gluͤcklichen Ausgang gehabt haͤtte, waͤhrend man die ſeit dem 20ſten Tage vorhandenen Symptome, ſo wie die Ergebniſſe der Leichenoͤffnung, ſehr wohl von der Wirkung des Queckſilbers ableiten kann. (Gaz. des Höp. No. 6.) Mise ellen. Auswurf rother Haare aus den Lungen hat ſich in dieſem Jahre, nach der Med. Centralzeitung Nro. 13, in dem Ju— lius⸗Spitale zu Wuͤrzburg nicht nur waͤhrend des Lebens der 28 Jahr alten Kranken gezeigt, indem dieſe feit ihrem 14ten Jahre von Zeit zu Zeit Buͤſchel ſchoͤn gekraͤuſelter rother Haare auswarf. (Nach der Auſcultation war in der linken Lunge ein fremdartiges Product zu vermuthen). Bei der Section fanden ſich auch in der— ſelben mehrere Knoten von verſchiedener Geſtalt, wovon zwei groͤ— ßer waren, als ein Huͤhnerei. Dieſe Aftergebilde waren mit einer Haarmaſſe durchwachſen, wovon durch leichtes Ausziehen einzelne Haare entfernt werden konnten. Im Innern der Subſtanz fand ſich eine Höhle, welche eine eiweißartige fluͤſſige Maſſe enthielt und in deren Hautbekleidung ebenfalls Haare ſaßen. Als Gegengift bei Arſenikvergiftung empfiehlt Duflos den liquor ferri oxydati acetici mehr, als das Eiſeno— xydhydrat, welches letztere bloß bei freier arſeniger oder Arſen— ſaͤure wirkt, dagegen unwirkſam bleibt in allen den nicht ſelten vorkommenden Vergiftungen mit arſenigſaurem Kali (Fowler's Solution) oder arſenſaurem Kali. Bleibt in einem Vergiftungs⸗ falle die Art des arſenikaliſchen Giftes ungewiß, fo ſoll man liqu. ferri oxydati acetici anwenden (bereitet aus Eiſenoxydhydrat mit drei Theilen Eſſigſaure von 1,05 und fo viel Waſſer, daß das ganze ſechzehn Theile giebt). Das Mittel wirkt um fo ſchneller, jemehr es mit Waſſer verduͤnnt iſt; von der Eſſigſaͤure iſt daher keine ſchaͤdliche Nebenwirkung zu befuͤrchten. (Buchner's Repert. 1839.) — ——— nn , d Genera et index methodicus europaeorum Auctore J. H. Boisduval. Paris 1840. 8. Nouveau traité des sciences géologiques. Par L. F. Jehan. Paris 1840. 12. Des enveloppes du foetus et des eaux de l’amnios eto. Par H. Blatin. Paris 1840. lepidopterorum. Traite clinique du rhumatisme articulaire et de la loi de coincidence des inflammations du coeur avec cette maladie. Par J. Bouillaud, Paris 1840. 8. Repertoire complet de therapeutique pratique. Paris 1840, 4. Par Maire. m — — - Neue Uotizen aus dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medieinalratde Frerſep zu Walmart, und dem Mevdicinatrame und Profeſſer Freotier zu Berlin. No. 297. (Nr. 11. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Ahtildungen 3 gal. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nane Ueber Monftrofitäten. Von John North, Eſq., Docent der Geburtshuͤlfe, fo wie Frauen- und Kindertrankheiten an der mediciniſchen Schule des Middleſexer Hoſpitals. Ich gebe hier eine kurze Ueberſicht der neueſten Unterſuchun— gen der Deutſchen und Franzoͤſiſchen Anatomen und Pbyſiologen, in'sbeſondere Meckel's, Sdmmering's, Breſchet's, Serres's und hauptſächlich Geoffroy St. Hilaire s. Die Forſchun⸗ gen dieſer Schriftſteller haben cine bedeutende Lücke in der Heilkun⸗ de ausgefuͤllt. Vor ihnen betrachtete nicht nur der große Haufe, ſondern ſelbſt der Naturforſcher jede monſtroͤſe Bildung als eine launiſche Abweichung der Natur von ihren ſonſt geltenden Geſetzen, und dieſe Anſicht blieb die herrſchende bis zum Anfange des 18ten Jahrhunderts, wo beſſer begründete und philoſophiſchere Anſichten Plaßg zu greifen anfingen, die nach und nach bis auf den gegen— wärtigen Standpunct ihrer Entwickelung geführt wurden. Ein Hauptwerk in dieſer Beziehung iſt Geoffroy St. Hilaire's Histoire generale et particuliere des anomalies de l’organisa- tion chez homme et chez les animaux. Die Monftrofitäten haben von jeher von Seiten der Natur: forſcher vielfältige Beachtung gefunden. Vor Alters ſchrieb man jedes regelwidrige Naturproduct dem Einfluſſe von Daͤmonen oder dem Zorne der Götter zu, weßhalb, nach Griechiſchen und Roͤmi⸗ ſchen Geſetzen, jede Monftrofität alsbald vom Leben zum Tode ge: bracht ward. Oergleichen Anſichten konnten natürlich nur vor einem Zeitalter beſtehen, wo Aberglaube und Leichtglaͤubigkeit an der Tagesordnung waren. Jeder Fall von Monſtroſitaͤt, in der eigentlichen Bedeutung des Worts, iſt angeboren. Die ſaͤmmtlichen Metamorphoſen und großen phyſiologiſchen Erſcheinungen, welche bei der Bildung und erſte twickelung der verſchiedenen Organe vorkommen, gehoͤren, in der That, den erſten Perioden des Lebens in erbald der Gebaͤr— mutter an. Während der letzten Perioden der Schwangerſchaft iſt die Leibesfrucht nur fehr geringen Veränderungen unterworfen und erleidet nur ſehr wenige Abweichungen vom ſpecifiſchen Typus. Dieß muß ſtets beruͤckſichtigt werden, indem ſonſt viel‘ meiner ſpaͤ⸗ tern Bemerkungen nicht richtig gewuͤrdigt werden koͤnnen. Da mir daran liegt, die große Menge von Materialien zu einem recht gedraͤngten Ganzen zu verarbeiten, fo werde ich einen Theil unſeres Gegenſtandes über den oft ehr weitläuftig geſchrie— ben und geredet worden, nämlich die Ctaſſiſication der monstra, ganz mit Stillſchweigen übergeben. Jahrbunderte lang hat man Tauſende und aber Tauſende von Fällen zuſammenactra zen; allein, um deren Entſtehung zu begreifen, war durchaus noͤthig, daß man No. 1397, a Di. vorher von der urſpruͤnglichen Entwickelung der verſchiedenen Or— gane des menſchlichen Koͤrpers ſich Kenntniß verſchaffte, und die Anatomie nach der neuern philofophifchen Methode ſtudirte, vermoͤ⸗ ge deren wir in den Beſis der intereſſanten Auffhlüffe gelangt find, die wir über die fragliche Materie bejigen. Die Aufftellung der Theorie, daß die organiſche Entwickelung haufig verzögert wer: de oder zum Stillſtande gelange, fuͤhrte zu gediegenen Anſichten über die wahre Beſchaffenheit der Miß bildungen, während man, wie bereits erwaͤhnt, dieſe Erſcheinungen früher als rein zufaͤllige Abweichungen vom gewohnten Pfade der Natur angeſehen hatte. Bei Unterſuchung der urfprünglichen Entwickelung des Organismus finden wir jedoch, daß die meiſten muustra Geſchoͤpfe. find, deren Wachsthum aufaehalten worden iſt, und bei denen die Organe (manche Organc?), die der Embryd beſaß, bis zur Geburt in der⸗ ſelben Art fortbeſtanden. Dieſe Hemmung der Entwickelung iſt in Betreff derjenigen monstra, bei welchen Organe fehlen (monstra per defectum), hoͤchſt inſtructiv. Eine andere Reihe von Erſcheinungen beruht auf uͤberſchuͤſſiger Entwickelung, da denn die Organe, entweder der Größe oder der Zahl nach, den normalen Zuſtand übertreffen (mon- stra per excessum); endlich giebt es Monſtroſitaten, wo weder ein Theil fehlt, noch uͤberzaͤhlig vorhanden iſt, ſondern wo der ur— ſpruͤngliche Proceß bloß eine falſche Richtung eingeſchlagen hat, fo daß die Stellung und Lage dieſes oder jenes Organes ſich abnorm zeigt. Die Geſetze, nach welchen dieſe Anomalieen entſtehen, muͤſſen von den allgemeinen Geſetzen oder Grundſaͤtzen der Organiſatien abgeleitet werden, und das erſte und wichtigſte dieſer Geſetze iſt das der Einheit der organiſchen Bildung. Die Organe der Thiere werden ſtets genau aus denſelben Materialien gebildet, und ſind immer weſentlich einerlei und nach unwandelbaren Regeln combi⸗ nirt. Vermoͤge dieſes Geſetzes der Einheit des Typus bei der Bildung der Thiere, welches Meckel, Serres und beſonders Geoffroy St. Hilaire nachgewieſen haben, ſind wir in den Stand gefest, die Aehnichkeit zu erklären, welche die regelwi⸗ drigen Bildungen bei einer Thierfamilie mit den regelmaͤßi⸗ gen einer andern ſo haͤuſig darbieten. Nichts iſt gewoͤhnlicher, als daß die anomale Structur monſtroͤſer Bildungen. z. B., beim Menſchen genau und beſtimmt eine in Betreff andrer Geſchoͤpfe normale Structur darſtellt. Dieſem Geſetze zufolge, ſollte jedes Thier, bei welchem die Entwickelung in's Stocken gerathen iſt, an dieſem oder jenem feiner Organe die Beſchaffenheit offenbaren, wel: che man bei irgend einer tieferſtehenden Thierclaſſe bemerkt: und dieß iſt denn auch wirklich der Fall. Wenn ferner übermäßige Ent: wickelung vorhanden ift, fo haben wir an dem Thiere, bei dem dieß der Fall, Aehnlichkeit mit irgend einer auf einer frühen Organiſa⸗ 11 163 tionsſtufe ſtehenden Thierclaſſe zu erwarten. Dieſer Fall kommt aller: dings zuweilen, jedoch nicht fo häufig vor, als Beiſpiele, wo, in Folge irgend einer Mangelhaftigkeit in der Entwickelung, menſch— liche Weſen Aehnlichkeit mit niedrigern Thieren haben. Ich werde ſpaͤter viele Beiſpiele zur Erläuterung dieſes Geſetzes anfuͤhren; einiger derſelben kann aber paſſenderweiſe ſchon jetzt Erwaͤhnung geſchehen. Viele der monſtroͤſen Bildungen, welche in Folge der gehemm— ten Entwickelung bei'm Menſchen entſtehen, haben mit dieſem oder jenem Saͤugethiere auffallende Aehnlichkeit, fo, z. B, das Stehen— bleiben des © Hwanzes, welches in Betreff der mam malia characteriſtiſch iſt. In den fruͤheſten Stadien des Embryonenſtandes beſitzt das Kuckuksbein bei'm Menſchen eine normale Verlangerung, welche nichts mehr und nicht weniger, als ein Schwanz iſt, aber, in der Regel bei fortſchreitender Entwickelung verſchwindet. (Der Do— cent zeigte hier ein Exemplar vor, bei welchem der Schwanz ſehr deutlih zu bemerken war.) Wenn jedoch in einer fruͤhen Periode der Schwangerſchaft irgend ein Umſtand eintritt, welcher die Ent⸗ wickelung des Embryo's in's Stocken bringt oder verzoͤgert, ſo kann der Fall vorkommen, daß der Schwanz fortbeſteht. — In Folge monſtroͤſer Bildung finden wir ferner bei'im Menſchen gar nicht ſelten eine Kloake, aus welcher ſowohl der Harn, als die feſten Excremente entweichen, welche Structur bei vielen niedriger orga— niſirten Geſchoͤpfen die normale iſt. — Die monſtroͤſe Spaltung der Lippen, in Folge aufgehaltener Entwickelung, iſt ebenfalls bei'm Menſchen etwas ſehr Gewoͤhnliches. Die Lippen entwickeln ſich ge— meiniglich von den Mundwinkeln nach der Medianlinie zu und ver— wachſen auf der letztern; allein wenn fie in ihrer Ausbildung gehemmt werden und die Medianlinie nicht erreichen, fo bleibt eine Lücke, Es konnen eine ſolche oder auch zwei von groͤßerer oder geringerer Wiite vorhanden feyn und eine ſogenannte Haſenſcharte bil: den; immer iſt der Grund aber in aufgehaltener Entwickelung zu ſuchen, und die Monſtroſitaͤt repräfentirt die normale Structur vieler niedriger organiſirten Thiere. Der uterus kann ferner bei'm Menſchen doppelt vorhanden ſeyn, was aber wiederum die nor— male Structur vieler weniger hoch organiſirten Geſchoͤpfe ift. Auch trifft man bei'm Menſchen häufig die Spaltung der Eichel der männlichen Ruthe oder die Spaltung der clitoris, fo wie denn auch eine doppelte Mutterſcheide eben nicht ſelten vorkommt. Auch dieſe Monſtroſitaͤten entſpringen aus gehemmter Entwickelung und repraͤſentiren den normalen Zuſtand anderer Geſchoͤpfe. Ver— ſchloſſener oder nicht perforirter uterus iſt ebenfalls nichts Unge— woͤhnliches; die Geſchlechtsorgane fehlen zuweilen, und die Augen ſind manchmal unvollkommen entwickelt. Bei einer andern Gattung von monstra fehlen die Extremitaͤ— ten theilweiſe, indem Haͤnde und Fuͤße allein vorhanden und un— mittelbar in den Rumpf eingefügt zu ſeyn ſcheinen, fo daß fie ſich wie die Schwimmfuͤße der Seehunde und cetacea ausnehmen. Eine gewiſſe Madem. Biffin, die vor einigen Jahren in Eng— land fuͤr Geld gezeigt wurde, befand ſich in dieſem Falle. Bei ihr war der Körperfehier durch gehemmte Eatwickelung entſtanden; bel vielen Walen iſt derſelbe aber die natuͤrliche Structur, fo daß wir hier wieder nur einen Beleg zu dem erwaͤhnten allgemeinen Na— turgeſetze haben. (Der Docent zeigte bei dieſer Gelegenheit ein der Madem Biffin aͤhnliches Monſtrum vor). Sie ſehen, wie die Haͤnde und Fuͤße unmittelbar am Rumpfe ſitzen. — Zuweilen be— merkt man am Gaumengewoͤlbe eine Luͤcke, wie fie ſich bei Fiſchen, in der Regel, findet. Häufig iſt das Zwerchfell, wie bei den eier— legenden Thieren, unvollſtaͤndig entwickelt. Wieder zeigt ſich dann und wann eine monſtroͤſe Verbindung zwiſchen den Höhlen des Her: zens, wie ſie bei den Reptilien regelmaͤßig vorkommt. Die Abwe— ſenheit des Gehirns und Rückenmarks iſt bei der Menſchenſpecies nichts Seltenes. Sehr haͤufig beſteht das Cerebralſyſtem nur aus Ganglien und Nervenfaͤden, wie man es bei vielen Gliederthie— ren findet. Die Fälle, wo, in Folge einer zu weit fortgefchrittenen Ent— wickelung, die niedrigern Thiere den höbern aͤhneln, find weit fette ner. Geoffroy St. Hilaire fuͤhrt dergleichen bei den Fleiſch— freſſern an, wo uͤberſchuͤſſige Entwickelung vorhanden und der Schwanz ganz verſchwunden war, oder das Ruͤckenmark in dem 164 Wirbelcanale fo weit hinaufreichte, als bei'im Menſchen. Dieß iſt in phyſiologiſcher Beziehung ungemein merkwuͤrdig. Die Thatſache, daß die normale Bildung niedriger organifirter Thiere bei'm Menſchen als Monſtroſitaͤt vorkommt, beweiſ't deut— lich (und zwar iſt dieſer Beweis erſt in der neueſten Zeit gefuͤhrt worden), daß Monftrojitären nicht, wie man früher glaubte, in Folge eines launiſchen Einfalles der Natur entſtehen, ſondern daß ihnen ebenfalls conſtante und beſtimmte Geſetze zu Grunde liegen, und daß ſie ſich regelmäßig und wiſſenſchaftlich claſſificiren laſſen, was auch durch Geoffroy St. Hilaire in einer aͤußerſt genauen Weiſe geſchehen iſt. Ein andres, zu den Monftrofitäten in ſehr naher Beziehung ſtehendes und für die Enbryologie hochwichtiges Geſetz iſt, daß in deen Eie keine ſchon urſpruͤnglich gebildeten Organe vorhanden ſind. Saͤmmtliche Organe entſtehen, während des Wachsthums des Eies, jedes in einem gewiſſen Stadium. Anfangs iſt jedes Organ unge— mein winzig einfach, und dann durchläuft es nacheinander die ver— ſchiedenen Stufen ſeiner Entwickelung in Groͤße und Structur. Sind die verſchiedenen Organe in ihren naturlichen und permanen— ten Zuſtand gelangt, ſo haben manche derſelben eine groͤßere An— zahl von Veraͤnderungen durchlaufen, als andere, oder ſich von ih— rer urſpruͤnglichen Form weiter entfernt, als andre. Bei manchen ſind der Umbildungen nur wenige und unwichtige, bei andern zahl— reiche und bedeutende. Dieß iſt das normale, wenn gleich nicht unabaͤnderliche, Geſetz der Entwickelung; denn ein Organ kann auch unter dem gewoͤhnlichen Grade der Entwickelung ſtehen bleiben oder ganz fehlſchlagen; wogegen es ebenfalls uber jenen Grad hin— aus gelangen kann, fo daß auf dieſe Weiſe die beiden Hauptclaſ— fen von Monſtroſicaͤten die eine durch zu geringe, die andere durch allzuſtarke Entwickelung entftihen. Durch das Geſetz, daß die Organe in dem Keime nicht praͤexi— ſtiren, wird natürlich die vormalige Anſicht umgeſtoßen, daß die Monſtroſitaͤt ſchon vor der Befruchtung im Eie, vermoͤge irgend einer urſpruͤnglichen Miß bildung des Keimes, vorhanden ſey. Dieſe Meinung iſt gegenwärtig vollſtaͤndig aufgegeben, und zwar nicht zu Gunſten irgend einer plauſiblern Hypotheſe, ſondern auf den Grund einer gewaltigen Menge von Thatſachen hin, welche ſich nicht damit vereinbaren laffen. Allerdings hat Meckel dieſelbe wie— der in Aufnahme zu bringen geſucht; allein nur, um andere Schwie— rigkeiten zu umgehen und gewiſſe Faͤlle von Monſtroſitaͤten erklaͤ⸗ ren zu koͤnnen ruͤckſichtlich deren wir fuͤglicher, bei dem jetzigen Stande unſerer Kenntniſſe, unſere gaͤnzliche Unwiſſenheit einzugeſte— hen haben. Dem Geſetze zufolge, nach welchem ſich die Organe erſt im Eie bilden und nicht bloß ausbilden, darf man die durch gehemmte Entwickelung entſtehenden monstra als in manchen Stuͤcken permanente Embryonen betrachten. Wir finden nämlich zu der Zeit, wo ihr Leben innerhalb des uterus zu Ende geht, manche Organe noch in dem einfachen Zuſtande, in welchem ſie ſich bei ihrer Entſtehung befanden. Ein drittes Geſetz iſt das der excentriſchen Entwickelung. Nach Haller's Lehre, der alle Phyſiologen des 1Sten Jahrhun— derts beipflichteten, bildet ſich jedes Gefaͤß und jeder Nerv mit mehr oder weniger Verzweigungen vom Herzen und Gehirne aus nach der Peripherie zu fortruͤckend, und dieß Geſetz ward von Na— turforſchern und Phyſiologen ſchon vor Haller, ſo wie von deſſen Anhängern, das Geſetz der centrifugalen Entwickelung genannt. In Folge der Forſchungen von Serres und Geoffroy St. Hi⸗ laire iſt dieſe Anſicht jedoch faſt ganz umgeſtoßen und die entge— gengeſetzte Lehre, naͤmlich die der excentriſchen, peripheriſchen oder centripetalen Entwickelung, ziemlich allgemein als die richtige aner— kannt worden. Serres und Geoffroy St. Hilaire geben an (und dieß kann in einem ſehr ausgedehnten Umfange, wenngleich nicht abſolut als wahr gelten), die Gefäße und Nerven bildeten ſich von dem Herzen und den Mittelpuncten der Nerven, d. h. dem Gehirne und Ruͤckenmark, aus. Schon fruͤher habe ich Ihnen dar— gethan, daß die Blutgefaͤße fruͤher, als das Herz entſtehen, und daß ſelbſt die Circulation des Blutes fruͤher wahrgenommen wer— den kann, als das Pulſiren des Herzens, woraus ſich denn ohne Weiteres die Haltbarkeit des von Serres und Gleoffroy St. Hilaire aufgeſtellten allgemeinen Geſetzes, im Vergleiche mit der 165 entgegengeſetzten Anſicht, ergiebt, daß die Organifation der Theile mehr von der Mitte nach der Peripherie zu, als in umgekehrter Richtung fortſchreite. So fehlen, z. B., das Herz, das Gehirn und das Rückenmark bei monftröfen Geſchoͤpfen ſehr haͤufig, waͤh— rend dieß in Betreff der Blutgefäße und Nerven nie gaͤnzlich der Fall iſt. Sie konnen mebr oder weniger mangelhaft ſeyn und fo die Structur niedriger organiſirter Weſen darſteuen; allein es ſind deren immer vorhanden. Gingen dieſe Gefäße aber vom Herzen, dem Gehirne und Ruͤckenmarke aus, fo mußten, wenn letztere Or— gane fehlen, auch keine Gefaͤße vort g anden ſeyn. Da dieß nun aber nicht der Fall iſt, fo leuchtet ein, daß die Ausbildung, fo wie ſelbſt die Entſtehung der Gefäße nicht nothwendig von der Praͤexi⸗ ſtenz des Herzens, Gehirns und Rückenmarks abhängig iſt. Ferner behauptet Serres (und Allen Thom ſon, ein fehr tuͤchtiger Embryoloa, pflichtet ihm darin faſt unbedingt bei), die Entwickelung des Körpers beginne an den beiten ſeitlichen Hälften, und jedes centrale oder einfach vorkommende Organ ſey urſprung— lich doppelt vorhanden. Dieß laͤßt ſich nur während der früyeſten Stadien der Entwickelung des Embryo beobachten. Die rechte und die linke Haͤlfte ſind anfangs deutlich von einander geſondert und verwachſen erſt fpäter mit einander. Wenn nun durch ein Hindernis in der Entwickelung die beiden Hälften von einander ge— trennt bleiben, was zuweilen der Fall iſt; wenn dieſer urſpruͤng⸗ liche Bildungszuſtand permanent wird, fo entſtehen natürlich, ſtatt des einen Centralorgans, zwei ſeitliche Organe. Wenn die auf der Medianlinie des Körpers liegenden Theile anfängli aus zwei ge- trennten Haͤlften beſtehen, was hinreichend erwieſen iſt, und deren Entwickelung durch irgend einen Umſtand aufgehalten wird, fo bleibt das Organ ein doppeltes. Kommt dieß beiim Menſchen vor, fo haben wir wieder als Monftrofität, was bei niedriger organis ſirten Thieren Regel iſt. Uebrigens koͤnnen die beiden urfprünglich vorhandenen Haͤlften theilweiſe oder ganz getrennt bleiben, je nach⸗ dem das Hemmniß der Entwickelung in einer ſpaͤtern oder fruͤhern Periode eingetreten iſt. So find denn, z. B., die Spaltung der Lippen (Haſenſcharte), die des Gaumens, des scrotum und des Rüdgrats (spina bifida) bei'im Menſchen ſämmttich Falle, in denen die Entwickelung in's Stocken gerathen iſt, waͤhrend dieſe Zuſtaͤnde ſich bei niedriger ſte— henden Geſchoͤpfen als normale Structur zeigen. Serres zus folge, beſtehen die auf der Medianlinie liegenden hohlen Organe ebenſowohl aus zwei urſprünglichen Hälften, als die vollen Organe. In einem gewiſſen Stadium der Entwickelung finden ſich zwei aortae, zwei vaginae, zwei uteri ꝛc. Alle dieſe Organe durchwandern im Laufe ihrer Entwickelung drei Hauptformen oder Stadien Im erſten ſind ſie doppelt und die beiden Portionen voͤllig von einander getrennt; im zweiten naͤbern ſie ſich einander, ſo daß ſie in der Medianlinie zuſammen— ftoßen, indem die beiden innern Wandungen ſich aneinanderlegen; im dritten findet eine Entwickelung dieſer innern Wandungen ſtatt, vermoͤge deren die fruͤhern beiden Hälften allmälig in einander uͤbergehen und aneinander gezogen werden, ſo daß ſie zuletzt nur noch ein einziges Ganze bilden. Bleibt, vermoͤge eines Hinderniſſes der Entwickelung, die zweite Entwickelungsſtufe permanent, fo werden die innern Wandungen der urſpruͤnglich vorhandenen Haͤlf⸗ ten, die eine natuͤrtiche Scheidewand bilden, nicht reſorbirt, und man findet das Organ durch ein der Ränge nach laufendes septum getren Ich zeige itznen hier ein ſehr ſeltenes Präparat, an dem Sie naitudinale Trennung der vagina und des uterus vom aͤußern Muttermunde (os externum) bis zum Grunde der Bär: mutter beobachten können. Das Hemmniß der Entwickelung muß in dieſem Falle in einem ſehr früben Stadium eingetreten ſeyn, und auch bier finden wir bei'm Menſchen als Monftrofität, was bei niedrigern Thieren Norm iſt. Von dem Geſetze der centripetalen Entwickelung haͤngt auch der Umſtand ab, daß die am fruͤheſten entſtandenen Organe weni— ger Veränderungen unterworfen find, als die ſich ſpaͤter entwickeln⸗ den. Wenn in irgend einer Periode der Schwangerſchaft irgend eine Urſache das Wachsthum des Foͤtus ſtoͤrt, ſo wird dadurch die Fortbildung der ziemlich oder ganz entwickelten Organe wenig oder nicht betheiligt. So hat man, z. B. gefunden, da der Nabel und 166 die binnen Daͤrme bei monſtroͤſen Geſchoͤpfen durchgehends die con⸗ ſtanteſten oder der abnormen Veränderung am wenigſten unter— worfenen Theile ſind. Der Grund hiervon liegt aber auf der Hand; denn dieſe Organe geboren zu denen, die ſich am frübeften entwickeln, und als ſolche find fie weniger hemmenden und jtörens den Potenzen ausgeſetzt, als die fpäter entſtehenden, die im Laufe der Zeit durch verſchiedene, ihre Ausbildung verkümmernde Um: ſtaͤnde leiden konnen. Es ließen ſich viele Belege hierzu anführen. Indeß wird man bei einer unbefangenen Prüfung der Werke von Serres und Geoffroy St. Hilaire dieſen Forſchern nicht in der ganzen Austennung beizupflichten vermögen, welche fie dem Geſetze der centripetalen Entwickelung zu geben wünſchen. Die Urſachen, welche theils der Hemmung in der Entwicke⸗ lung, theils dem Uebermaaße der letztern zu Grunde liegen, find bisjetzt, wie es ſcheint, noch unerforſchlich. Das Stehenbleiben der Entwickelung giebt uns allerdings in Betreff der monstra per de- fectum ſehr lehrreiche Aufſchluͤſſe, läßt uns aber ruͤckſich tlich der monstra per excessum faft ganz im Dunkeln. Die Verſuche, die letztern ſeltnern Anomalicen zu erklaren, ſind bis jetzt keines— wegs befriedigend ausgefallen. Einige der letztern hat man durch das Geſetz der gegenſeitigen Compenſation der verſchiedenen Or— gane erklaren wollen. Man bar nämlich nachgewieſen, daß, wenn ein Organ übermäßig ernährt wird, ein anderes mehr oder weniger atrophiſch wird oder verkummert; daß, wenn ein Organ unnatuͤr⸗ lich groß wird, ein anderes unnatuͤrlich klein bleibt und umgekehrt. Dieſt Geſetz iſt allerdings ſehr zu beachten und kann in Betreff der Monſtroſitaͤten manchen nuͤtzlichen Wink geben. So kommen, z. B., öfters Menſchen mit ſechs Fingern an einer Hand oder ſechs Zehen an einem Fuße vor. In dieſem Falle finden wir an 34 andern Hand nur vier Finger und am andern Fuße nur vier ehen. Ein anderes ſehr merkwuͤrdiges Geſetz iſt das der ähnlichen Lage der Theile oder der Verwandtſchaft ahnlicher Theile mit eins ander, welches Geoffroy St. Hilaire mit dem Ausdrucke: Ak- finit€ de soi pour soi bezeichnet. Wenn zwei oder mehrere Organe einander vollkommen ahnlich ſind, ſo ſcheinen ſie ein ſtarkes Beſtreben zu aͤußern, ſich einander zu nähern und mit einander zu vereinigen. So iſt den Pyyſiolo— gen von jeher das Vorkommen von Doppelmenſchen ꝛc. aufgefallen, indem man dabei ohne Ausnahme bemerkte, daß bei doppelten monstra Theile ähnlicher Art mit einander verwachſen waren, ob: wohl erſt Serres eine haltbare Erklärung dieſes Umftandes ges liefert hat. Dieſer wichtige Umſtand hat auf alle übrigen, an den Doppelmonftrofitäten wahr zunehmenden Erſcheinungen einen erheb⸗ lichen Einfluß. So ſind entweder zwei Seiten, oder die beiden Geſichter, oder die Rüden ꝛc mit einander verwachſen, fo daß je- der Theil des einen Individuums dem gleichnamigen Theile des an— dern genau entſpricht. Jedes Gefaͤß, jeder Nerv, jeder Muskel, welcher ſich in der Verbindungslinie des manstrum befindet, ſchließt ſich genau an daſſelbe Gefäß, denſelben Nerven oder Mus: kel der andern Hälfte deſſelben an. Dieſes hoͤchſt intereſſante Na— turgeſetz iſt demjenigen ſehr analog, nach welchem ſich die beiden Hälften eines urſpruͤnglich getrennten Organes bei fortſchreitender Entwickelung mit einander verbinden. Ich lege ihnen hier eine Anzahl Abbildungen von Doppelmonftrofitäten vor, aus denen Sie die Richtigkeit des eben erwähnten Satzes erſehen koͤnnen, und hier in Serres's Recherches d' Anatomie transcendante ſehen Sie auf den verſchiedenen Tafeln, welche ſich auf das Doppelmonſtrum Ritta⸗Chriſtina bezieben, jedes Geſetz der Affınite de soi pour soi ſehr ausführlich erläutert. Jeder aͤhnliche Knochen ſitzt an dem ihm aͤhnlichen Knochen der andern Hälfte feſt, und alle zuſammen⸗ gewachſenen Arterien ſind gleichnamige. Wenn wir mit dieſem Geſetze bekannt find, jo können wir jedem Berichte über eine dop⸗ pelte Monſtroſität alsbald anſehen, ob derſelbe auf Wahrheit ber rudt oder nicht; wir find dann im Stande, die fabelhaften Unge⸗ beuer der Vorwelt von den wirklichen zu unterſcheiden. Viele Monſtroſitaͤten, von denen wir in alten Chroniken leſen, ſtellen ſich uns auf dieſe Weiſe als Ausgeburten der Phantaſie dar. Alte Abbildungen ſtellen haͤufig monstra dar, wo ein Kopf aus dem obern, der andere aus dem untern Theile des Rumpfes herausgewachſen 1 107 iſt, wo ſich der Ruͤcken des einen Individuums mit dem Bauche des andern verwachſen zeigt. Dergteichen iſt, meiner Anſicht nach, nie vorz gekommen. Das Geſetz ruͤckſichtlich der Koͤrperbildung der Doppelmon⸗ ſtra iſt allgemein und unabaͤnderlich, alle uns hier vorliegenden Beiſpiele, fo wie die, welche ich in den Cabinetten England's und im Auslande geſehen, ſprechen dafür “). Indem ich eine große Anzahl von Zwiſchenbemerkungen Geo f⸗ froy St. Hilaire's uͤbergehe, wende ich mich zu einem mehr practiſchen Gegenſtande, namlich zur Betrachtung gewiſſer Anoma⸗ lieen, die von einer Verminderung oder Vermehrung des Färbeitof- fes herruͤhren. Bekanntlich ruͤhrt die Farbe der Haut von dem ſogenannten Pigment her. Daſſelbe kann in manchen Faͤllen blaſſer, oder in geringerer Menge vorhanden ſeyn, als gewoͤhnlich, ja ganz fehlen, dagegen auch wohl ungewoͤhnlich dunkel gefärbt ſeyn. Ferner kommt auch wohl der Fall vor, daß es nur mißfarbig iſt. Zuvoͤrderſt werde ich eine kurzgefaßte Darlegung des Zuffan- des beibringen, der in mangelhafter Quantitat des Pigments feinen Grund hat. Perſonen, deren Haut nur wenig oder gar nicht ges färbt iſt, find unter dem Namen Albino's allgemein bekannt; fruͤ⸗ ber hielt man dieſelben für eine beſondere Menſchenrace, während man gegenwärtig weiß, daß der Albinismus eine individuelle oder rein zufällige Modification iſt. Die Haut erſcheint wegen der Ab⸗ weſenheit des Pigments weiß; ſelbſt die Haare ſind weiß und die ihres Farbeſtoffs beraubte Regenbogenhaut erſcheint gewoͤhnlich roth. Die Pupille zeigt ſich feuerroth, und dieß giebt der Phyſio— gnomie einen eigenthumlichen Ausdruck. In der Oxford-Straße ſehen wir häufig eine Familie der Art auf und abſpatzieren. Die Albino's ſind oft nach der Geburt eine Zeitlang blind, indem die membrana pupillaris, die eigentlich in einem gewiſſen Stadium des Foͤtus⸗Lebens verſchwindet, ſtehen geblieben iſt. Wegen der Be⸗ ſchaffenheit der Regenbogenhaut konnen die Albino's intenſives Licht nicht vertragen; dieſe Membran iſt nicht, wie gewoͤhnlich, undurch⸗ ſichtig, ſondern läßt, wegen Abweſenheit des Farbeſtoffes, die Licht⸗ ſtrahlen durch und in den Augapfel fallen, daher durch blendendes Licht die retina zu ſtark gereizt wird. Daher ſehen die Albins's, wie die Nachtthiere, am beſten in der Dämmerung. Der vollſtän⸗ dige Albinismus ift eine durchaus nicht ſeltene Erſcheinung. Die Albino's haben meiſt eine zaͤrtliche Leibesbeſchaffenheit, ungewoͤhn— lich lange Extremitäten, dicke Köpfe und Haͤlſe und eine ausdrucks⸗ loſe und unangenehme Geſichtsbildung. Die maͤnnlichen Albino's ſind gewoͤhnlich unfruchtbar, was dagegen bei den weiblichen nicht der Fall iſt. Die geſchaͤckten Neger müffen wir für partielle Albi: no's erklären. Zwei ſchwarze Menſchen koͤnnen ein weißes Kind erzeugen, und aus der Vermiſchung eines Albino's mit einem In⸗ dividuum der ſchwarzen Menſchenrace kann ein partieller Albino, ein weißgefleckter Schwarzer, entſtehen. Dieſe Umſtaͤnde ſind ſehr zu berücjichtigen, wenn man nicht Gefahr laufen will, eine falſche Beſchuldigung in Bezug auf Ehebruch auszuſprechen. Mir iſt in der Familie eines meiner Londoner Patienten ein Fall von partiel— lem Albinismus vorgekommen. Die weiblichen und nur die weiblichen Mitglieder dieſer Familie hatten feit vielen Generationen völlig ſchwar⸗ zes Haar, mit Ausnahme eines zwei Zoll breiten Streifens vorne, wo die Haare fo weiß wie Schnee waren. Dieß war ein ſehr eigenthuͤm— licher Fall von partieller Abweſenheit des Pigments. Man raſirte ihnen den Kopf und wandte verſchiedene Mittel an; allein keines ſchlug an. Das Haar nahm ſich aus, wie ein weißes Band, und ) Ausnahmen von dieſer Regel find indeß nicht fo ganz ſelten und hinlaͤnglich beglaubigt. Wir erinnern in dieſer Beziehung nur an den Doppelknaben in Canton (vergl. Notizen No. 7, und No. 32.), fo wie an die ganz aͤhnliche Mißgeburt zu Benais in der Touraine (vergl. Notizen No. 396.), wo der kopfloſe Rumpf des einen Kindes aus der Bruſt des andern bervorgewachſen war. Auch ſoll gegenwärtig in Finland ein 16jähriger Dops peljünaling leben, deſſen beide Hälften zwar mit dem Rücken verwachſen, aber fo geſtellt find, daß die Fuͤße der einen dem Kopfe der andern entſprechen. 17 168 ich ſuchte, wiewohl vergebens, den beiden Maͤdchen, die mir zu Ge— ſichte kamen, einzureden, es ſtehe ihnen ſehr gut. Man findet Albino's unter allen Himmelsſtrichen, obwohl in kalten Laͤndern viel ſeltner, als in warmen, zumal in der heißen Zone, woher denn der Glaube entſtand, daß es zwiſchen den Wen— dekreiſen Voͤlker gebe, die ganz aus Albino's beſtaͤnden. Unter farbigen Nationen iſt dieſe Monftrofität häufiger anzutreffen, als unter weißen. Was die Natur und die Urſachen dieſes Zuſtandes anbetrifft, ſo werde ich mich ſehr kurz faſſen. Bemerkenswerth iſt aber, daß Geoffroy St. Hilaire nachgewieſen hat, daß lange Einſperrung und Mangel an Leibesbewegung, zumal bei ſpaͤrlicher Ernaͤhrung mit ſchlecht beſchaffenen Speiſen, nach und nach eine Veränderung in der Farbe zu Wege bringen; fo daß die Anſicht Blum en— bach’ s, der Albinismus entſtehe zuweilen in Folge von Krankheit, gewiſſermaßen ihre Beſtaͤtigung findet. Weit oͤfter liegt jedoch der Grund dieſer Abnormitaͤt in gehemmter Entwickelung. Das Pig— ment der Haut findet ſich bei'm Foͤtus erſt in einer ſehr vorge— rückten Periode der Schwangerſchaft, und die Nachkommen von Negern koͤnnen ſo weiß bleiben, als die von weißen Voͤlkerſchaften. Begreiflicher Weiſe kaun die Haut in ihrer Ausbildung aufgehalten werden, bevor das Pigment in dieſelbe abgelagert worden iſt und ihr ihre naturgemaͤße Faͤrbung ertheilt hat. So bleiben denn zu— weilen die Haut, das Haar, die Regenbogenhaut und die membra- na chorioidea des Auges nur in Folge eines Hinderniſſes in ihrer Entwickelung, ohne daß ein allgemeiner krankhafter Zuſtand obwal— tete, mangelhaft. Zum Beweiſe, daß dieſe Anomalie einem Stehenbleiben der Entwickelung zuzuſchreiben iſt, kann ich anfuͤhren, daß der Albinis— mus nicht der einzige an der Leibesfrucht vorkommende Zuſtand iſt, der noch nach der Geburt fortbeſteht. Waͤhrend der zweiten Haͤlfte ſeines Lebens innerhalb der Gebaͤrmutter bedeckt ſich der Foͤtus mit feinen Haaren, einer Art Grundwolle, die man unter dem Mikro— ſcope ſehr deutlich, aber auch mit unbewaffnetem Auge, wahrneh— men kann. Bei fortſchreitender Entwickelung verſchwindet dieſes feine Haar; allein faſt bei allen aͤchten Albinos findet man die Haut zeitlebens damit bedeckt, woraus klar hervorgeht, daß die Haut diejenige Ausbildungsſtufe, bei welcher dieſes weiche Haar vom Foͤtus verſchwindet, nicht erreicht hat. Auch das Stehenblei— ben der membrana pupillaris bei den Albinos deutet darauf bin, m die Entwickelung der Hautbedeckungen in's Stocken gera— then iſt. Ich werde nun uͤber die aus uͤberſchuͤſſig vorhandenem Pig— ment entſpringenden Anomalieen oder die Melanoſe Einiges bemer— ken. Wenn das in der Haut vorhandene Pigment eine dunklere Färbung darbietet, als gewöhnlich, fo findet, nach Geoffroy St. Hilaire, eine Art angeborner Melanoſe ſtatt. Dieſe trifft man bei manchen Thieren eben nicht ſelten, aber bei'm Menſchen weniger haͤufiger als den Albinismus. Der Ausdruck Melanoſe wird, beilaͤufig bemerkt, gewoͤhnlich von ſchwarzen oder dunkeln Ge— ſchwuͤlſten (z. B., den ſogenannten Raceknoten der Pferde) ge— braucht, welche zu verſchiedenen Lebensaltern in dem oder jenem Gewebe des Körpers auftreten. Viele naevi materni oder Muts termale find nichts weiter als Fälle von angeborner Melanoſe. Die Phyſiologen verwechſeln haͤufig unter dem Namen naevus zwei ganz verſchiedene Erſcheinungen mit einander; von denen die eine in der Melanoſe der Haut beſteht und von einem Ueberfluſſe an Faͤrbeſtoff oder Pigment herruͤhrt, die andere aber ihren Grund in einer abnormen Beſchaffenbeit der Blutgefäße des Theiles, und von John Bell die techniſche Benennung aneurysma ner ana- stomosin erhalten hat. Vollſtaͤndige Melanoſe kann bei Erwachſe— nen ploͤtzlich eintreten. Ruyſch gedenkt des Falles eines Mannes von 70 Jahren, der, in Folge einer heftigen Gemuͤthsbewegung, binnen einer Nacht ſo ſchwarz wie ein Neger wurde. Auch uͤber andere ähnliche Falle find Nachrichten vorhanden, und die aͤltern Schriftſteller nannten dieſelben die ſchwarze Gelbſucht, in— dem die damit behafteten Individuen, wenn auch nicht rabenſchwarz, doch ſehr dunkel gefaͤrbt wurden. Die naevi, welche von einer regelwidrigen Beſchaffenheit der Blutgefäße herruͤhren, find roth, violet oder ſchwarz; die rothen 169 werden bei Gemuthsbewegungen, Erhitzung der Haut, oder über taupt in den Fällen, wo Erroͤthen des Geſichts oder der Haucbe— deckungen ſtattfindet, dunkler gefaͤrbt. Dieſe gefäßreichen naevi ra: gen gewohmich über die allgemeinen Hautbedeckungen hervor und können an jedem Organe, fo wie von jeder Geſtalt vorkommen. Dr. R. Lee zeigte mir eines, welches faſt den ganzen Körper der Perſon einnahm. Dieſe gefäßreichen naevi werden durch Erhitzung größer, und deßhalb bat die Semmerwaͤrme auf dielelben Einfluß. Im Some mer find fie tiefer gerdthet, als zu andern Jahreszeiten, daber der Aberglaube, daß fie gewiſſen Fruͤchten ähneln, nach denen die Mut— ter während der Schwangerſchaft ſtarken Appetit gehabt, und daß fie mit dem Wacksthume dieſer Früchte zunehmen. Dieß iſt offen— bar Unſiun. Allerdings find dergleichen uaevi zur Zeit der Frucht— reife größer und vötter, als ſonſt; allein nur deßhalb, weil waͤh— rend des Sommers der Andrang des Blutes nach ihnen am ſtaͤrk— ſten iſt, und ſie ſich folglich mehr uͤber die Hautbedeckungen erhe— ben, atſo au'getriebener und roͤther erſcheinen, als zu andern Zeiten. Zuweilen verſchwinden die naevi nach der Geburt; zuweilen laſſen ſie ſich durch Druck auf dieſelben vertreiben, und dieß Mittel wird daher öfters dagegen empfohlen. Indeß darf man nicht ver: geſſen, was Recamier über dieſe Behandlung bemerkt. Obwohl, ſagt er, die Anwendung von Druck gegen gefäßreihe naevi äußerſt einfach iſt, fo iſt dieß Verfahren doch keineswegs gefahrlos; denn wenn auch die Haut vollig geſund ſcheint, fo entſteht doch durch den zur Beſeitigung des naevus noͤthigen Grad von Druck fehr leicht Krebs. Ueber die Beſchaffenheit und Heilung der nae vi ge denke ich fpäter ausführlich zu handeln. Die Lage der anacbornen melanotifhen Flecken auf der Haut iſt, wie deren Geſtalt und Farbe, ſehr verſchieden, und zuweilen find dieſelben mit Haaren bewachſen. Gemeine Leute entdecken an denſelben häufig Aehnlichkeit mit irgend einem Thiere, vor welchem die Mutter während der Schwanserſchaft erſchrocken ſeyn ſoll. Allein auf welchen Zeugniſſen beruht dieſer abſurde Aberglaube? Eine Freu gebiert ein Kind, das auf der Haut einen dunkeln, vicls leicht mit Haaren bewachſenen Flecken hat. Das Weibergeklaͤtſch um fie her behauptet, der Flecken gleiche einer Katze, Ralte oder Maus. Die Mutter wird befragt, ob fie nicht etwa wahrend ih— rer Schwangerſchaft von irgend einem dieſer Thiere erſchreckt wor: den ſey. Sagt ſie Ja, ſo iſt die Sache in's Reine gebracht. Sagt ſie Nein, ſo wird weiter geforſcht, wodurch ſie ſonſt erſchreckt worden oder was fie überhaupt während ihrer Schwanagerſchaft ger feben, und man kann ſich leicht denken, daß auf dieſe Weiſe irgend ein Gegenſtand aufgefunden wird, mit dem das Muttermal eine entfernte Aehnlichkeit hat. Waͤhrend der franzoͤſiſchen Revolution 170 gebar eine Frau ein Maͤdchen, welches auf dem einen Arme einen Sieden trug, an welchem man eine große Aehnlichkeit mit einer Freiheitsmutze entdeckte, und da die Sache der Regierung angezeigt ward, erhielt die Frau, wegen ihrer offenbar gut revolurionären Geſinnung, eine Prämie. L Diefe nsevi beſtehen, in der Regel, lebenslänglich fort, wenn fie nicht durch eine Operation beſeitigt werden. (Ihe Lancet, 7. March 1840.) Miscellen. Ueber eine Geſetzmaͤßigkeit im ſpecifiſchen Ge wichte bei Verbindungen einfacher Körper theilt Dr. Ammermüller eine Reihe von Berechnungen mit, aus welchen er folgende Schluſſe zieht: 1) Wenn ſich zwei Körper nach mul⸗ tiplen Verhaͤltniſſen mit einander verbinden, und in dieſen Verbin— dungen die Condenſation die gleiche bleibt, ſo ſteht die Menge der Gewichtstheile in gleichem Raume, d. h. alfo die Dichtigkeit, mit der jeder dieſer Koͤrper in der Verbindung enthalten iſt, in geradem Verhaͤltniſſe zur Menge der Atome deſſelben in einem zu— ſammengeſetzten Atome. — 2) Wenn dagegen die Condenſation in den verſchiedenen Verbindungen zweier Koͤrper mit einander nicht gleich bleibt, ſondern ſich ändert, ſo geſchieht dieß immer ſo, daß ihre Zu- oder Abnahme im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Zus und Abnahme der Menge einfacher Atome im zuſammengeſetzten Atome geſchieht, fo jedoch, daß dabei zugleich das erſte Gefetz guͤl⸗ tig bleibt. Zu dieſem macht Hr. Poggendorff, in feinen Anna⸗ len, B. 49., die Anmerkung, daß man das aufgeſtellte Geſetz noch auf eine andere Weiſe ausdruͤcken kann, naͤmlich: die ſpec. Gew. der Verbindungen eines Nadicals mit einem electronegativen Körs per verhalten ſich zu einander, wie die Atomgewichte derſelben, ent— weder geradezu oder nach Multiplication mit gewiſſen einfachen Brüchen. Es wird dieß durch eine Reihe von Berechnungen der ſpeciſiſchen Gewichte belegt. Die Uebereinſtimmung iſt darin mins deſtens eine Annaherung; ſtrenge kann das Geſetz nicht ſeyn, da die ſpeciſiſchen Gewichte mit der Temperatur veränderlich ſind, die Atomgewichte aber davon nicht abhängen. Ein Fall von Superfötation wird von Dr. Möbus in Henke 's Zaitſchrift 31. 2. mitgetheilt. Eine 35jährige Frau gebar zum fünften Male am 16. October ein lebendes ausgetrage— nes Maͤdchen; es folgte ein Blutfluß und unmittelbar darauf Be— wegung eines zweiten Kindes im Leibe; der Muttermund hatte ſich geſchloſſen; es folgten keine Lochſen. Die Frau befand ſich wohl und ging noch bis zum 18. November (33 Tage lang) ihren Ges ſchoͤften nach, bis fie ein zweites ebenfalls geſundes und reifes Maͤdchen gebar. — —— —⅜—ͤ rn Ueber Puncte, in welchen ein Patient ſelbſt zu entſcheiden hat. de lan d. a ſind die Umſtaͤnde, unter welchen die Wuͤnſche des Patienten mit Sicherheit oder mit Vortheil in der Be— handlung der Krankheiten beruͤckſichtigt werden koͤnnen? Se: der vorfichtige Arzt wird ſich mit denſelben bekannt machen, ſoweit fie ſich auf eine Art von Regel zuruͤckfuͤhren laſſen, und er wird ſeine Praxis ſodann mehr oder minder genau danach einrichten. J. Der Kranke kann faſt immer mit Sicherheit die Temperatur für ſich ſelbſt beſtimmen; und in den mei— ſten Fällen wird man ihn beläftigen, in vielen Fällen ſogar ihm ſchaden, wenn man dem, was er in dieſer Beziehung wuͤnſcht, widerſtrebt. Sein Gefühl iſt in dieſer Beziehung ſelten, wenn uͤberhaupt jemals, uͤbereinſtimmend mit der Th orie, und es wird demſelben nur zu oft dadurch geradezu widerſprochen, was freilich alsdann nur Theorie iſt. Sein Gefuͤhl bezeichnet in ihm einen beſtimmten Koͤrperzuſtand, in welchem die gewuͤnſchte Temperaturveraͤnderung gerade das zur Beſſerung geeignetſte iſt und wobei der Beweis der entſprechenden Veränderung gewöhnlich in der guͤnſtigen Ein⸗ wirkung gefunden wird, welche der Veraͤnderung folgt. Dieſe Regel kann fuͤr alle Fieber, ſelbſt für die eranthema= tiſcher Art, angenommen werden, wo (bei einem Hautaus— ſchlage) das Gleichgewicht zwiſchen der aͤußern und innern Flaͤche und die Gefahr eines Zuruͤcktreibens von größe 171 ter Wichtigkeit iſt. In welchem Stadium der Ausſchlag aber ſich auch befinden moͤge, wenn der Kranke aus— druͤcklich nach einer kuͤhlern Atmoſphaͤre und nach kuͤhlenden Umſchlaͤgen und aͤhnlichen Einwirkungen verlangt, ſo koͤnnen fie ohne Beſorgniß vollſtaͤndig geftattet werden, und man darf ſein Gefuͤhl als den Maaßſtab fuͤr die Zeit betrachten, während welcher dieſelben fortgeſetzt werden koͤnnen. Außer bei einigen Faͤllen krankhaft veraͤnderter Empfindung bei Nervenkrankheiten, it mir kaum jemals ein Fall vorgefom: men, in welchem ſich ein Kranker weſentlich über dieſe Puncte geirrt haͤtte; in dieſem Ausnahmsfalle aber iſt der Irrthum ſelbſt (wegen perverſer Senſibilitaͤt) von ſehr ge— ringem Einfluſſe. II. Ja der Mehrzahl der Fälle von wahrem Krank: ſeyn, vorausgeſetzt, daß die wahren Gefuͤhle des Kranken zu ermitteln ſeyen, koͤnnen ſeine Wuͤnſche in Bezug auf Eſ— fen und Trüͤnken ohne Gefahr befriedigt weden. Was auch die phyſicaliſchen Urſachen der Fisjegt uns unbekannten Beziehungen ſeyn moͤgen, — der Magen ſelbſt iſt immer der beſte Anzeiger der allgemeinen und dringenderen Beduͤrf— niſſe des Organismus in dieſer Beziehung. Aber es iſt nicht zu bezweifeln, daß in dieſer Beziehung große Sorgfalt noͤthig iſt, damit wir uͤber den Zuſtand des Appetits nicht getaͤuſcht werden, namentlich dadurch, was bloß uͤble Ge— wohnheit oder falſche Einbildung des Kranken oder Folge der Aufforderungen Anderer iſt. Dieſe Claſſe von Senſa— tionen wird weit mehr in einer von dem Laufe der Natur abweichenden Weiſe entwickelt und gewiſſermaßen aufgezogen, als dieß in Bezug auf Körpertemperatur der Fall iſt. Die Denkweiſe tritt weit mehr damit in genauer Verbindung, und obwohl bei acuten Krankheiten dieſe gewoͤhnlich wieder dem natuͤrlichen Geſetze unterworfen wird, ſo kommen doch viele geringere Faͤlle vor, in welchen noch genug von der Hefe der Gewohnheit uͤbrig bleibt, ſo daß alle Vorſicht noͤ— thig iſt. Mit derjenigen Vorſicht jedoch, welche jeder Arzt, der aus der Erfahrung zu lernen verſteht, anwenden wird, iſt auch der Magen des Kranken ein beachtenswerther Fuͤh— rer, er mag Enthaltung oder Genuß verlangen, er mag eine größere oder geringere Quantität Feſtes oder Flüffiges, viel oder wenig Getraͤnke, warm oder kalt, ſuͤß, ſauer oder ſalzig, mild oder reizend fuͤr den Geſchmack — fordern. Was die Beſchraͤnkung der Nahrung betrifft, ſo iſt, in der That, die „tempestiva abstinentia“ oft fuͤr den Patienten ſelbſt ein dringendes Naturbeduͤrfniß, beſonders in Faͤllen, wo Fieber vorhanden iſt. Es iſt dieß ein weſent— licher Theil der in unſerer Hand liegenden Cur, und wenn dieſe nicht beachtet wird, ſo verlieren alle uͤbrigen Mittel be— traͤchtlich an ihrem Werthe. Hier muͤſſen wir daher dem Patienten gegen die unverſtaͤndigen Aufforderungen ſeiner Umgebung beiſtehen, wozu bisweilen viel Feſtigkeit erforder— lich iſt. Es iſt nicht ganz paradox, wenn ich nun hinzufuͤge, daß wir die groͤßte Aufmerkſamkeit darauf wenden muͤſſen, wenn der Magen irgend eine ſcheinbare Extravaganz in der Diaͤt verlangt. Es kann dieß eine bloße Ausartung des Geſchmacksſinnes ſeyn; haͤufig aber zeugt es ein wahres Be— 172 duͤrfniß des Magens an, entweder zue Unterſtuͤtzung feiner eigenen Function oder mehr indirect nach dem geheimnißvol— len Geſetze in Bezug auf Erregung von Umaͤnderungen in der ganzen Blutmaſſe. Es iſt eine gute practiſche Regel, in ſolchen Faͤllen ſeine Zuſtimmung zuruͤckzuhalten, bis wir nach einer gewiſſen Zeit finden, daß derſelbe Appetit immer fortdauert, oder wiederkehrt. In dieſem Falle kann er gewoͤhn— lich als Beweis betrachtet werden, daß der gewuͤnſchte Ge— genſtand dem gerade vorhandenen Zuſtande des Magens ent— ſpricht. Im Anfange der Reconvalescenz nach langdauern— den gaſtriſchen Fiebern habe ich viele merkwuͤrdige Faͤlle geſe— hen, wobei die Nachgiebigkeit gegen ſo ganz allen Regeln wideriprechende Appetite dem Kranken offenbar gut bekam. Diaͤtetik muß uns erſt viel genauer bekannt werden, bevor wir das Recht haben, diaͤtetiſche Regeln den natuͤrlichen und wiederholten Anforderungen des Magens in der Ge— ſundheit oder in der Krankheit entgegenzuſtellen. Dieſe Bemerkungen koͤnnen, wie ich wohl einſehe, auf verſchiedene Weiſe in Verlegenheit bringen; beſchraͤnkt man dieſelben aber, wie ich jetzt thue, auf die Faͤlle wahrer Krankheit, und betrachtet man ſie auch dann mehr wie einen Leiter, als wie eine poſitive Regel, ſo wird man ſie nicht bloß zuläffig, ſondern auch für die allgemeine Praxis nuͤtzlich finden. III. Was die Koͤrperbeweg ung, Stellung, das Zubettebleiben und Aehnliches betrifft, fo kann man dem Kranken in dieſer Beziehung ſelbſt das Urtheil uͤberlaſſen, vorausgeſetzt, daß man ſieht, daß ſein Urtheil nur durch ſei— ne Koͤrpergefuͤhle beſtimmt wird. Ebenſo iſt es in Bezug auf friſche Luft, Art der Koͤrperbewegung und Zeit der Ruhe. In dieſen Dingen, wie in der Diaͤt, ſind Rath— ſchlaͤge, die ſich auf ſorgfaͤltige Beachtung der Gefühle des Kranken und auf genaue Beobachtung der Wirkung der er— ſten Verſuche gruͤnden, Alles, was von dem Arzte zu erwar— ten iſt; geht man daruͤber hinaus, ſo thut man oft mehr Schaden damit. Ich habe oft geſehen, daß ein zu kleinli— ches Einmiſchen in dieſe Dinge von uͤbeln Folgen war, ent— weder durch die zu große Aengſtlichkeit oder durch den un— richtigen Wunſch, Alles durch aͤrztliche Regel und Autoritaͤt zu beſtimmen, ohne Ruͤckſicht auf die Gefuͤhle des Kranken, ſelbſt da, wo dieſe mit Sicherheit beruͤckſichtigt werden koͤnnen. Die wichtigſte Ausnahme von dieſer Regel machen ge— wiſſe nervöfe und dyspeptiſche, chroniſche Krankheiten, wo man auf Koͤrperbewegung dringen muß, im Widerſpruche mit den Gefuͤhlen des Kranken und bisweilen ſogar, wo die erſten Verſuche dazu ſcheinbar nachtheilig ſind. Bei einiger Sorgfalt der Beobachtung ſind die Beweiſe der Richtigkeit des Verfahrens hier ſo einfach, daß wenig Gefahr eines Irr— thums zu befuͤrchten iſt. In Bezug auf geiſtige Beſchaͤftigung waͤhrend des Krankſeyns oder während der Convalescenz iſt weit mehr Vorſicht noͤthig. Hier iſt der Kranke gewoͤhnlich weniger im Stande, ſeine eigene Kraft zu ſchaͤtzen; er haͤngt daher mehr von den Einfluͤſſen feiner Umgebungen ab. Die ge— genwaͤrtige Lebensweiſe unter den hoͤhern Staͤnden verur— 173 faht eben fo viel Uebel durch Exceſſe in der moraliſchen und intellectuellen Erregung, als durch die des Magens, und es iſt eben ſo ſchwierig, daruͤber zu wachen und dieß auf eine vernuͤnftige Weiſe zu beſchraͤnken. In dieſen Faͤllen, welche immer vorkommen, iſt das Urtheil des Arztes und Feſtiakeit bei ſeiner Art, hier einzugreifen, von großer Wichtigkeit. In andern Fallen, bei ruhigerer Lebensweiſe, kann man da— gegen Vieles der Beſtimmung und dem Krgftgefuͤhle des Kranken ſelbſt uͤberlaſſen, nur mit dem Mathe, daß er dieſes Gefühl immer erſt ſorgfaͤltig zu Mathe ziehe, bevor er ir— gend eine Veraͤnderung vornimmt. IV. Eia vorſichtiger Arzt kann, ohne die Wiſſenſchaft oder ſeine Autoritaͤt auf's Spiel zu ſetzen, ſehr haͤufig von ſeinen Kranken ſelbſt erfahren, ob es angemeſſen iſt, ein be— ſtimmtes Arzneimittel, oder überhaupt Medicin, zu gebrau— chen. Sehr haͤufig koͤmmt es vor, daß der Kranke zu ir— gend einer Zeit in der Krankheit, oder gewoͤhnlich, wenn die Convalescenz begonnen hat, ſehr beſtimmt das Gefuͤhl aus— ſpricht, daß Medicin ihm nicht ferner gut ſeyn werde, und daß die fernern Fortſchritte in der Beſſerung der Natur al— lein überlaffen werden ſollen. Sieht man, daß dieß nicht von einer Laune abhaͤngt, ſo muß der Arzt darauf achten, und es wenigſtens als einen Wink für die kuͤnftige Behand: lung annehmen. Wird das Gefuͤhl fortwaͤhrend und wieder— holt zu einer Zeit an den Tag gelegt, wo die dringenden Symptome der Krankheit bereits voruͤber ſind, da kann man meiſtens ruhig nachgeben, mindeſtens um einen Verſuch zu machen, welcher negativer Art iſt, und daber ſelten von Nachtheil ſeyn kann, ſelbſt wenn er keine gute Wirkung haben ſollte. Ich glaube, daß im Ganzen häufiger Scha— den dadurch angerichtet wird, daß man unnoͤthiger Weiſe den Gebrauch der Medicin lange fortſetzt, als daß man ſie zu fruͤh aufgegeben hat. Es kommen auch Fälle vor, wo andauernde Abneigung gegen eine beſondere Medicin oder Behandlungs weiſe das Ausſetzen derſelben nicht allein geſtat— tet, ſondern ſogar noͤthig macht, obwohl die gewoͤhnliche Er— fahrung ſich durchaus zu Gunſten derſelben ausſpricht. In dieſen Fallen iſt Nachgiebigkeit oft eben fo noͤthig, als Fe— ſtigkeit. Die beſte Regel iſt, ſich nicht ausſchließlich an eine Regel zu halten, da wir fo hiufig Faͤlle ſehen, welche den geſundeſten Vorſchriften und Methoden widerſprechen. Einwirkung des Luftdruckes auf den Mechanismus ſeroͤſer Exhalation. Von Dr. Jules Guerrin. Dieſe Abhandlung ſoll beweiſen, daß der Luftdruck bei dem Mechanismus feröfer Erhalationen im menſchlichen Koͤr— per mitwirkt. Es beruht dieß auf der anatomiſchen Anord— nung und wird durch directe Erfahrung und phyſiologiſche und pathologiſche Beobachtung bewieſen. J. Anatomiſche Anordnung. . Die Theile, welche der Sitz ſeroͤſer Erhalationen find, Hoͤhlen der Gelenke, des Herzbeutels, der Pleuren, des Pe— ritonaums und der arachnoidea des Gehirns und Nüf: kenmarkes, haben eine allen gemeinſchaftliche Anordnung, wodurch fie als vollkommen geſchloſſene Höhlen neue Raͤu— 174 me barbieten, wenn feriodiſch eine Vergroͤßerung des vorhan— denen Raumes noͤthig iſt. Dieſe Dispoſitionen ſind zwar ihrem endlichen Nefultate gleich, fie find aber das Product ſpecieller Bedingungen, welche in den Gelenken und in den ſeroͤſen Häuten verſchieden find. Bei den Gelenkhoͤhlen iſt die Vergroͤßerung des Rau— mes oder die Bildung neuer Raͤume genau mit den Gelenk— bewegungen verbunden; fie haͤngt von zwei Bedingungen ab: 1) von den Veraͤnderungen der gegenſeitigen Lage der Gelenkflaͤchen, welche ſich nicht mehr genau entſprechen und auf dieſe Weiſe ihre gegenſeitige Beziehung und genaue Coaptation verlieren; 2) von der Spannung der Muskeln und Ligamente, welche das Gelenk umgeben und welche bei einem weitern Auseinandertreten ihrer Inſertionspuncte ſich erheben, fpannen und die feſten Wände der improvifirten oder vergrößerten Höhlen bilden (d. h. nicht nach Innen einſinken). Dieſe Bedingungen ſind allen Gelenken gemein— ſchaftlich und laſſen ſich auf verſchiedene Weiſe auf alle Ge— lenke, ohne Ausnahme, anwenden. Die Bedingungen, welche periodiſche Vergrößerungen der Höhlen des Herzbeutels, der Pleuren, des Peritonaͤums oder der arachnoidea veranlaſſen, find aͤhnlich und eben» falls doppelter Art: entweder wird das aͤußere Blatt der ſeroͤſen Haut von den Winden, mit denen es zuſammen; haͤngt, in die Hoͤhe gehoben und mit nach Außen gezogen, waͤhrend das innere oder Visceralblatt mit dem davon uͤber— zogenen Eingeweide ruhig in ſeiner Lage bleibt, oder im Ge— gentheile das Parietalblatt bleibt unbeweglich und das Ein— geweide erleidet Lage- oder Volumenveränderungen, wodurch auch die Lage des Visceralblattes veraͤndert wird. Man kann aus der Entſtehung neuer Raͤume oder aus der Vergroͤßerung bereits vorhandener geſchloſſener Raͤu— me unmittelbar ſchließen, daß eine gewiſſe Tendenz zum lee— ren Raume, oder alſo zur Verduͤnnung der in dieſen Hoͤh— len befindlichen elaſtiſchen Fluͤſſigkeiten vorhanden ſeyen, alfo eine Storung des Gleichgewichtes zwiſchen dem innern und aͤußeren Drucke, zum Vortheil des letztern. Dieß wird durch folgende Erfahrungen bewieſen: 1 Vie r fu e A. Verſuche uͤber die Gelenkhoͤhlen. Ich ha— be in das Innere des Huͤft- oder Kniegelenkes das fein ausgezogene Ende einer gekruͤmmten und graduirten Röhre von zwei Linien Durchmeſſer eingeführt, in welcher ſich eine gefärbte Fluͤſſigkeit befand, und welche aͤhnlich der Weltherſchen Roͤhre eingerichtet war. Das Niveau beider Saͤulen der Fluͤſſigkeit hob ſich nur bis zur Hälfte der Hohle der beiden parallel aufſteigenden Aeſte der Roͤhre. Mit jeder Brugungs- bewegung des Kniegelenkes oder Flexion und Abduction des Huͤftgelenkes ſtieg die Fluͤſſigkeit in der dem Gelenke ent— ſprechenden Roͤhre und drang ſogar bei etwas raſcherer Be— wegung in das Innere der Gelenkhoͤhle ein. B. Ver ſuche über die feröfen Hoͤhlen. Ich babe dieſelde Roͤhre nacheinander bei den Höhlen der Pleu— ren, des Pericardiums und der arachnoidea angewendet und geſehen, daß die Fluͤſſigkeit periodiſch und zwar iſochro⸗ niſch mit den Bewegungen des thorax, des Herzens und des Gehirns ſich bewegt. Dieſe Verſuche ſind ſehr haͤufig 175 bei menſchlichen Leichen an den Gelenkhoͤhlen und bei leben— den Thieren an den ſeroͤſen Hoͤhlen ausgefuͤhrt worden, im— mer mit demſelben Reſultate, und es ergiebt ſich daraus daſ— ſelbe Reſultat, was ſchon aus den anatomifchen Betrach⸗ tungen zu ziehen war, naͤmlich eine Veränderung des Druk— kes, und dadurch eine Störung des Gleichgewichtes mit dem atmoſphaͤriſchen Luftdrucke; es muß alſo der aͤußere Druck die Fluͤſſigkeiten gegen das Innere der ſeroͤſen Höhlen zu: ruͤckdraͤngen, um durch Exhalation das Gleichgewicht des Druckes wiederherzuſtellen. III. Phyſiologiſche uud pathologiſche Folgerungen. Viele phyſiologiſche und pathologiſche Beobachtungen vervollſtaͤndigen die Nachweiſung deſſelben Gegenſtandes und geben demſelben noch mehr Bedeutung. Man kennt den Einfluß betraͤchtlicher Hoͤhen auf die Schwierigkeit der Gelenkbewegung; dieſe Schwierigkeit erklaͤrt ſich nun ſehr leicht (2) durch Verminderung der Secretion der Synovia unter dem Einfluſſe einer Verminderung des Luft— druckes. Man weiß auch, daß lang unbeweglich gehaltene Glie— der ſehr ſchwer beweglich werden; die Gelenkflaͤchen erleiden empfindlichere Reibung, ihre Bewegungen veranlaſſen das Geraͤuſch einer ſchmerzhaften Crepitation; endlich iſt es be— kannt, daß vollkommene Unbeweglichkeit freier Gelenke bis— weilen hinreicht, um eine Anchyloſe zu bewirken. Dieſe Thatſachen ſcheinen mir keines Commentars weiter zu be— duͤrfen. Hr. Jobert hat durch ſeine ſchoͤnen Erfahrungen be— wieſen, daß Verwachſungen zwiſchen aneinanderliegenden Blaͤttern des Peritonaͤums leicht zu erlangen find, was bei den Schleimhaͤuten nicht der Fall iſt. Man kennt auch die bewundernswuͤrdige Leichtigkeit, mit welcher ſeroͤſe Flaͤchen bei Krankheiten unter einander verwachſen. Durchdringende Wunden der Gelenke, des Peritonaͤums, der Pleuren, des Pericardiums, welche mit der Luft in Beruͤhrung bleiben, ſind von ganz beſondern Zufaͤllen begleitet; endlich wiederho— len ſich auch Gelenkrheumatismen und Hpdrarthroſen, welche darauf folgen, der Reihe nach, in verſchiedenen Gelenken. Liegt der Grund aller dieſer und noch anderer analoger Falle, welche ich nicht weiter anfuͤhre, nicht in dem Ein— fluſſe, den der Luftdruck auf den Mechanismus der ſeroͤſen Secretionen ausuͤbt? — Die Verſuche, welche ich uͤber die practiſche Bedeutung dieſer neuen functionellen Beziehung angeſtellt habe, werde ich in einer ſpaͤtern Abhandlung mittheilen; vor der Hand ziehe ich aus den anatomiſchen, phyſiologiſchen und patho— logiſchen Ergebniſſen folgende Schluͤſſe: 176 1) Die Gelenke zeigen bei der Mehrzahl der Bewe— gungen eine Vergroͤßerung ihrer Hoͤhle und bilden daher neue Raͤume, welche im Zuſtande der Ruhe nicht vorhan— den ſind, und zwar geſchieht dieß entweder durch Veraͤnde— rung der Lage der Gelenkflaͤchen oder durch Spannung der ligamentoͤſen und muskuloͤſen Waͤnde des Gelenkes in Folge des Auseinanderruͤckens ihrer Inſertionspuncte. 2) Alle ſeroͤſen Hoͤhlen des Koͤrpers zeigen ebenſo, wie die Gelenkhoͤhlen, voruͤbergehende Raumvergroͤßerung, theils in Folge eines Auswaͤrtsziehens eines ſeroͤſen Parietalblattes durch die Muskelwaͤnde, oder in Folge eines Einſenkens des Visceralblattes durch Contraction oder Lageveraͤnderungen der davon umkleideten Eingeweide. 3) Dieſe Vergroͤßerungen der Gelenk- oder feröfen Höhlen veranlaſſen ex tempore geſchloſſene leere Raͤume, durch welche das Gleichgewicht des Druckes innen und au— ßen zu Gunſten des aͤußern Luftdruckes geſtoͤrt wird, ſo daß die Fluͤſſigkeiten gegen das Innere der Hoͤhlen hinſtroͤmen und periodiſch eine Art von Saugwirkung auf dieſen Ober— flaͤchen und auf den in dieſen Höhlen verlaufenden Gefäßen ſtattfindet. 4) Die Mitwirkung des atmoſphaͤriſchen Druckes bei dem Mechanismus der feröfen Secretionen wird uͤberdieß durch pathologiſche Thatſachen bewieſen. Die leicht eintre— tende Verwachſung an einanderliegender ſeroͤſer Flaͤchen; die Verminderung und Aufhebung der Synovialabſonderung mit endlicher Anchyloſe bei mehr oder minder vollkommener Uns beweglichkeit des Gelenkes; die Gelenkſteifigkeit bei Vermin— derung des Luftdruckes in großen Hoͤhlen und die beſonderen Zufaͤlle bei eindringenden Wunden der ſeroͤſen Hoͤhlen, alles dieß erhaͤlt ſeine eigentliche Bedeutung durch die Wirkung des atmoſphaͤriſchen Druckes auf ſeroͤſe Secretionen und iſt ebenſo ein Beweis fuͤr die Richtigkeit meiner Lehre. (Gaz. des Höp. No. 8.) Brei. e e ee Zur Behandlung der Krebsgeſchwuͤlſte empfiehlt Hr. Jobert die Unterbindung der Arterien und Durch⸗ ſchneidung der Nerven des afficirten Theils. Bei die⸗ ſer Behandlung ſollen die Geſchwuͤre vernarben und zuheilen. Dieß wurde bei vier Lippenkrebſen und einem Zungenkrebſe beobach— tet. Dieſes Verfahren entſpricht einigermaßen der Compreſſion, indem bei beiden auf die Circulation und Janervation hemmend eingewirkt wird. (Bulletin de thérap., Aout 1839.) Zur Beſtimmung, ob ein Bruch eine Darmſchlinge enthalte, empfiehlt Piorry die Anwendung des Pleſſimeters auf der Seite, indem bei Anwendung auf die Spitze der Bruchge— ſchwulſt der helle Ton durch Luft innerhalb der Bauchhoͤhle bewirkt werden koͤnne. (L’Experience, Aoüt 1839.) Gi eg edi s ch: Plantae utiliores. Illustrations of Useful Plants, employed in the Arts and Medeeine eto. By Miss M. A. Burnett, Sister of the late Gilbert Burnett Professor of Botany at Kings College. London 1839. 4 No. II. — V. A Series of anatomical sketches and Diagrams; with descrip- tions and references, By Thomas /Vormald and Andrew Melville M’/Whinnie, London 1340, Wenger tt ein: Pathological observations on the Diseases of the Uterus. By Robert Lee, MD, Part I. London 1840. Observations on Yaws and its influenze in Originaling Lepro- sy: also Observations on acute traumatic Tetanus and Te- tanus infantum. By James Maxwell, MD., late of Jamaica. Edinburgh 1839, 8, — ¶ ſ — Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt don dem Ober Medieinalrarte Froriep zu Weimar, und dem Mediemaltatde und Prefeſſer Frorier zu Berlin, No. 298. Gedruckt im Landes- Induftries Comptoir zu Weimar. (Nr. 12. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bundes, von 24 Vogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Mai 1840. des einzelnen Sıüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nat u r Ueber die Pebensweife von Apteryx australis, einem den Struthionidae naheſtehenden neuſeelaͤn— diſchen Vogel, den die Eingebornen Kiwi nennen. Von dem verſtorb. Allan Cunningham, Eſg. “) Dieſer hoͤchſt merkwuͤrdige Vogel bewohnt die dichte— ſten und duͤſterſten Waͤlder. In denjenigen unfern der Miſ— ſionaͤrſtationen Kerikeri und Waimate, wenige Meilen von der Kuͤſte der Inſelbai, wurde er ftuͤher haͤufig gefangen, und in denen am Fluſſe Hokianga iſt er noch gegenwaͤrtig zu finden. Uebrigens iſt er auf keinen beſondern Diſtrict beſchraͤnkt, ſondern in allen waldigen Gegenden der noͤrdli— chen Inſel anzutreffen. In jenen feuchten Waͤldern ver— ſteckt er ſich bei Tage entweder unter den Buͤſcheln einer langen Carex - Art, die in den Waͤldern überall in Menge waͤchſt, oder in Loͤchern an dem Wurzelſtocke des Rata— Baumes (Metrosideros robusta, A. C), da er ſehr lichtſcheu iſt. An dergleichen Stellen baut er ſein unge— mein einfaches Neſt, in welches er, nach uͤbereinſtimmenden Berichten, nur ein Ei von der Groͤße eines Enten- oder, wie manche der Eingebornen behaupten, Gaͤnſe-Eies legt; denn die Gans iſt vor einiger Zeit von den Miſſionaͤren eingeführt worden, daher die Neuſeelaͤnder jetzt mit dieſem Vogel bekannt find. Die Dauer der Bruͤtzeit iſt nicht ers mittelt. Kaum hat die Nacht ihren dunkeln Schleier uͤber die Walder ausgebreitet, fo macht ſich der Kiwi auf, um ſeiner Nahrung nachzugehen, welche einzig und allein in Wuͤrmern beſtehen ſoll, die er aus der Erde ſcharrt und hackt, indem er mit ſeinem duͤnnen Schnabel durch den wei— ) Der Zoological Society zu London vorgeleſen am 14. Mai 1839. Die Mittheilung iſt datirt: Sydney in Neufüdwallis d. 26. Nov. 1838 und war von einer Haut, fo wie auch einem zum Seciren präparirten Körper der Apteryx begleitet, wel: che ſich Hr. Cunningham in Neufeeland verſchafft hatte. Der frühzeitige Tod dieſes Reiſenden, durch den die Naturges ſchichte Auſtralien's und Neuſeeland's fo ſehr gefördert wor⸗ den find, iſt für die Wiſſenſchaft ein bedeutender Verluſt. No. 1898, R M med e. chen, feuchten Untergrund ſticht. Ohne Zweifel leitet ihn der Inſtinet in der Nacht an Orte, wo ſein Futter in Menge vorhanden iſt; denn ſeine Augen ſind ſehr klein, wo— gegen der Oberkiefer, an deſſen Ende die Naſenloͤcher ſtehen, auf einen ſcharfen Geruchſinn hindeutet. Der Kiwi lebt nicht in Geſellſchaften, nur hoͤchſt ſel— ten ſieht man mehrere Exemplare zuſammen; meiſt leben ſie paarweiſe (ein Maͤnnchen mit einem Weibchen), und in den großen einſamen Waͤldern trifft man vielleicht alle anderthalb— tauſend Schritte ein Paar an. Das naͤchtliche Geſchrei des Kiwi nimmt ſich ungefaͤhr ſo aus, wie wenn Knaben auf den Fingern pfeifen, naͤmlich als ein gellender und zugleich ziſchender Laut, und indem die Eingebornen dieſen nachahmen, wiſſen fie den Vogel fo nahe zu locken, daß fie, indem fie ploͤtzlich eine unter Mat— ten verſteckt gehaltene Fackel zum Vorſcheine bringen, ihn bei'm Halſe faſſen und lebendig fangen koͤnnen. Zuweilen laſſen ſie ihn auch, wenn er ſich hinreichend genaͤhert hat, von Hunden fangen. Auf obige Weiſe wurde das Exemplar, deſſen Haut und Koͤrper ich anbei nach England ſende, lebend eingefan— gen. Um auf den Kiwifang zu gehen, waͤhlen die Einge— bornen die dunkelſten Naͤchte, und da die Voͤgel ſich meiſt paarweiſe zuſammenhalten, ſo legen es die Jaͤger, welche die beiden Geſchlechter leicht an der Stimme zu unterſcheiden wiſſen, ſtets darauf an, das Weibchen zuerſt zu fangen, da ſich das Maͤnnchen nicht weit von der Stelle entfernt, um ſein Weibchen zu beſchuͤtzen, und ſich ebenfalls leicht fan— gen laͤßt. Wenn der Kiwi im Walde aufgeſcheucht wird, begiebt er ſich ſchleunigſt nach den dunklern Schlupfwinkeln, indem er ſchnell laͤuft, wenngleich ſeine ſtarken kurzen Beine mehr zum Scharren, als zum Laufen eingerichtet zu ſeyn ſcheinen. In ſeinen Beinen beſitzt er ein ſehr gefährliches Verthei— digungsmittel, welches er gegen kleine Hunde, die ihn nicht geſchickt zu greifen wiſſen, ſo wirkſam anzuwenden verſteht, daß er ſie zuweilen ſchwer we 179 Vormals, als die Eingebornen lediglich ihre luftigen weiten Mattenkleider trugen und viel abgehaͤrteter waren, als heutzutage, wo Jedermann ſich in eine dicke ſchwere doppelte Pferdedecke einwickelt, die die Europaͤer liefern, was ſehr zur Verweichlichung der Neuſeelaͤnder beigetragen hat, waren fie geſchickte Kiwijäger und fanden an dieſem Ge— ſchaͤfte viel Geſchmack. Manche dunkle ſtuͤrmiſche Nacht wurde in den Waͤldern hingebracht, um Kiwi's zu fangen, deren Fleiſch zwar hart und ſehnigt ſeyn ſoll, aber von den Neuſeelaͤndern ſehr geſchaͤtzt wird. Auch die Federn waren zur Verzierung von Matten ſehr geſchaͤtzt, und wurden auf ein Grundgewebe von Neuſeelaͤndiſchem Flachs genäht. So iſt denn der Kiwi durch fortwaͤhrende Nachſtellungen in mehreren Gegenden, wo er ſonſt haͤufig war, ausgerottet worden, und wenngleich er noch in ſtark bewaldeten Diſtric— ten vorkommt, wo er mehr geſchont worden iſt, fo iſt er doch ſchwer zu bekommen, weil die Eingebornen durch die theilweiſe Civiliſation weniger unternehmend und thaͤtig, ſo wie weichlicher geworden ſind, und ſich daher ſelbſt durch das Verſprechen einer bedeutenden Belohnung nicht leicht dahin vermoͤgen laſſen, eine neblige Nacht hindurch dem Ki— wifange im Walde obzuliegen. Ohne die Huͤlfe der Neu— feeländer laͤßt ſich aber der Vogel nicht erlangen. Die hierbeifolgende Haut ſtammt, nach der Ausſage der Eingebornen, von einem Maͤnnchen, und allerdings hatte das Exemplar, als es noch lebte, einen ungemein ſtarken und unangenehmen Geruch. Einige Neuſeelaͤnder vom Oſt— cap, ſuͤdlich von der Inſelbai, welche bei den Engliſchen Miſſionaͤren zu Paihia an der Suͤdkuͤſte leben, behaupte— ten, die Kiwi's in ihren Waͤldern ſeyen bedeutend groͤßer und kraͤftiger, als mein Exemplar, welches am Fluſſe Ho— kianga gefangen worden war. Es waͤre daher moͤglich, daß im Suͤden eine andere Kiwiſpecies lebte, als im Norden. (Annals of Natural History, Jan. 1840.) Einige durch Dr. Mandl's Beobachtungen uͤber die Structur der Fiſchſchuppen *) hervorgerufene Bemerkungen des Hrn. Agaſſiz *). Schon als am 24. Juni 1839 Dr. Mandl die Reſultate ſeiner Beobachtungen uͤber die Structur der Fiſch— ſchuppen der Academie vorlegte, erfuhr ich, daß er in Be— treff di ſes Gegenſtandes zu andern Ergebniſſen gelangt ſey, wie ich. Doch mußte ich die Veroͤffentlichung feiner Ab: handlung abwarten, bevor ich ſeine Einwuͤrfe pruͤfen und noͤthigenfalls beantworten konnte. Seitdem dieſe be nun im Octoberhefte der Annales des sciences naturelles er— ſchienen, habe ich meine ſaͤmmtlichen, vor etwa 10 Jah— ren im Druck erſchienenen Beobachtungen uͤber die Fiſch— genera und species, welche Spir mit aus Brafilien gebracht und die ich im Jahr 1829 zu Muͤnchen unterſuchte, *) S. No. CCLXXIX. — CCLXXXI. d. Neuen Notizen. ) Aus einem an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften ge: richteten Briefe des Verf. 180 genau durchgeſehenz auch meine Bemerkungen ruͤckſichtlich der Fiſchſchuppen im Allgemeinen, die ich in der Einleitung zu meinen Unterſuchungen über die foſſilen Fiſche bekannt gemacht, gruͤndlich gepruͤft. Dieß erwaͤhne ich ausdruͤcklich, damit die Academie nicht etwa glauben moͤge, ich verlaſſe mich lediglich auf mein Gedaͤchtniß, indem ich den voͤllig gehaltloſen Behauptungen des Dr. Mandl entgegentrete. Meine Widerlegung gruͤndet ſich vielmehr auf eine neue Uns terſuchung der ganzen Frage. Daß das wahre Sachver— haͤltniß genau bekannt werde, iſt mir auch in andern Bes ziehungen von Wichtigkeit, da Dr Mandl in ſeiner Abe handlung wiederholt die Meinung ausſpricht, das abwei— chende Reſu tat ſeiner Beobachtungen gruͤnde ſich auf die Unvollkommenheit der mir zu Gebote ſtehenden Unterſuchungs— mittel, ſo daß es ſcheint, als ob er in meinem Studirzim— mer ganz zu Hauſe ſey, waͤhrend er mich doch ſo wenig kennt, wie ich ihn. Indeß muß ich ihn davon in Kennt— niß ſetzen, daß ich ein treffiches Frauenhoferſches Mikroſcop beſitze, deſſen eigenthuͤmliche Conſtruction im Jahre 1830 von dem beruͤhmten Phyſiologen Dollinger zu Muͤnchen, der durch ſeine mikroſcopiſchen Unterſuchungen die Embryologie und die Kenntniß der Blutcirculation in den Haargefaͤßen fo bedeutend gefoͤrdert hat, beſchrieben und durch Abbildungen erlaͤutert worden iſt. Dieſes Inſtrument hielt Prof. Dol— linger damals fuͤr das beſte aller bekannten Mikroſcope. Ich muß ferner bemerken, daß die Beobachtungen, deren Reſultat ich alsbald anzugeben gedenke, an den Schup— pen von mehr als 3900 Arten aus allen Fiſchfamilien an— geſtellt wurden, worunter nicht einmal die zahlreichen foſſi— len Fiſche mitbegriffen ſind, deren Schuppen von mir un— terſucht worden ſind. Hier muß ich mich jedoch auf eine gan; allgemeine Angabe der von mir erlangten Reſultate beſchraͤnken, indem ich die Details, durch viele Figuren er— laͤutert, in einer bald erſcheinenden Abhandlung bekannt zu machen gedenke. Herr Mandl fuͤhrt an, ich ſey in einem Irrthume befangen, indem ich die Schuppen als aus uͤber— einanderliegenden Platten gebildet betrachte; wogegen er uns verſichert, ſie beſtehen aus neben— einanderliegenden Zellen. Er verſucht dieß ſogar an den Schuppen des Rochen zu demonſtriren, und doch iſt es mir gerade bei dieſem Fiſche gelungen, die Wachsthums— platten von einander zu trennen, waͤhrend ich bei zahlrei— chen Queerducchſchnitten verſchiedener Schuppen bei einer Vergrößerung von 250 (nach einer Dimenſion) das Ueber— einandertagern dieſer Platten nach der ganzen Staͤrke der Schuppen deutlich geſehen habe. In meiner Naturgeſchichte der Suͤßwaſſerfiſche iſt von mir bereits die Abbildung eines ſolchen Durchſchnitts der Schuppe von Salmo Trutta bes kannt gemacht worden Spater behauptet Dr. Mandl, die divergirenden Strahlen auf der Oberflaͤche der Schuppen, die ich als Fur— chen beſchrieben, ſeyen aͤchte Canaͤle. Ich geſtatte mir kaum zu glauben, daß Dr. Mandl die Medianroͤhren der Schuppen der Seitenlinie, welche ſich zuweilen nach dem hintern Ende zu veraͤſteln, mit den Furchen auf deren Ober— 181 fläche verwechſelt habe. Ich wuͤrde ihn dadurch eines zu groben Irtthums zeihen; und dennoch ſehe ich nicht ab, wie ich mir ſeine Angaben anders erklaͤren koͤnnte. So viel kann ich jedoch mit Beſtimmtheit ſagen, daß die andern Schuppen nie Canale auf ihrer Oberfläche haben, ſondern vil lmehr oben unterbrochene Furchen beſitzen, welche vom Rande einer obern Wachsthumsplatte nach dem Rande der naͤchſten darunterliegenden ſtreichen, wie ſich dieß auf jedem Queerdurchſchnitte irgend einer mit ſolchen Strahlen verſe— henen Schuppe deutlich erkennen laßt. Dr. Mandl fuͤhrt ferner an, die Zaͤhne des hin— tern Randes der kammfoͤrmigen Schuppen ſeyen keine durch Einkerbung der Raͤnder ihrer Lamellen gebildete Hervorragungen, ſondern aͤchte Zähne mit einer Wurzel, die von einem Beutel umſchloſ— fen ſey. Man braucht nur die Schuppen von Sciaena, welche Dr. Mandl beiſpielsweiſe anfuͤhrt, zu unterſuchen, indem man dieſelben dem Brennpuncte des Mikroſcops ab— wechſelnd naͤhert und von demſelben entfernt, um ſich da— von zu uͤberzeugen, daß dieſer ganze angebliche Zahnapparat lediglich auf einer optiſchen Taͤuſchung beruht, die von dem Unterſchiede in der Dicke dieſer Zaͤhne an ihrer Wur el und Spitze herruͤhrt, ſo wie, daß die Spitzen am hintern Rande der Schuppen derjenigen Fiſche, welche ich Ctenoides ge— nannt habe, nur durch mehr oder weniger tiefe Einkerbung des Randes gebildet, keineswegs aber ſelbſtſtaͤndig entwickelte Zaͤhne ſind. Endlich ſcheint Dr. Mandl gar nichts davon zu wiſ— ſen, daß es emaillirte Schuppen giebt, welche in ihrer Structur von denen der gewoͤhnlichen Fiſche außerordentlich abweichen, und die man bei einer Ordnung findet, von wel cher die meiſten Arten ausgeſtorben ſind, naͤmlich bei der, welche ich Garoides genannt habe. Auch hat er dem Chagrin der Chondropterygier, welche meine Ordnung Pla- coides bilden, faſt gar keine Aufmerkſamkeit geſchenkt. Ich werde mich hier nicht weiter auf Darlegung der Structur der Schuppen einlaffen, ſondern ſchließlich nur bemerken, daß meine neueſten Unterſuchungen die Richtigkeit meiner frübern Angaben voll kommen beftätigen, und daß Dr. Mandl's An: ſicht in jeder Beziehung falſch iſt. Ruͤckſichtlich der Anwendung der Structur der Schup— pen auf die Claſſification der Fiſche, hat Dr. Mandl al— lerdings Recht, wenn er mich des Jerthums zeiht. Als ich die Meeraͤſchen oder Serbarben (Mullus) als Cyeloides beſchrieb, beſaß ich nur die Schuppen eines einzigen Exem— plars aus Braſilien, und dieſe waren in fehr ſchlechtem Zu— ſtande, indem die kleinen Zaͤhne am hintern Rande voͤllig abgerieben waren. Bei Gelegenheit meiner neuern Unter ſuchungen, die ſich auf viele Arten dieſes Geſchlechts er— ſtreckten, habe ich mich uͤberzeugt, daß, wie Hr. Mandl nachgewieſen, die Mulli wahre Ctenoides find. Dr. Mandl beſchließt feine Abhandlung mit der Ber hauptung, daß ich in dieſelbe Familie Fiſche mit Schuppen von ſehr verſchiedenartiger Structur geſtellt habe. Dieſem begegne ich bloß mit dem von Dr. Mandl citirten Bei⸗ — _ 182 ſpiele, nämlich der Gattung Cobitis, welche ich mit allen neuern Ichthyologen in die Familie der Cyprini ſtelle. Vergleicht man die Schuppen von Cobitis mit denen von Gobio, Barbus ete. und felbft mit denen der eigentli⸗ chen Karpfen (vorausgeſetzt, daß zu dieſer Unterſuchung junge Schuppen angewandt werden, deren Oberflaͤche noch nicht verändert iſt), fo kann man ſich leicht davon uͤberzeu— gen, daß ſie genau dieſelbe Structur darbieten; d. h., ſie beſtehen aus Platten mit einfachen Rindern, wie bei allen meinen Cycloides, und der mir gemachte Vorwurf der Ungenauigkeit hat ſomit keinen Grund. Ich wuͤrd dieſe Entgegnung der Academie fruͤher vor— gelegt haben, wenn mir nicht daran gelegen geweſen ware, vorher meine ſaͤmmtlichen Beobachtungen uͤber den Gegen— ſtand zu wiederholen, damit allem fernern Hin- und Herr. den Über die Sache ein Ende gemacht werde. Die meiner Abhandlung beigegebenen Abbildungen, welche fämmtlich von Dr. Vogt gezeichnet ſind, der mir bei dieſer langwierigen Arbeit treulich beigeſtanden hat, werden gewiß uͤber die wahre Structur der Schuppen keinem Zweifel mehr Raum laſſen (Edinburgh new philos. Journal, Jan. — April 1840.) Ueber die Eigenſchaft verfchiedener Körper, den chemiſchen Strahlen den Durchgang zu geſtatten. Von Robert Hunt ). Da ich vor vielen Jahren die Experimente Wedgwoods, Davy's und Wollaſton's über den chemiſchen Einfluß des Lichtes mit vielem Intereſſe wiederholt hatte, fo machte mir die Ecture von Hrn. Talbot 's Abhandlung über photographiſche Zeichnungen (Lichtbilder) viel Vergnügen, indem mir dadurch neue Anſichten bekannt wurden, und ſich mir zugleich der Blick in ein neues Feld oͤffnete, auf welchem viel Wichtiges zu entdecken zu ſeyn ſchien. Die weitere Verfolgung des von Hrn. Talbot zur Sprache gebrachten Gegenſtandes hat mir im letztverfloſſenen Jahre ungez mein viel Vergnügen gemacht, und ich fühle mich deßhalb jenem Chemiker zum groͤßten Danke verpflichtet. Was ich in der Photographie zuvoͤrderſt zu erlangen ſtrebte, war das richtige und natürliche Verhältnis von Licht und Schat⸗ ten, welches bei dem Talbo t'ſchen Verfahren bekanntlich umge⸗ kehrt iſt, und dieß glücte mir ſchon zu Anfang des Sommers 1839. Demnach ſuchte ich die Camera obscura Behufs der Erzeu⸗ gung von Lichtbildern zu vervollkommnen, und hierbei leiſtete mir Hr J. Towſon von hier die weſentlichſten Dienſte. Derſelde bat ſich viel mit Optik beſchaͤftigt, und durch ſeine Mittheilungen 55 Inſtrumente wurde der Erfolg meiner Arbeiten bedeutend be— foͤrdert. Als ich in Gemeinſchaft mit Hrn. Towſon eine große An⸗ zahl von Linſen verſuchte, nahm es uns vielfach Wunder, daß wir mit verſchiedenen Arten von Glas bei Anwendung deſſelben Papiers verſchiedenartige Reſultate erlangten, und dieß veranlaßte mich in Betreff der Durchgaͤnglichkeit vieler durchſichtiger Körper für die chemiſchen Strahlen eine Reihe von Verfuchen anzuſtellen. Auf dem europäiſchen Feſtlande haben ſich, wie ich vernehme, zwei gelehrte Phyſiker mit Unterſuchung deſſelben Gegenſtandes be— faßt; indeß bin ich, wenn ich die kurze Notiz, die in No. 621 des Athenaeum über Hrn. Edmond Becquerel's Verſuche mitge⸗ ») Mitgetheilt vom Verf. im London and Edinb. Philos. Ma- gaz. February 1840. 12 * 185 theilt iſt, ausnehme, mit deren Verfahren und Reſultaten durch⸗ aus unbekannt. Da mir vor Allem daran lag, einen Maaßſtab der Verſchluk⸗ kung der chemiſchen Strahlen durch die von mir zu unterſuchenden Subſtanzen zu erlangen, ſo conſtruirte ich ein ſehr empfindliches Galvanometer, deſſen Gewinde aus duͤnngewalztem Kupferbleche und deſſen Nadeln aus franzoͤſiſchem Uhrfederſtahl gemacht waren. Mit dieſem brachte ich durch Platindraͤhte eine heberfoͤrmig gebo- gene Röhre in der Art in Verbindung, wie es in Becquerel's Praité d'lzlectricité angegeben iſt, und in deren einem Schenkel ſich eine Auflöfung von ſalpeterſaurem Silber befand, während in den andern eine ſolche von Kalium-Jodid eingetragen wurde. Alle Stellen der Röhre wurden vor dem Zutritte des Lichtes gefhügt, außer der unterſte Theil, wo die beiden Fluſſigkeiten ſich mit ein⸗ ander in Beruͤhrung befanden. Auf dieſe Stelle ließen wir mit⸗ telſt einer ſtarken Linſe einen concentrirten Kegel von icht fallen, welches zuvor durch dieſen oder jenen der zu prüfenden Körper gegans gen war. Da die Kraft der electrochemiſchen Thaͤtigkeit der Quan⸗ tität des auf die Berührungsſtelle der beiden Fluͤſſigkeiten einfal⸗ lenden, chemiſch wirkenden Lichts proportional ſeyn mutzte, fo ſchloß iy naturlich, daß wir durch die Abbiegung oder Abweichung der Magnetnadel ſehr genaue vergleichende Reſultate erlangen wuͤrden. Auch habe ich verſuchsweiſe das Becquerel ſche Verfahren an⸗ gewandt, naͤmlich eine photometriſche Fluͤſſigkeit auf der andern ſchwimmen zu laſſen; indeß hat mich die Erfahrung gelehrt, daß der Galvanometer zwar in der Hand eines geſchickten Beobachters und Experimentators ein ſehr zuverlaͤſſiges Meßinſtrument in Be⸗ treff der zu verſchiedenen Tageszeiten im Sonnenlichte vorhandenen Quantitat chemiſcher Strahlen ſeyn kann, aber ſich nicht mit glei⸗ cher Sicherheit zur Erlangung einer Reihe von ſehr feinen verglei⸗ chenden Reſultaten benutzen laßt ). Es iſt mir bis jetzt noch nie gelungen, bei zwei Reihen von Verſuchen mit dieſem Inſtrumente genau dieſelben Reſultate zu erlangen; jede dünne Wolke oder der leichteſte Rauch verändert die Abweichung der Nadel bedeutend. Indeßuhabe ich mich doch mittelſt des Galvanometers einer richti⸗ gen Claſſiſication der fraglichen Koͤrper einigermaßen nähern koͤn⸗ nen. Ich verfuhr dabei, wie folgt: nachdem ich mit Huͤlfe des Galvanometers eine Anzahl Subſtanzen tabellenartig geordnet, waͤhlte ich diejenigen darunter, deren Abſorptionskraft ziemlich dieſelbe zu ſeyn ſchien, und legte fie regelmaͤßig nebeneinander genau unter denſelben Umſtaͤnden in einem dunklen Zimmer auf einen Bogen hoͤchſt empfindliches photographiſches Papier; dann öffnete ich die Fenſterladen und ließ die Sonne drei Minuten lang, oder das zer⸗ ſtreute Tageslicht noch einmal ſo lange darauf fallen, ſchloß hier⸗ auf die Laden wieder und unterſuchte die Farbentoͤne, welche das Papier unter den verſchiedenen Koͤrpern angenommen hatte, wobei ich bemerkte, ob die Reſultate mit den Anzeigen des Galvanome⸗ ters uͤbereinſtimmten oder nicht. Durch mehrmalige Wiederholung der verſchiedenen Reihen von Verſuchen gelang es mir, kleinere Beobachtungsfehler auszugleichen und zu berichtigen. Zur Prüfung der Richtigkeit obiger Verfahrungsarten, bediente ich mich auch derjenigen, daß ich eine Camera obscura mit der zu unterſuchenden tropfbaren oder elaſtiſchen Fluͤſſigkeit füllte, oder den Koͤrper, wenn er feſt war, hineinſtellte und das Sonnenbild auf eine, nach Daguerre's Manier, praͤparirte Platte von ver⸗ ſilbertem Kupfer auffing. Da Diejenigen, welche obige Verſuche zu wiederholen geneigt ſeyn durften, leicht ſelbſt auf dergleichen einfache und zweckentſpre⸗ chende Vorrichtungen verfallen werden, ſo will ich in Bezug auf die meinige nur bemerken, daß ſie in einem Cylinder beſteht, der fi) in einem andern hin und herſchieben läßt, fo daß man die Brenn— *) Lange bevor Hr. Ara go den Bericht der zur Prüfung des Daguerrotyps niedergeſetzten Commiſſion der Academie vortrug, hatten Towſon und ich beobachtet, daß das Morgenlicht auf das photogeniſche Papier ꝛc ſtaͤrker einwirkt, als das Abendlicht. Daſſelbe Papier, welches um 9 Uhr Vormittags binnen 10 Minuten tief purpurbronzefarben ward, bedurfte um 3 uhr Nachmittags zur Erlangung deſſelben Farbentones beinghe der doppelten Zeit, 184 weite den verſchiedenen Dichtigkeiten der Körper anpaffen kann, und daß die pyotographiſche Scheibe durch eine an den Rändern gut mit Fett beſtrichene Scheibe von Spiegelglas mit genau parallelen Flachen vor der Berührung mit der zu prüfenden Fluſſigkeit oder Gasart geſchuͤtzt wird Die Cylinder ſind ebenfalls nach ihrer ganzen Länge geölt oder geſchmiert. Gegen diefe Art zu experimentiren, laſſen ſich vielleicht meh⸗ rere der Einwuͤrfe machen, die ich gegen das Galvanometer vorge: bracht habe; da aber bei der Empfindlichkeit des photographiſchen Papieres eine Einwirkung des Lichts während nur 30 Secunden hinreicht, ſo kann man die Zeit des Verſuchs richtig waͤhlen und unter gleichzeitiger Anwendung des Galvanometers die Intenſitaͤt des Lichtes fo ermeſſen, daß man den Verſuch mit allen Suditan- zen genau unter denſelben Umftänden anſtellt. Nachdem ich das Licht durch eine Reihe von Koͤrpern habe einwirken laſſen, bringe ich die ſaͤmmtlichen photographiſch praͤparirten Scheiben zugleich in denſelben Kaſten, in welchem die Queckſilberdaͤmpfe auf fie einwir⸗ ken ſollen, und fobald fi die Wirkung im hoͤchſten Grade zeigt, werden ſie herausgenommen und mit einander verglichen. Auf dieſe Weiſe gelangte ich zu folgenden Reſultaten. An die Spitze jeder Reihe habe ich die mittlere conſtante Abweichung der Gu anometernadel geſtellt, wie fie ſich aus 10 forgfältig angeſtell⸗ ten Verſuchen mit jeder der in der Tabelle aufgeführten Gubftan- zen ergab. Auf dieſe Weiſe läßt ſich eine Reihe bequem mitäder andern vergleichen. Erſte Reihe. Abweichung 22° 30“ (30'?). Stickgas. Atmoſphaͤriſche Luft. Sauerſtoffgas. Waſſerſtoffgas. Kohlenſäuregas. Kohlenoxydgas. Unſichtbarer Waſſerdampf. Stiditofforydgas, Waſſer. Rectificirter Alcohol. Schwefelaͤther. Zweite Reihe. Abweichung 20°. Engliſches Spiegelglas. Islaͤndiſcher Spath. Kohlenſaures Natron. Salpeterſaures Kali. Desgl. geſchmolzenes und wenig durchſichtiges. Campher. Schwefelſaͤure. Scheeleſche Blauſaͤure (Hydrocyanfäure). Salpeterſaͤure. Dritte Reihe. Abweichung 18° 80 (80/7). Kronglas. Flin’glas, Glimmer. Franzoͤſiſches Spiegelglas. Alaun. Arabiſches Gummi. Engliſches Spiegel- und Kronglas. Deutſches Spiegelglas mit einem Stich in's Fleiſchrothe. Zwei Stuͤcke Kronglas. Purpurrothes Flußſpath. Gasfoͤrmige ſalpetrige Saͤure. Sodindampf. Vierte Reihe. Abweichung 17° 15“ (15,9). Engliſches Spiegel- und Flintglas. Flint⸗ und Kronglas Drei Stuͤcke Kronglas. Drei Platten Glimmer. Creoſot. Deutſches Anisöl, Engliſches Pfeffermuͤnzoͤl. Rosmarinoͤl. 185 Sadebaumoͤl. Vier Stücke Kronglas. Amber (Bernſtein ?). Grüner Flußſpath. Lavendeldl. Kümmeldl, Gewuͤrznelkendl. Canadiſcher Balſam. 2 Fünfte Reihe. Abweichung 49 35“ (35/2). Grunes Bouteillenglas *). Chlorine. blorine-Protoxyd. Brominerampf. Bromine (tropfbarflüffige). Schwach mit Rauch oder Ruß beſchlagenes Glas. Ich darf nicht unbemerkt laſſen, daß andere Beobachter, inſo— fern fie nicht genau daſſelbe photographiſche Präparat anwenden, leicht zu verfchiedenartigen Reſultaten gelangen dürften. Ich ber diente mich eines Papieres, welches mit einer Auflöfung von ſalz— ſaurer Schwererde und ſalpeterſaurem Silber beſtrichen worden, während es noch feucht war. Wie empfindlich fo zubereitetes Pas pier iſt, ergiebt ſich aus dem Umftande, das das Licht der Gas⸗ flamme eines zehnloͤcherigen Argand'ſchen Brenners binnen 5 Mi— nuten eine febr deutliche Wirkung auf daſſelbe hervorbringt. Auf dieſem Papiere zeigen ſich die Toͤne unter grünlichen Glaͤſern blau, wahrend fie ſich unter gelblichen Glaͤſern roͤthlich darſtellen. Wen— det man Papier an, das mit einer Auflöfung von Natron-Chloru— ret präparirt iſt, fo zeigen ſich die Toͤne unter grünem Glaſe roͤthlich, unter reinweißem oder gelblichem Glaſe aber bläulich. Obige Lifte enthält nicht ſaͤmmtiche von mir unterſuchte Koͤr; per; obwohl keiner darunter iſt, dem ſich nicht feine beſtimmte Stelle anweiſen ließe. ») Ich habe mich ſehr darüber gewundert, daß manche handel: treibende Londoner Chemiker ihre Blauſaͤure und andere leicht zerſetzbare Präparate in purpurrothen Flaſchen verſenden, welche den chemiſchen Strahlen den Durchgang nicht verwehren. Sie ſollten ſtatt deren dunkelgruͤne Glasflaſchen anwenden. 186 Da ich aus meinen Beobachtungen keine allgemeinen Grund— ſaͤtze habe ableiten können, fo dürfte obige Mittheilung als voreilig erſcheinen; da ſich jedoch Phyſiker mit demſelben Gegenſtande bes ſchaͤftigen duͤrften, die gelehrter als ich und mit umfangsreichern Unterſuchungsmitteln verſehen find, fo konnten die von mir erlang⸗ ten anſpruchloſen Reſultate auch in ihrer gegenwaͤrtigen Iſolirung von Nugen ſeyn und dieß deren Veroffentlichung genügend entz ſchuldigen. (No. 12. Cornwall - Street, Devonport, 2. Ja- nuary 1840.) — Miscellen. Dleſchemiſche unterſuchung der, nach der Fuͤtte⸗ rung der Thiere mit Krapp, gerötheten Knochen iſt von Hrn. Robiquet angeſtellt worden und hat das Reſultat ge⸗ geben, daß es mehr vorzugsweiſe das Purpurin iſt, als das Alis zarin, welches an den Knochentheilen haftet. Hr. N. hat naͤm⸗ lich früber, in Verbindung mit Hrn. Colin, zwei Farbeſtoffe in dem Krapp aufgefunden: der eine, das Alizarin, iſt die Baſis aller ſoliden Faͤrbung mit Krapp, die andere, das Purpurin, iſt die Baſis der ſchoͤnen roſafarbigen Lacke, deren man ſich in der Male⸗ rei bedient. — Bemerkenswerth iſt noch, daß das Purpurin in dem Krapp aus dem Elſaß in groͤßerer Quantität vorkommt, als in dem Krapp von Avignon, und daß, nach Flourens, die Färbung der Knochen am leichteſten mit Krapp aus dem Elſaß zuwege ge⸗ bracht wird. Die Verſammlung der Geſellſchaft Deutſcher Na: turforſcher und Aerzte wird nach einer Bekanntmachung der Geſchaͤftsfuͤhrer, Dr. Koch und Dr. Leupoldt zu Erlangen, das ſelbſt, mit Genehmigung Sr. Maj. des Koͤnigs, ſtattfinden und am 18. September beginnen. Necrolog: — Am 14. Mai erfolgte zu Berlin das viel zu frühzeitige Ableben des, durch großartige und geiſtreiche Anſich⸗ ten zur Förderung des Studiums der Natur- und Heilkunde in 15 1 Staate hochverdienten Miniſters, Frhrn. zvon tenftein, 20 ² A A een en ed Ueber Sicherheit in der Medicin. Von Dr. Holland. Es giebt wenig beſſere Beweiſe von geſundem aͤrztli— chen Urtheile, als wenn ein Arzt eine richtige Schaͤtzung der in der Medicin zu erreichenden Sicherheit hat; die Quel— len des Irrthums ſind hier ſehr zahlreich. Bei der Beob— achtung wird Geiſt und Materie in Gemeinſchaft betrach- tet; — Materie in der complieirten und feinen Organiſa— tion, woraus Vitalitaͤt und Lebensfunctionen ibren Urſprung nehmen, — der Geiſt in eben fo geheimnißvollen Beziebun— gen zu den auf dieſe Weiſe gebildeten Organen; — beide zahlreichen aͤußern Agentien unterworfen, — beide große Veränderungen durch innere Krankheit erleidend. Die In— dividualitaͤt jedes einzelnen Kranken veranlaßt neue Schwie— rigkeiten, und zwar ſind die von Idioſyncraſieen abhaͤngenden Hinderniſſe wohl diejenigen, welche auf dem Wege des Arz— tes am ſchwierigſten zu uͤberſteigen find. Wenige Fälle find vollkommen gleich, ſelbſt wenn die Urſache der Krankheit of— fenbar dieſelbe iſt. Primäre Krankheitsurſachen find oft durch die ſecundaͤrer Art vollkommen verdunkelt. Organe, welche durch Lage und Function weit auseinanderliegen, werden haͤu⸗ fig zugleich geſtoͤkt. Krankhafte Thaͤtigkeiten werden von einer Stelle auf die andere Übergetragen; nervöſe Affectio— nen und Sympathieen nehmen oft ganz den Character einer- wirklichen localen Krankheit an. Zugleich werden Heilmittel durch die verſchiedenen Formen jeder Krankheit, durch die Schwierigkeit, fie gleibmäßig auf den Organismus einwir⸗ ken zu laſſen und endlich durch die ungleiche Qualität der Heilmittel ſelbſt unſicher gemacht. Dieſe Schwierigkeiten, deren Loͤſung der Medicin ihre hoͤchſte Stellung als Wiſſenſchaft giebt, koͤnnen nur durch den Arzt hinreichend gewuͤrdigt werden. Der Mangel dieſer richtigen Einſicht macht die Maſſe der Menſchen Betruͤge— reien fo zuganglich. Es mag dieſe in einer faulen Anhaͤng— lichkeit an ein einzelnes Arzeneimittel beſtehen, oder in dem noch uͤbleren (weil es weiter wirkt), in Aufftellung eines Sy— ſtems, wodurch das auf einmal erreicht ſeyn ſoll, wonach die gelehrteſten und ſcharfſinnigſten Beobachter Jahrhunderte lang geſtrebt hatten. Ja man muß zugeben, daß dieſe Art mediciniſcher Be: weisfuͤhrung ſelbſt von Aerzten zu leicht genommen wird. 187 Daher kommen die haͤufigen Angaben uͤber Wirkungen und Curen, welche nur ein- oder zweimal verſucht worden ſind und der bereitwillige und voreilige Glaube ſelbſt bei denen, welche uͤber andere Gegenſtaͤnde und ſelbſt uͤber die ſo nahe verwandten phyſiologiſchen Fragen ſogleich genuͤgendere Bes weife verlangen würden. Schluͤſſe, welche zu ihrer Feſtſtel— Uing eine lange Reihe von forgfaltig ausgeſuchten und von den mannichfachen Unſicherheiten befreiten Faͤllen erfordern winden, werden nicht ſelten bekannt gemacht und auf Gruͤnde hin angenommen, welche gerade nur hinreichen, eine Wiederholung der Verſuche zu veranlaſſen, welche zuerſt darauf geführt hatten. Keine Wiſſenſchaft hat leider mehr falſche Angaben und einſeitige Schluͤſſe aufzuweiſen, wovon doch jeder eine Zeit lang einen Platz in der oͤffentlichen Ach— tung gewinnt und von Leichtglaͤubigen als bewährt angenom— men wird, elbſt wo mit der Anwendung die größte Gefahr verbunden iſt. Seit den lesten 20 Jahren find mir, mit Uebergehung der unbedeutendern Faͤlle, 5 oder 6 Moden in dem medieiniſchen Handeln bekannt gewerden; ich habe ſie entſtehen und wieder vergehen ſehen; einige maß en ſich den Namen on Syſtemen an, alle aber fanden in der Leicht— glaͤubiskeit oder in andern Urſachen, ſelbſt unter den Zerzıen, nur zu großen Anhang. Man ſehe nur darauf, was, ſtreng genommen, nothwen— dig iſt, um die Wirkung und den Werth einer neuen Be— handlung zu beweiſen. — Die Identitaͤt oder genaue Ver— wandtſchaft der Falle, in welchen es angewendet wird, — eine richtige Wuͤrdigung der moraliſchen und phyſiſchen Ge— wohnheiten und Temperamente derjenigen, an welchen das Experiment angeſtellt werden ſoll, — Zugeſtaͤndniſſe fuͤr die mannichfachen Modificationen in Doſis, Combination, Qua— lität der Mittel und Zeit des Gebrauches derſelben, — ſorg— faͤltige Beachtung der indirecten oder ſecundaͤren ſowohl, als der directen Wirkung, — und ſolche Beobachtungen muͤſſen nicht bloß auf ein Organ oder eine Function allein, ſondern auf die vielen materiellen Beſtandtheile des Lebens angewen— det werden. Alle dieſe Dinge und noch mehr ſind zu ei— nem vollſtaͤndigen Beweiſe noͤthig. Alle koͤnnen ſelten oder nie erreicht werden, und darin liegt ein unvermeidlicher Grund der Unvollkommenheit der Mediein als Wiſſenſchaft. Ohne Zweifel koͤnnte aber mehr Wahrheit und mehr wohlthaͤtiger Einfluß derſelben erreicht werden, wenn man dieſe Schwie— rigkeiten richtig auffaſſen und die Mittel, ihnen zu begegnen, beſtaͤndiger im Auge haben wollte. (Hier iſt beſonders die große Unbeſtimmtheit in der Bezeichnung von Empfindun— gen nachtheilig.) Bei keiner Art menſchlicher Vorgaͤnge iſt der Grund— ſatz: post hoc ergo propter hoc, fo gewoͤhnlich in Ge— brauch, als bei Allem, was ſich auf Symptome und Be— handlung der Krankheiten bezieht. Bei keinem aber iſt die— ſes Urtheil ſo oft irrig und nachtheilig. Es ſcheint faſt, als wenn die Schwierigkeit der Ermittelung der Wahrheit darin einen Ruhepunct ſuche, was gerade fuͤr die Wahrheit am ungenuͤgendſten iſt. Die Schwierigkeiten in der Praxis von dieſer Quelle her find groß und erfordern zu ihrer Ueber— 188 windung die hinreichende Energie ſtaͤndniß. Es giebt keinen Gegenſtand, uͤber welchen Worte und Phraſen, ſie moͤgen auf Krankheiten oder Mittel angewen— det werden, groͤßern Einfluß üben; es find Ausdrucke auf uns gekommen, welche wir kaum mehr bei Seite ſchieben konnen, — Grundſaͤtze, welche das Verftindniß verhindern, — und Claſſificationsmethoden, welche Belehrung durch eine geſunde Erfahrung verhindern. Und dieſe gehoͤren zu den Uedeln, welche durch die oͤffentliche Meinung noch gewichti— ger gemacht worden ſind, welche immer geneigt iſt, ſich durch Namen leiten zu Laffen, beſonders in den Dingen welche ſich auf Symptom und Behandlung der Krankheiten bezie— hen. Je groͤßer das Intereſſe bei einer Sache iſt, deſto mehr iſt ſie Irrthuͤmern ausgeſetzt. Aber auch in der Natur der Beweiſe liegt bei der Medicin, was ihre Theorie betrifft, nicht geringere Schwie— tigkeit. Ein Beiſpiel davon giebt das Fieber; es mag als idiopathiſches oder ſymptomatiſches betrachtet werden. Jahr— hunderte ſind mit taͤglich vorkommenden Beiſpielen zu Un— terſuchungen vergewandt worden und haben doch einige der Hauptfragen durchaus ungeloͤſ't gelaſſen. So ſchwierig iſt es, ſichere Beweiſe zu erlangen, wie ſie fuͤr eine richtige Theorie weſentlich ſind. Daſſelbe gilt in Bezug auf die Lehre von Entzündung, eine Frage, welche direct oder indi— rect ſich uͤber alle Theile der Pathologie verbreitet. Auch hier iſt durch die ſorgfaͤltigſte Unterſuchung und durch die vortrefflichen Mikroſcope noch nicht ermittelt, ob die Thaͤ— tigkeit der Capillargefaͤßſe entzuͤndeter Theile erhoͤht oder ver— mindert iſt und wodurch Congeſtion von Entzuͤndung ſich unterſcheidet. Ein anderes nicht minder merkwuͤrdiges Beiſpiel liefert die Geſchichte contagioͤſer Krankheiten; man meint auf den erſten Blick, die Geſetze der Contagion ſeyen einfach und leicht aufzufaſſen; kein Irrthum kann groͤßer ſeyn. Alle und felbft die practiſch-wichtigſten Puncte find in Dunkel gehuͤllt; die Beweisfuͤhrung iſt ſo ſchwierig, die Ausnahmen auf allen Puncten ſo haͤufig, daß die beſten Unterſuchungen immer fehlſchlagen. Dieſelbe Bemerkung laͤßt ſich auf an— dere Krankheitsclaſſen ausdehnen, bei welchen Zeit und Beob— achtung die Wahrheit noch nicht ermitteln konnten. Daſ— ſelbe gilt aber auch in Bezug auf die verſchiedenen Mittel, ſelbſt auf diejenigen, deren wir uns am haͤufigſten bedienen; die bereits erwaͤhnten Schwierigkeiten machen ſich bei der Theorie ihrer Wirkung noch mehr geltend, und unſere Kennt— niſſe haben hier kaum die Schwelle der Unterſuchung übers ſchritten. Man muß indeß zugeben, daß die Unterſuchungsme— thoden und die Auffaffung der Facta in der Medicin an Genauigkeit in neueren Zeiten betraͤchtlich gewonnen hat — eine natuͤrliche Wirkung der Zunahme der Genauigkeit in allen übrigen Zweigen der Wiſſenſchaft. Ein ſehr weſentli— cher Vortheil iſt in dieſer Beziehung die Anwendung nume riſcher Methoden und die Feſtſtellung von Mittelzahlen bei der Geſchichte der Krankheit, wodurch hier ebenſoviel, wie in andern Wiſſenſchaften, durch ſtatiſtiſche Ermittelung ge⸗ und das richtige Were 189 wonnen iſt. Mittelzahlen kann man die Mathematik der Mediein nennen. Dieſes Princlp iſt vorzugsweiſe geeignet, die Schwierigkeiten der ſichern Ermittelung zu überwinden; der Erfolg, welchen in der letztern Zeit die Bemuhungen ausgezeichneter Beobachter in dieſer Beziehung gehabt haben, giebt uns Sicherheit uͤber die Reſultate, welche wir aus dieſer Quelle noch zu erwarten haben. Durch medieiniſche Statiſtik fuͤhrt der ſicherſte Weg zur Philoſophie der Me— diein. — Obwohl ein durchgreifender Scepticismus weniger gefaͤhr— lich iſt, als eine raſche und vorellige Leichtglaͤubigkeit, fo iſt er doch in der Praxis ebenfalls ſchaͤdlich, und iſt ein Beweis von einer unrichtigen Wuͤrdſgung der Medicin als Wiſſen— ſchaft, ſowohl in ihrer jitzigen Ausdehnung, als auch in Be— zug auf die noch zu erreichende Erweiterung und Verbeſſe— rung. Niemand kann vernünftiger Weiſe weifeln, daß wir Mittel beſitzen, welche in großer Ausdehnung zum Guten oder Boͤſen ausſchlagen koͤnnen, und es iſt kein Grund vor— handen, den durch eine ſorgfaͤltige Erfahrung gewonnenen Kenntniſſen zu mißtrauen, ſobald es ſich darum handelt, dieſelben zur Erleichterung der Krankheiten anzuwenden. Zwiſchen beiden Extremen liegt eine Mittelſtraße, welche verſtaͤndige Aerzte wobl finden werden und auf welcher ſie allein bleiben koͤnnen mitten in ſo vielen Schwierigkeiten, welche ſich ſowohl dem Urtheile als dem Handeln der Aerzte entgegenſtellt.) Zu dieſen Bemerkungen, uͤber die Bedeutung medicini— ſcher Erfahrung und über die moralifchen und phyeſchen Urſachen, welche fie beeinträchtigen, fuͤhle ich mich um fo mehr veranlaßt, wenn ich die bewundernswuͤrdigen Fort— ſchritte betrachte, die man in allen Zweigen der Wiſſenſchaft gemacht hat, nicht allein durch Ermittelung neuer That— ſachen, ſondern noch mehr durch Ermittelung neuer Metho— den und Huͤlfsmittel zur Unterſuchung und durch vermehrte Genauigkeit bei jedem einzelnen Puncte der Unterſuchung. Die Verſchiedenheit der Beweiſe und die Schwierigkeit einer ſichern Ermittelung muß die practifhe Medicin immer bin: ter andern W ſſenſchaften zuruͤckhalten. Aber das noch wei: tere Ziel des Nutzens derſelben verlangt, daß man die Ent— fernung derſelben von den uͤbrigen ſo ſehr als moͤglich ab— kuͤrzt und daß man keine Gelegenheit verſaͤumt, durch verbeſ— ſerte Methoden, durch Ermittelung neuer Thatſachen, durch ſorgfaͤltigere Beobachtung, durch groͤßere Genauigkeit der Be— weile der Medicin ihren angemeſſenen Platz unter den uͤbri— gen großen Gegenſtaͤnden der menſchlichen Wiſſenſchaft zu erhalten. Ueber angeborne Luxationen des Oberſchenkels. Von Dr. Jules Gu Erin. In meiner Geſchichte der Difformitaͤten des Knochen— foftems habe ich bereits nachgewieſen, daß die Mehrzahl der angebornen Gelenkdifformitaͤten Product einer primitiven Muskelretraction feven. Seitdem habe ich dieſen Punct der Aetiologie in Bezug auf die angeborne Schenkelluration vielfach beſtaͤtigt gefunden und habe, der Analogie gemaͤß, 190 diejenige chirurgiſche Behandlung darauf angewendet, welche bei gleicher Urſache fuͤr die Difformitaͤten des Fußes, des Kniees, des Halfes und der Wirbelſaͤule bewährt iſt. Ich bin dadurch zu folgenden Schluͤſſen gekommen. 1) Die angebornen Schenkelluxationen find, wie der Klumpfuß, torticolis und Ruͤckgratsverkrümmung, die Folge primitiver Muskelretraction; und die Varietäten dieſer Lu⸗ ration ruͤckſichtlich des Sitzes, der Richtung und des Gra— des ſind das Product einer verſchiedenen Vertheilung und Combination der Muskelretraction an den Muskeln des Bek— kens und des Schenkels. 2) Es giebt eine Art von angebornen Huͤftgelenkdif— formitaͤten, welche noch durch keinen Schriftſteller bekannt gemacht worden iſt, und welche ich Pſeudolurationen genannt habe, da ſie den Schein einer Luxation geben, ob— wohl der Schenkelkopf die Gelenkpfanne noch nicht verlaſſen hat. Die Varietäten dieſer Pfeudolurationen find ſelbſt das Reſultat der verſchieden vertheilten Muskelretraction in den Muskeln zwiſchen dem Becken und Schenkel 3) Die weſentliche Behandlung beſteht unabhaͤngig von den bereits bekannten und innerhalb der Graͤnzen ihrer verhaͤltnißmaͤßigen Brauchbarkeit beizubehaltenden Mitteln in der Durchſchneidung der retrabirten Muskeln. Ich habe dieſe Operation bereits drei Mal mit Erfolg ausgeführt: Das erſte Mal am 26. November 1838 an einem kleinen Maͤdchen, welches mir von dem Dr. Gaulier aus Thoiry (Seine-et-Oise) zur Behandlung uͤbergeben und deſſen Difformitaͤt von den Doctoren J. Cloquet und Mayor conſtatirt worden war Die beiden andern Operationen ſind vor vier und zwei Monaten gemacht worden. Zu dieſen bereits am 28. October 1839 bei der Aca— demie deponirten Bemerkungen moͤchte ich jetzt (20. Januar 1840) noch Folgendes hinzufuͤgen: Die angebornen Luxationen und Pfeudelurationen anz derer Gelenke, als des Huͤftgelenks, entſtehen ebenfalls in der Mebrzahl der Faͤlle durch primitive Muskelretractien, und zwar nach den drei beſondern Arten derſelben als Verkür— zung, Paralyſe und conſecutive Entwickelungshemmung der retrahirten Muskeln; die verſchiedenen Varietaͤten dieſer Dif— formitaͤten ſind, wie die des Halſes, des Ruͤckgrats und des Fußes Product der Retraction in verſchiedenen Theilen der Muskeln dieſer Koͤrpergegend. Vor drei Wochen habe ich in dem Kinderſpitale bei einem Maͤdchen von 14 Jahren die Durchſchneidung des biceps, des semimembranosus und semitendinosus und des gracilis ausgeführt, wegen zwei un vollkommener Luxationen des Kniees, die durch pri— mitive Retraction dieſer Muskeln bewirkt wurden. Auf beiden Seiten fand ſich Subluration der tibia nach Hinten auf die Condplen des Oberſchenkels, Rotation des Unterz ſchenkels in Betrag eines Viertelkreisbogens nach Außen und Abweichung deſſelben von dem Schenkel nach Außen um ungefähr 60 Grad. Die Rotation nach Außen, die ſeitli⸗ che Neigung und das Abgleiten det fibia nach Hinten konnte ſogleich den Tag nach der Operation zu der einfa⸗ chen normalen Flexion des Unterſchenkes auf den Über: ſchenkel zuruͤckgefuͤhrt werden, und ſeitdem bleibt nur noch 191 ein geringer Grad permanenter Beugung der Alrticulation zuruͤck. Einen neuen Fall von angeborner Schenkelluxation werde ich ebenfalls durch Muskeldurchſchneidung behandeln und ich werde den Erfolg mittheilen. Ich glaube zum Schluſſe bemerken zu muͤſſen, daß die Muskeldurchſchneidung bei dieſer Difformitaͤt nicht den Zweck hat, zufaͤllige Hin— derniſſe der Reduction zu beſeitigen, wie dieß bei traumati— ſchen Luxationen geſchieht, ſondern daß die mechaniſche Ur— ſache der Verletzungen gehoben werden ſoll, wodurch eine neue Benandlungsweife begründet wird, analog der Opera— tion des Klumpfußes, torticolis und der Rücksratsver— kruͤmmung. Die Unſchaͤdlichkeit der ſubeutanen Sehnendurchſchnei— dungen ergiebt ſich aus einem Falle, wo ich bei einem vier— zehnjaͤhrigen Maͤdchen an einem Tige dreizehn Muskeln oder Sehnen durchſchnitten habe, wobei die Kranke ſchon vom naͤchſten Tage an auch nicht die mindeſte Unbequem— lichkeit oder Entzuͤndung an den Durchſchneidungsſtellen be— merkt hat. (Gaz. méd. No. 4.) eee. In Bezug auf Luftverderbniß als Krankheitsur— ſache bemerkt Ellio tſon in feinen Vorleſungen „on the princi- les and practpice of Medicine“: Es iſt gewiß, daß bloßes Einſchlie— ßen und die Einwirkung der Ausduͤnſtungen von zufammengedrängten Menſchen kein Fieber hervorruft. Animaliſche Subſtanzen im Zu⸗ ſt ande der Faͤulniß veranlaſſen für fi) noch keine conta gioͤſe Krankheit, wenn nur dieſe Perſonen gut genaͤhrt werden, in heiterer Stim— mung ſind und in Beſitz der Mittel bleiben, welche die Geſundheit unterftüsen. Wenn faulende Subſtanzen, wie fie früher in Sec— tionszimmern vorkamen, und wie fie ſich noch in Ammoniumfabris ken und Manufacturen finden, wo man faules Blut braucht und wo fuͤrchterliche Aus duͤnſtungen ſtattfinden, hinreichten, fo würden wir taͤglich an Orten Fieber ſehen, wo wir jetzt einen vollkomme— nen Geſundheitszuſtand finden. Dagegen iſt nicht zu bezweifeln, daß da, wo dieſe Dinge das Allgemeinbefinden ſtoͤren, auch jedes Contagium und jede Fieberurſache intenſiver einwirkt, um dieſe Krankheit hervorzurufen. Dieß zeigt ſi th beſonders bei der Cho— lera; kein Menſch glaubt, daß faulige Ausduͤnſtungen oder die Emanationen von zuſammengedraͤngt wohnenden Menſchen, oder die Faͤulniß thieriſcher Subſtanzen dieſe Krankheit erzeuge; jeder: mann aber weiß, daß dieſe Dinge die Geſundheit im Allgemeinen ſtoͤren, und iſt dieß einmal geſchehen, befindet ſich auf dieſe Weiſe der Koͤrper in einem unnatuͤrlichen Zuſtande, ſo wird er auch leicht das Opfer irgend einer andern auf ihn einwirkenden Schaͤdlichkeit. — Ruͤckſichtlich des Typhus iſt zu bemerken, daß die Leichen von Typhuskranken ſelten oder niemals dieſe Krankheit hervorrufen, und daß der Typhus (ebenfo wie andere Epidemieen, fie mögen contagids ſeyn oder nicht) immer milder wird, je länger er befteht, obwohl er ſich immer weiter ausbreitet. Es iſt aber beiläuſig anzufuͤhren, — oo 152 daß außer malaria, als Urſache remittirender und intermittiren⸗ der Fieber, und außer Contagiam als Urſache anderer Fieber, wahrſcheinlich noch andere Exhalationen exiſtiren, welche be— ſtimmte Krankheiten hervorrufen. Sydenham hatte die Idee, daß Epidemieen die Folge eigenthuͤmlicher Veraͤnderungen in den Eingeweiden der Erde ſeyen. Dieß war bloß eine Phantaſie, aber es iſt ſehr möglich, daß dennoch einige dieſer beſondern Krankheits— urſachen Exhalationen ſeyen, welche an einzelnen Orten entwickelt werden. Berzelius thut eines merfwürdigen Umſtandes Erwaͤh— nung; er machte Experimente mit Selenwaſſerſtoff; nach einiger Zeit (nicht unmittelbar darauf) entwickelte ſich ein Catarrh und dauerte ſehr lang. Eine Quantitaͤt, welche er bei dem Experi— mente einathmete, bewirkte nicht ſogleich beträchtliche Reizung; es betäjtigte nicht ſogleich, aber nachdem einige Zeit verſtrichen war, begann das Mittel zu wirken, ebenſo wie dieß bei allen Giften der Fall iſt; es folgte ein lang anhaltender Catarrh ). Nun koͤnnte man nach ſolchen Erfahrungen annehmen, daß irgend ein Vulcan eine Subſtanz auswerfe, welche im Stande ſey, eine eigenthuͤm— liche Wirkung auf den menſchlichen Koͤrper auszuuͤben. Es iſt keinesweges ganz unwahrſcheinlich, daß Exhalationen verſchiedener Art aus der Erde hervordringen, unabhaͤngig von den Ausduͤnſtun— gen krankhafter thieriſcher Koͤrper oder faulender Vegetabilien auf der Oberflaͤche der Erde. Dieſer Gegenſtand iſt noch keinesweges verſtanden; aber er iſt gewiß in vorkommenden Fällen einer aufs merkſamen Unterſuchung werth. Von Abſtoßung eines großen Theiles der Scheide und des Mutterhalſes erzaͤhlt Dr. Longhi in dem Giornale delle Scienze med. Eine Frau von 27 Jahren, welche ſehr uns ordentlich lebte, wurde namentlich durch einen pruritus vaginae zu fortgeſetzten Ausſchweifungen veranlaßt. Sie litt an Evilepſie. Am 8. Mai kam fie, nach mehreren Aderlaͤſſen, comatös in das Spital; der uterus war ſo groß, wie im dritten Monate der Schwangerſchaft, und die Kranke litt an uͤbelriechendem Scheiden fluſſe, ſo wie an Convulſionen, ſo oft der Unterleib gedruͤckt wurde. Durch ſtarke Blutentziehungen wurden nur die epileptiſchen Anfälle vermindert. Erſt am 17ten hörte das coma auf. Fieber und Em— pfindlichkeit des Unterleibes dauerten fort. Am Alſten ging mit heftigem Draͤngen ein voluminoͤſer Koͤrper durch die Scheide ab, welchen die Kranke fuͤr einen Foͤtus hielt. Abgewaſchen zeigte ſich, daß es ein glatter, weißer Koͤrper war, mit runder Baſis und einer kleinen Gentralöffnung Als der Finger in die größere Aper— tur in dem einen Ende eingefuͤhrt wurde, fand ſich eine große Hoͤhle, welche am entgegengeſetzten Ende durch einen fleiſchigen Koͤrper geſchloſſen wurde. Es war dieß ein Stuͤck Scheide, nach Hinten durch den Mutterhals geſchloſſen. Die Expectoration der Scheide ergab Contraction derſelben, welche nach Oben durch einen knorpeligen Ring in der gewoͤhnlichen Hoͤhe geſchloſſen wurde. Von da gelangte der eingedraͤngte Finger in eine zweite Hoͤhle, die mit zwei Hervorragungen und einer Queerſpalte endete. Die Ruͤckkehr zu den fruͤhern Ausſchweifungen wurde durch Schmerz und Blutungen verhindert. „) Nach den Annales de Chim. et de Phys., tome IX., wo ſich dieſe Bemerkung von Berzelius befindet, erfolgte ſogleich Reizung und Ueberreizung der Naſenſchleimhaut, ſo daß 5 bis 6 Stunden der Geruch verloren war, und erſt danach ein, etwa 14 Tage lang anhaltender, ſehr laͤſtiger Schnupfen folgte. Hiernach iſt obige Stelle zu berichtigen. (R. F.) Bibliographische Sketch of Chemistry. By John Murray. London 1840. 8. Narrative of a Me Voyage round the Globe in the South Seaman „„Tuscan“ during the years 1833, 1834 and 1836. Comprising sketches of Polynesia, California, the Indian Ar- chipelago and the most interesting Islands of the Pacific Ocean; with an account of the Sperm Whale fishery and the natural History of the Whale. By F Debell Bennet etc, London 1840. 2 Vols, 8. Neuigkeiten. De la Peste, ou Typhus d’orient. Document et observations recueillis pendant les années 1834 — 1838, en Egypte, en Arabie, sur la mer Rouge en Abyssinie, a Smyrne et a Con- stantinople; suivie d'un Essai sur Thachisch et son emploi dans le traitement de la peste. Par L. Aubert. Paris 1840. 8. Pathologie bovine, ou Traité complet des maladies du Boeuf. Par P. B. Gellé. Paris 1840, 8. —— — ——— ͤqê— — - Neue Uotizen aus dee m Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mirgerbeilt von dem Ober Medieinalratde Freriep ja Weimar, und dem Mebfeiuatrathe und Profeſſer Frotrſep ju Berlin. No. 299. (Nr. 13. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gal. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. alt uee Bemerkungen uͤber den Einfluß, den verſchiedene Bedingungen des Vegetirens auf die phyſiologi— ſche Thaͤtigkeit der Pflanzen haben. Von Dr. Chriſtiſon. Der Verfaſſer beginnt ſeinen Artikel, welcher am 3. Februar d. J. der K. Geſellſchaft zu Edinburgh vorgeleſen wurde, mit einigen Bemerkungen uͤber die verſchiedenen Ur— ſachen, durch welche die Wirkungen der Pflanzen und ihrer Producte auf den menſchlichen Koͤrper modificirt werden koͤn— nen, ſo wie uͤber die große Unbeſtimmtheit, welche noch in Anſehung unſerer Bekanntſchaft mit dem Einfluſſe der Ur— ſachen obwaltet, die in eigenthuͤmlichen Bedingungen des Vegetirens, zumal in Betreff des Klima's, Wetters, Bo— dens und ſchnellern oder langſamern Verlaufs des Wachs— thums ihren Grund zu haben ſcheinen. Alsdann fuͤhrt er die Quellen an, aus welchen ſich Auskunft uͤber dieſe Puncte ableiten laſſe, naͤmlich die heilende oder therapeuti⸗ ſche Wirkung der Arzneiſtoffe auf den Menſchen; ihr Ein— fluß auf die normalen Functionen des menſchlichen oder überhaupt thieriſchen Organismus, inſofern fie als Medicin oder Gift ihre Thaͤtigkeit aͤußern; ihre ſinnlich wahrnehm⸗ baren Eigenſchaften oder aͤußern Kennzeichen; ihre durch die chemiſche Analyſe ermittelbaren Beſtandtheile; indem er zu— gleich Gründe anfuͤhrte, weßhalb die zuerſt aufgeführte Quelle bei der fraglichen Unterſuchung weniger paſſend benutzt wer— den konne und man ſich faſt ausſchließlich an die ſinnlich wahrnehmbaren Eigenſchaften, die giftiuen Wirkungen auf den Thierkoͤrper und die chemiſche Analpſe zu halten habe. Außerdem beſchaͤftigte ſich der Artikel faſt lediglich mit dem Einfluffe des Fortſchreitens der Vegetation auf die ei— genthuͤmlichen Kräfte der Pflanzen, und der Verf. ſuchte durch feine Beobachtungen den Ungrund der meiſten über dieſen Punct bie jetzt aufgeſtellten Anſichten nachzuweiſen, obwohl er eingeſtand, daß der gegenwaͤrtige Stand der Fra— No. 1399. Ne per e. ge nicht geſtatte, daß man in dieſer Beziehung allgemeinguͤltige Theorie aufſtelle. Ueber den Einfluß des Fortſchreitens der Vegetation auf die Eigenſchaften vieler officinellen oder giftigen Species der Familie Ranunculaceae verbreitete ſich der Verf. fehr ausfuͤhrlich. Er gab an, daß bei den ſcharfen Species der Gattungen Ranuneulus, Anemone und Clematis die Schaͤrfe, welche bei ihnen durchgehends, der Qualitaͤt nach, dieſelbe fen, in den Blättern von deren erſtem Erſchei— nen im Fruͤhling bis faſt zu deren Abwelken, ſich ziemlich gleich bleibe, waͤhrend ſie in den Fruchtkeimen nur ſo lange vorhanden ſey, als dieſelben gruͤn ſind, aber bei'm Reifen des Saamens durchaus verſchwinde. Bei den ſcharfen Spe— cies von Aconitum dagegen behauptet ſich die Schaͤrfe in den Blaͤttern nur bis zu der Zeit, wo ſich die Saamen zu bilden anfangen, worauf ſie ſtufenweiſe, aber ſchnell, aus den Blättern verſchwindet und in die reifenden Saamen über: geht, welche ganz dieſelbe Art von Schaͤrfe beſitzen, wie man fie vorher in den Blättern fand. Die narcotiſchen Ei: genſchaften der Blaͤtter erleiden dagegen nicht dieſelbe ſon— derbare Veraͤnderung, ſondern erhalten ſich bis faſt zur voͤl— ligen Reife des Saamens ungeſchwaͤcht, ja beſtehen wohl überhaupt fo lange fort, als die Blätter grün bleiben *). In Betreff der Schärfe von Helleborus walten wahr: ſcheinlich andere Geſetze ob, als bei Ranunculus, Aconi- tum etc.; allein der Verfaſſer hat bisjetzt noch nicht genug Verſuche angeſtellt, um hieruͤber etwas Befriedigendes feſtzu— ſtellen. — Derſelbe bringt vielfache Beobachtungen ruͤck— ſichtlich der Art der Schaͤrfe bei, welche verſchiedene Species irgend eine befisen, und über die bis jetzt irrige Anſichten herrſchten; ) Bei manchen Pflanzen, z. B., dem Taback, find die narcoti⸗ ſchen Kräfte (wenigſtens ein Theil derſelben) ſelbſt in den an der Pflanze welk gewordenen Blaͤttern noch enthalten. D. Ueber]. 13 195 fo wie er denn auch in Betreff der gegenwaͤrtig allgemein geltenden Meinungen uͤber den Einfluß der Waͤrme, des Trocknens und der Zeit auf die Schärfe dieſer Pflanzenſtoffe vielfache Berichtigungen vornimmt und auf die Eigenſchaften eines merkwuͤrdigen cryſtalliniſchen Beſtandtheils hinwies, welchen er in einer Species von Ranunculus entdeckte und von dem ihm die giftige Beſchaffenheit jener Gattung abzuhaͤngen ſcheint. Der Verfaſſer verbreitete ſich dann ſpeciell uͤber einige Puncte ruͤckſichtlich des Einfluſſes der fortſchreitenden Vege— tation auf narcotiſche Pflanzen, und betrachtete zuerſt die Familie Amygdaleae, welche mehrere Arten enthält, deren Blaͤtter ungemein giftig find, da fie ein mit Blaufäure vers ſetztes weſentliches Oel enthalten, oder, wenn ſie gequetſcht werden, erzeugen. Er bemerkte, dieß Oel ſey in den Blaͤt— tern des Kirſchlorbeers (Cerasus Laurocerasus) in der groͤßten Menge vorhanden, wenn dieſelben jung und unent⸗ wickelt ſind, nehme aber immer mehr ab, je großer und kraͤftiger dieſelben werden, bis zum Anfange des zweiten Jahres, wo die Blaͤtter, wenngleich ſie noch fleiſchig und gruͤn ſind, nicht über — 76 der Blaufäure befisen, die ſie im un⸗ entfalteten Zuſtande enthielten, oder die jungen unentwickel— ten Blaͤtter deſſelben Baumes zu derſelben Zeit beſitzen. Hierdurch wird die bisher in Betreff des Geſetzes der Bil— dung weſentlicher Oele in Blaͤttern geltende Anſicht geradezu umgeſtoßen. Die Betrachtung dieſer Umſtaͤnde fuͤhrte den Verfaſſer auf einige Bemerkungen uͤber die Beſchaffenheit und Form, in welcher manche weſentliche Oele und andere Beſtandtheile in den Pflanzenblaͤttern enthalten find; und er zog aus den: ſelben die Folgerung, daß wahrſcheinlich viele kraͤftige Be— ſtandtheile, welche durch ſehr einfache Proceſſe aus den Blaͤt— tern gewonnen werden, in denſelben nicht ſchon fertig enthal— ten ſeyen, ſondern, wie, z. B., bei'm Senfiaamen und den bittern Mandeln, ſich erſt waͤhrend der Structur der vege⸗ tabiliſchen Gewebe bilden, indem Beſtandtheile verſchiede— ner Art, die in abgeſonderten Zellen enthalten ſind, mit einander oder mit Waſſer in Beruͤhrung kommen. Schließlich verſprach der Verf., ſpaͤter uͤber den Einfluß des Fortſchreitens der Vegetation bei den Solanaceae und Umbelliferae, ſo wie über die Einwirkung des Clima's und Bodens Auskunft zu geben. (Ediub. new Philos. Journal, Jan. — April 1840.) Ueber den Gegenſatz zwiſchen dem Pole des Ge— hirns und dem der Zeugungsorgane beim Men— ſchen und bei den Thieren. Der Koͤnigl. mediciniſchen Academie in Paris, am 18. Febr. 1840 vorgeleſen von M. J. J. Virey. Unter allen Antagonismen, aus denen das Gleichgewicht des lebenden Organismus entſpringt, iſt keiner ſo wichtig, wie derje— nige, welcher zwiſchen den beiden Enden der Gehirn-Ruckenmarks— 196 Nervenkette der Wirbelthiere und der Nervenknoten- oder Gan⸗ glienkette der Wirbelloſen ſtattfindet. Wir haben es uns hier nicht vorgeſetzt, alle Beweismittel für dieſes wichtige Geſetz der Polarität in Betreff des Centrums des Gebirns und des Jugungsorganes für die ganze Stufenlekter der Thiere beizubringen, indem wir dieſe anatomiſche und phyſiologi⸗ ſche Forſchung ſpaͤter ſpeciell vorzunehmen gedenken. Gegenwärtig wollen wir nur den Grund zur beſſern Verftändniß des uns beſchaͤf⸗ tigenden Gegenſtandes legen 1) Alle mit einem Kopfe verſehenen Thiere, z. B, die Wir⸗ belthiere (Saͤugethiere, Voͤgel, Reptilien, Fiſche) und Gliederthiere (Cruſtaceen, Arachniden, Inſecten, Anneliden ꝛc.), die meiſten Mollusken (Cephalopoden, Gaſteropoden, Univalven ꝛc. tragen, da ſie aus zwei ſeitlichen, mehr oder weniger ſymmetriſch aneinan⸗ dergefuͤgten Hälften beſtehen, natürlich die Zeugungsorgane des tie nen oder andern Geſchlechts am hintern oder untern Koͤrperende. Denn der Schwanz oder jedes demſelben ähnliche Anhaͤngſen iſt nur ein Schutzorgan für die Zeugungstheile oder Aftergegend. (2) Das gegen fehlt dieſe Polaritaͤt des Antagonismus bei den kopfloſen Mollusken (Acephalen) und allen Zoophyten, denen der Kopf feylt, und deren Geſtalt der Ereisförmige oder ſtrahlenfoͤrmige Typus zu Grunde liegt. Dieſe bilden in der Thierwelt die Minderzahl. 2) Die ſymmetriſchen oder polariſirten Thiere bieten als Ver— bindungsglied zwiſchen dem Kopfe und den Geſchlechtsorganen ent— weder den Ruͤckgratsſtamm , der bei allen Wirbelthieren ſich auf der obern oder Ruͤckenſeite befindet, oder die mehr oder weniger knotenreiche doppelte Ganglienſchnur dar, die ſich bei den Molluss ken und Gliederthieren findet. Dieſe Kette für die Lebensthaͤtig— keit beſteht alſo durchaus aus Nerven. 3) Schon im Embryonenſtande zeigt ſich der Ruͤckenkiel oder das erſte Rudiment des das beginnende Weſen erregenden Nerven- ſyſtems an beiden Enden angeſchwollen. Die eine Auftreibung wird zum Gehirne; aus der andern entwickeln ſich die Geſchlechts— organe. 4) Schon dann giebt ſich der Antagonismus ſelbſt in den abs normen Gebilden kund, indem bei den Monftrofitäten, wo das Ges hirn ganz oder halb fehlt, die Zeugungstheile um ſo ſtaͤrker ent— wickelt find, je mehr das Gehirn verkuͤmmert iſt. Dieſelbe Er— ſcheinung entwickelt ſich auch nach der Geburt weiter fort; indem die Cretins, die Neger und überhaupt Menſchen mit kleinem Ger hirn eine ungemeine Neigung zur Befriedigung des Geſchlechtstrie— bes zeigen. Dagegen leben die durch gewaltige Entwickelung der Verſtandeskraͤfte und ihres Organes, des Gehirnes, ausgezeichneten Menſchen (a's Beiſpiele koͤnnen Newton und Kant dienen) ge- woͤhnlich in dieſer Beziehung ſehr enthaltſam. Denſelben Antago— nismus bemerkt man in der ganzen Reihe von Thieren, indem die fruchtbarſten Thiere (3. B., unter den Wirbelthieren die Fiſche) wegen der Kleinheit ihres Gehirns zugleich die duͤmmſten ſind. Das Geſchoͤpf, welches fuͤr die materielle Zeugung am geſchickteſten iſt, taugt fuͤr die geiſtige am wenigſten. 5) Man hat auch von jeher dafür gehalten, daß die allzu— haͤufige Befriedigung des Geſchlechtstriebes den Functionen des Ge— hirns hoͤchſt nachtheilig ſey, indem dadurch nicht nur die Intelli— genz geſchwaͤcht, ſondern auch das Empfindungs- und Bewegungs⸗ vermoͤgen abgeſtumpft, ſomit das Leben abgekuͤrzt werde. Daſſelbe Element der Lebenskraft kann alſo an dem einen Pole des Orga— nismus auf Koſten des andern erſchoͤpft und abgenutzt werden. Nihil tam mortiferum est ingeniis quam luxuria. Der Grund iſt ſehr einleuchtend, indem das heroiſche Leben (des Athleten, Feldherrn, Kuͤnſtlers), als vorzugsweiſe intellectuelles, der Anſamm— lung der ganzen Kraft der maͤnnlichſten unter den Maͤnnern in dem Gehirnpole bedarf. Deßhalb ſchrieben die Alten der Minerva und den Muſen auch Keuſchheit zu ). Ohne große Steigerung ) Den Verfall der Wiſſenſchaften in manchen Zeitaltern ſchreibt man der durch Verderbniß des geſunden Geſchmackes herbeige— 197 der Gehirnfunctionen und langere Entbehrung ber gfchlechtliden Genuͤſſe in kein Entbufiasmus moglich; und dogegen läßt ſich der Wahnſinn durch Caſtriren heilen. 6) Dieſer Antagonismus zeigt ſich deutlich bei beiden Geſchlech⸗ tern. Se ſherrſcht der Gebirnpol in der ganzen Rıihe der Thiere bei dem Männdın vor, wie man dieß an der bedeutendern Ente wickelung der obern Regionen oder des Gehirns und den Attribu— ten der Männlichkeit: Kraft, Muth, vorberrfchende Intelligenz, beobachten kann Dagegen ſind bei dem Weibchen dem untern oder Geſchlechtstheilpol ausgedehntere Functionen: die Conception, Trächtigkeit die incubatio intra- und extra -uterina, das Saͤu— gen, die mütterliche Pflege ꝛc. angewirfen. In allen Fällen findet man bei den Weibchen ein weiteres Becken, einen ausdehnungs— fähigen Unterleib und Ausbrutungs⸗, Ausführungs- und Schutzor— ane, welche ſich an den, dem Kopfe gegenüberliegendin, Stellen eſinden. Deß halb beobachtet man an den geiſtigen Faͤhigkeiten ein ähnliches Steigen und Sinken, wie an den organiſchen Attributen. Beim Weibchen berrfden die Gefühle der Zärtlichkeit und Liebe, der Schüchternheit und Furcht vor, während bei den Männchen der Ehrgeiz, die Herrſchſucht und der Egoismus haͤufig der Liebe Eintrag thun oder erhabne Gedanken an die Stelle wolluͤſtiger Gefühle treten laſſen. 7) In der beißen Zone zeitigt die hohe Temperatur die Bluͤ— thenzeit des Geſchlechtspols, bevor der Intelligenzpol ſich völlig entwickelt hat. Belege hierzu findet man bei den Voͤlkern der Tropenlaͤnder, wo die Mannbarkeit frühzeitig eintritt, das Gehirn aber, wegen des ſchnellen Feſtwerdens feiner Knochenbuͤlle (NB. im Original ſteht: wegen feiner ſchnellen Verknoͤche nung, womit doch wohl das Obige gemeint iſt), wie bei den Aethiopiern und Negern, um ſo kleiner bleibt, je fruͤher und je kraͤftiger ſich die geſchlechtlichen Functionen entwickeln. In kalten noͤrdlichen Climaten, zumal bei Nationen von weißer Hautfarbe, tritt die Mannbarkeit fpit ein, weßhalb die Intelligenz zu ihrer ausge— dehnten Entwickelung volle Muße hat. Der Kopf iſt bei den noͤrd— lichen Völkern, in der Regel, volumindſer, als bei den ſuͤdlichen, und die Keuſchheit der erſtern macht ſie muthiger, kraͤftjger, kunſt⸗ fleißiger und langlebiger, als die letztern. Der Suͤdlaͤnder giebt ſich in feinem Harem dem übermäßigen und vorzeitigen Genuffe von Freuden hin, die ihn entnerven. Die Schwaͤchung des Ge: birn⸗Ruͤckenmarksbaums iſt ein Hauptgrund der erniedrigenden Sclaverei und des Deſpotismus, ſo wie der aus Atonie ent— Ense Seuchen (die Peſt, der Typhus), welche im Orient hren Sitz haben. Mit den abendlaͤndiſchen oder europaͤiſchen Na⸗ tionen verhalt es ſich ganz anders, da bei ihnen die Functionen des Gehirns und Senſoriums beſtaͤndig in Anſpruch genommen, und durch die Thätigkeit des civiliſirten Lebens, auch durch manche materielle Reizmittel ſtets neu belebt werden. Deßbalb trifft man unter ihnen ein Uebermaaß von Lebensthaͤtigkeit und haͤufige acute, entzündliche Krankheiten, Nervenſchlaͤge, die die koͤrperliche Mar ſchine inmitten der chrgelzigen Beſtrebungen des Eigners plotzlich zum Stillſtande bringen. führten Sittenloſigkeit zu, wovon die Athener, die Roͤmer unter den Kaiſern und Paͤpſten, die Franzoſen unter Ludwig XIV. Beiſpiele abgeben. Da man nicht mit beiden Polen zugleich ungeſtraft Außerordentliches zu leiſten vermag, ſo ſind viele Genies, die ſich deſſen unterfingen, verruͤckt geworden (Taſſo, Gentil⸗ Bernard ꝛc.), andere frühzeitig geſtorben (Ra— phasl, Mirabeau, Bichat ꝛc.). Wenn gewaltig orgas niſirte Menſchen (Caͤſar, Heinrich IV., Buffon ꝛc.) das Gegentheil zu beweiſen ſcheinen, fo läßt ſich dennoch mit Grund annehmen, daß, wenn dieſe intellectuellen Kraftmen⸗ ſchen nicht ausgeſchweift haͤtten, ſie in geiſtiger Beziehung noch mehr geleiſtet haben wuͤrden. Caͤſar, Mahomet und Napoleon hatten oͤfters Anfaͤlle von Epilepſie. 198 8) Wir wollen die Wahrheit des eben Bemerkten mittelſt der Speiſen und Getränke oder anderer dieſe antagoniſtiſchen Organe reizenden Stoffe darzulegen ſucken. Der Kaffee, z. B., bringt eine übermäßige Reizung des Gehirns zu Wege, welche nicht nur den Schlaf verbannt, fondern ſelbſt den Narcotiemus und die Trun⸗ kenheit hebt, während das Opium das Gehirn abſpannt und die Empfindungs⸗ und Bewegungskraft in dem Nervenbaume ats ſtumpft und tröge macht. Die Wirkungen diefer beiden Stoffe bil⸗ den alſo einen offenbaren Gegenſatz. Im Orient hält man dafür, daß der übermäßige Genuß des Kaffees die Functionen der Ge⸗ ſchlechtsorgane beeintrachtige und das Zeugungsvermoͤgen ſchwaͤche; kenn er veranlaßt jene Ueberreizung der Nerven, welche die Leb⸗ haftigkeit, die Helligkeit der Gedanken ſteigert und die Reflex on erhoht, während fie der Neigung zu grobfinnlichen Genüffen, na⸗ mentlich zur Befriedigung des Geſchlechtstriebes, entgegenarbeitet. Dagegen fübren das Opium und die daraus bereiteten narcotiſchen Mittel eine Aufregung und Trunkenheit der Sinne herbei und gel⸗ ten im ganzen Orient als machtige Stützen der Zeugungsfunctio⸗ nen, wahrend fie zugleich den Geiſt einſchlaͤfern, und in jene wol— luͤſtige, traͤumeriſche Stumpfbeit verſetzen, die ihn, außer dem ge⸗ genwaͤrtigen Sinnengenuſſe, Alles vergeſſen läßt. 9) Wenn gleich der Geſchlechtspol ſich erſt lange nach dem Gehirnpol entwickelt, fo kann er doch lange vor dem letz⸗ tern ſterben oder feiner Functionen verluſtig gehen. Seine Thaͤtig⸗ keit wird auch laͤrger und vollftändiger unterbrochen, und in der ganzen großen Claſſe der ſechsfußigen oder Metan orphoſen erlei— denden Inſecten tritt er nur einmal, am Endziele des Lebens, in Thatigkeit. Bei den Männchen mancher Familien der Hymenopteren (Bienen, Weſpen, Amciten 2c.) kann er ſich, bei der Erfüllung ſei⸗ ner Functionen, vom Körper ablöfen, wie die Reproductionsorgane bei den Pflanzen abfallen und ſich erneuern. Was das Verhalten der verſchiedenen Geſchtechter zu einander betrifft, fo ziehen deren entſprechende Pele einander an, während die gleichgeſchlechtigen einander abſteßen. Deßhalb fühlt jedes Geſchlecht gegen Indivi⸗ duen deſſelben Geſchlechts koͤrperliche Abneigung, und gegen ſolche des andern Zuneigung, fo daß es ſich hiermit ähnlich verhält, wie bei der Magnetnadel und der Voltaiſchen Saͤule. 10) Die beiden Pole oder Heerde, das Gehirn und die Ge— ſchlechtstheile, koͤnnen einander durch gleich ſtarke Rückwirkung ger genſeitig bis zum Maximum der individuellen Exiſtenz aufregen. Allein durch den Mißbrauch des einen wird zugleich der andere zer⸗ ſtoͤrt. Deßhalb ſchwaͤcht die Beſeitigung des Geſchlechtspols ver: mittelſt der Caſtration oder die von Natur ſtattfindende Abweſen⸗ heit der Zeugungstheile den Gehirnpol durch die Aufhebung des Gleichgewichts oder durch den Gegenſtoß. Für die gehörige Ber ſchaffenheit jedes derſelben iſt das Gegengewicht und die Ueberein⸗ ſtimmung des andern nothwendig. Wegen dieſes Antagonismus ſind auch die Erſcheinungen des Gehirnlebens und des Fortpflan⸗ zungslebens entgegengeſetzter Art, und ſo haͤngen, z. B., von den Functionen der obern oder über dem Zwerchfell liegenden Organe das Athemholen oder die Oxygenation des Bluts, die feurigen Leidenſchaften und hitzigen Krankheiten, die dem maͤnnli— chen Character eigne Energie, die ſich von ſelbſt erzeugende Jutel— ligenz und Willenskraft ab; wogegen der untere oder unter dem Zwerchfell liegende, der Pol der phyſiſchen Fortzeu⸗ gung, die Unterleibsorgane beherrſcht und den unwillkührlichen inſtinctmaͤßigen Trieben gehorcht. Die von ihm abhängigen Krank⸗ heiten ſind nicht entzuͤndlicher, ſondern chroniſcher Art, wie man ſie bei Perſonen von ſchwachem, weichlichem Temperamente findet. 11) Es würde nicht ſchwer halten, dieſe Gegenfäge bis in die Analogieen der urſpruͤnglichen Bildung der Nervenfubftang und des Saamens zu verfolgen, inſofern uns gegenwärtig klar iſt, daß dieſe beiden Grund» und Hauptelemente des thieriſchen Les bens eine gemeinſchaftliche Quelle haben und eines das andere vom erſten Urſprunge des Embryonenkeimes an erzeugen. Dieſe Ana: logie beſtaͤtigt ſich nicht nur bei allen Unterſuchungen über thieri⸗ ſche Chemie, ſondern wird, indem man auf die allererſten Entwicke⸗ lungsftadien des Weſens, wo daſſelbe bloß aus Nerven- und Saa⸗ 13 * 199 bftanz beſteht, zurückgeht, ſo zu ſagen handgreiflich, mag ee: 1 5 daß ar Saamenthierchen des Männchens wirklich zur Grundlage des Nervenſyſtems des Embryo werde, oder daß es nur bei'm Befruchtungsacte, ſo zu ſagen, die Lebensflamme anzuͤnde. N 12) In Betreff dieſer polariſchen Gegenwirkungen ließe ſich noch hinzufugen, daß man ſowohl an dem einen als an dem ans dern Ende der Nervenſaule erectionsfahige Gewebe findet, die ihre ſympathiſchen Beziehungen dadurch kund geben, daß ſie durch ana⸗ loge Reize affinirt werden uud zu ähnlichen krebsartigen Entartun⸗ gen, zu Polypen, zur Entwickelung des veneriſchen Giftes und an⸗ dern Krankheiten geneigt ſind, die ſich in dieſen beiden entgegenge⸗ ſetzten Gegenden zeigen; daß ferner Blutausflüſſe aus dem einen Organe die aus dem andern, entgegengeſetzten, erſetzen können, z. B. Epiſtaxis, Hämorrhoiden, die Menſtruation ꝛc. Dieſe Con— traſte oder Antagonismen der Structur und des Empfindungsver⸗ moͤgens trifft man auf der Stufenleiter der Thiere bis zu den Rep⸗ tilien hinab, in der Spaltung der Zunge wie der maͤnntichen Rus the, in den Apſonderungsarganen, den Schlingorganen einerſeits, und den Gebaͤrorganen, andrerſeits, wo am obern Ende einge⸗ führt, am untern ausgeführt wird, ſo daß alſo die Natur an den beiden entgegengeſetzten Polen des Organismus ſtets in ana⸗ loger, aber umgekehrter Art verfährt *). l 13) Der Gehirn-Mundpol oder obere Pol iſt alſo ans ziehend, denn dort dringen ſowohl die ſinnlichen Eindruͤcke, als die Stoffe, die das Leben unterhalten, z. B, Luft, Waſſer, Nah⸗ rungsmittel u. ſ. w. in den Körper ein; wogegen der untere G e⸗ ſchlechts-Afterpol abſtoßend oder beſtimmt iſt, die feſten und flüfjigen Excremente aufzuführen oder die Producte der Zeu⸗ gungsorgane, als Saamen, Eier, Leibesfrüchte, fo wie auch ver⸗ ſchiedene Recremente (Secretionen), als Milch, Monatsfluß, Kind⸗ beltfluß, Haͤmorrhoiden und andere Fluſſe aus dem Organismus zu entfernen. Zwiſchen beiden Polen findet alfo in dieſen Bezie⸗ hungen ein deutlicher Antagonismus ſtatt; der eine kraͤftigt und unterhält die individuelle Exiſtenz, der andere dient zur Reinigung deſſelben, ſo wie zur Fortpflanzung der Arten. 0 14) Wenn die Thaͤtigkeit des Geſchlechtspols im hoͤhern Le—⸗ bensalter aufhoͤrt, ſo findet eine Reſorption der Kraͤfte nach dem Gehirnpole zu ſtatt. Deßhalb werden Frauen und weibliche Thiere (3. B., Vögel), nachdem fie aufgehört haben, zeugungsfaͤhig zu ſayn, mannähnlich, während Männer in der Jugend, durch uͤber⸗ mäßige Befriedigung des Geſchlechtstriebes, weibahnlich oder un männlich werden; und aus demſelben Grunde ſteigern ſich bei alten Männern, die des Zeugens nicht mehr fähig ſind, die Verſtandeskraͤfte bis zur Weisheit, die man eine intellectuelle Fern⸗ ſichtigkeit nennen koͤnnte. *) Man koͤnnte noch im Zwerchfelle des Menſchen und anderer Wirbelthiere, oder uͤberhaupt in der Scheidewand zwiſchen den Athmungs⸗ und den Verdauungsorganen, bei den Inſecten, z. B., dem Stiele, der den Thorax vom Abdomen trennt, eine Art von Leguator oder centrum phrenicum, einen Auf; hangspunct erkennen, auf dem die beiden Pole ſchwingen. Ins deß hat dieſe Anſicht nicht denſelben Grad von Sicherheit fuͤr ſich, als die erſtere, weil nicht in allen Claſſen von eierlegen— den Thieren ein Zwerchfell oder epigaſtriſcher Heerd vorhan⸗ den iſt, und wir machen durchaus keinen Anſpruch auf Auf⸗ ſtellung eines Syſtems. Wir bringen dieſen Punct nur beis laͤufig zur Sprache. 200 Dieſe Thalſachen find ſowohl in phyſiologiſcher als pathologis ſcher Beziehung von Werth, und verdienen in der practiſchen Heil— kunde, in Betreff der Metaſtaſen, Revulſionen und innern Behand— lung ſtets beruͤckſichtigt zu werden. (Gazette medicale de Paris, 7. Mars 1840.) Miscellen. ueber die Glomeriden hat bekanntlich der Academiker J. F. Brandt zu St. Petersburg bereits vor mehreren Jahren Reſultate feiner Beobachtungen in Muller's Archive mitgetheilt. Jetzt berichtete derſelbe in dem Bulletin scientiſique publié par Académie des sciences de St. Petersbourg No. 144 über den Fortgang feiner Unterſuchungen Intereſſant iſt folgende Aeu⸗ ßerung: „Ich glaube beobachtet zu haben, daß die beiden Ovi— ducte nicht in der Nähe des Afters ihre Oeffnung haben, an weis che ſie mittelſt eines kleinen Ligaments befeſtigt ſind, ſondern in zwei kleine hornigte und gekrümmte Schuppen eintreten, welche kleine Roͤhren hinter den Gelenken an der Baſis des zweiten Fuß— paares bilden. — Was die mannlichen Organe anlangt, ſo habe ich einen aus zwei Hälften zuſammengeſetzten Teſtikel und eine in der Nähe des Afters gelegene herzfoͤrmige prostata gefunden. Ich bedaure indeſſen ſehr, daß die vorgeruͤckte Jahreszeit und der Manz gel einer hinlaͤnglichen Anzahl maͤnnlicher Exemplare, welche ſelte⸗ ner und uͤberhaupt kleiner find, als die Weibchen, mir nicht ere laubt haben, mit einiger Sicherheit die aͤußeren Oeffnungen dieſer Organe zu entdecken. Die Beziehungen zwiſchen den inneren männlichen Geſchlechtstheilen und den eigenthümlichen hakenartigen Organen, welche gewiſſermaaßen den bei den Maͤnnchen vor dem After befindlichen Fuͤßen ahnlich find, haben mir deßhalb auch dun— kel bleiben muͤſſen; obgleich ich geneigt bin, zu glauben, daß dieſe Organe beſtimmt find, die Weibchen während der Begattung feſtzuhallen und zu reizen.“ Hr. B. verſpricht eine mit vielen Kupfertafeln ausgeſtattete Monographie. Ueber Blutegel findet ſich in den Memoirs of the Life of Sir Samuel Romilly, London 1840, Folgendes über des bis rühmten Britiſchen Rechtsgelehrten Lord Erskine's Liebhaberei fuͤr Thiere. „Er hat immer verſchiedene Lieblinge von Thieren gehabt, denen er ſehr zugetban war und worüber alle feine Bee kannten eine Menge Anekdoten zu erzählen wiſſen, — einen Lieb⸗ lingshund, den er, fo lang er Sachwalter war, zu allen Gonfuitas tionen mitbrachte; einen anderen Lieblingshund, den er zu der Zeit, wo er Lord - Kanzler war, perſoͤnlich auf der Straße aus den Händen einiger Buben, die ihn toͤdten wollten, durch das Vor— geben rettete, daß der Hund toll ſey; eine Lieblingsgans, welche ihm, wenn er auf ſeinem Landgute ſpatzieren ging, uͤberall folgte; einen Lieblingsmacao (Papageyen) und andere ſtumme Guͤnſtlinge ohne; Zahl. Jetzt erzaͤhlt er uns, daß er zwei Lieblingsblutegel erhalten habe. „Man hätte ihm verfloſſenen Herbſt, wo er zu Portsmouth gefaͤhr— lich krank geweſen, durch ſie Blut abgezapft; ſie haͤtten ihm das Leben gerettet und er habe ſie mit nach London gebracht; er habe ſie ſeitdem in einem Glaſe aufbewahrt, habe ihnen ſelbſt taͤglich friſch Waſſer gegeben, und er habe Freundſchaft mit ihnen geſchloſ— ſen. Er ſey ſicher (ſagte er), daß beide ihn kennten und dankbar ge— gen ihn ſeyen. Er hatte ihnen verſchiedene Namen gegeben, Home und Cline (die Namen zweier beruͤhmter Chirurgen, da ihre „Di— ſpoſitionen“ gänzlich verſchieden ſeyen). Nach ausführlicher Er⸗ zaͤhlung ging er ſelbſt hin, holte fie aus feiner Bibliothek, ſtellte ſie in ihrem Glaſe auf den Tiſch ꝛc. 201 Ueber Ipecacuanha bei innern Blutungen. Von W. Adam Trenor. Wenn es irgend eine Krankheit giebt, welche raſche und entſchiedene Huͤlfe mehr als andere fordert, fo iſt dieß von der Blutung zu behaupten. Man hat die Ipecacuanha im— mer als ein beachtenswerthes Blutſtillungsmittel betrachtet; beſonders Dr. Osborne hat 1828 in den Transact. of the college of physicians guͤnſtige Reſultate dei Me: norrhagien angeführt. Im darauffolgenden Johre wurde ich früh Morgens zu einem jungen, 20jaͤhrigen, ſehr robuſten und geſund ausſehenden Manne gerufen. Ich fand ihn 4 Uhr Morgens mit den Füßen auf dem Kaminſteine, mit den Haͤnden in kaltem Waſſer; der Boden um ihn herum war mit hellrothem, ſchaumigem Blute bedeckt, und ein großes Gefaͤß war damit gefüllt; er fühlte ſich ohnmaͤchtig und war in Erſtickungsnoth, da die Inſpirationen durch die bis— weilen woͤrtlich aus dem Munde herausfließende Menge Blut ſehr erſchwert waren. Sein Geſicht war etwas roth, die Stimme ſchwach, undeutlich; der Puls klein, ſchnell und beſchleunigt; nicht der mindeſte Verſuch, ſich zuruͤckzulegen, wurde ausgehalten; und der Kranke rief nach Luft, es waren Fenſter und Thuͤren offen. Dieß war kein Fall fuͤr Venaͤ— ſection; auch konnte die beruhigende Einwirkung des Blei— zuckers mit Opium nicht wohl abgewartet werden. Ich war ſogleich entſchloſſen, Ipecacuanha zu geben, wovon ich 10 Gran in etwas Waſſer gab. Es war unglaublich, welche raſche Huͤlfe auf die Uebelkeit und die Brechbeſtrebungen folgte, die durch dieſes Mittel veranlaßt wurden. Der Blut— huſten ließ nach, die Reſpiration wurde freier, und in Kur— zem konnte der Kranke die Ruͤckenlage vertragen. Nach eis 0 Monaten war dieſer junge Mann vollkommen her— geſtellt. Der zweite Fall dieſer Art kam bei einem jungen ſchlanken Manne vor, welcher ſelten unwohl war, obwohl er eine zarte Conſtitution hatte. Er war im 2iſten Jahre und hatte, wegen einem Catarrhalfieber nach Erkaͤltung, eini ge Tage das Zimmer gehuͤtet; um 3 Uhr Morgens ſtellte ſich Bluthuſten ein. Ich fand ihn aufrecht im Bette ſiz— zend; beide Fenſter waren offen. Patient konnte kaum ſpre— chen. Die Quantitaͤt des Blutes war groß, jedoch in kei— nem Verhaͤltniſſe zu der bei dem vorigen Falle ausgeworfe— nen Maſſe; dennoch war die Proſtration weit bedenklicher; das Geſicht leichenartig zuſammengefallen, die Angſt ſehr groß; die Kräfte hatten nachgelaſſen; die Zwiſchenraͤume zwi⸗ ſchen jeder Expectoration waren größer, die Oppreſſionen aber heftiger geworden, und die Gefahr ſchien ſehr groß. Ich gab jede Viertelſtunde 2 Gran Ipecacuanha in etwas kaltem Waſſer. Der Kranke hatte noch nicht lange die zweite Doſis genommen, als ſich Uebelfeit einſtellte und die Oppreſſion nachließ. Die dritte Doſis ſteigerte die Uebelkeit dis zum Wuͤrgen, ohne Entleerung des Magens; nun hörte 202 uu n d die Blutung auf, und kehrte erſt nach mehreren Wochen in ſehr geringer Quantität wieder. Dieſer Fall endete je: doch anders, als der vorige, da ſich raſch Phthiſis entwickelte. Die Urſache der Blutung war in dieſen beiden Faͤllen ſehr verſchieden; dennoch bewirkte Ipecacuanha auf gleiche Weiſe die Verminderung des Blutfluſſes. Der dritte Fall gleicht dem erſten; Hr. H., 22 Jahr alt, hatte gerudert und lief, als er nach Hauſe kam, ſehr raſch die Treppe hinauf, um ſich umzukleiden. In ſeinem Zimmer bekam er einen Huſtenanfall, wobei reichliche Quan— titaͤten Blut den Mund fuͤllten und ausgeworfen wurden. Als ich den Kranken um 5 Uhr Abends ſah, war bereits viel Blut ausgehuſtet; die Kräfte waren ſehr erſchoͤpft, den— noch mußte der Kranke die auftechte Stellung beibehalten; das Geſicht war ungewöhnlich geroͤthet; der Puls ſehr bes ſchleunigt und klein. Durch kleine, nur Ekel erregende Do— ſen Ipecacuanha wurde der Bluthuſten bald beſeitigt. In der rechten Lunge, in der Gegend der Bruſtdruͤſen, waren einige Merkmale von Lungenapoplexie vorbanden, und Dr. Graves war mit mir der Anſicht, daß uͤber dieſem Theile ein setaceum eingezogen werden muͤſſe. Die Heilung er— folgte ohne Unterbrechung vollkommen, und nach einigen Monaten konnte das Haarſeil wieder entfernt werden. Dieß ſind die drei heftigſten Faͤlle von Bluthuſten, welche ich jemals geſehen habe. Viele gelindere Faͤlle ſind mit demſelben Mittel in verſchiedener Doſis, aber immer mit dem entſchiedenſten Erfolge der Blutſtillung behandelt worden. Ich will bloß noch einen anführen: Im Februar des vorigen Jahres wurde ich zu einem Herrn von 36 Jahren gerufen, welcher ſich der Kaͤlte und Naͤſſe ausgeſetzt hatte. Es folgte ein Huſten, welcher bes reits 10 Tage dauerte, aber den Kranken nicht weiter belaͤ— ſtigte. Er meinte, der Huſten werde, wie in andern Faͤllen, von ſelbſt vergehen. Er haßte Medicin, da er meinte, er werde davon kraͤnker, als zuvor. Sein Puls war beſchleu— nigt, aber weich und leicht comprimirbar; die Haut feucht und dunſtend; der Auswurf war hellrothes Blut, wovon er eine Taſſe voll ausgehuſtet hatte. Sein gewoͤhnlich blaſſes Geſicht war jetzt etwas geröthet; er ſaß in einem fehr warm geheizten Zimmer. Bei der Unterſuchung fand ſich, daß die rechte Lunge mit Blut angefült war, während in der linken das Reſpirationsgeraͤuſch normal gefunden wurde. Ich verordnete einige Blutegel an dieſe Bruſtſeite, hierauf ein Blaſenpflaſter und ein Roſenaufguß mit Saͤure, Bit— terſalz und Digitaligtinetur: dabei vollkommene Ruhe und Stillſchweigen, und kuͤhlere Temperatur des Zimmers. Er: wa 14 Tage ging dieß gut; er konnte wieder einige Stun⸗ den des Tages arbeiten, und der Huſten war faſt verſchwun— den. Bald darauf veranlaßte eine Gemüthsaufregung mit heftigem Sprechen die Ruͤckkehr des Bluthuſtens in ziemlich betraͤchtlichem Grade. Als ich zu dem Kranken kam, war der Bluthuſten vorbei; aber der Huſtenreiz, wegen Gegen⸗ 203 wart der Luft in den Luftwegen, war nun ſehr haͤufig vor— banden; doch ſchien Patient das Huſten moͤglichſt zu vers meiden, da er wußte, daß das Bluten dadurch vermehrt wurde. Ich verſchrieb nun 1 Gran Ipecacuanha alle halbe Stunden, bis Uebelkeit eintrete, worauf die Zwiſchenraͤume verlaͤngert werden ſollten. Auf dieſe Weiſe nahm er 20 Gran in 50 Stunden, wovon er kein Erbrechen, aber ſtarke Uebelkeit hatte. Das Blut verſchwand aus dem Auswurfez der Kranke ging nun auf's Land, brauchte ſeine Pillen und bekam, obwohl er ſich viel beſchaͤftigte, und haͤufig den Ein— fluͤſſen des Wetters ſich ausſetzte, keine Blutung mehr. Folgender Fall beweiſ't die Wichtigkeit des Mittels bei Menorrhagie. Miß L, 35 Jahr alt, litt häufig an Menorrhagieen, welche zuerſt durch Schreck mit großer An: ſtrengung hervorgerufen wurden. Sie fuhr naͤmlich mit mehreren ihr anvertrauten Kindern; der Kutſcher war abge— ſtiegenz die Pferde gingen durch und naͤherten ſich einem Ab— grunde, wo ſicherer Tod Aller wartete. Miß L gelang es durch große Anſtrengung, die Zuͤgel zu faſſen, die Pferde nach einer andern Seite zu lenken und endlich anzuhalten. Die Blutungen erfolgten gleich danach. Die damals be— handelnden Aerzte erklärten, deß fie in großer Gefahr ſey; fie erholte ſich langſam, war aber ſeitdem bei der Menſtrua— tion betraͤchtlichen Blutungen unterworfen; dennoch war ſie kraͤftig und wohlgenaͤhrt. Als fie in meine Behandlung kam, hatte jie neuen Schreck gehabt. Eine alte Dame hatte mit ihren Kleidern Feuer gefangen, und um dieſe zu retten, hatte ſie ſelbſt tiefe Brandwunden am Arme ſich zu— gezogen; der Anblick der wie todt daliegenden Freundin und die eigenen Verletzungen hatten den fruͤhern Erfolg. Die Quantitaͤt des abgehenden Blutes war ſehr groß; eine Schuͤſſel unter dem Bette war gefuͤllt und das Bettzeug vollkommen getraͤnkt mit Blut. Die untern Extremitaͤten wurden, wie gewoͤhnlich bei den geringern Blutungen, mit Eſſig und Waſſer gekuͤhlt. Dieß wurde nun raſch abge— trocknet; ich legte eine warme Binde feſt um die Huͤften, fuͤhrte einen in heißem Waſſer mit Eſſig ausgedruͤckten Schwamm in die Scheide, und hielt ihn mit einer Compreſſe und Binde feſt. In derſelben Zeit verſuchte man ihr etwas Branntwein mit 20 Gran Ipecacuanha beizubringen. Faſt alle Lebenszeichen waren verſchwunden; der Puls war nicht zu fuͤhlen; die Extremitaͤten ganz kalt; eine Stunde lang ath— mete fie kaum, und in dieſer Zeit wurden warme Frictionen, Terpenthinclyſtire und etwas Branntwein, ſo viel fie hinun⸗ terbringen konnte, angewendet. Die Blutung ſchien aufgehoͤrt zu haben; es ſchien aber auch, als wenn der Tod der gan— zen Scene ein Ende gemacht habe. Endlich hob ſich die Bruſt ein Wenig; die Reſpiration wurde nun deutlicher; die Kranke konnte beſſer ſchlucken, und nun erhielt ſie etwas mehr Branntwein; endlich ſchien die Koͤrperoberflaͤche wieder warm zu werden. Drei Stunden nachdem ſie Ipecacuanha bekommen hatte, ſtellte ſich leichtes Wuͤrgen ein, was wir von jenem Mittel herleiten. Ich betrachtete indeß dieſen Zuſtand von Scheintod nicht allein als Folge des Blutver— luſtes; Hyſterie nimmt oft dieſes Anſehen an; die vorausge— gangenen Umſtaͤnde waren ganz geeignet, einen ſolchen An— — 204 fall zu bewirken, und die Folge lehrte, daß meine Vermu— thung richtig war. Die Anſtrengungen zum Erbrechen wa— ren zuletzt fo ſtark, daß kein Zweifel daran fern kennte, daß es als eine Folge des Mittels betrachtet werden muͤſſe. Der Verband wurde blutig; ich nahm daher den Schwamm aus der Scheide und fand ihn mit Blut getraͤnkt Von Stun— de zu Stunde wurde das Leben kraͤftiger, und nach etwa drei Monaten konnte Patientin an die Seekuͤſte gebracht werden, wo ſie allmaͤlig Geſundheit und Kraft wieder er— langte. Noch immer bekommt ſie von Zeit zu Zeit heftige Blutverluſte, gegen welche fie gewöhnlich einige Gran Ipoe— cacuanha nimmt, jedoch nicht bis zum Erbrechen. Niemals taͤuſchte fie ſich in der blutſtillenden Wirkung des Mittels. Vor Kurzem habe ich gehoͤrt, daß die Dame kraͤftig genug iſt, einen Spaziergang von 1 — 4 Meile drei Mal wos chentlich zu machen. Folgende vier Faͤlle ſind Beiſpiele von Blutungen aus dem Darmcanale: Im Mai 1838 hatte ein junges Mädchen eine Une wandlung von Ohnmacht, waͤhrend ſie in der Naͤhe ihrer Wohnung neben ihrem Bruder ſtand, welcher angelte.“ Bald nachdem fie nach Haufe gebracht war, wurde ihr übel und fie erbrach viel Blut; dieſes Blutbrechen kam in ziems lich kurzen Zwiſchenraͤumen von einer bis drei Stunden wies der. Zweiunddreißig Stunden nach dem erſten Anfalle hatte das Erbrechen noch nicht aufgehoͤrt; die Kranke lag noch in dem Anzuge, in welchem ſie zuerſt unwohl geworden war, da jede Bewegung Uebelkeit bewirkte, die nicht eher aufhoͤr— te, bis wieder Erbrechen eintrat. Die Kleider waren ſo viel, als moͤglich, losgemacht. Mund und Zunge der Kran⸗ ken waren ſo weiß, wie ihre Lippen und Wangen; der Puls kaum fuͤhlbar; die Extremitaͤten kalt. Sie hatte von Ans fang nichts, als einige Mund voll kaltes Getraͤnk und ihre Medicin zu ſich genommen. In dieſem Zuſtande erhielt fie nun halbſtuͤndlich 1 Gran Ipecacuanha mit etwas. Calomel, Nach der dritten Doſis wurde die Uebelkeit ſehr quaͤlend; es trat eine Ohnmacht ein. Dieſer Zuſtand ging raſch vor— uͤber, und nach dem vierten Gran trat Erbrechen ein und es wurde vollkommen gelbe Galle, ohne eine Beimiſchung von Blut, ausgebrochen. Die Medicin wurde nun weggelaſſen. Dieſes Maͤdchen erholte ſich raſch und vollkommen unter der zweckmaͤßigen Behandlung des Dr. Cum ing und be findet ſich jetzt vollkommen wohl. Der zweite Fall dieſer Art kam bei einer Frau von 85 Jahren vor. Ich wurde zur Tiſchzeit zu ihr gerufen, weil ſie, wie man glaubte, im Sterben lag. Etwa eine Stunde nach ihrem Mittagseſſen war ſie plotzlich ſchwach und ohnmaͤchtig geworden; ſie war kalt, blaß und pulslos, als wenn unmittelbar der Tod erfolgen ſolle. Nachdem fie etwas warmes Waſſer und Branntwein zu ſich genommen hatte, trat Blutbrechen ein, und die Quantitaͤt des Blutes war ſo groß, daß ſie auf alle Anweſende den Eindruck machte, es muͤſſe auf der Stelle der Tod erfolgen. So raſch, als möglich, gab ich 4 Gran Ipecacuanha in ein Wenig warmes Waſſer mit Branntwein und alle halbe Stunde 1 Gran; es erfolgte kein Erbrechen, aber Uebelkeit; das 205 b Bluten hörte auf, und die alte Dame kam endlich wieder fo weit, daß fie ihre gewöhnlichen Spaziergaͤnge im Garten wieder unternehmen konnte. Drei Monate ſpaͤter kam ein neuer Anfall, welcher durch die gleſche Behandlung gehoben wurde. Jetzt befindet ſich dieſe Dame ſo wohl, als es nur im Böften Jahre zu erwarten iſt. Der dritte Fall iſt der eines 30 jährigen, ſchlanken, zartausſehenden Mannes, welcher ſehr ſtark Tabak rauchte. Er wurde von Blutbrechen befallen, welches, trotz aller ge— woͤhnlichen Mittel, ohne Unterbrechung fortdauerte, obwohl mehrere Aerzte verfammelt waren und mit der größten Sorgfalt die Behandlung leiteten. Es ging auch Blut aus dem After ab Es erfolgte bald der Tod, und nach dem Sectionsergebniſſe hatte ich die Anſicht, daß die Ipecacuanha die Blutung gehemmt haben wuͤrde; alle Daͤrme waren weiß, blutleer, und die Schleimhaut des Magens und der Daͤrme, beſonders des Duͤnndarms, in großen Flecken ecchymofirt. Der letzte Fall war merkwuͤrdig durch den großen Col— lapſus, ſo wie durch den immenſen Blutverluſt, wobei frei— lich eins von dem andern abhing. Ein junges Maͤdchen hatte ſich uͤbel gefuͤhlt und war mehrmals im Laufe des Tages ohnmaͤchtig geworden, wollte aber, um ihre Eltern nicht zu erſchrecken, davon nicht ſprechen; fruͤh am naͤchſten Morgen, nach einer unrubigen Nacht, fühlte fie Uebelkeit, und ſtand auf, um nach Beiſtand zu klingeln; als ſie auf dem Flure war, wurde ihr uͤbel, ſie wurde ſchwindlig und er— reichte kaum wieder ihr Bette; ſie brach nun etwas Blut aus und wurde darauf etwas ruhiger. Das Erbrechen kehrte raſch in ſehr kurzen Zwiſchenraͤumen wieder, ſo daß ihr Leben in ſehr große Gefahr kam, zumal da ſie einige Meilen von ärztlicher Hilfe entfernt wohnte. Als ich dies ſes Maͤdchen zuerſt ſah, waren ihre Extremitaͤten bis zu den Huͤften und Schultern kalt; die Zunge kalt; die Pupillen erweitert, und beim Erbrechen triefte eine zaͤhe Fluͤſſigkeit von den Mundwinkeln herab; der Puls war nicht zu fuͤh— len, der Herzſchlag kaum aufzufinden. Ich gab auf einmal 4 Gran Ipecacuanha in einem Loffel voll Branntwein, wel— cher ſchwer geſchluckt wurde; hierauf ein Clyſtir von heißem Waſſer und Terpenthingeiſt. Ungefaͤhr nach einer Stunde ſtellte ſich Würgen und Erbrechen ein, zuerſt blutig, ſodann farblos und ſchaumig. Ob wohl dieſer Fall, wie alle Fälle mit Blutverluſt, eine ſorgfaͤltige Behandlung erforderte, fo bat ſich die Kranke doch vollkommen erholt. Ich habe ſchon im Eingange geſagt, daß ich nicht auf alle Einzelbeiten in Bezug auf dieſe Blutſtillungsmethode eingehen will, weil das Verfahren nicht ganz neu iſt; ob— wohl ſie uͤbrigens von erfahrenen Aerzten empfohlen wird, ſo liegt doch etwas darin, was die Aerzte von dieſer Be— handlung abhaͤlt. Ja zuweilen find Fälle beobachtet wor— den, in welchen auf die Darreichung der Ipecacuanha bis zum Brechen Übele Folgen eintraten. Ein ſolcher wird von Cullen mitgetheilt. Sodann ſteht auch die Furcht entgegen, daß das Blut aus einem offenen Gefäße hervordringe, wie Andral angiebt, wenn ich nicht irre. Waͤre dieß der Fall, ſo wuͤrde eine brechenerregende Doſis der Ipecacuanha von den uͤbelſten Folgen ſeyn. 238 Der hauptſaͤchliche Werth vorſtehender Beobachtungen ſcheint mir darin zu liegen, daß ſie (auf's Neue) beweiſen, daß das Mittel nicht in feiner vollen, brechenerregenden Do: ſis noͤthig iſt Dieß beſeitigt gleich mehrere der gemachten Einwuͤrfe. Selten werden die Angehörigen der Kranken bei einem Falle von Blutbrechen ſich dazu verſtehen, ein wahres Brechmittel aus Ipecacuanha in voller Doſis zu geben, ſelbſt wenn es von dem Arzte verſchrieben iſt. Verordnet man aber kleine Dofen, fo wird kein Vorurtheil entgegen— ſtehen, und es wird nicht jenes Gefuͤhl bei dem Arzte ange— regt werden, welches ihn hindert, ein Mittel anzuwenden, dem die Anſichten des Publicums, ſo unrichtig ſie ſeyn moͤ— gen durchaus entgegen ſind. Mir ſcheint es ein ſicheres und richtiges Verfahren, das Mittel in kleinen Doſen in kurzen Zwiſchenraͤumen zu geben. Die Nachbehandlung ſchwerer Fälle ſolcher Blutun— gen erfordert aber eine große Sicherheit des Arztes in dem ganzen Bereiche der Therapie, da keine Form von Reconva— leſcenz ſo langwierig und ſo ſchwierig iſt, und eine ſolche Menge anomaler Symptome zeigt, welche zur Belaͤſtigung der Kranken hier und da auftreten und immer ein raſches, kraͤftiges Eingreifen von Seiten des Arztes erfordern. Ich koͤnnte noch viel uͤber die gewöhnlich bei innern Blutungen angewendeten Mittel ſagen, als: die Säuren, dus Opium mit Bleizucker, Eis, kaltes Getränk ꝛc. Dieſe wirken zwar keineswegs anhaltend und ſicher, aber fie vers mindern jedenfalls die Heftigkeit der Blutung. Ein ſehr gewoͤhnliches Volksmittel iſt das Kuͤchenſalz, welches, da es ſo leicht bei der Hand iſt, haͤufig gleich zuerſt gegeben wirdz damit es nuͤtzlich wirke, muß es in einer beſtimmten Form gegeben werden, naͤmlich in Ekel erregend lauwarmem Waſ— ſer aufgeloͤſ't; fo erregt es Uebelkeit, bisweilen Erbrechen: nicht ſelten aber wird es auf eine Weiſe angewendet, daß es nothwendig den Naturheilungsproceß ſtoͤren muß. Denn das Salz verfluͤſſigt Blutcoagula und hindert die Gerinnung des Blutes, und in dieſer Gerinnung, in Gemeinſchaft mit Ohnmacht und Uebelſeyn, liegt eigentlich das Heilbeſtreben der Natur. Eine Kochſalzauflöſung mit lauwarmem Waſ— fer habe ich aber oͤfters heilſam geſehen. (Dublin Journ.) Ueber alkaliſche Verdauungsſtoͤrung. Von Dr. B. D. Thomſon. Es iſt laͤngſt bekannt, daß bei Magenleiden nicht ſelten Fluͤſſigkeiten in den Mund heraufgetrieben werden. Durch Unterſuchung der chroniſchen Beſchaffenheit dieſer Fluͤſſigkei— ten ſind dieſe laͤſtigen Formen von Dyspepſie richtiger zu verſtehen. Dr. Thomſon unterſcheidet Faͤlle, in denen die Fluͤſſigkeit ſauer, alkaliſch oder neutral iſt. 1) Der ſaure Zuſtand iſt den meiſten Menſchen bes kannt. Im normalen Zuſtande iſt immer waͤhrend einer gewiſſen Zeit des Verdauungsproceſſes der Mageninhalt ſauer beſchaffen, d. h. er roͤthet Lackmuspapier, — die Fluͤſ— ſigkeit ſchmeckt ſauer, — und reagirt auch noch nach dem Ueberdeſtilliren ſauer. Dieß geſchieht, nach Schultz, indeß 207 erft nach Ablauf einer halben Stunde im Proceſſe der Ver: dauung, und die Säure koͤnnte daher als durch dieſen Pro— ceß erzeugt betrachtet werden. Sammelt ſie ſich in einiger Quantität an, fo aͤußert fie ſich durch ein brennendes Ges fuͤhl in der Magengrube, mit ſaurem Aufſtoßen, welches in— deß den Schmerz nicht lindert. Dieß iſt das characteriſtiſche Symptom faurer Indigeſtion. 2) Die zweite Form von Indigeſtion, welche von Aufſtoßen von Fluͤſſigkeit begleitet iſt, nennt De. Thom: fon alkaliſche Indigeſtion. Sie characteriſirt ſich durch heftigen Schmerz in der Magengegend, haͤufig mit Kopf— ſchmerz und Uebelſeyn, mit einem Gefuͤhle von Contraction im Magen. Dieſes Gefuͤhl nimmt zu, bis es endlich un— ertraͤglich wird. Zuletzt, wenn die Marter ihren Gipfel erreicht, ſteigt ploͤtzlich eine reichliche Quantität Fluͤſſigkeit in den Mund herauf, welche ſogleich ausgeworfen werden muß, um der nachfolgenden, immer mehr kommenden Fluͤſſigkeit Platz zu machen; zuletzt wird der Abgang der Fluͤſſigkeit fo reichlich, daß er wirklich einen Strom darſtellt. Dieß dauert einige Zeit und nimmt allmaͤlig ab und hoͤrt gleichzeitig mit dem Schmerze im Magen auf. Der letztere iſt das characz teriſtiſche Symptom der alkaliſchen Dyspepſie (oder der py— rosis, wie ſie gewoͤhnlich genannt wird) Bis jetzt hat man dieſe Krankheitsform immer mit ans dern Verdauungsſtoͤrungen verwechſelt. Dr. Prout hat eine chemiſche Unterſuchung der Fluͤſſigkeit bekannt gemacht und dabei behauptet, daß dieſelbe ſauer ſey. Die unter— ſuchte Fluͤſſigkeit war ihm jedoch aus einem Spitale zuge— ſchickt worden, und fo war ein Irrthum in dieſer Beziehung leicht moglich. Dieſe Form der Verdauungsſtoͤrung kommt weit haͤufiger vor, als man gewoͤhnlich glaubt, und Dr. Thom ſon ſagt, daß von 40 oder 50 Kranken, welche er taͤglich in einem Dispensary ſehe, gewoͤhnlich einer oder zwei mit Symptomen dieſer Art vorkomme. Nicht ſelten iſt fie mit Affectionen anderer Organe, z. B., des uterus, der Leber ꝛc., verbunden, welche ſodann vorzugsweiſe die Be— achtung des Wundarztes in Anſpruch nehmen. Gewiß aber iſt es, daß dieß Symptom mit eben ſolcher Sorgfalt behan— delt werden muß, wie die urſpruͤngliche Krankheit, und wenn man das Magenleiden einige Zeit lang ungeſtoͤrt fortdauern laͤßt, ſo ſetzt ſich daſſelbe eben ſo feſt, wie die primaͤre Krankheit, ſo daß nach Heilung der letztern, das ſecundaͤre Leiden faſt eingewurzelt zuruͤckbleibt und nun noch beſonders die Thaͤtigkeit des Arztes in Anſpruch nimmt. Die Be: 208 handlung beſteht in Darreichung der Säuren, tonica und narcotica; werden dieſe nicht mit Sorgfalt angewendet, ſo entwickelt ſich ſpaͤter Magenſaͤure oder ſaure Indigeſtion, welche alsdann eben fo ſchwer zu beſeitigen iſt, als die als kaliſche Form. 3) Bei Weitem ſeltener iſt der neutrale Zuſtand der durch Aufſtoßen in den Mund gelangenden Fluͤſſigkeit. Einige Faͤlle wurden durch die Darreichung toniſcher Mittel gluͤcklich geheilt. (The Lancet.) Miscellen. Die zur unterſuchung gekommenen Vergiftungen in England vom Jahre 1839 verhalten ſich, nach einer offie ciellen Mittheilung des Sir Robert JInglis, folgendermaßen: Arſenik . » 8 8 9 181 Faͤlle. Laudanum . 5 0 9181 Opium. 8 & . . 42 Schwefelſaͤure , 5 . 22 Hydrocyanſaͤure 0 8 8 27 Oxalſaͤure 8 8 0 19 Sublimat 8 5 - 0 12 Bittermandeloͤl . > 8 . Nux vomica . ö . 0 Colchicum 0 > ° . Eſſigſaures Morphium de g Tartarus stibiatus . 5 5 Strychnin . 0 8 Durch Helleborus, Hoͤllenſtein, Bleiſalze, Canthariden, Salpeter ſaͤure ꝛc., wurden ein oder zwei Faͤlle bemerkt; im Ganzen ſind es 543, worunter 261 Frauen, 282 Maͤnner, und unter dieſen acht Aerzte, welche (mit Einer Ausnahme) ſich ſaͤmmtlich durch Blaus fäure ſelbſt getodtet haben. Sehr auffallend und traurig iſt es, darunter 186, groͤßtentheils noch an der Bruſt befindliche, Kinder zu bemerken, welche Opfer des Opiums oder Laudanums geworden ſind, welches, wegen beklagenswerther Angewoͤhnung, viele Muͤtter in England vorraͤthig haben. Eee 4 3 3 Belladonna 0 2 2 2 2 Tetanus und trismus, in Folge eines gutausſehen⸗ den 11 Zoll breiten Fontanells auf dem Arme, bei einem Tijährigen Manne ba’, nach der Revuemed., Mai 1839, Dr. $re: re beobachtet. Zwölf Tage nach Legung des Fontanells wurde der Vorderarm gegen den Oberarm gebeugt; Unterkiefer und Hals unbeweglich; Puls 7%, unregelmäßig, intermittirend, aber nicht hart. Trotz Blutentziehungen, Belladonna und Opium wurde der trismus und tetanus heftiger, und am vierten Tage erfolgte der Tod. Bei der Section fand ſich die Wunde gangraͤnescirend, der biceps brachii war zum Theil durch das causticum desorga— niſirt und der u. musculo-cutaneus geröthet und in großer Aus— dehnung erweicht. Bibliographische Ilepno6sımamit wipe Poccin mserkavıraennıit Iayapzomb Bixpaanaosm, ele. Termpaas I. Usxano mumeparoruuecrum oöuecımson» 6» C. Ile mepbyprck, (Die Urwelt Rußland's; herausgegeben von Dr. Eduard Eichwald ıc. Erſtes Heft, mit 4 lithogr. Tafeln. Auf Koſten der mineralo— giſchen Geſellſchaft zu St. Petersburg. Petersburg 1840. 8.) c» IV. aumorp. maßaunenu. Cankım — Pemepßypr 1840. Neuigkeiten Phrénologie morale en Opposition à la doctrine phrénologique materielle de Broussals. Par J. B. T. Serrurier. Paris 1840. 8. Essai sur le traitement medical et chirurgieal des scrofules. Par Henry Blatin. 1840. 8. Du traitement moral de la folie. Par F. Leuret. Paris 1840. 8. — 2 — ððw — Vene Notizen aus dem Gebiele der Nakur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medſeſnalratbe Frortev zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Profeſſor Frerier zu Berlin. No. 309. (Nr. 14. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes- Industries Gomproir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gagl. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athlr. oder 3 Fl. 86 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Na teu er Beobachtungen uͤber die jungen Lachſe, in'sbeſon— dere die ſogenannten Samlets oder die Fiſch— brut, welche man in den Herbſtmonaten im Wye und andern Fluͤſſen findet, und die in Hereford— ſhire die Benennungen Lasprings oder Gravel- Lasprings fuͤhren. Von Thomas Jenkins, Eig. 9. Ueber die ſogenannten Fiſche ſind die Anſichten ſehr verſchieden, und, meines Wiſſens, iſt deren ſpecifiſche Iden— titaͤt bis jetzt noch nie klar nachgewieſen worden. Ich habe hier in'sbeſondere die kleinen Fiſche im Auge, die man im Herbſte wahrnimmt, denn was die im Fruͤhjahre vorkommen— den fogenannten Lasprings anbetrifft, fo iſt man, fo viel mir bekannt, durchgehends daruͤber einverſtanden, daß ſie junge Lachſe ſeyen. In hieſiger Gegend herrſcht die Mei— nung, die Samlets werden lediglich im Wye und einigen wenigen andern Fluͤſſen angetroffen; allein dieß iſt keines— wegs der Fall, indem ich ſelbſt dieſen Fiſch in faſt dreißig Fluͤſſen England's und Wales's gefangen habe, wo er ſehr verſchiedene provinzielle Namen führt, als: Laspring, Gra- vel-Laspring, Salmon- pink, Salmon-smelt. Sam— let, Par (Parry, Scarling, Seal, Smoult, Grave- ling, Fingerling und Forellenbrut. Im Allgemeinen hält man den Samlet für eine ei— gene Fiſchart, die nicht groͤßer werde, als man ſie in un— ſern Fluͤſſen gemeinhin trifft, naͤmlich im Durchſchnitte 4 Zoll. Manche ſind indeß der Meinung, der Samlet ſey ein Baſtard von dem Lachſe und der Seeforelle oder ge— meinen Forelle. Der letztern Anſicht war Sir Humphrey Davy. Nur Wenige halten den Samlet für denſelben Fiſch wie der im Fruͤhlinge beobachtete Laspring, d. h. ) Voraelefen in der Sitzung der Herefordſhire'ſchen Geſellſchaft fuͤr Naturkunde am 19. Febr 1840; und dem Herausgeber des Magaz. of Nat. Hystory mitgetheilt vom Verf. No. 1400. Runen d e. der junge Lachs, und doch glaube ich die Identitaͤt beider nachweiſen zu koͤnnen. Ich habe Samlets am Fuße von mehreren bedeuten— den Waſſerfallen in Wales gefangen, während man über denſelben nicht einen einzigen Samlet, wohl aber junge Fo— rellen von derſelben Größe traf. Der Lachs konnte aber, fo bedeutend deſſen Schnellkraft auch iſt, die erwaͤhnten Waſ— ſerfaͤlle nicht uͤberſpringen. Waͤre nun der Samlet ein Fiſch, der, gleich der Forelle, jene Fluͤſſe das ganze Jahr uͤber bewohnte, ſo muͤßte man ihn auch ſo gut, wie die letztere uͤber den Faͤllen antreffen, und ich glaube behaupten zu koͤnnen, daß der Herbſt- Samlet, unter welcher Benen— nung er auch ſonſt bekannt ſeyn moͤge, in allen vom Lachſe beſuchten, aber in keinen andern Fluͤſſen angetrof— fen werde, daß er dort ſo weit gefunden werde, als der Lachs hinaufgeht, aber nicht weiter, und ſo ſpricht gewiß die Wahrſcheinlichkeit ſehr dafuͤr, daß der Samlet der junge Lachs ſey. Was die Milch oder den weichen Rogen anbetrifft, den man im Herbſte in den Samlets findet, fo ſcheinen dieſel— ben nichts weiter als unreife Producte zu ſeyn, die man auch in den kleinen halbpfuͤndigen oder etwas ſchwerern Lach— ſen zu derſelben Jahreszeit bemerkt. Da man uͤberhaupt zu keiner Jahreszeit ausgewachſenen Rogen in den Samlets trifft (ich habe dieſelben in faſt allen Monaten unterſucht), ſo geht daraus hervor, daß dieſer Fiſch nicht erwachſen iſt. Das zuverlaͤſſigſte Kennzeichen iſt aber, daß die Anatomie der Samlets mit der des Lachſes und der Lachsbrut durchs aus uͤbereinſtimmt. Ferner ſind die Graͤten des Samlets weich und zart und nicht wie bei ausgewachſenen kleinen Fiſchen, z. B., bei der Elritze, beſchaffen. Allerdings lai— chen die Lachſe im Allgemeinen nur zu einer gewiſſen Jab- reszeit, naͤmlich im December und Januar, und auf den erſten Blick muß es ſonderbar erſcheinen, daß die Brut ſich zu verſchiedenen Jahreszeiten zeigt; allein bei der Forelle iſt der Fall derſelbe. Die Forelle laicht bekanntlich zu derſel— ben Zeit wie der Lachs, nnd doch iſt jedem Angler bekannt, 14 211 daß man das ganze Jahr über ganz kleine Forellen findet, SH ſelbſt habe deren im September getroffen, die kleiner als Elritzen waren, und im April ebenfalls, und doch liegt auf der Hand, daß der Laich, aus dem die Forellenbrut des Septembers entſtanden iſt, nicht zu derſelben Zeit abgeſetzt worden ſeyn kann, wie der welchem die Brut des April's ihre Entſtehung verdankt. So mag es ſich auch wohl mit dem Herbſt- und Fruͤhling-Samlet verhalten. Ferner habe ich bis in den December hinein kleine halbpfuͤndige Lachſe an der Angel gefangen, die, nach der Geſchwindigkeit. des Wachsthums des Lachſes zu ſchließen, im November Sam- lets geweſen und im Juni gelaicht worden ſeyn muͤſſen ), ſo daß ſich hieraus ergiebt, warum man bis in den No: vember hinein Samlets oder Lachsbrut antrifft. Ich kann, in der That, anführen, daß ich deren faft in jedem Mo: nate gefangen habe, obwohl jie im April und Mai in der groͤßten Menge vorhanden ſind, da die dann vorkommenden Samlets offenbar von der Haupt-Laichzeit im December und Januar herruͤhren. d Ich will nun die Anſicht des großen Chemikers Sir H. Davy betrachten, der, ſoviel ich weiß, von Naturge— ſchichte nicht viel verſtand, daß die Samlets Baſtaide vom Lachſe und der Seeforelle oder gemeinen Forelle fon. Diefe Meinung ift aber völlig unhaltbar, indem ſowehl die See⸗ als die Lachsforelle in den Fluͤſſen von Nord: Wales ſehr ſelten vorkommt, waͤhrend in allen Fluͤſſen jener Gegend, in denen man Lachſe trifft, wenigſtens der Herbſt-Samlet in Menge zu finden iſt, was ich aus eigner Erfahrung be⸗ haupten kann. Ferner ſieht man in den meiſten Lachsfluͤſ⸗ fen von Wales nur hoͤchſt ſelten eine zweipfündige gemeine Forelle, und es iſt hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß Fiſche von ſo verſchiedener Groͤße einen Baſtard, den Samlet, erzeugen ſollten, was in dem fraglichen Falle um ſo weniger der Fall ſeyn kann, da, wenn der Samlet als ausgewachſener Fiſch und Baſtard gelten ſoll, er doch in der Groͤße einigerma— ßen die Mitte zwiſchen dem Lachſe und der Forelle halten muͤßte. i Seit ich Obiges niedergeſchrieben, iſt mir Hrn. Mar⸗ rell's Werk über die britiſchen Fiſche zu Geſicht gekommen, in welchem die Meinung aufgeſtellt wird, daß der Samlet oder, wie Marrell ihn nennt, der Par, eine beſondere Art fen, worin ihm Sir William Jar dine und Dr. Heys⸗ ham zu Carlisle beipflichten, welcher letztere ſogar anfuͤhrt, die Samlets laichen im December und Januar, wanderten im Fruͤhjahr in die See und kehrten im Herbſte zuruͤck. Wie er aber zur Kenntniß dieſer Umſtaͤnde gelangt iſt, wird nirgends erſichtlich. Bevor man die Fiſcherei auf den Sam- let ohne Weiteres freigiebt und ihn nicht, als Lachsbrut, ge⸗ festlich in Schutz nimmt, verdient das Sachverhaͤltniß ger wiß erſt naͤher unterſucht zu werden. Zuvörderft muß ich bemerken, daß Dr. Heysham, der zu verſchiedenen Zeiten zuſammen beinahe 400 Exem⸗ plare unterſucht haben will, doch in keinem einzigen völlig ausgebildete Eier gefunden hat, wenngleich ich nicht be— *) S. die Bemerkung des Ueberſetzers am Ende dieſes Artikels. 212 ſtreiten will, daß es ihm moͤglich war, die Milch von dem Rogen zu unterſcheiden. Zwei Exemplare ſollen jedoch, Hrn. Yarrell's Angabe zufolge, Eier im Leibe gehabt haben; allein dieſe kamen im Maͤrz vor, wo ſich bekanntlich die Lachsbrut in den Fluͤſſen befindet, ſo daß, wenngleich der Samlet Par) angeblich im December und Januar laicht, die einzigen beiden Exemplare, in denen man reifen Rogen angetroffen haben will, drei Monate ſpaͤter gefangen wur— den und damals noch nicht gelaicht hatten. Die Groͤße dieſer Exemplare iſt nicht angegeben; allein es wird eines andern von 7 Zoll Laͤnge gedacht, in welchem der Rogen ſchon bedeutend entwickelt geweſen ſey Der Samlet iſt aber im Durchſchnitte nur wenig uͤber halb ſo lang, und obgleich ich dieſen Fiſch in 28 verſchiedenen Fluͤſſen gefan— gen habe, ſo iſt mir doch nie ein Individuum von jener Große vorgekommen, welches nicht ſchon im Meere geweſen und als deutlich characteriſirter junger Lachs zuruͤckgekehrt waͤre. Von dieſer Laͤnge findet man dergleichen nur in oder nahe bei Fluthbetten der Fluͤſſe. Es fragt ſich daber ſehr, was für Fiſche jene angeblichen Samlets (Pars) waren. Hat man die Ruͤckenwirbel gezaͤhlt? Sind es nicht vielleicht Forellen geweſen, mit denen die Samlets, dem aͤußern An— ſehen nach Aehnlichkeit haben? Mir iſt nicht bekannt, bei welcher geringſten Größe man im Lachſe reife Eier antlifft; allein eine Forelle von nicht mehr als 6 Loth Schwere iſt mir vorgekommen, die reife Eier im Leibe hatte, wenngleich dieſer Fiſch bekanntlich 15 — 20 Pfd. ſchwer werden kann. Jedermann giebt zu, daß noch nie Jemand einen Samlet in Fluͤſſen oder ſeichten Baͤchen hat laichen geſehen, wie es die Forelle thut; ja ich behaupte, daß man ihn überhaupt noch nicht uͤber dieſem Geſchaͤfte getroffen hat, was ſehr dagegen ſpricht, daß er eine eigenthuͤmliche Fiſchart ſey. Ich ſelbſt habe zu verſchiedenen Jahreszeiten mehrere hundert Sam- lets unterſucht, und in'sbeſondere im September den Ro— gen oder vielmehr die Milch (denn ſo ſieht die Subſtanz aus) am reichlichſten in ihnen getroffen, ſo daß ich anneh— men muß, ſie laichen, wenn dieß uͤberhaupt geſchieht, in dieſem Monate: allein nie habe ich eigentliche Eier in ih— nen entdecken koͤnnen, und im October und November, alſo kurz vor der Jahreszeit, wo fie angeblich laichen, und wo fie folglich voller ſeyn mußten, als im September, find fie, wie ich beſtimmt behaupten kann, weniger voll. Da die Samlets im December und Januar laichen ſollen, und dieß eine dem Angeln unguͤnſtige Jahreszeit iſt, fo hat es bis— her ſehr an Gelegenheit gefehlt, die Samlets in dieſen Mo— naten zu unterſuchen. Indeß habe ich doch am 12. Januar deren zwei gefangen, von denen aber keiner ein Rogner war. Sie enthielten beide weichen Rogen (Milch), welcher bei'm Betaſten der Fiſche wie dicker Rahm von ihnen abging *). *) Dieſes leichte Abgehen der Milch bei dem Samlet zur Laich: zeit des Lachſes ſpricht ſehr für Hrn. S haw's Anſicht, daß der männliche Lachs ſchon als Parr oder Samlet fortpflans zungsfaͤhig ſey, und den Rogen alter Lachsweibchen befruchte, waͤhrend das Weibchen erſt nach der Ruͤckkehr aus der See im dritten Lebensjahre zeugungsfaͤhig werde. D. Ueberſ. 213 Dieſe beiden Exemplare, welche, wenn der Samlet eine be ſondere Art wäre, damals vollig erwachſen hätten ſeyn müf: fen, waren kleiner, als der gewöhnliche Samlet. Es fragt ſich, ob dieſe Anhaͤufung von Milch nicht von feltft im Winter wieder verſchwindet, und im folgenden Jahre im Herbſte ſich erneuert, dann aber, wo der Fiſch die gehörige Größe erreicht hat, zur vollkommenen Reife gedeiht. Wie dem auch fin, fo muß man doch zugeben, daß eine ſelche Anhaͤufung von Milch, wie man fie belim Samlet im Herbſte findet, ein hoͤchſt eigenthuͤmlicher Umſtand iſt, und meiner Erfahrung nach, iſt es der einzige, welcher einiger— maßen dafur ſpricht daß der Samlet eine eigne Art ſey. Ich bezweifle keineswegs, daß dieſe Fiſche in die See hinab— wandern; denn dazu noͤthigt ja die jungen Lachſe der Inſtinct; allein daß fie eben nicht größer zuruͤckkehren, als fie flußabwaͤrts geſchwommen find, wie Dr. Heysham behauptet, wider— ſtreitet meinen Beobachtungen durchaus. Im Fluſſe Wye faͤngt man fie bis Llangerig, 8 engl. Meilen über Rhay— der, hinauf, und außer einer Reiſe von 200 Meilen von der Seekuͤſte aus, müßten fie noch Über der Bruͤcke bei Rhay— der einen Waſſerfall von 3 Fuß Hohe, fo wie viele andere Fälle und Stromſchnellen paſſtiren. Wenn der Samlet auch dieß auszfuuͤhren im Stande waͤre, ſo ſpricht doch alle Er— fahrung dagegen, daß ein ſo kleiner Fiſch in ſuͤßem Waſ— fer alljaͤhrlich eine fo bedeutende Wanderung unternehme. Bei dem berühmten Paſſe von Pont Aberglaslyn in Cars narvonſhire bildet der Fluß eine Viertelſtunde weit einen brauſenden Cataract, der von einem Felſen auf den andern bald 1, bald 4 Fuß hoch hinabſtuͤrzt, und bei der Muͤhle von Beddgelert, eine halbe Stunde weiter ſtromaufwaͤrts, befindet ſich ein 2 — 3 Fuß hohes Wehr, uͤber welches ein beinahe einpfuͤndiger Lachs, den ich zufällig beobachtete, nicht ſprin— gen konnte. Viel weniger wird dieß einem Fiſchchen gelin— gen, das nur 4 Loth ſchwer iſt. Dennoch habe ich uͤber dem Wehre, im See Llyn-y-Dinas, fo wie im Fluſſe ſelbſt bis Gwynant, am Fuße des Snowdon hinauf, Sam— lets gefangen. Auch im Owen, im Thale Nant = Stanz gon, trifft man den Samlet bis zu Hrn. Pennant's Schie— ferbruͤchen hinauf, und gerade ſo weit gehen auch die Lachſe, da dort ein etwa 16 Fuß hoher Waſſerfall ihrem weitern Vordringen ein Ziel fest, Allein ſchoͤn bis dahin haben fie un aͤhlige kleinere Fälle zu überwinden, deſſen nur der Lachs und andere größere Fiſche faͤhig ſind Bei Bangoer Iscoed befindet ſich ein Wehr von ſolcher Hohe, daß kein Lachs unter 3 bis 4 Pfd. darüber kann; bei Llangollen unter der Bruͤcke iſt ein etwa 6 Fuß hohes und 2 Meilen weiter ſtromaufwaͤrts abermals ein 8 Fuß hohes Wehr, und außer- dem enthält der Fluß noch viele natürliche Faͤlle und Stroms ſchnellen. Dennoch habe ich mehrere Meilen oberhalb des böchften dieſer Wehre im September Samlets gefangen, während es eine reine Unmoͤglichkeit iſt, daß dieſe kleinen Fiſche die eben aufgezaͤhlten Hinderniſſe überwinden, und ihr Vorkommen an den bemerkten Stellen gar keine andere Er— klaͤrungsart zulaͤßt, als daß fie junge Lachſe ſeyen. Anerkannt iſt, daß die hier in Rede ſtehenden Fiſche bloß in den Lachsſtuͤſſen vorkommen, und in ganz Geoßbri⸗ 214 tannien wird Niemand einen Fluf namhaft machen können, in dem der Lachs ohne den Samlet Parr) angetroffen wür— de, oder umgekehrt. Angeblich fol es auf den weſtlichen In⸗ fein einige Fluͤßchen g ben, in welchen man Samlets, aber keine Lachſe findet. Dieſe Inſeln liegen aber ein wenig ent— fernt, und wer weiß, wie es um die Genauigkeit dieſer An- gabe ſteht. Aehnliche Behauptungen werden oft aufgeſtellt und zeigen ſich bei naͤherer Unterſuchung als ungegruͤndet. So fiſchte ich einmal im September im Cerilog, 4 engliſche Meilen ſuͤdlich von Llangollen, und fing nebſt mehreren Fo— rellen einen Fiſch, den ich ſogleich fuͤr einen Herbſt-Samlet erkannte, weßhalb ich fuͤr erwieſen annahm, es gebe in je— nem Fluſſe Lachſe, wenngleich man mir früher berichtet, dieß ſey nicht der Fall, da der Lachs durch ein Wehr in der Gegend von Chirk aufgehalten werde. Dennoch wurde etwas weiter ſtromabwaͤrts kurz darauf ein Lachs gefangen und fo die allgemeingeltende Meinung widerlegt. Ich habe den Herbſt-Samlet in 28 verſchiedenen Fluͤſſen und in als len auch den Lachs getroffen; nie iſt mir aber auch ein Fluß vorgekommen, in welchem es Lachſe ohne Samlets ge— geben hätte, und dennoch konnte der Samlet, als ein fo kleiner Fiſch, in vielen Quellfluͤſſen und Nebenbaͤchen leben; allein wohin der Lachs nicht gelangen kann, da giebt es auch keinen Samlet Was die Behauptung des Dr. Heys— ham anbetrifft, daß Samlets, die im Winter gelaicht wor⸗ den ſeyen, erſt ſpaͤt im Herbſte ihre volle Größe erreichen, alſo 9 Monate brauchen, um kaum 4 Loth ſchwer zu wer⸗ den, ſo glaube ich, daß kein ſo kleiner Fiſch ſo lange braucht, um erwachſen zu werden, und daß dieß dem Laufe der Natur widerſtreben würde; denn der Lachs erreicht bes kanntlich binnen derſelben Zeit ein Gewicht von 5 bis 6 Pfund *). Der Hauptgrund, weßhalb die Naturforſcher den Sam let nicht fuͤr den jungen Lachs gelten laſſen wollen, liegt darin, daß der Lachs angeblich nur in den Wintermonaten laiche, und auf dieſen Umſtand, deſſen Wahrheit doch ſehr bezweifelt werden muß, beruft man ſich auch, um aus dem Samlet eine beſondere Art zu machen. Genauere Beobach— tungen werden darthun, daß der Lachs auch zu andern Jah⸗ reszeiten laicht, wofuͤr ich oben ſchon Gruͤnde beigebracht habe. Auch lieſ't man in einem alten Schriftſteller (Francks), „daß, als er einft an einem heißen, fonnigen Tage ſich beim Angeln in den Schatten eines Baumes geſtellt, er zwei Lachſe, ein Maͤnnchen und Weibchen, bei'm Geſchaͤfte des Laichens beobachtet habe.“ Das Benehmen der Fiſche wird dann von ihm ſehr umſtaͤndlich und ganz ſo beſchrieben, wie fpätere glaubwuͤrdige Beobachter es mitgetheilt haben. Der beiße, ſonnige Tag und der ſchattige Baum koͤnnen aber wohl nicht im December oder Januar vorgekommen ſeyn, und in Hrn. Parrell's Werke ſelbſt findet ſich die Angabe, daß die Lachſe in Schweden im Sommer laichen. Deßhalb thun fie dieß auch wahrſcheinlich dann und wann bier zu Lande. „ Vergl. die Bemerkung am Ende dieſes Artikels. 14 * 215 Ferner fängt man in den Fluthbetten oder unweit der Mündung der Fluͤſſe im ſuͤßen Waſſer häufig in demſelben Netze Lachſe aller Größen von 1 — 4 Pfd. und darüber, ja, wenn die Maſchen klein genug ſind, bis zum ſch waͤch⸗ ſten Samlet hinab, und dieſe Verſchiedenheit in der Größe beweiſ't ſchon allein, daß die Lachſe zu verſchiedenen Jah— reszeiten erzeugt worden ſind. Ich ſelbſt habe Lachſe jeder Größe von 4 bis 10 Pfd. in jedem Monate vom Mai bis December in den Fluͤſſen getroffen, und dennoch behauptet Hr. Marrell, im Herbſte finde man deren nie unter 16 bis 18 Zoll lange. Wer, wie ich zu jener Jahreszeit in der Naͤhe der See, aber im ſuͤßen Waſſer der Fluͤſſe gefiſcht hat, wird die Wahrheit meiner Behauptung beſtaͤtigen Eon: nen, naͤmlich: daß kleinere Lachſe dann in großer Menge vorhanden ſind, ja bis in den December hinein angetroffen werden. Ich will hier bemerken, daß die, welche 8 — 3 Pfd. ſchwer find, an verſchiedenen Orten ſehr fonderbare Namen (als Salmon-peal. Morts, Salmon- morts, Grilse, Sewin ete.). nur nicht den richtigen führen, wor durch nur Verwirrung in den Gegenſtand gebracht wird. Auch dieſe Lachſe werden von Manchen fuͤr eine beſondere Fiſchart erklaͤrt, obwohl Jedermann, der mit der Beſchaf— fenheit des Lachſes in ſeinen verſchiedenen Altersperioden ir— gend bekannt iſt, weiß, daß dieſe Meinung irrig iſt. Jeder Angler kann bezeugen, daß in den Monaten Juni und Juli nur wenige Samlets im Fluſſe zu finden ſind, da ſie angeblich nach der See gewandert ſind, was man ebendeßhalb glaubt, weil man dann nur wenig an der Angel faͤngt. Dieß laͤßt ſich aber auf folgende Weiſe erklären. Die Hauptzuͤge von Samlets, welche das Er— zeugniß der eigentlichen Laichzeit ſind, haben ſich nach der See begeben, ſo daß die von der ſpaͤtern Laichzeit herruͤh— renden, der Zahl nach geringern Samlets im Fluſſe mehr Nahrung finden, daher ſie nicht ſo gern an den Koͤder ge— hen, wenngleich man auch in jenen Monaten zuweilen ziemlich viel Samlets faͤngt. Daß es deren genug giebt, laͤßt ſich daraus erſehen, daß man auch zu jener Jahreszeit in Netzen mit geſetzwidrig kleinen Maſchen Samlets in Menge fängt. Im Auguſt und September, wo die In— ſecten im Fluſſe wieder ſeltener zu werden anfangen, geht der Fiſch auch wieder beſſer an die Angel, und ſo iſt die Anſicht entſtanden, die Samlets ſeyen dann im Fluſſe haͤu— figer, und man hat die dann vorkommenden deßhalb fuͤr eine beſondere Fiſchart ausgegeben, die man den Herbſt-Sam- let nennt. Daß der Herbſt-Samlet nichts Anderes iſt, als ein junger Lachs, ergiebt ſich wohl ganz ſicher aus folgendem Umſtande. In den Fluthbetten der Fluͤſſe trifft man im December und wahrſcheinlich auch in andern Monaten (doch kann ich dieß nicht als Augenzeuge behaupten) Samlets von allen Größen zwiſchen 4 Loth und 4 Pfd., die ihre rothen Flecken und ihr forellenartiges Anſehen mit den dunklern Flecken und dem ſilberartigen Anſehen des Lachſes vertau— ſchen. Die groͤßern darunter ſehen ſchon ganz aus wie Lachſe, und bekanntlich erleidet die Lachsbrut dieſe Veraͤn— 216 derung im Seewaſſer . Ja es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich daß ſie von der Beruͤhrung mit dem Salzwaſſer herruͤhrt, wenngleich die Verſchiedenheit der Nahrungsſtoffe auch eine gewiſſe Rolle dabei ſpielen duͤrfte. Meine Beobachtung fand am 29. December ſtatt. Nun muß man doch wohl zuge— ben, daß, da ich dieſe Fiſche von ſo verſchiedenen Groͤßen zu einer Jahreszeit in ſalzigem Waſſer traf, wo ſie an— geblich im füßen Waſſer laichen, dieß ſehr dafür ſpricht, daß ſie keine beſondere Art, ſondern die Brut irgend eines andern Fiſches, und zwar des Lachſes ſeyen Hoffentlich werden es ſich andere Perſonen angelegen ſeyn laſſen, dieſe meine Beobachtung naͤher zu pruͤfen, da durch deren allge— meinere Anerkennung dem Samlet gewiß der geſetzliche Schutz, der ihm, als jungem Lachſe, gebuͤhrt, in vollem Maaße werden würde. Obwohl ich nun glaube, daß ich hier ſchon Umſtaͤnde beigebracht habe, die ſehr ſtark dafuͤr ſprechen, daß der Samlet der junge Lachs ſey, ſo werde ich doch, wenn meine Geſundheit es erlaubt, naͤchſten Sommer Schottland eigends bereiſen, um die Naturgeſchichte des Lachſes naͤher zu ſtudiren. Hereford, den 29. Jan. 1840. (Magazine of Nat. History, Apr. 1840.) Herr Jenkins iſt alſo auf dem rein empiriſchen We— ge zu derſelben Anſicht gelangt, wie Hr. Shaw in Schott: land, welcher ſein ganzes Leben der Naturgeſchichte des Lach— ſes Aufmerkſamkeit gewidmet, und in den letzten Jahren durch eine Reihe von gehoͤrig combinirten Verſuchen mit der größten Sicherheit dargethan hat, daß der Parr (Sam- let) das Junge des Lachſes iſt. In Bezug auf das Wachs: thum des Lachſes ſcheint aber Hr. Jenkins ſehr irrige Begriffe zu haben, da, nach Shaw's Verſuchen, die Lachs— brut 2 volle Jahre braucht, um nur zu ausgewachſe— nen Parrs zu werden, waͤhrend Hr. Jenkins meint, der Lachs werde, vom Legen der Eier an gerechnet, binnen 6 Monaten (vom Juni bis December), alſo (da, nach Sha w's Beobachtungen vom Laichen bis zum Auskriechen etwa 3 Monate verſtreichen) binnen 3 Monaten, von der Geburt an gerechnet, zu einem Fiſche von 3 Pfd. Gewicht, da er doch in dieſem Alter kaum zwei Loth ſchwer iſt; und im Alter von 9 Monaten ſoll, nach Hrn. Jenkins Behaup— tung, der Lachs ſogar ein Fiſch von 5— 6 Pfund ſeyn!! Dieſe falſche Anſicht noͤthigt den Verf. auch, eine zweite Laichzeit im Juni anzunehmen, indem er auf keine an— dere Weiſe erklaͤren kann, weßhalb man im Herbſt Sam— lets von verfchirdener Größe im Fluſſe antreffe, was doch *) Dieß iſt, nach Hrn. Shaw's Beobachtungen, inſofern falſch, als der Parr ſchon im Fluſſe, 1 Monat bevor er in die See wandert, ſeine Farbe in der Art aͤndert, daß er fuͤr einen Lachs gilt und durch das Geſetz geſchuͤtzt wird. Vergl. Nro. 111. (Nro. 1. des VI. Bde.) S. 6. (ganz unten) der Neuen Notizen. D. ueberſ. 217 ganz natuͤrlich zugeht, da im Herbſte ſtets Emonatliche (von der Laichzeit im Januar deſſelben Jahres, deren Brut im Arril ausgekrochen iſt) und 18 monatliche (von der Laichzeit des vorhergehenden Jahres) Samlets oder Parrs zugleich im Fluſſe vorhanden ſind und alle Monate des Jahres zwei Generationen von jungen Lachſen im Parr- oder Samlets- Kleide im Fluſſe aufzuweiſen haben. Die Unbekanntſchaft mit dieſen Umſtaͤnden hat auf die Auslegung der vom Verf. beobachteten Erſcheinungen offenbar einen ſehr weſentlichen und nachtheiligen Einfluß gehabt, wenngleich das Haupt— reſultat feiner Schlüffe, naͤmlich; daß der Samlet ein jun— ger Lachs ſey, der Wahrheit vollkommen entſpricht. Der Ueberſ. Ruͤckſichtlich der Shaw' ſchen Beobachtungen vergl. Mio. 1090. der Notizen und Neo. 111., fo wie Nro. 151. der Neuen Notizen. 218 Miscellen. Getrennte Geſchlechter bei den Seeigeln bat Hr. Peters erkannt und Hr. Milne Edwards beſtatigt. Es ſin⸗ det bei dieſen Thieren eben ſo, wie bei den Garinarien, cine große Aehnlichkeit in dem Außeren Anſehen zwiſchen Eierſtock und Hoden ſtatt; allein außer daß die darin enthaltene Fluſſigkeit in der Farbe verſchieden iſt bei den Männchen und Weibchen, ſo wimmelt bei den erſten dieſe Fluͤſſigkeit von Zoofpermen, deren Bewegungen ganz characteriſtiſch ſind, obgleich ihr Schwanz ſchwierig wahrzu⸗ neh men iſt. Ueber atmoſphäriſche Electric tät hat neuerdings Hr. Peltier neue Verſuche angeſtellt und die Reſultate der Aca⸗ demie der Wiſſenſchaften gemeldet. Er hatte bei dem beiteren Wetter am 21. April und den folgenden Tagen mit einem Drachen. mit deſſen 460 Meter langer Leine ein Multiplicator von 3000 Windungen in Verbindung ſtand, als conſtante Thatſache ermittelt, daß an beiteren trockenen Tagen die atmofphärifhe Electricität bis zu 100 Meter von der Erde nur langſam zunahm, daß aber dann die pofitive Electricität ſich bis zum Maximum der erreich⸗ baren Höhe mit großer Schnelligkeit ſteigere. Necrolog. — Der als Mineralog und Geolog ſehr geach⸗ tete K. Generalbergwerks Inſpector Brochant de Villiers, if am 19. Mai geſtorben. n Daipk: Ueber die Urſachen des metalliſchen Klingens bei Pneumothorax. Von Dr. J. Bigelo w. Erſtes Experiment. Auf die Bruſt zweier an Pneumothorax Verſtorbenen ſetzte ich einen gläfernen, an ſeinen beiden Enden offenen Cylinder: nachdem er feſt an die kranke Seite angedruͤckt war, goß ich einige Unzen Waſ— ſer hinein; darauf machte ich durch die Fluͤſſigkeit hindurch eine Perforation des thorax: ſogleich entwich eine große Quantitat Luft aus der Bruſt und drang blaſenbildend durch das Waſſer Da ich bei einem dritten Kranken kei— nen Cylinder hatte, praͤparirte ich die Haut der Bruſt ab, um eine oberflaͤchliche Vertiefung zu bilden, welche ich mit Waſſer füllte: ich machte nun eine Perforation, wie vorher, und die Luft entwich mit demſelben Geraͤuſche aus der Bruſt, wie bei dem Cylinder; ich wiederholte dieſelben Ex— perimente an der geſunden Seite; es entwich keine Luft und das Waſſer wurde durch den Druck der atmoſphaͤriſchen Luft ſogleich in die Bruſt getrieben. Zweites Experiment. Bei dem zweiten Kranken blies ich die Lungen durch die Luftroͤhre auf, indem ich zu gleicher Zeit einen Druck auf den Unterleib ausübte. Bei einem jeden Einblaſen wurde haͤufig ein ſehr deutliches me— talliſches Klingen mit Amphorengeraͤuſch hervorgebracht. Das Phaͤnomen war vollkommen demjenigen aͤhnlich, wel— ches man waͤhrend des Lebens beobachtet hatte. Drittes Experiment. Bei dem zweiten Kranken brachte ich eine Oeffnung an dem vordern Theile der Bruſt an, führte einen Catheter ein und blies in die Pleurahöhle ein. Als das Ende des Catheters oberhalb des Niveau's der Fluͤſſigkeit war, wurde ein ſehr ſtarkes Amphorengeraͤuſch vernommen, ſobald man das Ohr auf die Bruſt auflegte; fo wie aber das Ende des Inſtruments in die Fluͤſſigkeit eingeſenkt war, drang die eingeblaſene Luft in einzelnen Bla⸗ ſen hindurch und veranlaßte, indem die Blaſen auf der Oberflache der Fluͤſſigkeit platzten, ein ſehr deutliches metalz liſches Klingen. Dieſer Verſuch wurde bei dem dritten Kranken wieder- bolt und dadurch abgeändert, daß man verſchiedene Quantitäs ten Waſſer in die Bruſt ſchuͤttete. Waren bloß einige Uns zen darin, ſo entſtand metalliſches Klingenz waren zwei Pin⸗ ten und mehr eingebracht, ſo hörte man nur ein blaſig⸗ſpru⸗ delndes Geraͤuſch ohne metalliſche Reſonnanz. Aehnliche Reſultate erhielt man, wenn man einen kleinen Waſſerſtrahl hineinlaufen ließ, oder wenn einzelne Tropfen auf die übrige Fluͤſſigkeit herabfielen. Viertes Experiment. Die Succuſſion und Per: cuſſion nach dem Tode brachte dieſelben metalliſchen Toͤne hervor, wie waͤhrend des Lebens. Fuͤnftes Experiment. Bei einem ohne Pneumo⸗ thorar durch einen Zufall um's Leben Gekommenen wurden einige Verſuche der erwaͤhnten wiederholt. Man brachte Waſſer und Luft in die Pleurahoͤhle, fo daß dieſe ausgedehnt wur— de und bei der Percuſſion einen trommelartigen Ton gab. Es wurde ſodann ein Catheter zwiſchen den Rippen hin⸗ durch in die Fluͤſſigkeit eingeführt; es entſtand ein blaſig⸗ 219 ſprudelndes Geraͤuſch, welches aber durchaus keinen metalli— ſchen Klang hatte. Sechstes Experiment. Ein Blaſe und hierauf ein Magen, welche beide einige Unzen Waſſer enthielten, wurden bis zu vollkommener Ausdehnung aufgeblaſen; reichte die Roͤhre, durch welche man einblies, in die Fluͤſſigkeit hin— ein, ſo bildeten ſich Blaſen, welche bei'm Platzen metalliſches Klingen bedingten, und dieſes hoͤrte man, wenn man die aͤu— ßere Flaͤche der Blaſe auſcultirte. In dieſem Falle wurde der Ton um ſo metalliſcher, jemehr die Spannung der Blaſe durch das Einblaſen geſteigert war. Die Succuſſion der Blaſe ergab dieſelben Geraͤuſche. Uebrigens muß die Blaſe friſch und noch nicht durch Austrocknen veraͤndert ſeyn. Be— fand ſich die Oeffnung der Roͤhre uͤber dem Niveau des Waſſers, oder war ſelbſt die Blaſe leer, fo bewirkte das Einblaſen ein ſtarkes Amphorengeraͤuſch, und wenn etwas Speichel oder andere Fluͤſſigkeit in geringer Quantität theil— weiſe die Roͤhre anfuͤllte, ſo vernahm man ein ſchwaͤcheres oder ſubmetalliſches Klingen. Dr. Bigelow zieht nun in dem American Jour- nal Nov. 1838 folgende Schluͤſſe, in Bezug auf die phy— ſicaliſche Urſache des metalliſchen Klingens, aus ſeinen Expe— rimenten: 1) Zur Hervorbringung dieſer Erſcheinungen bedarf es einer Hoͤhle mit ſehr vibrirenden Waͤnden. Dieſe Bedin— gung findet ſich nur dann vor, wenn die Pleura patholo— giſch ausgedehnt iſt, ſo daß ſie die abſtumpfende Einwirkung benachbarter weicher Organe, z. B., der Lunge, des Zwerch— fells und der Intercoſtalmuskeln, zu uͤberwiegen im Stande iſt. Es ſcheint einige Zeit noͤthig zu ſeyn, um die Theile zu dieſer krankhaften Reſonnanz vorzubereiten, da dieſelbe nach dem Tode fehlt, wenn man an Leichen vorher geſunder Perſonen experimentirt. 2) Die unmittelbare und beſtimmende Urſache des me— talliſchen Klingens iſt eine ſtarke oder ploͤtzliche Erſchuͤtterung von Fluͤſſigkeit in einer auf die beſchriebene Weiſe vibriren⸗ den Hoͤhle. Das Platzen der Luftblaſen an der Oberflaͤche der Fluͤſſigkeit ſcheint die haͤufigſte Urſache dieſer Erſchuͤtte— rung zu ſeyn; ſie kann aber auch davon herkommen, daß waͤhrend des Huſtens ein Theil der Fluͤſſigkeit in die Hoͤhe geworfen wird, und auf die uͤbrige Fluͤſſigkeit zuruͤckfaͤllt. Daſſelbe tritt ein bei der Succuſſion der Bruſt. 5) Die Vibrationen, welche das metalliſche Klingen bewirken, werden von der Fluͤſſigkeit den feſten Waͤnden mitgetheilt und von da direct zum Ohre geleitet, ohne daß es noͤthig waͤre, ein Echo anzunehmen, welches durch den Ruͤckſchlag der Luftſchwingungen innerhalb der Hoͤhle be— wirkt würde, 4) Ein minderes oder ſubmetalliſches Klingen ohne muſikaliſchen Klang kann durch leichte Erſchuͤtterungen ent— ſtehen, welche die in der. Höhle befindliche Luft erfährt, z. B., durch Schleimblaſen, welche oberhalb der Flaͤche der Fluͤſſig— keit an einer Oeffnung platzen. 5) Das Amphorengeraͤuſch entſteht durch Bewegung der Luft in einer vibrirenden Hoͤhle, ohne unmittelbare Ein— wirkung der Fluͤſſigkeit. Ebenſo verhaͤlt es ſich mit dem 2:0 metalliſchen Klange der Stimme und des Huſtens, wenn kein Metallklingen dabei iſt. Die metalliſche Percuſſion ſcheint ebenfalls von Vibrationen der Luft, unabhaͤngig von Fluͤſſigkeit, herzuruͤhren und kann unter einigen andern Um: ſtaͤnden entſtehen, wenn man an eine Hoͤhle anklopft, wel— che mit einem gewiſſen Grade der Spannung eine gewiſſe Quantitaͤt Luft einſchließt. Zwei Falle von plaſtiſcher bronchitis. Von Robert Cane. Am 9. Mai 1838 wurde ich zu Herrn L. gerufen. Er hatte ein lymphatiſches Aus ſehen, war blaß mit waͤſſe— rig⸗rothen Lippen, grauen Augen, braunem Haar, ohne ro— the Geſichtsfarbe; unter Mittelgroße, musculoͤs, mit Anlage zum Fettwerden und hatte bis dahin ſich einer guten Ge— ſundheit erfreut Auf einer Landparthie hat er ſich in er— hitztem Zuſtande der Nachtluft ausgeſetzt, und kehrte nun mit Kopfſchmerz und Durſt, etwas beſchleunigtem Pulſe und Athem, brauner feuchter Zunge nach Hauſe zuruͤck. Der Urin war dunkler gefaͤrbt, der Darm ſeit zwei Tagen ver— ſtopft. (Pillen aus Calomel und Coloquinten und eine Salzmixtur). Am 10. Mai, nach reichlichem Stuhlgange und einer unruhigen Nacht, war der Puls auf 110 geſtie— gen; die Reſpiration auf 30, dabei etwas Huſten und ein dumpfer Schmerz in der rechten Seite, welcher jedoch nicht beim Einathmen, ſondern nur bei'm Huſten eintritt. Der Auswurf war ſchaumig, zaͤhe, braͤunlich; das Stetho— ſcop zeigte Entzuͤndung am untern Theile der rechten Lunge, aber normales Reſpirationsgeraͤuſch in der uͤbrigen Bruſt. (Venaͤſection bis zur Ohnmacht, 14 5. Nachmittags dauert der Schmerz fort, Huſten und Auswurf iſt vermehrt, der letzte ſtaͤrker roſtbraun; Puls 140 klein und ſchwach; übrigens Dispoſition zu Ohnmachten. Schroͤpfkoͤpfe über dem afficirten Theile und Tartarus stibiatus in refrac- ta dosi. Am 11. Mai, nach einer unruhigen Nacht, reichlicher Lungenauswurf: Puls 120; noch etwas Schmerz in der Seite, welcher auch nach Wirkung einer abfuͤhrenden Mix— tur fortdauert. Das Stethoſcop beweiſ't beginnende Hepa— tiſation und Ausbreitung der Entzuͤndung nach Oben. Zwan ig Blutegel und treckene Schropfkoͤpfe; Abends iſt der Huſten anhaltendz der Schmerz geringer; der Pus ſchwach, 140; die Reſpiratien 36. Seit zwei Naͤchten hat er we— nig geſchlafen Pillen aus Tart. stib., Opium und Galomel: 12. Mai. Nach etwas Schlaf fuͤhlt er ſich ruhiger; der Schmerz iſt faſt beſeitigt, aber die Auſcultation zeigt, daß die Lungenaffection ſich ausbreitet; Puls 110; Reſpi— ration 30; Tart. stibiat. Dieſer bewirkte zuerſt Erbrechen, wurde aber hernach ertragen. Am 13. Mai Leibſchmerz, uͤbrigens wie geſtern, eine Laxanz); der Schmerz in der Seite kehrte zuruͤck; der Puls 110, verhaͤltnißmaͤßig etwas voller; anhaltender Huſtenz die phyſicaliſchen Zeichen beweiſen weitere Ausbreitung der Krankheit. Venaͤſection von 4 3, es erfolgte nach zwei 221 a Unzen Ohnmacht; die Brechweinſteinmirtur wird fortgeſetzt; der Zuſtand beſſert ſich. Am 14. Mai iſt der Zuſtand wie geſtern; jedoch hoͤrt man in dem zue l ſt ergriffenen Lungentheil ein leicht crepiti— rendes Geriufh Die Brechweinſteinſolution wird fertge— fest. Nachmittags bemerkt man etwas ſonores Geraͤuſch uͤber die ganze rechte Lunge; Abends zeigte ſich etwas Schmer ; das Schroͤpfen, welches kaum etwas Blut gab, erleichterte denſelben; die Sputa find gan; eigenthumlich und enthalten feſte, haͤutige Theile in einem zaͤhen gewoͤhn— lichen Bronchialſchleime. Am 15. Mai plaſtiſche sputa von gelbweißer Farbe, aͤußerlich mit einem roͤthlichen Netzwerke uͤberzo en, feſt, conſiſtent, aͤtig vertheilt, offenbar Abguͤſſe der Bronch ial⸗ rohre. Der Kranke fuͤrchtet, daß ſie ihn würgen mochten, da er ſie ſchwer heraufbringt und ſie mit einer Gewalt her— ausgeworfen erden, wie der Pfropf aus einer Knallbuͤchſe. Puls 100; Reſpiration 20; die Auſcultation zeigt allmaͤli— ge Herſtellung der fruͤher entzuͤndeten Lungentheile. Außer dem ſonoren Tone hoͤrt man aber uͤber der ganzen Bruſt deutlich einen Ton, wie von einem mit dem Athem ſich be— wegenden fremden Korper Brechweinſteinſolution. Nach— mittags iſt die Quantitaͤt der plaſtiſchen sputa ſehr groß, und einige der ausgeworfenen Stücke haben eine Lange von mehreren Zoll, 7 bis 8 Aeſte und einen gemeinſchaftlichen Stamm von der Dicke eines kleinen Fingers. Es iſt klar, daß der Brechweinſtein keinen Einfluß auf dieſen Au wurf hat. Der Kranke erhaͤlt Pillen aus Calomel, Tart. stib. und Doverſchem Pulver. Abends find die Symptome die ſelben; dabei etwas pleuritiſcher eme mit tiefem Einath— men; ein Blaſenpflaſter. Ain 16. Mai iſt der Schmerz beſſer; der übrige Zu⸗ ſtand unverändert. die Pillen werden wiederholt; der plaſti— ſche Auswurf nimmt ab; der Huſten iſt weniger laͤſtig. Eine Gummimixtur wegen Strangurie in Folge des Bla— ſenpflaſters Am 17. Mai beſſert ſich der Zuſtand; wegen etwas Schmerz werden ſechs Blutegel geſetzt; das Zahnfleiſch wird etwas afficirt; die sputa find dick, aber nicht mebr ges formt; der Huſten weniger frequent; Puls SO, Reſpira— tion normal Wegen etwas Schmerz in der Seite noch ein Blaſenpflaſter. Am 18. Mai befindet ſich der Kranke wohl; die Re— convalescenz geht raſch vor ſich Das Weſentlichſte iſt bei dieſem Falle die Entwickelung zur Krankheitsferm aus einer Pneumonie und uͤberhaupt das Vorkommen bei einer acuten Entzuͤndung. Laennee, Stokes, Copeland u. A. beſchreiben die Krankheit als eine chroniſche Affection (ſo iſt es auch bei den in Deutſch— land mitgetheilten Fällen. R. F): die genannten Aerzte bringen die Affection mit Tuberkeln in Verbindung, wovon hier keine Spur vorhanden war; bemerkenswerth iſt auch, daß der Fall bei einem ſehr lymphatiſchen Subjecte vorkam, was fuͤr die Theorie von Bretonneau und Graves in Bezug auf die Reproductionskraft weißtlütiger Thiere zu ſprechen ſcheint. Die Krankheit ſchritt bei Antimonialbe— 5 222 handlung fort und ſtand auf den Gebrauch der Mercuria— lien; endlich iſt der Fall uberhaupt bemerkenswerth, da die Krankheit ſelten iſt und nur einzeln den beſchaͤftigtſten Pracz tifern vorkam. Die plaſtiſchen sputa haben feſtes, albuminsſes Aus: ſehen, die Form der Bronchialroͤhren und einen concentriſchen Bau aus Schichten, welche uͤber einander angel gert ſind. Die Maſſen find ſehr feſt, faſt faſerig, mit dazwiſchentiegen⸗ den Zellen. Die Faſern verlaufen der Laͤnge nach; hie und da zeigten ſich röthliche Linien auf der Oberflaͤche in Form eines Netzwerkes, welche aber keine Blutgefaͤße, ſondern nur der durch rothes Serum gefaͤrbte Abdruck der Bronchial— blutgefaͤße waren; durch Maceration verſchwand dieſes Netzwerk. Der folgende Fall iſt mir von Dr. Corrigan mit: getheilt worden und ſpricht noch mehr für den Werth des Queckſilbers. Am 14. Auguſt 1839 kam ein Herr von 40 Jahren zu mir Bei feinem Eintreten ſah er mir aus, wie ein Mann, der im letzten Stadium einer Herzklappenkrankheit ſich bofindet. Sein Geſicht war zufammengefunfen und aͤngſtlich; ſeine Lippen waren blaͤulich; ſeine Reſpiration ſo beſchwerlich, daß es aͤngſtlich anzuſehen war; jede Inſpira— tion war von einem ſo lauten Pfeifen begleitet, daß es mir zuerſt ſchien, daſſelbe komme aus dem larynx; die Stim— me war aber unveraͤndert. Er erzaͤhlte mir, daß er, trotz ſeiner Athemsnoth, in dieſem Momente ſich verhaͤltnißmaͤßig wohlbefinde, daß aber zeitweife feine Athemsnoth außeror— dentlich beftig werde. In den letzten drei Wochen hatte er mehrmals Erſtickungsanfaͤlle gehabt, welche in der Nacht eintraten, etwa eine halbe Stunde dauerten und ihn dem Verſcheiden nahe brachten. Bisweilen iſt Patient Stunden lang genothigt, außerhalb des Bettes am offenen Fenſter zu fiten; dieſe Anfälle endeten jedes Mal mit Auswurf: Pa— tient hat kein Herzklopfen; fein Appetit iſt gut, die Darm— function regelmaͤßig. Er leitet ſeine Krankheit von einer Erkältung her, welche er ſich vor einem Jahre auf dem Peſtwagen zuzog, und welche Huſten veranlaßte. Im Fruͤh⸗ ling bekam er die Influenza, und ſeit den letzten drei Wo— chen hat er die geſchilderten Erſtickungsanfaͤlle. Bei Unter- ſuchung der Bruſt fand ich die Herztoͤne ganz normal und den Percuſſienston auf der ganzen Bruſt gut; als ich je— doch das Stethoſcop unter dem rechten Schluͤſſelbeine ans ſetzte, wurde ſogleich meine Aufmerkſamkeit durch eine große Unregelmaͤßigkeit des Reſpirationsgeraͤuſches gefeſſelt. In dem einen Momente war das Reſpirationsgeraͤuſch ſehr laut, im naͤchſten Augenblicke war es faſt unhoͤrbar. Das klare Pfeifen, welches ich vorhin erwaͤhnt habe, war unter dem rechten Schluͤſſelbeine ungewoͤhnlich laut und durchdrin— gend; ruͤckte ich aber mit dem Stethoſcope weiter nach Oben, fo wurde es um fo weniger laut, jemehr ich mich dem larynx naͤherte. Dieſe ungewoͤhnlichen Abweichungen in dem Reſpirationstone machte, daß ich ein Aneurysma oder eine andere Geſchwulſt, welche auf die gröfern Bron chialaͤſte drückte, vermuthete; ich ſuchte jedoch vergeblich nach irgend einem Zeichen für die Exiſtenz derſelben. Nun for: 223 derte ich den Kranken auf, recht Fräftig zu huſten; er hu— ſtete hart und mit bronchitiſchem Klange, und nach einigen Anſtrengungen warf er nach kurzer Zeit 4 bis 5 Bronchial— polypen oder Lymphabguͤſſe der Bronchialroͤhre aus; eine die— ſer plaſtiſchen Concretionen halte die Dicke eines Gaͤnſekiels und war etwa 14 Zoll lang; mehrere waren duͤnner, aber laͤnger; alle waren weiß, undurchſichtig und ungewoͤhnlich zaͤhe. Unmittelbar auf dieſen Auswurf folgte eine ſehr merkwuͤrdige Veränderung in dem Zuſtande der Reſpiration: das Nefpira- tionsgeraͤuſch wurde plotzlich in beiden Lungen gleich laut; das Pfeifen hoͤrte auf, und der Kranke konnte weder durch Huſten noch durch eine andere Aaſtrengung daſſelbe wieder hervorrufen. Die Natur des Falles war nun klar; einige der Bronchial— roͤhren waren von dieſer plaſtiſchen Secretion ergriffen, und da ſich dieſe in jeder Nacht aufs Neue bildete, fo verſtopfte fie die Bronchialroͤhren, bis zuletzt die Obſtruction in dieſen Roͤhren zu einer ſolchen Hoͤhe ſtieg, daß endlich Erſtickung drohete; hiervon war nur durch Huſtenanfaͤlle Erleichterung möglich, welche die Secretion entfernten, worauf ein freier Zwiſchenraum eintrat, bis ſich die Secretion wieder bildete. Dieſer krankhafte Zuſtand der Secretion war nicht wohl durch krampfſtillende und reizende Mittel zu beſeitigen, wel— che bisjetzt gegen dieſen, fuͤr ein Aſthma gehaltenen, Fall gebraucht worden waren. Ich gab nun 10 Gran des Pul— vers von Queckſilber mit Magneſia drei Mal taͤglich, mit reichlichen Doſen von liquor Kali caustiei und ließ zwei Mal am Tage Daͤmpfe eines Infuſums der Cieuta einathmen, Dieſe Behandlung begann am 14., bewirkte wenig Verän— derung bis zum 1 ten; als aber an dieſem Tage das Zahn: fleiſch afficirt wurde, hörte die plaſtiſche Secretion auf. Der Auswurf wurde ganz zerfließend und die Athemsnoth verſchwand. Er brauchte in der Nacht nicht mehr aus dem Bette aufzuſtehen, ſchlief gut und huſtete erſt gegen Mor— gen ein Wenig fluͤſſige sputa aus, was er ſeit Jahren zu thun pflegte. Den Tag uͤber hat er keine Beſchwerden. Ich beſuchte den Kranken bis zum 26. Decbr. von Zeit zu Zeit und fand immer, daß ſeine Geſundheit vollkommen wiederhergeſtellt ſey. Dieſer, mir von Dr. Corrigan mitgetheilte Fall zeigt recht dringend, wie wichtig es iſt, in jedem Falle von Bruſt— krankheit die sputa genau zu unterſuchen; ohne dieſe Un— terſuchung wäre es unmöglich geweſen, die Natur dieſes Krankheitsfalles zu entdecken. a — 224 Aus den beiden mitgetheilten Faͤllen laͤßt ſich ebenſo, wie aus den fruͤhern Mittheilungen, ſchließen, daß die plaſti— ſche bronchitis eine Krankheit sui generis iſt; daß dieſe sputa ſich weſentlich von den ſogenannten Polypen, die nur von dem Farbeſtoffe befreite Blutcoagula ſind, unterſcheiden, welche bisweilen von Patienten ausgeworfen werden, die an haemoptysis leiden. Mit dieſen haben fie nichts, als die Geſtalt gemein und unterſcheiden ſich namentlich durch den concentriſchen Bau und die zellige Beſchaffenheit der plaſti— ſchen Bronchialexſudation. So weit ſich nach den vorlie— genden zwei Faͤllen beurtheilen laͤßt, iſt die Exſudation kein Zeichen von Phthiſis. Queckſilber aber iſt ein ſicheres Heilmittel bei derſelben. Dublin Journ. March 1840.) Miscellen. Neuralgie des untern Zahnnerven mittelſt Durch— ſchneidung und Gluͤheiſen geheilt. Eine zarte Frau von 50 Jahren war in Folge mehrerer Wochenbetten und verſchiedener Krankheiten aͤußerſt geſchwaͤcht. Bei der Ceſſation trat Neuralgie des untern Dentalnervens ein, von dem linken foramen mentale beginnend und wie ein Blitz zu allen Nervenaͤſten ſich verbreitend und ſodann auch zu den übrigen Zweigen des trigeminus und ſelbſt zu dem damit verbundenen Cervicalplexus uͤbergehend. Zu gleicher Zeit war Hautroͤthe, Contraction der Muskeln der afficirten Ge— ſichtsſeite, vermehrte Speichelabſonderung und Schwierigkeit im Sprechen und Kauen. Die Schmerzanfälle wurden allmaͤlig hefti— ger, und die Kranke wurde, trotz aller Mittel, immer magerer und verlor Ruhe und Appetit. Dr. Sani entſchloß ſich, nach dem Bulletino delle Scienze mediche, Gennajo 1839, den Nerven zu durchſchneiden. Es wurde zwiſchen Lippe und Zahnfleiſch vom vier— ten Backenzahne bis zum erſten Schneidezahne eingeſchnitten, bis der untere Dentalnerv am foramen mentale bloßgelegt war. Die Trennung der begleitenden Arterie gelang nicht, und es wurden da— her beide dicht an der Oeffnung durchſchnitten. Die Durchſchnei— dung des Nerven war ſehr ſchmerzhaft; die der Arterie veranlaßte eine Blutung, gegen welche das Gluͤheiſen angewendet wurde. Am 18ten Tage war die Wunde vernarbt, nachdem vom 8ten bis Iten Tage etwas kriebelnder Schmerz, ſonſt aber kein unangenehmes Symptom eingetreten war. Die Theile, zu denen der Nerv geht, ſind unempfindlich; die Bewegungen ſind nicht geſtoͤrt. Zur Repoſition bei retroversio uteri empfiehlt Hr. Halpin in Dublin Journ. March 1840 das Einlegen einer leeren Blaſe in die Scheide, zwiſchen den fundus uteri und das rectum. Dieſe Blaſe wird mit der Hand in der Scheide feſt zuruͤckgehalten und nun langſam und kraͤftig aufgeblaſen; auf dieſe Weiſe wird das Becken ausgefuͤllt und der uterus nach Oben in ſeine normale Lage zuruͤckgedraͤngt. ... ͤ KKK... Bibliographische neuigkeiten. The Anatomist's Vademecum; a System of human Anatomy. By W. J. Erasmus Wilson. London 1840. 8. (M. Holz⸗ ſchnitten.) Facts in Mesmerism. By the Rev. G. H. Townsend. London 1840. 8. 3 g Examen pratique des maladies de la matrice, sous les points de vue speciaux de leurs causes et de leur fréquence à notre epoque, de leur diagnostic, de leur traitement et des moyens hygieniques de les prevenir. Par P. H. Hutin, Paris 1840. 8. Practical Observations on Distortions of the Spine, Chest and Limbs etc. By William Tilleard Ward. London 1840. 8. Nene on Lager a u 8 dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Medieinalratde Frerie p zu Weimar, und dem Mediefnalrathe und Profeſſer Froriep zu Berlin, NV. 301. (Nr. 15. des XIV. Bandes.) Mai 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 zen Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. 1 Ueber das Geſetz, nach welchem die Stuͤrme, Orkane ꝛc. entſtehen, mit Bezugnahme auf einen im American Journal of Commerce mitgetheil— ten Artikel. Von W. C. Redfield, Ei. Die Tagespreſſe unſerer Stadt (New-VYork) hat in neueſter Zeit vielfältig zur Verbreitung von Hrn. Espy's eigenthuͤmlichen Anſichten uͤber Gewitter beigetragen und wird hoffentlich auch folgenden Thatſachen, die ſich auf die heftigen Stürme beziehen, die am 15. Dechr. 1839 zu Boſton und an andern Orten verſpuͤrt worden, die Auf— nahme nicht verſagen. Jeder Leſer kann dieſelben in geo— graphiſcher Beziehung und mit Ruͤckſicht auf den zur Ver— gleichung gewaͤhlten Zeitpunct vollkommen wuͤrdigen, folglich auch gültig zur Prüfung der Espy'ſchen Theorie benutzen, daß der Wind bei Orkanen nach Innen wehe oder eine centripetale Bewegung habe. Um die Sache ſo viel, als moͤglich, zu vereinfachen, werden wir unſere Unterſuchungen auf den Nachmittag des 15. December bei oder kurz vor Sonnenuntergang beſchraͤnken. In Bezug auf dieſen Zeitpunct ſtehen uns nun folgende Data zu Gebote. 1. Das treffliche meteorologiſche Journal, welches zu Nantucket erſcheint, giebt für jenen Ort für den 15. Dec. um 7 Uhr Morgens und um Mittag Oſtwind mit Regen, um 9 Uhr Abends Suͤdweſtwind und heiteres Wetter an. Vergleichen wir dieſe Beobachtung mit den beiden folgenden, ſo ſcheint ſich der Wind Nachmittags vor Sonnenuntergang gegen S W. umgeſetzt zu haben, während das Umſetzen hier durchgehends in nordoͤſtlicher Richtung fortgeſchritten iſt. 2 Zu Barnſtaple, am ſuͤdoͤſtlichen Ende der Cape Cod- Bucht, 66 Engl. Meilen von Boſton, ziemlich in ſuͤd— oͤſtlicher Richtung von letzterer Sadt, wehte der Wind von 9 Uhr Morgens bis Mittag heftig; worauf ſich, während der Sturm zu Boſton ſein Maximum erreichte, der Wind ungemein maͤßigte und gegen S. und S. W. umſetzte und No. 1401, Ru en d e. waͤhrend des Nachmittags und die Nacht uͤber ſo zu wehen fortfuhr. Aus einem andern Berichte erſieht man, daß der Wind bei Sonnenuntergang ziemlich gelinde aus Suͤden wehte und Abends Sterne zu ſehen waren. x 3. Zu New: Bedford in Maſſachuſetts ſetzte ſich der Wind gleichfalls und zwar gegen 33 Uhr Nachmittags von O. NO. nach S. um. Um 9 Uhr Abends wehte er mit mäßiger Kraft aus Süden, und der Himmel war bewoͤlkt. Die obigen drei Orte ſcheinen ſich alſo am 1öten bei Sonnenuntergang ziemlich in dem mittlern verhaͤltnißmaͤßig ruhigen Theile des Sturmes befunden zu haben, welcher Boſton um 7 Uhr Nachmittag erreichte, und um welchen her der breite Ring des Sturmes oder der eigentliche Sturmwind ſich mit voller Heftigkeit drehte. Die gelindern Winde in dem mittleren mehr ruhigen Theile richten ſich mehr oder weniger nach dem Fortſchreiten des Sturmes, wonach der Wind ſuͤdweſtlich haͤtte ſeyn muͤſſen. Auf die Richtung der gelinderen Winde im mittlern Theile des Sturms kann man ſich alſo nicht verlaſſen, und in den nachſtehenden Notizen iſt demnach auf dieſelbe wenig Werth zu legen. 4. Zu Provincetown, am oͤſtlichen Ende des Cape Cod (Stockfiſch-Vorgebirges), wehete der Sturm von 11 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags am heftigſten, und zwar, wie ſich aus der Vergleichung der verſchiedenen Berichte zu ergeben ſcheint, aus O. S. O. In der folgenden Nacht fol er maͤßig ſtark und zwar aus allen Himmelsgegenden ge— blaſen haben. Dieß war die wenig bewegte Luft des mitt— lern Theils; denn am folgenden Morgen trat der Sturm— wind zu Provincetown ebenſowohl, wie an den fruͤher er— waͤhnten Orten, wieder ein. 5. Capit. Stemmer, von der Brigg Columbus, er⸗ waͤhnt in ſeinem hoͤchſt genau und ſchifffahrtskundig abge— faßten Berichte, er habe ſich am Sten um 2 Uhr Nach— mittags Sandwich (weſtlich von Barnſtaple oder der Cape Cod⸗ Bucht) gegenüber befunden, während der Wind orkan— artig aus O. S. O. geweht habe. Als ſich das Wetter ſpaͤter aufhellte, lief er in den Hafen von Plymouth ein. 1 227 Welche Richtung der Wind nach feiner Beruhigung gegen Sonnenuntergang gehabt habe, wird nicht angegeben. 6. Ein im Druck erſchienener Brief aus Gloucefter, am nordoͤſtlichen Ende der Maſſachuſetts-Bay, von 15. Decbr. Abends berichtet: „Wir haben heute einen hoͤchſt verderblichen Sturmwind aus O. S. O. auszuhalten gehabt; der Regen gießt noch in Stroͤmen herab, und die Gewalt des Windes hat noch nicht im Geringſten nachgelaſſen. 7. Zu Salem, 15 Meilen von Boſton, wehte der Wind, dem Salemregiſter zufolge, im Laufe des Tages von Zeit zu Zeit mit furchtbarer Kraft aus Oſten und der Re— gen ergoß ſich ſtromweiſe. a 8. Zu Newburyport, 30 Meilen nordnordoͤſtlich von Bo— ſton, fing, wie der Newburyport Herald berichtet, der Sturm am 15ten Morgens an, und von 10 Uhr Abends bis Mitternacht, wo ſich der Wind um 1 bis 2 Grade der Windroſe mehr gegen N. O, gedreht hatte, blies ein wah— rer Orkan. 9. Zu Portsmouth in New: Hampfhire, einige 60 Meilen nordnordoͤſtlich von Boſton, wehte, dem daſelbſt er— ſcheinenden meteorologiſchen Journale zufolge, der Wind am 15. December aus Oſten mit Schnee und Regen. In einer Portsmouther Zeitung wird derſelbe ein ſehr heftiger N. O. Wind genannt. 10. Zu Portland im Staate Maine wehte, wie ſich aus einem fo eben erſchienenen ſehr gediegenen Aufſatze des Conſervators der dortigen Sternwarte ergiebt, der Wind am 15. Dee. um 11 Uhr Vormittags aus Oſten mit ſtarkem Regen; Nachmittags aus Oft zu Süd noch fortwähs rend heftig; Abends ſetzte er ſich gegen N. O. um ıc. 11. Zu Naſhua in New-Hampſhire am Merimac kam, nach dem Nashua Telegraph, der Sturm am 15. Dec. aus N. O. So viel wir haben in Erfahrung bringen koͤnnen, bezieht ſich dieſe Nachricht auf den Abend jenes Tages. 12. Zu Boſton, ſo heißt es im Atlas, fing es am 15ten um 2 Uhr Nachmittags an zu regnen, wobei ſich ein heftiger Wind aus N. O. erhob der bis 7 Uhr Abends an— hielt. Das Mereantile Journal bemerkt: „Der Wind wehte mit großer Wuth aus Oſten und ſteigerte ſich gegen Abend bis zu einem Orkane, der mehrere Stunden lang dauerte.“ In den Daily Times lieſ't man: „Um 2 Uhr Nachmittag fing es an zu regnen, wobei ein heftiger Wind aus O. N. O. wehte, der bis 7 Uhr Abends anhielt.“ Ein anderer Bericht aus Boſton beſagt, daß Nachmittags der Wind aus Oſten heftig geworden ſey. Durch den Bo— ston Watchman erfährt man, der Wind habe ſtark aus Oſten geweht und halbgeſchmolzenen Schnee und Graupeln gebracht, die nach und nach durch Schlagregen erſetzt wor— den waͤren, der den ganzen Tag uͤber gefallen ſey. Aus allen dieſen Nachrichten zuſammengenommen, laͤßt ſich mit Wahrſcheinlichkeit ſchließen, daß die Richtung des Windes zu Boſton unmittelbar vor Sonnenuntergang ziemlich oſt— nordoͤſtlich geweſen ſey. 13. Zu Providence im Staate Rhode Island wehte, den Beobachtungen des Prof. Cas well an der Bromn: 228 ſchen Univerſitaͤt zufolge, der Wind am 15ten bis 2 Uhr Nachmittags ſtark aus N. O. Das Barometer fuhr bis 4 Uhr Nachmittags zu fallen fort und behauptete dann feis nen Stand bis faſt 7 Uhr Abends, wo der Wind noch aus N. O. wehte und der Himmel bewölkt war. Der Profeſſor fuͤgt hinzu: „Die Himmelsgegend genau anzugeben, maße ich mir nicht an, da es mir dazu an den erforderlichen Mit— teln fehlt.“ Dieſe Localitaͤt befand ſich, wie es ſcheint, um 2 Uhr Nachmittags in oder nahe bei dem Rande des ge— linde bewegten mittlern Theiles des Sturmes. 14. Zu Middletown in Connecticut erhob ſich, wie mir Prof. Smith an der Wesleyſchen Univerſitaͤt mittheilt, der Wind heftig aus N. N. O., und den ganzen Löten über fuhr es fort, ſtark zu ſtuͤrmen und zu ſchneien, während ſich der Wind mehr gegen N. umſetzte und aus dieſer Him— melsgegend am Schluſſe des Tages ungemein heftig blies. 15. Zu Hartford in Connecticut kam, dem Daily Courant zufolge, dieſer Sturm, fo lang er dauerte, aus Nord und Nordweſt. Aus letzterer Himmelsgegend wehte er wahrſcheinlich am 15. Abends und den folgenden Tag. 16. Zu Northampton in Maſſachuſetts kam, wie mir der Herausgeber des Northampton Courier mittheilt, der Wind waͤhrend des Sturmes am löten aus N. O. Herr Espy giebt, wie ich ſehe, an, der Wind habe dort aus N. geweht; doch weiß ich nicht, auf welche Autoritaͤt er ſich dabei beruft. Wir wollen jedoch das Mittel beider Anga— ben, alſo N. N. O., für richtig gelten laſſen. 17. Zu Amherſt in Maſſachuſetts hat Prof. Snell den Wind gegen Abend am 15. December aus Nord zu Weſt beobachtet, und zwar wehte er heftig ſtuͤrmend und brachte Schnee. Der Ort, wo er beobachtet, liegt tief, ein Wenig ſuͤdweſtlich vom Schulgebaͤude, welches auf einem Hügel ſteht. Dieſer Umſtand dürfte auf die locale Rich— tung des Windes einen gewiſſen Einfluß geuͤbt haben. 18. Zu Hanover an der Nordweſtgraͤnze von New— Hampfhire ſchwankte, wie mir Prof. Hubbart am Dart- mouth College mittheilt, die Richtung, aus der der Wind kam, zwiſchen N. O. und N. Die Angabe rührt aus dem meteorologiſchen Tagebuche des Prof. Young her, und da die Winde in dieſem nur auf die acht Hauptpuncte des Compaſſes bezogen werden, wie dieß meiſt geſchieht, ſo laͤßt ſich mit Grund annehmen, daß gegen Ende des Tages der Wind aus einer etwas oͤſtlich vom Nordpuncte liegenden Himmelsgegend geweht habe. Uebrigens kommt hierauf wenig an. 19. Zu Albany und Troy, welche Orte ich am 17. Decbr. beſuchte, kam der Wind am 15. gegen Abend, ſo viel ich mit einiger Sicherheit erfahren konnte, aus einer etwas oͤſtlich vom Nordpuncte liegenden Himmelsgegend. 20. Zu Athens, Hudfon und Catskill kam der Wind, nach ſehr zuverlaͤſſigen Nachrichten, damals aus Norden. 21. Zu Litchfield in Connecticut wehte, wie der Litch- field Enquirer berichtet, der Sturm vom 14. December Abends bis den 15. Abends heftig aus Nordoſt bis Nord. 22. Bei New-Haven in Connecticut beobachtete Ca— pitaͤn Woolſey, auf dem Dampfboote Providence, dem 229 Leuchtthurm gegenüber am 15. Nachmittag bis faſt bei Sonnenuntergang einen ſtarken Wind aus N. N. W.; um 9 Uhr Abends hatte er ſich jedoch gegen N. W. umgeſetzt und wehte ungemein heftig. 25. Zu New-Hork, wo ich ſelbſt hoͤchſt ſorgfaͤltig beob— achtete, hatte ſich der Wind am 15. vor Sonnenuntergang von N. zu W. (ſtark) bis N. W. zu W. (heftig) gedreht und ſo blieb er im Laufe des Abends. 24. Bei Cape May in New-Jerſey wehte damals, wie ſich aus Schiffernachrichten ergiebt, der Wind heftig aus N. W. In ganz Neuengland und den benachbarten Diſtricten bis weit jenfeit des Hudſonſtromes ſtuͤrmte es am 15. gewaltig. 25. Das Schiff Morrifon hatte am 15. bei Sonnen: untergang, 125 Engl. Meilen ſudlich von Rhode Island und zwar unter 39° 35 n. Br und 7 38“ d. L. einen heftigen Stumwind aus W. N. W. zu beſtehen. Die irrige Angabe, als habe das Dampfboot Provi— dence bei New- Haven einen heftigen S. W -Wind auszu— halten gehabt, welche Hr. Es py wenigſtens in einer der New-⸗Yorker Zeitungen zur Unterſtuͤtzung feiner Theorie an— gefuͤhrt hat, iſt von ihm ſpaͤter widerrufen worden; allein das New-Porker Publicum ba’, meines Wiſſens, von dieſem MWiderrure keine Kenntniß erhalten. Ich habe die vorzuͤglichſten der obigen Beobachtungen auf einer kleinen Charte graphiſch dargeſtellt, ſo daß man auf den erſten Blick beurtheilen kann, ob der Wind bei dem fragli— den Sturm» von allen Seiten nach Innen oder nach einem gemeinſchaftlichen Mittelpuncte zu geweht hat, was nach der Lieblingshypotheſe des Hrn. Espy der Fall geweſen ſeyn ſoll, oder ob er nicht vielmehr in einem großen Kreiſe um ſeine mittlere Portion und zwar in einer Richtung ge— blaſen hat, welche derjenigen, nach der ſich die Zeiger einer mit dem Zifferblatte nach Oben liegenden Uhr drehen, ent— gegengeſetzt iſt, welches letztere bei allen von mir unterſuch— ten Sturmwinden der Fall war, ſelbſt bei denen, welche Hr. Espy zur Unterſtuͤtzung feiner Centripetal-Theorie ange— führt bat. Die Kreislinien auf der Charte find von einem Mit: telpuncte ausgezogen, der ſich am ſuͤdlichen Rande der Gape Cod⸗Bay befindet, und mag man nun dieſe Stelle genau für diejenige der Are des Wirbelwindes bei Sonnenunter— gange am 15. December halten, und annehmen, daß die Pfeile die Richtung des Windes ganz genau angeben oder nicht, ſo kommt darauf doch gar nichts an. Die Charte wird immer der Wahrheit gewiffermaßen nahe kommen, und wenn eine groͤßere Genauigkeit der Zeichnung auch erreich— bar waͤre, ſo wuͤrde dadurch kein buͤndigeres allgemeines Re— ſultat gewonnen werden. Mir leuchtet vollkommen ein, daß der Wind am 15. durchaus nicht gegen eine ſuͤdweſtlich von Boſton oder nordöftlih von New. Haven gelegene Gegend hingeweht hat, welche Vermuthung Hr. Espy im Cou— rier and Enquirer, fo wie in der New-Vorkſchen Zei— tung aufſtellte; daß er uͤberhaupt nicht nach irgend einer andern in dem mittlern Theile des Sturms liegenden Ge— gend zu geblafen hat. Die allgemeine Richtung, nach wel— 230 cher, und die Art, in welcher dieſer Sturmwind gegen Son— nenuntergang am 15. Dec., wo ſich uns deſſen Mittelpunct am meiſten genaͤhert zu haben ſcheint, wehte, ſcheint ſich aus Obigem deutlich genug zu ergeben. Eine Unterſuchung der ſpaͤtern Veraͤnderungen und Verhaͤltniſſe dieſes Sturmwindes in andern Gegenden wuͤrde außerhalb der Graͤnzen dieſes Artikels liegen, und ich muß daher viele werthvolle Mittheilungen meiner Correſpondenten für jetzt unbenutzt laſſen. Man darf nicht uͤberſehen, daß unſere Charte nur einen Theil des Flaͤchenraums umfaßt, den dieſer Sturmwind zugleich beſtrich und der ſich nach allen Seiten, zumal gegen Oſten und Suͤden, ſehr weit ausdebnte. Auch darf nicht unbemerkt bleiben, daß der Zeitpunct, auf den die ſaͤmmtlichen Beobachtungen zurückge— fuͤhrt ſind, mit demjenigen ziemlich zuſammentrifft, wo waͤh— rend dieſes Sturmwindes das Barometer in den Staaten Connecticut, Rhode Island und Maſſachuſetts am tiefſten ſtand. Die ganze Reihe von Sturmwinden, die ſeit dem 24. November allwoͤchentlich vorkamen, verdient die Aufmerkfam: keit der Meteorologen recht ſehr, und dei allen hat ſich der rotirende Character eben ſo deutlich herausgeſtellt, als bei dem, welcher uns hier zunaͤchſt beſchaͤftigt hat. (Edinb. new phil. Journ. Jan, — April 1840.) Ueber den Ginfluß des Drudes der Atmofphäre auf die feröfen Abſonderungen hat Herr Guerin der Pariſer Academie der Wiſſenſchakten eine Abhandlung vorgeleien, welche mit folgendem Schluſſe endigte: 1. Die Gelenke des Skelettes zeigen waͤhrend der Mehrzahl der in ihnen vorgehenden Bewegungen eine ploͤtz— lich eintretende Erweiterung der Hoͤhlen; fie bilden, oder geben Veranlaſſung zur Bildung von neuen Raͤumen, welche in der Naͤhe der Gelenke nicht vorhanden ſind. Dieſer Zu— wachs der vorhandenen Raͤume, oder dieſe Entwickelung von neuen Raͤumen ſind das Reſultat zweier Ordnungen von Bedingungen, nämlich die Veränderung der ortlichen Be zie— hungen der Gelenkoberflaͤchen und die Ausſpannung (tension) der ligamentöͤſen und musculöfen Wände der Gelenke in Folge des Auseinanderweichens ihrer Inſertionspuncte. 2. Alle Höhlen der ſeroͤſen Haut des menſchlichen Körpers, die Hoͤhlen der Pleuren, des Pericardiums, des Peritonaͤums, der Arachnoidea des Ruͤckenmarks und des Hirns, zeigen, wie die Gelenkhoͤhlen, ebenfalls periodiſche Erweiterungen der von ihnen umkleideten Raͤume. Dieſe Erweiterungen entſtehen aus der Erhebung des Wandungs— blattes der membrana serosa (Soulèvement du feuillet parietal de la sereuse), welches von der Ausdehnung der von ihr ausgekleideten Theile mit fortgezogen wird und von dem Senken des Visceralblattes, in Folge der Zuſam— menziehung oder Ausdehnung der von ihr eingehüllten Ein— geweide. — 3. Die Erweiterung der Gelenkhoͤhle und der verſchie⸗ denen ſeroͤſen Membranen des menſchlichen Körpers bringen 15 * 251 auf einmal Raͤume hervor, die von allen Seiten gefchloffen ſind, unter deren Einfluß der von Innen nach Außen kom— mende Druck vernichtet wird, zu Gunſten des Druckes von Außen, woraus ein Zuruͤckgetriebenwerden der Fluͤſſigkeiten gegen das Innere der Höhlen und periodiſch eine Sauge— anſtrengung auf die Oberflaͤchen und auf die nach Innen offenen Muͤndungen dieſer Hoͤhlen ausgeuͤbt wird. 4. Das Einwirkende des atmoſphaͤriſchen Druckes, als actives Element in dem Mechanismus der ſeroͤſen Abſonde— rungen, welches durch die anatomiſche Einrichtung der Theile und durch directes Experiment dargethan wird, wird es auch durch die pathologiſche Thatſache. Das leichte Aneinander— kleben der aneinanderliegenden ſeroͤſen Haͤute, die Verminde— rung, die Unterbrechung der Aushauchung von syno via, und endlich die mit einer mehr oder minder vollſtaͤndigen Unbeweglichkeit der Gelenke verbundene Anchyloſe; ihre Stei— figkeit unter dem Einfluſſe einer Verminderung des Druk— kes der Atmoſphaͤre, waͤhrend des Aufenthaltes auf hohen Bergen und die ſpeciellen Zufaͤlle eindringender Wunden aller 232 feröfen Höhlen entnehmen ihre wahre Bedeutung von der Wirkung des atmoſphaͤriſchen Druckes auf die ſeroͤſen Abs ſonderungen und ſind eben fo viel Beweiſe zur Unterftügung - dieſer Lehre. Miscellen. Eine, in Beziehung auf Sanitätslehre, nuͤtzliche Anwendung der Electro-Chemie hat Hr. Delarive ges machte, indem er, um die nachtheiligen Folgen der Vergoldung vermittelſt Mercurs zu vermeiden, die Vergoldung ohne Mercur mittelſt der Galvaniſchen Saͤule bewirkt hat. Das Verfahren iſt in einer Mittheilung an Hrn. Arago an die Académie des scien- ces am 6. April gelangt. Ueber die Structur der Leber hat Hr. Lambron der Académie des sciences zu Paris Unterſuchungen mitgetheilt, nach wel— chen ſich ergabe, daß dieſe, dem Anſcheine nach, fo complicirte und verwirrte Structur dieſes Organes ſich auf eine Vereinigung von Zellen reducirte, in welchen die Gallenſecretion ftatt hätte, und um welche herum ſich das Blut ergoͤſſe, um die geheimnißvollen Erſcheinungen der Secretion zu vermitteln, ohne jemals in das Innere der Zellen einzudringen. ent ek iu n dul Ueber Abſchaffung von Zwangsmaaßregeln in Irrenhaͤuſern. Die Reſultate, welche nach Hrn. Hill in dem Lin- coln Lunatic asylum erteicht worden ſind, haben wir fruͤher bereits erwaͤhnt; hier moͤgen noch einige Bemerkun— gen uͤber dieſe gluͤckliche Abaͤnderung in der Disciplin der Irrenhaͤuſer folgen. Diejenigen, welche Zwangsmaaßregeln in den Irrenhaͤuſern abſchaffen wollen, muͤſſen beſonders erwarten, daß ſie bei den Waͤrtern und Waͤrterinnen den groͤßten Widerſtand finden werden; eine Zeitlang werden große Rechnungen für zerbro— chene Fenſterſcheiben vorgelegt werden und Betttuͤcher und Bettdecken werden taͤglich zerriſſen. Es werden Perioden folgen, in welchen die Schwierigkeiten und die voruͤbergehen— den Aufregungen und Unordnungen den Oberaufſeher am meiſten draͤngen, zu dem alten Syſteme der Zwangsmaaßre— geln zuruͤckzukehren; endlich aber werden Erfahrungen und Geduld auf beſſere Mittel zur Beherrſchung der Gewaltthaͤ— tigkeiten und Verhinderung von Unregelmaͤßigkeiten ihren Eingang finden. Statt der jedenfalls verdammungswuͤrdigen gewaltthaͤtigen Maaßregeln koͤrperlichen Zwanges muß geiſti— ge Aufſicht, ſorgfaͤltige Bewachung, Aufmerkſamkeit, um Ge— waltthaͤtigkeiten zu verhindern, um Reizung zu mildern und Zaͤnkereien zu beſchwichtigen, eingefuͤhrt werden. Die Waͤr— ter bekommen Gewandtheit in Handhabung der einfachſten Mittel, wodurch ſie heftig aufgeregte Kranke lenken; man muß ſich nicht in Kampf mit dem Einzelnen einlaſſen, wobei ein oder der andere Theil immer Schaden nimmt, fondern man muß durch ein combinirtes Verfahren allen Widerſtand uͤberwinden. Arme und Beine werden auf eine geſchickte Weiſe der ungehoͤrigen Freiheit zum Handeln beraubt, indem man alle Gegenſtaͤnde beſeitigt, welche waͤhrend der Wuth des Kranken zum Werfen ꝛc. dienen koͤnnen, und indem man raſch und ruhig auf die mannigfaltigſte Weiſe alle Schwie— rigkeiten zu beſeitigen ſucht. Sind Kranke heftig, ſo ſperrt man ſie eine kurze Zeit ein; zerſchlagen ſie die Fenſter, ſo ſchließt man die Fenſter, zerreißen ſie die Bettdecken, ſo naͤht man die Betten mit einem feſten, nicht zu zerreißen den Material ein; ziehen ſie ihre Kleider aus, oder zerreißen ſie dieſelben, ſo giebt man ſo ſtarke Kleider, daß dadurch ihre Zerſtoͤrungswuth vereitelt und ihnen uͤberdruͤſſig gemacht wird, und man ſchließt die Kleider mittelſt eines Lederguͤrtels und eines kleinen Schloſſes; ſchlagen die Kranken, ſo ſteckt man ihre Hände in weiche Boxhandſchuh; ihre übermäßige Ruͤhrigkeit aber erſchoͤpft man durch ſtarke Bewegung im Freien. Kurz, Alles iſt beſſer, als das Befeſtigen und Feſ— ſeln der Glieder, wodurch man allein herbeifuͤhrt, daß die Unreinlichkeit nie geheilt und die Wildheit nie bezwungen wird. Dennoch wird Jahre lang dieſes Syſtem noch nicht vollſtaͤndig wirken; denn viele von den Kranken werden wohl immer ſolche ſeyn, welche bereits durch alle Arten von Zwangsmaaßregeln gequaͤlt und gereizt worden ſind, welche Tage lang in der Zwangsjacke herumliefen, Wochen lang in Betten gefeſſelt waren und Monate lang im Zwangsſtuhle zubrachten. Kein Syſtem kann dieſen Ungluͤcklichen helfen, ſie muͤſſen ihr Leben in Elend hinbringen, wovon kein ge— ringer Theil erſt durch die Menſchen hervorgerufen wor— den iſt. Man muß ſich viele Unruhe gefallen laſſen, man muß manche Opfer, auch wohl große Angſt ausſtehen, bevor das Ende zu erreichen iſt. Unter andern Opfern, welche man bringen muß, iſt auch der eitele Ruhm der Stille in den Krankenſaͤlen aufzugeben. Denn Kranke, welche gluͤcklich ſind, werden nicht immer ruhig ſeyn koͤnnen. Man wird bei dieſem Syſteme die unruhigen und ſtoͤrenden Kranken 233 nicht in der untern Etage unterdringen, die laͤrmenden nicht in truͤbſelige Höfe verbannen und dann eine leere Gallerie zeigen. Iſt überall ein gutes Benehmen eingeführt, fo muͤſ— ſen die Kranken nicht allein Freiheit beſitzen, ſondern auch des Gefuͤhls der Freiheit ſich erfreuen. Sie werden nicht paſſiv und ſtillſchweigend daſitzen, wie Weſen, zu welchen die Außenwelt keine Beziehung mehr hat, ſondern ſie werden freundlich und lebhaft dem Beſucher nahen und denſelben mit Vertrauen anreden. Die Nettigkeit des Hauſes, welches gezeigt wird, wird allerdings nicht mehr dieſelbe ſeyn; aber es werden von nun an eine groͤßere Anzahl von Kranken geheilt werden, als dieß unter dem alten Syſteme des Zwanges moͤglich war. Was die Erlangung folder Reſultate betrifft, fo ſchei— nen folgende Angaben aus dem Hanwell Report das zu beweiſen, was man erwarten kann. Dieſe Bemerkungen find um fo wichtiger, als fie ſich auf ein Irrenhaus bezie— hen, in welchem 800 Irre faſt ausſchließlich aus den armen Claſſen untergebracht ſind. „In Bezug auf Behandlung hat der dirigirende Arzt es für paſſend gehalten, ſich ganz und gar von dem fruͤhern Syſteme der Behandlung, welches in dieſem Irrenhauſe eingefuͤhrt war und in Anwendung des Zwanges gegen alle Widerſpaͤnſtigen beſtand, zu entfernen. Ohne der Achtung, welche die Anſtalt fruͤher ſich erworben hatte, im mindeſten anpaſſen zu wollen, ſchien es dem Arzte doch, daß der Vortheil der gewoͤhnlich angewendeten Zwangsmaaßregeln zur Zeit ſeiner Anſtellung in dem Spitale in keinem Verhaͤltniſſe zu der Haͤufigkeit ihrer Anwendung ſteht; es ſchien ihm, als wenn ſich ſehr ernſte Einwuͤrfe dagegen erheben ließen, ja als wenn ſogar manche von den Unordnungen, zu deren Beſeitigung Zwang unerläßlich ſchien, erſt durch denſelben hervorgerufen wuͤrden, und es erſchien auf dieſe Weiſe der Zwang als ein Hinderniß fuͤr die Aufgabe der ganzen Behandlung, naͤmlich als Hinderniß der Heilung. Das Beiſpiel des Lincoln Asylum, in welchem drei Jahre lang gar kein Zwang an— gewendet wurde, kam hinzu, um den Verſuch zu rechtferti— gen, ob es nicht moͤglich fen, auch in dem Hanwell Asy- lum mehr durch geiſtige Beherrſchung, als durch phyſiſchen Zwang zu wirken. „Ein folder Verſuch war natuͤrlich auf alle Fälle, ohne einige zunaͤchſt eintretende Nachtheile, anzuwenden. Waͤr— ter, welche daran gewohnt find, ſich raſch durch Zwang zu helfen, wollten dieſes Syſtem nicht aufgeben und waren uͤberdieß in den Mitteln nicht geuͤbt, ohne welche die Ab— ſchaffung der Zwangsmaaßregeln Unannehmlichkeiten herbei fuͤhren mußte. Dieſe Unannehmlichkeiten aber waren fie nicht im Stande, mit den entfernteren Uedeln zu vergleichen, welche die Fortdauer des Zwanges hervorbringen mußte. Auch wagte der dirigirende Arzt noch nicht zu ſagen, daß ſtrenger Zwang niemals nörhig ſey; vor der Hand aber laͤßt ſich Folgendes Über den Verſuch, ohne Zwang auszukom— men, mittheilen. Aus den Liſten ergiebt ſich, daß im Juli die Anzahl der täglich angewendeten Zwangsmittel öfters ſich auf vier beſchraͤnkte und niemals uͤber vierzehn erhob; mit Mitte Auguſt war auf der Weiberabtheilung kein einzi— 234 ger Patient, und ſeit dem 20. September auf der zweiten Abtheilung kein einziger einem körperlichen Zwang irgend einer Art unterworfen. Einige Mal ſind ohne Willen des Arztes kurz voruͤbergehende Zwangsmaaßregeln in Anwendung gekommen, welche nicht mit aufgezeichnet ſind; aber im Gan— zen giebt das Verzeichniß, welches in der ganzen Zeit ge— führe worden iſt, doch eine richtige Ueberſicht über die volls kommene Beſeitigung anhaltender Zwangsmaaßregeln. Für Patienten, welche ſich entkleiden oder ihre Kleider zerreißen, find ſtarke Kleider angefertigt, welche über den Hüften mit einem Lederguͤrtel und einem kleinen Schloſſe befeſtigt find. Verſchiedene Verſuche ſind gemacht worden, um in der Nacht diejenigen zugedeckt zu erhalten, welche ſich ſonſt bloß— legen und verkaͤlten; warme Stiefel, die Uber den Knoͤcheln mit einem kleinen Schloſſe anſtatt einem Knopf befeſtigt find, ſchuͤtzen bisweilen die Füße derjenigen, welche fie nicht unter der Decke halten; ſtatt der Feſſelung der Haͤnde, um das Abreißen eines fuͤr die Cur noͤthigen Blaſenpflaſters zu verhuͤten, was eine unnöthig ſtrenge und häufig fortgeſetzte Maaßregel iſt, wird eine Art von Deckel uͤber dem Blaſen— pflaſter befeſtigt, fo daß dieſes eben ſo ſicher geſchuͤtzt iſt. Diejenigen Kranken, welche ſich gewöhnt haben, plotzlich zu ſchlagen, die Bettdecken zu zerreißen u. ſ. w., haben ge: wöhnlich Aermel, welche nach Vorn in einen gepolſterten nicht fuͤr den Daumen und die Finger getheilten Handſchuh enden; dagegen wird keine Form von Zwangsjacke, von Hand- oder Fußfeſſel, oder von irgend einem andern Befe— ſtigungsmittel des Rumpfes, der Extremitaͤten oder der Muskeln angewendet. Die Zwangsſtuͤhle, deren früher 40 in Gebrauch waren, ſind ganz und gar verſchwunden; kein Zwangsſtuhl iſt ſeit Mitte Auguſt irgend gebraucht worden. Es iſt wehl noch zu fruͤh, um ſich poſitiv uͤber die Wir— kung dieſer Maaßregel auszuſprechen. In einem ſo großen Itrenhauſe, welches mit armen Geiſteskranken gefüllt iſt, find die Mittel der geiſtigen Beherrſchung immer befchränft, und das Aufhoͤren grauſamer Zwangsmaaßregeln wird auch von den Kranken nur langſam bemerkt werden. Dennoch glaubt ſich der Arzt zu der Angabe berechtigt, daß nach ſei— nen einige Monate lang fuͤr alle Stunden fortgeſetzten Be— obachtungen, trotz einiger beſonderen Schwierigkeiten, der Laͤrm und die Unordnung, welche früher auf einigen Saͤlen herrſchend war, bereits vermindert iſt, — daß Beiſpiele von Tobſucht und Wuth bei Weitem ſeltener geworden find, — daß die Paroxysmen, denen einige Kranke unterworfen find, jetzt leichter und mit geringerer Gewaltthaͤtigkeit voruͤberge— hen, — und daß die Faͤlle, welche laͤngere Zeit aller beru— higenden Behandlung ſpotten, hauptſaͤchlich, wo nicht aus⸗ ſchließlich, acute Fälle find, deren Symptome durch ſtrengen Zwang nur geſteigert werden wuͤrden, oder aber, daß ſie zu den Faͤllen gehoͤren, welche waͤhrend ihres vieljaͤhrigen Irr— ſeyns bereits wiederholt jeder Art von heftiger Zwangsmaaß— regel unterworfen worden find. In Bezug auf die Abfchaf: fung der Zwangsſtuͤhle läßt ſich ein beſtimmteres Urtheil ausſprechen. Mehrere Kranke, welche fruͤher immer in den— ſelben gehalten wurden und ſtillſchweigend, ſtupid und wie bloͤdſinnig in ſich verſunken waren, ſieht man nun heiter 235 durch die Saͤle und durch die Echolungshoͤfe herumgehen, und es iſt keine Frage, daß es als ein Gluͤck zu betrachten iſt, daß fie aus einer Knechtſchaft befreit wurden, deren uns vermeidliche und traurige Folge die Angewoͤhnung der Un— teinlichkeit iſt.“ Nicht zu uͤberſehen iſt das Behagen und die Heiterkeit der Waͤrter, welche früher immer in Aufregung und Angft lebten; von ihnen haͤngt es ab, ob ſich Ordnung und Wohl: verhalten um ſie herum bildet; ſie muͤſſen gut gezogen wer— den, bevor das neue Syſtem ſeinen ganzen Nutzen entwik— kein kann. Die Neigung der Menſchen, Andere zu beherr— ſchen, macht zwar, daß jetzt die Ketten in Zwangsjacken nur ungern und mit Widerſtreben hergegeben werden; dennoch wird man in kommenden Zeiten mit Verwunderung auf dieſe Dinge zuruͤckblicken und ſich der ſeit ihrer Abſchaffung ge— hobenen Geſundheit, des beſſern Ausſehens und des fchidlis chern Benehmens der ungluͤcklichen Opfer dieſer Maaßregeln erfreuen, und erſt dann wird man erkennen, wie viele der— jenigen ungluͤcklichen Geiſteskranken, die man als die „Uns reinlichen“ bezeichnet, nur durch Vernachlaͤſſigung unreinlich geworden ſind. Die Waͤrter, von denen bei dieſem Syſteme ſo viel ge— fordert wird, und von denen eigentlich der Erfolg der edel— ſten Cur abhaͤngt, muͤſſen daher auch alle die Beruͤckſichti— gung erhalten, zu welcher ihre muͤhſame Stellung und ihre wichtigen Pflichten ihnen einen Anſpruch geben. So viel als moͤglich, muß man ihre Thaͤtigkeit zu gleicher Zeit ver— hüten und ihnen öftereg, jedoch kurzes, Ausgehen erlauben; ihr Gehalt muß fo ſeyn, daß fie für den Moment zufrie— den ſeyn koͤnnen und auch fuͤr ſpaͤtere Zeit, wo ſie nichts mehr durch Arbeit verdienen koͤnnen, etwas zuruͤckzulegen im Stande ſeyen. Auch fuͤr ihr perſoͤnliches Wohlbefinden muß geſorgt ſeyn; ihre Naͤchte muͤſſen, außer wenn ſie ge— rade die Nachtwache haben, nicht geſtoͤrt werden; fie muͤſſen ruhig eſſen und trinken koͤnnen, allenfalls in gemeinſchaft— lichen Eßſaͤlen, einer für die Waͤrter, und ein anderer für die Waͤrterinnen, ſo daß nur die Haͤlfte von allen zugleich bei'm Eſſen iſt. Jemehr man ſtrengen Gehorſam von ih— nen verlangt, um ſo mehr muͤſſen ſie mit Freundlichkeit und Vertrauen behandelt werden; man muß ſie uͤber die Gründe deſſen, was man von ihnen verlangt, belehren. über vorkommende Febler nicht zu ſcharf tadeln, und wenn ſie Eifer fuͤr ihre Pflichten zeigen, durch Freigebigkeit anfeuern. Einige naͤhere Umſtaͤnde aus dem Leben, der Krank— heit und dem Leichenbefunde des Subjectes, bei welchem ſich der Paraſit (Trichina spiralis) vor- fand, den ich in meiner unterm 18. vorigen Mo— nats uͤberſendeten brieflichen Notiz beſchrieben. Die nächſtfolgenden Mittheilungen ſind groͤßtentheils aus den Acten der Irrenanſtalt zu Pforzheim entliehen und mir erſt nach Abfaſſung und Ueberſendung obigen Aufſatzes zugekommen— Michael Rummer von Handſchuchsheim bei Heidelberg, den 21. Januar 1769 geboren, war als Kind bis in ſein zwoͤlftes Jahr ſtets geſund und hatte gute Geiſtesanlagen. Im zwölften Sabre 236 erlitt er durch einen Sturz von einem Kirſchbaume ſtarke Ropfe verletzungen, in deren Felge er das Gehör verlor. In ſeinem Handwerke als Wagner zeichnete er ſich durch Fleiß und Geſchick⸗ lichkrit aus, war aber zorniger Hemüͤthsart. Schon im zwanzig— ſten Jahre bemerkte man an ihm Abnahme der Giifteseräfte und immer mehr ein verdrießliches, murriſches Weſen. Er ward men— ſchenſcheu und ſtreifte einſam und unthaͤtig in Wald und Feld um— her. Später fiel er Froͤmmlern in die Hände, las viele Herrn— butſche Bücher, hielt ſich fur heiliger und gelehrter, als Andere, verſank in tiefe Melancholie mit Hang zum Selbſtmorde und wur— de deßhalb 1816 in die Irrenanſtalt zu Pforzheim abgegeben. Hier zeigte er die obigen Erſcheinungen, ſprach nie ein Wort, murmelte dagegen zuweilen unverftandliche Worte vor ſich hin, oder ſtieß in Momenten der Aufregung unter eigenthumlichen Geſticulationen laute Toͤne hervor, beleidigte jedoch Niemanden. Mit den Jahren verſant er in voͤlligen Bloͤdſinn. — Außer einer ſeit funfzehn Jahren beſtehenden offenen Stelle unter der linken Schulter, wel— che bei jedesmaligem Zuheilen mancherlei Beſchwerden, beſon— ders Kurzathmigkeit verurſachte, weßhalb man ihn längere Zeit eine Fontanelle auf dem Arme tragen ließ, war er koͤrperlich immer wohl, hatte gutes Ausſehen, guten Appetit, guten Schlaf und ſuchte ſich durch Umhergehen in der Auftalt, durch Holz— fägen u. ſ. w. Bewegung zu verſchaffen. — Seit einem hals ben Jahre wurde er magerer, ſeine Haut gelblich, trocken und endlich oͤdematoͤßs. Seit vier Wochen warf er purulente sputa aus. An allgemeiner Waſſerſucht ſoll er verſtorben ſeyn Zwei Tage vor feinem Tode wurde fein Geiſt ganz klar; er fing zum erſten Male an, zu ſprechen, und ſchilderte ſeſne Leiden, die er als Ban— gigkeit und Kurzathmigkeit bezeichnete ꝛc. Das Individuum, ſeit dem 3. Maͤrz Nachmittags drei Uhr Leiche und während der kalten Nacht vom 4 auf den 5. Maͤrz hieher transportirt, hatte durchaus nicht das Ausſehen eines ſo hochbetagten Mannes. Nur die untern Extremitaͤten waren merk— lich oͤdematoͤs. Bei der Section ließ das Gehirn, außer ungewoͤhn— lich großen ſogenannten Hydatidenblaͤschen im plexus choroideus, keine dem bloßen Auge bemerkbare Abnormitaͤten erkennen. Augens hoͤhle und bulbus ganz geſund; porus auditorius beiderſeits zu— gaͤnglich; membrana und chorda tympani normal, in cavum tym- pani aber ſaͤmmtliche Gehoͤrknoͤchelchen durch ein verworrenes, mit zahlreichen Gefäßen durchzogenes, membranoͤſes Gewebe ſowohl uns ter ſich, als mit den Wandungen der Paukenhoͤhle bis zur voͤlli— gen Unbeweglichkeit verwachſen. Die musculi tensor tympani sta- pedius und mallei externus ganz ungewoͤhnlich ſehnig. Das Ende cherne und haͤutige Labyrinth und der Gehoͤrnerv dagegen boten ſelbſt unter dem Mikroſcope nichts Auffallendes, eben ſo wenig die Mund: und Naſenhoͤhle. Kehlkopf geſund; Lungen, faſt allſeitig adhärirend im Parenchyme, ſpongioͤs und kniſterad, nur an einzelnen Stellen mit ſchwarzen unter dem Meſſer knirrſchenden Puncten bes ſetzt; Herz derb und musculoͤs, deſſen Klappen wund, in der Aor— ta einige erdige Ablagerungen. Speiferöbre und Magen ziemlich musculös; Duͤnn- und Dickdarm einige Spulwuͤrmer enthaltend. Die Nierenkelche ganz außerordentlich erweitert; die substantia medullar. fait verdraͤngt; Harnleiter erweitert; Harnblaſe bis zur Höhe des Nabels ausgedehnt und musculös Unter den Ges ſchlechtsorganen nur die prostata ſehr betraͤchtlich entartet, verhaͤr— tet und vergroͤßert. Sie ſeben wohl aus dieſem ganzen Sectionsberichte, daß er keineswegs Anſpruͤche auf die erforderliche Genauigkeit und Voll⸗ ſtaͤndigkeit machen kann, und daß er großentheild auf Reminiscen— zen beruht, die erſt nach der moͤglichſt ſorgfaͤltigen Unterſuchung des ganzen animalen und vegetativen Muskelapparates, jo gut es anging, ergaͤnzt wurden. So iſt, z. Be, die oben genannte Stelle unter der linken Schulter der Unterſuchung voͤllig entgangen, weil ihrer in dem kurzen Leichenſcheine nicht gedacht war ꝛc. Allein die Hauptſache moͤchte immer die bleiben, daß hier, wie in den Engli— ſchen Faͤllen, waͤhrend des Lebens des Subjectes im ganzen Syſte— me der willkuͤhrlichen Muskeln keine Spur einer Belaͤſtigung durch den ungeheuern Balaſt dieſer Cyſten (ich denke mir dabei dieſelben als fremde Körper) das Vorhandenſeyn dieſer Thierchen auch nur von Ferne her ahnen ließ. 237 Eben fo wenig duͤrften ſich noch zur Zeit folgende Fragen ges nuͤgend beantworten laffen : 1. Ob dieſer kleine Coloniſt durch ein einziges Individuum ſeiner Art oder durch ein pärchen dem Organismus einverleibt wor— den und ſich von einem Puncte über alle Muskein verbreitet habe, oder ob er gleichzeitig, wie durch einen deus ex machina, in allen einzelnen Welttheilen, Inſelgruppen und Inſelchen unſeres Mikro⸗ kosmos in's Daſeyn gerufen wurde. 2. Ob ſich wohl das Thierchen auch im ganz gefunden Körs per niederlaͤßt, oder ob es nur einer beſtimmten Entmiſchung nachzieht. — 3. Wie lange der Paraſit den Körper des Verſtorbenen be— wohnte; doch laßt die vollſtaͤndige Perrification des Inhaltes mans cher Cyſten in unſerm Falle auf ein längeres Beſtehen dieſer Hel- minthiasis ſchließen. Dr. G. L. Kobelt. Ueber den musculus sphincter pupillae der menſch— lichen iris. So wie ich bei dieſer Gelegenheit alle willkuͤhrlichen und un— willkuͤbrlichen, alle conſtatirten und noch mehr alle nicht conſtatir— ten Muskeln mit erhöhtem Intereſſe die Revue paſſiren ließ, fo traf denn auch die (blaue) iris dieſes Mannes die Reihe, weil man fo vielfältig aus phyſiologiſchen und pathologiſchen, aus anatomi— ſchen, mikroſcopiſchen und chemiſchen Grunden die musculöfe Bes ſcgaffenheit der Regenbogenhaut behauptet hatte. — Den geſach— ten Paraſiten in dieſer dem unmittelbaren Einfluſſe des Willens entrüdten Membran nicht zu finden, konnte mich nach dem Vor: angegangenen nicht befremden; wohl aber war ich nicht wenig er: freut, hier in einer durch 71 Jahre thaͤtig geweſenen iris den Ty— pus eines musculus sphincter pupillae fo ſcharf ausgeprägt zu fin— den, daß mich ſchon dieſe einzige Anſchauung, noch mehr aber meine ſeitdem uͤber dieſen Gegenſtand mit geſteigerter Aufmerkſamkeit fortgeſetzten Unterſuchungen zu dieſer Veroͤffentlichung des Gefun— denen beſtimmten Bekanntlich haben ſchon Mon ro, Mauno ir, Home, Muck, Travers, Jennings u. a. einen ſolchen Kreismuskel der Pupille angenommen und zum Theil auch abgebildet. Allein immer hat man denſelben wieder in Zweifel gezogen, weil es den genannten Beobachtern an den genügenden Nachweiſen der anatomiſchen In— dividualitaͤt, Beſtaͤndigkeit und musculoͤſen Beſchaffenheit dieſes Gebildes gebrach, und weil ſie es verabſaͤumten, den Fachgenoſſen die Methode zur leichten Wiederauffindung deſſelben an die Hand zu geben. — Breitet man die ſo eben aus dem Auge genommene und aus— gewaſchene iris auf einer glatten Flaͤche aus, ſo erkennt ſchon das unbewaffnete Auge, bei ſchraͤg auffallendem Lichte, am Pupillar— rande derſelben einen ſchmalen, wulſtigen, nach Außen ſcharf be: N Ring, der ſelbſt nach dem Auftrocknen des Ganzen noch die Augen faͤllt. — Dieſer ringfoͤrmige Wulſt iſt unter andern auch ven Arnold “) genau beſchrieben und abgebildet und feine Dicke von Krauſe **) mit der gewohnten Genauigkeit gemeſſen worden. Kein geübtes Auge, welches demſelben einige Aufmerk- ſamkeit ſchenken will, wird denſelben vergeblich ſuchen. — Es han— delt ſich ſonach zunaͤchſt nur um die Frage, ob dieſer erhabene Ring ein ſelbſtſtaͤndiges, conſtantes Gebilde ſey und ob er als ſol— ches dem Muskelgewebe anachöre und ſomit Anſpruͤche auf den Namen eines sphincter pupillae machen koͤnne oder nicht. — Die Hinderniſſe, welche eine allgemein genügende Beantwors tung dieſer Frage verzoͤgerten, liegen, wie ich glaube: 1) in der Schwierigkeit, die Regenbogenhaut von der ſtoͤren⸗ den Verhuͤllung ihres Gewebes durch das Pigment vollftändig zu *) Anat. phyſiologiſche Unterſuchungen über das Auge des Men— ſchen S. 73 und ibid. Tab. II. Fig. 1 litt. b 5 und auch 1 in deſſen Tabulae anatomicae fascic. II. Fig. 23 itt. cc 7 *) Handb. der menſchl. Anatomie, Band J. S. 411. 238 befreien; und zwar gilt dieß naturlich weniger von der Pigments lage der ſogenannten uvea, als vielmehr von jener theilweiſen Ans haͤufung des Farbeſtoffes, die man an der vordern Flache dieſer Membran gleſchſam in einzelnen Inſelgruppen vorzüglich um den Pupillarrand abgelagert findet, und die ſonach der Unterſuchung des genannnten Wulſtes bindernd im Wege ſteht. Deßhalb eignen ſich dunkle Blendungen zur erſten Unterſuchung durchaus nicht. Man woͤhle hiezu im Gegentheil eine moͤglichſt helle, am beſten eine blaue iris, und wo es angeht, eine ſolche aus dem Auge eis nes Pydropiſchen. 2) In den meiſten Fallen umſtrickt der ſogenannte circulus iridis minor mit feinen Gefäß: und Nervenmaſchen vorzüglich die äußere umgraͤnzung des in Frage ſtehenden Muskels fo ſehr, daß fein Gewebe in das der umgebenden Irisflaͤche zu verſchwimmen ſcheint. Dieſem Uebelſtande iſt vorzugsweiſe die bisherige Oßſcuri— tät unſeres Muskels beizumeſſen. Man breite, um ihm abzubel: fen, die iris mit ihrer vordern Flaͤche auf ein trockenes Glasplätt: chen aus, und ſuche ihr durch fortgeſetztes Anziehen des Ciliarran⸗ des die hoͤchſte Ausſpannung zu geben, bis fie durch endliches Auf: trocknen und Ankleben der äußerſten Peripherie in dieſem Zuſtande der groͤßten Ausdehnung von ſelbſt erhalten wird. Dabei muß man natürlich den Pupillarrand immer feucht zu erhalten ſuchen. — Durch dieſe einfache, aber unerlaͤßliche Procedur wird der ger nannte Gefaͤßkreis mehr oder weniger von dem Muskel abgezo— gen, und es entfteht zwiſchen beiden ein ſchmaler, durchſichtiger Raum, der die Graͤnze des letzteren auf das Klarſte erkennen laͤßt. — 3) Ein nicht geringes Hinderniß liegt endlich in der allgemein gebraͤuchlichen mikroſcopiſchen Unterſuchungsweiſe ſelbſt, indem man gewoͤhnlich mit den ſtaͤrkſten Vergrößerungen bei durchfallendem Lichte beginnt, weil man zunädyft immer die Elementar-Analyſe im Auge hat. Man beginne bei dieſer Prüfung umgekehrt mit den ſchwaͤcheren Verarößerungen und wähle ein recht helles, reflectir⸗ tes Licht. Selbſt das unmittelbare Sonnenlicht ſchadet nicht. Bei Beobachtung dieſer techniſchen Cautelen zeigt uns vorerſt ſchon eine S5fahe Diametral-Vergroͤßerung den ſchon mit bloßem Auge erkannten Wulſt als einen circa 4 breiten aufgeworfenen und nur wenig durchſichtigen Kreis, deſſen Außenrand, als die hoͤchſte Erhebung deſſelben, beträchtlich genug über die naͤchſte Um: gebung hervorragt, um bei ſchief auffallendem Lichte feinen Schlag: ſchatten auf der tieferen Ebene der umliegenden Irisflaͤche erkennen zu laſſen; indeß er ſich auf der andern Seite in ſanfter Abdachung gegen den Pupillarrand herabſenkt, ſo daß dieſer dagegen ganz ſcharf erſcheint. Das Gewebe dieſes Ringes ſelbſt iſt fo dicht gedrängt, und fo reichlich uͤbereinandergeſchichtet, daß er faſt uͤberall die Lichtſtrablen grell zuruͤckwirft, und nur an einzelnen Stellen ſpaͤrlich durchlaßt, während durch die zahlreichen Maſchen der angraͤnzenden dünneren iris das Dunkel der ſchwarzen Folie, in'sbeſondere am Umfange des Muskels, faſt unaufgehalten hervorbricht. — Noch mehr aber wird dieſer contraſtirende Unterſchied zwiſchen dem Muskel und ſei⸗ ner Umgebung erböht durch die eigenthuͤmliche Richtung und ab: ſtechende Farbe der ihm zu Grunde liegenden Faſern und Faſer⸗ buͤndel. Iſt die iris nicht vollkommen ausgewaſchen, ſo bleibt, auch wenn die übrige Fläche derſelben ganz rein erſcheint, immer einiges Pigment auf dem ſchroffen Abbange des äußern Randes des. Ringes und in den Furchen zwiſchen dem Gewebe deſſelben liegen, bildet hier zarte, ſchwaͤrzliche, bogenfoͤrmige Lineamente, deren Richtung ganz allgemein dem Kreisbogen der Pupille folgt, ſich mit den Strahlen der iris in rechtem Winkel kreuzt, und ſomit die Faſe⸗ rung des Gewebes und die Richtung ſeiner Faſern ſchon hiedurch auf das Deutlichſte beurkundet. — Aber auch nach vollkommener Befreiung des Ringes vom Pigmente manifeſtirt ſich dieſer faſerige Bau, indem die milchweißen Ciliargefaͤße und Nerven bei ihrer Ankunft am Rande des Ringes von den gelbroͤthlichen, derberen Fa⸗ fern und Faſerbundeln deſſelben, wie die Radien eines Korbbodens von deſſen Kreisftäben, theilweiſe uͤberſponnen werden, ſo daß die Fortſetzungen derſelben im Bereiche des Ringes nur in Unterbre— chungen und nur da deutlich verfolgt werden koͤnnen, wo die Kreis. 239 Fafern und = Bündel des Muskels kleine Schlitze zwiſchen ſich laſ⸗ fen; an welchen Stellen man dann die ſchwarze Unterlage, wie durch ein aus verſchiedenfarbigen Staͤben geflochtenes Gitterwerk, hindurchſchimmern ſieht '). An der vordern Fläche laufen die Ge: fäße und Nerven nicht unter, ſondern über dem Ringe weg, um zum Pupillarrande zu gelangen. Noch reihen ſich an dieſe anatomiſchen Thatſachen folgende Erſcheinungen, als fernere Beweisgründe für den eigenthuͤmlichen Character des fraglichen Ringes, an. — Schneidet man durch zwei Radialſchnitte ein Stuͤckchen aus dem ganzen Kreiſe der iris heraus und laßt, z. B., Eſſigſäure auf daſſelbe einwirken, fo zieht ſich das Segment des Ringes im erſten Momente raſcher als die uͤbrige iris in der Richtung des Pupillarrandes zuſammen, wodurch die vorher geraden Schnittraͤnder, wie die Seitenraͤnder einer ſtei— fen Gardine bei'm Zuſammenziehen ihrer obern Einfaſſung, einen nach Außen converen Bogen bilden, indem jetzt die Radien der iris in jenem Ringe auf einen kleinern Raum zuſammengeſchnuͤrt werden. — Daſſelbe Phänomen bietet auch die lebende iris. — Oeffnete ich, z. B., bei'm Hunde die vordere Augenkammer, wie bei der Extraction der Cataracte, durch einen Lappenſchnitt, und machte einen Radialſchnitt in die Blendung, ſo zogen ſich ſo— gleich die beiden Schnittraͤnder, jedoch nur innerhalb der Graͤnzen jener Kreisfaſern des Pupillarrandes, ſo raſch zuruͤck, daß der übrige Theil der iris nicht in gleichem Maaße folgen konnte, wodurch die Wunde nicht vollkommen dreieckig, ſon— dern etwa wie der Raum zwiſchen zwei zur Seite aufgebundenen Fenſtergardinen erſchien. Machte ich ſchnell zwei Schnitte in ge— ringer Entfernung neben einander, ſo zog ſich der flott gewordene Pupillarrand dieſes Stuͤckchens, ſo weit die Kreisfaſern reichten, raſch in die Queere zuſammen, indeß die iris dieſem Zuge nur mechaniſch folgte. Dabei rollte ſich der flottirende Lap pen bald nach Hinten um, eine Erſcheinung, welche leicht ihre Er— klaͤrung im Baue der uvea dieſes Thieres finden dürfte. Dieſe Experimente, am Kaninchen vorgenommen, lieferten dieſelben Re— ſultate; nur waren hier die einzelnen Vorgänge, wegen der ſchär— feren Begraͤnzung des sphineter und der groͤßern Durchſichtigkeit der iris, leichter zu verfolgen. Dieſe ſcharfe Abgraͤnzung des Ringes von der uͤbrigen Iris— flaͤche, ſeine groͤßere Dicke und dichtere Textur, die contraſtirende Richtung und Farbe ſeiner Faſern und Buͤndel, im Vereine mit obi— gen phyſicaliſchen und phyſiologiſchen Erſcheinungen, duͤrfte uns doch wohl hinreichend zur Aufnahme deſſelben in die Reihe der ſelbſtſtaͤndigen Gebilde des Auges berechtigen. Diejenigen aber, welche dennoch an der anatomiſchen Indivi— dualität dieſes geſchloſſenen Faſerbruches zweifeln ſollten, darf ich endlich zur beſſern Ueberzeugung die Unterſuchung einer noch mit der Pupillarmembran verſehenen iris empfehlen, weil hier der be— ſchriebene Ring zwiſchen den durchſichtigen Gefäßen der iris und der Pupillarhaut, als eine dichte, faſt undurchſichtige, beiderſeits ſcharf begraͤnzte, Zone eingeſchoben liegt, die durchaus keine Ver— wechslung mit dem uͤbrigen Gewebe der iris zulaͤßt. In Betreff der Beſtaͤndigkeit dieſes Ringes darf ich bemerken, daß ich ihn bei obiger Unterſuchungsweiſe noch in keinem Auge vom viermonatlichen Foͤtus bis zum hohen Greifenalter je vermißt habe. Geht man nun nach Beendigung dieſer weniger eindringenden Unterſuchung an die mikroſcopiſche Elementar-Analyſe der beſchrie— *) Die Faſern und Bündel des Muskels find ziemlich treu von E. Home in Philosophical Transactions 1822 Plate VI. Fig. 8 und Plate VII. Fig. 1 a in der menſchlichen iris und Plate VII. Fig. 6, 7, 8 in der des Ochſen abgebildet. — 240 benen gelblichroͤthlichen Faſern, ſo wird man zwar keine queerge— ſtreiften Muskeln erwarten, wohl aber ſolche erkennen, welche in allen Merkmalen mit den vegetativen Muskeln zuſammentreffen; nur ſind die einzelnen Mittel ungewoͤhnlich derb und mehr geſon— dert, und erinnern beſonders auch durch ihre ſchlitzfoͤrmigen Ma— ſchen an die Anordnung der Ringmuskeln des Duͤnndarmes. Im Uebrigen darf ich mich hierin auf die Angaben Valen— tin's *) berufen, welcher die vegetative Musculatur der Kreisfa— ſern der iris anerkennt, bei ſeiner Unterſuchungsweiſe aber eben dieſe Kreisfaſern (die er in der ganzen iris anzunehmen ſcheint), den Longitudinalfaſern untergeordnet gefunden haben will. — Was endlich noch die chemiſche Unterſuchung betrifft, ſo hat ſchon Berzelius **) den großen Reichthum der iris an Fibrin, welches dem aus Muskeln gewonnenen gleichkomme, erkannt, und auch der abgeſchnittene Pupillarrand, mittelſt Eſſigſaͤure zur Auf— loͤſung gebracht, zeigte mir dieſelben Reactionen, wie die des Fa— ſerſtoffes überhaupt: Faſſen wir nun noch zum Schluſſe diejenigen Momente zu— ſammen, welche ſich fuͤr die musculoͤſe Beſchaffenheit des Gebildes vereinigen, deſſen Selbſtſtaͤndigkeit und conſtantes Vorkommen ich oben zu erweiſen ſuchte, ſo moͤchte uns wohl 1) die Zuſammenſetzung des Ringes aus deutlichen, den vegetas tiven Muskelfaſern homogenen Fibrillen, 2) die Vereinigung derſelben zu groͤßern Buͤndeln, welche in Betreff der Farbe und Anordnung mit denen der automatiſchen Kreismuskeln voͤllig uͤbereinkommen; 3) zum Theil auch das chemiſche Verhalten und 4) die Analogie mit den übrigen Schließmuskeln des Organis- mus und endlich 5) die hohe und ſelbſtſtaͤndige Irritabilitaͤt deſſelben im Ver— haͤltniſſe zu feiner naͤchſten Umgebung in den Stand ſetzen, dieſem Gebilde mit vollem Rechte denjenigen Namen zu vindiciren, wel— chen ich demſelben ſchon in der Ueberſchrift dieſes Aufſatzes wohl anſcheinend zu vorſchnell beigelegt hatte. Kobelt. *) Valentin Repertorium II. S. 247. „“) Auch wieder in der neuſten Ausgabe feines von Woͤh ler uͤberſetzten Lehrbuches Band IX. Heft 5 S. 530. — Mis ce len. Eine neue Operation des Staphyloma pelluci- dum eines Dr. Fario beſteht darin, daß ein kleiner dreiſeitiger Lappen, deſſen Baſis 2 Linien breit auf dem Harnhautrande nach Außen gerichtet iſt, aus der Hornhaut ausgeſchnitten wird. Der humor aqueus fließt aus, das Auge wird geſchloſſen und 8 Tage lang in einem dunkeln Zimmer mit Heftpflaſter geſchloſſen erhalten. Die Operation muß bisweilen zwei oder drei Mal wiederholt wer— den. Endlich iſt die Hornhaut ſo weit zuſammengeſunken, daß der Kranke wieder deutlich ſieht oder nur noch einer ſchwachen concaven Brille bedarf. Dr. Fav io hat drei Faͤlle mit guͤnſtigem Erfolge opcrivt. (Gaz. méd. No. 6.) Milchſaures Eiſen ift von den HHrn. Gelis und Gone te als neues Eifenpräparat zum Gebrauche bei chlorotiſchen und anhaͤmiſchen Perſonen empfohlen und von Herrn Bouillaud bei 21 Kranken mit entſchieden guͤnſtigem Erfolge angewendet worden, fo daß letzterer in feinem Rapporte an die Acad. de méd. die An- ſicht ausſpricht, daß dieſes Praͤparat von jetzt an eines der erſten Eifenpräparate zum ärztlichen Gebrauche ſeyn werde. (Gaz. med. No. 6.) Bibliographische Neuigkeiten. Meteorologie. Observations et recherches expérimentales sur les causes qui concourent a la formation des trombes. Par N. Ath. Peltier, Paris 1840. 8. M. K. Monographie du genre camellja et traité complet de sa culture, sa description et sa classification. Par Abbé Berlese. Secon- de édition. Paris 1840. 8. M. Kpfrn. De l’Hemostasie, ou Deplacement mécanique du sang, em- ployée au traitement des diverses maladies. Par Arthur de Bannard. Paris 1840. 8. Du traitement preservatif et curatif de la phthisie pulmonaire. Par le Docteur Amedee Latour etc. Paris 1840. 8. Ü — „2 Ö.Ö — — Henne Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgeben von dem Ober- Mebteinotratbt Froriep jn Weimar, No. 302. Gedruckt im Landes -Induſtrie- Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. (Nr. 16. des XIV. Bandes.) Preis einer ganzen Bandes vor Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 agl- und dem Mediemaktatte unt Profeflor Freren e Berlin, Mai 1840. 24 Bogen 2 Athlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte . 6 ggl. Wage en r Beobachtungen uͤber die Zunahme der Baͤume in der Dicke. Von H. C. van Hall. (Vorgeleſen in der erſten Claſſe des Koͤnigl. Niederlaͤndiſchen In— ſtituts der Wiſſenſchaften, Literatur und ſchoͤnen Kuͤnſten.) Die Zunahme der Bäume in der Dicke und die Zeit, binnen welcher dieſes geſchieht, iſt ein ſowohl aus dem landwirthſchaftli— chen, als aus dem botaniſchen Geſichtspuncte durchgehends wichti⸗ ger Gegenſtand, über wilden ich bereits ſeit geraumer Zeit einige Unterſuchungen angeſtellt babe, deren Ergebniß ich, in wenigen Worten mitzutbiilen, nicht für unzweckmaßig halte. Ich habe die Reſultate dieſer Unterſuchungen in einigen Ta— bellen neben einander geſtellt und zwar zuerſt diejenigen uͤber die mittlere jährliche Zunahme einiger Baumarten in der Dicke. Alle in der erſten Tabelle genannten Baͤume ſind meiſtentheils waͤhrend 8 oder 10 Jahren jaͤhrlich immer in gleicher Hoͤhe, naͤmlich 1} Meter über der Erde, nach dem Umfange des Stammes gemeſſen und zwar mittelſt eines kleinen Papierſtreifens, den ich zu dieſer Meſſung für das einfachſte und geeignetſte Mittel hielt, indem ein ſolcher Papierſtreifen, wenn er an einem trocknen Orte aufbewahrt wird, durch Ausdehnung oder Zuſammenziehung am wenigſten Ver— Mittlere Namen der Bäume nebſt dem Maaße ihrer Stämme 1 115 a im Umfange nach der erſten Meſſung in Millimetern. |Umfangsin Millimet. hee u n . aͤnderung erleidet und zugleich vor jeder Meſſung mit einem feſten, hierzu vorhandenem Maaßſtabe verglichen werden kann. Die Mife fung iſt möglichft regelmäßig, und obgleich fie immer auf dieſelbe Weiſe vorgenommen wurde, ſo moͤgen doch, wegen der nicht voll— kommen cylindriſchen Geſtalt der Baumſtaͤmme und anderer leicht vorkommenden kleinen Umſtaͤnde, geringe Ungleichheiten in den Meſſungen ſtattgefunden haben, obſchon ich nicht glaube, daß da— durch eine erwaͤhnenswerthe Differenz über einen Zeitraum von verfchiedenen Jahren ertitanden iſt. Auch iſt natuͤrlich das Wachs⸗ thum der Rinde in die Dicke in der Meſſung mit begriffen, was jedoch bei allen Bäumen auf gleiche Weiſe der Fall und im Ber: A zur Dicke der Jahresringe felbft von keinem großen Be— lange iſt. Die in der erſten Tabelle erwähnten Meſſungen find alle an Bäumen vorgenommen worden, welche auf einem leichten moorar— tigen, etwas feuchten Lehmboden im Polder Heikop bei Vianen in Suͤdholland gewachſen ſind. Die Ergebniſſe dieſer Meſſungen würden gewiß in einer andern Oertlichkeit etwas anders ausgefal— len ſeyn, und demnach dürften fie vielleicht zu nuͤtzlichen Verglei⸗ chungen Veranlaſſung geben. Umſtaͤnde, welche außerhalb mir la— gen, haben die Fortſetzung dieſer Unterfuchungen verhindert; jedoch glaube ich, daß dieſelben, wie ſie gegenwaͤrtig ſind, nicht ganz für die Wiſſenſchaft vergeblich ſeyn dürften, Anmerkungen. — mM̃ — — — — — ͤ 3m—— 4 ͥͤ ãů4l— — — 1. Eiche, Quercus pedunculata (gepflanzt im Fruͤh · 1886 1085 Mefend! 140 Millimeter den 1. Kaen 8 ° . 37 2. Eiche, desgleichen, meffend 165 Millim. 22,5 3. Eiche (gepflanzt im Frühling 1810), meſſend 522 Millimeter am 1. Septbr. 1826 1 29} 4. Eiche, desgleichen, meſſend 555 Millimeter 8 30575 5. Eiche (gepflanzt ungefähr 1767), alla 1341 Mil⸗ limeter den 1. September 1826 i 207 6. Eiche, desgleichen, meſſend 1792 Millimeter 121 No. 1402. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1836 = 370 Millim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. Ye dicht am Waſ⸗ 1836 221 Millim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. Stand in Acker⸗ und 1836 — 292 Millim. Gartenland. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept.] Desgleichen. 1536 = 307 Millim. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept. 9 ſtand je⸗ 1834 = 165 Millim. ch früher ganz Wachsthum in 8 — bis zum 1. Sept. . anderen 1834 = 100 Millim Bäumen, 16 243 — 244 Mitelere Namen der Bäume nebſt dem Maaße ihrer Stämme jährl. Zus nahme des Anmerkungen. im Umfange nach der erſten Meſſung in Millimetern. Umfangs in Millimet. U —— — . — —— . — ? — . — — — — —ñ — Ze: 7. Eiche, desgl., meſſend 1,805 Millim. ; - 17 Gemeine Ulme, U!mus campestris (gepflanzt im Frühling 1826) meſſend 170 Millimeter den 1. Sept. 1828 . 5 86 2 9. Gemeine Ulme (geplant im Frühling 1825), meſſend 190 Millim, den 1 eptember 1826 » 821 10. Gemeine Ulme (gepflanzt ungefähr 1767), meſ⸗ fend 1,155 Millim. den 1. Sept. 1826 203 „11. Eſche „Praxinus excelsior (gepflanzt im Frühling 1826), meſſend 113 Millim. den 1. Sept. 1826 292 12. Eſche (gepflanzt im 325 1810), meſſend 435 Millim den 1. Sept. 1825 26 50 13. Gemeine Weide, Salix alba (gepflanzt im Früh⸗ ling 1826), meſſend 191 Millimeter J. Sept. 1826 47 14. Gemeine Weide, desgl., meſſend 162 Millim. 41 15. Gemeine Weide, desgl., (gepflanzt 1811) meſſ. 1,130 Millim. den 1 September 1826 47 16. Canadiſche Pappel, Populus monilifera (gepfl. 1824), meſſend 620 Millim. den 1. Sept 1826 . 81 17. Canadiſche Pappel, desgl., meſſend 705 Mil— H 64 18 Canadiſche Pappel, desgl., meſſend 605 Mil— 5 limeter 77 19. Canadiſche Pappel (gepf lonzt im Beäsı. 1810), meſſend 1,645 Miliim. den 1. Sept, 1826 911 20. Roßkalſta nie, Aesculus Hippocastanum (gepflanzt 1819), meſſend 454 Millim den 1. Sept. 1826 . 54 21 Bir ke, Betula alba (gepflanzt 1820), meſſend 205 Millim. den 1. Sept. 1826 i 12 22. Gemeiner Ahorn, Acer Pseudoplatanus (ge⸗ pflanzt im Fruͤhling 1826), r d. 1. September 1826, 240 Millim. 5 10 23. Wallnußbaum, Jugl ins regia (aus einer Nuß im Herbſte 1826 gelegt), meſſend 156 Millim. den 1. Sept, 1831 8 37 24. Wallnuß baum (gepflanzt 1821), meſſend Sant Millim. 1. September 1826 A 24 25. Linde, Tilia Kuropaea latifolia (gepflanzt 1811) meſſend 380 Millim. den 1. Sept. 1826 8 22 26. Tanne, Pinus Abies; der zweijährige Hauprat maß 73 Millimeter den 1. Sept. 1831 . 25 Aus dieſer Tabelle ergiebt ſich: 1) daß die Eiche in dem genannten Boden nach Verhaͤltniß deſſen, was anderwaͤrts ſtattfindet, ſehr geſchwind an Dicke zu: nimmt Man wurde ſich übrigens irren, wenn man daraus fol— gern wollte, daß dieſe Baumart unter die vortheilhafteſten für ſol— che Bodenarten gehört, indem das auf ſolchem Boden gewachſene Holz durchgehends zu ſchwammig und für den Holzkaͤufer von ge⸗ ringerem Werthe iſt, als ſolches, welches auf einem ſandigeren und trockneren Boden gewachſen iſt; 5 2) daß die gemeine Ulme noch ſchneller, als die Eiche und nicht viel weniger ſchnell, als die gemeine Weide fortſchreitet und hinſichtlich des Heizwenthes hier unter die vortheilhafteſten Baum— arten zu rechnen iſt. Letztere s gilt jedoch nur von dem maͤßig trok⸗ ken gelegten Boden, da die allertiefſten den Winter uͤber zu Zeiten 10 f Waſſer ſtehenden Stellen für dieſen Baum ganz untaug— lich find: 3) daß von der Eſche beinahe daſſelbe, wie von der gemeinen En gefagt werden kann, obſchon die Eſche etwas langfamer w 5 4) daß das außergewöhnliche ſchnelle Wachsthum der Canadi— ſchen Pappel, die hierin, ſo viel mir bekannt, alle unſere inlaͤn— Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept. 1834 = 136 Millim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1 Sept. 1836 = 363 Linien. Wachschum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1836 — 325 Millim. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept. 1834 = 165 Millim Wachschum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1836 — 296 Miuim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1835 263 Millim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1836 = 475 Millım. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1. Sept. 1836 = 410 M Uim. Wachsthum iı einem Jahre bis zum 1. Sept. 1827 = 47 Millim. Wachsthum in 10 Jahren bis zum 1836 — 810 Millim MWatsthum in 10 Jahren bis zum 1836 — 645 Millim. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept. 1834 — 616 Milim Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1834 — 730 Millim. 1. Sept. 1. Sept. Stand nicht im Buſch, 1. Sept. ! wie andere Canadi— Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept.] ſche Pappeln, ſon⸗ 1834 = 432 Millim. dern in Gartenlaͤn⸗ derei. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept.) Stand in Gartenlaͤn⸗ 1834 = 96 Millim. derei. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept. 1834 = 30 Millim. Wa bethum in 3 Jahren bis zum 1. Sept. In guter Gartenlaͤn⸗ 1834 = 111 Millim. derei. a Wahschum in 10 Jahren bis zum 1. Sept, In guter Gartenlaͤn⸗ 1826 — 240 Millim. derei. Wachsthum in 8 Jahren bis zum 1. Sept 1834 = 176 Millim. Wachsthum in 3 Jahren bis zum 1. Sept. 1834 — 75 Millim. diſchen oder gezogenen Baumarten uͤbertrifft, alle Beachtung ver— dient. Das Wachsthum der Italieniſchen Pappel (Populus fastigiata) war nur wenig geringer, obſchon dieſes in der Tabelle nicht angegeben iſt, weil es wegen der eckigen Form des Stammes nicht ſo genau ausgemittelt werden konnte; 5 daß die Birke und der gemeine Ahorn auf dieſem Boden nicht gedeihen. Der gemeine Ahorn beſonders liebt die Feuchtigkeit des Bodens gar nicht; 6) endlich, daß ein an ſeiner Stelle gebliebener und nicht ver⸗ pflanzter Wallnußbaum viel ſchneller, als ein verpflanzter Stamm gewachſen iſt. Dieſes beſtaͤtigte alſo die uͤber dieſen Punct ſehr allgemein angenommene Meinung. Werſchiedene Umſtaͤnde haben mich bei den jaͤhr'ich wiederhol— ten Meſſungen haͤufig die Bemerkung machen laſſen, daß nicht nur das Aofreſſen des Laubes in manchen Jahren durch die Raupen, ſondern auch das Abnehmen vieler oder ſtarker Aeſte für die Folge die Zunahme der Dicke beirächtlich vermindert, und zwar gegen die Meinung einiger Liebhaber des Beſchneidens der Baͤume, jedoch be— ſtatigend, was die Wiſſenſchaft über den Nutzen der Blätter für die Ernaͤhrung auch des Stammes der Baͤume lehrt. 245 Ein zweiter Punct der Unterſuchung war das Wachsthum der Bäume wahrend der verſchiedenen Monate des Jahree. Ich habe mich bemuͤht, über Dasjenige, was in dieſem Puncte vorgeht, das durch Gewißheit zu erlangen, daß ich in dem Garten der Univerjis tat zu Groningen auf einem gemiſchten, gut trockengelegten, lehmi⸗ gen Boden einige Bäume, jedes Mal regelmäßig am 1. jedes Monates maß. Die Meſſungen find ſaͤmmtlich auf gleiche Weife, wie die in der erſten Tabelle angegebenen, ausgefuhrt, und drucken ebenſo die Zunahme des Umfanges des Baumes aus. Die Meſſungen habe ich beinahe alle ſelbſt und fo genau, wie möglih,, vorgenommen, und nur ein einziges Mal, wo ich durch Abwefenbeit verhindert war, find fie durch einen Amanuenſis auf dieſelbe Weiſe ausgeführt werden. Die Nefultate dieſer Meſ— ſungen ſind enthalten in folgenden Te d d eee: : Wachsthum in Milli: : tern. Im Juni I. Ulmus campestris 1 en maß beider eofin Mefe| J S 2) "men | zufammiens fung 265 Millimeter. 8 8 8 = A gerechnet. * 38 1334 ıslzılız)ısl 2 11] 69% 38 1835 1011210166 111 50 22 1835 8117| 6115| 7 | 0 53 28 1337 57171520 46 24 1833 615 16 12 41 1 54; 31 Wegen des ſehr kalten Fruͤhlinges im Jahre 1837 hatte diefer Stamm den 15. Mai des genannten Jahres noch gar nicht an Dicke zugenommen. Wachsthum in Millis II. Fraxinus excelsior IELEEN® Juni. und APR s li zu⸗ maß bei der erſten Mefe) „ S| @|o zuſam⸗ Ju ſung 624 Millimeter. 8 = 05 3 3 men — E 1884 6110 26 2 10 22 13 1835 6 5 2 5 10 19 7 1836 1,5’ 22172100 12 7 1837 5 58 1 20 24 13 1838 310 5 1110 20 15 Wachsthum in Milli⸗ a 18 III Fraxinus excelsior . un, and maß beider erſten Mef: sa = 8 fen länge; ſung 280 Millimeter. =. 5 2 5 = 2 rechnet. | sole 1837 | 2 2 10 3 0 0 | 35 30 1838 6.23 5 9 ı lo| 44 28 Wachsthum in Milli⸗ e Iv. Quercus pedun- metern. Juni un culata maß bei erſter ae G zuſam- Juli zu⸗ Meſſung 185 Millim. 8 8 8 8 men ſammenge— — 2 == rechnet. EEE 1834 121912100 6 | 0 59 31 1835 413160 8| 4 | 2 47 29 1836 41476 2 2 35 21 1837 3| 714! 9| 8 | 0 36 2¹ 1838 51110 5 1100 321 21 246 Wachsthum in Milli⸗ | 0 V. Quercus rubra maß BERGEN. 2 Juni und bei erſter Meſſung 152| % 2, 2 6 zuſam⸗ vB zu⸗ Millimeter. = = 2 & 2 8 men. ammenges SH 8 8 8 rechnet. 1834 9 10 14 2 00 37 20 1835 9112 143 0) 39 23 1% % 0 2 0 3 | 7 P 1833 4610 8 57/5 10 30 14} Waderhum n Wie VI. Tilia europaea metern. Juni und latifolia maß bei der . 55 zuſam⸗ Juli zus erſten Meſſung 189 | 2 * Q 2 men |fammenges Millimeter. 2. 8. oe =|2 rechnet. 7 1834 Im März 1834 ges pflanzt betrug das gan: ze Wachsthum 1835 210110 110 25 21 1836 34198661 0 359 27 1837 61118012 1 | I 49 29 1838 8122 17 | 2 | 1 52 39 Wachsthum in Milli VII. Acer Pseudopla- metern. Juni und tanus maß bei der er⸗ . zufam: Juli zus ſten Meſſung 186 Mil: s|2lualsı 2 |=2 men |fammenges limeter. n rechnet. Sr r 1884 1010| 9| 1000 30 19 1835 2 5 5 A) 16 11 1836 2166410 19 12 1837 139 6 0 19 12 1838 2| 7| 8 7 20 26 15 Bei der Betrachtung dieſer Tabellen iſt es auffallend, wie hoͤchſt unregelmäßig das Wachsthum der Bäume hier zu Lande fortſchreitet, was jedoch in der ſehr ungleichen Witterungsbeſchaf⸗ fenheit eine hinlaͤngliche Erklarung findet. Es ergiebt ſich gleich⸗ wohl als eine beinahe allgemeine Regel, daß die Monate Junius und Julius diejenige Jahreszeit ſind, in welcher die Baͤume am meiften an Dicke zunehmen; denn in bei weitem den meiſten Fällen betrug das Wachsthum in dieſen beiden Monaten, zuſammengerech⸗ net, mehr, als in allen Übrigen Monaten zufammer genommen. Ein gewiſſer Stillſtand im Wuchſe der Baͤume, ungefahr von der Hälfte des Junius bis zur Hälfte des Auguſts, wie ibn Dur bamel (Physique des arbres II. p. 250 — 261.) erwähnt, fin⸗ det bei uns nirgends ftatt. In Frankreich und da hauptſaͤchlich in trockenem, ſandigen oder kalkigen Boden, mag dieſes wegen der großen Sommerhitze feine Richtigkeit haben; in unſerem Vater⸗ lande, wo die Entwickelung im April und Mai fo viel fpäter bes ginnt, wo noch fo haͤufig im Mai ſtrenge Nachtfroͤſte das Wachs⸗ thum verbindern, oder verſpaͤten, findet gleichſam zum Erfage das Wachsthum der Bäume während des beſten Theiles des Sommers mehr ununterbrochen ſtatt. Aus dem Geſagten und aus den oben mitgetheilten Tabellen ergiebt ſich, wie ungegruͤndet die Meinung Agardh's ſey, daß in dem erſten Theile des Sommers die Baͤume mehr in die Laͤnge, und im letzten Theile deſſelben mehr in die Dicke zu wachſen pfle⸗ gen. Auch für Schweden fönnen wir nicht glauben, daß dieſe Meinung auf Naturbeobachtung gegründet fen, und wiſſen auch nicht, ob die erwähnte Anſicht Agardb's auf beſtimmten eigenen Beobachtungen beruht. Mehr Vertrauen floͤßt uns die Angabe 1 247 Malpighi's ein, daß in Italienzvom Maͤrz bis zum und im Sep⸗ tember (indem der eine Raum fruͤher, der andere ſpaͤter anfängt oder aufhört), jedoch nicht in den übrigen Monaten des Jahres, die Baͤume an Dicke zunehmen, indem die größere Fruͤhjahrswaͤr⸗ me in dieſem Landſtriche naturlich eine frühere Entwickelung im Fruͤhjahre zur Folge haben muß *). In unſeren Tabellen iſt die Zunahme an Dicke waͤhrend der Monate Januar, Februar, Maͤrz, April, November und December nicht erwaͤhnt. Zwar ſind in dieſen Monaten Meſſungen vorge— nommen worden, aber wie ſorafaͤltig auch dabei verfahren wurde, ſo habe ich in dieſer Zeit des Jahres nicht die geringſte Zunahme der Dicke der Staͤmme entdecken koͤnnen. Die Meinung Vieler, daß die Staͤmme auch im Winter etwas an Dicke zunehmen, ſcheint mir deßhalb ungegruͤndet zu ſeyn. Die einzigen aͤußeren Spuren des Wachsthumes an den Baͤumen ſind in dieſen Monaten in den Knoſpen zu ſuchen, welche waͤhrend dieſer Zeit an Dicke zuneh— mei, ſich inwendig ausbilden und gegen das Ende des Aprils aus zufhlagen beginnen; ferner auch in den Wurzelgefaͤßen, die auch, nach den Beobachtungen Duhamel 's (loc. cit. p. 265), ſich frü« ber als die Blaͤtter entwickeln; jedoch koͤnnen ſowohl Knoſpen, als Wurzelgefaͤße durch die Nahrungstheile wachſen welche noch vom vorigen Jahre im Stamme ſich befinden, aber zur Bildung neuen Holzes ſcheint die Mitwirkung der bereits entwickelten Blaͤtter nothwendig zu ſeyn *). Die Birke (Betula alba) iſt auch ein Gegenſtand regelmaͤßi⸗ ger Meſſung geweſen, obſchon dieſes in den Tabellen nicht angege: ben iſt, weil man ſich auf dieſe Meſſungen vor den Jahren 1837 und 1838, wegen des ungleichen Aufſchwellens und Berſtens der Rinde auf den Knoten, wie man dieſes bei alteren Birkenſtaͤmmen häufig wahrnehmen kann, nicht ganz verlaſſen konnte. Dieſer Baum zeigte nun den 18. April 1334 eine Menge aufſteigender Säfte, die bei der geringſten Vervundung aus den Aeſten aus— ſtroͤmten; die Knoſpen waren geſchwollen, wiewohl noch nicht ge— öffnet, aber ſeit dem 1. März (und auch noch bis gegen den |. Mai) hatte der Stamm abſolut gar nicht an Dicke zugenommen. Am 21. Maͤrz 1836, und auch an einzelnen warmen Tagen im April deſſelben Jahres, waren die Säfte in der Birke bereits reich: lich emporgeſtiegen, und dennoch war vom 1. November 1835 bis zum 1. Mai 1836 der Stamm abſolut gar nicht dicker geworden. Im Allgemeinen ſieht man bei Birken, Ahorn und andern aͤhnlichen Baͤumen im Maͤrz und April, wenn die Witterung mild iſt, die Aeſte angefüllt von den aufſteigenden waͤſſerigen Saͤften, die, ſobald die Witterung kaͤlter wird, weniger oder gar nicht mehr geſpuͤrt werden. Man hat dieſes hauptſaͤchlich in Nordamerica und anderwaͤrts in ſolchen Gegenden bemerkt, wo man den aufſtei— genden Saft des Zuckerahorns und anderer Baumarten zur Zucker— fabrication benutzt; aber die ſe Saͤfte haben auf die Zunahme der Dicke des Baumes gar keinen Einfluß. Sobald die Blätter ganz ausgeſchlagen ſind, nimmt der Ueberfluß dieſes aufſteigenden Saf⸗ tes ab, der dann mehr in die Blätter überzugehen ſcheint, und erſt, nachdem die Blaͤtter ihre Functionen verrichten koͤnnen, nimmt das Wachsthum des Stammes in die Dicke ſeinen Anfang, wie ſich bis jetzt aus allen meinen Meſſungen ergeben hat. Vielleicht ſetzt man mir jedoch die Beobachtung Duhamel's (loc. cit. p. 261) entgegen, daß ihm der Stamm eines Wallnußr baumes an Dicke zuzunehmen ſchien, auch nachdem das Wachsthum der Aeſte in die Länge aufgehört hatte und dieſe mit einer gutge— bildeten Knoſpe an der Spitze abgeſchloſſen waren. Abgeſehen je— doch davon, daß dieſes nur eine einzelne Beobachtung iſt, über welche Duhamel ſelbſt fagt: „si je ne me suis point trompe dans cette expérience“ (wenn ich mich nicht in dieſer Beobach— tung getaͤuſcht habe), fo ſagt er auch nicht beſtimmt, daß die Zu— nahme an Dicke ſtattgefunden habe zur Zeit, wo der Baum feine *) M. Malyighii Opera. Lugd. Bat. 1687 I. p. 160. Ber: gleiche auch L. C. Ereviranus, Phyſiologie der Gewaͤchſe. Bonn 1838, II., I. S. 177 — 178. ) Siehe auch C. H. Schultz, die Natur der lebendigen Pflanze I. S. 633 — 635. 2:8 Blatter bereits verloren und bevor er wieder neue Blatter befoms men hatte, ſondern einzig und allein, daß es ihm geſchienen habe, als ob die Zunahme an Dicke bei dieſem Baume noch einige Zeit fortgedauert habe, auch nachdem die Zunahme der Aeſte an Länge in dieſem Jahre bereits aufgehört hatte. Der Einfluß der Blatter auf die Zunahme der Stämme an Dicke ergab ſich mir unter andern am deutlichſten bei der Ita l ie⸗ niſchen Pappel. Als an dieſer, um anderen Gewaͤchſen größeren Raum zu ſchaffen, im Maͤrz beinahe alle Aeſte waren abgenommen worden, war auch die Zunahme an Dicke waͤhrend der Monate Mai, Junius und Julius gering, obſchon dieſelbe ſonſt bei dieſer Baumart ſehr augenfaͤllig iſt. Bei der Linde dagegen, der man abſichtlich die Seitenaͤſte auch unten am Stamme, ſowohl über, als unter der Meſſungsſtelle, groͤßtentheils gelaſſen hatte, war das Wachsthum anſehnlich und jährlich zunehmend. Auch früher (ſiehe weiter oben) hatte ein vergleichender Verſuch mit zwei gleichgroßen und, ſoweit man abnehmen konnte, vollkommen unter einerlei Um⸗ ſtaͤnden ſich befindenden Eichen ſtattgefunden, bei welchem der einen alle Seitenaͤſte genommen, der anderen gelaſſen worden war ren, und ich hatte dabei die Ueberzeugung gewonnen, daß die Zus nahme der Dicke desjenigen Baumſtammes, der nicht beſchnitten worden, viel beträchtlicher als bei dem beſchnittenen war. Meine Boba ſhtungen dienen auch zur Beſtaͤtigung derjenigen des Hrn. J. Wittewaall und ſeines Bruders (von denen ſie gegenſeitig Beſtaͤt'gung erhalten), welche in einer Schrift des Erſtgenannten, „über den Nachtheil des Beſchneidens aufwachſender Bäume, Utrecht 1837“, auf Seite 5 u. f. erwähnt find. Ohne im theoretiſchen Theile durchgaͤngig die Meinungen des Verfaſſers zu theilen, kom— men mir jedoch ſeine practiſchen Bemerkungen und Fingerzeige in vielen Hinſichten als ganz gegruͤndet und beherzigenswerth vor. Außer den genannten Baͤumen ſind auch noch andere, z. B., Populus graeca, Ailanthus g'andulosa, von welchem letzteren das ſchnelle Wachsthum Beachtung verdient, und Robinia Pseudaca- cia der G'ugenſtand regelmäßiger Meſſungen geweſen. Ich kann in Betreff derſelben im Allgemeinen die Verſicherung geben, daß fie, ähnliche Reſultate ergeben haben; aber ich wuͤrde dieſe letzteren Meſſungen (infofern wenigſtens, als man ſich gehörig darauf ver— laſſen kann) nur zum Theil mittheilen koͤnnen, indem der eine Raum abgeſtorben und der Stamm des andern ſo ungleich und eckig geworden war, daß alle Genauigkeit der Meſſung theils hierdurch, tbeils durch andere mehr oder weniger zufällige Urs ſa hen wegfaͤllt. Ich will dieſe Andeutungen hiermit beſchlie— ßen und zum Schluſſe nur noch das hinzufügen, daß auch we⸗ nigſtens einige monocotyledoniſche Baumſtämme an Dicke zunehmen. Eine im Warmhauſe des Univerfirätsgarteng in einem Topfe ſtehende Aletris kragrans hatte den 1. Mai 1834 einen Um: fang von 120 Millimeter, auf gleiche Weiſe gemeſſen, wie die an— dern von mir genannten Baumarten; jedoch hatte ſie am 1. Mai 1839, alfo binnen fünf Jahren, um 17! Millimeter an Umfang zugenommen. Auf gleiche Weiſe hatte eine an demſelben Ort in einem Topfe ſtehende Dracaena Draco am 1. Mai 1834 einen Umfang in der Dicke von 224 Millimetern, welche Zahl waͤhrend fünf Jahren um 231 Millimeter zugenommen hatte. f Dieſe beiden Stämme find noch ganz einfach, welches ich deß⸗ halb abſichtlich bemerke, weil einige die Zunahme einiger monocos tyledoniſcher Stämme an Dicke mit der Vertheilung derſelben in Aeſte in Verbindung bringen. Groningen den 1. Mai 1839. Miscellen. ueber die Wirkung des Geſanges auf einen Taub⸗ ſtummen leſe ich in einer Correſpondenz aus Nordamerica fol gende Anecdote: Die mit einer herrlichen Stimme begabte Gräfin Merlin aus Paris beſuchte vor Kurzem das Taubſtummeninſti⸗ tut zu New⸗Hork. Da fie von dem Director des Inſtitutes hoͤrte, daß einer der Zoͤglinge doch einen geringen Grad von Empfaͤng⸗ lichkeit für Toͤne habe, fo wuͤnſchte fie bei dem Armen die Wir- kung ihrer Stimme zu verſuchen. — Sie ſang daher, hatte dabei 249 Sorge, die vollſten, reichſten Intonatioren ihrer Stimme zu mähr len und dem Taubſtummen moͤglichſt nahe zu treten, damit die Schwingungen moͤglichſt ſtark und vollſtaͤndig zu ihm gelangten. Anfangs hoͤrte der arme Taubſtumme ganz erſtaunt, bald aber wich dieſes Erſtaunen einer nervoͤſen Agitation, die fo ſtark wurde, daß ſein Geſicht ſich zuſammenzog und den ſchmerzhaften Ausdruck eines Kindes annahm, welches weinen will. Rauhe Töne brachen aus ſeiner Kehle hervor und nach einem Kampfe von einigen Au— genblicken weinte er wirklich. — Von dieſem Anblicke gerührt und erſchreckt, hörte die Gräfin auf. Der Taubſtumme, über feine Ems pfindung befragt, erwiderte, daß es ein ſo lebhaftes Vergnügen ge— weſen ſey, daß ſein Gehirn davon ergriffen worden und es ihm unmoglich geworden fen es länger auszuhalten. Midame Mer— Lin wiederholte das Erperiment nicht, und als ſie ſich entfernte, folgte der arme Taubſtumme ihr mit einem Blicke, in welchem ſich Erſtaunen uud Verehrung ausdruͤckten. 250 Ueber die Schnelligkeit der Walfiſche findet ſich in dem Journal le Temps vom 2. Juni eine Angabe des ältern Hrn. Pluchonne au. „Damals, und ein Offizier des Walſiſchjaͤgers hat es mir erzählt, wurde ein Walſiſch von dem Gapitän Franck, der den Dreimaſter „„Augusta“““ von London befehligte, in der Davis⸗Straße verwundet. Die Leine zerriß und der Walſiſch nahm den Harpun mit ſich fort, auf welchem der Name des Ar— mateurs und des Schiffes eingegraben war. Der Verluft des Dar: puns und eines Theils der Leine wurde in das Schiffsjournal ein: getragen. Acht Tage ſpaͤter harpunirte der Sohn des Franck, welcher bei Spitzbergen dem Fiſchfange oblag, denſelben Walſiſc, und fing ihn. Die Identität des Thieres durch den Harpun iſt in den Journalen beider Schiffe dargethan, ſo wie durch die Zeit, in welcher daſſelbe die Schwimmſtrecke zurückgelegt hatte, wobei, da die Entfernung 2,400 Stunden beträgt, auf den Tag 300 Stunden kommen.“ Manch u n d e. Ein Fall von ſcirrhoͤſer Geſchwulſt der parotis. Von Robert F. Po wer. Die parotis kann der Sitz gutartiger und bösartiger Geſchwuͤlſte werden; die Exſtirpation derſelben erfordert Ge— ſchicklichkeit, große Ruhe und anatomiſche Kenntniß, da die Druͤſe mit den Halsgefaͤßen in naher Verbindung iſt. Die Erſtirpation, welche öfters ausgeführt worden iſt, hat ein beſonderes Intereſſe wegen der danach eintretenden Veraͤn—⸗ derungen der Nervenfunction. Sir C. Bell's Entdeckun— gen Über die Functionen dieſer Nerven machen diele Fälle noch merkwürdiger, da in ihnen ein Schluͤſſel in Bezug auf die Nervenfunctionen gegeben iſt, welcher von dem genann— ten Gelehrten aͤußerſt gluͤcklich benutzt wurde. Die Sym— ptome indeß und nicht immer dieſelben und koͤnnen ſogar leicht zu irrigen und widerſprechenden Schluͤſſen fuͤhren. Ein Fall ſcirrhoſer Anſchwellung der parotis, der vor Kurz zem in meine Vehandlung kam, zeichnete ſich durch Abwei— chung mehrerer begleitenden Erſcheinungen vor fruͤheren Be— obachtungen aus, und deßwegen will ich ihn hier mittheilen. Die Krankheit begann in einer Lymphdruͤſe oberhalb der parotis, zuletzt aber wurde ein Theil der parotis ſelbſt von der Krankheit ergriffen. Man unterſcheidet gewoͤhnlich ferophulöfe, ſeirrhoͤſe und fungoͤſe Druͤſengeſchwuͤlſte; die zweite Art hat man (in England) als nicht boͤsartige und als boͤsartige unterſchieden. Dieſer Unterſchied beruht mei— ſtens nut in der Dauer der Krankheit, je nachdem die boͤs— artige Natur durch Äußere conſtitutionelle Affection angeregt wird, was bei manchen Anlagen und in manchen einzelnen Fallen raſcher, in andern langſamer geſchieht. Eine etwa 40 Jahr alte, ſcheinbar geſunde und thaͤti— ge Baͤuerin, Anna Murray, gab an, daß ſie im Fruͤh— jahre 1831 eine kleine harte Geſchwulſt von der Große einer Erbſe über dem Winkel des Unterkiefers auf der lin— ken Seite bemerkt habe, nachdem einige Tage lang Obren⸗ ſchmerzen vorausgegangen waren, die einer Erkaͤltung zuge— ſchrieben wurden. Die Geſchwulſt vergrößerte ſich allmaͤlig und gleichmaͤßig, behielt ihre urſpruͤngliche Härte bei und hat jetzt eine beträchtliche Größe erreicht. So lange die Ge— ſchwulſt von mäsigem Umfange war, machte fie gar keine Beſchwerde; als fie aber einmal den dritten Theil des jetzi— gen Umfanges erreicht hatte, ſo verurſachte ſie bisweilen viele Schmerzen. Deswegen wandte ſich die Kranke vor einem Monat an mich; da ſie aber damals erſt fuͤnf Mo— nate entbunden war und ihr Kind ſaͤugte, ſo ſchickte ich ſie wieder auf das Land zuruͤck, damit fie ihr Kind entwöhne. Am 10. Nov. kam fie zu mir zuruͤck, und nun unter» ſuchte ich die Geſchwulſt ſorgfaͤltig; ſie war hart, und etwas beweglich, jedoch auf der Wange feſtſitzend. Sie nahm den aͤußern Theil der parotis ein, draͤngte das Ohrlaͤppchen auf die Seite und reichte vom Jochbeine bis zum sterno— eleido-mastoideus. Die Kranke beſchrieb den Schmerz als einen ſcharfen, juckenden, welcher oft den Schlaf ſtoͤrte, und das Kauen betraͤchtlich erſchwerte. Das linke Auge war in der letzten Zeit ſchmerzhaft und nach Innen gewendet; das Sehvermoͤgen deſſelben iſt geftört; ein Geruͤhl von Undehaglichkeit und Schmerzlichkeit nimmt die ganze linke Geſichtshaͤlfte ein, geht bis zur Stirn und um das Hinterbhauot herum. Die Zunge iſt, wenn ſie herausgeſtreckt wird, nach Links gezogen, und dieſe Haͤlfte derſelben iſt kleiner, ſchlaff und mit vermindertem Geſchmacksvermoͤgen verſeben. Die Sprache hat ein Wenig gelitten; das Allgemeinbefinden iſt immer gut geweſen, abet in der letzten Zeit, ſeit die Geſchwulſt größer geworden, und die Zunge afficirt iſt, ſcheint auch die Verdauung beeinz traͤchtigt. Die Kranke leidet an Verſtopfung; fie ift ein Wenig abgemagert und ſcheint im Ganzen nicht fo gut er⸗ naͤhrt zu werden, als fruher. Am 15. Novbr. Da die Geſchwulſt ſehr belaͤſtigte und ihre Exſtirpation ausfuͤhrbar erſchien, ſo ſchritt ich, nach einer Conſultation mit Hrn. Kirby, zu der Ausführung der Operation. Zuerſt machte ich einen Schnitt vom Ohrlaͤpp⸗ chen zum untern Rande der Geſchwulſt, ſodann einen zwei— ten ſchraͤg nach Vorn zum vordern Rande; ich legte nun die Lappen zuruͤck, trennte die Fascie auf der Hohlſonde, was zum Theil ſchwierig war, da ein Theil der Fascie mit 251 der parotis feſt verwachſen war; mit dem Finger und Meſſergriffe trennte ich nun die Verbindungen der Ge— ſchwulſt, wobei ich mich des ſchneidenden Inſtrumentes nur bediente, wo die Adhaͤſionen zu feſt waren. So legte ich den masseter und den aufſteigenden Aſt des Unterkiefers bloß, hinter deren hinterem Rande ein ſtarker zapfenaͤhnlicher Fort; ſatz in die Tiefe reichte. Ich ſetzte nun einen Doppelhaken in die Subſtanz der Geſchwulſt ein, ließ dieſelbe durch Hrn. Kirby nach Unten ziehen und trennte hierauf alle Verbin— dungen bis zum proc. styloideus, worauf die Entfer— nung der Geſchwulſt raſch zu bewerkſtelligen war. Waͤh— rend der Operation fand kaum etwas Blutung ſtatt; nur einige kleine Arterienzweige wurden getrennt, und dieſe zo— gen ſich bald zuruͤck. Die Wunde wurde nun mit zwei Knopfn ithen und Heftpflaſterſtreifen vereinigt und mit Kalt: waſſer-Compreſſen bedeckt. Am 17ten war die Geſichtsſeite ent uͤndet und ange: ſchwollen; die Kranke klagte über große Belaͤſtigung durch Anſammlung von Speichel und Schleim im Rachen, indem ſie nicht die Kraft hatte, denſelben auszuwerfen, ſo daß eintretende Erſtickungsnoth ſie am Schlafe hinderte. Stuhl— gang war vorhanden, in Folge von Calomel und einer Sal)mixtur. Die Suiuren wurden entfernt und die Wun— de mit einem einfachen Verbande geſchloſſen. Am Alſten. Durch Breiumſchlaͤge war die Entzuͤn— dung gemildert; die Wunde hatte ſich zum Theil vereinigt und war theilweiſe in Eiterung; der Eiter hatte ein gutes Ausſehen, und die Belaͤſtigung durch den Speichel war nicht mehr vorhanden. Die Kranke giebt an, daß das Gefuͤhl von Taubheit der linken Geſichtshaͤlfte verſchwunden ſey, und daß das natuͤrliche Gefuͤhl uͤberall, außer am aͤußern Drittel der Unterlippe, wieder eingetreten ſey. Die Zunge iſt weit weniger nach der kranken Seite hin gezogen und fühlt ſich feſter an. Die Kranke ſagt indeß, daß der Ge— ſchmack in dieſem Zungentheile noch immer wunderlich ſey. Das obere Augenlid iſt bis zur Ptoſis gelaͤhmt; die Kranke klagt über Taubheit in demſelben und über der Augenbraue; das untere Augenlid iſt fehr wenig affi irt; die Darmfunc— tion iſt regelmaͤßig; der Appetit gut, und die Kranke ſagt ſelbſt, daß fir in jeder andern Beziehung geſund ſey. Am 23 Die Wunde ſieht geſund aus und iſt zum Theil vereinigt; die Paralyſe des obern Augenlides iſt noch vorhanden; ſtatt der Taubheit des Gefuͤhls hat ſich aber ein Gefuͤhl von Jucken und Prickeln eingeſtellt; das Auge ſchwimmt in Thraͤnen, aber die ſchiefe Stellung deſſelben iſt vorſchwunden; der Orbicularmuskel iſt von natürlicher Beſchaffenheit und vollkommen unter der Herrſchaft des Willens; die Bewegungen des Auges ſind beſchraͤnkt und ungleich; die Kranke kann das Auge etwas nach Innen, nach Unten und Oben, aber nicht nach Außen richten; die Pupille iſt ſehr leicht erweitert und ihre Bewegung traͤge. — An Größe und Ausſehen glich die Geſchwulſt einer dopeel— ten Kartoffel, welche aus einer groͤßeren und kleinern be— ſtand und durch einen, dem Unterkiefer entſprechenden, kurzen Hals zuſammengehalten wurde. Der größere Theil iſt feft und ſchwer, der kleinere mehr weich, und auf der Durch— 252 ſchnittsflaͤche zeigt ſich eine compacte, harte, feirchöfe Maſſe, mit fibroſen, ſtrahligen Streifen durchzogen. An zwei Puncten ſcheint der Erweichungsproceß zu beginnen; der kleinere Theil iſt weicher und einer Markſubſtanz, die in Zellen abgelagert iſt, nicht unaͤhnlich; hie und da finden ſich noch harte Puncte, in welchen das urſpruͤnglich ſeir— rhoͤſe Gewebe noch nicht veraͤndert iſt. Der Theil der paro— tis, welcher exſtirpirt iſt, ſcheint mit dem vordern Theile der Geſchwulſt vollkommen vereinigt, da es nicht moͤglich iſt, an dieſer Stelle eins von dem andern zu trennen. Vor der Wegnahme der Geſchwulſt war keine Para— lyſe eines Theiles des Geſichtes vorhanden, ſondern bloß Mangel der Empfindung; dieß ergab ſich bei der Unterfus chung, welche ſowohl Hr. Kirby als ich mit den Fingern anſtellten. Die Empfindungsloſigkeit ging uͤber die ganze linke Geſichtshaͤlfte von der Mittellinie bis zum Hinter— haupte. Die Nerven, welche von dem Drucke des vordern Theiles der Geſchwulſt litten, waren hauptſaͤchlich die Fa— cialaͤſte des facialis und einige oberflaͤchliche Facialaͤſte des zweiten und dritten Aſtes des quintus. Nach der Theorie von Bell dient der facialis der Bewegung der Geſichts— zuͤge, ſie mögen willkuͤhrlich oder unwillkuͤhrlich mit der Re- ſpiration nothwendig verbunden ſeyn, z. B., die Bewegun— gen bei'm Athmen, Saugen, Schlucken und Sprechen, mit allen Verſchiedenheiten des Ausdruckes. In ſeinem Werke fuͤhrt derſelbe zahlreiche Fälle an, in welchen der facialis oder der reſpiratoriſche Geſichts nerv entweder zufaͤllig oder bei Operationen, wie die beſchriebene oder bei Druck von ange— ſchwollenen Druͤſen auf die Nerven, gelaͤhmt war und dieß Bewegungsloſigkeit der Geſichtsſeite mit Schwinden der Ge— ſichtsmuskeln oder ſelbſt ſchreckliche Verengerung des Geſich— tes durch uͤberwiegende Wirkung der Muskeln der andern Seite zur Folge hatte. In allen dieſen Faͤllen war die Senſibilitaͤt der Ge— ſichtstheile ungeftört. Hrn. Mayo's Experimente haben dieſen zu dem Schluſſe geführte, daß dieſer ein einfacher Willens - oder Bewegungsnerv ſey. Die uͤbrigen, durch dieſe Geſchwulſt afficirten, Nerven waren Nerven des zweiten und dritten Aſtes des quintus. Sir C. Bell bezeichnet dieſen als Empfindungs- und Be— wegungsnerven, und führt Fälle an, in welchen Geſchwuͤlſte auf die Wurzeln dieſer Nervenaͤſte druͤckten, oder in welchen die Aeſte verwundet waren und wobei die Senſibilitaͤt allein in den ihnen ent prechenden Theilen aufgehoben war. Die motoriſche Abtheilung des Nerven geht unter dem ganglion Gasseri durch, bleibt von demſelben frei und verbindet ſich mit dem dritten Aſte, außerhalb des foramen ovale. Hier werden die Bewegungs- und Empfindungsfa ern des Nerven mit einander vereinigt und ſo innig verbunden, daß alle nach dieſer Verbindung abgehenden Zweige zuſammen— geſetzte Nerven ſind, welche auch motoriſche Faſern beſitzen. Hr. Mayo nimmt an, daß die Facialaͤſte des quintus ausſchließlich empfindende Nerven ſeyen, und daß die nicht mit einem ganglion verſehene Abtheilung des quintus, fo wie der facialis, Bewegungsnerven feyen für die Theile, ‚253 welche von dem gröfiern oder ganglion- Theile des quintus ihre Empfindungsnerven erhalten. Alle dieſe hier angefuhrten Anſichten erklaͤren nicht die Erſcheinungen, welche in dem Falle der kranken Murray bemerkt worden find; hier waren die Faclalaͤſte ſowohl des quintus als des facialis afficirt und doch bloß ein Ver— luſt der Empfindung zu bemerken, und die Paralyſe, welche nach der Operation eintrat, bei welcher Aeſte von beiden Nerven getrennt worden ſeyn mußten, betraf gerade Theile, deren motorifche Kraft weder von dem einen noch von dem andern der genannten Nerven abhaͤngt. Es iſt allerdings eine entfernte Anaſtomoſe zwiſchen den Zweigen des dritten, den levator palpebrae superioris verſorgenden Nerven und den ſenſitiven Arften der obern Abtheilungen des quintus vorhanden; aber ſelbſt, wenn wir dieſe als vollkommen er— wieſen betrachten, ſo ſind wir dadurch doch noch nicht be— rechtigt, anzunehmen, daß eine Reflexaction zwiſchen den empfindenden und bewegenden Aeſten verſchiedener Nerven ſtattfinde Die Paralyſe und unvollkommene Geſchmacksempfindung der linken Zungenſeite, welche auf einen tiefern Sitz der Geſchwulſt hindeutete, als dem aͤußern An ſehen nach anzu— nehmen war, laͤßt ſich durch das Vorhandenſern des hinte— ren Lappens der Geſchwulſt erklaͤren, der nach Hinten ſich einſenkte und auf den lingualis druͤckte, welcher mit dem Geſchmacksnerven directe Verbindungen hat. Nach der La— ge dieſes Fortſatzes der Geſchwulſt zu ſchließen, kann dieſelbe einen directen Druck auf den Empfindungsnerven ſelbſt aus— geuͤbt haben. Die Kruͤmmung der Zunge gegen die af— fieirte Seite heruͤber war Folge der hintern Faſern des rech— ten musculus geniohyoglossus, welcher bei'm Vorſtrek— ken der Zunge keinen Widerſtand von ſeinem Antagoniſten erfuhr, die Zungenwurzel nach Rechts zog und auf dieſe Weiſe die Zungenſpitze nach der entgegengeſetzten Seite richtete. Ich fuͤrchte, daß die Laͤhmung der Orbitalmuskeln auf eine Krankbeit innerhalb der Schaͤdelhoͤhle zu beziehen iſt Geſchwuͤlſte dieſer Art find nicht immer einzeln vorhanden, und haͤufig bricht nach Entfernung der einen die Krankheit in einer benachbarten oder entfernten Gegend wieder hervor; vielleicht iſt in dem vorliegenden Falle eine andere Geſchwulſt in der basis eranii in der Nahe des foramen lacerum oder unmittelbar am Eingange der orbita vorhanden, druͤckt hier auf den dritten, fuͤnften und ſechsten Nerven und veranlaßt die Symptomengruppe, welche ſich bei der Murray vorfand. Wenige Tags, nachdem Obiges geſchrieben war, verließ die Kranke das Spital, da ihre Wunde vollkommen geheilt mar; eine Woche ſpaͤter begegnete ich ihr, als ſie eben nach Haufe auf das Land zuruͤckreiſen wollte. Sie klagte da— mals über rheumatiſche Schmerzen von der Hüfte bis zum Knie, welche ſie einer Erkaͤltung bei dem Wechſel ihres Bettes zuſchrieb. Die ptosis war noch vorhanden; ſie klagte, daß das Geſicht des linken Auges ganz verloren fen; die Pupille war aber nicht mehr erweitert, als die der an— dern Seite und gehorchte der Einwirkung des Lichtes. Der Augapfel war nicht vorgetrieben; auch fand ſich keine Spur 254 irgend einer innern Krankheit vor. Ich konnte Patientin nicht uͤberreden, in der Stadt zu bleiben; da ader mein Freund und Schüler, der Wundarzt R. Banon, in ihrer Naͤhe lebt, fo hoffe ich, von dem weiteren Verlaufe des Falles zu hoͤren und im Falle ihres Todes eine genaue Be— ſchreibung der Sectionsergebniſſe zu erhalten. (Dublin Journ., March 1840.) Ueber pathologiſche Rückwirkungen einiger Wer: letzungen des Gehoͤrorgans auf die Muskeln des Gefihtausdrudes, auf das Sehorgan und auf das Gehirn. Von Dr Deleau d. J. Die ſympathiſchen Beziehungen des Gehoͤrorgans find fo mannigfaltig, daß den bedeutendſten krankhaften Zuſtaͤn— den, z B., Verzerrung der Geſichtsmuskeln, einſeitiger Laͤh— mung, Blindheit, Manie u. ſ. w. oft nichts Anderes um Grunde liegt, als eine Krankheit in den Gehorwerkzeugen. So wird namentlich bei Kindern oft ein Girebralficber oder eine verborgene Entzuͤndung diagnoſticirt, bis ein Ausfluß aus dem Ohre den Erſcheinungen ein Ende machte. Schon im geſunden Zuſtande nehmen wir den bedeutenden Einfluß des Gehoͤrorgans auf das Gehirn deutlich wahr: Waſſer und Schallſtrahlen, die plotzlich ines Ohr gelangen, bringen oft augenblickliche Ohnmacht zu Wege. Der Verf. lernte in der Vendée einen Muſikliebhaber kennen, bei dem durch ſtarke Töne Manieanfaͤlle hervorgerufen wurden. Es folgen nun eilf vom Vf. beobachtete hierher gehörige Fälle. 1) G. G. hatte einen kleinen Kieſelſtein in den linken Gehoͤrgang gebracht. Der Hausarzt verſuchte ihn heraus zuziehen, draͤngte ihn aber ſo gegen das Trommelfell, daß daſſelbe zerriß. Hierauf erſchien die linke Seite des Ge— ſichts nebſt den Augenlidern paralyſirt. Der Vf. überzeugte ſich bald, daß der Stein mit der Pincette nicht herauszu- fördern ſey; es gelang, ihn durch etwas gewaltſame Waſſer— einſpritzun en in die tuba Eustachii einzutreiben. Die Geſichtskaͤhmung verſchwand mit der traumatischen Verlez— zung des Trommelfells. 2) Eine junge Englaͤnderin hatte vor einigen Jahren einen ſtarken Stockſchlag auf die apophysis mastoidea der linken Seite bekommen, in Folge deſſen caries ent— ſtand; eine von da aus in die Trommelhoͤhle gebildete Oeff— nung bewirkte Entzuͤndung des Trommelfells, und fo trat plöss liche Lahmung der linken Seite des Geſichtes auf. Ein angemeſſenes Verfahren heilte beide — den primitiven, fo wie den conſecutiven Zuſtand. 5) Ein Knabe von 14 Jahren bemerkte ſeit 2 Jah: ren, daß ihm von Zeit zu Zeit ein wenig ſetoͤs-purulente Fluͤſſigkeit aus dem linken Ohre ſickerte; dazu war das Ohr hart, und die Sehkraft des linken Auges zunehmend ſchwaͤ— cher geworden. Eine Luftdouche ergab Durchbohrung der membrana tympani. Die tuba Eustachii wurde mit te ft Luftdouchen erweitert, und als die chroniſche Ent ün⸗ dung des Trommelfells gehoben war, erhielt bald das Auge ſeine vollkommene Sehkraft wieder. 255 4) Profeſſor B. hatte ſchon als Knabe eine Durchs bohrung der membrana tympani und in Folge derſelben von Zeit zu Zeit Schmerzen im Ohre erlitten. Im Som— mer 1836 ſchrieb er dem Vf., daß ſeit Kurzem ſeine Oh— renſchmerzen wiedergekehrt, zu gleicher Zeit aber auf der cornea des Auges der betreffenden Seite eine weiße Stelle entſtanden, das Geſicht aber gerrübt fen. 5) Ein junger Mann, der ſeit 2 Jahren einen ſeroͤs— purulenten Ausfluß, ohne Durchbohrung des Trommelfells, aus dem rechten Gehoͤrorgane hatte, war ſeit 6 Monaten auf dem rechten Auge völlig blind. Antiphlogiſtiſches Re— gimen, blutige Schroͤpfkoͤpfe und 4 Veſicatore hinter die Oh— ren, ſo wie alsdann ein Haarſeil in den Nacken, ſtellten das Geſicht in 3 Wochen wieder her. Was iſt zur Erklärung dieſer Sympathie zwiſchen den mittleren Gehoͤrorganen und dem Geſichtsſinne anzunehmen? Genuͤgt die Verbindung des n. vidianus mit dem facialis und ganglion sphe- no-palatinum? oder ſoll min das Gehirn als die Com: munication vermittelnd betrachten? 6) Geſchwulſt und Roͤthe des innern Gehoͤrorgans, ſo wie des Trommelfells, begleitet von Kopfſchmeiz, Hitze und ohnmachtaͤhnlichen Zuſtaͤnden, welche zugleich mit jenen ver— ſchwanden. 7) Der junge v. V. litt an einem purulenten Ohr— ausfluſſe, bedingt durch chroniſche Entzuͤndung des Trommel— fells mit zahlreichen Vegetationen auf deſſen aͤußerer Wand. Hierzu geſellte ſich ſeit 3 Monaten Benommenheit des Ko: pfes bis zur Bewußtloſiakeit, Schwanken bei'm Gehen und convulfivifches Zucken des Auges. Erſt nach 6 Monaten gelang es, durch zweckmaͤßige Diaͤt, erſt erweichende, ſpaͤter aber adſtringirende Einſpritzungen und ein Haarſeil ſaͤmmt— liche genannte Zuſtaͤnde zu beſeitigen. 8) Ein 50jaͤhriger Mann wurde taub auf dem linken Ohre, und litt hierauf fortwährend an heftigen Elopfenden Schmerzen im Kopfe und haͤufigen Ohnmachten. Mehrere Aerzte ſahen darin Vorlaͤufer einer Apoplexie und ließen wie— derholt zur Ader ohne den mindeſten Erfolg. Der Vf. fand Verengerung der tuba Eustachii, nebſt Verſtopfung der cavitas tympani und befreite den Kranken durch eine anz gemeſſene Behandlung von ſaͤmmtlichen Leiden. 9, Philippine P. bekam in ihrem 16. Jahre, nach Ein» tritt der menses, Ohrenſauſen und Taubheit, vorzugsweiſe des linken Ohres, wozu ſich von Zeit zu Zeit Betaͤubung, Ohnmachten und Erbrechen geſellten. Man vermuthete Con— geſtionen nach dem Gehirne und verordnete Purgirmittel, all— gemeine und örtliche Blutentziehungen vergeblich. Catheteriſi— ren der tuba und Luftdouchen halfen. 255 10) M B. war feit dem 11. Jahre mit Eiterausfluß aus dem rechten Ohre behaftet. Im 20. Jahre fuͤhlte er einſt ploͤtzlich heftige Schmerzen im Ohre, wobei merkwuͤrdi— ger Weiſe das Gehoͤr in einem ungewoͤhnlichen Grade ſich verſchaͤrfte. Wenige Tage darauf traten alle Erſcheinungen eis ner bedeutenden Gehirnaffection auf, die durch Aderlaͤſſe, Blutes gel, Sinapismen, antiphlogiſtiſches Verfahren u. ſ. w. be— kaͤmpft werden mußten. Die membrana tympani war perforirt, und eine Menge Excrescenzen auf derſelben. Dieſe wurden ſpaͤter geaͤtzt, ein Haarſeil in den Nacken gelegt und der Kranke genas langſam, aber ziemlich vollſtaͤndig. 11) Ein Knabe von 13 Jahren bekam, als Folge des Scharlachs, Eiterausfluß aus einem Ohre. Drei Tage dar— auf entwickelte ſich Entzuͤndung im Auge derſelben Seite und Gehirnentzuͤndung. Unter langſamer Reconvaleſcenz wurde der Knabe geheilt; das Auge aber war in Eiterung uͤbergegangen, und das Gehoͤr konnte auf dem erkrankten Ohre nicht wieder hergeſtellt werden; die Eiterung batte ſelbſt die Gehoͤrknoͤchelchen zerſtoͤrt. (Journ. des Con- naiss. med. 1838 No. 6. Schmidt's Jahrbuͤcher, Supplem. II.) Mise el em: Ueber die Entſtehung der cataracta capsularis centralis anterior und die, dieſer bisweilen entſprechende, cen⸗ trale Hornhauttruͤbung hat Beck in Ammon's Monatsſchrift J. i., nach einer intereſſanten Beobachtung, die Anſicht aufgeſtellt, daß ſie durch Congeſtion oder Entzündung entſtehen, wodurch die Pupillarhaut oder die Capſelpupillarhaut mit der Linſencapſel theilweiſe verwaͤchſ't, und wegen fortbeſtehender Gefaͤßverbindung nicht vollſtaͤndige Ruͤck⸗ bildung und Zerſtoͤrung dieſes Gebildes erfolgt; bei'm Zuruͤckziehen der iris und bei Zerreißung der Pupillarmembran (in einzelnen Lappen) bleibt der in der Mitte angewachſene Theil dann ſitzen und bildet den Centralſtaar der vordern Capſel: — eine Flocke der Pupillarhaut kann aber bei fortbeſtehenden Gefäßen auch mit der innern Flache der Hornhaut verwachſen und auch hier eine Zrüs bung veranlaſſen. Durch Verſuche über die Schaͤdlichkeit der Blei⸗ glafur irdener Geſchirre hat Dr. Blumerath in Fried⸗ land, nach Casper's Wochenſchr. 1838 No. 46., gefunden, daß im Allgemeinen weder durch concentrirte, noch durch verduͤnnte Efs figfäure und ebenſowenig durch Weinſtein-, Klee: und Citronenſaͤure Blei ausgezogen werden konnte, waͤhrend dagegen doch in einer irdenen Schuͤſſel durch Salzaufloͤſung die Glaſur zum Trocknen gebracht wurde. Obwohl nun durch Anwendung von zu viel Blei- glaͤtte eine Glaſur hiernach gefaͤhrlich werden koͤnnte, ſo ſoll man dennoch jedes Geſchirr mit Sicherheit anwenden koͤnnen, wenn man es zuvor mit Waſſer auskocht, welchem der zwanzigſte Theil Kuͤchen— ſalz und der dreißigſte Theil Eſſig beigemiſcht iſt, wodurch der mit dem Thone nicht verbundene Theil der Bleiglaſur hinwegge— nommen wird. Ein leichtes Prüfungsmittel der Güte einer Glas ſur iſt das Auskochen mit verduͤnntem Eſſig, worin durch Zuſatz von Schwefelwaſſerſtoff-Waſſer ein braͤunlich ſchwarzer Niederſchlag entſtebt, wenn die Glaſur als nachtheilig zu betrachten iſt. — —ꝛ— p ů ——ů—ů— Bibliographische I eu Ta Re re 0. Cosmologie physique, ou Essai sur la cohésion appliquee à la theorie physico-chimique des principaux phenomenes de la nature; suivie de notions de météorologie. Par Daniel Pa- ret etc. Grenoble 1840. 8. Histoire des Insectes nuisibles a la vigne et particulierement de la Pyrale. Par M. Victor Audouin. Atlas, In 4to. Paris 1840. M. 6 K. (Es werden 6 Lieferungen.) On the Use Mercury and blue Pills. By Dr. G. G. Sigmond. London 1840. 8. A Tabular view of the signs furnished by Auscultation and Percussion and of their Application to the Diagnosis of Di- seases of the Heart and great vessels. By O’Bryan Belling- ham, MD. Dublin 1839, Fol, Neue Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mirgerheilt von dem Obere Medieinalratbe Froetiep ga Melmor, und dem Metfeinatratbe und Drefrfler Frortien gu Bertin. No. 303. (Nr. 17. des XIV. Bandes.) Juni 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. N Ueber die Bernſteingewinnung bei Brandenburg an der Havel. Von Dr. Steinbeck. Bisher iſt man gewohnt geweſen, das Vaterland des Bernſteins an den Kuͤſten der Oſtſee zu ſuchen, da nur hier entweder durch das Meer, oder durch Nachgrabungen an dem Geſtade die großen Quantitaͤten dieſes mineraliſchen Vegetabils zu Tage gefördert wurden. Intereſſant dürfte es daher beſonders in geologiſcher Hinſicht ſeyn, die Auf— findung und Gewinnung des Bernſteins an anderen von der Oſtſee entfernteren Orten zur Sprache zu bringen und die Meſultate dieſer Beodachtungen mit denen an der Oſtſee zu vergleichen. Vielleicht iſt auf dieſem Wege für die Wiſſen⸗ ſchaft, beſonders aber für die naturhiſtoriſche Bedeutung des Bernſteins, manches Gute zu erreichen. Bevor ich jedoch die naͤheren Data anfuͤhre, ſey es mir erlaubt, 1. die Localität Brandenburg's mit wenigen Worten anzudeuten. Dieſe alte, aus den Zeiten der Wenden herſtammende Stadt wird durch die Havel in zwei Theile getheilt, von denen der eine Theil, die Altſtadt, dicht am Fuße eines circa 200 Fuß über die Erdoberfläche ſich erhebenden Sandhügels, des ſogenannten Marienderges, liegt. Der andere Theil, die Neuſtadt, iſt von verſchiedenen Armen der Havel umſtroͤmt und wird nach Süden und Suͤdoſten zu im Umkreiſe von einer halden Meile theils von Aeckern, beſonders aber von uͤppigen, langgedehnten Wieſen eingeſchloſſen. Dieſe werden ibrerſeits wieder von einem Huͤgelſtriche, der ſich von Weſten nach Oſten im Halbkreiſe herumzieht, begraͤnzt. Dieſer Huͤgelſtrich beſtebt lediglich aus Kiesſand mit Feldſteinen und bildet ein Pla— teau, das ſich in die Saͤchſiſchen Provinzen hinein erſtreckt und mit dichten Waldungen bedeckt iſt. Dieſes ganze Sandplateau iſt an feiner Oberflache, beſonders wo es in Ackerland umgewandelt iſt, mit großen Felstruͤmmern und Steingeröllen bedeckt, die mühſam an einigen Orten in Hau— fen zuſammengebracht ſind, ſaͤmmtlich aber eine abgeſchliffene Oberflache zeigen. Manche dieſer Steine haben ein Ge⸗ No. 1403. des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. n wicht von 10 bis 12 Centnern. Gegen dieſe Sandhochebene im Suͤden, die ſich ploͤtzlich huͤgelartig erhebt, bildet nun die ganze Gegend von Brandenburg einen Keſſel, der nur nach Oſten und nach Weſten einen freien Durchgang hat. Nach Norden dagegen, und zwar X Meile von der Stadt und dem unmittelbar daran liegenden Marienberg entfernt, erhebt ſich ebenfalls eine mit Waldungen bedeckte Hügel- kette aus Sand, wo aber größere Fragmente zertruͤmmer— ter Felſen gaͤnzlich fehlen und nur gewoͤhnliche Feldſteine aufgefunden werden. Dieſe Huͤgelkette flacht ſich gegen Nordoſt allmaͤlig ab, ſo daß die Gegend in Oſten ganz frei wird. Auf dieſe Weiſe bildet Brandenburg mit ſeinem Marienberge (in den Zeiten der Wenden Harlungerberg ges nannt) den Mittelpunct eines Thales oder Keſſels, welcher hoͤchſt wahrſcheinlich der Grund und Boden eines Landſee's geweſen iſt; wenigſtens deuten hierauf verſchiedene Umſtaͤnde hin, und ſeldſt an den, den Keſſel begraͤnzenden Huͤgelketten ringsherum ſind haͤufig noch die Spuren und Formen einer Uferbildung und Sandanſchwemmung nachzuweiſen. — 2. Fundorte des Bernſteins. Dieſer iſt bisher, und zwar nur durch Zufall, an zwei Stellen dicht dei der Stadt aufgefunden worden. Der ältere Fundort befindet ſich an einem Abhange des vor der Altſtadt gelegenen Mas rienberges, wo ſchon vor vielen Jahren ein Lebmlager ent⸗ deckt und ausgebeutet wurde. Der Beſitzer des hier belege⸗ nen Weinberges laͤßt ſchon feit einer Reihe von Jahrze⸗ henten hier Lehm graben. In dieſer ſogenannten „Lehm⸗ grube“ wurden ſchon vor vielen Jahren dei'm Abſtechen des Lehms kleine und große Stuͤcke Vernſtein gefunden, welche von den Arbeitern nicht gekannt und weggeworfen wurden. Als der Beſitzer des Weinderges ſpaͤter den Werth jenes Foſſils in Erfahrung brachte, dedauerte er, ein Stuck Bern⸗ ſtein von der Größe eines kleinen Kinderkopfes nicht mehr auffinden zu koͤnnen, welches er in den tiefſten Schichten des Lehmlagers ausgegraben und, aus Undekanntſchart mit der Maſſe, unter die Feldſteine vor ſeinem Hauſe geworfen hatte, wo es Jahre lang gelegen hat, ſraͤter aber wegge⸗ kommen iſt. Als Knabe beſuchte nr oft dieſe Lehm⸗ 1 259 grube aus Intereſſe für dieſe Merkwuͤrdigkeit und brachte nicht ſelten kleinere Stuͤckchen Bernſtein mit nach Haufe. In den letzten Jahrzehenten iſt jedoch der Bernſtein in dem Lehmlager ſehr ſelten geworden und ſcheint hier voͤllig aus— gebeutet zu ſeyn, wie derſelbe denn auch nur in einzelnen kleinen Stuͤckchen (ſehr ſelten in bedeutend großen) ohne alle andere weitere Rudimente und durchaus nicht in Neſtern eingeſenkt vorkam. — Dieſer Fundort kann daher jetzt als unbedeutend betrachtet werden; dagegen nimmt eine andere Stelle bei Brandenburg als ein bedeutendes Bernſteinlager das Intereſſe in Anſpruch. Dieſe Stelle befindet ſich jener erſteren, welche an der Nordoſtſeite des Marienberges hinter der Altſtadt liegt, gerade entgegengeſetzt, naͤmlich nach Suͤd— weſten vor der Neuſtadt und von dem Marienberge durch den Hauptſtrom und viele Nebenarme der Havel getrennt, und zwar auf einem dicht an die Havel anſtoßenden Ackerlande, welches, gegen die umliegenden Wieſen etwas erhoͤht und der Commun zugehoͤrig, zur Haͤlfte lange Jahre unbebaut ge— blieben war und auf ſeinem hoͤchſten Puncte bis vor weni— gen Jahren das nun abgebrochene Hochgericht trug. Dieſer beruͤchtigte und unſcheinbare Ort hat in den letzten Jahren durch das hier entdeckte bedeutende Bernſteinlager neues Ins tereſſe hervorgerufen. Ich will daher 3. Die kurze Geſchichte der Auffindung des Bernſteinlagers hier folgen laſſen. Vor vielen Jah— ren hatte man bei Gelegenheit der Hinrichtung und Ein⸗ ſcharrung eines Moͤrders am Hochgerichte bemerkt, daß dicht unter dem Raſen und der Dammerde ein ſchoͤner brauchba— rer Sand gelagert ſey; ſpaͤter hatte man daher, etwas ent— fernter vom Hochgerichte, Sandgruben angelegt und bei die ſer Arbeit waren einzelne Stuͤcke Bernſtein ausgegraben worden, welche die Arbeiter aber anfaͤnglich nicht kannten. Später wurden fie auf dieß merkwuͤrdige Naturproduct auf— merkſam, ſammelten die Stuͤcke und brachten ſie zu einem damals aus Oſtpreußen eingewanderten und hier anſaͤſſig gewordenen Kunſtdrechsler, Namens Winter mann. Die⸗ ſer erkundigte ſich ſogleich nach den naͤheren Umſtaͤnden, un— terſuchte das Erdreich und fand in der Art der Ablagerung und den Etrdſchichten eine merkwuͤrdige Uebereinſtimmung mit dem bernſteinhaltigen Erdreiche in Oſtpreußen. Dieß war im Jahre 1833. Der ungemein reg- und befriebfa- me Kunſtdrechsler beſchloß ſogleich, hier weitere Unterſuchun— gen und Nachgrabungen anzuſtellen und erbat ſich zunaͤchſt die Erlaubniß des Magiſtrats, da die ganze Stelle der Com— mun gehoͤrt, und erlangte auch noch in demſelben Jahre die Erlaubniß der Regierung zum Betriebe einer geſetzlich als regale betrachteten Bernſteingraͤberei. Mit frohen Hoff: nungen fing er im Jahre 1834 an verſchiedenen Stellen auf jenem Terrain an zu graben und fand auch in einer Tiefe von 6 — 8 Fuß feine Vorausſetzungen beſtaͤtigt, ins dem die Ausbeute an Bernſtein nicht unbedeutend war. Lei⸗ der hinderten Witterung und Grundwaſſer, tiefer zu gehen, und der ꝛc. Wintermann ſah ſich genoͤthigt, alle weiteren Nachgrabungen bis zum Sommer 1835 einzuſtellen, theils des Grundwaſſers wegen, theils weil die als Ackerland be— nutzte Haͤlfte des Terrains erſt abgenommen werden mußte. 260 Im Jahre 1835 erkannte er bei fortgeſetztem Graben deut— lich ein Tiefergehen mehrerer Erdadern, und wirklich ſtieß man in einer Tiefe von 14 Fuß auf ſolchen Holzmuͤll, wie ihn die Oſtſee auszuwerfen pflegt, bei welchem ſich dann gewoͤhnlich Bernſtein findet ). Dieß war auch hier der Fall, und gerade dieſe Tiefe konnte als das eigentliche Bern— ſteinlager betrachtet werden. In den felgenden Jahren wurde nun nach Umſtaͤnden und Witterung die Sache mehr im Großen betrieben und von dem ꝛc. Winter mann die Veranſtaltung getroffen, bis in die moͤglichſte Tiefe des Erdreichs zu gelangen, um die tiefliegende Bernſteinader gaͤnzlich zu erſchoͤpfen und aus— zubeuten. Das größte Hinderniß, welches zu beſiegen war, blieb ſtets das Grundwaſſer, das ſich in verſchiedenen Jah— ren auch in verſchiedener Heftigkeit zeigte, weßhalb auch nur in den Monaten Auguſt bis Anfang December alljährlich gegraben werden konnte. In den letzteren Jahren war daſ— ſelbe in Abnahme, und es war daher gelungen, an allen den Stellen, die ſchon fruͤher oberflaͤchlich ausgebeutet waren, tiefer zu gehen und eine hoͤchſt belohnende und reiche Aus— beute zu machen. Dennoch aber iſt noch nirgends die Ader erſchoͤpft und es bleiben, nach Rechnung des ꝛc. Wins termann, noch eirca 3 Fuß zu durchſtechen uͤbrig, was vielleicht in dieſem Jahre bei der ungewoͤhnlichen Trockniß und bei ſo auffallend niedrigem Waſſerſtande und daher auch kleinem Grundwaſſer gelingen duͤrfte. Auf dieſe Art ſind manche Stellen drei bis vier Mal umgegraben, um in eine groͤßere Tiefe zu gelangen; jedes Mal war die Arbeit belohnend und an Ausbeute die fruͤheren uͤbertreffend. Im Ganzen iſt der Ertrag ungefaͤhr 2,000 Thaler geweſen und daher belohnend, da die Auslagen nur 1,000 Thlr. be— trugen. Der Gewinn wuͤrde uͤberhaupt ein weit groͤßerer ſeyn, wenn nicht bisher das Grundwaſſer die Ausbeutung der tieferen Aderſchichten, wo die groͤßten, ſchoͤnſten und rein— ſten Stuͤcke ſich befinden, verhindert haͤtte und eben dieſes Umſtandes wegen größere und koſtſpieligere Vorrichtungen nothwendig geworden waͤren. Was nun dieſe und uͤber— haupt: 4. Die Art der Gewinnung und Bearbeis tung betrifft, fo beſtand dieſe anfaͤnglich bis 1835 aus einer Abſteifung mit Brettern. Dieſe Vorrichtung war je— doch, wegen des ſtark andraͤngenden Waſſers, ungenuͤgend und, um in eine groͤßere Tiefe gelangen zu koͤnnen, ließ der x. Wintermann große Kaſten anfertigen von 6 Qua— dratfuß; ſpaͤter wandte er doppelte Kaſten an, von denen der zweite unten geſchaͤrft war, um leichter in das ſchlam— mige Erdreich hinabgeſenkt werden zu koͤnnen. Das hervor— quellende Grundwaſſer wurde, dann durch Eimer beſeitigt, obgleich es 2 bis 3 Fuß hoch im Kaſten ſtand. Die groͤßte Tiefe, die er damals erreichte, war 8 Fuß und reichte fuͤr die gewuͤnſchte Ausbeute nicht aus. Ueberdem zeigten ſich die Kaſten wegen des Druckes der Erde zu ſchwach; er ließ daher ſtaͤrkere, mit einer Eiſenwand verſehene anfertigen und *) Vergl. das Schriftchen von Aycke: Fragmente zur Geſchich— te des Bernſteins. Danzig 1835. 8. 261 wandte zuletzt drei folhe Kaſten an, einer in den andern geſchoben, von denen jeder mit einem ſcharfen eiſernen Schuh beſchlagen war. Auf dieſe Weiſe arbeitete er 7 Fuß im Grundwaſſer und gelangte überhaupt bis zur Tiefe von 14 Fuß, fo daß ihm noch 3 Fuß ungefahr zu bearbeiten uͤbrig bleiben. Wenn nicht in dieſem Jahre die auffallende Trockniß und das geringe Grundwaſſer von ſelbſt die Schwierigkeiten bei der Ausbeutung mindern, ſo hofft der ꝛc. Wintermann durch umfajjendere Anwendung paſſen— der Vorrichtungen doch zu ſeinem Zwecke zu gelangen, wozu ich ihm aus Intereſſe für die Sache und ihre geologiſche Bedeutung Gluͤck wuͤnſche. s 5. Was die Beſchaffenheit der Erdſchichten anlangt, was bei dieſem Gegenſtande hauptfächlich für die Geologie von In⸗ tereſſe iſt, ſo iſt die Lage und Aufeinanderfolge der Erdſchichten folgende: Faſt durchgängig wird die oberſte Lage aus Sand ge: bildet, nur an einigen Stellen erſcheint eine Schicht ſchwarzer und dann eine Schicht weißer Mergel als oberſte Lage; dann felgt eine Kiesader, unter dieſer iſt eine Schicht loſen Sandes „ welche auf einem Lager Holzmüll ru.t, in welchem ſich kleine Stuͤckchen Bern⸗ ſtein befinden; darunter befindet ſich eine, ungefahr 1 Fuß ſtarke, Schicht grauer Sand, in welchem ebenfalls Bernſteinſtucke enthal⸗ ten find und zwar faſt durchgaͤngig größere, als in der darüber befindlichen Holzmuͤllſchicht. Noch größer und ſchoͤner aber werden die Bernſteinſtuͤcke in dem, unter der Sandſchicht befindlichen, La⸗ ger von Holzſtuͤcken, die, theils in Braunkohle, theils in bituminoſe Kohle verwandelt, durchgaͤngig abgerundet und von ſehr verſchiede— ner Größe find. Meiſtens find dieſe abgerundeten Holzfragmente muͤrbe und verwittert; die Structur iſt jedoch deutlich erkennbar, fo daß man ſogleich verſchiedene Holzarten gemiſcht findet, beſon⸗ ders Eichenholz, das meiſt in Braunkohle verwandelt iſt, ferner Kienen⸗, Eſchen⸗, Elſenholz, Kienaͤpfel, ſehr große Haſelnuſſe, Eicheln und Eichelnaͤpfchen, Alles ganz holzartig, nicht verſteinert. Je tiefer man in die Erd- und Holzſchicht eindringt, deſto größer werden die Holzſtuͤcke, die meiſtens die Größe von 2 Zoll bis ge: gen 2 Fuß haben. unter den Holzſtuͤcken in der Tiefe fanden ſich einzelne Stucke Holz von fremder Art und in Braunkohle verwan⸗ delt; ſie ſchienen mehr Borke zu ſeyn, als wirkliches Holz. Dieſe Stuͤcke ſind dadurch merkwuͤrdig, daß ſie von gelblichen flimmern⸗ den Puncten durchzogen ſind, die unter der Loupe fuͤr Bernſtein⸗ knoͤtchen erkannt werden und, mit der Nadel entfernt und in der Flamme verbrannt, den ſpecifiſchen Geruch nach Bernſtein entwik— keln. Es iſt daher hoͤchſt wahrſcheinlich, daß dieſe Fragmente von dem Mutterbaume des Bernſteins herſtammen, welcher dem Aloe: holzbaume von Cochinchiga (Aloexylon agallochum) nahe verwandt und weit verbreitet geweſen zu ſeyn ſcheint. — Welche Erdſchicht auf dieſe tiefe Holzſchicht folgt, hat noch nicht ermittelt werden koͤnnen, weil dieſe Holzſchichtader mit Bernſtein wegen des Grundwaſſers noch an keiner Stelle hat erſchoͤpft werden koͤnnen. Die angedeutete Reihenfolge der Schichten iſt faſt überall dieſelbe, nur an einer Stelle fand ſich eine Abweichung, indem hier auf die oberſte Sandſchicht eine 2 bis 3 Fuß dicke Lage von blauem Sande und auf diefe eine Ader von Lehm und Thon folgt, in welcher lege teren dann der Bernſtein eingeſenkt ſich findet. — Das Merkwuͤr⸗ digſte bei dieſen Erdſchichten iſt nun, daß ſie in ihrer baumkuchen⸗ arligen Miſchung und Aufeinanderfolge ſaͤmmtlich eine auffallende Neigung gegen Weſten oder Nordweſt befigen, und zwar in der Bedeutung, daß, wo dieſe Neigung weniger ſcharf hervortritt, auch die Ausbeute an Bernſtein viel weniger ergiebig iſt. Wirft man überhaupt einen Blick auf die muthmaßliche Bildung dieſer Erd: ſchichten, fo muß man gefteben, daß ſehr viele Umftände und Be⸗ obachtungen an dieſen Erdſchichten die Mitwirkung einer Strös mung bei der Ablagerung derſelben wahrſcheinlich machen. Die Neigung der Erdſchichten und deren überall gleichmaͤßige Form er: innert ſehr lebhaft an die Uferbildung und die Niederſchlaͤge und Einſenkungen der von der Stroͤmung herbeigeſchwemmten Gegen⸗ fände, wie dieß alltäglich an großen Binnenſeeen wahrzunehmen iſt, 262 wozu noch die Beobachtung kommt, daß die Erdſchichten, nament⸗ lich die tieferen, eine Bildung von Riffen zeigen, unterhalb deren der Bernſtein angefpült und in Neſtern eingeſenkt worden zu ſeyn ſcheint, während das Waſſer daruber hinwegſchlug und die oberen Stellen verſandete. Daß eine fpätere neue Ueberfluthung nach der Bildung der tieferen Erdſchichten und Bernſteinlager ſtattgefunden habe, erhellt ganz einfach aus der bedeutenden 4 — 5 Fuß dicken Ablagerung der oberflächlich liegenden Sanddecke. Ueberdem ſpricht die Bildung der Holzmullſchicht mit kleinen Bernſteinfragmenten und darunter die Bildung der Schicht von Holzſtucken von verſchiedenen Holzarten mit größeren Bernſteinſtucken, die je nach der Tiefe mit der Große des Holzes ebenfalls immer größer werden, für das Vor— walten des Princips der ſpecinſchen Schwere bei der Ablagerung ſelbſt, was doch nur in einem flüffigen Elemente moglich iſt. Daß alle dieſe bene Holzarten nicht den hieſigen Grund und Boden bedeckk haben können, und nicht da wuchſen und ſtanden, wo ſie jezt eingeſargt liegen, dieß erhellt ganz leicht aus der bun⸗ ten Durcheinandermiſchung der Hölzer, aus ihrer Zertruͤmmerung und aus der Abrundung der Holzſtucke, was nur durch eine Stro— mung bewirkt worden ſeyn kann. Dieſe Waldungen der verſchieden⸗ ſten Holzarten haben alſo wohl eine andere Gegend zum Mutter- boden und ſind nach ihrem Untergange und ihrer durch Stroͤmung, Aneinanderreibung und Anprallen an Felfen bewirkten Zerſplitte⸗ rung wahrſcheinlich von Nordweſt oder Nordoſt heraufgeſchwemmt und hier abgelagert worden. 6. Beſchaffenheit des Bernſteins ſelbſt. Dieſer findet ſich in allen Farben vor, beſonders in der ſogenannten, dem weiß— lichen Eigelbe gleichenden, feinen Kumſtfarbe, wie denn überhaupt der trübe Bernſtein häufiger vorkommt, wie der klare. Manche Stucke bergen in ihrer Maſſe Holzſtuckchen, Moos und beſonders Inſecten; namentlich beſitzt der Lehrer Hr. Schirrmeiſter ver: ſchiedene ausgegrabene intereffante Stuͤcke von Bernſtein, unter de— nen eines mit Halmen und Kiennadeln, ein anderes mit einem Käfer: chen und mehrere mit verſchiedenen Inſecten, Ameiſen, Spinnen, Muͤcken und Fliegen, beſonders eines aber durch eine ſchoͤne, klare Zeichnung eines Stuͤckchen Mooſes ſich auszeichnen. Ich ſelbſt bes fige ſehr verſchiedene Stuckchen Bernſtein mit Inſecten u. f. w., welche ich in meiner Jugend in der, am Marienberge gelegenen, Lehmgrube gefunden und geſammelt habe. Zu bemerken iſt, daß man in allen dieſen Stuͤcken dieſelbe Form der Inſectenwelt wiederfindet, wie fie in den an der Oſtſeekuͤſte gewonnenen Stüf- ken Bernſtein enthalten und noch kurzlich in einem beſonderen Werke beſchrieben worden iſt. — Von anderen Farben finden ſich nur Bernſteinſtuͤckchen von ſchwarzer und grauer Farbe. — Die Groͤße der gefundenen Bernſteinſtuͤcke iſt ſehr verſchieden. Der kleinere und haͤufigere liegt meiſtens in den oberen Schichten, der größere befindet ſich in der Tiefe, namentlich in der Schicht der verkohlten Holzſtuͤcke. Das größte Stuck, welches gefun⸗ den wurde, wog 1 Pfd. und 4 Loth, welches aus der groͤßten, bis jetzt erreichten Tiefe herausgearbeitet wurde. Bei der Reich⸗ haltigkeit der Ader iſt es nicht unwahrſcheinlich, daß die Tiefe noch ſehr große und ſchoͤne Stucke bergen und daß es gelingen werde, trotz des Grundwaſſers dieſe Ader auszubeuten. Wo wegen zu ſtark andraͤngenden Waſſers nicht gearbeitet werden konnte, da wurde die Tiefe mit einem langen Inſtrumente aufgewühlt, wo dann das mit Gewalt hervorſtuͤrzende Grundwaſſer große Stücken Bernſtein mit ſolcher Gewalt heraufſpuͤlte, daß fie den Arbeitern mit nicht unbedeutender Gewalt gegen Haͤnde und Geſicht ſprangen. — Die Form der Stuͤcke iſt meiſt abgerundet, wie abgeſchliffen, da man Ecken und Kanten faſt gar nicht an ihnen wahrnehmen kann. Die in den oberen Schichten befindlichen kleinen Stücke Bernſtein, die mehr im Trockenen liegen oder durch die von oben ein: dringende Feuchtigkeit bald naß, bald trocken werden, haben im⸗ mer eine verwitterte und als Pulver abreibbare Rinde, die durch den Einfluß der abwechſelnden Einwirkung des Waſſers und des Sauerſtoffgehaltes der atmoſphaͤriſchen Luft zu entſtehen ſcheint. Die groͤßeren Stuͤcke Bernſtein in der Tiefe, die fortwaͤhrend im Grundwaſſer liegen, zeigen gar keine Rinde, ſind bei'm Heraus: nehmen ganz blank, wie polirt, und erhalten erft fpäter durch die Einwirkung der Luft eine leichte 12 Dieſe Stüde find mehr 1 263 knubbelartig, bringen gar keinen Verluſt on Maſſe und gewähren deßhalb den meiſten Gewinn. — Häufig fanden ſich Stucke von 1 — 2 Loth Schwere, die aber nicht Bernſtein, ſondern Copal waren und bei der genauern Unter— ſuchung alle Eigenthümtichkeiten deſſelben beſaßen. Der Lehrer Schirrmeiſter beſitzt ein ſolches Stuck, in welchem Inſectenne— ſter und einzelne Spinnen enthalten ſind. — Zum Schluſſe füge ich noch die Bemerkung hinzu, daß der hieſige Kunſtdrechsler Wintermann, welcher durch ſeine Bern— ſteingraͤberei in der Umgegend in Ruf gekommen iſt, vor Kurzem nach einem bei Liebenwalde gelegenen Gute hingerufen iſt, um dem Beſitzer deſſelben die beiten, der Localitaͤt angepaßten, Vorſchlaͤge zur Gewinnung des Bernſteins zu machen, weil bei'm Ziehen eines Grabens auf dem Acker und im Walde Vernſtein ausgegraben wurde. Der ꝛc. Wintermann hat an verſchiedenen Stellen dort Nachgrabungen angeſt lt, und zwar mit dem beſten Erfolge und mit ſehr wenigen Unkoſten, weil der Bernſtein ſehr flach liegt und deßhalb die Ausbeutung nicht durch Grundwaſſer gehindert wird. Die Ader, welche faſt durch gaͤngig Stucke von 10 bis 16 Loth fuhren ſoll, ruht auf einer Schütt waſſerhartem Sande, in und unter welchem niemals Bernftein gefunden wird, ſondern lediglich in den auf ihm ruhenden Schichten. Auch hier bei Brandenburg finden ſich ſolche Stellen, die mit jener Ablagerung die groͤßte Aehnlichkeit haben. Das Git heißt Uhlenhof und liegt mitten iu dem Königlichen Forſte bei Groß ⸗Schoͤnebeck, ungefähr 1 Meile von der Havel. Bemerkenswerth iſt hierbei, daß dieſe Vernſtein— Lager ſaͤmmtlich in der Nähe der Havel und deren Verlauf ſich ber finden, ſo daß dadurch vielleicht die Richtung der Stroͤmung jener großen Ueberſchwemmungen angedeutet wird, welchen wir jene Ab⸗ lagerungen des Bernſteins in unſerer Gegend und vielleicht das ganze Bett der Havel und die fruchtbare Niederung des Havel— landes verdanken. — Intereſſant und ſehr lehrreich wuͤrde die Unterſuchung ſeyn, ob ſich wirklich eine bedeutende Uebereinſtimmung unter den geo— gnoſtiſchen Verhaͤltniſſen nachweiſen ließe, unter denen ſowohl in Grönland, an den Kuͤſten der Oſtſee und hier im Havellande, als auch in der Schweiz, in Italien, Spanien, Aegypten und (nach Mnaſeo's Zeugniß) auch im uͤbrigen Africa, in Syrien, Oſtindien und in China *) der Bernſtein aufgefunden worden iſt. — ) Hoffmann's Handbuch der Mineralogie III. S. 331. — Plinius: hist. natur. XXXVII. cap. XI. Ueber eine ſubjective Gehoͤrsempfindung, nebſt einer Bemerkung über das fogenannte Muͤckenſehen. Von Dr. K. Steifenſand. So bekannt und vielbeſprochen, als Gegenſtand beſonderer wiſ— ſenſchaftlicher Unterſuchung, die ſubjectiven Geſichtserſcheinungen ſind, ſo wenig hat man bisher noch die ſubjectiven Gehoͤrs— empfindungen einer naͤhern Betrachtung unterworfen und uͤber die Art der Entſtehung derſelben etwas mitgetheilt. Das bekann⸗ teſte hierher gehörige Phänomen iſt das ſogenannte Ohrklingen; doch iſt die Urſache ſeiner Entſtehung bisher noch nicht ergruͤndet. Verſchieden davon iſt das Klingen und Sauſen in den Ohren bei nervoͤſen Krankheitszuftänden. Valentin (De functionibus ner- vorum cerebralium etc. p. 115) erzählt von ſich eine Art Ohrkline gen, welches vorzüglich nach oft wiederholten Nachtwachen in ſei— nem rechten Ohre vorkomme und einige Stunden anhalte, ſo daß daſſelbe ihn, obgleich ermuͤdet, am Schlafe hindere. Daſſelbe hat das Eigenthuͤmliche, daß es gleich aufhört, ſobald er feine Aufmerk— ſamkeit darauf richtet, dagegen gleich wiederkehrt, wenn dieſe auf etwas Anderes gerichtet iſt. Er ſcheint daſſelbe für rein ſubjectiv zu halten. Von dieſen rein ſubjectiven Gehoͤrsempfindungen muͤſ— fen, wie J. Müller (Phyſiologie II. S. 482.) mit Recht be merkt, diejenigen unterſchieden werden, deren Entſlehungsgrund nicht in einer urfprünglichen Affection des Hoͤrnerven allein, ſon— dern auf einem in den Gehoͤrwerkzeugen ſelbſt erzeugten Schalle beruht, wie, z. B., das Brauſen bei Muskelcontractionen im Ohre 264 oder in deſſen umgebung (3. B., bei'm Gähnen), das pulſirende Geraͤuſch der Circulation bei Congeſtionen c. Ohne mich jedoch in eine allgemeine Betrachtung dieſer Erſcheinungen einzulaſſen, ſoll hier bloß von einer beſonderen, ſo viel mir bekannt, noch von kei— nem Beobachter bisher angeführten Art von ſubjectiver Gehörs = empfindung die Rede ſeyn, welche ich juͤngſt an mir ſelbſt entdeckte, und deren Vorkommen ſich überhaupt als ein allgemeines, nicht mir beſonders eigenthuͤmliches, ſondern auch bei anderen Perſonen bewaͤhrt hat. Eines Abends, als ich, im Bette liegend, das eine Ohr auf die Handfläche geſtutzt, deren Rüden percutirte, um den bekannten me⸗ talliſchen Percuſſtonston hervorzubringen, vernahm ich bald darauf, nachdem ich zu percutiren aufgehoͤrt, an demſelben Ohre ein ſtar— kes Saufen und Summen, welches fo ſehr dem Schwärmen von Mucen glich, daß ich mich umſah, um die vermeintliche Muͤcke aufzuſuchen. Die Wiederholung des Verſuchs mit der Percuſſion überzeugte mich von meiner Taͤuſchung. Seitdem habe ich denſel— ben auf verſchiedene Art und an beiden Ohren haͤufig angeſtellt und immer daſſelbe Reſultat gefunden, das ich nun naher beſchrei⸗— ben will. Die Bedingungen, unter welchen dieſes Phaͤnomen entſteht, ſind erſtens die, welche jenen eigenthümlichen Percuſſionston erzeu— gen, und zweitens aͤußere Stille, weßhalb fuͤr den Verſuch der ſpaͤte Abend oder die Nacht zu wählen iſt. Den metalliſch klirren— den Percuſſtonston erzeugt man dadurch, daß man die eine Hand- fläche dicht an das Ohr anlegt und auf deren Rücken mit den Fingern der andern klopft, oder auch dadurch, daß man mit den Fingern derſelben Hand deren Volarflaͤche das Ohr bedeckt, auf dem Kopfe gleichſam trommelt. Sobald man nun dieſes einige Secunden lang gethan und nun die Hand vom Ohre wegnimmt, ſo hoͤrt man ge— meiniglich zuerſt in dem anderen Ohre ein feines und ſchwaches, nur bei beſonderer Aufmerkſamkeit wahrnehmbares Singen oder Sum: e , welches allmaͤlig nachlaͤßt, während es jetzt in dem Ohre, an welchem der Percuſſionsverſuch ſtattgefunden, etwa eine halbe Minute oder etwas mehr nach demſelben zu toͤnen anfaͤngt. Es iſt dieſes ein anfangs ſchwaches, allmälig aber immer ſtaͤrker wer— dendes, ſummendes oder ſauſendes Geraͤuſch, gleich dem eines Muͤk— kenſchwarmes oder dem Kochen eines Theekeſſels, in welchem man deutlich noch einen beſonderen einzelnen pfeifenden oder ſingenden hoͤheren Ton unterſcheidet. Dieſer Ton iſt in meinem rechten Ohre etwas tiefer, als im linken. Das Geraͤuſch nimmt nun ebenſo, wie es begonnen, allmaͤlig wieder ab, nachdem es etwa eine Minute oder länger gewaͤhrt hat. Ich habe daſſelbe auch an beiden Ohren zugleich hervorgebracht. Wie bereits bemerkt wurde, iſt das Re— ſultat des Verſuchs auch bei anderen Perſonen daſſelbe geweſen, ſo daß ich, wenn es bei Einem oder dem Andern nicht der Fall war, dieſes mehr einem Fehler an dem Organe oder in der Brob— achtung, oder mangelnder Aufmerkſamkeit zuſchreiben moͤchte. Was nun die naͤhere phyſiologiſche Erklärung der Entſtehung dieſer eigenthuͤmlichen Geboͤrsempfindung betrifft, fo möchte ſich da⸗ ruͤber nach unſerer bisherigen Kenntniß oder vielmehr Unkenntniß von der Eatſtehungsweiſe der qualitativen Reactionsäußerungen der Sinnesnerven, wohl ſchwerlich etwas Erkleckliches ſagen oder auch nur vermutben laſſen. Es muß dieſes ferneren, ausführliches ren Beobachtungen uͤberlaſſen bleiben. Es wird aber um fo ſchwie⸗ riger ſeyn, in dieſer Hinſicht etwas Beſtimmtes zu erfahren, als wir hier offenbar mit einer rein ſubjectiven Empfindung zu thun haben. Daß fie eine ſolche iſt, geht daraus hervor, daß fie erſt eine Zeit lang nach der durch den Schall der Percuſſion hervorge— brachten Gehoͤrsperception entſteht, nachdem der Eindruck der letz⸗ tern bereits voͤllig verſchwunden zu ſeyn ſcheint. Dadurch, ſo wie daß während diefer Zwiſchenzeit das Gehör ſeine normale Hoͤrfaͤ— higkeit für äußere Eindruͤcke hat, unterſcheidet ſie ſich auch von der Entſtebungsweiſe der ſubjectiven Nachbilder auf G' ſichtseindruͤcke. Daß aber die bei dem Verſuche ſtattfindende Erſchuͤtterung der Kopfknochen als ſolche nicht Schuld an dicſer Erſcheinung iſt, ber wiiſ't der Umſtand, daß dieſelbe nur unter den, den metalliſch klir⸗ renden Percuſſionston erzeugenden Bedingungen entſteht. Dieſe ſcheinen aber hauptſaͤchlich in der durch die Schließung der aͤußeren Ohroͤffnung mittelſt der Handflaͤche bewirkten Reflexion der Schwin⸗ 205 gungen der Luft des Gehoͤrganges zu beruhen, wodurch denn zus gleich auch eine bedeutende Verſtaͤrkung des Schalles ftattfinder, welche den Hoͤrnerven wohl beſonders ſtark zu afficiren im Stande ſeyn mag, wie ich denn auch mitunter nach manen Verſuchen eine unangenehme etwas ſchmerzende Empfindung um Juncten des Ohe res wahrnahm. Denn der auf dieſe Weiſe hervorgebrachte Schall iſt immer bedeutend ſtaͤrker, als die ſonſt bei frei na Außen yes oͤffnetem Gehoͤrgange ſelbſt durch viel ſtarkeres Klopfen in der umgebung des Ohres her vorgebrachten oder ſonſt von Außen ber demſelben mitgetheilten Schale. Nur nach Kanonendongner, ar gengeraſſel und ahnlichen ſehr heftigen Gehoͤrseindrucken bemerkt man zuweilen eine ähnliche betaͤubende Nachempfindung. Es ent⸗ ſteyt daher die Frage, ob unſere Empfindung nicht vielleicht das Meſultat der bloßen Starke der Schallimpreſſion iſt, abgeſehen von der ſonſtigen qualitativen Beſchaffenheit; was, wenigſtens in Bezug auf das Allgemeine der Erſcheinung, die einfache Eutſtehung derſel— ben, ziemlich wahrſcheinlich iſt. Während die retina nach einem allzuſtarken Lichteindrucke in ihren Nuchbi.dern nach und nach alle verſchiedene Farbenenergieen durchläuft, habe ich etwas Achnliches bei unſerer Aff ction des Gehoͤrnerven nicht beobachten konnen, Ich habe bei dieſem, wie erwähnt, nur zwei verſchiedene Geraͤuſche unterſcheiden koͤnnen, naͤm ich das in feinen Tonverhältniſſen unbe: ſtimmte Summen oder Saufen und das als ein beſtimmter einfa⸗ cher Ton deutlich und eben ſo lange anhaltende Pfeifen oder Sin— en, wovon jenes erſtere ohne Zweifel dem bei dem zuſammenge— sten Percuſſionsgeräuſche deutlich zu unterſcheidenden dumpfen Getoͤſe oder Droͤhnen, das letztere aber, namlich das Pfeifen oder Singen, dem dabei gleichzeitig vorhandenen metalliſch klirrenden Tone — beides alſo als ſubjective, ſelbſtſtaͤndige Energie oder Meactionsfunction des Hoͤrnerven — entſpricht. Merkwürdig iſt hierbei, daß dieſe Reaction nicht unmittelbar der ſie urſprunglich veranlaſſenden Affection folgt, ſondern erſt nach ungefähr einer Mir nute eintritt, und während diefer Zwiſchenzeit das Ohr keine Ab: normität in feinem Hörvermögen zu zeigen ſcheint. Noch auffal⸗ lender iſt es daß das andere dem Verſuche nicht unterworfene Ohr zuerſt, und zwar unmittelbar darauf, ein wenngleich nur ſehr ſchwa— ches, mir jedoch faſt jedesmal ziemlich deutliches Summen während jener Zwiſchenzeit wahrnehmen laͤßt, bis es von dem nachfolgenden viel ftärkeren verdrängt wird. Ich muß jedoch geſtehen, daß ich in Bezug auf dieſes letztere Geraͤuſch des anderen Obres nicht zu behaupten wage, daß daſſelbe eine ſo conſtante Erſcheinung und die— ſelbe frei von aller Taͤuſchung ſey, wie dieß mit jenem Hauptphär nomene der Fall iſt. — Bei dieſer Gelegenheit, wo ich im Vorhergehenden eine kurze Darſtellung einer, wie ich glaube, intereſſanten und weitere Unter— ſuchung verdienenden Gehoͤrsempfindung verſucht habe, welche mit dem Muckenſummen Aehnlichkeit hat muß ich eine Notiz ver: vollſtaͤndigen, welche in No. 195 dieſer Blätter (Bd. IX. S. 304) über das ſogenannte Muͤckenſehen (mouches volantes), aus: zugemeife aus einem Aufſatze über dieſen Gegenſtand im erſten Bande der von Ammonſchen Monatsſchrift, mitgetheilt wurde. Ich habe naͤmlich drei oder vier Arten von ſolchen die Erſchei- nung des Muͤckenſehens mehr oder weniger bewirkenden im Auge ſelbſt beſindlichen Geſichtsobjecten, je nach ihrer verſchiedenen Lage vor der retina unterſchieden. Hierher rechne ich bloß die kleinen, runden, mitunter ringfoͤrmig erſcheinenden, einzeln oder reihenweiſe aneinanderlisgenden Koͤrperchen, nicht die ungegliederten Faͤden oder geſchläͤngelten Faſergebilde, welche haͤufig gleichzeitig mit jenen ar: — 266 fehen werden. An ber erften Art, den gewöhnlichen mouches vo- lantes, wurde die merkwürdige Erſcheinung beobachtet, daß fie, gleich kleinen Linſen, das Bild ſebr nahe dem Auge gehaltener Ger genftände, z. B., eines feinen Gewebes, in verkleinertem Maaß⸗ ſtabe auf der retina entwerfen. Die Lage dieſer durchſichrigen Linſenkoͤrp rchen kann demnach nirgendwo anders als unmittelbar vor der retina angenommen werden, wie denn auch wirklich, bei mikroſcopiſcher Unterſuchung der Oberflaͤche der retina, dieſe von dergleichen Korperchen in großer Menge bedeckt gefunden wird, Die zweite Art unterſcheidet ſich von der vorigen durch geringere Größe und Deutlichkeit, fo wie durch die beſondere Bewegung, in⸗ dem beide Arten, wie in zwei beſonderen Schichten beſindlich, ſich übereinander zu ſchieben ſcheinen. Um die letzteren zu ſehen, ber dient man ſich eines dicht vor das Auge gebrachten, mit einer fei— nen Nadelſpitze in ein Kartenblatt gemachten und gegen den hellen Himmel gehaltenen Loͤchelchens. Es zeigt ſich alsd aun das ganze Geſichtsfeld mit dergleichen runden Körperchen oder Kügelchen uͤberſaͤet. Mit Huͤlfe des Loͤchelchens, das aber hierfur nur mit der feinſten Nadelſpitze gemacht ſeyn darf, bemerkt man dann noch elne dritte Art von größeren rundlichen Körperchen, die ohne Bewegung bin und wieder im Geſichtsfelde zerſtreut legen und eine zeln fixirt werden koͤnnen. Dieſe muͤſſen als in der Hornhaut lie: gend angenommen werden, deren Gewebe man dabei ebenfalls ſe— hen kann. Zug eich mit ihnen wird dann zuletzt gewohnlich noch eine vierte Art aͤhnlicher Körperdyen bemerkt, welche bei Bewe⸗ gung der Augenlider, bei'm Blinzeln ſchnell von Oben nach Unten zu fallen ſcheinen und ſich offenbar in der Thraͤnenfeuchtigkeit, alſo außerhalb des Auges, befinden. Neuerdings hat Walentin (a. a. O., S. 16), dem meln obi⸗ ger Auffag Über dieſen Gegenſtand, wie es ſcheint, unbekannt ger blieben iſt, zwei Arten des Muckenſehens unterſchieden, wovon die eine unbewegliche Erſcheinungen zeigt, in Folge partieller Lähmung oder Bedeckung der retina durch örtliche Ausſchwitzung und Vari— cofität der Gentralvene, die andere dagegen bewegliche, in Folge entweder zu ſtarker Reizung der retina oder übermaͤßiger Anfül— lung der Gefäße. Hierbei find jene von mir bezeichneten Geſichts⸗ objecte, ohne Zweifel die gewoͤhnlichſte Art des ſogenannten Muͤk⸗ kenſehens, welche, ohne befondere krankhafte Affection der Augen, von ſonſt ganz gefunden, ja unter den angegebenen Umitänden von Jedermann, als eine allen Augen zukommende Erſcheinung, beobs achtet werden koͤnnen, ganz unberüͤckſichtigt geblieben. Uebrigens verweiſe ich in Bezug auf eine detaillirtere Darſtellung dieſes Ge: genftandes auf den oben erwähnten Aufſatz. Miscellen. Ueber die Garinarien haben die Hrn. Milne Eds wards und Peters, Unterſuchungen anzuſtellen, Gelegenheit ges babt und hinſichtlich der Fortpflanzungsapparate die Beobachtungen von Laurillard, nach welchen jene Mollusken Hermapbroditen mit getrennten Geſchlechtstheiten find, beſtaͤtigt. Sic haben auch bedeu— tende Eigenthuͤmlichkeiten des Circulations- und Nervenſyſtems ger funden, worüber die einzelnen Angaben erwartet werden dürfen. Necrolog. — Der als Entomolog beruͤhmte K. Schwe⸗ diſche Major Gylenkaal ift, 88 Jahr alt, am 13, Mai in We: ſtergotland geſtorben. Seine Sammlungen hat er der Academje in Upſala geſchenkt. 3 Ian . Harnroͤhrenveren gerungen. Therapeutiſche Unterſuchungen uͤber die verſchiede— nen Arten der Behandlung des Dr. Guillon. Von Corbel Lagneau. Viele Practiker find jetzt von der Unzulänglichkeit der Cauteriſation mit Argentum nitricum zur Heilung der Verengerung der Harnroͤhre in elner großen Anzahl von Fallen überzeugt. Ich will vorzuͤglich die Herrn Culle⸗ rier und Lagneau anfuͤhren, welche durch ihre Stellung mehr, als jeder Andere im Stande geweſen waren, die ſchlechten Wirkungen dieſer Art der Behandlung zu erwaͤgen. Wundaͤrzte, welche noch vor wenigen Jahren ausſchließlich die Cauteriſation der Harnroͤhre priefen, haben fie aufgege⸗ 267 ben, um wiederum zur Dilatation zuruͤckzukehren, welche ſie jetzt ebenfalls preiſen, als wenn die Dilatation jetzt beſſer, als fruher heilte und nicht mehr die naͤmliche ſey, wie fruͤ— her, nach dem Ausdrucke eines neuern Schriftſtellers, „ein ein— faches Palliativmittel, von welcher Natur und Form der di— latirende Koͤrper auch ſeyn moͤge, welchen man zur Opera— tion anwendet.“ Die Methoden, welche Hr. Guillon in die Therapie der Krankheiten der Harnroͤhre eingefuͤhrt hat, ſind, nach meiner Meinung, in geſchickten Haͤnden die beſten Heilmittel, welche wir beſitzen. Eine große Anzahl von gluͤcklichen Erfolgen wurden in Faͤllen, wo die gewoͤhnlichen Mittel von Maͤnnern von anerkannter Geſchicklichkeit voll— kommen fehlſchlugen, erhalten, und ſind deßhalb ſeit langer Zeit von den beiden angefuͤhrten Practikern aufgenommen. Viele Kranke uͤberdieß, welche Dr. Guillon geheilt hat, und welche die Aerzte nach einer mehrjaͤhrigen Heilung zu ſehen, Gelegenheit hatten, haben ihnen bewieſen, daß nach der Behandlung, deren Wirkſamkeit ich darzuthun ſuchen will, ſelten ein Ruͤckfall zu folgen pflegt; denn bisjetzt iſt noch keiner beobachtet worden. Um eine Vorſtellung von dieſen Methoden zu geben, will ich Folgendes aus dem von Dr. Serrurier veröffentlichten Bericht der Societe de me- decine pratique während der Jahre 1831 und 1832 ausheben. Wir ſind unſerem Collegen, Dr. Guillon, ſagt Hr. Ser rurier, mehrere Heilmittel, welche er zu den ſchon geprieſenen hinzugefuͤgt hat, ſchuldig. Dieſe neuen Behand— lungsweiſen und die gluͤcklichen Modificationen, welche er an denjenigen angebracht hat, welche man vor ihm an— wandte, uͤberwinden Hinderniſſe, welche ſich dem Urinlaſſen widerſetzen, indem fie die Harnroͤhren-Verengerungen zerſtoͤ⸗ ren, welche dieſe Function ſo beſchwerlich und ſchmerzhaft machen.“ Er wendet in ſeiner Praxis folgende fuͤnf Arten an: 1) Die excentriſche Dilatation oder Com: preſſion, welche von allen die aͤlteſte und gewoͤhnlich nur palliativ iſt. 2) Die Cauteriſation, welche er in Cauteriſation mit Agentien in feſtem Zuſtande und in Cauteriſation mit Agentien in flüffigem Zuſtande unterſcheidet. Das letzte Verfahren, vermoͤge welches man mit groͤßerer Ge— nauigkeit auf die kranken Theile einwirkt, ſcheint ihm das geeignete, und die Subſtanzen, welche er anwendet, ſind eine Aufloͤſung von ſaurem ſalpeterſaurem Queckſilber oder von Hoͤllenſtein, nach der Indication mehr oder weniger concentrirt. 3) Die Zerreißung, Scarification, Zer— quetſchung und Inciſion der Verengerungen, eine Ope— ration, welche darin beſteht, daß man die Theile mehr oder weniger mit verſchiedenen zu dieſem Zwecke erfundenen In— ſtrumenten trennet, wie die Art von Lancette in einer Schei— de von Dorner und Phyſik; das Bistouri caché von Hr. Aſhmeadz das mit ſchneidenden Erhöhungen verſe— hene Stilet von Dzondi und Amuſſat, ebenfo wie das, an die Stelle des vorhergehenden unter dem Namen des Scarificators geſetzte, ſchneidende gedeckte Stilet und das 268 Urethrotom mit concentriſchen Platten von Hrn. Guillon. Dieſes Urethrotom hat den Vorzug, die ringfoͤrmigen oder halbmondfoͤrmigen Verengerungen von Vorn nach Hinten und von Außen nach Innen zu trennen, waͤhrend mit den uͤbrigen Inſtrumenten die Inciſion nur von Innen nach Au— ßen gemacht werden kann. 4) Die excentriſche Exciſion, welche unſer College mit den von ihm erfundenen und nachher unter dem Namen des Sarcotoms beſchriebenen Inſtrumenten ausführt. 5) Die Harnroͤhrenſcarificationen oder oͤrtliche Ader— laͤſe, vermittelſt welcher man eine mehr oder weniger bes traͤchtliche Abſchwellung bewirkt, und welche in leichten Eins ſchnitten beſtehen, deren Zahl nach den Faͤllen und nach der bezweckten Entleerung variirt. Die Einführung dieſer beis den letzten Methoden in die Therapie der Krankheiten der Harnroͤhre haben wir unſerem Collegen zu verdanken. „Wenn die cencentriſche Exciſien und der Einſchnitt von Außen nach Innen noch Anhaͤnger findet, wie Hrn. Arnott in England und Hr. Jameſon in America ꝛc., ſo muß man mit Hrn. Guillon denken, daß ſie jetzt in Frankreich nicht mehr angetroffen werden.“ In dem Berichte hat man eine von Hrn. Guillon ſchon ſeit langer Zeit angewendete ſechste Art von Behand— lung zu erwähnen vergeſſen, naͤmlich das Herausreißen. Er fuͤhrt dieß mit geraden und krummen, an ihrem Ende mit großen Fenſteroͤffnungen verſehenen Cathetern aus. Wenn ſich die Fleiſchwucherungen in den Oeffnungen feſtge— ſetzt haben, ſo fuͤhrt er gewoͤhnlich in dieſe beſonderen Ca— theter ein zum Feſthalten derſelben geeignetes Stilet ein. Er hat in mehreren Fällen mehr oder minder tief in der Harnroͤhre ſitzende Excreſcenzen ausgezogen und unter ande— rem bei einem Muſikalienhaͤndler drei Hydatiden, welche von vielen Aerzten unterſucht worden ſind, und ſpaͤter beſchrieben werden ſollen. Die Société, fuͤgt der Redacteur des Berichtes hinzu, hat einen nicht minder lebhaften Antheil an der Beſchrei— bung der verſchiedenen von unſerem Collegen erfundenen und angewendeten Inſtrumente genommen, wodurch er die Ver— engerungen hebt, deren Heilung noch nie von ſelbſt zu Stande gekommen iſt, und welche früher oder ſpaͤter eine mehr oder weniger heftige Urinverhaltung herbeifuͤhren. „Explorationsinſtrumente. Dieſe find: 1) hohle Bougies mit ſehr dehnbaren und elaſtiſchen Waͤnden, deren Gewebe bloßliegt oder mit Kautſchouk bereitet iſt, und welche in groͤßerer oder geringerer Ausdehnung mit einer zum Abformen beſtimmten Wachsſchicht überzogen find; dieſe fuͤhrt man in geringem Umfange nach vorheriger Erweite— rung des Canales ein und erweitert ihren Durchmeſſer ſo— gleich vermittelſt einer mit einer Kautſchoukſpritze injicirten Fluͤſſigkeit. Dieſe Explorationsbougies zeigen nachher den deutlichen Eindruck der Verengerung; 2) Exploratoren von verſchiedener Groͤße mit ſehr biegſamem, elaſtiſchem und graduirtem Stiel, deſſen vorderes oder Blaſenende ſich in einem Anſatze mit hervorſpringenden Raͤndern oder warzenfoͤrmigen Umſchlage endigt, und deſſen anderes Ende die Geſtalt eines Myrtenblattes hat. 269 „Aetzmitteltraͤger. Der erſte ift ein 94 Zoll lan» ger, elaſtiſcher, auf beiden Seiten gradufrter Catheter, deſſen Pavillon trichterfoͤrmig erweitert iſt, und deſſen anderes, ab— gerundetes Ende ſeitlich eine ovale Oeffnung zeigt, welche ein Drittel ſeines Umfanges einnimmt. Ein flexibler Stiel, mit einem Ringe am einen Ende und mit einem feinen Schwamm am andern, dient dazu, das Aetzmittel auf die kranke Partie zu bringen. Der zweite iſt ein ſilberner Aetz— mitteltraͤger derſelben Art mit einem biegſamen Anſatze, der die Einführung erleichtert; die Fenſteroͤffnung laßt ſich nach Belieben vergroͤßern oder verkleinern, was durch einen Schie— ber geſchieht, der in dem Inſtrumente angebracht und am aͤußern Griffe befeſtigt iſt. Mittelſt anderer ebenfalls graduirter, gerader und ge— kruͤmmter Aetzmitteltraͤger, welche Dr. Guillon angegeben hat, kann man zu gleicher Zeit auf den ganzen Umfang des Harnroͤhrencanals in verſchiedener Ausdehnung und Staͤrke wirken. Dieſe Inſtrumente beſtehen aus einer Leitungsroͤhre mit Abtheilungen nach Zoll und Linien einem Centralſtabe mit einem Knopfe zur Verſchließung des vordern Endes der Roͤhre, zur Erleichterung der Einfuͤhrung und zur Beſchraͤn— kung der Cauteriſation; drittens aus einer zweiten bewegli— chen Roͤhre uͤber dem Stabe: an dieſe iſt ein Schwaͤmmchen oder eine Art von Pinſel zur Aufnahme des fluͤſſigen Aetz— mittels angebracht. . Es ſind alle gewuͤnſchten Indicationen erfuͤllt, wenn man im erſten Falle die Theile des Canales, auf welche gewirkt werden ſoll, iſoliren und den uͤbrigen Canal vor der Einwirkung des fluͤſſigen Aetzmittels vollkommen ſichern kann, und wenn man im zweiten Falle ohne Beſchwerde auf die kranken Theile unmittelbar ein caustieum anzu- bringen vermag, deſſen Anwendung ſich in vielen Faͤllen bes reits vollkommen bewaͤhrt. Sarcotome ſind gerade oder gekruͤmmte Catheter mit langen Fenſteroͤffnungen, deren Raͤnder ſchneidend ſind; man fuͤhrt Stiele in dieſelben ein, welche ſo vorgerichtet ſind, daß dadurch die Excrescenzen, welche in die Fenſteroͤffnung bins einragen, ercidirt werden. Die Anwendung dieſes Inſtru⸗ mentes bewaͤhrte ſich vollkommen in einem Falle, wo die Harnroͤhre durch eine Scheidewand in zwei gleiche Abthei— lungen geſchieden war. Dieſe Scheidewand war Folge eines falſchen Weges, der mit einer armirten Bougie gebil— det und ſpaͤter durch den Catheterismus in einen zweiten Canal umgewandelt wurde, welcher 6 — 64 Zoll von der Harnroͤhrenmuͤndung hinaufging; der Urin ging durch beide Canaͤle ab und bildete einen kleinen, gewoͤhnlich getheilten Strahl. Der Kranke ließ in der Nacht 4 bis 5 Mal, am Tage 7 bis 8 Mal Urin. Da dieſe Affection durch die Cauteriſation nicht zu beſeitigen war, ſo wurde zur Exciſion der Scheidewand das Sarcotom erfunden. Es beſteht in zwei Roͤhren aus Stahl; die erſte, 9 Zoll lange, vorn abge— rundete hat eine 1 Zoll lange Fenſteroͤffnung, welche die Haͤlfte des Umfangs der Roͤhre einnimmt; die zweite Roͤhre liegt in jener, hat 12 Zoll Laͤnge und hat an dem einen Ende eine ganz gleiche Fenſteroͤffnung, fo daß, wenn die 270 Roͤhren in einander geſteckt find, beide Oeffnungen einandet vollkommen entſprechen. Man kann die innere Röhre in— nerhalb der aͤußern drehen, und dieſelbe bildet nach Vorn eine Art von ſtumpfſpitziger Klinge, welche nach Außen con: ver iſt. Dieſer Rand, fo wie die Raͤnder der Fenſteroͤff— nungen find ſcharf, wie ein Paar Scheerenklingen und wir⸗ ken auf aͤhnliche Weiſe. Nachdem die aͤußere Roͤhre in die urethra eingeführt war, bis die Scheidewand in die Fen⸗ fteröffnung ſich eingelegt hatte, führte Dr. Guillon auch die zweite Roͤhre ein, und ſchnitt, indem er beide Roͤh— ren in entgegengeſetzter Richtung wirken ließ, eine Seite der Scheidewand durch; er richtete hierauf die ſchneidende Klinge auf eine andere Weiſe und trug die Scheidewand vollends ab und führte fie in dem Inſtrumente heraus (etz was undeutlich!). Die Scheidewand war 4 bis 5 Linien lang, 2 breit und 1 dick. Dieſe Operation wurde 1830 ausgeführt; ſeitdem iſt der Kranke geſund und gehen Bou— gies von der Dicke von 4 Linien leicht bis in die Blaſe— 1857 bekam der Kranke, nach mannigfachen Ausſchweifungen im Carneval, eine Gaſtroenteritis und Blaſenhalsentzuͤndung mit Harnverhaltung. Ein Studirender wollte catheterifiren, bildete einen falſchen Weg, veranlaßte eine betraͤchtliche Blu— tung und entleerte keinen Urin. Erſt am Abend gelang der Catheterismus. Tags darauf war der Kranke in einem hoffnungsloſen Zuſtande; es wurde blutiger Urin ausgeleert; nach einigen Tagen erfolgte der Tod. Bei der Section fans den ſich drei falſche Wege, deren ein alter bis zum Boden der Blaſe ging und neben dem linken urether ausmuͤndetez das Inſtrument hatte die prostata in der Mitte durch— bohrt. Urethrotom. Um chroniſche Entzündungen an ein zelnen Stellen der Harnroͤhre, z. B., an den Cowperſchen Druͤſen, an der prostata ꝛc. zu beſeitigen, bedient ſich Hr. Guillon mehrerer Urethrotome, um oberflaͤchliche Starifi— cationen zu machen. Es ſind Catheter, aus denen kleine ſchneidende Klingen mehr oder minder hervortreten, ſo daß man mehr oder minder tiefe Inciſionen nach Willkuͤhr ma⸗ chen kann. Auch dieſe Inſtrumente find gerade, gekrümmt und flexibel, entweder bloß auf einer Seite, oder nach allen Seiten mit Klingen verſehen. f Herr Guillon bedient ſich außerdem noch ſehr bieg— ſamer elaſtiſcher Bougies zur Erweiterung der Harnröhre; ſie ſind zum Theil coniſch mit olivenfoͤrmiger Spitze, zum Theil bauchig, aber an der Stelle der Anſchwellung eben ſo biegſam, als an den uͤbrigen Stellen; endlich bedient er ſich noch anderer Fiſchbeinbougies mit mehrfachen Anſchwellun— gen, deren vorderes fadenfoͤrmiges Ende ſich in eine Olive endigt, und vermittelſt deren er immer den Catheterisme force zu umgehen hofft. Es werden nun ſieben Beobachtungen angefuͤhrt, aus welchen der Verfaſſer den Schluß zieht, daß bei Behandlung der Harnroͤhrenverengerungen die Dilatation nur ein Pallia⸗ tivmittel fen, daß die Cauteriſation nur ſelten nutze, und daß eine wahrhaft heilende Behandlung, welche allgemein an⸗ wendbar fen, in den Harnroͤhrenſcarificationen oder localen 271 — Blutent ziehungen beſtehe, welche nur durch die Dilatation unterſtuͤtzt werden muß. Der Verf. führe uͤbrigens an, daß er dieſen Schluß keineswegs aus der geringen Anzahl der ſieben mitgetheilten Krankheitsfaͤlle allein ziehe, ſondern daß ihm, feinem Vater und Hrn. Cullerier noch eine große Anzahl aus eigener und Hrn. Guillon's Praxis bekannt ſey Alle nicht ſpaſtiſchen Verengerungen ſind Folge von urethritis, nicht ſelten veranlaßt durch ungehörige Anwen⸗ dung adſtringirender Einſpritzungen wihrend des acuten Stadiums; die Einſpritzungen zu einer Zeit, wo kein Schmerz bei'm Uriniren mehr ſtattfindet, find durchaus uns ſchaͤdlich. Bei allen Kranken, welche radical durch die Scarifica— tion geheilt worden ſind, und ſelbſt bei denen, welche mit— telſt Dilatation allein behandelt wurden, blieben die Bou— gies nie laͤnger, als 20 Minuten taͤglich liegen, und dennoch war die Heilung deswegen nicht minder raſch. Dieß ſpricht gegen die liegenbleibenden Bougies und fuͤr die jetzt ziemlich allgemein angenommene momentane Dilatation, welche we— nigſtens von denen gelobt wird, welche beide Arten der Di— latation verglichen haben. Die erſte reizt Harnröhre und Blaſe, giebt den Ur enſalzen Gelegenheit, ſich eryſtalliſirt ans zuſetzen, und veranlaßt dadurch ſchmerzhafte Zerreißungen, wenn man eine ſolche Bougie aus dem Canale wiederum herauszieht. Es iſt zu bemerken, daß Hr. Guillon die Harnroͤh— renſcarificationen auch bei Entzündung der prostata anwens det, während zugleich Blutegel und Cataplasmen am peri- naeum in Anwendung kommen. Diefe Behandlung giebt die guͤnſtigſten Reſultate. (Revue méd., Oct. 1839.) Miscellen. Ueber den mediciniſchen Werth von einem Auf enthalte auf Madeira ſpricht ſich Dr. Wilde in feinem Be: richte einer Reiſe nach Madeira und den Kuͤſten des Mittelmeeres folgendermaßen aus: Ich bin weit entfernt zu behaupten, daß das Clima von Madeira die Schwindſucht heilen koͤnne; doch muß ich ſagen, daß, auch abgeſehen von ſeiner anerkannten Wirkſamkeit in chroniſchen Affectionen, dieſes Elima auch zur Beſeitigung oder ſelbſt zur Hemmung beginnender Bruſtkrankheiten mehr wirkt, als irgend ein anderes mir bekanntes Clima. Ein trocknes, warmes Clima 272 mit einem gefunden, gleichmäßigen Stande der Atmoſphaͤre iſt ohne Zweifel eins der maͤchtigſten Heilmittel, beſonders fuͤr Organe, mit welchen andere Agentien nicht in Beruͤhrung gebracht werden koͤn— nen. Es iſt dieß ein Heilmittel, welches in vielen Fallen nicht ſei— nes Gleichen hat und der Mißcredit, in welchen feine Wirkfamkeit gekommen iſt, ſcheint mir nicht in dem Mittel ſelbſt, ſondern in der Art, wie daſſelbe meiſtens verordnet worden iſt, zu beruhen. Es ift die Art ſehr zu tadeln, wonach man auf bloßes Hoͤrenſa— gen nicht filten bei ſehr zweifelhaften Autoritäten beſondere Derte lichkeiten fuͤr gewiſſe Krankheiten und für beſondere Eigenthuͤm— lichkeiten der Conſtitution empfiehlt. Für marche Kranke iſt die Hitze eines Mad iraſommers zu erſchlaffend, und dieſe werden es vortheilhaft finden, eine niedrigere Temperatur aufzuſuchen, und ſie werden noch dabei einen weſentlichen Vortheil von der Reiſe ziehen, — immer daran denkend, daß die zweite Haͤlfte des Juni der früheſte Zeitpunct iſt, in welchem ein Kranker, welcher feinen Wins ter in Funchal zugebracht hat, mit Sicherheit in England ans kommen kann. Der Frühling iſt die gefaͤhrlichſte Jahreszeit auf der Inſel, und da Funchal und die Suͤdſeite der Inſel ſehr exponirt iſt, was in den uͤbrigen Jahreszeiten vortheilhaft wirkt, ſo bin ich verſichert, daß alsdann das geſchuͤtzte Thal von Dratava auf Te— neriffa in mancher Beziehung vorzuziehen und uͤberdieß zu dieſer Jahreszeit 5° wärmer iſt, als Funchal. Ueber Hautzellgewebsentzuͤndung (Pfeudoerys fipelas oder diffufe Entzündung) giebt Dr. Kennedy in dem Dublin Journal, Jan, 1840, eine Abhandlung, aus welcher folgende allgemeine Saͤtze als Reſultat hervorgehen: 1) Pfeudoerye ſipelas befaͤllt keine geſunden Menſchen; 2) die zum Pſeudoeryſipe— las disponirenden Krankheitszuftände rühren beſonders von Angſt und Sorge, von großer koͤrperlicher Anſtrengung, von Erſchuͤtte— rungen des Nervenſyſtems, von ungehoͤriger Diaͤt, und uͤberhaupt von den Dingen her, welche den gefunden Tonus in dem Organis— mus herabzuſtimmen im Stande ſind; 3) dieſe Stoͤrung der Ge— ſundheit zeigt ſich beſonders in einem angegriffenen Zuſtande der Gedaͤrme; 4) iſt einmal dieſe krankhafte Praͤdispoſition entwik. kelt, fo genügt die leichteſte Urſache zur Hervorrufung eines Pfeus doeryſipelas; 5) Venenentzuͤndung verurſacht keinesweges nothwen— dig diffuſe Entzündung oder Pſeudoeryſipelas; 6) durch Venaͤſec— tion kann diffuſe Entzuͤndung entſtehen, wenn auch die Vene ſelbſt geſund bleibt; 7) wenn Venenentzuͤndung vorhanden iſt, ſo iſt das begleitende Fieber leichter von der typhoͤſen Form, als wenn Pſeu— doeryſipelas allein vorhanden iſt; 8) die diffuſe Entzuͤndung kann mehrere Koͤrpertheile in raſcher Aufeinanderfolge befallen, oder auch auf einen Theil, z. B., die Huͤfte, oder auf ein Organ, wie die Lunge, ſich beſchraͤnken; 9) Eiter kann in die Gelenke, ſeroͤſen Höhlen, oder das Zellgewebe ausgeſchwitzt werden, ohne daß eine Spur umgebender Entzündung vorhanden wäre; 10) bei dem er⸗ ſten Beginne des Anfalls verſpricht die kraͤftige Anwendung des Gluͤheiſens mit ziemlicher Wahrſcheinlichkeit die Hemmung der Krankheit. Hat ſich dieſe aber einmal gebildet, ſo ſind reichliche und 155 Inciſionen das einzige Mittel, wovon man etwas erwar⸗ ten kann. Bibliographische Nouvelles recherches sur la membrane hymen et les caroncules Par C. Devilliers. Paris 1840. 8. M. 4. T. Par Ch. Delattre. Paris 1840. hyménales. Album d'Histoire naturelle. Queeroctav. Mit 31 K. Heeg ten Ophthalmie des armées. Rapport aM. le Ministre de l'agricul- ture, du commerce et des travaux publics, sur l’ophthalmie regnante en Belgique, accompagné de considerations sur la statistique de ce pays. Par M. P. L. B. Caffe. Versailles 1840. 8. Studi terapeutici del Dott. Giacinto Namias etc. Venezia 1839. 8. — . — Ueue Notizen a u 8 dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbhe Fror ter ju Weimar, Gedruckt im Landes » Induftries Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. (Nr. 18. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. und dem Mediemalrathe und Profeffor FEroriep zu Berlin. Juni 1840. 2 Rthlr. oder 3 Fl. 86 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. e eee Ueber die genaue Meſſung der Temperatur, des atmoſphaͤriſchen Druckes ꝛc. durch optiſche Mittel. In der Sitzung der Pariſer Academie der Wiſſenſchaf ten am 25. Mai hielt Hr. Arago einen Vortrag uͤber die Benutzung der Licht-Interferenzen Behufs der Erledigung verſchiedener phyſikaliſcher Fragen. Wenn zwei von einem gemeinſchaftlichen Heerde aus— gehende Kegel weißen Lichtes ſich durch ein gleichartiges Medium ziemlich gleich weit ergoſſen haben, ſo bilden ſie uͤberall, wo ſie einander unter ſpitzen Winkeln ſchneiden, ein Syſtem von glaͤnzenden Franſen, welche durch dunkle und ſcharf begraͤnzte Zwiſchenraͤume von einander getrennt ſind. Die mittelſte Franſe zeigt die Regenbogenfarben im gering— ſten Grade und wird durch dieſes Merkmal hinreichend cha— racteriſirt. Indeß hatte ſich Hr. Arageo ſchon vor Jah— ren davon uͤberzeugt, daß die Stelle, an welcher ſich die auf dieſe Weiſe durch die Interferenz der beiden Strahlenkegel entſtehenden Franſen bilden, nicht lediglich durch die Ver— haͤltniſſe des zuruͤckgelegten Weges bedingt wird. Als er, z. B., eine ſehr duͤnne Glastafel in einen dieſer Lichtkegel brachte, waͤhrend das Medium, durch das die Strahlen fie— len, gemeine Luft war, ſo bemerkte er, daß die Streifen ſich mehr nach der Glastafel zu zogen. Er wiederholte die— fen Verſuch ſehr haͤufig mit Medien verſchiedener Art, und gelangte ſo zur Erkenntniß eines Geſetzes, welches die Ver— ſetzung der Franſen auf eine hoͤchſt einfache Weiſe von der ſtrahlenbrechenden Kraft und der Dicke des durchſichtigen Koͤrpers abhaͤngig macht, durch welchen auf dieſe Weiſe nur einer der beiden Strahlenkegel faͤllt. Sobald Hr. Arago dieſes ganz neue Mittel zum Meſſen der ſtrahlenbrechenden Kraft der durchſichtigen Koͤr— per entdeckt hatte, mußte er auch darauf verfallen, daſſelbe zum Studium dieſer Kraft in feuchter Luft anzuwenden. Es lag allerdings viel daran, zu wiſſen, ob das Hygrometer bei Berechnung der aſtronomiſchen Strahlenbrechungen eine Rolle zu ſpielen habe. Fresnel verband ſich mit Hrn. Vo. 1404. eee |! kan #2 Arago zur Ausführung des von Letzterm in Vorſchlag ge— brachten Verſuchs, welcher folgendermaßen in's Werk ge— ſetzt ward. Zwei, etwa 3 Fuß lange Roͤhren von duͤnnem Kupfer— bleche wurden, gleich den Laͤufen einer Doppelflinte, aneinan— dergeloͤthet. Sie wurden an jedem Ende mittelſt einer und derſelben Glasſcheibe mit parallelen Flaͤchen verſchloſſen. Die Fluͤſſigkeiten, deren Wirkung man zu ſtudiren gedachte, wurden mit Huͤlfe von Haͤhnen ein- und abgelaſſen. Wenn ſich in beiden Roͤhren Luft von derſelben Did: tigkeit, Temperatur und Feuchtigkeit befand, ſo brachte der durch die rechte Roͤhre fallende Lichtkegel, indem er ſich bei'm Heraustreten mit dem aus der linken Roͤhre kommen— den Kegel vermiſchte, regenbogenfarbne Franſen hervor, deren Lage faſt genau mit derjenigen der Franſen zuſammenfiel, welche dieſelben Lichtkegel erzeugten, wenn ſie ihren Weg bloß durch die freie Luft nahmen. Wenn, bei gleicher elaſtiſcher Spannung in beiden Roͤhren, die eine Kalkchloruͤre, die andere Waſſer enthielt, wenn folglich die Luft in der erſtern vollkommen trocken, in der letztern mit Waſſerdunſt geſaͤttigt war, ſo nahmen die durch die Interferenz des 3 Fuß weit durch feuchte Luft gegangenen Kegels mit dem eben ſo weit durch trockne Luft geſtrichenen entſtehenden Franſen nicht mehr dieſelbe Stelle ein, wie die in freier Luft gebildeten. Die Dazwiſchenkunft der Roͤhren erzeugte eine merkliche Verſchiebung, welche 14 Franſe austrug. Dieſe Verſetzung fand jederzeit nach der trocknen Luft zu ſtatt. Die Richtung, nach welcher die Verſchiebung der Fran— fen ſtattfindet, beweiſ't zuvoͤrderſt ganz unwiderleglich, daß trockne Luft eine bedeutendere ſtrahlenbrechen⸗ de Kraft beſitzt, als feuchte. Nun war der Unter» ſchied noch zu ermitteln. Von dem weiter oben erwaͤhnten Geſetze, ſo wie aus Verſuchen ruͤckſichtlich der Schwaͤchung des Druckes, welche die Luft in einer der Roͤhren erfahren mußte, wenn die Franſen ſich um 14 Franſe nach der ent» gegengeſetzten Seite verfchieben ſollten, ſchloß man direct auf 18 275 den Unterſchied in der ſtrahlenbrechenden Kraft der beiden Luftarten; allein moͤglicherweiſe konnte ſich eine duͤnne Feuch— tigkeitsſchicht auf die innere Oberflaͤche der beiden Glasſchei— ben, da, wo dieſelben mit der feuchten Luft in einer der Roͤhren in Beruͤhrung waren, niedergeſchlagen haben. So dünn eine ſolche Schicht auch hätte ſeyn mögen, fo wuͤr— de ſie doch bei der fraglichen Erſcheinung eine ſehr wich— tige Rolle geſpielt, ja die in Erfahrung zu bringende Wir⸗ kung großentheils unerkennbar gemacht haben; und aus die— ſem Grunde lehnte Fresnel ab, die Reſultate der von ihm und Mrago angeſtellten Verſuche auf ein feſtes Zah— lenverhaͤltniß zuruͤckzufuͤhren. Es iſt ſeitdem Hen. Arago vollſtaͤndig gelungen, dieſe Schwierigkeit zu heben, indem er den fruͤhern Verſuch mit zwei andern Roͤhren, einer trocknen und einer feuchten, wiederholte, welche an ihren beiden Enden durch die Glaͤſer verſchloſſen waren, deren man ſich anfangs bedient hatte. Dieſes Mal waren die Roͤhren aber nicht 1 Meter, ſondern nur 1 Centimeter lang. Der Einfluß des Unterſchiedes in der ſtrahlenbrechenden Kraft der beiden Luftarten war auf dieſe Weiſe faſt durchaus beſeitigt, ſo daß beinahe nur noch die Wirkung der an der innern Oberfläche der beiden Glas— tafeln, auf der feuchten Seite niedergeſchlagenen Feuchtig— keitsſchichten in Anſchlag zu bringen war; allein dieſe Wir— kung war durchgehends durchaus unmerklich. Die Verſez— zung um 15 Franſe, welche man bei 1 Meter langen Roͤh— ren beobachtete, hing demnach durchaus von der verſchiede— nen Brechungskraft trockner und mit Feuchtigkeit geſaͤt— tigter Luft ab. Bei 27° des hundertgradigen Thermome— ters war der Unterſchied ſo bedeutend, daß, wenn man fuͤr den Eintritt des Lichts aus dem luftleeren Raume in Luft“) das Verhaͤltniß des Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des Brechungswinkels 1,0002945 ſetzt, daſſelbe für den Eintritt aus dem luftleeren Raume in feuchte Luft S 1,0002936 iſt. So iſt denn der Unterſchied in den Indices der Bre— chung bis zur ſiebenten Decimalſtelle berechnet, und die Ge— nauigkeit hätte leicht noch weiter getrieben werden konnen, da dieſelbe durch Verlaͤngerung der Roͤhren ſich in beliebigem Grade vermehren laͤßt. Hr. Ar ago beſchaͤftigt ſich gegenwärtig damit, dieſem Verſuche noch groͤßere Vollſtaͤndigkeit zu geben. Es handelt ſich darum, zu erfahren, ob die Waͤrme auf die Brechungs— kraft der Luft einen Einfluß aͤußert, welcher nicht von deren Ausdehnungskraft herruͤhrt und von dieſer getrennt berechnet werden muß. Dieſer Punct verdient um fo mehr beruͤck— ſichtigt zu werden, da warmes Glas, im Widerſpruche mit der fruͤhern Annahme, die Strahlen ſtaͤrker bricht, als kaltes. Die Methode des Hrn. Arago findet nicht nur auf das Problem der Strahlenbrechung Anwendung; man kann dieſelbe auch mit Vortheil zur Erledigung mehrerer ſehr ) Statt „Luft“ iſt hier wohl zu leſen „trockne Luft.“ D. Ueberſ. 276 ſchwierigen phyſikaliſchen Fragen anwenden, und der Verfaſ— ſer hat einige derſelben namhaft gemacht. Man denke ſich eine einfache luftleere Roͤhre von einer gewiſſen Laͤnge, welche an beiden Enden mit Glasplatten verſchloſſen iſt; waͤhrend eine dritte bewegliche Glasplatte neben der Roͤhre den Weg des aͤußern Strahlenkegels ſchneidet. Es laͤßt ſich dann bemerken, daß mittelſt einer compenſiren— den Wirkung ſich, vermoͤge der Interferenz der durch den luftleeren Raum ſtreichenden mit den durch die freie Luft gehenden Strahlen, die Franſen ganz in derſelben Weiſe bilden, als ob beide Arten von Strahlen durch dieſelbe Art von Medium gegangen wären. Nur wenn die atmoſphaͤri— ſche Luft eine andere Brechungskraft annimmt, werden ſich die Franſen verſchieben; vermindert ſich die Brechungskraft, ſo findet die Verſchiebung nach der luftleeren Roͤhre zu ſtatt. Eines ſolchen Inſtrumentes koͤnnte man ſich alſo auf den Sternwarten ſtatt des Barometers und Thermome— ters zur Beſtimmung der ſtrahlenbrechenden Kraft der At— moſphaͤre bedienen. Die Brechungskraft der Luft haͤngt theils von dem Drucke, den ſie erleidet, theils von deren Temperatur ab. Bleibt der Druck derſelbe, waͤhrend ſich die Temperatur nur um 1° des hundertgradigen Thermometers ändert, fo vers ſchieben ſich die Franſen bei einem Inſtrumente von eilf Decimeter Länge um z wei volle Franſen. Dieſe Ders ſchiebung laͤßt ſich bis auf 1 Franſe genau beſtimmen. In Verbindung mit dem Barometer, kann man alſo mittelſt dieſes Inſtrumentes die Temperatur der Luft bis auf 5° berechnen, und, wie jeder Phyſiker weiß, hat die genaue Beobachtung der Temperatur der Luft ganz ungemeine Schwierigkeit. Da auf den Stand des Thermometers die Ausſtrahlung des Himmels, des Erdbodens, aller benachbar— ten Koͤrper Einfluß hat, ſo zeigt daſſelbe nie die Lufttem— peratur genau an. Dagegen haben auf ein Reſultat, wel— ches von einer, mit der Temperatur in bekanntem und ge— nau meßbarem Verhaͤltniſſe ſtehenden Eigenſchaft der Atmo— ſphaͤre abgeleitet iſt, alle dieſe Urſachen des Irrthums durch— aus keinen Einfluß. Auf Reiſen koͤnnte, wenn man ſich mit der Beſtim— mung der Temperaturen nach dem Thermometer begnuͤgen wollte, das angezeigte Inſtrument als Barometer dienen. Mit einer ſolchen luftleeren Röhre von 1 Meter Laͤnge lie— ßen ſich Druckunterſchiede von 1 bis 2 Zehntel Millimeter beſtimmen, und jeder Reiſende wird zugeben, daß es unge— mein vortheilhaft waͤre, wenn man das fragliche Inſtru— ment ftatt eines fo zerbrechlichen, wie das Barometer, in Anwendung bringen koͤnnte. Beobachtungen in Bezug auf den Miſtel (Viscum album, I.). In der Sitzung der Pariſer Academie der Wiſſenſchaf— ten am 18. Mai ſtattete Hr. von Juſſieu im Namen einer Commiſſion Bericht uͤber eine Arbeit des Hrn. De— caisne ab, welche: Beobachtungen uͤber die Entwickelung des Saamenſtaubes bei'm Miſtel und Über die Veraͤnderun— 217 gen, welche die Eierchen deſſelben und des thilesium er» leiden, uͤberſchrieben war. Die maͤnnliche Bluͤthe des Miſtels faͤngt faſt ein Jahr vor dem Aufbluͤhen derſelben an, ſichtbar zu werden; an dieſer ungemein kleinen Knoſpe hat Hr. Decaisne feine erſten Veobachtungen angeſtellt und dieſelben von Monat zu Monat, von Woche zu Woche, ja von Tag zu Tag in der Art fortgeſetzt, daß ihm nicht die geringſte Veraͤnderung entgehen konnte. Im erſten Stadium der Entwickelung unterſcheidet ſich die Anthere von dem gruͤnlichen Kelche, an welchem ſie feſt— fiet, nur durch die Abweſenheit der Farbe; im Uebrigen be— ſteht fie aus einem ganz aͤhnlichen Zellgewebe. Später bil: den ſich in dieſem innern farbloſen Theile mehrere Luͤcken, die ſich ausnehmen, als ſey das Zellgewebe an jenen Stel— len zerſtoͤrt, und die ſich mit einer ſchleimigen Fluͤſſigkeit fuͤllen. Noch etwas ſpaͤter erkennt man, daß dieſer Schleim aus kleinen Schlaͤuchen mit weichen, ſehr duͤnnen und durch— ſcheinenden Waͤnden zuſammengeſetzt iſt. Dieſe Schlaͤuche ſind weit groͤßer, als die der benachbarten Theile und nur durch eine klebrige Feuchtigkeit mit einander verbunden. Zu dieſer Zeit beſteht die Anthere aus drei Arten von Zellen; aus urſpruͤnglichen, farblofen Zellen, welche den groͤßten Theil der Maſſe bilden; aus gelben oder grauen Zellen, wel— che ſich in der Naͤhe der Luͤcken befinden und deren Wan— dungen bilden, und endlich aus groͤßeren Zellen, welche jene »Luͤcken ausfuͤllen und nichts Anderes ſind, als die ſogenann— ten faamenftaubführenden Schläuche des Hrn. de Mirbel. Dieſe durchſcheinenden Schläuche verdunkeln ſich bald durch das Auftreten zahlreicher Körnchen, und mitten unter dieſen bemerkt man einige weit groͤßere koͤrnige Koͤrper, wel— che wir Kerne nennen wollen. Jene Koͤrnchen verbinden ſich aber nach und nach in der Mitte des Schlauches zu einer einzigen Maſſe, die ſich, bei Anwendung einiger Geſchick— lichkeit, unzerſtuͤckelt aus der Hoͤhlung ziehen laͤßt, in wel— cher dieſerbe ſich befindet. In dieſer Maſſe liegen die Kerne, von denen man nach einigen Tagen vier unterſcheiden kann. Nach einiger Zeit bemerkt man nur noch ſie; ſie ſind dann durch eine Feuchtigkeit von einander getrennt, die erhärtet und fuͤr jeden Kern ſein beſonderes Fach bildet. In dieſem Zuſtande befindet ſich die Anthere vier Monate nach dem Erſcheinen der Knoſpe. Sie bietet dann an ihrer innern Flache eine ziemliche Anzahl kleiner Fächer dar, welche nur durch die ihre Oeffnung bedeckende Epidermis gebildet wer— den. In jedem dieſer Fächer find Saamenſtaubſchlaͤuche mit dicken, ſaftigen Wandungen enthalten, auf denen ſich meh— rere Gürtel darſtellen, die je an der innern Seite einer Hoͤh⸗ lung aus zetieft find, welche durch duͤnnere Scheidewaͤnde in vier kleinere getheilt iſt, in denen ſich eben ſo viele granu— lirte Kerne befinden, welche, wenn man die Anthere unter Waſſer bringt durch das Platzen ihrer Huͤllen aus dieſen herausfallen koͤnnen Dieſe Kerne fahren fort zu wachſen, werden rundlich und bekleiden ſich mit einem gelblichen und mit Waͤrzchen beſetzten Ueberzuge, und während dieſelben an Größe zuneh— men, ſchrumpfen die Wandungen und Scheidewaͤnde ein 278 und verſchwinden endlich, ſo daß ſich zuletzt die Kerne ver— fbiedener Schlaͤuche ſaͤmmtlich frei in der gemeinſchaftlichen Hoͤhlung befinden, welche früher mit den fanmenftaubfüh: renden Schlaͤuchen gefüllt war. Sie ſtellen nun die in den verſchiedenen Faͤchern der Anthere enthaltenen Pollenkoͤrner dar. Dieſe Körner befisen das ihnen verbleibende aͤußere Anſehen, haben jedoch noch nicht ihre vollſtaͤndige Ausbil— dung erlangt, die in ihrem Innern ihren ferneren Fortgang zu nehmen ſcheint. Faßt man die eben dargelegte Reihe von Veraͤnderun— gen kurz zuſammen, ſo ſieht man, daß die Bildung im All— gemeinen von Außen nach Innen fortſchreitet, weil die Blaͤschen ſich organiſiren, und ſich mit Koͤrnchen füllen, in deren Mitte ſich mehrere Heerde oder Kerne zeigen, die, vier an der Zahl, ſich einander naͤhern und nach und nach alle Koͤrnchen an ſich ziehen; daß die Blaͤschen ſich durch die Bildung von neuhinzutretenden Schichten verdicken, die ſich von Innen anlegen und durch Scheidewaͤnde zwiſchen den Kernen in Faͤcher getheilt werden, daß dieſe Kerne ſich mit einer Hülle uͤberziehen, an die ſich zuletzt von Innen eine Haut anlegt, welche die Pollenkoͤrner unmittelbar umſchließt. Dieſe verſchiedenen Theile ſind nicht gleichzeitig vorhanden geweſen; die aͤlteſten verſchwanden zuerſt und liefern wahr— ſcheinlich zum Theil die Materialien fuͤr die neueſten. Dieſe Beobachtungen, ſagt der Verfaſſer des Berichtes, ſcheinen mit den gruͤndlichſten Unterſuchungen uͤber die Bil— dung der Gewebe in Uebereinſtimmung zu ſeyn. Eben f» ſtehen ſie in den meiſten Puncten mit den gediegenſten Forſchungen im Einklange, welche die Bildung des Saa— menſtaubes ſpeciell zum Gegenſtande hatten. Allein fie ſtel— len in Betreff derſelben mehrere neue Thatſachen heraus, z. B., das Vorhandenſeyn jener Kerne, welche die Grund— lage der einſtigen Pollenkoͤrner bilden; die Ablagerung meh— rerer aufeinanderfolgender Schichten auf die Wandung des urſpruͤnglichen oder Mutterſchlauchs, und den Bildungspro— ceß der ſpaͤter verſchwindenden Scheidewaͤnde; endlich die Entſtehungsart der eigentlichen Huͤllen der Saamenſtaub— koͤrner. Bei den meiſten andern Pflanzen gehen, zu der Zeit, wo der Saamenſtaub ſeine Reife erlangt, in den Zellen, welche die innere Wandung des Faches bilden, beſondere Veraͤnderungen vor ſich; die Guͤrtel verdicken ſich und ſpal— ten ſich zuletzt in elaſtiſche Faͤden, welche durch ihre Federkraft das Aufplatzen der Anthere bewirken. Bei dem Miſtel ge— ſchieht nichts dergleichen. Ein eigentliches Aufplatzen der Anthere findet keineswegs ſtatt, weil deren Faͤcher ohnehin nach Außen zu klaffen. Auch verbleiben die Zellen, welche deren Wandung bilden, in dem von uns beſchriebenen Zu— ſtande, in der Membran, welche ſie bedeckt, ununterbrochen fortlaufend und von gleichfoͤrmiger Dicke. Ungefaͤhr um die Zeit, wo der Saamenſtaub feine voͤl⸗ lige Reife erlangt hat, hat ſich die weibliche Bluͤthe entfal— tet, fo daß der Pollen auf die zu Tage liegende Narbe ein⸗ wirken kann. Indeß laͤßt ſich zu dieſer Zeit und noch ziem⸗ lich lange nachher auch bei der genaueſten Unterſuchung das Eichen nicht entdecken. Man bemerkt an der Blüthe, wel: 18 * 219 5 Linie lang iſt, nur das Gewebe des Kelches und das damit verwachſene, mehr nach der Mitte zu liegende des Eierſtockes; etwas ſpaͤter aber im Innern dieſes anfangs maſſiven Eierſtockes zwei Luͤcken, die an Um— fang zunehmen und endlich zuſammenſtoßen, ſo daß ſie ein Fach mit genaͤherten Wandungen bilden. Erſt drei Monate ſpäter faͤngt man an, im Grunde dieſer zuſammengedruͤckten Hoͤhlung einen ſehr kleinen, kegel— foͤrmigen, fleiſchigen Körper zu bemerken, dem zur Seite zwei noch winzigere keulenföͤrmige Faden ſtehen. Dieß find eben ſo viele aufrechtſtehende Eierchen, von denen zwei, in der Regel bereits im Fehlſchlagen begriffen ſind. Sie beſtehen aus ringfoͤrmigen, im Eichen uͤbereinanderliegenden Schlaͤu— chen, welche ſich in den fehlſchlagenden nur in kleinern Grup— pen, ja iſolirt entwickeln. Dieſe Schläuche enthalten einen Kern und ſehr zahlreiche winzige Satzmehlkoͤrnchen. Sobald das Eichen einmal ſich gezeigt hat, waͤchſt es ſchnell, und nach einigen Tagen bemerkt man an ſeinem Gipfel einen Fleck, welcher den Embryo andeutet. Hr. Decaisne hat die Entwickelung des Embryo von deſſen erſtem Auftre— ten an, wo er nur aus einigen Schlaͤuchen beſteht, bis zu deſſen völlig ausgebildetem Stande verfolgt. Wir uͤbergehen die Einzelnheiten dieſer Beobachtungen, aus denen ſich er— giebt, daß der Embryo ſich bei'm Miftel, wie bei andern Dicotyledonen, entwickelt. Mit dem Körper, welcher das Eichen umhuͤllt, verhaͤlt es ſich aber anders. Bekanntlich beſteht das Eichen gewoͤhnlich aus mehreren ineinanderge— ſchachtelten Huͤllen, von denen eine oder zwei aͤuſere an ih— rem Gipfel offen ſind, die beiden innern aber an ihrer gan— zen Oberflaͤche nirgends eine Luͤcke darbieten. Beim Miſtel hat nun aber Hr. Decaisne keine gipfelſtaͤndige Oeffnung entdecken koͤnnen, wodurch er zu dem Schluſſe gelangt iſt, daß die Außern Hüllen (die Primine und Secondine) fehlten, und daß er es mit einem nackten Nuͤßchen zu thun habe. Er hat aber gefunden, daß dieß Nuͤßchen nach ſeiner ganzen Dicke aus einem homogenen Gewebe beſteht und den Embryo unmittelbar umſchließt, und iſt dadurch veranlaßt worden, das Vorhandenſeyn eines Wuintine oder Embryonen ſackes zu laͤugnen. Es iſt hier ein Eichen von der aͤußerſten Einfachheit vorhanden, ein Sack, welcher den Embryo unmittelbar umhuͤllt. Dieſer Sack wird, indem er an Umfang zunimmt, dicker und fe— ſter und bildet ein Periſperm, deſſen grüne Farbe ſich bei keiner andern Pflanzenfamilie wiederfindet. Hr. Decaisne hat den Gang dieſer Faͤrbung verfolgt, die ſich allmaͤlig von der Baſis nach dem Gipfel zu verbreitet. Er hat in den Zellchen des Nuͤßchens, außer einem Kerne und Satzmehl— kornchen, von denen fie anfangs allein gefüllt waren, zahlrei— che grüne Koͤrnchen entdeckt, welche ſich mit den Satzmehl— kornchen vermiſchen, ohne fie zu bedecken, und er bemerkt bei Liefer Gelegenheit, daß die grüne Farbe der Pflanzen ſich überhaupt auf dieſe Weiſe bilde. Eine andere, bei dem Saamen des Miſtels gewoͤhnliche Anomalie iſt, daß die Embryonen in der Mehrzahl vorhan— den ſind Dieſe Mehrzahl findet ſich bei ziemlich viel Pflanzen als Zufaͤlligkeit und bei einigen faſt conſtant. Es iſt dieß mehrentheils bei Saamen der Fall, denen das Pe— che erſt hoͤchſtens 4 280 riſperm abgeht, und wo es bei ſolchen mit Periſperm vor— kommt, zeigen ſich die Embryonen bei derſelben Hoͤhe oder in verſchiedenen Hoͤhen aneinandergedraͤngt. Dieß findet bei'm Miſtel nicht ſtatt, wo die beiden (ſelten drei) Embryo— nen einander unten beruͤhren, nach Oben zu aber ſich von einander entfernen, ſo daß ihre Wuͤrzelchenenden ziemlich weit von einander abſtehen und dieſer ganze Zwiſchenraum durch einen Theil des Periſperms ausgefuͤllt iſt. Hr. Decaisne wurde durch die Entdeckung mehrerer Eierchen im Grunde jedes Eierſtockes auf die Spur der na— tuͤrlichſten Erklärung geführt. In den meiſten Fällen ſchlu— gen zwei dieſer Eierchen fehl, und dann fand man in dem reifen Saamen nur einen Embryo; in andern Faͤllen aber konnten zwei, ja drei jener Eierchen befruchtet ſeyn, ſich entwickeln und an der Baſis verwachfen, und dann waren eben ſo viel nach der Spitze zu divergirende Embryonen vor— handen. Die Beobachtung beſtaͤtigte dieſe Anſicht; Herr Decaisne ſah, wie ſich zwei Eierchen gleichzeitig entwik— kelten und zuerſt an der Baſis, dann noch weiter nach dem Gipfel zu mit einander verwuchſen. Dieſe Theorie, welche ſich auf Beobachtungen gruͤndet, deren Genauigkeit von den Mitgliedern der Commiſſion voll— kommen bewaͤhrt gefunden worden, empfiehlt ſich in zweifa— cher Beziehung. Erſtens fuͤhrt ſie die am Miſtel zu beobachtenden ſcheinbaren Anomalieen auf eine einzige, naͤmlich die Ein— fachheit der Eierhuͤlle, und folglich die Entwickelung dieſes Saamens auf die allgemeinen Geſetze der Saamenbildung zuruͤck. Zweitens werden die Unterſchiede in der Beſchaffenheit des Eierapparats bei'm Europaͤiſchen Miſtel und den Oſtin— diſchen Miſtelarten, welche Hr. Griffith ſo gut beſchrie— ben hat, und wo ſich in jedem Fache drei Eierchen auf einer Mittelſtuͤtze befinden, theilweiſe beſeitigt, indem unſer Miſtel den Uebergang von jener Species zu Loranthus bildet, wo das Eichen wirklich nur in der Einzahl vorhanden und dabei aufrechtſtehend iſt. Den Theil des Berichtes, welcher ſich auf die For— ſchungen, die Herr Decaisne uͤber das Eichen der Santalaceen angeſtellt, ſo wie mehrere Zuſaͤtze zu deſſen Arbeit uͤber das Eichen des Miſtels bezieht, muͤſſen wir, ob— gleich er ebenfalls nicht unwichtig iſt, hier uͤbergehen. Die Commiſſion empfahl die Abhandlung des Hrn. Decaisne zum Druck im Recueil des Savans étrangers, und die Academie genehmigte dieſen Vorſchlag. Miscellen. Ueber die Needhamſchen Koͤrperchen in den Ho⸗ den der Cephalopoden (vergl. den Aufſatz von Dr. Krohn N. Notizen No. 244 [Nr. 2. d. XII. Bde.] S. 17) hat Hr. Milne Ed⸗ wards der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften das Reſultat der Une terſuchungen mitgetheilt, welche er, in Verbindung mit Hrn. Peters aus Berlin, an dem gemeinen und langarmigen Octopus, an Eledon moschatus, an der Sepia officinalis und an Loligo vulgaris ange⸗ ſtellt hat. — Bei allen dieſen Thieren kommen die Needhamſchen Koͤrperchen in Menge vor und zeigen eiye ſehr comphcirte Struc⸗ tur. Obwohl nach den Arten verſchiedentlich gebildet, zeigen ſie immer eine aͤußere Hülle in der Form einer Schote (2) (silique), 281 welche aus zwei Haͤuten zuſammengeſetzt ift und in ihren Innern eine lange, wie ein Darm um ſich ſelbſt gewundene Röhre enthält, die von weißer, mit einem durchſichtigen bäutigen Apparate vers bundener Subſtanz gefüllt iſt. Dieſe darmformige Rohre iſt ein Saamendehaͤlter, der Tauſende von Zooſpermen in ſich ſchließt, und der Apparat, mit welchem er verbunden iſt, dient die außere Hülle zum Plagen zu bringen und den Austritt des Saamenbehaͤlters zu beſtimmen. Es find alſo dieſe Koͤrperchen weder Saamenthierchen, noch Schmarotzerwüͤrmer, ſondern Befruchtungsapparate, nach einem Typus gebildet, von welchem man in dem Thierreiche bisher kein Beiſpiel kannte. Dieſe Koͤrperchen, welche Hr. Milne Eds wards Spermatophoren zu nennen vorſchlaͤgt, koͤnnen den Pol— lenkoͤrnern verglichen werden, welche ebenfalls die befruchtenden Koͤr— perchen einſchließen, und welche ebenfalls platzen, wenn ſie aus dem männlichen in dem weiblichen Apparat der Blume angelangt find. Aller Wahrſcheinlichkeit nach, ſind dieſe Spermatophoren auch bei den Cephalopoden ein Transportmittel für die Saamenfluͤſſigkeit, mittelſt welcher letztere, bei völliger Abweſenheit aller Begattungs— 282 organe, in den weiblichen Apparat gelangen. Was die Saamen— thierchen im Innern dieſer fonderbaren Needhamſchen Körperchen anlangt, fo unterſcheiden fie ſich nicht beſonders; nur eriftiren fie für jede der beobachteten Arten in Größe und Form verſchieden. In Betreff einee aus dem Meere geſtiegenen Berges hat Hr. Stanisl. Julien Nachſtehendes aus einer Ja— paniſchen Encyclopaͤdie entlehnt und am 8. Juni der Pariſer Aca— demie der Wiſſenſchaften mitgetheilt: „Im vierten Jahre der Re— gierung des King ⸗té, ven der Dynaſtie der Song (im J. 1007 n. Chr. Geb.), erhob ſich füdlid von Corea ein Berg aus der Su. Als er bervorzufteinen begann, verbreiteten die Wolken und Daͤmpfe eine tiefe Dunkelheit, und die Erde zitterte unter dumpfem donneraͤhnlichem Geraͤuſche. Nach ſieben Tagen und ſieben Naͤch— ten ſing die Finſterniß an, ſich zu zerſtreuen Der Berg mochte etwa 100 Tchang (1000 Fuß) Höhe und 40 Lis 4 Stunden) im Umfange haben. Man ſah weder Baume noch andere Pflanzen auf demſelben. Der ganze Gipfel war in dichten Rauch gehüllt. Von Weitem glich er einer ungeheuren Schwefelmaſſe. Nen Kliniſche Vorträge über die Geiſteskrankheiten. Von Leuret, Arzt und Profeſſor am Hospice Bicetre zu Paris. Vergleichende Anatomie der Hirnwindungen. Die Windungen ſind ein Fortſchritt der Organiſaton des Hirns der Thiere: man findet keine Spur derſelben dei den Fiſchen, bei den Reptilien und ſelbſt bei den Voͤgeln. Einige der auf der intellectuellen Stufenleiter unter den letztern am hoͤchſten ſtehenden, z. E., die Papageyen, zeigen nur einige merkliche Eindruͤcke, welche ſich in dem Hirne der niedrigſten Saͤugethiere wiederfinden. Wenn wir hoher ſtei— gen und, z. B., das Hirn eines Fuchſes unterſuchen, ſo be— merken wir zunaͤchſt eine fossa Sylvii und oberhalb vier circulaͤre, ſehr einfache Windungen, welche von Außen nach Innen und von Vorn nach Hinten uͤdereinanderliegen. Eine fuͤnfte derſelben finden wir nach Einwaͤrts zu, uͤber dem corpus callosum, welches fie völlig bedeckt, und endlich eine ſechste ſehr kleine nach Vorn, oberhalb der Augenhoͤh— lengrube. Dieſelbe Anordnung der Windungen ſieht man bei dem Hunde, dem Schakal und dem Wolfe. Es iſt je— doch, zumal bei dem letztgenannten, eine kleine Furche, wel— che ſich nach Hinten zu zwiſchen die dritte und vierte Win— dung verlaͤngert, ſo daß man hinten nur fuͤnf Windungen äußerlich erkennen kann. Bei dem Löwen iſt die Organiſa— tion noch complicirter. Die erſte und die zweite, die dritte und die vierte vereinigen ſich in der Mitte in einen ziemlich ſchmalen Punct, waͤhrend die zweite und dritte vollſtaͤndig getrennt bleiben Bei den Pflanzenfreſſern finden wir faſt dieſelbe An— ordnung; die dritte und vierte ſind inzwiſchen in einer groͤ— seren Strecke ihrer Oberflache vereinigt, fie find mehr ge— furcht und gewellet, als bei den Fleiſchfreſſern, und ſie lau— fen in faſt gerader Richtung von Vorn nach Hinten. Man hat mehr Muͤhe, ſie zu unterſcheiden und zu zaͤhlen. Ein Thier giebt es, deſſen Hirn eine Art von Uebergang abgiebt, zwiſchen dem Hirne dieſer beiden Ordnungen von Saͤugethie— ren: das iſt der Bär. Von feinen Windungen find die zwei untern einfach und denen des Lowen aͤhnlich; die zwei andern ſind gefurcht und vereinigt, wie bei'm Schaafe. Was die innere Windung anlangt, ſo hat ſie bei allen Fleiſchfreſſern faſt dieſelbe Anordnung. Bei den Pflanzen— freſſern iſt ſie gewellet, wie die andern, ſehr entwickelt und bis auf's Dreifache nach Vorn. Nach Hinten zu laufend verkleinert ſie ſich und ſteigt bis unter das kleine Hirn hinab. Bei dem Affen und dem Elephanten ſieht man dieſe letztere Windung, die vorn wenig betraͤchtlich iſt, auch das corpus callosum umgeben; aber wenn ſie am hintern Ende dieſes Organs angelangt iſt, ſo verdoppelt ſie ſich: eine der Hälften ſetzt ihren urſpruͤnglichen Weg fort, und endigt am hintern und innern Theile, wo ſie eine Menge Furchen bildet. Die andere Haͤlfte laͤuft nach Vorn zu und vereinigt ſich mit einer der beiden oberen und Queerwindun— gen, wovon gleich die Rede ſeyn wird. Die Einzelnheiten, deren hier gedacht werden wird, finden gleicherweiſe auch auf das Hirn des Affen, des Elephanten und des Menſchen Anwendung. Das Hirn des letztern unterſcheidet ſich nur darin, daß die Furchen jeder Windung zahlreicher ſind. Oberhalb der fossa Sylvii findet ſich eine Eleinere Spalte, welche von Vorn nach Hinten und von Oben nach Unten gerichtet, und durch das Aneinanderliegen zweier nie— mals vereinigten Queerwindungen gebildet iſt. Aus einer derſelben entſpringen drei und zuweilen vier Windungen, welche, von Hinten nach Vorn laufend, eine große Zahl Uns dulationen bilden, aber, ohne ſich unter einander zu vereis nigen, an den ganzen vordern Lappen des Hirns ſich ver— theilen. Die zweite bietet nach Hinten und Oben ein di- verticulum dar, mittelſt deſſen ſie mit dem auffteigenden Zweige der innern Windung communicirt, deren Vertheilung bereits angegeben wurde. Endlich findet man unter der fossa Sylvii noch drei, zuweilen vier, Windungen, welche ſich an den hintern Hirnlappen vertheilen. Die transvet— 283 ſalen und obern Windungen finden ſich nur beiem Men: ſchen, bei'm Affen und Elephanten. Wenn man alſo den Sitz der Faͤhigkeiten, welche den Menſchen von den uͤbrigen Thieren unterſcheiden, ausſchließlich in gewiſſe Theile des Hirns legen ſollte, fo ſcheint es, daß man, der Meinung der Phrenologen entgegen, dazu die complementaͤren Hirnwin— dungen haͤtte waͤhlen ſollen. Weil wir hier der Phrenologen gedenken, wollen wir mit wenigen Worten unterſuchen, auf welche Grundlage ſie ihre Lehre ſtuͤtzen. Die Entwickelung der vordern Theile des Hirns, fagen fie, it bei'm Menſchen betraͤchtlicher, als bei den Thieren. In der That ragt bei dem mit allen ſei— nen Fähigkeiten begabten Menſchen die Stirn nach Vorn vor. Sie wird allmaͤlig flacher bei den Stumpfſinnigen und bei gewiſſen Raten, z. B., den Negern, bei welchen die Geiſteszaͤhigkeiten wenig entwickelt find. Noch flacher iſt fie bei den Thieren. Bei den Affen, welche hinſichtlich Orga— niſation, wenn auch nicht der Intelligenz, den erſten Rang nach dem Menſchen einnehmen, ſind die intelligenteſten diejenigen, deren Stirn am meiſten entwickelt iſt. Wenn man den Kopf mißt, indem man von dem innern Gehoͤrgange ausgeht, ſo findet man, daß bei dem Menſchen der vordere Theil das Uebergewicht hat uͤber den hintern, waͤhrend man bei den Affen und den intelligenteſten der uͤbrigen Thiere das Ge— gentheil finden wird. Alle dieſe Gruͤnde ſcheinen bei'm erſten Anblicke ziemlich uͤberzeugend; allein bei etwas genauerer Unterſuchung halten fie nicht Stich. Zunaͤchſt iſt es ein ſchlimmer Verglei— chungspunct, den man durch Unterſuchung der Schaͤdelkno— chen erhaͤlt. Vergleichen wir, z. E., den Schaͤdel des Men— ſchen mit einem Schaafsſchaͤdel. Die Stirn des letztern iſt, was man eingeſtehen muß, außerordentlich flach. Aber wenn man den Kopf auseinanderlest, fo wird man ſehen, daß das Stirnbein ſich weit mehr nach Hinten erſtreckt beim Men— ſchen und faſt allein die ganze Gewoͤlbdecke der Schaͤdelhoͤhle bildet, waͤhrend das Scheitelbein faſt atrophiſch iſt, und das Hinterhauptsbein ſich nicht bis zum Hirne erhebt. Bei'm Menſchen dagegen bedeckt der lestgenannte Knochen einen Theil des hinteren Lappens des Hirns, waͤhrend die Schei— telbeine von allen Schaͤdelknochen diejenigen ſind, welche am meiſten zur Bildung des das Organ ſchuͤtzenden Gewoͤlbes beitraͤgt. Und welches ſind nun die Theile, welche die Sup— plementaͤrknochen bedecken? Gerade die oberen oder trans— verſalen Windungen, welche bei den Thieren (mit Ausnahme des Affen und Elephanten) nicht vorhanden ſind. Die ver— gleichende Unterſuchung der Schaͤdelknochen ſcheint uns alfo zu berechtigen, die Faͤhigkeiten, welche den Menſchen vom Schaafe unterſcheiden, in dieſe Windungen zu localiſiren. Aber wir koͤnnen noch weiter gehen. Das Geſetz des Vor— herrſchens der vordern Theile uͤber die hintern bei'm Men— ſchen, und der hintern Theile uͤber die vordern bei den Thieren, — wahr, wenn man die Vergleichungsbedingungen genau beſchraͤnkt, iſt nicht richtig, ſobald men ſich bemüht, ſie auf alle Thiere zu erſtrecken. Wenn wir nochmals einen Schaafsſchaͤdel nehmen, und man den aͤußern Gehoͤrgang als den Theil auswaͤhlt, von wo man bei'm Meſſen aus— 284 geht, ſo findet man, daß die vordern Theile bei Weitem die hintern uͤbertreffen. Aber warum ſollten wir nicht eine der Centraltheile des Hirns, z. B. das corpus collosum, als den Punct be— trachten, von welchem man bei'm Meſſen ausgeht? Dann wuͤrde die Meſſung ſo genau als moͤglich ſeyn. Nun, auch hier iſt die Phrenologie unzuverlaͤſſig; denn man kann es faſt als beſtaͤndige Regel annehmen, daß das Hirn der Thiere nach Vorn zu eine groͤßere Maſſe und ausgebildetere Windungen zeigt, als nach Hinten, waͤhrend bei Affen, Elephanten und beſonders dem Menſchen das Gegentheil ſtatt hat. Unterſuchen wir nun eis mal einige der von den Phre— nologen entdeckten oder vielmehr erfundenen Organe und ſehen wir einmal, ob ſie in den kleinern Abtheilungen gluͤck— licher geweſen ſind, als in den großen. Das Organ der Kinder- und Jungen-Liebe iſt unter den obern Winkel des Hinterhauptsbeines gelegt. Es iſt weniger entwickelt bei dem Manne, als bei dem Weibe und bei dem Maͤnnchen weniger, als bei dem Weibchen der Thiere. Allein bei letz— teren, mit Ausnahme des Affen und des Elephanten, be— deckt der obere Theil des Hinterhauptsbeines das Hirn nicht. Exiſtirt alſo das Oegan, welches von dieſem Theile bei'm Menſchen bedeckt iſt, bei den Thieren nicht? Die Phreno— logen werden ſich durch ſolche Kleinigkeit nicht ſtoͤren laſſen, und werden das Organ unter das Scheiteldein legen. Eure Organe laſſen ſich alſo verruͤcken? Und wer ſagt Euch, daß, wenn die Stirn flach iſt, die von dem Stirnbeine bedeck— ten Ocgane nicht nach Hinten gedrängt find, ſtatt verwiſcht oder vernichtet zu werden? Das Hirn des Bibers zeigt eine ſehr auffallende Ent— wickelung unter den Jochbogen. Der Biber baut ſeine Wohnung; er iſt ein geſchickter Architect. Alſo wird das Bauorgan unterhalb der Jochbogen vorragen. Aber un— gluͤcklicher Weiſe beobachtet man bei den meiſten Nagern und faſt bei allen Voͤgeln, daß ſie bauen, und doch iſt ihr Hirn ſpitz nach Vorn und auf den Seiten. Und die Bienen und die Ameiſen und viele andere Inſecten haben ſie eben— falls ein Orgaa des Bauens? Gall hatte das Organ der Theoſophie in die oberſten und vordern Theile des Hirns gelegt und hatte bei Fromme lingen immer dieſen Theil ſehr entwickelt gefunden. Aber dieß Organ maß allenthalben exiſtiren, wo man die Win— dungen, welche ihm zugetheilt waren, ſehr entwickelt findet. Dieſe Anordnung findet ſich in auffallender Weiſe im Hirne des Schaaſes Man ſollte glauben, daß die Phrenslogen durch dieſe Entdeckung vielleicht in Verlegenheit geſetzt wa— ren? Allein keineswegs. Die Phrenologie iſt eine elaſtiſche Wiſſenſchaft, welche uͤberall Erklaͤrungen findet. Das Oegan der Theoſophie wird nun nicht mehr dasjenige ſeyn, wel— ches uns an Gott glauben läßt: es wird das Organ der Verehrung. Das Schaaf verehrt und reſpectirt den Schaͤ— fer und den Hund, der es huͤtet. Man kann es ſelbſt bei dem Hunde finden, der feinen Herrn verehrt. Aber es exi— ſtirt auch bei dem Löwen und dem Tiger: ich zweifle nicht, daß die Phrenologen ſich auch hier herausziehen werden, in— dem ſie ihr Organ einer neuen Transformation unterwerfen. 285 Die Seitenth ile des Kopfes, oberhalb des aͤußeren Ges hoͤrganges, find verhaͤltnißmaͤßig mehr entwickelt bei Fleiſch— freſſern, als bei den Pflanzenfreſſern. Mit dieſer oberflaͤch— lichen Beobachtung zufrieden, legte Gall unterhalb dieſer Theile die Organe des Mordes, des Muthes und der Schlauheit, und fand dieſe Organe bei den Verbrechern, bei muthigen Menſchen zie. wieder. Aber als man das Hirn unterſuchen wollte, hat man dieſelben Windungen bei dieſen beiden Ordnungen der Thiere gefunden, deren In— ſtinete doch fo verſchieden find. Was iſt dabei fo zu verwun— dern? haben die Phrenologen ausgerufen. Die Schaafe, die Ochſen, die Hirſche ꝛc. zerſtoͤren das Kraut und die Blaͤt— ter, um ſich zu naͤhren. Die Holzmacher und Weinbauer zerſtoͤren auch. Ich wäre neugierig, zu wiſſen, ob fie dieß ebenfalls kraft des Organs der Zerſtoͤrung thun. Sollte es wohl noͤthig ſeyn, laͤnger bei der geringen Begruͤndung, verweilen, welche ihre Anhaͤnger zu ſo laͤcherlichen Folge— rungen verleitet? Iſt es noͤthig, zu wiederholen, daß ſie nicht in Uebereinſtimmung iſt mit genauer Beobachtung der Thatſachen und beſonders der vergleichend anatomiſchen Thatſachen. Und wenn es zuweilen einigen Phrenologen gegluͤckt iſt, mit einiger Sicherheit die Neigungen und Bü: higkeiten einer unbekannten Perſon zu beſtimmen, — wie oft haben ſie ſich groͤblich geirrt! Und ſollte man nicht vielmehr das gluͤckliche Reſultat dem Scharfblicke, der ge— wiſſen Perſonen eigenthuͤmlichen ſonderbaren Gabe zuſchreiben, in der menſchlichen Phyſiognomie zu leſen, als der Unterſu— chung der Schaͤdelhoͤcker? Ich werde hierauf zuruͤckkommen. Von dem Stumpffinne (Idiotismus). Der Bloͤdſinn ift durch ein Zuruͤckbleiben der Entwickelung der intellectuellen Fähigkeiten characteriſirt. Der Stumpfſinnige (Idiot), ſehr verſchieden von dem Bloͤdſinnigen (dément', iſt nie verſtaͤndig geweſen; fein Hirn, in Folge einer Urſache, welche uns meiſt ent— geht, iſt nach der Geburt das geblieben, was es vorher war, oder iſt wenigſtens nur ſchwach entwickelt. Auch iſt es im Allgemeinen richtig, wenn man ſagt, daß der Kopf der Stumpfſinnigen und folglich ihr Hirn kleiner ſind, als die anderer Menſchen. Allein dieſe Regel erleidet ſehr zahlreiche und merkwuͤrdige Ausnahmen. So habe ich eire große Zahl von Köpfen von Menſchen aus allen Ständen und Verhaͤltniſſen (2000) gemeſſen; ich babe ebenfo die Koͤpfe einer großen Zahl von Irren und Stumpfſinnigen gemeſſen und habe ſo auf eine ziemlich ſichere Weiſe folgende Mittel ziehen koͤnnen. Durchm. Vordere u. Durchm. v. v. einer hintere Woͤl- Vorn nach Seite zur Umfang bung Hinten. andern. — — — — — — — — Männer (vernünftige) 561 Mill. 332 M. 190 M. 157 M. Naniaci 561 — 332 — 190 — 156 — Epileptici 2 . 561 — 329 — 184 — 155 — Stumpfſinnige 558 — 331 — 187 — 151 — Weiber (vernünftige) 58 — 325 — 184 — 146 — — (tſtumpfſinnige) 517 — 311 — 173 — 146 — Wenn man die an Maͤnnern und Weibern genommenen Maa— ße vergleicht, ſo kommt man auf das merkwuͤrdige Reſultat, daß der Kopf des erwachſenen Weibes hinſichtlich der Dicke dem eines Mannes von 11 bis 13 Jahren entſpricht. Die Mehrzabl der Stumpfſinnigen findet ſich noch unter dem Mittel. Aber merkwuͤr⸗ dig iſt, daß ich bei ihnen auch die dickſten Köpfe gefunden habe. ja bei der Abſurditaͤt einer Wiſſenſchaft zu 286 So war das Marimum der Entwickelung des Kopfes der Stumpf: ſinnigen 0,037 Midimeter und das Minimum 0,505; während für vernünftige Menſchen das Maximum nur 0,625 und das Minis mum 0,510 betrug. Welches ift der Theil des Hirns, welcher bei Stumpfſinnigen atrophiſch iſt? Die Phrenologen verfehlen nicht, zu ſagen, daß es die vordere Zahl von Lappen ſeyenz und doch werden, wie bereits angegeben worden, in der Thierreihe die Beobachtungen der allmaͤli⸗ gen Entwickelung des Hirns nach Hinten darauf hinweiſen, eine ganz entgegengeſetzte Angabe zuzulaſſen. Dieſe Induction zieht aus den ſchoͤnen Unterſuchungen Tiedemann' s über das Foͤtus⸗ gehirn neue Verſtaͤrkungen. Denn ebenfo, wie bei den Thieren, zeigt das Hirn des Menſchen ſich Anfangs als ein kleiner Hocker am Vordertheile das Schaͤdels, die vier Hugel und das kleine Hirn unbedeckt laffend; in dem Maaße, wie der Foͤtus waͤchſ't, entwik⸗ kelt das Hirn ſich nach Hinten, ruckt allmälig über jene Organe hinaus und bedeckt fie vollkommen zur Zeit der Geburt. Endlich habe ich in der Salpetriere den Kopf eines Idioten beobachtet, bei welchem offenbar die hinteren Lappen atrophiſch waren, wähs rend die vorderen Lappen ſich ſehr entwickelt zeigten. Das Gewicht des Hirns anlangend, ſo glaube ich als ein ziemlich genaues Mittel für vernünftige Männer 1370 Grammen angeben zu koͤnnen. Um dieſes Mittel zu erlangen, habe ich eine ſehr große Zahl Hirne gewogen und unter andern die von Cuvier (1822 Grammen), von Dupuytren (1407). Ich babe nur eine geringe Zahl von Sectionen erwachſener Stumpfſinniger vorgenom- men, von welchen Folgendes die Gewichte find: 865, — 876,—960, 1100, — 1226 Grammen. Tiedemann giebt an, daß er deren zwei gewogen habe; das eine wog 523, das andere 600 Grammen. Wir haben nun in Beziehung auf die Idioten mehrere wichli— ge Fragen zu erörtern. In welchem Alter leben fie? in we chem Zuſtande befinden ſich ihre Bewegungs- und Verdauungsfunctio⸗ nen? Welches ſind die Inſtincte, welche ſich bei ihnen zuerſt ent⸗ wickeln, und welches ſind ihre herrſchenden Neigungen? Bis zu welchem Grade ſind ihre geiſtigen Faͤhigkeiten entwickelt? Es befinden ſich im Bicetre zwei und ſiebenzig erwachſene Bloͤdſinnige oder Idioten. Ich habe fie mit großer Sorgfalt be— obachtet, um zur Loͤſung dieſer wichtigen Fragen zu gelangen. Folgendes iſt das Reſultat meiner Beobachtungen: Alter: Von zwanzig bis dreißig Jahren 15; von dreißig bis vierzig 27; von vierzig bis funfzig, 17; von funfzig bis ſechzig 11; endlich ein einziger von ſechszig Jahren. Das mittlere Alter iſt achtunddreißig Jahre. Phyſiſcher Zuſtand: Vier und dreißig der am wenigſten intelligenten zeigen eine merkliche Muskelſchwaͤche. Bei vierund— dreißig andern find die Bewegungen frei. Einer hat eine Contrac⸗ tur, ein anderer iſt halbſeitig gelaͤhmt, ein anderer epileptiſch und einer iſt mit den Veitstanze behaftet. Alle haben dieſe Krankbei⸗ ten von Kindheit auf. Noch beobachtet man bei einigen der ſtu⸗ pideſten (17) ein ſehr merkliches Schwanken entweder des ganzen Körpers oder einzelner Theile. Die Verdauungsfunctionen find im Allgemeinen in befriedigendem Zuſtande. Einige indeß (acht) nehmen ihre Nahrungsmittel mit vielem Eifer, waͤhrend drei andere fie kaum ſuchen. Einige der ſtupideſten baben unwillkuͤhrlichen Stuhlgang. Ein einziger von unſern Idioten, der ſtupideſte von allen, mit eben ſo wenig Intelligenz, als ein neugeborenes Kind, und welcher mit einunddreigig Jahren geftorben iſt, unterſchied nicht einmal, was Nahrungsmittel war, und was nicht. Inſtincte und Ausdruck. Das Gefühl der Selbſterbal⸗ tung iſt gleich Null bei fünf der wenigſt verftändigen, und ſehr ſtumpf bei zehn andern. Zwei geben ſich Schlage; ein anderer beißt ſich ſelbſt. Die wenigſt intelligenten ſind im Allgemeinen furchtſam; Einige ſind pfiffig; ſo kann einer von ihnen, ſtumm und voͤllig ſtupid, doch mit vieler Gewandtheit Nahrungsmittel ſtehlen. Man beobachtet auch bei ihnen ein Gefühl, was man hier wenig erwarten ſollte; naͤmlich die Froͤmmigkeit oder vielmehr die gewohnte Ausübung religidſer Gebräuche. Einer von ihnen iſt in dieſer Hinſicht intereſſant, zu beobachten. Er bat, ich weiß nicht wie, alle Geremonicen der Meſſe erlernt; er verftcht kaum einige Worte auszuſprechen, und doch ſagt er die Meſſe, indem er alle 287 Stellungen des Prieſters annimmt und dieſelben Melodieen ans ſtimmt, wie dieſer. Noch mehr! Er hat unter ſeinen Gefaͤhrten ein Individuum aufgefunden, welches eben ſo dumm iſt, wie er, aber welches bei der Meſſe dienen kann und ihn in allen ſeinen Cere— monieen unterftügt. Im Allgemeinen ſind die Idioten gutmuͤthig und wohlwollend; einige find bösartig, Diebe und eitle Gecken. Eine kleine Zahl von ihnen haben ein gewiſſes Geſchick, Sammlungen anzulegen; wir haben ſogar einen, welcher ſehr geizig iſt. Seit ſeinem Ein— tritt in's Bicétre hat er, indem er Sou auf Sou und ſelbſt Liard auf Liard zuſammenbrachte, entweder durch Arbeiten oder durch Beſorgung von Auftraͤgen, die ungeheure Summe von 500 Francs zuſammengebracht und dieß einzig, weil es ihm Vergnügen machte zu ſammeln und ſeinem Geize zu genuͤgen. Die groͤßte Zahl end— lich iſt der Maſturbation ergeben, und zwar einige mit Wuth. Ei— nige von ihnen ſuchen ſich den Frauen zu naͤhern, obgleich ſie ſie nie erkannt haben. Einige der weniger ſtupiden ſind noch ſchlim— mer und ſuchen ſich unter einander. Die ſchaamloſe Befriedigung des Geſchlechtstriebes ſcheint die erſte ihrer Leidenſchaften zu ſeyn. So iſt einer von ihnen, welcher nicht ſeine Nahrungsmittel zum Munde zu fuͤhren weiß, und beſtaͤndig im Bette zuſammengekauert liegt, und welcher hoͤchſtens den Inſtinct einer Auſter hat, doch im Stande, Onanie zu treiben. Intelligenz. Es iſt ſehr ſchwer, um nicht zu ſagen un⸗ möglich, anzugeben, in welchem Zuftande ſich die Sinne der Idio— ten befinden. Einige ſind empfindtich gegen die Veränderungen der Witterung. Einer hat die merkwürdige Eigenthuͤmlichkeit, daß er mit voller Sicherheit Gewitter und Schnee vorherſagt, ſelbſt wenn der Himmel ganz heiter iſt. Die am meiſten ſtupiden ſind ſtumm, und laſſen nur ein widerliches Grunzen vernehmen; andere ſpre— chen nur wenige Worte und articuliren ſchlecht; wieder andere ſpre— chen ſehr gut. Es giebt Bloͤdſinnige, welche Muſik treiben; einige ſingen einige Noten, eine Melodie, ſelbſt ohne Worte; die mei— ſten fingen Lieder. Die am meiſten ftupiden find unfähig, zu ar— beiten; waͤhrend man es durchgeſetzt hat, die meiſten zu fleißiger Ar— beit zu bringen. Mehr als die Hälfte unſerer Bloͤdſinnigen koͤnnen nicht leſen, und von den andern koͤnnen einige nur einige Buchſta⸗ ben, und buchſtabiren einige Worte; andere leſen ziemlich gut; zwei nur leſen vollkommen gut. Das Schreiben ſcheint ein gro: ßer Fortſchritt bei ihnen zu ſeyn; fo koͤnnen ſechszig nicht ſchrei— ben, und bei zwoͤlf andern findet man nur eine ſehr mittelmaͤßige Handſchrift. Eine große Zahl, etwa 60 wiſſen, was Geld iſt; nur 35 kennen den Werth des Geldes. — Rechnen iſt nicht ſo ſchwierig fuͤr ſie, als Leſen und beſonders als Schreiben. Endlich haben wir unter unſeren Idioten einen Liebhaber der Literatur und ſatyriſchen Dichter. Wir wollen jetzt das bisher Geſagte reſumiren und den Grad der Entwickelung jedes Inſtinctes und jeder geiſtigen Faͤhigkeit bei Bloͤdſinnigen mit Zahlen ausdruͤcken. Laſter und ſchlechte Neigungen. Schaamloſer Geſchlechts⸗ trieb 43. Eitelkeit 16. Lift 12. Diebſtahl 10. Bösartigkeit (mechancete) 8. Geiz 1. Lobenswerthe Gefuͤhle. Freundſchaft 28. Frömmigkeit 16. Intelligenz. Sprache 66. Kenntniß der Geldmünzen 60. Richtige Wuͤrdigung ihres Werthes 85. Geſchick zur Arbeit 55. Sanftmuth und Guͤte 47. 288 Rechnen 45. Poeſie 1. Leſen 35. Muſik 28 Schreiben 12. Literatur 1. Miscellen. Der Pingera Pool oder Zufluchtsort für alte und kranke Thiere, zu Bombay, iſt eine dem Lande eigenthuͤmliche und ſonder— bare Anſtalt. Das Gebaͤude, welches fuͤr ſeinen Zweck ſehr paſſend eingerichtet iſt, wurde von einem Purvoe (Schreiber), in Dienſten der HHrn. Forbes u. Comp., geſtiftet, welcher beträchtlichen Reichthum zuſammengebracht hatte, in der Abſicht ihn wohlthaͤti— gen Zwecken zu widmen. Das Aeußere hat das Anſehen eines gro— ßen und ſchoͤnen Thorweges, welcher in drei Höfe führt, jeder mit einem Schuppen umgeben, zur Verpflegung der Thiere. In dieſen find unter Sorge geeigneter Wärter untergebracht, die Hun— de, Pferde, Kühe und andere penſionirte Vierfüßer der Anſtalt. Alle ſind gut genährt und haben fuͤr ihre verſchiedene Gewohnheit gute Wohnungen. Die Pferde haben paſſende Ställe, mit Stande faulen, Hufſchlingen und Halftern für jedes und mit allen Ges raͤthen eines guten Stalles, während die Kühe in einem geräus migen, mit friſchem Futter beſtreuten, Hofe herumgehen koͤnnen. Die Anſtalt wird durch Dotationen von den reichen „Jains** der Praͤſidentſchaft und von den freiwilligen Geſchenken der Beſucher unterhalten. Die Banianen ſind fo eifrig, um Thiere vor ſchlech— ter Behandlung zu ſchuͤtzen, daß fuͤr jeden Hund eine halbe Rupie Belohnung gezahlt wird, der in den Pingera Pool gebracht wird und verhaͤltnißmaͤßige Vergütung auch fuͤr größere Thiere. (Mrs. Postans Western India. I, p. +1.) Bon einer entzündlichen Paraplegie, welche mit: tels Strychnin geheilt wurde, hat Hr. Spada, Arzt des Hoſpitals zu Loreto, eine Beobachtung bekannt gemacht. Es hans delte ſich von einem Kranken, welcher wegen eines gaſtro-rheumati— ſchen Fiebers und einer vollitändigen Paraplegie in's Hoſpital aufs genommen wurde. Das Fieber wurde bald gehoben; aber die Pa— raplegie, welche ſeit lange beſtand, und wegen welcher der Kr. in mehreren Hoſpitaͤlern Huͤlfe geſucht hatte, dauerte fort. Hr. Spada unterwarf den Kranken der Anwendung des Strychnins, obgleich die Affection für eine chronifhe hyelitis erklart wor⸗ den war. Er fing mit einem Zwoͤlftel Gran an, der mit Zucker gereicht wurde. — Dieſe Doſis iſt alle acht Tage geſteigert worden, bis zu 11 Gran taͤglich; doch war man erſt nach einer vier Monate fortgeſetzten Behandlung zu dieſer Doſis gelangt. Später iſt er auf 13 Gran täglich geſtiegen. Nun zeigten ſich ſchreckliche zuckungsartige Bewegungen; die tetaniſchen Con⸗ vulſionen waren nicht zu gewaͤltſgen, zeigten ſich aber nur an den untern Extremitaͤten. Der Rumpf blieb unbeweglich. Man hat ſofort eine Aderlaͤſſe angewendet; man hat den Kranken in ein Bad gebracht und hat ihn eine beruhigende Potion nehmen laſſen. Die Sym— ptome haben ſich beſaͤnftigt, und den dritten Tag war eine aufs fallende Beſſerung eingetreten. Die Extremitaͤten, welche bis da— hin kraftlos und unempfindlich waren, erlangten Empfindlichkeit und willkührliche Beweglichkeit wieder. Dieſer Zuſtand hat ſich nach und nach gebeſſert, und der Kranke iſt voͤllig geheilt aus dem Hoſpitale entlaſſen. Necrolog. — Der verdiente Proſeſſor der Geburtshülfe, Conferenzrath Joh. Sylv. Saxtorph zu Copenhagen, iſt am 22. April geſtorben. Bibliographische Natural History of South - Devon. 1840. 8. M. K. Statistique mineralogique du Departement des Basses - Alpes. Par M. Gras. Grenoble 1840. 8. By W. Bellamy. London fei teen. Corso elementare di medicina pratica. Par Ignazio Foti. Vol. I. Palermo 1838. 8. Prime linee di patologia generale analitica induttiva. Del Dott. Baldassare Bufalini. di Siena, medico condotto in Cortona. Montepulciano 1839. 8. —— ——ññ ö 1 Vene Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgethellt von dem Obere Merieinalratke Frerie zu Welmar, und dem Merisimalrorhe und Mrefrhor Frorier in Berlin, No. 305. (Nr. 19. des XIV. Bandes.) Juni 1840. Gedruckt im Landes Induftru: Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Ueber den Bau der Augen einer vielleicht zu den Phyllodocen gehoͤrenden Annelide. Herr Delle Chiaje hatte die Gefaͤlligkeit, mich waͤh— rend meines Aufenthaltes in Neapel auf die bedeutende Größe der Augen einer, feiner Meinung nach, noch unbe— ſchriebenen Annelide aufmerkſam zu machen, deren vorderes, kaum zwei Zoll meſſendes und ſeit laͤngerer Zeit in Wein— geiſt aufbewahrtes, Leibesfragment er mir vorwies. Schon das aͤußere Anſehen dieſer Augen machte es wahrſcheinlich, daß ſie ſehr hoch, hoͤher wenigſtens, als allgemein bekannten Beobachtungen zufolge, die der Nereiden (Lycoris) organi— ſirt ſeyen, und ließ hoffen, daß die anatomiſche Unterſu— chung zu erfolgreichen Aufſchluͤſſen führen werde. Die ſel— tene Gelegenheit, meinen Wunſch zu befriedigen, ward mir einige Zeit nachher zu Theil, indem ich ein wohlerhaltenes, noch lebendes Exemplar dieſes, nach der Behauptung meines Lieferanten, aͤußerſt wenig gemeinen Thieres erhielt. Da die Characteriſtik vieler Familien der hoͤhern Glie— derwuͤrmer, nach dem Geſtaͤndniſſe mehrerer Zoologen, einer durchaus neuen Umarbeitung bedarf und mir zur Zeit die Gelegenheit abgeht, gruͤndliche Studien daruͤber anzuſtellen, fo uͤbergebe ich folgende detaillirte Beſchreibung der äußern Koͤrperverhaͤltniſſe des Thieres, ohne mich in allen Stuͤcken für deren Zuverlaͤſſigkeit zu verbuͤrgen, dem Urtheile Sach— verſtaͤndiger. Letztere moͤgen entſcheiden uͤber die Neuheit und Stellung dieſes vielleicht den Phyllodocen ), Sap. (Nereiphylles. Blainv.) ſich anſchließenden Wurms. Der an ſechs Zoll lange, ſchmale, aus einer ſehr gro— ßen Zahl von Gliedern beſtehende Leib iſt mit einem ſtark entwickelten, das groͤßte Segment darſtellenden Kopfe verſe— ben. Die Glieder nehmen bis an das Hinterende ſehr alls maͤlig an Umfang ab; und die hinterſten ſind ſo klein, daß es einer ſcharfen Betrachtung bedarf, um ihre Graͤnzen mit bloßem Auge wahrzunehmen. Das letzte Leibesglied geht *) Phyllodoce iſt eine Unter = Gattung von Nereis. Auf der Zoologiſchen Karte Nr. 7.: „Synoptiſche Ueberſicht der An⸗ neliden“, Weimar 1839, iſt die Abbildung von Phzllodoce maxillosa, Ranzani, copirt. 8 No. 1405, r ee e e ee in einen kurzen, duͤnnen, ſchwaͤrzlichen Fortſatz (Schwanzfa— den) über. Die Gliederanhaͤnge beſtehen aus den, den Chaͤ— topoden im Allgemeinen zukommenden Organen, naͤmlich bor— ſtentragenden Fußhoͤckern und Gliedfaͤden (Eirrhen). Am Kopfe befindet ſich zu jeder Seite ein, in ſeinen Durchmeſ— ſern eine Viertel Par. Linie ungefaͤhr betragendes, rothes Auge. Ueber jedem Auge ſcheint ein ganz kurzer Fuͤhler angebracht, und ein aͤhnlicher moͤchte ſich gleichfalls jederſeits in der Naͤhe eines den Mund umkreiſenden untern Haut— wulſtes (Unterlippe?) finden. Die Gliederung in'sbeſon— dere betreffend, ſo folgen auf den Kopf zwei nur ſehr ſchmale Segmente, jeder mit zwei Paar Gliedfaͤden, einem Ruͤcken- und Bauchgliedfaden verſehen, und wie es ſcheint, ohne Fußhoͤcker. An dem dritten und vierten viel breitern Ringe iſt der obere Cirrhus kugelfoͤrmig angeſchwol⸗ len, der Fußhoͤcker ungemein klein. An den darauffolgen— den ſieht man die obern Gliedfaͤden in ovale Hautplatten (ob Kiemen?) umgewandelt; die Ruͤckenfußhoͤcker lang, faͤ⸗ cherartige Borſtenbuͤſchel tragend, die Bauchfußhoͤcker weit Eürzer und ſchmaͤchtiger. Letzteren hängen die unteren cylin⸗ driſchen Gliedfaͤden an. — Der Leib erſcheint faſt durch⸗ ſichtig, farblos, mit Ausnahme der Ruͤckenflaͤche, wo ein ſchmaler Queerſtreifen ſchwarzbraunen Pigments uͤber jedem Ringe verlaͤuft, und jederſeits in eine wenig erhobene, rund— liche Erhoͤhung uͤbergeht, die an der hintern Leibeshaͤlfte ent— ſchieden gelb gefärbt ſich darſtellt. Vorne am Kopfe liegt der Mund. Aus ihm ſtuͤlpt ſich ein ungefaͤhr drei Linien langer, vorne etwas erweiterter Ruͤſſel hervor. Der Rand der Ruͤſſeloͤffnung laͤuft jederſeits in einen ziemlich langen, lancett- oder ſpießartig geſtalteten Fortſatz aus, und zwiſchen beiden Fortſaͤtzen iſt ſowohl fein oberer, als auch unterer Umkreis, mit fünf kleineren zapfen— foͤrmigen Verlaͤngerungen beſetzt. Die Innenflaͤche des Ruͤf— ſels iſt in einer kleinen Strecke mit kurzen, dicken, ſpitzen, farbloſen Zaͤhnchen bewaffnet. Sehr deutlich ſieht man ſie auch auf den Randzaͤpfchen der Ruͤſſeloͤffnung, weniger auf den beiden langen Fortſaͤtzen, welche das Thier, gleichwie die Mereiden ihre Freßzangen, haufig einander nähert. Dieſe Fortſaͤtze ſcheinen mir jedoch 3 zum Faſſen und 1 291 Ergreifen, als Zerkleinern der Beute beſtimmt, da ſie weich, nicht hornig find. Nur die Zaͤhnchen entſprechen ähnlichen am Ruͤſſel der Nereiden. Das Thier iſt, gleich den Mereiden, in raſtloſer, ſchlaͤn— gelnder Bewegung. Häufig ſtreckt es den Vorderleib ſtark vor und zieht ihn wiederum ploͤtzlich ruckweiſe zuruͤck. — Aus einer, leider nur oberflaͤchlichen, Zergliederung ſcheint fo viel hervorzugehen, daß der Nahrungsſchlauch als einfaches Rohr ſich bis an den am hinterſten Leibesringe befindlichen After erſtreckt. Innerhalb jedes Segments, ihm zur Seite, trifft man zahlreiche Eier auf verſchiedenen Ent— wickelungsſtufen an. Dem Anſcheine nach, iſt das Blut farblos, was bei der Durchſichtigkeit des Körpers die Nach— weiſung des Gefaͤßſyſtems erſchwert. Der Kopfknoten des Nervenſyſtems beſteht wahrſcheinlich aus zwei Anſchwellungen und entlößt die beiden nur kurzen, aber dicken Sehnerven. Die Ganglienkette ſetzen verſchmolzene Doppelknoten und ſie verbindende doppelte Laͤngscommiſſuren zuſammen. Die Divergenz der beiden Augen iſt betraͤchtlich, in— dem ihre Axe gegen die des Kopfes ſo geneigt iſt, daß nicht nur ihre vordere Hälfte, ſondern auch die obere ſtaͤrker nach Außen vortreten, als die hintere und untere. Jedes Auge iſt ſphaͤriſch mit etwas verflachter Vorderflaͤche, aus deren Centrum eine zwar kleine, aber ſehr ſtark gewoͤlbte Cornea ſich erhebt Außer der Hautdecke, die, als Fortſez— zung der den Kopf umhuͤllenden, auch über den bulbus ſich wegſchlaͤgt, beſteht letzterer aus folgenden weſentlichen Thei— len. — Eine äußere, weiche Augenhaut (selerotiea), die an der Vorderflaͤche in die cornea übergeht. graͤnzt ihn von ſeinen Umgebungen ab. Auf ſie folgt, als zweite Schicht, eine dünne rothgelbe Piamentlage (choroidea), welche bis an den Umkreis der cornea reicht. Die retina, die ich nicht nachzuweiſen vermochte, muß aͤußerſt zart ſeyn. Das Innere des bulbus iſt von zwei Subſtanzen ausgefüllt. Die vorderſte, groͤßtentheils innerhalb der Corneawoͤlbung gelagerte, iſt unverkennbar die Linſe. Sie iſt vollkommen ſphaͤriſch, ohne ſichtlichen Zwiſchenraum von der innern Flaͤ— che der cornea entfernt, ganz klar und hell, ohne alle Faͤr— bung und beſteht aus einer weichen Rindenſubſtanz und ei— nem anſehnlich großen, aus concentriſchen Schichten zuſam⸗ geſetzten Kerne. Den übrigen verhaͤltnißmaͤßig bedeutend großen Raum nimmt eine transparente, zaͤhe, gleich Vogel— -leim dehnbare und in Faͤden ziehbare und unter dieſen Um—⸗ ſtaͤnden opaliſirende Subſtanz, der Glaskoͤrper, ein. — Wen: det der Wurm den Vorderleib ſo gegen eine vorgehaltene Kerzenflamme, daß ein gehoͤrig breiter Strahlenkegel die cornea des einen oder andern Auges trifft, fo nimmt man durch die Hautdecke, aͤußere Augenhaut und das Pigment, das umgekehrte Bild derſelben auf dem Hintergrunde des Augapfels wahr. Cs wäre voreilig, und wegen Hintanſetzung der durch Muͤller an den Augen der Nereiden hervorgehobenen Re— fultate unbillig, aus den gewonnenen Ergebniſſen Folgerun⸗ gen zu ziehen, denen die Vermuthung zu Grunde laͤge, daß dieſe Organe bei den ſaͤmmtlichen damit verſehenen Glieder— mürmern ahnlich gebaut ſeyen. Zwar beruhen Muͤller's 292 Angaben auf Unterſuchungen an, in Weingeiſt aufbewahrt geweſenen Nerelden. Es mochte daher einiges Mißtrauen gegen die Zuverlaͤſſigkeit derſelben fruͤher nicht ganz grundlos ſeyn. Seitdem aber Rathke damit uͤbereinſtimmende Er- fahrungen mittheilte, duͤrften jene Zweifel ſehr an Kraft verloren haben. Vielleicht ermangeln die Augen der meiſten Anneliden optiſcher Vorrichtungen, ſo daß man ſie, nach Muͤller's ſcharfſinniger Deutung, fuͤr bloße lichtempfindende Rudimente anſehen kann Dagegen laſſen die, freilich einer nahern Beſtaͤtigung beduͤrfenden Beobachtungen Wagner 's (vergl. Anatom. 423) an Embryonen von Hirudo medi- ein. vermuthen, daß den Sehwerkzeugen der Blutegel eine zuſammengeſetztere hohe Structur zukommt, die im Weſent⸗ lichen mit der oben dargeſtellten uͤbereinkommen würde. Aug. Krohn. Unterſuchungen über das Weſen des Geruches, welcher ſich in Folge gewiſſer chemiſcher Wirkun— gen offenbart. Aus einem Briefe des Hrn. Schoͤnbein an Hrn. Arago. „Die von Ihnen im Annuaire pour l’an 1838 mitgetheilten intereſſanten Beobachtungen ermuthigen mich, Sie mit den Reſultaten bekannt zu machen, zu denen ich neuerdings durch Unterſuchungen gelangt bin, die ich zu dem Zwecke anſtellte, das Weſen des ſogenannten electriſchen Geruches naͤher zu ergründen. „Schon ſeit mehreren Jahren war mir die Aehnlich— keit zwiſchen dem Geruche, der ſich entwickelt, wenn die ge— meine Electricitaͤt aus den Spitzen des Conductors einer Electriſirmaſchine in die umgebende Luft uͤbertritt, und dem Geruche auffallend, welcher bei Zerſetzung von Waſſer mittelſt einer voltaiſchen Strömung entſteht. „Nachdem ich zur Ermittelung der zwiſchen den beiden angegebenen Erſcheinungen beſtehenden Verbindung viele ver— gebliche Verſuche angeſtellt, gelangte ich endlich, wenngleich nicht zu einer vollſtaͤndigen Loͤſung des Problems, doch bis zu einem Puncte, von welchem aus man die wahre Urſache des electriſchen Geruches mit ziemlicher Sicherheit erkennen kann. Ich will bier die Umſtaͤnde aufführen, welche ſich auf den in Rede ſtehenden Gegenſtand beziehen. „1. Der waͤhrend der Zerſetzung des Waſſers durch Electricitaͤt bemerkbare phosphorartige Geruch entwickelt ſich nur am poſitiven Electrod. 2. Die Entbindung des riechenden Stoffes haͤngt a, von der chemiſchen Beſchaffenheit der als poſiti— ves Electrod dienenden Subſtanz; b, von der chemiſchen Beſchaffenheit der zwiſchen den beiden Electroden befindlichen durch die Electricitaͤt zu zerſetzenden Fluͤſſigkeit; e, von der Temperatur dieſer Fluͤſſigkeit ab. Was die erſte Bedingung anbetrifft, ſo habe ich ge— funden, daß unter allen von mir unterſuchten Metallen Gold und Platina allein die Entwickelung des eigenthuͤmli— 293 chen Geruchs geſtatten. Die leichter orydirbaren metallis ſchen Körper laſſen auch nicht die geringſte Spur davon wahrnehmen. Die Holzkohle, ein guter Electricitaͤtsleiter, befindet ſich in demſelben Falle. Ruͤckſichtlich der zwiſchen der chemiſchen Zuſammenſetzung der durch Electricitaͤt zerſetz— baren Fluͤſſigkeiten und ihrer Fähigkeit, den Riechſtoff zu entwickeln, vorhandenen Beziehungen hat ſich aus meinen Verſuchen Folgendes ergeben. Der electriſche Geruch ent: wickelt ſich am poſitiven Electrod, wenn die Fluͤſſigkeit in mit Schwefel, Phosphor- oder Salpeterſaure oder Kali, ſo wie irgend einem Salze, das durch die Verbindung des Sauerſtoffs mit einer Baſis entſteht (oxy-seh, vermiſchtem Waſſer beſteht. Nicht wahrnehmen laͤßt ſich der Geruch, wenn das Waſſer Chloride, Bromide, Jodide, Fluoride, ſchwefelſaures Eiſen-Protoxyd, oder irgend einen ſtarke Ver— wandtſchaft zum Sauerſtoffe beſitzenden Koͤrper in Aufloͤſung halt. Eben fo wenig findet die Freiwerdung des Riechſtof— fes ſtatt, wenn die zuerſt angeführten Fluͤſſigkeiten mit klei— nen Quantitaͤten ſchwefelſauren Eiſen-Protexyds oder ſalpe— tiiger Saͤure oder irgend einer Subſtanz vermiſcht werden, die eine ziemlich bedeutende Verwandtſchaft zum Sauerſtoffe beſitzt. Die Fluͤſſigkeiten, welche den electriſchen Geruch bei niedrigen Temperaturen reichlich entwickeln, bleiben geruch los, wenn man fie bis zu ihrem Siedepuncte erhitzt. Zu— weilen tritt der Fall ein, daß ſich der Geruch durchaus nicht kund giebt, wiewohl die Umſtaͤnde, unter denen man die Zerſetzung des Waſſers durch Electricitaͤt dewirkt, von der Art ſind, daß man das Gegentheil erwarten ſollte. Dieſer Fall findet in'sbeſondere dei Anwendung einer Auf— loͤſung von Kali in Waſſer häufig ſtatt. Gewiſſe Umftän: de ſcheinen dafuͤr zu ſprechen, daß die Entwickelung des Riechſtoffes dadurch verhindert werde, daß ſich Unreinigkei— ten auf die Oberflaͤche des poſitiven Electrods abſetzen. Nach meinen Verſuchen entbindet ſich der Riechſtoff am teichlichften, wenn man als electrolptiſche Fluͤſſigkeit Waſſer anwendet, das mit dem ſechsten Theile Schwefelſaͤure ver: miſcht iſt. „3. Der am poſitiven Electrod entbundene Riechſtoff laͤßt ſich in wohlverſtoͤptelten Flaſchen aurbewahren. „4. Thut man in ein Flaͤſchchen, in welchem ſich Riechſtoff (mit Sauerſtoffgas vermiſcht) befindet, eine Priſe gepuͤlverte Holzkohle oder Feilſpaͤne von Eiſen, Zink, Zinn, Blei, Wismuth, Arſenik, Spießglas oder einige Tropfen Queckſilber, ſalpetrige Saͤure oder von einer Auflöſung von ſchwefelſaurem Eiſenprotoryd oder Zinn- oder Eiſen-Proto⸗ chlorid, ſo wird der electriſche Geruch faſt augenblicklich zer— ftört Bei einer hohen Temperatur bringen Gold und Pla— tina dieſelbe Wirkung hervor. „5. Taucht man einige Augenblicke lang in ein mit Riechſtoff (in Vermiſchung mit Sauerſtoffgas) gefuͤlltes Flaͤſchchen einen Streifen Gold- oder Platina-Blech, deſſen Oberflaͤche gehoͤrig trocken, blank und kalt iſt, ſo wird der Streifen electro⸗negativ, d. h., er erlangt die Fähigkeit. eine Strömung zu erzeugen, der er (der Streifen) als negatives Electrod dient. Mit andern Worten: ein auf die angeges dene Weiſe behandelter Platinablech Streifen bildet mit einem 294 Ähnlichen Streifen von demſelben Metalle, welcher ſich in dem gewoͤhnlichen Zuſtande befindet, ein voltaiſches Element. Dieſes Element iſt der Art, daß die dadurch erzeugte Stroͤ— mung von dem im gewohnlichen Zuſtande befindlichen Pla— tinaſtreifen durch die Fluͤſſigkeit nach dem auf die angegebe⸗ ne Weile durch den Riechſtoff modificirten Streifen übers geht. Den regelwidrigen Zuſtand dieſes Streifens nenne ich negativ polariſitt. Die leicht oxpdirbaren Metalle werden unter den eben angeführten Bedingungen nicht negativ po— lariſirt. — Vor fuͤnf Jahren habe ich nachgewieſen, daß die edlen Metalle negativ polariſirt werden, wenn man fie einige Augenblicke in eine Atmoſphaͤre von Chlor- oder Brom-Daͤmpfen einſenkt. „6. Der Zuſtand der negativen Polaritaͤt entwickelt ſich weder im Golde, noch im Platina, ſo wie überhaupt bei keinem Metalle, wenn man dieſe Subſtanzen in ein Flaͤſchchen einſenkt, in welchem man den Riechſtoff vorher mittelſt eines der oben (Sub. 4) angegebenen Verfahren zer- ſtoͤrt hat. „7. Die negative Polarität des Platina wird zerſtört, wenn man es einige Augenblicke in eine Atmoſphaͤre von Waſſerſtoffgas taucht. Das durch die Einwirkung des Chlors oder Broms negativ polariſirte Platina gelangt auch wieder in feinen normalen Zuſtand, wenn man es in Waſſer⸗ ſtoffgas bringt. Daſſelbe Reſultat erlangt man, wenn man die Temperatur der polariſirten Metalle bis zur Rothgluͤh— hitze ſteigert. Erſcheinungen der Polariſation und des Geruches, welche durch die gemeine Electricitaͤt hervorgerufen werden. „8. Wenn man einen Platin- oder Gold-Blechſtreifen, deſſen Oberflaͤche gehoͤrig trocken, blank und kalt iſt, und der mit dem Erdboden communicirt, der Einwirkung der gemei⸗ nen Electricitaͤt ausſetzt, welche in Form eines Lichtbuͤſchels aus einer am erſten Conductor einer Electriſirmaſchine ange: brachten Metall ſpitze entweicht, und wenn dieß in der Art geſchieht, daß die Oberflaͤche des Streifens den electriſchen Buͤſchel in einer paffenden Entfernung in fi aufnimmt, fo wird das Platina oder Gold negativ polariſirt. Dieſer ei— genthuͤmliche Zuſtand wird vernichtet, wenn man dieſe Me- talle der Einwirkung des Waſſerſtoffgaſes oder der Waͤrme ausſetzt. „9. Wenn man das Gold oder Platina mit dem vr: ſten Conductor in Verbindung bringt, alſo die Rolle der Entladungsſpitzen ſpielen laßt, fo werden jene Metalle nicht negativ polariſirt, wenngleich die Electricitaͤt ſehr ſtark aus denſelben ausſtroͤmt. „10. Die leicht orydirbaren Metalle beſitzen die Eigen ſchaft, ſich durch die gemeine Electricitaͤt polariſiten zu lafz ſen, nicht. „11. Die electriſchen Lichtbuͤſchel verlieren ihre pola⸗ riſirende Kraft, ſo wie ihren Phosphorgeruch, wenn man die Spitzen, aus denen fie (die Buͤſchel) entweichen, mit einem Stuͤck Leinwand umwickelt, das mit deſtillirtem Waf— ſer oder mit einer ſalzigen oder ee Aufloͤſung befeuchtet 1 * 295 iſt. Dieſelbe Wirkung läßt ſich dadurch erreichen, daß man die Entladungsſpitzen des erſten Conductors ſtark erhitzt. „Es giebt noch andere Umſtaͤnde, welche mit den Er— ſcheinungen der voltaiſchen Polaritaͤt in Beziehung ſtehen, von denen ich aber hier nicht reden werde, da eine Abhand— lung, in der ich mich uͤber alle uͤber dieſen Gegenſtand von mir gemachten Beobachtungen weitlaͤuftiger ausſprechen wers de, naͤchſtens in der Bibliotheque universelle de Genè- ve erſcheinen wird. „Bevor ich meinen Brief ſchließe, erlaube ich mir noch einige aus den eben berichteten Thatſachen abgeleitete Folge— rungen mitzutheilen. „1. Der waͤhrend der Zerſetzung des Waſſers mittelſt Electricitaͤt frei werdende Phosphorgeruch ruͤhrt von derſel— ben gasfoͤrmigen Subſtanz her, die ſich in der Naͤhe von metalliſchen Spitzen entbindet, aus welchen die gemeine, gleichviel ob poſitive oder negative, Electricitaͤt ſich entladet. „2. Was die voltaiſche Thaͤtigkeit anbetrifft, ſo aͤu— ßert dieſer Riechſtoff genau dieſelbe, wie Chlor oder Brom. Ruͤckſichtlich der chemiſchen Eigenſchaften beſteht ebenfalls zwiſchen dem Riechſtoffe und den ebengenannten Koͤrpern eine große Aehnlichkeit. „3. Der Riechſtoff iſt mit dem Waſſerſtoffgaſe (Sauerſtoffgaſee) chemiſch verbunden, und in dieſem Zuſtande der Verbindung findet es ſich theils im Waſſer, theils in der Atmoſphaͤre verbreitet. „4. Dieſer zuſammengeſetzte Stoff iſt, gleich dem Waſſer, ein electrolytiſcher Koͤrper. „5. Der electriſche Geruch giebt ſich kund, wenn die— ſer zuſammengeſetzte Stoff durch Electricitaͤt zerſetzt, und deſſen electro: negatives Element in Freiheit geſetzt wird. „6. Da die electriſchen Lichtbuͤſchel, gleich dem Blitze, eine wahre Stroͤmung bilden, und der zuſammengeſetzte Stoff, deſſen ſo eben gedacht worden, in der Luft verbreitet ift, fo muß der Riechſtoff jederzeit frei werden, wenn elec⸗ triſche Funken oder Blitze durch die Atmoſphaͤre fahren, d. h., es muß ſich dann ein eigenthuͤmlicher Geruch entwickeln. Ich habe bemerkt, daß der Geruch, wenn der Riechſtoff con— centrirt iſt, ſtechend iſt, aber dem des Phosphor ſehr gleicht, wenn er mit vieler Luft vermiſcht iſt. Aus dieſem Um— ſtande erklaͤrt ſich die Verſchiedenheit der Geruͤche, welche der Blitz unter verſchiedenen Umſt inden erzeugt, hinlaͤnglich. „Du ich mit ziemlicher Beſtimmtheit behaupten kann, daß der fragliche Riechſtoff zu derſelben Claſſe von Koͤrpern gehoͤrt, wie das Chlor und Brom, d. h., zu den einfachen und hologenen Stoffen, ſo ſchlage ich vor, ihn Ozon zu nennen. Da ich ferner uͤberzeugt bin, daß derſelbe ſich ſtets bei Gewittern in anſehnlicher Menge in der Luft entbindet, ſo habe ich mir vorgenommen, im Laufe dieſes Sommers eine Reihe von Verſuchen anzuſtellen, um die Anweſenheit des Ozons in der Atmoſphaͤre zu erhaͤrten. Zu dieſem En— de werde ich Platinableche an bedeutend hohen Orten an— bringen und zugleich Sorge tragen, daß dieſelben mit dem Erdboden communiciren. Da dieſes Metall durch die Ein— wirkung des Riechſtoffes negativ polariſirt wird, ſo laͤßt ſich, 296 ſobald Letzteres ſtattfindet, auf die Entbindung von Ozon ſchließen. Dieſe Art von meteorologiſchen Verſuchen ſcheint mir ſo intereſſant, daß ich wuͤnſchen muß, ſie moͤchten auch anderwaͤrts angeſtellt werden, und ich wage die Bitte an Sie zu ſtellen, daß Sie auf Jorer Sternwarte in gleicher Weiſe experimentiren laſſen mögen. Ich werde mich das bei eines Galvanometers bedienen, deſſen Draht 2000 Win— dungen beſitzt und deſſen Nadel aſtatiſch iſt. „Schließlich bemerke ich noch, daß ich die Erreichung der meiſten obenerwaͤhnten Reſultate der herrlichen galvani— ſchen Saͤule des Hrn. Grove verdanke, welche bei ſehr kleinem Umfange in der Minute 15 Cubikzoll Knallgas lies fert.“ (Comptes rendus hebdomadaires des séan- ces de l’Acad. d. Sciences. 27. Avr. et 4. Mai.) Mis ce lt e n. Ueber das Vorkommen von unveraͤnderlichen, eben fo lebhaften prismatifhen Farben bei den kleinſten mikroſcopiſchen Objecten, als ſie für das bloße Auge bei gewoͤhnlichem Lichte vorhanden ſind und welche nicht Fehler des Mi⸗ croſkops find, hat Herr Profeſſor Ehrenberg der Geſellſchaft naturforſchender Freunde in Berlin, am 16. Juni, eine Mittheis lung gemacht. Sie geben eine uͤberaus angenehme Erſcheinung und laſſen ſich auf drei Geſetze zurücführen. Eine Reihe derſelben ſcheint durch ſehr dünne Blaͤttchen oder Zwiſchenräume bedingt, wie bei'm Glimmer. Dahin mag der ſchoͤnrothe Ring unter der Schaale der Prochalomonas volvocina und eylindrica der Infu— ſorien gehoͤren. In anderen Faͤllen ſind ſie durch ſehr ſcharfe und feine Liniirung der Oberfläche bedingt, wie man es bei den iris deſcirenden Knoͤpfen als Putz kuͤnſtlich erzeugt. Dahin gehoͤrt der baumartige, herrlich ſchillernde Stiel der lebenden Epistylis pa- vonina, der ſchoͤnſten neuen und bis vier Linien großen Baum = Verticelle. Eben dahin gehören viele der praͤchtigen Farben der Schmetterlinge und Käfer, fo wie die metalliſch glaͤnzenden Coli— brifedern In noch anderen Fällen läßt ſich erkennen, daß ſie durch regelmaͤßig dicht geordnete, ſehr feine und ſcharfe Poren hervorge— bracht werden. So iſt es neuerlich von ibm bei mehreren, bisher unbekannten, Arten der Gattung Coseinodiscus (Siebſcheibe) und Actinocycelus (Strahlenſcheibe) beobachtet worden. Von den be— kannten Fehlern nichtachromatiſcher Microſcope unterſcheiden ſich dieſe Erſcheinungen dadurch, daß ſie nicht mit zunehmender Ver— groͤßerung fib verſtaͤrken, ſondern umgekehrt bei den ſchwächern lichtſtaͤrkſten Vergroͤßerungen am intenſiveſten find. Die erſte und dritte Reihe find bei durchgehendem Lichte, die zweite nur bei aufs fallendem reflectirten Lichte erkennbar, und alle ſind auch verfchies den von den, durch polariſirendes Licht hervorgebrachten Farben. Die Baͤumchen der ſchillernden Verticella pavonina wurden in Ab⸗ bildung und lebend in vielen Exemplaren vorgezeigt. Ein angeblich verſteinertes Kind iſt unter dem Nas men Antediluvian human fossil gegenwärtig in London der Neu— gierde der Leichtglaͤubigen ausgeſtellt. Es iſt aver nichts, als eine Feuerſteinmaſſe, welche in einem Gypslager bei Diehgen in Bels gien gefunden worden iſt und, unbefangen, folgendermaßen beſchrie— ben wird: Ich aing und ſah einen ſonderbar geformten Kiefels klumpen, an der Oberflaͤche rauh von der Gypsmatrix, in etwas dem Obertheile der Geſtalt eines Kindes ähnlich, dem beide Arme fehlen, aber ohne alle Spur von menſchlicher Organiſation. Das „Kind“ iſt offenbar in ſeinem breiteſten Theile (wahrſcheinlich da, wo es in irgend eine noch unfoͤrmlichere Maſſe ausging) und da zeigt es nur eine grobkoͤrnige kieſelige Oberflache, wie fie gewoͤhn— lich in den Feuerſteinklumpen der Gypslager angetroffen wird. Nie ſah ich eine fo komiſche Caricatur eines Ruͤckgrats, als dieß kieſelige „Kind“ darbietet ꝛc. — ___ ____ ____ —_l 297 e 1 Ueber die tuberculoͤſe Scrophel.“) Aus den cliniſchen Conferenzen des Hrn. Lugol. Die tuberculdfe Degenereſcenz iſt von allen anatomiſchen Chas racteren der Scrophel das Weſentlichſte: Dieſer Character iſt es, welcher den andern ihren Werth giebt und ihre Natur bezeugt. Die Natur und die Diagnoſtik der Ophthalmicen, der weißen Ges ſchwuͤlſte, der Leucorrhoͤen ꝛc., koͤnnen keinen Zweifel mehr dar— bieten, wenn Tuberteln dageweſen find. Dieſer Lehrſatz iſt fo übereinftimmend mit der Beobachtung, daß, wenn, z. E., ein Kind wirklich eine Ophthalmie hat, welche die Bedingungen der ſcrophulöſen Ophthalmie in ſich vereinigt, ohne bis dahin Tuber— keln dargeboten zu haben, die letzteren nicht lange ausbleiben werden. Keine Krankheit hat in den letzten Zeiten ſo ſehr den Unterſu— chungsgeiſt einer großen Zahl von Practikern beſchaftigt, als die Tuberkeln; aber faſt alle Beobachter haben ihre Unterſuchungen auf Lungentuberkeln beſchraͤnkt, und indem ſie dieß thaten, haben ſie einen Gegenſtand beſchraͤnkt, verkleinert und iſolirt, der an und fuͤr ſich ungeheuer iſt und in ſeinem vollen Umfange ſtudirt zu werden ver— langt. Die vorzugsweiſe Beſchaͤftigung der Schriftſteller unſerer Zeit mit den Lungentuberkeln iſt ſo groß geweſen, daß mir faſt allein die Aufgabe geblieben war, ſie in allen andern Theilen des Koͤrpers zu ſtudiren. Und fo kann ich ſagen, allenthalben hin habe ich die Zur berkeln verfolgt und überall habe ich ſie dieſelben gefunden. Aeußere Charactere oder Formen des Tuberkels. — Im Allgemeinen iſt die Form des Tuberkels rund; aber der Eins fluß die mechaniſche Wirkung der Theile, der benachbarten Organe, ſelbſt die Gegend, in welcher die Tuberkel ihren Sitz hat, endlich die Zuſammenhaäufung mehrerer Tuberkeln, konnen für dieſe ur— ſprüngliche Figur oft Modificationen veranlaſſen; Modificationen, welche immer um fo merklicher werden, jemehr das Wachsthum des Tuberkels zunimmt. Dieſe urſprüngliche Form kann nicht als zufällig betrachtet werden, und auch nicht als von dem Medium abhaͤngig, in wel— chem ſich der Tuberkel entwickelt: denn wenn Letzteres der Fall wäre, wurde ſie je nach dem Medium variiren; die Beobach— tung hat gezeigt, daß, in welcher Gegend auch der Tuberkel ſich entwickelt, in der regio cervicalis, axillaris, inguinalis etc., die Form immer dieſelbe iſt. Volum des Tuberkels. — Wenn der Tuberkel noch in feinem Anfange ift, iſt das Volum gewohnlich ſehr klein; fpäter geht er nie über gewiſſe Dimenſionen hinaus. Immer aber, wie klein auch das Volum ſeyn mag, wenn man ſeine Entwickelung bemerkt, fo iſt doch wabrſcheinlich, daß er bereits ſeit geraumer Zeit entſtanden war. Nehmen wir ihn aber einmal, ſo wie er ſich darbietet, und unterſuchen wir ihn an den verſchiedenen Stellen, die er einnehmen kann. In der Lunge iſt fein Volum nie größer, als das einer Erbſe. In der Milz ſteigt es zu dem einer Visbohne. In der Leber hat *) Hr, Lugol, Oberarzt und cliniſcher Lehrer am Höpital St. Louis, bat ſeine ſeit einigen Jahren unterbrochenen cliniſchen Conferenzen „über die gewoͤhnlichſten und am meiſten verbrei⸗ teten Krankheiten“ wieder eröffnet und zwar zunaͤchſt, über die Scropheln feine Unterſuchungen und Beobachtungen mitzuthei— len, angefangen; indem es faſt keine Krankheit giebt, welche ſo gemein waͤre, und welche unter ſo zahlreichen und verſchie— denen Formen erſchiene, als die Scropheln. Hr. Lugol bringt ſie unter fuͤnf Hauptformen: 1. tuberculöfe Scropheln; 2. catarrhalifche oder Scropheln der Schleimhaͤute; 3. Scropheln der Haut; 4. Scropbeln des Zellgewebes. 5. Scropheln der Knochen. 298 Ru i 72V es die Größe einer Olive; zuweilen aber iſt es auch viel kleiner. In dem Körper der Wirbelbeine habe ich fie von der Größe einer Nuß gefunden. Aeußerlich nimmt der Tuberkel ſehr ſchnell ein groͤßeres Volum an. — So am Halſe, an den Weichen, unter der Achſet, im mesenterium, im mediastinum zꝛc. hat es gewöhn— lich die Große einer Haſelnuß. Einmal habe ich es von der Größe eines Huͤhnerei's gefunden, was in den parenchymatdſen Organen niemals vorkommt. Man darf aber mit dem Tuberkel nicht die Knoten verwechſeln, welche die meiſten unſerer Kranken aͤußerlich tragen, denn das find Zuſammenhaͤufungen oder tubercu— loͤſe Geſchwüͤlſte, die aus der Vereinigung mehrerer Tuberkeln ent— ſtehen, und nicht einfache, iſolirte Tuberkeln. Farbe des Tuberkels. — Der Sig bedingt hauptſaͤchlich einige Modſficationen in der Farbe. Aber im Ganzen iſt die Farbe weißlicht oder hellgelb, dem hellen Kaſtanienbraun analog, die Farbe, welche ganz beſonders die Arbeit der Erweichung verräth. Zuweilen zeigt er eine ſchwaͤrzlichte Subſtanz, der gewöhnlichen Zus berkelſubſtanz beigemengt, und in ſolchen Fallen zeigt ſich beim Durchſchneiden eine granitähntiche Schnittflache. — Dieſe Dis po⸗ fition kommt vor, welche Stelle auch der Tuberkel im Korper einnimmt, Einmal habe ich icteriſche gelbe Tuberkeln angetroffen; ein anderes Mal habe ich fie von ſchoͤngruner Farbe gefunden, analog ber Piſtazienfarbe. Dieß find jedoch durchaus zufällige und Ausnah⸗ men bildende Faͤrbungen; denn ich wiederhole es, die gewöhnliche Färbung iſt weißlicht⸗galb, dem Hellkaſtanienbraun ahnlich. Conſiſtenz des Tuberkels. — Sie iſt nicht dieſelbe in allen Epochen der Entwickelung des Tuberkels und varfürt nach ſeinem Alter. Sobald er bemerkbar iſt, iſt die Conſiſtenz feſt Dieſer Zuſtand iſt es, welcher darftellt, was die Granulatjonen (Bayle's und Laennec's) darſtellt; aber ich glaube nicht, daß dieß feine Kindheit darſtellt: es muß , glaube ich, bei'm Entſtehen liquid und gelatinds ſeyn, und die Granulationen geboren ohne Zweifel einer fpäteren Periode an. Die Granulationen find viels leicht nur deßbalb feſt, weil fie ſchon ſolide Subſtanz enthalten. Ich habe dieß wenigſtens mehr als ein Mal beobachtet. Inzwiſchen habe ich auch einige Mal erbſen- und bohnengroße Tuberkeln noch im fluͤſſigen Zuſtande gefunden. Bei einem Kran: ken aus dem Saale Saint Jean, welcher neugebildete Tuberkeln zeigte, gaben letztere die Empfindung von einer falſchen Fluctua— tion. An einer von ihnen wurde die Punction gemacht und es kam eine gewiſſe Quantität feröfer Fluͤſſigkeit beraus; ein zweites, welches bald bernach geöffnet wurde, ließ eine Subſtanz hervortre⸗ ten, welche die Spuren von Eiterung oder Erweichung der Tuber⸗ kelſubſtanz darboten (auf dieſe Details in der Bildung und Ent⸗ wickelung des Tuberkeis, auf die Eiterung und feine Trans formatio⸗ nen, werde ich ſpaͤter zurückkommen.) Anatomiſche Zuſammenſetzung des Tuberkels. — Die oberflaͤchlichſte Unterſuchung thut dar, daß der Tuberkel durch einen Balg und Tuberkelmaterie dargeſtellt wird; aber im Allgemeinen bemerkt man daran keine Gefaͤßſpuren, weder an der innern oder äußern Fläche des Balgs, noch in der Tuberkelſubſtanz. Inzwi⸗ ſchen laͤßt ſich dieſe Abweſenheit von Gefäßen wenig mit Leben und Ernährung vereinigen. Denn der Tuberkel ift mit Leben begabt und waͤchſt unter dem Einfluſſe der Ernährung. Die Anweſenheit der Gefäße in den Tuberkeln wurde mir zu: erſt im Jahre 1828 deutlich, der Zeitpunct, wo ich mich zuerſt mit meinen mikroſcopiſchen Unterfuchungen dieſes Gegenſtandes be: ſchaͤftigte. In einer der Leichenoͤffnungen, die ich damals vornahm 115 wovon ich die Zeichnung aufbewahre), ſah ich Gefäße an der ußern und innern Seite des Balges, in der Dicke ſeiner Wände und im Innern der tubercutoͤſen Subſtanz felbft. So daß fuͤr mich das Vorhandenſeyn der Gefäße in den Tuberkeln jetzt eben ſo ausgemacht ift, als ſie es iſt in Beziehung auf die Pleuren; und ob⸗ gleich ich fie nicht oft wahrgenommen habe, fo glaube ich doch, daß ihre Exiſtenz nicht bezweifelt werden kann. In der tuberculoͤſen Sub⸗ 299 — ſt anz ſieht man fie am hellſten; doch bin ich auch hier von den um⸗ ſtinden begunſtigt genug geweſen, daß auch hierüber kein Zweifel mehr ſeyn kann. Ich habe naͤmlich nicht nur die Exiſtenz dieſer (Hefäge conſtatirt, ſondern ich habe mich auch überzeugen koͤnnen, daß die, welche die tuberculoͤſe Maſſe durchfurchen, zerreißen koͤn— nen, und wie die Gefäße im Hirne eine Haͤmorrhagie in das In— nere dieſer Subſtanz und alſo eine wahre Apoplexie in Innern der Geſchwulſt veranlaſſen konnen. Ich bewahre ein Praͤparat und Zeichnung dieſer Alteration auf. Früher beobachtete Eyarfayen der Art ſind mir nicht bes kannt; aber ſeitdem habe ich Gelegenheit gehabt, aͤhnliche zu be— obachten. Ein Kranker unter andern, welcher langdauernden Ohn— machten ausgeſetzt geweſen und an einem Schlaganfalle geſtorben war, zeigte uns bei der Leichenoͤffnung mehrere Blutergüſſe im Innern der Tuberkelmaſſe, welche in verſchiedenen Theilen des Körpers exiſtirte, 4 Tuberculoͤſe Geſchwuͤlſte. — Die Zuſammenhaͤufung der Tuberkeln bilden tuberculoſe Geſchwuͤlſte von ſehr verſchiedenem Vo— lum. So wie eine Verdickung von ſcrophuloͤſer Natur das Volum eines Huͤhnereies erreicht hat, iſt als wahrſcheinlich anzunehmen, daß es eine Zuſammenhaͤufung mehrerer Tuberkeln ſey. Denn ein einziges Tuberkel erreicht niemals ein ſolches betraͤchtliches Volum. Es iſt ſelbſt geſtattet, anzunehmen, daß man es mit einer Zuſammenhaͤu— fung zu thun habe, wenn die Geſchwulſt noch nicht fo ſehr groß iſt, z. E., ſelbſt nicht groͤßer iſt, ais eine Mandel Wie bilden ſich dieſe Geſchwülſte? Sie bilden ſich durch eine freiwillige Entwickelung der Tuberkeln, von denen ſie zuſammengeſetzt ſind, und welche ſich einer neben dem andern entwickeln. Indem ſie groͤßer werden, fuͤllen die Tuberkeln die Zwiſchenraͤume aus, wel— che ſie trennen; zuletzt beruͤhren ſie ſich mit einem Puncte ihrer Oberflaͤche, und dann entſteht die Geſchwulſt. Dieſe Bildungsweiſe iſt allenthalben dieſelbe, am Halſe, in der Lunge, in der Leber, unter den Achſeln ꝛc. . Hr. L. ftellte feinen Zuhöreen zur Erläuterung mehrere Kran— ke vor. „An dem einen Kranken zeigen ſich am Halſe ſieben bis acht Tuberkeln, welche hinlänglich von einander entfernt find, um mit den Fingern unterſchieden werden zu koͤnnen. Bei einem zwei— ten Kranken war dagegen die Vereinigung der Tuberkeln bereits erfolgt, und man bemerkte nur eine einzige Geſchwulſt, und doch war bei dem zweiten Kranken nur eine Agglomeration von Tuber— keln, welche anfangs iſolirt geweſen ſind, wie die bei dem erſten Kranken. Wenn eine tuberculöfe Agglomeration ganz aufgehört hat, die Trennungen zu zeigen, welche das Reſultat der urſprunglichen Iſo— lirung jedes Tuberkels war, fo findet man noch den Beweis für die vorherige Exiſtenz dieſer Dispoſition in der Anweſenheit einzel— ner Tuberkeln an andern Koͤrpergegenden. Ih werde über Form und Volum der Tuberkeln nicht weiter in Details eingehen; aber die erwähnten Thatſachen haben ein gro— ßes Intereſſe, inſofern ſie dazu dienen, die allgemeine Theorie der Scropheln zu ſtuͤtzen und zu beweiſen, daß bei den Tuberkeln in's— beſondere nichts Zufälliges vorwaltet, und die beobachteten Haͤmor— rhagieen ſind beſonders lehrreich in Beziehung auf die Capillaror— ganifation der Tuberkeln. Den Sitz der Tuberkeln im Allgemeinen betreffend, ſo hat eine große Zahl Spriftſteller ganz mit Unrecht geglaubt, daß die Tuberkeln nichts Anderes ſeyen, als aufgetriebene, degenerirte, lym— phatiſche Druͤſen. Jetzt weiß man, daß die Tuberkeln keinen ausſchließlich eigenthuͤmlichen Sitz haben, und eben ſo wenig ein degenerirtes Organ find. Der Tuberkel iſt eine Production , in dieſer oder der Region entſtanden, mit den anatomiſchen Characte— ren anderer Organe. Sie koͤnnen ohne Unterſchied in allen Gegen— den erſcheinen; aber ſie bilden ſich am haͤufigſten in Gegenden aus, welche reichlich mit Zellgeweben und lymphatiſchen Druͤſen verſe— hen find. Daher der Umſtand, daß die Schriftſteller durch dieſe Vorliebe des Sitzes neben den Ganglien ſich irre leiten ließen und ganz verſchiedene Organe mit einander zuſammenwarfen. um den Irrthum noch völlig darzuthun, genügt zu wiſſen, daß oft die Zahl der Tuberkeln die natürliche Zahl der Gan— glien weit uͤbertrifft. — Aber es muß noch hinzugefuͤgt werden, 300 daß die pathologiſche Anatomie oft die Anweſenheit von Tuber— keln in dem Marke, im Hirne ꝛc. nachgewieſen hat, d. h, da, wo die normale Anatomie nie auch die geringſte Spur von Iymphatis ſcher Organiſation aufgefunden hat. Vorzuglich haben die Tuberkeln ihren Sitz vom Halſe bis an die Weichen; doch trifft man ſie auch anderwaͤrts; daun aber ſind Wo: lum und Zahl weniger betraͤchtlich. In dem erwaͤhnten, mit Zell— gewebe reichlich bedachten Raume aber bilden ſich die Tuberkeln in groͤßerer Zahl und erreichen ſtarke Entwickelung; und wenn Tauſende von Tuberkeln ſich auf das Gewebe der Lungen abſetzen, und ſie ganz und gar einnehmen, ſo geſchieht das, weil kein ande— res Organ ſo reich an Zellgewebe ift. Auch das mediastinum kann ſich vorzugsweiſe mit einer Gene— ration von Tuberkeln füllen, bis fie die Lungenſubſtanz ganz ver— draͤngt haben. In den andern Organen der Hoͤhlen ſind ſie in g ringerer Zahl vorhanden, weil keines von ihnen fo reich an Zelle gewebe iſt, als die Lunge. In der Leber kommen auch viele Tu— berkeln vor, aber doch nie fo viel, daß fie die hepatiſche Organs— ſubſtanz abſorbiren. Dieß Geſetz iſt ſo unveränderlich, daß man die Quantität des Zellgewebes, womit ein Organ l verſchen iſt, ſchaͤtzen koͤnnte, wenn man zum Vergleichungspuncte den Grad der Tuberculiſation neh— men wollte, deſſen es fähig iſt. Einzelner Sitz des Tuberkels. — Tuberkeln unter der Haut an der regio cervicalis. Die Tuberkeln unter der Haut in der Halsgegend ſind lange Zeit mit dem Namen „Halsdruͤſen“ (ecrouelles) bezeichnet worden, und fie waren faft die einzige Form, die man als ſcrophulds betrachtete. Noch jetzt nennt man aufgetriebenen Leib (carreau) und Lungenphthiſis die Entwickelung der Tuberkeln in dem mesenterio und in den Lungen, und dieſe Affectionen, welche ihrer Natur zufolge, zuſammengeſtellt werden ſollten, werden noch unter ganz eigentbümlichen Geſichtspuncten ſtudirt. Was mid) ans langt, ſo habe ich einen andern Weg eingeſchlogen, und die Ge— ſchichte dieſer Krankheit tritt für mich in die Familie der tuberculd— ſen Scrophel. Die Halstuberkeln ſind nichts, als ein Punct in dem Studium der Scrophelkrankheit, und obgleich wir fie hier im Einzelnen ftue diren, ſo ſind ſie doch nie allein vorhanden: es giebt ihrer zu gleicher Zeit anderwärts.: Bei kleinen Kindern find ſie noch einzeln ausgeſaͤet und man findet ſie mit der Fingerſpitze; ſie ſind getrennt. In der zweiten oder zu Anfange der dritten ſiebenjaͤhrigen Periode werden ſie groͤßer und bilden Geſchwuͤlſte, welche bei den meiſten Scro— phelkranken des Hoſpitals wahrzunehmen ſind Dieſe Geſchwuͤlſte zeigen ſich zuweilen nur an einer Seite des Halſes, wie das auch an den Lungen bemerkt wird; andere Male dagegen ſind beide Seiten ergriffen, und meiſt iſt es dann eine Seite mehr, als die andere und zeigt größere Geſchwuͤlſte. Am Halſe wie in den Lun— gen verbleiben die Tuberkeln verſchiedene Zeit lang im Zuſtande der Crudität; ſpaͤter nehmen fie eine andere Phyſiognomie an, welche ſeiner Zeit und gehoͤrigen Orts beſchrieben werden wird. Auf einen Umſtand muß ich beſonders aufmerkſam machen der iſt, daß die Tuberkeln ſich meiſt ausbilden, ohne nur den ge— ringſten Schmerz, das geringſte Leiden zu veranlaſſen, woraus folgt, daß, wenn dieß Wachsthum vor ſich geht, ohne daß man es als bevorſtehend erwartet, es ohne unſer Wiſſen erfolgen wuͤrde, indem nichts vorhanden iſt, was faͤhig waͤre, uns die Exiſtenz der— ſelben ahnen zu laſſen, wie man daſſelbe nur zu oft erfahre in Beziehung auf die Tuberculiſation in gewiſſen Organen oder Hoͤh— len, welche unſern Unterſuchungsmitteln voͤllig oder beinahe unzu— gaͤnglich ſind. Ein ebenfalls bemerkenswerther Umſtand iſt, daß unter den von Scropheln behafteten Perſonen einige ungeheure Halsgeſchwuͤlſte haben, und deſſen ohngeachtet die Maſtification, Deglutition, Reſpiration und die Stimme gar nicht veraͤndert ſind. Die Kranken leiden durchaus nicht anders, als durch das Gewicht der Geſchwuͤlſte, ohne daß dieſe mechaniſche Störungen in benachbarten Organen oder deren Functionen hervorbrächten. — Jedoch will ich einer Ausnahme hiervon erwaͤhnen, welche ich 1837 beobachtete. Ein kleiner Knabe hatte eine ferophulöfe Ge— ſchwulſt unter dem Kinne; man nahm in einem andern Hoſpitale die Erftirpation der kleinen Geſchwulſt vor, und bald ſtellte fich 801 auf die Operatlon eine tuberculdſe Reaction ein, welche hauptſöch⸗ lich die Gervicalgegenden beſiel, und hier war das Wucschum der Geſchwülſte fo betrachtlich, daß der Tod des Kindes durch Er— ſtickung erfolgte. Was ich über die tuberculoͤſen Geſchwuͤlſte des Halſes geſagt babe, paßt auch auf innere Tuberkeln; es iſt nicht ſelten, daß Er zeugung von Tuberkeln, von dem Halſe ausgehend, dem Laufe der Gefäße folgt, dieſe und die Nerven umſchtingt, ohne daß Zufalle erfolgen. Aut den Achſeln zeigen die Tuberkeln dieſelbe Dispoſition, jedoch mit dem Unterſchiede, daß, wenn die erſte dieſer Gegenden deren hat, die zweite unzweifelhaft auch davon ergriffen iſt. Eben fo iſt es mit den Inguinaltuberkeln, welche oft mit andern tuber— culöſen Geſchwülſten in den Peritonealgegenden zuſammentreffen, eben fo wie Halstuberkeln häufig mit Tuberkeln im mediastinum, Doch muß ich hier ſagen daß in einem Falle, wo in beiden Wei— chen nur eine kleine erbſengroße Geſchwulſt exiſtirte, man bei der Leihenöffnung die Peritonealgegenden ganz voll von Tuberkeln fand. Die zwei Inguinaltuberkeln hatten nicht Zeit gebabt, ſich zu entwickeln. — Es darf ubrigens nicht einen Augenblick vergeſſen werden, daß man in den Tuberkeln der Regionen ja nicht locale Krankheiten ſehen dürfe, und daß ſie vielmehr nur eine Offenba— rung, ein ſecundaͤres Phaͤnomen einer allgemeinen Dispoſition ſind. Von den Tuberkeln in den Zellgewebsgegenden der Einge— weide. Das mediastinum iſt haufig der Sitz von Tuberkeln oder Tuberkelanhaͤufung, vorzüglich aber das mediastinum posticum. Uebrigens find im letzteren die Tuberkeln voluminoͤſer, als im vors dern: aber in dem einen, wie in dem andern Falle trifft ihr Vor— handenſeyn gewohnlich mit dem Vorhandenſeyn von Tuberkeln in anderen Gegenden zuſammen, und meiſtens ſind Tuberkeln im mediastino nur die Fortſetzung der durch Halstuberkeln darge: ſtellten Kette. Auch im mediastinum können Tuberkeln von ſehr großem Volum vorhanden ſeyn, und die Bronchien umſchlingen, ohne die Reſpiration zu beſchweren. Aber Zuſammenhaͤufungen von Tuberkeln gehen auch Verwachſungen mit der Lunge ein und es eta— biirt ſich Communication mit Lungenzellen, die bei Vereiterung der Tuberkeln zu Eiterauswurf Veranlaſſung geben, ohne daß man das durch Äußere Zeichen erkennen könnte. Die Tuberkeln im mesenterio — Unterleibsſcrophel, aufs getriebener eib (le c rreau) zeigen ſich im kindlichen Alter, wie auch bei mannbaren jungen Leuten. Der Grund der Krankheit iſt immer derſelbe; doch iſt ſie bei Erwachſenen nicht von der Abmagerung beglei— tet, die man bei Kindern bemerkt. Die Bildung der Tuberkeln iſt im Alter der Mannbarkeit nicht ſo auf die Nutrition nachtheilig ein— wirkend, als bei Kindern. — Ich babe die Tuberkeln im mesen- terio gewohnlich ſo groß wie Erbſen und noch etwas groͤßer ge— funden. Sie find iſolirt und leicht von den Meſenteriumsdruſen zu unterſcheiden, übrigens aber, wie ſich von ſelbſt verſteht, von ber: ſelben Natur, wie am Halſe. Die Peritonealtuberkeln find aber auch im Stande, zu conglo— meriren: anfangs iſotirt, gehen bei'm Wachsthume ihre Oberflächen in einander uͤber und ſie bilden Geſchwuͤlſte, anfangs etwa ſieben oder ſechs, ſpaͤter fünf, vier, drei c. Sie können ſogar nur eine einzige ausmachen und dieſe den ganzen Umfang des Unterleibes ausfüllen. Im Jahre 1828 fand ſich bei einem ferophulöfen Kran— ken, Namens Fortin, eine ſolche Geſchwulſt, welche 13 Pfd. wog. Seit der Zeit habe ich noch ähnliche Faͤlle beobachtet und be— ſonders 1830 ein Kind, deſſen Bauch mit einer Geſchwulſt von mehreren Lappen erfüllt war, welche mit dem Gefühle der Finger unterſchieden werden konnte, und welche im linken hy pochondrio ſich zu bilden angefangen hatten. Der kleine Kranke wurde einer Behandlung mit Jod unterworfen; die Geſchwulſt oͤffnete ſich nach Außen durch den Nabel und es erfolgte Herſtellung. Aus Veran: laſſung dieſts Ausnahmsfalles will ich bemerken, daß eben ſo ſel— ten die Tuberkelmaterie ſich nach Außen in und durch den Darmcanal entleert, als man ſelten die Tuberkeln des media- stini ſich durch die kungen entleeren ſieht; vorzugsweiſe erfolgt die Entleerung durch die Bronchien. Nie habe ich Peritonealtuber⸗ en 802 keln ſich in den Magen, in das duodenum und jejunum öffnen fer hen. Nur etwa durch das coecum macht die Tuberkelſubſtanz ſich Luft. Von den Tuberkeln in Organen in'sbeſondere. Das Studium betrifft hier einen ſchwierigen Gegenſtand und iſt faſt ganz anatomiſch. Die Tuberkeln können ſich in allen parenchymatöſen Organen entwickeln und fie verzehren, ohne daß ein aͤußeres Zeichen itr Da: ſeyn verrathe. Dietz iſt der Fall mit dem Hirne, mit der Lunge, und faſt eben fo oft mit der Leber, Milz, pancreas ıc. Das Un: zureichende der Diagnoftit während des Lebens iſt hier beſonders auffällig, und nur die mikroſcopiſche Unterſuchung belehrt nach dem Tode über das Vorhandenſcyn einer Affection, welche den ſorgfal— tigſten Forſchungen des Pathologen entgangen war. Die häufigen und wiederholten Tauſchungen und Irrthümer, welchen die Practiker taglich in Beziehung auf ihre fcrophulöfen Patienten ausgeſetzt find, machen es hochſt nörbig und wunſchens⸗ werth, daß die Diagnoſtik hier eine ganz andere Richtung verſu— chen moͤge. Wir wiſſen alle, daß Percuffion und Aufcultation in der Diagnoſtik der Lungentuberkeln keinen Nutzen gewährt. Eine wie die andere ſind ungenügend, um den erſten Anfang der Krank⸗ heit zu entdecken, werden fie überfluſſig, wenn fie im Stande find, uns die Anweſenbeit der Tuberkeln nachzuweiſen; denn alsdann ſind dieſe durch andere Mittel zu erkennen und zu weit gediehen, als daß man boffen könne, fie noch in ihrem Fortſchritte aufzu⸗ halten: wenigſtens in der Mehrzahl von Fallen. Ich möchte fogar weitergehen und ſagen, daß das unbegränzte Zutrauen, welches Per: cuſſion und Auſcultation einer großen Zahl Practiker unferer Zeit einflößt, dieſelben in eine um fo traurigere Sicherheit hinſichtlich der tuberculöſen verſenkt, daß man die Krankheit fortſchreiten laßt, ohne ihr etwas entaegenzuftellen, bis fie ſich durch phyſiſche Zei: chen zu erkennen giebt, eine Epoche, wo, ich wiederbole es, die Bedingungen zur Behandlung immer mehr unguͤnſtig werden. Aber, wird man fragen, welches Mittel bat man, welches man den jetzt gebräuchlichen ſubſtituiren und anſtatt Percuſſion und Auſcultation anwenden könnte? — Was ich an deren Stelle ſetze, iſt die Induction! Wenn Sie percutiren und aufcultiren. was werden Sie erhalten? Negative Refultate, werden Sie anı: worten. Dagegen bleibe ich dabei, daß der Kranke Tuberkeln bat, denn fein Vater, ſeine Mutter, feine Brüder find an Tuberkeln geſtorben; denn er ſelbſt leidet an der Bruſt ꝛc. Glauben Sie mir, folgen Sie dieſem Wege, er leitet Sie weniger ine! — Man muß dieſe Krankheit von einem hoͤheren Geſichtspuncte aus ſtudiren! Von Tuberkeln im Gehirne — ſind mir nur vier Fälle vorgekommen, und nur in zweien, wo die Tuberkeln crbfenförmig, habe ich hinſichtlich ihres Vorbandenſeyns die letzten Wochen vor dem Tode aus einigen Zeichen Vermuthungen folgern können. In den zwei andern Fällen waren die Storungen ſehr bedeutend, und demohngeachtet hatten fie ſich durch kein äußeres Zeichen zu er⸗ kennen gegeben. In dem einen Falle war die linke Hemifphäre ganz zerſtoͤrt und in einen mit Tuberkelſtoff gefüllten großen Sack verwandelt. Im Jahre 1820 ſtarb, in dem Saale St. Martba, eine Frau an Perforationen des Magens, welche ich erkannt und deren Daſeyn ich vorausgeſaat batte. Bei der Leichenöffnung fan⸗ den wir einen, wie ein Taubenei großen, der Lange nach in den vor: dern Hirntappen eingebülten Tuberkel, über deſſen Vorbanden⸗ ſeyn während des Lebens auch nicht die geringſte Ahnung aufgeſtie⸗ gen war. Obngcachtet der Belehrung, die ich durch See 5 vier Fälle von Tuberkeln im Hirne erlangt batte, daß dieſe Affec: tion ſich äußerlich durch kein Zeichen erkennen läßt, fo iſt es mir doch ein Mal begegnet, daß ich dieſen pathologiſchen Zuſtand dia⸗ anofticirt hatte und durch die Leichenoffnung widerlegt wurde; und wohl zu merken, der Kranke zeigte, als Außeree Zechen der Scro⸗ pheln, Tuberkeln am Halſe und in den Weichen. Mit einem Wor⸗ te, die Diagnoſtik der Hirntuberkeln iſt von dem größten Dunkel umgeben. 303 Tuberkeln im kleinen Gehirne. — Hier ift die Diagnoſtik noch dunkler, Drei Mal habe ich nußgroße Hirntuderkeln im klei⸗ nen Hirne angetroffen. Die Kranken ſind zahlreichen Zerſtoͤrungen durch Tberkeen unterlegen; aber die des kleinen Hirns ſind während des Lebens niemals vermuthet worden. Einmal habe ich ſie bei einem jungen Madchen von ſiebenzehn Jahren diagnoſticirt, welche in dieſem Alter einen völligen Mangel an Mannbarkeit, und ein embonpoint, wie bei Caſtraten, wahrnehmen ließ und den Kopf ganz nach Hinten uͤbergebogen trug. Tuberkeln des Ruͤckenmarkes. — Ein Mal iſt mir ein Tuberkel in der protuberantia annularis, zwei Mal im Ruͤcken⸗ marke, welches zuſammengedruckt war, vorgekommen, und keine die— ſer Verletzungen hat ſich waͤhrend des Lebens durch Zeichen zu er— kennen gegeben, durch welche man auf ſie hatte ſchließen koͤnnen. Tuberkeln der Lunge — ſind ſo haͤufig, daß ich annehme, fie find bei allen ferophu:öfen Kranken vorhanden. Es iſt bekannt, daß alle oder faſt alle Subjecte, welche Lungentuberkeln haben, auch noch Halstuberkeln haben. Die größte Anzahl hat in der Kindheit dieſes aͤußere Zeichen der Scrophelkrankheit wahrnehmen laſſen; andere zeigen fie noch als Erwachſene. Ich glaube, daß Lungentuberkeln haufig im jugendlichen Alter vorhanden ſind; allein ich muß zugeben, daß fie hauptſaͤchlich in den Jahren der Mann— barkeit ſich in den Lungen zeigen. Die Puvertät ſcheint nämlich einen ſpeciell nachtheiligen Einfluß zu haben, der ihre Entwickelung beguͤnſtigt. Folgende Thatſache ſcheint dieſe Anſicht zu unterſtuͤz— zen. Ich habe in No. 45 unſeres Saales einen ſcrophuloͤſen jun— gen Mann von 22 Jahren ſterben ſehen, welcher keinen Character der Nubilität wahrnehmen ließ. Bei der Leichenoͤffnung fanden ſich keine Tuberkeln in den Lungen. Zuweilen geht jedoch die Mannbarkeit vorüber, ohne daß ſcro— phulöfe Subjecte Zeichen der Lungentuberculiſation wahrnehmen laſſen; ja in einigen Faͤllen ſcheint dieſer ſchon vorhandene Zuſtand ſich zu verlieren, und verſchwindet auch ſcheinbar fuͤr eine gewiſſe Zeit; aber nur, um ſich ſpaͤter mil 40, 50 oder 60 Jahren von Neuem zu zeigen. Uebrigens erfolgt die Entwickelung der Tuberkeln in den Lungen, wie am Halſe. Aafangs bildet ſich eine Generation von Tuberkeln, denen bald andere folgen, welche ſich mit den erſten vereinigen und To tuberculdſe Geſchwuͤlſte veranlaſſen; es find dieß Geſchwuͤl— ſte, deren Schmelzung zunaͤchſt vomica und dann Höhlen zuwege bringt. Gewiſſe angebliche Heilungen von Lungentuberkeln ſind nichts Anderes, als dieſe Stillſtaͤnde, welche von Zeit zu Zeit in der Entwickelung der Tuberkeln eintreten, oder die Vernarbung der Hoͤhlen, wenn letztere ganz entleert ſind; die phthisis iſt darum nicht geheilt und nur verzoͤgert, bis eine neue Generation von Tu— berkeln entſtanden iſt. Zuweilen bleiben die Tuberkeln auch vereinzelt, und dann ſind die Heerde mehrfach. Hr. Lugol ſtellt hier eine Analogie auf zwiſchen den Abſceſſen durch Congeſtion und der Expectoration der phthiſiſchen Kranken; indem er dann zu der Unterſuchung der Blaͤſſe und Abmagerung übergeht, welche die Phthiſis begleiten, meint er, daß dieſe Erſcheinungen von den Schriftſtellern nicht eben gut erklaͤrt waͤren. Was die Ueberziehung der Lungen durch Tuberkeln anlangt, fo geht dieſe oft übermäßig weit, und dann ſind ſelbſt die unergriffen gebliebenen Theile mechaniſch alterirt durch den Druck, welchen auf fie die Tuberkeln ausüben; ein Druck, wel: 304 cher ihre Verbaͤrtung veranlaßt und fie für die Reſpiration uns brauchbar macht, indem die Luft nicht mehr in die Lungenzellen gelangt, Die Zerſtoͤrung iſt oft fo groß, daß man oft nicht begrei— fen kann, wie die Kranken nur noch haben athmen koͤnnen. Man findet oft in den Lungen Tuberkeln vertheilt, während das Organ übrigens völlig geſund iſt, fo geſund, wie das Zelle gewebe des mediastini, wenn daſelbſt Tuberkeln ſind. Vielleicht iſt das Organ ſelbſt in der phthisis nie krank, ſondern nur abſor— birt. Inzwiſchen kann zuweilen die Lunge afficirt ſeyn, wenn mit den Lungentuberkeln noch Tuberkeln des Zellgewebes exiſtiren; aber gewöhnlich ſind ſie geſund und nur einer paſſiven Abſorption un— terworfen, wie die des Zellgewebes des mesenterii, wenn letzteres der Sitz von Tuberkeln iſt. Ich rede hier von den Lungentuberkeln nur als von einer Krankheit, die zu den Scropheln gehoͤrt; den Gegenſtand weiter ausführen darf ich hier nicht. (Schluß folgt.) Miscellen. Der Dracunculus oder Guineaworm, iſt zu Kirkee, Poonah und mehreren großen und ſonſt gefunden Militärftationen des weſtlichen Indiens haͤufig; doch aber nicht ſo, daß dieſe Orte dem jetzt faſt verlaſſenen Matunga gleichkamen, einer ſonſt ſchoͤnen Artillerieſtation. Die Eingebornen Indiens ſind, wie bekannt, im Ausziehen des Guineawurmes ſehr geſchickt; aber die Operation iſt langdauernd und ſchmerzhaft und verſetzt den Kranken in einen Zuftand von Schwache, den man bei der erſten Erſcheinung des Uebels nicht fuͤr moͤglich gehalten haben würde. Eine geringfuͤgige Hautreizung iſt das erſte Symptom des „Dracunculus“. Dieſe vollſtaͤndige, locale Reizung zeigt die Lage des Wurms an, über deſſen Kopf dann ein Einſtich gemacht wird, aus welchem man Por— tionen des Wurmes vorſichtig hervorzieht und um ein Baͤuſchchen Baumwolle wickelt, welches man mit Heftpflaſterſtreifen an der Oeffnung der Wunde befeſtigt. Der Wurm iſt haͤufig zwei Fuß lang, und Portionen deſſelben werden täglich herausgezogen, bis das Ganze erlangt iſt. Die Patienten muͤſſen oft ſechs Monate lang das Bett huͤten und leiden meiſt waͤhrend der Zeit furchtbare Schmerzen. Die Wirkung dieſes langen Leidens iſt eine große Schwaͤchung der Conſtitution, und eine Reiſe nach Europa iſt oft das einzige Mittel, wodurch der Kranke hergeſtellt werden kann.“ (Mrs. Poſt ans). Von zufälliger Heilung einer vollkommenen An⸗ chyloſe erzählt Herr Cazenave bereits im Jahre 1835. Die⸗ fer Fall erhaͤlt neues Intereſſe durch die im letzten Jahre von Hrn. Louvrier ausgefuͤhrten Operationen der Anchyloſe, von denen bereits mehrfach in den „Neuen Notizen“ die Rede war. Der Fall betrifft einen funfzigjaͤhrigen Mann, der in Folge einer, An— fangs unrichtig behandelten, Kniewunde eine Anchyloſe des Kniege- lenks in geſtreckter Lage bekommen hatte. Nach zwei Jahren fuhr er auf einem Karren ſtehend und wurde, durch Anfahren des einen Rades gegen einen Eckſtein, heruntergeſchleudert; er ſiel auf das anchyloſirte Knie, that ſich aber dabei keinen Schaden, ſondern ere hob ſich vom Boden vollkommen von feiner Snfirmität befreit. (Gaz. méd., Nr. 10.) Ornithologie du Gard et des pays circonvoisins. Par J. Cres- 8. pon. Nimes 1840. Manuel r pour la classification des Lepidopteres de France. Par l’Abbe Lalanne. Zme édition revue et aug- mentee par M. J. Rohmer. Paris et Lyon 1840. 8. Mit 3 K. Memoire sur la contention des hernies. mas. Paris 1840. 8. 5 An Essay on the Treatment and Cure of Pulmonary consumption, on Principles natural, rational and successful; with suggestions for an improved plan of Treatment of the Disease among the lower classes of society etc, By George Bodington etc. London 1840, 8. Par le Docteur Bel- — — —— ͤ ͤ ä⁴ü“5ſ— ͤ — Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetdellt von dem Ober- Medicinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Wediemalratbe und Treffer Freren Behn. No. 306. Gedruckt im Landes -Induſtrie- Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 agl. (Nr. 20. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Juni 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. eee e Embryologiſche Forſchungen. Dritte Reihe: Ein Beitrag zu der Phyſiologie der Zellen. Von Martin Barry, DM. ꝛc. In der zweiten Reihe feiner Unterſuchungen *) hatte der Verf. gewiſſe, nach der Befruchtung ſich am Eie zutra— gende Veraͤnderungen beſchrieben. Der Zweck ſeiner gegen— waͤrtigen Mittheilung, welche am 7. Mai 1840 der Koͤnigl. Geſellſchaft zu Edinburgh gemacht ward, iſt, die fernere Entwickelung des Eies, wie fie durch ſtaͤrkere Vergroͤßerungs— glaͤſer ermittelt ward, zu beſchreiben und eine auf dieſe Weiſe entdeckte merkwuͤrdige Erſcheinung zu veröffentlichen. Um genauere Reſultate zu erlangen, ſetzte er ſeine Forſchun— gen an demſelben Thiere, wie fruͤher, naͤmlich dem Kanin— chen, fort, und zwar in der Erwartung, daß, wenn ihm fein Vorhaben gelaͤnge, die Ermittelung dieſer Veraͤnderungen bei andern Saͤugethieren verhaͤltnißmaͤßig leicht ſeyn werde. Indem er die in ſeiner letzten Abhandlung beſchriebene Me— thode zur Erlangung von Eiern aus der Fallopiſchen Roͤhre beibehielt, gelang es ihm abermals, 137 Stuͤck dieſer zarten Koͤrper zu erhalten und zu unterſuchen, und ſo fehlte es ihm nicht an Objecten, mittelſt deren er die Hauptumſtaͤnde vollkommen erhaͤrten konnte. Er hat nun im Ganzen 230 Eier aus der Fallopiſchen Roͤhre gewonnen. Da es ihm aber einleuchtete, daß wiederholte Beobachtungen allein nur dann bei Forſchungen dieſer Art zu etwas Buͤndigem fuͤh— ren, wenn ſie bis auf die allerfruͤheſten Entwickelungsſtufen ausgedehnt werden, ſo wandte er ſeine Aufmerkſamkeit aber— mals dem noch im Eierſtocke befindlichen Eie zu, um deſſen Beſchaffenheit unmittelbar nach der Befruchtung ſelbſt, ſo wie vor und einige Zeit nach dieſem Acte zu erkennen. Die ziemlich allgemeine Annahme daß das Purkin— je' ſche oder Keimblaͤschen der weſentlichſte Beſtandtheil des *) ar Neue Notizen No. 228 (No. 8 d. XI. Bds.) S. 116 und ff. No. 1406. rn Eies ſey, hat ſich bei dieſen Unterſuchungen als richtig erwieſen, jedoch in einer Art, welche durch die zahlreichen Forſchungen ſeiner Vorgaͤnger nicht in's Klare gebracht worden war. Das Keimblaͤschen füllt ſich mit Zellen, und dieſe werden ihres— theils mit den Rudimenten anderer Zellen angefuͤllt, ſo daß auf dieſe Weiſe das Blaͤschen beinahe undurchſichtig wird. Dieſe Veraͤnderung tritt auf folgende Art und Weiſe ein, welche, inſofern fie ſich beſtaͤtigt, die in neueſter Zeit ruͤck— ſichtlich des Urſprungs, der Beſchaffenheit, Eigenſchaften und Beſtimmung des Kerns (nucleus) von den Phyſiologen ge— faßten Anſichten modificiren muß. Bekanntlich bietet der Keimfleck in manchen Faͤllen in ſeiner Mitte einen dun— keln Punct dar. Der Verfaſſer findet, daß ein ſolcher Punct in einem gewiſſen Stadium der Entwickelung des Eies, ohne Ausnahme, vorhanden iſt, daß er ſich ver— groͤßert und dann eine, mit einer außerordentlich durch— ſichtigen Fluͤſſigkeit gefüllte Hoͤhlung darbietet. Die aͤu— ßere Portion des Fleckens loͤſ't ſich in Zellen auf, und in deſſen Innern werden die Rudimente anderer Zellen ſicht— bar, welche ſchichtenweiſe um die Mittelhoͤhle her geordnet ſind, waͤhrend die aͤußern Lagen durch die fortwaͤhrende Ent— wickelung neuer Zellen im Innern vorwaͤrts getrieben wer— den. Die Letztern zeigen ſich anfangs als dunkle Kuͤgel— chen in der durchſichtigen Fluͤſſigkeit der Mittelhoͤhle. An jedem andern im Laufe dieſer Forſchungen entdeckten Kerne ſchienen ſich weſentlich dieſelben Veraͤnderungen zuzutragen. Das Anſehen der Mittelportion des Kerns veraͤndert ſich, wegen des eben angegebenen Proceſſes, unaufhoͤrlich, und nach des Verfaſſers Anſicht erklärt ſich auf dieſe Weiſe die Be⸗ ſchaffenheit des Schleiden ' ſchen Kernchens (nueleolus). Das vergroͤßerte und abgeplattete Keimblaͤschen fuͤllt ſich mit den durch die Umbildungen an dieſer Stelle entſtehen— den Gegenſtaͤnden, und das Innere jedes dieſer jene Stelle ausfuͤllenden Gegenſtaͤnde, in welches der Blick eindringen kann, bietet eine Wiederholung des oben beſchriebenen Pro— ceſſes dar. Die Mittelportion der veraͤnderten Stelle bleibt, mit ihrer durchſichtigen Höhle, an dem Theile des Keimblaͤs— 20 307 chens, welcher der Oberflache des Eies und der Oberfläche des Eierſtockes zugewandt iſt. Am entſprechenden Theile ſcheint die dicke, durchſcheinende Membran des Eies ſich in manchen Fällen zu verduͤnnen, in andern zu platzen. Spa: ter begiebt ſich die Mittelportion der veraͤnderten Stelle in die Mitte des Keimblaͤschens, und dieſes geht, waͤhrend es ſeine Kugelgeſtalt wiedererhaͤlt, nach der Mitte des Eies zu— ruͤck, waͤhrend der Spalt in der dicken, durchſcheinenden Membran unſichtbar wird. Aus dieſen aufeinanderfolgenden Veraͤnderungen laͤßt ſich ſchließen, daß die Befruchtung ſtatt— gefunden habe, und zwar vermoͤge des Eindringens irgend eines Stoffs aus dem Eierſtocke in das Innere des Keim— blaͤschens. Es läßt ſich ebenfalls ſchließen, daß die Mittels portion des veraͤnderten Keimfleckens der Punct der Befruch— tung ſey. Daß dieß wirklich der Fall iſt, wird dadurch um ſo deutlicher, daß an dieſer Stelle zwei Zellen entſtehen, welche das Rudiment des in's Leben tretenden Weſens zu ſeyn ſcheinen. Dieſe beiden Zellen vergroͤßern ſich und ſau— gen die Fluͤſſigkeit aus den fie umgebenden Zellen auf, wel: che erſt durch die beiden Mittelzellen nach Außen gedraͤngt werden, dann aber zerfließen und verſchwinden. So dienen die Beſtandtheile des Keimblaͤschens zur Bildung der beiden Zellen, worauf die Membran des Keimblaͤschens zerfließt und nicht mehr zu fehen iſt. Jede der Zwillingszellen bietet einen Kern dar, welcher, nachdem er zuerſt in den Mittelpunct ſeiner Zelle uͤberge— gangen iſt, ſich auf die obenbeſchriebene Weiſe in Zellen aufloͤſ't. Auf dieſe Weiſe füllen ſich die Zwillingszellen ih: rerſeits mit andern Zellen. Nur zwei der letztern beſtehen in jeder Zwillingszelle fort; die uͤbrigen zerfließen, gleich der Membran jeder Mutterzelle, und ſo ſind alſo noch vier Zel— len vorhanden. Dieſe vier erzeugen acht und ſo weiter, bis der Keim aus einem maulbeerähnlichen Körper beſteht, deſ— ſen Zellen ſo zahlreich ſind, daß ſich deren Menge nicht er— mitteln läßt. Die Fortpflanzungsweiſe dieſer Zellen bleibt übrigens nicht nur in Betreff der Vervielfältigung dieſelbe; der von dem Keimblaͤschen auf die Zwillingszellen vererbte Proceß tritt auch bei den durch die letztern erzeugten Zellen wieder auf. Man findet jede Zelle, ſo winzig ſie auch ſeyn mag, wenn man in deſſen Inneres hineinſehen kann, mit den Rudimenten neuer Zellen gefuͤllt, in welche ſich ihr Kern aufgelöft hat. Waͤhrend ſich jede Zelle verdoppelt, vermin— dert ſich die Groͤße der neugebildeten; anfangs ſind die Zellen elliptiſch, ſpaͤter werden fie Eugelfürmig. J Die oben dargelegte Vermehrungsart, naͤmlich die Ent— ſtehung von Zellen in Zellen, ſcheint keineswegs auf den in Rede ſtehenden Zeitraum beſchraͤnkt. So findet man ſehr haͤufig im Eiergange verſchiedene Arten von Epitheliumzel— len, namentlich auch ſolche, welche gewimpert ſind, mit an— dern Zellen gefüllt, und fpäter beſteht der ganze Embryo aus Zellen, welche mit den Rudimenten anderer Zellen an— gefüllt find. In der zweiten Reihe diefer Forſchungen wurde bereits nachgewieſen, daß der oben erwaͤhnte maulbeerartige Gegen— ſtand eine Zelle beſitzt, welche größer, als die übrigen, und von Geſtalt elliptiſch iſt, dabei in der Mitte eine dickwandi— 308 ge, hohle Kugel enthaͤlt, welche der Kern dieſer Zelle iſt. Ferner ward gezeigt, daß dieſer Kern das Rudiment des Embryo iſt. Aus dem eben Bemerkten geht hervor, daß derſel— be Proceß, vermoͤge deſſen ſich ein Kern in dem einen Falle in einen Embryo verwandelt, auch in einem andern Falle thaͤtig iſt, wo nichts zur Entſtehung kommt, als eine winzige, bald vergehende Zelle. Die Verſchiedenheit in Geſtalt und Groͤ— ße abgerechnet, kann die Beſchreibung des einen Products auch fuͤr das andere als richtig gelten. In der zweiten Reihe ſeiner Unterſuchungen that der Verfaſſer dar, daß bei der Entſtehung des Embryo aus einem Kerne eine Lage Zel— len nach der andern im Innern ſichtbar wird, waͤhrend die fruͤher gebildeten Schichten nach Außen gedraͤngt werden, wobei jede Lage ſo ſcharf begraͤnzt iſt, daß ſie ſich an ihrer Oberflaͤche faſt membranenartig darſtellt. Daſſelbe haͤutige Anſehen zeigt ſich an der Oberflaͤche der verſchiedenen Schich— ten von Kernen unter vielen Umſtaͤnden. Spaͤter, bei der Entwickelung des Embryo, iſt ein durchſcheinender Mittel— punct die Stelle, um welche her beſtaͤndig neue Lagen von Zellen ſichtbar werden, und dieſer Mittelpunct entſpricht demjenigen, aus welchem ſich in jedem Kerne die in der vor— liegenden Abhandlung beſchriebenen Erſcheinungen entwickeln. Es zeigte ſich, daß bei jedem Embryo dieſer geheimnißvolle Mittelpunct ſo lange vorhanden iſt, bis jener die Geſtalt der den sinus rhomboidalis, in der Mittelportion des Nervenſyſtems, enthaltenden Hoͤhlung angenommen hat. Der obenbeſchriebene, die Entſtehung des neuen Ge— ſchoͤpfes im Eie der Saͤugethiere bewirkende Proceß iſt un— ſtreitig der allgemein guͤltige. Des Verfaſſers Anſicht nach, liegen Umſtaͤnde vor, die dafuͤr ſprechen, daß er bei den Eiern der Batrachier, mancher Knochenfiſche und Mollusken ſtattfinde, obgleich man die Erſcheinungen in dieſen Fällen ganz anders ausgelegt hat. Bisher betrachtete man gewoͤhn— lich den runden, weißen Fleck oder das Naͤrbchen auf dem Dotter des gelegten Vogeleies als den discus vitellinus des unbefruchteten Eies im Eierſtocke, nur in einem verans derten Zuſtande. Der Verf. theilt dieſe Anſicht keineswegs, ſondern iſt vielmehr der Meinung, die ſaͤmmtliche Subſtanz des Naͤrbchens des gelegten Eies entſtehe, wie bei'm Eie der Saͤugethiere, innerhalb des Keimblaͤschens. Zwiſchen dem Grade der Entwickelung der Eier und ihrer Groͤße, ihrem Alter und dem Orte, wo ſie ſich befinden, beſteht kein feſtes Verhältniß. Was die Größe anbetrifft, ſo haͤngen die Verſchiedenheiten hauptſaͤchlich davon ab, ob das neuentſtehende chorion mehr oder weniger Fluͤſſigkeit aufſaugt. In der Fallopiſchen Roͤhre findet man haͤufig Bläschen, welche mit einer durchſcheinenden Fluͤſſigkeit gefüllt ſind und mit der dicken, durchſichtigen Membran des noch im Eierſtocke befindlichen Eies ſehr große Aehnlichkeit haben. Dieſe Bläschen find wahrſcheinlich unbefruchtete Eier, welche ſchon theilweiſe reſorbirt ſind. Der ſogenannte Dotter des mehr oder weniger reifen Eierſtockeies beſteht aus Kernen im Uebergangszuſtande, welche die oben beſchriebene zuſammen— geſetzte Structur darbieten. Die ganze Maſſe derſelben um— huͤllt ſich mit einer eigenthuͤmlichen Membran und wird auf dieſe Weiſe von ihren Umgebungen iſolirt. Sie verſchwin— 309 den fpäter fammt ihrer Membran, indem ſie zerfließen, und es folgt dann auf ſie eine neue Parthie Kerne, welche im Innern entſtehen, ſich ebenfalls mit einer Membran überziehen, und dieß wiederholt ſich oͤfters. So erklaͤrt es ſich, warum manche Beobachter an dieſer Stelle nie eine Membran ent— deckt haben. Nach der Befruchtung des Eies findet man, daß die Zellen der tunica granulosa, d. h. ein Theil des fogenannten discus, keulenfoͤrmig, ſehr verlängert, und in manchen Faͤllen mit Zellen gefuͤllt worden ſind und nur mit ihren ſpitzen Enden mit der dicken, durchſichtigen Membran zuſammenhaͤngen. Daß die vom Verfaſſer in der zweiten Reihe ſeiner Unterſuchungen als von der dicken, durchſichtigen Membran in der Fallopiſchen Roͤhre entſpringend und Fluͤſſigkeit auf— ſaugend beſchriebene duͤnne Membran wirklich das eben ent— ſtehende chorion iſt, ward hierauf dargethan, indem deren Entwickelung von Stufe zu Stufe bis zu der Periode ver— folgt ward, wo ſich auf derſelben Zotten bilden. Indeß blieben zwei Fragen unerledigt, naͤmlich, ob das chorion aus Zellen beſteht und ob, wenn dieß der Fall iſt, dieſe Zellen die der ſogenannten Scheibe (discus) ſind, welche das Ei mit aus dem Eierſtocke bringt. Die Zellen, aus welchen das chorion entſteht, behaͤlt ſich der Verf. vor, in einer ſpaͤtern Abhandlung zu beſchreiben. Die jetzt geltende Anſicht, als ob der Kern, ſobald er die Membran ſeiner Zelle verlaſſen, bloß durch einfaches Zer— fließen verſchwinde, kann in Bezug auf keinen der im Laufe dieſer Forſchungen beobachteten Kerne Anwendung finden. Der Kern loͤſ't ſich in der oben beſchriebenen Weiſe in die Rudimente von neuentſtehenden Zellen auf. Bei Verfol— gung dieſes Proceſſes bemerkt man, daß der Kern, und be— ſonders deſſen durchſcheinende Mittelhoͤhle, der Sitz von Veraͤnderungen iſt, welche man nach der neuerdings aufge— ſtellten Theorie daß der verſchwindende Kern den Kreis ſei— ner Functionen durchlaufen habe, nachdem er an ſeiner Oberflaͤche die Membran einer einzigen Zelle erzeugt, nicht zu finden, erwarten duͤrfte. Den Punct der Befruchtung bildet der geheimnißvolle Mittelpunct eines Kerns, und dort entſtehen zwei Zellen, welche das erſte Rudiment des begin— nenden Weſens bilden. Das Keimblaͤschen iſt, wie bereits geſagt, die Mutterzelle, und nachdem dieſe zwei Zellen her— vorgebracht hat, verſchwindet dieſelbe und aus jeder daraus entſtandenen Zelle bilden ſich abermals zwei, u. ſ. w. Die Fortpflan ung geſchieht aber in dieſer Periode nicht nur da— durch, daß Zellen aus Zellen entſtehen, ſondern es bilden ſich auch Zellen in dem durchſichtigen mittleren Theile des urſpruͤnglichen Kerns der Zellen. Der Verf. weiſ't nach, daß weder das Keimblaͤschen, noch der durchſichtige Gegenſtand in der Epitheliumzelle ein Kytoblaſtos (Hautkeim, hohler Keim) iſt. Er ſtellt die Vermuthung auf, daß die Zellen, in die ſich, ſeinen Beob— achtungen zufolge, der Kern aufloͤſ't, zur Bildung ſecundaͤ— ter Ablagerungen, z. B., fpiralförmiger Faſern, dienen, fo wie zum Verdicken der Zellmembran, beitragen dürften, das man in manchen Fällen beobachtet, 310 Der Keim gewiſſer Pflanzen durchlaͤuft Zuſtaͤnde, wel— che den am Keime der Saͤugethiere zu beobachtenden ſo aͤhnlich ſind, daß man ſich ſchwerlich von der Anſicht tren— nen kann, beiden liege dieſelbe Urform zu Grunde, und in beiden Faͤllen finde ſelbſt in den Einzelnheiten ganz derſelbe Entwickelungsproceß ſtatt, naͤmlich der oben beſchriebene. Die fragliche Grundform iſt bei den Saͤugethieren, folglich wahrſcheinlich auch bei'm Menſchen, wohl dieſelbe, wie bei der einfachſten Pflanze, naͤmlich die einfache iſolirte Zelle. (The London and Edinburgh Philos. Magazine, June 1840.) Ueber zwei eigenthuͤmliche, Cryſtalle enthaltende Blaͤschen oder Kapſeln an den Schlundringknoten mehrerer Gaſteropoden und Pteropoden. Der geneigte Leſer des Archivs f. Anatom, und Phyſiol. von J. Müller wird ſich erinnern, daß ich in einer dafelbft (Jahrg. 1839 S. 335) erſchienenen Abhandlung uͤber das Auge der Heteropoden An— laß nahm, zweier runder, einen kugligen, transparenten Kern ein⸗ ſchließender Saͤckchen zu erwähnen, die vermittelſt ſichtlicher Nerven mit dem vordern Schlundringknoten dieſer Thiere zuſammenhängen, und mich über deren Nutzen muthmaßend zu äußern, daß ihnen vielleicht die Bedeutung der Gehoͤrwerkzeuge zukommen möchte. Spater erſt ward ich durch Valentin 's Repertor. f. Anatomie und Phyſiol. (Bd. IV. S. 109) aufmerkſam gemacht, daß das Verdienſt der erſten Entdeckung dieſer Organe den Herren Ey— dour und Souleyet angehört, deren Beobachtungen in kurzem Auszuge, durch die Franzoͤſiſche Zeitſchrift Institut (1838. No. 255 p. 376), bereits ein Jahr früher mitgetheilt waren. Es über: raſchte mich nicht wenig, als ich aus dem Berichte erſah, daß analoge, und wie ich nicht zweifeln moͤchte, wohl die naͤmlichen Organe, die der Gegenſtand gegenwaͤrtiger Notiz ſind, auch bei den Pteropeden nachgewieſen ſeyen: eine Molluskenordnung, bei welcher ich fie zuerſt kennen lernte, und die mich beſtimmt hatte, meine Nachforſchungen auch auf mehrere Gafteropoden, namentlich die Gattungen Doris, Thetys, Tritonia, Eolidia, Pleurobran- chaea, Helix, Limax und Arion auszudehnen. In den vier ebengenannten Gattungen der Gymnobranchien liegen auf der obern Flaͤche des Schlundringknotens, dicht hinter den Augen, zwei helle, haͤutige, ſphaͤriſche Blaͤschen, deren Inhalt durch die den Knoten umhuͤllende Scheide, in Form zweier runder, kreideweißer Flecke, hindurchſchimmert, und mit bloßem Auge ſchon zu erkennen iſt. Dieſe Blaͤschen ſind, gleich den Augen dieſer See— ſchnecken, aͤußerſt klein, bei Doris, Tritonia und Kolidia mit letz⸗ tern, dem Anſcheine nach, von gleichem Umfange, bei Thetys das gegen, welche aͤußerſt winzige Augen hat, relativ größer. — Der mikroſcopiſch unterſuchte Inhalt beſteht aus einer Menge von ova— len, zuweilen an den Enden zugeſpitzten, und in dieſer Form den Otolithen mehrerer Plagioſtomen (Mustetus, Torpedo) äbnelnden Koͤrnern. Dieſe bilden die Mehrzahl. Andere von geringerer Größe und in minder betraͤchtlicher Anzahl, find mehr oder weni— ger deutlich cryſtalliniſch Außerdem aber giebt es noch zuweilen eine Ueberzahl von ungemein kleinen cryſtalliniſchen Koͤrnchen, die, mit ihren Façetten aneinandergefügt, die Flaͤchen der zweiten, fels tener der erſten Art dicht bedecken, oder auß einzeln daraus zer⸗ ſtreut vorkommen. Alle dieſe Körper find zu einer rundlichen, mit⸗ ten innerhalb des Blaͤschens oder der Kapſel ſchwebenden Maife zuſammengehaͤuft, die durch einen ſichtlichen Zwiſchenraum von der Wandung deſſelben abſteht. In Säuren löfen fie ſich unter Auf: brauſen auf, und geben demnach auch von Seiten ihrer chemiſchen Beſtandtheile ihre Verwandtſchaft mit den Otolithen zu erkennen. Schwierig iſt es, den nähern Zuſammenhang dieſer Kapfeln mit der Markſubſtanz des Knotens auszumitteln. Ganz aͤhnliche Organe beſitzt auch Pleurobranchaea und un: ter den Pulmonaten die Gattungen Helix, Limax und Arion, 20% 811 Bei Pleurobranch, hat bekanntlich der Schlundring drei Knoten, einen obern mittlern und zwei untere ſeitliche. Man würde aber die Capſeln vergebens auf dem obern Knoten ſuchen. Jede derſel— ben liegt namlich zur Seite des reſpectiven untern Knotens und zwar dicht neben ſeinem äußeren Rande, innerhalb ſeiner Scheide und ganz getrennt von ihm. Ein ſehr feiner Nerv, der aus einem der vorderſten, in die Sohle ſich einſenkenden Nervenſtamme ent⸗ ſpringt, die jeder untere Knoten ausſtrahlt, verläuft ruͤckwaͤrts zur Capſel, an welche er ſich zuletzt anheftet. Bei Helix (pomat. ar- bustor. hortens), Limax (maxim.) und Arion, wo nur eine einfache untere Schlundringanſchwellung, ruhen die Capſeln mitten auf den aͤußern Seitenflachen derſelben, dicht neben den Urfprüngen der ſeitlichen Nervenftämme. Auch hier kann ich nichts Sicheres uͤber die Art der Verbindung derſelben mit dem Knoten oder den aus ibm entſpringenden Nerven angeben. Ich bemerke nur noch in Bezug auf den Inhalt, daß die Koͤrner bei Helix und Lima x ſel⸗ ten deutlich fagettirt, meiſt von ovaler Geſtalt, und bei Helix auf ihrer Oberflaͤche zuweilen durch tiefe ſich kreutzende Riſſe oder Schrammen ſehr entſtellt ſind. Auch hat es den Anſchein, als wenn hier einzelne derſelben einen beſondern, aͤußerſt kleinen facetz tirten nucleus enthielten, der wahrſcheinlich der primitive Cry⸗ ſtallkern iſt. Faſt durchgängig regelmaͤßig cryſtalliniſch und den Otolithen der hoͤhern Wirbelthiere nahetommend , zeigen ſie ſich dagegen bei Arion. Wo die Knoten farblos und halbdurchſcheinend ſind, wie in den kleinern von mir unterſuchten Doriden, Tritonien und Eoli— dien, da fallen die Capſeln, wegen der kreideweißen Farbung ihres Contentum, bald in die Augen. Schwieriger iſt ihre Nachweiſung bei Helix, Limax, Arion, Thetys und einzelnen größeren Doris Arten, theils wegen der abſolut beträchtlichen Größe, theils auch der geſaͤttigt weißen oder rothgelben Farbe der Schlundringanſchwellungen. Bei Arion kommt noch der hindernde Umſtand hinzu, daß die Scheide des Knotens mit ſehr kleinen Kalkconcrementen ſtellenweiſe dicht überfäet iſt. Dagegen findet man ſie ohne Muͤhe bei Pleurobran- chaea, wo fie iſolirt in den Knotenſcheiden liegen. Nicht leicht dürfte man die Capſeln mit einzelnen ſtark entwickelten Ganglien= kugeln verwechſeln, da nicht nur die Elementarſtructur der letztern, ſondern auch, wo die Knoten gefaͤrbt (wie in Doris und Thetys), die Färbung, die in den Kugeln ihren urſpruͤnglichen Sitz hat, bei⸗ derlei Gebilde genuͤgſam unterſcheiden lehrt. Ich fuͤhrte oben an, daß ich von der Exiſtenz der Capſeln zuerſt durch die Pteropoden, von welcher Ordnung ich die genera Cymbulia und Hyalea zu unterſuchen, Gelegenheit hatte, unterrich— tet worden bin. Bei den glashellen, lebenden Cymbulien ſchim— mern die beiden nicht nur verhaͤltnißmaͤßig, ſondern auch ab: ſolut anſehnlichern Blaͤschen in der ſogenannten Nackengegend durch die Hautdecken als weiße, runde Knoͤpfchen hindurch. Ich hielt fie vor der Zerglivderung für Augen, und glaubte, die weiße Farbe von einer Truͤbung der Linſe herleiten zu muſſen. Wie ſehr ward ich eines Andern belehrt, als bei'm Eroͤffnen derſelben, ſtatt der erwarteten Augenmedien, eine Menge kleiner glaͤnzender Koͤr— perchen hervorquoll, deren nähere Unterſuchung die oben hervorge— hobenen Reſultate ergab. Hyalea cornea führte zu ahnlichen Er: gebniſſen. Bei beiden Arten liegen die Capſeln nicht oberflaͤchlich unter- oder innerhalb der Scheide der Schlundringanſchwellung, wie in den zuvor erwaͤhnten Gaſteropoden, ſondern frei uͤber ihr, und ſtehen vermittelſt kurzer Nerven mit dem Knoten in Verbin: dung: was ihnen das Anſehen geſtielter Knoͤpfchen giebt Ich wuͤnſche, durch dieſe Beobachtungen zu fernern Unterſu⸗ chungen anzuregen. Namentlich wäre es intereffant, die Anweſen— heit der Capſeln in unſern einheimiſchen Süß waſſerſchnecken (Im- naeus, Planorbis, P.:ludina ete.) zu conſtatiren. Schon aus dem Berichte des Instıtut, wo angeführt wird, daß Pouchet ähnliche Organe bei Embryonen von Limnaeus angetroffen, koͤnnen wir ſicher vermuthen, daß fie auch hier nicht fehlen. Eben fo läßt ſich, der Analogie nach, aus allen einzelnen Faͤllen zuſammengenommen, ſchließen, daß ſie ſich als Eigenthum ſaͤmmtlicher Schnecken aus— weiſen duͤrften Die in Betreff des Nutzens dieſer Organe ſchon von Eydour und Souleyet mit vieler Beſtimmtheit ausgeſprochene Anſicht, 312 daß fie Hoͤrwerkzeuge ſeyen, möchte vorlaufig den meiſten Beifall erhalten. In der That ſprechen mehrere Gründe dafür, die man nur ungern von ſich ablehnen wird, wenn man den einfachen Bau der Hörorgane in den Cephalopoden in Betracht zieht, der im Grunde ebenfalls auf dem Dafeyn eines Blaͤschens und eines in ihm enthaltenen feſten Körpers beruht. Hat man dieſe am naͤch⸗ ſten liegende Analogie in's Auge gefaßt, ſo wird es nicht ſchwer ſeyn, über die ſcheinbare Anomalie, in Bezug auf die wenig conz ſtante Lage der Capſeln, Aufſchluß zu geben; vorzuͤglich wenn man Folgendes erwägt: Bekanntlich ſtehen die Horſackchen der Cephalopoden in näherer Beziehung zu dem unteren Schlundring— knoten. So wuͤrde es ſich auch bei den mit mehr als einer Schlundringanſchwellung verſehenen Gaſteropoden (Pleurobranchaea, Helix, Limax, Arion) verhalten. Bei den Gymnobranchien und den obenangefuhrten Pteropoden hingegen, wo nur eine einzige Ans ſchwellung auf der Speiferöhre lagert, indem die untere Parthie des Schlundringes bloß durch eine unter ihr verlaufende gerade oder bogenförmige Queerbrucke ropraͤſentirt iſt, wird die Lage der Capſeln nothwendigerweiſe nach den Anordnungsverhältniſſen der Centraltheile des Nervenſyſtems, ſich richten muſſen “). Sollte uͤbrigens dieſe in Vorſchlag gebrachte Deutung keine Einwurfe zu befurchten haben, fo koͤnnte man die zu Haufen an— geſammelten Cryſtalle in den Gaſteropoden und Pteropoden dem cryſtalliniſchen Pulver in den Gehoͤrſaͤcken der Plagioſtomen, die kugligen ſoliden Kerne der Carinaria, Pterotrachea (Firola) und Atlanta (in welcher letztern ſie Gaudichaud entdeckte, ſ. PInstitut) den Hoͤrſteinen der Graͤthenſiſche an die Seite ſtellen. A. Krohn. „) um Mißverftändniffen zu begegnen, muß ich anführen, daß der Ausdruck Anſchwellung oder Knoten ſtets in einem mehr generellen Sinne von mir gebraucht worden iſt. Ich bezeichne, damit die Centralheerde der Nerven als Ganzes gedacht, ohne auf die kleinern Abtheilungen, Lappen oder Knoͤtchen (nicht Ganglienkugeln), in die fie bei vielen Gattungen wieder mehr oder weniger deutlich zerfallen, Ruͤckſicht zu nehmen. Die Centralmaſſe mag noch ſo vielfach zertheilt ſeyn, immer weiſ't ſie ſich als abgeſchloſſenes Ganze durch ihre, die einzelnen Ab— theilungen gemeinſam umhuͤllende Scheide aus. Miscellen. Ueber ein nur einſinniges Maͤdchen hat Herr Dr. Julius eine intereſſante Mittheilung publicirt. Die junge Eleo— nora Bridgemar, jetzt zehn Jahre alt und in dem Blind - Asylum zu Boſton erzogen, kann weder ſehen noch hören, und ihr Geruchsſinn iſt zugleich fo ſtampf, daß man annehmen kann, fie habe keine andere Perception, als durch den Taſtſinn. Dem⸗ ohngeachtet ſind ihre geiſtigen Faͤhigkeiten in einem hohen Grade entwickelt; ſie iſt heiter und froh unter ihren Gefaͤhrten, an welche fie eine warme Anhaͤnglichkeit hat. Sie naͤhet, ſtrickt und un: terſcheidet Worte, welche in Relief-Lettern dargeſtellt find, ja kann letztere wieder zuſammenſtellen mit vielem Geſchicke, ob: gleich fie nur zwei Jahre in dem Inſtitute war, wo ſie dieſe Er— ziehung erhielt. Ueber die Lebensweiſe des Hechtes finden ſich im Sportsman folgende intereſſante Angaben: Daniel bemerkt uͤber den Hecht, ganz in Uebereinſtimmung mit meiner eignen Erfah— rung: „Dieſer Fiſch liebt ruhige, ſchattige Gewälfer mit ſandi⸗ gem, thonigem oder kreidigem Bette und legt ſich vom Mai bis Anfang October meiſt zwiſchen oder neben breite Steine oder Waſ— ſerpflanzen, in'sbeſondere unter bluͤhende Fladen oder Raſen von Ranunculus aquaticus““ Meiner Wahrnehmung zufolge, findet man faſt jederzeit einen Hecht in den Luͤcken zwiſchen Waſſerpflan— zen, die im Grunde wurzeln, oder wo kleine Gräben in der Naͤhe ſind, da ſolche Stellen von Fiſchbrut und kleinen Fiſcharten zu wimmeln pflegen. Unter den Waſſerpflanzen verborgen, lauert der Hecht auf Beute und ſchießt aus ſeinem Verſtecke hervor, um ſich 313 derſelben zu bemaͤchtigen. Selbſt in einem hellen Duͤmpfel weiß er ſich vollkommen unbeweglich an irgend eine Stelle zu legen, wo er nicht leicht geſehen wird, und oft fah ich mit Verwunderung, wie plotzlich, von einer anſcheinend leeren Stelle, ein großer Hecht ger ſpenſterarlig herausfuhr und mit grimmig aufgeſperrtem Rachen den Köder faßte. Einer meiner Bekannten erſchrak einmal dar⸗ über fo, daß er die Angelruthe fallen ließ und der Hecht fie bei— 314 nahe in den Teich gezogen hätte. Indeß kam ein geübterer Ge: fährte dem Angler zu Hülfe, und fo ward der zwölfpfündige Hecht gluͤcklich auf's Trockne gebracht. Necrolog. — Der von den Franzoͤſiſchen Botanſtern hoͤchſt geſchaͤtzte berühmte Blumenmaler, P. J. Redoute, iſt im Juni zu Paris geſtorben. re könn Die Ueber die tuberculöfe Scrophel. Aus den cliniſchen Gonferenzen des Hrn. Lugol. (Schluß). Tuberkeln der Leber — geben ſich auch durch kein por ſitives aͤußeres Kennzeichen zu erkennen, und man hat für die Diagnoſtit dieſes krankhaften Zuſtandes keinen andern Leiter, als die Induction. Allerdings kann der Schmerz im rechten Hypo— chondrium einigen Verdacht erregen; aber dieſer Verdacht hat um ſo mehr Gewicht, wenn an andern Orten Tuberkeln exiſtiren. Die Leber iſt ſelten tuberculds, und was mich anlangt, fo habe ich nuc vier Falle beobachtet, wo Tuberkeln ſich in ihrem Parenchym ent— wickelt hatten. Von denen, die ſich in den großen Fiſſuren derſel— ben und außen an ihrer Hülle bilden, rede ich nicht. Einmal habe ich eine Tuberkel in dem ductus cysticus angetroffen, wobei die Gallenblaſe nur eine wenig citerige Tuberkelmaterie enthielt. Tuberkeln der Milz — find vielleicht etwas häufiger, als die der Leber. Ein Mal habe ich deren fo viel in dem Organe gefunden, als man nur in der Lunge finden konnte. Ich beſitze ſechs Präparate über Tuberkeln der Milz. In dem ſechsten Falle war die Milz mit Tuberkeln gefüllt, die ihre fluſſige Form behal— ten hatten. Von den Tuberkeln, die ſich in den Einſchnitten der Milz entwickein und dem Peritonäum angehören, iſt hier nicht die Rede. Tuberkeln der Nieren find haͤuſiger, als in der Leber und Milz. In ſechs Fällen von ſieben finden ſie ſich auf der rechten Seite. Niemals habe ich ſie größer, als eine Nuß angetroffen, in der Cortical- und Roͤyren⸗Subſtanz. Einmal babe ich bei einem tuberculdſen Subjecte beide Nieren, wie auch die Nebennieren, in einem Zuſtande von ſcirrhoͤſer Verhaͤrtung gefunden, welcher Zur ſtand große Aehnlichkeit mit der Tuberculiſation batte. Man findet auch Tuberkeln in andern Theilen des Harnappa⸗ rates; z. B., ein Nierenbecken, welches ich in einer tuberculoͤſen Schaale eingeſchloſſen gefunden habe. Einmal babe ich die Tuber⸗ kelmaterie in einem ureter gefunden, in welchem fie lange verwei— om ohne nachtheilige Störungen in der Harnfunction zu veran— aſſen. Tuberkeln im Ohre habe ich einmal geſehen bei einem jun: gen Maͤdchen von achtzehn Jahren, welche deren auch in den Lun— gen und im Hirne hatte. Tuberkeln in den Fallopiſchen Roͤhren habe ich nie ge— funden; aber einmal habe ich Fäden geſehen, an welchen Hydati— den hingen (nämlich bei einem jungen phthiſiſchen Mädchen von achtzehn Jahren): dieſe Hydatidentraube war ein krankhafter Zus ftand, welcher ſpaͤter der Tuberculiſation gefolgt ſeyn würde, Tuberkeln der Muskeln. — Der musculus psoas iſt der einzige, wo ich im Innern Tuberkeln geſehen habe. Es iſt wich⸗ tig, hier nicht die Tuberkeln mit Störungen zu verwechſeln, welche ein Abſceß durch Abſatz in dieſen Muskel veranlaſſen kann. Bei einem Scrophulöfen habe ich in dem m. psoas auf beiden Seiten eine Höble gefunden, die mit einer membrana mucosa ausgekleidet war, aus der Schmelzung eines oder mehrerer Tuberkeln hervor— gegangen. Tuberkeln, die dicht an Knochenſubſtanz liegen. — Es giebt Tuberkeln, welche dicht an Knochenſubſtanz liegen, dieſer aber nicht mehr angebören, als die in der Nähe der Speiſeroͤhre und des mediastini dieſen angehören. Ich habe deren zuweilen laͤngs der Wirbelſaͤule liegen ſehen, ohne Abſorption der Wirbel zu veranlaſſen. Zuweilen jedoch bewirkt ihr An- und Aufliegen die Abnutzung und Perforation des Knochens; dieß habe ich in einem Falle beobachtet, wo die basis cranii durch eine tuberculöfe Geſchwulſt der fossa zy gomatica durchbohrt war. Die Perforation des sternum habe ich ſehr viele Male beobachtet. Tuberkeln des Knochengewebes. — Außer den eben— erwähnten, in der Nahe der Knochen liegenden, Tuberkeln, giebt es deren, welche im Innern des ſchwammigten Knochengewebes ent— ſtehen; doch find die Falle der Art ſelten, und in cariöfen Knochen trifft man ſelten auf Tuberkeln. Einmal habe ich Tuberkelmaſſe in der erſten phalanx des linken Daumens geſchen; einmal in den drei Phalangen des Mittelfingers; einmal in der pars petrosa ossis temporum; einmal in dem oberen Ende der tibia; zweimal in den Wirbelbeinen. In einem dieſer zwei Faͤlle habe ich einen Roſen⸗ rang von Tuberkeln an der vorderen Seite der Wirbelfäule ans liegend, zwiſchen dem ligamentum vertebrale anticum und den Wirbelbein: Körpern, gefunden, in deren Gewebe der Tuberkel ſich eine Art Furche eingegraben hatte. Einmal habe ich Tuberteln wie kleine Erbſen gefunden. Bei dem zweiten Subjecte waren Tuber— keln in den Körpern der ſechs letzten Nüdenwirbel und der zwei erſten Lendenwirbel. Beide Kranke hatten übrigens Tuberkeln in allen anderen Theilen des Körpers. Eine Thatſache, welche notirt zu werden verdient, iſt, daß die Tuberkeln im Knochengewebe nicht die runde Form zeigen, wie man fie in den anderen Geweben bemerkt; fie find unregelmäßiger, was man dem Widerſtande zuſchreiben muß, welchen die kudcher⸗ nen Zellenwandungen ihrer Entwickelung entgegenſetzen. Uebris gens iſt die Natur der Tuberkelmaſſe dieſelbe. Das dichte Kno⸗ chengewebe enthaͤlt niemals Tuberkeln. Tuberkeln auf dem Laufe der großen Gefäße. — In ihren Beziehungen zu den Gefäßen zeigen die Tuberkeln Erſcheinun⸗ gen, welche zu kennen wichtig ſind. Es iſt bekannt, daß man von Hydropiſieen ſpricht, welche durch den Druck der Gefäße entftän« den. Indeſſen habe ich oft geſehen, wie große Gefäßſtamme durch Tuberkeln zuſammengedruͤckt waren, ohne daß Hydropiſieen daraus entftanden wären. Dreimal war die vena cava durch Tuberkeln zuſammengedruͤckt und umſchnuͤrt; einmal die vena portarum bei ihrem Zuſammenfluſſe in der großen Leberſpalte; einmal war auch die aorta durch eine tuberculöfe Maſſe zufammengebrüdt, und in keinem Falle war Hydropiſie vorhanden. Dagegen habe ich in zwei Faͤllen Hydropiſie bei Tuberkelkranken geſchen, ohne daß Gefaͤß⸗ zuſammendruͤckung vorhanden geweſen wäre. Nichtsdeſtoweniger exiſtirt die Hydropiſie zuweilen inmitten aͤbnlicher pathologiſcher Bedingungen, und man bemerkt dann zu gleicher Zeit, daß in dem Gefäße keine weitere Modification exiſtirt, mit Ausnabme der Zuſammendruͤckung, der fie unterliegt; und in anderen Fallen exiſtirt mit derſelben, ober- oder unterhalb der com⸗ primirten Stelle, je nachdem der Druck auf Arterie oder Vene wirkt, eine aneurysmatiſche Erweiterung, welche die gene der Cir⸗ culation beweiſet. Die Leucophlegmaſie verbindet ſich alſo oft mit der Compreſſion der Gefäße durch Tuberkeln; oft aber fehlt ſie auch. Dieß babe ich Gelegenheit gehabt, im Detail zu beovachten, in Beziehung auf die Tuberkeln, welche in der Achſelhöhle vorhan⸗ den find. Die Compreſſion der großen Gefäße in der Brufthöble kann eriftiren, obne von leucophlegmasia begleitet zu ſeyn; eins mal aber habe ich dieſe zuſammentreffen feben mit Abplattung der aorta; fie war allgemein; der Hodenſack in'sbeſondere war aufge⸗ 315 trieben, aber es war kein Erguß feröfer Flüſſigkeiten in den na⸗ türlihen Cavitäten vorhanden. In einem Falle, wo die Com- preffion der vena cava fo weit getrieben war, daß letztere faſt ganz obliterirt war, war ascites vorhanden, und die Apweſenheit alles anatomifch » pathologiſchen Characters geſtattete nicht, daß man die Hydropiſie einem phlegmaſiſchen des Peritoneums zuſchrieb. Zuweilen iſt, wie ich angegeben habe, mit der Compreſſion des Gefaͤßes, letzteres in verſchiedenem Grade ausgedehnt; dieß habe ich einmal beobachtet hinſichtlich der vena iliaca communis sinistra. In dieſem Falle fanden ſich zwei Pfund Seroſitaͤt im Becken, ohne Entzündung. Bei einem gewiſſen Lacroix fand ich Compreſſion und Dis latation der vena cava inferior, ſowie des ganzen Abdominal-Ve— nenſyſtems. Ich fand bei der Section viel verdorbenes Fett in dem epiploon: während des Lebens hatten wir nichts bemerkt, als Oedem der unteren Extremitaͤten. In einem Falle von Herzbeutel— Waſſerſucht war die vena cava inferior zuſammengedruͤckt und erz weitert. Das Subject ſtarb apoplectiſch, und man fand dann auch serum in der Hoͤhle der arachnoiden. Aus allen angefuͤhrten Thatſachen ergiebt ſich, daß keine be⸗ ſtaͤndige Beziehung beſteht zwiſchen der Compreſſion der Gefaͤße durch Tuberkelmaſſen und dem Vorhandenſeyn der Hydropiſieen; letztere, welche zuweilen mit der Compreſſion vorhanden ſind, wers den auch ohne dieſelbe angetroffen. Aber wenn die Compreſſion nicht augenfällig iſt, wäre es dann nicht moͤglich, die ſeroͤſen Erz gießungen ebenſo durch eine, in der Circulation veranlaßte, Be⸗ ſchraͤnkung zu erklaͤren? Man muß naͤmlich nicht vergeſſen, daß gewoͤhnlich dann auf allen Puncten der thieriſchen Deconomie Zus berkeln exiſtiren, und daß die Anweſenheit dieſer Geſchwuͤlſte die Capillar⸗ Circulation erſchweren und zu partiellen feröfen Ergie— ßungen Veranlaſſung geben kann, welche zuweilen ſogar in der Form und außer dem Bereiche eines comprimirten Gefaͤßſtammes ftatt haben. Tuberkeln der Gefaͤße. — Ebenſo, wie wir geſehen haben, daß Tuberkeln in der Nähe der Luftwege, der Verdauungs- und Gallen Gänge entſtehen und von Außen nach Innen durchdringen, ebenſo koͤnnen ſich deren an den Gefaͤßen entwickeln, deren Haͤute von Außen nach Innen durchbohren und ſich mit der Maſſe des Blutes in Berührung finden. Einmal habe ich die zwei äußeren Haͤute der arteria axillaris zerftört geſehen, ohne daß der Tuberkel ganz in's Innere des Gefaͤßes eingedrungen waͤre. Einmal habe ich zehn Tuberkeln in der vena cava gefunden, von welchen fie alle Haͤute zerſtoͤrt hatten und von deren Blut ſie gebadet wurden. Wie entwickeln ſich die Tuberkeln und wie gelangen fie in die thieriſche Oeconomie? — Einige Schriftſteller ha⸗ ben die Bildung derſelben der Entzuͤndung zugeſchrieben, als deren Reſultat fie fie anſehen; andere betrachten fie als eine Alteration der Gefäße, Mir erſcheinen die Tuberkeln als paraſitiſche Organe, welche ſich in der thieriſchen Oeconomie durch die gewoͤhnlichen Mittel entwickeln und ich glaube, daß die Entwickelung durch In— tusſuſception geſchieht. Wenn die Tuberkeln degenerirte Organe wären, wie Einige geglaubt haben, fo müßte man doch dieſe Ge— webe noch in den eben erſt auftretenden Tuberkeln unterſcheiden können. Dieß iſt aber nicht der Fall; der Tuberkel iſt immer der: ſelbe, und die Organe praͤgen ihm keine anderen Modificationen auf, als die des Volums und, in Beziehung auf das Knochengewebe, der Form. Die Entzündung ift unſtreitig ein eigenthümlicher Zuſtand, der ſich durch allgemeine Zeichen zu erkennen giebt; aber dieſe ſind nicht dieſelben fuͤr alle Organe, und die Entzuͤndung wird verſchiedentlich reflectirt, je nach den Geweben und den Organen, die ſie ergreift. Dieß ſtimmt offenbar wenig mit dem ſtets beſtaͤndigen und nie abs weichenden Reſultate der Tuberkel-Entſtehung. Uebrigens, wenn die Pneumonie Tuberkeln erzeugen koͤnnte, ſo wuͤrden letztere, ſo häufig fie auch find, doch noch viel häufiger ſeyn. Bayle hat dieſe Frage auf den Grund verfolgt. Er hat eine große Anzahl Leichenoͤffnungen von Perſonen vorgenommen, die an chroniſchen verborgenen Lungen-Entzuͤndungen geſtorben waren; er hat oft die Lungen carnificirt, hepatiſirt gefunden, niemals aber Tuberkeln in 816 den Lungen oder anderswo angetroffen. Noch mehr, wenn die Pneumonie im Stande wäre, Tuberkeln zu erzeugen, ſobald fie epie demiſch herrſcht, ſo muͤßte man gleich ganze Doͤrfer von Phthiſis befallen wahrnehmen. Allein wenn die Entzuͤndung nicht im Stande iſt, die Bildung der Tuberkeln zu veranlaſſen, ſo kann ſie dagegen ſehr wohl die Entwickelung derſelben beguͤnſtigen. Was hier eben, in Beziehung auf Pneumonie, geſagt iſt, findet ebenſo auf die Entzündung aller anderen Organe ſeine Anwendung. Man hat auch die Tuberkeln ſo betrachtet, als entſtaͤnden ſie aus einer Alteration der Secretion. Man hat fie mit Incruſtatio— nen verglichen, die von einer Secretion herrührten und durch Zur: tapoſition ſich ausbildeten. Allein alle dieſe Productionen, welche ſich im Organismus, nach Geſetzen der Juxtapoſition, ausbilden, wie die Harnſteine, die aneurysmatiſchen Geſchwuͤlſte, zeigen deut— liche concentriſche Lagen. Nichts der Art läßt ſich aber an den Zu: berkeln bemerken! Und dann, welches ſollte die Urſache ſeyn von dieſer Secretion, welches Organ waͤre der Sitz derſelben, oder koͤnnte darauf Anſpruch machen? Wie wollte man Faͤlle erklaͤren, wo in allen Theilen des Organismus Tuberkeln exiſtiren? Alles dieß iſt unbegreiflich. — Ich fur meine Perſon kann, wie geſagt, in der Tuberculiſation nichts Anderes ſehen, als eine Art parafitie ſcher Function, welche ſich zur Seite der normalen Functionen etablirt und zum Nachtheile der letzteren vor ſich geht. Dieſe Function ſteht der Erzeugung der Tuberkeln vor. Dieſe Epigeneſe iſt nicht ſchwerer zu begreifen, als die Erzeugung von Laͤuſen, von Hydatiden und von Eingeweidewürmern, mit welchen fie große Affinität hat und welche ſich ziemlich oft auch bei tuberculöfen Kin— dern vereint finden 2c. Verla uf Der Tu ber e ein Giebt es in der Entwickelung des Tuberkels eine Periode, welche der vorausgeht, wo er uns im Zuſtande der Granulation erſcheint, und welcher eine andere Form oder ein anderer Zus ſtand entſpricht? Jenner ſcheint zuerſt im Stande geweſen zu ſeyn, zu beobachten, daß der Tuberkel urfprünglich aus einem mit waͤſ— ſeriger Fluͤſſigkeit gefuͤllten Blaͤschen beſtehe. Dieſe Entdeckung hatte jedoch in den Händen Jenner's weiter keine Folgen: allein nach dem John Baron von der Thatſache directe Kenntniß erhalten hatte, unternahm er es, einem fo wichtigen Factum alle Aufmerk— ſamkeit zu widmen, die es verdiente. Seine Beobachtungen und die des Profeſſors an der Veterinaͤrſchule zu Alfort wiederholten und vervielfaͤltigten ſich hinlaͤnglich, um einer Theorie der Entwickelung der Tuberkeln eine Baſis zu geben, deren Werth durch die Namen der ausgezeichneten Beobachter verbuͤrgt wird, welche ſie aufgeſtellt haben. Dieſe Theorie ſcheint mir ziemlich erwieſen; inzwiſchen da ich kein einziges Factum fuͤr mich ſelbſt erlangt habe, welches die An— ſicht der erwähnten Schriftſteller unterſtuͤtzte fo werde ich die Ents wickelung der Tuberkeln ſtudiren, von der Periode an, welche dem Zuſtande der Granulation entſpricht. Ich habe naͤmlich niemals die Tuberkeln im Zuſtande von Blaͤschen angetroffen. Zuweilen habe ich indeſſen, zur Seite der Tuberkeln, Gruppen von Hydatiden angetroffen. Nach Angabe einiger Schriftſteller, zeigen die Tuberkeln im Zuſtande der Granulation eine centrale Haͤrte, welche ſtrahlenartig nach dem Umfange hin vordringt, bis fie die Totalitaͤt einges nommen hat. Allein von dieſer centralen Haͤrte und ihrem ſtrah— lenartigen excentriſchen Gange iſt nichts wahr und das, was man von einem analogen Gange geſagt hat, in welchem die Erweichung ftatt babe, iſt nicht beſſer begründet. Gewoͤhnlich iſt die Subſtanz des Tuberkels durchaus homogen, und wenn die Erweichung ſtatt hat, ſo exiſtirt ſie an allen Puncten derſelben zugleich. Um jede Art des Irrthums uͤber dieſen Punct zu vermeiden, iſt es wichtig, daß man nicht Tuberkeln mit tuberculoͤſen Geſchwuͤlſten verwechſele. Uebrigens, welcher Art auch die Erweichung vor ſich geht, ſo ſpielt letztere eine bedeutende Rolle in dem Verlaufe des Tuberkels. Ich uͤbergehe daher einige Puncte mit Stillſchweigen, welche vor der Hand nur von fecundärer Wichtigkeit für uns find, um gleich unmittelbar zu der Periode der Eiterung zu gelangen. 817 Das Studium diefer Periode iſt febr intereſſant. Im Allge— meinen kann man ſagen, daß, wenn einmal der Tuberkel erzeugt iſt, die Eiterung faſt unvermeidlich iſt. Die Eiterung kommt von freien Stücken; fie erfolgt zufolge einer innern Bewegung des Zur berkels und bei dieſer abnormen Schöpfung gewiſſermaßen in einer normalen Ordnung der Erſcheinungen, ſo daß ſie im Allgemeinen ohne unſer Wiſſen, und ohne Schmerz zu veranlaſſen, vor ſich geht. Eiterung der fubeutanen oder aͤußeren Tuberkeln. Beſonders merkwürdig in Beziehung auf den Verlauf der aͤu— ßeren Tuberkeln iſt die Ohnmaͤchtigkeit aller maturirenden oͤrtlichen Mittel, welche man auf ſie anwendet, um die Eiterung zu beſchleu— nigen; ſie helfen, in der Regel, zu nichts, als das Volum der Ge— ſchwulſt zu vermehren, ohne ihre Erweichung zu begunſtigen. Die Erweichung erfolgt, wie bereits bemerkt, nur durch die im Innern vor ſich gehende Bewegung, und zeigt ſich nicht gleichzeitig bei als len; denn es iſt gar nicht ſelten, daß man einen nicht eiternden Tuberkel neben einem andern ſieht, welcher ganz und gar von Ei— terung ergriffen iſt. Die Diagnoſtik der Eiterungsperiode der Tuberkeln unter der Haut iſt oft leicht, ſelbſt wenn die Haut nicht alterirt iſt. Aber neben dieſen leichten Fallen trifft man auch auf andere, wo die Diagnoſtik der Eiterung ganz dunkel iſt. Die größere oder gerin— gere Geſchicklichkeit, mit welcher man die mehr oder minder fluͤch— tigen Anzeichen der im Innern einer tuberculöfen Maſſe anfangenden Eiterung erkennt, iſt eine Sache der Gewohnheit; übrigens wird ſelbſt dieſe Geſchicklichkeit auch irre geführt, durch mehrere Urſa— chen, von denen folgende hier angedeutet werden ſollen, z. B., es iſt die Eiterung wenig vorgeruͤckt, geringfuͤgig und mit mehr oder weniger nicht erweichter tuberculdſer Maſſe gefüllt, dann iſt die Sup: puration zu tief, als daß die Fluctuation fuͤhlbar waͤre; zuweilen laubt man dagegen die Suppuration zu bemerken und laͤßt ſich rre führen durch eine falſche Empfindung, welche die Idee von einem krankhaften Zuſtande erweckt, die gar noch nicht vorhanden iſt. Dieſer Irrthum koͤmmt vorzuͤglich daher, daß die Geſchwulſt, Widerſtand leiſtend, elaſtiſch iſt und eine Fluctuation nachahmt, ſelbſt da, wo die tuberculoͤſe Maſſe zwar ſich erweicht darſtellt, aber ohne die mindeſte Spur von Eiter. Ein anderes Mal iſt es die Mobilität, deren die Geſchwulſt ſich erfreut, welche eine Fluc— tuation anzunehmen verleitet. Ein bemerkenswerther Umſtand hinſichtlich des uns befchäftigens den Gegenſtandes iſt, daß, ich will einmal annehmen, heute die Eite— rung ſich durch ſehr deutliche Fluctuation zu erkennen giebt, und daß man nach einigen Tagen findet, ſie ſey ganz verſchwunden. Ich habe Gelegenheit gehabt, dieſe Thatſache ziemlich oft zu beobach⸗ ten; aber in faſt allen Faͤllen habe ich die Fluctuation nachher wieder erſcheinen ſehen; doch hat es ſich auch in andern Faͤllen ans ders verhalten und die Suppuration hat ſich nicht wieder gezeigt. Eine Folgerung, die unmittelbar aus dieſer Thatſache hervorgeht, iſt, daß man die Oeffnung der tuberculöfen Geſchwuͤlſte nicht en: fondern die Punction fo ſchnell, wie möglich, machen muß. Der ausfließende Eiter ift, wie man es nennt, tuberculds und immer leicht zu erkennen, wenn man ihn einmal geſehen hat. Sein Hauptcharacter iſt ein durchdringender, anhaltender, eckeler— regender, widerwärtiger Geruch; das Andauern deſſelben iſt fo groß und er iſt fo leicht fähig, durch die Erinnerung wieder hervorgerufen zu werden, daß mir mehrmals begegnet iſt, in fpätern Stunden des Tages incommodirt zu werden durch den eckelerregenden Geruch, von welchem ich des Morgens afficirt worden war, indem ich Ab: ſceſſe meiner Kranken oͤffnete, wovon die Empfindung ſich bei mir erneuerte durch die Erinnerung daran. Der tubereuldſe Eiter iſt fluͤſſiger, als der phlegmondſe; er zeigt nicht we und die rahmartige Conſiſtenz des letz— tern; es ſchwimmen Flocken von tuberculoͤſer Subſtanz darin. Zu: weilen ficht M orten, welche Stuͤcke von kaͤſigter Mate— rie in ſich ſchließt. Nach der Entleerung von tuberculöfem Eiter, pflegt ſich an die Stelle des Abſceſſes ein Geſchwuͤr zu etabliren. (In dem Ei⸗ terheerde der phlegmondſen Abſceſſe dagegen ſtellt ſich bald freiwilli— 318 ges Aneinanderkleben ihrer Wande ein, fo wie der Eiter ausge— leert ift.) Dieſes Geſchwuͤr nimmt anfangs eine runde, eiaͤhntiche Form an, vergrößert ſich allmälig, und man findet den Grund mit einer graulichen Subſtanz bedeckt, welche zerfließt in dem Maaße, als ſie ſich bildet. Die Raͤnder werden vorragend, roth und von Eiter gebadet. Zuweilen ſieht man, wie der Grund des Gefhmü- res ſelbſt vorragt und ſich über die Ränder erhebt. Zuweilen wur chern die Waͤrzchen aus dem Grunde des Geſchwürs, erheben ſich sc treten über die Ränder hervor und überwachſen nach ußen. Dieß geſchieht, in der Regel, langſam; allein in gewiſſen Faͤl— len werden die weichen Theile bei tief ferophulöfen Subjecten mit einer Schrecken erregenden Schnelligkeit verzehrt. Es giebt Kran⸗ ke, welche mehrere ſolcher Geſchwuüre an fi tragen, welche Jahre lang damit behaftet find und wo jedes Jahr neue Geſchwüre bins zukommen! Allein dieſe Eiterung hat auf den Tuberkel nicht den Einfluß, wie die Eiterung auf eine phlegmonoͤſe Geſchwulſt; fie iſt vielmehr nur die Fortſetzung der Entwickelung des Tuberkels, wel— cher ſein Volum behaͤlt, wenn er auch unmittelbar nach dem Auf⸗ bruche des Abfceffes etwas kleiner wurde. Dieß dauert fort, bis die Heilung der tuberculoͤſen Scropheln anfängt, wo dann auch der Tuberkel zuſammenſinkt. Die Eiterung der tuberculoͤſen Geſchwure iſt andauernd, aber ihr Verlauf etwas remittirend, von manchen Bedingungen abhaͤn⸗ gig; fo iſt fie, z. B., waͤhrend Frühling und Sommer ftärker, als ſpaͤter. Es giebt jedoch auch Tuberkeln, welche ſich auf einmal entlee— ren, und wenn man dann eine gewiſſe Fluͤſſigkeit in den Eiterheerd injicirt, fo kann es geſchehen, daß die Wände der Eiterhöhle verwachſen und die Heilung erfolgt. Doch iſt dieß immer nur eine Localheilung, welche auf die Conſtitution des Subjects nicht influirt: dieß bleibt ferophulds, wie es war; allein man erhält auch nicht einmal immer ein ſolches Reſultat, und man muß zuweilen die Operation bei demſelben Subjecte mehrere Male wie— derholen. Einer der Hauptcharactere der tuberculöfen Suppuration iſt, daß ſie nie Cruſten bildet, wenn ſie auf ihrer hoͤchſten Hoͤhe iſt; wenn man etwas der Art bemerkt, ſo ruͤhrt es daher, weil das umliegende Zellgewebe zufällig entzündet iſt, eitert und ein phleg⸗ monöfes Eiter liefert. Wenn aber die Eiterung der Tuberkeln in die Periode der Abnahme tritt, ſo ſieht man Cruſten ſich bilden, weil der Eiter, feine urſpruͤnglichen Eigenſchaften verlierend, fä— hig wird, ſich zuſammen zu vereinigen: eine Erſcheinung welche anzeigt, daß das Geſchwuͤr ſich der Heilung zuwendet. In dieſem Falle nimmt die Eiterung ab, das Geſchwuͤr erhält ein beſſeres Anſehen, der Tuberkel verſchwindet allmälig und die Tuberkel⸗ Erzeugung ſcheint ſtill zu ſtehen; die Vernarbung fängt an und die Verminderung der Eitererzeugung iſt die Folge; endlich wird ſie ſo gering, daß die Bildung einiger Cruſten nun anzeigt, daß ſie noch nicht ganz aufgehoͤrt habe. Zuweilen iſt das Gefhwür faſt ganz geſchloſſen, und ohne daß die Narbe zerreißt, ſtellt ſich eine reichliche Eiterung ein. Faſt immer aber ſtellen ſich Recidive ein, welche die Vernarbung eine Zeitlang unterbrechen, und ſelbſt wenn dieſe vollendet iſt, ſo offnet ſie ſich zuweilen wieder und die Eiterung ſtellt ſich wieder auf eine Zeitlang ein. Man würde irren, wollte man dieſe Abwechſelungen als wirk— liche Recidive betrachten. Man muß dieſe neue Secretion nur als eine Arbeit der thieriſchen Oeconomie anſehen, um auszuleeren; eine Arbeit, die nichts gemein hat mit einem Recidive, wo neue Tuberkelerzeugung ſtatthat. Dieſer Ausleerungsarbeit darf man nicht entgegenwirken, man muß ihr ihren Lauf laſſen. Zuweilen compliciren ſich dieſe tuberculöfen Geſchwüre mit einer Eiterung der umliegenden Theile des Zellgewebes, oder der Haut; dieſe beiden Zuſtaͤnde ſind leicht zu unterſcheiden, da bei erſterem Lostrennung der Haut ſtatthatt. Wenn die Haut für ſich krank iſt, fo iſt es nicht felten, die Zerſtoͤrungsarbeit raſcher fortſchreiten zu ſehen, als am Tuberkel; daſſelbe gilt auch von dem umgeben⸗ den Zellgewebe. 319 Eiterung der tieferen oder inneren Tuberkel. Die Periode der Suppuration der inneren Tuberkel verlaͤuft wie die der aͤußeren. In der Lunge erhaͤlt ſie eine große Wichtig— keit, wegen der großen Anzahl von Tuberkeln, welche ſich, in der Regel, in dieſem Organe entwickeln, waͤhrend in der Leber und Milz ꝛc. ihre Erzeugung immer mehr einzeln und geringzäblig iſt. Uebrigens iſt ſie auch hier unmerklich und verborgen, bis die Dia— theſis der Suppuration ſich zeigt. Wegen der Wichtigkeit und Natur des Lungen -Organs und feiner Functionen, kann die Sup: puration daſelbſt auch in noch ſo kleiner Menge, nicht vorhanden ſeyn, obne daß fie ſich durch Fieber Symptome verrathe, durch Blaͤſſe, Alteration der Ernaͤhrung, Abmagerung ꝛc. Dieß ſind die erſten Zeichen, wodurch das Vorhandenſeyn von Lungen-Tuberkeln ſich zu erkennen giebt, und wenn man einen ſcrophuloͤſen Kran: ken zu behandeln hat, fo iſt das beſte Zeichen dasjenige, welches die beſten Hoffnungen fuͤr das Reſultat der Behandlung giebt, die Rückkehr des Embonpoints: die Wiederherſtellung der Ernährung kundigt im Allgemeinen eine nahe Herſtellung an. Wenn die tuberculoͤſe Affection der Lungen allgemein iſt, ſo macht ſie in den meiſten Faͤllen raſche Fortſchritte und dann ſieht man Aſphyxie, Abſorption der Lungen, Abmagerung, Colliquation u. ſ. w. eintreten, welche den Kranken raſch zum Grabe fuͤhren. Dieſer Ausgang erfolgt um ſo ſchneller, wenn die Kranken zugleich eiternde Tuberkeln am Halſe, im Larynx ꝛc. haben, welche die Oberflächen für die Abſorption des Eiters vermehren und Abma— gerung beſchleunigen. Uebrigens folgen die Erzeugungen der Tuberkeln in den Lungen einander, und wenn die Entwickelung einer Generation in die Pe— rioden gelangt iſt, welche Hoͤhlen bilden, ſo entſtehen andere, die das uͤbrige Lungengewebe verzehren. Es giebt aber Tuberkeln, welche nie eitern und vielfaͤltige Transformation erfahren koͤnnen. Dieſe Tuberkeln nämlich, welche uͤberall dieſelben Paraſiten ſind, welche uͤberall dieſelben Arten und Bedingungen der Exiſtenz haben, koͤnnen, wie die uͤbrigen Gewebe der Oeconomie, Transformationen, Umbildungen erfahren. Die erfte dieſer Umbildungen iſt die in den gallertartigen Zuſtand: die fo umgewandelten Tuberkeln bieten eine Menge ſehr verſchiedener Far— ben dar, von Roth, Blau, Gruͤn ꝛc. Zuweilen findet man die Tuberkeln in Fett verwandelt und dann Alteration, meliceris darſtellend; denn alle dieſe Formen gehören zu den Scropheln. In einigen Faͤllen habe ich Kreide in den Tuberkeln geſehen, und auch dieß war eine tuberculoͤſe Trans— formation. In anderen Faͤllen gehen die Tuberkeln nach und nach in knorpeligten und ſteinigten Zuſtand uͤber. Ich kenne mehrere Fälle von ſkirrhoͤſen Tuberkeln und einen Fall von einem nußgroßen Tuberkel, welche eine knochigte Trans— formation erlitten hatten; das Knochengewebe war in verſchiedenen Graden vorhanden. Bei einem Scrophuloͤſen, welcher am Halſe eine ſehr große eiternde Geſchwulſt trug, waren die Tuberkeln, wel— che ſich Anfangs gebildet hatten, in ein weiches Gewebe verwandelt, und im Mittelpuncte der Geſchwulſt fand ſich eine ſpindelfoͤrmige knochige Concretion, von etwa vier Zoll Länge: Mehrere furcht— bare Haͤmorrhagieen ergoſſen ſich von der Oberflaͤche dieſer Ge— ſchwulſt, und deſſenungeachtet fand man nach dem Tode darin keine deutlichen Gefaͤße. 820 Es giebt noch eine große Zahl Degenerescenzen anderer Art; allein ich will hier ſtehen bleiben und begnüge mich mit der An— gabe, daß es faſt keine pathologiſche Bildung giebt, welche die Tuberkeln nicht annehmen koͤnnten. Doch darf ich zwei Beiſpiele nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen. In dem erſten ſah man die Tuberkeln oft in einen ſkirrhoͤſen und encephaloidiſchen Zuftand übers gehen, und alle Grade derſelben darſtellen; es iſt ſelbſt nicht ſelten, ſo einen oder mehrere ſkirrhoͤſe Tuberkeln mitten unter gewoͤhnlichen Zuberfeln zu finden. Sonſt iſt es mir wohl begegnet, daß ich dieſe zwei Zuftände für zwei verſchiedene Krankheiten hielt; aber dieſer Irrthum iſt mir jetzt klar geworden. Das eben Angegebene paßt ebenſo auf die hirnaͤhnliche Sub: ftanz. es kann einzelne fo degenerirte Tuberkeln geben, oder dieſe Degenerescenz kann auch allgemein verbreitet ſeyn und eine Dia— theſe bilden. Ich habe einen Fall der letzten Art beobachtet; aber ich war in Zweifel, ob dieß auch eine tuberculöfe Transformation ſey. Doch theilte ich meine erſten Gedanken Herrn Portal mit, welcher die pathologiſchen Praͤparate unterſucht hatte und der mir vorausſagte, daß ich auf meine erſte Diagnoſtik zuruͤckkommen werde. Die Krankengeſchichte, ſo wie ihr erſter Geſundheitszuſtand ge— nügen meiſt nur, in zweifelhaften Fallen über die Natur der Krank: heit Aufſchluß zu geben; wenigſtens iſt dieß ſebr haufig in Bezie— hung auf die ſkirrhoͤſen Geſchwuͤlſte in der Bruſt bei Frauen. Miscellen. Von Trichina spiralis beſchreibt Herr Dr. Kobelt in Nr. 284. (Nr. 20. des XIII. Bandes) der „Neuen Notizen“ einen Fall, den er fuͤr den erſten in Deutſchland beobachteten haͤlt. Ich haͤtte es nicht der Muͤhe werth gehalten, daran zu erinnern, daß ſchon im Jahre 1835 (Muͤlleres Arch. S. 528) zwei ähnliche Beobachtungen von mir mitgetheilt worden ſind, da es mir ein geringes Verdienſt ſcheint, etwas, was in England entdeckt und hinlaͤnglich conftatirt iſt, in Deutfchland wiederzufinden: wenn ich nicht aus einer Bemerkung des Herrn Dr. Kobelt, in der Allg. Zeitg. Nr. 159. Beilage, erſaͤhe, daß er im Begriffe iſt, über dieſe Angelegenheit mit einem Collegen, Herrn Profeſſor Biſchoff in Heidelberg, in einen ernſtlichen und gehaͤſſigen Zwieſpalt zu gera— then. Herr Kobelt wirft Herrn Biſchoff vor, ſich, mit Ueber: gehung des Namens des Herrn Kobelt, als den erſten deutſchen Beobachter der Trichina geltend gemacht zu haben. Daß Herr Biſchoff unter den geſammelten Älteren Beobachtungen auch die meinigen anfuͤhrt, hat Herr Kobelt wohl uͤberſehen. Vielleicht aber moͤchte er ſich geneigt fuͤhlen, den Prioritaͤtsſtreit ganz fallen zu laſſen, wenn er erfaͤhrt, daß es ſich nicht um die Entdeckung der Trichina in Deutſchland, ſondern nur im Großherzogthume Baden handelt. Die beiden von mir unterſuchten Leichen waren Preußiſch. Dr. Henle. Zur Ausziehung eingekapſelter Blaſenſteine hat Herr Leroi d' Etiolles feine articulirte Cuͤrette, ein in einem Charniere ſich bewegendes Loͤffelchen, empfohlen und mit Erfolg angewendet. Necrolog. — Der berühmte Chirurg, Geh.⸗R. von Gräfe, Profeſſor an der Univerfität zu Berlin, iſt in der Nacht vom 3. bis 4. Juli zu Hannover geſtorben. — . —— Bibliographische Neuigkeiten Les legons de la Nature; ou P’histoire naturelle, la physique et la chimie présentées à esprit et au coeur. Par Louis Cou- sin Despreaur. 1 — 4. Vol. Lyon 1840 12. Methode éprouvée avec laquelle on parvient facilement et sans maitre à connaitre les plantes de la France, Par M. Dubois. Zme édition. Paris 1840. 8. A practical work on the Discases of the Eye and their Treat- ment, medically, topically and by operation. By Frederick Tyrrel. London 1840. 2 Vols. 8. M. K. A Memoir on Extra uterine Gestation. By Dr, Wm. Campbell, London 1840, 8. — ———— ⁵ —— auß Neue llotizen dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgethellt von dem Ober Medieinalrathe & roriep zu Welmar, und dem Mebfeinatrothe und Profeſſer Freter iu Berlin, No. 307. (Nr. 21. des XIV. Bandes.) Juni 1840. Gedruckt im Landes Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. Ueber die chemiſche Zuſammenſetzung der vegeta— biliſchen Gewebe. In der Sitzung der Pariſer Academie der Wiſſenſchaf— ten am 22. Juni berichtete Hr. A. Brongniart über eine Abhandlung des Hrn. Payen, welche den Titel fuͤhrt: Nachtrag zu einer Abhandlung uͤber die chemiſche Zuſammenſetzung des eigenthuͤmlichen Gewebes der Pflanzen und über die verſchiedenen Aggregationszuſtaͤnde dieſes Ges webes. Aus den Analyſen des Verfaſſers ergiebt ſich zuvoͤrderſt, daf die Gewebe aller phanerogamiſchen, ſo wie cryptogami— ſchen Gewaͤchſe ſich durch fucceſſive Aufloͤſung der verſchie— denen, theils in ihren Hoͤhlungen, theils in ihren Membra— nen abgelagerten Stoffe auf eine und dieſelbe Subſtanz zu— ruͤckfuͤhren laſſen, welche die Wandungen der utriculi, des Zellgewebes, des Gewebes des Holzes und der Gefaͤße ihrem Weſen nach bildet, welcher der Verf. den Namen cellulose beilegt und welche diefeibe chemiſche Zuſammenſetzung dar— bietet, wie das Satzmehl (amidon), von dem ſie ſich nur durch einen Aggregationszuſtand unterſcheidet, vermoͤge deſſen ſie den meiſten chemiſchen Agentien einen bedeutendern Wi— derſtand leiſtet, als das Satzmehl. Dieſe Subſtanz allein bildet die Wandungen der jun— gen Zellen aller Gewebe, und findet ſich auch in den aͤltern Geweben. Ja ſelbſt die verdickten Wandungen mehrerer hornartigen perisperma, z. B., bei Dracaena, der Dat: tel, und das Zellgewebe des Markes bei Aeschynomene beſtehen einzig aus derſelben. Die Wandungen der utriculi, welche die Confervenfaͤden bilden, das Gewebe der Pilze, die Blätter ſaͤmmtlicher Pflanzen ꝛc. haben gleichfalls dieſelbe urſpruͤngliche Membran zur Baſis; allein es iſt zu derſelben eine gewiſſe Quantitaͤt ſtaͤrker mit Kohlenſtoff verſetzter Stoffe hinzugetreten, welche deren Zuſammenſetzung merklich veraͤndern wuͤrden, wenn man ſie nicht, gleich den in den Zellen enthaltenen Stoffen, mittelſt erhitzten Aetznattons und mehrerer andern Auflöfungsmittel zu beſeitigen vermoͤchte. Vo. 1407. Wan tmu erbt un dee Waͤhrend nun die Feſtſtellung der Thatſache, daß das urſpruͤngliche Gewebe der Pflanzen durchgehends dieſelbe che— miſche Zuſammenſetzung beſitzt, von großer Wichtigkeit war, mußte es nicht weniger intereſſant erſcheinen, die Art und Weiſe zu ermitteln, wie die in vielen Faͤllen zu dieſer Urs ſpruͤnglichen Membran hinzutretenden, dieſelbe incruftirenden oder die Wandungen der utriculi verdickenden Stoffe ſich zu jener Membran verhalten. Wir haben, ſagt der Berichterſtatter, in Gemeinſchaft mit Hrn. Payen mehrere hierauf bezuͤgliche Unterſuchun⸗ gen angeſtellt indem wir ſehr dünne, entweder nach der Queere oder nach der Länge geſchnittene Holzſchichten, theils in ihrem na— tuͤrlichen Zuſtande, theils nach Beſeitigung aller Stoffe, außer der cellulose, unter dem Mikroſcope betrachteten und dieſelben mit mancherlei Reagentien behandelten. Auf dieſe Weiſe gelang es uns mit Sicherheit zu ermitteln, daß die innern Incruſtationsſchichten der holzigen Zellen nicht lediglich von andern Stoffen herruͤhren, als cellulose, ſondern daß dieſe Verdickung jedes utriculus von Innen ſowohl durch cel- lulose, als durch andere mit ihr vermiſchte holzbildende Stoffe bewirkt wird, fo daß die Wandungen der holzigen utriculi, nachdem man jene Stoffe aufgeloͤſ't und beſeitigt hat, nicht auf eine aͤußere duͤnne Membran beſchraͤnkt ſind, ſondern vielmehr eine aufgetriebene, ſchwammige, innere Schicht von cellulose bilden, die ſich durch dieſes Anfeben von dem feſtern und ſcharfbegraͤnzten aͤußeren Guͤrtel, wel— cher der urſpruͤnglichen Membran dieſer utrieuli entfprict, deutlich unterſcheidet. Nachdem die Zellen des Parenchyms von den fie incruſtirenden Stoffen befreit find, unterſcheiden ſie ſich nur durch ihre Formen und Structur von denſelben Theilen vor der Einwirkung der Reagentien. Man ſieht an ihnen noch dieſelben ſtellenweiſen Verdickungen, dieſelbe Punctirung, dieſelbe Strichelung. Indeß ſcheint der äußere Theil, welcher der urſpruͤnglichen Membran der Zelle ent: ſpricht und der Anfangs einzig aus cellulose beſtand, in manchen Fällen noch von etwas inctuſtirendem Stoffe durch⸗ drungen zu ſeyn, welcher der oͤftern Anwendung der Auflö⸗ 21 323 ſungsmittel erfolgreich widerſtanden hat; denn dieſer Theil der Wandungen wird bei den ſtark incruſtirten utrieuli des Holzes und bei einigen Theilen der Gefaͤße oͤfters durch Jo— dine oder ſchwache Schwefelfaͤure gelb gefärbt, was bei ganz reiner cellulose nicht der Fall iſt. . Ueber die Anwendung des Daguerreotyp's Behufs der Abbildung naturhiſtociſcher Gegenſtaͤnde. Von Turpin. Als man uns, ſagt Arago, die Entdeckung Da: guerre's zuerſt anzeigte, konnten wir kaum an deren Moͤg⸗ lichkeit glauben, und wenn uns nicht urtheilsfaͤhige Zeugen darüber berichtet hätten, würden wir ihre Ausſagen als fa— belhaft zuruͤckgewieſen haben. Zuerſt bewunderten wir die Sache nur aus dem wiſ— ſenſchaftlichen Geſichtspuncte, ohne an die faſt abſolute Voll— kommenheit der Productionen zu denken, gegen welche die bisherigen Leiſtungen der zeichnenden Kuͤnſte nur als ſtuͤm— perhafte Nachahmungen der Natur erſcheinen. Beide Arten von Productionen find auch ihrem Prin- cipe nach durchaus verſchieden. Die einen werden faſt un: mittelbar von der Natur ſelbſt hervorgebracht und beduͤrfen nur der mechaniſchen Leitung des Menſchen; die andern ſind mehr conventioneller Art und verlangen langes Studium, Geſchmack und eine ſehr geuͤbte Hand. Die vollkommenſten Leiſtungen des Zeichners, des Ma— lers, des Bildhauers ſind, wenn ſich der Kuͤnſtler das treue Copiren der Natur auch noch ſo angelegen hat ſeyn laſſen, ſtets ausnehmend fehlerhaft; ſie wimmeln in allen Einzeln— heiten, folglich im Ganzen, von Unmoͤg lichkeiten. Der Kuͤnſtler, mag er durch eine gute oder ſchlechte Schule ge— gangen ſeyn, hat doch nur grobe Mittel zu feiner Verfuͤ— gung, und ſelbſt wenn ihm der Naturforſcher leitend zur Seite ſteht, wird er es demſelben nie ganz recht machen koͤnnen. Er ſchafft weder aus ſeiner Phantaſie, noch als ſclaviſcher Nachahmer, etwas vollkommen Naturgemaͤßes, in welchem alle Theile zu dem Ganzen paſſen. Diderot ſagt bei Gelegenheit der in allen Produc— tionen der Natur herrſchenden Harmonie: „Man ſchaue einen Menſchen an, deſſen Bruſt und Ruͤcken eine regelwi— drige Woͤlbung angenommen haben. Waͤhrend die vordern Knorpel des Halſes ſich verlaͤngerten, haben ſich die hintern Wirbelbeine verkuͤrzt und den Kopf zuruͤckgezogen; die Haͤn— de ſind am Fauſtgelenke in die Hoͤhe gezerrt und die Ellen— bogen nach Hinten geſchoben. Alle Gliedmaßen haben ſich dem durch die abnorme Bildung des thorax verſchobenen Mittelpuncte der Schwere untergeordnet, und ſelbſt das Ge— ſicht hat einen damit uͤbereinſtimmenden Ausdruck des Zwan— ges und Schmerzes angenommen. Man verhuͤlle einen ſol— chen Menſchen, ſo daß man nur deſſen Fuͤße ſieht, und die Natur wird fagen: Es find die Füße eines Buckligen.“ Dieſes mißgeſtaltete Weſen in jener eigenthuͤmlichen Harmonie darzuſtellen, wo jede Faſer die eines Kruͤppels iſt, 324 vermögen wir mit unſern gewöhnlichen Mitteln nicht; wir koͤnnen durch dieſe nur uͤbel aneinandergefuͤgte Theile, ein in ſeiner Totalitaͤt unmoͤgliches Weſen hervorbringen. Man wird ein monſtroͤſes Weſen, aber nimmermehr ein ſolches er— halten, wie es die Natur hervorbringt. Die Möglichkeit der Erreichung einer abſoluten Wolle kommenheit in der Darſtellung der Naturkoͤrper iſt einzig durch das Daguerreotyp gegeben, inſofern naͤn lich, in Ber tracht ihrer verſchiedenen Farben und unumgänglid nö: thigen Unbeweglichkeit, das Licht das Bild bewir— ken und feſthalten kann. Der Bucklige, von dem Dive: rot redet, wuͤrde, durch das Daguerreotyp abgebildet, vom Kopfe bis zum Fuße ein Buckliger ſeyn. Merkwuͤrdiger Weiſe hat, ſeit Daguerre dem Pu— blicum die ſchoͤnen Reſultate ſeiner herrlichen und ungemein nuͤtzlichen Kunſt vorgelegt, Niemand etwas Vollkommneres in dieſer Art hervorgebracht. Sein Jedermann zugaͤnglich gewordenes hoͤchſt einfaches Verfahren hat in weniger geuͤbten Haͤnden eine Menge von mittelmaͤßigen und ſchlechten Producten, daneben aber, von geſchickten Leuten ausgeübt, auch viele eben fo fchöne, wie die des Erfinders, in's Leben treten laſſen. Wenn dieſes Verfahren und deſſen Reſultate, bei de— nen die Wiſſenſchaft faſt Alles und die Kunſt, wenngleich der Zweck ganz kuͤnſtleriſcher Art iſt, nur hoͤchſt wenig ge— leiſtet hat, als ein wichtiger Fortſchritt anerkannt werden muß, ſo hat man ſich zu verwundern, daß man auf dieſer, nunmehr von ſo vielen geſchickten und wiſſenſchaftlichen Leu— ten betretenen Bahn, die ſich um Aufklaͤrung der innerſten Urſachen und Wirkungen der Erſcheinung eifrig bemuͤhen, noch nicht weiter gekommen iſt. Wir haben hier lediglich die dem Publicum zugaͤnglich gewordenen Lichtbilder, nicht aber die vielen und zum Theil ſehr nuͤtzlichen Vervollkommnungen des Apparats und der fuͤr die Einwirkung des Lichts, das hier der einzige Kuͤnſtler iſt, vorgerichteten Materialien im Auge, und in dieſer Be- ziehung muß man zugeben, daß die Leiſtungen Dag uerre's bis jetzt noch unuͤbertroffen daſtehen. In dieſer Hinſicht ſteht alſo die Erfindung noch auf derſelben Stufe, wie damals, als fie dem Publicum zuerſt vorgelegt ward. Sie erſcheint als eine eherne Saͤule, um welche eine Menge Beſchauer ſtehen, die ſich vergebens be— muͤhen, an ihr zu beſſern. So herrlich jedoch dieſe Bilder in Betracht ihrer. abfos luten Genauigkeit, in den winzigſten Einzelnheiten, wie in der verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße ihrer Theile, der Luftperſpecti— ve, der Schatten, Halbſchatten und Lichter ſind, die alle ge— nau ihre wahre Stelle einnehmen, ſo bleibt doch in man— cher anderen Beziehung noch viel zu wuͤnſchen uͤbrig. Die ſchwarzen Koͤrper, als Draperieen, Huͤte, Roͤcke, Halsbinden, bieten unſern Augen Schatten- und Lichtef— fecte, aber auf den Daguerre'ſchen Bildern nur Umriſſe dar, welche allerdings ungemein treu, aber nur mit einer ziemlich ausgeglichenen ſchwarzen Lage ausgefuͤllt ſind. Die Ausfuͤhrung der Halbſchatten iſt bewunderungswuͤrdig; allein 325 bei dem Mangel an lebhaften, hervorſtechenden Lichtern fehlt es dem Bilde an Leben, und zwar in dem Grade, daß wir bei jedem aͤußern Gegenſtande an den monotonen Himmel einen Mond, und bei jedem innern eine Lampe hinzuwuͤn— ſchen, um eine angemeſſene Beleuchtung zu erhalten. Bei einer ſolchen Beleuchtung wuͤrde die Taͤuſchung weit voll— ſtaͤndiger ſeyn. Bis jetzt hat man ſich fruchtlos bemuͤht, das Daguer— re'ſche Bild durch Aetzen mit Säuren auf die fülberplattirte Tafel zu fixiren, wie dieß bei andern Arten von Metallſtich geſchieht. Lange, nachdem die Herren Niepce und Da: guerre dieſen Verſuch, als zu nichts führend, aufgegeben, hat man ihn wieder aufgenommen. Die der Academie vor— gelegten zahlreichen Proben waren kraftlos und hatten alle Details eingebüßt: fie glichen jenen Abklatſchen von Kupfer: ſtichen, die man nach dem Abziehen einer Kupferplatte auf Loͤſchpapier macht, um die Druckerſchwaͤrze aus den Vertie— fungen des Stichs vollſtaͤndig herauszubringen.“) Man hat ferner verſucht, indem man zugleich mit dem Daguerreotyp ein Mikroſcop anwandte, winzige organiſche Körper ſtark vergrößert abzubilden. Allein auch dieſes ift mißlungen; und die ſo erhaltenen Abbildungen ſind ſowohl in Anſehung der Schoͤnheit als Nuͤtzlichkeit als vollkommen verfehlt zu betrachten. Die beſte darunter ruͤhrt von Hrn. Dag uerre her und ſtellt den Steiß und die Spinnloͤcher einer Spinne dar. Ein Floh iſt uns vorgekommen, der nur als eine hoͤchſt genaue Silhouette gelten konnte, da er im Profil dargeſtellt, uͤbrigens mit einem ſehr dunkeln ausgeglichenen Farbentone ausgefuͤllt war. Vor Kurzem ſah ich die Abbildung der Kraͤtzmilbe (Sarcoptes Homi- nis seu Scabiei), die ſich ebenfalls faſt bloß als Sil— houette, jedoch mit einigen undeutlichen Details des In— nern darſtellte, indem dieſes Geſchoͤpf bedeutend durchſchei⸗ nender, als der Floh iſt. Uebrigens waren die zahlreichen merkwuͤrdigen, aͤußern und innern Organe dieſer Arachnide mehrentheils ganz unerkennbar. Von den acht von einander fo ſehr verſchiedenen und fo eigenthuͤmlich characteriſirten Fuͤßen dieſes Geſchoͤpfes war, wohl weil ſich dieſelben be— wegt hatten, kaum Etwas zu ſehen. Der Mund, die Speiſeroͤhre, der weite Magen, der Eierſtock, das ovale und mit netzfoͤrmigen Streifen verſehene Ei des Weibchens, die obere ſtiletfoͤrmige und die untere ſpatelfoͤrmige Lefze, die Kaufuͤße und die fo ſchwer zu erkennenden eryſtallhellen Aus gen, die beiden großen, ſeitlich und vorne im Rumpfe lie— genden Lungenſaͤcke, die zahlreichen vorſpringenden und nach der Queere ſtreichenden Streifen, welche dem Panzer oder *) Hr. Tu rpin hatte, als er dieß ſchrieb, wohl nur von den in Frankreich zur Erreichung des Aetzens der daguerreotypir— ten Bilder, z. B, durch Hrn. Donne, gemachten Verſuchen Kenntniß. Die vom Profeſſor Dr. Berres in Wien zur permanenten Fixiruag der Lichtbilder mittelſt eines durchfiche tigen Metalluͤberzugs und zur Aetzung der Daguerreotypplatte, fo daß eine zum Drucke vollkommen brauchbare Platte ente ſteht, erfolgreich angewandten Methoden, welche der Erfinder mit der ruͤhmenswertheſten Liberalitaͤt der K. K. Geſellſchaft der Aerzte mittheilte, laſſen das vollftändige Gelingen des Licht⸗ bilderdruckes hoffen. D. Ueberſ. 326 der hornartigen Haut des Inſects unten und oben mehr Feſtigkeit geben; die zahlreichen, ſymmettiſch auf dem Rük⸗ ken und Schultern ſtehenden Waͤrzchen, von denen jedes in einen niederwaͤrts gerichteten Dorn ausgeht, endlich die ver: ſchiedenen Farben, welche zur Unterſcheidung der Theile die— ſes Acarus behuͤlflich find; dieß Alles und vieles Andere, das wir hier, um nicht zu weitlaͤuftig zu werden, uner— waͤhnt laſſen müffen, fehlte gaͤnzlich, fo daß dieſe Abbil— dung durchaus nicht inſtructiv und eigentlich nur der ver— größerte Schatten der Krägmilbe war *) Ich bin weit davon entfernt, dieſe Beſtrebungen und Verſuche tadeln zu wollen, da nur durch ſie Neues zu errei⸗ chen ſteht; allein es beduͤnkt uns, als ob man die Acade— mie mit mißlungenen Probearbeiten verſchonen ſolle, da ſich doch Jeder vorher uͤber den Werth ſeiner Leiſtungen bei Sachkennern Raths erholen kann **), Der Ausſpruch des Naturforſchers wuͤrde gelautet ha— ben: Euer Spinnenſteiß, Euer Floh, Acarus x. find ſchlechterdings unbrauchbar, weil der Naturforſcher mit dem Schatten eines Gefchöpfs nichts anfangen kann, ſondern alle Einzelnheiten des Naturproducts deutlich ſehen muß, um ſich fortzubilden. Haͤtte man einem Kuͤnſtler die durch das Aetzen von Lichtbildern erhaltenen Abdruͤcke gezeigt, fo würde er geſagt haben: Zeigt ſie um's Himmels willen Niemandem; ſie find zu ſchlecht, als daß Ihr damit Ehre einlegen koͤnntet. Die Herren Nié pte und Daguerre haben dergleichen Verſuchen, nach vielfachen vergeblichen Anſtrengungen, ganz entſagt, weil ihnen klar geworden, daß die Lichtbilder, we— gen zweier weſentlichen Grundfehler, nie mit Vortheil geaͤtzt werden konnen. Die auf praͤparirtem (photogeniſchem) Papiere erhalte: nen Abbildungen bieten ebenfalls die fuͤr naturhiſtoriſche Gegenſtaͤnde wuͤnſchenswerthe Genauigkeit nicht dar; ſie ſind ſtets kraftlos und in den Details ohne Schärfe. Von den durch Hrn. Biot der Academie vorgelegten zahlreichen Bildern Tal: bot's beſitzen wir aber eines, welches eine durch den Winter ent⸗ laubte Ulme darſtellt. Wenn gleich die Umriſſe derſelben nicht ſcharf und die aͤußerſten Zweige wegen der Bewegung durch den Wind ganz verwiſcht ſind, auch Stamm und Aeſte eine matte braune Faͤrbung zeigen, ſo bietet doch dieſes Bild, *) Sie wurde von Hrn. Vincent Chevalier vorgelegt, der fie mittelſt des achromatiſchen Sonnenmikroſcops bei 145facher Vergrößerung des Durchmeſſers erlangt hatte. ) Faſt fo einzig, wie die Erfindung des Hrn. Daguerre ſelbſt iſt der Umſtand, daß er ſein Geheimniß mehrere Jahre lang für ſich behalten hat. Es erklaͤrt ſich dieß aus dem Um⸗ ſtande, daß Hr D. ein ausgezeichneter Kuͤnſtler iſt, und ihm die Vervollkommnung der Kunſt die Hauptſache war. Waͤre er nur ein Gelehrter geweſen, fo würde er ſich ſelbſt wahrſchein⸗ lich dadurch geſchadet haben, daß er der Academie jeden Mon⸗ tag ein Stuͤck von ſeiner Erfindung vorgelegt haͤtte. So wuͤrde denn dieſelbe nicht nach ihm benannt worden ſeyn, weil ſich, wie nach deren Bekanntmachung, Jedermann damit be⸗ ſchaͤftigt haben und fie durch die gemeinſchaftlichen Bemühun⸗ gen Aller zu Stande gekommen ſeyn würde. An eine Natio⸗ nalbelohnung wäre unter ſolchen Umftänden nicht zu denken geweſen. * 327 ſo wie es iſt, einen fo wahren Character, einen fo eigens thuͤmlichen Schnitt dar, daß der geſchickteſte Landſchaftsma— ler, aller angewandten Sorofalt ungeachtet, nichts Aehnli— ches hervorzubringen vermoͤchte. Dergleichen Bilder, welche man ruͤckſichtlich der abſolu— ten Genauigkeit mit dem auf eine weiße Mauer geworfenen Schatten eines Gegenſtandes oder mit dem Bilde deſſelben im ruhigen Waſſer vergleichen kann, würden Landſchaftsma— lern als Mappenſtudien von großem Nutzen ſeyn konnen. Sie koͤnnten ſich dergleichen abſolut naturgetreue Baumſke— lette im Winter ohne Muͤhe verſchaffen und dieſe entweder zu Winterlandſchaften oder auch zu Sommerlandſchaften verwenden, da im letztern Falle wenigſtens die Tracht der Species ihnen zur Verfuͤgung ſtehen wuͤrde, und ſie das Laub nur aufzutragen brauchten, wie man die Muskeln einem Menſchengerippe hinzufuͤgt. Wenn ſich durch das Daguerreſche Verfahren alle Ein— zelnheiten der Kraͤtzmilbe je fo darſtellen ließen, wie man fie an den, der Academie von mir vorgelegten, colorirten Abbil— dungen fiebt, fo würde allerdings daraus ein gewaltiger Vortheil entſpringen, indem der erſte Beſte ohne Weiteres hervorbringen koͤnnte, was ich und der Zeichner nur durch vierzehntaͤgiges Studium und Arbeit erlangten. Ja, abge— ſehen von der Einfarbigkeit des Bildes, würde daſſelbe ohne allen Vergleich vollkommner ſeyn. Bis dahin hat es aber noch Zeit; doch geben wir die Hoffnung nicht auf! “) (Comptes Rendus ete., 13. Avr. 1840.) Ueber die Unterbrechung der Lebensthaͤtigkeit der Batrachier durch Kaͤlte. Von Herrn Gaimard. Herr Gaimard ſtellte ſeine Verſuche waͤhrend des Winters 1828 bis 1829 auf Island, mit drei Species, an, nämlich dem gemeinen Froſche, der gemeinen Kroͤte und der Rohrkroͤte (Rana bufo calamita, Gm.) . Mit den Froͤ⸗ ſchen mißlangen ſie aus Urſachen, welche hier nicht weiter angefuͤhrt zu werden brauchen, die aber durchaus nicht da— gegen ſprechen, daß der Erfolg unter anderen Umſtaͤnden entſprechend ſeyn werde. Ruͤckſichtlich der beiden Kroͤtenarten hat der Verfaſſer folgende Thatſachen ermittelt, die wir hier kurz mittheilen Kröten koͤnnen, ohne zu ſterben, fo feſt frieren, daß ſich alle Zwiſchenraͤume zwiſchen den Muskeln mit Eis füllen und daß alle thieriſchen Functionen unterbrochen erſcheinen. Bei einigermaaßen allmaͤliger Steigerung der Temperatur laſſen ſie ſich nichtsdeſtoweniger wiederbeleben; ja binnen 8 bis 10 Minuten konnen fie wieder vollkommen hergeſtellt und fo behend wie früher ſeyn. „) Unſere (Hrn. Tuͤrpin's) Abbildung des Acarus Scabiei iſt, ohne Ruhmredigkeit, das Vollkommenſte, was die Micrographie in Anſehung eines ſo ſchwierigen Gegenſtandes bis jetzt geleiſtet hat. Allein gelaͤnge es mittelſt des Daguerreotyps, alle wingir gen Theile dieſer Milbe wiederzugeben, ſo wuͤrde unſere Arbeit nur noch fuͤr ein grobes Zerrbild gelten koͤnnen, und wir wuͤrden fie, ungeachtet des Vorzugs der Colorirung, ohne Bedenken in's Feuer werfen. 328 Im Zuſtande des Gefrorenſeyns bemerkte man an den Kroͤten nicht das geringſte Lebenszeichen. Ihr Koͤrper war hart, ſteif und durchaus wie ein gefrornes Cadaver. Man konnte es nicht dahin bringen, daß ſich eine ihrer Extremitaͤten im Geringſten bewegt haͤtte, und ſie ließen ſich ohne alle Anſtrengung in Stuͤcke brechen. Die erhaͤrteten weichen Theile waren fo ſproͤde wie Knochen, und brach man ſie ab, ſo floß nicht ein Tropfen Blut aus der Wunde. Zur Anſtellung dieſer Verſuche legte Herr Gaimard gleich zu Anhang des Winters Kröten in einen, halb mit Erde gefüllten, Holzkaſten. Die Rohrkroͤten krochen ſogleich in die Erde, waͤhrend die gemeinen Kroͤten dieß erſt thaten, als die Kaͤlte heftig geworden war. Das Gefrieren der Kroͤten fand in den von ihnen ſelbſt gewuͤhlten Loͤchern ſtatt. Die durch ihre Raſchheit wirklich merkwuͤrdige Wieder— belebung wurde von Herrn Gaimard dadurch bewirkt, daß er die Kroͤten in ganz gelinde erwaͤrmtes Waſſer that. Kaum waren die Eistheilchen aufgethauet, ſo erlangten die Extremitaͤten und die fie bedeckende Haut ihre gewohnte Biegſamkeit wieder, und fingen die Thiere an ſich zu bewe— gen. Zugleich wurden die vorher ganz welken Augen her— vorragend, und nach 8 bis 10 Minuten war die Lebens thaͤtigkeit vollſtaͤndig im Gange. Die Kroͤten, welche man zu ſchnell gefrieren ließ, mochte dieß nun im Waſſer oder in der Luft geſchehen, wur— den nie wieder lebendig. Bei'm Aufthauen machten ſie hoͤchſtens einige leichte Bewegungen, ſtarben aber bald darauf. Die Fortſetzung dieſer Verſuche wuͤrde von bedeutendem Intereſſe ſeyn, zumal wenn ſich fände, daß die Batrachier im Zuſtande des vollkommenen Gefrorenſeyns lange Zeit ver— harren koͤnnen, ohne daß die Lebenskraft erliſcht. Bekannte lich haben Kroͤten in Moͤrtelklumpen lange Zeit gelebt, und Viele hegen die Anſicht, daß ſie in dichtverſchloſſenem Ge— maͤuer Jahre lang fortexiſtiren koͤnnen. (Bibliothèque uni- verselle de Genève, Mars 1840.) Miscellen. Einen neuen electromaanetifhen Beweger zeigte Hr. Seguier im Namen des Erfinders, Hrn. Patterſon zu New-York, und des Hrn. Andelle zu Paris, welcher dieſen Apr parat nach Frankreich gebracht hat, der Academie der Wiſſenſchaf— ten am 8. Juni vor. Es finden ſich in gleichen Abſtaͤnden Stücke weichen Eiſens auf dem Kranze eines Rades, und bei der Dre— bung des letztern ſtreichen fie nacheinander an zwei electro-magneti— ſchen Generatoren vorbei. Die Drähte, in welchen die electriſchen Strömungen erregt werden, ſtehen mit einem einfachen Mechanis- mus in Verbindung, vermoͤge welches ſich die Strömungen in dem Augenblicke entwickeln, wo ein Stuͤck Eiſen ſich dem Magnete naͤhert. Sobald die Annaͤherung den hoͤchſten Grad erreicht hat, wird die Strömung ploͤtzlich unterbrochen, während die Drehung des Rades durch den bereits erlangten Schwung fortgebt, und die Stroͤmung bildet ſich nicht eher wieder, als bis ſich das Rad um die Halfte eines der Raͤume weitergedreht hat, welche ſich zwiſchen den auf dem Rade befindlichen Stuͤcken weichen Eiſens befinden. Sobald man die Strömung ſtätig und ununterbrochen fortwähren laͤßt, gelangt die Maſchine zum Stillſtande; wird die Stroͤmung gänzlich aufgehoben, fo befindet ſich das Rad völlig frei. Die elec⸗ triſche Kraft dieſer Maſchine ruͤhrt von einer voltaiſchen Batterie her, die aus mit Queckſilber amalgamirten Zinkplatten und Sil⸗ 329 berblechen zuſammengeſetzt ift, welche letztere mit darauf niederge— ſchlagenem Platin bedeckt find. Statt des Sitberbleches kann man auch Eiſenblech anwenden, das ebenfalls in derſelben Weiſe mit platina überzogen iſt. Die Platten werden in verdünnte Schwe⸗ felſaure (1 Tyeil Saure auf 9 Theile Waſſer) eingeſezt. Herr Davenport hat in den Vereinigten Staaten bereits eine aͤhnli— che Maſchine zum Treiben einer Druckerpreſſe angewandt; indeß ſcheint die patterſon 'ſche um Vieles einfacher. Ueber Organe, welche den Aecidien angehoͤrig und den Antheren analog ſind, hat Herr Geh. R. Pink Zeichnun— 330 gen von Herrn P, Meyen der Geſellſchaft naturſorſchender Freu de in Berlin vorgelegt. Sie finden ſich, den Accidien gegenüber, auf der andern Blattflaͤche, erſcheinen früher als jene und bilden zuerſt eine Puſtel, wie jene, die ſich in einen Kegel erhebt, der ganz aus Fäden beftcht, von denen eine Staubmaſſe ven Pollen ſich verbreitet. Necrolog. — Der tbätige Naturforſcher in Oſtindien, Dr. Helfer aus Prag, von welchem in den „Neuen Notizen“ mehrere Male die Rede geweſen, iſt leider am 1. Januar von den Eingebornen der Andaman- und Nicobar-Inſeln ermordet worden. eee e ne. Ueber die Verbindung von Gehirnkrankheiten mit Herzkrankheiten. Von Dr. Robert Es ſind bereits viele Beobachtungen mitgetheilt wor— den, in welchen Hypertrophieen und Oſſificationen des Herz zens mit Gehirnkrankheiten urſaͤchlich zuſammenhaͤn gen. So theilt auch Dr. Law mehrere Faͤlle mit, in welchen nach den Symptomen bereits laͤngere Zeit Hypertrophie des Her— zens mit Klappenfehlern vorhanden war, wozu ſodann Hirn— affectionen hinzutraten, als deren Urſache ſich bei der See— tion Gehirnerweichung auswies. Ohne auf die Einzelnhei— ten der beobachteten Faͤlle einzugeben, theilen wir nur einige allgemeine Betrachtungen mit, in welchen der Verfaſſer die practiſchen Folgerungen aus ſeinen Beobachtungen zuſam— menſtellt. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß bedenkliche Gehirnaffec— tionen nicht ſelten davon herrübren, daß eine hypertrophiſche linke Herzhaͤlfte das Blut mit ungehoͤriger Kraft in das Gehirn eintreibt, ſo daß es einer der wichtigſten Puncte bei apoplectiſchen oder paralytiſchen Hirnaffectionen iſt, daß man den Zuſtand des Herzens genau erforſche. Hypertrophieen erkennen wir aus den phyſicaliſchen Zeichen, welche vorhan— den find, die Hypertrophie, mag von einer Hemmung des Blutlaufes — zwiſchen dem Herzen und den zum Ge— birne gehenden Gefäße, oder in der Mitralklappe oder — in den Aertenklappen abhängen. Außer den cha: racteriſtiſchen Zeichen der Hypertrophie belehrt uns beſon— ders der Puls; bei Krankheit der Aortenklappen iſt er eigenthuͤmlich vibrirend und in den laͤngern Arterien ſchwir— rend; dei Krankheiten der Mitralklappe iſt er klein und bisweilen ganz ausſetzend und niemals mit der Kraft der Herzaction in Verhaͤltniß; hat die Urſache der Hem— mung des Blutlaufs und der erſt daraus folgenden Hyper— trophie ihren Sitz entfernter, als die Stelle iſt, wo die zum Kopfe fuͤhrenden Gefaͤße entſpringen, ſo wird derſelbe Im— puls, welcher das Blut mit Gewalt gegen das Gehirn treibt, auch auf die Gefaͤße der obern Extremitaͤten einwir— ken und den Puls an der Handwurzel verändern. Hier iſt die Kraft des Pulſes das Maaß fuͤr den Andrang des Blutes nach dem Gehirne; bei keiner Apoplexie oder Para— lyſe ſollte daher eine forgfättige Unterſuchung der Herzaction vernachlaͤſſigt werden. Finden wir einen vollen ſtarken Puls mit gleich ſtarker Action des Herzens und ſtaͤrkerem An: g w. ſchlage, fo iſt eine ſolche Verbindung von Herz- und Hirn— krankheit nicht zu verkennen. Bei der Behandlung dieſer Faͤlle muß ohne Zoͤgern verfahren werden; dennoch aber hat die Blutentziehung dabei ihre Graͤnzen, denn wir haben nicht ſelten Faͤlle, in welchen auf eine betraͤchtliche Blutent— ziehung ein Collapſus und mangelhafte Innervation folgt, welche den unverzuͤglichen Gebrauch reizender Mittel noͤthig macht. Wir wollen auf das Detail der Behandlung von Hirnaffectionen, welche von einer ſolchen Krankheit des Cir⸗ culationsſyſtems abhaͤngt, nicht weiter eingehen. Dieß iſt ein neuer Punct in der Pathologie; wir fordern nur auf, genau zu unterſcheiden, ob die Hirnaffection von dieſer oder irgend einer andern Herzkrankheit herrühre. In Bezug auf die Hirnkrankheiten, welche von Krank— heiten der Aortenklappen herruͤhren, muͤſſen wir uns den Anſichten des Dr. Corrigan vollkommen anſchließen und wir haben, dem entſprechend, ſowohl nach eigener practiſcher Erfahrung, als nach der Theorie und nach der Analogie der phyſicaliſchen Zeichen der allgemeinen Erſcheinungen mit de— nen einer Blutung eine toniſche Behandlung ange⸗ wendet, und zwar beſonders, wenn die Hirnaffection erſt zu der Herzkrankheit hinzukam. Da wir nicht allein eine ges naue Verwandtſchaft in Bezug auf die Erſcheinungen zwi— ſchen dieſer Herzkrankheit und einer Blutung, ſondern auch zwiſchen derſelben und denjenigen Krankheiten bemerkten, de— ren Weſen in einem unvollkommenen Zuſtande des Blutes beſteht, bei welchen Eiſenmittel beſonders nuͤtzlich find, fo haben wir auch hier unfere tonica aus derſelben Claſſe von Heilmitteln gewaͤhlt, und zwar mit großem Nutzen für die Kranken. Waren zugleich Hirnaffectionen vorhanden, ſo wurden Mittel, welche dieſer Com plication entſprachen, bins zugefuͤgt; es war bisweilen eine forgfältig zu beſtim mende maͤßige Blutentziehung noͤthig, was durch einige Blutegel hin— ter dem Ohre erreicht wurde; auch wurden Blaſenpflaſter im Nacken und Senffußbaͤder angewendet. Obwohl das aufgetriebene Geſicht der Kranken gewoͤhnlich auf die Noth— wendigkeit dieſer ſymptomatiſchen Mittel hinweiſ't, fo giebt doch der Zuftand der Sprache genauere Indicationen. Un⸗ fere allgemeine Behandlung in Ruͤckſicht auf beide Organe beſtand in Anwendung toniſcher und ſtimulirender Mittel, in Verbindung mit ſolchen Mitteln, welche die dei der Complication intereffirten Organe zu erfordern ſchienen. Die Indication beſteht darin, dem Herzen den gewohnten Grad der Kraft zu verleihen und es in den Stand zu ſez⸗ 331 zen, das Blut nicht allein fortzutreiben, ſondern auch der Regurgitation deſſelben zu widerſtehen; es muß ſtimulirt werden, waͤhrend gleichzeitig die Hirnaffection im Auge behalten werden muß. Nach dieſen Indicationen wurden Eiſenmittel, bisweilen jedoch nur ſpaͤrlich, mit digitalis ges geben. Die angewendeten Reizmittel beſtanden in Campher, Ammonium, Arnicaaufguß oder in unſerer Hoſpitalformel, welche aus Camphermirtur, Ammonium carbonicum und Hoffmannstropfen beſteht. Auch wendeten wir eine Verbin: dung des James pulvers (welches Dr. Cheyne bei Hirnaf— fectionen empfiehlt) mit kohlenſaurem Ammonium an. Am nuͤtzlichſten jedoch ſchien mir in ſolchen Fällen eine Verbin⸗ dung des Jamespulvers mit Extr. nucis vomicae, wos bei das erſte Mittel durch Erregung der Hautthaͤtigkeit die Circulation regelt, waͤhrend das letztere das Herz als Mus⸗ kelorgan erregt. Die Indicationen in den Faͤllen, in welchen der Ge— hirnkrankheit eine Affection der Mitralklappe zu Grunde liegt, ſind ziemlich dieſelben, als wenn die Krankheit von Aortenklap⸗ pen ausgeht, mit Ausnahme der Regel, daß bei Affection der Mitralklappe Koͤrperbewegungen und moraliſche Aufregungen auf gleiche Weiſe vermieden werden müffen, da fie diejenige tumultuariſche Thaͤtigkeit des Herzens und daraus folgende Congeſtionen veranlaßt, von welchen die Excerbationen abs haͤngen, wozu dieſe Krankheit ſo disponirt iſt. Man muß zwei Zuſtaͤnde der Auriculoventricular-Oeff— nung unterſcheiden: die fortdauernde Contraction und das anhaltende Offenſtehen; in dem einen Falle geht nur eine geringe Quantitaͤt Blut aus dem Vorhofe in den Ventrikel über, und davon geht auch noch ein groͤßerer Theil wieder in den Vorhof zuruͤck; in dem andern Falle geht das Blut frei aus dem Vorhofe in den Ventrikel, und faſt eben ſo frei aus dem Ventrikel in den Vorhof zuruͤck. Die Wir⸗ kung iſt in beiden Faͤllen ziemlich gleich; der Koͤrper erhaͤlt nicht die hinreichende Quantitaͤt Blut, waͤhrend Congeſtionen in dem Herzen und in den Lungen ſtattfinden. Die Be— handlung beſteht gerade in dem Gegentheile von dem, was bei Krankheit der Aortenklappen heilſam iſt, naͤmlich in koͤr— perlicher und geiſtiger Ruhe; die Neigung zu Ohnmacht und Nervenſchwaͤche iſt aber durch dieſelben Reizmittel zu behandeln, wie bei andern Modificationen dieſer Krankheit. Dr. Fleming hat vor Kurzem der pathologiſchen Geſell— ſchaft einen intereſſanten Fall mitgetheilt. Ein Mann von 45 Jahren wurde anfangs plöglid in der Nacht von Dys⸗ pnoͤe mit Palpitationen befallen; einmal wurde mit groͤßter Eile nach dem Arzte geſchickt, weil ein apoplectiſcher Anfall eingetreten zu ſeyn ſchien. Dr. Fl. fand Bewußtloſigkeit, kaum fuͤhlbaren Puls und Hemiplegie. (Ein warmes Senffußbad, Campher und Ammonium und ein Blafenpfla- ſter in den Nacken). Bevor das letztere zog, ſchon in der fünften Stunde hatte Patient ſich vollkommen erholt. Vom März bis November wurden vier ähnliche Anfälle auf gleis che Weiſe erfolgreich behandelt. Alle dieſe Anfaͤlle waren von Gelbſucht begleitet. Dr. Fl fand es nöthig, die voll: kommenſte Körper» und Geiſtesruhe zu empfehlen; die Herz— thaͤtigkeit war ſehr ſtark mit einem Anſtoß und mit einem 832 Blaſebalggeraͤuſche verbunden, während der Puls ſehr klein, ſchwach und bisweilen nicht fuͤhlbar war. Die leichteſte Blutentziehung, ſelbſt ein einziger Blutegel, veranlaßte beun— ruhigende Schwaͤche; auch war eine ungewöhnliche Empfaͤng— lichkeit fuͤr die Einwirkung des Opiums vorhanden. Der Tod erfolgte durch eine andere Krankheit. Leider durfte der Kopf nicht geoͤffnet werden. Die Mitralklappe war verdickt und ſchloß die Vorhofsoͤffnung nicht, welche bei weitem gro— ßer war, als im normalen Zuſtande; es war excentriſche Hypertrophie des linken Ventrikels vorhanden; die Lungen waren mit Blut uͤberfuͤllt, zeigten ſtellenweiſe Pulmonarapo— plerie und an andern Stellen Emphyſem. Ob dabei die Gebirnkrankheit andauernd oder vorübergehend war, iſt nicht weſentlich wichtig; der Fall beweiſ't nur, wie eine Stoͤrung der Herzthaͤtigkeit den Blutzufluß zu dem Gehirne in einem ſolchen Grade ſtoͤren kann, daß die Hirnfunction dadurch ſuspendirt oder vollkommen aufgehoben werde. Dr. Fl. bewies daher ein ſehr richtiges Urtheil, daß er Reizmittel gab, indem er aus dem ſchwachen, ausſetzenden Pulſe ſchloß, daß die Symptome davon abhaͤngen, daß das Gehirn ſeines eigenthuͤmlichen Reizes beraubt war. Bei einigen Anfaͤllen gab Dr. Fl. mit großem Vortheil etwas Branntwein. Aus Allem laſſen ſich folgende Schluͤſſe ziehen: 1. Die Krankheiten des Gehirns haͤngen in vielen Faͤllen genau mit Herzkrankheiten zuſammen, oder davon ab. 2. Um die pathologiſche Beziehung, welche beide Or— gane zur Apoplexie haben, und welche eine Folge der Hy— pertrophie der linken Herzkammer iſt, zu beſchraͤnken, muͤſſen wir dieſes Organ moͤglichſt in ſeine natuͤrlichen Graͤnzen zuruͤckfuͤhren. 3. Gehirnerweichung kommt in Verbindung mit Herz— krankheiten vor, deren directe und indirecte Wirkung darin beſteht, daß der Zufluß des Blutes zu dem Kopfe vermin— dert wird. 4. Dieſe Gehirnkrankheit kann mit Aorten oder Mitralklappen zuſammenhaͤngen. 5. Hypertrophie der linken Herzkammer muß, wenn ſie Apoplexie veranlaſſen ſoll, von irgend einem Hinderniſſe in der Circulation abhaͤngen, welches etwas weiter von dem Herzen entfernt liegt, als der Urſprung der Blutgefaͤße, wel— che zum Gehirne gehen. 6. Wenn eine Gehirnerweichung in Verbindung mit unvollkommen ſchließenden Aortenklappen vorkoͤmmt, ſo wird es durch die Aehnlichkeit der phyſicaliſchen und allgemeinen Symptome dieſer Krankheit und einer Verblutung, ſo wie durch die Reſultate der Behandlung ſehr unwahrſcheinlich, daß die Gehirnkrankheit die Folge zu reichlicher und zu hef— liger Eintreibung des Blutes in daſſelbe ſey. 7. Kommt eine Hirnerweichung in Verbindung mit einer Krankheit der Mitralklappe vor, ſo ſchließt der, in der Regel, kleine Puls ſogleich die Anſicht aus, daß die Ge— hirnkrankheit unter den gewöhnlichen Bedingungen einer Ente zuͤndung ſich entwickelt. 8. Waͤhrend die Gehirnerweichung allerdings wohl in Folge von Entzuͤndung, Hyperaͤmie ꝛc. vorkommt, ſo zeigt ſie ſich auch unter ganz entgegengeſetzten Bedingungen. Affection der 333 9. Eine Vernachlaͤſſigung der Erſcheinung fo entgegen: geſetzter Krankheitsmodificationen und die Anwendung einer und derſelben Behandlung bei demſelben muß nothwendig zu den uͤbelſten practiſchen Reſultaten fuͤhren 10. Die Umftände, unter welchen Gehirnerweichungen vorkommen, ſcheinen dieſe mit der Gangraͤn gleichzuſtellen oder mit dem Tode eines Theiles in Folge von ungenuͤgender Zufuͤhrung von Blut. (Dublin Journ. May 1840.) Ueber die Contractilitaͤt der Gefaͤße. Von Dr. Henle. In feinen pathologiſchen Unterſuchungen verſucht der Verfaſſer, Congeſtion und Entzündung als einen Laͤhmungszuſtand der Ca— pillargefäße zu erklären, welcher antagoniſtiſch auf Reizung ſenſi— beler Nerven eintrete. Es wurde dabei eine lebendige Contractili— tät der Paargefäße vorausgeſetzt; dieſe iſt noch nicht bewieſen. In einem neueren Auffage (Caſper's Wochenſchr. Nr 21.) führt Derſelbe nun, zu Unterftügung dieſer Anſicht, Gründe aus der anatomiſchen Beſchaffenheit der mittleren Arterienhaut an; dieſe Ringfaſerſchicht der größeren Arterien ſetzt ſich bis in die kleinſten Arterien und ſelbſt durch die Capillarnetze hindurch, durch die Venen fort, und iſt der Muskelhaut des Darmes, der Blaſe ıc. ganz gleich. Des Verſaſſers frühere Vermuthung, daß Muskeln und Zellgewebe überhaupt nicht ſtreng geſchieden ſeyen, beſtaͤtigt ſich, indem dieſer Uebergang zwiſchen beiden Geweben die mittlere Artes 9 805 bildet, wie ſich aus den hier mitzutheilenden Thatſachen ergiebt. Die microſcopiſchen Elemente der mittleren Arterienhaut ſind breite und ſehr platte, ſchwach granulirte Faſern, ode Baͤnder, welche ringfoͤrmig um die innere Gefaͤßhaut liegen. Sie zerfallen in den innerſten Schichten gern in ziemlich gleich lange, rhombi— ſche Plattchen, welche mit abgeplatteten Oberhautzellen viele Achn— lichkeit haben, aber, im Verbältniffe zur Breite, länger find, Von den Plattchen find einige ganz homogen, andere zeigen an einer Stelle einen dunkeln ovalen Fleck, von der Form der gewoͤhnlichen Zellenkerne, der mit feinem längften Durchmeſſer in der Laͤngenaxe des Plaͤttchens liegt; auf anderen endlich iſt dieſer Fleck in einen laͤngeren und feinen, immer dunkeln Streifen ausgezogen, der oft über das ganze Plattchen, oft nur über einen Theil deſſelben vers läuft, oft durch eine Reihe kleiner, dunkler Punctchen erſetzt wird. Weiter nach Außen verſchmelzen die Plärtchen zu langen, nie oder nur aͤußerſt ſelten veraͤſtelten Faſern, und auch die dunkeln Laͤngs— ſtreifen gehen alsdann untereinander Verbindungen ein, indem ſie ſich nicht nur der Länge nach einander fügen, ſondern auch Sei— tenäfte äbſchcken, durch welche fie unter einander anaſtomoſiren. So beſteht alſo die mittlere Arterienbaut aus vielfaͤltigen Lagen granulirter Qucerbaͤnder ı von 0,003“ Durchmeſſer) und einem Syſtem oder Netz dunkler Streifen dazwiſchen. Dieſe gleichen einigermaaßen den elaſtiſchen Faſern und haben zu der Meinung Anlaß gegeben, daß die mittlere Arterienhaut aus elaſtiſchem Gewebe beſtehe. Eine wahre elaſtiſche Haut findet ſich aber nur an den größeren Arterien außen, zunädft um die mittlere. Die granulirten Baͤnder der mittleren Haut loͤſen ſich in Eſſigſaͤure, die dunkeln aͤſtigen Streifen loͤſen ſich nicht und werden daher durch Eſſigſaͤure leicht im Zuſammenbange dargeſtellt. e In den groͤßeren Venen kommt, zunaͤchſt der inneren Haut, eine ganz ahnliche Schicht von Queerfaſern vor, die aber immer nur eine ſehr geringe Maͤchtigkeit hat und auch ganz fehlen kann. (Dagegen iſt in der inneren Haut der Venen eine langslaufende Schicht ſolcher Faſern in der Regel ſehr entwickelt, die in den Ar— terien duͤnner iſt oder fehlt.) Verfolgt man dieſe Faſern nach Außen, fo ſieht man, wie fie, während fie bisher gerade und ſteif waren, allmaͤlig die eigentbümlichen Kraͤuſelungen der Zellgewebe— bündel annehmen, und endlich erſcheint an ihnen erſt undeutliche, dann immer deutlichere Laͤngsfaſerung und Zerfallen in einzelne, parallele und geſchwungene Faͤden; aus jeder granulirten platten Faſer iſt ein Zellgewebebuͤndel geworden. Die dunkeln Streifen 334 ſtellen auf dieſen Buͤndeln Anfangs noch ein ähnliches Netz dar, wie auf den granulirten Faſern der mittleren Arterienhaut; allmd» lig werden fie feiner, heller, die ſeitlichen Aeſte ſchwinden und man ſieht nur noch dunkle und ſehr ſtark wellenförmig gebogene Faſern, wie fie überall zwiſchen den Zellgewebebündeln vorkommen Dieſe Bündel werden in Eſſigſaͤure blaß und loͤſen ſich auf; die Faſern bleiben. Praͤparirt man die Muskelhaut des Magens oder des Darmes von der feröfen gegen die Schleimhaut, fo finden ſich außen ahn— liche Plattchen, wie in der innerſten Schicht der mittleren Arte: rienhaut mit denſelben Kernen und derſelben Umbildung der Kerne zu Streifen; gegen die Schleimhaut hin verſchmelzen die Plattchen zu breiten Faſern, den bekannten organiſchen Muskelfaſern, die in ihren microſcopiſchen und chemiſchen Eigenſchaften mit den Faſern der mittleren Arterienhaut übereinkommen, bäufig aber ſchon uns deutliche Abtheilung in feinere, parallele Faſern zeigen. Die dun— keln Streifen find viel feiner, ſeltner, weniger veraͤſtelt, ahnlicher den ſoeben geſchilderten feinen interſtitiellen Faſern der Zellgewebe— bündel. Die ſogenannten Muskelfaſerg des Magens und Darms entſprechen alfo den Bündeln des Zellgewebes und der geſtreiften Muskeln Der Uebergang der organiſchen Muskelfaſern in die geſtreiften Muskelbuͤndel iſt noch nicht verfolgt); jedoch koͤmmt auch auf dieſen das Syſtem der dunkeln, interſtitiellen, in Eſſigſaure unlöslichen Faſern bald in Geftalt von Zellenkernen, bald von längeren Strei— fen, bald von aͤußerſt feinen wellenfoͤrmigen Faſern vor. Bekanntlich Löfen ſich auch die organiſchen und geſtreiften Muskelbundel in Eſſigſaͤure. Die chemiſche Differenz zwiſchen der mittleren Arterienhaut und den Muskeln erklärt ſich aus der über— wiegenden Menge der interſtitiellen Faſern in jener. Somit ift die anatomiſche Uebereinſtimmung der genannten Ge— webe in den weſentlichen Puncten dargethan; den minder weſentlichen anatomiſchen Differenzen entſprechen Verſchiedenheiten der phyſiologi⸗ ſchen Function. Die geſtreiften Muskeln ſind im Allgemeinen dem Willen unterthan, ſie reagiren auf mechaniſche und galvaniſche Reize, und nicht auf Anwendung der Kälte; eine Ausnahme „macht das Herz, welches geſtreifte Muskelbuͤndel hat, aber nicht willkuhrlich beweglich iſt; die organiſchen Muskeln reagiren wie die geſtreiften, ſind aber dem Einfluſſe des Willens entzogen; die mittlere Arte⸗ rienhaut gleicht anatomiſch den organiſchen Muskelhaͤuten, ſie iſt, gleich diefen, unwillkuͤhrlich, fie reagirt, gleich dieſen, auf mecha⸗ niſche Reize, aber auch auf Kaͤlte und nicht auf Galvanismus; das contractile Zellgewebe, z. B., der Haut und der tunica dar- tos, gleichfalls unwillkuͤhrlich, verhalt ſich gegen Galvanismus und Kälte wie die mittlere Arterienhaut, wird aber durch mechaniſche Einfluͤſſe nicht zur Contraction beſtimmt. In den animaliſchen Muskeln erfolgt die Contraction auf Reizung raſch und Einmal, im Herzen raſch und mehrmals periftaltifh, in dem Darme lang⸗ ſam und periſtaltiſch, in den Arterien und dem Zellgewebe langſam und anhaltend. Die Contractilitaͤt der großeren Arterien ift durch Verſuche erwieſen; den kleineren Gefäßen, die dem Experimente unzugaͤnglich ſind, werden wir dieſelben phyſiologiſchen Energieen zuſchreiben dürfen, fo weit fie im Baue den Stämmen gleichen, das heißt, To weit ſich die Schicht von Ringfaſern an denſelben erhalt. Dieſe laßt ſich aber noch an Gefaͤßen von 0,015 bis 0,02“ Durchmeifer ſehr wohl erkennen, wenn man dieſelben ganz unter das Microfcop bringt und mit Eſſigſaure durchſichtig macht. Man ſieht alsdann die interſtitiellen dunkeln Streifen gerade oder auch etwas ſchief um das Gefäß verlaufen, in Abftänden von einander, welche der Breite einer granulirten Fafer gleichkommen, und an dünneren Gefäßen in einfacher, an ftärferen in mehrfacher Schicht. An Arterien von dieſem Caliber kann man durch Zerreißen auch noch iſolirte Faſern ſichtbar machen. An feineren iſt dieß nicht mehr moͤglich; aber noch an Arterien von 0,007“ Durchmeſſer (die Waͤnde mitgerech⸗ net) zeigte ſich über dem epitheljum eine Schicht queer oval ver⸗ laufender, zum Tbeil ſehr in die Länge gezogener Zellenkerne, wel⸗ che man als die Anfänge der dunkeln interſtitiellen Faſern der mitt⸗ leren Haut daran erkennt, daß fie allmälig in diefe übergehen und ſchon in denfelben Abſtaͤnden der Breite von einander liegen. Zwi⸗ 335 ſchen ihnen mus alfo dieſelbe Subſtanz ſich befinden, wie zwiſchen den interſtitiellen Faſern der mittleren Arterienhaut an größeren Staͤmmen, wenn dieſelbe auch noch nicht in einzelne Ringfaſern zerlegt werden kann. Bei Gefaͤßen von dieſer Feinheit ſind arte— rielle und venoͤſe Aeſte nicht mehr zu ſcheiden; der Unterſchied tritt erſt fpäter hervor durch überwiegende Entwickelung der inneren laͤngsfaſerigen Haut und der aͤußeren zellgewebigen tunica adven- titia in den Venen. Capillargefäße unter 0,007“ (die kleinſten haben 0,002 bis 0 003") haben wohl einzelne queer ovale Kerne, aber keine geſon— derte mittlere Haut mehr. Die feinſten beſtehen nur aus einer dünnen, ganz ſtructurloſen Membran, in welcher ſtellenweiſe ovale Zellenkerne der Laͤnge nach liegen; etwas ſtaͤrkere haben bereits ein epithelium aus Zellenkernen innerhalb dieſer ſtructurloſen, primären Gefaͤßhaut. Wenn ich nunmehr Lähmung der contractilen Haut als Grund der Congeſtion und Exſudation betrachte, ſo darf ich nicht den Einwurf fuͤrchten, daß eben den feinſten Gefaͤßen die contractile Haut fehle. Der Erfolg iſt derſelbe, wenn die feinſten Aeſtchen durch den Andrang des Blutes nur paſſiv ausgedehnt werden, und wenn fie gar nicht ausdehnbar wären, fo würde das Blutwaſſer nur um ſo gewiſſer ihre zarten Waͤnde durchdringen. Uebrigens kommen, wie die anatomiſche Unterſuchung ergiebt, in vielen Ge— weben ſolche feinſte, bloß aus der primären Gefaͤßhaut gebildete Roͤhren gar nicht vor. Es ſcheint faſt, als ob die Gewebe, in denen ihre Anzahl groß iſt, eben dieſem Umſtande ihre geringe Neigung zur Entzündung verdanken, wie die Nerven und ſelbſt die Muskeln, welche doch an Blutreichthum kaum von einem an— deren Theile uͤbertroffen werden, waͤhrend umgekehrt gerade in denjenigen Organen, die zu Exſudation am meiſten disponirt ſind, die feinſten Gefäße in ſehr geringer Zahl vorhanden find oder ganz feblen Die Haͤute und Druͤſen ſind es, die bei allgemein laͤhmend auf das Gefaͤßſyſtem einwirkenden Urſachen am erſten die Folgen der Congeſtion verrathen, und unter den Druͤſen iſt wieder in den Nieren, durch die Weite der feinſten Gefaͤße und ihre Verknaͤuelun— gen, eine raſche Anſammlung des Blutwaſſers am meiſten beguͤn— ſtigt. Ich kann nicht unterlaſſen, zugleich darauf aufmerkſam zu machen, wie anders ſich die Sache ſtellt, wenn eine Verduͤnnung des Blutes, eine Ueberladung deſſelben mit Waſſer und verminderte Viscoſitaͤt, Urſache allgemeiner Exſudation iſt, wie in der Bright’- ſchen Krankheit. In dieſen Faͤllen richtet ſich die Neigung zu Exſudation in verſchiedenen Geweben nur nach der groͤßeren oder geringeren Feſtigkeit derſelben, wodurch ſie der Anhaͤufung des Blutwaſſers groͤßeren oder geringeren Widerſtand leiſten. Muskeln und Nervengebilde find alsdann nicht ausgenommen; die Secretion der Haͤute und Druͤſen aber iſt ſogar vermindert, weil das Blut feinen Waſſergehalt ſchon im Zellgewebe einhuͤßt. Auch fuͤr die Anſicht, daß die Zuſammenziehung der Gefaͤß— haut, wie der Muskeln, durch Nerven bedingt iſt, kann ich noch ein anatomiſches Factum anfuͤhren. Schon Purkinje hat an den Hirngefäßen bei'm Schaaf, und Valentin an dieſen und vielen anderen Gefaͤßen feine Nervenzweige geſehen. Auch ich habe an kleineren Gefaͤßen, die man unzerſchnitten mit ſtarken Linſen beob— achten kann, oͤfters, nach Behandlung mit Eſſigſaͤure, Nerven— bündel mit dem Character der ſogenannten organiſchen Faſern beob— achtet. An einem Gefäße aus der pia mater, von 3“ Durch— 336 meſſer, ſtieg ein ſolches Bündel (von 0,009 Durchmeſſer) an der oberen, dem Auge zugekehrten Wand ſchief aufwärts, ſchlug ſich um den Rand herum an die hintere Wand und ſetzte hier ſeinen Lauf in derſelben Richtung fort. Dieſe ſpiralige Umwindung der Gefaͤße durch die Nerven habe ich immer nur an kleinen Stücken, aber hier fo oft geſehen, daß ich es nicht für eine bloße Zufällige keit balten kann. Einmal loͤſ'te ſich auch von einem ſolchen Buͤn— del ein feineres, aus nur drei bis vier Faſern beſtehendes ab und ging auf dem Gefaͤße weiter. Schließ zich mögen mit ein paar Worten die verſchiedenen Ars ten der Congeſtien, Exſudation und Entzündung definirt werden, deren Charactere bei der mehr analytiſchen Darftellung in der oben erwahnten Abhandlung vielleicht nicht beſtimmt genug hervortreten. Ich wuͤrde zuerſt unterſcheiden: I. Exſudation in Folge verminderter Viscoſitaͤt des Blutes, falſche oder feröfe Entzündung, ſich an Waſſerſucht und Ecchy⸗ moſe anſchließend. II. Erſudation in Folge von Erweiterung der Gefaͤßwaͤnde. Dieſer Exſudation geht immer Congeſtion voraus. Congeſtion und Exſudation ſind bedingt: 1) von gehindertem Abfluſſe des Blutes durch die Venen— ſt imme, alſo von Druck auf die Venen, Obliteration derſelben 2c. Venöſe Congeſtion und Entzündung; 2) von Erweiterung der Gapillargefäße ſelbſt. Man koͤnnte dieſe Form Achte oder capillare Congeſtion und Entzündung nennen. Auch von dieſer giebt es wieder zwei Formen: a) Primäre oder directe capillare Gongeftion; die Er— weiterung der Gefaͤße iſt die unmittelbare Folge einer Lähmung ihrer Nerven, z. B., nach Durchſchneidung ſaͤmmtlicher, auch der Gefäßnerven eines Gliedes, ferner in Zuſtänden allgemeiner nervd- fer Schwaͤche. Die Zeichen der Laͤhmung der Gefäße find hier verbunden mit Zeichen der Atonie in den übrigen Muskel- und Gefuͤhlsnervenz die Symptome ſind die der ſogenannten paſſiven Entzuͤndung b) Secundaͤre oder indirecte oder active capillare Congeſtion. Die Atonie der Gefäße iſt durch Erregung fenfibler Nerven mittelbar bedingt. Die Symptome ſind daher gemiſcht aus Symptomen der Lähmung der Gefaͤße mit Symptomen der Reizung in centripetalen Nerven, mit Schmerz und vermehrter Waͤrme. Miscellen. Einen neuen Auffindungsapparat von im Waſ— fer liegenden Perſonen, welcher nicht, wie die bisher an— gewendeten Haken, gefaͤhrliche Verwundungen der nur Schein— todten hervorbringen kann, hat Herr Charriere der Académie des Sciences, zu Paris, vorgelegt. Ein Medical College zu Bombay wird jetzt als wohl: ausgedachtes, praͤchtiges Monument, zu Ehren des letzten Gouver— neurs Sir Robert Grant, errichtet. Merkwuͤrdig iſt, daß ana⸗ tomiſche Demonſtrationen jitzt eifrig von eingebornen Studirenden der Medicin beſucht werden; einer der groͤßten Siege uͤber Vorur— theile bei einem Volke, welches gewohnt war, vor dem bloßen Ge— danken an die Beruͤhrung eines Todten zuruͤckzuſchaudern. Gibliographis ch Grammar of Botany. By G. Francis. London 1840. 12. Des eaux de source et des eaux de riviere, comparées sous le double rapport hygienique et industriel et spécialement des eaux de source de la rive gauche de la Saone pres de Lyon, etudiees dans leur composition et leur propriétés, compara- tivement à Peau du Rhone. Par Alphonse Dupasquier, Me- decin a l’Hötel-Dieu de Lyon etc. Paris 1840. 8. e Rieu ig geit e n. Practical Observations on Abortion. London 1840. 8. Nouveau manuel des dermatoses, ou maladies de la peau avec la synonymie de Willan, et la concordance des differentes méthodes employees par nos meilleurs auteurs. 2de Edition etc. Par L. V. Duchesne- Duparc. Paris 1840. 12. By J. Streeter. —— ä — ni HMene Uotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, aefammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medſeinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Prefeſſor Froriep zu Berlin. No. 308. Gedruckt im Landes » Induftries Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. (Nr. 22. des XIV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Juni 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. une Betrachtungen uͤber das Studium der Handlun— gen der Thiere, nebſt dem Programm eines Lehr— curſus über die Natur und Erziehung der Thiere *). Von Fréd. Cuvier. Das Studium der Thiere hat drei deutlich von ein— ander verſchiedene Zwecke: 1. Die Erkenntniß der Handlungen der Thiere, fo wie des Princips dieſer Handlungen. 2. Die Erkenntniß der Organe und der Functionen der Organe. 8. Durch die Erkenntniß der beiden obigen Puncte zu ermitteln: a) die gegenſeitige Stellung der Thiere zu einander oder ihre Claſſification; b) deren Beziehungen zur Natur oder die Rolle, welche die Thiere im Naturhaushalte ſpielen Die vergleichende Anatomie fuͤhrt theilweiſe zur Er— kenntniß des zweiten Punctes und die Zoologie, unter dem Beiſtande dieſer Anatomie, zur Erreichung des dritten. Was die eigentlichen Handlungen und die denſelben zu Grunde liegenden Faͤhigkeiten, was deren Weſen und allgemeinen Einfluß betrifft, ſo hat man alle dieſe Puncte bisher bei'm Unterrichte in der Zoologie durchaus nicht ſtreng beruͤckſich— tigt, und die oberflaͤchlichen und einander widerſprechenden Anſichten, welche man daruͤber aufgeſtellt hat, waren ſo ir— rig, ja oft ſo ſeltſam, daß es der Wahrheit einige Muͤhe koſten wird, ſich geltend zu machen. Kann man aber wohl ſagen, daß man die Thiere kennt, wenn man uͤber die Faͤ— higkeiten im Dunkeln iſt, mit denen ſie die Vorſehung be— gabt hat, um ſich zu erhalten und für ihre Beduͤrfniſſe zu ) Diefer Aufſatz fand ſich unter den Papieren des Verſtorbenen und wurden dem Herausgeber der Annales des Sciences na- turelles von der Familie Cuvier's mitgetheilt. No. 1408. F ſorgen? wenn man nicht weiß, welche Modificationen dieſe Fähigkeiten unter den fo verſchiedenartigen Umſtaͤnden erlei— den, welchen die Thiere auf der Erde unterworfen ſeyn koͤn— nen? und kennt man uͤberhaupt die Natur, wenn man den Einfluß der Ausuͤbung jener Faͤhigkeiten oder Handlungen auf den allgemeinen Haushalt der Natur nicht ergruͤndet hat? Gewiß nicht. Beſchraͤnkt man die Unterſuchungen uͤber die Thiere auf deren Koͤrperliches, ſo erſcheint die Zoo— logie als eine verſtuͤmmelte Wiſſenſchaft, welche uͤber die Geſchoͤpfe, die ihr angehoͤren, nur unvollſtaͤndige und ſchiefe Anſichten gewaͤhren kann. Eben ſo wohl koͤnnte man glau— ben, mit der Anatomie und Phyſiologie zum Studium des Menſchen ausreichen zu koͤnnen. Wird denn aber die Erkenntniß des Menſchen nicht ebenfalls dadurch gefoͤrdert, daß man die Handlungen der Thiere, ſammt den Urſachen dieſer Handlungen, zum Ge— genſtande eines gründlichen Studiums und fpeciellen Unter— richts macht? Da die menſchliche Anatomie durch die thies riſche ſo weſentlich gefoͤrdert worden iſt, ſo wird es ſich oh— ne Zweifel mit der Pſychologie eben ſo verhalten, wenn man die vielen pfychiſchen Erſcheinungen, die die lange Kette der Thiere darbietet, zu Huͤlfe nimmt; zumal da dieſe Er: ſcheinungen bei den Thieren in einer Einfachheit auftreten, welche man an den analogen menſchlichen Erſcheinungen ge— woͤhnlich vermißt. In dieſer Beziehung bieten die Thiere, in ſo weit ihre Seelenkraͤfte den unſrigen entſprechen, in der That, eine naturliche Analyſe der menſchlichen Intelli— genz dar. Wichtig iſt dabei die Betrachtung, daß bei der Unbe— kanntſchaft mit den Geſetzen der Entwickelung der thieri— ſchen Faͤhigkeiten die Cultur oder Erziehung der Thiere, ih— rem Weſen nach, voͤllig dunkel blieb, und daß, wenn es der Wiſſenſchaft gelaͤnge, dieſe Geſetze zu ermitteln, die menſch⸗ liche Geſellſchaft dadurch nur gewinnen koͤnnte, wie, z. B., die Kenntniß der Pflanzencultur ihr zum hohen Vortheile gereicht. Gewiß iſt, daß die Bildung und Cuttur der Thie— 22 339 re, zum großen Schaden des Publicums, durchgehends nach der groͤbſten Empyrie beſorgt wird, und daß, wenn die Leuchte der Wiſſenſchaft ihre Strahlen in dieſes Dunkel wuͤrfe, in welchem man jetzt blind umhertappt, einer der wichtigſten Zweige der Oeconomie dadurch zu einer weit er— giebigern Quelle von Reichthuͤmern werden wuͤrde. Sobald ich mich dem Studium der Naturgeſchichte ge— widmet, leuchtete mir ein, daß die Forſchungen uͤber die Thiere in dem allerwichtigſten Puncte vernachlaͤſſigt wuͤr— den; daß man die Organe hoͤchſt aufmerkſam unter: ſuche, aber die geiſtigen Fähigkeiten unberuͤckſichtigt laſſe, deren Operationen weit mehr als die Organe dazu beitra— gen, den verſchiedenen Thieren eine eigenthuͤmliche Exiſtenz zu verleihen. Seildem mir die Oberaufſicht uͤber die Menagerie uͤbertragen worden, beſchaͤftigte ich mich daher hauptſaͤchlich mit dem Studium der lebenden Thiere, und ich ſuchte mit denſelben, ohne fie zu quäien, rationelle Ex— perimente anzuſtellen, um die Geſetze ihrer Exiſtenz, ſo wie die Natur und die Ausdehnung der Modificationen zu erken— nen, welche dieſe Geſetze erleiden koͤnnen. Der Zweck dieſer Arbeiten war: 1. eine Kenntniß der Thiere zu erlangen, welche ſich nicht auf die bloße Bekanntſchaft mit deren Or— ganen oder ſichtbaren Kennzeichen beſchraͤnkte, ſondern auch uͤber die Kraͤfte oder Faͤhigkeiten, welchen die Organe ge— horchen, ſo wie uͤber die Wirkungen dieſer Faͤhigkeiten in deren Anwendung auf die Organe, d. h., uͤber die Hand— lungen der Thiere, Aufſchluß gewaͤhrte; 2. die Ausdehnung der Veraͤnderungen zu ergruͤnden, welche dieſe Faͤhigkeiten erleiden koͤnnen, je nachdem deren Kraft geſteigert oder ge— ſchwaͤcht wird; 3. die vorſtehenden Beobachtungen auf die Zoologie anzuwenden, um dem Begriffe der Species eine Schaͤrfe zu geben, die ihm bisher noch abging, und die Kunſt der Erziehung der Thiere zum Nutzen der menſchli— chen Geſellſchaft zu einer bisher noch nicht gekannten Si— cherheit zu erheben. Bei dieſen Unterſuchungen, fuͤr die ich in fruͤhern Ar— beiten nirgends einen feſten Anhaltepunet fand, ward ich ſtets durch die Hoffnung aufrecht erhalten, daß ich den Re— fultaten derſelben einſt vom Catheder aus Geltung verfchaf: fen und auch der Verwaltung der Menagerie eine zweckmaͤ— ßigere Richtung ertheilen koͤnnte. Dieſer Zweig des Mu— ſeums war in der That bisher lediglich als ein Anhaͤngſel der Anatomie und des zoologiſchen Cabinets betrachtet wor— den, fo daß er der Anſtalt erſt bei'm Tode der Thiere zum Nutzen gereichte. So lange dieſe lebten, waren ſie im Grunde eine Laſt, dean ſie wollen ernaͤhrt und gewartet ſeyn; aller Nutzen, welcher aus dem L ben der Thiere, ih— rem Empfindungsvermoͤgen, ihren Kraͤften, Neigungen, Handlungen ꝛc. gezogen werden koͤnnte, blieb für die Wiſ— ſenſchaft verloren und diente nur dazu, die Neugier des Pu— blicums zu befriedigen. Zur Erreichung des hier angedeuteten Zweckes habe ich das nachſtehende Programm aufgeſetzt, und ſeitdem, fo viel Zeit und Umſtaͤnde es erlaubten, an deſſen weiterer Ausfuͤh— rung gearbeitet, 340 So fing ich im Jahre 1808 meine pſpchologiſchen Forſchungen uͤber die Thiere an, indem ich die dem Neu— hollaͤndiſchen Hunde eigenthuͤmlichen Gewohnheiten ſtudirte, und die Beziehungen des Benehmens dieſer Hunderace zu dem der Eingebornen jenes Continentes unterſuchte. Im Jahre 1810 gab ich meine Beobachtung uͤber die intellectuellen Faͤhigkkiten des Orang-Utangs und Seehun— des heraus, von denen der erſtere unter den Landſaͤugethie— ren der menſchlichen Organiſation am naͤchſten, der letztere am fernſten ſteht. Aus der Vergleichung dieſer beiden Thiere mit einander ergaben ſich pſychologiſche Verhaͤltniſſe vom hoͤchſten Intereſſe, weſche ſpaͤter ihre vollſtaͤndige Be— ſtaͤtigung erhalten haben: 1. daß die intellectuellen Faͤhig— keiten ihre groͤßte Entwickelung im Jugendalter erlangen und ſpaͤter, nach Maaßgabe der Entwickelung der Körpers kraͤfte und Zeugungsfaͤhigkeit, ſtufenweiſe abnehmen koͤnnen. 2. daß die phyſiſchen Kräfte ſich unabhangig von den intel— lectuellen Kraͤften entwickeln koͤnnen, und umgekehrt. Im J. 1811 wies ich, bei Gelegenheit der Darlegung der organiſchen Verbindung zwiſchen ſaͤmmtlicheu Hauptra— cen der Species Hund nach, daß die Modificationen des Geiſtes ebenſowohl erblich ſind, als die des Koͤrpers. Im J. 1822 wurde mein Artikel über den Inſtinet im Dictionnaire des sciences naturelles abgedruckt, und in dieſem gab ich die Mittel an, vermoͤge deren man die inſtinctmaͤßigen Handlungen von den intellectuellen uns terſcheiden kann. Da dieß fruͤher nie geſchehen war, ſo herrſchte in Anſehung der Beurtheilung der Handlungen der Thiere uͤberhaupt die groͤßte Verwirrung, und doch beruht die ganze Pſychologie auf der richtigen Auslegung der Handlungen. Im Jahre 1823 erſchien meine Critik mancher Beob— achtungen und darauf gegruͤndeten Anſichten Dugald— Stewarts, welche darauf abzielten, die Analogie zwiſchen den Erſcheinungen des Inſtinets und denen der Gewohnheit als nicht vorhanden darzuſtellen Im J 1825 erſchien meine Abhandlung über den Geſelligkeitstrieb der Thiere, und im Jahre 1826 mein Verſuch über die Zaͤhmung der Saͤugethiere. Wenn man nan dieſen und einigen andern meiner Ar— beiten ihre Stelle in dem nachſtehenden Programme anzu— weiſen ſucht, ſo wird man finden, daß die Haͤlfte meiner Abhandlung Über die Zaͤhmung, der Artikel über den In— ſtinct, meine Bemerkungen über die E:fheinungen der Ge— wohnheit, der ganze zweite Theil meiner Beobachtungen über den neuhollandiſchen Hund ſich auf den erſten Theil meines Programm's, auf die Natur der Thiere und die Methode beziehen, welche deren Studium erheiſcht. Mei— ne Beobachtungen uͤber den Orang = Utang, den Sees hund (Phoca vitulina). über die Phoca marina, meine Abhandlung uͤber den Geſelligkeitstrieb und meh— rere Artikel uͤber Saͤugethiere in meinem Werke uͤber die Naturgeſchichte der letztern haben den zweiten Theil die— ſes Programms, die beſondere Natur der Thiere, zum Ge— genſtand, und auf den dritten, namlich auf die Erziehung 341 der Thiere, beziehen ſich meine Beobachtangen Über den Fortpflanzungstrieb der Thiere, uͤber das Benehmen des neuhollaͤndiſchen Hundes, uͤber die gegenſeitigen Beziehungen der verſchiedenen Racen des Haushundes, mehrere der Be— ſchreibungen in meiner Naturgeſchichte der Saͤugethiere, und mein Verſuch uͤber die Zaͤhmung, wo ich einestheils die Kennzeichen dieſes merkwuͤrdigen Zuſtandes, anderntheils die Geſetze nachgewieſen habe, denen jede Art von Zaͤhmung unterworfen iſt. * * * Programm über einen Theil des Lehrcurſus der vergleichenden Phy— ſiologie, die Natur und Erziehung der Thiere betreffend. Wir gedenken in dieſem Abſchnitte des Lehrcurſus die Regeln aufzuſtellen, auf welche die Erziehung der Thiere ſich gruͤnden laͤßt, d. h, die Grundſaͤtze, welche uns bei der Entwickelung ihrer geiſtigen und koͤrperlichen Kraͤfte leiten ſollen. Wir werden ihn in drei Abtheilungen bringen; in der erſten werden wir von der Natur der Thiere im Allge— meinen handeln, in der zweiten unterſuchen, welche Faͤhigkei— ten jeder Art oder jeder Gattung eigenthuͤmlich ſind, und in der dritten zeigen, wie die in den beiden vorhergehenden Abtheilungen begruͤndeten Wahrheiten zur Entwickelung die— for Fähigkeiten zu benutzen find. Erfte Abtheilung. Von der Natur der Thiere im Allgemeinen. In der erſten Abtheilung dieſes Lehrcurſus werden zu: voͤrderſt die Grundſaͤtze der Methode dargelegt, auf welcher die Beobachtung der lebenden Thiere, ſo wie die mit denſelben anzuſtellenden Verſuche zu baſiren ſind, wenn man zur Kenntniß der allgemeinen Geſetze gelangen will, denen dieſe Geſchoͤpfe unterworfen ſind. Alsdann werden wir die eigent— liche Beſchaffenheit der Wiſſenſchaft zu ergruͤnden ſuchen, welche dieſe Geſetze in ihrer Vereinigung bilden; ferner die Bezie— hungen dieſer Wiſſenſchaft zu den Erfahrungswiſſenſchaften und die verſchiedenen Grade von Zuverlaͤſſigkeit ermitteln, welche ihr, je nach den Quellen, aus welchen die Kenntniß jener Geſetze geſchoͤpft worden, zuerkannt werden muͤſſen. Nachdem die dieſer Wiſſenſchaft angemeſſenſte Methode feſtgeſtellt worden, werden wir die Handlungen der Thiere von einem allgemeinen Geſichtspuncte aus betrachten und finden, daß ſie aus koͤrperlichen und geiſtigen Acten zuſam— mengeſetzt ſind, welche Faͤhigkeiten beiderlei Art vorausſetzen. In Betracht nun, daß die phyſiſchen Faͤhigkeiten weſentlich paſſiv und den intellectuellen direct unterworfen ſind, und daß die einen in keiner Weiſe ſich ohne die Mitwirkung der andern aͤußern koͤnnen, werden wir folgern, daß das Stu— dium der Thiere mit dem der thaͤtigen oder geiſtigen Faͤhig— keiten beginnen muͤſſe, und daß die wahre Natur ihrer Handlungen nur durch dieſe activen Fähigkeiten zu ergruͤn⸗ den iſt; und wir haben in dieſer Beziehung unſere Metho— de vor Allem dazu zu verwenden, die geiſtigen Faͤhigkeiten 342 der Thiere, nach der Reihenfolge ihrer Erſcheinungen, die theils die Erhaltung der Individuen, theils die der Species bezwecken, in einer allgemeinen Weiſe zur Anſchauung zu bringen und zu begruͤnden. Dieſe Faͤhigkeiten aͤußern ſich aber theils in einer bedingten Weiſe, d. h., nach Maaß— gabe der beſondern Umſtaͤnde, denen die Species gerade unterworfen ſind, d. h., ſie aͤußern ſich mit Bewußt— ſeyn; theils in einer abſoluten, nothwendigen Weiſe, ganz unabhaͤngig von dem Willen der Geſchoͤpfe, welche dieſelben ausführen, und fie find dann inſtin et maͤßig, unbewußt. Demnaͤchſt werden wir die drei Arten von allgemeinen Fähigkeiten, die mit Bewußtſeyn ſich aͤußernden, die inftinctmäßigen und die organiſchen oder phyſi— ſchen, betrachten, um jede genauer zu unterſuchen und die befondern Faͤhigkeiten feſt z uſtellen, aus denen jede beſteht; wobei wir jedoch dieſe Unterſchiede ſtets mit Thatſachen, mit Handlungen belegen werden, die in Betreff des Weſens jeder Faͤ— higkeit als Probirſtein dienen koͤnnen, und vermoͤge dieſer Unterſuchung werden wir zur Erkenntniß des Merkmals ge— langen, welches den Menſchen abſolut vom Thiere un— terſcheidet. Nach der Darlegung dieſer allgemeinen Wahrheiten werden wir dann im Beſondern zeigen, welche Vorkehrungen die Natur getroffen hat, um zwiſchen den phyſiſchen und intellectuellen Faͤhigkeiten die vollkommenſte Harmonie her⸗ beizuführen und die Erhaltung der Thiere von der Aus: uͤbung jener Faͤhigkeiten abhaͤngig zu machen; mit andern Worten, wir werden die Rolle darzulegen ſuchen, welche die Thiere auf der Erde ſpiclen, und welchen Bedingungen de: ren Exiſtenz unterliegt, und aus dieſer Unterſuchung wird die Weisheit und die große Tiefe der Abſichten der Vorſe— hung erhellen. Zweite Abtheilung. Von der beſondern Natur der Thiere. Nachdem wir erkannt haben, daß die Thiere mit ver— ſchiedenen Fähigkeiten begabt find, nämlich mit intellectuel— len, welche herrſchen, und organiſchen, welche gehorchen, ha⸗ ben wir nachzuweiſen, daß dieſe Faͤhigkeiten in der ganzen Stufenreihe der Thiere, je nach den Arten und noch mehr nach den Gattungen verſchieden ſind; und durch dieſe Un— terſuchung wird ſich eine Art von Claſſification der Thiere, naͤmlich nach den Faͤhigkeiten, ergeben, die den nach den Organen aufgeſtellten Claſſificationen zuweilen entſprechen, zuweilen aber von ihnen abweichen wird. In dieſer zweiten Abtheilung des Lehrcurſus, welche an Details und Behufs der dritten abzuleitenden Folgerungen am reichſten ſeyn wird, haben wir das Verhaͤltniß des Umfangs der Faͤhigkeiten und ihre Rangordnung zu unterſuchen; ſo wie diejenigen zu er— mitteln, welche die übrigen beherrſchen und alſo auf die Na⸗ tur der Thiere, deren weſentliche und minder wichtige Ei— genſchaften und folglich auf die eigenthuͤmliche Lebensweiſe jeder Thierart einen beſonders wichtigen und beſtimmenden Einfluß ausuͤben. — 8 343 Dritte Abtheilung. Von der Erziehung der Thiere. Nachdem nunmehr durch die genaue Unterſuchung einer hinreichenden Anzahl von Handlungen die allgemeine und beſondere Natur der Thiere ermittelt worden, handelt es ſich um Begruͤndung der Regeln, durch deren Befolgung man dieſe Natur, ſowohl nach ihrem geiſtigen, als koͤrperli— chen Theile, veraͤndern kann, ſo wie um Erforſchung der zur Erhaltung und Vererbung der bewirkten Veraͤnderungen erforderlichen Bedingungen. Aus dieſen Unterſuchungen ge— hen dann die Grundſaͤtze hervor, auf welchen die Bildung der Racen beruht. Hiernaͤchſt haben wir uns mit der Anwendung dieſer Regeln auf die Thierarten, unter Beruͤckſichtigung der vor— herrſchenden Faͤhigkeiten derſelben, zu beſchaͤftigen, und hier— durch werden wir auf die Hausthiere gefuͤhrt, welche uns dazu dienen werden, die in den vorhergehenden Abtheilungen aufgeſtellten allgemeinen Wahrheiten zu beſtaͤtigen. In dieſer dritten Abtheilung werden wir durch ſpecielle Betrachtung der bereits in der Geſellſchaft des Menſchen lebenden Thiere, die Natur der Zaͤhmung, deren weſentliche Bedingungen, den Einfluß, den der Menſch, je nach den beſondern Umſtaͤnden der Localitaͤt ꝛc., auf die verſchiedenen Hausthierarten ausgeuͤbt hat, ſo wie auch die noch wilden Species kennen lernen, deren Naturell zulaͤßt, daß ſie ge— zähmt und mehr oder weniger vollſtaͤndig zu Hausthieren werden. Alsdann werden wir nachweiſen, daß vermoͤge jenes Einfluſſes die zahlreichen Racen entſtanden ſind, in welche unſere Hausthiere zerfallen; ſo wie wir uns denn auch uͤber die zur Bildung neuer Racen oder zur Veredlung der be— reits vorhandenen uns zu Gebote ſtehenden Mittel ausſpre— 344 chen und endlich die Regeln darlegen werden, welche bei der Veredlung der Hausthiere unabaͤnderlich beobachtet werden muͤſſen. (Annales des Sciences naturelles, Sept. 1839.) Miscellen. In Beziehung auf ſubjective Zeichen der ſtattge⸗ fundenen Empfängniß ift mir in der, mir eben zugekommenen, 25. Liefer. von Jacquemont, voyage dans Inde (pag. 402), bemers kenswerth geweſen, was der Verfajfer über die Kangoris, die etwa 10,000 Seelen ſtarken, durch die Gemeinſchaft der Sprache und der Sitten zu einer kleinen abgeſonderten Nation verrinigten Ber wohner des Kanaver (im Himalaya), ſagt. „Alle Handelsleute, alle Reiſende, die Einwohner faſt aller Doͤrfer des Kanaver ken— nen ſich unter einander: ſie ſcheinen ſehr einig. Ungeachtet der bizarren Einrichtung der Polyundrie, finden keine Streitigkeiten in Beziehung auf Erbſchaften ſtatt. — Ich habe oft gefragt, wie es moͤglich ſey, den Vater jedes Kindes zu kennen, wo mehrere Männer (mehrere Brüder) zu gleicher Zeit mit einer und derſelben Frau leben. „„Die Frauen irren ſich niemals daruͤber““, hat man mir jedes Mal geantwortet. Im Allgemeinen, Jader iſt ſtolz auf feinen Antheil an dem Zuwachs der gemeinſchaftlichen Familie und ift mehr geneigt, eine zweifelhafte Paternität ſich anzueignen, als von ſich abzulehnen. Ich habe oft von Neuem gefragt, ob die Vor— liebe der Frau fuͤr einen ihrer Gatten bei ihnen nicht Scenen der Eiferſucht erregte, die Gewaltthaͤtigkeiten zur Folge haͤtten? Man hat mir immer geantwortet: Nein! Dieſe Harmonie ſcheint mir zu beweiſen, daß das Gefuͤhl der Liebe gar nicht gekannt iſt von den weiblichen wie maͤnnlichen Mitgliedern dieſer ſonderbaren Geſellſchaft.“ Eine wichtige entomologiſche Sammlung, wel⸗ che Herr A. Leſueur auf einer langen und gefaͤhrlichen Reiſe in Mexico geſammelt hat, iſt von dieſem dem naturhiſtoriſchen Muſeum in Paris geſchenkt worden. Nach dem Berichte des Hrn. Audouin, enthaͤlt dieſelbe unter 400 Exemplaren 300 Species, von denen die meiſten fruͤher noch nicht im Muſeum befindlich waren. ei ei k u un d e. Ueber die Wichtigkeit der Beobachtung der erſten Andeutungen einer Geiſteskrankheit. Von John Grantham. Sieht man die vortrefflichen Schriften uͤber Geiſteskrankheiten, ſo ſollte man glauben, daß wenig oder keine Aerzte zu finden ſeyen, bei denen die Kenntniß von dieſer Krankheitsclaſſe mangelhaft waͤ— re, und, in der That, wird kaum einer die Beſcheidenheit haben, zuzugeben, daß er von Krankheitsformen nichts wiſſe, welche doch fo häufig dem aͤrztlichen Stande wohlverdienten Tadel zugezogen haben. Es iſt allgemein bekannt, wie geringen Werth die Richter bei Fällen von Geiſteskrankheit auf die Ausſagen der Aerzte legen; dieß iſt bloß die Folge der oft ganz haltungsloſen Anſichten, welche dieſelben vor Gericht entwickeln. In der gewoͤhnlichen Praxis be— muͤhen ſich alle Aerzte einen Irren, bei dem Blutentziehung, Bla— ſenpflaſter und Aetzmittel nichts geholfen haben, nur moͤglichſt bald in andere Hände zu bringen, und es kommt häufig genug vor, daß ein Nervenkranker, welcher von einem practiſchen Arzte unter den unguͤnſtigſten Verhaͤltniſſen herumgezogen worden iſt, endlich zur Einſperrung unter Irren förmlich verurtheilt und fo der Mög: lichkeit, unmittelbar wieder befreit zu werden, ganz beraubt wor: den iſt. Denkt man uͤber die Folgen einer ſolchen Unwiſſenheit nach, ſo muß man erſchrecken uͤber die Verantwortlichkeit, welche wir bei Beurtheilung und Behandlung Geiſteskranker uͤbernehmen. In ſolchen Faͤllen iſt es nicht genug, daß der Arzt ſein Beſtes fuͤr den Kranken thue, ſondern er muß im Stande ſeyn, alles moͤgliche Beſte zu thun, was uͤberhaupt geſchehen kann. Dann wird in der Mehrzahl der Faͤlle ſehr viel von den Aerzten ausge— richtet werden. Nicht ſelten namentlich wird man den Kranken von einer drohenden Geiſteskrankheit befreien, wenn man im Stande iſt, die Vorlaͤufer und andeutenden Symptome richtig zu verſtehen, und wenn man zugleich bedenkt, daß uͤber die Graͤnze dieſer Symptome hinaus Verruͤcktheit liegt, der der Ungluͤckliche anheimfaͤllt, wenn man ihn der geringen Wahrſcheinlichkeit einer Heilung im Irrenhauſe uͤberlaͤßt. Den Tod abzuwehren, die Geſundheit zuruͤckzufuͤhren, iſt ſchon eine Aufgabe, welche nicht gewoͤhnliche Kraͤfte verlangt; aber die Erkennung der erſten Andeutungen einer Geiſteskrankheit und die Befreiung des Kranken aus den Banden des lebenden Todes, dieß erfordert die hoͤchſte Anſpannung unſerer Geiſteskraͤfte und die ausgedehnteſten Huͤlfsmittel unſerer Kunſt Bei Fällen von Geiſteskrankheit beſchraͤnkt ſich die Thaͤtigkeit des practiſchen Arztes gewoͤhalich auf die Behandlung der Vorlaͤu— 345 fer, wenn der Kranke gewiſſermaßen nech auf neutralem Boden ſteht, und namentlich zu einer Zeit, wo er von feinen Verwandten und Freunden mit Soraſamkeit umgeben iſt, alſo unter den gun⸗ ſtigſten umſtaͤnden. Bei dieſen Vortheilen wird der Arzt nicht ſel— ten zu einem faͤlſchen Urtheile dadurch verleitet, daß er zuviel auf die Wuͤnſche und Anſichten der Umgebungen des Kranten Rüdjicht nimmt, welche meiſtens ſich beſtreben, die Verkehrtheiten des Kran— ken großer darzuſtellen, ſo daß durch die Furcht der einen Parthie und die Unwiſſenheit der andern die Frage bald entſchieden iſt, wo— durch der Kranke aus einem Zuſtande verhaͤltnißmäßig noch fort— beſtehender geiſtiger Geſundheit in unheilbares Irrſeyn geſtürzt wird. Der Arzt wird immer wohlthun, die ſelbſt unzuſammenhaͤn⸗ genden Reden des Kranken den Berichten der Verwandten vorzu— ziehen, denn wie oft koͤmmt es nicht vor, daß die ſcheinbar ver: ruͤckteſten Handlungen mit dem phyſiſchen Zuftande eines Kranken genau zuſammenpaſſen. So werden ſie nicht ſelten durch Fieberhitze veranlaßt, ſich der kalten Luft oder dem Waſſer auszuſetzen, oder es wird eine Verdauungsſtoͤrung dadurch bewirkt, daß fir ſich wei: gern, irgend eine Nahrung zu ſich zu nehmen. Laͤßt man alle Meinungen unbeachtet, welche von den aͤngſtli— chen und unwiſſenden Verwandten aufgeſtellt werden, fo beſitzt man die wirkſamſten Mittel in der vortheilhaften Einwirkung der heimathlichen Verhaͤltniſſe; entäugert man ſich aber auf dieſe Weiſe nothwendig aller moraliſchen Agentien, fo iſt es ein großes Uebel, daß man nicht ſelten jenen vortheilhaften Einfluͤſſen der Heimath zu viel zutraut. Iſt die Zunge rein, der Puls regelmaͤßig und ſind die Ausleerungen normal, fo giebt man häufig nur irgend ein mildes beruhigendes Mittel und ein Paar beruhigende Worte; man redet dem Patienten zu, daß er ſich feinen Eindildungen nicht uber aſſen möge, und fo geht die Farce fort, bis ſie mit unheil barer Geiſteskrankheit endet. Dieß Reſultat ſtellt den Arzt ge— woͤhnlich uͤber allen Tadel; der bloße Ausdruck Geiſtesſtoͤrung be— ſeitigt jeden Vorwurf von Vernachlaͤſſigung. Falſche Definitionen bewirken überall Confuſion, nirgends zeigt ſich dieß ſtaͤrker, als in dem wenig verſtandenen Ausdrucke Geiſtesſtoͤrung. Ploͤtzlicher Schreck, oder fortdauernder Kummer wirken auf Gehirn und Ner— venſyſtem und enden mit Verrücktheit; das Gehirn entſpricht der Geiſtesthaͤtigteit und wirkt nach feiner Störung auf feine Agentien in derſelben Weiſe zuruck, in welcher es erregt worden iſt. So iſt die Geiſtesſtoͤrung, welche durch geiſtige Einfluͤſſe veranlaßt wurde, die fernere Wirkung ihrer eigenen Operation. Hielte man dieſe Definition feſt, fo würde ſich kein Einwurf gegen den Aus: druck halten; betrachtet man aber das Irrſeyn bloß als eine Krank— beit des Geiſtes, welche häufig durch den allgemeinen Geſundheits— zuſtand des Kranken nur verſtaͤrkt wird, fo kemmt man zu den nuͤchtheiligſten Folgerungen in Bezug auf Bebandlung der Irren. Man ſollte nie vergeſſen, daß das was in der Pſychologie wahr iſt, in Bezug auf das Phyſiſche unrichtig ſeyn kann (?). Durch Geldverluſt oder Lebensſorgen kann ein Mann niedergeſchlagen, ge⸗ reizt, in ſich verſunken, melancholiſch, nervös oder zuletzt wahnſin— nig werden; die erſte Urſache feiner Geiſteskrankheit iſt in dieſem Falle mit Recht eine geiſtige zu nennen, aber die Wirkung außert ſich durch Koͤrperkrankheit, und wenn dieß auch nicht immer nad): zuweiſen iſt, ſo bleibt es deßwegen nicht weniger wahr, wenn Es— quirol bemerkt, daß die Ausſicht auf Heilung bei einem Irren, beſonders bei einem Melancholiſchen, immer größer iſt, wenn ſich irgend eine Stoͤrung in der Aſſimilation auffinden läßt. Die Krankheit des Geiſtes iſt bisweilen nur das erſte Zeichen eines volle kemmenen Zuſammenſinkens des Organismus, welches ſich ſpaͤter durch Phthiſis, Hydrothorax, Scorbut , Paralyſe oder Marasmus vollſtaͤndiger ausſpricht; dagegen kommen nicht wenige Faͤlle vor, in welchen eine zum Irrſeyn hinzukommende Koͤrperkrankheit cri— tiſch wirkt. Darin liegt eine große Beruhigung und Ermuthigung in Bezug auf die Möglichkeit der Heilung faſt aller Fälle begin: nenden Wahnfinnes, und wäre es nur möglich, die organiſchen und functionellen Veränderungen eben fo genau zu erörtern, wie bei andern Krankheiten, fo würden wir weit weniger zu fuͤrchten ba: ben Gluͤcklicher Weiſe iſt die Zeit, in welcher der Arzt conſultirt wird, in der Regel, die guͤnſtigſte, indem der Kranke noch im Stande iſt, feine eigenen Gefühle zu beſchreiben; er weiß, daß et⸗ 346 was nicht in Ordnung iſt, und hat oft ein melancholiſches Vergnü⸗ gen an der Aufzahlung der geringſten ſeiner Empfindungen; hier muß der Arzt aufmerkſam, ſcharfſichtig und ſehr eifrig ſeyn, wenn er ſeinen Kranken retten will; er muß namentlich jeden Schein von Gleigultigkeit vermeiden und niemals die ängſtlichen Erzahlun— gen des Leidenden durch die Verſicherung befeitigen wollen, daß er nervoͤs und eingebildet krank ſey. Zugleich muß die materia me- dica mit dieſen moralifwen Einwirkungen Schritt halten, und es iſt beſſer, daß durch Medicin eine Körperkrankheit hervorgerufen werde, als daß man auf die Arzneimittel verzichte, aus dem Grun: de, weil der Fall nur eine Geiſtesſtorung ſey. Es iſt gewiß etwas in der Medicin noch ſehr Wuͤnſchenswer— thes, daß wir ein Mittel auffinden, wodurch wir die Reizbarkeit beginnenden Wahnfinnes zu erleichtern im Stande wären. Mochte doch der troͤſtliche Glaube des Sir W. Ellis wahr werden, daß in der Natur noch irgend ein unentdecktes Mittel vorhanden ſey, welches als specificum in dieſen Fällen wirkt. Was iſt nun zu thun, wenn wir zu einem Falle von beginnen⸗ dem Wahnſinne hinzugerufen werden? Dieß iſt die Frage, welche wir uns immer zuerſt vorlegen ſollen. Das Erfte follte immer ſeyn, daß wir berückſichtigen, wie die Geiſtesſtoͤrung immer in einer oder der andern Form Korperkrankheit herbeiführt; dadurch wird man veranlaßt, den Fall von allen Seiten zu betrachten, ſich nicht auf die moraliſche Behandlung zu veranlaffen, und immer zur Darreis chung kraͤftiger Medicin bereit zu ſeyn. Die Wahl der Behandlung richtet ſich ganz nach dem Character und der Heftigkeit der Krank: heit; es mag Aufregung oder Depreſſion in irgend einer Form vorhanden ſeyn, die phyſiſchen Erſcheinungen werden immer damit uͤbereinſtimmen. Die Körperorgane geben den geiſtigen Leiden nach; ihre Störung giebt dem Arzte die beſten Fingerzeige und wird ſelbſt in manchen Faͤllen auf der Stelle zum Antagoniſten. Dieß iſt hauptſaͤchlich der Grund, warum anfangs die mediciniſche Behandlung mehr wirkt, als bei ausgebildeten Faͤllen von Irrſeyn. Bei dem activen und bewußten Kampfe zwiſchen Vernunft und Irrſinn leidet die Geſundheit immer mit; aber bei ausgebildeter Geiſteskraͤnkheit verliert der Geiſt alles fruͤhere Erkenntnißvermo— gen: Angſt und Unruhe verſchwindet mit dem Bewußtſeyn und der Kranke bleibt in einer Apathie oder in einer zweckloſen Thätigkeit, welche oft für das Allgemeinbefinden ſehr zuträglich if. Es iſt daher von hochſter Wichtigkeit, die ſichern phyſicaliſchen Zeichen bes ginnenden Wahnſinnes zu beachten und keineswegs auf eine nutzloſe Weiſe über die Vorläufer der Geiſteskrankheit zu ſpeculiren. Es— quirol ſagt: „Quel est celui qui pourrait se flatter d'avoir observé et de pouvoir decrire tous les symptomes de la manie, meme dans un seul individu?“ Alles bleibt der Gelegenheit und dem Zufalle überlaffen, und fo ſchwierig und dunkel auch die Krank— beit erſcheinen möge, fo iſt doch Alles durch ſtaͤte und critiſche Un⸗ terſuchung allein zu thun. Folgende Fälle werden vielleicht fiches rer das klar machen, was ich über die Behandlung beginnenden Wahnſinnes ſagen wollte. Erſter Fall. — 6. Januar 1832 wurde ich, wegen eines jungen Mannes in einer Farbenhandlung zu Greenwich, um Rath gefragt; er war von Natur klein, von melancholiſchem Tempera⸗ ment, und klagte über große Traurigkeit, Unruhe, Gleichguͤttigkeit gegen ſeine Frau und Kinder (was ihn beſonders zu afficiren ſchien) und das Gefuͤhl von Untauglichkeit zu irgend einem Geſchaͤfte. Sein Arzt betrachtete es als das Zweckmaͤßigſte, ihn in ein Irren⸗ baus zu ſchicken und hatte hierzu bereits ein Certificat ausgeſtellt; die Verwandten waren. indeß nicht damit zufrieden, und wendeten ſich an mich. Ich fand großen Torpor der Leber, eine Art von intermittirendem Fieber, eryſipelatoͤſe Entzündung der Kopfhaut, die Gefäße der conjunctiva gelb injicirt, den Urin reichlich und blaß. Ich gab Mercur bis zur Salſvation und brachte dadurch den Paroxysmus mehr zur Deutlichkeit. Bei Unterfuchung der Bruſt fand ich das sternum eingedruͤckt; die Herzthaͤtigkeit ſchwach; die Lebergegend frei von Schmerz; der Magen war ausgedehnt und reichte bis zur linken Leiſtengegend herab. Ich verordnete fpärliche Diät mit 2 git. Blaufäure, allmälig bis zu 5 gtt. drei Mal täglich ſteigend; dadurch wurden vier ruhige Nächte mit gu⸗ tem Schlafe herbeigeführt; der Geiſt wurde ruhig, der Kranke 547 fühlte ſich wieder aufgelegt zur Arbeit; Gehör, Geruch und Geſicht waren normal; Geſchmack und Gefühl dagegen noch geſtoͤrt. Im November erfuhr ich, daß der Kranke ſich fort wahrend gut befun— den hatte und ſich fortwährend thatig beſchaͤftigte. Auch fpäter iſt er immer geſund geblieben. Zweiter Fall. — Dieſer betrifft eine Frau, welche ich be— reits vor ihrer Verheirathung (1830) wegen einer Gehirnkrankheit in Behandlung hatte. Sie ſprach ſieben Monate lang nicht, wäh— rend ihre Circulation durchaus nicht geſtoͤrt war; ſie litt an Func— tiongftorung des Magens und Darmcanals mit hartnaͤckiger Ver— ſtopfung; das rectum blieb auch gegen reizende Einſpritzungen un— empfindlich. Die Kranke weigerte ſich, zu eſſen, und faſtete eine ungewöhnlich lange Zeit; die Menftruation blieb aus und zwar, wie ſich nachher zeigte, in Folge von Schwangerſchaft. Daher kam die Urſache der hyſteriſchen Form der Manie. Seitdem iſt ſie nun Mutter von drei Kindern geworden, hat ſich in den ſchwie— rigſten Lebensverhaltniſſen immer muſterhaft benommen und war geſund, bis am 23. Ianuar 1837, in Folge des Verluſtes eines Kindes, ſich ein ſchleichendes Fieber entwickelte, mit Stoͤrung der Excretion und großer Abmagerung Zu dieſer Zeit wurde fie wie— der ſchwanger, ſchien ſich wieder zu erholen und kam wieder ſo zu Kraͤften, daß ſie im Stande war, maͤßige Spaziergaͤnge zu machen. Am 5. Februar 1837 hatte ſie einen Anfall von Manie, weigerte ſich, zu eſſen, und hatte mehrere geiſtige Facultaͤten verloren, ohne daß die Empfindung und die willkürliche Bewegung geſtoͤrt gewe— fen wäre. Es gab nichts, wodurch ſie hätte angeregt werden Fön: nen. Die Paroxysmen wurden immer heftiger. Ich gab große Doſen Brechweinſtein und ließ Blut, indem ich nie mehr, als 10 Unzen auf einmal wegnahm Es wurden kalte und heiße Umſchlaͤ— ge über den abgeſchornen Kopf verſucht, ferner Blaſenpflaſter längs der Wirbelſaͤule, welche mit ſtarker Queckſilberſalbe verbunden wur— den, ferner Abfuͤhrmittel zuerſt aus 6 Gr. Calomel mit Bitterſalz und da dieß ohne Erfolg blieb, aus Grotonöl, ſodann Elyſtire mit Salz, Terpenthin und Ricinusoͤl; dadurch wurde dennoch in 48 Stunden nur ein einziges Mal Oeffnung geſchafft; der Urin ging unwillkuͤhrlich ab. Nun gab ich zwei Drachmen aromatiſcher Aſafoͤtidatinctur drei Mal taͤglich, wodurch der Darm reichlich ent: leert wurde; die Blaſe erlangte ihre Kraft wieder; der Kraͤftezu— ſtand beſſerte ſich uͤberhaupt; das Gedaͤchtniß ſtellte ſich wiederum ein, und die Kranke nahm wieder Nahrung zu ſich, nachdem fie längere Zeit nur durch die Schlundroͤhre und durch Fleiſchbruͤhcly— ſtire ernaͤhrt worden war. Waͤhrend dieſer fuͤnf Wochen dauern— den Behandlung wurde ſie von ihrem Manne und ihrer Familie entfernt gehalten. Aber am 26. März geſtattete ich bei der bes trächtlichen Beſſerung und bei ihrer Sehnſucht nach ihrer Familie, daß ſie die Ihrigen wiederſah, indem ich hoffte, daß dieß guͤnſtig auf ihren Geiſteszuſtand einwirken werde. Am Abend dieſes Ta— ges, des ſiebenten Tages ihrer Beſſerung, verlor ſie jedoch alles Gedaͤchniß, wurde ſehr heftig, bediente ſich der ſchmutzigſten Worte, ſchlang ihr Eſſen gierig hinein, ließ den Urin unwillkuͤhrlich und hatte fünf Tage lang keine Oeffnung, trotz der täglichen Anwendung von Clyſtiren. Ich wiederholte den Gebrauch der Asa foetida mit gleich guͤnſtigem Erfolge; ihr Geiſt wurde ruhiger, und am 16. Auguſt wurde ſie von einem geſunden Kinde entbunden. Drei Ta— ge nach der Entbindung kehrte ihre Vernunft zuruͤck, und ſeitdem iſt die Frau geiſtig und koͤrperlich vollkommen geſund und erwartet in wenigen Wochen die Geburt ihres fuͤnften Kindes. Dritter Fall. — Am 26. December 1837 wurde ich zu einem Herrn G. L. gerufen, welchen ich faſt nackend, hoͤchſt auf— geregt, ſehr leidend, mit unzuſammenhaͤngenden und verruͤckten Ideen und ungewoͤhnlichen Geſticulationen fand und welcher, hier und da in Wuth ausbrechend, ſchrie: „Syſtem! Syſtem! ich brauche ein Syſtem!“ — Als ich mich weiter erkundigte, erfuhr ich daß er zwei Jahre lang ſehr melancholiſch geweſen, nachdem er ſich zuvor eine Lehre zur Rechtfertigung des Selbſtmordes ge— macht habe. Der Puls war beſchleunigt und eilend; die Zunge weiß und trocken; die Haut heiß; das Auge entzuͤndet. Ich gab 10 Gran Brechweinſtein, in Thee, alle zwei Stunden; nach der zweiten Doſis wurde er ruhig, aber war offenbar von den beunru— higendſten Gefuͤhlen gepeinigt. Ich ließ nun 16 Unzen Blut und 318 wiederholte die Aderlaͤſſe in kleinen Quantitaͤten, je nach der Härte des Pulſes hierauf machte ich eine Queckſilbercur durch und gab Brechweinſtein mit Bitterſalz, je nach der Heftigkeit der Erres gungsſtadien welche eine intermittirende Form annahm. Ich ver— bot Leſen und Converſation, empfahl aber Koͤrperbewegung, be— ſonders Beſchaͤftigung im Garten. In drei Monaten wurde der Kranke ganz ruhig; ich empfahl nun eine Seereiſe, damit er ſeine Umgebungen verlaſſe, die Vergangenheit vergeſſe und ſich an Be— trachtung der Werke der Schoͤpfung wieder aufrichte. Dieß hat ſehr günftig gewirkt. Ich hörte vor einigen Monaten, daß er ganz geſund und heiter auf Isle de France ſey. Zu bemerken iſt, daß er bei ſeiner Abreiſe, ſobald er Neigung zur Aufregung fuͤhlte, jedesmal Brechweinſtein mit Bitterſalz nahm, bis das Gefühl nachließ. Bei weiterer Nachfrage uͤber die moraliſche Urſache dieſer Gei— ſtesſtͤrung bei einem ſonſt fo gefunden Subjecte, welches von ge— ſunden Aeltern abſtammte, erfuhr ich, daß er in feinem vierzehnten Jahre als Lehrling zu einem Zimmermann und Tiſchler gebracht wurde, welcher in ſeiner Gegenwart mit einem anderen Manne nicht ſelten uͤber die Zulaͤſſigkeit des Selbſtmordes ſprach. Der junge Menſch las nun Trauerſpicle, machte Auszüge und Betrach— tungen uͤber alle auf Selbſtmord bezuͤgliche Stellen, trieb ſodann Muſik, ließ ſich durch einige oͤffentliche Vorleſungen erregen und fuhrte daneben ein ſehr aufregendes Leben, ſo daß er zu ſeinen eigentlichen Beſchaͤftigungen nicht mehr geeignet war. Dieß ver— ſtimmte ihn; es nagte Verdruß und Menſchenhaß an ſeinem In— nern. Zu bemerken iſt, daß der Mann, welcher zuerſt den Keim zu Selbſtmordgedanken bei ihm legte, ſich ums Leben brachte. Vierter Fall. — Im Jahre 1820 wurde ich von einem Collegen gebeten, einen Kranken zu beſuchen, der bisher von zwei anderen Aerzten als maniacus behandelt worden war. Ich fand einen mageren, metancholiſch ausſehenden Mann, welcher in feiner Converſation duͤſter und mißtrauiſch war, aber den vollen Ge— brauch ſeines Gedaͤchtniſſes hatte. Die Haut war trocken; die Darmexcretion lehmartig, ſehr uͤbelriechend; der Urin ſpaͤrlich und dunkel gefaͤrbt; das Fieber remittirend, mit typhoͤſer Tendenz; der Puls beſchleunjgt, ſchwach; Gehoͤr und Geſicht normal; Ge— ruch, Geſchmack und Gefühl beeintraͤchtigt. Er war durch pieti= ſtiſche Ideen befangen; zugleich nagte der Vorwurf über eine Ver— bindung mit einer anderen Frau, waͤhrend ſeine eigene Frau, deren Lebenswandel indes nicht tadelfrei war. noch lebte, fo an ihm, daß er in einen Zuſtand von Verzweiflung verfiel. Ich empfahl leicht naͤhrende Diät aus Fleiſch mit Graupen, und Gerſtenbruͤhe zweiftündlich in kleinen Quantitäten, liegende Stellung, Erwaͤr— mung der Fuͤße durch heiße Fußbaͤder; innerlich Calomel, mit klei— nen Doſen Brechweinſtein alle drei Stunden, wie es gerade der Zuſtand des Magens erforderte; zugleich Einreibung von Brech— weinſteinſalbe auf den Unterleib. Nach 7 bis 8 Tagen erfolgten dunkele, ſchleimige und uͤbelriechende Darmausleerungen; der Geiſt wurde kraͤftiger, das Fieber nahm einen mehr intermittirenden Cha— racter an, die Koͤrperkraͤfte kehrten zuruͤck. Ich verordnete nun China in der fieberfreien Zeit; dieſe that ſehr gut, doch blieb eine auffallende Geiſtesunruhe zurück, und trotz des guten Koͤrperzu⸗ ſtandes zeigte ſich eine Leberanſchwellung. Ich empfahl nun eine Ortsveraͤnderung, um andere Eindruͤcke zu verſchaffen und ihn von den Urſachen ſeiner geiſtigen Aufregung zu entfernen. Dieſem Rathe folgte er nicht; ſeine Geſundheit ſank wieder, er verfiel in fixen Wahnſinn, gerieth in einen hoffnungsloſen Zuſtand und mußte in ein Irrenhaus gebracht werden, wo er nach wenigen Monas ten ftarb. Fuͤnfter Fall. — N. N., ein Drucker, 48 Jahre alt, in deſſen Familie Manie nicht ſelten war, gab ſich maaßloſer und langfortgeſetzter Unmaͤßigkeit hin. Er war ein ausgezeichneter Ars beiter; Armuth reizte ihn aber nicht zur Arbeit; er trank, ſo lange Geld oder Credit reichte und zwar ſo unmaͤßig, daß ſeine Familie endlich die Parochialhuͤlfe in Anſpruch nahm, um ihn nach einem Irrenhauſe zu bringen. Nach zwei Monaten kehrte er geheilt daraus zuruck, und lebte etwa ſechs Monate arbeitfam und ordent— lich. Hierauf aber verfiel er in feine alte Lebensweiſe und ſchnitt ſich in einem Anfalle die Luftroͤhre, einen Theil des pharynx und 549 einige Aeſte der Lungenarterien mit einem Raftımeffir durch. Nach Unterbindung der Gefäße und Vorwaͤrtsneigung des Kopfes, ver- bot ich jede Bewegung und jeden Verſuch zum Schlucken; am drit⸗ ten Tage verſuchte ich die Einführung einer Schlundroͤhre durch die Naſenoffnung; dieſe drang aber durch die Wunde wieder birs vor. Er wurde durch Fleiſchbrupclyſtirc erhalten, bis nach vier Wochen die Pharynxwunde geſchloſſen war. Er war nun im Stande, Fluſſigkeiten zu ſchlucken, wenn er einen Charpiebauſch auf die Wunde legte, um die atmoſphaͤriſche Luft auszuſchließen und Bewegungen der glottis moͤglich zu machen. Bei der erſten Auf— nahme von Nahrung in den Magen, erfolgte eine gaſtriſche Rei— ung, welche durch etwas laudanum mit natrum ca-bonicum bes fette wurde. Er wurde nun ruhig, blieb etwa zehn Monate or⸗ dentlich, verfiel aber nachher wieder in ſeine alte Lebensweiſe. Seine Frau duldete jede Entbehrung, um zu verhindern, daß er nicht zum zweiten Male in ein Irrenhaus geſchſckt wurde; ja fie ſtarb in Folge der Entbehrungen und der ſchweren Laſt ihrer Sor— gen. Selbſt dieſes Ereiguiß hatte nur vorübergehende Einwirkung. Er verſuchte noch zwei Mal den Selbſtmord, und zwar das letzte Mal im Waſſer. Wahrend dieſer Paroxysmen drang ich fortwähe rend auf die Nothwendigkeit, die erften Symptome der Erregung zu bewachen, und zugleich geſtand er mir das Recht zu, einzugrei— fen, ſobald ich es für noͤthig hielt. Deßwegen ließ ich mir ans zeigen, ſo oft er wieder anfangen wollte, zu trinken; dann gab ich jedes Mal in den erſten zwoͤlf Stunden, ſobald er nach Hauſe ge— bucht war, mehrere Dofen von 6 bis 10 Gran Brechweinſtein, mit 2 Drachmen Bitterſalz. Dieß bewirkte jedes Mal eine Beru— bigung und machte, daß er ohne weitere Aufſicht der ferneren Be— handlung ſich unterwarf, welche in Darreichung von natron car- bonicum und aromatiſchem Salmiakgeiſte in großen Doſen, mit mildnährender Diät, beſtand. Es iſt zu bemerken, daß die Darm- ſchleimhaut ſolcher Leute ſich, in der Regel, in gereistem Zuſtande befindet; deßwegen habe ich, ſo oft Schmerz oder Empfindlichkeit im epigastrium, mit Härte des Pulſes, eintrat, jedes Mat 6 bis 8 Unzen Blut aus der Armvene entzogen. Durch Fortſetzung die— ſer Behandlung iſt nun mein Patient nicht allein in die Lage ge— kommen, feine Familie zu ernähren, ſondern er bat ſelbſt Einiges fur fein Alter zurückgelegt. (London med. Gaz., Nov. 1839.) Anatomiſche Unterſuchung einiger Anchyloſen. Von Velpea u. In ſeiner Clinik hat Herr Velpeau vor Kurzem drei inter— eſſante Präparate vorgelegt. Das erſte betrifft eine Knieanchyloſe, bei welcher die Verwach— ſung vollkommen iſt; es iſt ſelbſt keine deutliche Demarcationslinie mehr vorhanden. Eine Spur davon, welche noch vorhanden iſt, iſt ſchwer zu verfolgen. Hätte man während des Lebens dieſe Ans chyloſe plotzlich zu brechen gefucht, fo fragt ſich, ob die Bruchlinie eher ſich wieder geloͤſ't haben wuͤrde, als daß der Bruch weiter oben oder unten ſtategehabt hätte; es iſt dieß zu bezweifeln oder vielmehr es iſt wahrſcheinlicher, daft dieß nicht der Fall geweſen waͤre, da ſowohl die tibia, als das ſemur ſchwaͤcher waren, als die Knochenpartie in der Gegend der Verwachſungsſtelle. Die Knieſcheibe iſt ebenfalls an das Oberſchenkelbein angewachſen, je— doch weniger vollſtaͤndig, als die tibia; ſie iſt noch an ihrem untern Dritttbeile und auch etwas nach Oben frei, fo daß, wenn die plöß- liche Streckung verſucht worden wäre, wahrſcheinlich die kibia an den Winkel der Knieſcheibe angeſtoßen und dieſelbe abgeloͤſ't haͤtte. Das zweite Praͤparat betrifft eine Anchyloſe des Ellenbogens, wodurch der Vorderarm mit dem Oberarme einen ziemlich ſtum— pfen Winkel bildete; die Verwachſung zwiſchen humerus und ulna iſt vollkommen; die compacte Knochenſubſtanz gebt von einem Knochen vollkommen in die des andern über, ja es it ſogar die Markroͤhre der ulna mit der des humerus in Verbindung. Es ift klar, daß der Bruch in dieſem Falle nicht an der Verwachſungs⸗ ſt elle erfolgt ſeyn würde, Das dritte Präparat iſt eine unvollkommne Anchyloſe des Kniees. Die tibia iſt noch auf dem femur beweglich, und nur mit dem außern condylus feſt dagegen angedruͤckt. Die Knieſchei⸗ 350 be ift nur theilweiſe angewachſen. Hier iſt es alſo keine Frage, daß die tibia, wenn fie gegen den Winkel der Knieſcheibe ange druckt worden wäre, bei der plötzlichen Streckung nothwendig ſich abgeloͤſ't haben müßte, wie es mihrmals bei den Operationen des Hrn. Louvrier der Fall war. Bei diefer unvolltommenen An— chyloſe ſieht man übrigens, wie in ahnlichen Fällen eine volltom— mene Streckung des Gliedes ohne die Maſchine von Louvrier kaum auszuführen ſeyn mochte. Dieß hangt von zwei Umftänden ab: zuerſt von der Rolle, welche die Knieſchribe ſpielt, und welche man nic vellkemmen begriffen hat; vie Knieſcheibe iſt ein Seſam— bein, welches beſtimmt iſt die Einwirkung der Streckmuskeln auf den Unterſchenkel fortzupflanzen; iſt fie nun mit dem Ovberſchenkel verwachſen, ſo wirken die Streckmuskeln nicht mehr auf den Un— terſchenkel, die Thätigkeit der Antagoniſten der Beugemuskeln fehlt, und letztere ziehen den Unterſchenkel nach Hinten, und zwar natur— lich um fo mehr, jemehr die patella nach Hinten angewachſen iſt. Ein zweiter beachtenswerther Umftand iſt der, daß man in dieſem Falle das anchyloſirte Glied nicht vermittelſt der Sehnen und Baͤnderdurchſchneidung ſtrecken kann, weil die patella einer Strek⸗ kung ſich widerſetzen würde. Die gewaltſame, ploͤtzliche Streckung bewirkt dagegen zu gleicher Zeit eine Zerreißung der Bänder und eine Abloͤſung der Knieſcheibe, welche alsdann ihre normale Stelle wieder einnimmt und dem Unterſchenkel die Freiheit der Bewegun— gen wieder verſtattet. Hierbei kann indeß ein ungünftiger Fall vorkommen: wenn naͤmlich die Knieſcheibe widerſteht; alsdann weicht die tibia und luxirt ſich, was leichter ftattfindet als man glauben ſollte; weil bei den Anchyloſen, beſonders denen welche alt ſind, die Condylen des Oberſchenkels an ihrer hintern Seite auffallend abgeplattet ſind. Dieß iſt bei den beiden von Hrn. Louvrier operirten Frauen in der Charité der Fall aemeien. Bei beiden loͤſ'te ſich die Knieſcheibe nicht, und es erfolgte eine Lu— ration der tibia nach Hinten. Wenn in dem dritten Falle die Knieſcheibe nicht angewachſen geweſen wäre, fo hätte dieſer eine Anchyloſe durch Ligamentretrac— tion dargeſtellt, und man wuͤrde zweckmäßiger der Baänderdurch⸗ ſchneidung vor der gewaltſamen Streckung den Vorzug gegeben haben, theils weil fie weniger ſchmerzhaft, weniger gemwaltchätig und, fo zu ſagen, chirurgiſcher iſt, theils weil man ſieht, was man thut, während bei gewaltfamer Streckung außer der groͤßern Gefahr auch noch die Unannehmlichkeit vorhanden iſt, daß man ſie nie ganz nach feiner Willkuͤhr einzurichten im Stande iſt. Die beiden erſten Präparate find fo beſchaffen, daß man bei gewaltſamer Streckung den Bruch nicht an der alten Gelenklinie haͤtte erwarten duͤrfen. Dieß waͤre indeß keinesweges ein Grund, die Anchyloſe nicht brechen zu wollen; iſt fie einmal gebrochen fo bringt man das Glied in gerade Richtung und erhält es in dieſer Lage, und da man nur bezweckt, eine Verwachſung in gerader Richtung zu erlangen, fo iſt es auch gleichgültig, wo der Bruch ftattfindet, wenn nur die Richtung des Gliedes gut iſt. Und ſelbſt dann, wenn die Anlegung eines neuen Gelenkes indicirt wäre, fo wäre es nicht gerade nothwendig, dieß im Verlaufe der frühern Trennungslinie mehr zu bewerkſtellſgen, als etwas darüber und darunter. Es iſt dieß daber kein Grund, die ploͤttiche Streckung zu verwerfen; Velpeau iſt im Gegentheile der Anſicht, daß gera⸗ de in dieſen Faͤllen der Bruch ſpeciell indicirt iſt, da eine andere Metbode keinen guͤnſtigen Erfolg haben kann. Section einer von Louvrier früber operirten Kranken. — Dieſe Frau hatte ſeit zehn Jahren eine Anchyloſe des rechten Kniees, wobei der Unterſchenkel rechtwinkelig gebeugt und ſowohl Knieſcheibe als tibia an das Oberſchenkelbein ange: wachſen war. Seit längerer Zeit hatte jede Art von patbologiſcher Thaͤtigkeit in dem Theile aufgeboͤrt; die Operation wurde von Hrn. Louvrier im October 1839 ausgeführt. Velpeau bielt den Fall für unguͤnſtig dazu; Herr Louvrier gab dich zu, meinte jedoch, daß die Operation von einigem Nutzen für die Frau ſeyn koͤnne, und machte die Operation, welche ſegleich zur Bildung einer Lura⸗ tion Veranlaſſung gab. Es folgte kein uͤbeler Zufall obwohl man ſogleich fragen konnte, ob die Kranke beſonderen Nutzen von der Operation haben werde; denn der Fuß war um 2 — 8 Zell ver: kuͤrzt, und die Kranke hätte, wenn fie am beben geblieben were, 351 eine erhöhte Fußſohle tragen müffen, um gehen zu Eönnen. Das Bein war dabei nicht gerade, und die Kranke würde den Boden nur mit der Fußſpitze haben berühren konnen. Uebrigens war das Glied nicht im Stande, die Koͤrperlaſt zu tragen, da bei der vor⸗ handenen Luxation bei einem etwas ſtaͤrkeren Drucke der Oberſchen⸗ kel an der vordern Seite des Schienbeins hätte herabruͤcken muͤſ— fen. Hr. Louvrier gab dieſe Unannehmlichkeiten nicht ganz zu; er hat indeß uͤberhaupt eine etwas andere Anſicht von der Natur der Anchyloſe. Es wurde nun ein Dextrineverband angelegt und die Kranke durfte mit Kruͤcken gehen. Als indeß einmal der Verband abgenommen war, war die Kranke nicht im Stande, ſich auf ihrem Fuße zu erhalten, ja ſie hatte Schmerzen, ſo oft ſie verſuchte, das Glied zu bewegen. Velpeau blieb daher der Anſicht, daß die Frau nach der Operation uͤbeler daran ſey, als vor derſelben; fruͤher konnte ſie mit ihrem Stelzfuße gut gehen, jetzt aber haͤtte ſie, wenn fie am Leben geblieben wäre, eine Maſchine mit ſeitlichen Knieſchie— nen und einen beſondern kuͤnſtlichen Schuh noͤthig gehabt. Ungluͤcklicher Weiſe war die Frau von ſchwaſcher Conſtitution und ftarb im Januar in Folge einer chroniſchen pleuritis mit Er: ſudation. Dieß war der erſte Fall, in welchem man nach dem Tode die Wirkungsweiſe des Louvrier'ſchen Verfahrens unterſu⸗ chen konnte. Im Höpital Beaujon iſt zwar ebenfalls die Section einer Operation gemacht worden; bei dieſer waren aber die umge— benden Theile krankhaft veraͤndert, während in dieſem neuen Falle die Folgen der Operation rein vorragten. 5 Die Muskeln waren unverändert, die arteria und vena po- plitea nicht verletzt; der obere Theil der tibia liegt hinter dem femur; die Luxation iſt jedoch durch die Gaſtroknemie beſchraͤnkt, welche durch das obere Ende der tibia in die Hoͤhe gehoben ſind, und daſſelbe umſchließen. Dieſe Spannung der Gaſtroknemie er⸗ klärt die Bildung eines Pferdefußes nach der Operation. Die ſeit— lichen Bänder, fo wie das Knjeſcheibenband, find unverſehrt; das hintere Kreuzband iſt nicht zerriſſen aber verlängert und etwas nach. Hinten gezogen; das vordere war gar nicht aufzufinden. Man ſieht an dem Präparate, daß vor der Operation die ti- bia feſt mit dem hintern Theile des Oberſchenkels verwachſen war, und daß zur Ablöfung der patella eine Hebelbewegung noͤthig ges weſen wäre, welche unter dieſen Verhaͤltniſſen die tibia auszufuͤh⸗ ren, nicht im Stande war; denn ſie war nach Oben deformirt und hatte eine nach Vorn gerichtete ſchiefe Kante, welche ſich gegen eine nach Hinten gerichtete Kante des femur anlehnte. Der condylus externus war ſehr klein, der condylus internus etwas dicker, und es iſt klar, daß ſelbſt, wenn man im Stande geweſen waͤre, die tibia nach Vorn zu bewegen, der Oberſchenkel keine Flaͤche darge— boten hätte, um die tibia aufzunehmen; die Luxation hätte ſich als ſo, aller Bemuhungen ungeachtet, wieder bilden muͤſſen. Dieſes Präparat lehrt alſo zwei Dinge: 1) Bei der gewaltſa— men Ruptur der Anchyloſen findet nicht nothwendig eine Zerrei⸗ ßung der Bänder, des Zellgewebes oder der Gefäße ſtatt; 2) wenn eine Anchyloſe vollkommen iſt und das Gelenk einen rechten Win— kel darſtellt, ſo iſt es zweifelhaft, ob die gewaltſame Streckung dem Kranken viel nuͤtzen Eönne, beſonders wenn die Anchyloſe alt iſt, weil alsdann die Knochen deformirt und aus ihrer Lage gewi— chen ſind. 352 Die andere in der Charité operirte Kranke iſt ebenfalls ge— ſtorben. Die brandige Stelle drang bis zum femur ein, deſſen condylus internus abgebrochen war. Es bildete ſich betraͤchtliche Eiterung in der Umgebung des Kniees. Die Kranke wurde in eine Privatwohnung gebracht; es erfolgten Symptome von Eiterreſorp— tion und nach zehn Tagen der Tod. Eine Section wurde nicht vorgenommen. (Gaz. méd. No. 8.) Misc elle nk Exciſion eines Stuͤckes einer Rippe, wegen einer Neuralgie, hat Dr. Dixon bei einem Manne gemacht, wel— cher zwei Jahre zuvor durch eine heftige Quetſchung einen Bruch der zehnten Rippe, auf der rechten Seite, erlitten hatte. Es blieb ein Vorſprung am vorderen Ende der Rippe, und an dieſer Stelle hatte der Kranke ſehr heftige, bald anhaltende, bald intermitti— rende Schmerzen, welche bei jeder Bewegung wiederkehrten. Haͤu— ſige Anwendung von Schroͤpfkoͤpfen brachten Linderung; aber nach zweijaͤhrigem Leiden bat der Kranke um Huͤlfe durch eine Opera— tion, welche darin beſtand, daß ein zwei Zoll langes Stüd der Rippe ausgeſchnitten wurde, wobei die pleura nicht verletzt wurde. Der Rippenkorpel war wahrſcheinlich abſorbirt, denn man fand ihn nicht; nach acht Tagen war die Wunde geheilt und der Schmerz vollkommen verſchwunden. (Aus dem ſeit vorigem Jahre neu er— ſcheinenden New York Journ. of med. and surgery in der Gaz. med., Nr. 9.) Ueber die Seekrankheit eines Affen, der die Ueberfahrt von Dover nach Calais auf einem Packetboote mitmachte, und von einem Savoy ardenknaben an ein Bankbein auf dem Verdecke angebunden worden war, berichtet ein Augenzeuge in Bentley's Miscellany, daß er auf der ganzen Ueberfahrt krank geweſen und erbaͤrmlich gejammert habe. Das ungluͤckliche Thier benahm ſich wie ein Verzweifelnder, hielt ſich den Mund mit den Haͤnden zu, ſuchte ſich den Schwanz abzureißen und ſchrie ſo graͤßlich, daß ſelbſt den Matroſen fuͤr ihre Ohren bange wurde, daher ſie ein Stück Theertuch über ihn warfen. (London and Paris Observer, 17. May 1840.) In Beziehung auf eine ungeheure Blutanſam m⸗ lung im Kopfe, bringt die Allg Zeit. folgenden Aufruf an Deutſchland's Aerzte: Im Koͤnigl. Juliusſpitale dahier ſtarb vor Kurzem ein 59 Jahre alter Mann an einer, bei Erwachſenen vielleicht ganz unerhoͤrten Krankheit. Er hatte naͤmlich eine un— geheure Anſchwellung des Schaͤdels, ſo daß dieſer ausſah, wie ein Wiſſerkopf bei Kindern. Durch einen Einſtich wurden innerhalb drei Tagen funfzehn Pfund und fuͤnf Unzen Blut entleert. Zwoͤlf Tage nach der Punction trat der Tod durch Entkraͤftung ein. — Die Entſtehungsurſache der Blutanſammlung, welche ſehr langſam ftatt hatte und beilaͤufig drei Vierteljahre waͤhrte, konnte nicht ausgemittelt werden. — Waͤre irgend einem meiner Herren Collegen ein aͤhnlicher Fall bekannt, ſo wuͤrde ich ſehr dankbar fuͤr die Mittheilung deſſelben ſeyn. Würzburg, im Junius 1840. Dr. Textor, Profeſſor. Gibliographis che Nee teen. Etudes sur anatomie et physiologie des vegetaux. Par Them. Lestiboudois. Paris 1840. Notes on Irish natural History more especially Ferns. By Ed- ward Newman. Reprinted, with additions, from the „Maga- zine of natural History.“ Dublin 1840. 8. Des difformites de la taille et des maladies qui les font naitre. Par Madame Masson de la Malmaison. Paris 1840. 8. Unterſuchungen über Entſtehung des Krankheitsgenius, deſſen ein: zelne Formen und Geſetzgebung fuͤr das aͤrztliche Handeln, na⸗ mentlich in Beziehung auf die Jetztzeit. Von Dr. Martin Geigel ꝛc. Wuͤrzburg 1840. 8. Wie 2 — Erima zu dem vierzehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die, Arabiſchen die Seiten.) A. Abbildung naturhiſtoriſcher Gegenſtaͤnde mit— telſt des Daguerreotyps. CCCVII. 323. Abdominalreize, locale Nervenzufaͤlle veran- laſſend. CCLXXXIX. 45. Abſceſſe zwiſchen Schlund und Halswirbel⸗ ſaͤule. CCX CVI. 151. Abſtoßung eines großen Theiles der Schei⸗ de und des Mutterhalſes. CCXCVIII. 192. After, kuͤnſtlicher, im Jahr 1776 operirt. CCXCVI. 158. Agaſſiz, über Structur der Fiſchſchuppen. COX CVI. 170 Alter, hohes, und deſſeß aͤrztliche Behand⸗ lung. CCXCII. 87. CXCIII, 107. Ammermuͤller, über eine Geſetzmaͤßigkeit im ſpeciſiſchen Gewichte bei Verbindungen einfacher Körper. CCXCVII. 170. Anchyloſe mit Loup rier's Streckappa⸗ rat behandelt. CCXC. 63. Anchyloſen, anatomiſche Unterſuchung eini— ger derſelben. CCC VIII. 349. Anchyloſe, vollkommne, zufaͤllig geheilt. CCC. 304. Antheren analoge Organe, welche den Aeci— dien angehoͤrig find. CCCVII. 330. Apteryx australis, Lebensweiſe deſſelben. CCXCVIII. 177. Arago, über die genaue Meſſung der Tem—⸗ peratur, des atmoſphaͤriſchen Druckes ꝛc., durch optiſche Mittel gemeſſen. CCCIV, 273. Arſenikvergiftung durch liquor ferri oxy- dati acetici beſeitigt. OCX CVI. 160. Aſphyxie und Lufteinblaſen bei derſelben. CCLXXXVIII. 32. Atmoſphaͤre, Temperatur und Druck derſ. ꝛc., durch optiſche Mittel gemeſſen. CCCIV. 273. Auffindungsapparat Erxtrunkener. CCC VII. 336. Augen, Bau derſelben bei einer vielleicht zu den Phyllodoceen gehörenden Annelide— CCCV. 289. Auswurf rother Haare aus der Lungen. CCXCVI. 160. B. Bäume, Wachsthum derſelben in der Dicke. CCI. 241. Barry, embryologiſche Forſchungen. CCC VI. 305. Batrachier, Unterbrechung der Lebensthaͤ⸗ tigkeit durch Kälte. CCC VII. 327. Bauchreden, Geſchichte der Phyſiologie deff- CCXxC. 49. Berg, ein aus dem Meere aufgeſtiegener, CCCIV. 282. Bermond, über einen metkwürdigen Blitz ſchlag⸗ CCXC. 57. 354 Bernſteingewinnung bei Brandenburg a. d. Havel. CCCIII, 257. Berres, über Fixirung daguerreotypiſcher Bilder. CCX CI. 22. Bigelow, Über die Urſachen des metalliſchen Klingens bei Pneumothorax. CCC. 217. Blaſenſtein, Aufloͤſung derſ. innerhalb der Blaſe durch Borareinfprigung. CCXCII. 96. Blaſenſtein, ſpontan ausgetrieben in und durch die Scheide. CCXCI. go. Blaſenziehen. CCXCIV. 128. Bleiglaſur irdener Geſchirre. CCCII. 256. Blitzſchlag, Beobachtung merkwuͤrdiger Fol— gen deſſelben. CCX C. 57. Blutanſammlung, CCCVIL. 352. Blutegel, ſonderbare Bemerkungen uͤber die— felben. CCXCIX. 200. Blutungen, innere, mit Ipecacuanha bes handelt. CCXCIX. 201. Brodie, Sir B., über feröfe Balggeſchwuͤl— fie der Bruſt. CCXCI. 73. Bronchitis, plaſtiſche. CCG. 220. Bruſt, feröfe Balggeſchwuͤlſte derſelben. Cx. 23. Bruſtkaſten, Größe deſſelben. CCLXXXIX. 48. im Kopfe, ungeheure. C. Cane, über zwei Fälle von plaſtiſcher bron- chitis. CCC. 220. Capillargefaͤße, Varicoſitaͤt derſ. CCXCV. 135 · Cataracta capsularis centralis anterior, Entſtehung derſ. CCCII. 256. Carinarien find Hermaphroditen mit ges trennten Geſchlechtstheilen. CCC III. 266. Chlorkalk gegen Kraͤtze. CCXCV. 144. Chriſtiſon, uͤber den Einfluß, den verſchie— dene Bedingungen des Vegetirens auf die phyſiologiſche Thätigkeit der Pflanzen haben. CCXCIX. 193. Chroniſcher Group. CCLXXXIX. 47. College, medical zu Bombay. CCCVII. 336. Colombat, über die Phyſiologie des Bauch: redens. CCXC. 49. Contractilitaͤt der Gefäße. CCCVII. 333. N eee. Cruveilhier, über Exoſtoſen oder Oſteochon— drophyten. CCLEXXXIX. 41. Cunningham, uͤber die Lebensweiſe von Apteryx australis oder Kiwi. CCXCVIII. 177. Cuvier, Fr., uͤber das Studium der Hand— lungen der Thiere und uͤber Natur und Er— ziehung der Thiere. CCCVIII. 337. D. Daguerreotyp zu Abbildung naturhiſtori— ſcher Gegenſtaͤnde verſucht. CCCVII. 323. Decaisne, Beobachtungen uͤber die Miſtel. CCCIV. 276 Deleau d. IS, über pathologiſche Ruͤckwir— kungen einiger Verletzungen des Gehoͤr— organs auf die Muskeln des Geſichtsaus— druckes, des Sehorgans und des Gehirns. CCCII. 254. Dixon, Exciſion eines Stuͤckes einer Rippe. CCCVIII. 352. Dracunculus zu Kirkee ꝛc. im weſtlichen Indten. CCCV. 304. Du Soit, ſiehe Solt. E. Einfinniges Maͤdchen mit entwickelten gei— ſtigen Faͤhigkeiten. CCCVI. 312. Eiſen, milchſaures, CCCI. 240. Electricitaͤt, atmoſphaͤriſche. CCC. 218. Elementar-Gewebe, CCLXXXVII 5. Embryologiſche Forſchungen. CCC VI. 305. Empfaͤngniß, fubjective Zeichen derſelben. CCCVIII. 344. Entomologiſche Sammlung. CCCVIII. 344. Entwickelung des Vogels im Eie. CCLXXXVII. 2. Erwaͤrmung von Gebaͤuden. CCLXXXVII. - Eroflofen. CCLXXXIX. 41. F. Farbe mikroſcopiſcher Objecte. 296. Farr, über die Beſchaffenheit der Luft in großen Städten. CCXCIII. 10g. Faſern, ſpiralartige. CCXCIV. 120. Fett, Structur und Phyſiologie deſſelben. CCXCVI. 1345. CCC. Feuer, große, in Beziehung auf Gewitter— ausbruche. CCX CVI. 152. Fiſchſchuppen, Structur derſ. CCXCVIII. 179. 17 uͤber Abſceſſe zwiſchen Schlund und Halswirbelſaͤule bei Kindern und Er— wachſenen. CCXCVI. 151. Foſſile Bäume an der Mancheſter- und Bol⸗ ton Eiſenbahn ausgegraben. CCXCII. 81 G. Gaimard, über Unterbrechung der Lebens: thaͤtigkeit der Batrachier durch Kaͤlte. CCCVII. 327. Gangraͤn durch unvorſichtige Anwendung des Seguin'ſchen Verbandes mit Staͤrk— mehl. CCXCV. 144. Gasterosteus spinacchia, Neſter deffelb. CCXCIV. 119. Gebäude, Er varmung derſ. CCLXXXVII. 2. Gefäße, Contractilitaͤt derſelben. CCC VII. 333. Gehirnerweichung, GCAC:V. 126. Gehirn und Zeugungsorgane in polariſchem Gegenſatze beim Menſchen und bei dem Thiere. CCXCIX. 195 Gehirnkrankheiten in Veroindung mit Herz— krankheiten. CCC VII. 329. Gehoͤrempfindung, uͤber eine ſubjective. CCCIII. 263. Gehoͤrorgan, Ruͤckwirkung der Verletzung deſſelben auf Muskeln des Geſichtsaus— druckes, auf das Sehorgan und auf das Gehirn. CCCLI. 254. Gehoͤrorgane eines Tauben CCKXCII. 96. Geiſteskrankheiten. CCCIV. 281. — Beobachtung der, erſte Andeutungen derſ. CCCvIII. 333. Geruch, Weſen deſſelben, nach gewiſſen dye= miſchen Wirkungen. CCCV, 292. Geſang, Wirkung deſſelben auf einen Taub— ftummne. CCCII. 248. Gewebe, Elementar-. CCLXXXVII. 5. chemiſche Zuſammenſetzung derſelben. CCCVII. 321. Glomeriden, d. Zeugungsarten derſelben. CCXCIX. 200. Grab mahl in Jeruſalem, worin Gebeine verſchied. Menſchenracen. CCLXXXVII. 5. 5 und Ventilation über Heilbarkeit derf. unterſucht. Graham Dalyell, über die Reproduction der Virgularia oder Pennatula mira- bilis. CCXCT. 65. Grantham, I. Ueber die Wichtigkeit der Beobachtung der erften Andeutung einer Geiſteskrankheit. CCCVIII. 343. Guerin, über Einwirkung des Luftdrucks auf den Mechanismus feröfer Exhalation, CCXCVII. 173. (Aus Verſehen auch CLCI. 230.) — über angeborene Luxa— tionen des Oberſchenkels. CCXCVIII. 189. Guillon's Behandlungsarten der Harnroͤh— renverengerung. CCCIII. 265. Gußeiſen, neuaufgefundene Eigenthuͤmlichkeit deſſelben. CCLXXXVIII. 25. H. Haare, Structurbildung der menſchlichen. CCXOIV. 113. Hake, über Varicofität der Capillargefaͤße. CCC. 35. Hall, H. D. van, uͤb. die Zunahme der Bäume in der Dicke. CCCII. 241. Harnroͤhrenverengerungen. CCCIIL, 265. Hautzellgewebsentzuͤndung. CCCIII, 272. Hawkſbaw, üb, foſſile Bäume, welche in den Ausgrabungen für die Mancheſter- u. Bolton⸗Eiſenbahn gefunden find. CCXCII. 81. Hecht, Lebensweiſe deſſelben. CCC VI. 312. Heizung von Gebäuden. CCLXXXVII. 2. Henle, uͤber Structur und Bildung der menſchl. Haare. CCXCIV. 113. — üb. die Contractilitaͤt der Gefäße. CCC VII. 333. — üb, Trichinaspiralis, CCCVI 320. Herſchel, Sir John, üb. die chemiſche Wir: kung der Strahlen des Sonnenſpectrums auf Gilserprärarate und andere Stoffe. CCXCV. 129. Herzkrankheiten in Verbindung mit Hirn- krantbeiten CCCVII. 329. Hill, üb. Abſchaffung von Zwangsmaaßre⸗ geln in Irrenbaͤuſern. CCC. 231. Hirnwindungen, vergleichende Anatomie derſ. CCCGIV. 281. Hoden, üb. locale Nervenzufälle in Folge von Abdominalreizung. CCLXXXIX. 45: Hoeven, J. van der, über den großen Ja⸗ paniſchen Salamander. CGCXC. 86. Holland, üb. den gegenwärtigen Stand der Unterſuchungen über das Nervenſyſtem. BER IE ER CCLXXXVII. 17. CCLXXXIX. 33, — uͤb. aͤrztliche Behandlung des hoben Alters. CCXCII. 87. CCXCIII. 107. — üb. einige vermeintliche Ruͤckgrats⸗ krankheiten. CCXCIV. 121. — über Puncte, in welchen ein Patient ſelbſt zu entſcheiden hat. CCXCVII. 169. üb. Sicherheit in d. Medicin. CCXCVIII. 185. Hunt, Körper, Durchgang zu verftatten, 182. Hydatidengeſchwuͤlſte des Hodens, ſche. CCLXXXVIII. 32. üb, die Eigenſchaft verſchiedener den chemiſchen Strahlen den CCXC VIII. endemi⸗ I Jackſon, üb. Cultur der Roſen und Fabri— cation des Roſenwaſſers und Roſendͤls. CCXCIII. 101. Jenkins, über die jungen Lachſe. CCC. 209. Inſecten, wachserzeugende CCXCl. 68. Joliffiae africanae oleum, CCXCT, go. Ipecacuanha bei inneren Blutungen. CCACIX, 201. Irrenhäuſer, über Abſchaffung von Zwangs— maaßregeln in benſelben. CCCI. 231. Julien, üb. wachserzeugende Inſecten. CCXCI. 68. Junod's Luftbruckapparate. CCXCIII. 112. in China. K. Kaͤlte, die Lebensthaͤtigkeit der Batrachier unterbrechend. CCCVII. 327. Kalkerde in Knochen. CCLXXXVII. 4. Kiang : Pferd. CCLIX. 31. Klingen, metalliſches, Urſache deſſelben bei'im Pneumothorax. CCC. 217. Knochenbildung bei kieſelſchaaligen Gallio- nellen. CCX CVI. 152. Knochentheile, welche Kalkerde enthalten. CCLXXXVII, 4. Kobelt, üb. Trichina spiralis. CCCI. 235. über den muse. sphincter pupillae der menſchlichen Iris. CCCI. 237. Krappwurzel, deren Faͤrbungswirkung durch Fütterung auf den Knochen. CCXCVIII. 186. 355 Krebsgeſchwuͤlſte durch Unterbindung der Arterien und Durchſchneidung der Ner— ven des afficirten Theils behandelt. CCXCII. Krohn, üb. den Bau der Augen einer viel: leicht zu den Phyllodoccen gehörenden Annelide. CCCV. 289. üb. zwei eigenthümliche Gryftolle enthaltende Blas chen oder Capſeln an den Schlundring— knoten mehrerer Gaſteropoden und Pte: ropoden. CCCVI. 310. Lachs, Entwickelung und Wachsthum deſſ. CCXCIII. 97. Lachſe, Beobachtungen uͤber die jungen. G08. 200. Lagneau, theraveutifhe Unterſuchungen üb. Guillon's Behandlungsarten der Harn— röhrenverengerung. CCCIII. 265. Landblutegel in Ceylon. GCLXXXVII. 6. Larynx, fremde Körper in demſ. CCLXXXIX. 48. Law, über Verbindung von Gehirnkrank⸗ heiten mit Herzkrankheiten. CCC VII. 329. Leber, Structur derſ. CCCI. 232. Leberthran als antiserophulosum. CCXC, 64 Leich en, 136. Leroi (d'Etiolles), articulirte Curette zur Aus ziehung eingecapfelter Blaſenſteine. CCCVI. 320. Leuret, cliniſche Vorträge über Geiſtes⸗ krankheiten. CCCIV. 281. eicht, Durchgang der chemiſchen Strahten durch verſchiedene Körper. CCXCVIII. 182. Limboria stictica, Saamenſchläuche derſ. CCXCIII 104. Louprier's Behandlung d. Anchyloſe. CCXC. 63. Luft, Beſchaffenbeit derf. in großen Staͤd⸗ ten. CCxCIII. 105. Lufteinblaſen bei Aſphyrie. CCLXXXVIII. 32. Conſervirung derſ. CCXCV. 356 Luftverderbniß als CCXCVIII. 191. Lugol, über tuberculöſe Scropheln. CCCV. 297. CCCVI. 313. Lungenſchwindſucht, tubercul. CCLXXXVII. 15. Luxationen des Oberſchenkels, CCxCVIII. 189. Krankheitsurſache. angeborne, M. Madeira als Aufenthaltsort fuͤr Bruſt— kranke. CCCIII. 271. Mayer, uͤber eine Bursa seu cystis tubae Eustachianae bei einigen Saͤugethieren. CCLXXXVII. I. Meerwaſſer, Temperatur in der Nähe der Glaͤtſcher von Spitzbergen. CCXCV. 136. Mieſcher's Beobachtungen uͤber diejenigen Knochentheile, welche Kalkerde enthalten. CCLXXXVII. 4. Mikroſcopiſche Geſellſchaft zu COLXXXIX. 42. Mikrocopifhe Objecte, Farben derſelben. CCCV. 296. Miſtel (Viscum album). CCCIV, 276. Monſtroſitaͤten. CCXCVII. 161. Musculus sphineter pupillae der menſch— lichen Iris. CCCI, 237. Muſeum zu Kelſo. CCXCII. 88. Mutterhals und Mutterſcheide zu einem großen Theile abgeſtoßen. CCXCVIII. 192. Mutterkorn, Entwicklung deſſ. CCOXCV. 135. Myopodiorthotikon, Berthold's. CCXCIV. 124. London. N. Naturforſchende Geſellſchaft, nachahmungs— werth. CCÄXGIII. 101. Naturgeſchichte, Gegenſtaͤnde derſelben, aus Guyana. CCLXXXVII. 6. Nebenkiemen und Pſeudobranchien der Std: re. CCXCI. 72. R Needham'ſche Körperchen im Hoden der Geptalopoden. CCCIV. 280. Nekrolog, Suermann. CCLXXXVII. 16. — petit, Mar. Ant. CCLXXXVIII. 32. — Robiquet. CCXCIV. 120. — Niemeyer. CCXCIV. 128. — Sul: lien « Desjardins. CCX CVI. 52. — Freih. von Stein. CCXCVIII. 186. — Brochant de Villiers. CCC. 218. — Gyllenkaal. CCCII. 266. — P. F. R udouté. CCCVI. 311. — dv. Gräfe. CCCVI. 320. Nervenſyſtem, Unterſuchung uͤber daſſelbe. CCLXXXVIII. 17. GCLXXXIX. 33. Nervenzufaͤlle, locale, von Abdominalrei— zen. CCLXXXIX. 45. Neural gie des untern Zahnnervens mittels Durchſchneidung und Gluͤheiſen geheilt. CCC. 224. North, uͤber Monſtroſitaͤten. 161. re CCXCVII. O. Oleum Joliffiae africanae. Optiſche Mittel zur Meſſung der Tempe— ratur und des Drucks der Atmoſphaͤre. CCCIV. 273. Oſteochondrophyten. CCLXXXIX. 41. P. Paget, uͤber die Structur und Phyſiologie des Fettes. CCXCVI. 145. Paraplegie, entzuͤndliche. CCCIV, 288. Parotis, feirehöfe. CCCII. 249. Patient, Urtheil deſſelben über Krankheit und deren Behandlung. CCXCVII. 169. Patterſon's electromagnetiſcher Beweger. CCCVII. 328. Payen, uͤber die chemiſche Zuſammenſetzung der Gewebe. CCCVII. 321. Penis, Amputation deſſelben. CCXC. 64. Pennatula mirabilis, Reproduction der⸗ ſelben. CCX CI. 65. Percuſſion einer Hernie. CCXCVII. 176. Pflanzen, die phyſiologiſche Thaͤtigkeit ber: ſelben von verſchiedenen Bedingungen des Vegetirens abhängig. GX CIX. 193. CCXCI. 80. Pingera Pool, Zufluchtsort fuͤr alle kranken Thiere in Bombay. CCCIV. 283. Pneumothorax, uͤber die Urſache des me— talliſchen Klingens bei demſelben. CC. 217. Power, uͤber eine ſcirrhoͤſe Geſchwulſt der Parotis. CCCII. 249. Pſeudobranchien der Store. 72. CCXCCl. R. Redfield, uͤber das Ge’es, nach welchem die Stürme, Orkane ꝛc. entſtehen. GCC. 225. Regen, Niederſchlag deſſelben. CC XC. 57. Richardſon, über Erwärmung und Venti— lation von Gebäuden. CCLXXXVII. 2. Rippe, Exciſion eines Stuͤckes derſ. CCCVIII. 352 Roſencultur. CC CIII. tor. Noſenwaſſer = uad Rodenoͤlfabrication. CCXCIII. 101 Rückenmark, ein Fall von Krankheit deſſ. CGXCI. 80. Ruͤckgratskrankheiten, CCXCIV. 121. vermeintliche, S. Salamander, der ſog. CCXCII. 86. große Japaniſche. Salicin. CCLXXXVII. 16. Salz = Ablagerungen , neuerzeugte. CCLXXXVIII. 26. Sammlung, wichtige entomologiſche. CCCVII., 344. Schlingenleiter von Gerner. CCLXXXVII, 16. ‚ Schlundringknoten mehrerer Gafteropoden und Pteropoden, wovon zwei eigenthümli— che Cryſtalle enthaltende Capſeln. CCC VI. 310. Schnecken, über die Wirkſamkeit derſelben. CCXCIV. 128. Schoͤnbein, uͤber das Weſen des Geruchs, nach chemiſchen Wirkungen. CCC. 292. Scrophel, tuberculoͤſe. CCC V. 297. CCC VI. 313. f Seeigel, getrennte Geſchlechter bei denſelb. CCC. 218. Seekrankheit eines Affen. CCCVIII, 352. Seeſcorbut, Behandlung deſſ. CCXCIV, 127. Seidenhaarziege von Angora. 87. Shaw, uͤber Entwickelung und Wachsthum des Lachſes. CCXCII. 97. Soit, du, üb. d. Stottern. CCLXXXVIII. 25. Städte, große, Beſchaffenheit der Luft in denſelben. CCXOCIII. 105. Staphyloma pellucidum, Fario's Opera— tion deff. CCCI, 240. Starr, ein Fall von chroniſchem Group. CCLXXXIX. 47 Steifenſand, uͤber eine ſubjective Gehoͤrs— empfindung, nebſt einer Bemerkung über das ſog. Muͤckenſehen. CCCII, 263. Steinbeck, uͤber die Bernſteingewinnung bei Brandenburg an der Havel. CCClII. 257. Stichling, Neſter deſſ., ſ. Gasterosteus. Stottern. CCLXXXVIII. 25. Strahlen des Sonnenſpectrums in ihrer chemiſchen Wirkung auf Silberpräpara— te und andere Stoffe ꝛc. CCXCV. 129. Stürme, über Entſtehung derſ. CCC. 225. Stumpfiinn (idiotismus). CCCIV. 285. Superfötation, ein Fall darüber, CCXCVII. 170. CCXGII, T. Zange, Höhe der Küftenlinie derſ. CCXC, 58. A. Aubert, L. CCXCVIII. 192. Audouin, Viet, GCCH. 255. B. Begin, Emile. GCXCII. 96. R eig i ſt e Tetonus und Trismus in Folge eines Kon: tanells am Arme. GCXCIX, 208. Textor, eine ungeheure Blutanſammlung im Kopfe. CCC VIII. 352. Thiere, Handlungen und Erziehung derſelb. CCGvIII. 337. Thomſon, über alkaliſche Verdauungeſto— rung. CCXCIX. 206. Tollwuth bei einer Katze. CCXCIII. 112. Trenor, uͤber Ipecacuanha bei inneren Blus tungen. CCXCIX. 201. Trichina spiralis. CCCI. 235. CCCvl. 320. Tuba Eustachiana mit einer bursa oder eystis bei einigen Saͤugethieren. CCLXXXVII. I. Tuberkeln, ſcrophuloͤſe. CC v. 297. CCC Cv. 313. Zurpin, über die Anwendung des Daguer⸗ reotys behufs der Abbildung naturbifto- riſcher Gegenſtaͤnde. CCC VII. 323. U. Uteri retroversio, Vorſchlag zue Repoſi— tion. C00. 224. V. Vegetationsbedingungen der Pflanzen auf die phyſiologiſche Thaͤtigkeit derſ. influi⸗ rend. CCxCIX. 193. Velpeau, anatomiſche Unter ſuchung einiger Anchyloſen. CCC VIII. 349. Ventilation von Gebäuden. CCLXXXVII. 12. b I Fehn e Blatin, H. Cx CVI. 180. cx dix. 208. Bellamy, W. CCCIV. 287. Bellingham, O' Bryan. CCCII. 256. Belmas, CCCV. 304, Bennet, F. Debell. CCXCVIIT. 191. Berlese. CC CI. 239. 337 Verdauungsſtöͤrung, alkaliſche. CCXCIX, 206. Vergiftungfarten, in England zur Unter— fudung gekommene. CCXCIX. 208 Vergoldung mittels des CCCI. 232. Verſammlung der deutſchen Natur forſcher und Aerzte zu Erlangen. CCXCVIII. 186. Verſteinertes „Kind“ angebliches, nichts als ein fonderbar geformter Kir ſelklum— pen. CCCV. 296. Virey, über den Gegenſatz zwiſchen dem Pole des Gehirns und dem der Zeit gungsorgane dei Menſchen und Thieren. CCXGIX. 195. Virgularia, Reproduction berf, 65. Vogel, Entwickelung deſſelben im Eie, CCLXXXVII. 2. Galvanismus. CCXCl. W. Walfiſche, Schnelligkeit derſelben. CCCII, 250. 3. Zeichen der ſtattgefundenen Empfängniß. CCC III. 344. Zellen, ein Beitrag zur Phyliologie derf. CCC VI. 305. . Zeugungsorgane mit dem G. hiene in po: lariſchem Gegenſatze dei Menſchen und bei Thieren CCXCIX. 198. Zwangsmaaßregeln in Irrenhaͤuſern, über Abſchaffung derſelben. CCCI. 235 1e. Bodington, Geo. CCCV. 304. Boisduval, J. H., CCXCVI. 159. Boubée, N. CGXCIV. 127. Bouillaud, J. CCXCVI. 160. Borgiali, Mich. CCXCIII. II 2. Buffalini, Bald. CCCIV. 2x8. Burnett, Miss. CCXCVII. 175. 358 C. Caffe, P. L. B. CCCIII. 272. Campbell, W. CCCVI. 320. Cervelleri, F. GCXCIII. II f. Chevaliere. CCXCV. 144. Childs, G. B. CCXCV. 144. Collaine, L. V. CCÄCII. 96. Cottereau, P. L. CGLXXXIX. 48. Crespon, J. CCCV. 303. D. Darondeau, B. CCXCV. 144. Delattre, Ch, CCCIII. 271. Despreaux, L. C. CCCVI. 319. Devergie. CCLXXXIX. 48. Devilliers, C. CCCIII. 271. Dubois, E. F. CCX CV. 144. — Ccvl. 319. Duchesne - Duparc. CCCVII. 336. Duclos, P. E. CCXCH. 95. Dupasquier, Alph. CCCVII. 335. E. Eichwald, E. CCXCIX. 207. F. Farre, F. CCXC. 64. Firmas, L. A.d’Hombres. CCLXXXVIII. 31. Foti, Ignazio. CCCIV, 288. Francis, G. CCCVII. 335. G. Gelle, P. B. CCXCVIII, 192. Geigel, Mart. CCCVIII. 342. Gras. CCCIV. 287. R e g i ſſt e &. Guerin-Varry. CC XC. 64. Guyot, Jul. CCC. 64. H. Hocken, G. A. CCLXXXVII. 16. Humble, W. CCLXXXVII. 15. Hutin, P. H. CCC. 224. J. Jehan, L. F. CCX CVI. 159. Jenyns, L. CCLXXXVIII. 31. L. Lalanne, CCGV. 303. Latour, Amed. CCCI. 240, Lame, C. — CCXCI. 79. Lee, Rob. CCXCVII. 176. Leblanc, U. CCXCI. 80. Leroy, d'Etiolles. CCLXXXVIII. 32. Lestiboudois, Them. CCCVIII. 351. Leuret, F. CCXCIX. 208. M. Maire, CCX CVI. 160. Masson. CCC VIII. 352. Matteucei, C. CCLXXXIX. 47. Maxwell, Jam. CCXCVII. 176. Morton, S. G. — CCÄCI, 79. Murray, J. CCXCVIII. 191. M’Whinnie, Andr. M. CCXCVII. 175. N: Namias, Giacinto, CCCIII. 272. Negrier, C. — CCXCII. 96. Newman, Edw, CCCVIII. 351. 0. Odoardo, Turchetti. — CCÄCIII. 112. . pagan, J. M. — CCXCIV. 128. Paret, Dan. CCCII. 255. Pascal, J. J. — CCXCIV. 128. Peltier, Ath, CCCI. 239. Polack, J. S. CCXCIV. 127. R. Rohmer, J. CCCV, 303. 8. Saint-Hilaire, Aug. d. CCXCV. 143. Serrurier, J. B. T. CCXCIX, 208. Sigmond, G.CCXC. 64. CCCII. 256. Streeter, J. CCCVIl. 336. T. Thivet, Mich. CCLXXXVII. 16. Townshend, C. H. CCLXXXIX. 47. — G. H. CCC. 223. Transactions etc. GCXC. 63. CCXCIII. LIT. Twedie. CCÄCI, 90. Tyrrel, F. CCCVI. 320. W. Ward, Will. Tilleard. CCC. 224. Wilson, Erasm. CCC. 223. Woillez, Eug. J. CCLXXXVIII. 32. Wormald, Th, CCXCVII. 175. Ueue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken- Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnuͤtziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na⸗ turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirtlſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Würtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Département du Bas-Rhin, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Enten: bergifchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker- Vereins für das noͤrdliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Befoͤrderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico -chirurgica Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt⸗ und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultät der K. U. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New-Pork, der Académie ie de Medecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterländifchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d’Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats-Arzneikunde und der Kaiferl, Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und bert rss ie, Koͤnigl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Minifterium der Geiftlichen =, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich⸗Wilhelms⸗Univerſitaͤt, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Künfte, Mitgliede der Koͤnigl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Koͤniglichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Academie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins für Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft für Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico- medica zu Moskau und der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien; Ehren-Mitgliede des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats- Arzneikunde und des Apotheker-Vereins im noͤrdlichen Deutſchland. unf ze er , zwei und zwanzig Stuͤcke (Nro. 309 bis 330), zwei Tafeln Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. Juli bis September 1840. — — I m Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. 1 ** ta ı 4 4 % TOR . l * 4 „ PM 4 1 1 Ph 1 M 1. er f N PP 2 ae 7. 1 M.. iR a 1 ’ Zu Aare PR 2 yon tee PRINTER * N nd (le Br . enn Phi. A DB WR m Raum Ws 80 N e. N e ee ö 5 ka ach . Wan Y u 8 un n b l e ar 17 Fab zen ne 5 A e Sin e e e 19 e j N re Ian N e Kr 0 a nn Fun? . * Le a re, hr 1 . > Hintangrim da ) ur nr IM l N “a .. meta „ * 4 \ 14 0 14 dark 15 1 * 1 11 2 2 „ m e . l e eee x . i ee 5 1 1 Wp x 15 n 1 ' Med. N fi Kr i ya t ee ee 16 A Th 1 * 1 e L M Y : . e A e e, e ee e e N ' eh. Munde Ama BE ya e ee 9 8 Wade 1 MN Ha d u 9 0 Rad Nee e 5 e, 1 e 1 n b Ne MIt Wee ee Var N 605 5 r = Neue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammeit und mitgetheilt von dem Ober Madisinalrarde Fror ler ju Wemar, und dem Waerieinatrathe und Preſeſſer Froriep ju Berlin, No. 309. (Nr. 1. des XV. Bandes.) Juli 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nane Ran en d. Ueber die Structur der Hufe, des Fiſchbeins und der Zähne des Ornithorhynchus. Von Dr. J. Heſſe. (Hierzu die Figuren ı b168 der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel) Die Subſtanz der Hufe und die des Fiſchbeins haben viel Aehnliches; ihre Structur iſt am deutlichſten in den Hufen der Pferde, deren Beſchreibung daher auch am zweckmaͤßig— ſten bei der Beſchreibung der obengenannten Subſtanzen zur Vergleichung angewendet wird. Die Hufſubſtanz wird, wie die epidermis, von der gefaͤß⸗ und nervenreichen Oberflaͤche des eorium abgeſon— dert und zeigt ganz deſſen Form, fo daß da, wo das co— rium Erhöhungen zeigt, Gruben und Roͤhren bemerkt wer: den, waͤhrend ſich an den Stellen der Fortſaͤtze der Hufe in dem corium Gruben bemerken laſſen. Auch werden auf der innern Flaͤche des Hufs die Hornblaͤttchen gefunden, wo das corium haͤutige Blattchen bildete. Ueber dieſen Blaͤt— tern findet man einen halbzirkelfoͤrmigen hoͤrnernen Rand, aus welchem viele feine, zugeſpitzte, 3 oder 4 Linien lange Fortſaͤtze entſtehen. Dieſe Fortſaͤtze des haͤutigen corium find in hoͤrnernen Röhren der Hornplatten, wie in Scheiden, verborgen und bilden auf dieſe Weiſe die feſteſte Verbin— dung zwiſchen Haut und Hufe. Das corium iſt mit Außerft zahlreichen Blutgefaͤßen verſehen, welche in die Haut— ſchichten und Fortfaͤtze uͤbergehen. Das Wachſen des Hufs erklaͤrt ſich leicht, wenn man erwaͤgt, daß fortwaͤhrend auf der ganzen Oberflache des corium Hornſubſtanz nachwaͤchſ't und an die naͤchſten Theile abgegeben wird; das neue ſchiebt dabei das zuvorgebildete vorwaͤrts, und da nun dieſe Abſon— derung von zwei Seiten ſtattfindet, ſo ruͤckt die Hornſub— ſtanz in der Richtung der Hautfortſaͤtze des corium vor, fo daß endlich die Hornmaſſe den Rand des Fleiſchwalles er— reicht. Die Hornſubſtanz iſt zuerſt ſehr weich und wird immer feſter, bis er aͤußerem Druck zu widerſtehen im Stande iſt und endlich nur noch durch Abnutzung angegrif⸗ No. 1409. fen wird, wobei der Verluſt aber immer durch neue Abſon— derung erſetzt wird. Die Barten finden ſich bei der Balaena rostrata und longimana, bei welchen fie die Stelle der Zähne eins nehmen. Der Oberkiefer iſt lang, ſchnabelfoͤrmig und hat zwei Laͤngenfurchen, welche dadurch gebildet werden, daß in der Mitte der Gaumenflaͤche ein hervorragender Knochen— rand (carina) der Laͤnge nach verlaͤuft und von Hinten nach Vorn flacher wird; in der zu beiden Seiten liegenden Grube ſitzt die Barte des Walſiſches, vom Gaumenbeine an, bis zu der vordern Spitze; mit dem Rande des Kiefers bil— det ſie einen ſtumpfen Winkel und zeigt die groͤßte Dicke; am hintern Theile, wo die Barten beider Seiten beinahe zuſammentreten, waͤhrend ihre Groͤße nach Vorn immer ab— nimmt. Der Zwiſchenraum zwiſchen den beiden Haͤlften beträgt nicht ſelten ? Fuß; die Haut, auf welcher jede Barte gebildet wird, iſt der Bildungshaut der Hufe ſehr aͤhnlich. Die dem corium zugewendete Flaͤche der Barte bildet unter jedem einzelnen Blatte eine Falte, in welcher fadenfoͤrmige Verlaͤngerungen des corium in die Höhlen der Barte eintreten. Der Theil der Haut, welcher mit dem Kiefer verbunden iſt, deſteht aus einem compacten, fettreis chen Gewebe mit ziemlich großen Gefaͤßen, deren Staͤmme an dem Gaumentheile des Kiefers verlaufen, worauf die Aeſte unter rechtem Winkel durch die dicke Haut hindurch zu der Barte hinlaufen und in die Möhrenfubftanz der Hornmaſſe eintreten. Auf der Dberflähe der Bartenhaut wird eine weißliche Subſtanz abgefondert, welche den Ueber— gang in Hornſubſtanz darſtellt Die Baſis jeder Barte hat eine Keimhoͤhle, in welche die Keimhaut mit ihren Gefaͤßen und Nerven eindringt. Auf jeder Seite der Keimhoͤhle faͤngt die Barte als eine duͤnne, jedoch raſch dicker werdende Platte an; ſind dieſe ſeitlichen Platten zur Spitze der Keimhoͤhle gelangt, ſo verſchmelzen ſie unter einander zu einer dickern Platte, welche ſich ſpaͤter wieder pinfelförmig in viele einzelne Faſern theilt. Die aͤußete Fläche der Bar: te hat einen epidermisähnlichen Ueberzug, unter welchem erſt 1 3 die compacte Hornſubſtanz, von welcher weiter unten die Rede ſeyn ſoll, liegt. Das Korium iſt auf feiner ganzen Oberflaͤche mit einer gleichmaͤßigen Gefaͤßausbreitung bedeckt, von deſſen An— ordnung die Form des Horngewedes abhaͤngt; haͤufen ſich die Gefaͤße, ſo wird auch das Hornproduct dicker, es ent— ſtehen Hufe, Klauen u, ſ. w.; treten die Gefaͤße buͤndelfor— mig hervor, ſo nimmt auch der Ueberzug eine entſprechende Form an, es entſtehen Haare und Hornzaͤhne; ſolcher zeigt die echidna auf der Zungenwurzel zwanzig, am Gaumen ſieben Reihen, erſtere mehr klauen- letztere zahnfoͤrmig. Der Ornithorhynchus, deſſen Schnabel mit einem calloͤſen Ueberzuge verſehen iſt, hat keine Gaumen- und Zungenzaͤhne, wie die Echidna, ſondern an jedem Kiefer zwei Hornzaͤhne, die mit breiter Baſis auf dem Zahnfleiſche auffisen. In die Baſis des Zahns gehen tiefe Einſchnitte hinein, durch welche eine ſehr gefaͤßreiche Haut zur Ernaͤhrung des Horn— zahnes eintritt, ganz auf die Weiſe wie bei dem Hufe und bei der Walfiſchbarte. Auch ruͤckſichtlich der Structur zeigen die genannten Theile große Aehnlichkeit; im Allgemeinen beſtehen ſie aus concentriſchen Röhren mit groͤßern oder kleinern Zwiſchen— raͤumen und durch homogene, mehr oder minder ſolide Horn— ſubſtanz verbunden. Die Roͤhren enthalten theils thieriſche, theils kalkartige Materie. Durchſchneidet man ein Stuck Huf der Queere nach, und betrachtet es bei mäßiger Ver— groͤßerung mit dem Mikroſcope, ſo ſieht man viele concen— triſche Ringe in einzelnen Bündeln zuſammenliegend und durch dazwiſchenliegende homogene Hornmaffe getrennt. Je— mehr man ſich der Mitte eines ſolchen geringelten Buͤndels nähert, deſto häufiger und dichter werden dieſe Ringe, wäh: rend ſie nach Außen hin ſich immer mehr ausdehnen und in einander übergeben. D eſe Ringe find die Durchſchnitte der Roͤhren, welche zuerſt einzeln auf den zottenartigen Fort— fäsen des eorium gebildet werden, dieſe wie eine Scheide uͤberziehen, und je nachdem von Unten neue Subſtanz angelagert wird, in die Höhe wachſen; der Breite nach, nimmt eine ſolche Roͤhre nur in dem Maaße zu, als andere ſpaͤter gebildete Roͤhren in ſie eindringen, welche alsdann wieder auf gleiche Weiſe wie die erſte wachſen und allmaͤlig ausgedehnt und immer mehr verduͤnnt werden. Zwiſchen den auf ſolche Weiſe gebildeten einzelnen Roͤhren wird zu— gleich Hornſubſtanz abgelagert. Es findet alſo an den Rohren ein doppeltes Wachsthum ſtatt, nach der Höhe und nach der Breite. Wenn ſich nun die fruͤher engeren Roͤh— ren nach hinreichender Ausdehnung allmaͤlig berühren, ſo ſcheinen ſie bei fortdauernder Zunahme in einander uͤberzu⸗ gehen; bei genauerer Beobachtung jedoch ſieht man bald, daß ſie nur ihre runde Form verlieren und unter einander gefaltet erſcheinen. Daß die Roͤhren alle einzeln und ziem— lich parallel verlaufen, ſieht man an einem Laͤngendurch— ſchnitte, woran man auch erkennt, daß die einzelnen Röhren noch mit einer Medullarſubſtanz gefüllt find, welche durch die Keimhaut abgeſondert wird. Jemehr man ſich der Wurzel des Hufes nähert, deſto dichter ſtehen die Roͤhren— - buͤndel, und deſto feſter iſt deren Gewebe, indem zwiſchen die großen Roͤhrenbuͤndel kleinere eindringen. Die groͤßern werden daher gegen die Spitze hin auseinandergetrieben, ſo daß die untere gegen den Boden gekehrte Flaͤche des Hufes einen größern Umfang erreicht. Dieß wird noch deutlicher, wenn man die Spitze des Hufes betrachtet, wo die Buͤndel nur einzeln liegen, die homogene Hornſubſtanz aber in weit groͤßerer Maſſe die Zwiſchenraͤume ausfuͤllt. Auch bei der Walfiſchbarte tritt an der untern gefurch— ten Flaͤche die Keimhaut des corium in dieſe Suchen und Oeffnungen ein, welche gegen den außern Rand größer, am innern kleiner ſind. Selbſt dieſe Furchen, welche den Sei— tenraͤndern parallel laufen, haben fruͤher eine runde Geſtalt, wie ſie auch ſpaͤter noch an der innen Seite der Burte ſich finden; erſt durch ſpaͤtere Vergroͤßerung der Keimhaut erlangen die aͤußern die Geſtalt langer Furchen, indem die früheren Roͤhrenbuͤndel von den ſpaͤter gebildeten mehr nach Innen liegenden gedruͤckt und abgeplattet werden. Alle Fur— chen an der untern Flaͤche verlaufen von Außen nach In— nen ſchraͤg, und die untere Flaͤche geht unter einem ſtumpfen Winkel in die äußere über, wobei auf der Graͤnze beider Flaͤchen das ſogenannte Hornkranzbayd die einzelnen Blätter der Barte ſowohl nach Innen, als nach Außen feſt verbin det; dieſes liegt an der Stelle, wo ſich der Zwiſchenraum zwiſchen dem Anfange der feſteren Roͤhrenſubſtanz und den Keimbonten befindet. Die einzelnen Blätter der Barte Lie: gen fo aufeinander, daf immer eine die vorhergehende bedeckt, mit Ausnahme des ſchmalen aͤußeren Randes Der obere Rand beſteht aus blaſſern Faſern, die innere Flaͤche aus Fa— ſern, welche mehr nach Innen gerichtet ſind. Die Blaͤtter der Barte haben einen epidermisaͤhnlichen Ueberzug, welcher ſich leicht abziehen läßt; dieſer beſteht wiederum aus Roͤhren, gan; wie die Röhren am Hufe, mit dem Unterſchiede, daß fie ihre runde Geſtalt behalten und ein haͤrteres, feſteres Ge: bilde darſtellen, als die Roͤhren des Hufes. Ueberdieß lie— gen die Rohren viel dichter aneinander, als bei'm Hufe, fo daß auch die homogene Z wiſchenmaſſe in geringerer Quanti— tät vorhanden iſt. Betrachtet man die Abbildung des Queerdurch chnittes des Fiſchbeins genauer, fo ſieht man, daß die einzelnen Roͤhrenbuͤndel ganz auf die Weiſe entſtanden find, wie bei'm Hufe, indem die jüngere Rohre in die früs her vorhandene eindringt, waͤhrend zugleich eine neben der andern in einer gewiſſen Ordnung ſteht, was von dem Hufe nicht geſagt werden kann. Auch der Laͤngendurchſchnitt zeigt, aͤhnlich der Hufſubſtanz, mit Markmaſſe gefüllte Roͤhren und zwiſchen dieſen homogene Hornſubſtanz. Gegen das faſerige Ende der Barte hin hoͤrt allmaͤlig der epidermisaͤhn— liche Ueberzug und die homogene Zwiſchenmaſſe auf, und die einzelnen Roͤhren ſtellen ſich als Faſern dar. Ob dieſe Fa— fern bis zu ihrer aͤußerſten Spitze hohl ſeyen oder nach Oben allmaͤlig feſt werden, iſt noch nicht zu beſtimmen; doch iſt das letzte wahrſcheinlich. Faſſen wir nun das bisher Geſagte zuſammen, ſo ergiebt ſich, daß die Walfiſchbarte aus reihenweiſe verbundenen Faſern, welche auch die Spitzen der Barten bilden, beſtebt, und durch Hornſubſtanz vereinigt, durch eine epidermisaͤhnliche Hülle überzogen wird. 5 Der Zahn des Ornichorhynchus hat verſchiedene Flächen. Die untere, breitere, etwas nach Innen gerichtete ſitzt auf dem Zahnfleiſche und zeigt mehrere Furchen und Erhoͤhungen; in jene Furchen teitt wiederum die Keimhaut mit ihren Gefäßen und Nerven ein. Der aͤußere Rand der unteren Flaͤche iſt nach Außen conver und zeigt auf der Mitte eine hervorragende Leiſte uͤber ſeine ganze Laͤnge hin; nach Innen iſt er concav und bildet gewiſſermaaßen eine Furche, welche ſich nach Außen über das Zahnfleiſch fortſetzt. Die innere Flaͤche iſt etwas nach Oben gerichtet, concav und mit mehreren Hervorragungen und Grübchen beſetzt, welche denen der untern Flache in umgekehrter Ordnung entſprechen, ſo daß, wo dort Erhabenheiten ſind, ſich hier Gruben befinden. Der Queerdurchſchnitt dieſes Zahns zeigt in der vergroͤ— ßerten Abbildung ebenfalls concentriſche Roͤhren, welche indeß untegelmaͤßig zerſtreut ſind; die Zwiſchenraͤume werden durch Herumaſſe ausgefüllt, in welcher man einzelne Puncte und Koͤrner ſieht. Je naͤher der obern Flaͤche des Zahns, um fo dichter werden die Rohren, indem ſie zugleich ſparſamer zu leben ſcheinen, wie es auch bei dem Hufe und bei dem Fiſchbeine der Fall war. Auf der Oberflaͤche find die Röh— ren wahrſcheinlich faſt ſolid. Zum Theil dadurch, zum Theil durch die feſtere Zwiſchenſubſtan; erhält der Zahn des Or— nithorhinchus feine große Feſtigkeit, welche nicht allein das Fiſchbein, ſondern auch das Elfenbein an Haͤrte uͤber— trifft. Dieſe Zwiſchenſubſtanz beſteht gröftentbeils aus Hornſubſtanz und enthaͤlt etwas Knochenerde. Der Laͤngen— durchſchnitt zeigt die körnige Zwiſchenſubſtanz beſſer, zu de— ren Bildung vorzuͤglich die Beimiſchung der Knochenerde bei— zutragen fiheint. Die Zähne des Ornithorhynchus unterſcheiden ſich alſo weſentlich von den Knochenzaͤhnen, an welchen man den Schmelz, die Zahnſubſtanz und die Knochenſubſtanz unter— ſcheidet; obwohl die Zahnſubſtanz eine roͤhrenartige Bildung zeigt, fo unterſcheidet fie ſich doch beträchtlich von der Struc— tur der Hornroͤhren, indem jene Roͤhren viel Knochenerde, dieſe dagegen nur ein Pigment und Markſubſtanz enthalten, da ihre Knochenerde wegen ihrer geringen Quantität kaum in Betracht komt. Abbildungen. Fig. 1. Laͤngendurchſchnitt eines Stuͤckes Pferdehuf; die Streifen find Roͤhren, mit Markſubſtanz und ſchwarzem Pigmente gefüllt. Fig. 2. barte oder Fiſchbein bei maͤßiger Vergroͤßerung. die Durchſchnitte der Roͤhren. Fig. 3. Queerdurchſchnitt eines Stuͤckes Pferdehuf, ſehr vergroͤßert. Fig. 4. Queerdurchſchnitt eines Stuͤckes des Orni— thorbynchuszahns in der Naͤhe der Baſis. Fig. 5. Queerdurchſchnitt eines Ornithorhynchuszah— nes in der Naͤhe der Spitze, wo die Roͤhren enger gewor— den ſind. } Queerdurchſchnitt eines Stuͤckes Walfiſch— Man ſieht 6 Fig. 6. Queerdurchſchnitt eines Stuͤckes Fiſchbein, ſehr vergroͤßert. Fig. 7. Lingendurchſchnitt deſſelben. Fig. 8. Lingendurchſchnitt des Ornithorhynchuszahns. barbae balaenae, dentium or- Diss. (De ungularum nithorhynehi corneorum penitiori structura. inaug. auct. Johannes Hesse. Berlin 1839.) Beſchreibung des Schlangennußbaums in Guiana. Von Robert H. Schomburgk *). (Hierzu Fig. 10 — 12 der mit biefer Nr. ausgegebenen Tafel.) Seit mehreren Jahren wurden aus dem Innern Nüffe von der Groͤße einer Wallnuß nach Georgetown in Dema— rara gebracht, deren Kern, wenn die ihn bedeckende Haut abgezogen worden, mit einer zuſammengewundenen Schlange auf allende Aehnlichkeit hat. Man unterſchied daran den Kopf, den Mund, die Augen ſo deutlich, daß man das Ganze eher fuͤr ein Product der Menſchenhand, als fuͤr ein Naturſpiel hätte halten ſollen. Wie dieß bei Landeserzeug— niſſen, welche tief aus dem Binnenlande kommen, haͤufig der Fall iſt, fo waren die Colon ſten auch mit der Pflanze, von der dieſe ſonderbaren Nuͤſſe kommen, durchaus unbe— kannt. Gewoͤhnlich fand man deren, nachdem der ausgetre— tene Eſſequibo wieder in ſeine Ufer zuruͤckgewichen war, an dieſen, und lange wurde behauptet, ſie ſtammten von einem Schlinggewaͤchſe. Wegen der Aehnlichkeit des Kerns mit einer Schlange, hielt man ihn fuͤr ein Gegenmittel gegen den Schlangendiß. Nach meiner Ruͤckkehr aus dem Briti— ſchen Guiana und waͤhrend meines Aufenthaltes zu Ampa am Eſſequibo erfuhr ich von Hrn. Richardſon, dem ba: maligen Poſthalter, daß die Schlangennuß von einem gro— ßen Baume ſtamme, und daß mehrere Exemplare ſich in der Nachbarſchaft ſeines Wohnortes befaͤnden. Ich benutzte da— her die erſte Gelegenheit, das Fluͤßchen Ampa aufwaͤrts zu befahren, um dieſen Baum kennen zu lernen Er wuchs an den Ufern des Fluͤßchens, und daraus erklaͤrt ſich der Umſtand, daß man deſſen Fruͤchte an den niedrigen Ufern der Inſeln Leguan, Wakenaam x. an der Muͤndung des Eſſequibo ſo haͤufig findet. Es war gerade um die Zeit, wo der Baum ſeine letz— ten Fruͤchte abwarf und neue Bluͤthen zu treiben begann. Leider waren dieſe noch nicht weit genug entwickelt, um die Claſſe und Ordnung, in die der Baum zu ſetzen ohne Weiteres beſtimmen zu koͤnnen; indeß gehört er ohne Zwei— fel in die natürliche Ordnung der Terebinthaceae, und bildet den Uebergang zu der Abtheilung Juglandiae **). Saͤmmtliche von mir zergliederte Knospen zeigten 3 Staubgeraͤße und einen Griffel. Der Kelch beſtand aus dachziegelförmig geordneten Blaͤttchen, und dieß hätte mich ) Vorgeleſen der Ein n siſchen Geſellſchaft am 6. Juni 1837. ) Er dürfte zwiſchen den Anacardiae und Juglandiae mitten- inne ſtehen. 1 * 7 veranlaſſen koͤnnen, eine Carya oder Juglans zu vermus then; allein die Blätter des fraglichen Baumes find glatt und ganzrandig, waͤhrend die jener Gattungen, mit Auss nahme von zwei Arten, ſaͤgezaͤhnig find. Eine Carya kann es nicht ſeyn, da die Nuß bei die— fer Gattung +edig und aklappig iſt, während die Nuß von Juglans, ſo wie die Schlangennuß, nur 2 Klappen hat. Ich ſtellte an Hrn. Richardſon die Bitte, mir einige vollſtaͤndig entwickelte Bluͤthen des Schlangennußbaums zu verſchaffen; allein es gelang ihm nicht, dieſelben in einer brauchbaren Weiſe zu trocknen; daher er mir leider gar keine überfandte, und ich ſehe mich daher genoͤthigt, eine guͤnſtige Gelegenheit zur völlig genauen Beſchreibung dieſer merkwuͤrdigen Pflanze abzuwarten. Mittlerweile kann ich in dieſer Beziehung nur Folgendes mittheilen: Ordo: Therebinthaceae. Calyx imbricatus. Corolla 3 petala. bivalvis, 1 sperma. Trivialname: Schlangennußbaum. Arbor excelsa, truncus glaber cortice laevi cinereo. Folia pinnata; foliola petiolata, 3 — 6 juga cum impari, lanceolato-ovata, acuminata, integerrima, subcoriacea, venosa, glabra, nitida. Petioli universales supra canaliculati, glabri, arti- culati, partiales breves. Flores paniculati; pani- culae in ramulis terminales, subinde axillares, ra- mosae; floribus brevissime petiolatis, numerosis, confertis. Calyx imbricatus. Corolla 3 petala, ova- ta, concava. Drupa coriacea, unisperma, unilo- cularis, glabra, sphaerica Nux dura, glabra, bivalvis, unilocularis; nucleo albo. Hab. in sylvis Guianae prope fluvium Esse- quibo. Floret Aprili. Es iſt ein Baum erſter Größe; feine Rinde grau, ziemlich glatt, und er theilt ſich bei einer Höhe von 40 bis 60 Fuß in wenige Aeſte, die mit gefiederten Blaͤttern geſchmuͤckt ſind, welche gewöhnlich 4 bis 6 Paare Blattchen mit einem un: paarigen endſtaͤndigen beſitzen. Der gemeinſchaftliche Blatt— ſtiel und die Blaͤttchenſtiele ſind gegliedert, der erſtere rinnen— förmig; die Blätter ganzrandig, lanzett-eifoͤrmig, geſpitzt, glänzend, lederartig; zwiſchen hell- und dunkelgruͤn gefaͤrbt und auf der untern Seite ein wenig heller, als auf der obern. Die Bluͤthen ſtehen in Rispen, haͤngen herab und fisen an rothbraunen Bluͤthenſtielen, die, zumal wenn fie jung ſind, ſich faſt ſo ausnehmen, als ſeyen ſie mit Mehl beſtaͤubt. Sie ſtehen in Quirlen in geringer Anzahl ver— einigt; der Kelch iſt dachziegelfoͤrmig, die Blumenkrone drei— blättrig, eifoͤrmig und concav, und violett von Farbe. Das Merkwuͤͤrdigſte am Baume iſt jedoch die dünne, lederartige Steinfrucht, die eine glatte Nuß beſitzt, deren Kern mit einer Schlange die auffallendſte Aehnlichkeit hat. Er iſt, gleich der Wallnuß, mit einer Haut uͤberzogen; der Embryo iſt rundlich; der Kopf der Schlange wird zu einem keulenfoͤrmigen Waͤrzchen, und der Schwanz (Mirbel's scapellus oder Decandolle's tigelle) trägt zwei große, Drupa 8 blattfoͤrmige Cotyledonen mit mehrern Rippen, welche nie— dergedruͤckt und gefaltet am Wuͤrzelchen anliegen. Die Farbe der Cotyledonen und des Embryo iſt weiß; die Rippen des letztern ſind aber ſcharlachroth und werden, ſobald die atmo— ſphaͤriſche Luft Zutritt zu ihnen hat, dunkelbraun. Wenn die Frucht zu keimen anfängt, biegt ſich der scapellus oder tigelle nach der Baſis der Cotyledonen zu, ſprengt die Nuß, und nachdem er ſo den Saamenblaͤttern Freiheit ver— ſchafft, entfalten ſich dieſe und richten ſich in die Höhe, waͤhrend das rhizoma ſeine Wurzeln in die Erde treibt Ruͤckſichtlich der etwaigen officinellen Kräfte des Bau: mes oder der Frucht fehlt es dermalen noch an Verſuchen. Die gemeinen Leute betrachten die letztere, wie geſagt, we— gen der Geſtalt, als ein Mittel gegen das Schlangengift. Der eigenthuͤmliche Wohnort des Baumes ſcheint an dem untern Theile des Eſſequibo und feiner Nebenflüffe zu ſeyn; wenigſtens iſt er bis jetzt noch nirgends anders gefunden worden. Er bluͤht im Maͤrz oder April, und die Frucht erlangt ihre Reife im November. Fig. 12. zeigt den Embryo nach Beſeitigung der aͤußern Schaale. a das Wuͤͤrzelchen oder rhizoma; 6 der Hals, tigelle; e die beiden Cotyledonen, welche ſich entfaltet ha— ben, nachdem fie früher bei d, d, angedruͤckt lagen und den Embryo theilweiſe einhuͤllten. Fig. 11. ſtellt die Nuß und Fig. 10. den ſchlangenaͤhn— lichen Kern dar. (Annals of Natur. History. May 1840). Miscellen. Ueber den anatomiſchen Bau von Panorpa com- munis hat Hr. Brands in dem VI. Bde. der Tydschrift voor Natuurlijke Geschiedenis en Physiologie p. 173 — 198 eine Ab: handlung geliefert. Das Merkwuͤrdigſte darin waͤre wohl, daß hin— ſichtlich der ſogenannten Speichelgefaͤße eine ganz anomale Ver— ſchiedenheit zwiſchen beiden Geſchlechtern ftatt hätte. Dieſe Gefaͤ— ße, ſechs an der Zahl, umgeben und verhuͤllen bei den Maͤnnchen den Darmcanal faſt voͤllig, waͤhrend bei den Weibchen dieſelben Ge— faͤße auf zwei rudimentäre Bläschen reducirt ſind. Der Ausfuͤh— rungscanal dieſer Gefäße öffnet ſich nicht, wie gewoͤhnlich bei den Inſecten, in die Speiſeroͤhre oder in den pharynx, fondern an einer unter dem pharynx, über dem labium gelegenen Oeffnung. Dieß hat Hrn. B. zu der Entdeckung des Ausganges derſelben Ge— faͤße bei den Wespen geleitet, wo fie ſich weder unter dem Ruͤſſel, noch in dieſem, wie man gewoͤhnlich glaubt, ſondern uͤber dieſem Organ oͤffnen, faſt wie bei Panorpa, welche uͤbrigens (zu den Neuropteren gehörig) in ihrer Organiſation viele Affinität mit den Hymenopteren hat. — Nach Hrn. B. iſt dieß eine beiſpielloſe und unerklaͤrliche Anomalie daß ein ſo complicirter Apparat in einem männlichen Inſecte (wie die Speichelgefaͤße der Panorpa es ſind), und ſo reducirt und keiner Function faͤhig, bei dem Weibchen beſtimmt ſeyn ſollen, zur Digeſtion beizutragen, waͤhrend beide Ge— ſchlechter ſich von denſelben vegetabiliſchen Stoffen naͤhren. So daß man durch dieſe Beobachtung verleitet werden moͤchte, zu glau— ben, daß die Speichelgefaͤße bei Panorpa nicht zur Digeftion dienen (weil in dieſem Falle man ſie in beiden Geſchlechtern gleich entwik— kelt finden muͤßte), ſondern vielmehr zur Ausſcheidung von fuͤr die thieriſche Oeconomie nachtheiligen Stoffe beſtimmt ſeyen; um fo mehr, da das Weibchen ebenfalls beſondere Gefäße beſitzt, von denen man annehmen kann, daß ſie zu einer den Speichelgefaͤßen analogen Function beſtimmt ſeyen. Die letzten gehen am bintern Ende des Koͤrpers aus; aber da ſie in keiner directen Beziehung zu den Ge— 9 — nerationsorganen ſtehen, indem ſie eine beſondere Oeffnung haben, die vom anus und von der vulva getrennt und keine Klogte vorhan— den iſt, und ihr Inhalt keinen Einfluß lausuben kann auf die Eier, bevor dieſe gelegt find, fo ſcheinen auch dieſe Gefäße zu irgend ei— ner beſondern Secretion beſtimmt zu ſeyn, und ſcheinen Hrn. B. die Speichelgefaße zu erſetzen, die den Weibchen fehlen. Daft durch die Anweſenheit von Trüffeln die Er⸗ zeugung von Schwaͤmmen an der Oberfläche der jene bedeckenden Erde begun ftigt werde, hat Hr. Gaspariis ni am 8. Juni der Academie der Wiſſenſchaften angezeigt. Hr. G. ſchreibt, in gewiſſen Gegenden des Konigreicks N apel haben die Landleute bemerkt, daß, wenn man an einer ſtark mit Schwäms 10 men bewachſenen begraͤnzten Stelle des Bodens bie Erde aufwühle, man in geringer Tiefe eine ſckhwärzliche, unregelmäßig abgerundete, mehr oder weniger große Maſſe ſinde, welche alſo die Entſtehung jener Cryptogamen begünftigt zu haben ſcheint, und die daher den Namen Schwammſtein erhalten hat. Hr. G. kam auf die Ver: muthung, jene Maſſen moͤchten nicht dem unorganiſchen Naturrei— che, fondern dem Pflanzenreiche angehören, und bei Unterſuchung ihrer innern Structur fand er, daß fie mit Trüffeln die größte Aehnlichkeit hatten. Er wuͤnſchte, den Kranzöfifchen Botanikern Gelegenheit zu geben, dieſe Entdeckung zu conſtatiren und bat da— her feinem Briefe 4 — 5 der fraglichen Trüffeln beigefügt, von welchen eine fo groß iſt, wie der Kopf eines acht- bis neunjaͤhri— gen Knaben. e n n d e. Bemerkungen uͤber die Operation des Empyem's. Von Dr. George Greene. Vor der Operation der Paracentefe des thorax bei Empyem iſt es noͤthig, die Lungen genau zu unterſuchen, um ſich zu vers ſichern, ob dieſe Organe von Structurveraͤnderungen befallen find, oder nitt. Dieſe Regel wird von allen Practikern, die Über dies fen Gegenſtand geſchrieben haben, als einer der wichtiaſten puncte anerkannt. Der Grund iſt ſehr klar, wenn man die Reſultate der Operation in einer gegebenen Anzahl von Faͤllen betrachtet, indem Heilung beſonders da vorkommt, wo die pleuritiſche Ergießung nicht mit einer Lungenkrankheit complicirt iſt, während bei ſolchen Complicationen die Ausſicht auf Heilung in Verhaͤltniß zu der Natur der complicirenden Lungenkrankheit abnimmt. Die Percuſ— ſion und Auſcultation ſind in dieſer Beziehung in neuerer Zeit ſehr ausgebildet worden, namentlich in Bezug auf das Empyem. Meine Abſicht iſt nun, auf einige ftetbofcopifhe Erſcheinungen aufmerkſam zu machen, welche bisweilen mit dem comprimirten Zuſtande der Lunge verbunden find; worauf ich noch einige Bemer— kungen über den Auswurf hinzufügen werde, welcher nach Quan— tität und Qualitat bisweilen die Meinung veranlaſſen könnte, daß er von einem Rungenab’ceffe oder von einer Fiſtelverbindung zwi— ſchen einer Bronchia'röhre und der Pleurahoͤhle berrührt. Dieſe lutte Annahme wird zwar nicht leicht durch die ſtethoſcopiſchen Erſcheinungen veranlaßt werden; die Meinung jedoch, daß die pro fuſe eiterige Expectoration von einem Lungenabſceſſe berrühre, konnte leicht auch durch andere Umftände beſtätigt ſcheinen. In dieſer Beziehung nun werden die folgenden Fälle den Beweis fuͤh— ren, daß die Expectoration von den angeführten Krankheiten und von bronchitis unabhangig ift, und daß fie entweder verſchwindet, oder ſich weſentlich veraͤndert, ſobatd die Paracenteſe ausge— fuͤhrt iſt. ’ Erſter Fall. pleuritis, Empyem, Paracenteſe, Heilung. Michael Byrne, ein Arbeiter von 20 Jahren, hatte nach einer ſtarken Durchnaͤſſung einige Tage vor ſeiner Aufnahme in das Spital Froſtſchauer und Stiche in der rechten Bruſtſeite; hierauf harten, trockenen Huſten mit ſchmerzhaftem, bef twerlichen Athmen und Fieber Vier Tae davach wurde er aufgenommen. Man hörte in keiner Lunge Schleimraſſeln: die beiden untern Dritttheile der rechten Lunge gaben einen ſehr dumpfen Ton; auch war weder Reſpirationsgeraͤuſch, noch Reſonnanz der Stimme an dieſer Stelle zu entdecken. Die rechte Bruſtſeite wurde bei'm Athmen nur we— nig ausgedehnt; die Stimme war zwiſchen dem untern Winkel der rechten scapula und der Wirbelſäule aͤgophoniſch; Blutentziebung aus dem Arme, Schroͤpfen der rechten Seite, Calomel und Opium; als nach wenigen Tagen etwas Speichelfluß eintrat, hoͤrte der Hu— ſten, Schmerz und die übrigen Symptome bald auf; es ſtellte ſich nun ein leichtes Reibungsgeraͤuſch etwas über dem Bruſtrande auf der rechten Seite ein, welches nach Anwendung zweier Blaſenpfla⸗ ſter allmälig verſchwand. Nach 16 Tagen fühlte ſich der Kranke ſo wohl, daß er entlaſſen ſeyn wollte. Es war kein Fieber, kein Schmerz und kaum noch eine Spur von Huſten vorhanden; feine Reſpiration wurde jedoch durch die geringfte Anſtrengung ſehr bee ſchleunigt, und in dem untern Dritttheile der rechten Lunge war noch kein Reſpirationsgeraͤuſch zu hoͤren. Trotz dem beſtand der Kranke darauf, das Spital zu verlajfen. Zu Haufe fing der Kranke, ohne weitere Rückſicht, feine fru— bern Geſchaͤfte wieder an, feste ſich der Kälte und Naſſe aus und bekam auf's Neue Huſten und Schmerz in der Seite bis zur rech- ten Schulter, bisweilen Froſtſchauer und endlich ſo ſtarke Athem— beſchwerden, daß er feine Geſchaͤfte wieder aufgeben mußte. Nun ſtellte ſich eiteriger Auswurf ein, welcher allmälig bis zu 11 pinte taͤglich ſtieg. Trotz ein’ger ihm empfohlenen Mittel wurde die rechte Bruſtſeite immer mehr ausgedehnt und die Dispude end: lich ſo groß, daß man nur noch von der Paracenteſe einige Er— leichterung hoffte. Dr. Hutton wurde deswegen zu ihm gerufen. Diefer fand die rechte Bruſtſeite glatt, in allen Richtungen ausge— dehnt, die Leber nach Unten, das Herz nach Links und Oben ge— dränat. Die Percuſſion war außen unmittelbar an der clavicula dumpf; unter der elavicula hörte man Brondjialrefpiration. Der Kranke konnte nicht ohne große Athemsnoth auf der linken Seite liegen. In der Gegend der ſechsten Rippe, gerade unter der Bruſtwarze, zeigte ſich eine nicht mißfarbige, wallnußgroße, fluctui- rende und durch Huſten erfchütterte Geſchwulſt. Der Auswurf war reichlich eiterig; eine Spur von Lungenabſceß oder Bronchial— fiſtel war nicht zugegen. Der Kranke war ſehr abgemagert, hatte reichliche Nachtſchweiße und andere Symptome von hektiſchem Fie⸗ ber. In einer Conſultation wurde die Paracenteſe an dieſer Stelle beſchloſſen: es floß viel gutartiger Eiter ohne Blut aus. Durch Huſten und Ausatbrren wurde der Ausfluß beſchleuniat; durch den Abfluß von einer Pinte aber war das Athmen febr erleichtert. In Zeit von drei Tagen hatte der Auswurf auffallend abgenom: men, feinen eiterigen Character verloren und ein mehr ſchleimiges Ausſehen angenommen. Der Eiterabfluß aus der Oeffnung dauerte fort und das Athr men wurde immer freier. Im Auguſt 1838 ſchloß ſich die Wunde, worauf, nach Angabe des Kranken, der Geſundheitszuſtand ſich we— ſentlich beſſerte, ſo daß er ſich fuͤr ganz wohl hielt. Einen Monat darauf brach indeß die Narbe wieder auf und es ging nun taglich eine geringe Quantität Eiter ab. Ich fab den Kranken erſt am 29. November 1839 wieder. Es fanden ſich zwei Fiſteln an der Stelle der fruͤhern Geſchwulſt, durch welche durch ſtarke Inſpira⸗ tion und nachberige Contraction des thorax obne Exſpiration Eiter bervorgetrieben werden konnte. Die reckte Bruſtſeite hatte einen halben Zoll weniger Umfang, als die linke; die Rippen waren eins gedruͤckt und das Ruͤckgrat gegen die rechte Seite gekrümmt. Die Reſpiration war an dem untern, vollkommen dumpf klingenden, Dritttbeile dieſer Seite nicht zu boͤren, das Reſpirationsgercuſch in der linken Bruſt war dagegen ſehr laut, die Percuſſton klar; der Kranke klagte über Schwäche in Folge des Säfteverluftes, er: ſchien aber übrigens geſund und hatte namentlich keine Spur don bectiſchem Fieber. Er kehrte bald darauf auf das Land zuruͤck, da er nicht in dem Spitale bleiben wollte. . 11 Zweiter Fall. Aus Dr. Crampton's Abtheilung. Ein Laſttraͤger wurce im April 1833, wegen Stichen in der rechten Seite, in das Hartwieke Hospital aufgenommen; er litt zugleich an trocknem, ſchmerzhaftem Huſten, heftigem Entzündungsfieber und den ubrigen Symptomen der pleuritis; Aderlaß, Schröpfen, tart. emeticus und endlich Calomel und Opium beſeitigten die Zufaͤlle. Durch Erkältung zog er ſich einen Rückfall zu, welcher durch die- ſelben Mittel beſeitigt wurde. Im Mai verließ er das Spital ziemlich hergeſtellt. Am 9. Juli, neun Wochen nach feiner Ent⸗ laſſung, kam er in meine Spitalabtheilung. Er litt an heftiger Dispnoe; die Reſpiration war 40, und durch einen kurzen Huſten entleerte er täglich über 14 Pinte Eiter. Er konnte nicht auf der linken Seite liegen und litt ſehr an ſtarken Schweißen. Die ganze rechte Seite war bis zum sternum bei der Percuflion dumpf; das Herz war nach Links und Oden, die Leber nach Unten verdrängt und zwiſchen ihr und dem Bruſtrande eine Furche zu bemerken. Die rechte Bruſtſeite war glatt und hatte zweı Zoll mehr Umfang, als die linke; die Intercoſtalraume waren obliterirt, und die Reſpi— ration wurde beſonders auf der linken Seite ausgefuͤhrt. Reſpira— tionsgeraͤuſch war in der ganzen rechten Lunge nicht zu hoͤren, außer im obern Dritttheile. Die Reſpiration war in der linken Lunge pueril, und dieſe gab bei der Percuſſion einen lauten Ton. Unter dem pectoralis major, gegen die rechte Achſelhoͤhle hin, zeigte ſich eine anfangs nicht fluctuirende, geroͤthete und oͤdematoͤſe Ge: ſchwulſt; die Dispnde wurde am folgenden Tage fo beträchtlich, daß in einer Conſultation die Paracenteſe beſchloſſen und ausge— führt wurde. Es wurden faſt zwei Quart Eiter mit der auffals lendſten Erleichterung für das Athmen ausgeleert. Luft drang nicht hervor Eine Sonde gelangte in eine große Hoͤhle; es wurde ein Breiumſchlag übergelegt, unter welchem täglich eine betraͤcht— liche Quantitaͤt Eiter ausgeleert wurde. In zwei Tagen war der Puls auf 80 herabgegangen; die Reſpiration von normaler Fre— quenz; der eiterige Auswurf aber hatte ganz aufgehoͤrt und war durch einen ſchlei nigen Auswurf erſetzt. Von da an ging die Hei— lung raſch vor ſich; der Ausfluß hoͤrte nach einigen Tagen auf und der Kranke verließ im September, ohne Huſten oder hectiſches Fieber, das Spital. Obgleich dieſer Fall guͤnſtig endete, ſo hatte ich doch den Ver— dacht, daß die Lunge nicht ganz frei von krankhafter Veraͤnderung ſey; nach Hinten nämlich war die Percuſſion dumpf und das Bronchialgeraͤuſch ſo laut, daß es faſt an Pectoriloquie graͤnzte, waͤhrend auf der andern Seite dieß nicht der Fall war. Ich dachte an einen Lungenabſceß, jedoch aus den noch mitzutheilenden Gruͤn— den wohl mit Unrecht Der folgende Fall kam auf der Abtheilung des Dr. Ferguſon vor. Dritter Fall. Pleuritis mit Empyem durch Paracenteſe geheilt. Patrick M' Manus, ein Nachtwaͤchter, 30 Jahr alt, groß und kraͤftig gebaut, wurde am 2 April 1837 aufgenommen, nachdem er drei Tage zuvor heftige Stiche von der Bruſtwarze bis zur linken Schulter bekommen hatte Er litt an häufigem uns terdruͤckten Huſten, beſchleunigter, unregelmaͤßiger Reſpiration, 44, einem kleinen, gleichmaͤßigen Pulſe von 148 und hatte eine lividblaſſe Geſichtsfarbe. Die Auſcultation ergab pleuritis, mit Ergießung in die linke Bruſtſeite. Es wurden ſogleich allgemeine und locale Blutentzieyung und Calomel bis zum Speichelfluſſe angewendet. Nach drei Wochen befand er ſich beſſer und wollte entlaſſen ſeyn, hatte aber noch Dispnoͤe und livide Geſichtsfarbe, einen nicht har— ten Puls von 120. Das untere Dritttheil der linken Bruſt gab einen dumpfen Ton und zeigte kein Reſpirationsgeräuſch. Im Juli kehrte der Kranke mit allen Zeichen eines Empyem's in das Spital zuruͤck; die rechte Bruſtſeite war frei; der Kranke konnte nur auf der linken Seite liegen, litt ſehr am Schweißen und warf taͤglich mehr als eine Pinte Eiter aus, mit kaum einer Spur von Schleim darin. Wenige Tage nach der Aufnahme zeigte ſich an der ausgedehnten linken Bruſtſeite am untern Rande des prctoralis eine empfindliche fluctuirende Geſchwulſt, welche allmaͤ⸗ lich ſchmerzhaft wurde und, nach einer Conſultation geoͤffnet, etwa 8 Pinten eiteriger Materie entleerte, mit welcher keine Luft her— vordrang. Eine Sonde drang in die freie Pleurahoͤhle ein. Der Kranke ertrug die Operation ſehr gut, und Tags darauf hatte der 12 Auswurf vollkommen aufgehoͤrt. Huſten und Dispnoͤe war vers ſchwundenz die Wunde fuhr aber fort, viel Eiter zu entleeren, ſo daß allmälig die Schwaͤche ſehr zunahm. Einmal hatte ſich die Wunde geſchloſſen, darauf wurde ſogleich der Auswurf reichlicher und eiterig; nach Wiedereröffnung der Wunde aber verminderte ſich der Auswurf und hoͤrte bisweilen ganz auf. Es wurde nun animaliſche Koſt, Wein und Coimin veroronet; dadurch beſſerte ſich der Zuſtand, der Kranke konnte entlaſſen werden und ging auf's Land, und nach einem Monate war ſeine Geſundheit ſo gebeſſert, daß er im Stande war, ſich ſeinen Unterhalt als Steinhauer zu verdienen. Die Wunde war geheilt, der Zuſtand aber ganz nor— mal, außer, daß die linke Bruſtſeite contrahirt blieb. Der folgende Fall giebt ein Beiſpiel von Empyem, mit Lun— geutuberkeln complicirt, was auch durch die Section beftätige wurde, wobei aber ebenfalls der profuſe Auswurf nicht von einer fiſtuloͤſen Oeffnung in dem Pleuraſacke oder von einem Lungenab— ſceſſe abhing. Vierter Fall. Empyem der rechten Seite, voruͤbergehende Beſſerung durch Paracenteſe, Tuberkeln in beiden Lungen. Im October beſuchte ich mit Dr. Hutton einen Herrn, welcher ſeit einiger Zeit an Huſten, Schmerz in der rechten Seite und Athemsnoth litt, wozu auch Appetitlofigkeit, beſchleunigter Puls, Nachtſchweiße und reichlicher purulenter Auswurf kam. Die zwei untern Dritttheile der rechten Bruſtſeite waren betrachtlich ausge— dehnt, gaben einen dumpfen Ton und ließen weder Reſpirations— geräufh noch S imme hoͤren; unter dem rechten Schluͤſſelbeine fand ſich puerile Reſpiration; die Leber war etwas vergrößert und nach Unten gedrückt; auf der linken Bruſtſeite war die Percuſſion klarer, außer unter dem Schluͤſſelbeine, wo ſie dumpf war und wo ſich Neſonnanz der Stimme mit Bronchialreſpiration zeigte. Ein Symptom von fiſtuloͤſer Communication der Bronchien mit der Pleurahoͤhre war nicht vorhanden. Die Oberfläche der rechten Bruſtſeite war oͤdematoͤs, und in der Gegend der 7. Rippe zeigten ſich zwei Geſchwuͤlſte, indem hier zwei Eiterpuncte ſich bildeten. Cataplasmen befoͤrderten den Auswurf nicht; es wurde ein causti- cum aufgelegt. Drei Tage danach fluctuirte die Geſchwulſt deut— lich; ſie wurde geoͤffnet und entleerte eine große Quantitaͤt eiteri— ger Materie. Es folgte fogleih Erleichterung der Reſpirationsbe- ſchwerden; der Kranke kounte wieder auf der linken Seite liegen. Luft drang aus der Wunde nicht hervor, und eine Sonde gelangte in eine große Hoͤhle. Zwei Tage darauf hatte ſich der Huſten ver— mindert, und der citerige Auswurf ganz verloren; aus der Wunde floß Eiter in geringer Quantität aus; die hektiſchen Symptome ließen nach, und der Kranke fuͤhlte ſich erleichtert. Dieß dauerte einige Wochen; ſodann aber wurde der Huſten immer reichlicher, aber die Expectoration wurde nicht reichlich und auch nicht wieder von dem fruhern bedenklichen Character. Im December bekam er heftige Diarrhoͤe, welche bis zum Maͤrz fortdauerte und den Tod herbeifuͤhrte. Section. Der den Eiter enthaltende Sack wurde nach Oben durch Verwachſung der pleura pulmonalis mit der Rippenpleura gebildet; die Haut war verdickt; die Höhle reichte von der 3. bis zur 10. Rippe herab und enthielt noch ungefaͤhr 3 Unzen eiterige Materie welche noch durch die äußere Wunde hervorgedruͤckt wer— den konnte. Eine Verbindung zwiſchen dem Sacke und den Bron— chien war durchaus nicht aufzufinden. Die rechte Lunge hatte I ih⸗ res Umfangs verloren und enthielt harte Tuberkeln ohne eine Hoͤhlez die linke Lunge enthielt Tuberkeln, welche anfingen zu er— weichen; auch auf dieſer Seite fand ſich ein kleiner Sack, welcher durch Verwachſung der Pleuraflaͤchen gebildet war, weil er unten lag und wenig Eiter enthielt. Auch hier war keine Verbindung mit einem Bronchialaſte zu entdecken. In dem Duͤnndarme fanden ſich Schleimhautgeſchwuͤre. Die Meſenterialdruͤſen waren ange— ſchwollen; die Leber beträchtlich vergrößert und cirrhotiſch. Hieraus ergiebt ſich, daß auch in dieſem Falle der eiterige Auswurf nicht von einem Lungenabſceſſe oder von einer Pleurafi— ſtel herruͤhrte; im Gegentheile bewies das ploͤtzliche Verſchwinden des Auswurfes, ſobald eine kleine Oeffnung für den Abfluß des Eiters gemacht wurde, daß derſelbe nur das Product einer bron- chitis ſey. 15 Zwel Ähnliche Fälle hat Dr. Graves beobattıt, wo eben» falls bei Empyem ein profuſer brondyitifcher Auswurf vorhanden war, und zwar iſt es wahrſcheinlich, daß in allen dieſen Faͤllen der Auswurf nichts iſt, ats eine Excretion auf der Schleimbautflaͤche, wie auch andere Schleimhäute (nament ih die des Darmcanalv) bisweilen als critiſches Ausſcheidungsorgan dienen. Die intereſ— ſanteſten Fälle über ſolche critiſche Eiterausſcheidungen theilt Dr. Mouat in dem Medico-chirurgical Review 1835 mit, indem er dreizehn Fälle von Eiterausleerungen mittbeilt, in welchen die Aus— ſcheidung 11 Mal durch die Harnblaſe, 10 Mal durch den Darm— canal, 4 Mal aus den Bronchien und 1 Mal durch Brechen aus dem Magen geſchah. In der Mehrzahl dieſer Faͤlle hatte der Ab: ſceß feinen Sitz in der Leber. Iſt es richtig, wenn man dieſe Aus ſcheidungen als Folge einer Reſorption und Extenſion betrach— tet, fo fallen auch die Schwirriakeiten hinweg, den Auswurf in den vorbin mitgetheilten Fallen zu erklaren. Iſt bei einem Em. pyem mit ſolchem Auswurfe eine krankhafte Veranderung der Lunge nicht deutlich nachzuweiſen, fo iſt er bloß ats Reſultat der Abſorp— tion und Excretion zu betrachten und darf nicht von der Anwen— dung der Paracenteſe als H eitmittel abhalten. Ovſchon Faͤlle vorgekommen ſeyen, in welchen der Eiter des Empyem's ganz und gar auf dem Wege durch die Bronchialſchleimhaut ausgeleert wor— den ſey, vermag ich nicht zu beſt'mmen; doch iſt es wahrſcheinlich, daß dieß in den Källen geſchehen ſey, in welchen man auf eine uns beſtimmtere Weiſe angegeben hat, daß das Empyem durch Aoſorp— tion verſchwunden ſey Ich muß nun noch einer zweiten Schwierigkeit bei Beurthei— lung des Zuſtandes der Lungen bei dieſen Fällen von Empyem mit profuſem Auswurfe erwähnen. Wegen der Zufammendrüdung der Lungen durch die ergoffene Fluͤſſigkeit werden die von der Stimme und von der Reſpiration abhaͤngigen Zeichen an der Wurzel der Lunge geſteigert; das Geraͤuſch wird aber, wegen der ſtarken An— ſammlung eiterigen Schleimes in den größeren Bronchjalroͤhren, ein lautes gurgelndes Raſſelns wird daher das Stethofcop übır der Wurzel der Lunge aufgeſetzt, fo ſcheinen die Zeichen von Tuberkelboͤhlen in der Lunge vorhanden zu ſeyn, und dieſer Verdacht gewinnt noch dadurch an Stärke, daß zugleich eine große Maſſe eiterigen Schlei— mes ausgeworfen wird. Dieſe Zeichen waren, z. B., in dem zwei⸗ ten Falle zeitweiſe ſo ſtark, daß der Fall auf das Taͤuſchendſte einem Falle von Lungenabſceß glich; worauf aber bald nach der Opera— tion nicht allein die Expectoration aufgehört batte, ſondern auch die ſtethoſcopiſchen Zeichen eine betrachtliche Veränderung erlitten. Der laute gurgelnde Ton und die ungewoͤhnliche Reſonnanz der Stimme nahmen allmaͤlig ab, bis endlich alle phyſicaliſchen Zeichen von veränderter Beſchaffenheit der Lunge ganz verſchwunden waren. Hieraus läßt ſich ſchließen, daß jene phyſicaliſchen Zeichen auch nur Folge der Compreſſion der Lungenſubſtanz in der Umgebung der größern mit Schleim gefüllten Bronchialroͤhren waren, und daß nach der Operation nicht allein die Abſonderung auf der Schleimhaut apfhoͤrte, ſondern auch die Lungenſubſtanz ſich wieder: um aus dehnte, bis der normale Zuſtand wieder erreicht war. Brondopbonie mit ſtarkem gurgelnden Raff In und reichlichem Eiterauswurfe iſt daher bei Empyemen keineswegs ein Beweis von krankhafter Veränderung der Lungenſubſtanz, — wenigſtens wenn die genannten ſtethoſcopiſchen Zeichen ſich auf die Umgebung der Lungenwurzel beſchranpken. Daß eine ſolche Compreſſion des Parenchyms in der Umgebung der Bronchien die Fortpflanzung dieſer Zeichen auf einige Entfernung von der Lungenwurzel begün: ſtigt, laßt ſich ſchon nach allgemeinen Regeln der Phyſik erwarten. Eine ſorgfaͤltige Unterſuchung in ſolchen Fällen wird aber auch er— geben, daß dieſe Zeichen allmälig an Intenſitaͤt abnehmen, in dem Maaße, als das Stetboſcop von der Lungenwurzel gegen die feinern Vertheilungen der Bronchien bin bewegt wird. Wird dieß deutlich erkannt, fo giebt es auch die Mittel zur Diaanofe; denn wenn man dieſe Erſcheinungen unter der clavicula findet und fie ſich ges gen die Lungenwurzel bin vermindern, ſo iſt dieß ein Beweis, daß eine Zuberkelböhle vorhanden iſt, zu deren Feſtſtellung indeß im— mer noch ap dere und wichtige Zeichen nothwensig find Ruͤckſichtlich der Frage, ob das Empyem überhaupt operirt werden folle, laßt ſich nach den mitgetheilten Faͤllen wenig zu dem 14 ſchon B:"annten hinzufügen. Dieſelben waren ſaͤmmtlich ältere Empyeme, in welchen ſich die Fluſſigkeit bereits einige Zeit zuvor angeſammelt und mobei die Fluſſigkeit ſich allmalig durch die Bruſtwandungen hindurch einen Weg gebahnt und die Haut zu einer Geſchwulſt in die Höhe gehoben hatte; der außen ſich zufpizs zende Eiterpunct entſprach bei denſelben der innern Pleuraoffnung nicht. Solche Falle verlaufen bekanntlich guͤnſtiger, als andere, theils wegen der allmäligen Bildung der Oeffnung, tbeils weil das Empyem, in der Regel, in foren Fällen nur partiell iſt Auffal⸗ lend :ft es, daß in allen unſern Fallen der Aufbruch am untern Rande des pectoralis ſtattfand Das Wichtigſte für den Ausgang der Operation der Empyeme iſt immer der Umſtand, ob das Em— pyem in einer einfachen Ergießung bifteht, oder mit Lungenkrank⸗ heit complicirt iſt, und hiernach iſt es auch ganz richtig, daß von den beiden Arten des ſpontanen Durchbruchs der Empyeme, der durch die Bruſtwandungen immer günftiger fern muß, als der Durchbruch in eine Bronchialhoͤhle, da in dem letztern Falle, in der Regel, krank hafte Veränderungen des Lungengewebes zu Grunde liegen. Die Schluſſe, welche ſich aus den vorſtehenden Betrachtungen ergeben, find in der Kurze folgende: 1) Bei Erg'aßungen in die Pleurahohle tritt nicht ſelten reichlicher eiteriger Auswurf als Bealciter ein, welcher in vielen Fallen von einer fiſtuloͤſen Verbindung der Dieuraböble mit einem Bronchialaſte abhängt, was ſodann immer durch beſtimmte charac— teriſtiſche Zeichen zu erkennen iſt. 2) In andern Fallen iſt der Auswurf eben fo reichlich und eiterig, während alle phyſicaliſchen Zeichen einer ſolchen Fiſtelver— bindung mit den Bronchien fehlen, fo daß auch das fragliche Symptom auf eine ſolche krankhafte Veränderung nicht zuruckge— fuhrt werden kann. 3) Auswurf von ahnlicher Beſchaffenheit findet ſich bisweilen bei Empyemen, welche weder mit Zuberfelhöblen, noch mit einfa: chen Lungenobſceſſen complicirt ſind; dieß ergiebt ſich erſtlich aus der Abweſenheit der phyſicaliſchen Zeichen dieſer beiden Krankheits— formen, ſodann aber auch aus Beruͤckſichtigung folgender Erſchei— nungen. 4) Es erfolgt eine auffallende Veraͤnderung des Auswurfs, fobald der Empyemflüfiigkeit freier Abfluß verſchafft wird; der Auswurf vermindert ſich ſodann; ſeine eiterige Beſchaffenheit wird gegen ſchleimigen Character vertauſcht, und der Geruch des Aus⸗ wurfs verliert ſich in manchen Fallen ſogleich 5) Schließt ſich die aͤußere Oeffnung, fo wird der Auswurf ſogleich wieder reichlich, eiterig und uͤbelriechend. 6) Da dieſe Erſcheinungen ſich nicht erklaͤren laſſen, wenn man annimmt, daß der Auswurf Product einer bronchſtis ſey, oder daß dabei Eiterablagerungen in den Lungen, in den Brondials roͤhren eraojfen werden, oder daß die Empyemflüͤſſigkeit febft in die Bronchialcanaͤle eintritt, fo muß man zur Erklärung ein allge— meines Geſetz aufſuchen, welches eine gegenſeitige krankhafte Wech- ſelthaͤtigkeit feröfer und mucöfer Flachen bezeichnet. 7) Beiſpiele von der Wirkſamkrit dieſes Geſetzes geben die critiſchen Ausleerungen, wodurch, z. B., Peritoneatergießungen auf der Darmſchleimbaut ausgeſchieden werden, ohne daß dieſe die Spuren der Entzündung und Eiterung an ſich truge; daſſelbe läßt ſich offenbar auch von den Bruſtorganen und ihren ſeroͤſen und mucöfen Flaͤchen erwarten. 8) Dieſes Gefeg iſt von practiſcher Wichtigkeit, indem wir danach in Fällen, wo die phyſicaliſchen Zeichen von Lungenabſceſ⸗ fen nur undeutlich find, unſere Anſicht nicht bloß durch den reichli⸗ chen eiterigen Auswurf für einen Abſceß beſtimmen laſſen duͤrfen; dieſer Auswurf kann das Product jener Wechſelthatigkeit ſeyn und wird in dieſem Falle keinen Einwurf gegen die Operation der Pa— racenteſe abgeben. h 9) Selbſt wenn die phyſicaliſchen Zeichen einer Eiterboͤhle vollkommen ausgebildet ſind, ſo koͤnnen ſie doch noch taͤuſchen, in: dem fie zum Theil von betraͤͤchtlicher Abſonderung in den Bron⸗ &ialröhren, zum Theil von einem zuſommengedruckten Zuſtande der Lunge in der Umgebung der Bronchialroͤhren herrühren konnen. 10) Dieſe taͤuſchenden Zeichen finden ſich alsdann am ſtaͤrkſten an der Lungenwurzel und verſchwinden mehr oder minder raſch 15 nach der Operation, im Verhaͤltniſſe zu der wiedereintretenden Ausdehnung der Lunge, ſobald der Druck der Fluͤſſigkeit in der Pleurahoͤhle aufgehoͤrt hat. k a 5 11) Ein Mittel zur Diagnofe in ſolchen Faͤllen iſt die Be⸗ ſchraͤnkung jener Zeichen auf die Gegend der Lungenwurzel; ver⸗ mindern ſich dieſelben, je weiter man ſich von jener Stelle entfernt, ſo haͤngen ſie von den angegebenen Urſachen ab; finden ſie ſich dagegen an der Lungenſpitze oder an irgend einem andern von der Lungenwurzel entfernten Puncte, ſo konnen fie entweder von Lun⸗ genhöͤhten oder von Bronchialerweiterungen abhängen. (Dublin Journal, May 1840.) Ein eingeklemmter Bruch des eifoͤrmigen Lochs (hernia obturatoria) iſt vor Kurzem Hrn. Bouvier in der Salpetriere zu Paris vor⸗ gekommen und die Veranlaſſung zu folgendem Berichte an die So- ciete de médecine zu Paris geweſen. „Vor einigen Tagen brachte man in meine Abtheilung eine alte Frau im Zuftande völliger Erſchoͤpfung und Bewußtloſigkeit. Der Puls war kaum fuͤhlbar; der Unterleib zuſammengezogen; die Extremitäten kalt. An den untern Extremitäten bemerkte man zahlreiche Ecchymoſen; an der linken waren die Bedeckungen der Zehen von weißer Farbe, wie bei Leichen; die arteria cruralis dies fer Seite pulſirte nicht mehr. Wenn man die Inguinalgegenden unterſucht, ſo bewirkte der geringſte Druck die heftigſten Schmer⸗ zen, ſo daß der Kranke, plotzlich wieder Empfindung bekommend, ſich auf ihrem Sitze aufrichtete; auf der linken Seite entdeckte man eine leichte Geſchwulſt mit einem Gefühl von unbeſtimmter und tiefer Fluctuation; aber hier kein Schmerz. Die Frau ſtarb bald, und Folgendes iſt das Ergebniß der Leichenoͤffnung: Rechts iſt die ſchmerzlos verbliebene Gegend des foramen ob- turatorium von einem kleinen Bruchſacke eingenommen, der gan— graͤnds geworden war, eben jo wie die in ihm enthaltene Portion des Darmcanals; Alles iſt in einer jauchaͤhnlichen Fluͤſſigkeit vers ſenkt, welche inmitten der Adductoren Muskeln angehaͤuft ift. Links, wo der Schmerz ſehr lebhaft war, iſt die art. cruralis ver: knoͤchert und durch einen Blutklumpen völlig verſchloſſen. N Es bieten ſich zunächſt zwei Fragen dar: 1) Iſt eine Dias anoſtik der hernia obturatoria möglih? 2) Und im Fall einer Einklemmung, ſoll man da eine Operation vornehmen? Die Diagnoſtik kann nur auf das Vorkandenfeyn einer mehr oder minder deutlichen Geſchwulſt in der Obturatorgegend geſtuͤtzt wer⸗ den; die Geſchwulſt kann im Zuſtande der Nichteinklemmung zus ruͤckgebracht werden; im entgegengeſetzten Zuſtande, einer gegen den Druck ſchmerzhaften Geſchwulſt, Zuſammenziehungen des Unterleibes, Erbrechen und andere allgemeine Zufälle. 8 . N Angenommen nun, daß man mit der Diagnoſtik einer einge⸗ klemmten hernia foraminis obturatoria im Reinen wäre, kann man operiren? Hieruͤber ſind die Chirurgen nicht einerlei Anſicht. Gar batier und Boyle betrachten die Operation als von großer Verhandelingen over de natuurlijke Geschiedenis der Neder- landsche overzeesche Besittingen, door de Leden der natuur- kundige Commissie in Oost- Indie en andere Schrijvers. — Eerste Aflevering. Zoologie No. 1. Mammalia Pl. 1. 2. 3. Simia satyrus; Hirn, Hals und Bruſtz Potamophilus barba- tus. — Aves Pl. 1. 2. 3. Psitta Boschii und Ps. Baudii, und Neſt und Eier. — Reptilia Pl. 1. 2. 3. Crocodilus (Ga- vialis) Schlegelii; Schädel von Croc. Schlegelii, Cr. Bipor- catus, Cr. Raniseus und Cr. vulgaris, Leiden 1839. Fol. — Tweede Aflevering. Botanie No. 1. Pl. 1 — 10 Nepenthes gracilis, N. Boschiana, N. gymnamphora verglichen mit N, Phyllamphora; Dipterocarpus Baudii; Anisoptera costata und marginata; Hopea Balangoran und odorata; Retinodendron Rassak; Bauhinia hirsula, B. acuminata und acuminata, Lei⸗ den 1840. Fol. Von dem Texte werde ich Einiges mittheilen. — — 16 Schwierigkeit. Garengeot, Lawrence, Hyppolite Clo— quet halten fie für ſehr ausführbar. Ganz vor Kurzem hat Hr. Den ault der anatomiſchen Geſellſchaft die von Sabatier und Boyer bezeichneten Schwierigkeiten in's Gedaͤchtniß gerufen. Die Einwurfe, auf welche man befondere Gewicht gelegt hat, find 1) die Tiefe, in welche man eindringen muß, um den Bruch bloßzule— gen; 2) die Gefaßbeziehungen. Man kann erwidern, daß die Tiefe der Theile, zwiſchen wel— che man eindringen muß, je nach dem Subjecte verſchieden ſeyn kann, und daß übrigens dieſe anatomiſche Bedingung nirgends an den Extremitäten als ein abſolutes Hinderniß für eine Operation betrachtet werden kann. Was die Beziehungen der Gefaͤße anlangt, ſo koͤnnte es ge— ſchehen, daß es gar nicht noͤthig wäre, behufs einer Erweiterung einzuſchneiden, und man liefe daher keine Gefahr, ſie zu verletzen. In allen Fällen liegen dieſe Gefäße immer nach Hinten und nach Außen, fo daß nach Vorn und nach Innen die Erweiterungs— ſchnitte von aller Gefahr frei waͤrenz auch rieth ſie Dupuytren in dieſer Richtung an. Um auf eine andere Schwierigkeit der Operation aufmerkſam zu machen, hat Boyer geſagt, daß der fibroͤſe Bogen, welcher uns ten die Oeffnung der fossa obturatoria umſchreibt, durch welche der Bruch durchgeht, der Bogen, an welchen der levator ani befeſtigt iſt, ſehr nach Hinten liege, wodurch es der Schneide des Biſtouri's ent— geht, wenn nicht dieß Inſtrument ſehr tief eingeſtoßen wird. In dem Praͤparate des Hrn. Bouvier findet ſich, außer dem Faſerbo— gen für den levator ani, noch ein anderer nach Vorn hin. Der letzte iſt ſeyr oberflaͤchlich und könnte leicht getroffen werden. Miscellen. Zur Zurückhaltung der inneren Leiſtenbrüche, wel— che bekanntlich in vielen Faͤllen aͤußerſt ſchwierig iſt, hat Herr Malgaigne boͤlzerne Pelotten empfohlen und mit Erfolg ange— wendet, welche die Form eines Champignons und eine ſolche Groͤße haben, daß ſie in die Oeffnung der Bauchpforte einzudringen und die Hautdecken in dieſe zurüczuftülpen im Stande find. Dieſe Pelotten werden mittelſt eines damit nicht verbundenen Bruchban— des, von geringer Druckkraft, in ihrer Lage erhalten. Der Druck auf die Hautraͤnder wird vermieden, wenn die Pelotte oval iſt, fo daß fie gegen den unteren aͤußeren Rand der Bruchpforte we— niger ſtark andruͤckt. (Dieß iſt alſo daſſelbe Princip, nach wel- chem gewoͤhnlich die Nabelbruͤche bei Kindern zuruͤckgehalten werden.) Anwendung von Weingeiſtdunſt gegen das Einath⸗ men von Chlor. In manchen Anſtalten, z. E., in Fabriken von chemiſchen Producten, kommt es oft voc, daß das Einathmen von Chlor gefaͤhrliche Wirkungen nach ſich zieht. Man kann alle Ger fahr beſcitigen, wenn man Alcoholdaͤmpfe einathmet oder Zucker einnimmt, welcher mit Weingeiſt impraͤgnirt iſt. Dieß Verfahren iſt ſeit mehreren Jahren mit Erfolg angewendet worden. (The medical Times. July 4.) Die Abbildungen ſind ſchoͤn und deutlich. Von der dritten Abs theilung, Land en Volkerkunde, iſt noch keine Lieferung erſchienen. Eastern Arboretum: containing Notices of all the remarkable Trees, Seats, Gardens etc. in the county of Norfolk; with copious Remarks on the Rearing of English Timber ete. By James Grigor. Norwich and London. 1840. Mit Kupfern. (Es erſcheint alle zwei Monate ein Heft.) The Anatomy of Suicide. By Forbes Minslow. London 1840. 8. Compendium de chirurgie pratique, ou traité complet des mala- dies chirurgicales et des Operations que ces maladies récla- ment. Par M. A. Berard etc. et Denonvilliers. Paris 1840. 8. (Die zweite Lieferung iſt erſchienen.) (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto.) Ueue Notizen a us dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Mediefnalratbe Froriep zu Weimar, und dem Medicımalratbe und Profeſſer Froriep u Berlin, Ne. 310. (Nr. 2. des XV. Bandes.) Juli 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. des einzelnen Stuͤckes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Na r Ueber den Nahrungsſaft, ſeine Behaͤlter und ſeine Bewegung bei ſaͤmmtlichen Thieren. Von G. L. Duvernoy, Profeſſor am College de France“). Erſter Artikel. Vom Nahrungsſafte. Der Nahrungsſaft der Thiere laͤßt ſich, unabhaͤngig von den Raͤumen, in denen er enthalten iſt, ſo wie von den Bewegungen, die ſich an ihm beobachten laſſen, in dreierlei Beziehung ſtudiren, naͤmlich ruͤckſichtlich ſeines quan— titativen Verhaͤltniſſes, ſeiner organiſchen Zuſammenſetzung und feiner chemiſchen Zuſammenſetzung. Dieſe Beziehungen ſind in phyſiologiſcher Hinſicht ſaͤmmtlich von der hoͤchſten Wichtigkeit. Die erſte giebt uns alsbald einen Vorbegriff von der Rolle, welche jene Fluͤſſig— keit im Organismus ſpielt, fo wie von einer der Bedingun⸗ gen der Unterhaltung des Lebensprincips; die zweite giebt uns Aufſchluß uͤber die organiſchen Verwicklungen des Nah— rungsſafts, welche mit der Zahl und der Verwickelung der Organe zunehmen; und die dritte laͤßt uns im Blute die meiſten chemiſchen Elemente des zuſammengeſetzteſten Orga— nismus erkennen. Aber in allen dieſen Beziehungen war die Wiſſenſchaft bisher noch ſehr zuruͤck, und dieß gilt in's— beſondere von den drei unterſten Claſſen des Thierreichs. Es iſt daher unſer lebhafter Wunſch, daß dieſe Luͤcke durch poſitive Thatſachen ausgefuͤllt werde, und darauf abzwecken— *) Wir geben hier nachſtehenden Auszug von einem zehnſtuͤndi⸗ gem Vortrage, den Profeſſor Duvernoy im Februar und März im College de France gehalten und der bereits als Anhang zum VI. Bde. der Legons d’anatomie comparee par G. Cuvier abgedruckt worden iſt. Da derſelbe jedoch die Hauptreſultate von dreißiajährigen anatomiſchen und phyſiolo⸗ giſchen Unterſuchungen über den Nahrungsſaft enthält, fo hat es der Verf. für zweckmaͤßig gehalten, demſelben in einer wife ſenſchaftlichen Zeitſchrift und namentlich in den Annales des Sciences naturelles eine Stelle anzuweiſen, die, wegen der vielen ihnen zugebenden Originalartikel über Gegenftände der vergleichenden Anatomie und Phyſiologie, nicht immer eine vollftändige Ueberſicht der in den verſchiedenen Zweigen der Naturwiſſenſchaften erſchienenen Arbeiten haben liefern koͤnnen. ‚Anm. der Ann, d. Sc. nat. No. 1410, Bu We de gründliche Unterſuchungen würden, unferer Ueberzeugung nach, zu wichtigen Aufſchluͤſſen hinſichtlich der Zufammen- ſetzung der Organismen und ihrer Functionen fuͤhren. In gewiſſen niedrigen Organismen, z. B., den Rhi— zopoden, Acalep hen und Gallert-Polypen, iſt das Verhaͤltniß der feſten Theile zu den fluͤſſigen ungemein gering. Hier zeigt ſich das Leben nur kraͤftig, wenn der ganze Organismus von einer ſehr bedeutenden Menge Waſ— ſer durchdrungen iſt. Auf der andern Seite ſcheint bei den Zoophyten der Nahrungsſaft noch auf einer ſehr niedrigen Organiſations— ſtufe zu ſtehen; die geringe Anzahl von Kuͤgelchen, die er enthaͤlt, deren Geſtalt und verſchiedene Groͤße in demſelben Blute, die haͤufige Abweſenheit der Faͤrbung, die ſich bei faſt allen Gruppen dieſer Thierform finden, deuten darauf hin. Indeß haben wir bei den geſtielten Echinodermen, welche, wenigſtens in der erſten Ordnung dieſer Claſſe, die complicirteſte Organiſation darbieten, zwei Arten von Nah— rungsſaft unterſcheiden koͤnnen, von denen die eine durchſich⸗ tig und farblos, ſo wie mit ſehr wenig Kuͤgelchen verſehen, die andere ſchwach gefaͤrbt iſt, und mehr Kuͤgelchen enthaͤlt, von denen eben die gelbliche, orangefarbige oder roͤthliche Faͤrbung herruͤhrt. Die erſtere iſt eine Lymphe, ein nicht voͤllig verarbeite— ter Saft, in welchen die der Koͤrperperipherie zugewendeten Enden der Gefaͤße, die denſelben enthalten und die ſich haͤu— fig in dem umgebenden Waſſer entfalten, eine große Menge von dieſem letztern einzuführen ſcheinen; die letztere ein die Stelle des Bluts vertretender chylus, der im Nahrungs— ſchlauche unmittelbar gebildet und erneuert wird, und deſſen Behälter oder Gefaͤße mit dieſem Canale vorzugsweiſe in Verbindung ſtehen. Wir werden ſeben, daß er daſelbſt bei den Holothurien einer unmittelbaren Läuterung unters worfen iſt, und zwar mittelſt eines Abdominal-Athmungsor⸗ ganes, welches im Grunde nichts weiter, als die Leber der hoͤhern Thiere ift, deren Secretions- und Excretions-Apparat in einen Apparat von waſſerfuͤhrenden Tracheen umgewan— delt worden. — 19 Bei den Afterten ſcheint dagegen die Refpiration, mittelſt kleiner blinden Saͤcke, welche zu dem Hautgefaͤßſyſteme gehoͤren, unmittelbar auf die Lymphe einzuwirken. Dieſe Abſtufung und Verſchiedenheit der Nahrungsſaͤfte finden wir erſt auf der hoben Stufe der Wirbelthiere wieder, welche alſo in dieſem Puncte mit den geſtielten Echinodermen übereinz ſtimmen '), was in dieſem Falle meyr daher rührt, daß die eym— phe bei dem Mechanismus der blafenartigen Fuße mitwirkt, als daß, wie bei den Saͤugethieren offenbar, eine ſtufenweiſe fortſchrei— tende Verarbeitung des Nahrungsſaftes ſich nöthig machte. Bei keinem Thiertypus ſtellt ſich ein gewiſſer Verhältnißtheil an Nahrungsſaft, ſey dieſer auch noch fo waͤſſerig, fo offenbar als ein nothwendiger und integrirender Beſtandtheil dar, indem deſſen bloße Anweſenheit die Eebensthaͤtigkeit des Organismus hervorruft, wie deſſen Abweſenheit dieſelbe alsbald erſterben macht. Bei den uͤbrigen Typen fuͤhrt die Austrocknung der feſten Theile deren Desorganiſation herbei, und der Tod tritt viel fruͤher und ſchon unbedingt dann ein, wenn dem Organismus eine gewiſſe, noch nicht genau beſtimmte Menge des Nahrungsſaftes entzogen worden iſt. Bei manchen Zoophyten dagegen wird die Organiſation durch die Entziehung der wällerigen Theile des Nabrungsfaftes eben ſo wenig zerſtoͤrt, als dieß bei den Saamen der Pflanzen der Fall iſt. Sie verfallen nur in einen Scheintod, die Bewegung des Lebens wird nur gehemmt; der Organismus nimmt, ſobald neues Waſſer bei einer gewiſſen Temperatur in deſſen Inneres eingedrungen iſt, feine Thaͤtigkeit wieder an **). Wegen des mehrentheils farblofen, durchſichtigen oder milch— weißen, auch wohl blaͤulichen Blutes der Mollusken und Cru— ſtaceen haben die wirbelloſen Thiere den Namen: Thiere mit wei: ßem Blute, erhalten. Dieſes Blut iſt nichtsdeſtoweniger, gleich dem farbigen Nah— rungsſafte, organiſirt. Es enthält Kuͤgelchen und ſelbſt Faſerſtoff. Ja, wenn ſich die Beobachtung Sir Ever. Home's, daß der Te- redo navalis rothes Blut beſitzt, bejtätigt, fo würde ſogar in man⸗ chen Fällen Hämatoſine vorhanden feyn. ) Dieſe neue Aehnlichkeit, auf die wir hier aufmerkſam machen, dient zur Beſtaͤtigung einer andern, ebenfalls zwiſchen den Wirbelthieren und geſtielten Echinodermen ſtattfindenden, daß namlich nicht nur die Afterien Reihen von innern Wirbeln ber ſitzen, (was laͤngſt bekannt war), ſondern daß man auch an den Seeigeln ein peripheriſches, doch ebenfalls inneres Skelet bemerkt, und daß ſelbſt die Holothurien das ringfoͤrmige Rudi: ment eines innern Skeiets darbieten. *) Leeuwenhoͤck, im 7ten Jahrhunderte, Corti, Spals lanzani, Muͤller, Gofredi im 18ten (1774 und 1776), Blainville (f. Bulletin de la Société philomatique, Avril 1826) und Schulz in der neueſten Zeit (1834) haben dieſe Wiederauferſtehung bei Thieren von eigenthuͤmlicher Or— ganiſation beobachtet, denen man die Namen Tardigradus, Rotifer teetorum, Furcularia tectorum (rediviva) und neuerz dings Macrobiotus Hufelandii (Schultz) gegeben hat. Der ebengenannte Naturforscher ſchlaͤgt vor, das von ihm beobachtete Thier, welches er mit Tardigradus Spallanz. für identiſch hält, zu den Gruftaceen zu ſtellen. Die Abweſenheit eines ſichtba— ren Nervenſyſtems, ſeine allgemeine, nicht in Abtheilungen zer— fallende, kein wahres Segment darbietende Geſtalt, deuten, gleich feinem ganzen Organismus, über den Hr. Dusardin fo eben hoͤchſt werthvolle Aufſchluͤſſe mitgetheilt hat, ein Thier vom einfachſten Typus an. (S. Annales des Sciences nat, e e e e 183, e Dasjenige Thier, welches in Anſehung der Zaͤhlebigkeit und der Rolle, welche die Feuchtigkeit in gewiſſen Organismen ſpielt, wohl das groͤßte Staunen erregen muß, iſt der Vibrio tritici, über welchen Herr Francis Bauer hoͤchſt intereſſante Beobachtungen mitgetheilt hat. Ann. d. Sc. nat. T III. p. 54. 1824 (S. Notizen Nr. 88 [Nr. 22. d. IV. Bde.) S. 337. 1823.) 20 Das Blut der Gliederthiere hat uns bei den Anncliden alle Abſtufungen des Rothes, von der geringſten Faͤrbung, welche kaum die Waſſerhelle des Nahrungsſaftes beeinträchtigt, und ihn noch faſt als weiß erſcheinen laͤßt, bis zum grellſten Roth gezeigt. Wir haben in dieſer Beziehung Forſchungen veranlaßt, die darauf abzweckten, das Verhaltniß zwiſchen der Tiefe der rothen Farbe und der Quantität der eingeathmeten Luft ꝛc. zu ermitteln, und wir aͤußerten im Voraus die Vermuthung, daß die Verſchie— denheiten in der Tiefe der Faͤrbung, welche man bei'm Blute der Arten deſſelben Geſchlechts, der Aphrodyten, findet, auch bei demſelben Individuum in den verſchiedenen Epochen ſeines Lebens vorkommen dürften, je nachdem die Reipiration beſchleunigt oder verzoͤgert, thätig oder unterbrochen war oder iſt *). Neue Beobachtungen machen ſich noͤthig, um zu beſtimmen, welche Rolle in dieſer Thierclaſſe der Farbeſtoff ſpielt. Gehört er, wie R. Wagner, der die Kuͤgelchen farblos fand, meint, *) zum plaſtiſchen Stoffe, oder färbt er dieſe Kügelchen, wie Valentin angiebt. *) Eine vergleichende Analyſe des Faͤrbeſtoffes des rothen und grünen Blutes wäre ſehr zu wuͤnſchen, und in Bezug auf das letz— tere muͤßte beſtimmt werden, ob es darin ebenfalls mit Eiſen oder mit einem andern Metalle verbunden iſt. Den Verhaͤltnißtheil des Blutes im Organismus der Wirbel— thiere betreffend, ergiebt ſich aus den von uns entworfenen Tabel— len, wie gering dieſe Proportionalzahl bei den Saͤugethieren im Vergleiche mit den Menſchen iſt; denn bei dieſem betraͤgt ſie ein Sechstel, ja bis ein Fuͤnftel des Totalgewichts, während man ſie bei den Säugethieren zu einem Zwolftel, ja mehrentheils nur zu einem Zwanzigſtel gefunden bat 5). Durch ein neues Verfahren zur Schaͤtzung der im Organis— mus irgend eines Thieres vorhandenen Menge rothen Blutes hat man jedoch Reſultate erlangt, welche den in Bezug auf den Men- ſchen ermittelten nur wenig nachſtehen. ) Pallas druͤckt fi (Miscellanea zoologica, p. 89, Hagae 1766) nicht beſtimmt uͤber die Farbe des Blutes der Aphro— dyten aus: Sectis in dorso longitudinalibus tegumentis oc- currit vasculum Iympha saepe turbidula plenum. Dieſe Lymphe war durch die ſie truͤbenden Stoffe unſtreitig ein wenig gefärbt. Cuvier bemerkt in feinem, im Jahr 1802 zu Marſeille für das Dictionnaire des Sciences naturelies geſchriebenen Artikel: Aphrodite ausdruͤcklich: „Die Blutgefaͤße der Aphros dyten ſind verhaͤltnißmaͤßig etwas kleiner, als die der Nereis den und Arenicolen; indeß laſſen ſie ſich doch unſchwer bemer— ken, da man ſich denn überzeugt, daß fie ebenfalls mit einer rothen Fluͤſſigkeit gefüllt ſind“ Auf der andern Seite behauptet Hr. v. Blainville (T. L. VII. p. 376 deſſelben Woͤrterbuchs, die größte und gemein ſte Species unſerer Meere (alfo Aphrodyta aculeata, Fall.) habe keinen rothen Nahrungsſaft. S 409 heißt es ferner, dieß ſey überhaupt bei allen Aphrodyten der Fall. Dieſe Behauptungen veranlaßten Cuvier zu folgender Be— merkung: „Es wird angeführt, die Aphredyten hätten kein rothes Blut; ich glaube, bei der Aphrodyta squamata das Gegentheil beobachtet zu haben“ (Regne animal, T. III p. 186, Ausgabe von 1830), Dieſe widerſprechenden, von hoͤchſt ſorgfaͤltigen Beobachtern herruͤhrenden Angaben veranlaſſen mich vorläufig zu der Anz nahme, daß Arten derſelben Gattung, ja Exemplare in ver— ſchiedenen Lebensperioden in Anſehung der Staͤrke der Faͤrbung ihres Blutes bedeutende Verſchiedenheften darbieten. *) Anhang zur vergl. Phyſiologie des Blutes, S. 39 Leipz. 1838. ) Repertorium für Anatomie und Phyſiologie, T. I. S. 72. Berlin 1836, 1 3 1) Nach Schulz kann ſich allerdings bei der Kuh die Quanti⸗ tät des Bluts zum Totalgewichte verhalten = 1: 6, ja = 1: 5, 41, bei'm Ochſen = 1: 12 bis hoͤchſtens = 1:8, 57. 21 So würde denn die Durchfchnitts-Proportionalzahl des Gewich⸗ tes des Blutes im Vergleiche mit dem Gewichte des ganzen Koͤr— pers ſeyn: Bei der Katze = 1:5, 78 und nicht = 1:23 Bei'm Hunde = 1:4, 53 und nicht = 1:16 Bei'm Kaninchen = 1:6, 20 und nicht = 1:24 Beim Schaafe = 1:5, 03 und nicht = 1:22 Dieſe Reſultate geben mir, wie ich gern bekenne, zu dieſer Methode Vertrauen, wenngleich deren Ausführung außerordentliche Schwierigkeiten darbietet. Sie gründet ſich, in der That, auf die Schägung des Verhaͤltniſſes der feſten Theile des Blutes zu den fluſſigen, und auf den Unterſchied, der durch Beimiſchung einer beſtimmten Quantität Waſſer in dieſem Verhaältniſſe veranlaßt wird. Bei dieſem Verfahren nimmt man zuerſt einen Aderlaß vor und erſetzt ſogteich das abgelaſſene Blut durch Einſpritzung einer beſtimmten Quantität Waſſer. Nachdem die Miſchung von Blut und Waſſer vollſtaͤndig bewirkt worden, findet ein zweiter Aderlaß ſtatt. Beide Blutſorten laßt man bis zur Trockne abrauchen, waͤgt die beiden feſten Rückſtaͤnde und ſchließt auf die Totalmenge des Blutes von der Verminderung der feſten Theile in dem durch den zweiten Aderlaß gewonnenen Blute. ) Die Hauptſchwierigkeit dieſer Schaͤtzungsart ſcheint uns in der Menge von Lymphe zu liegen, welche aus dem Lymphſyſteme ſehr ſchnell in das Blutſyſtem uͤberzugehen ſcheint, ſobald in dem letz— teren durch den Aderlaß eine Leere entſtanden iſt. Die Herren Prevoft und Dumas erklaͤren auf dſeſe Weiſe ſehr befriedigend den Umſtand, daß, wenn man Aderzaͤſſe nur we— nige Minuten nach einander vornimmt, die verhaͤltnißmaßige An— zahl von Blutkuͤgelchen in dem ſpaͤter abgelaſſenen Blute ſehr ſchnell abnimmt. Dieſer Umftand war den Aerzten ſchon lange be— kannt, und es gründet ſich auf denſelben ohne Zweifel die allge mein verbreitete und ſehr richtige Anſicht, daß durch das Aderlaſ— ſen das Blut magerer und duͤnner werde. Das Blut der Wirbelthiere iſt eine oroaniſirte Fluͤſſigkeit; es iſt der bewegliche Theil des Organismus, welcher in dem unbeweg— lichen cireulirt, alle Theile dieſes Organismus mit einander in Communication bringt und auf dieſelben einwirkt, während ſie auf das Blut zurückwirken. Wir haben geſehen, daß ſeine Organiſation aus zwei weſentli⸗ chen Theilen beſteht: dem Bildungsſtoffe (plaftifhen Stoff), welcher fluͤſſig ift, aber hauptſaͤchlich vermöge der in ihm enthaltenen Fibrine die Eigenſchaft zu beſitzen ſcheint, in den Or— ganen feſt zu werden, und den Kuͤgelchen, welche in dem plaſti— ſchen Stoffe fortrollen. Wir haben angezeigt, was uns bei dem gegenwaͤrtigen Stan— de der Wiſſenſchaft über Zahl, Geſtalt, Größe und Zuſammenſez⸗ zung der Kuͤgelchen bekannt iſt. R. Wagner bat unlaͤngſt in dem Anbange zu der verglei⸗ chenden Ph yſiologie des Blutes (Leipzig 1888) das Endreſultat feiner Unterſuchungen uͤber dieſen Gegenſtand bekannt gemacht. Er ſchließt daraus, daß unter den Saͤugethieren der Menſch und der Affe die groͤßten Blutkuͤgelchen, nämlich ſolche von einem mittlern Durchs meſſer von „I, Linie haben, während letzterer bei den Fleiſchfreſ⸗ fern nur 28 L. und bei den Wiederkaͤuern 388 L. beträgt. Er bleibt dabei, daß die Geſtalt der Kügelchen doppelt⸗concav ſey. Hr. Mandl bat die hoͤchſt merkwuͤrdige Entdeckung gemacht, daß manche Saͤugethiere, z. B., das Dromedar und die Alpaca, elliptiſche Blutkuͤgelchen haben *). Demnach iſt die Verſchieden— heit in der Geſtalt der rothen Blutkuͤgelchen bei den Saͤugethieren und den eierlegenden Wirbelthieren nicht ſo ſcharf abgegraͤnzt, als man anzunehmen geneigt war. Wagner hatte bereits in Bezug auf die Saug ſiſche eine ſehr merkliche Anomalie angezeigt, indem dieſe Abtheilung der ) Valent in's Repertorium. Bd. III. S. 281. **) Anatomie mieroscopique, ire livr. Sang. Paris 1838. Pl. 2. Fig. 4a und 4b; der Gegenſtand kam in der Sigung der Academie der Wiſſenſchaften am 17. Dec, 1838 zur Spra⸗ che. S. Neue Notizen No. 8. d. IX. Bos. S. 116. 22 Knorpelſiſche runde, doppeltconcave Blutkuͤgelchen beſigt, welche de= nen des Menſchen bedeutend gleſchen. Merkwuͤrdiger Weiſe beſitzen die Beuteltbiere‘(Marsupiales di- delphi), welche doch in Anſehung des Zeugungsgeſchaͤftes und der Organiſation des Gehirns den eſerlegenden Wirbelthieren ſich nä— bern, gleich den meiſten andern Saͤugethieren, runde Blutkuͤgelchen. Wenigſtens iſt dieſer Umſtand unlaͤngſt in Betreff eines Kaͤnguruh's in Erfahrung gebracht worden ). Nur ſcheinen bei ihnen die Blutfügeihen in der Größe weniger conſtant zu ſeyn, als bei ans dern Saͤugethieren, da ihr Durchmeſſer zwiſchen r und iz Mil: limeter ſchwankt. In Anſehung der Geſtalt und Große der Blutkügelchen der eierlogenden Wirbelthiere giebt es im Allgemeinen unterſcheiden— de Charactere, nach welchen ſich die Claſſen dieſer Abtheilung mös thigenfalls Foftftellgn ließen. Sie find bei den Vögeln gewöhn— lich kurbieförmig, Noch einmal fo lang, als dick; bei den gemei— nen Reptilien beſitzen fie, in der Regel, einen nabelförmigen Hoͤcker und eine bedeutendere Größe, als bei den Voͤgeln; und bei den amphibiſchen Reptilien find fie größer, als bei den drei erſten Ordnungen. Woher rührt nun dieſe Verſchiedenheit in der Geſtalt der Blutkugelchen gewiſſer Organismen fo wie die große Abweſchung in dem Volum im Vergleiche mit dem Körperumfange des Thie res? Man koͤnnte muthmaßen, daß die elliptiſche Geſtalt davon berrübre, daß die Blutkügelchen in den Haargefäßen, durch welche ſic gehen muͤſſen, wie in einem Zieheiſen lang geſtreckt würden; als lein wir koͤnnen Schulſz's Anſicht nicht beipflichten, daß die relative Größe der Blutkuͤgelchen durch den Durchmeſſer jener Haargefaͤße bedingt werde, indem das Volum der Blutkuͤgelchen im Embryo ſchon vor der Bildung der Gefäße ein gegebenes zu ſeyn ſcheint. Wenn der Durchmeſſer der Haargefaße die Blutkuͤgelchen zwingt, ſich bei dem Durchgange durch jene zu verlaͤngern, ſo muͤſſen ſie vorher rund, und alſo nach allen Richtungen hin zu dick geweſen ſeyn. Dieß haben uns die Beobachtungen des Hrn Prir voſt und Dumas in Betreff der Blutkuͤgelchen des Huhnes ge— lehrt, welche bis zum fünften Tage der Bebrütung inel. rund find ') und erſt dann die elliptiſche Geſtalt annehmen, wenn das Blutgefaͤßſyſtem und das Herz hinlaͤnglich entwickelt find, um auf die urfprüngliche Geſtalt und Größe der Kügelchen einzuwirken, deren Grund in etwas Anderem zu liegen ſcheint, als im Durch— meſſer der Haargefaͤße des Embryo. Meiner Vermuthung nach, haͤngen Form und Groͤße der Blut⸗ kuͤgelchen von der chemiſchen Zuſammenſetzung des Blutes und von der naͤmlichen organiſirenden Kraft ab, welche die Gefäße bildet. Die Embryogenie dürfte alfo über die Urſache des relativen Vo— lums der Blutkuͤgelchen, welches, wie geſagt, mit dem Volum des ganzen Thieres keineswegs im geraden Verhaͤltniſſe fteht, einiges Licht verbreiten Alle Mikrographen geben zu, daß jedes Blutkuͤgelchen der Wirbelthiere ein Bläschen ſey, welches Farbeſtoff enthält; die Mei⸗ ſten find ferner darüber einig, daß ſich bei den cierlegenden Wir: belthieren in der Mitte dieſes Blaͤschens ein durchſichtiger, wahr- ſcheinlich farbloſer, feſter Kern befinde. Manche nehmen an, daß auch die Blutkuͤgelchen der Säugethicre einen ſolchen Kern befigen, waͤhrend Andere glauben, derſelbe bilde ſich erſt nach dem Tode ver⸗ möge des Gerinnens des Eiweißſtoffes ***). „) S. den Bericht des Hrn. Milne Edwards in den Com- ptes rendus de l’Acad. d. Sc. vom 31. Dec. 1838. ) Développement du coeur et formation du sang, par MM. Prevost et Dumas. Annal. d. Sc. natur. T. III. p. 36 1824. (Vergl. Notizen Nr. 124 [Nr. 14 d. VI. Bes.] und Nr. 175 [Nr. 21 d. VIII Bds.] Febr. u. Dec. 1824. ) So wie ſich der plaftifche Theil des Blutes in Faſerſtoff und Blutwaſſer ſcheidet, fo ſondern ſich im Blutkügelchen nach dem Tode zwei deutlich verſchiedene Portionen, die Hülle und der Kern. Letzterer iſt ein Aggregat von weniger feinen Molecu⸗ len, als die, aus denen die Hülle beſteht. S. Wagner, An- hang ıc. Leipzig 1838. 2 23 Was wir uͤber die Blutkuͤgelchen bei den drei niedrigen Typen bemerkt haben, ſcheint darauf hinzudeuten, daß deren Dr: ganiſation mit der des Blutgefäßſyſtems im Einklange ſtehe, d. h., daß ſie um ſo vollkommner ſey, je vollkommner jenes Syſtem iſt. Die Mollusken haben, gleich den Wirbelthieren, eine durch— ſichtige Hulle um ihre Blutkuͤgelchen her, und zu den in unſerem Texte als mit blaſenartigen Kügelchen verſehen aufgeführten Mollusken wollen wir hier noch die nackten und Gehaͤusſchnecken hinzufugen la limace et le colimagon). Bei den Gliederthieren ſind die Blutkuͤgelchen weniger vollkommen; fie laſſen ſich offenbar nicht in einen Kern und eine Hülle zerſetzen. Indeß ſcheinen die Körnchen, aus denen ſie, bei'm Flußkrebſe zuſammengeſetzt zu ſeyn, das Anſehen haben, mittelſt einer durchſichtigen Membran zuſammengehalten zu werden. Im Allgemeinen ſchwankt ihr Durchmeſſer bei dieſem Typus zwiſchen „I, und zg Linie. Ihre Geſtalt iſt rund oder laͤnglich, ihre Structur koͤrnig und ihre Farbe mehrentheils durchſichtig. Man hat ſie in Betracht dieſer verſchiedenen Eigenſchaften mit den Lymphkuͤgelchen der Wirbelthiere verglichen. Die Biutkügelhen der Blutegel ſind kleine gekoͤrnte Kerne von ungleicher Geſtalt. R. Wagner führt nur die Größe der Kuͤgelchen eines einzi⸗ gen Zoophyten, der orangefarbigen Aſterie, an, und ſchaͤtzt den Durchmeſſer auf 308 bis „+, Linie. Wir haben bemerkt, daß die Echinodermen die niedrigſt organiſirten unter den Thieren ſind, bei denen die Blutkuͤgelchen eine zuſammengeſetzte Organiſation beſitzen. Auch bei ihnen ſcheint uns dieſe vollkommnere Organiſation daher zu rühren, daß das Gefaͤßſyſtem eine verhältnißmaßig bedeutende Ausbildung beſitzt. Was die chemiſche Zuſammenſetzung des Blutes des Men⸗ ſchen und der Thiere, der Lymphe und des chylus der Wirbelthiere anbetrifft, haben wir alles wiſſenſchaftlich Begründete kurz angege— ben. Uebrigens koͤnnen wir nicht umhin, hier die Rede auf einige Puncte der chemiſchen oder organiſchen Zuſammenſetzung des Blu— tes zu bringen, uͤber welche die neueſten Forſcher ſich nicht haben vereinigen koͤnnen. Ein durchaus beweiſender und auch in Frankreich *) mit Er— folg wiederholter Verſuch J. Muͤller's beweiſ't, daß der Faſer— ſtoff mit dem Blutwaſſer mechaniſch gemengt und darin nur in ſeyr winzigen Theilchen enthalten, nicht aber wirklich aufgeloͤſ't iſt. Indeß giebt Hr. Lecanu nicht zu, daß die Fibrine im Se— rum enthalten ſey; er behauptet, ſie befinde ſich in den Kuͤgelchen, und dieſe will er durch ein von ihm ermitteltes Verfahren völlig vom Blutwaſſer abſcheiden koͤnnen; naͤmlich indem er einen Theil Blut gleich aus der Vene in acht Theile einer geſaͤttigten Aufloͤ⸗ ſung von ſchwefelſaurem Natron laufen laͤßt. Das Blut gerinnt in dieſem Falle nicht, aber die Kuͤgelchen fallen auf den Boden des Gefaͤßes nieder. Vermoͤge dieſes Verfahrens hat Hr. Lecanu die Verhaͤltniß⸗ zahl der Kuͤgelchen zu der Totalmaſſe des Blutes, ſo wie die der drei Stoffe, aus denen fie, feiner Anſicht nach, befteben, folgender— maaßen beſtimmen koͤnnen. Auf 1,000 Theile Blut kommen 130,845 Theile Kuͤgelchen, welche beſtehen aus: Faſerſtoff (Fibrine) 2.9480. Haͤmatoſine . . 2,2700. Eiweißſtoff — 125.6273. Unſerer Anſicht nach, koͤnnte ſowohl an der einen, als an der andern Meinung etwas Wahres ſeyn, inſofern ſich naͤmlich nicht aller Faſerſtoff im Serum befaͤnde, ſondern die Kuͤgelchen ebenfalls eine gewiſſe Menge davon enthielten. „Zahlreiche Verſuche haben in mir die Anſicht begruͤndet, daß die Blutkuͤgelchen der Saͤugethiere aus einem farbigen Blaͤschen beſtehen, das mit einer eiweißartigen Fluͤſſigkeit ges fuͤllt iſt. Dieſe Fluͤſſigkeit erſetzt den Kern, welcher bei den andern drei Claſſen der Wirbelthiere unlaͤugbar vorhanden iſt.“ Brief des Hrn. Donné an Hrn. Mandl, S. 9 des oben angefuͤhrten Werkes des Letztern. ) Annales des Sc. nat. 2e serie T. I. p. 51 Note 1. 24 Der Färbeftoff des Blutes oder die Haͤmatoſine enthält, nach denſelben Forſchungen des Hrn. Lecanu, auf 100 Theile 10 Theile Eiſenprotoxyd, welche 7,1 Theil reguliniſches Eiſen in ji faſſen *). Dieſem Gelehrten zufolge, iſt das Eiſen in dieſem Beſtand— theile des Blutes im reguliniſchen Zuſtande vorhanden Uebrigens laſſen ſich das Eiſen und der Färbeſtoff, im Wider: ſpruche mit der Anſicht des Hrn. Gmelin, nicht abgefondert darz ſtellen, und ſie ſcheinen zur Bildung der Haͤmatoſine in einer un— aufloͤslichen Weiſe mit einander verbunden. Die Haͤmatoſine bietet bei den vier Claſſen der Wirbelthiere genau dieſelben phyſiſchen und chemiſchen Eigenſchaften dar. Ins deß ſcheint der Verhaͤltnißtheil des Eiſens, das ſich ſtets in bedeu— tender Menge vorfindet, je nach den Arten und beſonders je nach den Claſſen verſchieden zu ſeyn **). Nach dem Verfahren des Hrn. Lecanu ausgezogen, iſt die Haͤ— matoſine feſt, geruch- und geſchmacklos, ſchmutzigbraun, mit einem mer talliſchen in's Roͤthlichſchwarze ziehenden Glanze, welcher mit dem des rothen Silbers (Rothguͤltigerzes?) der Mineralogen Aehnlichkeit hat. Waſſer, Alcohol und Eſſigaͤther, mit einem ſehr winzigen Zu— ſatz von Ammonium, Kali oder Aetznatron, loͤſen die Hämatoſine leicht auf und färben fir hlutroth. l Der Nahrungsſaft der Wirbelthiere beſteht nicht nur in dem rothen Blute, deſſen verhältnigmäßige Menge, fo wie organiſche und chemiſche Zuſammenſetzung wir zu ermitteln geſucht haben, ſondern auch in der Lymphe, oder jener farbloſen durchſichtigen Fluͤſſigkeit, welche die Lymphgefaͤße und Druͤſen enthalten; fer— ner in dem chylus oder jener milchweißen oder ſchwach vojaros then Fluͤſſigkeit, welche als das Product des Verdauungspro— ceſſes in den Milchſaftgefaͤßen und dem Milchbruſtgange (ductus thoracicus) circulirt. Wir haben darauf aufmerkſam gemacht, daß das Blut der Wirbelthiere dieſe verſchiedenen Stufen der Organiſation des chy- lus und der Lymphe durchlaufen muͤſſe, um in ſeinen normalen Zuſtand von naͤhrendem und lebensthaͤtigem oder Arterien-Blute zu gelangen. Wir haben geſehen oder bereits darauf hingewieſen, daß das Venenblut, in welches ſich der chylus und die Lymphe ergie— ßen, ehe es zu Arterienblute wird, eine Laͤuterung oder Umbildung in ſeinen Molecuͤlen erleidet, was in der Leber und Lunge geſchieht, und wodurch das Blut eine noch hoͤhere Stufe der organiſchen Zu— ſammenſetzung erreicht. Dieſe ſaͤmmtlichen aufeinanderfolgenden chemiſchen Veränderungen der Molecuͤlen werden durch die Eebensthätigkeit und Functionen der Organe bewirkt, wodurch unter Andern auch die Verhaͤltnißtheile des Fettes, des Eiweißſtoffes und der Fibrine im Blute veraͤndert, die Haͤmatoſine erzeugt, die Organiſation der Blutkuͤgelchen voll— endet und, wie es ſcheint, ein größerer Verhaͤltnißtheil Sauerſtoff in die Blaͤschen (Kügelchen) eingeführt, fo wie der ganzen Blut— maſſe ein hoͤherer Temperaturgrad ertheilt wird. Vermoͤge dieſer allmaͤligen chemiſchen und organiſchen Veraͤnderungen werden die Lymphe und der chylus bei den hoͤhern Thieren zu Venenblut und dieſes dann zu Arterienblut. Was die veraͤnderliche Geſtalt der Blutkuͤgelchen nach Maaß— gabe des Alters der Embryonen anbetrifft, ſo haben wir bereits der Beobachtungen der Herren Prevoft und Dumas gedacht, welche in ihrer trefflichen Abhandlung die Geſtalt der Blutkuͤgel— chen des Huhns, in den verſchiedenen Perioden der Bebruͤtung, durch Abbildungen erlaͤutert und dargethan haben, daß ſie waͤhrend der erſten fuͤnf Tage rund ſind, ſpaͤter aber oval werden. R. Wagner hat in Betreff der Froſchlarve daſſelbe beobachtet. Erſt am achten Tage erhalten die Kuͤgelchen bei dieſer die ovale Form und das Volum, die man bei dem vollkommnen Thiere bes merkt. Bei dem ſehr jungen Embryo des Schafes, der erſt 25 Zoll lang iſt; bei dem des Kaninchens und der gemeinen Fledermaus find die Kügelchen weit größer, als bei dem erwach— ſenen Thiere, und kugelförmig. Dieſe Beobachtungen haben in Betreff des Verſtaͤndniſſes der Ernährung des Fötus das hoͤchſte Intereſſe. Paris 1837 p. 17 ) Etudes chimiques sur le sang humain, und ff. ) Ebendaſ. S. 38. 25 Was die Veränderungen betrifft, die durch Krankheiten in der organiſchen oder chemiſchen Zuſammenſetzung des Blutes veranlaßt worden, jo erinnern wir nur an die bei den Cholera» Patienten vors kommenden, deren Blut noch während des Lebens eine merkwürdi— ge Neigung zum Goaguliren zeigt ), ſo wie an jenes milchartige Blut, welches ſich bei vielen Krankheiten bildet, und aus dem die Fibrine und der Färbeftoff faſt ganz verſchwunden find, fo daß es nur noch für eine Emulſion von fetten Stoffen und Eiweißſtoff. gelten kann »). (Der zweite Artikel folgt im naͤchſten Stuͤcke.) ») Vergl. Essai sur application de la chémie à l’etude du sung de homme. Par P. S. Denis, DM. Paris 1838, Neue Notizen No. 20 d. VI. Bdes. Bibliogr. Neuigkeiten. ) Lecanu a. a. O., wo man eine von dieſem Forſcher her— rührende Beobachtung des milchigten Blutes dargelegt findet. 26 Miscellen. In Beziehung auf die Tiefe des Meeres hat Capt. Roſe, vom Schiffe Oedipus, der geographiſchen Geſellſchaft zu London gemeldet, daß er weſtlich von St. Helena ein Senkblei von 450 Pfund im Mecre ausgeworfen und erſt bei 5000 Faden Grund gefunden habe. In der Nähe des Vorgebirges der guten Hoffnung habe er erſt bei 2,266 Faden den Boden erreicht. Seide, welche im Augenblicke ihrer Hervorbrin⸗ gung die Farbe gewiſſer, in die Nahrung der Wur⸗ mer gemiſchter, Subſtanzen zeigt, hat Herr Bonafous zuwege gebracht, indem er, nach dem Verfahren der Chineſen, auf die Blaͤtter, wovon die Raupen ſich näbren, Reis und gepülverten Indigo, oder Krappwurzel ſtreuete. Durch Indigo erhalten die Cocons eine dunkle grünlich -blaue Farbe, durch Faͤrberroͤthe eine blaß roſenrothe. Die Würmer (Raupen) müffen in ihrem vierten Alter ſeyn. end Ueber die Behandlung der Anchyloſen. Von Velpeau. Bis in die letzten Zeiten hielt man vollſtaͤndige An— chyloſen für unheilbar. Hr. Velpeau hat in dem Die— tionnaire de médecine allerdings einige Verſchlaͤge zur Behandlung gemacht; dieſe hatten aber keinen weitern Er— folg; ein einziges Mal wagte ein Arzt zu Paris die ploͤtz— liche Beugung eines anchyloſirten Kniees; er hoͤrte dabei ein Krachen, aber die Kranke ſtarb nach der Operation, und Hr. Amuſat theilte 1831 dieſe Beobachtung der Acad. de med. mit; dieſer Erfolg konnte nicht ermuthigen. Trotz dem und obwohl auch ſchon fruͤhere Beobachtungen von Bartholin und Fabricius von Hilden nicht guͤnſti— ger waren, ſo wagte dennoch Hr. Louvrier, ein Arzt im Departement Doubs, mittelſt einer Maſchine die Anchylo— fen zu brechen; er ſcheint ſogar fo guͤnſtige Reſultate er: langt zu haben, daß er mit ſeiner Maſchine nach Paris kam. Er behandelte mit Gluͤck mehrere Kranke und erhielt endlich auch von Hrn Velpeau zwei kranke Frauen zur Behandlung, welche beide in der Charité operirt wurden. Von dieſer Operation erlangte man nicht fo gute Erfolge, wie ſie Hr. Louvrier erwartet hatte; bei beiden entſtand eine Luxation der tibia nach Hinten, und bei der einen Kranken ein betraͤchtlicher Brandſchorf auf dem Kniee. Bei Gelegenheit dieſer beiden Fälle hielt Hr. Velpeau einige kliniſche Vortraͤge, aus welchen folgende Bemerkungen ent— nommen find: Fruͤber nannte man Anchyloſe jede Gelenkunbeweglich— keit, dieſe mochte durch Entzündung, Knochengeſchwuͤlſte oder irgend eine andere Krankheit bedingt ſeyn; jetzt verſteht man unter Anchyloſe einen mechaniſchen Zuſtand des Ge— lenkes, wodurch die Bewegungen gehindert ſind, ohne daß Krankheit oder Schmerz vorhanden waͤre. Hiernach unters ſcheidet man vollkommene oder falſche Anchyloſen; beide ſtel— len aber keine Krankheit, ſondern nur das Reſiduum einer Krankheit dar. Bei der wahren Anchyloſe find beide Knochenfluͤchen mit einander verwachſen, und zwar in ihrer ganzen Ausdeh— nung (gewoͤhnlich nur in dem Huͤftgelenke) oder an einzel: nen Stellen der Gelenkflaͤchen (namentlich bei den Charnier— gelenken). Selten ſind alsdann die Verwachſungsſtellen ſehr ausgedehnt, gewoͤhnlich ſind es einzeln zerſtreute Verwach— ſungspuncte. Dieß iſt wichtig, weil es erklaͤrt, warum bei dem Brechen einer Anchyloſe die Ruptur leichter in dem Gelenke als oberhalb und unterhalb ſtattfindet. Es ſind bei ſolchen Anchyloſen, in der Regel, noch mehr freie Parthieen in dem Gelenke, als verwachſene Stellen; ja nicht ſelten ſind die Knorpel groͤßtentheils unverſehrt, und ſowohl, wenn die Krankheit von den Weichtheilen, als wenn ſie von den Knochen ausgeht, finden ſich nur einzelne Puncte der Knor— pel reſorbirt und nur an dieſen Puncten die Verwachſung der Knochen zu Stande gekommen. Schwierig iſt die Frage zu beantworten, ob ohne vor— ausgehende Gelenkkrankheit und durch laͤnger dauernde Be— ruͤhrung der Knorpelflaͤchen wahre Anchyloſen zu Stande kommen koͤnnen. Man hat dieß behauptet und die Indi— ſchen Fakir's zum Beweiſe angeführt, welche zur Buße Jahre lang eine und dieſelbe Stellung beibehalten und dadurch ans chyloſirt werden ſollen. Dieſe Angaben ſind aber noch ganz unerwieſen, wodurch freilich ein Gegenbeweis nicht gefuͤhrt iſt. Man ſieht in den Spitaͤlern durch lang— fortgeſetztes, unbewegliches Biegen die Gelenke ſteif werden; dieß ſind indeß nur falſche Anchyloſen durch Verkuͤrzung und Unbeweglichkeit der Muskeln; ob hieraus wahre ſich entwik⸗ keln koͤnnen, muß erſt noch nachgewieſen werden. Wahre Anchyloſen, welcher Art ſie auch ſeyen, entwickeln ſich ziem⸗ lich alle nach demſelben Mechanismus; die Knorpel ver— ſchwinden und die ſich beruͤhrenden Knochenflaͤchen verwach— ſen in Folge der Irritation. Falſche Anchyloſen zeigen weit mehr Varietäten wegen der Mannichfaltigkeit der ſie hervorrufenden Urſachen, welche hauptſaͤchlich folgende ſeyn ſollen; 1) eine alte Verbren⸗ nung mit darauf folgender, ſich uͤberhaͤrtender Narbe; 2) jede Wunde mit Subſtanzverluſt; 3) jede Zellgewebsent— zuͤndung zwiſchen dem Gelenke und den benachbarten Haut⸗ und Set nengebilden; 4) krankhafte Retraction der Muss 27 keln; 5) jede alte Gelenkkrankheit, wobei, in der Regel, die Beugemuskeln uͤberwiegend in Wirkung treten und eine Uns chyloſe durch Retraction der Beugemuskeln zuruͤcklaſſen. Ohne bier weiter auf die verſchiedenen Formen der An— chyloſen einzugeben, iſt es hier hauptſaͤchlich von Wichtig: keit, feſtzuſtellen, daß eine Anchyloſe, in der That, dieſen Na— men nicht verdient, ſo lange ſie noch mit irgend einem krankhaften Zuſtande der Gelenke verbunden iſt. Anchyloſe iſt eine Infirmitaͤt, aber keine Krankheit. Behandlung der Anchyloſen. Da die Anchyloſe das Leben nicht gefährdet, ſondern nur mehr oder minder laͤſtig iſt, ſo muß man von der Behandlung abſtehen, ſo wie mit derſelben Gefahren verbunden ſind. Da bei wahren Anchylo— ſen milde oͤrtliche Mittel nichts vermoͤgen, ſo hat man ſie fruͤher fuͤr unheilbar erklaͤrt; bei falſchen Anchyloſen dagegen hat man von jeher ein paſſives Bewegen, langſame Exten— ſion, Einreibungen, Douchen ꝛc. angewendet. Die Exciſion der Narbenſtraͤnge iſt als eine einfache und gefahrlofe Operation bei Retraction der Baͤnder von den Herrn Gidhella und Froriep empfohlen worden, entſprechend der Dupuytren' ſchen Behandlung der Pal— marcontractur. Die fubeutane Tenotomie iſt ſeit Stromeyer's Erfahrungen haͤufig und mit Gluͤck angewendet. Bei alten falſchen Anchyloſen koͤnnen uͤbrigens Schwierigkeiten eintre— ten, indem durch den lange dauernden Druck die Form der Gelenkflaͤchen ſich allmaͤlig endet. Fuͤr die wahren Anchyloſen hat man in neuerer Zeit zwei Operationsmethoden vorgeſchlagen, naͤmlich die keil— foͤrmige Ausſchneidung der Knochen und das plösliche Bre— chen der Anchyloſen. Der keilfoͤrmige Knochenausſchnitt iſt leicht auszufuͤh— ren, jedoch bis jetzt nur 3 oder 4 mal in Anwendung ge: bracht. Man entbloͤßt ober- oder unterhalb des anchyloſir— ten Gelenkes einen Knochenpunct, aus welchem man ein keil— foͤrmiges Stuͤck mittelſt zweier Saͤgenzuͤge ausſchneidet; hier— auf bricht man vollends den Knochen und fuͤhrt das Glied in ſeine normale Richtung zuruͤck. Die Operation iſt ein— fach, aber durch eine große Wunde complicirt. Hr. Bar— ton hat dieſes Verfahren in America in Ausführung ges bracht; in Frankreich und England iſt es angewendet wor— den, um ſchief geheilte Knochenbruͤche gerade zu richten; in dieſen lezten Faͤllen iſt die Operation einfacher, gefanrlofer und befriedigender, als bei wahren Anchyloſen, bei welchen man immer nur eine unregelmaͤßige Einrichtung in Form eines Z erhält, was bei dem Kniee freilich im mer noch den Vortheil gewaͤhrt, daß der Fuß platt auf den Boden auf— geſetzt werden kann. Das ploͤtzliche Brechen der Anchyloſe iſt von Hrn. Be— rard Anchylotripſie genannt worden; dieſer Name wuͤrde paſſen, wenn es ſich wirklich immer um ein Brechen, nicht bisweilen auch um eine bloße Streckung und Dehnung han— delte. An Namen wird es nicht fehlen, wenn die M thode gut iſt. Die Methode erfordert einen in Schrecken ſetzen— den Apparat; ſie erſcheint uͤberhaupt nicht rationell und hat daher eine ſtarke Oppoſition gefunden und es muͤſſen meh— rere Puncte dabei ſorgfaͤltig erwogen werden. Die Moͤglichkeit der ploͤtzlichen Einrichtung der An— 28 chyloſen iſt jetzt hinreichend erwieſen, iſt uͤbrigens niemals ſchon gelaͤugnet worden, was man daraus erſieht, daß man immer gegen dieſe Operation geſprochen hat. In Bezug auf die Frage uͤber die Gefaͤhrlichkeit der Operation ſind die Wundaͤrzte immer einig geweſen; ſie ha— ben ſich gegen die Operation erklaͤrt. Um das, was man wirklich zu fürchten hat, richtig zu wuͤrdigen, iſt es nöthig,. auf einige Varietaͤten der Anchyloſen zuruͤckzugehen. Am Kniee koͤnnen fünf Hauptvarietaͤten vorkommen. Die tibia allein kann mit dem femur verwachſen ſeyn; ebenſo die Knieſcheibe allein; die tibia kann unvollkommen und zu— gleich die Knieſcheibe vollkommen mit dem femur ver— wachſen ſeyn; daſſelbe kann umgekehrt ſtatt haben, und endlich kann eine vollkommene Verwachſung der tibia, Knieſcheibe und des femur zugleich vorhanden ſeyn. In Be: zug auf die Anwachſung der Knieſcheibe allein koͤnnte man auch noch mehrere Varietaͤten aufſtellen, je nach dem Puncte, an welchem der Knochen ſich findet, z. B, an ſeiner normalen Stelle, oberhalb derſelben, auf der Mittel— linie oder auf einem der Condylen, und zwar haͤufiger auf dem aͤußern als auf dem innern, was durch die ſchon im normalen Zuſtande nach Innen gerichtete Stellung des fe— mur bedinut iſt, wobei die patella am leichteſten nach Außen weicht. Wir kommen nun zu den Gefahren, welche das ploͤtz— liche Brechen der Anchyloſen begleiten. Der damit verbun— dene Schmerz iſt, in der That, fuͤr jede Perſon außerordent— lich ſtark; er dauert aber kurze Zeit, und die Kranken ſetzen ſich uͤberhaupt leicht daruͤber weg. Man hat behauptet, daß man eine ſehr heftige und am Kniee ſehr gefaͤhrliche Krankheit befuͤrchten muͤſſe. Wenn ſich im Knie eine Entzuͤndung mit Eiterung entwickelt, ſo unterliegen die Kranken, oder man muß ſie amputiren; ſehr ſelten iſt es moͤglich, die Reſolution oder eine guͤnſtige Ab— ſceßbildung herbeizufuͤhren. Die Furcht vor einer ſolchen Entzuͤndung nach dem ploͤtzlichen Brechen einer Anchyloſe des Kniees gründet ſich auf die Verletzungen, welche nothwendig, mit dieſer Operation verbunden ſeyn muͤſſen; aber dieſe Ge— fahren ſind keinesweges ſo beſtaͤndig, als man der Theorie nach annehmen ſollte; dieß läßt ſich ſchon theoretiſch feſtſtel— len, und beſtaͤtigt ſich auch in der Erfahrung Verletzun⸗ gen und Fracturen ohne Wunden der Bedeckungen heilen uͤberhaupt ſehr leicht; deßwegen iſt auch der Bruch einer ſchiefgeheilten Fractur nicht gefaͤhrlich. Die Thatſachen, we— nigſtens diejenigen welche man in der letzten Zeit erlangt hat, beſtaͤtigen vollkommen dieſe Anſicht, und man kann nach dieſen behaupten, daß man die Gefahren der vloͤtzlichen Einrichtung der Anchyloſen ſehr uͤbertrieben hat. Wirkliche Gefahren, die damit verbunden find, rühren hauptſaͤchlich von Zerreißung der Weichtheile her. Wird die Haut zerriſ— ſen, ſo hat man eine complicirte und gequetſchte Wunde, die in der Umgebung eines Gelenkes immer in Eiterung uͤbergeht, und daher ſehr gefaͤhrlich iſt, worauf auch noch Eiterſenkungen eintreten und die Gefahr vermehren koͤnnen. Waͤhrend man nun Zerreißungen der Haut durch Sorgfalt vermeiden kann, fo iſt dieß in Bezug auf Zerreißung der Gefaͤße nicht moͤglich. Eine Zerreißung der vena poplitea wuͤrde nicht gerade ſehr gefaͤhrlich ſeyn, da ſelbſt ſehr aus— 29 gebreltete Wlutertravafate reſorbirt werden und die Venen— Öffnungen durch die ſich bildenden coagula ſelbſt geſchloſſen würden. Bei Zerreißung der art. popliten iſt die Gefahr viel groͤßer. Auch bei ihr iſt die Schließung des Gefaßes durch den Druck der congula moglich. Aber wenn mit ihr gleich zeitig die Collateralgefaͤße durch denſelben Druck ges ſchloſſen werden, ſo wird die Ernährung des Unterſchenkels gehemmt. Ungluͤcklicher Weiſe iſt dieſe Befuͤrchtung bereits eingetreten. Bei einem von Hrn. Youvrier operirten Kranken iſt der Brand des Unterſchenkels erfolgt, wahr— ſcheinlich durch Zerreißung der a. popliten, fo daß man es noch fuͤr ein Gluͤck hielt, das Leben des Kranken durch die Operation retten zu koͤnnen. Zerreißungen der Nerven kommen Überhaupt nicht leicht vor und haben, da die Ner— ven einander gegenſeitig fuppliiren, keine große Bedeutung (2). Die Zerreißung der Baͤnder, welche mit der Zeit immer verkuͤrzt ſind und an und fuͤr ſich wenig Dehnbarkeit be— fisen, iſt faſt unvermeidlich. Dieſe Zerreißung hat aber nicht unmittelbar Gefahren, da zerriſſene Baͤnder nicht ſtaͤrker ſich entwickeln, als Zellgewebe, welches unter der Haut zerriſ— ſen wurde; aber nach der Heilung befuͤrchtet Hr. Velpeau, daß das Glied keine betraͤchtliche Kraft haben werde. Eine Zerreißung der Baͤnder fand ſich, in der That, dei der Kranken, welche in dem Hôpital Beaujon an der Ope— ration geſtorben iſt. Dieß ſind Gefahren, welche ſchon der Theorie nach an— zunehmen find; dieſe find durch die Erfahrung beſtaͤtigt. Bei einer Frau, welche von Louvrier operirt wurde und welche unterlag, war die Haut zerriſſen, und dieſe Wunde iſt nach Hrn. Velpeau, als Ausgangspunct aller nachfol— genden Zufälle, namentlich der Entzündung und Eiterung der zerriſſenen ligamenta eruciata, zu betrachten. Ein anderer Kranke erlitt Brand des Fußes in Folge der Zer— reißung der art. poplitea. Außer den angeführten Zufaͤllen koͤnnen noch durch die verſchiedenen Grade der Contuſion mannichfache Zufaͤlle be: dingt werden Beſchraͤnkt ſich dieſe auf die tiefſten Theile, ſo iſt dieß nicht ſehr bedenklich; die damit verbundene Blut— ergießung wird leicht reſorbirt Betrifft aber die Contuſion auch die Haut, ſo kann man ſie einer Verbrennung ver gleichen und, wie bei dieſer, 4 verſchiedene Grade annehmen: 1) einfache Excoriation; 2) Excoriation mit der Stoͤrung der Hautoberflaͤche; 3) die Stoͤrung der ganzen Dicke der Haut; 4) Zerſtoͤrung bis in die tiefern Schichten. Der erſte und zweite Grad ſind ohne Gefahr; der dritte Grad dagegen, bei welchem das mortificirte Hautſtuͤck ſich abſto— ßen und Eiterung herbeifuͤhren muß, fuͤhrt alle Gefahren ei— ner Hautzerreißung herbei nur mit dem Unterſchiede, daß hierbei die Eiterung langſamer erfolgt. Der vierte Grad, namentlich wenn dadurch die Knochen bloßgelegt ſind, iſt außerordentlich gefaͤhrlich. Das hier der Theorie nach An— geführte iſt durch die Erfahrung beſtaͤtigt; das vor einigen Tagen in der Charité operirte Maͤdchen hat durch den Druck der Maſchine eine große Hautquetſchung am Knies erlit— ten, welche brandig geworden iſt und ſich abſtoßen wird, worauf erſt der Grad der Gefahr vollkommen ermeſſen werden kann. Die bis hierher angeführten Gefahren muͤſſen indeß keineswe⸗ ges immer eintreten; bei zwanzig von Louvrier Operirten haben 30 ſich nur drei Mal Zufaͤlle gezeigt, und auch dieſe find nicht noth⸗ wendig als unvermeidliche Folge der Operation zu betrachten, denn die Hautzerreißung erklärt ſich durch die ungewöhnliche Mas gerkeit des Subjectes; eine Zerreißung der a, poplitea wird wer gen Dehnbarkeit derſelben nicht immer zu befürchten ſeyn, und eine Hautquetſchung wird jetzt, da man davor gewarnt iſt, leicht zu vermeiden ſeyn. Was hat nun der Kranke von der Operation zu erwarten? Vor der Operation iſt der Unterſchenkel gebeugt und macht einen Stelzfuß nothig; nach der Operation iſt der Fuß gerade oder faft gerade. Ein Mehr oder Minder iſt in dieſem Faue nicht gleich⸗ gültig, wie es bei Verkrummungen der obern Extremitäten ſeyn wurs de. Denn iſt der geradgeſtreckte Fuß nicht ſtart genug, um die ganze Körperlaft zu tragen, fo fragt es ſich, ob es nicht vortheil⸗ hafter wäre, den Fuß gekrümmt zu laſſen. Berührt die Fußſohle den Boden nicht ganz, ſoiſt die Difformitat nicht ſo ſtark, aber die Functionen ſind nicht vollkommener; iſt indeß das Kniegelenk wie⸗ der feſt, fo kann man den Fuß kuͤnſtlich verlängern, und der Kranke kann mit einem ſolchen Apparate mit oder ohne Stock gehen, und dadurch wieder jedenfalls in einem beſſeren Zuſtande ſehn. Man hat alſo dreierlei zu erwarten; entweder iſt der Fuß vollkommen eingerichtet, und der Kranke geht wie in geſunden Tagen, oder die Einrichtung war unvollkommen und der Kranke berühre nur mit der Fußſpitze den Beden, ſo daß er erſt durch einen kunſtlichen Ap⸗ parat den Nutzen der Operation ſich verſchaffen muß, oder drittens der Fuß erreicht den Boden nicht und das Gelenk wird nicht wie: derum feſt; im letzten Falle war der Kranke vor der Operation beſſer daran. Eine fernere Frage iſt es, ob die Beweglichkeit des Kniege— lenkes ſich herſtellen wird. Der Theorie nach, iſt dieß nicht ſicher; denn wenn man das Gelenk nicht taͤglich etwas bewegt, ſo wird wiederum Verwachſung zu Stande kommen; iſt dabei der Fuß ges rade und ſtiht die Sohle auf dem Boden, fo iſt das Reſustat gun⸗ ſtig; bleibt das Bein aber etwas gebeugt, fo kann der Kranke ohne Erſatzmaſchinen nicht gehen. Im letzten Falle wird es immer noch beſonders gunſtig ſeyn, wenn das Kniegelenk feſt verwachſen iſt. um dieß zu erreichen, iſt es aber noͤthig, daß keine Luxation vor— handen fıy. Eine Luxation nach Hinten entſteht ziemlich häufig; man ver: ſteht dieß beſonders, wenn man die erwaͤhnten Varietäten der Knieanchyloſen beruͤckſichtigt. Eine Luxation nach Hinten findet ftatt, wenn die Knieſcheibe am untern Theile des kemur angewach⸗ ſen iſt. Dabei kann allerdings durch die ploͤtzliche Streckung die tibia gegen die Knieſcheibe drücken, fie abbrechen und die Strek⸗ kung des Knives ohne Luxation ftattfinden. Sit die Knieſcheibe ſehr feſt angewachſen, oder liegt fie fo, daß die tibia einen ſtarken Druck auf fie nicht ausüben kann, fo bleibt fie in ihrer Lage und die verkuͤrzten Beugemuskeln ziehen die tibia nach Hinten. Eine ſol⸗ che Luxation nach Hinten iſt bei dem Kranken in der Charite und bei einer Kranken in dem Höpital Beaujon vorgekommen. Moͤgliche Folgen einer ſolchen Luxation ſind Zerreißungen der Gefaße. Herr Velſpeau hat einen Mann geſehen, welcher durch einen Sturz aus einem Cabriolet eine Luxation der tibia nach Hinten erlitten batte, worauf Brand des Fußes und eines Theils des Unterſchenkets folgte und nur mit Mühe das Leben gerettet werden konnte Nach der Heilung konnte man die Arterie auf dem nach Hinten ſtehenden Knochen abgeplattet, aber nicht nach Hinten obliterirt fühlen Wenn nun bei der Operation der Knieanchyloſe eine ſolche Luxation ohne Gefaͤßzerreißung erfolgt, fo wird der Fuß entweder gerade oder um 8 — 10 Gentimeter verkuͤrzt, oder er wird gekrümmt ſeyn, fo daß die Fußſpitze nicht einmal den Boden erreicht; in beiden Faͤl⸗ len würde ſelbſt mittelſt eines kuͤnſtlichen Fußes nicht hinreichende Feſtigkeit zum Gehen in dem Knice vorhanden ſeyn; man mußte denn an das Knie ſelbſt einen Verband anlegen. Die Frau, wel: che vor Kurzem in der Charite operirt worden iſt, befindet ſich in dieſem Falle. Seit der Operation iſt zwar kein Zufall eingetreten; der Unterſchenkel ift faft gerade, aber er iſt nach Hinten luxirt, und die Kranke kann ihren Körper nicht auf den Fuß ftügen, weil weder ein Haltpunct, noch Gelenkbewegung im Knice iſt. Viel⸗ leicht wird mit der Zeit die tibia mit der hintern Flaͤche der Con- dylen des Oberſchenkels verwachſen; es wird aber immer die Fe⸗ ſtigkeit nicht beträchtlich ſeyn, fo daß dieſe Perſon nach der Opera⸗ 31 tion nicht beſſer daran iſt, als zuvor. Man muß dabei indeß an: führen, daß Herr Velpeau vor der Operation ſelbſt die Anſicht ausſprach, daß der Fall für dieſelbe ſehr unguͤnſtig ſey und wenig Ausſicht auf Erfolg biete, und er die Operation nur zulaſſe, weil die Kranke ſelbſt ſehr dringend darum gebeten hat. Erfolgt keine Verwachſung der tibia mit dem Oberſchenkel, fo ſcheint es, daß der Unterſchenkel unſicher und ſehr beweglich bleiben muß und daß daher die Kranken nicht ohne Stuͤtze gehen koͤnnen. Unter den alten Beobachtungen über ploͤtzliche Streckung der Anchyloſen findet ſich keine, welche vollkommen beweiſend waͤre; fie beziehen ſich uͤberdieß alle auf den Ellenbogen oder das Hand— gelenk und werden ohne irgend ein genaueres Detail mitgetheilt. Von neueren Beobachtungen, außer denen des Herrn Kouvrier, ſind drei bekannt; die eine bezieht ſich auf ein Maͤdchen, welches vor zehn Jahren wegen einer Knieanchyloſe zu Paris auf eine nicht weiter bekannt gewordene Weiſe operirt wurde und ſtarb, ohne daß man genauere Nachrichten darüber haͤtte. Die beiden an: dern Faͤlle find von Hrn. Cazenave im Jahre 1837 mitgetheilt worden: der erſte iſt vor Kurzem in den Notizen mitgetheilt; der zweite Fall betrifft einen alten Soldaten, welcher im Jahre 1814 eine Schußwunde erhielt, in deren Folge der Ellenbogen anchylo— ſirt blieb. Im Jahre 1835 fiel dieſer Mann auf den Ellenbogen und bekam auf Einmal alle Bewegungen dieſes Gelenkes wieder, und zwar ohne Steifigkeit, ohne Schmerz und ohne irgend eine Contuſion; der Kranke war darüber fo vergnuͤgt, daß er keine weitere Vorſicht anwendete und die Anchyloſe ſich wieder bilden ließ und zwar auf eine weniger guͤnſtige Weiſe, da fruͤher der Arm gebogen war und nach dem Zufalle vollkommen gerade blieb. Hiernach ſind die Anchyloſen nicht nur ohne Gefahr zu brechen, ſondern ſie koͤnnen ſich auch nach dem Bruche wieder bilden. Die Beobachtungen des Hrn. Louvrier laſſen ſich in mehre— re Claſſen eintheilen: Es giebt Fälle, in welchen ſich eine Luxa— tion der tibia nach Hinten bildet; iſt dieß zu befuͤrchten, ſo muß man die Operation unterlaſſen; ferner giebt es Faͤlle, in welchen die Knieſcheibe noch beweglich iſt, oder nach der Operation noch beweglich wurde. In dieſen Fallen iſt die Operation ſehr vortheil— haft und die Kranken koͤnnen bald mit oder ohne Stock gehen; in andern Fällen iſt es nöthig geweſen, das Glied lange Zeit unbe— weglich zu halten, um dem Gelenke Feſtigkeit zu verſchaffen; als— dann ſind die Kranken nicht im Stande, ohne Kruͤcken zu gehen. Es wäre wunſchenswerth, daß Hr. Louvrier ein Mal meh— rere feiner Operirten vereinigte, fo daß man fie zuſammen unterſu⸗ chen und ihren Gang vergleichen koͤnnte. Bei dem plöglichen Strecken der Anchyloſen giebt es zwei Arten von Folgen: die is nen treten unmittelbar ein und ſind hinreichend bekannt; die an— dern ſind conſecutive, und dieſe kennt man noch nicht vollkommen; fähe man mehrere früher von Hrn. Louvrier Operirte, welche wahre und nicht bloß unvollkommene Anchyloſen hatten, ſo wuͤrde man wiſſen, woran man waͤre. Von Wichtigkeit iſt noch die Frage uͤber die Nachbehandlung nach der Operation. War die Einrichtung vollkommen und die Knieſcheibe dabei beweglich, ſo meint Velpeau, daß man das Glied nur 8 — 14 Tage unbeweglich erhalten muͤſſe, um die Re: ſorption der ergoſſenen Fluͤſſigkeiten zu erlangen; danach muß man anfangen, leichte Bewegungen zu machen, dieſe taͤglich zu verſtaͤr⸗ ken und endlich die Kranken gehen zu laſſen. Wäre die Knieſchei⸗ be nicht deplacirt, oder waͤre eine Luxation nach Hinten entſtanden, ſo muͤßte man, da die Hervorbringung einer neuen Anchyloſe der Zweck iſt, die gebrochenen Knochenenden ſo genau, als moͤglich, auf eine raſche oder allmaͤlige Weiſe an einander bringen und mittelſt 32 des Dirtrineverbandes in dieſer Lage erhalten, wozu der Verband 4 — 6 Wochen liegen müßte. Wir kommen hierdurch zu folgenden Reſultaten: Wenn die Knieſcheibe beweglich iſt und ſich nur eine falſche Anchyloſe gebildet hat, ſo muß man der ſubcutanen Durchſchneidung der Baͤnder oder Sehnen vor dem ploͤtzlichen Abbrechen den Vorzug einräumen, weil ſie weniger gefaͤhrlich, weniger ſchmerzhaft und ebenſo wirkſam iſt; uͤberdieß wuͤrde bei falſchen Anchyloſen durch Sehnenretraction durch die raſche Streckung kein dauerndes Reſultat erlangt werden; die Muskeln würden nur während einer gewiſſen Zeit überwunden, wuͤr— den aber ſehr bald die Contractur wieder hervorbringen. Bei wahren Anchyloſen hat man die Wahl unter drei Verfah- ren: entweder man thut nichts, oder man ſchneidet ein keilfoͤrmiges Knochenſtuck aus, oder man nimmt die ploͤtzliche Streckung vor. Iſt die Knieſcheibe ſo angewachſen, daß bei dem Bruche der Anchyloſe nothwendig eine Luxation der tibia nach Hinten entſte— hen muß, ſo muß man nie operiren, außer wenn die Kranken dringend darum bitten und wenn ſie oder ihre Angehoͤrigen unter— richtet worden ſind, was bei der Operation zu erwarten ſey. Die Ausſchneidung eines keilfoͤrmigen Knochenſtuͤckes iſt noch nicht hinreichend oft verſucht; man muß neue Erfahrungen abwarten, bevor ſich ein für die allgemeine Praxis gültiges Urtheil fällen läßt. Die ploͤtzliche Zerbrechung und Streckung der Anchyloſe iſt ins dicirt, wenn die Beugung nicht vollkommen rechtwinkelig iſt, oder wenn die Knieſcheibe ſo angewachſen iſt, daß man hoffen kann, ſie abzulöfen, oder endlich, wenn fie fo gelagert iſt, daß man, trotz ihrer Unbeweglichkeit, die tibia auf der Gelenkflaͤche des Oberſchen— kelbeines fixiren kann. In allen dieſen Faͤllen erlangt man, ſtatt einer im Winkel gebogenen Anchyloſe, eine gerade Anchyloſe. Schließlich muß man zugeben, daß es jetzt noch nicht moͤglich iſt, ein unwiderrufliches Urtheil über die Behandlung der Anchylo— fen auszuſprechen; es wuͤrde eben fo unrichtig ſeyn, die raſche Streckung der Anchyloſen ganz allgemein anwenden zu wollen, wie es ungerecht wäre, fie ganz zu verwerfen. Herr Louvrier iſt bei der Anwendung ſeiner Maſchine zu weit gegangen; er wird ſpaͤter ſelbſt zu engern Graͤnzen zuruͤckkehren, wenn erſt ſeine Kranken wieder zu ihm kommen, und wenn er ſieht, daß dieſelben ſich bitter uͤber ihren Zuſtand beklagen, welche Anfangs entzuͤckt uͤber das Reſultat der Operation waren. (Gaz. méd. No. 8.) Miscellen. Bougies aus Fucus esculentus hat Dr. Aitkin bei Maſtdarmſtricturen angewendet und glaubt, nach feinen Erfahrun- gen, fie empfehlen zu koͤnnen. (Transact. of the provinc. Med. Assoc. Vol. VII.) Als Folge einer Ligatur der art. iliaca commu- nis, welche ein Jahr vor dem Tode von Prof. Salomon, zu Petersburg, gemacht worden war, fand ſich Umwandlung dieſer Ar— terie in einen ligamentoͤſen Strang in ihrer ganzen Laͤnge. Ein wenig Injectionsmaſſe war durch die linke hypogastrica in die linke iliaca externa eingedrungen; die Circulation wurde aber hauptſaͤch— lich durch die ſehr erweiterten Lumbararterien unterhalten, deren Zweige mit denen der linken circumflexa ilium anaſtomoſirten. Die unteren Extremitaͤten wurden durch Communication der beiden hypo- gastricae reichlich mit Blut verſehen. Die linke arteria cruralis war bis 2 Zoll unter dem Poupartiſchen Bande injicirt; die iliaca communis ext. und intern. auf der rechten Seite waren betraͤcht— lich erweitert; auf der linken Seite hatten beſonders die art. ischia- dica und obturatoria an Umfang zugenommen. Giblio graphische Neuigkeiten Sketch of the Geology of North-America. By Charles Dau- beny eto. London 1840. 8. The Genera of Birds, with indication of the Typical species of each genus. By G. R. Gray. London 1840. 8. Observations medicales faites à la suite de l'’armee, qui en Oc- tobre 1839 a traversé les Portes de fer, de la Province de Constantine dans celle d’Alger. Par le Docteur Guyon, Chi- rurgien en Chef de l’armee d’Afrique. Paris 1840. 8. Traite de pathologie et de thérupeutique générales vétérinaires. Par Rainard. Tome II. Lyon 1340. 8. lu Neue Notizen a us Gebiete der Natur- und 7 dem 2 eilkunde, geſammelt und miigetheilt von dem Ober Mebieingtraihe Fror lep zu Wamar, und dem Weebiennattalbe und Preſeſſer Frorſer zu Vrin. No. 311. (Nr. 3. des XV. Bandes.) Juli 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. rr Bit dee Ueber den Nahrungsſaft, ſeine Behaͤlter und Be— wegung bei ſaͤmmtlichen Thieren. Von G. L. Duvernoy. Zweiter Artikel. Behälter des Nahrungsfaftes. $. 1. Allgemeine Beobachtungen. Die zweite allge— meine Beziehung, in welcher wir dieſen Haupitheil der wichtigen Function der Ernaͤhrung zu betrachten haben und die ſich in den Schriften Über Phyſiologie unter dem Na— men Circulation bisher nur ſehr unvollſtaͤndig behan— delt findet, betrifft die Hoͤhlungen und Gefäße, in welchen der Nahrungsſaft enthalten iſt. An dieſen Behaͤltern bemerken wir in der Stufenreihe der Thiere mancherlei Verſchiedenheiten, von denen ſich manche auf deren Geflalt und Structur, d. h auf deren ei: gentliche Organiſation beziehen, während die uͤbri— gen deren Anordnung und Vertheilung im Organismus be— treffen. Außerdem bieten ſich auch ruͤckſichtlich der in ih» nen enthaltenen Fluͤſſigkeit und der Functionen wichtige Ver: ſchiedenheiten dar. A. Was die Organiſation der Behälter des Nahrungsſaftes anbetrifft, fo find dieſelben: 1) Zellen, welche denjenigen der Zellpflanzen aͤhneln; die Süßwaffer» Hydra unter den Polypen und die Ligula unter den Eingeweidewuͤrmern ſcheinen nur ſolche Nahrungs— ſaftbehaͤlter zu beſitzen. 2) Canaͤle von verſchiedener Structur; dieſe finden ſich dei hoͤher organiſirten Thieren. Zuweilen ſtreichen dieſe Behaͤlter unmittelbar durch die Subſtanz, durch das Fleiſch des Thieres, ohne daß ſie von dieſem Fleiſche durch deſondere Wandungen getrennt wären, In dieſem Falle kann deren raͤumlicher Umfang ſich durch die Zuſammenziehung oder Ausdehnung des ganzen Thieres oder ſeiner Theile aͤndern, wie dieß, z. B., bei den Medu⸗ fen der Fall if. Sie entſprechen dann gewiſſermaßen den Zwiſchenzellgaͤngen der Pflanzen. No. 1411. Bei andern Organismen ſind dieſe Canaͤle oberflaͤchlich, vorfpringend, mit unbeweglichen Wandungen und in ihrem Innern noch mit Tracheen verſehen, und behalten ſtets den— ſelben Durchmeſſer. Dahin gehoͤrt das Geaͤder auf den Fluͤ— geln der Inſecten. 5) Die dritte Verſchiedenheit in der Form und Or⸗ ganiſation der Behaͤlter des Nahrungsſaftes, die wir hier hervorzuheben haben, iſt diejenige, die ſich durch die Be— nennung Luͤcken bezeichnen laͤßt. Es ſind dieß lecre Raͤume, welche ſich zwiſchen den Arterienzweigen und Ve— nenwurzeln finden und nicht durch Haargefaͤße mit einander zuſammenhaͤngen. Dieſe Luͤcken bilden in den Zwiſchenraͤumen der Mus: kelbuͤndel, der Organe und Theile, in welche der Nahrungs: ſaft eindringt, und in denen er ſich von einem Gefaͤßſyſte— me zum andern bewegt, Gaͤnge Dieß iſt bei den Cru— ſtaceen *) und Lungen-Arachniden der Fall. 4) Die Behälter des Nahrungsſaftes koͤnnen in noch beträchtlicheren Luͤcken beſtehen, wenn das Gefaͤßſyſtem ſich im rudimentaͤren Zuſtande befindet. Der Nahrungsſaft er» gießt ſich dann in ganze Eingeweidehoͤhlen. Dieß iſt dei den Inſecten und den Tracheen und Arachniden der Fall, wo man das Blut nicht nur in den Zwiſchenraͤumen der Muskeln, ſondern auch in der Abdominal⸗, Bruſt- und *) Wir werden bei der Beſchreibung der innerſten Structur der Kiemen dieſer Claſſe darthun, daß die engen oder breiten Lamel⸗ len, Blaſen, einfachen oder veräftelten Röhren, in denen die Hämatofe von Statten gebt, eigentlich nur Lücken find und kein ächtes Capillarnetz beſizen. Hoͤchſtens findet man dieſel⸗ ben von einem ſehr unregelmäßigen und groben Netze durchzo⸗ gen, wie ich dieß in meiner Abhandlung über Limula in Bes treff der Kiemen dieſer Gattung, fo wie bei den Krabben bes merkt habe. Durch unmittelbare Beobachtung der Circulation in den roͤhrenfoͤrmigen Fäden der Kiemen des Fluskrebſes, habe ich mich davon überzeugt, daß diefe Röhren aus einer einfachen Hoͤhlung beſtehen, in welcher ſich die Blutkügelchen frei bewegen. Es iſt dort weder ein zuführendes, noch ein ausführendes Haargefaͤß vorhanden, wie Trevir anus (jiebe deſſen poſthumiſche Schriften) bereits vollkommen richtig an gegeben hat. 3 35 Kopfhoͤhle findet. An der Dberfläche des Körpers beſitzen dieſe Thiere keine anderen Nahrungsfaftbehälter, als die Canaͤle in den Flügeln und andern Anhängfeln, und in der Mitte des Körpers nur den Ruͤckencanal, welcher zugleich und hauptſächlich als Treib- und Steuerorgan dient. Bei den vollkommen entwickelten Hemi- ptera heteroptera ſcheint ubrigens, nach Léon Dufour's Beob⸗ achtungen, dieſes Ruͤckengefaͤß zu einem bloßen Bande zufammenges ſchrumpft zu ſeyn. 5) Endlich koͤnnen die Behälter des Nahrungsſaftes auch Ger fäße im engern Sinne des Wortes, d h. Canale mit deutlichen freien, beweglichen, zuſammenziehbaren und ausdehnungefaͤhigen Wan⸗ dungen ſeyn. Die Gefaͤße der Thiere unterſcheiden ſich unter Anderm von denen der Pflanzen (und indem wir ſie mit den letztern vergleichen, wird es uns gelingen, fie genauer zu characteriſiren) dadurch, daß ihr Canal ununterbrochen durch ein ganzes Syſtem fortlaͤuft, ſo zahlreich ihre Verzweigungen auch ſeyn mögen, und daß, wenn zwiſchen zwei Gefaͤßſyſtemen eine Lücke vorhanden iſt, die Aeſte oder Wurzeln diefer Syſteme in dieſe Lücke einmunden. Bei den Pflanzen dagegen iſt jedes Gefaͤß an ſeinem Ende ge⸗ ſchloſſen, welches die Kegelform darbietet, und außerdem kann ſein Canal noch durch Scheidewaͤnde, die Ueberreſte der Zellen, die das Gefaͤß urſpruͤnglich bildeten, unterbrochen und getheilt ſeyn. B. Die Verſchiedenheiten, auf welche wir hier in Anſehung der Anordnung und allgemeinen Vertheilung der Be⸗ haͤlter des Nahrungsſaftes im Organismus aufmerkſam machen werden, beziehen ſich zunaͤchſt auf die eigentlichen Gefaͤße. Zuvörderſt werden wir auf den in dieſer Beziehung zwiſchen Pflanzen und Thieren ſtattfindenden Unterſchied hinweiſen. Ä Die Gefäße der pflanzen, wenigſtens die Spiralgefaͤße, die des nicht verarbeitenden Saftes, ja ſelbſt die latex s führenden Roͤh⸗ ren der Rindenfaͤden, ſind eigentlich nur Canaͤle, indem ſie nach ihrer ganzen Ausdehnung denſelben Durchmeſſer darbieten, der, ſo groß die Pflanze auch ſeyn mag, immer ſehr winzig iſt, und in⸗ dem ſie ſich gar nicht oder doch nur ſehr wenig veräſteln, parallel neben einander binftreichen, mehr oder weniger zuſammengedraͤngt find und auf dieſe Weiſe Bündel bilden, welche aber nicht unter: einander anaftomofiren. Sie bleiben alſo, trotz dem, daß ſie ein⸗ ander ſehr nahe ſind, getrennt und unabhaͤngig, und bilden kein zuſammenhaͤngendes Syſtem. Nach Schultz würde hiervon das Gefaͤßſyſtem des Erbensfaf: tes oder Arterienblutes der Pflanzen eine Ausnahme machen. Die verſchiedenen Formen, welche dieſe canalförmigen B halter, demſel⸗ ben Beobachter zufolge, in den verſchiedenen Stadien der Entwik⸗ kelung der Pflanzen annehmen, geſtatten, unſerer Anſi ht nach, nicht, daß man ſie fuͤr etwas Anderes, als einſtweilige Gänge gelten laͤßt, welche durch die fortſchreitende Entwickelung der Zel⸗ len, zwiſchen denen ſie ſich durchdraͤngen, oder durch ihre eige— nen Formveränderungen endlich ganz unterbrochen und verſtopft werden ). 5 5 . Hr. v. Mirbel, welcher die Rindenſchichten und, bei Abwe⸗ ſenheit dieſer Schichten, die Rindenfaͤden als aus latex fuͤhrenden Rohren zuſammengeſetzt betrachtet, giebt wenigſtens in Betreff der Rindenfaͤden dieſe temporäre Exiſtenz zu. Man findet fie zuweilen nur in den juͤngern Staͤngeln und Zweigen. Dieſem geſchickten Phyſiologen zu Folge laufen die latex- führenden Röhren, welche die Rindenfäden bilden, ſaͤmmtlich in ei— nem Striche fort und am Ende blind aus. Nur bei denen der Rindenſchichten finden ſich fo häufige Anaſtomoſen, daß ſie ein Netz bilden, wie man aus den von Schulg gelieferten Abbildungen erſehen kann ). Der allgemeine Character der Gefaͤße der Thiere beſteht da⸗ gegen darin, daß ſie im Organismus ein Ganzes bilden, welches *) S. Annales des Sc. nat. T. XXII. Pl. 1 und 2; und 22 Serie T. VII. p. 257. und ff. . ) Annales des Sc. nat, T. III. p. 144 und 145; 2e Sserie, partie Botanique, 36 mehrentheils baumartig geordnet iſt, alſo einen Mitteltheil oder Stamm hat, von welchem die peripheriſchen Theile oder Aeſte und Zweige auslaufen. Dieſer Stamm, deſſen Durchmeſſer meiſt im geraden Verhältniſſe zur Größe des Thieres ſteht, empfängt aus ſeinen Wurzeln den Nahrungsſaft, und von ihm aus ergießt ſich dieſe Fluͤſſigkeit in die Aeſte und Zweige. Wenn die baumaͤhnliche Geſtalt in demſelben Gefaͤßſyſteme ſehr ausgeprägt iſt, fo bewegt ſich der Nahrungsſaft mehrentheils ganz entſchieden in derſelben Richtung, namlich ſo, daß er in den Venen zuſammengepreßt wird, welche den Wurzeln des Baumes entſprechen, und in den Arterien, welche die Aeſte und Zweige dar— ſtellen, ſich divergirend ausbreitet. Bei dieſer baumähnlichen Anordnung des Gefaͤß ſyſtems nähert ſich der Stamm des Baumes ſtets der Axe des Koͤrpers. Durch dieſe Anordnung wird dieſes Syſtem mehr central iſirt; auch beſitzt es mehrentheils zwiſchen dem Stamme und dem Wurzelſtocke ein, Treib- und dem Nahrungsſafte feine Richtung anweiſendes Or— gan, ein Herz, deſſen Thätigkeit zur Vollendung dieſer Centraliſa⸗ tion nothwendig iſt. Bei einer andern allgemeinen Anordnung ſind die Gefaͤßbehäl— ter an der Peripherie vertheilt oder umherſchweifend. Auch dieſe Form iſt dem Pflanzenreiche entlehnt, gleicht aber mehr einem Schlinggewaͤchſe, als dem von dieſem umſchlungenen Baume. Sie bezweckt einen mehr einſeitigen Ernährungs- und Wachsthums⸗ proceß und ſteht mit dieſen beiden vegetativen Functionen in der innigſten Beziehung. Auch ſie wirkt darauf hin, den Nahrungs— ſaft aus allen Koͤrpertheilen zu concentriren und dann wieder allen Organen zuzufuͤhren. Die Hauprgefäßitämme ſtreichen nach der Länge des Körpers zwiſchen der Außern oder innern Haut, namlich dem Nahrungs— ſchlauche. Die Aeſte gehen, in der Regel, unter rechten Winkeln von ihnen ad. Wir haben dieſe Anordnung bei den Anneliden beobachtet. Die Behalter des Nahrungsſaftes bilden keineswegs in allen Organismen ein vollſtaͤndiges und geſchloſſenes Syſtem, welches die ſaͤmmtliche Fluͤſſigkeit enthalt und nur diejenigen Theile der letz— tern fahren läßt, welche der Reinigung wegen ausgeſchieden wer— den muͤſſen oder zu den Secretionen und zur Ernährung dienen. Wenn das Gefaͤßſyſtem vollſtaͤndig und geſchloſſen ſeyn und eine Circulationsbewegung des Nahrungsſaftes im ganzen Orga— nismus vermitteln fol, muß es aus zwei Bäumen beſteben, und muͤſſen die Aeſte des einen Baumes in die Wurzeln des andern einmuͤnden; ſo daß der Nahrungsſaft, ohne aus dem Syſteme her— auszutreten und ſich in die Luͤcken zu ergießen, in die bereits durch: laufenen Canaͤle wieder zurüdgelangen kann. Hat man einmal das Vorhandenſeyn dieſer beiden Baͤume bei einem vollftändigen Blutgefaͤßſyſteme durchſchaut, fo laͤßt ſich leicht einſehen und beſtimmen, bis zu welchem Grade der eine und der andere unvollftandig vorhanden find und den Nahrungsſtoff aus ihren abgeſtutzten oder rudimentaͤren Theilen in die mehr oder we— niger ausgedehnten Luck en entweichen laſſen. Dieſe Luͤcken dehnen ſich noch weiter aus und fließen mit den Eingeweidehoͤhlen zuſammen, wenn das Gefaͤßſyſtem nur aus ei— nem Baume beſteht und dieſer, wie bei den Inſecten, nur ein einfacher, hohler, nicht veraͤſtelter Schaft iſt Auch bei den canalfoͤrmigen Nahrungsſaftbehaͤltern findet ſich die baumartige Form in ihrer groͤßten Centraliſation; allein hier iſt hoͤchſtens ein vollſtaͤndiger Baum vorhanden. Die Canale koͤnnen alſo gleich den Gefaͤßen, eine baumartige Anordnung haben, oder weniaſtens fo vertheilt ſeyn, daß der Nah- rungsſaft ſich darin von der Mitte nach der Peripherie zu verbrei— tet und wieder von der Peripherie nach der Mitte zu zuſammen— gedrängt wird. Dieß iſt bei den gemeinen Beroen und Medu⸗ ſen der Fall, waͤhrend bei den Rhizoſtomen die Vertheilung und Concentrirung des Nahrungsſaftes abwechſelnd in der einen und in der andern Richtung ftattzufinden ſcheint. C. Wenn wir endlich die Behälter des Nabrungsſaftes ruͤck— ſichtlich des Zweckes ihrer Functionen und der Beſchaffen⸗ heit der in ihnen enthaltenen Fluſſigkeit zu characteriſiren ſuchen, ſo werden wir finden, daß 37 1) manche zum Erfegen oder Ausbeſſern dienen, d. h. den Chylus orer die Lymphe, den nicht verarbeiteten Nahrungs- ſaft, enthalten, der dazu dient, die Verlüfte, welche der verar— beitete Nahrungsſaft durch die Ernährung und Secretionen erlit— ten hat, wieder gut zu machen; 2) andere zur Reinigung dienen; dieſe führen den verar— beiteten Nahrungsſaft in die Organe, welche deſſen Zuſammenſez— zung und Organiſation vervollſtaͤndigen und dieſelben normal, d. b. geeignet machen follen, die Lebensthaͤtigkeit in allen Organen anzuregen und zu unterhalten; 3) daß die Behälter, welche den mit allen dieſen Eigenſchaf— ten ausgeſtatteten, chemiſch und organiſch normal beſchaffenen Nah— rungsſaft enthalten, dadurch zu ernährenden oder erregen⸗ den Behältern werden. Sie führen allen Theilen des Organis— mus den Lebensſaft zu, welcher zur Unterhaltung der Thaͤtigkeit und Functionen, kurz der Fortdauer des organiſchen Lebens noth— wendig iſt. Die Reinigungsbehälter find theils a. Ahmungs- oder die Oxygenirung des Blutes bewirkende Be: haͤlter, theils b. die Ausſcheidung der Galle bewirkende, theils c. die Ausſcheidung des Harns vermittelnde. Bei der Beobachtung der legten Art von Reinigung werden wir die merkwürdigen Beziehungen darlegen, welche, theils durch Blutgefaͤße, die von der Leber nach den Nieren oder umgekehrt, ſtreichen, theils, wegen der Aehnlichkeit dieſer Secretionsorgane bei den Infecten. zwiſchen dieſer Reinigung und der durch die Aus— ſcheidung der Galle bewirkten ſtattfindet. §. 2. Von den Behältern des Nahrungsſaftes, nach den Typen und Claſſen betrachtet. — Wir wols len nun, nach dieſer Betrachtung der Unterſchiede und Aehnlichkei— ten der Behälter des Nahrungsſaftes, dieſelben in Betreff der Ty— pen und Claſſen des Thierreichs unterſuchen. A. Nur bei den Wirbeitbieren haben wir die Behälter des Nahrungsſaftes als Achte, vollkommene, ſcharf begrängte Gefäße er— kannt, welche uͤberdem durch die Beſchaffenheit der in ihnen circu— lirenden Fluͤſſiakeit deutlich characteriſirt werden. Bei dieſem Typus finden wir alſo: 1) ein das Erſetzen des Abgangs vermittelndes Gefaͤßſyſtem, das der Milchſaft- und Lymphgefaͤße, welches den nicht verarbeiteten Nahrungsſaft, den Chylus und die Lymphe, enthaͤlt. Es beſteht aus wenigſtens zwei unvollſtaͤndigen Baͤumen oder zwei Hauptwurzelſtoͤcken, welche ſich an das Reinigungs— Blutſoſtem anſchließen, und deren zahlreiche und ausgebreitete Wurzeln und Urſprungsnetze in allen Organen, hauptſaͤchlich aber dem Nahrungsſchlauche, den Wandungen der innern Eingeweide— hoͤhlen und den Hautbedeckungen, beginnen; 2) ein Theil des eigentlichen Blutes, der den verarbeiteten, d. h. organiſirten, aber noch nicht gelaͤuterten Nahrungsſaft ent— haͤlt, befindet ſich in einem großen Baume, als deſſen Wurzeln ſich ſaͤmmtliche Venen und als deren Aeſte und Zweige ſich die Lun— gen- oder Kiemenarterien darſtellen. In ihm wird das ſchwarze Blut durch das Athmen gelaͤutert. Er beſitzt bei allen Claſſen der Wirbelthiere ein Anziehungs- und Forttreibungsorgan (ein Saug und Druckwerk), d. b. ein Herz, welches ſich zwiſchen den Wurzeln und dem Stamme befindet. Wir nennen ihn den Reir nigungs⸗Athmungs-Baum. Dieſem mit ſchwarzem Blute angefuͤllten großen Gefaͤßbaume find zwei andere, ihm untergeordnete zugetheilt: 3) Der Darm Leber» Reinigungs- Baum, deſſen Wurzeln ſich durch den ganzen Nahrungsſchlauch und einige An— bängfel deſſelben, die Milz und die Gekroͤsdruͤſe, ziehen, und deſſen Aeſte und Zweige in der Leber liegen. Die erſteren nehmen das Blut aus den letztern kleinen Zwei— gen des Ernaͤhrungsſyſtems derſelben Organe auf; und die letztern berliefern es den Wuͤrzelchen der Lebervenen, welche einen Theil des großen Athmungsbaumes bilden. Ich babe bei einigen Squalen den außerordentlichen Fall beobachtet, daß der Wurzelſtock dieſes Reinigungs Blutbaums, bei der außerordentlichen Stärke feiner musculoͤſen Wandungen, als 58 Pumporgan oder Herz dient (S. Annal. d. Sc. nat, n Herz ( at. T. III. 2e Durch die Unterſuchung dieſes Baumes gelangte i Anſchauung der beiden Hauptbaume, des 2 —4 — G nährungs: Baumes, die ich fo eben beſchrieben habe, und deren man ſich viell icht künftig allgemein zur Beſchreibung der Blutgefäße und 4 des Blutumtaufs bedienen wird. 8 laſſen ſich davon ſehr wichtige phyſiologiſche Folgerun ruͤckſichtlich der Gefaͤßbehaͤlter des Nobrungsſaftes Bi 2 4 129 tern in dieſen Behältern ertheilten Bewegung ableiten. 4 Der andere dieſem untergeordnete Baum iſt der Nieren- baum, welchen Hr. Jacobſon drei Claſſen von eierlegenden Thieren zuertennt. Man wird aus unſern Beſchreibungen deſſen Ausdehnung, Beziehungen zu dem vorhererwähnten Baume, fo wie das Gleich⸗ gewicht erſehen können, welches, vermoͤge dieſer Beziehungen zwi⸗ ſchen der Gallen- und Harn-Secretion, ftattfindet; auch wahrneh⸗ men, wie weit er von dem großen Athmungsbaume getrennt und verſchieden iſt. Ja wir haben bei'm Menſchen und den Säugetbieren eine merkwürdige Anaftomofe der Pfortader mit der vena cava nachgewieſen; und was bei dieſen Thieren nur in der erſten Anlas ge vorhanden, finden wir bei den eierlegenden Thieren als voͤllig entwickeltes Syſtem, welches zwiſchen den drei Reinigungs— baͤumen eine ausgedehntere und vielfaͤltigere Communication be— wirkt. 5. Der Ernaͤhrungs- oder Erregungs-Ba um, d. b., das Gefaäßſyſtem des rothen Blutes, hat feine Wurzeln in den Lungen oder Kiemen und feine Aeſte in allen Theilen des Orga⸗ nismus. Der Urſprung ſeiner Wurzeln liegt im Haargefaß netze der Lungen oder Kiemen, und die Spitzen ſeiner Zweige laufen in dem Haargefäßnege ſammtlicher Koͤrpertheile aus, das ſich feiner: ſeits an die Wurzeln des Reinigungsbaumes anſchließt. Der Stamm und Wurzelſtock des Ernaͤhrungsbaumes find bei den drei boͤhern Claſſen der Wirbelthiere durch ein Herz oder Saug- und Drudorgan von einander getrennt; bei den Fiſchen dagegen ſchließt ſich der Wurzelſtock, d. h. die Stelle, wo die Hautwurzeln zufammenftoßen, direct an den Stamm an, und bie: ſer Umſtand deutet ſchon darauf hin, daß das Vorhandenſeyn eines Herzens zwiſchen Wurzelſtock und Stamm nicht eine Trennung, ſondern organiſche Vervollkommnung dieſer Theile behufs deren beſſeren Zuſammenwirkens iſt. Bei dieſen beiden Hauptbaͤumen findet ein entgegengeſetztes Verhältniß der Acfte zu den Wurzeln ſtatt. Bei'm Reinigungs⸗ baume baben die Wurzeln über die Acfte, beim Ernahrungsdaume die Aeſte über die Wurzeln die Oberhand. Die Wuͤrzelchen des einen communiciren mit den legten Zwei— gen des andern und umgekehrt, ſo daß ſie zuſammengenommen einen großen geſchloſſenen Kreis bilden. Es iſt alſo nicht richtig, wenn man ſagt, daß das Blut ſich bei dem Menſchen, den Saͤugethieren und Voͤgeln durch einen dop⸗ pelten oder Sförmigen Kreis bewege; es läuft vielmehr in einer Wellenlinie, welche zwei Halbkreiſe, einen großen und einen klei— nen, beſchreibt; von denen jeder Baum ſein Paar beſitzt. Die Stämme der beiden Bäume biegen ſich durch die Aneinanderfuͤgung des linken oder Ernaͤbrungs Herzens und des rechten oder Reini- gungs⸗Herzens gegen einander, Bei den Fiſchen, wo nur ein rechtes oder Athmungs⸗Herz vor: handen ift, findet dieſe Annäherung und Wellenform nicht ſtatt, und die Circulation iſt deßhalb mehr direct oder weniger ge— wunden Bei den drei Claſſen: Saͤugethiere, Voͤgel und Fiſche, communicirt der Reinigungsbaum mit dem Ernaͤhrungsbaume nur mittelſt der Haargefaße. Es iſt dieß eine peripberifhe Communi⸗ cation, welche den Uebergang des einen Baumes in den andern, d. h., der kleinen Zweige des Ernaͤhrungsbaumes in die Würzel: chen des Reinigungsbaumes, fo wie der kleinen Zweige des Reini: gungsbaumes in die Wurzelchen des Ernaͤhrungsbaumes, vermit⸗ telt, fo daß der Lauf des Blutes ſtets die ſelbe Richtung behalt. 3 * 89 In der Claſſe der Reptilien, naͤmlich bei denen, die durch Lungen athmen (von denen, welche Kiemen haben, ſehe ich hier ab), communicirt der Ernährungsbaum mit dem Reinigungsbaume an verjwiedenen Puncten ihrer mitttern Theile, und die Verbin— dungsſtellen andern nach den verſchiedenen Ordnungen dieſer Claſſe ad. Die Wurzelſtöcke und musculöfen Saͤcke (Herzohren), welche ſich am Ende der beiden Bäume finden, oder wenigſtens die Höhe lungen der letztern ſind ſtets von einander getrennt, und ſo weit bleibt auch das ſchwarze Blut vom rothen geſchieden. Weiterhin aber communiciren die Stamme beider Bäume oder die Organe, welche das Blut beiderlei Art forttreiben, auf mannigfache Weiſe mit einander, und fo allein wird die Vermiſchung der beiden Blut— ſorten bewirkt Bei den drei oberen Ordnungen dieſer Claſſe findet die Com: munication im mittlern Theile des Koͤrpers, wie bei dem Foͤtus der Saugethiere, vermittelſt einer Art von arteriellem Canale ſtatt; nur mit dem Unterſchiede, daß derſelbe bei den Reptilien aus dem Herzen und nicht aus der Lungenarterie entſpringt, und daß er ck ſpater, als bei den Säugethieren in die eigentliche aorta eins mundet. Wir haben dieſen Canal die Linke Aorta und die ei— gentliche Aorta die rechte genannt. Es kann auch vorkommen, daß die beiden Aorten von ihrem Urſprunge an mit einander communiciren, wie dieß bei den jungen Crocodilen der Fall iſt, bei denen das linke Herz mit dem rech⸗ ten in der Art verwachſen iſt, daß zwiſchen deren Böhlen keine Communication, wenigſtens keine gehörig deutliche, ſtattfindet. Bei den übrigen Stauriern, den Ophidiern und Chelo⸗ niern ſind das Reinigungs- und Ernährungs-Herz, ſo zu ſagen, mit einander verſchmolzen, indem ihre beiderſeitigen Hoͤhlen ſich mehr oder weniger mit einander vermengen. 5 Hieraus, fo wie aus den bereits erwähnten Communicationen zwiſchen den Stämmen, ergiebt ſich, daß der Ernährungs⸗ und Reinigungs-Baum bei dieſen Thieren keine ſo deutlich von einander verſchiedene Blutſorten enthalten, als bei den übrigen Claſſen. Bei den Batrachiern find der Ernährungs: und der Rei⸗ nigungs-Baum nur in ihren Wurzelſtoͤcken von einander getrennt; ihr Blut vermiſcht fi in dem einzigen. das Blut vom Mittel: puncte des Körpers wegtreibenden Beutel, aus dem das Herz be⸗ ſteht, ſo wie in dem einzigen aus letzterm entfpringenden Gefaͤß⸗ ſtamme, von welchem nur ein Aſt zur Reinigung, alles Uebrige zur Ernaͤhrung dient. B. Bei dem Typus der Mollusken laͤßt ſich zwiſchen ver⸗ arbeitetem und unverarbeitetem Nahrungsſafte nicht unterſcheiden. Man findet weder chylusführende noch Lymph Gefäße. Chylus und Lymphe ergießen ſich unmittelbar in den Reinigungsbaum. Bei mehreren iſt ſogar der mittlere Theil dieſes Baumes durchloͤ⸗ chert, damit die in die Eingeweidehoͤhle ergoſſene Flüfjigkeit aufge⸗ nommen werden koͤnne. Mehrentheils findet ſich zwiſchen dem Wurzelſtocke und dem Stamme dieſes Baumes kein das Blut an ſich ziehender und wie⸗ der forttreibender musculöfer Sack jo daß jene ununterbrochen in einander übergeben, fo wie dieß bei'm Ernaͤhrungsbaume der Fiſche und der Pfortader der Wirbelthiere der Fall iſt. Die Cephalopoden mit zwei Kiemen, bei denen man zwi— ſchen dem Aſte der Hohlvene, welcher der einen oder der andern Kieme entſpricht, und der Arterie der betreffenden Kieme einen Venenſack findet, machen hiervon allein eine Ausnahme. Zwiſchen dem Wurzelſtocke und Stamme des Ernährungs: oder Erregungs-Baumes findet man dagegen ſtets wenigſtens ein Herz; auch zuweilen zwei, wenn der Ernährungsbaum zwei Staͤm⸗ me beſitzt. Dieſes Herz hat bei den Cephalopoden nur einen centrifugalen (das Blut nach der Peripherie treibenden) Sack oder einen Ventrikel ohne Ohr. Bei den Schaalen-Acephalen, wo die Kiemen ſymme— triſch geordnet ſind und deren auf jeder Seite zwei liegen, beginnt der Ernährungsbaum mit zwei Wurzelſtoͤcken, welche den beiderſei⸗ tigen Kiemen entſprechen, und aus dieſen Wurzelſtoͤcken ergießt ſich das Blut in zwei centripetale (das Blut nach dem Mittelpuncte des Körpers ſaugende) Beutel, d. h. in zwei Herzohren. Mehren— 40 theils verbinden ſich jedoch dieſe Ohren zu einem einzigen centrifu— galen Sacke oder Ventrikel Die Ar chen, unter den Acephalen, und die Brachio po— den bieten den merkwürdigen Fall einer vollſtaͤndigen Trennung des Ernährungsbaumes, wenigſtens in deſſen Mitteltheile, dar, während jeder Baum ein Herzohr und einen Ventrikel beſitzt. Bei allen dieſen Geſchoͤpfen ſind demnach wenigſtens zwei deutliche Bäume, ein Ernährungs- und ein Reinigungs-Raum vorhane den, in welchen das Blut ſtets in derſelben Richtung herumkreiſ't. Nur bei Salpa, möchte man behaupten, ſey ein einziger Baum vorhanden, der in ſeiger Mitte ein Herz beſitzt, das abwechſelnd nach der einen und der andern Richtung treibt. *) C Bei den drei obern Claſſen des Typus der Glieder: thiere, die ubrigens durch ihre gegliederten Füße characteriſirt find, koͤnnen die Behaͤlter des Nahrungsſaftes Gefäße, Canale oder Luͤcken ſeyn. Unterſucht min fie, von den obern Cruſtaceen nach den niedern hinabſteigend, und von da zu den Lungeuſpinnen, Luft⸗ roͤhren (Tracheen-) Spinnen und Inſecten weitergehend, ſo findet man, daß das Gefaͤßſyſtem in ſeinen beiden Baͤumen immer un— vollkommner wird, während ſich die Luͤcken immer mehr ausdehnen. Der Ernaͤhrungsbaum iſt bei den Cruſtacren ſtets der voll— ſtaͤndigere. Er hat ſeine Wurzeln in den Kiemen; ſie werden dort durch ſehr deutlich ſichtbare Canaͤle oder Gefaͤße gebildet, welche ſich nie in einen gemeinſchaftlichen Wurzelſtock vereinigen, ſondern jedes einzeln in's Herz einmuͤnden. Dieſes letztere Organ beſitzt auch bei dieſen Thieren keinen centripetalen Beutel, ſondern beſteht nur aus einem centrifugalen, aus welchem die vielen Staͤmme des Ernaͤhrungsbaumes entſpringen.“ Es findet alſo hier, was man ſchon bei manchen Mollusken hat bemerken können, beim Ernaͤhrungsbaume kein Hinſtreben zur Einheit, zur Centraliſation ſtatt. Was den Reinigungsbaum anbetrifft, ſo beſitzt derſelbe die meiſten Lücken, und dieſe finden ſich am haͤufigſten an feinen der Körperperipherie zugewandten Anfangen. Ja den Kiemen fehlen feinen Aeſten die haarfoͤrmigen Verzweigungen, indem ſie dort von den Wurzeln des Ernaͤhrungsbaumes durch Lücken getrennt ſind, deren Hoͤhlung entweder einfach oder aus mehreren Faͤchern zuſam— mengeſetzt ſind. 916 ihrem Urſprunge befindet ſich nie ein Treiborgan oder Lun— genherz. Bei den Lungenarachniden find die Luͤcken noch haͤufi⸗ ger und ſcheinen den ganzen Reinigungsbaum, ja ſogar die letzten Aeſtchen des Ernährungsbaumes zu umfaſſen, der ſeine Wurzeln noch in den Lungenſäcken zu haben ſcheint. Bei den Tracheen-Arachniden und Inſecten fehlen die Wurzeln des Ernäbrungsbaumes. Dieſer Baum iſt zu einem bio: ßen Stamme zuſammengeſchrumpft, dem es an Aeſten gebricht, ſo daß man nur in einigen Anhänafeln des Körpers (3. B., den Fluͤ— geln der Inſecten) einige Canaͤle findet, welche an die Stelle des Haargefaͤßſyſtems zwiſchen diefem fo rudimentaͤren Ernaͤhrungsbau— me und den Lücken oder großen Behältern, welche den Reinigungs baum des Nahrungsſaftes darſtellen, getreten ſind. Die mehr oder weniger unvollſtaͤndigen Gefaßbaͤume der drei letzterwaͤhnten Claſſen zeigen, ſelbſt in ihrem rudimentaͤren Zuſtande, jenen von uns dargelegten Plan der Centratiſation der gefaͤßarti— gen Behälter der Wirbelthiere und Mollusken. Bei den Anneli— den, wo die Behaͤlter des Nahrungsſaftes wiederum voͤllig gefaͤß⸗ artig find, liegen dieſe Behälter, wie bereits bemerkt, der Körper: peripherie näber, als der Koͤrperaxe, fo daß fie mehr zur Vermitt— lung einer mit der Körperoberfläche parallel ſtreichenden, als einer gegen die Mitte des Körpers gerichteten und die Säfte concentri— „) Hr. Milne Edwards hat ddieſe abwechſelnde Forttreibung des Blutes nach entgegengeſetzten Richtungen durch ein cylin— driſches Herz, deſſen periſtaltiſche Bewegungen bald nach die— ſer, bald nach jener Seite gerichtet ſind, ſo eben in Betreff der zufammenaefegten Aſcidien beſtaͤtigt gefunden. Er vergleicht dieſe Bewegungen mit denen des oesophagus der Wiederkaͤuer. Sitzung der Pariſer Academie der Wiſſen— ſchaften vom 11. Nov. 1839. 41 renden, dann aber wieder ftrahlenförmig von der Mitte nach der Peripherie gehenden Circulation dienen. Die vorzüglichiten Gefäße find Ernaͤhrungsſtaͤmmchen, welche nach der Länge des Koͤrpers ſtreichen und den Hauptſtrom des Blutes in dieſer Richtung fließen laſſen. Sie beſitzen Aeſte oder Wurzeln, die nach der Queere ſtreichen, in den Kiemen oder an der Haut Luft ſchopfen, und eben fo viele kleine feitiiche Kreiſe bil— den, als Kiemen vorhanden find. Bei dieſer Anordnung giebt es alſo keinen Reinigungsbaum mehr, fondern nur untergeordnete Aeſte, welche von den Ernab— rungsſtämmchen ausgehen und zu ihnen zurückkehren. D. Dr Typus der Zoophyten hat uns alle Formen der Behälter des Nahrungsſaftes dargeboten. Bei den Echinodermen, und in'sbeſondere in der Ordnung der geſtielten, find dieſe Behälter gefaͤßartig und noch ſehr zus ſammengeſetzt, indem ſie aus zwei beſonderen Syſtemen, einem Hautſyſteme und einem Eingeweideſyſteme, beſtehen. Das letz tere wirkt bei den Holothurien und vielleicht auch bei den Seeigeln erſetzend und reinigend. Seine Hauptgefaße beſchrei— ben dort eine Kreistinie. Das andere iſt fo geordnet, daß die Fluͤſ— ſigkeit, mit dem es gefüllt iſt, darin nur eine Art von Pin- und Herbewegung oder Ebbe und Fluth zu haben ſcheint. Allein be— wirkt es bei den Aſterien und Seeigeln ebenſowohl die Locomotion, als die Reſpiration? Hoͤchſtwahrſcheinlich communiciren dieſe bei— den Syſteme miteinander. Bei den hohlen Eingeweidewürmern (Intestinaux cavi- taires) findet man nur noch Rudimente der Gefäßbehalter; dahin ge— bören die beiden Canale der Ascariden. Dagegen vermiſcht ſich bei denfleiſchigen Eingeweidewürmern (parenchymateux) das Darm- oder Athmungs⸗Gefaͤßſyſtem, wenn ein ſolches vorhanden iſt, mit dem Nahrungsſchlauche und verbreitet ſeine Aeſte nach der Oberflache des Körpers, fo daß es zu gleicher Zeit zur Laͤuterung und Luftung des Nahrungsſaftes dient. Zuweilen iſt zu dieſem Behufe ein peripheriſches Gefaͤßſyſtem vorhanden, wie bei Planaria. Zur Ernaͤhrung ſind aber nur Zellen und Lücken da. Die Acalephen beſigen nur Canale, deren Wandungen die ihren Organismus ſelbſt bildende Subſtanz find. Dieſe Canaͤle dienen zum Erſetzen der Verlüſte und zum Athemholen. Sie neh— men den nicht verarbeiteten Nahrungsſaft, wenn ein Nahrungs— ſchlauch oder Nahrungscanal vorbanden iſt, unmittelbar aus den Wandungen dieſes Organs auf und fuͤhren ihn, der Luͤftung we— gen, an die Oberflache des Koͤrpers. 42 Die erſten gefäßartigen Behälter des Nahrungsſaftes, welche in den Organismen auftreten, haben alſo die Beſtimmung, denſel— ben aus dem Organe, welches denſelben ausſcheider, aufzunehmen und der Einwirkung der Atmofphäre zu unterwerfen. (Der dritte Artikel folgt im naͤchſten Stucke.) Miscellen. In Be ziehung auf die Nahrung der Gattung Trochilus (Colibri) bat Dr. Traill der Weruerian Society die Mittheilung gemacht, daß er haufig bei verſchiedenen von ihm unterſuchten Arten von Prochilus, welche gleich nach dem Tode in Spiritus geſetzt und aufbewahrt worden waren, immer gefun⸗ den habe, daß die dem Kropfe koͤrnerfreſſender Vögel entſprechende Ausdehnung ihrer Speiferöhre immer einige Inſecten enthielt und in einigen Fällen ganz davon vollgepfropft war, daß aber unter dieſen Inſecten niemals ungeflügeite geweſen. In einem Exemplare von Trochilus viridissimus, welches in der Eis zung der Werner'ſchen Gefeltichaft geöffnet wurde, fanden ſich zwei Arten zweiflügeligter Infecten. Aus dieſer Beobachtung fol⸗ gert Herr Traill, daß Alex. Wilſon und einige andere Natur⸗ forſcher nicht allein Recht gehabt hätten, zu behaupten, daß zuweilen Inſecten von Col bris gefreſſen wurden, ſondern daß die Daup’s veranlaſſung ihres Herumſchwebens um Blumen mehr darin, be⸗ ftebe, Inſecten zu ihrem Fraße zu erlangen, als ber angeführte Zweck, den Honig von den Nectarien der Pflanzen zu ſaugen. In Bezug auf die Dauerhaftigkeit der Holzarten ward der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, am 22. Juni, eine Zuſchrift des Herrn Millet mitgetheilt, in welcher, derſelbe bi: richtete, daß, nach ſeinen Analyſen, der Boden einen directen Einfluß auf die Beſtandtheile der Holzer äußere, To daß, z. B., die Aſche der auf Jurakalk erwachſenen Bäume 30 bis 40 Procent kohlenſaure Erden und nur 2 bis 3 Procent Kieſeterde enthielt, während man in den auf Sand, in’sbifondere Vogeſenſondſtein vegetirenden weit mehr Kieſelerde als kohtenſaure Erden finde. Auch hat Herr Millet gefunden, daß, wenn man die Bündel von Korbweiden-Ruthen vor dem Schälen in Waſſer einſetzt, welches Metallſalze enthält, diefelben weniger weiß und oft ſehr fpröde werden, während die Qualität der Ruthen durch das Abfordiren von thonerdehaltigem Waſſer, dem ſich durch einen Zuſaß von Alaun noch mehr Wirkſamkeit geben läßt, verbeſſert wird. Gn u n = Deck. Ein Fall von Verſetzung der Bruſt- und Bauch— eingeweide, von einer ungewöhnlichen Varietaͤt im venoͤſen Syſteme begleitet. Von A. M. M Whinnie. (Hierzu die Figur 13 auf der mit Nr. 309. ausgegebenen Tafel.) Die Leiche war die einer Frauensperſon von etwa 25 Jahren, über deren Geſchichte nichts Naͤheres zu erlangen war. Der Tod war durch eine acute Lungenentzuͤndung herbeigeführt worden. Der Körper, ſehr mit Fette uͤberla— den, zeigte aͤußerlich weiter keine Entzuͤndlichkeit. Die Aufmerkſamkeit wurde zuerſt durch die gaͤnzliche Abweſenheit von Dickdaͤrmen in der linken Seite des Unter— leibes erregt Als man nun die rechte fossa iliaca unterſuchte, fand ſich, daß das colon aus einem ſehr gro— ßen ungewöhnlich hochliegenden coecum abging, wobei der appendix vermiformis in entgegen geſetzter Richtung ges lagert war. Das colon ſtieg in einem etwas gewundenen Laufe in das rechte hypochondrium, und von da an, ſtatt queer uͤber die regio epigastriea zu laufen, wurde es plotzlich auf ſich ſelbſt gefaltet, und ſtieg dicht an der innern Seite der aufſteigenden Portion herab, um eine ſehr große flexura iliaca zu bilden. Die Dickdaͤrme, auf dieſe Wei: ſe auf die rechte Seite des Unterleibes beſchraͤnkt, waren von gewöhnlicher Laͤnge und ſetzten ihren Lauf längs der Mittellinie des Kreuzbeins fort. Der Magen lag ſehr ſchraͤg; der groͤßere Blindſack nahm das rechte Hypochondrium ein, und das Organ war in ſoichem Grade gekrummt, daß die beiden Mündungen ſehr nahe an einander lagen, indem die cardia an der rech— ten Seite des pylorus befindlich war. Das duodenum ſtieg zuerſt etwas ſchraͤg nach der rechten Seite der Wirbelſaͤule herab; dann ſtleg es mit der andern Portion parallel wieder in die Höhe und lief dann faſt in queerer Richtung nach der linken Seite der Wirbel: ſaͤule, fo daß das jejunum faſt an feiner gewohnlichen La⸗ gerſtelle anfing; die duͤnnen Daͤrme waren hauptſaͤchlich in der linken fossa iliaca enthalten; die vena mesenterica 43 superior war vor (in front) den zwei erſten und paralle⸗ len Portionen des duodenum gelegen, welches ſie von der hinten befindlichen entſprechenden arteria trennte. Die Leber von gewohnlicher Größe; der größere Lap— pen, mit welchem die Gallenblaſe verbunden iſt, in dem lin— ken hypochondrio gelegen; die Milz beſtand aus drei ge— trennten Portionen, in Verbindung mit dem großen Ende des Magens im rechten hypochondrio; jede erhielt einen oder mehrere Zweige von der arteria splenica, welche na= be an ihrem Urſprunge getheilt war. — (Die Übrigen Uns terleibseingeweide zeigten nichts Beſonderes). Thorax. Das Herz nahm mehr die Mittellinie der Bruſt ein, als gewoͤhnlich, die Spitze gegen die rechte Seite gerichtet. Die Lage der großen Gefaͤße war der der gewoͤhnlichen gerade entgegengeſetzt. Der oesophagus ſtieg auf der linken Seite der aor— ta herab; der duetus thoracicus, ebenfalls an der linken Seite dieſes Gefaͤßes in die Hoͤhe ſteigend, bildete eine Krümmung, welche an der Vereinigungsſtelle der v. sub— elavia und jugularis interna der rechten Seite endigte. Die linke Lunge hatte drei Lappen. Ein merkwuͤrdiger Zug in dieſem Falle iſt die Dispo— ſition der vena cava inferior, welche, nachdem ſie durch Vereinigung der venae iliacae communes (in dieſem Falle dem erſten Lendenwirbel gegenüber) die venae lum- bares, renales, spermaticae und phrenicae aufnahm, durch das Zwerchfell in der Bruſt dicht an der linken Seite des Aorteneinganges eintrat. Sie ſtieg dann fortwährend an der linken Seite der aorta in die Hoͤhe, und dem Bo— den dieſes Gefaͤßes gegenüber kruͤmmte fie ſich vorwärts über die linken Lungengefaͤße, um ſich mit der ſogenannten vena cava superior zu vereinigen. Die Bruſtportion der untern v. cava glich daher der vena azygos, nahm die v. v. intercostales, bronchia- les und oesophageae auf und verlief wie dieſes Gefäß, wenn es vorhanden iſt. Die venae cavae hepaticae vereinigte ſich zu ei— nem Stamme, welcher, durch die linken Theile des ſchleimi— gen Centrums des Zwerchfells eindringend, abgeſondert in dem umgebogenen rechten Vorhofe endigr. Der Zuſtand der Milz iſt bemerkenswerth, indem ſie in andern Faͤllen von ſolcher Eingeweide-Transpoſition un— vollſtaͤndig gefunden wurde und das einzige Organ zu ſeyn ſcheint, wovon die Entwickelung aufgehalten worden iſt in dieſen Faͤllen. In dem Muſeum des Barthelomaͤus-Hoſpitals zu London iſt das von Adernethy im Säften Bande der Phi- losoph Transactions beſchriebene Präparat aufbewahrt, wo eine etwas aͤhnliche Beſchaffenheit der V. cava infe- rior in Verbindung mit verkehrter Lage des Herzens vor— handen iſt. Die v cava inferior ging durch die Bruſt an der rechten Seite der aorta, und indem fie den Lauf der y azygos nahm, deren Platz fie erſetzt, nahm fie auch die venae portarum in gleicher Hoͤhe mit den ve— nae renales auf. Die das Blut von der Leber zuruͤck— fuͤhrenden Venen drangen durch die Centralſehne des Zwerch— 44 felles und oͤffneten ſich abgeſondert, wie in dem oben ange⸗ fuͤhrten Falle, in die vordere auricula. Es ſind verſchiedene Falle verzeichnet (und namentlich von Krauſe in feinem Handbuche der menſchlichen Ana— tomie) von Varietaͤten der V. cava inferior und die Stelle der vena azygos erſetzend, aber, wie es ſcheint, ohne Verbindung mit einer abnormen Portion der Einge— weide. Zahlreiche Faͤlle von unregelmaͤßiger Dispoſition der Ein— geweide ſind auch in England verzeichnet. Mein Freund, Hr. Curling, hat mir die Einzelnheiten eines Falles von Seiten verſetzung der Unterleibseingeweide allein mitgetheilt und die Bekanntmachung deſſelben erlaubt, als geeignet, vielleicht den dunkeln Gegenſtand dieſer Anomalieen zu er- laͤutern. Heinrich Beard, 40 Jahre alt, wurde 5 October 1839 in das London Hospital aufgenommen, unter Symptomen von Herzkrankheit und allgemeiner Waſſerſucht. Er ſtarb 12. Octbr., und 17 Stunden nach dem Tode ſe— cirt, zeigte ſich Folgendes: Der Koͤrper war musculoͤs und wohlgebildet, aber durchaus anaſarkoͤsd. Es waren ausge— breitete, pleuritiſche Anbeftungen in der rechten Bruſtſeite mit etwa 16 Unzen serum. Die linke Seite enthielt drei Quarts eines ſtropgelben serum. Beide Lungen hatten die ges woͤhnliche Anzahl Lappen. Das Herz war in ſeiner gewoͤhn— lichen Lage auf der linken Seite, aber ſehr groß. Der Herzbeutel war etwas verdickt und enthielt etwa 2 Unzen blutiges Serum. Der linke Ventrikel des Herzens war ſehr von hypertrophiſcher Verhaͤrtung, und an der Baſis der Aortenklappe, aber ſonſt keine Krankheit; an den unmittelbar mit dem Herzen ver— bundenen großen Gefaͤßen, wurde nichts Bemerkenswerthes wahrgenommen und die Anordnung der Theile in dem hin— teren mediastinum war ganz regelmäßig Die Unterleibgs hoͤhle enthielt zwei Quarts serum mit darin flottirender eiweißaͤhnlicher Subſtanz. Alle Unterleibseingeweide hatten eine verſetzte Lage. Der Magen, ſehr groß, war auf der rechten Seite des Unterleibes; die cardia und der große blinde Sack nach Rechts, der pylorus nach Links gerich— tet. Seine Richtung war etwas ſchief, ſo daß die Verbin— dung mit dem oesophagus, der an der gewöhnlichen Stelle in den Unterleib trat, erleichtert wurde Der ductus pancreaticus und ductus communis choledochus vereinigten ſich und oͤffneten ſich auf der linken Seite in's duodenum. Die Leber wurde auf der linken Seite ge— funden, die Gallenblaſe mit dem linken und groͤßeren Lap— pen verbunden. Die Milz war klein und auf der linken Scite; neben der Hauptniere waren 4 kleinere Nieren. Das coecum mit ſeinem appendix war auf der linken Seite; es war nicht auf die fossa iliaca beſchraͤnkt, aber ganz und gar vom Peritoneum umgeben und ganz frei liegend und beweglich. Das colon flieg queer und vor den dün: nen Daͤrmen nach der rechten Lumbargegend in die Hoͤhe, wo es eine auffallende Wendung gegen das Ruͤckgrat machte, und dann queeruͤber nach der linken Seite ging, zwiſchen dem ten und Alten Ruͤckenwirbel, hinter den duͤnnen Daͤrmen und außerhalb der Peritonealhoͤhle, ſo daß 45 in dieſem Theile feines Laufes das colon unbedeckt war von ſeroͤſer Membran. Nachher macht es, wenn es die linke Seite erreicht, eine neue Wendung, der llexura iliaca entſprechend und geht dann in's rectum über, Die Nieren waren groß, ſchlaff und koͤrnig, und die linke lag höher als die rechte. Die Hauptgeräße des Unterleibes war ren ebenfalls in entgegengeſetzter Lage. Die Anordnung der aa. und vv. iliacae und renales entſprachen durch ihre Lage der Lage der aorta auf der rechten und der v. cava auf der linken Seite. Die Oeffnungen im Zwerchfelle für die vena cava und den oesophagus waren in ihrer natuͤrlichen relativen Lage und nur dem centrum etwas Weniges naͤher, als gewoͤhnlich. Erlaͤuterung der Figur 13. a. Oesophagus. k.. Venae iliacae communes. b. Vena cava superior, i. Linke ». renalis, welche die ce. — — inferior, v. spermatica aufnimmt. dd, Aorta. k Art. hepatica, e. Art. innominata, 1 — splenica, Erbe: J. Ductus thoracicus, m. — mesenterica inferior. g. Venae cavae hepaticae, Ueber ſchwere Verletzungen der Gelenke und de— ren Behandlung hat der Armeearzt Rutherford Alc ock der Koͤnigl. medici— niſchen und chirurgiſchen Geſellſchaft zu London am 28. April einen intereſſanten Vortrag gehalten. Er eröffnet ihn mit der Bemerkung, daß, was wir daruͤber wiſſen, nur in verſchiedenen mediciniſchen Journalen und in den Werken der Militärchirurgen zerſtreut zu finden fen; und daß es an einer umfaſſenden und auf feſte Grundſaͤtze in der Behand— lung hin ielenden Claſſification den erhobenen Erfahrungen nach mangele. Hieruͤber etwas mitzutheilen, ſey jetzt ſein Zweck. Bei dieſer Claſſe von Verletzungen handle es ſich nicht allein von der ernſten Erwaͤgung der Amputation und der Nothwendiskeit, zu entſcheiden, in welchem Falle eine wirk— liche Ausſicht zur Rettung eines nuͤtzlichen Gliedes vorhan— den ſey, ſondern auch von andern operativen Huͤlfsmitteln, z. E., Ausſchneidung des Gelenkendes eines kranken oder verletzten Knochens, wodurch ein Glied gerettet werden koͤnn— te, ohne die ganze Gefahr der Wiedererſetzungswirkſamkeit für einen bedenklich implicirten Knochen herbeizufuͤhren. Faͤlle, in welchen dieſe Alternative vorkaͤme, beduͤrften einer ſorgfaͤl— tigen Unterſcheidung. Mehrere feiner allgemeinen Folgerungen waͤren geftügt auf eine genaue Unterſuchung der Natur, des Fortſchreitens und der Reſultate von ſechs und neunzig Faͤllen von ſchwe— ren Gelenkverletzungen. Diejenigen Folgerungen, welche ſich auf mehrere Fälle ſtuͤtzten, habe er in eine tabellariſche Form gebracht, wovon er die folgenden Rubriken namhaft machte: Sterblichkeit bei dieſen Verletzungen in Vergleichung mit anz dern Verletzungen und relative Sterblichkeit fuͤr jedes Ge— lenk. — Haͤufigkeit dieſer Verletzungen, verglichen mit Ver letzungen an anderen Theilen des Koͤrpers, ſo wie Haͤufig— 46 keit der Verletzung der einzelnen Gelenke. — Urſachen der Sterblichkeit bei denen, welche als unter der Behandlung der urſpruͤnglichen Verletzung ſtarben und bei denen, welche nach primaͤrer oder fecondärer Amputation ſtarden. Von einem Ueberblicke der numeriſchen Reſultate dieſer Abſchnitte ging Hr. U. zu der Betrachtung einzelner, die Typen für Claſſen bildenden, Faͤlle über und auf die Grund— fäge der bei ihnen anwendbaren Behandlung. Er erzählte in der Kürze viele hochſt intereſſante Fälle welche weſentliche Verſchiedenheiten zwiſchen, dem Anſcheine nach, in vielen Um: ſtaͤnden ahnlichen Verletzungen darthaten, welche die Anwen: dung ganz verſchiedener Behandlungsgrundſaͤtze erforderten. Auf dieſe Data und die daraus gezogenen Folgerungen fügte nun Hr. A. fein Zuſammenſtellen der Verletzungen in drei Claſſen, welche ſich auf gewiſſe leitende Behandlungsre— geln beziehen. Erſte Claſſe. Zerriſſene Wunden außerhalb der Gelenkcapſel. Schnittwunden und geriffene Wunden, welche in die Capſel eindringen. Eindringende Wunden mit Abrei— bung articulirender Oberflaͤchen. Einfache Fracturen bis in die Gelenke mit mehr oder weniger Verruͤckung und liga— mentoͤſen Adhaͤſionen. Spalten der Gelenkoberflaͤche von complicirten Fracturen, vollſtaͤndige oder theilweiſe, in der Naͤhe, aber ohne Knochenvetruͤckung innerhalb der Gapfel, Zu dieſer Claſſe geboͤren die Faͤlle, wo die Mehrzahl der Glieder erhalten werden kann und wo es alſo Grundſatz der Behandlung ſeyn muß, dieß zu verſuchen. Zweite Claſſe. Fremde Körper, in den Knochen⸗ enden ſitzend, die ſich an der Gelenkflaͤche entweder nicht zei— gen oder in gleicher Ebene mit derfelben und glatt. Frem— de Körper, durch die Knochenenden hindurchgehend, ohne Knochenfragmente loszuſprengen. Innere Zerreißung ligamentoͤſer Gebilde — Verletzung von Blutgefaͤßen — mit oder ohne temporäre Vectuͤckung der Gelenkflaͤchen. Dieſe zweite Claſſe bildet das Mittelglied zwiſchen denen, wo die Grundregel iſt, daß das Glied erhalten werden kann und denen, wo die entgegengeſetzte Regel gilt, d. h., daß kein Verſuch, das Glied zu erhalten, gemacht werden darf. Die Verletzungen der zweiten Claſſe erfordern am meiſten genaue Diagnoſe und geſundes Urtheil, um die Bes handlungsrichtung feſtzuſetzen, ob ein Rettungsverſuch zu machen, oder auf dieſen alfobald zu verzichten ſey Hr. A. hat das Gluͤck gehabt, manche der letztern zu retten, erklaͤrt es aber demohngeachtet nicht fuͤr verſtaͤndig, den Verſuch zu machen. 5 In Beziehung auf die Abtheilung „fremde Körper, durch die Knochenenden hindurchgehend, ohne Knochenftag— mente loszuſprengen“, führte Hr. A. der Geſellſchaft einen Mann vor, dei welchem nach einer ſolchen Verletzung am Kniegelenke das Glied wieder ſo kraͤftig geworden war, daß er zu Fuße von London nach Liverpool hatte gehen koͤnnen. Die Einzelnheiten dieſes ſehr intereſſanten und faſt einzi⸗ gen Falles ſind folgende: Der Patient iſt 28 Jahr alt und geſund und bluͤhend ausſehend. Im Jahre 1886 wurde er in dem Gefechte 47 von Arlaban verwundet. Hr. Alcock ritt zufällig neben der Stelle vorbei, wo er gefallen war und wenige Minuten, nachdem die Verwundung ftattgehabt hatte. Da er bemerk— te, daß die Verletzung am Kniee war, ſo ſtieg er ab, um die genaue Nulur und den Umfang zu unterſuchen, ehe noch Geſchwulſt und Entzuͤndung eintreten und die Unterſuchung unmoglich machen moͤchte. Er fuͤhrte feinen Finger in die Wunde und uͤberzeugte ſich, daß eine Flintenkugel, welche an dem innern Rande der patella hineingegangen war und dieſen Knochen zum Theil zerbrochen hatte, durch den con- dylus internus hindurch und dicht an der innern Kniekeh— lenſehne in der Naͤhe der centraten borizontalen Linie des Poplitealraumes wieder herausgegangen war; ihr Lauf war von der Eintrittsſtelle faſt ſchraͤg aufwärts geweſen. Er E unte keine Fractur oder Fiſſur der articulirenden Oderflaͤ— che entdecken; die Kugel hatte einen freien Durchgang ge— macht ohne ein Fragment des condylus von dem Kno— chen loszuſprengen. Er entſchied ſich zu dem Verſuche, das Glied zu retten, und ließ den Mann zur Arriéregarde brin— gen. Er bemerkte nun: „Spaͤt in der Nacht kam einer der Megimentschirurgen, welcher mit feinen Leuten in demſelben Dorfe neben mir einquartiert war, und bat mich, einen Ver— wundeten zu ſehen, deſſen Bein, ſeiner Anſicht nach, ſofort amputirt werden muͤſſe. Als ich in dem Quartiere ankam, erkannte ich in dem Patienten den Mann, den ich bereits auf dem Felde getroffen hatte. Das Glied war ganz ange— fbwollen und ſo betraͤchtlich entzuͤndet, daß eine Unterſu— chung weiter gar nicht moͤglich war, und waͤre ich nicht durch die vorhergehende Unterſuchung uͤber die Natur der Verletzung in's Reine gekommen geweſen, ſo wuͤrde ich dieſelbe Anſicht von dem Falle erhalten haben, wie mein College. Sobald ich nun aber den Kranken in das Ho— ſpital in Vittoria hatte bringen laſſen, wendete ich be— ſondere Sorgfalt auf ihn. Die Entzuͤndungszufaͤlle was ren weniger heftig, als ich vermuthet hatte, und auch die Eiterung war nicht uͤbermaͤßig, und in dreizehn Wo— chen war er auf Kruͤcken.“ Er hat nun völlig den Ge— brauch ſeines Gliedes wieder erlangt, und obgleich noch ein gewiſſer Grad von Anchyloſis die Beugung beſchraͤnkt, ſo iſt er doch im Stande, ſich viel Bewegung zu machen. Seit ſeiner Ruͤckkehr nach England iſt er eine kurze Zeit bettlaͤ— gerig geweſen, durch was er einen Abſceß um das Kniege— lenk herum nennt, mit betraͤchtlicher Geſchwulſt. Dieß iſt einer von den drei Faͤllen, welchen Hr. A mittheilt, um zu beweiſen, daß Zerſtoͤrung des Kniegelenkes! nicht nothwendiger Weiſe das Reſultat des Durchganges einer Kugel ſey, welche die Gelenkcapſel geöffnet habe und durch das ſchwammige Ende des femur gegangen ſey. Un: 48 bezweifelt war es unmöglich, mit Sicherheit vorausjufagen, welcher Grad von Entzuͤndung eintreten werde, und ein gewiſſer Grad von Riſico wird immer den Verſuch, ein ſo verlestes Glied zu retten, begleiten. In der ſpeciellen Claſſe der hier erwaͤhnten Faͤlle haͤlt aber Hr. A. die Ausſicht auf gluͤcklichen Erfolg hinreichend, um zum Verſuche zu be— rechtigen. Dritte Claſſe. — Complicirte Fracturen des Ge— lenkes mit Verruͤckung und ſcharfen Raͤndern der Knochen— theile. Fremde Koͤrper, in das Gelenk vorragend oder mit weit verbreiteter Beſchaͤdigung der Structur durchgehend — Die dritte Claſſe begreift diejenigen Arten, wo die Vorſchrift der Praxis ſeyn muß, ohne Aufſchub zu amoutiren, indem die Verletzung einen unheilbaren Character hat, die Conſti— tution vom e' ſten Augenblicke in Unruhe verſetzt wird, und jede nachfolgende Stunde raſch die Kräfte des Kranken ver— mindert. Es iſt Hrn. A., die Haͤnde und Fuͤße ausgenom— men, nur ein einziger Fall von Herſtellung bekannt, wo eine Fractur im Innern des Gelenkes mit Knochenverruͤckung und rauhen Raͤndern vorhanden war, und das war am El: lenbogen. eee. Eine Neuralgie nach Amputation, durch Acupunc⸗ tur geheilt, erwähnt Dr. Longhi, deſſen Schweſter, 49 Jahr alt, wegen eines tumor albus genu amputirt worden und einige Monate darauf von Schmerzanfällen in den Nerven des Stumpfes befallen wurde. Die Schmerzen traten in der Nacht plotzlich ein und ahmten jedes Mal vollkommen die Leiden vor der Amputation nach. Nach einem längern freien Zwiſchenraume befielen ſie zugleich auch den andern nicht amputirten Fuß. Es wurden nun zwei Nadeln im Verlaufe des n. ischiadieus gegen den Stumpf herab eingeſtochen; dieſe hatten keine Wirkung: fo wie aber die dritte eingebracht wurde, rief die Kranke, ſie ſey an ihre Fußzebe geſto— ßen worden. Hr. L. druͤckte nun die Nadel noch tiefer durch den Nerven hindurch und bewirkte dadurch vollkommene Beſeitigung des Schmerzes. Nachdem die Nadeln eine halbe Stunde ſtecken geblier ben, wurden ſie entfernt; die Kranke blieb frei von Schmerzen. Drei Wo ben ſpaͤter kam ein neuer Anfall, welcher ſogleich durch daſſelbe Mittel befeitigt wurde. Als eine Verbeſſerung des Schroͤpfſchneppers, welche fuͤr den Erfolg der Operation nicht ohne Wichtigkeit ſey, bezeichnet Hr. Hills in einer Abhandlung über Schroͤpfen (Lon— don, 1839) die Abänderung, daß der Schröpfer ſtatt 12 — 16 Lanzet— ten deren nur 8 bekomme Durch die zu große Anzahl der Sca— rificationen werden, nach feiner Anſicht, die anaſtomoſirenden Haut⸗ gefaͤße zu haͤuſig getrennt und dadurch der Blutabfluß verlang— famt. Hr. Hills, welcher Schroͤpfer am Guy’s Hospital iſt, hat in der letzten Zeit ſich immer des Schneppers mit 8 Lanzetten be⸗ dient und damit mindeſtens 8,000 Kranke in den letzten 2 Jahren geſchroͤpft. Oefters hat er an einem und demſelben Kranken nes ben einander Stnepper mit 8 und mit 15 Lancetten angewendet und immer den erſtern vorzuͤglicher in der Wirkung gefunden. Bibliographische Neuigkeiten. Paléontologie frangaise. Description zoologique et gsologique de tous les animaux mollusques et rayonnés fossiles de France. Par Alcide d'Orbigny; avec les figures de toutes les espèces lithographiées d’apres nature, par M. J. Delarue Tome I Livraisons 1. 2. 3. Paris, 1840. 8. De la Physiologie humaine et de la médecine dans leurs rapports avec la religion chretienne, la morale et la société. Par Frangois Devay, Paris, 1840. 8. Traité complet de bandages et d’anatomie appligee 'a l’etude des fraetures et des luxations, avec les appareils qui leurs conviennent. Par Michel T’hivet (Suite). Paris, 1840. 8. Mit K. Practical Remarks upon the causes and treatment of Deformi- ties of the Spine, Chest and Limbs, Muscular Contractions and Stiff Joints. By Joseph Amesbury. London 1840. 4. Mit vielen Tafeln. — — — . —— Neue Wotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, arfommelt und mitgethellt von dem Ober⸗Medieinalratbe Frorien zu Weimar, und dem Medisinalrathe und Vrofefor FEroriep zu Berlin. Ne. 312. Gedruckt im Landes Induftries Gomptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gat. (Nr. 4. des XV. Bandes.) preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Juli 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. err Beitraͤge zur Geſchichte des corpus luteum im menſchlichen und thieriſchen Koͤrper. Von Robert Knox. (Hierzu Fig. ausgegebenen Tafel.) Die nachfolgende kurze Geſchichte von, das corpus luteum betreffenden Thatſachen und Meinungen, und die deſſen Urſprung, Entwickelung oder Wachsthum und Unters gang begleitenden Umſtaͤnde wurden vor einigen Jahren an— gefangen, aus der Veranlaſſung eines mir zugekommenen uterus mit ſeinen Anhaͤngſeln, welcher mir uͤber die dunkle Geſchichte dieſes intereſſanten Koͤrpers viel Licht zu verbrei— ten ſchien. Kurz nach dieſer Unterſuchung erſchienen uͤber denſelben Gegenſtand die ſehr werthvollen Werke aus der Feder des Dr. Montgomery und bald nach dieſem die Abhandlung uͤber die Structur des corpus luteum von Dr. Lee. Da ich es unmoͤglich fand, die von mir beob— achteten Thatſachen in der Art zu ordnen, daß fie den von jenen Herren aufgeſtellten theoretiſchen Anſichten entſpro— chen haͤtte, ſo dachte ich, es werde den Phyſiologen ange: nehm ſeyn, wenn ich meine Beobachtungen ganz ſo, wie ſie in meinem Tagebuche ſtehen, oͤffentlich mittheilte. Ich fuͤrchte allerdings ſehr, daß auf die nachfolgende Abhandlung nicht gerade alle Arbeit gewendet ſeyn mag, die wuͤnſchenswerth geweſen wäre, und daß widerſtreitende Meis nungen unterſtuͤtzt worden ſind, welche ich jedoch ſehr gern zu allererft anerkennen werde, ſobald fie mir herausgehoben werden. Im Monat Maͤrz 1835 wurde mir der ſchwangere uterus einer achtungswerthen Frau uͤberbracht, welche nach Magendurchbohrung ploͤtzlich verftorben war. Madame B., von welcher die Theile genommen waren, war etwa zwei⸗ unddreißig Jahre alt und war zur Zeit ihres Todes nur vier Monate verheirathet geweſen, und es iſt daher anzuneh— men, daß der im uterus gefundene Foͤtus einer zwiſchen dem dritten und vierten Monate war; eine Annahme, für welche auch die Größe des Foͤtus ſpricht. Die Zergliede— No, 412. 14. der mit Nr. 1. BR rung des uterus wurde mit großer Sorgfalt vorgenommen: er war vollkommen geſund, und alle ſeine Functionen waren offenbar auf die genuͤgendſte Weiſe vor ſich gegangen; die Theile werden in dem Muſeum aufbewahrt, der Foͤtus im Amnios eingeſchloſſen: ſonſt würde ich Maaß, Gewicht ıc. deſſelben beigefuͤgt haben. Auf der Oberfläche des rechten ovarium “) ſah man mehrere kurze Spalten oder Gruͤbchen und an dem entfern— ten freien Theile eine allgemeine Huͤlle und uͤber dieſer eine deutlich zu bemerkende Spalte. Dieſe Umſtaͤnde fuͤhrten auf die Vermuthung, daß fie ein corpus luteum enthal⸗ ten; und, in der That, bei Durchſchneidung des ovarium an feinem freien Rande, in der Axe feiner größten Lange aber die eben erwaͤhnte Spalte vermeidend, wurden die Er— ſcheinungen, welche in Fig. 14 dargeſtellt find, fichtbar. be⸗ zeichnet das große corpus luteum, welches das Meſſer der Laͤnge nach in zwei Theile getheilt hat, und uͤber die— ſem zwei andere Körper, mit Y und c bezeichnet, dem erften en miniature ganz gleich, ſo daß, außer der Groͤße, in der That, keine Verſchiedenheiten wahrzunehmen ſind. An der aͤußern Seite dieſes ovarium find, wie bereits bemerkt, mehrere Spalten, und es iſt moͤglich, daß unter ihnen noch andere kleine Koͤrper vorhanden ſeyn moͤgen, außer den mit b und c bezeichneten ; allein es wurde nicht für raͤthlich ge— halten, das Präparat fernerweit zu zerſchneiden. Graaf— ſche Bläschen waren weder an den aͤußeren noch an den ins nern Durchſchnittsflaͤchen zu bemerken. ) Dieß Ovarium wog 128 Gran; größte Ränge 2 Zoll 9 Li⸗ nien; größte Tiefe (Breite) über das corpus luteum 10 Li⸗ nien; Dicke deſſelben bierfelbft = 8 Lin. — Das Ovarium einer dreißigjaͤhrigen Frau, welche Kinder geboren hatte und in voller Geſundheit geſtorben war, wiegt 65 Gran, wenig mehr als die Hälfte deſſen aus dem in der Figur abgebilde- ten Ovarium. Bemerkenswerth iſt, daß das 65 Gran wiegen⸗ de Ovarium zwei ſehr deutliche Graaf'ſche Bläschen zeigt, aber keine Spur von corpus luteum. Das Präparat wird in mei: nem Privatmuſeum aufbewahrt. 4 51 In dem linken ovarium *) legte ein ähnlicher, der Länge nach gemachter Schnitt ein einziges corpus luteum offen, welches ein Dritttheil ſo groß war, als das Fig. 14 abgebildete, und in dieſem ovarium (dem linken) koͤnnen zahlreiche Bläschen (Graafſche?) ſehr leicht bemerkt werden. Unaufſchiebbare Hinderniſſe bewirkten dann eine Unterbrechung der Zergliederung, und das Praͤparat wurde in Alcohol gelegt, in welchem es eine betraͤchtliche Zeit verblieb, ehe ſich wieder Zeit zur Unterſuchung fand. Die ſorgfaͤltige und wiſſenſchaftliche Un⸗ terſuchung wurde nun wieder aufgenommen, zum Theil in der Ab⸗ ſicht, die obige kurze Beſchreibung zu verificiren, vorzuͤglich aber, um mit größerer Sorgfalt die innere Structur des größten die: fer Körper (Fig. 14. a) zu unterſuchen. Auf dem rechten Abs ſchnitte wurde das corpus luteum präparirt, und zum Theil aus feiner Lage in Verbindung mit der Subſtanz des ovarium herausge— ſtuͤlpt; ein lockeres Zellgewebe mit zahlreichen Gefäßen wurde als eins ziges Verbindungsmedium zwiſchen dem gefalteten gelben Kür: ver und dem stroma des ovarium gefunden, und dieſe zarte zelligte Textur war die einzige Structur, welche das Aeußere des gelben Koͤr— pers in Form einer Capſel umhuͤllte. Dieſe umhüllende Cellulartextur ſendete zahlreiche Fortſaͤtze, wie Abtheilungen, in den gelben Körper, welche offenbar zu dem gefalteten Anſehen Gelegenheit gaben, welches der Durchſchnitt zeigte. Außerdem ließ ſich die Subſtanz des gel— ben Koͤrpers mit Leichtigkeit von dem umhuͤllenden zelligten Gewe— be losſchaͤlen und zeigte dann (fo entblößt) die größte Aehnlichkeit mit einer Druͤſe. Ich habe bereits erwähnt, daß beide ovaria nach ihrer laͤngeren Axe zerſchnitten worden waren und, dem Anſehen nach, die ganze Structur des großen corpus luteum (mit a in Fig. 14 bezeichnet) durchſchnitten hatte. Von dem characteriſtiſchen gelben Theile (g bezeichnet) habe ich jetzt nicht noͤthig, weiter zu ſprechen; er umſchließt auf jedem Segmente eine glatte, mattwei— ße, hautaͤhnlich ausſehende Structur, in der Abbildung mit „ be: zeichnet, welche Fortſaͤtze nach Außen in den gefalteten gelben Koͤr— per zu ſenden ſcheint mit deſſen innerer Oberflaͤche ſie allenthal— ben innig zuſammenhaͤngt; endlich, ganz in der Mitte davon, laͤuft eine mit k bezeichnete Falte, etwas erhoben von der Oberflaͤche und das Anſehen von Seitenaͤſten darbietend; der Mittelpunct und die Falte ſind wieder, fo weit ich beobachten kann, dem gefalteten Körper ganz analog, wenn fie nicht ſelbſt ein Theil deſſelben find. Dieſer Falte haben Dr. Montgomery und Andere (wenn ich ihre Beſchreibungen recht verſtehe) den Namen cicatrix gege— ben, obgleich fie mit einer Narbe auch nicht die geringſte Aehnlich keit hat. Die Falte nimmt die Mitte der Structur ein, welche nichts Anderes zu ſeyn ſcheint, oder, wie ich uͤberzeugt bin, iſt, als der gefaltete gelbe Körper ſelbſt, — als wenn die ganze eiweißaͤhn— liche Membran oder Subſtanz k, welche das Meſſer offenbar durch— ſchnitten hatte, entweder nicht den wahren Mittelpunct des gefal⸗ teten Körpers einnehme, oder fo dünn ſey, daß fie durch die Sec— tion eine Portion des gefalteten gelben Koͤrpers ſelbſt exponirt ha— be. Da dieſer erſte Theil meiner Beitraͤge auf keine Weiſe die Beobachtungen Anderer critiſiren ſoll, ſo werde ich alle Bemerkun— gen dieſer Art vermeiden und will nur erwaͤhnen, daß ſie ganz und gar abweichen von dem, was über „faſerige Ablage: rung, mit Blut gefüllte Höhlen und Narben, als wahre corpora lutea von falſchen unterſcheidend ꝛc.“, geſagt wor— den iſt Aber ehe ich dieß ovarium verlaſſe, will ich nun die an: dern Erſcheinungen beſchreiben, welche die Durchſchnittsflaͤche zeigt, und welche gewöhnlich unter dem Namen falfche corpora lutea beſchrieben ſind. 5. Fig. 14. zeigt alle Erſcheinungen des großen mit a bezeichneten corpus luteum, aber en miniature; die Abweſen⸗ heit der Falte ſcheint der verhaͤltnißmaͤßigen Kleinheit des durch— ſchnittenen Koͤrpers zuzuſchreiben zu ſeyn; e gleicht, auf der einen Durchſchnittsflaͤche, a en miniature, aber auf der anderen Schnitt: flaͤche umgiebt die gefaltete gelbe Structur kaum das Ganze des eiweißaͤhnlichen Mittelpunctes, in deſſen Mitte eine ſehr deutliche Höhle befindlich iſt, welche etwas enthält, was eine kleine Quan— ) Dieß ovarium wog 112 Gran oder 16 Gran weniger, als das der rechten Seite; ſeine groͤßte Laͤnge iſt 1 Zoll 9 Linien; Tiefe 9 Lin.; Breite 6 Lin. 52 titaͤt Blut zu ſeyn ſcheint. In wie weit dieſe Erſcheinungen, wie ich ſie eben beſchrieben habe, mit den Meinungen und Theorieen neuerer Schriftſteller vereinbar ſind, und welche von dieſen wah— re corpora lutea, und welche falſche, oder, um einen genauern Ausdruck zu gebrauchen, aus welchem dieſer Körper das befruchtete ovum herkam? find Fragen, welche ich nach ihrer eigenen Beſchaffenheit discutiren werde, ohne weder meine eigene Theorie, noch die Anderer damit zu vermengen, in der dritten Ab— theilung dieſer Beiträge. Das linke ovarium, welches ebenfalls der Laͤnge nach und an ſeinem freien Rande durchſchnitten war, zeigt einen deutlichen gefalteten gelben Körper, mit feinem Eiweiß-Mittelpuncte; die Ab⸗ weſenheit der Centralfalte bin ich geneigt, der vergleichungsmaͤßi— gen Kleinheit des Körpers zuzuſchreiben, obgleich in allen übrigen Beziehungen keine wirkliche Verſchiedenheit ſeiner Structur von der in Fig. 14 mit a bezeichneten, vorhanden ift. Der zweite Fall, auf welchen ich mich beziehen werde, iſt der einer Dame, welche zwei Tage nach einer ganz zeitigen Geburt ſtarb. In dem einen ovarium fand ſich ein corpus luteum, et- was mehr als halb fo groß, als das größte der an Fig. 14 be- ſchriebenen; auch die Aeſte von zwei Miniatur: corpora lutea waren deutlich wahrzunehmen, und ein ziemlich großer eystus mit mehre— ren kleinern; letztere halte ich aber fuͤr pathologiſch. Vor dem letz— ten Kinde war die Dame bereits von mehreren ausgetragenen ent— bunden worden. Ich unterſuchte in Geſellſchaft des Lehrers der Geburtshuͤlfe, Dr. Will. Campbell, den uterus (welcher mehrere Jahre in Weingeiſt aufbewahrt war) von einer Perſon, welche im vierten Monate ihrer Schwangerſchaft geſtorben war; das rechte ova- rium *), nachdem es in feinem mittlern Theile der Länge nach zer— ſchnitten worden, zeigte ein etwa 9 Linien langes und 7 Lin breis tes corpus luteum; auch fand ſich eine Centralcavitaͤt, welche 3 Linien in die Laͤnge und eben ſo viel in die Breite betrug; allein ſtatt daß ſie gerade den Mittelpunct eingenommen haͤtte, befand fie ſich binnen einer Linie von der Oberflache, mit entſprechender Abnahme in der Dicke der umgebenden gefalteten gelben Textur. Das linke ovarium zeigte bei'm Einſchneiden eine in Lage und Größe der eben bei'm rechten ovarium beſchriebenen gleiche Hoͤhle; eine blauweiße Subſtanz umgab ſie und keine gelbe gefaltete Tex— tur. In einem anderen Theile deſſelben Organes iſt eine Hoͤhle dicht an der aͤußeren Haut, welche mit den umgebenden Membra— nen einem Graafſchen Blaͤschen gleicht, unter welchem und in un— mittelbarer Berührung mit ihm ein Saͤckchen liegt, ſehr ahnlich der Centralhoͤhle eines Graafſchen Blaͤschens, auf zwei Dritttheilen des Umfanges von einer Structur umgeben, welche, nach meiner Mei: nung, ſich als die Ueberbleibſel eines fruchttragenden Graafſchen Blaͤschens und die Reſte eines corpus luteum ergeben. Ich will nur kuͤrzlich bemerken, daß ich durch das Wohlwol— len meiner mediciniſchen Freunde Gelegenheit hatte, die corpora lutea in ſechs Fällen bei wichen von Perſonen zu unterſuchen, welche an acuten Krankheiten geſtorben waren. Und ſo bin ich im Stande geweſen, den Zuſtand friſcher Ovarien in faſt jedem Sta— dium der Schwangerſchaft zu unterſuchen, von einer ſo fruͤhen Pe— riode, daß ein ovulum in dem (übrigens mit der decidua verfehee nen) uterus nicht aufgefunden werden konnte, bis zu der Periode am Ende der Schwangerſchaft und eben ſo nach der Entbindung von einer Periode von zwei Tagen bis zu etwa ſechs Monaten. Ohne nun den Leſer mit den Details dieſer Faͤlle zu behelli— gen, darf ich hier erwaͤhnen, wie mir der Eindruck blieb, daß coe— riſtirend mit der Empfaͤngniß bei'm menſchlichen Weibe ein corpus luteum von beträchtliher Größe gefunden wird; ob aber dieſes corpus luteum Wirkung oder Urſache der Empfaͤngniß war, war nicht ausgemacht; daß die Groͤße desjenigen Koͤrpers, welcher gewoͤhnlich als derjenige angeſehen wird, aus welchem der Foͤtus— im uterus gekommen, nicht in den verſchiedenen Perioden mit Ge— nauigkeit beſtimmt werden konnte, daß er aber im Ganzen ein ras ſches Wachsthum habe; daß die Perioden des Unterganges dieſes Körpers und die Veränderungen, die er erleidet, noch nicht in ſol⸗ *) Das ovarium hielt 1 Zoll 8 Linien in der Lange und 9 Lin. in der Breite. Das Gewicht wurde nicht erhoben. 53 cher Weiſe befchrieben worden find, daß die Beobachtungen für Phyſiologie oder für gerichtliche Medicin als facta gelten koͤnnen; und daß, endlich, die ganze Frage von dieſen, in den Dvarien von Frauen unter ſehr verſchiedenen Umſtanden vorgefundenen, Miniatur— corpora lutea, von den größten Schwierigkeiten begleitet ſſt, zu deren Loͤſung weder die phyſtologiſchen, noch die geburtshülflichen Werke genügende data liefern. Wirklich ſchien es mir, daß der einzige practiſche Schluß, welcher aus einer forgfältigen Unterſuchung aller mir zuganglichen Thatſachen und Meinungen hervorging, der war, daß cocxiſtirend mit dem Fötus im utero immer ein ziemlich gro— ber Körper gefunden wird, welcher die Charactere eines corpus luteum trägt; aber daß dieſer Schluß kaum für den Phyſiologen oder Gerichtsarzt Nutzen bringt, wegen der zahlreichen Schwierigkeiten, welche an dem Gegenſtande in Beziehung auf Bildung, Entwicke— lung und Untergang dieſes Körpers haften; und wenn dieß richtig iſt in Beziehung auf das einzelne große, fogenannte wahre, cor- us luteum (d.h. dasjenige, aus welchem feiner Zeit der dtus in den uterus ableitet), fo ſieht jeder practiſche Ana— tom ein, wie dieſe Schwierigkeiten noch außer Verhältniß großer werden, wenn in den Ovarien derſelben Perſon eine größere Ans zahl ſolcher Koͤrper gefunden werden, welche von dem ſogenannten wahren in gar nichts, als in der Groͤße (und zuweilen, wie wir ſehen werden, nicht einmal darin) abweichen. (Lancet No. 871., vom 9. Mai 1840.) Erläuterung der Figur 14. der mit Nr. 309. ausgeg. Tafel. Das rechte ovarium, laͤngs des freien Randes mittelſt eines Schnittes getheilt, der bis an die Baſis oder den faſt befeſtigten Rand ging. Ligamentum proprium ovarii. B Durchſchnittsoberflaͤche des ovarium. a. Durchſchnitt eines corpus luteum zwiſchen dem dritten und vierten Schwangerſchaftsmonate. b. Durchſchnitt eines andern Körpers, gleich iſt. c. Durchſchnitt eines dritten Körpers, der noch kleiner iſt, als die zwei ebenerwaͤhnten. d. Aeußerer durchſchnittener Rand des ovarium. e. Durchſchnittene Oberfläche der Subſtanz (stroma) des ovarium. J. Höhle, aus welcher das corpus luteum zum Theil heraus— praͤparirt iſt. 1. Gefalteter gelber Körper. Weiße, eiweißartig ausſehende Subſtanz im Innern des gelben Körpers. i. Eine das Centrum des corpus luteum durchbohrende Falte. welcher in Miniatur Ueber den Nahrungsſaft, ſeine Behaͤlter und ſeine Bewegung bei ſaͤmmtlichen Thieren. Von G. L. Duvernoy. Dritter Artikel Bewegung des Nahrungsfaftes. Die Bewegung des Nahrungsſaftes in feinen Behältern ift eine der Bedingungen des Lebens überhaupt, fo wie der dieſem Safte eigenthümlichen Vitalität. Sie dient dazu, die organiſche Zuſammenſetzung dieſer Fluͤſſigkeit in ihrem normalen Zuſtande zu erhalten und vermittelt die Beimiſchung der ſich in die Behälter des Nahrungsſaftes ergießenden, durch den Chyliſications-Proceß aus den Nahrungsſtoffen ausgezogenen neuen Portionen. Sie ift zur Verarbeitung d. h. Organiſation des Nahrungsſaftes nöthig, deſſen durch die Ernährung und Sceretionen verbrauchte Theile auf dieſe Weiſe aus dem Nahrungsſchlauche erfegt werden. In den meiſten Fallen iſt fie auch unumgaͤnglich nothwendig, um durch den Act des Athmens Beſtandtbeile, welche den Nahrungsſaft ver⸗ unreinigen, gegen ſolche aus der Atmoſphaͤre zu vertauſchen, welche demſelben die Käbinkeit ertbeilen, den ganzen Organismus zu bes leben. Dieſe Fluſſigkeit bewegt ſich alſo und verbreitet ſich durch alle Theile des Organismus, um, in Gemeinſchaft mit den Nerven: ſtroͤmungen, jede Art der Lebensthaͤtigkeit, die Empfindung, Orte: bewegung, Secretion und Excretion, Ernährung, Fortpflanzung u. ſ. w. hervorzurufen. 54 Die verſchiedenen Richtungen der Bewegung des Nahrungs— ſaftes haben folglich den doppelten allgemeinen Zweck, den ganzen Organismus zur Lebensthaͤtigkeit zu erregen und denſelben zu ers nähren; und zu untergeordneten Zwecken, den chy us, fo wie er ſich bildet, zu ſammeln und mit dem Blute zu vermiſchen, und ihn dem reinigenden Einfluſſe der reſpirablen Luft auszuſetzen. Dieſe Behaͤlter ſtehen, vermoͤge der Art ihrer Anordnung, wenn ſie von eigentlichen Wandungen eingeſchloſſen ſind, haupt⸗ ſaͤchlich mit dem Nahrungsſchlauche, inſofern ein ſolcher vorhanden iſt, in naher Beziehung, um den chylus aus demſelben aufzunch⸗ men; desgleichen mit dem Athmungsorgane, wenn dieſes localiſirt und nicht, wie bei den Inſecten, durch den ganzen Körper vers theilt iſt, und zwar hat die Verbindung mit dem Athmungsorgane die Oxygenirung des Blutes zum Zwecke. Allein in Anſehung des Beduͤrfniſſes der Reinigung des Nahrungsſaftes durch die Reſpira⸗ tion giebt es, je nach der Art der Organiſation und der Lebens⸗ thaͤtigkeit, die jedes Geſchoͤpf aͤußern ſoll, ſehr verſchiedene Grade. Vieſe allgemeine Bedingung des Lebens ſpielt im Beſondern richt ſtets dieſelbe wichtige Rolle. Bei den hoͤchſten und lebensthaätigſten Organismen hört das Leben auf, ſobald die Refpiration auch nur ganz kurze Zeit unterbrochen worden. Bei den niedrigern und we— niger thärigen kann das ununterbrochene Fortgehen der Refpiration weniger weſentlich ſeyn. Daraus leuchtet bereits hervor, daß die Anordnung der Behälter des Nahrungsſaftes rücfichtlich dieſer reis nigenden Function nach dieſem verſchiedenen Bedürfniffe ſehr ab⸗ wrichend ſeyn wird, und daß man aus dieſer Anordnung erkennen koͤnne, inwiefern die Fortdauer des Lebens nicht nur von der Quantität, ſondern auch dem unausgeſetzten Fortgange des Ath⸗ mens abhängig iſt. Dieſe Umftände gehören zu den wichtigſten, über welche die vergleichende Anatomie für das Studſum der Phyfiologie und ſelbſt der ſyſtematiſchen Naturgeſchichte Auskunft geben kann. Bei der Würdigung dieſer Anordnung darf man auch, infofern fie die Beziehungen zur atmoſphaͤriſchen Luft und zu dem Athemholen bezeichnet, nicht uͤberſehen, daß außer dem Organe, dem die Function der Reſpiration zunaͤchſt übertragen iſt, noch andere mit der Atmofphäre in Berührung befindliche Organe zu jener Function mitwirken koͤnnen. Die Haut, welche den Körper im Raume begraͤnzt, ift das natürlichfte Organ der Reſpfration; fie kann das einzige und weſentliche ſeyn, aber auch nur beſhuͤtf⸗ lich zum Atbemholen dienen. Es iſt alſo nöthig, zu unterſuchen, wie die Behälter des Nahrungsſaftes vertbeilt find, um den chy- lus oder das durch dieſen erneuerte Blut nach der Haut zu leiten. Desgleichen iſt der Nahrungsſchlauch, wo der chylus ſich bildet, in einer andern. Beziebung das directeſte Organ der Reſpiration, indem er der erſte Behälter des chylus iſt; allein in dieſem Falle muß die atmoſphäriſche Luft in die das den chylus bereitende Or- gan enthaltende Eingeweidehoͤble eindringen. Wir werden alle diefe theils weſentlichen theils beihülflichen Ver⸗ bindungen zwiſchen den Behältern des Nahrungsſaftes und der Re⸗ ſpiration in einem zweiten Bande unſeres Werkes, der von dieſer Function handelt, im Einzelnen darlegen. In dieſem Artikel koͤn⸗ nen wir die Bewegung des Nahrungsfaftes nur auszugsweſſe be⸗ handeln und nur auf diejenigen organiſchen Einrichtungen aufmerk⸗ ſam machen, aus denen der functionale Zweck dieſer Bewegung, die Grade ihres Einfluſſes, und die erzeugenden und bedingenden Urſachen in Betreff der beſondern Richtung der Bewegung ſich ergeben. 5 i Die Agentien, welche die Bewegung des Nahrunasfaftes in deſſen verſchiedenen Behältern erzeugen und reauliren, richten ſich nach dem Mechanismus, fo wie nach den phyſiſchen und vitalen Eigenſchaften diefer Behälter. Dabei kommen auch Umftände in Anſchlag, welche außerhalb der Bebaͤlter liegen und auf dieſelben mechaniſch einwirken, wohin, z. B., die Zuſammendrückung der Venen in den Extremitäten durch die Muskelthätiakeit gehort, wel⸗ che bei den Wirbeltbieren fo Eräftig darauf binwirkt, daß das Blut neller zum Herzen zuruͤckkebrt. 1 9 In e Werke durften wir uns nicht mit allen Erſcheinungen jener fo vorherrſchenden Lebensfunctſon, welche die Phyfioloaen die Circulation nennen, beſchaͤftigen und dieſelben zu er⸗ klaͤren ſuchen. Unſere Aufgabe beſtand vielmehr zunächft darin, deren Mechanismus in allen feinen Einzelnheiten ſo weit darzule⸗ * 55 gen, als dieſes durch die Wiſſenſchaft der Organiſation geſche— hen kann. Dieſer Mechanismus iſt, je nach den Typen, ſo wie ſelbſt je nach den Claſſen, ungemein verſchieden, was ſich aus den in den vier letzten Vorleſungen umſtändlich gegebenen Beſchreibungen und der fo eben mitgetheilten Ueberſicht über die Beſchaffenheit der Be: hälter des Nıhrungsfaftes zur Genuͤge ergiebt. In dieſem dritten Abſchnitte, der über die Bewegung dieſer Fluͤſſigkeit und die dieſe Bewegung erzeugenden Agentien handelt, werden wir zu dem früs her Geſagten nur Weniges hinzuzufügen haben. A. Bewegung des Nahrungsſaftes bei den Wirbelthieren. Der chylus und die Lymphe beſitzen, wie bereits gezeigt, jer des ihre eigenthuͤmtichen Behaͤlter, in welchen dieſe Fluſſigkeiten von den Urſprungsnetzen bis zu den Enden dieſer Behaͤlter, die ſich an den Baum des ſchwarzen oder Venenbluts anſchließen, forte rucken und ohne Zveifel eine gewiſſe Verarbeitung erfahren. Der Lymphbaum und der Chylusbaum find, im Vergleiche mit den bei— den Hauptbaͤumen, nur unvollſtaͤndig. Sie beſitzen weder einen Stamm, noch Aeſte zur Vermittelung einer centrifugalen Bewegung, und beſchraͤnken fih auf den centripetalen Theil eines Gefäßbau— mes. Sie find bei den Wirbelthieren, als den einzigen Thieren, wo ſie ſich vorfinden, an den Wurzelſtock oder die Hauptwurzeln des Reinigungsbaumes angehaͤngt, und durch dieſe wichtige Anord— nung wird die Bewegung der Lymphe und des chylus von der des Biures abhängig, Wir haben geſehen, wie ſehr die allgemeine Einrichtung des lymphatiſchen Syſtems darauf abzweckt, die Lym— phe aus allen Theilen des Koͤrpers, ſo wie den chylus aus dem Nahrungsſchlauche aufzufangen. Dieſe Erſcheinung der Abſorption iſt, ohne Zweifel, zum Theil eine Folge der organiſchen Poroſität der Gefaͤßwandungen, welche die Einſaugung zuläßt. Allein dieſe conſtante Zuſammenſetzung des Chylus und der Lymphe, welche unter normalen Umſtaͤnden ſtets dieſelben chemiſchen und organiſchen Beſtandtheile in beſtimmten Verhaͤltniſſen darbieten, noͤthigt uns, wo nicht zur Erklärung, doch zur Bezeichnung der erſten Urſache der Abſorption, auf Umjtände zuruͤckzugehen, weiche bis jetzt weder in anatomiſcher, noch in phy— ſiologiſcher und chemiſcher Hinſicht bündig erklärt ſind. Bei dem verſchiedenartigen Urſprunge der Lymphgefaͤße und chylusfuͤhrenden Gefaͤße ſind organiſche Einrichtungen und Eigenſchaften der Lebens— kraft zu beruͤckſichtigen, welche wir nur durch ihre Wirkungen zu apürdigen vermögen, indem ſie die Abſorption gewiſſer Elemente geſtatten, und die anderer verhindern, was von beſondern phyſio— logiſchen Umſtaͤnden abhaͤngt; wie wir, z. B., ſehen, daß bei den Wiederkaͤuern der Speiſebrei im Panſen und in der Haube fo lange aufgehalten wird, bis er durch das Wiederkaͤuen hinlaͤnglich bearbeitet worden iſt, um in den Gang eintreten zu koͤnnen, durch den er in den dritten Magen gelangt. Die Haarroͤhrchenanziehung ſcheint die erſte Urſache, die von Hinten wirkende Triebkraft zu ſeyn, welche die Anfangsbewegung des Chylus und der Lymphe in den Urſprungsverzweigungen herbeifuͤhrt. Die durch den Verbrauch des Blutes in dem Blutſoſteme entſtehende Leere, welche ſchnell auf das Lymphſyſtem zuruͤckwirkt und die Lymphe in die Venen hineinſaugt, beſtimmt von der andern Seite deren centripetale Be: wegung im ganzen Koͤrper durch eine Art von Anziehung oder Saugen *). Dieſer Bewegung wird übrigens ihre Richtung durch das Vor— handenſeyn von Klaͤppchen oder Ventilen angewieſen; obwohl fie „) Dieſe Wirkung wurde durch die Verminderung des Verhaͤlt⸗ nißtheils an Kuͤgelchen im Blute angezeigt, die in Folge von natuͤrlichem und kuͤnſtlichem Blutverluſte eintritt, welcher, wie man ſich im gemeinen Leben ausdruͤckt, das Blut mager oder duͤnn macht. Wie ſchnell dieſe Wirkung eintritt, iſt durch die Verſuche der Herren Prevoſt und Dumas dar— gethan worden, aus denen ſich ergab, daß, wenn man mit Zwiſchenzeiten von wenigen Minuten öfters hintereinander Ader: laſſe vornimmt, das Blut durch die ſchnelle Abſorption von Lymphe an Kuͤgelchengehalt verliert. (Examen du sang. Bibl. univ. de Gensve. Be ser. T. XVII. und XVIII. 1821.) 56 keineswegs direct oder auf dem naͤchſten Wege zum Ziele gelangt. Zuweilen geht fie in den plexus, welche nur aus einandergebreitete Ganglien ſind, oder in den Ganglien, welche man als zufammens gewundene plexus betrachten kann, auseinander; zuweilen cons centrirt ſie ſich in den Zweigen und Aeſten des Syſtems. Beide Arten von Richtungen wechſeln, bis die Lymphe in die Hauptwur— zelſtoͤcke gelangt, mehr oder weniger oft mit einander ab, wodurch die Miſchung und Verarbeitung der Lymphe und des Chylus na— tuͤrlicherweiſe ſehr befoͤrdert werden muͤſſen. Hieraus konnte man alſo ſchließen, daß dieſe Verarbeitung ei— nen hoͤhern Grad erlange, wenn die Lymphe oder der Chylus auf ihrem Wege von ihren Wuͤrzelchen, welche die Molecuͤlen zuerſt eine geſogen haben, bis zu ihrem Wurzelſtocke viele Ganglien oder plexus treffen. Die auffallende Unvollſtändigkeit, welche in dieſer Beziehung am lymphatiſchen Syſteme der Voͤgel zu bemerken ſeyn würde, dem lymphatiſche Ganglien faſt ganz abgehen, und das mir nicht genug plexus zu beſitzen ſcheint, um dieſen Mangel zu er— ſetzen, wird gut gevielleicht durch die vollkommene Reſpiration wieder macht, welche ebenfalls zur Verarbeitung des Nahrungsſaftes beiträgt. Um dieſe Verarbeitung zu erleichtern und gruͤndlicher zu ma— chen, iſt wahrſcheinlich der Lauf der Lymphgefaͤße fo gedehnt, oͤff— nen ſie ſich gemeiniglich nicht in die naͤchſten Venen und gelangen ſie erſt auf einem mehr oder weniger bedeutenden Umwege in die venae jugulares oder axillares. Was die chylus führenden Gefäße anbetrifft, fo ſcheint mir der Umweg auch durch die Nothwendigkeit, die Pfortader zu vermei— den, bedingt zu ſeyn, da letztere bereits mit Stoffen überladen iſt, welche der Verarbeitung in der Leber bedürfen. Die zahlreichen Theilungen, die haufigen Verbindungen zwiſchen den Chylus fuͤh— renden, ſo wie lymphatiſchen Gefäßen vervielfaͤltigen uͤberdem die Wege, auf welchen beide Fluͤſſigkeiten ihrem Wurzelſtocke zugehen und, wenn ein Gang verſtopft ſeyn ſollte, durch einen andern da= hin gelangen koͤnnen. Sehr bemerkenswerth iſt, daß ſich nur bei den drei letzten Ordnungen der Claſſe der Reptilien Lymph = Herzen im Becken oder ſogar unter den Schulterblattern finden. Allerdings find dieſe Organe keine vollkommenen Herzen; es geht ihnen das pericar- dium ab, und ſie beſitzen nur eine Hoͤhle, die man als eine con— tractionsfaͤhige Erweiterung der dort ausgehenden kleinen Wurzel— ſtocke der Lymphgefuͤße betrachten kann. Dieſe Beutel entſprechen den Herzohren oder dem Venenbeutel des Herzens des Blutſy— ſtems. Sie lenken einen Theil der Lymphe von den hintern Ex— tremitäten und dem Becken ab (dieß gilt von den Lymphherzen im Becken), um ihn mit Kraft in die Cruralvenen zu treiben, welche zu dem Syſteme des Venenblutes gehören, das den Nieren zufließt. Allein, woher kommt es, daß dieſes mit Lymphe überladene Ve— nenblut, welches ſich in den Nieren zertheilen ſoll, wie dieß mit dem Blute der Pfortader in der Leher der Fall iſt, wenigſtens bei den Sauriern und Ophidienn die Secretion des feſten, der waͤſſerigen Theile faſt gaͤnzlich ermangelnden und faſt ausſchließlich aus Harnſaͤure beſtehenden Harns bewirkt? Bei den Säugethieren, Vögeln und Fiſchen find in dem Reinigungsbaume die beiden Arten von Blut, das ſchwarze und das rothe, gehoͤrig von einander geſchieden; denn er beſteht aus den Venen des Koͤrpers uͤberhaupt, als den Wurzeln, und der Lungenarterle als der Krone; desgleichen im Ernähr rungsbaume, der aus den Lungenoenen und der Aorta be— ſteht ). In jedem dieſer Bäume bewegt ſich das Blut von den Wurzeln nach dem Wurzelſtocke, bis zu einer gewiſſen Stelle, wo die Miſchung ſtattfindet, concentriſch, und dann von dem Stamme nach den Zweigen zu auseinander. Die letzten Verzweigungen des Reinigungsbaumes bilden in den Lungen ein ſehr feines Netz, aus welchem die erſten Wuͤrzelchen des Ernaͤhrungsbaumes entſpringen. Desgleichen endigen die letzten Verzweigungen des Ernaͤhrungs— baumes in dem Netze der Haargefaͤße aller Koͤrpertheile, aus wel— chem die erſten Wuͤrzelchen des Reinigungsbaumes entſpringen. Begreiflicher Weiſe dürfen manche Maſchen dieſes allgemeinen *) Der Ernaͤhrungsbaum enthaͤlt natuͤrlich lauter rothes Blut. Der Ueberſ. 57 Haargefaͤßſyſtems aus fo feinen Gefäßen beſtehen, daß deren Gas nal für die Blutkugelchen zu eng iſt, und nur den plaftifken Theil des Blutes ducchläßt. Auch leuchtet ein, daß die Umänderung des rothen Bintes in ſa warzes und die Umkehrung des Laufes dieſes letztern nach dem Herzen zu in dieſem Haargefaßſyſteme bewirkt werden. Die kleinen Zweige feiner Hauptmaſchen muſſen alſo, gleich denen der Lungen, einen Durchmeſſer behaupten, der bedeu— tend genug ift, um die Blutkuͤgelchen durchzulaſſen. Vermittelſt dieſes zweifachen Haargefaͤßſyſtems, in welchem die Venen ſich mit den Arterien vermiſchen, wird die Rückkehr des Blutes aus dem Reinigungs- in den Ernaͤhrungsbaum, und umgekehrt, moglich; und durch die Dazwiſchenkunft dieſes Syſtems bilden dieſe beiden Baume ein ununterbrochenes Ganze, einen vollſtandigen Kreis, nicht zwei Kreiſe, in welche, nach der gewoͤhnlichen Beſchreibung des Blutumlaufs im Menſchen, die Circulation zerfallen fell Die Wirbelthiere unterſcheiden ſich von den übrigen Typen durch die allgemeinere und vollſtaͤndigere Entwickelung dieſer Zwi— ſchenſyſteme von Haargefaͤßen und durch das Vorbandenſeyn des vymphſyſtems, wodurch die Quantität des Nabrungsſaftes, wel— cher ſich bei anderen weniger vollkommenen Typen in Canalen oder Behaͤltern ohne eigentliche Wandungen befindet, mehr be— ſchraͤnkt wird. Die beiden Blutbaͤume der Wirbelthiere, die beiden dieſelben verbindenden Haargefaͤßſyſteme und das Syſtem der Lymph- und Chylus⸗ führenden Gefäße bilden alſo zufammen ein ſehr verwik— keltes Ganze von Gefaͤßbehaͤltern, ein geſchloſſenes Syſtem, welches ftärker entwickelt und vollſtaͤndiger iſt, als bei irgend einer andern Gruppe von Thierclaſſen, und den ſammtlichen Nahrungsſaft ert: haͤlt, der daraus nur vermittelſt des Seeretionspreceſſes entweichen kann. Hieraus folgt, daß die Bewegung dieſer Fluſſigkeit in al— len Theilen ihrer verwicketten Behalter mehr oder weniger Ein— fluß auf das Ganze hat, und daß alle Agentien, welche direct auf den einen oder den andern dieſer Behälter einwirken, indirect mehr oder weniger ſtark auf alle übrigen Einfluß aͤußern. Eines merkwuͤrdigen Beleges hierzu haben wir bereits erwaͤhnt, daß naͤm— lich eine durch einen Aderlaß im Venenſyſteme erzeugte Leere faft augenblicklich einen Nachfluß von Lymphe in das Venenblut und demnach eine Beſchleunigung der centripetalen Bewegung der Fluͤſ— ſigkeit im ganzen Lymphſyſteme zur Folge dat. Wir haben nun noch dieſe verfebicderen Agentien naͤher in's Auge zu faſſen. Von denen, welche die Bewegung der Lymphe veranlaſſen, iſt bereits in dem Eingange dieſes Abſchnitts die Rede geweſen. Bei den Wirbelthieren ift das Hauptagens der Bewe— gung des Blutes unſtreitig das Herz, dieſer hohle Muskel, welcher in beiden Blutbaͤumen zwiſchen dem Wurzelſtocke und Stomme liegt, oder auch nur in dem Reinigungsbaume vorhanden ſeyn kann. Vermoͤge feiner Lage iſt das Herz ganz nerinnet, einestheils das Blut in den Stamm des Baumes zu treiben, und andern— theils daſſelbe aus dem Wurkelſtocke in feine Höhlen zu ſaugen. Seine Structur iſt ſtets ſo beſchaffen, daß die Bewegung in dieſer Richtung ſtattfindet, und wenn Oeffnungen vorhanden ſind, welche die Communication beider Bäume mit einander zulaſſen, fo wird das Herz noch, wie bei den Reptiljen, zu einem Organe, in wel— chem ſich das ſchwarze mit dem rothen Blute mifcht. Ein vollſtaͤndiges Herz beſteht weſentlich aus zwei Saͤcken oder Beuteln, deren Wandungen eine der noͤthigen Zuſammenzie— bungskraft angemeſſene Stärke beſigen; der eine iſt eine erdſtaͤn— dige Erweiterung des Venenwurzelſtocks; der andere der Anfang des Arterienſtammes. 58 Dieſe beiden Säde find aber nicht immer vorhanden. Wir baben bereits geſehen, daß der arterielle bei den Lymphherzen fehlt. Bei den Fiſchen werden wir finden, daß Nebenherzen oder das Blut kraͤftiger, als es von den Gefäßen geſchieht, forttreibende Organe an die Stelle des einen oder andern dieſer Stucke treten. Von den andern Typen werde ich hier nicht reden, da von den bei ihnen zu beobachtenden Aufrift bedeutenden Verſchiedenheiten in dieſem Puncte weiter unten gehandelt werden ſoll. (Schluß folgt.) Mies eee deen ueber den flafhennafigen Walfiſch (Hyperoodon) bat Hr. Henry Johnſon aus Liverpool folgende Bemerkungen mitgetheilt. „Er ward, Liverpool gegenüber, an der Küfte von Cheſhire gezeigt, war 25 Fuß lang und hielt 13 Fuß im Umfangr. Von der Spitze der Naſe bis zu der Bruſtfloſſe 6 Fuß, die Bruſt⸗ floſſe 2 Fuß 5 Zoll, von der Spitze der Naſe bis zu dem Auge 3 Fuß 9 Zo. Ven dem Anfange der Rüdenfloffe bis an das Ende des Schwanzes 9 Fuß. Breite des Schwanzes 6 Fuß, Rüden floſſe 20 Zoll, von dem Auge bis zu der Mundöffnung 21 Zoll. — Er wurde in Eaſt Heylake in einer Waſſertiefe von 4 Fuß ger fangen, und als man ihn zuerſt wahrnahm, blies er Waſſer durch die Spritzloͤcher zwei Ruthen hoch (roods). Die Fiſcher verſuchten in feine Seite Harpune einzuwerfen, aber fie glitten ab; als dann die Angreifer ihre Jagd aufzugeben im Begriffe waren, (zu einer Zeit, wo die Fluth ſahr anwuchs und der Walfiſch ſich bemühte, devorzukommen) fuhr einer der Haken des Harpuns vorbei und faßte zufallig in dem Spritzloche, worauf das Thier kein Waſſer mehr ausſtieß und faſt unmittelbar darauf ohne Todeskampf ſtarb. Nachdem es einige Tage, Liverpool gegenüber, gezeigt worden war, wurde er nach Heylake zurückgebracht, zerlegt und wegen des Oels ausgekocht. Der Magen enthielt eine unmäßige Menge von Ge: pienfchnäbeln, fo daß wirklich nichts Anderes in demſelben war. In dem Unterkiefer waren zwei Zähne von coniſcher Form und ſehr ſpitz; der Theil, welcher über der Zahnhoͤhle herausragte, glich einem Dabnenfporne ; aber der untere Zkeil ift pietzlich nach Au: ßen zu ar geſchwollen und hohl: fie maßen 1 Zoll 8 Linien in Län⸗ ge. Kein Theil derſelben war oberhalb des Zahnfleiſches ſichtbar, und erſt, als ich dieſes einſchnitt, kamen fie mir zu Geſicht Die Knochen wurden für die Royal Institution zu Liverpool erkauft und ich beabſichtige, dieſen Sommer das Skelet zuſammenzuſetzen.“ Ein Reiſender für Naturgeſchichte an der Südſpitze von Africa, Hr Dr Krauß aus Stuttgard, iſt zuruͤckgekemmen und hat bedeutende Sammlungen von Thieren mitgebracht, die er baupt⸗ fachlich in Natal und Amazoolo-Land, wo er ſich zwoͤlf Monate auf: hielt, durch feinen Eifer und Aufmerkſamkeit zuſammengebracht hat. Die zoelogiſche Sammlung umfaßt Säugetbiere, Vögel, Fiſche, Amphi⸗ bien, Gruftaceen, Inſecten, Conchylien, Zocpbyten. — Die bota⸗ niſche Sammlung entbält etwa 3,000 Arten forgfältig aufbewabr⸗ ter Pflar zen und meiſt 30 Exemplare von jeder Art; die von Na⸗ tal, etwa 1000 Species betragend, werden den Botanikern zu 40 Schilling das Hundert dargeboten; die in der Gapcolonie ges ſammelten zu 25 Schilling das Hundert Species. Außerdem hat Dr. K. die geolegiſche Beſchaffenbeit des Landes ſorgfaͤltig untere ſucht und beſonders über die Kohlenlager Nachforſchungen angeſtellt und geoanoftifche Handſtuͤcke und foſſile Reſte mitgebracht. eie Behandlung des Veitstanzes. Von W. T. Ward. Die unregelmäßigen convulſiviſchen Actionen der Muss keln auf einer Seite des Koͤrpers bei Hemiplegieen, wobei ſie nicht mehr unter der Leitung des Willens ſtehen, beweiſ't offenbar eine Unterbrechung der Weiterleitung des Nerven: einfluſſes in denſelben. Die Geiftesverwirrung und die Reiz⸗ barkeit, welche Paralyſen begleiten und die Haͤufigkeit der Umwandlung einer Krankheitsform in die andere beſtimmt 59 mich, die chorea als eine Modification der Hemiplegie bei jungen Subjecten zu betrachten (Mead.) So wiſſen wir, daß Druck auf das Gehirn Hemiplegie verurſacht, und daß, wenn dieſer Druck von ergoſſenen Fluͤſſigkeiten herruͤhrt, unregelmaͤßige Thaͤtigkeit der willkuͤhrlichen Muskeln erfolgt; Daſſelbe ſehen wir in geringerem Grade bei Individuen hoͤ— heren Alters bei Paralyſen. Und bei der Section eines Kindes, welches einige Zeit vor dem Tode zuckende Bewe— gungen mit dem rechten Arme und Fuße nicht anhaltend, ſondern nur von Zeit zu Zeit hatte, fand ich eine betraͤcht— liche Quantitaͤt Waſſer in dem linken Hirnventrikel. Bei einer jungen Frau, welche beſtaͤndig an unwillkuͤhrlicher Be— wegung des Armes litt, die mit dem Pulſe von 124 Schlaͤgen ſynchroniſch war, zeigten die Symptome im An— fange des Anfalles deutlich, daß Druck auf das Gehirn ſtattfand. — Bee einer vierzigjaͤhrigen Frau begleitete eine convulſiviſche Bewegung des rechten Armes jeden zweiten Pulsſchlag; ſie hatte zwei Monate zuvor eine Ohnmacht gehabt und litt ſehr an Kopfſchmerz, der ſich auf die linke Kopfſeite beſchraͤnkte; dieſes Leiden wurde in wenigen Tagen durch eine Blutentziehung und den Gebrauch von Purgan— zen beſeitigt; wahrſcheinlich wuͤrde bei beiden letzten Faͤllen eine ſtaͤrkere Ausbildung derſelben Urſache Paralyſe hervor— gebracht haben. Schon Sydenham bemerkt, daß die chorea haͤufi— ger bei Mädchen, als bei Knaben, vorkoͤmmt, nach Andre im Verhaͤltniſſe von 4 zu 1, nach Hamilton von 5 zu 4. Der verhaͤltnißmaͤßig geringern Thaͤtigkeit der erſtern, in Bezug auf Koͤrperbewegungen, iſt dieß wohl hauptſaͤchlich zu— zuſchreiben. Außer den gewoͤhnlich damit verbundenen Symptomen bemerkt man häufig dabei Kopfſchmerz auf der der Affection entgegengeſezten Seite, ſodann zoͤgernde Sprache und Schwerfaͤlligkeit der geiſtigen Thaͤtigkeiten, worunter beſon— ders das Gedaͤchtniß leidet, wiewohl dieſe geiſtige Abſtum— pfung keinesweges immer dieſe Krankheitsform begleitet, da in mehreren von mir behandelten Fällen von chorea die Kranken im Gegentheile eine ungewoͤhnliche Schaͤrfe des Geiſtes zeigten und gerade einer der ſchwerſten und hartnaͤk— kigſten Fälle von denen, die mir vorgekommen find, ſich durch ungewoͤhnliche Schaͤrfe des Geiſtes bemerklich machte. Sectionen von Kranken, welche an chorea geſtorben, find ſelten gemacht worden. In einem Falle von Co pe— land (London med. repos. Jan. 1821) fand ſich eine Quantitaͤt truͤbes Serum in dem Ruͤckgratscanale, deſſen ſe— roͤſe Haute ungewöhnlich gefaͤßreich waren. Sydenham empfiehlt Blutentziehungen 3 bis 4 Mal und Abfuͤhrmittel an jedem zweiten Tage. Mit verſchiede— nem Erfolge hat man auch manche tonica und stimulan- tia angewendet. Dieß iſt eben ſo zu beurtheilen, wie die Behandlung der Hemiplegie. Was die allgemeine Behand— lung betrifft, ſo ſcheinen Blutentziehungen unnoͤthig und da— her nicht zu empfehlen, außer bei Faͤllen, wo uͤberhaupt große Gefaͤßaufregung vorhanden iſt. Im Ganzen bin ich mehr geneigt, mein Vertrauen auf die Anwendung von Pur— ganzen zu ſetzen, deren Wirkſamkeit Dr. Hamilton (On 60 purgative medicines) hinreichend feſtgeſtellt hat. Nach den guͤnſtigen Reſultaten, welche ich durch Uebung der will— kuͤhrlichen Muskeln zu Wiederherſtellung der Verbindung zwiſchen dem Senſorium und den Muskelkraͤften bei para— lytiſchen Affectionen erlangt habe, beſchloß ich, ihren Einfluß auch bei der Cur der chorea zu verſuchen; der Erfolg er— giebt ſich aus folgenden Faͤllen, von denen zwei von langer Dauer waren und den gewoͤhnlichen Mitteln hartnaͤckig wi— derſtanden hatten. Erſter Fall. Ein lebendiges friſches Maͤdchen von eilf Jahren wurde im Fruͤhling 1814 von chorea befal⸗ len, welcher betraͤchtlicher Kopfſchmerz vorausgegangen war und die jetzt hauptſaͤchlich den rechten Arm und Fuß affi— cirte. Ein Jahr nach Anfang der Krankheit wurde die Fowlerſche Solution zwei Mal taͤglich zu 8 gilt. gegeben, dabei eine Purganz von Rhabarber und Calomel zwei Mal woͤchentlich. Das Ganze wurde durch Muskeluͤbungen mit Arm und Fuß unterſtuͤtzt. Dieſe Behandlungsweiſe wurde ſechs Wochen lang fortgeſetzt und befeitigte die Krankheit vollkommen. Die geiſtigen Thaͤtigkeiten des Kindes blieben indeß ſehr beſchraͤnkt; das Gedaͤchtniß war ſchwaͤcher und die Auffaſſungskraft viel träger geworden. Zweiter Fall. Ein Knabe zwiſchen 10 — 11 Jahren wurde in der Nacht von Paralyſe der ganzen rech— ten Seite befallen, wie man glaubte, in Folge eines Schrecks. Nach Verlauf eines Jahres ſah ich den Kranken. Er hatte fortwaͤhrend Huſten, articulirte undeutlich und litt an beſtaͤndigen convulſiviſchen Bewegungen des rechten Bei— nes und Armes; wiederum ein Jahr ſpaͤter kam er in mei— ne Behandlung, und ich muß hier vorausſchicken, daß waͤh— rend dieſer Zeit Purganzen, verſchiedene tonica, Arſenik, ſalpeterſaures Silber bis zur Hautfaͤrbung, Zink, Electrici— taͤt, Seebad und andere Mittel mit ſehr wenig Erfolg verſucht worden waren. Zu dieſer Zeit, im October 1818, hatte der Kranke mehr Kraft in ſeinen Armen und Beinen erlangt; dennoch war die unregelmaͤßige Thaͤtigkeit der Muskeln ſo groß, daß der Kranke bei'm Trinken nicht ſelten das Glas mit einem Stoße von ſich bewegte, und wenn er bei Tiſche ſaß, ſo war er nicht im Stande, die Bewegung des Beines ſo weit zu beherrſchen, daß er feinen Nachbar nicht geſtoßen hätte. Obwohl in dem vorhergehenden Falle die Darreichung des Arſeniks in Verbindung mit Abfuͤhrmitteln und Körpers uͤbungen von guͤnſtigem Reſultate war, ich aber doch unſi— cher blieb, welches von dieſen gleichzeitig gebrauchten Mitteln eigentlich dieſe Wirkung gehabt habe, ſo beſchloß ich, die beiden erſten fuͤr ſich allein zu verſuchen. Nachdem ich mehrere Monate lang dieß ohne entſchiedenen Vortheil fort— geſetzt hatte, ſo beſchloß ich, einen Verſuch mit den Mus— keluͤbungen allein zu machen, und obwohl ich die guten Wir— kungen deſſelben vermuthet hatte, ſo war ich doch erſtaunt, wie raſchen Einfluß dieſe Uebungen hatten. Ich ließ den Kranken am Morgen ein Gewicht von 47 Pfund mit aus— geſtrecktem Arme ſo lange, als es ihm moͤglich war, halten, und dieß mehrmals im Tage wiederholen; ſodann ließ ich ihn auch ſo lange, als moͤglich, auf dem rechten Fuße allein 61 ſtehen, und dieß beſtaͤndig wiederholen. An demſelben Abend waren die convulſiviſchen Bewegungen bereits vermindert, und nachdem die Behandlung einen Monat fortgeſetzt war, hatten alle Convulſionen aufgehört. Die Muskelkraͤfte des Patienten hatten ſo zugenommen, daß er durch mehrere Verſuche endlich im Stande war, das ganze Koͤrpergewicht bloß mit dem kranken Arme zu tragen. Einen guͤnſtigen Erfolg von Muskeluͤbung erwartete ich in dieſem Falle nicht bloß wegen der Aehnlichkeit mit Pa— ralyſen, ſondern auch deßwegen, weil ich bemerkte, daß die convulſiviſchen Bewegungen im Fuße geringer, die Kräfte dagegen im Allgemeinen betraͤchtlicher waren, als im Arme, was ich mir nur durch die haͤufigere Uebung dieſes Gliedes erklaͤren konnte. Betrachtet man dieſen Fall im Ganzen, ſo ſcheint es, daß dabei eine Unterbrechung der Verbindungen zwiſchen Ge— hirn und Muskelſyſtem ſtattgefunden hatte; der geſunde Zus ſtand des Gehirns wurde hergeſtellt, aber die Empfindungs— erregung der Muskeln durch die Nerven blieb unterbrochen, die Muskeln hatten die Faͤhigkeit, dem Willenseinfluſſe zu gehorchen, verloren, und waren wegen der geringeren Uebung weniger reichlich mit Blut verſehen, wodurch ihr Schwaͤche— zuſtand entſtanden war. Die Aufgabe war daher, die Ein— heit und Zuſammenſtimmung der Thaͤtigkeit dieſer Theile auf's Neue zu erlangen; das rationellſte Verfahren dazu war die haͤufige Uebung des Willenseinfluſſes auf dieſelben Muskeln wodurch ſie wieder unter ihre natuͤrliche Herrſchaft zuruͤckgefuͤhrt wurden. Dritter Fall. H., 15 Jahr alt, kam im Juli 1819 in meine Behandlung. Er hatte an convulſiviſchen und unregelmaͤßigen Bewegungen des Rumpfes, der obern Extremitaͤten, des Halſes, des Kopfes, des Geſichtes und der Augenlider waͤhrend der letzten neun Jahre gelitten. Im Laufe der letzten 12 Monate waren die Krankheitserſchei— nungen einmal 14 Tage lang ausgeblieben, waͤhrend ein Neſſelausſchlag ausgebrochen war; danach aber kehrten die Convulſionen zuruͤck und waren von beſtaͤndigem Schnaufen, Schnarchen und Keuchen begleitet, welches bisweilen auf be— trächtlihe Entfernung zu hoͤren war, und fo häufig eintrat, daß es waͤhrend dem Eſſen 20 — 30 Mal ſtattfand; da— bei war die Zunge belegt, der Darmcanal gewoͤhnlich ver— ſtopft, der Puls 90 — 120. Der junge Mann iſt em: pfindlich, ſehr leicht gereizt, aber uͤbrigens auffallend freund— lich und gut geſtimmt. Die Verwandten bemerkten, daß die Convulſionen ſeltener waren, wenn der Kranke auf ſpaͤr— liche Diät geſetzt und wenn für regelmäßigen Stuhlgang geſorgt wurde. Jeder Verſuch, den unregelmäßigen convul— ſiviſchen Bewegungen, ſelbſt nur auf kurze Zeit, zu wider: fteben, ermuͤdete den Kranken außerordentlich, veranlaßte gro⸗ ßes Mißbehagen in der Bruſt und ſchien die Krankheit zu verſchlimmern. Koͤrperbewegungen oder irgend eine geiſtige Aufregung, welche die Circulation beſchleunigte, verſchlim— merten die Convulſionen. Bei der Unterſuchung fand ſich der thorax contrahirt. Bis dahin waren die verſchiedenſten Mittel gegen die Krankheit in Anwendung gekommen, beſonders Purganzen, 62 ſodann Electricitaͤt, drei Monate lang ein Mal taͤglich und drei Monate lang zwei Mal taͤglich; ſodann anodyna, Quedfilber, ein Fontanell im Nacken. Auch war eine See: reiſe verſucht worden, ohne jedoch anderen Nutzen zu gewaͤh⸗ ren, als eine Beſſerung des Allgemeinbefindens Ich verſuchte nun, wie in dem letzten Falle, den Ge— brauch der Arſenikſolution, wovon ich zwei Monate lang zehn Tropfen drei Mal taͤglich und zwei Mal in der Wo— che Abfuͤhrmittel aus Calomel und Rheum nehmen ließ, obs ne daß jedoch die convulfivifhen Bewegungen des Körpers dadurch nur im Geringſten vermindert worden waͤren; ich ließ daher den Arſenik ausſetzen und nur die Purganzen ge— brauchen. Die Hauptindication ſchien in dieſen, wie in als len uͤbrigen Faͤllen zu ſeyn, daß der Einfluß des Willens auf die Muskeln durch haͤufige und kräftige Uebung der Willenskraft wiederhergeſtellt werde; deßwegen ließ ich in jeder Hand nach einander mit ausgeſtrecktem Arme ſo lange, als möglich, ein Gewicht halten und auf dem Kopfe ohne Unterſtuͤtzung der Haͤnde ein moͤglichſt ſchweres Gewicht ba— lanciren, welches, entſprechend der Zunahme der Kraͤfte, eben— falls vermehrt wurde; taͤglich eine Stunde lang machte ich ihm die Aufgabe, ſich nur damit zu beſchaͤftigen, daß er das convulſiviſche Zucken feiner Augenlider uͤberwinde. Fer— ner ließ ich ihn verſchiedene Koͤrperuͤbungen vornehmen, z. B., Graben, Klettern und ſoweit als moͤglich zu laufen, ohne zum Athemholen ſtille zu ſtehen. Bald hatte das Keuchen ganz aufgehört, und die convulfivifhen Zuckungen in den verſchie— denen Körpertheilen waren ſehr gebeſſert. Drei Monate danach waren alle Krankheitsſymptome, wie es ſchien, vollkommen beſeitigt; die Darmfunction war regelmaͤßig; der Puls variirte von 70 — 75 und der Kranke blieb laͤnger, als drei Wochen frei von jeder Art von Affection. Als er aber Verwandte auf dem Lande be— ſuchte und ſeine Uebungen ausſetzte und auch nicht mehr dieſelbe Aufmerkſamkeit auf feine Diät verwendete, fo erlitt er einen leichten Ruͤckfall, indem ſich wieder unwillkuͤhrliche Bewegungen der Augenlider einſtellten. So dauerte der Zuſtand ein Jahr. Bisweilen war er vierzehn Tage lang ganz frei, bisweilen kehrte aber auch das Zwinkern zuruck; dagegen wurde auf beiden Seiten des Geſichtes etwas Brech⸗ weinſteinſalbe eingerieben und zuweilen ein ſehr kleines Bla: ſenpflaſter auf das obere oder untere Augenlid gelegt, in der Abſicht, die Bewegungen der Theile ſchmerzhaft zu machen und dadurch den Kranken zu beſtimmen, ungehoͤrige Bewer gungen zu unterdruͤcken. Dieß Verfahren entſprach der Abs ſicht, ſo lange noch das mindeſte Wundſeyn vorhanden war; fo wie aber die Hautreizung aufhoͤrte, kehrten auch die Con» vulſionen zuruͤck. Es iſt durchaus kein Zweifel, daß der Kranke die Herr— ſchaft Über die Bewegung der Augenlider, wie über die uͤbri— gen Muskeln hatte; denn auch abgeſehen von den 1 — 2 Wochen dauernden ganz freien Zwiſchentaͤumen, konnte er doch im Verkehre mit Fremden 5 — 6 Stunden lang ſich fo weit beherrſchen, daß er nicht den mindeſten Verdacht feiner krankhaften Affection erregte; im Gegentheile, wenn er allein war und glaubte unbeachtet zu ſeyn, fo gab er feinen Ges 1 63 ſichtsmuskeln eine unbeſchraͤnkte Freiheit, geſtattete ſich alle moͤglichen Verzerrungen des Geſichtes und gab ſelbſt zu, daß ihm dieſe Vergnuͤgen machten. Ueberſehe ich dieſen Fall im Ganzen, ſo ſcheint es mir, daß eine urſpruͤngliche Gehirnkrankheit durch die lange Fort— ſetzung der Purganzen mit ſtrenger Diät beſeitigt worden, und daß die verſchiedenen Koͤrperuͤbungen, in der That, das Mittel waren, durch die haͤufige und kraͤftige Erregung der Willensthaͤtigkeit den Einfluß des Nervenſyſtems auf die Muskelkraft wiederherzuſtellen. Der mangelhafte Erfolg bei Beſchraͤnkung der unregelmaͤßigen Bewegungen der Au— genlider laͤßt ſich allenfalls davon herleiten, daß es uͤber— haupt ſchwierig iſt, eine Krankheit auszurotten, welche lange Zeit habituell geweſen iſt; außerdem iſt auch zu beruͤckſich— tigen, daß die Thaͤtigkeit der Augenlider zum Theil unwill: kihrlich iſt, vorzüglich aber, daß die vollſtaͤndige Beſeitigung der krankhaften Affection groͤßtentheils von dem eigenen Willenseinfluſſe abbiny, da dieſelben aͤußeren Agentien, welche die Muskeln zu willkuͤhrlichen Bewegungen erregen ſollen, nicht auf gleiche Weiſe auf die Muskeln der Augenlider, wie auf die der Extremitaͤten und des Halſes ſich anwenden ließen. (Pract. observ. on Distort. of the spine, chest and limbs. London 1840.) Miscellen. Von Schlafſucht lieſ't man im Bradford Observer fol⸗ genden merkwuͤrdigen Fall: Thomas Bradley, geboren zu Deighton bei Huddersfield d. 4. Nov. 1817, und alſo gegen waͤrtig in feinem 23ſten Lebensjahre, war vorzüglich gut gewach— ſen, 5 Fuß 10 Zoll hoch und wog etwa 11 Stein (à 14 Pfd.). Bis zum 15ten Lebensjahre hatte er keine einzige gefährliche Kranke heit zu beſtehen gehabt, und kein Glied ſeiner Familie litt je an Epilepſie (fits). Als er im ſechszehnten Jahre ſtand, verfiel er in einen Schlaf, der neun Wochen anhielt, und noch in demſelben Jahre verſank er zum zweiten Male in Shlaffuht, die dieſesmal ununterbrochen vierzig Wochen dauerte. Waͤhrend dieſes langen 3:itraumes magerte er bedeutend ab, und es dauerte nach dem Er— wachen lange, ehe er ohne fremde Huͤlfe ſtehen konnte. Jadeß er— holte er ſich allmaͤlig, ward wieder kraͤftig und blieb bis Ende Au— guſt vorigen Jahrs bei guter Geſundheit. Alsdann traten eine un— gewoͤhnliche Schlaͤfrigkeit und Appetitloſigkeit ein, und am 30. Au: guſt verfiel er, während er feinen Thee trank, abermals in Schlaf, in welchem er noch jetzt (nach zweiunddreißig Wochen) ver— harrt. Dieſes Mal iſt es, unter Beobachtung der Vorſchriften zweier Chirurgen, gelungen, der Abmagerung mehr vorzubeugen, als früher. Man bringt ihn drei Mal täglich in eine andere Lage im Bette, läßt ihn die Wiſche oft wechſeln und regelmäßig Nab- rung genießen, die meiſt in Rindfleiſchbruͤhe beſteht, welche man 64 ihm in winzigen Portionen einfloͤßt, die, ſobald ſie an den Schlund— kopf gelangt ſind, durch eine krampfhafte Anſtrengung verſchluckt werden. (London aud Paris Observer, 24. May 1840.) Ueber die Wirkſamkeit des Galvanismus bei der Aſphyxie durch Submerſion enthält die Dublin medical Press vom 1. Juli Folgendes: Am 18. Juli wurde Dr. Sof. Ferguſon zu Meillingar in Eile zu einem Manne gerufen, den man aus dem Waſſer gezogen hatte; man hielt denſelben fuͤr todt, denn er war kalt, livid und ohne Bewegung. Der Menſch war wenigſtens ſechs bis ſieben Minuten unter'm Waſſer geblieben und bei'm Hineinfallen gaͤnzlich betrunken geweſen. Da der Leib ſehr aufgetrieben war, ſo wurde gleich das Rohr einer Magenpumpe eingefuhrt und ein Gallon, ſtark mit Branntwein impraͤgnirtes, Waſſer ausgeleert. Nachdem die gewoͤhnlich zur Wiederbelebung angewendeten Mittel ohne Erfolg geblieben waren, entſchloß ſich Dr. F. zu folgendem Verſuche. Er machte einen Einſchnitt untere halb der ſiebenten Rippe bis auf's Zwerchfell, legte etwas von die— ſem Muskel bloß und brachte an ihn den Conductor einer Saͤule von funfzig platten; die Wirkung war augenblicklich und übere raſchte alle Zuſchauer. Die Bruſt- und Bauchmuskeln zogen ſich krampfhaft zuſammen, aber nach einigen Secunden machte dieſe convulſiviſche Bewegung regelmaͤßigen Bewegungen Platz; die Re— ſpiration und Circulation ſtellten ſich her, und aus der gemachten Wunde trat nun erſt etwas Blut hervor. Es zeigten ſich dei dem Kranken bald einige entzuͤndliche Symptome, die aber durch Ans wendung einer antiphlogiſtiſchen Behandlung bald beſeitigt wurden. Dr. Ferguſon k fügt hinzu, daß ſich hieraus ergebe, wie es nicht noͤthig ſey, direct auf den nervus phrenicus oder auf das achte Nervenpaar zu wirken; bei'm Einſchneiden in die weichen Theile muͤſſe man ſich aber ſorgfaͤltig in Acht nehmen, das Zwerchfell ſelbſt nicht zu verletzen. Metallcoliken durch Berührungen mit gemuͤnz⸗ tem Silber. Die Gazette médicale zu Paris meldet, daß ein Arbeiter in der Caſſe der Bank von Metallcolik befallen worden ſey, weil er Silber gehandhabt habe, und daß dieſe Colik von gro— ßer Iutenficät geweſen ſey. — Der Verfaſſer des Aufſatzes fagt, daß die Coliken, welche aus dem Handhaben des Silbers entſprin— gen, haͤuſiger ſind, als man glaubt. Er ſagt, daß mehrere Wechs— ler ihn verſichert haben, ſie haͤtten ſehr haͤufig Coliken, welche oft mehrere Tage dauerten und dann von ſelbſt vergingen. Niemals hatten die Wechsler geglaubt, daß ſie dieſe Krankheiten der Beruͤh— rung des Silbers zuſchreiben muͤßten. Ein bei der Bank Ange— ſtellter hatte dieſelbe Wirkung erfahren. Eine Dame hat ange— zeigt, daß ſeit zehn Jahren, wo ſie einen Wechſelladen hat, ihr Mann, ihre Tochter, ihre Soͤhne und diejenigen, welche ſich in dem Haufe mit Geldwechſelgeſchaften befaſſen, ſeit jener Zeit eine weni- ger gute Geſundheit hätten, als fruͤher, und daß der Sohn, wel— cher ſich mit Metallarbeit befaßt, haͤufiger krank iſt, als die uͤbrigen, und beſonders häufig an Colik leide. Die Dame ſchrieb den Zuftand von Uebelbefinden ihrer Familie dem Staube zu, welcher ſich ers hebt, wenn man Silber, und beſonders Piafter, bewegt. Hr. Mi— quel hat einen Juwelier behandelt, dem die fortwaͤhrende Berühs rung mit Silber eine Metallcolik zugezogen hatte. — Der Verf. behandelt die Colik mit Tabaksclyſtiren, die mit 2 Gramm. Tabak auf 125 Gramm. Waſſer bereitet find. — Gewiß wird dieſer Ges genſtand noch weiteren Nachforſchungen und Unterſuchungen unter— worfen werden. | en ———b—̃ĩ̃—— Bibliographische Neuigkeiten. Osteographie, ou Description iconographique comparee du Sque- lette et du Systeme dentaire des cing classes d'animaux ver- tebres récents et fossiles etc Par M. H. M. Ducrotay de Blainvilleete., ouvrag& accompage de Planches lithographises sous sa direction par M. J. C. Werner, Peintre de Museum d'Histoire naturelle de Paris. Texte in 4to. Planches in Fo- lio. Paris 1840. Die mikroſcopiſchen Forſchungen im Gebiete der menſchlichen Phy— ſiologie Dargeſtellt von Otto Koͤſtlin. Stuttgardt 1840. 8. Traite des maladies nerveuses ou neuvroses et en particulier de la Paralysie et de ses variétés etc. Par H. J. M. Hyacin- the Musset. Paris 1840. 8. Piece analytique des travaux de la Société médicale de Dijon pour année 1833. Par N. A. Pingeon. Dijon 1840. 8. — . —ꝛ—̃ k ů —a— Vene Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Beilkunde, arfammeit und mitgethellt von dem Ober * Medicinalraide Froriep ju Weimar, und dem Merietnalrathe und Profefier Froriep ju Berlin, No. 313. (Nr. 5. des XV. Bandes.) Juli 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Wart un er nn Ueber den Nahrungsſaft, ſeine Behaͤlter und Be— wegung bei jammtlichen Thieren. Von G. L. Duvernoy. (Schluß.) Bei den warmblütigen Wirbelthieren iſt das Ernaͤh— rungsherz das Hauptherz, was ſich aus deſſen Structur zur Ge- nüge ergiebt, während das Reinigungsherz ſich als ein bloßes An: hängſel des erſtern darſtellt. Dieſe beiden Herzen find nur ober— flaͤchlich eines in das andere eingeſchachtelt, damit die Thaͤtigkeit ihrer entſprechenden Hoͤhten im gehörigen Einklang und gleichzei— tig von Statten gehe. Die beiden Saͤcke deſſelben Herzens blei— ben jedoch von einander gehoͤrig getrennt, fo daß ſich die von ihm aus in Bewegung geſetzten beiden Blutarten in dieſem Centraltheile der beiden Blutbaͤume nicht vermiſchen können. Jeder Beutel (Ventrikel) ertbeilt, indem er ſich mit einer der Zahl der ihn bildenden Muskelfaſern proportionalen Kraft zuſam— menzieht, dem in ihm enthaltenen Blute einen Stoß, vermoͤge deſ— fen es in dem centrifugalen Theile des Blutbaums fortruͤckt, und erzeugt, indem er ſich wieder ausdehnt, ein Vacuum, welches das Blut aus dem centripetalen Theile deſſelben Baumes heranſaugt. Dieſe ſtoßende und ſaugende Thaͤtigkeit ſcheint ihre Wirkſam— keit auf die ganze Ausdehnung der beiden Baͤume zu erſtrecken, und in dem Zwiſchenhaargefaͤßſyſteme vereinigen ſich beide Arten von Thaͤtigkeit zu demſelben Zwecke. Bei den Fiſchen beſteht das einfache Herz aus einem Ve— nen- und einem Arterienbeutel, welche einer hinter dem andern liegen (aus einem Venen- und zwei hintereinanderliegenden Arte— rienbeuteln 2). Er befindet ſich zwiſchen dem Wurzelſtocke und dem Stamme des Reinigungsbaumes. Der Ernaͤhrungsbaum beſitzt kein Herz. Daher muß dieſes einfache Herz, welches das Blut die rect in die Kiemen treibt, feine Thaͤtigkeit durch das Haargefaͤß ſyſtem der Kiemen hindurch auf den ganzen Ernaͤhrungsbaum bis in das allgemeine Haargefaͤßſyſtem des Koͤrpers ausdehnen. Auch hier muß die anzichende Thaͤtigkeit des Venenbeutels die Treibkraft der aufeinanderfolgenden beiden Arterienbeutel beguͤnſtigen. Dieſes ein— fache Herz geboͤrt daher, theils feiner Lage, theils feiner directen Thaͤtigkeit nach, weſentlich den Kiemen oder der Reſpiration an, während es auf die aorta oder die Ernahrung nur mittelbar ein— wirkt. Aus dieſer doppelten Beſtimmung erklaͤrt ſich deſſen eigene thuͤmliche Organiſation und das Vorbandenſeyn des bulbus. d. h., eines zweiten Arterienbeutels, welcher vor dem eigentlichen Ventri⸗ kel liegt und den Anfang der Lungenarterie bildet. Bei den Säugetbieren. Vögeln und Fiſchen iſt das Herz ein Organ, welches dem Nahrungsſafte ſeine Bewegung und Richtung ertheilt. No. 1413. Bei den Reptilien bewirkt das Herz außerdem noch die Vermiſchung des Blutes des Ernährungsbaumes mit dem des Reis nigungsbaumes und umgekehrt; dieſe Miſchung tritt nicht in den Venenbeuteln, deren beide Hoͤhlen ſtets von einander abgefondert bleiben, ſondern in den Arterienbeuteln ein, deren Scheidewände OL vollſtaͤndig find, oder die auch wohl nur eine einzige Höhle ilden. Die beiden Herzohren oder Venenbeutel wirken auch bei den Thieren dieſer Claſſe auf das in den Wurzelſtoͤcken des Reinigungs⸗ und Ernaͤhrungsbaumes enthaltene Blut anſaugend, und theilen ihre Treibkraft dem in dem einfachen Arterienbeutel enthaltenen Blute mit. Dieſer Beutel kann durch die vollſtaͤndige Verſchmel⸗ zung der beiden Arterienbeutel der warmbluͤtigen Wirbelthiere in einen einzigen entſtanden ſeyn, was, z. B., bei den Batrachiern der Fall iſt. Ihr Herz treibt das Blut in einen einfachen Arterienſtamm, der aus der Verſchmelzung der Stämme des Reinigungs und Er: naͤhrungsbaumes entſteht. Man bemerkt daran eine musculössfehs nige Anſchwellung, ein Ueberbleibſel des Kiemen-Athmungsappara⸗ tes der Larve. Der Arterienbeutel des Herzens der Batrachier iſt demnach das gemeinſchaftliche und hauptſaͤchliche Organ, von wel⸗ chem die ganze centrifugale Bewegung des Blutes ausgeht. Bei den Cheloniern iſt die Organiſation des Herzens zu⸗ ſammengeſetzter, indem zuvoͤrderſt 3 Arterien, naͤmlich die rechte und linke aorta (der Arterien-Canal oder: Gang) und die Lungenar⸗ terie, von demſelben ausgehen; ferner, weil dieſe letzte Arterie in einen ziemlich deutlichen sinus mündet, und endlich, weil die Wan⸗ dungen des Herzens durch ibre zellige Structur offenbar zur Ver— miſchung der beiden Blutarten eingerichtet ſind. Uebrigens werden, was die Thaͤtigkeit dieſes fo conſtruirten Herzens anbetrifft, die Wirkungen dieſelben ſeyn. Die beiden Herzohren ſaugen ebenfalls das Blut aus den ihnen entſprechenden Wurzelſtoͤcken an ſich, und wirken auf das in dem Arterienbeutel enthaltene ſtoßend. Die Thaͤtigkeit dieſes letztern erſtreckt ſich auf den ganzen Reinigungs- und Ernaͤhrungsbaum und den Arterien gang oder die linke aorta, welche im Grunde nur eine Anaftomofe zwiſchen dieſen beiden Bäumen iſt, welche durch das Herz ver: mittelt wird. Bei den Sauriern und Ophidiern iſt das Herz ebenfalls zum Saugen und Treiben, zum Miſchen des Blutes und zur Rich⸗ tung der Bewegung des letztern eingerichtet; nur bat es die Spu⸗ ren der Draanifation der beiden Herzen der warmblütigen Wirbel: thiere deutlicher beibehalten, als das Herz der Batrachier und Gbe- lonier. Der Arteriengang nimmt ſtets einen Theil des Blutes auf und wendet denſelben von den Lungen ab. Die unvollſtändigkeit der Scheidewaͤnde zeigt an, daß die Arterienbeutel ſich theilweiſe 67 mit einander verſchmolzen haben. Ihre Triebkraft wirkt zugleich auf die aorta, den Arteriengang und die Lungenarterie, jo wie ihre Saugkraft auf die beiden Venenbeutel ein. Dieſe letztern üben äyrescheils eine gemeinſchgaftliche treibende Kraft auf das ſammttiche, in dem Arterienbeutel enthaltene Blut aus, indem ſie im Augen— blicke ihrer Contraction das in ihnen befindliche Blut zugleich in dieſen Beutel ſtoßen. Dagegen uben ſie ihre Saugrraft einzeln auf je einen Venenwurzelſtock aus, und die Wirtung erſtreckt ſich bis auf die beiden Zwiſchenhaargefaͤßſyſteme der Lungen und des Körpers im Allgemeinen. Die Crocodile bieten uns in Anſehung der Structur des Herzens, das übrigens, je nachdem es breit und rundlich oder oval und ſpitzig iſt, zur Characteriſirung und Unter: ſcheidung der Gattungen dieſer Familie dient, eine ganz eigenthum— liche Organiſation dar, welche von uns entdeckt und in der erſten Ausgabe von Cuvier's Legons d'anatomie comparee zuerſt bes ſchrieben worden iſt. Der linke Beutel iſt von dem rechten durch eine vollſtaͤndige Scheidewand getrennt und die aorta empfangt aus jenem das fammtiihe aus dem Herzohre derſelben Seite hineinge— triebene Blut. Hier würden nun der Reinigungs- und Ernah— rungsbaum wieder von einander geſchieden ſeyn, wenn nicht ein Arteriengang vorhanden wäre, welcher einen Theil des nicht durch die Lungen gegangenen Blutes unmittelbar aus dem rechten Herz— beutel den Verdauungsorganen und der Abdominal-aorta zufuhrt. Das dem Halſe, Kopfe und den vordern Extremitaͤten zugehende Blut wuͤrde dagegen reines Arterienblut ſeyn, wenn nicht am Ur— ſprunge der beiden Aorten eine Communication vorhanden waͤre, die jedoch, meiner Vermuthung nach, nicht immer fortbeſteht, ſon— dern ſich erſt im Alter ſchließt, wie der ductus Botalli bei'm Men: ſchen ꝛc. es in einem ſehr fruhen Stadium der Entwickelung thut. Die drei oberſten Claſſen der Wirbelthiere beſitzen nur das Reinigungs- und Ernaͤhrungsherz, das zwiſchen dem Wurzelſtocke und dem Stamme jedes der beiden Gefäßbaͤume liegt, um den Nahrungsſaft in der geeigneten Richtung fortzutreiben. Bei den Fiſchen dagegen laſſen ſich mehrere andere unter— geordnete Organe beobachten, welche in Anſehung ihrer Muskel— ſtructur und Wirkung mit dem Hauptherzen Aehnlichkeit haben. Hierher gehören die beiden ſymmetriſchen bulbi, welche wir bei der Chimaera arctica entdeckt haben, und welche, gleich zwei Ringen, die arteriae innominatae dieſes Fiſches umgeben ). Sie verſtaͤrken die Bewegung des Blutes in demjenigen Theile des Ernährungsbaumes, welcher den Nahrungefaft dem Kopfe und den Bruſtfloſſen zufuͤhrt, während der Kiemen-bulbus bei dieſen Fi: ſchen fehlt. Bei dem Aale findet ſich am Schwanzende ein zweites Saug— und Treiborgan oder Herz, welches an einem der Koͤrperperipherie ſehr nahe liegenden Theile des Reinigungs- und Ernährungsbau— u fungiert. Es ift von Hrn. Marſhal Hall entdeckt wor: en e) Ich habe bereits von einem Treiborgane geſprochen, welches gewiß als Nebenherz fungirt und ſich im Pfortaderſyſteme mehre— rer Selacier findet***). Es beſteht in einem innern Gekroͤs— ſtamme, deſſen Wandungen ſehr dick und musculoͤs ſind, und der ſich in den Stamm der Pfortader fortſetzt. Außer dieſen verſchiedenen Structuren, welche bei den Fiſchen ein neues Organ zur Fortbewegung des Blutes hinzutreten laſſen, muß noch an die ſonderbaren Nebenkiemen des Heterobranchus anguillaris, Geoffr., erinnert werden, welche wir in unſerer Aus— gabe der Lecons t) nach einem Exemplare, deſſen Lungenarterie aus— geſpritzt worden, ſorgfaͤltig beſchrieben haben. Wir verglichen dort die hohlen Baͤume, welche jene Nebenkiemen bilden und auf ) S. die der Academſe der Wiſſenſchaften in Paris am 21. Sept. 1837 vorgeleſene Notiz: Ueber zwei Arterien-bulbi, wel: che als Nebenherzen fungiren ꝛc. Ann. d. Sc. nat. 2. Ser. T. VIII. Pl. 3, Fig. 1-2. *) S. No. 727 (No. 1 d. XXXIV. Bos. 1832) der Notizen a. d. Geb. d. Nat. u. Heilkunde. ***) Ann. d. Sc. nat. 2. Ser. T. III. pl. 10 u. 11 A, ) Legons d' Anatomie comparee de G. Cuvier, rédigées par G. L. Dwvernoy. T. IV. p. 353 u. 354. Paris, 1805, 68 deren Oberfläche die Zweige der Lungenarterie ſitzen, während des ren Stamme in die hinteren Wurzeln der abrta einzumunden ſcheinen, mit herzartigen Anſchwellungen, die ſich am Urſprunge der Hauptarterien des Körpers befinden. Dieſe Organiſation hat mit der der Kiemen bei den Terebellen die größte Aehnlichkeit, welche Hr. Milne Edwards ebenfalls ſehr richtig mit Herzen verglichen hat, wie wir weiter unten angeben. Das Studium des Blutumlaufes bei den Fiſchen hatte laͤngſt zu der Erkenntniß geführt, daß die Thaͤtigkeit des Herzens ſich in Betreff der Bewegung des Blutes bis über das Haargefaͤßſyſtem der Kiemen hinaus, uͤber das ganze Arterienſyſtem des Koͤr— pers erſtrecken konne, indem bei den Fiſchen kein der aorta inte ſprechendes Herz vorhanden iſt; ſo wie, daß die Wandungen der aorta, theilweiſe oder ganz, mit den Wandungen eines knochigen Canals oder einer knochigen Rinne verwachſen ſeyn koͤnnen, die ſich unter der Wirbelſäule hinzieht. Dieſe Beobachtung beweiſ't klar, daß die Saug- und Treib— kraft des Herzens die Haupturſache des Blutumlaufes iſt und an die Stelle der meiſten übrigen treten kann. Hr. Poiſeuille hat dieß uͤberdem durch ſinnreiche Verſuche dargethan, wodurch es ihm gelungen iſt, die Kraft des Herzens nach dem Grade des Druckes, den das durch jenes Organ in Bewegung geſetzte Blut auf die Wandungen der Arterien ausuͤbt, mit einiger Genauigkeit zu be— ſtimmen ). Nach der Thaͤtigkeit des Herzens ſpielt die Elaſticität der Ar— terien ohne Zweifel bei der Bewegung des Blutes, nicht nur in den Arterien, ſondern auch in dem Haargefaͤßnetz und in den Ve— nen die vornehmlichſte Rolle. Die Arterienwandungen, gegen welche das, durch die Zuſam— menziehung des Herzens fortgerriebene Blut einen mehr oder we— niger ſtarken, dieſelben ausdehnenden Druck ausgeübt hat, aͤußern, vermoͤge ihrer Elaſticität, ein Beſtreben, ſich wieder zuſammenzu— ziehen, ſobald der Druck vermoͤge der Erſchlaffung oder Ausdeh— nung des Ventrikels nachläßt. Dieſe mit der Kraftäußerung des Herzens abwechſelnde Thaͤtigkeit der Arterien theilt dem Blute eire fortgeſetzte, aber ſtoßweiſe Bewegung in allen Theilen des Arte— rienſyſtems mit, wo die dem Blute durch das Herz mitgetheilten Sloͤße ſich durchgehends fuͤhlbar machen **). Indeß find wir nicht der Anſicht, daß die Elafticität der Ar— terienwandungen der einzige Grund der gegen die Blutwelle, welche jene ausgedehnt hat, ruͤckwirkenden Thaͤtigkeit ſey. Sie beſitzen auch Reizbarkeit, und die vielen ihnen zugehenden Nerven deuten genugſam darauf hin, daß ſie ſich auch vermoͤge dieſer vitalen Ei— genſchaft zuſammenziehen. Die Elafticität ſcheint in den großen Stämmen, die Reizbar— keit in den kleinen Arterien die Hauptrolle zu ſpielen. Es giebt geſchickte Erperimentatoren, die hier, wie in dem Spiele des ganzen Haargefaͤßſyſtems, nur eine paſſive Thaͤtigkeit erkennen wollen, indem fie annehmen, daß die Bewegung des Blu- tes in den Zwiſchenhaargefaͤßſyſtemen lediglich vermoͤge deren Ela— ſticitat von Statten gehe ***). Wie ſchon Cuvier (S. 335 des VI. Bandes der Legons d’anatomie comparee, 2. edit, Paris 1839) bemerkt, iſt aber die Reizbarkeit der Arterien die Haupturſache der Bewegung des Blu— tes bei den Blutegeln, Nereiden u. ſ. w. Daraus läßt ſich, meiner Anſicht nach, mit Recht folgern, daß dieſe Eigenſchaft der Lebensthaͤtigkeit bei der Bewegung der Blutes in den kleinen Arte— rien der Wirbelthiere ebenfalls thätig mitwirke. Die Haupturſache der Bewegung des Blutes in den Venen liegt ebenfalls in der Thaͤtigkeit des Herzens, welche einestheils *) Recherches sur la force du coeur. Paris, 1828. Bailliere. ) Vergl. hierüber die Vorleſungen des Hrn. Magendie am College de France über die Erſcheinungen des Lebens sur les phenomenes de la vie. T. I—IV. ) Magendie a. a. O. und Poifeuille: Recherches sur les causes du mouvement du sang dans les vaisseaux ca- pillaires. Annales des Sc, nat, 2, ser. T. V. Zoologie. p. 111. Paris, 1836. 69 durch die Zuſammenziehung der Ventrikel ſtoßend oder treibend, an— derntheils durch die Ausdehnung der Herzohren und den dadurch gebildeten luftleeren Raum ſaugend wirkt. Die activen und paſſiven Zuſammenziehungen der entſprechen— den Arterien und der Zwiſchenhaargefaͤße müſſen dieſe Bewegung begünftigen, die noch durch den Druck, welchen die Hautbedeckun⸗ gen, Aponeurofen und in'sbeſondere die Muskeln auf die Venen ausüben, ſehr befördert wird. Endlich müffen wir, als einer Nebenurſache dieſer Bewegung, des atmoſphaͤriſchen Drucks und in'sbeſondere des luftleeren Rau: mes gedenken, welcher während des Einathmens in der Brufthöhle entſteht, und wodurch die Ruͤckkehr des Blutes in die dicken Venen begunſtigt wird, indem dieſelben ſich unter einem geringern Drucke erweitern ). Was die centripetale Richtung anbetrifft, ſo wird dieſelbe durch die Structur der Venen beſtimmt, in welchen Klappen oder Ven— tile ſich befinden, welche das Zurüuͤckfließen des Blutes nach dem Anfangsende der Gefäße verhindern und das Vorwärtöfliigen deſ— ſelben nach dem Wurzelſtocke zu geſtatten. 3. Bei den Mollusken. Wir haben im zweiten Artikel dieſes Auszuges den Mechanis— mus der Circulation bei den Mollusken bereits hinlänglich genau betrachtet, und wir verweiſen wegen der Details auf S. 386, Bd. VI. der Cuvier'ſchen Legons d’anatomie comparee, Wir hät: ten uns hier nun noch uͤber das waſſerfuͤhrende Syſtem auszuſpre— chen, welches Poli und Delle-Chiaje ), ſo wie Brandt ihr nen zuſchreiben, wenn wir es nicht für zweckmäßiger hielten, dieſen Gegenſtand bei Gelegenheit der Reſpirationsorgane zu betrachten. Wir erinnern hier noch an jene Centraltheile des Reinigungs- baumes, welche bei den Aplyſien an der durch die Eingeweide— böhle ſtreichenden Portion mit ſehr deutlichen Oeffnungen durch— brochen ſind, welche die Abſorption durch den Stamm oder den Wurzelſtock des Ernaͤhrungsbaumes geſtatten. Indeß läßt ſich behaupten, daß bei dieſem Typus das Blutge— faͤßſyſtem vollſtaͤndig vorhanden ſey, indem der Ernaͤhrungsbaum und Reinigungsbaum durch ein Haargefaͤßnetz mit einander verbun⸗ den find und der Nahrungsſaft ſich nicht in Luͤcken ergießt. Er bleibt überall eingeſchloſſen und circulirt in einem vollftändiaen Sy— ſteme von Behältern oder in einem abgeſchloſſenen Gefäßſyſteme. Der Haupthebel dieſer Bewegung iſt unſtreitig das Ernaͤh— rungsherz. Bei den doppeltkiemigen Cephalopoden beobachtet man merkwurdigerweiſe ein Ernaͤhrungsherz und zwei R inis gungsherzen; und zwar beſteht das erſtere nur aus dem Arterien— beutel Ventrikel) und die beiden letztern nur aus eben fo viel Ve⸗ nenbeuteln (Herzohren). Bei den vierkiemigen Cephalopo⸗ den verſchwinden ſogar dieſe den Kiemen entſprechenden Venenbeu— tel. Bei dieſer Beſchaffenhejt der unvollftändiaen Herzen der Erz phalopoden ſtellen ſich die eben angezeigten Unterſchiede, unſe— rer Anſicht nach, als weniger erheblich heraus. Bei den Pteropoden, Gaſteropoden, Bivalven und Brachiopoden iſt das Herz ſtets vollſtaͤndig, und wenn auf ei— nen einzigen Ventrikel zwei Herzobhren kommen, oder ſelbſt, wie bei den Archen ꝛc, zwei vollſtändige Herzen vorhanden find, ſo liegt dieß an der ſymmetriſchen Anordnung der Kiemen und andern auf die Koͤrpergeſtalt bezuͤglichen Umftänden. Das phyſiologiſche ) S. Recherches sur les causes du mouvement du sang dans les veines, par M. D. Harry. Paris 1826; ferner die vom Dr Poiſeuille am 27. September 1830 dem Inſtitute ge: machte Mittheilung uͤber denſelben Gegenſtand, und die Theſis des Dr. Maiffiat: Des lois qu mouvement des liquides dans les canaux etc., p. 41 52. Paris, 1839. Ich citire diefe letzte Abhandlung wegen der darin enthaltenen critifchen Bemerkungen. ** Descrizione di un nuovo apparato di canali aquosi scoperto R iuvertebrati marini delle due Sicilie. Napo- i, 1825. 70 Reſultat andert ſich aber darum nicht; die Arterienbeutel entfpres chen den beiderfeitigen aortae, die an ihrem Urſprunge gabelförmig geſpalten find, und deren entſprechende Aeſte ſich zur Bildung ei ner vordern und hintern aorta vereinigen. Dieſe gabelformige Spaltung der Aorten erinnert an die Bifurcatſon der in einfacher Zahl vorhandenen aorta während der erſten Tage der Bebrütung des Hühnerembryo's ). Aus dem, was wir über das Herz bei Salpa geſagt haben, welches das Blut abwechſelnd in zwei einander enkgegengeſetzte Ges faͤße treibt, welche abwechſelnd als Arterien und Venen fungiren, wird man erſehen, wie wünſchenswerth ses iſt, daß dieſe ſonder— baren Thiere noch näher unterſucht werden. Ihre Fortpflanzungs⸗ weiſe iſt nicht minder außerordentlich. Bei den Aſcidien moͤchte es ſcheinen, als ob das Treib⸗ und Richtungsorgan oder das Herz durch die Zuſammenziehbarkeit der aorta erſetzt werde; wenig ſtens hat daſſelbe bei dieſer Familie die Gefäßform angenommen **). In mehreren Ordnungen der Elaſſe der Cruſtaceen haben wir eine ahnliche functionale Verſchmelzung beobachtet. C. Bei den Gliederthieren. Bei unfern Unterſuchungen über die Bewegung des Blutes und die dieſelbe bewirkenden Agentien, haben wir, wie in Betreff der Behälter des Blutes, die drei Claſſen der Glie derthiere mit gegliederten Füßen von der Claſſe der Anneliden zu trennen. Bei den drei erftern Claſſen fehlt das Zwiſchenhaargefaͤßſyſtem des ganzen Organismus, d. h. dasjenige, welches ſich bei andern Typen zwiſchen den letzten Zweigen des Ernährungsbaumes und den Wurzelchen des Atbhmungs- oder Reinigungsbaumes befindet; und dieſe Abweſenheit kann ſich über den ganzen Reinigungsbaum, fo wie über alle Arfte des Ernährungsbaumes erſtrecken, von welchem dann nur der Centraltheil übrig bleibt. Indeß bewegt ſich der Nahrungsſtoff in den Luͤcken, wie es ſcheint, ſtets in derſelben Richtung, und die Treib- oder Saugkraft beruht unſtreitig auf: 1) den Wandungen der großen Rüden; 2) den behufs der Ernäh⸗ rung austretenden und durch die Verdauung zugeführten Theilchen des Nahrungsſaftes; 3) der vom Herzen oder dem Ruͤckengefaͤße ausaeübten Anziehung und Forttreibung; 4) endlich auf Urſachen phyſiologiſcher Natur, welche auf die Blutkuͤgelchen einwirken und uͤber deren Weſen wir noch ſehr im Dunkeln ſind. Hier ſcheinen die organiſchen Functionen und die Fortdauer des Lebens nicht fo innig an das Vorbandenſeyn einer gewiſſen Menge von Nahrungsſaft oder an deſſen Bewegung gebunden zu ſeyn. Die Bewegung des Blutes iſt wenigſtens nicht mehr ſo weſentlich nothwendig, wenn, wie bei den Inſecten, die Laͤuterung und Belebung des Blutes vermittelſt der atmoſphaͤriſchen Luft durch die in allen Theilen des Koͤrpers vorhandenen Tracheen bewirkt werden kann. Es bedarf dieſer Bewegung nur zur Vermiſchung neuer Beſtandtheile des Nahrungsſaftes mit den ſchon vorhande⸗ nen, fo wie zur Ernährung. Deßhalb findet man dieſelbe auch ſehr unregelmaͤßig und ausſetzend. Dieß laͤßt ſich aus dem Pulſi⸗ ren des Ruͤckengefaͤßes, als des Hauptbewegers, ſchließen, welches in allen Stadien des Inſectenlebens weder regelmaͤßig noch unun— terbrochen fortgeht ***). ) Prévoſt und Dumas a. a. O. ) Pr. Milne Edwards hat fo eben in Betreff der zuſam⸗ mengefegten Aſcidien nachgewieſen, daß die Bewegung des Blu⸗ tes, wie bei Salpa, eine hin- und hergehende iſt; daß das langgezogene Herz ſich nach einander an verſchiedenen Stel⸗ len, bald in der einen, bald in der andern Richtung zuſam⸗ menzieht, wie es die Speiſeroͤhre der Wiederkäuer thut, und fo das Blut abwechſelnd nach verſchiedenen Richtungen treibt. (Vorgetragen der Academie der Wiſſenſch. am 11. November 1839. S Comptes rendus, 2e semestre, p. 191.) (Ber: gleiche auch Neue Notizen ꝛc. Bd. XIII. ©. 216. ˙%ẽ Dieſe Unregelmaͤßigkeit ward ſchon von Malpigbi beobach⸗ tet. Herold (Phyſiologiſche Unterſuchungen über das Ruͤk⸗ Eengefäß der Inſecten; Marburg, 1823) bat auf die Minute 30 bis 40 Pulfationen gezählt, wenn die Temperatur 16 bis 5 * 71 Diefe Circulation des Nahrungsſaftes, welche bei ziemlich vies len Inſecten als Thatſache feſtſteht, beſteyt größtentheils aus Stroͤ— mungen, welche ſich bei den Larven in der großen Eingeweidehoͤhle, bei den vollkommenen Inſecten im Abdomen kundgeben. »Das aus der Spitze der aorta, die ſich an das Ruͤckengefaͤß an: ſchliest, ſich in den Kopf ergießende Blut kehrt in zwei, je auf einer Seite, von Vorn nach Hinten ſtreichenden Strömungen zus ruck und vertheilt ſich in die Canale, welche die Rippen der Fluͤ⸗ gel enthalten, worauf es in den beiden ſeitlichen Strömungen des abdomen und thorax wieder von Hinten nach Vorn ſtreicht. Ebenſo verhält es ſich mit dem in die Fuße dringenden und aus denſelben zuruͤckfließenden Nahrungsſafte. Das Blut, welches die Fäden (filets) durchlaufen hat, in die in manchen Faͤllen die letzten Ringe des Bauches ausgehen, verbindet ſich ebenfalls mit dieſen Abdominalſtromungen, welche in das hintere Ende des Ruk— kengefaͤßes, und zwar durch Oeffnungen einſtreichen, welche ſich an der Seite deſſelben befinden. Durch die Zuſammenziehungen dieſes Gefaͤßes und unter Beihuͤlfe der darin befindlichen Klappen wird das Blut dann wieder aus dem Hinterkoͤrper in den Kopf ge: trieben. Dieſe Zuſammenſetzungen *) finden nacheinander in allen Kam: mern oder Faͤchern des Ruͤckengefaͤßes ſtatt, und jedes Fach ſchut— tet feine Fluͤſſigkeit in das naͤchſtfolgende aus. Die Zuſammenzie— hungen folgen regelmaͤßig und ſchnell aufeinander von Hinten nach Vorn, fo daß das ganze Gefäß ſich in Wellenlinien bewegt. Die an den ſeitlichen Oeffnungen befindlichen Klappen verhindern das in jedes Fach eingedrungene Blut am Einfließen in das abdomen, während die Klappen, welche ſich zwiſchen den Faͤchern befinden, dem Zuruͤckfließen des Blutes wehren, und daſſelbe noͤthigen, ſich vorwärts zu bewegen **) Die Bewegung des Nahrungsſaftes der Inſecten in regels mäßigen Strömungen, welche nirgends durch Gefaͤße mit eigentli— chen Wandungen begraͤnzt ſind, iſt demnach eine ausgemachte Sache. Indeß iſt dieſe Uebertragung des Blutes von einem Koͤrpertheile zum andern zur Oxygenirung deſſelben nicht nothwendig, wie Cu— vier annahm; denn die atmoſphariſche Luft durchdringt vermitkelſt der Tracheen den ganzen Inſectenkoͤrper. Deßhalb ſcheint die Be— wegung auch weder ſo conſtant, noch ſo allgemein zu ſeyn, als wenn ihr dieſe Hauptbedingung der Erregung der Lebensthaͤtigkeit zu Grunde laͤge. Sie dient aber zur innigern Vermiſchung der neuhinzutretenden Theilchen des Nahrungsſaftes mit den alten, ſo wie überhaupt zur Verarbeitung des letztern. Sie iſt auch noͤthig, um die Theilchen des Fettkoͤrpers oder des in Reſerve gehaltenen Nahrungsſaftes wieder in den Blutumlauf oder in die Maſſe des in Gebrauch ſtehenden Nahrungsſaftes einzufuͤhren, ſo wie ſich bei den Pflanzen der aufſteigende Saft mit Satzmehl anſchwaͤngert. Die Anneliden beſitzen, wie bereits bemerkt, ein vollſtän— diges Gefaßſyſtem, in welchem die Bewegung des Nahrungsſaftes behufs ſeiner Reinigung mittelſt des Athmens deſſen allgemeiner a behufs der Ernährung mehr oder weniger untergeord— net iſt. 20 R. betrug. Bei'm Seidenwurme klopfte das Gefäß bei 10 bis 12° R. nicht öfter als 6 bis 8 mal. *) Sie find bei der Larve von Corethra plumiformis fo Eräftig, daß die innern Wandungen des Ruͤckengefaͤßes einander beruͤhren muͤſſen. Das Gefäß beſitzt 8 Fächer, und das letzte ſcheint ſich hinterwaͤrts in die Spitzen des Herzens zu Öffnen; die letztern öffnen ſich ſeitlich an der Vereinigungsſtelle der Faͤcher (R. Wagner's Abhandlung über die Blutkuͤgelchen zc. in Muͤller's Archiv, 1835, S. 311. und Taf. V. Fig. 14. und 15.) ) Das Vorhandenſeyn dieſer Klappen und die aufeinanderfol— genden Contractionen des Ruͤckengefaͤßes fegen es, da die Be: wegung des Nahrungsſaftes ebenfalls erwieſen iſt, außer allen Zweifel, daß dieſes Gefäß die Functionen eines Herzens ver: ſieht, und laͤßt die Einwendungen, die Marcel de Ser— res dagegen erhoben, als nichtsſagend erſcheinen. (Sur les usages du vaisseau dorsal. Mem. du Museum. T. IV. p. 183.) i 72 Uebrigens laͤßt ſich, wie bereits Cuvier bemerkt, bei den meiſten Thieren dieſer Claſſe nachweiſen, daß die Blutcirculation auch einzig und allein durch die Zuſammenziehbarkeit der Gefäße ohne die Beihülfe eines Herzens oder eigends zur Bewirkung jener Bewegung beſtimmten, ſo wie durch ſeine Structur und Form deutlich von den Hauptgefaͤßſtaͤmmen verſchiedenen Organes bewirkt werden kann. In den Claſſen der Gliederthiere mit gegliederten Fuͤßen ha— ben wir gefunden, daß bei den Cruſtenthieren die Squillen, Limulen zc., fo wie die Arachniden, endlich die Inſec— ten ein mehr oder weniger langgezogenes Herz beſitzen, das ſelbſt die Geſtalt einer Roͤhre oder eines Gefaͤßes annehmen kann. Dieſe Organiſation beweiſ't, daß zur Characteriſirung eines Herzens eine gedrungene Geſtalt nicht weſentlich gehoͤrt, und daß die nothwen— dige Bedingung in der Structur dieſes Fortbewegers des Nah— rungsſaftes vielmehr in die Zuſammenziehbarkeit der Wandungen zu ſetzen iſt. Dieſe Eigenſchaft wohnt nun aber bei den Anneliden, je nach den Ordnungen, Familien und ſelbſt Gattungen, ſehr verſchiedenen Theilen des Gefaͤßſyſtems inne. Beiden zu den Tubicolen gehörenden Te rebellen zieht ſich längs des pharynx auf der Medianlinie des Ruͤckens ein großer Stamm hin, an welchem ſich unregelmaͤßige Zuſammenziehungen bemerken laſſen, die das Blut durch die Hauptſeitenaͤſte jenes Ges fäßes in die Kiemen und durch einen ſich theilenden Mittelaſt in die Lippen treiben *). Die Kiemen werden durch ihre abwechſelnden Zufammenziehuns gen und Ausdehnungen, wie die Bruſthoͤhle bei den hoͤhern Thie— ren, nur in noch mehr directer Weiſe, zu Organen, welche die Bewegungen des Blutes befördern, indem ſie es aus ihren aus— führenden Gefäßen in ihren Abdominalſtamm vorwaͤrtstreiben; das gegen es aber auch in ihre zufuͤhrenden Gefaͤße und ihren Dorſal— ſtamm zuruͤcktreiben. Bei den Terebellen kommt dieſes letztere Mittel zum Fort— treiben und Miſchen des Blutes nicht in Anwendung **), und nur die ſich laͤngs der Medianlinie des Koͤrpers hinziehenden Staͤmme erzeugen vermoͤge ihrer Contractionen die Circulation des Blutes. Unter den Dorſibranchen hatte Cuvier bei Arenicola bereits vor geraumer Zeit einen doppelten zuſammenziehbaren Beu— tel bemerkt, welcher den Hauptgefaͤßſtaͤmmen zugleich als Aus— gangs- und als Endpunct dient. Deßgleichen hatte er angezeigt, daß die Kiemen ſich abwech— ſelnd verengen und ausdehnen, bei'm Einſtroͤmen des Blutes ſich faͤrben, und bei'm Ausſtroͤmen, welches bei der Contraction oder dem Zuſammenfallen ſtattfindet, ihre Farbe verlieren, was ein Hin— und Herwogen des Nahrungsſaftes in den zufuͤhrenden und aus— führenden Gefaͤßen vorausſetzt. Bei Eunice sanguinea ift, wie bei den Terebellen, ein dicker zuſammenziehbarer Stamm über dem pharynx vorhanden; allein die Treibkraft des Blutes geht auch von den Seitenaͤſten aus, die ſich nach einander von dem der Medianlinie entſprechenden Abdominalſtamme trennen und von denen ſich ſagen laͤßt, daß ſie die Functionen von Lungenherzen zum Theil beſorgen. Man zählt deren mehrere Hunderte ). Bei der Boten-Nereide (Néréide messagere) bemerkt man an denſelben Seitenaͤſten, welche aus dem der Medianlinie entſprechenden Abdominalſtamme hervorgehen und die das Blut ebenfalls der Haut, den Kiemen, den Küßen ꝛc. zuführen, gleiche falls deutliches Pulſiren, jedoch keine knotenartige Anſchwellung. Uebrigens bemerkt man durch die durchſichtigen und farbloſen Theile des Koͤrpers dieſer Annelide hindurch das roſenfarbene Blut, welches die Gefäße mit der größten Genauigkeit hervortre— ten läßt. Ihr der Medianlinie folgender Ruͤckenſtamm zieht ſich * S. Cuvier im Art. Amphitrite des Dict. des sc. nat. T. 2. p. 81. und Milne Edwards: Circulation des Annelides: Ann. des sc. nat T. X. p. 200. ) Ebendaſ. S. 208. %) Ebendaſ. S. 207. 73 mit wellenartig und regelmäßig aufeinanderfolgenden Bewegungen zuſammen, die das But von Hinten nach Vorn treiben *). Die Circulation an der Oberflache des Korpers (die periphe— riſche Circulation) ſtellt ſich bei den Geſchoͤpfen dieſer Claſſe mehr rentheils in der eben angegebenen Weiſe dar. Der Hauptſtrom der Fluͤſſigkeit bewegt ſich im Rüdenftamme von Hinten nach Vorn und im Abdominalſtamme von Vorn nach Hinten. Dieſer Hauptſtrom hat alſo eine longitudinale Richtung; allein da die Aeſte der ihn begraͤnzenden kaͤngsſtaͤmme unter rechten Winkeln nach der Qucere ſtreichen, fo bildet das Blut eine Anzahl von Ne— benkreiſen, die ebenfalls in der Queerrichtung ſtreichen und den Rin⸗ gen des Körpers entſprechen. Wir haben ſo eben geſehen, daß die erſte Urſache dieſer Bewe— gung in der Zuſammenziehbarkeit der Hauptſtaͤmme, namlich in derjenigen der im Laufe dieſer Stämme oder ihrer Seitenäfte lie— genden Anſchwellungen, ja ſelbſt in der Gontractilität dieſer letz— tern ſelbſt liegt. Bei der Lage dieſer Hauptgefaͤße unter der Lederhaut oder über dem Nahrungsſchlauche leuchtet ein, daß die Thaͤtigkeit der Haut— muskeln, fo wie die Bewegungen des Nahrungsſchtauchs, als außere erregende Urſachen, ebenfalls bedeutend zur Bewegung des Blutes beitragen müffen. Bei den Zoophyten. Die Bewegung des Nahrungsſaftes in feinen Behältern bes figt nur bei den Echinodermen einen eigenthuͤmlichen, von den Contractionen des Thieres oder feiner Theile unabhängigen Mecha— nismus. \ Bei den andern Claſſen beſtehen dieſe Behälter faft nur aus Lücken oder Canaͤlen, die an dem die allgemeine Koͤrpermaſſe bit: denden Fleiſche feſthaͤngen. Sind Gefaͤße vorhanden, fo find die— ſelben, wie es ſcheint, ebenfalls mit dieſem Parenchym verwachſen und beſitzen kein Treiborgan. Die Folge hiervon iſt, daß die Be- wegungen des Nahrunasſaftes, fo wie deren Richtung nach der einen oder andern Seite, von den theilweiſen oder allgemeinen Con— tractionen des ganzen Organismus ſehr abhaͤngig ſind. Es findet bier keine achte Circulation, ſondern vielmehr eine bins und herwogende Bewegung ſtatt, welche wechſelsweiſe eine Abſorption und Austreibung an den beiden Enden des Gefaͤßbau— mes erzeugt, welcher in dieſem Falle eher ein Reinigungs- als Ernäbrungsbaum iſt. Seine Wurzeln beginnen im Nahrungs⸗Sacke oder Schlauche, zuweilen auch in den zahlreichen Abtheitungen des Mittelſtiels (bei den Rhizoſtomen ꝛc.), und ſeine Aeſte gehen an der Koͤrperoberflaͤche oder dem Schirme aus. Aus dieſen Beiſpielen ſcheint ſich zu ergeben, daß der Haupt⸗ zweck der Gefaͤßbebaͤlter des Blutes darin beſteht, daſſelbe zu bes gränzen, damit es mit der reſpirabeln Luft regelmäßig in Beruͤh— ») Wagner, Unterſuchungen uͤber die vergleichende Peyfiolo: gie des Blutes. Leipzig, 1833. S. 55 u. f. De Blainville im Art. Vers des Dict. d. Sc. Nat. T. LVII. p. 406. 74 rung gebracht werden koͤnne, und daß dieſer Zweck die Bewegung des Nahrungsſaftes vorzugsweiſe bedingt. Nachdem dieſe Läuterung, dieſe für die Lebensthaͤtigkeit aller Organismen nothwendige Bedingung erfullt iſt, braucht der Nah— rungsſaft nicht mehr in ſcharf begränzten Behältern fortzuſtrei⸗ chen; er kann durch die Gewebe ſickern, ſich in die Lücken, Mas ſchen, Zellen aller Theile ergießen, und auch ſo die normale Erre— gung der Functionen behufs der Ernahrung und Secretionen be— wirken. (Annales des sciences naturelles, Novbr, et Decbr. 1839.) Mir Ein merkwürdiges Beiſpiel von inſtinctartiger Veränderung der Lebensweiſe eines Hafen ift der Zoo- logical Society mitgetheilt worden. Major Bingham, Eigen: thuͤmer eines großen Kuͤſtenſtrichs mit Sandhügeln, welches allen Atlantiſchen Stürmen ausgeſetzt iſt, hatte gefunden, daß dieſer Kuͤ— ſtenſtrich durch Einführung von Kaninchen ſehr deteriorirt worden war, welche durch ihr Loͤchergraben und Angreifen der Gräfer dem Winde Gelegenbeit gaben, einzuwirken und ſo bewirkten, daß die Sandhügel von Jabr zu Jahr ihre Platze veränderten und das cultivirte Land beeinträchtigten. Um dieſem abzuhelfen, beſchloß er, die Kaninchen zu vertügen und an ihrer Stelle Hafen hinzuſetzen, welche, wie er wußte oder glaubte, nicht gruͤben. Hieruͤber aber irrte er ſich. Denn das Thier bemerkte bald, daß es entweder den Diftrict ver: laſſen, oder ſeine Lebensweiſe ändern muͤſſe, indem, wenn es eine Winternacht hindurch in feiner gewohnlichen Stellung zu figen vers ſucht hatte, es am Morgen vielleicht zwanzig Fuß tief unter einer Sandwehe, gerade wie unter einer Schneewehe, begraben worden fiyn würde. Demnach haben nun dort die Hafen Locher gegraben; fie ſuchen ſich einen dünnen und hohen Sandbuͤgel aus, welcher einer feſtgewordenen Welle der See gleich da ſteht. Durch dieſen bohrt der Haſe ſich in der Richtung von Oſt nach Weſt einen horizontalen Gang mit doppelter Oeffnung, und indem er ſich an die dem Win⸗ de zugekehrte Oeffnung ſetzt, erwartet er daſelbſt den Sturm, und fo im Verhaͤltniß, wie ſchnell von feinem Hügel etwas weg⸗ geführt wird, zieht er ſich mehr zuruck, immer bereit, feinen Sprung zur Flucht zu machen, im Falle der Sturm ſo hoch ſteigt, daß er den Sandhuͤgel gaͤnzlich wegführt. Der Engliſche Reiſende, Hr. Cuming, welcher die Philippiniſchen Inſeln beſucht hat, iſt nach London zurückgekom⸗ men und bat eine reiche Sammlung von Thieren und Pflanzen von da mitgebracht. Beſonders groß ift die Anzahl von Conchylien, worunter viele neue Species Auch hat er lebende Thiere mitgebracht und der zoologiſchen Geſellſchaft geſchenkt, ein ſchoͤnes Exemplar von einer neuen Species von Gibbon, eine Species von Parado- xurus, ein großes fliegendes Eichhorn (Pteromys nitidus), den Phasianus Argo, ein Faſan mit feurigem Ruͤcken, eine Buceross Art ꝛc. i Vorlaͤufige Bemerkungen uͤber die Operation des ſchielenden Auges von Dieffen bach. Wir entnehmen die folgenden Bemerkungen einem Aufſatze in Casper's Wochenſchrift No. 27. Es find bereits über 800 ſchie— lende Augen von Dieffenbach operirt worden, und zwar bei Ins dividuen von 5 — 40 Jahren. Das Schielen war in dieſen Faͤllen theils ein- theils zweiſeitig, und in den letzten Faͤllen wurden ent— weder die Augen einzeln zu verſchiedenen Zeiten, oder beide zu glei— cher Zeit operirt. Das Schielen nach Innen durch Verkuͤrzung des rectus internus kam am haͤufigſten vor; bisweilen wirkte auch der trochlearis mit und mußte ebenfalls durchſchnitten werden. Sehr Wenige ſchielten nach Außen; noch ſeltener war das Schielen nach Oben oder nach Oben und Innen; ein Schielen nach Unten kam nicht vor. Das Schielen nach Oben war einige Mal mit blepharopto- sis complicirt, und letztere verſchwand allmaͤlig nach Operation des Schielens mittelſt Durchſchneidung des rectus superior; haufig war bei dem Schielen nach Außen oder Innen nystagmus bulbi vorhanden, welcher, in der Regel, nach Durchſchneidung des Mus: kels mit dem Schielen zugleich aufbörte; in andern Fällen jedoch dauerte der nystagmus fort und verſchwand erſt, nachdem auch der obere gerade, obere ſchraͤge oder Äußere gerade Augenmuskel durch⸗ ſchnitten war. Bei der Complication von Schielen und Cataract wurden beide Operationen jedes Mal mit günftigem Erfolge gleich⸗ eitig gemacht. g 5 Meistens war das Schielen in frübefter Kindheit nach oph- thalmia neonatorum, ophthalmia scrophulosa mit Hornhautge⸗ 75 ſchwuͤren, nach acuten Exanthemen ꝛc. entſtanden; öfters fand fich cataracta centralis oder eine Pornhautnarbe. (Solche ſchielende Augen mit Hornhautnarben, an denen früher eine kuͤnſtliche Pur pille gemacht war, wurden mit bedeutender Geſichtsverbeſſerung operirt.) Alle Schielende ſahen, wenn ſie nur mit einem Auge ſchielten, mit dem ſchielenden ſchlechter, als mit dem andern; ſchielten ſie mit beiden, fo war das am wenigſten ſchielende, in der Regel, das kraͤftigſte. Die Schwachſichtigkeit des einen Auges war von den Wenigſten bemerkt worden; ſie hatten eigentlich immer nur mit dem beſſeren Auge geſehen, waͤhrend das andere geſchlummert hatte. Die Operation hob die Schwachſichtigkeit vollkommen. Einige, welche an wirklicher amaurotiſcher Amblyopie litten, ſahen unmit— telbar nach der Operation ſcharf. Einige Schielende ſahen vor der Operation oͤfters doppelt, das Doppeltſehen dauerte nach derſelben noch einige Zeit fort und verſchwand dann. Schielen— de, welche nie doppelt geſehen hatten, ſahen unmittelbar nach der Operation bisweilen doppelt. — Dieſe hatten nur mit dem beſſe— ren Auge geſehen, waͤhrend das andere geruht hatte. Die verbeſ— ſerte Stellung des letzten zwang es alſo zum Sehen. Das Dop— peltſehen verſchwand ſpaͤter. Einige Operirte ſahen unmittelbar nach der Operation noch ſchlechter, als vor derſelben; nach einiger Uebung aber verſchwand die Schwaͤche und ſie ſahen dann voll— kommen deutlich. Zur Beſchreibung der Operation diene das Schielen nach Innen als Norm. Der Operateur ſteht immer an der rechten Seite des Kranken; der Kranke ſitzt, und ein Aſſiſtent zieht das obere Augenlid mit dem darunter angeſetzten Pelliſer'ſchen Haken in die Hoͤhe; ein zweiter Gehuͤlfe knieet und zieht mit einem aͤhnli— chen geſtielten Haken das untere Augenlid herab; ein feines Haͤk— chen wird am innern Augenwinkel durch die auf den bulbus uͤber— gehende conjunctiva durchgeführt und einem zur linken Seite des Kranken ſtehenden Aſſiſtenten übergeben; der Operateur ſelbſt führt ein zweites Haͤkchen 1! Linie weiter nach Außen durch die conjun- ctiva bulbi. Mit beiden Häkchen wird die Bindehaut in die Hoͤ— he gehoben und der bulbus etwas nach Außen gedreht. Die auf— gehobene Falte wird mit einer gebogenen Augenſcheere durchſchnit— ten, wodurch die Sehne und der vordere Theil des Muskels zum Vorſcheine koͤmmt; der letztere wird mit einigen Scheerenſchnitten vollends entbloͤßt; hierauf fuͤhrt man einen etwas groͤßern ſtumpfen Haken unter der Sehne hindurch und entfernt die beiden Conjun.» ctivahaͤkchen. Mit dem ſtumpfen Haken zieht man das Auge aus dem in— nern Augenwinkel hervor und ſchiebt mit einer abgeflachten Sonde die Zellgewebsverbindung des Muskels mit dem Auge zuruck. Die Durchſchneidung geſchieht mit der gebogenen Scheere vor oder hin— ter dem ſtumpfen Haken oder einige Linien tiefer. Der Muskel zieht ſich nun eine Linie weit zuruͤck; das vordere Muskelſtückchen, welches etwa zuruͤckblieb, ſchlaͤgt ſich gewoͤhntich nach Vorn um, und wird entweder abgeſchnitten oder in die Wunde zuruͤckgedraͤngt. Die Operation dauert ſelten laͤnger, als eine Minute und iſt faft ſchmerzlos. Nach der Operation Reinigung mit kaltem Waſſer, ſodann kalte Umfchläge, ſtrenge Diät, Abfuͤhrung durch Bitterwaſſer, Auf: enthalt in einem verdunkelten Zimmer. Meiſtens geſchieht die Hei— lung ſchnell fo daß nach wenigen Wochen die Spuren der Opera— tion verſchwunden ſind und das Auge in der normalen Richtung ſteht und frei beweglich iſt. Die ſchwierigere Durchſchneidung des obliquus superior, des rectus externus und des noch ſchwierigern rectus superior werden ganz auf aͤhnliche Weiſe verrichtet. Die naͤchſte Folge iſt, daß das Auge entweder in die normale Stellung tritt, oder noch etwas ſchielend bleibt, oder ſich gegen die andere Seite dreht. Man kann die Stellung des Auges einiger— maßen beſtimmen, indem man bei'm geringſten Grade des stra- bismus durch eine ſehr kleine Conjunctivaoͤffnung nur die Sehne des Muskels durchſchneidet und keine weitere Löſung vornimmt. (Hier bleibt die Stellung des Auges unverändert, bis es nach ei— nigen Wochen gerade wird). Wird durch einen größern Conjunc⸗ tivaſchnitt der Muskel durch die abgeplattete Sonde vom bulbus 76 getrennt und dann durchſchnitten, ſo iſt das Schielen ſogleich gaͤnz— lich gehoben. Dieſe Ablöfung wird, je nach dem Grade des Schie— lens, in größerer Ausdehnung ausgeführt, und es kann dadurch das Auge gerade geſtellt werden, unmittelbar nachdem es vorher ganz mit der innern Hornhaut im innern Augenwinkel verſteckt war. In der Regel, iſt ſpaͤter das früher ſchielende Auge von dem andern gar nicht zu unterſcheiden; bei Einigen, welche nach der Operation noch ein wenig ſchielten, wurde durch Zubinden des ge— ſunden Auges und ſtarkes Rollen des bulbus nach der andern Seite die neue Narbenſubſtanz und die Stellung normal; bei andern un— vollkommenen Heilungen wurde die Operation wiederholt, wobei ſchon 14 Tage nach der erſten Operation der Muskel mit dem bul- bus wieder vereinigt und nur eine kleine Verdickung zu bemer— ken war. Das Auge wird unmittelbar nach der Operation auch nach Innen bewegt durch den obliquus superior, fpäter auch durch den abgeſchnittenen und wieder angewachſenen Muskel. Einigemal nach tiefer Durchſchneidung des Augenmuskels trat ein wirkliches Schielen nach Außen einz war dieß gering, ſo reichte oͤfteres Betupfen der conjunctiva im innern Augenwinkel vermoͤge der dadurch herbeigefuͤhrten Verkuͤrzung der conjunctiva hin, das Auge wieder in die Mitte zu bringen; war das Schielen nach Au— ßen aber ſtaͤrker, ſo wurde der rectus externus durchſchnitten und dadurch das Auge gerade geſtellt, beſonders bei gleichzeitiger Weg— nahme einer Conjunctivafalte aus dem innern Augenwinkel. Blieb das Auge, ungeachtet der Durchſchneidung des aͤußern Muskels, den— noch nach Außen gerichtet, fo wurde, nach Loͤſung und Durchſchnei— dung des rectus externus, ein feiner Faden um die Sehne des Muse kels geknuͤpft und damit das Auge ſtark nach Innen gerollt, der Faden nun über den Naſenruͤcken gezogen, um ein Stuͤck Klebe— pflafter geſchlungen und an der entgegengeſetzten Seite der Naſe angeklebt. Bemerkungen über das acute anasarca seroti. Von Liſt on. Pott hat in ſeiner vortrefflichen Abhandlung uͤber Hydrocele, die diffuſe waͤſſrige Anſchwellung des scrotum als nicht feltene Begleiter der allgemeinen Waſſerſucht erwähnt und auf die Ge— fahr aufmerkſam gemacht, welche damit verbunden iſt, wenn man die bisweilen nothwendige Entleerung des Zellgewebes, wodurch die Geſchwulſt vermindert und die Gefahr des Brandigwerdens beſei— tigt wird, durch große Inciſionen bewerkſtelligt. Er erlaͤutert dieß durch drei File, in welchen in großer Ausdehnung Brand auf ein ſolches Verfahren folgte. Die Hoden wurden dadurch ganz ent— bloͤßt, es folgten die bedenklichſten Zufaͤlle und einer der Kranken ſtarb. Pott giebt dabei den Rath, zu dem genannten Zwecke nur Punctionen zu machen. Der Vortheil dieſes Verfahrens iſt längſt anerkannt; indeß folgte doch in einem Falle Brand, Entbloͤßung der Hoden und des Saamenſtranges und endlich der Tod des Kranken. Ich beabſichtige hier im Gegentheile, einige Faͤlle mitzutheilen von ganz verſchiedenem Character; Faͤlle, wobei das serotum raſch mit serum ausgedehnt wird und wobei die Zerſtoͤrung des Zellge— webes und der Haut nur durch ſehr zeitige und ausgedehnte Inciſionen verhuͤtet werden kann. Dieſe Ausdehnung iſt bis— weilen (andere Male jedoch auch nicht) von Roͤthung oder Ery— them der Haut begleitet; nach der Schnelligkeit des Eintritts und nach dem Ausſehen des bloßgelegten Zellgewebes ſelbſt hat man in— deß Grund, anzunehmen, daß keine wirkliche Zellgewebsentzundung vorhanden ſey; es iſt weder Induration, noch eine Spur von Lym— phe oder puriformer Fluͤſſizkeit in den Zellgewebszellen vorhanden Die Affection geſellt ſih, in der Regel, zu einem bisweilen ganz unbedeutenden Abſceſſe oder Geſchwuͤre im perinaeum oder in der Leiſte. Der Eintritt der Affection geſchieht ſehr raſch; die An— ſchwellung und Spannung wird bisweilen ſogar in wenigen Stun: den ſehr groß und beunruhigend. Der abhaͤngigſte, meiſtens der hintere Theil zeigt ſchon ſehr fruͤh einen oder mehrere tiefſitzende graue oder braͤunlich livide Flecke; dieſe breiten ſich aus, die Haut wird raſch auf gleiche Weiſe verändert, und wenn nicht kraͤftig ein= 77 gegriffen wird, fo werden die ſaͤmmtlichen Hüllen der Hoden voll: tommen zerſtoͤrt und die Poden bloßgelegt, Die Fortſchritte des Falles hängen hauptſächlich von dem All: gemeinbefinden des Kranten und von der Art der Infiltration ab. Es kommen odematoſe Anſchwellungen in Folge von Verletzung oder in Folge von Reizung in der Nachbarſchaft ſehr häufig vor, ohne daß fo traurige Folgen entſtehen oder zu fürchten waren. Aber in der Spitalpraxis, bei Leuten aus der arbeitenden Claſſe, welche vielleicht ſchlecht genaͤhrt und gekleidet waren oder aus ir: gend einer andern Urſache cachectiſch ſind, wird beſonders bei uns geſunder Jahreszeit und wahrend erysipelas epidemiſch iſt, der Wundarzt ſehr gut thun, wenn er jede plotzlich auftretende Scro— talgeſchwulſt mißtrauiſch anſieht und immer bereit iſt, kraftig ein zugreifen. Die ergoſſene Fluͤſſigkeit, welche, fo zu ſagen, in das Zellgewe— be des scrotum hereinfaällt, iſt oft dunkel, faulig und ſcharf; ſie bewirkt Zerftörung aller der Theile, womit ſie in Beruhrung koͤmmt, alſo auch der Haut, eben jo gewiß und bisweilen eben fo ſchnell, als wenn die Theile mit Urin infiltrirt wären. Brandiges Abſterben der Haut der Geſchlechtstheile leitet man gewohnlich nur von dieſer letztern Urſache ab, und gerade, um auf die Diagnoſe beider die Aufmerkſamkeit zu lenten, will ich hier einige Falle vor— legen. Es iſt in beiden Faͤllen allerdings dieſelbe Behandlung erfor— derlich. Das scrotum muß in großer Ausdehnung an der Stelle geöffnet werden, wo in Folge des vorzugsweiſe ſtarken Druckes der Zerſtoͤrungsproceß begonnen hat. Aber bei acutem anasarca, oder, wie es in manchen Fallen auch ſehr zweckmäßig genannt wer— den kann, bei entzundlichem Oedem iſt keine Veranlaſſung dazu, den Urinabgang durch Inſtrumente zu vermitteln. Die Geſchichte des Falles und der Mangel einer harten Ge— ſchwulſt am perinaeum, welche die Harninfiltration begleitet und ihr ſehr häufig vorausgeht, wird den Wundarzt, in der Regel, in den Stand ſetzen, ſich eine richtige Anſicht von der Natur des Ue— bels zu bilden und feine Maaßregeln zweckmaͤßig und auf eine er— ſprießliche Weiſe zu treffen. Erſter Fall. J. H., ein Matroſe, 23 Jahr alt, wurde im März 1834 in dem Edinburgh royal Infirmary aufgenommen. Er hatte an der Engliſchen Küfte Schiffbruch gelitten, war viele Stunden der Rauhigkeit der Witterung ausgeſetzt und wan— derte ſodann in größter Armuth, ſpaärlich gekleidet und ſchlecht ges naͤhrt zu Fuß nach Schottland. Es hatte ſich in der Nähe des Afters ein Abſceß gebildet, gegen welchen er in dem Spitale Huͤlfe ſuchte. Die Oeffnung des Abſceſſes am perinaeum, welche nur oberflaͤchlich war, wurde etwas erweitert. Zwei Tage darauf fand ſich das scrotum ſehr angeſchwollen; die Geſchwulſt war ploͤtzlich während der Nacht eingetreten. Um 12 Ubr fand ſich leichtes Erythem des perinaeum; das scrotum war ebenfalls gerdthet, glaͤnzend, ſehr ausgedehnt und nach Unten und Hinten von grauem Ausſehen. Es wurden große Einſchnitte zu beiden Seiten des septum gemacht, worauf nur wenig von der Haut und von dem Zellgewebe brandig wurde. Die Nachbehandlung beſtand in Dar— reichung von Antimonialmitteln, ſodann von China, worauf ſich der Kranke raſch erholte. Zweiter Fall. J. M, ein Sattler, 54 Jahr alt, wurde am 7. April 1834 aufgenommen. Er gab an, daß er 3 — 4 Mo- nate lang auf Arbeit ausgeweſen ſey und dabei groͤßtentheils bei jedem Wetter, der Kaͤlte, der Naͤſſe und dem Hunger ausgeſegt, habe arbeiten muͤſſen. Etwa vor einem Monate wurde das scro- tum roth, ſchmerzhaft und geſchwollen; die Geſchwulſt nahm raſch zu; es folgte Gangraͤn, und ſeitdem blieben die Theile ſo, wie ſie bei der Aufnahme in das Spital gefunden wurden. Er hatte auf beiden Seiten einen Inguinalbruch; der der rechten Seite war der größte und hatte bereits ſeit achtzehn Jahren beftanden. Beide waren vor dem Brandigwerden des serotum reponirbar; ſeitdem aber iſt der Kranke nicht mehr im Stande geweſen, die Därme auf der rechten Seite zurückzubringen. Bei der Aufnahme in das Spital fanden ſich die Hodenbüllen vollkommen zerſtoͤrt; beide Hoden und 2 Zoll von dem rechten, I Zoll von dem linken Saamenſtrange waren vollkommen entblößt und 78 nur von ungeſunden Granulationen bedeckt, welche einen dünnen, feröfen Eiter abſonderten. In beiden Leiſtengegenden fanden ſich mehrere Oeffnungen mit ſinuoſen Geſchwuren, welche in verſchiede— ner Richtung ſich ausbreiteten. Die Schenkel und Hüften waren in großer Ausdehnung ercoriirtz der Kranke war abgemagert und von ungeſundem Ausſehen; der Puls 90, ziemlich kraͤftig; die Haut kühl; die Zunge trocken, braͤunlich belegt; viel Durſt; regelmäßige Darmtbaͤtigteit. Dieſer Kranke erholte ſich bei einer allgemeinen Behandlung, wodurch die Secretionen regulirt wurden; er erhielt einfach nährende Diät und etwas Wein; local wurden Warmwaſſerumſchlaͤge und fpäter Zinkſolution angewendet. Nach zwei Monaten konnte er ges heilt entlaſſen werden. Intereſſant war es, zu ſehen, wie raſch die Hoden in die Hautbedeckungen zurückgezogen wurden, ſobald erſt die Narbe die Mitte dieſer Organe erreicht hatte. Dritter Fall. W. R., 40 Jahr alt, wurde am 21. Juli 1834 aufgenommen; er batte von einer Kuh 14 Tage zuvor einen Tritt an das perinaeum bekommen; es folgte heftiger Schmerz, hierauf befand er ſich acht Tage gut, danach kehrte der Schmerz zuruck, worauf das scrotum betrachtlich und raſch anſchwoll. Er wendete keine Mittel an, kam aber, als die Geſchwulſt fortdauernd zunahm, nach dem Spirale. Das scrotum war nun fehr ges ſchwollen und außerordentlich empfindlich; am untern Theile dunkel livid und bei'm Drucke deutlich emphyſematds⸗kniſternd. Es zeigte ſich wenig Geſchwulſt im perinaeum; aber auf der rechten Seite, etwa einen Zoll vor dem rectum, befand ſich eine kleine unregelmaä— ßige Oeffnung, durch welche etwas abgeftorbenes Zellgewebe bervor— ragte und ein geringer Abfluß ftattfand, weicher zuerſt für Urin gehalten wurde. Der Puls war klein und beſchleunigt; die Zunge in der Mitte treden und an den Rändern feucht. Der Kranke gab an, daß er nicht verftopft fen und feinen Urin leicht und reich⸗ lich laſſe. Unmittelbar nach der Aufnahme wurden große Inciſio⸗ nen in das scrotum gemacht und die Oeffnung in dem perinaeum erweitert. An beiden Seiten fand ſich das Zellgewebe gangränds, und es floß eine betrachtliche Quantität dünner, übelriehender und mit Luft gemiſchter Fluͤſſigkeit aus dem scrotum ab. Der Mann war ein Saͤufer und von ſchwachem Verſtande; feine Kräfte ſanken und der Tod erfolgte am 28. Juli, bevor ſich die brandigen Theile geloͤſ't hatten. ft Bei der Section fand ſich der Harnapparat in normalem Zus ande. Dr. Duncan, welcher mir die obigen Faͤlle aus dem Spital⸗ buche mitgetheilt hat, fuͤgt noch Folgendes hinzu: „Es kam noch ein anderer Fall vor, welcher jedoch ſehr unbedeutend war, da das brandig gewordene Stuck ſehr oberflächlich und nur eine halbe Kro— ne groß war. Der Fall kam vor, während gerade die beiden Ans dern auf dem Saale lagen. Der Kranke, Namens Campbell, wurde wegen leichter Geſchwüre aufgenommen. Es herrſchte da— mals das erysipelas, es ſtellten ſich Froſtſchauer ein, worauf ſchmerzhafte Gefd wulſt des scrotum entftand, die bereits nach 24 Stunden an dem untern Theile ſchwarz wurde. Durch einen for gleich gemachten Einſchnitt wurde die Ausbreitung des Brandes verhindert. Zu gleicher Zeit befanden ſich auf demſelben Saale zwei Fälle von Harninfiltrationen, welche mit den obigen ſehr con= traſtirten. Sie erholten ſich aber Alle.“ Fuͤnfter Fall. S. H., ein Arbeiter von magerem Ausſe⸗ hen, wurde am 19. Mai 1835, wegen eines Abſceſſes uͤber dem Kniee, in das North London Hospital aufgenommen; als dieſer geheilt war und der Kranke eben entlaſſen werden ſellte, klagte er über einen leichten Schmerz und uber eine Geſchwulſt in der Leiſte. Bei unterſuchung fand ſich eine kleine fiſtuloͤſe Oeffnung, welche von einem Entzuͤndungsbofe umgeben war. Der Kranke gab nun an, daß die Oeffnung bereits ſeit einiger Zeit vorhanden fin. Tags darauf, am 28. Mai, ſtellte ſich Schuͤttelfroſt ein; die Haut war heiß; die Zunge belegt; der Darm verftopft; die cryſipclatöſe Rothe verbreitete ſich über die Leiſtengegend zum obern Theile des rechten Schenkels und zum scrotum. Am 29ften war das scrotum beträchtlich geſckwollen und an den tieferen Theilen mißfarbig. Das Zellgewebe des praeputium war ebenfalls beträchtlich infültrirt. Es wurde nun ein großer 79 Einſchnitt in den untern Theil des scrotum, in der Nähe der ra- phe gemacht und das Zellgewebe gangränds gefunden. Ein kleines Gefaͤß wurde dabei durchſchnitten und aus dieſem funfzehn Unzen Blut entzogen. Es wurden nun auf die Leiſtengegend Fomenta— tionen, auf das scrotum Gataplasmen gelegt, und da der Kranke in der regio epigastrica über etwas Schmerz bei'm Drucke klagte, an dieſe Stelle ein Dutzend Blutegel geſetzt. Tags darauf erhielt der Kranke warme Waſſerumſchlaͤge und dabei, nebſt Purganzen, Antimonialien und toniſchen Mitteln, erholte ſich der Kranke, ſo daß er am 14. Juni entlaſſen werden konnte. Sechster Fall. C. P., 21 Jahr alt, ein Schuhmacher von ſanguiniſchem Temperamente, erhielt im Decbr. 1837 einen Schrotſchuß, welcher in der linken regio iliaca eindrang und hin: ten, unmittelbar uͤber dem Huͤftbeinkamme, wieder herausging, auf diefem Wege den obern Theil des genannten Knochens zerſplit⸗ ternd. Nach einiger Zeit hatte ſich ein kuͤnſtlicher After in der hinteren Wunde gebildet, durch welchen die faeces abgingen. Fünf Wochen nach der Verletzung wurde er in dem North London Hospital aufgenommen. Durch Clyſtire und Compreſſion des kuͤnſt⸗ lichen Afters, mittelſt eines elaſtiſchen Bruchbandes, wurde der Ab— gang der faeces durch das rectum befördert. Am 15. April wur: de der Kranke aus dem Spitale entlaſſen und zwar ſo weit gebeſ— ſert, daß die vordere Wunde geheilt, die hintere viel kleiner gewor— den war und die facces hauptſaͤchlich auf dem normalen Wege ab: gingen, obwohl immer noch ein Theil derſelben durch die hintere Wunde heraustrat. Da dieß den Kranken ſehr beläſtigte, jo kam er am 4 November 1838 wieder in das Spital, um, wo moͤglich, von ſeinem Leiden befreit zu werden. Am sten wurde ein runder Hautlappen aus der Glutäalges gend unter und an der innern Seite des kuͤnſtlichen Afters abge: loͤſ't, nachdem die Ränder des letztern zupor abgetragen waren. Dieſer Lappen wurde nun mittelſt ſieben Knopfnaͤthen auf's Ger naueſte über der Fiſteloͤffnung befeſtigt. Der Kranke wurde ſorg— fältig fo gelagert, daß die umgebenden Theile erſchlafft wurden. Der Lappen wuchs in einer gewiſſen Ausdehnung an, wurde aber am 15ten durch eine ſich hindurchdrängende harte Kothmaſſe voll— kommen wieder abgeriſſen. Am 29ften wurde der Verſuch gemacht, durch Anfriſchen der Raͤnder und Einlegung umwundener Naͤthe mit gekruͤmmten Nadeln den vordern Theil des Lappens anzuhef— ten, während nach Hinten ein Raum zum Abgange der Faͤcalmaſ⸗ ſen blieb. Am 2. December wurde der Kranke von einem Erythem be— fallen, welches in der Umgebung des kuͤnſtlichen Afters begann und ſich raſch über den Rüden, die Hinterbacken, die hintere Flaͤ— che der Schenkel und uͤber den Huͤftbeinkamm bis zur vordern Bauchflaͤche ausbreitete. Am gten wurde das scrotum roth, empfindlich und oͤdematoͤs; es wurden ſehr fleißig Umfchläge gemacht, aber das Oedem nahm dennoch raſch zu; der vordere Theil des scrotum, welcher, da der Kranke beſtaͤndig auf dem Bauche lag, der tiefſte Theil war, wur⸗ de ſtaͤrker mißfarbig, als die uͤbrigen Theile. Am loten wurde ein großer Einſchnitt in den vordern Theil des scrotum durch die Haut und das infiltrirte Zellgewebe gemacht. 80 Am [iten wurde der penis ferös infiltrirt und der tiefſte Theil deſſelben (der vordere Theil des praeputium) ſehr geſchwol⸗ len und etwas ecchymoſirt; es entſtand eine Phimoſis; durch Auf— ſchlitzen der Haut zur Seite des krenulum wurde indeß die heftige Spannung gehoben. Am 13. wurde der brandige Theil des scrotum und der Vor— haut von einem rothen Rande umſchrieben, in deſſen Umgebung die Gewebe ſehr hart waren. Zur Befoͤrderung der Abſtoßung der Brandſchorfe wurden warme, feuchte Umſchlaͤge gemacht, und da der Kranke ſehr geſchwaͤcht war, ſo wurden ſeine Kraͤfte durch Wein und leicht naͤhrende Diät unterſtuͤtzt. Am 18. ſtießen ſich die Schorfe ab; der Subſtanzverluſt am scrotum war ſehr beträchtlich, fo daß die Hoden, nur noch von der tunica vaginalis bedeckt, bloßlagen. Unter einem Verbande von Zinkvitriolaufloͤſung und unter allgemeiner Anwendung toniſcher Mittel heilten die Geſchwuͤre, und der Kranke wurde am 29 Jar nuar 1839 geheilt entlaſſen. (Med. chir. transact. London 1839.) Miscellen. In Bezug auf Unſicherheit des Beweiſes aus Merkmalen der Gewaltthaͤtigkeit bei Ertrunkenen, iſt folgender Fall aus Barzelloti's Questioni di medicina le- gale, p. 329, bemerkenswerth: Ein Gefangener wurde mit gebuns denen Armen am Ufer des Po von Soldaten escortirt; um zu entfliehen, ſtuͤrzte er ſich in's Waſſer Man nahm an, daß er ertrunken ſey, und als dreiunddreißig Tage ſpaͤter ſeine Leiche auf— gefunden wurde, fo wurde er genau unterſucht. Außer den ges woͤhnlichen Zeichen des Ertrinkens in den Reſpirations-Organen, zeigten ſich Spuren am Hals, welche auf den Verdacht der Er— droſſelung führten; es fand ſich ein livider Streif von 13 Zoll Breite rings um den Hals und unmittelbar darunter ein etwas hellerer Eindruck. Die Haut über der trachea war mit Blut uns terlaufen; im Hirne fand ſich Blutextravaſat. Die ſcheinbaren Strangulationsmarken erklärten ſich indeß daraus, daß der Ver— ſtorbene ein dickes Hemd getragen hatte, welches am Halſe zuge— knoͤpft war. Das Waſſer hatte nun, indem es die Leinwand durchs drang, den Stoff verkuͤrzt und dadurch den Hemdekragen zu einer Art von feſter Ligatur umgewandelt. Eine fibröfe elaſt iſche Haut des Herzens beſchreibt Herr Dechamps in der Gaz. méd., Nr. 10., als eine Schicht zwiſchen der innerſten Haut des Herzens und der Muskelſchicht, beſonders deutlich in den Vorhoͤfen und in unmittelbarem Zuſam— menhange mit der fibroͤſen Haut der Gefaͤßſtaͤmme. Er beweiſ't das Vorhandenſeyn dieſer Schicht durch directe anatomiſche Nach⸗ weiſung bei Menſchen und bei Thieren; ferner aus dem Zuſam— mentreffen arößerer Pulsfrequenz, mit geringerer Entwickelung der fibrinöfen Schicht bei'm Kind und Greiſe, indem bei'm erwachſenen kraͤftigen Menſchen die ſtaͤrkere fibroͤſe Schicht die Herzhoͤhlen ſtaͤr— ker offen erhalte und die Contractionen erſchwere (2); endlich führt er auch zum Beweis die patbologifchen Veränderungen an, welche vorzugsweiſe die Vorhoͤfe befallen nnd hier dieſelben Ver— aͤnderungen bedingen, wie ſie die Verknorpelung und Verknoͤcherung der Arterienſtaͤmme characterifiren. Bibliographische Vital Dynamics; the Hunterian oration 1840. By J. H. Green. London 1840. 8. Chemistry of Science and Art. 1840. 8. By Hugo Reid. London neuigkeiten. First Principles of Surgery. By G. T. Morgan. London 1840. 8. Cursory Notes on the Morbid Eye. By R, Hull. London 1340. 8, — Ü— — —ññ;!? — Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober» Metieinolratbe Froriep zu Weimar, und dem Mertennaltatde und Prefeſſer Froriep in Fehn. Noe. 314. Gedruckt im Landes Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Nr. 6. des XV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 2. Boyen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Juli 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel cotorirte Abbildungen 6 gal. Wi nere Unterſuchungen uͤber die Structur des Gehirns und deſſen Beziehungen zu der Geſtalt des Schaͤdels. Vom Dr. Foville. (Bericht des Hrn. v. Blainville an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, abgeſtattet den 11. Mai 1840.) Die Anatomie des Menſchengehirns, dieſes offenbar wichtigſten Theiles des Nervenſyſtems und folglich des ganzen Organismus, iſt ſeit Democrit’s Zeiten, — der, bei Ge: legenheit des Beſuchs, den Hippokrates der Stadt Ab— dera ablegte, das Gehirn einiger Thiere ſecirt haben ſoll, um den Sitz der Thorheit bei'm Menſchen zu ermitteln, — bis auf unſere Tage, — wo die ſich mit dem Studium der Geiſteskrankheiten beſchaͤftigenden Pathologen in dieſer Beziehung ſich den gruͤndlichſten und beharrlichſten Forſchun— gen widmen, — der Gegenſtand von wahrhaft unglaubli— chen Anſtrengungen geweſen, und doch herrſchen in Anſe— hung derſelben noch die widerſprechendſten Meinungen, den— noch ſind hinſichtlich der Demonſtration der Structur des Gehirns noch vielfache topographiſche und anatomiſche Puncte keineswegs befriedigend erledigt. Dieſer Uebelſtand rührt ohne Zweifel von der weichen und zarten Natur des Gehirns her, welche die Erkenntniß ſeiner Organiſation ſo ſchwierig und bei'm Seciren deſſelben die groͤßte Vorſicht und Geſchicklichkeit nothwendig macht; allein noch mehr duͤrfte daran der Umſtand ſchuld ſeyn, daß die Phyſiologie dieſer materiellen Grundlage des Empfindungs:, Denk- und Willensvermoͤgens noch weit ſchwieriger, als deren ſtatiſche Anatomie, folglich auch weit mehr der Gegenſtand abwei— chender Theorieen iſt; daher denn uͤber die Methode, nach welcher eigentlich dieſes wichtige Organ zu unterſuchen waͤre, noch kein rationeller oder aͤtiologiſcher Weg angebahnt iſt; ſo daß, in der That, das bei der Anatomie des Gehirns eingeſchlagene Verfahren im Allgemeinen lediglich auf Nous tine und einer Art von Nachahmung beruht. Wo. 1414. nn n e. Die Methoden, nach welchen die Anatomen bis jetzt bei'm Seciren des menſchlichen Gehirns zu Werke gegangen ſind, waren ſehr abweichend; doch laſſen ſich drei Hauptca— tegorieen in dieſer Beziehung aufſtellen. Nach dem aͤlteſten und heutzutage faſt ganz außer Ge— brauch geſetzten Verfahren ſecirte man von Oben nach Un— ten und von Vorn nach Hinten, ſo daß folglich das Organ an Ort und Stelle und in ſeiner natuͤrlichen Verbindung mit den umgebenden Theilen blieb, indem man nur den obern Theil des Schaͤdels abzuſaͤgen und die dura mater zu ſpalten brauchte, um das Gehirn bloßzulegen. Bei'm zweiten Verfahren, welches dem erſten folgte und bis faſt auf unſere Zeiten angewandt wurde, ſchritt man dagegen von Unten gegen Oben vor, wobei ſich nöthig machte, das Gehirn aus der Schaͤdelhoͤhle zu nehmen, von allen feinen Verbindungen zu befreien und es in eine ver- kehrte, durchaus kuͤnſtliche Lage zu bringen. Behufs des dritten Verfahrens wird das Gehirn eben— falls aus der Schaͤdelhoͤhle genommen, allein mittelſt eines durch die Medianlinie gefuͤhrten Schnitts in zwei gleiche Haͤlften getheilt, wobei im Grunde kein einziger wichtiger Theil verletzt, aber die Moͤglichkeit gegeben wird, das Ge— hirn bequem nach allen Seiten zu wenden und es ſo ver— haͤltnißmaͤßig leicht zu unterſuchen. Die erſte Methode bietet allerdings den Vorzug dar, daß, da das Gehirn an Ort und Stelle bleibt, deſſen Be— ziehungen zu dem uͤbrigen Organismus und in'sbeſondere zu den Wirbelbeinen des Kopfes leichter gewuͤrdigt und darge— than werden koͤnnen; allein da man, um außer feiner allge— meinen Geſtalt und Groͤße noch Etwas kennen zu lernen, horizontale Schichten in der der anatomiſchen Erzeugung oder Entwickelung entgegengeſetzten Richtung abſchneiden muß, fo hat man fie ziemlich allgemein aufgegeben, wenns gleich fiein Vieuſſens's Händen zuerft auf eine einigermaaßen rationelle Auffaffung der Anatomie des Gehirns geleitet bat. Die zweite Methode mußte allerdings eine gruͤndlichere Unterſuchung geſtatten, indem e die Baſis des Ge⸗ 85 hirnes eine weit groͤßere Mannigfaltigkeit von der Beſchrei— bung vedürfenden Einzelngeiten darbtetet; dann aber auch, weil ſich fo die anatomiſche Aetiologie des Gehirns, nach welcher daſſel— be aus dem Rückenmarke entſteht, leicher verfolgen ließ. Dagegen bietet dieſelbe den großen Uebelſtand dar, daß die Gehirnmaſſe in eine verkehrte, unwillkuhrliche Lage gebracht, folglich die Auffaſ— ſung der Eigenthuͤmlichkeiten der Geſtalt, der Zuſammenfugung der Theile und ſelbſt der Structur weit mehr Schwierigkeiten dar— bietet, demnach eine irgend befriedigende Demonſtration beinahe unmoͤglich wird. Die dritte Methode, bei welcher auf der Medianlinie durchges ſchnitten wird, wodurch man ſich die Demonſtration in Anſehung der Manipulation außerordentlich erleichtert, gewährt uͤberdieß den Vortheil, daß man die genetiſche Anatomie des Gehirns und ver— laͤngerten Marks ohne Schwierigkeit verfolgen kann. Deßhalb hat Hr. Foville dieſelbe auch mehrentheils behufs ſeiner Unterſuchun— gen uͤber die Structur des Gehirns angewandt. Unſrer Anſicht nach, bietet jedoch dieſes Verfahren einen keineswegs unerheblichen Uebelſtand dar, daß naͤmlich alle Commiſſuren, d. h. alle in der Median— linie liegenden Theile, zertrennt werden, die dazu beſtimmt ſcheinen, 15 beiden Haͤlften des Gehirns mit einander in Verbindung zu etzen. Ein Mitglied der Commiſſion *) hat bei ſeinen anatomiſchen Demonſtrationen ſeit langer Zeit ein anderes Verfahren befolgt, welches die meiſten wuͤnſchenswerthen Vortheile, die normale Lage, die Erhaltung der Verbindungen und die anatomiſche Aetiologie, darbietet, und nur in der Manipulation etwas mehr Schwierigkeit veranlaßt. Er legt naͤmlich das Gehirn auf der einen Seite bloß, indem er die daſſelbe ſeitlich bedeckenden Muskeln und Knochen oben bis zur Sichel und unten bis zu der Reihe von Loͤchern, durch welche die Nerven unterwärts ausſtreichen, nacheinander weg— nimmt. So bleiben die glandula pituitaria und die Riechnerven— lappen, das verlaͤngerte Mark und deſſen Fortſetzung in das Ge— hirn in der naturlichen Lage, und man erkennt den Urſprung der Gehirnnerven und ſelbſt deren Austritt aus den Verbindungsloͤchern der Kopfwirbel, ſo wie deren Beziehungen zu dem großen ſympa— thiſchen Nerven, ungemein deutlich. Mag man nun bei der anatomiſchen Demonſtration des Ge— hirns das eine oder das andere Verfahren anwenden, je nachdem man den einen oder den andern Theil vorzugsweiſe ſtudiren will, ſo wollen wir uns doch jetzt an das zuletzt erwaͤhnte halten, um eine Ueberſicht über den gegenwärtigen Stand unſerer Bekannt: ſchaft mit der Structur und der allgemeinen Anordnung des menſchlichen Gehirns darzulegen, wonach wir dann das Verdienft der Arbeiten des Hrn. Foville um ſo beſſer würdigen koͤnnen. Durch die wichtigen Forſchungen eines Willis, Vieuſſens, Malpighi, Pourfour⸗ Petit, Vieg d'Azyr, Proſchaska, Reill, Gall, Spurzheim, Oſiander, Rolando ꝛc., der lebenden Anatomen nicht zu gedenken, iſt die Wiſſenſchaft zum Beſitze folgender Thatſachen ruͤckſichtlich der phyſiologiſchen oder anatomiſchen Aetiologie des Nervenſyſtems im Allgemeinen, ſo wie deſſen Centraltheils im Beſondern gelangt: h Der centrale Theil des Nervenſyſtems oder das Gehirn und Ruͤckenmark, welcher in den Kopf- und Ruͤckgratwirbeln enthalten if, hat das Ruckenmark zur Grundlage, und dieſes, in feiner Ger ſammtheit und nach ſeiner ganzen Ausdehnung betrachtet, beſteht gleichſam aus zwei mit ihrer Grundflähe am Ende des bulbus des Ruͤckenmarkes aneinanderſtoßenden Kegeln oder Portionen, die von den Wirbeln und den dieſe bewegenden Muskeln wie von einer Scheide umhuͤllt werden und von denen die eine, die dem Ruͤcken— marke entſprechende oder hintere, bei Weitem die laͤngere, die an— dere, dem Kopfe entſprechende oder vordere, ſehr kurz iſt. Beide beſtehen aber, gleich allen Organen des Thierlebens, aus zwei ſym— metriſchen Haͤlften, und ſind, zumal dem Anſehen nach, nur in Betreff der Entwickelung, Form und Anordnung des zweiten Theils des Kopf-Wirbelſäulen-Nervenſyſtems, auf welchen man den 7 ) Dieſe beſtand aus den HHrn. Dutrochet, Milne Ed: wards und de Blainville. 84 Namen Ganglien uͤbergetragen hat, auffallend von einander ver— ſchieden. Der Centraltheil des Nervenſyſtems, welcher den uͤbrigen Theilen als Grundlage und gemeinſchaftliches Band dient, ſteht, in der That, mit den doppelt vorhandenen ſymmetriſchen Ganglien, von denen die kleinern und weniger derben markigen (pulpeux) als Einmuͤndungs- und Ausmuündungspuncte der die Empfindung und Contractilitaͤt an der Peripherie des Körpers vermittelnden Nerven dienen, die mehrentheils dickeren und markigeren dagegen keine ab- und zuführenden Nerven beſitzen und gleichſam bloße Auswüͤchſe des Centraltheils find, deren Entwickelung mit den intellectuellen Fa— higkeiten und dem Denkvermoͤgen des Senſoriums in Beziehung zu ſtehen ſcheint, offenbar in Verbindung, in mehr oder weniger ausgedehntem Rapporte. Oyne der uns hier nicht ſpeciell intereſſirenden Vertheilung der Nerven zu gedenken, wollen wir nur bemerken, das dieſe mit eis nem aͤußern Apparat ausgeſtatteten Ganglien oder die Nerven ſelbſt mit dem Centraltheile des Nervenſyſtems mittelſt fadenformi— ger Wurzeln communiciren, die in anatomiſcher Beziehung von zweifacher Art ſind, namlich entweder hintere, Oorſal vurzeln oder vordere, Sternalwurzeln. Die meiſten jetzigen Organologen neh— men ſogar eine phyſiologiſche Verſchiedenheit an, indem die erſtern Wurzeln (ſenſorielle) das Gefühl, die letztern (locomotoriſche) die Bewegung vermitteln oder die Irritabilitat unterhalten ſollen. Aus dieſer Anſicht von der Sache ergiebt ſich, daß man, um ſich vom eigentlichen Gehirne, d. h. von dem in den das cranium bildenden Kopfwirbeln enthaltenen Theile des Nervenſyſtems, einen richtigen Begriff zu bilden, den Maaßſtab von der Unterſuchung des eigentlichen Ruͤckenmarkes, d. h., dem in dem Ruͤckgratscanale eingeſchloſſenen Theile des Nervenſyſtems, entlehnen muſſe, und zwar aus dem doppelten Grunde, daß das Nuͤckenmark ſowohl einfacher, als leichter zu ſtudiren iſt, zumal wenn man deſſen Uns terſuchung bei ſehr jungen Subjecten vornimmt. Nach dieſer vorläujigen Arbeit wird es ohne Schwierigkeit ges lingen, zu ermitteln, in welchen Puncten das Gehirn, in feiner Mark: oder Bafttar- Portion, dem Ruͤckenmarke aͤhnlich oder nicht aͤhnlich ift: zuvoͤrderſt in Anſehung des bulbus des Ruͤckenmarkes, dann des pons Varolii, der Hirnſchenkel, der Baſis des dritten Ventrikels bis zu den (zigenformigen) Hervorragungen und der jo: genannten glandula pituitaria, endlich der das Gehirn vorne be— grängenden Riechnervenkappen. Wenn fo die Aetiologie, die anato— miſche Geneſis demonſtrirt worden wird es mittelſt einer materiellen Vergleichung moͤglich werden die Bedeutung der verſchiedenen Theile des Gehirns in der Stufenreihe der Thiere zu erkennen, ja ſogar die weit ſchwierigere Aufgabe zu loͤſen, auf vergleichend phyſiolo— giſchem, entweder frei experimentalem oder pathologiſchem Wege gewiſſermaaßen zu ermitteln, wie ſich die Maſſe zur Wirkung ver— haͤlt; denn wie ſich die Urſache zur Wirkung verhält, dieß zu ergruͤnden, darf ſich hier Niemand einfallen laſſen. In der Abhandlung, welche Dr. Foville der Academie un: terbreitet hat, iſt dieſer erſte Punct der Encephalotomie, mit dem er ſich uͤbrigens, wie uns bekannt geworden, gruͤndlich beſchaͤftigt hat, mit Stillſchweigen uͤbergangen, und wir wenden uns daher ſo— fort zu den zwei andern, zur vollſtaͤndigen Kenntniß des Gehirns noͤthigen Puncten, naͤmlich den Ganglien, denen der aͤußere Appa— rat abgeht, oder der Gehirnmaſſen und den Gehirnnerven an ihrem Urſprunge. Unter den Gehirnmaſſen, denen der aͤußere Apparat abgeht, und deren der Menſch drei Paare, das kleine Gehirn, die Vierhuͤgel und die Halbkugeln des großen Gehirns, beſitzt, die wir hier in der Aufeinanderfolge von Hinten nach Vorn, d. h. von dem Kno— ten oder Hals des Markes bis zu deren Ausgang in die Riechner— venlappen anfuͤhren, beſchaͤftigt ſich Dr. Fo ville in feiner Abs handlung nur mit den Halbkugeln des großen Hirns, die er in ihr ren Beziehungen mit dem Marke (vermittelft des Hirnſchenkels (pedunculi), ferner in Anſehung der auf ihrer Oberflaͤche zu beob— achtenden Windungen und ſelbſt in Betreff ihres Abdrucks durch den Schädel oder ihre Knochenhuͤlle unterſucht. In einer der Academie ſchon vor laͤnger als funfzehn Jahren vorgelegten Abhandlung, aus der ſich ergiebt, wie lange ſich Dr. 85 Foville bereits mit dieſem ſeinen Lieblingsſtudium beſchaͤftigt, hatte derſelbe nachgewieſen, wie das den Piunſchenkel bildende Bündel weißer Faſern ſich mehr und mehr theilt, indem es ſich von dem pons Varolii entfernt, um in drei Schichten in die Halb— kugel einzudringen. Die obere Schicht loͤſ't ſich zuerſt ab und er⸗ bebt ſich faſt ſenkrecht; er nennt ſie die Schicht des corpus callo- sum, weil ihre Faſern, in der That, indem ſie ſich von Außen nach Innen umſchlagen, dieſen Körper bilden. Die mittlere, wels che ſtaͤrker iſt, als die obere, nennt er die Schicht der Halbkugel, weil ſie ſich in alle Windungen der letztern zu vertheilen ſcheint. Die dritte, unterſte (und ſchwaͤchſte) endlich hat dieſelbe Ausdehs nung wie die zweite, geht in entargengefegter Richtung ab und bildet die Scheidewand der Ventrikel oder das septum lueſdum, während es einen Ausläufer an den Schlafenlappen abgiebt. In feiner neuen Abhandlung unterſucht Dr. Foville nun noch gründe licher die Art und Weile , "wie die Faſern des Hirnſchenkels (pe- dunculus), der ein Fortfag des Rückenmarkes iſt, ſich im Gehirne vertheilen, und iſt fo zu Reſultaten gelangt, welche von feiner fruͤ— hern Anſicht einigermaaßen abweichen. Zuvoͤrderſt beſchreibt er einen äußern, bisher in Betracht ſei— ner Wichtigkeit noch nicht genuͤgend unterſuchten Theil des Ge— hirns, den Vieg d' Azyr, in feiner ſchoͤnen Arbeit über das Gehirn des Menſchen und der Vierfußer, unter dem Namen „durchloͤ— cherter Raum“ ) (espace peckoré) beſchrieben hat und den Dr. Foville den vierfeitigen durchlöͤcherten Raum (es- pace quadrilatere perforé) nennt. Dieſer Theil iſt allerdings ziemlich regelmäßig vierfeitig und mit einer großen Anzahl gefaͤß⸗ reicher Löcher von feidenglängender weißer Farbe (blanc fibreux) durchbohrt, die graulich erſcheinen, weil fie über dem aus dem Ventrikel heraustretenden corpus stristum liegen. Er befindet ſich am Eingange der Syloiſchen Spalte (fiesura Sylvii) und nimmt den Raum zwiſchen dem Urſprunge dieſes letztern, dem hakenfoͤrmi— gen Vorſprunge der Schlaͤfenwindung, den tractus nervorum opti- corum und deren chiausma, nach Hinten und Innen, fo wie dem vordern oder Stirnlappen des Gehirns nach Vorn, ein. In dieſem Raume bemerkt man die angeblichen Wurzeln des Riech⸗Nerven oder Lappen Hierauf legt Dr. Foville dar, wie der Hirnſchenkel, nad): dem er ſich in ſeine beiden Haupttheile getrennt, von Hinten nach Vorn und von Innen nach Außen divergirt und wie von aufeinan— derfolgenden Ringen umſchloſſen erſcheint: 1. Durch die Sehhuͤgel und deren zu dem chiasma ſtreichen⸗ den tractus nervorum opticorum; 2. durch das halbkreisfoͤrmige oder hornige Bändchen, welches dieſe Sehbuͤgel von den corporib. striatis ſcheidet und, Hrn. Fo— ville zufolge, vor und über dem innern Theile des vierſeitigen durchloͤcherten Raumes entſpringend, nachdem es ſich um den Hirn— ſchenkel geſchlagen, unten an der, an der aͤußern Portion deſſelben vierſeitigen durchloͤcherten Raumes feſtſitzenden Schlafenwindung ausgeht; 3. durch die corpora striata ſelbſt, von denen ſowohl die aus Lerhalb, als die innerhalb der Ventrikel befindliche Portion zur Bildung des Ringes beitraͤgt; 4. durch einen andern zuerſt von Hrn. Foville beſchriebenen faferigen Kreis, welcher das corpus striatum äußerlich umzicht, wie das Baͤndchen es auf der Innenſeite thut, und deſſen beide Enden ebenfalls vom vierſeitigen durchloͤcherten Raume ausgehen; 5. durch die ſeitliche Hälfte des Gewoͤlbes (fornix), welches vorn nach den außerhalb des Ventrikels befindlichen cor porib. stria- tis zu entſpringt, ſich mittelft der hintern Pfeiler fortſetzt und durch die aefranf’ten Körper (corp. ciliata) in den untern Theil des ſeitlichen Ventrikels bis gegen die fissura Sylvü hin herabſteigt; 6 durch ein Band von abgeſonderten weißen Faſern, welchem Hr. Foville den neugeſchaffenen techniſchen Namen Saum (ourlet) beilegt, das jedoch von Vicg d' Azyr bereits beſchrieben ) Man ſehe Loder 's Tafeln, worin die Vicg d' Azyr'ſchen Abbildungen copirt find, beſonders Taf. CLV. und CL VI. 86 und abgebildet worden *), und das ſich von dem vort ern Theile des vierſeitigen durchlöcherten Raumes vor den vordern Rand des corpus c+llosum zieht, auf deſſen oberer Flache hinſtreicht, ſich am hintern Rande des Gewoͤlbes umſchlagt und, Bich al's Langscanal begleitend, an dem untern Vorſprunge des Schlaͤfentappens, wo es den vierſeitigen durchtöcherten Raum wieder erreicht, ausgeht; 7. durch die beiden aneinanderliegenden obern Bändchen des corpus callosum, von denen Dr. Foville ebenfalls nachweiſ't, ne ſie am vierfeitigen durchtoͤcherten Raume entfpringen und aus⸗ gehen. Nach der Darlegung dieſer ringfoͤrmigen Anordnung der Theile, welche der Stiel des Hirns, indem er ſich, ſteis breiter werdend, von der Medianlinie entfernt, durchſchneidet, fo wie der fortwaͤhr nden Ausbreitung des Hirnſchenkels ſelbſt, welche Anord— nung indeß, obwehl ner aus dem Geſichtspuncte der außern Ges ftattung, ſchon großentheils vom Profeſſor Gerdy beſchrieben und abgebildet worden war, betrachtet Dr. Foville die Art und Weiſe, wie ſich die beiden Schichten des Stiels in Abſicht auf ihre Vertheilung verhalten. Die obere Schicht, in welcher ſich die hinteren Straͤnge des bulbus des Rückenmarkes fortſetzen, trennt ſich, nachdem fie in die Sehhuͤgel gelangt iſt, in zwei Theile; der obere, größere dringt in die corpora striuta ein, löſ't ſich an deren äußerer Seite von ihnen ab und kruͤmmt ſich dann aufwärts, um das corpus cal osum zu bilden; der untere, der unter der untern Schicht oder Schnur wegſtreicht, bilder dann erſt den tractus opticus und fpäs ter den Geruchsnerven, oder ſetzt ſich in dieſe Theile fort, indem er bis zum vierſeitigen durchloͤcherten Raume vordringt. Was die untere Schicht des Stiels anbetrifft, d. h. die der Halbkugeln, aus den Pyramiden entſpringend, ſo trennt ſich dieſelbe, nachdem ſie, wie die erſte, ebenfalls die Sehhuͤgel und die corpora striata durchſetzt bat, gleichfalls in zwei Theile, einen untern, der niederwaͤrts ſtreicht, und einen obern, der ſich faſt fächerförmig ausbreitet und ſich in die converen und aͤußern Theile der Halbku— gel zerſtreut, indem er ſich ſtrablenfoͤrmig nach allen Richtungen in die dortigen Windungen vertbeilt. Das Studium diefer Windungen in Anfıhung ihres Urſprungs, ihrer Anordnung, kurz der Actiologie ihrer Bildung und Beziehungen dürfte erſt nach demjenigen der Art und Weiſe, wie ſich die weißen Faſern des Hirnſchenkels in die jene Windungen auskleidenden wei— ße Schicht verbreiten vorgenommen werden. Bekanntlich hat ih⸗ nen Gall in feiner Phyſiologie des Gehirns eine ſehr hohe Wich— tigkeit beigemeſſen, und in cranioſcopiſcher Beziehung noch mehr Werth auf dieſelben gelegt. Es war alſo noͤthig, ſie ohne alle vorgefaßte Meinung zu unterſuchen; und an dieſe Arbeit war ein Mitglied der Commiſſion ſchon vor vielen Jabren gegangen, und batte die von ibm erlangten Reſultate in einem langen Artikel über das Nervenſyſtem dargelegt, der im Jabr 1821 im Journal de Physique erſchien. Dort findet man angegeben, daß in der Ent: wickelung der Windungen eine Ordnung, eine Staͤtigkeit zu beob⸗ achten ſey, welche zu der Hoffnung berechtige, daß ſie ſich bei faſt allen Saͤugethieren wuͤrden demonftriren laſſen. Er fand in dieſer Beziehung auch fo wenig Schwierigkeiten zu überwinden, daß er in einer Reibenfolge von Abbildungen, die ſich auf das Gehirn ziemlich vieler Arten bezogen, die Bedeutung der vorzuͤglichſten dieſer Windungen darlegen konnte. Die Affen mit breitem, platten Bruſtbein, die Delphine und in'sbeſondere der Menſch ſchienen hier⸗ von eine Ausnahme zu machen; aber Hr. Foville ſcheint uns die Aufgabe in Betreff des Menſchen, wenigſtens dem größten Theile vach, gelöf’t zu haben. um Dr. Foville's Anſichten richtiger aufzufaſſen, muß man annehmen (was übrigens ein Mitglied der Commiſſion nachweiſen 1 Eönnen glaubt), daß das Ruͤckenmark, indem die es bildenden eiden Stränge ſich im Gehirne ausbreiten, die Bloßlegung der grauen Subſtanz veranlaßt, und daß die Sebhügel und deren Com⸗ miſſuren, die innerhalb der Ventrikel und ſelbſt die außerhalb der⸗ ſelben liegenden corpora striata, in welche dieſe Subſtanz am Ein⸗ gange oder Anfange der Sylviſchen Spalte ausgeht, wo ſich, ob— *) Man ſebe Loder's Tafeln, worin die Vieg d' Azyr' ſchen Abbisdungen copirt find, befonders Taf. CLV. u. CLVI. 6 * 87 wohl weniger tief, auch der Theil befindet, welcher die Grundlage der Hemiſphaͤren bildet, auf dieſe Weiſe entſtehen, TEE Von diefer, durch den weiter oben beſchriebenen vierſeitigen durchloͤcherten Raum bezeichneten Stelle an der untern Oberfläche des Gehirns läßt Dr. Foville die ſaͤmmtlichen Hauptwindungen der erſten Ordnung entſpringen, welche die Gipfel der Hiratheile bilden, bie durch die Entwickelung des untern Bundels des Stiels entſtehen, und von denen die vornehmlichſte ſich um den Rand der fissura Sylvii zieht, auf dieſe Weiſe die insula verdeckt, zum Schlaͤ⸗ fenlappen hinabgeht, dann wieder in die Höhe ſteigt, ſich rings um den Rand der groͤßten Peripherie der Halbkugel zieht, und endlich zu ihrem Ausgangspuncte zuruͤckkehrt. Eine zweite Hauptwindung, die jedoch der Ordnung derjenigen beizuzaͤhlen iſt, welche die Verlaͤngerungen des obern Buͤndels des Markes uͤberziehen, iſt diejenige, welche Dr. Foville die Saum⸗ Windung nennt, weil ſie das weiter oben beſchriebene Faſerband (den Saum) begleitet. Gleich dem Saume entſpringt ſie unten in der Gegend der corp. striata extraventricularia, ſeeicht nach der innern ebenen Fläche der Halbkugel, begleitet dieſelbe nach ihrer ganzen Laͤnge und ſchlaͤgt ſich dann binterwaͤrts um, worauf ſie in Gemeinſchaft mit dem Schlaͤfenlappen gegen die Syhviſche Spalte hin und folglich an der insula ausgeht, welche, in der That, zu derſelben Ordnung von Windungen gehoͤrt, was auch in Bezug auf die Unterabtheilungen der innern ebenen Flaͤche der Halbkugel, ſo wie auf die des uͤber dem kleinen Hirn liegenden Theils ihres hintern Lappens der Fall iſt. Jede dieſer Hauptwindungen der einen oder der andern Ord— nung kann in Anſehung der Biegungen, Windungen und Falten einige Beſonderheiten darbieten; allein keine derſelben bildet wahre Randwindungen, deren Urſprung ſich an dem weißen Kaͤppchen (calotte) befindet, welches das centrum ovale Vieussenii bildet. Mit dem zwiſchen ihnen befindlichen Raume verhaͤlt es ſich anders; dieſer iſt, in der That, in Nebenwindungen getheilt; drei vordere, welche den vordern Lappen des großen Hirns fuͤllen und bilden, und zwei hintere, welche gabelig (in Geſtalt eines Y) aus der plattaufliegenden und langgezogenen Hauptwindung des Raumes hervorkommen und ſich in dem Hinterhauptlappen erſtrecken; die kuͤrzeſten und ſenkrecht ſtehenden endlich ſchließen ſich an den ſeit— 88 lichen Theilen des großen Hirns und der insula den beiden großen Randwindungen an. 5 (Schluß folgt.) Miscellen. Ueber ein epithelium an der vorderen Flaͤche der retina hat Herr De. Henle der Geſellſchaft naturforſchender Freunde, zu Berlin, eine Muütheilung gemacht. Die fogenannten Nervenkuͤgelchen an der vorderen Flaͤche der Nervenausſtrahlung find Zellen oder Kerne von Zellen, welche gegen den Glaskoͤrper hin vorrücen, ſich dabei abplatten und zu einer glatten Haut zuſammen— treten, welche dem Glaskoͤrper anliegt und ein feſtes Geruͤſte für die Ausbreitung der Sehnerven bildet. Die feinſte Ausſtrahlung des Hörnerven im Labyrinth hat ein ähnliches epithelium. Daß die Unterfuhung des Meteorpapiers von 1686 und der Schleſiſchen Watte: oder flanellartigen Subſtanz auch in England eine Beachtung ahnlicher dortigen Verhaͤltniſſe herbeigeführt habe, hat Herr Profeſſor Ehrenberg der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, am 21. Juti, mitgetheilt. In einem, an Herrn Alexander v. Humboldt gerichteten, Schreiben des Königl. Ge— ſandten in London, Herrn v. Bülow, wird beilaͤufig gemel— det, daß ſich auf einem Gute des Lord Radnor ein natürliches Wieſentuch gebildet habe, welches 5 Acres Wieſen bedeckte. Ein Bauer, erzählte man, habe ſich eine Weſte aus dieſem Zeuche mas chen laſſen. Die beigefuͤgte Probe gleicht einer Tuchprobe, iſt oben von der Sonne ſilberweiß ausgebleicht, unten gruͤn und eben da von anhaͤngenden erdigen Theilchen ſtaubig. Die tuchartige Sub— ſtanz beitebt aus Conferva rivularis, welche gegluͤbt, verkohlt und ſich meiſt verfluͤchtigt, aber eine anſehnliche Aſche zuruͤcklaͤßt, die aus wohlerbaſtenen Kieſelpanzern von neun Bacillayien = Arten bes ftand: Synedra Ulna, Fragilaria rhabdosoma, Navicula viridis, Gomphonema trunc tum, acuminatum und gracile, mit Gallio- nella varians und Cocconema Cistula. Dieſe Formen liegen im Confervengewebe zerſtreut, meiſt an der Unterſeite. N Bemerkungen uͤber die Behandlung der Ruͤck— gratsverkruͤmmungen, Von Dr. W, T, Ward, Ruͤckgratsverkruͤmmung, welche in Folge der Muskel⸗ ſchwaͤche eintritt, kann von Affection der Knochen nicht allein durch die Art ihres Ausganges, ſondern auch ſchon durch Beachtung des allgemeinen Verlaufs unterſchieden werden,. Denn obwohl man zugeben muß, daß die Haupturſachen fuͤr beide Krankheitsformen dieſelben ſind, ſo iſt doch ein Unterſchied in der Einwirkung derſelben zu bemerken, Bei ſeitlicher Verkruͤmmung iſt die Biegung allmaͤlig und bei Verkruͤmmungen an den Halswirbeln findet ſich noch eine zweite oder dritte Biegung, welche durch Einwir— kung der Muskeln entſteht, die auf Herſtellung des Gleich— gewichtes an der Wirbelſaͤule hinwirken. Dieſe Verkruͤm⸗ mungen ſind nicht mit acutem Schmerze, ſondern nur mit einem unbehaglichen Gefuͤhle verbunden, welches vielleicht von der Ermuͤdung der Ruͤckgratsmuskeln allein abgeleitet n füge d ee: werden kann. In vielen Faͤllen empfinden die Kranken gar keinen Schmerz und haben ſo wenig Belaͤſtigung, daß ſie erſt durch die Formveraͤnderung bemerken, daß ſie uͤber— haupt krankhafte Veraͤnderung erlitten haben Die Anfaͤnge der Krankheit ſind laͤngere Zeit kaum zu bemerken; kommt aber irgend ein beſonderes Unwohlſern, z. B., eine fieber— hafte Affection hinzu, ſo bemerkt man, daß nun das Ruͤck— grat im Verlaufe von ein, zwei oder drei Monaten in be— traͤchtlicherem Grade ſich kruͤmmt, als dieß vorher in eben ſo vielen Jahren der Fall war. Dennoch darf man keines weges immer glauben, daß da, wo betraͤchtlicher Schmerz mit ſeitlichen Kruͤmmungen verbunden ſey, nothwendig eine Krankheit der Knochen zu Grunde liege. Ich habe mehrere Fälle geſehen, wobei die . Kranken kaum eine Beruͤhrung des Ruͤckgrates oder der be— nachbarten Theile ertragen konnten, und dennoch durch blo— ßes Muskelkneten und durch Muskeluͤbungen raſch die Hei— lung bewirkt wurde. In Faͤllen dieſer Art iſt der Schmerz gewohnlich dumpf und wenig intermittirend; druͤckt man 89 mit dem Finger feſt auf den converen Theil der Kruͤm— mung zur Seite der Formfortſaͤtze, fo bewirkt dieß beträcht: lichen Schmerz, waͤhrend bei aͤhnlichem Drucke in derſelben Höhe auf der andern Seite der Dornfortſaze, alſo an dem concaven Theile der Kruͤmmung, eine ſolche Wirkung nicht erfolgt. Man wird gewoͤhnlich finden, daß daſſelbe Sym— ptom mehr oder minder deutlich auch bei den übrigen Krüm— mungen deſſelben Kranken ſich findet Es ſcheint ſeinen Ur— ſprung in den beſtandigen Anſtrengungen der Ruͤckgratsmus— keln zur Unterftügung der aufrechten Stellung zu haben. Bisweilen, jedoch ſelten, findet man auch, daß der Schmerz in den größeren Ruͤckenmuskeln feinen Sitz bat. Bei der Ruͤckgratskruͤmmung nach Vorn zeigt ſich die Biegung ebenfalls ſebr allmaͤlig, da ſie mehrere der untern Halswirbel und ſaͤmmtliche Ruͤcken- und Lendenwirbel ein— nimmt: in manchen Faͤllen hat ſie ihren Sitz nur in den Ruͤcken- und Lendenwicbeln; auch bei dieſen iſt der Schmerz dumpf und iſt wahrſcheinlich auf dieſelbe Urſache zuruͤck— zuführen, Bei caries der Witbelkoͤrper findet ſich eine ploͤtzliche Hervotragung; die gegenſeitige Stellung der Dornfertſaͤtze iſt veraͤndert, und ſie ſind bisweilen weiter von einander entfernt, als man ſich möglich denken kann, ohne einen Subſtanzver— luft an dem vordern Theile der Wirbeliüule anzunehmen; in andern Faͤllen findet bloß eine ſtaͤrkere Annaͤherung derſelben gegen einander ſtatt. Die Kruͤmmung von Innen nach Außen wird durch Abſorption eines oder mehrerer Wirbel— koͤrper bewirkt, und wenn in einem ſolchen Falle ein Stoß oder irgend eine andere, Entzuͤndung erregende, Einwirkung vorausgegangen iſt, fo hat man ziemlichen Grund, das Vor: handenſeyn der caries zu vermuthen; der Schmerz iſt in einem ſolchen Falle viel acuter, als wenn die Krümmung nur von Muskelſchwaͤche abhaͤngt, was man ſchon nach der Art, wie die Entzuͤndung in ſehnigen, knorpeligen oder kno— chigen Theilen vorſchreitet, vermuthen kann. Uebrigens iſt der Schmerz auch genauer auf die krankhaft veraͤnderten Theile beſchraͤnkt und mit betraͤcptlicher fieberhafter Neacz tion verbunden. Ein Symptom, welches die Karies beglei— tet, beſteht darin, daß der Kranke genoͤthigt iſt, die Haͤnde immer auf die Kniee zu ſtuͤtzen, um die Anſtrengung der Muskeln zu erleichtern, welche durch die fortdauernde Be— muͤhung, die Knochen in ihrer gegenſeitigen Lage zu erhal— ten, ermuͤden. Es iſt ein intereſſanter Punct, zu beſtim— men, ob bei allen picslichen (d. h. local beſchraͤnkten) Her— vorragungen der Dornfortfäge, fo leicht fie auch immer ſeyn mögen, jedes Mal Verminderung der vordern Knochenpar— thie ſtattfindet. So viel mir bekannt iſt, iſt bisjetzt keine Leichenoͤffnung in dem fruͤheſten Stadium eines ſolchen Fal— les gemacht, wenn eben erſt eine ſehr leichte Hervorragung des Dornfortſatzes ſichtbar iſt. Dieſe Frage laßt ſich nur durch die Section bei einem ſolchen Kranken, der an einer andern Krankheit ſtirbt, beantworten. Es iſt von aroßer Wichtigkeit, die beiden Krankheiten der caries und der rhachitis dabei von einander zu uns terſcheiden, da es klar iſt, daß uͤberall, wo irgend eine 90 Structurveraͤnderung der Wirbelkoͤrper durch die erſtetre oder überhaupt eine ſerophuloͤſe Affection der Theile vorhanden iſt, jeder Verſuch, die Verkruümmung durch Mues kelitd ungen zu heilen, dadurch ſehr nachtheilig ſeyn wurde, daß die Nas turbeilung durch Anchyloſis dadurch verhindert würde Die Diagnoſe wird jetzt beſſer gemacht, als früher, und es wers den nicht fo häufig mehr Fontanelle bei einfachen ſeitlichen Verkruͤmmungen angewendet. Die Krümmung des Nüd: grats nach Vorn, als Folge des chroniſchen Rheumatismus, oder einer andern langdauernden ſchwaͤchenden Krankheit, it nicht ſelten. Sie ſcheint daher zu ruͤhren, daß ſich der Kranke bei'm Sitzen oder Liegen, in der Abſicht, ſeine Schmerzen zu erleichtern, nach Vorn neigt; hat er dieſe Stellung eine Zeitlang beibehalten, ſo entſteht Schwaͤchung der Ruͤckenmuskeln durch lange Unthaͤtigkeit, und da nun jes der Verſuch, das Ruͤckgrat nach Hinten zu ziehen, laͤſtig oder ſchmerzhaft iſt, ſo unternimmt ihn der Kranke entwe— der gar nicht, oder fo unvollſtaͤndig, daß die Kruͤmmung endlich bleibend wird, bis die geeigneten Mittel zu ihrer Beſeitigung angewendet werden. Es koͤmmt auch eine Ruͤckgratskrankheit in Folge von Paralyſe vor, welche, meines Wiſſens, noch nie beſchrieben worden iſt; fie beiteht darin, daß die Ruͤcken- und Lenden— wirbel in das Becken hereinſinken und iſt nicht ſehr haͤufig; denn ich habe nur drei Falle geſehen. Sie kann Incur— vation des Ruͤckgrats genannt werden. Die Lendenwirbel ragen nach Vorn gegen das Schaambein; es entſtebt eine ſtarke Aushoͤbhlung des Ruͤckens, und die Folge iſt ein ftarf wackelnder Gang. Bei dieſer eigenthuͤmlichen Verkruͤmmung habe ich, außer den gewoͤhnlichen Mitteln, empfohlen, daß ſich der Kranke fo wenig, als moͤglich, der Stuͤhle zum Siz— zen bedienen ſolle, ſondern lieber auf einem Sopha oder auf dem Boden mit untergeſchlagenen Beinen, wie Tuͤrken oder Schneider, ſitze. Nach dem, was ich über die Entſtehungs— weiſe der Krankheit geſagt habe, iſt der Grund dieſer Art der Behandlung leicht zu verſtehen. Bei'm erſten Anfange der Krankheit muß die Diät forgfältig angewendet werden; fie beſteht ein Mal taͤglich aus einer reichlichen Portion Fleiſchſpeiſen, waͤhrend das Fruͤhſtuͤck und Abendbrodt aus Butterbrodt, Milch und Thee beſteht; ſind die Speiſen mild und einfach bereitet, ſo iſt keine Ueberladung des Ma— gens zu fuͤrchten. Bei jungen Perſonen, wo man auf eine gehoͤrige Beruͤckſichtigung deſſen, was ſie zu erwarten und zu fuͤrchten haben, nicht rechnen kann, iſt es wichtig, Erhei— terungen mit den Heilmitteln fo viel, als moglich, zu ver— binden; fie werden dadurch nicht allein wirkſamer, fondern werden auch lieber befilyt, als wenn die Uebungen wie ein Geſchaͤft betrachtet werden. Alle zur Entſtehung der Krank— heit mitwirkenden Urſachen muͤſſen vermieden werden, unter andern auch Alles wodurch eine vorzugsweiſe Stirfung der einen Koͤrperſeite auf Koſten der andern bewirkt wird. Dieß geſchieht, z. B., dadurch, daß man die Kinder nöthigt, ſich fortwaͤhrend der rechten Hand zu bedienen, damit ſie nicht durch Gewohnheit linkbaͤndig werden. Es iſt im Ge: gentheile vortheilhafter, die Kraft des ſchwaͤcheren Armes durch haͤufigen Gebrauch zu vermehren, wodurch auch der 91 Fuß derſelben Seite zu einem Stüßpuncte gemacht und die Muskeln der ganzen Seite durch vermehrten Gebrauch ge— ſtaͤtkt werden. Bei einigen leichten Fillen, wo ich der An: ſicht war, daß die Verkruͤmmung durch Schwaͤche des Fuß— gelenkes entſtehe, habe ich mit Vortheil das den Kindern wohlbekannte Spiel, welches ſie Hop-scotch . . . nennen, angewendet. Dies hat immer fehr günftig gewirkt. Iſt die Krümmung ſo ſtark, daß die Huͤlfe des Wundarzt es in Anſpruch genommen wird, fo iſt das Princip, worauf wir unſere Cur «runden muͤſſen, nur in der Wiederherſtellung des Gleichge— wichtes in den contrabirten und erſchlafften Muskern zu ſu— chen: Dieß baͤßt ſi auf mehrfache Weiſe durch paſſive und active Mittel erreichen; die paſſiven ſind alle jene aͤu— ßeren Mittel, welche die Wirkung haben, die Muskelkraft zu vermehren, z. B., Reiben, Kneten, Klopfen, Beibehal— ten einer beſtimmten Stellung, Galvanismus, Electrieitaͤt ꝛc. Unter den activen Mitteln iſt die Erregung der Muskeln durch den Willen oder Muskeluͤbungen zu nennen. Das Reiben iſt von mehreren Nationen feit jeher als Heilmittel ſehr verſchiedener Krankheiten angewendet werden: gewoͤhnlich wird dabei eine Salbe eingerieben, welcher mei— ſtens der gute Erfolg zugeſchrieben worden iſt. Die vor— theilhafteſte Art, Reibungen anzuwenden, iſt jedoch das Reiben mit der bloßen Hand, hoͤchſtens mit Anwendung von etwas Puder oder Mehl, um den Schweiß zu abſorbi— ren und das Wundreiben der Haut zu verhindern (wie Hr. Grosvenor aus Oxford gelehrt hat). Das Kneten oder Shampooing wird auf die Weiſe ausgeführt, daß man die Muskeln kneift und knetet, indem man ſie in der Hand oder zwiſchen den Fingern druͤckt; das Klopfen geſchieht durch Aufſchlagen mit dem fleiſchigen Theile des Ballens der Hand. Die Art, wodurch ſie zu Beſeitigung der Krank— heit wirken, beſteht darin, daß ſie die Nerven reizen, die Bluteirculation vermehren und daher die Zunahme der Muskelkraft und des Muskelumfanges beguͤnſtigen. Dieſe verſchiedenen Mittel, den Blutandrang zu vermehren und die Warme des Korpertheils zu erregen, unterſcheiden ſich bloß dem Grade nach in ihrer Wirkung; die Wahl des einzelnen Mittels, die Dauer der Anwendung deſſelben, die Haͤuſigkeit der Wiederholung deſſelben ſind Puncte, welche nach der Empfindlichkeit des Theils und dem Krankheitszu— ſtande beſtimmt werden. Als allgemeine Regel iſt es zu empfehlen, daß man mit der am wenigſten unbequemen Er— regung beginnt und mit Abnahme der Erregbarkeit ſie all— maͤlig ſteigert. So iſt das Reiben dem Kneten und Klo: pfen vorauszuſchicken. Welches von dieſen Mitteln aber auch angewendet werde, es muß mindeſtens eine Stunde fortgeſetzt und zwei oder drei Mal des Tages wiederholt werden; doch darf dadurch nie wirklicher Schmerz entſtehen. Die unveraͤnderte horizontale Lage, welche Baynton (On diseases of the spine) als ausſchließliches Mittel empfiehlt, indem er ſelbſt die Heilung vieler Faͤlle durch Fontanelle nur von dem Liegen ableitet, auch Beobachtungen anfuͤhrt, wo langdauernde Verkruͤmmungen durch dieſes Mit: tel allein geboben wurden, iſt nur bei leichten ſeitlichen 92 Kruͤmmungen anwendbar, und Baynton geſteht ſelbſt, daß es nicht oft gelinge, Kruͤmmungen mit doppelter Beugung durch irgend ein Mittel zu heben, ſo daß er alſo auch von ſeiner Behandlungsweiſe in dieſen Faͤllen nicht befriedigt war. Die Kruͤmmungen mit zwei Beugungen find indeß nichts, als ein höherer Grad derſelben Krankheit; meiſtens findet man ſogar drei, wovon die obere in den Halswirbeln nur leicht und mit der Convexitaͤt nach Links gerichtet iſt, eine großere im Ruͤcken nach Rechts ſtent und eine geringere an den Lendenwirbeln nach Links gerichtet iſt und mit der Goncavität gegen das rechte Huͤftbein hin ſieht. Alle Bie— gungen koͤnnen auch in entgegengeſetzter Richtung vor— kommen. Das planum inelinatum ift für viele Fälle in Anz wendung gekommen, um den Körper in einer beſtimmten La— ge auf langere Zeit und mit Sicherheit zu erhalten. Dieß iſt den Kranken außerordentlich unangenehm, bisweilen ſchmerzhaft und gewaͤhrt durchaus keine Vortheile vor der gewöhnlichen Matratze ohne Beſchraͤnkung einer Koͤrverbewe— gung. Von der geneigten Ebene ſtehen die Kranken nicht allein ohne Erholung, ſondern ſelbſt ſehr ermuͤdet auf, was leicht zu begreifen iſt, wenn man bedenkt, daß die Veraͤnde— rungen der Koͤrperſtellungen bei'm Wachen und im Schlafe die Mittel ſind, wodurch contrahirte Muskeln erleichtert werden und ſich erholen koͤnnen. Bei der Incurvation des Ruͤckgrats nach Vorn ſcheint mir die Rückenlage am raͤthlichſten, wenn auch nicht ganz unerlaͤßlich, und namentlich iſt zu empfehlen, daß fie nicht fo lange fortgeſetzt werde, um den Kranken zu belaͤſtigen. Bei ſeitlicher Incurvation iſt eine allgemeine horizontale Lage ganz ausreichend, ohne daß es nothig wäre, den Kranken gerade zu einer beſtimmten Stellung zu noͤthigen. Das Liegen, wodurch der Druck des eigenen Körpergewichtes be— ſeitigt und den Theilen die Wiederherſtellung des fruͤhern ge— ſunden Zuſtandes moͤglich gemacht wird, iſt ohne alle Frage eine wichtige Maaßregel bei der Behandlung dieſer Krankheit, wodurch in leichten Faͤllen die Heilung bewerkt werden kann, obwohl es nicht raͤthlich iſt, ſich auf dieſe Maaßregel allein zu beſchraͤnken. Man ſollte daran denken, daß, wenn die Knochen auf ſolche Weiſe ihre gegenſeitige Lage wiederer— langt haben, die daran angehefteten zahlreichen und ſtar— ken Muskeln in einem atoniſchen Zuſtande bleiben; nur durch Staͤrkung dieſer Muskeltheile iſt es moͤglich, eine bleibende Cur zu bewirken. Dieß gelingt am beſten durch active Muskelerregung, wozu ich beſonders folgende Uebungen machen laſſe: An einer uͤber eine Rolle gehenden Schnur wird ein Gewicht aufgehaͤngt, und das andere Ende der Schnur mit einer Schlinge um den Kopf befeſtigt; waͤhrend nun das Becken fixirt iſt, laͤßt man den Kranken das Ges wicht durch Zuruͤckziehen des Kopfes und Rumpfes aufheben und dieß ſo lange wiederholen, bis Ermuͤdung eintritt. Die Haͤufigkeit der Wiederholung dieſer Uebung und die Schwere des aufzuhebenden Gewichtes muß von der Staͤrke des Kranken abhängen. Nach jeder Uebung ruht ſich der Krane ke auf einem Sopha aus, damit die Muskeln nicht geſtreckt 93 bleiben und dadurch von Wiederherſtellung ihrer vollkomme— nen Entwickelung abgehalten werden. Dieſe Art der Muss keluͤbung iſt auf gleiche Weiſe für die Krümmung nach Vorn, als fuͤr die auf die Seite anwendbar. Eine Verbindung beider Arten der Muskelerregung iſt guͤnſtiger, als wenn jede für ſich allein angewendet wird; mir ſind manche Faͤlle bekannt, in welchen Reiben allein eine betrachtliche Zeit hindurch ohne Erfolg angewendet wor— den iſt und andere, wobei die Lage auf einer geneigten Ebe— ne allein ohne Einfluß blieb, waͤhrend eine Combination des Muskelklopfens und der Muskeluͤbungen mit der liegenden Stellung nachher einen vollkommenen Erfolg verſchaffte. Außerdem, daß durch Verbindung der Mittel die Cur be— traͤchtlich beſchleunigt wird, zeigt ſich noch eine guͤnſtigere Einwirkung auf das Allgemeinbefinden, indem die Kraͤnklich— keit und Verdauungsſchwaͤche, welche bei ſolchen Fallen bie: weilen ſehr groß iſt, bei gleichzeitiger Anwendung dieſer Mittel in demſelben Maaße verſchwinden, als die Muskel- kraft zunimmt. Man hat ſehr haͤufig bei leichten Kruͤmmungen die Meinung geaͤußert, daß dieß durch das Wachſen wiederum vergehen werde; die Moͤglichkeit davon iſt nicht zu laͤugnen; jedoch ſind mir keine ſolche Faͤlle bekannt, bei denen nicht eine vollkommene Aenderung in den Gewohnheiten des Kin— des eingetreten wäre; im Gegentheile habe ich mehrere Fälle geſehen, in welchen Krümmungen, die, wie man ſich aus— druͤckte, ſich wieder verwachſen ſollten, einen ſehr beträchtli— chen Grad erreicht haben. Paſſend erſcheint es mir, bei leichten Fällen gegen die Verwandten ſich dahin zu aͤußern, daß die Krankheit beſtaͤndig zunehmen werde, bis die ent— ſprechenden Mittel dagegen angewendet werden, namentlich ſorgfaͤltige Diät, taͤgliche allgemeine Muskeluͤbungen und lo: cale Uebungen der Ruͤckgratsmuskeln, wozu faſt alle Kinder— ſpiele gehören, welche, wenn man die Kinder ſich denſelben ohne Zuruͤckhaltung hingeben läßt, in der Regel Geſundheit und Kraft verleihen. Die Wahrſcheinlichkeit der Zunahme der Krankheit haͤngt hauptſaͤchlich dabon ab, ob der Patient eine ſitzende Lebensweiſe fuͤhrt oder nicht. Bleibt das In— dividuum geſund und in Thaͤtigkeit, ſo kann die Krankheit Jahre lang ſelbſt ohne Anwendung der Mittel ſtationar bleiben; wird dagegen die Perſon krank, oder fuͤhrt ſie eine ſitzende Lebensart, fo wird die Verkruͤmmung ſehr raſche Fortſchritte machen. Die Gruͤnde, welche man gegen die Muskeluͤbungen als Heilmittel angefuͤhrt hat, beziehen ſich mehr auf deren Mißbrauch, als auf eine richtige Anwendung derſelben; es iſt daher nicht noͤthig, ſie erſt zu widerlegen. Die wichtig— ſten Refultate, welche durch dieſe Mittel erreicht werden, beſtehen, außer in der Veraͤnderung der Form des Ruͤckgra— tes, auch in der auffallenden Verbeſſerung des Bruſtkaſtens und in der guͤnſtigen Aenderung des Allgemeinbefindens, ſelbſt unter ſehr unguͤnſtig ausſehenden Umſtaͤnden. Die Faͤlle ſind ſehr ſelten, in welchen das Allgemeinbefinden nicht weſentlich ſich gebeſſert hätte; man kann dieſt mit ziemlicher Sicherheit fuͤr die naͤchſten vier bis ſechs Wochen vorausſa— 94 gen. Andere Nebenvortheile ſind die Erregung der Haut— thaͤtigkeit, wodurch Lungencongeſtionen beſeitigt und bei zwei Perſonen ſogar hartnädige, ſeit Jahren dauernde Haut— krankheiten gehoben wurden. Die Länge der Zeit, in welcher man durch Diät, durch Reiben, Kneten und Klopfen, durch allmaͤlig geſteigerte Muskeluͤbung und durch richtig angewendetes Liegen die Heilung zu Stande bringt, wird von der laͤngern oder Für: zern Dauer der Krankheit und von ihrem Grade abhängen, Fit die Krankheit betrachtlich, von langer Dauer und der Patient bereits im Alter vorgeſchritten, ſo werden wenige Perſonen fo viel Zeit auf die Cur wenden, als nötbig ware, um einen vollſtaͤndigen Erfolg zu erlangen. Als ich zuerſt die Behandlung der Verkruͤmmungen nach den hier entwik— kelten Grundſaͤtzen begann, war ich der Meinung, daß es nutzlos ſey, irgend einen Verſuch mit der Behandlung zu machen, wenn die Patienten nicht den Entſchluß faßten, in der Behandlung auszuharren, bis das Uedel ganz beſeitigt ſey, in der Meinung, daß alsdann alle Mühe vergeblich ſey und die Theile bald wieder zu ihrem fruͤhern Zuſtande zuruͤckkehren würden. Das Reſultat mehrerer Fälle, wel— che beträchtlich gebeſſert, aber nicht ganz gehoben wur⸗ den, haben mir dagezen gezeigt, daß eine geringe zuruͤck— bleibende Kruͤmmung ohne Ruͤckfall um ſo ſicherer fort— beſtehen kann, jemehr ſich das Ruͤckgrat bereits einer ge— raden Linie genaͤhert hat, und daß, je ſtaͤrker der Kran: ke wird, das Ruͤckgrat um ſo weniger von der geraden Linie abweicht und vice versa. Dieſe Bemerkungen ba: ben ſich durch zahlreiche Beobachtungen waͤhrend ſiebenzehn Jahren voilkommen beſtaͤtigt Eine Familienmutter litt ſeit vielen Jahren an einer betraͤchtlichen Ruͤckgratsverkruͤmmung. Obgleich fie wegen der Länge der Zeit nicht an eine Heils barkeit ihres Zuſtandes glaubte, ſo wendete ſie ſich doch an mich, wegen Schmerzen in der Seite, wegen Athemsbe— ſchwerden, Kopfweh ꝛc., welche fie ganz richtig von der Ruͤckgratsverkruͤmmung ableitete. Die Kranke war in früs hern Monaten der Schwangerſchaft, und es konnten daher nur ſehr maͤßige Uebungen angenommen werden; ſie befolgte indeß die Verordnung und hatte bald einen Zoll an Größe zugenommen, während die Symptome in gleichem Maaße ſich beſſerten. Ich muß hier bemerken, daß ich keinesweges behaupte, in jedem Falle eine vollkommene Wiederherſtellung der Bil: dung des Ruͤckgrats bei ſeitlichen Kruͤmmungen ohne Knochen— krankheit erreicht zu haben. Der Wahrheit bin ich es ſchul— dig, zuzugeben, daß in mehreren langdauernden Fällen die angegebene Behandlungsweiſe und ſelbſt noch Extenſion ohne Erfolg blieb; die urſpruͤnglich von 15 — 2 Zoll betragen: de Kruͤmmung wurde auf 4 Zoll zuruͤckgefuͤhrt und konnte aber weiter nicht gebeſſert werden, obgleich die Kranken auf das Sttengſte die ärztlichen Vorſchriften defolgten. Ein Verdacht auf Knochenkrankheit war in dieſen Fallen nicht, da ſonſt die angewendeten Mittel, namentlich die Ertenfion, nicht obne Nachtheil geblieben wäre. Das Mittel der eintreten: den Beſſerung, z. B., bei einer Kruͤmmung von 14 — 2 95 Holl beträgt I Zoll im erſten Monate und J Zoll alle dar⸗ auffolgenden zwei Monate. Einige Fälle habe ich geſehen, wo es raſcher ging; dieß iſt aber ſelten und koͤmmt entwe— der bei den Eingebornen von Oſtindien oder bei ſehr jungen Subjecten vor, bei welchen auch die Bildung der Verkruͤm— mun, ungewoͤhnlich raſch vor ſich ging. Mau hat verſchiedene mechaniſche Apparate angegeben, welche ihren Stüsgpunct am Becken hatten, indem man meinte, das Ruͤckgrat fon eine aufeinanderliesende Knochen— reihe, bei der es nur darauf ankomme, durch aͤußere Unter— ſtuͤtzungsmittel Abweichungen nach der Seite zu verhüten. Nach den oben entwickelten Grundſaͤtzen ſind unter allen Umſtaͤnden fo mechaniſche Mistel unzulaͤſſig; denn ſelbſt, wenn man das Ruͤckgrat durch aͤußere Kraft gerade machen könnte, jo würden die Muskeln atoniſch und mangelhaft entwickelt bleiben. Waͤre die Nutzloſigkeit dieſer Mittel der einzige Einwurf gegen die mechaniſchen Apparate bei ſolchen Faͤllen, ſo waͤre dieß von geringer Wichtigkeit; aber ungluͤck— licher Weiſe ſchaden fie nur zu haͤufig, indem fie in einer unguͤnſtigen Richtung fo ſtark auf die Beckenknochen drüf- ken, daß dieſelben bei fo ſchwachen Subjecten, ſelbſt wenn ſie uͤbrigens geſund ſind, nachgeben muͤſſen. Die Bemer— kungen des Herrn Wilſon (Lectures on the diseases of the bones, p. 178) uͤber dieſen Gegenſtand ſind von Wichtigkeit, da ſie das Reſultat von Unterſuchungen an der Leiche find; er ſagt: „Ich habe ſehr viele Faͤlle von Ruͤck— gratsverkruͤmmungen von Frauen aus den Claſſen unterſucht, in welchen die Anſchaffung koſtbarer Apparate nicht moͤglich iſt; und bei dieſen war das Becken vollkommen wohlgebil— det, ſo daß ſie mehrere geſunde Kinder gebaͤren konnten, obwohl die Kruͤmmung des Ruͤckgrates ſehr betraͤchtlich war und ſeit langer Zeit beſtanden hatte; dagegen habe ich die Becken anderer Frauen unterſucht, von denen es gewiß war, daß ſie mechaniſche Apparate angewendet hatten; bei allen dieſen und noch bei andern, bei welchen, wegen Aehnlichkeit des Ausſehens, an dem Gebrauche von Apparaten nicht zu zweifeln war, fand ich die Beckenknochen unwiederbringlich veraͤndert, indem ſie einem Drucke nachgegeben hatten, auf welchen fie nicht berechnet find, ſelbſt wenn fie in vollkom⸗ men geſundem Zuſtande ſich befinden.“ 96 Die Mafrheit dieſer Bemerkung habe ich vor Kurzem bei der Section einer ſehr ſtarken Verkruͤmmung beſtaͤtigt gefunden, wobei die Mitte der Rippen (?) mit ihrer innern Flaͤche nur 4 Zoll vom Müdgrate entfernt war, obwohl eine mangelhafte Bildung des Beckens nicht ſtattfand. (Practical observations on distortions of the spine. London 1840). Miscellen. Ueber den Kaiſerſchnitt hat Dr. Godefroy ein in: tereſſante Beobachtung mitgetheilt, wovon Folgendes das Weſent— lichſte iſt: Frau P., 42 Jahre alt, 1 Meter 30 Centimeter hoch, von zarter rhachitiſcher Conſtitution, empfand am 25. Maͤrz die erſten Geburtswehen. Als zwei Tage hernach der Dr. Godefroy herbeigerufen wurde, bielt er den Kaiſerſchnitt fuͤr unerlaͤßlich. (Der Kopf war mit dem Scheitel zwiſchen dem Vorberge des Kreuz— beins und den Scheoßbeinen eingekeilt; der von Vorn nach Hinten gehende Durchmeſſer hielt 5 Centimeter.) Nachdem die Frau in gehoͤrig bequeme Lage gebracht worden war, wurde ein Rängen = Einfhnitt von 15 bis 16 Centimeter Laͤnge, zwiſchen Nabel und Schooßhein, gemacht. Darauf wurde der uterus in gleicher Rich— tung, in der Laͤnge von 13 bis 14 Centimeter, eingeſcknitten. Die placenta ſaß an der vorderen Wand des uterus und wurde her— ausgezogen, wie auch das Kind, welches lebenskraͤftig war und 3 Kilogrammen wog. — Nachdem auf dieſe Weiſe die Geburt ohne Haͤmorrhagie beendigt war, wurde der uterus gereinigt, und es zeigten ſich Contractionen deſſelben, ſo daß die Oeffnung, welche man in ihm wahrnehmen konnte, an Größe abnahm; da fie aber immer noch ſo groß war, daß eine Darmſchlinge und ein Stuͤck Netz ſich hineindraͤngten, ſo hielt Herr Godefroy fuͤr raͤthlich, drei blutige Hefte in die Wundlefze im uterus einlegen zu laſſen, welche uͤber— dem den Zweck hatten, den Erguß der Lochien und des Eiters in die Bauchhoͤhle zu verhindern. Die Faden der Ligatur wurden dicht an dem Knoten abgeſchnitten. Auch die Bauchwunde wur— de durch die blutige Naht vereinigt. Die Folgen der Operation boten nichts Beſonderes dar, und die Heilung war vollſtaͤndig. (Gazette médicale, 11. Juillet) Bei einem Manne, welchem man beide Schluͤſſel⸗ beine herausgenommen hatte, bemerkte man nach voͤlliger Heilung folgende Eigenthuͤmlichkeiten: Die des Schluͤſſelbeins bes raubte Schulter zeigte ſich etwas herabgeſunken und dem Bruſt— beine genähert, ohne daß die Symmetrie der Theile beeinträchtigt war. Der Arm konnte ſich nach allen Seiten bewegen, ohne daß die Bewegungen beſchraͤnkter geweſen waͤren. Der Mann ſtreckte den Arm horizontal aus, brachte ihn auf den Kopf und kletterte leicht auf die Baͤume. Bibliographische Illustrations of the Landslip on the Coast of Devonshire. By etc. Buckland and etc. Connybeare. London 1840, Fol. Des institutions hippiques et de l’eleve du cheval dans les prin- cipaux états de l'Europe. Par Mr. le Comte de Montendre. Paris 1840, 8. Neuf g ke ideen Observations on Diseases of Pregnancy and Childbed. By F. Churchill, MD. London 1840. 8. Vues générales sur l’&tude scientifique et pratique des diffor- mités du systeme osseux, exposdes à l’ouverture des confe- rences cliniques sur les difformites a l’Höpital des enfans ä Paris. Par le Docteur Jule Guerin etc. Paris 1840. 8. Neue Uotizen aus dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, arfammelt und mirgerbeilt von dem Ober Medieinalratde Froriep ju Weimar, und dem Medicinalrande und Preſeſſer Freren zu Berlin, No. 315. (Nr. 7. des XV. Bandes.) Juli 1840. Gedruckt im Landes »Induftries Somptoir zu Weimar. des einzelnen Stückes 3 gal. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthir. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. run d Unterſuchungen uͤber die Structur des Gehirns und deſſen Beziehungen zu der Geſtalt des Schaͤdels. Vom Dr. Foville. (Bericht des Hrn. v. Blainville an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, abgeſtattet den 11. Mai 1840.) (S ch lu ß.) Auf dieſe Weiſe ſchildert Dr. Foville die Actiolonie oder die Ordnung der Entwickelung der Windungen der Halbkugeln des menſchlichen Gehirns. Die Commiſſion, vor welcher er feine Ans ſichten an den ſchoͤnen, der Academie vorgelegt geweſenen Praͤpara— ten demonftrirt bat, kann vor der Hand noch nicht mit Sicherheit behaupten, daß dieſelbe in allen Einzelnheiten durch die vergleichen⸗ de Anatomie beftätigt werde, welche Probe fie alſo noch zum Theil beſtehen muß; allein was den Cemmiſſaͤren in dieſer Beziehung bekannt iſt, ſpricht für Dr. Foville's Meinungen. Je mehr ſich, in der That, bei den Thieren die Windungen vereinfachen und ver— wiſchen, deſto ſtaͤrker und nach Außen bervortretender werden die corpora striata; die insula wird entblößt, die fissura Sylvii und folglich die deſſen Rand begleitende Windung blicken durch oder werden in größerer Breite ſichtbar, und die Zahl der Zwiſchenwin— dungen wird immer geringer, bis dieſe endlich, erſt am hintern, dann am vordern Lappen ganz verſchwinden, und endlich beſtebt das Gehirn nur noch aus den Geruchslappen, die ſich auf Koſten der Halbkugeln vergrößert haben, welche zuletzt lediglich in der in— sula beftehen, die ihrerfeits endlich in den corporib. striatis auf: gebt, von der ein Mitglied der Commiſſion länaft annahm, fie ſey eine achte Gehirnwindung und derjenige Theil, aus welchem das Dee große Hirn der eierlegenden Wirbelthiere weſentlich eſtehe. Dieſe Anſicht wird allerdings durch den Umſtand bekraͤftigt, das das corpus callosum in demſelben Verhaͤltniſſe kleiner wird, wie die Zahl der Windungen abnimmt. Bei dem Kaninchen und den Nagern überhaupt ift das corpus callosum ſchon fehr eingeſchrumpft, in der Unterclaſſe der Beutelthiere, z B., bei den Kaͤnguru's, aber fo winzig, daß man deſſen Vorhandenſeyn gelaͤug— net hat. Dieſe Thiere beſitzen jedoch ein corpus callosum, und die vordere Commiſſur deſſelben bat bei ihnen eine ungemeine Stärke. Ein zweiter, nicht weniger wichtiger Punct der Abhandlung des Dr. Foville bezieht ſich auf den Urſprung der eigentlichen Sins nesnerven, des Geruchs«, Geſichts- und Geboͤrsnerven. Es kam dier, in der That, darauf an, darzulegen daß der erſte und zweite ſich in demſelben Falle befinden, wie der dritte, d. h., aus den hin— Ne. 1415. tern Bündeln des Ruͤckenmarkes entſpringen oder wenigſtens mit denſelben zufammenbängen, fo daß auf dieſe Weiſe die Belbfche Theorie nicht widerlegt, ſondern vielmehr von einer neuen Seite geftügt wurde; denn über die Fähigkeit der Nerven, die ſinnlichen Wahrnehmungen zu vermitteln, kann, wie Dr. F. ſehr richtig be⸗ merkt, kein Zweifel ebwalten. Zur richtigern Würdigung der von Dr. F. beigebrachten Thatſachen macht es ſich aber nöthig, Eini⸗ ges uͤber dieſen Punct der Anatomie des Gehirns vorauszuſchicken. Als Gall dem Studium der Anatomie und Phnfiologie des Gehirns und ſeiner Knochenhuͤlle einen neuen Impuls ertbeilt, ges langte ein Mitglied der Commiſſion a posteriori zur richtigen Be— ſtimmung der Kopfwirbel, wie Oken, nach dem Grundgeſetze, daß jeder Theil das Ganze repraͤſentirt, a priori auf die Auffaſſung dieſer Wirbel geleitet worden war; und eine nothwendige Folge dieſes Princips war, daß unſer College die Anordnung der Gehirn⸗ nerven aus demſelben Geſichtspuncte betrachtete, wie die des Ruͤk— kenmarks. Da nun aber nur vier Kepfwirbel, folglich auch nur vier Verbindungsloͤcher vorhanden ſind, fo mußte er die Kopfner⸗ ven in vier Paare gruppiren, naͤmlich das Paar des Pflugſchar⸗ beins, das des vordern Keilbeins, das des hintern Keilbeins und das des Hinterhauptbeins; fo wie darlegen, daß dieſe Nervenpaa— re, gleich den Ruͤckenmarksnerven, aus zwei Arten von Faͤden be⸗ ſtehen, von denen die eine binten, die andere vorn entſpringt, wos bei jedoch der erſt ſpaͤter entdeckten Verſchiedenheit in den Functio— nen dieſer beiden Arten von Faͤden, ven denen die eine das Ge— fübl, die andere die Bewegung vermittelt, naturlich nicht gedacht ward. Dieſen Geſichtepunct hat nun Hr. Foville in Betreff zweier ausſchließlich empfindenden Gehirnnerven, des Rich» und Sebner⸗ ven, feſtgehalten und durchzufuͤhren geſucht, indem ruͤckſick tiich des Hoͤrnerven in dieſer Beziebung nicht der geringfte Zweifel beſte⸗ hen konnte. Als Gall den Grundſatz aufſtellte, daß alle Kopfnerven aus dem verlaͤngerten Marke kommen, und daß man folglich deren Wurzeln bis in dieſes Organ verfolgen koͤnne, war es ibm nicht gelungen, dieß in Betreff der angeblichen Riechnerven darzutkun, deren weiße oder graue Wurzeln er nicht über den vierſeitigen durchloͤcherten Raum unter dem corpus striatum extraventriculare hinaus oder mehr oder weniger tief in die Sylviſche Spalte bins ein hatte verfolgen koͤnnen. Dr. Foville ift viel weiter vorgedrungen und hat die von Gall geahnete Verbindung außer allen Zweifel geſtellt, indem er nachgewieſen, daß dieſer vierſeitige durchloͤcherte Raum mit einer weißen faferigen Schicht überzogen iſt, die eine Fortſetzung und Verbreiterung des obern Markſtranges bildet. Dieß beweiſ't Dr. Fovilie, wie es ſcheint, bündig, indem er darlegt, wie dieſer Strang, nachdem er in die Sehhuͤgel gelangt, ſich ſelbſt in zwei 7 99 Schichten theilt, die obere, ſtaͤrkere, biegt ſich, nachdem ſie die cor- pora striata durchſetzt und ſich an deren äußerer Seite von ihnen abgeldſ't hat, nach Oben und Innen, um das corpus callosum zu bilden: die untere ſtreicht unter dem Bündel der Pyramiden weg, und aus ihr entſpringen die angeblichen Wurzeln der Riechnerven, vorher aber die Sehnerven in ihrem hintern tractus, da wo ſie in⸗ nig mit dem chiasma verbunden ſind; ſo daß die von Manchen vertheidigte, von Andern verworfene Anſicht, als ob jene Nerven aus den Schhügeln, den geknieeten Körpern (corpora geniculata), oder ſelbſt aus den Virrhügeln entfprängen, nicht mehr haltbar ſeyn moͤchte. Der dritte vom Dr. Foville unterſuchte Punct betrifft die allgemeine Geſtalt der Knochenhuͤlle des Ghirns, fo wie die Ae— tiologie dieſer Geſtalt und ihrer Eigenthumlichkeiten. Der Academie iſt gewiß erinnerlich, welche Wichtigkeit Gall und deſſen Anhänger der äußern Geſtalt des Schaͤdels beimaßen, welche ſie als eine Folge der Entwicketung der Hoͤcker und Win— dungen des Gehirns betrachteten, woraus ſie denn ſchloſſen, daß, wenn die Windungen der Sitz beſonderer geiſtigen Faͤhigkeiten wä- ren, die entſprechenden Erhoͤhungen auf dem Schaͤdel dieſe Faͤhig keiten ebenfalls repräfentirtin. Nach dieſer Theorie praͤgten ſich alſo die Gehirnwindungen in die innere Knochenplatte vertieft ein. ſo daß ſie an der aͤußern erhaben erſchienen, welche Anſicht ſich jedoch in vielen Faͤllen handgreiflich widerlegen laßt. Hr. Foville betrachtet die Sache auch aus einem ganz verſchiedenen Geſichts⸗ puncte. Bei ſorgfaͤltiger Vergleichung der allgemeinen Wölbung und der hervorragendſten Stellen des menſchlichen Schaͤdels, d. h. der Stirn =, Seitenwandbein-, Hinterhauptbein- und ſelbſt Schläfen« bein⸗Hoͤcker mit der Ventrikelhoͤble, fand Dr Foville ein conſtan— tes Verhaͤltniß zwiſchen deren Eigenthuͤmlichkeiten. Die Wolbung des sinciput von Vorn nach Hinten entſpricht nämlich derjenigen des corpus callosum; die Stirnhoͤcker entſprechen dem vordern Ende der Seitenventrikel und deren Abſtand der Breite des vor— dern Randes des corpus callosum, die obern Hinterhaupthoͤcker dem hintern Ende der Ventrikel, die Seitenwandbeinhoͤcker dem weiteſten Theile derſelben; ihr Abſtand der Breite des hintern Randes des Gewoͤlbes (fornix), und endlich die weniger markirten, aber hinlaͤnglich deutlichen Schlafenbeinhoͤcker dem untern oder Schlaͤfentheile der Ventrikel, waͤhrend die vor jenen befindlichen Vertiefungen die Richtung der fissura Sylvii anzeigen; fo daß alfo nicht die Hirnwindungen ſelbſt, ſondern die ſich in den Ventrikeln ausdehnenden ſeroͤſen Saͤcke die allgemeine Geſtalt des cranium beſtimmen wuͤrden. Dieſe Auffaffung des Gegenftandes, welche dem Dr. Foville durchaus eigenthuͤmlich zu ſeyn ſcheint, beruht, nach der Anſicht der Commiſſion, auf richtiger Beobachtung. Wenn man naͤmlich ſich eine ſchräge Ebene in der Richtung des dritten oder mittlern Ventrikels durch das Gehirn gelegt denkt, ſo ſieht man leicht, daß dieſelbe die Mitte nach Hinten der obern Hinterhauptshoͤcker und nach Vorn der Stirnhoͤcker durchſchneiden wird; und wenn es alſo zuweilen vorkommt, daß die Gehirnwindungen die Geſtalt des Schaͤdels einigermaaßen modificiren, fo geſchieht dieß nur indirect; denn die allgemeine Geſtalt richtet ſich gewiß nach der der Ventri— kel, wie dieß ſich aus der Unterſuchung der Waſſerkoͤpfigen ergiebt, bei denen die Stirn-, Hinterhaupt- und Seitenwandbein-Hoͤcker ſtaͤr— 15 hervortreten, wenngleich die Windungen häufig faſt verſchwun— en ſind. Die anatomiſche Auffaſſung des Gehirns, wie wir dieſelbe ſo eben nach der Fovilleſchen Anſicht zum Theil dargelegt haben, veranlaßte ihn, mehrere bereits vor langer Zeit von ihm aufgeſtellte phyſiologiſche Meinungen zu wiederholen und mehrere andere, auf die Bell 'ſche Theorie bezugliche hinzuzufügen. Wenngleich die Commiſſion der Anſicht iſt, daß dieſen Meinungen noch keine volle Gültigkeit zuerkannt werden dürfe, fo hat fie doch der Academie eine kurzgefaßte Ueberſicht derſelben darlegen zu müffen geglaubt. Die Rindenſubſtanz des Gehirns iſt der Sitz der Empfindung und des Willens, alſo der vorzugsweiſe thaͤtige Theil des Gehirns. Die Faſerſubſtanz, welche ganglienartige Maſſen nicht durch— ſetzt, dient bloß zur Leitung; diejenige, welche durch ganglienartige 100 Anſchwellungen hindurchgeht, leitet den ſinnlichen Eindruck vom dus ßeren Organe nach dem Gehirne, und die, welche durch keine der— gleichen geht, leitet den Willen vom Gehirne nach dem Theile, welcher die willkuͤhrliche Bewegung vermitteln ſoll. Die Stoͤrung und Verletzung der Rindenſubſtanz kommt, den ſeit zwanzig Jahren angeſtellten ärztlichen Beobachtungen zufolge, bei Geiſteskranken am haͤufigſten vor. Atrophie der Gehirnwindungen und der Totalmaſſe des Ge— hirns, welche bei Blödfinnigen fo haͤufig angetroffen wird, beginnt in der grauen Subſtanz und verbreitet ſich von dieſer auf die weiße. „ Die pathologiſche Anatomie weiſ't nach, daß durch Verletzungen der zwiſchen der Rindenſubſtanz der Windungen an den Pyramiden befindlichen weißen Subſtanz eine Lähmung der Bewegungsorgane der entgegengeſetzten Seite herbeigefuͤhrt wird In Betreff der Verletzungen der zwiſchen einem Sinnesorgane und der grauen Subſtanz liegenden weißen Subſtanz zeigt ſich die pathologiſche Anatomie nicht gleich ſtreng beweiſend, was, Hrn. Foville's Anſicht nach, daher ruͤhrt, daß zwiſchen den beiden Halbkugeln des Gehirns Commiſſuren vorhanden ſind und in Fol— ge dieſer Communicationen jeder Gefuͤhlsnerv ſtets mit beiden Halbkugeln des Gehirns in Verbindung ſteht, waͤhrend jeder Be— wegungsnerv nur mit einer Halbkugel in Verbindung iſt. Uebrigens ſcheint dem Dr, Fov. die vergleichende Anato— mie Puncte aufklären zu koͤnnen, welche die pathologiſche unerle— digt gelaſſen hat; indem jene nachweiſ't, daß die zwiſchen den Sin⸗ nesorganen und dem Gehirne liegenden Theile bei den Thieren eine der Kraft des Geruchs- und Geſichtsſinnes angemeſſene Entwicke— lung erlangen. Aut ift ihm nicht entgangen, daß die vergleichen— de Anatomie durchaus unentbehrlich ſey, um bei dieſen ſo ſchwie— rigen Unterſuchungen bündige Reſultate zu erlangen. Hiermit ſollten wir eigentlich unſern Bericht über die Fovil— le'ſche Arbeit heſchließen; allein in Folge der mündlichen Beſpre— chungen mit den Commiſſaͤren und in'sbeſondere mit einem derſel— ben, der in ſeinen Vortraͤgen uͤber vergleichende Anatomie in ſeiner Gegenwart, den jetzigen Stand feiner Kenntniſſe über das Nerven— ſyſtem und in'sbeſondere über die Gehirn-Rüͤckenmarkstheile deſſel— ben dargelegt hat, ward der Dr. Foville ganz natuͤrlicher Weiſe veranlaßt, ſich uͤber einige, anſcheinend mit der Bell'ſchen Theorie im Widerſpruche ſtehende, anatomiſche Puncte auszuſprechen, und uͤber dieſe glaubt die Commiſſion bevor ſie ihre Schlußfolgerungen mittheilt, der Academie Rechenſchaft ablegen zu müffen. Schon oben ward bemerkt, wie ein Mitglied der Commiſſion bereits vor langer Zeit die Anſlcht aufgeſtellt bar, daß die Gehirn— nerven eigentlich nur vier Paare bilden, indem nur fo viele Kopf— wirbelbeine und Verbindungsloͤcher vorhanden ſind, fo wie, daß je— des dieſer Paare, mit Ausnahme des erſten, Riechnervenpaares, gleich den Rückenmarksnervenpaaren, aus oben und unten entſprin— genden, d. h, nach der Bell' ſchen Theorie, aus Gefuͤhls- und Bewegungs-Nervenfaͤden beſtehe. Allein der dem nervus patheti eus s. n. quarti paris und facialis zugeſchriebene Urſprung ſtand offenbar mit dieſer Anſicht im Widerſpruche, indem ſie, weſent— lich der Bewegung angehoͤrig, dennoch am obern Theile des Markes zu entſpringen ſcheinen Auf dieſen Punct beziehen ſich zuvoͤrderſt die der Commiſſion vom Dr. Foville nachtraͤglich mit— getheilten Zuſaͤtze. Was den nervus patheticus anbetrifft, welchen die Anatomen meiſt auf der valvula cerebri hinter den Vierhuͤgeln entſpringen laſſen, deſſen Ausgangspunct ſich aber, nach Grainger, weit tie: fer durch den Stiel des Gehirns hindurch bis zum n. oculomoto- rius verfolgen läßt, fo iſt Hr. F. der Meinung, daß er in dem Theile des Pyramidenbuͤndels entſpringe, welcher ſchraͤg nach dem hintern Paare der Vierhuͤgel emporſteigt, ſo daß die drei Bewe— gungsnerven der Augen einen gemeinſchaftlichen Urſprung haͤtten, aber, je nach ihrer Beſtimmung, nach verſchiedenen Richtungen aus— einandergingen. So wahrſcheinlich dieſe anatomiſche Aetiologie auch ſeyn mag, To muͤſſen die Commiſſaͤre doch bemerken, daß Hr. F. ſie ihnen nicht vollkommen einleuchtend nachgewieſen hat In Betreff des nervus kacialis hat er feine Anſicht uͤberzeu— gender dargelegt. Obwohl die geſchickteſten Neurotomen der neue— 101 ften Zeit dabei beharren, ihn ais dicht neben dem des Gehörnerven oder der weichen Portion des ſiebenten Paares, des grauen Bans des von dem corpus restilorme entſpringend zu beſchreiben, fo thut doch Hr. F. dar, daß ſelbſt bei'm Menſchen, wo das dieſe Wurzel bildende Faſerbündel fi in den Zwiſchenraum der Faſern der pro- tuberantia einſenkt und mit den von dieſer bedeckten Ausläufern der Pyramide verbindet, ſich keineswegs fo verbatte. Bei den Saͤugethieren läßt ſich aber ganz befonders leicht bes merken, daß das, was man bisher als den Urſprung des nervus facialis betrachtete, nur deſſen Verbindungsſtelle mit dem Gehor— nerven iſt, die ſich an dem Puncte befindet, wo der letztere aus ſeinem Ganglion tritt. Sein wahrer Urſprung liegt tiefer, als die Pyramiden, entweder nur auf der aͤußern Seite in der Furche, aus welcher die untern Wurzeln der Ruückenmarksnerven entſpringen 6. B. beim Hunden, oder ihre ganze Dicke einnehmend, fo daß die Pyramiden dadurch ganz verborgen werden und die Medianli— nie erreicht wird, wie bei'm Pferde und Schaafe, wo das durch feine Urfprungsfäden gebildete Bündel ſich faſt wie ein zweiter pons Varolii ausnimmt, der jedoch ſchmaͤler uno weniger vorſprin— gend iſt, als der Achte, Das ſiebente Paar der Altern Zählung wuͤrde demnach, gleich den Ruͤckenmarksnerven, bei ſeinem Ur— ſprunge eine Art von Gabel oder Halbring bilden, der nur den Strang des bulbus des Ruckenmarks weit feſter umſchließt, und deſſen unterer oder Bewegungsaſt, von dem untern Markbuͤndel ausgehend, zu dem, an dem Ganglion des Markes dicht anliegen— den obern oder Gefuͤhlsaſt hinaufſteigt. Zwei andere Puncte, denen Dr. F. nach der Ueberſendung ſei— ner Abhandlung an die Academie ſeine Aufmerkſamkeit zugewandt hat, betreffen die Art und Weiſe, wie die beiden Gehirnganglien, ohne anderen Äußeren Apparat als die Halbkugeln, mit dem Gens traltheile oder dem Ruͤckenmarke in Verbindung ſtehen. Wir haben oben geſehen, wie Dr. Foville dargethan hat, daß die Halbkugeln des Gehirns mit dem Kopfwirbelmarke durch obere und untere Bündel, welche den Stiel bilden helfen, in enger Verbindung fteben. Es handelte ſich darum, dieſen Beweis auch in Betreff der beiden andern Ganglien, denen der aͤußere Apparat abgeht, nämlich des kleinen Gehirns und der Vierhuͤgel, letztere als eine einzige Maſſe betrachtet, zu fuͤhren. Ruͤckſichtlich des kleinen Gebirns weiſ't Dr. F., indem er die Structur des Stiels dieſes Ganglion genau unterſucht, nach, daß ein in der Medianlinie liegendes ſenkrechtes Bündel, das, wie er behauptet, der Aufmerkſamkeit der Anatomen bisher entgangen iſt, ferner hinten die vom kleinen Gehirne nach dem Marke (ad me- dullam) gehenden Ausläufer oder corpora restiformia, und vorne die ad testes gehenden für die obern Wurzeln des kleinen Gehirns gelten muͤſſen, wobei er jedoch bemerkt, daß die Benennung ad testes falſch fin, indem dieſe Bündel nicht nach den hintern Vier— bügeln ſtreichen, fondern ſich von jedem der letztern abwenden und ſich mit dem Stiele des Gehirns verbinden. Was die vordern (untern?) Wurzeln des kleinen Gehirn bes trifft, fo ſpricht Dr. F. als ſolche die untern Queerfaſern des pons Varolii an, welche man ſeit Gall für die Commiſſur des kleinen Gehirns hielt, und die, in der That, wie z. B., bei den Voͤgeln, wo die Lappen des kleinen Gehirns faſt rudimentär find, nicht über den äußern Rand der Pyramiden binausreihen, aber gewoͤhnlich, wie bei allen Saͤugethieren, letztere vollſtaͤndig verbergen und ſich fo bis zu der Medianlinie erſtrecken, die dort als eine mehr oder weniger deutliche Furche ausgehoͤhlt iſt. Allein dieſe Furche, mel: che einfacher iſt, als die ganze uͤbrige protuberantia, iſt, Dr. F. zufolge, nicht die wirkliche Kreuzung der Queerfaſern des pons Va- — —— das Analogon der Commiſſur der vordern Furche des arks. Auch in Betreff der durch die Vierhuͤgel gebildeten Ganglien— maſſe hat Dr. F. die beiden Arten von Verbindung mit dem Hirn— marke aufgefunden. Mit dem vordern Theile des letztern wird dies ſelbe bewirkt durch zwei Buͤndel von denen das eine aus den Py— ramiden kommt, wo es durch die protuberantia verdeckt zu werden beginnt, und dann nach dem hintern Theile der Vierhuͤgel in die Höhe ſteigt, und das andere, mehr worwaͤrts befindliche, in der Naͤhe des tractus opticus hervortritt, während deſſen hinterer 102 Theil aus Faſern gebildet ſſt, die unmittelbar aus dem ſich bis unter den aquaeductus Sylvii fortſetzenden Strange u des verlänger⸗ ten Marks entſpringen und, ungefähr wie bei'm kleinen Gehirne, queer von einer Seite nach der andern ſtreichen. In moglicher Kurze laſſen ſich die Reſultate, in denen Dr. F. durch ſeine in der Abhandlung dargelegten Arbeiten gelangt iſt, folgendermaaßen zufammerfaffen:: Das Rückenmark ſetzt ſich mit den weſentlichen Kennzeichen, die es in dem Ruückgrate beſitzt (das heißt in drei Faſerbundeln, welche jede ſeitliche Hälfte, die graue Subſtanz, feine Commiſſuren und die beiden Furchen bilden, aus denen die Nerven entfpringen), in die Schadelhohle fert. Die nicht mit einem äußern Apparate verſehenen Ganglien, welche ſich im Gehirn auf dem Gipfel des Marks in Geſtatt von mit vinander verwachſenen Anſchwellungen befinden, ſtehen mit dem Marke mittelſt zweier Arten von Fasern in Verbindungz die einen find eine Fortſetzung des hintern, die andern eine des vorderen Markbundais, und beide bilden den Stiel der Ganglien. Der Stiel des großen Gehirns trennt ſich in mehrere Schich— ten und bildet mittelſt der aus den Pyramiden kommenden Faſern oder vordern Bündel die ganze äußere oder convexe Seite der Halbkugeln, fo wie mittelſt der aus den hintern Bundeln kommen: den das corpus callosum und die untern äußern und hintern Win: dungen und endigt am vierfeitigen durchlöcherten Raume in den Riechlappen. Bevor der Stiel des großen Gehirns ſich aber in mehrere Theile trennt, iſt derſelbe von ſechs aufeinanderfolgenden ringar— tigen Gebilden umgeben, die aus dem vierf.itigen durchloͤcherten Raume entſpringen und ebendort endigen, und zwar ſind dieſe von Innen nach Außen aufgezählt: die Sehhügel, das halbkreisförmige Baͤndchen, die geſtreiften Körper, ein neuentdecktes Bändchen, das dreipfeilerige Gewölbe (fornix), mit Einſchluß des gefranſ'ten Kör: pers, endlich der Saum. Der Stiel des kleinen Gehirns beſteht ebenfalls aus zwei Arten von Faſern, oberen und unteren. Die erſtern bilden drei Bündel, ein in der Medianlinie liegendes, ein abſteigendes und ein aufſtei— gendes und ſtehen mit den bintern Buͤndeln des Markes in inniger Verbindung: die letztern bilden den pons Varolii und entſpringen am äußeren Rande, fo wie faſt von der ganzen untern Flaͤche der Pyramiden. Der Stiel der Vierhuͤgel iſt weit kürzer und eingeſchnuͤrter, und wird ebenfalls von einem aus den Pyramiden emporſteigenden, fo wie von einem aus dem hintern Strange des Marks längs des aquaeductus Sylvii kommenden Bündel gebildet. Die Gehirnnerven entſpringen, wie die Wirbelbeinnerven und Gehirnganglien, ebenfalls aus zwei Arten von Wurzeln, moͤgen ſie nun nach ihrer ganzen Ausdehnung getrennt ſeyn oder nicht. Nur die Riechnerven oder Riechlappen machen hiervon eine Ausnahme, indem dieſelben eine bloße Verlängerung der obern Stränge des Markes ſind. Auch die empfindenden Sehnerven ſind eben auch nichts weiter als eine Fortſetzung dieſer Stränge, welche aus dem Stiele kommt, waͤhrend die bewegenden Faͤden, ſelbſt die des n. patheticus, aus den Pyramiden hervorgehen. Die Nerven des ſiebenten Paares fteben in Betreff ihres em: pfindenden Theiles (der weichen Portion) offenbar mit dem zu den hintern Bündeln gehörenden corporib, restiformibus, und rüͤckſicht⸗ lich ibres bewegenden Theils (der harten Portion) mit den Pyra⸗ miden in Verbindung. Die Windungen des großen Gehirns ſtehen mit den Theilen des Stieles hinſichtlich der Entwickelung und des Urſprungs in Ber ziehung. Von der obern Schicht entfpringen die primären Wins dungen der insula, der untern Schlaͤfenflaͤche, der über der Stirn, der über dem kleinen Gebirn befindlichen Flaͤchen und der innern Flaͤche; von der untern Schicht alle übrigen Windungen der Außer ren Fläche vom vierſeitigen durchloͤcherten Raume beginnend am Rande der fossa Sylvii und dann an der größten Peripherie der Halbkugel herum bis zum Ausgangspuncte zurüd, Dieſe Windungen haben jede für ſich durchaus keinen Einfluß auf die Geſtalt des Knochengehaͤuſcs * Schädels, ſondern nur 103 in Maſſe und inſofern fie gleichſam die verdickte Bekleidung der Ventrikel bilden. Auch ſtehen die Stirn-, obern Hinterhaupts⸗ bein-, Seitenwandbein- und Schlaͤfenbein-Hocker ſowohl der Lage, als der Entwickelung nach, mit der Peripherie und den Beſonder— beiten der Ventrikel in Beziehung. N Schon die bedeutende Ausdehnung, welche wir unferem Bez richte gegeben haben, kann als Beweis dienen, daß wir der Ar— beit des Dr. F. eine hohe Wichtigkeit beilegen. Obwohl nun nicht alle von Demſelben angekundigten Reſultate ſchon ſo feſt ſtehen, daß ſich mit Sicherheit behaupten ließe, ſie werden die drei entſchei— denden wiſſeaſchaftlichen Prufungen, namlich mittels der vergleichenden, genetiſchen und pathologiſchen Anatomie, beſtehen konnen, fo ſchei— nen uns doch die meiſten Entdeckungen dieſes Anatomen hinreichend begruͤndet, und der Weg, den er bei feinen Forſchungen eingeſchla— gen, muß fuͤr durchaus rationell gelten. Fehlt es ihm nicht an Zeit und Gelegenheit, auf dieſem Wege fortzuſchreiten, ſo duͤrfen wir uns von ihm noch hochwichtige Refu.tare in anatomiſcher, aͤtiologiſcher und therapeutiſcher Beziehung (was die Behandlung der Geiſteskrankheiten angeht), folglich auch neuen Gewinn für die Phyſiologie und Pſychologie verſprechen. Wir ſchlagen daher der Academie vor, den Dr. Foville zur Fortſetzung feiner Forſchun⸗ gen aufzufordern und feine Abhandlung, nebſt dem Anhange, in dem Recueil des Savans &trangers abdrucken zu laſſen. Die Academie genehmigte dieſe Vorſchlaͤge. (Comptes rendus, No. 19., 11. Mai 1840.) Miscellen. Ueber die Entwickelung der Faſern, welche um die Bündel verſchiedenartiger Gewebe oder zwiſchen den» ſelben vorkommen, legte Herr Dr. Henle der Geſellſchaft na= turforſchender Freunde zu Berlin, am 21. Juli, Beobachtungen vor. Dieſe Faſern entſtehen durch Verlängerung und Verſchmelzung der Zellenkerne, während die Zellen ſelbſt zu Membranen oder Faſers 101 buͤndeln verſchmelzen. Die aus den Zellen entſtandenen Faſern ſind, wie meiſtens die Zellen ſelbſt, in Eſſigſaure löslich; die aus den Kers nen gebildeten Faſern ſind, wie die Kerne, in Efjigfaure unloslich. Man kann die letzteren, ihrem Urſprunge nach, Kernfaſern nennen. Die bis jetzt erkannten Formen von Kernfaſern, die mit Buͤndeln in Verbindung ſtehen, laſſen ſich unter folgenden drei Typen vereinigen: 1) Die Faſerbuͤndel ſind platt, die Kerne liegen in der Mitte einer der platten Seiten der Lange nach hintereinander; fie verſchwinden oder werden zu Reihen von Punctchen oder zu Faſern, die durch Queeräſte mit den benachbarten anaſtomoſiren (Rindenſubſtanz der Haare, Arterienfafern, glatte Muskelfaſern, Linſenfaſern). 2) Die Faſerbündel find rundlich abgeplattet; die Kerne liegen an den Rans dern in einer Reihe oder alternirend. Im erſten Falle vereinigen ſie ſich zu einfach wellenfoͤrmigen Faſern, im zweiten zu ſpiralig ums wickelnden (Zellgewebe, Faſern der Hornhaut). 3) Bei den comes plicirten Faſerbundeln, welche aus Mark und einer faſerigen Rinde beſtehen (varicoſe Muskelbundel, Haare), iſt die äußere Hulle eine aus verſchmolzenen Zellen gebildete Membran; die Kerne liegen außen auf deifelben, ſchicken unregelmäßige Fortſätze nach mehreren Seiten aus und bilden ein mehr oder minder dichtes Netz, deſſen Interſtitien anfangs von der Membran geſchloſſen, nach Reſorption der letztern offen ſind. Ueber die Beziehung des kleinen Hirns zu den Teſtikeln erzählt Herr Budga folgende Verſuche: Eine zwolf Jahr alte Katze wurde durch eine Herzwunde getödtet. Unmittel— bar nach dem Tode öffnete Herr Budga die Schaͤdelhohle mit einer Knochenſcheere; die Unterleibshöhle wurde ebenfalls geöffnet und beide Teſtikel, ſammt den Saamenſtraͤngen, bloßgelegt. Man reizte das kleine Gehirn mit der Spitze des Scalpells, worauf unmittelbar einer der Teſtikel ſich erhob und von dem Saamen— ſtrang entfernte. Die Bewegungen waren im Verhaͤltniſſe mit der Stärke des Stichs. Wenn man den rechten Lappen des kleinen Gehirns und die rechte Hälfte der Commiſſur irritirte, fo war es immer der linke Teſtikel, der ſich in Bewegung ſetzte, und umge— kehrt. Dieſelben Verſuche wurden faſt eine Stunde lang fortgeſetzt ꝛc. * ——— n Ueber die Behandlung von Laͤhmungen. Von William T. Ward. Es iſt nicht die Abſicht, hier eine Beſchreibung der verſchiede— nen Arten der Paralyſen zu geben; ich will nur einige kurze Be- merkungen vorausſchicken, welche geeignet find , die Vortheile einer Behandlungsweiſe herauszuheben, welche bisjetzt zu ſehr vernachlaͤſ⸗ ſigt worden iſt. Die Vorlaͤufer einer Hemiplegie ſind dieſelben wie die einer Apoplexie, von der jene gewoͤhnlich nur die Folge iſt, alfo Betaͤubung Schwindel, Kopfſchmerz, welcher gewoͤhnlich mehr um— ſchrieben it, als bei einfachen Apoplexieen, Verirrung der Gedanken, Verluſt des Gedaͤchtniſſes, große Reizbarkeit, langſame Sprache und doppeltes oder undeutliches Geſicht. Die directen Symptome find: partieller oder vouftändiger Verluſt der Muskelkraͤfte auf ei: ner Seite des Körpers, nicht allein der willkuͤhrlichen Muskeln, ſondern auch derer von gemiſchtem Character, wie die Intercoſtal⸗ muskeln. Die Krankheit iſt indeß immer auf eine Seite beſchraͤnkt: ich habe einen Fall beobachtet, in welchem der rechte Arm und der linke Fuß paralyſirt waren; das Gefuͤhl in den Theilen iſt vermindert, oder in dem Grade verloren, daß man das Glied zwik— ken, oder ſelbſt brennen kann, ohne die mindeſte Empfindung fuͤr den Kranken Das paralytiſche Glied iſt bisweilen ganz bewegungs— los, nicht ſelten aber auch in einer ſchütteinden Bewegung; bis: weilen find die Muskeln eines Gliedes auf der afficirten Seite er: ſchlafft, waͤhrend die der andern Seite beſtaͤndig contrahirt ſind. Dazu koͤmmt Abnahme der Wärme und des Umfanges des Gliedes. ah de Pinel hat behauptet, daß die Senſibilitaͤt ungeſtoͤrt, ja ſo— gar geſteigert ſeyn koͤnne; dabei moͤchte man fragen, ob dieſer Um— ſtand nicht als Beweis zu betrachten ſey, daß die Theile bereits zum normalen Zuſtande zurückkehren und daher dieſe Empfindlichkeit eher einen Beginn der Reconvalescenz andeutete, als ein Symptom der Krankheit darſtellte. Ich habe mehrere Fälle von Hemiplegie geſehen, wobei ein leichter Strabismus zugegen war und wo von der Unfaͤhiakeit, die willkuͤhrlichen Muskeln bei'm Gehen zu regieren, der Kranke durch ſeinen Gang das Ausſehen eines Betrunkenen hatte. Die unmittelbaren Urſachen ſind Druck auf Gehirn oder Ruͤk— kenmark und Structurveraͤnderung derſelben, und der Leichenbefund iſt, je nach der Dauer der Krankheit, ſehr verſchieden. Die entferne teren Urſachen der Paralyſe find Unterdruͤckung regelmäßiger Aus— fluͤſſe (der Menſtruation, Hämorrhoiden, Perſpiration ꝛc.) oder die Unterlaſſung gewohnter Auslesrungen durch Aderlaß, Schroͤpfen und alte Geſchwuͤre welche zugeheilt werden, wenn nicht gleichzei= tig andere Ausfluͤſſe oder Vermehrung der Koͤrperbewegung oder Verminderung der Nahrung ſtattfindet. Die unmittelbaren Erregungsſachen find: Trunkenheit, narco- tica, Aerger, Schreck, Kummer, Angſt oder irgend eine andere ſtar⸗ ke Aufregung; ſodann aber auch mechaniſche Verletzung der Cen— tralnervenorgane oder ploͤtzliche Erkaͤltung. Allgemeine disponiren— de Urſachen liegen in der bei uns gewoͤhnlichen Lebensweiſe, welche direct oder indirect zur plethora führt, entweder durch zu kraͤftige erregende Nahrung und gegohrene Getränke, oder durch ſitzende Le: bensweiſe. Immer wird dadurch das Gleichgewicht geſtoͤrt, indem entweder die Aſſimilation zu beträchtlich oder die Excretion zu ge— ring wird. Auf dieſe Weiſe erklaͤrt ſich, warum ſelbſt magere 105 Perſonen bei mäßiger Ernährung durch verminderte Exeretion oder Conſumption zu der Krankheit disponirt find. Den Geaenfag das zu liefert der von Dr. Cochrane mitgetheilte Fall von einem Manne, welcher in vierundzwanzig Stunden regelmäßig 16 Pfund Fleiſch und 6 Bouteillen Porter zu ſich nahm und dennoch durch die ſtarke Hautabſonderung gefund erhalten wurde. Die größere Dispoſition im höheren Alter iſt wohl daraus abzuleiten, daß die entfernten Urſachen länger eingewirkt haben, daß die Lebensweiſe im Alter überhaupt Plethora begunſtigt, während die frühere Le— benszeit in angeſtrengter Thaͤtigkeit, mit Ausſicht auf ſpaͤtere Ruhe, verbracht wird, wobei alsdann ſpaͤter dieſe Ruhe und die Genuſſe der Tafel gemeinſchaftlich die Apoplexie und Paralyſe vorbereiten. Mit Ausnahme mechaniſcher Verletzungen ſcheinen mir die Ge— legenheitsurſachen zur Entſtehung der Krankheit in keinem Ver— haͤltniſſe zu ſtehen, außer, wenn man Pletbora vorausſetzt. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß paralytiſche Affectionen der Ners ven oft eine locale Urſache haben; iſt dieſe aber nicht zu entdecken, ſo iſt meine Behandlungsweiſe die ſicherſte, wie dieß bei einem mei— ner Kranken ſich auswies, welcher mehrere Jahre lang eine Para— Igfe der einen Gefichtefeite hatte, wogegen er Blutentziehung, Ab: fuͤhrmittel und ſpaͤrliche Diät anwendete und den Rath bekam, für die Zukunft auf ſeiner Hut zu ſeyn; er wurde bald hergeſtellt, und meinte, die Krankheit ſey rein local, ruͤhre von Erkältung ber und die Behandlung ſey zu ſtrenge geweſen. Er wurde daher auch in Bezug auf das Regimen nachlaͤſſig, bekam aber einige Jabre fpäter einen Anfall von Apoplexie, in welchem er ſogleich ſtarb. Die Seltenheit der Paralyſen bei dem Militaͤr iſt hauptſachlich von der Regelmäßigkeit ihrer Koͤrperbewegung und von ihrer mäßigen Diät herzuleiten, unabhängig von der Lebensperiode, in welcher ſie den Militaͤrdienſt verlaſſen. Die vorbeugende Behandlung beſteht naturlich in Verhuͤtung der entfernten Urſachen; Perſonen, welche an Kopfſchmerz, Schwin⸗ del und ahnlichen vorausgehenden Erſcheinungen leiden, oder deren Eltern an der Krankheit gelitten haben, werden gut thun, ſich auf mäßige Diät zu ſetzen und ſich regelmäßig und allmaͤlig ſtaͤrker Bewegung zu machen, welche immer bis zum Eintritte eines reich— lichen Schweißes fortgeſetzt werden ſollte. Perſonen, welche wegen ahnlicher warnender Symptome regelmäßige Blutentziebungen ans wenden, ſollten ſich nie durch das Wohlbefinden nach der Blutentzie— hung verleiten laſſen, die Urſachen dieſer Gewohnheitsbehandtung aus den Augen zu laſſen; ſie ſollten im Gegentheile daran denken, daß dieſes temporaͤre Auskunftsmittel die Dispoſition zu der Krank⸗ heit ſteigert, indem es die plethoriſche Anlage vermehrt. Es wäre überhaupt zweckmaͤßiger, durch Abſtinenz und weniger näbrende Diät, oder durch vermehrte Körperbewegung, oder durch beides die Urſache der Krankheit zu beſeitigen, als Mittel anzuwenden, welche zwar palliativ erleichtern, aber durch Wiederholung das Uebel verſchlimmern. Bei dem erſten Anfalle nimmt die Blutentziebhung als Beil: mittel den erſten Rang ein; ſie muß immer reichlich, jedoch den Symptomen und der Lebensweiſe des Patienten entſprechend an— geſtellt werden, wobei man auf den Grad der Störung der Ges birnfunction mehr Ruͤckſicht nimmt, als auf den Verluſt der Kräfte der Gliedmaßen. Bei jungen oder wenigſtens noch nicht bejahrten Kranken, welche aut gelebt haben, iſt es bei großer Störung der Geiſteskraͤfte zu empfehlen, reichlich ſowohl allgemein, als örtlich Blut zu entziehen dieß ließe ſich durch zahlloſe Beiſpicle aus den Schriften über dieſen Gegenſtand beſtaͤtigen; übrigens bin ich der Anſicht, daß auch weiter vorgeſchrittenes Lebensalter hier kein Hin— derniß abgiebt, vorausgeſetzt, daß die Symptome ſo ſind, daß ſie beträchtliche Gefaͤßerregung andeuten. Sind die aufgeſtellten Anfichten über die Urfachen der Erkran⸗ kung richtig fo erſcheint die Anwendung der Brechmittel von ſebr zweifelbaftem Nutzen; man kann gegen fie anführen, daß fie bes trächtlichen Blutandrang gegen den Kopf bedingen, ohne doch durch reizende Eigenſchaften für den Magen wiederum das Gleichgewicht berzuftellen. Die Reizung des Magens ſcheint indeß der Haupt- grund für ihre Anwendung; dafür aber giebt es weit weniger ges faͤhrliche Mittel. 106 Dieſelben Einwuͤrfe laſſen ſich nicht gegen die Abführmittel ers heben; die Mehrzahl der Schriftſteller empfiehlt fie und beſtaͤtigt ihren Nutzen aus der Erfahrung; ſie ſind in jedem Stadium der Krankheit anwendbar. Bei den Lähmungen, bei welchen wegen der frühern Lebens⸗ weiſe und wegen anderer Symptome eine Leberaffection oder allge— meine Krankheit der Unterleibsorgane als Grund vermuthet wird, kann man mehrere Qucdiilberpräparate zweckmäßig mit den Ab⸗ fuͤhrmitteln verbinden. Bei dieſen Fallen darf die Blutentziehung nicht in derſelben Ausdehnung angewendet werden wie bei den ac⸗ tivern und länger dauernden Grundkrankheiten. In ſolchen Fallen bat man ſowohl innere als aͤußere Reizmittel der verſchiedenſten Art angewendet und empfohlen, die Mineralmaffer von Bath und Buxton, innerlich und äußerlich, Rhus tuxicodendron, Nux vo- mica, Arnica montana, Raphanus rusticanus, Canthariden, Semen sinapeos, Opium, Valeriana, Gampber, Ricinusdl Acthber, Mine: ralfäuren, Ammonium, Lavendel, Blaſenpflaſter, Glüheiſen, Mora, Galvanismus, Electricitär, warmes und kaltes Bad und Reiben. Jedes dieſer Mittel iſt von dem, der es angegeben hat, ſehr ge— prieſen worden; alle aber haben, der Reihe nach, die Erwartungen getaͤuſcht, welche man auf ſie ausſchließlich geſetzt hatte. Da die Anwendung von Reizmitteln indeß offenbar bei dieſer Krankheit vor⸗ geherrſcht hat, fo mag es paſſend erſcheinen, etwas ausführlicher darauf einzugehen. Das Princip, wonach man ſie gegeben hat, war das einer Reizung der Nervenkraft, von welcher man glaubte, daß fie eine Verminderung erlitten habe. Beachten wir die Reſultate der Lei— chenoͤffnungen, jo finden wir, daß die mangelhafte Vertheilung der Nervenenergie entweder von Druck oder von Ergießung in dem Gehirne oder von irgend einer Structurveranderung herrührt, die ſelbſt wiederum meiſtens durch raſchere oder langſamere Einwir⸗ kung der Urſachen bewirkt wird, welche vermehrte Gefäßtbätigkeit und Gonarftion gegen das Gehirn hervorbringt; waren dieſelben activer Art, fo fand wahrſcheinlich Gefäßzerreißung ftatt, denn man kann annehmen, daß bei großer Ueberfüllung der Gehirngefäße die fortdauernd ausgedehnten Gefaͤßhaͤute ſchwaͤcher find. War die Congeſtion ſckwächer und langfamer, fo wird Ergießung der Ulces ration die Folge ſeyn, je nachdem mehr eine Seecretionsflaͤche (in den Ventrikeln) oder mehr die Subſtanz des Gehirns ſelbſt er» griffen iſt. Wenn meine Theorie der Krankheit richtig iſt fo folgt noth⸗ wendig daraus, daß innere Reizmittel, welche auf das Nervenſy⸗ ſtem wirken ſollen, immer, wo nicht abſolut ſchaͤdlich, doch von ſehr fraglichem Nutzen find ; in der That, haben mehrere von den Aerzten, die zuerſt ihren Gebrauch ſehr empfahlen, zugegeben, daß fie in vielen Fallen ausgefegt oder aufgegeben werden müffen, weil man ſchaͤdliche Folgen zu befuͤrchten habe. Man muß fie in allen Fällen fo lange als ganz unzulaͤſſig betrachten, bis der plethori⸗ ſche Zuſtand des Organismus, welcher urſpruͤnglich die Krankheit hervorrief, beſeitigt iſt, und nur unter ſolchen Umftänden ſollte man zu ihrem Gebrauche ſchreiten. Man hat mehrere Fälle berichtet, in welchen der Gebrauch des Strychnins, welches in neuerer Zeit ziemlich haͤuſig angewendet worden iſt, toͤdtliche Folgen hatte. Die Art, wie Reizmittel bei Läbmungen wirken ſollen, beſtebt darin, daß die Energie des Gehirns, welche zur Hervorbringung der Muskrlaction nott wendig iſt, geſteigert werde. Der Reiz je: doch, welcher mir der ſicherſte und der am vollkommenſten zu con⸗ trollirende zu ſeyn ſcheint und am vollftändigften feiner Aufgabe entſpricht, it haufige durch den Willen angeregte Bewegung. Nach den Symptomen der Krankheit ſcheint es, als wenn eine Unterbrechung zwiſchen der empfindenden und bewegenden Kraft, zwiſchen dem beſtimmenden Principe und dem untergeordneten Agens, durch welches die Koͤrperbewegungen ausgeführt werden, ſtattſin⸗ den; obwohl der Druck oder andere das Gehirn afficirende Urſa⸗ chen befeitigt und die normalen Functionen hergeſtellt find, fo iſt doch, wenn die Verbindung zwiſchen dem sensorium und den Muss keln einmal geſtoͤrt war, die Gewohnbeit der Affociation verloren und die Muskeln geboren den Beſtimmungen des Willens nicht länger. Die Nothwendiakeit der häufigen Uebung des Willens, um die Muskeln an den Gehorſam gegen die geiſtigen Beſtimmungen zu 107 gewöhnen und die Wirkſamkeit der Uebung für dieſen Zweck wird durch die Rute bewieſen, bei welchen die Affociation zwiſchen Willen und Action den hoͤchſten Grad practiſcher Volleommenheit erreicht bat, z. B., bei'm Fechten, bei'm Tanzen, beſonders auf dem Seile, bei Tiſchenſpielereien x. Ein Anfänger hat dieſelbe Wil— lenskraft uͤber die erforderlichen Muskeln, wie der erfaprenſte Kunſtier in den genannten Fertigkeiten; feine eriten Verſuche ſind aber unzuſammenhaͤngend und unregelmäßig. Erſt durch wieder— holte Verſuche iſt er im Stande, eine unm'ttelbare Aſſociation zwi— ſchen Willen und Muskelthaͤtigkeit zu Wege zu bringen. Der Unftand daß man ſolche Verhäleniſſe nicht beachtet hat, urklaͤrt das Fehlſchlagen der gewohnlichen Mittel, welche man bei Lihmungen nach primärer Gehirntrankheit angewendet hat; die genaue Verbindung und Abhangigkeit der empfindenden und bewe— genden Kräfte wurde nicht gewü.d'g!, und der mächtigſte aller Mus: kelreize, der Wille, wurde ganz us.ciehen, oder do nur als ein beilaͤufiges und ſecundares Mittel zur ur betrachtet. Wir ſehen ſehr häufig Jadividuen, welche den vollen und freien Gebrauch ihres Fußes auf der afficirten Seite wiedererlangt ha— ben, während der Arm vielleicht eben fo unbrauchbar, wie bei dem erſten Aıfalle der Krankheit, herabhaͤngt. De. Cooke, in feiner werthvollen History of Palsy, bemerkt, daß „bei Hemiplegien faſt immer die Kraft des Beines viel früher wiederkehrt, als die des Armes; ich habe ſelbſt mehr a's einen Fall geſehen, wobei der Arm der afficirten Seite mehrere Jahre lang gelähmt blieb, nach— dem die Kraft des Beines bereits hergeſtellt war.“ Der Character der Krankheit muß, was den Zuſtand des Ge: birns betrifft, in der Mehrzahl der Fälle derſelbe ſeyn, und der Grund fuͤr die Verſchiedenheit der Wiederherſtellung der Kraͤfte der beiden Ertremitäten iſt nicht ſchwer zu erklaren. Der Kranke iſt fortwäh— rend genoͤthigt, das Bein zu gebrauchen; die Einwirkung des Wil— lens auf die Muskeln iſt ſtaͤrker und beſtaͤndiger, und nothwendig wird daher ein ſtaͤrkerer Andrang des Blutes nach dem Gliede und daher eine Zunahme feines Umfanges und feiner Kraft herbeige— fuhrt. Da dagegen der Gebrauch des Armes fur die gewöhnlichen Geſchaͤfte des Lebens nicht fo unerlaͤßlich it, fo wird er auch wer niger zu Uebungen veranlaßt, beſonders da ſein Gebrauch leicht durch den andern Arm erſetzt wird. Auf die aͤußern Reizmittel laſſen ſich nicht dieſelben Bemerkun— gen, anwenden, obwohl der Nutzen und vielleicht ſelbſt die Si— cherheit ihrer Anwendung, ganz wie bei den innern Reizen, nur da von abhängt, ob die primäre SBehirnfrantheit bereits beſeitigt iſt. Die Anwendung fo mächtiger Reize, wie die Electricität und der Galvanismus, iſt daher nicht zuläflig, fo lange noch eine allgemeine Aufregung vorhanden iſt, oder eine localgeſteigerte Thaͤtigkeit in dem Gehirne ſich bemerken laͤßt. Mit der Beſchraͤnkung, welche in Beziehung auf Beſeitigung der prädisponirenden und erregenden Urſachen und auf vorherige Hebung der Gefäßreizung des Gehirns angeführt worden ift, kann ein Verſuch mit den Mitteln, welche am geeignetſten fuͤr den Fall ſcheinen, wohl angeſtellt werden. Mangel an Aufmerkſamkeit darauf mag bei Behandlung paralyti— ſcher Affectionen das Fehlſchlagen mancher Verſuche mit der rei— zenden Behandlung erklären. Meiner Anſicht nach wird der Schmerz des Gluͤheiſens und der moxa keinesweges durch die Vortheile auf: gewogen, welche ſie gewaͤhren, ſo daß ſie leicht durch wirkſamere Mittel uͤbertroffen werden. Reibung mit der Hand, Manipulation oder Klopfen ſcheinen eine locale Einwirkung auf die Muskelner— ven zu haben, indem ihre Energie verarößert und eine reichlichere Blutvertheilung und daher Vergrößerung und Staͤrkung eines Gliedes herbeigeführt wird. Dieſe Reize betrachte ich jedoch noch als ſolche, die ruͤckſichtlich ihrer Wirkung hinter der Erregung 9 7 den Willensact zuruͤckſtehen; fie find indeß mächtige Hülfs⸗ mittel. Um nun die ganze Wirkung ſolcher Mittel, nämlich der Fric» tion, Manipulation oder Percuſſion, zu erlangen, ſo ſollte man ſie einfach anwenden, ohne reizende Subſtanzen hinzuzufügen, befon: ders die Friction, welche ſonſt die Haut wund und das Ausſetzen des Mittels noͤthig macht; während. die geſteigerte Erregung der Haut den Vortheil, welchen eine regelmäßige Anwendung des Fric⸗ tionsreizes auf die Muskelnerven haben würde, nicht aufwiegt. zeit zuſammenſetzen. 108 Da di.fe excitantia ſaͤmmteich nach demſelben Principe wirken, fo kann man ſie ohne Unterſchied mit einander anwenden, obwohl vielleicht die Manipulation und Percuſſion der Friction vorzuzie⸗ ben iſt, beſonders aber das Klopfen, da die Haut dadurch nicht ſo leicht abgerieben wird, und da das Klopfen in Bezug auf Kraft ſehr wohl fo geſteigert werden kann, daß es auf die tiefer ſitzenden Muskeln einwirkt, während es zugleich bequemer für den iſt, der die Manipulation macht, als das Reiben. Bedient man ſich des Reibens, fo kann man irgend ein trockenes Pulver, z. B feines Mehl, oder eine oͤlige Subſtanz auf die Haut einreiben; zieht man die Percuſſion vor, To ſind dieſe Beihuͤlfsmittel unnoͤthig. Es iſt aber jedenfalls noͤthig, dieſelben 1 — 2 Stunden im Tage mit In— tervallen fortzuſetzen. Vielleicht iſt es nicht raͤthlich, die Einwirkung der Willens— kraft auf Beſeitigung der Paralyſe in einem früheren Stadium zu verſuchen; jedenfalls nicht fruͤher, als bis die Gefäßfuͤlle oder die Congeſtion, welche meiſtens der Vorläufer der Krankheit iſt, beſei— tigt wurde und bis einige Zeit gelaſſen iſt, um die Herſtellung der afficirten Gehirntheile zu ihrer reſp. Function abzuwarten. Und die Erfolge, welche ich gehabt habe, ſind vielleicht davon abzu— leiten, daß ich erſt zu Rathe gezogen worden bin, nachdem bereits andere Mittel vergeblich verſucht worden waren, wodurch alſo be— traͤchtliche Zeit verfloſſen war. Hier iſt es noͤthig, auch auf den Theil der allgemeinen Behand— lung aufmerkſam zu machen, ohne deſſen Beachtung alle Verſuche vergeblich ſind, nämlich auf das Regimen. Die Diät eines ſolchen Kranken muß immer von der mildeſten, einfachſten Art ſeyn. Der Regel nach, darf anſmaliſche Koſt nicht oͤfter als jeden zweiten Tag und dann ſpaͤrlich geſtattet werden; ißt der Kranke jeden Tag Fleiſch, ſo darf daſſelbe wenigſtens nur einen Theil der Mahlzeit ausmachen, wobei Pudding oder Fiſch ohne ſtarke Saucen die uͤbrige Mahl— Der Regel nach, ſoll der Kranke auch immer mit dem Eſſen aufhören, bevor er ganz geſaͤttigt iſt; darauf muß man ſtrenge halten, weil ſonſt, ſobald die paralhtiſchen Theile ihre Kraft wieder gewonnen haben, eine Erneuerung der Krankheit im Gehirne ſtattfinden kann, wodurch der Kranke entweder weggerafft wird, oder die Behandlung der Krankheit wiederum ganz von Vorn angefangen werden mus. Es ſollte den Kranken, welche An— faͤlle von Paralyſen gehabt haben, beſonders, wenn ſie bereits in höherem Alter ſteben, auf das Sorafaͤleigſte, eingepraͤgt werden, daß ihnen keine Sicherheit vor einem Rückfall verſprochen werden kann, wenn ſie nicht auf das Strengſte die praͤdisponirenden und erregenden Urſachen vermeiden; dagegen kann man auch ohne Rüde halt behaupten, daß durch Enthaltſamkeit und genaue Beachtung der erwaͤhnten Vorſichtsmaaßregeln ein guͤnſtigerer Ausgang er— wartet werden darf, als die Schriftſteller uͤber dieſen Gegenſtand gewoͤhnlich zugeben. Es iſt bemerkenswerth, daß bisweilen nach einem Anfalle von Paralyſe und nach der curmaͤßigen Anwendung der Muskeluͤbung, wenn die Nerven eben anfangen, ihre gewoͤhn— liche Kraft wiederzuerlangen, längs ihres Verlaufes ein unange— nehmes und ſchmerzhaftes Gefühl eintritt, aͤhnlich dem Gefühle, welches bei der Herſtellung nach einem lange fortgeſetzten mechani— ſchen Drucke auf die Nerven gefuͤhlt wird, wie wenn man, z. B., längere Zeit einen Fuß über den andern geſchlagen hatte. Dieſe Bemerkung iſt um ſo wichtiger, als die Kranken durch jenen Schmerz nicht felten in der nöthigen Ausdauer bei der Behandlung geſtoͤrt werden, wenn man ihnen das Verhaͤltniß der Sache nicht erklaͤrt. Paraplegie. Viele der Urſachen, welche zur Hemiplegie Veranlaſſung geben, wirken auf gleiche Weiſe bei Paraplegie; aber unabhängig davon wiro die letzte Krankheit auch häufig durch Krankheit der Ruͤckenwirbelſaͤule oder durch Anſchwellung der Baͤn— der oder anderer Theile bewirkt, welche einen Druck auf das Ruͤk— kenmark verurſachen. Nach den Sectionsergebniſſen bei Perſo— nen, die an Paraplegie geſtorben find, ſcheint es, daß, obwohl in vielen Faͤlleu das Ruͤckenmark und feine Verbindungen krank find, dennoch kein Fall vorgekommen iſt, wo Paraplegie Folge von Hirnaffection war, ohne daß das kleine Gehirn mehr oder weni— ger der Sitz der Krankheit war. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß in mehreren dieſer Faͤlle, wo Druck auf das Ruͤckenmark ſtattfand und die Kranken ſpaͤter den 109 Gebrauch ihrer Glieder wiederbekamen, wie, z. B. dei winklicher Verkrümmung der Wirbelfäule, Entzündung der dura mater vor: handen war; die angeſchwollenen Theile paralyſiren, durch mecha⸗ niſchen Druck auf das Rückenmark, die Nerven und veranlaſſen eine Störung der Function, obwohl keine Structurveranderung vor— banden iſt. Daſſelbe ſehen wir an andern Körpertbeilen, wo ſich betrachtliche Entzündung entwickelt und dennoch die Theile ihre Functionen wieder annehmen, mit dem Unterſchiede, daß in dem einen Falle die Krankheit in leicht ausdehnbaren Theilen ſtatt⸗ A in dem andern aber in eine unnachgiebige Subſtanz eingeſchloſ—⸗ en iſt. Die Throrie, welche Dr. Baillie in den Transnct. of the College of Physicians aufgeſtellt hat, daß oft Ergießung zwiſchen den Hirnhaͤuten ſtat finde und daß das fo gebildete Serum in die theca vertebralis herabfließen und auf den untern Theil des Ruk; kenmarks drücken Eönne, ſcheint ſehr waheſcheinlich und erlaubt die Erklärung einiger der Falle, in welchen keine Krankheit der Wirbel oder Ligamente bei der Unterſuchung zu entdecken war. Wir finden dieſe Communication bei spina bifida; die Beine der Kinder, welche an dieſer Affection leiden, find meiſtens paralyptiſch. Daſſelbe zeigte ſich bei dem Falle von A. Cooper (Medicco hir. Transact. II. 323.), wo die Heilung der Spina bifida durch Druck verſucht wurde und die Mutter waͤhrend des Druckes auf die Geſchwulſt öfters Convulſionen bemerkte. Die Verbindung mit Hirnkrankheit zeigte ſich bei einem Falle von Morgagni (KEpist, 62), wo der linke Lappen des kleinen Gehirns ſcirrbos war; in einem andern Falle (Edinburgh Journal, XI. 470) mit Geſchwülſten, die in die medulla oblongata hineinreichten und in einem Falle von Abercromby, p. 175., wobei der linke Lap⸗ pen des kleinen Gehirns indurirt war. Die allgemeinen Mittel ſind dieſelben, wie die gegen Hemi— plegie angewendeten. Vermuthet man wegen Empfindlichkeit bei'm Drucke auf eine Stelle des Rüdgrats Entzündung oder Verdik⸗ kung der Ligamente und Knorpel, fo find Blutegel und wieder: holte Blaſenpflaſter zweckmäßiger, als Fontanelle oder Setaceum. Zu gleicher Zeit müffen Purganzen angewendet werden, zeigt lich biernach eine, wenn auch noch ſo unbedeutende Spur von Empfin— dung, fo muß man ſie als das Signal für den Anfang der locas len Behandlung durch Muskelübung, unterftügt durch Friction, Manipulation oder Percuſſion, betrachten, wobei die Ausdehnung dieſer Behandlungsweiſen ſich ganz nach der Stärke und Kraft der Patienten richtet. In manchen Fallen kann man ſogar ſchon zu dieſen Mitteln greifen, bevor noch die Empfindung eingetreten iſt. Bei einem Kranken, bei welchem ich ſo verfuhr, zu einer Zeit, als er ſelbſt von Blaſenmitteln noch keine Empfindung hatte und auch die Harnblaſe und das rectum Theil zu nehmen ſchien, habe ich durch Anregung des Willens, in Verbindung mit allgemeiner Be— handlung, die Kräfte der Bewegung und Empfindung zu gleichen Schritten hervorgerufen und ſie ſo weit hergeſtellt, daß der Kranke wieder gehen konnte; in eivem andern Falle dagegen, bei einer 60 jährigen Dame, bei welcher bereits etwas Empfindung bemerkt wurde und durch vorſichtige Muskelübung auch die Kräfte der Glie⸗ der zuzunehmen ſchienen, ging beides, ſowohl Empfindung als Muss kelkraft, plotzlich und unwiederbringlich wieder verloren. Ich babe, in der Regel, gerathen, daß der Kranke liegen und in dieſer Stellung Muskelanſtrengungen machen ſolle, bis ein ber traͤchtlicherer Grad von Kraft erreicht iſt. Von den Kranken iſt es bisweilen bemerkt worden, daß, wenn ſie in der Nacht an krampfhaften Kneifen und Schmerzen, wie es von Pott beſchrieben wird, litten, durch beträchtliche, häufig wiederholte und lange fortgeſetzte Muskelanſtrengungen, welche oͤfters im Tage wiederholt wurden, Linderung oder Beſeiti— gung dieſer Krampfſchmerzen bewirkt wurde. Um dieß zu Stan: de zu bringen, ſchien es aber immer noͤthig zu ſeyn, durch die Be: wegung wirklich Ermuͤdung berbeizufuͤhren. Bei Paraplegie junger Kinder iſt bisweilen das eine Glied von der Krankheit weniger ergriffen als das andere; in dieſem Falle iſt es raͤthlich, das Heilbeſtreben hauptfächlich auf das Glied zu richten, welches die raſcheſte Heilung verſpricht, da dieſes ſehr 110 wohl zur Befeitigung der Bewegungshinderungen in dem andern Gliede mitwirken kann. Bei der Krankheit, welche man das bei Malern vorkommende Schwinden der Hand (painter's dropped hann) nennt, babe ich mich eines Inſtrumentes bedient, welches eine Verbeſſerung des Apparates von Pemberton iſt, der mittelſt einer Schiene den Oder und Unterarm geſtreckt erhielt; die Wirkung meiner Abän— derung beftebt darin, daß durch den Apparat eine Gontracrion des Vorderarmes geſtattet wird, wodurch die Extenſoren des Vorder: arms beſſer als durch irgend ein anderes Mittel gekräftigt werden. Dieſe Veränderung beſteht darin, daß am Handgelenke ein Schar nier angebracht iſt, während eine Feder zur Streckung der Finger und Hand beigefügt wurde. Ein Haken verbindert dabei ein zu weites Zuruͤckweichen. Dieſe Mittel haben öfters Drilungen zu Stande gebracht, nachdem andere Mittel vergebens verſucht wors den waren. Indem wir 11 von dem Verfaſſer hier eingeſchobene ſpecielle Krantheitsgeſchichten übergehen, fuaın wir noch einige Bemrrkuns gen des Verf über Para'ysis agitans hinzu. — Dieſe Krankheit ſcheint ibren Sitz in den Nerven zu haben, welche für die Muss: keln beſtimmt ſind, durch deren Thaͤtigkeit der Hals gerade gehal⸗ ten wird. Mit der gehörigen Vorſicht kann man auch bier mit Vortheil Muskeluͤbungen anwenden. Bei Erwachſenen füar man Abfuͤhrmittel und ſorafaͤltige mäßige Diät hinzu, um jede Tendenz zur plethora oder zu Congeſtion nach dem Kopfe zu verhüten, welche, wenn ſie vorhanden wäre, nicht allein die günftige Wir: kung der Mittel verhindern, ſondern ſelbſt die Krankheit verfchlims mern würde, Ich habe das Muskelkneten und active Uebungen bei einer Frau zwiſchen 50 und 60 Jahren angewendet, welche vom Lande zu mir kam; fie hatte mehrere Sabre lang heftigen Kopfſchmerz und litt ſeit 3 Ihren an paralysis agitans, fo daß fie nicht im Stande war, ibren Kepf ruhig zu halten, wenn ſie ihn nicht mit den Haͤn⸗ den feſthielt. Ich ließ mehrere Uebungen machen; . B., ließ ich mit dem Kopfe ein uber eine Rolle aufgehaͤngtes Gewicht anziehen, ins dem ich daſſelbe allmälig vergrößerte; nach und nach nahm die Krankheit ab; da ich aber nur noch einen Körper von geringer Schwere auf dem Kopfe balayciren laſſen wollte, fo konnte die Kranke nicht begreifen, was es helfen koͤnne, einem Koͤr— pertheil, der ſich ſelbſt nicht zu tragen im Stande war, noch eine neue Laſt aufzubürden; fie befolgte daher meine Anordnungen nicht gebörig, und ſetzte die Behandlung nicht lange genug fort, um zu einem guͤnſtigen Reſultate gelangen zu koͤnnen Bei einem Mädchen zwiſchen 13 — 14 Jabren ſank der Kopf nach der einen oder der andern Seite, am häuſigſten auch die Bruſt; bier wendete ich dieſelben Mittel an. Da das Madchen uͤberhaupt nicht geſund war, fo gab ich auch Abführmittel und al- terantia. Sie balancirte ein Gewicht auf dem Kopfe, und es war merkwürdig zu ſehen, wie von der Zeit an, wo ihr Willensein⸗ fluß gegen die Kopf- und Nackenmuskein gerichtet war, fie nicht allein hinreichende Kraft zum Feſthalten des Kopfes bekam, ſon⸗ dern wie auch nach einiger Zeit jedes, ſelbſt das geringſte Gewicht zu dieſem Zwecke binreichte. Auf dieſe Weiſe erlangte fie die Kraft der Leitung der Kopfbewegungen, welche zuvor noch ganz un will⸗ kuͤhrlich waren. Bei einem andern Maͤdchen von 9 Jabren zeigte ſich dieſelbe Unrube in der Haltung des Kopfes, gleichzeitig jedoch mit con: vulſiviſcher Bewegung des Armes und der Hand Es ſchien zu glei— cher Zeit etwas Leberaffection zu Grunde zu liegen. In dieſem Zuſtande cab ich kleine Dofen von Queckſilber mit Kreide und bis weilen Abfuͤhrmittel. In dieſem Falle wirkte das Muskeltneten, das Klepfen und Reiben noch viel vollſtändiaer da das Vermögen, den Kopf vellkommen ruhig zu halten, vollkommen wiedererkangt war (Pract. observ. on the distort. of the spine. London, 1840). Exſtirpation von faſt der ganzen Gebärmutter: Von euytgaerens. Joſephine van Moffevelde, in Wichelen mobnbaft von guter Gonftitution und 36 Jahr alt, gebar im Jahre 1885 das er⸗ 111 fte Kind unter vielen Schmerzen. Zwei Jahre verfloſſen ohne Störung ihrer Geſundheit. Zu Ende des Jahres 1837 wurde ſie von Gebaͤrmutterfluͤſſen, bald von reinem Blute, bald von Blut mit Eiter untermiſcht, befallen; zuweilen beklagte ſie ſich uͤber Schmerzen in der Lumbargegend und gegen den uterus hin, welche von einem durch die Gegenwart einer Kugel erzeugten Drucke her— ruͤhrten, die fie in der Scheide fühlte und willkuhrlich mittelſt des Fingers in die Höhe ſchieben konnte. Dieſe Kugel war die durch einen breitgeſtielten Polypen herabgezogene Gebaͤrmutter, an deren Grund dieſer Polyp breit anſaß. Am 31. Auguſt 1838 erkannte ein Arzt eine vollkommene Umſtuͤlpung der Gebaͤrmutter, welche je nach den verſchiedenen La— gen, welche die Frau annahm, mehr oder weniger aus den Äußeren Geſchlechtstheilen hervorragte. Nachdem Hr. Luytgaerens zur Conſultation berufen war, erkannte er, daß eine Geſchwulſt, groͤßer als der Finger, in die Scheide herabhaͤnge; indem man mit dem Finger längs der Ober— fläche derſelben hinglitt, bemerkte man, daß fie ſich nach Oben hin verkleinerte. Suchte man den Muttermund auf, ſo entdeckte man in der Höhe einen Wulſt rund um die Geſchwulſt, welcher die Ein— führung des Fingers zwiſchen dem innern Rande und der aͤußern Oberflache des Auswuchſes nicht geſtattete. Man glaubte alsdann, daß der Gebärmutterförper durch das große Gewicht dieſer Ge— ſchwulſt umgeſtuͤlpt ſeyn muͤſſe, und daß das, was man in der Hand hatte, unſtreitig die umgeftülpte Gebärmutter ſey, welche direct nach Unten mit dem Polypen zuſammenhing und, fo zu fa: gen, einen gemeinſamen Koͤrper mit ihm ausmachte. Die Verſu— che, dieſe Maſſe durch den ſo ſtark ausgedehnten Mutterhals zu— ruͤckzufuͤhren, waren fruchtlos: man mußte zu andern Mitteln Zu: flucht nehmen. Alle dieſe Theile waren mit einer Menge waͤſſerigen, einen ſtinkenden und gangraͤnoͤſen Geruch verbreitenden, Eiters bedeckt; es war ſchon hectiſches Fiebeer zugegen; Ohnmachten und Convul— ſionen zeigten ſich abwechſelnd, und die Kranke wuͤrde geſtorben ſeyn, wenn man ſie nicht ſchnell von dieſer zum fremden Koͤrper gewordenen Geſchwulſt befreit haͤtte, welche die ſichtliche Urſache aller Krankheitserſcheinungen wur, und welche die Kranke mit ras ſchen Schritten dem Grabe nahe brachte. Die Erſtirpation des kranken Organismus wurde einſtim— mig als letzte Huͤlfe beſchloſſen. Da es nicht moͤglich war, genau die Graͤnze zwifchen dem Polypen und uterus zu beſtimmen, da man nicht einmal den Grad der Umftülpuna kannte, fo wäre es ſehr ſchwierig geweſen, genau den Durchſchneidungspunct zu bes ſtimmen, waͤhrend es doch wichtig war, alles Kranke zu entfernen; deswegen wurde beſchloſſen, die Trennung genau am Mutterhalſe zu machen und alles das wegzunehmen, was über den Mutter: mund herabhing und ſich dadurch als Ueberſchuß und unnüge Sub: ſtanz characteriſirte. Die Operation wurde am folgenden Tage unternommen. Die Kranke hatte dabei die Lage wie bei'm hohen Steinſchnitt auf dem Rande ihres Bettes. Die Geſchwulſt wur— de mit der Mufteurfchen Hakenzange gefaßt und vor die Geſchlechts⸗ theile herausgezogen. Kaum begann in dieſer Lage die Exſtirpa⸗ tion mittelſt gekrümmter Scheeren, ſo gelangte man in eine Hoͤhle, 112 wodurch es außer Zweifel geſetzt wurde, daß die Gebaͤrmutter in den zu reſecirenden Theil herabgezogen und umgeſtuͤlpt war. Der Operateur fuͤhrte nun den Finger in das obere Segment ein, und erkannte, daß es unmoͤglich war, von hier aus in die Peritoneals hoͤhle zu gelangen, indem das genaue Aneinanderliegen der umge— ftülpten Uteruswaͤnde den Durchgang des Fingers verhinderten. Als dieß erkannt war, wurde die Operation ohne weitere Stoͤrung beendet. Jede geoͤffnete Arterie wurde ſogleich unterbunden. Nach Beendigung der Operation folgte weder Blutung noch irgend ein anderer Zufall; gegen Abend ſtellte ſich ein lebhafter Schmerz in der Gegend des exſtirpirten Organes ein, welcher aber durch er— weichende Einſpritzungen und ein Opiat bald beſeitigt war. Die Heilung erfolgte in zehn Tagen. Im dritten Monate ſtellte ſich die Menſtruation wieder ein; dieſe war auch im ſechsten Monate, wenn auch nur ſpaͤrlich, noch vorhanden. Die Operirte befindet ſich wohl und unternimmt tägs lich ihre fruͤher gewohnten Arbeiten. Eine genauere Beſchreibung des exſtirpirten Theiles fehlt. Bei dieſer in den Annales de la Société de med, de Gand. 1839 enthaltenen Mittheilung kann man, da es nicht zweifelhaft ſcheint, daß wirklich mit dem Polypen ein Theil des fundus uteri exſtirpirt worden iſt, wohl fragen, ob es nicht moͤglich geweſen wäre, den Polypen allein zu exſtirpiren und ob es für den gluͤckli⸗ chen Ausgang nicht hinreichend geweſen waͤre, dieß zu thun. Denn fo bemerkenswerth es gewiß iſt, daß hier die Exſtirpation des fundus uteri mit gluͤcklichem Erfolge ausgeführt wurde, jo kann es doch nicht bezweifelt werden, daß bei der Operation zuerſt beſtimmt werden mußte, ob, in der That, dieſer große und immer gefaͤhr⸗ lich bleibende Eingriff noͤthig war. Miscellen. Unter dem Namen einer Pubo -rectal-Lithoto- mie (Litotomia pubo-rettale) befchreibt Herr Pietro Biagini ein Verfahren, welches jedoch nur eine Modification des feitlichen Steinſchnittes iſt, und mit dem rectum nichts zu thun hat. Es wird zuerſt die prostata und der Blaſenhals nach Unten und Außen eingeſchnitten; reicht dieſe Oeffnung nicht aus, ſo vergroͤßert man ſie durch einen Schnitt gerade nach Vorn und Oben mittelſt eines geknoͤpften Biſtouri's, mit dem, nach Beduͤrfniß, alle Gewebe bis zur symphysis getrennt werden. Der oberflächliche Hautſchnitt wird der Harnroͤhre faſt parallel gefuͤhrt, mit einer geringen Ab— weichung nach der linken Seite, wenn man ſich dem rectum näs bert. Die Operation iſt uͤbrigens erſt an Leichen verſucht worden. (Gazette méd., Nr. 4) Von Blattern auf der Schleim-Membran der Urin⸗Blaſe hat Dr. Greene einen ſehr merkwuͤrdigen Fall beobachtet und das Präparat vorgezeigt. Der Patient, ein junger Mann, vom Fieber reconvalescirend, wurde von den Blattern an— geſteckt und bekam fie in confluirender Form. Er ftarb den fuͤnf— en Tag nach der Erſcheinung des Ausbruchs, und litt kurz vor dem Tode an heftiger Diarrhoͤe. In dem Darmcanale und in den Luftwegen waren keine Puſteln, aber, wie geſagt, in der Blaſe. Bibliographische Neuigkeiten. Iconographie du Genre Camellia, ou collection des Camellias les plus beaux et les plus rares, peints d’apres nature, dans les serres de M. Abbe Berlöse, par M. M. J. J. Jung; avec la description exacte de chaque fleur accompagnée d’obser- vations pratiques sur la culture de cette plante et des soins qu'elle exige pour fleurir abondamment, par M. Abbé Ber- lese. Livraisons 1 — 4. Paris 1840. 4. (Es werden 150 Lieferungen.) La Séminologie générique, ou Nouvelle methode pour arreter la formation des synonymes botaniques. Discours preliminaire. Par P. Ch. Joubert. Paris 1840. 8. Clinique des Accouchemens, recueillie à l'hospice de la mater- nité de Marseille (service de M. Filleneuve). Par M. Eu- gene Fabre. Marseille 1840. 8. Guide médical des Antilles et des régions intertropicales. Par M. G. Lebacher. 2de édition. Paris 1840. 8. — —— QUHU]—— Ueue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgerbeilt von dem Ober: Medienatratbe Frorlep zu Weimar, und dem Dirdisınalrane und Preteſſer Frerier ın Brrlim, Ne. 316. Gedruckt im Landes- Induftries Comptoir zu Weimar. (Nr. 8. des XV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athlı. oder 3 Fl. 36 Kr., Juli 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Wa t u er Ueber die venoͤſen Klappen des Herzens und ihre Action. Von Dr. Kürſchner, Privatdocenten in Marburg. In der neueſten Zeit, wo man die acuſtiſchen Erſchei— nungen in der Bruſt, fuͤr die Diagnoſe ihrer Krankheit be— nutzt, lernte man hauptſaͤchlich die Luͤcke kennen, welche in Abſicht auf die Action des Herzens in der Phyſiologie ſich findet. Kein Punct iſt auf dieſem Felde fuͤr die pathologi— ſche Aerndte wichtiger und reichhaltiger, als das Spiel der venöfen Klappen; aber auch nirgends herrſcht fo viel Wer: wirrung, als hier. Die allerverſchiedenartigſten Anſichten uͤber die Art, wie dieſe haͤutigen Ventile bewegt werden, exiſtiren neben einander. Da ſchleudert ſie Einer mit hoͤrba— rem Geraͤuſche wider die innere Wand der Ventrikel; dort läßt fie ein Anderer vom Blute mit einer Kraft fpannen, daß ſie droͤhnt; der zieht ſie mit den Papillarmuskeln in der Diſtole herab; Bouillaud hebt fie damit in der Syſtole auf; nach Mayo legen ſich in der Syſtole die entſprechenden innern Flaͤchen der Klappe aneinander und die Sehnen entgegenſtehender Lappen greifen ineinander, wie die Finger gefalteter Haͤnde; — nach Williams und Corri— gan koͤnnen die innern Flaͤchen nie mit einander in Beruͤh— rung kommen und die Sehnen werden bei der Syſtole weit von einander getrennt. Dieſes bunte Gemiſch von Anſich— ten findet nichtsdeſtoweniger einen Einigungspunct in dem Zwecke der Klappe, der von Allen, moͤgen ſie dieſelbe in der Syſtole rollen oder werfen, herab- oder heraufziehen, zuſam⸗ menlegen oder ausbreiten, darin geſucht wird, daß fie, aͤhn⸗ lich einem Pumpenventile, den Ruͤckfluß des aus den Vorhoͤ— fen in die Ventrikel geförderten Blutes, während der Zu: ſammenziehung der letzteren, hemmen. Dieſer Zweck liegt auch ſo klar vor Augen, daß der erſte, welcher die Klappe fab, ihn erkennen mußte; der Mechanismus, wodurch der Zweck erreicht wird, iſt aber bisjetzt noch als unbekannte Groͤße zu betrachten. Da es ſich hier nicht um die Ent⸗ büllung des Grundes eines eigenthuͤmlichen vitalen Phaͤno⸗ No. 1416. arne mens, ſondern um Erforſchung einer phyſicaliſchen Erſchei— nung im lebenden Koͤrper handelt; ſo muß ſich aus den anatomiſchen Verhaͤltniſſen und aus den Übrigen Erſcheinun— gen des Herzſchlages eine Gleichung gleichſam entwickeln laſſen, welche eine beſtimmte Formel für jenes X enthaͤlt. Ueberzeugt von dem practiſchen Werthe, den die Kenntniß des Klappenmechanismus hat, bin ich lange damit beſchaͤftigt ge— weſen, dieſe Gebilde bei den verſchiedenſten Thieren zu un— terſuchen, und außerdem ſuchte ich mich vollig genau von den Erſcheinungen des Herzſchlages durch Viviſectionen zu unterrichten, wobei ich jedoch, um mich nicht in den unver⸗ dienten Ruf der Grauſamkeit zu bringen, bemerke, daß ich alle Thiere vor dem Verſuche toͤdtete, und den Herzſchlag durch kuͤnſtliche Reſpiration unterhielt. Freilich erwartete ich in den anatomiſchen Verhaͤltniſſen der Klappe nichts Un— bekanntes zu treffen; allein ich taͤuſchte mich ſehr, und es moͤge mir daher geſtattet ſeyn, ehe ich den Mechanismus der Klappe ſelbſt erörtere, die Ergebniſſe meiner anatomiſchen Unterſuchungen kurz vorzulegen. Man kann die venoͤſen Klappen betrachten, als hohle Cylinder, welche von den Vorhoͤfen aus in die Ventrikel bereinragen und mit ihrem oberen Rande am ostium ve- nosum befeſtigt ſind, mit dem Ventricularrande dagegen mit einem Syſteme ſehniger Fäden zuſammenhaͤngen. Der letztgenannte Rand iſt ſehr ungleich: an manchen Stellen er⸗ ſcheint er tief eingeſchnitten; an andern ragt er weit in die Höhle des Ventrikels und die Klappe erhält dadurch das lappige Anſehen. Man ſagt nun, die Klappe des rechten Ventrikels beſteht aus drei, die des linken bloß aus zwei Lappen; allein dabei bat man bloß die großen vor Augen, es finden ſich noch zwiſchen je zwei größeren einer oder meh—⸗ rere kleinete. Jene kann man Hauptlappen, dieſe ins termediäre nennen. Faßt man mit der Pincette einen großen Lappen am freien Rande und zieht ihn nach einer Richtung hin an, ſo wird er laͤnger; er ſcheint faſt viereckig, am meiſten, wenn man ihn ſo anzieht, als wolle man ihn in das ostium venosum legen, fo daß feine innere Flaͤche 8 115 zur obern, feine äußere zur untern wird. Die Seitenraͤnder zeigen bei dieſer Spannung Ausſchweifungen, und gewöhnlich, findet man bei einem großen Lappen deren vier bis ſechs auf jeder Seite, Faßt man einen ſolchen Seitenrand und zieht nach derſelben Seite hin, ſo zeigt ſich, daß der Lappen ſich ſeitlich bedeutend vergrößern läßt, und man ſieht, daß jeder große Lappen aus einem faſt vier— eckigen, feſten Kernftüde und aus einem ziemlich breiten, zarten Sau me beſteht, welcher an der ſchlaffen Klappe zuſammengefallen und nicht erkennbar iſt. Von Allen, welche bis jetzt die Klappen beſchrieben, iſt dieſer Theil überfehen ). Betrachtet man den aufgeſpannten Lappen von der Ventricu⸗ larflaͤche, fo ſieht man, daß die haͤutige Falte getragen wird von einer großen Anzaht ſehniger Faͤden, die entweder unmittelbar oder mittelbar von den Papillarmuskeln des Ventrikels ausgehen, deren größte Anzahl aber erſt bei'm Spannen deutlicher hervortritt. Im rechten Ventrikel findet man drei Papillarmuskeln, im linken zwei conſtant, außerdem aber in jedem Ventrikel eine va⸗ riable Menge kleinerer. Jede dieſer Papillen zeigt drei Hervorra— gungen, von denen Sehnengruppen entſpringen. Davon gehoͤren die beiden aͤußerſten Gruppen jedes Mal den aneinandergraͤnzen— den Seitenrändern von benachbarten großen Lappen an; die mitt⸗ lere Gruppe dagegen iſt für die intermediären Lappen beſtimmt. Die großen Lappen erhalten daher immer ihre Sehnen von zwei Papillen, die intermediaͤren nur von einer einzigen. Die Sehnen endigen ſich indeſſen nicht in gleicher Hoͤhe an den Klappen. Die größten und ſtaͤrkſten gehen an den limbus cor- dis, ſchwaͤchere in das Klappenſeegel. Die, welche an den limbus cordis gehen, habe ich Sehnen der erſten Ordnung, oder pri⸗ märe genannt, und ſolcher finden ſich an jedem großen Lap⸗ pen zwei, von jeder Papille eine, an intermediaͤren zwei bis drei. Sie finden ſich am limbus cordis angebeftet an ein musculoͤſes mehrere Linien breites Band, welches faſt das ganze ostium veno- sum umgiebt und in manchen Herzen papillenfoͤrmige Muskelbun⸗ del zur Vereinigung mit den genannten Sehnen abgiebt. — Die Sehnen, welche man im ſchlaffen Zuſtande der Klappe an die Ski: ten des Kernſtuͤckes eines großen Lappens gehen ſieht, nenne ich fecundäre, oder Sehnen der zweiten Ordnung well ſie ſehr haͤuſig nicht von der Papille, ſondern in verſchiedener Hoͤhe von der primären Sehne ihrer Seite abgegeben werden. Es finden ſich ihrer an jeder Seite eine gleiche Zahl, welche immer in einer Ente fernung von einander ſich inſeriren, welche der Entfernung entfpre= chender Sehnen erſter Ordnung gleich iſt. In dem Kernſtuͤcke des Lappens ſcheinen fie ſich in eine Menge ſehniger Faͤden aufzulöfen, welche bogenfoͤrmig ſich von beiden Seiten entgegenlaufen. Se: woͤhnlich findet man vier bis ſechs an jeder Seite. Entwickelt man die Säume der Klappe, fo ſieht man mit einem Male noch eine große Menge von kuͤrzeren und zartexen Sehnenfahnen hervorkommen, welche von den ſecundaͤren Sehnen abgehen Ich nenne dieſe Sehnen der dritten Ordnung oder tertiare. Sie erhalten ſich zu je zwei ſecundaͤren Sehnen derſelben Seite, wie ſich die ſecundaͤren zu den primären verhalten in allen Stuͤk— ken, und loͤſen ſich in dem Saume ſelbſt auf gleiche Weiſe auf, wie die fecundären im Kernſtuͤcke. Von dem Ventrikel aus geſehen, ſieht die vollig entwickelte Klappe aus, wie ein Gewoͤlbe, welches von Strebepfeilern getragen wird, welche alle entweder mittelbar oder unmittelbar ihren Stuͤtz— punct in Saͤlen finden, die um den Rand des Gewoͤlbes geſtellt ſind. Uebrigens muß ich noch beſonders darauf aufmerkſam ma— chen, daß bei'm Spannen eines Lappens die freien Ränder deſſel— ben ſich immer faft eine halbe Linie breit nach der Ventricular— hoͤhle hin umſchlagen, und daß ich hauptſaͤchlich bei der Beſchrei— bung einen Lappen des rechten Ventrikels vor Augen habe; im lin⸗ ken iſt die Abgabe der Sehnen etwas verſchieden von der beſchrie— benen. ) Skoda bat den Saum nicht entwickelt und iſt daher zu der irrigen Anſicht gelangt, daß die Klappen Taſchen haͤtten. Um die Saͤume zu entwickeln, dehne ich das ostium venosum durch eine eingebrachte Wachsmaſſe aus, auf welches ich dann die entwickelten Theile befeſtige, 116 Was die Structur der Klappe betrifft, ſo wuͤrde, nach Hin— wegnahme des Endocardiums, an der Ventricularflaͤche dieſelbe gleichſam moſaikartig zuſammengeſetzt erſcheinen, aus den palmen— foͤrmig ſich auflöfenden großen und kleinen Sehnen; doch find es dieſe ſehnigen Faͤden nicht allein, welche die Falte des Endocar— diums aufnimmt; es giebt noch andere Elemente in der Klappe. Als ich naͤmlich ihre Anheftungsſtelle am limbus cordis unterſuchte, glaubte ich an mehreren puncten Muskelfaſern zu ſehen, welche von dem Vorhofe aus in die Klappe gingen. Anfangs ſehr mißtrauiſch gegen eine Beobachtung, die der gewoͤhn— lichen Annahme ſo ſchnurſtracks zuwiderlaͤuft, habe ich ſehr viel Sorgfalt bei ſehr häufigen ſpaͤteren Unterſuchungen auf dieſe Fa— ſern verwendet; allein ich fand ſie in allen Herzen, in menſchlichen und denen der kleinſten, wie der größten Saͤugethiere wieder; fie find, in der That, den Anatomen bis jetzt entgangen. Durch vorſichtiges Abpraͤpariren des Endocardiums vom Vorhofe aus kann man dieſe Muskelfaſern bis weit in die Klappe verfolgen; fie bilden eine dünne Lage, welche in der Nähe des freien Randes ei— nes Lappens nur noch mit bewaffnetem Auge erkannt wird. Staͤr— kere Buͤndel verbinden ſich mit den Endigungsſtellen der ſecundaͤren Sehnenfaͤden im Klappenſeegel, und in einzelnen Lappen ſcheinen dieſe Bündel nur allein vorhanden zu ſeyn. Es kann indeſſen hier kein Irrthum obwalten; denn ich habe dieſe Muskelfaſern an Kalbs⸗ und Menſchenherzen rein als geſonderte Lage, auf beiden Seiten von Endocardium befreit, oft dargeſtellt, und Jeder kann leicht daſſelbe thun, wenn er ein Kalbsherz nur einen Tag im Waſſer maccriren läßt, weil ſonſt das Endocardium ſchwer zu tren— nen iſt. (Intereſſant war es mir, bei der Unterſuchung der Vogel— herzen etwas Aehnliches zu finden. Naͤmlich da iſt die Klappe des rechten Ventrikels ein musculöͤſes Queerband, auf deſſen innerer Flaͤche ſich eine ſtarke Muskellage, vom Vorhofe herruͤhrend, zeigt.) Dieſe Muskelfaſern verbinden ſich nicht mit den Sehnen der erften Ordnung, ſondern nur mit denen der zweiten, ſey es unmittelbar, wie in der Nähe des limbus cordis , oder mittelbar in der Naͤhe des freien Randes am Klappenſeegel durch ſehnige Faͤden, an wel— che fie ſich anheften. Dieſe Faſern wurden auch auf hieſiger Ana— tomie von Hrn. Geh. Medicin. Rath Buͤnger aufgefunden, und fie find auch deutlich genug vorhanden *). Fuͤr den Mechanismus der Klappen ſind dieſe anatomiſchen Thatſachen von der hoͤchſten Bedeutung; namentlich wird vieles Unerklärliche durch das Auffinden der oben beſchriebenen Muskelfa— ſern klar, ſo daß ich nicht zu viel behaupte, wenn ich ſage, daß erſt mit dieſen Faſern Leben in die Klappe und Sicherheit in die Erklarung ihres Mechanismus gelangt Um ſich eine Idee von der Action der Klappen zu machen, iſt es nöthig, ſich ein Bild von dem Zuſtande dieſer Ventile in der Diaſtole zu entwerfen. Die Aufgabe unterliegt keiner Schwierig— keit; — cor in diastole moritur, iſt ein Ausſpruch, der von dem rechten Ventrikel immer und in jeder Beziehung gilt, und man darf daher zur Loͤſung derſelben nur die Ergebniſſe der Section be— fragen. Bei einer großen Anzahl von Herzen, welche ich unter— ſuchte, fand ich immer im rechten Ventrikel das Klappenſeegel an den primaͤren Sehnen feſt anliegend; die ſecundaͤren Sehnen lagen an den primären, und vom tertiaͤren Sehnenſyſteme war nie Etwas zu ſehen. Außerdem fand ich die Klappe an ihrer aͤußeren und ine nern Flaͤche umgeben von Blutgerinnſel. Wo ich Blut im linken Ventrikel fand, was im Ganzen nicht häufig iſt, waren die Verhält: niſſe dieſelben. Es iſt daher die Klappe im Leben waͤhrend der Diaſtole von einem Blutcylinder erfullt und an ihrer hinteren Seite gleichfalls vom Blute umfloſſen, und die Anſicht, welche an— nimmt, die hintere Klappenflaͤche liege an der innern Wand der Ventrikel, iſt evident falſch. Die Momente, wodurch die Klappe in der Syſtole bewegt werden kann, ſind die Muskeln der Klappe und das Blut, und zu erörtern ſteht, welches von beiden hier wirkt, oder ob bei— de Antheil an der Schließung der Klappe haben, und wie die Klapr pe geſchloſſen wird? *) An einem andern Orte werde ich die Zeichnungen vorlegen, die dieſe Verhaͤltniſſe erlaͤutern. 117 Unter den Muskeln, mie wel hen dieſe organiſchen Ventile aus⸗ geruͤſtet find, zeichnen ſich die Papillarmuskeln aus, deren Wirkung wir auch hier zuerſt verfolgen wollen. Es würde übers fluͤſſig ſeyn, den alten Streit bier wieder zu berühren, ob ſich dieſe Muskeln mit den Ventrikeln zuſammenziehen, oder in der Diaſtole in Wirkſamkeit treten. Schon Haller hat Beobachtungen gelie— fert, welche Beweiſe genug für die aus theoretiſchen Grunden als lein wahrſcheinlich gleichzeitige Zuſammenziehung derſelben mit den Ventrikeln abgeben, und noch neuerlich wurden viele Verſuche fuͤr dieſe Meinung von der Londoner und Dubliner Comité zur Er— forſchung der Herzgeraͤuſche veröffentlicht, denen ich die von Joh. Reid und viele eigene hinzufügen könnte. Sie ziehen ſich wäh: rend der Syſtole zuſammen und fpannen im Vireine mit den Muskeln weiche vom limbus eordis an die Sehnen erſter Ordnung gehen, dieſes Sehnenſyſtem, mag die Klappe herabhaͤngen oder nicht; allein keine ſecundaͤre Sehne wird durch bloßes Anziehen die— fer Papillen in der Richtung ihrer Faſern geſpannt und keine ter— tiäre ſichtbar. Nur wenn man einen Lappen durch Anziehen mit der Pincette auf die angegebene Weite entwickelt hat, vermag man durch Anziehen der Papillarmuskeln den entwickelten Lappen tiefer in den Ventrikel hereinzuziehen, und deßhalb beſteht die Wirk ſamkeit der Papillarmuskeln hauptſächlich mit var: in, den entwickelten Lappen gegen den Andrang des Blutes in den Ventrikel bei der Syſtole zurückzuhal⸗ ten. Sie dienen alſo zur Fixirung der Klappe und geben ihr eine feſte Stellung. Weit ſchwieriger iſt es, die Art der Action beiden Mus: kelfaſern, die von dem Vorhofe in das Klappenſee— gel abgegeben werden, zu beſtimmen. Klar iſt es wohl, daß bei ihrer Contraction ein gewiſſer Grad von Spannung in die Klappe kommt, welches fuͤr die Entwickelung noͤthig iſt; — denn wuͤrde das Blut gegen die ſchlaffe Klappe mit den herabhaͤngenden Seh— nen kraͤftig geworfen, fo würde ſie nur ungleich entwickelt werden und Störungen im Kreistaufe, wenn nicht Zerreißung der Klappe, die Folge ſeyn. — Es ſpringt ferner in die Augen, daß durch fie das Klappenfergel im ganzen Umfange zuſammengezogen und ſchmaͤ— ler werden muß, eine Wirkung, die ſich auch am todten Herzen durch Anziehen der Muskeln des Vorhofs nachahmen läßt. In: deſſen die Faſern verlaufen bei ausgedehntem Vorhofe und hängender Klappe, Enieförmig am limbus cordis gebogen, und müjfen daher noch eine andere Wirkung auf die Klappe hervorbringen. Ihre Vers bindung mit den Sehnenfaſern zweiter Ordnung laͤßt, im Verein mit dem oben angefuhrten Umſtande, die Vermuthung mehr als wahrſcheinlich erſcheinen, daß durch fie die Klappe in eine der Ent: wickelung günftige Spannung und Stellung gebracht werde. Es kann naͤmlich, weder das Blut noch die Action der Muskeln die Klappe, wie ſie in der Diaſtole herabhaͤngt, unmittelbar vor das ostium venosum legen, ſondern es muͤſſen Veränderungen voraus— ehen. Man koͤnnte nun einwenden, ſolche Veraͤnderungen, wie erſtellung der Klappe, koͤnnen durch dieſe zarte, dünne Muskel- lage nicht hervorgebracht werden, weil die Klappe einem bedeuten— den Blutdrucke ausgeſetzt iſt. Indeſſen die Kraft braucht nicht bedeutend zu ſeyn, weil eben das Blut ſie unterſtuͤtzen muß. Da beide Flachen der Klappenſeegel unter einem gleichen Drucke der— ſelben Fluͤſſigkeit ſtehen, fo muß, wenn auch nur eine geringe Kraft dem Orucke der einen Seite entgegenarbeitet die Bewegung aus: gedehnter werden, weil der Druck auf der entgegengeſetzten Seite dadurch ein Uebergewicht erlangt. Nach vielen einzelnen Verſuchen und nach einer fo viel, wie möglich, allfeitigen Beruͤckſichtigung der concurrirenden Vrrhältniffe muß ich annehmen, daſ das Klap⸗ penfeegel bei der Contraction des Vorhofes von den Sehnen der erſten Ordnung entfernt und ſo am Ran de des Vorhofes geſtellt wird, als wäre es nach voll ftändiger Entwickelung nicht herabgeſunken, fon derngegendenlimbuscordis hin zuſammengeſchoben worden. Aehnlich wie man eine Spiralfeder in der Richtung, in welcher fie vorforingen ſoll, zuſammendruͤckt würden dieſe Muse keln das Klappenſeegel am Rande des ostium venosum in die Rich— tung bringen, in welcher es, um das ostium venosum zu decken, nur vorgeſchoben und ausgedehnt zu werden braucht. Soviel iſt 118 ſicher, daß dieſe Muskeln eine Veränderung in der Form der Klappe hervorbringen, durch weiche es erſt moglich wird, daß das Blut die Klappe entfaltet. Das Blut bringt die Entwickelung der Klappe erſt zu Stans de, und alle anderen Anſichten, die lediglich die Schließung der Klappe als eine Muscularackion betrachten, ſind irrig, denn durch die letztere konnen die Saume der Klappe nicht entwickelt werden, und erſcheinen als uberfluſſige Prosuctionen, fo recht als lusus na- turae. Allein nur der letzte Begriff iſt überfluſſig in der Natur, nie ein Product derſelben. Die Meiften, dis auf Mayo und ſeine Anhänger, nehmen auch mit uns an, daß das Blut an der Schlie⸗ ßung der Klappe bedeutenden Antheil hat. Nur fo, wie man 4s allgemein anmmmt, tann ſich die Sache nicht verhalten. Men glau.t aber, das von den Wänden der Kammern gepirhte Bent . bei der Syſtole derſelben die einzelnen Lappen auf und lege ie vor das ostium venosum, indem das innerhalb der Klappe b. ſindliche Blut in den Vorhof zurückgeworfen werde. Abgeſchen da⸗ von, daß bei dem Schöpfen und Zuructwerfen des Biutes der ganze complicirte Apparat viel weniger leiſte, als das einfachſte, ge⸗ meinſte Pu.npenventil, und daß die Klappenſaums auch auf dieſe Were unthatig blieven, jo iſt nach phyſicaliſchen Geſetzen dieſe Idee ganz unzulaſug. Die Klappe umſchließt einen Blutcytinder, der mit der Blutmale des Vorhofes und des Ventriteis in ununterbrochener Verbindung ſteht. Wird der Blutdruck auf die äußere Fläche der Klappe verſtartt, wahrend zu gleicher Zeit das Blut gegen die Arterien hin gofleeßen kann, fo wird beftändig durch Zuſtromen des Biu.ts aus dem Vorhofe ein Druck auf die innere Flache der K.appe geubt, der jenem das Gleichgewicht halt, und das Blut fließt um die Kappe herum, läßt aber ihre Form ungeändert. Nur wenn die Klappe bereits eine andere Richtung angenommen hat, und in einer gewiſſen Richtung ſchon bewegt wird, kann ſie das Blut, welches durch die Contraction des Vorhofes an allen Puncten erſchuttert und von der folgenden Contraction der Ventrikel heftig gegen die Klappe und nach dem ustium auteriosum zu ge— drängt wied, entfalten. Es wird nun, indem es über die Klappe nach dem ostium arteriosum fließt, die Klappe uberall vom Runde gez gen die Mitte des ostium venosum vorſchieben, und indem es auf die Klappe druckt und nach allen Seiten bin auszuweichen ſtrebt, nach allen Seiten hin die Saͤume ausbreiten und entwickeln. An ein Sqchoͤpfen iſt nicht mehr zu denken; die Klappen trennen bloß die Blutmaſſe der Vorhofe von der der Ventrikel, wie eine Schei⸗ dewand, die man ſenkrecht in einem mit Waſſer gefüllten Gefäße herabdrängt, die Waſſermaſſe theilt, ohne große Bewegung derſel— ben. Daß die Eulwickelung der großen Menge ſebniger Faden im Klappenſeegel vom Blute abhängt, iſt ein Umſtand, der uns die Zweckmäßigkeit der organiſchen Natur ſelbſt in den geringfügig ſcheinenden Verhaͤltniſſen bewundern laßt. Würde ein zuſammen⸗ geſezter Muskelapparat unter allen Verhaͤltniſſen fo gleichmaßig im Krampfe, wie bei jeder andern Verſtimmung, das Klappenſcegel entfalten koͤnnen, als es durch die Fluſſigkeit geſchepen muß? Eben fo wichtig iſt es, daß die Klappe zur Entwickelung durch die Muskeln des Vorbofes und nicht von denen des Ventritels vorz bereitet wird: denn nur dann iſt Entfaltung moglich, wenn in dem Augenblicke, wo das Blut wirkt, jene Kraft zu wirken aufhört, und zur Vollendung der eingeleiteten Bewegung jenem Agens ein ſchlaffes Klappenſeegel uübertaßt. Es wird demnach das Klappenſeegel bei der Contraction des Vorhofes gefpannt und gerichtet, mit der Con⸗ traction der Ventrikel in der bewegten Blutmaſſe durch Eräftiges Anziehen der Sehnen erſter Ord⸗ nung feſtgeſtellt, daß es in dem Strome nicht wan⸗ ken und weichen kannz vom Blute aber, indem es daran vorbeifließt und, dagegengedrüdt, wird es vorgeſchoben und in allen feinen einzelnen Theilen entfaltet, vor dem ostium venosum ausgebreitet, wie bei den Kiemen der Fiſche die einzelnen Bogen durch Muecularace tion fixirt und von einander entfernt werden, aber jedes der Tau⸗ ſend feinen Filamente, aus denen eine Kieme deſteht, erſt durch die Strömung der Flufſigteit, mit welcher das But in den Gefäß⸗ 4649 netzen jener Filamente in Wechſelwirkung treten ſoll, und entwickelt wird. Nur ein Punct blieb mir unklar, und ich wollte bei der gege— benen Eroͤrterung ſtehen bleiben, es fuͤr unmoͤglich haltend, phyſi— caliſche Vorgaͤnge im lebenden Koͤrper, welche dem Auge entzogen find, bis in's kleinſte Detail zu verfolgen, hätte ſich nicht das Prob lem von ſelbſt gelöftt. Man ſieht naͤmlich nicht gleich ein, wie die einzelnen Lappen, da ſie nicht uͤber- und ineinander ent⸗ wickelt werden koͤnnen, aneinandergefuͤgt werden, ohne daß an ihren freien Rändern Spalten bleiben, welche das Blut in den Vorhof hindurchlaſſen. Dieſe Spalten ſind auf die einfachſte und wirkſamſte Weiſe vermieden Ich habe bereits erwaͤhnt, daß ſich bei'm Spannen des Klappenſeegels immer die freien Ränder ums werfen; bei'm Blutdrucke muß dieſes noch vielmehr geſchehen, wie ich mich durch ein Experiment, wo ich die Klappe durch Waſſer ſpannte, uͤberzeugte. Es kann ferner nicht fehlen, daß die nach dem Ventrikel umgebogenen Raͤnder benachbarter und entſprechen— der Lappen vom Blute feſt aneinander gelegt werden, und dann iſt die Schließung fo vollſtandig erreicht, daß auch nicht ein Atom Blut in den Vorhof zuruͤckfließen kann 9). Das ſind die wirkſamen Momente, wodurch die Klappe in der Syſtole bewegt wird, dieſes im Allgemeinen die Art ihrer Action bei dieſem Vorgange. Gegen einen Entwurf muß jedoch die vor— getragene Anſicht noch ſichergeſtellt werden. Es iſt naͤmlich nicht moglich, daß das ganze Klappenſeegel in einem Ventrikel mit eis nem Male und zu gleicher Zeit entwickelt wird. Faſt jeder Lap— pen deckt eine Flaͤche, wie die des ostium venosum bei gewöhnlis cher Ausdehnung, und es ſcheint ein offenbares Mißverhaͤltniß zwiſchen der Groͤße der Klappe und der venoͤſen Muͤndung. Auch ſind andere Beobachter bereits aufmerkſam darauf geweſen, und man hat wohl angenommen, es werde bei jeder Syſtole immer nur ein Theil der Klappe entwickelt. Das Hinderniß, welches die nicht entwickelten Lappen dem Ausfließen des Blutes entgegenſetzen wuͤrden, laͤßt dieſe Idee nicht aufkommen, und zudem muͤßte man erſt erweiſen, daß ſich im Ventrikel eine einzelne Muskelparthie zuſammenziehen oder für ſich im ſchlaffen Zuſtande bei der allge: meinen Contraction verharren koͤnnte. Man koͤnnte ferner die An— ſicht von Magendie begruͤndet halten, wonach die bedeutende Groͤße der Klappe fuͤr eine moͤgliche ungewoͤhnliche Ausdehnung des ostium venosum berechnet wäre, Allein ich habe das ostium venosum mit Wachsmaſſe ſo ausgedehnt, wie es am lebenden Her— zen nimmermehr vorkommen kann, und die Klappe wuͤrde doch hingereicht haben, eine doppelt ſo große Flaͤche zu decken. Nichtsdeſtoweniger iſt hier nicht, wie uͤberhaupt nirgends in der organiſchen Natur, an eine zweckloſe, verſchwenderiſche Bildung zu denken. Die Klappe mußte dieſe Groͤße haben, weil ſie im Ver— laufe einer Syſtole erſt nach und nach entwickelt wird. Waͤhrend jeder Syſtole wird ſie ganz entfaltet, aber es ſinken in jedem Momente Theile derſelben zuſammen und andere ſind in der Entwickelung begriffen, und zwar werden die Saͤume immer ge— gen das feſtſtehende Kernſtuͤck des Lappens zuſammenſinken und an andern Stellen hervortreten, die tertiaͤren Sehnen ſich hier an ſe— cundaͤre Sehnen anlegen, dort von ihnen getrennt werden. Dieſe Behauptung findet ihre Begruͤndung in der Beachtung der Er— ſcheinungen bei der Syſtole. Je weiter dieſelbe porruͤckt, deſto mehr muß das Blut aus dem Bereiche der Klappe in die Naͤhe des ostium arteriosum gedrängt werdenz fo wie aber an irgend eis ner Stelle der Klappe der Blutdruck ſich mindert und abnimmt, muͤſſen die genannten Theile zuſammenſinken oder vermoͤge ihrer Elaſticität gegen ihren Stuͤtzpunct eingezogen werden, während an andern Stellen der Blutdruck freier wirkt und eine der zuſammen— geſunkenen entſprechende Klappenflaͤche wieder im ostium venosum ausbreitet. Durch dieſe Einrichtung erreicht die Klappe eine Voll— kommenheit, von welcher man bei aͤhnlichen mechaniſchen Verrich— aufgerichtet ) Wer ſich vorläufig davon überzeugen will, wähle den großen Lappen der Mitralklappe, den man ſehr gut ſieht, wenn man den linken Ventrikel durch die aorta offnet; ſpanne den Raps pen und zugleich den zunaͤchſt gelegenen intermediaͤren. Schon bei'm Aufſpannen legen ſich die Lappen aneinander, 120 tungen gar keine Idee hat. Es iſt nun rein unmöglich, ſich bei normalen Verhaͤltniſſen irgend eine Bedingung zu denken, unter welchen dieſe organiſchen Ventile unzulänglich erſchienen. Ihr Umfang entſpricht immer dem Umfange des ostium venosum, mag dieſes vom Blute weit ausgedehnt werden, oder nur eine geringe Menge faſſen. Wie auch immer bei der ſucceſſiven Entleerung der Ventrikel dieſe Hoͤhlen ihre Form aͤndern und danach zahlloſe Mo— dificationen des Blutdruckes entſtehen muͤſſen, ſie paßt fuͤr alle Ade, und unter allen Umſtaͤnden erfuͤllt ſie vollkommen ihren weck. Unmoͤglich iſt es freilich, die verſchiedenen Formen, welche die Klappe während des kurzen Momentes der Syſtole annimmt, ges nauer zu bezeichnen. Allein es unterliegt durchaus keiner Schwie— rigkeit, die Form, welche ſie im Anfange und am Ende einer Sy— ſtole haben muß, und den Typus, nach welchem die eine in die an— dere umgewandelt wird, genauer zu beſtimmen. Um die Form kennen zu lernen, welche die Klappe bei'm Beginne der Contrac— tion in den Ventrikeln haben muß, darf man nur einen Klappen— lappen ſoviel wie moͤglich ſpannen, und weil hier ein Theil noth— wendig alle übrigen beſtimmen muß, fo läßt ſich aus deſſen Form auf die des Ganzen ſchließen. Es wuͤrde in dieſem Momente die Klappe, vom Vorhofe aus geſehen, wie eine flache keſſelfoͤrmige Vertiefung an der Oberflaͤche der Ventricularhoͤhle erſcheinen. Im Verlaufe der Contractiom muß dieſe Hoͤhlung tiefer und mehr ke— gelfoͤrmig werden, weil die kuͤrzer werdenden Papillarmuskeln die Klappe herabziehen und das Blut vom Vorhofe in dem Maaße nachdringt, als es aus dem Ventrikel entfernt wird. Zu gleicher Zeit naͤhern ſich die Papillen einander, und im linken Ventrikel kommen ſie ſogar auf einander zu liegen; — denn die eine hat eine Furche zur Aufnahme der andern — und dadurch werden die Sehnen der erſten Ordnung fo geſtellt, daß fie von einem Puncte divergirend gegen den limbus cordis vorlaufen. Wenn die Sy: ſtole ihr Ende erreicht, iſt die Kegelform vollendet. Es können dann nur noch die groͤßeren Lappen in einer gewiſſen Spannung ſich finden, da die Bedingung für die Entfaltung der Saͤume fehlt, und wuͤrde man das Herz in dieſem Momente oͤffnen koͤnnen, ſo wuͤrde man die innere Wand des Ventrikels unmittelbar auf einem Blutkegel aufliegend finden, welcher vom Vorhofe aus in jenen her— einragt und von der Klappe umhuͤllt wird. Gerade in dieſen Ver— aͤnderungen, welche die Form der Klappe erleidet, fuͤr welche ſich außerdem ſehr intereſſante Belege aus der Anatomie des Vogelher— zens aufführen ließen, beſteht ein Hauptnutzen derſelben. Laͤge fie während der ganzen Syſtole unverändert im ostium venosum, ſo wuͤrde immer Blut in dem Ventrikel zuruͤckbleiben; denn waͤre das Blut bis zu einer gewiſſen Hoͤhe uͤber der Klappe ausgetrieben, ſo konnte die Wandung des Ventrikels nicht mehr darauf wirken; fo aber ſchiebt der immer wachſende Blutkegel vom Vorhofe aus auch den letzten Bluttropfen im Ventrikel unter die druͤckende Wandung und macht eine vollſtaͤndige Entleerung moͤglich. Daß gegen die allgemeine Annahme eine vollſtaͤndige Entleerung vorkommt, ver— mag ich aus andern Beobachtungen evident zu bringen; ſie ſind in— deß hier nicht mittheilbar. Das iſt die Anſicht, zu welcher ich nicht durch Raiſonnement, ſondern durch viele und zum Theil ſehr muͤhſame Verſuche gelangte. Die Klappe hat danach nicht bloß zum Zwecke, den Ruͤckfluß des Blutes zu hemmen, ſondern es kann durch dieſen Apparat auch nur allein eine Entleerung der Ventrikel bewirkt werden. Fuͤr die Diaz ſtole iſt ſie gleichfalls nicht ohne Bedeutung. Sie bewirkt hier, daß das Blut bei'm Einſtroͤmen dann auf alle Puncte der Ven— trikel druͤckt und fie nach allen Richtungen hin gleichmäßig aus: dehnt; eine Behauptung, deren Begründung ich zu einer gelegenern Zeit mittheilen werde. Ich weiß ſehr gut, daß im Speciellen die— ſelbe Veraͤnderungen erleiden kann; allein in der Hauptſache habe ich mich nicht geirrt, und wenn es als Criterium fuͤr die Richtigkeit meiner Meinung uͤber die Function eines Organs gelten kann, daß dieſelbe gleich anwendbar iſt fuͤr die Erklaͤrung phyſiologiſcher und pathologiſcher Erſcheinungen, fo trägt ſie dieſes Merkmal im ho— hen Grade. Die Lehre von der Unzulaͤnglichkeit der Klappen be— kommt erſt dadurch Bedeutung, weil man die Unzulaͤnglichkeit ſelbſt nachweiſen kann, und das raͤthſelhafte bruit de soufflet bei Krampf— 121 krankheiten des Herzens wird dabei ungezwungen wie eine Menge anderer pathologiſcher Erſcheinungen erklart. Worauf ich aber das meiſte Gewicht lege, iſt der Umſtand, daß die Theorie des Herzgeraͤuſches eine andere Baſis erhält, und eine genügende Er: klaͤrung vom Rhythmus der Herzbewegungen gegeben werden kann; denn wenn bei der Contraction des Vorbofes die Klappe verſtellt wird, fo muß ihr unmittelbar die Contraction der Ventrikel fols gen, oder der Tod. MIt. In Beziehung auf die Frage: wie das Junge der Getaceen, während es an den Zitzen hängt, athmen konne? fährt Herr Wilde in feiner mehrerwaͤhnten Reiſebeſchrei— vung, nachdem er von John Hunter, Dr. Jacob und Geof— froy St. Hilaire die Erflärungsweifen angeführt hat, folgen— dermaaßen fort: „Waͤhrend unſerer Fahrt im Mittellaͤndiſchen Meere hatte ich mehrere Gelegenheiten, junge Cetaccen zu zerglie— dern und faſt täglich) Gelegenheit, die Bewegungen von Hunderten dieſer Thiere zu beobachten, und auf dieſe Bewegungen waͤhrend des Reſpirations-Actes (der Mutter) moͤchte ich die Aufmerkſam— keit der Phyſiologen lenken, da ſie auch einige Erklärung der Art des Saugens der jungen Cetaceen und deren Athmen geben kann. Wenn das Thier an die Oberfläche kommt, um zu athmen, ſchiebt es die Blaſe-Oeffnungen über die Waſſerlinie hervor, und dann macht es eine, dem Auge wohlaefällige Krümmung, indem es einen Halbeirkel, oder wenigſtens das Segment eines ſehr großen Kreis ſes, beſchreibt, hebt es bei'm Wiederherabſteigen das Ende ſeines Körpers und Schwanzes völlig aus dem Waller, fo daß es dieje— nige Portion feiner unteren oder Abdominal-Oberflaͤche, wo die Zitzen befindlich find, völlig aus dem Waſſer in die Luft bringt. Auf dieſe Weiſe ſchwimmen Heerden derſelben mit großer Schnel⸗ ligkeit einher, nie den ganzen Körper aus dem Waſſer erhebend, ſondern die Waſſerlinie mit der halb herausgehobenen Bruſtge— gend durchſchneidend. Dieſe Bewegung laͤßt ſich dei unruhigem Wetter nicht wahrnehmen, auch it fie von dem hohen Verdecke eines Schiffes nicht wohl zu unterſcheiden. Aber ich habe ſie bei völliger Windſtille, wenn ich in einem Boote, inmitten von Heer— 122 den derſelben war, beobachtet und, indem ich meine Augen ſo viel wie möglich in gleiche Hohe mit der Oberflache des Waſſers brachte, habe ich mich überzeugt, daß es fo ſey. — Nun ſcheint es mir, daß das Junge, wenn es an der Zitze haͤngt, nicht nothwendig dieſe loslaſſen muß, jedesmal, wenn es oder die Mutter zum Athy⸗ men an die Oberfläche kommt. Und durch erfahrene Walſiſchjager bin ich unterrichtet, daß ſie die Jungen immer eine beträchtliche Zeit hindurch an der Mutter hangen und fo verbleiben geſehen haben, wenn die letztere an die Oberfläche kam, um zu blafın (aus⸗ zuathmen). — — Es ſcheint alſo, wenn ich mich nicht irre, daß das Junge, wie bei anderen Saͤugethieren, eine gewiſſe Zeit lang an den Bruſten haͤngt, und daß jedesmal, wenn das mütter eiche Thier an die Oberflache kommt, es die Brüfte und folglich das daran haͤngende Junge uͤber das Waſſer erhebt, ſo daß alſo, in der That, das Junge nichts weiter zu thun hat, als feſtzuh ingen, um gefäugt und bei'm Athmen unterftügt zu werden. Vielleicht mag die Rinne, in welcher die Saugwarze gelagert iſt, einige Gewalt ausüben, um die Lippen des Thieres in situ zu erhalten, indem die Ränder der Furche das Ende des Mundes des Jungen feſt faßt. Vielleicht iſt auch die Urſache, warum die Theile ſo weit unten am Unterleibe liegen, daß es das Junge über das Waſſer erhebt ꝛc.“ Vertheilung des Mammuths in Sibirien. Ohne ſich hier in Speculationen einzulaſſen über die Art, wie dieſe wahrſcheinlich antediluvianiſchen Reſte in ihre gegenwärtige Lage gekommen find, will Herr v. Wrangel die Aufmerkſamteit auf die merkwuͤrdige Thatſache leiten, daß die Zähne, Stoßzähne und Knochen, welche unter dem gemeinſchaftlichen Namen Mammuths⸗ Knochen bekannt ſind, aber wahrſcheinlich zu verſchiedenen Arten von Thieren gehören, nicht gleichmäßig über Sibirien verbreitet find, ſondern unermeßliche locale Anbäufungen bilden, welche um fo reicher und größer werden, jemehr man nach Nerden vorrüdt, Im größten Ueberfluſſe werden ſie in Neu-Sibirien und den Lachow⸗ Inſeln gefunden, wie es von Reſchetnikow und Sannikow ers waͤhnt haben. Mehrere hundert Pud (zu 40 Pfund) werden bar ſelbſt alle Jahr geſammelt, waͤhrend fie auf dem Feſtlande viel ſpaͤrlicher und im ſuͤdlichen Theile von Sibirien kaum vorkommen. er en en de Bemerkungen uͤber den Gebrauch des Hoͤllenſteins bei einigen Schleimhautaffectionen. Von Alfred Hudſon. Seit Dr. James Jonſon die Aufmerkſamkeit der Aerzte auf die Wirkung kleiner Gaben von Hoͤllenſtein bei krankhafter Reizbarkeit des Magens gelenkt hat, iſt dieſes Mittel in England allgemeiner in Anwendung gekommen, als man es nach den meiſten Buͤchern glauben ſollte, da außer in Bezug auf Epilepfie wenige Schriftſteller dieſes Mittels anders als etwa ganz deilaͤufig erwähnt haben. Seit mehreren Jahren wende ich das Mittel ſehr viel bei den Magenaffectionen an, welche bei den Landbewohnern fo haͤufig ſind, indem ich dabei, in der Regel, die Faͤlle gewaͤhlt habe, in welchen die mildern und gebraͤuchlichern Mittel ſchon zuvor von mir und Andern angewendet worden waren. Folgendes iſt ein gutes Beiſpiel von der Wirkung des Mit— tels bei einer ſtarken Gaſtralgie. Frau P., 35 Jahr alt, wendete ſich am 3. Februar 1886 an mich, mit der Angabe, daß ſie ſeit langer Zeit an öfters eintretendem Magenſchmerze leide, daß ſeit dem letz— ten Herbſte dieſer Schmer; anhaltend und von haͤufigem Erbrechen einer ſalzig waͤſſrigen Fluͤſſigkeit begleitet ſey, wel— ches Erbrechen ſich in der letzten Zeit in ein reichliches Schleimerbrechen, welches einmal mit Blut gefleckt geweſen ſey umgeaͤndert habe. Mehrmals hat ſie zerſetztes Blut, mit dem Mageninhalte gemiſcht, ausgebrochen. Der Schmerz wird nach dem Eſſen ſehr verftärkt und führt in verſchiedenen Richtungen durch die Bruſt und die Rippen. Stuhlgang erfolgt nur ein Mal in der Woche; die Men— ſtruation iſt feit den letzten drei Perioden ausgeblieben; das Geſicht iſt zuſammengefallen und ſehr mißfarbig. Mehrere Male war ſie bei zwei verſchied nen Aerzten in Behandlung, welche ihr Leiden für eine organiſche Magenktankheit erklärs ten. Daſſelbe that ein ausgezeichneter Arzt von Dublin, welcher Cieuta und Natrum carbonicum, jedoch ohne den mindeſten Erfolg, verordnete. Ich ſtimmte der Diagno: fe vollkommen bei, war aber der Anſicht, daß ein Geſchwuͤfr in der Magenſchleimhaut fen, welches vielleicht durch die to⸗ piſche Anwendung des Hoͤllenſteins zugeheilt werden koͤnnte. 123 Ich verſchrieb es in kalbgranigen Dofen, zwei Mal des Tags, in Verbindung mit etwas Hyosciamusextract und ließ alle Abende einen Theeloͤffel voll Ricinusoͤl nehmen, um eine regelmaͤßigere Thaͤtigkeit der Daͤrme herbeizufuͤhren. Am 15. Februar kam die Kranke wieder zu mir und berichtete, daß ſeit dem zweiten Tage der Anwendung der Mediein ſie nur einen einzigen Anfall von Pyroſis gehabt und gar keine Speiſen ausgeworfen habe; ſie klagt uͤber et— was ſchießenden Schmerz in der Bruſt und in der Seite, welcher aber ebenfalls weit weniger heftig war, als zuvor Der Darmcanal iſt jetzt in regelmaͤßiger Thaͤtigkeit. Appetit und Kraͤfte ſind verbeſſert. Von dieſer Zeit an hat ſie kei— nen Ruͤckfall gehabt Sie brauchte die Medicin noch einen Monat fort, menſtruirte bald nachher und wurde einige Mo— nate darauf ſchwanger; ſeitdem iſt ſie immer geſund ge— blieben. Dieſer Fall gab mir eine ſo guͤnſtige Meinung von der Wirkung dieſes Silberpraͤparates bei ſchweren Faͤllen von Gaſtralgie, daß ich das Mittel ſeitdem in ſehr vielen Faͤllen dieſer Affection, ſowohl in der Privatpraxis als in dem Dispensary. mit den guͤnſtigſten Reſultaten angewen— det habe. Folgende zwei Faͤlle waͤhlte ich zur Aufnahme in das Spital aus, um ganz beweiſende Verſuche damit an— zuſtellen. Michael Managhan, 15 Jahr alt, wurde am 3. Februar 1839 aufgenommen. Er litt ſeit 6 Monaten an acutem Schmerz mit Empfindlichkeit gegen Druck in der regio epigastrica; nach dem Eſſen war der Magen ſtark aufgetrieben; Patient hatte fortwährend Durſt und klagte uͤber Verſtopfung und ſaures Erbrechen. Der Schmerz begann, in der Regel, etwa eine Stunde nach dem Eſſen und dauerte den groͤßten Theil der Nacht durch, ſtoͤrte den Schlaf und war gewoͤhnlich mit Erbrechen ſaurer Fluͤſſigkeit, ohne Ausleerung des Genoſſenen, begleitet. Er iſt ohne Er— folg bereits aͤrztlich behandelt worden. Sein zuſammenge— fallenes aͤngſtliches Geſicht machte den Eindruck eines tiefen Leidens. Er bekam drei Mal täglich eine Pille aus Ar- gentum nitricum 4 Gr., Opium £ Gr., Pulv. Rhei und Extr. Humuli aa grj. Zur Diät Brod und Milch; er blieb vier Wochen im Spitale. Waͤhrend dieſer ganzen Zeit hatte er nur einen einzigen Ruͤckfall des Erbrechens; der Schmerz und die Empfindlichkeit hoͤrten im Verlaufe einer Woche auf; die Pillen wurden am zehnten Tage ausgeſetzt und der Kranke am achtundzwanzigſten Tage entlaſſen. Mary Dunne, 45 Jahr alt, wurde am 18. Detbr. aufgenommen. Sie litt ſeit funfzehn Jahren an heftigen Anfaͤllen von Magenſchmerz mit Erbrechen. Fruͤher hatte ſie Remiſſionen der Krankheit, aber ſeit den letzten zehn Monaten bekam ſie taͤglich 3 — 4 Anfaͤlle. Der Schmerz tritt, in der Regel, eine Stunde, nachdem ſie Nahrung zu ſich genommen hat, ein; dann wirft ſie einen großen Theil der Speiſe wieder aus, gemiſcht mit ſaurer Fluͤſſigkeit; bie: weilen erbricht fie auch eine dem Fleiſchwaſſer ähnliche Fluͤſ— ſigkeit. Dabei leidet ſie an Verſtopfung; ſie bekam Milchdiaͤt und Pillen, wie in dem vorigen Falle. Wie es zu erwar— ten war, ſo dauerte es einige Zeit, ehe ſeine beſtimmte vor— 124 theilhafte Einwirkung bemerkt wurde. Sie nahm die Pil— len eine Woche lang, ohne daß ein einziger von ihren taͤg— lichen Anfaͤllen unterbrochen worden waͤre; ſie ſchien ſich alsdann einige Tage zu beſſern, bekam aber am Ende der zweiten Woche einen Ruͤckfall von Erbrechen einer jauchigen Fluͤſſigkeit. Am 11. November waren ihre Anfaͤlle weit ſeltener und der Appetit gebeſſert. Ich verordnete taͤglich eine Ham— melſchnitte; von da an ging die Beſſerung ſtaͤtig und unun— terbrochen vor ſich; ſie verließ das Spital geheilt und be— traͤchtlich geſtaͤrkt, am 2. December. Dieſe Frau hatte zuvor eine große Menge Arzeneien, z. B., Wismuth, Morphium ꝛc., genommen, hatte aber, wie ſie wiederholt verſicherte, niemals ſo viel Erleichterung gehabt, wie von den Pillen. Es iſt kein Zweifel, daß die ſtrenge Ordnung der Diaͤt in dem Spitale bei der Cur mit— wirkte, und Ruͤckfaͤlle werden nach dieſer Behandlung ebenſo— wohl wie nach jeder andern eintreten, da Kartoffeln und Branntwein dieſelbe Wirkung zur Hervorbringung einer Rei— zung der Magenſchleimhaut haben. Davon habe ich ganz vor Kurzem ein Beiſpiel an einer Frau gehabt, welche ich fruͤher von ſehr heftiger Gaſtralgie befreit hatte, aber von ihrer Trinkſucht nicht abbringen konnte. Die Folge war Ruͤckkehr des Leidens und Ausgang deſſelben in Zerreißung des Magens bei'm Brechen, worauf der Tod durch Perito— nitis in wenigen Stunden eintrat. Nicht ſelten finden ſich Faͤlle von Dispepſie mit ſym— pathiſcher Affection anderer Organe. In Bezug auf den Gebrauch des Hoͤllenſteins bei Dyspepſie mit Palpitationen habe ich mich nur auf Copeland zu beziehen. Ich habe daſſelbe Mittel öfters gegeben in Faͤllen, wo über ſchmerzhafte Gefuͤhle im Kopfe gleichzeitig geklagt wurde; wie z. B., der Schwindel, beſonders bei Bewegung, Verwirrung des Ge— ſichtes, Ohrenſauſen, waͤhrend zugleich das Geſicht blaß und der Puls ſchwach war. In ſolchen Faͤllen wirkt das Mit— tel, wie bei der Epilepſie, theils als tonieum, theils durch feine erregende Einwirkung auf die Gehirncirculation; jeden- falls wurde ich durch die Aehnlichkeit dieſes Zuſtandes des Gehirns mit einigen Formen der Epilepſie darauf geleitet, auch hier das Mittel zu geben. Einer meiner Kranken war ein Hufſchmidt, welcher ſagte, daß, ſo lange er den Kopf tief halte, wie, z. B., bei'm Beſchlagen der Pferde, er keine Unbequemlichkeit fuͤhle, daß aber, ſo wie er aufſtehe, der Schwindel außerordentlich ſtark ſey, ſo daß ſich ſein Geſicht verwirre und er taumele und zeitweiſe kaum ſtehen koͤnne. Nach dem Eſſen hat er einen Schmerz und ein Gefuͤhl von Auftreibung des Magens; ſein Geſicht war blaß; ſein Puls ſchwach; die Haut kalt und klebrig. Dieſer Mann wurde ſehr raſch geſund, nachdem er eine Pille aus Höllenftein, Capsicum und Extr. Gentianae zwei Mal taͤglich genom— men hatte. Mehrere Frauen von zarter Conſtitution, denen ich das Mittel wegen nervoͤſer Magenſchwaͤche gab und bei welchen das primaͤre Leiden ein weißer Fluß war, ſagten mir, daß gleichzeitig mit der Beſſerung ihrer Schmerzen eine entſpre— chende Beſſerung auch in dem aͤltern Leiden eintrat. In— 125 dem ich nach dieſem Fingerzeige weiter handelte, machte ich mehrere Verſuche mit der Behandlung von der Gebaͤrmut— terleucorrhoͤe, welche fo ausgezeichnet von Dr. Churchill be: ſchrieben worden iſt. Madam R., 36 Jahr alt, die Mutter von vier Kin— dern, war vor vier Wochen entbunden und litt, ſeit fie wies der auf war, an einem zaͤhen, durchſichtigen, farblofen Aus: fluſſe, welcher in der Nacht aufhoͤrte, bei Tage aber in gro— ßer Quantität wiederum eintritt; fie klagt zugleich uͤber dumpfen Kreuzſchmerz und ein nagendes Gefühl in der Ma— gengrube. Sie hat bereits mehrmals aboctirt und jedesmal danach an denſelben Zufuͤllen gelitten. Am 5. April nahm fie ſalpeterſaures Silber in Doſen von 4 Gran mit Ing— berpulver und Hopfenextract drei Mal taͤglich. Am 15. April hatte ſie 10 Gran des Mittels genommen und be— fand ſich ganz wohl; ſie ſagte, daß ſie niemals ſo ſchnell ſich erholt habe. Bald darauf wurde ſie wieder ſchwanger. Am 6. Auguſt wurde ich von einer ZSjährigen Frau conſultict, welche angab, daß fie ſeit zehn Jahren an Leu: corthoͤe leide, welche jedes Mal nach der Menſtruationszeit viel uͤbeler ſey. Sie klagt uͤber ziehende Schmerzen in den Lenden, uͤber allgemeine Schwaͤche, beſonders im Ruͤcken, uͤber ein Gefuͤhl von Schwaͤche im Magen und ein nagen— des Beduͤrfniß nach Speiſen ohne Appetit. Zugleich leidet fie an Traͤgheit des Darmcanals; die Zunge iſt blaß und ſchlaff. Sie hat bereits mehrere Aerzte gefragt und auf deren Rath mehrere Sommer an der Seekuͤſte zugebracht; jedoch ohne eine weſentliche Beſſerung. Ich gab dieſelben Pillen, wie in dem vorigen Falle. Am 20. Auguſt ſagte mir die Frau, daß der Ausfluß, welcher zur Zeit des An— fanges der Cur ſehr profus war, bereits nach einer Woche ganz aufgehört habe, und ſeitdem nicht wieder eingetreten ſey; ihr Allgemeinbefinden hat ſich ſehr gebeſſert, und ſpaͤter iſt ſie vollkommen wohl geblieben. Der einzige Fall, welchen ich noch aus der Reihe der von mir aufgeſchriebenen Faͤlle ausheben will, erſcheint mir beſonders intereſſant, weil der Ausfluß, welcher fuͤr unter— druͤckte Menſtruation vicariirte, nicht von einer Schwaͤche hergeleitet werden konnte, ſo daß man die gute Wirkung des Hoͤllenſteins auch nicht allein von ſeiner Eigenſchaft als tonicum herleiten konnte. M'Donnell, 19 Jahre alt, kam als externe Kranke am 1. October nach dem Spitale Sie gab an, daß ſeit länger als 2 Monaten ihre Menſtruation rloͤtzlich ausge: blieben ſey, nachdem fie einmal kalte Füße bekommen habe. Seitdem war die Menſtruation nicht wieder eingetreten? aber jedesmal zur Zeit der Periode klagte ſie uͤber Kreuzſchmerz und uͤber einen durchſichtigen, farbloſen, zaͤhen Ausfluß, wel— cher am Tage zugegen war und in der Nacht aufhoͤrte. Sie klagt zugleich über Mattigkeit und Schwaͤche, Upper titloſigkeit, einen Druck in der Herzgegend, halbſeitigen Kopfſchmerz, Ohrenſauſen; zugleich iſt das Geſicht blaß, die Zunge ſchlaff und mit Eindruͤcken von den Zähnen verfes ben. Sie bekam die Pillen, wie in den vorigen Fällen. Am 12. October gab fie an, daß die Leucorrhoͤe, welche 125 zum dritten Male eingetreten war, offenbar durch die Mes dicin beträchtlich vermindert geweſen fen und nur 3 ſtatt 5 Tage gedauert habe, worauf eine ſpaͤrliche Menſtruation eingetreten ſey. Am 19. November. Die Kranke war laͤnger als ei— nen Monat nicht im Stande geweſen, zu kommen und hatte daher keine Medicin gehabt. Der Abfluß war ſeit einigen Tagen wiederum eingetreten. Sie bekam nun eine Mixtur aus 12 Gran Hoͤllenſtein mit 3 Unzen Waffer und einer Unze bitterer Tinctur, taͤglich dreimal einen klei— nen Loffel voll. Am 29. December gab die Kranke an, daß drei Tage nach ihrer letzten Viſite der Abfluß aufgehoͤrt und nach ei— nem Zwiſchenraume von 24 Stunden die Menftruntion in natuͤrlicher Quantitaͤt und drei Tage dauernd ſich eingeſtellt habe. Das Allgemeinbefinden war ſehr gebeſſert, der Druck in der Herzgrube nebſt den Palpitationen verſchwunden; die Kranke konnte aus der Cur entlaſſen werden. Es ſcheint faſt uͤberfluͤſſig, von der Anwendung dieſes Mittels bei Diarrhoe und Dyſenterie zu ſprechen, mie fie in den Dubliner Spitaͤlern in Gebrauch iſt. Zuerſt ſah ich das Mittel vom Dr. Os born in Duns Hospital 1831 als Clyſtir bei der Ruhr anwenden. Die Wirkſamkeit war ſehr auffallend und ſeitdem habe ich daſſelbe Verfahren beob— achtet. Dr. Toler, ein Schuͤler des genannten Arztes, ſagt, daß er dieſe Clyſtire bei Cholera mit dem beſten Er— folge angewendet habe, was ich für viele Fälle bezeugen kann. Am 25. December wurde ich zu einer Dame geru— fen, welche ſich auf dem Lande in einem ſehr bedenklichen Zuſtande befand. Sie hatte etwa vor 4 Monaten abor— tirt und dabei durch einen Blutfluß beinahe ihr Leben ein» gebuͤßt; fie bekam danach alle Formen der ſcheinbaren Erre— gung nach Blutverluſt. Nachdem aber dieſe Symptome beſchwichtigt waren, erlitt fie einen Anfall von phlegma- sia alba dolens. Zu gleicher Zeit bekam fie einen An: fall von Pyroſis, wogegen ſie Wismuth ohne Erfolg nahm; am 27ten endlich wurde ſie von einer heftigen und hartnaͤk— Eigen Diarrhoe befallen. Jede Art adſtringirender Mittel wurde ſowohl durch den Mund, als per anum dutch ihre zwei Aerzte in Anwendung gebracht, blieb aber ohne Wir⸗ kung. Die Ausleerungen, deren bisweilen drei in einer Stunde eintraten, ſchienen faſt ganz aus duͤnnem Schleime mit dem Farbſtoffe des Blutes in verſchiedener Quantität gemiſcht zu beſtehen; bisweilen war die Ausleetung ſo ſchwar; wie Tbeer. Ich empfahl nun Clyſtire aus 5 Gran Hoͤl— lenſtein mit 6 Unzen Waſſer und das Einnehmen einer Mixtur mit Dofen von 4 Gran, ohne Zuſatz irgend eines andern adstringens. Ein Clyſtir wurde des Abends, ein anderes am folgenden Morgen mit dem unmittelbarſten Er⸗ folge ruͤckſichtlich der Diarrhoe gegeben. Am 2. Januar erhielt ich die Nachricht, daß der Zuſtand ihres Darmcanals entſchieden gebeſſert ſey. Die Kranke hatte Tags zuvor nur eine und an demſelben Morgen eine Ausleetung, worauf noch eine hoͤchſt unbedeutende fpäter folgte. Die Darm: ausleerung iſt an Farbe und Conſiſtenz beſſer, und die Ent⸗ leetung geſchieht ohne Schmerz oder Tenesmus; der Puls 127 108, intermittirt nur ein einziges Mal in der Minute, waͤhrend er fruͤher jeden Viertelſchlag ausgeſetzt hatte. Die auffallendſte Heilung einer Dyſenterie habe ich bei einem Manne geſehen, welcher bereits 7 Wochen litt und trotz aͤrzlicher Behandlung taͤglich ſchlimmer wurde, bis er Hoͤllenſtein in Doſen von einem Gran erhielt, wonach die Heilung ſogleich raſch und vollſtaͤndig eintrat. Damit man mich indeß nicht des Scharlatanismus zeihe, fo will ich doch anführen, daß, wie alles Uebrige, fo auch dieſes Mittel bisweilen fehlſchlaͤgt. Ich hatte vor Kurzem einen Fall von feröfer Diarrhoe ohne Schmerz bei einer alten Frau im Spitale Nachdem andere Mittel fehl— geſchlagen hatten, verſuchte ich den Hoͤllenſtein und hemmte einige Zeit die Ausleerungen; bald aber traten fie wieder ein und nach einiger Zeit ſtarb die Frau. Bei der Leichenoͤff— nung fand ich nur eine blaſſe, ſehr dünne Darmſchleimhaut und nichts weiter. Vor laͤnger als 2 Jahren behandelte ich eine aͤltliche Dame in einer toͤdtlichen Krankheit, welche mit Entzuͤn— dung begann, und wie ich nicht zweifele, mit Darmge— ſchwuͤren endete. Nach Verſtopfung folgte bald Diarrhoe, welche ich wohl zu ſtopfen verſuchen konnte. Einmal hatte ich Bleizucker und eſſigſaures Morphin (8 gr. des erſten und 4 gr. des letztern) nebſt 3 gr. weißem Mohnextract verordnet; ſtatt des letztern wurde durch einen Mißgriff des Apothekers Opium verabreicht, und da das Mittel raſch hinter einander gegeben wurde, ſo wurde die Kranke beinahe vergiftet. Dennoch wurde die Diarrhoͤe nicht im mindeſten angehalten. Zuletzt verſuchte ich den Hoͤllenſtein in Doſen von einem halben Gran, in Aufloͤſung mit einigen Tropfen verduͤnnter Salpeterſaͤure. Zuerſt blieb die Diarrhoͤe wirk— lich 24 Stunden aus. Nach wenigen Tagen kehrte ſie aber mit der fruͤheren Heftigkeit zuruͤck und ich verſuchte nun auch den Kupfervitriol ohne den mindeſten Erfolg. Zu die— ſer Zeit ſah Dr. Marſh die Kranke und meinte, daß, wenn er die fruͤhern Verſuche uͤberblicke, ihm das Zweck— maͤßigſte ſcheine, die Darreichung des Hoͤllenſteins zu wie— detholen; dieß geſchah mit dem Erfolge, daß die Diarrhoͤe wiederum auf einige Zeit gehemmt wurde. Bei Bronchitis habe ich das Mittel nicht verſucht, und es iſt mir nur eine Notiz daruͤber in dem Artikel Keuchhuſten und Copland's Dictionnaͤr bekannt. Da ich in der Clinik des Dr. Barker 1831 einen Fall von Haͤmaturie beobachtet hatte, welcher allen andern Mitteln widerſtand, dieſem Mittel aber vollkommen wich, ſo wurde ich veranlaßt, daſſelbe auch in 2 Faͤllen von Bla— 128 ſencatarrh und in einem Falle von Blutung aus der Harn— blaſe und Blaſenhals bei einem alten Manne anzuwen— den. Bei dem letztern, ſo wie bei einem der erſtern Fälle, wo auch eine prostata- Vergrößerung zugegen war, ſchien es mir nicht, als wenn das Mittel gut wirke; bei dem letzten Falle indeß verminderte ſich die Quantitaͤt des Schleimes im Urine, welche in einer Nacht ausgeleert wurde, von 2 Unzen auf weniger als eine halbe Unze, ſo lange die Medicin gebraucht wurde; da dieſes indeß nicht lange fortgeſetzt werden konnte und da der Abfluß 4 Jahre lang gedauert hatte, ſo wurde der Schleimabgang ſo ſtark, als zuvor. Aus den mitgethe'lten Fällen glaube ich ſchließen zu duͤrfen, daß dieſes Mittel folgende Wirkungen beſitzt: 1) eine topiſche Einwirkung auf entzuͤndete und ulce— rirte Theile des Speiſecanals, aͤhnlich der Wirkung, welche es bei gleichen Affectionen auf der Koͤrperoberflaͤche ausuͤbt; 2) eine Einwirkung als Reizmittel für die Capillar— circulation verſchiedener Koͤrpertheile, wie, z. B., des Ge— hirns und Uterus; 5) eine ausgezeichnet toniſche Einwirkung. (Dublin Journ., May 1840.) Miscellen. Als neues Zeichen bei Brucheinklemmungen fuͤhrt Herr Laugier den Meteorismus an, wenn man denſelben vor der Entwickelung einer allgemeinen peritonitis ſtudirt. Derſelbe iſt verſchieden in Bezug auf Sitz, Ausdehnung und Form, je nach— dem ein Netz- oder Darmbruch vorhanden und das eingeklemmte Stuck mehr oder minder vom Magen entfernt iſt Bei einem Netzbruche iſt vor Entwickelung der peritonitis der Unterleib weich und, ſelbſt in der Umgebung des Bruches, ſchlaff, ohne Meteoris— mus; bei einem Darmbruche zeigt ſich ſchon in den erſten Stunden Meteorismus. Wird der Bruchinhalt durch ein Stuck Dickdarm ge— bildet, fo iſt der Meteorismus allgemein, da das obere, abgeſchloſſene Ende faft durch den ganzen Darmcanal gebildet wird; der Unterleib hat dabei eine faſt cylindriſche Form. Iſt bloß Dünndarm oder mit dieſem etwas Netz im Bruchſacke, ſo ſind die Seiten und die regio epigastrica weich und zuſammengefallen; die Auftreibung des Un— terleibes beſchraͤnkt ſich auf die regio hypogastrica, und zeigt eine ſphäriſche Form; beſchraͤnkt ſich die Darmeinklemmung auf ein kleineres Stuͤck des Dünndarmeg, in der Nähe des Magens, fo iſt die Auftreibung des Unterleibes, im Verhaͤltniß zu der Dauer der Krankheit, geringer; der Unterleib ſcheint kuͤrzer. Es ergiebt ſich das unerwartete Reſultat, daß die Operation dringender indicirt iſt bei partiellem Meteorismus, als bei allgemeinem Meteorismus. (Gazette méd., Nr. 10.) Als Mittel gegen Chlor-Inſpiration in großen Bleich-Anſtalten und chemiſchen Laboratorien, wird das Einathmen von Weingeiſt-Dampf und der Genuß von Zuderftüden, die in Alcohol getaucht ſind, empfohlen. 2 ——. Bibliographische Saggio di una Introduzione alla fisica del corpo umano, del Prof. Carlo Arcangeli. Firenze 1839. Fauna del Regno di Napoli, ossia Enumerazione di tutti gli unimali che abitano le diverse regioni di questo regno e le acyue che le bagnano; contenente la descrizione de' nuovi 0 poco esattamente conosciuti, con figure ricavate da originali viventi e dipinte al naturale. Di Oronzio Gabriele Costa, Dott. in medicina etc. (Prof. p. di Zoologia nella Regia Universi- ta di Napoli), Napoli 1832 — 1839. Dieſes mit ſchoͤnen Ab: Neuigkeiten. bildungen ausgeſtattete, ſehr umfaſſende zoologifhe Werk, hat ſchon 1832 angefangen, und dauerte die Herausgabe 1839 fort.) Annuaire pathologique de l’etablissement thermal d’Allevard pour 1839. Par le Docteur Chataing etc. Grenoble 1840. 8. Prospetto clinico della scuola di chirurgia pratica in Padova, pel triennio 1830 — 1833. Di B. Signoroni. Libro di testo per le lezioni di chirurgia pratica, — Padova 1839. 8. DD — Vene Wotizen aus dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, atſammelt und mitgetheilt von dem Ober» Mepieinalrathe Fror ie ju Weimar, und dem deerteinalratde und Profefier Freier zu Berlin. No. 317. (Nr. 9. des XV. Bandes.) Auguſt 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Atbir. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. War eu n d e. Ueber die Nerven des ſchwangeren uterus. Von Robert Le e. Bei einer am 8. April 1838 vorgenommenen anato— miſchen Unterſuchung eines ſieben Monate ſchwangeren Ute— rus bemerkte Hr. L. den Stamm eines ſtarken Nerven, welcher von dem cervix des Organs mit der rechten vena uterina nach dem corpus uteri aufwärts lief und Zweige nach der hintern Fläche des uterus abgab; einige derſelben begleiteten die Vene, andere ſchienen ſich in das perito— naeum zu inſeriren. Einen breiten Streif, einem Nerven— plexus aͤhnlich, ſah man ſich queer uͤber die hintere Ober— flaͤche des uterus ausbreitend und den Nerven, etwa um die Mitte zwiſchen fundus und cervix, bedeckend. Auf der linken Seite ſah man einen breiten Nervenplexus, wel— chen die Uterinvenen an der Stelle umgaben, wo dieſe in die vena hypogastrica muͤnden. Von dieſem plexus aus ſah man drei ſtarke Nervenſtaͤmme die Uterinvene begleiten, welche an Staͤrke zunahmen, in dem Maaße, als ſie zum fundus uteri aufwaͤrtsſtiegen. Von dem an der hinteren Oberflaͤche der Vene gelegenen Nerven gingen zahlreiche Faͤ— den gegen die Mittellinie ab, wie auf der rechten Seite; einige folgten den kleineren Venen an der hinteren Oberflaͤ— che des uterus und andere wurden innig zufammenhängend mit dem peritonaeum; der ſtaͤrkſte der die Uterinvenen bes gleitenden Nerven wurde hoch bis an die Inſertionsſtelle der Fallopiſchen Roͤhre in den uterus verfolgt, und da theilte er ſich in zahlreiche Faͤden, welche tief in die muscu— löfe Haut des uterus mit der Vene eindrangen. Ein brei— tes buͤndelartiges Band, wie ein Nerven plexus, wurde auch an der linken Seite, unter dem peritonacum, den Körper des uterus durchkreuzend, wahrgenommen; und mch: rere, dem Anſcheine nach, nervöfe, von jenem Bande ausge: hend, ſetzten ſich deutlich in einige der kleineren, die Uterin— venen begleitenden Zweige fort. Das Praͤparat uͤber die Theile wurde 1. October 1840 in das St. George-Hoſpi— tal aufgeſtellt; und mehrere Anatomen, welche es unterſuch— No. 1417. ten, waren der Meinung, daß es abſorbirende Gefaͤße waͤ— ren, welche die Uterinvenen begleiteten und tendinöfe Faſern queer uͤber die hintere Oberflaͤche verbreiteten. Dr. Lee benutzte eine andere Gelegenheit, welche ſich am 18. December deſſelben Jahres darbot, indem er einen ſchwangeren uterus im ſiebenten Monate der Schwanger— ſchaft unterſuchte, mit welchem die nervi spermatici, hy- pogastrici und sacrales noch zuſammenhingen, und waͤh— rend der letzten zehen Monate iſt er fleißig beſchaͤftigt gewe— fen, die Nerven dieſes uterus darzu’egen. Er glaubt ſicher zu ſeyn, daß die Hauptſtaͤmme des u. hypogastricus nicht die Arterien des uterus begleitet haben, wie alle Anatomen dargeſtellt haben, ſondern die Venen; daß die Nerven ſehr vergrößert werden waͤhrend der Schwangerſchaft, und daß ihre Zweige wirklich vereinigt und verwachſen werden mit den Zweigen der vier großen buͤndelartigen Streifen an der vordern und hinteren Oberflaͤche des uterus, ſo daß ſie eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Gangliengeflechte der Ner— ven zeigen und zahlreiche Zweigchen an der Muskelhaut des uterus ſenden. Herr Lee giebt nun folgende Beſchreibung von den Nerven des ſchwangeren uterus im ſechsten Monate und von den buͤndelartigen Streifen, wie die Zergliederung ſie dargelegt hat. Hinter dem uterus theilt ſich der plexus aorticus in zwei Portionen, um den rechten und linken hupegaſtri— ſchen plexus zu bilden. Dieſe plexus ſteigen, nach einer innigen Vereinigung mit den die Ureteren begleitenden Ner— ven, an den Hals des uterus, den obern Theil der vagina und die zunaͤchſt liegenden Theile der Blaſe und des rec- tum, wo Zweige vom dritten und vierten Sacralnerven zu ihnen hinzutreten. Der linke hypogaſtriſche plexus giebt, etwa zwei Zoll unter dem plexus aorticus, einen großen Zweig ab, welcher an der innern Seite des ureter nach der oberen Uterinvene geht, da, wo ſie ſich in der vena hypogastrica endigt. Hier breitet ſich der Nero plötzlich aus, wird breit und dünn und geht in ein großes Nerven— 9 131 geflecht, welches die Vene vollkommen einhuͤllt; dieſer die Uterinvene umgebende plexus erhält unten zwei ſtarke Zweige, welche von dem plexus hypogastrieus näher an der vagina und weiter unten ausgehen und von wo Zwei— ge nach der Außenſeite des ureter geben. Von dem obe— ren Theile dieſes plexus, da, wo er die Uterinvene an ih— rem Ende umgiebt, gehen drei ſtarke Nervenſtaͤmme aus, ſteigen mit der Vene gegen den obern Theil des uterus und nehmen an Umfang zu, in dem Maaße, als ſie aufſteigen. Der hintere Zweig dieſer hypogaſtriſchen Nerven ſchickt auf feinem Verlaufe kleinere Zweige ab, welche die Zeraͤſtslun— gen der Uterinvene an der hinteren Flache des Uterus bes gleiten. Aufwaͤrtsſteigend bis über die Vereinigung der ve— na spermatica und v. uterina, und zwiſchen dem peri- tonaeum und den linken hinteren buͤndelartigen Streifen hindurchgehend, breitet ſie ſich aus in ein Gewebe von duͤn— nen, breiten Zweigen und dünnen Nervenfaͤden, von denen einige in das peritonaeum inſerirt ſind und andere der Vene bis an den fundus uteri folgen, welche ſie vollſtaͤn— dig umgeben, fo wie die Vene in die Muskelhaut des ute- rus hineingeht. Einige von den Zweigen dieſes Nerven, in der Naͤhe des fundus uteri, werden an die Muskelhaut vertheilt; aber dieſe ſind nur klein und wenig an der Zahl. Die mittleren und vordern Zweige der hypogaſtriſchen Nerven haͤngen dicht an der Uterinvene feſt, ſo wie ſie auf— waͤrts ſteigt und bilden um ſie mehrere plexus, welche das Gefaͤß vollſtaͤndig einhuͤllen. Von dieſen plexus werden Zweige abgegeben an die vordere Oberflaͤche des uterus, von denen einige in baumartiger Form dem Stamm und den Zweigen der Uterinarterie folgen. Dieſe zwei hypoga— ſtriſchen Nerven ſteigen aufwaͤrts und vereinigen ſich innig mit dem linken hinteren buͤndelartigen Streifen. Auf der linken Seite des uterus entfpringt dieſer Streifen in der Naͤhe der Mittellinie auf der hinteren Seite des uterus. in der Mitte zwiſchen fundus und cervix aus einer Maſſe von Faſern, welche fo feſt mit dem peri- tonaeum und der Muskelhaut zuſammenhaͤngen, daß es ſchwer iſt, ihre Anordnungen genau zu beſtimmen. Von dieſen Faſern geht der Streifen queer uͤber den uterus in Form eines duͤnnen Gewebes, bis zu dem Puncte, wo die vena spermatica den uterus verläßt. Nachdem er ſich mit dem nervus hypogastricus genau vereinigt hat, geht der Streifen nach Außen gegen das ligamentum ro- tundum, indem er weniger feſt am peritonaeum hängt, wo er ſich mit dem linken vordern Streifen vereinigt und breitet ſich in ein großes Gewebe unter dem peritonaeum aus. Der Linke vordere Streifen ift auf feinem ganzen Laufe, mittelft eines weichen Zellgewebes, an die unterhalb liegende Muskelhaut locker angeheftet. Die nervi Spermatiei auf der linken Seite ſteigen mit der arteria spermatica auf der linken Seite zu dem ovarium und geben zuerſt einige Faͤden an das corpus fimbriatum. Einige wenige kleine Zweige werden dann in das äußere Ende des ovarium geſendet. Die nervi sper— matici verlaffen hernach die Arterie und gelangen mit den 132 Venen zu dem uterus. wo fie ſich feſt mit dem aͤußeren Ende des linken hinteren Streifens vereinigen; und nach der Verbindung dieſes Streifens mit den Verlaͤngerungen des vorderen Streifens unter dem runden Ligamente, werden zahlreiche zarte Fäden, dem Anſcheine nach, nervoͤſe, an die Baſis des ovarium geſendet. Auf der rechten Seite des uterus weicht, wie Hr. L. gefunden hat, die Vertheilung der nervi hypogastri- ci und spermatiei nicht weſentlich ab von der, welche als auf der linken Seite vorhanden beſchrieben wurde, Form und Lage des rechten hinteren Streifens iſt viel deut— licher ſichtbar, als auf der linken Seite und hat das Anſe— hen einer wecßlichten geſtreiften Membran von etwa einem Viertelzoll Breite, welche von der Mittellinie rechtwinkligt nach den hypogaſtriſchen Nerven hin, queer über den Korper des uterus nach dem ligamentum rotundum hinlaͤuft, wo er ſich mit dem vordern Streifen vereinigt. Zahlreiche Zweige, welche Nervenzweigen auffallend aͤhnlich ſind, gehen von den obern und untern Raͤndern dieſes Streifens und von der hintern Oberflaͤche deſſelben ab an die Muskelhaut des uterus. Eine ausgebreitete und innige Vereinigung an verſchiedenen Puncten iſt deutlich wahrnehmbar zwiſchen dies ſen von dem Streifen und den Zweigen des hypogaſtriſchen Nerven abgeſendeten Zweigen. An dem vordern und obern Theile des Halſes des uterus iſt eine große Menge roͤth— lich gefaͤrbter Faſern, welche, genau zuſammengeflochten, einem Nervenganglion aͤhnlich iſt, in welches zahlreiche große Zwei— ge des hypogaſtriſchen Nerven auf beiden Seiten eintreten, und an welche ſie feſt anhaͤngen. Von dem oberen Theile dieſer faſerigten Subſtanz laͤuft, Über die ganze vordere Oberflache des uterus weg, ein dünner Streifen von feſten, weißen, buͤndelartigen Fa— fern, wovon Verlaͤngerungen an das ligamentum rotun- dum ſich erſtrecken, in welches und in den hinteren Strei— fen ſie durch zahlreiche nervenaͤhnliche Faͤden fortgeſetzt wer— den. Von der hinteren Oberflaͤche dieſes breiten Streifens koͤnnen zahlreiche Zweige, ebenfalls, dem Anſcheine nach, Ner— ven, bis zu einer betraͤchtlichen Tiefe in die Muskelſubſtanz des uterus verfolgt werden. Hr. Lee ſchließt ſeine Abhandlung mit folgender An— merkung und einer kurzen hiſtoriſchen Nachricht uͤber das Fortſchreiten in Beziehung auf die Entdeckung der Nerven des uterus: 4 Aus der Form, Farbe und dem allgemeinen Anſehen dieſer buͤndelartigen Streifen und der Aehnlichkeit, welche ſie mit ganglionartigen plexus haben, und aus dem Umſtande, daß ihre Zweige wirklich mit den un. hypogastrici und spermatici zuſammenwachſen, wurde ich bei ihrer erſten Entdeckung zu dem Schluſſe verleitet, daß fie Nerven-ple— xus ſeyen und das ſpecielle Nervenſyſtem des uterus aus: machten. Die neueſten Unterſuchungen aber, die ich an dem ſchwangeren uterus mehrerer Thiere angeſtellt habe, und wo ich eine dieſen Streifen aͤhnliche Structur in großer Quantitaͤt unter dem peritonaeum gefunden habe, hat mich in bedeutende Zweifel uͤber die Natur dieſer Streifen gelaſſen, und bevor nicht weitere Unterſuchungen angeſtellt 133 find, will ich mich nicht befangen, eine poſitive Anſicht über fie auszuſprechen ıc. (London and Edinburgh Philosophical Magazine ete, No. 106. Supplement. July 1840 p. 590 ffg.) Ueber eine neue Monftrofität. Von Dr. A. Velpeau. Der Fall, von welchem hier berichtet werden ſoll, iſt einer der ungewoͤhnlichſten, welcher zugleich die Chirurgie, pathologiſche Anatomie, die Generationslehre und die Phy— ſiologie im Allgemeinen angeht; er ſcheint, in der That, un ter den bisher bekannten Faͤllen nicht ſeines Gleichen zu ha— ben. Es handelt fi um einen lebenden Theil eines Fötus in dem Hoden eines erwachſenen Mannes, wo der Theil ſich entwickelt und feit der Geburt gelebt zu haben ſcheint. Dieß iſt ein von allem Bekannten ſo abweichender Umſtand, ſo unbegreiflich bei dem erſten Anblicke, daß man die Wahr— heit deſſelben beſtreiten koͤnnte, wenn ich nicht materielle Beweiſe haͤtte, wenn der Kranke und die Geſchwulſt nicht von einigen hundert Aerzten und Studirenden beobachtet worden waͤre, und wenn die Operatien nicht im vollen Hoͤrſaale unter den Augen von 500 Perſonen verrichtet wor— den waͤre. Folgendes iſt mit wenigen Worten die That— ſache: Galloch at, aus Eſternay, ein junger Mann von 27 Jahren, von guter Conſtitution, war fruͤher nie ſchwer krank geweſen, und wurde in der Mitte des Januar an den Deof. Andral gewieſen, welcher ihn ſogleich nach meiner Abtheilung im Charité-Krankenbauſe fandte Bei'm Unterſuchen des Kranken ſah ich, daß der Kran— ke in der rechten Seite des Hodenſackes eine Geſchwulſt von der Groͤße von ungefaͤhr einer Fauſt hatte, deren Zeichnung, welche von den HHen. Daveil, Macé und Bordier, Studirenden der Medicin, nach der Natur vor und nach der Operation entworfen iſt, ich (der Academie) vorzeige; dieſe Geſchwulſt, welche der Subſtanz des Hodens nicht ans zugehoͤren ſchien, und deſſen Haut keine Aehnlichkeit mit der des scrotum hatte, ſchien mir nicht zu der Claſſe ſchon be— kannter Geſchwuͤlſte zu gehoͤren. Obwohl mehrere Chirur— gen ſie theils zu den Krebsgeſchwuͤlſten, theils zu den fibroͤ— ſen Geſchwuͤlſten, Andere zu der Tuberkelgeneration zaͤhlen wollten, ſo konnte ich doch nicht finden, daß es moͤglich ſey, ſich ihrer Meinung anzuſchließen. Indem ich üuberdieß be— merkte, daß die Entſtehung der Geſchwulſt ſich bis auf die Geburt des jungen Mannes zuruͤckfuͤhren laſſe, daß man von der erſten Entwickelung derſelben nichts angeben konnte, daß ſie niemals Schmerzen verurſacht hatte, daß keine pa— thologiſche Thaͤtigkeit ſich an der Stelle eingeſtellt hatte, daß ſie gegen Druck unempfindlich war, daß man ſie einſchnei— den, anſtechen, und ſie durchbohren konnte, ohne den gering— ſten Schmerz zu verurfachen ; indem ich ferner auf das Aus— ſehen der Hautbedeckung der Oberflaͤche derſelben, auf ihre Elaſticitaͤt, auf die Haͤrten im Innern, auf ein Haarbuͤndel, welches aus einer Art von Geſchwuͤr an der hintern Seite 134 der Geſchwulſt hervorhing, auf eine röthliche Geſchwulſt, welche vorn am Grunde einer andern Oeffnung ſich befin— det, und auf ſchleimige oder gallertartige Stoffe, welche der Kranke einige Male daſelbſt ausgeſtoßen hatte, Rückſicht nahm, ſo mußte ich der Meinung mich hingeben, daß es eine Foͤtalgeſchwulſt, ein Product der Conception fen. Da ich aber ſichere Auskunft uͤber den fruͤheſten Zu— ſtand einer ſo einzigen und eigenthuͤmlichen Production ha— ben wollte, ließ ich an den Arzt nach Eſternay ſchreiben, an Hrn. Senoble, welcher mir ſogleich in folgenden Worten antwortete: „Die Mutter des jungen Gallochat zeigte mir ihren Sohn in einem Alter von vier Monaten; er hatte damals eine Geſchwulſt oder vielmehr eine Auftreibung des Hodenfades, welche ich nur für eine Pneumatocele hielt; einige Monate ſpaͤter bemerkte ich, indem ich den Kranken zum zweiten Male unterſuchte, eine leichte entzuͤndete Ge— ſchwulſt, welche einfachen örtlichen erweichenden Mitteln wich; ich hoͤrte darauf nichts weiter von dem Knaben, bis man mich zu Ende des dritten oder vierten Jahres benachrich— tete, daß die Geſchwulſt des Kindes ſich in mer vergroͤßere.“ Obgleich dieſe Details nur unvollkommen ſind und von Hrn. Senoble, welcher ſeit ſo langer Zeit den jungen Gallo— chat aus dem Geſichte verloren hatte, nicht vollſtaͤndiger ge— geben werden konnten, fo befeſtigte mich dieſe Mittheilung doch in meiner fruͤhern Meinung, welche den Perſonen, wel— chen ich ſie mittheilte, ſo ſonderbar ſchien, daß ich mit ihr ganz allein ſtand. Ich beſchloß darauf, die Geſchwulſt, um welche es ſich handelt, zu exſtirpiren, ohne den Hoden weg— zunehmen, und gewiſſermaßen einen Kaiſerſchnitt bei'm Manne zu verrichten. Die ausfuhrliche Beſchrei— bung der Operation, welche der Operativ-Chirurgie ange— hoͤrt, wird mich hier nicht weiter beſchaͤftigen; es reicht hin, anzugeben, daß ſie nach Wunſch beendet wurde. Die Unterſuchung der Geſchwulſt ließ in der Subſtanz die Exiſtenz beinahe aller anatomiſchen Beſtandtheile des Körpers der Saͤugethiere nachweiſen. Die aͤußere Schicht iſt offenbar von haͤutiger Beſchaffenheit; ihre Hauptſubſtanz iſt ein Gemiſch von Lamellen und Faſern, welche das Ans ſehen des Zell-, Fett-, Faſer- und Muskelgewebes geben. In ihrem Innern haben wir zwei kleine mit einer dem Ei— weiß oder dem humor vitreus aͤhnlichen Fluͤſſigkeit ange— füllte Blaſen gefunden; eine andere Blaſe, von der Größe eines Repphuhneies, enthält eine gelblichgruͤne und halbfluͤſſige dem Meconium ahnliche Fluͤſſigkeit; an einem vierten Sacke iſt eine koͤrnige, ſchmutzig » gelbe, feſte und mit Haaren um: gebene Maſſe enthalten; dieſe Maſſe beſtand, nach der mi— kroſcopiſchen Unterſuchung des Hrn. Darcet, aus ſerumar— tiger Subſtanz und Epidermisſchuppen. Die Haare ſchie— nen, nach Hrn. Mandl, kleine Baͤlge an ihrem untern Ende zu haben. Aus einem der Baͤlge, welcher mit gruͤnli— cher Maſſe angefuͤllt war, hing das erwähnte Haarbuͤndel heraus, fo daß gewiſſermaaßen eine Afteröffnung oder mes nigſtens deren Analogon vorhanden war. Endlich fanden ſich mitten unter dieſen Gewebstheilen zablreiche Stuͤcke eines vollkommen erganiſirten Skeletts, an denen man auf den erſten Blick erkennt, daß ſie wirklichen 9 * 135 Knochen angehören und nicht zufällige Productionen find. Dieſe Knochen haben ein Perioſt und ſind an verſchiedenen Stellen in wahren Gelenken miteinander verbunden Man kann hauptſaͤchlich drei Gruppen unterſcheiden: in der erſten glaubte ich eine clavicula, scapula und einen humerus zu unterſcheiden; die zweite, viel groͤßere Gruppe, entſpricht dem Becken oder der basis cranii, indem der mittlere Theil durch den Keilbeinkorper oder das Kreuzbein gebildet wird; die dritte Gruppe endlich ſcheint Stuͤcke der Wirbel oder unbeſtimmte Knochen zu enthalten. Wie nun aber auch die einzelnen beſchriebenen Stüde genannt werden müßten, immerhin gehören fie einem Pros ducte der Befruchtung, einem in ſeiner Entwickelung bereits ſehr vorgeſchrittenen Foͤtus an. Da ich die Stuͤcke der Academie vorlege, ſo iſt daruͤber kein Zwei— fel; die Thatſache ſteht feſt, die Erklaͤrung aber iſt noch zu geben; denn dieſe Art von Monſtroſitaͤten hat bis jetzt die Theratologiſten noch nicht beſchaͤftigt. Bei den von Dupuytren, Geoffroy und Olivier aufgeſtellten Monſtroſitaͤten per inclusionem war der eine von einem andern aufgenommene Foͤtus immer von einem Balge um— geben und ſtellte einen fremden Koͤrper innerhalb des fortle— benden Foͤtus dar. In den Faͤllen, welche St. Donat, Prochasca, Dietrich, Eck ꝛc. beſchrieben haben, wur— den Foͤtustheile im Hoden ſacke, jedoch immer in einem Balz ge, gefunden, und es iſt immer die Rede von necrotiſchen Knochen und von Gewebstheilen, welche durch Eiterung theilweiſe zerſezt waren. In dem uns vorliegenden Falle dagegen hatte Alles zu leben fortgefahren; die anomale Ge— ſchwulſt hatte ihre eigenthuͤmliche Farbe, Conſiſtenz und Empfindlichkeit, ganz unabhaͤngig von dem Individuum, auf welchem die Geſchwulſt aufſaß; eine deutliche Graͤnzli— nie trennte die Hautbedeckungen von der Scrotalhaut. Kneifen, Stechen, Schneiden bewirkten nicht den mindeſten Schmerz fuͤr den jungen Mann, und dennoch bluteten die beigebrachten Wunden reichlich, ſie entzuͤndeten ſich und ver— narbten, wie die jeder andern Koͤrpergegend, und nichts deu— tete auf einen krankhaften Zuſtand hin. Die vorgefunde— nen Gewebstheile ſchienen normal, ohne daß dabei eine Spur von Eiter, von carioͤſem oder necrotiſchem Knochen, von degenerirtem Knorpel oder von fungoͤſer Subſtanz auf— zufinden geweſen wäre, Beruͤckſichtigt man auf der andern Seite, daß jetzt die Geſchwulſt den Umfang einer Fauſt hatte, waͤhrend der Arzt, der fie in einem Alter von vier Monaten ſah, fie kaum beachtete, fie für eine Pneumatocele und fpäter für eine kleine Ent zuͤndungsgeſchwulſt hielt, welche ſich reſolvir— te, ſo iſt es, in der That, nicht anzunehmen, daß der Um— fang gleich bei der Geburt eben ſo betraͤchtlich geweſen ſey, als in der letzten Zeit. Eine ſolche Maſſe haͤtte bei einem Kinde von einigen Monaten gewiß in hohem Grade die Aufmerkſamkeit des Arztes und der Familie in Anſpruch ge— nommen; die Geſchwulſt nahm bis zum ſiebenten Jahre zu, ohne uͤbrigens ihre Charactere zu veraͤndern. Hieraus waͤre alſo zu ſchließen, daß die beſchriebenen Theile eines Foͤtus gelebt haben, und ſich gleichzeitig mit dem Individuum, auf 136 welchem der Foͤtus aufſaß, entwickelt habe, daß alſo zwei, nur an einander angeklebte, Individuen vorhanden waren. Wie ſoll man ſich nun die Entſtehungsweiſe erklären? Soll man annehmen, daß innerhalb des uterus ein Theil eines uͤbrigens verſchwundenen Foͤtus ſich aͤußerlich an das serotum angeheftet habe, oder aber, daß es Theile eines Foͤtus ſeyen, welcher zuerſt in die Unterleibshoͤhle eingedrun— gen und dann durch die tunica vaginalis herabgeſtiegen waͤre, hier die Scrotalhuͤllen durchbohrt und ſich nach Au— ßen entwickelt haͤtte. Oder ſollte es gar ein neues vollſtaͤn— diges Produet des Hodens ſeyn? (Gaz. méd. No. 7.) Ueber den Jabiru (Mycteria Americana) hat Herr Schomburgk in feinem in Guiana geführten Tagebuche Folgendes niedergeſchrieben: „Der Jabiru oder, wie er bei den Coloniſten heißt, Negrokoop (Negerkepf) haͤlt ſich in den großen Savannahs des Innern und den ſumpfigen Thalern der Fluͤſſe Pomeroon und Guninia auf, wo er ſich von Mollusken, Krabben, Froͤſchen und andern Amphibien naͤhrt. Während ich mich in Pirara aufhielt, ſah ich ſie in Heerden von mehreren Hunderten an dem See Amucu oder in ſumpfigen Strecken längs dem Paras raina Nahrung ſuchen. Waͤhrend unferes Aufenthaltes in dieſem Dorfe wurden mehrere geſchoſſen. Ihr Fleiſch iſt ſchmackhaft und wenn es gehoͤrig zubereitet iſt, z. E., auf dem Roſte gebraten, gleicht es dem Rindfleiſche fo vollſtaͤndig, daß Jedermann, der nicht ausdruͤcklich anders unterrichtet iſt, es dafuͤr halten wird. Indem auf die Heerde geſchoſ— fen wurde, wurde einer am Fuüͤgel getroffen und lebendig zu mir gebracht. Der Schnabel maaß 13 Zoll; er war von der Seite zuſammengedruͤckt, dick an der Baſis und endigte mit ſcharfer Spise. Der Oberſchnabel war gerade und dreieckig, der Unterſchnabel dicker und etwas aufwärts ge— kruͤmmt. Die Naſ nloͤcher ſind ſchmal, da der Vogel ſeine Nahrung im Waſſer ſucht. Die Fuͤße nach Vorn mit drei durch eine kurze Membran verſehenen Zehen; die große oder Hinterzehe hoch oben an dem tarsus. Vom Kopfe bis zu der Zehe, d. h. aufrechtſtehend, maaß er 64 Fuß, von der Spitze des Schnabels bis zum Schwanze 4 Fuß 4 Zoll und bis zu deſſen Ende 4 Fuß 11 Zoll, von dem Ende der Zehe bis zum Kniegelenke 15 Fuß, von ditto bis zu dem Schenkelgelenke 2 Fuß 10 Zoll. Seine Flügel, ausgebreitet, maaßen 83 Fuß (nach dem Condore hat er die froͤßte Fluͤgelausbreitung.) Sein Gefie— der iſt rein weiß; der Schnabel, Kopf und obere Theil des Halſes ſind ſchwarz und, abgeſehen von einigen ſpaͤrlich er— ſchienenen daunenartigen Federn, vollig nackend Der Unter— theil des Halſes iſt roth und ebenfalls mit wenigen daunen— artigen Federn bedeckt. Die Haut des Halſes, doch beſon— ders vor dem Kropfe, iſt, in der Regel, gerunzelt; aber der Vogel kann fie ausdehnen. Der Hals maaß 1 Fuß 20 Zoll. Eine Art von Ampullaria (guyanensis) ward in ungeheurer Anzahl in den Landſeeen und Suͤmpfen, fo wie in den Baͤchen, welche ſich durch die Savannahs win— 137 den, gefunden und ſcheint hauptfächlich die Nahrung für den Jabiru abzugeben. Trotz ihres unförmlihen Schnabels, ſind ſie im Stande, den Schließdeckel der Schnecke bewunde— rungswurdig abzunehmen und das Mollusk aus ſeinem Ges haͤuſe hervorzuziehen. Es iſt mir ſchwer geworden, voll— ſtaͤndige Exemplare dieſer Ampullaria für meine Sammlun— gen zu erhalten, obgleich die Schneckenſchaalen, ohne Schließ— deckel und zum Theil zerbrochen, die niedern Savannahs weite Strecken entlang bedeckten, waͤhrend an andern Or— ten ich die Schließdeckel eben ſo zahlreich fand, aber keine Schaalen. Der Jabiru bauet fein Neſt gewohnlich auf Baͤume, zuweilen auf Felſen. Es beſteht aus trocknen Zweigen, mit wenigen Federn ausgekleidet, in welches das Weibchen zwei Eier legt, welche völlig weiß und oft großer als ein Schwansei ſind. Die Jungen ſehen grau aus und nicht roſenroͤth— lich, wie man verſichert hatte. Wenn die Waſſer nach den jaͤhrlichen Ueberſchwem— mungen ſich wieder verlaufen, ſo beſuchen ſie in kleinen Schwaͤrmen die Sandbaͤnke des Fluſſes Rupununy und ſu— chen Cruſtaceen. Nichts uͤbertrifft die Gravitaͤt, womit fie einherſtolziren; ihr gemeſſener Schritt und aufrechte Hal— tung ergößte haͤuſig meine militaͤriſchen Begleiter, waͤhrend unſerer erſten Expedition in's Innere. Ehe ſie auffliegen, bereiten fie ſich dazu durch zwer-, dreimaliges Huͤpfen vor, wodurch ſie beſſer in den Stand geſetzt werden, ſich aufzu— ſchwingen. Ihr Flug iſt leicht und grazioͤs. Wenn ſie aufs und bevor fie in die Hoͤhe fliegen, kreiſen fie um den Plat in groͤßern oder kleinern Kreiſen. Dann ſteigen fie ungewöhnlich hoch und koͤnnten mit dem Adler wetteifern, ſo daß ſie zuweilen nur als ein bloßer Punct in der Luft erſcheinen. Es iſt ein ſchoͤner Anblick, eine zahlreiche Heerde fliegen zu ſehen. Wenn ſie zuerſt geſtoͤrt werden und ſich in die Luft ſchwingen, ſo ſcheinen ſie in voller Verwirrung zu ſeyn, und von Unten fie anfebend, ſollte man nicht glau— ben, daß ſie vermeiden koͤnnten, miteinander in Beruͤhrung zu kommen. Kaum aber haben ſie eine Hoͤhe von 60 — 80 Fuß erreicht, als die Ordnung wiederhergeſtellt iſt und ſie fangen an, in Kreiſen zu fliegen und gelangen in dieſen Krei— fon immer böber und höher. Bei weiteren Reiſen flie— gen ve in herizontaler Linie und wechſeln ihre Führer, wie die Kraniche. Wenn ſie auf der Savannah ihrem Fraße nachgehen, ſo iſt eine Partie immer auf der Wache, waͤh— 138 rend die übrigen ihre Nahrung ſuchen. (Annals of Nat. Hist. July 1840.) MiD . Ueber Infuſorien erzählt Herr E. Forbes: Zwei Ger faͤße mit Scewaſſer, wo in dem einen ein Seeigel und in dem an⸗ deren eine Portion von Spongia papillosa ſich befand, blieben ruhig ſtehen. Das, welches den Echinus enthielt, wurde in's Dunkele geſtellt und das die Spongia enthaltende in ein, dem Sonnenlichte ausgeſetztes Fenſter. In etwa zehn Tagen bekam letz tere cine ſchoͤne grüne Farbe, während erſterer durchſichtig blieb, obwohl ein dunnes Haͤurchen ſich auf der Oberflache zuſammenzog. Das Waſſer von beiden wurde dann dem Mikroſcop unterworfen, und von beiden ergab ſich, daß ſie voll von Thierchen waren. Die grune Farbe auf dem „Schwamm-Waſſer“ rührte von uns zähligen Thierchen von der Gattung Volvox her, unter welchen noch kleinere wurmaähnliche Thierchen ic. wahrgenommen wurden. Das Sceigel-Waſſer enthielt keine Volvox, aber eine Menge Polvgastriea, welche mit Schnelligkeit herumſchwimmen. — Ins dem ich die Structur der Geſchopfe unterſuchen wollte, bediente ich mich der folgenden Methode, welche mir den Vorzug vor ans dern zu baben fdien: Indem ich naͤmlich ein Exemplar in einem Tropfen des, die Thierchen enthaltenden, Seewaſſers iſolirte, that ich eine gleiche Quantität friſches Waſſer hinzu. Die Wirkung war augenblicklich; die raſchen Bewegungen der kleinen Thiere wurden plotzlich aufgıbalten; ſie waren paralyjirt, aber nicht ge⸗ tödtet, und ihre innere Structur war ſchoͤn auseinandergeſetzt. Sie waren ſo gefraͤßig wie immer, denn wenn man etwas Carmin mit dem Waſſer miſchte, ſo war in einer halben Stunde Zeit ihr (ſogenannter) Magen mit Pigment gefüllt, welches ſie verſchlungen hatten. — In dem Gefäße, wo die Volvox waren, wuchſen eis nige Fuci von einer grünen Farbe, welche binnen wenigen Tagen eine Länge von 14 Zoll erreichten ꝛc. Aegyptiſche Mumien von Affen. Obwohl Strabo und andere gleichzeitige Schriftſteller angegeben haben, daß der Cynocephalus und Cebus für heilig gebalten wurden, erſterer von den Hermopolitanern, letzterer von den Babyloniern, in der Nach⸗ barſchaft von Memphis, fo fehlte doch lange die poſitive Beſtäͤti⸗ gung ſeiner Angabe. Die erſte Beſtaͤtigung gab Belzoni, wel⸗ cher in ſeiren Travels II., Scite 15, ſagt: daß in den Catacom⸗ ben von Gurnah, Theben gegenüber, er Affen-Mumien in ſitzen⸗ der Stellung gefunden babe, neben menſchlichen Mumien, welche Cynocephali zu finen ſchienen und von einer anderen, an einer anderen Stelle feiner Reife beſchriebenen Affen: Mumie iſt das ges wiß. — In dem neueſten Heite des Foreign Quarterly Review findet ſich run die Angabe, daß in der, von Herrn Burton nach England gebrachten, Sammlung Aegyptiſcher Altertbümer drei Mumien waren, welche entſchieden Cynocephali waren und die dem British Museum, durch Herrn Sotheby, verkauft wurden; die eine, die eines jungen Thieres, für 4 Pfd. Sterl,, die zweite für 7 Pfd. Sterl., die dritte für 3 Pfd. 16 Schill. Sterl. inen e Ueber Mißbildung des Bruſtkaſtens. Von Dr. W. Ward. So viel mir bekannt iſt, hat man bei Mißbildungen des Bruſtkaſtens bis jetzt nie etwas gethan, außer, daß man vielleicht allgemeine Mittel zur Erleichterung der Sym— ptome angewendet hat. Dennoch ſcheinen ſie derſelben Be— handlung, nie die Ruͤckgratsverkruͤmmungen, zusaͤnglich zu ſeyn. Die Knochen des thorax ſitzen an der Wirbelſaͤule und nehmen daber an deren Formveraͤnderungen Theil. Hiernach koͤnnte eine beſondere Erwähnung der Miß bildung des thorax unnöthig erſcheinen; es kommen jedoch nicht ſelten Faͤlle vor, wo au' fallende Mißbildungen des thorax ohne Verktuͤmmung der Wirbe ſaͤule beſtehen. Die Behand: lung ſolcher Miß bildungen lernte ich aber allerdings von den Fällen, wo eigentlich eine Ruͤckgratsverkruͤmmung Ge⸗ genſtand der Behandlung war, wo aber dennoch eine Ver- beſſerung in der Form des thorax eintrat. 159 Die Difformitaͤt, von welcher ich fpreche, wird wegen einiger Aehnlichkeit der Form gewoͤhnlich Huͤhnerbruſt (bis— weilen auch Karpfenbruſt) genannt, und beſteht in auffal— lender Hervorragung des Bruſtbeins, welche Folge einer Abflachung der Rippen zu ſeyn ſcheint. Anderemale findet ſich ein Einfallen des Bruſtbeins, wodurch eine unnatuͤrliche Hoͤhlung, anſtatt einer Hervorragung, an dieſem Bruſttheile entſteht, wobei die Raͤnder der falſchen Rippen haͤufig gegen die Lungen einwaͤrts gewendet find, und der Schwertknorpel kaum zu fuͤhlen iſt. Nicht ſelten iſt eine Bruſtſeite abge— flacht, waͤhrend die andere ſtark vorgedraͤngt iſt. Bei ſchwaͤchlichen und zarten Kindern findet ſich auch unabhaͤngig von irgend einer Verkruͤmmung bisweilen eine groͤßere Laͤnge der Bruſt von der erſten bis zur letzten falſchen Rippe; die Schluͤſſelbeine und Schulterhoͤhlen ragen nach Vorn, und es iſt nicht die Tiefe oder Capacitaͤt der Bruſt vorhanden vom sternum bis zum Ruͤckgrat, welche bei ganz geſunden Individuen gefunden wird. Dieß bemerkt man beſonders bei ſeitlicher Anſicht des Patienten. Die Verminderung des Umfanges und der Capacitaͤt der Bruſt bewirkt verſchiedene Symptome, welche man auf den erſten Blick kaum von dieſer Urſache herleiten moͤchte, naͤmlich Reſpirationsbeſchwerden, Bruſtſchmerzen, ) Kopf: ſchmerz, haͤufige Palpitationen und überhaupt alle Sym— ptome, welche eine geſtoͤrte, beſchleunigte oder unregelmaͤßig gewordene Circulation begleitet. Nehmen wir an, daß die Dingenation einer beſtimmten Blutmaſſe bei dem jedesmali— gen Durchgange durch die Lungen fuͤr das Wohlbefinden er— forderlich iſt, ſo erſcheint es klar, daß, wenn durch Tuber— kelablagerung oder Entzuͤndung ein Theil der Lungen conſo— lidirt und der groͤßere Theil der Luftzellen geſchloſſen iſt, oder wenn durch irgend eine andere Urſache die der Einwir— kung der atmoſphaͤriſchen Luft ausgeſetzte Oberflaͤche ver— mindert wird, die Nothwendigkeit eintritt, daß das Blut raſcher durch das Lungenſyſtem durchgetrieben wird, um den— noch dem Beduͤrfniſſe der Oxygenation zu genügen, Das raus folgt die Beſchleunigung des Pulſes; eine weitere Folge aber iſt daß alle Mittel, wodurch die Lungen in den Stand geſetzt werden, mehr Luft aufzunehmen und dadurch eine größere Quantitaͤt Blut zu oxygeniren, auch eine Verlang— fumung des Blutlaufes bewirken muͤſſe. Ich habe in vielen Faͤllen, in der That, geiunden, daß die Schnelligkeit des Pulſes vollkommen im Verhaͤltniſſe zu der Vermehrung des Umfanges der Bruft ſich vermindert; die Folge nämlich iſt vermehrte Dilatation der Lungen, Zunahme der Capacitaͤt für die Einathmung einer groͤßern Quantität atmoſphaͤriſcher Luft bei jedem Athemzuge, und darin eben beſtebt der Vor— zug dieſer Behandlungsweiſe vor andern, daß der Nutzen bleibend iſt, indem eine größere Quantität Blut bei jedem ) Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß bei Schwindſuchten bei'm weiblichen Geſchlechte die auffallendſten Symptome (beſchleu— nigter Puls und quälender Huſten) groͤßtentheils, unter Mit: wirkung der andern erregenden Urſachen, einem Mangel an activer Ausbildung der obern Theile des Koͤrpers und nament— lich des thorax und deswegen einer mangelhaften Capacitaͤt des letztern ihre Entſtehung verdankt. 140 Athemzuge der Oxygenation ausgeſetzt wird. Kinder und junge Leute mit dieſer Formveraͤnderung der Bruft muͤſſen viel fruͤher ſtille ſtehen, um Athem zu holen, als andere, mit denen ſie laufen. Die allgemeinen conſtitutionellen Ur— ſachen, welche zur Mißbildung der Bruſt Veranlaſſung ge— ben, find dieſelben, wie diejenigen, welche Ruͤckgratsverkruͤm— mungen veranlaſſen. Dieß verſteht man beſonders leicht, wenn man den mechaniſchen Theil des Reſpirationsproceſ— ſes beruͤckſichtigt. Bei einem geſunden Menſchen mit einer wohlgebauten Bruſt gehen die Rippen ſchraͤg nach Abwaͤrts von den Wir— bein dis zum sternum. Wird nun inſpirirt, fo erheben die levatores costarum, die intercostales und die uͤb— rigen Reſpirationsmuskeln die Rippen und das Bruſtbein, ſo daß erſtere mehr einen rechten Winkel mit der Wirbel— ſaͤule bilden, und indem dabei Rippen und Bruſtbein etwas nach Außen bewegt werden, wird der Zwiſchenraum zwi— ſchen ihnen und der Wirbelſaͤule vermehrt, waͤhrend auch das Zwerchfell, indem es den Inhalt des Unterleibes herab— druͤckt, zur Erweiterung der Bruſthoͤhle beitraͤgt. Magen— die nimmt auch an, daß bei jungen Perſonen, bei welchen das sternum noch mittelſt einer Symphyſe aus zwei Theis len beſtehe, der untere Theil ſich etwas nach Außen bewege und dadurch zu der Erweiterung des Bruſtkaſtens ebenfalls beitrage. Nach jeder Inſpiration wird nun das Zwerchfell erſchlafft, die Bauchmuskeln draͤngen die Unterleibseingeweide in die Hoͤhe, die Sternocostales und serrati postiei in- feriores ziehen die Rippen und das Bruſtbein nach Unten, worin ſie von der eigenen Schwere der Theile unterſtuͤtzt werden. Der Winkel zwiſchen den Rippen und den Wir— beln wird kleiner und die Bruſthoͤhle verengt. Bei der Inſpiration bekoͤmmt die Bruſt mehr eine runde, bei der Er piration mehr eine elliptiſche Form. Der einzige Unter— ſchied ruͤckſichtlich der Muskelthaͤtigkeit bei der Exſpiration iſt der, daß die Inſpiration bloß durch Muskelthaͤtigkeit, die Erſpiration unter Mitwirkung der Schwere ausgefuͤhrt wird. Bei Kindern führt die fortdauernde Neigung zu le— bendiger Bewegung zu einer entſprechenden Thaͤtigkeit der Reſpirationsmuskeln, wodurch ihre Staͤrke vermehrt und die Bruſt moͤglichſt weit ausgedehnt iſt. Dadurch entwickelt ſich der Raum zur Ausdehnung der Lungen, und es wird ſo viel Luft abſorbirt, als fuͤr die Lebensproceſſe erforderlich iſt (wahrſcheinlich wirken die Einathmungen von Sauerſtoff oder andern Luftarten hauptſaͤchlich durch die damit verbun— dene zweckmaͤßige Uebung der Bruſtmuskeln). Bei Kindern dagegen, welche wegen mangelhafter Nah— rung auch weniger Muskelkraft beſitzen, iſt die Neigung zu Bewegung geringer; es faͤllt dadurch das Beduͤrfniß nach mehr als gewoͤhnlicher Inſpiration weg, die Inſpirations— muskeln werden geſchwaͤcht, die Bauchmuskeln und über: haupt die Exſpirationsmuskeln erlangen, in Gemeinſchaft mit der Schwere der Rippen und des Bruſtbeins, eine un— gehoͤrige Kraft und die Bruſt wird, indem dieſe Potenzen der Inſpiration entgegenwirken, fortdauernd an Umfang ver— mindert. Selbſt die Rippen nehmen, in Folge mangelhafter Muskeleinwirkung, an Umfang ab, was man bei verkruͤmm— 141 ten Perſonen häufig ſieht; wahrſcheinlich wird in einem ſol— chen Falle wegen unzureichendem Blutzufluſſe die erdige und gelatinoͤſe Ablagerung in denſelben beſchraͤnkt und dadurch die Subſtanz vermindert. Von dieſem Mangel an Kraft mag der Verluſt der gebogenen Form der Knochen abgeleitet werden, ein Effect, welcher vielleicht durch die feſte Anheftung der Rippen an die Wirbel und die Nothwendigkeit bewirkt wird, am Ende eines ſo langen Hebels die ganze Schwere des Bruſtbeins allein und ohne Unterſtuͤtzung der Muskelkraft zu tragen. Dieſe Anſichten moͤgen richtig ſeyn oder nicht, ſo iſt doch die Thatſache unbeſtreitbar, daß Kinder, welche ganz an der Mutterbruſt aufgezogen ſind, in der Regel einen weitern Bruſtkaſten haben, als die, welche auf irgend eine Weiſe aufgefuͤttert wurden. Hierzu kommen noch andere mehr lo— cale Urſachen, z. B., ungehoͤriger Druck auf die Bruſt, wenn die Kinder von den Waͤrterinnen immer auf dieſelbe Weiſe und ohne Bewegung getragen oder feſt eingewickelt werden. Bell und Delpech haben gezeigt, daß Krant— heiten der Bruſthoͤhle, Abceſſe ic, welche einen Subſtanz— verluſt veranlaſſen, immer die Form der Bruſt verandern. Dieſer Zuſtand iſt unheilbar, beweiſ't aber um fo mebr die Nothwendigkeit, jedes Mittel anzuwenden, um die Fune— tionen der uͤbrigen Theile der Bruſt zu verbeſſern. Meine Beobachtungen beziehen ſich hauptſaͤchlich auf die Difformitaͤten des thorax, welche in der Zeit der Kind— heit vorkommen; indeß kommt ein aͤhnlicher Krankheitszu— ſtand auch nicht ſelten in ſpaͤterer Zeit vor, in Folge der unpaffenden Anwendung von Schnuͤrleibern und andern me: chaniſchen Vorrichtungen, welche durch Druck auf die Rip— pen die natuͤrliche Thaͤtigkeit der Bruſteingeweide aͤndern, zu ausſchließlicher Zwerchfellsreſpiration nöthigen und biswei— len den Grund zu bedenklichen Krankheitsformen legen. Obgleich ich bei Behandlung dieſer Krankheit mich hauptſaͤchlich auf locale Mittel zur Herſtellung der norma— len Bruſtform verlaſſe und, in der That, beobachtet habe, daß bei den zarteſten Kindern in demſelben Verhaͤltniſſe, in welchem der thorax zu feiner normalen Form zuruͤckkehrt, auch das Allgemeinbefinden ſich beſſert, ſo will ich dadurch dennoch eine große Aufmerkſamkeit auf die Diaͤt und den allgemeinen Geſundheitszuſtand keinesweges ausſchließen. Es iſt mir von Aerzten, welche bei den durch die Be— handlung erlangten Reſultaten immer zu zweifeln geneigt blieben, der Einwurf gemacht worden, daß die Patienten zur Zeit der Pubertät von ſelbſt eine fo raſche Entwickelung der Bruſt erfahren, daß alſo das, was man in mehreren Faͤllen als Reſultat der Mittel betrachtete, nur von dem normalen Fortſchritte des Wachsthums herzuleiten ſey. Eine Vergleichung aller meiner Beobachtungen von den Ael— tern vom 5. — 50. Jahre zeigt indeß hinreichend, daß die Veraͤnderung im Umfange der Bruſt und in deren Hoͤhe nicht von der Pubertaͤtsentwickelung oder von vermehrtem natuͤrlichen Wachsthume bertuͤhren, ſondern wirklich Folge der angewendeten Behandlung ſey. Die Methode, welche ich ruͤckſichtlich der lecalen Mit: tel in dieſen Faͤllen angewendet habe, in welchen das Ruͤck— 142 grat nicht krankhaft veraͤndert war, beſtand darin, daß ich die Intercoſtalmuskeln, fo wie die mit der vordern Bruſt— flaͤche verbundenen Muskeln ſtreckte, indem ich den Kranken mit dem Ruͤcken gegen eine Holzſtange lehnte und die Arme nach Hinten ausftreden ließ. Auf dieſe Weiſe werden die Pectoralmuskeln angeſpannt und zu voller Einwirkung auf die Rippen gebracht, waͤhrend gleichzeitig die Bauchmuskeln als Antagoniſten derſelben in Thaͤtigkeit gebracht werden. Die Lage und Beſchaffenheit dieſer Muskeln kann man ſich denken, wie bei einer Perſon, welche verſucht, einen Luft- ſprung nach Hinten zu machen. In dieſer Stellung läßt man den Kranken tiefe Inſpirationen machen; außerdem laſſe ich ! — 2 Stunden taͤglich manipuliren, kneten und percutiren und damit, je nach der hervorgebrachten Wirkung, an Kraft ſteis ern. Außer dieſen Mitteln empfehle ich dem Kranken, den Koͤrper an den Armen aufzuheben und aͤhnliche Uebungen zu machen, durch welche die Thaͤtigkeit der pectorales, serrati magni und serrati postici etc. angeregt und der Hebung der Rippen und des Bruſtbeins, fo wie der da— rauffolgenden Expanſion der Bruſt die größte Ausdehnung gegeben wird. Die Wirkſamkeit dieſer Behandlungsweiſe wird natuͤr— lich ſehr von dem Alter des Patienten abhaͤngen. Sind sternum und Rippenknorpel noch nicht oſſificirt, fo kann man, ſelbſt wenn die Krankheit ziemlich lange gedauert hat, doch noch mehr erwarten, als bei Perſonen, bei welchen die Knochen bereits ihre volle Feſtigkeit erlangt haben. Man wird daher ohne Unterbrechung mit der empfohlenen Be— handlung fortfahren koͤnnen. Aber ſelbſt in den letztern Fällen laßt ſich durch Vermehrung der Muskelkraft viel zur Erleichterung der Kranken thun. Die gute Wirkung der Behandlung beſchraͤnkt ſich nicht auf die Beſeitigung der los calen Krankheit, ſondern wirkt noch guͤnſtiger auf das All— gemeinbefinden ein. Man findet jedesmal, daß in demfelben Verhaͤltniſſe, wie die Theile zu ihrer naturlichen Form zu⸗ ruͤckkebren, auch der Puls an Frequenz abnimmt; die Re— ſpiration wird voller und leichter und die Wirkung der Vers dauungsorgane regelmäßiger und natürlicher. (Pract. ob- serv. and Distort. of the spine. London 1840.) Eine neue Methode, metalliſche Gifte zu reduciren, iſt von Hrn. E. Davy, Profeſſor in Dublin, in Anwen⸗ dung gebracht. Bekanntlich hatte der verſtorbene Sir Humphrey Davy bewieſen, daß, wenn eine Metallaufloͤ⸗ ſung in den Voltaiſchen Kreis gebracht wird, das Metall ſich an dem negativen Pole niederſchlaͤgt. Hr. Prof. E. Davy hat neuerdings dieſe Art von Unterſuchungen wieder aufgenommen und bat ſich überzeugt, daß dieſes Reſultat leichter noch mittelſt einer ſchwachen Säule erhalten werde, die durch Berührung kleiner Platten verſchiedener Metalle gebildet iſt. Er hat dieß nun auf die metalliſchen Gifte angewendet, und hat ſeinen Zweck vollſtaͤndig erreicht. Der electro⸗chemiſche Apparat, deſſen er fi bediente, war aus Zink und Platina bereitet, indem dieſe Verbindung ihm die 143 einfachfte und wirkſamſte ſchien. Die Platinaplatte war 2 Zoll lang und zwei Deittelzoll breit. Die Zinkplatte wich von ein Drittel: bis ein Achtelzoll von der Platinaplatte ab. Ein oder zwei Tropfen Saͤure werden mit ein Wenig von der zu unterſuchenden Subſtanz gemiſcht, und dieſe Sub— ſtanz wird, entweder feſt oder fluͤſſig, auf die Platinaplatte gebracht; dann legt man die Zinkplaͤttchen ſo darauf, daß ſie zugleich jene Subſtanz und die Platina beruͤhrt. Seinen erſten Verſuch hat Hr. D. auf das Fliegenpul— ver, Protoxyd des Arſeniks und arſenige Saͤure angewen— det. Ein halber Gran oder weniger von jeder dieſer Sub— ſtanzen wird, mit einem Tropfen Salzſaͤure vermiſcht, auf das Platinaplaͤttchen und daruͤber das Zinkplaͤttchen gelegt. Der Arſenik iſt ſehr bald reducirt; er wird in metalliſchem Zuſtande auf die Platina niedergeſchlagen, unter der Form einer ſtrahligen Lage; ein anderer Theil bleibt in Form ganz feiner Fäden in der Fluͤſſigkeit. Auf dem Platinaplaͤttchen haͤngt der Arſenik feſt; aber er verſchwindet, wenn man ihn mit concentrirter Salpeterſaͤure beruͤhrt oder durch Erhitzung des Platinaplaͤttchens uͤber einer Alcohollampe; ſeine Ver— flichtigung giebt den gewöhnlichen knoblauchartigen Geruch Hr. Da vy hat auf dieſe Weiſe außerordentlich kleine Arſenik— quantitäten, die in einer Aufloͤſung verloren waren, ein Fünf: hundertſtel, zum Beiſpiel, reducirt. Der aͤtzende Sublimat hat daſſelbe Reſultat gegeben. Ein Tropfen waͤſſeriger Aufloͤſung dieſes Giftes iſt auf eine glänzende Kupferoberflaͤche gebracht; ein Stuͤck Zink iſt dar: aufgelegt: das Queckfilber iſt ſchnell metalliſch reducirt und das Kupfer weiß beſchlagen. Eine zuſammengeſetzte Bleiaufloͤſung wird eben ſo ſchnell in den metalliſchen Zuſtand reducirt, als das Queck— ſilber, wenn man fie auf die Oberflaͤche des Platinaplaͤtt— chens bringt und das Zinkplaͤttchen darüber legt. Die uns loslichen Zuſammenſetzungen, wie die Oxyde ıc., muͤſſen zu: voͤrderſt erſt mit verduͤnnter Schwefel- oder Salzfaͤure ver: miſcht werden Das auf dieſe Art reducirte Bei iſt ges wohnlich von grauſchwaͤrzlicher Farbe und nur wenig glaͤn— zend, ausgenommen, wenn es gedruͤckt wird, z. B., durch eine Federmeſſerklinge; alsdann wird ſein Glan; ſehr augenfaͤl— lig. Die loslichen Kupferſalze, in Waſſer aufgelöft, brau— chen, um reducirt zu werden, nur auf Platina gebracht und mit dem Zink bedeckt zu werden. In Vergiftungsfaͤllen ſtoͤßt man, wie bekannt, oft auf Schwierigkeiten, um das Gift zu entdecken, welches ſich in den Nahrungsmitteln und andern im Magen enthaltenen Subſtanzen eingehuͤllt vorfindet. Hr. Da vy hat in ſolchen Faͤl— len ſeine Methoden viel wirkſamer und einfacher gefunden, als 144 andere. Er hat abgeſonderte Miſchungen gemacht von einer kleinen Quantität pulveriſirten weißen Arſenikoxydes mit Mehl, mit Brod, mit Paſtetenteig, mit Stärkemehl, mit Reis, durch Kochen in Brei verwandelt; mit gekochten Kar— toffeln, mit Zucker, mit Syrup, mit Eſſig, mit rothem Wein und Spaniſchem Wein , Grüße, Rahm, mit dem Weißen und Gelben vom Eie, mit Fiſchſchleimaufloͤſung, mit Galle, mit Speichel, mit Blut, mit Thee, Rahm und Zucker, mit Caffee, mit Suppe, mit Erbſenſuppe und ge— kochtem Rindfleiſche. Eine Portion von jeder dieſer Mi— ſchungen wurde in einen Platinaloffel gethan und nach Be— duͤrfniß gekocht; dann hat man einige Tropfen Salzſaͤure hinzugethan und dann den Zink angelegt. Das Arſenik hat ſich augenblicklich reducirt und hat die Oberflaͤche des Loͤffels mit einem Ueberzuge verſehen, welcher bei'm Erhitzen in der Alcohollampe mit knoblauchartigem Geruche verdunſtete. Analoge Verſuche ſind mit sublimatus corrosivus, mit Bleizucker, mit ſchwefelſaurem Kupfer angeſtellt welche mit verſchiedenen Subſtanzen gemiſcht waren und ſtets daſ— ſelbe Reſultat, die Abſcheidung des Giftes in metalliſchem Zuſtande, gegeben hat. Miscellen. Die Ausdehnung, welche in kurzer Zeit die Ope⸗ ration der fubcutanen Sehnendurchſchneidungen er— langt hat, ergiebt ſich aus folgendem Verzeichnſſſe der von Herrn Guerrin ausgefuͤhrten Operationen. Dieſer durchſchnitt: 1) am Halſe den sternocleidomastoideus, trapezius, levator scapulae, splenius, complexus, cervicalis ascendens; 2) am Ruͤcken den trapezius an feiner Inſertion an die scapula, den rhomboideus, latissimus dorsi, sacrolumbalis, longissimus dorsi und die in- tertransversarii; 3) an den oberen Extremitaͤten den deltoideus, biceps, supinator longus, flexor carpi radialis, flexor carpi ul- naris, Axor digitorum sublimis und extensor digitorum com- munis: 4) an den unteren Ertremitäten: Psoas und iliacus, ad- ductor longus, sartorius, rectus femoris, tensor fasciae latae, glutaei. bierps, semitendinosus, semimembranosus, tendo Achil- lis tibialis anticus et posticus, langer und kurzer Zehenbeuger, die extensores, abfluctores und adductores und die peronaei; 5) von den Fascien und Ligamenten die fascia lata und aponeurosis plan- taris, das Sternoclavicularband, die Schultergelenkkapſel, die Huͤftgelenkkapſel, die ſeitlichen Kniebänder, die ſeitlichen und das hintere Sprunggelenkband, die Gelenkkapſeln des Sprunggelenks und des Gelenks zwiſchen den os naviculare und cuneiforme. (Gazette wed., Nr. 22.) Zur Behandlung der orchitis empfiehlt Velpeau drei bis vier Tage hintereinander taͤglich zwei bis drei Einſtiche mit der Spitze einer Lancette, welche etwa zwei Linien tief einge— ſtochen wird; dabei fließt etwas serum aus und vermindert ſich jedesmal die Spannung und Haͤrte; in der Zwiſchenzeit werden Cataplasmen angewendet. (Gazette des Höp., Nr. 8.) Necrolog. — Der ſehr verdiente Profeſſor der Chirurgie zu Leipzig, Dr. C. A. Kuhl, iſt am 21. Auguſt geſtorben. Bibliographische Portraits of Game and wild Animals in Southern Africa. By Captain W. Cornwallis Harris ete., drawn on stone by Frank Howard. Part. I. London 1840, Imp. Fol. (Es werden fünf Theile erſcheinen. Histoire naturelle des végétaux. Phanérogames. Par M. Ed. Spach. Tome IX, Paris 1840. 8. N eig kei een. Formulaire pharmaceutique egyptien, ; militaires, des établissemens, des corps et de la marine, digé par le conseil général de santé. Paris 1840. 8. a usage des höpitaux Re- Memoire sur les revaccinations , de médecine, Par J. M. Sedillot. présenté à Pacadémie royale Paris 1840. 4. M. 4 Kpfr. —— —— Menue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, aelommelt und mitgerdent von dem Ober- Medisinalrarhe Freren in Weimar, und dem Dediemalrarde und Profefer Freren gu Behn. Ne. 318. Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. (Kr. 10. des XV. Bandes.) preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Hthir. oder 3 Fl. 36 Kr., Auguſt 1840. des einzelnen Stückes 3 gar. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel coterirte Abbildungen 6 ggl. Nanu r Ueber die Entſtehung der Eingeweidewuͤrmer. Ein vom Hrn. Profeſſor Eſchricht aus Kopenhagen in der Ver— ſammtung Scandinaviſcher Naturforſcher und Aerzte in Gothen— burg im J. 1839 gehaltener Vortrag. Die Frage, „woher die Eingeweidewuͤrmer ihre Entſtehung haben“, iſt, je nachdem man eine Urzeugung (generatio aequivoca) entweder annahm, oder nicht, dald ſo beantwortet worden, daß ſie von ſelbſt im Innern des Koͤrpers entſtaͤnden bald fo, daß ſie von Außen ber mit den Nahrungsmitteln oder der eingeathmeten Luft kämen. Als die Lehre von den Eingeweidewuͤrmern am Schluſſe des vorigen und am Anfange des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts durch Goͤze, Zeder, Rudolphi, Bre m— ſer eine wuͤrdige Stufe in der Reihe der Naturwiſſenſchaf— ten erreicht hatte, zeigte es ſich, daß die Eingeweidewuͤrmer eigene, von allen im Freien lebenden Wuͤrmern voͤllig ver— ſchiedene Thiere ſind, daß ſie nicht allein im Darmcanale, ſondern auch im Zellgewebe, in den Muskeln, dem Gehirne, der Leber, den Nieren, dem Blute — kurz, in vielleicht allen Theilen des Koͤrpers vorkommen; ferner, daß die in dem einen Thiere lebenden Eingeweidewuͤrmer, in der Regel von denen in einem andern lebenden verſchieden ſind, und daß, in der Regel, ſogar in den verſchiedenen Organen eines und deſſelden Thiers ganz verſchiedene Wuͤrmer leben. Hierbei wurde es zugleich offenbar, daß, z. B., ein Spul- oder Bandwurm, der ſich zuerſt im Darme eines Menſchen zeigt, dafern er nicht von felbſt entſtanden iſt, nothwendig der Abs koͤmmling eines andern Spul- oder Bandwurmes im Darme eines andern Menſchen ſeyn muß. Zu einer folchen Annah— me konnte kein Helminthologe ſich verſtehen, und zwar um ſo weniger, als ſie in Bezug auf die im Gehirne oder im Blute lebenden Wuͤrmer gaͤnzlich unannehmbar erſcheinen mußte. Alle Helminthologen waren deßwegen erklaͤrte Vertheidiger der Urzeugung, und die Aerzte, welche noch an ein Hinein⸗ gelangen der Eingeweidewuͤrmer von Außen glaubten, thaten dieß vielleicht großentheils aus Unkenntniß der ſicherſten hel—⸗ minthologiſchen Satze. 0 No. 1418. Uu nere. Durch Ehrenberg's berühmte Entdeckungen Über die Infuſionsthiere im Jahr 1830 erhielt die ganze Lehre von einer Urzeugung einen gewaltigen Stoß, und ein großer Theil ihrer Anhaͤnger hielt ſie wenigſtens nicht mehr fuͤr anwendbar auf die Infuſionsthiere, fo daß die Eingeweide— wuͤrmet nun faſt allein noch als die Thiere uͤbrig waren, bei denen man das Stattfinden der Urzeugung annehmen mochte. Fragen wir, welche Entdeckungen bei den Infu— ſionsthieten es denn eigentlich waren, welche fo Viele bewo— gen, die Annahme einer Urzeugung ruͤckſichtlich jener aufzu— geben, ſo muß man antworten: 1) diejenige, daß die In— fufionsthiere beſtimmte Arten bilden, welche unter denſelben Formen immer wieder vorkommen; 2) die, daß ihr Bau ſehr zuſammengeſetzt iſt, und 3) die, daß ſie eine große Fruchtbarkeit beſitzen. Sonderbar muß es denn genannt werden, daß alle dieſe Erfahrungen, welche gegen die Annahme der Urzeugung der Infuſionsthiere angeführt werden, ſchon lange rüdficht: lich der Eingeweidewuͤrmer gemacht worden ſind. Daß auch dieſe beſtimmten Arten angehoͤren, welche unter denſelben Formen immer wieder vorkommen, iſt ein Fundamentalſatz der Helminthologie Ihr zuſammengeſetzter Bau iſt ſchon lange, wenigſtens für gewiſſe Ordnungen, befonders die der Trematoden und Nematoideen, nachgewieſen worden, und was den dritten Punct betrifft, nämlich die Fruchtbar— keit, fo kann wohl kaum irgend ein Infuſſonsthier, oder ir gend ein Thier überhaupt, ſich darin mit den Eingeweide— wuͤrmern überhaupt meffen. Dieſer letztere Punct ſcheint deſonders von Wichtigkeit zum Loͤſen der Aufgabe, ob die Eingeweidewuͤrmer von ſelbſt oder nur als Abkoͤmmlinge gleichartiger Eingeweidewuͤrmer entſtehen. Im erſten Falle wuͤrde eine ſolche Fruchtbarkeit offenbar uͤberfluͤſſig, im letztern dagegen muͤßte ſie hoͤchſt nothwendig ſeyn, um den unzaͤhligen Verluſten zu begegnen, welche ein fo bedenklicher Verſach, wie der, die Abkoͤmmlin— ge aus einem Individuum in ein anderes zu bringen, mit ſich führen wuͤrde. Ich habe deßwegen eine Reihe von Unterſuchungen über dieſen Punct angeſtellt, welche der Ge⸗ 10 147 genſt and mehrerer verſchiedenen Abhandlungen werden moͤchten; hier will ich mir nur eriauden , diejenigen Reſultate derfelden darzules gen, welche die obige Frage am beſten beantworten koͤnnen. Bei'm Spulwurme beſtehen die weiblichen Fortpflanzungsor— gane, wie bekannt, aus einer Rohre, welche ſich dicht an ihrer Ausmundung gabelfoͤrmig in zwei ſehr lange Zweige theilt, welche nach und nach außerordentlich dunn werden. Die Roͤhre beſteht in ihrem ganzen Verlaufe aus mehreren Häuten, namentlich einer aͤußeren, ſtark fibroſen und einer innern, mucöfen, zwiſchen welchen zwei Schichten von Muskelfaſern liegen, von denen die eine nach der Länge, die andere nach der Queere verläuft. Die Röhre iſt jedoch nur eine Scheide für den eigentlichen Eierſtock. Dieſer it ein langer, ſchmaler Körper in der Axe der Rohre, welcher bei'm Heranwachſen der Eier nach allen Seiten ausſproßt, wie dieß im Allgemeinen bei allen Eierlegern geſchieht. Die die Eier einſchlie— ßenden Ausſproſſungen, calices, liegen ungemein dicht an einan— der und nehmen die Form eines Keils als diejenige an, welche der groͤßtmoͤglichen Anzahl ertaubt, um den ſtrangformigen Eierſtock herum zu ſitzen. Ihre Zahl iſt fo übermäßin groß, daß man ſie kaum bis auf einige Millionen mehr oder weniger wird berechnen konnen; aber etwa 50 Millionen ſcheinen herauszukommen, wenn man nach der Laͤnge und Breite der Rohre im Verhaltniſſe zur Groͤße der Eier rechnet. Im unterſten, weitern Theile jedes der Roͤhrenzweige, welchen man die Gebaͤrmutter neunen kann, liegen die Eier loſe zwiſchen unzähligen langen Faſern auf der Schleim: haut. Sie haben hier eine ovale Form und ſind mit einer harten Schaale und um dieſe herum noch mit einer Schicht durchſichtiger Koͤrner verſehen. Vielleicht wird Jemand, welcher annimmt, daß die Spulwuͤr— mer von ſelbſt entſtehen, und daß alle dieſe Eier demnach von keinem Nutzen ſeyen, bezweifeln, daß jene keilfoͤrmigen und ovalen Körper wirklich Eier ſeyenz aber dieſer Zweifel muß in jedem Falle wegfallen, wenn man bei den verwandten Arten, z. B., bei dem Luftroͤhrenwurme des Meerſchweins (Strongylus inflexus), in jedem jener Eier ſchon im Mutterleibe ein lebendiges Junges fin— det. Es iſt alſo gewiß, daß jeder einzelne weibli ve Spulwurm innerhalb einer gewiſſen Zeit viele Millionen Junge hervorbringt. Es iſt ferner gewiß, daß nur Außerjt wenige derſelben beſtimmt ſeyn koͤnnten, ſich in demſelben Koͤrper zu entwickeln; denn es ſinden ſich kaum jemals zwanzig bis dreißig Spulwuͤrmer, ge— ſchweige 20 bis 30 Millionen derſelben, in einem Individuum. Nehmen wir alſo ſelbſt an, daß, obgleich einer von jenen zwanzig von ſelbſt, doch die uͤbrigen neunzeyn nicht auf dieſelbe Weiſe, ſon— dern als Abkoͤmmlinge des erſten entſtanden ſeyen, — welches un— laͤugbar ſehr unwahrſcheinlich iſt, — fo ſteht doch jene übermäßige Fruchtbarkeit als ein ſonſt in der Natur nicht vorkommendes Bei— ſpiel von Zweckloſigkeit da, fo lange mir an der Urzeugung feſt halten. Dieß gilt noch weit mehr von den Bandwürmern, Von dieſem kommt ſelten mehr, als ein einziges Individuum im Darme eines Menſchen vor; über drei oder vier hat man vielleicht nie ger funden. Für dieſe Bandwuͤrmer iſt alfo, unter der Vorausſetzung ihres Entſtehens durch Urzeugung, jede Fortpflanzung ganz uͤberfluſſig. Nichtsdeſtoweniger iſt ihre Fruchtbarkeit vielleicht eben fo groß, wie die des Spulwurms. In jedem ihrer Tauſende von Gliedern fin— den ſich Tauſende von Eiern und eine Menge von Organen zu de— ren Bildung; in jedem außerdem ein penis und eine Anzahl von Organen zur Abſonderung, Aufbewahrung und Ausführung des Saamens. Doch es wird unmöglich deutlich zu machen ſeyn, in welchem Grade dieſes Uebergewicht der Fortpflanzungsorgane ſtatt— findet, ohne beiſpielsweiſe eine detaillirtere Beſchreibung derſelben von einer einzelnen Art zu geben. Der bei den Ruſſen, Polen und Schweizern gemeine breite Bandwurm, Bothriocephalus latus, hat in jedem Gliede einen aus einer zuſammengerollten Röhre beſtehen— den Eierbebälter und einen bisweilen bervorhängenden Faden, penis. Von Verdauungsorganen war bisher gar nichts bekannt ge— worden. Ich wurde auf einige gelbe Flecken aufmerkſam, welche ſich in einigen der hinteren Glieder befanden und ergab mich der Hoffnung, hier eine Art von Maͤgen zu finden, welche mit Nah: 148 rungsſtoffen gefüllt wären. Bei der genaueſten Unterſuchung zeigte es ſih aber, daß dieſe gelben Flecken Druſen waren, von denen ſich ſtets etwa 1600 in jedem Gliede dicht unter der Haut finden, welche aber in dieſen Gliedern ungewoͤhniich ſtark angefullt waren. Danachſt zeigte es ſich, daß dieſe Druſen ihre Feuchtigkeit in eine Menge von Zweigen ergießen, welche ſich nach und nach in zwei Hauptgaͤnge ſammeln, die in den Eierbehalter ausmünden. Dieſe Druſen mußten nun für Eierftöde oder fur Teſtikeln gehalten wer— den; aber bei näherer Unterſuchung fand es ſich, daß ihre Abſonde— rung in einer dicken, gelben Feuchtigkeit beſtand, welche ſich in den ſchon mit Eiern angefullten Eierbehatter ergoß; es fand ſich, daß alle Eier durch fie zu harten, runden Klumpen zuſammengeklebt werden, und daß dieß kurz zuvor geſchieht, che die Glieder ſich losreißen, oder in der Mitte berſten, und die Eier ausfallen laſſen. Außerdem befanden ſich in jedem Gliede zwei Eierſtocke, in welchen ſich die Dotter bilden, eine Druͤſe, aus welcher dieſe vermuthlich mit dem Eiweiße verſehen werden und eigene Drüfen fur die Kalkſchaale der Eier, endlich noch in jedem der 1000 Glieder etwa 700 ODruſen, welche, aller Wahrſcheinlichkeit nach, zu den maͤnnli— chen Zortpflangungsorganen gehoͤren, und vielleicht als Teſtikeln be— trachtet werden muſſen, zwei lange, gewundene Gänge, die in eine eigene Blaſe ausmunden, in welcher der penis zurückgezogen liegt, und aus welcher er durch einen eigenen Mechanismus hervorgetrie— ben wird. Alle dieſe Organe muͤſſen für ganz unnütz gehalten were den, fo lange man annimmt, daß dieſe Bandwürmer durch eine Urzeugung entſtehen. So lange wir an dieſer Lehre feſthalten, ſe— hen wir hier nichts, als Unzweckmäßigkeit; ſobald wir fie verwer— fen, kommt Plan und Ordnung in die ſaͤmmtlichen Thatſachen. Die ungeheuer großen Schwierigkeiten, welche damit verbunden ſeyn muſſen, jene Millionen von Eiern zu einem anderen Menſchen hinuͤberzufuhren, koͤnnen nur durch die unmaßige Menge, in wel— cher ſie vorkemmen, aufgewogen werden. Dieſe Eier waren nicht beſtimmt, in demſelben Individuum zu bleiben. Sobald ſie reif find, werden fie von einer eigenen Maſſe ineruſtirt, die in mehrern Hunderttauſenden eigner Druſen verarbeitet war, und jetzt erſt werden ſte durch das Berſten oder das Abreißen des Gliedes ausgeſtoßen und aus dem Körper geführt, ſicher genug zu einer langen und gefahrvollen Reife beſtimmt, welche übrigens noch vollig unbe— kannt iſt. Bei einem andern Bandwurme habe ich es zu ermitteln ge— ſucht, wie ſich dieſe Thiere zuerſt zeigen und wie ſie ſich ernähren und erwachſen. — In den Seeſcorpionen (Cottus Scorpius) lebt ein eigner Bandwurm, Bothriocephalus punctatus, fo häufig, daß ich ihn unter 102 nur bei vier fehlend fand. Er ſitzt immer mit der Spitze des Kopfes an der Schleimflähe der Darmanbange (ap- pendices pyloricne) befeſtigt; bloß im Darme findet man dieſe Wurmer nur, entweder wenn die Serfcorpione todt, oder wenn ſie ſelbſt krank ſind (wie auch verfolgt von einem andern Eingeweide— wurme, wovon ich zwei Beiſpiele gefunden habe), oder endlich in gewiſſen Fallen, in denen der ganze Körper (das will ſagen, alle Glieder) vom Kopfe abgeriſſen wird, und dieſer dann an der er— wähnten Stelle feſtgeheftet ſitzen bleibt. Dieß geſchieht ſehr all— gemein mitten im Sommer, und alle abgeſtoßenen Glieder finden ſich dann voll von Eiern. In den Darmanhaͤngen finden ſich dann einzelne Köpfe, aber außer dieſen auch Kopfe mit mehreren oder wenigeren Gliedern, durch welche es moͤglich wird, die Art und Weiſe ihres Erwachſens zu verfolgen. Die Anzahl der Glieder nimmt immer zu, aber nicht ſo, daß nach dem einen ſtets das andere hervorwuͤchſe, in welchem Falle die hinterſten Glieder im— mer die juͤngſten ſeyn müßten. Im Gegentheile zeigt ein einziger Blick auf jeden Bandwurm ſogleich, daß die binteriten Glieder im— mer die aͤlteſten und die vorderſten, oder die zunächſt dem Kopfe ſitzenden immer die jüngften find. Jene find größer, gefüllt mit Eiern und zum Abſtoßen reif, oder bereits geborſten; dieſe jind, je naͤher dem Kopfe, deſto kleiner, zarter, ohne Eier. Zufolge dieſes Verhaltens kann man ſogar an einem einzigen Bandwurme die ſtufenweiſe Entwickelung der Glieder und dabei aller in den: ſelben liegenden Organe ſtudiren, indem man jene von dem Kopf: ende bis zum hinterſten Gliede verfolgt. Die Gliedervermehrung muß demzufolge vorn vor ſich gehen, das will ſagen, zunaͤchſt hin- 149 ten am Kopfe, und wie fie dort vor ſich geht, ſieht man ziemlich deutlich an den Gliedern ſelbſt. Die vorderen Glieder find namlich keineswegs alle gleich lang oder gleich ſcharf von einander getrennt. Bei genauerer Betrachtung findet man gemeinhin jedes zweite Glied ſehr ſcharf durch ſeine flärker vorſpringenden Kanten begraänzt. Von dieſen ſchärferen Gliedern iſt wieder jedes zweite, und befons ders jedes vierte, alſo jedes achte in der Reihe, ungleich ſchaͤrfer. Oder, mit anderen Worten, acht Glieder bilden zuſammen ein großes Glied, welches durch eine ſchwächere Qucertheitung in zwei getheilt iſt, jedes von dieſen durch eine noch ſchwaͤchere Qucerthei— lung wieder in zwei, und dieſe endlich durch eine bisweilen ganz undeutliche Queertheilung auf's Neue in zwei. Dieſemzufolge koͤn— nen wir kaum Anſtand nehmen, uns die Gliederbidung als auf folgende Weiſe vor ſich gehend zu denken: Vom Kopfe aus bildet ſich zuerſt ein ganz kurzer, ungetheilter Körper. Dieſer ſchnürt ſich durch eine Queertheilung in zwei Glie— der ab, jedes von dieſen wieder in zwei, und fo ferner, aber doch immer um deſto häufiger, je naher dem Kopfe, und in einer kur— zen Entfernung vom Kopfe bört die Abſchnurung ganz auf. Waͤhrend des Abſchnürens waͤchſt jedes Glied bedeutend, fo daß jedes der neugebildeten Glieder bald eben fo groß wird, wie das a tere Glied, durch deſſen Theilung es entſtand. Innerhalb der Glieder bilden ſich während jenes Wachſens im Anfange nur die Grundtheile des Körpers (Urzellen) und die Nahrungsgefäße, fürs ner eine Verlängerung des doppelten Nahrungscanales, welcher von der Kopfipige ausgeht. Endlich bildet ſich noch eine ſehr un— vollkommene Anlage zu den Fortpflanzungsorganen; aber erft bei'm Aufhoͤren der Queertheilung ſchreitet deren Entwickelung außerorr dentlich raſch vorwärts. Kann man nun auch annehmen, daß dieſe Veränderungen bei den Bandwürmern, ven ihrer fruͤheſten Lebensperiode an gerechnet, vor ſich gehen, fo iſt es doch, wenigſtens für den Bandwurm des Seeſcorpions, hinlänglich ausgemacht, daß fie ſich bei jedem Individuum jahrlich wiederbolen. Dieſe ganze Reihe von Veränderungen iſt nämlich gerade bei ſolchen Individuen beob— achtet worden, welche offenbar ſchon die ganze Kette mit reifen Eiern uͤberfullter Glieder abgeſtoßen hatten. Dich geſchah mitten im Sommer. Die Gliedervermehrung dauerte danach noch den ganzen Herbſt hindurch fort; im Winter fand ich, daß die Wur— mer ſchon ihre ganze Ränge hatten, fand auch die Fortpflanzungs⸗ organe vollig ausgebildet, aber noch keine Spur von Eiern. Dieſe begannen erſt in den Bandwuͤrmern derjenigen Seeſcorpione ſich zu zeigen, welche im Februar und Maͤrz gefangen wurden, und vermehrten ſich nun in einer außerordentlich ſtarken Progreſſion in den Fruͤhlingsmonaten. In allen diefen Ruͤckſichten zeigt ſich eine mannichfache Ana: logie mit dem Pflanzenleben. Der ſogenannte Kopf kann zunädft mit einer knollichten Wurzel verglichen werden, indem er, an der Schleimflaͤche befeſtigt, wie die Wurzel in der Erde, die Nah: rungsfeuchtigkeiten für die mehr und mehr heranwachſenden Glie— der einſaugt. Jedes Glied iſt ein abgeſchtoſſenes Ganzes, in jedem wiederholt ſich derſelbe complicirte Bau; nur find die Nahrungs- candle, welche von der Wurzel (dem Kopfe) ausgehen, allen ger meinſchaftlich. Die abgeriſſenen Glieder koͤnnen leicht erfigt wer: den, ſolange das allgemeine nahrungaufnehmende Organ unbefchä: digt iſt; das Ausſtoßen dieſes Organes (des Kopfes) aber macht eine fernere Entwickelung von Gliedern unmoͤglich. In den frübes ren Perioden des Organismus zeigen ſich nur die zur Ernaͤhrung gehorenden Organe; aber ſehr fruͤh wird die Bildung der Fort— pflanzungstheile vorbereitet. Die ganze Gliederbildung iſt eigentlich nur auf ein Vervielfältigen der Eier berechnet, wie bei den Pflan— zen die Bluͤthenbildung auf eine Vervielfältigung der Saamenkoͤr— ner; ſobald die Eier reif und mit den beſchuͤtzenden Stoffen umge— ben ſind, werden ſie ausgeſtoßen, und die Glieder, in denen die Eierbildung vollendet iſt, fallen ab, — wie die Bluͤthen oder viels mehr, wie die jährigen Pflanzen verwelken, wenn die Saamen reif ſind. Aber der Kopf bleibt an der Schleimflaͤche ſigen, wie die knollichte Wurzel im Erdboden, und eine neue Reihe von Glie— dern mwächft jährlich hervor, wie eine jährlih aus der Wurzel her— vorſproſſende Pflanze. 150 Nehmen wir nun an, daß die Eier des Bandwurms, wie die Saamen der Pflanzen, ausgeftoßen werden, um unter günſtigen aͤußeren Einwirkungen ausgebrutet zu werden und anderen Indi⸗ vidurn neue Abtömmlinge zuzuwenden; fo zeigt ſich in jener ganz zen Reihe von Lebeneaußerungen dieſelbe Harmonie, dieſelbe Kür: forge der Natur für die Erhaltung der Art, wie wir fie in der Natur uberhaupt gewohnt und, zu finden, Nehmen wir cagegen an, daß keines von dieſen Eiern in anderen lebenden Individuen ousgebrutet werden koͤnne, fo können von allen Tauſenden, oder Millionen, von Eiern des Bandwurms, zu deren Bildung und Bewahrung faſt feine ganze Lebenskraft verwandt worden iſt, hoͤch⸗ ſtens einige ſehr einzelne überhaupt ausgebrütet werden, namlich in demſelben Thiere — und ſelbſt dieß wurde, bei der Annahme einer Urzeugung des Mutterthieres, höchſt un wahrſcheinlich ſeyn; — alle ubrigen dagegen, namentlich alle die, welche in die innerhalb Tauſender von Druſen abgeſonderte Maſſe eingetüllt find, oder vermuthlicherweiſe alle mit einander, muſſen bestimmt ſeyn, zu vergeben, das beißt, fie muſſen gar keine Beſtimmung haben, ein Reſultat, welches offenbar von einem Fehler in jener Annahme ſelbſt zeugt. Durch dieſe Erfahrungen werden wir demnach veranlaßt, zu glauben, daß die Eingeweidewuͤrmer ſich wirklich, wie andere Thiere, fortpflanzen, daß, z. B., kein Menſch einen Spul- oder Bandwurm in feinen Eingeweiden bekomme, obne daß dieſer der Abkoͤmmling eines ſolchen in einem anderen Menſchen fen. Die Wurmkrankheiten müffen demzufolge anſteckend ſeyn. Diaß wi: derſtreitet freilich der allgemeinen Meinung, aber keineswegs der Erfahrung. Der Spulwurm kommt nicht allein bei'm Menſchen vor, ſondern auch bei mehreren Thieren, und dieſe ſind gerade — Hausthiere: Pferd, Rind, Schwein, Hund und Katze. Vergebens wird man dieß aus einer Gleichheit der Nahrungsmittel, oder der Temperatur, erklären; es erktärt ſich nur aus den gemeinſchaftti— chen Aufenthbaltsſtellen. — Der in Rußland, Polen, der Schweiz vorkommende Bandwurm iſt ganz von dem bei uns, in England und dem nordweſtlichen Europa überhaupt vorkommenden verſchie— den. Auch dieß wird man vergebens aus einer Verſchiedenheit in der Lebensweiſe, oder der Abſtammung zu erklären ſuchen; es er— klaͤrt ſich nur aus der Verpflanzung dieſer Schmarotzerthiere aus einem Menſchen in einen anderen. Zu noch größerer Bekraͤftigung dieſer Annahme habe ich gefunden, daß die Neger-Sclaven auf St. Thomas denſelben Bandwurm haben, wie die Dänen und Engländer; welche Menſchen aber koͤnnen wohl unter verſchieden— artigeren äußeren Einfluͤſſen leben, oder mit einander weniger vers wandt ſeyn, als die Neger-Sclaven in Weſtindien und ein nord— europaͤiſcher Bürger! Auch werden die in der Leber hauſenden Sauamürmer (Disto- ma hepaticum) und ſelbſt die im Gehirne der Schaafe lebenden Blafenwürmer (Coenurus cerebralis) als Landplagen, wegen ibrer verheerenden Verbreitung, betrachtet. Zwar kann dieß zur Noth aus ſchaͤdlichen äußeren Verhältniſſen, welche allen gewein ſind, z. B., ſchlechtem Futter, feuchten Waiden und dergleichen mebr erklaͤrt werden; aͤhnliche Erklaͤrungen aber werden von verſchſede— nen Aerzten auf die Verbreitung faſt jeder Seuche, z. B., der Cho— lera, Peſt u. ſ. w., angewandt. Aber auf welche Weiſe follte ein Eingeweidewurm feine Nach— kommenſchaft aus den Eingeweiden eines Menſchen in die eines an— deren binüberfcaffen ? Als ob deraleichen Fragen ſich beantworten ließen, ehe uns die Erfahrung die Antwort in die Haͤnde gegeben haͤtte! Als ob die Natur in ihrer Fuͤrſorge für die Erhaltung der Arten nicht eine Mannigfaltigkeit zeigte, welche alle Phantaſie überſteigt, nicht oft Mittel anwendete, die zu erratben unmöglich ſeyn würde, oder, wenn fie Jemand errieth, einſtimmig für ungereimt erklärt wur— den. bis man ſah, daß fie wirklich ſtatt hatten. Nehmen wir, z. B., die Pferdebremſe (Oestrus Equi), welche ihre Eier auf die Haut des Pferdes, doch nur an ſolche Stellen des Körpers, legt, welche das Pferd mit der Zunge zu belecken pflegt. Die Eier verurſachen ein Jucken, werden von der leckenden Zunge aufge⸗ nommen und durch den Mund und die Speiferöhre in den Magen 10 * 151 gebracht. Hier werden die Larven aufgezogen unb befeftigen ſich, als Puppen, an der Schleimflaͤche des Magens. Endlich werden fie durch den ganzen Darmcanal hindurchgetrieben und mit den Unreinigkeiten ausgefuͤhrt, wonach ſie als volkommene Bremſen davonfliegen. Weſſen Phantaſie waͤre wohl auf dieſe Geſchichte verfallen, wie würde man wohl dem geglaubt haben, deſſen Ein: bildungskraft auf ſie verfallen waͤre? Die Frage alſo: welchergeſtalt die Eingeweidewuͤrmer in an— dere Individuen gelangen? laͤßt ſich nicht im Voraus beantworten, ſondern nur durch mühfame Nachforſchungen bei einzelnen Arten; denn es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß hier eine eben ſo große Ver— ſchiedenbeit herrſche, wie in der Claſſe der Inſecten. Es iſt daher auch nicht zu verwundern, daß die Frage noch weit entfernt, wie es ſcheint, von ihrer Beantwortung iſt; denn erſt in der aller— neueſten Zeit hat man dergleichen Unterſuchungen begonnen. So lange man ſich mit der gewoͤhnlichen Antwort begnuͤgen ließ, daß die Würmer ohne Zweifel mit den Nahrungsmitteln oder der ein— geathmeten Luft hineinkaͤmen; ferner, ſo lange man ſich mit dem Ausſpruche befriedigen ließ, „ſie kommen von ſelbſt, durch eine Generatio spontanea s. aequivoca,“ war keine Verankaſſung da, nachzuſpuͤren; die Sache aber gehört ſicher zu den verſteckteſten, welche nicht ohne Forſchung aufgedeckt werden wird und noch we— niger ohne Forſchung in dem feſten Glauben, daß ſie ſich werde aufdecken laſſen — alſo mit dem völligen Zurückweiſen einer Urzeugung. Was man bisher ruͤckſichtlich der Wege und Huͤlfsmittel, durch welche die Eingeweidewuͤrmer zu anderen Thieren hinübergelangen, gefunden hat, fuͤhrt nux zu dem vorher aufgeſtellten Satze, daß jene nämlich außerordentlich verborgen ſeyen. Man hat gefunden, daß die Eingeweidewuͤrmer ganz allgemein Verwandlungen (Metamorphoſen) durchlaufen und daß ſie, wenigſtens zum Theil, ihren Aufenthaltsort verändern. Die erſtere Regel wird dadurch bewieſen, daß in allen Faͤllen, in welchen die Eingeweidewuͤrmer lebende Junge gebären, oder Eier mit ſchon einigermaaßen ausgebildeten Jungen legen, dieſe Jungen dem Mutterthiere ſehr unaͤhnlich, oft ſogar ohne alle Aehnlichkeit mit demſelben, obgleich ſich untereinander voͤllig gleichend, ſind. Fuͤr die zweite Regel kann die lange bekannte Erfahrung von der Ligula und dem Bothriocephalus solidus zum erlaͤuterndſten Bei— ſpiele dienen. Dieſe Bandwuͤrmer finden ſich im Unterleibe ge— wiſſer Fiſche (Karpfen, — Stichlinge), haben aber dort weder je— mals ausgebildete Fortpflanzungsorgane, noch Eier. Werden da— gegen die Fiſche, in welchen ſie leben, von Waſſervoͤgeln perſchlun— gen, ſo gedeihen nicht allein die Wuͤrmer in den Gedaͤrmen dieſer Voͤgel, ſondern erlangen dort ſogar erſt die voͤllige Ausbildung ihrer Fortpflanzungsorgane und reife Eier in eben dem Uebermaaße, in welchem dieſe Wuͤrmer ſie im Allgemeinen haben. Man ſcheint hiernach zu dem Schluſſe berechtigt zu ſeyn, daß dieſe Wuͤrmer nicht allein in den Eingeweiden verſchiedener Thiere (gegen die ge— woͤhnlich aufgeſtellte Regel) gedeihen konnen, ſondern nothwendi— gerweiſe aus den Eingeweiden eines Thieres in die eines anderen hinuͤberwandern muͤſſen, um ihre normalen Lebensperioden zu durch— laufen. Von mehreren Würmern weiß man, daß ſie im jüngeren Alter im Blute, ſpater im Darmceanale deſſelben Thieres leben. Die allgemein bekannte Erfahrung, daß die Fiſche zu gewiſſen Zeiten des Jahres Würmer im Fleiſche haben, deutet ſtark auf ähnliche Wanderungen der Eingeweidewuͤrmer hin. Iyzwiſchen find dieſe Erfahrungen nur Winke, welche zu naͤ— heren Unterſuchungen aufmuntern moͤgen. Daß unerwartete, nicht vorausgeſehene Thatſachen ſich im Verfolgen jener Spuren zeigen werden, iſt kaum zu bezweifeln. Wie häßlich uns auch die Ein— geweidewuͤrmer in ihren Formen und ihrer Lebensweiſe vorkommen moͤgen, ſo duͤrfte doch eine genauere Kenntniß der Huͤlfsmittel, welche die Natur ihnen darreichte, um ihre Nachkommenſchaft zu erhalten wohl fo viel Intereſſe, als der ganze Haushalt der Ju ſecten, darbieten. Zur Erlangung dieſer Kenntniß iſt es jedenfalls 152 am dienlichſten, die ganze Lehre von einer Urzeugung zu verwer— fen. Wir werden dann bei der Unterſuchung, woher dieſe Schma— rogerthiere kommen mögen, wenigſtens die Hoffnung haben, moͤg— licher weiſe ihre verborgenen Wege aufzufinden, und durch dieſe Hoffnung wird die ganze Unterſuchung erſt ihren ſtaͤrkſten Reiz und ihre wahre Kräftigung erhalten (Föchandlingar vid det af skandinaviska Naturforskare och Läkare hallna möte i Göthe- borg är 1839. Götheb. 1840.) Miscellen. In Beziehung auf die magnetiſirende Kraft der mehr refrangibelen Sonnenſtrahlen haben die Herren George James Knox und Rev. Thom. Knox neuerdings Expe— rimente angeſtellt und die Reſultate der Royal Iris! Academy mitgetheilt: Profeſſor Morichini zu Rom war der Erſte, wel— cher beobachtete, daß Stahl, den violetten Strahlen des Solar— Spectrums ausgeſetzt, magnetiſirt wird. Aehnliche Verſuche wur— den 1824 von Chriſtie angeſtellt, aber die genaueſten Verſuche über dieſen Gegenſtand find 1825 von Mad. Somerville ange- ſtellt worden, welche darthat, daß nicht allein Violett, ſondern In— digo, Blau und Grün in dem bloßgelegten Ende einer Nadel Magnetismus entwickeln, waͤhrend Gelb, Orange keine merkliche Wirkung hervorbringe. Da viele Phyſiker bei der Wiederholung der Experimente die Reſultate der Mad. Somerville nicht hats ten erlangen koͤnnen, fo nahmen die Herren Knox den Gegenſtand von Neuem vor. Nachdem ſie ſich mehrere Hundert Nadeln von verſchiedener Länge und Dicke verſchafft, und ſich verſichert hatten, daß ſie völlig frei von Magnetismus ſeyen, umhullten ſie ſelbige mit weißem Papier, ſo daß ſie eins der Enden der Nadel unbe— deckt ließen. Nun benutzten fie einen guͤnſtigen Tag zu Verſuchen über die chemiſchen Strahlen ewas man aus den wenigen Secun— den erkennt, in welchen ſalzſaures Silber geſchwärzt wird); ſie brachten dann die Nadeln unter rechtem Winkel zu dem magne— tiſchen Meridian, und ſetzten ſie fuͤr drei Stunden, von 11 bis 1 Uhr, den verſchiedentlich refrangibelen Sonnenſtrahlen unter far— bigen Glaͤſern aus. Diejenigen unter dem Noth, Orange und Gelb zeigten nicht eine Spur von Magnetismus, waͤhrend die unter Blau, Grun und Violett, die zwei erſtern ſchwache, aber die letz— teren ſtarke Spuren von Magnetismus zeigten. — Um zu beſtim— mem, wie weit die oxydirende Kraft des violetten Strahles in die— ſem Experimente begriffen iſt, ſetzten ſie Nadeln, deren Enden vorher in Salpeterſaͤure getaucht worden waren, dem verſchieden- farbigen Lichte aus und fanden, daß ſie magnetiſch wurden (das dem Lichte ausgeſetzt geweſene Ende war zu einem Nordpol ges worden) und in vil kuͤrzerer Zeit, und daß dieſe Wirkung her— vorgebracht wurde in einem geringen Grade unter dem rothen Lichte (wenn fie eine hinlänglich lange Zeit exponirt werden), ſtar— ker unter weißem Glaſe und ſtark unter violettem Glaſe, daß die Wirkung erfolgte, ſeibſt wenn die Nadeln in ſolcher Stellung längs dem magnetlſchen Meridian placirt waren, welche eine Tendenz haͤtte, durch den Einfluß der Erde einen Suͤdpol in dem exponir— ten Ende hervorzubringen ꝛc. In Beziehung auf foſſile Affen hat Herr Lund, in feinem Schreiben an die Pariſer Academie der Wiſſenſchaften, an— gezeigt, daß er unter den, in den zwiſchen den Fluͤſſen Rio das Velhas (der in den Rio San Francesco muͤndet) und Rio Paraopeba in fecondärem Kalkſtelne befindlichen Höhlen, gefundenen Kno— chen auch die Reſte von zwei Affen-Arten erkannt habe; eine, ein wahrer Cebus, faſt doppelt ſo groß als die jetzt lebend vor— kommende Race, aus welcher er eine eigene Art, unter dem Namen Callithrix primaevus, gemacht habe; die andere, auch viel größer, als der groͤßte Cebus, naͤmlich 4 Fuß hoch, welche er als zu einem beſonderen genus gehoͤrig betrachtet und Protopithecus zu nennen vorſchlaͤgt. Ro Sn A . 2 153 154 eine „u n d Ein iſt von dem Bruͤſſeler Arzte Dr. Vanhuevel, Vorſteher des Entbindungsinftitutes daſelbſt, in einem „Mémoire sur la Pelvimétrie“ beſchrieben, von welchem er verſichert, daß er darauf berechnet ſey, mit Genauigkeit alle aͤußeren und in— neren Maaße des Beckens zu nehmen. Das Inſtrument ſcheint ein ſehr complicirtes zu ſeyn und es iſt ſchwer, ſich ohne Abbildungen daſſelbe klar zu machen. Das Princip, nach welchem das Inſtrument conſtruirt iſt, iſt das bekannte geometriſche. „Mit zwei Seiten und einem Winkel eines Dreiecks kann man die dritte Seite beſtimmen.“ Es beſteht aus fuͤnf Stuͤcken: 1. ein Gürtel, welcher das Becken umfaßt und an ſei— nem hintern Theile (Über dem Kreuzbeine) mit Huͤlfsmitteln zum Tragen; 2. einer perpendiculaͤren Roͤhre mit einem Kugel- und Pfannengelenke, mit welchem articulirt 3. eine horizontale Platte oder Cirkelbogen, am vorde— ren Ende mit einer Art Quadrant verſehen, welcher be— weglich iſt und verbunden iſt mit 4. einem Scheideſtabe von polirtem Stahle, 14 Zoll lang, welcher ſich an dem Quadranten bewegt und dazu dient, die Durchmeſſer des Beckens innerlich zu beftimmen; 5. ein Apparat, einigermaaßen einem Compaß aͤhnlich, mit einem beweglichen Cirkelbogen, um die Durchmeſſer des Beckens aͤußerlich zu beſtimmen. . Um die Meſſungen im Innern des Beckens ſicher zu machen, befeſtigt der Chirurg den Gürtel um das Becken und das Kreuzbein, und wenn er dann den horizontalen Stab, nach dem Durchmeſſer, den er meſſen will, gehörig vorgerichtet hat, bringt er zwei Finger der linken Hand in die vagina und firiet fie (3. E. behufs der conjugata- Meſſung) auf dem promontorio. Mit der andern Hand führt er das Vaginalſtaͤbchen, wie eine Schreibfeder gehalten, in die vagina und ſetzt und haͤlt die Spitze deſſelben an das promontorium; nun wird das Staͤbchen an der Seite des Quadranten geſchraubt und die Stelle bemerkt. Wenn dieß geſchehen iſt, wird das Stäbchen zuruͤckgezogen und von Neuem durch die vagina hinter die Schoosbeine ge: bracht, bis es an der symphisis ruht, während man zu— zugleich den Quadranten an dem horizontalen Stabe des Inſtrumentes ruͤckwaͤrts ſchiebt, bis er an der Stelle an— langt, wo das Vaginalſtaͤbchen an ihn befeſtigt werden kann. So erhaͤlt der Operateur zwei Seiten und den Winkel ſei— nes Dreiecks, d h., die Entfernung des promontorii oss. sacri, die Entfernung der symphysis oss. pubis, und den eingeſchloſſenen Winkel, wie er ſich an dem graduirten Bogen des Quadranten zeigt; von dieſem deducirt er nun mittels des Cirkels die dritte Seite des Dreiecks, welches dann die conjugata (d. h., der von Vorn nach Hinten gehende gerade Durchmeſſer des Beckeneinganges) iſt. neuer Pelvimet er Ein Bericht einer Belgiſchen Commiſſion, welche das Inſtrument zu unterſuchen, beauftragt war, erklaͤrt, daß der Pelvimeter des Hen. Vanhuevel leicht anzulegen fen, und die verſchiedenen Durchmeſſer des Beckens „mit der ſtrengſten Genauigkeit beſtimme. “ (2) Der Einfluß der Wollenmanufacturen auf die Geſundheit. Von J. B. Thomſon. Die in Wollenſpinnereien und Manufacturen herrſchen— de gute Geſundheit bat wahrſcheinlich noch nicht die Auf— merkſamkeit des Publicums und von Seiten der Aerzte ſo auf ſich gezogen, als fie verdienen mochte. Während eines mehrjährigen Aufenthaltes in einem Diſtricte, wo die Bez voͤlkerung ſehr viel in Wollenmanufacturen beſchaͤftigt iſt, hat keine mit der mediciniſchen Topographie verbundene Thatſache groͤßeren Eindruck auf mich gemacht, als das ge— deihliche Anfı ben und das allgemeine Befreitſeyn von Krank— heiten, was den Kindern in dieſen Muͤhlen eigen iſt. Dieſe Thatſache iſt fo merkwuͤrdig, daß fie gan; ſpruͤchwörtlich ge— worden iſt, und ſchwaͤchliche, verbuttete Kinder zeigen ſchon wenig Wochen nach ihrem Eintritte in dieſe Fabriken die auffallendſte Beſſerung in ihrem phyſiſchen Ausſehen. In Morkfbire herrſcht, wie ich aus der beſten Quelle weiß, die— ſelbe Anſicht und man kennt ſogar Beiſpiele, daß aus den beſ— ſern Claſſen Familien ſchwaͤchliche Mitglieder ihrer Geſundheit wegen in Wollenfabriken geſendet haben, und die Wirkung iſt geweſen, daß die Conſtitution neue Stutzen erhalten hat. Die heilſame Natur dieſer Beſchaͤftigung iſt von den arbei— tenden Claſſen ſelbſt nicht orne Wahrſcheinlichteit dem Um— ftande zugeſchrieben, daß der Körper gewiſſermaaßen mit den Oelen angeſchwaͤngert werde, zwiſchen welchen ſie fortwaͤh— rend ihre Arbeit beforgen. Daß dieſe offenbare Gefundbeit ſo fortdauere, trotz dem, daß die Arbeiter in der Periode des Wachsthums ſo viele Stunden von freier Luft und freier Bewegung ausgeſchloſſen ſind, macht die Sache nur noch auffallender. Und obgleich nach dem Manufacturgeſetze die Kinder dieſelbe Zahl von Stunden arbeiten, wie die in den Baumwollenfabriken, fo bilden doch dieſe glatthaarigen roth— bädigen Knaben und Maͤdchen einen völligen Contraſt mit den verbutteten Geſchoͤpfen der Baumwollenfabriken, die nur zu oft uͤberkraͤnklich find, mit dem blaſſen Gepräge von Krank⸗ heit und vorzeitiger Hinfaͤlligkeit. Ich bin ebenfalls geneigt, die in den Wollenmanufac⸗— turen herrſchende gute Geſundheit der Quantität Oel zuzu— ſchreiben, die ſie fortwaͤhrend verbrauchen. Wenn wir in dieſe Spinnmuͤhlen eintreten, fo finden wir Knaben und Mädchen fo, als wenn ſie buchſtaͤblich in Oel getaucht wor— den waͤren. Die Anwendung öligter Subſtanzen auf die 155 Oberflaͤche des menſchlichen Körpers, ſowohl als prophy— lactiſches, als auch pharmaceutiſches Agens, iſt ſchon lan— ge in Gebrauch geweſen und ſcheint den alleraͤlteſten Prac— tikern der Heilkunſt bekannt. Heutzutage iſt Oel als Localmittel für medieiniſche Zwecke hochgeſchaͤtzt; aber ich glaube, daß es als allgemeines Geſundheits-Erwerbungs- und Echaltungsmittel noch mehr Aufmerkſamkeit verdient, als es bis jetzt erhalten hat. Fol— gendes Zeugniß giebt ihm der berühmt Bacon: Ante omnia igitur usum olei vel olivarum vel amygdali «nleis. ad cutem ab extra unguendum ad longevi- tatem eonducere existimamus. „Als Beweiſe, daß dieſe Anſicht geſund iſt, erfahren wir durch Reiſende, daß in den oͤſtlichen Kindern auf den aͤußeren Gebrauch des Oels wun— derbare Wirkungen beobachtet worden ſind; und wir wiſſen, daß die in Olivenol-Factoreien Angeſtellten, daß Oelmaͤnner, Fiſcher, Lichterzieher, Gerber, Fleiſcher und Andere, die viel mit fettigen Subſtanzen zu thun haben, daß dieſe Alle auf— fallend frei bleiben von epidemiſchen Krankheiten und ſelbſt dem Peſtgeftle widerſtanden haben, wenn Alles um tie herum den Verwuͤſtungen deſſelben erlag. In den periodiſchen Schriften unſerer Zeit ſind auch von Zeit zu Zeit Falle angeblicher Schwindſucht und Atro— phie mitgetheilt worden, welche durch Einſalbungen mit Fett und Oel geheilt worden ſeyen. Das geſundheitsgemaͤße Ausſehen der Kinder in Wollenmanufacturen ſcheint die Be: weiſe fuͤr die heilſame und ſtaͤrkende Wirkung der an die Hautoberflaͤche angebrachten Oele zu vermehren und ſollte zu noch haͤufigerer Anwendung derſelben aufmuntern. Was nun die rationelle Erklaͤrung des heilſamen Proceſſes anlangt, der durch Oele und Salben herbeigefuͤhrt wird, ſo iſt es vielleicht nicht unwahrſcheinlich, daß eine Ab— ſorption durch die Haut mit eintritt. Wahrſcheinlich wer: den auch die aushauchenden Gefaͤße erſchlafft und eine reich— liche Ausduͤnſtung vermittelt. Das fortwaͤhrende Geoͤltſeyn der Haut moͤchte ganz natuͤrlich auf den Gedanken fuͤhren, daß Oel abſorbirt werde; und neuere Phyſiologen haben uns uͤberfluͤſſige Beweiſe geliefert, daß die Abſorption von Fluͤſſigkeiten im reichlichen Maaße von der Hautoberfläche ſtatthaben koͤnne, ſelbſt wenn die Epidermis nicht abgehoben iſt. Kann nicht Oel eben ſo gut von der Oberflaͤche abſor— birt werden, als andere Fluͤſſigkeiten und auf dieſem Wege der Geſundheit der Perſonen zutraͤglich werden, welche ver— moͤge ihrer taͤglichen Beſchaͤftigung ihm ausgeſetzt ſind. In dem Clima allein, oder in anderen Eigenthuͤmlichkei— ten dieſer Localitaͤten iſt nichts, was genügend die angedeu— teten Erſcheinungen erklären koͤnnte. Der jaͤhrliche durch— ſchnittliche Betrag von Krankheit und Sterblichkeit iſt groß unter der Bevoͤlkerung im Allgemeinen, und wir werden von den meiſten Krankheiten heimgeſucht, denen das menſch— liche Geſchlecht ausgeſetzt iſt, und haͤufig verbreiten Epide— mie Ungluͤck und Veroͤdung unter unſern Doͤrfern. Man kann ſagen, daß es eine angeborene in der Conſtitution lie— gende Kraft ſey, auf welche das Anſehen der Factorei-Kin— der zuruͤckgefuͤhrt werden koͤnne; allein hierauf antwortet die 156 Beobachtung, daß ſelbſt ſchwache und verbuttete Kinder ſchnell zunehmen, wenn ſie in eine Wollenmanufactur geſen— det werden. Auch kann ihre Geſundheit nicht der beſſeren Nahrung und Kleidung zugeſchrieben werden, welche ſie ſich durch ihren Lohnverdienſt verſchaffen koͤnnen, und es iſt auch in jenem wohlhabenden Diftricte keine ſolche Armuth vor— handen, daß die Geſundheit von ſchlechter Koſt und Klei— dung leiden koͤnnte. Aus allen dieſen Betrachtungen folgere ich, daß in den Wollenmanufacturen ſelbſt Etwas ſeyn muͤſſe, was einen ſpecifiſchen Einfluß auf die Geſundheit der Ar— beiter und ganz beſonders der Kinder habe, welche meiſt bei den Arbeiten mit Oel beſchaͤftigt find, Etwas gegen das hier Vorgetragene ſprechend ſcheint der Umſtand, daß nirgends ſo viel Kraͤtzfaͤlle vorkommen, als unter Wollenarbeitern Aber dieſem koͤnnte ſicher leicht abgeholfen werden durch Reinlichkeit! Dieſe Beobachtungen ſollen die Mittheilungen der Er— fahrungen anderer Aerzte veranlaſſen, welche in noch groͤße— rem Maaßſtabe Gelegenheit haben, die Wirkung des Wol— lengeſchaͤfts auf die Geſundheit zu beobachten. (London med. Gaz. June 1840.) Eine Beobachtung von Paralyſe des m. serratus anticus major. Von L. Marcheſſaux. Julius Nibecker, ein Preuße, 27 Jahr alt, Inſtru— mentenmacher, wurde am 10. October 1838, wegen einer Difformitaͤt am Ruͤcken, in dem Höpital Saint Louis aufgenommen. Er iſt von guter Conſtitution und fruͤher nie krank geweſen, hat auch nie Mangel gelitten. Nach feiner Angabe hat er gegen Ende des Monats Juli deſſel— ben Jahres ziemlich lebhafte Schmerzen in der Gegend der Schulter und auf der Seite des thorax. von der Achſelgrube an bis zu der 6 Rippe, gehabt; allmaͤlig nahmen die Schmer— zen zu, waͤhrend der Kranke zugleich eine zunehmende Schwaͤ— chung des rechten Armes bemerkte: in dem Schultergelenke war die Bewegung nicht frei, und der Kranke hatte das Gefuͤhl, als wenn ein fremder Koͤrper darin ſey. Eine Hervorragung, welche in der rechten Schulterblattgegend ſeine Figur etwas verunſtaltete, gab ihm die Idee, daß er an einer Krankheit der Wirbelſaͤule leide. Die Hervorras gung nahm zu, fo oft er die Schultermuskeln in Thätig: keit ſetzte; ſie wurde ſodann ſelbſt ziemlich auffallend. Seit dem September iſt die Affection unveraͤndert geblieben, ob— wohl die Schmerzen faſt ganz aufgehört haben; die Stoͤ— rung der Bewegung und die Schwaͤche iſt unveraͤndert, ſo daß der junge Mann nicht mehr im Stande iſt, ſeine Ar— beit zu verrichten. Fragt man nach der Urſache der Krankheit, ſo ver— ſichert Patient, keine aͤußere Verletzung in der betreffenden Gegend erlitten zu haben und fuͤgt hinzu, daß er niemals ſchwere Arbeit gehabt habe; dagegen erwaͤhnt er, daß er ſeit einiger Zeit Parterre in einer Kammer geſchlafen habe, deren Mauer durch eine hindurchgefuͤhrte ſchadhafte Leitungs⸗ 157 roͤhre ſehr naß fen; dieſe Wohnung hat er indeß verlaſſen, fo wie er die Bewegungsſtoͤrung und den Schmerz im Arme empfand. Als der Kranke entkleidet war und er aufrechtſtehend mit ruhig am Korper herabhaͤngenden Armen unterſucht wurde, ſo war keine Verſchiedenheit zwiſchen der rechten und linken Seite des thorax zu bemerken; der Bau iſt ganz normal und durchaus fo wie bei einem Manne von mittle— rer Stärke; das Ruͤckgrat iſt nicht verkruͤmmt; die Schul— tern find gleich groß und ſtehen in gleicher Höhe. Keine Seite iſt merklich magerer, als die andere; die Muskeln ſcheinen vollkommen geſund; kurs, es iſt weder von Vorn noch von Hinten die geringſte Verſchiedenheit zwiſchen den beiden Seiten des thorax an der Bruſt- und Ruͤckenflaͤche zu bemerken; aber dieſer Zuſtand von abſoluter Ruhe iſt ſehr ſchwer zu erlangen; es iſt dazu der Wille des Kranken und fortgeiegte Aufmerkſamkeit durchaus noͤthig; denn bei der mindeſten Muskel ontraction, bei der mindeſten Bewe— gung, die der Kranke mit dem rechten Arme ausführen will, beſonders wenn er damit auf Etwas zuſchlaͤgt oder jtößt, bewirkt ein mehr und mehr auffallendes Hervorragen des hintern Schulterblattrandes auf der kranken Seite, gerade, als wenn dieſer Knochen, ſtatt ſeiner queeren Lage, die Richtung nach Vorn und Hinten annehmen wollte. In dem’elben Aus genblicke, wo der Knochen ſich von den Rippen entfernt, ruͤckt er auch im Ganzen, jedoch auf eine wenig auffallende Weiſe, der Linie der Dornfortfäge naͤher; die ganze Schulter ruͤckt nach Oben; das Schulterblatt ſelbſt dreht ſich etwas, und traut mit dem untern Winkel nach Hinten, waͤhrend der Gelenktheil ſich etwas ſenkt. Iſt dieſe Lageveraͤnderurg eingetreten, fo bleibt, wenn der Kranke den Arm halb gebogen nach Vorn haͤlt und mit der andern Hand unterſtuͤtzt, die Difformitaͤt unverändert und die Unter uchung kann alsdann mit Bequemlichkeit fort— geſetzt werden. Die ganze Schulter ſteht etwas hoͤher, als die der gefunden Seite; der hintere Rand des Schulterblat— tes ragt etwa um 4 — 5 Zoll unter der Haut nach Hin— ten; am ſtaͤrkſten ragt der untere Winkel hervor, waͤhrend, trotz der ganzen Stellung der höhern Schulter, der Gelenk— theil des Schulterblattes etwas nach Vorn und Unten ges ruͤckt iſt. Unterſucht man die ganze Geſchwulſt mit der Hand, ſo erkennt man, daß der aͤußere, jetzt nach Vorn ge— richtete Theil des Schulterblattes ſehr ſtark gegen den tho— rax angedruͤckt iſt, wahrend der innere oder hintere Rand ſich auffallend von den Rippen abgehoben hat, ſogar ſo, daß man mit den Fingern zwiſchen dem Schulterblatte und den Rippen tief eindringen und ſich überzeugen kann, daß keine abnorme Geſchwulſt unter dem Schulterblatte liegt. Unter— ſucht man den Zuſtand der an das Schulterblatt angehefte— ten Muskeln, fo findet man den trapezius, levator und rhomboideus contrahirt; beſonders fuͤhlt man den Strang des ſtark contrahirten und angeſpannten rhomboideus un— ter der Haut. Verſucht man nun einige Bewegungen ausführen zu laſſen, welche vom großen Saͤgemuskel abhaͤngen, z. B., 158 die Abduction der scapula, die Erhebung des obern Theis les der Schulter oder die Drehung der scapula, wobei der untere Winkel von der Mittellinie ſich entfernt, während der obere naͤher tritt, fo ſieht man fogleich, daß dieſe Bewe— gungen unmoglich find, und daß die entſtehende Lageveraͤn— derung immer gerade die entgegengeſetzte Bewegung iſt. Unterſucht man hierbei die Theile des genannten Muskels am vordern Rande, wo ſie unmittelbar unter der Haut lie— ſich, daß dieſer Muskel ſich gar gen, ſo uͤberzeugt man nicht contrabirt und zwar weder bei combinirten, noch bei partiellen Bewegungen der Schulter; der fuͤhlbare Theil des Muskels bleibt ſchlaff und flach. Alle dieſe Verſuche ſind mehrere Tage wiederholt und auf die mannigfachſte Weiſe abgeaͤndert worden. Nachdem die Diagnoſe einmal feſtgeſtellt war, fo war man der Anſicht, daß eine energiſche Verhandlung im Stan: de ſeyn werde, die Heilung zu bewirken; der Kranke unter— warf ſich mit einem Muthe und einer Ausdauer der Be— handlung, welche eines beſſern Ausganges würdig geweſen wäre. Waͤhrend drei Monaten wurden nach und nach fol— gende Mittel angewendet: vier große Blaſenpflaſter, zwei vorn und zwei hinten am obern Theile des thorax, nach und nach zehn Moren von mittlerer Größe, hierauf Electri— citaͤt, ſodann 24 Mal die Galvanopunctur, hierauf Einrei— bungen mit Crotonöl und mit Linimentum volatile ete., endlich während dieſer ganzen Zeit alle andere Tage ein Dampfbad und aromatiſche Raͤucherung. Nach dieſer Zeit ver ieß endlich der Kranke, der durch eine fo ſchmerzhafte Behandlung nicht das Mindeſte gewonnen hatte, das Spital, und trug von der Zeit an nur einen breiten Gürtel, um den untern Theil des Schulterblattes und die Drehungen dieſes Knochens zu verhindern. Dadurch wurde nicht allein die Difſormitaͤt verſteckt, ſondern der Kranke konnte ſelbſt einen Theil feiner früheren Beſchaͤftigungen wieder vornehmen. Es iſt zu bemerken, daß außer der erwähnten Atroppie des Muskels ſelbſt alle uͤbrigen Theile der Schulter und des Armes in vollkommenem Zuſtande ſich befinden. Ich habe ſeitdem den Kranken öfter wiedergeſehen, daß letzte Mal neun Monate nach ſeiner Entlaſſung aus dem Spitale: während dieſer ganzen Zeit hat er keine Mittel angewendet, hatte ſich aber ſo viel, als moͤglich, mit den Arbeiten ſeines Metiers beſchaͤftigt; in den letzten Monaten war darauf eine leichte Beſſerung, d. h., eine Verminderung der Difformitaͤt, eingetreten. Die Faͤlle von localen Laͤhmungen ſind nicht ſelten; am bäufigften findet man fie am m. deltoides, pectoralis, rectus femoris, an den Extenſoren des Vorderarmes, an den peronaei, ſelten jedoch am serratus, fo daß Laͤhmun⸗ gen dieſes letzten Muskels nicht einmal in den ſpeciell dies ſem Gegenſtand gewidmeten Schriften aufgeführt find, Mir iſt bloß ein Fall von Hrn. Gendril bekannt, welchen er in den Noten zu Abercrombie's Werk über die Krank— heiten des Gehirns und Ruͤckenmarkes mittheilt, und wel⸗ chen auch Jodert in feinem Werke über das Nervenſyſtem citirt. Die Krankheit hatte einen jungen Menſchen von 159 dreizehn Jahren befallen; dieſer hatte an der rechten obern Dorſalgegend an der den hintern Rand der scapula ent: ſprechenden Stelle eine beträchtliche Geſchwulſt, welche offen: bar durch den ſtark nach Hinten gerichteten Rand dieſes Knochens gebildet wurde. Dieſe Geſchwulſt war in weni— gen Tagen ohne nachweisbare Urſache entſtanden; es waren zwei Aerzte daruͤber befragt worden; der Eine meinte, es ſey ein Congeſtionsabſceß, in Folge von caries der Ruͤcken— wirbel unter dem Schulterblatte, entſtanden und dadurch die Hervorragung dieſes Knochens gebildet; der Andere meinte, es ſey eine abnorme Biegung der Rippen, wahrſcheinlich in Folge einer Ruͤckgratsverkruͤmmung, vorhanden, wogegen das Streckbette angewendet wurde. In dieſen beiden Faͤllen konnte man aus der raſchen Entſtehung der Krankheit, aus der Unmöglichkeit einer Er— hebung und Abduction der Schulter, aus dem Mangel einer ſelbſtſtaͤndigen Güſchwulſt oder abnormer Rippenbiegung, aus der Integriraͤt der Buft und der Wirbelſaͤule und aus dem Verſchwinden jeder Geſchwulſt, ſo wie man die Muskeln ganz in Ruhe verſetzte, wohl auf die Diagnoſe kommen und erkennen, daß alle Erſcheinungen von einem Mangel der Contractionen des großen Saͤgemuskels abhaͤngen. Was die Behandlung betrifft, ſo war der Kranke des Hrn. Gendril glücklicher, als der unſrige; er wurde in Zeit von ſechs Wochen durch fortgeſetzte Anwendung fliegen— der Veſicatore um die kranke Schulter und die betreffende Ruͤckengegend geheilt. (Arch. gen. Mars 1840.) Miscellen Ueber die Behandlung der Neuralgie des uterus giebt Dr. Waller in ſeinen Vorleſungen (Lancet Apr. 1840) fol⸗ gende Bemerkungen: Die erſte Aufgabe iſt, einige Erleichterung des Schmerzes zu verſchaffen und dazu if es vor Allem nöthig, daß die Kranke unter keiner Bedingung die Rickenlage verlaſſe; ohne Folgſamkeit in dieſem Puncte iſt gar keine Cur zu unternehmen. Findet man alsdann, daß der Muttermund angeſchwollen iſt, ſo läßt man zwölf bis funfzehn Blutegel daran ſetzen und die Blu— tung einige Zeit lang unterhalten. Gewoͤhnlich find allgemeine Blutentziehungen oder Schroͤpfen nicht noͤthig. Für regelmäßige Thaͤtigkeit des Darmes darf nur durch die allermildeſten Mittel, und am beſten durch taͤglichen Gebrauch eines milden Klysma's ges ſorgt werden. Schmerzſtillende Mittel find, in der Regel, nöthig. namentlich Abends eine reichliche Doſis Opium, damit der Schlaf nicht geftört werde. Bisweilen wirkt das Extr. Belladonnae au: ßerordentlich beruhigend bei Neuralgie: man giebt 1 — 1! Gran 160 vor Schlafengehen oder dieſelbe Doſis in vier Theilen den Tag über. Sollte ein gewiſſer Grad entzündlicher Thätigkeit vorhanden ſeyn, ſo beginnt man eine ſehr milde Mercurialcur; doch muß man zuvor ſehr forgfältig unterſuchen, da das Queckſilber, wenn es nicht nutzt, jedes Mal ſchadet. Ich habe nur bei kleinen Gaben des Mittels gute Folgen geſehen. — Wo, wie dieß fo haufig iſt, das Allgemeinbefinden zu leiden beginnt, was ſich durch beſchleunigten, ſchwachen Puls, blaſſes Ausſehen, kalte Extremitäten, Druck über den Augenbrauen ꝛc. markirt, da ſollte eine durchaus toniſche Ber handlung, hauptſaͤchlich mit Eiſenpraͤparaten, vorgenommen werden. Meiſtens iſt in ſolchen Faͤllen das ſchwefelſaure Eiſen das entſpre— chendſte und angenehmſte Präparat, weil es in Pillenform gegeben werden kann. Man laͤßt drei Mal taͤglich 2 Gran mit Extr. Cha- momillae und Extr. Gentianae, von jedem 3 Gran, nehmen. Man muß die Kranke immer auf eine länger fortgeſetzte Cur mit dieſen Mitteln vorbereiten, da ihre Hoffnung auf raſche Heilung immer getauft werden würde. Bisweilen ſchiebt man ein anderes toni= cum dazwiſchen; das Eifenfulphat verdient aber immer den Vor— zug. Eine leicht reizende Nahrung iſt dabei immer noͤthig, Luft— veränderung, namentlich eine Seereiſe, iſt das beſte Unterftügungss mittel der Cur, wobei die Ruͤckenlage immer beibehalten wird. Es iſt ſehr ſchwer, zu ſagen, wann dieſe Lage aufgegeben werden duͤrfe; keine Krankheit iſt Nückfällen fo ſehr unterworfen, als Uterusneu— ralgie, welche oft auf die leichteſte Anſtrengung folgt. Die Kranke darf daher nicht aufſtehen, ſo lange noch der leichteſte Schmerz zurückbleibt. Nur unter den guͤnſtigſten Umftänden darf fie mit gro« ßer Vorſicht anfangen, zu gehen, und wenn Schmerz eintritt, ſo laͤßt man die Kranke ſogleich wieder liegen. Am Anfange wirken bisweilen Huͤftbaͤder guͤnſtig; doch dürfen fie, um nicht zu ſchwaͤ— chen, nicht oft angewendet werden, ſie muͤßten denn ſehr entſchieden den Schmerz mildern. In allen Faͤllen muß man die Kranken voraus belehren, daß die Heilung nicht leicht und raſch zu errei— chen iſt. Verſchließung einer Kranzarterie des Herzens durch Anwachſen einer Semilunarklappe der aorta. Dr. Kingſton bat der Royal med, and surg. society ein Herz vor— gelegt, an welchem eine Klappe durch atheromatoͤſe Ablagerung fo an die aorta angewachſen war, daß die Oeffnung der linken Coro— nararterie ganz verſchloſſen wurde; auch die übrige aurta zeigte viele atheromakoͤſe und kalkartige Ablagerungen; der linke Ventri— kel war erweitert und feine Wand verhaͤltnißmaͤßig dünn. Die Lungen zeigten die Merkmale einer chroniſchen Bronchitis und hie und da umſchriebene Blutablagerungen. Das Praͤparat ruͤhrte von einer 53jaͤhrigen Frau her, welche mehrere Jahre vor ihrem Tode an Rheumatismen und Dyspepſie gelitten hatte: dazu geſellte ſich heftige Dyspnde, bisweilen plöglich. eintretende Ohnmacht, jedes Mal mit einem Anfalle von Athemsnoth; in der Nacht erwachte ſie bisweilen mit aͤhnlichen Empfindungen und mußte ſich aufſetzen. Dieſe Zufälle wurden viel heftiger, nachdem fie über den plöglichen Tod ihres Mannes Kummer gehabt hatte. Durch das Stethofcop - hörte man bei dem erften Tone eine leichte Rauhigkeit, bei'm zwei— ten ein beſtimmtes ſtark klopfendes Geraͤuſch; der Puls war regel— mäßig. (London med. Gaz., Apr. 1840.) .. ² A TEE TR Bibliographische Odontography, or a Treatise on the comparative Anatomy of Teeth; their physiological relations mode of development and microscopie structure in the vertebrate Animals. Illustra- ted by upwards 150 plates. By Richard Owen etc. Part. I. London 1840. 8. (Mit 50 K) Pyrmont und feine Umgebungen mit befonderer Hinſicht auf feine Mineralquellen, dargeſtellt von Carl Theodor Menke x. Mit einer topographiſch-geognoſtiſchen Charte Zweite, verbeſſerte und vermehrte Ausgabe. Pyrmont 1840. 8. (Die erſte Aus: gabe dieſer Beſchreibung des beruͤhmten Pyrmonts erſchien 1819, die gegenwaͤrtige iſt ſehr vermehrt und verbeſſert.) NMeuig keiten. Traité théorique et pratique de fart des Accouchemens, com- prénant l'histoire des Maladies qui peuvent se manifester pendant la grossesse et le travail, et l’indication des soins à donner à l’enfant nouveau ne. Par P. Cazeaur. Paris 1840. 8. M. K. Essai sur les emissions sanguines et les evacuans, précedé de quelques considérations générales sur la vie, la santé et la maladie. Par H. Guibert. Paris 1840. 8. —— — — . — Neue Uotizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Beilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medisinalratbe Froriep ju Weimar No. 319. (Nr. 11. des XV. Bandes.) und dem Miedicinalrarbe und Profeſſer Froriep zu Berlin, Auguſt 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Win d u er un erde: Ueber die Lage der membrana decidua in Fallen von graviditas extrauterina. Von Robert Lee MD, Im Jahre 1829 ſtarb eine Dame plotzlich an innerer Blutung, durch die Ruptur der rechten Fallopiſchen Roͤhre veranlaßt, welche ein ovum in ſich enthielt. Als ich die Roͤhre geoͤffnet hatte und die verſchiedenen Theile des Eies unterſuchte, fand ich eine membrana deeidua, welche uͤberall das chorion umgab und dicht anhing an der in— nern Oberflaͤche der tuba, wie in gewöhnlichen Schwanger— ſchaften die deeidua gewohnlich an der inneren Membran des uterus feſthaͤngt. Innerhalb der deeidua wurden chorion, placenta, amnion und embryo deutlich wahr: genommen. Der uterus war größer, als natuͤrlich und es war kein Anſchein einer ſeine innere Membran auskleiden— den decidua. Die deeidua und andere Theile des ovum in der rechten tuba fallopiana find alle deutlich ſichtbar in dem Praͤparate (uterus und ſeine Anhaͤnge), welches jetzt in dem Muſeum des St. Georg's-Hoſpitals aufbe— wahrt wird. Am 18. July 1836 wurde Mad. K., nachdem ſie eine Zeitlang an Symptomen von Entzuͤndung und Retro— verſion des uterus gelitten hatte, von großer Schwaͤche befallen und ſtarb. In der Unterleibshoͤhle fand ſich eine große Quantität Blut und die rechte tuba fallopiana, welche ein 10 — 12 woͤchentliches ovum enthielt, war in der Naͤhe des Franſenendes in einer beträchtlichen Strecke zerriſſen. Als der uterus und ſeine Anhaͤnge aus dem Koͤrper berausgenommen war und man das in der rechten Fallopiſchen Roͤhre enthaltene o vum genau unterſuchte, er— gab ſich deutlich, daß eine membrana decidua das cho- rion allenthalben umgab und an der innern Flaͤche der tuba feſthing. Die placenta, welche an dem dem uterus zus naͤchſt gelegenen Ende des Eies befindlich war, fab man von der decidua bedeckt und coagula von Faſerſtoff des Blutes konnte man von den Zwiſchenraͤumen der placenta Vo. 1419. durch die decidua hindurch bis in die Venen der verdickten Muscularhaut der tuba verfolgen. An dem Theile, wo die placenta gelagert war, war die Muskelhaut der tuba 1 Zoll dick und konnte leicht in Lagen getrennt werden, wie die Muskelhaut des ſchwangeren uterus; in dieſer Haut der tuba konnten auch die Venen ſehr leicht von der inne— ren Oberflache nach Außen verfolgt werden, indem fie ſich in ſchraͤger Richtung eine in die andere öffneten und gro⸗ ßer wurden, wie ſie eine große Vene in der Naͤhe des uterus erreichten. Die Zwiſchenraͤume der Flocken des chorion. zum Theil mit Kluͤmpchen von Fibrine gefuͤllt, waren rund um das ganze ovum herum ſichtbar und hatten in ihrem An— ſehen nichts Unterſcheidendes von denen an Eiern, welche ſich im Innern des uterus entwickelt haben. Zwiſchen chorion und amnion, in der Nähe der placenta, ſah man die vesicula umbilicalis mit ihrem dünnen Stielchen, was zu dem funiculus umbilicalis hinging. Das Anſehen des amnion, des funiculus und em- pryo war ganz naturlich. Der uterus war betraͤchtlich vergrößert, und feine in— nere Oberflaͤche war mit einer dicken Schicht von gelblich— weißer, weicher Subſtanz belegt, welche gewoͤhnlicher Fett— Subſtanz gleich war und keine Aehnlichkeit mit membr. decidua hatte: auch war nicht eine Spur von irgend einem arteriöfen oder vencfen Canale darin bemerkbar. Mündung und Hals des uterus waren mit der gewöhnlichen klebri— gen Subſtanz geſchloſſen, welche durch die Nabothſchen Druͤſen gebildet wird. In jedem ovarium war ein corpus luteum. Beide Lagen des Graaf'ſchen Blaͤschens waren in eine gelbliche Maſſe eingeſchloſſen, und dieſe war in unmittelbarer Beruͤhrung mit dem stroma des Ovariums. *) *) Am letztverfloſſenen 25. Februar unterſuchte ich mit Herrn Wharton Jones ein corpus luteum, welches aus dem Koͤr⸗ per einer im vierten Monate der Schwangerſchaft verſtorbenen 11 165 Bei dem Priparate über die Theile find decidua, placenta, vesicula umbilicalis, amnion, funiculus umbilicalis und embryo ſaͤmmtlich deutlich und eben fo die Lagen der Muskelhaut der Fallopiſchen Rohre mit den von der innern nach der aͤußern Oberflaͤche laufenden Venen. Die vesicula umbiliealis iſt, ſeit die Theile in Wein: geiſt geſetzt worden, viel kleiner geworden. Mit Ausnahme der Blutcoagula in den Zwiſchenraͤumen der placenta und Flocken des chorion, ſind die conſtituirenden Theile des Eies dieſelben, wie in allen Faͤllen von Schwangerſchaft in— nerhalb des uterus und find im gefunden Zuſtande. Das Praͤparat befindet ſich ebenfalls in dem Muſeum des St. Georgs Hoſpital's. In der Geſchichte eines Falles von Tubar-Schwanger— ſchaft, welche 1814 Herrn Chauſſier vorkam, iſt ange— geben, daß die Waͤnde der tuba duͤnn und gefaͤßreich wa— ren, daß die an der innern Ooerflaͤche haͤngende placenta breit und dünn geweſen und daß die membrana decidua das Ei umgeben habe. Mir iſt kein Fall vorgekommen, außer dirfem, in welchem die membrana decidua deut: lich beſchrieben wäre, als das ovum in der Fallopiſchen Roͤhre umgebend; aber ich bin gewiß, daß dieß der Fall ſeyn muß in allen Faͤllen von graviditas extrauterina, indem die Circulation des muͤtterlichen Blutes in dem ovum hauptſaͤchlich durch die Blutgefäße der membrana deeidua bewerkſtelligt wird. Dr. William Hunter unterſuchte einen Fall von Tubar-Schwangerſchaft, wobei der uterus veraroͤßert war und die membrana deeidua gan; deutlich den fundus uteri auskleidet. Aus dieſer Erſcheinung folgert er, daß die decidua oder aͤußere Lage der Nachgeburt dem uterus angehore und nicht dem ovarium oder dem Theile des Em: pfaͤngniſſes, welcher von dem ovarium herkommt. In allen Faͤllen von eönceptio tubaria, welche ſeit— dem verzeichnet worden ſind, mit Ausnahme derer von Langſtaff und Velpeau iſt eine membrana decidua als vorhanden beſchrieben, welche die Hoͤhle des uterus auskleide; und die meiſten Schriftſteller haben geglaubt, daß ſie in allen Faͤllen dieſer Art ſo gebildet werde. Obgleich der foetus außer dem uterus iſt, ſagt Dr. Denman, wird doch der uterus ſehr vergroͤßert und be— ſorgt ſeine eigenen Functionen dadurch, daß er die ausge— ſchwitzte oder hinfaͤllige Haut fuͤr die Aufnahme des Eies hergiebt. Frau genommen war. Die gelbe Subſtanz war hier ebenfalls in unmittelbarer Berührung mit dem stroma des Obariums und hatte keine Capſel um ſich. Innerhalb der gelben Sub— ſtanz und locker an ihr anhaͤngend, ſah man einen kleinen weißlichen Balg, deſſen aͤußere Oberflaͤche locker an der gel— ben Subſtanz feſthing. Als dieſer Balg unter Waſſer aufge— ſchnitten wurde, ſah man eine ſehr kleine Hoͤhle im Mittel— puncte. Es waren zwei voͤllig unterſchiedene Haͤute, welche die Waͤnde des kleinen Balgs bildeten, und dieſe zwei Lagen waren durch eine weniger dichte Structur, allem Anſcheine nach, Zellgewebe, voneinander getrennt und von blaͤulichem oder milchweißem Anſehen. Dieſe Beobachtung ſetzt die Richtigkeit Wa uͤber die Structur des corpus luteum außer weifel. 164 Obgleich es ſehr wahrſcheinlich iſt, bemerkt Dr. Bail— lie, daß die decidua in derſelben Zeit gebildet zu werden anfängt, wo das ovum in die Höhle des uterus übergeht, ſo iſt es doch nicht abſolut nothwendig fuͤr die Bildung der decidua, daß das Ei in jene Höhle gelange. Wenn ein ovum im ovarium oder in der Fallopiſchen Roͤhre ſich entwickelt, fo wird die decidua im uterus gebildet und der uterus wird beträchtlich vergrößert, fo daß er, bis auf einen gewiſſen Grad, gan; aͤhnliche Veraͤnderungen erleidet, wie divjenigen, welche ſich bei einer natuͤrlichen Schwanger— ſchaft finden. “) Dr. Burns ſagt, es iſt ſonderbar, zu bemerken, daß unfehlbar der uterus betraͤchtlich an Groͤße zunimmt, und in jeden Fällen eine membrana decidua gebildet wird. Meckel, Breſchet, Velpe au und alle anderen Schrift— ſteller, mit deren Schriften ich bekannt bin, haben dieſelbe An— ſicht uͤber dieſen Gegenſtand ausgeſprochen; und nicht allein iſt dieß als ein unzweifelhaftes Factum in allen Faͤllen von gravi- ditas extrauterina beobachtet worden, ſondern auch in der gewohnlichen Schwangerſchaft hatte man angenommen, daß jedesmal eine membrana decidua innerhalb des uterus gebildet werde, bevor das Ei in das cavum uteri gelangt, Daß die m. deeidua nicht in allen Füllen von gravidi- tas extrauterina innerhalb des uterus gebildet wird, bes weiſen die eben beſchriebenen Präparate deutlich. Daß der uterus gewohnlich ſich vergrößert und feine auskleidende Membran mit einer klebrigen Subſtanz uͤberzogen iſt, der m. decidua etwas aͤhnlich, iſt gewiß; aber von dieſer iſt noch in keinem Falle erwieſen, daß fie eine organiſirte ges faͤßreiche Structur habe, die der einer wahren deeidua aͤhnlich ſeyʃ. Wenn die Thatſache entſchieden wäre, daß die Hohle des uterus immer eine membrana deeidua in Faͤllen von graviditas extrauterina enthalte, jo wuͤrde nicht folgen, daß in gewoͤhnlicher Empfangniß die Hoͤhle mit einer deeidua in der Form eines geſchloſſenen Sacks vor dem Herabtreten des Eichens ausgekleidet ſey. (Lond. Med. Gaz June). In einer folgenden Nummer der Lond Med. Gaz. macht Herr Dr. Murphy darauf aufmerkſam, daß auch der Dubliner geburtshuͤlfl. Geſellſchaft ein Fall von con- ceptio extrauterina vorgeleſen und nachher in das Dub- lin Journal vom Juli 1839 aufgenommen worden ſey, wo er nicht eine Spur von decidua habe finden koͤnnen; „die innere Oberflache des uterus war vollig roth.“ Od die deeidua in dem Balge gebildet ſeyn möge, koͤnne er nicht ſagen, da der vorgeruͤckte Zuſtand der Schwangerſchaft es ſchwierig gemacht habe, es zu entſcheiden. Ueber Variation der Farben wilder Pflanzen. Von Arthur Adams. Varietaͤten unter den in unſeren Gaͤrten cultivirten Pflanzen, wo ſie jedem unnatuͤrlichen Einfluſſe ausgeſetzt ſind, ) Anatomical Description of the Gravid Uterus, by Will. Hunter. 165 den der Scharfſinn des Menſchen ausgekluͤgelt hat, um von ihrer gewoͤhnlichen Wachsthumsweiſe Abweichungen zu ver— anlaffen, haben alle die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen, die ein fo wunderbarer und intereſſanter Gegenſtand für den Botaniker erfordern kann. Aber ſelbſt unter den lieblichen Producten der reizenden Flora ſtoßen wir zuweilen auf Ab— weichungen von der Normal-Structur, Abweichungen von den Geſetzen, welche gewoͤhnlich die Pflanzenwelt regieren. Von dieſen verdienen die allerzahlreichſten, die farbigen Abweichun— gen der Bluͤthentheile, unſere beſondere Aufmerkſamkeit. Die Urſachen, welche die Hervorbringung von Farben in Pflanzen modificiren, und welche die Anordnung der Far— benabſtufungen beſtimmen, ſind meiſt noch ſehr wenig bekannt. Wie wiſſen, daß, wie verſchieden auch die Farbenabſtufungen einer Blume ſeyn moͤgen, doch in der Wirklichkeit keine wirkliche Untereinandermengung von Farben vorhanden iſt. Jede Farbe iſt rein, in ſich abgeſondert und genau beſtimmt, obwohl fie oft auf's Koͤſtlichſte harmoniren und ineinander ſchmelzen. Nehmen wir, z. E., ein Blumenblatt der Tulpe, oder der buntfarbigen Ranunkel unſerer Gaͤrten, wo die Ab— graͤnzungen der Farben auf's Schoͤnſte wahrgenommen wer— den. Hier werden wir bei genauer Unterſuchung finden, daß ihre glaͤnzenden und bunten Farben von dem Abſatze eines Farbeſtoffs an der inneren Seite der Zellen herruͤh— ren, aus welchen ihr Gewebe zuſammengeſetzt iſt. Die Gewebe, ſelbſt farblos und durchſichtig, geſtatten dem farbi— gen Stoffe, durch zuſcheinen und bringen die bezaubernde Wir— kung hervor, welche wir wahrnehmen. Es ſcheint jedoch jetzt durch die Verſuche Macaire's ziemlich entſchieden, daß alle verſchiedenen Farben der Blumen meiſtens verſchie— denen Graden der Oxygenation der chromula oder der in den Gewebsblaͤschen enthaltenen faͤrbenden Subſtanz zugeſchrie— ben werden können. Warum Grün die hauptsächlich auf die Blaͤtter und verſchiedene andere Farben die auf die nach gleichem Plane gebildeten Blumenblaͤtter beſchraͤnkten Farben ſind, ſcheint noch nicht klar. Merkwuͤrdig aber iſt zu beob— achten, welche auffallende Tendenz verſchiedene in der Naͤhe der Blumenblätter gelegene Theile haben, ſich in „vielfarbige Kleider“ zu huͤllen. Der Kelch der Fuchsia, z. B., ill oft hellſcharlach; und die Deckblaͤtter der Hydrangea ſind oft blau. Die Oxygenation, wovon eben die Rede war, ſcheint durch Einwirkung des Sonnenlichts hervorge— bracht zu werden, und man kann als allgemeine Regel auf— ſtellen, daß der Glanz der Farden in Pflanzen in geradem Verhaͤltniſſe ſteht mit der Maſſe des Sonnenlichtes, welchem fie ausgeſetzt find. Die Veraͤnderungen von Farben, welche die Blaͤtter verſchiedener Pflanzen erleiden, ſo wie der Herbſt anfängt, das rothe Gewand, z. E., in welches Flora in dies ſer Periode die Birn, den Wein, den Sumach u. a. m. kleidet, iſt von Macaire derſelben bereits erwähnten oxydi— renden Wirkung zugeſchrieben. Schuͤbler und Funk theilen die Farben der Blu— men in zwei Claſſen: die orydirten (Xantie von Deca n— dolle) und die desorydirten (Cyanie von Decandolle). Die erſte oder Xantie-Claſſe dat Gelb zum Typus und die zu dieſer Reihe gehoͤrigen Blumen ſind faͤhig, in Roth 166 oder Weiß, aber, nach jenen Schriftſtellern, nie in Blau überzugehen. Doch finden von dieſer Angabe allerdings ei— nige Ausnahmen ſtatt. Viola lutea, ;. E, haben ſowohl ich, als Hr. Moore in Pork mit gelben und mit purpurs farbenen oder faſt purpurfarbenen Blumen geſehen; und Myosotis terrestris hat Beides, gelbe und blaue Blu— men. Mein Freund, Hr. Dickſon, von Jerſey, hat auch ein Exemplar von Oenothera biennis mit acht Blumen gefunden, von welchen, außer den ſechs von der gewoͤhnli⸗ chen geiden Farbe, eine purpurroth und eine blau war. — Die zweite oder Cyauic-Claſſe hat Blau zum Typus, weiches in Roth oder Weiß uͤbergehen kann, aber nicht in Gelb. Schuͤbler und Funk betrachten Grun als eine Art von neutraler Farbe, welche zwiſchen deide Claſſen mitteninne ſteht. Die meiſten purpurtothen oder blauen Blumen haben rothe oder weiße Vrrietaͤten. Roſafarbene Blumen ſcheinen demnächſt am meiſten Variationen zu unterliegen, waͤhrend Gelb ſelten ſich verändert. Doch hat He. Dickſon auch Glaueium luteum gefunden mit Blumen von weißer Far⸗ be, und mehrere andere Varietäten in dieſem Farbentypus find bereits angeführt worden. Die Urſache der Nichtorygena— tion von weißen Varietäten iſt nicht klar. Sie kann nicht der Abweſenheit des Sonnenlichtes zugeſchrieben werden, da viele von ihnen in ganz offenen Lagen wachſen: auch find die Subjecte von dieſer Variation nicht ſchwach und kränt— lich, wie Pflanzen, welche dem Proceſſe des Weißwerdens unterworfen geweſen find. Auch kann es nicht von der Uer— ſache herrübren, welche eine weiße Farbe bei mehreren Thie— ren der nördlichen Regionen hervorbringt, naͤmtich von Kaͤlte, da viele dieſer weißen Exemplare im Sommer gefun— den werden und alle der von mir erwaͤhnten in der milden Temperatur der Britiſchen Inſeln beobachtet wurden. Wir find daher gezwungen, fie gewiſſen unbekannten Urſachen zu— zuſchreiben, welche in den Blumenbüllen der Pflanzen eine weiße Farbe hervorrufen, vielleicht etwas analog denen, wels che im Thierreiche Albinismus hervorbringen. Die folgenden weißen Varietaͤten, welche in wildwach— fenden Britiſchen Pflanzen angetroffen werden, gebören zu der cyaniſchen Reihe Decandolle's, d. h., ihre Blumens blätter find von Natur gewoͤhnlich blau, roſenfarben, oder purpurroth; fie find von mir und von Hrn. Moore von Vork gefunden. Nach dem ſogenannten natuͤrlichen Syſteme ge: ordnet: J. Ranuneulaceae: Ranunculus flammu— la, Anemone nemorosa (jede Nuance von Purpur zu Weiß). 2. Violaceae: Viola odorata verſchiedene Schattirungen von Blau zu Weiß). 3. Polygalaceae: Polygala vulgaris (auch dunkelroth). 4. Caryophyl- laceae: Lycehnis dioica (roth, ſoſenfarben und weiß.) 5. Geraniacae: Geranium pratense. Ger. phaeum; Erodium eieutarium. 6. Ericaceae: Menziesia polifolia, Andromeda polifo- lia; Erica tetralix; Calluna vulgaris. 7. Leguminaceae: Ononis arvensis: Trifolium pratense. S. Rosaceae: Geum rivale bauch gelb. 9. Circaeaceae: Circaea lutetiana weiß und blaßroth). 10. Melanthaceae: Colchicum au- N 167 tumnale (grünlich weiß, langgeſtreckt und abortirend). II. Boraginaceae: Myosotis palustris; Pulmo- naria offieinalis. 12. Labiaceae: Lamium maculatum; L, ntenmedhiums Betonia of- ficinalis; Galeopsis tetrahil(?); Ballota nigra; Origanumvulgare. 15. Apocynaceae: Vinca major; V. minor. 14. Primulaceae: Primula farinosa. 15. Convolvulaceae: Con- volvulus arvensis. 1ö. Solanaceae: Sola- num dulcamara; Atropa Belladonna (in Netley Abbey von ſchmutzig weißer Farbe gefunden). 17. Gentianaceae: Gentiana verna; G. pneumo- nanthe. 18. Scrophulariaceae: Digitalis pur- purea (gemein in Gärten, von einer weißen Farbe; wir haben es auch wildwachſend von dieſer Farbe gehabt). 19. Campanulaceae: Campanula rotundifolia. 20. Compositae: Cnicus palustris; Centau- rea cyanus (jede Schattirung von Blau und Dunkel— roth bis zu e N 21. Orchidaceae: Or chis maculata. 22. Araceae: Arum maculatum Kabi oder purpurroth, weiß, gefleckt und ohne Feecken). 23. Polygonaceae: Polygonum persicaria. — Ich werde noch einige andere Barietären hinzufügen, welche die Farben der wilden Blumen influenciren: — Cratae- gus oxyacantha, von Natur weiß, roſenfarben; Oxalis acetosella, natuͤrlich lilla (blutroth); Sero- phularianodosa, von Natur purpurroth ers Anagallisarvensis, von Natur ſcharlach (weiß); J a- sione montana, von Natur blau (dunkelpurpur); Viola Jute a, von Natur gelb (purpurfarben). Waͤhrend ich von Varietaͤten in wildwachſenden Pflan— zen ſpreche, moͤchten vielleicht einige Bemerkungen uͤber dieſe Abweichungen in Form und Wachsthumsart, welche ich be— obachtet habe, denen nicht unangenehm ſeyn, die ſich mit dieſer Materie beſchaͤftigen. Die Entwickelung der Blaͤtter einer Pflanze in wild— wachſendem Zuſtande iſt oft unregelmäßig, entweder in Be— ziehung auf abortus einiger ihrer Theile, ihr uͤbermaͤßiges Wachsthum, oder wegen gewiſſer andern noch nicht erkann— ten Urſachen. Linaria vulgaris, eigentlich eine labiata, iſt, zum Beiſpiel, in einer Varietaͤt zu einer regelmaͤßigen Form redu— cirt, wo die corolla regelmaͤßig, fuͤnfblaͤtterig und mit fuͤnf gleichen Stamina verſehen iſt. Dieß iſt von dem Umſtande abhängig, daß zwei petala, welche gewoͤhnlich unterdruͤckt ſind, eine Entwickelung erreichen, welche den andern dreien gleich iſt. In Geum rivale iſt auch die Wachsthumsaxe (axis of growth) zuweilen über die petala hinaus verlängert; und die Blumen von Festuca vivipara, Bellis peren- nis und Polygonum viviparum find oft proliferae. 168 Varietaͤten und Transformationen unter den Blaͤttern der Pflanzen find zahlios. Fraxinus heterophylla hat fo- lia terpata, simplicia, serrata und composita; Pa- ris quadrifolia hat oft drei, fünf und felbft ſechs Blaͤt— ter in einem Quirl ſtehend, obgleich, wie der fpecififche Name angiebt, die eigentliche Zahl vier iſt. Die Blaͤt— ter von Ranunculus aquatilis und Polygonum am- phibium variiren in auffallender Weiſe, je nachdem fie in oder außer dem Waſſer wachſen. Solanum dulcamara und Clematis vitalba ſind hinſichtlich der Blätter ſehr va— riirend. In Helleborus foetidus find die Blaͤtterchen (leaflets) zuweilen vereinigt und ein großes ungetheiltes Blatt bildend. Gefleckte Blaͤtter ſieht man zuweilen an Hieracium sylvaticum, Hier. murorum, Arum ma- culatum, Lamium intermedium ete. Außerdem giebt es zahlreiche intereſſante Varietaͤten im Pflanzenreiche, deren Unterſuchung die darauf verwendete Muͤhe reichlich belohnen wuͤrde. Miscellen. Bregmaceros iſt der Name einer neuen Gattung Fiſche aus dem Ganges, welche Dr. Cantor, der bereits vortheilhaft, durch zoologiſche Forſchungen in Indien, bekannt iſt, folgender⸗ maaßen characteriſirt hat: „Koͤrper langgeſtreckt; zwei Rüden: floſſen; eine Afterfloſſe; ſehr lange Bauchfloſſen, aus verſchiedenen Floßſtrahlen beſtehend; Kinn ohne Bartfaͤden, aber (was beſonders intereſſant iſt) ein von dem Scheitel des Kopfes vorragender Fa— den.“ Die Figur 15. @ auf der mit Nr. 309. (Nr. 1. des gegen- waͤrtigen Bandes) ausgegebenen Tafel ſtellt die species Bre g- maceros McClellandi dar, und die Figur „ eine vergrößerte Anſicht einer Schuppe von der Seitenlinſe. Der Fiſch kommt in dem Delta des Ganges vor und gehört zu der Familie der Ga- didae. — Wegen ausfuͤhrlicherer Beſchreibung verweiſe ich die Ichthyologen auf den Aufſatz von William Thompſon, Es. in the Magazine of Natural History, No, XL., April 1840, pag. 184. Ueber die Leiſtungen des Hrn. Perrotet, Reifenden fuͤr Naturkunde in Indien, hat Hr. Richard der K. Academie der Wiſſenſchaften Bericht erſtattet. Hr. P. hat während zweiund⸗ zwanzig Jahren im Dienſte der Franzoͤſiſchen Regierung nach ein— ander die Kuͤſte China's, die Philippinen, die Franzoͤſiſchen Colo nieen zu Bourbon, Guyana, Guadeloupe und Senegambien durch— forſcht und zwei Jahre mit naturhiſtoriſchen Unterſuchungen der Neilgherries— Gebirge in Oſtindien zugebracht und iſt jetzt mit 8000 Pflanzen, einer großen Anzahl theils lebender theils ausgeſtopfter Thiere und einer Sammlung von Hoͤlzern nach Paris zuruͤckge— kommen. Man verdankt ſeiner Vermittelung die Einfuͤhrung und Naturaliſirung einer bedeutenden Anzahl von nuͤtzlichen Gewaͤchſen in den Franzoͤſiſchen Colonieen, ſo wie die Einfuͤhrung gar man— cher exotiſchen Gewaͤchſe in Europa, z. E., Morus multicaulis, die Einfuͤhrung der Cultur des Nopal und der Cochenille am Senegal, die Anlegung der Mango- Pflanzungen auf Bourbon ꝛc. Auch hat man noch die Bekanntmachung vieler Beobachtungen im Gebiete der Pflanzenphyſtologie, Zoologie, Agricultur und Meteorologie zu erwarten. 169 i Ueber die Einwirkung der Entbindung auf das Nervenſyſtem der Muͤtter. Von Dr. Churchill. Unterſucht man eine geſunde Frau vor und nach der Entbindung ſorgfaͤltig, ſo kann eine große Veraͤnderung in ihrem Zuſtande nicht entgehen, ſelbſt wenn die Geburtsthaͤtig— keit normal und von maͤßiger Dauer war und ohne weitere Störung vor ſich ging. Der Zuſtand kann nicht als Folge der Muskelermuͤdung betrachtet werden; denn er iſt in kei— nem Verhaͤltniſſe zu der Muskelanſtrengung bei der Geburt, und es ſind die Functionen anderer Organe in ausgedehnte— rem Maaße geſtoͤrt, als in Faͤllen von bloßer Ermuͤdung. Dieß ſcheint auf einer Erſchuͤtt erung des Nervenſy— ſtems zu beruhen, welche die Folge der ungewoͤhnlichen Stoͤrung iſt, die durch die Entbindung herbeigefuͤhrt wird. Dieſe Erſchuͤtterung kann man den nervoͤſen Schreck nen— nen, gerade ſo wie die Wundaͤrzte ſich dieſes Ausdruckes be— dienen, um einen aͤhnlichen Zuſtand nach einer Verletzung oder nach einer Operation zu bezeichnen, wie, z. B., wenn einem Arbeiter in einer Manufactur von einer Maſchine ein Glied abgeriſſen wird; dieſer ſtirbt nach 2 — 3 Stun— den, aber weder durch Verblutung noch durch Entzuͤndung; die Section ſelbſt zeigt keine Todesurſache; er ſtarb an dem nervoͤſen Schreck oder der Nervenerſchuͤtterung. Auf gleiche Weiſe erklaͤrt man den innerhalb weniger Stunden eintre— tenden Tod nach Verbrennung. Dieſer nervoͤſe Schreck iſt ganz daſſelbe, was man auch nach Entbindungen beobachtet, wo ebenſo, wie nach Opera— tionen, toͤdtliche Ausgaͤnge vorkommen koͤnnen. Die Ein— wirkung beſchraͤnkt ſich indeß nicht auf dieſe Faͤlle, ſondern findet ſich vie mehr in allen Faͤllen, wenn man ſich nur die Muͤhe giebt, ihn erkennen zu wollen Nach gewoͤhnlichen Entbindungen iſt die Empfindlich— keit des Gehirns gewoͤhnlich vermindert, obwohl die Sinnes— organe empfindlicher find, als gewohnlich. Das Auge hat ſeinen Glanz verloren und hat den Ausdruck von Mattigkeit und Erſchoͤpfung; es ertraͤgt jedoch das Licht weniger gut. Daſſelbe iſt be'm Ohr in Bezug auf Töne der Fall, und wenn auf dieſe zwei Puncte nicht beſendere Aufmerkſamkeit gerich— tet wird, fo kann eine Gehirnreizung folgen. Der Puls zeigt einen Zuſtand von collapsus; er ſinkt von der Be— ſchleunigung im zweiten Stadium raſch bis zu oder unter den gewoͤhnlichen Punct und bleibt in dieſem Zuſtande, bis ſich die Woͤchnerin von dem nervöfen Schrecke wiederum er: holt hat. Die Reſpiration entſpricht, in der Regel, der Frequenz des Pulſes und kann mit dieſem beſchleunigt oder langfam und muͤhſam ſeyn. Verſchiedene, von dem Merz veneinfluß abhaͤngige Secretionen werden nun in Hinſicht der Quantität und Qualität verändert , ebenfalls in Folge der Erſchuͤtterung des Nervenſyſtems. 170 ü n d Die Woͤchnerin erholt ſich unter gewöhnlichen Umſtaͤn— den nach wenigen Stunden des Schlafes und der Ruhe von dem Eindrucke, obwohl die indirecten Folgen laͤnger dauern; die Fortſchritte der Reconvaleſcenz haͤngen, in der Regel, von der Schnelligkeit und Vollſtaͤndigkeit dieſer Herſtellung ab. Dieß iſt die Nervenerſchuͤtterung in ihrer mildeſten Form und unter guͤnſtigen Umſtaͤnden. Anders iſt es nach einer lange dauernden Entbindung, oder nach einer ge— burtshuͤlflichen Operation, z. B., nach einer Wendung, wobei die Nervenerſchuͤtterung einen bedenklichen Charac— ter annimmt. Die Gehirnfunctionen ſind ſehr geſunken; die Kranke iſt ſehr deprimirt, wiewohl nicht aͤngſtlich; fie iſt in einem Grade erſchoͤpft, als wenn ſie betaͤubt ſey; ſie liegt unbeweglich, mit geſchloſſenen Augen auf dem Bette, oder giebt wenigſtens auf nichts Achtung und zeigt weder fuͤr ihr Kind, noch fuͤr ſich ſelbſt irgend ein Intereſſe; die Muskeln find ſchlaff; die Wöchnerin iſt kaum im Stande, einen Verſuch zur Bewegung ihrer Glieder zu machen; der Puls iſt langſam oder im Gegentheile beſchleunigt und site ternd und viel ſchwaͤcher, als gewöhnlich; die Reſpiration iſt entweder langſam und unterdruͤckt, oder beſchleunigt und keu⸗ chend Das Verhaͤltniß zwiſchen Circulation und Reſpiration iſt Häufig geftört. In dieſem Zuſtande kann die Woͤchnerin lange Zeit bleiben, worauf ſie ſich entweder ſehr allmaͤlig er: holt, oder bei zu betraͤchtlicher Nervenerſchuͤtterung nach und nach noch mehr collabirt und endlich ſtirbt. Bei einer Sec— tion findet man alsdann keine hinreichende Todesurſache. Soweit wir es beurtheilen koͤnnen, ſo ſtirbt ſie in ſolchen Faͤllen an dem Schrecke oder Eindrucke, welchen zu nuͤchſt das Nervenſyſtem und durch dieſes der ganze Organismus erlitten hat. Ich will nun ganz kurz einige Beobachtungen mitthei— len, welche dieſe Bemerkungen erläutern werden. 3 Vor einigen Wochen wurde ich zu einer Erſtgebaͤrenden gerufen; ſie war eines von Zwillingen, von zartem Baue N und ſehr nervoͤſem Temperament. Die Wehen waren um neun Uhr Morgens eingetreten und waren bis zwölf Uhr, wo ich ankam langſam, aufeinandergefolgt. Ich fand den Mut⸗ termund nicht erweitert, wiewohl nicht unnachgiebig; die Waſſer, begannen ſich zu ſtellen. Da die Wehen ſchwach waren und in groͤßern Zwiſchenraͤumen kamen, fo verließ ich die Kreiſende kurze Zeit, mit der Anweiſung, mich zu rufen, ſobald die Geburt thaͤtiger waͤre. Nach einer halben Stun; de wurde ich in großer Eile gerufen und fand bei meiner Ankunft, daß das Kind bereits geboren war. Die Wehen hatten plotzlich an Kraft zugenommen, bald nachdem ich das Haus verlaſſen hatte, und drei Wehen waren noͤthig, das Kind zur Welt zu fordern. Es folgte nur der gewöhnliche Abfluß, jedoch ziemlich viel Nachwehen. Dagegen machte mich der Zuſtand, welcher einige Zeit nach ber Entbindung andauerte, ſehr beſorgt. Die Frau ſchien in einem Zuſtan⸗ de von vollkommenem collapsus zu ſeyn, kennte kaum 171 ſprechen und jedenfalls nur wispern und lag in einem Zu: ſtande der aͤußerſten Erſchoͤpfung da; ihre Sinnesorgane waren krankhaft empfindlich, der Puls 140, klein und ſchwach; die Reſpiration matt und unvollkommen; mehrere Stunden war es zweifelhaft, ob ſie nicht ganz zuſammen— ſinken werde. Ich verlangte eine Conſultation, und Dr. Darby war mit mir ganz der Meinung, daß der Fall den— jenigen gleiche, bei welchen eine heftige Nervenerſchuͤtterung vorhanden ſey; denn außer den Nachwehen war nicht das mindeſte locale Symptom zu bemerken. Opiate wurden nicht vertragen; die Patientin bekam darauf milde Reizmittel; allmaͤlig hob ſich das Befinden; es dauerte aber lange, ehe die Kranke ſich ganz erholte. Der Puls blieb 116; da ich aber den Puls ihrer Zwillingsſchweſter in geſundem Zuſtan— de der Ruhe 120 fand, ſo beruhigte ich mich uͤber dieſen Punct. Der bemerkenswertheſte Umſtand in dieſem Falle iſt der, daß ein fo heftiger Schreck durch fo kurze Geburtsar— beit bewirkt wurde, da die Zeit von dem Momente, wo ich den uterus noch nicht eröffnet fand, bis zur vollendeten Geburt nicht über 4 Stunde betrug Aehnliche Zuſtaͤnde ſieht man nach kuͤnſtlichen Entbin— dungen, wie jedem Geburtshelfer bekannt ſeyn muß; einzel— ne Kranke erholen ſich danach, andere aber ſterben. Der Tod kann aber durch dieſelbe Urſache erfolgen, ſelbſt wenn die Geburt ohne Kunſthuͤlfe beendet wird, wie, z. B., in folgendem Falle. Im vorletzten Jahre wurde eine Kreiſende im Entbin— dungshauſe aufgenommen; die Wehen waren ziemlich kraͤf— tig, aber die Geburtswege unnachgiebig; dieß dauerte etwa dreißig Stunden, worauf der Pals beſchleunigt, die Haut heiß wurde und ſich Unruhe einſtellte. Da die Fortfchritte zwar langſam waren aber doch ſtattfanden, da die Leiden nicht beträchtlich waren, und beſonders, da die Kranke die größte Abneigung gegen Inſtrumentalhuͤlfe zeigte, fo ward in einer Conſultation befchloffen, noch 2 — 3 Stunden zu warten. In zwei Stunden war der Kopf im Einſchneiden; in drei Stunden war ein lebendes Kind geboren. In den letzten zwei Stunden indeß hatte die Kreiſende ſehr viel gelitten, und nach der Austreibung des Kindes war ſie in einem Zu— ſtande aͤußerſter Proſtration; ihr Nervenſyſtem war gleichſam betaͤubt; das Geſicht druͤckte die aͤußerſte Erſchoͤpfung aus; die Augen waren trüb und ſchwer; die Senſidilitaͤt der Augen und Ohren war vermindert; der Puls war beſchleunigt, ſchwach und zitternd; die Reſpiration beſchleunigt, keuchend, mit tiefem Seufzen; die Muskeln waren ſchlaff, und es be— durfte großer Anſtrengung von Seiten der Kranken, ihre Glieder zu bewegen. Es wurden die dem Zuſtande entſpre— chenden Mittel angewendet; aber die Frau erholte ſich nicht von dieſem collapsus; es erfolgten keine Convulſionen, ihr Geiſt blieb frei bis zum Tode, welcher nach 8 — 10 Stunden erfolgte. Bei der Section fanden wir die Unter— leibs- und Beckenorgane vollkommen normal, und man konn— te nicht anders als den Tod von einem nervoͤſen Schrecke herleiten. 172 Etwa vor vier Jahren wurde ich zu einer armen Frau gerufen, bei welcher die Geburtsthaͤtigkeit bereits ſeit eini— ger Zeit begonnen, welche aber erſt eine Stunde zuvor nach Huͤlfe geſchickt hatte. Ich fand ſie mit beſchleunigtem Pulſe und etwas Fieber; der Kindskopf ſtand im Becken; es war hinreichender Raum, aber die Wehen uͤbten kaum einen Einfluß auf das Kind aus. In einer Conſultation wurde die Anlegung der Zange beſchloſſen. Dieſe geſchah leicht, und die Frau wurde von einem ſcheintodten Kinde entbunden. Nach dem Abgange der placenta ſchien die Woͤchnerin ſehr erſchoͤpft und aͤußerſt ſchwach, jedoch ohne Kopfweh und mit vollem Bewußtſeyn. Der Puls war ſehr langſam und ſchwach und die Reſpiration beſchleunigt und keuchend Die gewöhnlichen restaurantia wurden ver— ordnet, und die Kranke ſchien darauf ſich beſſer zu befinden. Als ich jedoch des Abends wiederkam, erfuhr ich, daß die Frau etwa ſechs Stunden lang in demſelben Zuſtande geweſen, ſodann ſchwaͤcher geworden und endlich ganz ploͤzlich geſtorben ſey. Bei der Section fand ſich durchaus nichts Abnormes vor, und wir mußten nach dem Zuſtande von Depreſſion, in welchem wir ſie verlaſſen hatten, ſchlie— ßen, daß ihr Tod durch Nervenerſchuͤtterung herbeigefuͤhrt worden ſey. Wihrend ich noch eine Stelle bei dem Wellesley Dispensary hatte, wurden wir zu einem Falle hinzugeru— fen, welcher in den Haͤnden einer Hebamme ſchlecht behan— delt worden war. Wir fanden die Kreiſende mit beſchleu— nigtem Pulſe; heißer Haut; trockner, belegter Zunge ꝛc., kurz mit den gewoͤhnlichen Zeichen einer ſehr in die Laͤnge gezogenen Geburtsarbeit; dabei Harnverhaltung, welche ins deß ſogleich gehoben wurde. Es war nicht zu zweifeln, daß die ſchleunigſte Entbindung auf dem kuͤrzeſten Wege indicirt ſey. Ich perforirte den Kopf des Kindes, fand es jedoch wegen der fauligen Beſchaffenheit deſſelben ſchwierig, daſ— ſelbe zu extrahiren; ich fuͤhrte daher behufs der Wendung meine Hand ein und brachte einen Fuß herunter. Zu un— ſerem Erſtaunen war es jedoch der Fuß eines andern Kin— des. Ich extrahirte daſſelbe ziemlich leicht; es dauerte aber eine geraume Zeit, ehe es mir gelang, das verfaulte Kind auch zu entfernen. Die placenta wurde extrahirt. Waͤh— rend des erſten Theiles der Operation delirirte die Kranke; ſie wurde aber ruhiger, bevor dieſelbe beendigt war. Nach— her war ſie im Zuſtande von Erſchoͤpfung und Betaͤubung, ſie athmete beſchwerlich, ſeufzte haͤufig, hatte einen ſehr ra— ſchen, kleinen und ſchwachen Puls ıc. Zwei bis drei Stun— den nach der Operation ſah ich ſie; ſie hatte ſich noch nicht ganz erholt, wiewohl ſie etwas gebeſſert zu ſeyn ſchien; ihr Bewußtſeyn war ungetruͤbt. Convulſionen waren nicht ein— getreten; der Puls blieb beſchleunigt und ſchwach; die Reſpiration war bisweilen ſehr uͤbereilt, zu andern Zei— ten langſamer. Schmerz bei Druck auf den Unterleib oder an den Geſchlechtstheilen war nicht vorhanden. Am andern Morgen hörte ich, daß die Kranke wihrend der Nacht geſtorben ſey, ohne daß irgend ein neues Sym— ptom hinzugekommen waͤre. Sie war allmaͤlig immer mehr collabirt, bis zuletzt der Athem aufhoͤrte. Die See— 173 tion durfte zwar nicht gemacht werden; ich habe indeß durch— aus keinen Zweifel, daß die Todesurſache eine betraͤchtliche Nervenerſchuͤtterung geweſen ſey, welche durch eine fo lang» fame Geburt unter ungünftigen Umftinden bedingt war. Es wäre leicht, noch eine Reihe von Fällen zufammens zuſtellen; ich glaube indeß, die bisher angefuͤhrten werden ge— nügen, und ich will daher ſchließen, indem ich auf einige Umſtaͤnde aufmerkſam mache und die Behandlung bezeichne, welche ich am huͤlfreichſten gefunden habe. Die Kranken, welche am meiſten dieſer Wirkung einer Entbindung unterworfen find, find zarte, nervoͤſe Frauen, bei denen man die Geburtsarbeit zu lange dauern laͤßt, oder bei welchen eine geburtshuͤlfliche Operation nothwendig wird, Je eingreifender die Operation iſt, um ſo ſtaͤrker entwickeln ſich im Allgemeinen die Symptome; indeß habe ich ſehr befs tige Faͤlle bloß nach der Extraction der placenta geſehen. Ich babe in allen tödtlih ablaufenden Fallen bemerkt, daß der Organismus auch nicht die mindeſte Beſtrebung ge— macht hatte, ſich von dem collapsus wieder zu erheben. Erfolgt nur ein Schritt zur Erholung, ſo iſt auch alle Ge— fahr der Nervenerſchuͤtterung vorüber, Ein anderer, alle dieſe Faͤlle auszeichnender Umſtand iſt der totale Mangel jeder Annäherung an Convulſionen und der ungeſtoͤrte Zuſtand der intellectuellen Thaͤtigkeiten bis zum Tode. Dieß iſt ein ſehr beachtenswerther Fingerzeig zur Diagnoſe. Bei der Behandlung dieſer Faͤlle beſteht die erſte Auf— gabe darin, die Kranke aus ihrem collapsus zu erheben; die directeſten Mittel ſind indeß nicht die vorzuͤglichſten. Weinige und ſpirituoͤſe Reizmittel thun gut, ſind aber kei— neswegs die beſten Heilmittel; ich habe immer gefunden, daß Opium am meiſten Nutzen brachte; ich gebe es, in der Regel, in der Form der Tinctur mit etwas Ammonium. Zuerſt giebt man halbſtuͤndlich zehn Tropfen, hierauf bloß alle Stunden und endlich noch weniger haͤufig. Dieſes ſcheint die allgemeine Störung in's Gleiche zu bringen, die Erſchuͤt— terung des Gehirns zu vermindern und dem Organismus Zeit und Gelegenheit zu verſchaffen, „ſich zu erholen. Zu: gleich giebt man ein wenig Wein oder Weingeiſt mit Waſ— ſer in entſprechenden Zwiſchenraͤumen, um die Erholung zu befoͤrdern, ohne jedoch eine heftige Reaction zu veranlaſſen; außerdem ſorgt man fuͤr die vollkommenſte Ruhe der Kran— ken, um deren Schlaf zu befördern. Tritt Schlaf ein, fo wird die Kranke, wahrſcheinlich ſehr erquickt, mit ruhigerem Puls und gleichmaͤßiger Reſpiration aufwachen; wenn im Gegentheile der collapsus anhält, fo muͤſſen unſere Beſtre— bungen geſteigert werden, da die Gefahr immer dringen— der wird. Iſt die dringendſte Gefahr voruͤber, ſo iſt immer noch große Sorgfalt erforderlich, und alle Reizmittel fuͤr den Geiſt und für die Sinne muͤſſen auf das Sorafältigfte regu— lirt werden, und zwar immer hauptſaͤchlich in den einzelnen Organen mehr, als dem gerade vorhandenen Zuſtande des Gehirns zu entſprechen ſcheint. (Lond. med. Gaz.. Apr. 1840.) . 174 Einige Fälle von Ruͤckgratsverkruͤmmung, welche Herzkrankheiten ſimulirt. Von Dr. Ward. Erſter Fall — Ein Mäohen von ſechszehn Jah: ren kam wegen allgemeinen Unwohlſeyns in meine Behand: lung; man leitete ihre Krankheit von einer Ruͤckgratsver— krummung ab, da die Wirbelkaͤule 14 Zoll von der ſenk— rechten Linie abwich; ihr Geſicht zeichnete ſich durch Blei⸗ farbe aus; die Reſpiration war immer beſchleunigt und wurde bei jeder leichten Anſtrengung noch um ein Betraͤcht— liches ſchneller; der Puls 120 und unregelmäßig; jede, auch noch fo unbedeutende, ungewöhnliche Anſtrengung veranlaßte eine Ohnmacht. Man hatte die mildeſten Mittel in Anz wendung gezogen, in der Annahme, daß, obwohl die Cir— culationsſtoͤrung von der Ruͤckgratskruͤmmung allein abhaͤn— gen konnte, dennoch die Symptome auch mit einer organiz ſchen Herzkrankheit zuſammenhaͤngen konnten, fo daß ohne große Sorgfalt leicht Schaden gethan werden koͤnnte; den— noch war ein Verſuch der Heilung zu machen, da das Be— finden ſich allmaͤlig verſchlimmert hatte. Es wurden nun kleine Gaben von Queckſilber mit Kreide und Abführmittel gereicht; es wurde ein leichter Verſuch mit Shampooing auf der Bruſt gemacht und dieſe Manipulation allmälig ge: ſteigert, als ſich zeigte, daß fie ohne Nachtheil ertragen wurde Spaͤter ging man zu leichten Muskeluͤbungen über, und ging auf demſelben Wege mit Vorſicht weiter. Das einzige ungewoͤhnliche Symptom war eine Ohnmacht, welche die Kranke hatte. Durch Ausdauer in dieſer Behandlung hatte, nach Ablauf von zwoͤlf Monaten, das Geſicht ein geſundes Ausſehen bekommen; die Ruͤckgratsverkruͤmmung war auf 4 Zoll reducirt, und die Kranke war übrigens ganz wohl. Zweiter Fall. — Ein junger Mann von ſechszehn Jahren hatte eine rheumatiſche Entzündung am Kopfe und Ha ſe, wonach der letztere ſteif blieb. Bei der Unterſuchung fand ſich eine allmaͤlige ausweichende Hervorragung der Halswirbel nach Vorn, gegen die Speiſe- und Luftroͤhre hin; die Halsmuskeln waren vollkommen ſteif und der Kopf be: wegungslos; es zeigte ſich betraͤchtliches Herzklopfen, unregels mäßer Puls von 132 Schlägen. Die Unregelmaͤßigkeit der Circulation noͤthigte zu großer Vorſicht, in Beſug auf die anzuwendenden Mittel, da zu fürchten war, daß die rheu: matiſche Entzuͤndung in eine organiſche Her krankheit ausge— gangen ſeyn moͤchte. Der Kranke erhielt ſehr maͤßige Diaͤt und Abfuͤhrmittel jeden fuͤnften Tag. Bloß zuerſt wurde das Muskelkneten angewendet, und da nach kurzer Zeit eine deutliche Linderung der Symptome eintrat, ſo wurde, in Verbindung damit, ein Verſuch mit activer Uebung der Muskeln des Halſes und der Schultern angeſtellt. Nun begann die heftige Thaͤtigkeit des Herzens und der Arterien allmaͤlig abzunehmen, und im Laufe eines Monats ſank der Puls bis auf 90. Die Muskelſteifigkeit des Halſes nahm fortwährend allmaͤlig ab, bis der Hals wiederum ganz be: weglich war und mit Leichtigkeit der Kopf gedreht werden konnte. Waͤhrend dieſer Fall in Behandlung war, bemerkte 175 ich mehrmals die Einwirkung der Muskeluͤbungen auf den Zuſtand des Pulſes, beſonders in den erſten Wochen, waͤh— rend die Unregelmaͤßigkeit der Herzthaͤtigkeit noch vorhanden war. Vor dem Anfange der Uebungen klopfte das Herz mit großer Kraft und Unregelmaͤßigkeit; nach Verfluß einer kurzen Zeit, nachdem das Allgemeinbefinden durch milde Tranſpiration bereits erleichtert worden war, waren die In— termiſſionen des Pulſes weniger haͤufig; und ehe noch der Kranke an einem Tage ſeine Uebungen beendet hatte, war der Puls bereits normal. Dieſe Beobachtungen wurden eine lange Zeit hindurch taͤglich gemacht und auch ſpaͤter zu verſchiedenen Zeiten immer mit gleichem Erfolge wiederholt. Zu dieſer Zeit wurde die Diagnoſe wenig oder gar nicht mit Beihuͤlfe des Stethoſcops gemacht. Dritter Fall. — Eine junge Dame von einund— zwanzig Jahren hatte eine nicht ſehr ſtarke Ruͤckgratsverkruͤm— mung, welche mehrere Jahre hindurch kaum zu bemerken war. Aber nach einer ſchweren Krankheit wurde die Ver— kruͤmmung plotzlich viel ſtaͤrker; nun war der Puls 5 — 6 Mal des Tages ſehr unregelmaͤßig, jedes Mal von großer Depreſſion, Ohnmachtsgefuͤhl und Uebelkeit begleitet. Die Kranke war ſehr ſchwach und hatte jene livide Geſichtsfarbe, welche gewoͤhnlich Circulationsſtoͤrungen begleitet. Die Zahl der Pulsſchlaͤge in der Minute iſt, leider, nicht notirt. Die Kranke wurde auf eine milde und reizloſe, halb animaliſche, halb vegetabiliſche Diaͤt geſetzt. Sie nahm einmal woͤchent— lich Abfuͤhrmittel und leichte tonica. Die gewöhnlichen Mittel mußten Anfangs mit großer Sorgfalt angewendet werden, zuerſt das Kneten, ſodann leichte Muskeluͤbungen. Nach Verfluß eines Monates zeigte ſich bloß noch einmal in vierundzwanzig Stunden Unregelmaͤßigkeit der Circulation und Ohnmacht; die Bruſt nahm 15 Zoll im Umfange zu und das Ausſehen wurde geſund. Nach ſechs Wochen war die Circulation normal und das Allgemeinbefinden vollkom— men gut. Ein anderer Kranker, welcher 15 Jahr in meiner Be— handlung war, weil er an betraͤchtlicher Ruͤckgratsverkruͤm— mung mit beſchleunigtem Pulſe und blauer Faͤrbung des Geſichtes und beſonders der Lippen litt, wie die Lungencon— geſtion anzuzeigen ſchien, ſetzte beinahe zwoͤlf Monate die Behandlung beharrlich fort, bevor das Geſicht eine normale gefunde Farbe wieder bekam. (Practical observ, and distort. of the spine.) 176 Miscellen. Zur Diagnoſe zwiſchen Kehlkopfskrankheiten und einem Druck auf die trachea, welche ſo außerordentlich leicht zu verwechſeln ſind, dienen folgende Anhaltspuncte; beſon— ders Aneurysmen der aorta geben leicht zu Symptomen Veranlaſ— ſung, welche einer Kehlkopfskrankheit anzugehoͤren ſcheinen. Zuerſt iſt ein Mißverhaͤltniß zu bemerken zwiſchen der Heftigkeit des Ge— raͤuſches und den heftigen Inſpirationsbeſtrebungen, das bei Kehl— kopfskrankheit nie fehlen kann. Die Reſpiration iſt in einem ſol— chen Falle ſehr laut, waͤhrend der Kranke die Reſpirationsmuskeln nur wenig anſtrengt; im Gegentheil koͤnnen dieſe Muskeln im Zu— ſtande der heftigſten Thaͤtigkeit ſeyn, waͤhrend das Geraͤuſch ver— haͤltnißmäßig ſchwach iſt. Bei Kehlkopfskrankheiten kommt dieſes Mißverhaͤltniß niemals vor. Ferner iſt das Geraͤuſch bei Kehl— kopfskrankheiten lauter in einiger Entfernung von dem Kranken, als wenn man mit dem Stethoſcope die Theile ſelbſt unterſucht. Bei aneurysma aortae verhält es ſich umgekehrt; hier ſcheint das Geraͤuſch hinter dem sternum heraufzukommen, und der Kranke fuͤhlt es auf dieſe Weiſe. Die Stimme iſt gar nicht, oder wenig— ſtens nur ſehr ſelten, veraͤndert, und wo dieß der Fall iſt, da iſt ſie, ganz verſchieden von Kehlkopfskrankheiten, auffallend veraͤn— derlich in ihrem Tone. Der obere Theil des Sternums und die inneren Theile der Schluͤſſelbeine muͤſſen percutirt werden; iſt der Ton dumpf, ſo hat man auf etwas mehr zu ſchließen, als auf Kehlkopfskrankheit, und iſt der dumpfe Ton umſchrieben, ſo wird man mit den uͤbrigen Symptomen eine ziemliche Genauigkeit der Diagnoſe des Zuſtandes innerhalb des thorax erreichen. Dieſe Diagnoſe wird noch befeſtigt, wenn Zeichen von Compreſſion eines Bronchialaſtes, der subclavia oder des oesophagus vorhanden ſindz naͤmlich helle Percuſſion mit Verminderung des Reſpirationsgeraͤu— ſches, Verminderung des Pulſes auf der rechten Seite, oder Dys— phagie. Dieß genügt, um eine Geſchwulſt innerhalb des thorax zu diagnoſticiren; wegen der Haͤufigkeit des Vorkommens ſchließt man ſodann zunaͤchſt auf ein an urysma. Dieſe Annahme wird verſtaͤrkt, wenn Pulſationen und Blaſebalggeraͤuſch vorhanden ſind, wiewohl das letztere haͤufig bei Aneurysmen fehlt, waͤhrend die erſteren auch durch Erſchuͤtterung einer anderen Geſchwulſt von einer Arterie aus bewirkt werden koͤnnen. Man muß bei der Un— terſuchung auch an die Moͤglichkeit einer Complication einer Kehl— kopfskrankheit mit einem aneurysma denken. (Cyclopaedia of pract. surgery, Art. Bronchotomy.) Von der syphilis ſtellt Ricord drei Stadien auf: 1) das der localen Einwirkung; 2) die Affectionen der cutis und Schleim: haut (welche durch Inoculation die Krankheit nicht weiter forte ſetzen); 3) die Zufaͤlle, welche nach dem ſiebenten Monate eintreten und nicht weiter vererbt werden koͤnnen. Im erſten Stadium iſt, nach ihm, Mercur in der Regel ſchaͤdlich; im zweiten Stadium haͤlt er den Mercur für abſolut nöthig: im dritten Stadium giebt er das Jodkali, namlich: Jodkali 10 ge., deſtillirtes Waſſer 3 J. Syrupus Diacodii 3j; dieß wird in drei Dofen in einem Tage genommen mit Saſſaparille. Die Quantität des Jodkali's wird alle fuͤnf Tage geſteigert, bis der Kranke 100 ge. taͤglich nimmt. Eriſtiren Symptome des zweiten Stadiums mit denen des dritten, fo giebt Ricord ge Calomel, allmaͤlig bis zu 6 gr. ſteigend. (L’Experience, Nr. 141.) Bibliographische Histoire naturelle generale et particuliere des crinoides vivans et fossiles, comprénant la description zoologique et geologi- que de ces animaux. Par Alcide d’Orbieny. Ire livraison. In 4to de 4 feuilles, plus 6 pl. Paris 1840. (Es werden 8 Lieferungen erſcheinen.) Manuel pratique du Magnétisme animal, ou Exposition methodi- que des procédés employés pour produire les phenomenes mag- Nike in. nétiques et leur application A l’&tude et au traitement des ma- ladies. Par Alph. Teste, DM, etc. Paris 1840. 8. Essai sur un traitement méthodique de quelques maladies de la matrice, injections intra-vaginales et extrauterines. Par Aug. Vidal (de Cassis). Paris 1840. 8. Essai critique sur Broussais, sa doctrine médicale et ses opi- nions philosophiques, Par le Docteur Henri Gouraud, Paris 1340, ß — ¶—— Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatnr- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem ObersMedieinafrathe Frorien zu Weimar, und dem Mediemalratte und Prefeſſor Frerier zu Berlin. Ne. 320. Gedruckt im Landes Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 12. des XV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Hthir. oder 3 Fl. 36 Kr., Auguſt 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 agl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Nei u vb un de. Ueber den Urſprung der Steinkohlen und Braun— kohlen. Nach Lin k. (Hierzu die Figg. 1 — 11 auf der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel.) Man hält die Steinkohlenlager einestheils für Anhaͤu— fungen von Baumſtaͤmmen aus entwurzelten und zuſammen— geſchwemmten Waͤldern, anderntheils haͤlt man ſie fuͤr den Torf der Urwelt; die letzte Anſicht ruͤhrt von v. Berol— dingen her und iſt auch von De Luc angenommen wor: den. Die Annahme, daß der Torf der Urwelt zur Entſte— hung der Steinkohlenlager Anlaß gegeben habe, wird dage— gen, wie ſich aus Folgendem ergiebt, mehr durch die mikro— ſcopiſche Unterſuchung der Steinkohlen und des Torfes be— wieſen. Hutton hat zwar nach mikroſcopiſchen Unterſu— chungen verſchiedener Steinkohlenarten ſchließen zu koͤnnen geglaubt, daß man das Gefuͤge des Holzes noch darin er— kenne; das Gefuͤge aber, welches Hutton in den Kohlen ſah, iſt ein ganz anderes, als das Gefuͤge des Holzes, in welchem haͤufiger Faſern, als Zellen vorkommen, waͤhrend er in den Steinkohlen Zellen fand, welche bloß bisweilen durch faſerige Subſtanz von einander getrennt waͤren. Goͤppert hat zwar ebenfalls in den Schleſiſchen Steinkohlen Holz— ſtructur und namentlich concentriſche Ringe der Aſtknoten gefunden; indeß iſt zu bemerken, daß ſehr wohl Holz in den Steinkohlen vorkommen kann, eben ſo, wie man es haͤufig in Torfmooren verſunken findet. Folgende mikroſcopiſche Unterſuchungen Link's zeigen, daß die Hauptmaſſe der Steinkohlen als Torf angeſehen werden muß. Behufs der Vergleichung wurde Torf, Holzkohle, Stein— kohle und Braunkohle mikroſcopiſch unterſucht. Der ſehr gute Torf von Linum bei Berlin beſteht aus einer dunkelbraunen, erdigen, zuſammenhaͤngenden, aber zer— reidlichen Maſſe, gemengt mit feinen Wurzelzaſern und blattar— tigen Theilen. Darin kommen einzelne verhaͤrtete, feſte Stuͤcke von dunkelbrauner Farbe vor, welche im Queerbruche faſt eben, mit Wurzelzaſern nicht gemengt, wohl aber von -blattartigen Theilen durchzogen ſind. Unter dem Mikroſcope zeigen ſich No. 1420. haͤutige Theile und (von der Schichtung herruͤhrende) Laͤngs— ſtreifen, ohne Spur von Holzfaſer. Vergl. Fig. 1. Ein Stuͤck Torf aus Woggentin in Pommern glich bei'm erſten Blicke einem Stuͤcke Holz, beſtand aber aus duͤnnen, dunkelbraunen Lagen, dazwiſchen mit blattartigen Theilen durchzogen, ohne Spur von Wurzelzaſern; im Queer— bruche glaͤnzend, von faſt muſcheligem Bruche. Unter dem Mikroſcope (Fig. 2) ſieht man haͤutige Theile mit deutli— chen Laͤngslinien, ſtatt der Queerwaͤnde dagegen durchbrochene und am Rande ausgezackte Stellen. Die Grundlage des Torfes iſt alſo das Zellgewebe der Pflanzen, welches, mehr oder weniger zu gleichfoͤrmigen Haͤu— ten zuſammengepreßt, ſich uͤbereinanderlegt. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſes Zellgewebe verſchiedenen Pflanzen angehoͤrt, und daß daher die Verſchiedenheit des Torfes ruͤhrt. Die Veraͤnderung des Zellgewebes zu einer Haut iſt wohl nur vom Drucke herzuleiten, wodurch die Zellenver: bindungen undcutlicher werden und endlich ganz verſchwinden. Wurzelzaſern verhindern das dichte Zufammenlegen des Zell— gewebes; blattartige Theile ſchaden der Dichtigkeit nicht. Holzkohle von Kiefern zeigt unter dem Mikroſcope der Laͤnge nach undurchſichtige Faſern, der Queere nach aber Oeffnungen der Gefaͤße, wie im unverkohlten Holze (vergl. Fig. 3.), und ebenſo Palmenholzkohle (von Bactris spinosa Fig. J.), wo nicht allein das Zellgewebe, ſondern auch Spi— ralgefüße und Spiroiden ſehr wohl erhalten find. Das Verkohlen veraͤndert alſo den Bau des Holzes ſehr wenig; es macht nur die Waͤnde der Zellen und Gefaͤße ſchwarz und undurchſichtig. Ebenſo erleidet der Bau des Holzes durch langes Liegen unter der Erde wenig Veraͤnderung, wie bei'm foſſilen Holze. Wir kommen nun zu den Steinkohlen und zwar zuerſt zu denen der aͤlteſten Formation. Die Steinkohle aus der Nachbarſchaft von Tanſa in der Ebene von Bogota gleicht dem dichten Torfe von Linum mikroſcopiſch ſehr auffallend. Sie zeigte noch etwas Faſern. Die im Handel haͤufig vorkommende, fette, glaͤnzende Kohle von Neweaſtle zeigt wenig durchſichtige Theilchen, und dieſe 12 179 find gleichfoͤrmig, ohne Laͤngsſtreifen und deutliche Queer— wände, ganz wie im Torfe. Die undurchſ' tigen Theile ſind laͤngliche, geſtreifte Stuͤcke, als waͤren ſie von Lagen entftanden. Eine Kohle von Bridgewater iſt wenig glaͤn— zend, faſt muſchlig im Bruche, mit glänzenden Ablöfungen; die einzelnen Theilchen haben mehr Laͤngsſtreifen, und einige zeigen deutliche Queerwaͤnde, auch Locher, alſo Zellgewebe und Spiroiden, vermuthlich von Holz. — Aehnlich der Neweaſtler Kohle iſt Franzoͤſiſche und Saͤchſiſche. — Die Steinkohle aus Niederſchleſien in Lagen, ſehr glänzend, klein— muſchelig im Bruche, zeigt einzelne laͤngliche haͤutige Theil— chen mit Laͤngsſtreifen, meiſtens ohne, ſelten mit Queerwaͤn— den; ſie gleicht dem dichten Torfe von Linum ſehr und zeigt keine Spur von Holz (Fig. 5... Steinkohle aus Oberſchleſien beſteht aus Lagen, iſt nicht ſehr glaͤnzend, feſt, muſchlig im Bruche, haͤlt einfache vegetabiliſe Membran, wie der gewoͤhnliche Torf, hin und wieder mit Andeutungen von Zellen; in andern Stüden iſt fie an der Oberfläche mit einer faferigen Kohle überzogen; der innere Bau gleicht der vorigen, nur finden ſich Stucke daneben, die verbrannt ſchei— nen. Eine Steinkohle aus Oberſchleſien mit einem Ueber— zuge von faſeriger Steinkohle beſteht aus duͤnnen Schichten, die eine Platte machen; auf der einen Flaͤche iſt die Kohle ſtark glaͤnzend, und man ſieht einige oberflaͤchliche parallele Reifen, welche die Lagen unter einem rechten Winkel ſchnei— den; im Queerbeuche der Lagen iſt die Kohle weniger glaͤn— zend. Auf der jener glaͤnzenden entgegengeſetzten Fläche fins den ſich zarte parallele, ſeidenglaͤnzende Streifen oder Faſern, welche nach verſchiedenen Richtungen ſich wenden. Die ver— groͤßerten Theilchen der glänzenden Flaͤchen (Fig. 6. a), fo wie dieſe Theilchen des Queerbruches (Fig. 6. 5), haben aus ßerordentlich viel Aehnlichkeit mit dem dichten Torfe von Woggentin (Fig. 2.) Die faſerigen Theilchen (Fig. 6. e.) ſind aber deutliche Kohle, ſo wie ſie durch Brand zu entſte— hen pflegt, welches die Vergleichung mit wirklichen Holz— kohlen beweiſ't. Nach dieſen und andern Stuͤcken moͤchte nicht zu zwei— feln ſeyn, daß dieſe Steinkohlen unter der Erde Wirkungen des Feuers erlitten haben und dadurch wirkliche Holzkohlen geworden find. Da die Richtung der Faſern auf einer und derſelben Flaͤche zuweilen verſchieden iſt, ſo moͤchte man glauben, die Flamme habe angeſchlagen; woraus aber die verkohlten Theile beſtanden, laͤßt ſich ſchwer ſagen. Das Verkohlen erhaͤlt das lockere, ſehr weiche Zellgewebe von Palmenholz; es erhielt ſogar die Spirale eines Spiralgefaͤ— ßes; aber an dem Kiefer- und Birkenholze hatte der Brand das Characteriſtiſche der Gefaͤße zerſtoͤrt, weil die Waͤnde ganz undurchſichtig waren. Was nun uͤbrigens die Steinkohlen dieſer aͤltern For— mation betrifft, ſo iſt die Aehnlichkeit derſelben mit dem dichten Torfe von Linum ſehr auffallend, weniger zwar, aber doch deutlich genug, mit dem lockern Torfe. Einige ſind dem ſehr feſten Torfe von Woggentin aͤhnlich; uͤberall ſieht man nur Spuren von Zellgewebe, nirgends deutliche Spuren von Holz, wie unter den Braunkohlen. Man muß alſo die Steinkohlen für die Torfmoore der Vor: 180 welt halten, oder vielmehr, damit man nicht alle Kleinig— keiten unſerer Torfmoore wieder ſuche, fuͤr torfartige Nieder— lagen der Vorwelt. Holz kann ſich darin zerſtreut vor— finden. Wir kommen zu den Steinkohlen ſpaͤterer Kor mation (mit Ausſchluß der Braunkohlenformation). Steins kohle aus dem Muſchelkalke in Oberſchleſien zeigt duͤnne un— regelmäßige Lagen, muſch tigen und matten Bruch, wird aber durch den Strich glaͤnzend Die einzelnen Theilchen gleichen den Theilchen im dichten Torfe und beſtehen aus Zellgewebe, ohne Spuren von Holz. Eine Steinkohle im untern Lias aus dem Hanoͤveriſchen iſt ſehr aͤhnlich; ſie beſteht aus duͤn— nen Schichten iſt matt, wird aber durch den Strich glaͤn— zend. In ihrem Innern hat ſie einige Theilchen, welche dichtem Torfe gleichen; die meiſten aber ſcheinen aus ineins andergelegten Holzfaſern zu beſtehen (Fig. 7.)- Steinkohlen oder Holzkohlen aus dem Quaderſandſteine von Quedlinburg find ſehr zart, faſerig, aͤußerlich braun, auf dem Queerbruche glänzend ſchwarz. Es iſt wahres Holz, vielleicht von Coniferen; die Gefaͤße haben große Poren, in einer Reihe, wie Coniferenholz, oder auch zerſtreut, und wie die uͤbrigen, Holzſtrahlen An einigen Stuͤcken ſind die Queerſtreifen von Markſtrahlen ſehr kenntlich; das Kenn— zeichen von Dicotyledonen. Da die Holzbildung im Innern ausgezeichnet iſt, und zwar mehr, als im Aeußern, ſo mag man wohl fh ßen, daß fie in den Steinkohlen dort nicht vorhanden iſt, wo man ſie nicht gewahr wird Zu der juͤngſten Formation der foſſilen Kohle gehoͤren die Braunkohle und die Lignite Eine Braunkohle aus Groͤnland kommt dem Torfe von Linum ſehr nahe, ebenſo die Steinkohle vom Meißner in Heſſen. i Unter den Ligniten iſt die Kohle von Seißen im Baireuthiſchen merkwuͤrdig. Sie befteht aus dünnen Schich— ten, iſt ſtark glaͤnzend, im Bruche muſchelig und an den Abloͤſungen braun. Unter dem Mikroſcope ſieht man (Fig. 9.) Theilchen verſchiedener Art; Gefaͤße, dem Anſehen nach, Faſergefaͤße mit Zellen wechſelnd (bei g); Zellgewebe mit zarten Queerſtreifen wie der Markſtrahlen (5; Zellgewebe oder Gefäße (e), ein Stuͤckchen Zellgewebe (d); Stuͤcke von deutlichen Spiralgefaͤßen e); ein Treppengeraͤß (7); Holz von der Oberfläche des Holzkoͤrpers mit dem Anfange der Markſtrahlen (9). — Der Lignit von den Goldbergwerken bei Trinidad iſt nach ſeiner Zuſammenſetzung wohl fuͤr Pal— menholz zu halten. Lignite von Coniferenholze mit großen Poren in regel— maͤßigen Reifen ſind die von Friesdorf bei Bonn (Fig. 10). Der Lignit von Voͤlpke bei Aſchersleben und ein Lignit von Schneidlingen. Lignite, welche nicht zu den Coniferen, wohl aber zu den Dicotylen gehoͤren, ſind der Surturbrand aus Island, das Bernſteinholz aus Oſtpreußen und der Lignit vom Meiß— ner, welcher Dicotylenholz mit großen Markſtrahlen und lok— kerem Parenchyme iſt (Fig. 11). Durch dieſe mikroſcopiſchen Unterſuchungen wird alſo die frühere Meinung beſtaͤtigt, daß die Steinkohlen groͤßten⸗ 181 theils der Torf der Urwelt waren. Die Ältere Steinkohle koͤmmt völlig mit dem dichten Torfe von Linum überein. Einige der aͤltern Steinkoh'en, namentlich aus Oberſchleſien, zeigen auf der Oberflache Spuren von Brand. In der Steinkohle des Quaderſandſteins und der Juraformation allein findet ſich Holz. Auch viele Braunkohlenarten ſind Torf. Ueber das Vorgeben eines Oſtindiſchen Fakirs, le— bendig begraben worden und nach zehn Monaten wieder auferftanden zu ſeyn. (Vergl. Neue Not. Ifter Bd. S. 234. und 4ter Bd. S. 16.) Nachſtehender Auszug aus Hrn. Osborne's kürzlich erſchie⸗ nenem Berichte über die Geſandtſchaft, welche im Jahre 1838 nach Labore abgina*) empfehlen wir, beißt es in The Lancet vom 7. März diefes Jahres, der Aufmerkſamkeſt der Schüler Mes mer's. „Den 6. Juni 1838. Die Einfoͤrmigkeit unſers Lagerlebens ward heute Morgen durch die Ankunft eines ſehr beruhmten Man— nes unterbrochen, nach deſſen Bekanntſchaft wir uns ſchon lange geſehnt hatten und den der Maharadſcha eigens uns zu Gefallen von Umritſir hatte kommen laſſen. Er ift feines Zeichens ein Fakir und ſteht bei den Sihks **) in außerordentlichem Anſchen, weil man von ihm glaubt, er koͤnne ſich beliebig lange Zeit lebendig begraben laſſen. Es waren über ihn fo viele Gerüchte in Umlauf, und fo viele achtbare Perſonen legten von der Wahrheit dieſer Geruͤchte Zeugniß ab, daß wir alle auf deſſen Erſcheinen ſehr geſpannt waren. Er behauptet, er babe feinem Berufe, wenn ich mich fo ausdruͤcken darf, ſchon ſeit einer Reihe von Jahren obgelegen, und bereits vor geraumer Zeit las man in den Calcuttaiſchen Zeitungen Briefe von Leuten, die dieſen Mann in den obern Provinzen Oſtindiens gefeben hatten und uͤber ſeine wunderbaren Leiſtungen berichteten, die man damals für völlig fabelhaft und für einen bloßen Verſuch hielt, den guten Leuten in Calcutta etwas aufzubinden. Hauptmann Wade, der Agent der Regierung zu Ludhiana, erzählte mir, er ſey bei deſſen Auferſtehung nach mehrmonatlichem Begrabenſeyn zugegen geweſen. General Ventura habe ihn damals in Gegenwart des Maharad— ſcha und vieler der erſten Sirdars zur Erde beftatten laſſen, und ſo viel ich mich erinnere, berichtete mir General Ventura uͤber die näbern Umftände Folgendes: Nachdem der Fakir ſich mehrere Tage lang auf das Begraͤbniß in einer Weiſe vorbereitet, die von zu ekelhaften Umftänden begleitet war, als daß ich fie hier näber beſchreiben koͤnnte, erklaͤrte er ſich bereit, ſich in ein zu dieſem Zwecke vom Maharadſcha hergeſtelltes Grabgewoͤlbe beiſetzen zu laſſen. Als Rundſchit Sing mit feinem Hofſtaate erfchisnen war, traf der Fakir in deſſen Gegenwart die letzten Vorbereitun— gen, und nachdem er ſich die Ohren, die Naſenloͤcher und alle Oeffnungen, durch welche die aͤußere Luft in ſeinen Koͤrper haͤtte eindringen koͤnnen, außer den Mund, mit Wachs verſtopft hatte, ward er entkleidet und in einen leinenen Sack geſteckt. Nun ſchlug er die Zunge zurüc und verſchloß fo feine Gurgel, worauf er als; bald in einen fcheintodähntichen Zuſtand gerieth. Der Sack wurde dann zugebunden, mit Rundſchit's eigenem Petſchaft verſiegelt und dann in eine Kiſte von Tannenholz gelegt, die ebenfalls vers ſiegelt ward. Diefe Kiſte wurde in dem Gewölbe beigeſetzt, Erde daraufaeworfen und feſtgeſtampft, worauf man letztere mit Gerſte beſaͤete und Schildwachen daneben ſtellte. Der Maharadſcha war uͤbrigens ſehr mißtrauiſch, und ließ während der zehn Monate *) The Court and Camp of Runjeet Sing. By the Hon. W. G. Osborne, Military Seeretary to the Karl of Auck- land, Governor General of India. London. Colborn 1840. — Ss ſanscritiſche Wort Sihk bedeutet foviel als Schüler, nger. 182 das Gewölbe zweſ Mal aufaraben, da man denn den Fakir beide Male genau in derſelben Lage und anſcheinend todt fand. Nach Ablauf der zehn Monate begleitete Hauptmann Wade den Ma haratſaa, um bei der Auferſtehung zugegen zu ſeyn; er unters ſuchte bei dieſer Gelegenheit den Fakir felbſt fehr genau, und be: bauptet, er babe an ihm kein Zeichen des Lebens wahrnehmen koͤn— nen. Vor ihm wurden die Schtoſſer geöffnet und die Entfiegelung vorgenommen, ſo wie die Kiſte an die freie Luft gebracht. Der Korper ward dann herausgenommen, und weder am Handaelenke, noch in der Gegend des Herzens ließ ſich das geringſte Klopfen wahrnehmen. Das Erſte, was geſchah, um ihn wieder zu beleben, war, daß man die Zunge mit Gewalt in ihre natürliche Lage brachte, was einige Schwierigkeit hatte und von einem Menſchen bewirkt wurde, der den Finger in die Mundhöble einführte, die Zunge kraftig vorwaͤrtszog und fie fo eine Zeitlang hielt, bis fie allmaͤlig ihre naturgemäße Lage annahm. Hauptmann Wade fuͤhrt an, der Scheitel des Kopfes ſey bedeutend warm, alle übri— gen Körperteile aber kalt, doch von geſundem Anſehen, geweſen. Uebrigens ward nichts weiter vorgenommen, als daß man den Fa⸗ kir mit warmem Waſſer begoß, und nach zwei Stunden befand ſich derſelbe ſo munter, wie je zuvor. „Der Fakir iſt, wie es ſcheint, etwa dreißig Jahr alt, und ſein Geſicht hat einen unangenehmen, verſchmitzten Ausdruck. Wir unterhielten uns lange mit itm, und er erbot ſich, ſich auf fo lan— ge Zeit, als wir wollten, begraben zu laſſen, damit wir uns über: zeugen moͤchten, daß er kein Betruͤger ſey. Wir nahmen ihn bei'm Worte, und ſobald wir nach Lahore gekommen ſeyn werden, wird man ihn begraben und fo fange, als wir dort bleiben, etwa drei Wochen bis ein Monat, in der Erde laſſen. Er beklagt ſich zwar darüber, daß dieſe Zeit zu kurz und es kaum der Mühe werth ſey, ſich deßhalb einer fo muͤhſamen Vorbereitung zu unter: ziehen; allein wenn er lebend wieder ausgegraben wird, ſo will ich ihm gerne glauben, daß er noͤthigenfalls hundert Jahre unter der Erde fortleben kann. „Er behauptet, er habe im Grabe die angenehmſten Gedanken und Träume, und es thue ihm jedes Mal leid, wenn er aus ſei— nem Scheintode wieder zum Leben erweckt werde. Seine Nägel und Haare hören auf zu wachſen, und gleich nach dem Aus— graben fühlt er etwas Schwindel und Schwache, die aber bald der gewohnten Munterkeit und Geſundbeit weichen. Er furchtet ſich im Grabe vor Nichts, als daß er von Inſecten aufgefreſſen werde, was er dadurch verhindert, daß er ſich an der Decke des Gewoͤlbes aufhaͤngen läßt. „Als ich nach Simla zuruͤckkebrte, fiel mir zufällig ein Anz bang zu der mediciniſchen Topographie von Ludt jana in die Hand, deſſen Verfaſſer der bei der Artillerie angeſtellte Dr. Mac Gres gor iſt, mit deſſen Ertaubniß ich den nachſtehenden Bericht über eine frühere Wiederbelebung deſſelben Fakirs auszog. „Ein Fakir, welcher nach Lahore kam, erbot ſich, ſich beliebig lange Zeit in einer Kiſte ohne Speiſe und Trank begraben zu laſ⸗ fen. Rundſchit bezweifelte natürlich die Behauptung des Men: ſchen, und war entſchloſſen, ihn auf die Probe zu ſtellen. Zu die ſem Ende wurde der Fakir in eine hoͤlzerne Kiſte eingeſchloſſen und dieſe in ein kleines unterirdiſches Gewölbe geſetzt. Die Kiſte hatte Fluͤgelthuͤren, welche mit einem Schloſſe verwahrt waren. Um das Gewoͤlbe ber befand ſich ein Gartenhaus, welches eben— falls verſchloſſen war, und um das Ganze her zog ſich cine hohe Mauer, deren Eingangsthor zugemauert wurde. Damit Niemand ſich dem Orte näbern koͤnne, wurde eine Schildwachenreihe aufaer ſtellt und die Poſten regelmaͤßig abgelöft. Vierzig Tage und Nächte hintereinander ward die groͤßte Wachſamkeit beobachtet, und nach Verlauf dieſer Zeit begab ſich der Maharadſcha in Geſell⸗ ſchaft feines Sohnes und mehrerer Sirdars, fo wie General Vens tura's, Hauptmann Wade's und meiner an den Ort, um dei der Ausgrabung des Fakir's zugegen zu ſeyn. Man öffnete das zugemauerte Thor, ſchloß die Thür des Gartenhauſes auf und als das letzte Schloß, das der Kiſte, ſich aufgetban, und man das über den Fakir gebreitete weiße Tuch abgehoben batte, zeigte ſich der Mann in ſitzender Stellung mit feſt an den Seiten liegenden Hän⸗ den und Armen und gekreuzten Beinen. Das Erſte, was man zu 12? 185 deſſen Wiederbelebung vornahm, war, daß man ihm eine Quanti⸗ tär warmen Waſſers über den Kopf goß; dann legte man ihm einen heißen Otta-Kuchen auf den Scheitel, zog einen Wachspfro— pfen aus einem der Naſenlocher, und ſobald dieß geſchehen war, holte der Mann durch daſſelbe ſtark Akhem. Nun öffnete man ihm den Mund, und zog die feſt an dem Gaumengewoͤlbe liegende Zun— ge vor, worauf man ſie ſowohl, als die Lippen, mit Ghee ſalote. Waͤhrend dieſes Theils der Procedur konnte ich den Pulsſchlag am Handgelenke nicht fuhlen, obwohl die Temperatur des Koͤrpers be— deutend hoͤher war, als im Zuſtande der Geſundheit. Nachdem Arme und Bein gerade geſtreckt und die Augenlider in die Hoͤhe gezogen worden waren, frottirte man die erſtern tuͤchtig. Die Augaͤpfel ſahen truͤbe und unterlaufen aus, wie bei einer Leiche. Der Menſch gab nun Zeichen der Ruͤckkehr der Lebensthaͤtigkeit zu erkennen. Der Puls am Handgelenke ward fuͤhlbar, waͤhrend die unnatuͤrliche hohe Temperatur des Koͤrpers ſchnell ſank. Er ſtrengte ſich mehrmals vergebens an, zu ſprechen und ſtammelte zu— letzt einige Worte, aber mit ſo leiſer und ſchwacher Stimme, daß dieſelben nicht zu verſtehen waren. Nach und nach gelang es ihm, deutlich zu ſprechen; er erkannte mehrere der anweſenden Perſonen und redete den Maharadſcha an, der ihm gegenüberfaß, und alle ſeine Bewegungen aufmerkſam beobachtete. Sobald der Fakir im Stande war, ſich zu unterhalten, wurde die Vollbringung der Lei— ſtung durch Abfeuern von Kanonen und andere Freudenſignale ge— feuert. Rundſchit haͤngte dem Fakir eine ſchwere goldne Kette um den Hals und beſchenkte ihn mit Ohrringen, Schawis ꝛc. So außerordentlich dieſe Leiſtung aber auch den Europaͤern, wie den Eingebornen erſcheinen mag, fo läßt ſie ſich doch phyſtologiſch kaum erklären. Der Mann behauptete nicht nur, er habe während der vierzig Tage weder Speiſe noch Trank zu ſich genommen, ſondern auch, er habe ſo lange nicht geathmet. Sein langes Faſten hatte, allem Anſcheine nach, die gewöhnliche Wirkung nicht gehabt; denn der Mann ſchien ſich der kraͤftigſten Geſundheit zu erfreuen, ſo daß die Verdauung und Aſſimilation waͤhrend der vierzig Tage wohl ihren Fortgang gehabt haben mußten. Allein auch dieß laͤug— nete er geradezu, indem er ausſagte, er habe die ganze Zeit uͤber in einer ungemein lieblichen Ohnmacht gelegen. Bekanntlich ver— ſtehen die Hindus durch Uebung die Fähigkeit zu erlangen, waͤh— rend einer Reihe von Tagen ſich mit einer ſehr winzigen Quantir taͤt Nahrungsſtoff zu behelfen, und ſie bringen es durch Uebung ebenfalls dahin, mehrere Minuten lang den Athem an ſich zu hal— ten; allein wie haͤtten die Functionen der Verdauung und Reſpi— ration ſo lange Zeit voͤllig unterbrochen werden koͤnnen. Den Phyſiologen iſt bekannt, daß das Herz zu ſchlagen und die Lunge ſich auszudehnen, fortfaͤhrt, ſelbſt nachdem der Kopf vom Numpfe eines Thieres getrennt worden iſt; allein wie ließe ſich annehmen, daß die Koͤrperfunctionen ohne eine Verſorgung mit friſchem Arte— terienblute, welche die Thaͤtigkeit der Lungen nothwendig erheiſcht, irgend lange ihren Fortgang haben koͤnnten? Und wenngleich in Fällen von Aſphyxie durch Ertrinken oder Hängen oder Einathmen von mephitiſchen Gasarten die Blutcirculation und das Athmen eine Zeitlang ausſetzen, ſo kann dieß doch nur eine gewiſſe Zeit dauern, ohne daß das Leben unwiederbringlich erliſcht. Meiner Anſicht nach, hatten die Functionen des Athmens, des Blutumlaufs und der Aſſimilation bei dem Manne ihren Fortgang in einem Grade, der ſich mit dem Fortbeſtehen des Lebens vertrug, und durch lange Uebung hatte er die Fähigkeit ſich zu eigen gemacht, den Athem waͤhrend einiger Minuten an ſich zu halten, was bei'm Begraben und Wiederbeleben noͤthig war. Wie es ihm moͤg— lich war, Speiſe und Trank zu erhalten , will ich nicht näber un— terſuchen. Man behauptet, ehe der Mann ſich begraben laſſe, be— zwinge er nach und nach die Verdauungskraft in dem Grade, daß fi) in feinen Magen gebrachte Milch nicht veraͤndere; dann treibe er alle Luft, die er im Koͤrper habe, in's Gehirn, wodurch der Kopf fo erhitzt werde, daß er ſich wie eine gluͤhende Kohle an— fuͤhle; die Lunge falle dann zuſammen, und das der gewoͤhnlichen Reizung beraubte Herz hoͤre auf, zu ſchlagen. Nachdem er ſo mit der Verdauung, Aſſimflation, Reſpiration und Blutcirculation fer— tig geworden, verſtopfe er alle Oeffnungen des Koͤrpers, lege die Beine kreuzweis zuſammen, die Arme feſt an den Rumpf, kurz, a al 184 begebe ſich in die Stellung, in welcher man ihn bei'm Oeffnen der Kiſte antraf, So kindiſch dieß Alles auch klingen mag, ſo befrie— digte dieſe Erklarung die guten Leute von Lahore doch vollkommen. Auch zu Jeſſelmere machte derſelbe Fakir ſein Kunſtſtuͤck, worüber Lieutenant Boileau in feiner jüngft erſchienenen Schrift umftänds lich gehandelt hat.“ „Den 23. Juni. Heute Morgen wanderte ich in den Gärten umher, um einen zum Begraben des Fakirs paſſenden Platz aus— zuſuchen, und ich entſchied mich fur eine mit Backſteinen aufge— mauerte Kammer in einem der Thuͤrme der Mauer. Mitten in derſelben ließ ich ein Gewoͤlbe von 5 Fuß in's Gevierte aufmauern, in welchem ſich eine Thuͤr befand, durch welche die Kiſte hineinge— ſchoben werden konnte. Dieſe beſtand aus zweizoͤlligen Bretern und hatte eine Thuͤr, welche mittelſt eines Vorlegeſchloſſes ver— wahrt werden konnte. Nachdem nun Moͤrtel bereitet worden war, um die Thuͤr der Kammer zuzumauern, ließen wir dem Fakir ſa— gen, Alles ſey zu ſeinem Begräbniſſe fertig, und er verſprach, den Abend oder folgenden Morgen ſich einzufinden. „Den 24ten Juni. Der heutige Morgen war zum Begraͤb— niſſe unſeres Freundes beſtimmt, welcher Abends vorher angelangt war, und nachdem er ſich der gehoͤrigen koͤrperlichen und geiſtigen Reinigung unterzogen, erklaͤrte, er ſehne ſich nach dem Augenblicke, wo er uns davon uͤberzeugen werde, daß er kein Betruͤger ſey. Ich beſuchte ihn bei Sonnenaufgang und fand ihn betend auf dem bloßen Erdboden ſitzen; aber offenbar befangener und weniger mu— thig, als er ſich zu ſeyn ſtellte. Indeß erklaͤrte er, um 12 Uhr werde er bereit ſeyn; kurz, er war entſchloſſen, ſeine Rolle bis zum letzten Augenblicke auszuſpielen. „Zur feſtgeſetzten Zeit ſtellten wir uns ſaͤmmtlich ein, und trafen ſchon einen Schwarm von Prieſtern und Gurus auf dem Platze, die dem Begräbniſſe des heiligen Mannes ebenfalls beizu— wohnen gedachten. Sein Muth war mittlerweile noch mehr ge— ſunken, und das Erſte, was er bei unſerer Ankunft ſagte, war, wir haͤtten ihm keine Belohnung verſprochen. Wir erwiderten ihm, es ſey nicht geſchehen, weil wir geglaubt hätten, einen fo hei— ligen Mann durch ein ſolches Anerbieten zu beleidigen; allein da dem nicht ſo ſey, ſo ſolle er, wenn er nach einer Woche noch lebe, 1500 Rupien erhalten, und Rundſchit Sing habe uns ermaͤch— tigt, ihm noch obendrein ein Jaghir (Dorf) von 2,000 Rupien jährlicher Einkuͤnfte für denſelben günftigen Fall zu verſprechen. „Er begehrte nun zu erfahren, was fuͤr Vorſichtsmaaßregeln wir anzuwenden gedaͤchten, um jede Communication mit ihm zu hindern. Wir zeigten ihm zwei Vorlegeſchloͤſſer, die an die Kiſte, und noch zwei, die an die Thuͤr des innern Gewoͤlbes kommen ſoll— ten. Von einem Schloſſe jeden Paares werde irgend Jemand, den er dazu beſtellen werde, den Schluͤſſel an ſich nehmen, während wir den Schluͤſſel des andern fuͤr uns behalten wuͤrden. Ferner ſollten alle Vorlegeſchloͤſſer mit unſern Petſchaften verſiegelt wer— den; hierauf werde man den Eingang der aͤußeren Kammer, in welchem das Gewoͤlbe aufgemauert worden, zumauern und den Thurm Tag und Nacht mit unſern Schildwachen umſtellen; und wenn er dann nach Ablauf der beſtimmten Friſt, einer Woche, noch lebte, ſo ſolle ihm das verſprochene Geld und Dorf uͤberantwortet werden. Er erſchrak uͤber dieſe Maaßregeln gewaltig, und hatte gegen Anſtalten, die er doch ſelbſt Tags zuvor in Vorſchlag ge— bracht, Vieles einzuwenden. Er beſtand nun darauf, ſeine Leute muͤßten zu jedem der Schloͤſſer einen Schluͤſſel erhalten und die Siegel an einen beſonderen Theil derſelben gelegt werden, wo ſie gar nichts helfen konnten; auch duͤrften keine Mohamedaner zu Schildwachen an dem Thurme verwandt werden. Nachdem eine Stunde lang capitulirt worden, erklaͤrte er, ſich nur unter den von ihm bezeichneten Bedingungen begraben laſſen zu wollen, und da wir keine Luft hatten, uns an der Naſe herum fuͤhren zu laſſen, ſo machten wir Anſtalt, uns zu entfernen. Nun fing der Menſch an, die groͤbſten Schmaͤhungen gegen die Englaͤn— der uͤberhaupt auszuſtoßen; er behauptete, wir haͤtten nur deß— halb die weite Reiſe nach Lahore unternommen, um ihn in der Meinung feiner Landsleute herabzuſetzen und ihn für einen Betruͤ ' ger zu erklaͤren. „Aber, fügte er hinzu, es wird euch nicht gelin= gen; meine Heiligkeit iſt zu feſt begruͤndet, als daß ihr, die ihr 185 an Nichts glaubt und Feringi's und Ketzer ſeyd, dieſelben erſchuͤt— tern koͤnntet.“ Vergebens ſtellten wir ihm vor, daß der ganzen Angelegenheit urſprunglich das von ihm freiwillig gemachte Aner⸗ bieten zu Grunde liege, Etwas zu unternehmen, von deſſen Un: moͤglichkeit wir von Vorne herein überzeugt geweſen ſeyen; wir ſeyen aber noch jetzt bereit, uns eines Beſſern belehren zu laſſen, und wenn er uns ſehen laſſe, was, feiner Behauptung nach, fo viele Andere bezeugen könnten, fo wollten auch wir gerne künftig Zeugniß für ihn ablegen; allein vorher ſey durchaus noͤthig, daß uns der ſtrengſte Beweis der Wahrheit ſeiner Behauptungen ge— liefert werde. Demungeachtet fuhr er fort, heftig zu ſchimpfen, und, nachdem wir uns noch eine Zeitlang vergebens bemüht hatten, ihn zu beſaͤnftigen, verließen wir ihn in der vollen Ueberzeugung, daß er ein Betrüger ſey. Am Abend deſſelben Tages ließ er mich durch einen Sirdar des Maharadſcha benachrichtigen, Rundſchit Sing ſey ſehr boͤſe auf ihn, und wenn es ihm nicht gelange, uns zu überzeugen, fo würde er feine ganze Berühmtheit einbüßen und von allen feinen Landsleuten, ſowohl Prieſtern, als Laien, für einen Betrüger gehalten werden, und ehe dieß geſchehe, wolle er lieber ſich unſern Bedingungen unterwerfen, wenngleich er wuͤßte, daß wir es auf ſein Verderben abgeſehen haͤtten, und daß man ihn nicht anders, als todt aus dem Gewoͤlbe herausziehen werde. „Ich ließ ihm darauf antworten, daß ich von dem letztern Unis ftande fo feſt überzeugt ſey, als er ſelbſt; obwohl im Pundſchab das Inſtitut der gerichtlichen Leichenbeſchauung nicht beſtehe, ſo wolle ich doch nicht, daß ſein Tod auf meine Rechnung geſetzt werde, und da er ſelbſt zugebe, daß das Unternehmen lebensgefaͤhr— lich ſey, ſo muͤſſe ich davon abſtehen, mich irgend weiter mit dieſer Angelegenheit zu befaſſen.“ 186 Miscellen. Ueber die Zuſammenſetz ung der Milch des Kuh⸗ baumes hat Hr. Dr. Marchand neue Unterſuchungen angeſtellt und die Refultate in der Verſammlung der Berliner Naturforſcher der Geſellſchaft am 18. Aug. mitgetheilt. Er hat den ſogenannten thieriſchen Faſerſtoff derſelben, den Bouſſingault und Mariano de Rivera darin angeben, nicht finden konnen, vers muthet vielmehr, daß fie den Cautchouc, den fie darin leugnen, da⸗ für gehalten haben. Hr. M überzeugte ſich von der Identitat die: fes Cautchouc's und des von der J,iphonia Cahuca gewonnenen durch die Vergleichung der phyſicaliſchen Eigenſchaften und durch chemiſche Analyſe. Das ſogenannte Wachs fand er zufammengeftgt aus Ch. Hs» O und viel mehr einem Harze, als einem Wachſe ahnlich Es ſchmilzt nicht bei 100 C. Außerdem fand er noch zwei Harze darin, das eine aus Ci H, und 07 das andere aus C. Hs 0. beſtehend. Endlich fand er Zucker, mehrere andere Stoffe und nar mentlich noch eine flüchtige Säure, welche die auffallendſte Aehn⸗ lichkeit mit der Butterſaͤure hatte. Er zeigte letztere vor. Die Corallen erzeugenden Polypen, aus welchen Herr v. Blainville fein genus Dendrophyllia gebildet hat, has ben aͤußerlich und innerlich eine Structur, welche nur wenig von der der Actinia und der eigentlich ſogenannten Caryophyllia un⸗ terſchieden iſt. Sie beſitzen, wie Thiere der hoͤheren Stufen, deut⸗ lich verſchiedene Geſchlechtsorgane. Einige ſind mit Ovarien ver⸗ ſehen, während andere, in der gewöhnlichen Stellung der weibli— chen Organe, Hoden beſitzen, von derſelben Form wie die letzteren, und Saamenthierchen enthaltend, ſtatt Eier. (Milne Edwards und Peters.) in 2 Muskeluͤbungen als Heilmittel. Von William Tilleard Ward. Muskelbewegungen laſſen ſich auch, außer bei Ruͤckgrats— verkruͤmmungen und Paralyſen, bei manchen andern Krank— heitszuſtaͤnden als Heilmittel anwenden. Bei hartnaͤckigen chroniſchen Rheumatismen, welche gewoͤhnlich, wo nicht immer, mit Verdauungsſtoͤrungen oder Stoͤrungen der Leberfunction verbunden find, werden Koͤrperuͤbungen, in Vers bindung mit einigen Queckſilberpraͤparaten, mit großem Vor— theile angewendet. Die Cur der Krankheit kann im Allge— meinen vielleicht vorzugsweiſe der Darreichung der genannten Praͤparate zugeſchrieben werden; indeß habe ich doch mehrere Faͤlle beobachtet, in welchen Mercur allein in beträchtlicher Menge gegeben worden iſt, ohne zu wirken, weil die Mus— kelthaͤtigkeit nicht mit in Gebrauch gezogen wurde, waͤhrend die nachfolgende Verbindung dieſer Uebungen mit jenen Mitteln noch nachträglich die Heilung vollkommen zu Stans de brachte. Soll dieſe Behandlungsweiſe in ſolchen Faͤllen ihre ganze guͤnſtige Einwirkung entwickeln, ſo iſt es noͤthig, der Diät eine größere Aufmerkſamkeit zu widmen und zu gleicher Zeit einige Vorſichtsmaaßregeln zu beobachten, da— mit die Koͤrperbewegungen, allmaͤlig ſteigend, immer in ge— nauem Verhaͤltniſſe mit den Kraͤften des Kranken zur Ertragung derſelben ſey, und damit, wenn die Kraͤfte des Patienten es geſtatten, die Uebungen fortgeſetzt wer— den, bis reichliche freie Tranſpiration folgt. Es ſcheint, daß es vortheilhafter iſt, die Tranſpiration durch dieſe Mit— tel zu erregen, als ſie durch innere Mittel zu Stande zu bringen, da nicht die Schwäche darauf folgt, welche gemöhn: lich die Darreichung von diaphoretiſchen oder ſchweißtreiben— den Mitteln veranlaßt. Auch iſt der Kranke nachher den Ruͤckfaͤllen nicht fo unterworfen, wie ich namentlich in einem Falle beobachtet habe, wo die geringſte zufällige Eckaͤltung jedes Mal die Wiederkehr allgemeiner rheumatiſcher Schmerz zen veranlaßte und wo nach Anwendung tüchtiger Koͤrper⸗ übungen in der ſchon erwähnten Weiſe der Patient im Stande war, ohne den mindeſten Nachtheil ſich den Oſt-⸗ und Nordoſtwinden auszuſetzen. Der krankhafte Zuſtand des sterno-cleido-mastoi— deus, welcher den ſogenannten ſchiefen Hals bedingt, hat ſeinen erſten Grund gewoͤhnlich in einer Stoͤrung der Thaͤtigkeit des Magens und Darmcanals und weicht mei⸗ ſtens ziemlich leicht der Anwendung abfuͤhrender und krampf⸗ ſtillender Mittel mit Fomentationen. Iſt aber die Krank— heit hartnaͤckig, fo erfordert fie eine vollſtaͤndigere Anwendung der vorhin erwähnten Mittel. Ein Mädchen von acht bis neun Jahren litt feit langerer Zeit an krampfhaften Zuk⸗ kungen der Geſichts- und Kopfmuskeln; mehrere Mittel, Purganzen, Merkur, Arſenik waren ohne Erfolg angewendet worden. In der Idee, daß die Erregung der Willenskraft in dieſem Falle guͤnſtig einwirken möchte, verordnete ich, daß 187 das Kind ein leichtes Stuͤck Holz aufrecht ſtehend, auf dem Kopfe tragen ſolle, ſo daß es ſchwer war, daſſelbe im Gleich— gewichte zu erhalten; durch anhaltenden Gebrauch dieſer Ue— bung wurde die Krankoeit nach kurzer Zeit ganz beſeitigt. Die Erfahrung, daß Ablagerungen gelatinoͤſer und erdi— ger Subſtanzen in den Knochen und ihre darauf ſich gruͤn⸗ dende Feſtigkeit und Stärke von der verhaͤltnißmaͤßigen Quantitat Blut abhaͤnge, welche durch fie circulirt, alſo auch von dem Grade der Muskelaction, welche man in dem Gliede hervorruft, dieſe Ecfahrung muß zu dem Schluſſe fuͤhren, daß das Reiben, Kneten und Klopfen der Glieder von Nutzen ſeyn muͤſſe bei Rhachitis, Oſteomalacie und den Fracturen, bei denen ligamentöfe, ſtatt End: cherne Vereinigung erfolgt iſt. Zwiſchen Oſteomalacie und Rhachitis laͤßt ſich kaum ein Unterſchied machen, da die erſtere nur eine geſteigerte Form der letztern iſt. Beide entſpringen von derſelben allge— meinen Urſache; der einzige Unterſchied liegt in der Lebens— periode, in welcher jede von dieſen Krankheitsformen auftritt; beide beruhen mehr auf fehlerhafter Aſſimilation, als auf einem Mangel der Materialien, aus welchen Knochenſub— ſtanz gebildet wird Die Darreichung der verſchiedenen Ver— bindungen von Kalkerde, welche ſeit mehreren Jahren empfoh⸗ len wird, iſt daher auf ein irriges Princip begruͤndet, da die gewoͤhnliche thieriſche und vegetabiliſche Nahrung eine binreichende Quantität erdiger Subſtanzen liefert, wie fie fuͤr die Ablagerung in den Knochen erforderlich iſt. Dieß ergiebt ſich beſonders aus dem beruͤhmten Falle von der An— na Queriau, der Frau Supiot, in den Memoiren der Acad. des sciences 1753. Die obenerwaͤhnten Mittel wurden von mir in einem Falle verſucht, wo ein junges Maͤdchen an einer fo beträcht: lichen Knochenerweichung litt, daß ſie genoͤthigt war, mehrere Jahre in liegender Stellung zuzubringen; die Schwaͤche hatte den hoͤchſten Grad erreicht, und die Knochen gaben dem Drucke der Koͤrpermaſſe fo ſehr nach, daß die Kranke dis Vermögen, zu gehen, ganz verlor; zugleich bildete ſich eine, wenn auch nicht beträchtliche, Ruͤckgratsverkruͤmmung; die Knochen der Ober- und Unterſchenkel dagegen waren ſehr gekruͤmmt. Die Kranke wurde auf regelmaͤßige Diaͤt geſetzt, wobei ſie auf einmal bloß Fleiſchſpeiſen erhielt. Nun wurde ſie einer Behandlung durch Reiben und Kneten unterworfen und inſofern zu Muskelbewegungen veranlaßt, als ſie bei der Ruͤckenlage die Fuͤße anziehen und kraͤftig wieder ausſtrecken und mit den Haͤnden ein kleines Gewicht auf- und abbewe— gen mußte, wobei allmaͤlig und taͤglich die Anſtrengung ge— ſteigert wurde, in demſelben Maaße, als die Kräfte zunah⸗ men. Als ich durch dieſe und verſchiedene andere aͤhnliche Mittel einen betraͤchtlichen Grad von Kraft erlangt hatte und als ich es an der Zeit glaubte, dem Knochen eine groͤ⸗ ßere Feſtigkeit zu verſchaffen, ſo erlaubte ich den Verſuch zum Stehen; da dieſe Verſuche mehrmals guͤnſtig ausfielen, ſo erlangte die Patientin auch die Kraft zum Gehen, indem ſich die Knochen nicht mehr unter der Koͤrperlaſt bogen. Jetzt iſt das Maͤdchen im Stande, ſich durch Spaziergaͤnge 188 Koͤrperbewegung zu verſchaffen, und fie befindet ſich nun in guter Geſundheit. Die Wirkung richtig angeordneter Koͤrperbewegungen, wenn man bei diefen eine beträchtliche Zeit verharrt, zeig— ten ſich auch bei einem eilfiährigen Maͤdchen, bei welchem die Knochen des Ober- und Unterſchenkels durch Rhachitis in der erſten Zeit ihres Lebens nach Vorn gekruͤmmt waren. Das Allgemeinbefinden litt betraͤchtlich bei der Anwendung von Inſtrumenten, und dieß veranlaßte mich, Koͤrperbewegungen allein zu verſuchen. Ich ließ ſie nun ſo oft und ſo lange, a's fie es bis zur Ermuͤdung aushalten konnte, ſich auf den Zehen erheben, und die Korperlaſt in dieſer Stellung tra— gen; dieſe Uebung wurde zweimal taͤglich angeſtellt und drei bis vier Jahre fortgeſetzt, worauf die Krümmung der Kno— chen verſchwunden war. In dieſem Falle bediente ich mich auch oͤfterer Abfuͤhrmittel und des kalten Bades waͤhrend der Sommerzeit zur Unterſtuͤtzung der Cur. Auch angeborner Klumpfuß ohne Zerſtoͤrung einzelner Theile, bloß mit theilweiſe mangelhafter Entwicke— lung der Theile durch mangelhaften Gebrauch und unrichtige Stellung, iſt durch Muskeluͤbung ohne Zweifel zu heben, wenn man gleichzeitig die Lage verbeſſernde, mechaniſche Mittel anwendet; jedenfalls kann aber alsdann die volle Entwickelung der Muskeln des Fußes und Unterſchenkels nicht ſo vollkommen erreicht werden, wenn nicht ſchon in der fruͤhern Jugend in dieſer Abſicht Uebungen angeſtellt wer— den. Immer aber wird man auf dieſe Weiſe genug fuͤr den Gebrauch und die Beſeitigung der Formentſtellung des Gliedes erlangen. (2) Es iſt vielleicht nicht einmal nöthig, zu bemerken, daß, wenn man zur Heilung bloß ligamentöfer Vereini- gung von Knochenbruͤchen das Kneten als das zweck— maͤßigſte Mittel zur Erregung der Gefaͤßthaͤtigkeit anwendet, eine vollkommene Ruhe des Gliedes zu beobachten iſt, und daß die Behandlung zwei oder drei Mal taͤglich, jedes Mal eine Stunde lang, angewendet wird, und daß endlich unter drei Monaten niemals ein Verſuch angeſtellt werden darf, ob die Krankheit durch die Behandlung beſeitigt ſey. Ein auffallendes Beiſpiel von Zunahme des Knochenumfanges durch groͤßere Muskelthaͤtigkeit ſah ich vor Kurzem bei einem Paralytiſchen, bei welchem die Ferſen drei oder vier Jahre lang ſo durch die Wadenmuskeln in die Hoͤhe gezogen wa— ren, daß die Fußſohle mit der hintern Flaͤche des Unter⸗ ſchenkels faſt eine gerade Linie bildete. Indem ich nun eine Behandlung mit geneigten Ebenen und andern Mitteln einſchlug, welche darauf berechnet war, die Extenſoren der Unte ſchenkel in Thaͤtigkeit zu bringen, und indem ich gleich⸗ zeitig die Koͤperbewegung bei dem Patienten betraͤchtlich ver⸗ mehrte, ſo wurde in Verlauf von vier Monaten der hintere Theil des Ferſenbeins auf jeder Seite faſt noch einmal ſo groß, als zuvor. Die Einwirkung der Koͤrperbewegung auf Vermin⸗ derung der Pulsfrequenz iſt hier nicht unwichtig. Bei einem jungen Manne, welchem ich ſtarke Muskeluͤbun⸗ gen verordnete, war der erſte Effect dieſer Anſtrengung eine 189 beträchtliche Beſchleunigung des Pulſes; nach einer Viertel— oder halben Stunde jedoch, wenn erſt die unmittelbare Be— ſchleunigung durch die Bewegung voruͤber war, fand ich, daß die Anzahl der Schlaͤge ſich um 20 oder 30 in der Minute vermindert hatte. Daſſelbe habe ich oͤfters bei er— wachſenen Perſonen geſehen. Bei einem Herrn von vierzig Jahren, deſſen Puls ſeit zwei Jahren regelmaͤßig 90 Schlaͤ— ge hatte, fiel er auf 80 und ſpaͤter auf 75, nachdem ich ihm taͤglich ſtarke Koͤrperuͤbungen verordnet hatte. Bei gichtiſchen Concretionen in den Gelen— ken kann ſowohl durch ſelbſtſtaͤndige Bewegung, als auf an— dere Weiſe durch Reiben, Kneten, Klopfen oder durch alles dieſes zuſammen mit Erfolg die Erregung der Muskeln als Heilmittel angewendet werden, wobei man die Vorficht anwen— det, daß man gerade die Muskeln in Thaͤtigkeit bringt, wel— che die afficirten Gelenke bewegen, und daß man das Rei— ben ꝛc auf die Koͤrpertheile beſchraͤnkt, welche den Sitz der Krankheit bilden. Durch Befolgung dieſer Methode habe ich einmal ein Leiden mehrerer Gelenke wieder beſeitigt, welches bereits eilf Jahre gedauert hatte Dabei iſt jedoch zu bemerken, daß es unerlaͤßlich ıft, die Urſachen zu vermei— den, welche den Grund zu der Krankheit gelegt haben, und daß man durch ſraͤrliche Koſt und allgemeine Koͤrperanſtren— gung dem Eintritte eines Nüdfalles entgegen wirken maß. Die Zunahme der Stärke und Fülle der Stimme bei jungen Patienten, bei welchen eine ſtaͤrkere Entwickelung der Bruſthoͤhle durch Muskeluͤbung herbeigeführt wird, und die Verbeſſerung der Articulation der Sprache bei paralptiſchen Kranken, wie man fie durch vermehrte Muskelthaͤtigkeit er— langt, leiten, wie mir ſcheint, zu dem Schluſſe, daß dieſe Mittel auch bei Stotternden nuͤtz ich ſeyn konnten. Leichte're Falle koͤnnen allerdings von einem Mangel an Selbſtvertrauen herrühren, wodurch die Aufmerkſamkeit des Kranken zerſtreut und eine gehoͤrige Richtung des Willensein— fluſſes auf die Nerven der Muskelbewegung verhindert wird; einige der ſchwereren Faͤlle aber ſcheinen auch von Paralyſe einzelner Muskeln abzuhaͤngen, welche bei Articulation der Worte angewendet werden. In der Mehr ahl der Faͤlle bei laͤngerer Dauer des Leidens iſt die poralytiſche Affection wies derum durch Erneuerung der eigentlichen Function der Ner— ven bezwungen worden; da aber, wie man auch dei der chorea sancti Viti bemerkt, die Sprechmuskeln bei einer Aufhebung der Verbindungskette zwiſchen der Seele und den Muskelnerven nicht mehr fo unter der Gontrolle des Willens ſtellen, als zuvor, ſo iſt zu correcter Articulation auch mehr Willenskraft nötbig, als in gewohnlichen Fällen. Auf dieſe Weiſe findet man nicht ſelten Faͤlle, in welchen Perſo— nen, die ſehr ſtark ſtottern und ſtammeln, ohne Schwierigkeit oder Unterbrechung ſingen koͤnnen, indem das Letztere weit mehr Anſtrengung der Reſpirationsmuskeln erfordert und auch diejenigen Muskeln mehr erregt, welche die Modula— tion der Stimme bewirken, als dieß bei'm gewöhnlichen Sprechen der Fall iſt. Dieß iſt vollkommen analog einem Falle, wo ein Mann nicht im Stande war die gewoͤhnlichen Bewegungen des Armes ohne convulſiviſche Zuckungen aus— zuführen, wo derſelbe aber doch mit ausgeſtrecktem Arme 190 ein Gewicht vollkommen ſtaͤt und ruhig tragen konnte, bis er durch Ermüdung zum Ausruhen genöthigt wurde. Die Cur des Stotterns, welche in Erregung der Muskeln be— ſteht, wird, abgeſehen von andern Fallen, in dem bekannten Falle von Demoſthenes beſtätigt. Dabei iſt ebenfalls die Vorſicht anzuwenden, daß man zuerſt die Nervenaffection, von welcher Urſache fie auch immer berrühren möge, be: ſeitigt und dann einen Ruͤckfall verbuͤtet. Dieſe Vorſicht iſt vielleicht auch nur bei neuen Fällen nöthig, da nach eis niger Zeit eine Erneuerung der Nervenkraͤfte eintritt, und es daher nur darauf ankommt, die Verbindung zwiſchen dem Willenseinfluſſe und der Muskelaction wiederherzuſtellen. (Praet. observ. on distort. of the spine. London 1840.) Zur Behandlung der chroniſchen Coryza. Von James Blake. Dieſe Krankheit iſt zwar nicht unmittelbar gefaͤhrlich, bildet aber doch eine fortdauernde Belaͤſtigung für den Kranz ken, wirkt mit der Zeit ſtoͤrend auf das Allgemeinbefinden ein und iſt hartnädig gegen verſchiedene Arten der Behand— lung, ſo daß folgender Beitrag, welcher die Wirkſamkeit der Cubeben bei dieſer Krankheit beweiſ't, nicht ohne Intereſſe ſeyn wird. Ein Literat, 32 Jahr alt, welcher zu Paris lebte und eine ſitzende Lebensart fuͤhrte, befand ſich indeß dabei wohl und war bis dahin nie ernſtlich krank geweſen. Seit funf— zehn Monaten beklagt er ſich jedoch uͤber eine fortdauernde Erkaͤltung in dem Kopfe (wie er ſein Leiden nennt), und ſeit vier Monaten hat er ſich meiner Behandlung übergeben; in der ganzen Zeit war er niemals ganz frei von ſeinem Leiden. Er war ſchon durch einen Arzt längere Zeit bes handelt und hatte mehrere der beruͤhmteſten Practiker der franzoͤſiſchen Hauptſtadt conſultirt, ohne die mindeſte Beſſe⸗ rung von ihren Tiſanen, Baͤdern, Fumigationen in die Na— ſenloͤcher ꝛc. zu erfahren, obwohl er alle Verordnungen auf das Vollſtaͤndigſte befolgte. Bei der Unterſuchung konnte ich nickt finden, daß irgend eine beſtimmte Urſache der Krankheit nachzuweiſen waͤre; der Zuſtand des Kranken dei meinem erſten Beſuche war folgender: das Allgemeinbefinden war ſehr gut; doch meinte der Patient, daß er ſich ſchwaͤ— cher fühle, als ſonſt, indem er bei jeder leichten Anſtrengung ſehr reichlich ſüwitze. Die Verdauung war gut; doch zeigte ſich der Darmeanal in Bezug auf Ausleerungen etwes tor⸗ pid. Aus den Nafenlöchern floß fortwährend etwas dünne, farbloſe Fluͤſſigkeit aus, mit dem Gefühle der Verſtopfung der Naſe, wie bei gewoͤhnlichem Stockſchnupfen. Der Aus⸗ fluß nahm zeitweiſe betraͤchtlich zu, indem alle drei bis vier Tage Exacerbationen eintraten. Bei dieſen Gelegenheiten war der Zuſtand des Kranken, in der That, bedauernswerth, da er häufig genoͤthigt war, feine Beſchaͤftigungen fortzuſez— zen, mit einem Gefaͤße zur Seite, in welches die Abſonde⸗ rung aus der Naſe floß. Bei dieſen Exacerbationen war 191 Patient fortwährend genöthigt, zu nieſen; das Gehör war beeinträchtigt und er hatte haufig Kopfſchmerzen. Es konnte eine Urſache fuͤr ſolche Exacerbationen nicht aufgefunden wer— den. Selbſt die groͤßte Sorgfalt in Vermeidung einer Er— kaͤltung verhinderte die Exacerbationen nicht, und dieſelben kamen in den letzten Tagen des Juli eben ſo haͤufig, als in der kaͤlteſten Zeit des Winters. Unter dieſen Umſtaͤnden beſchloß ich, Cubeben mit koh— lenſaurem Eiſen zu geben; ich begann mit ? Drachme Cu— bebenpulper und 1 Scrupel kohlenſaurem Eiſen, drei Mal taͤglich. Dieſe Doſis wurde allmaͤlig zu 15 Drachmen Cu— beben und 2 Scrupel Eiſen, drei Mal täglich, geſteigert. Nachdem die Mediein erſt drei Tage in Gebrauch war, fuͤhlte ſich der Kranke bereits erleichtert und es nahm der Ausfluß aus den Naſenloͤchern ab. Mit einigen kleinen Ruͤckfaͤlen ging es fortwährend beſſer, bis nach drei Wochen der Kranke ganz frei war. Das Pulver wurde alsdann all— maͤlig ausgeſetzt. Nach einiger Zeit erforderte aber ein ſehr ernſtlicher Ruͤckfall die Wiederholung der Behandlung; da ich aber mich zu überzeugen wuͤnſchte, ob die Cubeben oder das Eiſen zuvor die Beſſerung bewirkt hatten, ſo begann ich die Behandlung mit dem letztern, und da die Krankheit nicht bedenklich war, ſo ſetzte ich auch den Gebrauch eine Woche lang fort, obwohl nicht die mindeſte Beſſerung ein— trat. Die Cubeben ohne Eiſen wurden ſodann in Gebrauch gezogen, und hatten auf der Stelle den Erfolg, die Abſon— derung zu vermindern. Nach vierzehn Tagen war zwar die Krankheit ganz beſeitigt; ich ließ aber doch die Cubeben noch vierzehn Tage laͤnger fortbrauchen. Seit dieſer Zeit iſt kein Ruͤckfall eingetreten, obwohl die Witterung in den Winter— monaten ſehr unguͤnſtig für ſolche Affection iſt. (London med. Gaz., March 1840.) ieee Gegen in continentiaurinae während des Schlafes, welche bei Kindern häufig als eine übele Angewohnheit vorkoͤmmt und bei Maͤdchen ſelbſt uͤber die Pubertaͤtszeit hinaus bisweilen 192 zuruͤckbleibt und alsdann ein ſehr ſchwer zu beſeitigendes und die Mädchen ſehr ungluͤcklichmachendes Gebrechen darſtellt, empfiehlt Duffin in The Lancet, Apr. 1840, die Cauteriſation der Harn— roͤhre in der Laͤnge eines Zolles. Der Urin, welcher im Schlafe über die entzuͤndete Schleimhautflaͤche hinfließt, weckt die Kranken und ruft den sphincter vesicae in Thaͤtigkeit. In einem ſehr hartnaͤckigen Falle konnte die Kranke, nach der Anwendung des Hoͤllenſteins, nur wenig ſchlafen, weil der Urin faſt fortwaͤh— rend floß; nach einer Woche hielt die Blaſe jedoch ſchon die nor— male Quantitaͤt Urin, und die Zwiſchenraͤume zwiſchen dem Ab— fluſſe wurden allmaͤlig groͤßer. Das Aetzmittel wurde dreimal in Zwiſchenraͤumen von 14 Tagen angewendet, worauf die Heilung dauernd war, indem in vier Monaten kein Ruͤckfall mehr eintrat, ſo daß die Kranke ſich jetzt verheirathen konnte, wozu ſie ſich zu— vor, wegen ihrer Infirmitaͤt, nicht hatte entſchließen koͤnnen. Ueber Hydatidenmolen aͤußerte Dr. Hodgkin in der pathologiſchen Geſellſchaft zu London, daß er dieſe Uterushydatiden feit Jahren öfters unterſucht und ſich dadurch überzeugt habe, daß ſie durch Degeneration der Gefaͤße des chorion und nicht durch eine einfache Umaͤnderung der Structurfaſern entſtehen; er habe bei mehreren Praͤparaten die ſich in verſchiedener Richtung verthei— lenden Gefaͤße verfolgen koͤnnen und nachgewieſen, daß dieſe die Ausdehnungen bilden, aus welchen die Krankheit beſteht. In man— chen Faͤllen war indeß die Roͤhrenſtructur der Gefaͤße auch oblite— rirt; er ſey der Anſicht, daß das chorion allein zur Entſtehung dieſer Krankheit Veranlaſſung gebe, und da dieſe Haut dem Eie und nicht dem uterus angehoͤre, ſo koͤnne er auch nicht glauben, daß die Krankheit ohne vorgaͤngige Schwaͤngerung zugegen ſeyn koͤnne. Doch wolle er fuͤr die Faͤlle, wo die Krankheit bei jungen Maͤdchen beobachtet worden, ohne vorausgehende Unterſuchung der Praͤparate, nicht in Abrede ſtellen, daß es moͤglich ſey, daß auch andere Formen von Blaſen ſich im uterus entwickeln koͤnnen. (The Lancet, May 1840). Zur Amputation der Finger wird, ſtatt der einfa⸗ chen Erarticulation, in The Lancet, June 1840 die Amputa⸗ tion in der Gontinuität oder die Erarticulation mit Abtragung der Sy— novialfläche empfohlen, weil die letztere, bevor fie eine Verwachſung mit den Weichtheilen eingehen koͤnne, ſich umaͤndern muͤſſe, ſo daß in der dazu nöthigen Zeit Eiterung eintrete und der Eiter ſich in den Sehnenſcheiden nach Oben fortſetze. Es wird dieß aus folgender Zuſammenſtellung geſchloſſen. Von 11 Exarticulationen heilte 1 durch prima intentio; bei 5 folgten Abſceſſe in den Sehnenſcheidenz bei zwei erysipelas; 3 heilten durch secunda intentio; von 10 Exarticulationen der Finger mit Abtragung der Gelenkknorpel heil— ten 7 durch prima intentio; bei einer folgte erysipelas und 2 heilten durch secunda intentio. Von 6 Amputationen in der Con— tinuitaͤt der Phalanx heilten 5 durch prima intentio, 1 durch se- cunda intentio. Bibliographische Elemens de Zoologie. Par M. H. Milne Edwards. 2de edition Ire partie. Introduction, anatomie et physiologie. Paris1840. 8. De Pair comprime et dilat€ comme moteur, ou des forces na- turelles recueillies gratuitement et mises en réserve. Par M. Andraud. Seconde édition, augmentée d'une partie experi- 1610 collaboration avec Mr, Tessie du Motay. Paris Io ui g Rei teen Traite pratique des hernies et deplacemens de la matrice; af- fections considérées sous leur rapport anatomique, medical et chirurgical etc. Par P. L. Ferdier ete. Paris 1840. 8. Hygiea. Medecinsk och pharmaceutisk Mänads Skrift. Stock- holm. Der 1fte Bd. ift in 6 Nummern vom April bis Sep⸗ tember 1839 erſchienen. —— . ñ ñ ſ ⏑U Uᷣ— (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto.) Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, arfanımelt und miigetheilt von dem Ober, Medicinalraıbe Fror ep zu Weimar, und dem Medienalrathe und Profrffor Freren zu Berlin, No. 321. (Nr. 13. des XV. Bandes.) Auguſt 1840. Gedruckt im Landes Induftru= Comptoir zu Weimar Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abyildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. MW. „ n r Vergleichende Betrachtung der Schaͤdel der ver— ſchiedenen ureingebornen Nationen von Nord- und Suͤdamerica Von S. G. Morton. (Hierzu die Fig. 13 — 17 der mit voriger Nr. ausgegebenen Tafel.) Hr. Morton, Profeſſor der Anatomie zu Philadel— phia, früher ein Mitbürger der Univerſitaͤt Edinburgh, iſt Jahre lang mit Unterſuchungen uͤber die Naturgeſchichte der urſpruͤnglichen Einwohner der Neuen Welt beſchaͤftigt geweſen und hat eben jetzt die Reſultate feiner Arbeiten in dieſem intereffanten Felde der Wiſſenſchaft in einem Werke bekannt gemacht, welches Zeugniß ablegt für feinen Eifer, Gelehrſamkeit und Scharſſinn. Da das Werk ſelbſt noch nicht in Europa zu haben war, ſo muß man ſich vorerſt an den Auszug halten, welcher in Nr. 78. von Silliman's American Journal of Science erſchienen iſt. Der Hauptzweck des Werkes, wie Dr. M. ſich aus⸗ druͤckt, war: genaue Zeichnungen der Schaͤdel von mehr als vierzig Indianiſchen Nationen, Peruanern, Braſilianern und Mexicanern, in Verbindung mit einer fehr großen Reihe aus Nordamerica, von dem Stillen Oceane bis zum Atlantiſchen Meere und von Florida bis zu den Regionen der Polarſtaͤm— me. Beſondere Aufmerkſamkeit iſt auch auf die ſonderbaren Entſtellungen des Schaͤdels gewendet, welche durch, bei verſchie— denen Nationen, Peruanern, Karaiben, Natches und den das Oregan-⸗Gebiet bewohnenden Stämmen gebraͤuchliche, mechani— ſche Vorrichtungen bewerkſtelligt wurden. Die Materialien des Verfaſſers waren ſo reich, daß er dadurch in den Stand ge⸗ ſetzt war, dem Gegenſtande eine vollſtaͤndige Erörterung zu widmen. Auch hat er beſondere Aufmerkſamkeit auf die aus Grabhuͤgeln in America entnommenen Schädel gewendet, welche mit ähnlichen Ueberreſten von alten und neuen Stämmen derglichen wurden, „um, geſtuͤtzt auf das Zeugniß oſteologi— ſcher Thatſachen, zu unterſuchen, ob die Americaniſchen Ur— einwohner alter Zeiten zu einer und derſelben Race gehört haben, oder zu mehreren.“ l No. 1421. R. u RN M. e In der einleitenden Abhandlung, uͤber die Varietäten der Menſchenſpecies, erinnert Hr. M. an die große Verſchie— denheit von Meinungen, welche unter Naturforſchern uͤber die Eintheilung der Menſchen in Racen obwalten: Linn é bezog die ganze menſchliche Familie auf fuͤnf Racen. Buf— fon ſchlug ſechs große Abtheilungen vor, reducirte fie aber ſpaͤter auf fuͤnf, waͤhrend Blumenbach, die Anordnung von Buffon annehmend, die Namen einiger Abtheilungen geändert und mit größerer Genauigkeit ihre geographiſche Vertheilung nachgewieſen hat Cuvier nahm nur drei Racen an, die Caucaſiſche, Mongoliſche und Aetbiopiſche— Dr. Morton nimmt die Anordnung von Blumen— bach an für die große Abtheilung, ſubſtituirt aber das Wort Race dem Ausdrucke „Varietaͤt“ des deutſchen Gelehrten und veraͤndert die Ordnung, in welcher Blumenbach eini— ge derſelben betrachtet. Er nimmt die Menſchenfamilie als aus zweiundzwanzig Familien beſtehend an, welche er unter den Rubriken Caucaſiſche, Mongoliſche, Malapiſche, Ameri— caniſche und Aethiopiſche Racen zuſammenſtellt. I Die Caucaſiſche Race iſt characteriſirt durch natürlich helle Haut, die jeder Farbentinte fähig iſt; Haar ſchoͤn, lang, lockig und von verſchiedener Farbe. Der Schaͤdel iſt groß, oval und feine vordere Portion voll und erhoben. Ant: litz iſt ſchmal in Proportion zu dem Kopfe, von ovaler Form mit wohlproportionirten Zuͤgen. Die Naſenknochen find gewoͤlbt; das Kinn voll und die Zähne vertical. Dieſe Race zeichnet ſich aus durch die Leichtigkeit, womit ſie die hoͤchſte geiſtige Ausbildung erlangt. Die Unterabtheitungen dieſer Race ſind: 1. die Caucaſiſche; 2. die Germa— niſche; 3. die Celtiſche; 4. die Ar ab iſche; 5. die Lybiſche; 6. die Nilo tiſche (Aegyptiſche), und 7. die Indoſtaniſche Familie. II. Die Mongoliſche Race. Dieſe iſt charac⸗ teriſirt durch eine olivenfarbige Haut, welche dicht über die Knochen des Antlitzes gezogen zu ſeyn ſcheint; lange, ſchwar— ze, gerade Haare und duͤnnen Bart; die Naſe iſt breit und kurz; die Augen ſind klein, ſchwarz ge ſchraͤg geſtelt und 1 8 195 die Augenbrauen gebogen und linienartig; die Lippen find aufgeworfen; die Wangenbeine breit und flach, und die Jochbogen hervorſpringend. Der Schaͤdel iſt länglich oval, an den Seiten etwas flach, mit einer niedrigen Stirn. In ihrem intellectuellen Character find die Mongolen jınnteich, nachahmend und hoher Cultur faͤhig. Unterabtheilungen ſind 8. die Mongol-Tartari— ſche; 9 die Tuͤrkiſche ); 10. die Chineſiſche; 11. die Indo-Chineſiſche und 12. die Polar-Fa⸗ milie. III. Die Mala pyiſche Race. Sie iſt characteri⸗ ſirt durch eine dunkle Geſichtsfarbe, welche von lohbraun zu ganz dunkelbraun varlirt. Ihr Haar iſt ſchwarz, grob und ſchlaff, und ihre Augenlider ſind an den aͤußeren Winkeln in die Hoͤhe gezogen. Mund und Lippen ſind kurz und breit und die Naſe, dem Anſcheine nach, an der Wurzel wie zerbrochen. Antlitz iſt flach und breit, der Oberkiefer uͤberragend und die Zaͤhne vorſtehend. Der Schaͤdel iſt hoch und viereckig oder rund und die Stirn niedrig und breit. Dieſe Race iſt ſinnreich und thaͤtig und beſitzt alle Gewohnheiten eines wandernden, beuteſuchenden und ſeefahrenden Volks. Die Unterabtheilungen umfaſſen 18. die Malayen und 14. die Polyneſiſche (Suͤdſeeinſeln-) Familie. IV. Die Americaniſche Race ift durch roth— braune Farbe, langes, ſchwarzes, ſchlichtes Haar characteri— ſirt und ermangelt des Barts **). Die Augen find ſchwarz und tiefgelagert; die Augen— brauen niedrig; die Wangenknochen hoch; Naſe breit und adlerartig; der Mund groß und die Lippen wie geſchwollen und zuſammengepreßt. Der Schaͤdel klein, zwiſchen den Sei— tenbeinhoͤckern weit, am Scheitel vorragend, am Hinterhaupte platt. Ihrem geiſtigen Character nach, ſind die Americaner der Cultur abgeneigt und langſam im Erwerben von Kennt— niſſen; raſtlos, rachſuͤchtig, kriegsluſtig, aber gänzlich entbeh— rend alles Seefahrt-Unternehmungsgeiſtes. Der Familien dieſer Race ſind zwei: 15. die Ameri— caniſche, und 16. die Toltec aniſche. V. Die Aethiopiſche Race iſt durch ſchwarze Farbe und ſchwarzes Wollhaar characteriſirt. Die Augen ſind groß und vorliegend; Naſe breit und platt; Lippen dick; Mund groß; der Kopf lang und ſchmal; Stirn nie— drig; Wangenknochen vorragend, Kiefer vorſtehend und Kinn klein. In Gemuͤthsſtimmung iſt der Neger luſtig, hinge— bend und indolent; waͤhrend die vielen Nationen, welche die— ſer Race angehoͤren, eine ſonderbare Verſchiedenheit von in— tellectuellem Character darbieten, wovon der aͤußerſte der nie— drigſte Grad der Humanität iſt. „) Cuvier ſtellt die Tuͤrkiſche Familie zu der Caucaſiſchen Race, und dieß iſt vorzuziehen. ) Die Farben der Malayiſchen und Americaniſchen Racen, wie ſie der Verf. hier giebt, ſind keineswegs correct, und dieß iſt offenbar auf Rechnung eines fehlerhaften Farbenſyſtems zu nt Der Herausgeber des Edinburgh New Philosoph, ournal, 196 Dieſe Race iſt abgetheilt in 17. die Neger; 18. die Caffern; 19. die Hottentotten; 20. die Oceani— ſchen Neger; 21. die Auſtraliſche und 22. die Al- foriſche Familie. Die letztere iſt ſehr zahlreich in Neuguinea, den Molukken und Magindanao. Dr. Morton giebt eine kurze, aber deutliche, Beſchrei— bung der bedeutendſten Characterzuͤge jeder dieſer Familien, indem er ſeinen Text mit Ruͤckweiſungen auf die Quellen verſehen hat, aus welchen er geſchoͤpft hat. Arbeit und Genauigkeit eines wahren Naturforſchers ſind hier unver— kennbar. Aber nachdem wir die Einzelnheiten durchgegangen haben, haben wir die Ueberzeugung behalten, daß dieſer Zweig des Wiſſens noch in der Kindheit iſt. Die Beſchtei— bungen der geiſtigen Faͤhigkeiten, welche die verſchiedenen Familien der Menſchheit unterſcheiden, ſind, ſelbſt wie die beſten Reiſenden fie geben, unbeſtimmt und im Volksaus— drucke bezeichnet. Kaum giebt es irgendwo ein Beiſpiel der Aufzaͤhlung von genau definirten Geiſtesfaͤhigkeiten, wel— che in den Racen vorhanden oder nicht vorhanden ſind, oder in gewiſſen Combinationen beſeſſen werden; kur; nichts, was anzeigte, daß die Reiſenden eine Geiſtesnaturlehre beſeſſen hätten, unter deren verſchiedentlichen Hauptabtheilungen fie die von ihnen beobachteten characteriſtiſchen Geiſtes- und Seelen-Eigenſchaften claſſificiren und genau bezeichnen koͤnnten, wie die Botaniker Pflanzen beſchreiben und claſſificiren oder die Mineralogen Mineralien. Die anatomiſchen Charactere der Racen ſind ebenfalls noch auf wenige Einzelnheiten be— ſchraͤnkt, und ſelbſt mehrere von dieſen ſind nur von Unter— fühung einer ſehr beſchraͤnkten Zahl von Subjecten abſtra— hirt. Der Gegenſtand beſitzt aber fo viel Intereſſe und Wichtigkeit, daß wir erwarten duͤrfen, in ſeiner kuͤnftigen Entwickelung raſche Fortſchritte zu machen. Dr. Morton nimmt die Einheit der menſchlichen Art an. Es iſt bekannt, daß die ſchwarze Race einen Appa— rat in der Haut beſitzt, welcher in der der weißen Race fehlt Flourens giebt an, daß in der Haut der weißen Race drei deutliche Schichten oder Haͤute — das derma und zwei epidermata; und in der Haut der ſchwarzen Race, außer dem derma und den zwei Epidermen der weis ßen Race, noch ein Apparat aus zwei Schichten vorhanden ſey, von welchen die aͤußere der Sitz des Pigmentum oder der Faͤrbeſubſtanz der Neger iſt. — „Der Faͤrbeappa— rat der Neger wird immer bei'm Mulatten gefunden.“ — Flourens fügt hinzu: die weiße Race und die ſchwar— ze Race ſind alſo, ich wiederhole es, zwei weſentlich verſchie— dene Racen. Daſſelbe iſt der Fall mit der rothen, oder Americaniſchen. Die Anatomie entdeckt unter der zweiten epidermis des Individuums der rothen, kupfer farbe— nen, Indianiſchen oder America niſche Race (denn dieſe Race wird unter einander mit allen dieſen Namen be— legt) einen Pig mentapparat, welcher der Sitz der ro— then oder Kupferfarbe dieſer Race, wie der Pigmentapparat des Negers der Sitz ſeiner ſchwarzen Farbe iſt“ Dr. Morton giebt nichts uͤber die Exiſtenz dieſes Pigmentapparats bei der Americaniſchen Race an. Die Un— terſuchungen des Dr. M'Culloch, bemeſkt er, „beweiſen 197 genügend, daß die Bezeichnung „„kupferfarbig““ völlig uns anwendbar auf die Americaner, als Nace, iſt.“ — Die Zimmt farbe iſt, nach Dr. M'Culloch's Anſicht, der wahren Farbe der Eingebornen America's am meiſten nahe— kommend. Dr. Morton meint, daß der Ausdruck „brau— ne Race“ der paſſendſte fen, um fie zuſammen zu bezeich— nen. „Obgleich „ſagt er“ die Americaner ſonach eine durch gehende und characteriſtiſche Farbe beſitzen, ſo giebt es doch je zuweilige und ſehr auffallende Abweichungen, welche alle Farbenabſtufungen von entſchiedenem Weiß zu unzwei— felhaftem Schwarz in ſich ſchließen.“ Er weiſ't auch nach, durch zahlreiche Autoritäten, daß „Clima eine untergeordnete Wirkſamkeit ausuͤbe, um dieſe verſchiedenen Farben hervor— zubringen“. Die Stämme, welche laͤngs der brennenden Ebenen der Aequinoctialgegenden umherwandern, haben keine dunklere Hautfarbe, als die Bersbewohner der gemäßigten Zone. „So find die Puelchés und andere Einwohner der Magellaniſchen Gegend, jenſeits des 55. Grades ſ. B. be— ſtimmt dunkler gefaͤrbt, als die Abiponen, Macobios und Tobas, welche mehrere Grade naͤher dem Aequator wohnen. Wahrend die Botecudos von hellbrauner Farbe und zus weilen faſt weiß ſind, in keiner großen Entfernung von den Wendekreiſen, und, noch vielmehr, waͤhrend die Charruas, un— ter der Linie, durch eine helle Hautfarbe ausgezeichnet ſind, bewohnen die Charruas, welche faſt ſchwarz ſind, den 50. Grad ſuͤdlicher Breite; und die noch dunkleren Californier ſind 25 Grad noͤrdlich vom Aequator.“ Bei alledem aber, fuͤgt er hinzu, ſind dieſe Verſchiedenheiten in der Hautfarbe ſehr partiell, indem ſie bloße Ausnahmen abgeben von der urſpruͤnglichen und nationalen Farbe, welche dieſes Volk von Cap Horn bis nach Canada characteriſirt. Die Urſache die— ſer Anomalieen iſt nicht leicht auszumachen; daß ſie nicht im Clima liegt, iſt hinlaͤnglich entſchieden; und ob ſie von par— tiellen Einwanderungen aus andern Laͤndern herruͤhren, bleibt noch unentſchieden. Buffon definirt die Art: „Eine Aufeinanderfolge aͤhnlicher Individuen, welche ſich fortpflanzen;“ Cuvier de— finirt ebenfalls die Art: — „Die Vereinigung von Indivi— duen, welche von einander oder von gemeinſchaftlichen Vor— eltern und von denen, welche ihnen eben ſo ſehr aͤhnlich ſind, als fie einander gleichen, abſtſammen. Die ſcheinbaren Verſchie— denheiten der Racen unferer Hausthicrarten, ſagt Cuvier, find ſtaͤrker, als die irgend einer Art derſelben Gattung. Das Fac— tum der Aufeinanderfolge und der conftanten Auf— einanderfolge beſtimmen allein die Einheit der Art.“ Floureng, welcher dieſe Definitionen citirt, folgert daraus, daß Einheit, entſchiedene Einheit, der menſchlichen Species und die Varietaͤt ihrer Racen, als end— liches Reſultat, die allgemeine und gewiſſe Folgerung aller in Beziehung auf die Naturgeſchichte des Menſchen erlangten Thatſachen iſt. Dr. Morton, waͤhrend er die Einheit der Arten an— nimmt, denkt ſich, daß jede Race, von Anfang an, (durch eine allweiſe Vorſicht) fuͤr ihre beſondere locale Beſtimmung geeignet ſey. Mit andern Worten, daß die phyſicaliſchen 198 Characteriſtiken, welche die verſchiedenen Racen unterſcheiden, von aͤußeren Urſachen unabhaͤngig find. Dr. Morton beſchreibt die allgemeine Characteriſtik des Americaners unter der Rubrik: „Varietäten der menſch— lichen Art“ und geht dann zu einer ſpeciellen Beſchreibung der Schädel von etwa ſiebenzig zu dieſer Familie gehörigen Zuͤnften oder Nationen Über und erlaͤutert den Text durch ſehr ſchoͤne Tafeln mit Abbildungen von Schaͤdeln, die in natlır- licher Gröne gezeichnet find, nach Originalen, meiſt in feinem eigenen Beſitze befindlich. Er ift der Anſicht, die Americani— ſche Race beſaͤße gewiſſe phyſiſche Zuge, welche dazu dienten, fie in den entfernteſten Localitaͤten zu erkennen. Auch fin— den ſich in ihren vielfachen Sprachen die Spuren eines ge— meinſchaftlichen Urſprungs. Er theilt die Race ein in die „Toltecaniſche Familie“, welche Zeichen von Jahrhunderten von Halbciviliſationen an ſich trägt, und in die „Umeticani— ſche Familie“, welche alle die barbariſchen Nationen der Neuen Welt umfaßt, mit Ausnahme der Polarſtaͤmme oder Mongoliſchen Americaner. Die Eskimo's und beſonders die Grönländer werden als eine zum Theil gemiſchte Race angeſebhen, bei welcher die phyſiſchen Charactere der Mongoli— ſchen vorberrſchen, während ihre Sprache offenbare Analogiren mit der der ſuͤdlich an fie angraͤn zenden Tſchippewaͤhs zeigt. In der Americaniſchen Familie ſelbſt und mehrere un— tergeordnete Gruppen: 1. Der Appalachianiſche Zweig begreift alle Na— tionen von Nordamerica, mit Ausnahme der Mexicaner, zus gleich mit den Staͤmmen noͤrdlich vom Amazonenſtrome und oͤſtlich von den Anden. 2. Der Braſilianiſche Zweig breitet ſich uͤber einen großen Theil von Suͤdamerica oͤſtlich von den Anden, naͤmlich zwiſchen dem Amazonenſtrome und dem La-Plata und zwiſchen den Anden und dem Atlantiſchen Oceane aus und umſchließt fo ganz Braſilien und Paraguay im Norden des 35. Grades ſuͤdlicher Breite. Von Character find dieſe Na— tionen kriegeriſch, grauſam und unverſoͤhnlich. Sie wenden ſich mit Abſcheu von dem Zwange des civilifirten Lebens und haben nur ſehr unbedeutende Fortſchritte gemacht in der Geiſtescultur und den nuͤtzlichen Kuͤnſten. Im Character unterſcheiden ſich die Braſilianiſchen Nationen kaum von den Appalach ianiſchen. Keiner der Americaniſchen Stämme ift weniger fuͤr Cultur empfaͤnglich, als dieſe, und was ihnen in den Miſſionen durch Zwang gelehrt wird, erhebt ſich ſel— ten uͤber die unterſten Elemente von Kenntniſſen. 2. Der Patagoniſche Zweig umſchließt die Na— tionen ſuͤdlich vom La-Plata bis zu der Magellanſtraße und Staͤmme in den Gebirgen von Chile. Sie find meiſt aus: gezeichnet durch ihre hohe Statur, durch ſchoͤne Formen, ihren unbezaͤhmbaren Muth, von welchen Zuͤgen die Araukanen einen bedeutenden Antheil beſitzen. 4. Der Fuegianiſche Zweig, welcher über eine un⸗ fruchtbate Ebene ſchweirt, die halb fo groß iſt, als Ireland. Forſter ſchaͤtzt ihre ganze Anzahl nur auf zwei Tauſend Seelen. Ihr phyſiſches Anſehen iſt durchaus abſchreckend, und ihre haͤuslichen Gewohnheiten gehen darauf hinaus, die Mängel der Natur zu erhöhen. Der Ausdruck des Geſich— 18 199 tes ift nichtsſagend, und ihre Geiftesoperationen find im hoͤchſten Grade langſam und einfaͤltig. Die Verſchiedenheit zwiſchen ih— nen und den andern Americanern wird von Dr. Morton der Einwirkung des Clima's und der Localitaͤt zugeſchrieben. So weit iſt Dr. Morton üser einen Grund gewan— dert, der fruͤher ſchon von anderen Reiſenden betreten war; nun aber kommen wir auf ein Feld, auf welchem er den Muth und Scharfſinn hatte, einen ganz neuen Pfad keck einzuſchlagen. Er hatte ſeinem Texte viele und genaue Meſſungen beigegeben über Form und Größe, nicht als lein von jedem einzelnen Schaͤdel, ſondern von deſſen einzel— nen Theilen, in der Abſicht, die Verbindung und Beziehung (wenn ſolche vorhanden iſt) zu erlaͤutern zwiſchen beſonderen Regionen des Hiens und beſonderen geiſtigen Eigenſchaften der Americaniſchen Staͤmme. In ſeiner Dedication an John S. Phillips, Eſqg., zu Philadelphia (dem er Ver: bindlichkeiten ſchuldig zu ſeyn verſichert, in Beziehung auf die zu den Meſſungen erfundenen Maſchinen) bemerkt er: „Mehrere Leſer möchten vielleicht denken, daß dieſe Einzeln— heiten unnoͤthig kleinlich ſind, beſonders in den phrenologi— ſchen Tafeln. Und wieder andere moͤchten wohl vorgezogen haben, wenn das ganze Werk nach phrenologiſchen Grund— ſaͤtzen entworfen wäre. Ich bin aber in dieſem Studium noch ein Anfaͤnger; und es ſchien mir verſtaͤndiger, die Thatſachen darzulegen, ohne durch Theorie zu feſſeln, und dem Lofer zu uͤberlaſſen, feine eignen Schluͤſſe zu ziehen. Sie und ich haben ſeit langer Zeit die Grundzuͤge der Phrenolo— gie angenommen, naͤmlich, daß das Gehirn das Organ der Seele ſey, und daß die verſchiedenen Theile deſſelben verſchie— dene Functionen beſorgen; aber wir haben unſere Bedenk— lichkeiten gehabt, die Details der Cranioſcopie ſo anzuneh— men, wie ſie von Gall aufgeſtellt und von ſpaͤteren Beob— achtern unterftüst oder ausgedehnt find. Doch haben wir dieſen Zweig der Unterſuchung nicht vernachläffigt, aber wir haben verſucht, ihn in Verbindung mit den zahlreichen Thatſachen zu unterſuchen, welche nur dann vollſtaͤndig ge— wuͤrdigt werden koͤnnen, wenn ſie verglichen werden koͤnnen mit aͤhnlichen Meſſungen an den anderen Menſchenracen.“ Ich werde in einem fpäteren Theile dieſes Aufſatzes die Folgerungen angeben, zu welchen Dr. Morton in Folge ſeiner Aus— meſſungen und Beobachtungen gelangt iſt. Inzwiſchen iſt es wichtig, die Grundſaͤtze anzugeben, auf welche er fußte. In wenigen Jahren wird es in der Geſchichte der Seele als eine ſonderbare Thalſache erſcheinen, daß Männer, die ſo hoch geſtellt geweſen, als Lord Jeffrey und Lord Brougham, im Ernſte gelaͤugnet haben, daß die Seele, in dieſer Welt, vermittelſt materieller Organe handelt; und doch iſt dieß der Fall. Und dieß Ablaͤugnen kann nur durch die gaͤnzliche Vernachlaͤſſigung der Phyſiologie, als eines Zweiges der allgemeinen Erziehung, erklaͤrt werden, welche in dem ver— floſſenen Jahrhunderte herrſchte, und durch die Thatſache, daß die metaphyſiſche Philoſophie, welche damals gelehrt wurde, auf die Functionen des Gehirns keine Beziehung hatte. Ich brauche nicht hinzuzufuͤgen, daß jetzt kein gehoͤ— rig unterrichteter Naturforſcher zweifelt, daß das Gehirn das Organ der Seele iſt. Aber es giebt zwei Fragen, über wel— 200 che fortdauernd große Verſchiedenheit der Anſichten herrſcht. 1. Ob der Umfang des Gehirns (wenn uͤbrigens Geſund— heit, Alter und Conſtitution gleich find) auf die Kraft der geiſtigen Aeußerung einen Einfluß hat, und welchen? Und 2. ob verſchiedene Faͤhigkeiten durch einzelne beſondere Theile des Hirns ſich kund geben, oder nicht? Der erſte Satz, daß die Groͤße des Hirns, bei uͤbri— gens gleichen Umſtaͤnden, in directer Beziehung zu der Kraft geiſtiger Aeußerung ſtehe, wird unterſtuͤtzt durch Analogie, durch verſchiedene wohlbekannte Thatſachen und durch hohe phyſiologiſche Autoritaͤten. Die Staͤrke des Geruchs, z. E., iſt groß im Verhaͤltniſſe zu der Ausbreitung des Riechnervs in der Naſenhoͤhle, und das Volum der Nerven ſelbſt ſteht in directer Beziehung mit dem Grade jener Ausbrei— tung. Die oberſte Oberflaͤche der Schleimmembran des Riechbeins, auf welcher der Riechnerv ſich veraͤſtelt, wird bei'm Menſchen zu 20 Quadratzoll angenommen, und bei dem Seehunde, welcher ſehr ſtarken Geruch hat, zu 120 Q. Zoll. Der Sehnerv bei'm Maulwurfe iſt ein zarter Faden und ſein Sehvermoͤgen iſt ſchwach; derſelbe Nerv iſt ſtark und dick bei'm Adler, begleitet von ſehr intenſiver Kraft des Sehvermoͤgens. Ebenſo laͤßt ſich die Thatſache bewei— ſen, daß eine Mangelhaftigkeit in der Groͤße des Hirns eine, obgleich nicht einzige, Urſache des Idiotismus iſt. Und wenn auch das Hirn geſund iſt, fo iſt doch, wenn der hori— zontale Umfang des Kopfes ſammt Muskeln und Bedeckun— gen nicht uͤber 13 bis 15 Zoll betraͤgt, Idiotismus die be— ftindige Folge Dr. Voiſin giebt an, daß er an den Bloͤdſinnigen ſeiner Abtheilung in dem Pariſer Hoſpitale der Unheilbaren Beobachtungen angeſtellt und gefunden habe, daß bei der unterſten Caſſe der Bloͤdſinnigen, wo die geiſtigen Aeußerungen gleich Null waren, der horizontale Umfang, et— was oberhalb der orbita gemeſſen, von 11 zu 13 Zoll va— rürt habe, wahrend die Entfernung von der Naſenwurzel ruͤckwaͤrts uͤber den Scheitel bis an die Spina oceipitalis nur zwiſchen 8 und 9 Zoll betrug; und er fand keine Aus— nahme von dieſer Thatſache. Wenn daher ein aͤußerſter Mangel an Umfang des Hirns ſtets von geiſtiger Imbecil— lität begleitet ift, fo iſt es eine erlaubte Folgerung, daß der Umfang einen Einfluß auf die Kraft der Geiſtesaͤußerung durch alle Gradationen von Groͤße ausuͤben werde, immer vorausgeſetzt, daß die uͤbrigen Bedingungen gleich ſind. Phyſiologiſche Autoritäten ſprechen ſich ebenzalls ent— ſchieden uͤber dieſen Gegenſtand aus. Magendie ſagt: „Das Volum des Gehirns ſteht im Allgemeinen im gera— den Verhaͤltniſſe zu der Faͤhigkeit der Seele. Wir duͤrfen indeß nicht annehmen, daß jeder Menſch mit großem Kopfe nothwendig auch eine Perſon von höherer Intelligenz ſey; denn es giebt mehrere Urſachen einer Vergroͤßerung des Volums des Kopfes, außer der Groͤße des Gehirns; aber man wird ſelten finden, daß ein durch ſeine geiſtigen Faͤhigkeiten ausgezeichneter Mann nicht auch einen großen Kopf habe. Der einzige Weg, bei einer lebenden Perſon das Gehirn zu ſchaͤtzen, iſt, die Dimenſionen des Schaͤdels zu meſſen; jedes andere Mittel, ſelbſt das von Camper vorgeſchlagene, iſt unzuverläffig. Die Verſchiedenheit geiſtiger Kraft zwiſchen jungen und 201 erwachſenen Subjecten ift ein Gegenſtand gewöhnlicher Beob— achtung. Die Verſchiedenheit in dem Gewichte ihres Ge— hirns iſt ebenfalls entſchieden. — Nach Cruveilhier war bei drei jungen Subiecten das Gewicht des Gehirns folgendes: in dem erſten weg das Gehirn 2 Pfund 2 Un— zen; das kleine Gehien 43 Unze: zuſammen 2 Pfd 64 Unze; in dem zweiten wog das Gehirn 2 Pfd. 8 Unzen, das kleine Gehien 51: zuſammen 2 Pfd. I15 Unze; in dem dritten wog das Gehirn 2 Pfo 5 Unzen, das kleine Gehirn 5 Unzen: alles zuſammen 2 Pfd. 10 Unzen. In dem Anhange zu Monro's Werke über das Hirn giebt Sir Will Hamilton an, daß das durchſchnittliche Gewicht des erwachſenen maͤnnlichen Schottiſchen Ge— hirns (Hien und kleines Gehirn) 3 Pfd. 8 Unzen betrage Eben ſo wird ein Unterſchied in Geiſteskraft bei Maͤn— nern und Weibern allgemein als eriftivend zugegeben, und fo iſt auch eine entſprechende Verſchiedenheit in der Größe ih— rer Hirne. Sir Will. Hamilton giebt an, daß das Durchſchnittsgewicht eines erwachſenen weiblichen Schot— tiſchen Hirns und kleinen Gehirns 3 Pfd. 4 Unzen betrage, alſo 4 Unzen weniger, als das des maͤnnlichen. Er fand, daß von maͤnnlichen Hirnen eins von ſieben uͤber 4 Pfd. wog, und von weiblichen Hirnen uͤberſtieg nur 1 von hun— dert dieß Gewicht. (Fortſetzung folgt.) 202 Miscellen. Als Sicherung des Zimmerholzes hat Herr Bou⸗ chirie der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaften zu Paris einen, von ihm erfundenen, Proceß mitgethellt, deſſen Weſentliches darin beſteht, daß man das Holzgewebe, unmittelbar nachdem der Baum gefallt iſt oder auch während er noch ſteht, durch Abſorp⸗ tion (?) mit Auflöfung von holzeſſigſaurem Eiſen durchdringen laßt Dieſe ſehr einfache Operation ift von außerordentlicher Wirk: ſamkeit, indem fie 1. das Zimmerholz gegen trockene Faule und Schwamm ſichert; 2. die Härte deſſelben erhöbet; 3. die Biegſam— keit und Elaſticitat deſſelben erhalt; 4. das Werfen und folglich Spalten und Reißen des verarbeiteten Holzes verhütet; 5. die Entzuͤndlichkeit und Verbrennbarkeit ſehr vermindert; 6. verſchie⸗ dene dauernde Farben und Gerüche dem Holze mittheilt. Herr Bouchirie hat eine Menge präparirte Stücke vorgelegt. Die Ausrottung der Klapperſchlangen durch Schweine ſoll, nach einer Mittheilung in The Lancet 13. Juni 1840, in Nordamerica ein von den Pflanzern häufig angewendetes Verfahren ſeyn. In den gebirgigen Diſtricten verbergen ſich die Klapperſchlangen in Löchern, welche von den auf ſolche Diftricte ge— triebenen Schweinen fo genau bewacht werden, wie Fuchslöcher von Dachshunden. Wird endlich die Schlange durch Hunger herausge— trieben, fo werde fie von dem Schweine mit Leichtigkeit getödtet, während die Schweine ſelbſt nie von dem Viſſe des giftigen Thie— res leiden ſollen. Necrolog — Der, vorzüglich um Pflanzen-Phyſiologie und die Lehre von der geograph. Vertheilung der Pflanzen ſehr vers diente, Profeſſor Dr. E. Meyen zu Berlin, iſt in der Nacht vom 1. bis 2. September zu Berlin ploͤtzlich am Schlage geſtorben. eien Ueber die oͤrtliche Anwendung der Jodtinctur. Von Dr. Richard Langon. Die Wichtigkeit der Jodtinctur als aͤußeres Mittel iſt in neuerer Zeit von vielen Seiten hervorgehoben worden; der Verfaſſer iſt aber der Anſicht, daß man dieß noch im— mer nicht hinreichend gethan habe, indem die Anwendung der Jodtinctur, welche mit einem Kameelhaarpinſel aͤußerlich aufgeſtrichen wird, ſich bei den verſchiedenartigſten Krank— heitsformen huͤlfreich erweiſe, wie ſich aus folgenden, ohne weitere Anordnung aus einer ſehr großen Anzahl hervorge: hobenen Faͤllen, ergebe. Erfter Fall Am 6. März d. ſehr kraͤftiger Herr, ein Theetotaliſt ?), durch Erkaͤltung Schmerz und Geſchwulſt der rechten Wange. Er leitete die Krankheit von einem cariöfen Zahne ab; fie ſah aber ganz wie phlegmonoͤſes erysipelas aus, war jedoch unnach— giebig gegen Druck. Die ganze Geſchwulſt wurde mit Jodtinctur gepinſelt. Am 7. war die Geſchwulſt gefallen; der Kranke konnte den Mund weiter öffnen und befand ſich beſſer Die Tinctur wurde wiederholt. Am 8. iſt die Ge— ſchwulſt betraͤchtlich vermindert, die Haut ſehr gerunzelt; die Haut wird mit rectificirtem Weingeiſte gepinſelt. Am 9. ſchaͤlt ſich die Oberhaut der Wange ab und der Kranke iſt geheilt. Derſelbe Kranke bekam ſpaͤter, in Folge eines Stoßes, Geſchwuͤre am Unterſchenkel, welche durch Anwen— ) Bekanntlich bezeichnet dieſer Name ſolche Perſonen, welche durchaus allen fpirituöfen Getränken entſagend, ſich lediglich mit Thee begnuͤgen. J. bekam ein alter, dung der Jodtinctur raſch heilten und wobei, durch Anwen— dung des Mittels unmittelbar auf die wundgeſtoßenen Stel— len, ſogar ſtellenweis die Ulceration verhuͤtet und die Hei— lung in ungemein kurzer Zeit bewirkt warde. Zweiter Fall. Am 20. März meldete ſich ein Ars beiter mit einem ſehr ausgebreiteten erysipelas der rechten Geſichtsſeite, wodurch das rechte Auge faſt ganz zugeſchwol⸗ len war. Die Geſchwu ſſt breitete ſich noch fortwaͤhreud aus. Es wurde nun die ganze Geſchwulſt bis über ihre Graͤnzen hinaus mit Tinctur bepinſelt. 4 Stunden darauf war der Schmerz betraͤchtlich vermindert; es folgte eine ru— hige Nacht; die Geſchwulſt nahm ab, und am 21. wurde die Tinctur nochmals angewendet; am 22. war der Kranke ſo gebeſſert, daß mit einfachem Weingeiſte gepinſelt werden konnte; der Kranke war Reconvalescent. Dritter Fall. Am 21. Maͤrz meldete ſich ein junger Mann, welcher keineswegs ſehr enthaltſam lebte: er klagte uͤber Schmerz im Ruͤcken und dem bintern Theile des rechten Schenkels mit Rothe, jedoch ohne Geſchwulſt. Er hatte bereits Fomentationen und Umſchlaͤge von heißem Oele und Wolle angewendet. Am genannten Tage wurde er dadurch beunruhigt, daß auch die Theile unter dem Kniee afficirt wurden. Es fand ſich Entzuͤndungströthe von der Kniebeuge bis zur Wade mit großer Empfindlichkeit gegen Druck, jedoch ohne Geſchwulſt oder Härte. Die Tinctur wurde reichlich angewendet. Am 22. hat ſich die Entzuͤn⸗ dung bis zum Sprunggelenke ausgebreitet und iſt beſonders am äußern Knoͤchel heftig; der geſtern bepinſelte Theil das 203 Es wurde nun eine reichliche Bepinſelung der ganzen Geſchwulſt vorgenommen. Am 28. Beſſerung; jedoch leidet das Sprunggelenk noch. Die ganze hintere Fläche des Unterſchenkels wird mit rectificirtem Wein— geiſte bepinſelt. Am 24. war der Kranke gegen die Erlaub— niß viel herumgegangen; ſein Fuß war daher ſchmerzhafter und ſtaͤrker geſchwollen; die Spiretuswaſchungen wurden fort— geſetzt. Am 25. war der Zuſtand beſſer; es wurde wieder— um Jodin angewendet und der Fuß ruhig gehalten. Tags darauf war kein Mittel mehr noͤthig und der Kranke bald ganz hergeſtellt. Vierter Fall. Am 23. Maͤrz klagte ein zartes Mädchen, in Folge einer Verkaͤ tung, über Schmerz, Hise und Geſchwulſt der rechten Wange; es war eine vollkom— men ausgebildete wandernde Roſe. Die Jod:inctur wurde an dieſem und am folgenden Tage angewendet, wodurch das Eryſipelas ohne weitere Behandlung verſchwand. Fuͤnfter Fall. Ein aͤltlicher, haͤufig kraͤnklicher Mann bekam eine heftige orchitis. Am 26 Mär; war der rechte Teſtikel betraͤchtlich vergroͤßert, außerordentlich ſtark verbärtet und empfindlich; es wurde ſogleich Jodtinctur reichlich uͤberſtrichen. Am 27. war der Schmerz vermin— dert und die Geſchwulſt eingeſunken. Aus Furcht vor zu ſtarker Reizung wurde an dieſem Tage nur mit rectificirtem Weingeiſte gepinſelt. Am 28. Beſſerung; die Jodine wird wiederum angewendet, und dadurch war in wenigen Tagen die Krankheit ganz beſeitigt. Sechster Fall. Am 28. Maͤrz klagte dem Verf. eine 40jaͤhrige unverheirathete Dame ſehr heftig uͤber Froſt— beulen an den Fuͤßen, woran ſie jaͤhrlich zu leiden hatte. Zwei Naͤchte hintereinander bepinſelte ſie die Beulen mit Jodtinctur und beſeitigte dadurch jede Spur dieſes laͤſtigen Leidens. Siebenter Fall. ciei in drei Tagen geheilt. a Achter Fall. Am 17. April wendete ſich ein Mann an den Verfaſſer, welcher ſchon oft an Furunkeln an den verſchiedenſten Koͤrperſtellen gelitten hatte. Seit einigen Tagen litt er an Schmerzen an der linken Schulter, wo— gegen ihm eine reizende Salbe nichts geleiſtet hatte. Der Verf, fand das Gelenk leicht geſchwollen, gegen Druck nach— gebend, mit leichter Entzuͤndungsroͤthe und ſehr empfindlich. Ganz in der Naͤhe fand ſich ein exulcerirter Furunkel. Er erhielt ein ſalziges Abführmittel und mit Spiritus verduͤnnte Jodtinctur zum Bepinſeln der ſchmerzba ten und ulcerirten Oberflaͤche Vier Stunden darauf war der Schmerz ſehr vermindert, und am folgenden Tage klagte er nur uͤber Em— pfindlichkeit des rechten Armes; die Schulter war weniger geſchwollen und weit kuͤhler; die willkuͤhrliche Bewegung des Armes war noch gehemmt; aber das Geſchwuͤr beſſerte ſich raſch. Die Schulter wird, wie Tags zuvor, mit verduͤnn— ter Jodtinctur, der Arm aber mit unverduͤnnter Tinctur bepinſelt. Bei dieſer Behandlung verſchwand Schmerz und Geſchwulſt, und das Geſchwuͤͤr heilte in wenigen Tagen zu. Die freie Bewegung war indeß erſt nach drei Wochen wiederhergeſtellt. gegen hat ſich ſehr gebeſſert. Abermals ein erysipelas fa- 204 Der Verf. ſchließt aus dieſen und einer Reihe aͤhnli— cher Faͤlle, daß Herr Davies in ſeinen Practical Re— marks, wo er zuerſt die Jodtinctur als aͤußeres Mittel empfiehlt, vollkommen Recht habe, wenn er behauptet, daß die Jodtinctur bei Weitem das wirkſamſte topiſche Mittel ſey, welches wir beſitzen. (Lancet, June 1840.) Ein Fall von Markſchwaͤmmen in dem ſpongioͤſen Theile vieler Knochen des Skeletts. Herr Arnott legte im April der Royal med. so- ciety eine Reihe von Knochenpraͤparaten von einem Kraus ken vor, welcher ſich in ſeiner Behandlung befunden hatte. Zuerſt machte er auf eine große Geſchwulſt auf der linken Seite des Stirnbeins aufmerkſam, welche nach Innen ge— gen das Gehirn hineinra gte, wodurch das letztere abgeplat— tet und zuſammengedruͤckt war, während die Geſchwulſt auch nach Außen gegen die galea hervorragte. Der Kranke, ein Mann von 48 Jahren, war im November 1836 zu ihm gekommen, um eine Geſchwulſt in der Schlaͤfengegend von Eiter entleeren zu laſſen. Herr Arnott erkannte in dem Manne einen Patienten, welchem er 21 Jahr zuvor den linken Arm aus dem Schu itergelenke ausgeloͤſ't hatte, weil ſich Markſchwammgeſchwuͤlſte im Oberarmkopfe ent— wickelt hatten. Der Kranke war nach der Operation am Schultergelenke vollkommen geheilt und hatte ſich feit jener Zeit vollkommen wohl befunden. Herr Arnott vermuthete nun, daß die Geſchwulſt in der Schlaͤfe von aͤhnlicher Art fer, wie die im Oberarmkopfe; die Anſchwellung war weich, elaſtiſch und gab allerdings das Gerühl, als wenn fie Eiter enthalte; ſie hatte indeß niemals Schmerz verurſacht, noch durch ein Gefuͤhl von Klopfen ſich ausgezeichnet. Der Kranke wuͤnſchte nur davon befreit zu werden, weil ihn die Geſchwulſt belaͤſtigte, wenn er den Hut aufſetzte. Bei wei— terem Nachfragen ergab ſich, daß er jetzt auch im rechten Arme eine gewiſſe Schwaͤche fuͤhle und, z. B, bei'm Auf— ſchließen einer Thuͤr, den Schluͤſſel nicht ganz herumdrehen konnte; außerdem war indeß kein Symptom vorhanden, wonach man auf Einwirkung der Geſchwulſt auf das Ge— hirn ſchließen konnte. Der Zuſtand des Kranken blieb etwa 2 Monate derſelbe, mit geringer Zunahme der Geſchwulſt; hierauf zeigte ſich eine ganz aͤhnliche Geſchwulſt auf dem Bruſtbeine; nun wurde er von Influenza befallen und ſtarb daran, ohne daß irgend ein neues Symptom, welches auf eine Gehirnkrankheit zu beziehen geweſen waͤre, ſich ge— zeigt haͤtte. Bei der Unterſuchung des Schaͤdels fand ſich, daß der Sitz der Schlaͤfengeſchwulſt den Raum zwiſchen dem peri- cranium und der dura mater einnahm. Dieſe beiden Membranen breiteten ſich, die eine über die andere, unter der Geſchwulſtß aus. Das Gehirn war zwar beträchtlich zuſammengedruͤckt, uͤbrigens aber ebenſo, wie die Gehirn— haͤute, normal beſchaffen. Bei einem Einſchnitte in die Geſchwulſt zeigte ſich, daß der Knochen an der betreffenden Stelle vollkommen zerſtoͤrt war, ſo daß nach der Macera— tion eine große Oeffnung mit zackigen Raͤndern zuruͤckblieb. 205 Die Subſtanz der Geſchwulſt war weich, von der Farbe einer flüffigen Gallerte, jedoch von feſterer Conſiſtenz. Eine Knochenleiſte, welche vom äußern Rande der Oeffnung ſich erhob, oder durch die Geſchwulſt nach Außen gedraͤngt war, umgab die Baſis. Die Schaͤdelknochen waren weich und leicht zu durchſägen, und bei genauer Betrachtung der Kno— chenſtruetur ergab ſich, daß die Diplo@ an umſchriebenen runden Stellen hie und da Ablagerungen einer weichen, krank— haften Maſſe enthielten, welche dieſelbe Beſcheeffenheit, wie die Geſchwulſt, hatten. Beſonders deutlich wurde dieß, wenn man die Schaͤdeldecke gegen das Licht hielt. Durch Mace— ration ging die Subſtanz dieſer Geſchwulſte verloren; der Raum zwiſchen den beiden Knochentafeln war gleichſam uns terminirt, waͤhrend die Knochentafeln ſelbſt ihre normale Structur hatten und nue leicht durch den Druck abſocbirt ſchienen. Es war beſonders zu bemerken, daß weder Knao— chenſpitzen, noch andere Hervorragungen in die Geſchwulſt hinein oder an irgend einer Stelle bes Schaͤdels nach In— nen oder Außen hervorragten. Die Krankheit beſchraͤnkte ſich ruͤckſichtlich ihres Sitzes ganz auf die Diplod, und die krank— hafte Maſſe ſchien die aͤußere und innere Schaͤdelplatte durchaus auf keine andere Weiſe, als durch den Druck der Geſchwulſt und die davon abhaͤngige Abſorption afficirt zu haben. Es wurde zwar zu genauerer Unterſuchung noch die aͤußere Knochentafel abgeraſpelt, um die Diplo und die Venencanaͤle bloßzulegen; aber es war durchaus keine ir— gend betraͤchtliche Structurveraͤnderung zu bemerken. In dem Schluͤſſelbeine, dem Schulterblatte, dem Bruſtbeine, den Wirbeln, Rippen und dem Obderſchenkel⸗ beine fand ſich eine ganze analoge Umaͤnderung des Kno— chens, wie an dem Schaͤdel. Bemerkenswerth war es, daß die krankhafte Maſſe überall die innere faͤcherige Structur der Knochen affieirt oder in dieſen Theilen begonnen hatte; die Corticalſubſtanz war bloß theilweiſe und indirect mit ergrif— fen. An mehreren Durchſchnitten zeigte ſich ſehr ſchoͤn, daß die Geſchwulſt die Centralhoͤhlen und einzelne Fächer in dem Oberarme und Oberſchenkelbeine vollkommen aus— fuͤllte und nur durch die Corticalſchichten der Knochen be— graͤnzt wird. Bei dem Bruſtbeine war zu bemerken, daß ſeine beiden Schichten weiter, als gewoͤhnlich, auseinander— geſchoben waren, offenbar durch die in der Diplos enthal— tene Geſchwulſt, die bei Zunahme ihrer Groͤße die beiden Schichten allmaͤlig auseinanderſchob. Die krankhafte Maſſe war in den verſchiedenen Knochen einigermaßen an Farbe und Conſiſtenz verſchieden; im Kopfe des Oberſchenkels war ſie purpurroth und hatte im Allgemeinen Conſiſtenz und Ausſehen der Granulationen in einer offenen Wunde. Divf ſchien das fruͤheſte Stadium der Bildung der Geſchwulſt zu ſeyn; im Bruſtbeine dagegen war die Maſſe feſter und haͤr— ter und hatte nicht mehr die Farbe einer dunkeln fluͤſſigen Gallerte, ſondern ein blaßgraues Anſehen, wie Gehirn, wel— ches lange in ſtarkem Weingeiſte aufgehoben worden iſt; dieſes Ausfeben ſchien zu beweiſen, daß die Geſchwulſt eine betraͤchtliche Zeit in dieſem Knochen bereits gebildet war. Alle uͤbrigen Eingeweide und Organe wurden genau unterſucht, aber in keinem derſelben war irgend eine Spur 206 der krankhaften Veraͤnderung zu bemerken, welche im In— nern der Knochen in fo großer Ausdehnung entwickelt war. Die Lungen allein waren krankhaft afficirt; ſie waren in ihren Bronchialäften mit Schleim fo überfüllt, daß es ſehr leicht war, daraus zu erklaͤren, wie die Influenza, von welcher er befallen worden war, den Tod des Kranken her— beigefuͤhrt hatte. Bemerkenswerth iſt beſonders die große Ausdehnung, in welcher ſich die Krankheit entwickelt und Über alle inc: chen bei dieſem Subjecte ausgebreitet hatte. Wie weit das Knochenſyſtem bereits ergriffen war, als vor 24 Jahren die Amputation vorgenommen wurde, um eine ahnliche krank hafte Veraͤnderung im Oberarmbeine zu entfernen, iſt nur Sache der Conjectur; es iſt indeß jedenfalls ein intereſſan tes Factum, daß der Kranke die Operation ſo lange Zeit uͤberlebte und an einer zufaͤllig hinzugekommenen Krankheit, der Influenza, geſtorben war. Bei gewoͤhnlichen Medul— larſchwaͤmmen der Knochen erklaͤrt man ſich gegen die Am— putation, weil die Affection in dem Knochenſtumpfe wieder: kehre, fo früb man auch die Operation machen möge. In dieſem Falle blieb der Stumpf vollkommen geſund. Cru: veilbier ſagt, daß, wenn man bösartige Krankheitsformen in den Knochen faͤnde, man auch immer ſicher ſey, Spuren davon in den verſchiedenen Eingeweiden zu finden. Dieſe Bemerkung ſtimmt keinesweges mit dem Befunde deſes Fal— les uͤberein. Der guͤnſtige Ausgang der Amputation mag von zwei Ueſachen abhaͤngen: 1. davon, daß die Krankheit eine beſondere Dispoſitien zeigte, die Knochen mehr als an— dete Gewebe zu afficiren, wodurch die Weichtheile im Stande waren, auf eine guͤnſtige Weiſe zuzuheilen; 2, wurde der Knochen im Gelenke exſtirpirt, fo daß keine Saͤgeflaͤche vorhanden war, in welcher die Diplo bloßgelegt worden waͤre, aus welcher, als dem Sitze der Krankheit, die krank— hafte Maſſe haͤtte hervorwuchern koͤnnen. (London med. Gaz.. Apr. 1840.) Beobachtung über eine Theilung der Harnblaſe in zwei Hoͤhlen mit mehreren Affectionen der Harnwege. Von Herrn P. Naf t i. Ein Schuhmacher, Beaucheux, 62 Jahr alt, wurde am 22. Februar 1838 in's Bicetre aufgenommen. Er iſt von lymphatiſchem Temperament, zarter Conſtitution, hatte im Alter von 28 Jahren eine Blennorrhoͤe mit Bubonen und im Jahre 1824 eine Harnfiſtel, wegen welcher er meh— rere Jahre lang ohne Erfolg in der Charité behandelt wur⸗ de. Seit 12 — 14 Jahren hat er eine hartnäckige Harn: verhaltung und die geſchickteſten Wundaͤrzte der Haupiſtadt waren nicht im Stande, den Catheterismus auszuführen. Bisweilen klagte er Über Nierenſchwaͤche; niemals hatte er Blutbuften oder Blutharnen, und ſeit drei Monaten leidet et an einer chroniſchen Bronchitis. Bei ſeiner Aufnahme, am 23. Februar, zeigen ſich die Erſcheinungen der Bron— chitis mit beginnender Phthiſis; die Zunge iſt an der Spitze trocken. Am 27. Februar findet ſich Trockenheit det Zunge 207 und der Lippen; ſchwacher Puls; ſeltener Huſten; zuſam— mengezogener Unterleib; Schmerz in den Darmbeingruben; Ausleerung der Blaſe durch die Fiſteln, aus welchen Eiter abfließt; Excoriation an den Hinterbacken. Am 28. Febr. aͤußerſte Proſtration, Trachealraſſeln, und im Laufe des Ta— ges erfolgte der Tod. Bei der Section der nicht abgemagerten Leiche fand ſich die dura mater normal; die arachnoidea verdickt, weniger durchſichtig; die pia mater ſehr inficirt; zwiſchen den Gehirnwandungen ferös: blutiges Exſudat, in einzelnen Stellen umſchrieben; die Hirnſubſtanz normal; in den Ven— trikeln ein Wenig Serum. In der Bruſthoͤhle fanden ſich einige Pſeudomembranen und die Rippenpleura verdickt; die Lungen find emphyſematoͤs und nach Hinten mit rother Fluͤſſigkeit ‚infilteir. Im Pericardium befindet ſich etwas Serum und Exſudation friſchen Faſerſtoffes. In der Unter— leibshoͤhle iſt das peritonaeum normal; der Darmcanal, Leber und Milz ebenſo; die Schleimhaut des Nierenbeckens der rechten Niere, deren Subſtanz normal war, zeigte viele Gefaͤßveraͤſtelungen; die linke, um ein Viertel groͤßere Niere hatte an ihrem unteren Rande einen Sack, der mit gruͤn— lich dicker und eiterartiger Fluͤſſigkeit gefuͤllt war; die Schleimhaut des Nierenbeckens war roth und ſchwarz ge— fleckt, verdickt, angeſchwollen und ſehr muͤrbe. Die Sub— ſtanz dieſer linken Niere war etwas verhaͤrtet und ſtrotzte von ſchwarzem Blute; der Umfang des Harnleiters war bis zu dem des Duͤnndarmes vergrößert, er war mit uͤbelriechend jauchiger Fluͤſſigkeit gefüllt, ebenſo wie der vorhin erwähnte Sack. Nachdem die innere Flaͤche abgeſpuͤlt war, ſah man auf der Schleimhaut derſelben Villoſitaͤten und Follikeln, wie ſie der Magenſchleimhaut eigen ſind. Die Harnblaſe war contrahirt und etwas verdickt; eine Scheidewand theilte fie der Queere nach in zwei Höhlen: dieſe Scheidewand war hart und feſt, hing auf beiden Seiten mit den ſeitlichen Lappen der prostata zuſammen, welche ſelbſt eine knorpelartige Haͤrte zeigte. Die Blaſe enthielt in dieſen beiden Hoͤhlen etwas braͤunliche, eiteraͤhnliche Fluͤſ— ſigkeit. Die innere Flaͤche der Blaſe zeigte in der Laͤngen— richtung ſehr ſtarke Fleiſchbuͤndel, welche denen im Herzen ganz aͤhnlich waren. Gegen die Spitze der Blaſe hin wa— ren dieſe Buͤndel roth gefleckt und die ſie uͤberziehende Schleimhaut muͤrbe; nach Unten waren die Buͤndel grau— braͤunlich und die Schleimhaut ſtaͤrker erweicht. Die unter 208 der Schleimhaut liegenden Gewebe waren etwas hypertro⸗ phiſch. Der Blaſenhals war grau, und die prostrata zeigte eine Menge kleine ſiebfoͤrmige Oeffnungen. Zwiſchen prostata und rectum fand ſich ein betraͤchtlicher Abſceß, der von verdicktem Zellgewebe umgeben war; die pars membranacea urethrae war durch das umgebende vers dichtete Zellgewebe faſt verſchloſſen, ihre Schleimhaut war ſchwaͤrzlich; die Umgebung der pars membranacea war durch einen Abſceß ganz frei gelegt, und von da gingen zwei Fiſtelgaͤnge zum perinaeo; in der übrigen Laͤnge der Harnroͤhre fanden ſich mehrere, der Queere nach verlaufende Hautfalten; die Leiſtendruͤſen der rechten Seite waren ſehr vergroͤßert, die der linken normal. Die Scheidewand in der Harnblaſe iſt ohne Zweifel Folge einer chroniſchen eystitis geweſen und wahrſcheinlich durch eine hypertrophiſche Hautfalte gebildet. (Gaz. méd. No. 10.) Miscellen. Aufbruch eines Ane urysma's in das pericardium lange vor dem Tode wurde von Dr. T. Thomſon bei einem Schmidt beobachtet, welcher im Sommer 1833 von Schmerz im Rüden und in der Seite befallen wurde und nachher oft Palpita— tionen hatte und bei der Arbeit ohnmaͤchtig wurde. Im Juni 1839 war beſonders der rechte Radialpuls unregelmaͤßig und die rechte Bruſtſeite aufgetrieben und pulſirend. Im Juli mußte er zu Bette bleiben; Lippen und Ohren waren livid; der Geſichtsausdruck aͤnaſtlich; die Haut dunſtend. Im September beſſerte ſich der Zu— ſtand ein Wenig, bis er ploͤtzlich ſchlimmer wurde, einen Moment wild um ſich ſtarrte, einen Schrei that und lodt niederſtuͤrzte. Bei der Section fand ſich das pericardium von einer betraͤchtlichen Menge Blut ausgedehnt; das darin kaum aufzufindenNe Herz war ausgedehnt, ſchlaff und ſehr aus der Lage gedrängt. Das pericar- dium zeigte Spuren alter, friſcher und krankhafter Veraͤnderungen; die aorta war an ihrem Urſprunge mehr, ats um das Doppelte er— weitert, und etwa zwei Zoll über den Aortenklappen fand ſich eine Oeffnung, durch welche das Blut in eine Hoͤhle von der Groͤße einer Orange und ſodann in das pericardium gedrungen war. Aus dem Verlaufe der Krankheit ſchließt der Verfaſſer, daß der Durchbruch bereits lange Zeit vor dem Tode ſtattgefunden habe. (Lancet, June 1840.) Zur Heilung des clavus empfiehlt Herr Henderſon als nie fehlſchlagendes Mittel folgende Compoſitſon: Tinctura Iodi Zjv, Ioduretum Ferri gr. xjj, Butyrum Antimonii 3jv; davon wird, nach gehoͤrigem Abſchneiden des clavus, etwas mit einem Kameelhaarpinſel aufgeſtrichen. Dreimalige Anwendung reicht zur Heilung hin. (The Lancet, Apr. 1840.) Bibliographische Directions for using philosophical Apparatus in private Resear- ches and public Exhibitions. By Edward M. Clarke. Part. I. London 1840. 8. (Mit vielen Holzſchnitten; enthält unter ans dern das Gas-Mikroſcop.) Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis, sive enume- ratio contracta ordinum, generum, specierumque plantarum hucusque cognitarum, juxta methodi naturalis normas digesta. Auctore Aug, Pyramo De Candolle. Pars septima, Sectio Neuigkeiten. posterior, sistens ultimos calyciflorarum ordines. Parisiis 1840. 8. Nouvelle Pyrétographie ou Traité sur les fievres dites conti- nues, considerdes d’apres la theorie dite physiologique. Par M. Blondin. Moulins 1838. Paris 1840. 8. Notice sur les propriétés physiques, chimiques et médicinales des eaux de Contrexeville (Vosges). Par A. F. Mamelet. Paris 1840. 8. — — —— é Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mirgerheilt von dem Ober⸗Mebdfeinalrathe Fror ter zu Weimar, und dem Diedieinalrathe und Prefeſſer Frerier zu Berlin. Noe. 322. Gedruckt im Landes- Industrie: Comptoir zu Weimar. (Nr. 14. des XV. Bandes.) Preis einee ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr oder 3 Fl. 36 Kr., Auguſt 1840. des einzelnen Stüdes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Vergleichende Betrachtung der Schaͤdel der ver— ſchiedenen ureingebornen Nationen von Nord- und Suͤdamerica. Von S. G. Morton. (Hierzu die Fig. 14 — 17 der mit Nr. 12. ausgegebenen Tafel.) (Fortſetzung.) In einer Abhandlung uͤber das Gehirn des Negers, mit dem des Europaͤers und des Orang-Outangs verglichen, in den Philosoph. Transact. fir 1836 part. 2 erſchie— nen, nimmt Prof. Tiedemann dieſelben Grundſaͤtze an. Nachdem er die von ihm unterſuchten Gewichte von zwei— undfunfzig Europaͤiſchen Gehirnen aufgeführt hat, giebt er an, daß „das Gewicht des Gehirns bei einem erwachſenen Europaͤer zwiſchen 3 Pfd. 2 Unzen und 4 Pfd. 6 Unzen variire; das Hirn von Menſchen, welche ſich durch ihre großen Talente auszeichneten, iſt oft ſehr groß. Das Hirn des berühmten Cuvier wog 4 Pfd. 11 Unzen 4 Drach— men 30 Gran. Das Gehirn von Menſchen mit nur ſchwachen Geiſteskraͤften iſt, im Gegentheile oft ſehr gering, beſonders bei angeborenem Idiotismus. Das weibliche Ge— hirn iſt leichter, als das maͤnnliche. Es variirt zwiſchen 2 Pfd. 8 Unzen und 3 Pfd. 11 Unzen. Ich fand nie ein weibliches Hirn von 4 Pfd. Das weibliche Hirn wiegt im Durchſchnitt von 4 bis zu 8 Unzen weniger, als das maͤnnliche, und die Verſchiedenheit iſt bereits bei einem neu— gebornen Kinde wahrnehmbar.“ Ich habe dieſe Beweiſe und Autoritaͤten zur Unter— ſtuͤzung des Satzes, daß Umfang auf die Kraft influire, an— gefuͤhrt, weil ich die Anſicht hege, es ſey ein Grundſatz von erſter Wichtigkeit in jeder Unterſuchung in der Naturgeſchichte des Menſchen, die ſich auf Phyſiologie des Hirns ſtuͤtzt. Einer der fonderbarften Züge in der Geſchichte der Neuen Wett ift, daß die ureingeborenen Racen, mit wenigen Ausnahmen, uns tergegangen ſind oder fortwaͤhrend vor der Anglo-Saͤchſiſchen Race zuruͤckgewichen ſind und in keinem Falle ſich unter dieſelben als Gleiche gemiſcht oder ihre Sitten und Civili— ſation angenommen haben. Dieſe Erſcheinungen muͤſſen eine Urſache haben; und giebt es woht eine mehr intereſſirende No. 1422. nr e un d e. und philoſophiſche Unterſuchung, als die, welche zu erfor— ſchen ſtrebt, ob dieſe Urſache zuſammenhaͤnge mit einer Verſchiedenheit im Hirne bei den ureingeborenen America— nern und deren erobernden Eindringlingen? Weiter, einige wenige der Americaniſchen Familien, z. E., die Araucanen, haben mit Erfolg den Europaͤern Widerſtand geleiſtet; und die Frage iſt wichtig, ob bei ihnen das Hirn in irgend einer Hinſicht dem uͤberlegen iſt, was es iſt bei Maͤnnern, welche mit unguͤnſtigem Erfolge Widerſtand geleiſtet haben. Es iſt wahr, daß Gall's Fundamental-Grundſatz — die Groͤße des Gehirnes (bei uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden) iſt ein Maaßſtab fuͤr Kraft der Geiſtesaͤußerungen — in die— ſen Unterſuchungen ganz direct begriffen iſt; aber ich kann nicht einſehen, warum er nicht der Pruͤfung durch eine ausfuhrliche und genaue Induction von Thatſachen ausge— ſetzt werden ſolle. Dr. Morton ſpricht die Groͤße der Hoͤhle eines je— den von ihm beſchriebenen Schaͤdels in Cubik Zollen aus. „Eine ſinnreiche Methode“, ſagt er, „das Maaß der innern Capacitaͤten zu nehmen, wurde von Herrn Phillips aus— geſonnen. Um die Capacitaͤt eines Schaͤdels zu meſſen, werden zuerſt die Loͤcher mit Baumwolle verſtopft, und die Höhle wurde dann durch das for. magnum mit weißen Pfefferkoͤrnern fo gefuͤllt, daß nichts mehr in fie hineingehen kann. Dieſer Inhalt des Schaͤdels wird dann in einen Zinncylinder gegoſſen, welcher gut geſchuͤttelt wird, um die Koͤrner feſtgepackt hinzuſchaffen. Ein vorher zugerichteter Mahagonyſtab, graduirt, um die Cubikzolle und Theile an: zugeben, wird dann eingeſchoben, ſo daß der Fuß auf den Körnern ruht, und fo die Capacitaͤt des cranium in Cu⸗ bikzollen abgeleſen.“ Dr. Morton giebt auch die Maaße von beſonderen Gegenden des Hirns, wie ſie durch den Schaͤdel angedeu⸗ tet werden. Zweitens. Die ausgezeichneten Philoſophen theilen die menſchlichen Seelenfaͤhigkeiten in die activen und die in⸗ tellectuellen Kräfte; und einige laſſen noch Unterabtheilun⸗ gen der Gefuͤhle zu in Neigungen, die dem Menſchen und den Thieren gemein ſind, und in moraliſche Auftegungen; 14 211 und des Verſtandes in beobachtende und reflectirende Faͤhig— keiten. Dr. Thomas Brown's Eintheilung der Geiſtes- kraͤfte in einfache und relative Suggeſtionen ſtimmen mit der letzten Claſſification uͤberein. Wenn nun die Seele eine Mehrzahl von Faͤhigkeiten kund giebt, und wenn das Hirn das Organ der Seele iſt, ſo ſcheint es eine richtige Folge— rung, daß das Hirn aus einer Plurakitaͤt von Organen bes ſtehen konne; die Praͤſumtionen, welche, zu Gunſten dies ſer Idee, aus der Conſtitution der aͤußern Sinne und ihrer Oe— gane hervorgehen, find ſtark. Jeder Sinn hat ſeinen beſondern Mervenapparat. Ja, wenn die Function eines Theiles complis cirt iſt, ſo ſind auch die Nerven vervielfaͤltigt, um jeder Function einen eignen Nerpen zu geben. Die Zunge hat einen Nerven fuͤr willkuͤhrliche Bewegung, einen anderen fuͤr allgemeine Empfindung, und die beſten Autoritäten nehmen noch einen dritten New an für den Geſchmack, ob— wohl der beſtimmte Nerv noch ſtreitig iſt. Die inneren Naſenhoͤhlen find mit zwei Nerven verſehen, dem Riechnerv und einem Nerv fuͤr allgemeine Empfindung, auf der Schleimmembran zeraͤſtelt und jeder die ihm obliegenden Functionen befsrgend. Das Ruͤckenmark beſteht, nach allge— meiner Uebereinſtimmung der Phyſiologen, aus wenigſtens zwei Doppelſaͤulen, das vordere Paar fuͤr willkuͤhrliche Be— wegung, das hintere für allgemeine Empfindung. Sir Char les Bell hat bewieſen, daß die deutlich getrennten Functio— nen der Nerven aus dieſen Säulen ſtammen, Ferner, je— der genaue Beobachter unterſcheidet Verſchiedenheiten der Dispoſition und Ungleichheiten der Talente, ſelbſt in einem und demſelben Individuum. Dieſe Thatſachen deuten an, daß das Hirn aus einer Mehrzahl von Organen beſteht, und dieſe Idee hat viel hohe Autoritäten in Phyſiologie fuͤr ſich, „Das Gehirn iſt ein ſehr complicirtes Organ,“ ſagt Bon— net, „oder vielmehr eine Vereinigung von ſehr ver— ſchiedenen Organen.“ “) Tißfſot behauptet, daß jede Perception verſchiedene Faſern habe; *) und Haller und van Swieten waren der Meinung, daß die inneren Sinne, in dem Gehirne, Organe einnehmen, die eben ſo verſchieden wären, als die Nerven der aͤußeren Sinne; ***) Cabanis hegte eine aͤhnliche Anſicht +) und ebenſo Pro: chaska. Cuvier ſagt, daß eertains parts des Gehirns in allen Claſſen von Thieren groß oder klein ſind, je nach gewiſſen Qualitäten der Thiere ++) und er giebt zu, daß Gall's Lehre, nach welchen verſchiedene Faͤhig— keiten mit verſchiedenen Theilen des Hirns zuſammenhaͤngen, den allgemeinen Prineipieen der Phyſiologie keinesweges wi— derfprächen. +++) Wenn daher Grund vorhanden ift, zu glauben, daß verſchiedene Theile des Hirns verſchiedene geiſtige Faͤhigkei— ten darthun, und wenn die Groͤße des Theils auf die Kraft ) Palingenesie 1334. *) Oeuvres III. 33. *) Van Swieten J. 454. +) Rapports du Physique et du Moral de l'Homme. 2. édi- tion I. 233, 4. ++) Anatomie comparée. Tome II. +++) Rapport historique sur les progres des sciences natu- relle, Paris, 212 der Aeußerung influirt, fo ift die Nothwendigkeit in die Aus gen fallend, die relative Proportion der verſchie— denen Theile des Hirns in Betrachtung zu ziehen, in einer phyſiologiſchen Unterſuchung uͤber den Zuſammen— hang zwiſchen den Schaͤdeln von Nationen und deren geiſti— gen Eigenſchaften. Dieſer Satz iſt ferner erlaͤutert durch die Thatſache, daß des ureingeborenen Americaners und des Europaͤers Gehirn ſehr weit voneinander abweichen in den Proportionen ihrer verſchiedenen Theile. Wir ſind genauer in die Urſachen eingegangen, warum wir dieſe Meſſungen für wichtig halten, weil, nach unferer Anſicht, die auszeichnende Vortrefflichkeit von Dr. Mor: ton's Werk darin beſteht, daß er dieſes große Princip an— genommen und verfolgt hat. Es ſchien auch deswegen noͤ— thig, ausfuͤhrlich daruͤber zu ſeyn, weil Prof. Tiedemann in ſeiner Vergleichung von des Europaͤers und des Negers Ge— hirn es ganz vernachlaͤſſigt hat, und daher zu phyſiologiſchen Schluͤſſen gelangt iſt, welche wir als nicht uͤbereinſtimmend betrachten mit den gewiſſeſten phyſiologiſchen Thatſachen. Naͤmlich, er ſagt, „es iſt, ohne Zweifel, ein ſehr inniger Zuſammenhang zwiſchen der abſoluten Größe des Hirns und den intellectuellen Kräften und Functionen der Seele,“ und, von dieſem Satze ausgehend, vergleicht er das Gewicht des ganzen Gehirns, wie es in faſt funf— zig Europäern von verſchiedenen Altern und Laͤndern erho— ben worden, mit dem Gewichte des Gehirns in verſchiede— nen Negern, die entweder von ihm oder von Andern unter— ſucht worden. Er giebt ausfuͤhrliche Tabellen über das Gewicht der Quantitaͤt Hirſekoͤrner, welche noͤthig iſt, um Aethiopiſche, Caucaſiſche, Mongoliſche, Americaniſche und Malapiſche Schaͤdel zu fuͤllen; und fuͤgt dann hinzu: „Die Hoͤhle des Neger-Schaͤdels im Allgemeinen iſt nicht klei— ner, als die des Schaͤdels der Europäifchen oder anderer Menſchenracen. Die Folgerung, die er daraus zieht, iſt, daß intellectuell und moraliſch, ebenſowohl wie anatomiſch, der Neger dem Europäer gleichſteht; und er bez hauptet, daß die entgegengeſetzte und populäre Anſicht das Reſultat oberflaͤchlicher Beobachtung und nur in Beziehung auf gewiſſe niedrigſtehende Stämme an den Kuͤſten Afri— ca's wahr iſt. *) *) Tiedemann's Verſuch iſt kritiſch unterſucht worden von Dr, Combe in dem Phrenologiſchen Journale (Vol. XI.), welcher zeigt, nicht allein den Irrthum des Princips, den der Verfaſſer begangen, indem er das ganze Gehirn ausſchließlich als das Organ der intellectuellen Fahigkeiten annahm, ſondern die auffallendere Thatſache, daß Tiedemann's eir gene Tafeln ſeine eigenen Schluͤſſe widerlegen. Tiedemann's Meſſungen ſind folgende: Zolle Linien Durchſchnittliche Länge des Gehirns in 4 Negern 5 11757 s .. = T männlichen Eurepaern 6 27 . Eee . s 6 weiblichen . 5 10 2/2 „größte Breite 4 Negern + 8 776 7725 . . . = 7 mannlichen Europäern 8 5 51/7 Pi 5 5 3 weiblichen 6) 4777 . Hohe « F s ZNegern „ 2 11 1/3 . Pi . Pi 7 männlichen Suropäern 3 4 s . 1 „4 weiblichen D « 2 91/2 Die Inferioritaͤt des Negergehirns in Größe ift fen Maaßen in die Augen ſpringend. aus die⸗ 213 Wir hegen große Achtung vor Prof. Tiedemann, aber wir koͤnnen ſeinen Grundſatz, daß das ganze Gehirn der Maaßſtab der intellectuellen Fähigkeiten iſt, nicht uns terſchreiben; einen Satz, welcher annimmt, daß die thieriſchen und moraliſchen Gefühle keinen Sitz in dieſem Organe haben. Wir werden nun eine kurze Ueberſicht geben Über die Art und Weiſe, wie Dr. Morton ſeine eigenen Grund— ſaͤtze anwendet und uͤber einige Schluͤſſe, zu welchen er ges langt iſt. Er theilt die eingeborenen Americaniſchen Nationen in zwei große Familſen, die Toltecaniſche und Americas niſche. „Es iſt in den intellectuellen Fähigkeiten, wo wir die großten Verſchiedenheiten zwiſchen ihnen entdecken. In den Künften und Wiffenfchaften der erſteten ſehen wir die Zeugniſſe für eine vorgeruͤckte Civiliſation. Von dem Rio Gila in Californien bis zu dem ſuͤdlichen Ende von Peru werden ihre architecturaliſchen Reſte allenthalben angetroffen, zum Erſtaunen des Reiſenden und zur Verwirrung des Al— terthumforſchers; es finden ſich unter dieſen Reſten Pyra— miden, Tempel, Grotten, Basreliefs und Arabesken; waͤh— rend ihre Wege, Aquaͤducte, Befeſtigungen und die Lage ihrer Bergwerksoperationen ihre Leiſtungen in den practi— ſchen Kuͤnſten des Lebens hinreichend darthun.“ Die Wuſte von Atacama theilt das Reich Peru von dem von Chile und iſt nahe an hundert engliſchen Meilen lang; ein ſalz— reicher Fluß fließt durch dieſelbe. Dieſe Wuͤſte war der Lieb— lingsbegraͤbnißplatz der Peruvianiſchen Nationen, waͤhrend mehrerer Menſchenalter hindurch. Das Clima, das Salz und der Sand trocknen die Leichen auf, und die Reſte gan— zer Generationen der früheren Einwohner von Peru koͤnnen jetzt unterſucht werden, nach Verlauf von vielleicht Tauſen— den von Jahren. Dr. Morton hat Gelegenheit gehabt, nahe an hundert Peruaniſche Schaͤdel zu unterſuchen und ſchließt, daß dieſes Land zu verfchiedenen Zeiten von zwei Nationen mit verſchiedentlich geformten Schaͤdeln bevölkert geweſen, von welchen die eine jetzt vielleicht erloſchen iſt oder exiſtirt wenigſtens nur als verbergen (blendech, durch zufüllige Umſtaͤnde, in ſehr entfernten und zerſtreuten Stammen der jetzigen Indianerrace. „Von dieſen zwei Familien wird diejenige, welche der Erſcheinung der Incas vorherging, mit dem Namen der alten Peruaner bezeichnet, von welchen die Ueberreſte nur in Peru gefunden worden ſind und be— ſonders in der Abtheilung, welche jetzt Bolivia genannt wird. Ihre Graͤber finden ſich, nach Herrn Pentland, in Menge an den Ufern und Inſeln des großen Seees Ti— ticacga, in dem Alpenthale des Deſaguadera und in den ho— ben Thaͤlern der Peruaniſchen Anden, zwiſchen dem 14° und 19° 17“ füdt. Breite.“ Unſere Kenntniß ihrer phyſiſchen Beſchaffenheit iſt einzig aus ihren Gräbern erlangt. Sie waren nicht verſchieden von verwandten Nationen, außer in der Bildung des Kopfes, welcher klein, ſehr verlaͤngert, in ſeiner ganzen Laͤnge ſchmal war, mit ſehr zuruͤckliegender Stirn und größere Symmetrie beſitzend, als in Schaͤdeln der Ame— ricaniſchen Race gewohnlich iſt. Das Antlitz ragt vor; der Oberkiefer iſt vorgeſchoben, und die Zähne find auswaͤrts ges neigt. Die Augenhoͤhlen find groß und rundlich, die Nas 214 ſenbeine vorfpringend, die Jochbogen ausgebreitet, und es iſt eine merkwuͤrdige Einfachheit in den Nithen vorhanden, wel— che die Schaͤdelknochen verbinden. „Dr. Morton zeigt das cranium Figur 14. aus der Reihe in feiner Samm— lung“ als einen erlaͤuternden typus*) der Schaͤdel-Eigen— thümlichkeiten dieſes Volks“, und er iſt det Meinung, daß die Form „naturlich, und durch Kunſt unverändert” fen. — Er giebt folgende Beſchreibung dieſes Schaͤdels: Qbgleich die Stirn plotzlich zuruͤckweicht, fo findet ſich doch wenig Ausdehnung an den Seiten; und von dem Antlitze bis zum Hinterkopfe einſchließlich, iſt eine Schmalbeit vorhanden, welche characteriſtiſch für die Race zu ſeyn ſcheint. Die bins tere Anſicht zeigt den Schädel in dieſer Gegend erhöht, ohne irgend eine unnatuͤrliche Weite an den Seiten, und die ver— ticale Anſicht beftätigt hinlaͤnglich die letzte Thatſache. Maaß e:) 19.8 Horizontale Peripherie - Antlitzes 8.2 Größte Ringe des Kopfes und Longitudinal⸗Durchmeſſer 2 7.3 Zoll. Parietal-Durchmeſſer . . A 5.8 — Frontal-Durchmeſſer 0 7 . al == Vertical-Durchmeſſer . 8 5 5.3 — Inter⸗Maſtoidal-Bogen 3 14. — Inter-Maſtoidal-Linie . 8 . 4.3 — Occipito-Froͤntal-Bogen 15. — Innere Capacitat . 85 2 . 81.5 Cubikzoll. Gapacität der vordern Kammer . 31.5 — Capacitaͤt der hintern Kammer . -. 50. — Gapacität der Coronal-Gegend x 16.25 — Geſichtswinkel ; g > 73 Grad. *) Hieruͤber ſehe man das Postscriptum zu Ende des Aufſatzes. ) Die Meſſungen find folgendermaßen von Dr. Morton be ſchrieben: Der Longitudinal-⸗Durchmeſſer iſt genommen von dem vorragendſten Theile des Stirnbeins zum Hintere hauptsbeine; der Parietal-Durchmeſſer von den vonein⸗ ander entfernteften Puncten der Scheitelbeine; der Frontal⸗ Durchmeſſer von den vordern und untern Winkeln der Scheitelbeine; der Vertical Durchmeſſer von der fussa zwiſchen den Gelenkhuͤgeln des Hinterbauptsbeins nach dem Scheitel des Sckaͤdels; der Inter-Maſtoidal-Bogen wird mit einer araduirten Schnur von der Spitze des einen Zitzen fortſatzes bis zum andern, über die Äußeren Tafeln des Schaͤ⸗ dels, gemeſſen; die Inter ⸗Maſtoidal⸗Linſe iſt die Ent⸗ fernung der beiden Zißenfortfäge in gerader Linſe; der Oeci⸗ pito⸗Frontal- Bogen wird mit einer Schnur gemeſſen, uͤber die Oberflaͤche des Schaͤdels, von dem bintern Rande des großen Hinterbauptslochs bis zu der Sutur, welche das Stirnbein mit dem Naſenbeine verbinden. Die horizontale Peripherie wird mit einer Schnur um den Schädel fo ger meſſen, daß das Stirnbein unmittelbar über den Augenbrauen⸗ bogen und der am meiſten vorragende Theil des Hinterbauptes berührt werden; die Laͤnge des Kopfes und Antliges wird gemeſſen von dem Rande des Oberficfers bis zu den entfernteſten Puncten des Hinterbauptes; der zygomati ſche Durchmeſſer iſt die Entfernung, in gerader Linie, zwiſchen den vorragendſten Puncten der Jochbogen; der Geſichts⸗ winkel wird beſtimmt mittelſt eines Inſtruments von ſian⸗ reichem Baue und leichter Anwendung, erfunden durch Dr. Turppenny und beſchrieben durch Dr. Morton. (Dr. Morton machte faſt alle anatomiſchen Meſſungen mit eigenen Haͤnden.) 14* 215 Dieſer Schädel wurde von Dr, Ruſchenberger auf: gefunden ungefaͤhr eine englifhe Meile von der Stadt Arica, an der Suͤdſeite des Morro, einem Begraͤbnißplatze der alten Peruaner. „Die Oberflaͤche iſt 1 bis 2 Zoll tief mit Sand bedeckt, wo man, wenn er weggeraͤumt wird, eine Schicht Salz bloßlegt, die 3 bis 4 Zoll dick iſt und ſich uͤber den Huͤgel ausbreitet. Der Koͤrper, zu welchem die— ſer Kopf gehoͤrte, war in kauernder Stellung, mit den Knieen aufwaͤrts gezogen und die Haͤnde an die Seiten ge— legt, Der ganze Koͤrper war eingehuͤllt in grobes aber dich— tes Gewebe, mit Streifen von Roth, welche wundervoll den zerſtörenden Wirkungen der Zeit Widerſtand geleiſtet haben; denn dieſe Begraͤbniſſe wurden vor der Eroberung gemacht, obgleich unbekannt iſt, zu welcher Periode.“ Dr. Morton giebt an, daß im Durchſchnltte die in— nere Capacitaͤt des Caucaſiſchen oder Europaͤiſchen Schaͤdels wenigſtens 90 Cubikzoll iſt. Bei drei alten Peruanern ift ſie nur 73. Die mittlere Capacitaͤt der vorderen Kammer iſt etwa die Haͤlfte von der der hinteren oder 25 zu 47, während der mittlere Geſichtswinkel nur 67 Grad iſt. „Es wuͤrde“, faͤhrt er fort, „natuͤrlich ſern, anzuneh— men, daß ein Volk mit fo kleinen und uͤbelgebildeten Koͤ— pfen den niedrigſten Platz auf der Stufenleiter der menſchli— chen Intelligenz einnehme; dieß iſt jedoch nicht der Fall!“ Er ſieht es als entſchieden an, daß Civiliſation in Peru vor der Ankunft der Inca's exiſtirte und daß dieſe in alten Zeiten civiliſirten Voͤlker gerade dieſelben Nationen waren, deren außerordentliche Schaͤdel der Gegenſtand dieſer Unter— ſuchung ſind. Wenn dieſe Schaͤdel durch Kunſt zuſammengedruͤckt worden waͤren, ſo koͤnnten wir angenommen haben, daß gewiſſe Portionen des Hirns nur aus ihrer Stelle ge: ruͤckt, aber nicht vernichtet worden waͤren. Der Ruͤckgrat, z. E., kann gekruͤmmt ſeyn, wie bei'm Buckel aber er be— haͤlt ſeine Functionen; und wir koͤnnten annehmen, daß der vordere Lappen in Faͤllen von Compreſſion nach der Seite hin oder hinterwaͤrts entwickelt ſey und doch feine Identitaͤt und den Nutzen behalte. Dieß naͤmlich iſt Dr. Morton's Schluß in Beziehung auf das Hirn der platt— koͤpfigen Indianer. Er giebt eine intereſſante und authen— tiſche Beſchreibung des Inſtruments und Proceſſes, mittelſt deren Huͤlfe die flachkoͤpfigen Staͤmme am Columbia- Strome den Schaͤdel comprimiren, und er bemerkt dabei, daß, außer dem Plattwerden des Kopfes, das Antlitz vergrößert und vorgedraͤngt iſt, ſo daß der Geſichtswinkel weſentlich vermin— dert iſt. Die Breite zwiſchen den Scheitelbeinen iſt ſehr vermehrt, und es folgt eine auffallende Ungleichheit faſt je— desmal. Und doch iſt die abſolute innere Capacitaͤt des Schaͤdels nicht vermindert und, wie auffallend es auch ſchei— nen mag, die intellectuellen Eigenſchaften leiden gar nicht. Das Letztere wird bewieſen, durch acht zuſammenſtimmende Zeugniſſe aller Reiſenden, die über den Gegenſtand geſchrie— ben haben. Dr. Morton fuͤgt hinzu, daß im Januar 1889 ihm das Vergnügen geworden ſey, ein perſoͤnliches Zuſammentreffen mit einem Vollblut-Chenouck in Phila— 216 delphia zu halten. — Er hieß Will. Broocks, war 20 Jahr alt, war 3 Jahr lang der Erziehung einiger chriſtli— chen Miſſionaͤre uͤbergeben, und hatte eine große Fertigkeit in der Engliſchen Sprache erlangt, fo daß er es verftand und ſprachrichtig, mit gutem Accent, ſprach. Sein Kopf war durch mechaniſches Zuſammendruͤcken eben ſo ſehr entſtellt, wie irgend ein Schaͤdel feines Stammes in Dr. Mor: ton's Beſitze. „Er ſchien mir“, fuͤgt er hinzu, „mehr Schaͤrfe des Geiſtes zu beſitzen, als irgend ein anderer Indianer, den ich geſehen; er war mittheilend, heiter und wohlgeſittet.“ Die Maaße ſeines Kopfes waren folgende: Longitudinal-Durch— meſſer 7.5 Zoll; Parietal-Durchmeſſer 6.9 Zoll; Frontal— Durchmeſſer 6.1 Zoll; Breite zwiſchen den Wangenknochen 6.1 Zoll. Geſichtswinkel 73 Grad. Dr. Morton haͤlt es fuͤr ſicher, daß die durch Compreſſion hervorgebrachten Schaͤdelformen nie forterben, ſelbſt in mehreren Generatio— nen, ſondern daß die characteriſtiſche Form immer erhalten wird, wenn nicht die Kunſt direct einwirkt, um ſie zu ent— ſtellen, (Schluß folgt.) Miscellen. Der fliegende Squid oder Calmar. Mehrere vers ſchiedene Arten von Calmar werden von den Engliſchen Matrofen Flying Squid genannt, von ihrer Gewohnheit, ſich aus dem Waſ— ſer zu erheben und eine Strecke weit in horizontaler Richtung durch die Luft zu ſchwingen. Die eine Art, welche auf Herrn Bennet's Schiffe im Stillen Meere unter 8349 N. Br gefangen wurde, maaß in ſeiner ganzen Laͤnge 6 Zoll. Die obere Flaͤche des Koͤr— pers war grau mit Purpurflecken, die untere Seite weiß; Iris ſilberfarben, Pupille pechſchwarz und vorragend. Sie hat acht Arme und zwei Tentakeln, Jeder Arm iſt mit einer doppelten Reihe von Saugnapfchen an feiner ganzen Lange verſehen und alle, mit Ausnahme des erſten oder Rückenarms, haben eine lockere Mem— bran, von der hintern Oberflaͤche ausgehend; die beiden Tentakeln ſind rund, ſchlank und zweimal ſo lang, als die Arme und haben an ihrem Ende eine breite, ſichelfoͤrmige Membran, welche mit zwei Reihen von gelben Haken von verſchiedener Größe beſetzt find. — Dieß Individuum ſchwang ſich aus der Sie über das hohe Bollwerk des Schiffes und kam auf das Verdeck des Schiffes, zu einer Zeit, wo große Heerden derſelben Species geſehen wur— den, wo ſie bei verhaͤltnißmaͤßig ruhigen Wellen und glatter Meeres— oberfläche rund herum hervorſprangen und oft mit Heftigkeit gegen den Bogen des Schiffes anſchlugen. Das Thierchen war von der Heftigkeit des Schlages ſehr beſchaͤdigt und zeigte wenig Leben; in einen Waſſereimer geworfen, machte es keinen Verſuch, zu huͤ— pfen oder zu ſpringen, obgleich es eine Quantität Dinten⸗aͤhnlicher Fluͤſſigkeit aus einem unmittelbar unter dem Halſe endigenden Ca— nale ausfließen ließ. Die Fähigkeit der Saugnaͤpfchen an den Armen, zu ergreifen und feſtzuhalten, blieb eine beträchtliche Zeit hindurch, ja ſelbſt nach erfolgtem Tode, zuruͤck, woraus man ge— folgert hat, daß ihre Function zum großen Theile auf lediglich mechaniſchen Urſachen beruhe, wie dieß auch mit dem Sciffshalter (Echeneis remora) der Fall ſeyn mag. — Die zweite Species, eben⸗ falls aus dem Stillen Meere, glich in Größe und Form dem vos rigen, nur daß die zwei langen Tentakeln an ihren Enden, flatt mit hakenartigen Anhängfen, mit Saugnaͤpfchen beſetzt ſind. Die Hauptfarben dieſer Art ſind ſilberweiß und ſtahlblau, geſprengt mit rothen Flecken und violettem purpurnen Schimmer; unmittel: bar uͤber jedem Auge iſt ein ſehr ſchoͤner ſmaragdgruͤner Fleck. 217 Man bemerkte Exemplare dieſer Familſe von Cephalopoden von dem Arquator bis 24. N. B. und 16° S. B. (Hennet's Whaling Voyage.) Das Magazine of Natural History, von J. C. kLoudon unternommen und die letzten Jahre hindurch von Edward 3 218 Charles worth geführt, iſt jetzt, wo der Letztere eine naturhi— ſtoriſche Forſchungsreiſe in Nord- und Sübamerica unternommen hat, in die Hände des Herrn Rich. Taylor übergegangen. Es iſt die Abſicht übrigens, das Magazine etc. mit den Annals of Natural History zu combiniren, und zwar vom September an. en Hu d e. Von der Anwendung des Brechweinſteins in gro— ßer Doſis in Gelenkwaſſerſucht, wurden bereits vor etwa zwei Jahren von Hrn. Gimelle Erfahrungen der mediciniſchen Welt mitgetheilt, welcher mehrere Hydrarthroſen, die von den beftigſten Symptomen begleitet und hartnaͤckig waren, durch einige Tage lang forts geſetzte Anwendung des Brechweinſteins geheilt hatte. Vor Kurzem hat Hr. G. der Academie de Meédeeine eine Abhandlung vorgeleſen, aus welcher ſich ergiebt daß er in ſiebenund zwanzig Faͤllen von Gelenkwaſſerſucht den auffallendſten Nutzen von dieſer Behandlungsweiſe gezogen hat. Die Behand: lung iſt uͤbrigens um ſo wirkſamer, je weniger entzuͤndet das Gelenk iſt. Wenn ſich Reaction zeigt, ſo muß man ein oder mehrere Male zur Ader laſſen, und nur, wenn alle Symptome beſeitigt ſind, macht man Gebrauch vom Brechweinſteine. Die Doſis des Mittels iſt verſchieden, ſteigend von 20 cen— tigrammes (4 Gran) bis 1 gramme (20 Gran), niemals darüber. Folgendes find die wichtigſten Puncte des in der Gazette des höpitaux zuerſt erſchienenen Aufſatzes: Die Hpdrarthroſe fängt immer mit entzuͤndlichen Sym— ptomen an, welche Urſachen auch Veranlaſſung gegeben ha— ben Mag ſie nach Contuſionen, Ausdehnungen, Faͤllen, Er— kaͤltungen, Zuruͤcktreibung von Abſonderungen, Unterdruͤckung eines Fontanells c., eingetreten ſeyen; immer iſt das Ge— lenk Sitz von Schmerzen, Hitze, Saͤftezudrang, welcher letz— tere oft ſich nicht als Geſchwulſt durch die Hand des Une terſuchenden erkennen läßt, wohl aber von dem Kranken em— pfunden wird und bei dem geringſten Verſuche einer Bewe— gung heftige Schmerzen veranlaßt. Je nach dem Gliede ſind die Symptome der Affection verſchieden. Am Kniee, wo fie am haͤufigſten vorkommt, faͤngt ſie mit zwei Geſchwuͤlſten von ungleicher Groͤße zu beiden Seiten der Knieſcheibe an; der letzte Knochen iſt durch die Fluͤſſigkeit erhoben , welche ihn von den Gelenkhoͤckern des Schenkelknochens entfernt, zwiſchen welche ein Druck ihn zuruͤckfuͤhrt, während dadurch ein leichtes Geraͤuſch ver— anlaßt und das Volum der Seitengeſchwuͤlſte vermehrt wird; ſo wie aber der Druck nachlaͤßt, wird die Knieſcheibe gleich wieder durch die hinter ihr befindliche Fluͤſſigkeit vorwaͤrts getrieben; durch Beugung des Kniees werden die Seitenge— ſchwuͤlſte vorragender; waͤhrend der Streckung nimmt die Vorragung ab: fie find weich, fluctulrend, ohne veränderte Hautfarbe. Anfaͤnglich auf die Seiten des Gelenkes be— ſchraͤnkt, erſtrecken fie ſich zuweilen mehrere Zoll über die Knieſcheibe, indem fie den tendo museuli recti erheben und vorwaͤrts drängen. Oft find Schmerz und Fieber fehr unbedeutend, zuweilen aber beide ſehr heftig. Am Ellenbogengelenke zeigt ſich die Hydrarthroſe durch zwei ähnliche Geſchwuͤlſte zur Seite des olecranon. An der Schulter läßt ſich die Fluctuation am vordern und obe— ren Theile des Oberarmes ſpuͤren; am Handgelenke zeigte fie ſich an dem vordern und hinteren Theile des Gelenkes: am Fuße erſcheint fie unter der Form zweier Geſchwüͤlſte meiſt vor den Knoͤcheln, zuweilen jedoch auch an ihrem hin— teren Theile. Oft bildet ſich die Hydrarthroſe ſchnell. Einige Tage genuͤgen, um ſie auf einen hohen Grad zu bringen. Unter dieſer Form hat Hr. G. fie achtzehn Mal ſeit April 1352 beobachtet; eilf Mal bei Soldaten von 20 bis 30 Jahren, bei welchen ſie ſich in Folge von Nacht-Fatiguen waͤhrend eines kalten und feuchten Wetters entwickelt hatten, nachdem fie ſich derſelben faſt plotzlich und mit unvorſichtigem Her⸗ ausgehen aus einer ſehr heißen Wachſtube ausgeſetzt hatten. Sechs Mal bei Invaliden von 40 bis 75 Jahren, welche noch zwei oder drei Tage vorher nicht eine Spur davon zeigten; zwei derſelben wurden in den Krankenſaͤlen erſt da⸗ von befallen; ein Mal bei einer Frau von 32 Jahren, wels che nach den Maſern ſich zu bald der Wirkung der kalten Luft ausgeſetzt hatte. a Sieben Mal bat derfelbe Practiker fie langſam eintre⸗ ten ſehen, nach vorausgegangenen Schmerzen in den Gelen⸗ ken, welche davon befallen waren. Eine gewiſſe Schwere im kranken Theile, Beſchwerde bei den Bewegungen, eini— ge Auftreibung waren eine kuͤrzere oder laͤngere Zeit von ſechs Wochen bis vier Monaten der Bildung der Epnovials geſchwulſt vorausgegangen. Dieſe Faͤlle kamen bei Frauen vor, von 30 und von 45 bis 50 Jahren. Ein Mal dei einem jungen Menſchen von 16 Jahren; ein Mal bei einem Gärtner von 32, ein Mal bei einem Kutſcher von 28 und bei einem Schloſſergeſellen von 35 Jabren. Wenn ein Gelenk der Sitz einer Synovialergießung iſt, ſo muß man eine ſchnelle Zertheilung zu erlangen ſuchen. Man begreift leicht, daß die Anweſenbeit einer großen Quantität Fluͤſſigkeit in dem Spnovialfade die Eigenſchaften dieſer Membran ſehr modificiren und zu ihrer Function ungeeignet machen und zuletzt ſehr bedeutende Alterationen veranlaſſen konnte. Es iſt daher dringend, die Zertheilung fo raſch, wie möglich, zu veranlaffen, ehe nech die ergoſſene Fluͤſſigkeit Zeit gehabt hat, ſich zu verändern, und während die Membran nur noch erſt der Sitz einer Seeretiensitrita— tion iſt, aber ohne Alteration der Textur. 219 Achtundzwanzig Faͤlle, in welchen Brechweinſtein in ſtei— genden Doſen (mit 4 Gran anfangend, um auf 16, 18 oder 20 Gran in 24 Stunden zu gelangen, ſo daß man taͤglich mit 2 Gran ſteigt) gegeben und jedes Mal die Reſorp— tion der Fluͤſſigkeit veranlaßt wurde, im Zeitraume von acht bis ſechszehn Tagen, beſtimmen Hr. Gimelle, dieß Mittel fuͤr das wirkſamſte zu halten von allen, die bisjetzt gegen dieſe Krankheit angewendet worden find. Von achtundzwanzig Ergießungen der Synovia in den Gelenken hatten zweiundzwanzig ihren Sitz im Kni' gelenke; drei waren doppelt; zwei waren im Schultergelenke; eine am Ellenbogen und eine im Fußgelenke. Alle dieſe Kranken haben den Tartarus emeticus in einer Mixtur genommen, die aus 120 grammes (Sv) Lindenbluͤthen-Aufguß und 30 grammes (5j) svyrupus diacodii bereitet war. Achtzehn Mal erfolgte gleich an dem erſten Tage Erleichterung; zwei Mal, bei einer Frau und einem Maͤdchen von 16 Jahren, iſt ſie erſt am zweiten Tage, und zwei Mal, bei Frauen, am dritten Tage einge— treten. Wenn einmal die Erleichterung eingetreten war, ſo ſlellte ſich bei keinem Kranken ein Zufall ein. Man iſt nicht uͤber die Doſe von 20 Gramm geſtiegen, und in allen Fällen iſt die Ergießung reſorbirt worden, im Zeitraume von acht, zehn, ſechszehn Tagen, welches der laͤngſte Termin der Anwendung war. Fuͤnfundzwanzig Mal nahmen zugleich Schmerz und Un— bequemlichkeit des von der Hydrarthroſe afficirten Gelenkes in demſelben Maaße ab, als die Fluͤſſigkeit reſorbirt wurde, ſo daß nach dem Verſchwinden der Fluͤſſigkeit der Kranke mit derſelben Leichtigkeit gehen konnte, wie vor dem Krank— heitsanfalle. In zwei Faͤllen war es aber nicht ſo. Die Fluͤſſigkeit verſchwand zwar in der gewoͤhnlichen Zeit von 15 bis 16 Tagen, aber der Schmerz im Gelenke verſchwand nicht und blieb im Gelenke das eine Mal einen Monat und das andere Mal an vierzig Tage. Obgleich in dieſen zwei Fällen der Schmerz lange Zeit in dem kranken Gelenke angedauert hat, ſo hat Hr. G. ſich doch überzeugt, daß der Tart. emet. ſehr nuͤtzlich war, in= dem er die Meforption der ergoſſenen Fluͤſſigkeit beſtimmt, deren Aufenthalt die Gelenkhautsoberflaͤche verdorben haben, und in der Folge zu viel bedeutenderen Zufaͤllen Gelegenheit gegeben haben wuͤrde, welche bekanntlich gar nicht ſelten nach Gelenkaffectionen eintreten. Ein Mal, bei einem Maͤdchen von 21 Jahren, welches ſeit drei Jahren eine Krankheit am rechten Kniee hatte und von mehreren Chirurgen von Paris vergeblich behandelt worden war, war das in erwaͤhnter Weiſe verſchriebene eme— ticum ohne Erfolg, obgleich eine große Menge Fluͤſſigkeit im Gelenke war. Die Kranke ertrug das Mittel; die Do— ſis wurde auf 12 Gran geſteigert, aber als dabei nun keine Beſſerung eintrat, hielt man es nicht fuͤr raͤthlich, noch hoͤ— her zu ſteigen, indem man nicht die Hoffnung hatte, die ſeit ſo langer Zeit beſtehenden Zufaͤlle zu mindern, und deren bedeutende Folgen von mehreren Collegen angekuͤndigt waren. Dieſe junge Perſon iſt December 1839 an phthisis pul- monalis geſtorben. — — 220 Den hier erwaͤhnten Faͤllen muͤſſen zwei hinzugefuͤgt werden, welche ganz neuerlich vorgekommen find. Am 27. Juni 1839 iſt in dem Krankenſaale des Hrn. Pasquier ein 73 Jahr alter Invalide eingetreten, von einer ſehr gro— ßen Hydrarthroſe am linken Kniegelenke befallen, welche ſich bis in die Kniekehle erſtreckte, wo ſie eine fauſtgroße Ge— ſchwulſt bildete, die bei einem ſtarken Drucke verſchwand, wogegen die Geſchwuͤlſte zur Seite und oberhalb der Knie— ſcheibe vergroͤßert wurden. Hr. Pasquier verſchrieb das Tartarus emeticus nach Hrn. Gimelle's Formel. Die Doſis wurde allmaͤlig auf 16 Gran gebracht, ohne daß der Kranke dadurch incommodirt worden waͤre. Er fuhr fort, die Viertelportion Nahrungsmittel und die Portion Wein zu ge— nießen, und am ſechszehnten Tage ſeines Aufenthaltes in der Krankenabtheilung waren alle Zeichen von Ergießung in's Gelenk verſchwunden. Zwei Tage nachher wurde der Kran— ke voͤllig geheilt entlaſſen. Am 10. Sept. 1839 wurde Hr. Gimelle zu Hrn. J., Studirendem aus Haiti, 21 Jahr alt, welcher von einer Hydrarthroſe des rechten Kniees befallen war, wegen deſſen er ſeit ſechs Wochen ohne Erfolg mit Blutegeln, Veſicatoren, Compreſſion, zertheilenden Frictionen und Embrocationen behan— delt worden war. Hr. G. verſchrieb den Tart stibiatus nach ſeiner Formel. Der Kranke erfuhr keinen Zufall, fuhr fort zu eſſen und zu trinken; man flieg mit der Doſis nicht über 12 Gran, und nach vierzehntaͤgiger Behandlung in dieſer Weiſe exiſtirte keine Spur mehr von Spynovialergießung. Der Kranke empfand zur Zeit der Berichterſtattung nur noch Schwaͤche im Gliede. Die Geſchichte des letzten Kranken, bei welchem Hr. G. ſeine Methode angewendet hat, iſt zu intereſſant, als daß ſie mit Stillſchweigen zu uͤbergehen waͤre. Mad. de T., 35 Jabr alt, von lymphatico-ſeroͤſem Temperamente, von guter Conſtitution, gewoͤhnlich ſich wohlbefindend, regelmaͤßig menſtruirt und nie von rheumatiſchen Schmerzen heimge— ſucht, erkaͤltete ſich waͤhrend der Nacht auf einer Reiſe von Tours nach Paris. In der Hauptſtadt angekommen, em— pfand ſie ſchon Schmerzen im rechten Kniegelenke. — Hr. Gimelle wurde gerufen und, nachdem er eine anfan— gende Hydrarthroſe erkannt hatte, verſchrieb er ohne Auf— ſchub eine Potion mit 4 Gran Tartarus stibiatus. — Es ſtellte ſich fünf» oder ſechsmaliges Erbrechen und eben fo haͤufig Stuhlgang ein; aber die Schmerzen linderten ſich in der Nacht und die Kranke konnte ihr Glied bewegen. Am zweiten Tage erſchien die Menſtruation; man ließ fünf Tage den Tart. stibiatus weg, und darauf erſchien der Schmerz wieder und der Erguß vermehrte ſich. Das Knie iſt ſehr roth und die Haut deſſelben ſehr heiß. Von dieſer Zeit an Wiederaufnahme des Tartarus stibiatus, welche folgendermaaßen fortgeſetzt wird. Erſten und zweiten Tag, 4 Gran: drei- oder viermali⸗ ges Erbrechen und eben ſo viele Stuhlgaͤnge. Am zweiten Tage ertraͤgt ſie das Mittel; der Schmerz verſchwindet; die Spannung des m. synovialis nimmt ab. Die Kranke kann das Knie ohne große Schmerzen etwas bewegen. 221 Dritten Tig, 6 Gran; vierten Tag 8 Gran; fünften Tag 10 Gran; ſechsten Tag 12 Gran; ſiebenten Tag 14 Gran; ſie ertraͤgt das Mittel fortwaͤhrend; Beſſerung ſchrei— tet vorwaͤrts. Achten, neunten und zehnten Tag 16 Gran Brech— weinſtein. Die Beſſerung dauert fort, und am zehnten Tage iſt der Synovialerguß ganz verſchwunden. In keinem dieſer Faͤlle hat Hr. G. dem Gebrauche des Tart. stibiatus allgemeine oder locale Blutentziehung vorangeſchickt. Doch iſt er der Anſicht, daß, wenn das Fie— ber ſtark wäre, wenn das Gelenk ſtarke Rothe und viel Hitze zeigte, wenn die Verdauungsorgane der Sitz einer gro— ßen Irritation waͤren, ſo werde es paſſend ſeyn, dieſe Sym— ptome zu bekaͤmpfen, ehe man den Brechweinſtein reicht. Durch dieſe vorlaͤufige Behandlung vermindere man die Ir— ritation des Magens und erleichtere vielleicht durch fie das Ertragen des Hauptmittels. Die beſtaͤndigſten Wirkungen der Darreichung des Brech— mittels in großer Gabe, ſind in den erwaͤhnten Faͤllen fol— gende geweſen: Abnahme der Staͤrke und Häufigkeit des Pulſes; Schwaͤcherwerden der Stimme; Ermattung und Ringe um die Augen; waͤhrend der Nacht heftige Schweiße. Dieſe Symptome ſind bei allen nach dieſer Methode behan— delten Kranken beſtaͤndig fo geweſen; fünf haben Erbrechen gehabt: zwei waͤhrend eines Tages, einer waͤhrend zwei Ta— ge, zwei während drei Tage. Acht haben ſehe reichliche Durchfaͤlle gehabt, welche bei einem drei Tage gedauert has ben; bei Dreien haben zu gleicher Zeit Erbrechen und Durch— fall ſtattgehabt. — Endlich ſechszehn haben weder Erbre— chen noch Durchfaͤlle gehabt. Bei der Mehrzahl blieb der Appetit ungejtört. Bei denen, wo Erbrechen eingetreten war, ſtellte er ſich wieder ein, ſobald jenes aufgehoͤrt hatte. Der Urinabgang erlitt einige Verminderung, was Hr. G. der reichlichen Tranſpiration der behandelten Kranken zuſchreibt. Alle andere Functionen waren, wie im gefunden Zuſtande. Man hat fortwaͤhrend dem Kranken die Quantitaͤt Nah— rungsmittel gelaſſen, welche er genoſſen, ehe er ſich der Be— handlung unterwarf. Bei den meiſten aber hat man nach einigen Tagen ſtaͤrkere Portionen zugeſtehen muͤſſen. Hr. G. hat alle ſeine Kranken mehrere Monate nach der Be— handlung wieder geſehen, und einige ſind ſeit einigen Jah— ren unter ſeinen Augen, und bei keinem von ihnen haben ſich nachtheilige Zufälle eingeſtellt. Von ſubcutaner Durchſchneidung einer großen Zahl Muskeln, Sehnen und Baͤndern (42), welche J. Guerin an einem und demſelben Tage an dem— ſelben Individuum, gegen eine allgemeine Gelenkdifformitaͤt, vorgenommen hatte, hat derſelbe am 31. Auguſt der Aca— demie der Wiſſenſchaften zu Paris Meldung gethan. 1 „Am 25. Auguſt, „ſchreibt er“, habe ich an einem jungen Manne von 22 Jahren die ſubeutane Durchſchnei⸗ 222 dung von 42 Muskeln, Sehnen oder Bändern vorgenom— men, um einer Reihe von Gelenkentſtellungen des Rumpfes und der Extremitaͤten abzuhelfen, welche durch die active Retraction dieſer Muskeln und Ligamente verurfadt waren. Dieſe Reihe von Operationen erforderten 28 Oeffnungen in der Haut. Die zerſchnittenen Muskeln, Sehnen und Baͤn— der ſind folgende: am Rumpfe pectoralis major. . 51 bpiceps brachü . . . 2 pronator teres } 5 92 an den Ellenbogen) radialis internus, 3 1 2 auf beiden Seiten! flexor communis digitorum sublimis g - 2 palmaris longus B ; 2 die iſolirten Sehnen des ulnaris internus 2 an dem Vorderarme.— — — — großen u. kleinen auf beiden Seiten! palmaris > en, die des abductor pollicis longus 2 Sartorius 5 8 2 biceps 8 5 > : 2 semimembranosus . 5 2 an beiden Knieen Semitendinosus 5 . 92 gracilis 5 . . . 2 fascia lata . a 5 21 ligamenta lateralia externa 2 tendo Achilles - * tibialis anticus : f 2 an beiden Füßen Jextensor communis digitorum 2 extensor proprius hallueis 2 peroneus anticus . . . 2 Die unmittelbaren Reſultate diefer Operationen waren: Der Kranke hat nur maͤßigen Schmerz und Beſchwer⸗ den empfunden; er hat nicht eine einzige Klage waͤhrend der Operationen hören laſſen, und dieſe haben eine Stunde ge: dauert. Eine Stunde nachher iſt er in einen ruhigen Schlaf gefallen. Die Nacht und der folgende Tag find fehr ruhig geweſen. Kein Entzuͤndungszufall hat ſich eingeſtellt, und am dritten Tage waren die achtundzwanzig Wunden voͤllig vernarbt. Am fuͤnften Tage dieſer Operationen ſind von den operirten Hautſtellen alle Umſchlaͤge weggenommen, und kaum unterſcheidet man noch die Spuren dieſer Opera: tionen. — Das endliche Reſultat in Beziehung auf die Beſeitigung der Verkruͤmmungen wird er feiner Zeit eben— falls melden. Ueber ſpontanes aneurysma varicosum der aorta ascendens. Von John Thurnam. Von dieſer Krankheitsform ſpricht Breſ det in feiner Abhandlung Über varicoſe Aneurysmen nicht, obwohl Herr 223 Syme bereits einen Fall von Communication der aorta abdominalis mit der vena cava beſchrieben hat. Auch in den Transact. of the royal med. and surg. so- ciety, 20. Band, finden ſich Mittheilungen vom Herrn Perry. Der Verf. betrachtet die Krankheitsform in der Gegend der sinus aortae als befonders leicht vorkom— mend, da die Arterie an dieſer Stelle ſehr dicht an der Vene liegt und deswegen eine ſpontane Intervascularcom— munication leichter vorkommen kann, als an irgend einer andern Koͤrperſtelle. Er beſchreibt 11 Faͤlle genau und er— waͤhnt noch 6 anderer Praͤparate, bei welchen ſpontanes aneurysma varicosum vorhanden war. Zwei von die— ſen Faͤllen fanden zwiſchen der aorta descendens und V. cava inferior, einer zwiſchen dem truncus anony- mus und der v. cava superior ſtatt; alle übrigen fans den ſich in der aorta ascendens (mit Ausnahme eines Falles am Bogen) und ſtanden einer mit der v. cava su- perior, zwei mit dem rechten Vorhofe, einer mit dem rech— ten Ventrikel und zwei mit der Pulmonararterie in Ver— bindung. Die Communication zwiſchen den Aneurysmen und dem Venenſyſteme kann hauptſaͤchlich auf zwei Weiſen entſtehen, naͤmlich entweder plotzlich durch Zerreißung bei einer Anſtrengung des Kranken, oder auf eine langſamere, tuͤckiſchere Weiſe, durch Erweichung oder Ulceration der Waͤnde des Sackes. Die Symptome, welche die Bildung eines aneurysma varicosum unter der erſten Bedingung bezeichnet, gleichen denen einer Ruptur des Herzens. Die Symptome theilen ſich in diejenigen, welche auf die aͤußere Flaͤche, auf die Reſpiration und auf das Circulationsſyſtem Bezug haben. Die wichtigſten allgemeinen diagnoſtiſchen Zeichen find livide Hautfarbe, Ausdehnung und varicöfer Zuſtand der Venen, beſonders unter der Haut, ſtarkes und raſch zunehmendes anasaxca; alle dieſe Symptome be: ſchraͤnken ſich auf die Koͤrpertheile oder diejenigen Abthei— lungen des Venenſyſtems, welche unterhalb der varicoͤſen Oeffnung ſich befinden. Exiſtirt ein varicoͤſes aneurysma zwiſchen aorta descendens und v. cava inferior, fo zeigen ſich jene Wirkungen an den Beinen, am serotum und an der untern Koͤrperhaͤlfte; findet die Communication zwiſchen der aorta ascendens und v. cava superior ſtatt, ſo zeigen ſich die Veraͤnderungen an den Armen, am Geſichte und uͤberhaupt an der obern Koͤrperhaͤlfte; commu— nicirt die aorta ascendens mit einer Herzhoͤhle oder der 224 Pulmonararterie, ſo iſt der ganze Koͤrper hydropiſch. Die Dyspnoe iſt heftig und oft von Huſten und blutigem Aus— wurfe begleitet; der Puls iſt merkwuͤrdig ſtark anſchwellend; dabei findet ſich gewoͤhnlich Abmagerung, Schwaͤche und niedrige Temperatur mit ſenſorieller Stoͤrung, Delirien und Coma. Phyſicaliſche Zeichen ſind: ein oberflaͤchliches, rau— hes und ungewoͤhnlich intenſives ſaͤgendes oder klopfendes Geraͤuſch mit einem gleichfalls ſehr deutlichen ſchnurrenden Zittern, welches man uͤber der varicoͤſen Oeffnung und im Verlaufe der unterhalb befindlichen Circulation hort. Dieſer Ton iſt anhaltend, jedoch am lauteſten waͤhrend der Sy— ſtole, weniger laut waͤhrend der Diaſtole und noch weniger waͤhrend des Zwiſchenraums. Der Character des Tones, was ſeine Intenſitaͤt und Dauer betrifft, laͤßt ihn von al— len Herztoͤnen unterſcheiden, welche bei gewoͤhnlichen Aneu— rysmen oder Herzklappenfehlern vorkommen. (Lancet, May 1840.) Miscellen. Eine Luxation der Knieſcheibe, wobei dieſer Knochen ſich um feine Axe gedreht hatte, hat Hr. Watſon in dem New- York Journ. of med. and surg. beſchrieben. Der Kranke, ein Mann von 35 Jahren, hatte einen Schlag von einem Pferde er— halten, ohne ſagen zu koͤnnen, in welcher Richtung. Er klagte uͤber heftigen Schmerz; ſein Unterſchenkel ſtand vollkommen gerade und konnte bis zu 140 Grad, ohne Vermehrung der Schmer— zen, gebeugt werden. Die Knieſcheibe war etwas erhoben und um ihre Axe gedreht, ſo daß der aͤußere Rand nach Vorne ge— richtet war, der innere in der fossa intercondyloidea ruhete und die untere Flaͤche nach Außen ſtand. Dieſe Lage war ſehr deutlich zu fühlen. Durch bloßen Druck auf die Knieſcheibe war die Re— duction nicht zu bewirken, in welcher Richtung dieſer auch ausge— fuͤhrt wuͤrde; dagegen kehrte die Knieſcheibe in ihre normale Lage zuruͤck, als das Knie ſtark gebeugt und unmittelbar darauf raſch wiederum geſtreckt wurde. So wie die Knieſcheibe ihre normale Lage angenommen hatte, war auch jeder Schmerz verſchwunden. (Gaz. méd. No. 9.) Gegen Hornhautflecken empfiehlt Chelius, im zweiten Bande feiner Augenheilkunde, das Kali hydroiodinicum in Salben— form (5 Gran allmaͤlig bis 16 Gr. auf 3j. taͤglich zwei Mal.) Die Salbe muß indeß Jahre lang gebraucht werden. Die Scari— fication der zu den Truͤbungen der Hornhaut hingehenden Gefäße iſt, nach ihm, niemals vortheilhaft, nicht ſelten nachtheilig. Bei ſolchen Gefaͤßauftreibungen fand er tägliche Inſtillation des Lauda- num am wirkſamſten. Necrolog. — Der Dr. Schultes, auch als Botani⸗ ker verdient, Mitherausgeber des polytechniſchen Journals, und prac⸗ tiſcher Arzt zu Muͤnchen, iſt am 31. Auguſt geſtorben. Bibliographische Ten Plates, comprising a Plan, Sections and Views, represen- ting the Changes produced on the Coast of East Devon, bet- ween Axmouth and Lyme Regis, by the Subsidence of the Land and Elevation of the Bottom of the Sea, on the 26th. of December 1839 and 3rd of February 1840, from Dra- wings by W. Dawson, Esq., the Rev. W D. Conybeare and Mrs. Buckland; with a Geological Memoir and Sections, descriptive of these and similar phaenomena. By the Rev. Neu te Teen. W. D. Conybeare. The whole revised by Professor Buckland. London 1840. Die organiſche Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Phyſiologie. Von Juſtus Liebig ꝛc. Braunſchweig 1840. 8. Traité des fievres, ou irritations cerebro-spinales intermittentes, d’apres des opérations recueillies en France, en Corse et en Afrique. Par F. C. Maillot, médecin Professeur a l’Höpital d'Instruction a Metz. Paris 1840. 8. Ueue Uotizen a u 8 dee m Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medielnalrathe Fror ep zu Weimar, und dem Mebielnalrathe und Profefor Eroriep zu Berlin. No. 323. (Nr. 15. des XV. Bandes.) Auguſt 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abnildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Natur Vergleichende Betrachtung der Schaͤdel der ver— ſchiedenen ureingebornen Nationen von Nord- und Suͤdamerica. Von S. G. Morton. (Schluß.) (Hierzu die Fig. 14 — 17 der mit Nr. 12. ausgegebenen Tafel.) Auf die ausgeſtorbene Race in Peru folgten die Inka oder neueren Peruaner. Dieſe Race datitt ihre Beſitz— nahme von Peru von etwa dem 11. Jahrhunderte unſerer Zeitrechnung, und da dieſe Periode zufammentrifft mit der Auswanderung der Tolteca's (der civiliſirteſten Nation von Alt-Mexico) aus Mexico, fo ſchließt ſich Dr. Mor: ton der von andern Schriftſtellern geaͤußerten Meinung an, daß die neuen Peruaner mit den alten Mexicanern gemein— ſchaftlichen Urſprung haben. „Die neueren Peruaner“, ſagt er, „unterſcheiden ſich wenig in ihrer Perſon von den In— dianern um ihnen herum, find von mittlerer Statur, wohl» geformten Gliedern, mit kleinen Fuͤßen und Haͤnden. Ihre Geſichter find rund, ihre Augen klein, ſchwarz und etwas weit voneinanderſtehend; ihre Naſen ſind klein, der Mund etwas groß und die Zaͤhne ausnehmend ſchoͤn. Ihre Ge— ſichtsfarbe iſt dunkelbraun, und ihr Haar lang, ſchwarz und etwas grob.“ Die Civiliſation und verhaͤltnißmaͤßige Verfeinerung der Inka's war mit einigen Ueberreſten von der Grauſamkeit der Wilden verſetzt. „Eheliche Verbindun— gen wurden mit ſehr wenig Ceremonie und Ueberlegung abs geſchloſſen und wurden eben ſo leicht bei Seite geſetzt, nach dem bloßen freien Willen der Partheien. Polygamie war geſetzmaͤßig, aber nicht vorhertſchend.“ Unter dem Volke was ren Unenthaltſamkeit, Sinnlichkeit und Kindermord gemein. Ibre Nahrung beſtand hauptſaͤchlich aus Vegetabilien. Das Volk war indolent, ſchmutzig und nachlaͤſſig an der Perſon. Das Haar ihrer Mumien iſt in manchen Fällen voll von trockenem Ungeziefer. Ihr religioͤſes Syſtem zeichnete ſich durch Einfachheit aus und war von blutigen Gebraͤuchen frei, welche bei den Azteken von Mexico gemein waren. Vo. 1423 Wen n dez Sie glaubten an einen Gott, den ſie Viracocha nennen, an Unſterblichkeit der Seele und an Belohnungen und Stra— fen im kuͤnftigen Leben. Sie verehrten Sonne und Mond, zu deren Ehre fie Tempel errichteten und Göͤtzendilder ver: fertigten. Sie weiheten Jungfrauen in aͤhnlicher Weiſe, wie es in neueren Kloͤſtern geſchieht. Ihre Begraͤbnißfeier; lichkeiten waren barbariſch und grauſam: wenn ihr Ober— haupt ſtarb, verbrannten ſie eine Anzahl Menſchenopfer, Weiber, Knaben, Dienſtboten, um den Abgeſchiedenen in jener Welt zu bedienen. Sie wurden von Pizarro er— obert, mit einem Heere, welches aus 62 Reitern und 102 Soldaten zu Fuß beſtand. Folgendes (Fig. 15.) wird als ein auffallender characteriſtiſcher Peruanifcher Schädel ge⸗ geben: „Der Schaͤdel“, ſagt Dr. Morton, „iſt merkwuͤrdig wegen ſeiner geringen Groͤße und viereckigen Form. Das Hinterhaupt iſt ſehr zuſammengedruͤckt, zuweilen völlig vers tical; die Seiten ſind nach Außen gewoͤlbt und die Stirn etwas erhaben, aber doch ſehr zuruͤckweichend. Die Schädel ſind bemerkenswerth wegen ihrer Irregularitaͤt. Die Maaße dieſes Schaͤdels ſind folgende: Longitudinal-Durchmeſſer .» : 6.1 Zoll. Parietal⸗ — 8 ° 6 — Frontal⸗ — 8 2 5 4.7 — Vertical = — 2 ON — Inter-Maſtoidal Bogen > 0 0 — Inter⸗Maſtoidal-Linie . N N . 4.5 — Occipito-Frontal-Bogen : 0 . 14.1 — Horizontale Peripherie 8 8 N 19.5 — Innere Capacitaͤt 4 A l 83 Cubikzoll Capacitaͤt der vordern Kammer . 8 ws = Capacitaͤt der bintern Kammer ° Weg Capacitaͤt der Stirngegend > 2 15.75 — Geſichtswinkel b g l 81 Grade. Dr. Morton giebt die Reſultate der Meſſung von dreiundzwanzig erwachſenen Schaͤdeln der reinen Inka Race. „Das Mittel der inneren Capacitaͤt iſt 78 Cubikzoll, wel: 15 227 ches wahrſcheinlich geringer iſt, als die irgend eines anderen jetzt exiſtirenden Volkes, die Hindus nicht ausgenommen.“ Das Mittel der vordern Kammer iſt 32, der hintern 42, der Stirngegend 12 Cubikzoll. Das hoͤchſte Maaß der Co— ronalgegend iſt 20.5 und das kleinſte 9.25 Cubikzoll. Der mittlere Geſichtswinkel iſt 75 Grad. Die Kopfe von neun Peruaniſchen Kindern ſcheinen beinahe, wenn nicht voͤl⸗ lig, ſo groß, als die von Kindern anderer Nationen von demſelben Alter. Die geringe Groͤße der Gehirne dieſer Race, verglichen mit der der Europäer, welche ſie angriffen, iſt in Ueberein- ſtimmung mit der Leichtigkeit, mit welcher die erſtern uͤber— waͤltigt und in Unterwuͤrfigkeit erhalten wurden. Der Manz gel in der hintern Gegend des Hirns, in welcher die Or— gane der haͤuslichen Affectionen gelegen ſind, entſprechen ih— rer ſchwachen ehelichen Anhaͤnglichkeit und Gleichguͤltigkeit gegen ihre Kinder. Die Durchmeſſer von Conſtructionsſinn zu Conſtructionsſinn werden von Herrn Phillips zu 4.5 Zoll und von Idealitaͤtsſinn zu Idealitaͤtsſinn zu 5.1 an— gegeben. Dieſe Organe geben ein Talent fuͤr Kunſt an, und ſind betraͤchtlich. Dieſelben Meſſungen bei den Naumkeaghs (der Race, welche Neu-England bewohnte und deren Schaͤdel noch in der Naͤhe von Boſton und Salem ausge— graben werden), welche nie irgend einen Fortſchritt in den Kuͤnſten machten, find 4.1 und 4 Zoll bezuͤglich. Dr. Robertſon erwaͤhnt in ſeiner Geſchichte von America, daß die moderne Peruaniſche Race ſich auszeichnete durch ihr außerordentliches Talent des Verbergens und der Heim— lichkeit. Herr Phillips giebt an, daß die Breite von Verbergungsſinn (Secretiveness) zu Verbergungsſinn 5.6 Zoll betrage, was betraͤchtlich iſt Der Longitudinal-Durch— meſſer iſt nur 6.1 Zoll. Die Gegend des Kampf-Organs (combativeness) ſcheint ebenfalls mangelnd in dieſen Schaͤdeln. Der Irokeſen-Bund beſtand urſpruͤnglich aus fuͤnf Na— tionen, den Mohawks, Oneidas, Onondagas, Cayugas und Senecas. Sie waren geiſtig den ſie umgebenden Voͤlkern uͤberlegen, leidenſchaftlich dem Kriege ergeben und ſiegreich uͤber die andern Staͤmme. Sie zwangen ihre Weiber, das Feld zu bearbeiten und Laſten zu tragen; ſie bezeigten dem hoben Alter wenig Achtung, wurden von Liebe nicht viel afficirt, achteten eheliche Verpflichtungen we— nig und waren dem Selbſtmorde geneigt. Sie waren ſtolz, kuͤhn und rachſuͤchtig, unermuͤdlich in Verfolgung der Feinde, und gewiſſenlos in Befriedigung ihrer Rache. Ihre religioͤſen Ideen waren unbeſtimmt und ihre Vorſicht und Verſchlagenheit ſprichwoͤrtlich. Sie wurden endlich unter— jocht und 1779 faſt ausgerottet durch die Anglo-America— ner. Einige jaͤmmerliche Ueberbleibſel derſelben, von ſpiri— tuöfen Getraͤnken ruinirt, find noch im Staate New: York vorhanden. Figur 16. iſt der Schaͤdel eines Huronen, einer dieſer Nationen. Folgendes ſind die Durchſchnitts— Maaße von den fuͤnf Schaͤdeln dieſer Nation, welche Dr. Morton mitgetheilt hat: Innere Capacitaͤt 88, Coro— nalgegend 15, vordere Kammer 31.5, hintere Kammer 50 Cubikzoll. 228 Die Araukanen ſind die beruͤhmteſten und maͤchtig— ſten der Chileſiſchen Stämme. Sie bewohnen die Gegend zwiſchen den Fluͤſſen Biobio und Valdivia und zwiſchen den Anden und dem Meere und haben ihre Namen von der Provinz Arauco. „Sie ſind ein robuſtes, musculoͤſes Volk von hellerer Farbe, als die umgebenden Staͤmme. Mit einem außerordentlichen Grade von koͤrperlicher Thaͤtigkeit ausgeſtattet, erreichen fie ein hohes Alter mit wenigen Ges brechlichkeiten und behalten, in der Regel, Geſicht, Zaͤhne, Gedaͤchtniß unverſebrt. Sie find tapfer, verſchwiegen, ſchlau bis zum Spruͤchworte, ausharrend in Anſtrengungen, en— thuſiaſtiſch in allen ihren Unternehmungen und dem Krieg— fuͤhren zugethan, als der einzigen Quelle von Auszeichnung.“ „Ihre Aufmerkſamkeit erkannte bald den Werth militaͤriſcher Disciplin bei den Spaniern und beſonders die große Wich— tigkeit der Cavallerie in einer Armee; ſie verloren daher keine Zeit, dieſe beiden Huͤlfsmittel ſich anzueignen, zum Verdruß und Nachtheil ihrer Feinde. So beſaßen ſie ſchon ſiebenzehn Jahre nach ihrem erſten Zuſammentreffen mit Eu— ropaͤern mehrere ſtarke Schwadronen Cavallerie, führten ihre Operationen in militaͤriſcher Ordnung und gingen, ganz un— aͤhnlich den Americanern im Allgemeinen, ihren Feinden im offenen Felde entgegen.“ „Sie ſind hoͤchſt empfaͤnglich fuͤr Geiſtescultur, allein ſie verachten den Zwang der Civiliſa— tion, und diejenigen von ihnen, welche in den Spaniſchen Colonieen erzogen waren, haben die erſte Gelegenheit ergrif— fen, um die Lebensweiſe und Gewohnheiten ihrer Nation wiederanzunehmen.“ Figur 17. iſt einer der in dem Werke abgebildeten Schaͤdel von Araukanen. Die durchſchnittlichen Maaße von drei Schaͤdeln find folgende: Innere Capaci⸗ tät 79; Coronalgegend 15.4; vordere Kammer 32.2; bins tere Kammer 48.50. (Hr. Morton giebt dann die Beſchreibung der Schaͤ— del, welche in den alten Graͤbern gefunden ſind, und die der plattkoͤpfigen Indianer und Kariben und theilte, auf reiche Materialien geſtuͤtzt, intereſſante Thatſachen und Schluͤſſe mit.) Es moͤgen hier noch einige allgemeine Reſultate folgen, zu welchen er bei der Bearbeitung ſeines ganzen Feldes ge— langt iſt. „Die intellectuellen Faͤhigkeiten der großen Americani— ſchen Familie“, ſagt er, „ſcheinen von entſchieden geringerem Gehalte, wenn man ſie mit denen der Caucaſiſchen oder Mongoliſchen Race vergleicht. Sie ſind nicht allein dem Zwange der Erziehung abgeneigt, ſondern auch groͤßtentheils unfaͤhig, ein fortgeſetztes Nachdenken uͤber abſtracte Gegen— ſtaͤnde zu unterhalten. Ihr Geiſt ergreift mit Begierde ein— fache Wahrheiten, waͤhrend ſie ſofort Alles von ſich weiſen, was Nachforſchung und Analyſe verlangt. Die Naͤhe, in welcher fie ſeit zwei Jahrhunderten von Europaͤiſchen in» richtungen gelebt haben, hat kaum irgend eine wahrnehm— bare Veraͤnderung in ihrer Art zu denken und in ihrer Le— bensweiſe hervorgebracht; und was ihren eigenen ſocialen Zuſtand anlangt, ſo iſt er meiſtens noch derſelbe, wie er es in der primitiven Epoche ihrer Exiſten; war. Sie haben wenige oder gar keine Verbeſſerungen in ihrem Haͤuſer- oder 229 Schiffbau gemacht; ihre erfindenden oder nachahmenden Fihis keiten ſcheinen auf einem ſehr niederen Grade zu ſte— hen und fie haben nicht die geringſte Vorliebe für Künfte und Wiſſenſchaften. Die langen Annalen von der Arbeit und dem privatpractiihen Wohlwollen, welche die Miſſio— naͤre für fie aufgewendet, enthalten nur wenig Ausnahmen von dem, was ſo eben angegeben wurde, was vielmehr durch das vereinte Zeugniß faſt aller practiſchen Beobachter beſtätigt wird. Selbſt in Fällen, wo fie Erziehung in weiterem Um: fange erhielten und mehrere Jahre lang in civiliſirten Ge— ſellſchaften verweilten, verloren fie keineswegs der ihnen eingebo— renen Vorliebe für ihre Nationalgebraͤuche, welche fie faſt je— desmal wieder aufgenommen haben, ſobald die Verhaͤltniſſe ſich ſo wendeten, daß ſie ſelbſt fuͤr ſich waͤhlen konnten.“ Wie ſehr auch ein wohlwollendes Gemuͤth die Unfähigkeit des Indianers für Givilifation bedauern mag, ſo ſcheint doch gegen die Bejahung dieſer Frage kaum ein Zweifel aufkom— men zu konnen. Seine moraliſche und phyſiſche Natur erſcheinen für feine Stellung unter den Racen der Menfiben 230 als gleich geeignet und es iſt eben fo vernunftgemaͤß zu erwarten, daß die eine veraͤndert werde, wie die andere. Die Structur ſeines Geiſtes ſcheint verſchieden zu ſeyn von der des Weißen; auch können beide in ihren focias len Beziehungen nicht harmoniren, außer in einem ſehr bes ſchraͤnken Grade. Jedermann weiß aber, daß der Geiſt ſich durch Cultur erweitert; auch können wir bisjetzt noch nicht ſagen, wie weit der Indianer ſich dem Caucaſier naͤ— hern würde, nachdem auf eine einzelne Familie die Exzie— hung mehrerer Generationen gewirkt haben würde ). *) Dr. Morton fügt hinzu, daß die Indianer außerordentlich ungeſchickt find, etwas in Beziehung auf Zahlen zu begreifen; und es muß erwähnt werden, daß Hr. Combe, in feinen Vorleſungen in Newhaven, die größte Mananelbaftigteit des Organes der Zahlen an ihren Schädeln nachgewieſen bat. Folgendes iſt ein Theil der Tabelle des Dr. Morton über die mittleren Reſultate feiner ſaͤmmtlichen Meſſungen: 8 N . American. Race Toltecan. Nation Barbariſche Natio- pPlattkoͤpfige und Schaͤdel ausſnen mit Schaͤdeln ee e Stämme vom 3 Grabhuͤgeln. aus d. Ohiothaͤlern. nen umfaffend. Columbiafluſſe. Zahl der Zahl der x Zahl der] zy; Zahl derem; Zahl der) m: Schädel. Mittel. Schädel Mittel. Schaͤdel Mittel. Schädel, Mittel. e Innere Gapacität in Gubitsolen . . | 57 | 76.3 87 824 144 796 8 29.25 3 732 Capacität der vordern Kammer 1 46 32.5 73 34.5 119 33.5 8 32.25 3 25.7 Gapacität der hintern Kammer 46 438 73 48 6 119 46.2 8 | 47.00 3 | 474 Capacität der Coronalgegend - 46 140 | 71 162 117 15.1 | 8 11.09 3 14.6 Gapacirät der Subcoronalgegend. . 46 61.8 7¹ 68.5 117 64.5 67.35 3 58.6 Bemerkungen: Die barbariſchen Nationen beſitzen ein um 54 Zoll größeres Hirn, als die Toltekaner, während, auf der andern Seite, die Toltekaner eine groͤßere relative Capacitaͤt der vordern Kammer des Schaͤdels beſitzen in der Proportion von 42.3 zu 41.8. Ferner, die Coronal-Ge— gend, obgleich abſolut groͤßer in den barbariſchen Staͤm— men, iſt etwas breiter in Proportion in den balbeivilifirten Staͤmmen; und der Geſichtswinkel iſt faſt derſelbe für beide, und kann fuͤr die ganze Race zu 75 Grad angenommen werden. Schließlich glaubt Hr. Morton, daß die in ſeinem Werke enthaltenen Thatſachen darauf hinausgehen, folgende Saͤtze zu ſtuͤtzen: 1. Daß die Americaniſche Race weſentlich von allen andern abweiche, die Mongolifche nicht ausgenommen; auch weiſet die ſchwache Analogie in der Sprache und die mehr augenfällige in den buͤrgerlichen und religioſen Inſtitutionen und den Kuͤnſten nichts weiter nach, als zufällige oder Co: lonialcommunication mit Aſiatiſchen Nationen; und ſelbſt dieſe Analogie kann vielleicht, wie Humboldt fuggerirt, ſchon durch die bloße Coincidenz erklaͤrt werden, die aus aͤhn— lichen Beduͤrfniſſen und Antrieben hervorgehen bei Nationen, welche gleiche Breiten bewohnen. 2. Daß die Americanifhen Nationen, mit Ausſchluß der Polarſtaͤmme, von einer Race und einer Species, aber von zwei großen Familien abſtammen, welche einander aͤhn— lich ſind im phyſiſchen Character, aber ganz verſchieden im intellectuellen. 3. Daß die Schaͤdelreſte, welche in den Grabhuͤgeln von Peru bis Wis conſin gefunden worden find, zu derſelben Race und wahrſcheinlich zu der Toltecaniſchen Familie ges hoͤren. Dr. Morton fuͤgt noch beifolgende Note uͤber die innere Capacitaͤt des eranjum bei den verſchiedenen Menſchenracen - hinzu. Nachdem ich die Schädel meiner eigenen Sammlung und diejenigen, welche ich von meinen Freunden entlehnen konnte, der Meſſung der inneren Gapacität unterworfen hat: te, erhielt ich folgende Reſultate: Das Mittel der Ameri— caniſchen Race iſt hier wiederholt (mit Hinweglaſſung der Bruͤche), bloß um die Tabelle zu vervollſtaͤndigen. Die Schaͤdel von Bloͤdſinnigen und Kindern wurden natuͤrlich nicht mit gerechnet. Mittlere in⸗ Zahl der nere Capaci- Groͤßter in Kleinſter in Racen: Schädel, tat in Cubikz. der Reihe. der Reihe. — —ů—2ů—— — — — — 1. Caucaſiſche. 52 87 109 7 2. Mongoliſche 10 83 93 69 8. Malayiſche . 18 81 89 64 4. Americaniſche 147 80 100 60 5. Aethiopiſche . 29 78 94 65 231 1. Die Caucaſier waren, mit einer einzigen Ausnah: me, aus der unterſten und am wenigſten erzogenen Claſſe der Geſellſchaft. Es iſt jedoch paſſend, zu erwaͤhnen, daß nur drei Hindu's in der ganzen Zahl zugelaſſen worden ſind, weil die Schaͤdel dieſer Leute wahrſcheinlich kleiner ſind, als die Köpfe anderer exiſtirenden Nationen; z. E,, ſiebenzehn Hinduſchaͤdel geben ein Mittel von nur 75 Cubikzoll, und die drei in der Tabelle aufgenommenen, ſind durchſchnittlich ſo angenommen. Groͤßerer Genauigkeit wegen, ſoll hier die Zahl der Individuen jeder Nation, ſo weit nachzukommen war, verzeichnet werden. Anglo-Americaner . - . . 6 Deutſche, Schweizer, Holländer . 5 a Celten, Iren und Schotten . 8 8 7 Englaͤnder 0 2 ; A 4 Guanchen (Lybier) 0 ; 2 R 1 Spanier 8 2 1 8 ; Sl Hindu's 5 0 8 0 B . 3 Europäer, wo man nicht ſicher war . =23 Total: 52 2. Die Mongolen, welche gemeſſen wurden, waren Chineſen und Eskimos, und, was bemerkenswerth iſt, drei der letztern geben ein Mittel von 86 Cubikzoll, waͤhrend ſieben Chineſen nur 82 geben. 3. Die Malapyen begreifen eigentliche Malayen und Polyneſier, dreizehn von erſtern und fuͤnf von letzteren, und das Mittel von jeder Abtheilung zeigt bloß eine Bruch— Differenz von allen. 4 Die Aethiopier waren ſaͤmmtlich Neger und neun von ihnen eingeborene Africaner, wegen welcher ich vorzuͤglich Dr. M'Dowal verpflichtet bin, der fruͤher bei der Colonie in Liberia *) angeſtellt war. 5. In Beziehung auf die Americaniſche Race habe ich nichts hinzuzufuͤgen, ausgenommen die auffallende Thatſache, daß von allen Americaniſchen Nationen die Peruaner die kleinſten Koͤpfe hatten, waͤhrend die der Mexi aner etwas *) Dr. Morton giebt an, daß die mittlere innere Gapacität der Europaͤiſchen oder Caucaſiſchen Schaͤdel 87 Cubikzoll betra— ge, die der Aecthiopier oder Negerrace aber 78 Cubikzoll. — Wir bemerken, daß Dr, Andrew Combe, in feinen Remarks on the Faflacy of Professor Tiedeman’s Comparison of the Negro brain and intelleet with those of the Europeans zu Reſultaten gelangt, welche mit denen des Dr. Morton zu: ſammentreffen. Tiedemann giebt das Gewicht von nur vier Negergehirnen. „Das Mittel des Europaͤiſchen, ſagt er, geht von 3 Pfund 2 Unzen bis 4 Pfd. 6 Unzen, waͤhrend das Durchſchnittsgewicht von vier Negerhirnen nur bis 3 Pfd. 5 Unzen 2 Drachmen ſteigt, oder 3 Unzen uͤber das niedrigſte Europaͤiſche Mittel; und der hoͤchſte Neger ſteht dem hoͤch— ſten Europaͤiſchen Mittel um 5 Unzen nach, und nicht weni— ger, als 10 Unzen dem Gewichte von Cuvier's Gehirne.“ Phren. Journ. Vol. XI. Wir haben, a. a. O., nachgewieſen, daß Tiedemann's Linear-Maaße des Europälfchen und Ne— gergehirns ebenfalls ſeiner Theorie der Gleichheit widerſpre— chen und mit Pr. Morton's Reſultaten zuſammentreffen. 232 groͤßer waren und die der barbariſchen Nationen die groͤß⸗ ten von Allen, nämlich: Peruaner zuſammen 76 Cubit zoll Toltecaniſche Nation Mexicaner zuſammen 79 — Barbariſche Staͤmme 82 — Eine intereſſante Frage iſt zu loͤſen, naͤmlich die rela— tive Proportion in der vordern und hinteren Kammer des Schaͤdels in den verſchiedenen Racen. Eine Unterſuchung, wozu ich bisjetzt weder hinlaͤngliche Zeit noch genügend paſ— ſendes Material gehabt habe. Hr. Dr. Morton verſpricht noch einen Supplemen- tary Volume, worin es ſein ferneres Beſtreben ſeyn ſoll, die anatomiſchen und phrenologiſchen Tabellen zu revidiren und zu den von ihm gelieferten Abbildungen noch Anſichten der Grundflaͤche der Schaͤdel zu liefern. Postseriptum. „Seit der Theil meines Werkes geſchrieben war, welcher ſich auf die alten Peruaner be— zieht, habe ich noch mehrere Abguͤſſe von Schaͤdeln, die zu derſelben Reihe gehoͤren, zu ſehen Gelegenheit ge— habt, und obgleich ich uͤberzeugt bin, daß die Figur 14. ein unveraͤndertes eranium darſtellt, fo wuͤnſche ich doch, da es das einzige unveränderte Exemplar iſt, was mir vorgekommen, die zu raſch gezogenen An— gaben, daß es ein Schaͤdeltypus ihrer Nation ſey, zu berichtigen. Meine lange uͤberlegte Anſicht iſt, daß die alten Peruaner einen Zweig der großen Tol— tecaniſchen Familie waren, und daß der Schaͤdel die— ſelben allgemeinen Charactere in beiden hatte. Ich kann durchaus nicht begreifen, wie ſie das Antlitz verſchmaͤ— lerten in ſolcher gehoͤrigen Proportion zu dem Kopfe; aber das Factum ſcheint unbeſtreitbar. Ich werde jede mögliche Anſtrengung machen, um weitere Materialien fuͤr fernere Er— laͤuterung dieſes Gegenſtandes zu erlangen.“ Philadelphia, 3. Mai 1840. Samuel Georg Morton. Miscellen. Ueber die Kaͤnguruhs hat der von feinen Reifen nach Auſtralien zuruͤckgekehrte Herr Gould der Zoologiſchen Geſell— ſchaft zu London am 25. Auguſt eine Mittheilung gemacht. Er zeigte ſechs verſchiedene Arten derſelben vor, die er meiſt mehr im Innern dieſes Continents entdeckt hatte. Eine Art iſt zwei Fuß hoch und von einer gelblichen Rehfarbe, die auf dem Kopfe in's Weißliche uͤbergeht. Der Schwanz iſt ſehr lang, und eine beſon— dere Merkwuͤrdigkeit iſt ein foͤrmlicher Nagel an der Spitze des Schwanzes, der ſowohl in Textur, als Geſtaltung einem Fingers nagel aͤußerſt ähnlich, j doch ſchwarz iſt. Herr Gould ſchlug den Namen Unguiter für dieſe Species vor; einer andern Art gab er den Namen Psjlopus, wegen der Kleinheit ihrer Vorderfuͤße und Schenkel, indem das Thier die Groͤße des Haſen hat, dem es auch in Hinſicht auf den Pelz fo gleicht, daß man denſelben kaum, von dem »eines Haſen unterſcheiden kann. Die Verderfuͤße ſind fhwarz- In Beziehung auf die Vertheilung der Vögel iſt eine Aeußerung in dem eben erſchienenen Werke: Narrative of the Campaign of the Army of the Indus in Sind and Kambool, 255 — in 1883 — 39, by R. II. Kennedy, MD, London 1840, 8., merkwürdig. „Die Abweſenheit von Secpogeln bildet einen ſonder— baren Zug in dem Character der Indiſchen Secenz kaum ein eins ziges lebendes Weſen erſchien in den obern Luften oder unten in der See zwiſchen Bombay und dem Indus. Der gigantiſche Al: — 234 batroß und die Meertauben ſtreifen bis auf mehrere hundert Mei— len von der Küfte von Africa, während hier, innerhalb vier Mei⸗ len der ſumpfigen Ufer, ſehr wenig Seevögel uns umflogen. Mit⸗ tels Kerngläfer konnten wir Heerden von Flamingo's in der ent— fernten Bucht wahrnehmen; dieſe aber ſtreifen nie ſeewärts.“ ren Ueber eine eigenthuͤmliche Art angeborener Ge— ſchwuͤlſte am Halſe. Von Caͤſar Hawkins. Sehr verſchiedene Geſchwuͤlſte, welche ſogleich oder ſpaͤ— ter an Größe zunehmen koͤnnen, finden ſich bei neugeborenen Kindern; meiſtens beſtehen ſie aus einem Balge mit ver— ſchiedenem Inhalte. In einigen dieſer Baͤlge findet man organiſirte Maſſen, Schaͤdel und Kieferbeine, bisweilen auch den ganzen Foͤtus, welcher kaum anders, als durch unvoll— kommene Entwickelung und Verbindungen zweier Embrye— nen im uterus entſtehen kann. In einer zweiten Glaffe angeborener Balggeſchwuͤlſte finden ſich eigenthuͤmliche Secre— tionen, Stearin oder andere Fettmaſſen, gewohnlich mit Haaren gemengt, welche zu tief liegen, als daß man ſie von den Haarbaͤlgen der Haut herleiten koͤnnte; ferner ent— halten ſie glaͤnzende Theilchen ſogenannter Margarinſaͤure oder pulpoͤſe Maſſen, aͤhnlich faulen Aepfeln; eine dritte Claſſe Balggeſchwuͤlſte findet ſich ebenfalls bei Kindern, je— doch ſeltener, als in ſpaͤteren Lebensperioden, nämlich ſeroͤſe Balggeſchwuͤlſte im Zellgewebe, Schmeerbalggeſchwuͤlſte in der Haut oder Schleimbalggeſchwuͤlſte in den Schleimhaͤu— ten oder an den Ausfuͤhrungsgaͤngen der Druͤſen. Ich habe dieſe verſchiedenen Arten der bei Kindern vor— kommenden Balggefchnülfte nur erwaͤhnt, um fie um fo be— ſtimmter von der Betrachtung hier auszuſchließen, indem die Aufgabe meiner Mittheilung nicht einen einfachen Balg, fondern eine eigenthuͤmliche Form angeborener Geſchwuͤlſte betrifft, welche aus vielen untereinander verbundenen Bil gen beſteht, in welchen das Verhaͤftuiß organiſirter Subſtanz ſo betraͤchtlich iſt, daß die Geſchwulſt ein feſteres Anſehen bekoͤmmt, wodurch dieſe Geſchwuͤlſte dem Balgſarcom, wel— ches in der Bruſt, in den Hoden oder im ovarium vor koͤmmt, nicht unaͤhnlich wird. Mir ſind ſieben ſolche Geſchwuͤlſte am Halſe neugebo— rener Kinder vorgekommen, bei denen eine genaue Diagnoſe fo aͤußerſt wichtig iſt. Und da die Conſiſtenz und das Aus: ſehen der Geſchwulſt, in der That, etwas undeutlich iſt, ſo glaube ich, daß folgende Mittheilung nicht ohne Nutzen ſeyn wird. Folgende zwei Faͤlle moͤgen dazu dienen, die gewoͤhn— liche Form, unter welcher ſich dieſe Geſchwuͤlſte darbieten, zu erläutern. Die eine iſt von großem Umfange, die andere nur klein. Ein Kind von acht Monaten wurde von Hrn. Julius aus Richmond zu mir geſchickt; es hatte eine große Ge— ſchwulſt auf der rechten Seite des Halſes, welche den Um— fang einer kleinen Orange zur Zeit der Geburt hatte und ſeitdem allmaͤlig gewachfen war. Die Geſchwulſt reichte nun von dem Jochbogen bis zum Rinsknorpel und vom processus mastoideus bis zum Sinne; fie ragte etwa 35 Zell hervor und gab daher dem Geſichte und Halſe ziems lich noch einmal ſo viel Umfang, als ſie auf der andern Seite hatten. Es ragte die Geſchwulſt unter dem Kiefer in den Mund hinein und draͤngte die Zunge ſtark nach der entgegengeſetzten Seite und nach Oben zuruͤck. Trotz der großen Entſtellung ſchien das Kind nicht davon zu leiden; es befand ſich vollkommen wohl. Die Haut war nicht veraͤndert und war an die Ge— ſchwulſt nicht angewachſen; es lag viel Fett unter ihr, und die Oberflaͤche der Geſchwulſt erſchien daher glatt und gleich- maͤßig; unterſuchte man ſie indeß ſorgfaͤltig durch das Ge— fuͤhl, ſo erkannte man mehrere kugelige Hervorragungen, wovon mehrere hart, feſt und von Druſenconſiſtenz waren, während vier andere in der parotis und Submaxillardrüſe Fluͤſſigkeit zu enthalten ſchienen, was um ſo wahrſcheinli— cher wurde, als man zwei andere Balggeſchwuͤlſte unter der Zunge entdeckte, welche durchſcheinend, wie eine ranula, waren, aber eine dunkelrothe Fluͤſſigkeit enthielten. Die Baͤlge wurden mehrmals punctirt, da ſie ſich wie— der finden, und auf dieſelbe Weiſe wurde mit einigen andern Baͤlgen verfahren, welche zum Vorſcheine kamen, als die zuerſt bemerkten Baͤlge obliterirt waren; jeder Balg enthielt 1 — 4 Drachmen Fluͤſſigkeit, welche in einigen waſſerh ll war und kaum eine Spur von Schleim oder Eiweiß ent— hielt, waͤhrend fie in andern dunkler, mehr coauulirt und dem Johannisbeergelée aͤhnlich war; in der Zwiſchenzeit zwiſchen den Punctionen wurden Einreibungen mit Kali hydroiodieum gemacht. Dieſe Behandlung wurde etwa ein Jahr feortgeſetzt, worauf die Dispoſition zu Secretion der Fluͤſſigkeit aufge⸗ hoͤrt zu haben ſchien und die Geſchwulſt etwa ein Drittel der fruheren Größe erlangt batte; die übrig gebliebene Ges ſchwulſt war einem loſen, ſchlaffen Sack aus Fett und Haut mit zwei oder drei feſten, druͤſenaͤhnlichen Klumpen aähn— lich. In neuerer Zeit habe ich von Herrn Julius ge— hoͤrt, daß das Kind ſich wohlbefinde und keine Geſchwulſt zu bemerken ſey. Die Beſchaffenheit der Geſchwulſt in dieſem Falle war complicirter, als in dem folgenden, welchen Hr. Palmer in St. George Dispensary behandelte und mir zur Un⸗ terſuchung zuſchickte. Die Geſchwulſt war in dieſem Falle etwa von der Größe einer Orange, weich, elaſtiſch, beweg 235 lich und faſt haͤngend; ſie ſaß an derſelben Stelle, wie bei dem vorigen Falle. Das Kind hatte weder Schmerz noch andere Belaſtigung; die Geſchwulſt war ſeit der Geburt des Kedes, welches jetzt ein Jahr alt war, kaum gewachſen. Die Haut war ebenſo, wie in dem vorigen Falle, nicht an— Lewachſen; es lag viel Fett unter ihr und man hatte die Jdee gehabt, die Geſchwulſt als gewoͤhnliche Fettgeſchwulſt zu erſtirpiren. Man fühlte in ihrem Innern mehrere run— de Körper, von denen zwei Fluͤſſigkeit zu enthalten ſchienen, wahrend die Beſchaffenheit der übrigen unſicherer blieb. Eine von dieſen Geſchwuͤlſten, am Rande der parotis, enthielt 2 Drachmen klarer Fluͤſſiſkeit; als aber die übrigen punc— tirt wurden, floß keine Fluͤſſigkeit durch den Troicart ab. Ueber den Ausgang dieſes Falles iſt mir nichts bekannt, da das Kind nicht öfter nach dem Dispeusary gebracht wurde. Die uͤbrigen Faͤlle bilden zwiſchen dieſen beiden Zwi— ſchenſtufen: eine enthielt etwa ein Dutzend Baͤlge, welche geoß genug waren, um punctirt zu werden, während bloß ein oder zwei in einer andern Geſchwulſt ſich fanden; zwei Mal zeigten ſich die Balggeſchwuͤlſte ebenſowohl im Munde, wie an der aͤußern Seite; waͤhrend in einem andern Falle die Geſchwulſt nur an der aͤußern Seite des Halſes ſaß. Eine Ge: ſchwulſt nahm ununterbrochen zu; eine andere blieb von dem Tage der Geburt an faſt unveraͤndert; in einem Falle ließen ſich die Balggeſchwuͤlſte leicht unterſcheiden, waͤhrend in den uͤsrigen die einzelnen Geſchwuͤlſte ſich mehr feſt anfuͤhlten, und zwar, weil, wie die Zergliederung erwies, die Baͤlge fehr klein waren und nahe aneinander lagen. Nach der Lage der Geſchwuͤlſte in den erſten beiden Fallen, welche ich beobachtete, ſchloß ich, daß die Geſchwuͤlſte von Verſtopfung einiger Ausfuͤhrungsgaͤnge der Parotis- oder Submarillardruͤſen herruͤhren möhten; ich habe indeß eine angeborne Geſchwulſt geſehen, welche aus mehreren Waſſerbalggeſchwuͤlſten beſtand, die die ganze axilla aus: fuͤllten und am Halſe und unter dem Arme hervorragten, ſo daß ſie ſelbſt den pectoralis in die Hoͤhe hob. In einem wahrſcheinlich gleichen Falle, welchen Hr. Arnott in der Medical Gazette, 16. March 1839, beſchreibt, war die Balageſchwulſt ebenfalls entfernt von den Speicheldruͤſen, da ſie ſich am hintern Theile des Halſes hinter dem ster— no- cleido-mastoideus entwickelt hatte. Der folgende tödtlich abgelaufene Fall dient dazu, die Natur der übrigen Falle zu erläutern, beſonders wenn man ihn mit dem des Hen. Arnott in Verbindung bringt. Ein eilf Wochen altes Kind mit einer Geſchwulſt am Halſe wurde von Dr. Willis nach dem St. George Hospital zu mir geſchickt: es war im hoͤchſten Grade ab— gemagert und jetzt, nach Angabe der Mutter, kleiner, als zue Zeit der Geburt; es hatte, in der That, von ſeiner Geburt an kaum etwas Nahrung zu ſich genommen, indem faſt alles, was es hinunterzuſchlucken verſuchte, ſogleich wie— der ausgeworfen wurde. Es hatte auch ſeit ſeiner Geburt kaum ſchlafen koͤnnen, da es jedes Mal in horizontaler La— ge ſogleich durch Erſtickungsnoth wieder aufwachte; es konn— te daher nur aufrecht ſitzend auf dem Arme ruhen. Nichts— 236 deſtoweniger ſchrie das Kind nicht, wenn es wachte; auch war die Geſchwulſt am Halſe nicht fo geſpannt, daß fie die Symptome erklaͤrte, außer wenn man annahm, daß ein Theil der Geſchwulſt den larynx und oesophagus umſtricke, was indeß nicht ſeyr wahrſcheinlich war, weil die Reſpira— tion gewoͤhnlich gan; leicht ausgefuͤhrt wurde. Auf der rechten Seite des Halſe reichte eine Geſchwulſt, deren her— vorragendſter Theil vom Umfange einer großen Drange war, von dem Jochbeine bis beinahe zum Schluͤſſelbeine und am obern Theil des Halſes vom Ohre bis zum Kinne. Die Geſchwulſt war weich und elaſtiſch, die Haut geſund und nicht angewachſen, Schmerz oder Empfindlichkeit ſchien nicht vorhanden zu ſeyn; unter dem Unterkiefer fuͤhlte ich drei oder vier kleine Baͤlge mit Fluͤſſigkeit und ein oder zwei kleinere ſcheinbar feſte Koͤrper, einer Druͤſe aͤhnlich. Der groͤßere Theil der Geſchwulſt vor dem Ohre fluctuirte nicht, zeigte auch keine Unregelmaͤßigkeit auf der Oberflaͤche, war aber weich und elaſtiſch und compreffibel, wie eine unter der Haut ſitzende Telangiectaſie, mit welcher auch dadurch einige Aehnlichkeit vorhanden war, daß die Geſchwulſt bei'm Schreien mehr geſpannt und hervorragend war, und daß auf der Schleimhaut des Mundes mehrere varicoͤſe Gefaͤße zu bemerken waren, ähnlich denen, welche öfters in der Naͤ— he von Gefaͤßanſchwellungen gefunden werden. Das Kind war ſchon zu ſehr heruntergekommen, als daß man noch einen Heilverſuch haͤtte machen koͤnnen. Es ſtarb wenige Tage danach, indem es plotzlich erſtickte, nachdem es zuvor 1 bis 2 Tage lang viel gelitten zu haben ſchien. Als die die Geſchwulſt bedeckende duͤnne Haut zuruͤck— geſchlagen war, zeigte der tumor die Groͤße von zwei Orangen, durch eine tiefe Furche getheilt; die letztere wurde durch den m. digastrieus gebildet, der durch die Geſchwulſt vorgeſchoben war, ſo daß wahrſcheinlich ſeine Wirkung auf den larynx und pharynx ſehr beeinträchtigt wurde. Die kranke Maſſe beſtand aus einer großen Anzahl Baͤlge, wahr— ſcheinlich viele Hunderte, welche an Groͤße von einer Erbſe bis zu einer Wallnuß variirten, dicht unter einander verei— nigt waren und ſehr feine Haͤute hatten, aͤhnlich einem feinen peritonaeum. An mehreren Stellen war die Ge— ſchwulſt aber auch von fibröfen Fafern bedeckt, fo daß die Baͤlge das Ausſehen von duͤnnem pericardium erhiel— ten. Sehr wenige derſelben waren ſo iſolirt, daß ſie, ohne Verletzung der uͤbrigen, herauspraͤparirt werden konnten. Die Fluͤſſigkeit in den meiſten Baͤlgen war durchſichtig, kaum mit einer Spur von coagulabler Subſtanz; in andern Saͤcken war der Inhalt roth, durch alle Schattirungen bis zur ſchwar— zen Farbe des Venenblutes, jedoch ohne ein coagulum und deutlich nichts als gefaͤrbtes Secret. Die Weichheit und Elaſticitaͤt der hervorragenden Theile der Geſchwulſt entſtan— den dadurch, daß die meiſten Baͤlge an dieſer Stelle ſchlaff und bloß halb gefuͤllt waren; an andern Stellen fanden ſich Baͤlge, welche ſo ſtark gefuͤllt waren, daß ſie ſich durchaus hart anfuͤhlten; dieſe feſte Beſchaffenheit zeigten auch manche Baͤlge, welche beſonders feſt aneinander geheftet waren. An mehreren Stellen ragte ein feſter Balg in einen ſchlaffen Balg hinein, wodurch auch das Gefuͤhl eines feſten Koͤrpers 237 entftand, obwohl nur zwei oder drei kleine Lymphdruͤſen als wirklich feſte Körper zwiſchen den Baͤlgen gefunden wur: den. Der Theil der Geſchwulſt vor dem Ohre wurde von einer dünnen Schicht zuſammengedruͤckter Parotisſubſtanz bes deckt; ein anderer Theil dieſer Druͤſe lag normal beſchaffen hinter den Balggeſchwuͤlſten, durch welche mitten hindurch der facialis und die carotis externa verliefen. Die Submaxillardruͤſe war durch andere Balggeſchwuͤlſte vorge— trieben, fo daß fie unter dem Kinne lofe lag und ſaͤmmtli— che Gefaͤße und Nerven an dem untern Theile der Wange von den Balaeſchwuͤlſten umgeben und in ihrem Verlaufe mannigfach auf die Seite gedraͤngt wurden. Als ich tiefer hineinpraͤparirte, zeigte ſich, daß die Balggeſchwuͤlſte vor dem Ruͤckgrate hinter dem pharynx und oesophagus vom er— ſten bis zum ſechsten Halswirbel herab ſich erſtreckten und in dieſer ganzen Laͤnge die carotis, vena jugularis und n. vagus umgaben, welche ſelbſt durch mehrere Balggeſchwuͤl— ſte innerhalb der Gefaͤßſcheiden von einander getrennt waren. Keine der Geſchwuͤlſte war genau mit dem oesophagus und pharynx verbunden; auch ſchien an der glottis nichts Krankhaftes zu ſeyn, außer eine leichte Verdickung der Schleimhaut. Es ergiebt ſich aus dieſem Berichte, daß die den tu— mor zuſammenſetzenden Balggeſchwuͤlſte ſich in dem allge— meinen Zellgewebe gebildet hatten; jeder einzelne Balg ver— haͤlt ſich wahrſcheinlich dabei wie die ſeroͤſen Balggeſchwuͤlſte, die man in allen Altern ſo haͤufig im Zellgewebe iſolirt fin— det. Warum hier eine ſo große Anzahl auf ein Mal vor der Geburt ſich gebildet habe, läßt ſich nicht wohl einſeben, außer etwa, wenn man dieß von der laxen, waͤſſerigen Be: ſchaffenheit des Zellgewebes bei'm Foͤtus ableitet, wie es be— ſonders am Halſe gefunden wird, wo, wie es mir ſcheint, dieſe Balageſchwuͤlſte häufiger vorkommen, als an anderen Koͤrperſtellen. Die große Anzahl von Baͤlgen, welche die Geſchwulſt zuſammenſetzten und die verſchiedenen Conſiſtenzgrade der Geſchwuͤlſte haͤngen, wie die Section gezeigt hat, von der Groͤße, Spannung und gegenſeitigen Lage der einzelnen Baͤlge ab, und machen die Diagnoſe etwas ſchwierig. Sind fie in großer Anzahl vorhanden, ganz gefüllt und von geringer Ausdehnung, ſo fuͤhlen ſie ſich wie vergroͤßerte Lymphdruͤſen oder andere kugelige feſte Koͤrper an; ſind ſie zahlreich vorhanden und nur halb gefuͤllt, ſo werden ſie weich und zuſammendruͤckbar; aber in beiden Faͤllen iſt es ſchwer, das Vorhandenſeyn von Fluͤſſigkeit zu diagneſticiren; wenig— ſtens in Vergleich mit den Faͤllen, in welchen nur wenige große Baͤlge vorhanden ſind. Die Aehnlichkeit mit Fettgeſchwuͤlſten iſt ſehr auffals lend, und die Taͤuſchung wird noch dadurch verwehrt, daß eine Quantitaͤt Fett unter der Haut liegt und die Zwi— ſchenraͤume zwiſchen den einzelnen Baͤlgen ausfuͤllen. Nicht unaͤhnlich find fie ferner einer Telangiectaſie unter der Haut, welche fo oft unter derſelben Koͤrperſtelle vorkommt; beſon— ders iſt dieſe Aehnlichkeit groß, wenn die Baͤlge nur halb— gefuͤlll find. In dem toͤdtlich abgelaufenen Falle, welchen ich mitgetheilt habe, glaubte ich nach der Weichheit und ä — 238 Zuſammendruͤckbarkeit eines Theiles der Geſchwulſt, fo wie nach der Zunahme derſelben bei Anſtrengung und nach den Varicoſitaͤten in der Wange und in dem Munde, daß ein Theil der Geſchwulſt aus Blutgefaͤßen gebildet fin, obwohl die Natur der Übrigen Maſſe leicht zu erkennen war. In allen den Faͤllen jedoch, die ich geſehen habe, wurde die Geſchwulſt durch das Vorhandenſeyn kugeliger und deutlich mit Fluͤſſigkeit gefuͤllter Körper von jeder andern Art bei Kindern vorkommender Geſchwuͤlſte unterſchieden. Bei der Behandlung dieſer complicirten Balggefchülfte leitet die Beweglichkeit und ſcheinbar iſolirte Lage einzelner Theile der Geſchwulſt, welche man nach dem hervorragend: ſten Theile ſelbſt fuͤr einen einzigen Balg oder für eine ſo— lide Maſſe nehmen koͤnnte, auf die Idee, daß es leicht ſeyn muͤſſe, die Geſchwulſt aus ihren Verbindungen auszu öſen, waͤhrend, in der That, es aus den Unterſuchungen klar iſt, daß eine ſolche Operation in vielen Fällen ganz unaueführs bar iſt, theils wegen der unzugaͤnglichen Lage, theils wegen der innigen Verbindung mit den tiererliegenden Theilen, wos bei wichtige Blutgefäße und Nerven in jeder Richtung zwi— ſchen den Baͤlgen hinlaufen. In dem vorhin erwaͤhnten Falle des Herrn Arnott ſaß die Geſchwulſt an einer weniger wichtigen Stelle hinter dem sterno-cleido-mastoideus. Es wurde zuerſt ein ein— zelner Balg geoͤffnet, als das Kind einen Monat alt war, dieß wurde nochmals wiederholt; als das Kind 5 Monate alt war, wurde die Geſchwulſt bloßgelegt, um as feſter Körper ent— ſernt zu werden; es fand ſich aber ebenfalls eine Maſſe von kleinen Balggeſchwuͤlſten, wie bei den bereits mitgetheilten Fällen. Die Geſchwulſt wurde unter den sterno-cleido-mastoi- deus, unter die carotis und den pharynx verfolgt, und da die totale Exciſion nicht ausfuͤhrbar ſchien, ſo wurde eine Ligatur um den tiefern Theil angelegt. Das Kind be— fand ſich nachher wohl; die Ligatur ging aber erſt nach drei Monaten ab, und in der Zwiſchenzeit kamen mehrere An— fälle von erysipelas hinzu. Dieſer Fall empfiehlt daher die Exciſion keinesweges, am wenigſten an den noch wich⸗ tigern Stellen am Winkel des Unterkiefers. Auf der andern Seite beweiſ't der tödtlich abgelaufene Fall, daß ernſte Mit— tel raͤthlich find und daß es nöthig iſt, bei Zeiten die Ge: ſchwulſt zu beachten. Was die uͤbrige Behandlung betrifft, fo habe ich nur einen vollkommen gelungenen Fall mitgetheilt; aber die guͤn— ſtigen Fortſchritte bei den uͤbrigen ebenſo behandelten Faͤllen bis zu der Zeit, wo ich die Kinder aus dem Geſichte ver— lor, laßt glauben, daß fie ebenfalls geheilt worden fenen. Die Behandlung beſteht in dem ſo oft ſchon bei einfachen Balggeſchwuͤlſten erfolgreichen Verfahren, welches auch bei Geſchwuͤlſten durch Verſchließung der Ausführungsgänge, der verſchiedenen Druͤſen und Schleimbaͤlge mit Erfolg ange— wendet wird. 1. Die Baͤlge werden von Zeit zu Zeit mit einer Hohlnadel entleert, fo daß gar kein Wundſchorf gebildet wird; bei Geſchwuͤlſten im Munde bedient man ſich einer Lancette. Die Punctionen heilen ſogleich, und die Entlers 239 rung der groͤßern Baͤlge ſcheint die Einwirkung der übrigen Mittel auf die Balggeſchwuͤlſte ſelbſt zu unterſtuͤtzen. 2. Nach Entleerung der Flüffigkeit kann Druck an— gewendet werden, obwohl an mehreren Stellen, z. B., auch unterhalb des Ohres, der Druck gewöhnlich nicht angewen— det werden kann, indem er das Athmen, Kauen und Schluk— ken ſtoͤrt. 3 Beſtaͤndig muͤſſen reizende Mittel angewendet wer— den, um fortwährend mäßige Entzündung zu erregen, ohne jedoch es zur Eiterung kommen zu laſſen, damit keine Entſtellung folge; deswegen laͤßt man kurze Zeit nach der Punction dieſe Mittel weg. Die Balggeſchwuͤlſte haben indeß, wie es ſcheint, keine große Neigung zu einer ſtaͤrkern Entzuͤndung, als es gerade fuͤr die Obliteration und Ab— ſorption derſelben nach Beſeitigung der Fluͤſſigkeit noͤthig iſt. Die Mittel, welche ich angewendet habe, find Hydroiodkali— falbe, die mit der Hand eingerieben wird, eine Aufloͤſung einer Drachme Jodine und zweier Scrupel Kali hydroio- dicum in einer Unze Waſſer, welche mit einem Cameel— haareinſel aufgeſtrichen wird; ferner ein Waſſer aus % Unze Goulardiſches Waſſer mit 2 Unzen Weingeiſt und 6 Unzen Camphermixtur, mit einer Compreſſe uͤbergeſchlagen, oder ein anderes Foment aus 2 Drachmen Salmiak, 2 Unzen Eſſig und Weingeiſt und 8 — 10 Unzen Waſſer. Alles Andere, was nicht Blaſen zieht und keine Eiterung erregt, iſt indeß eben ſo gut; nach meinen Beobachtungen aber wirken dieſe reizenden Mittel immer in einiger Tiefe, ſowohl auf die Balggeſchwuͤlſte, als auf ihren Inhalt. Iſt eine Heilung auf dieſe Weiſe bewirkt, bevor man zu den ſtaͤrkern Eingriffen behu’s der Exſtirpation der Ge— ſchwuͤlſte uͤbergeht, ſo muß es bisweilen ſehr langwierig ſeyn, weil manche Baͤlge mehr als einmal ſich wiederfinden und andere neue zum Vorſcheine kommen. Dieß iſt der Grund, warum mehrere von den Faͤllen, die ich ſah, nur halb geheilt wurden, indem die Geduld der Angehörigen der Kinder erſchoͤpft war, bevor die Heilung ganz bis zu Ende gefuͤhrt werden konnte; doch zeigt der Fall des Dr. Julius, daß zuletzt die Heilung noch von ſelbſt erfolgen kann. (Medico-chirurg. transact. 1839.) Mis ee Let. Von der Augenblennorrhde der Woͤchnerinnen werden zwei Fälle in einer Prager Diſſertation von W. L. Moſer 1838 mitgetheilt. Die Krankheit trat bei mangelnden Lochien und 240 Milchſecretion, einmal am zweiten, das andere Mal am ſechszehn— ten Tage nach der Geburt, unter heftigem Froſtſchauer und darauf folgendem Fieber ein; ſodann entwickelte ſich unter Congeſtion nach dem Kopfe, Schwindel und ſanften Delirien ein heftig brennender Schmerz im Auge, im Osbitalrande und in der Stirngegend; hier— auf Geſchwulſt der Augenlider, welche oͤdematoͤs wurden Secretion eines dicken gelben Schleimes, ſpaͤter waͤſſerigen Secrets; Roͤthung und Geſchwulſt der conjunctiva, mit einigen Phlyctaͤnen auf der- ſelben. Die iris war contrahirt, die Pupille erweitert, Sch: kraft aufgehoben, der Augapfel vorgetrieben, dabei heftige Fieber— ſchauer mit collepsus, ſehr uͤbelriechenden Lochien und hierauf Em— pfindlich£eit des Unterleibes in dem einen und des geſchwollenen lin— ken Beines in dem andern Falle. Unter fortdauernder Zunahme des Entzuͤndungsfiebers und der Erſcheinungen, ſteigerte ſich die Entzuͤndung; die Hornhaut wurde im erſten Falle zerſtoͤrt; der Augapfel fiel in beiden Faͤllen zuſammen, und Tags dar— auf erfolgte Uebergang des Fiebers in die typhoͤſe Form und bald danach der Tod. In dem erſten Falle ergab die Section pe— ritonitis exsudativa und Eiter in den Uterusvenen; das Zellgewebe und der Sehnerv in der orbita waren verdickt und verhaͤrtet; der bulbus hoͤckerig; die Hornhaut bis auf einen dreieckigen duͤnnen Lappen zerſtoͤrt; die sclerotica mit plaſtiſchem Exſudate bedecktz die innern Theile des Augapfels groͤßtentheils zerſtoͤrt. In dem zwei— ten Falle fand ſich Entzündung und Eiteranfuͤllung der v. iliaca et cava ascendens, jo wie der vena saphena magna. In der Umgebung des bulbus fand ſich der Inhalt der orbita normal, da⸗ gegen auf der innern Flaͤche der chorividea eine Schicht puriformen Exſudats; an denſelben Stellen war die retina groͤßtentheils zer- ſtoͤrt; nach Hinten, wo ſie unverſehrt war, fanden ſich Ecchymoſen auf ihr. Die Venen waren erweitert; der Glaskoͤrper enthielt ein weißgelbliches, eiterfoͤrmiges Exſudat; auf der Hornhaut fand ſich nur eine leichte macula. Zwei aͤhnliche Faͤlle wurden fruͤher in Prag in einer Diſſertation von Pitha (1836) beſchrieben, welche, in Begleitung eines Cerebraltyphus und eines Eiterfiebers nach Amputation, alſo wahrſcheinlich ebenfalls mit phlebitis, eintraten. Bei jenen Fällen waren Erſcheinungen und Sectionsergebniß die— ſelben. Außer von Walther werden auch von Arnott, von Marſhall Hall, von Higginbottom, von Ward und Gra: ves ahnliche Faͤlle mitgetheilt. (Ammon's Wochenſchrift.) Bei einem aneurysma der a. innomina ta, welches über dem rechten Shlüffelbeine in der Größe eines Huͤhnereies her— vorragte, wurde am 25. September 1839 die carotis unterbunden und dadurch die Geſchwulſt und deren Pulſation betraͤchtlich ver— mindert, und der davon abhaͤngende Huſten nebft der Dyspnde erleichtert. Nach drei Wochen verließ der Kranke das Spital, mit dem Verſprechen, nach einer Woche wiederzukehren; dieß geſchah indeß erſt am 3 December, nachdem die Geſchwulſt mehr, als den doppelten Umfang erreicht und die Dyspnoe ſich bis zur Erſtik— kungsnoth geſteigert hatte. Es wurde nun ſogleich die Unterbin— dung der subelavia vorgenommen und die Dyspnoͤe fo weit beſei— tigt, daß der Mann leicht nach feinem Bette zurückgeben konnte. Vier Tage nach der Operation ſtellte ſich Delirium ein, welches indeß bald gehoben wurde. Die Kraͤfte des Kranken nahmen zu und derſelbe wuͤnſchte, das Spital zu verlaſſen. Dieß geſchah am 5. Februar, nachdem die Ligatur abgegangen war. Er lebte nur noch bis zum 16 Februar, wo er an einer Blutung aus dem ge— borſtenen aneurysma ſtarb. (Lancet, June 1840.) Bibliographische A general Outline of the Animal kingdom. By T. R. Jo- 8. nes etc. London 1840. G. Valentin, de Functionibus nervorum cerebralium et nervi sympathici. Bernae et San Galli 1839. 4. Documents sur la methode osteotropique, Ne a La > Surgical, operative and mechanical Dentistry: The Substance of a series of lectures; delivered by Charles De Loude ete. London 1840. 8. (M. 4. K.) nouveau Systeme de réduction pour la cure des luxations des appareils orbi- culaires. Par C. P. Colombat. Paris 1840. 8 — — — — — Neue Motizen a us dem Gebiele der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgethellt von dem Ober⸗Medieinalrathe Fror ter zu Weimar, und dem Mediemalrathe und Prefeſſer Eroriep zu Berlin. Ne. 324. (Nr. 16. des XV. Bandes.) Auguſt 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 86 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. eee Allgemeine Betrachtungen uͤber die Anwendung der phyſicaliſch-chemiſchen Wiſſenſchaften auf die Naturwiſſenſchaften, Kuͤnſte und Gewerbe. Von Hrn. Becquerel. Bei der gewaltigen Bewegung, von der in unſerer Zeit der Menſchengeiſt fortgeriſſen, und das ganze ſociale Leben in faſt uͤbermaͤchtiger Weiſe beherrſcht wird, will Jedermann in die Geheimniſſe der Naturwiſſenſchaften eingeweiht ſeyn, und von allen Seiten wird den Entdeckungen im Gebiete der Phyſik und Chemie, zumal wenn dieſelben fuͤr Kuͤnſte und Gewerbe erſprießlich zu werden verſprechen, die regſte Aufmerkſamkeit gewidmet. Mit den Entdeckungen dieſer Art will ich mich hier beſchaͤftigen und darzulegen ſuchen, wie darauf abzweckende wiſſenſchaftliche Unterſuchungen den Volkswohlſtand heben konnen. Doch werde ich als Einlei— tung einige Beobachtungen uͤber das Experimentiren im Allgemeinen vorausſchicken. Ohne die Kunſt des Experimentirens wuͤrden die Phy— fit und Chemie, aus deren Verbindung fo große Reſultate hervorgegangen ſind, gar nicht exiſtiren; durch die hohe Ver— vollkommnung jener Kunſt haben ſie einen unaufhaltſamen Aufſchwung genommen. Um die Phyſik jedoch in's Volk eindringen zu laſſen, muß man ſie von allen Feſſeln befreien. Wenn ein junger Menſch zum erſten Male phyſicali— ſche Inſtrumente ſieht, deren Eleganz oft mit deren Ge— nauigkeit in der Ausfuͤhrung wetteifert, ſo wird er ſich die Frage ſtellen, ob es nicht moͤglich iſt, die Phyſik mit weni— ger koſtſpieligen Apparaten zu betreiben und fortzubilden. Gewiß wurde ſchon Mancher durch den bloßen Anblick eines phyſicaliſchen Cabinets von dem Studium der Phyſik zuruͤck— geſchreckt, ſelbſt wenn er die entſchiedenſte Neigung zu dem— ſelben fuͤhlte. Zieht man aber die Werke der Forſcher, die ſeit Galilei bis auf unfere Zeiten die Naturerſcheinungen ſtudirt, ergruͤndet und erklaͤrt haben, zu Rathe, ſo wird man ſich uͤberzeugen, daß die groͤßten Entdeckungen, abgeſehen von denen, zu welchen hoͤchſt genaue Meſſungen erforderlich wa— ren, mehrentheils mit Huͤlfe von Apparaten gemacht worden No. 1424, Fun e ſind, welche aus ſich uͤberall darbietenden Gegenſtaͤnden fuͤr den gerade vorliegenden Fall conſtruirt worden waren. Ich will unter unzaͤhligen Beiſpielen nur folgende hervorheben. Der acht zehnjaͤhrige Galilei entdeckte den Iſochronis— mus der Pendelſchwingungen, als er in einer Kirche ſeines Aufenthaltsortes, Piſa, die regelmaͤßige hin- und herſchwan— kende Bewegung einer von der Decke herabhaͤngenden Lampe beobachtete. Toricelli ermittelte den Druck der Atmoſphaͤre, in— dem er eine mit Queckſilber gefüllte Glastoͤhre, die an dem einen Ende geſchloſſen war, mit dem offenen Ende in ein mit demſelben Metalle verſehenes Gefaͤß tauchte. Franklin ließ einen Drachen ſteigen, um ſich davon zu überzeugen, daß die Blitzmaterie mit der Electricitaͤt iden— tiſch ſey. Volta conſtruirte den merkwuͤrdigſten aller phyſicali— ſchen und chemiſchen Apparate aus aufeinandergeſchichteten Scheiben von Silber, Zink und feuchtem Tuche. Hauy ermittelte mit Huͤlfe eines Meſſers und gro: ben Zirkels das cryſtalliniſche Syſtem der Mineralien und folglich deren innerſte Structur. Wendet man nun die Phyſik auf das Studium der Naturerſcheinungen an, ſo wird die Natur ſelbſt zum Labo— ratorium, und die auf der Erdoberfläche ſich in Menge dar: bietenden Gegenſtaͤnde zu Inſtrumenten. Indem man ſo die Unterſuchungsmittel vereinfacht, erleichtert man das Studium der Phyſik und erfpart an Zeit, verlängert alſo das Leben. Bei der Darlegung der Forſchungen muß man ſich der- ſelben Einfachheit befleißigen; denn die Geſchichte belehrt uns daruͤber, daß mancher große Phyſiker in ſeinem ganzen Leben nur ein Paar allgemeine Wahrheiten entdeckt hat. Die in's Einzelne gehenden Arbeiten, welche zur Erlangung dieſer Reſultate führten, und deren weitlaͤuftige Auseinan- derſetzung und Beſchreibung werden in den Sammlungen von wiſſenſchaftlichen Verhandlungen niedergelegt und ver⸗ geſſen, wie man das Geruͤſte, das zur Erbauung eines Mo- numents diente, nach der Vollendung des letztern bei Seite 16 243 legt. Der wiſſenſchaftliche Gehalt eines ganzen Menfchens lebens laͤßt ſich alſo in wenige Saͤtze zuſammendraͤngen; al— lein dieſe Saͤtze ſprechen ewige Wahrheiten, unvergaͤngliche Denkmale des Genies aus, das ſie entdeckt hat. So iſt Kepler's Name durch ſeine drei beruͤhmten Geſetze, die Frucht von mehr als 20jaͤhriger Arbeit, bekannt, auf welche Newton fußte, um ſeine Geſetze der Schwerkraft zu be— gruͤnden, welche das ganze Weltgebaͤude umfaſſen. So glaͤnzt Newton's Name durch die Auffindung der Zus ſammenſetzung des Lichts und der ſich darauf gruͤndenden Geſetze, und Volta's durch die Erfindung ſeiner Saͤule. Oerſted hat ſich durch Entdeckung der Wirkung, welche die electriſche Stroͤmung auf die Magnetnadel aͤußert, und Ma— lus durch die Entdeckung, daß das Licht durch die Reflexion polariſirt wird, einen unſterblichen Namen gemacht. Um ſo große Reſultate zu erlangen, welche ſich in we— nige Worte zuſammenfaſſen laſſen, muß man oft eine Un— zahl von Verſuchen anſtellen und eine Menge von Einzeln— heiten in Anſchlag bringen, von denen man im gemeinen Leben gar keine Notiz nimmt. Von dieſen allgemeinen Grundſaͤtzen muß ſich der For— ſcher bei ſeinen Unterſuchungen leiten laſſen. Ich wende mich nun zu weniger allgemeinen Puncten. Jeder Zweig der Phyſik hat ſeine Glanzperiode, ſeine Ruhezeiten, ſeine Regenerationen erlebt und iſt ſo nach und nach weiter fortgebildet worden. Seit faſt einem halben Jahrhundert iſt die Electricitaͤt im Fortſchreiten begriffen, und Niemand kann vorherſagen, bis zu welchem Puncte die urſpruͤnglich von Volta gemachte Entdeckung entwickelt werden wird. In Europa, ja in allen Welttheilen wettei— fern die Phyſiker in ihren Anſtrengungen miteinander, und aus nachſtehender Ueberſicht der in den letzten Jahren ge— wonnenen Reſultate wird man erkennen, daß man die groͤß— ten Hoffnungen auf dieſe gemeinſamen Beſtrebungen ſez— zen kann. Alle Naturkoͤrper beſtehen entweder aus gleichartigen oder aus ungleichartigen Elementartheilchen, die durch die Kraͤfte, deren Erreger in den Zwiſchenraͤumen zwiſchen den— ſelben ihren Sitz haben, in groͤßerer oder geringerer Entfer— nung von einander gehalten werden. Dieſe Kraͤfte ſind, was die unorganiſchen Körper anbetrifft, Wärme, Electrici— tät, Wahlverwandtſchaft und Cohaͤſion; was die organifchen Koͤrper anbetrifft, dieſe naͤmlichen Agentien und außerdem diejenigen, welche die Lebenserſcheinungen reguliren und de— ren Weſen ſich allen unſern Nachforſchungen entzieht. In den Raͤumen zwiſchen den Elementartheilchen oder Molecuͤ— len gehen alſo die geheimnißvollſten, ja man kann ſagen, die erhabenſten Naturerſcheinungen vor ſich. Wenn die Parti— kelchen aus irgend einem Grunde ihre relative Lage aͤndern, indem ihr Gleichgewicht geſtoͤrt wird, ſo entſpringen daraus eine Menge von Wirkungen, welche in das Gebiet der Che— mie und Phyſik gehoͤren. Um die innerſte Structur der Koͤrper in Betreff der dieſe Structur beſtimmenden Kraͤfte zu ſtudiren, bemaͤchtigt man ſich dieſer Kraͤfte, trennt ſie von einander und laͤßt ſie einzeln auf die materiellen Theilchen einwirken, um die Wirkungsart jeder für ſich und deren ge— 244 genfeitiges Verhalten zu ermitteln. So findet man, daß, wenn die Electricitaͤt auch nicht die urſpruͤngliche Urſache der Waͤrme und Verwandtſchaften ift, fie doch zu deren Erzeu— gung unentbehrlich iſt, indem ohne Electricitaͤt keine dieſer beiden Kraͤfte vorhanden ſeyn kann. Aus Verſuchen, welche ſich auf die Geſchwindigkeit der Electricitaͤt gründen (die in der Secunde 306,000 geogr. Meilen betraͤgt und alſo bedeutender iſt, als die des Lichtes) ſcheint ſich zu ergeben, daß mit den Koͤrpern eine wahrhaft furchtbare Menge von Electricitaͤt in Verbindung iſt. Die Grundbeſtandtheile einer einzigen Waſſermolecuͤle ſcheinen, nach den Berechnungen eines beruͤhmten Phyſikers, 800,000 Ladungen einer electriſchen Batterie von acht Leydener Fla— ſchen, jede von 2 Decimeter Höhe, 6 Decimeter Umfang, und mittelſt dreißig Umdrehungen einer kraftigen Electriſir— maſchine geladen, zu enthalten Wenn die in den Elementen eines einzigen Grammes Waſſer angehaͤufte Electricitaͤt plötz— lich frei wuͤrde, ſo wuͤrde die Exploſion das ſtaͤrkſte Gebaͤu— de zertruͤmmern. Mag man nun dieſe Kraft, gegen welche die Dampfkraft verſchwindet, als eine ſehr feine Materie oder als das Reſultat einer dem Aether ertheilten ſchwin— genden Bewegung betrachten, ſo dient ſie doch in der Na— tur lediglich zur Erhaltung der Verbindung und innerſten Structur der Koͤrper. Die Beſtrebungen des Phyſikers muͤſſen alſo darauf abzielen, was ſie denn auch mehr und mehr thun, dieſe Kraft aus den Koͤrpern zu ziehen, um ſie behufs der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften in Anwendung zu bringen. Bisher haben wir davon nur einen ſehr geringen Verhaͤltnißtheil befreien koͤnnen, und doch erzeugt derſelbe ſehr bedeutende chemiſche, erwaͤrmende und mechaniſche Wir— kungen. Was wird erſt geſchehen konnen, wenn wir über dieſelbe vollſtaͤndig gebieten! Dieſe Kraft wird bei allen, ſelbſt den ſchwaͤchſten che— miſchen Wirkungen, wie die Waͤrme bei der Verbrennung und allen die Molecuͤlen betheiligenden Erſcheinungen, frei; allein wie wir uns der entbundenen Waͤrme zu chemiſchen Proceſſen bedienen, fo muͤſſen wir auch die freie Electricität benutzen, um Wahlverwandtſchaften in's Spiel treten zu laſſen, und Waͤrmewirkungen zu erzeugen, gegen welche ſelbſt die unſerer Schmelzoͤfen zuruͤckſtehen. Dieß muß der Zweck der Electrochemie ſeyn. Ruͤckſichtlich der Waͤrmewirkungen dieſer Kraft will ich nur folgendes Beiſpiel anfuͤhren: Ein mit den beiden Polen einer Voltaiſchen Saͤule, deren Stroͤmung unausgeſetzt fortgeht, in Verbindung befind— licher Platinadraht wird ein Strecke weit gluͤhend. Biegt man dieſe Strecke ſpiralfoͤrmig, ſo concentrirt man die ganze Hitze innerhalb der Windungen. Bringt man in dieſe klei— ne duͤnne Tiegel von ſehr feuerbeſtaͤndiger Erde, ſo kann man darin die der Hitze am ſtaͤrkſten widerſtehenden Koͤrper, z. B., Platina ſelbſt, ſchmelzen. Das Auge wird von dem Glanze der gluͤhenden Stelle geblendet. Gold- und Silber— erze laſſen ſich in Portionen von einigen Decigrammen auf dieſe Weiſe ſchmelzen oder auf die Capelle probiren (abtrei— ben); der Diamant verbrennt binnen wenigen Augenblicken. Wenn man, um die Ausſtrahlung der Hitze nach Außen zu verhindern, unter die Spirale eine Spirituslampe ſetzt, fo 245 wird die Hitze noch intenſiver. Dieſe Spirale laͤßt ſich uͤberdem unter einen Recipienten bringen, der ſich von at— moſphaͤriſcher Luft entleeren und mit irgend einer beliebigen Gasart fuͤllen läßt, fo daß man auf dieſe Weiſe Umſtaͤnde berbeiführen kann, die dem Chemiker auf keinem andern Wege zu vereinigen möglich ift. Die thermoelectriſchen Apparate, welche man ſeit eini— gen Jahren anwendet, um die innere Temperatur der Thierkoͤrper zu erforſchen, haben neuerdings noch dazu ge— dient, um die augenblicklichen Temperaturveraͤnderungen zu erforſchen, welche die Organe unter gewiſſen pathologiſchen Umſtaͤnden erleiden, welche Veraͤnderungen mittelſt der ge— woͤhnlichen Thermometer nicht in Erfahrung gebracht wer— den koͤnnen. Mittelſt ihrer hat man ferner ermittelt, daß die Pflanzen eine, wenn gleich von der der umgebenden Me— dig nur wenig verſchiedene Eigenwaͤrme beſitzen, und daß dieſe Wärme des Nachts, während des Schlafs der Ge— waͤchſe, unmerklich wird, aber ſich unter dem Einfluſſe des Lichts von Neuem zeigt, waͤhrend die Eigenwaͤrme der Knos— pen und Bluͤthen auch zur Nachtzeit fortdauert. Da die electtiſchen Kraͤfte als chemiſche Agentien wir— ken, ſo erhalten wir durch ſie ein Mittel, den Einfluß der Maſſen bei den von den Wahlverwandtſchaften abhangenden Erſcheinungen zu ſtudiren, welcher Punct die Phyſiker zu Anfange unſeres Jahrhunderts ſehr lebhaft beſchaͤftigte, und dieſe Verwandtſchaften unter verſchiedenen Umſtaͤnden zu meſſen. Bei der Verbindung zweier Atome ſind dieſe vermoͤge der Kraft, welche man Wahlverwandtſchaft nennt, deren Weſen uns aber unbekannt iſt und deren Staͤrke je nach der Temperatur und mehreren phyſikaliſchen Urſachen ſich aͤndert, mit einander vereinigt. Wenn man nun mittelſt eines außerordentlich feinen Inſtrumentes jedes der Atome faſſen und an demſelben nach der entgegengeſetzten Richtung, wie die Anziehungskraft, ziehen koͤnnte, fo wuͤrde die zur Beſiegung der Anziehung noͤthige Kraft das Maaß der An— ziehungskraft abgeben. In Ermangelung eines ſolchen Ap— parats beſitzen wir in den electriſchen Stroͤmungen eine Kraft, welche dieſen Zweck erfüllen kann. Aus verſchiedenen Beobachtungen ergiebt ſich, daß, wenn zuei mit derſelben Säure verbundene Salze in irgend einer Quantität in Waf: fer aufgeloͤſ't werden, das Verhaͤltniß der Verwandtſchaft der Saͤure zu jeder der beiden Baſen ſich genau beſtimmen, und die Veranderung, welche dieſes Verhaͤltniß bei Veraͤnde— rung desjenigen der Baſen erleidet, ſich Schritt fuͤr Schritt verfolgen läßt. Nach dem Geſetze der Malen, welches alle dieſe Verhaͤltniſſe beherrſcht, laſſen ſich zwei Metalle, oder beliebige zwei in einer Aufloͤſung enthaltene Stoffe von ein— ander abſcheiden, ohne daß man der gewoͤhnlichen chemiſchen Huͤlfsmittel dazu bedarf. Nur an wenigen Erſcheinungen hat die Electricitaͤt keinen Antheil. Zu ihnen gehort die Phosphorescenz. Neuere Beobachtungen uͤber dieſe Eigenſchaft gewiſſer Koͤrper, im Dunkeln zu leuchten, haben uns an dem Lichte, in'sbeſon— dere dem electriſchen, neue Kräfte, offenbart. Bekanntlich beſteht das aus der Zerſetzung des Lichts durch das Prisma 246 entſtehende Sonnenſpectrum aus verſchiedenen Theilen, von denen manche die Fähigkeit zu erwärmen, andere chemiſche Kruͤfte beſitzen. Ferner macht das Licht manche Körper, die ſeiner Einwirkung nur kurze Zeit ausgeſetzt geweſen, phos— phorescirend; aber nicht alle Theile des Spectrum beſitzen dieſe Eigenſchaft im gleichen Grade. Aus den hier in Re— de ſtehenden Beobachtungen ergiebt ſich, daß verſchiedene Stoffe, z. B., Glas, Gyps ıc. , welche das Licht faſt ganz oder doch ohne merkliche Aufſaugung durchlaſſen, ihm ganz oder theilweiſe die Faͤhigkeit entziehen koͤnnen, die Korper phosphorescirend zu machen. Dieſe Kraft iſt alſo von der Fähigkeit, die Körper zu erwärmen und zu beleuchten, durchaus verſchieden, und vielleicht beſitzt das Licht noch manche andre Eigenſchaft, die erſt ſpaͤter ermittelt werden wird. Unfere heutigen phyſicaliſchen Arparate find fo fein, daß wir mit ihnen die unter dem Einfluſſe des Lichts er⸗ langten chemiſchen Veraͤnderungen unter Umſtaͤnden ſtudiren koͤnnen, unter denen dieſelben vormals nicht zu ermitteln waren. Die Verſuche zur Anwendung der ellectrochemiſchen Kraͤfte bei der Bearbeitung des Silbers, Kupfers, Bleies, ohne Beihuͤlfe des Queckſilbers und bei einem nur ſehr ge— ringen, ja oft durchaus keinem Aufwande von Brennmaterial ſind neuerdings mit großen Quantitaͤten aus Europa, Aſien und America bezogener Erze fortgeſetzt worden, und zwar 1) in Betreff der ſofortigen Trennung zweier Metalle, in's- beſondere des Silbers und Bleies im Bleiglanze; welche Arbeit fo geſchwind von Statten geht, daß man im Pariſer Probirwerke binnen ſechs Stunden aus einem aͤchten Sil— bererze 4 Pfund reguliniſches Silber auszuſcheiden verſteht; 2) in Betreff der Präparation der Erze, fo daß jedes Mer tall durch die electriſche Strömung fortgeführt werden kann; befindet ſich das Silber im Erze im reguliniſchen Zuſtande oder in Geſtalt eines Sulphurs, wie dieß in Mexico und Peru mehrentheils der Fall iſt, ſo iſt dieſe Praͤparation un— gemein einfach; iſt dagegen das Silber mit andern Subs ſtanzen verbunden, fo hat die Operation etwas mehr Schwie— rigkeit, und einiges Brennmaterial wird dann zum Roͤſten der Erze bei niedriger Temperatur durchaus erforderlich. In jenen an edlen Metallen überreichen Laͤndern blei- ben dergleichen Erze haͤufig aus Mangel an Brennmaterial, mit dem man ſie ſchmelzen oder zur Amalgamation aufberei⸗ ten koͤnnte, oder weil ſie ſo weit vom Meere entfernt ſind, daß fie ſich nicht mit Vortheil nach Europa transportiren laſſen, unbenutzt liegen. In Columbien, wo ſich betraͤchtliche Lager von ſehr zinkhaltigen Gold- und Silbererzen befinden, transportixt man die metallreichſten zuweilen nach Europa, um ſie dort zu ſchmelzen, während man die aͤrmern entweder nicht oder mit Verluſt ausbeutet. Man beſchaͤftigt ſich jetzt damit, neue Präpacirmethoden ausfindig zu machen, welche ſich ſo⸗ wohl auf die Amalgamation, als auf die electrochemiſchen Verfahren beziehen; es laͤßt ſich alſo mit Grund annehmen, daß dieſes Verfahren bald, wenigſtens theilweiſe, in den Län— dern America's in Anwendung kommen werde, wo ſich die 18 247 beiden Bedingungen, viel Seeſalz und, in manchen Fällen, etwas Brennmaterial, vorfinden. Die Silbererze, welche der Amalgamation und den üb: rigen Verfahrungsarten den meiſten Widerſtand leiſten, ſind diejenigen, welche einen ſtarken Gehalt an Silber oder Kupfer beſitzen. Es giebt deren, zumal in Chili, in gro— ßer Menge. Die Einwohner Chili's bieten dieſelben zuwei— len den europaͤiſchen Kauffahrern an, welche fie, in Erman— gelung einer Fracht, zuweilen als Ballaſt mitnehmen, ohne zu wiſſen, ob ſie einen erklecklichen Nutzen daraus ziehen koͤnnen; denn einestheils fehlt ihnen die Kenntniß des wah— ren Gehalts jener Erze; anderntheils wiſſen ſie dieſelben nicht zu behandeln. Neuerdings iſt auch der Fall vorge— kommen, daß Erze verladen worden ſind, welche die Fracht und Bearbeitungskoſten nicht deckten. Es kam alſo darauf an, aus dieſen Erzen ohne große Koſten das Silber, das Kupfer und das Arſenik, jedes fuͤr ſich, auszuziehen. Dieſe Aufgabe iſt fo eben in einer Art geloͤſ't worden, die aufge— klaͤrten Speculanten weit guͤnſtigere Reſultate verſpricht, als dieſe fruͤher zu erlangen waren. Wenn man die Gruͤnde unterſucht, weßhalb die Aus— beutung der Bergwerke in America nicht mehr ſo ſchwung— haft betrieben wird, wie vormals, ſo findet man, daß die Schuld nicht ſowohl an der Schwierigkeit der Bearbeitung gewiſſer Erze, als vielmehr an dem hohen Preiſe des Queck— ſilbers liegt, welches ſo theuer iſt, daß in Mexico und Peru die weniger ergiebigen Gruben ganz eingehen mußten. Au— ßerdem bildet auch die Entwaͤſſerung der Gruben ein oft unbeſiegbares Hinderniß, welches die europaͤiſchen Bergwerks— geſellſchaften oft in große Verlegenheit ſetzt. Uebrigens ſind alle dieſe Schwierigkeiten nicht unuͤberſteiglich, wenn der politiſche Zuſtand eines Landes geſichert iſt und Kuͤnſte und Wiſſenſchaften ihre volle Macht geltend machen koͤnnen. Mit Aſien verhaͤlt es ſich anders; dort enthalten die ruſſiſchen Beſitzungen gewaltige mineraliſche Reichthuͤmer, die mittelſt der allmaͤligen Einfuͤhrung der europaͤiſchen Er— findungen in Betreff der Behandlung der edlen Metalle von Tage zu Tage umfangsreicher und einſichtsvoller ausgebeu— tet werden und fuͤr das ruſſiſche Reich von der hoͤchſten Bedeutung ſind. In den Silberminen des Altaigebirges, die dem Kai— ſer gehoͤren und deren Ertrag bereits ſtark iſt, wird die Ausbeutung in einer methodiſchen und wenig koſtſpieligen Weiſe bewirkt. Die Auslagen fuͤr die Zugutemachung und Verwaltung betragen kaum ein Viertheil des Bruttoertrags, obwohl die Erze im Allgemeinen von ſehr geringem Gehalte ſind. Die Wohlfeilheit der Handarbeit und der Ueberfluß an Brennſtoffen und andern zum Schmelzen noͤthigen Ma— terialien machen dieſen fo vortheilhaften Betrieb moͤglich, waͤhrend in America der Tagelohn das Zehnfache betraͤgt und bei der hohen Lage der Bergwerke, zumal in Mexico und den ſuͤdamericaniſchen Anden, großer Holzmangel herrſcht. Wenngleich die electrochemiſche Behandlung auf die Erze des Altai vollkommen paßt, wie man dieß neuerdings in Bezug auf eine ſehr große Maſſe derſelben in Erfahrung 248 gebracht hat ſo wird doch in einem Lande, wo es viel Holz und wenig Seeſalz giebt, der Schmelzproceß immer den Vorzug verdienen, wenn man etwa manche zuſammen— geſetzte Erze ausnimmt, an denen die Geſchicklichkeit des Metallurgen oͤfters ſcheitert. In Rußland giebt es nur wenige im Baue begriffene Silberminen, und als wichtig betrachtet man nur die des Altai und von Nertſchinsk; auch im Kaukaſus und Ural werden einige betrieben. Der Haupt-Metallreichthum dieſes Reiches beſteht aber in den gold- und platinafuͤhrenden Sandlagern, die man bis jetzt nur durch Waſchen hat aus— beuten koͤnnen, und die gegenwaͤrtig die ganze Aufmerkſam— keit der Regierung in Anſpruch nehmen. Obgleich das Waſchen methodiſch ausgefuͤhrt wird, iſt es doch noch man— cher Vervollkommnung faͤhig, indem man haͤufig eine an— ſehnliche Menge Goldes einbuͤßt, das im Sande zuruͤckbleibt. Demungeachtet iſt die Production ſchon ſehr bedeutend, in— dem man im J. 1839 6,100 Kilogramm, 20,000,000 Fr. an Werth, gewann. Der ſilber- und goldfuͤhrende Bleiglanz, welchen man mit dem electrochemifhen Verfahren auf Silber und Blei behandelt hat, kann dann ſehr gut durch Waſchen auf Gold benutzt werden. Jene Behandlung erheiſcht eine Pulveriſi— rung und Roͤſtung, wodurch das Gold von dem Schwefel— kieſe (pyrites) oder andern zuſammengeſetzten Stoffen be— freit wird, in denen es fruͤher eingelagert war. Nach Be— ſeitigung des Silbers und Bleies, hat das Erz ungefaͤhr nur noch die Hälfte feines urſpruͤnglichen Gewichtes, und das Waſchen laßt ſich dann mit der größten Leichtigkeit be— wirken. Der Quarz und die andern leichtern Stoffe ſind ſo fein zertheilt, daß ein geuͤbter Mann in einem Tage mehrere hundert Kilogramm auswaſchen kann. Dieß Ver— fahren iſt ganz neuerdings bei dem vor wenigen Jahren zu Saint Santin-Cantalès, im Departement du Cantal, entz deckten ſilberfuͤhrenden Bleiglanze in Anwendung gebracht worden, der auf 100 Kilogr. Erz nicht Über 1 Deeigr. Gold, und dagegen 30 Procent Blei haͤlt. Nach der elee— trochemiſchen Behandlung und dem Waſchen erhält man bald Ruͤckſtaͤnde, die 8 Grammen und daruͤber Gold ent— halten, und die man mit Vortheil ſchmelzen oder auch durch Waſchen noch reicher machen kann. Hiernach ſollte man ſchließen, daß die Gebirgsarten jener Gegend goldhaltig ſeyen, worauf uͤberdem der Name Aurillac (Auri lacus) hin⸗ zudeuten ſcheint Dieſe Reſultate beſtaͤtigen die von einem unſerer Collegen an der Academie gemachte Entdeckung, daß man die goldfuͤhrenden Kieſe roͤſten muͤſſe, ehe man ſie waͤſcht, waͤhrend man in manchen Laͤndern, insbeſondere in Rußland, dieß nicht vortheilhaft will ge— funden haben. Die Seltenheit des Brennmaterials ſcheint der ein— zige Umſtand geweſen zu ſeyn, der die Anwendung dieſes Verfah— rens im Großen in America verhindert hat. In Columbien und den Vereinigten Staaten findet ſich das Gold meiſt in Syenit, Syenit-Prophyr, Glimmerſchiefer und Gneiß, und zwar in um ſo groͤßerer Menge, je mehr die Zerſez— zung dieſer Gebirgsarten fortgeſchritten iſt. Eben ſo verhaͤlt es ſich in Rußland, wo indeß der Diorit ganz vornehmlich das gold— fuͤhrende Geſtein iſt. Dieſe allgemeine Thatſache, die ſich nach electrochemifchen Grundſaͤtzen ſehr leicht erklären läßt, hat ein ſehr einfaches mechaniſches Verfahren an die Hand gegeben, mittelſt 249 deſſen die goldhaltenden Theile ſich fofort von den tauben trennen laſſen, fo daß man nur einen beſtimmten Verhaͤltnißtheil des gold» führenden Sandes zu waſchen hat. Wenn wir nun unterſuchen, welche Vortheile die metallurgis ſchen Arbeiten gewaͤhren, ſo ſehen wir alsbald, daß dieſelben in ein noch eben oͤdes Land die Wohlthaten der Civiliſation einfüh: ren und Dörfer und Staͤdte entſtehen laſſen, wo kurz vorher nur unbebaute Strecken waren. Wenn aber ein Land nicht weiſe vers waltet wird, ſo kann eine dichte Bevoͤlkerung auch eben ſo ſchnell wieder verſchwinden, wovon Villa Rica in Braſilien ein Beiſpiel abgiebt. Dieſes hatte zur Zeit feiner größten Bluͤthe, damals, als jahrlich für 120 Millionen Franks Gold aus den dortigen Sande lagern gewafchen wurde, 20,000 Einwohner. Allein ſeit einem Jahrhunderte wurde die Bodencultur fo vernachlaͤſſigt, daß der bloß mit Goldwaſchen beſchaͤftigten Bewohner immer weniger wur— den und der Ertrag der immer oͤder werdenden Gegend von Jahr zu Jahr abnahm. Bürgerkrieg und Bedruͤckungen veranlaßten zahlreiche Auswanderungen, und gegenwaͤrtig iſt von dem ehemali— gen Glanze Villa Rica's kaum noch eine Spur zu erkennen. In den Bergwerksdiſtricten des Altai, wo auf 120,000 Acker⸗ bauer 25.000 Bergleute kommen, verhaͤlt ſich die Sache anders. Die Regierung beguͤnſtigt dort den Ackerbau ſo ſehr, daß der Bo— den nirgends ſo gut cultivirt iſt, als in der Naͤhe der Bergwerke. Hierdurch mehrt ſich naturlich die Bevölkerung in dem Grade, daß für die Ausbeutung der Minen immer mehr Arbeiter disponibel werden. Richten wir nun unſere Aufmerkſamkeit auf andere Anwen— dungsarten der Electricität, jo ſehen wir, daß dieſelben Verfahren, welche zur Behandlung der Metalle dienen, mit geringen Modiſi— cationen zur Vergoldung ſilberner und kupferner Gegenſtaͤnde, fo wie zur Anfertigung von kupfernen Abguͤſſen von Medaillen, Bas— reliefs, Kupfertafeln u. ſ. w. benutzt werden koͤnnen, die ſo voll— kommen ſind, daß ſie die Originale mit der hoͤchſten Genauigkeit wiedergeben. Auf dieſe Weiſe laſſen ſich von derſelben geſtochenen Kupfertafel eine beliebige Anzahl Copicen machen und mittelſt dies ſer eine beliebig große Menge Exemplare abdrucken, die alle ſo ſchoͤn ſind, wie vor der Schrift abgezogene. Jene Kraft, welche bald als Waͤrme, bald als Licht, bald als chemiſches Agens auftritt, wird auch, nach den neuerdings in America und Rußland angeſtellten theilweiſe gelungenen Verſuchen, an die Stelle des Dampfes treten koͤnnen. In New-York hat man damit eine Druckerpreſſe, in St. Petersburg eine Schaluppe in Bewegung geſetzt. Eine zehnrudrige, mit Schaufelraͤdern, welche durch eine elec= tromagnetiſche Maſchine mittelſt eines Voltaiſchen Apparats in Bewegung geſetzt wurden, verſehene Schaluppe iſt bei ſehr hefli⸗ gem Gegenwinde die Newa hinaufgefahren. Berechnet man, was es koſten würde, ein Kriegsſchiff durch Electromagnetismus zu be— wegen, ſo muß dieſes Project allerdings vor der Hand als unſtatt— haft erſcheinen. Bedenkt man aber, daß zwiſchen den Partikelchen der Körper eine ungeheure Menge Electricitaͤt angehaͤuft ift, und 250 daß man von Tag zu Tage wohlfeilere Methoden zur Ausziehung dieſer Kraft entdeckt, fo wird es wahrſcheinlich, daß einſt der Tag kommen werde, wo dieſelbe zur Schifffahrt benutzbar ſeyn wird. Die in St. Petersburg angeſtellten Verſuche ſollten uns alſo nur zu neuen Anſtrengungen nach demſelben Ziele anfeuern, da e in induſtrieller Beziehung von der hoͤchſten Wichtig: keit iſt. Die Kraͤfte, mittelſt deren man die Metalle aus ihren Erzen zieht, ſind ſo gewaltig, daß ſie einſt dazu dienen dürften, die Erze zu pochen und überhaupt der mechaniſchen Behandlung zu unter: werfen, ohne welche deren Zugutemachung nicht moglich iſt. Diefe vielen Umftände, deren Wichtigkeit ſich immer mehr her: ausſtellt, laſſen uns für die Zukunft die erfreulichſten Hoffnungen in Betreff der Benutzung einer Kraft faſſen, die überall in unge: heurer Menge im gebundenen Zuſtande vorhanden ift, und deren ſich der Menſch einft bemeiſtern dürfte. Die ſtets wachſende Bevölkerung wird die Ausrottung der Waldungen herbeiführen; die Steinkohlenminen find ebenfalls nicht unerſchoͤpflich, und einſt, wenn auch erſt in ferner Zukunft, wird eine Zeit kommen, wo der Mangel an Brennmaterial die metallur— giſchen Arbeiten verbieten würde, wenn nicht bis dahin Mittel und Wege ausfindig gemacht worden wären, um die Metalle ohne Feuer zu bearbeiten. (Comptes rendus des séances de Acad. des sciences. Deuxieme Sem. 1840. Juillet.) Miscellen. unterſuchungen über die Spongillen. Ueber die Reproduction dieſer Weſen hat Herr Laurent am 14. September eine Abhandlung in der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris vor— geleſen. Man kannte ſchon zwei Arten von Reproductionskörpern, naͤmlich eifoͤrmige Koͤrper, welche ſich im Spaͤtherbſte bilden und ſproſſenaͤhnliche Koͤrper, welche gefranzte Sproſſen find, denen aͤhn⸗ lich, die Grant bei den Spongien beobachtet hat. Herr Lau⸗ rent hat drei andere Arten von Reproductionskörpern aufgefun⸗ den: 1. ſproſſenfoͤrmige Körper, die er für nicht gefranzte und feſte Sproſſen anſieht; 2. eifoͤrmige Körper, welche ſich in der erſten Jahreszeit bilden und Charactere zeigen, welche nicht ge⸗ ſtatten, ſie mit den eifoͤrmigen Koͤrpern, die in der ſpaͤten Jahres⸗ zeit hervorgebracht werden, zu verwechſeln; und 3. proteusartige Fragmente, welche ſich von den rhizopodiſchen (wurzelfuͤßigen) Ver⸗ längerungen der jungen Spongillen losmachen. um Reptilien zur Aufbewahrung geſchickt zu ma⸗ chen, empfieblt Herr Salomon, ſie zwei Monate lang in ſtar⸗ ken Alcohol zu legen und dann in einen bis auf 104° geheizten Ofen zu bringen und ſo lange darin zu laſſen, bis ſie voͤllig ge⸗ trocknet ſind, worauf ſie, wie lange ſie auch aufbewahrt werden, nie Geruch verbreiten. ei N,.D.R Von theilweiſer Entfernung des Oberkiefers, um die Unterbindung eines Naſen- und Rachenpoly— pen zu erleichtern, hat Herr Flaubert, d. Sohn, eine merkwuͤrdige Beobach— tung mitgetheilt: L. D., 22 Jahr alt, ſich wohlbefindend bis zur Er— ſcheinung ſeiner Krankheit, kommt 2. Mai 1839 in das Hotel Dieu zu Rouen. Um dieſe Zeit befindet ſich ein großer Polyp in der linken Naſenhoͤhle und drängt ſich bis in das Naſenloch vor, aus welchem er hervordringt, das Gaumengewoͤlbe zerſtoͤrt (deſſen membrana mucosa conver hervorragt), drängt die Naſenſcheidewand auf die Seite, und iſt bereits hinter dem Gaumenſeegel bis zur epiglottis herabgeſtiegen. Der Polyp iſt roth, unſchmerzhaft, aber veranlaßt faſt wiederholt uͤbermaͤßig Naſenbluten. Von Zeit 251 zu Zeit drohen Erſtickungszufaͤlle, und immer iſt ein ſehr unangenehm anzuhoͤrendes Schnarchen vorhanden. Die Stelle, wo der Polyp gewurzelt hat, konnte man nicht er— kennen; eine Ligatur wurde aber auf gut Gluͤck eingefuͤhrt, nach Dubois's Methode. Am 23. Mai angelegt, bewirkte ſie am 29ſten den Ab— gang einer betraͤchtlichen Portion des Polypen, wodurch Er— leichterung bewirkt wurde. Ohngeachtet der Anlegung einer zweiten Ligatur blieb das Gaumengewoͤlbe convex; die ganze m. mucosa wurde eingeſchnitten, einſchließlich des Gau— mengewoͤlbes und man konnte auch dadurch eine Ligatur anlegen, welche vom 12. bis 21. Juni liegen blieb und dann das Abfallen einer großen Polypenportion bewirkte. Da nun das Gaumengewoͤlbe zerſtoͤrt war, ſo eriflirte eine große Oeffnung zwifchen Mund- und Naſenhoͤhle. In letz— terer waren jedoch noch Ueberreſte des Polypen. Der Kranke, welcher durch die aufeinanderfolgenden Operationen und die ziemlich haͤufigen Blutungen geſchwaͤcht worden war, zeigte Spuren von Infiltration. Man ſchickte ihn auf's Land. Am 12. März 1840 kam D. in das Höôtel Dieu zu Rouen mit folgenden Symptomen zuruͤck: Die ganze linke Seite des Antlitzes iſt mehr entwickelt, als die rechte. Das Auge iſt vorwärts getrieben; der processus naso- frontalis maxillae superioris iſt in der Verbindung mit den eigentlichen Naſenbeinen getrennt. Der Polyp, ſeit dem letzten Jahre gewachſen, fuͤllt die Spalte in dem Gaumen— gewoͤlbe aus. — Vergeblich macht man am 18. und 25. Maͤrz Verſu— che mit Ligaturen; jedes Mal konnte man nur einen Theil der Geſchwulſt faſſen. Hr. Flaubert, d. S., ſann nach dieſen vergeblichen Verſuchen auf ein aͤußerſtes Mittel, den Oberkiefer zu ent— fernen, um den Polypen ganz bloßzulegen, und dann leichter eine Ligatur um ihn zu bringen. Die Speration wurde 13. April vorgenommen. Folgendes ſind die Einzelnheiten derſelben: Der Oberkiefer wurde durch zwei Schnitte bloßgelegt, von denen der eine vom innern Winkel des Auges bis gegen die Oberlippe, der andere von gleicher Höhe mit dem aͤuße— ren Augenwinkel, aber 4 Centimeter nach Außen, ausge— hend, ſich unten mit dem erſten Schnitte vereinigte. Der Lappen wurde von Unten nach Oben lospraͤparirt und nach Oben geſchlagen. Die Knochenſcheere wurde unmittelbar auf den processus naso- frontalis geſetzt; dann wurde die aͤußere Wand der orbita ſammt dem Jochbeine mittelſt der Kettenſaͤge von Hinten nach Vorn durchſaͤgt, das Gau— mengewoͤlbe wurde ebenfalls mit der Kettenſäge durchſchnit— ten; dann wurde der Oberkieferknochen luxirt; der Polyp kommt zum Vorſcheine und wird feſthaͤngend gefunden an der innern Fläche des processus pterygoideus, an der Naſenſcheidewand, an dem Koͤrper des Keilbeins und des Riechbeines und an der hintern Wand des pharynx. Das Biſtouri und die Scheere machen den Polypen von allen dieſen Puncten los; man mußte eine Portion der Schleimmembran des Schlundes wegnehmen. Es floß ſehr viel Blut, und noch vor Beendigung der Operation hatte der Kranke zwei Ohnmachten und Convulſionen gehabt. Inzwiſchen ſtillte man die Blutung ohne das Gluͤheiſen. Die Wunde wurde durch die umſchlungene Naht vereinigt. Andere Zafaͤlle ſtellten ſich nicht ein. Am 30. April verließ D dag Höôtel Dieu völlig ges heilt. Die operirte Wange iſt eben fo dick und eben fo ge— ſpannt, als die der andern Seite. (Archives générales de médecine.) Operation bei Anchyloſis des Huͤftgelenkes. Von Dr. Rodgers. Die Operation iſt der ähnlich, welche Dr. Rhea Bar— ton aus Philadelphia ausgefuͤhrt und bekannt gemacht hat und wurde durch dieſelbe veranlaßt. Der Fall iſt folgender: James Hall, ein Irlaͤnder, 47 Jahre alt, ein kraͤfti— ger Arbeiter, erlitt im October 1829 eine heftige Quetſchung, wodurch der linke Oberſchenkel gebrochen und das rechte Huͤft— gelenk heftig gequetſcht wurde. Bei der Behandlung wurde der Verband am linken Schenkel ſchlecht angelegt; die linke Huͤfte wurde wund gedruͤckt und der Verband mußte abge— nommen werden. So heilte der Schenkel 2 Zoll kuͤrzer, als der rechte; die Entzuͤndung im Huͤftgelenke erreichte einen hohen Grad und endete mit vollkommener Anchyloſe. Der Kranke wurde am 10. Nov. 1830 in dem Spitale zu New-Mork aufgenommen; er konnte zwar gehen, aber nur mit großer Anſtrengung, während die Kniee 24 Fuß aus: einanderſtanden. Da er außer Stande war, für den Unter⸗ halt ſeiner Familie zu ſorgen, obgleich er ſich ſonſt geſund fuͤhlte, ſo hatte er den dringenden Wunſch, von ſeiner Dif— formitaͤt befreit zu werden. Bei einer Conſultation mit den Doctoren Mott, Stevens und Cheesman ſchlug ich vor, bis auf den femur einzuſchneiden, denſelben unmit⸗ telbar unter dem kleinen trochallter durchzuſaͤgen und fo viel, als moͤglich, von dem Knochen zwiſchen dem trochan— ter und dem Schenkelkopfe auszuſchneiden, um beide Schen— kel ſo viel, als moͤglich, gleich lang zu machen. Dieſer Vor— ſchlag wurde angenommen und am 24. November 1880 auf folgende Weiſe ausgefuͤhrt: Ein Einſchnitt von 6 Zoll Länge laͤngs des femur begann einen Zoll oberhalb des trochanter major; mit dieſem wurde ein zweiter von 3 Zoll Lange, welcher von Vorne kam, in der Mitte vereinigt; die Lappen wurden zuruͤckpraͤparirt, ſo daß ſehr bald und mit geringerer Schwierigkeit, als ich vermuthet hatte, meine Finger unmittelbar unter dem trochanter minor herum⸗ gefuͤhrt werden konnten. Die Durchſaͤgung des Knochens wurde mit einer Kettenfäge verſucht; da indeß dieſe zerbrach, ſo wurde ſie mit einer gewoͤhnlichen Saͤge, wie es Barton empfiehlt, vollendet. So wie dieß geſchehen war, ließ ſich der Schenkel leicht in die dem andern Fuße entſprechende Richtung bringen. Nun wurde mittelſt eines zweiten Saͤ⸗ genſchnittes ein kellfzemiges Stuͤck WDR deffen Dicke nach Außen 5 Zoll, nach Innen 4 Zoll betrug. Die 253 Wunde wurde mit Heftpflafter und Charpie verbunden und daruͤber eine Binde angelegt. Der Kranke wurde nun auf eine feſte Matratze gelegt und durch eine Fußbinde in ſeiner Lage geſichert. Um 8 Uhr Abends war der Puls 110; die Hauttemperatur erhoͤht; der Wundſchmerz nicht beträchtlich, jedoch die Binde als zu feſt bezeichnet. Dieſe wurde abge— nommen und ein anodynum verordnet. Am 25. Nach einer ziemlich guten Nacht war die Haut noch etwas heiß; die Wunde geſchwollen und heiß; der Schmerz nicht heftig; Puls 114. Der Kranke erhielt Spiritus Mindereri und warme Opiatumſchlaͤge Über die Wunde. Am 26. Der Kranke hat nur 14 Stunde geſchlafen; die Haut iſt kuͤhl; der Puls 117. Das Ammoniumpraͤpa— rat veranlaßt Uebelkeit. Der Kranke klagt uͤber Schmerz in der Magengegend und erbricht ſeine Graupenſuppe. Es ſickert etwas dunkeles Blut aus der Wunde aus. Fomen— tationen auf das epigastrium, Limonade und vor Schla— fengehen ein Opiat. Am 27. Der Kranke ſchlaͤft beſſer; die Haut nor— mal; der Magenſchmerz beſeitigt; Puls 120; die Stim— mung gut; die Haut im vordern Theile der Wunde iſt ent— zuͤndet. Die Opiatumſchlaͤge find fortzuſetzen. Am 28. Nach einem geſunden Schlafe fuͤhlt er ſich ſehr erquickt; Puls 108, und am Abend 98. Er tranſpi— rirt leicht; die Hautentzuͤndung iſt verſchwunden und die Wunde faſt vereinigt. Am 29. Der Kranke hat gut geſchlafen; Puls 92, voll und weich; keine Leibesoͤffnung ſeit der Operation; doch wollte ich die Knochen nicht in ihrer Lage ſtoͤren, indem ich Abführmittel gab. Ich verordnete daher nur ein gewoͤhnli— ches Clyſtir und duͤnne Huͤhnerbruͤhe. Die Wunde war ſehr ſchlaff und wurde mit Perubalſam verbunden. Einige Ta— ge ging es in jeder Beziehung beffer. Am 5. December fuͤhlte ich innerhalb der Wunde, daß die Knochen eine entſprechende Lage hatten. Am 10. Dec. Nach einer unruhigen Nacht erfolgte Durchfall; die Zunge war trocken und etwas braun; Ge— traͤnk und Speiſe wurde ausgebrochen; der Kranke bekam Brauſepulver und ein Staͤrkeclyſtir mit Opium. Dieſer Anfall ging raſch voruͤber, und ſechs Wochen nach der Ope— ration war die Wunde faſt geheilt. Es wurde nun paſſive Bewegung begonnen und täglich fortgeſetzt. Am 1. März war die Wunde geheilt und der Kranke ging mit Kruͤcken. Er blieb bis zum Mai 1831 im Spi— tale und verließ dieſes endlich aus eigenem Antriebe. Im Mai 1833 beſuchte mich der Kranke; er ging gut und ſtuͤtzte ſich nur auf einen Stock. Er ſagte, daß er ganz gut gehen wuͤrde, wenn ihn der linke Fuß eben ſo we— nig genirte, als der operirte Fuß. Das linke Knie- und Huͤftgelenk war, in Folge der Decubitusnarben, etwas ſteif. Den operirten rechten Fuß kann der Kranke ein- und auswärts drehen, abduciren und ziemlich zu einem rechten Winkel beugen. Soweit war die Operation gut, und ich 254 wuͤnſchte den Kranken unter den Augen zu behalten, habe ihn aber ſeitdem nie wieder grfehen. Ich war um fo bes gieriger, den Verlauf des Falles weiter zu verfolgen, da nach zwei oder drei Jahren Dr. Barton's Operitter die Bes weglichkeſt des Gelenkes verloren hat. (The Lancet, April 1840.) Toxicologiſche Verſuche mit einer unbekannten Subſtanz. *) Von Dr. Briere de Boismont. Dieſe Verſuche ſind in Gegenwart der Herren Esquirol, Ferrus, Collereau, Buffy, Prof. der Ecole de Pharmacie, angeſtellt. Drei Perſonen wurden der Wirkung der Flüſſigkeit des Herrn A. de G. unterworfen, einer Fluͤſſigkeit, deren Natur man nicht hat kennen lehren wollen, aber wovon Folgendes die Wirkun⸗ gen ſind: Zwei Stunden, nachdem die Flüffigkeit eingenommen worden, wurde, da keine merkliche Wirkung ſich gezeigt hatte, eine neue Doſis dargereicht. M. A. K. war ſehr ſtarker Organifation, em⸗ pfand nur ein leichtes Zuſammenſchnüren des Kopfes und des Epi⸗ gaſtriums. M. B., Maler und Muſiker, war der Erſte, bei welchem der Einfluß des Mittels ſich bemerkbar machte. Er em⸗ pfand Trockenheit in der Kehle und Ziehen in den Beinen. Der Puls ſchlug 96. Antlitz wie injicirt; "bald nachher ſchloß M. B. unaufhoͤrlich die Augen, um ſich beſſer zu ſammeln; feine Ideen ſchienen ſich mit außerordentlicher Geſchwindigkeit zu entwickeln. Einen Augenblick bot er die eigenthuͤmliche Erſcheinung des „dop⸗ pelten Menſchen“, was man auch bei Anderen, mit denen man erpe= rimentirte, conſtatirt hatte: er hoͤrte, ſagte er, von einer Seite die Muſik und von der andern die Converſation; aber dieſe That⸗ ſache war nicht andauernd. Die Muſik ſchien auf die Experimen⸗ tirten keine wahrnehmbare Wirkung zu äußern. Die Pupillen wa⸗ ren noch ſehr erweitert. Von den Umſtehenden befragt, über das, was er empfinde, ſagte M. B., daß er wollüſtige Empfindung habe. Er war ſehr heiler; er haͤtte moͤgen allein ſeyn in einem dunklen Orte; er hatte eine unuͤberwindliche Abneigung, zu ſpre⸗ chen, etwas zu thun. Alle Geſtalten erſchienen ihm laͤcherlich. N M. B. unterhielt ſich mit den andern Perſonen. Er ging, ſpatzierte, lachte zuweilen laut auf; plöglich wirft ee ſich auf ein Canapé, will nicht mehr antworten, bittet, daß man ihn in Ruhe laſſe; er will in feinen koͤſtlichen Empfindungen nicht geftört ſeyn; er hat ſpasmodiſche Bewegung der Glieder, des Zwerchfells; er ſeufzt, ächzet, weint und lacht abwechſelnd. Der Puls hat 120 Schläge. Das Geſicht iſt ſtark geroͤthet. Er ſagt, daß er fehr gluͤcklich ſey und durchaus keine Leiden empfinde. Er hat nur angenehme Empfindungen, die er in das epigastrium verlegt. Alle Erſcheinungen, die er an ſich wahrnehmen läßt, find die der Ex⸗ taſe. Seine Mienen druͤcken das groͤßte Gluck aus Er kann keine Worte finden, um auszudruͤcken, was er empfindet. Er moͤchte gar nicht aus dieſem Zuſtande heraustreten; er iſt ſo ſehr gluͤcklich! Er iſt zur Senſibilitat geneigt; aber wenn man ihm von luſtigen Dingen ſpricht, zeigt er große Luſtigkeit. „Es iſt of⸗ fenbar,“ ſagt Herr Briès re, „daß der Experimentirte unter dem Einfluſſe der Perſon ſteht, welche mit ihm ſpricht und daß dieſe ihm jede Richtung geben kann, welche ſie will.“ M. B bat bei dieſem Experimente eine außerordentlich merkwürdige Schaͤrfe des Ohrs gezeigt. Er bört ſehr deutlich, was man fern von ihm und mit leiſer Stimme fact. Mitten in feiner Extaſe bat er weder die Perſon noch die Sache vergeſſen. Er antwortet richtig auf alle Fragen, die man an ihn richtet und kennt Die, die ihn ums geben; aber man ſieht, daß es ihm unangenehm iſt, zu ſprechen, er würde viel glücklicher ſeyn, wenn man ihn feiner Extaſe über» ließe. Fünf und eine halbe Stunde nach der erſten Dofis der ) Ich theile dieſelben bisjetzt als bloße Guriofität mit, über welche das Urtheil noch zu ſuspendiren iſt. 255 Fluͤſſigkeit iſt der Puls des M. B. 90. Seine extatiſchen Traͤu— mereien dauern fort. Er hat keinen Koͤrper mehr; ſein Geiſt iſt voͤllig frei, doch aber hat er hoͤchſt angenehme Empfindungen. Man ließ Herrn B. ein Gegenmittel nehmen, um ihn auf ſeinen natuͤrlichen Zuſtand zuruͤckzufuͤhren. Er behielt, waͤhrend zwei oder drei Tagen, ein Gefühl von Wohlſeyn. M. D., Advocat, war gekommen, mit der Ueberzeugung, daß die Fluͤſſigkeit keine Wirkung auf ihn ausuͤben werde. Waͤhrend dritthalb Stunden zeigte ſich nicht ein Symptom. Vier Stunden nachher hat der Puls 100 Schläge, und Herr D. empfindet Herzklopfen. Ploͤtzlich ſchreit er auf, er werde verwirrt; er faͤngt an zu ſingen, er nimmt ſeinen Bleiſtift und ſucht die Empfindungen zu ſchildern, die er habe; er ſchreibt einige Linien und wirft dann das Papier hin. Das Irrereden bricht aus. Die Züge des Herrn D., welche gewoͤhnlich ruhig und ernſt find, werden ſehr beweglich. Sein La: chen iſt ſardoniſch; ſein Auge iſt belebt, ſein Antlitz gefaͤrbt. Der Puls hat 120 Schlaͤge. Die Pupille iſt dilatirt. Er hat das Anſehn voller Zufriedenheit. Er lacht, ſingt, geſticulirt und ſpricht mit einer außerordentlichen Volubilitaͤt. Die Ideen folgen ſich mit Raſchheit; es iſt die Unordnung des luſtigen Verruͤckten, aber in— mitten dieſes Ueberfluſſes, dieſer Beweglichkeit der Ideen ſieht man, daß diejenigen vorherrſchen, welche die Baſis ſeiner Stu— dien abgeben. Die ernſten Gegenſtaͤnde ſind mit Scherzen, mit bonsmots und calembourgs gemiſcht. Die Zunge iſt trocken; er ſpuckt ſehr oft. Die unteren Extremitaͤten find durch leicht con— vulſiviſche Bewegungen afficirt. Er erkennt alle anweſenden Per— ſonen und antwortet richtig, fuͤr Augenblicke, auf die an ihn ge— richteten Fragen. Er hat eine Menge Ideen, die ſich in ſeinem Kopfe draͤngen, fuͤr deren Ausdruck er aber keine geeigneten Worte hat. Der Puls ſinkt auf 90. Das Irrereden dauert fort. Man reicht ihm Waſſer. Die Form des Irreredens veraͤndert ſich. Herr D. ſetzt ſich in einen Winkel, ſchließt die Augen und ſpricht mit ſich ſelbſt. Er hat das Anſehn eines Inſpirirten. Er ſpricht von Wiſſenſchaften, giebt Definitionen, ſpricht einige abgebrochene Worte; dann improviſirt er eine Anzahl harmoniſcher Verſe. Seine Phyſiognomie druͤckt Heiterkeit, Zufriedenheit aus. Die Haut ift ſehr blaß; der Puls hat 100 Schläge; die Augen ſind geſchloſſen; auf Verlangen ſeines Bruders oͤffnet er ſie; die Pupille iſt weni— ger erweitert. Herr D. beſchreibt vollkommen als gegenwaͤrtig die Gegenden und Städte, die er beſucht hat. Er rufi ſich die Einzelnheiten zuruͤck, die er auf ſeinen Reiſen beobachtet hat. So ſagt er, er ſehe, wie die Steine des Pantheon zu Neapel ſich erheben und ſchildert auf ſehr poetiſche Weiſe die Puncte und Gegenden, welche ihm aufgefallen ſind; aber ohngeachtet aller Fragen, die man an ihn richtet, kann er doch nicht die Beſchreibung von Gegenden ge— ben, die er nicht geſehen hat. Er nimmt Gegenſtaͤnde wahr, die nicht vorhanden ſind. Sein Bruder fragt ihn, ob er bis in ſein Gehirn ſehe. Wie ſoll ich in dem Gehirne ſehen? antwortet er, es ſind Schleier zwiſchen ihm und mir. Er ſteht dann auf mit den Worten: Alles das iſt ein Traum; dieſer Zuſtand von Verwir— rung hat meinen Ideen einen lebhaften Impuls gegeben, hat aber die Kenntniſſe, die ich halte, nicht vermehrt. Das Irrereden wird wieder allgemein. Er hat uͤber keine Leiden zu klagen; er ſagt, 256 er ſey ſehr glücklich. „Bei Herrn D.,“ ſagt Herr Brié re, „konnte Der, welcher ihn anredet, ihn reden und handeln machen, wie er wollte.“ Alſo hatte bei Herrn B. die Fluͤſſigkeit des Herrn A. de G. einen extatiſchen Zuſtand zuwege gebracht, bei Herrn D. aber eine wahre Manie. Was mich beſonders frappirt hat, war die Bezie— hung, welche zwiſchen den meiſten bei den Experimentirten beobach— teten Wirkungen und den durch den Magnetismus hervorgerufenen ftatt habe. Die Thatſache, welche beſonders unſere Aufmerkſamkeit in Anſpruch nimmt, iſt der Einfluß, den auf Herrn B. und Herrn D. die Perſonen hatten, welche ſie umgaben. Miscellen. Eine Ausleerung von zwoͤlf Bandwuͤrmern auf einmal hat Dr. Mongeat beobachtet und in den Archives ge- nérales beſchrieben. Eine Dame von 32 Jahren, blond, ziemlich robuſt, zu Paris rue Feydeau No. 7 wohnhaft, fragte ihn in den erſten Tagen dieſes Jahres um Rath. Sie klagte, daß ſeit ſechs oder acht Monaten ſie ſich nicht wohl befinde, ein Gefuͤhl von Be— klommenheit und Schwere im epigastrio und im Unterleibe habe, welcher zuweilen plotzlich aufgetrieben werde. Gewöhnlich Abnei— gung gegen Nahrungsmittel und zu unbeſtimmten Zeiten heftiger Jaͤhhunger. Häufig Neigung zum Erbrechen ohne wirkliches Erz brechen. Die Zunge war breit und weiß belegt, bitterer Geſchmack im Munde; Gefuͤhl von Stechen und Reißen im Magen. Wenn fie läuft, fo hat fie ein Gefühl, als wenn in der Gegend des epi- gastrium ein Körper auf- und abſteige, den fie mit einer mit Fluͤſ⸗ ſigkeit gefüllten Blaſe vergleicht. Sie hat zwei Mal in der Nacht heftige convulſiviſche Bewegungen mit Bewußtloſigkeit, welche eine Stunde lang dauerten. Hr. Mongeat hatte nach allem dieſen Verdacht auf Eingeweidewuͤrmer. Er empfahl den Nachtſtuhl zu unterſuchen, und nach einigen Tagen findet man ein Fragment eines Bandwurmes. Gleich am andern Morgen läßt er der Dame Granatwurzelrinde reichen (von 60 Gramm (35) ein Decoct mit zwei Pfund Waſſer bis auf den vierten Theil eingekocht.) Eine Stunde nach dem Einnehmen des erſten Glaſes geht plotzlich, mit einem einzigen Stuhlgange, eine betraͤchtliche Maſſe Bandwurm— klumpen ab. Bei'm Auseinanderwirren dieſes Klumpens, um ihn zu meſſen, zeigte ſich, daß es nicht ein einziger Wurm ſey, wie man es geglaubt hatte, ſondern es ergiebt ſich aus der Zahl der Köpfe, die man findet, daß zwölf Stuck Taenia ausgeleert find, die zuſammen eine Laͤnge von 48 Meter hatten. Seit der Zeit find alle Zufaͤlle, woran die Dame gelitten hatte, verſchwunden. Cryſtalline oder vesiculae crystallinae nennt Dr. Hanemann eine leichte Ausſchlagsform, die ſich auf die Eichel oder auf den introitus vaginae beſchraͤnkt und immer nur als ges fahrloſe Eruptionen zu betrachten ſey. Es ſind einzelne Blaͤschen von verſchiedener Größe, gewoͤhnlich mit gelber Fluͤſſigkeit gefüllt, mit keinem oder nur gelindem Jucken; fie platzen nach einigen Za= gen; die kleineren vertrocknen. Sie gehen nie in Geſchwuͤre uͤber. (v. Ammon's Monatsſchr. II. 2.) Bibliographisch La Turquie d’Europe, ou observations sur la Geographie, la geologie, histoire naturelle, la statistique, les moeurs, les coutumes, larcheologie, l’agriculture, industrie, le com- merce, les gouvernemens divers, le clerge, P’histoire et l’etat politique de cet empire. Par Ami Boue MD. etc. Paris 1840. 4 Vol. 8. (Der erſte Band iſt vorzüglich der Natur— geſchichte gewidmet.) e Mee u i gk e i he n Monographie des Libellulidées d' Europe. Par Edm. de Selys- Longschamps. Paris et Bruxelles 1840. 8. On Derangements of the Digestive Organs. By W. Dick. London 1840. 8. J. F. Rosenthal D. de formatione granulosa in renis aliisque partibus organismi animalis. Vratisl. 1839. 8. —— —— — — Ueue Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Mediefnalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Profeſſer Froriep zu Berlin. No. 325. (Nr. 17. des XV. Bandes.) September 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Ueber die in gewiſſen Theilen des Gewebes der Pflanzen abgeſetzten inorganiſchen Subſtanzen hat Herr Payen eine fortgeſetzte Reihe von Unterſuchun— gen angeſtellt und daruͤber der Academie der Wiſſenſchaften zu Paris am 31. Auguſt eine Abhandlung vorgeleſen, wel— che folgende Schluͤſſe lieferte: 1. Daß dieſe eryſtalliſirbaren und unaufloͤslichen Sub— ſtanzen ſich nicht zufällig in dem Gewebe der Blaͤtter ab— ſetzen, daß ſie daſelbſt beſondere Gewebe einnehmen, zuwei— len ſelbſt geſtielte Abſonderungsorgane, die zu ihrer Auf— nahme geeignet ſind. 2. Die Membranen dieſer Gewebe ſind aus Zellge— webeſtoff gebildet und von einer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz begleitet. 8. Die von den Pflanzen ausgeuͤbte Wahl der Materia— lien, welche ihre Incruſtationen bilden ſollen, wird augen— ſcheinlich fuͤr die Chara, von denen einige ſich beſonders mit kohlenſaurem Kalke umhuͤllen, andere ſich ſtark mit Kieſelerde incruftiren, während eine dritte Art in denſelben Waͤſſern zu gleicher Zeit den kohlenſauren Kalk und die kie— ſelige Saͤure fixirt. 4. Die in einem eigenen geſtielten Gewebe eingeſchloſ— ſenen kalkartigen Concretionen finden ſich nicht allein in den Feigenbaͤumen, ſondern auch in einer großen Zahl Pflanzen aus der Ordnung der Urticeen. Zuweilen, wie in den Blaͤttern der Broussonnetia papyrifera, Cannabis sa- tiva und des Humulus lupulus, bilden ſie ſich in der Naͤhe der Baſis der Haare, im Allgemeinen an der obern Flaͤche, zuweilen aber auch an der untern, wie an dem gemeinen Feigenbaume, ſeltener an beiden Flaͤchen des limbus, wie im Hanfe. 5. Die intercellulaͤren Gänge der Blätter find oft mit kohlenſaurem Kalke incruſtirt. 6. Der kohlenſaure Kalk iſt unter dieſen beiden For— men in den Blaͤttern mit ſo ſauren Saͤften vereinigt, daß ſie das Vo. 1425. nr un de. Carbonat aufloͤſen, wenn man die Saͤfte in freie Verbin— dung mit den Carboniten ſetzt. 7. Der ſauerkleeſaure Kalk, der ſehr allgemein ver— breitet iſt in den Blaͤttern der Pflanzen, nimmt daſelbſt, wie in den Stielen des Cactus, die Formen durchſichtiger Cryſtalle an, die ſehr oft in mit Spitzen beſetzte und mit Membranen umhuͤllte Sphaͤroiden zuſammengehaͤuft find. 8. Die Raphiden in ihren immer laͤnglichten Formen = Varietäten find aus einer mit ſauerkleeſalzſauren gefüllten Haͤuten gebildet; ſie entwickeln ſich in Zellen, wo man ein eigenes Gewebe und ſtickſtoffhaltige Subſtanz bemerkt. 9. Die Kieſelerde exiſtirt in den Blaͤttern einer ſehr großen Zahl von Pflanzen, vielleicht in allen; ſie incruſtirt ihre Haͤute, wie die der Stängel der Gramineen, der Chara— ceen und der Equiſetaceen; man findet ſie zuweilen in den intercellulaͤren Gaͤngen und eben auch unter der Form von kugelartigen Concretionen, welche durch das in einer Zelle entwickelte Gewebe ſecernirt wird. 10. Die beträchtlichen Verſchiedenheiten in den Propor— tionen des Gewichts ihrer Concretionen und Incruſtationen, welche bei, in einem und demſelben Boden oder in demſelben Waſſer gewachſenen Pflanzen vorkommen, koͤnnen zu nuͤtz— lichen Folgerungen uͤber die Bodenarten und deren Verbeſ— ſerungen fuͤhren. Ueber die Saͤugethiere des Indiſchen Archipels. Von Salomon Müller. *) , Die ſcharfen Graͤnzen, durch welche ſich beſonders die Claſſen der Wirbelthiere voneinanderſcheiden, bieten uns gleichfalls von ſelbſt das Mittel dar, bei einer allgemeinen Betrachtung nur eine ihrer Abtheilungen zum Gegenſtande ) Ein Bruchſtuͤck aus der erften Lieferung der Verhandelingen over de Naturlijke Geschiedenis der Nederlandsche Over- zeesche Besittingen. 17 259 einer beſonderen Abhandlung zu machen: Es iſt die der Saͤugethiere, welche ich für dieſen Zweck zuerſt wähle, waͤh⸗ rend ich mir vorbehalte, ſpaͤter eine aͤhnliche Ueberſicht der von uns auf den Oſtindiſchen Inſeln beobachteten Voͤgel und Amphibien zu geben. Bei mehr als einer Gelegenheit iſt es durch Herrn Temminck allgemein bekannt geworden, mit wie vielen Widerwaͤrtigkeiten die Niederlaͤndiſchen Reiſenden in Oſtin— dien zu kaͤmpfen gehabt haben und wie vieles Ungemach ſie betroffen hat. Darin liegen denn auch hauptſaͤchlich die Gruͤnde, warum die großen Opfer, welche die Regierung ſeit 20 Jahren fuͤr den Zweck einer genauen Unterſuchung unſerer Indiſchen Beſitzungen gebracht hat, fuͤr die gelehrte Welt verhaͤltnißmaͤßig nur wenig Fruͤchte geliefert haben. Zuerſt werden die Unterſuchungen durch unvermeidliche Hin— derniſſe erſchwert; dann werden, und nur zu haͤufig, die Unterſucher ſelbſt und mit dieſen ſo ſehr viel verſprechende oder gut ausgefuͤhrte Plaͤne eine Beute des Grabes. So ſind uns, z. B., von den wiſſenſchaftlichen Reiſen eines Kuhl und van Haſſelt, eines Boie und Zippelius nichts weiter uͤbriggeblieben, als einige fluͤchtig niedergeſchrie— bene kurze Notizen, die ſich meiſtentheils bloß auf Javani— ſche Thiere und Pflanzen beziehen. Der Tod machte ihrem Leben, welches einzig und allein dem Studium der Natur gewidmet war, allzuploͤtzlich ein Ende. Unſer braver Rei— ſegefaͤhrte, der muthige Macklot, fiel auf eine ſchreckliche Weiſe in einem ungleichen Kampfe gegen rebelliſche Chine— ſen; und zugleich mit ſeiner Wohnung, die eine Beute der Flamme wurde, gingen alle ſeine Handſchriften uͤber den geognoſtiſchen, geographiſchen, meteorologiſchen und zugleich auch uͤber den politiſchen Zuſtand vieler Inſeln des Archi— pels, die ſeit ſechs Jahren mit der groͤßten Anſtrengung geſammelt waren, auf einmal verloren. So wurde, was dem verderblichen Einfluſſe des Clima's widerſtanden hatte, durch die Wuth der Menſchen vernichtet. Auch der talent— volle Zeichner P. van Dort folgte feinen ungluͤcklichen Vorgaͤngern Keultjes und van Raalten in das Grab; und während wir dieſe Zeilen niederſchreiben, empfangen wir die traurige Nachricht, daß auch der jugendliche und mit unbegraͤnztem Eifer wirkſame Geolog C. Horner zu Pa— dang erlegen iſt. Bei der Menge dieſer traurigen Umſtaͤnde muß wohl jede ausfuͤhrliche literariſche Arbeit zur Unmoͤglichkeit werden, und dieſes um ſo mehr, da bei dem gegenwaͤrtigen Zuſtande der Wiſſenſchaft und bei ihrer taͤglich mehr und mehr zu— nehmenden Ausbreitung eine ſolche Unternehmung nur allein in Europa mit Erfolg und Nutzen zur Ausfuͤhrung gebracht werden kann. Große Sammlungen von Naturproducten und auch große Bibliotheken ſind dazu unentbehrliche Er— forderniſſe. Von dieſen aber iſt der Reiſende, beſonders in den entlegenen Landſtrichen des Archipels, wo keine regel— maͤßige Communication ſtattfindet, nun einmal ganz ver— laſſen. Es bleibt ihm deßhalb nichts Anderes uͤbrig, als Materialien zu ſammeln und vorlaͤufig zu ordnen, in der Hoffnung einer gluͤcklichen und geſunden Zukunft; und daß die Niederlaͤndiſchen Reiſenden in dieſer Hinſicht nicht zuruͤck— 260 geblieben ſind, davon koͤnnen die zu Leiden gegruͤndeten Reichsſammlungen von Naturproducten, wie auch die in den Werken der Herren Temminſck und Blume mitge— theilten neuen Entdeckungen hinkaͤngliche Beweiſe liefern. Vergleicht man im Allgemeinen die gegenwaͤrtig bekann— ten Thiere Oſtindiens mit denen, welche die Syſteme zu Anfang dieſes Jahrhunderts von dieſen Laͤndern als bekannt angaben, ſo muͤſſen ſicherlich die in dieſer Hinſicht gemach— ten Fortſchritte im hohen Maaße Verwunderung erregen. Da es indeſſen jetzt allein unſere Abſicht iſt, eine naͤhere Betrachtung der in dem indiſchen Archipel vorkommenden Saͤugethiere vorzunehmen, ſo wollen wir uͤber dieſe Klaſſe bemerken, daß von den 160 Arten, welche wir jetzt auf den Sunda-Inſeln, auf Timor, auf den Molucken und auf Neuguinea kennen, vor ungefaͤhr 25 Jahren kaum der fuͤnfte Theil bekannt war. Dieſe angegebene Zahl Oſtindiſcher Saͤugethiere iſt im Verhaͤltniſſe zu derjenigen des uͤbrigen Theiles der alten Welt ſehr groß, und dieſe reiche Zuthei— lung faͤllt ganz beſonders in's Auge, ſobald man ſie mit den ſaͤmmtlichen Arten vergleicht, welche uns im gegen— waͤrtigen Augenblicke von ganz Aſien bekannt ſind. In die— ſer letzten Hinſicht iſt das Verhaͤltniß der uͤber die Indiſchen Inſeln verbreiteten Saͤugethiere zu denen auf dem Feſtlande von Aſien beinahe wie 2 zu 3. Unter den Reiſenden, welche ſich in den letzten zwan— zig Jahren durch ihre zahlreichen Entdeckungen in Bezug auf die Indiſche Fauna Verdienſte erworben haben, verdie— nen vorzuͤglich genannt zu werden die Herren Diard und Duvaucel, Horsfield, Reinwardt, Kuhl, van Haſſelt und mein unvergeßlicher Reiſegenoſſe Boie. Schade nur, daß die meiſten dieſer unternehmenden und kundigen Maͤnner durch einen zu fruͤhzeitigen Tod in die Unmoͤglichkeit verſetzt worden ſind, die Ergebniſſe ihrer Be— ſtrebungen ſelbſt bekannt zu machen, wodurch ihnen die Lor— beeren entgangen ſind, die ſie ſich mit ſo viel Muͤhſal und Anſtrengung, mit ſo viel Gefahr und Aufopferung erwor— ben hatten. Außer den ſo eben genannten Reiſenden haben noch Andere von Zeit zu Zeit auf eine mehr oder weniger thaͤ— tige und fruchtbare Weiſe an der Unterſuchung der Indi— ſchen Fauna Theil genommen und theils durch eigne wiſſen— ſchaftliche Arbeit, theils auch durch Anlegung von großen Sammlungen, welche wichtige Puncte der Vergleichung lie— ferten, die beſſere und vollſtaͤndigere Kenntniß der Thierwelt daſelbſt auf eine nuͤtzliche Weiſe befoͤrdert. In dieſen Hin— ſichten haben die Herren Raffles, Hardwicke, Leſche— nault, Eſchholtz, Quoy, Gaimard, Macklot, Leſ— ſon, Duſſumier, Blume, von Siebold, Korthals, von Henrici, Kollmann und Belanger in verſchie— denen Faͤchern loͤblich mitgewirkt. Nach den lange fortge— ſetzten Unterſuchungen ſo vieler eifriger Maͤnner und den vielfaͤltigen durch mich ſelbſt in verſchiedenen Gegenden des Archipels mit ſorgfaͤltiger Aufmerkſamkeit angeſtellten Nach— forſchungen und an die Eingeborenen gerichteten Fragen ſcheint es uns, daß die Indiſchen Inſeln keine oder nur ſehr wenige große Saͤugethiere beſitzen, von denen wir noch keine 261 Kenntniß hätten. Ziehen wir dagegen die Geſammtzahl der uns von Java bekannten Arten in Betrachtung und ver— gleichen wir fie mit jener, die uns von den andern benach— barten, ſowohl groͤßeren, als kleineren Inſeln aus dieſer Thierclaſſe bekannt iſt, ſo laͤßt ſich, analogiſch urtheilend, recht gut vermuthen, daß die entfernteren, inneren Theile von Sumatra, von Borneo und von Celebes, die noch we— nig unterſuchten ſogenannten kleinen Sunda-Inſeln, wie auch die Molucken und ganz beſonders Ceram, Gilolo, Bat— jan und Boeroe (Buru) noch manche unbekannte Art beher— bergen werden. Indeſſen iſt doch die groͤßte Wahrſcheinlich— keit, daß die Arten, welche wir vielleicht ſpaͤter von dort als neu erhalten duͤrften, ſich meiſtentheils auf Fluͤgelhaͤnder (Chiroptera). auf Nagethiere (Glires) und auf kleine Raubthiere beſchraͤnken möchten, Vielleicht auch, daß uns mit der Zeit noch einige Schweine und vielleicht ſogar ein— zelne Affen, da dieſe letzteren haͤufig innerhalb ziemlich enger Graͤnzen leben, bekannt werden duͤrften. Schwerlich duͤrfte dieſes jedoch mit großen Dickhaͤutern (Pachydermata), Wie derkaͤuern (Ruminantia) und großen Raubthieren der Fall fern. Dieſe muͤßten ohne Zweifel auf den großen weſtlichen In— fein vorkommen, was fi) indeſſen gar nicht denken laͤßt, in— dem wir daſelbſt von keinen anderen, als den bereits be— kannten etwas vernommen haben, und man vorausſetzen darf, daß die Exiſtenz ſolcher in das Auge fallenden Thiere den Eingebornen nicht verborgen geblieben ſeyn wuͤrde. Auf Sumatra aber ſoll, der obgleich mangelhaften und verwor— renen Nachricht einiger Malaien zufolge, ein großes rei— ßendes Thier leben, welches ſich dort in den abgelegen— ſten Waͤldern aufhaͤlt und oft mit dem Koͤnigstiger in Kampf ſich einlaͤßt. Vielleicht erhalten wir mit der Zeit durch den Naturforſcher Forſten, der ſich jetzt in Indien befindet, über dieſes Thier näbere Auskunft. Obgleich nun die Zahl der als ganz neu anzukuͤndigen— den Gegenſtaͤnde nur gering iſt, indem meine meiſten Ent— deckungen theils durch den wohlwollenden Eifer des Herrn Temminck, theils durch mich ſelbſt von Zeit zu Zeit bereits bekannt gemacht ſind, und indem endlich auch viele derſelben waͤhrend meiner langen Abweſenheit von Europa von ande— ren Reiſenden nach und nach geſammelt und an's Licht ge— bracht worden ſind: ſo giebt es doch uͤber die meiſten Arten der Indiſchen Saͤugethiere noch ſehr Vieles mitzutheilen, fos bald man ſich nicht einzig und allein mit der Kenntniß ih— rer aͤußeren Geſtalt begnuͤgen und ſie nicht allein als lebloſe For— men betrachten will. Durch ein ſolches Verfahren, welches in der neueſten Zeit immer mehr Platz zu greifen pflegt, — ſich bei der Beſchreibung der Thiere allein auf die aͤußerli— chen Kennzeichen zu beſchraͤnken, die noch uͤberdieß mei— ſtentheils bloß von getrockneten Haͤuten entnommen worden find, — wird der ſchoͤnſte und wichtigſte Theil der Naturges ſchichte ganz und gar vernachlaͤſſigt und dieſelbe dadurch ih⸗ res groͤßten Reizes beraubt. Der Hauptzweck dieſer Zeilen wird deßhalb hauptſaͤchlich darauf gerichtet ſeyn, außer einer genauen Angabe der Vertheilung der auf den Oſtindiſchen In— ſeln vorkommenden Saͤugethiere, einige allgemeine Bemerkungen über ihre Lebensweiſe und Beſchaffenheit in einer gedraͤngten Ue— 262 berſicht mitzutheilen. Die Skizzen, welche ich in dieſem Betreffe vorläufig geben will, werden, wie ich glaube, den Lehrern der Zoologie und der phyſiſchen Geographie als Beiträge zur näheren Kenntniß der Fauna Indiens willkom— men ſeyn. Die Saͤugethiere, welche die Sunda- und Moluckiſchen Inſeln bewohnen, beſtehen groͤßtentheils aus Vierhaͤndern (Quadrumana), Flügethaͤndern (Chiroptera), Nagethie— ren (Glires) und Raubthieren (Ferae); in geringer Zahl findet man daſelbſt die ſogenannten Dickhaͤuter (Pachyder— mata), die Wiederkaͤuer (Ruminantia) und die flügel— haͤutigen Thiere (Dermoptera). Aus der Ordnung der Beutelthiere Marsupialia) hat man bis auf den heuti— gen Tag nur wenige Arten in den öftlichen Graͤnzlaͤndern des Archipels angetroffen, und aus derjenigen der zahnloſen Thiere (Edentata) bewohnt nur eine einzige Art die gro— fen weſilichen Inſeln. Man dürfte vielleicht auf der Erd— kugel nur wenige Strecken finden, wo in ſo kurzen Abſtaͤn— den eine ſo große Verſchiedenheit in der Verbreitung der Thiere herrſcht, als im Indiſchen Archipel. Bereits ſind durch Hrn. Temminck in einer Abhandlung, welche den Titel führt: Coup -d'oeil sur la faune des iles de la Sonde et de l’empire du Japon, welche der von dem Herrn v. Siebold herausgegebenen Fauna Japonica zur Einleitung dient, viele wichtige Beobachtungen uͤber die— fen Gegenſtand mitgetheilt, und auch die zoologifhen Werke der Franzoͤſiſchen Reiſenden enthalten hieruͤber manche wich— tige Bemerkung. Obgleich alle Inſeln von Java bis nach Neuguinea beinahe daſſelbe Ctima beſitzen, und viele derſel— ben ziemlich nahe bei einander liegen, ja haͤufig nur durch ſchmale Meeresarme von einander getrennt ſind, ſo liefert doch beinahe jede Inſel von einiger Extenſion eine geringere oder größere Zahl von Erzeugniſſen, welche derſelben eigens thuͤmlich find. Dieſe Verſchiedenheit macht ſich hauptſäch— lich bemerkbar in Bezug auf Saͤugethiere, Voͤgel und Am— phibien, von letzteren inzwiſchen in etwas geringerem Gra— de, als von den beiden erſtgenannten Claſſen. Manche Ar: ten dagegen ſind uͤber verſchiedene benachbarte Inſeln ver— breitet, und einige erſtrecken ſich ſogar bis zu den entfern- teſten Puncten des Archipels, waͤhrend noch andere zugleich das feſte Land von Indien bewohnen. Es verdient Beachtung, daß die großen Sunda-In⸗ ſeln ſo viele Gattungen von Saͤugethieren beſitzen, wovon man auf den etwas oͤſtlicher gelegenen Moluckiſchen Inſeln keine Spur mehr antrifft, waͤhrend letzteren wiederum einige andere Gattungen eigenthuͤmlich ſind, die auf erſteren ganz und gar vermißt werden. Die Moluckiſchen Inſeln, von denen wir inzwiſchen nur allein Amboina einigermaßen genau kennen, ſcheinen im Allgemeinen arm an Saͤugethieren zu fern. Wir befigen gegenwärtig von dieſen Inſeln nur ſechsundzwanzig Arten, von denen zwei Drittel Chiroptera ſind. Dieſe letzteren gehoͤren zu den Gattungen Pteropus, Macroglossus, Cephalotis, Harpyia. Rhinolophus und \ espertilio. Die übrigen daſelbſt Saͤugethiere find: Vi- 1 265 verra zibetha, Cervus moluecensis, ein Wildſchwein, drei Arten der Gattung Phalangista, Sorex myosurus und Mus decumanus. Die beiden letzten Thiere gehören vielleicht diefen Inſeln nicht einmal urſpruͤnglich als einhei— miſche an, ſondern koͤnnen ſehr gut, wie ſich dieſes auch hinſichtlich der Thiere mehrerer Inſeln des Archipels vermu— then laͤßt, durch den Handelsverkehr mit andern Orten, all maͤlig dahin verſetzt worden ſeyn. Dieſes ſcheint ebenfalls der Fall mit dem Hirſche zu ſeyn, der, nach Valentyn, von Celebes herſtammt, von wo er nach Amboina verfeßt ſeyn ſoll. Das wilde Schwein, welches hauptſaͤchlich auf Ceram ſehr verbreitet iſt, laͤßt ſich mit keiner Sicherheit auf eine beſtimmte Art zuruͤckfuͤhren, da es noch von keinem Naturforſcher beobachtet worden iſt. Es faͤllt ſogleich in's Auge, daß faſt alle die genannten Thiere Nachtthiere ſind. Nicht minder merkwuͤrdig iſt die Eigenthuͤmlichkeit, daß, ſoweit unſere Kenntniß reicht, auf den Moluckiſchen Inſeln ein vollkommener Mangel an Af— fen, Katzen und an mehreren anderen Thieren iſt, welche hauptſaͤchlich zu den der warmen Zone eigenthuͤmlichen Grund— formen von Saͤugethieren gehoͤren. Die Inſeln dieſer Gruppe beſtehen beinahe alle aus mehr oder weniger Hochland; manche davon prangen mit großen kegelfoͤrmigen, feuerſpeienden Bergen, deren ſteile obere Hälfte jedoch meiſtentheils von aller Vegetation ent— bloͤßt iſt. Obgleich nur wenige dieſer Inſeln hinſichtlich ih— rer Extenſion in der geographiſchen Vertheilung zum vierten Range gehoͤren, waͤhrend unzaͤhlige andere einen viel gerin— geren Umfang haben, ſo ſcheint es doch keinem Zweifel zu unterliegen, daß dieſelben noch manche thieriſche Geſchoͤpfe be— herbergen, von denen wir noch keine Andeutung beſitzen. Dieſes Letztere laͤßt ſich ganz beſonders von Ceram und Gi— lolo, als den groͤßten und am wenigſten bekannten Inſeln dieſer Gruppe, mit großer Wahrſcheinlichkeit vorausſetzen; aber auch auf den uͤbrigen kleinen, ſelbſt Amboina nicht ausgenommen, werden ſicherlich bei einer ſtets fortgeſetzten Unterſuchung noch vielerlei Entdeckungen gemacht werden, vornehmlich in der Ordnung der Chiroptera. Amboina, eine der am ſtaͤrkſten bevoͤlkerten Inſeln in den Moluckiſchen Gewaͤſſern, ſtellt ſich, von der See aus geſehen, an der Oſt- und Suͤdſeite als ein maͤßiges Hoc land von einem meiſtentheils ſanft wellenfoͤrmigen Umriſſe dar. Einige ſeiner rundgipfeligen Huͤgel und kleinen Berge ſind auf den Gipfeln kahl und nackt, waͤhrend andere mit ſtrup— pigem Gehoͤlz bedeckt ſind. In den duͤſteren Thaͤlern und laͤngs dem Meeresufer erblickt man jedoch uͤberall hohen Baumſchlag, und unter denſelben haͤufig große Gruppen von Kokos- und Sagopalmen. Dieſes uͤppige Grün liefert ein deſto reizenderes Gemaͤlde, da es gegen die ſandige und an vielen Stellen ſehr duͤrre Oberflaͤche des Landes maleriſch ſchoͤn abſticht. Weniger lachend und anlockend, obgleich eben— 264 falls, jedoch nur in anderer Art, maleriſch iſt die Inſel Ti— mor, wenn man ſich dem weſtlichen Theile derſelben aus Norden her naͤhert. Hier erheben ſich ziemlich hohe Berge mit oft ſteil emporſteigenden Felswaͤnden und ſpitzigen, zadigen Gipfeln, und auch in den tiefer gelegenen Theilen iſt die Form des Landes meiſtens rauher und ſchaͤrfer in ihren Umriſſen. Romantiſche Oede, verbunden mit einem unfruchtbaren Bo— den, ſind die characteriſtiſchen Merkmale dieſer anſehnlichen, doch zugleich auch, wegen ihrer ungeſunden Atmoſphaͤre we— niger vortheilhaft bekannten Inſel. (Schluß folgt.) Miscellen. Ueber Verbreitung foſſiler Gewaͤchſe in der Steinkohlenformation hat Herr Profeſſor Goͤppert der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaften zu Berlin feine in dem Stein Eohlengebirge in der Gegend von Charlottenbrunn, einem Theile der großen Niederſchleſiſchen Kohlenablagerung, — (worin ſich der Floͤtztractus von Tannhauſen über Charlottenbrunn bis in das ſo— genannte Zwickerthal mit etwa eilf übereinanderliegenden Stein— kohlenfloͤtzen verfolgen laͤßt) — angeſtellten Beobachtungen mitge— theilt. — Es geht daraus hervor, daß die Flora dieſes Floͤtzzuges ruͤckſichtlich der Gattungen von den andern Kohlenformationen nicht abweicht, daß Waſſerpflanzen (Fuci) nicht darin vorkommen, wohl aber Sumpfs und Uferpflanzen (Equisetaceae), kryptogamiſche Monocotyledonen (darunter auch Stigmaria) vorherrſchen, von Dicotyledonen ſich nur Coniferen vorfinden. Der haͤngende und liegen— de Schieferthon der Kohlenfloͤtze unterſcheiden ſich weſentlich durch die vorkommenden Pflanzen; in dem Liegenden aller Floͤtze iſt die Stigmaria in Quantität des Umfanges und der Verbreitung vor— herrſchend, waͤhrend, mit Ausnahme des Calamites ramosus, faſt alle andern Formen zuruͤcktreten; im Hangenden aller Floͤtze iſt Calamites Cisti, Sagenaria aculeata, Aspidites acutus herrſchend, waͤhrend die uͤbrigen Formen nur vereinzelt und ſparſam und nur auf einzelnen, nicht auf allen, Floͤtzen vorkommen. Häufig finden ſich die zu einander gehoͤrenden Theile derſelben Pflanzen nicht zu weit von einander, Blaͤtter und Staͤmme, Wurzeln und Fruͤchte bei den Lepidodendron- und Calamiten-Arten, woraus ſich ergiebt, daß ſich dieſelben, in ihrer gegenwaͤrtigen Lage, nicht weit von dem Orte befanden, wo ſie gewachſen ſind; dafür ſpricht auch der auf— rechtſtehende Calamites decoratus, deſſen Aeſte ſich ſogar in der natürlichen Lage erhalten haben. Der zwiſchen den Steinkohlen ſelbſt in duͤnnen Lagen vorkommende faſerige Anthracit zeigt die einer Araucaria ähnliche Structur. — Diamanten ſind in der Nachbarſchaft von Algier, in dem goldfuͤhrenden Sande des Fluſſes Goumel in der Provinz Con— ſtantine, gefunden worden. Einer derſelben wiegt drei Karat, etwa im Werthe von zwanzig Louisdor, und wird in der Ecole des Mines aufbewahrt; der zweite, 14 Karat wiegend, iſt im Beſitze des Mus ſeums der Naturgeſchichte; und der dritte, in Beſitz des Hrn. Le Dree, wiegt 1 Karat. Necrolog. — Der verdiente Praͤſident der Academy of Sciences zu Philadelphia, Hr. Maclure, iſt, 75 Jahr alt, am 22. Maͤrz in dem Dorfe San Angel in Mexico geſtorben. ——— ee u Fälle von toͤdtlicher Verſtopfung durch eigenthuͤm— liche Bildung des Dickdarms. Von Prof. Buchanan. Ich will hier einige Beobachtungen von einer ſehr ſeltenen Krankheit mittheilen, wovon mir drei Fälle vorgekommen find; fie iſt von eigenthuͤmlichen und ganz beſtimmten Symptomen begleitet, bewirkt ſo heftige Leiden, als irgend eine andere Krankheit und hat bisjetzt, trotz aller Mittel, immer einen unglücklichen Ausgang genommen. Dieſe Faͤlle ſind um ſo mehr der Beſchreibung werth, als ſie, wie es ſcheint, bisjetzt nicht richtig verſtanden worden ſind. Man wird aus den folgenden Bemerkungen erſehen, daß die fragliche Krankheit immer von einer eigenthuͤmlichen angebornen Bildung des colon begleitet iſt, oder vielmehr abhaͤngt. Dieſe will ich, um fpätere Wiederholungen zu vermeiden, hier zunaͤchſt bes ſchreiben. Das colon iſt mehr, als ein anderer Theil des Darmcanale, Variationen in Bezug auf Lange und Lagerung unterworfen, Mehr als zwanzig ſolcher Varietäten beſchreibt Morgagni. Die gewoͤhnlichſte Abweichung beſteht darin, daß der Queerdarm nicht gerade herübertäuft, ſondern in der Mitte bis zum Nabel oder bis zur Harnblaſe ſich herabbeugt. (Worgagni, de sedibus et causis morborum Epist. XXXIV. art. 2. 3; IV. 16. 30.; XIX. 19.3 XX. 16; XXI. 33, 35; XIX. 12; XLVIII. 38; LII. 12; LIX. 12; LXII. 7; LXX. 7. — XVI. 8; XXXIV. 2; LVII. 12.) Morgagni erzaͤhlt auch noch ein Beiſpiel, wobei das colon as- cendens nicht gerade in die Höhe ſtieg, ſondern fo nach Innen ges bogen war, daß es mit dem Qucerdarme unter der Leber in Be— ruͤhrung kam (Advers, III., Animad. 14.). Derſelbe beſchreibt eis nen Fall, wobei der Queerdarm von der Mitte des Magens geras de herab zum sacrum geht und uͤber alle Duͤnndaͤrme hinlaͤuft (De sedibus XVII. 25.). Später werde ich einen Fall mittheilen, in welchem der Dickdarm bis zur linken Niere normal verlief, hier⸗ auf zum Nabel ging und von da direct hinter der Mittellinie des Bauches herablief und im rectum endigte. Morgagni ſah eine mal eine doppelte Ausweitung, indem zuerſt der Queerdarm nach Unten gebogen war und hierauf das colon descendens von der Niere zum linken hypochondrium zurückkehrte und von da ſchraͤg zum sacrum berablief. (Epist. 62. 8., 5.). Beiſpiele abwei⸗ chenden Verlaufs der pars sigmoidea find nicht ſelten. Es gebt bisweilen von der linken Hüfte quer über den fundus der Blaſe zur rechten Leiſte, ſteigt von da in die Hoͤhe und geht endlich am sacrum in den Maftdarm über. (Advers. III. Animad. 6.). Dieß befchreibt ſogar Gliſſon als den gewöhnlichen Verlauf. Mors gag ni beſchreibt einen Fall, wobei die flexura sigmoidea faft ganz in der Umbilicalgegend lag. (Epist. 43. Art. 22.) Dieſe Beiſpiele werden hier angeführt, nicht bloß um zu zei⸗ gen, wie haufigen Varietäten das colon unterworfen iſt, fondern weil eine Kenntniß ſolcher Varietäten für den Arzt von Wichtigkeit iſt, indem er ohne dieſelbe, wie ſchon Morgagni erwähnt, mans nigfaltigen Irrthuͤmern bei der Diagnoſe von Darmaffectionen ausgeſetzt iſt. Indeß bat man bisjegt nur eine der aufgeführten Varietäten als Urſache einer Affection erkannt, welche überhaupt einige Aehnlichkeit mit der beſchriebenen Krankheit zeigt. Die einzige noch zu erwaͤhnende Bildungsabweichung des co- lon geboͤrt zu den zuletzt erwähnten beiden Fällen; ich habe fie aber doch getrennt gehalten, weil ſie die haͤufigſte praͤdisponirende Urſache der uns beſchaͤftigenden Krankheitsform ausmacht. Daß die Varietät ſelten ſeyn muß, ergiebt ſich ſchon daraus, daß fie den aͤmſigen Nachforſchungen Morgagni's entgangen iſt. Wah⸗ rend fie indeß in Italien ſelten vorkommen mag, iſt es moͤglich, daß fie bei den Bewohnern der Britiſchen Inſeln bäufiger vorkom⸗ men; wenigſtens ſind in einem Zeitraume von ſiebenzehn Jahren ſieben Faͤlle in Schottland beobachtet worden, und zwar funf in Glasgow und zwei in Edinburg; indeß waren die betreffenden In⸗ dividuen nicht alle geborene Schotten. Von dieſen ſieben Fallen find mir ſelbſt ſieben vorgekommen; der erfte im Jahre 1819, welcher nebſt zwei andern ausführlich mitgetheilt werden fol, um die eiz genthuͤmliche Krankheitsform in ihren Erſcheinungen dabei zu ſchil⸗ dern. Im Frühling 1832 fand ich bei einem an der Cholera Vers ſtorbenen dieſelbe Bildung des Dickdarms, ohne daß dadurch eine ähnliche Krankbeit bedingt worden wäre. Einen ganz gleichen Fall beſchreibt Dr, Hunter 1831 im Glasgow med. Journ. Vol. 4. pag. 19. Das colon ging bis zur linken Leiſte, iwie gewoͤhnlich, ſtieg darauf bis zum Qucerdarme unter der Leber in die Höhe und ging darauf auf der rechten Seite in das Becken herab, ganz wie bei meinem Falle vom Jahre 1832; in beiden Fallen ging merk⸗ wuͤrdiger Weiſe der Dickdarm auf der rechten Seite in die Becken⸗ hoͤhle hinein; in andern Faͤllen jedoch, wie man nachher ſehen wird, ging der Dickdarm auch, wie gewoͤhnlich, über das promon- torium in das Becken. In einem ſehr merkwürdigen Falle ging der Dickdarm ſogar von der linken zur rechten Leiſtengegend, ſtieg dann, parallel dem colon ascendens, in die Höhe, wendete ſich als— dann wiederum links und trat ziemlich in der Mittellinie in das Becken ein. Folgende Bemerkungen "über die Beſchaffenheit des colon bei dem an der Cholera geſtorbenen Subject habe ich mir damals auf⸗ gezeichnet: Die flexura sigmoidea coli, ſtatt in der linken Huft⸗ beingegend zu liegen und mit dem mesocolon an die linke Seite des Beckens angeheftet zu ſeyn, erſtreckte ſich ſchraͤß vor den Dünndärmen bis zur Gallenblaſe herauf, wendete ſich ſodann in einem ſpitzen Winkel, ging, parallel dem colon ascendens, nach Un- ten und trat auf der rechten Seite in das Becken ein, um den Maſtdarm zu bilden. Da, wo das colon in das Becken eintrat, war es an die rechte Seite der Beckenhoͤhle durch eine Falte des peritonaeum ganz auf dieſelbe Weiſe angeheftet, wie man es ge⸗ wohnlich auf der entgegengeſetzten Seite ſieht: der übrige Theil deſſelben wurde auf eine ganz ungewoͤhnliche Weiſe befeſtigt, in⸗ dem das Netz die Stelle des mesocolun vertrat. Die linke Seite des Netzes lag, wie gewöhnlich, frei, auf der Oberfläche der Dunn daͤrme; aber der von der rechten Hälfte des Queerdarms und vom colon ascendens kommende Theil umfaßte die flexura sigmoidea, ſtieg an deren unterem Rande noch weiter berab und endete an dem Hüftbeinfamme mit einem beſtimmt abgegränzten Rande. Deß⸗ wegen ließ ſich auch das Netz nur auf der linken Seite in die Ho⸗ be heben, während auf der rechten Seite die Hand unter der Fle⸗ zur und dem Netze über den Duͤnndaͤrmen durchgeführt werden konnte, zum Beweiſe, daß keine Verwachſung irgend einer Art zwi⸗ ſchen ihnen beſtand. Diejenigen Bildungsabweſchungen des colon, welche den mitt⸗ leren Theil des Darmes betreffen, ſcheinen keine krankhafte Stös rungen zu veranlaſſen (Morgag ni, Advers. III. Aniwad. 14.); da⸗ gegen find die Abweichungen, welche am untern Ende des colon vorkommen, mehrmals von einer ſehr ſchweren Krankheit begleitet geweſen, welche fo weit, als mir bekannt iſt, niemals beobachtet worden ift, in Fällen, wo das colon ſeine normale Bildung hatte; wir find daher genoͤthigt, die abnorme Bildung des colon als die wahrſcheinlichſte Urſache der Krankheit zu betrachten. 267 Das erſte Beifpiel diefer Krankheit, welches ich gefehen habe, kam 1819 auf der Spitalabtheilung des Dr. Duncan zu Edin⸗ burg vor; der naͤchſte Fall etwa zwei Jahre danach zu Glasgow und der dritte unter meiner eigenen Behandlung im Jahre 1825. In allen dieſen Faͤllen ſchien mir die Krankheit weſentlich dieſelbe; Symptome und Sectionsergebniſſe waren ſehr wenig verſchieden, und laßt ſich nur der Urſprung der Krankheit vielleicht auf etwas ver⸗ ſchiedene Weiſe erklären. Um die Affection zu beſchreiben, will ich mich hauptſaͤchlich auf den zuletzt erwähnten Fall beziehen, da ich dieſen am Genaueſten beobachtet und auch nach dem Tode unter— ſucht habe. James Connell, zwiſchen 40 und 50 Jahren, kam Ende Ju— ni 1825 in meine Behandlung. Er litt ſeit langer Zeit an Ver— ſtopfung, jedoch nie in dem Grade, daß ſeine Geſundheit dadurch beeinträchtigt worden wäre, welche im Gegentheile ziemlich gut war. Einige Zeit, bevor ich ihn ſah, war er mehr, als gewoͤhlich verſtopft, und hatte uͤber Flatulenz und Auftreibung des Unterlei— bes zu klagen. Bei Unterſuchung des Bauches fand ich denſelben ſehr ausgedehnt, tympanitiſch, weich, elaſtiſch, und bei der Percufs ſion hohlklingend. Sein Puls war nicht verändert, und er klagte nur über die unbequeme Empfindung von Auftreibung des Unter: leibes. Er bekam eine Doſis Calomel und Jalappe ohne Erfolg, ſo— dann Ricinusöl, Epſomſalz, Senna, Aloé, Coloquinten, Scammo— nium und Elaterium nach einander oder in Verbindung, jedoch Alles ohne Wirkung. Weder eine Spur von faeces, noch flatus gingen ab. Clyſtire jeder Art blieben ebenfalls ohne Wirkung. Unter den letz⸗ tern wendete ich auch eine ſtarke Aufloͤſung von Bitterſalz in einem Sennaaufguß und eine Aufloͤſung mit 6 Gran Brechweinſtein an. Die Clyſtire wurden leicht eingebracht, gingen aber ſogleich oder bald darauf wieder ab, ohne eine Beimiſchung von faeces zu enthal— ten. Bei Unterſuchung des Maſtdarmes fand ich denſelben, ſoweit der Finger reichen konnte, ganz leer und ſehr weit. Der Kranke hatte aus eigenem Antriebe eine Lichtkerze in den After eingebracht, aber auch dadurch keine Erleichterung bekommen. Unterdeſſen nahm die Anſchwellung des Unterleibes immer zu, bis fie einen wahrhaft erſchrecklichen Grad erreicht hatte, wobei die Gewebe im hoͤchſten Zuſtande der Spannung waren, welche ſie ohne wirkliche Zerreißung nur noch aushalten konnten. In dieſer elenden Lage hielt ſich der Kranke ruhig auf feinem Ruͤcken liegend, mit angezo— genen Beinen, um jede Art von Spannung der Bauchdecken zu vermeiden. Die einzige andere Stellung, welche er noch aushalten konnte, war die auf den Knieen und Ellenbogen. Auf Befragen klagt er nur uͤber die heftige Spannung ſeines Unterleibes, deren Schmerz alle ſeine uͤbrigen Gefuͤhle abſorbirt zu haben ſchien. Sein Geiſt blieb bis zum letzten Augenblicke frei; die Reſpiration war langſam und gleichſam gehemmt, wahrſcheinlich durch die Er— hebung und Unbeweglichkeit des Zwerchfells. Der Puls war lang: ſam, voll und kraͤftig, was bis zu dem Tage vor dem Tode fort— dauerte, welcher am zwoͤlften Tage nach der letzten Darmausleerung erfolgte. Bei der Eröffnung der Unterleibshöhle fiel zuerſt das colon auf, welches eine ungewoͤhnliche Lage hatte und alle uͤbrigen Gedaͤrme hinter ſeinen Windungen verbarg. Es zeigten ſich vier große Saͤcke, welche ziemlich parallel in der Richtung der Laͤngen— axe des Körpers verliefen, während ein anderer ähnlicher unter rechtem Winkel an den obern Enden diefer Saͤcke hinlief Ge— nauere Unterſuchung zeigte, daß dieſe Saͤcke dem colon angehoͤrten; dieſes verlief, wie gewöhnlich, bis zu der linken Huͤftgegend, bilde: te ſodann einen Bogen nach der rechten Seite, ging hinter dem Schaambeine voruͤber und wendete ſich uͤber den unterſten Lenden— wirbel wiederum zuruͤck, ſtieg dann in die Hoͤhe bis zum Queer— darme, wendete ſich ſodann nach Rechts und ſtieg wiederum bis zum Heiligenbeine herab. Auf dieſe Weiſe wurden die beiden mitt— leren Saͤcke, welche oben beſchrieben wurden, gebildet. Jeder Theil des Darmes war in ſeinem Durchmeſſer außerordentlich erweitert, am ſtaͤrkſten aber an dem unteren Ende, wo der Durchmeſſer nicht weniger, als 5 bis 6 Zoll betrug. Der obere Theil des colon enthielt hauptſaͤchlich Luft, der untere Theil faeces von gelblich = weißer Farbe, und von der Conſiſtenz eines ſehr weichen Moͤrtels. Als die Schlingen des colon in die Hoͤhe gehoben wurden, fand ich auch die Duͤnndaͤrme im hoͤchſten Gra— de ausgedehnt; der Magen war leer und von gewöhnlis cher Groͤße. Ein Erguß von Fluͤſſigkeit in die Unterleibs— hoͤhle hatte nicht ſtattgefun— den; auch zeigte der Perito— naͤaluͤberzug der Daͤrme keine Spur von Entzuͤndung, ob— wohl die Venen des Meſen— teriums reichlich von Blut ſtrotzten. Die prostata war beträchtlich vergrößert und im Blaſenhalſe fanden ſich un— gefaͤhr zwanzig kleine facet— tirte Steine aus Harnſaͤure. Man wird natürlich fra= gen, ob bei der Section nicht eine Erklaͤrung der Verſto— pfung ſich vorfindet. Dieſen Umſtand habe ich beruͤckſichtigt, theils wegen ſeiner Wichtigkeit, theils deswegen, weil die Verſtopfung in dieſem Falle von einer ganz andern Urſache ausging, als in allen übrigen Faͤllen. Gewoͤhnlich nahm man an, daß die Verſtopfung durch eine Verſchlingung oder Verdre— hung des colon am untern Ende der flexura sigmoidea herruͤhre; in dem vorliegenden Falle fand ſich keine Drehung, aber eine Ur— ſache der Verſtopfung, welche noch maͤchtiger iſt, als wenn der Darm, was mir uͤbrigens unmoͤglich ſcheint, vollkommen rund um— gedreht worden waͤre. Um die Art dieſer Obſtruction zu verſtehen, iſt es noͤthig, die Beſchreibung des colon zu wiederholen. Nach— dem daſſelbe die linke Huͤftbeingegend verlaſſen hatte, kreuzte das colon die Mittellinie des Koͤrpers hinter dem Schaambeine, wen— dete ſich ſogleich zuruͤck, ſtieg auf der linken Seite bis zum Queer— darme in die Hoͤhe und ſtieg ſodann auf der rechten Seite vor den aufgetriebenen Dünndärmen herab, bis es ſich nach Hinten über das promontorium zuruͤckbog und mit der andern Flaͤche des Heili— genbeins durch peritonaeum verbunden wurde. Gerade an der Stelle, wo es ſich nach Hinten wendete und den ſtaͤrkſten Druck der aufgetriebenen Duͤnndaͤrme von Hinten aushielt, legte ſich vorn der Anfang der aufſteigenden Parthie der flexura sigmoidea darüber hin; dieſer Theil des Darmes war fehr ſchwer, indem der untere Theil des colon, wie bereits erwaͤhnt worden iſt, ganz mit faeces angefuͤllt worden war. Dieſe Anfuͤl— lung begann in der Mitte des colon descendens und reichte 3 bis 4 Zoll über das Ende der flexura sigmoidea weiter herab, als der Darm leer gefunden wurde. Was iſt nun der Grund, durch welchen das Weiterrüden der faeces an dieſer Stelle verhindert wurde? Offenbar der Druck des untern Endes des colon von Vorn und der Druck der Duͤnndaͤrme von Hinten, welche beide ganz wie eine Klammer comprimirten. An der Stelle der Com— preſſion waren die Darmhaͤute mit einander in Beruͤhrung; unmit— telbar darunter aber war der Darm ganz leer, daruͤber dagegen mehr, als 5 Zoll ausgedehnt und mit kaeces uͤberfuͤllt; als der vor— dere comprimirende Theil in die Hoͤhe gehoben wurde, ließ er ei— nen einen Viertelsbogen betragenden Eindruck in der weichen faͤcu— lenten Maſſe des hinteren Theiles zuruͤck. Dieſer Eindruck war genau die Graͤnze zwiſchen dem ausgedehnten und collabirten Darmtheile. Der Fall, welchen ich, noch als Student, in der Clinik zu Edin— burg im Mai 1819 ſah, betraf eine Frau von 40 Jahren. Sie war lange zuvor immerwaͤhrend Verſtopfungen unterworfen gewe— fen, und neun Tage vor ihrer Aufnahme in das Spital war durch- aus keine Darmausleerung erfolgt. Dieſe Obſtruction dauerte noch bis zu dem Tode, fuͤnf Tage nachher, trotz der kraͤftigſten Abfuͤhrmittel und Clyſtire. Wie in dem letzten Falle, ſo waren auch hier die Clyſtire ſehr leicht beizubringen, und bei der Unterſu— chung des Maſtdarms mit dem Finger fand ſich dieſer ganz leer 259 und nicht verſtopft. Der Unterleib war auf das Acußerſte ausge— dehnt, und der Sitz eines anhaltenden und ſehr heftigen Sa merzes. Die Anſchwellung war tympaniliſcher Art. Die Leiden der Kran— ken wurden durch jede Stellung ſehr vermehrt, wobei die Bauch— decken angeſpannt wurden; dagegen erfolgte einige Exleichterung, wenn dieſelben erſchrafft wurden. Der Sectionsbefund war ſehr aͤhnlich dem bereits beſchriebenen. Das colon war außerordentlich ausgedehnt und ſo gelagert, daß alle übrigen Därme und Baucheingeweide binter feinen Windungen verborgen waren. Es zeigte zwei Abweichungen von feinem nors malen Verlaufe. Wie bei dem letzten Falle, ſtieg es von der linken Leiſtengegend wiederum zu dem Queercarme in die Hohe, wendete ſich ſodann nach Rechts und ſtieg faft in der Mitte des Unterleibes herunter, um den Maftdarm zu bilden. Dieß war der am meiſten ausgedehnte Theil des Darms. Die zweite Abweichung beſtand darin daß die rechte Hälfte des Queerdarms etwas nach Abwaͤrts gebogen war. Das Ausſehen der Theile wurde noch dadurch auffal— lend, daß das Colon an vielen Stellen eine lebhaft grune Farbe hatte. Etwa ein Pfund blutigen Serums fand ſich in der Perito— naͤalhoͤhle, und auf den dicken und dünnen Därmen waren Spuren der Entzuͤndung zu bemerken. Bei'm Uebergange des colon in das rectum bemerkte Dr. Duncan eine Drehung des Darmes von der linken zur rechten Seite und hielt dieß für die Urſache der Verſto— pfung. Dieſer Fall iſt im Edinburgh med, and surg. Journ. Vol. 16. p. 884 mitgetheilt. Der letzte der von mir ſelbſt beobachteten Faͤlle kam in dem Glasgow-Spitale im Jahre 1821 vor. Der Kranke hieß Gras ham: er litt bereits einige Zeit vor feiner Aufnahme an hartnäcki⸗ ger Verſtepfung; die kraͤftigſten Abfuͤhrmittel, Clyſtire, und alle übrigen Mittel, welche Dr. Lawrie empfahl, waren auf gleiche Weiſe erfolglos, darunter namentlich auch die Einfuͤhrung einer Schlundroͤhre durch den After und die Einſpritzung von Fluͤſ— ſigkeiten, welche dadurch in dem Darme hoch hinaufgebracht wor— den; es erfolgte indeß durchaus kein Kothabgang. Der Kranke ſtarb acht Tage nach ſeiner Aufnahme nach den fuͤrchterlichſten Schmerzen in ſeinem im hoͤchſten Grade tympanitiſch aufgeſchwol— lenen Unterleibe. Bei der Section fanden wir das colon in feiner ganzen Länge betraͤchtlich ausgedehnt, am ſtaͤrkſten aber an dem untern Ende. Die llexura sigmoidea zeigte dieſelbe abnorme Bil— dung, wie bei den beiden vorausgehenden Fällen; fie war bei Wei— tem länger, als gewoͤhnlich, und lag hauptſaͤchlich in der Umbili— calgegend vor den Duͤnndaͤrmen und ſtieg links in die Hoͤhe und rechts herab. Die einzige Urſache der Obſtruction, welche aufzu— ſinden war, beſtand in einer Drehung, oder vielmehr in einer Falte des Darmes, auf einer Seite an der Stelle, wo das colon in den Maſtdarm uͤbergeht. Mir ſchien dieſe Urfache zwar den hervorge— brachten Wirkungen nicht entſprechend; ich konnte aber nichts Anderes entdecken. Die Duͤnndaͤrme waren ſehr ſtark aufgetrieben; Spuren von Peritenaͤalentzuͤndung waren aber nicht zugegen. Die drei fo eben mitgetheilten Fälle bieten mehrere auffallend ahnliche Puncte dar. Bei allen beftand das Hauptſymptom in der übermäßigen Ausdehnung des Unterleibes, welche fo groß war, daß ſie ſowohl den Kranken ſelbſt, als den Umſtehenden die Beſorgniß erwecken mußte, der Unterleib moͤge berſten. Bei Eroͤffnung der Unterleihshoͤhle nach dem Tode wurde der aufgetriebene Darm mit ſolcher Kraft hervorgetrieben, daß äußerſte Vorſicht nötbig war, eine Verletzung des Darmes zu verhuͤten; und wenn man die Daͤrme ſelbſt punctirte, ſo wurden die eingeſchloſſenen Gaſe mit ſolcher Kraft hervorgetrieben, daß ein in einiger Entfernung davor gehaltenes Licht ausgeloͤſcht wäre. Denjenigen, welche dieſe Krank— heit nicht geſehen haben, kann ich fie nicht vollkommener bezeich⸗ neu, als wenn ich fie mit der Krankheit bezeichne, welche bei den Kuͤben vorkommt, nachdem fie viel feuchtes und ſaftreiches friſches Futter, namentlich Klee, gefreſſen haben. Bei Kuͤhen habe ich die Anu a nie heftiger geſehen, als in den oben befchriebenen en. Der naͤchſte auffallendſte umſtand bei denſelben Faͤllen war die totale Verſtopfung, gegen welche alle Mittel nichts ausrichteten, waͤhrend zu gleicher Zeit die Leichtigkeit, womit Clyſtire in den Maſtdarm eindrangen, fo wie die Unterfuchung dieſes Darmtheiles 270 mit dem Finger zeigte, daß die Urſache der Verſtopfung in einiger Entfernung von der Afteröffnung liege. f Ein anderer bemerkenswerther Umſtand iſt der, daß immer ſchon vor der vollkommenen Obſtruction die Kranken längere Zeit an Verſtopfung gelitten hatten; dieß zeigte ſich auch, unabhangig von dem Berichte der Kranken, dadurch, daß eine ſo große Maſſe faeces im Darme angeſammelt waren und daß das colon einen Grad der Ausdehnung erreicht hatte, welcher offenbar eine Jahre lang fortdauernde Einwirkung einer dilatirenden Urſache voraus— fegte. Ein normales mit Luft aufgeblaſenes colon zeigte einen Durchmeſſer von 24 Zoll; bei jenen Krankheitsfällen fand ich einen Durchmeſſer von 5 — 6 Zoll; der Rauminhalt war alſo minde: ſtens um das Vierfache über die ftärkfte normale Ausdehnung ver⸗ mehrt. Nur der Dickdarm war auf dieſe Weiſe ausgedehnt; denn die Dünndärme waren zwar vollkommen von Luft aufgetrieben, aber nicht weiter, als im natürlichen Zuſtande. Der Tod erfolgte zwoͤlf bis vierzehn Tage nach dem Eintritte der vollkommenen Verſtopfung, wodurch ſich die Krankheit von mehreren chroniſchen ebenfalls von Auftreibung des Unterleibs und Obſtruction begleiteten Affectionen unterſcheidet. Welche Todesur— ſache iſt nun hier anzunehmen? Die bloße Obſtruction der Daͤrme kann nicht als Urſache betrachtet werden, da Falle bekannt find, in welchen länger als 4 Jahr keine Darmausleerung erfolgte; auch Darmentzuͤndung iſt nicht als Urſache zu betrachten; denn obwohl in einem Falle Spuren der Entzuͤndung vorhanden waren, fo war dieß wohl bloß zufällig, da keine Entzündung in den übz rigen Faͤllen ſtattfand. Kann nun die Erhebung und Unbeweglich⸗ keit des Zwerchfelles und der Druck der Unterleibseingeweide gegen die Bruſthoͤhle als Todesurſache betrachtet werden? Vielleicht iſt es eine mitwirkende Urſache; die Haupttodesurſache ſuche ich aber in der außerordentlichen Ausdehnung des Unterleibes, welche die heftigſten und ununterbrochenen Schmerzen verurſacht, durch welche allmälig die Kräfte des Kranken erſchoͤpft werden; auch bei den analogen Faͤllen bei Kühen ſcheint der Tod von dieſer Urſache herz zuruͤhren; er erfolgt aber weit raſcher, gewöhnlich in Verlauf we— niger Stunden, weil die Ausdehnung viel plötzlicher entſteht und auf Gewebe einwirkt, welche an dieſe Art der Reizung zuvor nicht gewoͤhnt worden ſind. Die vorhin aufgezaͤhlten Symptome, die enorme tympanitiſche Auftreibung des Unterleibes, die vollkommene Obſtruction, der leere und der weite Umfang des Maſtdarms und der acute Verlauf der Krankheit ſcheinen mir characteriſtiſch genug, um die Krankheit von allen andern Arten von tympanitiſcher Anſchwellung und Ver⸗ ſtopfung zu unterſcheiden. Was die Sectionsergebnſſſe betrifft, fo war in allen Fallen das colon hauptſächlich und, wie es im Allgemeinen ſchien, primär afficirt; es war viel länger, als gewoͤhnlich und lag in einer une gewoͤhnlichen Stellung vor den Duͤnndaͤrmen und hatte den vierfa— chen Umfang erreicht. Dieſe Veränderungen ruͤhren theils von ur— ſpruͤnglicher Bildung, theils von langdauernder Ausdehnung ber. So kann, wie mir ſcheint, nicht bezweifelt werden, daß die unge— woͤhnliche Laͤnge und Lagerung der flexura sigmoidea von einer Ur« ſpruͤnglichen Bildungsabweichung berruͤhren, während die Ausdeh⸗ nung erſt allmaͤlig erworben war, wie man beſonders an der Vers duͤnnung der Haͤute erkannte. Anfangs war ich geneigt, die Ver- laͤngerung und Erweiterung des Darmes von fortgeſetzter Span⸗ nung berzuleiten; bei ſolchen Erklaͤrungen taͤuſcht man ſich leicht, denn Andere haben eine angeborne Verkuͤrzung des Dickdarms als eine nothwendige Folge der Erweiterung deſſelben erklaͤren wollen. In den beiden letzten Fällen ſchien eine Drehung des colon Urſache der Verſtopfung zu ſeyn; die Richtigkeit dieſer Annahme moͤchte ich indeß doch bezweifeln, indem eine vollkommene Drehung um die ganze Axe ohne anderweitige disponirende Veranderungen, namentlich obne Zerreißung des mesocolon, unmoglich erſcheint, während mindere Verdrehungen ohne Anwachſung nicht wohl zwölf bis vierzehn Tage beſtehen koͤnnen; im Gegentbeile ſcheint die Urſache, worauf ich bei dem erſten Falle aufmerkſam gemacht habe, genau auszureichen, nämlich Verſchließung eines Dar mſtücks durch Druck einer daraufliegenden und mit Kothmaſſen angefüllten Darmſchlinge. 271 Ich habe ſeit Jahren eine Gelegenheit gewuͤnſcht, eine Kuh, die an Trommelſucht gefallen war, zu ſeciren. Ich zweifele nicht, daß die Ausdehnung des mit Luft angefuͤllten Magens einen me— chaniſchen Druck fuͤr die Weiterleitung der Excremente und na— mentlich für die Regurgitation bei'm Wiederkaͤuen bildet. Iſt dieß richtig, fo iſt die Kehnlichkeit mit der oben beſchriebenen Krank— heitsform nicht zu verkennen; bei beiden iſt tympanitiſche Ausdeh— nung die Todesurſache, mit dem Unterſchiede, daß bei'm Rinde die tympanitis plotzlich durch lebende Subſtanzen im Magen, bei'm Menſchen aber allmaͤlig durch Anhaͤufung von kaeces im colon entſteht. Nach Obigem iſt es klar, daß alle purganzen, ſo wie ge— wohnliche Clyſtire, erfolglos bleiben. Der erſte und Hauptgegen— ftand unferer Behandlung muß darin beſtehen, daß wir das mecha— niſche Hinderniß für die Darmausleerung beſeitigen. Dieß erleich— tert man dadurch, daß man den Kranken ſich auf die Haͤnde und Kniee legen laͤßt, um das Ende des colon von dem Drucke der daraufliegenden Schlinge zu befreien; hierauf ſollte man ein In— ſtrument einführen, um das comprimirte Stuͤck zu erweitern, am beften eine Schlundröhre mit einem großen Schwamme am Ende. Man befeſtigt den Schwamm mit einer Schnur, wovon man ein Ende durch die Roͤhre fuͤhrt, waͤhrend das andere Ende an der aͤußern Seite der Röhre herabhaͤngt, damit man den Schwamm herausziehen koͤnne, ſobald die Roͤhre als Injectionsinſtrument ge— braucht werden ſoll. Zuerſt dient indeß der Apparat nur als Sonde und Dilatator, hat man das Inſtrument ſo hoch, als moͤglich, hinaufgebracht, um an dem Schwamme zu ſehen, ob er bis zu dem comprimirten Theile des Darmes gelangt und mit dem daruͤber an— geſammelten Kothe in Beruͤhrung gekommen iſt. War dieß der Fall, fo führt man die Röhre auf's Neue ein, bewegt fie in dem comprimirten Theile auf und ab und bewirkt dadurch einen Ein— druck in die weiche Darmſchlinge, welche den Druck an der com— primirten Stelle ausuͤbte. Hoͤchſt wahrſcheinlich wird man dadurch den Durchgang eroͤffnen und es moͤglich machen, daß durch die da— hinter angeſammelte Luft die Faͤcalfluͤſſigkeit mit Gewalt hervorge— trieben wird. Geſchieht dieß nicht, ſo muß die Roͤhre ſo weit, als moͤglich, eingefuͤhrt, der Schwamm herausgezogen und warmes Waſſer oder Luft eingetrieben werden. Sollte nun eine Ausleerung nicht zu Stande zu bringen zu ſeyn, ſo darf der Kranke doch ſeinem Schickſale nicht uͤberlaſſen werden. In dieſen Faͤllen muͤßte, ohne Zweifel, eine Punctur der Darmhoͤhle vorgenommen werden, und zwar, um die Luft herauszu— laſſen, dadurch die Leiden des Kranken zu vermindern, und fernere Verſuche zur Entleerung des Kothes durch den After zu erleichtern. Dieſe Punctur muͤßte natuͤrlich in dem colon ascendens gemacht werden, welches allein vollkommen mit Luft angefuͤllt iſt. Man ſticht einen kleinen Troicart ein und laͤßt die Luft durch die Roͤhre Henne und erneuert darauf die Verſuche zur Entleerung des armes. (Sollte auch dieſes Verfahren erfolglos bleiben, fo würde im— mer noch die Bildung eines kuͤnſtlichen Afters rationell N. F. ſeyn. F.) Die einzigen Fälle derſelben Krankheit, welche in der Litera tur vorkommen, finden ſich an folgenden Stellen: Boneti sepul- 272 chretum anatomicum. Lib. III. Sect. 13. pag 197.; Abercrom- by in The Edinburgh med. and surg. Journ. 1815. pag 15. und Dr. Richard Miller, deſſen Beobachtung der Verf. aus dem 14. Bande der nicht publicirten handſchriftlichen Abhandlungen der So— ciety of the Glasgow royal infirmary folgendermaßen mittheilt: Michael O' Conner, 47 Jahr alt, ein Tageloͤhner, hatte feit 7 Tagen keine Oeffnung, als er in das Spital aufgenommen wurde. Er war auch fruͤher Verſtopfungen unterworfen geweſen. Sein Bauch war ſehr geſchwollen und tympanitiſch; die ſtärkſten Purs ganzen und Clyſtire blieben ohne Erfolg. Durch kein Mittel ir— gend einer Art war Oeffnung zu erzielen; die Unterleibsgeſchwulſt nahm zu, und die Bauchdecken waren endlich ſo geſpannt, daß man mehrere Darmſchlingen durch dieſelben hindurch erkennen konnte. Der Tod erfolgte drei Tage nach der Aufnahme und am zehnten Tage nach der letzten Darmausleerung. Der Magen war geſund und ganz leer; die Duͤnndaͤrme wa— ren von außerordentlich uͤbelriechenden flatus angefuͤllt; auch das colon ascendens und transversum waren von Luft enorm ausge— dehnt; das colon descendens und die flexura sigmoidea dagegen im hoͤchſten Grade mit Kothmaſſen uͤberfuͤllt, ſo daß dieſer Darm— theil etwa 6 Zoll im Durchmeſſer zeigte. An der Stelle des Ue— berganges des colon in den Maſtdarm uͤber dem promontorium bildete der Darm eine Drehung von Links nach Rechts, als ob er halb um ſich gewunden waͤre. In Folge des Druckes von Seiten der uͤbermaͤßigen Anſammlung von Koth und Luft fand ſich an die— ſer Windung eine vollkommene Verſtopfung; die Schleimhaut der Daͤrme, beſonders des colon war durchaus geroͤthet; dieſe Roͤ— thung hoͤrte an der zuſammengedrehten Stelle mit einer viel tie— fern Färbung auf; der Maſtdarm war leer und von natürlicher Farbe; der Peritonaͤaluͤberzug der Daͤrme und uͤbrigen Bauchein— geweide war uͤberall normal. Zu bedauern iſt, daß uͤber die Laͤnge und den Verlauf der flexura sigmoidea keine andere Angabe lic) findet, als die, daß dieſer Darmtheil mehr, als gewoͤhnlich, ge— gen die linea alba hin und etwas nach Oben geruͤckt lag. (Lon- don med. Gaz. Apr. 1840.) RU SIE e Zur Behandlung der Ganglien empfiehlt Hr. Bar: thélemy die ſubcutane Durchſchneidung. Es wird eine Haut⸗ falte über der Geſchwulſt erhoben und mit einem ſchmalen Meffer: chen ein Einſtich von der Seite gemacht; das Meſſer wird unter der Geſchwulſt durchgefuͤhrt und dieſe in zwei Haͤlften geſpalten. So wie das Inſtrument zuruͤckgezogen iſt, laͤßt man die Hautfalte los, und verhuͤtet, daß keine Luft eindringt. Die Fluͤſſigkeit vers theilt ſich in dem Zellgewebe und die Heilung iſt vollſtaͤndig. (Gaz. med, 7. Dec. 1839.) Die Fortpflanzung des Rotzgiftes von einem damit inficirten Menſchen auf einen Hund durch erfolgreiche Inoculation iſt Hrn. Leblanc jetzt ebenfalls gelungen, fo daß die gegenſeitige Uebertragung zwiſchen Pferd, Menſch und Hund vollkommen feſt— ſteht. (Gaz. des Hop. No. 4.) — — — —ñ Giblio graphische neuigkeiten. — ͤ— Histoire d'un petit crustacé auquel on a faussement attribué la coloration en rouge des marais salans méditerranéens, suivie des recherches sur la cause reelle de cette coloration. Mont- pellier 1840. 4. (M. K.) Observations sur quelques plantes critiques des environs de Paris. Par Erneste Cosson et Erneste Germain. Paris 1840. 8. (M. 2 K.) Memoire sur diverses questions relatives à la réorganisation de la pharmacie, presente à Mr. le Ministre de I'Instruction pu- blique par la commission générale des pharmaciens du depar- tement de la Seine. Paris 1840. 4. Memoire sur la possibilité d'établir un anus artificiel dans la region lombaire sans penetrer dans le Péritoine. Par M. L Z. Amussat. Paris 1839. 8. Ueue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Frorien zu Weimar, und dem Medicımalrarhe und Prefeſſor Fre rien zu Berlin. Ne. 326. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stückes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. (Nr. 18. des XV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 86 Kr., September 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. ern Beobachtungen uͤber das Schließen der Augenlider im Schlafe. Von Gabriel Stokes, MD. Das Schließen der Augenlider im Schlafe iſt eine Thaͤtigkeit, die mir irrig beſchrieben und erklaͤrt worden zu ſeyn ſcheint von einigen Phyſiologen, welche noch jetzt als Autoritaͤt betrachtet und citirt werden; dagegen haben An— dere, welche eine Erklaͤrung der Erſcheinung gegeben haben, die mir die richtige ſcheint, ihre Erklaͤrung nicht hinlaͤnglich bewieſen. Es iſt in dem Studium der durch paralysis des m. orbicularis palpebrarum hervorgebrachten Wirkungen, daß wir data entdecken koͤnnen, auf welche wir die richtige Erklaͤrung des Schließens der Augenlider im Schlafe ſtuͤtzen konnen. Wir wollen zuerſt unterſuchen, welches die ange: nommene Meinung über dieſen Gegenſtand geweſen iſt. Die meiſten Autoritaͤten in der Anatomie ſchweigen daruͤber; Winslow, Meckel, Boyer und Clocquet erwaͤhnen derſelben gar nicht; Bichat aber bemerkt, „daß das Schlie— ßen der Augenlider auf verſchiedene Weiſe bewerkſtelligt wird im Wachen und im Schlafe. Im erſten Falle iſt das Schließen des Auges activ und wird hervorgebracht durch die willkuͤhrliche Contraction der mittleren Portion des m. orbicularis, deſſen krumme Faſern gerade werden; waͤh— rend im zweiten Falle (im Schlafe) die Annaͤherung der Augenlider durchaus paſſiv iſt, bewirkt durch das Herabfal— len des oberen Augenlides vrmöge der Erſchlaffung feines levator; eine Erſcheinung, welche dem, was in Fällen von Paralyſis dieſes Muskels beobachtet wird, ganz analog iſt.“ Adelon geht noch weiter und denkt, daß unter ges woͤhnlichen Umſtaͤnden das Schließen der Augenlider, ſowohl im Schlafe, als im Wachen, durch abwechſelnde Contraction und Relaxation des levator allein hervorgebracht wird. Bichat's Anſicht iſt indeß noch ziemlich allgemein gelehrt, obgleich richtigere Anſichten durch einige ſpaͤtere No. 1426. ien Schriftſteller niedergeſchrieben ſind, welche alſogleich erwaͤhnt werden ſollen. Wir wollen nun unſere Aufmerkſamkeit auf die ſoge— nannte lagophthalmia wenden, oder paralysis m. orbi— cularis palpebrarum, und wir werden Zeugniſſe finden, um die Lehre Bichat's und ſeiner Zoͤglinge zu widerlegen. Sir Charles Bell ſagt in ſeinem Werke uͤber das Nervenſyſtem, wo er von paralysis des Antlitzes, durch Wunden oder Verletzung der portio dura septimi paris veranlaßt, ſpricht, S. 86: „Die Augenlider werden ſonach fernerhin von einander abſtehen; das Auge wuͤrde fortwaͤh— rend unbedeckt ſeyn, die cornea undurchſichtig werden und das Sehvermoͤgen des Auges verloren ſeyn.“ Ferner, in dem Anhange deſſelben Werkes, wo eine Menge von Fällen von paralytiſcher Affection des Antlitzes mitgetheilt werden, heißt es Fall II. S. 6.: „Das Auge iſt im Schlafe offen, der Augapfel aufwaͤrts gewendet“; im Falle III. S. 7., in einem Falle, wo die Krankheit meh— rere Jahre gedauert hatte, und wo betraͤchtliche Krankheit des Auges vorhanden war, wird bemerkt, wie ſeine (des Pa— tienten) Frau angebe, daß er nie die Augen ſchließe, ſelbſt nicht, wenn er ſchlaͤft. Im Falle VII. S. 21.: „Im Schla⸗ fe ſind die Augenlider des rechten Auges geſchloſſen, wie ge— woͤhnlich, aber das linke Auge (das eigentlich afficirte) bleibt unbedeckt.“ In Fall X. S. 35: „Waͤhrend des Schlafes bleiben die Augenlider weit offen.“ In Fall XXVII. S. 68: „wenn das Kind ſchlaͤft, fo fällt die Oeffnung, welche aus Mangel an Annaͤherung der Augenlider entſteht, etwa auf die Mitte der Hornhaut.“ Mehrere andere Faͤlle, welche beweiſen, daß, wenn der m. orbicularis paralyſirt iſt, das Auge ſich nicht waͤhrend des Schlafes ſchließt, koͤnnten citirt werden von Schriftſtel⸗ lern, die faſt eben fo berühmt find, als Sir Charles Bell; aber ich will mich begnügen, einen Fall zu erwähnen, wel: cher unter meine eigene Beobachtung kam, in den medici⸗ niſchen Saͤlen des Mead's Hospital, in der Perſon eines jungen Mannes, welcher unter Behandlung des Dr. Ste— 18 275 kes aufgenommen war. lichkeiten dieſes Falles: Patrik Boile, 22 Jahr alt, ein Zimmermann, giebt an, daß er immer geſund geweſen ſey, bis vor etwa zwei Monaten, wo er, durch Einwerkung von Kaͤlte auf feis nen erhitzten Körper, einen heftigen Schmerz auf der rechten Seite des Kopfes und Geſichtes empfunden habe, auf wel— chen faſt unmittelbar Paraly is der Muskeln der rechten Seite des Geſichtes gefolgt ſey, welche ſeitdem fortgedauert habe. Das Antlitz hat ein verdrehtes Anſehen, beſonders wenn er ſpricht oder lacht; er hat das Virmoͤgen verloren, zu pfeifen; und beim Eſſen fallen die Lippen der rechten Seite haͤufiz zwiſchen die Zaͤhne; die Augenbraue iſt nieder— gedruͤckt und kann nicht, wie auf der andern Seite, erhoben werden. Das rechte Auge bleibt beſtaͤndig geöffnet; es iſt von Zelt zu Zeit einige Bewegung in dem m. orbieularis; allein er kann durchaus nicht das Schließen der Augen zu— wege bringen; der Augapfel iſt aufwaͤrts gewendet, und an dem untern Theile der cornea zeigt ſich ein Fleck mit an— fangender Ulceration; er klagt über große Schmerzen im Auge, wenn daſſelbe dem Lichte ausgeſetzt wird. Während des Schlafs bleibt das rechte Auge geoͤffnet, und der Aug— apfel iſt aufwaͤrts gewendet, wie in den von Sir Charles Bell beſchriebenen Faͤllen. Außer dieſer Nervenaffection leidet der Menſch an einem ausgebreiteten organiſchen Ue— bel im Unterleibe und iſt zu dem Zuſtande von aͤußerſtem Marasmus reducirt. Nachdem er mehrere Wochen im Hoſpitale leidend zu— gebracht hatte, unterlag er endlich, erſchoͤpft durch fortdauern— de Diarrhoͤe und profuſe Schweiße. Dieſe Symptome wa— ren von einem gefraͤßigen Appetit begleitet, welcher bis zus letzt fortdauerte. Die Paralyſis der Antlitzmuskeln blieb ebenfalls unverändert. Da in dieſer Form von Paralyſis die Gelegenheit, Leichenunterſuchung vorzunehmen, außeror— dentlich ſelten iſt, ſo benutzte ich die jetzt dargebotene, um zu beſtimmen, ſo weit mir dieß moͤglich ſeyn wuͤrde, ob dieſe Form von Paralyſis von einer organiſchen Verletzung des Nerven abhaͤnge, oder bloß functional ſey. Sechsund— dreißig Stunden nach dem Tode wurde der Koͤrper unter— ſucht; es wurde ein Schnitt durch die parotis gemacht, und der Stamm des nervus facialis, fo wie die plexus, die er innerhalb der Druͤſe macht, und die von da zu den Geſichtsmuskeln abgehenden Zweige wurden bloßgelegt. Keine krankhafte Beſchaffenheit konnte entdeckt werden, und die Nerven zeigten in jeder Hinſicht ihr natuͤrliches An— ſehen und weder Atrophie noch Erweichung. Die Faſeen des orbieularis waren außerordentlich blaß und undeutlich, desgleichen auch die Faſern der uͤbrigen Geſichtsmuskeln. Der levator palpebrae, die mm. recti und obliqui waren von natuͤrlicher Groͤße, Farbe und Conſiſtenz. Der Augapfel wurde unterſucht; allein die einzige krankhafte Veraͤnderung, die daran entdeckt werden konnte, war ein ge— ringer Grad von Undurchſichtigkeit am untern Theile der Hornhaut. Dann wurde das Hirn aus der Schaͤdelhoͤhle genommen und der Urſprung der portio dura 'n, facia- lis) ſorgfaͤltig unterſucht, ohne daß man die geringſte Spur Folgendes find einige Eigenthuͤm— 276 von krankhafter Beſchaffenheit weder im Nery ſelbſt, noch in den Theilen des Hirns, wo er entſpringt, entdecken konnte. Auch im Hirne ſelbſt konnte nichts Krankhaftes aufgefunden werden. So daß, fo weit als ein einziger Fall ein factum in der Heilkunde darthun kann, es ſcheinen wuͤrde, daß dieſe beſondere Form von Paralyſis eine functionale und keine organiſche Krankheit iſt. Ich habe hier die Details dieſer Zergliederung aufge— führt, weil wenig Leichenoͤffnungen in Fällen dieſer Krank— heit bekannt find, und dieſe wenigen großentheils Faͤlle find, in welchen die Krankheit durch auf die Nerven druͤckende Geſchwulſte oder Abſceſſe hervorgebracht war. Aber, um zu dem Mechanismus der Schließung des Auges im Schlafe zu uͤckzukommen, es iſt voͤllig klar, daß, wenn das Auge während des Schlafes offen bleibt, wo der orbieularis paralyſirt iſt, daß die Lehre Bichat's, — nach welcher das Auge ſich paſſiv, durch Erſchlaffung des levator, ſchließt, — irrig iſt. Es kann kein Zweifel beſtehen uͤber das Factum, daß das Auge unter ſolchen Um— ſtaͤnden offen bleibt; und doch iſt in ſolchen Faͤllen, — da der levator im Schlafe erſchlafft wird, — das Auge nicht geſchloſſen, welches es doch ſeyn müßte, wenn es eine bloß paſſive Thaͤtigkeit waͤre, oder wenn das Augenlid durch fein eigenes Gewicht herabſaͤnke. Was iſt denn nun alſo die Gewalt, welche das Auge während des Schlafes ſchließt? Die Antwort auf dieſe Frage ergiebt ſich, wenn man die Natur des m. orbicularis unterſucht. Dieſer Muskel bietet alle anatomiſche und phyſiologiſche Charac— tere eines sphincter dar und beſitzt, als ſolcher, nicht allein eine willkuͤhrliche Contractionskraft, ſondern auch eine dem Willen nicht unterworfene. Durch ſeine will— kuͤhrliche Kraft waͤhrend des Wachens wird die Function des Blinzelns bewerkſtelligt, welche hervorgebracht wird durch die abwechſelnden Zuſammenziehungen und Erſchlaffungen des orbieularis und des levator: Aber wenn ſich der Schlaf einſtellt, verlieren dieſe beiden Muskeln die willkuͤhrliche Ge— walt, ſich gleichzeitig zuſammen zuziehen, und die Augen wuͤrden offen bleiben, wenn nicht die unwillkuͤhrliche Con— tractionskraft noch in der bisherigen Weiſe zuruͤckbliebe in dem m, orbicularis, in Folge des Umſtandes, daß er ein ſogenannter gemiſchter Muskel iſt, wodurch das Auge ſanft geſchloſſen wird. Hr. Partridge, in dem Artikel Face in der Cy- clopaedia of Anatomy and Physiology, iſt, ſo viel ich weiß, der einzige Schriftſkeller, welcher ebenfalls dieſe Er— klaͤrung des im Schlafe geſchloſſenen Auges giebt; aber er bringt nichts vor, um zu widerlegen, daß dieſe Thaͤtigkeit nicht paſſiv ſey, außer der Beobachtung, daß man auf Widerſtand ſtoͤßt, wenn man den Verſuch macht, die Augen einer ſchla— fenden Perſon zu oͤffnen, und er ſcheint nicht aufmerkſam in Beziehung auf das entſcheidende Zeugniß gegen die Annahme eines paſſiven Schließens, welche von einem Studium der die paralysis des orbieularis palpebrarum begleitenden Erz ſcheinungen abgeleitet iſt. Hr. Partridge nimmt in demſelben Aufſatze die Eintheilung des orbieularis, wie ſie Riolan vorgeſchla— 277 gen hat, nämlich in die Orbiculars und in die Palpebral-Por— tion, an, und ſetzt voraus, daß die Dcbiculars Portion ein rein willkuͤhrlicher Muskel ſey, während der Palpebraltheil ſowohl, willkuͤhrliche, als unwillkührliche Contractionskraft hat. Dieß, meine ich, iſt wenigſtens zweifelhast:; 1. Weil keine Analogie davon in einem der andern Sphincteren beobachtet wird. 2. Eine Beſchaͤdigung des m. facialis afficirt beide Portionen der Muskeln in ähnlicher Weiſe— 3. Der Umſtand, daß fie zuweilen unabhängig von einander wirken, beweiſ't nicht, deß ſie phyſiologiſch verſchie— den find; denn wir haben überflüſſig Beiſpiele in den Mus— keln des thieriſchen Lebens, wo verſchiedene Portionen derſel— ben Muskeln unabhaͤngig von einander wirken. Nach dieſen Betrachtungen bin ich geneigt, das Ganze des orbicularis als einen gemiſchten Muskel zu betrach— ten und nicht bloß die Palpebral portion. Ueber die Saͤugethiere des Indiſchen Archipels. Von Salomon Müller. (Schluß.) a Timor iſt im Allgemeinen ſehr gebirgig; doch außer einer Menge ebener Küftenftriche, die ſich gewöhnlich im Hintergrunde großer Buchten und Baien am Strande be— finden, trifft man auch in den inneren Theilen der Inſel viele weite offene Thaͤler und andere große Flächen an, die ſich hie und da über den Ruͤcken ausgebreiteter Huͤgelteihen oder an den fanften Abhaͤngen der größeren Berge ausſtrek— ken. Dieſe letzteren, deren Formation hauptſaͤchlich aus aͤl— terem grauen Sandſteine beſteht, haben, nach einer ungefaͤh— ren Schaͤtzung, zum Theil nur 1000 bis 1200 Niederlaͤndi— ſche Ellen (Metres) Höhe; aber einige davon ſcheinen ihre Gipfel betraͤchtlich hoͤher und zwar 1800 oder vielleicht ſo— gar über 2000 Niederlaͤndiſche Ellen uͤber den Meeresſpie— gel zu erheben. Beſonders characteriſtiſch auf Timor find die verſchiedentlich gefermten Klippen, welche ſich hie und da, manchmal in ziemlich ebenen Landſtrichen, als iſolirt ſte— hende Felsbollwerke erheben, und welche durch ihre freie La— ge, durch ihre meiſtens ſteilen Waͤnde und vielfach zerſpalte— nen Gipfel in einiger Entfernung das Anſehen alter Caſtelle und Ruinen haben. Die Einwohner von Timor nennen dieſe zackigen Felsbatterien, deren Hoͤhe gewöhnlich zwiſchen 40 und 125 Niederl. Ellen, von ihrem Fuße an gerechnet, beträgt, Fatoe ſpr. Fatuh), d. h., Steinklippen. Dieſe Fa- toe’s find als natürliche Feſtungen zu betrachten, aus denen die Bewohner der verſchiedenen Landſchaften ſich haͤufig bekaͤm— pfen und in deren unzugaͤnglichen Schluchten und Grotten ſich dieſes raubſuͤchtige Volk mit ſeinem Geſinde und Vieh und mit Allem, was es an beweglicher Habe auß dieſer Welt beſitzt, zuruͤckzieht, ſobald es von einer ernſten Gefahr bedroht wird. Dieſe Klippen ſelbſt beſtehen durchgaͤngig aus juͤngerem Kalkſteine, beſonders aus Muſchelkalk, — eine Steinart, die man auf Timor in großer Extenſion findet, und welche an der Formation der Inſel einen wichtigen Theil hat. Außerdem findet man auch an vielen Stellen 275 dieſer Inſel, hauptſaͤchlich laͤngs den Ufern der Fluͤſſe, kleine abgerundete Hügel von feinem Thore, meiſtens von grau: blauer Farbe, auch zuweilen von Eiſenoxyd rothgefaͤrbt, waͤh— rend man endlich hie und da Porphyr, Grauwacke, ver ſchiedene gemengte Steine, ferner Syenit, Grünftein, Quarz, Gypsſpath 1c. antrifft, Die Schilderungen, die man in einigen ſowohl alten als neueren Werken von Timor findet, geben nicht immer eine ſehr richtige Vorſtellung von der eigentlichen Beſchaf— fenheit dieſer Inſel. Peron hauptſſchlich hat diefelbe in ſeiner Reiſe nach Auſtralien auf eine Weiſe geſchildert, die bei der ihm fonft eigenthuͤmlichen Scharfe des Urtbeils in jeder Hinſicht Befremden erregt, indem die von ihm gelie ferte Schilderung ein aus nehmend freundliches und fruchtbares Land darſtellt. Sein Irrthum in dieſer Hinſicht ſcheint ſei— nen Grund hauptſaͤchlich darin zu haben, daß er kurz zuvor von der unfruchtbaren und duͤrren Kuͤſte von Neubolland kam, ſo daß ihn ein etwas freundlicheres Land leicht in Ent zuͤcken verſetzen konnte; und vielleicht hat auch langwie— riges und ihm hierdurch zum Verdruß gewordenes Herum— fahren auf der See, ſo wie ſein, dem Anſcheine nach, nicht ſehr angenehmes Verhaͤltniß an Bord, febr viel zu dieſem guͤnſtigen Eindrucke beigetragen, durch welchen die wilde, je— doch freie Natur von Timor ibn gleichſam erguickte und ihm reizender vorkam, als fie bei ruhigerer und genauerer Be: trachtung in der Wirklichkeit ſich darftellt. Jeder Seereiſende, der die Natur getreu ſchildern will, kann vor dieſer letzteren Selbſttaͤuſchung nicht genugſam auf ſeiner Hut ſeyn; denn wahrlich, wenn man einige Monate lang auf dem Meere herumgetrieben worden iſt, und waͤhrend dieſer ganzen Zeit, aufer der kleinen Schiffs haushaltung, nichts geſehen hat, als Luft und Waſſer, alsdann hat ſeldſt ein nackter Felſen oft das Gluͤck, einen reizenden Geſichtspunct zu gewaͤhren. Auch mir ſoll der frohe Tag unvergeßlich ſeyn, an welchem wir, nach einer dreimonatlichen Reiſe, endlich am Cap der guten Hoffnung landeten; wie uns Alles da fo ungemein reizend erſchien, und wie wir da fogar die felſi— gen und «roͤßtentheils kahlen Gipfel des Tafelberges, des Löwenkopfes und andere rauhe und ungaſtliche Hohen mit fo viel inniger Freude und Enthuſiasmus bewunderten! Dann erſt empfindet man lebendig, daß der feſte Boden der natuͤrliche Geburtsort des Menſchen iſt und, wenn Pflicht oder Beſtimmung ihn überhaupt antreibt, fein Leden dem unſicheren Elemente anzuvertrauen, daß ein gewiſſes Heim⸗ weh und eine unuͤberwindliche Hoffnung, hier oder da auf irgend einem Raͤumchen der Erde ſein Leben zu endigen, ihn niemals verlaͤßt. Peron hat nur einen kleinen Küftenftrih in der Näs he von Kupang geſehen, und dieſe Strandſtrecke iſt wirklich eine der fruchtbarſten, die man in der ganzen weſtlichen Haͤlfte ven Timor antrifft. Nur dieſer letztgedachte Theil der Inſel iſt von uns bereiſ't worden und deßhalb Alles, was bier mitgetheilt wird, auch datauf allein bezüglich. Nach unſerer Anſicht hat Timor, wie bereits demerkt worden iſt, ein oͤdes, duͤrres und unftuchtbares Anfeben, und dieſes macht ſich hauptſaͤchlich AE waͤhrend der trock⸗ 279 nen Jahreszeit oder in den ſogenannten Wintermonaten die— ſer Landſtriche. Manches Jahr trägt es ſich zu, daß es alsdann vom Mai bis zum October oder November, alſo waͤhrend ſechs oder ſieben Monaten, kaum ein Mal regnet, wodurch dann alle kleinen Waſſerbecken und Stroͤme ver— trocknen und beinahe alle Pflanzen, und beſonders diejenigen, welche den niedrigſten Standort haben, in einen kuͤmmer— lichen, verwelkten Zuſtand gerathen und zum Theil ganz ver— dorren. Nur wenige Berge prangen mit großen und dich— ten Waͤldern; ihre Abhaͤnge ſind meiſtens nur duͤnn mit Baͤumen beſtanden, und ſogar mancher unbewohnte ebene Strich des Binnenlandes weicht nur zum Theil von dieſer Regel ab. In dieſen Ebenen findet man nicht ſelten viele Caſuarina-Baͤume, die durch das eigenthuͤmliche verwelkte Anſehen ihrer ſchlanken Staͤmme und haupfſaͤchlich durch die blaſſe Farbe ihrer hohen, aber duͤnn und ſpaͤrlich nach Oben auslaufenden Kronen unwillkuͤhrlich die Ueberzeugung von Duͤrftigkeit des Wachsthumes erwecken. Guͤnſtig das gegen iſt der Eindruck, den die Gebang-Palme (Corypha Gebanga) macht, deren Blaͤtterreichthum und lebhaftes Grün in den weniger trockenen Thaͤlern und an waſſerrei— chen Bergabhaͤngen, wie auch haͤufig auf dem angeſchwemm— ten Boden in der Naͤhe des Meeresſtrandes, ausgebreitete Waͤlder bildet. Um die Vegetation des weſtlichen Theiles von Timor mit einigen lichten Strichen zu ſkizziren, bediene ich mich der Ausſage des Hrn. Spanoghe, welcher während der drei Jahre, wo er Reſident auf Koͤpang war, ſich mit der Pflanzenkunde eifrig beſchaͤftigt hat. Im Allgemeinen kann man in Bezug auf Timor behaupten, daß die Legu— minosae die reichſte daſelbſt vorkommende Familie ausma— chen. Auf dieſe folgen die Malvaceae und Euphorbia- ceae; auch find die Urticeae und Convolvulaceae hier in vielen Arten und Gattungen vorhanden; dagegen iſt die Inſel ſehr arm an Farrenkraͤutern und Orchideae und im Ganzen an allen Pflanzen, die zu ihrem Wachs thume viel Feuchtigkeit erfordern. Da nun das Pflanzenreich einen ſo großen Einfluß auf die animaliſche Schöpfung ausuͤbt, oder aber, da dieſe mit— telbar oder unmittelbar ſo ſehr von jener abhaͤngt, ſo laͤßt ſich aus dieſen wenigen Angaben bereits von ſelbſt folgern, daß Timor bei ſeiner nicht ſehr fruchtbaren Beſchaffenheit auch verhaͤltnißmaͤßig arm an Voͤgeln und Saͤugethieren ſeyn muͤſſe. Waͤhrend eines dreizehnmonatlichen Aufent— haltes auf dieſer Inſel und ungeachtet vieler Jagdzuͤge in verſchiedenen Richtungen bis tief in das Innere der In— ſel, die wir unternommen haben, ſind mir aus der letz— teren Thierelaſſe nur einundzwanzig Arten vorgekommen, meiſtentheils aus Chiroptera beſtehend. Timor beſitzt keine Edentata und aus den übrigen Ordnungen fin— det man, mit Ausnahme derjenigen der Chiroptera, ge: meiniglich nur eine oder hoͤchſtens zwei Arten. Das gröfte Saͤugethier dieſer Inſel iſt Cervus moluccensis und nach dieſem ein wildes Schwein, welches mit Sus vittatus von Java und Sumatra ſehr nahe verwandt iſt. Die Marsupialia werden hier einzig und allein durch Phalan- gista cavifrons repraͤſentirt, während als oͤſtlichſter Graͤnz— 280 bewohner feiner Familie Cercopithecus eynomolgus da: ſelbſt erſcheint. Von Nagethieren fanden wir auf dieſer Inſel allein den fo weit verbreiteten Mus decumanus, doch keine Spur von Stachelſchweinen und auch ſelbſt kein einziges Eichhoͤrnchen. Ebenſo iſt auch die Zahl der Raub— thiere ſehr gering. Alles, was wir daſelbſt aus dieſer Ab— theilung wahrnahmen, beſchraͤnkt ſich, außer einer Spitz— maus, auf Paradoxurus Musanga und eine kleine noch unbeſchriebene Katzenart Felis megalotis), welche beide Thiere noch uͤberdieß ziemlich ſelten zu ſeyn ſcheinen. Ti— mor beſitzt deßhalb eben ſo wenig, als die Molucken, weder Tiger, noch Panther, noch wilde Hunde, noch irgend ein anderes, welchen Namen es auch haben moͤge, großes Raubthier. Eine aͤhnliche, wo nicht noch groͤßere, Armuth an Saͤugethieren herrſcht auch auf den übrigen Inſeln der Ti- morſchen Gruppe. Die meiſten derſelben ſind zwar noch nicht wiſſenſchaftlich unterſucht; aber aus den Nachrichten Euros paͤiſcher Seefahrer und inlaͤndiſcher Kaufleute laͤßt ſich ab— nehmen, daß die Zahl der Thiere dieſer Gruppe im Allge— meinen hoͤchſt gering iſt. Selbſt die lange Inſelreihe, wel— che ſich auf ziemlich gleicher Polhoͤhe von Timor bis Java erſtreckt, ſcheint in dieſer Hinſicht keine erwaͤhnenswerthe Ausnahme zu machen. Wilde Schweine und Hirſche, Chi- roptera, die obenerwaͤhnte Cercopithecus-Art, nebſt eis nigen kleinen Raubthieren der Gattungen Paradoxurus und Viverra duͤrften vermuthlich auch hier den Haupttheil der Fauna aus der Claſſe der Saͤugethiere bilden. Hin— ſichtlich ihrer phofifhen Beſchaffenheit machen dieſe Inſeln einen ſtufenweiſen Uebergang von dem ſich theil veiſe fo wild und duͤrr dem Auge darbietenden Timor bis zum fruchtba— ren und uͤberail ſo uͤppig bluͤhenden Java. Faſt alle beſte— hen aus mehr oder weniger Hochland; einige derſelben beſiz— zen große kegelfoͤrmige Berge, aus deren rauchenden Gipfeln von Zeit zu Zeit verwuͤſtende Ausbruͤche erfolgen, wodurch unter andern im Jahr 1815 derjenige des Berges Gunung Tamboro auf Sumbawa ſich auf eine ſo ſchreckliche Weiſe berühmt gemacht hat. (Ob noch eine Fortſetzung zu erwar— ten iſt, geht aus dem 1ften Hefte der „Verhandelingen“ nicht hervor.) Miscellen. Ueber die aus der relativen Lage des Meeres ge: gen die Continente entſtehenden Unterſchiede in den meteorologiſchen Verhaͤltniſſen der Oſtkuͤſte Nord— america's oder Weſtkuͤſte der alten Welt, hat Hr. Do⸗ ve der K. Academie der Wiſſenſchaften zu Berlin eine Abhandlung vorgeleſen: Die unſymmetriſche Vertheilung des Feſten und Flüͤſſi— gen an der Oberflache der Erde wird ziemlich allgemein als Grund der Erſcheinung anerkannt, daß die klimatologiſchen Verhaͤltniſſe eines Ortes nicht allein durch ſeine geographiſche Breite und Hoͤhe beſtimmt werden, ſondern auch von feiner geographiſchen Laͤnge abhaͤngen. Dieſer Einfluß der geographiſchen Laͤnge kann aber nur durch Gegenſaͤtze hervorgerufen werden, die in Oſt und Weſt ein— ander gegenuͤber liegen; er wird am erſten anerkannt werden durch Vergleichung der Orte, fuͤr welche die Lage dieſer Gegenſaͤtze die umgekehrte iſt. Erſcheinungen, welche an ſolchen Orten dieſelben Geſetze befolgen, erweiſen ſich dadurch als unabhaͤngig von jenen Verhaͤltniſſen, die hingegen, welche entgegengeſetzt ausfallen, als 281 dadurch bedingt. Uebereinſtimmend zu beiden Seiten des At!antt— ſchen Occaus find unter gleicher geographiſcher Breite im jahrli— chen Mittel: 1) Die mittlere vorwaltend ſudweſtliche Windrich⸗ tung. unter 78 Beobachtungs⸗Stationen gaben 54 dieſelbe. 2) Die Vertheilung des Druckes und der Wärme in der Windroſe des Jahres. Daß auch hier der Nordoſtwind der ſchwerſte und kaͤl— tefte Wind iſt, giebt einen ſchoͤnen Beleg dafür, daß er ein nur durch die Notation der Erde modiſicirter Nordwind ſey. 3) Das Drebungsgefeg in feinen Folgen für die Bewegung des Barometers und Thermometers. Das Thermometer ſteigt mit weſtlichen Win— den, fällt mit oͤſtlichen, während das Barometer bei jenen fällt, bei dieſen ſteigt, und zwar mit noch größerer Regelmaͤßigkeit, als in Europa, 4) Die Wirbelbewegung der Stürme. Die von Hrn. Dove bereits im Jahre 1828 (in einer Abhandlung über barome— triſche Minima in Ppoggendorff's Annalen der Phyſik, Bd. 13. S. 596) näher eroͤrterte Thattache, daß alle Stürme Wirbel im Großen find, und der eben daſelbſt (S. 598) ausgeſprochene Satz, daß die Drehung in dieſem Wirbel auf der Sudhalfte der Erde in entgegengeſetzter Richtung geſchehe, Beides iſt durch die von Redfield an der Americanıfben Kuͤſte geſammelten Belege, theils durch den Oberſten Reid in ſeinem Werke: On the Laws of Storms, fo wie durch die Beobachtungen Dumont d'Ur— ville's vollkommen betätigt worden. Unter allen dieſen ſeither bekannt gewordenen Arbeiten findet ſich aber kein ſo ſpeciell unter— ſuchter Fall, als der vom Verfaſſer eroͤrterte Sturm vom 24 De— cember 1821 in Europa. Die Unabhaͤngigkeit der Erſcheinung von 282 der geographiſchen Laͤnge iſt alfo jetzt für die noͤrdliche und ſuͤdliche Halbkugel erwieſen. 5) Die Vertheilung der Regen in der jährti⸗ chen Periode. Wie es nämlich der Verfaſſer fruher für das füds liche Europa nachgewieſen hat, fo zeigt die Regenmenge auch in America in der Breite des Mittellaͤndiſchen Meeres zwei maxime, im Frühling und Herbſt, die weiter noͤrdlich in ein Sommer- ma- ximum zuſammenfallen. In America ift aber das erſtere das bedeutendſte, in Europa das letzter e. — Entgegengeſetzt find dagegen folgende Erſcheinungen: 1) Die in Europa im Winter auf S.W. fallende mittlere Windesrichtung wird nach dem Som⸗ mer hinuber nördlicher; in America hingegen die nordweſtliche Richtung im Winter mehr ſuͤdweſtlich, als im Sommer. 2) Der Kaͤltepol der Windroſe fällt in Europa im Winter auf die N. O. - Seite, im Sommer auf die N. W.⸗Scite. 3) Die größte Regen—⸗ menge faͤllt in Europa mit weſtlichen Winden, in America mit oͤſtlichen. Ueberhaupt iſt die größte Trübung in America bei dftlis chen Winden, waͤhrend weſtliche Winde die aufheiternden ſind. In Europa findet das Umgekehrte ſtatt. 4) Die Regenmenge nimmt in America ab von Oſten nach Weſten, in Europa von W. nach O., in beiden Erdtheilen alfo mit der Entfernung von der Küfte, 5) Damit ubereinſtimmend find die mehr dem continentalen oder dem See-Clima ſich näbernden Witterungsverhaͤltniſſe. (B. N.) Ein Hirſch von Java und zwei Weibchen von Cer- vus axis ſind in der Pariſer Menagerie zuſammengebracht worden; erſterer hat ſie befruchtet. Es iſt dieß ein nicht unwichti⸗ ges Factum in Beziehung auf die Characteriſtik der Arten. eee eee Ueber die Hundswuth und deren Uebertragung hat Herr Profeſſor Breſchet der Academie der Wiſſen— ſchaften zu Paris jetzt erſt eine Reihe von Unterſuchungen mitgetheilt, die er vor ſchon geraumer Zeit mit Dupup: tren angeſtellt hat und welche allerdings hoͤchſt belehrend ſind. Es giebt Affectionen, welche gewiſſen Thieren eigens thuͤmlich find und ſich nicht ſpontan in andern entwickeln. So gehoͤrt die Wuth dem genus Canis an und ganz beſonders dem Hunde. (Doch ſollen, den Ausſagen einiger Reiſenden zufolge, die Hunde in Aegypten nie wuͤthend wer— den.) Von der Art Hund wird die Krankheit gewohnlich auf andere Saͤugethiere und ſelbſt auf den Menſchen uͤber— tragen. Die Wuth iſt bei Menſchen niemals ſpontan entſtan— den und kann weder aus dem Einfluſſe hygieniſcher Um— ſtaͤnde, noch moraliſcher Affectionen entſpringen; immer hat Inoculation ſtatt. Nur weil man den Unterfchied nicht ges hoͤrig feſtgeſtellt hat, welcher zwiſchen den Nervenaffectionen, wo man Abſcheu vor Fluͤſſigkeit, Schwierigkeit des Schluf: kens ꝛc. beobachtet, und der mitgetheilten Wuth obwaltet, hat man Waſſerſcheu und eigentliche Wuth (Hundes: wuth) miteinander verwechſelt. In der letzteren Affection iſt die Kunſt ungluͤcklicherweiſe immer ohnmaͤchtig, während die ſymptomatiſche Waſſerſcheu der bösartigen hydrophobi— ſchen Fieber (fievres hydrophobiques pernicieuses); z. E., nur zufällig toͤdtlich iſt. Nachdem Herr Breſchet dieſe Thatſache diſcutirt hat, geht er zu den Experimenten Über, welche die Ueber— tragung der Wuth vom Menſchen auf den Hund beweiſen. Von einem an der Hundswuth ſterbenden Menſchen ſam— melten die Herren Breſchet und Magendie eine hin— laͤngliche Quantität ſchaumigen Speichels und brachten ihn unter die Ruͤckenhaut eines Hundes. Achtunddreißig Tage nach dieſer Inoculation wurde das Thier von der heftigſten Hundswuth befallen; man ließ mehrere andere Hunde durch daſſelbe beißen, und alle wurden nacheinander wuͤthend. In dieſen Uebertragungen zeigte und entwickelte die Krank: heit ſich nur ſchwer, oder zeigte ſich nicht mehr, wenn das anſteckende Princip ſchon durch drei oder vier Tyiere hin⸗ durchgegangen war und meiſtens durch drei. Wenn dieſe Thatſache auch durch andere Erperimentatoren beftätigt wird, fo wird fie von hohem Intereſſe ſeyn, denn fie würde beweiſen, daß die Gifte an Kraft abnehmen und ihre toͤdt— lichen Eigenſchaften verlieren, indem ſie hintereinander von einem Individuum auf mehrere andere Individuen über: gehen. Herr Breſchet hat unter dieſen Umſtaͤnden beobach— ten koͤnnen, daß in den meiſten Fällen die Wuth ſich zwi— ſchen dem zwanzigſten und dreißiaſten Tage nach dem Biſſe entwickelt; aber in mehreren Faͤllen hat er ſie erſt nach Verfluß des dritten Monats ſich zeigen geſehen. Bei meb+ reren wuͤthig gewordenen Hunden fehlte die Waſſerſcheu bis zu dem Grade, daß die Tiere mit Gier das Waſſer trans ken, was man ihnen vorhielt oder in den Rachen gos, was unwiderſprechlich beweiſet, daß Wuth und Waſſerſcheu zwei ganz verſchiedene und voneinander getrennte Dinge ſind. Herr Breſchet hat auch durch Experimente die Ue— bertragung der Muth von fleiſchfreſſenden Thieren auf ver getabilienfreſſende dargetban. Er ließ einen großgewachſenen Eſel von einem wuͤthenden Hunde beißen, und nach drei Wo⸗ chen zeigte das einhufige Thier alle Symptome der Krank- heit im hoͤchſten Grade. Ein ähnliches Experiment mit 283 Pferden gab daſſelbe Reſultat, ausgenommen, daß die A fection weniger intenſiv war Wahrend der Dauer der Wath der Eiahufer, und be: ſonders des Eſels, ſammelte Herr Breſchet ſchaumigen Speichel aus dem Maule dieſer Thiere, und dieſer Geifer, unter die Haut mehrerer Hunde eingebracht, veranlaßte bei ihnen, nach einer Incubation von fuͤnfundzwanzig bis vier— zig Tagen, alle Zufaͤlle der Wuth. Dieſer Verſuch, an mehreren Hunden und mit demſelben Reſultate angeſtellt, ſcheint wegen Uebertragung der Wuth von Herdivoren auf Carnivoren keinen Zweifel zu geſtatten: ein Umſtand, den die Veterinaͤraͤrzte bisher geläu,net haben. Schaumiger Speichel von wuͤthig gewordenen Hun: den wurde unter die Haut von Kaninchen, Meerſchwein— chen ꝛc. gebracht, und faſt immer ſtarben dieſe Thiere nach kurzer Zeit, ohne daß man jedoch bei ihnen die characteri— ſtiſchen Symptome der Wuth hätte conſtatiren können. Aehnliche Verſuche, mit Voͤgeln verſchiedener Ordnun— gen, z. E, huͤhnerartigen, Schwimmvoͤgeln, Raben, Raub: voͤgeln, angeſtellt, gaben hinſichtlich der Wutherſcheinungen ne— gative Reſultate; inzwiſchen ſtarben dieſe Voͤgel ſchnell, waͤh— rend andere, denen man dieſelben Wunden, jedoch ohne Inoculation, beibraht‘, am Leben blieben. Sollte wohl das Blut in der Wuth veraͤndert werden? Herr Breſchet antwortet auf dieſe Frage mit folgendem Erperimente: „Mehreremale,“ ſagt er, „habe ich Trans; fuſion des Blutes, das Blut eines wuͤthigen Hundes in das Circulations-Syſtem eines geſunden Hundes gelangen zu laſſen, verſucht; aber da die Operation delicat, ſchwierig und beſonders gefaͤhrlich iſt, fo habe ich, ſtatt die Trans— fuſion ſelbſt zu machen, mich ſpaͤter darauf beſchraͤnkt, durch einen Aberlaß Blut von einem wuͤthenden Thiere zu erlangen und dieß, mit etwas lauem Waſſer verdünnt, in eine Vene eines gefunden Thieres ein zuſpri zen In allen dieſen Experimenten iſt es mir nie gelungen, die Entwicke— lung der Wuth zu veranlaſſen, obgleich die Verſuche mehre— remale wiederholt wurden. Wei en dieſe letzten Verſuche nicht darauf hin, daß der Speichel allein die noͤthigen Bedingun— gen gewaͤhrt, um die Krankheit zu uͤbertragen. Dieſer Speichel iſt wirklich eine alterirte Fluͤſſigkeit, eine Fluͤſſiskeit in einem krankhaften Zuſtande, oder vielmehr das Vehikel eines toͤdtlichen Peinclps, eines neuabgeſonderten wahren Wutbgiftes, deſſen Natur uns aber bis jetzt völlig unbe— kannt iſt. Die Wuth iſt daher eine giftig anſteckende Krank: heit und nicht die Wirkung einer moraliſchen Affe tion. Ueber Entſtehung des Venenkrebſes und Uebertra— gung des Carcinoms auf Thiere. Ben Dr, B., d a n g e n be ck Cruveilhier und Carswehl haben gezeigt, daß Krebsgewebe innerhalb der Venen keinesweges ſo ſelten vor— koͤmmt. Cruveilhier geht ſogar ſo weit, zu behaupten, daß der Krebs ſich ſtets im venoͤſen Capillargefaͤßſyſteme entwickele. Unrichtig iſt es, wenn er behauptet, die Zellen des Alveolarkrebſes ſeyen durch Krebsmaſſen ausgedehnte 284 Venen; ſie ſind vielmehr die ſchon zur voͤlligen Entwickelung gelan ten Carcinomzellen, deren feſte und membranoͤſe Zellen— waͤnde miteinander vrwachfen find, zwiſchen welchen die unveraͤnderten Blutgef iße der Geſchwulſt verlaufen. Bei Entwickelung des Krebsgewebes innerhalb der Venen werden dieſe auch keinesweges ausgedehnt, ſondern ſie werden in Krebsgewede umgewandelt. Alte und bereits exulcerirte Cärcinome koͤnnen Über die Entwickelung derſelben keine Auskunft geben. Die Unterſuchung ganz junger Carcinome, welche mit unbewaffnetem Auge noch kaum ſichtbar find, zeigt, daß die Venen keinesweges der ausſchließliche Sitz des Carcinomes find; ohne die Möglichkeit zu beſtreiten, daß Carcinom primär im Capillargefaͤßſyſteme ſich entwickeln koͤnne, war der Verfaſſer doch in keinem Falle von Carcinom, das ſich primaͤr in einem Organe entwickelt hatte, im Stande, Krebsmaſſen in den Blutgefaͤßen des krebſigen Theiles auf— zufinden; wo dieß moͤglich iſt, da iſt es wohl immer etwas Secundaͤres. So wenig ſich erweiſen laͤßt, daß bei'm primaͤren Krebſe das venoͤſe Capillargefaͤßſyſtem der Ausgangspunct des Ue— bels ſey, um fo häufiger iſt dieſes als der Entwickelungs— heerd aller ſecundaͤren Garcinome anzuſehen. Die Art, wie Krebsmaſſen in die Venen gelangen, iſt nicht dadurch zu erklaͤren, daß die Venenwaͤnde krebſig dege— neriren, ſie iſt ferner auch nicht in die Hoͤhlung der Venen von einer Krebsgeſchwulſt aus hineingewuchert, (denn es fand ſich bei einem Magenkrebſe der Stamm der vena ga- stroepiploica dextra mit Krebsmaſſen gefüllt, wahrend deren Aeſte keine Krebsmuffen enthielten). Es konnten aber auch endlich losgeſtoßene Fragmente eines Carcinoms in die durch Ulceration geöffneten Venen gelangt ſeyn und ſich an einer Stelle angehaͤuft haben, oder es konnte Krebsſaft durch die unverletzten Gefaͤßwandungen in die Vene aufgenommen ſeyn, wobei man wegen der öfter vorkommenden Verwach— fung der Krebsmaſſen mit den Venenwaͤnden eine fecundäre Entzündung der Venenwaͤnde mit plaftifcher Exſudation an— nehmen muß. Der Grund, warum die Krebsmaſſen bis— weilen frei in der Vene liegen, bisweilen leicht mit der in— nern Venenwand verklebt, bisweilen mit dieſer in eine Krebsmaſſe umgewandelt waren, blieb lange unklar, bis ſich der Verf. in zwei Faͤllen von beginnendem Carcinome der Lungen, welches ſecundaͤr nach carcinoma uteri entftan= den war, uͤberzeugte, daß die Entwickelung des Venenkreb— ſes auf der merkwuͤrdigen Eigenſchaft der feinſten Krebsmo— lecuͤle, der microſcopiſchen Carcinomzellen, beruhe, ſich zu Krebsgeſchwuͤlſten fort zu entwickeln, ſelbſt wenn ſie voͤllig iſolirt und ohne allen organiſchen Zuſammenhang miteinan— der in den Kreislauf gelangen. Die von Schleiden und Schwann erwieſene Uebereinſtimmung in der Entwickelung der thieriſchen und pflanzlichen Gewebe durch die Zellenbil— dung, welche Müller auch bei Krankheitsgebilden nachge— wieſen hat, gewinnt noch durch die Thatſache, daß die Keimzellen einer Krebsgeſchwulſt, einzeln in die Saͤftemaſſe gebracht, oder zufaͤllig in den Kreislauf gelangt, ſich in ir— gend einem Theile des Capillargefaͤßſyſtems ſelbſtſtaͤndig zu Carcinomen entwickeln koͤnnen, ganz ſo, wie bei den niedern 285 Pflanzen, jede von der Pflanze losgetreante Zelle ſich ſelbſt— ſtaͤndig fortzupflanzen vermag. Die Krebszellen ſcheinen auf dreifache Weiſe in den Kreislauf gelangen zu koͤnnen: 1. durch Erzeugung und Entwickelung im Blute und Circuliren mit demf !ben, bis die Krebszellen, wegen ihrer Groͤße, in irgend einem Theile des Capillargefaͤß yſtems haften und ſich zur Krebsgeſchwulſt entwickeln (dieß erſcheint dem Verfaſſer, nach microſcopi— ſchen Beobachtungen uͤber das Blut Krebskranker, moͤglich); 2. ein Carcinom bildet ſich in einem Organe, die Venen oder Lymphgefäße nehmen den als Keimſtoff anzuſehenden eigenthuͤmlichen Krebsſaft aus dieſem Careinom auf und führen ihn in die Blutmaſſe über; hier entwickeln ſich die Carcinom ellen, und es entſtehen fecundäre Careinome der Leber und der Lunge; 5. bei ſchon exulcerirtem Krebſe eines Organes werden Venen oder Lymphgefaͤße durch den ÜUlcera— tionsproceß zerſtoͤrt, Toeilchen des Careinoms, Zellenkerne oder junge Zellen treten in die durch Ulceration geöffneten Venen oder Lymphgefaͤße ein, gelangen zum rechten Herzen und ſetzen ſich hier, oder im ductus thoracicus, oder im Capillarſyſteme der Lungen (bei Carcinom der Daͤrme im Capillarſyſteme der Leber) feſt und entwickeln ſich, nach dem Geſetze des Zellenwachstz ums, zu Kredsgeſchwuͤlſten. Die Zerſtoͤrung der Blutgefaͤße eines carcinomatoͤſen Theiles be— trifft hauptſaͤchlich die Venen; die Arterien ſchließen ſich durch ihre Contractilitaͤt; die Venen bleiben offen; fie enthalten Eiter und ſind verdickt; in Folge der Blutbewegung gegen das Herz hin entſteht eine aſpirirende Wirkung, und es drin— gen alle fluͤſſigen, ſogar ausnehmend dickfluͤſſigen Subſtanzen in die geoͤffneten Venen ein und koͤnnen ſo in den Kreislauf gelangen. aufgenommen, und das Merkwuͤrdige iſt, daß ſolche durch den Exulcerationsproceß losgeſtoßene Molecuͤle des Garcinoms ihres individurllen Lebens und ihrer ſelbſtſtaͤndigen Entwicke— lungsfaͤhigkeit nicht beraubt ſind, ſondern ſich innerhalb der Capillargefaͤße entfernter Organe zu neuen Garcinomen ent— wickeln, die anfangs frei liegen, bald aber mit den Venen— waͤnden verwachſen, durch dieſelben hindurchwuchern und die Form der ſogenannten carcinomatöfen Tuberkeln darſtellen; bei Aufnahme größerer Agglomerate von Krebsſubſtanz ent— wickelt ſich das ſecundaͤre Careinom in einem groͤßern, oft nahen Venenſtamm. Zwei Faͤlle bewieſen dem Verfaſſer zur Evidenz, daß junge Zellen oder vielleicht nur Zellenkerne eines Careinoms, ſobald ſie in den Kreislauf gelangen, und wegen ihres be— traͤchtlichen Durchmeſſers in den Capillargefaßen ſtecken blei— ben, ſich innerhalb dieſer Gefäße felbitftändig fortentwickeln koͤnnen. Beide waren Gareinome des uterus. In dem einen Falle war faſt der ganze uterus durch den Exulcera— tionsproceß geſchwunden, und es hatte ſich zu gleicher Zeit eine fistula recto vaginalis gebildet. In dem andern war nur der cervix uteri durch das Carcinom zerſtoͤrt und in ein uleus mit callöfen Rindern umgewandelt worden. An beiden Leichen fand der Verfaſſer in den Uterin- und Beckenvenen gelblichrothe, koͤrnige Gerinnſel, die matieres cancereuses Cruveilhier's, beſtehend aus weichen Fi— So werden auch losgeſtoßene Careinompartikeln u 6 286 brin: coagulis, Eiterkoͤrpern und kleinen Carcinomzellen, im Durchmeſſer doppelt ſo groß wie Eiterkoͤrper. Die Haupt— maſſe der Gerinnſel, bildeten aber ſehr kleine laͤnglichrunde, durchſichtige Koͤrnchen, halb fo groß, wie Blutkoͤrper, und dem feinkoͤrnigen Stoffe, welcher ſich in den einfachen mikro— ſcopiſchen Carcinomzellen vorfindet, in jeder Beziehung glei— chend; fo daß der Verf. fie nur für den freigewordenen ns halt zerſtoͤrter Garcinomzellen halten konnte. Die venae iliacae, vena cava inferior und rechtes Herz waren von dunkelem, flüffigem Blute maͤßig angefült, In dem Blute der genannten Venen fand der Verf. hin und wieder unter dem Mikroſcope koͤrnige Zellen mit ſehr deutlichem gefärbten Zellenkerne der Wandung und eine Menge jener feinen Körnchen, welche die Hauptmaſſe der coazula in den venis hypogastricis bildeten. Im Blute des rech— ten Herzens fand der Verf. mit bloßen Augen ſichtbare, gelblichrothe, weiche ecoagula beſtebend aus denfeiben m— kroſcopiſchen Elementen, wie die coagula der Beckenvenen. Indem der Verf. von dem rechten Herzen aus die art. pul- monalis öffnete, fand er darin dieſelben roͤthlichgelben, koͤr— nigen coagula, wie in den Beckenvenen, nur daß jene um Vieles feſter erſchienen und in den feineren Zweigen der art. pulmonalis mit der innern Flaͤche der Gefuͤße hin und wieder deutlich verwachſen waren. In den größeren Aeſten der art, pulmonalis lagen dieſe coagula völlig frei und fuͤllten das lumen der Gefaͤße nur zum Theil; je feiner dagegen die Gefaͤßvertheilung, deſto vollkommener er— ſchien das lumen der Gefaͤße davon ausgefuͤllt, und de— ſto inniger war ihre Verſchmelzung mit den Gefaͤßwaͤn— den. Mikroſcopiſch beſtanden dieſe coagula faſt ganz aus großen Garcinomzellen, von denen die Mehrzahl fünf bis ſechs Mal ſo groß wie Blutkoͤrper erſchien; der Form nach unterſchieden fie ſich durchaus nicht von den Zellen im Krebs— gewebe des uterus. Dieſe coagula in der art. pulmonalis waren entweder Aggle⸗ merate der losgeſtoßenen Theilchen des krebſigen uterus; dagegen ſprach aber die weichere Beſchaffenheit der coagula in den Uterin⸗ venen, welche nirgends mit ihren Waͤnden verwachſen waren und aus viel kleineren Krebszellen beſtanden; oder aber es waren die gongula wahre, in der Entwickelung begriffene Carcinome, in ihrer Form durch die Gefaͤß waͤnde etwas modificirt; für Letztes ſprach die voll⸗ kommnere Bildung der Krebszellen in der art. pulmonalis, ihre Verwachſung mit den Gefäßwänden, der Zuſammenbang oberflach⸗ licher Lungencareinome mit Aeſtchen der art, pulmonalis, während das übrige Lungengewebe normal war, Der Lungenkrebs entwik⸗ kelt ſich wahrſcheinlich meiſtens innerhalb der Aefte der art, pul- monalis aus Krebsmolecuten, die aus einem primären Carcinom in den Venenkreislauf aetangt waren. Deßwegen findet man Lun⸗ genkrebs faſt nie primär. Von Intereſſe war die Unterſuchung, ob Gareinomzellen, in den Kreislauf eines Individuums von verfcicdener Specics ge⸗ bracht, ſich im Capillarſyſteme zu Krebsgeſchwuͤlſten entwickeln würden, Einimpfungen von Krebsjauche find erfolglos. Der Krebsſtoff iſt kein Contagium im gewohnlichen Sinne des Wortes. War aber die Entwickelung von Krebsgeſchwülſten aus einfachen Carcinomzellen richtig, fo war zu vermuthen, das dieſe Zellen als lein ein Contagium darſtellen koͤnnen, welches in der Krebsjauche bereits verändert iſt. Es waren daber Verſuche aufzuſtellen, wobei aus friſch erſtirpirten menſchlichen Careinomen Krebszellen in den Kreislauf von Thieren gebracht wurden. Mehrere Kaninchen, des nen der Verfaſſer Krebeflüffigkeit, aus friſchen Carcinomen ausge- 287 preßt, in die vena jugularis externa oder vena saphena injicirte, ſtarben 12 bis 24 Stunden nach dem Verſuche unter Reſpirations— beſchwerden, wahrſcheinlich durch Obſtruction der Lungencapillarge— faͤße. Erfolgreich war aber der nachſtehende an einem Hunde an— geſtellte Verſuch: „Einem großen, ſtarken, zweijaͤhrigen Hunde oͤffnete ich am 8. Ju— ni d. J., in Beiſeyn mehrerer meiner Zuhoͤrer, die art. femoralis linker Seite und entzog daraus etwa acht Unzen Blut, das ich durch Schlagen vom Faſerſtoffe befreite. Aus einem enormen carcinoma me- dullare humeri, welches 25 Stunde vorher von einem jungen Manne durch exarticulatio humeri entfernt worden, entnahm ich durch Schaben mit dem Meſſer etwa eine halbe Unze weißlichten Krebs— ſaftes, wie er in dieſer Geſchwulſt in ausnehmend großer Menge vorhanden war. Der erarticulirte humerus war um dieſe Zeit noch nicht voͤllig erkaltet. Den gewonnenen Krebsſaft, welcher fluͤſſig wie dünner Rahm, und von Stuͤcken der Geſchwulſt ſorgfaͤltig ge— reinigt war, mengte ich mit dem von Faſerſtoff befreiten Blute und injicirte dieſes in die vena femoralis derſelben Extremitaͤt. Gleich nach der Injection reſpirirte das Thier etwas muͤhſam; doch verlor ſich dieſes ſchon nach wenigen Stunden. Am zweiten Tage nach dem Verſuche erſchien der Hund krank und fieberte, ohne daß jedoch eine bevorſtehende Affection der Reſpirationsorgane zu be— merken war. Acht Tage danach befand er ſich vollkommen wohl. Einige Zeit darauf begann das Thier, bei ſtarker Freßbegier, voll— kommen abzumagern. Am 10. Auguſt toͤdtete ich daſſelbe mittelſt Durchſchneidung der medulla oblongata und unterſuchte die Leiche in Gegenwart derſelben Herren, die dem erſten Verſuche beige— wohnt hatten. Bei Eroͤffnung des thorax fanden wir beide Lun— gen von normalem Anſehen und anſcheinend nicht krankhaft veraͤn— dert. Indeſſen zeigten ſich auf der vordern Flaͤche des obern rech— ten und linken Lungenlappens je zwei bis drei blaͤulichtklare, plattrunde Geſchwuͤlſte von dem Umfange einer Linſe, die den jun— gen Carcinomen in der menſchlichen Lunge, deren ich oben Erwaͤh— nung that, auffallend aͤhnlich waren und unter dem Mikroſcope die Textur des Earcinoms wahrnehmen ließen. In der Subſtanz des mittleren Lungenlappens der linken Seite befand ſich eine groͤßere, hart anzufühlende, circumſcriptrunde Geſchwulſt von dem Umfange einer ſtarken Feldbohne. Die Lungenſubſtanz in der naͤchſten Um— gebung dieſer Geſchwulſt zeigt ſich voͤllig normal. Auf der Durch— ſchnittsflaͤche bot dieſe Geſchwulſt alle Charactere eines carcinoma— toͤſen Tuberkels dar; ſie beſtand aus einer harten, gleichmaͤßigen blaͤulichtklaren Subſtanz, in welcher hin und wieder Blutpuncte ſichtbar waren, die unter dem Mikroſcope als Capillargefaͤßconvolute erſchienen. Da nun dieſe Geſchwulſt ein beſtimmtes, eigenthuͤmli— ches Gewebe beſaß und durch Blutgefäße organifirt war, fo konnte fie unmöglich, ein bloßes Aggregat der in das Blut injicirten Krebsmolecuͤlen ſeyn, ſondern mußte, wenn ſie carcinomatoͤſer Na— tur war, durch Wachsthum und Fortentwickelung dieſer Krebsmo— lecuͤlen entſtanden ſeyn. Die mikroſcopiſche Unterſuchung, welche ich an der ganz friſchen Geſchwulſt anſtellte, ließ uͤber ihre carci— nomatöfe Natur keinen Zweifel übrig Sie beſtand aus ſehr ſtar— ken, klaren, ſaftigen Faſern von der Dicke der primitiven Muskel— faſern; zwiſchen ihnen fanden ſich dicht an einander gelagerte Zel— len von 135‘ Durchmeſſer. In dem klaren Safte, der ſich aus der Geſchwulſt auspreſſen ließ, fanden ſich kleinere Zellen, theils 288 von der Größe der Blutkoͤrper, theils nur halb fo groß wie dieſe. Außerdem enthielt ſie eine Menge Fett, welches in der Form weißlicher Fetttropfen unter dem Miekroſcope erſchien. Dieſelben mikroſcopiſchen Elemente befanden ſich in dem car- cinoma medullare des humerus, von welchem der injicirte Krebs— ſaft entnommen war, und die Aehnlichkeit in der Structur bei— der Geſchwuͤlſte laͤßt ſich nicht verkennen, ſobald man die Ab— bildungen mit einander vergleicht. Das Carcigom in der Lunge des Hundes unterſchied ſich nur von dem des humerus am Men— ſchen durch feine größere Härte, durch ſtaͤrkere Faſern, und durch hin und wieder ſich vorfindende große dunkele, körnige Zellen mit deutlichem gelblichten Zellenkerne, wie ich fie fo haͤufig im scirrhus innerer Organe, aber nie im Markſchwamme fand. Dieſe Krebs— zellen ſchienen demnach eine neue Entwickelung aus der injicirten Maſſe zu ſeyn, und ſprechen, wie mir ſcheint, wiederum dafuͤr, daß der Markſchwamm und der harte Krebs nur verſchiedene For— men eines Grunduͤbels find, und in einander übergehen koͤnnen. (Schmidt's Jahrbuͤcher. Band XXV. 1840 No. 1.) Miscellen. Eine Exſtirpation des ute rus iſt von Herrn Harris ſon mit Gluͤck bei einer Frau ausgefuͤhrt worden, welche fruͤher an prolapsus uteri und feit fünf Jahren, in Folge einer Ent: bindung an inversio uteri litt und in einen hectiſchen Zuſtand verfallen war. Die Operation wurde mittelſt der Ligatur ausge— führt. Tags darauf klagte Patientin über Schmerz bei'm Urinlaſ— ſen, Empfindlichkeit in der Nabelgegend, Verſtopfung und Erbre— chen. Abends große Unruhe und Empfindlichkeit des Unterleibes. Sie bekam Opium und hatte eine ruhige Nacht. Tags darauf, bei reiner Zunge und regelmaͤßigem Pulſe, klagt ſie doch noch uͤber Schmerz im Unterleibe. Der Urin ging tropfenweiſe ab. Die Verſtopfung wurde durch ein Clyſtir gehoben; das Gefühl in der Geſchwulſt iſt verſchwunden; gegen den uͤbeln Geruch derſelben Chlorkalkwaſchungen. Am vierten Tage wurde die Ligatur feſter zugezogen, wodurch wieder etwas ſtaͤrkere Schmerzen erregt wur— den. Alle Abende Opium; am Tage ein Clyſtir; allmaͤlig ſchwoll die Geſchwulſt betraͤchtlich an; der Urin ging fortwaͤhrend tropfen— weiſe ab. Am ſiebenten Tage wurde die Ligatur nochmals feſter angezogen, was wiederum Schmerzen verurſachte. Die Frau ver⸗ fiel nun in einen Zuſtand von Erſchoͤpfung und bekam ſchießende Schmerzen gegen die Lenden; es entſtanden Excoriationen der Ge— ſchlechtstheile. Am vierzehnten Tage wurde die Ligatur nochmals feſter gezogen, ebenſo am ſechszehnten, achtzehnten und neunzehn— ten an welchem die Geſchwulſt ſich abloͤſ'te; hierauf beſſerte ſich der Zuſtand, und die Frau kam wieder in den Stand, alle ihre Ge— ſchaͤfte zu verſehen (London med, Gaz. Apr. 1840.) Eine patentirte Cancette von Hrn. William iſt ſo eingerichtet, daß, in Folge eines Druckes, die Klinge aus einem Etui hervorgetrieben wird, um Einſchnitte zu machen, deren Ausdehnung man, durch die verſchiedene Art der Aufziehung der Feder, ſowohl in Beziehung auf Tiefe, als auf Laͤnge der Wunde vorausbeſtim— men kann. Giblio graphische Traité de Meteorologie, ou Physique du Globe. Par J. G. Garnier. 2. Vols. Lille et Paris 1840. 8. M. einem K. Bulletin de la Société linneenne du Nord de la France, Vol. I. No. 1. Juin 1840. Abbeville 1840, 8. Spinal Curvature, its consequences and its cure, illustrated by the History of 33 Cases successfully treated, By John Fin ee i den R. Serny, MD. etc. Illustrated with numerous woodceuts and engravings. London 1840. 8. Résumé analytique des faits de police médicale et des obser- vations de médecine vétérinaire, recueillis dans le departe- ment du Nord en 1839. Par A. B. Loiset, Lille 1840. 8. — ꝗ-t . h— —— Menue Üotizen a u 8 dee m Gebiete der Natur- und Heilkunde, 0 geſammeit und mitgetheilt von dem Ober » Merielnalrathe Frorler z Wamar, und dem Medicinalrathe und Prefeſſer Frerter ja Berlin, No. 327. (Nr. 19. des XV. Bandes.) September 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. rennen Außerordentlicher Erdfall und große gewaltſame Bewegung der Küfte von Culverhole Point, in der Naͤhe von Axmouth. Von Herrn W. D. Conybeare. Die verfloſſene Weihnachtszeit (von 1889) iſt an der mir benachbarten Kuͤſtenlinie durch eine gewaltſame Bewe— gung (convulsion) ausgezeichnet worden, die fo merk— würdig war, in Beſiehung auf Umfang, Groͤße und pitto— reske Veränderungen in der Oberfläche und allgemeinen Con— figuration eines Landſtrichs von wenigſtens einer engliſchen Meile in die Laͤnge und 4 Meile in die Breite (die Pacht: hoͤfe von Dowlands und Groß- und Klein-Bendon einſchlie— ßend), daß ich mir denke, es könne einige Nachricht darüber nicht anders als gern geſehen werden. Obgleich dieſe Con— vulſion nur der geringer geachteten Wirkſamkeit der die Erdſchichten fortwaͤhrend untergrabenden Landquellen zuge— ſchrieben werden kann, ſo hat ſie doch in der Groͤße der durch fie veranlaßten Umwaͤlzungen die Verwuͤſtungen der Erdbeben Calabrien's weit uͤbertroffen und kommt faſt den ungeheuren vulkaniſchen Spalten des Val del Bove an den Seiten des Aetna gleich. Convulſionen ähnlicher Art haben in früheren Jahr— hunderten der ganzen Kuͤſtenſtrecke zwiſchen Lyme und Ax— mouth einen Character von wilden und romantiſch pittores— ken Combinationen von Scenerie eingedruͤckt, der kaum an irgend einer Portion der Britiſchen Kuͤſte ſeines Gleichen hat. Der „undereliſf-- im Suͤdtheile der Inſel Wight zeigt ein anderes Beiſpiel von aͤhnlichen Wirkungen, von der Einwirkung derſelben Urſachen auf Felsarten derſelben geolo— giſchen Formation entſprungen und eine ähnliche Pofition in Beziehung auf die Kuͤſtenlinie einnehmend; jedoch darf man zuverſichtlich behaupten, daß der „undercliff“ des füdöftlichen Devon, dem Maaßſtabe und der pittoresken Wirkung nach bei Weitem die der Inſel Wight uͤbertrifft. Um eine klare Vorſtellung uͤber die Urſachen, welche dieſe Convulſion hervorbrachte, zu geben, wird es noͤthig No. 1427. rn ſeyn, einige Worte uͤber die Natur und Vertheilung der Felſenmaſſen, auf welche ſie gewirkt haben, vorauszuſchicken. Der Strich der Duͤnen, welche ſich laͤngs der Kuͤſte hinzie— hen, traͤgt hier zu oberſt eine Schicht Kreide, welche auf einer Reihe von conſolidirten Sandſteinlagern ruht, mit Saͤumen der unter dem Namen chert bekannten Varietä— ten von Kieſeln abwechſelnd; unterhalb dieſer liegt mehr als hundert Fuß tief lockerer Sand, welcher in der Gegend fox mould genannt wird; dieß Lager gewaͤhrt die Haupt— urſache der fraglichen Störungen, denn es ſaugt alles auf die Oberflaͤche fallende atmoſphaͤriſche Waſſer ein, und da es auf zuruͤckhaltenden Thonlagern, zu der Liasformation ge— hörig, ruht, fo werden dieſe Waſſer hier zuſammengehalten und fließen laͤngs des Randes dieſer Ablagerung in Quellen aus, ſo oft er durch Abrutſchen des Bodens bloßgelegt wird, wie das laͤngs der Steile der Duͤnen, wo ſie in die See hinabſtuͤrzen, nothwendig der Fall iſt. Die ſo herausdringenden Quellen waſchen eine ſehr merkliche Portion der lockeren Ablagerung des fox mould, durch welchen fie fließen, mit aus — und eine ſolche Hand- lung iſt natuͤrlicher Weiſe noch viel verſtaͤrkt durch die un— gewöhnliche Andauer von Regenwetter, wie es in der neue— ſten Zeit geherrſt hat. Indem ſonach ſo betraͤchtliche Porz tionen von fox mould allmaͤlig entfernt werden, langs den Linien, durch welche jene un terirdiſchen Waſſer ihren Lauf gefunden haben, werden die uͤberliegenden Schichten ganz unterminirt zuruͤckbleiben. Und da eine außerordentlich feuchte Jahreszeit, indem ſie das Ganze mit Feuchtigkeit füllt, das Gewicht der obengelegenen Maſſe vermehrt, und da ſie zu gleicher Zeit, wie angegeben, die Stuͤtzen entzieht, fo begreift man leicht, daß Riſſe mit der Zeit gebildet werden und daß der unterminirte Theil der Superstrata in die unterhalb derſelben bereiteten Höhlen einſtürzen wird. Und da ferner die benachbarten Felsmaſſen, ſelbſt da, wo fie nicht vollig unterminirt find, auf einer ſehr nachgiebigen Baſis von Waſſerſand ruhen, fo wird die Bewegung, welche durch das Einfallen einer wirklich TR Strecke ver: 291 anlaßt wird, auc auf eine beträchtlihe Strecke in einer Richtung nach Innen fortgepflanzt werden. Nachdem nun dieſe Urſache Jahrhunderte hindurch ge— wirkt hatte, haben ſie eine Reihe von Dislocationen hervor— gebracht, welche die ganze Seeſeite der Huͤgelreihe auf dieſem Theil der Kuͤſte afficiren. Das Ganze dieſes Binnenraumes bietet die wildeſte Scene von Zerſtoͤrung; Klippen, Knollen und Klumpen, in confuſer Weiſe in eine Reihe von zerbro— chenen Terraſſen zuſammengeworfen, und durch tiefe und dickwaldige Thaͤler geſchieden, eine nach Innen zu ge— wendete Reihe von Kreidefelſen, umfaßt von luxuriiren— den Schirmen von Eſchen und Ulmen, wo nur immer der Abhang einer Wurzel geſtattet, ſich zu fixiren, und den ober— ſten Stand und Hintergrund der Scene bildend und ſich bis auf die Gipfel erſtreckend. Dieſer allgemeine Character herrſcht durch die Unterklippen (undereliffs) von Pinhay, Whitlands, Rouſſedown. Dowland uud Bendon, und die letztere derſelben iſt die Hauptſcene der Convulſion geweſen, welche in der letzten Woche noch neue Zuͤge von ſolcher Groͤße und ſolchem Intereſſe den fruͤher auf der Kuͤſtenreihe vorhandenen hinzugefuͤgt hat. Ich ſchreite nun zu meiner Erzaͤhlung: Am Morgen des Dienstags, 24. December, etwa um drei Uhr Morgens, wurde die Familie des Hrn. Chapple, welcher die Dowlandspachtung inne hat, etwa eine halbe Engl. Meile von dem Anfangspuncte der Zerſtoͤ— rung anfangend, durch ein heftiges, zuſammenbrechendes Ge— raͤuſch beunruhigt. Aber nichts Beſonderes wurde den Tag hindurch bemerkt. Am folgenden Abend aber, etwa um die— ſelbe Stunde, ſtuͤrzten mehrere Arbeiter des Hrn. Ch apple, Bewohner der unter den Ruinen des benachbarten Undercliff gelegenen Haͤuſer, auf den Pachthof mit der Meldung, daß auf dem umliegenden Boden rundherum ſich Spalten oͤffneten, und daß die Mauern ihrer Wohnungen Riſſe bekaͤmen und ſaͤn— ken. — Den folgenden Tag hindurch (Weihnachten) trat ein betraͤchtliches Herabſinken der oberhalb Bendon Undercliff gelegenen Felder ein, welches ſich auf eine Länge von 4 Engl. Meilen erſtreckte, bei einer Tiefe von 100 bis 150 Fuß und einer Breite von mehr als 80 Engl. Ellen (Yards). Zwiſchen dieſer neuen und der fruͤhern Form des Undercliff findet ſich ein langer Streif, welcher Fragmente eines Ruͤ— benfeldes zeigt, und von dem Theile, zu welchem ſie früher gehoͤrten, durch eine tiefe Kluft getrennt iſt, von welcher der Boden von Fragmenten der urfprünglichen Oberflaͤche gebildet iſt, die von geneigten Terraſſen und Columnarmaſſen und tiefen Zwiſchenſpalten in der wildeſten Unordnung zu⸗ ſammengeworfen ſind, ſo daß ſie den Boden faſt durchaus unpaſſirbar machen Der erwaͤhnte iſolirte Streif von Feld iſt zum großen Theile geſpalten und zerriſſen. Die ganze Strecke, welche dieſen heftigen Zerſtoͤrungen unterworfen war, muß bei der maͤßigſten Schätzung auf 4 Engl. Meilen lang und 400 Fuß breit angenommen werden. Der Umfang der Beſchaͤdigung der benachbarten Pachthoͤfe kann leicht nach dieſen Angaben geſchaͤtzt werden, welche aus Furcht vor Ue— bertreibung, wie ich feſt uͤberzeugt bin, ich noch viel zu gering angeſchlagen habe. Das Ganze des benachbarten Undercliff, zwiſchen der neuen Spalte und der See, iſt noch 292 ſehr afficirt durch die Seitenbewegungen, auf welche ich oben hingedeutet habe: Die ganze Oberflaͤche iſt wie ge— runzelt durch neue Wuͤlſte und Furchen und bei jedem Schritte mit neuen Spalten durchzogen; und die ganze Fir nie der Seeklippe hat ganz und gar das Anſehen verändert, welches ſie noch eine Woche zuvor darbot und iſt im Allgemeinen viele Ellen weit vorwaͤrts geſchoben. Eine meꝛkwuͤrdige pyramidaliſche Klippe, ſeitlich von Culverhole Point, welche noch vor Kurzem ein auffallendes Wahrzei— chen des Landes abgab, iſt von einer Hoͤhe von 100 Fuß auf 20 Fuß hinabgeſunken, und die Hauptklippe, vor— mals mehr als 50 Fuß entfernt von der iſolirten Klippe, iſt jetzt ganz in die Naͤhe verſetzt. Dieſe Bewegung der Seeklippe hat eine anderweitige Wirkung hervorgebracht, welche unter die auffallendſten Erſcheinungen dieſer Cataſtrophe gehoͤren moͤchte. Der ſo verurſachte Seitendruck hat die be— nachbarten strata, welche ſich bis unter die obern flachen Steine des Ufers erſtrecken, durch ihren Zuſtand von unnatarlicher Verdichtung veranlaßt, nach Oben zu in einer mit der Kuͤſte parallelen Linie zu berſten; ſo iſt es, daß ein erhabener Ruͤk— ken, mehr als eine Engl. Meile lang und mehr als 40 Fuß anſteigend, bedeckt von einer verwirrten Anhaͤufung zer— brochener Schichten und ungeheurer Felsbloͤcke, mit Seegras und Corallinen bekleidet und mit Muſcheln, Seeſternen und andern Producten der Meerestiefe, ein weit ſich erſtreckendes Riff vor der gegenwaͤrtigen Reihe der Klippe bildet: daſſelbe endigt an ſeinem oͤſtlichen und weſtlichen Ende in zwei tiefe Waſſerbecken. Das weſtliche dieſer Becken iſt von dem aͤu— ßerſten Arme dieſes neuen Riffes umgeben, ſo daß es faſt dem „Cobb“ zu Lyme gleicht, welcher jedoch groͤßeren Um— fang hat. Die Sonderbarkeit und die pittoreske Wirkung der durch dieſe merkwuͤrdige Convulſion hervorgebrachten neuen Combination ergiebt ſich ſchon ziemlich aus der Beſchrei— bung. Naͤhere Darſtellung kann weniger durch die Feder, als durch den Pinſel“) geleiſtet werden. Fang und Erlegung eines großen Alligators zu Manilla auf der Inſel Luzonia. Im Jahre 1831 benachrichtigte mich**) der Eigenthuͤmer von Halahala, zu Manilla, daß er an einem entfernten Theile ſeiner Pflanzung häufig Pferde und Kühe verliere, und daß die Eingebornen ihm verſicherten, ſie wuͤrden von einem ungeheuren Alligator geraubt, welcher in einem der in den See ſich ergießenden Stroͤme ſich aufhalte. Ihre Beſchreibungen waren in ſo großen Phraſen, daß ſie auf Rechnung der Uebertreibungsſucht geſchrieben wurden, welcher die Einwohner des Landes beſonders ergeben ſind, und es wurde daher ihren wiederholten Erzaͤhlungen wenig Glauben geſchenkt. Alle Zweifel, wegen der Exiſtenz des Thieres, wurden zuletzt durch den Untergang eines Indianers beſeitigt, wel— *) Zu bemerken iſt noch, daß ſeitdem eine Reihe von Abbildun- gen erſchienen iſt. ) Den Berichtserſtatter. 293 cher die Stromfurth zu Pferde paſſiren wollte, obwohl feine Gefaͤhrten, welche weiter oben den Strom an einer ſeichten Stelle paſſirten, ihn davon abmahnten. Er erreichte dle Mitte des Stromes und lachte Über die Vorſicht der Ans dern, als der Alligator an ihn kam. Die Zaͤhne deſſelben trafen auf den Sattel, welchen er von dem Pferde herabriß, waͤhrend der Reiter auf der andern Seite in's Waſſer ſtuͤrzte und nach dem Ufer hinſtrebte. Das Pferd, zu ſehr erſchreckt, um ſich zu bewegen, ſtand zitternd ſtill, als der Angriff gemacht wurde. Der Alligator aber, ohne auf daſſelbe Acht zu haben, verfolgte den Menſchen, welcher gluͤck ich die Uferbank erreichte, welche er leicht haͤtte hinauf— ſteigen koͤnnen; aber tollkuͤhn gemacht durch fein Entkommen, ſtellte er ſich hinter einen, zum Theil in's Waſſer gefallenen, Baum und, indem er fein großes Meſſer heraus zog, lehnte et ſich uͤber den Baum vor und als ſein Feind kam, ſtieß er ihn auf die Naſe. Das Thier wiederholte ſeinen Angriff und der Indianer ſeine Stoͤße, bis das erſtere, durch den Widerſtand aufgereiit, auf den Menſchen eindrang und, ihn an der Mitte des Koͤrpers ergreifend, welcher von den unge— heuren Kinnladen zugleich gefaßt und zerquetſcht wurde, in den See ſchwamm. Seine Freude eilten zu ſeiner Be— freiung herbei aber der Alligator verließ langſam das Ufer, während der Ungluͤckliche, winſelnd und ſchreiend in feiner Todesnoth, mit erhobenem Meſſer in ſeinen gefalteten Haͤn— den, ſo gehalten zu werden ſchien, wie, nach dem Ausdrucke der Andern, „ein Menſch eine Fackel halten wuͤrde.“ Seine Leiden dauerten nicht lange, denn das Ungeheuer ſank unter, und bald nachher wieder an der Oberflaͤche erſcheinend und ruhig ſich der Sonne ausſetzend, gab er den von Schreck er— griffenen Zuſchauern die vollſte Beſtaͤtigung des Todes und Begraͤbniſſes ihres Gefaͤhrten. Kurze Zeit nach dieſem Ereigniſſe machte ich einen Beſuch zu Halahala, und da ich einen lebhaften Wunſch ausdruͤckte, den Alligator zu fangen, oder zu erlegen, bot mein Wirth mir bereitwillig ſeinen Beiſtand an. Das Thier war einige Tage vorher noch geſehen worden, mit ſei— nem Korfe und einem der Vorderfuͤße auf dem Uferrande ruhend und mit den Augen der Bewegung einiger in der Naͤhe grafender Kühe folgend. Unſer Berichterſtatter vers glich ſeine Erſcheinung mit einer Katze, wie ſie eine Maus im Auge hat und in der Stellung iſt, auf ihre Beute los— zuſpringen, fo wie fie in ihren Bereich kommen moͤchte. Ich mochte hier erwähnen, als eine ſonderbare Thatſa— che daß der gezaͤhmte Buͤffelochſe, welcher faſt immer im Waſſer iſt und in der Mittagshitze ſtundenlang nur die Naſe Über der Waſſeroberflaͤche hat, niemals von dem Alli— gator belaͤſtigt wird Alle andern Thiere fallen ihm zum Opfer, wenn ſie ſich ihm unvorſichtig naͤhern, und ibre Kenntniß der Gefahr bringt ſie gewoͤhnlich dahin, ihren Durſt an flachen Stellen zu ſtillen. Als wir hoͤrten, daß der Alligator ein Pferd umge— bracht habe, ſo begaben wir uns nach dem Platze, etwa fuͤnf Engl. Meilen von dem Hauſe. Es war ein ruhiger Fleck und von ausgezeichneter Schönheit, ſelbſt in jenem Lande. Der Strom, welcher, einige hundert Fuß von dem See, ſich 294 bis zu einem Bache verſch maͤlerte, mit feinen grünen Ufern, mit dem graciöfen Bambus gefranzt und die abwechſeln— de Schoͤnheit von freien lichten Platzen und Wald, wel: che ſich weit und breit erſtreckte, ſchien für andere Zwecke aus⸗ geſchmuͤckt, als zu gewöhnlichem Aufenthaltsort des Unge— heuers, welches ſich denſelben zugeeignet hatte. Einige wenige Rohrhuͤtten lagen in geringer Entfernung von dem Fluſſe, und wir boten auf, was ſie von Menſchen enthielten, welche auch bereitwillig waren uns beizuſtehen, um fie von ihrem gefaͤhrli— chen Nachbar zu befreien. Der Schrecken, welchen er ein— geflößt hatte, beſonders ſeit dem Tobe ihres Cammeraden, hatte fie bisjetzt von einer Anſtrengung, ſich feiner zu entledi— gen, abgehalten; aber fie benutzten gern unfere Vorbereitungen und waren, bei der gewöhnlichen Abhaͤngigteit ihres Charac— ters, bereitwillig, Alles zu thun, was das Beispiel ihnen vors ſchreiben werde. Da wir Grund hatten, anzunehmen, daß der Alligator in dem Fluſſe ſey, ſo fingen wir unſere Ope— ration damit an, daß wir queer durch die Muͤndung deſſelben, in Zwiſchenraͤumen von mehreren Fußen, aufrechtſtehende Netze einlegten, die von großer Stärke und für die Jagd der wilden Buͤffel beſtimmt und an Baͤume am Ufer befe— ſtigt waren und eine vollſtaͤndige Scheidewand zwiſchen dem Fluſſe und dem See bildeten Mein Gefaͤhrte und ich ſtellten uns mit unſern Ge— wehren an beiden Seiten des Waſſers, waͤhrend die India— ner mit langen Bambus nach dem Thiere ſondirten. Eine Zeitlang ließ es ſich nicht ſtöͤren, und wir fingen an, zu fürchten, daß es ſich nicht innerhalb unferer Graͤnzen befin⸗ de, als eine ſpiralfoͤrmige Bewegung des Waſſers, unterhalb der Stelle, wo ich ſtand, mich leitete, die Eingeborenen da— hin zu weiſen, und das Ungethüm bewegte ſich langſam auf dem Boden gegen die Netze, welche es nicht ſobald be— ruͤhrte, als es ruhig umkehrte und ſtromaufwaͤrts ging. Dieſe Bewegung wurde mehrere Male wiederholt, bis das Thier, welches keine Ruhe mehr in der Einzaͤunung hatte, verſuchte, das Ufer hinanzuklummen. Als es eine Kugel in den Körper erhielt, ſtieß es ein Gebeul aus, wie ein zorni— ger Hund, und in das Waſſer tauchend, ging es nach der entgegengeſetzten Seite, wo es mit einem aͤhnlichen Gruße empfangen wurde, welcher gerade in das Maul entladen wurde. Da es ſich nun von allen Seiten angegriffen fand, erneuerte es feine Verſuche, das Ufer zu erklimmen; allem jeder Theil deſſelben, der ſichtbar wurde, wurde von Kugeln durchbohrt, und als es nun fühlte, daß es gejagt werde, vergaß es ſeine eigenen furchtbaren Angriffs mittel und ſuchte nur Sicherheit vor den es umgebenden Beunruhigungen. Eine niedrige Stelle, welche den Fluß von dem See, etwas oberhalb der Netze, ſchied, war unbewacht, und wir fürch— teten, daß es ihm gelingen möge, über dieſelbe zu entkommen. Es war hier nothwend g, feſt gegen daſſelbe Stand zu hal⸗ ten; und in mehreren Verſuchen, die es machte, um dar— uͤber wegzukommen, trieden wir es zuruͤck mit Speeren, Bambus, oder was zuerſt zur Hand kam. Einmal ſchien es ganz entſchloſſen, ſeinen Weg zu forciren, und, vor Wuth ſchaͤumend, drang es vor mit offenen Kinnbacken und flet⸗ ſchenden Zaͤhnen, und mit einem Tone, der zu ominds war, 9 295 um verachtet zu werden, ſchien es alle feine Kräfte aufge: boten zu haben, als ſeine Laufbahn durch einen, mit Gewalt in den Rachen geſtoßenen, großen Bambus aufgehalten wur⸗ de, den es in Stuͤcke quetſchte; die Finger des Halten— den waren wie gelaͤhmt, ſo daß derſelbe mehrere Minuten lang unfaͤhig war, ſein Gewehr wieder aufzunehmen. Die Ein— gebornen wurden nun ſo aufgeregt, daß ſie alle Klugheit hintanſetzten und die Weiber und Kinder des Dorfes wa— ren zum Ufer herabgekommen, um den allgemeinen Enthu⸗ ſiasmus zu theilen. Sie draͤngten ſich gegen die Oeffnung und waren ſo uneingedenk ihrer Gefahr, daß es noͤthig war, ſie mit einiger Gewalt zuruͤckzutreiben. Haͤtte das Unge— thuͤm ſeine eigene Staͤrke gekannt, und ſie zu gebrauchen gewagt, ſo wuͤrde es uͤber jene Stelle mit einer Gewalt, welcher keine menſchliche Kraft haͤtte widerſtehen koͤnnen, hin— uͤbergedrungen ſeyn, und wuͤrde die ganze Bevölkerung des Ortes vernichtet oder mit ſich in den See gedraͤngt haben. Es iſt nicht auffallend, daß perſoͤnliche Sicherheit in der Aufregung der Scene vergeſſen wurde. Die furchtbare Beſtie, durch Wunden und wiederholtes Zuruͤckgeworfenwer— den ſchmerzlich aufgeregt bahnte ſich ſeinen Weg durch das ſchaͤumende Waſſer, von einer Seite zur andern blik— kend, in dem vergeblichen Verſuche, ſeine Feinde zu vermei— den; dann ploͤtzlich den Strom aufwärts pfluͤgend, gerieth es an den ſeichten Stellen auf den Grund, und kehrte wuͤ— thend und verſtoͤrt in feine eingeengte Stellung zuruͤck. Zuletzt toll gemacht durch Schmerz und verzweifelnd durch die fortgeſetzte Verfolgung, rannte es wuͤthend gegen die Muͤndung des Stroms, brach durch zwei der Netze und ich warf mein Gewehr in Verzweiflung hin; denn es hatte ganz das Anſehen, als wenn er doch noch ſich den Weg in den großen See oͤffnen werde. Aber das dritte Netz hielt ihn auf, und ſeine Zaͤhne und Fuͤße hatten ſich in alle verwickelt. Dieß gab uns nun Gelegenheit, ihn mehr in der Naͤhe mit Lanzen anzugreifen, wie ſie gegen die wilden Buͤffel ge— braucht werden. Wir hatten zu Anfang des Angriffs danach geſendet und fanden ſie viel wirkſamer, als Feuergewehr. In einen Kahn eintretend, ſtießen wir Lanze auf Lanze in den unter dem Waſſer ſich ſtraͤubenden Alligator, bis es aus— ſah, als wuͤchſe Holz aus ihm, welches ſich oben heftig be— wegte, während fein Körper unten verborgen war. Seine Anſtrengungen, ſich frei zu machen, ſchlugen das Waſſer in einen mit Blut gemengten Schaum, und es ſchien ſeine Vi— talitaͤt unerſchoͤpflich und fein Widerſtand ohne Abnahme, bis eine Lanze ihn gerade durch die Mitte des Ruͤckens traf, welche ein Indianer mit einem ſchweren Stuͤcke Holz in ihn einhaͤmmerte, fo wie er Gelegenheit dazu finden konnte, Mein Gefaͤhrte verſuchte nun, ihn mit den Netzen, in wel— che er ſich gefangen hatte, an's Ufer zu ziehen, hatte aber nicht genuͤgende Beihuͤlfe. Da ich mehr Mannſchaft bei mir hatte, ſo bemuͤheten wir uns, mit Huͤlfe der Weiber und Kinder, ſeinen Kopf und einen Theil des Koͤrpers zu der kleinen Bucht zu ziehen, wo der Fluß in den See trat, und, nachdem wir ihm den Gnadenſtoß gegeben hatten, lie— ßen wir ihn den Reſt ſeines Lebens auf dem Sande aus— hauchen. Ich beklage, daß das Meſſen der Laͤnge des Thie— — 296 res unvollſtaͤndig war. Es war dunkel, als der Kampf en⸗ dete, und die Unterſuchung des Koͤrpers wurde bei Fackelſchein vorgenommen. Ich und mein Gefaͤhrte maaßen den Um— fang, der, unmittelbar hinter den Vorderfuͤßen, 13 Fuß be— trug. Da er nur zum Theil außer Waſſer war, ſo ſtellte ich mich mit einer Schnur an ſeinen Kopf und gab das andere Ende einem Italiener, mit dem Auftrage, es an das Ende des Schwanzes zu legen. Die fo gemeſſene Länge war 22 Fuß; aber ich bezweifelte gleich die Richtigkeit der Angabe meines Gehuͤlfen, wegen der Abneigung, die er aͤu— ßerte, in's Waſſer zu gehen, und der Furcht, die er zu er— kennen gab, daß das Weibchen des Alligators in der Naͤhe ſeyn moͤge. Nach dem Durchmeſſer des Thieres, und den Angaben Derer, die ihn ſpaͤter unterſuchten, glaubten wir, daß die Laͤnge etwa 30 Fuß geweſen iſt. Da wir das ganze Skelet ſammt der Haut aufzubewahren, beabſichtigten, nahmen wie es weniger genau, als ſonſt geſchehen ſeyn wuͤrde. Als wir ihn oͤffneten, fanden wir, mit andern Thei— len des Pferdes, drei Beine vollſtaͤndig, aus Schulter und Huͤfte abgeriſſen, welche er ganz und gar verſchluckt hatte, nebſt einer großen Quantitaͤt Steine, von welchen einige mehrere Pfund ſchwer waren. — Den Kopf nahmen wir gleich mit nach Hauſe, weil die Eingeborenen ſehr den Zaͤhnen nachſtellen, denen ſie Wunderkraͤfte gegen Krankhei— ten zuſchreiben. Der Kopf wog an dreihundert Pfund und war ſo gut mit Fleiſch bedeckt, daß wir Kugeln, die in der Entfernung von wenigen Fuß abgeſchoſſen waren, in den Mund und auf den Ruͤcken des Kopfes, ganz abgeplattet fanden, und doch an den Knochen nicht eine Spur fanden, daß ſie getroffen geweſen waͤren. Miscellen. Ueber den Buͤrſten⸗Truthahn (Brush- Turkey) von Neu⸗ Suͤd⸗Wales, einen Vogel, den einige Ornithologen in ganz verſchiedene Ordnungen (Swainſon unter die Vulturiden) ſtellen, hat Herr Gould am 8. September der Zoologiſchen Geſellſchaft in London mehrere intereſſante Beobachtungen mitgetheilt. Der bemerkenswer— theſte Umſtand iſt, daß der Vogel feine eigenen Eier nicht ſelbſt bebru— tet, ſondern zu dieſem Behufe eine Art kuͤnſtlicher Incubation anwen— det. Einige Wochen vor dem Legen trägt der Bürſten-Truthahn naͤm⸗ lich eine außerordentliche Menge von vegetabiliſchen Stoffen, zwiſchen zwei bis vier Karren-Ladungen, zuſammen, und bildet daraus einen pyramidenfoͤrmigen Haufen; in dieſen legt er feine Eier, etwa 18 Zoll tief und 9 — 12 Zoll auseinander. Die Eier, welche ſaͤmmtlich mit ih⸗ rem breiten Ende oberwaͤrts ſtehen, werden ſorgfaͤltig bedeckt und dann der Ausbruͤtung durch die Hitze überlaffen, welche durch die Zerſetzung der umgebenden Stoffe hervorgebracht wird. Die Haufen werden von mehreren Voͤgelpaaren gemeinſchaftlich angelegt und enthalten haͤu— fig eine Anzahl von Eiern, die einen ganzen Korb füllen würden. Die Eier ſind weiß und viel groͤßer, als die des gemeinen Trut— hahns; wegen ihres vortrefflichen Geſchmacks werden ſie ſehr ge— ſucht. Ein Vogel dieſer Art, den Herr Gould in dem Garten des Herrn Maclean in Sydney zu beobachten Gelegenheit hatte, hatte dort in einem Bosket einen aͤhnlichen Haufen zuſammenge— tragen, wie ihn die Voͤgel im freien Zuſtande in den Waͤldern an— legen. An und auf dieſem Haufen ſtolzirte er, wie der Haushahn, umher, und ließ zuweilen gakelnde Laute hoͤren. Das Fleiſch hat eine blaſſe Lachsfarbe und ift faftig und zart; Herr Gould be: merkte, daß er nie ein ſchmackhafteres Gefluͤgelfleiſch gegeſſen habe. Nach Allem, was Herr Gould beobachten konnte, trägt er kein Bedenken, dem Vogel eine Stelle in den Gallinaceen, und zunaͤchſt nes 297 ben Crax, anzuweiſen; auf keinen Fall gehört er zu den Vulturſden und eben fo weit ift er von Maenura entfernt. Prof. Owen fügte den Mittheilungen des Herrn Gould einige Bemerkungen hinzu, wel⸗ che deſſen Anſicht beftätigen, und machte in dieſer Hinſicht namentlich auf die Form des Bruſtbeins am Skelette aufmerkſam, welches das characteriſtiſche Kennzeichen der Hühnerarten, die beiden tiefen Aus- randungen, gleichfalls hat. ueber Volta ſche Electricität finde ich in den Enge liſchen Zeitungen folgenden, die Aufmerkſamkeit ungemein in An⸗ ſpruch nehmenden, Artikel: „Eine der größten Entdeckungen unſeres Zeitalters iſt dem the Hon. Mr, Mullins Parlaments-Mitglied für Kerry, vor Kurzem gelungen. Herr Muh lins iſt bereits als der Erfinder mehrerer wiſſenſchaftlichen Inſtrumente, aber ganz be— ſonders des Voltalſchen Apparats, welcher den auszeichnenden Namen „Anhaltende Batterie (sustainiug Battery)“ trägt, bekannt. In den Batterieen (Mullins's und Daniel's) wurde zuerſt ein Strom von Kraft mit Beſtaͤndigkeit vereint entwickelt, — denn, obgleich Becquerel ſchon vorher die Vortheile feſtgeſtellt batte, welche von dem Gebrauche einer Scheidewand (Diaphragms) zwi⸗ ſchen den Metallen erlangt werden koͤnnen, ſo hat doch ſeine Form von Batterie, wie er ſie behufs der Cryſtalliſationen ausdachte, 298 nur ſchwache, obgleich be ſtaͤndig e, Strömung hervorgebracht und iſt daher nur für den ſpeciellen Zweck brauchbar, für welchen fie bes ſtimmt war. Aber es war nicht genug, die Mittel zu beſitzen, durch welche eine anhaltende electriſche Kraft erhalten wird, ohne das Vermögen, zu gleicher Zeit dieſe Kraft bis zu dem verlang⸗ ten Umfange zu entwideln, — mit Deconomie an Koften und Raum. Herrn Mullins's Entdeckung kann zuſammengefaßt werden, als eine neue Anordnung oder Combination von Elemen— ten, durch welche eine ungeheure Kraft von Electricität in einem erſtaunend kleinen Raum und mit fo geringen Koften, in Vergleich zu der erhaltenen Kraft, daß fie kaum in Betracht kommen. Dieſe Kraft iſt eine beftändige (sustained one) und erfordert kein Ans halten der Maſchinerie, für welche fie verwendet wird, um fie für jede beliebige Zeit thätig zu erhalten. Wir hätten bier alfo ein Element von Kraft, auf jede Art von Maſchinerie und bis zu jedem Grade anwendbar — dconomifh — und, was nicht das Geringſte iſt, unſchaͤdlich!“ (Hoffentlich werden die der Pöyſik ge⸗ widmeten Annals of Philosophy ete. uns bald Näheres mittheſten.) Necrolog. — Der ſehr verdiente Erfinder der Nachbil⸗ dung natürlicher Mineralquellen, Dr. Struve aus Dresden, iſt am 29. September zu Berlin geſtorben. A — — Sr Penn „ nk h n de. Betrachtungen uͤber das Schielen und das Durch— ſchneiden eines oder mehrerer Augenmuskeln als Heiiungsmittel deſſelben. Von Sedillot. (In der Clinik des Milirärhofpitat® zu Val de Gräce zu Paris mitgetheilt.) Die Durchſchneidung der Sehne der von Retraction afficirten Muskeln iſt bekanntlich eine ſehr gewoͤhnliche Operation geworden als Heilungsmittel der ſogenannten Klumpfuͤße, und alle Practiker erkennen die Wirkſamkeit derſelben an, eben fo wie die Zerſchnei⸗ dung des sterno- cleido - mastoideus gegen die ſeitlichen Abwei— chungen des Kopfes (torticollis), was auch ihre Anſicht über die Urſache der Krankheit war. Bei dieſem Zuſtande der Wiſſenſchaft ſtellte Herr Guerin, indem er eine der Bedingungen der Abwei— chungen des Fußes oder irgend eines anderen Organs gencraliſirt, den Satz auf, daß die erſte und urſpruͤngliche Urſache in den Mus: keln des abgewichenen Theils liege, welche ſich verkuͤrzten und ihre Form, Volum und Structur unter dem Einfluſſe von Verletzungen entweder des Hirn- und Ruͤckenmarks oder der Nerven veraͤnder— ten und daß alle begleitenden Alterationen nur eine Wirkung oder ein Reſultat waren. Nachdem dieſe Anſicht einmal angenommen worden war, mußte man erwarten, daß die Durchſchneidung der Muskeln verkrummter Theile in allen Fällen angewendet werden werde, wo fie einige Vortheile zu gewähren verſprache, und dieß iſt auch ſehr bald eingetreffen. So bat Herr Dieffenbach den großen Bruſtmuskel und noch einige andere durchſchnitten, um die Re— duction einer Luxation des Armes zu erleichtern, während Herr Gut: rin mittels ſubcutaner Wunden die Muskeln der Wirbelfäule durch ſchnitt und ankundigte, die Kruͤmmungen der Wirbelſaule zu beilen. Von da bis zur Durchſchneidung des Muskels eines mit Schie— len behafteten Auges war nur eine neue Anwendung, und dieſe wurde bald von Herrn Dieffenbach gemacht, welcher am 5. Februar 1840 alle Faͤlle von gluͤcklicher Durchſchneidung des innern geraden Augenmuskels in Fällen von convergirenden Schielens 7 der Academie der Wiſſenſchaften mittheilte. Zwei Monate fpäter mel⸗ dete dieſer Chirurg, daß er ſchon 218 Operirte zähle und theilte dabei folgende Bemerkungen mit: 1. Die Perſonen, welche nur mit einem Auge und nach In⸗ nen ſchielen, haben oft die Pupille erweitert in dem abgewichenen Auge, während das Gegentheil auf der gefunden Seite ſtatt hat. In dieſem Zuſtande iſt das Sehen mit beiden Augen doppelt, und zuweilen iſt es doppelt in dem abgewichenen Auge. 2. Wenn man den innern geraden Augenmuskel durchſchnei⸗ det, zieht ſich die Pupille zuſammen, und wenn der Grad der Contraction dem auf der andern Seite gleich iſt, fo ift das Sehen regelmäßig. Wenn dagegen noch Unregelmäßigkeit in den Pupil⸗ lenöffnungen ſtatt hat, fo bleibt oder wird das Schen doppelt; dieſer Zuſtand macht ſich in den erſten funfzehn bis zwanzig Ta⸗ gen bemerkbar und verſchwindet nachher allmaͤlig. 3. Der tendo des m. obliquus superior iſt mehreremale durchſchnitten worden, waͤhrend das Auge nach Innen und Oben gerichtet war; der Augapfel ift dann plöglich herabgefallen und hat ſich in die Mitte der Augenlivöffaung geſtellt. 4. Wenn das Schielen divergirend iſt, fo genügt es, den m. rectus externus zu durchſchneiden, um dem Auge eine andere Richtung zu geben; allein es kommt oft in dieſen Fällen des Schie⸗ lens nach Außen vor, daß das Auge nach der Operation nach In⸗ nen gewendet iſt, und daß man das divergirende Schielen in ein convergirendes gewandelt hat, und daß man etwas fpäter den m. rectus oculi internus durchſchneiden muß, damit kein Hinderniß weiter dem Geradeſtehen des Augapfels entgegenwirkt. 5. In den Fällen des Schielens nach Oben wird der m. rec- tus oculi superior ebenfalls durchſchnitten; dieſe Operation iſt je⸗ doch viel ſchwieriger auszuführen, bietet aber ſonſt etwas Beſonde— res nicht dar. Dieß war am 35. Mai 1840 die intereſſante Mittheilung Dief⸗ fen bach“ s, welche natürlicher Weiſe auch die franzeſiſchen Wund⸗ ärzte auffordern mußte, dieſe Operationen zu wiederholen und die Reſultate derſelben zu ſtudiren. Herr Rognetta hatte ſchon am 23. Mai in der Gazette des Hopitaux über drei Falle von Operation des convergirenden Schielens berichtet, welche von Herrn Lucas in London verrichtet worden waren und hatte ſie mit ſinnreichen Bemerkungen begleitet. Herr Philipps, von St. Petersburg, hat ebenfalls achtzig Fälle von Operation des Schietens bekannt gemacht: dreiundvier⸗ zig convergirende rechts und fünfunddreißig links (was den gemöbn: lichen Beobachtungen nicht entſpricht), eilf convergirende doppelt; vier Verdrehungen durch Contraction des obliquus superior (es wäre wichtig geweſen, die Gharactere dieſer Abweichung zu geben); drei Fälle von angeborenem Schielen (es iſt kaum zuzugeben, daß 299 die Proportion dieſer letztern fo gering geweſen wäre); zwei Faͤlle von divergirendem Schielen, einen nach Oben und den andern nach Unten. (L'Expérience 12 Aout 1340.) Am 29. Juny ſchrieb Herr Guerin der Academie der Wil: ſenſchaften, daß er vier Kranke operirt habe, und am 20. Juli be: richtete Herr Profeſſor Roux uͤber zwei ähnliche Operationen, auf welche ich zuruͤckkommen werde. Es ergiebt ſich alſo, daß die Durchſchneidung der Augenmus⸗ keln ſchon ſehr oft vorgenommen worden iſt, um dem Schielen ab: zuhelfen; ehe ich ſelbſt die Operation vornehme, will ich zuvor unterſuchen, in welchen Zuſtaͤnden das Schielen ſich darbietet, wel— che Behandlung für jede Varietaͤt paßt, und welches die beſten Operationsmethoden ſind. Seit alten Zeiten hat man eine große Zahl von Abweichungen der Richtung des Augapfels beobachtet und mit dem gemeinſchaft⸗ lichen Namen des Schielens (Strabismus) bezeichnet. Auch unters ſchied man das in ere Schielen oder nach Innen (convergens), das aͤußere oder nach Außen (divergens), nach Oben (sursum ver- gens), das ſchreckliche, in welchem das eine Auge nach Oben, das andere nach Unten gewendet iſt (strabismus horrendus). Alle dieſe Arten des Schielens find entweder permanent oder momentan, er— worben oder angeboren. Man hat geſehen, daß ein und daſſelbe Auge eine Zeitlang nach Janen ſchielte und hernach nach Außen; anderemale verſchwindet das Schielen von ſelbſt, wie, z. E, bei den meiſten Kindern, gleich nach der Geburt; in den meiſten Faͤl— len nimmt das ſchielende Auge ſeine gerade Stellung wieder ein und verrichtet alle Bewegungen, ſo wie das geſunde Auge geſchloſ— ſen und mit einer Binde bedeckt wird; waͤhrend weit ſeltener das Schielen permanent iſt und er nicht verandert; endlich iſt das ſchielende Auge im Allgemeinen ſchwacher, d. h. ſieht weniger gut, als das geradegebliebene Auge. Dieß ſind wichtige Umſtaͤnde fuͤr die Operation, die uns beſchaͤftigt und folgende ſind die Einwuͤrfe, zu welchen ſie Gelegenheit gegeben haben. Man hat den Satz aufgeſtellt, indem man an Buffon's Theorie erinnerte, daß da das Schielen nichts als die Wirkung der Ungleichheit der Sehkraft des Auges ſey, es unmöglich ſey, es zu beſeitigen, wenn man nicht damit anfinge, die Gleichheit der beiden Organe herzuſtellen. Man ſagt, der Kranke ſchielt von freien Stuten, um zu vermeiden, die Gegenſtaͤnde doppelt zu ſe— hen, was nicht ausbleiben wuͤrde, wenn er ſie mit Augen anſaͤhe, deren Focus verſchieden iſt, und daſſelbe Reſultat bemerkt man, bei dem das eine Auge von Amauroſe befallen zu werden anfaͤngt; denn es iſt natuͤrlicher Weiſe abgewichen, um nicht die Thaͤtigkeit des andern zu beeinträchtigen. Dieſe Beobachtung iſt richtig, aber fie geſtattet keine Folgerungen, indem fie ganz exceptionell tft. Nichts ift gewohnlicher, als auf Menſchen zu ſtoßen, deren Augen fo ver⸗ ſchieden find, daß auf der einen Seite ie ein convexes, auf der andern ein concaves Glas brauchen. Und doch ſchielen fie keines— weges, wenn fie ihre Brille ablegen. Andere ſehen gleichfalls ge— rade und tragen doch Glaͤſer von verſchied enen Nummern vor dem linken und rechten Auge. Man bat geſehen, daß Amaurotiſche das Sehvermoͤgen auf der einen Seite verloren haben, ohne es nur zu ahnen. Man iſt alſo genöthiat, zu ſchließen, daß das Schielen nicht allein von Ungleichheit des Sehv rmögens, ſon— dern, wenigſtens in vielen Faͤllen, von irgend einer andern Ur— ſache herruͤhrt. Kann man alſo nicht annehmen, wie Herr Sue: rin es auf allgemeine Weiſe auseinandergeſetzt hat, daß die Schwaͤ— che des abgewichenen Auges auf deſſen Mangel an Thaͤtigkeit be— zogen werden muß, und daß, ſo wie das Auge nicht mehr von den Sehſtrahlen entfernt gehalten wird, es allmaͤlig wieder feine nor: malen Functionen annehme. Aber, ſagt man, wie kann, z. E., die Durchſchneidung des m. rectus internus das Verſchwinden des convergirenden Schielens veranlaſſen, wenn der strabismus ſpontan aufhoͤrt, ſobald das an⸗ dere Auge geſchloſſen wird? Wenn Muskelretraction ſtatt haͤtte, fo würde der Augapfel immer nach Innen gerihtet bleiben, und der m. rectus internus wuͤrde ſich nicht hinlaͤnglich verlaͤngern, um dem Auge zu geſtatten, daß es ſich voͤllig nach Außen wende, wie man dieß in faſt allen Faͤllen beobachtet. Man beſchraͤnke die 500 Operation auf Fälle des permanenten Schielens; nichts iſt beſſer! aber, wenn man ſie auf andere erſtreckt, ſo darf man nicht mehr guͤnſtige Reſultate erwarten, weil man dann zum Zwecke hat, ei— nen Muskel zu verlaͤngern, der ſeine Normallaͤnge behalten hat. — Dieſer Einwurf ermangelt nicht einer gewiſſen Bedeutung: doch iſt es nicht ſchwer, darauf zu antworten. Es genuͤgt das geringſte Uebergewicht der Wirkung des einen Muskels über die eines ans dern, um das Organ nach der einen Seite hinzuziehen. Nehmen wir einmal an, wie man beobachtet, die gewoͤhnliche Abweichung (von der Augenaxe), nennen wir fie nervös, krankhaft, wie man will, um anzudeuten, daß noch keine merkliche Veraͤnderungen in der Structur des contrahirten Muskels vorhanden find; gewiß iſt, daß der entgegengeſetzte Muskel (oder der m. rectus internus) in einer gewaltſamen Verlängerung verharren wird, daß er allmälig von ſeiner Energie verlieren wird, und daß er ſpäterhin unfähig ſeyn wird, durch eine ſpecielle freiwillige Contraction gegen ſeinen An— tagoniſten und gegen die Hinderniſſe, welche, zum Nachtheile feiner Bewegung, in allen umgebenden Theilen ſich gebildet haben, zu kaͤmpfen. Wenn man einen contrahirten Muskel zerſchneidet, ſo tritt ſo— gleich det ihm entgegenwirkende wieder in feine Rechte: die gerade Richtung des Auges erſcheint und die Heilung wird moͤglich. Wir werden ſehen, was die Erfahrung uns in dieſer Hinſicht lehrt; was übrigens dieſe Theorie zu unterſtuͤtzen ſcheint, iſt, daß ich Menſchen kenne, die mit convergirendem Schielen behaftet find, obs gleich ihr Sehvermoͤgen auf beiden Seiten vollkommen iſt: hier konnten alſo Buffon's Ideen keine Anwendung finden. Einige Aerzte haben gefürchtet, daß das operirte Auge nach der entgegengefegten Seite der erſten Abweichung gezogen werden möge und daß man ſonach eine Varietät des Schielens an die Stelle der andern ſetze. Dieſe Furcht hat ſich, nach Herrn Dief— fenbach's Angabe, fuͤr die Durchſchneidung des m. rectus exter- nus beſtaͤtigt, indem das Auge dann nach Innen gezogen wurde: was eine zweite Operation, die Durchſchneidung des m. rectus in— ternus, noͤthig gemacht hat. Dieſe Gefahr exiſtirt aber nicht in dem Falle von convergirendem Schielen, weil dann die beiden m. m. obliqui das Auge nach Einwaͤrts, gegen den m. abductor, ers halten und zuweilen ſelbſt mit fo viel Gewalt, daß Durchſchnei— dung noͤthig wird. Wenn ich die Faͤlle genauer beſtimmen wollte, wo die Theo— rie die groͤßere Wahrſcheinlichkeit des Gelingens andeutet, wuͤrde ich das permanente Schielen, obne Ungleichheit des Sehens, als die guͤnſtigſte Beſchaffenheit zur Operation bezeichnen. Dann kaͤme das gewoͤhnliche Schielen, wo das abgewichene Auge die gerade Richtung wieder annimmt, ſobald es allein in Function geſetzt wird, und endlich dasjenige Schielen, wo das Sehvermoͤgen auf der kranken Seite mehr oder weniger alterirt iſt. In dieſem Falle befindet fih der Mann, den ich (jest hier) zu operiren habe; werfen wir aber vorher einen Blick auf die Reſultate, welche, nach bisheriger Erfahrung, wir erwarten dürfen. Herr Dieffenbach hat in allen von ihm erwähnten Fällen nur von gluͤcklichem Erfolge geſprochen. Die drei von Herrn Lu— cas in London mit allem Detail bekannt gemachten Operationen haben zweimal Heilung und eimnal das Beſtehen des Schielens zur Folge gehabt. Bei Herrn Phillips iſt auch kein Fehlſchlagen vorgekommen, und Herr J. Guerin hat auch nur glückliche Er— folge von vier Faͤllen erwaͤhnt; doch ſagt er ſpaͤter, daß in einem einzigen Falle vollſtaͤndige und augenblickliche Geradeſtellung er— folgte und in den andern nur Beſſerung. Herr Roux hat erklaͤrt, daß er kein Reſultat erhalten habe oder wenigſtens, daß der Unterſchied bei einem ſeiner Kranken un⸗ merklich geweſen, und daß der andere von einer heftigen Ente zuͤndung der conjunctiva befallen worden ſey. Es iſt daher nicht zu verwundern, daß ich einigen Anſtand nehme, die Folgerungen aus ſolchen Thatſachen zu ziehen. Man hat ſich allerdings beeilt, Operationen, für welche die ganze medieini— ſche Welt ſich intereſſirte, anzukuͤndigen, aber man hat noch nicht, hinlänglich die Reſultate angegeben; und nach den einfachen An: 301 gaben der Beobachtungen werde man offenbar Unrecht haben, alle angegebenen glücklichen Erfolge zu glauben. Die Frage ſcheint mir daher noch neuer Unterſuchungen würdig, um ſo mehr, da ich eine iemlich große Zahl Operirte kenne, welchen demohngeachtet ihr chielen verblieben iſt, und ich habe von Herrn J. Gue rin in feinen cliniſchen Conferenzen die Erklärung gehört, daß die Durch— ſchneidung des m. rectus internus nicht immer zur Heilung des convergirenden Schielens hinreiche, und daß man auch zuweilen die 0, m. obliquus superior und inferior durchſchneiden muſſe, welche bekanntlich zum Theil adductores find. Dieſe Indication ent⸗ ſpringt übrigens aus der allgemeinen Theorie, welche die Noth— wendigkeit lehrt, alle retrahirten Muskeln zu durchſchneiden; allein ſie macht die Operation viel weniger einfach, als man ſie anfangs glaubt, und man wundert ſich, daß die Herren Dieffenbach und Philipps ſie nicht ausſprechen, deren Operationen ſo zahlreich ſind. Inzwiſchen, wenn ich auch von den definitiven Heilungen abs— trahire, deren Proportion noch erſt feſtzuſtellen iſt, ſo muß man doch die ſehr merkwürdige und unerwartete Bemerkung heraushe— ben, daß die Manoeuver, welche man am Augapfel vornimmt, un— endlich viel weniger gefährlich find, als man im erſten Augenblicke annehmen mögte. Die sclerotica wird mit Häkchen durchſtochen, die conjunctiva, eben fo wie die Muskeln, durchſchnitten, ohne ſehr lebhaften Schmerz fuͤr die Kranken und im Allgemeinen ohne bedeutende nachfolgende Zufälle. Aber dieß führt mich zu dem Operationsverfahren. Herr Dief fenbach, der zuerſt die Durchſchneidung der Aus genmuskeln vorgenommen hat, faͤngt damit an, daß er das obere Augenlid, mittelſt pellier's Elevator, mit Jaͤger's Platte ver: einigt, in die Hoͤhe heben und das untere Augenlid umwenden laͤßt, mittelſt einem Abwaͤrtszieher von feiner Erfindung, zuſammenge— ſetzt aus Ir ſtumpfen gekruͤmmten Haken, von einem einzigen Stiele geſtuͤtzt (was Herr Charrière zu Paris modificirt hat, in« dem er die beiden Haken durch einen Queerbalken vereinigt). Ein Häkchen mit ſehr feinen Spitzen wird dann in die conjunctiva ein, geſetzt und einem Gehuͤlfen anvertraut, welcher beauftragt iſt, das Auge nach Außen zu ziehen, und der Operateur durchſchneidet die conjunctiva, bringt einen kleinen ſehr feinen Spatel unter den m. rectus internus und durchſchneidet dieſen mit ſeiner geraden oder auf's Blatt gekrümmten Scheere oder mit einer Art concaven Knopfbiſtouri's. Herr Lucas in London hat daſſelbe Verfahren ans gewendet, jedoch mit einigen Variationen. In einem erſten Falle hat er die conjunctiva von Unten nach Oben eingeſchnitten, nach⸗ dem er ſie vorher mit einer Pincette gefaßt hatte, und dann hat er unter derſelben ein Doppelhaͤkchen in die sclerotica geſetzt; ber: nach, nachdem er den Muskel vor Augen hatte, brachte er eine kleine Sonde unter ihn, näberte dieſe fo viel, wie moͤglich, der Inſertion der Sehne, die er mittels einer krummen Scheere durch— ſchnitt. In den zwei andern Fällen wurde die sclerotica nicht mit Haͤkchen gefaßt und die conjunetiva allein verletzt und dann der Muskel mit dem Haken des Haͤkchens aufgehoben; aber dieſes Verfahren, welches auch Herrn Dieffenbach zugeſchrieben wird, ſcheint mir in den meiſten Faͤllen außerordentlich ſchwierig, ich moͤchte ſagen unausfuͤhrbar, wenn nicht die Willenskraft des Kran— ken ſehr groß iſt. Herr Guerin glaubt, durch folgendes Verfahren die Opera⸗ tion weniger gefaͤhrlich gemacht zu haben. „Statt,“ ſagt er, Schicht für Schicht den Theil der conjunctiva zu zerſchneiden, welcher die Muskeln bedeckt, trenne ich fie von der sclerotica los und hebe ſie mit einer breitrandigen Pincette ſo weit in die Hoͤhe, bis der Muskel bloßgelegt iſt. Nachdem dieſer dann mit einer ge— kruͤmmten Scheere durchſchnitten iſt, lege ich den lospräpoxirten Theil der conjunctiva wieder an feine Stelle: indem dieſe fo die Wunde wieder bedeckt, hindert ſie die Luft, einzudringen und ge— währt ihr den Vortheil ſubcutaner Wunden ꝛc. Herr Roux iſt dem Beiſpiele Dieffenbach's gefolgt, hat aber den kleinen Spatel des letztern mit einer Rinne verſehen, wo— durch die Durchſchneidung des Muskels ſehr erleichtert wird, fie mag nun mit der Scheere oder mit einem geeigneten kleinen Bir ſtouri bewirkt werden.“ 302 Dieß find, meine Herren, die Verfahrungsarten, welche bis— jetzt beſchrieben find zur Durchſchneidung der Muskeln des mit Schielen behafteten Auges, und ich will das Ungenügende ihrer Ins dicationen durch einige practiſche Bemerkungen erganzen. 1. Der Kranke muß figen oder liegen; die letzte Stellung iſt vorzuziehen, weil fie geſtaͤttet, den Kopf beſſer zu ſixiren, in⸗ dem man ihn gegen die Matratze oder ein Kopftiſſen druckt; man vermeidet auf dieſe Weiſe jede unwillkührliche Bewegung. 2. Die Augenlider werden voneinandergezogen, das obere durch den pellier'ſchen Elevator und das untere durch Charr ie re's Abwartedrücker. 3. Der Operateur bemüht ſich dann, den Augapfel zu firiren, indem er Hakenzangchen mit zwei bis drei Haken einpflanzt, wos mit er das Auge nach Außen wenden und jede Rotationsbewegung verhuͤten kann. Dieſes Tempo der Operation iſt ſehr delicat und muß gut ausgefuhrt werden. Wenn man nur die conjunctiva faßt, ſo bleibt das Auge unterhalb derſelben beweglich, wendet ſich nach allen Seiten hin, richtet ſich nach Innen, welche Vorſtellun⸗ gen man auch dem Kranken macht, und der Chirurg kann gezwun⸗ gen ſeyn, die Operation zu unterbrechen. Man muß daher das Haͤkchen in die sclerotica, in einiger Entfernung von der cornea, einſetzen; zu dieſem Behufe veranlaßt man den Kranken, nach Aus ßen zu ſehen, und ſo wie das Auge hinlänglich in dieſer Richtung bewegt iſt, pflanzt man raſch das Häkchen ein. Wenn dieſes In: ſtrument nur eine Spitze hätte, fo wurde es das Auge hindern, nach Innen zu weichen; aber es würde daſſelbe nicht an einer Ro: tation hindern, was doch noͤthig iſt, damit der Operateur ſich nicht uͤber den Sitz des Muskels irre, den er zerſchneiden will und damit er die Durchfchneidung beendigen koͤnne. Wenn die Spitzen des Haͤkchens zu ſehr gekrümmt ſind, fo erreichen fie nur die con- junetiva, was man vermeiden muß, und eben fo muß man ſich in Acht nehmen, ſie zu tief in den Augapfel eindringen zu laſſen. Ich habe zu dieſem Behufe durch Herrn Charriere ein kleines Häkchen mit drei Spitzen fo einrichten laſſen, daß ſie ſich einer rundlichen Flaͤche anpaſſen, ſehr zart zugeſpigt und zwei Milli⸗ meter von der Spitze aufgetrieben ſind, wie der Pamart' ſche Spieß. a Dieſe Modification, wozu die Idee von Herrn Begin ber: ruͤhrt, hindert die Haͤkchen, über die sclerotica hineinzudringen und vermehrt die Sicherheit des Operateurs. Sobald das Häkchen ſixirt iſt, übergiebt man es einem Gehülfen, der die Obliegenheit hat, das Auge nach der dem Muskelſchnitte entgegengeſetzten Seite zu dirigiren und ſchreitet zum Schnitte in die conjunctiva, 4. Dieſe Membran, mit der viereckigen Luca s'ſchen Pincette, mit der Guerin'ſchen breitfaſſenden oder mit einer gewöhnlidyen Pincette gefaßt, wird ſenkrecht zu der Richtung des Mustels ein- geſchnitten, nach jeder oder nach der einen Seite umgewendet und wenn das Blut hinlaͤnglich mit einem Schwamme aufgenommen iſt, geht man an den Muskelſchnitt. 5. Mehrere Inſtrumente ſind erfunden, um dieſes letzte Ope⸗ rations-Tempo auszuführen. Man kann ſich des kleinen Dief⸗ fenbach'ſchen Spatels, oder des gerinnten Roux'ſchen Spatels bedienen, auf welchem man die Spige einer gekrummten Scheere oder eines Biſtouri's von geeigneter Groͤße fortgleiten läßt. Herr Dieffenbach hat auch ein dem Pott'ſchen Fiſtelmeſſer im Kleinen aͤhnliches Knopfbiſtouri angewendet, und Herr Dur bowski hat es inſofern modificirt, daß er den Knopf abgeplattet hat, wodurch es leichter unter den Muskel gleitet und der zum Einſchneiden beſtimmten Klinge vorangeht. Derſelbe Operateur bat eine Art bistouri cache ausgedacht, dem lithotome des frere Come ziemlich ahnlich, was aber den Uebelſtand hat, die Theile nur ſchlecht zu ſchneiden, auf welche es mehr durch Drucken als durch Sägen wirkt. Auch ſcheint mir für die geraden Muskeln der Rou x' ſche Spatel noch vorzuziehen. 1 Um die ſchraͤgen Muskeln zu durchſchneiden, habe ich ein mit einem ſtarken Kniee verſehenes tenotome fertigen laſſen, was an feinem Ende mit einem platten Knopfe verfeben und fo eingerichtet iſt, daß man der unteren oder inneren Wand der orbita damit folgen und dann den Koͤrper des obliquus inferior oder die umge: ſchlagene Sehne des obliquus superior faſſen kann. Der erſtere, 203 welcher ſich an der Thraͤnenrinne inferirt, "ift ſehr leicht von Hinten nach Vorn zu erreichen; aber die Durchſchneidung des m. obliquus superior iſt weit weniger leicht. Die Sehne dringt ſehr tief in die Augenhoͤhle ein und die Rolle, in welcher er ſich von Vorn nach Hinten zu umſchlaͤgt, iſt nicht ſehr vorragend; wenn das Inſtrument zu hoch eingebracht wird, ſo kann es die Zweige des n. krontalis und ſelbſt des n. nasalis verletzen; und zu weit unten eingebracht, verfehlt es das vorgeſetzte Ziel. Es moͤchte auch zu fuͤrchten ſeyn, daß man mit einem geraden Biſtouri den tendo nicht gut zerſchneiden koͤnnte, während mit einem gebogenen té— notome man gefahrlos hinter ihn gelangt; unmittelbar unter der Hoͤhe ſeiner Rolle und indem man dann das Inſtrument hinter ihn gleiten läßt, zerſchneidet man ihn, während man das ténotome an ſich zieht. Herr Philippe hat darauf aufmerkſam gemacht, daß die Durchſchneidung des m. obliquus superior die Myopie mindere und hat ſie als ein in dieſem Falle zu verſuchendes Mittel vorge— ſchlagen: allein hier iſt offenbar eine Anſicht zu berichtigen. 6. Sobald der Muskel, beabſichtigtermaßen, durchſchnitten iſt, wird das Auge unmittelbar in die entgegengeſetzte Richtung uͤbergehen, und nur fuͤr den m. rectus internus findet hier eine Ausnahme ſtatt, da deſſen Wirkung als adductor von den beiden mm. obliqui auperior und inferior getheilt wird: außer dieſen Fallen müßte man fuͤrchten, den Muskel nicht ganz durchſchnitten zu haben. Die weitere Behandlung iſt ſehr einfach. Herr Dief— fenbach laͤßt Compreſſen mit kaltem Waſſer auf das Auge legen; aber wenn nicht eine Neigung zur Entzuͤndung vorhanden iſt, ſo genuͤgt es, das Auge einige Tage lang zu bedecken und ein etwas ſtrenges Regimen vorzuſchreiben. Im Allgemeinen klagen die Kranken nicht uͤber Schmerz und wuͤrde das Auge gleich den erſten Tag zu gebrauchen ſeyn wenn man es geſtattete. Die Ränder der Wunde in der conjunctiva ſchwellen an, roͤthen ſich und bedecken zuweilen eine kleine weiße Linie, welche von einigen abgeſtorbenen Zellgewebslamellen herruͤhrt, welche durch Betupfen mit Hoͤllenſtein ſchnell wieder in guͤnſtigen Zuſtand ver— fest werden. Die durch das infiltrirte Blut hervorgebrachten Ec— chymoſen verſchwinden, und den achten oder zehnten Tag haben alle Theile ihr normales Anſehen wieder erhalten. So ſind die verſchiedenen Tempo's der Operation auch bei unſerem Kranken vollzogen, einem jungen Manne von 23 Jahren, feit ſeiner Geburt mit Schielen des linken Auges nach Innen, nebft Schwaͤche des Sehvermoͤgens auf dieſer Seite, behaftet. Alles ging ohne nachtheilige Zufaͤlle ab, und der junge Mann wurde am fie: benten Tage entlaſſen. Miscellen. Trepanation der Nuͤckenmarkshoͤhle. Am 6. März fiel ein junger Mann von 25 Jahren 30 Fuß tief herab auf einen 304 Steinhaufen. Er war an den untern Extremitaͤten bis zum Nabel vollkommen gelähmt, und klagte über Ruͤckenſchmerz; voller beſchleu— nigter Puls; ängſtliches Ausſehen, beſchleunigte Reſpiration und Schmerz im epigastrium bei tiefem Athmen. Zwiſchen dem ſieben— ten und achten Ruͤckenwirbel fand ſich eine crepitirende Depreſſion, Venaſcctionen, Ruhr, Catheter. Am 11. war noch keine Beſſerung eingetreten; der Kranke fing an, ſich durchzuliegen. Nun wurde die Operation beſchloſſen, um den Druck auf das Ruͤckenmark zu heben. Der Kranke wurde auf den Bauch gelegt, und es wurde ein Einſchnitt von 4 Zoll längs der Dornfortfäge gemacht, wodurch nach Durchſchneidung der Ruͤckenmuskeln der eingedruͤckte Theil bloß— gelegt wurde. Der Dornfortſatz des neunten Wirbels war abgebrochen und wurde, nebſt einem kleinen Stuͤcke des Bogens, leicht weggenom— men. Nun wurde eine Trephine auf den achten Wirbelbogen aufgeſetzt und die dura mater des Ruͤckenmarks hinlänglich bloßgelegt. Sie war unverſehrt, und es fand ſich weder ein Knocheneindruck noch Blutextravaſat. Da hier nichts weiter zu thun war, ſo wurde der Kranke verbunden und auf den Ruͤcken gelegt. Die Operation war leicht und nicht ſchmerzhaft. Zwei Stunden nach der Opera- tion wurde die Reſpiration freier. Spaͤter ſtellte ſich Huſten ein, gegen welchen Abends Senfteige an die Waden gelegt werden muß— ten. Dieſe bewirkten ein Gefuͤhl von Waͤrme in den Beinen, je— doch keinen Schmerz oder Prickeln. Gegen Abend hatte der Kran— ke auch ein Gefühl von Drang zum Uriniren. Am folgenden Mor— gen aufgetriebenes Geſicht, heiße Haut; trockene Zunge; Puls 128, ſchwach; kein Stuhlgang, aber Blaͤhungen; die Reſpiration etwas freier. Die Lähmung der untern Ertremitäten war unveraͤndert; Blutegel. Am 13ten große Aufregung; heiße trockene Haut; Hu⸗ ſtenanfaͤlle mit Schmerz; Schuͤttelfroſt mit Erbrechen; zweimal une willkuͤhrliche Darmausleerung; brandiger Decubitus; Tags darauf Delirien, Meteorismus, Steigerung aller uͤbrigen Symptome, und am fünften Tage nach der Operation der Tod. Bei der Sec tion fand ſich ein geſplitterter Bruch der Boͤgen des ſechsten bis neunten Rückenwirbels auf beiden Seiten, fo daß die Bögen ganz von dem Wirbelkoͤrper getrennt, jedoch nicht dislocirt waren; ein Zoll unter der Trepanationsoͤffnung fand ſich eine beträchtliche Menge ſchwarzen, coagulirten Blutes, mit Eiter vermiſcht. Das Ruͤckenmark war in betraͤchtlicher Ausdehnung in eine rahmaͤhnliche Fluͤſſigkeit aufgeloͤſ't und am achten Ruͤckenwirbel ganz getrennt. Der Körper des ſiebenten und achten Ruͤckenwirbels war gebrochen, und Stuͤcke des achten ragten in die Wirbelhoͤhle hinein und com- primirten das Ruͤckenmark. Außerdem fand ſich eine Fractur der neunten Rippe, ohne Verletzung der pleura. (The Lancet, Apr. 1840.) Ueber die Operation der Eierſtockswaſſerſucht durch Punctiren von der Scheide aus, haben die Herren Nonat und Caffe zwei ſehr guͤnſtige Beobachtungen in der Gaz. des Hop., No. 1., mitgetheilt. Bibliographische Considerations sur les caracteres zoologiques des rongeurs et de leur dentition en particulier. Par A. de Quatrefages. Paris 1840. 4. Voyage autour du monde sur la Frégate Venus, pendant les années 1836 — 1839; publié par ordre du Roi eto.; par Abel du Petit - Thouars. Tome I. Paris 1840. 8. Neuigkeiten Practical Remarks on the Discrimination and Appearances of surgical Disease. By John Howship. London 1840. 8. Notice sur les fosses antiméphytiques portatives, operant la separation immédiate des solides et des liquides et la desin- fection complete des produits. Par A. Huguin. Paris 1840. Neu e, Il ot i ze n aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinolratbe Froriep zu Weimar, und dem Mediemaltatde und Prefeſſer Frerier u Ben. Ne. 328. (Nr. 20. des XV. Bandes.) September 1840. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Mthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gg. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Ueber die Crocodile des Indiſchen Archipels. Von Sal. Müller und Herm. Schlegel. Zu den gefaͤhrlichſten und gefuͤrchtetſten Raubthieren des morgenlaͤndiſchen Archipels gehören ohne Zweifel die Crocodile. Wir halten es fuͤr moͤglich, daß in Indien vielleicht eben fo viel Menſchen durch die Crocodile, als durch die Tiger das Leben verlieren. Frſtere bewohnen wenigſtens in die— ſem Theile der Erdkugel ein viel ausgebreiteteres Gebiet, als die genannten großen Katzen. Ccocodile werden in jenen Gegenden faſt aller Orten angetroffen, die nur einigermaa— ßen für die Lebensweiſe dieſer Thiere geeignet find. Nirgends in dem morgenländifchen Archipel haben wir inzwiſchen mehr Crocodile gefunden, als auf Borneo. Es trug ſich haͤufig zu, daß wir auf unſerer Reiſe durch einen Toeil der ſuͤdlichen Haͤlfte dieſer Inſel auf eine Strecke von nicht ganz einer Stunde Weges zehn bis zwoͤlf dieſer fuͤrch— terlichen Thiere antrafen ); und die Eingeborenen ver ſicher— ten uns, daß ſie haͤufig innerhalb weniger Wochen in einem ſehr kleinen Bezirke eine gleiche Zahl dieſer Thiere gefangen und getödtet hätten. Man ſellte beinahe glauben, daß eine ſo anſehnliche Menge großer Raubthiere die Ausrottung und Vertilgung aller übrigen Waſſerbewehner zur Folge ba: ben muͤſſe; und doch behaupten die Einwohner von Borneo, keine demerkbare Verminderung dieſer letzteren zu ſpuͤren, waͤhrend es deßhalb den erſtgenannten gar nicht an Nah⸗ rung mangelt. Borneo iſt ungemein reich an Fiſchen. Sowohl die große Menge von Fluͤſſen, welche dieſe Inſel nach al— len Richtungen durchſtroͤmen, als auch feine vielen Seeen wimmeln **) von denſelben. Inzwiſchen find Fiſche nicht ) In eben fo entfeglicher Menge trafen auch v. Humboldt und Bonpland auf ihrer Fahrt auf dem Apure in Suͤd⸗ Er den Crocodilus acutus an. Voyage, 4. 1819, II. p. 2) Außerdem, daß verſchiedene Arten von den Gattungen Cy- er Pimelodus etc, in diefen langſam fließenden Gewäfe 28, eat Rot, n me die einzige Nahrung der Crocodile, da Alles, was von ani— maliſchen Subſtanzen in ihren Bereich gelangt, es fen friſch oder verfault, gierig von ihnen verſchlungen wird. Mit un⸗ beſchreiblicher Gefraͤßigkeit verſchlingen fie ſogar haͤufig Stei— ne, wie auch der Prinz Maximilian von Wied mehr— mals bei dem Suͤdaweritaniſchen Jacare (Crocodilus sclerops) wahrgenommen hat). Im Innern von Bor: neo hatten faſt alle Crocodile, welche die Eingeborenen finz gen, einige kleine abgerundete Quarsſteine nebſt verſchiede— nen Steinkohlenſtuͤcken, manchmal wohl von der Grove einer Fauſt, im Magen. Die Malaien auf der gedachten Inſel hegen in Bezug auf das Crocodil den Aberglauben, daß die Zahl von Steinen, welche ein ſolches Thier im Magen hat, ein ſicheres Kennzeichen darbiete, aus welcher Ferne das Thier gekommen ſey, da, nach ihrer Meinung, das Crocodil bei jedem Doͤrfchen oder Dorf, an welchem es voruͤbergekommen, ein Steinchen zum Andenken aufſucht und verſchlingt. Um lebende vierfuͤßige Thiere oder Voͤgel zu fangen, liegen die Crocodile entweder dicht am Ufer unter dem Waſ— ſer verborgen, oder unbeweglich am Ufer ausgeſtreckt auf der Lauer Im Fluſſe Duſon auf Borneo ſahen wir einſtens, wie ein kleiner Crocodilus biporcatus von 3 bis 4 Fuß Länge einen Strandläufer (Totanus hypoleucos) fing. Das Crocodil lag, ſeiner Gewohnheit nach, platt und ſteif auf einer fleien, etwas kothigen und ſonnigen Stelle des Ufers. Der Vogel ſchien durchaus keinen Argwohn von der Gefahr zu haben, die ihm fo nahe war, indem er yes raume Zeit bald naͤher, bald ferner um den liſtigen Feind fern des Binnenlandes ſehr haͤuſig find, findet man hauptſach⸗ lich in erſtaunlicher Menge verſchiedene Arten der Gattung Ophiocephalus, z. B., Ophiocephalus lucius, v. Hass Ophiocephalus planiceps, v. Hass. und einige andere neue Arten, waͤhrend zugleich, doch in beſchränkterem Grade, in den ſtillen Sccen dieſer Inſel Helostoma Temminckü, o. Hassel, febr gemein iſt. *) Beiträge zur Naturgeſchichte 55 Braſilien, Bd. I. S. 83. 307 herumlief, ohne daß dieſer die geringſte Bewegung machte, bis endlich der Strandlaͤufer zufällig vor den Korf des lauernden Raubthieres kam, welches dann pfeilſchnell auf den einfaͤltigen Vogel zuſchoß und denſelben zu ſeiner Beute machte *). Die Crocodile wenden alſo im Allgemeinen die— ſelben Mittel zur Erlangung ihrer Nahrung, wie die Katzen und viele andere Raubthiere an; denn auch ſie uͤberfallen ihre Beute meiſtentheils unerwartet aus einem Hinterhalte, wobei ſie mit um ſo mehr Liſt und Geduld zu Werke ge— hen muͤſſen, da ihre Fortbewegung außer dem Waſſer durch die Unbiegſamkeit ihres Koͤrpers mit groͤßerer Schwierigkeit verbunden iſt. Demungeachtet fangen ſie haͤufig Hirſche, wilde Schweine, Hunde, Ziegen, Affen und mehrere andere Thiere, wenn ſich dieſe dem Waſſer naͤhern, um ihren Durſt zu loͤſchen. Hunde, die einmal ein ſolches rieſenartiges Un— gehener in der Naͤhe geſehen haben, zeigen ſich gegen daſſelbe ſo furchtſam, daß ſie haͤufig nur ſehr langſam und mit großer Vor— ſicht ſich nach dem Waſſer begeben. Am Strande von Ti— mor haben wir ſogar mehr als ein Mal die Beobachtung gemacht, daß ein ſolcher Hund ploͤtzlich vor feinem eigenen ) Es wird dem Leſer nicht entgehen, daß das Ergebniß dieſer Beobachtung ganz das Gegentheil von dem iſt, was die Alten in Bezug auf das gute Einverſtaͤndniß ihres Vogels Trochi- lus mit dem Crocodile glaubten. Wenn ſie meinten, daß die— ſer Vogel ungehindert und ungekraͤnkt die ſogenannten Blut— ſauger (fön nach Herodot) aus dem Rachen des Croco— diles weghole, ſo haben ſie ſich darin ſicherlich geirrt. Was jedoch den Umſtand betrifft, daß man zu Zeiten kleine Voͤgel in der Nähe ſchlafender Crocodile wahrnimmt, fo ift diefes keineswegs eine Fabel. Wir haben mehrmals, außer dem oben— genannten Strandlaͤufer, auch Bachſtelzen (Motacilla boaru- la) dicht bei einem am Ufer ſchlafenden Crocodile beobachtet, und ſelbſt dann und wann eine Muscicapa, Sylvia, Cinnyris oder andere kleine von Inſecten lebende Landvoͤgel dicht uͤber dem todtſtill daliegenden Thiere herumfliegen ſehen. Der Grund davon laͤßt ſich auf eine ſehr einfache und natuͤrliche Weiſe erklaͤren, wie auch der ſcharfſinnige Oken in ſeiner all— gemeinen Naturgeſchichte zum Theil gezeigt hat. Da ſich die Crocodile meiſtentheils an moraſtigen Orten aufhalten und gern im Schlamme herumkriechen, ſich vielleicht manchmal ſo— gar darin wälzen, fo find fie nicht ſelten ganz von Schlamm bedeckt, — ein Umſtand, auf welchen ſich die in Indien ſehr allgemeine falſche Meinung gründet, daß es ſchwarze, graue und buntfarbige Crocodile gebe, von welchen die einen gefaͤhr— licher ſeyen, als die andern. Wenn nun ein ſo mit Schlamm bedecktes Crocodil eben aus dem Waſſer kommt und ſich un— beweglich am Ufer niederlegt, ſo wird es ſogleich von einem Schwarme von Moskitos oder Muͤcken beſucht, die ſich auf demſelben niederlaſſen; und auf dieſe Inſecten machen alsdann die erwaͤhnten Voͤgel Jagd. Sie legen dabei nicht die gering— ſte Furcht vor dem Crocodile an den Tag, ſcheinen ſeine raub— ſuͤchtige Art nicht zu kennen, oder ſehen es vielleicht nicht ein— mal für ein lebendiges Geſchoͤpf an. In dieſem Allen liegt ohne Zweifel eine weiſe Einrichtung der Natur; denn wenn es anders waͤre, wenn dieſe Voͤgel das Crocodil eben ſo ſehr als einen Falken, eine Eule oder eine Katze fuͤrchteten, ſo wuͤrden dieſe ſchwerfaͤlligen Amphibien niemals einen jener fluͤchtigen Luftbewohner in ihre Gewalt bekommen und niemals ihren Hunger damit ſtillen koͤnnen. Daß dieſes aber genenwärtig der Fall iſt, daß wohl zu Zeiten ein dummer oder argloſer Vogel dem Crocodile fo zu ſagen in's Maul läuft, beweiſ't, iR andern, der obenerwaͤhnte Fall mit dem Totanus hypo- eucos, 808 Schatten zuruͤckwich und eine halbe Stunde lang zitternd und bebend ſechs oder acht Schritte weit vom Waſſer ſte— hen blieb und unter anhaltend furchtſamem Stieren nach dem Orte, wo ihm das Schreckbild erſchienen war, erſt hef— tig bellte und hernach ein lautes und ſchwermuͤthiges Ge— heul erhob. Die Saͤugethiere und Amphibien, welche viel unter dem Waſſer leben, wie, z. B., die Ottern und Monitors, ſind beſtaͤndig den Verfolgungen der Crocodile ausgeſetzt, waͤhrend dieſe zugleich von ihrer fruͤheſten Jugend an auf alle Arten von Waſſer- und Strandvögeln Jagd machen. Wie unternehmend ſtark und gefaͤhrlich indeſſen die Crocodile auch im Waſſer ſind, ſo zeigen ſie ſich dagegen außerhalb deſſelben ungemein furchtſam und ſcheu. Bei'm geringſten Geraͤuſche, welches ſie vernehmen, oder wenn ſie einen Men— ſchen auf vierzig, ſechszig, ja ſelbſt hundert Schritte und weiter entweder auf dem Lande oder in einem Nachen auf dem Waſſer gewahr werden, ſo fluͤchten ſie eiligſt nach dem Strome, wo ſie ploͤtzlich aus dem Geſichte verſchwinden und ſich ſo allen ferneren Verfolgungen entziehen. Sie ſchwim— men vortrefflich ſowohl gegen den Strom, als ſtromabwaͤrts. Im letzteren Falle laſſen fie ſich häufig ohne merkliche Bez wegung von der Strömung treiben. Niemals ſieht man das Crocodil auf eine fröhliche oder muthwillige Weiſe durch das Waſſer ſchwimmen, und außerhalb deſſelben zeigen ſie ſich noch ſchlaͤfriger. Spuren von gegenſeitigem Verſtaͤnd— niſſe oder gegenſeitiger Anhaͤnglichkeit haben wir niemals bei ihm bemerkt; jedes Individuum ſcheint vielmehr von der Jugend an iſolirt und fuͤr ſich zu leben, und wenn man ja zuweilen einige von ihnen nahe bei einander antrifft, fo ſcheint dieſes mehr ihrer großen Menge an einem und dem— ſelben Orte zugeſchrieben werden zu muͤſſen, als ihrem Trie— be, in Geſelligkeit mit einander zu leben. Wenn dieſes raubſuͤchtige Thier unter dem Waſſer auf Beute lauert, ſteckt es gemeiniglich bloß die Naſenloͤcher aus demſelben hervor, und in dieſer Lage bleibt ein Crocodil nicht ſelten Stunden lang auf einer und derſelben Stelle unbeweglich; ſobald es jedoch irgend eine Gefahr bemerkt, taucht es au— genblicklich unter und kommt alsdann an einer von dieſem Orte entfernten Stelle wieder empor. Weniger geraͤuſchlos iſt ſeine Flucht vom Lande nach dem Waſſer, wenn man es unerwartet durch einen Flinten— ſchuß aus dem Schlafe weckt und es ſtark erſchreckt; mit der moͤglichſten Eile ſtuͤrzt es ſich alsdann auf eine ungeſtuͤ— me Weiſe in's Waſſer, und es folgen dem dadurch verur— ſachten Getoͤſe haͤufig einige fuͤrchterliche Schlaͤge, welche es waͤhrend des Untertauchens mit ſeinem Schwanze zuwege bringt. Sehr ſelten traͤgt es ſich zu, daß man ein etwas gro— ßes Crocodil ſo ſchießt, daß es auf dem Ufer liegen bleibt. Wie toͤdtlich die beigebrachte Wunde auch ſeyn möge, fo bleibt ihm doch noch immer ſo viel Lebenskraft uͤbrig, daß es ſich noch einige Male umwälıt; und wenn es dann nicht zufällig am Ufer durch ein dichtes Rohrgebuͤſch oder durch einen Strauch aufgehalten wird, ſo geht es jederzeit fuͤr den Jaͤger verloren. Wird es im Waſſer geſchoſſen, fo iſt durch— 309 aus keine Ausſicht vorhanden, ſich deſſelben zu bemaͤchtigen; die Crocodile ſinken alsdann ſogleich unter und koͤnnen, ſo— wohl wegen der Unſicherheit der Oertlichkeit, wo ſie ſterben, als auch wegen der Tiefe der Fluͤſſe, Seen, Moraͤſte und Baien, in welchen fie leben, nur mit größter Schwierigkeit aufgefiſcht werden, und ihr Leichnam pflegt gewoͤhnlich erſt nach Verlauf von drei, vier oder mehreren Tagen auf dem Waſſer zu treiben ). Auf dem Lande iſt ihr Lauf im Allgemeinen traͤge und muͤhſam; kurze Entfernungen koͤnnen ſie jedoch zuweilen mit unbegreiflicher Geſchwindigkeit zuruͤcklegen. Sie werden jedoch bald müde, da ihre unverhaͤltnißmaͤßig kleinen und ſchwachen Fuͤße den ſchweren Körper nicht lange zu tragen vermoͤgen; derſelbe ſinkt ſehr bald bis auf den Boden nieder und wird alsdann in ſchleudernden Bewegungen auf demſel— ben fortgeſchoben. Es iſt bekannt, daß die Crocodile in wilden, moraſtigen Landſtrichen manchmal kleine Reiſen zu Lande vornehmen, ſo daß wohl zuweilen der Fall eintritt, daß man in einem ganz iſolirt liegenden Moraſte oder auch in einem großen Weiher ploͤtzlich eins dieſer Thiere gewahrt, wo man es früber niemals geſehen hatte. Mebhrentheils geſchehen die Wanderungen des Nachts. Ob ſie aus Mangel an Nah— rung, oder durch Hunger veranlaßt werden, oder ob vielleicht der Fortpflanzungstrieb dabei ſeinen Einfluß ausuͤbt, koͤnnen wir nicht beſtimmt angeben. Auf der Nordweſtkuͤſte der Inſel Timor, einige Stun— den vom Strande entfernt, in der Bucht von Kupang, tra— fen wir einſtens des Morgens auf der Jagd mitten auf einer weiten moraftigen Grasflaͤche, wo hie und da einzelne Gebuͤſchgruppen ſich erhoben, einen Crocodilus biporca- tus von 11 Fuß Laͤnge, welcher in einem kleinen ſchlam— migen, aber faſt ganz trockenen Graben herumkroch. So— bald er uns gewahr wurde, ſchoß er ruckweiſe in einer wak— kelnden Bewegung ein Stuͤck Weges fort und ſehr eilig voraus; als wir uns aber ihm bis auf zwölf Schritte gend: hert hatten, hielt er ploͤtzlich ſtill, ſo daß wir mit der groͤß— ten Bequemlichkeit unſere Gewehre wiederholt auf ihn ab— feuern und wiederladen konnten, ohne daß er im Mindeſten *) Oogleich einige der bier gedachten Beobachtungen ganz oder theilweiſe mit denen uͤbereinſtimmen, welche durch v. Hum⸗ boldt und den Prinzen von Wied über einige dieſer Amphi— bien bekannt gemacht ſind, ſo ſind wir doch der Meinung ge— weſen, unſere auf genaue Unterſuchung gegruͤndeten Bemerkun— gen über die Lebensweiſe der Crocodile in ihrem ganzen Um— fange mittheilen zu muͤſſen, damit man nicht nur die Ueber⸗ einſtimmung kennen lernt, welche in der Beſchaffenheit dieſer Indiſchen Arten und ibrer Americanifben Gattungsgenoſſen obwaltet, ſondern damit auch zugleich, durch eine vollſtaͤndige Behandlung, fo viel, wie moͤglich, die Maͤhrchen wegdemonſtrirt werden, die durch den morgenländifchen eingewurzelten Aber: 11057 5 die wahre Geſchichte dieſer merkwuͤrdigen Thiere ver: uͤllen. Ueberflüffig würde es ſeyn, bei jeder Gelegenheit, wo unfere Angaben mit denen der genannten ſcharfſinnigen Beobachter oder auch anderer Reiſenden uͤbereinſtimmen, dieſes jedes Mal zu erwähnen. Der Naturforſcher bedarf dieſer Nachweiſung ſicherlich nicht. 310 bemüht war, ſich durch Flucht oder Vertheidigung zu retten. Der Zufall wollte es, daß wir ſieben Kugeln auf ihn ab— feuern mußten, ehe er ganz todt war ). Merkwürdig war es, daß es bei jedem Schuſſe feinen Rachen weit aufiperrte und dann langſam mit einem etwas klappenden Schalle wieder feſt verſchloß. Von allen Organen ſcheint das Gehoͤr bei den Croco— dilen am meiſten bevorzugt zu ſeyn. Dieſe Schaͤrfe des Gehoͤrs ſetzt das Thier in den Stand, ſelbſt auf eine ſehr große Ferne unter dem Waſſer Alles zu vernehmen, was außerhalb deſſelben in dem Umkreiſe vorfaͤllt. Sie nähern ſich gewoͤhnlich bei jedem Geraͤuſche ſogleich, jedoch immer in der groͤßten Stille. Sind es Menſchen oder Thiere, die das Ufer betreten, fo naͤhern fie ſich allmaͤlig und halten ſich ſo lange unter der Oberflaͤche des Waſſers verborgen, bis ſich eine paſſende Gelegenheit darbietet, um einen Anfall zu wagen, der ihnen ſelten mißgluͤckt, da ſie meiſtentheils nicht eher auf den belauerten Gegenſtand losſchießen, als bis ſich derſelbe hinlaͤnglich ſicher in ihrer Gewalt befindet. Bei'm Ueberfalle, bei'm Anbeißen und Fortſchleppen des Raubes ſind die Bewegungen der Crocodile pfeilſchnell und zu ar in ſo chem Grade, daß, wenn Menſchen einen folchen gewaltſamen Tod erfahren, nur ſelten ein Huͤlfsgeſchrei oder ein Schrei der Angſt oder des Schreckens von ihnen ver— nommen wird. Die Grocodile ziehen ihre Beute immer fo; gleich unter's Waſſer, erſcheinen aber kurze Zeit darauf, manchmal ſchen nach wenigen Augenblicken, in größerer oder geringerer Entfernung, damit wieder an der Oberflaͤche. Iſt die Beute klein, fo verſchlingen fie dieſelbe ſogleich ſchu im— mend, wobei fie den Kopf allein uͤber's Waſſer halten; grö— fere Thiere oder Menſchen verzehren fie dagegen gewohnlich erſt gegen Abend oder in der Nacht, fuͤr welchen Zweck ſie ihren Raub hier oder da an eine einſame Stelle des Ufers bringen, wo man alsdann nicht ſelten Ueberbleibſel davon antrifft. Sie ſcheinen ihre Beute durch ſtarkes Hin- und Herſchleudern und dadurch, daß ſie dieſelbe gegen den Bo— den ſchlagen, theilweiſe zu zermalmen und ferner mit Huͤlfe ihrer Vorderfuͤße in Stuͤcken zu reißen. *) Wir ſagen hier abſichtlich: „Der Zufall wollte es“; denn ob: ſchon die Crocodile im Ganzen ein ſehr zäbes Leben beſitzen, ſo haben wir doch bei andern Gelegenheiten die Erfahrung gemacht, daß ein Grocodit auch mit viel weniger Schuͤſſen, ja fogar mit einer einzigen Kugel, getoͤdtet werden kann. Letz— teres faben wir ein Mal auf Borneo, wo ein inländifcher Fuͤrſt, in deſſen Geſellſchaft wir den Fluß von Martapura hinabfuhren, ein Grocodil von 7 Fuß Länge, das am Ufer ſchlief, mit dem erſten Schuſſe aus einer Buͤchſe ſo traf, daß das Thier, nachdem es einige Minuten ſich geſtraͤubt batte, bei einem Strauche am Saume des Waſſers todt liegen blieb. Bei dieſem Crocodile war die Kugel zwiſchen die Halswirbel eingedrungen. Lefueur gedenkt in Peron’s Reiſe eines ahnlichen gluͤcklichen Schuſſes auf ein Crocodil von 93 Fuß Länge, welches von dieſen beiden Herren waͤhrend ihres zwei⸗ ten Aufenthaltes auf Timor in der Näbe von Babauw, unge⸗ fähr fünf Stunden von Kupang und folglich in derſelben mo: raſtigen Niederung getoͤdtet wurde, wo wir 25 Jahre ſpaͤter das oben erwähnte 13 Fuß groͤßere Exemplar in einem ausge⸗ trockneten Graben antrafen. 9 311 * Stimmlaute haben wir niemals von einem Crocodile ge— hoͤrt, auch nirgends von den Einwohnern vernommen, daß dieſe Thiere jemals ein Geſchrei hoͤren laſſen. Die Crocodile ſind im Allgemeinen mehr Nacht-, als Tagthiere. Sie find, gleich den großen Katzenarten, am gefaͤhrlichſten des Abends und gegen Mitternacht, weßhalb denn auch die Einwohner nach Sonnenuntergang nicht gern, wenn es aber ſeyn muß, ſtets mit aller Behutſamkeit ſolche Orte an den Ufern der Fluͤſſe und Seeen beſuchen, wo es viele Crocodile giebt. Ueberfaͤllt ſie zu Zeiten auf einer Waſſerreiſe, die ſie auf einem kleinen Boote unternehmen, die Nacht, dann waͤhlen ſie, ſobald es duͤſter zu werden be— ginnt, mehr den mittelſten Theil des Stromes, wo ſich die Crocodile ſeltener aufhalten, als daß ſie laͤngs den ſtillen und ruhigen Ufern ihre Reiſe fortſetzen. Der Fall ereignet ſich trotzdem in Indien und haupt— ſaͤchlich auf Borneo nicht felten, daß Menſchen von den Ufern oder aus den Fahrzeugen von dieſen Toieren weggeholt werden und dieſes haͤufig ſo ohne alle Bewegung, daß ſehr nahe dabei befindliche Perſonen kaum etwas davon bemerken. Sehr alte Crocodile ſchlagen auch zuweilen mit ihrem Schwanze die kleinen Kaͤhne in Stuͤcken, wobei dann jeder Zeit einer der ſich darauf befindenden Menſchen dem Raub— thiere zur Beute wird. Ein ſolcher trauriger Fall ereignete ſich im Monate October 1838 auf Borneo. Ein Malaie, deſſen Weib und einziges Soͤhnchen in der Zeit von vierzehn Tagen von einem erſchrecklich großen Crocodil am Ufer des Duſon Fluſſes uͤberfallen worden waren, wollte einige Wo— chen ſpaͤter an derſelben Stelle eine Angel legen, um das Thier zu fangen und, wie der ungluͤckliche Mann ſich aus— druͤckte, ſeine Rache an ihm zu kuͤhlen und dadurch die tiefe Traurigkeit, welche das boͤſe Ungeheuer ihm verurſacht hatte, einigermaßen zu lindern. Als wir dieſen Mann ſprachen, war er eben beſchaͤftigt, die Angel, welche aus einem runden Stuͤcke Holz von 1 Fuß 5 Zoll Laͤnge beſtand, in Bereits ſchaft zu bringen. Er hatte das Aas eines jungen Naſen— affen zum Koͤder beſtimmt; den folgenden Tag begab er ſich, in Geſellſchaft von drei andern Einwohnern, gegen Abend an den gedachten Ort, um die Angel daſelbſt uͤber dem Waſſer an einem Strauche aufzuhaͤngen. Kaum hatte er dieſen erreicht und noch nicht einmal die Angel feſtgebunden, als der Kahn unerwartet einen fuͤrchterlichen Schlag von Unten empfing, ſo daß er zertruͤmmert wurde und die vier Einwohner in's Waſſer fielen. Von Schrecken ergriffen, hatte jeder von ihnen genug mit ſich ſelbſt zu thun und ſtrebte, durch Schwimmen ſo geſchwind, wie moͤglich, das Ufer zu erreichen und ſich zu retten. Dreien von ihnen war dieſes auch gluͤcklich gelungen; allein der verzweiflungs— volle Raͤcher wurde vermißt und war, gleich ſeinem Weibe und Kinde, das Opfer des gefraͤßigen Thieres geworden. Wir verdanken die Erzählung dieſes traurigen Ereigniſſes einem der drei geretteten Einwohner. (Schluß folgt.) 312 Miscellen. Ueber comprimirte Luft ſind in dem Etabliſſement der Herren Perrier et Comp., zu Chaillot bei Paris, am 27. Sep⸗ tember eine Reihe von Experimenten, in Gegenwart mehrerer Phy— ſiker, angeſtellt worden. Der Erfinder der verſchiedenen neuen und ſinnreichen Methoden, comprimirte Luft als Kraft anzuwen— den, Herr Andraud, zeigte zuerſt einen kleinen Wagen, welcher durch comprimirte Luft auf einer, zu dieſem Behuf eingerichteten, Eiſenbahn, in dem Verhaͤltnſſe von 25 Engliſchen Meilen in einer Stunde, fortgetrieben wurde. Die Luft, nur auf etwa 25 At— moſphaͤrendruck comprimirt (welches wenig mehr als ein Dritt— theil der Kraft iſt, auf welche ſie ohne Gefahr zufammengepreßt werden kann), iſt in einem hinlänglich erprobten Cylinder oder R ſervoir enthalten, welches die Kolben eben fo verſorgt, wie für eine Dampf⸗Locomotive. Herr Andraud verſichert, daß zwei ſolche Cylinder hinreichend ſind fuͤr die Verſorgung einer Locomo— tive auf etwa 10 Engliſche Meilen einer Eiſenbahn, und da die Luft faſt ohne alle Koſten allenthalben, wo ein Waſſermuͤhlrad oder eine Windmühle die Maſchinerie in Bewegung ſetzt, zu haben iſt, fo koͤnnen friſch gefüllte Cylinder auf jeder Station parat achaiten und in Zeit von einer Minute auf die Locomotive eingeſetzt werden. Die Vrbeferung von Herrn Andraud's Luft-Locomotive vor, allen bisherigen beſteht a) in der Anordnung eines Regulators, mittels deſſen die Luft in unfehlbarer Regelmaͤßigkeit und Sicherheit zugefuͤhrt wird und völlig in der Gewalt des Maſchiniſtemiſt, und 6) in der Art, die Luft durch Hitze auszudehnen, wobei zugleich große Oeconomie er— reicht wird. Bei Ausdehnung der Luft iſt es noͤthig, wenn fie für Lo— comotion benutzt werden ſoll, daß ſie ſeyr ſchneil geſchehe, weil ſonſt die Geſchwindigkeit nicht gleichmaͤßig erhalten werden kann. In dem Cylinder oder Reſervoir ſelbſt kann ſie nicht ohne Gefahr der Exploſton ausgedehnt werden, und bei der gewoͤhnlichen Pro— cedur wird nur die äußere Oberflaͤche der Luft, welche unmittelbar der Wirkung der Hitze ausgeſetzt iſt, ſchnell ausgedehnt, indem die inneren Molecuͤlen — da Luft ein ſchlechter Waͤrmeleiter iſt — viel Zeit zur Dilatation erfordern. Herr Andraud beſeitigt alle dieſe Schwierigkeiten, indem er die Luft durch eine ſehr lange, in ko— chendes Blei eingeſenkte, Spiralroͤhre durchgehen laͤßt, und auf dieſe Weiſe wird das Ganze innerhalb des zwoͤlften Theils einer Secunde ausgedehnt, und ein Reſervoir Luft, fo ausgedehnt, bewirkt 5,000 Kolbenſtoͤße, während dieſelbe Quantität Luft unausgedeknt nur 2,200 Stöße bewirkt ꝛc. In Beziehung auf das Flachdruͤcken des Schädels bei den Indianern finden ſich in J. Townshend’s Sporting Excursions on the rocky mountains einige Nachrichten: Die Wallamel-Indianer beſitzen zu dieſer Operation einen eigenthuͤmli— chen Tiſch, in welchem fuͤr den Hinterkopf ein Ausſchnitt iſt. Das Neugeborene wird eingeſchnürt und ein Bret an ledernen Haͤngen, ſchraͤg auf die Stirn druͤckend, mit Riemen befeſtigt. Die Chinucks und andere Staͤmme an der See unterſcheiden ſich ſehr von den Hochindianern und find weniger grauſam. Hier wird das Kind auf Grasmatten in einem ausgehoͤhlten Baumſtamme befeſtigt und eine Art von Pelotte von geflochtenem Graſe auf die Stirn ge— ſchnuͤrt. Es muß 4 bis 8 Monate aushalten, bis die Naͤhte ſich ſchließen und wird, außer bei ernſtem Unwohlſeyn, nicht leicht eher aus dieſer Wiege genommen, als bis die eingedruͤckte Stirn verknoͤchert iſt. — Seltſam, daß kein Stamm verſchlagener und kluͤger iſt, als dieſer! Ich ſprach einen Häuptling, der zur Aoſchaffung der Sitte an— treibt, aber taube Ohren findet. Ein runder Schaͤdel iſt verachtet und bleibt untergeordnet in der Geſellſchaft der Klikatats, Kala— puyah's, Multnomab’s, Klatſaps, Klatsloni's, Kowalisk's ꝛc. in Un- tercolumbien und wahrſcheinlich bei noch mehreren Stämmen. — Ich ſah ein Kind, das eben aus der Klemme kam; die Stirn war flach, das Hirn nach Hinten gedraͤngt; die Augen I Zoll vorſte⸗ hend, entzündet und verfaͤrbt; fein Lächeln war ſchrecklich. (Zeitz ſchrift f. d. geſ. Medic. 14. 4.) 313 ’ 314 keen n d Ueber die Texturveraͤnderungen bei krankheiten. Von Dr. Nich et. Bereits vor fuͤnf Jahren habe ich gezeigt, daß dieſe Krankheit nicht, wie man gewohnlich glaubt, von einfacher caries, ſondern in der Mehrzahl der Falle von Zuberkelablagerung in oder an den Wirbeln abhangt, Ich habe bei jener Gelegenheit den Mechanis— mus der Bildung der Rückgratsverkrummungen auseinandergeſetzt, welcher ebenfalls von dem gewohnlich beſchriebenen ganz verfchieden iſt. Jene Anſichten ſind ſeitdem von verſchiedenen Seiten bejtätigt worden; namentlich hat Herr Nelaton 1837 (Neue Notizen Bd. IV. No. 79. Seite 203) ſich ausfuhrlich damit beichäftigt, mir in— deß auch einige Einwärfe eateegengeſetzt, deren Widerlegung mir zu mehreren Eroͤrterungen Veranlaſſung geben wird. Herr Nelaten läßt die Tuberkelinſiltration bei dem Pott— ſchen Uebel eine große Rolle ſpielen; er betrachtet fie als die Haupturſache der Subſtanzverluſte an der Wirbelſaule, entweder durch Sequeſterbildung oder durch Diepojition zu Abreibungen, ins dem er annimmt, daß mechaniſche Abnueung nur an Wirbeln vor— kommen koͤnnen, welche durch Tuberkelinſiltration ihres Lebens bes raubt ſind. Dieß iſt jedenfalls zu allgemein ausgedruckt; ich habe mehrmals Wirbel geſehen, welche noch kraͤftig und lebensthätig waren, keine Spur des erſten Grades der Tuberkelinfiltration zeige ten und durch Abreibung abgenutzt waren. In dieſen Blättern werde ich hauptſächlich mit den Veraͤnde— rungen der Intervertebralknorpel mich beſchaftigen. Die Wirbel— körper find durch zahlreiche Bänder vereinigt. Die wichtigſten ſind aber diejenigen, weiche die Intervertebralräume ausfüllen. Dieſe find bald als Ligamente, bald als Knorpel, bald als Faſerknorpet bezeichnet worden; jede Intervertebralſcheibe beſteht aus zwei Pa⸗ rallelplatten, welche mit den Wirbelkoͤrpern in Verbindung ſtehen und mit den Nändern ſich vereinigen, fo daß ein freier linſenfoͤr— miger Raum zwiſchen ihnen bleibt, welcher durch eine gallertaͤhn— liche Subſtanz angefuͤllt iſt. Bei alten Perſonen ſieht man bei einem Durchſchnitte concentriſch viele Sehnenfaſern von einem Wir— bel zum andern verlaufen, und alsdann hat die gallertartige Mit— telmaſſe ihren früberen Umfang verloren; fie bildet uur noch ein dünnes Blötcchen einer gelben trocknen Subſtanz in der Mitte des Faſerknorpels; bei'm neugeborenen Kinde dagegen iſt zwar die mittlere Hoͤhle nicht ſehr hoch, aber die darin enthaltene Subſtanz iſt ſchleimig, feucht und durchſichtig. Die Knorpelplatten werden durch ein fait homogenes Gewebe gebildet. Bei'm Erwachſenen iſt die Knorpelſubſtanz reichlich und feſt, und dringt in großer Menge auf einer Durchſchnittsflaͤche aus den Hoͤhlen hervor, weil die energiſche Reaction der Faſerſubſtanz ſtark darauf einwirkt. Im Ganzen ift daher beim Kinde die Intervertebralſcheibe hauptſaͤch— lich knorpelig, bei'm Greiſe hauptſaͤchlich liaamentoͤs, während bei'm Erwachſenen beide Subſtanzen ſich das Gleichgewicht halten. Die Centralſubſtanz iſt jedenfalls zu den Knorpeln zu rechnen. (Dieß entſpricht keineswegs den neueſten mikroſcopiſchen Unterſu⸗ chungen. R. F.) Blaͤſ't man bei'm Kinde die pulpoͤſe Subſtanz der Vertebral⸗ knorpel auf, fo entwickelt ſich eine unregelmäßige Hohle, welche Cruveilhier mit Recht als das Rudiment der Synovialhohle betrachtet, welche bei den Fiſchen ſo ſtark entwickelt iſt. Dieſe Subſtanz ſ eint ſich den Synovialhaͤuten auch noch dadurch zu nähern, daß ſie der Einwirkung krankmachender Agentien ſo ſehr unterworfen iſt; fie iſt, in der Regel, bei Krankheiten der Inter- vertebralſcheiben zuerſt zerſtoͤrt; uͤberdieß entſpricht dieſer Anſicht auch die Function, indem diefe weiche Centralſubſtanz gewiſſermaa⸗ ßen einen beweglichen Stuͤtzvunct abgiebt, auf welchem die Bewer gungen der Wirbelkörper vor ſich gehen, eben fo wie die Gelenkber wegungen auf den Synevialflaͤchen. Für unſere Unterſuchung iſt ſchließlich hervorzuheben, daß in der Kindheit das Knorpelgewebe Ruͤckgrats⸗ vorherrſcht, fo daß es nicht zu verwundern iſt, daß wir die ges naueſte Analogie zwiſchen den Krankheiten der Intervertebralſchel⸗ ben und der Diarthrodialknorpel bemerken. Die noch duntern oder nicht binreichend bekannten Puncte in Bezug auf die Veränderun⸗ gen der erſtern, werden ſich daber auch durch unſere beſſere Kennt⸗ niß von den letztern erklaren laſſen. Erfter Fall. — 3erftörung zweier Knorpel, Mans gelder Gentrolpartie und zweier andern; Abſceß langs des Ruͤckgrats; keine Tuberkeln. Ein neunjäbriges Mäds chen wurde am 7. Februar 1836 im Zuſtande des vollftändiaften Marasmus aufgenommen. Sie batte drei große Congeſtionsabſceſe fe, die noch nicht groͤffnet waren; einen in der Nähe des Afters, zwei andere neben den Dornfortfägen der Rücken- und Lendenge⸗ gend; es wer keine Ruͤckgratsvertrommung vorbanden; die Kranke klagte uͤber etwas Schmerz im Verlaufe des Rückgrats; die untern Extremitäten hatten volle Beweglichkeit und Empfindlichkeit; der am hoͤchſten liegende Ruͤckenabſceß hob und ſenkte ſich mit der Ins und Exſpiration. Durch Druck konnte man die Geftwuift vertlai⸗ nern, wobei man mit dem Stetboſcope ein gurgelndes Geͤuſch hörte, welches gegen die Bronchien hin ging; der Auswurf war siterigs eine Communication der Bronchien mit dem Aoſceſſe war nicht zu verkennen. Die Kranke war bereits fo erſchöpft, daß jie ſechs Tage nach ihrer Aufnahme ſtarb. Bei der Section fand ſich in den weichen erepilirenden Lungen kein Tuberkel; die rechte pleu- ra war verwachſen; ein Fiſtelgang verlief durch dieſe verwad ſen⸗ den Pleurabiärter und durch die rechten Lungen und vereinigte bie Bronchiathoͤhle mit der Abſceßboͤhle am Rucken, zwiſchen der drit⸗ ten und vierten Rippe auf der rechten Seite. Die durch die tra- chea eingeblafene Luft drang durch den Eiterheerd wieder hervor. Die Wirbeifäufe iſt in der ganzen Ränge des Rückens: und Lenden⸗ theiles denudirt; die Wirbelkörper von brauner Farbe find mi! einer feſten Eiterſchicht bedeckt; der Knorpel des dritten und vierten Rüctenwirbels iſt vollkommen verſchwunden, und von dieſer Stelle iſt auch der Eiter des Ruͤckenabſceſſes ausgegangen; dieſe Fluſſig⸗ keit nahm das mediastinum posterius ein, war indeß durch die pleura und durch die Bronchien hindurch weiter gedrungen. Das vordere Vertebralligament war zwar von der vordern Flache der Wirbel angelöft, war jedoch an dieſelben angelagert; der Knorpel des zweiten und dritten Lendenwirbels war ebenfalls zerſtort, und von da gingen zwei Fiſtelcanaͤle aus; der eine nach Links über den psoas bis zum Sitzbeinknorren, der andere auf der rechten Seite unm'ttelbar zur Haut in der Lendengegend. Kein Wirbel⸗ koͤrper für ſich war veraͤndert; auch diejenigen, an welchen die zer⸗ ſtoͤrten Knorpel lagen, waren normal beſckaffen, und die den jers_ ſtoͤrten Knorpeln entſprechenden Flachen zeigten weder Vertiefungen noch Erhoͤhungen; auf der Durchſchnittsflocke zeigten dieſe Knor⸗ pel eine normale Conſiſtenz und roͤtbliche Färbung. Der Knorpel zwiſchen dem erſten und zweiten Ruͤckenwirbel und der des ſieben⸗ ten Halswirbels boten endlich noch eine bemerkenswerthe Veraͤnde⸗ rung dar, indem die aallertartige Subſtanz in ibrer Mitte vers ſchwunden war, fo daß ſich bier eine leere Höble mit glatten Waͤn⸗ den fand, während bei den übrigen Intervertedralknerpeln die gal⸗ lertartige Subftanz nicht fehlte, fondern, wie gewöhnlich, auf der Durchſchnittsfläche hervordrang. Das Ruͤckenmark mit ſeinen Häus ten war unverſehrt. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß das Verſchwinden der gal⸗ lertartigen Subſtanz und der Knorpelſcheibe den erſten Grad der Krankheit darſtellt, während die Zerftörung der Knorpalſcheite ſelbſt als zweiter Grad die Veranlaffung zu Irritation und Abſceß⸗ bildung giebt. Ein Tuberkel oder anderer fremder Körper war weder in den Knorpeln noch Knochen vorhanden. Waren fie ver⸗ ſchwunden, oder lag eine andere Krankheitsurſache der Erweichung und Zerſtoͤrung zu Grunde? * Zweiter Fall. — Zwei Wirbel mit ibren Knorpeln groͤßtentheils zerſtört; Caries anden, anden Wirbeln übrig gebliebenen Theilen; Abloͤſung eines Wirbel⸗ 319 knorpels und Aushöhlung feiner Mitte. Keine Zu: berkeln. Ein Kind von zwölf Jahren wurde mit einer leichten Rückgratsverkrummung, über deren Urſprung die Eltern keine Aus» kunft geben koanten, in das Spital aufgenommen; die Verkruͤm— mung it nicht ſchmerzhaft; die untern Extremitäten ſind ein wenig geſchwacht und infietrirt; die Reſpiration iſt kurz und beſchleunigt. Zwei Fonranelle zu beiden Seiten des Hoͤckers werden ſehr ſchmerz— haft, ohne etwas zu helfen; im Gegentheile wird die Reſpiration immer beſchwerlicher, die Jafiltrat'on der untern Gliedmaßen nimmt zu; der Puts bleibt klein und frequent; es folgt Huſten, reichlicher Auswurf, Durchfall und zwei Monate nach der Aufnah— me der Tod. Bei der Section fand ſich das vordere Vertebralligament ver— dickt und faft in der ganzen Linge des Rückens abgelöſ't; zwiſchen ibm und den Wirbeln fand ſich eine Schicht jguchiger Materie; am untern Theile des Ruͤckens find zwei Werbelkoͤrper groͤßten— theils abgenutzt; ihr Gewebe iſt ſchwarz, etwas erweicht: es laßt ſich eine ſchwarze Fluͤſſigkeit herausdrücken über und unter dieſen Wirbeln und die Zwifchennorpel find faſt ganz zerſtoͤrt; es blieben nur kleine Stucke davon uͤbrig, welche eine mattzweiße Farbe haben. Auf dieſe Meile find alſo vier Knorpelſcheiben faſt ganz zerſtoͤrt. Im obern Theile des Ruͤckens findet ſich ein Knorpel, welcher von den Wirbeln, zu deren Vereinigung er beſtimmt iſt, faſt ganz getrennt iſt. Der mittlere, weiche und pulpoͤſe Theil iſt zerſtoͤrt; an ſeiner Stelle zeigt ſich eine leere Höhle, welche durch zwei pergamentartige ver— trocknete Knorpelplatten begraͤnzt wird. Die beiden benachbarten Wirbel find vollkommen normal; jedoch bleibt zwiſchen den von einander getrennten Knochen und Knorpeln eine Luͤcke, durch welche der auf der vordern Flaͤche gebildete Eiter in den Wirbeicanal ein— gedrungen iſt. Dadurch iſt Entzündung der dura mater entſtan⸗ den, welche ſich verdickt und von ſchwarzer Faͤrbung zeigt. An dem Ruͤckenmarke ſelbſt iſt keine Veraͤnderung zu bemerken. Lun— gen und Bronchien find geſund; das pericardium enthält eine ge— ringe Quantität durchſichtigen Serums; der Darmcanal iſt nor— mal; eine Spur von Tuberkeln zeigt ſich weder in den Knochen, noch in irgend einem andern Organe. Hätte bei der Section die Unterſuchung ſich auf den untern Theil der Wirbelſaͤule beſchraͤnkt, ſo haͤtte es ſcheinen koͤnnen, als wenn die Veranderung von den Knochen ausgegangen ſey. Nach dem Ergebniſſe der U terſuchung an dem obern Theile der Wirbel— ſaͤule iſt aber nicht zu zweifeln, daß die Knorpel urſpruͤnglich affi— cirt waren, und daß die Veränderung der Knochen nur ſecun— daͤr war. Dritter Fall. — Mangel von ſieben Interverte— bralknorpel und Zerſtoͤrung von zwei Wirbeln. Zu: berkelablagerung mit Abſceßbildung. Marie Galand, 20 Jahr alt, ſehr lomphatiſcher Conſtitution, iſt in einer ſehr feuchten Gegend aufge vachſen, hat ſeit ihrer Kindheit eine Heerde gehuͤtet und dabei gewoͤhnlich auf feuchten Wieſen geſchlafen Im funfzehnten Jahre wurde fie Seidenarbeiterin; fie bekam ihre Ne: geln, jedoch immer ſpaͤrlich; im achtzehnten Jahre fiel ſie auf den Ruͤcken, bekam davon lebhafte, fpäter dumpfe Schmerzen in der Lendengegend und bemerkte ein Jahr danach, daß ſich ein Hoͤcker in der Mitte des Rückens bilde. Ein Jahr ſpaͤter kam ſie nach dem Spitale mit einer ſtarken kyphosis und in der rechten Leiſten— gegend mit einem fluctuirenden Abſceſſe, welcher zwei Monate zu— vor erſchienen war. Ein zweiter Abſceß in der Lendengegend war bei'm Huſten äußerſt ſchmerzbhaft. Außerdem waren alle Zeichen der Lungenſchwindſucht vorhanden, ferner Oedem und Aecites mit ſehr bedeutender Stickungsnoth. Keiner der Abſceſſe öffnete ſich von ſelbſt, und die kuͤnſtliche Eroͤffnung ſchien mir nicht raͤthlich; nur Blaſenmittel auf die Arme ſchafften bei der Athemsnoth einige Erleichterung. Bei der Section fand ſich ſehr ſtarkes Oedem der Fuͤße; fuͤnf Liter Serum in der Bauchhoͤhle und, zwiſchen der Baſis der Bruſt und der fossa iliaca der rechten Seite, eine beträchtiiche Ei— teranſammlung hinter dem peritonaeum in einer derben Balgmem— bran; das Darmbein war entbloͤßt und ſtellenweiſe rauh, das Zwerchfell bis zur dritten Rippe in die Höhe gedraͤngt; die Lungen überall verwachſen und durchaus mit kleinen Tuberkeln beſetzt. In der Gegend des ſiebenten bis neunten Ruͤckenwirbels iſt das vor— 316 dere Vertebralligament in die Hoͤhe gehoben und bildet eine huͤh— nereigroße Geſchwulſt voll Serum, welches viele Kluͤmpchen Tuber— kelſubſtanz enthielt; dahinter war der achte und neunte Rippenwir— bel faft ganz zerftört, wodurch der Höcker gebildet wurde. Das Vertebralband iſt bis zum zweiten Nücenwirbel und nach Unten bis zum zweiten Lendenwirbel adgelöf’t, und zwiſchen ihm und den Wirbeln findet ſich eine zuſammenhängende Schicht feſter Tuberkel— fusftang. Zwiſchen dem Tuverkelabſceſſe an den Wirbeln und dem Lendenabſceſſe findet keine Communication ſtatt; dabei fehlen nicht allein die Knorpel der zwei zerſtoͤrten Wirbel, ſondern noch ſechs andere Knorpel, ohne daß die ihnen entſprechenden Wirbel irgend eine andere Beeintraͤchtigung erlitten hätten, als eine einfache Des nudation. Die fruͤher durch die Knorpel eingenommenen Raͤume find leer und klaffend; alle übrigen Vertebralknorpel, eben fo wie das Gewebe der Wirbel, ſelbſt derjenigen, welche theilweiſe zer— ſtoͤrt find, finden ſich in normalem Zuſtande. Die vollkommene Zrrftörung der Knorpel bei unverſehrtem Zus ftade der entſprechenden Wirbel ſpricht für die Priorität eines Leidens der erſtern. Außerdem fragt ſich aber, welchen Antheil die Tuberkelablagerungen haben, und ob die Tuberkelbildung theilweiſe von der Krankheit der Knorpel abhaͤnge. Dieſe Gleichzeitigkeit kommt im Ganzen ſo haͤufig vor, daß es kaum moͤglich iſt, einen krankmachenden Einfluß der Tuberkelmaterie in Zweifel zu ſetzen. Was den unverſehrten Zuſtand der Wirbel zwiſchen den ſechs zer— ſtoͤrten Knorpeln betrifft, fo iſt derſelbe ohne Z veifel daber zu lei⸗ ten, daß dieſe Wirbel erſt denudirt wurden, nachdem das Mädchen bereits durch ihre übrige Krankheit zu vollkommener Ruhe gende thigt war, dagegen die beiden zerſtoͤrten Wirbel entbloͤßt waren, während die Kranke noch ging, fo daß die Knochen durch die Reis bung abgenutzt wurden. Der vierte Fall zeigt ein gleichzeitiges Vorkommen von Tuberkelablagerung, Zerſtoͤrung der Knorpel und theilweiſer Abe nutzung der Wirbel. Fünfter Fall. — Ulceration der Knorpel des Hin— terhauptgelenkes; Tuberkelablagerung um daſſelbe und in dem Vertebralcanale. Zerſtoͤrung des lig. odontoideum. Luxation und Compreſſion des Rüden: markes. Ein Mzdchen von acht Jahren befand fit im Februar 1839 in der Charité; ſie war an allen vier Gliedmaßen vollkom— men gelaͤhmt; Gefuͤhl und Bewegung waren an den unteren und ſpaͤter auch an den oberen Extremitaͤten gleichmaͤßig aufgehoben; der Hals war ſteif, etwas nach Links geneigt; die Eltern konnten nichts Beſtimmtes angeben, als daß das Kind ſeit mehreren Mor naten Abneigung vor dem Eſſen gezeigt habe, bis vor einem hal— ben Jabre die Krankheit des Halſes bemerkt wurde. Am Tage vor dem Tode des Kindes aͤnderte ſich zum erſten Male die Abnei⸗ gung vor dem Eſſen in eine krankhafte Gefraͤßigkeit um. Bei der Section zeigte ſich Folgendes: 1) Um das linke Hinterhauptsge— lenk eine zerfließende Tuberkelmaſſe, welche mit den umgebenden fibroſen Gebilden zuſammenhing, waͤhrend das Gelenk geoͤffnet und die Gelenkflaͤche ihrer Knorpel beraubt war; die Knochenſubſtanz zeigte keine Umaͤnderung In der vordern Haͤlfte des Gelenkes fand ſich noch Knorpeluͤberzug, jedoch theilweiſe abgeloͤſ't, ver— duͤnnt und am Rande ausgezackt; 2) die untere linke Gelentfläche des atlas iſt von Knorpel entbloͤßt, der Knochen weiß, von nor— maler Conſiſtenz. Die entſprechende Gelenkflaͤche des zweiten Wirs bels iſt verſchwunden, indem ein betraͤchtlicher Theil dieſer Haͤlfte des Wirbels, fo wie der Baſis des proc. odontoideus verſchwun— den it. Durch dieſen Subſtanzverluſt war der Kopf nach Links geſunken. Auch hier waren die Knochen weiß und von normaler Conſiſtenz; aber in der Umgebung fand ſich eine mit einem fibroͤſen Balg umgebene Tuberkelablagerung; 3) der nach Hinten gelagerte proc. odontoideus iſt von dem vordern Bogen des atlas 7 Millie meter entfernt; das lig. odontoideum iſt ganz und gar verſchwun— den; die Stelle, wo es an dem Zahnfortſatze anliegt, war rauh und zu einer tiefen Furche ausgehoͤhlt; die beiden ligam. occipito- odontoidea find unverfehrt, aber verlängert und verdünnt; die Haͤute des Ruͤckenmarkes und die übrigen innern Bänder bedecken noch den luxirten Zahnfortſatz; 4) in der Umgebung des Zahnfort— ſatzes und hinter den Wirbelkoͤrpern bis zum vierten Wirbel findet 317 fih vor der dura mater eine Schicht von Tuberkelmaſſe, ſieben Millimeter dick. Eine geringe Quantitat dieſer Maſſe ragt zwi— ſchen den zweiten und dritten Wirbelkoͤrper herein und hat hier den Faſertuorpel verandert, welcher die Farbung einer Ecchymoſe zeigt. Durch dieſe Tuberkelablagerung war cheilweiſe die Com— preſſion des Ruckenmarkes bedingt; die Intervertebralknorpel wa— ren übrigens unverſehrt; die Ruückenmarkshaute gerdthet. Im lins ken vordern Hirnlappen fanden ſich drei nußgroße Tuberkeln; beide Lungen waren mit Tuberkeln angefüllt und das mesente jum enthalt betraͤchtliche Tuberkelmaſſen. Da auch hier wieder bei ausgedehnter Zerſtoͤrung der Knor— pel die Knochen normal erſchienen, ſo muß man annehmen, daß die Urſache der Zerſtoͤrung der Knorpel in einem andern Theile, als in den Knochen gelegen habe. Die Urſache lag offenbar in der die Gelente umgebenden Tuberkelmaſſe. Sechster Fall. — Tuberkelnecroſe des neunten Ruͤckenwirbels mit Zerſtoͤrung der benachbarten Knor— pelz Trennung der achten bis ſechsten Knorpelſcheibe in zwei Platten; Erweichung des Ruckenmarke ns. Ein Kind von fünf Jahren litt an einer leichten Krummung der Wir— beifäule mit Schwäche der untern Extremitäten, incontinentiu alvi und tumor albus des linken Ellenbogens, an deſſen Geſchwulſt fünf Fiftelöffnungen bis auf entblößte Knochenflaͤchen eindringen. Tod durch Marasmus. Section Der neunte Rückenwirbel iſt feines Körpers beraubt, indem davon nur drei erbsgroße, harte und mei: ße Fragmente übrig find, die in einer kleinen Quantität Serum liegen; der achte und zehnte Ruͤckenwirbel berühren ſich und fangen an, abgerieben zu werden. Vor dieſen beiden Wirbeln bildet das in die Höhe gehobene Vertebralband einen hübnereigroßen Sack, voll truͤben Serums; die innere Flaͤche dieſes Sackes iſt mit einer Schicht gelber, zaͤher Subſtanz bedeckt. Das hintere Vertebral— band iſt mit der dura mater verwachſen, verdickt und voller Rau— bhigkeiten; das Stuck des Ruͤckenmarkes im Niveau der Ruͤckgrats⸗ verfrümmuna iſt grau und etwas erweicht; die Knorpel zwiſchen dem achten bis ſechsten Rückenwirbel find auf dünne Lamellen re— ducirt, weiche mit der entſprechenden Vertebralflache zuſammengaͤu— gen, während die weiche mittlere Maſſe ſpurlos derſchwunden ift- Die Wirbelknochen haben normale Textur; die Lungen crepitiren; die Spitze der linken Lunge aber enthält erweichte Tuberkeln. Am Ellenbogen ſind die Gelenkknorpel verſchwunden; es hat ſich eine vollkommene Anchyloſe gebildet. Ein Theil der trochlea ift necro— tiſch, und von da gehen die Fiſtelgaͤnge aus. Das Knochengewebe in der Nahe der Anchylofe ſcheint nicht krankhaft verändert. Die vorausgehenden Beobachtungen zeigten an den Faſerknor— pelſcheiben entweder vollkommene Zerſtoͤrung oder nur einen Man— gel der Centralparthie; zwiſchen beide Zuftände iſt wohl vorliegen— der Fall zu ſtellen, in welchem die Faſerknorpelſcheibe in zwei noch mit dem Knochen zuſammenhaͤngende Schichten getrennt iſt. Die Tuberkelnceroſe des neunten Rüdenwirbels iſt als Urſache der Zerſtoͤrung der daranliegenden Knorpelſcheiben zu betrachten. Die Affection der uͤbrigen Knorpelſcheiben ſcheint von der Entzündung des Vertebralbandes hergeleitet werden zu muͤſſen, waͤhrend die Entzuͤndung ſelbſt von den necrotiſchen Fragmenten herruͤhrt. Ganz aͤhnliche Zerſtoͤrung findet ſich am Ellenbogen, mit dem Un— terſchiede, daß hier ein Aufbruch nach Außen ſtattfand, und die de— nudirten Knochenflaͤchen wegen der vollkommenen Ruhe unter eins ander verwachſen konnten. Siebenter Fall. — Zerſtoͤrung der Knorpelſchei⸗ ben an drei Stellen, von Zuberfelablagerung umge⸗ benz Tuberkelinfiltration in viele Organe. Ein Maͤd⸗ chen von ſieben Jahren kam im Juni 1837 in das Spital, abge— magert und ſchwach, mit mehreren Fiſtelgeſchwuüren in der Hand, am Schenkel und Ellenbogen; reichlicher Ausfluß von Tuberkelei⸗ ter; Ruͤckenſchmerzen ohne Hoͤcker. Durch Huſten und Durchfälle wird der Tod im Septbr. berbeigefuͤhrt. Bei der Section Außer: ſte Abmagerung, geringes Oedem, keine Verkruͤmmung, dagegen zahlreiche Tuberkelabſceſſe ſowohl an den obern, als den untern Extremitaͤten; die meiſten Gelenke find frei; Gehirn und Rücken⸗ mark normal. Ein großer Abſceß geht vor der Wirbelſaule dom vierten Halswirbel bis zum Heiligenbeine herab. Die hintere 318 Wand des Abſceſſes wird durch die Wirbelknochen gebildet, welche an mebrerın Stellen ovale Eindrücke zeigen, die mit einer feſten Knorpelſchicht überzogen find. Mehrere Tuberkeln haben fin vor dem hintern Ende der Rippen gebildet; auch zwiſchen den Wirbel koͤrpern und dem hintern Vertebralbande findet ſich eine Tuberkel— ſchicht; der dritte theilweiſe zerftörte Lendenwirbel zeigt Tuberkel⸗ infiltration und iſt nach Zerſtorung der Knerpelſcheide gegen den vierten Wirbel eingeſunken. Dieſe Stelle communicirt mit einem großen Pſoasabſceſſe. Der zwölfte Ruckenwirbel iſt nebſt ſeinen Knorpelſcheiben faſt ganz zerſtort ; an feiner Stelle finden fid nur einige Flocken Tubertelſubſtanz. Am obern Theile des Ruckens find auch, ohne Veränderung der Wirbel, zwei Knorpelſcheiben volls kommen zerftört. An der Stelle der einen finder fi rothliche, weinhefenaͤhnliche, halbfluſſige Subſtanz, an cer Stelle der andern reine Tuberkelmaterie. Die ganze Wirbelſaͤule wurde der Lange nach durdigefägt, und es zeigte ſich, daß aue Wirbel normal wa— ren, mit Ausnahme des tuberculiſirten dritten Lendenwirvels; das untere Ende des rechten radius enthält cinen Sequeſter, mit Tu⸗ berkel infiltrire und iſt in der Umgebung gerothet und erxweicht. Das os cuneiforme tertium des linten Fußes iſt ebenfalls mit Zu: berkelmaſſe infiltirt und weicher, als die ubrigen Knochen, außer dem etwas Oedem der nicht tubercutiſirten Lungen mit alten Ads haͤſionen, im Magen und Darmcanale Geſchwure und Würmer, in der Leber und in beiden Nieren einige Tuberkeln. Auch hier iſt die Zerſtorung der Knorpel von Tuberkelablage⸗ rung überall begleitet. Bemerkenswerth ift die Erweichung des radius und des os cuneiforme bei der Zuberculifation, weil Herr Nelaton behauptet, daß ein mit Tuberkelmaſſe infiltrirter Kno⸗ chen nie erweicht ſeyn konne ſondern immer härter erſcheine, als ein geſunder Knochen. Die ovalen Eindrücke an den Wavuflädın deuten auf den tuberculoͤſen Urſprung der Affection. Achter Fall. Dieſer betrifft eine dem vorigen Falle ſehr aͤhnliche Beobachtung uͤber einen kraͤftig gebauten dreiunddreißig⸗ jaͤhrigen Tiſchter, welcher im neunundzwanzigſten Jahre, während er eine ſchwere Laſt trug, einen Fehltritt gethan hatte und ſeitdem krank war. Es entwickelten ſich Schmerzen im Rücken, Vertrum⸗ mung, endlich Laͤhmung der untern Koͤrperhälfte, ſodann ein gros ßer Congeſtionsabſceß am Rüden, Froſtſchauer und der Tod. An der vorderen Flaͤche der Wirbelſaͤule war eine betraͤchtliche Tuber⸗ kelmaſſe ergoſſen; die vier untern Ruͤcken- und zwei oberen Len⸗ denwirbdel waren theilweiſe zerftört, enthielten Tuberkeln und wuz ren ſtark zuſammengekruͤmmt. Intervertebralknorpen waren ganz oder theilweiſe zerſtoͤrt. Ein Congeſtionsabſceß ging nach Hinten und Außen, ein anderer durch die rechte Darmbeingrube bis zum Leiſtenbande. Dieſer Fall iſt dem vorigen ſehr änlich, nur ſtarker ausgebildet, namenttich waren die vier mittleren Ruckenwirbel von Tuberkelmaſſen vollkommen infiltrirt, während die vier unteren einzelne Tuberkelhoͤhlen enthielten. Die Zerſtoͤrung der Knorpel betraf gerade die benachbarten Knorpelſcheiben. 1 Neunter Fall. — Tuberkelbildung in den drei erſten Lenden wirbeln; Congeſtionsabſceß; Oblitera⸗ tion der vena iliaca. Ein junger Mann von funfzehn Jab: ren kam im Jahre 1835 zum erſten Male nach dem Hötel Dieu wegen eines Hoͤckers in der Lendengegend, ohne Paralpſe. Fonta⸗ nelle wurden angelegt und Rube vorgefchrieben, aber nicht beobachtet. Nach zehn Monaten kehrte der Kranke in das Spital zuruck, blaß, ſchwach, mit betraͤchtlichem Auswurfe, mit Fieber und Durchfällen; die Kräfte nahmen raſch ab; die Beine wurden oͤdematos, nament⸗ lich das linke in hohem Grade; der Tod erfolgte wie bei phthisis pulmonalis. Section: Der erſte und zweite Lendenwirdel find faſt ganz zerftörtz die Reſte davon ſind blaß roſenrotb; der Kür: per des dritten Lendenwirbels und ſein oberer Knorpel fangen an, abgenutzt zu werden. Das vordere Wirbelband bildet die Gränze eines Abſceſſes, welcher den zerftörten Wirbeln entſpricht, und mit einem andern auf der linken Seite in der Darmbeinarube zuſam⸗ menhänat. Die vena iliaca an der Wand dieſes Abſceſſes iſt durch feſt anliegendes coagulum obliterirt, welches aus concentri⸗ ſchen, nach Außen immer blaſſer werdenden Fibrinſchichten beftcht. Die Abſceßhoͤhle enthält etwa ein Glas voll Serum mit tuberculd: fer Maſſe und einigen Knochenſtuͤckchen. Als von dem dritten Len— 319 denwirbel das Wirbelband abpriparirt wurde, zeigte ſich die Oeff— nung einer Tuberkelhoͤhle mit feſter Tuberkelma ſe gefuͤllt; die Ge— krosdräſen ſind tuberculoͤs aufgetrieben; die Lungen enthalten viel 8 ıberkelhöhlen. Es Scheint, daß in diefem Falle die beiden erſten Lendenwirbel nur durch die allm lige Aberidung in Folge vorausgehender Zerſtöd— rung der Knorpelſcheiben entſtanden waren. Bemerkenswerth iſt die Complication mit Verſchließung der vena iliaca, welche ohne Z veifel die betraͤchtliche Infiltration der untern Gliedmaße bedingt. Dieſe nicht ganz ſeltene Complication fand ſich auch bei einem zwölfjährigen Knaben in dem mitgetheilten zehnten Falle, nach welchem es wahrſcheinlich wird, daß die Obliteration der Vene Folge entzuͤndlicher Reizung dieſes Gefaͤßes, welches in den Abſceß— wandungen verlief, war. Eilfter Fall. — Tuberkelhoͤhle im zehnten und eilften Ruͤckenwirbel mit deren Knorpel; großer A b⸗ ſceß vor der Wirbel ſaͤule. Ein junger Mann von fünfund: zwanzig Jahren wurde im Hotel Dieu aufgenommen, mit einer Fiſtel in der linken Leiſte und den Narben zweier Fontanelle neben der Wicbelſaule. Er hatte anhaltend Fieber, huſtete viel und hatte Schmerzen im Unterleibe. Das Leiden beſtand ſeit fuͤnf Jahren; ſeit einem halben Jahre hatte ſich eine Fiſtel gebildet, welche eine mäßige Quantität Eiter gab. Nach zehn Tagen trat Coma ein, worauf der Tod folgte. Section: Eine durch die Fiſtel einge— führte Sonde führte hinter dem peritonaenm bis zum Zwerchfelle; ein großer Abſceß liegt vor der ganzen Ruͤckenwirbelſaͤule und vor dem dritten untern Halswirbel; er wird durch das lig. vertebrale und die Pleuren und nach Hinten durch die Knochen der Wirbel— faule begraͤnzt. Der Abſceß geht hinter der rechten Niere bis zum Darmbeine und iſt mit rahmartig homogenem Eiter gefuͤllt. Die Wirbelkörper find ſchwarz; die Qurerfurhe auf ihrer vordern Flaͤ— che iſt mit einem feſten albuminöfen Niederſchlage aus dem Eiter bedeckt. Auf der Durchſchnittsflaͤche zeigen ſich alle Wirbel mit ihren Knorpeln normal, mit Ausnahme des zehnten und eilften Rückenwirbels und isres gemeinſchaftlichen Knorpe's. Der Een: traltheil dieſes Knorpels gleicht einer grauen fluͤſſigen Brühe, während der feſte Theil des Knorpels unverändert erſcheint. Der zehnte und eilfte Wirbel iſt auf den entſprechenden Flaͤchen mit einer nußgroßen Vertiefung verſehen, welche mit derſelben grauen, conſiſtenzloſen Maſſe gefüllt iſt; die Wände dieſer Höhle find glatt und braun, aber die dieſelben bildenden Knochentheile der Wirbel ſind durchaus normal. Vom zehnten Wirbel geht nach Hinten eine Oeffnung nach der beſchriebenen Abſceßhoͤhle; die Wirbelfäule iſt nicht verkruͤmmt; die Lungen find normal, ebenſo wie die uͤbri— gen Eingeweide. Dieß iſt eine ſeltene Beobachtung; die Veraͤnderungen find fo verſchieden von dem, was man gewoͤhnlich findet, daß ohne ge— nauere Fenntniß der Knochenkrankheiten überhaupt die Natur der— ſelben leicht verkannt werden koͤnnte. Bloß durch die genaue Une terſuchung mittelſt Durchſaͤgung war es möglich, die Höhlen im zehnten und eilften Wirbel und in der Mitte des Knorpels derſel— ben zu finden. Tuberkelmaſſe war weder an den Wirbeln, noch in dem großen Aofceffe zu entdecken. Bemerkenswerth iſt, daß die Krankheit fünf Jahre dauerte, mit firem, anhaltendem und lebhaf— tem Schmerz in der Gegend des zehnten und eilften Ruͤckenwir— bels. Zwei Fontanelle, welche ſchon vor laͤngerer Zeit gelegt wa— ren, hatten keine Beſſerung herbeigeführt; es iſt aber die Frage, 820 wodurch die beſchriebene Hoͤhle entſtanden ſey. Haͤtte ſie einen ro— hen oder erweichten Tuberkel enthalten, ſo waͤre die Frage leicht beantwortet; es war aber keine Spur eines Tuberkels mehr zu bemerken; mir iſt es wahrſcheinlich, daß der Tuberkel verſchwun— den war, denn die Knochentuberkeln erreichen, wie alle übrigen, den Zeitpunct der Erweichung, worauf der Tuberkel verſchwindet; dieß ſieht man bei Knochentuberkeln ſeltener, weil hier durch die eintre— tenden Complicationen gewoͤhnlich der Tod fruͤher eintritt, was ausnahmsweiſe in dem mitgetheilten Falle nicht geſchehen war. Die Form des Subſtanzverluſtes ſpricht aber ſehr beſtimmt fuͤr die Exiſtenz eines Tuberkels. Dieſe Höhlen find fo characteriſtiſch, daß ſie nicht zu verkennen ſind; welches ihre Form auch ſey, die Winde ſind immer glatt, wie mit dem Schabeiſen gemacht; biswei— len ſind fie fogar mit einer Pfeuromembran bedeckt. Der ausge— hohlte Knochen iſt nicht veraͤndert; feine Conſiſtenz iſt nicht ver— mindert; die Zellen find nicht erweitert; die Farbe iſt normal. Dadurch ſind ſie ſchon hinreichend unterſchieden von der Knochen— erweihung durch Caries. Ebenſo wie in der Lunge, kann man daher auch in dem Knochen eine bereits entleerte Knochentuberkel- hoͤhle erkennen Auffallend iſt in dem vorliegenden Falle noch die unverhaͤltnißmaͤßige Groͤße des Abſceſſes vor der Wirbelſaͤule im Vergleiche zu der geringen Ausdehnung der primären Knochenkrank— heit. Es iſt indeß nicht ſchwer, ſich vorzuſtellen, wie bei einer geringen Ausdehnung der Eiter abſondernden Flaͤche das Vertebral— band immer weiter abgeloͤſ't wird und wie zuletzt auch eine neue Eiterabſonderung eintritt. Es war der Abſceß keinesweges ein reiner Congeſtionsabſceß; man kann ihn ebenſowohl als ſymptoma— tiſche Eiterhoͤhle betrachten. Bei betraͤchtlicher Knochenzerſtoͤrung und Kruͤmmung mit Laͤhmung ſind die Abſceſſe klein, weil der Kranke ſich unbeweglich halten muß, waͤhrend der Kranke des mit— getheilten Falles niemals genoͤthigt war, ſich ruhig zu halten, alſo Alles geſchah, wodurch der Abſceß vergroͤßert werden konnte. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Eine Vergiftung durch Sauerkleeſalz (Kali oxalicum acidulum) iſt vor Kurzem in Paris wiederum durch Verwechſelung vorgekommen, indem einer Fran, welche ihre Milch vertreiben woll— te, ein Satz gegeben wurde, wovon fie täglich einen Theeloͤffel voll nehmen ſollte. Nach der erſten Doſis kam heftiges Erbrechen, nach der zweiten Doſis ſchwarzes, blutiges Erbrechen mit hefti— gem Schmerze, am dritten Tage unmittelbar nach dem Einnehmen Geiſtesſtoͤrung, Erbrechen und der Tod. Die chemiſche Unterſu— chung des Salzes ergab, daß das gebrauchte Salz Sauerkleeſalz ſey, wie es im Handel vorkoͤmmt. Zur Durchbohrung des Trommelfells bedient ſich Liſton eines Inſtrumentes, welches aus einer zarten Schraube be— ſteht, welche die Haut fixirt, waͤhrend durch Drehen einer duͤnnen Roͤhre mit ſcharfſchneidendem Rande ein rundes Stuͤck ausgeſchnit— ten wird. Nach der Ausſchneidung bleibt das runde Stuͤck in der Schraube ſitzen und wird leicht herausgenommen. Necrolog. — Der verdiente Arzt zu Brighton, Dr. Todd, durch manche wichtige phyſiologiſche Arbeiten und Beobach— tungen bekannt, iſt am 4. Auguſt geſtorben. Bibliographische Thoughts on physical Astronomy. By Frances B. Burton etc. London. 1840. 8 Genera et species Staphylinorum insectorum coleopterorum familiae. Auctore Guil, F. Erichson. Bordlivae 1840. (Mit 5 Kupf.) Ren Observations on the Variolae vaccinae, Illustrated by colou- red Engravings. By R. Ceely etc. London 1840. 8. Trifles from my Portfolio or Recollections of Scenes and small Adventures during twenty nine Years Military Service etc. By a Stall-Surgeon. Quebec 1839. 2 Vols. 8. — ——— — Menue Uotizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mirzerheitt von dem Ober Medisimalraite Fror ler zu Weimar, und dem Medieinalrathe und Prefeſſer Frorien u Bertin. No. 329. (Nr. 21. des XV. Bandes.) September 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoix zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abdildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. Manner Ueber das Haar des Menſchen und die Hautdecken der Thiere. Waͤhrend mehrerer Sitzungen der Société philomati- que zu Paris, haben uͤber das Wachsthum der Haare und ei— nige mit demſelben verbundene Erſcheinungen ſehr lebhafte Discuſſionen ſtatt gehabt, von welchen in Folgendem das Weſentliche mitgetheilt wird. Dieſe Discuſſionen find ver: anlaßt worden durch die Abhandlung des Hrn. Mandl „über das Haar und die Hautbedeckungen,“ und Hr. Mandl bat an den Verhandlungen thaͤtigen Antheil ges nemmen. Einer der Saͤtze, welche Hr. Mandl verthei— digt, iſt, daß das Haar und die uͤbrigen Hautbedeckungen nicht nur von dem bulbus oder der Wurzel in die Hoͤhe ſchießen und vegetiren, ſondern auch an der Spitze ſelbſt wachſen. Um dieß zu beweiſen, legte er beſonderes Gewicht auf die Reſultate, die er nach einigen ſorgſamen Experimen— ten beobachtet haben wollte (und deren bereits in N. No— tizen No. 276. [Bd. XIII. S. 182] gedacht wurde), naͤm⸗ lich daß, obgleich ein rein queer durchgeſchnittenes Haar an— fangs ein vollſtaͤndig abgeſtutztes Ende zeigt, es doch nach mehreren Wochen die Form einer feinen Spitze erlange. Hieraus folgerte er, daß eine Bewegung ernaͤhrender Fluͤſ— ſigkeiten im Innern des Canals jedes Haares vorhanden ſey; er iſt zugleich der Meinung, daß das Wachsthum des bul- bus durch eine Art von intussusceptio zu Wege gebracht werde. Dieſer Anſicht entgegen bemerkte Hr. Huzard, daß ſein Vater, aus Veranlaſſung einiger von ihm ange— ſtellten Experimente über die Einwirkung von Farbeſubſtanzen auf die Wolle lebender Thiere, auch Beobachtungen über das Wachsthum der Wolle angeſtellt und dabei gefunden habe, wie, nachdem er die Wolle von eines Jahres Wachs— thum mit einer Farbe und die Wolle des zweiten Jahres mit einer anderen Farbe gefaͤrbt habe, er am Ende des dritten Jahres nicht wahrnehmen konnte, daß die Zwiſchen⸗ raͤume, welche das Wachsthum der vergangenen Jahre be— No. 1429. n n de zeichneten, auch nur im Geringſten zugenommen gehabt haͤt⸗ ten; woraus folge, daß die Wolle nur an ihrer Baſis her— vorwachfe. Ein anderer discutirter Punct war die Urſache, wodurch das Haar weiß wird, wo eine oder zwei neue hier einſchla⸗ gende Thatſachen erwaͤhnt wurden. Hr Roulin gab an, daß er ein Individuum kenne, bei welchem, von dem Ver— luſte ſeines Vermoͤgens bedroht und erſchreckt, in einer Nacht das Haar derjenigen Haͤlfte des Kopfes, auf welcher er ge— legen hatte, vollig weiß geworden ſey. Hr. Roulin führt noch eine andere auffallende Thatſache, nach dem London Magazine, an, naͤmlich daß ein von einem Fuchſe gefan- gener, aber bald wieder befreiter Hahn ſogleich ſeine Federn verloren habe, welche jedoch wieder gewachſen fenen, aber ſaͤmmtlich von weißer Farbe. Die wahre Urſache des Weißwerdens der Haare liegt, nach Hen. Roulin's Mei⸗ nung, in dem Verſchwinden der färbenden oͤligen Fluͤſſigkeit, welche gewoͤhnlich die Roͤhren des Haares fuͤllen. Dieſe Erklaͤrung iſt jedoch, nach der Anſicht des Hrn. Do yè re, in keiner Hinſicht befriedigend, indem, ſelbſt wenn man die Abweſenheit dieſer faͤrbenden Fluͤſſigkeit zugeben wollte, dieſe das Haar noch nicht weiß, ſondern nur durchſichtig machen wuͤrde, und es iſt bekannt genug, daß weißes Haar nicht nur weiß, ſondern auch undurchſichtig iſt. Aber die bei weitem intereſſanteſte Meinung, welche durch dieſe Debatten zum Vorſcheine gebracht wurden, war, daß weiße Haarlocken zuweilen wieder ſchwarz werden, und daß es einen Proceß gebe, wodurch die Veränderung kuͤnſtlich hervorgebracht werden koͤnne, und wodurch rothes und hell- farbiges Haar ſchwarz gemacht werden koͤnne. Mehrere Anz fuͤhrungen wurden mitgetheilt, woraus ſich ergab, daß die Chinefen feit langer Zeit mit dieſer Kunſt vertraut find, Ein Fall dieſer Art ſoll hier detaillirt werden: Der Abbe Imbert, neuerdings noch vortheilhaft bekannt geworden durch feinen Bericht uͤber die Art und Weiſe, wie die Chi— neſen ihre Arteſiſchen Brunnen oder ſprudelnden Quellen 21 323 anlegen, kam 1823 nach Paris, um Vorbereitungen zu ſei— ner Miſſion nach China zu machen. Sein Haar hatte da— mals eine brennend rothe Farbe; bei der Ankunft an ſeinem Beſtimmungsorte jedoch hatten diejenigen Perſonen, welche ſich fuͤr das Gelingen ſeiner Unternehmungen intereſſirten, um zu verhindern, daß er nicht alſobald als Auslaͤnder und Fremder erkannt werde, ihn in einen verborgenen Aufent— baltsort gebracht und ihn daſelbſt einer inneren allgemeinen Behandlung unterworfen, welche ſehr ſchnell das Haar an feinem ganzen Körper vollig ſchwaͤrzte; in welchem Zuſtande ihn Abbé Voiſin und mehrere Andere ſahen. Wenn dieſe außerordentliche Umwandlung an den rothgelben Locken des Herrn Imbert erfolgte, ſo ſind wir um ſo mehr ge— neigt, die Moglichkeit derſelben an einem weißgewordenen Haare zuzugeben. So erwähnte auch Herr Roulin eine Thatſache, welche ihm von dem Abbé Voiſin mitgetheilt worden war; einem Miſſionaͤr, welcher ſich lange in China aufgehalten und an ſich felbft die Umwandlung erfahren hatte. Bei ſeiner Ankunft in dem „himmliſchen Reiche“ waren ſeine Locken bereits grau geworden und ehe man ihm geſtattete, mit den Eingeborenen Verkehr zu haben, „wurde er einer Behandlung unterworfen, welche lediglich aus innern Mitteln beſtand und deren Wirkung war, ſein Haar ſchwar; zu faͤrben nicht vorübergehend, ſondern perma— nent.“ Auch Herr Guerin gab zur Beſtaͤtigung an, daß er mit zwei Miſſionaͤren bekannt ſey, welche, als fie ihre Reiſe nach Chin! antraten, weiße Locken, und als ſie zuruͤck komen, voͤllig ſchwarzes Haar hatten. Er ver— nahm, daß das Mittel, wie man es nennt, zur Hervor— bringung dieſer Wirkung, aus einer Infuſion von drei Pflanzenarten beſteht, in Begleitung einer beſonderen Diät, Mehrere der anweſenden Mitglieder der philomatiſchen Ge: ſellſchaft konnten, trotz der angeführten Zeugniſſe, doch nicht uͤber ihre Unglaͤubigkeit in dieſer Angelegenheit Herr werden; und Hr. Velpeau führte den Fall des Hrn. Rochour an, deſſen Haar ein Mal weiß war, waͤhrend es jetzt ganz entſchieden ſchwarz iſt; was jedoch nicht das Reſultat irgend eines Mittels oder einer beſonderen Lebensweiſe ſey. Herr Roulin, um nachzuweiſen, daß die gebrauchten Subſtanzen wohl die ihnen zugeſchriebenen Wirkungen gehabt haben moͤchten, fuͤhrte die Faͤlle von verſchiedenen Perſonen an, welche ein Unwohlſeyn erlitten hatten, und bei denen eine Veraͤnderung der Farbe ihres Haares eingetreten war, unter der Behandlung, welcher ſie unterworfen geweſen waren; endlich wurde auch noch angefuͤhrt, daß die hellen Federn des Dompfaffen völlig ſchwarz werden, wenn der kleine Saͤn— ger lange Zeit hindurch allein mit Hanfſaamen gefüttert wird. Ueber die Crocodile des Indiſchen Archipels. Von Sal, Müller und Herm. Schlegel. (Schluß.) Ein anderer trauriger Fall war wenige Monate vor unſerer Ankunft auf Borneo im Sungej Karau vorgefallen, 324 an welchem Fluſſe ſehr viel Handel getrieben wird, der aber auch zugleich wegen der Menge ſeiner Crocodile weit und breit bekannt iſt. Ein eben verheiratheter Malaie aus dem Dorfe Ketap, welches in dem hoͤheren Theile am rech— ten Ufer des Sungej Karau gelegen iſt, ſtattete an einem ſchoͤnen Tage mit feinem jungen Werbe in einem kleinen Kahn aus Eiſenholz (Kaju ulin) einen Beſuch bei eini— gen ſeiner Verwandten am Duſonfluſſe ab. Als er mit dem eintretenden Abend mit ſeiner Frau nach Hauſe zuruͤck— kehrte wurde er in der Muͤndung des erſtgedachten Fluſſes während des Ruderns durch ein ungewoͤhnlich großes Croco— dil von Hinten aus dem Fahrzeuge gezogen und fortge— ſchleppt; und dieſes geſchah ſo ſtill und ſchnell, daß die Frau, die, dem Gebrauche zufolge, im Vordertheile des Fahrzeuges ſaß, bei dem Rucke, den das Fahrzeug erfuhr, ſich umſah, und von ihrem ſinkenden Manne weiter nichts ge— wahr wurde, als den einen Arm. Dieſer Malaie war der Neffe des inlaͤndiſchen Oberhauptes Bakal Bodien uͤber dieſen Landſtrich. Der alte Bodien, uͤber dieſes ungluͤckliche Ereigniß auf's Hoͤchſte betruͤbt, gab ſogleich einigen ſogenannten Pangererans *) Befehl, Angeln im Karau zu legen, um das Raubthier und, wenn es moͤg— lich waͤre, auch noch andere dieſer Gattung zu fangen und zu tödten Dieſem Umſtande haben wir viele Crocodilſchaͤ— del zu verdanken, beſonders von einer neuen Art von Ga— vial, da wir gerade damals den Karau beſuchten, als ſich verſchiedene Pangererans, mit dem gedachten Bakal Bo— dien an der Spize, bereits ſeit einigen Monaten mit dem Fange der Crocodile daſelbſt beſchaͤftigten. Sie hatten be— reits ſieben Gavials, ein gewoͤhnliches zweikieliges Grocodil (C. biporeatus) und zwei Individuen von der breitkoͤpfi— gen Art gefangen, welche die Malaien auf dieſer Inſel Boeaja Kodok oder Froſchcrocodil nennen. Unter dieſen letzten befand ſich das Exemplar, was den obengenannten Malaien verſchlungen hatte. Nach der Verſicherung von Bakal Bodien, war dieſes Crocodil gegen drei Klaftern lang; ſeinen ungewoͤhnlich großen Schaͤdel, den wir zwiſchen mehreren andern Crocodilſchaͤdeln auf einer hölzernen Stel: lage am Ufer des Fluſſes mit weit auseinandergeſperrten Kiefern zur Schau aufgeſtellt fanden, haben wir mit hierher gebracht. Wir werden denſelben ſpaͤter ausfuͤhrlich beſchrei— ben und davon zugleich eine Abbildung geben. Bei'm Oeff— *) Pangereran nennen die Banjereſen auf Borneo ſolche Men: ſchen, die ſich durch obengedachte geheime Kunſtgriffe beſon— ders auf den Fang der Crocodile verſtehen. In dieſem Sinne iſt dieſe Benennung von gleicher Bedeutung mit dem Worte Malim, womit aͤhnliche Leute auf Java bezeichnet werden. Dieſes Pangereran darf indeſſen nicht verwechſelt werden mit Pangngeran oder Pangejran, was ein Ehrentitel fuͤr fürftliche Perſonen und andere vornehme Haͤupttinge iſt. Wahrſchein— lich iſt der erſte Ausdruck verwandt mit dem Malaitfchen Panggil, rufen, einladen, vorladen, einberufen ꝛc., weil die genannten Thierfaͤnger die Gewohnheit haben, die von ihnen geſuchten Thiere, bei'm Aufſtellen von Fallen oder Legen von Angeln, mit lauter Stimme herbeizurufen und gleichſam vor— zuladen. In Betreff einer naͤheren Erklaͤrung des Wortes Malim verweiſen wir auf unſere Abhandlung: Ueber die Saͤugethiere des Indiſchen Archipels. 325 nen des Magens dieſes Crocodiles fand man, außer den Beinkleidern und einen Stuͤck von dem baadje, faſt alle Knochen des verſchlungenen Mannes, nur nicht den Kopf, den man bereits fruher in dem Gebuͤſche nicht weit von der Stelle gefunden hatte, wo das Thier wahrſcheinlich den Mann zer— riſſen haben mochte. Wir koͤnnten noch viele Ähnliche traurige Ereigniſſe er— zählen, die ſowohl auf Borneo, als auf den Kuͤſten von Sumatra, Java, Celebes, Timor und den Molucken vorge— fallen ſind; wir thun dieſes jedoch nicht, theils um nicht zu ausfuͤhrlich zu werden, theils auch, weil die wichtigſten damit in Verbindung ſtehenden Umſtaͤnde ziemlich mit ein— ander uͤbereinſtimmen. Hier iſt es ein Mann oder eine Frau, die in der Abenddaͤmmerung oder gegen Mitternacht, waͤhrend fie ſich badeten, unverſehens von einem Crocodile ergriffen und fortgeſchleppt worden iſt; anderwaͤrts hat eins dieſer Thiere ein Kind an der Hand der Mutter er— griffen, während letztere beſchaͤftigt war, daſſelbe am Ufer des Fluſſes zu waſchen. Manche ſind mit mehr Gluͤck bei dergleichen Anfaͤllen weggekommen: fie empfingen dabei einige ſchwere Quetſchungen, wie uns beſonders von einigen Fi— ſchern auf Java und Amboina Faͤlle bekannt geworden ſind, wo dieſe Leute waͤhrend des Angelns oder Ruderns in dieſer oder jener ſtillen Bai plotzlich von einem Crocodile am Ar— me ergriffen, jedoch, nach einigem Ringen, wiederum vom Raubthiere frei wurden, indem ſie aus ihren ſtaͤrker gebau— ten und feſter auf dem Waſſer liegenden Seekaͤhnen nicht ſo leicht weggezogen werden konnten, als aus dem kleinen und leicht ſchwankenden Flußfahrzeuge. Ein merkwürdiger Fall, in welchem ein Eingeborener, der von einem Crocodile bereits unter das Waſſer gezogen war, zufaͤllig wieder lebendig aus deſſen Gewalt gerieth, hat uns ein Eingeborener von Borneo mitgetheilt. Er verdient in Kürze der Erwaͤhnung. Vier Dajakkers begaben ſich eines Nachmittags nach dem See Lampur, welcher an der linken Seite des Sungej Duſon in ungefähr 19 40“ ſuͤdlicher Breite liegt, und in welchen ſich der Karau— fluß ergießt, um zu fiſchen. Einer von ihnen, der mit Aus— werfen des Netzes beſchaͤftigt war und zu dem Ende, wie dieſes gewoͤhnlich iſt, vorn auf der Spitze des Kahnes ſtand, wurde mit einem Male von einem entſetzlich großen Croco— dile an den Beinen ergriffen und in's Waſſer geſchleppt. Man hielt den Ungluͤcklichen fuͤr verloren, als kurz darauf das Raubthier dicht am Hintertheile des Kahnes wieder zum Vorſcheine kam, wobei es ſeine Beute, die noch lebte und laut um Huͤlfe ſchrie, beſtaͤndig feſt im Rachen hielt. Der Bruder des Schlachtofers, von Mitleiden und Entſetzen ergriffen, zauderte keinen Augenblick, um Alles zu wagen und zu verſuchen, was dazu beitragen koͤnnte, ſeinen Bru— der aus dem Rachen des Ungeheuers zu befreien und zu ret— ten. Ohne Zeit zu verlieren, zog er ſeinen Saͤbel, ſprang in's Waſſer, ergriff feinen Bruder am Arme und brachte dem Crocodile gleichzeitig einen ſolchen fürchterlichen Hieb in den Nacken bei, daß das Thier den Mann ſogleich losließ, welcher, von feinem Retter unterſtuͤtzt, ſchwim— mend nach dem Kahne zuruͤckkehrte. Die ſchweren Wun— 320 den, die er dabei bekommen hatte, — es war nämlich das eine Bein von Hinten ſehr geguetſcht und aufgeriſſen und das andere von Unten zertruͤmmert, — führten jedoch nach zweitaͤgigem Leiden feinen Tod herbei, Das Grocodil war von den Einwohnern nach dieſem über daſſelde davon getragenen Siege nicht wieder geſehen worden “). In einem Lande, wie Borneo, wo die Fortpflanzung und Ausbreitung dieſer riefenartigen Amphibien durch die Umſtaͤnde fo ſehr beguͤnſtigt werden, fo daß fie in allen waſ— ſerreichen ebenen Gegenden in großer Menge anzutreffen find, iſt der Eingeborene fo an ihre entſetzliche Raub⸗ ſucht gewöhnt, daß er dieſelben mit einer gewiſſen Gleich⸗ gültige: ie behandelt und ſogar nicht ſelten ſich ganz ſorg— los und leichtfertig den Gefahren dieſer Raubſucht ſich bloßſtellt. Dieſe Vermeſſenheit iſt gerade kein Muth; ſie entſpringt nicht aus dem Begriffe von Tapferkeit und dem Gefühle von Kraft, fondern iſt vielmehr eine Fol— ge von Unbedachtſamkeit und aus dem Gewoͤhntſern an Gefahren entſtanden, von denen der halb wilde Bewoh— ner dieſer großen Inſel von feiner fruͤheſten Jugend an fo viel ſprechen hört und denen er ſelbſt fo häufig ausgeſetzt ift. Sowohl auf Borneo, als in andern Gegenden des Ar— chipels, wenden die Bewohner gleichwohl die Vorſorge an, ſich in der Naͤhe ihrer Wohnungen wenigſtens einen ſichern Badeplatz im Fluſſe anzulegen. Derſelbe beſteht entweder aus einem kleinen von Bambus oder anderem leichten Holze und Blättern verfertigten Häuschen, welches auf einem ſchwim⸗ menden Floſſe ruht, unter welchem ſich ein abgeſchloſſener vier— eckigter Kaſten befindet; oder ſie ſchlagen fuͤr dieſen Zweck nahe am Ufer einige Pfaͤhle in den Boden, die, mit engen Zwiſchen⸗ räumen von 5 bis 4 Fuß, über das Waſſer hervorragen und einen Halbkreis von 4 bis 5 Fuß Durchmeſſer im Fluſſe bilden. Was uͤbrigens die Meinung von Marsden“) hin⸗ ſichtlich eines gewiſſen zauberartigen Einfluſſes betrifft, den die Crocodile auf die in ihrer Naͤhe ſich befindenden Thiere ſollen ausuͤben koͤnnen, einen Einfluß, wodurch dieſe ſo ver— wirrt und erſchreckt werden, daß fie aͤnaſtlich herumkriechen und dem fie mit ſtarren Blicken anſtierenden Feinde ſich im- mer mehr und mehr naͤhern und endlich, von Furcht und Angſt erſtarrt, in deſſen Gewalt gerathen, ſo haben wir durch eigene Erfahrung und Beobachtung eben ſo wenig den geringſten Beweis erlangen koͤnnen, als wir irgendwo in Indien etwas Poſitives in dieſem Betreff von den In— laͤndern zu erfahren im Stande geweſen ſind. Beinahe *) Es wundert uns, daß wir niemals in Indien von dem merk: wuͤrdigen Eindruͤcken der Augen, als einem Mittel der Ver⸗ theidigung gegen dieſe Thiere, ſprechen geboͤrt haben, wovon in den Reiſeberichten Mungo Park's (Last Mission to Africa 1815, p. 89) und A. v. Humboldt's (Voyage 1819, 4. II. p. 214 und 640) Erwaͤhnung gethan iſt und durch welchen einfachen practiſchen Kunftariff ſich die Eingeborenen von Africa und Suͤdamerica manchmal mit einem fo glüͤckli⸗ chen Erfolge aus dem Rachen eines Crocodiles wieder befreit haben. **) History of Sumatra, 3. Edit. 4. pag. 185. 2 327 eben ſo fruchtlos, wenigſtens was das Weſentliche der Sa— che anlangt, ſind unſere Nachforſchungen uͤber die ſogenannte Heiligkeit ausgefallen, die man dieſen Thieren beilegen ſoll. Alles, was wir uͤber dieſen Gegenſtand von außerordentli— chem Aberglauben haben erfahren koͤnnen, beſchraͤnkt ſich auf einige alberne Maͤhrchen und verworrene Ueberlieferungen, die beinahe zu ungereimt ſind, als daß ſie Erwaͤhnung ver— dienen. Auf Java und Sumatra glauben naͤmlich die Ein— wohner, daß in den Crocodilen eine menſchliche Seele woh— ne, ſo daß dieſe Thiere gleichſam nichts Anderes, als meta— morphoſirte Menſchen ſeyen. Miscellen. Kepone iſt der Name einer neuen Gattung Cruſtaceen aus der Ordnung der Iſopoden, welche Hr. Duvernois, neben Bopyrus, aufgeſtellt und woruͤber er der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften am 12. October Mittheilung gemacht hat. Die Thiere haben vierzehn Koͤr— perſegmente, den ſehr deutlichen Kopf mit einbegriffen; die Segmente des thorax ſind bei Maͤnnchen und Weibchen ſehr tief getrennt. Bei den Weibchen haben die aͤußeren oder hinteren Antennen vier Glieder; die inneren oder vorderen nur zwei; die Mundoͤffnung hat ein la— brum, zwei kleine mandibulae, ein labium posterius und maxillae. Alle dieſe Theile ſind von einem Paare Kinnladenfuͤße bedeckt. Die Hüfte der vier erſten Fußpaare trägt, auf einem kurzen, cylindri— ſchen Stiele, eine hemiſphaͤriſche, vielwarzige, nach Oben gerichtete Pelotte; in den folgenden Fußpaaren exiſtirt der Stiel, aber ohne Pelotte. Die Füße haben fünf Glieder, deren letzteres keinen Nas gel hat; mehr dilatirt, als das vorletzte, ſcheint es eine kleine 328 Pelotte zu bilden, welche an die der Laubfroͤſche erinnert. Die Kiemen beſtehen aus ſechs Paar Anhaͤngſeln in Formen von Blaͤtt— chen mu gefranzten Raͤndern, welche iſolirt auf den ſechs Rippen des Abdomens ſitzen; fünf andere Paare coniſcher oder birnfoͤrmi— ger Anhaͤngſel ſind mehr nach Innen unter den fuͤnf erſten Ringen dieſer Region feſtſitzend. — Auf jeder Seite des thorax bei'm Weibchen finden ſich fünf große Brutplatten, welche die ganze un— tere Flaͤche dieſes Theiles des Koͤrpers bedecken. — Das Maͤnn— chen iſt nur halb ſo lang, als die groͤßten Weibchen. Das abdo— men und die Hauptkiemenblaͤttchen ſind bei ihnen mehr entwickelt. Die acceſſoriſchen Kiemen der beiden letzten Paare find zweigablicht. Die aͤußeren Antennen find in Proportion länger und ragen merklich über das Kopfſtuͤck hinaus. Die erſten Blaͤttchen, welche man um den Mund herum findet, unterſcheiden ſich ſehr in ihrer Form von den Kinnladenfuͤßen der Weibchen. Ueber die Methode, Schwefelſaͤure zu erzeugen, wie ſie in der angeſehenen Fabrik zu St. Rollox gebraͤuchlich iſt, hat Profeſſor Th. Thomſon der Verfammlung zu Glasgow eine Mittheilung gemacht. Der Schwefel wird uͤber einem Ofen gebrannt und ein eiſerner Topf mit der erforderlichen Quantitat Salpeter und der noͤthigen Beimiſchung von Schwefelſaure über den brennenden Schwefel geſtellt. Der Schwefel wird auf dieſe Weiſe vollſtaͤndig in ſchwefliche Saͤure verwandelt und die ge— ſammte Salpeterſaͤure mit ihm in bleierne Kammern von großen Dimenſionen hinübergefuͤhrt, auf deren Boden der Dampf die Stelle des Waſſers vertritt, was eine weſentliche Verbeſſerung iſt. Die Saͤure, welche ſich nun auf dem Boden anſammelt, hat das ſpeciſiſche Gewicht 1,75 und beſteht aus einem Atome waſſer— freier Saͤure und zwei Atomen Waſſer. Durch Erhitzung in einem Platina Kolben, wird ſie endlich concentrirt, bis das zweite Waſſeratom entfernt iſt. Wenn die Fabrik von St. Rollo in voller Thaͤtigkeit iſt, ſo liefert ſie woͤchentlich im Durchſchnitte 200,000 Pfund avoir du pois Schwefelſaͤure. Vor vierzig Jahren koſtete das Pfd. noch acht Pence, jetzt nur einen Penny. 222: ² AA au ne a un eye zus Nie it ik n en nd. e. Ueber die Texturveraͤnderungen bei krankheiten. Von Dr. Nich et. (Fortſetzung.) Z3woͤlfter Fall. — Zerſtörung des fünften Lenden⸗ wir bels, mit einer Aus hoͤhlung in dem noch übrigen Theile deffelben; rohe Tuberkel, Ein eilfjähriges Kind wurde wegen einer ſtarken Kyphoſis am fuͤnften Lendenwirbel nach dem Spitale gebracht. Das Kind ging gut; die Geſchwulſt war früher ſchmerzhaft geweſen; das Uebel wurde von oͤfterem Herabfallen vom Pferde hergeleitet. Fontanelle und Ruhe. Letztere wurde aber nicht beobachtet; der Knabe bekam die Pocken, in der Recon— valescenz Diarrhoe mit anhaltendem Fieber; Alles wurde ausge— brochen, und im aͤußerſten Marasmus erfolgte der Tod. Sece—⸗ tion: Unter dem Heiligenbeine bildete ein Abſceß unter dem vor— deren Vertebralband eine apfelgroße, elaſtiſche Geſchwulſt voll dik— ker Tuberkelſubſtanz mit einigen Knochenſtückchen. Das umgeben: de Zellgewebe war indurirt; der fuͤnfte Lendenwirbel war von Un— ten nach Oben groͤßtentheils abgerieben; vom Koͤrper war nur ein Stuͤckchen von 7 Millimeter Dicke uͤbrig; das noch uͤbrige Stuͤck— chen von der obern Fläche war mit einer dünnen Schicht der Knor— pelſcheibe bedeckt; die Knochenſubſtanz ſelbſt von normaler Conſi— ſtenz; von Vorn nach Hinten ging ein ſcharf ausgeſchnittener Ca— nal hindurch, welcher die Abfceßhoͤhle mit dem Wirbelcanale in Ruͤckgrats⸗ Verbindung ſetzte, ſo daß der letztere mit Tuberkeleiter gefuͤllt war. In den Eingeweiden der Bruſt- und Bauchhoͤhle fanden ſich aus— gebreitete Spuren der Entzuͤndung. Dieſe Beobachtung iſt der vorigen aͤhnlich und zeigt, daß bei ihr die gefundenen Hoͤhlen rich— tig gedeutet wurden, indem ſie hier, von ganz gleicher Geſtalt, noch mit Tuberkelmaſſe gefuͤllt waren. Dreizehnter Fall. — Tuberkelaushoͤhlung in der Baſis des proc. odontoideus; Zerſtoͤrung des dritten Halswirbels; Ulceration der Gelenke der vier erſten Rippen; Blutung aus der vertebralis, Ein Kind von ſieben Jahren war ſeit neun Monaten krank. Bei der Aufnahme in das Spital bemerkte man eine Druͤſengeſchwulſt auf der rechten Halsſeite; dieſe brach auf und wurde fiſtuloͤs. Es ging eine grümelige Maſſe mit kleinen Knochenſtuͤckchen ab. Nach einigen Monaten ſtellten ſich reichliche Blutungen ein, wodurch das Kind ganz anaͤmiſch wurde. In den letzten vier Lebenstagen kam eine große Anzahl Wuͤrmer aus der Fiſtel hervor; endlich erfolgte der Tod. Laͤhmung war nicht zugegen geweſen. Section: Der Kopf ift noch, wie während des Lebens, etwas rechts geneigt; die Fiſteloͤffnung iſt in der Hoͤhe des dritten Wirbels; die darunterlie— genden Muskeln ſind in großer Ausdehnung abgeloͤſ't. Die Fiſtel fuͤhrt zur rechten Seite der fuͤnf erſten Halswirbel; die Baſis des zweiten Halswirbels enthält eine erbsgroße, runde Aushoͤhlung: rechts iſt dieſer Wirbel in eine Menge kleine Stuͤckchen getrennt, welche noch mit den Weichtheilen zuſammenhaͤngen; die Gelenk— theile des Wirbels find ganz verſchwunden: der Zahnfortſatz und ſeine Baͤnder ſind unveraͤndert; der Knorpel des dritten und vierten 329 Wirbels und der Körper des britten Wirbels find ganz zerftört, fo daß der Zahn fortſag auf dem vierten Halswirbel auffigt, deſſen obere Flache entbloßt und etwas abgenutzt iſt. Ebenſo find die ſeitlichen Gelenkflaͤchen des vierten Wirbels mit denen des atlas in Verbindung; auch der Faſerknerpel zwiſchen der vierten und füunf— ten Rippe hat im bintern Drirttbeile einen Subſtanzverluſt erlitten, fo daß an dieſer Stelle die Wirbelkoͤrper entvlößt find. Der Rand des Knorpels gegen den Subſtanzverluſt hin ift allmälig verdunnt, und wie abgeſchliffen. Innerhalb der Wirbelſaule findet ſich an dieſer Stelle ein Eiterſack mit einigen Knochenſtuͤckchen; auch in der Umgebung finden ſich viele abgeloͤſ'te Knochenpartikelchen, wel⸗ che weder verhaͤrtet noch erweicht, von hellrotber Farbe und ſchein— bar normaler Structur find das Rückenmark iſt nirgends compri⸗ mirt; die Lungen find frei von krankhafter Veränderung; die Ges kroͤsdrüſen tuberculiſirt; die a. vertebralis der rechten Seite iſt am zweiten und dritten Halswirbel nicht zu finden, weiter oben und unten iſt ſie vorhandenz ſie war durch einen Knochenſplitter geoͤffnet, und hatte dadurch zu der Blutung Veranlaſſung gegeben. Die Zerſtoͤrung in dem zweiten Halswirbel rührt offenbar von Tuberkelbildung her, wiewohl bei der Section keine Tuberkelmaſſe mehr angetroffen wurde; der Faſerknorpel zwiſchen dem vierten und fünften Wirbel iſt auf eine eigenthuͤmliche Weiſe zerſtoͤrt, indem die Veraͤnderung nicht von der Mitte der Knorpelſcheibe, ſondern vom hintern Rande ausgeht, wo ſie mit dem Eiterſacke in Verbindung ſtand. Was die Zerſtoͤrung der ſeitlichen Gelenke der vier erſten Wirbel betrifft, fo iſt dieſelbe wahrſcheinlich Folge einer Tuberkel— ablagerung in ihrer Umgebung, wiewobl auch die Reizung, welche durch Zerſtoͤrung des dritten Wirbelkoͤrpers erfolgen mußte, auf . Synovial- und Knorpeltheile der Gelenke ſich fortpflanzen onnte. Der vierzehnte Fall betrifft eine Tuberkelablagerung, wo⸗ 0 10 bedeutende Knochenwucherungen in der Umgebung entwik— elt hatten. Der funfzehnte Fall betrifft betraͤchtliche Tuberkelbildung, Tuberkelboͤhlen in den Knochen, Zerſtoͤrung mehrerer Interverte— bralknorpel und einer cartilago sacroiliaca, wodurch das Heili— gen⸗ und Darmbein einander unmittelbar beruͤhrten. Das Heili— genbein war fo erweicht, daß es ſich mit den Fingern zuſammen⸗ druͤcken ließ. Vor der symphysis sacroiliaca iſt Tuherkelmaſſe ab» gelagert. Trotz der großen Weichheit des Heiligenbeines und der drei untern Lendenwirbel war keine Verbiegung dieſer Knochen vor⸗ gekommen, obwohl der Kranke fıhr haͤufig aufſtand und meiſtens ſaß. Es iſt überbaupt eine unrichtige Anſicht, daß die Hoͤckerbil⸗ dung des Rückgrates von einer Erweichung der Wirbel abhängt. um die mannichfachen Fragen, welche ſich über die Gründe der verſchiedenen Formen der krankhaften Veränderung des Ruͤckgrates auf: werfen laſſen, zu beantworten, iſt es noͤthig, auf aͤhnliche Krankheits— veraͤnderungen in andern Gelenken zuruͤckzugehen. Bei den Rüde gratskrankbeiten bekommt man gewohnlich nur die letzten Producte der krankhasten Veränderungen zu febenz bei den mehr acut vers laufenden Gelenkkrankheiten dagegen hat man Gelegenheit, die all— maͤligen Umaͤnderungen auf den verſchiedenſten Entwickelungsſtufen zu beobachten, namentlich auch deßwegen, weil ſie häufig zu Ope— rationen Veranlaſſung geben, nach denen man Gelegenheit be— koͤmmt, Veränderungen auf allen Entwickelungsſtufen anatomiſch zu unterſuchen. Es follen daher einige Faͤlle folgen, welche die Ent- zuͤndung der Knorpel, ihre Ulceration, Tuberkelbildung und caries ic. aufklaͤren und ſich auf dieſelben Affectionen an der Wirbelſaͤule anwenden laſſen. Sechszehnter Fall. — Contuſion des Kniees; Tod durch Pneumonie; Ulceration der Knorpel und des ſemuf. Ein ſehr kraͤftiger dreißigjahriger Maurer wurde im Februar 1884 in das Spital gebracht. Sein linkes Knie war enorm geſchwollen, ſehr ſchmerzhaft und deutlich fluctuirend, Die Geſchwulſt erſtreckte ſich bis auf den Unterſchenkel und Fuß. Fie⸗ ber. Der Kranke war einige Tage zuvor aus einer ziemlichen Höhe auf die Fuͤße berabgefallen; durch Blutegel und Garaplas: men wurden die Schmerzen gemindert; ein großes Abſceß an der innern Seite wurde geöffnet; die Höhle ſchloß ſich indeß, und das 350 Bein, fo wle dos Knie, bekamen ihr normales Volumen wieder. Jede Bewegung im Knive verurſachte heftige Schmerzen. Dampf⸗ douchen blieben ohne Erfolg. Durch eine heftige Entzundung ent⸗ wickelte ſich eine doppelte Pneumonie, welche in Hepatiſation übers ging und den Tod herbeifuhrte. Im Knſee fanden ſich folgende Veranderungen: 1. Zellgewebige Verwachſung zwiſchen der Syno⸗ vialhaut der Fertparthieen in dem Gelenke und der Gelenkflache des femur und der Knieſcheide. Dieſe Pfeudomembranen lichen ſich in lange Faͤden ausziehen, bevor fie zerriſſen; die verwachſenen Flä⸗ chen zeigten übrigens noch ihre polirte Beſchaffenteit; 2. an dem vordern Theile des condylus externus femoris zeigte ſich im Knor: pel eine U.ceration von der Große eines Achtgroſchenſtuckes, welche indeß nur die Hälfte der Dicke des Knorpels umfaßt; das Uebrige iſt weich und laͤßt ſich leicht mit dem Scalpel wegnehmen. Der darunterliegende Knochen iſt nicht veränder‘. Die Ruder dieſes Geſchwures find abgerundet und geglättet; in der ganzen umge⸗ bung iſt die Oberfläche des Knorpels gteichmäßig, dunketroſenroth, was gegen das matte Weiß des ubrigen condylus externus abs ſticht: 3. die Knieſcheibe auf der rechten Seite in gleicher Aus⸗ dehnung geroͤthet; in der Mitte dieſes Fleckes bemerkt man eine linſengroße geſchwuͤrige Aushöhlung, welche nicht durch die ganze Dicke des Knorpels hindurchgeht; 4. der condylus internus nach Innen und Hinten iſt rauh und von feinem Knorpel entblößr; am weiteſten nach Hinten findet ſich eine etwa 5 Millim tiefe Ulceras tion in der Knochenſubſtanz; die Ränder tiefes Geſchwurs ſind ſcharf und ungleich abgeſchnitten; der ganze übrige Knorpel if lebhaft roth auf feiner freien Flache; 5. unter dem condylus in- ternus findet ſich der Semilunarfaſerknorpel dunkelroth, kaſt ſchwarz; der Tibialknorpel iſt faſt ganz durch Ulceration zerftört, das noch Uebrige davon lebhaft roth, das Knochengewebe oberflaͤchlich ulce⸗ rirt und ſebr rotb. 6. An der äußern Seite iſt der halbmondfor— mige Faſerknorpel, fo wie der Knorpel und Knochen der tibia, von normal weißer Farbe. 7. An der Stelle des fruheren Abſceſſes waren alle Weichtheile in eine feſte gelbliche Maſſe verſchmolzen. Man bat Entzündung und Ulceration der Knorpel läugren wollen; dieſes iſt theoretiſch nicht haltbar und empiriſch durch vor: ſtebenden Fall widerlegt, nach welchem namentlich kein Zweifel feyn kann, daß die Ulceration des Knorpels keinesweges bloß eine Folge der Knochenaffection ſey. Siebenzehnter Fall. — Entzündung der prostata, phlebitis, Eiterreforption, Entzündung der Knor⸗ pelder Fußwurzelgelenke. Bei einem ſehr kraͤftigen, 30jaͤh⸗ rigen, aber allen Ausſchweifungen ergebenen Arbeiter war durch Trunk eine habituelle Dyſurie in vollkommene Harnverbaltung übers gegangen; es folgten nach dem Gatheterifiren öfters Schuͤttelfreſt, hierauf fchmergbafte Entzündung der rechten Fußwurzel, Proſtra⸗ tion Delirien und nach fuͤnf Tagen der Tod. Bei der Unterſu⸗ chung des rechten ſtark angeſchwollenen Fußes fanden ſich die Knor⸗ peiflächen der Mittelfußgelenke dunkelkirſchroth; eben ſo das da⸗ runterliegende Knochengewebe. Die umgebenden Weichtheile waren ebenfalls ſtark geſchwollen und mit Blut infiltrirt; in der prostata fand ſich eine mit Jauche gefüllte Hohle, in welche ſich eine Vene Öffnet, deren innere Flaͤche rotbraun und mit vielen Rauhigkeiten beſetzt iſt. Dieſe Venen find überdieß, im Vergleich zu denen der andern Scite, auffallend erweitert. Unter den Bruſtmuskein fand ſich uͤberdieß ein großer Abſceß. Der Zuſammenhang der Harnverhbaltung, Venenentzündung, und allgemeinen Infection des Koͤrpers mit der darauffolgenden Gelenkentzündung iſt nicht ſchwer aufzufaſſen. Nach den vorgefun⸗ denen Erſcheinungen iſt die Rötbung des Knorpels in dieſem Falle als die erſte Stufe der Entzundung zu betrachten, woraus bei läns gerer Dauer ſich, ohne Zweifel, Ulcerationen entwickelt haben wür: den, wie in dem vorigen Falle. Achtzehnter Fall. — Fractura femoris. Ulcerar tion der Kniegekenkknorpel, Blutergießung in dem Kniee und in dem Fuß wurzelgelenke. Ein sojäbriger Mann wurde wegen eines ſchraͤgen Druckes des untern Tyciles des linken Oberſchenkels mit einem Extenſionsverbande virfeben. Es erfolgte keine Gonfolidation, und ber Kranke ſtard drei Mor 331 nate danach, ohne Symptome eines Knieleidens. Die Knochenen— den waren abgerundet, ohne Callusbildung; zwiſchen beiden Kno— chenflaͤchen lag ein Muskelbuͤndel, und die umgebenden Weichtheile ſind in großer Ausdehnung gequetſcht und mit ſchwarzem Blute infiltrirt. Das ſeit drei Monaten unbeweglichgehaltene Kniegelenk enthielt eine große Quantität ergoſſenes Blut. In der innern Gelenkgrube der tibia fand ſich ein runder Subſtanzverluſt, deſſen Grund rauh war und deſſen Umfang einige Linien weit ſich inji— cirt zeigte. Der entſprechende Knorpel am innern condylus femo— ris war vollkommen durchbohrt, mit ſcharfen Rändern; der Schen— kelknochen hatte keine Veränderung erlitten. Am äußern condylus iſt der Knorpel der tibia erweicht, angeſchwollen, lebhaft geroͤthet und in der Mitte zerſtoͤrt; der Knorpel des condylus externus fe- moris an der der Ulceration entſprechenden Stelle geroͤthet; die halbmondfoͤrmigen Faſerknorpel ſind normal; ſaͤmmtliche afficirte Knorpel loſen ſich leicht ab. In dem Fußwurzelgelenke iſt eben— falls Blut ergoſſen; die Knorpel ſind geld; die Synovialhaut iſt injicirt, angeſchwollen und ragt in das Gelenk herein. Dieſe Beobachtung laͤßt keinen Zweifel uͤber das Vorkommen ulceratiwer Entzündung der Knorpel. Bemerkenswerth iſt dabei namentlich auch die Anſchwellung derſelben. Der Mangel der Schmerzen bei dieſer Entzuͤndung iſt kein zureichender Beweis da— gegen, indem haͤufig Entzuͤndungen vorkommen, die ſchmerzlos ſind, obwohl ſonſt ihr Hauptſymptom der Schmerz zu ſeyn pflegt, z. B., pleu:itis. Neunzehnter Fall. — Eine nach zweiundzwanzig Monaten unbeweglicher Lagerung unvereinigte Frac⸗ tur; Erweichung der Knochen; Ulceration der Knor— pel und Verwachſung der Gelenkflaͤche. Mavel, 27 Jahr alt, lymphatiſcher Conſtitution, wurde am 8. Mai 1833, wegen eines Bruches in der Mitte des rechten Schenkels, aufge— nommen; das untere Knochenſtuͤck ſtand nach Vorn, der Schenkel war verkuͤrzt, dabei einige Symptome von Scorbut; es wurde per— manente Extenſion angewendet; nach vier Monaten hatte die Ver— einigung noch nicht begonnen; der Verband wurde noch mehr ge— fihert und innerlich eine Behandlung durch tonica angewendet. Trotzdem war noch nach zweiundzwanzig Monaten keine Spur einer Vereinigung zu bemerken. Am 5. März 1840 verrichtete Herr Bonnet die Amputation unmittelbar uͤber der Fracturſtelle. Die Zergliederung des amputirten Gliedes zeigte, daß die Knochen— ſtuͤcken abgerundet und durch ein Muskelbuͤndel getrennt waren, ohne Spuren von Oſſification; das Knochengewebe iſt mit Blut ins filtrirt. Der Knorpel an der innern Seite der Gelenkflaͤche der tibia iſt in der Größe eines Viergroſchenſtuͤcks erodirt, mit abge— rundeten Rändern und ſtarkgeroͤtheter Knochenſubſtanz. Ein aͤhn— licher Subſtanzverluſt zeigt ſich am Knorpel des condylus internus femoris; zwiſchen beiden Ulcerationen liegt eine feine Pſeudomem— bran; mit dieſer und mit dem condylus femoris hängt der Zwi⸗ ſchenknorpel des Gelenkes zuſammen. Der condylus externus fe- moris iſt mit der tibia feſt vereinigt. Bei einem Verticaldurch— ſchnitte ſieht man, daß die Knorpel keinen Subſtanzverluſt erlitten haben, und daß die Verwachſung durch den Zwiſchenknorpel und eine Pſeudomembran bewirkt wird, welche dem Intervertebralfaſer— knorpel nicht unäbntih find. An der Stelle der groͤßten Convexi— taͤt ſind die Knorpel unmittelbar und ohne daß eine Graͤnzlinie zu bemerken wäre, ineinander übergegangen. Auf ahnliche Weiſe iſt die Knieſcheibe in der Mitte unmittelbar im Umkreiſe durch eine weiße elaſtiſche Pſeudomembran vereinigt; die Gelenke am Fuße zeigten Blutergießung, pſeudomembranoͤſe Verwachſung und an den Knorpeln Eroſion mit geroͤtheten unregelmäßigen Raͤndern; die Knochen haben nirgends einen Subſtanzverluſt erlitten; dagegen iſt die Subſtanz ſehr bruͤchig, großzellig, mit einer rothen Fluͤſſig— keit gefuͤllt. Die compacten Knochenroͤhren waren außerordentlich verdickt. 1 Schon die Verwachſung der Gelenkflaͤchen durch Pſeudomem— branbildung beweiſ't das Beſtehen einer Entzuͤndung, wofuͤr auch die Ulceration mit rothen Raͤndern ſpricht. Hier hat ſich alſo bei einer einfachen Verletzung die Entzuͤndung von der Bruchſtelle durch das ſchwammige Gewebe hindurch fortgepflanzt. Eine ſolche 332 Fortpflanzung der Knochenentzuͤndung ſelbſt auf mehrere hinter— einanderliegende Knochen kemmt nicht ſelten vor. Während nun in dieſen Faͤllen die Knochenaffection der Ver— änderung der Knorpel vorausging, findet häufiger noch das Um— gekehrte ſtatt, wobei organiſche Knochenveraͤnderungen Folge der En zündung der Gewebe iſt, welchen man alle eigene Lebensthaͤtig— keit hat abſprechen wollen. Dieß geſchah im folgenden Falle: 3wanzigſter Fall. — Joſeph Devandier, ein Weber, 46 Jahr alt, wurde am 12. Februar 1836 im Hötel Dieu aufges nommen. Das Allgemeinbefinden war betrachtlich geſtoͤrt; das rechte Knie war durch Fluſſigkeit ſehr ſtark aufgetrieben; er mußte bei ſeiner Beſchaͤftigung daſſelbe beſtaͤndig gegen einen Hebel druͤcken, und es hatten ſich dadurch ſeit zwei Jahren dumpfe Schmerzen eingeſtellt. Eine feuchte Wohnung wirkte mit. Der Schmerz wurde beſonders bei'm Stehen beitig. Die Geſchwulſt zeigte ſich zuerſt in der Umgebung der Knieſcheibe und nahm fortwährend zu. Zugleich entwickelte ſich Huſten; die Fluctuation im Gelenke war nicht mehr zweifelhaft; durch Druck entſtanden lebhafte Schmerzen; Anwendung der Kälte iſt unertraͤelich, während durch Wärme der Schmerz gemildert wird; dabei dee Symptome der Lungenſchwind— ſucht, an welcher der Kranke ſechs Wochen nach ſeiner Aufnahme ſtarb. Als nach dem Tode das rechte Knie punctirt wurde, floß etwa 1 Pfund roͤthliches serum mit Eiter und Eiweißflocken ab; die Synovialhoͤhle war ausgedehnt; ihre Wand verdickt, geroͤthet und mit einer dicken gelben Pfeudomembran bedeckt. Die Knorpel der Condylen find braun und ſtellenweiſe von der Knochenſubſtanz getrennt, welche ſelbſt erweicht iſt. Auf dem condylus externus findet ſich eine Knorpeleroſion, mit dunkelgeſtreiftem rothen Rande umgeben; die halbmondförmigen Knorpel und der Knorpeluͤberzug der tibia find normal; das Knochenmark des Oberſchenkels iſt mit einer gelblichen und rothen Brühe infiltrirt; die Lungen enthalten Tuberkelhoͤhlen. Eine aͤhnliche Reihenfolge von Reizung und Entzuͤndung des Knorpels, Entzuͤndung der Synovialhaut und ſecundaͤrer Entzuͤn— dung der Knochen zeigt ſich auch in dem folgenden Falle. Einundzwanzigſter Fall. — Eine Frau von 66 Jahren litt ſeit ſiebzehn Monaten an einer Geſchwulſt des linken Kniees; ſeit vierzehn Monaten hatte ſie das Bette nicht verlaſſen, und der Fuß iſt fo gebeugt, daß die Ferſe unbeweglich an dem Gefäße an— gedruͤckt iſt. Jeder Verſuch zur Streckung des Gelenkes brachte die Kranke zum Schreien; ein heftiger Gelenkſchmerz am obern Theile der Knieſcheibe ließ der Kranken keine Ruhe, weder bei Tag noch Nacht. Durch die Behandlung wurde voruͤbergehende Linderung der Schmerzen bewirkt; es bildete ſich ein Abſceß, deſſen Eroͤffnung auf einige Tage den Schmerz milderte; bald aber nahm die Geſchwulſt wieder zu, der Schmerz wurde heftiger als je, es floß ſehr uͤbelriechender Eiter ab; die Kniegelenkknochen fingen an, aufeinander zu crepitiren; das Fieber ſteigerte ſich. Alle Mittel blieben erfolglos, nur Baͤder linderten, ſo lange die Kranke darin ſaß. Nach dem Tode zeigte ſich, daß die Knorpeluͤberzuͤge des Kniegelenks uͤberall verſchwunden waren; die entbloͤßten Knochen waren aber nicht ulcerirt; das ſpongioͤſe Gewebe der tibia und Knieſcheibe hat noch feine normale Conſiſtenz; das Gewebe des condylus internus femoris läßt ſich aber mit dem Nagel leicht ein— druͤcken. Nur auf den aͤußern Condylen iſt noch ein kleiner Theil Knorpelſubſtanz unverſehrt; der groͤßte Theil iſt erweicht, breiig und laͤßt ſich leicht wegnehmen. An einigen Puncten iſt auch hier der Knochen entblößt, aber nicht ulcerirt; die Wand des Gelenkes iſt an mebreren Stellen durchbohrt und, z. B., auch gerade uͤber der Knieſcheibe mitten durch die Sehne des rectus lemoris hin- durch. Unter dieſem Muskel findet ſich eine Abſceßhoͤhle; die Bäns der find unverſehrt, jedoch erſchlafft. Der pathologiſche Zuſtand der Knorpel zeigte ſich hier unter einer eigenthuͤmlichen Form, indem die Injection fehlte oder nicht mehr vorhanden war und die breiig gewordene Knorpelſchicht ſich ohne Schwierigkeit wegnehmen ließ. Der Mangel der Injection erklaͤrt ſich aus der langen Dauer der Krankheit; die Erweichung des Knorpels iſt aber nicht wohl als Wirkung der Fluͤſſigkeit zu betrachten, da man ſolche Erweichung auch in Gelenken findet, 833 welche gar keine Fläſſigkeit enthalten. Man findet übrigens Er⸗ weichung ohne Blutinjvction auch bei chroniſcher Entzündung der Lymphdruͤſen und der Peyer'ſchen Druſen. Zweiundzwanzigſter Fall. — Fall auf den tro- chauter major, Zerſtörung der Knorpel und caries des Oberſchenkelbeines an der tibia, Ein Knabe von zehn Jahren hatte nach einem Falle auf den trochanter einen leb— haften Schmerz im Huͤftgelenke und konnte das Glied nicht bewe— gen. Drei Monate fpäter fand ich betraͤchtliche Geſchwulſt, Fluc— tuation, Schmerzhaftigkeit und unbewegliche Beugung des Schen— kels. Die Entleerung des Eiters durch eine Punction erleichterte den Schmerz, aber die Wunde heilte nicht; die Eiterung dauerte fort und unter heftigen Schmerzen erfolgte der Tod des Kindes. Bei der Section fanden ſich die Schenkelmuskeln mit Eiter infiltrirt, die Gelenkcapſel verdickt und durchbohrt, der Schenkelkopf feines Knor— pelüberzuges beraubt, von normaler Form und Volumen, nachgie— big, fo daß man ihn wie einen Schwamm zufammendrüden kann. Es laͤßt ſich eine ſchwarze Jauche herausdrücken. Die Pfanne ift ebenfalls ihres Knorpels beraubt; die drei ſie bildenden Knochen ſind getrennt und nur noch durch das verdickte Perioſt zuſammen— gehalten. Der Markcanal des Oberſchenkelbeines iſt auf Koften der compacten Subſtanz, welche außerordentlich verduͤnnt iſt, er— weitert. Das untere Ende des femur und das obere der tibia find erweicht und geroͤthet, waͤhrend die Knochen der andern Seite eine normale Beſchaffenheit zeigen. Die übrigen Organe find normal. Hier waren die Knorpel durch Ulceration zerſtoͤrt, und wir wurden gewiß die Spuren der Knorpelentzuüͤndung aufgefunden ba= ben, wenn der Tod früher erfolgt ware, was erſt funfzehn Monate nach der Verletzung der Fall war. Selbſt die Entzündung des Knochengewebes hatte bereits den hoͤchſten Grad erreicht; die Kno— chenzellen waren ungewöhnlich erweitert und die Knochenblättchen ſehr verdunnt; die Krankheit war noch einen Schritt weiter vor— gegangen, als die Knochenveränderung in dem funfzehntenz Falle. Die Knochenveraͤnderungen hatten ſich zwar auf die tibia fortge— ſetzt, waren aber um fo geringer, jemehr man ſich von dem Schen— kelkopfe entfernte, und in dieſer Beziehung zeigten ſich die Farbeab— ſtufungen ganz wie bei den Weichtheilen von lebhaft roth durch rotbraun bis zu dunkelgrau oder ſchwarz. Die Fortſetzung der Entzündung der Oberſchenkelknochen auf die tibia beweiſ't auf's Neue, daß die Gelenkknorpelüberzuͤge nicht aus unorganiſirter Maſſe beſtehen. Die Verdünnung der compacten Wände des Roͤh— renknochens iſt in dieſem Falle noch bemerkenswerth; ſie haͤngt im— mer von Entzuͤndung und Hypertrophie des Knochenmarks ab. Der dreiundzwanzigſte Fall iſt dem vorigen ganz aͤhn— lich; der vierundzwanzigſte Fall betrifft eine Zuberkelinfile tration des Ferſenbeins mit caries dieſes und der benachbarten Knochen. Ein 18jähriges Mädchen, welches ſeit einem Jahre Fi⸗ ſteln an der linken Ferſe hatte, ſtarb an den Pocken. Bei der Uns terſuchung fand ſich ein gerader Fiſtelcanal, welcher auf das Fer⸗ ſenbein bineinfübrte, wo ein ſcharfabgeſchnittener Subſtanzverluſt, von Größer und Geſtalt eines Silbergroſchens, ſich fand. Mitten im Ferſenbeine zeigte ſich eine Tuberkelinfiltration, von der Größe einer Nuß, in den erweiterten Knochenzellen; die umgebende Kno— chenſubſtanz war rothſchwarz und erweicht. Außerhalb dieſes ro— then Ringes war der Knochen normal; an der innern Seite des Tuberkels war eine kleine Höhle; die Epiphyſe der tibia war roth, erweicht, während die Knochen der andern Extremitaͤt die normale Beſchaffenheit und Farbe zeigten. Obgleich hier keine Gewalt eingewirkt hatte, ſondern die Reis zung von einer Ablagerung fremdartiger Subſtanz herruͤhrte, ſo hatte ſich die Reizung dennoch auf die benachbarten Knochen forte geſetzt und war durch die Gelenkknorpel nicht iſotirt worden. Der fuͤnfundzwanzigſte Fall betrifft ein Madchen von 12 Jahren, welches in Folge von Tuberkelablagerung in den Kno⸗ chen des Kniegelenkes einen tumor albus mit beftiaer Synoviat⸗ entzuͤndung veranlaßt hatte und wobei der Tod fehr raſch durch ein Fieber herbeigeführt wurde. Hierbei waren die Gelenkknorpel weiß und glatt, die Synovialhaut dagegen entzuͤndet und durch 334 Neubildungen verändert; in den Unterleibseingeweiden und in den Lungen fanden ſich viele Tuberkeln. Der ſechsundzwanzigſte Fall zeigte nun Tuberkelabla⸗ gerung an der äußern Flaͤche des Kniegelenks, Zerſtörung der Knorpel und Erweichung der Knochen. Der ſiebenundzwanzigſte Fall Tuberkelablagerung aus ßerhalb des Knices, Synooialentzüͤndung, Eiterergießung, Ulcera tion der Knorpel, Ulceration der tibia mit Zerſtorung des ſpon⸗ giöfen Knochengewebes. Durch dieſe Faͤlle iſt die aulmaͤlige Stei⸗ gerung der ſecundaren Veränderungen jene vollftändig repraſentirt. In Bezug auf die Krankheiten der Gelenkknorpel und ibre Folgen mögen noch einige allgemeine Bemerkungen ſich bier an⸗ ſchließen. Die Gelenkknorpel koͤnnen ſich, wie alle andere Organe, in Folge einer Reizung entzünden und konnen in Ulceration überge⸗ hen. Die Veränderungen variiren je nach dem Gange der Krank— heit. Zuerſt lebhafte Injection; bei langſamem Vertauf Injection mit U ceration; bei weiter vorgefchrittinem Zuſtonde Uiceration mit brauner oder violetter Injection; nach der Dauer von einem oder mehreren Jahren findet ſich keine Rothe mehr; der Knorpel iſt ulcrrirt, meiſtens ganz verſchwunden; iſt dieß bloß theilweiſe der Fall, fo finden ſich die Ränder rund oder winkelig, bald ftarf ab: geſchnitten, bald abgerundet, während der noch übrige Knorpel en feſt, oder bisweilen erweicht, breiig und angeſchwol⸗ len iſt. Der Knorpel mag ganz oder theilweiſe verſchwunden ſeyn, fo findet ſich das darunterliegende Knochengewebe in verſchiedenem Zuſtande: entweder es iſt unverändert in ſeiner Beſchaffenheit und nur denudirt, oder das ſpongioͤſe Gewebe zeigt die Charactere chre⸗ niſcher Entzündung, jedoch ohne Continnitätstrennung (caries), oder endlich es findet auch Subſtanzverluſt dabei ſtatt. Bei dem erſten Falle iſt der Knochen nicht krank; er konnte daher auch dem Knot⸗ pel keine Krankheit mittheilen; der letzte muß daher primitiv eve krankt ſeyn; bei den beiden letzten Faͤllen, wo mit Zerſtörung des Knorpels auch Veränderung der Knochen verbunden iſt, glaubt man, in der Regel, daß die Knochenaffection das primitive Leiden ſey. Eine genaue Unterſuchung der Urſachen, Symptome und Sectionsergebniſſe in den oben mitgetheilten Fallen, beweiſ't im Gegentheile, daß faſt immer das Knochenleiden als conſecutive Veränderung auf ein Knorpelleiden folgt. Das letztere entſteht im: mer durch einen Reiz, welcher entweder auf den Knorpel oder auf die Synovialhaut einwirkt, z. B., bei Contuſionen, Tuberkelabla⸗ gerungen, rheumatiſchen Gelenkaffectionen und Eiterergießungen in die Gelenkhoͤhte. Bloß bei zwei Fällen war die Krankheit der Knorpel confecutiv und in beiden Folge einer nicht confolidirten Fractur, wodurch eine langfortgeſetzte Reizung des Knochens be⸗ dingt worden. Dieſe Knorpelentzündung iſt faſt immer ſehr ſchmerz⸗ haft; der Schmerz iſt lebhaft, bisweilen bis zum Unertraͤglichen; er nimmt einen fixen umſchriebenen Punct ein, welcher nach dem Sectionsergebniſſe auch immer gerade dem afficirten Theile des Knorpels entſpricht. Die Art der Zerſtoͤrung des Knorpels iſt häufig ſehr ſchwierig zu erkennen, beſonders bei der acuten Entzuͤndung mit Subſtanz⸗ verluſt ohne Reſiduum. Bei chroniſchem Verlaufe findet man bis: weilen gleichzeitig Subſtanzverluſt und breiige Erweichung, welche lezte daher als der Zuſtand, welcher der Ulceration vorausgeht, betrachtet werden kann. Einige Male habe ich die Gelenkknorpel erweicht, breiia und nicht injicirt gefunden, und es iſt wahrſchein— lich, daß die Entzuͤndung dabei nur bis zu einem ſchwachen Grade ſich erhebt, ſo daß ſie die Zerſetzung und Abſorption der Knorpel nicht zu Stande bringt. Der conſecutiv erkrankte Knochen nach Ulceration der Knorpel kann in feinen fpongiöfen, großzelligen und compacten Theilen vers ändert ſeyn, zuerſt immer im ſpongidſen Theile; am einfachſten und haͤufigſten iſt eine Blutinjection. Das Knochenende, wenn es durchſchnitten wird, zeigt mehr oder minder dunkele Roͤthung; for dann werden die Zellen erweitert, das ſpongidſe Gewebe wird weich, mit dem Meſſer ſchneidbar, die erweiterten Zellen enthalten eine dicke, ſchmutzigrothe Fluͤſſigkeit, ahnlich aufgelöffter Milz. 835 Endlich findet man die Zellen noch mehr erweitert, die Markhaut aufgetrieben und den Knochen fo weich, wie einen Schwamm, aus welchem eine dunkelrothe und ſelbſt ſchwarze Fluͤſſigkeit ausgedruckt werden kann. Der Knochen läßt ſich mit größter Leichtigkeit zer— reißen, wobei man unter den Fingern eine Art von Crepitation fuͤhlt. 2 Mit diefen Veränderungen der Knochentextur iſt nicht noth— wendig Subſtanzverluſt verbunden; meiſtens, im Gegentheile, behal— ten die Knochen bei jedem Stadium ganz ihre aͤußere Form. Dieß ſtellt die wahre caries dar, eine Benennung, die man gewoͤhnlich jedem Subſtanzverluſte des Knochens beilegt, der Zuſtand des Kno— chens moͤge ſeyn, wie er wolle. Dadurch iſt das Studium der Kno— chenkrankheiten ſehr erweitert worden: ſo, z. B., veranlaßt der Tuberkelknochen Eroſionen, welche haͤufig als caries bezeichnet werden, obwohl der Knochen uͤbrigens ganz geſund dabei iſt; an— dererſeits iſt ein erweichter Knochen mit Subſtanzverluſt keineswe— ges die Grundkrankheit; es iſt nur der Ausgang einer organiſchen Veraͤnderung oder das Reſultat der Zerſtoͤrung der Knochenblaͤtt— 2 in Folge chronischer Entzündung und Auftreibung der Mark: aut. Die caries bleibt auch auf die Knochenenden, in denen fie entſteht, nicht immer beſchraͤnkt; fie breitet ſich über einen ganzen langen Knochen aus und geht ſelbſt auf benachbarte Knochen uͤber, wobei die Veränderungen einen um fo niederen Grad zeigen, je weiter man ſich von dem urſpruͤnglichen Heerde der Krankheit entfernt. Dieſe Abſchweifung auf die Krankheiten der Gelenkknorpel war noͤthig, um die Krankheiten der Intervertebralfaſerknorpel einiger: maßen zu erläutern. Dieſe find nicht allein von aͤhnlicher Structur und Vitalität, ſondern zeigen auch gleiche anatomiſche Verände— rungen. Bisweilen findet man fie unverſebrt, während mehrere Webelkoͤrper durch Entwickelung von Tuberkeln betraͤchtlichen Sub— ſtanzverluſt erlitten haben; andere Male iſt, nach Zerſtoͤrung eines Wirbels, die Subſtanz der einander genaͤhrten Knorpelſcheiben durch Asreibung glatt und verdünnt. Bisweilen ſind mehrere Faſer⸗ knorpelſcheiben vollkommen zerſtoͤrt, ohne daß die Wirbel die min— deſte Structurveränderung erlitten haben; die Affectionen beider koͤnnen daher voneinander unabhängig ſeyn. Iſt der Faſerknorpel verſchwunden, ſo bleibt zwiſchen den Wirbeln ein ſeiner Dicke ent— ſprechender leerer Raum, der bisweilen nichts enthaͤlt, bisweilen mit rother jauchiger Fluͤſſigkeit, bisweilen mit zerfließender Tuber— kelſubſtanz gefüllt iſt. Eine ſolche Hoͤhle oͤffnet ſich bisweilen auch in den Wirbelcanal. Die Zerſtoͤrung der Faſerknorpelſcheibe bee ſchränkt ſich bisweilen auf den Centraltheil, und es bleibt eine lin: ſenfoͤrmige innen glatte Höhle zuruͤck. Bei einem weiter vorge⸗ ſchrittenen Grade iſt der Centraltheil nicht allein zerſtoͤrt, ſondern die ganze Knorpelſcheibe iſt in zwei Blaͤtter getrennt, welche mehr oder minder vollkommen an den Wirbelförpern adhaͤriren und ganz, oder zerriſſen, oder pergamentartig trocken, oder mit Jauche befeuch— tet ſind. Es kann aber auch der Rand der Knorpelſcheibe afficirt ſeyn, und bisweilen koͤmmt eine Aushoͤhlung vor, welche durch die Dicke zweier Wirbelkoͤrver und der dazwiſchenliegenden Knorpel— ſcheibe hindurchreicht. Die Form der Ränder dieſer Subſtanzver⸗ luſte iſt ſehr verſchieden, bald ſcharf abgeſchnitten, bald ſchraͤg, bald abgerundet. Leiden der Vertebralknorpel ſind ſelten allein vorhanden; ſie ſind ſehr haͤufig mit andern organiſchen Veraͤnderungen verbunden, 336 welche vorausgingen, oder folgten und die Wirbel, das Ruͤckenmark und ſeine Haͤute, oder die uͤbrigen benachbarten Theile betreffen. (Schluß folgt.) Miscellen. Ein neues Inſtrument zum Abzapfen (ſtatt des Troi⸗ karts) hat Dr. Lendrick zu Dublin ſich durch den Inſtrumenten— macher Milliken, Grafton Street, Dublin, verfertigen laſſen. Das Inſtrument iſt eine vergrößerte Unterſuchungsnadel (explo- ring needle), etwa drei Zoll lang, zwei und eine halbe Linie breit, und eine und eine Viertel Linie dick und hat einen ſchiefſtehenden Griff, wie ein Gorgeret. An der Oberflaͤche iſt eine Rinne, und die Spitze iſt lancettfoͤrmig. Zweiſchneidig nur bis an den breiten Theil der Klinge. Die Integumente koͤnnen mit einer Lancette oder Biſtouri durchſchnitten werden oder nicht, je nach dem Wun— ſche des Operateurs. Das Inſtrument wird mit großer Leichtig— keit eingeführt, und das Durchdringen in die Hoͤhle giebt ſich gleich durch den laͤngs der Rinne erfolgenden Erguß von Fluͤſſigkeiten zu erkennen. Der Operateur, welcher einen faſt geraden, filbers nen oder elaſtiſchen Catheter in der Hand hat, führt ihn unmittel— bar längs der Rinne ein, und das Eindringen deſſelben in den Sad iſt gleichzeitig mit dem Herausziehen des ſchneidenden Inſtruments. Man laͤßt dann die Fluͤſſigkeit durch den Catheter ausfließen, waͤh— rend eine Leibbinde in dem Maaße zuſammengezogen wird, als der Unterleib zuſammenfaͤllt. Die Operation kann in jeder Stellung des Kranken, beſonders in der liegenden, leicht vorgenommen wer— den. Die Wunde iſt etwas klappenartig. Man muß ſich nur in Acht nehmen, daß, wenn ein elaſtiſcher Gummi-Catheter ange— wandt worden iſt, dieſer nicht durch den Rand der Leibbinde zu— ſammengedruͤckt und der Abfluß der Fluͤſſigkeit erſchwert wird. Eine Art mediciniſchen Raͤucherungen ſchlägt ein Belaiſcher Arzt de Elerg dor und lobt ſie als außerordentlich wirkſam. Die Methode beitebt darin, daß die Geſchwuͤre, welche geraͤuchert werden ſollen, zuerſt mit einer Hoͤllenſteinaufloͤſung, zehn Gr. auf 1 Unze, gewaſchen und dann geraͤuchert werden. Die Raͤucherung beſteht bei alten Geſchwuͤren aus einem Theile Zinno— ber, zwei Theilen Tolubalſam und zwei Theilen Alos; allmaͤlig, bei Wiederholung der Raͤucherung, wird das Geſchwuͤr mit einer me— talliſch ausſebenden Schicht bedeckt, welche die Einwirkung der Luft mache und ihre mediciniſche Wirkung um ſo ungeſtoͤrter geltend macht. Necrolog. — Der hochgeachtete Dr. Roberton, ein ſeit dreißig Jahren zu Paris etablirter Schottiſcher Arzt, in Deutfche land auch perſoͤnlich bekannt durch ſeine Anweſenheit bei einigen Verſammlungen der deutſchen Naturforſcher und Aerzte, iſt, 66 Jabr alt, in Folge einer langen ſchmerzhaften Blaſen-Krankheit geſtorben. In ſeinem Teſtamente hat er vermacht 1. ſeinen Kopf, nebſt 1,000 Fr. Transportkoſten, der Phrenologiſchen Geſellſchaft zu Boſton, damit er dort an der Seite deſſen ſeines Freundes Spurz— heim aufgeſtellt werde. 2. Seine ſchoͤne phrenologiſche Samm— lung, derſelben Geſellſchaft zu Boſton. 3. 15,000 Fr. der Geolo— giſchen Geſellſchaft zu Paris, zu deren Stiftern er gehoͤrte. 4. 400,000 Fr. der Medical Society zu Edinburgh. SSK ee ee Bibliographische Neuigkeiten. A flora of North America; containing Descriptions of all the In- digenous and naturalized Plants growing North of Mexico. By Professor John Torey etc. and Asa Gray, Professor of the University Michigan. Vol. 1. New-York 1840. 8. Coleoptera delineated; consisting of Six hundred and Thirty eight figures of all the Genera of British Beetles hitherto re- corded Drawn by W. J. Spry and edited by W. E. Schu- kard. London 1840. 8. Fallacies of the faculty. By Dr. Dickson. London 1840. 8. Von Hodgkin’s Lectures on the Morbid Anatomy of the Se- rous and Mucous Membranes iſt von Vol. II. der Part. I. „Mucous Membranes“ erſchienen. London 1840. 8. — — ſ l — T———̃ — — Menue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medicinalrarbe Fror lep zu Weimar, und dem Medieinalratbt unt Prefeſſor Frerier in Berlin. Ne. 330. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. (Nr. 22. des XV. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athir. oder 3 Fl. 86 Kr., September 1840. des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. ain r Beitraͤge zur Naturgeſchichte des Orang-Outangs (Simia Satyrus). Von Herm. Schlegel und Sal. Müller, Es giebt wenig Thiere, welche die Aufmerkſamkeit des Menſchen in einem ſo hohen Grade auf ſich gezogen, und zu ſo vielen Schriften Veranlaſſung gegeben haben, als der Orang⸗Outang. Waͤhrend einer langen Reihe von Jahren beſchraͤnkten ſich die Materialien, auf denen die Geſchichte des Orang-Outangs beruhte, auf die Beſchreibung von Wurmb, auf ein Skelett und einige Schaͤdel alter Thiere, und auf einige junge Individuen, welche meiſtentheils le— bend in Gefangenſchaft nach Europa gebracht worden waren. Erſt in der letzten Zeit wurden verſchiedene Naturforſcher in den Stand geſetzt, eine großere Zahl dieſer Thiere zu unter— ſuchen, und ſehr bald fing man an, dem Geiſte der Zeit entſprechend, aus dieſen Materialien Beweiſe fuͤr die Exi— ſtenz von mehr als einer ja ſelbſt von verſchiedenen Orang— Outang-Arten herzuleiten. Einige dieſer Naturforſcher lie— ferten jedoch zugleich vortreffliche Beſchreibungen des Thieres in ſeinen verſchiedenen Lebensperioden, von ſeinem Knochen— gebaͤude ꝛc. und ſetzten die Naturgeſchichte des Thieres mit hinlaͤnglicher Genauigkeit auseinander, inſofern naͤmlich das Studium nach todten Exemplaren in den Cabinetten dieſes geſtattete. Da dieſe Schriftſteller vorausgegangen ſind, ſo koͤnnen wir uns jetzt auf eine kurze Beſprechung der vornehmſten Fragen beſchraͤnken, zu denen dieſes Thier Veranlaſſung ge— geben hat, und wir verweiſen unſere Leſer hinſichtlich der Literatur, der zoologiſchen und oſteologiſchen Beſchreibung des Orang-Outangs auf die ausfuͤhrlichen Abhandlungen der Herren Zemmind*) und Owen **). Die Richtigkeit der Meinung, welche bereits ſeit Jah— ren von Rudolphi, G. Cuvier und verſchiedenen an— ) Monographies de Mammalogie, T. II. p. 113. sqq. Tab. 41 bis 46. ) Transactions of the Zoological Society Vol. I. p. 334. sq. Tab. 49, 50 und 53 bis 56. No. 1430, a dern Gelehrten aufgeſtellt worden ift, daß der von Wurm b beſchriebene ſogenannte Pongo nur ein altes Individuum der in anderen Werken als wirklicher Orang-Outang be— ſchriebenen jungen Individuen ſeyn koͤnne, wird durch die vollftändigen Reihen von Exemplaren aus allen Lebenszeiten, die ſich jetzt in den Europaͤiſchen Muſeen befinden, vollkom— men beſtaͤtigt und iſt auch bereits durch die Abhandlung des Herrn Temminck außer allen Zweifel geſtellt. *) Wir betrachten dieſen Punct als eine abgemachte Sache und werden nicht wieder darauf zuruͤckkommen. Eine andere Frage war die, ob es mehr als eine Art Orang-Outang giebt, entweder auf einer und derſelben In⸗ ſel, oder ob die auf Borneo von der auf Sumatra diffe— rirt; und wie ſich die auf dem Aſiatiſchen Continente leben— den Orang-Outangs zu denen auf den genannten Inſeln wohl verhalten? Um dieſe verſchiedenen Fragen mit einiger Zuverlaͤſſigkeit beantworten zu koͤnnen, wollen wir zuerſt unterſuchen, welche Laͤnder man mit Sicherheit als das Va— terland dieſer Thiere betrachten kann. Was Java anlangt, fo koͤnnten wir dieſe Inſel ganz mit Stillſchweigen über: gehen, wenn nicht einzelne ſpaͤtere Naturforſcher vorausge⸗ ſetzt haͤtten, daß eine ihrer neuen eingebildeten Arten auf dieſer Inſel zu Haufe ſeyn koͤnnte. Die Menge aufgeſtell⸗ ter Exemplare und Skelette von Orang-Outangs, welche ſich jetzt in den Europaͤiſchen Sammlungen befinden, ſtam— men, bis auf einige wenige Ausnahmen, alle von Borneo. Was wir vom Orang-Outang auf Sumatta wiſſen, de— ſchraͤnkt ſich auf das von Abel Clarke beſchriebene alte In— dividuum; auf das von Raffles der Linnean Society uͤbergebene alte Weibchen; ferner auf zwei von uns aus In— dien mitgebrachte große Schaͤdel; und endlich noch auf ein junges Exemplar, welches wir bei einem Schiffscapitaͤn auf Sumatra in Gefangenſchaft geſehen haben. Das von *) Die von dem verſtorbenen Oberſt-Lieutenant Henrici nach Europa gebrachten vierzehn Stuͤck Orang⸗Outangs von Bor ⸗ neo haben Herrn Dumortier (Institut, 6. Année No, 260, 20. Dec. 1838, pag. 415 und 416) Veranlaſſung gege⸗ ben, die Entdeckung zu 9 2 839 Temminck unter dem Namen Orang-roux angeführte junge Exemplar, welches vor einigen Jahren kurze Zeit zu Paris lebte, ſoll auch, ſo wie die zugleich geſendete Haut der Mutter die— es jungen Thieres, aus Sumatra ſtammen; und da die Zweifel uͤber die Richtigkeit dieſer Angabe allein durch die Verſchiedenheit der Farbe dieſer Exemplare von den gegenwaͤrtig auf Borneo be— kannten entſtanden ſind — welche Verſchiedenheit, wie wir weiter unten finden werden, als zufaͤllig betrachtet werden muß —, ſo ſind wir eher geneigt, die erwaͤhnte Angabe fuͤr wahr zu halten, als der auf keiner einzigen Thatſache beruhenden Meinung beizutre— ten, daß dieſe zwei Exemplare vom Aſiatiſchen Continente abſtammen. Im Allgemeinen will es uns auch bedünken, daß man die Exiſtenz des Orang-Outangs auf dem Indiſchen Continente etwas leicht: fertig als eine Zuverlaͤſſigkeit angenommen hat. Niemals iſt aus dieſen Ländern ein aͤhaliches Thier nach Europa gebracht worden; denn der Schaͤdel, welchen Wallich von Calcutta an das Pariſer Muſeum ohne Angabe des Vaterlandes geſendet hat, ſoll, nach Blainville, vom Continente, nach Geoffroy von Java ab: ſtammen, — ein Beweis, daß man eigentlich nicht weiß, woher er kommt.“) Die Berichte der Reiſenden, welche dieſe Länder *) beſucht haben, thun keine Erwaͤhnung dieſes Thieres. Bei der Unterſuchung der Quellen, aus welchen die obenerwaͤhnte Meinung geſchoͤpft worden iſt, haben wir fuͤr ſie keine andere Stuͤtze gefun— den, als diejenige der Chineſiſchen Schriftſteller. Von den neun Sorten Affen, deren die Naturgeſchichte dieſes Reiches Erwaͤhnung thut, iſt die unter dem Namen Sing sing bekannte die einzige, welche Veranlaſſung geben koͤnnte, wie ſie, was wir ſpäter finden werden, auch wirklich gethan hat, zu der Vermuthung, daß dieſe Art als eine Art des Orang-Outangs betrachtet werden koͤnnte. Von diefem Sing-sing ſagt das Hauptwerk der Chineſen, die Na- turgeſchichte Pen tshao kang mi Capitel 51 Seite 37 Folgen— des: 7) Der Sing- sing lebt in Ngai lao i und in den Thaͤlern der Gebirge von Kiao tschi (Cochinchina)ß. Er hat in feinem Aeußeren viel Aehnlichkeit mit einem Hunde; er hat gelbes Haar, fo wie der Affe mit langen Armen +), Inen het, weiße Ohren, wie ein Schwein, Antlitz und Fuͤße wie ein Menſch und langes Haar auf dem Haupte. Seine Geſichtszuͤge ſind ſehr deutlich aus— gedruͤckt; ſeine Stimme iſt wie das Geſchrei eines Kindes, auch wie das Gebell von Hunden. Er lebt in Geſellſchaft und laͤuft auf ſeinen vier Fuͤßen. Ferner erzaͤhlt dieſes Buch, wie dieſer Affe gefangen wird, naͤmlich, indem man ihm einen Krug Bier und ein Paar Schuhe hinſtellt, welche letztere er anzieht und wo— durch er außer Stand geſetzt wird, zu entfliehen. In anderen Provinzen ſoll man mit ſeinem Blute Zeuge faͤrben; Einige be— haupten, daß der Sing- sing ſprechen koͤnne, welchem von Anderen widerſprochen wird. Noch Andere finden Aehnlichkeit zwiſchen die— ſem Thiere und einem Schweine, oder einem Hunde, oder auch mit anderen Affen. Die Abbildung endlich, welche dieſer Beſchrei— bung beigegeben iſt, ſtellt ein ſchwarzes aufrechtſtehendes Thier mit kurzen Armen, kleinem Schwanze und merkwuͤrdig zugeſpitztem Kopfe dar. Sowohl dieſe Beſchreibung, als die Abbildung, wel— che wahrſcheinlich nach der Beſchreibung gemacht iſt, beweiſ't auf's Deutlichſte, daß das Ganze ein nach Hoͤrenſagen und Volksmaͤhr— chen zuſammengeſetztes Machwerk iſt. Wenn es wirklich einen aͤhnlichen Affen als Orang-Outang im Chineſiſchen Reiche gaͤbe, fo würde man davon ſicher Kennkniß haben und wenigſtens eine nicht fo unnatuͤrliche Abbildung, als diejenige des Sing- sing, 17) *) Siehe Ann. d. Sciences Nat. 1836 p. 59, 62, 313 etc. **) Der Onke, von welchem Turpin in feiner Histoire de Siam, I. 309 ſpricht, iſt, wie ſich aus der Beſchreibung der Farbe, beſonders aber aus derjenigen der Haͤnde ergiebt, ohne Zweifel der Hylobates albimanus, welchen Diard auch in dieſem Lande geſammelt und nach Europa geſendet hat. *) Wir verdanken dieſe Ueberſetzung Herrn Hoffmann. 7) Die Abbildung dieſes Affen mit langen Armen ſtellt ſehr deut— lich einen Hylobates dar. ++) Dafür ſpricht auch das angezogene Chineſiſche Werk ſelbſt, in welchem die Thiere, die in dieſem Lande vorkommen, mei— 840 davon gegeben haben. Dieſes eingebildete Thier, deſſen Heimath Cochinchina ſeyn fol, müßte dann wenigſtens den benachbarten Eyinefen zu Canton bekannt ſeyn, und in dieſem Falle würde fi: cherlich der von Tilleſius während der Kruſenſtern'ſchen Reiſe von Borneo nach Canton gebrachte Orang-Outang die Verwunderung der Chineſen in einem viel geringeren Grade er— regt haben. Dieſes uͤbrigens bei Seite geſetzt, ſtimmt auch die Angabe der Lebensweiſe des Sing-sing's in gebirgigen Gegenden gar nicht mit dem überein, was uns von der Lebensweiſe des Orang-Outangs bekannt iſt. Ebenſo verworren als das von uns Angezogene ſind die Nach— richten, welche auf eine mittelbare Weiſe von dem Sing-sing nach Europa gelangt ſind. Du Halde, z. B., erzaͤhlt in ſeiner Reiſe, daß der Sin-Sin nach den Berichten, die durch ganz Setſchuen von demſelben gegeben wurden, eine Affenart zu ſeyn ſcheine; daß er fo groß ſey, als ein Mann von mittlerer Lange; daß er groͤ— ßere Aehnlichkeit mit dem Menſchen, als mit anderen Affen habe und zwar ſowohl in feinen Handlungen, als hinſichtlich dee Ber quemlichkeit, mit welcher er auf ſeinen Hinterfuͤßen geht. Aus die— ſen Berichten ſollte man folgern koͤnnen, daß dieſes Thier in der Mitte des Chineſiſchen Reiches bis zu 30° nördlicher Breite lebe, welches aus verſchiedenen Gründen nicht gut moͤglich iſt. In vers ſchiedenen Beſchreibungen von Hai-nan findet man dagegen er— waͤhnt, daß der Sing sing auch auf dieſer Inſel angetroffen werde, was wiederum eine Unmöglichkeit iſt, wegen der natürlichen Ber ſchaffenheit und der großen Bevoͤlkerung dieſer Inſel. Vielleicht hat Abel Rémuſat die meiſte Veranlaſſung gegeben, um die Zoologen in dieſer Hinſicht in Verwirrung zu bringen. Dieſer be— ruͤhmte Gelehrte ſagt in feiner Ueberſetzung ') der Beſchreibung von Cambobſcha durch den Chineſiſchen Offizier Tſchin la Foung htou Ei, der dieſes Land im Jahre 1295 beſucht hat und außer dem Löwen auch den Sing -sing als dort vorkommend angiebt, Folgendes: „Der Sing-sing wird in einfgen Beſchreibungen als ein fabel— hafter Menſch geſchildert, der, mit einem Hundekopfe und einem menſchlichen Koͤrper, Sprache beſitzt ꝛc.; aber es iſt aller Grund vorhanden, anzunehmen, daß man mit dieſem Namen den Drang: Outang oder Jocko bezeichnet habe.“ Wie ungenügend die von Abel RéEmuſat angezogene Beſchrei— bung iſt, um daraus die Folgerung zu ziehen, daß hier ein Orang— Outang gemeint ſey, bedarf wohl keiner näheren Auseinander— ſetzung. a Endlich fügen wir noch hinzu, daß uns auch die Japaniſchen Encyclopaͤdien keine nähere Aufklaͤrung über den Sing- sing geben, obſchon der bis Cochinchina vorkommende Hylobates bekannt iſt, wie dieſes aus einer meiſterhaften, ohne Zweifel nach dem Leben entworfenenn Beſchreibung dieſes Affen und beigefügten Abbildung, welche ſich im Beſitze des Herrn v. Siebald befindet, auf's Deutlichſte hervorgeht. Der bezeichnende Name dieſes Thieres ift im Japaniſchen Dialecte des Chineſiſchen Jenko sarlı, wörtlich Haͤngarm e Affe. Wir fehen aus dem Mitgetheilten, daß eigentlich kein einziger Beweis für die Exiſtenz des Orang-Outangs auf dem Indiſchen Continente beigebracht werden koͤnne. Wir ſind ſelbſt geneigt, die Meinung, daß dieſes Thier in dieſen Gegenden lebe, für unwahr— ſcheinlich zu halten und ſtuͤtzen uns dabei auf folgende Gruͤnde. Aus den Beobachtungen, welche auf Borneo und Sumatra über den Orang-Outang angeſtellt worden ſind, ergiebt ſich, daß dieſe Thiere niemals in gebirgigen Gegenden, wie man immer angenom— men hat, ſondern bloß in ebenen, moraſtigen Niederungen leben **) ſtens ſehr deutlich und natuͤrlich abgebildet ſind, waͤhrend die daſelbſt fremden, z. B., der Loͤwe, auf eine mehr oder weni— ger ſchreckliche Weiſe dargeſtellt ſind. *) Nouvelles melanges Asiatiques, Paris 1829. I. p 138. ) Es ergiebt ſich aus der Erzählung Abel Elarte’s und aus dem Zeugniſſe der Eingebornen, daß das Vorkommen von Orang-Outangs auf der Weſtkuͤſte von Sumatra nur als zu— fällig betrachtet werden muͤſſe. 341 und daß ihnen ein heißer Himmelsſtrich unentbehrlich iſt. Da nun auf Java keine ſolchen ſehr ausgebreiteten Ebenen vorhanden ſind, To läßt ſich aus dieſem Grunde ſchon im Voraus behaupten, daß der Orang⸗Outang daſelbſt nicht vorkommen konne. Die Halbin⸗ ſel Malacca, als ein langer, ſchmaler und in ihrer Lange von Bergketten durchſchnittener Landſtrich, ohne große Klüffe und nur an dem kleinen Puncte bei der Landenge Krah ebene Niederungen darbietend, gewährt ebenfowenig, als Java, dieſen großen Affen einen guͤnſtigen Aufenthaltsort; und wenn daſelbſt wirklich Orang— Outangs angetroffen würden, ſo wuͤrde man außerdem in den be— nachbarten engliſchen Niederlaſſungen, z. B., auf Singapore und Pooloo- Penang, wohl davon Kenntniß haben. Mehr geeignet für die Lebensart dieſer Thiere dürften vielleicht die Ebenen ſeyn, wel— che ſich an den Ufern des Jrawaddi, des Saluen, des Menam und des May⸗ka s ung ausbreiten, oder in den Thaͤlern im Allge— meinen, welche von dieſen großen Fluͤſſen beſpuͤlt werden; aber dieſe Landſtriche ſind in den neueſten Zeiten hauptſaͤchlich von Crawfurd und Diard beſucht worden, und wenn ſelche merk— würdige Thiere, wie der Orang-Outang, in dieſen Laͤndern lebten, fo würden dieſe Reiſenden ſicherlich etwas davon vernommen ha— ben, was jedoch der Fall nicht iſt, da Crawfurd nirgends da— von eine Erwaͤhnung thut und Diard uns muͤndlich das Gegen— theil verſichert hat. Daß ferner weiter nach Norden Orang Ou— tangs vorkommen ſollten, iſt aus verſchiedenen Gründen ſchwierig zu glauben; denn erſtens iſt die gebirgige Beſchaffenheit des Lan“ des nicht dazu geeignet; zweitens ſtimmt dieſe Meinung nicht mit dem überein, was uns über die Verbreitung des Schimpanfee bes kannt iſt, der ſogar im heißen Africa nicht im 20° nördlicher Breite vorkommt; und endlich finden wir in den Berichten, welche wir eines Theils von den Englaͤndern in Bengalen und andern Theils von den Chineſen über dieſe Laͤnder befigen, nichts, was uns zu der Annahme veranlaſſen koͤnnte, daß ſo weit noͤrdlich Orang-Outanas angetroffen wuͤrden. Ohne geradezu die Moͤglichkeit zu verwerfen, daß auf dem Indiſchen Feſtlande Orang-Outangs vorkommen, glauben wir, dargethan zu haben, wie wenig Wahrſcheinlichkeit für dieſe Mögz lichkeit vorhanden ſey, und deßhalb unſere Meinung gerechtfertigt zu haben, wenn wir nur die beiden Inſeln Borneo und Sumatra als das eigentliche Vaterland des Orang -Outangs annehmen. Jetzt wollen wir zu der Unterſuchung übergehen, ob die Orang⸗ Oulangs dieſer beiden Inſeln überhaupt, oder gar nicht voneinan⸗ der verſchieden ſind. Wie wir bereits fruͤher bemerkt haben, ſind die Materialien, welche wir uͤber den Sumatraſchen Orang-Outang beſitzen, noch ſehr arringfüaia und, nach unſerer Anſicht, unzureichend, um dar: aus etwas mit Zuverlaͤſſigkeit zu folgern. Was den von Wallich geſendeten Schaͤdel und das von Owen beſchriebene Skelet an⸗ langt, fo koͤnnen dieſe, da man über ihre Abkunft nicht im Klaren iſt, zur Entſcheidung der Frage nicht benutzt werden. Wir ſind deßhalb beſcpraͤnkt auf die Nachrichten von Abel Clarke, auf das alte Weibchen der Sammlung der Linnean Society zu London, auf das junge Exemplar, welches von Owen unterſucht worden iſt, und auf ein anderes lebendes, welches wir auf Padang geſehen haben, und endlich auf die zwei oben erwähnten Schädel, welche wir dem vormaligen Chef der Geſundheitspolizei im Niederlaͤndi— ſchen Indien, dem ſeeligen Dr. Fritze verdanken, die derſelbe von einem Militaͤrarzte aus der Umgegend von Dſchambie auf Suma— tra empfangen hatte. Die Mittheilungen Abel Clarke's über die ungewohnliche Größe feines Individuums find an ſich ſelbſt uns wahrſcheinlich, durch Thatſachen bereits hinlänglich als unwahr dargeſtellt e), und verdienen deßhalb nicht weiter beachtet zu wer⸗ den. Ganz anders verhaͤlt es ſich binſichtlich der Backentaſchen, deren Abel Clarke keine Erwähnung thut. Es läßt ſich ſchwer⸗ lich annehmen, daß dieſer Schriftfteller ein fo in's Auge fallendes Kennzeichen fo uͤberſehen haben ſollte, und wir ſehen uns gend» thigt, dieſes Stillſchweigen als einen entſcheidenden Beweis anzus 2 Bine Library of usef. Kuowl.; Nat. Hist. of Monkeys, I. b. 118. 542 nehmen. Inzwiſchen folgt daraus, unſeres Dafürhaltens, noch nicht, daß der Orang-Outang von Sumatra dieſes Kennzeichen im⸗ mer entbehre, da wir auch auf Borneo ein ſehr großes Maͤnnchen angetroffen haben, was keine Spur von Backentaſchen beſaß, die doch ſchon bei anderen viel jüngeren Individuen vorhanden waren. Was die Farbe des von Abel Clarke beſchriebenen Thicres an: langt, fo ſtimmt dieſelbe, gleich derjenigen des alten Weibchens und des jungen Eremplares zu London, ferner des anderen jungen Exemplares, welches wir auf Sumatra gefeben haben, vollkommen mit derjenigen des Orang-Outangs von Borneo überein. Die Ab⸗ weichung, welche man an dem Exemplare zu Paris, das ebenfalls von Sumatra abftammen ſoll, bemerkt, muß um fo mehr als indis viduell betrachtet werden, da man auch bei dem Orang-Outang von Borneo in dieſer Hinſicht große Verſchiedenheiten wahrnimmt und ganz beſonders bei den Weibchen, die meiſtentheils etwas dunk⸗ ler ſind, als die Maͤnnchen, ja manchmal ganz dunkel, oder faſt ſchwarzbraun ausſehen. Die hauptſaͤchlichſten Materialien zur Entſcheidung unſeres Fragpunctes werden alfo die zwei Orang⸗Outang Schaͤdel von Oſchambie auf Sumatra, welche ſich jetzt in unſerem Reihsmufeum befinden, darbieten. Bevor wir zur näheren Betrachtung dieſer zwei Schädel übergehen, muͤſſen wir bemerken, daß uns die guͤnſti⸗ ge Gelegenheit zu Theil geworden iſt, gegen dreißig Drang-Dutang » Schaͤdel von Borneo unterſuchen zu konnen, von denen mehr als die Hälfte alten Individuen angehörten. Aus der Vergleichung dieſer Schaͤdel mit einander haben wir gefunden, daß ſelten zwei zu finden ſind, welche im Verhaͤltniſſe der Theile, in der Form der Naſenknochen, in der Größe der Augenhoͤhlen ꝛc. vollkommen mit einander uͤbereinſtimmen. Daſſelbe läßt ſich, wie es ſcheint, auch auf den Orang-Outang von Sumatra anwenden, und wir find ſo— gar geneigt, dieſen Satz als ausgemacht anzunehmen, da unſere zwei Schädel von dieſer Inſel fo betrachtlich von einander differir⸗ ten, daß man, obne die individuellen Abweichungen zu kennen, welche in dieſem Betreffe beobachtet worden ſind, ganz leicht in Verſu⸗ chung gerathen konnte, dieſe beiden Schädel als zwei verſchiedenen Arten von Orang-Outang angehoͤrig zu betrachten. Die Unterſu⸗ chung einer fo anſehnlichen Zahl von Köpfen giebt uns ſomit das Mittel an die Hand, beſtimmen zu koͤnnen, welche Vorſchiedenhei⸗ ten nur als individuell zu betrachten ſind; und durch dieſe Unterſu⸗ churg aufgeklärt, ſehen wir uns veranlaßt, anzunehmen, daß die erwähnten zwei Schaͤdel mit einander, wie auch mit den Schaͤdeln von Borneo, in der Hauptſache uͤbereinſtimmmen; daß jedoch der von Sumatra durch fein linienfoͤrmiges Naſenbein und die gexrin⸗ gere Entwickelung feiner Kämme (cristae) von denſelben abweichen. Bezuͤglich auf dieſes letzte Kennzeichen läßt ſich inzwiſchen noch hin⸗ zufuͤgen, daß auch an einigen Schaͤdeln von Borneo die crista viel weniger entwickelt iſt, as bei anderen Individuen von derſelben Größe. An unſerem älteften Schädel von Sumatra, welcher dem alten Schädel des Pariſer Muſeums an Größe gleichkommt, ſtehen die cristae auf beiden Seiten, obſchon ſtark entwickelt, beinahe noch zwei niederländiſche Zoll weit von einander. In Bezug auf die Naſenknochen verdient bemerkt zu werden, daß dieſelben, obſchon am Drang-Dutang von Borneo in's Unendliche differirend, an beis den Schaͤdeln von Sumatra jedoch wieder von dieſem durch ihre lange und ſchmale Form abweichen: fie bilden namlich einen Streifen von ungefähr vier niederlaͤndiſchen Zollen Laͤnge und von nur 0,002 Breite, auf welchem jede Spur von Nath verſchwunden iſt. Wir ſeben alſo aus dem Vorhergehenden, daß nach den gegen— wärtigen geringen Dülfsmitteln zu urtheilen, der Unterſchied zwi⸗ ſchen dem Orang⸗Outang von Sumatra und von Bornes darin beſtebt, daß bei erſterem das alte Maͤnnchen keine Backentaſchen hat; daß die cristae temporales ſich nicht zu einem bervorragen⸗ den ſchneidenden Kamme vereinigen, und daß die Naſenknochen die Geſlalt eines langen ſchmalen Streifens haben. Wir fragen nun, ob dieſe Kennzeichen, deren Stetigkeit bis auf den heutigen Tag nicht einmal hinlänglich bewieſen iſt, und welche wir nur mit geringen Modiſicationen, wie ſich weiter unten ergeben wird, auch bei dem bereits angeführten ziemlich alten In⸗ dividuum ohne Backentaſchen von ze 29 „fuͤr aus; 343 reichend erachtet werden mögen, um ben Drang -Dutang von Su— matra als eine verſchiedene Art von der auf Borneo zu betrachten? Jetzt haben wir zu unterſuchen, inwiefern die Meinung, daß mehr als eine Art von Orang-Outang auf Borneo vorkomme, mit der Wahrheit übereinftimmt. I. Müller *) hat ſich bemüht, zu be⸗ weiſen, daß es daſelbſt drei Arten von Orang-Outang giebt. Die Hulfsmittel, auf welche ſich ſeine Unterſuchungen ſtuͤtzen, ſind der Gypsabguß des Pongo-Schaͤdels im Muſeum zu Paris, derjenige von Camper und derjenige des Profeſſor Hendriks. Dieſelben Abguſſe liegen jetzt vor uns, und man hat ſie auch in verſchiedenen andern Muſeen. Wir müffen bekennen, daß aus der genaueſten Vergleichung dieſer Gypskoͤpfe mit den uͤbrigen Schaͤdeln, welche wir beſitzen, ſich auf's Deutlichſte ergiebt, daß alle die von dem genannten Schriftſteller angegebenen Kennzeichen ſeiner drei Arten von Orang-Outangs als individuell betrachtet werden muͤſſen, wie wir dieſes ſpaͤter durch eine genauere Angabe der individuellen Difz ferenzen, die wir an den Schaͤdeln dieſer Thiere beobachtet haben, auseinanderſetzen werden. Wir duͤrfen getroſt annehmen, daß die— ſer beruͤhmte Anatom, wenn er eine groͤßere Zahl Schaͤdel zu ſeiner Verfuͤgung gehabt haͤtte, ſicherlich in dieſem Betreffe eine andere Meinung aufgeſtellt haben wurde. Wie unzureichend bloße anato— miſche Huͤlfsmittel ſind, um über zoologifche Fragen zu entſcheiden, wird zufällig hinſichtlich der vorliegenden Frage durch eine Bemer— kung des Herrn Wiegmann bewieſen. Dieſer Gelehrte, welcher mit den Anſichten J. Muͤller's uͤbereinſtimmt, fagt**): daß zwei an das Muſeum zu Berlin geſendete Schaͤdel alter Orang-Outangs nur dazu dienen, die Sache noch ſchwieriger zu machen, — eine Bemerkung, welche im Allgemeinen auf alle dergleichen Unterſu— chungen angewendet werden kann. Ferner hat Owen***) die Meinung aufgeſtellt und unlaͤngſt wiederholt, daß es auf Borneo eine zweite Art von Orang-Outang gebe, welche er Simia morio nennt und die hauptſaͤchlich durch kleine Backzaͤhne, viel kleinere Spitz- und groͤßere Schneidezaͤhne von dem eigentlichen Orang-Outang abweichen fol. Dieſer Schriftſteller hat ſeine Unterſuchung an einem Schaͤdel von mittlerem Lebensalter angeſtellt, der jedoch alle bleibenden Zaͤhne bereits beſaß; und die Kennzeichen find deßhalb als abſolut aufgeſtellt. Unter den Schä: deln, welche wir Hrn. Owen während feines Aufenthaltes zu Lei— den gezeigt haben, befand ſich einer, welchen dieſer verdienſtvolle Anatom als feinem Simia morio angehörig bezeichnete. Wir Eön: nen mit Sicherheit behaupten, daß der gedachte Schädel derjenige eines ziemlich alten Weibchens iſt. Was nun das Kennzeichen bins ſichtlich der kleineren Backzaͤyne anlangt, ſo muͤſſen wir verſichern, einen ſolchen Unterſchied nicht haben finden zu koͤnnen; aber wir bemerken, daß im Allgemeinen dieſe Theile, wenn ſie noch nicht gelitten haben, viel größer erſcheinen, als an ſehr alten Exempla— ren, wo haͤufig die ganze Krone der Backzaͤhne ſich abgeſchliffen hat. Die oberen Mittelſchneidezaͤhne find, in der That, viel größer und die Spitzzaͤhne kleiner, als es gewoͤhnlich an alten Schaͤdeln der Fall iſt; aber dieſe Kennzeichen laſſen ſich ganz beſonders auf die Schaͤdel der Weibchen anwenden, und wir moͤchten ſie ſogar als Unterſcheidungszeichen fuͤr dieſes Geſchlecht anfuͤhren, wenn wir nicht auch in dieſem Betreff Ausnahmen angetroffen haͤtlen und manche Weibchen mit größeren Spitzzaͤhnen, wie gewöhnlich, ausger ſtattet geweſen waͤren, waͤhrend bei anderen die Schneidezaͤhne in der Größe vollkommen mit denen der Männchen übereinftimmten. Die übrigen von Owen angeführten Kennzeichen muͤſſen gleiche falls, wie ſich weiter unten ergeben wird, als individuell betrach— tet werden. Es laͤßt ſich nun noch bemerken, daß das Individuum ohne Backentaſchen von Borneo, deſſen Schaͤdel hinſichtlich der vonein— ander entfernten cristae und der mehr als gewöhnlich ſchmalen Naſenknochen ſich auszeichnet, als uͤbereinſtimmend mit dem Orang— *) Archiv für Anatomie ꝛc. 1836. Seite 46; ſiehe auch Schwartze, Desc. Osteol. capitis Simiae etc. 1839, **) Archiv für Naturgeſchichte 1837, Jahresbericht Seite 149. Anmerkung. e) Proceedings of the Zool. Soc. 1836, p. 91, 344 Outang von Sumatra betrachtet werden kann; aber dagegen laͤßt ſich einwenden, daß dieſes Individuum zwar ausgewachſen, jedoch nicht ſehr alt iſt, waͤhrend alle Zähne und Backzaͤhne vollkommen erhalten und weder ihre Kronen, noch die Spitzen oder Ränder im Geringſten abgeſchliffen ſind. Wir glauben, durch das Eine und das Andere hinlaͤnglich be— wieſen zu haben, daß man nach dem gegenwärtigen Zuſtande un: ſerer Kenntniſſe nicht mehr als eine Art von Orang-Outangs an— nehmen koͤnne. Die Ergebniſſe fuͤr die Wiſſenſchaft wuͤrden nicht im Verhaͤltniſſe ſtehen mit der Weitſchweifigkeit der Arbeit, wenn wir alle die Exemplare, auf welche unſere Beweiſe ſich gruͤnden, abbilden und beſchreiben wollten. Wir werden uns deßhalb allein auf die Angabe der vornehmſten individuellen Verſchiedenheiten be— ſchraͤnken, welche hinſichtlich der Schaͤdel des Orang -Outangs von uns beobachtet worden ſind. Zuerſt haben wir bemerkt, daß die Länge der Schnautze im Verhaͤltniſſe zum eigentlichen cranium häufig nach den verſchiedenen Exemplaren eine, obfchon ebenfalls geringe, Differenz darbietet, welche Differenzen dem Einfluſſe zu— zuſchreiben ſind, den die Entwickelung der Zahnhoͤhlen auf die Kiefer ausuͤbt. Die Unregelmaͤßigkeit in der Groͤße und in der Form der Zähne, welche verſchiedene Individuen öfters darbieten, hat auch eine verſchiedene aͤußere Form der Knochen, in welchen ihre Wurzeln ſitzen, zur Folge; und hieraus läßt es ſich erklären, warum der Raum zwiſchen der Naſenhoͤhle und den vorderſten Schneidezaͤhnen bald einmal mehr, bald einmal weniger ausgehoͤhlt oder ſogar kugelfoͤrmig iſt. Die Schneidezaͤhne, von denen die beiden mittleren des Ober— kiefers, ganz wie bei dem Menſchen, immer etwas groͤßer ſind, als die uͤbrigen, ſind, bezuͤglich auf ihre Groͤße, gegenſeitige Stel— lung und Form, vielen Abweichungen unterworfen. Häufig beſteht ein ſehr anſehnlicher Raum zwiſchen denſelben, manchmal ſtehen fie in dichtem Schluffe aneinander; die Zähne der Orang-Outangs leiden, mit einem Worte, an denſelben Gebrechen, welche wir haͤufig in einem ſo hohen Grade bei dem Menſchen wahrnehmen. Wir haben bereits fruͤher geſagt, daß die Spitzzaͤhne der Weibchen meiſtentheils kleiner und die mittelſten Schneidezähne groͤ— ßer ſind, als bei den Maͤnnchen; aber auch dieſe Regel greift nicht immer durch, indem einige Weibchen *) in dieſer Hinſicht nur we— nig oder nicht von dem anderen Geſchlechte verſchieden ſind. Die Geſtalt und Sröße der Naſenhoͤhle iſt nicht minder veraͤnderlich, als die übrigen Theile; meiſtens herz- oder birnfoͤrmig, gewährt der Durchmeſſer dieſer Oeffnung haͤufig bei Koͤpfen von gleicher Groͤße einen Unterſchied von 1 — 2 Linien und drüber. Augenfaͤlliger noch ſind die Differenzen, welche die Augenhoͤh— len in Größe und Form darbieten, *) wie ſich aus den folgenden Maaßen, entnommen von acht alten, alle mit plumpen cristae verſehenen, maͤnnlichen Schaͤdeln von Borneo ergeben wird. Laͤngenachſe. Breitenachſe. 1. 0,051 0,037 2. 0,047 0 036 3- 0,045 0,036 4. 0,043 0,034 5. 0,042 0,036 6. 0,041 0,035 dr 0,040 0,036 85 0,036 0,033 ) Es iſt uͤberfluͤſſig, zu bemerken, daß über die Geſchlechtsbe— ſtimmung unſerer Orang-Outangs kein Zweifel obwalten kann, da wir unſere Haͤute mit den Köpfen darin, in Wein geiſt aufbewahrt, nach Europa gebracht haben. ) Wir muͤſſen noch bemerken, daß die beiden Augenhoͤhlen ſelbſt bei einem und demſelben Individuum manchmal in der Groͤße etwas voneinander abweichen. Mi elle n. Daß Unio einen byssus habe, meldet Herr John G. Anthony in einem Schreiben aus Cincinnati in den Vereinigten 345 Staaten d. d. 16. Mai 1840: „Ich habe eine andere Thatſache ent: deckt, welche bisher den Sammlungen entgangen war: in einer Localität in der Nähe von Cincinnati ſpinnt Unio einen byssus, Die Localität iſt eine ſehr eigenthuͤmliche, indem eine ſtarke, ſchnelle Strömung über einen Kiesboden läuft: in einer ſolchen exponirten Situation verſuchen unſere Unio's nicht oft, ſich aufzuhalten, ſon— dern ziehen ſandige Wulſte oder erdſchlammige Ufer vor, wo das Waſſer nicht ſehr tief oder ſchnellſtromend iſt. Auf dieſen Kies- baͤnken aber ſind die großen Muſcheln eingebettet, und die jungen ſpinnen ſich einen byssus, mittels deſſen fie ſich an größere Mus ſcheln oder an Steine des Kieſes befeſtigen. Auf dieſe Weiſe habe ich Hunderte befeſtigt und ſicher vor Anker geſehen, mit aͤußerſter Spannung ihres Stranges; denn ſo viel ich wahrnehmen kann, iſt es nur ein einzelner Faden. Der Strang ſcheint an den Mantel befeſtigt zu ſeyn, iſt wahrſcheinlich von dieſem hervorgebracht und nicht durch eine Nabelbefeſtigung feſthaͤngend. Ich hob einige der Thiere in Spiritus auf.“ Dieſe Nachricht iſt in mehrfacher Ber ziehung merkwuͤrdig; erſtens, indem jie die Verwandtſchaft dieſer Thiere mit der Familie der Arcadae nachweiſet; zweitens, indem ſie darthut, was ich, nach meinen Beobachtungen, an einigen See⸗Gaſteropoden lange vermuthet habe, — daß viele, wo nicht 346 die meiſten dieſer Art, das Vermoͤgen haben, einen byrsus zu bilden, wenn dieß ihnen in ihrer Lebensweiſe nützen kann. Es iſt jedoch ſehr wünſchenswerth, daß die Stelle, wo der byssus an dem Thiere feftfigt, von Neuem unterſucht werde, denn wenn es ſeinen Urſprung in dem Mantel naͤhme, ſo waͤre das eine Anoma⸗ lie in der Organiſation der Mollusken. Er entſpringt, ſo viel ich weiß, immer von einem Theile des Fußes, im Allgemeinen von dem vordern Theile der Baſis, wie in Mytilus, Pinna, Avicula, Pecten etc., aber zuweilen auch von dem Ende dieſes Organes, wie in Arca, und ich moͤchte vermuthen, daß es auch in den Unio- nes daſelbſt entſpringe. J. E. Gray. Eine reiche Naturalienſammlung aus Brafilien hat Hr. Clauſen, ein Daͤniſcher Naturforfcher, in Antwerpen ge⸗ landet. Sie erſtreckt ſich über das Thier ⸗, Pflanzen- und Mine: ralreich, enthält Producte aus faſt allen, auch den entfernteſten Puncten Braſiliens, bildet faſt die ganze Ladung des Schiffs und ſoll zwiſchen den Mufeen von Paris, Copenhagen, Lenden, Ber⸗ lin und andern Hauptſtaͤdten getbeilt werden. Es befinden ſich das runter an 7,000 lebende Pflanzen, welche, ungeachtet einer ſtur⸗ 79855 Reife von 85 Tagen, ſich in vortrefflichem Zuſtande bes inden. nd Korestenoma congenitum, der Gegenſatz des co- loboma iridis, ein bisher noch nicht beſchriebener Bildungsfehler der Regenbogenhaut. Von Dr. F. A. v. Ammon. (Hierzu die Figuren 12. und 13. der mit Nr. 320. [Nr. 12. dieſes Bandes] ausgegebenen Tafel). Seit v Walther die Aufmerkſamkeit der Augenärzte auf den angebornen theilweiſen Mangel der Jrisſubſtanz lenkte und ihm den Namen coloboma iridis gab, ift eine große Menge von Beobs achtungen über dieſen Bildungsfehler der iris bekannt geworden; daß aber ein Gegenſatz dieſes Bildungsfehlers der iris, ein die Graänze ihrer Normalausbreitung uͤberſchreitendes Wachsthum dies ſes Organes exiſtire, davon hat zur Zeit noch nichts verlautet. v. Ammon hat Gelegenheit gehabt, das Vorkommen ſolcher Bil— dungsfehler zu beobachten und einen derſelben anatomiſch zu un— terſuchen. Auf dem Rittergute Baͤrenklauſe bei Dresden beobachtete man an einem jungen Ochſen, daß er oͤfters ganz blind war, bisweilen aber wieder ziemlich gut zu ſehen ſchien. Er ward getoͤdtet, und der Beſitzer des Gutes ließ dem Verf. die Augen zur Unterſuchung uͤberſenden, die bei'm Leben des Thieres von einem Sachverſtaͤndi⸗ gen nie geſehen worden waren. Durch die Hornhaͤute hindurch be— merkte man an beiden Augen eine eigene Geſtalt der Pupille, die nachdem die corneae geöffnet worden waren, ſich in folgen— der Weiſe zeigte: (Vergl. Figur 12. u. 13. der citirten Tafel). Die Farbe der iris war durchaus normal; die Pupille hatte aber nicht ihre regelmäßige längliche Geſtalt, ſondern es zeigten ſich auf der iris zwei längliche Sehoͤffnungen; die Urſache dieſer Erſchei⸗ nung war eine zungenfoͤrmige Verlaͤngerung des mittleren Theiles des Pupillarrandes, ſowohl des obern, wie des untern; dieſe tra— ten uͤbereinander hinweg und bildeten eine Mittelſubſtanz, welche die laͤngliche Pupille zum größten Theil verftopften, fo daß an den Seitentheilen der Pupille in ihren Winkeln kleine Theile der Pu— pille offen blieben. An dem einen Auge (Figur 12) ſprang die zungenfoͤrmige Hervorragung mehr hervor, als an dem andern Auge (Figur 18.), wo der mittlere Theil edes Pupillarrandes in groͤßerer Ausbreitung ſich gegenuͤbertrat, und wodurch dann der Raum in den Ecken der Pupille noch kleiner und die Sehoͤffnungen bei weitem geringer und laͤnglich erſchienen. Die großere oder ges ringere Sehkraft des Thieres an den verſchiedenen Tagen hing jes denfalls von der größern oder geringern Ausdehnung der Irisſub— ſtanz ab, und es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß bei gewohnlicher Ausdehnung des Irisparenchyms die Pupillarränder ſich fo übet— einander gelegt haben, daß gar keine Schöffnungen vorhanden wa⸗ ren, während bei ftattfindender Zuſammenziehung der Irisſubſtanz die Lateralöͤffnungen ziemlich groß erſchienen und die Sehkraft dann wiederkehren mußte. Aus dem die Gränze ihrer Normalaus: breitung theilweiſe uͤberſchreitenden Wachsthume der Pupillarräns der entſtand in dieſem Falle bald gaͤnzliche Pupillentofigkeit (ako- ria), bald bildeten ſich mehrere Schöffnungen (polykoria), ab: hängig von der groͤßern oder geringern Ausdehnung der in ibren Pupillarrändern die Normalausbreitung überfchreitenden Iris: ſubſtanz. Figur 12. ſtellt die vordere Kläche der iris des einen Auges dar. a, a, a, a. Rand der durchſchnittenen choroiden. b, b, b, b. Orbiculus ciliaris , c, c, c. Der Giliartheil der iris mit feinen verſchiedenen Ringen. > d Die untere zungenförmige Ausbreitung des mittleren Theis les des Pupillarrandes; unter d ſieht man einen ſchwarzen bufeis fenförmigen Fleck. j e Die obere zungenförmige Ausbreitung, die hinter dem unte: ren (d) liegt. Seitlich die beiden Pupillen. 5 Figur 13 Anſicht des andern Auges und zwar innere Anſicht des vorderen Segments. a, a, a, a. Durchſchnittene sclerotica. ö, b, b, b. Theil der choroidea; an fie gränzt das corpus ciliare, deſſen Giliarfortfäge man ſieht; an dieſe jtößt die uvea. e Die obere zungenfoͤrmige Ausbreitung des Pupillarrandes. d Die untere zungenförmige Ausbreitung; rechts und links die kleinen Pupillen. 2 Das Weſen des beſchriebenen Bildungsfehlers beſteht offenbar in einer, die normale Länge uͤberſchreitenden Ausbildung der Dur pillarränder der iris. Für dieſen ſchlägt der Verf. den Namen ko- restenoma (Pupillenverengerung! vor. Dieſer Bildungsfehler zeigt ſich nun aber auch an der menſch⸗ lichen iris, und ſcheint auch bier von den Augenärzten noch nicht oder doch nicht richtig gedeutet worden zu ſeyn. Der Verf. wurde auf ibn durch folgende Beobachtung aufmerkſam. Herr Dr. Meyer ſendete ihm eine Frau mit aneurysma arteriae anonymae zu. Es fiel an ihr der eigene Blick beider Augen auf; bei einer genaueren Unterſuchung zeigte ſich an beiden Augen eine eigenthuͤm⸗ liche kleine Form der Pupillen. Diefe bing davon ab, daß da, wo der Pupillarrand durch einen wallartigen Aufwurf ſich angedeutet fand, die Pupille nicht vorhanden war, ſondern eine der Iris ſub⸗ 347 ſtanz hinſichtlich der Structur ſehr ähnliche, aber graulich gefärbte Maſſe befindlich war, welche die Pupillargegend ausfüllte; in ihrer Mitte befand fiy die Pupille, die ſehr klein war und bei der Une terſuchung vermittelſt einer ſcharfen Coupe, ein kleines coloboma nach Innen und Unten zeigte; die Ränder der Pupille erſchienen ſonſt ſcharf abgeſchnitten. Beweglichkeit in den Pupillen vermochte ich nicht wahrzunehmen. Die Irisſubſtanz war mehr gelb, als ge— woͤhnlich, gefärbt, zeigte jedoch die bekannten drei Abtheilungen in circulus ciliaris, medius und pupillaris ſehr gering angedeutet. Eine Abbildung dieſes Falles befindet ſich in Fig. 1. Taf. XIII. Thl. III. der kliniſchen Darſtellungen von Ammon, Berlin 1840 in Fol. Man koͤnnte dieſen Fall von angeborner Pupillenverenge— rung (korestenoma) für eine zuruͤckgebliebene Pupillarmembran mit geoͤffnetem Ceutrum nehmen; aber dieſer Anſicht ſteht die feſte Be— ſchaffenheit der Maſſe, die die Pupillargegend ausfullte, entgegen, die ſich nur durch Farbenverſchiedenheit von dem Irisparenchym unterſchied. Als unmittelbare Fortſetzung, Fortbildung der eigent— lichen Irisſubſtanz iſt ſie, wie in dem oben beſchriebenen Falle, je— doch auch nicht anzuſehen, denn ſie iſt ſcharf von jener durch die circulaͤre Andeutung des Pupillarrandes, aͤußerlich in ihren oberften Schichten, geſchieden. Bevor ſolche Augen nicht durch anatomiſch— pathologiſche Unterſuchungen genau gepruͤft ſind, laͤßt ſich nichts Beſtimmtes angeben; der Analogie nach zu ſchließen, ſo ſcheint die Maſſe, welche hier das korestenoma bildet, der Ähnlich zu ſeyn, welche bisweilen bei'm coloboma iridis beobachtet worden iſt und meiſtens nach Unten hin, und zwar im Bereich der Spalte von ei— nem Spaltrande zu dem andern geht und fo den hiatus theilt. Dieſe balkenartigen Fortſaͤtze, auf die M. Jaͤger in Erlangen und Stilling in Caſſel vorzuͤglich die Aufmerkſamkeit lenkten, ſind auch von anderer Farbe, als das Irisparenchym, und gehen von den Baͤndern des hiatus aus; was hier in Form von einzel— nen Balken geſchieht, beſteht in dem erzaͤhlten Falle als eine fort— geſetzte Haut an der ganzen Peripherie des Pupillarrandes, wo— durch eine runde Fortſetzung des Irisparenchyms entſteht. (v. Am: mon's Zeitſchr. II. 6 S. 574. —) Ueber das Eindringen der Luft in die Venen. Von Velpea u. In den zwei letzten Jahrhunderten war dieſer Zufall zwar an— genommen, aber vor zwanzig Jahren ziemlich wieder vergeſſen. Bichard zeigte, daß atmoſphaͤriſche Luft, wenn ſie in das Herz drang, Thiere toͤdten koͤnne. Nyſton zeigte 1809 ebenfalls, daß die Luft, in gewiſſer Quantitaͤt in die Venen eingedrungen, den Tod veranlaßte, leitete dieß aber, wie Langriſh 1746, von Hemmung der Herzbewegung und nicht, wie Bichard, von Stoͤrung der Herzfunctionen her. Spaͤter zeigten die Experimente von Barry, Poiſeuille und Magendie nicht allein, daß kuͤnſtlich einge— triebene Luft den Tod raſch herbeifuͤhrte, ſondern auch, daß dieſelbe ſpontan in geoͤffnete Venen eindringen koͤnne. Nach den Beobach— tungen von Poiſeuille ſchien dieſes indeß nur da als möglich anzunehmen zu ſeyn, wo ein Venenpuls an den Venen zu bemer— ken iſt, wo ein wahrer Ruͤckfluß des Blutes waͤhrend des Lebens ſtattfindet, alſo an den großen Venenſtammen einige Zoll über den obern Theil der Bruſt herab. Weiterhin ſcheint ſowohl die Aſpi— ration des Herzens, als die des thorax keine Einwirkung mehr auf die Blutſaͤule zu haben. Der Luftdruck, welcher ſogleich das Cali— ber des Gefaͤßes zwiſchen der Venenoͤffnung und der Bruſt abplat— tet, ſcheint ein unuͤberwindliches Hinderniß dem Eindringen der Luft entgegenzuſetzen. Es blieb noch die Frage uͤbrig, warum das Blut nur auf eine gewiſſe Diſtanz zuruͤckfließen koͤnne. Dieſe Unterſuchung iſt von Herrn Berard vorgenommen worden. Dadurch hat ſich er— geben, daß die vena jugularis interna, subelavia und axillaris im⸗ mer mit den benachbarten Knochen und Muskeln durch fibroͤſe Baͤnder unveraͤnderlich offen gehalten werden, ſo daß ſie nicht ſich abplatten koͤnnen. Dieß geſchieht bis in der Gegend des larynx in der jugularis, welche offen bleibt, ſelbſt wenn ſie nicht von Blut 348 gefüllt iſt (2). Daſſelbe gefchieht mit der subelavia und oberen Hälfte der axillaris, Durch die neueren Erfahrungen an Hunden, Pferden und Mauleſeln weiß man, daß eine gewiſſe Quantität Luft, durch Ins jection oder Aſpiration in die Venen gelangt, faft immer den Tod in 5 — 50 Minuten herbeifuͤhrt. Nach den Erfahrungen von Poiſeuille und Berard, ift es aber dazu noͤthig, daß die geoͤff— neten Gefaͤße 2 — 6 Linien Durchmeſſer haben, klaffend bleiben und in den genannten Regionen ſich befinden. Es hat ſich daraus auch ergeben, daß das Eindringen der Luft durch ein dumpfes Ge— rauſch, eine Art von Glu Glu, bezeichnet wird, keinesweges aber durch ein Ziſchen. Unruhe, convulſiviſche Bewegungen, epi— leptiſche Zufaͤlle bezeichneten die Gefahr und bildeten die gewoͤhnli— chen Vorläufer des Todes. Die Leichenoͤffnung zeigte die Ausdeh— nung der rechten Vorkammer und Kammer und die Anfuͤllung dies ſer Hoͤhlen mit rothem, durchaus ſchaumigem Blute Einige Mal hat man daſſelbe in den linken Herzkammern und Gegenwart der Luft in den Gefaͤßen des Gehirns beobachtet. Im Ganzen wurden dieſe Experimente auf Veranlaſſung der Acad. de méd. im Jahre 1837 von Hrn. Amuſſat und Barthé— lemi in Gegenwart einer Commiſſion vorgenommen, und es ergab ſich auch dabei, daß die Luft ſpontan durch eine Venenoͤffnung in das Herz eindringen und ein Thier toͤdten koͤnne; immer jedoch mit der Bedingung, daß die Oeffnung mindeſtens zwei Linien Durchmeſſer habe, in der Naͤhe des obern Theiles der Bruſt ſich befinde und 10 bis 40 Cubikcentimeter Luft in das Circulationsſyſtem eindrin— gen laſſe. Wir wollen nun ſehen, bis zu welchem Puncte die Be— obachtungen am Menſchen denen bei den Thieren entſprechen. In der chirurgiſchen Praxis hatte man ſeit langer Zeit ploͤtzliche To— desfaͤlle wahrend einer Operation bald von der Blutung, bald von dem uͤbermaͤßigen Schmerz, bald von dem Schreck, bald von der Ohnmacht hergeleitet. Dieſe Erklaͤrungsweiſen find nicht hinreichend befriedigend, und die neuern Chirurgen haben daher, mit Ruͤckſicht auf die Experimente an Thieren, auch bei dieſen Faͤllen die Urſache in einem Eindringen der Luft in die Venen geſucht. Es find bis jetzt ungefähr vierzig Falle der Art beobachtet worden. Dieſe kann man in vier Gruppen theilen, um ſie richtiger zu wuͤr— digen. 1) Faͤlle, welche zu verwerfen ſind. Dahin gehoͤren eben— falls die, welche nur als ein Geruͤcht bezeichnet werden, wie, z. B., die fuͤnf von Graͤfe, Cooper, Lodge, Stevens und Dupor— teil. Dieſe Falle exiſtiren entweder gar nicht, oder find nur irr— thuͤmlich ſo bezeichnet worden. 2) Fälle, welche nicht mit dem Tode endigten. Sechszehn Beobachtungen liegen vor, bei welchen die Kranken mindeſtens nicht unter dem Einfluſſe dieſer Zufaͤlle ſogleich geſtorben ſind. Die Faͤlle werden mitgetheilt, von Simmonds 13 Mott 13 Clemot 2; Barlow 1; Warren 1; Roux 1; Mirault 1; Rigaud 1; Delaporte 1; Dubourg 1; Malgaigne 13 Begin 1; Toulmouch 1; Amuſſat 1, und mir 13; im Ganzen 16. Die Beobachtungen ſind von verſchiedenem Werthe; die von Rigaud, Malgaigne und Mott beziehen ſich auf eine Verlez— zung der v. jugularis externa; die von Amuſſat und Toul⸗ mouch auf die venae mamariae, die von Barlow und Clemot, wie es ſcheint, ebenfalls auf kleinere Venen, ſo daß nur die uͤbrigen mit Ruͤckſicht auf die verletzte Vene als moͤglich erſcheinen. 3) Falle mit dem Tode endigend, ohne Leichenoͤffnung, von Warren 1; Clemot 1; Barlow 1; Goulard 1; Klein; und Maugeis 1; im Ganzen 6. Bei dem Falle von Cle mot iſt die verletzte Vene nicht genau beſtimmt; Barlow bezeichnet die jugularis interna; Klein den plexus thyroideus; Warren eine subscapularis; Goulard die axillaris, und bei Maugeis war die v. mediana am Ellenbogengelenke geöffnet. Man ſieht alfo, wie unbeſtimmt dieſe Faͤlle noch ſind. 4) TFoͤdtliche Fälle mit Leichenoͤffnung, von Piedagnel 13 Dupuytren 1; Delpech 1; Caſtara 1; Ulrich 1; Roux 13 Putegnat 1: im Ganzen 7. Der letzte wird ohne Detail und nach dem Hoͤrenſagen mitgetheilt; iſt daher von keinem Werthe; in dem Falle von Piedagnel war die v. jugularis ext. verletzt; 349 in dem Falle von Dupuytren betraf die Operation nur bie Au: ßere Seite des Dalfesz es konnte daher weder die jugul eis inter- na, noch die subelavia verletzt ſeyn. In den Fallen von Roux und Delpech handelte es ſich um eine Exarticulation der Schu ter, und der Stamm der axillaris war noch nicht verletzt, als die Zufaͤlle eintratenz bei den Kranken des Hrn. Caſtara und Wars ron follte nur eine v. subscapularis in der Ausdehnung von we— niger als einer Linie geöffnet ſeynz es blelbt alfo nur die Beob— achtung von Hrn. Ulrich übrig, als die einzige, welche ſich auf die Gegend bezieht, in welcher, nach den Experimenten an Thieren, das Eindringen der Luft gefährdet iſt. Nach dem Bisherigen find wir daher zu folgendem Schluſſe Ke entweder find die bis jetzt angeſtellten Experimente an hieren unvollſtaͤndig und truͤgeriſch, oder die Beobachtungen über Eindringen der Luft in die Venen bei'm Menſchen ſind nicht be— weiſend. Deyn nach den Experimenten bedarf es einer großen Quantität Luft um einen Hund zu tödten, und dieſe dringt nur durch große Oeffnungen der jugularis, subclavia und axillaris ſpontan ein, worauf die Höhlen der rechten Herzhalfte von einem blutigen Schaum angefüllt find; von den an den Menſchen gemach— ten Beobachtungen beziehen ſich mehrere auf Venen der Bruft oder Schulter, auf die jugularis extern. oder ſogar auf Geſichts— venenz während bei den übrigen Fällen die Venenwunde nur klein war, während bei der Leichenoͤffnung kein einziges Mal das auf— gefunden worden iſt, was bei den directen Experimenten conſtant war:). Alle bei'm Menſchen geſammelten Beobachtungen haben bisjetzt noch etwas Fremdartiges, etwas durchaus Ungewoͤhnliches. Konnen Kranke in der Ohnmacht, durch Blutungen, aus Furcht und durch Erſchoͤpfung waͤhrend einer Operation wirklich ſterben, ſo muß dieß unter andern Symptomen erfolgen, als die beſchriebe— nen. Schließt man die, in der That, nichtsbedeutenden Beobach— tungen von Klein, Duporteil, Lodge, Cooper, Dubourg und Maugeis aus, weil ſie ſich hinreichend auch ohne Eindrin— gen der Luft erklären laſſen, ſo iſt man fuͤr die uͤbrigen dennoch nicht wohl im Stande, dieſe Erklaͤrungsweiſe bei Seite zu ſetzen; wenn man auch in den von Rigaud, Clemot, Begu in, Wal gaigne und mir beobachteten Faͤllen das ziſchende oder gurgelnde Geraͤuſch von dem Anſpritzen des Arterienblutes oder einer andern Urſache herleiten wollte, fo würde es doch nicht möalich ſeyn, in den Fällen von Piedagnel, Dupuytren, Caſtara, Del— pech, Ulrich, Barlow, Warren und Goulard etwas mehr anzunehmen. Könnte man aber nicht vielleicht die Sache dadurch erklaͤren, daß man annehme, die Venen der exſtirpirten Geſchwuͤlſte ſeyen durch die krankhafte Veraͤnderung in dieſelben Verhaͤltniſſe gebracht wor— den, in welchen die großen Venen am obern Theile der Bruſt bei lebenden Thieren ſich befinden. Dadurch wuͤrden indeß nur die Fälle von Goulard, Piedagnel, Dupuytren, Caſtara, Delpech, Warren und Mirauld an Wahrſcheinlichkeit gewin— nen; jene Veränderung wäre aber nicht anzunehmen in den Faͤllen von Rigaud, Amuffat, Toulmouch, Mott und Mal— gaigne. Wäre es alsdann möglich, eine vorausgehende Schwächung der Kranken als Grund anzunehmen; Blutvertuſt macht, in der That, wie es ſcheint, das Eindringen von Luft gefährlicher; aber außer den Füllen von Piedagnel, Roux und Klein waren die Kran⸗ ken kraftig und hatten hoͤchſtens einige Unzen Blut verloren, in dem Momente, als die Zufälle eintraten. Hiernach bleibt kein anderes Mittel zur Erklärung, als ans zunehmen, daß in phyſicaliſcher, phyſiologiſcher oder pathologiſcher Beziehung die Bedingungen zum Eintritte der Luft in die Venen *) Zu bemerken iſt, daß die Experimente bei Thieren nicht direct mit den Erfahrungen bei'm Menſchen in Parallele geſetzt wer— den koͤnnen, indem bei den Thieren das die Venen umgebende Zellgewebe immer normal, bei den operirten Menſchen dage— gen wahrſcheinlich immer krankhaft verändert, indurirt und unnachgiebig war, wodurch für das Eindringen, ebenfo wie für Blutungen, ein großer Unterſchied bedingt iſt. R. F. 550 bei'm Menſchen und bei den Thleren ganz verſchieden feyen. Ein ſolcher Unterſchied ſcheint um fo moglicher, wenn man bedenkt, daß Luft in den Venen ein Pferd raſcher röbtet, als einen Hund, und daß bel einer Körperftellung der Tod ſchneller erfolgt, als bei einer andern; ferner, daß, wenn man die Luft mit dem Munde einbiäfr, der Tod mit der Sonelligkeit des Blitzes erfolgt, während man mit einer Pumpe ziemlich lange Zeit braucht. Keiner dieſer Grunde iſt indeß beweiſend, und bisjetzt ſind wir nicht im Stande, die Richtigkeit deſſen, was für das Eindringen der Luft in die Ve: nen bam Menſchen geſagt worden iſt, Über auen Zweifel zu erheben. Um meine Anſicht ganz auszuſprechen, ſo betrachte ich das Eindringen der Luft in die Venen des Menſchen als wahrſcheinlich bei den Kranken von Simmonds, Begin, Malgaigne, Mi: rault, Warren, Barlow, Dela porte, bei einem Kranten— von Clemot, bei dem erſten, welchen Roux erwähnt und bei dem meinigen. Nichts beweiſ't, daß der Zufall ſtatt batte in den Faͤllen von Toulmouch, Mott, bei'm zweiten und dritten Falle von Clemot, bei den Fallen von Rigaud, Dubourg. Mau: geis und Amuſſat. Sehr wahrſcheintich ſcheint er mir in dem Falle von Del pech und in dem von Ulrich, und ich betrachte den Umſtand als faſt gewiß in den Beobachtungen von Dupuy⸗ tren, von Caſtara und Goulard. Ohne daher die Möglichkeit dieſes Phaͤnomens zu leugnen, wenn die Venen bis in die Bruſt klaffende Canale bilden, glaube ich, daß neue Erfahrungen unumgaͤnglich nothwendig ſind, um dieſe Frage zur Entſcheidung zu bringen. Wenn dieſe Thatſache ſich bei dem Menſchen beſtatigt, fo muß man eine andere phyſicaliſche Erklarung dafur ſuchen, als die, welche von Poiſeuille und Bérard gegeben worden iſt; denn man bat an andern Stellen als am Halſe und in der Achſelhoͤhle Erſcheinungen evident be: obachtet, welche denen ahnlich ſind, die das Eindringen der Luft in die Venen anzeigen. (Nouveaux Elements de medec, opeıat. T. I. Par. 1889.) Ueber die Texturveraͤnderungen bei Ruͤckgrats— krankheiten. Von Dr. Nich et. (Schluß.) Die am häufigften vorkommende Krankheit der Wirbel iſt der Tuberkel, welcher mehr oder minder ausgebreitete und dicke Schich— ten zwiſchen dem Wirbel und Wirbelbande, ſeltener in dem Ruck⸗ gratscanale bildet, oder als eine Maſſe in der Dicke des Wirbels liegt. Ich habe einen Fall mitgetheilt, wobei ſich ein kleiner Zu: berkel ganz nahe an dem veränderten Knorpel gebildet hatte, fo_ daß durch Subftanzverluft des letztern eine Hohle gebildet war, die mit der des Tuberkels zuſammenhing; ſodann find noch zwei Fälle vorgekommen mit zweifachen Tuberkelablagerungen vor und in den Wirbeln, an beiden Enden der Wirbelſaͤule und verbunden mit gleichzeitiger Zerftörung der Knorpel. Die Tuberketmaſſe kann in einen oder in zwei Wirbel infiltrirt ſeyn welche dem kranken Knorpel nahe liegen. Das Gewebe des infiltrirten Knochens kann weicher ſeyn, als im normalen Zuſtande, obwohl Herr Nelaton das Gegentheil verſichert; in andern Fallen iſt der infiltrirte Kuno chen weiß und hart und behalt feine Form und feinen Zuſammen⸗ hang bei; doch kann der Knochen auch in Stucke gerbeilt ſeyn, welche entweder an ihrer Stelle liegen bleiben oder auf verſchiedene Weiſe auseinanderweichen. In andern Fällen verſchwindet der Zus berkel ſpurlos, laͤft aber einen tiefen Eindruck in dem, dem zerſtoͤr ten Knorpel naheliegenden Wirbel zurück. Solche Höhlen konnen ſogar geſchloſſene Räume darſtellen. Dieſe Knochen, an welchen ein Subſtanzverluſt ſtattfindet, behalten übrigens ihre normale Gon: ſiſtenz; fie find nicht ulcerirt und man kann auch nicht annehmen, daß die Ulceration mit Induration geendet habe, da der Knochen keinesweges haͤrter iſt, als im normalen Zuſtande. Dieſe Knochen: eroſionen find übrigens auch von den Sequeſterhoͤhlen zu unterſchei⸗ den, welche niemals ſo glatte, einfach abgerundete Hoͤhlen darſtel⸗ 351 len, wie fie bei'm Tuberkel conftant find, Man muß daher anneh— men, daß dieſe; Höhlen keinen andern Urſprung haben, als den er— weichten und verfluſſigten Tuberkel. Es find Höhlen wie die in den Lungen der Phthiſiker, deren Urſprung nicht zweifelhaft ſeyn kann, ſelbſt wenn in den benachbarten Theilen der Lunge keine Tuberkel mehr vorhanden wären. 7 Unter den die Faſerknorpelkrankheiten begleitenden Affectionen der Wirbel iſt die caries hervorzuheben, welcher ich nicht mehr eine fo große Rolle zugeſtehen will, als fie fo lange bei der Ruͤck⸗ gratskrankheit ſpielte. Der zweite und funfzehnte Fall allein zeig⸗ ten dieſe organiſchen Veränderungen. Hier waren die afſicirten Knochen ſo weich, daß ſie ſich in alle Formen kneten ließen. In dieſen Fällen war die caries nur eine Complication. Die mit der Krankheit der Intervertebralknorpel vorkommenden Abſceſſe haben keinesweges immer denſelben Character; gewoͤhnlich entſtehen ſie zunächſt um die veraͤnderten Knorpel herum, erhe— ben das vordere Wirbelband zu einer großen Hoͤhle und erſtrecken ſich endlich bis zur Leiſte, zum trochanter minor, zum Sitzbein⸗ knorren, zu der Lendengegend. Mehrmals waren zwei Abſceſſe ne— beneinander vorhanden. Man nennt ſie gewoͤhnlich Congeſtionsab— ſceſſe; doch darf man dieß nicht ſo verſtehen, als wenn der in der Höhle enthaltene Eiter nur von dem cariöfen Knochen herruͤhrte; denn bei den Wirbel- und Knorpelaffectionen allein findet ſich kein Eiter; wenn dagegen die zerſtoͤrten Theile dieſer Gewebe oder der geſchmolzenen Tuberkeln das Vertebralband in die Hoͤhe heben, ſo veranlaſſen ſie eine Eiterung, deren Product ſich nun Jahre lang anſammelt und weitgehende Hoͤhlen in dem Zellgewebe bildet, de— ren Waͤnde auf's Neue den Sitz einer Eiterſecretion bilden. So erklärt ſich auch das Mißverhaͤltniß zwiſchen der großen Maſſe von Eiter und der damit in keinem Verhältniſſe ſtehenden geringen Ausdehnung der veränderten Knochenflaͤche. Seltener bilden ſich dieſe Ergießungen innerhalb der Rüͤckgratshoͤhle, in welchem Falle ſie gewoͤhnlich von geringer Ausdehnung ſind und von einem zer— ſtoͤrten Knorpel ausgehen; doch habe ich auch ein Depot geſehen, welches innerhalb der Ruͤckgratshoͤhle eine große Ausdehnung er— langt hat und mit einer Fiſteloͤffnung ſich in der linken Leiſtenge— gend oͤffnete. Manche Abſceſſe entſtehen auch, unabhaͤngig von einer Ruͤck— gratskrankheit, bloß durch Schmelzung einer Tuberkelmaſſe. Affectionen des Ruͤckenmarks find bei Krankheiten der Wirbel— knorpel ſeltener, als bei Tuberkelaffectionen der Wirbel; man fin— det bisweilen mehrere Knorpelſcheiben zerſtoͤrt, ohne daß die min— deſte Kruͤmmung ſtattfindet. Die Affectionen aber, welche das Rückenmark treffen koͤnnen, find eben Entzündung und Compreſ— ſion; die haͤufigſte iſt Entzuͤndung, welche entweder von Ergießung der Tuberkelmaſſe oder einer ichoroͤſen Fluͤſſigkeit herruͤyrt; biswei— len kommt eine leichte Reizung durch Knochenſplitter hinzu. In der Gegend des erſten und zweiten Halswirbels werden bisweilen Bänder des proc. odontoideus zerſtoͤrt, und es folgt eine allmälige oder ploͤtzliche und alsdann ploͤtzlich toͤdtende Compreſſion. Bei dem achtem Falle meiner fruͤheren Abhandlung wurde indeß die Compreſſion in der Gegend des zweiten Halswirbels durch eine Tuberkelablagerung gebildet. Sind die Laͤhmungen Folge oberflaͤch— licher Entzuͤndung des Ruͤckenmarks, was gewoͤhnlich der Fall iſt, 352 fo laſſen fie ſich leicht heben durch Anwendung von ableitenden Mit— teln; iſt dieß nicht der Fall, fo kann man auf eine tiefere Deſor— ganifation oder auf eine nicht zu beſeitigende Compreſſion ſchließen. Außer den Complicationen in dem Ruͤckgrate ſelbſt, kommen noch Lungen- und Gelenktuberkeln, Herzbeutelwaſſerſucht, Oedem durch Verſtopfung der Venenſtaͤmme, Corroſion groͤßerer Arterien und Entzuͤndungen des Magens und Darmcanals vor. Die ſchwierig zu beantwortende Frage nach der Natur des Proceſſes, durch welchen die Intervertebralfaſerknorpel zerſtoͤrt werden, läßt ſich nach Berückſichtigung deſſen, was ich über die Ulce— ration der Gelenkknorpel mitgetheilt habe, mit ziemlicher Sicher— heit beantworten, als eine Entzuͤndung der Knorpel. Wir haben geſehen, daß zwiſchen beiden Organen eine große Structuraͤhnlich⸗ keit ſtattfindet (dieß iſt bei ſtrengerer Prüfung nicht der Fall. R. F.). Auch bei den Gelenkknorpeln, bei denen Anfangs die Entzuͤn— dung ſo deutlich iſt, wird ſie ſpaͤter ganz unmerkbar, obwohl die Zerſtoͤrung des Knorpels darum nicht aufhoͤrt. In beiden Faͤllen find uͤberdieß die Urſachen ſehr ahnlich; endlich giebt der Schmerz die Aufklaͤrung uͤber die wahre Natur der Affection der Wirbelknor— pel. Vor dem Eintritte der Verkruͤmmung iſt, wie bei den Ge— lenkkrankheiten, Monate lang der Schmerz ſehr lebhaft; mit der Zerſtoͤrung der Knorpelſcheibe und mit Bildung der Anchyloſe nimmt der Schmerz ab und verſchwindet endlich nach Anwendung der Fontanelle ganz. (Gaz. méd. No 25 bis 31.) eee len: Zur Reduction eingeklemmter Bruͤche, hat Dr. O' Beirne die tiefe Einführung einer Schlundroͤhre durch den Maſtdarm empfohlen. Als Beſtaͤtigung führt in The Lancet., Febr. 1840 Herr Maunder einen ſehr beweiſenden Fall an: Ein Mann von 46 Jahren, welcher ſeit mehreren Jahren einen Bruch hatte, erlitt durch Anſtrengung drei Tage zuvor eine Einklemmung des linken Leiſtenbruches. Blutentziehungen und Ta— xisverſuche blieben fruchtlos; am vierten Tage wurde eine Schlund— roͤhre 26 Zoll tief eingefuͤhrt. Als dieſelbe etwa zehn Minuten lag, ging in kleinen Quantitaͤten Luft durch die Röhre ab; die Scrotalgeſchwulſt nahm allmaͤlig ab: der arme Kranke erholte ſich; das Erbrechen hoͤrte auf; der Schmerz nahm ab, und nach einer Gabe Crotondl erfolgte reichlicher Stuhlgang. Der Kranke iſt vollkommen geheilt. Das Arrowrootmehl iſt im Handel außerordentlich vers ſchieden. Das beſte koͤmmt, nach Hrn. Hudſon, aus St. Vincent. Die Unterſuchungsweiſe beſteht darin, daß man eine gewiſſe Quan— tität in einer beſtimmten Menge Waſſer kocht, es darauf in ein Gefäß ausgießt und abkühlen läßt; man ſchaͤlt es darauf aus und findet, daß das befte Arrow-root feine Form und Feſtigkeit länger behält, als geringere Sorten. Das Arrow-root iſt übrigens nicht bloß bei der Bereitung, ſondern auch ſpaͤter noch vielen Faͤlſchun— gen ausgeſetzt. (Lancet, Febr. 1840.) Bibliographische A Descriptive Account of some new Instruments for correct- ly graduating Glass Tubes for Eudiometrical and other Purposes; and of some Kudiometrical Apparatus recently in- vented by Charles Thornton Coathupe, of Wraxall, near Bristol, Bristol 1840. 8. M. 5 K. The Geology of the Silurian Region or Border Counties of England and Wales. By Roderick Impey Murchison eto. London 1840, 2 Vol. 4. M. K Neuigkeiten The Retrospect of practical Medicine and Surgery for the year 1840, etc. By W. Braithwaite. London 1840. 8. A practical Treatise on the Diseases peculiar to Females. By Samuel Ashwell MD. Part I. London 1840. 8. (Dieſer erſte Theil enthält die functionalen Weiberkrankheiten; der zweite wird die organiſchen, der dritte die Krankheiten des Schwangers ſchafts- und Kindbettszuſtandes enthalten.) —— — — R e — — 3 ee zu dem funfzehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Abzapfungs » Inftrument. CCCXXIX. 336. Acupunctur gegen Neuralgie. CCCXI. 48. Adams, Über Variation der Farben wild: wachſender Pflanzen. CCCXIX. 164. Affen, aͤgyptiſche Mumien derf. CCCXVII, 138. Affen, foſſile, in ſecundaͤrem Kalkſteine. CCCXVIII, 152. d. Ammon, über korestenoma congeni- tum. CCCXXX, 395. Amputation, Neuralgie als Folge derſelben durch Acupunctur geheilt. CCC xI. 48, Amputation der Finger. CCCXX. 192. Anasarca des Scrotums. CCCxIII. 76. Anchyloſen, Behandlung derſ. CCCx. 25. Anchyloſe des Huͤftgelenks, Operation bei derſelben. CCCXXIV. 252. Aneurysma d. a, innominata, CCCXXIII. 240. f Aneurysma, varicöfes ſpontanes, der aorta ascendens. CCCXXII. 222. Aneurysma, welches ſich lange vor dem Tode in den Herzbeutel öffnet, CCCXXI. 208. Arnott, uͤber Markſchwaͤmme in dem ſpon— gioͤſen Theile vieler Knochen des Ske— letts. CCCXXI, 204. Arrowrootmehl. CCCXXX. 352. Arterien» Ligatur, Folge derſelben. CCCX. 32. Afpbyrie von Submerſion, durch Galda⸗ nismus gehoben. CCCXII. 64. Augenblennorrhbe der Woͤchnerinnen. CCCXXIII. 239. Augenlider, Schließen derſ. im Schlafe. CCCXXVI, 273. B. Bandwuͤrmer, zwölf an der Zahl, auf ein⸗ mal ausgeleert. CCCXXIV. 256. Baſtard vom maͤnnlichen Cervus javanus und weiblichen Cervus axis. CCCXXVI. 282. Becquerel, uͤber die Anwendung der phy— ſicaliſch chemiſchen Wiſſenſchaften auf die Naturwiſſenſchaften, Kuͤnſte und Gewerbe. CCCXXIV. 241. Blake, Beiträge zur Behandlung der chro— niſchen Coryza. CCC XxX. 190. Blattern auf der Schleimmembran der Urinblaſe. CCCXV. 112. Bougies aus Fucus esculentus. CCC. 32. Bouvier, uͤber einen eingeklemmten Bruch des eifoͤrmigen Lochs. CCCIX. 15. Brandt, über den anatomiſchen Bau von Panorpa communis. CCCIX. 8. Braunkohlen, Urſprung derſelben. CCCXX. 177. Brechweinſtein in großer Doſis bei Gelenk⸗ waſſerſucht. CCCXXII. 217. * 354 Bregmaceros, ein Fiſch aus dem Ganges. CCC XIX. 168. Breſchet, uͤber die Hundswuth und deren Uebertragung. CCCXXVI. 281. Briere de Boismont, toxicologiſche Verfu: che mit einer unbekannten Subſtanz. CCCXXIV. 254. Bruch des eifoͤrmigen Lochs, eingeklemm— ter. CCCIX. 15. Brucheinklemmungen, durch Meteorismus angezeigt. CCC XVI. 128. Bruſt- und Baucheingeweide, derſ. CCCXI. 41. Bruſtkaſten, Mißbildungen deſſ. CCCXVII. 137. Buchanan, uͤber eine toͤdtliche Verſtopfung durch eigenthuͤmliche Bildung des Dick— darms. CCCXXV. 265. Buͤrſten Truthahn in CCCXXVII. 296. Byssus bei Unio. CCCXXX, 344. Verſetzung Neu- Holland. C. Calmar, fliegender. CGCCXXII. 216. Carcinom, Uebertragung deſſelben Thiere. CCCXXVI. 283. Cetaceen-Saͤuglinge. CCCXVI. 121. Chlor, Einathmung durch Weingeiſtdunſt zu behandeln. CCCIX. 16. Cburchill, über die Einwirkung der Ent: bindung auf das Nervenſyſtem der Muͤt— ter. CCCXIX. 169. Clauſen's naturhiſtoriſche CCCXXX., 346. Clavus, Heilung deſſ. CCCXXI. 208. Colibri's, Nahrung derſ. CCCXI. 42. Conybeare, uͤber einen außerordentlichen Erdfall und Bewegung der Kuͤſte in der Naͤhe von Axmouth. CCCXXVII. 289. Corallenerzeugende Polypen. CCCXX. 186. Corpus luteum. CCCXII. 49. Coryza, chroniſche, und deren Behandlung. CCCXX. 100. Crocodile d. Ind. Archipels. CCCXXVIII. 305. CCCXXIX. 323. Cryſtalline, oder vesiculae crystallinae, CCCXXIV. 256. Cuming's naturhiſtoriſche COCCXIII. 74. auf Sammlungen. Sammlung. et ee. Davy's Methode, metalliſche Gifte zu re— duciren. CCCXVII. 142. Diamanten in der Nachbarſchaft von Al— gier. CCC XXV. 264. Dickdarm, eigenthuͤmliche Bildung deſſel— ben, toͤdtliche Verſtopfung veranlaſſend. GEEXXV. 65 Diefenbach's Bemerkungen uͤber die Ope— ration des ſchielenden Auges. CCCXIII. 73. Duvernoy, uͤber den Nahrungsſaft, ſeine Behaͤlter und ſeine Bewegung bei ſaͤmmt— lichen Thieren. CCCX. 17. CCCXI. 83. CCCXII. 53. CCCXIII. 65. E. Eingeweidewuͤrmer, CCCXxvIII. 1345. Empyem, Operation deſſ. CCCIX. 9. Entbindung, Einwirkung derſelb. auf das Nervenſyſtem der Muͤtter. CCCXIX. 109. Epithelium an der vorderen Flaͤche der Entſtehung derſelben. retina. CCCXIV. 88. Erdfall, außerordentlicher. CCCXXVII. 289. Eſchricht, uͤber die Entſtehung der Einge— weidewuͤrmer. CCCXVIII. 145. F. Faſern, Entwickelung derſelben in Geweben. CCCXV. 103. Tibröfe Haut des Herzens. CCC XIII. 80. Fiſchbein, Structur def. CCCIX. 1. Flachdruͤcken der Schaͤdel bei Indianern in America. GCCXXVIII, 312. Flaubert, über theilweiſe Entfernung des Oberkiefers, um die Unterbindung eines Naſen- und Rachen-Polypen zu erleich⸗ tern. CCCXXIV. 249. Foſſile Gewaͤchſe in der Steinkohlenforma— tion. COC xX. 264. Foville, Unterſuchungen uͤber die Structur des Gehirns und deſſen Beziehung zur Geſtalt des Schaͤdels. CCCXIV. 87. COCXxv. 97. G. Ganglien, Behandlung derf. 272. Gebärmutter, Exſtirpation derſ. GCCXV. 110. Geburt, in ihrer Einwirkung auf das Nervenſyſtem der Mütter. CCCXIX. 109. Gehirn, kleines, in ſeiner Beziehung zu den Teſtikeln. CCCXV. 104. Gehirn, Structur deſſelben und Beziehun— gen deſſelben zur Geſtalt des Schaͤdels. CCCXIV. 81. CCCXV. 97. CCCXXV. Gelbe Koͤrper im Eierſtocke. CCCXII. 49. Gelenke, ſchwere Verletzungen derſelben und deren Behandlung. CCCXI. 45. Gelenkwaſſerſucht durch Brechweinſtein in großen Doſen behandelt. CCCXXII. 212. Geſchwuͤlſte am Halſe, angeb. CCCXXIII. 233. Geſundheit, inwiefern Wollenmanufac tu: ren darauf influiren. CCCXVIII. 183. Gifte, metalliſche. CGCAVII. 142. Gimelle, uͤber Anwendung des Brechwein— ſteins in großer Doſis gegen Gelenkwaſ— ſerſucht. CCCXXII. 217. Graviditas extrauterina, Verhalten der membrana decidua CCCXIX. 161. Greene, uͤber die Operation des Empyems CCCIX. 9. Guerin, von ſubcutaner Durchſchneidung einer großen Zahl Muskeln, Sehnen und Bänder. CCCXXII. 221. H. Haar des Menſchen und Hautdecken der Thiere. CCCXXIX. 321. Hals, eigenthuͤmliche Geſchwuͤlſte an demſ. CCCxxIII. 233. Harnblaſe, Theilung derſ. in zwei Höhlen. CCCXXI. 206. Hautdecken der Thiere. CCC XXIX. 321. Hawkins, uͤber eine eigenthuͤmliche Art an— geborn. Geſchwuͤlſte am Halſe. CCCXXIII. 233. Hernia inguinalis interna. CCCIX. 16. Hernia obturatoria, CCCIX. 15. Heſſe, über die Structur der Hufe, des Fiſchbeins und der Zähne des Ornitho— rhynchus. CCCIX. 1. Herzkrankheiten durch Ruͤckgratsverkrüm— mungen ſimulirt. CCCXIX. 174. Hoͤllenſtein bei Schleimhautaffectionen. CCCXVI, 121. Holzarten, Dauerhaftigkeit derſ. CCCXI. 42. Hornhautflecken durch Kali hydroiodinum in Salben orm behandelt. CCCXXII. 224. Hudſon, über den Gebrauch des Hoͤllenſteins bei einigen Schleimhautaffectionen. GCCKVI., 121. Hufe, Structur derſ. CCCIX. 1. Hundswuth und deren Uebertragung. CCCXXVI. 281. Hydatidenmolen. CCCXX. 192. Hyperoodon. CCCXII. 58. R3 Jabiru, Naturgeſchichte def. CCCXVII, 136. Incontinentia urinae während des Schla— fee. CCCXX. 191. Infuſorien. CCC XVII. 138. Inorganiſche Subſtanzen in gewiſſen Pflan⸗ zentheilen. CCC XXV. 257. Inſtinct bei Veraͤnderung der Lebensweiſe eines Haſen. CCC XIII. 74. Jodtinctur, oͤrtlich angewendet. CCC XXI. 201. K. Kaͤnguruh's, neue Arten deſſ. OC xxX!III. 232. Kaiſerſchnitt, merkwuͤrdiger. CCCxIV. 96. Kehlkopfskrankheiten von Druck auf die trachea zu unterſcheiden. CCCxIxXꝝ. 176. Kepone, neue Cruſtaceen - Gattung. GCCXXIX, 327. Klappen des Herzens, vendſe. CCCXVI. 113. Bei. RK Klapperſchlangen durch Schweine auszurot— ten. CCGAAT, 202. Knox, Beiträge zur Geſchichte des corpus luteum. GCCXII. 49. Korestenoma congenitum. CCCXXX, 345- Kranzarterie des Herzens, CCCXVIII. 160. Kuͤrſchner, über die venöfen Klappen des Herzens und ihre Action. CCCXVI. 113. verſchloſſen. L. Laͤhmungen, Behandlung derſ. CCCXV. 103. Lancette, patentirte, von William. COCGXXVI. 288. Langenbeck, B., uͤber die Entſtehung des Venenkrebſes und Uebertragung des Car— cinoms auf Thiere. CCCXXVI, 283. Langon, uͤber oͤrtliche Anwendung der Jod— tinctur. CCCXxXI. 201. Lebendigbegrabenwerden, CCCKXX. 187. Lebensweiſe, inftinctartige Veränderung ders felben bei einem Haſen. CCCXIII. 74 Lee, über die Lage der decidua in Fällen von graviditas extrauterina. CCCXIX. 161. Lee, über die Nerven des ſchwangeren ute- rus. CCCXVII. 129. Leiſtenbruch, innerer, zuruͤckgehalten. CCCIX. 16. Link, über den Ueſprung der Steinkoblen und Braunkobhlen. CCCXX. 177. Liſton, über das acute anasarca scroti. CCCKXII. 76. Lufteindringen in die Venen. 347. Luxation der Knieſcheibe. CCCXXII. 224. Luytgaerens, über Exſtirpation der Gebär: mutter. CCCXV, 110. angebliches. CCCXXX. M. Magazine of natural History. CCCXXII. 217. 355 Magnetiſirende Kraft der mehr refrangibrin Sonnenſtrahlen. CCCXVIIL, 152. Mammouth's Vertheilung in Sibirien. CCCXVI. 122. Marchand, uber Zuſammenſetzung der Milch des Kuhbaumes. CCCXX, 186. Marcheſſaux, uͤber Paralyſis des m. serra- tus anticus major. CCGXVIII. 186. Markſchwamm in dem ſpongidſen Theile vieler Knochen. CCCXXI. 204, Meer, Tiefe deſſ. CCC x. 26. Membrana decidua in Fällen von gravi- ditas extrauterina. CCCXIX. 161. Metallcolik durch Berührungen mit gemünz- tem Silber bervorgebracht. CGCCAII. 64. Metalliſche Gifte zu reduciren. CCCXVII. 142. Meteoriſche Verhaͤltniſſe der Oſtkuͤſte Nord: america's und der Weſtkuͤſte der alten Welt. CCCXXVI. 280, Metcorismus als Zeichen von Brudein- klemmung. CCCXVI. 128. Mißbildungen des Bruſtkaſtens. GCCXVII, 137. Monftrofität, neue Art derſelb. CCCXVII. 133. Morton, vergleichende Betrachtung der Schaͤdel der verſchiedenen ureingebornen Nationen von Nord- und Gübamerica. CCCXXI. 193. CCCXXII. 209. CCCXXIII. 225. Müller, über die Sͤugethiere des Indiſchen Archipels. CCGXXV. 258. Muͤller und Schlegel, uͤber die Crocodile des Indiſchen Archipels. CCCXXVIII. 305. CCCXXIX. 323. Muskelübungen als Heilmittel. GCC xX. 185. M' Wbinnie, Verſetzung der Bruſt- und Baucheingeweide und ungewohnliche Bar rietät des Venenſyſtems. CCC XI. 41. N. Nabrungsſaft, deſſen Behalter und deſſen Bewegung bei den Thieren. CCCKX, 17. Naphti, über eine Theilung der Harnblaſe in zwei Höhlen mit mehreren Affectionen der Harnwege. CCCXXI. 206. 856 Necrolog: Dr. Kuhl. CCCXVII. 144. — Meyen. GCCXXI. 202. — Dr. Schultes. CCCXXII. 224. — Maclure. CCOXXV. 264. — Dr. Struve. CCC XXVII. 208. — Dr. Todd. CCCXXVIII. 320. — Dr. Roberton. CCC XXIX 336. Nerven des ſchwangeren uterus. CCCXVII. 129. Neuralgie des uterus, CCCCXVIII. 159. Neuralgie nach Amputation durch Acupun⸗ ctur geheilt. GCC XI. 48. Nichet, über Zerturveränderung bei Ruͤck— gratskrankheiten. CCCXXVIII. 313. CCCXXIX. 327. CCCXXX. 350. Behandlung derſ. O. Oberkiefer theilweiſe entfernt, um die Uns terbindung eines Naſen- und Rachenpo— lypen zu erleichtern. CCCXXIV. 249. Orang Outang, Naturgeſchichte deſſelben. CCCKXXX. 337. Orchitis, Behandlung derfelb. 144. Ornithorhynchuszaͤhne, Structur derſelb. CCCIX. 1. Osborne, über das Vorgeben eines Oſtindi⸗ ſchen Fakirs lebendig begraben worden und nach zehn Monaten wiederauferſtan— den zu ſeyn. CCCXX. 181. CCCXVII. P. Panorpa communis, anatomiſcher Bau derſ. CCCIX. 8. Paralyſis des m. serratus anticus major. CCCXVIII. 156 Payen, uͤber die in gewiſſe Theile des Ge: webes der Pflanzen abgeſetzten inorgani— ſchen Subſtanzen. CCCXXV, 257. Pelvimeter des Dr. Vanhuevel. CCCXVIII. 153. Perrotet's Leiſtungen als Reiſender fuͤr Naturgeſchichte. CCCXIX. 168. & „ i t e Pflanzen, Variation der Farben wildwach— fender. CCCXIX. 164 Pflanzentheile, worin inorganiſche Subſtan— zen. CCCXXV. 257. Phyſik und Chemie in ihrer Anwendung auf Naturwiſſenſch ften, Kuͤnſte und Ges werbe. CCCXXIV. 241. Polypenunterbindung durch theilweiſe Ent: fernung des Oberkiefers erleichtert. CCG XXIV. 249. Puborectal Lithotomie. CCCXV. 112. Punction der Eierſtockswaſſerſucht durch die Scheide. CCCXXVII. 30g. r. R. Räucherungen de Clerq's. CCCXXIX. 336. Reptilien, Aufbewahrung derſ. CCCXXIV. 250. Rodgers, über Operation bei anchylosis des Hüftgelenkes. CCCXXIV. 252. Roͤhre in den Maſtdarm gebracht zur Re— duction eingeklemmter Brühe. CCCXXX. 352. Rotzgift, Fortpflanzung deſſ. vom Menſchen auf Hunde. CCCXXV. 272. Ruͤckgratshoͤhle trepanitt. CCC XXVII. 303. Ruͤckgratskrankheiten, Texturveraͤnderung bei denf. CCCXXIX. 313. CCGXXIX. 327. CCCGCXXX. 350. Ruͤckgratsverkrummungen, Behandlung derſ. CCCKXIV. 87. Ruͤckgratsverkruͤmmungen, welche Herz⸗ krankheiten ſimuliren. GCCKIX, 174. S. Saͤugethiere des Indiſchen Archipels. CCGXXV. 258. CCCXXVI. 277. Schaͤdel, Beziehungen deſſ. zum Gehirne. CCCKXIV. 81. CCCXV 97. Schädel der Ureinwohner von Nord- und Suͤdamerica. CCCXXI. 193. CCCXXII. 209. CCCXXIII. 225. Schielen mittelſt Durchſchneidung eines oder mehrerer Augenmuskeln geheilt. CCCXXVII. 297. Schielen, Operation deſſ. CCCXIII. 37. Schlafſucht, merkwuͤrdiger Fall derſelben. CCCXI. 63. Schlangennußbaum, Beſchreibung deſſelben. CCCIX. 6. Schlegel und Muͤller's Beitraͤge zur Natur⸗ geſchichte des Orang ⸗Outangs. CCCXxXxX. 337. . Schleimhautaffectionen mit Höllenftein be⸗ handelt. CCCXVI. 121. Schluͤſſelbeine, beide CCCKIV. 96. Schomburgk, Beſchreibung des Schlangen— nußbaumes in Guiana. CCCIX. 6. Schomburgk, über den Jabiru. CCCXVII. 136. Schroͤpfſchnepper, verbeſſerter. CCC XI. 48. Schwefelſaͤure zu erzeugen, neue Methode. CCCXXIX. 328. Scrotum, acutes anasarca deſſ. CCC XIII. 76. Sedillot, über das Schielen und das Durch ſchneiden eines oder mehrerer Augen herausgenommen. muskeln als Heilungsmittel deſſelben. CCC XXVII. 297. Sehnendurchſchneidungen, ſubcutane. CCCXxVII. 144. Sehnendurchſchneidungen, ſubcut., vielfache. CCCXXII. 221. Seide, Farbe derſ., z. Theil von der Nahs rung der Raupen abhängig. CCCX. 26. Semilunarklappe der Aortenmuͤndung ange— wachſen. CCCXVIII. 160. Serratus anticus major, Paralyſis deſſ. CCCXVIII. 156. Sonnenſtrahlen, magnetiſirende Kraft derſ. CCCXVIII. 152. - Spongillen. CCCXXIV. 250. Steinkohlen, Urſprung derſelben. CCCXX. 177. Stokes, uͤber das Schließen der Augenlider im Schlafe. CCCXXVI. 273. Strangulationsmarken, Unſicherheit derſ. CCCxXIII. 80. Syphilis, Stadien derſ. CCCXIX. 176. 2% Thomſon, über den Einfluß der Wollenma⸗ nufacturen auf d. Geſundheit. CGCCXVIII- 184. Thurnam, über ſpontanes aneurysma vari- cosum der aoxta ascendens. CCGXXII. 222. Toxicologiſche Verſuche. CCCXXIV. 254. Traill, uͤber Nahrung d. Colibri's. CCC xl. 42. Trepanatlon d. Ruͤckgratshoͤhle. CCCXXVII. 303. Trommelfelldurchbohrungs = CCCXXVIII. 320, Truͤffeln beguͤnſtigen die Erzeugung von Schwaͤmmen an der Oberflaͤche der ſie bedeckenden Erde. CCC IX. 9. Inſtrument. u. Urinblaſe, Blattern auf der Schleimmem⸗ bran berf, CCCXV. 112. Uterus, Nerven d. ſchwangeren. CCCXVII. 129. A. Amesbury, Jam. CCCXI. 48. Amussat, L. Z. CCCXXV. 272. Arcangeli, Carlo. CCCXVI. 127. Ashwell, Sam. CCCXXX, 352. B. Berard, A, CCCIX. 16. Berlese, CCCXV, ıır. Regifer Uterus, Exſtirpation deſſelb. 288. CCCXXVI. V. Vanhuevel's Pelvimeter. CCCXxVIII. 153. Veitstanz, Behandlung deſſ. CCCxII. 57. Velpeau, uͤber das Eindringen von Luft in die Venen. CCCXXX. 347. Velpeau, über die Behandlung der Anchy— lofe. GCCKX. 25, Velpeau, über eine neue Monſtroſitaͤt. CCCXVII. 133. Venen, Lufteindringen in dieſ. CCCXXX, 347 · Venenklappen des Herzens. CCCXVI. 113, Venenkrebs, Entſtehung deſſ. CCCXXVI, 283. Venenſyſtem, Varietaͤt deſſ. CCC xl. gr. Vergiftung durch Sauerkleeſalz. CCCXXVIII. 320. Voͤgel, geographiſche Vertheilung derſelben. CCCXXII. 232. Voltaiſche Electricität als Quelle einer an— haltenden Kraft. CCCXXVII. 297. FH rd de Blainville. CCCXIT. 6g. Blondin, CCCXXI. 208. Boué, Ami, CCCXXIV. 255. Braithwaite, W. CCCXXX. 352. Buckland, CCCXIV. 95. CCCXXI. 223. Burton, Frances, B. CCCXXVIII. 319. C. Cazeau, P. CCCXVIIT. 160. Ceely, R. CCCXXVIII, 320. 857 W. Walſiſch, flaſchenfoͤrmiger. CCC XII. 58. Ward, über Behandlung des Veitstanzes. GCCKM. 57. Ward, über Behandlung ber Rüdgratövers frümmungen. CCCAIV. 87. Ward, über Behandlung von Lähmungen. CCCXV. 103. Ward, über Falle von Rüdgratsverfrüm: mungen, welche Herzkrankheiten fimuliren. CCCKIX. 174 Ward, über Mißbildung des Bruſtkaſtens. CCCGCXVII. 137. Ward, uͤber Muskeluͤbungen als Heilmittel. CCCXKX. 185. Weingeiſtdaͤmpfe CCGXVI. 128. Wieſentuch, natürliches, CCCKIV. 88. Wollenmanufacturen, inwiefern fie auf die Geſundheit influiren. CCC XVIII. 154. gegen Chor- Inhalation. aus Conferven. 3. Zimmerholz von holzeſſigſaurem Eiſen durch⸗ dringen zu laſſen. CCCXXI. 202 © Chataing. CCCXVI. 128. Churchill, F. CCCXIV, 96. Clarcke, Edw, M. CCCXXI. 207. Coathupe, Charl, Thornton. CCCXXX, 351. Colombat, C P. CCCXXIII. 240. Conybeare. CCCXIV. 95 CCCXXII. 223. Cosson, Ern. CCCXXIV. 272. Costa, Oronzio Gabr. CCCXVI. 122. 358 D. Daubeny, Charl. CCCX. 31. Decandolle, Pyram. GCCXXI, 207. Delarue, J. GCCXI, 47. De Loude, Charl. CCCXXIII. 240. Denonvilliers, CCCIX. 16. Devay, Fr. CCCXI. 47. Dick, W. CCCXXIV. 256. Dickson. CCCXXIX. 336. E. Erichson, W. Fr., CCCXXVIII. 319. F. Fabre, Eug. CGGxV. 112, G. Garnier, J. G. CCCXXVI. 282. Germain, Ern. CCCXXV. 221. Gourand, H. CCCXIX. 176. Gray, Asa. CGCCXXIX, 335. Gray, G. R. CCC. 31. Green, J. H. CCCXIII, 79. Gregor, James, GCCIX. 16. Guerin, Jules. CCCXIV. 96. Guibert, H. CCG XVIII. 160. Guyon, CCCX, 32. H. W. Cornwalli. CCCXVII. Harris, 143. Hodgkin. CGGXXIX. 336. Howship, John, CCGXXVII. 304. Huguin, A, GCCXXVII. 304. Hull, R. CCCxIII. go. J. Jones, T. R. CCCXXIII. 239. Joubert, P. Ch. CCCXV. 112. Jung, J. J. CCCXV. 111. K. Köstlin, Otto. CCC II. 64. L. Levacher, G. CCCXV. 112. Liebig, J. CCCXXII. 224. Loisett, J. B. CCCXXVI. 288. M. Maillot, F. C. CCCXXII. 224. Mamelet, A. F. CCCXXI. 208. Men cke, C. Th. CCCXVIII. 159 Milne-Edwards, H. CGGXX. 191. Morgan, G. T. CCCXIII. 80. Murchison, Roder. Impey. CCCXXX. 351. Musset, Hyacinthe. CCCXII. 64. (02 d’Orbigny, Alcide. CCCXT. 47. CCCXIX, 175. Owen, Rich. CCCXVIII. 189. P. Petit-Thouars, Ab. — CCCXXVII. 303, Pingeon, N. A. CCCXII. 64. Q. Quatrefages, A. de. CCCXXVII. 303. R. Rainard. CCCX. 32, Reid, Hugo. CCCxIII. 29. Rosenthal, J. F. CCCXXIV. 256, S. Schukard, W. E. CCCXXIX. 336. Sedillot. J. M. CCCXVII. 144. Serny, John R. CCCXXVI. 288. Selys - Longchamps, Edm. CCCXXIV. 256 Signoroni, B. GCCXVI. 128. Spach, Ed. CCCXVII, 143. de, T. Thivet, Mich. CCCXI. 48. Tessie du Motay. CCCXX, 191. Teste, Alph, CCCXIX, 175 Torey, John, CCGXXIX. 335. IV. Valentin, G. CGCXXIIT. 239. Verdier, P. L. CCCXX. 192. Vidal, Aug. CCCXxIX. 176. W. Winslow, Forbes, CCCIX 16. Druckfehler zum XIII. und XIV. Bande. XIII. Band: Seite 311 Zeile 8 von oben ſtatt externus leſe man internus. — Seite 311 3. 15 von oben ſtatt im leſe man dem. XIV. Band: Seite 236 Zeile 29 von unten, hinter tympani ſetze man ein Comma. — Seite 236 3. 24 v. unten fege man hinter adhaͤrirend ein Comma und ſtreiche das Comma hinter Parenchyme. — Seite 236 3. 22 v. u., ſtatt wund leſe man geſund. — Seite 239 3. 24 v. u., ſtatt diejenigen leſe man denjenigen. — Seite 239 3. 23 v. u., ſtatt Faſerbruche 8 leſe man Faſerringes. — Seite 240 3, 4 v. o., ſtatt Mittel leſe man Buͤndel. Mene Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von Ludwig Friedrich v. Froriep, des Ordens der Wuͤrtembergiſchen Krone und des Großherzogl. S. Weimar. Falken-Ordens Ritter, der Philoſophie, Medicin und Chirurgie Doctor und G. H. S. Ober-Medicinalrathe zu Weimar; Director der Koͤnigl. Preuß. Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt; der Kaiſerl. Leopoldiniſch-Caroliniſchen Academie der Na— turforſcher, der Ruſſ. Kaiſerl. Academie der Naturforſcher zu Moskwa, der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin, der Wetterauer Geſellſchaft für die geſammte Naturkunde, der phyſicaliſch-mediciniſchen Societät zu Erlangen, der mineralogiſchen Geſellſchaft zu Jena, der Niederrheiniſchen Geſellſchaft der phyſiſchen und mediciniſchen Wiſſenſchaften, des landwirthſchaftlichen Vereins im Koͤnigreiche Würtemberg, der Société d' Agriculture, Sciences et Arts du Departement du Bas-Rhin, der naturferſchenden Geſellſchaft zu Leipzig, der Senken— bergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft zu Frankfurt am Main, der Societas physico- medica zu Braunſchweig, der Medical Society zu Philadelphia, des Apotheker-Vereins für das nördliche Deutſchland, des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Preußen, des Vereins für Blumiſtik und Gartenbau in Weimar, der Geſellſchaft zur Beförderung der geſammten Naturwiſſenſchaften in Marburg, der Schleſiſchen Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Cultur zu Breslau, der Societas medico-chirurgiea Berolinensis, der naturforſchenden Geſellſchaft zu Halle, des Kunſt- und Handwerksvereins des Herzogthums Altenburg, der Accademia Pontaniana zu Neapel, der naturforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes, der Geſellſchaft für Natur- und Heilwiſſenſchaft zu Heidelberg, der Svenska Läkare- Sällskapet zu Stockholm, der mediciniſchen Facultaͤt der K. U. Univerfität Peſth, der Reformed Medical Society of the United States of America zu New- Pork, der Académie Royale de Médecine zu Paris, der Geſellſchaft des vaterlaͤndiſchen Muſeums in Böhmen zu Prag, der Société d' Agriculture de Valachie zu Buchareſt, der mediciniſchen Geſellſchaft zu Warſchau, des Vereins Großherzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Befoͤrderung der Staats-Arzneikunde und der Kaiſerl. Koͤnigl. Geſellſchaft der Aerzte in Wien, Mitgliede und Ehrenmitgliede; und Reber! Fro ie Koͤnigl. Preußiſchem Medicinalrathe und Mitgliede der wiſſenſchaftlichen Deputation für das Medicinalweſen im Miniſterium der Geiftlichen =, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten; Profeſſor an der Friedrich-Wilhelms-Univerſitaͤt, Proſector an der Charité-Heilanſtalt, Lehrer der Anatomie an der Academie der Künfte, Mitgliede der Königl. Ober-Examinations-Commiſſion, practiſchem Arzte und Wundarzte in Berlin; Mitgliede und Correſpondenten der Königlichen Academie gemeinnütziger Wiſſenſchaften zu Erfurt, der Académie royale de Medecine zu Paris, der Hufelandiſchen mediciniſchen chirurgiſchen Geſellſchaft, des Vereins fuͤr Heilkunde in Preußen, der Geſellſchaft fuͤr Natur- und Heilkunde zu Berlin, der Geſellſchaft für Erdkunde zu Berlin, der Svenska Läkare-Sällskapet zu Stockholm, der Societas physico-mediea zu Moskau und der K. K. Geſellſchaft der Aerzte in Wien; Ehren-Mitgliede des Vereins Großberzogl. Badiſcher Medicinal-Beamten für die Beförderung der Staats- Arzneikunde und des Apotheker- Vereins im nördlichen Deutſchland. Sechgzze ter: zwei und zwanzig Stüde (Nro. 331 bis 352), eine Tafel Abbildungen in Quarto, Umſchlag und Regiſter enthaltend. October bis December 1840. Im Verlage des Landes-Induſtrie⸗-Comptoirs zu Weimar. 18 4 0. un wann ee e Nee | AR u 0 e e ice. 5 00 K . * { 2 Na um gil rd r * vn ER Ana mare eee zit ee WN sy Wr e re en 3 A ee ee, 5 ur vi re en ee eee e wur Pr TE iu ara te d alpin A f 1 E mu l en 734 mat ee I Mech nen orale ) I TE re en FETT e Wr e Ay * h ö 5 3 neee e le e ee e nt , Nin 11 0 ae „ ft ah aue 3 W ee e e e 120% ee la . RL 45 n a/ Bi ! 72 un e ee ins tot 1710 u e N te W e ‚na A An As en Nm BGE g \ 18 Fe den mA Per a arg n ee een eee eee e e e e e NEE e onen e ee A ee IR 7 N eee h n de a AT. 01 eg Me 0 ag he a 10 N 0 7 Mone uz Sole 7000 dN eren e en ie ee Mana * e ee eee RR i Dee een 1710 aun 7 * „all N 1 wis * 7 ao | 10 ale, * wi 85 N . 0002 er Dr Batch) — 1 die Nah % hr a0 Se — 5 95 cs Hip; n Ne a TE e Nane at r er u 2 1 . re) 70 ar 10 0 NA * e ee 0 ü ene Kehle PEN * Lt ae, | . egen ans SEM Neue, H. o t. i gn aus dem + I 62 Gebiete der Natur- und Heilkunde, von dem Ober? Mepiciualrathe Fror lep zu ee e eee und Prefeſſor Freriep zu Perlin. Mo. 331. (Nr. 1. des XVI. Bandes.) October 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar, des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Kthlr. oder 3 Fl. 36 Ar, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. % ee ee Ueber die Wiedererzeugung von verlorengegan— genen Organen, welche die Functionen von Kopf und Eingeweiden beſorgen bei Holothurien und Amphitriten hat Sir John G. Dalyell der Verſammlung der Bri— tis! Association zu Glasgow eine Abhandlung vor: geleſen: 1) Die erwachſene Holothurie gleicht einer Gurke oder einer Wurſt von 6 bis 12 Zell Laͤnge, purpurfarben, gelb, grau oder weiß. Einige Tauſend Saugroͤhrchen bedecken ſie wie eine zottige Huͤlle, oder je nach den Arten in Rei— hen geordnet, befeſtigen ſie an feſte Subſtanzen, wo ſie dann ruhig unter einer Halbmondform waͤhrend des Tages ver— weilt. Aber wenn der Abend kommt, draͤngt ſich aus dem dickeren Ende des Halbmondes ein Federbuſch hervor, wel— cher ſich in einen geraͤumigen Trichter entfaltet, aus acht oder zehn oder zwanzig ſchoͤnen Zweigen beſtehend, welche an einem ſchaaligen Cylinder eingepflanzt ſind, in deren Mitte ſich der Mund befindet. Jeder Zweig faͤngt nun an, das Waſſer vor ſich her zu treiben und ſteigt faſt bis auf die Wurzel in einem zuſammengezogenen Zuſtande in den Mund hinab, aus welchem hervorkommend er ſich von Neuem aus— breitet. Dieſe Bewegungen werden bis zu der ſpaͤteſten Stunde fortgeſetzt; aber wie der Morgen daͤmmert, wird der ganze Apparat zuruͤckgezogen, die Haut wird feſt und dicht, wie zuvor, und von dem entgegengeſetzten Ende faͤngt ein Waſſerſtrahl zu ſpielen an. Dieß ſonderbare Thier kann des ganzen erwaͤhnten organiſchen Apparats verluſtig gehen, welcher bei Holothuria fusus aus acht größeren und zwei kleineren Zweigen (tentacula) beſteht, zugleich mit dem Cylinder, Munde, Speiſeroͤhre, unteren Darmtheilen und Eierſtock, welche ſich von Innen lostrennen und den Koͤrper faſt als leeren Sack zuruͤcklaſſen. Doch aber ſtirbt ſie nicht. In drei oder vier Monaten ſind alle verlorengegangenen Theile wiedererzeugt, und ein neuer Trichter, aus neuen Zweigen von ſo lang als der ganze Koͤrper des Thieres be— Vo. 1431. ſtehend, faͤngt an, dieſelben Eigenthuͤmlichkeiten zu aͤußern wie die alten waren, obgleich viel laͤngere Zeit noͤthig iſt, ehe ſie Vollkommenheit erlangen Andere Arten von Holothurien theilen ſich von freien Stuͤcken in der Mitte in zwei oder mehrere Theile, welche zuletzt alle, durch die Entwickelung neuer Organe, vollſtaͤndig werden. Doch iſt die anatomiſche Structur der ganzen Gattung ſo complicirt, daß ſie fortwaͤhrend eine Aufgabe fuͤr den Scharfſinn der Anatomen abgeben, die eigentlichen Fun» ctionen einiger dieſer Theile ausfindig zu machen. Eine einzige Holothuria hat im Verlaufe einer Nacht 5,000 Eier hervorgebracht. Die Jungen gleichen einer weißen Made, wenn ſie die Groͤße eines Gerſtenkorns haben. Das Thier kann ſeine Organe mehr, als einmal verlieren und wiedererzeugen; ſehr ſelten kann man es vollſtaͤndig erhalten; eben ſo wenig iſt es, bis zu den jetzt der Verſammlung der Association vorgelegten Zeichnungen, lebend und vollſtaͤndig abgebildet worden. Ein Exemplar hatte Sir John etwa zwei Jahre lebend aufbewahrt. 2) Die Amphitrite iſt wegen ihrer Fähigkeiten und der Eigenſchaften, womit ſie ausgeſtattet iſt, ein noch mehr intereſſantes Thier. Mehrere Arten bewohnen die Schott— land umgebenden Meereskuͤſten; ſie ſind ſaͤmmtlich eingeſchloſ— ſen in Roͤhren, welche entweder von ihnen ſelbſt mittelſt eines wahrhaft mechaniſchen Proceſſes verfertigt, oder, aus einer dünnen ſeidenen Hülle beſtehend, durch eine Er- ſudation des ganzen Koͤrpers gebildet ſind, oder ſie ruhen inmitten einer dicken, roͤhrenfoͤrmigen Maſſe von durchſichti— ger Gallerte, ebenfalls eine thieriſche Secretion. Der Körper von Amphitrite ventilabrum iſt 12 Zoll und darüber in geſchlaͤngelter Form, befteht aus 350 Segmenten, gekroͤnt durch einen ſchoͤnen duntfarbigen Feder buſch von achtzig oder neunzig fleiſchigen Federn und mit einer doppelten Drüfe endigend. Dieſe, die Branchien, find wie ein Trichter oder wie ein Federball angeordnet, 3 Zoll tief und der ſchoͤnſten Blume ahnlich, mit zwei Dornen in dem Mittelpuncte, und jede Feder iſt beſetzt von weuigſtens 1 8 500 eilia, oder fleifhigen Haaren, längs des Stiels. Das hoͤchſt furchtſame Geſchoͤpf wohnt in einer ſchwarzen leder— aͤhnlich ausſehenden, perpendiculaͤren Roͤhre, welche zwei Fuß hoch, ganz von dem Thiere ſelbſt bereitet und an dem unte— ten Ende feſt aufſitzend iſt. Sonderbar klingt es, daß der Beobachter es ganz in ſeiner Gewalt hat, den ſtillen Be— wohner zu veranlaſſen, ſeine Kraͤfte zu entwickeln. Wenn das Thier ſeinen ſchoͤnen Federbuſch uͤber die Oeffnung der Roͤhre erhebt und ihn ausbreitet, um ſich des um— gebenden Elements zu erfreuen, ſo braucht man nur einen kleinen Tropfen ſchlammiger Subſtanz darauf herabfallen zu laffen und ein intereſſantes Schauſpiel beginnt: — unmit— telbar nachher ſieht man den ganzen Federapparat in Be— wegung, obgleich das Thier ſelbſt noch, allem Anſcheine nach, ruhig iſt. Vierzigtauſend Wimpern ſind in Arbeit, und man bemerkt bald, daß ſich eine Maſſe auf dem Boden des Trichters anhaͤuft. Von da zu dem Munde gefuͤhrt, wird ſie mit Gallerte vermiſcht und als ein Teig an den Rand der Oeffnung der Roͤhre abgelagert. Nun bewerkſtelligt das Geſchoͤpf, nachdem es ſich noch hoͤher gehoben hat, eine langſame Umdrehung, waͤhrend es den Teig in die gehoͤrige Form bringt, mittelſt zweier organiſcher Mauerkellen, welche aus einem Franſenkranze des Nackens hervorragen. Mit dieſen ſchlaͤgt es den Teig abwaͤrts und, uͤber den Rand der Roͤhre herum faſſend, glaͤttet es ſeine Materialien ſymmetriſch, als waͤre es durch Menſchenhaͤnde geſchehen; — aber bei der geringſten Stoͤrung faͤllt der Federbuſch zuſammen, der Kuͤnſtler ſinkt einen Augenblick unterwaͤrts und bleibt ſo mit geſchloſſener Oeffnung, bis er, die Gefahr voruͤbergegangen glaubend, ſich wieder erhebt, um die Arbeit in Sicherheit fortzuſezen. Da Exemplare von verſchiedenen Dimenſionen vorkommen, ſo braucht der Beobachter nur ein Stuͤck von dem untern Ende der Roͤhre abzuſchneiden, welche immer laͤnger iſt, wie die Bewohner: und ſie wird wieder da be feſtigt werden, wo man es wuͤnſcht. Wenn man eine ge— wiſſe Anzahl ſo behandelt und ſie in ein Cylinderglas mit Seewaſſer thut, ſo wird ein Buſch vor ihm ſich bilden, weil die Thiere ſich von Neuem befeſtigen und, als eben ſo viele drehende Blumen ſich hervordraͤngend, die Schlamm— tropfen von Oben ſammeln, welche man auf ſie fallen laͤßt. Das Anhaͤngen wird bewerkſtelligt mittelſt einer klebrigen oder ſeidenartigen Scheide, welche die doppelte Terminaldruͤſe hervorzubringen ſcheint. Sollte die Amphitrite an ihrem Vordertheile beſchaͤdigt werden, ſo wird Alles bald wiederer— zeugt ſeyn; ja, wenn ein Fragment des duͤnnen oder hinte— ren Theils von dem Koͤrper getrennt werden ſollte, ſo wird ein voilſtaͤndiger Federbuſch, Dornen, Mund und Maurerkellen erzeugt, um den vordern Theil dieſes Fragment- zu kroͤnen und es zu einem vollſtaͤndigen Thiere zu machen. Es iſt ſehr merkwuͤrdig, daß die maͤchtige wiedererzeugende Eigen— ſchaft dieſer Gattung nicht auf die Nachbarſchaft verloren— gegangener Organe beſchraͤnkt iſt; die Elemente von andern ſind in verſchiedenen und entfernten Theilen des Koͤrpers enthalten. wo der menſchliche Verſtand auch nicht die ger ringſte Wahrſcheinlichkeit finden kann, daß ſie vermoͤge ihrer eigenen Energie ſich daſelbſt entwickeln koͤnnten. 4 Die ausgewachſene Amphitrite bombyx, welche eine ſeidenartige Scheide bloß durch von freien Stuͤcken erfolgen— de Ausſchwitzung aus dem Koͤrper erhaͤlt, iſt etwa 3 Zoll lang, wovon etwa der dritte Theil den Federbuſch ausmacht, der aus ſechszig bis ſiebenzig Federn (Branchien) beſteht. Zwei kuͤnſtliche Abſchnitte des Körpers eines kraͤftigen Indi— viduums verſahen ſich ſehr bald mit einer Scheide, worin ſie ruhig verweilten. Die Organiſation der obern Portion blieb in dem Zuſtande, worin fie war; die mittlere Se tion erhielt ihre fehlenden Theile, und ein Federbuſch von acht Federn wurde von der unterſten Section erzeugt, obgleich dieſe Section nur zwei Linien oder den ſechsten Theil eines Zolles lang geweſen war. So exiſtirten auf einmal drei Fe— derbuͤſche mit allem Zubehoͤr da, wo nur ein einziges Thier geweſen war. Junge Thiere haben wenig Branchien; ihre Zahl nimmt mit dem Alter zu, und fie ſowohl, wie die Zahl der Segmente in allen Anneliden, ſcheint unbeſchraͤnkt. In allen ihren gewimperten Branchien iſt die Rippe oder der Stiel anfangs kahl und bekleidet ſich mit den Wimpern, die ſich allmaͤlig nach Oben hin entwickeln (der Verfaſſer der Abhandlung legte zugleich zahlreiche Zeichnungen von le— benden Exemplaren vor). Bei der dem Vortrage folgenden Discuſſion gab Sir John Dalyell verſchiedene Erlaͤuterungen uͤber die Natur der niederen Thiere und erklaͤrte, daß er ſie ſechs und ſelbſt zwölf Jahre am Leben erhalten habe, wie über eine Actinia, die, noch jetzt kraͤftig, ſich in ſeinem Beſitze befindet, ob— gleich ſie wenigſtens zwanzig Jahr alt und die Mutter von 200 bis 300 Jungen iſt. Dr. Flemming ſagte, daß Sir John vielleicht der einzige Naturforſcher ſey, welcher Holothurien in lebendem geſunden Zuſtande beobachtet habe. Die Exemplare, welche man gewoͤhnlich erhalte, ſeyen meiſt zu ſehr beſchaͤdigt, um aus ihrer Beobachtung Nutzen ziehen zu koͤnnen. Er hoffte, daß Sir John bei der naͤchſten Verſammlung uͤber die Le— bensweife der unteren Ordnungen der Radliatae einen Be— richt erſtatten und ſeine eigenen Originalbeobachtungen her— ausgeben werde. Hr. Forbes bemerkte, daß einige der erwaͤhnten Ho— lothurien jetzt in andere Gattungen geſtellt waren: — eine ſey Mulleria und die H. lactea ſey nun Ochnis, welche Gattung dadurch characterifict fen, daß fie einen Kropf beſitze. Die großen Verſchiedenheiten, welche dieſe Thiere in den verſchiedenen Altern ihres Wachsthums zeig— ten, in Beziehung auf den Verluſt und die Wiedererſetzung ihrer Organe, haͤtte zu einer großen Verwirrung in ihrer Claſſification geführt. — Muͤller's Abbildungen der Ho: lothurien ſeyen alle unvollſtaͤndig und Bruchſtuͤcke, indem die Thiere ſehr ſelten vollſtaͤndig gefangen werden könnten. Eine Urſache hiervon habe er kuͤrzlich entdeckt, indem er Irlaͤn— diſche Ufer-Seeen (loughs) unterſucht habe. In dieſen Ufer⸗Seeen enthalte der Boden Salzwaſſer und Seethiere; aber die Oberflaͤche des Waſſers ſey Suͤßwaſſer, worin keine Seethiere leben koͤnnen. Wenn man nun die Thiere aus dem tiefen Waſſer hervorziehe, ſo wuͤrden ſie gewoͤhnlich in Gefaͤße mit Waſſer geſetzt, was von der Oberflaͤche genom— 5 men werde, und gelangten ſo in ein Medium, in welchem fie nicht exiſtiren koͤnnten. In einem der Irlaͤndiſchen loughs fand er Exemplare von Mülleria in dem Sans de in den Felſenſpalten des Ufers eingegraben. Ueber den Einfluß des linken bronchus auf das Schließen des ductus arteriosus bei der Geburt und einige bezuͤgliche Umſtaͤnde in Pathologie und vergleichender Anatomie. Von T. Wilkinſon King, Curator des Muſeums von Guys’s Hospital. (Hierzu die Fig. 6. u. 7. der mit gegenwärtiger Nummer ausgegebenen Tafel.) Die Erklaͤrung des Verſchließens des foramen ovale ſcheint gut zu ſeyn; aber mit der Zuſammenziehung des ductns arte- riosus verhalt es ſich, wie ich glaube, anders. Die erſten Arte der arteria pulmonalis nehmen kurz vor der Geburt in rela— tiver Größe zu, und die erſten Reſpirationen machen die Eircula⸗ tion in ihnen noch freier; zu derſelben Zeit, vielleicht, wird die Com— munication zwiſchen der art. pulmonalis und aorta weniger direct (mehr fchräg), als vorher; aber die hier erwähnten Veränderungen haben mir nie das ſchnelle Verſchwinden des arteriellen Durchgangs genuͤgſam zu erklären geſchienen. Eine andere Erklarung dieſes Ereigniſſes iſt, glaube ich, in den Werken uͤber Phyſiologie nicht vorhanden. Ich habe lange ſchon eine abweichende Meinung gehegt; aber es war erſt vor Kurzem, daß ſich andere Betrachtungen darboten, welche, allem Anfhbeine nach, meine Anſicht rationeller und etwas mehr als bloß ſeltſam erfcheinen ließen; und ſelbſt jetzt fühle ich, daß es dem Leſer uͤberlaſſen bleiben muß, zu erwaͤgen, ob ein ſo theoretiſcher Gegenſtand in den Kreis feiner nuͤtzlichen Studien ge: langen ſoll. In Verbindung mit ausgedehnteren Anſichten uͤber die Circu— lation, an deren Erläuterung ich einigen Antheil zu nehmen hoffe, mag jedoch dieſe Unterſuchung Wichtigkeit erhalten. Naͤm⸗ lich in der Pathologie angeborener Deformitaͤten ſcheint die ange— deutete Meinung an ihrer Stelle und zugleich erläuternd. — In einigen ſonderbaren Thatſachen der vergleichenden Anatomie aber erhaͤlt die Meinung ihre merkwuͤrdigſte Beſtaͤrkung. Zeichnung J. (Kin. 6. der mit dieſer Nr. ausgegebenen Tafel) zeigt die relative Lage des ductus arteriosus. Es iſt dieß eine Skizze von einer Zergliederung eines Herzens im vierten Mo— nate des Foetal⸗Lebens und kann dazu dienen, das allgemeine Verhaͤltniß der großen Luftcanäle (wie fie durch punctirte Linien dargeſtellt find) und der Arterie zu erlaͤutern. Schon ein ſehr fluͤchtiger Ruͤckblick auf die größeren Theile unmittelbar um den ductus arteriosus herum, wie man ibn zur Zeit der Geburt ſieht, wird hinreichend ſeyn, dieſe Skizze verſtaͤnd⸗ lich zu machen. Die a. pulmonaris giebt an' der Stelle, wo fie ſich gabelartig theilt, den temperaͤren Canal ab, welchen die aor- ta an dem obern Theile ihrer herabſteigenden Portion aufnimmt. Die Theitung der Luftroͤhre hat dicht binter dem mittlern Theile des Bogens der aorta ftatt, und der linke bronchus krümmt ſich abwärts nach Links in die Lunge, vor der aorta descenders, nes ben dem ductus arteriosus und binter der linken a. pulmonalis, Das dichte Aneinanderliegen dieſer Theile in dem ungeborenen Kinde iſt mehr auffallend, als in ſpaͤteren Perioden; und dieſem Zuſtande der Dinge mochte ich die Folgen der erſten Reſpirationen zuſchreiben. In dem Foetal-Leben enthalten die Luftroͤhren nur ein wenig Flüffigkeitz fie ſind wahrſcheinlich nur theilweis ausge: dehnt während die Circulation faſt einfach und gleichmaͤßig, die Herzohren zu allen Zeiten gleichmaͤßig voll und die Ventrikel gleich⸗ maͤßig kraͤftig find, Die Bruſt hat nur eine begränzte Capacitaͤt; das Zwerchfell iſt hoch oben und die Lungen um das Herz zufams 6 mengedrängt. *) Wir können uns nun die Hauptwirkungen der erſten Inſpiration vorſtellen: es erfolgt eine allgemeine Ausdeh⸗ nung, welche nie wieder ihren ganz angemeſſenen collapsus haben ſoll; und obgleich diejenige Vollheit der Lungen (in Beziehung auf Luft), welche als nothwendig und permanent zu betrachten iſt, erſt ſpaͤter erlangt wird, ſo ſcheint es doch ziemlich dargethan, daß die erſte Inſpiration einen weit größeren Antheil, als irgend etwas Anderes, an der Bewirkung dieſes Zuftandes haben muß. Nun wird der Rumpf mehr gerade geſtreckt, der Hals iſt nickt länger vorwärts auf die Bruſt gebogen, und die trachea iſt vers längert; das diaphragma und mit ihm das Herz ift beträchtlich abwärts gezogen, waͤhrend die Lungen im Allgemeinen, aber ganz beſonders auswärts ), ausgedehnt werden, und ein eigenthumliches Reſultat aller dieſer Veränderungen, glaube ich, iſt, daß der linte bronchus voller und geſpannter und auch gehoben wird in derſel⸗ ben Zit, wo der ductus arteriosus abwärts gezogen wird mit einiger Gewalt und vielleicht mit einiger Dispo ſition zur Verlaͤnge⸗ rung. Kurz, die plögliche und innige kreuzende Berührung diefer zwei Canale iſt es, welcher ich hauptſaͤchlich das Schließen des Blutgefaͤßes zuſchreiben mochte, indem daſſelbe gewiſſermaßen über den bronchus gebogen iſt und auch in ihrer Communication mit der aorta eine mehr ſchraͤge Richtung erhält. Ich dente, daß die Erſcheinungen bei der Zerg'iederung dieſe Anſicht beſtärken, obgleich ich geſtehe, daß das Studium der Theile, mit welchen wir uns in vers ſchietenen Perioden, vor und nach der Geburt, beſchaͤftigen, keinen poſitiven Beweis für die aufgeſtellte Meinung hergeben; auch bin ich nicht im Stande geweſen, die Experimente durch Injection oder Aufblaſen entfdiedener zu machen. Folgende aber, aus der Pa⸗ thologie bergenommen, find, wie ich glaube, weitere Beſtaͤrkung der von uns vorgetragenen Anſicht: Erſtens. Wenn die a. pulmonalis nur an ihrem Urſprunge (angeborenermaßen) geſchloſſen ift, bleibt der ductus arteriosus nach der Geburt offen, dem Anſcheine nach durch die Gewalt des Stromes aus der gorta, welche durch die zwei communiciren: den Ventrikel gefüllt wird; aber wenn die Pulmonaroffnung ſelbſt in ſeyr geringem Grade offen iſt, fo wird der ductus fo voll— kommen geſchloſſen, wie jemals, obgleich die beiden Ventrikel doch frei communiciren, das heißt, daß keine Gewalt aus der aorta, es ſey denn der ganze Strom, den die Pulmcnarartırie in Anſpruch nimmt, hinreichend' ift, den ductus’ arteriosus offen zu erhalten, und dieß zu beweiſen, iſt hinlänglich Zeugniß vorhanden Ich frage, iſt es nicht vernünftig, an irgend eine fremde Urſache des Schließens des ductus zu denken, wenn er vollig entwickelt wor: den iſt, während die Mündung der Pulmonararterie völlig geſchloſ⸗ fen oder in irgend einem Grade geſchloſſen oder offen ***), und er doch ji zufammenzicht bei der Geburt in allen Fällen, ausge⸗ nommen da, wo die Mündung der Pulmonararterie unwegſam ift. ) Ich bin kaum geneiat, anzunchmen, daß vor der Geburt gar keine Bewegung in den Reſpirationsmusk ln des Kindes ſtatt habe; vielmehr denke ich mir, daß zugleich mit den augemei⸗ nen Bewegungen des ſoetus auch einige und vielleicht bäauſige Uebung der gutentwickelten Bruſtmuskeln erfolgt, beſonders gegen das Ende des Uterin-Lebens. Ueber dieſen Punct darf ich hinzufügen, daß noch eine Urſache ausfindig gemacht wer: den muß für die deutliche proportionale Zunahme der rechten und linken Lungenarterie ſowohl, als für die Abnabme des ductus arteriosus, welche langſam vor der Geburt erfolgen: Reſpirationsbewegungen moͤgen dem entſprechen. ) Das Bruſtbein iſt zu gleicher Zeit vortretend. ) In dem Muſcum kann man eine Reibe diefer Gradationen und zugleich Illuſtrationen aller folgenden Angaben ſehen. Der Zuſtand von (blindgeborenen) Saͤugethieren, wo der ductus arteriosus ſich nur langſam ſchließt, kann als die aufgeſtellte An⸗ ſicht begünftigend betrachtet werden; aber ein entſcheidender Beweis iſt noch aufzuſuchen. Er kann ſich vielleicht in den ſeltenen Faͤllen finden, wo der ductus arteriosus nach der Geburt im Leben offen bleibt, wenn die Lage des bronchus in ſolchen Fällen unterſucht wird. je 7 Zweitens. Wenn nur eine einfache Transpoſition von Pulmo⸗ nararterie und aorta vorhanden iſt, fo bleibt der ductus offen; aber wenn, in ahnlichen Fallen, nur eine ſehr kleine Communica⸗ tion zwiſchen den Ventrikeln vorhanden iſt, ſo ſchließt ſich der ductus. In Fällen von Transpoſition communiciren die Herzoh⸗ ren, und da die Kraft des linken Ventrikels zu groß iſt fuͤr die Lungencirculation allein, fo trägt ſie dazu bei, den ductus arte- riosus zu füllen, welcher jo verhindert wird, ſich zu verengen; aber wenn eine Communication der Ventrikel vorhanden iſt, ſo iſt ihre Kraft nochwendigerweiſe mehr ausgeglichen, und der ductus arteriosus ſchließt ſich, ungeachtet eine betrachtlich und direct aus— dehnende Kraft innerhalb wirkend ſeyn muß. Ich werde mich nicht bei den verſchiedenen intereſſanten Um— ftänden in Bezug auf dieſe Unterſuchung aufhalten, welche die ver— gleichende Anatomie darbietet. Einige Thiere ſcheinen ſich zu ver— ändern, von einem Leben im Waſſer zu einem luftathmenden Zus ſtande uͤberzugehen; von einer Foetal-Exiſtenz zu einer Poſt-natal⸗ Exiſtenz, z. E., Froſch, Schildfröte, Crocodil: und bei dieſen finden wir verſchiedene Subſtituten für den ductus arteriosus, mit Anzeigen von Abänderungen in dem Laufe des Blutes, je nach dem Zuſtande der Lungen. Die Inſertion einer Verlaͤngerung des diaphragua in die Spitze des Herzens der Crocodile (mit einer Commuaication zwiſchen der aorta des rechten und des linken Ven— trikels) Scheint eigenthumlich bei dieſen Thieren die Circulation mit der Reſpiration zu verbinden Der Lauf einer aorta über beide Bronchien in allen erwähnten Faͤllen, und eine ſcheinbare Vorkeh— rung, um das am meiſten der Luft ausgeſetzt geweſene Blut auf⸗ wärts zu ſenden, kann auch bemerkt werden. Einige Seeſchildkroͤ— ten haben auch ein an der Spitze des Herzens inſerirtes Zwerch— fell. Ich ſchließe, daß auch Schlangen an dieſer variirenden Ver: theilung der arteriellen Fluͤſſigkeit, je nachdem fie reichlich oder ſpaͤr— lich gelüftet iſt, Theil haben konnen. Ein Beiſpiel mag meine Meinung erläutern, oder meine Anſicht aufſtellen. Der Fall iſt bei'm Alligator folgender: (Vergl. a a. O. Fig. 7.) Die Urſprunge der großen aortae (L. A. und K A.) ſind er⸗ weiterte und elaſtiſche Behalter. Erſchlaffung des Zwerchfells und feiner Inſertion an das Herz (P), mit collapsus der Lungen, bringt einen Ueberſchuß von ſchwarzem Blute in den rechten Ven— trikel (K A.), welches nur durch die' rechte aorta (r A.) einen freien Austritt finden kann, da die Pulmonararterie (P) um dieſe Zeit mehr oder weniger verſtopft iſt. Nun ſtelle ich mir vor, der große Aortabogen kreuzt ſich mit der Bronchialroͤhre auf jeder Seite und übergiebt das Blut reichlicher; und fo halte ich es auch fur eine vernuͤnftige Folgerung, das ein Theil des dunklen Bluts in der rechten aorta (K A) durch die Oeffnung (O0) in die linke aorta (L A) übergehen werde. Mit einer freien Inſpiration muß man annehmen, daß das Herz abwärts gezogen werde und, (nach einer Zergliederung dieſer Theile in situ, in dem Alligator von Jamaika) wage ich anzus nehmen, daß die großen Bogen mehr geſpannt und winklich und weniger frei werden, durch die Berührung mit den Bronchialroͤh⸗ ren (B B). Ich folgere ſogar, daß, wenn das dunkele Blut in der rechten aorta verherrſcht, es auch einen Ruͤckfluß in die linke aorta von dem abdomen her veranlaſſen kann, durch die Vereini— gung beider (A B) an dieſer Stelle. Der Gegenftand von Allem dieſen ſcheint mir genau vergleiche bar zu ſeyn den Anordnungen in dem menſchlichen foetus, durch welche das beſſere Blut nach dem Kopfe und Armen geht, waͤh— rend das ſchlechtere durch die Unterleibstheile und Reinigungsorgane paſſirt; und analog auch zu ſeyn denen Veraͤnderungen in dem Kinde bei der Geburt, durch welche die Blutſtroͤmungen perma— nent abgeleitet werden. Miscellicn. Ueber die Erhaltung und Aufbewahrung thieri⸗ ſcher und vegetabiliſcher Subſtanzen hatte die Verſamm⸗ lung der Britiſchen Aſſociation im vorigen Jahre ein Comité ernannt, um Verſuche anzuſtellen, uͤber deren Reſultate in dieſem Jahre Profeſſor Henslow Bericht erftattet hat. Die Aufmerk— 8 ſamkeit des Comité liſt auf die präfervirenden Eigenſchaften gewiſſer Materialien gerichtet geweſen, welche einzeln angewendet werden, entweder in geſattigten Auflöfungen oder in verſchiedenen Graden von Concentration. Die Experimente find in Cylinderglaͤſern an— geſtellt worden von 6 Zoll Höhe und 11 Zoll Weite; und nachdem ſaturirte Solutionen der anzuwendenden Subſtanzen bereitet wa— ren, wurden ſie mit einer gleichen oder doppelten Quantitaͤt Waſ— ſer verdunnt. Es wurden 178 Praͤparate von thieriſchen und ve— getabiliſchen Subſtanzen zu Verſuchen verwendet. 1., Reſultate, die man mit thieriſchen Subſtanzen erhalten hat. Drei Kali: Salze — das Subcarbonat, das Bicarbonat und das Arſeniat des Kali — haben die befriedigendſten Reſultate gewaͤhrt. Die Solution des Bicarbonats lieferte ein flockiges Praͤcipitat; die zur Hälfte ſaturirte Solution ſchien am Beſten geeignet; die naͤchſtbeſten praͤſervirenden Subſtanzen ſind ſchwefelſaures Zink, ſalzſaure Magneſie und arſenige Säure; nach dieſen kann erwähnt werden, ſchwefelſaure Magneſte, ſchwefelſaures Kali und ſchwefel— ſaure Alaunerde (gemeiner Alaun), ſalzſaures Ammonium, ſchwefel— ſaures Kali. Aetzender Sublimat iſt ein vollkommenes Präſerva— tionsmittel thieriſcher Subſtanzen, allein dieß Salz macht die Subſtanzen fo ſehr hart, daß, einzelngenommen, es unpaſſend iſt für naturgeſchichtliche Zwecke; in kleinen Portionen aber anderen Subſtanzen zugeſetzt, welche Gegenſtaͤnde zu weich machen, wird es von weſentlichen Dienſten gefunden werden, eben ſo auch als die Bildung flocculenter Subſtanz verhuͤtend. Ein Theil Naphtha, zu ſieben Theilen Waſſer zugeſetzt, bringt ein guͤnſtiges Reſultat hervor; aber wenn es ſtarker gebraucht wird, ſo macht es die Exemplare zaͤhe. Eſſig- und Sauerklee-Saͤure zerſetzen Haut und Zellgewebe von Fiſchen, laſſen aber die Muskeln unverſehrt. We— nige Tropfen Creoſot, unter Waſſer gemiſcht, präferviren die Ge— genſtaͤnde, die fie aber dunkelbraun farben. Folgende Subſtanzen ſind gaͤnzlich ungeeignet, als Praͤſervativmittel: Kohlenſaures Ammonium, Chlorkali, ſalzſaurer Baryt, ſalzſaurer Kalk, ſalpeter— ſaures Ammonium, ſalpeterſaures Strontian, die ſalpeterſauren Salze von Natron, Kali, Eifen, Kupfer und ungereinigtes aci- dum pyrolignosum. 2. Reſultate, die man mit vegeta⸗ biliſchen Subſtanzen erhalten hat: Von Salzen ſcheint nichts dazu guͤnſtig, mit Ausnahme vielleicht des Subcarbonates und des Bicarbonates des Kali. In Naphtha und Eſſigſaure werden die Subſtanzen erhalten; aber in letzterer verlieren ſie ihre Farbe und nehmen eine roͤthliche Faͤrbung an. Prof. Hens low fügte noch hinzu in einer Note, daß, obgleich kohlenſaures Natron, wie es im Handel vorkommt, nicht in dem Berichte erwaͤhnt ſey, er doch finde, daß es bedeutende praͤſervirende Kraft fuͤr ani— maliſche Subſtanzen beſitze. Lebende Entenmuſcheln (Lepas) oberhalb der Meeresflaͤche, hat Hr. W. C. Trevelyan beobachtet. „Als ich 1837 auf der Inſel Elba war, bemerkte ich an Felſen, die der Mittagsſonne ausgeſetzt waren, in einer Hoͤhe von wenigſtens 6 Fuß über Hochwaſſerſtand und in Situationen, welche das Spritz— waſſer der Wellen nur in ſtuͤrmiſchem Wetter erreichen konnte, zahlreiche kleine lebende Exemplare von einer gemeinen Entenmu— ſchel (Lepas balanoides). Dieſe Thatſache mag vielleicht verdie— nen, angemerkt zu werden, weil ſie, bei einer nur fluͤchtigen Un— terſuchung eines unbekannten Ufers, leicht irre fuͤhren und zu der Meinung verleiten koͤnnte, es habe dort neuerlich eine Erhebung der Kuͤſte ſtatt gehabt.“ In Beziehung auf die Chemie und Phyfiologie der Verdauung iſt von der in Glasgow verſammelt geweſenen British Association for the Advancement of Science ein vielver— ſprechender Schritt geſchehen. Sie hat naͤmlich ein Comité, be— ſtehend aus prof. T. Thomſon, Dr. Prout, Prof. O wen, Prof. T. Graham und De. R. D. Thompfſon, erwaͤhlt und mit einer Summe von 200 Pf. Sterl. ausgeſtattet, um „eine Reihe von Experimenten uͤber Chemie und Phyſiologie der Verdauung vorzunehmen,“ und von America den Alexis St. Martin kommen zu laffen, das mit einer, durch die Bauchwaͤnde gehenden Oeff— nung des Magens verſehene Individuum, deſſen Dr. Beaumont in ſeiner mehrmals in den Notizen ſchon erwaͤhnten Schrift gedacht hat. 10 EN Zur vergleichenden Pathologie. Von Dr. F. Unger. (Hierzu die Figuren 1 und 2. auf der betliegendeu Tafel.) Dem Verfaſſer kam im Jahre 1839 an einem jungen Fichten: ſtaͤmmchen eine bis dahin noch nicht wahrgenommene Krantyeits— form vor, welche er Chrysomyxa abietis genannt hat. Die Nas deln hatten roſtbraune Flecke und zwar nur an den letzten Jahres— trieben, an dieſen aber ohne Ausnahme. Die ganze Subſtanz des Fichtenblattes beſteht aus parenchy— matiſchen Zellen, in deren Mitte ſich ein Gefaͤßbundel befindet, wie an dem auf der beiliegenden Tafel abgebildeten vergrößerten Durchs ſchnitte einer ſolchen Nadel (Fig 1.) beie zu bemerken iſt. Das Gefaͤßbuͤndel ift durch einen Kreis tafelförmiger Zellen umgeben, innerhalb welches bis zur Mitte noch 2 bis 3 Lagen anderer dunn— wandiger und etwas unregelmäßiger Parenc ymzellen zu erkennen find. Alles dieß bildet eine Scheide für die Elementartheile des Gefaͤßbuͤndels, d. h. einige Baſtzellen nach Unten und die Gefäße nach Oben, welche eine doppelte Schicht darſtellen. Dieſe Gefäße, welche den eigentlichen Holzkoͤrper bilden, find ſehr klein, jedoch verhäitnißmäßig dickwandig. Mitten durch das Gefaͤßbundel geht eine ſenkrechte Schicht parenchymatiſcher Zellen, welche als Mark: ſtrahl das Bündel in zwei Haͤlften theilt. Das Gefäßbundel vers läuft von der Spitze des Blattes bis zur Baſis und durch die Rin— de in den Holzkorper des Stammes; jedoch vermindert ſich die Ans zahl der dünnwandigen Baſtzeen an der Baſis der Nadel, und der Holzkoͤrper wird nur von Parenceym gebildet, Im Blattſtiele res ducirt ſich das Parenchym des Blattes zu einer kleinen Schicht von Zellen, die ſchmal, dickwandig und geſtreckt werdenz dagegen tritt das Chlorophyll in bedeutender Menge auf, wenn das Blatt in den Rindenkoͤrper des Stammes eintritt. In dieſem bemerkt man außen die Fortſetzung der Blattſtiele. Die dickwandigen Waren: chymzellen bilden die aͤußerſte Graͤnze; es folgen duͤnnwandige uns gefärbte Parenchymzellen, ſodann die Scheide mit grüngefärbten Parenchymzellen, durch die erſtgedachte Schicht tafelfoͤrmiger Zellen ſcharf von den Äußeren Schichten geſchieden. In dieſer Paren— chymſchicht verläuft das Gefaͤßbuͤndel, fi) der Cambiumſchicht und dem Holzkoͤrper naͤhernd und endlich in demſelben ſich vereierend; die letzte Schicht iſt das stratum parenchymatosum, die erſte das periderma (das stratum fibrosum fehlt den Coniferen). Die pas renchymatiſche Scheide der Gefaͤßbuͤndel des Blattes iſt alſo das Reſiduum des stratum parenchymatosum im Blatte. Die Hauptmaſſe des Fichtenblattes beſteht aus unregelmaͤßigen Zellen, die ſich anfangs zu Dodecasédern auſchließen, mit weiterer Ausbildung aber dieſe Regelmaͤßigkeit verlieren. (Fig. 1. 7). Die⸗ ſes Zellgewebe bleibt bis zu den beiden oberflaͤchlichſten Zellſchichten daſſelbe und iſt ſtrahlenfoͤrmig um das Gefaͤßbuͤndel abgelagert; die Zellen enthalten eine Menge Amvlumkoͤrner, welche durch Chlorophyll lebhaft gruͤn gefärbt ſind. Merkwuͤrdig iſt die ſchich⸗ tenförmige Vertheilung im Blatte und die dadurch entſtehenden Luftgaͤnge; indem ſich nämlich die Parenchymzellen nicht nach allen Seiten zu einer geſchloſſenen Maſie aneinanderreihen, bleiben Zwi— ſchenraͤume, welche im normalen Zuſtande Luft enthalten. Sämmt: liches Zellgewebe iſt in Schichten geordnet, die ſenkrecht auf die Axe des Blattes und parallel untereinander von der Baſis bis ur Spitze ſtehen, und nur aus einer einzigen Reihe parenchymatir cher Zellen zuſammengeſetzt find. Zwiſchen je zwei Schichten bes findet ſich ein Luftgang, welcher, da die Zellen theilweiſe auseinan— dertreten, mit andern communicirt. Dieß findet gegen den Blatt- ſtiel bin an mehreren Puncten, in der Mitte des Blattes dagegen nur unterhalb der Spaltöffnungen ſtatt. (Fig. 1. g) Die Spaltoͤffnungen gehoͤren den aͤußerſten Zellſchichten an, welche die Epidermis bilden z es nehmen zwei bis drei Zellentagen daran Theil; die Außerite Lage beſteht aus dickwandigen, geſtreckten, parenchymatiſchen Zellen, die darunterliegende aus einer oder zwei Reihen eigenthuͤmlicher Zellen, welche nach ihrer Anreihung nur für röhrenförmige, dickwandige Parenchymzellen gehalten werden können. Die Spaltöffnungen der Fichtenblätter find reihenweiſe nach der Laͤnge des Blattes an beiden Seiten geordnet; 2 bis 5 Reihen verlaufen ſowohl rechts als links von den vorſpringenden Leiſten deſſelben. Nach vorgenommenen Micrometermeſſungen zeig: ten ſich im Durchſchnitte vierundzwanzig Spaltöffnungen auf einer Duodecimallinie, für das ganze Blatt ungefähr 2,600, was mit Kroker's Angaben übereinftimmt. Durch einen Queerſchnitt ers kennt man den Bau einer Spaltoͤffnung; zunächſt ſchwellen zwei dickwandige Zellen der Epidermisſchicht etwas an, und bilden durch ihre ſeitliche Trennung eine laͤngliche Grube, den Eingang zur Spaltöffnung. Die Spalte ſelbſt wird von zwei kleinern, unmit⸗ telbar darunterliegenden, ebenfalls balbmondförmigen Zellen der zweiten Zellenſchicht der Oberhaut gebildet, an welche ſich ſeitlich zwei oder drei andere Zellen derſelben Schicht anſchließen. Alle dieſe haben viel duͤnnere Waͤnde, als die übrigen Zellen dieſer Schicht und daher größere luminaz die Spalte iſt als eine wahre Oeffnung in der Epidermis zu betrachten. Figur 2. zeigt die An⸗ ordnung dieſer Zellen, von Innen aus geſehen. Die Spalte, welche durch dieſe Zellen begraͤnzt wird, iſt ſehr ſchmal und kann durch die normale Spannung der Epidermis leicht noch mehr verengert und ſogar geſchloſſen werden, was indeß in Folge ihrer eigenthüm⸗ lichen Secretionen noch mehr bewirkt wird, wie wir ſogleich ſehen werden. Außerdem finden ſich Oel- oder Harzgaͤnge, indem die Leiſten auf beiden Seiten des Blattes durch ſolche Harzgaͤnge entſtehen. Es ſind bald engere bald weitere Canaͤle, welche dicht unter der Epidermis von der Spitze bis zur Baſis des Blattes verlaufen und blind endigen. Je nach der Lebensthätigkeit des Blattes find fie leer und zuſammengefallen, oder weit und ſtrotzend; eine Schicht parenchymatiſcher Zellen umgiebt dieſen Canal und fondert den harzigen Stoff ab. Dieſe Wandzellen find beinahe ungefärbt, ent halten jedoch viele Amytumkuͤgelchen. Ein ähnliches harziges Se⸗ cret ſcheint auch in den Epidermiszellen ſich zu finden; bisweilen findet man auch olige Stoffe; die Zellen der Oberbaut enthalten ebenfalls harzige Stoffe, beſonders diejenigen, welche die Spaltoͤff⸗ nung bilden und dadurch verklebt werden können, wodurch man weiße Pünctchen mit freiem Auge wahrnimmt. Wir gehen nun zur anatomiſch⸗pathologiſchen Unter⸗ ſuchung des erwähnten Blattexanthems über, welches ſich an allen Blättern des letzten Jahrestriebes fand. Die patbologifch anatomiſche Unterſuchung des Exanthems an dem letzten Jahrestriebe und zwar an faſt allen Blättern derſelben ergab Folgendes: Auf der Lichtſeite des Blattes zuerſt in's Gelb⸗ liche ſpielende Entfaͤrbungen; auf der Kehrſeite ähnliche Entfärs bungen, außerdem aber auch einen oder mehrere roſtgelbe Flecke, länglich oval und ſtsts zu beiden Seiten der hervorſpringenden Lei⸗ ſte, und zwar genau nur dort, wo ſich die Reihen der Epaltöffnuns gen befinden. Nach ihrer Dauer haben die roſtfarbenen Flecke ein verſchiedenes Ausſehen; die dunkleren find jünger, die lichteren zus gleich mehr umſchriebenen ſind vollkommener ausgebildet. Die gelbrothen Flecke zeigen eine warzenfoͤrmige Auftreibung der Blatt⸗ ſubſtanz, über welcher bei den jüngern die Epidermis noch unver⸗ ſehrt iſt, während fie bei den älteren fehlt und in der Umgebung der entblößten Stelle einen dunkleren Saum darftellt. Auf der offer nen Puſtel iſt eine koͤrnige oder ſtaubaͤhnliche Subſtanz nicht zu finden; es iſt alſo ſchon hiernach kein partielles Aöſterben dis Par renchyms, ſondern eine fremdartige Bildung vorhanden, welche mit einigen Pilzen verwandt iſt, und als ein Blactparaſit betrach⸗ tet werden muß. Dieß ergiebt ſich namentlich durch die mikroſco⸗ piſche Unterſuchung von Blattdurchſchnitten, z. B., Fig. I., wo ſich die Afterbildung in ihrer vollſten Entwickelung befindet. Die Epidermis iſt eben aufgeſprungen und bedeckt mit einigen zerriſſe⸗ nen Diachymzellen noch tbeilweife die Exanthempuſtel, welche ſich gerade auszubilden anfängt und bereits über die Ebene des Blattes 11 2 hervorgetreten iſt. Bei Fig. 1. ſieht man an der aͤußerſten Graͤn⸗ ze eine Subſtanz aus dicht aneinander gedrängten Röhren von hochrother Farbe (in der Abbildung nur ſchraffirt) z 5, unregelmaͤ⸗ ßige, nach Oben etwas erweiterte und unregelmaͤßige, theilweiſe verzweigte Schlaͤuche mit ſehr zarter Haut und grumoͤſem Inhaltez das Ende iſt abgerundet; der untere Anfang ſitzt aber in einer un— geformten ſchleimigen Materie. Dieſe Subſtanz iſt das eigentliche stroma und bildet hauptſaͤchlich die Geſtalt der Puſtel; aber dieſe matrix iſt nicht wie gewöhnlich, bloß auf dem Diachym des Bkat— tes auffigend, ſondern fie ſetzt ſich in dieſes fort. Ungefähr in ders ſelben Entfernung vom Mittelpuncte der Puſtel, wie die aͤußere Oberflaͤche der Roͤhrenſubſtanz, erkennt man abermals einige nicht undeutliche Spuren von Drganifation der genannten koͤrnigen Schleimſubſtanz, zuerſt unregelmaͤßige Fortſaͤtze (m), die einen im— mer beſtimmteren Character annehmen und endlich eine Art flocki— gen Gewebes darſtellen; dieſe Flocken ſind cylindriſch, einfach oder verzweigt und ſo verfilzt, daß man ſie ſelten unverſehrt darſtellen kann; ſie haben keine bedeutende Laͤnge; ihre Membran iſt ſehr zart, oder kann vielmehr als der condenſirte Theil der dieſelben conſtituirenden Schleimmaſſe angeſchen werden; daher erſcheint ſie voll Varicoſitaͤten, an denen ſich einige zu Fortſaͤtzen ausbilden, abſchnuͤren und als ſelbſtſtaͤndige Flocken erſcheinen. Ihr Inhalt beſteht in einer durchſichtigen, farbloſen, ſchleimig gelatinoͤſen Mate— rie, in welcher mehr oder weniger haͤufig orangegelbe, kugelige und unregelmaͤßige Maſſen eines ſich aus dem Schleime hervorbildenden Stoffes auftreten, welche dem Faden feine gelbe Farbe ertheilen. Durch kochenden Alcohol wird der Schleim weder aufgeloͤſ't, noch entfernt. Dieſe flockige Subſtanz, welche deutlich aus der matrix entftanden iſt, beſchraͤnkt ſich nicht auf den kleinen Raum der Puſtel, ſondern durchzieht das ganze Blatt nach allen Richtungen und bringt die Entfaͤrbung deſſelben hervor. Da, wie ſich noch ergeben wird, die Entwickelung des genann— ten Blattpilzes von der Athemhoͤhle der Planze ausgeht und von da alle Luftgaͤnge einnimmt, fo verbreitet ſich dieß flockige Gewebe auch durch das ganze Diachym des Blattes, wie bei Figur 1, wo 15 daſſelbe ſowohl vor als hinter der Zellgewebslamelle (cd) ver— reitet. Bei dem juͤngern Entwickelungszuſtande erſcheint in den Athem— hoͤhlen, ftatt der Luft, eine ſchleimig-koͤrnige, anfangs noch ungefaͤrbte Subſtanz. Sobald eine Färbung beginnt, verbreitet ſich die Sub: ſtanz ſchon über die Graͤnze der eigentlichen Athemboͤhlen; dieß ift aͤußerlich noch nicht ſichtbar und laßt ſich als erſtes Stadium bezeichnen; von nun an nimmt die Ausdehnung jener nun ſchon orangegelbgefaͤrbten Schleimmaſſe ſo uͤberhand daß ſie ſich bis zum vierten Theile der Tiefe des Beattes und ebenſoweit ſeitlich aus: dehnt. Nach Oben von der epid-rmis begraͤnzt, bemerkt man zwar noch keine Spuren von Schlau pbuͤndel; unterhalb aber ſetzt ſich dieſe Materie ſchon ſehr deutlich in das beſchriebene Flockengewebe fort; dieß iſt das zweite Stadium, in welchem die Afterbil— dung, von den Zellen des Diachyms binlaͤnglich geſondert, ſich auf die Athemhöhle und die Luftgaͤnge beſchraͤnkt, wie man auch bei dem der Flaͤche des Blattes parallel gefuͤyrten Schnitte, Figur 2, bemerkt. Erſt mit der Bildung der oberflaͤchlichen Schläuche, wel— che mit der Ausdehnung der Materie und der dadurch erfolgenden Zerreißung der epidermis gleichen Schritt haͤlt, beginnt das dritte Stadium, welches bis zur Vertrocknung des Blattes ſich gleiche zubleiben ſcheint. Die erſten Spuren der Krankheit treten Ende Mai's auf; in der Mitte des Sommers, wenn die jungen Nadeln feft werden, beginnt das zweite Stadium, und im Spätberbfte gebt die Bildung der oberflächlichen Schlaͤuche vor ſich. Dieſes dritte Sta— dium dauert den Winter hindurch, freilich verlangſamt; aber mit dem Fruͤhjahre ſchreitet es um fo raſcher fort, außert ſich jetzt durch das Aufſpringen der bisher geſchloſſenen Exanthempuſteln und ſchließt mit dem Vertrocknen und Abfallen des Blattes im Verlaufe des Sommers. Der ganze Proceß dauert ſomit uͤber ein Jahr Es fragt ſich nun zuerſt, welches die materiellen Bedingun— gen der Entſtehung dieſes Schmarotzerpilzes feyen; 2) wie der erkrankte Organismus dagegen reagirt. 12 Der Afterorganismus iſt in feiner Exiſtenz nothwendig von dem erkrankten Organismus abhängig; fo indiwidualiſirt er auch erſcheint, ſo kann er doch getrennt nicht fortbeſtehen; es werden alſo auch die Bedingungen ſeiner Entſtehung wenigſtens zum Theil in dem mütterlichen Organismus liegen. Nähme man auch eine Fortpflanzung durch Sporidien an (wie bei andern Pflanzenexan— themen), fo wäre doch die urjprängliche Erzeugung nicht erklart, ja es ließe ſich nicht einmal eine ſecundaͤre Erzeugung annehmen, da die erſten Entwickelungszuſtände ganz im Innern des Blattdiachyms vor ſich gehen, wo jeder Zugang von Augen durch die in den Spults oͤffnungen vorhandenen Harzſecretionen, ſelbſt in den juͤngſten Blätz tern, abgefperrt iſt. Es iſt alfo eine Uebertragung der Krankheits— proceſſes, der Befruchtung analog, nicht moͤglich. Es muß daher eine ſpontane Entſtehung angenommen werden; es muß dieſer eine Anomalie der den Athemorganen zukommenden Functionen zum Grunde liegen; denn die erſten Spuren ſind in den Athemhoͤhlen wahrzunehmen. In der Stoͤrung der Athmungsfunction, mit wel— cher die Tranſpiration der Waſſerdunſte nothwendig in Verbindung ſteht, iſt alſo ohne Zweifel der nachſte Grund der Entſtehung die— ſes Afterproductes zu ſuchen. Eine naͤhere Betrachtung uͤber die F hier der Athmungsfunction laͤtzt ſich bei der Dunkelheit des nor— malen Zuſtandes dieſer Function nicht anſtellen; über die mehr palpable Tranſpiration der Pflanzen ſind unſere Erfahrungen we— niger beſchrankt; wir wiſſen, wie viel Fluͤſſigkeit aufgenommen und in Dunftform wieder abgegeben wird; wir kennen die Urſachen der Abaͤnderung der Tranſpiration und wiſſen, was von dieſen Abaͤn— derungen der Organiſation der Pflanze und was den aͤußern Vers haͤltniſſen zuzuſchreiben iſt. Es ſind von dem Verfaſſer neue Un— terſuchungen angeſtellt worden, aus welchen ſich Folgendes ergiebt: 1) iſt erſichtlich, daß die Tranſpiration eine von der Aufnahme waͤſſriger Nahrungsſtoffe unabhängige Erſcheinung iſt; daß zwar allerdings eine groͤßere Einſaugung von Fluͤſſigkeit eine Vermeh— rung der Tranſpiration zur Folge hat, daß dieſe aber keinesweges ſteigt, wenn jene vermehrt iſt und umgekehrt; 2) daß die Verdunſtung hauptſaͤchlich von der Ausdehnung der Structur der tranſpirirenden Organe (Blätter) abhaͤngt, daß dem— nach, fo wie dief, zunimmt, auch jene vermehrt wird und umge— kehrt. Die Tranſpfration ſtiht daher keinesweges mit dem Ge— wichte der Pflanzentheile, wohl aber mit dem Umfange der blattar— tigen Organe im Verhaͤltniſſe; 3) daß die Tranſpiration, als Vorgang des Lebens, durchaus nicht kraͤftiger vor ſich geht, als die bloße Verdunſtung, was ſich durch den Vergleich mit Schuͤbler's Reſultaten unverkennbar darſtellt; 4) daß die Fichte und Nadelhoͤlzer uͤberhaupt von den allge— meinen Regeln der Tranſpiration nicht abweichen, daß ſich jedoch beſonders erſtere von den meiſten Laubhoͤlzern dadurch auszeichnet, daß ſie eine verhaͤltnißmaͤßig ſehr ſparſam waͤſſrige Nahrung be— darf, welche im Durchſchnitte kaum der dritte Theil deſſen iſt, was andere Pflanzen noͤthig haben. Der nach unſeren Betrachtungen keinesweges ſo geringe Waſſergehalt der Fichte, verbunden mit der ſparſamen Aufnahme und eben fo unbedeutenden Zranfpiration moͤchte allerdings die Vermuthung unterſtuͤtzen, daß vielleicht gerade der minder raſche Austauſch von waͤſſriger Feuchtigkeit in der Fichte Veranlaſſung zu der großen Menge von Abſonderungen geben mag, die ſich durch Kohlenwaſſerſtoffverbindungen auszeichnen. Ueberwiegt jener Proceß der Harzbildung in Folge exorbitiren— der, entbindender oder univerſeller Lebenseinrichtung, ſo erſcheint dieß als uͤbermaͤßige Harzabſonderung, und wir erkennen in dieſem Profluvium deutlich eine Krankheit, die fich nicht auf dieſes oder jenes Organ beſchraͤnkt, ſondern durch die Bildung neuer Harz— gaͤnge in den verſchiedenſten Theilen der Pflanze, ſelbſt in dem Holzkoͤrper, deutlich ihre, den ganzen Organismus beherrſchende Kraft beurkundet. Dieſem Zuftande der Nadelhoͤlzer entſpricht im thieriſchen Or: ganismus der hydrops universalis. Außer Modification der Le— bensthaͤtigkeit, durch welche das Gleichgewicht zwiſchen Aufnahme und Ausſcheidung verandert wird, und welche gewiſſermaßen die An— lage zu jener Krankheitsform darſtelle, kann aber auch eine durch climatiſche Verhaltniſſe herbeigeführte Hinderung der Athmungs⸗ 13 function im Allgemeinen und der Tranſpiration in'sbeſondere als Grund der Entſtebung der Pflanzenecxantheme angeſehen werden. Vermehrte Aufnahme waͤſſriger Nahrungsmittel waren im vor— liegenden Falle nicht die Urſache; denn es fanden ſich die Zeichen von Ueberfüllung in dem Baͤumchen nicht, es beſchränkte ſich das Exanthem auf die letzten Jahrestriebe, und es hatte das entſpre— chende Jahr keinesweges die Bedingungen zur Saftüberfüllung mit ſich gefuhrt. Die Urſache iſt nur in der Hemmung der Athmungs— functian und der Tranſpiration zu ſuchen. Dieß wird durch Folgen— des bestatigt. Die genannten Functionen werden namentlich durch die Blätter und blattartigen Tneile der Pflanze und an dieſen bes ſonders durch die Spaltoͤffnungen vermittelt. Durch Verſuche iſt es erwieſen, daß die Spaktoͤffnungen der Fichtenblätter, obwohl fie von der erſten Jugend an mit harzigen Excrementen verſchloſſen find, dennoch für den Durchgang von Luſtarten (alfo auch für die Athmungsfunction) nicht ungeeignet ſind; dagegen ergiebt ſich aus dem Fruͤheren, daß, wenn überhaupt die Tranſpiratjon auch durch die epidermis hindurch vor ſich gehen kann ſie durch die doppelte Schicht der Fichtenbſaͤtter gewiß aͤußerſt unmerklich erfolgt, fo daß die geringe Abgabe von Wafferdünften in dieſer Pflanze theils dadurch, noch mehr aber durch die Verklebung der Spa toͤffnungen zu erklären iſt. Geringe Störungen der Excretion werden in den meiſten Fällen durch erhoͤhte Harzſecretion und durch verminderte Aufnahme ꝛc. ausgeglichen. Anders iſt es, wenn die Hemmungen andauernd und intenſiv ſtattfinden; alsdann müffen die waͤſſrigen Auswurfſtoffe ſich anſammeln und zum Theil ſelbſt wieder ein Pin— derniß der normalen Athmungsfunction abgeben Es fragt ſich dabei, ob dieſe Hemmungen abſolut oder nur re— lativ aͤußern Momenten ihr Daſeyn verdanken. Relativ aͤußere Momente können vorkommen, z. B., Verſchließung der Spaltoͤff— nungen durch Druck nebenliegender Gewebstheile, durch Tur— gescenz der die Spaltoͤffnungen bildenden Zellen, vielleicht auch durch quantitativ und qualitativ veränderte Harzexcretion ſelbſt ꝛc. Die Erfabrung ſpricht aber mehr für abſolut äußere Urſachen. Ebenſo wie nun Pflanzenexantheme uͤberhaupt zuletzt von dußern Urſachen bedingt ſind, die auf Hemmung der Athmungsfunction hinwirken, fo auch im vorliegenden Falle; dafür ſprechen die cli— matiſchen Verbältniffe, fo wie der Standort jener jungen Fichte. Die Jahrestriebe der verſchiedenen Jahre waren nicht gleichmäßig von der Krankheit afficirt, waͤhrend die Krankheitstriebe eines und deſſelben Jahres ſaͤmmtlich von der Krankheit befallen waren, wo— bei ſich erwies, daß es immer die Triebe aus einem naſſen Jahre, beſonders Frühling, waren. Die anhaltende Naͤſſe wirkt aber auf doppelte Weiſe; einmal durch größere Quantität waͤſſeriger Nah: rungsſtoffe, welche durch die Wurzeln eingenommen werden, ſodann aber durch Behinderung der Tranſpiration und Athmung übers haupt, welche in einer mit Waſſerduͤnſten erfüllten Atmoſphaͤre ſparſamer erfolgen, als unter entgegengeſetzten Verhaͤltniſſen. So erfolgt alſo mangelhafte Aſſimilation, verminderte Ausbildung der Pflanzenfaſer, ſparſamere Entwickelung der in den Zellen abgela— erten Subſtanzen; andererſeits aber Ueberfuͤllung der durch Tran: piration auszuſcheidenden waͤſſrigen Säfte. Da veränderte Aus⸗ bildung der Pflanzenſubſtanz ſchwer zu erkennen iſt, ſo macht ſich vorzüglich die Ueberfuͤllung wiſſriger Excretionsſtoffe durch weitere Folgen als Krankheitsmoment geltend. Die Anbäufung waͤſſriger Excretionsſtoffe wird ſich hauptſaͤchlich in den Ausfheidungsorga: nen, d. b., in den Blattern bemerktich machen, wenn das Obige richtig iſt. So iſt es auch bei den Pflanzenexanthemen überhaupt und bei der Chrysomyxa abietis beſonders. Anſammtungen von Auswurfſtoffen in dem Reſpirationsſyſteme ift der nächite Grund, wie dieß beſonders die Beſtimmungen des Luftgehaltes kraͤnkelnder Fr der Fichte im Vergleich mit den gefunden dargethan aben. Mit dem Waſſer werden bei der Tranſpiration auch einige or⸗ ganiſche Stoffe ausgeſondert. Werden auch fie zurückgehalten, fo ſcheinen fie ſich gewohnlich in und um die Athemhoͤhle herum zu einer gleichfoͤrmigen Maſſe zu verdichten und ſtellen das dar, was als matrix der Exantheme beſchrieben wurde, jedoch nicht bloß den Boden, ſondern häufig den Mittelſtock deſſelben abgiebt. 14 Auffallend iſt, daß die Krankheit der Fichte nur ſporadiſch an einigen Fichten vorkam, waͤbrend der übrige Wald davon frei ge, blieben war. Dieß kann nur durch Baeruückſichtigung einiger Ne— benumftände ſeine Ertlarung finden. Die Strecke, worauf jene Fichtenſtaͤmmchen von der Krankheit ergriffen waren, war ein Schlag, der ſeit etwa 8 10 Jahren mit einem Anfluge verſchiede— ner Waldbaͤume, vorzüglich aber mit Fichten, befegt war; ſie ſtan⸗ den zu dicht und gediehen nur kümmerlich, wozu die nordweftlidhe Neigung des unfruchtbaren Grundes von Quarzgeröl mit wenig Kalkme gel das Jorige beitrugen; daß die Luftcirculation fehlte, ſah man daraus daß die meiſten dieſer Nadelhoͤlzer von Flechten ganz überzogen waren, ſogar bis zu den Nadeln herauf. Da, wo nun dieſe Eiufluſſe und die durch fie bedingte Krankheitsanlage maͤchtiger waren, laͤßt ſich die ſporadiſche Entwickelung ſehr wohl erklaͤren, um fo mehr, da die Chırysomyxa hauptſächlich da gefuns den wurde, wo wegen dichtem Stande der Bäume die normale Tranſpiration die meiſten Hinderniſſe fand. Da das individuelle Leben auf jeden Conflict äußerer Potens zen reagirt, fo muüſſen die Reactionserſcheinungen ebenfalls nachge⸗ wieſen werden. Dieß iſt im vegetativen Leben fchvieriger; doch fehlen fie auch bei der entophytiſchen Entwickelung der Chryso- myxa nicht. Ob die etwas mangelhafte Ausbi dung von amy lum und Chlorophyll in den Zellen ſolcher kranker Blätter, die mehr oder minder deutlich wahrzunehmen iſt, ſich aber bei einer ähnlichen Krankheit der Tanne (Cacoma elatinum) vis zum gänzlichen Ver⸗ ſchwinden dieſer Bildungen ſteigert, hierher zu rechnen ſey, bleibe dahingeſtellt. Auch die Auftreibung der Blattſubſtanz, die Ver: faͤrbung u. ſ. w. kann man nicht als Reactionserſcheinungen bezeich⸗ nen; ſie find vielmehr Attribute des Krankheitsorganismus. Def: ſenungeachtel treten zuweilen ſchon vor dem dritten Stadium, bäu- figer aber nachher, Virfaͤrbungen des Zellinhaltes der dem Krank— heitsheerde zunaͤchſtliegenden Parthieen ein, welche ohne Zweifel mit Entmiſchung und B:ränderung der Subftanzbegleiter und als Folge eigenartiger Reactionen zu betrachten ſind. Der beſ briebene Paraſit hat alfo die Eigenſchaften eines indi⸗ viduellen Weſens, und zwar muß derſelbe in die Claſſe der Pilze, fungi, geſtellt werden. Unter den Pilzen, deren einzelne Gattun— gen auch als Entophyten, als Afterorganismen erſcheinen, zeichnen ſich beſonders die Uredineen und Mucedineen aus; die Chrysomyxa gehört zu den erſtern, obgleich ſie der Character derfelben auszu- ſchließen ſcheint. Alle Uredineen haben Sporidien, welche, innerhalb der lebenden Pflanzenſubſtanz entſtanden, nach Zerreißung der fremdar— tigen ſowohl als der ſeibſtgebildeten Hüllen auf die Oberflache der⸗ ſelben treten. So geht es naͤmlich auch bei der Chrysomyxa, wel⸗ cher jedoch die Sporidien fehlen, während in ihrer Entwidelungsger ſchichte mehrere Eigenthuͤmlichkeiten vorkommen, die umgekehrt auch den Uredineen zu mangeln ſcheinen. Dahin gehört namentlich der ſonderbare flockige Radiculartheil der matrix. Ein ſolches Flockenge⸗ webe findet ſich aber auch fonft als Fortſetzung der matrix, na: mentlich bei Botrytis nivea, an den Blättern mehrerer Umbiliferen, Cruciferen ꝛc., bier in der Regel das ganze Blattdiachym durch- ziebend. Die Form der die Oberflache bildenden Schlauche laßt eine entfernte Aehnlichkeit mit mehreren Ursdoarten nicht verkennen; es fehlt aber die Erweiterung und Abſchnuͤrung; kurz Sporendil⸗ dung, wie fie bei der ganzen Familie der Uredincen vorkommt, ſcheint bier ganz und gar zu fehlen. Die Chrysomyxa ſtellt eine eigene Gattung, zunaͤchſt der Gattung Uredo, dar . So ahnlich ſich die Bildung von Krankbeitsorganismen und von abnormer (wuchernder) Zellbildung ſiad, ſo un. terſcheiden ſich doch beide von einander. Bei beiden wird die or⸗ ganiſche Sub ſtanz durch neue Elementartbeile vermehrt; dieſelben nehmen aber im erſten Falle einen fremdartigen Typus an wäh: rend fie bei der Zellwucherung von dem normalen Typus nicht ab: weichen. Bei den Entephyten (z. B., pilzartigen Pflanzeneran: themen) findet man als Elementartheile nichts als Zellen, die aber in Form und Beſchaffenheit von denen des Trägers abweichen, he⸗ terogen find. Bei übermäßiger Zellenbüdung weichen die Zellen in Form oder Natur durchaus nicht ab, fie geben nur über die Gränze des Individuums hinous. Durch dieſe Zellwucherung entſteht Gr: crescenz, zu deren Bildung continuirlich wirkende Reize erforderlich 15 find. Sticht man einen Pflanzentheil an und bringt einen (tod: ten) fremden Koͤrper in die Wunde, ſo erfolgt keine Wucherung; ſelbſt bei Einſchließung fremder Körper durch die Pflanzenſubſtanz bemerkt man keine Einkapſelung, die im thieriſchen Organismus fo haͤuſig iſt; dagegen bei dem Reize eines Inſectes oder eines Eies in der Wunde erfolgt vermehrter Zufluß plaſtiſcher Säfte, fo lange der Reiz wirkt. Durch das plaſtiſche Product erfolgt Einkapſe— lung, wie bei Thieren; bei den Pflanzen iſt jedoch, entſprechend der Mannigfaltigkeit der Reize, auch die Form ſolcher Wucherbildungen ſehr vielfältig. Auch im Thierkoͤrper find dieſe Wucherbildungen nicht als Krankheitsorganismen anzuſehenz; es iſt aber für jetzt nicht zu unterſcheiden, was von den verſchiedenen Excrescenzen Schwies len, Warzen, Knoͤtchen und Puſteln ꝛc.) zu den Wucherbildungen, was zu den Krankheitsorganismen gehoͤre. Der Proceß der Gra— nulation und Eiterbildung gehört, nach Henle's Unterſuchung, eben- falls hierher; bei beiden werden Zellen gebildet, die bei Gra— nulationen reichlicher und vollkommener, bei der Eiterung weniger zahlreich und rudimentaͤr (Eiterkuͤgelchen) ſind; ſie laſſen ſich auch im Pflanzenorganismus nachweiſen, ebenſo wie die Entzündung, welche dem Verfaſſer, nach den Entdeckungen Schwann's uͤber die genesis der Gefaͤße, als ein Zuſtand erſcheint, wo die Zellſtoff— (Cytoblaſtem-) abſondernden Zellen (Gefäße) in ihrer Thaͤtigkeit exorbitiren. Auch ruͤckſichtlich der Zellbildung findet ein Unterſchied bei den Krankheitsorganismen und bei der Zellwucherung ſtatt. Die Zellen der Krankhbeitsorganismen (aller Entophyten) entwickeln ſich auf urſpruͤngliche Weiſe aus einem zwiſchen den Zellen abgelagerten und von denſelben abgeſchiedenen, mehr oder weniger homogenen Stoff (matrix). Bei der Wucherung dagegen findet zwar zum Theil daſſelbe ſtatt; allgemeiner jedoch die von dem Verfaſſer me— rismatifch genannte Zellbildung, wobei die neuen Zellen nicht aus einer haͤufig abgeſonderten Intercellularſubſtanz, ſondern durch Thei— lung mittelſt Entſtehung von Zwiſchenraͤndern entſtehen, oder ſich vervielfaͤltigen und ſo das Afterproduct darſtellen. So iſt es auch bei den Thieren. Epitheliumzellen und Knorpelzellen entwickeln ſich, nach Schwann, gewoͤhnlich nicht innerhalb einer Mutterzelle, ſondern in einem Intercellularraum. Daſſelbe iſt bei wuchernder Zellbildung der Fall, wo das Cytoblaſtem den Stoff fuͤr die Zell— bildung hergiebt und der Unterſchied nur in der groͤßern oder ge— ringern Vollkommenheit der neuen Zellen und in ihrem quantitati— ven Verhaͤltniſſe liegt. Wie die Zellbildung in den Krankheitsor— ganismen der Thiere vor ſich geht, iſt noch unbekannt, wahrſchein— lich aber wie bei den Pflanzen: alſo werden nicht in den Zellen die Keime der Krankheitsorganismen bei Thie⸗ ren zu ſuchen ſeyn, ſondern außerhalb derſelben im Cytoblaſteme. (Schluß folgt.) 16 Miscellen. Ueber die Anordnung der Gefaͤßchen eiternder Flächen theilt Herr Robert Liſton in der Royal med. and chirurg. Society einige Bemerkungen mit, namentlich in Bezug auf die Granulationsflächen in Abſceſſen und auf offenen Geſchwuͤ— ren. Er ſagt, daß man bei genauer Unterſuchung finden werde, daß der Abſceß auf der freien Flaͤche mit einer Lymphſchicht von verſchiedener Dicke uͤberzogen ſey, gewoͤhnlich etwa „; Zoll dick. Dieſe Schicht iſt zuerſt im fluͤſſigen Zuftande und zwar in Form kleiner durchſichtiger Troͤpfchen exſudirt, welche von ſelbſt coaguli— ren und dabei allmaͤlig milchig und conſiſtent werden. Die Gra— nulationen erſcheinen an ihrer Oberflaͤche zuerſt coagulirt, und das Innere des Tropfens bleibt noch eine Zeitlang fluͤſſig und durch— ſichtig; allmaͤlig wird die Schicht conſiſtenter und von gelber Far— be. Sie liegt auf einer ſehr gefaͤßreichen Schicht, hängt damit mehr oder minder genau zuſammen, waͤhrend in der Gefaͤßſchicht die Gefäße auf eine merkwuͤrdige Weiſe mit einander ſich verflech— ten und anaftomofiren, fo daß ein zartes Netzwerk entſteht. In der Lymphſchicht bemerkt man Neigung zu Organiſation; in Eurs zer Zeit wird fie von feinen Blutgefaͤßen durchzogen, welche kuͤnſt⸗ liche Injectionen zulaſſen. Dieſe Capillargefaͤße find auf den Gra— nulationen freier Flächen deutlich ſchlingenartig und gewunden. Die einzige Verſchiedenheit zwiſchen den Capillargefaͤßen in Abſceß⸗ haͤuten und auf offenen Geſchwuͤrsflaͤchen beruht darauf, daß die— ſelben auf den letzteren nicht durch einen Druck unterſtuͤtzt werden, daß ſie daher ſich erweitern, varicos werden und zu den dunkelen Faͤrbungen und bisweilen gefährlichen Gefaͤßzerreißungen auf offe— nen Geſchwuͤrsflaͤchen Veranlaſſung geben. (Lancet, Febr. 1840.) Eine Heilanſtalt für die Cretins in der Schweiz, de— ren Anzahl man auf mehrere Tauſend (P. Girard gar auf 8000) berechnet, wird auf dem Abendberge, unter Leitung des Dr. Hug— gen buͤhl in Hofwyl, errichtet werden. Auf freiſtehenden Bergen ſind naͤmlich dieſe Ungluͤcklichen, wenn ihr Uebel nicht ſehr alt und eingewurzelt war, ſchon früher bei einem mehrjährigen Aufenthalte geheilt worden. Auf dem Abendberge werden ſie auf der Hoͤhe von 3,400 bis 5000 F. uͤber der Meeresflaͤche behandelt werden. Unter dem Arzte wird ein Taubſtummenlehrer und eine barmherzi— ge Schweſter als Pflegerin wirken. Eine für den Zweck zufams mengetretene „Abendberg-Geſellſchaft“ bittet alle Menſchenfreunde in und außer der Schweiz um Beitraͤge. Necrolog. — Der beruͤhmte Vorſteher der chirurgiſchen Clinik in Berlin, Geheime Ober-Medicinalrath Dr. Ruſt, Leibarzt Sr. M. des Königs, iſt am 9. October auf feinem Gute Kleutſch, in Schleſien, geſtorben. Gibliographis che Neuigkeiten. Keepsake d’histoire naturelle. Description des mammiferes, Clas- sification de Cuvier, Texte de Buffon. Revu, réduit et pré- cede d'une introduction par Charles d'Orbigny. Livraison 1 — 2, Paris 1840. 8. Ueber die Zeugung und Entſtehung des wahren weiblichen Eies bei den Saͤugethieren und Menſchen. Eine von der Koͤnigl. Socie— taͤt der Wiſſenſchaften zu Goͤttingen gekroͤnte Preisſchrift von U. F. Haus mann, Director der K. Thierarzneiſchule zu Dans nover. M. 10 Kupf. Hannover 1840. 4. Instruction sur la pleuropneumonie ou péripneumonie conta- gieuse des betes bovines de la vallee de Bray (Seine - Infe- rieure). Par O. de Lafond. Paris 1840. 8. Memoire sur les dimensions du coeur chez l’enfant nouveau ne, suivi de recherches comparatives sur les mesures de cet or- gane à l’etat adulte. Par Maxime Fernois. Paris (chez Bailliere) 1840. 8. (Hierzu eine Tafel Abbildungen in Quarto, ) Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Frorter zu Weimar, und dem Mediennglrathe und Prefeſſer Frerier in Berlin. Ne. 332. (Rr. 2. des XVI. Bandes.) October 1840. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Mthlr. oder 3 Fl. 86 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl— Ueber die Zahl der Eier, welche die verſchiedenen Voͤgelarten legen. Von Marcel de Serres. Die Voͤgel, dieſe leichten Bewohner der Luͤfte, zeichnen ſich nicht bloß aus durch die Lebhaftigkeit ihrer Bewegun— gen, die Heftigkeit ihrer Leidenſchaften, gewiſſermaßen eine natuͤrliche Folge der Waͤrme ihres Blutes, ſondern auch durch ihre außerordentliche Fruchtbarkeit. Dieſe Fruchtbarkeit kann mit einiger Genauigkeit ge— ſchaͤtzt werden. Sie wird uns wenigſtens angegeben durch die Zahl der aus ihr hervorgehenden Eier, wie auch durch die Zahl der Bruͤtungen, welche die Voͤgel um ſo mehr zu wiederholen ſcheinen, als ſie mehr in'sbeſondere unſerer Herr— ſchaft unterworfen ſind. Was die Zahl der Eier anlangt, welche die Voͤgel le— gen, um ihre Race zu erhalten, ſo ſcheint ſie eben ſo viel von ihrer Groͤße, als von ihren Sitten und Gewohnheiten ab— zuhaͤngen; wenigſtens ſieht man, wie die großen Arten und beſonders die Raubvoͤzel, wie Adler und Geier, nur eine ſehr kleine Zahl Eier legen und ſelbſt nur einmal bruͤten. Unter den Arten, bei welchen die Zahl der Eier auf eine Einheit reducirt iſt bei jeder Bruͤtung, kann man den Strauß und den Caſuar citiren. Obgleich die Fruchtbarkeit der Adler und Geier in gehoͤrigen Schranken gehalten wird, wie das mit faſt allen Fleiſchfreſſern der Fall iſt, ſo legen dieſe Voͤgel doch bis zu zwei oder drei Eiern; aber die ei— nen, wie die anderen legen für jede Bruͤtung nur eins. Man muß nicht glauben, daß der Strauß, wenn er ſeiner Freiheit beraubt iſt und gezaͤhmt wird, fruchtbarer ſey, denn er legt nie mehr, als ein Ei; doch wiederholt ſich das Le— gen mehreremale im Jahre. Die Voͤgel von mittelmaͤßiger Groͤße, und beſonders die kleinen, legen im Allgemeinen eine ziemlich große Zahl Eier. Ebenſo verhaͤlt es ſich mit den Arten, welche ſich von Koͤrnern, Fruͤchten, Inſecten naͤhren. Unter letztern zeichnen ſich beſonders die Meiſen aus, welche bis zu zwan— zig Eier legen und uͤberdem zwei oder dreimal im Jahre bruͤten. No. 1432. rr Die Meiſen, die Zaunkoͤnige und alle kleinen Arten der Singvoͤgel, die fruchtbarſten von allen Voͤgeln, zeichnen ſich auch durch die Entwickelung ihrer maͤnnlichen Geſchlechts— theile aus, beſonders der fanmenbereitenden; fo daß, je größer die Anzahl der Eier iſt, die fie legen, deſto größer iſt auch die Entwickelung ihrer maͤnnlichen Befruchtungs— organe. Was die Bebruͤtung anlangt, fo wird ſie gleichmaͤßi— ger von Maͤnnchen und Weibchen ausgeübt bei den Voͤ— geln, welche eine große Zahl Eier legen. Bei den Arten hingegen, welche nur wenige legen, deſorgt das Weibchen allein das Bruͤtungsgeſchaͤft. Bei den letztern giebt es auch Muͤtter, welche nicht einmal die Sorge uͤbernehmen, die von ihnen gelegten Eier in einer paſſenden Temperatur zu erhalten, indem ſie ſich auf die verlaſſen, welche die Sonne ihnen mittheilt. Es iſt leicht zu begreifen, warum Muͤtter, welche eine große Quantitaͤt Eier legen, nicht dem Zufalle die Sorge fuͤr ihre Nachkommenſchaft uͤberlaſſen duͤrfen und daß es für die Eltern nothwendig iſt, über die Zukunft ib: rer Kleinen zu wachen. Auch der Strauß und Caſuar, welche, wie bemerkt wurde, nur ein einziges Ei legen, be: bruͤten es nie anders, als mit den Augen, nach dem gluͤck— lichen Ausdrucke der Wilden. Allerdings legen die Kukuks⸗ Weibchen eine gewiſſe Zahl Eier, und doch brüten fie felbige auch nicht; aber in ihrer Vorausſicht wiſſen ſie ſehr gut, fie in das Neſt von andern Vögeln zu legen, welche, ſtatt der Eltern, die Sorge uͤbernehmen, uͤber die Erhaltung von Kleinen zu wachen, die ihnen nicht angehoͤren. Uebrigens ſcheinen die ſo eigenthuͤmlichen Gewohnheiten der Kukuke, von denen aller uͤbrigen Voͤgel verſchieden, gewiſſermaßen durch ihre Lebensweiſe und ihren Koͤrperbau nothwendig gemacht. Sie haben wenigſtens die muͤttetliche Zaͤrtlichkeit zum Schweigen gebracht, die bei den meiſten, und man möchte ſagen, bei allen Vögeln fo natuͤrlich und fo leb— haft iſt. Nichts iſt größeren Verſchiedenheiten unterworfen, als bei den verſchiedenen Arten von Voͤgeln die Anzahl der zur 2 19 Beendigung der Vebrlitung nöthigen Tage. Gewiſſe Arten beduͤrfen nur fuͤnf Tage, um ſie voͤllig zu beendigen, waͤh— rend bei anderen acht, zehn und ſelbſt bis zu dreißig Tage nothwendig ſind, um ſie zuwege zu bringen. In Folge jener ſchuͤtzenden Macht, welche ſtets uͤber die Erhaltung lebender Weſen wacht, werden auch die Eier, welche lange nach den erſten gelegt wurden, doch faſt zu gleicher Zeit mit den erſten ausgebruͤtet. Dieſe fuͤr das Schickſal der ſo ſpaͤt zum Vorſcheine gekommenen Eier fo gluͤckliche Eigenthuͤmlichkeit, hängt viel— leicht davon ab, daß die zuletzt gelegten Eier in dem Au— genblicke, wo fie aus dem Schooſe ihrer Mutter hervortre⸗ ten, eine betraͤchtlichere Waͤrme finden, als die erſten. Dieſe Waͤrme, zu der, welche ſie ſelbſt beſitzen, hinzutre— tend, laſſen ſie auf eine ſchnellere Weiſe auskommen, als diejenigen, welche vor ihnen ſchon belebt waren. In Folge dieſer wunderbaren Combination, ſehen die Muͤtter ihre ganze Familie auf einmal auskommen; es ſcheint, daß ſie wegen der Zukunft ihrer Kleinen ſicher ſeyn ſollten, indem dieſe in dem von ihnen erwaͤrmten Neſte die Waͤrme finden, welche geeignet iſt, ſie an's Licht der Welt zu foͤrdern. Auch haben die Weibchen der huͤhnerartigen und Schwimmvoͤgel auf ihrem raſchen Gange oder bei ihrem Schwimmen, wenn ſie ſich dieſem überlaffen, ihre kleinen Kuͤchlein hinter ſich, und zwar bald, nachdem ſte aus den Eiern herporgekommen ſind. Mehr noch. Manche Arten von Tauchervoͤgeln, wie die Seetaucher (grebes), die Tau⸗ cher, wenn ihre Kleinen ihnen folgen und wenn ſie tief un— tertauchen wollen, ſetzen dieſelben auf ihre Ruͤcken und tau— chen auf dieſe Weiſe mit ihnen, Dieſe Vögel ziehen fie ſelbſt kurze Zeit nach der Geburt mit ſich fort und ſo zu fagen, wenn die Kleinen fo eben erſt aus der foliden, fie einſchließenden, Schale hervorgekommen ſind. Dieſer letztere Umſtand iſt den Waſſervoͤgeln nicht ausſchließlich eigen; er hat auch bei einer großen Zahl Landvsgel ſtatt. Wer weiß nicht, daß es ſich fo mit dem Huhne, Feldhuhne, Schnee— hubne, Auerhahne und vielen andern Voͤgeln verſchiedener Ordnungen verhaͤlt, welchen ihre Kleinen gleich nach dem Auskriechen folgen. Auch kommen, in Folge dieſer inſtinkt— maͤßigen Gewohnheiten, die Eier dieſer Arten in geringen Zwiſchenraͤumen voneinander aus, obgleich ſie hintereinander und in mehr oder weniger großen Intervallen gelegt worden waren. Dieſe Geſetze ſind eben ſo bewunderungswuͤrdig, als nothwendig; denn wenn die in demſelben Neſte eingeſchloſſe— nen Voͤgel nicht einer lange Zeit nach dem andern auskä— men, ſo wuͤrden die zuerſtgekommenen unaufhoͤrlich das Le— ben der letzten bedrohen, oder wuͤrden ſie verhindert haben, aus dem Schnabel der Mutter die fuͤr ihre Beduͤrfniſſe un— umgaͤnglich nöthige Nahrung zu erhalten, und zwar beſon— ders im fruͤheſten Alter. Die Bebruͤtung faͤngt nicht eher auf eine regelmäßige Weiſe an, als nachdem die Mutter ſaͤmmtliche Eier in das Neſt gelegt hat, wo ſie ſelbige bebruͤten ſoll; bis dahin bleibt ſie nur kurze Zeit auf dem Neſte und nie anhaltend. Koͤſtlicher Inſtinet, den die Natur in das Hirn jeden Vo: 20 gels gelegt hat und welcher ihn antreibt, immer dieſelben Gewohnheiten beizubehalten und ſein Neſt zur Aufnahme dieſer Kleinen, der Hoffnung der kuͤnftigen Race, vorzube⸗ reiten. Um die Erhaltung der Arten beſſer ſicher zu ſtel— len, ſieht man, wenn man, aus irgend einer Urſache, einer die er zaͤrtlichen Mütter ſaͤmmtliche von ihr gelegten Eier wegnimmt, ſieht man bald dieſe Mutter, die ſtets mit der Erhaltung ihrer Race beſchaͤftigt iſt, ein neues Neſt bauen und neue Eier legen, Bei der ploͤtzlichen Erſcheinung dieſer neuen Familie, welche der verſchwundenen fo ſehr ſchnell gefotgt iſt, fragt man ſich, wie in ſchwachen Zwiſchenzeiten von acht Tagen eine Meiſe alle die Subſtanz zuſammengebracht habe, welche fuͤr die zwanzig neugelegten Eier noͤthig iſt und doch ge— ſchieht dieß ohne Anſtrengung und ohne Ermuͤdung fuͤr die Mutter. Der einzige Unterſchied, welcher zwiſchen dieſen auf eine ſo unerwartete Weiſe verfertigten Neſtern und den al— ten Neſtern ſtatt hat, iſt, daß die letzteren immer weniger kunſtreich gebauet ſind, vielleicht, weil das Weibchen nicht die noͤthige Zeit gehabt, um ihrem Baue die gehoͤrige Sorg— falt zu widmen. Es ſcheint zwiſchen der Dauer der Bebruͤtung und der Zahl der Eier, welche die Weibchen legen, gar keine Art von Beziehung ſtatt zu finden. Es giebt allerdings gewiſſe Arten von Voͤgeln, welche eine große Zahl Eier legen und fie nur kur e Zeit über bebruͤten; andere dagegen legen eine kleine Zahl und ſetzen doch die Bebruͤtung ſehr lange Zeit fort. Man kann als Beiſpiel die (bruans), Bachſtelzen und die andern Singvoͤgel anfuͤhren, welche wenig bruͤten, und doch ziemlich viel Eier legen, waͤhrend Adler und Geier, welche nur wenig Eier haben, dennoch eine ſehr lange Zeit bruͤten. Die Zahl der Eier, welche man in den Neſtern der Voͤgel findet, iſt daher in keiner Beziehung mit der Dauer der Bebruͤtung; ſie iſt vielmehr im Verhaͤltniſſe mit der Schwierigkeit, welche die Mutter findet, ihrer kleinen Brut hinlaͤnglich Nahrung zu verſchaffen. Auch legen die fleiſch— freſſenden Arten, in der Regel, eine geringere Quantität Eier, als die pflanzenfreſſenden; und dieſe Verſchiedenheit ſcheint von den eben erwaͤhnten Umſtaͤnden abzuhaͤngen. Auf der andern Seite, diejenigen Vögel (welcher Art ſie auch ſeyen), welche, nachdem ſie zur Welt gekommen ſind, ihre Nahrung mit der Huͤlfe und unter dem Schutze ihrer Mutter ſuchen koͤnnen, legen gemeiniglich eine ziemlich große Zahl von Eiern. Deswegen iſt es nicht verwunderungs— werth, daß der Adler, der Caſuar, der Strauß und die ana— logen Arten nur ein oder hoͤchſtens zwei Eier legen. Wenn die Weibchen dieſer Voͤgel, zaͤrtliche Muͤtter, wie das ge— woͤhnlich der Fall zu ſeyn pflegt bei allen Thieren, eine zahlreiche Familie zu ernaͤhren haͤtten, ſo wuͤrde es ihnen unmoͤglich ſeyn, hinlaͤnglich Nahrungsmittel zuſammenzubrin— gen, um ihre Beduͤrfniſſe zu befriedigen. Es würde, in der That, Adlern, Geiern und ſelbſt Caſuaren, ausnehmend geftaͤßigen Vögeln, und beſonders den erſteren, welche einzig son thieriſchen Subſtanzen leben, ſchwer ſeyn, durch ihre Jagden hinlaͤnglich beträchtliche 21 Quantitaͤten zuſammenzubringen, um ſich und ihre Kleinen zu näheren. Wie könnte der Strauß, deſſen Gefraͤßigkeit, fo zu ſagen, ſprichwoͤrtlich geworden iſt, eine hinlaͤnglich große Maſſe Nahrungsmittel zuſammenraffen für die hungrigen Magen ſeiner Kleinen, wenn die Natur ihm deren eine große Zahl gegeben haͤtte? Was ich von dieſen Arten ge— ſagt habe, laͤßt ſich auch auf alle diejenigen anwenden, wel— che, mit heftigem Appetite begabt, doch nicht weniger den Geſetzen der Mutterſchaft genuͤgen muͤſſen, welche ihnen die Natur auferlegt hat, um die Fortdauer und Erhaltung ih— rer Race zu ſichern. Die pflanzenfreſſenden Arten aber, beſonders diejenigen, welche keinen ſo heftigen Appetit haben, konnten dagegen ohne Gefahr oder risico eine zahlreiche Nachkommenſchaft haben, um ſo betraͤchtlicher, wenn dieſe beiden Bedingungen vollſtaͤndiger vereinigt vorkommen. So dürfen 'wir nicht uͤberraſcht ſeyn, wenn wir die Colibri's, den Zaunkoͤnig, die Meiſen und die übrigen kleinen Arten von Singvoͤgeln eine große Quantitaͤt Eier legen ſehen; denn es wird den Muͤt— tern leicht, eine hinlaͤnglich große Quantitaͤt Nahrung zu— ſammenzubringen, um die ſo wenig voluminoͤſen Magen ih— rer Kleinen zu fuͤllen. Wer erblickt nicht in dieſen Bezie— hungen die Vorausſicht, welche die Natur in die Einzelnhei— ten, wie in das Ganze ihrer Werke gelegt hat? Tabelle uͤber die Zahl der Eier, welche die verſchiedenen Arten von Voͤgeln legen. (Man hat in dieſen Tabellen die Arten von Voͤgeln aufgenommen, welche mehr als ſieben Eier [die allgemeinſte Zahl] legen.) [f. bedeutet ſelten; ſ. ſ. ſehr ſeltenz g. gewoͤhnlich; bſt. beſtaͤndig.] Ordnungen: Gattungen und Arten. Zahl der Eier. Tauchenten (Mergus merganser) von 8 — 1 12 Steißfuß (Colymbus cristatus) 10 — 12 Enten (Anas anser), gem. Gans g. 40 — 50 1) Anas boschas, gemeine, Ente. 10 — 2) anser ferus 2 ie. LE segetum . - 9. 10 — 12 rutila ° g. 8— 9 strepera, Schnatterente — 8 2 9 cruenta . bſt. 8 — 9 Penelope, Pfeifente 2 bſt. 8— 9 elypeata, Loͤffelente 12 — 14 quercedu'a, Quaͤkente 12 13 creca. Krikente bſt. 12 — 13 Schwimm⸗ leucocephala, weistöpfige € 9.8 — 9 voͤgel. ferina, Tafelente 12 — 13 clangula, Schellenente 14 — 15 histrionica, Kragenente. 12 — 14 nigra, Trauerente . 12 — 1% tadorna, Brandente „ v. — 13 marila (millouinan), Bergente 13 — (macreuses), Tauchente g. 11 1 16 en bernicla, Bernikelgans g. 14 Schwan (Auas cygnus olor) 7- Schorbe (Phalarocorux) 2 Pelican (Pelecanus) . + l Meerſchwalbe (Sterna) 5 2 Möven (Larus) 8 2 Sturmvoͤgel (Procellaria) 8 1 1) Das Legen wird durch das Bruͤten unterbrochen. 2) Das Bruͤten dauert dreißig Tage. 3) Weiß, faſt rund. 22 Ordnungen: . { Gattungen ı und Arten. Sabl ber Eier. Flamingo (Phoenicopterus) 2 — 31) Waſſerhuhn (Fuſica atra) 12 —14 (mscroule(?)) „ 12 51% Wieſenknarrer (Rallus crex) 12 —13 Punctirte Ralle (Gullinula porzana) 12 — 13 — pusilla Rohrhuhn (— ehloropus) Zwergralle (Ralus bailloni) . Waſſerralle (Ralus oquatieus) . Sumpfvögek Saͤbelſchnabel (Recurvirostra) . Auſternſiſcher Himantopus: Wafferläufer Totanus . . Schnepfe, Scolopax . . Storch (Ciconia) 2 7 Reiher (Ardea) . . . 9 Kranich (Grus) 4 . 8 Kampfhahn (Tringa) . Fi 5 ( Regenpfeifer (Charadrius) . Trappe (Otis). . ’ Mittlere Ohreule (Strix otus) . Kurzöhrige Eule (— ulula) Schleiereule (— flamwea) DOpreule (— Bubo) Baumeule (= Syrniumaluco)2 — Noctua) 2 Zwergeule (— Scops) . g. 5 — Balbuzard) 3 Buſſard (Falco) 4 N 2 — Montagu (F. cineras- cens) — cyaneus 5 — Buteo Milan (Milvus) . Schwarze Weihe (Falco ater) . Sperber (Falco Nisus) N Adler (Aquila) Falco brachydactylus Sperber, Emerillon commun Falke (Falco) > — (Cathartes) „ Geier (Vultur) Schwalben A Mauerſchwalbe (Cypselus) . Nachtſchwalbe (Caprimulgus) . Eisvogel (Alcedo hispida) Bienenfreſſer (Merops apiaster) Wiedebopf (Upupa epops) Spechtmeiſe (Sitta europae«) Baumlaufer (Certhia a, Racke (Coracias) E Rabe (Corvus) Thurmkraͤhe (C. monedula) Corbinne(?) aber (C. glandarius) | — S D O MO m GG SMN GOD e e e h AO AO a0 Us e 9° Co 0 ſ. 4. Raubvogel * M D HS ee G ee Oe Pech 14-1 ee — * . 22 Passeres, ſperlings⸗ artige Voͤgel — 1) Rein weiß, koͤrnig, ungleich, nie glatt. 2) Iſt Chouette hulotte. 3) Einmaliges Legen jährlich. 9 Gefleckt, ſchiefergrau. In den Felſen. 6) Auf den hoͤchſten Baͤumen. 7) Reines, glaͤnzendes Weiß. 9 Graulich- weiß. Graulich mit rothen Flecken. 10) Glaͤnzend weiß. 11) Blaulich, gruͤnlich mit Flecken von Braun, welche gegen das dicke Ende zu dunkler ſind. > 25 Ordnungen: Gattungen und Arten. Zahl der Eier. — — — — — — — — Elſter (Corvus pica) 2 3 Kreuzſchnabel (Loxia) . . 4— 5 Dickſchnabel (L. coccothraustes) 5—6 Staar (Sturnus vu'garis) 8 4 — 7 Finke: Carduelis, Diſtelfinke 4 — 5 Fringilla . 5 — 7 Sperling: Pyrgita domestica . 5 — 6 Emberiza, Ammer 4 — 5 1) Meiſe: Parus major, Kohlmeiſe . bis 20 2) — aster, Tannenmeiſe — 103) — caerulescens > 15 — Palin, Sumpfmeiſe 15 — larmicus, Bartmeiſe 15 — caudatus, Schwanzmeiſe 15 — bicolor, zweifarbige Meiſes — 6 Lerche, Alauda arvensis 3 er 5 Authus pratensis: > 4-5 Budytes 2 . 6 — 7 Motacilla, Bachſtelze 5 — 6 Zaunkoͤnig troglodytes 8 6 — 7 Passeres, | Zaunkoͤnig mit der Puppe (Reg. cı cri- ſperlings⸗ status) 6 — 7 4) artige 4 — feuerkoͤpfiges Goldhaͤhnchen Voͤgel (Reg. ignicapillus) 8 — 105) Nachtigall, Mot, luscınia 5 4 — 6 6) Sänger: Sylvia rubecula, Rothkelchenßdb — 7 Syıy phoenicurus, Rothſchwanzchens8 — 9 7) — troglody tes 0 8 — 9 8) Saxicola rubetra, Braunkehichen 6 — 7 — stapazina, ſchwaͤrzkehlchen r 5 — 6 9) — vulgaris 0 5 — 61) Duͤnnſchnaͤbler: Motacilla 0 on 0 — locustilla 4 — 5 Pirol (Oriolus galbula) 8 Droſſeln: Turd. cyaneus, blaue Droffel5 — 6 — rozeus . 5 6 — vulgaris 4 — 611) Fliegenfaͤnger, Museipula 0 6 Würger: Lanius exeubitor 5 — 7 — meridionalis . 5-6 — rutus ° . 5 — 6 Neuntoͤdter — collurio 8 5 — 6 i Spechte (Picus viridis). 3 bis 812) Ristteroöget] Kukuk (Cuculus ER . v. 5 — 6 1) Blaͤulichweiß mit ſchwarzen Flecken und Puncten. 2) Gelblichweiß mit roͤthlichen Puncten. 3) Reinweiß mit roͤthlichen Puncten. 4) Von der Größe einer Erbſe. 5) Fleiſchfarbig mit rothen Puncten. 6) Dreimaliges Legen im Jahre. Man verſichert, daß in jeder Bruͤtung die Zahl der Maͤnnchen doppelt iſt von der Zahl der Weibchen. 7) Sehr ſpitz; von hellem Gruͤnlichblau; und Daͤchern iſolirter Gebaͤude. 8) Schmutzig weiß, mit kleinen roͤthlichen Puncten nach dem dik— ken Ende hin. 9) Blaßblau. 10) In einem Neſte, welches äußerlich von trockenen Kräutern ver: fertigt und innerlich mit Wolle ausgefuͤttert wird. 11) In jeder der drei jährlichen Bruͤtungen. 12) Weiß. in alten Staͤmmen 24 Ordnungen: Gattungen und Arten. Zahl der Eier. — — — — [Wachtel (Coturnix vulgaris), von 8 — 14 Rothuhn: Perdix rubra. 15 — 20 Steinfeldhuhn — saxatilis 15 — 20 — petrosa „ 15 — 20 1) Feldhuhn — cinerea . 15 — 20 2) Auerhahn: Tetrao urogallus „ 15 —16 Birkhahn — tetrix a 10 — 12 Haſelhuhn — Bonasia 15 16 5 I Schnechuhn — lagopus . 15 — 16 a Schott. Huhn — scoticus 10 — 12 8 Moraſthuhn — Salicetti . 12 — 14 Faſan (Phasianus) , . 12 — 24 3) Hahn (Gallus) . . 0 1 4 Pfau (Pa vo). f 8 —12 5 Perlhuhn Numida) 0 0 10 — 15 Truthahn (Meleagris) 05 15 — 20 Taube (Columba) . 5 8 s ſens 6) Turteltaube (Turtur) 5 5 Zuſammengefaßt, beweiſet diefe Tabelle, daß es wenig Voͤgel giebt, bei denen die Eierzahl uͤber zwanzig in einer und derſelben Bruͤtung hinausgeht. Der gemeine Faſan iſt die einzige in der Tabelle erwähnte Art, welche über vierundzwanzig Eier in einem und demſelben Legen hinausgeht. Dieſe Ausnahme abgerechnet, iſt die Zahl 24 das Maximum. Die Meiſen, Feldhuͤhner, Trut— huͤhner ſind daher die einzigen Voͤgel, welche das Vermögen ha— ben, eine ſo große Zahl hervorzubringen. Die Zahl 15, ſchon viel geringer, als die erſtere, iſt demohngeachtet noch ſehr ſelten. Man findet ſie kaum, außer bei'm Auerhahn, Gelinotten, Lagopeden, Perlhuͤhner, ſo wie bei den verſchiedenen Arten von Meiſen, wie auch bei einigen Enten. Dagegen giebt es vielmehr Voͤgel, welche bis an 10 bis 12 Eier legen, als ſolche, die uͤber die letzte Zahl hinausgehen. Es ſcheint alſo die Zahl 12 die mittlere Zahl fuͤr die Arten zu ſeyn, bei denen die groͤßte Fruchtbarkeit vorkommt. In den meiſten Faͤllen ſteigt das Legen nicht uͤber zwei bis ſechs Eier. In dieſe Categorie treten die meiſten Europaͤiſchen Vögel, von denen wir die Fruchtbarkeit kennen. Nur eine einzi⸗ ge Gattung dieſes Welttheils, die Sturmvoͤgel, Procellaria, zeigt die bei Strauß und Caſuar erwaͤhnte Eigenthuͤmlichkeit, nur ein Ei zu legen. Die Sturmvoͤgel, welche ſich in den Anta ctiſchen und Arctiſchen Meeren aufhalten, und welche zuweilen auch im füds lichen Europa erſcheinen, zeigen dieſe ſonderbare Ausnahme, welche man weit entfernt war, zu erwarten. Das Weibchen legt aller- dings nicht mehr, als ein Ei. Allein man weiß, wie maͤchtig unſer Einfluß auf die Producte der Befruchtung aller Thiere geweſen ift. Hier alſo, obgleich dieſe Art bei einem einzigen Ei für jede Leg: und Bruͤtezeit, beharrt legen dieſe Voͤgel, da das Legen ſich haͤufig erneuert, dennoch eine groͤßere Anzahl Eier, als irgend eine andere Art dieſer Ordnung. Die mehr oder minder beträchtliche Quantität Eier anlangend, welche die verſchiedenen Arten von Voͤgeln legen, ſcheint ſie nicht mit den verſchirdenen Familien oder den verſchiedenen Ord— nungen in Beziehung zu ſtehen, zu welchen dieſe Arten gebören. So ſind die Schwimmvoͤgel, zu welchen die Sturmvoͤgel gehoͤren, welche nur ein Ei legen, eine der Familien, welche man wegen der groͤßten Fruchtbarkeit anfuͤhren kann: zu ihnen gehoͤren die Tauch— enten, die Enten und beſonders die gemeine Gans, welche zuweilen 40 bis 50 Eier zu legen ſcheint, und in ſolchen langen Geburten nur durch die Bruͤtezeiten unterbrochen wird. 1) Selbſt mehr. 2) Selbſt mehr. 3) Hell olivenfarbig. 4) Die Huͤhner, welche nicht uͤber vier Jahr alt ſind, legen ſtets von Ende October bis 15. Januar. 5) Einmaliges Legen im Jahr. - 6) Oft zweimaliges Legen im Jahre: zieht nur zwei Junge groß. 25 Auf der andern Seite, während die ſperlingsartſgen Voͤgel Ars ten darbieten, welche bis auf 20 Eier legen und jährlich mehrere Brütungen vornehmen, fo giebt es unter ihnen eine große Zahl, welche ſelten über fünf hervorbringen, obgleich fie nur ein einziges Mal bruten. Jedoch ſind eigentlich die Raubvogel diejenigen, bei welchen die Zahl der Eier am meiſten beſchränkt iſt; wenigſtens ſteigt fie bei den angefuhrten Europaͤiſchen Arten nie über 6 und AR oft in viel beſchraͤnkteren Graͤnzen, nämlich bei 1 bis 2 oder ie 3. Nach den Raubvoͤgeln kann man die Sumpfvoͤgel anführen, beſonders die Kampfſtrandlaͤufer, die Schnepfen, Stoͤrche, Reis her, Kranniche, Kiebige, Regenpfeifer, Trappen und die andern analogen Gattungen, welche ſelten bis 6 Eier legen und ſich ges woͤhnlich auf 2 bis 3 beſchraͤnken Aus dieſen angeführten Thatſachen ergiebt ſich, daß bei uͤbri— gens gleichen Umftänden die Zahl der Eier für jede Brüturg um fo kleiner iſt, je groͤßer die Voͤgelarten ſind. Man koͤnnte zweifeln, ob es ſich ebenſo mit der Fruchtbarkeit verhalte. Denn man nimmt an, daß der Strauß 15 bis 30 und, nach neuern Angaben, ſelbſt 36 Eier im Jahre lege. Die Alten ſcheinen dieſe Anzahl uͤbertrieben zu haben: ſo ſollte, nach Aelian, der Strauß 80 Eier legen im Jahre und, obgleich Willougby dieſe Zahl ver— minderte, bringt er fie doch auf ungefähr 50. Die im ſuͤdlichen Frankreich mit großer Sorgfalt aufgezoge— nen Strauße und die ſeit mehreren Jahren daſelbſt in bluͤhender Geſundheit leben, haben nie mehr, als 12 bis 15 Eier im Jahre gegeben. Dieſe Eier find nicht zuſammen in Brütungen gelegt, ſondern einzeln und in mehr oder weniger betraͤchtlichen Zwiſchen— räumen. Im Vorbeigehen geſagt, habe ich dieſe Eier nicma.s durch kuͤnſtliche Bruͤtung zur Ausbruͤtung bringen konnen, weder durch die Sonnenhitze, noch durch eine graduirte und forgfältig regulirte Brütofenwärme. Man muß daher bei den Vögeln unterfcheiden das Legen und die Fruchtbarkeit überhaupt; denn das erftere kann ſchwach und 25 doch die Fruchtbarkeit groß ſeyn. Dieß iſt der Fall mit dem Strauße und befonders mit der Henne, beſonders in ihrem Dome— ſticitaͤtszuſtande. Dieſer Vogel legt nie mehr, als ein Ei des Ta— ges; allein da er dieß Legen ſehr vielmal wiederholt, fo iſt ſeine Fruchtbarkeit am Ende ſehr groß, obgleich ſein Legen ſehr ſchwach iſt. (Schluß folgt.) Mae Ueber die Production der Medusae hat Sir John Dalyell die Beobachtung gemacht und der British Associa- tion zu Glasgow mitgetheilt, „daß ſie auf eine ſehr auffallen⸗ de Weiſe aus den Stämmen von Virgularia und auch in der Hydra erfolge. Die fo erzeugten Medusae waren zu drei verſchie⸗ denen Zeiten beobachtet worden. Hr. Patterſon fragte Hrn. Forbes, welche Stärke (der Vergrößerung) er anwende, und durch welche Art des Lichtes er das Mikroſcop beleuchte. — Hr. Forbes gab an, daß die Stärke nicht ſehr groß ſey, und daß po⸗ larifirtes Licht angewendet worden ſey, als das Granular-Gewehe entdeckt wurde. Er wuͤnſchte hinzuzufügen, daß die Schwänze von Cydippe, welche außerordentlich beweglich find, von demſelben Ger webe gebildet werden, wie das unter den Wimpern der Beroe bt: ſindliche. Er ſagte, er ſehe dieß an als den Anfang des Muscu⸗ largewebes, welches in hoͤheren Thieren fo voͤllia entwickelt wird. Er gab an, daß er auch einen Uebergang von dieſem zu dem Mus⸗ kelgewebe bei den Radiaten beobachtet habe, in welchen die granula dieſes Gewebes in einer Linienform geordnet find. Den Pulsſchlag des Elephanten hat Dr. Kennedy Gelegenheit gehabt, an der Arterie an der Baſis des Ohrs, zu be— obachten und giebt ihn zu vierundzwanzig ſtarken Schlaͤgen an. k IE een Mikroſcopiſche Unterſuchungen über die Gehirn— erweichung. Von Profeſſor Gluge. Die Reſultate dieſer Unterſuchung ſind folgende: 1. Die Gehienerweichung kann partiell, oder total ſeyn. 2. Das erweichte Gehirn kann ſeine urſpruͤngliche Farbe beibehalten; dieß iſt der ſeltenſte Fall; das Gehirn kann alsdann in den erweichten Theilen Eiter enthalten. Haͤufig erkennt man den Eiter alsdann mit bloßem Auge; noch häufiger aber it er bloß mittelſt des Mikroſcops auf— zufinden. Die Nervencanaͤle find alsdann in einzelnen Stuͤck— chen mit den Eiterkuͤgelchen gemiſcht. Ein krankhaftes Product laͤßt ſich in dem erweichten Gehirne nicht auffinden; aber unter dem Mikroſcope haben die Nervencanaͤle entweder ihre ſcharfen Conturen verloren, oder ſie exiſtiren nur noch in Fragmenten. Dieß findet man bisweilen in dem erweichten Gehirne bei typhoͤſem Fieber. Dieſe Erweichung gehoͤrt alsdann auf keine Weiſe zu der Entzündung. Giebt es außerdem noch weiße Erweichung des Gehirns mit Laͤhmungserſcheinungen, unabhaͤngig von Entzündung? Dieſe Frage iſt bis jetzt nicht zu beantwor⸗ ten; ich kann nur ſagen, daß ich bis jetzt keinen unzweifel⸗ haften Fall davon beobachtet habe, obwohl die anderweitig bekannt gemachten Beobachtungen dieſe Thatſache ſehr wahre ſcheinlich machen; man wird ſich, um dieſe Frage zu ent— ſcheiden, der Huͤlfe des Mikroſcops bedienen muͤſſen. 3. Gewoͤhnlich iſt die Farbe veraͤndert, roͤthlichgelb oder grau. Findet ſich dieſe Farbeveraͤnderung, ſo kann man mit dem Mikroſcope unterſcheiden, durch welchen pa— thologiſchen Proceß die Veränderung erfolgt iſt. Die Hirn⸗ ſubſtanz zeigt bei den meiſten Erweichungen und beſonders immer dann, wenn keine apoplectiſchen Ablagerungen vors handen ſind, die von mir beſchriebenen zuſammengeſetzten Entzuͤndungskuͤgelchen, welche, wie ich gezeigt habe, in al⸗ len thieriſchen Geweben durch Entzuͤndung innerhalb der Capillargefaͤße entſtehen koͤnnen. Sie hemmen alsdann die Circulation; das serum dringt durch die Winde der Ges faͤße hindurch, und bewirkt eine wahre „mechaniſche Mace⸗ ration“ des Gehirns. Die Blutküͤgelchen theilen dekannt⸗ lich ihren färbenden Beſtandtheil ſehr leicht dem Serum mit und dadurch entſteht nun die Färbung der erweichten Hirn⸗ ſubſtanz; ſpaͤter zerreißen die Gefaͤße und die zuſammenge— ſetzten Entzuͤndungskugeln finden ſich alsdann gemiſcht mit 27 den Fragmenten des macerirten Gehirns. Man kann die zuſammengeſetzten Kugeln anfangs deutlich in der Hoͤhle der Capill rgefaͤße unterſcheiden, während die Haͤlfte des Ge— faͤßes noch mit normalen Blutkuͤgelchen gefüllt iſt. Die beſchriebene Veraͤnderung gehoͤrt ganz und gar der Entzuͤn— dung an. Man koͤnnte aber behaupten, daß dies bloß eine conſecutive Entzuͤndung ſey; darauf antworte ich, daß, wenn ein Punct erweicht iſt, man immer Spuren jener Entzuͤn— dungskugeln bereits tiefer in der Subſtanz findet, wo dies ſelbe fuͤr das Gefuͤhl und das bloße Auge noch geſund zu ſeyn ſcheint. Die Nervencanaͤle ſind dann nur noch ſtuͤck— weiſe vorhanden und verlieren bei dieſem Grade der Erwei— chung haͤufig ihre Conturen. 4. Die Erweichung kann in der Umgebung einer apo— plectiſchen Ablagerung ſtattfinden; in dieſem Falle habe ich zwei Veraͤnderungen beobachtet; bei der einen, und zwar hauptſaͤchlich bei alten Apoplexieen, findet man gewoͤhnlich zu— ſammengeſetzte Entzuͤndungskugeln als Reſultat einer durch ein mechaniſches Agens erregten Entzündung, daneben ergoſ— ſenes Blut. Anderemal dringt das Blut nur in die Ge— hirnſubſtanz ein und veranlaßt Maceration und Erweichung, ehne Erregung einer Entzuͤndung. Man kann ſehr gut Erweichung hervorrufen, wenn man eine große Stecknadel in das Gehirn eines Kaninchens einſticht. Allmaͤlig bildet ſich alsdann eine Blutergießung und nachher Erweichung der Hirnſubſtanz in der Umgebung des Erguſſes; erſt wenn die— ſer Erguß laͤngere Zeit im Gehirne vorhanden geweſen iſt, kommt eine Entzuͤndung hinzu. Die Frage, ob die Gehirnerweichung der Apoplexie vorausgehe, wird durch meine Beobachtung keinesweges wahrſcheinlich gemacht. Und warum ſollte man auch eine Apoplexie lieber von Gehirnerweichung, als von Zerreißung der Capillargefaͤße durch Heftigkeit des Blutandrangs, durch Structurveraͤnderung der Gefäße, Oſſification u. ſ. w. herleiten. Die Reſultate, welche ſehr leicht mittelſt des Mikro— ſcopes bei einiger Kenntniß der Structur des Gehirnes be— ſtaͤtigt werden koͤnnen, ſind alſo folgende: 1. Die weiße Erweichung zeigt in vielen Füllen Eiter. 2. Die gefaͤrbte Erweichung ohne Blutergießung er— giebt die Producte eines der erſten Grade der Entzuͤndung, naͤmlich Bildung der zuſammengeſetzten Kugeln. 3. Die gefaͤrbte Erweichung mit Blutergießung er— giebt die genannten Producte, oder auch bloß mechaniſche Imbibitionen von blutigem serum, wie gewoͤhnlich bei friſchen Apoplexieen. Die meiſten bis jetzt beobachteten Hirnerweichungen ge— hoͤren ohne Zweifel, der zweiten Claſſe an, wenn man die von den Aerzten gegebenen Beſchreibungen vergleicht, und zwar gehoͤren ſie einem Grade der Entzuͤndung an, deſſen Natur bis jetzt noch nicht auszumitteln geweſen iſt. Betraͤchtliche Verminderung der medulla oblongata ohne Paralnfe. Von Dr. Handyſide. William Craigie, ein Meſſerſchmidt, 22 Jahr alt, wurde von einem chronifchen Rheumatismus befallen, wel: 28 cher ihn ſieben Wochen im Bette hielt. Faſt während die: ſer ganzen Zeit war er ſo ſchwach, daß er weder den Kopf drehen, noch ſich in ſeinem Bette bewegen konnte und faft immer auf der linken Seite liegen blieb. In der Recon— valescenz bemerkte man, daß eine Anchyloſe des He nterhaupts— beines, des Atlas und der naͤchſten Wirbel vorhanden ſey, wodurch der Kopf fortwaͤhrend nach Vorn und etwas nach Rechts geneigt wurde. Dennoch nahm der Kranke die Ar— beiten ſeiner Profeſſion, in welcher er ſehr geſchickt war, wiederum auf. Vier Jahre vor ſeinem Tode wurde er von einer heftigen Bronchitis befallen, welche ſich oͤfters wieder— holte, bis er einem ploͤtzlichen und raſchen Anfalle von As— pbyrie unterlag. Er war 32 Jahr alt, und durch die Sec— tion ergab ſich, daß er an einer Capillarbronchitis geſtor— ben ſey. Bei Unterſuchung des obern Theiles der Wirbelſaͤule fand ſich, daß das Hinterbauptsbein mit dem atlas an drei Puncten feſt anchylotiſch verbunden war, und zwar in den beiden Gelenkflaͤchen und am hintern Viertheile des Bogens des atlas; die unveraͤnderliche Neigung des Kopfes nach Unten und Vorn erklaͤrte ſich dadurch, daß die untere rechte Gelenkflaͤche des atlas auf der Gelenkflaͤche des zweiten Halswirbels nach Vorn luxirt und in dieſer falſchen Lage durch eine ſtarke Knochenwucherung feſtgehalten war. Der erſte und zweite Halswirbel waren betraͤchtlich entwickelt; der Raum fuͤr den untern Theil der medulla oblongata zwiſchen dem Zahnfortſatze des zweiten Halswirbels und dem Bogen des atlas war in der Mitte auf einen Raum von zwei Linien reducirt, waͤhrend rechts von der Mittellinie, wo die medulla oblongata in der That lag, der Raum nicht mehr als 53 Linien betrug. Die Synovialhaut des Gelenkes zwiſchen atlas und proc. odontoideus fehlte, da die Flaͤchen ihre Beziehun— gen gegeneinander ſo vollſtaͤndig veraͤndert hatten. Der Zwiſchenraum, welcher von dieſer Lageveraͤnderung herruͤhrte, war durch en ſehr ſtarkes fibrocartilaginoͤſes Band eingenommen, welches 6 Linien Laͤnge und 5 Linien Breite hatte und in ſeiner ganzen Laͤnge innerhalb des dichten Gewebes vier ver— ticale Knochenblaͤtter enthielt, die mit ihren Enden verwach— ſen waren und die lurirten Knochenparthieen unbeweglich erhielten. Das Queerband des atlas fehlte; aber die Hoͤk— ker, an welche ſich daſſelbe anheftet, waren durch ein wei: ches, fibroͤszelliges Gewebe an das beſchriebene neue Band angeheftet. Das lig. flavum zwiſchen dem atlas und dem zweiten Halswirbel fehlte, mit Ausnahme der Mittellinie, wo ein in die Laͤnge gezogenes, ſchmales, auffallend feſtes und allerdings nicht mehr elaftifches Band die beiden Kno— chen an der Stelle vereinigte, wo ſie 13 Zoll voneinander entfernt waren. Die Articulationen des zweiten bis fuͤnften Halswirbels waren nicht frei in ihren Bewegungen, weil Kalkerde in den Faſerknorpeln deponirt war. Dieſe Theile waren offenbar der Sitz beginnender Anchyloſen. Die Haͤute und Gefaͤße des verlaͤngerten Marks und des Halstheiles der medulla spinalis waren normal; die medulla oblongata ſchien nicht veraͤndert, mit Ausnahme des Durchmeſſers von Vorn nach Hinten, welcher, in Folge ber Verengerung des Knochencanals, nur noch 3 Linien bes trug. Die Lage der medulla war ebenfalls auffallend ver» Ändert, indem fie ſeitlich auf der pars basilaris oceipi- tis lag, waͤhrend der untere Theil deſſelben auf der rechten Seite des proc. odontoideus in dem auffallend verengten Raume hinlief. Die Nerven, welche aus der medulla oblongata entſprangen, hatten ihr normales Volumen und ganz die— ſe be Conſiſtenz und Farbe, wie die uͤbrigen Halsnerven. In keinem Puncte des Körpers war eine Spur von Para— lyſe, oder eine Andeutung dieſer oder anderer Veraͤnderungen des Nervenſyſtems zu bemerken. Dieſe Beobachtung zeigt, bis zu welchem Grade die medulla oblongata und der obere Theil des Rückenmarks eine allmaͤlige Compreſſion und Lageveraͤnderung erleiden kann, obgleich eine ploͤtzliche, wenn auch nur maͤßige Gomprefiion dieſer wichtigen und weſentlichen Theile des Nervenſyſtems eine Unterbrechung der Lebensfunctionen und bei einiger Dauer jedesmal den Tod herbeifuͤhrt. (Edin— burgh med. and surg. Journ. Apr. 1840). Zur vergleichenden Pathologie. Von Dr. F. Unger. (Hierzu die Figuren 1 und 2. auf der beiliegenden Tafel.) (Schluß.) Die Lentſcelle, eine warzenfoͤrmige Bildung Jauf der Ober— fläche der Zweige und Stämme holziger Gewaͤchſe mit unverletzter Oberhaut, nimmt von den Athemhoͤhlen des Rindenkoͤrpers ihren Urſprung (ganz wie die Exantheme), von denen jedoch ein Unter« ſchied leicht zu erkennen iſt. Jeder Lenticelle gebt eine Erweite— rung der Spaltöffnungen der Oberhaut voraus, jedoch nicht mit Vergrößerung (wie bei den Erxanthemen), ſondern mit Verkleine— rung der Athemhoͤhle, ohne Spur einer Anſammlung organiſcher Subſtanz. Die Urſache der Verkleinerung der Athemhoͤbhle und Erweiterung der Spaltoffnung liegt in der Wirkung der Schichten— anlage bei dem Wachsthume der Zweige dicotyledoniſcher Baume. Die Erweiterung der Spaltoͤffnung geht bis zur Zerreißung, die ſich endlich auch auf andere Theile der epidermis fortſetzt. Der fortdauernde Schutz der unterliegenden Theile wird hiebei nur da— durch vermittelt, daß ſchon waͤhrend dem Anfange der Spannung die unter der epidermis liegende Zellſchicht ſich zur epidermis ber: anbildet. Die Zellen find kleiner und dickwandiger; fie bilden die Schicht des periderma, welche, wenn fie zu einem eigenen Strar tum ſich entwickelt, die Korkſchicht genannt wird. Eine ſolche Korkſchicht bildet ſich auch an den Spaltoͤffnungen; die Urſache liegt offenbar in der ungehinderten Einwirkung der Luft auf die bildungsfaͤhige Zellſchicht, es iſt alfo die Lenticelle, ebenſo wie die Korkbildung, eine Reactionserſcheinung gegen den reizenden Eins fluß der Luft, und es iſt anatomiſch nachweisbar, daß immer die weniger nachgebende und daher zerreißende Schicht des periderma daran ſchuld iſt. Der Unterfchied iſt nur der, daß die duͤnnwandi— gen luftfuͤhrenden Zellen, welche bei den Elementarorganen find, im Korke vereinigt, bei der Lenticelle getrennt liegen und häufig als ein Pulver erſcheinen. Der Lenticellenbildung läßt ſich allein die Granulation und Eiterbildung im thieriſchen Organismus vergleichen. Durch äu— ßeren Reiz bewirkte Zellwucherung iſt das Grundphänomen, und der weniger vollkommenen Zelle der Lenticelle entſpricht das Eiterkörs perchen, dem das fluͤſſige Cytoblaſtem fehlt. Die Lenticelle iſt eine Puſtel, ein vereiterndes Athmungsorgan, das nicht mehr als ſol⸗ ches zu wirken im Stande iſt. Die Lenticelle auf dem Flechten⸗ 30 thallus hindert die Fruchtbildung; es iſt eine Vereiterung, wodurch die Fortpflanzung und endlich ſelbſt die individuelle Integritär leidet. Von den Entophyten unterſcheiden ſich die paraſitiſchen Schorfs flechten der Rinde lebender Bäume dadurch, daß bei erſtern der productive Intercellularſtoff (Cytoblaſtem), hier dagegen (wie des Verfaſſers Beobachtungen zeigen) ein ſich entmiſchender Zellinhalt die matrix der Afterorganismen bildet. Genaue Unterſuchungen über die Muscardine haben ges eigt, daß dieſe toͤdtliche Krankheit der Infecten eine Art Schimmel tft otrytis bassiana), welcher ſchon lange, ehe er äußerlich an dem Körper des Inſects erſcheint, im Innern deſſelben vegetirt. Die Entwickelung kann man am Genaueſten verfolgen, wenn dieſer Af— terorganismus durch Keime auf geſunde Individuen fortgepflanzt wird. Werden die Sporidien der Botrytis bassiana unter die Haut der Seidenraupe gebracht, ſo erfolgt faſt augenblicklich, durch Aus⸗ treten einer Iyinpbatifchen Fluͤſſigkeit, eine Verſchließung der Wuns de; 10 Stunden danach haben ſie ſich durch Einſaugen der zwiſ ven den Kaͤgelchen des Fetttorpers vorhandenen Feuchtigkeit mertlich vergrößert; zwei Tage nachher zeigen ſich an denſelben wurzel r⸗ tige Ber.ängerungen, die ſich nach allen Seiten verbreiten und die Kügelchen des Fettkoͤrpers berübren. nun trennen ſich die letztern durch Aufloͤſung und Conſumtion der die Verbindung derſelben her— ſtellenden Zweige der Tracheen. Die getrennten Kügelchen platzen auf, und es treten aus ihrem Innern eine Menge kleiner Körner hervor (ähnlich dem Inhalte der Wurzelchen). Am Zten Tage ſund die Kugeln des Fettkoͤrpers und die dahingehenden Trachgen vers ſchwunden; die Wurzelfaſern (Mycelium) nehmen zu, verzweigen ſich, erhalten einzelne blaſenförmige Auftreibungen und an andern Stel: len an den Enden Enospenartige Organe, die im Innern eine u: regeimäßig ver’beilte Koͤrnermaſſe enthalten. Außerdem fanden ſich, wahrſcheinlich vom Mycelium gelöf'te, freie Bläschen, die ſich felbft: ftändig entwickeln. Bis dahin lebt das Inſect wie früher. So geht die Entwickelung des Mycelium noch 2—3 Tage fort. Der ganze Fettkoͤrper und die übrigen Organe werden davon durchdrun⸗ gen; das Thier ſtirbt, und der vorher biegſame Körper wird nach und nach ſteif; aͤußerlich bemerkt man kaum eine Spur jenes tödt⸗ lichen Afterorganismus; endlich bricht 2— 3 Tage fpäter bei bins laͤnglicher Waͤrme und Feuchtigkeit ſowohl zwiſchen den Ringeln des Körpers als aus den Stigmaten der Trachaen eine Efflores— cenz hervor, welche aus einer Menge gerader, an ihrer Spitze mit vielen runden Sporen beſetzter Stämmchen beſtehen. Dieſe Krankheit der Inſecten läßt ſich mit einer Krankheit der Vegetabilien vergleichen und zeigt, wie ein der Gattung nach ganz gleicher Krankheitsorganismus ſich ſowohl im Pflanzen- als im Thierorganismus zu entwickeln im Stande iſt. Namentlich die entophytiſchen Fadenpilze (Botrytisarten) haben mit der Mus— cardine die auffallendfte Uebereinſtimmung. An den Fadenpilzen der Pflanzen iſt von dem Verf. ein deutlicher Radiculartheil oder ein Mycelium entdeckt worden; wird die Entſtehung der Muscars dine im fluſſigen Cotoblaſtem zwiſchen den Kügelchen des Fettkor⸗ pers ebenfalls erwieſen, fo wird die Identitat beider Krankheitsor⸗ ganismen außer Zweifel geſetzt ſeyn, und es wäre ſodann derfelbe Krankheitsorganismus nur noch in höber entwickelten thieriſchen Körpern nachzuwerſen. Wie es in dieſer Beziehung mit din Kur denpilzen in der Puſtel der porrigo lupinosa ftebt, iſt im Voraus nicht zu entfcheiden, da es möglich wäre, daß ſolche Pilze auch auf wirklichen Krankbeitsorganismen erſcheinen könnten, z. B., auf den offenen Exanthempuſteln von Uredo candida, paraſitiſche Pypto⸗ myceten. Die Definition der Krankheit iſt im Allgemeinen noch nicht ſcharf genug aufgefaßt. Aus dem bisher Geſagten ergibt ſich: 1) die Unterſcheidung von Kranfheitsorganismus und Raactionsor, ganismus; 2) aber die urfprüngliche Entſtehung des erſtern, naͤm lich des Krankheits- und Afterorganismus. Krankheitsorganismus ſowohl, als Afterorganismus (Paraſit) find phyſiologiſche Individuen mit ſelbſtſtaͤndigem Bildungsprincipe; der Unterſchied beſteht darin, daß die matrix des erſtern vom le⸗ benden Organismus producirt wird, der letztere dagegen in unmits 51 telbarer Verbindung mit dem lebenden Organismus als deſſen be: ſchraͤnkende Individualitaͤt erſcheint. Ob dem Reactionsorganismus Individualität beigemeſſen wer— den koͤnne, iſt aus Obigem nicht vollkommen erſichtlich, ſcheint aber nach manchen abnormen Bildungen der Thiere, welche Reſul— tat von Reactionen find, kaum zweifelhaft; iſt dieß richtig, fo un⸗ terſcheidet ſich Krankheits- und Reactionsorganismus nur noch da— durch, daß erſterem in Bezug auf das erkrankte Subject heterogene, dieſem homogene Elementartheile zukommen. Mit groͤßerer Sicherheit ſtellt ſich die ſimilare Zeugung des Krankheitsorganismus heraus; es iſt das nie ruhende Organiſa— tionsbeſtreben des Lebens, das aus einer gleichfoͤrmigen matrix neue Elementartheile eines discreten Organismus hervorzurufen, ſich bemüht. Die Tendenz der Krankheit ſtimmt mit der Tendenz des Lebens uͤberhaupt als fortwaͤhrende Reproduction uͤberein: waͤh— rend die Ernährung die Reproduction direct bewerkſtelligt, geſchicht dieß durch den Krankheitsproceß indirect, dadurch, daß der organi— ſche Stoff (matrix) nicht mehr dem Zwecke des individuellen oder generiſchen Lebens dienen kann. Die Krankheit iſt alſo eine heterogene Zeugung. Erklaͤrung der Abbildungen. Fig ur 1. Queerſchnitt durch ein nadelförmiges Blatt der mit Chrysomyxa abietis behafteten Fichte, in der Richtung des Breitedurchmeſſers 220 Mal vergrößert. Die Stellung iſt fo, daß a die dem Lichte zugekehrte, b die Schattenſeite, e die obere oder die innere, d die untere oder die aͤußere Seite darſtellt. Der Durchmeffer ce, d ſchwankt in natuͤrlicher Größe zwiſchen 0,380 und 0,395 einer Wiener Linie. e Das in der Mitte befindliche Gefaͤßbuͤndel, von einigen concen— triſchen Lagen parenchymatiſcher Zellen umgeben. F Parenchynzellen des Blattdyachyms, von denen nur eine Par: thie mit dem Inhalte gezeichnet iſt. 2 Athemhoͤhlen, die ſich unmittelbar unter den h Spaltoͤffnungen befinden. i Harzgaͤnge; beide an den hervorſpringenden Leiſten der Blatt— flache verlaufend, und aus eigenartigen, parenchymatiſchen Zellen gebildet, die zwar viel Amylum, aber kein Chlorophyll enthalten. k Epidermis, aus einer doppelten Schicht dickwandiger Zellen be— ſtehend, und an einer Stelle von dem unter ihr ſich entwickelnden Afterorganismus aufgeriſſen. Dieſer beſteht aus: einem obern, roͤhrigen, m einem mittleren, koͤrnigen, n und einem unteren, wurzelartigen Theile. Figur 2. Ein mit der Epidermis parallel laufender Schnitt aus demſelben Blatte, von Innen geſehen, 220 Mal vergroͤßert. F Parenchymzellen mit den zwiſchen ihnen befindlichen Intercel— lulargaͤngen, und der unter der Gibliographis ch Tableau méthodique des Oiseaux tant sédentaires que de pas- sage périodique ou accidentel, observes jusqu' à present dans le Departement de la Vienne, auxquels on a joint les especes domestiques qui s’y trouvent. Par M. Mauduyt. à Poitiers 1840. Nouveaux élémens de Chimie, destinés A l'enseignement. M. N, Meissas. 8. Par Chimie organique et analysee, Paris 1840. — —— — —— 32 h Spaltöffnung befindlichen Athemhoͤhle. Man bemerkt in die— fer die Wurzelſubſtanz der Chrysomyxa abietis. (Auszug aus Unger’s Beiträgen zur vergleichenden Pathologie. Wien 1840. 4.) Mise r em Eine gluͤckliche Heilung einer Phlebitis wird von Dr. G Bell in dem Edinburgh med. Journ. 1840. ausfuͤhrlich mitgetheilt. Der Fall betrifft einen 22jaͤhrigen Menſchen von ges ordneter Lebensweiſe, welchem zehn Tage vor ſeiner Aufnahme in das Spital, wegen Seitenſtichs, ein Aderlaß gemacht worden war. Er hielt den Arm nicht ruhig; die Wunde entzuͤndete ſich, und am 10. Tage kam er mit oͤdematoͤſem Eryſipelas des Vorderarms und einfacher Hautentzündung des Oberarms, aͤngſtlichem Geſichtsaus— drucke, heißer trockener Haut, befchieunigtem vollen Pulſe, Fieber und Verſtopfung in das Spital. Vierundzwanzig Blutegel an den Oberarm. Fomentationen des Armes; Calomel mit Coloquin— tenextract; Tags darauf war der Schmerz gelindert, das uͤbrige Befinden durchaus nicht gebeſſert. Der Schmerz breitet ſich gegen die axilla aus; die Zunge wird an den Rändern rauh. Die v. basilica war ihrer ganzen Laͤnge nach als verhaͤrteter Strang zu fuͤblen. Am folgenden Tage zeigte ſich etwas Fluctuation in der Nähe der Wunde; die Geſchwulſt wurde geoͤffnet und eine Drachme Eiter ausgeleert. Mit einer Sonde konnte man leicht von der Wunde aus innerhalb der Vene nach Oben und Unten, je— doch in keiner andern Richtung, eindringen. Durch einen Druck auf die Vene von Oben nach Unten wurden noch 2 Drachmen Ei— ter entleert, und der vorher harte Strang der Venen wurde da— durch weich und nachgiebig. Das Allgemeinbefinden war noch nicht gebeſſert. Nun wurde ein Clyſtir und hierauf alle acht Stunden eine Pille aus 2! Gran Kalk und Queckſilber und ebenſoviel Do: verſches Pulver gegeben. Nach Umſtaͤnden ein Brauſepulver. Nun beſſerte ſich das Befinden; es folgte Speichelfluß und damit die Geneſung. Die Verhinderung der Tuberkelkrankheit erklart Herr Coſter nach ſeinen Experimenten ſelbſt in den Faͤllen fuͤr moͤglich, welche ſich unter der Einwirkung der fuͤr Tuberkeldiathe— ſis disponirenden Urſachen befinden; ja er behauptet, daß ſelbſt, wo die Bildung von Tuberkeln bereits begonnen hat, ihr Fortſchritt in der Mehrzahl der Faͤlle gehemmt werden kann. Er gruͤndet dieſe Behauptung auf Experimente, welche er zwei Jahre hindurch mit vielen Hunden, Kaninchen ꝛc. gemacht, indem er ſie in feuch— ten kuͤhlen Localen ohne Licht und ohne Bewegung gehalten und dadurch die Entwickelung der Scropheldiatheſe beguͤnſtigt hat. Ei— nige dieſer Thiere bekamen nun das gewoͤhnliche Futter; andere wurden mit eiſenhaltigem Brodte gefuͤttert, welches eine halbe Unze kohlenſaures Eiſen im Pfunde enthielt. Die erſteren wurden ſaͤmmtlich krank und litten groͤßtentheils an Tuberkeln, während kein einziges Thier von denen, welche mit Eiſenbrodt gefuͤttert wa— ren, eine Spur von Tuberkeln zeigte. (Bulletin de l’Acad, 81. Jan. 1840.) e Neuigkeiten. La Maternité, bulletin mensnel de l’experience obstetricale; par une r&union de praticiens pour les études d'observation des médecins accoucheurs et des sagefemmes, Octobre 1840. 1. livraison. Paris 1840. 8. Revue chirurgicale, journal exclusivement consacre à la chirur- gie, publié pas une société de chirurgiens sous la direction scientifique de M. Velpeau. 1. Livrais. Paris 1840. 8. (Redacteur iſt M. Marchal.) Neue Uotizen a us de m Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mi'getheilt von dem Ober » Medieinalrathe Froriep zu Weimar, und dem Medteingtratbe und Prefeſſer Frerier ju Bertin. No. 333. (Nr. 3. des XVI. Bandes.) October 1840. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoirx zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthir. oder 3 Fl. 36 Ar, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. Mag teuer Forſchungen uͤber die vulkaniſchen Rauchſaͤulen (fumerolles). Von Melloni und Piria. (Ein Brief Melloni's an Arago), Einige Zeit nach meiner Ankunft in Neapel machte ich eine Excurſion nach dem See von Agnano und nach der Solfatara. Mehrere Perſonen hatten mir bei meiner Abreiſe angerathen, ein ſehr intereſſantes Experiment an den Fumerollen, die ſich in großer Menge auf dem Boden dieſer alten vulcaniſchen Crater befinden, zu wiederholen. Die Fumerollen ſind mehr oder weniger ſichtbare Rauchſaͤulen, aus dem Niederſchlage des Waſſerdunſtes, des aͤußerſt fein vertheilten Schwefels oder irgend eines andern feſten oder fluͤſſigen Koͤrpers entſtanden, welche von den Gaſen, die aus den Eingeweiden der Erde durch kleine Spalte oder haͤufig unmerkliche Oeffnungen entweichen, in Aufloͤſung erhalten werden. Sobald man einer dieſer Rauchſaͤulen ein Stuͤck angezuͤndeten Feuerſchwamm nähert, ſo bemerkt man, daß das Volumen und die Dichtheit des Rauches zunehmen. Die Erſcheinung iſt noch weit deutli— cher, wenn die Rauchſaͤule im Innern einer Grotte oder ir— gend eines beſchraͤnkten Raumes entſpringt, wie, z. B., in den kleinen Saͤlen für natuͤrliche Dampfbäder, wie fie an den Ufern des Seees von Agnano eingerichtet find : alsdann verwandelt ſich ein kaum ſichtbarer Rauchſtrahl haͤufig in eine Art von weißlichem und ſehr dichtem Gewoͤlk, welche nach und nach den ganzen umgebenden Raum einnimmt. Bei der erſten Beſichtigung dieſer Erſcheinung ſah ich ein, daß man fie nicht auf mechaniſchem Wege erklaͤren koͤn— ne, oder mit anderen Worten, daß es nicht die Waͤrme des Feuerſchwammes ſey, die eine Verdünnung in der über dem Boden lagernden Schicht bewirke und dadurch eine groͤßere Geſchwindigkeit im Ausſtroͤmen des rauchenden Gaſes, zu— gleich auch ein groͤßeres Verhaͤltniß deſſelben in einer gegebenen Zeit, herbeifuͤhre. Die Ausgebung des Rauches ſteht aller— dings in keinem Verhaͤltniſſe mit der durch den gluͤhenden Vo. 1433. u n d Körper entwickelten Waͤrmemenge: ein kleines Stuͤckchen brennender Feuerſchwamm uͤbt offenbar denſelben Einfluß, wie ein großes angezuͤndetes Stuͤck deſſelben Koͤrpers; ope— rirt man uͤbrigens auf einem Terrain, welches in einem kleinen Umfange eine gewiſſe Zahl von Fumerollen enthaͤlt, fo wird man bald die Ueberzeugung gewinnen, daß die eins mal erregte Thaͤtigkeit ſich nicht durch Verduͤnnung fort⸗ pflanzt. Ich bemerkte an einer der inneren Boͤſchungen der Solfatara einen Raum von drei bis vier Quadratmeter Oberflaͤche, die faſt gaͤnzlich mit einer Krone von Fumerol⸗ len umſchrieben war. Wenn ich in einem Augenblicke der Ruhe dem Rande dieſes Raumes eine brennende Cigarre naͤherte, ſo war die ſtaͤrkere Raucherzeugung nicht allein bei derjenigen Fumerolle, welche mit der Cigarre in Beruͤhrung ſtand, und bei den naͤchſten Fumerollen, fondern in dem ganzen Kreiſe bis zum entfernteſten Puncte deſſelben, d. h., 5 oder 6 Fuß weit, bemerkbar und zwar ohne irgend eine Richtungsveraͤnderung in den Rauchſaͤulen, die fortwaͤhrend gerade in die Hoͤhe ſtiegen, ſtatt ſich gegen den brennenden Koͤrper hinzuneigen, was unfehlbar geſchehen ſeyn wuͤrde, wenn die Wirkung ihren Grund in der durch die Waͤrme bewirkten Verduͤnnung der Gasmiſchung gehabt haͤtte. Wenn nun die Erſcheinung nicht aus den Bewegun⸗ gen entſpringt, welche dem Gaſe durch die Gegenwart des gluͤhenden Koͤrpers mitgetheilt werden, ſo muß man ſie noth— wendig einer chemiſchen Wirkung zuſchreiben; alsdann nur begreift man die Art von Unabhaͤngigkeit, welche zwiſchen der Intenſitaͤt der hervorgebrachten Wirkung und der Zahl der gluͤhenden Puncte obwaltet; alsdann begreift man auch, wie die heftige Erregung ſich der einen Fumerolle von der andern mittheilt, ohne eine Veraͤnderung in der natürlichen Richtung der Gasſtroͤmungen zu bewirken. Ich theilte dieſe ſo einſachen und ſo buͤndigen Bemer⸗ kungen am Orte der Beobachtung ſelbſt Herrn Piri mit, der die Güte gehabt hatte, mich zu begleiten, und veran— laßte ihn, dieſe Gattung der Thaͤtigkeit, die mir vom hoͤch— ſten Intereſſe zu fern ſchien, aufmerkſam zu ſtuditen. 3 35 Der junge Neapolitaniſche Chemiker verſprach mir, dieſes zu thun, und jetzt empfange ich von ihm einen Brief wel— cher die Hauptreſultate ſeiner erſten Unterſuchungen enthaͤlt. Sie werden ſelbſt, theurer Freund, ermeſſen, wie wichtig dieſe Reſultate für gewiſſe Zweige der Chemie und fuͤr die Erklaͤtung verſchiedener geologiſchen Erſcheinungen find. Ich uͤbermache Ihnen hier die Ueberſetzung ſeines Briefes: „Die erſten Verſuche, welche ich anſtellte, um mir die Erſcheinung zu erklaͤren, waren darauf gerichtet, ſie kuͤnſtlich in meinem Laboratorium zu erzeugen. Ich begann damit, bloß auf Schwefelwaſſerſtoffgas zu wirken, deſſen Gegenwart in den Gaſen der Fumerollen der Solfatara von Keinem bezweifelt werden kann, der dieſe Oertlichkeiten beſucht hat; und, um dieſen Verſuch bequem anzuſtellen, gab ich in ein gläfernes Gefäß eine Miſchung von Waſſer, Schwefeleiſen und Schwefelſaͤure. Den Hals dieſes Gefaͤßes verſchloß ich mit einem Korkſtoͤpſel, durch welchen ich den Hals einer Flaſche mit abgeſprengtem Boden umgekehrt wie einen Trich— ter führte. Das im erſten Gefäße entbundene Schwefel: waſſerſtoffgas tritt in das zweite uͤber und miſcht ſich hier mit einer großen Menge atmoſphaͤriſcher Luft, die von Oben freien Zutritt hat. Wenn man in dieſen letztern Theil des Apparates ein kleines Stuͤckchen brennenden Feuerſchwamm oder irgend einen andern brennenden Koͤrper bringt, ſo ge— wahrt man dicke weißliche Daͤmpfe, die dicht am brennen— den Koͤrper entſtehen und ſich in ganz kurzer Zeit uͤber alle Puncte der fluͤſſigen Maſſe verbreiten. „Um zu erfahren, welche Producte ſich in dieſer Rea— ction bilden, hing ich ein dickes Stuͤck gluͤhende Kohle mit— ten in einen Brennkolben, in welchen ich einen Strom Schwefelwaſſerſtoffgas leitete. Sobald das Gas mit der Kohle in Beruͤhrung kam, ſtellten ſich die weißen Daͤmpfe ein und erfuͤllten in wenig Augenblicken den ganzen Raum des Recipienten. Nach vollendetem Verſuche fand ich im Innern des Gefaͤßes eine große Menge ſchwefliger Saͤure, einige Spuren Schwefel und vieles Waſſer, welches ſich in Geſtalt von Thau auf die Wandungen deſſelben niederge— ſchlagen hatte. Die Elemente des Schwefelwaſſerſtoffes vers binden ſich alſo mit dem Sauerſtoffe der Luft und bilden Waſſer und ſchweflige Saͤure. Der Schwefel iſt, meines Erachtens, nur ein ſecundaͤres Product, welches man der Reaction des Waſſers und der ſchwefligen Saͤure auf das Schwefelwaſſerſtoffgas, das noch keine Zerſetzung erfahren hat, zuſchreiben muß; denn es iſt eine ganz bekannte Sache, daß der einfache Contact dieſer drei Körper zu einer Waſ— ſerbildung und zu einer Ablagerung von Schwefel Veran— laſſung giebt. In der fraglichen Erſcheinung muß man al— ſo zwei ganz geſchiedene Thaͤtigkeiten oder Wirkungen beruͤck— ſichtigen: die directe Wirkung, welche durch die gluͤhende Kohle zwiſchen dem Waſſerſtoffe und dem Schwefel des Gaſes und dem Sauerſtoffe der Luft erregt worden iſt, de— zen Producte Waſſer und ſchweflige Saͤure ſind; ferner die ſecundaͤre Wirkung dieſer erſten Producte auf das unzerſetzte Gas, woraus ein neuer Niederſchlag von Waſſer und eine Ablagerung von Schwefel hervorgeht. In der Naͤhe des gluͤhenden Koͤrpers beſteht alſo der Dampf aus waͤſſerigem 36 Dunſte und in weiterer Entfernung aus waͤſſerigem Dunſte und aͤußerſt fein zertheiltem Schwefel. Ich wollte nun auch die Art der Wirkung kennen ler— nen, welche die gluͤhende Kohle ausübt und ‚führte deßhalb in den Kolben ein bis zum Rothgluͤhen erhitztes Glasſtaͤb— chen ein. Es fand nicht die geringſte Reaction zwiſchen den Elementen der beiden Gaſe ſtatt. Dieſes beweiſ't auf eine entſcheidende Weiſe, daß die Waͤrme nicht die einzige Urſache der Erſcheinung iſt. Anderntheils verhielt ſich das metalliſche Eiſen und faſt alle ſeine natuͤrlichen Zuſammen— ſetzungen, der Eiſenglanz, das titanhaltige Eiſenerz, der Ei— ſenkies, ſelbſt wenn ſie dem Glasſtaͤbchen ſubſtituirt wurden, vollkommen ſo, wie die Kohle. Dagegen erzeugten das Kupfer, das Zink und das Antimon weder Waſſerdampf noch ſchweflige Saͤure, ohne Ruͤckſicht auf die Temperatur, bis zu welcher man ſie brachte, ehe man ſie in die Mi— ſchung von atmoſphaͤriſcher Luft und Schwefelwaſſerſtoffgas einfuͤhrte. Dieſe Metalle werden jederzeit, gleich dem Eiſen, mit einer geringen Schicht von Schwefelverbindung uͤberzo— gen und verhalten ſich in chemiſcher Hinſicht auf dieſelbe Weiſe. Uebrigens haben wir geſehen, daß der Eiſenkies und die Kohle ſich keines der Elemente des Schwefelwaſſer— ſtoffes aneignen und dennoch die Reaction ſeiner Elemente auf den Sauerſtoff der Luft erregen. Nach dieſen Verſuchen und vielen anderen, deren Be— ſchreibung hier zu langwierig ſeyn wuͤrde, bin ich der Mei— nung, daß man die fragliche Erſcheinung in die ſchon ſo ausgebreitete Claſſe chemiſcher Wirkungen, deren Urſprung noch in Dunkelheit gehuͤllt iſt, verſetzen muͤſſe. Dieſe Wir— kungen hat Berzelius in der neuern Zeit mit dem Gat— tungsnamen catalytiſche Kraͤfte bezeichnet. Das Ei— ſen und die Kohle verhalten ſich zur Miſchung der atmo— ſphaͤriſchen Luft mit dem Schwefelwaſſerſtoffgaſe wie der Platinſchwamm zur Miſchung von Sauerſtoff- und Waſ— ſerſtoffgas, oder auch wie Silber zu oregenirtem Waſſer, oder wie Ferment zu Zucker. Die Wirkung des Eiſens und feiner Zuſammenſetzun— gen ließ mich vermuthen, daß die vulcaniſchen Laven und andere eiſenhaltige Koͤrper ſich wohl auf dieſelbe Weiſe ver— halten dürften. Und wirklich hatte ich die Genugthuung, nachdem der Verſuch mit mehreren Lava-Arten des Veſu— ves und der Solfatara angeſtellt worden war, meine Ver— muthungen beſtaͤtigt zu finden, ja daß ſogar das Reſultat meine Erwartung uͤbertraf; denn ich habe Baſaltlaven ge— funden, die weit ſtaͤrker, als eiſenhaltige und kohlenhaltige wirken. Daraus ergiebt ſich nun auf's Deutlichſte, daß die Laven der unterirdiſchen Hoͤhlen der Solfatara und der ana— logen Vulcane, welche die hohe Temperatur des Inneren beſitzen und ſich zu gleicher Zeit in Beruͤhrung mit der at— moſphaͤriſchen Luft und den aufſteigenden Stroͤmungen des Schwefelwaſſerſtoffgaſes befinden, nothwendiger Weiſe auf dieſe Gaſe ebenſo, wie in unſerem Verſuche reagiren und Waſſerdaͤmpfe, wie auch ſchweflige Saͤure, alsdann Wolken erzeugen muͤſſen, die aus Waſſerdunſt und aͤußerſt fein zer— theiltem Schwefel zuſammengeſetzt ſind. Auf dieſe Weiſe entſtehen, aller Wahrſcheinlichkeit nach, zuerſt die Fumerol— 87 len, und dann nach und nach die groſe Quantität Schwer fel, die ſich in allen Theilen des Bodens vorfindet, der mehr oder weniger direct von dieſen ununterbrochenen Stroͤ— mungen gasartiger Subſtanzen durchdrungen wird. Man begreift auch, wie die Producte der Wirkung der Laven auf die Gaſe, welche ſie umgeben, die einfachen oder zuſammengeſetzten ſchwefelſauren Salze erzeugen, welche man fo reichlich auf der Oberflaͤche der Solfatara ver: breitet findet. Die ſchweflige Saͤure muß allerdings die Laven langſam zerſetzen und ſich mit den Metalloryden, welche ſie enthalten, zu ſchwefligſauren Salzen verbinden, die ſich durch Aufſaugung von Sauerſtoff aus der Atmo— ſphaͤre nach und nach in ſchwefelſaure Salze verwandeln werden. Sind das Schwefelwaſſerſtoffgas und die Laven, bis auf eine gewiſſe Temperatur gebracht, die einzigen Koͤrper, welche durch ihre gleichzeitige Anweſenheit auf die Elemente der atmoſphaͤriſchen Luft reagiren? Dieſes ſcheint mir kaum wahrſcheinlich, und ich bin vielmehr der Meinung, daß man Beiſpiele einer ganz aͤhnlichen Wirkungsart in ir— gend einer anderen Subſtanz und in der Hydrochlorſaͤure finden muͤſſe, die ſich beſtaͤndig aus dem Veſuve und aus den in voller Thaͤtigkeit befindlichen Vulcanen entbindet. Hieraus erklaͤrt ſich ohne Zweifel die Bildung von Salpe— terſaͤure, von ſalpeterſauren Salzen und von hydrochlorſau— rem Ammoniak-Stoffe, die in der Natur ſo haͤufig ange— troffen werden und im Laboratorium des Chemikers durch unmittelbare Vereinigung ihrer Elemente ſo ſchwierig herzu— ſtellen ſind Auf dieſen Punct ſind gegenwaͤrtig meine fernerwei— ten Unterſuchungen gerichtet.“ (Comptes Rendus hebdo— madaires des Séances de l’Academie des Sciences, 24. Aout. 1840.) Ueber die Zahl der Eier, welche die verfchiedenen Voͤgelarten legen. Von Marcel de Serres. (Schluß.) i Es wäre nun noch zu unterſuchen, ob dieſe Fruchtbarkeit nicht eine Folge des Einfluſſes iſt, welchen der Menſch auf die ſeiner Herrſchaft unterworfenen Thiere ausübt und ob fie nicht von ihm abhängig iſt. Sorgfaͤltig erhobene Thatſachen ſcheinen uns zu ley— ren, daß das Huhn um ſo fruchtbarer iſt, je größere Sorgfalt wir ihm widmen und daß dieſe Fruchtbarkeit ganz und gar beigelegt iſt, wie die Permanenz der Milch, welche die Kühe in der Dome⸗ fticität geben. Es ſcheint alſo, als wenn die Fruchtbarkeit im Ganzen und in den einzelnen Brütungen doch am Ende bei den kleinern Arten beträchtlicher iſt, als bei den groͤßern. Die erſteren bringen mehr Eier für jedes Legen, und da dieſes Legen ſich haͤufig erneuert, ſo bleibt ibnen die größere Zahl. Die Bruͤtungen der Voͤgel, ſelbſt der größten, wie die des Straußes, haben beftändig alle Jahre ſtatt. Es ift nicht bei ih⸗ nen, wie bei gewiſſen Saͤugethieren von großer Statur, welche nur alle zwei, drei Jahre Junge bringen. Dieſer Umſtand, den man bei dem Elephanten bemerkt, ſcheint bei den Voͤgeln ſich nicht zu wiederholen, vielleicht wegen ihrer höheren Temperatur. Wenig⸗ ſtens ſieht man, daß ihre Arten alle Jahre ſich fortpflanzen, ſelbſt 38 die der heißeren Laͤnder, welche zufällig in die gemäßigtern Regio- nen verſetzt wurden. Man könnte vorausſetzen, daß die Vögel, welche weite Wan⸗ derungen vornehmen müffen, eine größere Zahl Eier legten, als man beobachtet zu haben glaubt. Man koͤnnte dieß um ſo mehr, weil unter den Urſachen, welche ihre Wanderungen beſtimmen, die Temperatur bedeutend mitzaͤhlt. Die Vogel aber gehen meiften® aus einem kaͤltern Clima in ein waͤrmeres über, um dem fo hefti— gen Drange lebender Weſen, dem der Reproduction, zu genügen. Man hat vermuthet, daß fie ſich nur, um neue Brütungen zu volls bringen, in ſo weite Entfernungen begeben. Ich muß jedoch bemerken, daß wabrſcheinlich die Raubvogel, die fperlingsartigen Vögel, die Sumpfvögel und die Schwimmvd⸗ gel nicht vor dem Monate Maͤrz und nach dem Monate Auguſt brüten. Nämlich dieſe Vögel tragen von den erſten Tagen des Mai bis zum Anfang Auguſt ganz beſonderes und ſchmückendes Gefieder, welches man das Hochzeitkleid genannt hat und womit ſie nur zur Zeit der Fortpflanzung bekleidet ſind. Wenn man nun die Zahl der zum Legen, Bruten und zur Jungenaufziebung noͤthigen Tage zuſammenaddirt, fo findet man einen Aufwand von Zeit, welcher nicht geftattet, zu glauben, daß dieſe Vögel mehr als zweimal des Jahres legen können. Dieſe Zahl von zwei Legungen des Jahres ſcheint das maxi- mum der Fruchtbarkeit dieſer Thiere zu ſeyn; mehrere unter ihnen pflanzen ſich nicht vor dem Alter von drei oder vier Jahren fort, einer Epoche, welche fuͤr ſie das Alter des Erwachſenſeyns iſt, die einzige Zeit, waͤhrend welcher es ihnen gegeben iſt, ihre Race fortzupflangen. Unter den Arten, welche nur erft im dritten oder vierten Jahre ihres Lebens ſich fortpflanzen, kann man vorzüglich die gro⸗ ßen Raubvoͤgel aufführen, als Geier, Laͤmmergeier und Adler. Mit mehreren Waſſervoͤgeln ſcheint es ſich ebenſo zu verhalten, wie Pelican, Taucher, Pinguins und vielen andern, welche das Gefieder des Ausgewachſenſeyns oder das Hochzeitkleid erſt mehrere Jahre nach ihrer Geburt erbalten. Dieſe Arten fangen daher erſt nach Verfluß der erwaͤhnten Zeit an, der Fortpflanzung obzuliegen. Dieſer Umſtand muß ei⸗ nen großen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Arten haben; auch fällt einem die kleine Zahl von Individuen dieſer Thiere auf, bei welchen das Alter der Reife ſo ſpaͤt eintritt, waͤhrend dagegen die Gattungen der Sperlingsvoͤgel und huͤhnerartigen Vögel, welche nur wenig Zeit gebrauchen, um auszuwachſen, eine viel größere Anzahl von Individuen darbieten. Dieſes Element ift daher von hober Wichtigkeit, um die relas tive Fruchtbarkeit der verſchiedenen Arten von Voͤgeln zu ſchaͤtzen. Es muß naturlich eben fo febr in Anſchlag gebracht werden, als die Zahl der Legungen und die Quantität der Eier, welche jedes Legen bringt. Die eben erwähnten Thatſachen beweiſen nicht weniger, wie— es nicht anzunehmen iſt, daß ſelbſt die Voͤgel, welche ſich weiten Wanderungen unterziehen, mehr als zwei Brütunaen des Jahres vornehmen koͤnnen; denn die Zeit würde ihnen zu mehreren fehlen. Wir haben noch nicht Thatſachen genug geſammelt, um auf eine poſitive Weiſe zu beſtimmen, ob gewiſſe Arten von Voͤgeln nicht durch die Zahl der Brütungen den Vortheil gewinnen wür⸗ den, den fie für jede Bruͤtung, einzeln genommen, verlieren würden. Um ſich eine richtige Vorſtellung von der Fruchtbarkeit eis ner Art zu machen, genuͤgt es nicht, daß man die Zahl der Jungen einer Legung kenne, man muß auch die Zahl der Les gungen in einer beſtimmten Zwiſchenzeit wiſſen. Dieß iſt ein Punct in der Geſchichte der Vögel, welcher noch aufzuhellen iſt und woruͤber wir noch nicht genug data haben, um darüber vollig beſtimmt zu ſprechen. Hoͤchſtens ſcheint es, nach den Beobachtun⸗ gen, welche wir beſitzen, daß die Vögel, welche die meiſten Eier in einer Legung legen, auch die ſind, wo die Zahl der Legungen die betraͤchtlichſte iſt. Noch ein anderes Element würde nötbig ſeyn, um die Grade und Urfachen der ungleichen Fruchtbarkeit der Vogel zu beſtimmenz dieß Element iſt die Dauer der Trächtigkeit und des Brütens ; 3 * 89 denn eine lange Traͤchtigkeit oder Bruͤtung zeigt eine geringere Zahl von Traͤchtigkeiten im Jahre an und eine kurze deutet auf mehrere hin. Endlich würde es gut ſeyn, die Dauer des Lebens jeder Art von Voͤgeln zu kennen; denn, je laͤnger das Leben im Gange iſt, deſto laͤnger iſt auch in Proportion die Dauer der Fruchtbarkeit. Man bemerkt indeſſen, daß die Arten, deren Le⸗ bensdauer am beträchtlichſten iſt, zu gleicher Zeit die am wenigſten fruchtbaren ſind. Die Gattung Corvus hat uns ein ſehr merkwuͤr⸗ diges Beiſpiel darüber geliefert, obgleich mehrere dazu gehörige Arten ſich in den verſchiedenſten Laͤnderſtrichen vorfinden, indem ſie, fo zu ſagen, alle Regionen der Erdkugel auf ihren weiten Wanderun⸗ gen durchziehen. 0 95 Ich hatte gewuͤnſcht, wenigſtens annaͤhernd beſtimmen zu koͤnnen, ob bei den Voͤgeln die Zahl der Maͤnnchen die der Weib— chen uͤbertrifft und ob das Vorherrſchen des einen der Geſchlechter von dem Einfluſſe der Lebensweiſe, oder von der Art der Nah: rung abhaͤnge, welche das Verhältniß der Geſchlechter bei den Ge— burten reguiiet. Allein meine Beobachtungen ſind noch nicht ge: nug vorgeſchritten, um mir zu erlauben, daß ich einige Conjectus ren uͤber einen Gegenſtand wagen duͤrfte, der ſtets ſehr viele Schwierigkeiten darbietet. Mn: - Endlich ergiebt ſich noch bei der Wuͤ digung der Traͤchtigkeit und der Fruchtbarkeit der Vogel ein Element, was ich nicht ver⸗ nachläffigen werde; das iſt der wilde, oder domeſticirte Zuſtand, in welchem die Arten ſich befinden, von welchen man die Staͤrke und den Umfang der Fortpflanzung zu erkennen wuͤnſcht. Man ſieht leicht ein, wie vielen beſonderen Einfluͤſſen die wilden Arten unters worfen find. Die Racen, welche wir eingeſchloſſen halten, wel— chen wir, nach unſerer Willkuͤhr, die Nahrung reichen und wel— che wir, wie es uns gefaͤllt, in ſehr verſchiedene Climate und Temperaturen verſetzen, entgehen nothwendigerweiſe jenen Einfluͤſ— ſen, weil ſie der Herrſchaft ganz verſchiedener Bedingungen unter— worfen ſind. Auf der andern Seite begreift man, wie ſchwer es iſt, die Verſchiedenheit der Zahleaverhaͤltniſſe der beiden Ge— ſchlechter bei wilden Vögeln zu ſchatzen, um ſo mehr, da unter ih⸗ nen wenig Arten einen feſten Wohnſitz haben. Auch beſchraͤnkt ſich Alles, was ich daruͤber im Allgemeinen ſagen kann, auf einige oft wiederholte Beobachtungen der Durchzuͤge gewiſſer Voͤgel. Dieſe Beobachtungen gehen darauf hinaus, bisjetzt, daß man zugeben kann, man bemerke bei mehreren Arten ein entſchiedenes Vorherr— ſchen eines Geſchlechts uͤber das andere. Wenigſtens deuten dieß die Zuͤge der Voͤgel in den gemaͤßigten Gegenden an, und beſon— ders die im Suͤden von Frankreich, welche mehr Maͤnnchen als Weibchen herbeiführen. Die Vogelſteller dieſes letzten Landſtrichs find davon uͤberraſcht; fie find verwundert, immer mehr Maͤnn⸗ chen, als Weibchen bei den verſchiedenen Wanderzuͤgen zu fangen, welche im Fruͤbjahre und im Herbſte ſtatt haben. Dieſer Umſtand, welcher einen Ueberſchuß der Maͤnnchen uͤber die Weibchen ankuͤndigt, zeigt ſich auch in den Neſtern gewiſſer Arten von Singvoͤgeln, wovon ich die Nachtigal, den Diſtelfin⸗ ken, den Gimpel und die Droſſeln erwaͤhnen will. Dieſe Neſt— bewohner, meiſt aus fuͤnf Kleinen beſtehend, enthalten faſt immer ein Weibchen, ſelten zwei und faſt niemals drei. Dieſe Thatſachen und diejenigen, welche die meiſten domeſti— cirten Vögel darbieten, ſcheinen ein entſchiedenes Uebergewicht eines Geſchlechts über das andere darzuthun. Wenn man fie mit Sorg— 40 falt beobachtet, ſo werden ſie wahrſcheinlich in der Folge die Huͤlfsmittel gewähren, um das große Problem über das Verhalt— niß der beiden Geſchlechter zueinander zu loͤſen; ein Verhaͤltniß, welches ſo wichtig iſt fuͤr die Dauer und Fortdauer der lebenden Weſen, und ein Problem, welches noch ſo wenig bekannt iſt, ſelbſt bei den complicirteſten der Thiere. His ipen Der naturwiffenfhaftlihe Verein des Harzes hielt am 12. Auguſt dieſes Jahres feine zehnte Jahresverſamm— lung zu Blankenburg, unter dem Vorſitze des Herrn Oberberg— raths Zincken. Zahlreiche und meiſt gediegene Vortraͤge aus den Gebieten der verſchiedenen naturhiſtoriſchen Fächer, des Berg- und Huͤttenweſens ꝛc., mannichfach belehrende Unterhaltung und ein ge— ſelliges Mahl ließen der dießmal aus 48 Theilnehmern beſtehenden Verſammlung die Zeit eben ſo lehrreich, als angenehm entſchwin— den. Der Verein ertheilte zum erſten Male, um ſich mehr zu ftabiliren, Diplome an ordentliche, correfpondirende und Ehren s Mitglieder. Am Tage nach dieſer Sitzung hielt, in Folge freundli— cher Vereinbarung, das Vicedirectorium Braunſchweig des nordteut— ſchen Apotheker-Vereins feine Jahresverſammlung. — Wenn fen bisher die Verſammlungen des naturwiſſenſchaftlichen Vereins im— mer ſo zahlreich waren, als es ſich nur erwarten ließ, und wenn ſie, in der Regel, das Gluͤck hatten, viele und darunter ausge— zeichnete Gaͤſte in ihrer Mitte zu ſehen, ſo darf der Verein fur die Folge wohl noch immer zahlreicheren und glaͤnzenderen Ver— ſammlungen entgegenſehen, da mit der Vermehrung der Eiſenbah— nen um den Harz, wie alle Claſſen von Reiſenden, ſo gewiß auch die naturforſchenden ſich haͤufiger einfinden werden. Wer aber von dieſen letztern ſeine Zeit waͤhlen kann, wird gewiß die Gelegenheit wahrnehmen, die Bekanntſchaft vieler der tuͤchtigſten Naturforſcher des Harzes gleichzeitig und auf die keichteſte Weiſe zu machen. — Die naͤchſtjaͤhrige Verſammlung des Vereins wird am 11. Auguſt, wiederum zu Blankenburg, ſtattfinden. Die Anwendung der Waͤrme zur Beſtimmung der Functionen der Locomotionsmuskeln hat, nach einer der Pariſer Academie der Wiſſenſchaften am 26. October mitgetheilten Note, Herr Kuhn verſucht, (um in dieſer Hinſicht von der Ei— genſchaft Nutzen zu ziehen, welche die Muskeln haben, ſich zu vers kurzen, ſobald fie einer hinlaͤnglich erhöhten Temperatur ausge: ſetzt werden), und vermittels einiger Vorſichtsmaßregeln iſt es ihm gelungen, dieſe Wirkung in dieſem oder jenem beſtimmten Muskel hervorzubringen, während die übrigen ihre Erſchlaffung beibehiel- ten. Er hat auf dieſe Weiſe die Wirkung darthun koͤnnen, welche durch die Contraction gewiſſer Muskeln erfolgte, deren Nutzen ein Gegenſtand von Controverſen waren. Hr. Kuhn hat von dies ſem Verfahren auch eine Anwendung auf die Theorie uͤber den Ur— ſprung der verſchiedenen angeborenen Difformitäten des Knochen— ſyſtems gemacht, und meldet, daß er wirklich dahin gelangt ſey, mittels ſolcher Muskelcontracturen mehrere dieſer Difformitäten zu ſimuliren, z. E., gewiſſe Varietäten des Klumpfußes, Seitenkruͤm— mungen des Ruͤckgrats; er hat auch durch dieſelben Mittel, am Cadaver, eine Art des Schielens hervorgebracht. FI Ueber die Behandlung des eingewachſenen Nagels. Von Dr. Pay an. Nichts iſt ſcheinbar einfacher, als die Krankheit, welche man mit dem Namen des eingewachſenen Nagels bezeichnet, und doch, wie viele verſchiedene Behandlungsweiſen hat man dafuͤr angegeben. Trotz der Menge dieſer Vorſchlaͤge iſt man aber in der Praxis immer noch in Verlegenheit, ſo oft ſich ein ſolcher Fall darbietet, weil alle dieſe Behandlungswei— ſen entweder zu langſam wirken, oder als zu grauſam von den Kranken verworfen werden. Eine ſichere und einfa— chere Behandlungsweiſe ſchien mir daher im hohen Grade wuͤnſchenswerth. 41 — 42 Unterſucht man den Mechanismus des eingewachfenen Nagels, ſo erkennt man leicht, daß das ganze Uebel von fehlerhafter Richtung des Nagels herruͤhrt, welche bisweilen primitiv iſt, haͤufiger aber davon herruͤhrt, daß die Weich— theile durch zu enges Schuhwerk uͤber den Nagel heraufge— druͤckt werden. Die Raͤnder des Nagels bekommen dadurch eine immer mehr verticale Richtung und ſenken ſich, in der That, in das Fleiſch ein, bewirken mechaniſche Reizung, wel— che durch den Druck der Schuhe und durch das Gehen nur vermehrt werden; es erfolgt Entzuͤndung, Anſchwellung der Weichtheile und unertraͤglicher Schmerz. Zuerſt ging man darauf aus, die Richtung des Na— gels zu verbeſſern. Se verfuhren die Arabiſchen Wundaͤrzte, ſodann Fabricius von Aquapendente und auf's Neue Deſſault, Richerand u. A. Dieſes Verfahren iſt ſehr ſchmerzhaft, und gewoͤhnlich bleibt es ſelbſt nach mehreren Monaten ohne Erfolg. Daſſelbe wird wahrſcheinlich auch mit der artiulicten Agraffe von Weſigené der Fall ſeyn. Es iſt uͤberdieß wahrſcheinlich, daß bei dieſen Verfahrungs— weiſen eine Verbeſſerung der Richtung des Nagels nur noch ſchwerer wird, weil bei Erhebung der ſeitlichen Raͤnder die Wurzel nur noch tiefer eingedruͤckt wird, auch abgeſehen davon, daß ein Aufheben der Seitenraͤnder meiſtens gar nicht moͤglich ſeyn wird, indem, wie ich gefunden habe, die— ſelben mit den entzuͤndeten Parthieen feſt verwachſen ſind. Nicht mehr iſt von der Behandlung zu ſagen, welche darauf ausgeht, die zu große Breite des Nagels zu verbeſ— ſern. Dies empfahl Dionis, der mit einem Meſſer Alles vom Nagel abtrug, was in das Fleiſch eindrang, aber noͤ— thig fand, bei dem Wiederhervordringen des Nagels denſel— ben mit Glas abzuſchaben, um abermaliges Einwachſen zu verhuͤten, welches, wie er ſelbſt ſagt, ſonſt immer erfolgt. Hierher gehoͤrt das Verfahren von Faye, welcher ein Vfoͤr— miges Stuͤck aus dem Nagel ausſchneidet und ſodann die beiden ſeitlichen Stuͤcke mittelſt eines Metalldrahtes in der Mitte zuſammenzieht. Dieſe Verfabrungsweiſen mit ihren zahlreichen Modificationen wirken, wenn ſie von guͤnſtigem Einfluffe find, immer nur vorübergehend. Eine wirkſamere Operation blieb wuͤnſchenswerth und wurde von Dupuytren angegeben, welcher die partielle Ausreißung des Nagels empfahl. Dieſes Verfahren verbrei— tete ſich wegen der großen Leichtigkeit der Ausführung ſehr raſch; aber auch dieſes Verfahren hat den Nachtheil, zu Ruͤckfaͤlen zu disponiren, ſo daß ſich ſelbſt Dupuytren veranlaßt ſah, die ſo uͤberaus ſchmerzhafte Cauteriſation noch zu den faſt uͤbermaͤßigen Schmerzen der Ausreißung hinzuzufuͤgen. Wahrſcheinlich deßwegen nahmen Lisfranc, Rachet und Levrat -Perraton wiederum das Verfahren von Ambroſius Pareus auf, welcher das entzuͤndete Fleiſch an der Seite des Nagels wegnahm, entweder mit dem Meſſer oder mit Kali causticum. Dieſes Verfahren iſt weniger ſchmerzhaft und ſicherer vor Recidiven; bisweilen jedoch, na— mentlich bei ſehr verkruͤmmtem Nagel, iſt es nicht möglich, die Operation auszufuͤhren, und es ſcheint dieſes Verfahren bloß für einzelne milde Fälle anwendbar zu ſeyn. Alle verfhiedenen Verfahren find unwirkſam, weil ſie die Nagelwurzel unberührt laſſen, alſo die Wiedererzeugung der Urſache der Krankheit, falſche Richtung des Nagels, nicht verhindern. Zu einer radicalen Hellung iſt Zerſtörung des Bildungsorganes des Nagels unerlaͤßlich. Auch hierzu ſind mehrere Verfahrungsweiſen angegeben worden; auch die Ausreißung und Cauteriſation wurde auf dieſe Weiſe gemacht, daß die Wurzel des Nagels mit zer— ſtoͤrt wurde. Man ließ das Glüheiſen auf die Nagelwutzel einwirken, oder man beſchrieb die Nagelwurzel mit einem tie— fen Biſtouriſchnitte und praͤparirte den Lappen von Hinten nach Vorn ab, oder man trug mit einem einzigen Meffer: ſchnitte (wie bei'm Federſchneiden) den Nagel mit ſeiner Wurzel ab. Dieſe Mittel können eine radicale Heilung ber wirken, ſind aber ſo abſchreckend, daß ſie von den meiſten Kranken nicht zugelaſſen werden. Da ich überdieß früher gemerkt hatte, daß bei Anwendung des Kali causticum auf die Ulcerationsflaͤche an der Seite das Aetzmittel in der Furche bis zur Wurzel dringe und auf dieſe Weiſe bisweilen eine Radicalheilung zu Stande bringe, ſo fragte ich mich, warum dieſes Aetzmittel dem Gluͤheiſen nicht vorgezogen werden ſollte. Ich habe damit günftige Verſuche gemacht; auch hat im October des vorigen Jahres Dr. Barbette aus Niort daſſelbe Mittel, jedoch auf eine andere Weiſe, angewendet. Ich ging naͤmlich nicht auf Zerſtoͤrung der ganzen Wurzel, ſondern nur des Theiles aus, von welchem der eingewachſene Theil entſprang. Mein Verfahren iſt fol— gendes: Ich bedeckte zuerſt den Nagel mit einem guten Heftpflaſter, wodurch die Furchen an der Seite und an der Baſis vollkommen ausgefuͤllt wurden; hierauf machte ich in dieſem mit der Scheere eine kleine halbmondfoͤrmige Luͤcke gerade über dem Theile der Nagelwurzel, von welchem der eingewachſene Rand ausging. Nun wurde ein zweites auf gleiche Weiſe mit einer Oeffnung verſehenes Heftpflaſter uͤbergelegt, worauf ich ein erbsgroßes Stuͤckchen Kali cau- sticum in dieſer Vertiefung acht bis zehn Stunden mittelſt einer Cirkelbinde feſthielt. So wurde ein Theil der Nagel— wurzel vollkommen zerſtoͤrt. So wie der Schorf abgegan: gen iſt kann man alsdann, um die Heilung zu beſchleuni— gen, den eingewachſenen Rand abſchneiden, indem man eine gerade Scheere unter denſelben unterſchiebt. Auf dieſe Weiſe wird eine Radicalheilung in vier bis ſechs Wochen erreicht. Dieß beftätigte ſich in mehreren Faͤllen, und ich habe ſpaͤter nur einem andern Aetzmittel, naͤmlich dem Wiener Pulver, den Vorzug gegeben, welches aus gleichen Theilen cauſtiſchem Kali und cauſtiſchem Kalke beſteht und mit einigen Tropfen Eau de Cologne zu einem Breie angemacht wird. Die⸗ ſes wirkt raſcher und localer. Die Wirkung iſt in zwanzig Minuten erreicht. Der Schorf faͤllt raſcher ab, und man bat noch den Vortheil, daß der zuruͤckbleibende Theil des Nagels erweicht iſt und leichter abgetragen werden kann. Dieſes Verfahren iſt ſicher, und man wird bei Einwachſung in beiden Seiten nicht genoͤthigt ſeyn, den ganzen Nagel abzutragen, ſondern ſich auf die beiden Parthieen der Wur⸗ zel, welche dem Seitenrande entſprechen, beſchraͤnken koͤnnen. (Revue méd., Juillet 1840.) 43 Von Blennorrhagie bei zufälliger Theilung der urethra hat Dr. Ricord der K. Academie der Medicin zu Paris einen Fall mitgetheilt, der ihn zu merkwuͤrdigen Betrach— tungen Veranlaſſung gegeben hat. Er betraf ein Indivi— duum, welches mit einer, etwa einen Zoll von der Wurzel des Hodenſacks zufaͤllig entſtandenen, transverſalen Theilung der Harnroͤhre behaftet war. Außerdem war Phymoſis vor— handen; und vermoͤge dieſer Bildung, welche den meatus urinarius ſchuͤtzte, fing die Krankheit an der zufälligen Muͤndung an. Waͤhrend der Behandlung mit Cubeben, in der Doſis von 21 Grammen taͤglich (etwa 6 Quent.), wur— den folgende Beobachtungen gemacht. 1. Waͤhrend der Erection ſcheint der vordere Theil der urethra nicht ſo viel an der Erections Turgescenz Theil zu nehmen, als dieß in einem normalen Canale ſtatt hat. Uebrigens verſichert der Kranke, daß dieſer Theil an den wolluͤſtigen Empfindungen durchaus keinen Theil habe, welche ſonach auf den hinteren Theil der urethra beſchraͤnkt find. 2 Obgleich die Ausflußmaterie reichlich, ſtark eiter— aͤhnlich und gruͤnlich war, und hinreichende Charactere von Acuitaͤt ſich vorfanden, war doch der hintere oder Veſical— Theil allein der Sitz des Schmerzes waͤhrend der Urin— ausleerung. 3. Einige Tage der Behandlung, waͤhrend deſſen man die beiden Enden der urethra voneinander entfernt hielt, waren hinreichend, um die Heilung derjenigen Portion der urethra herbeizufuͤhren, durch welche der mit mediciniſchen Stoffen der Cubeben angeſchwaͤngerte Urin hindurchfloß, waͤhrend der vordere Theil fortwaͤhrend einen blennorrhagi— ſchen Ausfluß geliefert hat, welcher in Nichts modificirt wor— den iſt, und welcher hinreichend geweſen iſt, um in der ge— heilten Portion wieder die Krankheit hervorzubringen, ſobald das Hinderniß, was die beiden Enden des Canals trennte, aufgehoben war. Endlich wurde die definitive Heilung bewirkt, indem man die Cubeben wieder aufnahm und zugleich den vorde— ren Theil der urethra mit Einſpritzungen behandelte, die von einer Solution von ſalpeterſaurem Silber, 10 Centi— grammen (2 Gran) und 250 Grammen (8 Unzen) deſtillirten Waſſers bereitet waren. Aus dieſen verſchiedenen Thatſachen kann man folgende Folgerungen ziehen: a. Die Blennorrhagie hat keinen ſpecifiſchen Sitz, wie es mehrere Schriftſteller und beſonders J. Hunter behauptet haben, welcher, indem er eine virulente Blennor— rhagie für den vorderen Theil des Canals oder die fossa navicularis annimmt, ſich fragt, ob Ausfluͤſſe, welche tie— fer eindringen, ſyphilitiſcher Natur ſind. b. Unſtreitig iſt der Punct, welcher unmittelbar dem Einfluſſe oder der Wirkung der Urſache ausgeſetzt geweſen, zuerſt der kranke. c. Waͤhrend des Koitus und in der Zeit, welche der Ejaculation vorausgeht, iſt die urethra geſpannt; ihre Wände ſind voneinander abſtehend; der auf die Baſis der 44 Eichel ausgeuͤbte Druck bewirkt ein Offenſtehen der Lefzen des meatus urinarius und geſtattet den Eintritt der krankhaften Stoffe, deren Fortruͤcken in dem Canale durch den Act ſelbſt beguͤnſtigt wird. d. Die Schmerzen bei der Blennorrhagie werden haupt— ſaͤchlich von dem Durchgange des Harns und den Ekrectio— nen abhaͤngig. e. Man gewoͤhnt ſich an die Urſachen der Blennor— rhagie; aber meiſtens kann man ſagen, daß, je oͤfter man Blennorrhagien gehabt hat, um ſo leichter man ſie wie— derbekommt, und ihre Mecidive find um fo viel leichter, je Fürs zer die Zeit iſt, die ſeit der Heilung verfloſſen. — Die Cu— bebe wirkt auf den Canal der urethra nur vermittelft des mit den Stoffen des Heilmittels impraͤgnirten Urins und nicht durch eine eigenthuͤmliche Revulſion. f. Bei'm Manne und bei der Frau wirkt die Cube— be wie der Copahu nur auf die blennorrhagia ure- thralis. g. Die Injectionen mit ſalpeterſaurem Silber, oder die Cauteriſation mit Hoͤllenſtein, ſind die beſten Modifica— toren der Blennorrhagieen. Bei dieſer Gelegenheit erwaͤhnte Herr Ricord der gu— ten Wirkungen, die er erhalten hat durch Cauteriſation des uterus mitteis des Lallemand'ſchen Aetzmitteltraͤgers, bei der Behandlung des einfachen oder für blennorrhagiſch gehaltenen Catarrh's des uterus. Man ſichert ſich auf dieſe Weiſe vor den Zufaͤllen, welche moͤglicherweiſe in Folge von Injection eintreten koͤnnen und deren Gefahr man uͤber— trieben hat: denn, wie Herr Ricord angiebt, dem Durch— gange der Injectionsfluͤſſigkeit durch die Fallopiſche Roͤhre und das peritonaeum, wie ihr Uebergang in die venoͤſen sinus des uterus, gehen bei Lebenden nicht fo von Statten, wie bei dem der Contraction beraubten Leichname. Mit Blutergießung verbundene Capillarphlebitis. Von Cruveilhier. Bei den Sectionsuͤbungen fand ſich ein Präparat von phlebi- tis capillaris haemorrhagica der Haut der untern Extremitäten, welche eine rothviolette Farbe hat, die ſich gleichmaͤßig am linken Unterſchenkel bis uͤber das Knie erſtreckt, waͤhrend am rechten Un— terſchenkel dieſe livide Faͤrbung nur im Verlaufe der v. saphena ſtattfand und den Fußruͤcken und innern Fußrand einnahm Das eigentliche Gewebe der cutis unmittelbar unter der epidermis war in ſeiner ganzen Dicke von ſchwarzem Blute durchdrungen; ebenſo war das Unterhautfettgewebe von Blut getraͤnkt; die zahlreichen kleinen Venen, welche unmittelbar an der Haut verlaufen, waren von ſchwarzem, coagulirtem und an den Venenwandungen anhaͤn— gendem Blute ausgefüllt; die v. saphena magna war ſtrangartig geſpannt und von einem mit ausgetretenem Blute infiltrirten Zelle gewebe umgeben. Es war alſo ſowohl in der cutis, als in dem fubcutanen Zellgewebe Blutergießung vorhanden. Die Phlebitis (denn als ſolche betrachte ich dieſen Zuſtand) war auf die fubcutanen Venen beſchraͤnkt; alle unter den Aponeu— roſen liegenden Theile lagen normal, und die Blaͤſſe der Muskeln, ſo wie der normale Zuſtand der ſubaponeurotiſchen Venen contra— ſtirten mit der Injection und dem Blutextravaſate der oberflaͤchli— chen Schichten; am Oberſchenkel war der Stamm der saphena magna ebenfalls entzuͤndet; aber die Vertheilungen dieſer Vene bis zu dem Capillartheile waren nicht mit ergriffen, und es waren das her auch Haut- und unterhautzellgewebe in ganz unverſehrtem 45 Zuſtande. Die Phlebitis nahm noch die Staͤmme der tiefen Venen von der Libials und perunea bis zur iliaca externa ein, ohne daß jedoch irgend ein Collateralaſt mit ergriffen geweſen wäre, Beide venne iliacae, erurales und saphenge waren ebenſo wie die v. v. iliacae communes obliterirt; dennoch war eine waſſrige Inſiltration der untern Extremitaten nicht vorhanden; in Folge einer auffallenden Anomalie ging ein beträchtlicher Communicattons— aſt von einer saphena magna zur andern, welcher am obern Rande des Schambogens verlief. Dieſe Communicationsvene war an ih— rex rechten Einmündung normal beſchaffen, an der linken dagegen varicde. Vor der Symphyſe fand ſich noch eine gewundene, gas beiförmig geſpaltene und varicos ausgedehnte Verbindungsvene zwiſchen der saphena magna und dem größeren Gommunicas tionsaſte. Alle dieſe Venen waren von coagulirtem und an den Wänden anhaͤngendem Blute gefüllt; auffallend war dabei das enge Cali— ber der Venen, welches die Weite der Arterien nicht übertraf. Die v. saphena auf der linken Seite enthielt ein cosgulum, welches ſelbſt wieder zu einem Cylinder ausgehöhlt war, deſſen ins nere Flaͤche kreisformige Streifen zeigte, ganz nach Art eines Coa— gulums in einem Aneurysma. Dieſer Cylinder war gewiſſerma— ßen eben vorbereitet, um Blut in ſich aufzunehmen; die ». iliaca externa und ». cruralis waren von einem weißen fibroͤſen, außer— ordentlich feſten Strange gefüllt, der mit den Wänden fo genau zuſammenhing, daß es nicht moͤglich war, denſelben von den Ve⸗ nenhauten zu trennen. Mitten in dieſem fibroͤſen Strange fand ſich eine Knochenſpitze von gelblicher Farbe und 1 Zoll Lange; in der ». eruralis war der fibroͤſe Strang nach der einen Seite zu: rücgedrängt, fo daß die Circulation zwiſchen dieſem Strange und der Gefäßwand wiederum möglich geworden war; indeß war offen: bar das Blut nur langſam und ſchwierig in dieſen durch Entzun— dung obliterirten Canalen weitergedrungen; denn der neue Cylin— der war durchaus nicht regelmäßig, das Blut lief auf Umwegen und ſelbſt in einer vollkommenen Spirallinie um die alten Gons cretionen herum, ſtellenweiſe in einem faſt capillären Raume, während an andern Stellen das Blut das ganze Gefäß ausfullte, Die ſehr feſte ». poplitea enthielt knochenahnliche Concretionen von gelblicher und weißer Farbe: die v. v. tibiales et peroneae waren ſehr eng und mit coagutirtem Blute gefuͤllt. Bei dieſer Beobachtung iſt ein doppelter Zuſtand zu unterſchei⸗ den, naͤmlich eine alte, zur Heilung gekommene Phlebitis, wobei innerhalb der coagula, ganz wie bei den Phlebolithen, knochenar— tige Concretionen vorkamen, während an einzelnen Stellen die Ads haͤrenz des Coagulums an die Venenwandung bereits überwunden war, jo daß das Blut zwiſchen dem coagulum und der Venen⸗ wand in einem ſehr gewundenen Gange eine unvollkommene Cir— culation hergeſtellt hatte. Wie iſt aber die Abweſenheit waͤſſri— ger Infiltration bei Verſchließung ſaͤmmtlicher Hauptvenen zu ers klaͤren? Unabhaͤngig von dieſer alten Veraͤnderung war noch eine neue Störung vorhanden, welche, wie mir ſcheint, auf Capillarphlebi⸗ tis zu beziehen iſt, und welche ich daher als Capillarphlebitis mit Blutergießung bezeichnet habe. Nichts koͤmmt haͤufiger auf der Abtheilung der alten Weiber in der Salpetriere vor, als ecchymo⸗ tiſche Flecke in der Haut der Unterſchenkel, mit denen eine mehr oder minder betraͤchtliche Anſchwellung und Verdichtung des Unter— hautzellgewebes verbunden iſt, welche durch große Schmerzhaftig⸗ keit die Kranken noͤthigt, das Bett zu huͤten. Dieſer acute Scor— but der Unterſchenkel (denn dieſe Gliedmatzen zeigen, in der That, alle Charactere des Scorbuts) trifft ziemlich haͤufig mit einem ſchwammigen Zuſtande des Zahnfleiſches zuſammen, welches indeß in andern Fällen durchaus unverſehrt iſt. Reactionsfieber iſt ſelten dabei. Die Kranken geneſen von ſelbſt, bloß unter Anwendung der borizontalen Lage und einiger reſolvirender Mittel. Aber in an⸗ dern Fällen find die Schmerzen auch fo lebhaft, und die Zerthei: lung erfolgt ſo langſam, daß ich zu Blutentleerungen Veranlaſſung fand, und die Erfahrung bat mich, in der That, gelehrt, daß alls gemeine oder locale Blutentziehung die wahre Behandlung ausma⸗ chen, immer Erleichterung, ſchaffen und faſt immer die Heilung berbeiführen. 46 Bei unglücklichen Fällen zeigt die Section Blutaustritt unter der epidermis, in dem Gewebe der cutis und in dem fubcutanen Zellgewebe, bisweilen ſogar unter den Aponeurofen, in der Dicke der Muskeln und ſelbſt unter dem periosteum. Ich habe fogar mehrmals Blut in den Gelenken der untern Extremität gefunden; eine genauere Erkenntniß wird ſich aus folgenden Fällen ergeben: Erfter Fall. — Spontane Blutergießung in die Haut, das Zellgewebe und die Muskeln des Unter ſchenkels. Eine alte Frau kam im Maͤrz 1836, wegen ecchy⸗ motiſcher Flecke an den untern Extremitäten und wegen blutiger Infiltration des ſubeutanen Zellgewebes, in das Spital. Die min« deſte Bewegung, der leiſeſte Druck find außerordentlich ſchmerzhaft; es war die unter dem Namen Scorbut oder purpura haemorrhagica, auch wohl apoplexie capillaire der Haut und des Zellgemebes bes ſchriebene Krankheit, welche beſſer phlebitis capillaris haemorrha- gica genannt wird. Der Zuſtand zeigte local ziemlich viel Activie tät, welche ein antiphlogiſtiſches Verfahren nothwendig machte. Das Zahnfleiſch hatte einen fungöfen Rand um die Zähne, welche ſammtlich locker waren, während übrigens das Zahnfleiſch normal war und in den Räumen einiger Zabnlücken hart und calles gefun— den wurde. Trotz dem durch einen chroniſchen Catarrh geſchwäch⸗ ten Zuftande mußte ich wegen der heftigen Schmerzen einen kleinen Aderlaß am Arme machen und fpäter einige B uregel ſetzen; Vers band mit Bleiwaſſer; das Localleiden beſſerte ſich; der allgemeine Zuſtand dagegen wurde ſchlimmer; es bildete ſich oedema pulmo- num aus, wodurch der Puls immer fchwäcder wurde und wegen mangelnder Blutbildung die Kranke gewiſſermaßen verlöſchte. Bei der Section fand ſich Verdickung der Bronchialſchleimhaut und Oedem der Lungenſubſtanz; an den untern Extremitäten Blutin⸗ filtration der cutis und des ſubcutanen Zellgewebes mit einer Schicht von Blut zwiſchen dem Fettgewebe und der aponeurosis cruris; ferner Blutergießung unter der Aponeuroſe auf und in den Muskeln und eine Schicht Blut vor dem ligam. interosseum. Zweiter Fall. — Spontane Blutung in dem Uns terhautzellgewebe, Mangel einer Hautecchymoſe, Blutergießung in das Tibio-Tarſalgelenk und unter das periosteum. Eine alte Frau wurde im November 1837 wegen einer ſchmerzhaften Anſchwellung der Unterſchenkel und Fuͤße, je⸗ doch ohne Ecchymoſen, aufgenommen. Man ſah leicht, daß dieſer Zuſtand mit einer ſubcutanen Blutergießung zufammenbing, wobei aber das eigenthuͤmliche Gewebe der Haut von Blutinfiltration ganz frei war; der Schmerz glich dem einer heftigen Quetſchung; das Zahnfleiſch war ſchwammig. Der Zuſtand der Kranken ſchleppte ſich bis zum Januar 1838 hin, und fie ſtarb endlich mit beträchtli⸗ chem decubitus. Bei der Section fand ſich oedema pulmonum mit Infiltration einer roͤthlichen jauchigen Fluͤſſigkeit in das Lun⸗ gengewebe. Ecchymoſe unter der Haut oder vielmehr unter dem ſubcutanen Fettzellgewebe; Blutinfiltration in dem ganzen Gewebe der fascia superficialis auf der aponeurosis cruris, jedoch nicht unter der Aponeuroſe. Blutergießung im Fußwurzelgelenke mit coagulum, welches an der Synovialhaut anbing. Es ſchien mir, als komme dieſe Ergießung aus dem Halſe des astragalus über dem Knorpelrande. Als dieſer Knochen durchſaͤgt wurde, zeigte ſich, daß der Knorpel an der obern Flaͤche dieſes Knochens von dem darunterliegenden mit Blut infiltrirten Knochengewebe abge: loͤſt war; im Kniegelenke zeigten die franzenartigen Verlängeruns gen der Synovialbaut eine ſchieferähnliche Faͤrbung, wahrſcheinlich die Spuren fruͤherer Blutergießung. Da wahrend des Lebens eine tibia aufgetrieben und ſchmerzhaft war, fo hatte ich eine Bluter⸗ gießung unter dem periosteum vorausgefagt, und es fand ſich, in der That, unter dem abgeloͤſ'ten periosteum eine ſebr dichte Blutſchicht. Dritter Fall. — Eine Frau, Lemaire, 84 Jahr alt, wurde am 10. Juni 1835, wegen einer ſubcutanen Blutinfiltration mit Ecchymoſe unter der epidermis an der untern Hälfte des Un⸗ ken Unterſchenkels, aufgenommen; zugleich batte fie heftige Schmer⸗ zen, welche bei der leichteſten Bewegung und durch den leichteſten Druck zunahmen. Bei Ruhe, horizontaler Lage und erweichenden Cataplasmen nahmen die Schmerzen mit der Geſchwulſt ab; die ſchwarze Farbe der Ecchymoſe ging in eine gelbliche Färbung über, und die Sache verlief ganz wie bei einer gewohnlichen Gontufion. 47 Im Augenblicke, als die geheilte Kranke eben das Spital verlaſſen wollte, wurde der rechte Unterſchenkel ploͤtzlich von denſelben Symptomen befallen, wie zuvor der linke Unterſchenkel; das Ganze ſah aus, wie eine ſehr heftige Contuſion mit betraͤchtlicher Blutin— filtration in dem fubcutanen Zellgewebe; das Bein iſt betrachtlich angeſchwollen; die Kranke leidet an ſehr ſchmerzhafter Spannung daran; das Allgemeinbefinden iſt gut; es iſt kein Reactionsfieber vorhanden. Die Krankheit iſt vollkommen local, und die aufmerk— ſamſte Unterſuchung der groͤßern Arterien- und Venenſtaͤmme laͤßt durchaus keine Veränderung bemerken. Die Intenſitaͤt des Schmer⸗ zes, die Waͤrme der Haut und der Umfang der Geſchwulſt ſchienen mir fuͤr einen Aderlaß am Arme zu ſprechen, wobei aber kaum etwas Blut erhalten wurde, weswegen funfzehn Blutegel und bald darauf nochmals fuͤnfundzwanzig Blutegel angewendet wurden. Die Erleichterung, welche dadurch verſchafft wurde, war ſehr be⸗ traͤchtlich; die Schmerzen wurden geringer, die Geſchwulſt auffalz lend vermindert. Auf die erweichenden Cataplasmen ließ ich Um— ſchlaͤge mit Bleiwaſſer und einigen Tropfen Camphergeiſt folgen. Die livide Farbe umſchrieb ſich ebenſo, wie der Schmerz, in der Naͤhe des Fußgelenkes und auf dem Fußruͤcken; der uͤbrige Theil des Unterſchenkels zeigte eine leichte gelbliche Anſchwellung; Alles ſchien eine mehr oder minder nahe Heilung zu verſprechen, als am 23. September auf einmal die Kranke in einen Zuſtand von Schwaͤ— che verfiel; die Zunge wurde trocken, es ſtellte ſich lebhafter Durſt ein, und zugleich zeigten ſich ſehr heftige Schmerzen in der ganzen Gliedmaße Die Schmerzen wurden durch die mindeſte Bewegung vermehrt und waren den Schmerzen eines acuten Rheumatismus ſehr aͤhnlich. Der Puls wurde ſehr klein, und die Kranke unterlag am 25. September. Leichenoͤffnung. Die Zergliederung der untern Extremitaͤt zeigt, daß eine ſchwarze halbcoagulirte Blutergießung vorhanden iſt: 1) unter der epidermis; 2) in der Dicke der cutis ſelbſt; 3) in dem Unterhautzellgewebe; 4) in den Intermuscularzellgewebsraͤumen; 5) in der Dicke der Muskeln, wo das infiltrirte Blut ſeinen Sitz in dem Zellgewebe hatte, welches die Muskelbuͤndel und ſelbſt die Muskelfaſern umgiebt, ſo daß es ausſah, als wenn die Muskelfa— ſern ſelbſt von Blut infiltrirt waͤren. Es fand ſich eine Blutergie— ßung im Fußwurzelgelenke, im Ellenbogengelenke und im Huͤftge— lenke. An dieſer letzten Stelle begann auch eine Abnutzung der Knorpel. Die Venen und Arterien des Gliedes waren normal; die Bruſt⸗ und Unterleibseingeweide zeigten durchaus keine Veraͤn— derung. Dieſe Faͤlle werden genuͤgen, um in cliniſcher und anatomiſcher Beziehung die Merkmale der Blutungen darzulegen, welche bald mit einem ſchwammigen Zuſtande des Zahnfleiſches, bald unabhaͤn— gig von dieſer Auflockerung ſtattfinden. Die anatomiſchen Charac— tere find genau die einer heftigen Contuſion, und es iſt merkwuͤr— dig, wie ſpontane Verletzungen durchaus dieſelben Erſcheinungen darbieten koͤnnen, wie traumatiſche Verletzungen. Es iſt uͤbrigens leicht zu begreifen, daß bei einer Continuitaͤtstrennung, ſie mag durch einen vitalen Act oder durch aͤußere Gewalt entſtanden ſeyn, durchaus dieſelben anatomiſchen Erſcheinungen hervorgerufen wer— den, ſobald Blutextravaſat vorhanden iſt. 48 Ich habe immer bemerkt, daß waͤhrend der acuten ſchmerz— haften Periode dieſer Krankheit die allgemeinen und localen Blut— ausleerungen und die erweichenden Mittel nuͤtzlich waren, während antiſcorbutiſche tonica stimulantia nachtheilig wirken. Tonica paſ⸗ ſen ſpaͤter nach dem Verſchwinden des Schmerzes und der primi— tiven Zufaͤlle. Gewiß iſt es, daß der Name Scorbut, mit wel— chem dieſe Krankheit gewoͤhnlich bezeichnet wird, den großen Nach— theil hat, zu therapeutiſchen Anſichten zu führen, welche keineswe— ges immer der Natur der Krankheit entſprechen. Eine noch nicht geloͤſ'te Frage iſt die, ob die ſpontanen Blutungen der Haut, des Zellgewebes, der Muskeln, des Perioſt's und der Gelenke einige Beziehungen zu Apoplexie oder Hirnerweichung haben, welche in dem erwaͤhnten Lebensalter ſo haͤufig vorkommen. Der Scorbut des Greiſenalters ſcheint mir nichts Anderes zu ſeyn, als eine mit Blutung verbundene Capillarphlebitis, aͤhnlich derjenigen, welche reizende Einſpritzungen in die Venen veranlaſſen. (Cruveilhier, Anatom. pathol. Livr. 35.) Miscellen. Durchſchneidung des sterno-cleido-mastoideus wegen eines Kropfes hat Hr. Liſton bei einem dreiundvier— zigiährigen Manne vorgenommen. Dieſer Muskel war durch eine große Anſchwellung der linken Haͤlfte der Schilddruͤſe ſtark in die Höhe gehoben; die trachea wurde ſtark nach Rechts gedrängt, fo daß ſie einen Zoll von der Medianlinie abwich; der Kranke litt an Athemsnoth, beſonders in der Nacht. Durch einen 3 Zoll langen Schnitt wurde der sterno-cleido-mastoideus von feinen Urſprün— gen nehft der daruͤberliegenden Haut getrennt. Das Athmen wur— de leichter, fo wie der Muskel, der über larynx und trachea weg⸗ ging, nachgab. Vierzehn Tage nachher iſt die Wunde geheilt, und die trachea liegt vollkommen gerade in der Mittellinie. (The Lancet, March 1840.) Ein Fall von Lungenhernie wird von Dr. Bell a⸗ ny mitgetheilt: Er fand bei einem halbjaͤhrigen Kinde an der vierten Rippe, gerade unter der axilla, eine Geſchwulſt von der Groͤße zweier Wallnuͤſſe, welche ſich mit einem gurgelnden Geraͤu— ſche zuruͤckdruͤcken ließ. Bei jeder Inſpiration erhielt der aufge— ſetzte Finger einen leichten Druck. Eine Cirkelbinde wurde nicht ertragen, veranlaßte Huſten mit blutigem Auswurfe und hielt die Geſchwulſt nicht einmal vollſtaͤndig zuruͤck. Der Anfang der Ges ſchwulſt ſchien durch einen Abſceß gegeben, welcher eine Höhle zu⸗ ruͤckließ, in welche ſich die Lunge hineindraͤngte. Die Geſchwulſt war vor drei Wochen entſtanden. Einige Tage nach der Unterſu— chung dieſes Kindes ſtarb es. (Lancet, Febr. 1840.) Necrolog. — Der hochverdiente Ober-Medicinalrath Dr. Stieglitz in Hannover, iſt am 31. October geſtorben. —— Gibliographis che neuigkeiten. Lectures on Natural Philosophy. By the Rev. James Will. M’Gauley etc. London 1840, 8. The productive Resources of India. MD. etc. London 1840. 8. By T. Forbes Royle, Considerations hygiéniques et pratiques sur les maladies de la peau, precedees d'une introduction sur l’application des sels cuivriques. Par Philippe Künckel. Paris 1840. 8. Catarrhe chronique, faiblesse et praralysie de la vessie. Par M. Devergie aine, Paris 1840. 8. — .—— —— —Z— Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgelbeilt von dem Ober Medielnatratbe Froriep ju Weimar, und dem Mediemalrathe und Prefeſſor rere gu Berlin, No. 334. (Nr. 4. des XVI. Bandes.) October 1840. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Gedruckt im Landes- Induftries Gomptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. 1 Eu Unterſuchungen über die Bildung des menſchlichen Haares. Von Dr. G. H. Meyer.“) Auf duͤnnen Queerdurchſchnitten, welche ich mir von Bart- und Kopfhaaren dadurch verſchaffte, daß ich dieſelben auf einem Glaſe mit einem ſcharfen Meſſer nach Art einer Wurſt in Scheiben ſchnitt, deren Dicke nicht ganz die Hälfte ihres Durchmeſſers betrug, — konnte ich mich eben— falls von der Exiſtenz einer Medullarſubſtanz und einer ſcharf von derſelben getrennten Corticalſubſtan; uͤberzeugen. Die Peripherie der Medullarſubſtanz wiederholte im Ganzen die Geſtalt der Peripherie des ganzen Haars. Die Dicke der Medullarſubſtanz beſtimmte ich, fo wie Henle, auf I — 4 der ganzen Dicke des Haars. Weiter ließ ſich auf dergleichen Durchſchnitten nichts ermitteln. Auf feinen Laͤngendurchſchnitten dagegen, welche ich auf die Weiſe er— hielt, daß ich mit einem keinen Meſſer auf einer Glasun— tetlage das Haar dünn ſchabte, oder der Laͤnge nach in drei Theile ſpaltete, ſo daß ich eine duͤnne Scheibe aus der Mitte des Haars erhielt, konnte ich das gegenſeitige Vers haͤltniß der Cortical- und der Medullarſubſtanz auf das Ge— naueſte erkennen. Ich ſah alsdann die Medullarſubſtanz, welche deutlich koͤrnigen Character zeigte, durch unregelmäfig ausgebuchtete Linien gegen die Corticalſubſtanz abgegraͤnzt; auch war die Graͤnzlinie keine glatte, ſondern beſtand aus lauter kleinen Kreisſegmenten, deren Gonverität nach Außen ſah. Waren die Durchſchnitte duͤnn genug gerathen, ſo daß die koͤrnige Maſſe der Medullarſubſtanz zum Theil entfernt war, ſo konnte ich als Grundlage der Medullarſubſtanz ein maſchenartiges Gewebe erkennen, in deſſen einzelnen Maſchen, wie in Neſtern, von denſelben eng umſchloſſen, hie und da noch Körner der Markſubſtanz lagen. Da ich auf dieſe Weiſe einzelne Koͤrner gewonnen hatte, konnte ich deren Natur genauer unterſuchen. Sie zeigten ſich entweder rundlich oder elliptiſch, hatten ſcharfe Raͤnder, waren bei ) Vorläufige Mittheilung, veranlaßt durch einen Auffag von Henle. N. Notizen, Bd. 14. No, 8. No. 1434, Kor ae durchfallendem Lichte ſchwarz und zeigten alle einen helleren Punct. Bei ſtaͤrkeren Vergroͤßerungen konnte ich erkennen, daß ſie aus einer durchſichtigen blaſenartigen Wandung be— ftanden und mit ſchwarzen Koͤrnchen angefuͤllt waren. Sie characteriſirten ſich durch alles dieſes als Pigmentzellen. Ihre Größe beſtimmte ich mit einem Ocular-Glasmikrome— ter bei den rund lichen auf 0,004 — 0,000 Millim. Durch⸗ meſſer, bei den laͤnglichen auf 0,006 — 0,010 Millim. Laͤngendurchmeſſer und 0,004 — 0,008 Millim. Breiten: durchmeſſer. — Die Corticalſubſtanz ſah ich, wie Henle, deutlich faſerig und konnte deren Faſern auch einzeln erken— nen, wenn ich zerſplitterte Haarenden betrachtete oder die zerquetſchten Enden in Kali causticum aufgeweichter Haare unter das Mikroſcop brachte. Im Allgemeinen hatte die Corticalſubſtanz eine ſchwache der Faͤrbung des ganzen Haars entſprechende Faͤrbung; es fanden ſich aber auch in ihr viele laͤngliche Koͤrperchen, deren Laͤngenachſe den Faſern der Corticalſubſtanz parallel lief. Ihre Raͤnder waren ſcharf, aber nicht regelmaͤßig und ihre Breite betrug 0,0007 — 0,0014 Millim., ihre hoͤchſt verſchiedene Länge dagegen 0,004 — 0,016 Millim.; die kleinſten Breitendurchmeſſer entfprachen indeſſen nicht immer den kleinſten Laͤngendurch— meſſern, ſondern kuͤrzere dieſer Körperchen waren oft breiter, als laͤngere. Die Menge derſelben war in verſchiedenen Haaren und in den verſchiedenen Theilen eines und deſſelben Haares ſehr verſchieden; es ließ ſich indeſſen kein Geſetz fin⸗ den nach welchem ſie etwa mit der Dicke oder Duͤnne der Mark ubſtanz, oder mit der Farbe der Haare, oder mit der Gegend des Haares in einem beſtimmten Vethaͤltniſſe ſtaͤn— den. Bei weißen Haaren waren fie oft viel zahlreicher, als bei gefaͤrbten. Nur in dem in der Haut verſteckten Theile des Haares konnte ich ſie nicht deutlich erkennen, mit Aus⸗ nahme des Haarknopfs (nach Henle), in welchem fie meis ſtens dicht gedraͤngt und ihrer Laͤngenachſe nach fadig anein⸗ andergereiht ſich zeigten. Dieſe Reihen ſcheinen mir Hen— le's dunkele Laͤngsſtreifen in der Wurzel der Haare zu ſeyn. — Bei auffallendem Lichte erſcheinen ſowohl die Körner der Markſubſtanz als die Kötperchen der Rindenſub— 4 51 ſtanz blendend weiß bei Haaren von den verſchiedenſten Far— ben, nur haben gefaͤrbte Haare in dieſem Weiß eine ganz leichte braͤunliche oder gelbliche Beimiſchung; bei durchfallen⸗ dem Lichte erſcheinen beiderlei Koͤrperchen in allen, auch in weißen, Haaren ſchwarz. — Henle's Bemerkung, daß die Faſerung der Corticalſubſtanz nicht bis an den aͤußerſten Rand des Haares reiche, habe ich auch gemacht, und den Grund davon in einem das ganze Haar von der Warzel bis zur Spitze wie eine Scheide umbüllenden Epidermisuͤber— zuge gefunden. Die Blaͤttchen dieſes Epidermisuͤberzuges find ſchichtenweiſe kreisfoͤrmig geſtellt; die Blaͤttchen der un: teren (d. h. der Wurzel naͤheren) Schicht decken die der zunaͤchſt höher gelegenen dach ziegelfoͤrmig, und die Schichten find fo dicht aneinandergedraͤngt, daß die ganze Epidermis— lamelle eine Dicke von 3 — 4 Blattchen hat. — Die von Henle angefuͤhrten vereinzelten Epidermiszellen, welche dem Haare von feinem Durchtritte auf die Oberflaͤche der Haut her ankleben, liegen noch uͤber dem eben beſchriebenen Epidermisuͤberzuge und ſind deutlich als etwas Getrenntes zu erkennen. Auch an den feinen Enden ſpitz zulaufender Haare, wie, z. B., der Augenbrauenhaare, iſt der erwaͤhnte Epidermisuͤberzug, wenn auch nur ſehr ſchwach, noch zu er— kennen. Man kann dieſen Ueberzug durch Behandlung des Haars mit concentrirter Schwefelſaͤure auf's Schoͤnſte darſtellen. Wenn man naͤmlich ein Haar in einem Tro— pfen concentrirter Schwefeliaure unter das Mikroſcop bringt, ſo bemerkt man, wie ſich die Schichten des Epidermisuͤber— zugs in der ganzen Laͤnge des Haars auseinanderſpreizen, wie die Kelchblaͤtter, z. Boe, der Artiſchoke bei deren Auf: bluͤhen aus dem geſchloſſenen Zuſtande in den geſpreizten übergehen. Das Haar iſt dann ganz dick und borſtig wie eine Raupe; dieſes borſtige Ausſehen ruͤhrt davon her, daß die ſeitlichen Raͤnder der Epidermisringe als dunklere Linien erſcheinen. Unter den Augen des Beobachters geht dieſer Proceß raſch vor ſich, und endlich loͤſ't ſich der Epidermis: uͤberzug fetzenweiſe und faͤllt ſeitlich von dem Haare auf das Glas hin, wo denn ſolche Fetzen ganz ziegeldachartiges Ausſehen haben. In einzelnen Zellen, namentlich in der Nähe der Wurzel, erkennt man auch den Zellenkern. Geht der Aufloͤſungsproceß weiter vor ſich, ſo ſchwimmen zuletzt, namentlich wenn man das Haar etwas hin und hergeſcho— ben hat, viele einzelne Zellen in der Fluͤſſigkeit umher. Nach dem Abloͤſen eines Fetzens Epidermisuͤberzug ſieht man an der dadurch entbloͤßten Stelle des Haars die Cortical— ſubſtanz in ſcharfen Umriſſen glatt daliegen und erkennt dieſe ſcharfe glatte Linie der Graͤnze der Corticalſubſtanz ſo— gar durch das borſtige Ausſehen des Epidermisuͤberzugs bin: durch. Bei dieſer Behandlungsart habe ich die Ueberzeu— gung gewonnen daß die bekannten wellenfoͤrmigen Queerli— nien auf der Oberflaͤche des Haars von dem freien Rande der Epidermisſchichten gebildet werden. Dafuͤr ſprach mir einerſeits der Umſtand, daß die Abloͤſung der Epidermis: ſchichten immer in dieſen Queerlinien ihren Anfang nimmt, und andrerſeits die vollkommene Uebereinſtimmung der Ge— ſtalt dieſer Linien mit dem freien Rande der Epidermis— ſchichten, ſo wie die Uebereinſtimmung des ſeitlichen Ran— 52 des der einzelnen Blaͤttchen mit den von Henle fogenanns ten Anaſtomoſen der Queerlinien. Henle's Bemerkung, daß die Queerlinien von einem um das Haar gewundenen ſpiralen Faden hercuͤhren, veranlaßte mich, ſogleich meine den Epidermisuͤberzug betreffenden Unterſuchungen ganz ges nau zu wiederholen; ich wurde indeſſen durch dieſe Wieder— holung nur in meiner früheren Anſicht beſtaͤrkt und kann die erwaͤhnten Queerlinien auf der Oberflaͤche der Haare nur fuͤr die freien Raͤnder der Epidermisſchichten und die Anaſtomoſen dieſer Linien nur fuͤr bisweilen ſichtbare ſeitliche Raͤnder der einzelnen Epidermisblaͤttchen halten. In der erwähnten Art fand ich den Bau bei Bart -, Kopf⸗ und Augenbrauenhaaren der verſchiedenſten Farbe. Nur in der Markmaſſe fanden ſich Verſchiede heiten, indem dieſelbe zuweilen Unterbrechungen zeigte, in dem in der Haut verſteckten Theile des Haars und in den zugeſpitzten Enden natürlich endigender Haare fehlte, und in manchen Haren ſich gar nicht zeigte; namentlich fand dieſes Letztere oͤfter bei tiefſchwarzen Kopfhaaren ſtatt, wo alsdann die Corticalſubſtanz beſonders tief gefaͤrbt war und beſonders viele der ihr eigenthuͤmlichen oben beſchriebenen Koͤrperchen hatte. — Es iſt aus Allem wohl erlaubt, zu ſchließen, daß die Koͤrnchen der Medullarſubſtanz und die laͤnglichen Körperhen der Corticalſubſtanz die Pigmenttraͤger des Haa— res ſind. Indeſſen iſt es ſehr auffallend, daß weiße Haare eben ſo reichlich und bisweilen noch reichlicher mit Koͤrperchen beiderlei Art verſehen ſind und daß beiderlei Koͤrperchen bei auffallendem Lichte blendend weiß erſcheinen. Dieſer letztere Umſtand mag durch Annahme einer dichten, glaͤnzenden Zel— lenmembran zu erklären ſeyn: darf man den erſten Umſtand vielleicht durch Annahme eines weißen Pigments in weißen Haaren, oder durch Annahme piymentlojer Zellen in den— ſelben erklaͤren? Ein anderer auffallender Umſtand iſt der, daß die Pigmentzellen auch bei beſtaͤndig nachwachſenden Haaren erſt uͤber der Oberflaͤche der Haut auftreten und daß ſie an der Spitze wieder fehlen. Daß die Pigmentzellen erſt uͤber der Oberflaͤche der Haut auftreten, hat vielleicht ſeinen Grund in der Natur der Pigmentzelle felbit. Walentin Wag— ner's Phyſiologie S. 135) beſchreibt die Bildung der Pig— mentzelle ſo, daß, nachdem ſich die Zelle um den Zellenkern gebildet hat, unter fortdauerndem bis zu einem gewiſſen Grade gehendem Ausdehnen der Zelle ſich die Piymentkörner in derſelben ablagern. Wenn man nun annimmt, daß die auf der pulpa pili entſtandene Zelle erſt in einer gewiſſen Entfernung von derſelben zur Pigmentbildung reif wird und alsdann mit ihrer letzten Ausdehnung das Pigment ſich in ihr ablagert, ſo iſt damit nicht nur die mehr oder weniger lange helle Strecke an der Wurzel des Haars, ſondern auch das mit dem Beginne der Farbung und ſchon etwas früher beginnende Dickerwerden des Haares erklaͤrt. Unerklaͤrt bleibt dabei nur, was die Pigmentzellen in dem Haarknopfe bedeu— ten und ob und in welcher Art ſie Antheil an der kuͤnftigen Bildung des Haares nehmen. Das Fehlen des Pigments ſowohl der Medullarſub— ſtanz, als der Corticalſubſtanz in der Spitze der Haare 53 bietet ebenfalls große Schwierigkeit in der Erklaͤrung. Sollte vielleicht anzunehmen ſeyn, daß, wie bei einer gewiſſen Ent— wicklungsſtufe der Zelle, der Kern derſelben verſchwindet, ſo auch bei einer gewiſſen Entwicklungsſtufe der Pigmentzelle dieſe ihr Pigment verliert? Beachtungswerth iſt wenigſtens die Uebereinſtimmung des Fehlens der Pigmentzellen in den Spitzen der Haare mit dem Fehlen derſelben in den ober— ſten Schichten der epidermis des Meyers und, wie neuers lichſt Simon (Muͤller's Archiv 1840 No. 2) nachge— wieſen hat, in den oberſten Schichten der epidermis auf Muttermaͤlern, auf der Bruſtwarze und der Haut des scrotum. Tübingen, Juni 1840, Ueber die Racen der zahmen Schweine finden ſich in dem bereits erwähnten Werke: IIlustrations of the Breeds of the Domestie Animals of the British Islands ete. by David Low viele intereſſante Bemerkungen, von welchen ich folgende aushebe: „Wenn das Schwein aus dem wilden in den Hausthierſtand gelangt, ſo wird ihm Nahrung in groͤßerer Quantitaͤt gereicht, als es ſich ſelbige in ſeinen natuͤrlichen Verhaͤltniſſen verſchaffen kann. Dieß bringt eine Vergroͤßerung gewiſſer Theile des Koͤrpers hervor: aber die Zunahme des Umfanges in einem Theile des Körpers bedingt nothwendig eine entſprechende Moͤdification in anderen Theilen. So wird, wenn die dargereichte Maſſe von Futter vermehrt wird, die Groͤße des Magens und Darmcanals und folglich auch die Unterleibs— hoͤhle an Umfang zunehmen, und dieß wird angedeutet durch eine Verlaͤngerung des Ruͤckens und eine Erweiterung der Capacitaͤt des Rumpfes. Um dieſes vergroͤßerte Volumen zu tragen, werden die Extremitaͤten (die Glieder) in einer groͤ— ßeren Entfernung voneinander nach den Seiten hin ange— bracht. Die Tendenz zur Fettabſonderung nimmt in einem größeren Verhaͤltniſſe zu, als die Tendenz zur Erzeugung der Muskeln und Knochen. Mit dieſen Veraͤnderungen wird das Thier weniger geeignet fuͤr active Bewegung und zur Uebung ſeiner Kraͤfte, zur Selbſtvertheidigung; und dieſe Veraͤnderungen treten nicht allein ein in dem Individuum, ſondern es pflanzt ſich auch auf ſeine Nachkommen fort, und fo wird eine acquirirte Form permanent durch Forts pflanzung in der Race.“ — — „Auch ſind die Veraͤnderungen, welche ſo in Form und Character der Thiere aus Abaͤnderungen der Bedingungen, unter welche ſie geſtellt ſind, hervorgebracht werden, keines— wegs geringfuͤgiger oder oberflaͤchlicher Art. Oft find fie im Grade eben ſo groß, als die, welche zur Unterſcheidung von Species benutzt werden; und wenn wir den Ausdruck Spe— cies benutzen, um alleinige Verſchiedenheiten der Form an— zudeuten, fo möchte ich ſagen, daß das Hausſchwein ſpe— cifiſch verſchieden wäre von dem wilden Schweine. Die Zahl von Zaͤhnen wird als der conſtanteſte der Charactere zur Unterſcheidung von Species angeſehen, und Naturfor— ſcher haben beſtaͤndig im Gebrauche, ihn in der Claſſifica— tion anzuwenden. Aber dieſer Character iſt keineswegs * 54 beftändig, ſondern varlirt mit den aͤußeren Agentien, welche die Thiere afficiren. Im wilden Zuſtande hat das Schwein ſechs Schneidezaͤhne im Oberkiefer und ſechs im Unterkiefer; aber unter den Wirkungen der Domeſtication iſt die Zahl auf drei reducirt in jeder Kinnlade. Die Ruͤckenwirbelbeine variiren von vierzehn bis funfzehn in der Zahl; die Lenden— wirbel von vierzehn bis funfzeyn an der Zahl; die Lumbar— wirbel variiren von vier oder funf zu ſechs; die Lendenwir—⸗ bel von vier oder fünf bis zu ſechs; die Sacralwirbel von vier zu ſechs; die Caudalwirbel von dreiundzwanzig zu drei oder vier, indem der Schwanz bei den Hausſchweinen oft nur rudimental iſt.“ Es wird dann Herrn Eyton's werthvolle Abhand— lung über diefen Gegenſtand in den Transactionen der Zoclo— giſchen Geſellſchaft Februar 1837 eitirt, in welchen die vers ſchiedenen Racen der Schweine folgende Variationen in der Zahl ihrer Wirbelbeine gewaͤhren: Hals, Rüden enten: Kreuz- Ehmwanj Total. wirbel, wirben wirbel, bins ba — — — mirbel, mirbel, Engliſches maͤnnliches Schwein 7 15 6 1 e 55 Africaniſches weibliches Schwein 7 13 8 5 13 ++ Chineſiſches maͤnnliches Schwein 7 15 4 4 19 49 Wildes Schwein 7 14 5 4 20 50 Hausſchwein re ep}, 53 Alle diefe Racen begatten ſich eine mit der andern fo leicht, als die, von denen man annimmt, daß ſie zu einer und derfeben Race gehören, und die Abkoͤmmlinge von Als len von ihnen ſind ſo fruchtbar, wie die Aeltern. Herr Eyton fragt ſehr naturlich, ob wir die Africaniſchen und Chineſiſchen Racen, als von andern verfchiedene Arten bes trachten duͤrfen? Aber dieſe zwei Racen weichen nicht mehr von dem gemeinen Wildſchweine ab, als letzteres von dem Hausſchweine. Die ſicherere Folgerung iſt, daß alle dieſe Thiere ſpecifiſch dieſelben find unter der gewoͤhnlichen Anz nahme des Ausdrucks Species; und daß die Verſchiedenhei— ten in ihrer Bildung die Reſultate der verſchiedenen Verhaͤlt— niſſe ſind, unter welche ſie in Beziehung auf Nahrung, Clima und andere Agentien geſetzt find. Ueber ein Mammouth, wovon man annimmt, daß es von den Indianern getoͤdtet worden, findet ſich eine Nachricht in dem Philadelphia Presby- terian, January 12. 1839, welche folgendermaafen laus tet: „Ein Pachter in dem County Gasconade im Staate Miſſouri, unter 38° 20 n. Br. und 92° w. L., entdeckte beim Ausgraben feines Brunnens, 5 Fuß unter der Oberfläche, einen Theil des Ruͤckens und Beckens dieſes Thieres. Von dieſer Thatſache durch Hrn. Waſh unter⸗ richtet, und nicht zweifelnd, daß man das ganze Skelett oder den groͤßten Theil deffeiben auffinden würde, begab ich mich an Ort und Stelle, wo ich das fand, wovon man mit ers zahlt hatte, fo wie auch ein Meſſer von Stein. Ich ließ alfobald eine viel größere Grube graben. Die erfte Schicht des Bodens war Pflangenerde, dann kam Sand und dläu⸗ licher Thon. Ich fand eine große Quantität Felsſtuͤcke, jedes von zwei dis zu fuͤnfundzwanzig Pfund Gewicht, welche 4 * 55 mit der Abſicht, etwas zu treffen, dahin geworfen zu ſeyn ſchienen. Es iſt nöthig, zu bemerken, daß in einer Entfernung von 7 oder 800 Fuß ſich auch nicht die geringſte Spur von Steinen oder von Kies fand, und daß die Stüde die Ueberreſte von größeren Felsſtuͤcken waren und folglich abs ſichtlich herbeigeſchafft ſchienen. Nachdem man durch dieſe Steine war, kam man in eine Erdſchicht, an deren Oberflaͤ— che ſich der erſte blaue Knochen, eine Lanze und ein Beil, fanden. Die Lanze glich den gewoͤhnlichen Indianerlanzen; das Beil war verſchieden von allen denen, die ich bisher geſehen hatten. Auf dieſem Terrain befanden ſich von 6 Zoll bis einem Fuß dicke Schichten von Aſche, gemengt mit verkohl— tem Holze, calcinirten Knochen, Meſſern, Beilen und Bruchſtuͤk— ken von Lanzen ꝛc. Das Feuer ſchien am Heftigſten gewe— ſen zu ſeyn am Kopfe und Halſe des Thieres, denn die Aſche und Kohle bildete daſelbſt eine dichtere Schicht, als anderswo. Der Schaͤdel war faſt vollſtaͤndig, aber ſo calci— nirt, daß er bei der geringſten Berührung in Staub zerfiel; zwei Fuß davon entfernt, hat man zwei vom Kiefer ge⸗ trennte, aber zerbrochene Zaͤhne, gefunden. Indem man die Stucke ſammelte, konnte man ſich überzeugen, daß das Thier von betraͤchtlicherer Koͤrpergroͤße geweſen ſeyn muͤſſe, als die der bisjetzt beſchriebenen Mammouths. Nach der Lagerung des Skeletts kann man glauben, das Thier ſey mit dem Hintertheile des Körpers fo in den Moraſt eingeſun— ken, daß es ſich nicht wieder habe frei machen koͤnnen; es ſey nachher auf die rechte Seite gefallen, und in dieſem Zuſtan de ſey es gefunden und getoͤdtet worden. Auch waren die Fuͤße der rechten Seite viel tiefer in den Moraſt geſunken, und folglich viel weniger von dem Feuer beſchaͤdigt. Ich bin daher im Stande geweſen, den ganzen rechten Hinter— fuß bis zu dem letzten Gelenke und alle Zehen aufzubewah— ren, mit Ausnahme einiger kleiner Knochen, die zu ſehr be— ſchaͤdigt waren, als das es ſich verlohnt hätte, fie aufzube⸗ wahren. Man hat auch zwiſchen den Steinen, welche in die Aſche eingedrungen waren, große Fetzen einer Haut ge— funden, welche das Anſehen von friſchgegerbtem Leder hat, ſtark impraͤgnirt von der alkaliſchen Lauge der Aſche; und eine große Quantitaͤt von Sehnen und Arterien zeigte ſich deutlich characteriſirt, aber in einem ſolchen Zuſtande von Zerſetzung, daß man nur handgroße Stuͤcke aufbewahren konnte, die in Weingeiſt geſetzt wurden. — Wenn der Le— fer noch einigen Zweifel uͤber die Wahrheit dieſer Erzählung haben ſollte, ſo koͤnnte man ſich auf das Zeugniß von zwanzig Perſonen berufen, welche bei der erwaͤhnten Ausgrabung ge— genwaͤrtig geweſen find.” — Es wuͤrde ſehr intereſſant ſeyn, wenn der Verfaſſer dieſer Nachricht, welche durch den Redacteur des American Journal of Science copirt worden iſt, ſich zu erkennen gaͤbe, damit man die von ihm berichteten ſonderbaren und wichtigen Thatſachen verificiren koͤnnte, Thatſachen, welche geſtatten würden, die Exiſtenz der letzten Reſte dieſer Rieſenthiere, wovon wir ſo viele Bruch— ſtuͤcke in den Producten der letzten Revolution der Erde an— treffen, als gleichzeitig mit der Anweſenheit der Menſchen zu betrachten. Die Entdeckung eines in dem Eiſe Sibi— 56 rien's unverſehrt aufbewahrten Mammouths dient, die fo eben mitgetheilte Erzaͤhlung weniger unwahrſcheinlich zu machen. (Bibl. univ. Aoüt. 1840, p. 417.) Mise elle n. Ueber die Anordnung des Haares am menſchli— chen Körper iſt Folgendes das allgemeine Reſultat eines in Otto's Zeitſchrift mitgetheilten Aufſatzes von Profeſſor Eſch— richt. Die Haar- und Schleimdruͤschen werden nicht zu einer und derſelben Periode auf der ganzen Haut hervorgebracht, und jede beſitzt auch nicht die Zelleneigenſchaften zu derſelben Zeit. — Die Augenbrauen erſcheinen zuerſt in der Mitte des funften Monats, zugleich mit dem Barte um den Mund, welcher ſteif und regel— mäßig geordnet iſt. Im ſechsten Monate iſt die Oberfläche mit einem ziemlich ſteifen, dichtliegenden Haare verſehen, bei Thieren mit einer deutlichen cuticula bedeckt; dieß iſt leicht von dem Milch— haare zu unterſcheiden. Dieſe horizontale Lage kommt zu gleicher Zeit mit den Schleimbälgen und haarabſondernden Saͤcken vor wel— che letztere am Ende des ſechsten Monats zwei und drei zufammens liegen, wie Dachziegel ſpiralartig übereinander gelagert. Dieſe drangen ſich dann zuſammen, in derſelben Weiſe, wie die Zellen am chorion und in dem Darmcanale, an verſchiedenen Theilen und bilden ſo in verſchiedener Weiſe in verſchiedenen Geſchlechtern und Individuen eine Art von Gegenſatz zwiſchen Kopf, Bruſt und Unterleib c. — — Die Richtung und Eintheilung des Haars kommt, nach dem Verf , in Strömen vor, welche wenigſtens fünf Anfangspuncte haben, auf dem Kopfwirbel, den inneren Augen: winkeln und den Achſelgruben. Der Kopfwirbelſtrom faͤngt an mit einer, oft mit zwei Locken, nach Rechts gewendet und meiſt gegen Links hinfallend; er trennt ſich an der Gränze des Schei— tels in die Stroͤmungen der Stirn und der Schlaͤfen. Die Brauen find Auslaufer von den Strömen an Stirn und Schläfen. Dieſe Convergenz von Stroͤmen erklaͤrt die verſchiedenen Richtungen der Haare in gewiſſen Anſammlungen des Haars; denn wo zwei Stroͤ— me in einen vereinigt werden, ſind die Haare eines jeden von dem des andern abgewendet, bilden Kreuze, wie am Nacken zc. Die ſteifen Haare am Eingange der Schleimmembranen, ciliae, vibris- sae ete., ſcheinen ein beſonderes kleineres Syſtem auszumachen; ſie liegen an den aͤußeren Seiten jener Stroͤme und richten ſich in divergirender Weiſe, z. E., im Ohre innerhalb und außerhalb; in den Augen, wie in trichiasis; im Munde konnten fie für Re- präfentanten der Zähne genommen werden, denn jie find einwaͤrts gerichtet, wo die tiefiiegenden, Zähne abſondernden Saͤcke gelagert ſind. Der Scheitel des Kopfs kann als ein Convergenzpunct Diez fer Ströme angeſehen werden; auch die Ellenbogen, ulna; tibia, Augenbrauen, Ruͤckgrat und wahrſcheinlich Nabel, penis und li- nea alba, Daß ein gewiſſer Grad von Ordnung hier vorwalte, kann nicht in Abrede geſtellt werden. (Dublin Journ Sept. 1840). Ueber Möglichkeit einer Befruchtung ohne Hoden durch die in den Saamenblaͤschen verbliebene Flüf: ſügkeit theilt Hr. Dir. Hausmann in feiner angeführten neues ſten Schrift folgenden Fall mit: „Der Thierarzt Wieſe in Doͤhren, bei Hannover, caſtrirte den 14. Mai 1811 dem Halb- meyer Salzenberg daſelbſt einen vierjährigen braunen Hengſt— Am zweiten Tage nach der Operation wurde benannter Wallach auf die Waide gebracht. Heinr. Dahle in Dohren hatte auf derſelben Waide eine roſſige Stute, die den Wallach mit dem groͤßten Begat— tungstriebe empfing und der Wallach bedeckte auch die Stute. Den fuͤnften Tag nach der Bedeckung biß die Stute den Wallach mit zuruͤckgezogenen Ohren ab und zeigte Widerwillen gegen ihn. Die Stute fuͤllte den 16. April 1812, ohne mit einem Hengſte in Verbindung geweſen zu ſeyn; denn ſie war in keinen andern Stall, als den ihres Eigenthuͤmers, gekommen, und auf der Waide befanden ſich keine jähriaen oder zweijährigen Hengſtfuͤllen und konn— te ſie alſo von keinem andern Pferde, als dem caſtrirten, befruchtet worden ſeyn.“ r 57 58 Di um t De Ueber die Gefahr von Injectionen in den uterus. Von Dr. Hourmann (Arzt am Hoſpitale de l’Oursine), Ein junges Maͤdchen von neunzehn Jahren, von guter Conſtitution, ſeit mehreren Monaten im Hoſpitale, war von einem unausgeſetzten leucorrhöiſchen Ausfluſſe geplagt, deſſen ausſchließliche Quelle der uterus war. Alle gewöhnlichen Mittel waren vergeblich angewendet worden; nach der Empfeh— lung angeſehener Practiker, entſchloß ich mich, die Behand— lung topiſch an den Heerd des Uebels zu bringen, d. h. in die Uterushoͤhle. Es wurde alſo eine Einſpritzung durch den Mutterhals angewendet. Das eingeſpritzte Mittel war ein Decoct von Nußblaͤttern, das Inſtrument der Einſpriz— zung eine gewöhnliche Clyſtirſpritze. Bei dem erſten Stoße des Stempels ſtieß die Kranke einen ſcharfen Schrei aus und fuhr mit der Hand nach der regio iliaca sinistra, Nachdem ſie in ihr Bett gebracht war, wurde ſie von einem mehrſtundigen heftigen Froſte befallen, auf welchen eine be— deutende febriliſche Reaction folgte. Der Unterleibsſchmerz erſtreckte ſich in das Becken, wo ſeine Natur ſich modificirte; er war austreibend; es kam der Kranken vor, als wenn ein fremder Körper in dem uterus vorhanden ſey, welcher herauszukommen, ſich bemuͤhte. An ihren Characteren konnte man eine metro-peritonitis nicht verkennen. Im Augenblicke der Injection, als die Kranke den Schmerzensſchrei horte, kam mir der Gedanke, daß die injicirte Fluͤſſigkeit durch die Fallopiſche Trompete in die Bauchfellshoͤhle eingedrun— gen ſey. Die Zufaͤlle, welche ſich einſteilten, unterſtutzten dieſe Anſicht. Indeſſen die Enge der Fallopiſchen Rohre, ihre ſchraͤge Inſertion in den uterus und ihre Wandung innerhalb der Dicke der Waͤnde, ehe ſie ſich in das Innere öffnen, find eben fo viel anatomiſche Geuͤnde, um ſie zu verwerfen. Dirette Experimente an Cadabern wurden nos thig, und ich beſchloß, ſie zu machen. Es war mir unbe— kannt, daß Hr. Bretonneau fie ſchon gemacht hatte, und daß ſie entſcheidend waren. Hr. Trouſſeau theilte mir daruͤber die Einzelnheiten mit: Eine Dame, eben ſo wie meine Kranke, an einem hartnaͤckigen leucorrhoͤiſchen Ausfluſſe leidend, wendete ſich an Hrn. Bretonne au, welcher, nachdem er erkannt hatte, daß der Ausfluß aus dem uterus kam, ſich entſchloß, eine Einſpritzung zu machen. Die Jufaͤlle, deren ich erwähnt habe, zeigten ſich ganz auf dieſelbe Weiſe, und die Kranke wurde von peritonitis be— fallen. Der geſchickte Practiker, Herr Bretonneau, welcher ebenfalls einen Durchgang der Injection durch die Fallopiſche Roͤhre in Verdacht hatte, machte nun an den Cadavern mebrerer in den Hoſpitaͤlern von Tours verſtorbe— nen Frauensperſonen mehrere Verſuche und ſah, daß die Fluͤſſigkeit mit der größten Leichtigkeit in's peritoneum eindrang. Spaͤter machte der ſehr geſchickte Dr. Tonne— lier einer in der Naͤhe von Tours lebenden Dame eben— falls eine reizende Einſpritzung in den uterus, lediglich in der Abſicht, um einen chroniſchen Catarrh des uterus zu curiren; die Injection drang bis in das peritoneum und die Kranke ſtarb. Was mich anlangt, ſo habe ich meine Kranke nicht verloren. aber nur mit großer Mühe iſt es mir gelungen, die durch die Injection veranlaßte doppelte Phlegmaſie zu gewaltigen. Auch war nach vierzehn Tagen die Heilung noch nicht einmal ganz vollſtaͤndig, als das junge Maͤdchen entlaſſen zu werden dringend verlangte. Es war noch ein dumpfer Schmerz in der regio iliaca vorhanden, welchen aͤußerer Druck vermehrte, und welcher, ohne Zweifel, die Organiſirung der Adhaͤrenjen des peritoneum ans deutete. Ich muß auch angeben, daß ungefahr achtundvierzig Stunden nach der Einſpritzung ſich ein ſehr großer Blutver— luſt einſtellte, eine Art Criſe, wodurch ſich die metritis entſchied. Dieſe Beobachtung mußte im Höpital de l’Oursine die Aufmerkſamkeit rege machen, und die Intention, welche ich geaͤußert hatte, Experimente am Cadaver, wie Hr. Bre— tonneau, zu machen, iſt durch Hen. Aſtros ausgefuhrt worden. Dieſe Experimente, in meiner Gegenwart wieder— holt, haben völlig die des Hrn. Bretonneau beſtaͤtigt. Noch mehr, eins derſelben zeigt die Moglichkeit eines neuen Ereigniff 8, welches, ohne Zweifel, nom furchtbarer iſt, als der Uebergang der Injection in die Peritoneumsböhle: das iſt ihr Eindringen in das hypogaſtriſche Venenſyſtem. Folgendes haben die Unterſuchungen des Hrn. Aſtros in Beziehung auf die Durchgaͤnglichkeit der Fallopiſchen Roͤhre gezeigt. Bei acht Cadavern Ift die Injection in den uterus nicht bis ins peritoneum gelangt; bei dem neunten hat man fie unmittelbar übergeben ſehen. Die Rohre war auf: getrieben und zeigte ihre Oeffnung klaffend, und die Fluͤſſig⸗ keit ſprudelte durch einen anhaltenden Strom daraus hervor. Das Cadaver war das einer Frau von 45 Jahren, welche nie geboren hatte. Ich hade mich überzeugt, daß der ute- rus und alle feine Anhaͤngſel in vollkommenſter Integri⸗ taͤt waren. N Was das Durchdringen in das venöfe Syſtem anlangt, fo iſt dieſelbe eine nicht weniger poſitiv erwieſene Thatſache. In der Abtheilung des Hrn. Nelaton war eine Frau an der Geſichtsroſe geſtorben. Hr. N., welcher die Vecſu⸗ che uͤber die Injection in den uterus verfolgte, ließ dieſe Injection durch Hrn. Aſtros machen. Der Unterleib war geoͤffnet, die eingeſpritzte Injection gelangte nicht in das peritoneum; plötzlich aber bemerkte Hr. Nelaton, daß eine dicke Vene, welche das breite Band der linken Seite durchlief, ſich auftrieb, durch eine Reihe von Luftblaͤschen, welche die injicirte Fluͤſſigkeit vor ſich hertrieb. Dieſe Fluͤſ⸗ ſinkeit iſt nachher in die benachbarten Venen eingedrungen und hat fie allmaͤlig aufgetrieben. Dieſer Verſuch, in meiner Gegenwart wiederholt, ift nachher variiert; die Injection wurde naͤmlich durch die Vene des breiten Bandes getrieben, und wir haben dann die Fluͤſ— ſigkeit, nachdem ſie durch den uterus gegangen war, aus dem Muttermunde abfließen geſehen. Die Unterſuchung der Vene, welche auf dieſe Weiſe die Injection durchließ, hat erkennen laſſen, daß ſie in der Nachbarſchaft der Fallopiſchen Roͤhre entſprang. Es iſt eine von denen, welche Herr Breſchet beſchrieben, und von welchen er die directe und klaffende Oeffnung in der Uterus— hoͤhle nachgewieſen hat, und in deren sinus er eine der moͤglichen Varietaͤten der Interſtitial-Schwangerſchaft ans nahm. Bemerkenswerth iſt, daß die Frau, an deren Leiche das Experiment gemacht war, ſeit laͤnger, als einem Jahre nie— dergekommen und ſeitdem nie menſtruirt geweſen war. Ich halte für unnöthig, hier die Wichtigkeit der prac— tiſchen Inductionen hervorzuheben, die aus dieſen verſchiede— nen Beobachtungen hervorgehen und laut zu eroͤrtern, wie noͤthig es iſt, von Injectionen des uterus zu abstrahiren, welche die Frauen mit einer ſubacuten peritonitis, und ſelbſt mit einer phlebitis bedrohen, deren traurige Folgen leicht einzuſehen ſind. Ueber verſchiedene Formen der Varicen. Von Cruveilhier. Dieſe Bemerkungen ſchließen ſich zunaͤchſt an ein Praͤ— parat an, welches verſchiedene Formen varicoͤſer Ausdehnung an der vena saphena interna darbot. Ein Collateralaſt, welcher eigentlich zur Groͤße der Gefaͤße der dritten Ordnung gehörte, bot durch die ungewoͤhnliche Ausdehnung und die ſtarken knotigen Auftreibungen ziemlich vollkommen das Aus: ſehen der Windungen des Duͤnndarmes dar. Dieſes Gefaͤß verband zwei ziemlich weit voneinander entfernte Puncte der— ſelben Vene miteinander. Die beiden Aeſte, aus denen die saphena gewiſſermaßen entſpringt, zeichneten ſich durch die auffallend gleichmaͤßigen ſchlangenfoͤrmigen Windungen aus; an dem obern Theile der Saphena fand ſich dagegen ein ſehr betraͤchtlicher ſeitlicher Varir. Die Varicen, fo wie die ganzen Venen, waren ihrer ganzen Laͤnge nach mit Blut— coagulum gefuͤllt, welches an den Venenwaͤnden leicht an— hing. Der ſeitliche varix nahm nur eine Seite des Um— fanges der Vene ein, waͤhrend die uͤbrigen Seiten an der— ſelben Stelle durchaus unveraͤndert waren. Dieſe zwei Arten von Varicen findet man faſt immer zu gleicher Zeit an varicoͤſen Extremitaͤten vor. 1. Schlangenfoͤrmige Varicen entſtehen durch einfache und gleichmaͤßige Ausdehnung und koͤnnen auf zwei Arten erklaͤrt werden, entweder durch Verlaͤngerung des Gefaͤßes ohne Zunahme des Umfanges, oder durch Umfangszunahme ohne Verlaͤngerung, oder durch Vereinigung beider Arten von Veraͤnderung. Es begreift ſich, daß eine einfache Dilatation ohne eigentliche Verlaͤngerung dennoch daſſelbe Reſultat ge— ben koͤnne, wie eine wirkliche Verlaͤngerung. 60 2. Die zellen- oder ſackfoͤrmigen Varicen theilen ſich wiederum in ſolche, die den ganzen Umfang des Gefaͤßes einnehmen und in die ſeitlichen. Eine Varietaͤt dieſer Vari— cen ſtellt der varix mit Zwiſchenwaͤnden dar, bei welchem der varicöfe Sack durch Einſchnuͤrung in mehrere kleinere Zellen abgetheilt iſt. Sackfoͤrmige Varicen koͤnnen an dems ſelben Gefüße vorkommen, welches bereits fchlangen’örmige varicofe Ausdehnung zeigt, was alsdann dem Gefäße ein knotiges Ausſehen giebt. Es iſt zu bemerken, daß die Varicen der saphena, ebenſo wie die vena saphena ſelbſt, von der Haut durch eine ziemlich ſtarke fascia superficialis getrennt find und daß die ſackfoͤrmigen Varicen allmaͤlig dieſen Widerſtand uͤberwinden, die Fascie trennen, unmittelbar unter die Haut gelangen und nun allmälig die Haut verduͤnnen, die Fett: ſchicht zuruͤckſchieben, in die Subſtanz der Haut eindringen und endlich durch Ruptur oder Erofion eine Perforation der Haut bewirken. Es kommt nicht ſelten vor, daß Venen in der Laͤnge einiger Zolle eine Reihe ſackfoͤrmiger Varicen darſtellen, wel— che durch Einſchnuͤrungen voneinander getrennt ſind, ſo daß dieſe aneinandergereihten Varicen mit ihren alternirenden An— ſchwellungen und Einſchnuͤrungen ziemlich vollkommen das Ausſehen eines ausgedehnten Dickdarms wiedergeben. Die Einſchnuͤrungen bezeichnen alsdann den normalen Umfang des Gefaͤßes. Hat das ausgedehnte Gefaͤß feine geradlinige Richtung beibehalten, ſo iſt es leicht, die Communications— öffnungen dieſer Zellen zu finden; wenn aber zu gleicher Zeit das mit ſackfoͤrmigen Ausdehnungen verſehene Gefaͤß einen gewundenen Verlauf nimmt, ſo kommt es oft vor, daß die Communicationsoffnungen ſich nicht mehr entſpre— chen und alternirend rechts und links liegen. Bei den ſchlangenfoͤrmigen Varicen ſind die Venen— waͤnde nicht verduͤnnt, ſondern ſie haben ſelbſt an Dicke zu— genommen; bei den ſackfoͤrmigen Varicen ſind die Waͤnde immer im Verhaͤltniſſe mit der Dilatation verduͤnnt, ſo daß es außerordentlich ſchwer, ja faft unmoͤglich iſt, die verſchie— denen Haͤute in der Dicke der Gefaͤßwand zu unterfcheiden. Bei den ſackfoͤrmigen Varicen mit Scheidewaͤnden beſchraͤnkt ſich die Verdickung auf die Lage der Scheidewaͤnde, welche die kleinern Zellenabtheilungen bilden. Was wird aus den Klappen bei den Varicen? Es war rationell anzunehmen, daß die Einſchnuͤrung, welche die ſackfoͤrmigen Varicen darſtellen, den adhaͤrirenden Raͤndern der Klappen entſprechen; aber directe Beobachtung hat dieſe Annahme nicht beſtaͤtigt; die Klappen ſcheinen bei der Bil— dung der Varicen keine ſehr beſtimmte Rolle zu ſpielen. Sie verſchwinden zuletzt in varicoͤſen Venen, ſo daß man endlich hoͤchſtens noch Spuren oder Ueberbleibſel davon antrifft. Die ſchlangenfoͤrmigen Varicen, ebenſo wie die ſackfoͤr— migen von einer gewiſſen Groͤße, ſind faſt immer mit coagu— lirtem Blute gefuͤllt. Manchmal iſt die Coagulation des Blutes ganz friſch und Folge einer leichten adhaͤſiven Phle— bitis; denn Coagulation des Blutes mit Adhaͤrenz, ſo ſchwach 61 dieſe auch ſey, iſt immer ein Zeichen von Phlebitis. Man glaube aber nicht, daß dieſe mit coagulirtem Blute gefülls ten Venen fuͤr immer zur Circulation ungeeignet ſeyen; es kommt häufig vor, daß die leichte Adhaͤrenz des congulum an einer Seite des Umfangs durch das circulirende Blut überwunden wird; alsdann wird das coagulum zur Seite gedraͤngt, und es bildet ſich eine kraͤftige Circulation zwiſchen dem coagulum und den Wänden des Gefaͤßes aus. Rech— net man hierzu, daß coagulirtes Blut allmilig wieder feine normale Beſchaffenheit annehmen kann, indem es alle Vers aͤnderungen durchmacht, welche eintreten, wenn Blut aus den Circulationsgaͤngen ſich ergoſſen hat, ſo wird man auch zugeben koͤ nen, daß coagula vollkommen abforbirt werden. So findet man bisweilen ganz farbloſe Blutscoagula, welche nur an einer Seite des Gefaͤßes adhaͤriren, deſſen Caliber dadurch verengt wird. Es kommen ſackfoͤrmige Varicen vor, welche noch fuͤr das Blut permeabel ſind, und von einer o angegelben pſeudomembranoͤſen Schicht ausgekleidet werden, welche vollkommen die Farbe alter apoplectiſcher Ablagerun— gen zeigt. Dieſe gelbe Farbe kann auch außer der Pſeudo— membran die Gefaͤßwaͤnde ſelbſt einnehmen; iſt aber in an: dern Faͤllen die Phlebitis intenſiver und die Adhärenz voll— ſtaͤndig, fo werden die Venen zur Circulation ungeeignet und verwandeln ſich in impermeabele Straͤnge, welche man Jahre lang durch die Haut hindurch füntt. Eine in Eiterung uͤbergegangene Phlebitis der Varicen iſt ſelten; und auch dieſe bleibt alsdann umschrieben, indem der Eiter auf das Genaueſte durch coagula beſchraͤnkt wird, ſo daß er nicht in den Lauf der Circulation gelangen kann; er entleert ſich wie aus einem gewohnlichen Abſceſſe, ohne daß irgend ein Reſorptionsſymptom ſich zeigt. (Anatom. pathologique. 35. Livr.) Ueber die zum Athmungsproceß eines Pferdes erforderliche Luftmenge, nach dem Berichte, wel— cher in dem geheimen Ausſchuſſe der Academie der Wiſſenſchaften in der Sitzung vom Z3ten Julius 1840 vorgeleſen worden iſt. (Dieſen Ausſchuß bildeten die HHrn. Magendie, Breſchet, Poncelet, Bouffingault und Chevreul als Berichter— ſtatter.) Der Kriegsminiſter hat die Academie über die Frage zu Ra— the gezogen: wie viel Luft hat ein Pferd innerhalb 24 Stunden nöthig, wenn man zugleich Rückſicht nimmt auf diejenige, welche durch die Ercremente und die Streu während dieſer Zeit verdorben werden kann, wie auch auf die Lufterneuerung des Stalles, in wel— chem das Pferd eingeſchloſſen if, durch Ventilation, — um aus Beantwortung derſelben die Geräumigkeit zu ers meffen, die man einem Stalle für eine beſtimmte Zahl von Pferden, die in demſelben vierun dzwanz ig Stunden nebſt ihrer Streu bleiben müffen, zu geben babe, ohne daß fie Mangel an Luft leiden oder von ſogenannten Miasmen beläftigt werden. Leider hat der 62 Ausſchuß nicht die vielen directen Verſuche anſtellen können, die jes denfalls erforderlich find, um dieſe Frage in ihrem ganzen Umfans e auf eine entſcheldende Weiſe zu beantworten; fie bat demnach ihre Zuflucht zur Discuſſion aller Notizen und aller Bec bachtun— gen, die ihr einigermaßen richtig zu ſeyn ſchienen, nehmen müſſen. Die Luftmenge, die man, in der Regel, für ein Pferd innerhalb vierundzwanzig Stunden als nothwendig betrachtet, hat auf keine die recte Weiſe beſtimmt werden konnen, wohl aber nach dem Verbättniffe, welches zwiſchen der Geraumigkeit der Bruſt des Pferdes und dere jenigen des Menſchen obwaltet. Man hat das Verhältniß von 2! zu 1 und von 3 zu 1 angenommen, 1 Damit hat man alſo zugleich angenommen, daß die Zahl der Athemzuge des Pferdes beim Ein- und Ausathmen binnen einer gegebenen Zeit eben fo groß, als beim Menſchen ſey; und endlich hat man noch ziemlich allgemein angenommen, daß die ausgeath⸗ mete Luft ungefahr 0,06 ihres Volumens Kohtenſdurcgas enthalte, Unter dieſen Vorausſetzungen hat Vogeli gefolgert, daß, wenn ein Menſch binnen vierundzwanzig Stunden 16 bis 20 Gus bikmeter Luft confumirt, ein Pferd 50 Gubitmeter Luft bedürfe, und nach dieſem Ergebniſſe hat eine vom vorletzten Kriegsminiſter niedergefegte Commiſſion einen Raum von 50 Cubitmeter für's Pferd in einem Stalle angenommen, den ſie als Muſterſtall in Vor— ſchlag gebracht hat. Nimmt man aber, wie es faſt in der Regel der Fall iſt, an, daß die ausgeathmete Luft 0,06 ihres Volumens Kohlenfäuregas enthaͤlt, ſo iſt es kaum moͤglich, ſich mit Berzelius der Anſicht zu erwehren, daß die Quantität der von einem Menſchen in vier: undzwanzig Stunden ausgegebenen Kohlenſäure übertrieben wor— den ſey. Zu dieſem Ergebniſſe gelangt man, indem man das Gewicht des ausgeathmeten Kohlenſtoffes mit dem Gewichte des Kohlenſtoffes der Nahrungsmittel, die der Menſch während dieſer Zeit genoſſen hat, vergleicht. Dem ſey übrigens, wie ibm wolle: aus obigen Angaben ergiebt ſich, daß ein Pferd, wenn es die ihm innerhalb vierundzwanzig Stunden noͤthige Luft nur ein Mal eins atbmet, 41,997 Cubikmeter bedarf. Dieſe Menge, welche als ein Maximum betrachtet werden muß, erreicht indeſſen noch nicht 50 Cubikmeter, die von der durch den vorletzten Kriegsminiſter nieder⸗ geſetzten Commiſſion angenommen worden ſind. Berechnen wir nun den Raum nach den Angaben Dumas's, d. h., nehmen wir an, daß 1) ein Menſch 7632 Liter Luft innerhalb vierundzwanzig Stunden beduͤrfe; 2) daß ſich 267 Liter Kohlenſaͤure erzeugen; 3 daß die ausgeathmete Luft nur 34 5, dem Volumen nach, Kohlenſaͤure enthält: ſo ergiebt ſich, daß bei einem Verhaͤltniſſe der Pferdebruſt zur menſchlichen wie 3 zu 1 fuͤr ein Pferd nur 22,896 Cubikmeter Luft erforderlich ſind. Aber unſere Vorausſetzung eines hermetiſch geſchloſſenen Raumes von 41,997 (nach Menzies) oder von 22,896 Cudikmeter Luft (nach Dumas) leidet keine Anwendung auf einen Stall, deſſen Thuͤren und Fenſter zwar verſchloſſen ſind, bei welchen aber ſelbſt in dirfem Falle an Touren und Fenſtern immer Zwiſchenraͤume vors handen ſind, durch welche die äußere Luft in den Stall dringen und die innere aus demſelben entweichen kann; es kann folglich eine wirk— liche Ventilation ftattfinden, und wir fügen hinzu, daß dieſe Venti, lation in einem Stalle, in welchem ſich Pferde befinden, immer einzutreten ſtrebt, weil die Luft, die fie ausarbmen, wie auch diejes nige, welche ſie von Außen berührt, weil ſie, in der Regel, viel wärmer iſt, als die übrige atmofpbärifche Luft, ſich erhebt und durch die Oeffnungen im oberen Theile des Stalles dringt, waͤh⸗ rend die Äußere Luft durch die unteren Zwiſchenraͤume eindringt. Daraus ergiebt ſich aber, daß 50 Cubikmeter Luft für's Pferd, wie die vom Kriegsminiſter niedergefegte Commiſſion vorgeſchlagen bat, ferner 41,997 Cubikmeter, nach Menzies Angaben berechnet, und endlich 22 896 Cubikmeter nach Dumas’s Angaben berech⸗ net, Maxima find, von denen jedes um die ganze Men: 63 ge Luft, die während vierundzwanzig Stunden durch die Ventilation erneuert werden kann, uͤbertriebeniſt. Die Erfahrung giebt ein dieſer Folgerung entſprechendes Re— ſultat. Herr Bouſſingault, eines der Glieder der Commiſſion der Academie, unterſuchte, um dem Wunſche der Academie zu ent— ſprechen, die Luft eines Stalles von 480 Cubikmeter Geraͤumig⸗ keit, in welchem ſechszehn Pferde zwoͤlf Stunden lang geſtanden hatten, und fand, daß dieſelbe nur 0,00 230 ihres Volumens Koh: lenſaͤure enthielt, welche Menge nur ſieben Mal aroͤßer war, als der gleichzeitige Kohlenſaͤuregehalt der Luft des freien Feldes Die Luft des Stalles war alſo noch lange nicht verdorben zu nennen, indem 100 Theile derſelben, dem Volumen nach, beſtanden aus: Stickſtoff 8 5 S 79,00 Sauerſtoff 0 2 20,70% Kohlenſaͤure n e 0,23. 100.00, Endlich hat Bouffingault gefunden, daß die Streu eines Pferdes, vermiſcht mit ſeinen feſten und fluͤſſigen Exerementen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen bei einer Temperatur von 11 in einem klei— nen gut verfchloffenen Stalle, deſſen Thuͤren und Fenſter ſorgfaͤltig mit Lehm verſtrichen worden waren, nach vierundzwanzig Stunden der umgebenden Luft nur 2 Liter Kohlenfäurcaas mitgetheilt hatte. Wenn dieſe Quantität nicht die ſaͤmmtliche Kohlenſaure ausdruͤckt, die binnen vierundzwanzig Stunden erzeugt worden iſt, weil ſicher— lich davon ein Theil durch die Ventilation verloren gegangen iſt, ſo laͤßt ſich doch annehmen, daß dieſer Verluſt im gegenwaͤrtigen Falle auf's Minimum reducirt war, und man iſt alſo zu der Fol⸗ gerung berechtigt, daß die Streu oder der Miſt keinen merklichen Einfluß geaͤußert habe, um die Luft des Stalles zu verderben. Wir ſind deßhalb, nach dem Vorausgeſchickten, der Meinung, daß in einem Stalle, wo ſich die Luft gehoͤrſg durch Thuͤren und Fenſter, beſſer noch durch eine zweckmaͤßig eingerichtete Ventilation, zu erneuern im Stande iſt, ein pferd nie an atmoſphaͤriſchem Sauerſtoffe Mangel leiden werde, wenn es 25 oder 30 Cubikme— ter Luft findet. Die Folgerungen dieſes Berichtes fanden Annahme. (Com- ptes Rendus hebdumadaires des Séances de Académie des Sciences, par M. M. les Secretaires perpétuels. No. 6. 10. Aout. 1840.) ieee e n Ein Todesfall durch krampfhafte Affection der Halsorgane erzaͤhlt Herr R. Cheyne in der London med. Gaz. May 1840. Ein ſcrophuloͤſer Mann von 34 Jahren litt ſeit einiger Zeit an Heiſerkeit, trockenem convulſiviſchen Huſten, 64 heftigem Magenkrampfe, Schwindel und Ohrenfluß. Zu gleicher 3 it waren die Halsdruͤſen geſchwollen, und ſeit drei Jahren hatte ſich ein Geſchwur am linken Fuße gebildet. In der letzten Zeit ſtellte ſich remittirendes Fieber ein; die Stimme war ſehr heiſer; es waren aber keine phyſicaliſchen Zeichen von Lungentuberkeln vorhanden. Die Krankheit hatte ſich gemildert, als plotzlich im Schlafe heftige Unfälle von Dyspnoe eintraten. Das Geſicht war dabei aͤngſtlich; die Haut mit Schweiß bedeckt; der Puls 60 und ſchwach. Der Krampf ſaß offenbar in der Luftroͤhre; bei jeder Inſpirationsbe— ſtrebung hörte man einen kraͤhenden Ton. Patient blieb nun den folgenden Tag frei von Anfallen, erſtickte aber am zweiten Abend, als er eben geſchluckt hatte, unter den ſchrecklichſten Bemühungen nach Luft. Die Section beſchränkte ſich auf Oeffnung des Hal— ſes, an welchem die Lymphdruͤſen vergrößert und theilweiſe erweicht waren und zum Theil die Gefäße vollkommen umgaben, fo daß ofs fenbar der sympathicus und der vagus mit feinen Aeſten einen Druck erlitten haben mußten. Glottis und epiglottis waren oͤde⸗ matös; die Schleimhaut blaß und im larynx und in der trachea nicht ulcerirt. Nach Reid's Experimenten über den vagus bee wirkt Reizung des ramus pharynzeus vagi heftige Contractionen des pharynx und oesophagus; Reizung des laryngeus inferior; Bewegungen des Gießkannenknorpels; Reizung des laryngeus su- perior; Contraction der mm. ericothyreoidei; Trennung des u. recurrens machte den Bewegungen der glottis und der Empfind— lichkeit der Schleimhaut ein Ende. Trennung des laryngeus su- perior macht ebenfalls die glottis unempfindlich. Reizung des Stammes des vagus erregt Bewegungen des oesophagus, die ſich bis zum Magen fortpflanzen. Damit ſtimmen die Erſcheinungen des vorſtehenden Falles uͤberein. Es war eine hartnaͤckige krampf— hafte Affection der Reſpirations- und Digeſtionsorgane, wie ſie bei ſcrophuloͤſen Kindern überhaupt häufig vorkommt, wo fie alsdann als Entzündung nicht ſelten betrachtet und behandelt wird, wie uͤberhaupt krampfhafte Affectionen ſo haͤufig Entzuͤndung ſimuliren. Bei hartnaͤckigen Leiden der Reſpirations- und Digeſtionsorgane, beſonders bei ſcrophuloͤſen Subjecten, ſollte man überhaupt häufiger die Nervencentra genauer betrachten. Eigenthümliche Darmſte ine beobachtete Dr. Bright bei einem ſechsjaͤhrigen Knaben; fie beſtanden aus einem Kerne von Faͤcalmaſſe, welcher von Schichten phosphorſauren Kalks um— geben war. Die Symptome waren die eines Kothabſceſſes in der rechten Seite, mit Eiter- und Schleimausleerungen durch den After und allmaͤliger Abmagerung. Merkwuͤrdig war, daß auch aus der Blaſe puriforme Fluͤſſigkeit ausgeleert wurde, ſo daß die Anſicht beſtand, die Steine haben ſich in der Niere gebildet und einen Weg nach dem Darmcanale gebahnt. Dafuͤr ſprach zwar auch die Zuſammenſetzung der Steine aber bei der Section beſtaͤtigte ſich die Anſicht nicht. (Lancet, March 1840.) Necrolog. — Der vormalige Profeſſor der medicinifchen Klinik zu Padua, Dr. Alois Brera, ſpaͤter practiſcher Arzt zu Venedig, iſt daſelbſt am 4. October geſtorben. Gibliographis che A Pocket Botanical Dictionary. By J. Parton, assisted by Prof. Lindley. London 1340. Kl. 8. Die Metamorphoſe der Monaden. Von Dr. A. F. J. C. Mayer ꝛc. Mit einer Abbildung. Bonn 1840. 4. Traité de l’Alienation mentale; ou de la nature, des causes, des symptomes et du traitement de la folie; cumprenant des Neuigkeiten observations sur les établissemens d’alienes. Par W. C. El- lis etc. Ouvrage traduit de anglais, avec des notes et une introduction historique et statistique par Th. Archambault ; enrichi de notes par M. Esquirol etc, Paris 1840. 8. (M. 2 K.) La France médicale, statistique générale des médecins, chirur- giens et pharmaciens de tous les Départements. Paris 1840. 18. —— er Neue Üotizen a us dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober- Mediiinalraıbe Fror lep zu Weimar, und dem Medieinalrotbe und Prefeſſer Frerſer zu PDerlim. No. 335. (Nr. 5. des XVI. Bandes.) October 1840. & orudt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. ve einzelnen Stückes 3 ggl. renner Neue Thatſachen uͤber die Entwickelung der Pflanzen. Von Pay en. „Nachdem ich die Zuſammenſetzung und die Eigenſchaf— ten des Pflanzengewebes, ſeine Beziehungen zu den organi— ſchen Subſtanzen, die es aſſimiliren kann, ferner zu denen, welche es durchdringen, ohne eine Verbindung einzugehen, und endlich zu denen, welche es in ſtarken Verhaͤltniſſen umhuͤllt, ſo lange es noch ſehr jung iſt, ſtudirt hatte; nach— dem ich aus dieſen poſitiven Thatſachen eine Theorie des Duͤngers abgeleitet hatte, welche von den Landwirthen all— gemein angenommen worden iſt, hatte ich mich damit be— faßt, unter denſelben Anſichten die unorganifchen, der Ve: getation nuͤtzlichen Subſtanzen in der Abſicht zu ſtudiren, um auf dieſe Weiſe zur Bearuͤndung einer rationellen Theo— rie der Verbeſſerung durch Duͤnger beizutragen. „Es hat ſich eine gluͤckliche Gelegenheit dargeboten, die von mir angewendeten Unterſuchungsmethoden zu würdigen: Herr Meyen hatte im Jahre 1887 in den Blättern meh— rerer Feigenbaͤume keulenfoͤrmige Koͤrper beobachtet, die er ſeit der Zeit in keiner andern Pflanze angetroffen hat Da er glaubte, daß das aufmerkſame Studium dieſer Erzeug— niſſe dazu beitragen koͤnnte, die Geſchichte der Entwickelung der Pflanzen au'zuklaͤren, fo unterſuchte er fie und beſchrieb ſie von Neuem im Jahre 1839, wobei er damals die in der Verfertigung der Mikroſcope gemachten Fortſchritte be— nutzte. „Herr Mepen gab dieſen Körpern den Namen Gum: mi⸗Keulen und hielt fie für gummiartig und oberflächlich bedeckt mit cryſtalliſchen Verzaͤhnelungen von kohlenſaurem Kalke; da er aber die neuerdings bei uns angenommenen Angaben uͤber die chemiſche Zuſammenſetzung und uͤber die Eigenſchaften der vegetabiliſchen Gewebe nicht hatte beruͤck— ſichtigen koͤnnen, ſo hat er auch nicht die eigentliche Natur der Koͤrper, von denen hier die Rede iſt, beſtimmt, und er mußte folglich umüberfteiglihe Schwierigkeiten finden, die Vo. 1435. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. nn Beziehungen zwiſchen dieſen Koͤrpern und der Subſtanz des Gewebes, ihren Functionen und ihren Analogieen aufzu— finden. „Die Lecture der Abhandlung des Herrn Meyen in der letzten Nummer der Annales des Sciences natu- relles flößte mir den lebhaften Wunſch ein, alle dieſe Fra— gen durch Benutzung der Begriffe, welche die Academie des Vertrauens werth erachtet hatte, zu erledigen. Ich faßte ſogar die Hoffnung, unter allgemeine Geſetze, die ich entdeckt zu haben glaube, dieſe intereſſanten Thatſachen zu bringen, die, dem Anſcheine nach, ſich nur auf einen Theil einer Pflanzenfamilie beſchraͤnken. „Die Thatſachen, auf welche meine Folgerungen ſich gruͤnden, ſind nicht allein durch die in der Abhandlung des Herrn Meyen erwaͤhnten Feigenbaͤume beftätigt worden, ſon⸗ dern auch durch andere Arten, welche die große Gefaͤlligkeit der Profeſſoren und Garten- und Ackerbau-Vorſſeher des Muſeums mir aus den unermeßlichen, durch ihre Sorgfalt bereicherten Sammlungen zu nehmen erlaubt hat. Hier war es, wo ich mir außerdem auch die meiſten andern Pflanzen ver— ſchaffte, deren Unterfuhung dazu diente, die Reſultate zu generalifiren. „Es folgen hier die Namen der Feigendaͤume, von des nen ich die Organe, welche den kohlenſauren Kalk abſondern, habe analyſiren und zeichnen können: Ficus ferruginea, F. laurifolia, F. bengalensis, F. nymphaeifolia, F. elastica, F. carica, F. religiosa, F. reclinata. Von den andern Pflanzen, bei denen es mir gelungen iſt, geſtielte Conctetionen zu entdecken, welche ich ebenfalls der Analyſe unterworfen habe, laͤßt ſich die Parietaria offici- nalis anführen, bei welcher fie ſich ſehr voluminds in Ge⸗ ſtalt von Sphaͤroiden, die mit ſtrahligen Warzen beſetzt find, zeigen. Sie kommen unter ahnlichen Geſtalten in den Blättern der Parietaria lusitanica und P. arborea, der Urtica nivea und der Forskalea tenaeissima vor. Die enlinderförmigen Concretionen der Celtis australis und die bienfoͤrmigen der Celtis mississippzen kom⸗ 5 67 men denen der Feigenbaͤume näher. Ebenſo verhäft es fich auch mit den Concretionen, welche in den Blaͤttern von Morus nigra, M. alba, M. multicaulis angetroffen werden. Was diejenigen von Broussonetia papyrifera, von Humulus lupulus und von Cannabis sativa ans langt, ſo befinden ſie ſich alle in der Baſis der Haare. Die Concretionen der Blätter von Conocephalus nau- cleiflorus zeichnen ſich durch ihr Volumen, durch ihre Hocker und durch ihre, in der Regel, geneigte Lage in den vergrößerten Zellen aus, welche fie faſt gaͤnzlich ausfüllen „Keine geſtielte Kalkconcretion hat ſich in den Blättern der Dorstenia contrayerva, D. arifolia, auch nicht in den Blaͤttern von Plantanus und Ulmus gefunden. Die Concretionen der Piperaceen, der Aurantiaceen und der Ju: glandeen weichen von ihnen durch ihre Beſchaffenheit, die Formen der Cryſtalle und den Mangel der Stiele ab.“ Nachdem der Verfaſſer die von ihm angeſtellten Wer: ſuche und die mikroſcopiſchen Beobachtungen, die er in far— bigen Zeichnungen darſtellte, beſchrieben hat, endigt er mit nachſtehenden Folgerungen: „1. Die unorganiſirten oder cryſtalliſirbaren unaufloͤs⸗ lichen Subſtanzen ſetzen ſich nicht zufaͤllig in den Geweben der Blaͤtter ab; ſie finden hier ſpecielle Gewede, manchmal ſogar geſtielte Abſonderungsorgane, die zu ihrer Aufnahme eingerichtet ſind. „2. Die Membranen dieſer Gewebe, ſelbſt in den analogen, complicirteren Organen der Urticeen, ſind aus Zellgewebe gebildet und mit einer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz verbunden, wie alle vegetabiliſche Organe, die ſich entwickeln. „3. Die Abſonderung (durch die Pflanzen) von Ma— terialien, welche ihre Incruſtationen oder Coneretionen bil— den ſollen, iſt auch ſichtbar bei den Characeen: die Chara hispida überzieht ſich mit kohlenſaurem Kalke, die Ch, translucens iſt ſtark mit Kieſelerde incruſtirt, waͤhrend die Ch. vulgaris in denſelben Gewaͤſſern zugleich den koh— lenſauern Kalk und die Kieſelſaͤure in mehr genaͤherten Ver— haͤltniſſen fixirt. „4. Die Kalkconcretionen mit geſtieltem Gewebe fin: den ſich nicht allein in den Feigenbaͤumen, ſondern auch in einer großen Menge von Pflanzen der Familie der Urticeen; manchmal, wie in den Blättern der Broussonetia papy- rifera, der Cannabis sativa und des Humulus lupu- lus, in den Haaren; in der Regel an der obern Seite un— ter der epidermis, manchmal an der untern Seite, wie bei dem gemeinen Feigenbaame, ſeltener an den beiden Sei— ten des Randes, wie beim Hanfe. Ein einziges großes Blatt der Broussonetia papyrifera enthält an 134,000 Concretionen. „5. Man findet haufig den Fohlenfauren Kalk zwi: ſchen den Zellen des Parenchyms der Blätter oder ihrer Rippen, in den Gängen der Blattſtiele und der Stängel, „6. Der kohlenſaure Kalk beſteht unter den beiden Formen in Blaͤttern von ſo ſaurem Safte, daß ſie dieſes 68 kohlenſaure Salz aufloͤſen, ſobald fie in freie Communica⸗ tion mit demſelben kommen. *) 57. Der oxalſaure Kalk, welcher gewoͤhnlich in den Blaͤttern der Pflanzen verbreitet iſt, nimmt hier, wie in den Staͤngeln der Cactus, die Formen durchſichtiger, zuſam⸗ mengeſchaarter Cryſtalle in Geſtalt von mit Puncten beſetz— ten und von Membranen begleiteten Sphaͤroiden an. Manch⸗ mal find fie iſolirt und haben dann die Geſtalt von Dita: edern oder recht winklichen Prismen. „8 Die Raphiden in ihren Varietaͤten der laͤnglichen For⸗ men beſtehen aus einer Haut, welche mit oralfaurem Kalke gefuͤllt iſt; fie entwickeln ſich in den Zellen, wo ein fpeciels les Gewebe und eine ſtickſtoffhaltige Subſtanz vorhan⸗ den iſt „9. Die Kieſelerde incruſtirt die Membranen der Blaͤt— ter ſehr vieler Pflanzen, vielleicht aller, wie auch die Zellen der Staͤngel der Gramineen, der Characeen und der Schacht— halme; man trifft ſie auch manchmal in den Gaͤngen zwi— ſchen den Zellen und endlich noch in Geſtalt von kugelarti— gen Concretionen, welche durch ein in einer Zelle entwickel- tes Gewebe abgeſondert werden „10. Die betraͤchtlichen Differenzen zwiſchen den Ge— wichtsverhaͤltniſſen dieſer Concretionen und Incruſtationen in Bezug auf Pflanzen, die in demſelben Erdreiche gewach— fen ſind, koͤnnen nützliche Winke über die Bodenarten und ihre Verbeſſerung geben.“ **) Nachdem der Verfaſſer ſeine Anſichten auseinanderge— ſetzt hat über die Rolle, welche wohl der kohlenſaure Kalk, die Oxalſaͤure, die Raphiden und die Kieſelerde in den Pflanzen ſpielen, fuͤgt er hinzu: „Die Phyſiologen werden, ohne Zweifel, bemerken, daß ſehr verſchiedene Bedingungen ſich in ähnlich eingerichteten oder ſehr nahe gelegenen und aus einer identiſchen Huͤlle gebildeten Zellen vereinigt fin— den: das Innere der einen beharrt in einem Zuſtande be— ſtaͤndiger Neutralität, bei der Anweſenheit eines enormen Ue— berſchuſſes von kohlenſaurem Kalke, der leicht anzugreifen iſt; die andern Zellen enthalten einen ſolchen Ueberſchuß an Saͤure, daß er das in den erſteren befindliche kohlenſaure Salz zerſetzen koͤnnte. „Wäre es nun unvernuͤnftig (unter Vereinigung aller wiſſenſchaftlichen Anſtrengungen, die nur einander unterſtuͤz— zen koͤnnten), gegenwaͤrtig zu unterſuchen, ob dieſe Subſtanz, die allen Pflanzen, — duͤnn oder dick, geſchmeidig oder ſteif durch organiſche oder mineraliſche Incruſtationen, auf eine *) um die Moͤglichkeit des Niederſchlages unter ſolchen Umſtaͤn— den zu begreifen, müßte man vielleicht annehmen, daß ein loͤsliches Kalkſalz, durch den aufſteigenden Saft in die Blaͤt— ter gelangt, hier zerſetzt wuͤrde durch das aus der Atmoſphaͤre eingenommene kohlenſaure Ammoniak. Dieſe Hypotheſe wuͤrde uͤbrigens ganz gut ſtimmen mit den, von mir gemachten und ſeit langer Zeit publicirten, practiſchen Beobachtungen uͤber die vortheilhaften Wirkungen der ammoniakaliſchen Duͤnſte auf die Vegetation, und über die ſehr ſchaͤdliche Wirkung aller Saͤuren, welche ſtaͤrker ſind, als die Kohlenſaͤure *) Eine ſynoptiſche Tabelle enthält die vergleichenden Reſultate der Analyſen, welche ich durch die Unterſtuͤtzung des Herrn Schmerſahl zu vollenden im Stande geweſen bin, 69 wunderbare Weiſe allen ihren Modificationen der Form und der Conſiſtenz angepaßt, obſchon identiſch in ihrer elementaren Zu— ſammenſetzung, dennoch reichlicher da, wo geringere vitale Thaͤ— tigkeit beſteht, — eigen iſt, ob die Zellgewebfubftanz (cellu- lose), mit einem Worte, nicht vielmehr die Beſtimmung habe, die ſchützende Hülle der lebenden Körper in den Pflanzen zu bilden, als daß es mit einem fo mannigfaltig geftalteten Leben ſelbſt begabt ſey?“ (Comptes rendus hebdoma— daires des Séances de l’Academie des Sciences 31. Aoüt 1840.) Ueber die Schnelligkeit der Circulation in dem lymphatiſchen Syſteme. Von T. Wilkinfon Neuere Anſichten ſcheinen faſt allgemein einſtimmig in Beziehung auf die ſehr langſame Fortbewegung des chy- lus und der Lymphe in ihren eigenen Gefaͤßen. Ich glaube aber, daß die aͤltere und entgegengeſetzte Anſicht die richtigere iſt. Dieß habe ich Gelegenheit genommen, in meinen Vor— leſungen auszuſprechen; allein da die Autorität der entgegen— geſetzten Meinung zuzunehmen ſcheint und ich glaube, daß manche wichtige phyſiologiſche und andere Anſichten von ei— ner deutlichen Würdigung der Wahrheit abhängig find, fo habe ich es der Muͤhe werth gehalten, die Argumente zu— ſammenzuſtellen, welche mir zu Gunſten einer raſchen lym— phatiſchen Circulation zu ſprechen ſcheinen. Die Structur und die Anordnung der abſorbiren⸗ den Staͤmme, ihr kleiner Umfang, ihre zahlloſen Klappen, die raſche Verengerung des Uebergangs der Gefaͤße in das Herz, und die außecordentlich dünne und nachgiebige Be— ſchaffenheit ihrer Haͤute, Alles traͤgt dazu bei, die Stroͤmung nach Innen, von jeder Bewegung in der Nachbarſchaft ei— nigermaßen abhaͤngig zu machen. Die Bewegung des Darmcanals, Arterien, die Thatigkeit der Reſpirations- und der andern Muskeln, beſonders aber die großen Bewegungen der Re— fpiration, verbunden mit dem Einfluſſe einiger atmoſphaͤri— ſchen Verdünnung, müffen mit den vorerwaͤhnten Umſtaͤn— den zuſammenwirken, die fragliche Stroͤmung zu beſchleu— nigen. Es iſt beachtenswerth, daß aus dem langſamen Ein— tropfen des chylus und der Lymphe in die vena inno— minata (während der experimentirenden Beobachtung, wenn von jenen wenig vorhanden iſt) keinesweges folgt, daß der Strom jener Fluͤſſigkeiten zu allen Zeiten langſam ſey. Es iſt klar, daß Aſelli, Pecquet, Cruikſhank und Autenrieth dieſe Verſchiedenheiten unterſchieden, und ich zweifle nicht, daß fie ihre Folgerungen aus aͤhntichen Thatſachen ableiteten, als die find, welche ſich mit dargebo⸗ ten haben. Die deiden erſteren beobachteten die Stroͤmung als reichlich und raſch, und der erſtere notirte ſich, mit großer Ueberraſchung und getäufchter Erwartung, das augenblickliche Verſchwinden der Milchgefaͤße in dem Augenblicke, wo das King. das Schlaxen der 70 Thier unter der Beobachtung flarb, d. h., wie ich dermu— the, zappelnd. Vor einigen Jahren wurde mein Schluß in Beziehung auf dieſen Gegenſtand, allein durch das Experiment erlangt, und ich hielt es nicht für noͤthig, ihn zu demonſtriren. Ich war ſehr erſtaunt über die Menge und das Gefülitfenn der ab— forbirenden Gefäße im Gekroͤſe und durch den ganzen Rumpf eines Thieres im Zuſtande von Anfuͤllung (ſowoht in Bezie— hung auf Nahrung als auf Getraͤnke; aber ich bemerkte bald, daß, wenn nicht der ductus thoracicus unterbunden war, es der allerdelicateſten Manipulation bedurfte, wenn nicht das Gange in einem Augenblicke, wie Aſelli ſich ausdrückt, „verſchwinden“ ſoll. Es kam mir nicht ſo vor, als wenn die Druͤſen irgend eine Verzoͤgerung bewirkten; und ich möchte vielmehr annehmen, daß fie den aufwaͤrts gehenden Strom unterſtuͤtzen, nicht allein, indem fie die Fluͤſſi« keit ver— aͤndern, ſondern durch eine Operation, die der der Druckpumpe aͤhnlich iſt, mittels arterieller Injection; und dieſe theoreti= ſche Iden halte ich nicht für unanwendbar bei den Milchge— faͤßoͤffnungen. Wenn der Leſer mit einer Menge von Experimenten über den venoͤſen Puls vertraut iſt und mehr noch, wenn er gluͤcklich genug geweſen iſt, mit bloßen Augen die Venen pul⸗ ſiren zu ſehen (wozu nur noͤthig iſt, daß er einige ruhige und verſchiedenartige Unterſuchungen vornehme), ſo wird er gewiß nicht abgeneigt ſeyn, zu glauben, daß der arterielle Puls nicht umhin koͤnne, auf die zarten vielklappigen abſor— birenden Gefaͤße einzuwirken. Und in der That untetfange ich mich, jeden Intervalvular-Raum in dieſen Gefaͤßen als ein poſitives Herz zu betrachten. Es iſt unnöthig, zu fagen, wie zahlreich dieſe Valveln find; aber es darf nicht unde⸗ merkt gelaſſen werden, daß ſie viel zahlreicher ſind, als in Venen. Ich habe 5000 Paar Klappen fuͤr das ganze ve— noͤſe Syſtem berechnet, und etwa 30,000 für die abſorbi⸗ renden Gefaͤße; aber ich halte fuͤr ſicher, anzumerken, daß die Summe der letztern nicht weniger als ſechsmal ſo viel iſt, als die der venoͤſen Klappen. Von der Zeit, welche verläuft, bis die ausgedehnten Milchgefaͤße im mesenterio eines fruͤh geöffneten Thieres verſchwinden, auf die Schnelligkeit zu ſchließen, in welcher der chylus vorrüdt, — iſt ſehr truͤgeriſch. Ich begreife nicht, wie ein Thier geoͤffnet werden kann, um ausge⸗ dehnte Milchgefaͤße zu zeigen, wenn die ductus nicht aus gedehnt find. Ich kann nicht einſehen, daß die bloßgelegten Gefaͤße auf natuͤrliche Weiſe wirken koͤnnen, waͤhrend aller Druck und alle in der Bruſt erfolgende Verduͤnnung fehlen: und es iſt augenfaͤllig, daß, „ſich zu entleeren,“ nicht die ge⸗ wohnliche Art von Circulation fir irgend eine Art von Ca: naͤlen in dem Körper ift. Das Erperiment, die Fluͤſſigkeit aus dem ductus tho- racicus am Halſe zu ſammeln, richtig vorgenommen, kann als ſicherer gelten. Pecquet beftiedigte ſich dabei; und meine eigenen Verſuche, obgleich wegen verſchiedener Zwecke angeft:lit, beftätigen völlig den Schluß, daß zu Zeiten die Stroͤmungen ſchoͤn und ſchnell fortgehen. Es ſcheint mit, daß die vorhergehenden 3 die Experimente ge⸗ 71 nuͤgend erläutern , vermochten. Ich ſchließe alfo, wie kein Beweis vorhanden iſt, daß die lymphatiſche Circulation immer langfam iſt, ſelbſt wenn ſie hoͤchſt ſpaͤrlich iſt. Wie koͤnnten die Canaͤle fo ſchwer aufzufinden ſeyn, wenn ſie ſich nicht mit großer Leichtigkeit entleerten? Ein Todeskampf kann das ganze Blutſyſtem *) entleeren, obgleich ich nicht be— haupte, daß der Strom in jedem Theile gleichmaͤßig erleich— tert iſt. Vergleichen wir nun die vena portarum — klappenlos und ſo bis in's Kleinſte durch die Leber ver— theilt — mit dem Milchgefaͤßſyſteme, — wo die Circula— tion durch jedes moͤgliche Mittel erleichtert iſt, und welches ſich in ein großes Gefaͤß endigt, welches mit jeder Inſpira— tion entleert wird — und ich frage, beweiſet dieß Alles nicht, daß die abſorbirende Circulation zu einem raſcheren Laufe beſtimmt iſt? Iſt es nicht ſehr ſchwer, rationelle Gruͤnde anzugeben für die Exiſtenz einer Ordnung von Gefäßen als Zuſatz zu den Venen, als ſollten fie eine und dieſelbe Verrichtung bes ſorgen (oder wenigſtens, wo beide Verrichtungen haben, welche durch eine und dieſelbe Ordnung von Gefaͤßen eben ſo leicht beſorgt werden koͤnnte), wenn wir nicht annehmen, daß fuͤr die eine Ordnung mehr Kraft oder Schnelligkeit beſtimmt iſt, als fuͤr die andere? Es iſt allerdings wahr, daß vermittels der Druͤſe eine Function mehr hinzugefuͤgt iſt; aber es iſt nicht richtig, daß, was die lymphatiſchen Canaͤle anlangt, ihr Bau fuͤr langſamere Bewegung berechnet waͤre; eben ſo wenig iſt deutlich, daß die Druͤſen ein weſentliches Hinderniß fuͤr den Fluͤſſigkeitsſtrom abgeben. welche die Anſicht zu beſtaͤrken nicht ) Dieß wird, in Beziehung auf Experimente, Sorgfalt empfeh⸗ len und auch Raum geftatten, zu erwägen, wie viel von ih: rem Inhalte die Gefäße ſchon entleert haben, ehe fie unter unſere Beobachtung kamen. 72 Um den Eindruck zu beſeitigen, daß die abforbirenden Fluͤſſigkeiten ſpaͤrlich ſeyen, würde vielleicht nöthig ſeyn, mehrere Faͤlle von dem entgegengeſetzten Zuſtande in guͤnſtigen Ex— perimenten zu beobachten. Kaninchen, Hunde und Katzen koͤnnen zu dieſem Zwecke dienen, aber fie ſtehen, in Spärz lichkeit der Fluͤſſigkeit, den Vögeln zunaͤchſt. In der Katze aber, gut mit Milch gefuͤttert, habe ich, nachdem das Thier getödtet und der ductus thoracicus an feinem Ende uns terbunden iſt — das ganze Innere des Unterleibes mit aus: gedehnten Gefaͤßen uͤberzogen gefunden. Doch wuͤrde ich vor allen anderen Thieren ein mageres Schwein zu dieſen Erperimenten waͤhlen. (Guy’s Hospital Reports, No. X. p. 97.) Mi ee e lite n. In Beziehung auf Meduſen theilte Hr. Forbes der British Association zu Glasgow einige Bemerkungen mit: Er machte u. a. darauf aufmerkſam, welche Bedeutung die Zahl bei dieſen Thie— ren habe: ihre Theile waren immer auf die Zahl 4 zuruͤckzufuͤhren, waͤhrend in den Echinodermata die Zahl 5 vorherrſche. — Die brennende Empfindung, welche die Meduſen veranlaßten, ſey von einer Secretion abhaͤngig und ſehr mächtig. Er brachte ein Mal zufaͤllig Waſſer an ſein Geſicht, in welchem er ſeine Haͤnde gewa— ſchen hatte, nachdem er von einem acalephiſchen Thiere gebrannt worden war, und das Antlitz wurde dadurch ſchmerzhaft. Die Faͤrbungen des coagulirten Blutes in gemal— ten Porcellangefaͤßen, worüber Dr. Newbigging einige Bemerkungen bekannt gemacht hat, haben ſich bei Verſuchen, die Herr Taylor in Liverpool angeſtellt hat, inſofern beftätiat, als er fand, daß auf der untern Fläche des cvagulum, welches ſich in einem gemalten Porcellangefaͤße gebildet hat, nicht allein die gruͤ— nen, ſondern auch bisweilen die rothen Zeichnungen an dem coagu- lum ſich durch helle fu reproduciren, während bisweilen in an— deren Gefaͤßen ſelbſt gruͤne Zeichnungen keinen Effect auf das Blut üben. Er hat ermittelt, daß die hellen Zeichnungen am Blutcoa— gulum nur entſtehen, wenn ſich Chromoryd in der Farbe befindet. (Die rothe Farbe beſteht bisweilen aus Bleiſubchromat). Chrom beſitzt ſtark oxygenirende Eigenſchaften und wird daher bekanntlich häufig zum Bleichen angewendet. (The Lancet, Febr. 1840.) Mien hk un Ne. Schmerzhafte Paraplegie durch Druck eines Hy— datidenbalges innerhalb der Ruͤckgratshoͤhle. Von Cruveilhier. Wenn es uͤberhaupt heilbare Paraplegieen giebt, fo find es gewiß diejenigen, welche von Compreſſion des Ruͤcken— marks durch eine zu beſeitigende Urſache herruͤhren, fo, 3 B, die Paralyſe, welche bei'm Pott'ſchen Uebel von Lageveraͤn— derung der Wirbel oder durch den Eiter bei Karies eines Wirbels entſteht. Die Mehrzahl der Paraplegieen freilich gehoͤrt zu den unheilbaren, welche von einer Veraͤnderung des Ruͤckenmarkes oder von einer nicht zu beſeitigenden Com— preſſion herruͤhren. Ich habe in der Salpetriere einen Fall von ſchmerz— hafter Paraplegie beobachtet, welche durch einen Acephalocy— ſtenbalg entſtanden war, welcher ſich zwiſchen den Wirbeln und der dura mater entwickelt und zwiſchen zwei Dorn⸗ fortſaͤtzen hervorgedraͤngt hatte, um ſich außerhalb an der Wirbelſaͤule und unter den Spinalmuskeln weiter zu ent— wickeln, und ich bedaure, in dieſem Falle nichts fuͤr die Kranke gethan zu haben. Denn ich bin überzeugt, daß, wenn man bei der Aufnahme der Kranken, als das Ruͤcken— marksgewebe noch nicht desorganiſirt war, die Diagnoſe rich⸗ tig gemacht haͤtte, es wohl moglich geweſen waͤre, die Kranke durch Eröffnung des Balges zu heilen. Möge daher dieſe Beobachtung fuͤr die Wiſſenſchaft und fuͤr die Therapie nicht verloren gehen. Pelletan, eine Frau von 38 Jahren, wurde 3. Juli 1839 wegen einer Paraplegie in dem Spitale aufgenom— men. Ihre Conſtitution iſt kraͤftig, die Ernaͤhrung vortreff— 73 lich, die Hautfarbe lebendig, und es macht einen traurigen Eindruck, eine in der Bluͤthe der Geſundheit friſch und kraͤf— tig ausſehende Frau durch eine Localkrankheit des Willens— einfluſſes auf die untern Koͤrperkraͤfte beraubt zu ſehen. Die Muskelbeweglichkeit der untern Gliedmaßen war fuͤr die willkuͤhrliche Bewegung ganz gelaͤhmt und nur noch eini— germaßen fuͤr ſchmerzhafte unwillkuͤhrliche Erſchuͤtterungen vorhanden. Im Gegenſatz gegen den Mangel der willkuͤhr— lichen Bewegung litt ſie unausgeſetzt an ſehr lebhaften Schmerzen in den Fuͤßen, Unter- und Oberſchenkeln und in den Lenden. Die Kranke hat das Gefuͤhl, als wenn ſie von einem Feuer verzehrt wuͤrde; ein Aufheben der untern Gliedmaßen, uͤberhaupt die mindeſte Bewegung, welche man mit denſelben vornimmt, verurſacht die heftigſten Schmer— zen; noch mehr, eine einfache Beruͤhrung veranlaßt ein Ein— ſchlafen oder ſehr ſchmerzhaftes Ameiſenkriechen welches ſich von der Beruͤhrungsſtelle in der ganzen Laͤnge der untern Gliedmaße hinauf erſtreckt. Das Kitzeln der Fußſohle, die— ſes wichtige Unterſuchungsmittel, veranlaßt keine Bewegung, dagegen Schmerz, alſo Mangel der Muskelerregbarkeit ohne Fehlen der Senſibilitaͤt. Eine Langſfamkeit der Perception bi der Beruͤhrung habe ich bei dieſer Kranken nicht beob— achtet, wie bei andern Paraplegiſchen. Bei Unterſuchung der Dornfortſaͤtze zeigt ſich nicht die geringſte Verkruͤmmungz; aber in der Gegend des zwoͤlften Ruͤckenwirbels und erſten Lenden wirbels findet ſich ein weicher, zuſammendruͤckbarer Punct, von der Größe eines Zweigroſchenſtuͤckes, welcher dem Finger das Gefühl eines leeren Raumes zwiſchen Knochen— raͤndern giebt, welcher letztere von den Dornfortſaͤtzen gebil— det wird, fo daß ich auf den Gedanken kam, es möge wohl eine un vollkommene spina bifida zu Grunde liegen, und die Kranke ſagte ſogar, daß man daſſelbe von ihrer zarteſten Kindheit an, an der genannten Stelle gefuͤhlt habe. Ich ließ die Kranke huſten, um zu ſehen, ob, wie bei der spina bifida, die Erſpiration einigen Einfluß auf die kleine, weiche und zuſammendruͤckbare Erhabenheit ausuͤbe, und in der That ſchien es mir, als wenn bei jedem Huſten die Ge— ſchwulſt mit erſchuͤttert wuͤrde. Indeß war dieß doch nicht ſo deutlich, daß ich darauf eine beſtimmte Diagnoſe haͤtte gründen koͤnnen. Aus der Anamneſe ließ ſich ebenfalls keine Aufklaͤrung über die Urſache der Paraplegie ſchoͤpfen. Mit dem 19ten Jahre hatte die Frau ſich verheirathet und wurde zweimal ſehr gluͤcklich entbunden; durch Anſtek— kung von ihrem Manne bekam ſie einen Ausfluß, wogegen ſie den Van-Swieten'ſchen Liquor nehmen mußte. Seit 3 Jahren haben dumpfe Schmerzen in der Lendengegend und Schwaͤche in den untern Extremitaͤten begonnen. Vor einem Jahre wollte fie ein ſehr ſchweres Packet feuchter Waͤſche aufheben, fuͤhlte ein Krachen in der Lendengegend und ſtieß einen Schrei des Schmerzes aus. Hiervon leitet die Kranke die heftigen Lendenſchmerzen her, die ſie ſeitdem nicht mehr verlaſſen haben. Das Gehen wurde ſowohl durch die Schwaͤche, als auch durch die lebhaften und anhaltenden Schmerzen, welche ſich von der Lendengegend allmaͤlig über die ganzen untern Extremitaͤten ausbreiteten, immer ſchwie— riger. Jedesmal, wenn die Kranke zu gehen verſuchte, war 74 es ihr, als wenn der Boden elaſtiſch fen; fie bekam convuls ſiviſche Erſchuͤtterungen und mußte von dem Verſuche ab: ſtehen. Heftige und immer ſeht ſchmerzhafte cenvulſtwiſche Erſchuͤtterungen zeigten ſich auch fpontan im Bette. Vor 5 Monaten, als ſie bereits das Bette huͤten mußte, ent— ſchloß fie ſich, in das Hötel-Dieu zu gehen. Sie kam auf die Abtheilung des Herrn Récamier, welcher viermal die moxa und verſchiedenartige Einreibungen mit einer nicht naͤher anzugebenden innern Behandlung anwendete, ohne daß die Fortſchritte der Paralyſen und der Schmerzen dadurch gehemmt worden wären. Die convpulſiviſchen Erſchuͤtterun— gen hoͤrten auf; Urin und Stuhlgang gingen unwillküßrlich ab, und die Kranke wurde als unheilbar in die Salpkiriere geſchickt. Ihr Zuſtand blieb nun 14 Tage unverändert; die Schmerzen in der untern Koͤrperhaͤlfte ſind unaufhörlich vor— handen; die Kranke fürchtet die leiſeſte Berührung; ſie iſt, verdrießlich, uͤbel gelaunt, aͤußerſt anſpruchsvoll und beklagt ſich fortwährend über die Waͤrterinnen, obwohl ihr dieſe die ſorgfaͤltigſte Pflege angedeihen laſſen. Es bildet ſich decubitus, zuerſt an dem Kreuze, dann an den Trochanteren; dieſe wunden Stellen geſtalten ſich zu tiefen Brandgeſchwuͤren um, welche, merkwuͤrdig genug, aus ßerordentlich ſchmerzhaft ſind. Die Kranke ſagt, daß ihre Leiden ſo heftig ſeyen, daß ſie ſich ſelbſt umbringen moͤchte. Der Appetit hoͤrt in den erſten Tagen des Auguſt's auf; es folgt Abführen, Uebelkeit, Erbrechen und tägliches und bisweilen lange dauerndes Fröfteln zu unregelmaͤßigen Stun— den; die Zuͤge veraͤndern ſich raſch und ſehr auffallend; das Bewußtſeyn iſt ungeſtoͤrt. Auf die unausgeſetzten Klagen folgt nun der Ausdruck der lebhafteſten Dankbarkeit. Die Schmerzen in dem decubitus find an die Stelle der Lens denſchmerzen getreten; die Kranke beklagt ſich nur noch über die Unterſchenkel, welche fo heiß fenen, wie Feuer; die Schmer⸗ zen in den Oberſchenkeln und Füßen batten aufaehoͤrt; gruͤ⸗ nes Eibrechen, Verfallen des Geſichts, klares Bewußtſeyn. Die Schmerzen hoͤren auf, und die Kranke ſtirbt am 15. Auguſt, 6 Wochen nach ibrer Aufnahme. Leichenoffnung. Wir unterſuchten zunaͤchſt die Ruͤckengegend, wo wir ſogleich den deprimirbaren Punct zwi⸗ ſchen dem letzten Ruͤckenwirbel und dem erſten Lendenwirdel und außerdem zu beiden Seiten der Dornfortſaͤtze eine dun— kele Fluctuation fuͤhlten. Unter dem atrophiſchen und in eine duͤnne Schicht umgewandelten longissimus dorsi fand ich eine weiche, fluctuirende, mit den Muskeln durchaus nicht zufammenbängende Geſchwulſt, welche die beiden Fur— chen neben den Dornfortſaͤtzen einnahm; die auf der linken Seite war viel bettuͤchtlicher, als die auf der rechten. Beide Parthieen ſtanden durch einen ſchmalen Theil unter einander in Verbindung, indem der Druck auf die einen ſich deutlich auf die andern foctpflanzte; nur der mittlere Theil war während des Lebens bemerkt worden, während die ſeitlichen Theile durch den Widerſtand der Muskeln genöthigt geweſen waren, ſich nach Oben und Unten auszubreiten. Bei einem Einſchnitte zeigte ſich, daß die Geſchwulſt ein Hydatidenbalg war, deſſen fibroͤſe Huͤlle nicht ſehr dick 75 und auffallend weiß war, während der Inhalt aus einer großen Menge von Reſten von Acephalocyſtenbaͤlgen, aus leeren Acephalocyſten und aus einigen unverſehrten Acepha— locyſten beſtand, deren Vorhandenſeyn auf das Beſtimmteſte die Natur der Krankheit erläutert. An der vordern Flaͤ he des Ruͤckgrates war durchaus nichts Krankhaftes zu bemer— ken. Nun wurde die ganze hintere Wand des Wirbelca— nals von den Wirbelkoͤrpern abgetrennt; es zeigte ſich, daß die Balggeſchwulſt in den Wirbelcanal eindrang, daß der Balg innerhalb dieſes Canales fehlte, und daß die Hydati— denmaſſe direct auf der uͤbrigens unverſehrten dura mater auflag, welche hier die Stelle der Balgmembran vertrat. An der Stelle, wo der aͤußere und innere Theil der Ge— ſchwulſt communicirten, fand ſich eine ſehr kleine Oeffnung zwi— ſchen zwei Dornfortſaͤzen und auf Koſten derſelben. Die dura mater war durchaus nicht veraͤndert; dagegen war das Stuͤck des Ruͤckenmarks unter dem Hydatidenbalge zu— ſammengedruͤckt, außerordentlich verdünnt und braun gefärbt. Das ganze Stuͤck des Ruͤckenmarkes unterhalb der Com— preſſionsſtelle war in einen Eiterbalg umgewandelt, indem zwiſchen der pia mater und dem Eiter nur eine aͤußerſt dünne Markſchicht übrig blieb, an einigen Stellen fogar ganz fehlte; auch an der Compreſſionsſtelle felbft war kaum noch eine Spur des Ruͤckenmarkes zu bemerken. Die Dornfortſaͤtze und Knochentheile in der Umgebung der Com— municationsoͤffnung waren erodirt, ohne daß das Knochenge— webe eine Farbeveraͤnderung erlitten haͤtte; es war nur et— was compacter Die Analyſe des Inhaltes des Balges erwies, daß die— ſer Inhalt aus einer Menge von Blaͤschen beſtand, die durch eine fette Subſtanz zuſammengehalten wurden, welche in Aether leicht loͤslich war. Die Blaͤschen enthielten eine ungefaͤrbte Fluͤſſigkeit, welche hauptſaͤchlich aus Waſſer, ſo— dann aus Gallerte, Faſerſtoff, ein wenig Kochſalz und Spu— ren von phosphorfaurem Kalke beſtand. Die Haut des Blaͤs— chens zeigte alle Eigenſchaften der Fib eine, braͤunte ſich durch Salpeterſaͤure und ſchwoll durch Schwefel- und Salzſaͤure zu einem ziemlich dicken Schleime auf; auch loͤſ'te fie ſich leicht in Kali und Ammonium und war aus dieſer Loͤſung nur durch Saͤuren abzuſcheiden. Bemerkungen. Es giebt Paraplegieen durch Ge: websveraͤnderung, ſodann Paraplegieen durch Compreſſion des Ruückenmarkes, ferner Paraplegieen durch Entzuͤndung der Spinalarachnoidea und endlich falſche Paraplegieen oder Pa— ralyſen durch Unbeweglichkeit und Steifigkeit, welche um ſo leichter mit wahren Paraplegieen verwechſelt werden, als ſie haͤufig mit unwillkuͤhrlichem Urin- und Kothabgange verbuün— den ſind. Einige Bemerkungen uͤber den Unterſchied der Hemiplegie und Paraplegie werden hier nicht am unrechten Octe ſeyn. Bei der Hemiplegie in Folge einer Cerebralblu— tung iſt bloß die Bewegung geſtoͤrt; bisweilen vollkommen aufgehoben, während die Empfindung ganz ungeftört iſt. Es befindet ſich jetzt gerade eine Frau von etwa 50 Jah— ren in der Salpetriere, welche der Bewegung der obern und untern Extremitaͤten auf der rechten Seite vollkommen be— raubt iſt, waͤhrend dieſelben Koͤrpertheile die ganze Feinheit 76 des Gefuͤhles behalten haben. Bei derſelben Frau iſt der Mu ıd nicht nach der Seite verzogen, aber die Zunge vers weigert den Dienſt für die Articulation; die Frau macht Anſtrengungen, um zu ſprechen, erroͤthet und wird verwirkt, wenn man fie fragt und ſpricht nur unaufhoͤrlich das Wort été, été, fo daß fie in dem Krankenſaale „Madame Eté“ genannt wird. Ihre geiſtigen Facultäten find vollkommen und ungeſtoͤrt. Als Regel kann man aufſtellen, daß die Hemiplegie in Folge von Cerebralblutung nur die Bewegung und niemals die Empfindung betrifft. Freilich handelt es ſich hier nicht um jene heftigen Apoplexieen, welche das Ges hirn in Bezug auf Empfindung, Bewegung und Bewußt— ſeyn laͤhmen. Die Paraplegie im Gegentheile bezieht ſich ebenſowohl auf die Empfindung, als auf die Bewegung; entweder durch Erhoͤhung der Empfindlichkeit, wie bei der ſchmerzhaften Paraplegie, oder durch Verminderung, wie bei der nicht ſchmerzhaften Paraplegie. Vom erſten Anfange der Krankheit erſcheint die Stoͤrung der Empfindung zu— gleich mit der Stoͤrung der Bewegung. Mittelſt dieſer Merkmale war es mir moͤglich, in einem Falle die Abwe— ſenheit der Paraplegie zu diagnoſticiren, in welchem Alles fuͤr Paraplegie zu ſprechen ſchien. Eine junge Frau, welche in Folge einer chroniſchen Gaſtritis und in Folge von Ma— nie ſeit zwei Jahren unbeweglich im Bette geblieben war, wurde als paraplegiſch betrachtet. Man verſuchte mehrmals, ſie aufſtehen zu laſſen, ihre Beine brachen unter dem Ge— wichte ihres Körpers zuſammen; ſie waren atrophiſch, kalt und Alles ſprach, in der That, fuͤr Paraplegie. Die Kran— ke wurde nach Paris gebracht. Nachdem ich nun erkannt hatte, daß die Empfindlichkeit der untern Extremitaͤten un— geſtoͤrt war, daß das Kitzeln der Fußſohle den Willen der Kranken beſiegte und raſche und lebhafte Contractionen der untern Extremitaͤten veranlaßte, ja daß ſogar dieſe Bewe— gungen willkuͤhrlich wurden, wenn die Kranke, von dem fort— geſetzten Kitzeln belaͤſtigt, ſich demſelben entziehen wollte, ſo behauptete ich, daß keine Paraplegie vorhanden ſey, und, in der That, nachdem ich beſtimmt hatte, daß, trotz ihres Wi— derſtrebens, die Kranke aufſtehen und ſich auf ihren Fuͤßen halten muͤſſe, fingen allmaͤlig dieſe Extremitaͤten an, einige Bewegungen auszufuͤhren, obwohl ſie zuvor, wie die Glieder einer Leiche, nachſchleppten und unter dem Koͤrper zuſammenknickten. Bald vereinigte die Kranke ihre Beſtre— bungen mit den unſerigen, und nach einigen Monaten kam ſie ſelbſt, um mir ihre Dankbarkeit auszudruͤcken. Bei einer ungluͤcklichen Engliſchen Dame, welche der Verſtellung beſchuldigt wurde, war ich dadurch, daß ich durch alle möglichen Mittel mich von dem Verluſte der Empfin— dung in den untern Extremitaͤten und im rechten Arme überzeugte, im Stande, gegen alle meine Collegen auszu— ſprechen, daß die Ungluͤckliche wirklich an Paraplegie leide. Eine fo'he Verbindung von Hemiplegie und Paraplegie ha— be ich uͤbrigens öfters beobachtet; es koͤnnen ſogar Verlez—⸗ zungen und Compreſſionen des Ruͤckenmarkes die Form einer Hemiplegie annehmen, z. B., wenn ein Druck auf den obern Theil des Ruͤckenmarkes nur die eine Seitenhaͤlfte bes trifft, wie, z. B., in folgendem Falle: Eine Frau litt an 77 Hemipleg'e der rechten Seite, welche jedoch die Empfindung ebenſowohl, als die Bewegung betraf; bei dieſer Frau war noch der ganz merkwuͤrdige Umſtand, daß anfangs die Kranz ke gleichmaͤßig gelaͤhmt, oder vielmehr auf beiden Seiten ge— ſchwaͤcht war, und daß ſich erſt fpäter die Hemiplegie aus: bildete. Außerdem litt die Kranke an ſchmerzhaften und krampfhaften Muskelcontractionen. Damals glaubte ich noch, daß mit Hemiplegie nothwendig eine Gehirnaffection verbunden ſeyn muͤſſe; jetzt dagegen würde ich, ſelbſt bei'm Mangel aller uͤbrigen Symptome, aus dem gleichzeitigen Vorhandenſeyn einer Paralyſe der Empfindung und der Ber wegung einen Schluß auf den Sitz der Krankheit machen. Hier muß ich bemerken, daß Hemiplegieen in Folge von Cerebra haͤmorrhagie ſehr ſelten von Verluſt des Bewußt— ſeyns begleitet ſind, und daß bei einer Apoplexie mittleren Grades niemals, oder wenigſtens faſt niemals, Verluſt des Bewußtſeyns ſtattfindet. Wenn die Verwandten, die Waͤr— ter und ſelbſt die Kranken von Verluſt des Bewußtſeyns ſprechen, ſo iſt dieß Folge der Unkenntniß in Bezug auf den Werth der Ausdruͤcke; fragt man aber die Kranken, ſo er— ziblen fie die genaueſten Umſtaͤnde bei'm Eintritte der Krank— heit, wie ſie entweder bei'm Sprechen oder bei'm Eſſen oder bei'm Spazierengehen ꝛc. von der Krankheit befallen wurden. Ich mache zwiſchen einer Hemiplegie, welche mit Ver— luft des Bewußtſeyns und einer andern, welche ohne Ver: luſt des Bewußtſeyns eingetreten iſt, denſelben Unterſchied, welchen man in der Chirurgie zwiſchen Kopfverletzungen mit und ohne Verluſt des Bewußtſeyns macht; die erſte Form der Hemiplegie iſt ungleich bedenklicher, und auf die Hemi— plegie mit Verluſt des Bewußtſeyns laͤßt ſich beſonders die Lehre von dem Zwiſchenraume von acht bis zwoͤlf Tagen zwiſchen den primitiven Zufaͤllen und den conſecutiven Stoͤ— rungen bei der Apoplexie anwenden, welche ich in dem Di— ctionnaire de médecine, Art. apoplexie, aufgeſtellt habe. Die Urſache der Zufaͤlle bei der erſten der oben mitge— theilten Beobachtungen liegt offenbar in dem allmaͤlig zuneh— menden Drucke, welcher durch den Hydatidenbalg, der ſich zw ſchen der dura mater und den Wirbelbogen entwickelt hatte, auf das Ruͤckenmark ausgeuͤbt wurde. Es iſt klar, daß dieſer Acephalocpſtenbalg urſpruͤnglich in dem Wirbelca— nale zwiſchen dem Venengeflechte, welches auf der dura mater liegt, entſtand, daß der Druck dieſer Geſchwulſt all— maͤlig den Widerſtand der gelben Bänder durch fortdauern— den Druck uͤberwand, und daß in dem Momente, wo die Geſchwulſt herausdrang und ſich außerhalb der Wirbelhoͤhle ausbreitete, eine Erleichterung fuͤr die Kranke eintreten mußte; daß aber der Widerſtand des Balges, der Muskel: aponeuroſen und der in fibroͤſes Gewebe umgewandelten Rückgratsmuskeln ſelbſt mehr oder minder erfolgreich die Communication der beiden Geſchwuͤlſte unter einander durch den engen Canal hindurch hindern mußte, welcher zwiſchen den Dornfortſaͤtzen zweier Wirbel ſich gebildet batte, nach— dem dieſe Knochenfortſaͤtze corrodirt waren: ja daß ſelbſt die in dem Balge enthaltene Materie, welche, wegen ihrer Con— 78 ſiſtenz, nicht die Beweglichkeit einer vollkommenen Fluͤſſigkelt hatte, bisweilen die Communication unterbrechen mußte. Die Entwickelung des Theiles der Geſchwulſt innerhalb der Ruͤckenmarkshoͤhle mußte daher zum Theil unabhängig von dem aͤußern Theile ſtattfinden und konnte daher ſeine ganze Wirkung auf das Rückenmark. geltend machen. Der Zuſtand der Acephalocyſten in dem fibroͤſen Balge (denn alle Hydatidenbaͤlge find fibroͤs) verdient eine beſon— dere Beachtung. Faſt ſaͤmmtliche Acephalocyſten find zu faft unkenntlichen Reſten reducirt, deren Natur nur aus dem gleichzeitigen Vorhandenſeyn leerer, unveraͤnderter Acepbalocy: ſtenhaͤute und mehrerer noch unverſehrter Acephalocyſten ers klaͤrt wurde. Woher rührt der Tod der Acecphalocyſten (wenn ich mich fo ausdrucken darf)? Hoͤchſt wahrſcheinlich von der Compreſſion und vielleicht auch davon, daß, wenn man uͤberhaupt ein ſelbſtſtaͤndiges Leben dieſer Körper zu— giebt, die in dem Balge enthaltene Maſſe durch mehrere Generationen von Acephalocyſten gebildet wird. Die wichtigſte practiſche Folgerung aus dieſer Beob— achtung beſteht aber darin, daß, wenn es moͤglich geweſen wäre, die Natur der Krankheit zu diagnoſticiren, oder viel— mehr zu muthmaßen, eine Explorativpunction oder die Anz wendung des lapis causticus auf dieſe kleine, nachgiebige und fluctuirende Geſchwulſt zwiſchen den Dornfortſaͤtzen ans gewendet werden konnte. Das Hervordringen der Acephalo— cyſten wuͤrde das Ruͤckenmark freigemacht und die Heilung herbeigeführt haben, wenn dieſe Ausleerung wenigſtens noch in der Periode der Krankbeit ſtattgefunden haͤtte, in wel— cher das Ruͤckenmark einfach comprimirt und noch nicht in ſeiner Textur veraͤndert war. Ich erinnere mich, eine Kranke mit einer Lendenfiſtel, aus welcher Acephaloecyſten hervorkamen, geſehen zu haben; jedoch habe ich ſie ſpaͤter nicht wieder geſehen. Ein Umſtand von boͤchſtem Intereſſe bei dieſer Beob— achtung iſt der, daß die Paraplegie außerordentlich ſchmerz— haft war. Warum giebt es Paraplegieen mit und ohne Schmerzen? Aus einer Reihe von Faͤllen glaube ich, den Schluß machen zu duͤrfen, daß die ſchmerzhafte Paraplegie im Allgemeinen das Reſultat einer Compreſſion des Rüden: markes durch eine Geſchwulſt in dem Zellgewebe unter der arachnoidea oder außerhalb der dura mater iſt, während die ſchmerzloſe Paraplegie von einer Krankheit des Gewebes des Ruͤckenmarks ſeldſt abhängt. Es verſteht ſich ubrigens, daß die Paraplegie von Compreſſion nur dann ſchmerzhaft iſt, wenn die comprimirende Urſache langſam wirkt und das Ruͤckenmark reizt, ohne es zu veraͤndern. Deßwegen iſt eine Paraplegie von Fractut oder Luxation oder Caries der Halswirbel immer ſchmerzlos. Uebrigens verſteht ſich von ſelbſt, daß immer ein Zeitpunct eintritt, wo die ſchmers hafte Paraplegie in die ſchmerzloſe übergeht, ſobald naͤmlich der Druck fo ſtark wird, daß der odere und untere Theil des Ruͤckenmarkes ganz von einander getrennt ſind, oder daß ſich das Ruͤckenmarksgewebe organifh verändert. (Amato- mie pathol. 35. Livr. Pl. 6.) 79 Ueber die eirrhosis hepatis hat Herr Alfred Becquerel in den Arch. gen. de med. Apr. und Mai 1840 ausführliche Unterfuchungen mitge— theilt, welche folgende abgemeine Schluͤſſe geſtatten: 1. Die eirrhosis hepatis wird durch Hypertrophie der gelben Subſtanz der Leber characteriſirt. Dieſe Hyper— trophie ruͤhrt von Infiltration derſelben Subſtanz durch eine plaſtiſche Materie von albumino-fibrinoͤſer Natur her, wel— che zuerſt einen gewiſſen Grad von Weichheit hat (erfter Grad der eirrhosis), hierauf einen Theil des darin ent— haltenen Wuſſers verliert, ſich contrahirt und die infiltrirte Subſtanz mit ſich fortnimmt, endlich Atrophie und Ver— kleinerung der Leber veranlaßt (zweiter Grad). 2 Beem erſten Grade der eirrhosis iſt das Volu— men der Leber ein wenig vermehrt, oder wenigſtens nicht vermindert. Die gelbe Subſtanz nimmt einen betraͤchtliche— ren Raum ein, ſie erſcheint zellenartig und iſt in allen Richtun zen von unregelmäßig roͤthlichen Linien durchzogen, welche die Compreſſion der rothen Subſtanz andeuten. Bei'm zweiten Grade findet man Verkleinerung, Atrophie der Le— ber; das Organ iſt haͤrter, feſter, gelb gefaͤrbt und haͤufig von gleichmaͤßigem Ausſehen. Haͤufig findet man die Leber in eine Menge gelber Koͤrner von verſchiedener Groͤße um— gewandelt, welche gewiſſermaßen aneinandergeklebt find. 3. Die eirrhosis hepatis geht von einer habituel— len Hyperemie der Leber aus, welche entweder activer oder mechaniſcher Natur iſt. 4. Sie complicirt ſehr häufig organiſche Krankheiten des Herzens und der Lunge, wie z. B., Hypertrophie des Herzens, Emohyſem der Lungen, Lungentuberkeln, Krank: heiten, wobei, mit Ausnahme der letztern, es leicht iſt, Blut— congeſtion gegen die Leber als conſtante Wirkung nachzu— weiſen. 5. Die uͤbrigen Einfluͤſſe, welche man ebenfalls als Urſachen der eirrhosis hepatis betrachten koͤnnte, ſind chroniſche Affectionen des Verdauungscanales, beſonders der obern Parthie deſſelben, unvollkommene Alimentation, Ex— ceſſe im Genuſſe ſpirituoͤſer Getraͤnke, uͤbermaͤßiges Arbeiten und Gemuͤthsaffectionen. Haͤufig genug iſt es auch nicht moͤglich, eine beſtimmte Urſache nachzuweiſen. 6. Die Symptome der eirrhosis hepatis ſind faſt immer unbemerklich, ſo lange die Krankheit noch auf der 80 erſten Stufe ſtehen bleibt. Bei'm zweiten Grade koͤnnen ſie mehr negativer oder mehr poſitiver Art ſeyn. Negative Symptome ſind es in der Bedeutung, daß nur aseites vorhanden iſt und eine Subſtanzveraͤnderung der Leber nur daraus zu ſchließen iſt, daß alle uͤbrigen Urſachen der Waſ— ſerergießung nicht haltbar ſind. Die Symptome, welche min als poſitive betrachten kann, find Auftreibung der Le— ber, Zuſtand der Haut, Waſſerſuchten, Beſchaffenheit des Urins und Störung der Verdauungsfunction. 7. Die conſecutiven Complicationen, welche hinzutre— ten koͤnnen, find folgende: 1) acute oder chronifche Veraͤn— derungen im Darmcanale, veranlaßt durch Hemmung der Venencirculation im Unterleibe in Folge der Obliteration der kleinern Vertheilungen der Pfortader; 2) acute Phleg— maſieen der ſeroͤſen Haͤute oder der parenchymatoͤſen Organe, welche hier, wie bei allen chroniſchen Affectionen, meiſtens das toͤdtliche Ende befchleunigen; 3) chroniſche Haͤmorrha— gieen. Alle dieſe Complicationen, beſonders die dritte, koͤnnen eben ſo gut von den organiſchen Veraͤnderungen abhaͤngen, welche der eirrhosis hepatis vorausgehen, wie von dieſer Krankheit ſelbſt. 8. Die Diagnoſe iſt haͤufig ſchwierig, der Ausgang immer toͤdtlich, und die Behandlung hat bis jetzt noch nie einen guͤnſtigen Einfluß auf den Verlauf der Krankheit ausgeuͤbt. Miscellen. Ueber Vergiftung des Honigs findet ſich in Turn— bull's Bericht uͤber Cuba die Bemerkung, daß in den hoͤheren Gegenden der Inſel der Cubahonig von der vortrefflichſten Beſchaf— fenheit ſey, in den tieferen Diſtricten aber, beſonders in der Naͤhe der Kuͤſte, wo giftige Geſtraͤuche und Pflanzen wachſen bisweilen ſchaͤdlich werde, wenn dieſe Bienen von den giftigen Blumen ſau— gen; deſſenungeachtet gebrauchen die Einwohner auch dieſen Honig zum Süßen des Kaffee’s, trotz der Uebelkeit und des Kopfſchmerzes, woran die leiden, welche an ſeinen Gebrauch nicht gewoͤhnt ſind. Eine Selbſtmordmonomanie erwaͤhnt Hr. Luſh in The Lancet, Febr. 1840, welche in doppelter Beziehung intereſſant iſt. Ein 53jähriger Mann hatte ſechs Jahre zuvor einen Schlag auf den Kopf erhalten, ſich aber ſeitdem vollkommen wohl befunden, als ſich zum erſten Male Paroxysmen von Schrecken und Miß— trauen einſtellten, die allmaͤlig ſo zunahmen, daß ein unwiderſtehli— ches Verlangen nach Selbſtmord ſich entwickelte, ſo ſtark, daß der Kranke ſelbſt darauf drang, daß er in ein Irrenhaus gebracht wer— de, wo er blieb, bis die Paroxysmen nachließen; ſie ſind indeß nicht ganz uͤberwunden. P oT — —— Bibliographische Scripture and Geology or the Relation between the Holy Scriptures and some Parts of Geological Science. By John Pye Smith etc, 2d. Edition. London 1840. 8. On Discrimination and Appearance of Surgical Disease. By J. Howship. London 1840. 8. Neuigkeiten. Anatomy of the Arteries with its Applications to Pathology and generative Surgery eto. By Richard Quain etc. Part. I. London 1840, Fol. Elements of obstetric Medicine; including the Diseases of Chil- dren Part. I. London 1840. 8. By David D. Davis, MD. 2d. edition. London 1840. 8. — — — Hene Notizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Beilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medicinalraide Frortev u Weimar, und dem Medicınalrathe und Prefeſſer Frerier zu Berlin, Ne. 336. (Nr. 6. Gedruckt im Landes = Induftries Comptoir zu Weimar. des XVI. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., October 1840. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 agl. Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der vegetabiliſchen Organismen. Von Dutrochet, Mitglied der Academje der Wiſſenſchaften. (Hierzu Figur 3 — 5 der mit Nr. 331. [Nr. 1. d. XVI. Bos.) d. Bl. ausgegel. Tafel. Sneak g. Alle Thiere fixiren bei'm Athmen Sauerſtoff; alle muͤſ— ſen alſo Waͤrme entwickeln, welche ſich als deren Eigenwaͤr— me kundgiebt. Auch die Pflanzen athmen, und zwar in einer Art und Weiſe, welche von dem Athemholen der Thiere nicht fo bedeutend verſchieden iſt, als man früher glaubte. Sie beſitzen Athemwerkzeuge, in welche das Sauer— ſtoffgas eindringt, das ſie unter der Einwirkung des Lichts wieder fahren laſſen, und dieſer eingefuͤhrte Sauerſtoff wird durch die Beduͤrfniſſe der Pflanze verbraucht, ſo daß alſo, wie ich an einem andern Orte weitlaͤufiger dargethan, eine wahre Reſpiration ſtattfindet. Die Pflanzen muͤſſen dems nach ebenfalls eigene Waͤrme beſitzen. Bei den warmbluͤti— gen Thieren iſt die Eigenwaͤrme ſehr bedeutend, bei den ſo— genannten kaltbluͤtigen Wirbelthieren, ſo wie bei den wir— belloſen Thieren aber ſo ſchwach, daß man deren Grad, ja ſogar deren Exiſtenz noch nicht hat nachweiſen koͤnnen. Ebenſo verhaͤlt es ſich mit den Pflanzen. Man hat viele vergebliche Verſuche gemacht, zu ermitteln, ob ſie in ihren Staͤngeln eine eigenthuͤmliche Waͤrme beſitzen, und nur an den Bluͤthen hat man in einigen Faͤllen eine deutliche Le— benswaͤrme beobachtet. Ueber dieſen Gegenſtand ſteht daher der Unterſuchung noch ein weites Feld offen, deſſen Erfor— ſchung durch die Erfindung des thermoelectrifchen Apparates ſehr beguͤnſtigt wurde. Denn dieſer Apparat hat den Phyp— ſikern ein hoͤchſt ſchaͤtzbares Mittel geboten, die Waͤrme da zu entdecken, wo die Anwendung des Thermometers unmoͤg— lich iſt, fo wie dieſelbe unter Umſtaͤnden zu meſſen, wo fie fo ſchwach iſt, daß fie ſich durch die gewoͤhnlichen Unterſu— chungsmittel nicht wuͤrde ermitteln laſſen. Es iſt hier nicht meine Abſicht, die Grundſaͤtze der Phyſik darzulegen, auf No. 1436. ur k un d e. welche die Einrichtung des thermoelectriſchen Apparats ſich gruͤndet. Es genuͤge, anzufuͤhren, daß er beſteht: 1. aus einem kurzdrahtigen Schweiggerſchen Galvanometer oder Multiplicator, der mit Nobiliſchen Magnetnadeln verſehen iſt; 2. aus zwei Nadeln, von denen jede durch zwei mit einem ihrer Enden aneinandergefuͤgten Draͤhten von verſchie— denartigem Metalle gebildet iſt. Gewoͤhnlich wendet man Eiſen- und Kupferdraht an. Die Loͤthſtellen der beiden Nadeln werden in die beiden Koͤrper gebracht, deren Tem— peraturunterſchied man zu ermitteln wuͤnſcht. Das Kupfer— ende einer jeden wird mit einem der beiden Enden des auf den Multiplicator gerollten Kupferdrahtes in Verbindung ge— bracht und die beiden Eiſenenden der Nadeln durch einen bogenfoͤrmigen Eiſendraht vereinigt. Auf dieſe Weiſe erhält man einen thermoelectriſchen Kreis, mittelſt deſſen die gering— ften Unterſchiede zwiſchen den Temperaturen der Loͤthſtellen durch die Abweichung der Magnetnadel des Multiplicators angezeigt werden. Dieſe Abweichung zeigt, in der That, nur das Vorhandenſeyn einer electriſchen Stroͤmung an, de— ren Intenſitaͤt ſich nach einem beſtimmten Geſetze mit dem Unterſchiede zwiſchen der Temperatur der beiden Loͤthſtellen ſteigert. So beſitzt man denn ein Mittel, um die Waͤrme indirect zu meſſen, indem man die Intenſitaͤt der Electrici— taͤt mißt, welche durch jene erzeugt wird. Herr Becquerel iſt auf eine von der beſchriebenen abweichende Form der Nadeln verfallen. Statt die beiden Theile (den eiſernen und kupfernen) der Nadel mit den Enden in derſelben geraden Linie miteinander zu verbinden, löthet er fie unter einem ſehr ſpitzen Winkel zuſammen, fo daß ſich die Verbindungsſtelle am Scheitel des Winkels be⸗ findet. Die gerade Nadel koͤnnte man die mit mittel⸗ ſtaͤndiger Loͤthſtelle, die winkliche die mit end ſtaͤn⸗ diger Cöthftelle nennen. Ich hade bei meinen Verſu⸗ chen beide Arten von Nadeln angewandt, und endlich der letztern den Vorzug gegeben. Nur bei Anwendung dieſer laͤßt ſich bei ſehr feinen Experimenten auf genaue Reſultate rechnen. Man hat, in der That, gefunden, daß die In⸗ tenſitaͤt des electriſchen Stromes, welcher durch die Un⸗ 6 85 gleichheit der Temperatur der beiden Röthftellen erzeugt wird, durch den Unterſchied betheiligt wird, der in Anſehung der Menge von Metallpartitelchen ſtattfinden kann, welche in der einen Nadel, im Vergleiche mit der andern, eine verſchiedene Temperatur beſitzen, ſo daß, wenn beide Nadeln ſich in Korpern von gleicher Tempera— tur befinden, aber die eine von dem einen Körper im größern Maaße bedeckt iſt, als die andere vom andern, ſchon aus dieſem Grunde in der erſtern ein ſtärkerer electriſcher Strom erzeugt wird, als in der letztern, und jene folglich bei'm Experimentiren waͤrmer erſcheint, als dieſe. Derſelbe Fehler wuͤrde aus einem ahnlichen Grunde eintreten, wenn die beiden Nadeln von beiden Koͤrpern gleichſtark bedeckt, aber von ungleicher Dicke wären, da dann die dickere wärmer erſcheinen wuͤrde, als die duͤnnere. Hier— aus erſieht man, wie aͤngſtlich genau man bei Anwendung des thermoelectriſchen Apparats verfahren muß, zumal wenn es ſich um Ermittelung ſehr geringer Waͤrmeunterſchiede handelt. In ſol— chen Fällen habe ich die Nadeln mit mittelftändiger Loͤthſtelle, bei denen man den Koͤrper, um die Loͤthſtelle in deſſen Inneres zu bringen, von einer Seite zur andern durchſtechen muß, nicht be— nutzen koͤnnen. Begreiflicherweiſe hat hier die Länge des bedeckten Tyeils der Nadel auf die Intenſitaͤt des darin entwickelten electri— ſchen Stromes Einfluß, woraus bei der Schaͤtzung des Waͤrme— grades des einen Koͤrpers, im Vergleiche mit dem des andern, der faft nie die Nadel ganz ebenſo bedeckt, Fehler entſpringen. Die Nadeln mit endſtaͤndiger Loͤthſtelle bieten den eben bemerklich ge— machten ſehr bedeutenden Uebelſtand nicht dar, indem ſich die Loͤth— ſtellen beider Nadeln ohne Schwierigkeit gleich tief in die beiden Koͤrper einſenken laſſen, deren Temperaturen man vergleichen will, und es findet hier die Urſache der faſt unvermeidlichen Taͤuſchung nicht ſtatt, welche aus der ungleichen Bedeckung der beiden Nadeln mit mittelſtaͤndiger Loͤthſtelle entſpringt. Die beiden Nadeln mit endſtaͤndiger Loͤthſtelle muſſen ubrigens ganz gleich ſtark und ihre Lothung durchaus dieſelbe ſeyn; ſonſt würden auch fie ungleiche und folglich unzuverlaͤſſige thermoelectriſthe Wirkungen hervorbrin— gen. Die Nadeln muͤſſen alſo vor ihrer Anwendung genau ge— pruͤft werden. Zu dieſem Ende tauchte ich die beiden Spitzen oder Loͤthſtellen dicht nebeneinander gleich tief in ein Gefäß, welches Oel enthielt, das ein wenig uͤber die Temperatur der Luft erwaͤrmt worden. Wenn nun die beiden eingetauchten und gleichtemperirten Theile der Nadeln genau gleich groß waren, ſo blieb die Magnet— nadel des Multiplicators auf dem Nullpuncte oder Gleichgewichts— puncte; andernfalls wich ſie nach der einen oder andern Seite ab, und dieſe Abweichung bewies mir, daß meine Nadeln nicht richtig calibrirt ſeyen und daß ich fie nicht mit Vertrauen anwenden koͤnne. Ich mußte alſo unter meinen Nadelpaaren eine Auswahl treffen und durfte nur die vollkommen untadelhaft befundenen bei meinen Verſuchen gebrauchen. Bei dieſer Pruͤfung ging mir Herr Pel— tier mit Rath und That an die Hand, der der wiſſenſchaftlichen Welt durch feine gelehrten Unterſuchungen über die Electricitaͤt ger nugſam bekannt iſt. Ich glaubte, mit den von mir angewandten Nadeln mit end— ſtäͤndiger Loͤthſtelle eine eigenthuͤmliche Abänderung vornehmen zu muͤſſen. Gewoͤhnlich wendet man zwei abgeſonderte Nadeln an, deren Eiſenenden man in dem Augenblicke, wo man das Experi— ment anſtellen will, durch einen Eiſendraht miteinander verbindet, Mir ſchien die Anwendung eines Eifendrahtes aus einem Stücke für beide Nadeln vortheilhafter, und dieſe hängen daher, wie man in Figur 3. ſieht, feſt zuſammen. An den ſtumpfen Spitzen, a, b, der beiden Nadeln befinden ſich die Loͤthſtellen, welche die beiden Enden des ununterbrochenen Eiſendrahtes, a, c, d, e, 5, mit den Enden der beiden Kupferdraͤhte, ö, i, f, m, und a, o, g, n ver: binden Die Theile o, a, o und e, 5, 1 der beiden Nadeln mit endſtaͤndiger Loͤthſtelle ſind dazu beſtimmt, in die Körper einge: ſenkt zu werden, deren Temperatur man vergleichen will. Auf dieſe Weiſe beſtehen dieſe beiden Theile je aus einer Portion des Eiſendrahtes und der Kupferdraͤhte, und dieſe beiden Arten von Draht ſind an dieſer Stelle ganz nahe aneinander und nur durch die Lackſchicht getrennt, mit der ſie uͤberzogen ſind, um ſie vor dem Oxydiren, ſo wie vor der Einwirkung der chemiſchen Agentien zu ſchuͤtzen, die in den Körpern, in welche man ſie einſenkt, ent: 84 halten ſeyn dürften. Die beiden andern Enden m, n der beiden Kupferdrahte werden mit dem Drahte in Verbindung gebracht, welcher die Windungen des Multiplicatoıs bildet. Vermoͤge dieſer Einrichtung vermeide ich mehrere Uebelſtaͤnde, welche aus der Con— tinuitatstrennung entſpringen, die gewoͤhnlich bei d in dem Eiſen⸗ theile des Kreiſes vorhanden iſt, unter andern den, daß die in Rede ſtehende Continuitätstrennung die Anwendung eines Eiſen— drahtbogens zwiſchen den beiden Nadeln erheiſcht, der die beiden getrennten Portionen dieſes Theils des Kreiſes durch bloße Beruͤh— rung miteinander vereinigt. Nun koͤnnen aber die Beruͤhrungsſtel— len dieſes Eiſendrahtbogens mit den Eiſenenden der beiden Nadeln, ebenſowohl wie Loͤthſtellen, thermoelectriſche Wirkungen hervorbrin— gen, wenn der den Kreis ſchließende Eiſendraht in Anſehung ſeiner phyſica iſchen Eigenſchaften oder chemiſchen Zufammenfigung nicht genau von derſelben Beſchaffenheit ift, wie die beiden Eiſenportio— nen der Nadeln; und doch bietet bekanntlich das Eiſen in Betreff feiner phyſicaliſchen und chemiſchen Eigenſchaften ſehr bedeutende Verſchiedenheiten dar, ſo daß man mehrentheils, ohne es zu wiſ— ſen, in dem fraglichen Falle heterogene Metalle miteinander in Berührung bringt und dadurch thermoclectriſche Erſcheinungen ver— anlaßt, die leicht zu Fehlern im Beobachten führen koͤnnen. Durch die von mir getroffene Einrichtung beuge ich dieſem, ſo wie einem andern noch erheblichern Uebelſtande vor, von dem weiter unten die Rede ſeyn wird. Bei allen meinen Verſuchen waren die Kupferdraͤhte a, o, gn und 6, m, welche mit den Enden m und n mit dem Multiplis cator in Verbindung ftanden, gleich lang. Bekanntlich ändert ſich die Abweichung der Magnetnadel mit der Laͤnge der Metalldraͤhte, welche den Kreis bilden. Unter beftändiger Beibehaltung derſelben Drathlänge des Kreiſes ſtellte ich die vorläufigen Verſuche an, mit— tels deren ich in Erfahrung zu bringen wuͤnſchte, wie ſich die Zahl der Grade, um welche die Magnetnadel des Multiplicators abwich, zu der Zahl der Thermometergrade verhielte, welche den Tempera— turunterſchied der beiden Loͤthſtellen meiner Nadeln anzeigte. Auch hier leiſtete mir Herr Peltier die erſprießlichſten Dienſte. Wir haben zuſammen ermittelt, daß bei Anwendung der oben beſchrie— benen Nadeln und eines trefflichen, von Herren Gourjon gefer— tigten, Multiplicators jeder Grad des hundertgraͤdigen Thermome— ters, um welchen die Temperatur der einen Loͤthſtelle von der der ande— ren abwich, durch eine Abweichung der Magnetnadel von 16 Gra— den angezeigt wurde. Dieſe Abweichung der Nadel um einen Grad der Kreisſcale für jeden Sechszehntel-Grad des hundertgrädigen Thermometers fand bis zu 27 Grad incl. der Kreisſcale ftatt. Ueber dieſen Grad hinaus verhielt ſich die Abweichung der Magnet— nadel zu denſelben Temperaturunterſchieden anders. Dieſes neue Verhaͤltniß wurde durch directe Verſuche ermittelt und eine Tabelle daruͤber angefertigt. Ehe ich meine Verſuche begann, prüfte ich von Neuem die Richtigkeit der eben erwähnten Tabelle über das Verhaͤltniß der Abweichungen, indem ich die Loͤthſtelle einer der Nadeln fuͤnf Mil— limeter tief in gewaͤrmtes Oel eintauchte, welches ſich ganz allmäs lig abkuͤhlte während die Loͤthſtelle der anderen Nadel ſich eben fo tief in Oel von der Temperatur der atmoſphaͤriſchen Luft befand, welche Temperatur ſich während der ganzen Dauer des Verſuches nicht aͤnderte. Erſt nach dieſen wiederholten, zur genauen Kennt— niß der Leiſtungen meines Apparates noͤthigen, Proben veranſtaltete ich die von mir beabſichtigten Unterſuchungen. Uebrigens wurden die Leiſtungen des Apparates waͤhrend der ſechs Monate, in denen ich experimentirte, jedoch nur in Betreff der, 30 Grad der Kreisſcale nicht uͤberſteigenden Abweichungen, noch oͤfters gepruͤft und ſich ſtets gleichbleibend gefunden. Dieß darf nicht befremden, da die electriſchen Einwirkungen auf meinen Multiplicator außerordentlich ſchwach waren, indem die Temperaturunterſchiede nicht leicht einen halben Grad des hundertgraͤdigen Thermometers uͤberſtiegen. Ue— berdem hatte ich von dem Multiplicator alle eiſernen Gegenſtände entfernt, welche auf deſſen Magnetnadel haͤtten einwirken koͤnnen. Der Tiſch, auf welchem er ſtand, wurde nie von der Stelle ge— ruͤckt und enthielt durchaus kein Eiſen. Selbſt von dem benach— barten Fenſter hatte ich den eiſernen Beſchlag entfernen laſſen und bei'm Experimentiren trug ich weder eiſerne Inſtrumente, noch ſelbſt 85 meine Uhr bei mir. Die voͤthſtellen meiner Nadeln wurden ſtets, wie bei den vorläufigen Verſuchen, genau 5 Millimeter tief in die Koͤr— per eingeſenkt, deren Temperatur ich zu vergleichen wünſchte. Ich erwaͤhne dieſer Einzelnbeiten lediglich, um zu beweiſen, mit welcher aͤngſtlichen Genauigkeit ich alle Urſachen etwaiger Beobachtungsfehler zu entfernen ſuchte. Um die Bruchtheite der rade der Abweichung der Magnetnadel deutlich zu erkennen, war ein Vergroͤßerungsglas daruber feſtgeſchraubt, ſo daß Drittel- und Viertelgrade der Kreis— ſcale ohne alle Schwierigkeit beobachtet werden konnten. um zu vermeiden, daß die Bewegung der Magnetnadel des Multiplicators durch irgend eine rigelwitrige Urſache auftört wer— de, hat man endlich noch eine Vorſichtsmaaßregel anzuwenden, de: ren Nothwendigkejt ich aus eigener Erfahrung kennen lernte. Die doppelte Magnetnadel haͤngt an einem Seidencoconfaden und be— wegt ſich deßhalb ungemein leicht. Nun bemerkte ich, daß die von meinem Koͤrper ausgehende Wärme, wenn ich mich dem Muttipli— cater näberte, ſchon eine geringe Schwingung der Nadel veran— laßte. Die cylindriſche Glasglacke, in deren Innerem die Magnet— nadel hängt, wurde auf der einen Seite durch meine Annäherung erwaͤrmt; dieſe Waͤrme theilte ſich der innern Luft mit, und letztere ſetzte ſich natuͤrlich in eine Bewegung, welche eine Schwingung der Mognetnadel zur Folge hatte. Es gehoͤrte einige Zeit dazu bevor ich die Urſache dieſer meine Beobachtungen ſtoͤrenden Schwingungen ermittelte, und es gelang mir, dieſelben zu beſeitigen, indem ich vor dem Multiplicator einen Schirm anbrachte, der die von meinem Korper ausſtroͤmende Waͤrme von jenem abhielt. Die Abweichung der Magnetnadel beobachtete ich in der kuͤrzeſtmoͤalichen Zeit, indem ich von Oben nach Unten durch das erwähnte Vergroͤßerungsglas blickte. Da der thermeelectriſche Apparat nur den Unterſchied der Tem— peratur der beiden Loͤthſtellen anzeigt, ſo muß man den Waͤrmegrad der einen genau kennen, um den der andern beurtheilen zu können, Hat man hohe Temperaturen, z. B., die des Menſchen und der Saugethiere, zu ermitteln, ſo verſetzt man eine der Loͤthſtellen in einen Apparat, der eine gewiſſe Zeitlang dieſelbe Temperatur bei— behält und der unter dem Namen Sorelſcher Apparat ber kannt iſt. Dieſer kann aber weder bei Verſuchen von langer Dauer, noch dann angewandt werden, wenn die zu meſſende Temperatur von der der umgebenden Luft ſehr wenig abweicht. Zu meinen Verſuchen uͤber die Eigenwaͤrme der Pflanzen paßte er alſo nicht; denn dieſe Waͤrme iſt ſo unbedeutend, daß deren Vorhandenſeyn noch bezweifelt werden konnte. Ich zog über dieſen Punct mei- nen gelehrten Collegen Herren Becquerel zu Rathe und dieſer theilte mir mit, er habe in Gemeinſchaft mit Herren von Mirbel einige damals noch nicht oͤffentlich bekannte und weiter unten zu erwähnende Verſuche gemacht, um die eigenthuͤmliche Wärme der Baͤume im Stamme und in den Aeſten in Erfahrung zu bringen. Zugleich theilte er mir feine Methode mit der edeln Selbftverläugs nung mit, die den achten Befoͤrderer wiſſenſchaftlichen Fortſchrei⸗ tens bezeichnet. Herr Becquerel brachte eine der Loͤthſtellen des thermoelectriſchen Kreiſes in einen Aſt eines kraͤftig vegetirenden Baumes und die andere in einen aͤhnlichen von demſelben Baume abgehauenen und fuͤr todt geltenden Aſt. Dieſes Verfahren war inſofern hoͤchſt rationell, als die beiden gleich dicken Aeſte, weil fie von einerlei Subſtanz waren, von der Temperatur der Atmoſphaͤre und deren Wechſeln gleich ſtark betheiligt werden mußten, ſo daß, wenn der lebende Aſt bei'm Experimentiren eine andere Temperatur of— fenbarte, als der todte, ſich daraus ergab, daß in dem erſteren eine Urſache der Wärme thätig fen, welche in dem letzteren nicht wirkte. Von dem ſogenannten todten Aſte nahm er an, er beſitze die, durch das Thermometer angezeigte Temperatur der umgebenden Luft. Auf ahnliche Weiſe hatten ſchon Hunter und Schu b— ler experimentirt, indem fie bei ihren Unterſuchungen über die Temperatur der Bäume ein Thermometer in den Stamm eines bes getſrenden und ein anderes in den gleich dicken Stamm eines bes nachbarten abgeſtorbenen Baumes brachten, um auf dieſe Weiſe zu ermitteln, ob ſich am lebenden Baume, der ruͤckſichtlich der Annah— me und Fortpflanzung der Lufttemperatur ſich unter denſelben Ums 1 befand, wie der todte, eine höhere Temperatur beobach— en laſſe. 86 Ich werde weiter unten anfuͤhren, was ſich gegen dieſe Me— thode erinnern läßt, die allerdings auf richtigen Grundlagen beruht, aber eine wichtige Abänderung erleiden muß, wenn fie zu zuver⸗ laͤſſigen Reſultaten führen ſoll. Erſtes Capit el. Unterſuchungen über die Eigenwaͤrme der Pflanzen. §. 1. Von der Eigenwaͤrme der Pflanzenſtaͤngel. Die Phyſiker haben ſehr zahlreiche Verſuche angeſtellt, um zu ermitteln, ob die Bäume in ihrem Stamme und ihren Aeſten eine die Temperatur der atmofpbärifchen Luft überfteigende eigenthümti⸗ che Warme beſigen. Zu dieſem Zwecke bohrten fie durchgebends Locher in die Stämme oder Aeſte und führten in dieſelben Ther— mometer ein. Die aͤlteſten Verſuche dieſer Art ruhren von Z. Hunter her *) und wurden an mehreren Baumarten nur im Frühjahr, Herbſt und Winter, allo bei ziemlich niedriger Luft⸗ temperatur, angeſtellt. Hunter fand in foft allen Fallen in den Baumſtaͤmmen eine Temperatur, welche um 1 bis 2 Grad hoher war, als die der umgebenden Luft. Zuweilen fand jedoch auch der umgekehrte Fall ftart. Mehrere Jahre ſpäter machte Schöpf **) in America ähnliche Beobachtungen. Aus dieſen Unterſuchungen ſa ien ſich zu ergeben, daß die Bäume in ihrem Stamme eine cigen— thuͤmliche Wärme beſitzen. Dieſer Satz wurde jedoch von Nau * bekaͤmpft und für irrig erklärt; denn dieſer Beobachter hatte die Verſuche Hunter's wiederholt und war dabei zu entgegengeſetzten Schluͤſſen gelangt. Mehrere Beobachter deren ich hier nicht be⸗ ſonders gedenken darf, haben ſpaͤter dieſelbe Forſchung wieder auf— genommen, ohne den Gegenſtand irgend weiter aufzuklären. Im Jahre 1827 machte jedoch Schuͤbler +) Unterſuchungen bekannt, welche mit weit mehr Methode angeſtellt waren, als die ſeiner Vor— gaͤnger. Derſelbe verſenkte in den Stamm mehrerer Arten von Bäumen aus dem Geſchlechte Pinus, fo mie ſoſcher mit abfallen: dem Laube, Thermometer, deren Kugel bis in die Mitte des Stam— mes eindrang. Derſelbe Verſuch wurde vergleichungsweiſe an ab: geſtorbenen Baumſtaͤmmen angeſtellt. Die Thermometer wurden ſaͤmmtlich an der Nordſeite eingeführt. Schübler gelangte durch die Verſuche zu folgenden allgemeinen Schluſſen: je länger die Temperatur der Luft ſich gleichbleibt, deſto weniger Einfluß hat ſie auf die Temperatur des Baumes. Die letztere iſt gemeiniglich des Morgens hoͤher und des Abends niedriger, als die der Luft, und dieſe Unterſchiede find um fo bedeutender, je ſtaͤrker der Durch: meſſer des Baumes iſt und je tiefer das Thermometer eingeführt wird. Auch zeigen ſich die Unterſchiede um fo größer, je plötzlicher und ſtaͤrker die Temperatur der Luft ſich aͤndert. Hieraus geht offenbar hervor, daß der Baumſtamm, als ein ſchlechter Waͤrmelei⸗ ter, die ihm durch die umgebende Luft mitgetheite Temperatur in feinem Inneren mehr oder weniger lang feftbält, daß er alfo, je nachdem die Luft kaͤlter oder wärmer geworden, wärmer oder käl⸗ ter als dieſe iſt. Aus den Schub ler'ſchen Verſuchen laßt ſich alſo durchaus nicht auf das Vorhandenſeyn einer eigenthümlichen Wärs me in den Baumſtaͤmmen ſchließen. Bei dieſen, wenngleich von den ausgezeichnetſten Gelehrten angeſtellten Verſuchen lief, ohne daß fie es bemerkten ein Fehler mit unter. In dem Stamme, in den Aeſten der Bäume bewegt ſich ununterbrochen der aufſteigende Saft, welcher den aus den Blaͤttern verdunſtenden Saft erſezt. Indem dieſer Saft nun aus den Wurzeln in den Stamm ſtreicht, bringt er die Temperatur des Erdbodens mit dorthin. Man hat es hier gleichſam mit einer auf— *) Philos. Trans. Vol. 65. 1775. Journ. de physique de Ro- zier, T. 17. 1787. „) Ueber die Temperatur der Pflanzen; im 28ſten Hefte des Naturforſchers. Halle 1788. %) Annalen der Wetterauiſchen Geſellſchaft. Bd. I. + Beobachtungen über die Temperatur der Pflanzen. Inaugu⸗ uraldiſſertation; Halle 1826; und Poggendorf's Annalen, Bd. 10. 1827. 6 87 ſteigenden Waſſerquelle zu thun, deren Temperatur ſich um ſo be⸗ merklicher macht, je tiefer am Stamme des Baumes man fie beob⸗ achtet; weßhalb man auch in dem Stamme deſſelben Baumes bei verſchiedenen Hoͤhen vom Erdboden gleichzeitig eine verſchiedene Temperatur findet. Wie will man nun bei den uber die Waͤrme der Baumſtamme angeſtellten Beobachtungen unterscheiden, was auf Rechnung der Temperatur des aus der Tiefe des Bodens aufiteis genden Saftes zu ſetzen iſt? Da man dieſes Element ganz unbe⸗ achtet gelaſſen hat und daſſelbe auch, in der That, gar nicht meßbar iſt, ſo werden dadurch die aus den oben erwahnten Verſuchen uber die Temperatur der Baumſtamme abgeleiteten Refultate noch un⸗ zuverlaͤſſiger, als fie es ohnehin ſchon waren. Laͤßt ſich, in der That, der Gang eines in den Stamm eines lebenden Baumes eins geſenkten Toermometers fuͤglich mit dem Gange eines ſolchen ver— gleichen, welches von einem todten Baum tam ne umhullt iſt, wie Hunter und Schübler es gethan? Gewiß nicht; der lebende Baum iſt mit Fluſſigkeiten getraͤnkt, der todte ausgetrocknet und feine Zellen und Gefäße ſind mit Luft gefüllt Der letztere iſt ver⸗ haͤltnißmaßig für die Wärme weit weniger durchgaͤngtich und nimmt folglich die Temperatur der umgebenden Luft langſamer an. Dem⸗ nach werden die in die beiderſeitigen Baume geſenkten Thermometer Zemperaturunterfihiede anzeigen, welche daher ruhren, daß der eine Stamm die Waͤrme beſſer durchlaͤßt, als der andere, und auch die⸗ fer Grund von Beobachtungsfehlern iſt unvermeidlich. Durch Blob⸗ achtungen dieſer Act laßt ſich alſo dumermehr ermitteln, ob die Bäume eine eigenthümliche Wärme beſitzen; einiges Licht wird je⸗ doch uͤber dieſen dunkeln Punct der Pflanzenphyſtologie verbreitet werden, wenn man die mittlern Reſultate einer großen Anzahl von Experimenten ſucht. Dieß hat Schuͤbler gethan, und hierin bes ſteht der eigentlich wiſſenſchaftliche Theil feiner Arbeit. Er hat in jedem Monate und zu jeder Jahreszeit die mittlere Lufttemperatur mit der mittleren Temperatur eines Baumſtammes verglichen. Dieſe eine große Anzahl von Beobachtungen enthaltenden Regiſter, wo die aus entgegengeſetzten Urſachen entſpringenden Fehler einan⸗ der nothwendig aufheben mußten, konnten, ruͤckſichtlich des Vorhan⸗ denſeyns oder Nichtvorhandenſeyns einer ſelbſtſtandigen Warme in den Baumſtaͤmmen, nicht anders als zu einem zuverlaͤſſigen Reſul⸗ tate fuͤhren, und zwar beſteht es darin, daß die mittlere Tempera⸗ tur der Baumſtaͤmme im Winter, Frühling und Sommer niedriger iſt, als die mittlere Temperatur der Luft, im Herbſte aber der letz— teren gleichſteht, und daß jene geringere mittlere Temperatur, wel⸗ che im Sommer ihr Maximum erreicht, 0,74 Grad R. nicht übers ſteigt. Das Mittel diefer niedrigeren Temperatur beträgt Jahr aus Jahr ein 0,22 Grad. So ſteht denn feſt, daß in den Baumſtaͤm⸗ men eine Urſache der Abkuhlung thätig iſt, welche darauf hinwirkt, die Temperatur der Stamme unter diejenige der umgebenden Luft hinabzudruͤcken. Dieß darf uns nicht befremden, da der Baum mit Fluſſigkeiten angefuͤllt iſt, deren unausgeſetzte Verdunſtung ihm Wärme entziehen muß. Dieſem umſtande iſt es ohne Zweifel zus zuſchreiben, daß die mittlere Temperatur der Baumſtaͤmme niedri⸗ ger iſt, als die der Atmofphäre. Hätten die Forſcher die hier in Ride ſtehenden phyſiologiſchen Bedingungen gruͤndlich erwogen, ſo wuͤrden ſie wohl nicht auf den Gedanken verfallen ſeyn, in den Baumſtaͤmmen den Sitz einer ei⸗ genthuͤmlichen Lebenswaͤrme zu ſuchen. Denn wenn man eine ſolche bei den Pflanzen überhaupt vermuthet, fo wird ſie ſich doch am wenigſten in den holzigen und verhaͤrteten Theilen vorfinden. Denn gehen dort etwa die phyſiſch⸗ und chemiſch zorganiſchen Erſcheinun⸗ gen vor ſich, unter deren Einfluß ſich Wärme entbinden koͤnnte? Sicherlich nicht; das vegetabiliſche Leben iſt in dem holzigen Ge: webe, aus dem der Stamm und die Aeſte der Baͤume beſtehen, faſt ganz erſtorben; in ſeiner vollen Thaͤtigkeit aͤußert ſich daſſelbe nur in den weichen Theilen, in'sbeſondere den in der Entwickelung begrif— fenen, alſo, z. B., in den jungen Trieben. Wie kann man ſich aber davon überzeugen, ob dieſe jungen Triebe eine eigenthuͤmliche Lebenswaͤrme beſitzen oder nicht. Ein gelehrter deutſcher Phyſiolog, Herr Goͤppert, unternahm dieſe ſchwierige Unterſuchung. Er hat im Jahre 1830 ein eigenes Werk über die eigenthuͤmliche Wärz me der Pflanzen geſchrieben, in welchem jedoch mehr der damalige Stand der Wiſſenſchaft in Betreff dieſer Materie dargelegt, als 88 die Graͤnze der Wiſſenſchaft ſelbſt erweitert wurde ). Zwei Jahre fpäter theilte Herr Goͤppert, bei Gelegenheit der Verſamumung der deutſchen Naturforſcher und Aerzte in Wien, die Reſultate der neuen Verſuche mit, welche er angeſtellt hatte, um die ſich bei dem Keimen entwickelnde, ſo wie die den jungen, noch mit Blattern be— ſetzten Trieben eigenthumliche Warme zu beſtimmen ). Ich will hier kurz anführen, wie Herr Goppert bei feinen Verſuchen ver⸗ fuhr, und welche Reſultate er aus denſelben ableiten zu durfen glaubte. Bekanntlich läßt man die zur Bierbereitung beſtimmte Gerſte in Schichten von gewiſſer Staͤrte keimen. Aus langer Erfahrung it nun zur Genüge bekannt, daß ſich während dieſes Keimproceſ⸗ ſes eine ziemlich betrachtliche Wärme entwickelt. Herr Goͤppert war der Anſicht, daß dieſe Warme, wenigſtens in der erſten Pe— riode ihrer Entwickelung, durch die Lebensthätigkeit des Keimens erzeugt werde und ſtellte demnach eine Reihe von Verſuchen an, wo er mehrere Arten von Saͤmereien, in Haufen aufgeſchuttet, kei— men ließ. Dabei fand er nun, daß die Suamın, welche viel Stickſtoff enthalten, z. B. die arabiſchen und Pferdebohnen, ſchnell in Faulniß uvergingen, ohne zu keimen, während ſie eine Warme entwickelten, welche die Temperatur der Atmoſphaͤre um 267 R. uberjtieg. Getraidekoͤrner, z. B., Waizen, Hafer, Mais, gingen, wenngleich ſie ebenfalls viel Stickſtoff enthalten, bei Dielen Verſu— chen nicht in Faulniß uber, ſondern keimten gut, fo daß Hr. Goͤp⸗ pert ſich zu dem Schluſſe berechtigt glaubte, die in Lieſem Falle entwickelte Warme ſey eine bloß durch die organiſche Thatisteit des Keimens erzeugte Levenswaͤrme. So erhob ſich die Warme eines im Keimen begriffenen Waizen- und Hafer-Haufens binnen drei— zehn Zugen von 1 bis 15° R. Uber die Temperatur der umgeben den Luft. Mit Mais, Erbſen, Lein, Tritoljum repens, Spergu- la arvensis, Brassica Napus und Kümmel ſtellte er ahnliche Ver— ſuche an. Alsdann unterſuchte er das Keimen der Knollen und Zwiebeln. Bei den zu keimen anfangenden Kartoffeln konnte er durchaus keine Lebenswärme entdecken; wenn er aber aus ganz kleinen Kartoffeln, aus den achſelſtaͤndigen Zwiebelchen von Lalium tigrinum oder kleinen Knoblauchszwiebeln Haͤufchen bildete und denſelben einen zur Hervorrufung des Keimens hinreichenden Grad von Feuchtigkeit ertheilte, fo fand er jedes Mal, daß ſich eine die Temperatur der umgebenden Luft überjteigende Warme entwickecke. Nachdem Herr Goͤpepert dieſe Neſultate erlangt hatte, vers ſuchte er, ob er in zuſammengeſchnürten Bündeln von blätterrei— chen, Erautartigen Stängeln verſchiedener Pflanzen, in welche er einen Thermometer einfuͤhrte, ähnliche Erſcheinungen hervorrufen konne. Haferhalme mit 3 Zoll langen Blättern wurden mit der Wurzel ausgerauft und daraus ein Bündel von 14 Unzen Gewicht gebildet. Ein mitten hineingebrachtes Thermometer offenbarte dar- in eine Waͤrme, welche ſich binnen zwei Tagen bis 3 Grad R. über die Temperatur der umgebenden Luft erhob. Hr. Goͤppert uͤberzeugte ſich nach dem Verſuche davon, daß dieſe Pflanzen nicht aufgehört hatten, zu leben; denn als fie wieder gepflanzt worden, bewurzelten fie ſich und wuchſen weiter. Daraus glaubte er ſchlie⸗ ßen zu dürfen, daß die von ihm beobachtete Wärme nicht von einer chemiſchen Thaͤtigkeit oder Gaͤhrung herruͤhre, weil durch eine ſol— che das Leben und die Organifation der Pflanzen zerſtoͤrt worden wäre; fie mußte alfo von der Lebensthaͤtigkeit der Pflanzen her— rühren. Herr Goͤppert ſtellte aͤhnliche Verſuche mit den kraut— artigen Staͤngeln von Zea Mais, Cyperus esculentus, Hyoscya- mus niger, Sedum acre, Eupatorium cannabinum, Solidago ar- guta, Spergula avensis und Pisum sativum an und erlangte ziemlich dieſelben Refultate. Die noch mit Nadeln befegten Zweige von Pinus abies boten ihm, wenn fie zu einem dichten uud hinreichend großen Bündel vereinigt waren, dieſelbe Erſcheinung einer 4 bis 2 Gr. N. über die Temperatur der umgebenden Luft geſteigerten Waͤrme dar. Endlich beobachtete er auch in Haufen von reifen „) Ueber die Entwickelung der Wärme in den Pflanzen. lau, 1830. *) ueber die Entwickelung der Wärme in den lebenden Pflan— zen. Wien, 1832. Bres⸗ 89 Früchten von Mespilus Cotoneaster und Phaseolus vulgaris bie Erzeugung von Wärme, (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Phosphorescenz einiger rückgratloſen Thiere zur Zeit ihrer Befruchtung. Aus Gelegenheit einer an die Darifer Academie der Wiſſenſchaften gelangten Mittheilung des Hrn. Foreſtier über eine bei den Regenwürmern beobachtete Phosphorescenz bemerkte Hr. Dumeril, daß die Thatſache nicht neu ſey und nur für eine Zeit des Jahres gelte, und führte zwei Franzoͤſiſche Schriftſteller an, welche von der Phosphorescenz der Regenwuͤrmer im Herbſte geſprechen haben, nämlich Flauger— gurs, welcher ſechs Jahre hintereinander, 1771 — 1776, immer im October, der Fortpflanzungszeit dieſer Thiere, das Phosphoresciren brobachtete und der berühmte Bruguiere, welcher die Erſchei— nung im September bemerkt hat. — Auch Hr. Audouin hatte Gelegenheit, das Leuchten zu bemerken, aber geglaubt, daß es von den in der Nachbarſchaft befindlichen Scolopendern herrühre, bis er durch die Hrn. Moquin-Tandon überzeugt wurde, daß er zu exctuſiv geweſen ſey. Die letztgenannten Naturforſcher ba’ ben namlich vor drei Jahren, am Abend eines ſehr warmen Tages, die Thatſache bei vielen Individuen einer Art Lumbricus beobach— tet. Wenn man einen dieſer Würmer mit dem Fuße zertrat, breitete die Phosphorescenz ſich auf dem Boden aus. Jeder dieſer Regenwuͤrmer zeigte ein ſehr entwickeltes elitellum; Beweis, daß die beobachteten Individuen ausgewachſen und im Begriffe waren, ſich zu begatten. Hr. Moquin-Tandon, welcher mehrere lebend aufbewahrte, ſah, daß ihre leuchtende Eigenſchaft in der 90 Subſtanz des Geſchlechtswulſtes oder elitellum ihren Sitz hatte und daß dieſe Eigenſchaft unmittelbar nach der Begattung aufs hörte. Dieſe Veranderung tritt übrigens nicht allein bei den Res genwuͤrmern ein, ſondern auch bei andern rudgratiofen Thieren, wo ſich die Phosphorescenz in Verbindung mit den Kortpflans zungsorganen zeigt. So ſah Hr. Lallemand zu Montpellier, welcher eines Abends ein Jopanniswurmweibchen gefangen hatte (Lampyris noctiluca) , gleich darauf, wie ein Maͤnnchen ſich auf das Weibchen niederließ, um es zu befruchten; und ſo wie die Begattung vorbei war, loͤſchte das Leuchten des Welbchens aus. Mehrere namhafte Gelehrte, die Herren Duges, Dubreuil, Balard, Moquin⸗Tandon und Berard waren Zeuge dieſer merkwuͤrdigen Erſcheinung. Ueber die chemiſchen Wirkungen der Sonnen⸗ ſtrahlen theilte Herr Becquerel der Academie der Wiſſenſchaf⸗ ten, in Paris, am 2. November die Ergebnſſſe neuer Unterſuchun⸗ gen mit, von denen die wichtigſte die Unterſcheidung der ercitatos riſchen und continuatoriſchen Strahlen, in Bezug auf dieſe Wir⸗ kung, iſt. Die am meiſten gebrochenen Strahlen des Sonnenſpec⸗ trums, von dem blauen bis zum violetten und darüber hinaus, ſchwaͤrzen bekanntlich das Chlor-, Brom- und Jodſilberpapier, während die ubrigen keinen Einfluß aͤußern; Herr B. hat indeß jetzt gefunden, daß die letzteren im Stande find, eine bereits begon- nene chemiſche Einwirkung auf dieſe Papiere fortzuſe zen. Dieſe continuatoriſche Kraft der genannten Strahlen konnte Herr B. nun ſehr gut zur Ermittelung der chemiſchen Wirkung des Lichts des electriſchen Funken benutzen. Die Dauer des Funkens iſt zu kurz, um einen merklichen Eindruck auf dem Papiere zurück⸗ zulaffen: ſetzt man daſſelbe aber jenen Strahlen aus, fo ändern ſie wirklich die Farbe, etwas, das nur nach vorausgegangener Ein⸗ wirkung des electriſchen Lichts moͤglich wird, da ohne eine ſolche auch die obigen Strahlen nicht wirken. He N ' Acephalocyſtenbaͤlge in der Milz. Von Cruveilhier. Acephalocyſtengeſchwuͤlſte gehören zu denjenigen zufällis gen Bildungen, welche ſich in allen Geweben und in allen Organen entwickeln koͤnnen. Die theoretiſche Anſicht von Bichat, daß jedes Gewebe feine eigenthuͤmlichen Veraͤnde— rungen habe, wird durch die Acephalocyſten nicht beſtaͤtigt. Deßwegen, weil Dupuytren vollkommen überzeugt war, daß Acephaloecpſtenbaͤlge in allen Koͤrpertheilen vorkommen koͤnnen, war er im Stande, folgende Diagnoſe zu machen, die zu den merkwuͤrdigſten Faͤllen in der Diagnoſtik gehoͤrte. Eine Frau kam, um ihn wegen einer ſehr betraͤchtlichen Geſchwulſt an der linken Mandel zu befragen. Dupuy— tren ſagte, daß es eine Balggeſchwulſt, wahrſcheinlich mit Acephaloeyſten, fen, was ſich bei der Operation beſtaͤtigte; einige Zeit darauf hatte die Kranke Schmerzen in der Nie— rengegend, und Dupuytren diagnoſticirte nun eine Ent: wickelung von Acephalocyſten in den Nieren, was ſich bei der Section ſpaͤter vollkommen beſtaͤtigte. a Acephaloeyſtenbaͤlge in der Milz find ziemlich ſelten, wiewohl man bisweilen Baͤlge, die ſich in dem lig. gastro- splenieum entwickelt hatten, dafür ausgegeben hat. Folgende zwei Fälle geben Beiſpiele von dieſer merkwuͤrdigen organi— ſchen Production. } k un d e. Ueber den erſten Fall war es nicht moͤglich, genauere Nachweiſungen zu erhalten; in einer Leiche fand ſich, an der innern Fläche der Milz, eine Balggeſchwulſt, die ſich in der Dicke der Subſtanz der Milz eine Hoͤhle gebildet hatte. Die Waͤnde des Balges waren ſehr dick, fibroͤs und ſchienen aus mehreren uͤbereinanderliegenden Schichten zu beſtehen. Das eigenthuͤmliche Gewebe der Milz bedeckte nur die aͤußere Haͤlfte des Balges, indem es an der innern Seite entweder zuruͤckgeſchoben, oder in fibroͤſe Subſtanz um⸗ gewandelt war. Die Acephaloecyſten zeigten ſaͤmmtlich die Eigenthuͤmlichkeit, daß jede derſelben wiederum eine mehr oder minder beträchtliche Anzahl kleiner Acephalocyſten ent⸗ hielten. Uebrigens hatten dieſe einzelnen Geſchwuͤlſte, wahr⸗ ſcheinlich in Folge des verſchiedenartigen Druckes, den ſie auszuhalten hatten, ſehr verſchiedene Form. Es beweiſ't dieſe Unregelmaͤßigkeit der Form jedoch eben fo wenig den Mangel eines ſelbſtſtaͤndigen Lebens, als die große Negelmä: ßigkeit der Form in andern Fällen für eigenes Leben ſpricht. Man kann allerdings annehmen, daß die kleinern Acephalos cyſten innerhalb der Mutteracenhalocnfte das Product einer Art von Generation ſey, deren Mechanismus jedoch bei dem jetzigen Stande der Wiſſenſchaft noch ein unlösbares Näth- ſel iſt. 3 weiter Fall. Dieſer betrifft eine Milz, welche mir im Februar 1839 aus Dijon von Hertn Angeln zu⸗ 91 geſchickt worden iſt, indem er mir folgende Einzelnheiten da— ruͤber mittheilte. Ein grober, ſtarker Tageloͤhner, 46 Jahr alt, wurde im Januar 1839 ins Spital zu Dijon aufgenommen; er erzaͤhlte, daß er ſeit 18 Monaten an ei— ner febris tertiana leide, ſo, daß er nicht zum Genuſſe ſeiner vollen Geſundheit gekommen ſey. Das Fieber, wel— ches zuerſt zwei Monate anhielt, kehrte zu verſchiedenen Malen zuruͤck. Seit derſelben Zeit fuͤhlte er im obern Theile der Unterleibshoͤhle mehr eine Belaͤſtigung als einen Schmerz, welche aber doch ſeine Verdauung ſtoͤrte und ihn zu ſchwerer Arbeit und langem Gehen unfaͤhig machte. Oefters war er genoͤthigt, feine anſtrengenden Arbeiten aus-, zuſetzen; aber als ſtarker, muthiger Menſch ſuchte er uͤber ſeine Schmerzen Herr zu werden. Noch ſechs Wochen vor ſeiner Aufnahme in das Spital arbeitete er. Die Sym— ptome, welche im Spitale an ihm bis zu ſeinem Tode beob— achtet wurden, ſind folgende: abgemagertes Geſicht, blaſſer, ewas gelber Teint, Durſt, uͤbler Geſchmack im Munde, weiße Zunge, Spannung und matter Ton am obern Theile des Unterleibs, keine Empfindlichkeit der Bauchflaͤche, Stuhlgang ziemlich ſelten; ferner trockner Huſten, Op— preſſion, Seitenſtiche in der Gegend der linken Biuftwarze (ſeit 12 Tagen), matter Ton auf der ganzen linken Bruſt— bilfte und auf dem untern Theile der rechten Hälfte, auf der linken Seite Mangel des Reſpirationsgeraͤuſches, keine Aegophonie; auf der rechten Seite iſt das Reſpirationsge— raͤuſch normal, aber nach Unten hin dunkel und entfernt, der Puls ſehr beſchleunigt, die Haut heiß und trocken. Man diagnoſticirte eine mit organiſcher Leberkrankheit cemplicirte pleuritis. Die Behandlung war mild antiphlogiſtiſch und be— ſtand ſpaͤter in Abfuͤhrmitteln und aufloͤſenden und revulfis vn Arzeneien. Trotz aller Mittel nahm die Oppreſſion zu; die icteriſche Geſichtsfarbe wird ſtark; es ſtellt ſich haͤufiges Erbrechen ein; hierauf folgt Diarrhoͤe, Abmagerung, colli— quativer Schweiß, hectiſches Fieber, allgemeine Infiltration, und der Tod ohne ſtarken Schmerz bei ungeſtoͤrtem Be: wußtſeyn. Leichenoͤffnung Die Pleurahoͤhlen waren mit gelbem Serum gefuͤllt, Herz und Lungen geſund; die Leber, mit hypertrophiſchem linken Lappen, enthielt im rechten Lap— pen einen großen Sack, welcher mit ſehr gelber Fluͤſſiakeit gefüllt war, in welcher viele Acephalocyſten und dicke Pſeu— domembranen ſchwammen. Die Milz enthielt ebenfalls eis nen Balg von ſo eigenthuͤmlicher Art, daß dadurch die Mittheilung des Praͤparates an mich veranlaßt wurde. Darm— canal und Nieren waren normal, Meine eigene Unterſuchung der Leber und Milz ergab Folgendes: Die Stelle des rechten Leberlappens nahm ein großer Sack ein, welcher mit uͤbelriechendem Eiter gefuͤllt war, worin einige Acephalocyſten ſchwammen. Dieſer Sack war geoͤffnet; der linke Lappen war ſehr groß, was mir aber weniger von einer wahren Hypertrophie, als vielmehr von einem Beiſeiteſchieben der Subſtanz des rechten Lappens herzuruͤhren ſchien, ſo daß der linke Lappen gewiſſermaßen zugleich aus dem linken und rechten Lappen beſtand. Der 82 große Balg in dem rechten Lappen war mit gangraͤnoͤſen Gewebsreſten ausgekleidet, die eine orangegelbe Farbe hat: ten. An den Wänden hingen große Hautlappen an, welche ich zuerſt für Pſeudomembranen anſah, bald aber als Reſte des Arephalocyſtenbalges erkannte. Mehrere dieſer Fetzen zeigten hie und da knorpelige und kreideartige Platten oder Verdickungen. Die meiſten dieſer Fetzen hingen noch ziem— lich feſt an; mehrere aber waren ganz frei und orangegelb auf das Lebhafteſte gefaͤrbt. Am obern Theile dieſes großen Sackes zeigte ſich noch eine zweite Hoͤhle, die zwiſchen dem Z verchfelle und der converen Fläche der Leber ſaß und ſich in den Balg durch zwei große Oeffnungen muͤndete. Dieſe zweite Hoͤhle enthielt ebenfalls gangraͤnoͤſe Hautreſte; das Zwerchfell war auf dem Puncte, perforirt zu werden, und es fehlte wenig, daß der zweite Sack ſich in die Pleura— hoͤhle geoͤffnet haͤtte; uͤbrigens war in der ganzen Ausdeh— nung dieſes Sackes das Zwerchfell mit der convexen Leber— flaͤche innig verwachſen. Indem ich die Hoͤhle dieſes Sak— kes unterſuchte, erkannte ich nach Links zwei Oeffnungen, wovon die obere in einen Blindſack, die untere da— gegen direct in den rechten Zweig des ductus hepaticus und von da in den linken Zweig deſſelben führte. Die Gallenblaſe war durch den Balg nach Vorn gedraͤngt und ſtind mit demſelben nicht in Verbindung. Dieſer Zuſam— menhang des Balges mit den Gallenwegen erklaͤrt hinrei— chend die gangraͤnoͤſe Entzuͤndung des Acephalocyſtenbalges; ſie erklaͤrt uͤberdieß die orangegelbe Faͤrbung der gangraͤnoͤſen Hautlappen in dem Balge. Man begreift übrigens leicht, daß dieſelbe Communication die Entleerung der Fluͤſſigkeit aus dem Balge in die Hoͤhle des Zwoͤlffingerdarms geſtat— ten konnte, wobei möglicher Weiſe auch die Acephaloeyſten— haͤute entfernt werden konnten. Aber es iſt klar, daß, wenn die Acephalocyſten nur einige Groͤße gehabt hatten, dieſer Durchgang der Haͤute nicht ohne ſchwere Zufaͤlle und ohne, mindeſtens temporaͤre, Obliteration der Gallenwege ſtattfin— den konnte. Der Acephalocyſtenbalg in der Milz zeigt nun folgende Eigenthuͤmlichkeit: Der Balg ragt an der innern Fläche der Milz hervor, welche ihrerſeits ſich gewiſſermaßen uͤber die aͤußere Haͤlfte des Balges ausgebreitet hat, ſo daß letz— terer mit ſeiner inneren Haͤlfte ganz oberflaͤchlich liegt; ſeine Waͤnde ſind ſehr derb, lederartig, gleichſam elaſtiſch, unter dem Scalpell knirrſchend. Der Balg iſt mit leeren Acepha— locyſten und einer gypsartigen Breimaſſe gefuͤllt Bei'm er— ſten Blicke konnte es ſcheinen, als wenn eine große Anzahl von Acephalocyſtenbaͤlgen vorhanden waͤre; aber eine ges nauere Unterſuchung ergab, daß nur eine einzige dicke Mem— bran vorhanden war, die auf das Kuͤnſtlichſte zuſammenge— faltet und gerunzelt war. Die aͤußere Flaͤche hat ein gruͤn— liches Anſehen; die innere Flaͤche iſt ohne Faͤrbung; die Haut iſt von ſehr verſchiedener Dicke und laßt ſich in La— mellen theilen. Die gypsartige oder kaͤſefoͤrmige Maſſe, welche die Zwiſchenraͤume zwiſchen den Falten der Acephalo— cyſte ausfuͤllte, haͤngt an der aͤußeren Schicht der Balghaut, und dieſe aͤußerſte Schicht iſt ſehr fein, haͤngt aber feſt an. Außerdem uͤberzieht die breiartige Maſſe auch die innere 93 Flaͤche des Balges und ſcheint um fo dichter zu werden, je mehr man ſich den Winden des Balges nähert, In dieſen aus fibroͤſem Gewebe beſtehenden Winden finden ſich kalk— artige Ablagerungen. Ich habe hier einige Bemerkungen ſowohl uͤber den Acephalocyſtenbalg der Leber, als uͤber den der Milz zu mas chen. Der Kranke litt ſeit achtzehn Monaten an einer hartnaͤckigen tertiana, welche in Intervallen wiederkehrt, worauf man nach dem Tode Acephaloeyſtenbaͤlge der Leber und Milz findet. Der periodiſche Typus ſcheint daher ganz ſpeciell mit Affectionen der Milz und vielleicht auch mit de— nen der Leber verbunden zu ſeyn. Zur Zeit, als die ter— tiana eintrat, mußten wohl Leber und Milz bereits laͤngſt der Sitz jener eigenthuͤmlichen Balgproduction ſeyn, und es iſt wahrſcheinlich, daß erſt mit Beginn der Eliminations— beſtrebungen und entzuͤndlichen Reactionen in den Baͤlgen die Übrigen allgemeinen Zufaͤlle eingetreten find. Häufig allerdings kommt es vor, daß Acephalocyſtenbaͤlge der Leber oder anderer Organe ihre Gegenwart nur durch ihr Volumen und die davon herruͤhrenden mechaniſchen Stoͤrungen aͤußern, und daß andere Male di ſelben Productionen ſich nur durch eine mehr oder minder acute entzuͤndliche Reaction in dem Balge bemerklich machen. Dieſe Reaction, deren wahre Ur— ſache ſchwer zu beſtimmen iſt, wenn man ſie nicht etwa von der Ausdehnung ableiten will, kann eine Perforation herbei führen, welche heilſam wird, wenn die Acephalocyſten dadurch nach Außen entleert werden, toͤdtlich, wenn die Perforation in eine ſeroͤſe Höhle führt. Es kann auch noch eine Eite— rung folgen, gemiſcht mit kaͤſiger, gypsartiger Maſſe, in wel— cher die Acephalocyſtenpaͤute unkenntlich werden, fo daß es ſcheint, als habe man es mit einem Tuberkelabſceſſe oder mit einem Balge zu thun, der mit phosphorſaurem Kalke gefüllt ſeyp. Die Acephaloeyſtenhaͤute koͤnnen alsdann, mei— ner Ueberzeugung nach, vollkommen reſorbirt werden und verſchwinden, obwohl ich bisjetzt immer noch Spuren davon angetroffen habe, und obwohl ſie zu der Abſorption nicht ſehr disponirt ſcheinen. Aber auch in dieſem Falle wuͤrde die fibroͤſe Beſchaffenheit des Balges immer noch den Ur: ſprung der Krankheit verrathen. Bei dem uns vorliegenden Falle war der Acephalocyſtenbalg der Milz den Zufaͤllen ganz fremd, welche den Tod herbeigeführt haben. Die Veraͤnde— rungen, welche der Balg erlitten hatte, ſind im Gegentheile als eine Art von Spontanheilung zu betrachten. Aus der Größe der darin enthaltenen einzelnen Acephalocyſte kann man ſchließen, wie betraͤchtlich der Balg vor ſeiner Verklei— nerung ſeyn mußte. Die Acephalocyſtenhaut war von der chroniſchen Entzuͤndung nicht angegriffen, welche ſich in dem Sacke entwickelt und die Secretion der kaͤſigen oder tu— berkelaͤhnlichen Maſſe herbeigeführt hatte, welche den Balg zum Theil anfüllte, Die Zufaͤlle, welche dem Tode vorausgegangen ſind und ihn herbeigefuͤhrt haben, ruͤhren einzig von dem Ent— zuͤndungsproceſſe her, welcher den Acephalocpſtenbalg in der Leber ergriffen hatte und die Oeffnung des Sackes in einen Gallengang zur Folge hatte. Es iſt klar, daß auf das Eindringen der Galle in den Acephalocyſtenbalg nothwendig 94 eine ſehr acute Entsündung folgen mußte, welche ſich durch Gangraͤn endigte, und auch auf die benachbarten Theile ausbreitete, wodurch der zweite gangrändfe Abſceß entſtand, welcher hinter dem erſten zwiſchen' Zwerchfell und Leber lag und ſich ſpaͤter in die Pleurahöble geöffnet haben wuͤrde. Erinnert man ſich, wie viel Blutgefäße und wie viel Veraͤſtelungen der Gallengaͤnge an der äußern Flache der fibroͤſen Acephalocyſtenbaͤlge in der Leber anliegen müſ— fen, und beruͤckſichtigt man uͤberdieß, daß dieſe Canale zwar durch Adhaͤſion obliteriren, aber ebenſowohl auch ihre Per: meabilitaͤt behalten koͤnnen, ſo begreift man, daß ſich die Acephalocyſtenbaͤlge nicht allein in die Gallengaͤnge, fondern auch in die Venen oͤffnen koͤnnen und Zufaͤlle veranlaſſen, deren wahren Character waͤhrend des Lebens zu beſtimmen ſehr ſchwer, wo nicht ganz unmöglich iſt. Folgender ſehr merkwuͤrdiger Fall iſt der Société auatomique im Auguſt 1836 vorgelegt worden. Ein Stubenmaler wurde wegen eines ziemlich heftigen Unterleibsſchmerzes, beſonders in dem rechten Hypochondtium, in ein Spital aufgenommen; er hatte Fieber und ieterus ; dennoch glaubte der Arzt an eine Bleicolik und wendete die ſogenannte Charitémethode an. Nach fünf Tagen ſtarb der Kranke an peritonitis. Bei der Leichenoffnung fanden ſich alle anatomischen Charactere der heftigſten peritonitis; ein ſehr großer Hy— datidenſack fand ſich in der Nähe des vordern Randes der Leber; er enthielt eine einzige Hydatide; feine Winde wa— ren nicht krankhaft veraͤndert; an der linken Seite der Leber befand ſich ein Eiterheerd, welcher nebſt Eiter auch Reſte von Acephalocyſten enthielt. Mehrere Venen und mehrere Gallengaͤnge öffneten ſich klaffend in die Abſceßhoͤhle. Die Lebervenen waren mit Eiter gefüllt; der duetus choledo- chus war durch einen Lappen einer Acephalocyſtenmembran verſtopft, welche zuſammengerollt war und mehrere Zoll Laͤn— ge hatte. Stubenmaler, — Colik, — a ſo — Bleicolik und die Methode der Charité! aber die gelbe Faͤrbung der conjun- etiva, das Fieber, der Sitz der Colik, alles dieß mußte je de Idee von Bleicolik beſeitigen. Man huͤte ſich doch vor diagnoſtiſchen Schluͤſſen und therapeutiſchen Beſtimmungen, die ſich auf ein Ungefaͤhr beſchraͤnken. In vielen Fällen beſchraͤnkt ſich die Entzündung nicht auf den Balg; ſie ergreift auch das Zellgewebe und deſſen Umgebung, und dieſe wird mit Eiter infiltrirt. In einem Falle von Acephalocpſtenbalg der Leber bildete der Eiter eine dicke Schicht in der Umgebung des Balges; die Wände deſ— ſelben waren wie von Wuͤrmern durchfreſſen, fo daß die Höhle des Sackes mit dem umgebenden Abſteſſe communi: cirte; es koͤnnte ein Streit daruͤber entſtehen, ob die Ent— zuͤndung des umgebenden Zellgewebes oder die Entzuͤndung des Sackes ſelbſt vorausgegangen ſey. Die Acephalocyſtenbaͤlge der Leber find ſeht häufig die Urſache eines ascites, welcher, wenn man die Balggeſchwulſt uͤberſieht, als eine primäre Waſſerſucht betrachtet werden kann. In den Fällen, welche ich beobachtet habe, war dieſe 95 Waſſerſucht die Folge eines Entzuͤndungs- und Ausſchei— dungsproceſſes hinter der Geſchwulſt. Bei einem Falle von ascites, welchen Herr Bose der Société anatomique vortrug, fand ſich als Urſache der Waſſerſucht ein degenerir— ter Acephalocyſtenbalg der Leber. Dieſer Balg nahm die rechte Hälfte der Leber ein und ragte an der convexen Flaͤ— che derſelben hervor; er war in der Mitte ganz oberflaͤchlich und beruͤhrte das Zwerchfell, wurde uͤbrigens aber von einer nach Außen hin immer dicker werdenden Schicht von Leber— gewebe bedeckt. Die Gefuͤße unter dem Peritonaͤaluͤberzuge waren ſehr entwickelt; die Subſtanz der Leber war geſund, ihre Farbe etwas gelb; der Balg war mit einer Art von Fetzen von gruͤnlicher, gelber, orangegelber und dunkelbrauner Farbe gefüllt, worin auch noch die Reſte der Acephaloecyſten leicht zu erkennen waren. Der Balg war fibroͤs, cartilagi— nös und hatte hie und da Flecke von Kalkablagerungen. Die Schicht, welche unmittelbar darauf lag, war dunkel— braun; in der Umgebung des Balges ſah man Verzweigun— gen des Leberganges, begleitet von den Veraͤſtelungen der Pfortader und eingehüllt in das normale Reticulaͤrgewebe, wel— ches ich als das Fettgewebe der Leber betrachte. Eine nicht unwichtige Bemerkung iſt noch in Bezug auf die Faͤrbung der Acephalocyſtenbaͤlge der Leber zu ma— chen. Ich habe dieſe Faͤrbung niemals beobachtet, wenn ſich die Baͤlge noch in dem Zuſtande der Integritaͤt befan— den, dagegen immer, wenn die Acephalocyſtenbaͤlge der Leber degenerirt waren. Dieſe gelbe Färbung rührt offenbar nur von dem faͤrbenden Beſtandtheile der Galle her. Das Ein— dringen der Galle in dieſe Baͤlge ſetzt aber die Eroſion einis ger Gallengaͤnge voraus. Wie koͤmmt es nun, daß das Vorhandenſeyn von Galle in einem organiſirten Sacke nicht groͤßere Stoͤrungen hervorbringt und nicht jedesmal dieſe gangraͤnoͤſe Entzuͤndung veranlaßt, welche bei dem oben er— zaͤhlten Falle geſchildert worden iſt? Es kommt dieß wahr— ſcheinlich daher, daß die Gallenergießung in zu geringer Quantität ſtattfindet, um heftige Entzuͤndungszufaͤlle hervor: bringen zu koͤnnen. Es iſt uͤbrigens wahrſcheinlich, daß durch die Gegenwart der Galle der Tod der Acephalocyſten herbeigefuͤhrt wird, während zugleich die Winde des Balges gereizt und die Abſonderungen hervorgerufen werden, in wel— 96 chen es bisweilen ſchwer iſt, die Acephalocyſtenhaut zu er— kennen. (Orwveilbier, Anatom. patholog. 35. Livr.) Miscellen. Zur Durchſchneidung der geraden Augenmuskeln gegen das Schielen, hat Herr Guerin am 26. Oct. fol⸗ gende Modification der Operation bekannt gemacht. Der zu Operirende liegt horizontal und der Kopf wird fixirt. Indem die Augenlider auseinandergehalten werden und nachdem der Aug— apfel mittels eines Doppelhaͤkchens nach Vorn und zur Seite gezo— gen worden iſt, ſtoͤßt man perpendiculaͤr in den innern oder aͤuße— ren Winkel des Auges, je nach dem Muskel, den man zerſchneiden will, und an der Seite des letzteren, ein kleines Inſtrument ein, welches convex an der Schneide und am Stiele doppelt gebogen iſt. Nachdem die Klinge des Inſtrumentes ihrer ganzen Laͤnge nach (15 Millimeter etwa) eingedrungen iſt, ſo erhebt man ſie wieder in horizontaler Richtung, indem man ſie zwiſchen dem Augapfel und der entſprechenden Fläche des Muskels fortgleiten läßt. In einem dritten tempo bringt man die convexe Schneide des Inſtruments gegen die innere Flaͤche des Muskels, und zerſchneidet dieſen von Innen nach Außen, d. h., von dem Augapfel gegen die Augenhoͤhle hin. Der Augapfel, der nach Vorn und etwas nach der Seite ge— zogen worden iſt, d. h., in der Richtung des zu zerſchneidenden Muskels, bewirkt die Spannung des letztern und erteichtert die Wirkung des ſchneidenden Inſtrumentes. Die erfolgte Durchſchnei— dung giebt ſich zu erkennen durch ein krachendes Geraͤuſch, durch das Gefühl eines uͤberwundenen Widerſtandes und durch eine kleine Bewegung des Augapfels, welcher in der Richtung des Zuges weicht. Das Inſtrument wird durch dieſelbe kleine Oeffnung, durch welche es eingebracht worden war, wieder ausgezogen, und es iſt nicht der Anſchein einer aͤußern Wunde vorhanden. Daß der Mus— kel vollſtaͤndig durchſchnitten iſt, davon kann man ſich dadurch übers zeugen, daß die Rotation des Auges nach der andern Seite in groͤ— ßerem Umfange und leichter vor ſich geht, und daß die entgegenge— ſetzte Rotation unmoͤglich oder wenigſtens im Umfange dieſer Ber wegung merklich vermindert iſt. Zur Behandlung der Harnroͤhrenſtrictur empfiehlt Herr Robert Wade, ſtatt des Hoͤllenſteins, das Kali causticum fusum und zwar hauptſaͤchlich, weil danach weder Strangurie, noch Blutungen aus der Harnroͤhre zu befuͤrchten ſeyen. Der Grund davon ift der, daß ſich niemals, wie bei Hoͤllenſtein, ein fer der Brandſchorf bildet, welcher abgeſtoßen werden muß, ſondern weil ſich das Mittel mit den thieriſchen Geweben zu einer ſeifenar— tigen Maſſe verbindet, wodurch die feſten Stricturen auf das Zweckmaͤßigſte erweicht werden. (The Lancet, Febr. 1830.) Giblio graphische Essais de Zoologie generale, ou Memoires et Notizes sur la Zoologie generale, l’anthropologie et l'histoire de la science. Par Mr, Isidore Geoffroy Saint - Hilaire. Paris 1840. 8. (M. K.) Elémens de Physique, d’apres les idées et les principes des Auteurs les plus celebres. Par J. M. Bezin, (Ein Blatt.) Paris 1840. Fol. (No. 5131.) Nenn kit ven Ueber das Flußwaſſer und die Cloaken größerer Städte. In mer dieinifch = polizeilicher Hinſicht. Von Alb. Magnus, MD, Ber: lin 1841. 8. 90 S. Practical Observations on Blindness from Cataract. Tompson. London 1840, 8. BY Y. Die Behandlung des Schielens durch den Muskelſchnitt. Von Dr. F. A. v. Ammon. Mit einer Tafel. Leipzig 1840. 8. 38. S. — — — ——ů— d—ͤ— Menue Motizen a u 5 dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober » Medielnalraihe Froriep zu Weimar, und dem Werttanatratbe und Profeſſer 5 (Nr. 7. des XVI. Bandes.) No. 337. roriep ju Berlin, October 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr.“ Die Tafel ſchwarze Abolldungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. rer an dee. Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der vegetabiliſchen Organismen. Von Dutrochet, Mitglied der Academie der Wiſſenſchaften. Hierzu die Figg. 3 — 5 der mit Nr. 331. [Nr. 1 d. XVI. Bos.) d. Bl. ausgegebenen Tafel. (Fortſetzung.) Um die Reſultate dieſer Verſuche nach ihrem wahren Werthe zu würdigen, muß man zuvoͤrderſt den Umſtand in Betracht ziehen, daß bei jeder Zerſetzung organiſcher Stoffe Wärme frei wird. Noch ein anderer Punct ſcheint wir von den Forſchern bei Weitem nicht genug beachtet worden zu ſeyn, daß naͤmlich nicht nur die tropfbar flüffigen oder mit Fluͤſſigkeiten getraͤnkten feſten, ſondern auch die bereits verdunſteten organiſchen Stoffe, ſobald ſie nicht mehr unter der Herrſchaft der Lebensthaͤtigkeit ſtehen, eine große Neigung zur Zerſetzung zeigen, ſo daß alſo Daͤmpfe ebenſowohl in Gaͤhrung uͤbergehen koͤnnen, als tropfbare Fluͤſſigkeiten. Unter den meiſten Umftänden werden die Dämpfe von organiſchen Subſtan— zen, welche durch die Transpiration der lebenden Geſchoͤpfe, ſeyen dieſe nun Teitre oder Pflanzen, in die Atmoſphaͤre übergehen, auf eine unmerkliche Weiſe und ohne deutliche Erzeugung von Waͤrme zerſetzt; find dagegen dergleichen organiſche Dünfte in enge Räume abgeſperrt, wo ſie ſich immer mehr verdichten, ſo bringen ſie bei ihrer Zerſetzung eine Waͤrme hervor, welche um ſo bedeutender iſt, je mehr dieſe Zerſetzung durch eine hohe Temperatur der Atmo— fpbäre beguͤnſtigt wird. Das bier Geſagte läßt ſich mit mehreren Fällen belegen, in denen Gaͤbrung mit Waͤrmeerzeugung ſtattfindet, ohne daß in den gaͤhrenden Subſtanzen tropfbar fluͤſſiges Waſſer vorhanden waͤre. Eines derſelben, welcher uͤber die hier in Rede ſtehende Erſcheinung durchaus keinen Zweifel übrig laßt, will ich hier gun. ekanntlich wendet man zum Gerben der Haͤute Eichenrinde an; dieſe wird forgfältig getrocknet und oͤfters mehrere Jahre lang trocken aufbewahrt, fo daß fie durchaus keinen flüffigen Saft, ſon⸗ dern lediglich das hyarometriſche Waſſer enthält, welches ſich in allen vegetabiliſchen Subſtanzen befindet, wenngleich dieſelben für vollkommen trocken gelten. Um zum Gerben der Haͤute verwandt zu werden, verwandelt man dieſe Rinde in ein grobes Pulver, von welchem man oͤfters einen großen Vorrath anlegt, den man zur gelegentlichen Verwendung an trockenen Orten in Haufen aufbe— wahrt. Dieſes vollkommen trocken ſcheinende Pulver entwickelt nun aber oͤfters durch Gaͤhrung eine fo hohe Temperatur, daß es vollkommen verderben würde, wenn man ſich nicht becilte, den gan zen Haufen umzuſtechen, fo daß die fich. zwiſchen dem Pulver ver: haltende Luft durch neue erſetzt und dadurch die Gaͤhrung und Er⸗ No. 1437. hitzung unterbrochen wird. Folgendes iſt, meiner Anſicht nach, die richtige Theorie der Erſcheinung. Das in den Rindenſtüͤckchen, wel: che das Pulver bilden, enthaltene hygrometriſche Waſſer hat, zu: mal bei hoher Lufttemperatur, eine Neigung zum Verdunſten und fuͤbrt mit ſich dampffermig gewordene organiſche Subſtanzen in die Hoͤhe. Der Theil dieſes Dampfes, welcher ſich an der Ober⸗ flaͤche des Haufens befindet, entweicht und zerſetzt ſich in der At⸗ moſphaͤre; der andere, weit betraͤchtlichere Theil deſſelben Dampfes, welcher ſich in den Zwiſchenraͤumen zwiſchen den Pulvertheilen bes findet, bleibt darin abgeſperrt, und kann ſich dort ungeftört zerſez⸗ zen, wodurch eine Wärme entſteht, welche ſich immer erhoht, weil durch ihre Steigerung die Verdunſtung des mit der organiſchen Materie verbundenen hygrometriſchen Waſſers vermehrt wird. So wird jede Lücke in dem Rindenpulver der Sitz einer Gährung, wel⸗ che nicht in einer tropfbaren Fluͤſſigkeit, ſondern in einem mit or⸗ ganiſchen Stoffen geſchwaͤngertem Waſſerdampfe ſtattfindet. Bei'm Umſtechen des Haufens geſchieht weiter nichts, als daß jedes Rin⸗ denſtuͤckchen mit neuer Luft umgeben und folglich die eigenthümliche Dunſtatmoſphaͤre, in welcher es ſich vorher befand, und deren Zer⸗ ſetzung Wärme erzeugte, beſeitigt wird. Somit hoͤrt die Erzeu⸗ gung von Waͤrme auf. Die Richtigkeit dieſer Theorie ergiebt ſich aus folgenden Umſtaͤnden: Wenn das Eichenrindenpulver oder die Lohe fo ſtark mit Waſſer getraͤnkt iſt, daß letzteres über erſtere reicht, fo offenbart ſich darin nie eine Gährung. Das Waſſer zieht dann alle auflöstichen Beſtandtheile aus der Lohe, und ſolche Lohbrüht kann man abgeſondert aufbewahren, ohne daß fie in Gaͤhrung über: gebt, wovon ich mich aus eigener Erfahrung überzeugt habe. Das auf dieſe Weiſe waccrirte und von dem groͤßten Theile ſeiner aufloͤslichen Stoffe befreicte Eichenrindenpulver wird aber wieder gaͤhrungsfaͤhig, wenn es als feuchtes Pulver, in deſſen Lücken ſich Luft befindet, aufgeſchuͤttet wird. Dieß iſt die ausgenutzte Lohe, welche die Kunftgärtner zu warmen Beeten anwenden. Das in Haufen ſtehende Eichenrindenpulver gaͤhrt alſo, wenn es anſchci⸗ nend völlig trocken iſt, d. b. nur hygrometriſches Waſſer enthält; es gaͤhrt nicht, wenn es ganz unter Waſſer ſteht, gaͤhrt aber wie⸗ der, nachdem ihm die meiſten auflöslidhen Veftandtbeile durch Ma⸗ ceration entzogen und es wieder ſo trocken geworden, daß ſich in den Lücken zwiſchen den einzelnen Stüden Luft befindet. Die im erſten und dritten Falle ſtattſindende Gaͤhrung bat folglich ihren Sitz nicht in einer tropfbaren Fluſſigkeit, weil der zweite Fall be⸗ weiſ't, daß dieſe Gahrung hier unmöglich iſt; fie hat vielmehr ib⸗ ren Sitz in dem Waſſerdampfe, welcher mit den verdunſtbaren or⸗ ganiſchen Stoffen, die in der Eichenrinde enthalten find, geſchwaͤn⸗ gert iſt, und dieſer Dunſt ift mit der Luft in den Luͤcken abge⸗ ſperrt, welche ſich zwiſchen den Pulverſtuͤckchen befinden. Es laßt ſich vermuthen, daß der in der Eohbrübe enthaltene Gerbeſtoff dit 7 99 Gaͤhrung verhindere; daß derſelbe aber in den die Lücken ausfüllens den Duaſten fehle, daher dieſe in die eigenthümliche Art von Gaͤh— rung uvergehen konnen, welche, wie geſagt, der Aufmerkſamkeit der Phyſiker bisher entgangen zu ſeyn ſcheint. So waͤre denn erwieſen, daß die Waͤrme, welche ſich in den Haufen von anſcheinend trockenen oder unbedeutend feuchten orga— niſchen Koͤrpern entwickelt, durch die Zerſetzung und eigenthuͤmliche Gaͤhrung des in Dampfform uͤbergegangenen organiſchen Stoffes erzeugt wird, der die Lücken jener Korper ausfullt. So erhitzen ſich, z. B., ſehr häufig die Getraidehaufen, wenngleich die Körner die zum längeren Aufbewahren noͤthige Trockenheit beſitzen. Auch hier unterbricht man die Gaͤhrung durch Umſtechen. Aus demfele ben Grunde erhitzen ſich Haufen von feuchten Pflanzenſtoffen, in denen die Temperatur fo hoch ſteigen kann, daß fie in Brand ger rathen, wie dieß, z. B., bei nicht hinreichend trockenem Heu oder auch bei friſchen Futterkraͤutern geſchieht, welche von ihren Säften nichts an die Atmoſphaͤre asgeſetzt haben. Iſt dieſe Gaͤhrung ſchwach, ſo werden die kleinen, feſten organiſchen Stoffe, in deren Zwiſchenraͤumen fie vor ſich gebt, dadurch nicht angegriffen; iſt jene dagegen ſtark, ſo verderben dieſe durchaus. Dieſe Verderbniß ent— ſpringt hauptſächlich aus der ſtarken Hitze, welche jene Gaͤhrung, deren chemiſche Theorie noch nicht aufgeklaͤrt iſt, erzeugt. Das eben Geſagte führt uns augenfällig auf die Verſuche des Herren Goͤppert. Seine aufgeführten Saͤmereien und grunen Pflanzen erzeugten offenbar Waͤrme durch die eben erwaͤhnte Gaͤhrung der Dunſte in den Zwiſchenraͤumen, und Goͤppert glaubte darin eine Lebenswaͤrme zu feben, weil die grünen Pflanzen oder keimenden Saamen den Verſuch uͤberſtanden hatten, ohne abzuſterben oder merklich zu leiden, woraus ſich jedoch, meiner Anſicht nach, nur er— giebt, daß die Gaͤhrung, welche die Waͤrme erzeugte, nicht in dem Gewebe der Pflanzen oder Koͤrner ſelbſt, ſondern nur in den Luͤk— ken zwiſchen denſelben ſtattfand, und daß die Wärme nicht ſtark genug war, um das Leben oder die Organiſation der Pflanzenkoͤr— per zu zerftören. Ich getraue mir demnach, zu behaupten, daß Herr Goͤppert keine eigenthümliche Lebenswaͤrme in den keimenden Saamen oder grünen Pflanzenftängeln entdeckt, ſondern die durch eine eigenthuͤm— liche und noch wenig bekannte Gaͤhrung erzeugte Waͤrme fuͤr Le— benswaͤrme gehalten habe. Weiter unten, bei Gelegenheit der ſehr hohen Temperatur, welche zuweilen durch aufeinander geſchichtete Inſecten erzeugt wird, werde ich Gelegenheit haben, auf dieſe Gährung in den Zwiſchen— raͤumen zuruͤckzukommen. Herr Göppert hatte dadurch einen Schritt vorwärts ge— than, daß er die Lebenswaͤrme der Pflanzen nicht in den holzigen Theilen der Baͤume, ſondern in den krautartigen Geweben der Pflanzen aufſuchte; denn in den gruͤnen und weichen Theilen gehen die wichtigſten Proceſſe des Pflanzenlebens vor ſich. Dort ſind die Ernaͤhrung und das Athemholen, durch welche die Partikelchen am ſtaͤrkſten bewegt werden und durch die folglich am erſten Wärme frei werden kann, in voller Thaͤtigkeit. Dort batte ich mir auch vorgenommen, das Vorhandenſeyn der Lebenswaͤrme der Pflanzen zu ſuchen, nicht aber, wie meine meiſten Vorgaͤnger, in den holzi— gen Geweben. Aber die jungen Pflanzenſtängel ſind mehrentheils ſehr ſchwach, und auch die kleinſte Thermometerkugel laͤßt ſich nicht in dieſelben einfuͤhren, ohne ſie ſehr bedeutend zu verletzen und ihre Lebensthaͤtigkeit zu ſtoͤren oder gar zu vernichten. Durch den ther— moelectriſchen Apparat iſt dieß Hinderniß beſeitigt. An die Stelle der Thermometerkugel tritt die Spitze einer Nadel, die ſich auch in einen duͤnnen Pflanzenſtaͤngel einfuͤhren laͤßt, und die dadurch er— zeugte geringe Wunde kann die Lebensthaͤtigkeit der Pflanze nicht bedeutend ftören. Demnach gelang es mir auch, mit dieſem Appa— rate die feinſten Verſuche über die eigenthuͤmliche Wärme der Pflan— zen auszufuͤhren. Ich will nun berichten, wie ich das Vorhanden— ſeyn dieſer Waͤrme entdeckte. Ich hatte mir vorgenommen, das mir von Herrn Becque— rel angegebene Verfahren anzuwenden, nämlich die Loͤthſtelle der einen Nadel in einen lebenden, die der anderen aber in einen tod— ten Pflanzenſtaͤngel von gleicher Stärke einzuführen, Offenbar mußten die Wechſel in der aͤußeren Temperatur auf dieſe beiden 100 Staͤngel ziemlich gleich einwirken, und wenn daher der lebende eine eigenthumliche Warme beſaß, fo mußte dieſe zu der von Außen uͤberlieferten hinzukommen und durch die Abweichung der Magnete nadel des Multiplicators als Ueberſchuß über die Wärme des tod— ten Staͤngels angezeigt werden. Ich will hier bemerken, daß der Gedanke, die Lebenswaͤrme der pflanzen in den noch krautartigen Spitzen ihrer Staͤngel zu ſuchen, mir ausſchließlich angehoͤrt; denn als Herr Becquerel mir ſeine Unterſuchungsmethode mit der größten Liberalitat mittheilte, redete er nur von der Erforſchung der eigenthumlichen Warme holziger Baumſtaͤmme oder Aeſte, die ſchon Schubler u. A. mittels des gewöhnlichen Thermometers zu erforſchen geſucht hatten. Damals beſaß ich nur Nadeln mit mittelſtaͤndiger Loͤthſtelle, und mit dieſen gab mein Multiplicator mir nur 6 Grad Abwei— chung der Magnetnadel auf einen Grad Centigrad Unterſchied in den Temperaturen der beiden Loͤthſtellen. Meinen erſten Verſuch ſtellte ich mit einem jungen Staͤngel der Campanula medium an, einem dicken kolbigen Stängel, der noch weit von der Periode des Bluͤhens entfernt war. Ich ſchnitt den— ſelben ab, ſteckte die Schnittſtelle in ein Gefaß mit Waſſer und trug ihn ſo in mein Gemach. Dort durchſtach ich ihn mit einer der Nadeln mit mittelſtaͤndiger Loͤthſtelle, fo daß ſich die Loͤthſtelle in der Achſe deſſelben befand; die andere Nadel ward in einen tod— ten und ſeit einem Jahre vertrockneten eben fo ſtarken Stängel der— ſelben Pflanze in dieſelbe Lage gebracht. Bei dieſem Verſuche zeig— ten ſich etwas abweichende Reſultate, die jedoch ſaͤmmtlich darin uͤbereinſtimmten, daß die Temperatur des todten Stängels höher war, als die des lebenden. Der erſtere hatte nun offenbar die Temperatur der aͤußeren Luft, und der letztere war folglich niedri— ger temperirt, als die Atmoſphaͤre. Am folgenden Tage erſfetzte ich den todten und vertrockneten durch einen grünen Stängel derſelben Pflanze, deſſen Leben ich dadurch ertödtet hatte, daß ich ihn 5 Mi- nuten lang in Waſſer von 50 Grad Centigr. Temperatur getaucht, ſo daß er nicht gekocht und von dem lebenden Staͤngel, mit dem er vergleichend unterſucht wurde, nur durch die Abweſenheit des Lebens verſchieden war. Bei dieſem zweiten Verſuche erhielt ich nun ſtets ein dem geſtrigen entgegengeſetztes Reſultat, indem der lebende Staͤngel zwar nicht immer dieſelbe, aber doch durchgehends eine hoͤhere Temperatur zeigte, als der todte. Dieſe widerſpre— chenden Reſultate veranlaßten mich zu der Anſicht, daß die Vers dunſtung der in den vegetabiliſchen Staͤngeln enthaltenen Fluͤſſigkei⸗ ten an der raͤthſelhaften Verſchiedenheit ihrer Temperatur Schuld ſey. Als der lebende Staͤngel einem vergleichenden Verſuche mit dem todten und vertrockneten unterworfen ward, erlitt der erſtere, wegen der Verdunſtung feiner Fluͤſſigkeiten, eine Verführung, die bei dem letztern nicht ſtattfand, fo daß, da der letztere ſtets dieſelbe Temperatur wie die Luft beſaß, der lebende Staͤngel durchgehends niedriger temperirt war, als die Luft. Als der lebende Stängel mit dem todten, aber noch gruͤnen und ſaftigen vergleichungsweiſe geprüft ward, Eühlten ſich dieſe beiden Stängel durch die Verdun— ftung ihrer Feuchtigkeiten in ungleicher Weiſe ab, da die Verdun— ſtung bei dem todten ungleich ſtaͤrker und folglich auch deſſen Tem—⸗ peratur niedriger war. Ich habe mich uͤbrigens auch durch directe Verſuche davon überzeugt, daß unter der Einwirkung gleicher Aus ßerer Urſachen todte vegetabiliſche Stängel ihre Feuchtigkeiten ſchneller durch Verdunſtung verlieren, als lebende von gleicher Art und Größe. Wenn man, z. B., gleichgroße Blätter von Sempervi- vum tectorum, von denen das eine nur von der Pflanze abgelöf't, das andere aber noch außerdem in heißes Waſſer getaucht worden iſt, neben einander an die Luft legt, ſo vertrocknet das letztere um Vieles ſchneller, als das erſtere. Bekannt iſt, daß man Stuͤcken von Cactusſtaͤngeln außerordentlich lange aufbewahren kann, ohne daß ſie ſterben und vertrocknen, wogegen aͤhnliche Staͤngelſtuͤcke, die man getoͤdtet, ſehr ſchnell ganzlich austrocknen. Hieraus ergiebt ſich, daß die lebenden vegetabiliſchen Theile eine Thaͤtigkeit ausüben, welche darauf hinwirkt, die organiſchen Feuchtigkeiten der auflöfene den Thaͤtigkeit der Atmoſphaͤre theilweiſe zu entziehen. So ſetzt ein lebender Stängel im normalen Zuſtande nur das, was er aus— haucht oder ausathmet, durch Verdunſtung ab, und es findet hier eine phyſiologiſch-phyſikaliſche Erſcheinung ſtatt; während ein tod: 101 ter Stängel feine Feuchtigkeit durch Verdunſtung in derſelben Weiſe verliert, wie ein naſſer leinener Lappen, und bei ihm nur ein reinphyſikaliſcher Prozeß ſtattfindet. Man begreift nun, weß⸗ halb bei dem letzten Verſuche der lebende Stängel höher temperirt war, als der todte. Beide waren kätter, als die umgebende Luft, weil beide durch die Verdunſtung abgekühlt wurden; allein da der lebende Stängel weniger Feuchtigkeit verdunſten ließ, als der todte, fo war deſſen Abkuhlung natürlich geringer. Ich babe dieſe Verſuche mit Stängeln verſchiedener Gewaͤchſe wiederholt, wenngleich es mir nicht immer moͤglich war, mir todte und vertrocknete Exemplare von den Pflanzen zu verſchaffen, mit denen ich erperimentirte. Um dann die Lothſtelle der nicht in die lebende Pflanze eingeführten Nadel vor der ſtrahlenden Wärme zu ſchuͤgen, brachte ich ſie in den hohlen trockenen Stängel einer roͤh— rigen pflanze, oder umbüllte fie nur mit einem trockenen Papiers röuchen, fo daß ihr der Temperaturwechſel der umgebenden Luft ſchnell mitgetheilt wurde. Bei dieſen Verſuchen fand ich nun im— mer den lebenden Stängel kalter, als die umgebende Luft, ob— wohl der Unterſchied kaum einen Grad des hundertgrädigen Ther— mometers uͤberſtieg und oft unter 1 Grad war. Achnliche mit als len moͤglichen Theilen der Gewaͤchſe angeſtellte Verſuche ſtellten im Allgemeinen den Satz feſt, daß im normalen Zuſtande die Tempe— ratur der Pflanzen beftändig niedriger iſt, als die der umgebenden Luft, wovon naturlich der Fall eine Ausnahme macht, in welchem die Gewachſe durch die Sonnenſtrahlen erwärmt worden ſind. Des— gleichen gilt dieſes allgemeine Geſetz auch nicht von den ſehr um: fangsreichen Theilen, z. B., den Baumſtaͤmmen, die, als ſchlechte Warmeleiter, eine einmal angenommene Temperatur längere Zeit beibehalten und deßhalb zu gewiſſen Zeiten waͤrmer ſeyn koͤnnen, als die umgebende Luft. Aus dieſen Verſuchen haͤtte man folgern koͤnnen, daß den Pflanzen keineswegs eine Lebenswärme, ſondern im Gegen— theil, wenn ich mich ſo ausdrucken darf, eine Lebenskaͤlte eigen ſey, und man koͤnnte ſie in dieſer Beziehung den Thieren entgegen— ſetzen, welche letztere Sauerſtoff abferbiren und fo durch eine Art von Verbrennung Waͤrme erzeugen, waͤhrend dagegen die Pflanzen die Kohlenſäure zerſetzen und Sauerſtoff an die Atmoſphaͤre abſetzen, welcher Prozeß den Gegenſatz der Verbrennung bildet. Auf dieſe Weiſe moͤchte es ſcheinen, als ob die Pflanze freie Waͤrme binden, oder Kälte erzeugen müſſe. Dieſe Anſicht bot ſich mir auch wirk⸗ lich dar; allein ich mußte ſie verwerfen, als ich durch Verſuche er— mittelte, daß die Erkältung der lebenden Pflanze auch während der Nacht fortdauerte, wo doch, den geltenden Anſichten zufolge, die Gewaͤchſe Sauerſtoff aus der Atmosphare verſchlucken und Kohlen: fäure an dieſelbe abſezen, alſo eine Verbrennung bewirken, welche der bei'm Athmen der Thiere aͤhnlich iſt. Ich vermuthete nun, daß die Pflanzen wohl eine ſo ſchwache Eigenwaͤrme oder Lebenswaͤrme beſitzen konnten, daß dieſelbe durch die Erkaͤltung, welche einestheils durch die Verdunſtung der Pflanzenfäfte, anderntheils durch die Verwandlung des Sauerſtoffes in Sauerſtoffgas (am Tage) und der Kohlenſaͤure in Kohlenſaͤuregas (bei Nacht) erzeugt wird, ges wiſſermaßen verdeckt oder unerkennbar gemacht werde. Unter die— fen Urſachen der Verkuͤhlung ließ ſich nur eine einzige, nämlich die Verdunſtung der Feuchtigkeiten, beſetigen. Dieſen Zweck konnte man leicht erreichen, wenn man die Pflanze, mit der man experi⸗ mentirte, in mit Waſſer geſaͤttigte Luft brachte. Ich beeilte mich, diefen Verſuch anzuſtellen. Ich führte die Loͤthſtelle einer meiner Nadeln in den Gipfel eines jungen Spargelſtängels ein und huͤllte die Loͤchſtelle der anderen in ein trockenes Papierroͤllchen. Die letz⸗ tere Loͤthſtelle beſaß natürlich genau die Temperatur der umgeben— den Luft. Der untere Theil des Spargelſtaͤngels tauchte in Wafz ſer ein, und der Reſt deſſelben war mit der Luft meines Gemachs in Berührung. Es zeigte ſich nun, daß dieſer Stängel um 14 Grad Fühler war, als die umgebende Luft. Dann brachte ich Al⸗ les, wie es war, in einen großen Glasbecher oder Glascylinder, in welchem ſich unten ein wenig Waſſer befand und deſſen Mündung ich hierauf verſchloß. Ich werde dieſen Apparat gleich naͤher be⸗ ſchreiben. Der Sparagelſtaͤngel befand ſich auf dieſe Weiſe in einer mit Waller geſättigten Atmofphäre, und die beiden im Becher bes ſindlichen Loͤthſtellen wurden von der Temperatur der umgebenden 102 Luft gleich ſtark betheiligt. Bald hörte die Pflanze auf, eine in demſelben Grade niedrigere Temperatur als die umgebende Luft zu haven, wie früher, als fie ſich an der freien Luft befand. Schon nach einer halben Stunde befand ſie ſich mit der Temperatur der umgebenden Luft im Gleichgewichte. Bald darauf wich die Magnetnadel nach der entgegengeſitzten Seite ab, wie früher, woraus bervorgina, daß der Spargelſtanget bereits eine hohere Temperatur beſaß, als die ihn umgebende mit Waſſer geſattigte Luft. Die Abweichung der Magnetnadel nahm nach und nach zu und blieb eine Stunde nach dem Anfange des Experiments bei 1 Grad der Kxcisſcale ſtehen, woraus ſich für die Temperatur der beiden Lörbftellen ein Unter⸗ ſchied von : Grad Centigr. ergab. Da nun die mit Papier ums huilte Löthftelle genau die Temperatur der umgebenden kuft hatte, fo war die andere Löthſtelle um 3 Grad hoͤher temperirt, als die Luft, und ſomit das Maaß der durch dieſen Pflanzenftängel entwickelten Waͤrme gegeben. Dieß war der erſte Verſuch, aus welchem ich das Vorhandenſeyn einer eigenthumlichen Wärme der Pflanzen er⸗ kannte. Ich wiederholte denſelben ſofort, indem ich die eine Loͤth⸗ ſtelle, ſtatt in das Papierrollchen, in einen Spargelftängel ſenkte, der durch 5 Minuten langes Eintauchen in heißes Waſſer von 50 Grad C. getoͤdtet worden war und dieſelbe Starke beſaß, wie der lebende Spargelſtaͤngel, in welchem ſich die andere Löthſtelle be⸗ fand. Ich erhielt daſſelbe Reſultat wie oben, d. h., es ergab ſich wiederum, daß der lebende Stängel eine eigenthumliche Wärme bes ſaß, die etwa 1 Grad betrug. Beide Stängel, der todte wie der lebende, konnten keine Feuchtigkeit durch Verdunſtung verlieren; da ſie dieſelbe Größe und fonftige Beſchaffenheit darboten, ſo muß⸗ ten die Veränderungen der äußeren Temperatur gleich ſtark auf ſie einwirken, und ſo zeigte offenbar der Ueberſchuß der Tem⸗ peratur des lebenden Staͤngels die dieſem eigenthuͤmliche Wärme an, ohne jedoch das genaue Maaß derſelben zu ſeyn, indem durch die Verwandlung des Sauerſtoffs in Sauerſtoffgas, die unter dem Einfluſſe des Lichtes ſtattfand, ein Theil dieſer Waͤrme gebunden werden mußte. Ich will nun die Beſchreibung des Apparates mittbeilen, deſſen ich mich wahrend der ganzen ſchoͤnen Jahreszeit 1888 zu dieſen Verſuchen bediente. In einen ſehr großen gläfernen Becher oder Glascylinder a a Figur 4 brachte ich Pflanzenftängel z. B., zwei junge Spargel⸗ pfeifen, von moͤglich gleichen Maaßen. Der eine war lebend, der andere durch Eintauchen in Waſſer von 50 Grad C. getoͤdtet. Durch je einen dieſer Stängel ing, bei gleicher Hoͤhe, eine der Nadeln mit mittelftärdigrr Loͤthſtelle be und d f. Beide Loth⸗ ſtellen befanden ſich mitten in den Staͤngeln, durch die die Nadeln geſteckt waren. Das Kupferende der Nadeln war bei g und h mit den Kupferdraͤhten Ai und gk in Verbindung gebracht, welche aus dem Becher herausragten und deren Enden k und i mit dem Multiplicator communicirten. Die beiden eiſernen Enden der Nas deln b und d ragten ebenfalls aus dem Becher hervor und waren bei m und n mittelſt eines Eiſendrahtbogens mon mit einander verbunden, der bei m und n fpiralförmige Windungen beſaß, in welche die Enden der Nadeln eingeſchoben wurden. Hierauf ward der Becher, welcher unten ein Wenig Waſſer enthielt, mit einem großen Kerkſtoͤpſel verſchloſſen. Die Lötbfiellen, ſo wie alle im Becher enthaltenen Theile der beiden Nadeln, waren, um ſie vor Oxydation zu fügen, mit einer dicken Schicht Gummilack üben zogen. Sobald die Kupferdräbte bei k und i mit dem Multiplicas tor in Verbindung gebracht worden, war der Kreis geſchloſſen. Div im Innern des Bechers enthaltene Luft färtiate ſich bald mit Waſſer, und nun war der todte, wie der lebende Stängel nicht mehr der durch die Verdunſtung veranlaßten Verkutztung unter⸗ worfen. Da nun beide wegen ibrer gleichartigen Beſchaffenheit von den Temperaturwechſeln der umgebenden Luft in gleicher Weiſe betbeiligt wurden, fo mußte, wenn der lebende Stängel eigene Wärme beſaß, dieſes ſich durch die Abweichung der Magnetnadel des Multiplicators kundgeben. Da ich damals nur Nadeln mit mittelſtändiger Loͤthſtelle beſaß, ſo mußte ich mich eines ſolchen Glasbechers oder Glascylinders bedienen und auf die Anwendung einer Glasglocke verzichten, die ich ſpaͤter anwandte, um meine Stängel in eine mit Waſſer gefättigte Atmoſphaͤre zu bringen. u. ‘ 103 Der Eiſendrahtbogen mon und die durch dieſen verbundenen Ei: ſenenden der Nadeln mußten außerhalb des Bechers gebracht wer: den, weil die Beruhrungspuncte m unden vollkommen blank ſeyn und folglich vor Oxydation durchaus geſchutzt werden mußten, was nicht der Fall geweſen ſeyn wurde, wenn dieſer Theil des Kreiſes ſich ebenfalls in der mic Waſſer geſattigten Atmoſphaͤre befunden hätte. Bei der Anwendung einer Glasglocke hatte ich aber den letztern Uebelſtand nicht vermeiden koͤnnen. Mit dieſem in vieler Beziehung unbequemen Apparate ſtellte ich im Jahre 1838 alle meine Verſuche an. Ich bediente mich damals eines Mulliplica⸗ tors, deſſen Empfindlichkeit nicht fo bedeutend war, wie bei dem, welchen ich im folgenden Jahre benutzte. Bei meinen Verſuchen im Jahre 1838 erhielt ich auf 1° C. Unterſchied der Temperatur der beiden Lothſtellen nur 6° Abweichung der Magnetnadel. Kei— ner der von mir unterſuchten Pflanzentheile offenbarte nun eine höhere Wärme, als 4° C., die durch eine Abweichung von 14 der Magnetnadel angezeigt ward. Sehr haͤufig war die Abweichung der Magnernadel und folglich die eigenthumliche Warmes, welche die dem Verſuche unterworfenen vegerabilifchen Theile beſaßen, ge— ringer. Nun konnte mir nicht entgehen, daß fo ſchwache Abwei— chungen der Magnetnadel durch Urſachen, von welchen ich keine Kenntniß hatte, erzeugt oder ſtark betheiligt werden konnten. Der thermoelectriſche Apparat giebt unter vielen Umſtaͤnden trugeriſche Anzeigen, und mir war bekannt, wie ſehr man vor dieſen auf der Hut ſeyn muſſe. Indeß kannte ich gegen Fehler dieſer Art eine Sicherheit in der großen Anzahl von Verſuchen, die ich anſtellte und deren Reſultat durchgehends darauf hinauslief, das Vorhan— denſeyn einer Lebenswaͤrme in den weichen ſaftigen Pflanzentheilen darzuthun. Nun beobachtete ich, daß dieſe Warme ſich bei Nacht verminderte oder ganz verſchwand, am Tage aber zuruͤckkehrte. Da ich jedoch das Maaß dieſer Wärme veränderlich und folglich unſicher fand und mich ſcheuete, Behauptungen aufzuſtellen, die ich vielleicht wieder hätte zurücknehmen muͤſſen, fo enthielt ich mich dieſes erſte Jahr der Bekanntmachung meiner Beobachtungen und begnügte mich damit, die Hauptreſultate derſelben ſchriftlich aufzu— ſetzen und am 1. Juli 1838 der Academie der Wiſſenſchaften in einem verſiegelten Couverte zu uͤbergeben, indem ich zugleich die Abſicht zu erkennen gab, die Unterſuchungen im folgenden Jahre wieder aufzunehmen, in der Hoffnung, zuverlaͤſſige Reſultate zu er— langen und dieſe dann der gelehrteu Welt mitzutheilen. Im Jahre 1839 ging ich auch wirklich wieder an dieſe For— ſchung, und dieß Mal bediente ich mich der Nadeln mit endſtaͤndi— ger Lothſtelle, deren Beſchreibung ich oben mitgetheilt babe, und von denen Figur 3 ein Paar darſtellt. Die beiden Nadeln find, wie man ſieht, durch einen ununterbrochenen Draht mit einander verbunden, fo daß ſich der ihnen gemeinſchaftliche Eiſentheil acdeb mit einer ununterbrochenen Firnißſchicht uͤberziehen und dadurch vor dem Oxypdiren fügen ließ. Bei dieſer Einrichtung konnte ich den ſehr unbequemen Glascylinder, Fig. 4, deſſen ich mich im Jah—⸗ re 1838 bediente, durch eine Glasglocke erſetzen, die um Vieles vor— zuziehen war. Figur 5 zeigt dieſen neuen Apparat, deſſen ich mich im Jahre 1839 bei meinem Verſuche bediente. Ein mit feuchtem Sande oder feuchter Erde gefuͤllter Blumen— topf a a trägt eine Gypstafel b ö, welche in der Mitte eine große runde Oeffnung beſitzt. In den Blumentopf werden die bewurzel— ten Pflanzen eingeſetzt, mit denen ich experimentire. Wenn ich mit nicht bewurzelten Staͤngeln Verſuche anſtellen will, ſo bringe ich in die runde Oeffnung ein Flaͤſchchen voll Waſſer, in welches der abgeſchnittene Staͤngel geſteckt wird, wie man dieß bei der lebenden Spargelpfeife e ſieht. Ein kleiner in den Sand geſteckter hoͤlzerner Ständer oder Galgen, ss, trägt mittelſt eines Aufhaͤnge— fadens einen getoͤdteten Stängel, d, welcher genau von derſelben Größe iſt, wie der lebende Stängel e, und in welchen, wie in letz— teren, eine der Nadeln mit endſtaͤndiger Loͤthſtelle eingeſenkt wird. Die Spitzen a 5 (Figur 3) dieſer Nadeln, wo ſich die Loͤthſtellen befinden, werden 5 Millimeter tief, die eine in den lebenden bei o, die andere in den todten Stängel bei ! eingeſenkt. Die Nadeln find beide bei A an den Ständer ss aufachängt, den man beliebig tief in die Erde des Blumentopfes niederſchieben kann; daher ſich den Einfuͤgeſtellen 1 der Nadeln eine beliebige Hoͤhe geben läßt, 104 Beide Nadeln muͤſſen immer gleich hoch liegen. Da die Spitzen derſelben ziemlich ſtumpf ſind, ſo ſteche ich an den Stellen vor, wo ich ſie in die Staͤngel einzufuͤhren gedenke. Ich fuͤlle die runde Oeffnung der Gypsplatte bb mit feuchtem Sande aus und bedecke endlich meine jo präparirten Stängel mit der Glasglocke p p, deren Rand einen groͤßeren Umfang hat, als die Oeffnung in der Gyps— platte, welche Oeffnung auf dieſe Weiſe durch die Glocke vollftänz dig bedeckt wird. Da dieſe Oeffnung ganz mit feuchtem Sande gefuͤllt iſt, fo kann die aͤußere Luft, auch wenn die Gypsplatte nicht genau an den Blumentopf anſchließt, nicht mit der im Sn nern abgeſperrten communiciren; denn um den Rand der Glocke her haͤufe ich feinen trockenen Sand an, und da nun die Luft in der Glocke voͤllig abgeſperrt iſt, ſo ſaͤttigt ſie ſich ſchnell mit dem Waſſerdampfe, der ihr durch die Pflanzen und den feuchten Sand zugefuͤhrt wird. Die Kupferdraͤhte der Nadeln treten unter dem Rande der Glocke bei g und f aus derſelben und ſchließen ſich bei m unden an den Multiplicator an, fo daß der Kreis geſchloſſen iſt. Die beiden vegetabiliſchen Staͤngel, von denen der eine lebt, der andere todt iſt, und mit denen hier ein vergleichender Verſuch angeſtellt wird, ſind beide vor der Verkuͤhlung geſichert, welche an der freien Luft durch die unter der Glocke nicht ſtattfindende Ver— dunſtung veranlaßt werden wuͤrde. Es kommt alſo nur noch dar— auf an, den uͤbrigen Urſachen vorzubeugen, die ihnen zufaͤllig eine ungleiche Temperatur ertheilen koͤnnten. Wiewohl, z. B., die Staͤn— gel von gleicher Art und Größe und unter derſelben Glocke einge— ſchloſſen ſind, fo ware es doch möglich, daß ihnen die Temperatur- wechſel der Atmoſphaͤre nicht gleichmaßig mitgetheilt wuͤrden. Hier— aus koͤnnte leicht ein Beobachtungsfehler entſtehen; denn wenn die Temperatur der Atmoſphaͤre ſtiege, fo würde der Staͤngel, welcher am langſamſten durch dieſen Temperaturwechſel betheiligt wird, kalter ſeyn, als der andere, und wenn jene fiele, eine hoͤhere Tem— peratur haben, als der andere. Dieſe Urſache von moͤglichen Feh— lern habe ich zu beſeitigen geſucht, und deßhalb meine Verſuche in einem gegen Norden liegenden Zimmer angeſtellt, in welches kein Sonnenſtrahl fällt und deſſen Temperatur ſich ſehr langſam, ja oft binnen mehreren Stunden gar nicht, veraͤndert. Wenn alſo auch wirklich der eine Staͤngel die Temperaturwechſel der umgebenden Luft nicht eben ſo ſchnell annaͤhme, wie der andere, ſo wuͤrde doch bei der Langſamkeit und Geringfuͤgigkeit dieſer Wechſel der Unter— ſchied unmerklich ſeyn. Indeß habe ich das mögliche Verhältniß zwiſchen dem Steigen und Fallen der Lufttemperatur und dem Steigen und Fallen der Temperatur meiner Staͤngel keines— wegs unberückiichtigt gelaſſen, um in Erfahrung zu bringen, ob zwiſchen den beiden Erſcheinungen eine beſtimmte Beziehung ſtatt— finde. Dabei ſtellte ſich deutlich heraus, daß ſie vollkommen un— abhängig von einander ſind. So habe ich, z. B., ſtets ge— funden, daß die eigenthuͤmliche Wärme der Pflanzenſtaͤngel des Morgens ſtieg und des Abends fiel, die Temperatur der umgeben— den Luft mochte nun ſteigen, ſich gleichbleiben, oder fallen. Ja, ich habe ſogar einmal bemerkt, daß die Lebenswaͤrme eines Sonnenro— ſenſtaͤngels des Morgens ſich erhoͤhete und nach der Stunde des Maximum's abnahm, ohne daß ſich die Temperatur der umgebenden Luft und folglich des todten Staͤngels im Geringſten geändert hätte. In dieſem Falle konnte durchaus kein ſtoͤrender Umſtand auf das Reſultat des Verſuches Einfluß haben. Wenngleich ſich theoretiſch annehmen laͤßt, daß die die beiden hier in Rede ſtehenden und nur etwa 2 Centimeter weit von ein— ander entfernten Stängel umgebende Luft dieſelbe Temperatur be— ſitze, fo it dieß, ſtreng genommen, in manchen Fallen doch nicht wahr. In jedem Zimmer finden Luftſtroͤmungen ſtatt, die, je nach— dem es im Freien wärmer oder kaͤlter iſt, als im Zimmer, vom Fenſter nach Innen zu oder von Innen nach dem Fenſter zu ſtrei— chen. Die im Inneren der Glocke befindliche Luft wird von diefer Ungleichheit der Temperatur betheiligt, und auch die beiden S taͤn— gel ſind dieſem Einfluſſe unterworfen, wenn ſie nicht gleichweit vom Fenſter entfernt ſind. Dabei ſtand mein Apparat in der Naͤhe des Fenſters, und die beleuchtete Seite der Glocke mußte daher eine merklich andere Temperatur haben, als die dunkele. Aus dieſem Grunde ſorgte ich ſtets dafuͤr, daß meine Staͤngel in einer mit dem Fenſter parallel ſtreichenden Linie ftanden und folglich auch dem 105 Einfluſſe der ſtrahlenden Wärme in gleichem Grade unterworfen waren. Bei folder aͤngſtlichen Vorſicht konnte aus dem eben an: geführten Grunde kein merklicher Fehler entſtehen. Ueberdieß ſtellte ich mich auch gegen andere Beobachtungsfehler ſicher, die von der Beſchaffenheit des Inſtrumentes, deſſen ich mich bediente, abhängig waren. (Fortſetzung folgt.) Miscellen. Der Buͤrſtentruthahn in Neuholland (vergl. N. N. Nr. 327. [Nr. 19 des XV. Bandes] S. 296) war Veranlaſſung, daß Hr. Gould am 8. November eine zweite Mittheilung folgen ließ, worin er meldete, daß er ſeitdem vom Schwanerfluffe eine andere Species erhalten habe, wo aͤhnliche Lebensweiſe und ahnlicher Neſterbau vorkomme, die aber inſoweit ſich unterſchei— det, als ſie ſtatt düftere Löcher und Hoͤhlen offene ſandige Ebenen bewohne, den Hocker, zur Aufnahme der Eier, mit Sand, trocknem Graſe und Baumzweigen bereite und eben ſo viel auf die Sonnenwärme, als auf die durch Zerſetzung bewirkte Waͤrme rechne, um die Ausbildung der Jungen zu erlangen. — Hr. G. fügte hinzu daß er die Acquifition dieſer neuen Species fur beſonders wichtig halte, weil ſich dadurch nun beſſer beſtimmen laſſe, wohin der Buͤrſtentruthahn gehoͤrt. Hr. G. ſpricht ſich das hin aus, daß er der Anſicht derer beitrete, welche den Bürſtentrut— hahn als den Megapodien nahe verwandt betrachteten. Hr. G. ſchlaͤgt vor, die zweite Art als eine beſondere Gattung unter dem Namen Pedienomus ocellatus (Bewohner der Ebene) aufzuſtellen. — 106 Unter dem Namen Pigotit bat Hr. James F. W. Johnſton eine Subſtanz beſchrieben, welche er und der ehrwüͤr⸗ dige Pigot, als einen Ueberzug der Seiten gewiſſer Höhlen, in den Granitklippen der Oft: und Weftküfte von Cornwall gefunden bar ben. Die Incruftation kommt in einer Maſſe von brauner und in Pulver von gelber Farbe vor; ſie iſt unlöslich in Waſſer und Alcohol; wenn ſie erhitzt wird, giebt ſie viel Waſſer aus, färbt ſchwarz, lie⸗ fert empyreumatiſche Producte, und hinterläßt eine ſchwarze Maſſe, die zuweilen den Glanz des Graphits wahrnehmen läßt. An der Luft, in hellrotter Hie, brennt dieſe Maſſe nur ſehr langſam, bin⸗ terläßt eine graue und weiße Aſche, welche aus Alaunerde beſteht mit einigen geringfügigen fremdartigen Beimiſchungen. — Von den organiſchen Beſtandtheilen dieſer Subſtanz (des Pigotits) glaubt Herr J., daß fie aus den verfallenden Reſten der verfchieber nen Pflanzen beſtehe, welche in den feuchten Moorgründen wachſen und welche, wenn fie von den Wellen in die unterhalb befindlichen Granitſpalten geführt werden, mit der Alaunerde des zerſetzten Feld⸗ ſpaths combiniren, und wenn fie an die Luft gelangen, ſich an die obere Decke und die Wände der Höhlen in der Form von Schich⸗ ten abſetzen, welche zwiſchen einer Linie und 2 oder 3 Zoll dick ind. Ja Beziehung auf ihren angegebenen Urſprung hat Hr. J. dem erganiſchen conſtituirenden Theile, den Namen mudefeofe Saͤure gegeben (von vo gts, d. h. Zerfallen durch Uebermaaß von Feuchtigkeit); und er erwähnt eine von Dr. Boaſe mitgetheilte Beobachtung, daß die Wurzeln der Statice Armeria eine färbende Subſtanz enthalten, welche, der Erſcheinung zufolge, den Auflöfuns gen der mudeſeoſen Säure aͤhnlich find. Speciellere Analyſen fine den ſich in dem London-Edinburgh- Dublin philosophical Journa! Novemb. 18430. P. 382. Dt Ueber die verfchiedenen Formen der Nafenpolypen. Von Caͤſar Hawkins. Es giebt drei verſchiedene Arten von Naſenpolypen, welche indeß ſaͤmmtlich gutartige Krankheitsformen darſtellen. 1. Blaſenpolypen. Bei dieſer Art findet man die Naſenloͤcher von einer großen Anzahl grauer oder durch— ſichtiger Blaſen verſtopft (bisweilen irriger Weiſe Hydatiden oder Hydatidenpolypen genannt), welche mit Naſenſchleim in betraͤchtlicher Menge überzogen find und eine durchſichtig waͤſſrige Fluͤſſigkeit enthalten, die mit einer kleinen Quan— titaͤt Schleim gemiſcht iſt, wodurch fie etwas Zaͤhigkeit er— haͤlt. Bei dieſer Art von Polypen findet beträchtliche Aus- fonderung von Fluͤſſigkeit ſtatt, und fie find vortreffliche Hp: grometer, ſo daß die Kranken oft im Stande ſind, bei trockenem Wetter noch ſehr gut zu athmen, waͤhrend ſie bei feuchter Luft, wodurch die Verdampfung geftört wird, ſehr uͤber Verſtopfung der Naſenhoͤhlen klagen. Unterſucht man dieſe Polypen naͤher, ſo findet man, daß ſie ſehr leicht zer— reißen, worauf nach Abfluß des Inhaltes in der Pincette einige zarte Fetzen einer feinen durchſichtigen Haut zuruͤck— bleiben; dieſe Polypen ſind, in der That, nichts, als eine große Menge nebeneinanderhaͤngender ovaler oder birnfoͤrmi— ger Side, welche lange Zeit fortdauernd gebildet werden. Friſchgebildete zerreißen eben fo leicht, als ältere. Sir Aft- In Cooper, welcher fie Hydatidenpolypen nennt, fagt zwar, daß ſie bei jungen Perſonen vorkommen; zufaͤllig aber Lak auen de ſind die wenigen Faͤlle, welche ich geſehen habe, alle von erwachſenen Perſonen, ſo daß ſie wahrſcheinlich in jedem Lebensalter ſich bilden. Jedenfalls iſt dieſe Art der Poly— pen viel feltener, als die folgende. Die Weichheit der Blas ſenpolypen macht, daß ſie durchaus keine bedenklichen Erſchei⸗ nungen durch Druck veranlaſſen; aber durch ihre große An— zahl belaͤſtigen fie dennoch ſehr. Es giebt zwei Anſichten uͤber die Natur dieſer Blaſen; Einige, unter dieſen Portal und Andere, halten fie für Ausdehnungen der Schleimbaͤlge, eine Art von mucöfer Balggeſchwulſt, während die Andern mit Alibert der Ans ſicht find, daß ſich die Fluͤſſigkeit in dem gewöhnlichen ſub⸗ mucöfen Gewebe befindet. Beide Erklaͤrungsweiſen haben ihre Schwierigkeit; nimmt man an, daß es Schleimbeutel ſeyen, ſo begreift man nicht, wie eine ſolche Anzahl ſich ſo lange Zeit fortwährend bilden koͤnnen; hält man es für Ins filtration des mucöfen Gewebes, fo ſieht man keinen Grund ein, warum die Geſchwuͤlſte die Form ſo regelmaͤßiger, einen halben Zoll langer Saͤcke annehmen. Im Ganzen bin ich mehr der Anſicht, daß fie ihren Urfprung aus Follikeln nehmen, was auch einer Form der Gebärmutterpolnpen entſpricht, wo dieſe Follicularblaſen einen ſehr großen Um⸗ fang erreichen; eine Muͤndung habe ich nie geſehen, obgleich ſie Andere gefunden zu haben glaubten. Eins iſt ſicher, daß naͤmlich das Vorkommen dieſer Krankheitsform von ei— ner conſtitutienellen Urſache herruͤhrt; in der Regel iſt da⸗ mit ein blaſſes, fahles Ausſehen, eine Art von Cachexie 107 verbunden, welche bei andern Perſonen vielleicht eine ge⸗ woͤhnliche ozaena veranlaßt haben würde, hier aber dieſe beſondere Krankheitsform in der Haut des obern Theiles der Naſenhoͤhlen veranlaßt, wo ſie allein ſich bilden. Deßwegen muß auch die Behandlung eine allgemeine ſeyn, am zweck nißigſten, zur Verhütung eines Ruͤckfalles, Saſſaparill, Kali carbonicum oder Kali hydroiodieum, bisweilen auch kleine Gaben Mercur. Einigemal habe ich auch kleine Gaben Arſenik mit ſcheinbarem Nutzen gegeben; bittere Mittel mit Alkalien und leine alterirende Doſen blauer Pillen. Die Extraction iſt von keinem Nutzen, ſon— dern die locale Behandlung beſteht in Anwendung adſtrin— girender Mittel. Sind die Naſenloͤcher ſtark verſtopft, fo kann man allerdings einige Blaſen zuerſt zerdruͤcken, um ſich Raum zu ſchaffen; ſonſt iſt aber dieſe laͤſtige Operation durchaus unnöthig. Die beſten Mittel find Zinkvitriol, Kupfervitriol, Alaun oder Sublimat, welche man in ſtar— ker Aufloͤſung anwendet. Man laͤßt ſie entweder mit den Naſenloͤchern aufziehen, oder inficirt fie mit einer Spritze. oder man ſteckt etwas Charpie in die Naſe, laͤßt den Kopf ſtark zuruͤckbeugen und troͤpfelt die Aufloſung ein. Un- guentum hydrargyri nitriei wird nach der Zerſtoͤrung der Polypen mit Vortheil auf die Inſertionsſtelle ange— wendet; ebenſo kann man indeß auch Pulver von Zinkvi— triol und von Alaun anwenden, welches man den Kranken ſchnupfen läßt. Ich ziehe indeß Salben oder waͤſſrige Auf— löfungen vor. Einige empfehlen Spießglanzbutter oder Li- quor Kali caustiei, wobei man die Berührung der Sei— ten der Naſenhoͤhle vermeidet. Dieſe Mittel muͤſſen ſaͤmmt— lich noch lange Zeit angewendet werden, nachdem auch die Naſenhoͤhle bereits vollkommen frei zu ſeyn ſcheint. 2. Gallertpolypen. Dieſe Form iſt etwas fe— ſter und wuchert aus dem mittleren Naſengange hervor, obwohl ich ſie auch in den Zellen des Siebbeins beobachtet habe. Es war vor Kurzem ein funfzigjäbriger Mann im Spitale, welcher ſeit dreizehn Monaten an Verſtopfung der Naſenoͤffnung litt, und in der letzten Zeit einen gelben Ausfluß aus der Naſe gehabt hatte; es waren mehrere ge— latinofe Polypen in jeder Naſenoffnung, welche ſehr hoch oben zu wurzeln ſchienen. Die Naſenoͤffnungen waren voll— kommen verſtopft; er konnte weder riechen, noch ungehin— dert ſorechen. Es wurde eine betraͤchtliche Maſſe eines ge— latinöfen Naſenpolppen aus der rechten und aus der linken Naſenoͤffnung ausgezogen und eine Solution von 3 Drach—⸗ men Zinkvitriol in 8 Unzen Waſſer injicirt. Hierauf wur— den noch mehrere Stuͤcke ertrahirt; endlich ging ein feſteres Stuͤck des Polypen ab, und nun konnte der Kranke geheilt entlaſſen werden. De Polyp bildete eine ſchmutzigweiße Maſſe, welche von einer feinen Haut bedeckt war, auf wel— cher eine gelbe ſchleimige Secretion ſtattfand. DL Maffe war muͤrbe und beftand aus einer Infiltration von Serum oder Lymphe in das mucöfe oder ſubmucoͤſe Gewebe, wobei eine geringe Anzahl zarter Faſern von der Wurzel aus ge— gen den Umfang durch die Subſtanz hindurchgingen; find dieſe Faſern von ungleicher Laͤnge, ſo bedingen ſie ein un— regelmaͤßiges oder zuſammengezogenes Ausſehen der Oberflaͤ⸗ 108 che der Geſchwulſt, die indeß ihre Geſtalt doch hauptſaͤchlich dem Drucke der umgebenden Waͤnde verdankt. Vorher iſt fie allerdings oval oder kugelig. Im Innern des Po ypen findet man uͤbrigens auch zarte Gefaͤße, welche indeß ſelten von betraͤchtlicherem Umfange find. Der gelatinoͤſe Polrp iſt eine ſolide Maſſe von Schleimhaut, welche durch Ge— websinfiltration ausgedehnt iſt, jedoch nicht in einzelne Side, wie der Blaſenpolyp, indem er auch keinesweges durch Condenſation eines Naſenpolypen entſteht, ſondern in Bezug auf Urſprung und Sitz ſich unterſcheidet. Der Gal— lertpolyp iſt offenbar mehr local und koͤmmt bei gefunden Perſonen, namentlich auch haͤufig bei Kindern, vor. Er iſt haͤufig einzelnſtehend, ſo daß, wenn er mit ſeiner Wurzel entfernt iſt, man keinen Ruͤckfall zu fuͤrchten hat. Indeß kommt es auch vor, daß mehrere vorhanden ſind, und als— dann iſt eine Radicalcur weniger ſicher; indeß haͤngen ſie doch immer nicht ſo ſehr von conſtitutionellen Urſachen ab, als die Blaſenpolypen. Die Behandlung iſt durchaus mechaniſch. Sit der Polyp ſehr weich, was bisweilen vorkoͤmmt, ſo kann man allerdings eins der genannten adſtringirenden Mittel verſu— chen; in der Regel indeß helfen ſie nicht, obgleich ſie zur Unterſtuͤtzung der Cur außerordentlich wirkſam ſind und Ruckfaͤlle verhindern. Zur Entfernung des Polypen bedient man ſich einer rauhen Polnpenzange, die man hoch oben anlegt und bei dem Anziehen dreht. Die Blutung iſt un— bedeutend; bisweilen geht ein Wenig von dem Knochen mit ab, indeß iſt der Erfolg eben ſo ſicher, wenn nur die Schleimhaut, auf welche der Polyp wurzelt, entfernt wird. 3. Faſerpolypen. Fibroͤſe, ſarcomatoͤſe oder Fleiſch— polypen find feſter und vollkommener organiſirt; fie befteben aus einem faſerigen Gewebe mit großen Blutgefaͤßen und ſehr wenig Exſudation von Fluͤſſigkeit in das Gewebe. Dieſes iſt bisweilen ſo feſt als Faſerknorpel; gewohnlich in— deß weniger hart, ſo daß nur der Stiel eine mehr fibroͤſe Beſchaffenheit hat. Gleich allen fibroͤſen Geweben kann auch dieſes verknoͤchern; ich habe einmal einen Polypen zur Haͤlfte knorpelig, zur Haͤlfte knoͤchern gefunden, waͤhrend neben ihm ein anderer die gewoͤhnliche faſerige Textur zeigte. Bei'm Lebenden ſieht ein ſolcher Polyp roͤthlichweiß oder braͤunlich aus, und iſt mit einer duͤnnen, glatten Haut uͤberzogen, welche eine mehr waͤſſtige, ſeroͤſe Abſonderung hat, als der gelatinoͤſe Polyp. Ebenſo wie der Gallertpo— lyp, ſitzt auch dieſer an der aͤußern Seite der Naſenhoͤhle, jedoch haͤufiger weiter hinten, ſo daß er an einem Theile der hintern Naſenoͤffnungen anſitzt; von den weichern Theis len des Siebbeins entwickelt er ſich vielleicht niemals, bis— weilen jedoch findet man ihn in einer der Zellen deſſelben. Der fibroͤſe Polyp iſt haͤufig einzeln vorhanden; jedoch kommt es auch vor, daß mehrere zugleich ſich entwickeln. Man findet ſie immer bei Erwachſenen; wenigſtens habe ich noch nie einen Fall bei einem Kinde geſehen. Es wird übrigens der fibröfe Polyp nicht von allen Beobachtern von den uͤbrigen Species getrennt. So han— delt Sir Aſtley Cooper den Fleiſchpolypen mit dem gela— tinoͤſen ab, und Boyer, deſſen Beſchreibung uͤbrigens die 109 befte ift, die ich kenne, bezeichnet den Blaſen- und Gallert— polypen mit dem einfachen Namen eines Schleimpolypen, während er die Fleiſchpolypen getrennt abhandelt und in ſcirrhoͤſe und einfache Fleiſchpolypen eintheilt. John Bell und Andere halten dieſe Unterſchiede für eingebildet und glau— ben, daß es ſich nur um verſchiedene Stadien derſelben Ge— ſchwulſt handele. Es ſcheint mir, daß keine dieſer Anſich— ten ganz richtig iſt. Bisweilen allerdings mag der gelati— néſe Polyp allmaͤlig feſt werden und eine fibröfe Textur ans nehmen; aber in andern Faͤllen iſt auch bisweilen ſchnell ein kleiner Polyp ſchon von Anfang an ganz feſt. Niemals aber iſt irgend eine Form der Krankheit Folge eines Blaſen— polypen. Der Unterſchied zwiſchen fibroͤſen und gelatinoͤſen Polypen ſcheint von den Texturen abzuhaͤngen, welche er— krankt find; iſt bloß die Schleimhautoberflaͤche afficirt, fo zeigt ſich ein gelatinoſer Polyp leidet auch die ganze Dicke der Haut mit, d. h. auch die angeheftete Flaͤche, wozu al— fo das Perioſt ebenſowohl gehört, als die freie Schleim: bautoberfläche, fo iſt der Polyp von der fibröfen Art; dieß kann folglich bisweilen vom erſten Augenblicke an, bisweilen erſt in einem ſpaͤtern Stadium, der Fall ſeyn, wenn ſich der Krankheitsproceß auf die feſtein Gewebe ausgebreitet hat. Daher iſt ein Polyp, welcher in dem obern oder mittleren Theile der Naſe entſteht, wo das fibrofe Gewebe ſchwerlich vorhanden iſt, gewöhnlich gelatinoͤs; ſitzt er aber weiter bins ten, in der Naͤhe der fauces, wo viel fibröfes Gewebe ſich befindet, fo iſt der Polyp faſt immer fidroͤs. So habe ich einen fibroſen Polypen durch die Ligatur aus dem hin— tern Theile der Naſenhoͤble bei einem Kranken entfernt, welchem vorher gelatinoͤſe Polypen aus dem vordern Theile der Hoͤhle extrahirt waren. Wahrſcheinlich aus demſelben Grunde iſt die Textur eines Polypen, in der Regel, weicher, wenn derſelbe ſehr raſch waͤchſt, und fibroͤs, wenn er lang— ſam ſich entwickelt. Ueberdieß iſt die Baſis fibroͤſer, als der herabhaͤngende Theil, da er dem fibröfen Gewebe am naͤchſten liegt. Dieſelben Urſachen bedingen daher ſowohl gelatinoͤſe als fibroͤſe Polypen; beide koͤnnen bei einem und demſelben Kranken ſich entwickeln; beide ſind gutartig; den— noch aber wird durch die Verſchiedenheit der Textur die eine Krankheitsform wichtiger, als die andere. Nur der fibroͤſe Polyp bringt fo ſchwere und bedenkli— che Wirkungen hervor, wie ſie beſchrieben worden ſind, weil nur er ſo viel Feſtigkeit und Gefaͤßreichthum hat, um die Waͤnde der Naſenhoͤhle auseinanderzudrucken. Dabei wer— den zuerſt die Knochen ausgedehnt, und in ihrer Geſtalt umgeaͤndert. Die Knochenablagerung geht zuerſt noch im Verhaͤltniſſe zu der interſtitiellen Abſorption vor ſich; hierauf aber werden die Knochen bei Seite gedraͤngt und voneinan— der getrennt, oder es werden die Oeffnungen der Naſen— hoͤhle, die Zellen oder die Naſencanaͤle ausgedehnt und er— weitert, indem ſie mit der hervorragenden Geſchwulſt aus— gefuͤllt werden; nun wird die Wucherung noch beſchleunigt; die Knochen ſind abſorbirt; es findet keine friſche Knochen— ablagerung mehr ſtatt, und der Polyp kommt mit der Haut und den übrigen Geweben im Geſichte in Beruͤhrung; das Septum iſt abſorbirtz die Naſenknochen oder die der orbita — 110 des Oberkiefers oder des Gaumens gehen groͤßtentheils vers loren; endlich wird die Haut geſpannt, mißfarbig, dunkel⸗ roth, ſodann livid; hierauf wird fie ulcerirt,; der Polyp dringt durch die Geſchwürsoͤffnung hervor; die Ränder der Haut werden noch Außen umgeftülpt und bedecken ſich mit dicken, wuchernden Granulationen und da der hervorragende Polyp gefaͤßreich und fungos ausiiebt und an feiner Ober: flaͤche aus den ulcerirten Gefaͤßen blutet, fo bekommt er große Aehnlichkeit mit einer bösartigen fungoͤſen Wucherung. Dieß war der Fall bei einem Manne, welcher vor einem Jahre noch in der Behandlung von Brodie war. Ein Gaͤrtner, 47 Jahr alt, wurde am 7. Juli v. J. in das Spital aufgenommen. Seine Naſe war durch eine Geſchwulſt, welche den ganzen vordern Theil der Naſe aus: füllte, ſehr ausgedehnt und erweitert; die Geſchwulſt ragte aus dem Geſichte hervor, indem ſie nicht allein die Waͤnde der Naſe vor ſich her ausdehnte, ſondern auch durch die Naſenlocher hervorragte. Auf der linken Seite war dieſe Geſchwulſt am größten und ragte einigermaßen Über das Auge heruͤber. Auf der linken Seite iſt die Naſe aufge— brochen, und hier ragte eine fungoͤſe Excrescenz, von gehirn— ähnlichem Ausſehen, hervor. Die Geſchwulſt ift weich und elaſtiſch bei Berührung. Die Oberflaͤche iſt da, wo fie frei liegt, rauh und mit unregelmaͤßigen fungoͤſen Granula— tionen bedeckt, welche bei Beruͤhrung leicht bluten, aber nicht ſehr ſchmerzbaft find. Mit einer Sonde kann man rund um die Geſchwulſt herumgehen, außer an der linken Seite; wo bdiefelbe ſeitlich aus der Naſe hervorragt, da haben ſich einige Adhaͤſionen zwiſchen der Geſchwulſt und der Haut gebildet. Die Geſchwulſt reicht übrigens nicht weit nach Hinten und kann am Gaumen nicht gefuͤhlt werden; das septum iſt nach Unten unverſehrt, oberhalb aber perforirt, ſo daß die Geſchwulſt von hier aus auch die rechte Naſen— hoͤhle ausfuͤllt. Der Kranke gab an, daß er bereits ſeit 20 Jahren an einem Polypen der linken Naſenhoͤhle leide; zuerſt war er im Stande, denſelben hervorzutteiben; er hatte damals das Ausſehen eines weichen, ſchwammigen Fleiſches, und es ragte damals ziemlich eben fo viel hervor, als zur Zeit feiner Aufnahme. Wenn er den Polypen auf dieſe Weiſe durch die Luft nach Vorn trieb, ſo blutete er. Sieben Jahre nach dem erſten Erſcheinen des Polypen wurde er mit einer Zange ausgezogen; dieß iſt ſeitdem 12 — 14 Mal geſchehen; es folgte nach der Operation jedes— mal eine Blutung, ſo daß einmal die Naſe tamponirt wer— den mußte. Das letzte Mal geſchah die Operation vor zwei Jahren, und es würden dabei einige Knochenſtuckchen mit ausgezogen. Vor dieſer Texten Operation beſchraͤnkte ſich die Geſchwulſt noch auf eine Naſenhoͤhle; ſeitdem aber hat fie raſch an Groͤße zugenommen und zwar beſonders, waͤhrend der Patient im letzten Fruͤhlinge wegen einer heftigen Diar⸗ rhöe mehrere Wochen das Bett büten mußte. Er magerte dabei betrachtlich ab. Waſchungen der Geſchwulſt, welche verordnet worden waren, blieben ohne Erfolg; Druͤſenan⸗ ſchwellungen waren nicht damit verbunden. Am 20. hatte ſich die Geſchwulſt beträchtlich verurößert ; das Hautgeſchwür halte einen groͤßern Umfang erreichtz der fungus war mehr 111 hervorgetrieben; dabei zeigte ſich Fieber, allgemeine Reizung und eine leichte Tendenz zu Delirien. Am 23. ſtellten ſich heftige Froſtſchauer ein, mit einem Pulſe von 120 und trockener, brauner Zunge; am 26. entwickelte ſich das de— lirium, der Kranke hatte bisweilen Schuͤttelfroſt und die Schwaͤche nahm zu. Am 28. hatte er einen Anfall von Convulſionen, worauf coma folgte, bis am 29. der Tod eintrat. Auf dieſe Weiſe endete ein ungluͤcklicher Fall von Na— ſenpolypen, welcher einer boͤsartigen Geſchwulſt vor dem Tode ſehr aͤhnlich ſah; in der That iſt auch die krankhafte Subſtanz fo verändert, daß fie weich, muͤrbe und ungewoͤhn— lich gefaͤßreich erſcheint und einer bösartigen Wucherung nicht unaͤhnlich ſieht. Alibert und Dupuytren behaupten zwar, daß ein Polyp auch in ſeinem letzten Stadium ſich nicht bis zu ſeiner Wurzel erweiche; in dieſem Falle jedoch reichte die Erweichung, in der That, bis zu der Hautſtelle, von welcher die Geſchwulſt an der aͤußern Seite des Naſen— loches entſprang. Dennoch glaube ich, daß die Aehnlichkeit nur zufaͤllig war, und daß die Geſchwulſt nur einen einfa— chen fibroͤſen Polypen darſtellte, obgleich ich geſtehen muß, daß ich ihn ebenfalls für boͤsartig hielt, bis ich die Ges ſchwulſt nach dem Tode gründlich unterſucht hatte. Das weſentlich characteriſtiſche Merkmal einer boͤsarti— gen Geſchwulſt beſteht darin, daß ſie andere Gewebe, welche nur damit in Beruͤhrung kommen, ebenfalls umwandelt, ſo daß in manchen wirklich boͤsartigen Krankheiten die Knochen ganz in dieſelbe Maſſe umgewandelt werden; die Zellen fuͤl— len ſich mit einer neuen Wucherung, und alle Gewebe neh— men ein gleiches Ausſehen an. Trotz des weit vorgeſchritte— nen Stadiums beſchraͤnkt ſich in dem uns beſchaͤftigenden Falle die Degeneration ganz und gar auf die Schleimhaut und das darunterliegende fibroͤſe Gewebe. Zieht man das Perioſt von dem Knochen ab, ſo findet man dieſe von normaler Textur, obwohl in Bezug auf Geſtalt veraͤndert und durch Druck theilweiſe abſorbirt. Alle Zellen des Kno— chengewebes ſind geſund, obwohl in Hinſicht auf Form et— was veraͤndert, und ſelbſt das Schleimhautgewebe iſt, außer an der Urſprungsſtelle des Polypen, ganz geſund. Es iſt bloß verdickt und gefaͤßreicher, als gewöhnlich, wie dieß bei ſo lange dauernder Reizung zu erwarten iſt. An einer 112 Stelle findet ſich ein kleiner gelatinoͤſer Polyp auf dieſer verdickten Schleimhaut. Hier waren alſo 20 Jahre vergan— gen, ohne daß irgend ein anderes Gewebe veraͤndert geweſen waͤre, und es ſind Faͤlle bekannt, in welchen nach noch laͤn— gerer Zeit der Polyp immer noch einfach fibrös war. Ver— wirrung iſt in dieſen Gegenſtand gebracht worden, dadurch, daß man bisweilen die Ausdruͤcke verkehrt gebraucht hat, beſonders daß man haͤufig Polypen nannte, was, in der That, von Anfang an bösartige Geſchwuͤlſte ganz anderer Art waren. (London med. Gaz. July 1840.) Misc el lee n. Nichtheilung einer Fractur in Folge eines no dus. Ein junger Mann machte wegen ſyphilitiſcher Hautausſchlaͤge eine Queckſilbercur durch. Die Eruptionen verſchwanden; ein nedus auf dem rechten Schienbeine blieb aber unverändert. Durch einen eine fachen Fall erlitt der Kranke einen ſchraͤgen Bruch der tibia an dieſer Stelle. Durch Muskelkrampfe wurde die ruhige Lagerung des Gliedes oft geſtoͤrt. Nach einigen Tagen ulcerirte die Haut uͤber den Bruchenden; es entwickelte ſich Eiterung und Verjau— chung Dr Arnott verſuchte vergeblich verſchiedene Behand— lungsweiſen; die Eiterung nahm zwar ab, aber die Heilung der Fractur erfolgte nicht. Es entwickelte ſich mehrmals Eryſipelas von der Wunde aus, wodurch das Leben des Kranken in Gefahr kam; endlich nach einem halben Jahre mußte die Amputation vor— genommen werden. An dem abgenommenen Theile fand ſich die fibula feſt und nur mit unbedeutender Verkuͤrzung vereinigt, die beiden Stücke der tibia hingen dagegen nur durch eine ſehr duͤnne Knochenbruͤcke an der hintern Flaͤche zuſammen. Beide Knochen— enden waren durch granulirende Knochenwucherungen verdickt und hatten ein carioͤſes Ausſehen. (London med. June 1840.) Unter dem Namen einer or ganiſchen Behandlung der Ruͤckgratsverkruͤmmungen beſchreibt Dr. Forcke in Holſcher's Annalen 1839 IV. ein Verfahren, wonach in der Gegend der ſtaͤrkſten ſeitlichen Abweichung zu jeder Seite, I Zoll von den Dornfortſaͤtzen entfernt, ein Fontanell von vier bis ſechs Erbſen angelegt und außerdem der ganze Rüden und die Seite der Bruſt mit großen Portionen Jodeiſenſalbe (31 — jj auf 33) eingerieben wird. Das Fontanell ſoll ſtark in Reizung erhalten werden, weil es hauptſaͤchlich auf dieſen permanenten Neiz und nicht auf die Abſonderung ankomme, indem der Reiz die organi— ſchen Nerven in den kranken Regionen errege und durch Reaction aller Kraͤfte des Organismus die Herſtellung der normalen Kraft dieſer Nerven bewirke. Bibliographische Species des mammiferes bimanes et quadrumanes; suivi d'un memoire sur les Orycteropes. Par M. R. P. Lesson. Paris 1840. 8. Ueber Blut und Nerv in Bezug auf den gegenwaͤrtigen Zuſtand der Humoral- und Solidar-Pathologie. Von Dr. C. Steifen⸗ fand. Crefeld 1840. 8. Neuf gkeit De la Peste observée en Egypte. Recherches et considerations sur cette maladie. Par A. B. Clot Bey. Paris 1840. 8. (M. K.) Entwurf eines natuͤrlichen Syſtems der Medicin Darſtellung der Krankheiten der Bildungsſphaͤre. burger. Dresden 1840. 8. und genetiſche Von W. Dam: PPP ³¹wAꝛ²¹ꝛm̃ ̃ młL——— ˙¹ i mj ̃ qa Menue Wotizen auß dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem ObersMedicinafratbe Frorter zu Weimar, und dem Medicımalrathe und Prefeſſer Frerier in Berlin. No. 338. (Nr. 8. des XVI. Bandes.) October 1840. Gedruckt im Landes -Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preie eines ganzen Bandes von 24 Bogen, 2 Htbir. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. rer Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der vegetabiliſchen Organismen. Von Dutrochet, Mitglied der Academie der Wiſſenſchaften. (Hierzu Figur 3 — 5 der mit Nr. 331. [Nr. 1. d. XVI. Bis.) d. Bl. ausgegeh. Tafel. (Fortſetzung.) Bekanntlich bedient man ſich zur Herſtellung des electriſchen Kreiſes zweier kupferner Bolzen, die man in zwei zu dieſem Ende im Multiplicator angebrachte Loͤcher ſteckt. Der eine dieſer Bolzen bleibt gewoͤhnlich ein fuͤr allemal an Ort und Stelle; den auf der anderen Seite nimmt man heraus, wenn man die Kreisſtroͤmung unterbrechen, und ſteckt ihn wieder hinein, wenn man ſie wieder in Gang bringen will. Nun habe ich mich davon uͤberzeugt, daß die Magnetnadel abweicht, wenn der Bolzen eine andere Temperatur beſitzt, als das Loch, in dem er ſteckt. Dieſe Abweichung iſt von der Art, daß die Nadel ſich ſtets nach der Seite des fraglichen Bol— zens zu bewegt, dieſer mag nun waͤrmer oder kaͤlter ſeyn, als ſein Loch. Ich ließ die Unterbrechung des Kreiſes oft Stunden lang fortbeſtehen, bevor ich wieder an meine Beobachtungen gehen konnte. Wenn dieß nun geſchah, ſo bemerkte ich ſchleunigſt den Gleichgewichtspunct der Magnetnadel und ſtellte dann den Kreis— lauf durch Einfuͤhrung des Bolzens wieder her, welchen ich nicht mit den Finger, ſondern mit einer kupfernen Zange anfaßte. Trotz dieſer Vorſicht konnte der Bolzen waͤhrend feiner Trennung vom Multiplicator unftreitig eine von der des Loches verſchiedene Tem: peratur angenommen haben, obwohl der Unterſchied ſo unbe— deutend ſeyn mußte, daß die Richtigkeit der Reſultate dadurch kaum beeintraͤchtigt wurde. Da ich jedoch wußte, nach welcher Seite die Nadel durch dieſe Urſache abweichen muͤſſe, wenn dieß ir— gend geſchehe, ſo zog ich ſtets denjenigen Bolzen heraus, durch deſ— ſen Einfuͤhrung der beobachtete Grad der eigenthuͤmlichen Waͤrme mei— ner Pflanzen bätte verringert werden muͤſſen, wenn irgend ein ſtoͤ— render Einfluß ſtattgefunden haͤtte. Dieſe Vorſichtsmaßregeln wer— den keineswegs uͤbertrieben erſcheinen, wenn man bedenkt, wie ge— ring, im Ganzen genommen, die Lebenswaͤrme der Pflanzen iſt. Der treffliche Gourjon'ſche Murftiplicator, deſſen ich mich im Jabre 1839 in Verbindung mit den Nadeln mit endſtaͤndiger Loͤthſtelle bediente, wozu Figur 3. ein Paar darſtellt, gab mir 16 Grad Ab⸗ weichung der Magnetnadel auf 1 Grad C. Unterſchied in der Tem⸗ peratur der beiden Loͤthſtellen. Mit dieſem hoͤchſt empfindlichen tbermoelectrifchen Apparate konnte ich meine Verſuche vom Jahre 1838 mit weit mehr Genauigkeit und Sicherheit wiederholen, und dabei überzeugte ich mich, daß die damals erlangten Reſultate, im Ganzen genommen, richtig waren. Der in Figur 4. abgebildete No. 1438. Bun $, Apparat, deſſen ich mich im Jahre 1838 bediente, konnte nur zur Beobachtung von abgeſchnittenen und mit dem unteren Ende in Waſſer ſteckenden Pflanzen dienen, wogegen ſich der neue Apparat Figur 5 nicht nur zum Experimentiren mit abgeſchnittenen, ſon⸗ dern auch mit bewurzelten und in Aeſche geſetzten Pflanzen eignete. Seit Anfang Juni 1839 konnte ich zu meinen im Jahre 1838 gemachten Beobachtungen fo viele neue hinzufügen, daß ich für zweckmaͤßig hielt, mit der Bekanntmachung der Hauptreſultate nicht länger anzuſtehen. Ich bat alfo die Academie der Wiſſenſchaften, den ihr verſiegelt uͤbergebenen Artikel zu oͤffnen und ſich vortragen zu laſſen und fuͤgte einen neuen Artikel hinzu, der, wie der erſte, in der Sitzung der Academie am 10. Juni 1839 vorgeleſen wurde. In der folgenden Sitzung, am 17. Juni, nahm Herr Becquerel die Priorität der Entdeckung der eigenthuͤmlichen Wärme der Pflan⸗ zenftängel für ſich und Herrn von Mirbel in Anſpruch, indem er ſich auf einen vor 2 Jahren angeftellten bisher noch nicht vers oͤffentlichen Verſuch berief. Ich theile hier einen Auszug von ſei— ner in dieſer Beziehung gemachten Reclamation mit *). „Gleich nachdem ich die thermoelectriſchen Wirkungen zur Be— ſtimmung der Temperatur der inneren Theile des Menſchen und der Thiere angewandt, machte ich einen Verſuch mit derſelben Na⸗ turkraft, um die Temperatur der Gewaͤchſe zu ermitteln. Ich lud vor 2 Jahren Herrn von Mirbel ein, dieſe Experimente mit mir im Pflanzengarten zu machen. Derſelbe ging auf meinen Vor⸗ ſchlag ein und ſtellte alsbald die paſſend ſcheinenden Gewaͤchſe zu meiner Verfuͤgung. Nun bemerkte ich aber ſehr bald die Schwie⸗ rigkeiten, die ich zu überwinden hatte, bevor der gewuͤnſchte Zweck erreicht werden konnte. Zuerſt wurde ein Strauch mit einem ſehr feinen Bohrer angebohrt, um eine der Loͤthſtellen einzuführen. Die eingefuͤhrte Nadel wurde bald chemiſch angegriffen und dadurch eine electrochemiſche Strömung erzeugt. Um dieſen Uebelſtand zu beſeiti⸗ gen, wurden die Nadeln mit mehreren Schichten Gummilackfirniß überzogen. Die andere Loͤthſtelle blieb an der freien Luft, deren Temperatur ſich ziemlich gleichblieb. Allein in Bezug auf die Aus: ſtrahlung befanden ſich die beiden Loͤtbſtellen unter verſchiedenarti⸗ gen umſtaͤnden; denn die eine war von dem bolzigen Gewebe bes deckt und die andere befand ſich an der freien Luft. Daraus ent⸗ ſtanden denn zuſammengeſetzte Wirkungen, die eine genaue Beſtim⸗ mung der Temperatur der Gewächſe verhinderten. Herr von Mirbel machte mir nun den Vorſchlag, mitten im Pflanzengar⸗ ten zu experimentiren und den Apparat in eine Gärtnerhütte zu bringen. Bei'm Eintreten ſah ich einen Eräftia vegetirenden Baum, ich glaube eine Acacia, und daneben einen abgeſchnittenen Aſt von demſelben Baume. Sogleich fiel mir bei, daß zur Vermeidung der *) Comptes rendus des séances de P Academie des Sciences, 17. Juin 1839. T. VIII. p. 989. 8 115 verſchiedenartigen Ausſtrahlung die eine Loͤthſtelle paſſend in den le benden Baum und die andere in den todten Zweig, der ungefahr denſelben Durchmeſſer hatte, gebracht werden konne. Dieſer theoretiſch richtige Verſuch gelang vollſtändig und wir beobachteten bald einen Unterſchied in der Tem⸗ peratur des lebenden und der des Lodten Baumes. Der Gärtner erhielt den Auftrag, die Abweichung der Magnernas del alle zwei Stunden zu beobachten; allein am folgenden Tage fand ich, daß er, ungeachtet er ein geſcheidter Mann war, ſo viele Beobachtungsfehler ſich hatte zu Schulden kommen laſſen, daß ich vor der Hand auf den Verſuch verzichtete, bis ich denſelben wurde durchaus ſelbſt leiten konnen. „Im vergangenen Jahre bat mich Herr Dutrochet um Aus— kunft uber die von mir zur Beſtimmung der Temperatur ange: wandten Mittel. Ich theilte ihm Alles mit, was bisher in dieſer Beziehung von mir geſchehen war, indem ich ihn bat, meine Me— thode ſeibſt in Ausübung zu bringen und auf demſelben Wege weis ter zu foeſchen. Es freuet mich, daß er dieß gethan und daß feine Beobachtungen die Pflanzenphyſiologie bereichern werden. Gewiß wird er in dem Artikel, den er bald herauszugeben gedenkt, der eben von mir der Academie mitgetheilten Umjtande erwähnen, wel— che in der ſehr kurzen Notiz, die ich in der letzten Sitzung der Aca— demie vorgetragen, mit Stillſchweigen uͤbergangen werden mußten.“ In dieſer Reclamation hat man zweierlei zu unterſcheiden: 1) Herr Becquerel nimmt die Erfindung des Verfahrens in Anſpruch, welches darin beſteht, daß man eine der Loͤthſtellen in einen lebenden und die andere in einen todten Aſt bringt. Ich beeile mich, anzuerkennen, daß Herr Becquerel mir dieſen Rath gegeben und mir zugleich mitgetheilt hat, daß er dieſes Verfahren bereits ſeloſt in Ausführung gebracht und mittels deſ— ſelben in dem lebenden Baumaſt eine um mehrere Grade ho: here Temperatur gefunden habe, als in einem aͤhnlichen todten Aſte, der dieſelbe Temperatur, wie die umgebende Luft beſeſſen; 2) Herr Becquerel ſcheint, in Gemeinfchaft mit Herrn von Mirbel, die Entdeckung der eigenthuͤmlichen Wärme der Pflanzenftängel ſich ausdrücklich zuzueignen, wenn er ſagt, daß der zur Entdeckung die— fer eigenthumlichen Wärme von ihnen angeftellte Verſuch vollko m⸗ men gelungen ſey. Ließe ſich gegen das Reſultat dieſes Ver— ſuches durchaus nichts einwenden, fo würde es keinem Zweifel un: terliegen, daß Herr Becquerel und Herr von Mirbel vor mir das Vorhandenſeyn der eigenthuͤmlichen Waͤrme in den Pflanzen— ftängeln außer Zweifel geſtellt haben, da man zwar dieſer Warme ſchon lange nachgeforſcht, aber bisher noch nicht beſtimmt nachge— wieſen hatte. Nun deutet aber Alles darauf hin, daß bei dem hier in Rede ſtehenden Verſuche ſehr bedeutende Fehler untergelau— fen ſeyen und daß man folglich das davon abgeleitete Reſultat nicht für gültig anerkennen dürfe. Zum Beweiſe des hier Behaupteten erinnere ich zuvoͤrderſt an die weiter oben erwähnten Unterſuchun— gen verſchiedener Beobachter, namentlich Schuͤbler's, welche dar⸗ auf abzweckten, das Vorhandenſeyn eigenthuͤmlicher Waͤrme in den holzigen Theilen der Baumſtaͤmme zu erforſchen, und aus denen ſich ergiebt, daß ſich aus einer einzigen Beobachtung durchaus kein ſicheres Reſultat ableiten laſſe; daß, wenn die Temperatur der Bäume bald höher, bald niedriger iſt, als die der Atmoſphaͤre, dieß von dem langen Beibehalten einer früher durch die umgebende Ats moſphaͤre mitgetheilten Temperatur herruͤhrt, welche die Atmoſphaͤre nicht mehr beſitzt. Endlich hat man geſehen, daß die mittlere Jah— restemperatur der Bäume niedriger iſt, als die mittlere Jahres: temperatur der Atmofpyäre, woraus ſich ergiebt, daß die Baums ſtaͤmme und folglib auch deren bolzige Aeſte keine eigenthuͤmliche Waͤrme beſitzen. Dieſe niedrigere Temperatur der Baumſtaͤmme im Vergleich mit der der Atmoſphaͤre ſchreibe ich der durch die Ver— dunſtung der Feuchtigkeiten bewirkten Verkuͤhlung zu. Herr Bec— querel aber hat bei ſeinem Verſuche dieſen Grund der Veraͤnde— rung der Temperatur gar nicht in Anſchlag gebracht; er hat die wahrſcheinlich ſehr ungleiche Verkuͤhlung des todten und des leben: den Aſtes, die durch die Verdunſtung veranlaßt werden mußte, da der Verſuch in freier Luft oder, ſo zu ſagen, in freiem Winde ange— ſtellt wurde, durchaus unbeachtet gelaſſen. War etwa der vom Baume abgeloͤſ'te Aſt, deſſen Herr Becquerel gedenkt, friſch ab— 116 geſchnitten und noch mit Saft angefuͤllt? In dieſem Falle konnte er nicht für todt gelten. Oder war er wirklich todt und folglich vertrocknet, oder war er mit Regenwaſſer oder mit der Feuchtig— keit des Erdbodens, von dem man ihn aufgeleſen, getraͤnkt? Von allem dem ſagt uns Herr Becquerel nichts, und doch mußten alle dieſe verſchiedenen Zuſtaͤnde des abgelöf’ten Baumaſtes, der bei dem vergleichenden Verſuche mit dem lebenden Aſte benutzt wurde, ruͤckſichtlich der Reſultate einen entſchiedenen Einfluß aͤußern. War der Aſt friſch aogeloſ't, fo lebte er noch und bildete alſo zu dem noch am Baume ſitzenden Aſte keinen Gegenſatz. Weiter oben habe ich ferner gezeigt, daß, da ein todter von Feuchtigkeit ſtrotzender Stängel binnen derſelben Zeit mehr Fluͤſſigkeit verdunſten laßt, als ein gleich volumindſer lebender Stängel, jener ſich ſtarker verkuͤhlt, als dieſer, jo daß man bei dem vergleichenden Verſuche Bec qu e— rel's die höhere Temperatur des lebenden Aſtes keineswegs ſchlecht— hin auf Rechnung der Lebenswaͤrme ſetzen durfte, ſondern dadurch nur bewieſen war, daß die Temperatur beider Aeſte nicht gleich tief unter die der Atmoſphaͤre geſunken war. Das eben Geſagte gilt fuͤr den Fall, daß der hier in Rede ſtehende abgeloͤſ'te Aſt wirklich todt, aber noch mit einem Theile ſeiner organiſchen oder auch mit zufällig eingedrungenen Fluͤſſigkeiten getraͤnkt war. Wäre dagegen der abgelöf’te Aſt todt und vertrocknet geweſen, fo haͤtte er eine höhere Temperatur beſitzen müffen, als der lebende, weil ihm nicht, wie letzterem, freie Warme durch Verdunſtung ent— zogen worden waͤre. Herr Becquerel hatte aber ein entge— gengeſetztes Reſultat gefunden, naͤmlich daß die Temperatur des lebenden Aſtes um mehrere Grade höher war, als die des todten. So lautete feine mündliche Angabe, während er in ſeinem gedruck— ten Berichte nur fagt, er habe einen Unterſchied zwiſchen der Tem— peratur des lebenden und des todten Baumes beobachtet, was na— tuͤrlich ſo zu verſtehen iſt, daß dieſer Unterſchied, deſſen Betrag er nicht angiebt, zu Gunſten des lebenden Baumes ermittelt wor— den war. Aus dieſem Reſultate ergiebt ſich, meiner Anſicht nach, daß der todte Aſt, mit dem Herr Becquerel experimentirte, mit Feuchtigkeit getraͤnkt war, und da er dieſe an der freien Luft ſchnel— ler verdunſten ließ, als der lebende Aſt die ſeinigen, ſich ſtaͤrker abgekuͤhlt hatte, als der letztere, und folglich eine auffallend niedri— gere Temperatur zeigte. Durch dieſe Betrachtungen wird klar, daß der Verſuch der Herren Becquerel und von Mirbel das Vorhandenſeyn einer eigenthuͤmlichen Wärme in dem holzigen Stam— me oder den Aeſten der Baͤume keineswegs beweiſ't, und ich will hier im Voraus bemerken, daß ich in den holzigen Pflanzengewe— ben nie die leiſeſte Spur von Lebenswaͤrme habe entdecken koͤnnen und daß ich ſolche lediglich in den weichen, krautartigen Theilen gefunden; daß endlich dieſe Lebenswaͤrme der Pflanzenſtaͤngel nie mehrere Grade, ſondern nur den unbedeutenden Bruchtheil eines Grades beträgt. Aus dem Obengeſagten ergiebt ſich zur Genuͤge, daß, wenn die Herren Becquerel und von Mirbel unter den bei ihrem Verſuche obwaltenden Umſtaͤnden einen lebenden Aſt waͤrmer fan— den, als einen todten, dieß nur von der ungleichen Abkuͤhlung bei— der Aeſte durch gleichzeitig ſtattfindende ungleiche Verdunſtung be— wirkt worden ſey. Die Temperatur des todten Aſtes, welche als Ausgangspunct der Vergleichung diente und die man faͤlſchlich fuͤr dieſelbe hielt, wie die der umgebenden Luft, war ganz gewiß nie— driger, als dieſe. Aus ſolch einer falſchen Praͤmiſſe wurde alſo auch nothwendig ein falſcher Schluß gezogen, naͤmlich daß der le— bende Aſt eine eigenthuͤmliche Wärme beſeſſen habe, die hoͤher ge— weſen ſey, als die der umgebenden Luft, und hieraus folgt, daß vor mir Niemand das Vorhandenſeyn einer eigenthuͤmlichen Lebens— waͤrme in den Pflanzenſtaͤngeln nachgewieſen oder auch nur wirklich beobachtet hat. Ich wende mich nun zur Darlegung meiner Unterſuchungen, denen ich die ganze ſchoͤne Jahreszeit der Jahre 1838 und 1859, d. h. faſt 300 Tage gewidmet habe, waͤhrend welcher ich, ſelbſt oft bei Nacht, von Stunde zu Stunde beobachtete. Ich war bei dieſen ſchwierigen und feinen Unterſuchungen aͤngſtlich beſorgt, alle Urſachen von Fehlern zu beſeitigen und wiederholte jeden Verſuch bis zum Ueberfluſſe oft. Bei der Anwendung des thermoelectri— ſchen Apparates laufen ſo leicht Fehler unter, daß man ſich nur 117 durch große Vervielfältigung der Verſuche vor denſelben ſicher ſtel— len kann. Nur auf dieſe Weiſe laſſen ſich die regelwidrigen und zufälligen Reſultate ausſcheiden und regelmäßige feſte Erfolge er— langen, Meine Verſuche vom Jahre 1838 betrachtete ich nur als eine Voruͤbung zu denen vom Jahre 1839, die ich mit einem weit vollkommneren Apparate anſtellte. Demnach wird auch hier nur von den letzteren die Rede ſeyn, und ich werde unter denſelben nur diejenigen wählen, welche von den kleinen Unregelmäßigkeiten frei ſind, die ſich bei Anwendung des thermoelectriſchen Apparates ſo bäufig beobachten laffen. Ich habe bei dieſen Verſuchen alle Theile der Pflanzen, d. h., Stängel, Blätter, Bluͤthen, Eierſtoͤcke, Fruͤchte und Wurzeln, geprüft. Beſonders im Gipfel der jungen und im vollen Wachsthume ſtehenden Pflanzenſtaͤngel läßt ſich die eigenthuͤmliche Wärme und deren täglicher Paroxysmus wahrnehmen. Ich wählte zu dieſen Verſuchen Stängel, welche ganz jung aufgeſchoſſen waren und et— wa 1 Centimeter Durchmeſſer beſaßen. So ſtark mußten fie ſeyn, weil ich die endſtaͤndige Loͤthſtelle meiner Nadel immer 5 Millimez ter tief einſenkte. Die Loͤthſtelle befand ſich alſo ziemlich in der Axe der Staͤngel. Eine ſolche betraͤchtliche Staͤrke findet ſich aber nur bei gewiſſen Pflanzen und auch bei dieſen nur im Frühjahre, wo die Entwickelung am kraͤftigſten von Statten geht. Spaͤter werden die krautartigen Staͤngel immer duͤnner, zumal wenn ſich Bluͤthenknospen zeigen, und dann eigneten ſich die Spitzen der Stängel nicht mehr zu meinen Verſuchen, was auch von roͤhrigen Staͤngeln überhaupt gilt. Ich theile hier in Form einer Tabelle die Beobachtungen uͤber den taͤglichen Paroryemus der Lebenswaͤrme eines Staͤngels der Euphorbia Lathyris, L., während zweier aufeinanderfolgender Ta— ge mit. Ich habe gerade dieſe Pflanze als Beiſpiel gewaͤhlt, weil ich an ihr die bedeutendſte Lebenswaͤrme beobachtet habe. Der Staͤngel des Cremplares, welches im Begriffe war aufzubluͤhen, hatte unter der Dolde 1 Centimeter Durchmeſſer, und dort wurde die Loͤthſtelle der Nadel eingefuͤhrt. Er war abgeſchnitten und tauchte mit dem untern Ende in Waſſer ein. Das Experiment wurde des Abends vorbereitet, ſo daß alle Theile des Apparates ſich mit der umgebenden Luft in Anſehung der Temperatur gehoͤrig hatten in's Gleichgewicht ſetzen koͤnnen, als ich am folgenden Mor— gen (dem des 5. Juni) meine Beobachtungen begann. Nachſtehen— de Tabelle giebt Auskunft über die Beobachtungen, welche ich zwei Tage hintereinander von Stunde zu Stunde anſtellte; man findet in derſelben ſowohl die Zahl der Grade der Kreisſcala, um welche die Magnetnadel des Multiplicators abwich, als den durch dieſe a angezeigten Grad der Lebenswaͤrme der Pflanze an: gegeben. Ueberſchuß der Eigen— waͤrme der Pflanze Stunde Abweichung der über der Tempera- Temperatur des Tages. Magnetnadel. tur der Atmofpbäre, der Atmoſphaͤre. —— — — — — — — Grad Grad C. Grad C. 5. Juni 6 Uhr 11 0,09 16,8 7 — 14 0,11 16,8 8 — 2 0,12 16,8 9 3 018 16,9 10 — 4 0,25 E 177 11 — 45 0,28 17,2 Mittag 5 031 17,3 1 — 5, 0,34 17,5 2 = 4 * 0,28 17,7 3 — 41 0,28 + 177 4 — 3 0,18 17,8 5— 2 0,12 17,6 6 — 1 0 00 17,5 2 005 a? 17,4 88 0,08 17,2 Us 0,015 17 10 — — 0,00 17 118 Ueberſchuß der Eigen⸗ wärme der Pflanze Stunde Abweichung der über der Tempera⸗ Temperatur des Tages. Magnetnadel. tur der Atmoſphaͤre. der Atmosphäre. — — — — — ERS 8 Grad Grad C Grad C. 6. Juni 6 Uhr 0 0,00 + 16,2 7 — 1 0,03 + 16,2 8 — 1 0,06 16,3 — . — 11 0,09 16,5 15 — it 0,11 16,3 5 2, 0,15 16,8 Mittag 21 0,15 Ei 17,1 1 — 3 0,18 + 17 2 2 — 2 0,12 + 17,4 3 — 2 0,12 17,6 4 — 1 0,06 17,5 5 — 4 0,03 17,5 N 1 0,03 1 17,4 7 — 1, 0,015 17 8 — — 0,00 + 16,8 De — 0,00 + 16,5 m — 0,00 + 16,3 Am 7. Juni erzeugte fih der Paroxysmus der Lebenswärme noch, obwohl nur in unbedeutendem Grade, und am 8. Juni war die eigenthuͤmliche Wärme der Pflanze ganz erloſchen. Dieſes ziemliche ſchleunige Erſterben der Lebenswaͤrme in abgeſchnittenen und mit dem untern Ende im Waſſer tauchenden Pflanzen habe ich fortwaͤhrend beobachtet. Deßhalb bediente ich mich, wenn ich Verſuche von laͤngerer Dauer anſtellen wollte, ſtets bewurzelter und in Aeſche gepflanzter Gewaͤchſe. Die Euphorbia Lathyris iſt, wie geſagt, diejenige Pflanze, in deren Stängel icdy die bedeutendſte Lebenswaͤrme beobachtet habe, und dennoch war der Stängel nicht mehr ganz jung, da die Pflan⸗ ze bereits zu bluͤhen anfing. Wahrſcheinlich würde ich alſo bei der: ſelben eine noch böhere Temperatur gefunden haben, wenn ich ſie zu der Zeit unterſucht hätte, wo man an der gipfelftändigen Knos⸗ pe noch keine Spuren von Bluthenknoſpen entdecken konnte. Da leider mein Verſuch etwas ſpaͤt angeſtellt wurde, ſo mußte ich die Loͤthſtelle der Nadel unter der Dolde einfuͤhren, da die Strahlen der letztern, an denen die Blütben ſaßen, zu dünn waren, als daß ich die Nadel in dieſe haͤtte einſtechen koͤnnen. Die Waͤrme dieſer Pflanze verſchwand, wie man aus der Tabelle erſieht, waͤhrend der Nacht durchaus. Dagegen habe ich beobachtet, daß Gewaͤchſe, deren Lebenswaͤrme weniger hoch iſt, dennoch einen Theil derſelben bei Nacht behalten, wie dieß, z. B., bei dem Cactus flagelliformis der Fall iſt. Bei der letztgenannten und manchen andern Pflanzen findet alſo bei Nacht nur eine Verminderung, kein voͤlliges Ver⸗ ſchwinden der Lebenswaͤrme ſtatt. Ich habe bereits weiter oben darauf aufmerkſam gemacht, daß die Waͤrme, welche die Pflanzenſtaͤngel bei dieſen Verſuchen offen⸗ baren, nicht die ſaͤmmtliche Wärme iſt, die fie wirklich befigen. Bei der Verwandlung des Sauerſtoffes in Gas, während des Tags, fo wie der Kohlenſäure, bei Nacht, muß nothwendig ein Theil jes ner Waͤrme gebunden werden. Die Lebenswaͤrme der Pflanzen iſt alſo in der Wirklichkeit großer, als fie ſcheint. Vielleicht wäre eine genaue Meſſung derſelben moͤglich, wenn man die Menge der ers zeugten Gaſe ermitteln und die Quantität Waͤrmeſtoff fhäsen koͤnn⸗ te, welche zur Erzeugung dieſer Gaſe erforderlich iſt. Uebrigens laßt ſich vorausfchen, daß durch eine Forſchung dieſer Art die von mir ruͤckſichtlich der vergleichenden Wärme derſelben Pflanze bei Tag und bei Nacht erlangten Reſultate nicht umgeſtoßen werden würden. Die Verſuche Th. v. Sauſſures haben bekanntlich ger zeigt, daß, wenn man eine Pflanze unter einer Glasglocke dem Lichte ausſetzt, dieſelbe während der Nacht den bei Tage ausge⸗ bauchten Sauerſtoff wieder verſchluckt, und bei Tage das Kohlen⸗ ſaͤuregas, welches fie während der Nacht erzeugt bat, wieder zer⸗ ſetzt, fo daß eine Ausgleichung der Erſcheinungen ftattfindet, wel: cher die Erhaltung der Reinheit und des Volums der mit der Pflanze unter der Glocke abgeſperrten Luft zur Folge hat. Es 8 * 119 läßt ſich alfo annehmen, daß die durch die Sauerſtoffgasbereitung bei Tage gebundene Waͤrme der durch die Kohlenſauregasbereitung bei Nacht gebundenen gleich ſey, ſo daß die Lebenswaͤrme bei Tage im Verhältniß dieſelbe bleibt, wie bei Nacht, und zwar ſo, wic ich ſie durch meine Verſuche ermittelt habe, daher denn das Verhaͤlt⸗ niß durch die Erzeugung der verſchiedenen Gaſe gar nicht geſtoͤrt werden wuͤrde. 5 Die Stunde, zu welcher das taͤgliche Maximum der Lebens⸗ wärme eintritt, bleibt ſich bei jedem Gewaͤchſe immer ziemlich gleich; dagegen ſchwankt die Zeit dieſes Maximums bei verſchiedenen Pflan⸗ zen zwiſchen 10 Uhr Morgens und 3 Uhr Nachmittags, wie man auspfoigender Tabelle erſieht. Stunde des Maximums Abweichung Maximum Temperatur der Lebens- der Almo⸗ warme. ſyhäre. der Lebens- der Mag- warme nernadel, Name der Gewächſe. — — — — — — m — — Grade. Grade Eent. Grade C. Rosa canina, L. 10 Uhr 3: 0,21 + 22 Allium Porrum, L. 11 — 2 2 28 Borago officinalis, L. Mittag 12 000 » 19 Euphorbia Lathyris, L. 1 Uhr 51 034 + 17,5 Papaver somniferum, L. 1 — 35 0,21 + 20,4 Cactus flagelliformis, L. * — 2 0,127 l Helianthus annuus, L. 1 — 32 0,2 13 8 Impatiens Balsamma, L. 12 14 011 +16 Aylanthus glandulosa, Desf. 1 — 22 0,16 ik 22 Campanula Medium, L. 2 — 5 0,31 16,2 Sambucus nigra, L. 2 — 87 021 193 Lilium candidum, L. 2 — 44 e ie Asparagus officinalis, L. 3 — 4 n Lactuca sativa, L. 3 — 14 0,09 + 21,8 Ich muß hier bemerken, daß die Wärme der Pflanzenſtängel nicht an allen Stellen der letzteren dieſelbe iſt. Den hochſten Grad beſitzt fie bei der gipfelitändigen Knospe; von da abwarts wird fie immer ſchwächer. So zeigt ſie ſich, z. B, bei'm Spargel, in dem Zuftande, wie derſelbe ſich zum Verſpeiſen eignet, am ſtärkſten dicht unter der dicken Gipfelknospe, wie denn auch dort das Leben am thaͤtigſten iſt, und weiter nach Unten wird die Waͤrme immer geringer; ja in dem weißen, unterirdiſchen und außer Communica⸗ tion mit der Luft geweſenen Theile des Staͤngeis iſt ſie gar nicht zu bemerken. Bei den holzigen Pflanzen, z. B., Sambucus nigra und Rosa canina, läßt ſich die Lebenswaͤrme nur in dem Gipfel der jungen Triebe beobachten, wo das Mark von organiſchen Saͤf— ten ſtrotzt; im unteren Theile dieſer Triebe, wo die Markzellen nur Luft enthalten und die fruͤher krautartigen Theile holzig geworden ſind, iſt keine Lebenswaͤrme zu bemerken. Ich theile hier die Beobachtungen mit, die ich bei einem Ver⸗ ſuche mit einem jungen Triebe der Rosa canina gemacht habe. Die Vorbereitungen zu dieſem Experimente traf ich am Abende des 21. Juni's, und am folgenden Morgen begann der eigentliche Verſuch. Der abgeſchnittene Trieb tauchte mit dem unteren Ende in Waſſer. Da die jungen Triebe dieſes Strauches nach dem Gi: pfel zu ziemlich dünn find, fo konnte ich die Nadel dort nicht eins führen, ſondern mußte fie 18 Centimeter unter den Gipfel bringen, wo der Trieb 13 Centimeter (Millimeter?) Durchmeſſer hatte. Das Mark war noch 50 Centimeter tiefer mit Flüffigkeiten ges traͤnkt. Ueberſchuß der Lebenswaͤrme Abweichung der Pflanze uͤb. Temperatur der Magnet: d. Temperatur der Atmo⸗ Tagesſtunde. nadel. d. Atmoſphaͤre. fpbäre. — — — — Grade. Grade Cent. Grade C. 22. Juni 6 Uhr 20 M. —4 0 05 + 22,5 7 — 0.06 15 22.5 8 — 30 — 2 0,12 22,5 9 — 21 0,14 + 222 107 37 0,21 + 22 11 — E 0,19 022 120 Ueberſchuß der Lebenswaͤrme Abweichung der Pflanze uͤb. Temperatur der Magnet- d Temperatur der Atmos Tagesſtunde. nadel. d. Atmoſphaͤre. ſphaͤre. — — en — — — — Grade. Grade Cent. Grade C. Mittag 3 0,18 + 22 1 Uhr 22 0,17 + 22,2 2 — 30 M. 22 0,16 + 22,1 4 — 25 0,13 + 22,5 5 — 30 — 25 0,14 22,1 7 — 2 0,12 2178 8 — 2 0,12 21,7 98 11 0.09 + 21,5 In dem holzigen Gewebe, felbft in dem, welches erft vor Kurzem gebildet worden, konnte ich durchaus keine Lebenswaͤrme entdecken. Ich machte die desfallſigen Verſuche an ein-, zwei- und dreijährigen Aeſten von Linden, Ulmen und Eichen. Die Aeſte wurden ſo kurz geſchnitten, daß ſie in einen Apparat eingeführt werden konnten, und zum Einſuͤhren der Loͤthſtelle der Nadel wurde vorgebohrt; je nach der Tiefe, welche die Loͤthſtelle erreichte, lag dieſelbe in dem jüngeren oder älteren Splinte. Die andere Loͤthſtelle wurde auf diefelbe Weiſe in einen ähnlichen Aſt deſſelben Baumes eingeführt, der vorher durch heißes Waſſer getoͤdtet wor— den war. Bei allen Verſuchen ergab ſich nun, daß in dem Holz— gewebe durchaus keine Spur von Lebenswaͤrme zu entdecken war. Das Mark, welches, fo lange es mit organiſchen Fluſſigkeiten gefüllt iſt, der Hauptſig dieſer Wärme zu ſeyn ſcheint, giebt, wenn es nur Luft in feinen Zellen enthält, ebenfalls keine Spur davon zu er— kennen, was ich durch Verſuche mit Sambucus nigra und Rosa canina in Erfahrung brachte. Bei dieſer Gelegenheit will ich im Vorbeigehen bemerken, daß bei'm Flieder oder Hollunder das Mark ſich von der Mitte aus mit Luft zu füllen anfängt, fo daß die pe— ripheriſchen Zellen ihre organiſchen Saͤfte zuletzt verlieren. Bei der Rosa canina dagegen büßen die Zellen des Umkreiſes ihre Säfte zuerſt ein, ſo daß ſich die in der Axe des Staͤngels befindenden Zellen am ſpaͤteſten mit Luft fuͤllen. Auch bei vollſtaͤndiger Verdunkelung des Zimmers erneuert ſich der tägliche Paroxysmus der Lebenswaͤrme der Pflanzen mehrere Tage hintereinander, doch in immer ſchwaͤcherem Grade, bis die Wärme zuletzt ganz erſtirbt. Dieſen Verſuch kann man nur mit in Aeſche gepflanzten bewurzelten Gewaͤchſen anſtellen; denn bei abgeſchnittenen Pflanzenſtaͤngeln erliſcht, wie geſagt, die Lebenswaͤr— me ziemlich ſchnell, wenngleich ſie dem Lichte ausgeſetzt ſind. Um dieſes voͤllig auszuſchließen, bedecke ich die Glasglocke, in der ſich die Pflanze befindet, mit welcher ich erperimentire, mit einem Cy— linder von Pappe, um deſſen unteren Rand ich feinen Sand an— haͤufe, fo daß durchaus kein Lichtſtrahl eindringen kann. Ich theile hier beiſpielsweiſe die Beobachtungen mit, welche ich hinſichtlich der Lebenswaͤrme eines bewurzelten Staͤngels von Campanula Medium und über das allmaͤlige Erloͤſchen dieſer Wärme in der Dunkelheit angeſtellt habe. Die Vorbereitungen zu dem Verſuche wurden am Abende des 21. Mai's getroffen, und die Beobachtungen began— nen am folgenden Morgen. Ueberſchuß der Lebens— Abweichung waͤrme der Pflanze uͤber Temperatur Stunden des der Magnet- die Temperatur der At- der Atmo— Tages. nadel. moſphaͤre. ſphaͤre. — — — — N. Grade. Grade Cent. Grade C. 22. Mai 6 Uhr 1 0,06 95 15.5 7 — 12 0,09 15,5 8 — 2 0,12 15,5 9 — 2 0,12 15,6 10 — 3 0 18 15,7 11 — 4 0 2⁵ + 15,8 Mittag 43 0,28 + 16 1 — 41 0 28 16,3 3 — 31 0,21 + 16 121 Ueberſchuß der Lebens Abweichung waͤrme der Pflanzauber Temperatur Stunden des der Magnet- die Temperatur der At- der Amos Tages. nadel. moſphaͤre. fpbäre. Grade, Grade C Grade F. 4 Uhr 35 0,20 + 15,7 5 — 217 0,15 + 16 6 — 27. 0,15 + 15,8 = 21 0,15 + 15,4 8 — 2 0.12 15,2 9 — 1 0.06 + 14 10 — 1 0,06 + 14 um 10 uhr Abends bedeckte ich die Glasglocke mit dem Papp⸗ cylinder, ſo daß die Pflanze ſich von nun an in vollkemmenſter Dunkelheit befand. Ueberſchuß der Lebens— Abweichung warme der Pflanze über Temperatur Stunden des der Magnet- die Temperatur der At- der Atmo, Tages. nadel. moſphaͤre. ſphaͤre. —— — — w — —ů—ů — Grad. Grade Cent. Grade C. 23. Mai 6 Uhr 1 0,06 + 125 7 — 1 0,06 12,5 8 — 1 0,06 1 12,5 9 — 11 0,09 + 127 10 — 13 0,10 + 1233 11 — 2 0,12 + 127 Mittag 21 0.15 + 12.7 1 — 21 0,15 12,5 2 — 3 0,13 12,5 3 — 2 0,12 12.3 4 — 1 0,11 + 12,5 A 1 0,09 + 125 6— 1 0,06 + 123 1 1 0,06 + 12,4 7 — — 4 0,03 12,3 9 — — — 12,8 10 — — — + 12 5 4. Mai 6 Uhr 1 0,06 10,5 7 — 1 0,06 ar 10,5 8 — 1 0,06 + 11 — — 1 0,06 + 11 10 — 1 0,06 r e 11 — 11 0.09 + 11 Mittag 11 0,09 + 11,2 2 — 2 012 + 119 3 — 2 0,12 + 11,8 4 — 11 0.09 + 118 5 — dr 0,09 + 118 6 — 1 0,06 + 114 7— 12 0,09 11,4 8 — 1 0,06 11,2 4 — 0,00 + 11 10 — — 0,00 A — 25. Mai 6 Uhr 0 0,00 + 10 0 0,00 10 8 — 0 0,00 7 10 9 — 0 0,00 10,3 10 — —4 0,03 10,3 11 — 1 0,06 10,5 Mittag 1 0.06 + 11 1 — 12 0,09 + 11 2 — 1} 0,11 + ıl 8 — 13 0.09 + 11 1 1. 0 05 + 108 5 — — 0,03 10,7 ae 0,08 = 10,5 7 — — 0.00 10,3 8 — — 0,00 ar 10 9 — — 0 00 9,8 10 — — 0,00 + 95 (Fortſetzung folgt.) Miele nn Zu den unterſuchungen in Embryologie von Martin Barry. Dritte Reihe. (Vergl. N. Not. Nr. 806 (Nr. 20 RD XIV. Bds.] S. 305) hat der Verf. nach traͤaliche Bobach tungen der Royal Society zu Londen vorgetragen. Nachdem er in feiner letzten Abhand⸗ lung dir Thatſache milgetbeilt hatte, daß der Keimfleck in dem Eie der Saͤugethiere ſich in Zellen auftöfe, von welchen das Keimblaͤschen gefüllt wird, hat der Verf. ſeitdem feine Aufmerkſamkeit auf die eniſprechenden Theile in den Eiern der Vögel, der Batrachier und der Knochenſiſche gewendet, in welchen er dieſelben Veränderungen wahrgenemmen hat. Die zahlreichen Flecken in den Keimbläschen der Batrachier und Knochenſiſche find nichts Anderes, als die Ker⸗ ne der Zellen. Die Zellen ſelbſt find, wegen ihrer Durchſichtigkeit, anfangs nicht leicht zu unterſcheiden und ſcheinen bie her der Aufs merkſamkeit entgangen zu ſeyn. Aber nachdem der Blobachter eins mal ihr Vorhandenſeyn wohrgerommen hat, find fir in vielen Faͤl⸗ len eben fo geordnet ſichtbar und bicten daſſelte Innere dar, wie die entſpreckenden Zellen in dem Gäugethirr-Eie. — In den von Prof. R. Wagner bekannt gemachten Danſtellungen erkennt Hr. B. Beweiſe derſelben Veränderungen im Eie durch das ganze Thierreich. Er beſtaͤtigt auch R. Wagner's Bobachtungen, daß in den Eiern gewiſſer Thiere ein urfprünglich einfacher Fleck ſich in mehrere theilt, und daß in den Eiern anderer Thiere die Zahl der Flecke mit dem Reifen des Eics zunimmt. Aber er drückt auch die Meinung aus, daß in allen Eiern urſpruͤnglich nur ein einzelner Fleck — der Kern des Keimblaͤschens eder der Keimzel⸗ le — vorbanden ſey. — Die Analogie zwiſchen den Eiern der Saͤugetbicre und der eben erwähnten Thiere erſtreckt ſich auch auf die Subſtanz, welche das Keimzellchen umgiebt, welche aus Kern- zellchen beftiht. Das Britiſche Muſeum hat in der neueften Zeit ſolche Acquiſitionen gemacht (beſonders durch die an foſſilen Reſten von Sauriern aus der Liasformatior (Jchthyosaurus und Plesiosaurus) fo reiche Sam miung des Hrn. T. Hawkins und durch die eben⸗ falls in großen Sauriern aus der Wealdenformation ausgezeichne⸗ te Sammlung des Dr. Mantel), daß fie in Bezichung auf Geo⸗ legie in England alle anderen Semmlungen weit hinter ſich läßt. eiii „ d Ueber die Hoſpitaͤler in Canton und Macao hat Hr. G. T. Lap in The Lancet eine Zuſammenſtel⸗ lung geliefert. Das Ophthalmie Hospital zu Canton wurde 1885 durch Dr. Parker (aus den Vereinigten Staaten von Nordamerica) eingerichtet und zwar nach Rath und Aufmunterung des Dr. Colledge, welcher ſieden Jahre früher ein ähnliches Unternehmen in Macao angefangen hatte. Das Hofpital zu Canton beſteht aus einem großen Saale im Erdgeſchoſſe, einem entſprechenden Saale und zwei 123 oder drei Zimmern im erſten Stocke, und einem in Kranken— zimmer getheilten zweiten Stöcke. Das Gebäude iſt nicht eigentlich fuͤr den Zweck gebaut und alſo nicht ſo voͤllig gut eingerichtet, als man wuͤnſchen moͤchte; allein von der Eröff: nung 1835 bis 1839 ſind ſechstauſend dreihundert Patien— ten, alle mit bedeutenden Krankheiten, in Behandlung ge— nommen und alle, mit einzelnen ſeltenen Ausnahmen, ſind in voͤlliger Geſundheit nach Hauſe zuruͤckgekehrt. Der gluͤck— liche Erfolg, welcher faſt allgemein jeden Fall begleitete, wuͤrde wie ein Wunder angeſehen werden muͤſſen, wenn wir nicht an zwei oder drei natuͤrliche Urſachen erinnern koͤnnten, welche in auffallender Weiſe der aͤrztlichen Geſchicklichkeit ge— holfen haben. Erſtens naͤmlich, iſt die Conſtitution eines Chineſen dem Eindrucke der Heilmittel ſehr nachgebend, ſo daß jede Doſis von Arzneimitteln einige entſchiedene Wir— kung hervorbringt; zweitens hat ein Chineſe eine ſo gluͤckli— che gemaͤßigte Natur, daß Inflammation ſelten auf einen hoͤ— heren Grad ſteigt, als noͤthig iſt, den Heilungsproceß in Gang zu ſetzen; wenn hinlaͤnglich Blut zuruͤckgeblieben iſt, um die Maſchine in Thaͤtigkeit zu erhalten, ſo kann der Chirurg ſich aller aͤngſtlichen Gefuͤhle entſchlagen; denn der Patient wird ſicherlich ſich gut befinden. Drittens iſt die Seele des Chineſen reichlich mit Geduld ausgeſtattet, und von dem wahren Geiſte der Hingebung in ſein Schickſal durchdrun— gen, und daher werden die wiedererſetzenden Functionen ſelten durch duͤſtere und unruhige Gedanken gehindert. Er iſt ein Patient im claſſiſchen Sinne des Worts: „patiens pulve- ris et solis‘, d. h., fähig zum Extragen. Des Montags draͤngt ſich eine Menge Menſchen in die untere Halle und zeigt, in der Regel, eine ſo große Begierde, das Urtheil des Doctors zu vernehmen, daß es noͤthig iſt, ſie durch ein Gitter in gehoͤriger Entfernung zu halten. In der Mitte einer ſo aufgerichteten Schranke nimmt der Arzt Platz, waͤhrend zwei oder drei eingeborene Gehuͤlfen die Candidaten, einen nach dem andern, zur Unter— ſuchung vorlaſſen. Wenn der Fall Hoffnung zulaͤßt, ſo ge— ſtattet man ihnen, ſich eine Treppe hinauf in die zweite Halle zu begeben. Es ſtellen ſich nicht wenige Ungluͤckliche ein, die ihre Augen verloren haben und viele Andere, deren Krankheiten eben fo außer dem Bereiche von Huͤlfe liegen; denn der unter dem Glanze chineſiſcher Uebertreibung weit— verbreitete Ruf hat ſie zu dem Gedanken gebracht, daß die Geſchicklichkeit der wunderwirkenden Fremden ganz unbegraͤnzt iſt. Da die Zuruͤckweiſung dieſer armen Geſchoͤpfe ihre goldnen Hoffnungstraͤume zerſtoͤrt und ſie der bleichen Ver— zweiflung preis giebt, fo wird ein Eingeborner mit freundli— chem Benehmen und mitleidigem Tone der Stimme gewaͤhlt, um die traurige Nachricht ihnen mitzutheilen. Aber die Toͤ— ne der Theilnahme vermoͤgen die Bitterkeit der getaͤuſchten Erwartung nicht zu mildern, und gewoͤhnlich entfernen ſie ſich eben fo faſſungs- und troſtlos, wie ein Menſch, dem ſein Todesurtheil eroͤffnet worden iſt. Der Saal im zweiten Stocke zeigt ein ſehr verſchiede— nes Gemälde; ſtatt Gedraͤnge, Streit und Verwirrung, ord— nen ſich diejenigen, welche ſo gluͤcklich ſind, zugelaſſen zu werden, ruhig auf den Sitzen, welche rundherum befindlich 124 ſind und warten ruhig, bis der Arzt Zeit gewinnt, fuͤr ſie etwas zu verordnen. Die Aengſtlichkeit, welche ſie im Erd— geſchoſſe aͤußerten, erſtreckte ſich nur darauf, die Entſcheidung des Arztes zu vernehmen, und das in ihn geſetzte Vertrauen iſt ſo unbegraͤnzt, daß, ſobald die Patienten jene als guͤnſtig kennen, ſie ihre gewohnte Ruhe wieder erlangen und nun die Behandlung ohne irgend eine beunruhigende Conjectur in Beziehung auf Schmerz ꝛc. erwarten. In der Zahl ſind die weiblichen Patienten den maͤnnlichen faſt gleich und uͤbertreffen ſie bei Weitem an Verſtaͤndigkeit und Gleichmuͤ— thigkeit. Der Exſtirpation einer krebshaften Bruſt, eine haͤufig vorkommende Operation, unterwerfen ſie ſich zuweilen ohne einen Seufzer oder Klage, und immer mit einer Standhaftig— keit, welche dem weiblichen Geſchlechte in China große Ehre macht. Die Vorurtheile der Chineſen verſchwinden vor dem Lichte von mediciniſcher Philanthropie: Vorliebe fuͤr Natio— nalgebrauch, Blutſcheu, Abneigung gegen Fremde, Alles wird hinweggenommen durch die Hoffnung der Heilung, und der eingeborene Mann, die eingeborene Frau ſetzen ſich zu den Fuͤßen des Fremden nieder, um ſich von ihm behandeln zu laſſen, wie er es nur fuͤr zweckmaͤßig halten mag. Das Hoſpital zu Macao liegt am innern Hafen und bildet den Hauptgegenſtand in dem Vordergrunde einer, Laſſa genannten Inſel, wo es ſich huͤbſch ausnimmt. Es enthaͤlt neunzehn Zimmer im Erdgeſchoſſe, und eben fo viel im er— ſten Stocke. Es iſt von Backſteinen gebaut und von ſtarker, dauerhafter Arbeit; es hat einen Garten und drei Brunnen hinter ſich und eine Grasflaͤche vor ſich und iſt von einer ſtarken Mauer von Backſteinen umgeben. Es wurde von Dr. Parker eroͤffnet und ſpaͤter von Dr. Hobſon und einem andern Engliſchen Arzte geleitet, bis das Kaiſerliche Edict die Entfernung britiſcher Unterthanen befahl. Es iſt das Eigenthum der mediciniſchen Miſſionaͤr-Geſellſchaft, wel— che im Jahre 1838 eingerichtet wurde, um die Koſten zu tragen, welche dieß Hoſpital und das zu Canton veranlaſ— ſen. Zu London iſt kuͤrzlich eine Medical Philantropie Society geftiftet worden, welche, wenn mit den Chineſiſchen Autoritäten ein Abkommen getroffen ſeyn wird, beabſichtiget, qualificirte Perſonen nach dieſen Hoſpitaͤlern oder ſonſt an geeignete Orte zur Praxis zu fenden.) Die Vortheile, welche aus dieſen Unternehmungen her— vorgehen, moͤchten folgende ſeyn: 1) Sie geben eine Gelegenheit, den Nationalcharacter zu ſtudiren und mit den Sitten und Gewohnheiten des Vol— kes genau bekannt zu werden. 2) Sie zeigen die Engländer und Americaner, als Zoͤg— linge Europaͤiſcher Cultur, in ihrem beſten Lichte, als wiſſen— ſchaftlich und wohlthaͤtig und ſetzen dieſelben in die guͤnſtigſte Lage, um das moraliſche und geiſtige Fortſchreiten der Ein— geborenen zu foͤrdern. 3) Die Hofpitäler bieten vortreffliche Huͤlfsmittel, um die Eingeborenen in Medicin und Chirurgie auszubilden. Dr. Parker hat zwei regelmaͤßige Zoͤglinge, und es draͤn— gen ſich noch zwei oder drei andere an ihn, welche ehrgeizig genug find, um danach zu ſtreben, von ihren eigenen Lands— leuten füc Schuͤler des Doctors gehalten zu werden. 125 4) Der fremde Practiker wird oft herbeigerufen, waͤhrend die Chineſiſche Behandlung noch fortgeht, und lernt daher Chineſiſche Arzneimittel in ihrer Form, Anwendung und Wirkung kennen. Die Chineſiſche Materia medica iſt ſehr reich, und ihre Apotheken ſind in großer Ordnung und Zierlichkeit. 5) Man erlangt eine Kenntniß der dem Lande eigen— thuͤmlichen Krankheiten. Es exiſtiren umfangreiche Werke, worin viele Krankheiten beſchrieben ſind, welche ganz und gar oder in einigen wichtigen Puncten von den Krankheiten des Weſtens verſchieden ſind. Die geographiſche Vertheilung der den Menſchen befallenden Krankheiten unter verſchiedene Himmelsſtriche und auf verſchiedene Bodenarten iſt ein Gegenſtand, welcher Nachforſchungen werth iſt, indem ſie manche Winke uͤber die Urſachen von Krankheiten giebt, zu neuen Methoden in der Behandlung fuͤhrt und unſere no— ſologiſchen Syſteme philoſophiſcher macht. Bemerkungen uͤber die Vergroͤßerung der Tonſillen und gleichzeitige Difformität des Bruſtkaſtens. Von J. Maſon Warren. Die folgenden Bemerkungen uͤber die bezeichnete Com— plication werden nichts ganz Neues enthalten, koͤnnen je— doch dazu dienen, die Aufmerkſamkeit auf das gegenſeitige Verhaͤltniß zwiſchen Anſchwellung der Mandeln und Diffor— mitaͤt des Bruſtkaſtens zu leiten, waͤhrend der Erfolg zu gleicher Zeit zu der Annahme berechtigt, daß die Symptome, welche man von dieſer Difformitaͤt hergeleitet hat, ſich mehr auf die Verengerung des Raumes in dem Schlunde be— ziehen. Im Jahre 1827 machte Dupuytren etwas uͤber die ſeitliche Einſinkung der Bruſtwandungen und die damit im Verhaͤltniſſe ſtehende Vortreibung des Bruſtbeins, mit gleichzeitiger Ruͤckgratsverkruͤmmung nach Vorn und Hinten, bekannt. Ein Theil dieſer Fälle kam bei ferophulöfen Kin— dern vor und war jedesmal von einer Vergroͤßerung der Tonſillen begleitet. Die Symptome dieſer Krankheit wa— ren, nach Dupuytren, habituelle Kurzathmigkeit und Schwierigkeit im Ausſprechen. Bei kleinen Kindern zeigte fin große Schwierigkeit, die Bruſt zu nehmen, da das Kind jedesmal Erſtickungsanfaͤlle bekam, ſo oft es die Bruſt— warze laͤngere Zeit im Munde behielt. Im Schlafe blieb der Mund gewoͤhnlich offen, die Reſpiration war ſehr laut und die Kinder wurden öfters durch erſchreckende Traͤume und Aufſchreien geſtoͤrt. Dieſe Sumptome, ſagt Dupuy— tren, können fo zunehmen, daß die Entwickelung der vitalen Function dadurch geſtoͤrt wird, und daß der Tod in der frheſten Lebenszeit erfolgte. Wenn durch dieſe Beſchwer— den indeß auch der Tod nicht ſogleich herbeigeführt wird, fo konnen fie doch eben in der Folge bedrohen, indem das Kind entweder die Bruſt nicht nehmen kann, oder in— dem die Ernährung fo beeinträchtigt wird, daß die verſchie— denen Organe ſich nicht in gehoͤriger Kraft entwickeln koͤn— nen. In dieſem Falle lebt das Kind gewoͤhnlich in einem 126 elenden Zuſtande von Schwähe und Abmagerung, wodurch es in den meiſten feiner Lebensthaͤtigkeiten beſchränkt wird. Im Jahre 1827, kurz nach dieſer erſten Bekanntma— chung, publicirte Herr Coulſon, aus London, einige Fälle zur Beſtaͤtigung deſſen, was Dupuytren mitgetheilt hatte und fügte auch noch drei Faͤlle von Verkruͤmmung des Bruſtkaſtens hinzu, welche von dem zuvor beſchriebenen vers ſchieden waren. Das aͤußere Anſehen der Bruſt iſt bei dies ſer zweiten Art gerade das Gegentheil von dem, was zu— vor beſchrieben worden iſt: das Bruſtbein iſt hohl oder nach Vorn concav; die Seiten der Bruſt ſind außerordentlich hervorragend und das Ruͤckgrat nur ſehr wenig, wenn über: haupt, von ſeiner normalen Bildung abweichend. Dieſe Form iſt nicht ſo haͤufig angeboren, als die erſte Art; ſie kommt aber haͤufig bei Perſonen von ſchwaͤchlichem Koͤrper⸗ baue vor, welche eine ſchmale Bruſt haben und ſich viel gebuͤckt halten. Die conſtitutionellen Symptome ſind dabei in hohem Grade dieſelben, wie diejenigen, welche die andere Art der Difformitaͤt begleiten. — Bei den drei Faͤllen von Coulſon und bei drei von den vier Faͤllen Dupuytren's war zu gleicher Zeit Anſchwellung der Tonſillen vorhanden. Aber es ſcheint nicht, daß in einem dieſer Fälle die Exſtir— pation der Mandeln verſucht worden iſt, obwohl angegeben wird, daß in einigen Fällen dieſe Organe fo groß waren, daß ſie beinahe den hintern Theil der fauces ausfüllten; es läßt ſich daraus abnehmen, wie groß die Veränderung in den Bruſtſymptomen geweſen ſeyn wuͤrde, wenn man dieſe Operation ausgefuͤhrt haͤtte. Waͤhrend der letzten zwei Jahre find zwanzig Fälle in meiner Praxis vorgekommen, in welchen ich es für noͤthig hielt, eine Operation zur Entfernung der Tonſillen zu mas chen. Bei neun zehn dieſer Faͤlle wurde die Operation mit Gluͤck ausgeführt; bei einem Falle ragten die Tonſillen fo wenig in den Raum des Schlundes hervor, daß es unmoͤg⸗ lich war, fie mit dem Inſtrumente zu faſſen. Die Operas tion wurde daher vor der Hand verſchoben. Von dieſen zwanzig Faͤllen betrafen funfzehn bloß Kinder noch unter zwölf Jahren. Von den funfzehn Kindern hatten elf eine mehr oder weniger auffallende Difformitaͤt der Bruſt, welche groͤßtentheils in Hervorragung der Rippenknorpel nach Vorn beſtand, während gleichzeitig das Bruſtbein betraͤchtlich exca⸗ virt war. Bei dieſem Patienten war nur ſehr wenig Ver— kruͤmmung des Ruͤckgrates zu bemerken. Bei den fuͤnf Er⸗ wachſenen zeigte ſich keine Veraͤnderung der Bruſtwandungen. Die Symptome in dieſen Fällen waren folgende. Bei jedem derſelben zeigte ſich mehr oder weniger Reſpirations— beſchwerden; bei einigen war der Laͤrm waͤhrend des Schlas fes fo groß, daß es unmoglich war, daß irgend Jemand in demſelben Zimmer ſchlief. Der Schlaf der Patienten wurde oft durch erſchreckende Traͤume geftört. Bei vielen von den Kranken war auch das Schlucken beſchwerlich; Fluͤſſigkeiten regurgitirten oft durch die Naſenloͤcher, und in oa Falle konnte keine feſte Nahrung geſchluckt werden, ohne daß der Kranke vorher kraͤftige adstringentia angewendet hätte. Etwa die Hälfte der Fälle war von bettaͤchtlichen conſtitu⸗ tionellen Symptomen begleitet. 127 In einem Falle war der Kranke vollkommen taub; bei einigen von den Kranken traten periodiſche Fieberanfaͤlle ein, welche namentlich bei einem Kinde von fuͤnf Jahren alle vierzehn Tage einmal eintraten und drei bis vier Tage an— hielten. Acht von den funfzehn Kindern zeigten auch ſonſt mehr oder minder auffallende Merkmale der scrophulosis. Bei achtzehn von den Kranken wurden beide Tonſillen ent— fernt; bei dem neunzehnten zeigte ſich nach Exſtirpation ei— ner Tonſille ſo auffallende Erleichterung, daß es nicht noͤthig war, die Operation auf der andern Seite zu wiederholen. Bei etwa der Haͤlfte der Patienten wurde die Operation auf beiden Seiten an demſelben Tage gemacht; bei den an— dern ließ man eine Woche verſtreichen, bevor die zweite Mandel ebenfalls exſtirpirt wurde. Bei achtzehn von den neunzehn Faͤllen erfolgte faſt unmittelbare Erleichterung ſaͤmmtlicher Symptome; in dem neunzehnten Falle war keine beſondere Beſſerung zu bemer— ken, und dieß ſchien von der eigenthuͤmlichen Geſtalt dieſer Organe herzuruͤhren, deren Baſis breit war und ſich ziem— lich weit gegen den Schlund hin ausdehnte; es war etwa die Haͤlfte jeder Tonſille exſtirpirt worden; nach kurzer Zeit ſah es aus, als wenn ſich die Mandeln regenerirt haͤtten, was davon herruͤhrte, daß der obere und untere Rand ſich umkraͤmpte, ſob ald die Spitzen dazwiſchen abgetragen waren. Nach zwei Jahren unterwarf ſich der Kranke einer zweiten Operation, welche ſeinen Zuſtand ſehr beſſerte. Die Ope— ration iſt, wenn ſie mit dem neuerdings verbeſſerten In— ſtrumente gemacht wird, Sache eines Augenblicks, — ſie iſt nicht von betraͤchtlichem Schmerze begleitet, — in keinem Falle folgte eine Blutung von Belang, — gewoͤhnlich wur— den nur einige Mund voll Blut ausgeleert. Die Kranken konnten unmittelbar nach Hauſe und zu ihren Geſchaͤften zurückkehren, als wenn nichts Ungewoͤhnliches ſtattgehabt habe; ſie fuͤhlten nur in den naͤchſten Tagen ein Wenig Schmerz im Halſe. (Philadelphia medical Examiner.) Miscellen. ‚ Störungen der Hirnthaͤtigkeit bei Nierenkrank⸗ heiten bei Kindern wird von Dr. Goldin Bird in der London med. Gaz. June 1840 geſchildert, namentlich mit der 128 Ruͤckſicht, daß durch die eigenthuͤmliche Form der Hirnaffection bis— weilen Nierenkrankheiten erkannt werden koͤnnen, obgleich weder Oedem noch coagulabler Urin vorhanden ſind. Wahrſcheinlich ſind Nierenaffectionen haͤufiger, als man vermuthet, die Urſache von Kopfleiden der Kinder; wie haͤufig wird nicht bei armen Kindern das Scharlachfieber uͤberſehen, bis in der Reconvalescenz ein leich— tes Oedem auftritt, wobei an der Beſchaffenheit des Urins die Brightſche Degeneration der Nieren erkannt wird. Statt des Oe— dems kommen aber auch Herzaffectionen, Coma, oder Convulſionen vor, und dieß erklaͤrt das bisweilen ſcheinbar-epidemiſche Auftreten des hydrocephalus. Der ruhige stupor gleicht der Wirkung eines Narcoticums; das blaſſe Geſicht, die aufgetriebenen Augenlider und das ruhige Verhalten der Kinder deuten auf den erwaͤhnten Ur— ſprung der Hirnkrankheit. Aehnliche Erſcheinungen kommen übri: gens auch vor, wenn auf mechaniſche Weiſe die Ausſcheidung des Urins bei Kindern verhindert iſt. Die Symptome ſind hauptſaͤch— lich Coma ohne roͤchelndes Athmen, blaſſes Geſicht, halb offene Augen, mäßig erweiterte Pupillen, trag bei'm Reiz des Lichtes; kuͤhle, weiche, jedoch nicht feuchte Haut; bleierne Schwere der Glieder, überhaupt die Erſcheinungen, wie nach einer übermäßigen Doſis eines Schlaftrunkes, wie ihn die Waͤrterinnen ſo haͤufig den unruhigen Kindern geben. Quetſchung einer Arterie als Urſache des Bran⸗ des wies Dr. Arnott in der pathologiſchen Geſellſchaft zu Lon— don nach. Ein Mann war uͤberfahren worden und hatte mehrere Verletzungen erlitten, unter dieſen auch eine complicirte Fractur der linken ulna. Dieſe Verletzung ſchien anfangs nicht bedenklich; der Puls an dem Arme war fuͤhlbar, der Knochen nicht zerſplit— tert; die Temperatur der Hand normal. Am zweiten Tage war kein Puls mehr zu fühlen, am dritten Tage war die Temperatur immer noch unveraͤndert; am vierten zeigten ſich Spuren des Brandes; es wurde daher amputirt. Bei Unterſuchung der Bra— chialarterie fand ſich dieſe betrachtlich erweitert und mit Blut an— gefüllt, welches den Canal unwegſam machte. Die Zellgewebshaut war unverſehrt, waͤhrend die innere und mittlere Haut, wie durch eine Ligatur, kreisfoͤrmig getrennt waren; die beiden letzten Haͤute hingen noch mit einander zuſammen, waren jedoch von der Zellge— webshaut getrennt; ſie hatten indeß ihre cylindriſche Geſtalt be— halten und waren nach Unten eingeſtuͤlpt, wodurch, die Verſto— pfung noch vollkommener gemacht wurde. Einen ahnlichen Fall hat bereits Hodgſon beobachtet. (The Lancet, March 1840.) Ueber die Bleicolik bei Thieren ſagt Herr Morton in feinem Handbuche der Veterinärpharmacie, daß Pferde und Rin— der in der Nachbarſchaft von Bleiwerken dadurch, daß ſie Waſſer, welches etwas kohlenſaures Blei aufgelöſ't enthaͤlt, zu ſich nehmen, oder Gras freſſen, in welchem etwas Bleioxyd bald in kohlenſaures Blei umgewandelt werde (2), einer toͤdtlichen Affection der Daͤrme mit heftiger Colik und Verſtopfung ſehr unterworfen ſeyen. Die Annaͤherung der Krankheit zeigt ſich durch Stoͤrung der Verdauung und krankhaften Appetit. Bibliographische Ne u ige i t en Traité complet de l’anatomie des animaux domestiques. Par Rigot. tre Livraison. Syndesmologie ou Description des articulations. Paris 1840. 8 A Rain Map and Tabular View of the yearly Quantity of Rain which falls in different parts of Great Britain, By Jo- seph Atkinson etc. London 1840, Fol, Mediciniſch⸗chirurgiſch-therapeutiſches Wörterbuch, herausgegeben durch einen Verein von Aerzten. Berlin 1840. gr. 8. 3 Bän- de. — (Damit iſt ein reichhaltiges Werk zum Nachſchlagen be: endet.) 2 Histoire raisonnée des progres que la médecine pratique deit a Pauscultation, ouvrage couronne par la Société de medecine de Bordeaux, Par G. Peyraud, MD, P. de Lyon. Paris 1840. 8. — ʒ .W — —M . —UU—U—U— FqVN Neue Notizen aus dem Gebiete der Nalur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medieinalrathe Fror lep zu Weimar, und dem Petienatrathe und Prefeſſor Freren zu Bertin. No. 339. (Nr. 9. des XVI. Bandes.) November 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal- Nea, eu « Bra U. Made. Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der vegetabiliſchen Organismen. Von Dutrochet, Mitglied der Academie der Wiſſenſchaften. Hierzu die Figg. 3 — 5 der mit Nr. 331. [Nr. 1 d. XVI. Bos. d. Bl. ausgegebenen Tafel. (Fortſetzung.) Am 26. Mai war waͤhrend des ganzen Tages keine Lebens— wärme an der Pflanze zu bemerken. Den 27. nahm ich um 6 Uhr Morgens den Pappcylinder ab, fo daß das Licht wiederum auf die Pflanze einwirken konnte. Um Mittag, wo die Temperatur der Luft 9,5 Grad C. betrug, wich die Magnetnadel um 1 Grad ab und zeigte dadurch an, daß die Pflanze wiederum eine Lebenswaͤr⸗ me von 00,9 Grad C. erlangt hatte. An dieſem Tage ſtieg dieſe Wärme nicht höher; aber am folgenden hatte fie, zu der gewöhnlis chen Stunde ihres Maximums, ſchon 0,15 Grad C. erreicht. Ich ſetzte dieſe Beobachtungen nicht weiter fort, nachdem ich mich uͤber⸗ zeugt hatte, daß die durch die Dunkelheit erſtorbene Lebenswaͤrme der Pflanzen durch den erneuerten Einfluß des Lichtes theilweiſe zuruͤckkehre. Die zum Erloͤſchen der Lebenswaͤrme in der Dunkelheit erfor— derliche Zeit iſt je nach der Art der Pflanzen und wahrſcheinlich auch nach der Temperatur der Atmoſphaͤre verſchieden. Ich habe in der That an einem anderen Orte nachgewieſen, daß die Lebens functionen der Gewaͤchſe in der Dunkelheit um ſo ſchneller erſter— ben, je waͤrmer die Luft iſt. Die Schwaͤche der Lebenswaͤrme einer Pflanze iſt uͤbrigens immer der Maaßſtab der Geſchwindigkeit, mit welcher ſie dieſe Waͤrme in der Dunkelheit einbuͤßt. So ging, z. B., bei Borago officinalis, welche Pflanze eine ſehr geringe Le— benswaͤrme beſitzt, dieſe ſchon am erſten Tage in der Dunkelheit verloren, und dagegen erloſch dieſelbe bei Lactuca sativa, welche Pflanze keine höhere Lebenswaͤrme hat, als die zuerſt genannte, erſt am dritten Tage der Verdunkelung. Bei Cactus flagelliformis behauptete ſich die Lebenswaͤrme und deren taͤglicher Paroxysmus in der Dunkelheit weit länger, indem die Wärme erſt am eilften Tage ganz verſchwand. Aus dieſen Verſuchen ergiebt ſich zur Genüge, daß die Lebens— wärme der Pflanzen und deren täglicher Paroxysmus von dem Ein— fluſſe des Lichtes abhaͤngt. Warum erneuert ſich aber dieſer Pa⸗ roxysmus, und noch dazu zu derſelben Stunde, in vollſtaͤndiger Dun⸗ kelheit, wo man doch glauben ſollte, daß die Pflanze dem Einfluffe der Tageszeiten entzogen ſey? Dieſe Erſcheinung iſt noch durch— aus raͤthſelhaft. 2. Beobachtungen uͤber die eigentliche Waͤrme des spadix von Arum maculatum zur Zeit der Bluͤthe. In dem spadix der Arxoideen laßt ſich zur Bluͤthezeit eine ziemlich hohe Temperatur bemerken. Dieſe Erſcheinung wurde No. 1439, um erſten Male im Jahre 1777 von Lamarck an dem Arum italicum beobachtet, ohne daß der Grad der Wärme genauer be— ſtimmt worden wäre. *) Um das Jahr 1800 maaß Sennebier die Waͤrme, welche man am Tage der Entfaltung der spatha von Arum maculatum wahrnimmt, mit dem Thermometer, und fand das Maximum dieſer Waͤrme, welches zwiſchen 6 und 8 Uhr Abends ſtattfand, zu 6,9 Grad R. (8,6 Grad C.). Zugleich beob⸗ achtete er, daß am folgenden Tage die Wärme erloſchen war.“) Desfontaines beobachtete nach dem bloßen Gefuͤhle, daß meh— rere Arten von Arum in ihrem spadix eine ziemlich hohe Tempe⸗ ratur zeigten, und machte dieß im Jahre 1800 bekannt. ***) G me⸗ lin und Schweickert verſichern, die Wärme von Arum italicum fhon länger als 18 Jahre vor 1808, wo fie dieſe Thatſache be= kannt machten, beobachtet zu haben, obgleich ihnen Lamarck in dieſer Beziehung ſehr zuvorgekommen war. T) Bory⸗Saint⸗ Vincent hat die von Hubert auf der Inſel Bourbon an der Bluͤthe des Arum cordifolium gemachten Beobachtungen umſtaͤnd⸗ lich mitgetheilt. 7) Der spadix dieſer Pflanze war bei Sonnen⸗ aufgang, wo die Bluͤthe ſich aufthut, am waͤrmſten, und zwar 25 Grad höher als die Atmoſphaͤre temperirt, fo daß er ſich wirk⸗ lich heiß anfühlte. Th. von Sauſſure hat die Wärme am spa- dix des Arum maculatum beobachtet, dieſelbe jedoch nicht gemeſ⸗ fen. 14) Unter ſehr vielen Bluͤthen dieſer Pflanze will er jedoch nur vier gefunden haben, deren spadix warm war. Dieß rührte, ohne Zweifel, daher, daß er nicht alle dieſe Bluͤthen zur rechten Zeit beobachtet hat. Er bemerkte, daß die spatha einer derſelben, deren spadix warm war, ihr fuͤnffaches Volumen an Sauerſtoffgas abſorbirte; der Kolben verſchluckte das Dreißigfache feines Volu⸗ mens und die Bluͤthen das Hundertundzweiunddreißigfache. Dieſer Umftand beweiſ't, daß die durch den spadix entwickelte Wärme von einer Art von Verbrennung herruͤhrt, welche durch das Athem— holen erzeugt wird. Herr Schultz ermittelte im Jabre 1828 im botaniſchen Gar⸗ ten zu Berlin an der Bluͤthe von Caladium pirmatifolium eine Waͤrme, welche die der umgebenden Luft, die damals + 15 Grad betrug, um 4 bis 5 Grad überftieg.+*) Treviranus machte im Jahre 1829 Beobachtungen über „) Encyclopédie méthodique. Botanique, T. III. p. 8. *) Physiologie vegetale, T. III. p. 314. %) Flora Atlantica. T. II. p. 328. +) Flora Badensis. T. III. p. 585. ++) Voyage dans les quatre iles principales de la mer d At- rique. T. II. p. 68. ++#) Annales de physique et de chimie. T. XXI. p. 284. J Ueber die Natur (Temperatur?) der lebenden Pflanzen. Bd. II. p. 185. 9 131 mehrere Arten von Arum bekannt, bei denen er in den Bluͤthen durchaus keine Erhöhung der Temperatur gefunden haben wollte.“) Negative Erfahrungen derſelben Art wurden im Jahre 1830 von Herrn Göppert an Arum pedatum, brasilicum, divaricatuın, pietum, orixense und fornicatum, fo wie an Caladium triparti- tum und helleborifolium gemacht und veröffentlicht. *) Er hatte dieſe Beobachtungen an jeder der genannten Pflanzen öfters wie: derholt, aber in deren Bluͤthen durchaus keine hoͤhere Temperatur entdecken koͤnnen, als die der umgebenden Luft, obwohl er ſich eines hoͤchſt empfindlichen Thermometers bediente. Im Jahre 1832 widerrief Herr Goͤppert jene Behauptun— gen, welche das Vorhandenſeyn einer deutlichen Lebenswärme in dem spadix der Aroideen in Zweifel ſtellen ſollten. In der Abhand— lung, welche er der Verſammlung der deutſchen Naturforſcher und Aerzte in Wien vortrug, erklaͤrte er, in dem spadix von Arum Dracunculus eine Temperatur gefunden zu haben, welche die der Atmoſphaͤre um 14 Grad R. übertroffen habe. Er beobachtete dieſe Entwickelung von Wärme in den maͤnnlichen Bluͤthen.““) Im Jahre 1834 ergriff Adolf Brongniart eine Gelegen— heit, dieſe Erſcheinung von Neuem an der Bluͤthe eines Caladium odorum (Colocasia odora) in den Gewaͤchshaͤuſern des Pariſer Pflanzengartens zu ſtudiren, +) Er beobachtete an dem spadix diefer Pflanze eine Wärme, welche die der umgebenden Luft um 11 Grad C. uͤberſtieg, und als er die Entwickelung dieſer Waͤrme vom Augenblicke des Aufgehens der spatha bis zum Erloͤſchen der erſtexen, welches ſechs Tage ſpaͤter ftatıfand, verfolgte, entdeckte er, daß dieſe eigenthuͤmliche Wärme des spadix täglich einem Paz roxysmus unterworfen war, der an den vier erſten Tagen des Abends und an den beiden letzten des Morgens eintrat, Die Ent⸗ deckung dieſer Art von Eintagsfieber, wie Adolph Brong— niart dieſen Paroxysmus nennt, iſt für die Pflanzenphyſiologie von der hoͤchſten Wichtigkeit und hat den ſpaͤtern Unterſuchungen die Bahn gebrochen, aus denen ſich ergab, daß dieſer taͤgliche Pa— roxysmus der Lebenswaͤrme bei allen krautartigen Pflanzen vor— kommt. Derſelbe Beobachter hat durch Verſuche dargethan, daß die Waͤrme des spadix von deſſen Baſis, wo die weiblichen Bluͤ— then ſitzen, nach dem keulenfoͤrmig aufgetriebenen Gipfel zu ſteigt. Alle dieſe Beobachtungen ſind mit dem gewoͤhnlichen Thermometer angeſtellt worden. Im Jahre 1838 machten die Herren van Beek und Bergs— ma mit dem thermoetectriſchen Apparate Verſuche über die Bluͤthe der Colocasia odora. ++) Dieſe Forſcher ermittelten in der keulen— foͤrmigen Verdickung des spadix mehrere täglich periediſch wieder» kehrende Zeiten, wo die eigenthuͤmliche Waͤrme am ſtaͤrkſten war. Sie beſtaͤtigten auf dieſe Weiſe das Vorhandenſeyn des von Herrn Adolph Brongniart in demſelben Theile entdeckten taglichen Paroxysmus; gllein ſie wollen, im Widerſpruche mit den Angaben des letztgenannten Phyſiologen, in den maͤnnlichen Bluͤthen eine hoͤhere Temperatur gefunden haben, als in der keulenfoͤrmigen Auftreibung, in welche der spadix endigt. Der Grad von Waͤrme, welchen die Herren van Beek und Bergsma in dem spadix beobachtet haben, iſt auch weit beträchtliher, da das Maximum 22 Grad C. betraͤgt, waͤhrend Herr Adolph Brongniart nie eine hoͤhere Temperatur, als 11 Grad, beobachtete. Im Jahre 1839 machten die Herren Vrolik und De Vrieſe einige Beobachtungen über die Wärme des spadix des Arum itali- ) Journal fuͤr Phyſiologie von Tiedemann und den Gebruͤ— dern Treviranus. Bd. III. S. 257, ) Ueber die Entwickelung der Wärme in den Pflanzen, Bres— lau. 1830. ) Ueber die Entwickelung der Wärme in den lebenden Pflan— zen. Wien. 1832. +) Nouvelles Annales du Museum d'Histoire naturelle. T. II. p. 145. ++) Thermoelectriſche Beobachtungen über die Erhöhung der Tempergtur der Bluͤthen von Colocasia odora. Utrecht. 1838. 132 cum bekannt.“) Wenn man das Thermometer auf die männlis chen Bluthen brachte, ſo ſtieg es nur 2 Grad uͤber die Tempera— tur der Atmoſphaͤre. Mit dieſem Reſultate begnügten ſich die ges nannten Forſcher. In derſelben Abhandlung machen dieſelben neue Erfahrungen über die Wärme des spadix der Colocasia odo- ra bekannt. Einige Jahre fruher hatten fie beobachtet, daß die Wärme des spadix dieſer Aroidee ſich auch entwickelt, wenn man die spatha beſeitigt hat. Sie beſtaͤtigten nun dieſe Erſcheinung durch neue Verſuche und überzeugten ſich davon, daß dieſe Wärme einen taglichen Paroxysmus darbietet. Als ſie den spadix in Sauerſtoffgas brachten, ſtieg deſſen Temperatur ſehr bedeutend, und wenn ſie ihn in Stickgas verſetzten, ſo ward die Erzeugung von eigenthuͤmlicher Wärme unterbrochen. Dieſe Thatſachen dienen den weiter oben angeführten Beobachtungen Th. von Sauſſu— re's zur Beſtaͤtigung. Es war von Intereſſe, bei dem in unſeren Climaten ſo gemei— nen rum maculatum die noch nicht beobachteten Erſcheinungen der Entwickelung der Waͤrme in dem spadix zu ſtudiren, nachdem Sennebier das Vorhandenſeyn dieſer Waͤrme dargethan hatte. Im Fruͤhlinge des Jahres 1839 unternahm ich nun dieſe Forſchung mit dem thermoelectriſchen Apparate. Die Arumſtoͤcke, die ich bei meinen Verſuchen benutzte, waren mit einem großen Ballen Erde um die Wurzel in die Aeſche einge— ſetzt worden, ſo daß ſie durch dieſe Verpflanzung durchaus nicht gelitten hatten. Ich trug ſie ſo in mein Cabinet, wo ich ſie an der allgemeinen Luft ſtehen ließ und nicht mit der Glasglocke be— deckte, wie ich es bei dem Forſchen nach der eigenthuͤmlichen Waͤr— me anderer Pflanzen gethan. Bei den letzteren konnte ſich die Lebenswaͤrme nur offenbaren, wenn die Luft um fie her mit Waſ— fer geſältigt war, fo daß die durch die Verdunſtung veranlaßte Verkuͤhlung beſeitigt wurde, wegen welcher die ſchwache Lebens— warme ſich nicht würde haben kundgeben koͤnnen. Beim Arum maculutum war dieſe Lebenswaͤrme fo bedeutend, daß jene Vor— ſichtsmaßregel unnoͤthig wurde. Eine der beiden Loͤthſtellen wurde in den Theil des spadix geſenkt, deſſen Temperatur ich zu ermit— teln gedachte; die andere, nur in eine kleine Papierrolle eingehüllte, war dem Einfluſſe der ſtrahlenden Waͤrme entzogen, ohne daß ſie deßhalb von den Wechſeln in der Temperatur der atmoſphaͤriſchen Luft langſam betheiligt worden waͤre. Wenn die verſchiedene Be— deckungsart der beiden Loͤthſtellen auch in Anſehung der Geſchwin— digkeit, womit ihnen die Temperaturwechſel der Atmoſphaͤre mitge— theilt wurden, einen Unterſchied machte, ſo war dieſer doch ſo ge— ring und die Temperatur der Pflanze verhältniämähig fo hoch, daß aus jenem Grunde das Geſammtreſultat der Beobachtung kaum an Zuverläfiigkeit verlieren konnte. Gewiß erſchien aber die Wärme der Pflanze immer etwas zu gering, weil der spadix durch die Verdunſtung feiner Säfte befländig etwas abgekühlt wurde und dieſe Verdunſtung ſich mit der Wärme des spadix immer ſteigerte. Um wieviel aber die Lebenswaͤrme durch die Verdunſtung vermin— dert wurde, ließ ſich auf keine Weiſe meſſen. Uebrigens wuͤrde dieſe Verdunſtung ſich dadurch, daß man die Pflanze in mit Waſ— fer gefättigte Luft gebracht hätte, nicht vollſtaͤndig haben verhin— dern laſſen, weil dann an den innern Waͤnden der Glocke eine Art von Deſtillation vor ſich gegangen waͤre, da die Lebenswaͤrme der Pflanze weit bedeutender war, als die der umgebenden Luft. Meine erſten Berichte uͤber die Bluͤthenwaͤrme des Arum ma- culatum ſtattete ich ganz kurz in zwei Briefen an die Academie der Wiſſenſchaften ab. Sie wurden in den Sitzungen am 6. und 13. Mai 1839 vorgeleſen. Ich beeilte mich alſo, die Reſultate meiner Beobachtungen ſofort zu veroͤffentlichen, weil ich fuͤrchtete, es möchte mir ein Anderer zuvorkommen, und in der Eile find mir einige kleine Fehler entſchlupft, die ich hier berichtigen will. Bei Arum maculatum iſt bekanntlich der obere Theil des spa- dix keulenfoͤrmig aufgetrieben. Unter dem ziemlich dünnen Stiele der Keule ſitzen die männlichen und noch tiefer die weiblichen Blür then rings um den untern Theil des spadix, Zuerſt unterſuchte ) Annales des Sciences naturelles. p. 65. Deuxieme Série. T. XI. 133 ich die eigenthümliche Wärme des keulenfoͤrmigen Theiles. Das Exemplar, mit welchem ich zuerſt experimentirte, zeigte am 2. Mai um 4 Uhr Nachmittags feine spatha vollkommen entfaltet, und in dieſem Augenblicke begann ich meine Beobachtungen. Die endſtaͤndige Lothſtelle der Nadel wurde bei der Mitte der Keule 5 Millimeter tief eingeſenkt. In folgender Tabelle findet man die Reſultate der von mir von 4 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends angeſtellten Beobachtungen. Ueberſchuß der eigens tbümlihen Wärme des spadix über die Stunden Abweichung Temperatur der At⸗ Temperatur des Tages. der Magnetnadel. mofphäre. der Atmoſphaͤre. — — — ——— S—— — —d 2 2. Mai N. Grad Grad Centigr. Grad Centigr. 4 Uhr 64 9,81 15,5 51 — 65 10,40 15,7 61 — 58 6,93 15,7 7 — 55 5,93 15,6 8 — 44 3,51 15,3 9 — 30 1,90 15 10 — 19 1,18 14,3 Aus dieſen Beobachtungen ergiebt fi, daß das Maximum der Lebenswaͤrme des spadıx um 51 Uhr Abends, 14 Stunde nach der vollftändigen Entfaltung der spatha, ſtattfand, und daß dieſe Lebenswaͤrme ſich bis auf 10,4 Grad erhob. Fruͤher habe ich ir— riger Weiſe angegeben, dieſelbe ſey auf mehr als 11 Grad geſtie— gen. Am folgenden Tage (dritten Mai) blieb die Magnetnadel bis Mittags auf dem Nullpuncte, und fing dann an, nach der entgegengeſetzten Seite abzuweichen, woraus ſich alſo ergab, daß der spadix kälter geworden war, als die umgebende Luft. Dieſe Abweichung der Magnetnadel ſchritt bis 4 Grad fert und zeigte alfo an, daß die Temperatur des spadix 4 Grad C. niedriger war, als die der umgebenden Luft. Dieſe Verkuͤhlung des spadix rührte von der Verdunſtung feiner organiſcben Fluſſigkeiten her, und bes wies, daß die Lebenswaͤrme darin erftorben war. Am 4. Mai experimentirte ich mit einer neuen Arumpflanze, decen spatha ſich um 2! Uhr Nachmittags vollſtändig entfaltet hatte, und ich hatte mir vorgeſetzt, die Wärme der weiblichen Bluͤ— then, welche ſich am unterſten Theile des spadix befinden, zu er mitteln. Zuerſt brachte ich jedoch den Waͤrmegrad der Mitte der keulenfoͤrmigen Auftreibung des spadix in Erfahrung. Um 2! Uhr betrug dieſe Temperatur 7,78 Grad C., indem die Magnetnadel um 60 Grad abwich. Nun brachte ich die Loͤthſtelle der Nadel geſchwind in den untern Theil des spadix, wo derſelbe mit den weiblichen Bluͤthen beſetzt war. Dort ermittelte ich nur eine Tem— peratur von 1,4 Grad C., da die Abweichung der Magnetnadel 22 Grad betrug. Demnach war die Lebenswaͤrme des oberen Theis les des spadix um 6,41 Grad C. bedeutender, als die des untern Theiles, Ich hatte die spatha bei der Höhe der weiblichen Bluͤ⸗ then geſpalten, um die Nadel daſelbſt in den spadix einführen zu koͤnnen. Aus folgender Tabelle wird man die Reſultate dieſer Reihe von Beobachtungen entnehmen. Uederſchuß der Lebens wörme der weiblichen Blünhen über Temperatur Abweichung der die Temperatur der Urs der Atmo⸗ Stunden des Tages. Magnetnadel. moſphare. fohäre. — — — — — — Grade Grade C. Grade C. 4. Mai Nachmitt. 2 Uhr 45 Min. 22 1,40 5 14,5 3— 30 — 18 1,12 14,5 4— 45 — 16 1 + 145 a 13 0,81 14.5 7 — 15 — 11 0 69 14,3 9 — 8 0,50 14,1 10 — 6 0,67 14 5. Mai 6 uhr 18 1,12 +1 7— 26 1,62 7 1 8 28 1,75 14,8 134 Ueberſchuk der Eibenimärme det weiblichen Birken uber Temperatut Abweichung der die Zumrerarur det At. % Ame Stunden des Tages. Maaninadel. melrbar. (pbärr, — — m Grabe, Grade C. Grade C. 9 uhr 24 1,50 77147 10 — 17 1.05 +15 11 — 15 0,93 15 Mittag 14 0,87 + 15 1 Uhr 13 0,81 15 2— 12 0,75 J 15 3 — 9 0,56 + 15,2 4 — 5 0,31 + 153 5 — 4 0,25 15,4 6 — 3 0,18 15,5 7 — 2 0,12 15,3 8 — 0 0 15 3 Sr minus 2 minus 0,12 15,3 10 — minus 3 minus 0,18 15 Am folgenden Tage, nämlid am 6. Mai, waren die weibli⸗ chen Bluͤthen um ! Grad C. kuͤhler, als die umgebende Luft. Aus vorſtehender Tabelle erſieht man, daß dieſe durch die Verdunſtung veranlaßte Verkuͤhlung Tags vorher, am 5. Mai, von 9 Uhr Abends an begonnen hatte. Am 6. Mai nahm ich wieder ein neues Exemplar derſelben Pflanze, deſſen spatha ſich um 35 Uhr Nachmittags vollftändig aufgeſchloſſen hatte, und ſtellte mit demſelben Verſuche über die Waͤrme der maͤnnlichen Bluͤthen an. Nachdem ich die spatha bei der Hoͤhe dieſer Bluͤthen geſpalten, führte ich die Nadet in den Theil des spadix ein, auf dem dieſelben ſaßen. In nachſtehender Tabelle ſind die Reſultate dieſer Reihe von Beobachtungen dar— gelegt. Usberſchuß der Lee Ubmeis benswarme der Binz chung der ıben über die Tem, Temperatur Magnete perotur der Alme- der Atme Stunden des Tages. nadel. ſpba re. fobäre. Bemerkungen. — en — — — — Grade Grade E. Grade C. 6. Mai Nachmitt. . 3} uhr 58 6.98 T 150 eh, ee 58 6,99 + 168 ae 57 9 47 6 — 55 5,93 + 16,9 7 — 48 4,27 16,4 8 — 43 3,34 + 16,3 8 38 2,63 16,1 10 — 30 1.90 + 16 7. Mai Morgens. 5 Uhr 30 M. 40 2,90 x 15,5 7 — 45 — 58 6,93 157 8 — 30 — 60 778 + 15,9 9 — 59 7,31 16 10 — 58 6,93 + 16 Ns = = + 5 Anfang der Aus, Mittag 51 4,90 + 16,2 U des 12 uhr 5 M. 35 2,31 + he re * 2205 30 1,90 16,8 chen Brüsten were ſetzt. 12 — 50 — 35 231 +17 d An mm 1— 30 — 81 , 3 — 27 172 + HE idea gebracht. 4 — 15 — 18 1,1 . 5 13 0,81 1 17,6 ge 13 081 +176 7 — 9 0,56 17,5 8 — 4 0,25 17,3 9 — 2 0,12 17 * © 135 Aus dieſen Beobachtungen erſieht man, daß erſt um 5 Uhr Abends, am 6. Mai, an welchem Tage die spatha ſich aufgefchlof- fen hatte, die Lebenswaͤrme der maͤnnlichen Bluͤthen zu ſinken ans fing, im Laufe des Abends ſtufenweiſe immer geringer wurde, und am folgenden Tage, am 7. Mai, des Morgens wieder zu ſteigen begannz daß an dieſem Tage das Maximum der Lebenswärme um 8 Uhr Morgens ſtattfand und daß ſie um 9 Uhr zu ſinken an⸗ fing; ſo daß ſich auch hier die Wiederkehr des normalen Marimum’s der Lebenswärme ziemlich um 8 Uhr Morgens kund gab. Um Mit: tag wurde die Nadel in die weiblichen Bluͤthen eingefuͤhrt, deren Ledenswaͤrme man faft um die Hälfte geringer fand, als die, wel— che die männlichen Bluͤthen gezeigt hatten. Weiter oben haben wir geſehen, daß dieſe letzteren eine viel geringere Temperatur ha— ben, als die keulenfoͤrmige Auftreibung des spadix gleichzeitig be— ſitzt, und ſo iſt denn der oben angekuͤndigte Satz bewieſen, daß von der Mitte der Keule abwaͤrts die Temperatur des spadix ſich mehr und mehr vermindert. Es ſchien mir wichtig, zu unterſuchen, ob der tägliche Paro⸗ xysmus, welcher am Tage nach der Entfaltung der spatha ſich von Neuem in dem untern mit Bluͤthen beſetzten Theile des spadix zeigte, ſich auch bei vollſtaͤndiger Verdunkelung der Pflanze er: neuern wuͤrde. Am 7. Mai nahm ich alſo dieſen Verſuch mit einem Arum vor, deſſen spatha ſich um 1 Uhr Nachmittags voll: ftändig aufgeſchloſſen hatte. Da mich aber die zuletzt erwähnten Beobachtungen bis um 9 Uhr Abends beſchaͤftigten, ſo konnte ich dieſe neue erſt um 91 Uhr beginnen. Dieſes that uͤbrigens der Erreichung meines Zweckes keinen Eintrag, da ich nur unterſuchen wollte, ob die Waͤrme der männlichen Bluͤthen, trotz der vollſtaͤn— digen Dunkelheit, waͤhrend der Nacht und des folgenden Tages fortbeſtehen werde. Ich ſteckte alſo eine der Loͤthſtellen in den mit maͤnnlichen Bluͤthen beſetzten Theil des spadix, und nachdem ich deren Lebenswaͤrme beobachtet hatte, bedeckte ich die Pflanze mit einem Pappcylinder, unter welchem ſich auch die nur mit einem Papierroͤllchen umhuͤllte zweite Loͤthſtelle befand. So war alſo die Pflanze vom Abend des 7. Mai an der Einwirkung des Lichtes voͤllig entzogen. Die Reſultate der an derſelben angeſtellten Be— obachtungen erſieht man aus nachſtehender Tabelle. Ueberſchuß der Lebeuswarme der männlichen Bleithen über Temperatur Abweichung der die Temperatur der Utz der Amos Stunden des Tages. Maanctnadel. moſphare. ſphar:. — — Grade. Grade C. Grade C. 7. Mai. Abends 9 uhr 1s M. 30 1,90 5 71 10 — 25 1,56 17,1 Nachts 2 — 21 1,31 17,1 8. Mai. Morg. 7 — 39 2,76 +17 8 43 3,34 +17 en % 3,63 7 =) 48 4,27 gi 17 8 4,68 17 10 — 30 — 51 4,90 + 17 mu 50 4,63 +17 12 — 15 — 49 4,43 +17 en 2,76 +17 4 — 30 1,90 + 17 En 28 1,75 iz r 1,12 16,8 gu 8 0,50 16,5 g— 4 0,25 16,5 Am folgenden Morgen um 7 Uhr ftand die Magnetnadel auf dem Nullpuncte, daher die Lebenswaͤrme faft vollkommen erlofchen war. Ich fage faſt vollfommen; denn wäre nicht noch ein ſchwacher Reſt dieſer Wärme vorhanden geweſen, fo haͤtte der spa- dix, wegen der Verdunſtung und der durch dieſe bedingten Verkuͤh— lung, kaͤlter ſeyn muͤſſen, als die umgebende Luft. Weiter ſetzte ich dieſen Verſuch nicht fort, da ich durch denſelben bereits ermit— telt hatte, daß die Lebenswaͤrme der maͤnnlichen Bluͤthen, wenn— gleich mit einiger Schwaͤchung, waͤhrend der Nacht fortgedauert, 156 und daß der tägliche Paroxysmus ſich trotz der vollftändigen Ver: dunkelung erneuert hatte. Man wird indeß bemerken, daß das Maximum der Lebenswarme um 105 Uhr, alſo um 2 Stunden fpäter eintrat, als in dem am 7. Mai beobachteten Falle. Ruͤhrte dieſe Wirkung nun von der Dunkelheit her, oder hat man darin nur eine zufaͤllige Regelwidrigkeit zu erkennen? Dieſe letztere An— ſicht ſcheint mir die richtigere; denn man wird weiter unten ſehen, daß die Zeit des normalen Maximum's der Lebenswaͤrme des spadix von Arum maculatum durch zufällige Umſtaͤnde von 8 Uhr Mor— gens bis Mittags abaͤndern kann, ſo daß ſich in dieſer Hinſicht keine feſte Stunde angeben laͤßt, obgleich dieſes Maximum immer innerhalb des eben angegebenen Zeitraums eintritt. (Schluß folgt.) es e e e Pelonaia, eine neue zu den Ascidien gehoͤrige Mol— luskengattung, iſt von den HHrn. Forbes und Goodfir der British Association zu Glasgow vorgelegt worden. Sie hat— ten kurz vorher zwei Species entdeckt; die eine in der mit Schlamm gefuͤllten Hoͤhle einer zweiklappigen Muſchel, welche in der Muͤndung des Frith of Forth aus einer Tiefe von 30 Faden heraufgezogen worden; zwei Exemplare der andern wurden bei Rothſay gefunden. Das Anſehen dieſer Thiere war fo eigenthuͤm— lich, daß es ihnen unmoͤglich war, ihre Stelle im Syſteme zu be— ſtimmen, bis Zergliederung ihre Verwandtſchaft mit den Tunicata darthat. Die Thiere dieſer Gattung find frei, langgeſtreckt, hinterwaͤrts aufgetrieben, Reſpirations- und Excre⸗ tionsöffnungen vorgeſtreckt, die erſtere an dem vor— dern Ende und in der Axe des Thieres. „Arten ſind Pe— lonaia corrugata (aus dem Frith of Forth) und Pelonaia glabra. Folgende anatomiſche Eigenthuͤmlichkeiten unterſcheiden ſie von den übrigen Ascidien: 1. Die Reſpirationsoͤffnung hat keine ſtrahlen— artigen Falten oder Franſen. 2. Der Reſpirationsſack iſt lang ge— ſtreckt, ſtrahlig, zeigt Queerfalten, welche die Stämme und groͤß⸗ ten Zweige der Kiemenarterie und Vene in ſich enthalten und an die innere Flaͤche des Muskelſackes und an die Reſpirationsroͤhre durch eine laͤngliche Reihe fadenartiger Streifen auf jeder Seite angeheftet find; nach Hinten verengert der Sack ſich in den oesophagus, 3. Der Darmcanal flottirt frei in der geraͤumigen Hoͤhle des Muskel— ſackes, ausgenommen da, wo er durch muskuloͤſe Streifen befeſtigt iſt und endigt vorn mit einem frei flottirenden, ſtrahligen Ende, in der Mitte der Laͤnge des Thieres, von der hinteren Oeffnung des Sackes an gerechnet. 4. Das Gefaͤßſyſtem zeigt kein Herz und, in Folge der eigenthuͤmlich relativen Stellung des Reſpirationsſak— kes und der übrigen Eingeweide, iſt das Syſtem ſymmetriſch, in— dem das Blut in der Kiemenvene und Körperarterie rückwärts fließt und vorwaͤrts in der Koͤrpervene und Kiemenarterie; dieſe zwei Syſteme bilden einen Ruͤcken- und einen Bauch-Gefaͤßſtamm. 5. Die Reproductionsorgane beſtehen aus zwei langgeſtreckten ſipunculirten Roͤhren, welche am einen Ende geſchloſſen ſind, am andern aber ſich in die Hoͤhle des Muscularſackes, und dicht an deſſen innerer Oberflaͤche angeheftet, oͤffnen. Die Oeffnungen dieſer Roͤhre liegen an dem vordern Dritttheile des Thieres. 6. Die Haupteigenthuͤm⸗ lichkeit der musculoͤſen Cloake iſt ihre feſte Anheftung an der in— nern Oberflaͤche der Haut. In Folge auch des Umſtandes, daß das Eingeweide nur längs der Seitenlinie der innern Oberflaͤche ans geheftet iſt, iſt die Hoͤhle viel geraͤumiger und gleicht in dieſer Hin— ſicht den mit Waſſer gefüllten Höhlen der Körper gewiſſer Echino- dermata, Ein ſtarkes Queerband iſt hinter der Ausleerungsoͤff— nung angebracht. Aeußere und innere Symmetrie iſt die bedeu— tendſte Eigenthuͤmlichkeit der Pelonaia. Dieſe Symmetrie iſt es, welche dieſer Gattung einen beſonderen Werth ertheilt, da es die Structur und die Beziehungen der verſchiedenen Organe in den un— ſymmetriſchen Ascidien erklaͤrt. Wir koͤnnen nun mit Sicherheit angeben, daß die Kiemenvene, das Herz und die Koͤrperarterie der typiſchen Ascidien dem Dorſalgefaͤßſyſteme der Ringelthiere ent— 137 ſprechen, und die Koͤrpervene und Kiemenarterie der Ascidien dem Ventralvascularſyſteme in einigen Ringelthieren. Auch iſt dieſe Gattung intereſſant, weil ſie die Beziehungen der Mollusken zu den Annularien und Echinodermen andeuten. ueber das Blau: und Gelbwerden der Milch hat Hr. Fuchs der Geſellſchaft naturforſchender Freunde zu Berlin 138 Beobachtungen mitgetheilt, nach welchen die Farbung von Infuſo⸗ rien herrührt, die in der gefunden Milch nicht vorkommen, und in welchen Prof. Ehrenberg zwei verſchiedene Arten von Vibrio⸗ nen erkannt hat. Auf geſunde Milch übertragen, vermehren fie ſich in derſelben und theilen ihr in kurzer Zeit die Farbung mit. Necr Ging — Der um Zoologie ſehr verdiente N. A. Vigors iſt im Monat October geftorben. unn due. Ueber die anatomiſchen Charactere der Lungen⸗ entzuͤndung. Von Dr. Hodgkin. Wenn man die Entzündung des Parenchyms der Lunge von bronchitis und pleuritis unterſcheidet, fo hat man häufig ange: nommen, daß hier die Entzündung unterhalb der Oberflaͤche ihren Sitz habe, mit welcher die eingeathmete Luft in Beruͤhrung komme, obwohl dabei die Abſonderung dieſer Oberfläche ſelbſt ſehr merklich verändert ſey, indem fie bald zaͤhe, feſt und kleiſteraͤhnlich, bald mit Blut gefaͤrbt werde. Meine Beobachtungen haben mich uͤber— zeugt, daß einige Formen der Pneumonie ihren Sitz auf der in— nern Flache der Zellen haben und daber mit bronchitis verbunden ſind. Aber ich geſtehe, daß auch ich den zuvor angegebenen Anſich— ten uͤber Pneumonie huldigte, bis dieſelben durch die Mittheilungen des Dr. Addiſon umgeaͤndert wurden, wonach es hoͤchſt wahr: ſcheinlich wird, daß alle Formen der Pneumonie ihren Sitz auf der innern Flaͤche der Luftzellen haben, alſo eine Haut betreffen, wel— che mit der Auskleidung der Bronchialaͤſte unmittelbar zuſammen— haͤngt. Bei mikroſcopiſcher Unterſuchung von Lungenſtuͤckchen mit den verſchiedenen Formen der Pneumonie konnte ich in Bezug auf den Sitz des ergoſſenen Eatzündungsproductes durchaus keine Ver: ſchiedenheit auffinden. Dr. Addiſon hat eine Reihe von Bewei⸗ ſen aus den Symptomen der verſchiedenen Formen der Lungen— krankheiten für feine Anſicht aufgeſtellt; daſſelbe hat Andral ges than, obwohl er ſelbſt die Anſicht nur als wahrſcheinlich zu be— trachten ſcheint. Zu dieſen Beweiſen gehoͤrt das Raſſeln, welches nur durch die Bewegung der Luft mit den Secreten innerhalb der Luftwege herrühren kann; ferner die Umaͤnderung der sputa, wel⸗ che ein weſentliches Symptom darſtellt und auch bei Loͤſung der Entzuͤndung ſtattfindet, was beſonders beweiſend iſt, da nicht zu begreifen waͤre, wie die Entzuͤndungsabſonderung ohne Zerreißung der Zellen ſtattfinden koͤnnte, wenn der Sitz der Pneumonie in der Subſtanz zwiſchen den Zellen waͤre; ebenſo iſt bei der Lungenapo— plexie das Blut offenbar in die Zellen ergoffen, indem es häufig in die Luftroͤhre gelangt und durch den Mund ausgeworfen wird; wobei während des Lebens das ſo afficirte Lungenſtuͤck ebenſo cres pitirendes Raſſeln zeigt, wie die Pneumonie, waͤhrend nach dem Tode eine der Pneumonie ſehr aͤhnliche Induration gefunden wird. Aehnlich iſt endlich das Verhaͤltniß bei oedema pulmonum; auch hierbei koͤnnte man leicht annchmen, daß die Ergießung außerhalb der Lungenzellen in dem Zellgewebe des Parenchyms ſtattfindez aber auch hier zeigt ſich während des Lebens crepitirendes Raſſeln und eine der Ergießung aͤhnliche Expectoration, und nach dem Tode — 18 die ergoſſene Fluͤſſigkeit durch die Bronchialroͤhren her⸗ ausdrucken. Die krankhaften Erſcheinungen, welche durch die Entzuͤndung in der Lungenſtructur hervorgebracht werden, bezieht man, fo zahlreich fie find, gewoͤhnlich nur als verſchiedene Stadien auf eine und dieſelbe Affection. Dieß kann ich nicht als richtig anerkennen. Ich will zunaͤchſt die bereits recipirten drei Stadien der Entzuͤn⸗ dung, einfaches engorgement, rothe und graue Hepatiſation, be⸗ ſchreiben, wobei die Mannigfaltigkeit deſſen, was man unter Hepati⸗ ſation zu verſtehen hat, als bekannt angenommen wird. Bei dem engorgement, welches man als erſtes Stadium oder mildeſte Form betrachtet, behaͤlt die Lungenſubſtanz noch viel von ihrer Weichheit und Schlaffheit; ſie iſt nicht ganz der Luft beraubt und daher noch etwas crepitirend; ihre Farbe Ändert ſich von grau in ein lebhaftes oder braͤunliches Roth um; aus den Schnittflächen laͤßt ſich ein ſchaumiges, blutiges Serum ausdrücken und das in— filtrirte Gewebe iſt muͤrber, als im geſunden Zuſtande, obwohl nicht ſo bruͤchig, als bei den folgenden Formen. > Wahrſcheinlich dauert das engorgement nicht lange, indem es entweder ſich loͤſ't, oder raſch in rothe Hepatiſation (Andral's rothe Erweichung) uͤbergeht. Dabei hat die Lungenſubſtanz ihre ſchlaffe Beſchaffenheit verloren; fie fühlt ſich wie ein feſter Körper an, enthält wenig oder keine Luft, ſinkt in Waſſer unter, iſt dun⸗ kelroth und, trotz ihrer ſcheinbaren Feſtigkeit, leicht mit dem Finger zu zerdruͤcken. Man hat dieſen Zuſtand mit der Milz verglichen, womit er, in der That, mehr Aehnlichkeit hat, als mit der Leber. Einzeln herausgeſchnittene Stuͤckchen fallen nicht zuſammen, ſon⸗ dern behalten ihre Form, obwohl durch Abwaſchen im Waſſer die abgelagerte Subſtanz bisweilen theilweiſe oder ganz befeitigt wer: den kann. Zerreißt man die Subſtanz, ſo bemerkt man eine fein⸗ koͤrnige Oberfläche: ähnlich erfckeint die Schnittfläche, auf welcher durch leichten Druck eine blutige, undurchſichtige und gleichſam durch Eiter verdickte Fluͤſſigkeit aus zahlreichen kleinen Puncten hervordringt. Dieß iſt indeß nicht immer bei der rothen Hepatiſa⸗ tion der Fall. Die graue Hepatiſation, welche man als ein noch fpäteres Stadium betrachtet, characteriſirt ſich durch die compacte Beſchaf⸗ fenheit der Lungenſtructur. Die weißliche Farbe mit roͤthlichen und ſchwaͤrzlichen Puncten giebt ein graues Ausſehen, welches nicht unpaſſend mit Granit verglichen worden iſt. Auf der Schnittflaͤche dringt faſt an allen Stellen bei ſehr maͤßigem Drucke eine mehr oder minder mißfarbige purulente Materie hervor, welche indeß von dem unertraͤglichen Geruche frei iſt, den man bisweilen bei den kleinen, umſchriebenen Eiteranſammlungen in der Lungenſub⸗ ſtanz antrifft. Dieſe Form zeichnet ſich durch große Muͤrbheit aus und iſt von Andral graue Erweichung genannt worden. Laennec leitet die Verdichtung der Lungenſubſtanz in der Pneumonie zum Theil von Verdickung der Waͤnde der Luftzellen, zum Tbeil von einer Art von infaretus diefer Hohlen ſelbſt ab. Er ſcheint, ebenſo wie Andral und Roſtan, eine Ahnung von der Natur der Affection gehabt zu haben, wie ſie ſeitdem von Dr. A ddiſon beſchrieben worden iſt. Die Lungenentzündung beſchraͤnkt ſich am haͤufigſten auf eine Lunge, am meiſten auf die rechte und häufiger auf die untern als auf die obern Lappen; am bäufigften gränzt fie ſich an den Ein⸗ ſchnitten der einzelnen Lungenlappen ab, bisweilen jedoch auch durch die septa der Lungenlaͤppchen, — Lobularpneumonie, welche bisweilen über beide Lungenflügel ausgebreitet ſeyn kann, wodurch die Diagnoſe ungewoͤhnlich ſchwierig wird. Man betrachtet die verſchiedenen Formen der Lungenentzün⸗ dung gewöhnlich als verſchiedene Stadien, welche aufeinander fol⸗ gen. Dietz iſt nicht der Fall, ſondern fie find von Anfang an ver⸗ ſchiedene Formen, welche von einer verſchtedenen Art der Entzün- dung abbängen. Schon bei den Entzündungen der ferdfen Häute muß man zwei verſchiedene Arten der Entzündung unterſcheiden, 139 eine plaftifche, welche ſich durch feſteres, organifirbares Exſudat unterſcheidet und eine nichtplaſtiſche, wobei das Exſudat mehr oder minder fluͤſſig bleibt, indem deſſen feſte Theilchen nicht cohaͤ— tiven, ſondern in dem fluſſigen Theile ſuspendirt bleiben, wodurch dieſes feröfe und waͤſſrige Exſudat bisweilen etwas zaͤhe wird. Dieſes Exſudat organiſirt ſich nicht, und wird nur unvollkommen abſorbirt. Die plaſtiſche Entzuͤndung kann in dieſe nichtplaſtiſche uͤbergehen, oder umgekehrt, die erſtere kann auf dieſe folgen, ſo daß durch Vermiſchung beider Formen ſehr mannigfaltige Befunde bedingt werden. Dieſe beiden in den ſeroͤſen Haͤuten ſehr auffal— lenden Formen kommen nun auch bei der Lungenentzuͤndung vor. Die plaſtiſche Lungenentzündung. Die normale Schleimſecretion erſchwert die Bildung zuſammenhängender Lymph⸗ ſchichten und organifirter Pfeudomembranen. Es iſt daher nicht zu verwundern, daß wir in der Lunge auf einer mit der Schleim— haut mindeſtens zuſammenhaͤngenden Flaͤche ausgebreitete und voll— kommene Beweiſe dieſer Entzuͤndungsform nicht finden. Am mei— ſten iſt dieß noch in den Lungen der Kinder der Fall, wobei die ergoſſene Lymphe gewoͤhnlich mit der faͤrbenden Materie des Blu— tes gefärbt iſt. Die Lungenſubſtanz verliert ihre ſchwammige Terz tur und wird vollkommen feſt, während fie zugleich eine ſchmuz— zige Dunkelroͤthe annimmt, wodurch ſie geſunder Leberſubſtanz aͤhn⸗ lich wird. Duͤnne Scheibchen davon laſſen ſich nicht auswaſchen; jedoch iſt durch das lockere Zellgewebe zwiſchen den Lungenlaͤppchen ein gewiſſer Grad der Beweglichkeit in der Subſtanz nicht zu ver— kennen, wiewohl dieß nicht immer der Fall iſt, da auch dieſes Zellgewebe krankhaft feſt werden kann. Findet dieſe beſchraͤnkte Beweglichkeit zwiſchen den indurirteu Laͤppchen ſtatt, fo bekoͤmmt die Lunge einigermaßen das Ausſehen von Pancreas. Obwohl nun Pneumonie ohne bronchitis vorkommen kann, und obwohl letztere ſich fuͤr ſich allein in die aͤußerſten Veraͤſtelungen fortzupflanzen im Stande iſt, ſo ſind doch auch bisweilen die Bronchialaͤſtchen und die Lungenzellen gleichzeitig afficirt; dieß habe ich beſonders einmal bei einem Kinde geſehen, welches an einer zu Keuchhuſten hinzukommenden Lungenentzuͤndung geſtorben war. Die Bronchial— roͤhrchen, welche zu den leidenden Lungenlappen führten, waren mit einer feinen, plaſtiſchen, croupaͤhnlichen Exſudation ausgeklei— det und bewirfen recht ſchoͤn, daß die feſte Ablagerung bei Pneu⸗ monie innerhalb der Luftwege liege. Man findet dieſe Form der Entzündung am haͤufigſten bei Kindern nach Keuchhusten, Pocken ꝛc., meiſtens auf einzelne Laͤppchen beſchraͤnkt, jedoch in dieſer Form durch die ganze Lunge verbreitet. Obwohl nun die plaſtiſche Ent— zuͤndung der Lunge meiſtens die Lobularform annimmt, ſo iſt fie doch nicht darauf allein beſchraͤnkt, ſondern kann auch einen gan⸗ zen Lappen und ſogar eine ganze Lunge befallen. Beſonders feſte, rothe Hepatiſation bei Erwachſenen wird durch dieſe Art der Ent— zuͤndung bedingt. Nach dem Aufhoͤren der Entzündung iſt eine vollſtaͤndige Lö— ſung und Herſtellung kaum anzunehmen; wahrſcheinlich wird durch Zerſtoͤrung der Zellenſtructur das Gewebe contrahirt und indurirt. Man findet, in der That, nicht ſelten die Lungenoberflaͤche mehr oder minder hoͤckerig, wie durch Interlobularſiſſuren getheilt, waͤh— rend die entſprechende pleura bisweilen normal beſcheffen iſt, haͤu— figer jedoch Adhaͤſionen mit dieſem hoͤckrigen Zuſtande der Lungen— oberflaͤche correſpondiren. Schneidet man hier in die Lungenſub— ſtanz ein, ſo findet man keinesweges immer Spuren fruͤherer Tu— berkelhoͤhlen, ſondern im Gegentheile ein Stuͤck Lunge von unge— woͤhnlicher Feſtigkeit ohne zelligen Character, in der Mitte am fe— ſteſten, im Umfange dagegen allmaͤlig in die normale Structur uͤbergehend. Mriſtens mag dieſe Obliteration das Ausſehen wei— ßen, nicht fibröfen Gewebes haben; bei der rothen Hepatiſation, die wir hier betrachten, iſt die plaſtiſche eymphe von rothen Blut— koͤrperchen begleitet und das indurirte Stuͤck wird dadurch gefaͤrbt werden, ſo daß es roth, braun oder grau gefunden wird. Außer⸗ dem kann auch die ſchon in den normalen Lungen vorhandene ſchwarze Lungenſubſtanz eine dunklere Färbung bedingen; überhaupt kann die Hepatiſation, wenn dabei die Quantitat faͤrbenden Stof⸗ fes ſehr betrachtlich iſt, eine ganz ſchwarze Farbe annehmen, ſtatt in eine graue Faͤrbung uͤberzugehen. Man muß hierbei die ge⸗ ſchwaͤrzten Lungentheile jedoch nicht mit wahrer Melanofe vers 140 wechſeln. Es find mir Fälle vorgekommen, wobei dieſe Faͤrbun— gen durch eine Fluͤſſigkeit bewirkt wurden, bei welchen meine Fin— ger viele Wochen lang wie mit unausloͤſchlicher Dinte gefärbt blieben. Es kommt nun auch noch eine nichtplaſtiſche Pneumonie vor; das Entzuͤndungsproduct iſt dabei moglichſt wenig plaſtiſch und daher nicht im Stande, ein bleibendes Gewebe in Verbindung mit der Structur des Organes zu bilden in welchem es abgela— gert iſt. Dieß iſt die Form der Pneumonie, wobei eine hellgraue Verdichtung der Lungenſubſtanz gefunden wird, die keinesweges, wie man gewoͤhnlich annimmt, als ein ſpaͤteres Stadium der ro— then Induration auftritt, ſondern vom erſten Anfange eine hellere Farbe zeigt; denn man findet ſie bei Faͤllen von ſehr kurzer Dauer, während rothe Hepatiſation ſelbſt nach betraͤchtlich langen Krank— heitsfallen gefunden wird. Auch ſind die Formen der von dieſen beiden Krankheiten afficirten Lungenſtuͤcke ſehr verfwieren. Bei der plaſtiſchen Form iſt der Umfang der Lunge nur wenig veräns dert, bei dieſer dagegen in manchen Füllen ungewoͤhnlich ausge— dehnt, wobei bisweilen der obere Lappen den untern ganz zuruͤck— drängt und die eine Bruſthoͤhle faſt allein einnimmt. Die Obers fläche der pleura iſt glatt und gefpannt und die Läppchen erfcheis nen größer. Die afficirte Lunge ſieht ſchmutzig weiß und ſchwarz gefleckt aus; ebenſo die Durchſchnittsfläche, auf welcher außerdem auch keine und unregelmäßige roͤthliche Flecke von den noch rothes Blut fuͤhrenden durchſchnittenen Gefäßen bemerkbar werden. Ob— wohl der Durchſchnitt durch eine feſte Subſtanz gemacht zu ſeyn ſchien, ſo dringt durch leichten Druck doch eine weißliche, undurchſichtige, rahmaͤhnliche Fluͤſſigkeit uͤberall hervor. Die Subſtanz iſt bei dieſer nichtplaſtiſchen Form fo erweicht, daß fie unter dem Finger ſehr leicht zerreißt, wobei unregelmaͤßige Hoͤhlen mit puriformer Fluͤſſigkeit entſtehen, ſo daß es fuͤr einen unerfahrenen Unterſucher das Aus— ſehen eines Lungenabſceſſes giebt. Waſcht man eine dünne Scheibe folder Subſtanz ſorgfaͤltig aus, fo kann man das Eutzuͤn— dungsproduct ſo vollſtaͤndig entfernen, daß das normale Lungenge— webe zuruͤckbleibt, welches collabirt und ſeinen normalen Umfang wieder annimmt. Aber auch hier, ebenſo wie bei der plaſtiſchen Form, wird die Lungenfubftang luftleer und ſinkt im Waſſer unter. Gewoͤhnlich beſchraͤnkt ſich dieſe Form auf die einzelnen Lappen, in manchen Faͤllen ſogar auf einzelne Laͤppchen, was aber ſelten iſt und gewoͤhnlich von einem localen Reize, z. B., einem Rippenbrus che, abhaͤngt. Ich glaube, daß ſich die Kranken ſelten nach dieſer Form der Pneumonie erholen, wenn fie einen beträchtlichen Theil der Lunge einnimmt oder auch nur einen einzelnen Lappen betraͤcht— lich ausgedehnt hat. Die Ablagerung iſt offenbar nicht organiſir— bar, aber zugleich zu zaͤhe, um expectorirt zu werden; außerdem ift die Texrur durch die uͤbermaͤßige Ausdehnung fo verändert, daß an materielle Abſorption nicht zu denken iſt. Erfolgt nun nicht der Tod, fo glaube ich, daß die Lungenſubſtanz zerſtoͤrt wird, und eine Hoͤhle zuruͤcklaͤßt, welche den Tuberkelhoͤhlen und den Lungen— abſceſſen haͤufig ſehr aͤhnlich ſieht. Eine ſpaͤtere Zuſammenziehung dieſer ſo wie anderer Hoͤhlen in der Lungenſubſtanz veranlaßt einen hoͤckrigen Zuftand der Oberflaͤche des Organes, außer wenn allge— meine Adhaͤſionen an die Rippen pleura ſtattfinden, in weichem Falle bei großem Umfange der Hoͤhle eben ſolche Contractionen und Verkruͤmmungen der Bruſt folgen, wie bei Fällen von Ems pyem. Die innere Fläche dieſer Höhlen iſt nach dem Stadium vers ſchieden; in friſchem Zuſtande kann fie ſehr zerriſſen ausſehen und es koͤnnen noch Ueberreſte von Gefaͤßen durch die Hoͤhle hindurchge— hen; iſt die Hoͤhle dagegen alt, ſo iſt die innere Flaͤche glatt und mit einer neugebildeten Schleimhaut ausgekleidet, welche feſter iſt, als die, welche man in Tuberkelhoͤhlen findet. Solche Hoͤhlen commu— niciren mit der Luftroͤhre durch die Muͤndung kurzer Bronchialaͤſte. Die Secretion iſt mehr oder minder eiterig, bisweilen blutig und die Expectoration haͤngt bisweilen von der Koͤrperſtellung ab und tritt plotzlich und reichlich ein, wie bei Empyem, jedoch nicht in gleicher Quantitaͤt. Außer dieſen zwei Formen exiſtirt nun jede Gradation von Zwiſchenform, wodurch die Natur einen guͤnſtigern Ausgang, wenn auch nicht gerade die Reſolution der Krankheit, zu befoͤrdern ſcheint. Die mangelnde Plaſticitaͤt beguͤnſtigt die Expectoration 141 und beſchuͤtzt vor Obliteration, während doch der Mangel an Pla- ſticitaͤt nicht fo groß iſt, daß das Gewebe eine jo ungewöhnliche Ausdehnung und endlich Zerſtoͤrung erleidet. Anfangs beobachtet man kaum eine Veraͤnderung durch Aus— cultation oder Percuſſton, ſpaͤter bei beginnendem engorgement hort man das crepitirende Raſſeln, wie wenn ein ſehr feiner Schaum durch eine enge Oeffnung durchgetrieben wurde. Aamalig wird die Reſpiration weniger börbar, die Percufjion wird dumpf und die sputa werden zahe, faſt wie coagulirt, bisweilen durch Beimiſchung mit Blut röttichoraun. Unterſucht man die Lunge nach dem Tode, fo findet man ſie äußerlich blaſſer, innen dunkler, roth gefleckt, wie marmorirt, wobei die septa zwiſchen den Lappchen oft deutli- cher werden, als in den Lungen; auf Durchſchnittsflaͤchen fließt nichts aus, aber es kann mit dem Meſſerrücken eine tleine Quan— tirät blutigen Serums herausgeſchabt werden, welches dicker iſt, als bei bloßem engorgement und durch Beimiſchung von weißlich pu— riformer Materie trüb wird. Die Schmttfläche erſcheint tornig, durch kleine rundliche, jedoch abgeplattete, Korperchen (Andral findet die Flaͤche nicht koͤrnig, ſondern glatt). Laennec, welcher die körnige Structur bemerkt, leitet fie davon her, daß die Luft— zellen durch Verdickung ihrer Wande und Anfüllung ihrer Hohlen in feſte Korner umgewandelt werden. Waͤſcht man ein ſolches dunngeſchnittenes Lungenſtuckchen forgfältig aus, To laßt ſich zwar die zellige Structur nicht ganz herſtellen, aber durch theilweiſe Be— ſeitigung des Secretes der Zellenſtructur wenigſtens unvollkommen wieder deutlich machen. Nach längerer Dauer dieſer Krankoeit findet man die hepatiſirten Lungentheile roth und braun gefleckt und ſchmutzig grau, und dieß iſt der Zuſtand, welchen man die graue Hepatiſation oder das zweite Stadium der Pneumonie genannt hat, oder welche Andral wegen der Bruͤchigkeit auch graue Erwei— chung der Lungenſubſtanz nennt. Unter denſelben Benennungen hat man aber auch die ſchlimmſten Falle von nicht plaſtiſcher Ab— lagerung mit abgehandelt. Wenn ich hierbei von Ausdehnung der Lungen ſprach, ſo iſt darunter nicht zu verſtehen, daß die Lunge mehr ausgedehnt fen, als bei dem hoͤchſten Grade der Jaſpiration, ſondern ſie erſcheint nut ausgedehnt, wenn man ſie mit einer gefunden Lunge vergleicht, die man im Zuſtande der vollſtaͤndigſten Exſpiration ſieht. Etwas Anderes iſt es, wenn bloß ein Lungenlappen von der Krankheit er— griffen it. Man finder in ſolchen Fallen den obern Lappen 8—9 Zoll lang. Ich kann nicht annehmen, daß ſolche Dimenjionen noch innerhalb der Gränzen einer normalen Inſpiration liegen, und dies ſer Grad der Ausdehnung fand auch, in der That, immer nur auf Koſten der uͤbrigen collabirten Lappen ſtatt. Was nun den weitern Verlauf der Symptome bei dieſer Zwi⸗ ſchenform betrifft, fo kann bei einer guͤnſtigen Wendung das Re: ſpirationsgerauſch an einem oder mehreren Puncten, wo fruͤher Conſolidation beſtand, wieder bemerkbar werden; es bleibt aber ſchwach im Vergleich mit dem geſunden Zuſtande, und wird mehr oder weniger durch ein crepitirendes oder Schleimraſſeln verändert. Der Auswurf wird freier, reichlicher, weniger zaͤhe und mehr ge— kocht. Häufig entwickelt ſich ein deutliches crepitirendes Raſſeln, welches man einem Lungenddem zuſchreibt. Merkwuͤrdig iſt, wie bei ſo betraͤchtlich veraͤndertem Zuſtande der Lunge die Reſpiration und Reſonanz in fo hohem Grade wiederhergeſtellt werden kann. Vielleicht erklärt ſich dieß dadurch, was ich bei meinen Unterſuchun⸗ gen bemerkt habe, daß naͤmlich, wenn man einzelne Lungenſtuͤckchen zu genauerer Unterſuchung 1— 2 Tage in Waſſer liegen laßt, das Ausſehen krankhafter Veränderung ſich beträchtlich vermindert, of fenbar in Folge von Erweichung der in die Zellen ergoſſenen Subs ſtanz, wobei jedoch immer noch ein gewiſſer Grad von Feſtigkeit zuruͤckbleibt, welche ebenſowohl von Anhängen der kymphe, als von einer gewiſſen Turgescenz abbängen kann. Dieſelbe Umänderung kann nun durch jenes conſecutive Oedem bewirkt werden. Hat man dagegen Gelegenheit, die Lungen einige Zeit nach dem Nachlaſſe der Entzuͤndung zu unterſuchen, ſo findet man noch veeſchiedene Grade der Indurationz das Ganze ſieht granitartig aus und ſcheint bei fortdauernder Feſtigkeit von vollſtäͤndiger Obliteration der Zel⸗ len und von Verdickung der Zwiſchenwaͤnde zwiſchen den Laͤppchen herzuruͤhren. Tubertelmaterie in dem bereits entzundeten Lungengewebe. 142 Bisweilen kommt eine Varictaͤt vor, indem bei länger baucrns der Pneumonie und beſonders bei geſchwächten Perſonen die Lunge ſtellenweiſe von heller Farbe und vollkommen feſt iſt, was ſich bisweilen, auf einzelne Lappchen beſchraͤnkt, nicht felten aber ums regelmäßiger verbreitet iſt. Dieß entſteht entweder dadurch, daß die Lunge nicht uberall zugleich und auf gleiche Weiſe befallen wors den iſt, oder daß einzelne Lungentbeile nach der Hepatiſation eine Veränderung erlitten baben, wozu namentlich die Veranderun⸗ gen, denen der färbende Beſtandtheil des Blutes unterworfen ift, mit beitragen konnen. Nicht felten iſt eine ſolche Miſchung bei: ler und rocher Hepatiſatien nur die Folge von Ablagerung von Die meiſten dieſer Veränderungen, ſie mogen directe oder indirecte Fol— gen der gewoͤhnlichen Pneumonie ſeyn, ſcheinen vorzugsweiſe die untern und hintern Theile der Lunge zu befallen. Lungenabſceſſe hat man als eine haͤufige Folge der Deus monie betrachten wollen; genauere Unterſuchung bat darauf gefuhrt, die Exiſtenz wahrer Lungenabſceſſe als directe Folgen der Pucumo⸗ nie zu laͤugnen; wir muſſen daher die Falle beruckſichtigen, welche als Lungenabſceß erſcheinen und mit den ſehr ſeltenen wahren Lun— genabſceſſen verwechſelt werden können. Die Idee, daß ein Lungenabſceß vorhanden ſey, iſt wahr— ſcheinlich zuerſt bloß nach den Symptomen und wahrend des Le— bens des Kranken gefaßt worden; namentlich wenn die sputa bel einer anhaltenden Pneumonie ſchleimig-eiterig und leicht blutig werden; beſonders das eiterige Ausjeben der sputa führt auf den Gedanken an einen Abſceß. Dieſe eiterige Expectoration, welche man gegen das Ende einer Pneumonie ſeit Hippocrates bereits als ein gunſtiges Zeichen betrachtet hat, läßt ſich davon herlei— ten, daß die puriforme Secretion, welche die Luftzellen und klei⸗ neren Bronchialäſte anfullt, gegen das Ende der gemiſchten Form der Krankheit ausgeleert wird; unterſucht man naͤmlich eine Lunge in dieſem Stadium, fo findet man, daß das Secret, welches mit dem Scalpell von der Schnittflaͤche aufgehalten werden kann, weit reichlicher und eiterig iſt; die kleinen Bronchialveraͤſtelungen find damit gefüllt und ergießen die Flüſſigkeit bei dem leiſeſten Drucke, ſo daß es wie kleine Abſceſſe ausſehen kann; ein ähnliches Secret koͤmmt aber bei demſelben Drucke auch aus allen Puncten der Textur ſelbſt hervor. Die entzuͤndete und erweichte Lungenſubſtanz iſt ſehr bruͤchig, und die durch Fingerdruck auf dieſe Weile entſtan⸗ denen Höhlen mit dem beſchriebenen Secrete und einigen Fetzen Lun⸗ genſubſtanz können als Abſceſſe betrachtet werden. Ich babe biz reits angeführt, daß wahrſcheinlich die großen Höhlen mit «iteriger Fluͤſſigkeit in manchen Fallen nur durch ein Zuſammenbrechen der Lungen unter dem Fingerdrucke bei der nicht plaſtiſchen Entzündungs- form herruhren und dann den Namen eines Lungenabſceſſes er⸗ alten. 1 Am bäufigfien wird eine vomica nach Tuberkelerweichung als Lungenabſceß betrachtet; dieſe find aber nicht allein nicht notb⸗ wendig Folge von Entzündung, ſondern koͤnnen überhaupt nicht als wahre Abſceſſe betrachtet werden. Die copioͤſeſte Eiterausteerung findet unbezweifelt hei'm Ems pyem ſtatt, wenn ſich eine Communication zwiſchen dem Pleura⸗ ſacke und den Bronialröbren bildet Während des Lebens bätt man dieß wohl für das Aufbrechen eines Lungenabſceſſes. Bei der Section aber iſt der Irrthum leicht zu bemerken. Schwieriger iſt die Unterſcheiduna, wenn das Empyem nur klein und von ge⸗ ringer Ausdehnung iſt, ſich auf eine Interlobularfiſſur beſchraͤnkt und durch pſeudomembrandſe Adhaͤſionen ringsum geſchloſſen iſt. Dadurch wird alsdann auch die Geſtalt der Lungen verändert. Eine ſolche Eiteranſammlung, wenn fie bei der Section gefun⸗ den wird, kann ſehr leicht irriger Weiſe als ein umſchriebener Lungenabſceß bitrabtet werden. \ j Eine beträchtliche Bronchialerweiterung erſcheint ebenfalls bis⸗ weilen als Abſceß, wenn fie mit akerig "TC Sicret ges fuͤllt iſt, befonders wenn der Theil der Bronchien, welcher zu der Hoͤhle führt, nicht erweitert iſt. Die Bildung des Eiters, welche in dem Zellgewebe zwiſchen den Laͤppchen vorkommt, kann nicht leicht als ein Lungenabſceß angeſchen werden, da fie keine Eiteran⸗ ſammlung veramaßt. 143 Die feltenen Fälle, bei welchen das vorkümmt , was man als wahren Lungenabſceß betrachten kann, finden ſich dann, wenn ein Lungenſtuͤck durch Entzündung und Obliteration der Luft⸗ zellen verdichtet iſt und nun in Eiterung übergeht, wobei der Ei⸗ ter in Form eines Abſceſſes ſich ſammelt. Der ſo gebildete Eiter iſt weder ſehr rein, noch reichlich vorhanden. Ich erinnere mich keines Falles, wo mehr als eine Drachme in einer ſolchen Hoͤhle geweſen wäre, und in den meiſten, deren ich mich erinnere, war Lungen- gangraͤn mit Abſtoßung brandiger Stuͤcke damit verbunden. Endlich muß bei der Beſchreibung der Lungenentzuͤndung auch noch ein Zuſtand angefuͤhrt werden, der ſich mit den Wirkungen der Entzuͤndung verbindet, vielleicht nur eine Varietaͤt derſelben iſt, obwohl er ohne irgend ein Symptom entzündlichen Characters vorkoͤmmt. Er kommt bei denen vor, welche betraͤchtliche Zeit ſehr geſchwaͤcht oder ſterbend dagelegen haben und iſt daher die Pneumonie der Sterbenden genannt worden. Auf dieſen Zuſtand hat beſonders undral aufmerkſam gemacht, welcher die hintern Theile einnimmt, ganz wie das von Bichat beſchriebene und von der Entzündung unterſchiedene blutige Leichenzengorge- ment. Wahrſcheinlich find beide Zuſtaͤnde bei Sectionen häufig verwechſelt worden. Die Unterſcheidung, obwohl in practiſcher Beziehung intereſſant, iſt, in der That, von geringer practiſcher Wichtigkeit (außer bei forenſiſchen Unterſuchungen). Das ſo afficirte Lungenſtuͤck iſt von dunkler, livider Farbe, ſchwer und luftleer und obwohl ſcheinbar feſt, dennoch muͤrb und brüchig. Obwohl dieß einem engorgement ſehr aͤhnlich ſieht, fo ift doch die größere Feſtigkeit der Structur leicht zu erkennen; aus der Schnittflaͤche fließt nicht bloß dunkele, blutige Fluͤſſig⸗ keit aus, ſondern ein verdicktes, undurchſichtiges fluidum, fo daß man deutlich ſieht, daß gleichzeitig eine Ergießung coagulabler Lymphe ſtattgefunden habe. Die Lungenſubſtanz iſt, leichter zerreißs bar, als bei einfachem engorgement, und wie bei der Zwiſchenform zwiſchen der plaſtiſchen und nicht plaſtiſchen Pneumonie kann durch forgfältiges Auswaſchen die Lunge ihren zelligen Character wieder: erhalten. Dieß und die Beſchaffenheit der aus der Schnittflaͤche hervordringenden Fluͤſſigkeit bildet hauptſaͤchlich den Unterſchied zwiſchen dieſen beiden Zuſtaͤnden. Die fogenannte Pneumonie der Sterbenden ſcheint, obwohl ſie einige Zeit vor dem Tode beginnt, in derſelben Beziehung zu dem Leichen-engorgement zu ſtehen, wie der Anfang der Hepatiſation oder Spleniſation zu dem entzuͤndli⸗ chen engorgement. Es ſcheint, als wenn die Blutanſammlung, welche ſehr kurz vor dem Tode ſtattfindet und die ſogenannte Lei⸗ cheninſiltration einleitet, die Quelle eines leichten Grades von Reis zung werde, wobei eine Veränderung der Seerketion ſtattfinde, ob⸗ gleich der Organismus nicht mehr im Stande iſt, den Grad von Reaction zu Stande zu bringen, von welchem die conſtitutionellen Entzuͤndungsſymptome abhaͤngen. 8 Die Weichheit und Zerreißbarkeit der Lungentextur, ſowohl in dieſem Zuſtande, als bei bloßer Leicheninfiltration, betrachtet An— dral nicht als Folge von Entzündung, ſondern als Folge der nor⸗ malen Zartheit der Structur, welche einer Verletzung entgeht, da ſie ausweichen kann, wenn Luft vorhanden iſt, welche aber eine Zerreißung erleidet, wenn durch blutige oder andere Ergießung der Widerſtand vermehrt iſt. Daß dieß der Fall ſeyn koͤnne, iſt nicht zu bezweifeln; dennoch kann ich den Einfluß von Entzuͤndung auf 144 Erweichung der Textur bei Pneumonie der Sterbenden nicht ganz verwerfen. Wahrſcheinlich beginnt jene Zerreißbarkeit ſchon vor dem Tode, nimmt aber nachher noch zu. Die Schleimhaut ver— ſhiedener Theile des Nahrungscanals bietet Beiſpiele derſelben Form von Erweichung. Es giebt noch einen Zuſtand der Lungenſubſtanz, welchen ich hier erwaͤhnen muß, obwohl ich nicht weiß, ob man ihn als Reſul— tat eines entzuͤndlichen Proceſſes betrachten muß oder nicht. Die Lungenſubſtanz iſt dabei ſchwammig und crepitirend, jedoch feſter, als im normalen Zuſtande; die Faͤrbung hat nichts Eigenthuͤmliches, ſondern kann fo mannichfaltig ſeyn, wie die der Lungen von Per: ſonen, welche ohne Lungenkrankheit geſtorben ſind. Das Eigen— thuͤmliche der Lunge beſteht nur in einer groͤßern Reſiſtenz gegen Beruͤhrung. Es ſcheinen die septa der Lungenzellen verdickt zu ſeyn, und die Lunge ſcheint, abgeſehen von der darin ergoſſenen Fluͤſſig— keit, etwas ſchwerer, als im natuͤrlichen Zuſtande. Alle Faͤlle dieſer Art habe ich bei Herzkrankheiten gefunden, und ich glaube, daß ſie von Hypertrophie oder ungehoͤriger Thaͤtigkeit dieſes Orga— nes herruͤhren. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß ein aͤhnlicher Zuſtand der Lungen zuweilen als eine Folge einer der gemiſchten Formen der Lungenentzuͤndung auftreten kann, wodurch die Waͤn— de der Zellen verdickt ſind, ohne daß die Hoͤhlen derſelben oblite— rirten. (Hodgkin, Lectures on the morbid Anatomy of the se- rous and mucous membranes. T. II. p. 1.) Miscellen. Die Brightſche Nierenkrankheit erklaͤrt Dr. Graves als eine Folge veränderter Nierenſecretion; die Corticalſubſtanz be— ſteht aus einer unzaͤhlbaren Menge aͤußerſt feiner durcheinander ge— wundener Röhrchen, in genaueſter Verbindung mit den feinſten En— digungen der Capillargefaͤße; der aus dem Blute abgeſonderte Urin erſcheint zuerſt in den Roͤhrchen der Corticalſubſtanz. Der Urin enthält Waſſer, Salze und verſchiedene Säuren, z. B., Phosphor— ſaͤure, Salpeterfäure c. Werden nun mit dieſem Urine gleichzeitig geringe Quantitaͤten Eiweiß abgeſondert, fo wird das letztere nothe wendig durch einige dieſer Saͤuren coagulirt werden; wiederholt ſich dieſer Proceß oft und fortdauernd, fo muͤſſen nothwendig zur letzt dieſe Roͤhrchen mit coagulirtem Eiweiße gefüllt werden, etwas, was von Valentin in der That beobachtet worden iſt. (Dublin Journ. Sept. 1840.) Bei partiellem Symblepharon hat Dieffenbach die Operation mit Erfolg auf die Weiſe ausgefuͤhrt, daß er den ange— wachſenen Theil des Augenlides ſorgfaͤltig vom bulbus abpräparirte und, um die Wundflaͤche des Augenlides nicht mit der des bulbus in Beruͤhrung kommen zu laſſen, fuͤr einige Tage ein kuͤnſtliches Eitropium bildete, indem er einen Faden durch die aͤußere Ober: flaͤche des Auzenlides hindurchzog, und dieſe nach Innen gegen den bulbus zu umkrempte. (Dieffenbach's Vorträge, S. 39.) Necrolog. — Der als Anatom und Chirurg ſehr hoch⸗ geachtete Oberwundarzt am Westminster Hospital, Sir Anthony Carlisle, iſt am 2. November geſtorben. Bibliographische L’Homme américain (de l’Amerique meridionale) considere sur les rapports physiologiques et moraux, Par Alcide d’Orbig- ny. Deux Volumes 8. 1 Carte et 1 Atlas in 4. Stras- bourg 1840. (Hierauf werde ich zuruͤckkommen.) Considerations sur les poissons et particulierement sur les an- quilles. M&moire lu à la société royale et centrale d’agri- culture le ler Juillet 1840, par M. le Baron de Riviere, Paris 1840. 8. Rike Lehrbuch der Nervenkrankheiten des Menſchen. Von Dr. M. H. Romberg. Bd. I. Ifte Abtheil. gr. 8. Intereſſant, lehr⸗ reich und practiſch wichtig. Elémens d’Hygiene de Mr. Thouvenel etc. Publies par le Doc- teur Menestrel eto. Paris 1840. 2 Vols. 8. De Vaction des eaux minerales, Par G. Sabatin. moire. Paris 1840. 8. Premier mé- —ͤ — —?n] Hd UNeue Notizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Fror ed zu Weimar, und dem Medienalrarde und Prefeſſer Frerier in Berlin. Ne. 340. (Nr. Gedruckt im Landes- Induftries Gomptoir zu Weimar. 10. des XVI. Bandes.) Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., November 1840. des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 agl. u Ueber Lepidosiren. Von Profeſſor Th. Biſchoff in Heidelberg. Vor Kurzem hatte Herr Prof. Owen die Guͤte, mir feine Originalabhandlung über Lepidosiren annectens aus Tom. XVIII. der Transact. of the Linnean. Soc. mit den Kupfern zu uͤberſenden. Durch das Studium der— ſelben glaube ich mich verpflichtet, bei dem allgemeinen Ins tereſſe, welches man mit Recht dieſem ſo merkwuͤrdigen Thiere geſchenkt, hier oͤffentlich meine jetzt gewonnene Anſicht auszuſprechen, daß Lepidosiren annectens und para- doxa zwei weſentlich verſchiedene Thiere ſind, und nicht zu einem Genus, ja, wenn man die Trennungen beibehalten will, nicht einmal zu einer Claſſe gehoͤren. Zwar hat ſchon Leuckart in dieſen Notizen No. 256. dieſelbe Ueber— zeugung ausgeſprochen. Allein er kannte beide Thiere nicht aus eigener Anſchauung, hatte meine Abhandlung noch gar nicht, und die von Owen nur im Excerpt geſehen; und fo konnte man ſeine Stimme wohl noch nicht fuͤr hinreichend entſcheidend erachten. Auch Herr Prof. Owen hat meine Arbeit noch nicht gekannt. Jetzt aber, wo alle nothwendi— gen Materialien vorliegen, glaube ich, daß Jeder, und um ſo mehr Diejenigen, welche das Object ſelbſt in Haͤnden hatten, nicht laͤnger uͤber die Verſchiedenheit beider Thiere in Zweifel ſeyn koͤnnen. Dieſelbe ſpricht ſich ſchon aus, wenn man einen ver— gleichenden Blick auf das Aeußere beider Thiere, wie es die Tafeln geben, wirft. Abgeſehen von der ſehr verſchie— denen Groͤße, hat L. paradoxa einen viel rundern, wal— foͤrmigeren Körper, als L. annectens. Vorzüglich aber zeigt der Kopf in ſeiner ganzen Configuration eine ſehr be— deutende Verſchiedenheit. Auch die Groͤßenverhaͤltniſſe der einzelnen Theile, die nicht von Alter und Wachsthum ab— haͤngen koͤnnen, ſind, wie ſchon aus dem Vergleiche von Owen hervorgeht, ſehr verſchieden. Ebenſo weichen die Schuppen in ihrer Bildung voneinander ab. Allein die ins nern Unterſchiede ſind noch weit bedeutender. Wenn man No. 1440. NAH , auf der einen Seite ſagen kann, daß die Skelettbildung beider Thiere ſehr aͤhnlich iſt, und ſie ſehr nahe aneinander bringt, ſo finden ſich doch auch wieder bedeutende Abwei— chungen. Schon die Farbe des Skeletts, bei L. annec- tens gruͤn, bei L. paradoxa wie gewoͤhnlich weiß, iſt nicht gleichguͤltig. Beſonders wichtig ſcheint es mir aber, daß die chorda dorsalis von L. annectens gallertig, zellig iſt, wie bei Petromyzon und dem Stoͤr ır., bei L. paradoxa dagegen wahrhaft knorpelig mit Knorpelkoͤrper— chen; nur am Schwanzende iſt fie bei L. annectens auch knorpelig, nach Owen, und eine Andeutung in Wirbelab— theilungen vorhanden, welche bei L. paradoxa wieder fehlt. Auf die verſchiedene Zahl der Rippen und Dorn— fortſaͤtzze, fo wie auf die Zuſammenſetzung der letzteren bei L. annectens aus zwei, bei L. paradoxa zum großen Theil aus drei Stuͤcken, will ich kein großes Gewicht legen. Manche wichtige Unterſchiede zeigen aber die Schaͤdel, deren ganze Bildungen ſchon abweichend voneinander find. Ich hebe hier nur hervor, daß bei L. annectens das ganze knorpelige Geruͤſt der Naſe, ſo wie die Lippenknorpel feh⸗ len, welche für L. paradoxa fo intereſſant find. L. an- nectens hat nur ein Kiemendeckelſtuͤck, L. paradoxa zwei. Die eigenthuͤmlichen, an dem Hinterhaupte eingelenk⸗ ten, beiden griffelfoͤrmigen Knochen, die bei L. paradoxa nur in der Musculatur ſteckten und mit dem Zungenbeine in gar keiner directen Verbindung ſtanden, welches dagegen an dem Schlaͤfen-Quadrat-Knochen Knorpel durch Bandmaſſe befeſtigt war, find bei L. annectens wirkliche proc. Sty- loidei und ſtehen mit dem Zungenbeine in Verbindung, welches den Schädel ſonſt nicht berührt ic. Die Extremi— taͤten-Rudimente find bei L. annectens floſſenartig ge— gliedert, bei L. paradoxa ganz glatt, einförmig knorplig. Das groͤßte Gewicht hat man von allen Seiten auf das Verhalten der Naſencanaͤle gelegt. Jetzt zeigt O wen's Abbildung ganz deutlich, daß Lep. ann. nur eine Fiſchnaſe hat, einfache Gruben in der Dicke der fleiſchigen Rippen, deren Schleimbaut in Falten gelegt iſt. Die Naſencanaͤle 10 147 von Lep. parad. liegen dagegen in einem eigenen Enorpeligen Geruͤſte, und find, nach Fitzinger's, Natterer's, Tiede⸗ mann's und meinem Zeugniſſe durchbohrend. Auch der Lungen oder der Schwimmblaſen will ich hier erwaͤhnen, ob— gleich fie nicht fo ſehr difſeriren. Owen wiederholt, daß ſie bei Lep. ann. hinter dem Bauchfelle zu beiden Seiten neben der chord. dors. gelegen hätten. Ich habe ange— geben, daß die vorhandenen Rudimente bei Lep. parad., nach Allem, was ich fehen konnte, frei in der Bauchhoͤhle waren. In der That draͤngt ſich hier auch uͤber Owen's Angabe ein Zweifel auf. Wie naͤmlich auch meine Abbil— dung zeigt, befindet ſich die Stimmritze an der unteren, vor— deren Seite des Schlundes. Auf dieſes Verhaͤltniß haben mich mit Recht Herr Prof. J. Muͤller und neuerdings van der Hoeven aufmerkſam gemacht. Daſſelbe iſt, nach den Unterſuchungen von v. Baer (Entwickelungsgeſch. der Fiſche), wohl ein ſicheres Zeichen, daß die betreffenden Organe Lungen genannt werden muͤſſen, die immer an dieſer Seite abgehen, die Schwimmblaſen dagegen an der oberen, hinteren Seite. Doch ergiebt ſich hier, wie es ſcheint, kein Unter— ſchied zwiſchen Lep. ann. und parad. Denn auch die Abbildung von Owen zeigt dieſe Stimmritze an der unte— ren, vorderen Seite; aber es iſt mir unerklaͤrlich, wie damit die Angabe zu vereinigen iſt, daß die Lungen hinter dem Bauchfelle zu beiden Seiten der chorda lag. Was die Textur der Lungen betrifft, ſo ſcheint dieſelbe allerdings, nach Owen's Abbildung, bei Lepid. ann. einfa— cher geweſen zu ſeyn, obgleich dieſe Abbildung undeutlich iſt, und in der Beſchreibung geſagt wird, daß ſie eine zellige in— nere Oberfläche beſaͤße, und der Lunge einer Schlange gleiche. Von Lepid. parad. kann ich nur wiederholen, daß Jeder, der ſie geſehen, ſie, wenn irgend bei einem anderen der ſo— genannten nackten Amphibien eine Lunge exiſtirt, auch für eine Lunge halten zu müffen, erklaͤrt hat. Auf der ande ren Seite hat indeſſen Herr Prof. van der Hoe ven die Guͤte gehabt, mir eine genaue Beſchreibung der Schwimm— blaſe von Lepisosteus mitzutheilen, nach welcher dieſelbe zwar äußerlich einfach, dennoch in ihrem Inneren der Lunge eines Reptils und alſo auch der von Lepidosiren ſehr aͤhnlich iſt. Daſſelbe geht auch aus den Angaben Cuvier's, Agaffiz’s und Owen's über Amia und Polypterus hervor. Ruͤckſichtlich des Herzens habe ich ſchon in meiner Ab— handlung bemerkt, daß Lep. parad. unzweifelhaft zwei Vor⸗ hoͤfe beſitzt, und ich hatte das Vergnuͤgen, die Herren Dr. Krohn und Prof. Bentz und Andere davon zu uͤderzeu— gen. Lep. ann. hat dagegen ein vollkommenes Fiſchherz. Auch auf die Verſchiedenheit der Zahl und Bildung der Kie— men habe ich bereits aufmerkſam gemacht. Von den Vers dauungsorganen habe ich leider nicht viel beſchreiben koͤnnen; doch erwähnt Owen der beiden Speicheldruͤſen (2), die ich bei Lep. parad. beſchrieben, nicht. Vielleicht hat dieſelbe auch Pancreas und Milz, welche Lep. ann. fehlen. — Genitalien und Harnwerkzeuge ſind einander ziemlich gleich. So, glaube ich, finden ſich Unterſchiede genug, welche beweiſen, daß beide Thiere weſentlich von einander abweichen, 148 und ihre Zahl ließe ſich bei groͤßerer Minutioſitaͤt noch be— deutend vermehren. Ich kann nach denſelben Owen nur vollkommen beiſtimmen, wenn er ſich dahin entſchied, Lep. ann. fuͤr einen Fiſch zu halten, und haͤtte dieſes gewiß ſelbſt gethan. Auch kann ich nicht anders, als zugeſtehen, daß derſelbe in feinen Raiſonnements über dieſe Frage ſehr unpartheiiſch und umſichtig zu Werke gegangen iſt. Allein eben ſo ſehr muß ich wegen Lep. paradoxa auf meiner Mei— nung beharren, daß dieſelbe ein Amphibium iſt. Dieſelben Gruͤnde, welche fuͤr die Fiſchnatur jener ſprechen, ſtreiten fuͤr Lep. parad. als Amphibium, und ich kann mich in die— ſer Beziehung nicht beſſer als auf Owen's Argumentationen ſelbſt berufen. — Aber wo iſt nun die Graͤnze zwiſchen Fiſch und Am— phibium? Owen zeigt unwiderleglich, wie zweifelhaft die— ſelbe wäre, wenn Lep. parad. ſelbſt ein Fiſch wäre. Nun aber iſt das eine Thier ein Fiſch, das andere ein Amphibium, beide aber wieder einander ſo aͤhnlich, daß alles Uebergang wird. Wer feſthaͤlt an den durchbohrenden Naſencanaͤlen, dem iſt freilich geholfen, und er hat noch immer ein guͤlti— ges Zeichen. Aber kann man es irgend phyſiologiſch recht— fertigen, danach zwei ſo ſehr verwandte Thiere durch einen Claſſen-hiatus von einander zu trennen? Non datur saltus in natura. Heidelberg, den 7. Nov. 1840. Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der vegetabiliſchen Organismen. Von Dutrochet, Mitglied der Academie der Wiſſenſchaften. (Hierzu Figur 3 — 5 der mit Nr. 331. [Nr. x. d. XVI. Bös.] d. Bl. ausgegeb. Tafel). (Schluß.) Bisher hatte ich die Lebenswaͤrme des spadix von Arum ma- culatum immer erſt von der Zeit an beobachtet, wo ſich die spatha vollſtaͤndig entfaltet hatte. Es kam aber auch darauf an, zu er— mitteln, ob ſich die Lebenswaͤrme ſchon vor dieſem Zeitpuncte kund— gebe. Ich nahm alſo ein Exemplar, deſſen spatha mir von der Entwickelung noch ziemlich entfernt ſchien, verpflanzte es am 9. Mai fruͤh Morgens in einen Aſch, und begann den Verſuch noch an demſelben Morgen. Die Loͤthſtelle der Nadel wurde durch die spatha mitten in die keulenfoͤrmige Anſchwellung des spadix ein- geſenkt. Ueber die Reihe der an dieſem Exemplare angeſtellten Beobachtungen giebt die nachſtehende Tabelle Auskunft. Uleberſchuß der Les Abweis benswarme des spa chung der dix über die Tem- Temperatur Magnets peratur der Atmo⸗ der Amo— Stunden des Tages. nadel. ſphã re. fphäre, Bemerkungen. — — — ſD:w— mn — — Grade. Grade C. Grade C. 9. Mai. 6 Uhr 0 0 + 17,8 Zi 0 0 + 17,8 8 1 0,06 + 17,9 9 2 0,12 + 18 48 3 0,18 + 18,3 en 4 0,25 + 18,5 Mittag 41 0,28 + 18,7 Maximum 1 Uhr 4 0,25 18,9 2 — 4 0,5 18,9 119 Ueberſchuß der Le⸗ Ab wei denswarme des apa= chung der dis nber die Tem- Temperatur Magnete peratur der Almo der Atmo- Stunden dee Tages. nadel. ſobare. ſo bar Bemerkungen. — — — — — — — Grade. Grade C. Grade C. 8 uhr 3, 0,21 + 189 4 — 3 0 18 + 19 5 — 3 0,18 + 19,1 6 — 3 0,18 19,1 7 — 2 0,12 19 8 — 14 0,09 19 9 — 1 0,05 19 10 — 1 0,03 18,8 10 Mai. 6 Uhr 0 0 + 17.4 1 — 0 0 17 4 8 5 0,31 + 17.5 Sie 6 0,37 17,6 10) — 6, 0,40 + 17,8 * 7* 0,44 7 ER RER Mittag 10 0,62 18, ie spatha fänat 12 Uhr 20 M. 13 0,81 + 18 an ſich zu öffnen. 12 — 45 — 18 1,12 “E18 1 22 1,40 + 18 e 1.50 +18 — 33 2,53 + 18 n 4,48 +18 3 — 54 5,65 + 18,1 Die paths ift n 6,25 18,1 wenſtandig ent- 3 — 30 — 58 6.93 1 05 Elle — — 60 7,78 18,2 15 — 51 8,25 + 18,4 maximum 4 — 30 — 60 7,78 + 18,5 4 — 40 — 50 4,63 + 18,4 enen lichen Sldiden vetſetzt. 4 — 50 — 58 6,93 + 18,4 8 5 — 15 — 55 5,93 18,2 5570 A 15 ae 6 — 50 4,63 + 18, fade se I 45 3,34 + 18 »padis gebracht. 8 — 30 1,90 13 9 — 25 1,56 + 17,9 10 — 17 1,06 + 17,8 11. Mai. 6 Uhr 45 M 0 0 + 16,2 7 — 380 — 0 0 + 16,2 8 — 10 — 0 0 + 163 8 — 45 — 0 0 + 16,3 9 — 30 — 0 0 + 16,3 9 — 45 — 0 0 + 16,3 10 — 15 — 0 0 16,2 11 — 30 — 4 0,03 35 16,1 Mittag 1 0,6 + 16,2 Maximum 1 uhr 0 0 + 16,2 2 — 0 0 + 16,3 3 — minus 1 minus 0,06 + 16,5 4 — minus 2 minus 0,12 16,5 5 — minus 4 minus 0,25 + 16,4 6— minus 4 minus 0,25 + 16,2 Aus dieſen Beobachtungen ergeben ſich folgende Reſultate: Gegen Mittag trat das normale Maximum der Lebenswaͤrme des spadix ein, alſo 5 Stunden fpäter, wie bei den früheren Beobach- tungen am 5. und 7. Mai, wo es um 8k uhr ſtattfand und 2 Stunden ſpaͤter, als bei der Beobachtung am 8. Mai, wo es um 10} Uhr eintrat. Hieraus ergiebt ſich, daß das normale Mari: mum der Lebenswaͤrme des spadix bei verſchiedenen Exemplaren nicht dieſelbe Stunde einhaͤlt, ſondern von 8 Uhr Morgens bis Mittag varliven kann. An dem Tage, wo die spatha ſich entfal⸗ 150 tet, tritt das Maximum der Wärme vorzüglich ſpaͤt, und zwar etwas mehr als eine Stunde nach dem vollſtändigen Entfalten ein. Der Anfang der Entfaltung zeigt ſich um die Stunde, wo das normale Maximum der Wärme hätte eintreten follen, fo daß das ſchleunige Erſchtießen der spatha offenbar von der außeror⸗ dentlichen Waͤrmeentwickelung herrührt, welche die Kraft des Pa— roxysmus ſteigert und den Augenblick ſeines Maximum um mehrere Stunden weiter hinausſchiebt. Man wird bemerken, daß am 11. Mai, dem Tage nach der Entfaltung der spatha, die Magnetna⸗ del bis 101 Uhr Morgens auf dem Nullpuncte der Kreisſcale ſtehen blieb. Hieraus ergab ſich, daß der spadix dieſelbe Temperatur hatte, wie die Atmoſphaͤre. Um 112 Uhr fand ich, daß die Magnet⸗ nadel um 1 Grad abgewichen war, und dieß deutete darauf hin, daß die Temperatur des spadix die der Atmoſphäre um 0,03 Grad C. uͤberſtieg. Um Mittag betrug die Abweichung der Magnetnas del 1 Grad, alſo der Ueberſchuß der Temperatur des spadix über die der Atmoſphaͤre 0,06 Grad C. um 6 Uhr Nachmittags ftand die Magnetnadel wieder auf dem Nullpuncte. Demnach zeigte ſich auch an dieſem Tage das wenngleich Außerft unbedeutende, normale Maximum gegen Mittag. Bei naͤherer Betrachtung zeigt ſich, daß der Stand auf dem Nullpuncte, den die Magnetnadel des Morgens einnahm, einen Ueberreſt von Wärme in dem spadix kundgab, da dieſer ſich an der freien Luft befand und folglich offenbar durch Verdunſtung abgekuͤhlt wurde Wenn er alſo trotz dieſer Verkühlung eben fo warm war, wie die atmoſphaͤriſche Luft, ſo zeigte dieß offenbar an, daß bei ihm noch cine Entwickelung von Lebenswaͤrme ſtattfand, welche jener Verkuͤhlung das Gleich⸗ gewicht hielt. Um Mittag erreichte dieſe Lebenswaͤrme ihr Maris mum, naͤmlich 0,06 Grad C. über der Temperatur der Atmo⸗ ſphaͤre. Bald ſank aber dieſe Wärme bis zum gaͤnzlichen Erlöfchen, ſo daß der durch Verdunſtung verkuͤhlte spadix kaͤlter wurde, als die umgebende Luft. Dieſes Erkalten erreichte um 5 Uhr Abends den hoͤchſten Grad, naͤmlich 1 Grad C., und dieſer Grad erhielt ſich waͤhrend des uͤbrigen Theiles des Abends. Man hat aus der letzten Tabelle erſehen, daß ich am 10ten Mai um 41 Uhr Nachmittags, wo die Lebenswärme des spadix zu ſinken anfing, die Nadel in die männlichen Bluͤthen verſetzte, um deren damalige Temperatur zu ermitteln, und daß ich dieſe um faſt 3 Grad geringer fand, als die des keulenfoͤrmigen Theiles des spadix. Man wird bemerken, daß das Maximum der Wärme der Keule in diefem Falle nur 8} Grad betrug, während es bei der Beobachtung am 2ten Mai ſich auf 10,4 Grad belief. Hier⸗ aus ergiebt ſich, daß dieſe Waͤrme bei den verſchiedenen Exempla⸗ ren nicht dieſelbe iſt. Unter den Exemplaren von Arum maculatum, welche ſich der Bluͤthezeit näberten, hatte ich dasjenige, mit dem ich den letzter⸗ waͤhnten Verſuch anſtellte, auf's Gerathewohl gewaͤhlt. Natürlich konnte ich nicht genau beſtimmen, wie bald es bluͤhen werde. Das Reſultat zeigte aber, daß meine Beobachtungen am Tage vor der Entfaltung der spatha und zwar, genauer, etwa 3 Tag vor der⸗ ſelben begannen. Schon an dem erſten Tage der Beobachtung zeigte ſich der tägliche Paroxysmus der Lebenswaͤrme ziemlich deut⸗ lich. Ich kann nicht angeben, ob er auch an einem weiter von dem Blühen zuruͤckliegenden Tage ftattfindet, da ich meine Beob⸗ achtungen in dieſer Beziehung nicht fortſetzen konnte. Denn meine vielen Arumexemplare waren bei dem ungewoͤhnlich warmen Wet⸗ ter am 11. Mai, wo mein letzter Verſuch beendigt wurde, ſaͤmmt⸗ lich aufgebluͤht. Aus dieſen Beobachtungen erſieht man, daß die eigenthuͤmliche Wärme der Blüthe von Arum maculatum mehrere Parorpsmen bar: bietet, deren Maxima am Tage und deren Minima des Nachts eintreten. Unter den vier beobachteten Parorysmen zeichnen ſich nur 2 durch ihre Stärke aus. Der ſtaͤrkſte iſt derjenige, welcher am erften Tage des Bluͤhens eintritt, und fein Hauptfig befindet ſich in der keulenkoͤrmigen Auftreibung des spadix und wahrſchein⸗ lich auch in dem Gewebe der spatha. Unter ſeinem Einfluſſe ge⸗ ſchieht die geſchwinde Entfaltung dieſer letzteren. Der am zweiten Tage der Inflorescenz ftattfindende Paroxysmus ift weniger ftark, und fein Hauptſitz find die männlichen 190 und der Theil des 151 spadix, auf welchem dieſelben ſitzen. ſchieyt die Ausſtreuung des Pollen. $. 2. Verſuche über die eigenthuͤmliche Wärme der Blaͤtter, Blumenblaͤtter, Fruͤchte und Wurzeln. Es war erſt meine Abſicht, die Veroffentlichung meiner Un— terſuchungen über die Lebenswärme der oben genannten Pflanzen⸗ theile zu verſchieben, da gewiß manche derſelben einer Reviſion und andere einer Vervollſtaͤndigung beduͤrfen; indeß haben mich doch gewiſſe Gründe bewogen, fie in ihrer gegenwärtigen Unvollkom— menheit bekannt zu machen. Was die Blätter betrifft, To habe ich das Vorhandenſeyn der Lebenswaͤrme nur in denen von Sempervivum tectorum ermittelt. Ich ſteute meine Verſuche an der bewurzelten Pflanze an und witz derholte ſie ſo oft, daß uͤber die Richtigkeit des Reſultates kein Zweifel beſteht. Die eigenthuͤmliche Waͤrme, welche ich in den Blättern gefunden, erhebt ſich nicht über 0,03 Grad C. und wurs de durch eine Abweichung der Magnetnadel von 2 Grad angezeigt. Hätte ſich dieſes Reſultat nicht fort und fort wiederholl, fo würde ich ſelbſt, wegen der Winzigkeit deſſelben, in ſeine Richtigkeit kein Vertrauen ſetzen ). Ueber die eigenthuͤmliche Waͤrme der Blumenblaͤtter kann man nur Verſuche anſtellen, indem man die Nadel in die zuſammenge— preßten Blumenblätter der Knospe einer gefüllten Blume, z. B., einer Rosa centifolia, eines gefüllten Mohns (Papaver somniterum) oder einer gefüllten Paͤonie (Paeonia officinalis) einführt. Bei Verſuchen dieſer Art fand ich das Reſultat, daß, wenn die Loͤth— ſtelle ſich nur zwiſchen den zuſammengefalteten Blumenblaͤttern ei⸗ ner Knospe befindet, ſich durchaus keine Wärme kund giebt. Schiebt man ſie dagegen durch die Maſſe der Blumenblaͤtter bis in den Eierſtock, ſo kommt die Lebenswaͤrme des letzteren zur Erſchei— nung. Dieß habe ich, z. B., bei der Knospe des gefüllten Mohns in Erfahrung gebracht. Die Blumenkronen beſitzen alſo, wie es ſcheint, wenigſtens vor dem Aufbluͤhen durchaus keine merkliche Lebenswärme. Die Früchte haben, fo lange fie grün find, ihre Lebenswaͤrme fo gut wie die anderen grünen Pflanzentheile. Nachdem fie ges pfluͤckt find, erſtirbt dieſelbe ziemlich ſchnellz auch gelang es mir nur bei der noch an der bewurzelten Pflanze ſitzenden Frucht des Sola- num lycopersicon oder dem Liebesapfel, das Vorhandenſeyn des täglichen Paroxysmus der taͤglichen Lebenswaͤrme zu erkennen. Das Maximum, welches nur 0,08 Grad Cent. betrug und durch eine Abweichung der Magnetnadel von 13 Grad angezeigt wurde, während die Temperatur der Luft + 17 Grad war, trat um 25 Uhr Nachmittags ein. Aus folgender Tabelle erſieht man die von mir an mehreren anderen Fruͤchten entdeckte Lebenswaͤrme, obs wohl ich nicht angeben kann, ob die gefundenen Grade die Maxi— ma ſind. Unter feinem Einfluſſe ges ) Als ich eben dieſe Arbeit in die Druckerei ſchickte, gingen die Beobachtungen des Hrn. van Beek, Mitgliedes des Inſtituts der Niederlande, bei der Academie der Wiſſenſchaften ein. Dieſe Beobachtungen uͤber die Lebenswaͤrme der Pflanzen ſind auf Veranlaſſung der meinigen unternommen worden, und Herr van Beek hat ſich dabei deſſelben Verfahrens bedient, wie ich. Mit Vergnuͤgen habe ich geſehen, daß die Reſultate ſei— ner Verſuche dasjenige, was ich ruͤckſichtlich der Lebenswaͤrme der Pflanzen und des taͤglichen Paroxysmus dieſer Waͤrme ermittelt, vollkommen beſtaͤtigen. Hr. van Beek experimen— tirte mit den Blättern des Sempervivum spatulatum und Se- dum cotyledon. Er fand, daß die eigenthuͤmliche Waͤrme der Blätter dieſer Pflanzen im Maximum 0,259 Centigr. betrug. Das Maximum trat etwas nach Mittag ein. Der Brief des Hrn, van Beek findet ſich in dem Berichte über die Sitzung der Academie der Wiſſenſch. am 6. Jan. 1840. 152 8 Abweichung der Lebens- Temperatur Namen der Pflanzen. Magnetnadel. wärme. d. Atmoſphaͤre. — . — — — — — — Grad der Frucht der Atmoſphaͤre. Gruͤne Birne 1 0,06 + 14° Cent. Grüner Apfel 1 0,08 17,5 Gruͤne Pflaum 1! 0,09 18 Grüne Pfirſich 13 0,08 17,3 Grüne Frucht des Ribes Uva erispa 1 0,06 14 Grüne Frucht von Lirio- dendron tulipifera 13 0,10 21 Grüner Zapfen von Abies alba Michaux 13 0,10 22 Grüne Frucht von Datu- ra Stramonium, 8 Ta⸗ ge nach dem Abbluͤhen 14 0,8 18 Grüne Frucht von Papa- ver somniferum, 2 Ta- ge nach dem Abbluͤhen 2 0,12 19,5 Bei den 3 oder 4 letzten Früchten dieſer Tabelle gehört die gefundene Lebenswaͤrme wahrſcheinlich ebenſowohl den in der Frucht enthaltenen Saamenembryonen, als dem Gewebe der Frucht ſelbſt an. Jene beſitzen, in der That, eine eigenthuͤmliche Waͤrme, wo— von ich mich bei den noch grünen Saamen von Vicia Faba über: zeugt habe, deren Cotyledonen aͤußerſt dick und fleiſchig ſind. Ich nahm eine dieſer Puffvohnen aus der Schote und ſtellte mit der— ſelben und einer anderen ähnlichen, aber durch Eintauchung in hei— ßes Waſſer getoͤdteten einen vergleichenden Verſuch an, da dann die Magnetnadel um 1 Grad abwich und dadurch die Lebenswaͤrme der gruͤnen Puffbohne zu 0,06 Grad Cent. angab. Die Tempera tur der Atmoſphaͤre betrug waͤhrend des Verſuches, den ich uͤbri— gens nicht wiederholt habe, + 20 Grad Cent. Ich ſuchte zu erforſchen, ob die Fruͤchte waͤhrend des Reifens eine eigenthuͤmliche Waͤrme darbieten; allein ich habe in dieſer Be— ziehung noch zu wenig Verſuche angeſtellt, um ſichere Schluͤſſe bilden zu koͤnnen. Doch moͤgen die Reſultate, die ich gefunden, hier eine Stelle finden. Bei einer reifenden Reineclaudenpflaume beobachtete ich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen eine Eigenwaͤrme von 0,10 bis 0,12 Grad C., wobei jedoch während des Tages ſich kein Paroxysmus kundgab. Eine nicht mehr grüne Pfirſiche, die ſich zu roͤthen begann, aber noch hart war und den angenehmen Geruch der reifen Frucht noch nicht beſaß, die ſich alſo in der Uebergangsperiode vom gruͤnen zum reifenden Zuſtande befand, zeigte durchaus keine Lebenswaͤrme. Ich hob dieſe Pfirſich auf (ließ dieſe Pfirſich am Baume ſitzen 2), und als ſich nach 5 Tagen der die Reife verkuͤndende Wohlgeruch einfand, experimentirte ich von neuem mit ihr und erkannte nun an ihr eine Lebenswaͤrme von 0,06 Grad. Drei Tage ſpaͤter ſchien die Pfirſich vollkommen reif, und als ich ſie nun abermals unterſuchte, konnte ich an ihr nicht die geringſte Lebenswaͤrme entdecken. Dagegen bot die Frucht des Solanum Iycopersicon, welche gruͤn den Paroxysmus der Lebenswaͤrme kundgiebt, von dem Au— genblicke an, wo ſie die das Reifen verkuͤndende Faͤrbung anzuneh— men begann, auch nicht eine Spur der Lebenswaͤrme mehr dar. Sollte etwa die waͤhrend des Reifens entſtehende Waͤrme nur den Fruͤchten angehoͤren, welche Zuderftoff enthalten? Meine Ver— ſuche find offenbar zu wenig zahlreich, um dieſen Punct zu entſchei— den; allein ich gedenke ſie fortzuſetzen. Auch in Betreff der Knollen und anderen Wurzeln habe ich zu erforſchen geſucht, ob fie Lebenswaͤrme beſitzen und in dieſer Hinſicht eine ziemliche Anzahl Verſuche angeſtellt, die jedoch bis jetzt zu keinen ſicheren Reſultaten geführt haben. Mehrmals beob— achtete ich eine leiſe Spur von Lebenswaͤrme an dieſen unterirdi— ſchen vegetabiliſchen Theilen; mehrentheils ſchienen ſie mir aber Faun ſolche Waͤrme zu beſitzen. Ich laſſe alſo dieſe Frage auf ſich eruhen. 153 $. 8. Von der Lebenswaͤrme der Schwaͤmme. Ueber die Lebenswaͤrme der Schwaͤmme habe ich eine geringe en von Verſuchen angeftellt , deren ich hier nur ganz kurz ger denke, weil ich dieſen Punct der Pflanzenphyſiologie noch weiter zu unterſuchen hoffe. Ich habe bis jetzt nur mit 5 Schwaͤmmen erperimentirt, mit dreien aus der Gattung Agaricus, einem Bole- tus und einem Lycoperdon. Die Loͤthſtelle der Nadel wurde bei Agaricus und Boletus an der Spitze des Stieles eingeführt und in nachſtehender Tabelle ſindet man die erlangten Reſultate. Die Namen der Schwaͤmme ſind nach Bulliard angegeben. Ueberſchuß der Lebens. Temperatut Abweichung der wärme des Schwam⸗ der Aime⸗ Namen der Schwämme. Magnetnadel, mes über die der Ar. ſyhart. moſobsre. — ——.ñ — — — Grad. Grad Cent. Grad Cent. Agaricus eburneus 34 0,20 + 20,5 Agaricus colubrinus 13 0.10 20,2 Agaricus annularius (annularis) 13 0,10 17,5 Boletus aereus (as- neus?) 75 0,45 19,3 Lycoperdon hirtum 41 0,26 21,7 Die Schwaͤmme bedürfen zum Vegetiren nicht, wie die grünen Pflanzen, des Lichtes, woraus man mit Wahrſcheinlichkeit folgern könnte, daß ihnen auch nicht, wie den letzteren, ein Wärmepas roxysmus eigen fen, der irgend einer Zeit der täglichen Drehung der Erde um ihre Axe entſpricht. Uebrigens laͤßt ſich dieſe Frage nur durch directe Beobachtungen entſcheiden. Die meinigen uͤber dieſen Punct find noch nicht fo zahlreich, daß ich eine feſte Mei: nung hätte faſſen koͤnnen. Ich begnuͤge mich alſo damit, zu bes richten, was ich am Boletus aereus (aöneus) beobachtet habe. Mit dieſem Schwamme experimentirte ich, als er feine volle Ent— wickelung erlangt hatte, am 27. Juli um 91 uhr Morgens. Der getoͤdtete Boletus, der behufs der Vergleichung angewandt wurde, hatte noch etwas von der Waͤrme, mittelſt deren er getoͤdtet worden war, beibehalten, fo daß ſich der lebende Schwamm, als der Ver: ſuch begann, um faſt einen Grad Fühler zeigte, als der todte. Bald ſtellte ſich das Gleichgewicht zwiſchen beiden Schwaͤmmen her, und um 11 Uhr, wo die Lufttemperatur + 19,4 Grad C. betrug, uͤbertraf die Waͤrme des lebenden Schwammes die des todten ſchon um 0,18 Grad. Um Mittag hatte ſich dieſer Waͤrmeuͤberſchuß bis 0,36 Grad geſteigert und bis 8 Uhr Abends unter fortwährender Erhöhung 0,45 Grad erreicht, welche Zahl man in der vorſtehen⸗ den Tabelle angegeben findet. Der lebende Boletus beſaß alſo Le⸗ benswaͤrme, und an dieſer ließ ſich eine ſtufenweiſe Steigerung wahrnehmen. Ob 0,45 Grad das Maximum geweſen ſey, kann ich nicht beſtimmen, da ich um 8 Uhr zu beobachten aufboͤrte und den Verſuch erſt am folgenden Tage um 7 Uhr Morgens fortſetzte. Da— mals zeigte der Boletus, bei einer Lufttemperatur von + 18 Grad, nur noch eine eigentbuͤmliche Wärme von 0,28 Grad, worauf eine Abweichung der Magnetnadel von 44 Grad bindeutete. Dieſe Le— benswaͤrme nahm im Laufe des Tages ſtufenweiſe und ſehr lang— ſam ab und betrug um 2 Uhr Nachmittags nur noch 0,12 Grad. Da ich mich entfernen mußte, ſo konnte ich waͤhrend des Reſtes des Tages meine Beobachtungen nicht fortſetzen. Am folgenden Tage, nämlich am 29. Juli, hatte der Boletus ſeine Lebenswaͤrme durchaus verloren. 154 Dieſe Beobachtung iſt offenbar hoͤchſt unvollſtändig und läßt es zweifelhaft, ob die Lebenswaͤrme des Boletus cine täglich wie— derkehrende Periode darbietet, oder ſich nur in einem, mit dem Alter des Schwammes oder feiner Entwickelung zuſammenbangenden Vers bältniffe ſteigert, fo daß die Lebenswaͤrme bei einer gewiſſen Ent— wickelungsperiode des Boletus ihr Maximum erreichen und dann allmaͤlig verſchwinden würde. Die letztere Anſicht ſcheint mir am meiſten für ſich zu haben. Die Lebenswoͤrme von faſt J Grab C., welche ich am Boletus aereus (a@neus) beobachtete, iſt die böchfte, die mir, abgeſehen von dem Spadix der Arumarten während der Bluͤthezeit, im Pflanzenreiche vorgekommen ift. 318.0, ER er Cricetomys Gambianus ift der Name eines durch Hrn. Waterhouſe beſchriebenen am Gambiafluffe aufgefundenen Saͤu⸗ gethiers, deſſen Hauptcharactere folgendermaßen beſtimmt ſind: Subgenus ad genera Cricetus et Mus dicta affine, et inter hae medium locum tenens. Criceto simile quoad saccos bucea- les, Muri simile quoad formam corporis et chudae; hae prolonga et pilis brevibus vestita, inter quos squamae in more annulo- rum positae videntur. Pedes ut in Mure, Dentes fere ut in Mure. Ineisores compressi, molares radicati — Cricetomys Gambianus. Magnitudine corporis duplo vel plus, majore quam in Mure decumano, colore fere eodem, auribus mediocribus, pilis minutis vestitis; cauda corporis cum capite aequante; pe- dibus mediocre parvis; vellere brevi adpıesso et subrigido; co- lore cinerascenti-fusco; pedibus partibusque inferioribus sordide albis; cauda ad basin pilis intense fascius ad apicem albis obsita. Reiſende Naturforſcher und Sammler in Suͤd⸗ america ſcheinen von den Regierungen ſehr begünſtigt zu werden. Herr Eduard Otto aus Berlin, welcher ſeit December 1839 in Columbien reiſ'te, meldet aus Cumana den 7. Septbr. 1840, daß er im Begriff ſey, in Geſellſchaft eines Naturforſchers, Hrn. Cl y⸗ nes aus Rio de Janeiro, eine Reiſe bis Para anzutreten. Von Cumana wollten fie nach der berühmten Höhle von Guachaco ge— hen, dann nach Barcellona, durch die Llanos nach Angoftura, von da den Oronoko hinauf bis an den Caſſiquiare und fo den Rio negro, um nach einem Beſuche der dort wohnenden Indianerftäms me und der Nebenfluͤſſe des Rio negro in den Amazonenſtrom zu gelangen, auf welchem Perr Otto Para zu erreichen beabſichtigt. Die Regierung von Venezuela batte fie mit den noͤthigen Paſſen und ſolchen Empfehlungen verſehen, daß ihnen Führer, Maulthiere und jede Huͤlfe von den Commandanten und den Behoͤrden bis zur Graͤnze Braſiliens gewahrt werden ſollen. Sämmtliche Koften wurden von der Regierung (von Venezuela) getragen. Dieſelben Verguͤnſtigungen waren dem Herrn Clynes, der bereits neun Jahre für die Braſilianiſche Regierung reiſ't, auch in Chile und Peru zu Theil geworden ꝛc. Eine Brut⸗Taſche bei'm Weibchen von Hippo cam: pus brevirostris, hat Hr. Dr. Aug. Krohn aufgefunden und in Wiegmann's Archiv, 1840 J. S. 15, beſchrieben. Es iſt eine Taſche an der Wurzel des Schwanzes binter den Oeffnungen des, Afters und des Harn- und Geſchlechtsapparates und, nach Allem, eine Einwärtsftülpung der Hautdecken, ganz analog dem, was man an Syngnathus gefunden hat. rn —.ʃʃ.—— n Ueber einige locale Affectionen der Nerven. Von Cruveilhier. BR n d Koſten des n. radialis an der Stelle entwickelt hat, wo diefer Nerv zwiſchen dem m. supinator longus und dem brachialis hinlaͤuft; der Nerv ſcheint an der Geſchwulſt Das erſte Präparat zeigt eine runde Geſchwulſt von gleichſam unterbrochen, aber der groͤßte Theil det Faſern der Groͤße einer Haſelnuß, welche ſich im Verlaufe und auf deſſelben iſt in ſeiner Continuität- unverſehrt; fie waren nur 155 auseinandergedraͤngt, konnten aber einige vor, die andern hinter der Geſchwulſt verfolgt werden. Mehrere verloren ſich in der fibroͤſen Huͤlle; keiner ging durch die Geſchwulſt hindurch. Der supinator longus war verduͤnnt und durch die Geſchwulſt nach Außen gedraͤngt. Auf der Durch— ſchnittsflaͤche der Geſchwulſt war die Maſſe weich, weiß, ohne bemerkenswerthe Gefaͤßentwickelung, aͤhnlich einem En— cephaloid. Das Präparat wurde in den Seeirſaͤlen der Ecole de médecine gefunden; leider fehlen alle weiteren Nachweiſe uͤber die Krankheit, welcher der Kranke unterle— gen iſt; wahrſcheinlich war es eine Krebsgeſchwulſt in irgend einem Koͤrpertheile, ſo daß die abgebildete Geſchwulſt nichts iſt, als eine der conſecutiven Wirkungen der Krebsinfection. Spaͤter fand ſich bei einer andern Leiche ein Stuͤck eines Nerven, welcher eine auffallende Veraͤnderung erlitten hat, indem man an ihm eine harte ganglienfoͤrmige Anz ſchwellung bemerkt. Die Zergliederung ergab, daß jeder ein— zelne Nervenfaden des Stranges auch ſeine beſondere An— ſchwellung hatte. Ich bedauere, daß ich dieſen Nerven nicht mit Salpeterſaͤure behandelt habe; denn es iſt wahrſchein— lich, daß ich in der Mitte jeder kleinen Anſchwellung das eigenthuͤmliche Gewebe des Nerven atrophiſch, aber nicht zer— ſtoͤrt und vielleicht ohne irgend eine bemerkbare Veränderung in dem Gewebe gefunden haben wuͤrde. Zu bedauern iſt, daß uͤber dieſe Veraͤnderung durchaus keine weiteren Nach— richten vorlagen. An einem dritten Praͤparate fand ich ein Encephaloid, welches ſich auf dem innern Collateralaſte des medianus an der Baſis des Zeigefingers entwickelt hatte. Die Nerven— faſern ſind dabei ſaͤmmtlich nach der vordern Seite der Ge— ſchwulſt gedraͤngt. Bei dem Durchſchneiden dieſer Geſchwulſt fand ſich ein Blutcoagulum, wie fie in Encephaloiden fo haͤufig vorkommen. Außerdem fanden ſich an dem Leichnam an verſchiedenen Koͤrperſtellen noch eine große Anzahl von Krebsgeſchwuͤlſten. Allgemeine Bemerkungen. Die pathologiſche Anatomie der Nerven iſt noch zu machen. Der geringe Fortſchritt derſelben haͤngt einestheils von der Seltenheit dieſer Verletzung, anderntheils davon ab, daß man die Ner— ven, in der Regel, nur an ihrer Oberflaͤche unterſucht und ſie nicht weiter zergliedert. Aber die Zergliederung eines Nerven erfordert im Gegentheile eine genaue Unterſuchung der Nervenſtraͤnge und der dieſelben zuſammenſetzenden Fa— fern, ſowohl in Bezug auf das Neurilem, als in Bezug auf das eigentliche Nervengewebe. Aus ſaͤmmtlichen anato— miſchen Unterſuchungen, welche ich bis jetzt angeſtellt habe, geht hervor, daß die anatomiſchen Verletzungen der Nerven nicht die Nervenfaſern ſelbſt betreffen, wohl aber das Neu— rilem und das fettloſe, bisweilen auch fetthaltige Zellge— webe, welches man in ziemlich großer Quantitaͤt in der Dicke jedes Nervenſtranges antrifft. Das eigentliche Ner— vengewebe iſt nur der Hypertrophie und Atrophie faͤhig. Die Atrophie der Nerven zeigt mehrere Grade und mehrere deutlich unterſchiedene Formen. Die Atrophie muß man uͤbrigens nicht nach dem Umfange des Nervenſtranges, 156 fondern nach dem Umfange und der Farbe des eigentlichen Nervengewebes ſelbſt beurtheilen. So habe ich mit vieler Sorgfalt den n. ischiadlicus bei Perſonen unterſucht, welche nach ſehr alten Paraplegieen geſtorben waren, und dieſe Ner— ven hatten ſcheinbar ihr Volumen behalten; aber bei der Zergliederung zeigte ſich unter der Huͤlle des Neurilems eine große Quantitaͤt Fettgewebe zwiſchen den Nervenfaſern, welche ſelbſt auffallend an Volumen verloren batten und eine graue, faſt durchſichtige Farbe zeigten, welche von der milchweißen Farbe des normalen Nervengewebes ſehr verſchie— den war. Es iſt ſehr ſchwer, zu ſagen, ob jede einzelne dieſer Faſern, welche die Feinheit des Seidengeſpinnſtes ha— ben, an Umfang vermindert fen; man muß dieß aber an— nehmen, da die Vereinigung dieſer Faſern ein geringeres Volumen zeigt, als ein Nerv, welcher derſelben Urſache der Atrophie nicht unterworfen geweſen war. Bei'm letzten Grade der Atrophie zeigt der Nerv nicht mehr die Zuſammenſetzung aus Faſern; er iſt zu einem durchſichtig grauen Gewebe umgewandelt, welches nicht ſtrei— fig iſt und einer feſten Gallerte aͤhnlich ſieht. Der n. op— ticus iſt von allen Nerven derjenige, bei welchen man am haͤufigſten die Atrophie auf dieſem hoͤchſten Grade antrifft. Die Eigenthuͤmlichkeiten der Structur, welche dieſer Nerv darbietet, geſtatten ſehr wohl, daß man ihn als den Typus der Atrophie der Nervenſtraͤnge betrachtet. Dieſe Atrophie nun beginnt bald an dem peripheriſchen, bald an dem cen— tralen Ende; das erſtere findet nur ftatt bei Blindheit in Folge von Quetſchung des Auges und von Desorganiſatio— nen nach Entzuͤndung; am haͤufigſten beginnt die Atrophie am centralen Ende. Eine der gewoͤhnlichſten Urſachen der Atrophie iſt die Compreſſion oder beſſer die Ausdehnung des Nerven durch eine in der Naͤhe oder in der Dicke deſſelben entwickelte Geſchwulſt. Dieſe Atrophie kann bis zum vollkommenen Verſchwinden des Nerven ſich ſteigern. Der Nervenſtrang wird platt, bandartig; ſeine Faſern werden auseinanderge— ſpreizt; das Gewebe wird grau und verſchwindet endlich voll— kommen. Spnovialbalageſchwuͤlſte und kleine fibroͤſe druͤſen— foͤrmige Geſchwuͤlſte kommen am baufigften im Verlaufe und in der Dicke der Nervenſtraͤnge vor. An ſolchen, einem betraͤchtlichen Drucke ausgeſetzten Nerven findet man auch ſehr haͤufig Anſchwellungen, welche Folge der Verdickung des Neurilems ſind. Kann Tuberkelmaterie in der Dicke der Nerven ſich entwickeln? Ich habe ſie nie in der Subſtanz der Nerven ſelbſt angetroffen, wohl aber in der Umgebung der Nerven, beſonders am n. phrenicus bei mehreren Phthiſikern und es wird ein Fall erzaͤhlt, bei welchem der Nerv in der Mitte einer Tuberkelablagerung eine vollkommene Zuſam— menhangstrennung erlitten hatte. Herr Nelaton hat der anatomiſchen Geſellſchaft das Gehirn eines zehn- bis zwoͤlf— jaͤhrigen Kindes vorgelegt, an welchem ſaͤmmtliche Nerven der basis cranii an ihrem ſcheinbaren Urſprunge eine dünne Schicht von Tuberkelmaterie zeigten, welche auf eine unre— gelmaͤßige Weiſe in der Umgebung dieſer Urſprungsſtelle ab: gelagert war, 157 Die krebſige Degeneration der Nervenſtraͤnge iſt außer— ordentlich ſelten. Die Nerven des plexus axillaris wi— derſtehen, ſelbſt wenn ſie von allen Seiten in der Achſelhoͤhle von krebshaften Maſſen umgeben find, der Degeneration, und ſelbſt, wenn ſie mit dieſen Maſſen ſo verſchmolzen ſind, daß es nicht möglich iſt, fie vollkommen herauszupraͤpariren, zeigen die Durchſchnitte dieſer Maſſen dennoch den un— verſehrten Zuſtand des eigentlichen Nervengewebes. Es iſt indeß unlaͤugbar, daß endlich auch die Nerven der Degene— ration unterliegen; indeß iſt es dabei zweifelhaft, ob dieß nicht vielmehr ein atrophiſches Verſchwinden, als eine eigen— thuͤmliche Degeneration zu nennen ſey. Bei allgemeiner Krebsinfection, wenn ſaͤmmtliche von der Krebsmaterie, ſo zu ſagen, impraͤgnirte Gewebe krebshafte Knoten zeigen, iſt es ſelten, daß ſolche Knoten im Gehirne, aber noch viel ſeltener, daß ſie in dem Ruͤckenmarke und in den Nerven angetroffen werden. Dieß iſt der Grund, warum ich die oben mitgetheilten Fälle ſolcher Geſchwuͤlſte im u. media- nus und radialis genauer beſchrieben habe. Es iſt mir ein noch merkwuͤrdigerer Fall vorgekommen, naͤmlich bei einer Frau in der Salpeétrière, welche, an Bruſtkrebs leidend, zugleich alle Zufaͤlle der ſchmerzhafteſten Facialneuralgie hatte. Dieſe Neuralgie hatte indeß das Eigenthuͤmliche, daß ſie nicht dem ſtrahligen Verlaufe der Aeſte des quintus (in verticaler Richtung), ſondern dem ho— rizontalen Verlaufe der ſtrahligen Vertheilung des facialis folgte. Dieſe Neuralgie complicirte ſich bald mit unvollkom— mener halbſeitiger Geſichtslaͤhmung, welche nacheinander in den verſchiedenen Abtheilungen des n. facialis auftrat, ans ſtatt zu gleicher Zeit alle Aeſte dieſes Nerven zu befallen. Ich war daher der Anſicht, daß eine Krebsgeſchwulſt im Verlaufe des facialis die Quelle aller dieſer Zufaͤlle ſeyn moͤge. Bei der Section fand ich ſaͤmmtliche Veraͤſtelungen des facialis gewiſſermaßen knotig und, fo zu fagen, in eine Scheide von Krebsmaſſe eingehuͤllt. Ich wollte das Praͤparat zeichnen laſſen; aber mein Praͤparator hatte, um den facialis durch das Felſenbein hin zu verfolgen, den Kopf in verduͤnnte Schwefelſaͤure gelegt, wodurch das Krebs— gewebe ſammt dem Neurilem aufgeloͤſ't wurde und nur die eigentliche Nervenſubſtanz uͤbrig blieb, welche ſich in Nichts von der Nervenſubſtanz der geſunden Seite unterſchied. (Crubeilhien, Anat. pathol. Livr, 35.) ueber die Diagnoſe und Pathologie des Schenkel— halsbruches. Von Herrn Robert William Smith. Aus einer großen Reihe einzelner Fälle verſchiedener Formen des Schenkelhalsbruches werden in dem Dublin Journ., Sept. 1840., folgende Schlußfolgerungen gezogen: 1. Ein leichter Grad von Verkürzung, welche ſich durch Ausdehnung des Gliedes heben laͤßt, deutet auf Frac⸗ tur innerhalb der Gelenkcapfel. 2. Die Verkuͤrzung bei Fractur innerhalb der Gelenk: capſel varürt von E Zoll bis zu 13 Zoll. 158 3. Die Verkuͤrzung bei Fractur innerhalb der Ges lenkcapſel varülrt hauptſaͤchlich je nach dem Grade der Ber: reißung der Fibro-Synovialfalten am Schenkelhalſe. 4. Bei manchen Fällen von Intracapſularfractur folgt nicht unmittelbar auf die Verletzung eine Verkuͤrzung des Gliedes. 5. Dieſer Mangel der Verkuͤrzung rührt im Allge— meinen von der Integritaͤt der Fibroſynovialfalten ber. 6. Bei ſolchen Fällen kann alsdann die Verkürzung des Gliedes ploͤtzlich eintreten, mehrere Wochen nach der Verletzung. 7. Dieſe ploͤtzliche Verkürzung, welche auf eine Frac: tur innerhalb der Capſel hindeutet, iſt im Allgemeinen ei—⸗ ner zufälligen Zerreißung der Fibroſynovialfalten zuzuſchreiben. 8. Der Grad von Verkuͤrzung bei einer nicht einge— keilten Fractur außerhalb der Gelenkcapſel variirt von 1 Zoll bis zu 23 Zoll. 9. Wenn ein betraͤchtlicher Grad von Verkürzung uns mittelbar nach einer Verletzung eintritt, ſo finden wir ge— woͤhnlich eine ſplitterige Fractur außerhalb der Gapfel. 10. Die Extracapſularfractur iſt gewöhnlich. mit Frac⸗ tur und Verſchiebung eines oder beider Trochanteren vers bunden. 11. Die eingekeilte Extracapſularfractur iſt gewoͤhn— lich von Fractur, ohne Verſchiebung eines oder beider Tro— chanteren, begleitet. 12. In ſolchen Fällen vereinigt ſich die Fractur Dies ſer Fortſaͤtze ſchneller, als die des Schenkelhalſes. 13. Der Grad von Verkuͤrzung bei eingekeilter Frac⸗ tur variirt von 4 Zoll bis zu 13 Zoll. 14. Die Knochenwucherungen, welche man in dieſen Faͤllen antrifft, hat man irrig bloß als ein Mittel zur Un- terftügung des acetabulum und des Schenkelhalſes betrachtet. 15. Die Schwierigkeit, das Crepitiren deutlich zu machen und die normale Laͤnge des Gliedes herzuſtellen, find die hauptſaͤchlichen diagnoſtiſchen Merkmale einer eins gekeilten Fractur. 16. Die Stellung des Fußes haͤngt ebenſowohl von der Schraͤgheit des Bruches und der gegenſeitigen Bes ziehung der Bruchſtuͤcke, als von der Wirkung der Mus⸗ keln ab. 17. Einwaͤrtswendung des Fußes kann bei Intracap⸗ ſular⸗, Extracapſular- und eingekeilter Fractur des Schen— kelhalſes vorkommen. 18. Liegt bei der Intracapſularfractur das untere Bruchſtuͤck vor dem obern, fo iſt der Fuß gewoͤhnlich nach Innen gedreht. 19. Wenn bei eingekeilter Extracapſularfractur das obere Bruchſtuͤck in das untere ſo eingetrieben iſt, daß der größere Theil des letztern vor dem erſtern liegt, ſo iſt der Fuß, in der Regel, nach Innen gedreht. 20. Bei comminutiver Extracapſularfractur ohne Ein⸗ keilung, aber mit Trennung und Verſchiebung der Trochan⸗ teren, kann der Fuß entweder nach Innen oder nach Au⸗ ßen gedreht ſeyn und wird, in der Regel, in jeder Stellung bleiben, welche man ihm zufällig gegeben hat, 159 21. Die Knochenvereinigung koͤmmt bei Intracapſu⸗ larfractur ſehr leicht zu Stande, wenn die Fractur zugleich eingekeilt iſt. 22. Eine heftige Contuſion des Huͤftgelenkes, wo— durch die Muskeln, die das Gelenk umgeben, gelaͤhmt wer— den, kann leicht mit Fractur des Schenkelhalſes verwech— ſelt werden. 23. Eine chroniſch-rheumatiſche Gelenkentzuͤndung kann nicht allein zu der Annahme verleiten, daß eine Frac— tur vorhanden ſey, waͤhrend der Knochen ganz iſt, ſondern ſie kann auch bei unzweifelhafter Exiſtenz einer Fractur die Diagnoſe in Bezug auf den Sitz der Trennung außer- oder innerhalb der Capſel ſehr ſchwierig machen. 24. Eine ſtarke Quetſchung des Huͤftgelenks, welches zuvor von chroniſch-rheumatiſcher Entzuͤndung ergriffen war und ein eingekeilter Schenkelhalsbruch ſind die beiden Faͤlle, welche bei weitem am leichteſten miteinander verwechſelt werden. 25. Jedes einzelne Symptom eines Schenkelhalsbru— ches, fuͤr ſich allein betrachtet, muß als unſicher betrachtet werden; nur die Vereinigung ſaͤmmtlicher Symptome kann zu einer richtigen Diagnoſe fuͤhren. Ueber die Brüde hat Herr Verdier in der in den bibl. Neuigkeiten aufge— führten Schrift u. a. ſtatiſtiſche Tabellen mitgetheilt, die Frucht einer langen Erfahrung und faſt alle auf mehrere hundert Erfahrungen geſtuͤtzt. Nur folgende koͤnnen hier Platz finden. Ueber Bruͤche der Neugebornen giebt er folgende Zahlen: Inguinalbruͤche bei 98; Knaben 82, Mädchen 16 (:: 4: 7) Umbilicalbrüche 15 — 8 — T % Brühe in der wei: ßen Linie 4 — 83 — e s Herr V. hat übrigens bemerkt, daß Mädchen häufiger mit doppelten Inguinalbruͤchen behaftet ſind. In Beziehung auf die Häufigkeit der Brüche der lin— ken und rechten Seite heißt es: von 22,508 Bruchbaͤndern, welche an die Hoſpitaͤler der Armen und der Marine gelie— fert wurden, waren 10,727 fuͤr die rechte Seite, 6,984 fuͤr 160 die linke Seite, 4,704 doppelte und 93 Nabelbruchbaͤnder. Die Urſache findet Herr V. in den Gewohnheiten der Les bensweiſe. Ueber die Lebensepoche, wo die Bruͤche am haͤufigſten eintreten, theilt Herr V. folgende Reſultate mit: Von 36 Jahren bis 40 196 — 41 — — 35 175 — 31 — — 45 152 — 1 Tage bis 5 Jahren 137 — 26 Jahren bis 30 — 137 — 46 — — 50 — 103 Die größte Frequenz iſt ſonach von 36 bis 50 Jah- ren, der gewoͤhnlichen Meinung entgegen, wo man die größte Frequenz der Bruͤche waͤhrend des Alters annimmt. Eine neue Eintheilung des Herrn V. ergiebt ſich ſo— gleich aus folgender intereſſanten ſtatiſtiſchen Tabelle: Maͤnner. Frauen. Innere Brühe . 390 310 80 Aeußere — 0 836 666 170 Einfache — 653 511 142 Zuſammengeſetzte Bruͤche 573 465 108 Freie Brühe . 905 769 136 Nicht zuruͤckziehbare Brüche 321 207 114 Complicirte Brüche 61 59 2 engouées 2 2 24 5 Eingeklemmte Bruͤche 51 42 9 Miscellen. Zur Tracheotomie empfiehlt in The Lancet, Aug. 1840, ein Herr Clarke, man ſolle die Oeffnung bloß zwiſchen zwei Knorpelringen machen, ohne einen Knorpelring zu durchſchneiden, weil durch das Letztere ein Zuſammenſinken der trachea beguͤnſtigt werde, während durch fein Verfahren die Elafticität der Knorpel— ringe erhalten und eine Contraction der Luftroͤhre verhindert werde. Die Mortalität unter den Truppen zu Sierra Leo⸗ ne auf der Weſtkuͤſte von Africa ſcheint periodiſch zu ſeyn. Von 1818 bis 1822, einſchließlich, waren die Todesfalle unter 2 Procentz in den Jahren 1824 und 1825 ſtieg ſelbige bis auf 8 Procent als Maximum; aber von 1830 bis 1833 war der Geſundheitszuſtand im Durchſchnitte beſſer, als in irgend einer andern der tropiſchen Niederlaſſungen. Bibliographische Dictionnaire des sciences naturelles, suivi d'une Biographie des lus celebres naturalistes. Par plusieurs Professeurs du Jar- in du Roi et des principales écoles de Paris. Supplement, Tome ler, Ire Livrais. Paris 1840. 8. M. K. (Zwei Lies ferungen bilden einen Band und es follen jährlich acht Lieferun— gen erfcheinen.) Naturſchilderungen, Sittenzuͤge und wiſſenſchaftliche Bemerkungen aus den hoͤchſten Schweizer-Alpen, beſonders in Suͤdwallis und Graubünden. Von Chriſtian Moritz Engelhardt ꝛc. Baſel 1840. 8. (Mit einem Atlas und mehreren kleinen Abbildungen.) Neuigkeiten A practical Treatise on the cure of Strabismus or Squint, by Operation ete. By P. Bennet Lucas Eeq. London 1840. 8. De la ferrure sous le point de vue de Pbygiene, ou de son in- fluence sur la conservation tant des animaux que de leur ap- titude au travail; suivie des moyens d’agir sur la corne dans l’intention d’entretenir ou de retablis les bonnes qualites des Par J. B. C. Rodet. Paris 1840. 8. (M. K.) animaux. ——— — ͤ̃2 ä—f NMeue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgerheilt von dem Ober + Medicinalraıbe Fror er zu Weimar, und dem Mebietnalratht und Profeffor Froriep zu Bein, No. 341. (Nr. 11. des XVI. Bandes.) November 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoix zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Mthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. a t ur Ueber die Maaße des Herzens bei'm neugeborenen Kinde, nebſt vergleichenden Unterſuchungen uͤber die Maaße dieſes Organes im ausgewachſenen Zuſtande. Von Maxime Vernois, MD. Der Zweck der Unterſuchungen, deren Reſultate hier mitgetheilt werden, war die Aufhellung eines Punctes der phyſiologiſchen Anatomie des Menſchen, welcher bis jetzt un— erforſcht geblieben war. Herr Bouillaud, in ſeiner beach: tenswerthen Abhandlung uͤber die Krankheiten des Herzens (Traité des maladies du coeur), hat vollſtaͤndig her— ausgehoben, wie wichtig es ſey, die Kraft- und Umfangs— verhältniffe aller Einzelnhelten dieſes Organs zu kennen, um im Stande zu ſeyn, die verſchiedenen Alterationen davon abſchaͤtzen zu koͤnnen. Bisjetzt hat man, wenn man die Annaͤherungsbeſtimmungen von Laennec und Corviſart und die unvollſtaͤndigen Unterſuchungen von Lobſtein und Cruveilhier ausnimmt, mehr daran verzweifelt, das Wahre zu erlangen, als daß man die Mittel geſucht hätte, es zu entdecken. In der einzigen Arbeit, welche uͤber den Gegenſtand, ſeit Bouillaud's Abhandlung, bekannt ges macht worden iſt (V. Memoires de la Société medi- cale d’observation. Tome J.) hat ſich Herr Bizot damit beſchaͤftigt, die Normalmaaße des Herzens und ſeiner verſchiedenen Theile zu beſtimmen. Aber es iſt zu bedauern, daß der Verfaſſer in feinen Zerlegungen eine Menge Faͤlle aufgenommen hat, wo das Herz krank war. Er hat uͤbri⸗ gens nicht mehr als vierzehn Herzen unterſucht von 1 — 4 Jahren. Seine uͤbrigen Unterſuchungen, wie die, doch viel genaueren, des Herrn Bouillaud, erſtrecken ſich nur auf Zuſtaͤnde bei Erwachſenen. Die Art Uebergewicht, welche ſeit geraumer Zeit die Pathologie des erwachſenen Alters erlangt hat, hat mehrere Forſcher von einer aͤhnlichen Un— terſuchung in Beziehung auf die erſten Zeiten des Lebens abgehalten. Gluͤdlicher Weiſe faͤngt ſeit einigen Jahren No. (441. Rn n d e in Frankreich eine guͤnſtige Reaction an, einzuwirken, und die Unterſuchungen der Herren Valleix, Rilliet und Barthez und Becquerel (Alfred), in Verbindung mit den fruͤheren Arbeiten der Herren Guerſent, Baron, Bla— che, Billard, Baudelocque, Denis Dugès, (Mek— kel' s Arbeiten ſcheint der Verf. nicht zu kennen!), haben der ſpeciellen Pathologie der Kindheit die Stelle wiedergegeben, welche fie das Recht hatten, in der Wiſſenſchaft einzunehmen. Die in's Beſondere eingehenden Unterſuchungen der Herzaffectionen bei dem neugeborenen Kinde hat noch nicht die Aufmerkſamkeit eines Practikers auf ſich gezogen. Ehe ich daher meine Unterſuchungen uͤber dieſen Gegenſtand ver— oͤffentliche, habe ich geglaubt, den noch wenig gekannten Normalzuſtand dieſes Organes andeuten zu muͤſſen, in be— ſonderer Beziehung auf Volumen und Dimenſionen ſeiner verſchiedenen Theile. Dieſe Arbeit wird ihm als Vorlaͤufer dienen und wie die nothwendige Einleitung ſeyn zu Unter: ſuchungen dieſer Art, die fuͤr ein vorgeruͤckteres Alter unter— nommen werden. In der Abhandlung, welche hier vorliegt, habe ich mich bemüht, zu beſtimmen: 1. Die Maaße a der Breite b der Höhe 2. Die Dicke a des linken Ventrikels, b des rechten Ventrikels, c der Scheidewand der Herzkammer. 3. Das Umfangsmaaß an der Baſis des Herzens a der aorta, b der Lungenarterie. 4. Das Verhaͤltniß dieſer Maaße (Hohe und Breite) zu dem Alter des Subjects und hierauf 5. den Einfluß des Alters den Einfluß der Krankheiten“ auf dieſe Maaße. den Einfluß des Geſchlech te Dieſer letztere Einfluß wird ſich aus dem in jedem Capftel gegebenen vergleichenden Zuſtande ableiten laſſen, wo in's 11 | des Herzens. 163 befondere die Frage in Beziehung auf Mädchen und Knaben behandelt wird. Die Anzahl der Kinder, auf welche meine Arbeit ſich ſtuͤtzt, iſt 336: und hier, ohne daß ich von Anfang dieß Reſultat darzubieten geſucht hatte, finden wir 168 Knaben und 168 Maͤdchen. Es wird daher leicht ſeyn, die erlang— ten Folgerungen in dem einen wie in dem anderen Geſchlechte zu vergleichen. Folgendes iſt das Mittel des Alters fuͤr die beiden Reihen im Augenblicke der Beobachtung: 1. Knaben: Mittel 1 Monat 29 Tage Minimum 1 Tag Maximum 8 Jahr 2 Monat. 2. Maͤdchen: Mittel 1 Monat 11 Tage Minimum 1 Tag Maximum 2 Jahr 3 Monate 4 Tage. Um den Werth dieſer Angaben beſſer zu wuͤrdigen, iſt es noͤthig, einen Blick auf folgende Tabelle zu werfen. Von 1 Tag bis 10 Tagen 740 69 — 10 Tagen — 20 Tagen 41 35 — 20 — — 30 — 19 2¹ — 1 Monat — 2 Monaten 13 27 — 2 — — 3 — 6 5 — 3 — — 4 — 4 al — 4 — —-5 — 0 0 — 5 — —6 — 1 1 — 6 — —7 — 0 0 — 7 — — 8 — 0 0 — 8 — —-9 — 0 1 — 9 — — 10 — 0 0 — 10 — — 11 — 2 1 — 11 — — 1 Jahr 1 al — 1 Jahr — 2 Jahren 7 5 — Jahren — 8 — 2 1 — 3 — — 4 — 1 0 168 168 Mit Huͤlfe dieſer beiden Noten kann man nun den wah— ren Sinn des Wortes neugebornes Kind einſehen, wie es in meinen Unterſuchungen gebraucht iſt. Das Mittel giebt uͤbrigens einen im Alter der Subjecte ſehr wenig vor— geruͤckten Stand an; man begreift aber, um wieviel es haͤtte herabgedruͤckt werden koͤnnen, wenn ich die etwas ho— hen Faͤlle, welche man am Fuße der Tabelle aufgefuͤhrt findet, weggelaſſen haͤtte. Nachdem nun dieſe erſten Data feſtgeſtellt ſind, wol— len wir nun nach einander, und in beiden Geſchlechtern zugleich, die Dimenſionen des Herzens und ſeiner verſchiede— nen Theile unterſuchen, um nachher dem Einfluſſe nachzufor— ſchen, welchen das Alter und Krankheiten auf dieſe Maaße haben koͤnnen. Von der Hoͤhe des Herzens. Dieſe Hoͤhe iſt genommen von der Spitze bis an die Inſertionsſtelle der Herzohren, durch eine Linie, welche, von der Spitze des Organes ausgehend, in dem Mittelpuncte einer anderen perpendicularen, die Richtung der Baſis dar— ſtellenden Linie endigen wuͤrde. 164 1. Knaben. 2. Maͤdchen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Fälle. — — — — — — — — Zolle. Linien. Zolle. Linien. — 11 1 1 5 1 — 4 1 1 8 1 1 11 1 2 18 1 2 25 1 3 55 1 8 51 1 4 4 1 4 30 1 5 28 1 5 22 1 6 7 1 6 11 1 8 3 1 7 2 il 9 3 1 9 4 1710 2 168 1 11 2 2 — 3 168 Knaben. Maͤdchen. Mittel 2 Zoll 2,60 Linien. Mittel 1 Zoll 3,11 Linien Minimum 11 — Minimum 1 — Maximum 2 — Maximum 1 — 9 — Von der Breite des Herzens. Dieſe Breite iſt gemeſſen durch eine Queerlinie, welche von Rechts nach Links durch die Mitte der Hohe des Here zens ging. 1. Knaben. 2. Maͤdchen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Faͤlle. — — — — nn — Tr Zolle. Einien. Zolle. Linien. 1 1 1 1 2 1 1 2 1 2 5 1 2 7 1 3 12 1 3 21 1 4 40 1 4 33 1 5 40 1 5 29 8 33 106 34 1807 20 1.0.47 19 1483 4 1 8 6 1 9 7 Tag 2 110 2 1 10 2 1 11 2 111 2 2 1 RE 4 Fe 2 2 1 168 2 3 4 2 4 1 168 Knaben. Mädchen, Mittel 1 Zoll 5,67 Linien. Mittel 1 Zoll 5,12 Linien. Minimum 1 — Minimum 1 — 1 — Maximum 2 — 6 — Maximum 2 — Knaben und Maͤdchen. Mittel 1 Zoll 5,5 Linſen. Minimum 1 — Maximum 2 — 6 — Hieraus folgt, daß die Breite des Herzens ſeine Hoͤbe merk— lich uͤberſteigt. Dieſes Reſultat iſt noch auffallender in Bi: zot's Unterſuchungen, wie wir ſpaͤter ſehen werden. Herr Bouillaud hat bei'm Erwachſenen einen Unterſchied von 2 Linie bis 4 Linie zu Gunſten der Breite gefunden. Man kann durch Vergleichung des Anhangs ſich verſichern, daß die Zuſammenſtellungen in Beziehung auf den Erwachſenen mich zu demſelben Reſultate gefuͤhrt haben. 165 Von der Dicke des linken Ventrikels (mittlerer Theil). 1. Knaben. 2. Mädchen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Faͤlle. — — —— — — — — Linien. Linien. 1 20 N 1 14 34 1 18 2 59 14 83 24 31 2 72 8 14 21 22 8} 6 3 18 4 4 31 2 + 2 168 68 Knaben. Maͤdchen. Mittel 2,15 Linien. Mittel 2 Linien. Minimum 1 — Minimum 4 — Maximum 4 —ç— Maximum 4 — Knaben und Madchen. Mittel 2,01 Linien. Minimum x — Maximum 4 — Von der Dicke des rechten Ventrikels (mittlerer Theil). 1. Knaben. 2. Maͤdchen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Faͤlle. erh — — — — — — De Linien. Linien. 1 4 1 1 40 2 38 1 89 1 103 1} 2⁵ 15 17 2 12 2 9 2, 1 168 168 Knaben. Maͤdchen. Mittel 1,15 Linien. Mittel 0,98 Linien. Minimum — Minimum — Maximum 2 4 — Maximum 2 — Knaben und Maͤdchen. Mittel 1,06 Linien. Minimum 1 — Maximum 2 2 — Der linke Ventrikel hat alſo gen die des rechten Ventrikels. bei'm Erwachſenen die dreifache noch mehr. eine faſt doppelte Dicke ges Herr Bouillaud hat gefunden und Herr Bizot Von der Dicke der Scheidewand der Ventrikel. (Mittlerer Theil.) 1) Knaben. 2) Mädchen. Maaße Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Fälle. 11 — 18 1 1 2 — 40 11 15 21 — 49 2 41 3 — 44 25 62 31 — 7 3 40 4 — 6 31 6 5 — 8 4 2 168 168 Knaben. Mädchen. Mittel 2,4 Linien Mittel 2,4 Linien Minimum 1 — Minimum 4 — Maximum 5 — Maximum 4 — ken Ventrikels. 166 Knaben und Mädchen. Mittel 2,25 Linien Minimum 4 — Maximum 5 — Dieſe mittlere Dicke iſt betraͤchtlicher, als die des lin In dem einzigen von Bouillaud ges meſſenen Falle (bei einem Erwachſenen) und in den Mitteln des Herrn Bizot gelangt man zu einem analogen Refultate. Maaß des Umfangs der aorta an ihrem Urſprunge aus dem Herzen. 1) Knaben. 2) Madchen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Fälle. — — ——— — — 7 Linien 7 Linien 8 — + 8 — 3 > — 39 9 — 2 10 — 44 10 — 41 11 — 48 11 — 47 1 Zoll 17 111 — 1 1 — 1 Linie 3 1 Zoll 17 1— 2 — 3 1 — 2 Ein. 1 1— 3 — 1 1 — 8 — 3 1 4 — 1 1 — 6 — 1 1 — 6 — 3 — 2 1 168 1— 9 — 1 168 Knaben. Maͤdchen. Mittel 10,60 Lin. Mittel 10,20 Linien. Minimum 7 — Minimum 7 — Maximum 1 Zoll 9 Lin. Maximum 1 Zoll 6 — Knaben und Mädchen. Mittel . 10,43 Linien Minimum. * — Maximum 1 Zoll 9 Maaß des Umfangs der Pulmonar-Arterie bei ihrem Ausgange vom Herzen. Maaße. Zahl der Faͤlle. Maaße. Zahl der Faͤlle. 8 Linien 4 9 Linien et 9 — 2 91 — 1 10 — 4 10 — 2 11 — 17 11 — 28 1 Zoll 79 1 Zoll 85 1 — 1 Lin. 22 1 — 1 Linie 17 1— 2 — 21 1 — 2 — 16 1— 3 — 10 1 — 3 — 14 1 — 4 — 2 1 — 4 — 1 1 — 6 — 2 1 — 6 — 2 1 — 7 — 1 8. 1 168 1-10 — 2 1 — 11 — 1 168 Knaben. Maͤdchen. . Mittel 1 Zoll 0,61 Lin. Mittel 1 Zoll 0,98 Linien Minimum — Minimum 9 — Maximum 1 — 11 — Maximum 1 — 6 — Knaben und Mädchen. Mittel 1 Zoll 0,05 Linien Minimum 8 — Maximum 1 — 11 — Auch hier ſtimmen im Ganzen meine Reſultate mit dem uͤberein, was von andern Beobachtern im vorgeruͤcktern 2 167 Alter notirt worden iſt, d. h., bei'm neugebornen Kinde, wie dei Erwachſenen, uͤbertrifft der Umfang der Muͤndung der art. pulmonalis den Umfang der Oeffnung der aorta. Einfluß des Alters auf die Dimenſionen des Herzens (Hoͤhe und Breite). Verhaͤltniß der Hoͤhe des Herzens zu dem Alter des Subjects. 1) Knaben. Maaße. Mittel des Alters. — — — — — 11 Linen 1 Tag en u 1 %% „ Tage 18 — C 23 1, „%; TXT on 2 1 — DEI 1, I — 1275 0 3 8 2 2 an 353533 1 ge Ver 2 M. 260 - haha — „„ 2 8 — Bang mr 9-17% I Sahr 1 — 21 — 1 10 - 1 Sahe 8 — 218 1 — 0 — 24 — 1— 11 1---3 e 2 0 2 — 4-29 Aa ar 2) Mädchen. Maaße. Mittel des Alters. — — — — — Minimum 1 Tag 1 30lllw 1 6 Tagef Maximum 12 Tage e a 2 — 1 — 2 — Hille . 185 — |} 1— 21 — 2 — 12 2176 2 — 20 — FI 145 — | PR 1— aeg 979 1 M. 1075 — 1 Jahr 3 en. 4 W 13 8 — 35 — 9785 SR Zu Na re = 1 28 0 .9- 2175 — 1 — 3 — 20 — 12 ehr s 2 % 2 V Abgeſehen von einigen Unregelmaͤßigkeiten (von 1 Zoll bis 1 Zoll 2 Linien) bei den Knaben und (von 1 Zoll bis 2 Zoll) bei den Mädchen, kann man alfo darthun, daß die Höhe des Herzens mit dem Alter der Subjecte zu: nimmt. 168 Verhaͤltniß der Breite des Herzens zu dem Alter der Subjecte. 1) Knaben, Maaße. Mittel des Alters. nn — — — Zoll Linien 1 e FF Be 3 Tag 111+ꝙ350V—bö 8 ö 2 = 1 3 . 0 . 105, — | 1 M. 37 — a 4 4 437 45 1 eee 20% 3 M. 10 — 1 20 — 5 M. 17 — e 250 3 M. 14 — 2 4 8 Ronen 18,5 2 — 1e En. Im 8 — | 2 . n 3 4% 0 . 4 „ mamma 4 5 8 2 2 11 M. i — ge 2. 3 1 Jahr 9 M. 21 f 8 8. 2 . 2 62 Jahr — — 12 —28.—— 2 Maaße⸗ 2) Maͤdchen. Mittel des Alters. — — — — Zoll Linien a) 10 — Re ni ; e 1 N. 21 — Er EN 2 N. 21 — e eee ee „5 4 LTE 256 — 5 W. 5 1 2 m. 266 — 10 . 0 12 „ 46 — 8 3m 3 — 1 10 1 Zabr 7 M. in 1 e 6 | IN 3.65 Sure : 8 M. 2 -| Hier, wie in der vorhergehenden Tabelle, befinden ſich noch einige Unregelmaͤßigkeiten von 1 Zoll 5 Linien bis 1 Zoll 8 Linien bei den Knaben, und von 1 Zoll 3 Linien 169 bis 1 Zoll 5 Linien bei den Mädchen. Indeſſen kann man gleichfalls daraus folgern, daß die Breite des Herzens im Allgemeinen zunimmt mit dem Alter der Subjecte. Ich habe uͤber die andern Theile des Herzens keine aͤhnliche Ar— beit gemacht; aber da das Verhaͤltniß der Entwickelung zwi— ſchen ihnen daſſelbe iſt ſo iſt man berechtigt, zu denken und auszuſprechen, daß ſie mit dem Alter dieſelben Modificatio— nen erleiden. Einfluß der Krankheiten auf die Maaße des Herzens. (Hoͤhe und Breite.) Tabelle über die Krankheiten, von denen die Subjecte befallen waren, welche die Baſis der Beobachtun dieſer Abhandlungen abgeben“ 1) Knaben. 2) Mädchen. Bälle, Fälle. 1 Apoplexie der Lungen 1 1 Acute arthritis x 2 1 Verhaͤrtung d. Zellgew. 35 1 Lungen-Emphyſem 1 31 Enteritis 1 25 Apoplexia pulmonum . Asphyxia . N Epileptiſche Anfälle . 2 Congeſtion nach den Lungen Verhaͤrtung des Zellgewebes Zellgewebsverhaͤrtung und Gelbſucht 8 leterus . . 7 Euteritis E 4 27 Meningitis . R 1 Enteritis und ophthalmia purulenta 2 Apbtben 955 8 2 Gastro-enteritis . & 5 2 Peritonitis 0 3 Icterus 2 8 3 7 Pleuritis . 5 2 Pleuritis 5 2 . 8 2 Pneumonie . u 79 Aphthen (muguet) . . 2 Pneumonie u. icterus 1 Peritonitis 2 Pneumonie u. Eryſipelas 1 9 1 Scropheln . 2 Pleuritis und pericarditis 1 8 Pleuritis und Verhaͤrtung des Zellg. 1 Lungentuberkeln 2 Pneumonie R a 8 . 70 Chroniſch. Waſſerkopf 1 Pneumonie u Verhaͤrtung des Zellg. 1 165 Pleuro : Pneumonie . 2 Tuberkeln in den Lungen . 0 5 162 Allgemeine Tabelle. (Knaben und Mädchen.) Fälle. Epileptiſche Anfälle ° P ungen » Apoplerie 5 . . Acute arthritis e £ 8 Aſphyxie 4 2 0 8 8 Lungencongeſtion . 5 N Convulſionen . 8 2 ” — NO m AO — — ) In einer gewiſſen Anzahl von Fällen babe ich nur die Circus lationsorgane in Händen gehabt und bin gezwungen geweſen, die Diagnoſtik fo anzunehmen, wie fie, von einem meiner Goller gen im hospice des enfans trouvés, Hrn. Parife, im Reben geftellt worden war. 170 Fälle. Verhaͤrtung des Zellgewebes . 6 Verhaͤrtung und icterus . 11 Emphyſem der Lungen. 1 Enteritis = : 52 Enteritis und ophthalmia purul, 2 Gastro-enteritis . 5 A 2 Einfacher icterus E 14 Chroniſcher bydrocephalus 1 Meningitis . . 1 Aphthen 4 Peritonitis 5 Pleuritis . AIR + Pieuro = Prneumonie 2 2 Pleuritis und Verhaͤrtung . 1 Pleuritis und pericarditis . 1 Pneumonie E . 149 Pneumonie und icterus Pneumonie und Eryſipelas 1 Scropheln . 8 2 Lungen-Tuberkeln 7 332 (Schluß folgt.) Mise lien Ueber den Ausbruch des Vulcans Gonteer, zu Preanger auf Java, giebt ein Schreiben aus Batavia fol⸗ gende Nachricht: Am 22. Mai 1840 nahm das Hervordringen des Rauchs aus dem Crater an Maſſe zu, bis zum Abend des 23., wo er eine Saule von 250 bis 800 Fuß Hohe bildete. Am 24. wurde um zwei Uhr Morgens das Aufwallen fo heftig, daß die brennende Lava von dem Gipfel bis zur halben Hoͤhe des Ber: ges, wie geſchmolzenes Metall, berabfloß. Um ſechs Uhr warf der Crater große Quantitäten von Sand und Kies aus. Einige zu Trogong geſammelte Steine waren von der Größe einer Manns fauſt und andere waren offenbar Bruchſtücke von Felsſtuͤcken. Dieſes Schauer von Steinen hielt bis neun Uhr an, wo der Berg faſt verſtummte. Aber Sand und Kies fielen fo dick herab, daß der Gonteer und die umgebenden Hügel unſichtbar wurden und die benachbarten Orte, mit Einſchluß von Tijkadjang — ſechszehn Mei⸗ len ſuͤdlich liegend — in Dunkel gehuͤllt waren. Die Quantität der niederfallenden Stoffe war ſo groß, daß zu Trogong der Bo⸗ den zwei Zoll tief damit bedeckt war. Die Anſicht des Berges iſt durchaus verändert. Der Crater iſt dreimal größer, als er vor dem Ausbruche war und die ſonſt mit Buſch und Pflanzen und Grün bedeckten Seiten des Berges ſind nun von dem Gipfel bis zum Fluſſe nichts als eine Maſſe von ſchwarzen und unfruchtbaren Felsſtuͤcken, Die Verſammlung der Italie niſchen Naturfor⸗— ſcher zu Turin hat vom 17. bis 30. Sept. gedauert und über 400 Aerzte und Naturforſcher vereinigt, welche in ſechs Sectionen arbeiteten. Die naͤchſte Verſammlung wird 1841 zu Padua ges halten werden. eine in Veraͤnderung des untern Theiles des Duͤnndarms durch Entzuͤndung. Von Dr. H o dg kin. 1 Der unterſte Theil des Duͤnndarms hat einige Eigen— thuͤmlichkeiten in feiner Structur; ich mache dieſen Theil des Darmes aber hauptſaͤchlich wegen feiner großen Dispo⸗ ſition zu Entzuͤndung und wegen der Wichtigkeit, die man dieſen Affectionen beigelegt hat, zum Gegenſtande einer be: ſondern Beſprechung. Naͤhert man ſich der Endigung des Duͤnndarms, fo findet man den Druͤſenapparat, deſonders die aggregirten 171 Druͤſen ſehr reichlich entwickelt, ja an dem Ende ſelbſt iſt faſt der ganze Darm davon eingenommen. Es iſt offenbar an dieſer Stelle ganz befonders für die Schleimabſonderung geſorgt, eine Eigenthumlichkeit, die auch dem Schlunde, der cardia, dem pylorus und dem Pylori-Valvulartheil des duodenum zukommt, wiewohl nur der Schlund in dieſer Beziehung dem ileum gleichzuſtellen iſt. Die Nothwendig— keit diefer Einrichtung liegt vielleicht in dem verminderten Umfange dieſes Theils des Canales, ſo wie in der groͤßern Conſiſtenz, welche an dieſer Stelle der Darminhalt bereits bekommen hat, waͤhrend er gerade hier durch die engere Stelle der Ileo-Coödcalfalte durchgehen muß, was ohne eine beſondere Schluͤpfrigkeit der Oberfläche nicht ohne Reizung moͤglich wäre. Die Häufigkeit der Entzuͤndung und Ulce— ration an dieſer Stelle des Duͤnndarms in Faͤllen von Fieber wird durch alle Beobachter in der neuern Zeit beſtaͤtigt, und alle betrachten beſonders den Apparat der agaregirten Druͤſen als den Hauptſitz der Entzuͤndung, welche Bezie— hung fie auch zwiſchen dieſer localen Affection und dem Fie— ber annehmen moͤgen. Ohne das Ausſehen der Entzuͤndung dieſer Druͤſen hier nochmals beſchreiben zu wollen, muß ich doch bemerken, daß fie nicht allein am haͤufigſten und hef— tigſten entzündet find, ſondern daß, wenn man hoͤher oben Entzuͤndung der Druͤſen antrifft, dieß immer nur eine Folge der Ausbreitung der Entzuͤndung von dem unterſten Theile des ileum nach Oben zu ſeyn ſcheint, indem die Veraͤnde— rungen von der Ileocoͤcalfalte nach Oben immer mehr ab— nehmen. Dieß gilt nicht allein fuͤr die Fieber, ſondern auch in Bezug auf chroniſche oder Tuberkelulceration bei Phthiſikern, in welchen Fällen es wohl hauptſauͤchlich von dem langſamen Verlaufe der Krankheit abhaͤngt, daß man die Tuberkelgeſchwuͤre über einen groͤßern Theil des Darmea— nals ausgebreitet findet, als dieß jemals bei Fiebern vor— kommt; doch iſt ſelbſt dann häufig die Ulceration in der Nähe der Endigung des ileum ausgebreiteter, als höher hinauf. Sowohl die acuten, als chroniſchen Veraͤnderungen die— ſes Theils des Darmcanals find von Prof, Louis beſon— ders unterſucht worden. Ruͤckſichtlich der acuten Affectio— nen der Druͤſen iſt er zu dem Schluſſe gekommen, daß ſie ſich auf zwei Krankheiten beſchraͤnken, vaͤmlich Fieber oder die eigenthuͤmliche Fieberform, welche er affection typhoide nennt und epidemiſche cholera; von der chroniſchen Affe: tion der Drüfen behauptet er, daß fie ohne Ausnahme mit phthisis pulmonalis verbunden fey. Ein merkwürdiges und wichtiges Factum fuͤhrt Louis ruͤckſichtlich der Peyer' chen Druͤſen an. Er hat beobach— tet, daß in 26 unter 35 Faͤllen des mit Affection dieſer Druͤſen verbundenen Fiebers eine eigenthuͤmliche Hautaffec— tion vorkomme, welche er als rothe linſenfoͤrmige Flecke be— ſchreibt. Am haͤufigſten hat er ſie auf der Bauchflaͤche, je— doch auch auf der Bruſt und den Extremitaͤten geſehen, eben: ſowohl auf dem Ruͤcken, als auf der Vorderflaͤche des Rum: pfes; ſie erſchienen, nach ſeiner Beobachtung, am ſechsten, ſiebenten, achten, neunten und elften und ſelbſt in einem Falle am fͤnfunddreißigſten Tage, blieben eine unbeſtimmte 172 Zeit ſichtbar, beſtanden manchmal mehrere Tage, verſchwan— den aber bisweilen auch ſchon am zweiten Tage; gewoͤhnlich brauchen ſie drei bis fuͤnf Tage zum Ausbruche und ver— ſchwinden auch allmaͤlig wieder. Louis vermuthet, daß dieſe Flecke auch in den Faͤllen von Fiebern vorhanden ge— weſen ſeyen, in welchen er ſie nicht auffinden konnte, indem ſie verſchwunden ſeyn moͤgen, bevor die Kranken in ſeine Beobachtung kamen. Petecchieen ſind eine bekannte, nicht ſelten das Fieber, welches, nach Louis, die Affection der Peyer' ſchen Druͤ— ſen bezeichnet, begleitende Hauteruption, und ich vermuthe, daß auch andere Formen von Hautausſchlaͤgen bisweilen mit dem entzuͤndlichen Zuſtande des Druͤſenapparates des Darm— canales verbunden ſind. Ich kann kaum zweifeln, daß dieß der Fall war mit dem eigenthuͤmlichen Fleckenausſchlage, welcher epidemiſch oͤfters mit der cholera vorkam und ei— nige Aehnlichkeit mit dem fruͤheſten Ausſehen der Pocken hatte. Ich mochte nun die Aufmerkſamkeit auf eine Analogie leiten, welche offenbar zwiſchen den Mandeln und den ag— gregirten Druͤſen beſteht. Schon in Be ſzug auf die allge— meine Bildung iſt eine große Aehnlichkeit der Structur nicht zu verkennen; doch will ich darauf kein großes Gewicht le— gen, da dieß eine von den Aehnlichkeiten ſeyn kann, welche Einzelnen auffaͤllt, Andern gar nicht bemerkbar wird. Wich— tiger ſcheinen einige Eigenthuͤmlichkeiten der Lage und Func— tion und die Aehnlichkeit zwiſchen den Affectionen, denen ſie unterworfen find. Sowohl die Mandeln, als die aggregir— ten Druͤſen ſind mit einzelnſtehenden Follikeln verbunden und ſcheinen ſelbſt aus einer Zuſammenhaͤufung von Folli— keln zu beſtehen, welche zuſammengenommen ein ſpecielles Organ bilden; beide zeigen große Verſchiedenheiten des Um— fanges, unabhaͤngig von activer Krankheit; die Mandeln ſind bisweilen ſo klein, daß man ſie kaum zwiſchen den Pfeilern des Gaumenfeegeis beobachtet, was jedoch mit Ge— ſundheit und normaler Function beſtehen kann. Die aggre— girten Druͤſen ſind ebenfalls bei geſundem Zuſtande oft ſo klein, daß es ſehr ſchwer iſt, ſie zu entdecken, ſo daß man ſogar ihre Exiſtenz in Frage geſtellt hat. Die Mandeln ſind einer ſehr betraͤchtlichen Entwickelung faͤhig, was zwar bis— weilen mit krankhafter Affection verbunden iſt, haͤufig aber ohne irgend ein anderes Symstom geſtoͤrter Geſundheit vorkommt. Ein mit ſolchen vergrößerten Mandeln behaftetes Individuum kann geſund genannt werden, obwohl es zur Entſtehung der Mandelbraͤ ne, angina oder eynanche, ſehr Dispo: niet iſt. Aehnliches kann man von den Peyer'ſchen Druͤ— ſen ſagen, welche man bisweilen ungewoͤhnlich vergroͤßert findet, ohne daß gleichzeitig eine Krankheit zugegen geweſen waͤre, wiewohl auch dieſe Druͤſen im Zuſtande der hoͤchſten Entwickelung eine Dispoſition zu weitern Störungen beſiz— zen. Bei dem hoͤchſten Grade der Hypertrophie der Man— deln und aggregirten Druͤſen iſt die erwaͤhnte Aehnlichkeit des Ausſehens und der Structur weit auffallender, als bei normalem Zuſtande; in manchen Fällen fo ſehr, daß ich uͤberzeugt bin, daß daſſelbe von Jedem angenommen werden wuͤrde. Bei beiden Theilen kommt die Entzuͤndung unter verſchiedenen Formen vor, und die Varietaͤten in dem einen 175 Theile correſpondiren durchaus denen des andern Theile. Bei den Mandeln zeigt ſich lebhaft rothe Injection mit ver— minderter Secretion und betraͤchtlicher conſtitutioneller Mei: zung. Daſſelbe ſieht man an den aggregirten Drüfen. Ferner iſt eine Anſammlung einer verdickten Servetion und die Entſtehung mehr oder minder oberflaͤchlicher Ulcerationen beiden Organen eigenthuͤmlich; in den Mandeln kommt Entzuͤndung mit beträchtlicher Anſchwellung und endlicher vollkommener Vereiterung in den Mandeln und ebenſo nicht ſelten in den aggregirten Drüfen vor. Wenn eine eynanche maligna ein Individuum bes fällt, deſſen vergrößerte Mandeln es zu der bedenklichſten Form der Krankheit mit betraͤchtlicher brandiger Zerftörung praͤdisponiren, fo findet man dabei die ſchwerſte Form des Fiebers von typhoͤſem Character und dieſes gewoͤhnlich von erythematoͤſer, jedoch oft marmorirter, Farbung der Haut begleitet. Viele Pathologen, und beſonders Louis, haben die Verbindung mancher Fieber und einer Affection der ag— gregirten Druͤſen klar nachgewieſen; dieſe Druͤſenaffection nimmt bei geſteigerter Entwickelung der Druͤſen oft einen brandigen Character an, und Louis, welcher die typhoͤſen Symptome als pathognomoniſche Zeichen einer Entzündung der aggregirten Druͤſen betrachtet, hat noch auf eine andere Aehnlichkeit aufmerkſam gemacht, namlich auf die rothen linſenfoͤrmigen Flecken der Haut, welche er bei ſchweren Faͤl— len von Entzuͤndung der aggregirten Druͤſen meiſtens beob— achtet hat. Die acute Entzuͤndung beider Organe kommt epidemiſch vor und beſitzt, wie bekannt, eine eigenthuͤmliche Heftigkeit in manchen Diſtricten und zu einzelnen Zeiten. Beide ſcheinen ſich durch Contagion auszubreiten und, in der That, durch eine ſpecifiſche Krankheitsurſache hervorge— bracht werden zu koͤnnen. Die Beobachtungen von Louis ſind ſo forgfüitig auf: genommen, daß es kaum moͤglich ſcheint, feine Schlußfolge— rungen nicht auch an unehmen; dennoch ſcheint mir vor ih— rer allgemeinen Annahme das Feld der Beobachtung nach ſeiner Methode noch ſehr ausgedehnt werden zu muͤſſen, waͤhrend die bereits geſammelten Fälle auch noch einer Un— terſuchung unter verſchiedenen Geſichtspuncten beduͤrfen. Es iſt daher keinesweges eine Oppoſition gegen dieſen Beob— achter, wenn ich verſuche, einige Bemerkungen in Bezug auf Anſichten an zuſtellen, welche von einigen Schülern von Louis angenommen worden find und welche Louis's eis genen Anſichten und Beobachtungen keinesweges entſprechen. Nach der Lehre, daß bei dem Fieber die Pener’fchen Druͤſen entzuͤndet ſeyen und daß dieß andererſeits nie der Fall ſey, außer in ſolchen Fiebern, koͤnnte man zu dem Schluſſe geneigt ſeyn, daß die Entzuͤndung der genannten Druͤſen, in der That, das Weſen des Fiebers ausmachen. Dieß wird dadurch noch befördert, daß Brouſſais und feine Anhaͤnger den Namen gastroenteritis ſtatt Fieber eingefuhrt haben Louis bedient ſich deſſelben Namens wenigſtens auf dem Titel ſeines Buches, in welchem er die Krankbeit aber als affection typhoide a Auf den Namen kommt hierbei weniger. an; dagegen iſt die Lehre, daß Entzuͤndung der Peyer'ſchen Drüfen das Wes 174 fon des Fiebers fen, noch weiter zu prüfen. Im Munde kommen zwei, dem Ausſehen nach ſehr aͤhnliche, Formen von Geſchwuͤren vor, welche, ruͤckſicht lich der begleitenden Som: ptome, ſehr weit voneinander abweichen; die eine Krankheit iſt ganz local und von verhaͤltnißmaͤnig wenig Schmerz be: gleitet; die andere iſt aͤußerſt ſchmerzhaft und wird von all— gemeiner fieberhafter Reaction begleitet. Es ergiebt ſich hieraus, daß man ſich ſehr hüten muͤſſe, locale Affectionen als die weſentliche Urſache anderer allgemeiner Symptome zu betrachten. Geſchwuͤre im Munde zeigen auf der einen Seite, daß ſie vorhanden ſeyn koͤnnen, ohne durch Sym⸗ pathie der Theile zu allgemeinen Symptomen zu führen; andererſeits, daß eine allgemeine Reaction bei ihnen noͤthig ſey. Entſprechend dieſer Anſicht, hat auch Louis Geſchwüre und Entzuͤndungsformen des Magens nicht als das Weſen eines Fiebers betrachtet, ſondern gezeigt, daß die Magen- ſchleimhaut ſehr betraͤchtlich angegriffen ſeyn kann, ohne daß daraus laͤnger dauernde fieberhafte Krankheit erfolge. Daſ— ſelbe zeigt ſich ruͤckſichtlich der Entzündungen des Schlundes, welche durch locale Urſachen in hohem Grade entwickelt ſeyn koͤnnen, ohne die bedenklichen Symptome einer angina ma- ligna oder nur einer heftigern angina tonsillaris zu bes dingen. Scheint es daher nicht richtig und den Analogieen entſprechend, daß auf aͤhnliche Weiſe die Entzuͤndung der aggregirten Druͤſen der Duͤnndaͤrme zu beurtheilen ſeyen und daß wir es als moͤglich anerkennen, daß allgemeine Affec⸗ tionen vor — und felbft in keinem Verhaͤltniſſe zu — der Ents zuͤndung der Peyer' ſchen Druͤſen ſich entwickeln und daß auf der andern Seite dieſe Druͤſen krankhaft verandert ſeyn koͤnnen, ohne eine merkliche allgemeine Störung herbeizufuͤl⸗ ren. Dieſe beiden Saͤtze werden, in der That, durch die Ergebniſſe der Leichenoͤffnung beſtaͤtige. Wir kommen fo zu der Frage, welches im Allgemeinen der Zuſtand des Orga⸗ nismus ſey, welchen Jedermann an ſich und, bei einigem mediciniſchen Tacte, auch an Andern als Fieber erkennen wird, woran man häufig zuerſt eine Störung der Gefund: heit bemerkt, wobei aber ſehr bald locale Affectionen aufs treten und welcher auch ſehr leicht einer localen krankhaften Einwirkung folgt, obwohl die Dispoſition da u bei verſchie⸗ denen Individuen außerordentlich verſchieden iſt; mit andern Worten, was iſt die weſentliche Bedingung des Fiebers? Zur richtigen Beantwortung dieſer Frage iſt es am beſten, zunaͤchſt die Reſultate der zahlreichen Unterſuchungen von Louis hier kurz aufzufuͤhren: I. Der pharynx war in z der Faͤlle afficirt, ent⸗ weder mit Pſeudemembranen oder mit purulenter Infiltca— tion in das fubmucöfe Zellgewebe, oder am haͤufigſten mit Ulcerationen. 2. Im oesophagus beſtand die einzige Storung in Ulcerationen, ziemlich in eben dem Zahlenverhältniffe, wie die des pharynx; in einzelnen Faͤllen fanden ſich wenige, in andern viele, meiſtens aber waren ſie leicht. 3. Der Magen. Der Umfang dieſes Organs war ſelten vergrößert; die Schleimhaut war in dreizehn Fällen normal, in neun Faͤllen erweicht und in Form von Baͤn⸗ dern, Streifen oder undeſtimmten Flecken verdünnt, in ver⸗ 175 ſchiedenem Grade warzig ausſehend, und in dem verſchie— denſten Grade gefärbt in allen übrigen Fällen. 4. Die Duͤnndaͤrme waren in vierzehn Faͤllen von Gas ausgedehnt; in hoͤherem Grade jedoch nur in zwei Fällen. Eine Invagination fand ſich drei Mal. Die Schleimhaut außer den Peyer’fihen Druͤſen war in nicht weniger als 4 der Faͤlle weiß, in ſiebenzehn Faͤllen in ver— ſchiedener Ausdehnung roth, in elf grau; von normaler Conſiſtenz war fie bei 4 der Faͤlle, in verſchiedenem Grade und in verſchiedener Ausdehnung erweicht in allen uͤbrigen. Die glandulae solitariae in der Nähe des coecum wa— ren in 1 der Fälle mehr oder weniger angeſchwollen; die Peyer' ſchen Druͤſen waren immer um ſo ſtaͤrker afficirt, je näher dem coecum man ſie unterſuchte; fand Perforation ſtatt, ſo war dieß jedesmal in der Gegend des Blinddarms der Fall. Das entſprechende Zellgewebe war immer gleichzeitig verändert, fo daß es unmöglich war, mit Beſtimmtheit zu entſcheiden, ob die Affection in dieſem Gewebe oder in der Schleimhaut begonnen habe, oder ob beide zugleich afficirt worden ſeyen. 5. Der Dickdarm war bei der Haͤlfte der Faͤlle von Gas ausgedehnt, meiſtens in betraͤchtlichem Grade; die Winde derſelben behielten entweder ihre normale Dicke oder waren verdickt (ebenſo wie der Duͤnndarm, wenn er bei Einklemmung mit Faͤcalmaſſen angefuͤllt iſt'. Die Schleim: haut war in dreizehn Faͤllen weiß; in zwanzig in verſchie— dener Ausdehnung roth, in neun grau. Die Schleimhaut war von normaler Conſiſtenz in 2 der Fälle, außerdem in verſchiedenem Grade und in verſchiedener Ausdehnung er— weicht und bisweilen verdickt. Acht Fälle zeigten eine gro: ßere oder geringere Anzahl von linſenfoͤrmigen Druͤſenbaͤlgen, bisweilen ulcerirt; vier Mal fanden ſich verhaͤrtete Flecke, klein und rund und übrigens den Peyer' ſchen Deüfen des Duͤnndarms aͤhnlich. (Was damit gemeint ſey, iſt ſchwer zu beſtimmen; jedenfalls keine aggregirten Druͤſen im Dickdarme.) In vierzehn Faͤllen zeigten ſich Geſchwuͤre, de— ren meiſtens nur wenige, und dieſe oberflaͤchlich und von ge— ringer Ausdehnung waren. 6. Die Lymphdruͤſen zeigten ſich oft krankhaft; die Meſenterialdruͤſen, welche den Peyer' ſchen Druͤſen ent: ſprachen, waren roth, angeſchwollen, erweicht und ſonſt veraͤndert in verſchiedenem Grade, je nach der verſchiedenen 176 Periode der Krankheit. Die Meſenterialdruͤſen, welche ge— ſunden Peyer'ſchen Drüfen entſprachen, waren in 1 der Falle ein Wenig verändert, jedoch in weit geringerem Grade, als die uͤbrigen Druͤſen. Die Druͤſen des mesocolon wa— ren ebenfalls veraͤndert, meiſtens betraͤchtlich, jedoch nicht in allen Faͤllen; die Halslymphdruͤſen und die oberhalb der kleinen Curvatur des Magens waren in einigen Faͤllen roth und in derſelben Ausdehnung angeſchwollen, wie die Meſen— terialdruͤſen, welche den normalen Peyer'ſchen Druͤſen ent— ſprachen. Die Lymphdruͤſen in der Umgebung der Gallen— gaͤnge waren in zwei Faͤllen heftig entzuͤndet. 7. Die Milz war, mit vier Ausnahmen, in allen Faͤllen mehr oder weniger ſtark verändert, gewöhnlich ange— ſchwollen und erweicht, nicht ſelten bis zu dem vier- oder fuͤnffachen Umfange, bei ſtarker Anſchwellung immer be— traͤchtlich erweicht. (Schluß folgt.) Miscellen. Unterbindung der carotis und subsclavia bei einem aneurysma arteriae innominatae iſt von Herrn Wickham bei einem 55jaͤhrigen Manne ausgeführt worden. Die Geſchwulſt hatte die Groͤße eines Huͤhnereies und reichte von der carotis bis zum omohyoideus. Die carotis wurde am 25. Steps tember unterbunden, worauf die Kraft der Pulſationen betraͤchtlich vermindert wurde und Hüften und Dyspnöe zugleich abnahmen. Nach drei Wochen verließ der Kranke das Spital, ohne daß die Geſchwulſt wiederum zugenommen haͤtte. Am 23. December zeigte er ſich wieder; die Geſchwulſt war um das Doppelte vergroͤßert, und es wurde die subelavia unterbunden, obwohl zu befuͤrchten war, daß der Kranke waͤhrend der Operation verſcheide. So wie das Gefäß unterbunden war, ließ die Dyspnoͤe nach und der Kranke konnte zu ſeinem Bette zuruͤckgehen. Vier Tage nach der Operation hatte er voruͤbergehendes Delirium; nachher nahm die Geſchwulſt allmälig wieder zu, jedoch beſſerten ſich die Kräfte, fo daß der Kranke nach Hauſe zuruͤckzukehren wuͤnſchte. Am 5 Fe— bruar ging die Ligatur ab: am 16ten ſtarb der Kranke an einer Blutung in Folge von Zerreißung des Sackes. (London med. Gaz., June 1840.) Ueber die Verwandtſchaft der Mauke und Kuh⸗ pocke hat neuerdings auch Dr. Stokes zu Dublin Mittheilungen gemacht, aus denen beſonders hervorgeht, daß durch Einimpfung des Maukenſtoffes bei'm Menſchen Puſteln erzeugt wurden, die der Kuhpocke ganz ähnlich ſahen und denſelben Verlauf nahmen. (Du- blin Journ. of med. Sc.) B i b lie ger a ph i s ch e Elements of Chemistry, including the most recent Discoveries and Applications of the Science to Medicine, to Pharmacy and to the Arts. By Robert Kane, MD. Dublin 1840, 8. (Mit vielen Holzſchnitten.) Acta societatis sceientiarum Fennicae. I. 1. Helsingforsiae 1840. 4. Neuigkeiten. Observations et Recherches expérimentales sur le Platine, con- sidéré comme agent physiologique et thérapeutique, ou de Befficacité des préparations de platine dans le traitement des waladies syphilitiques, dartreuses et rheumatismales, Par Ferdin. Hoefer. Paris 1840. 8. Pharmacopoeia castrensis Ruthenica. Auct. Wylie. Petropoli 1840. 8. Neue Uotizen aus dem Gebiete der Nakur- und Meilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalrathe Frorter ju Weimar, und dem Mediemalrathe und Prefeſſer Froriep in Berlin. No. 342. (Nr. 12. des XVI. Bandes.) November 1840. Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Athlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. Naa bun 8 Ueber die Maaße des Herzens bei'm neugebornen Kinde, nebſt vergleichenden Unterſuchungen uͤber die Maaße dieſes Organes im ausgewachſenen Zuſtande. Von Maxime Vernois, MD, (Schluß.) Um moͤglichſt gut den Einfluß zu beurtheilen, welchen dieſe verſchiedenen pathologiſchen Zuſtaͤnde gehabt haben koͤn— nen auf die Dimenſionen des Herzens (Hoͤhe und Breite), habe ich die folgenden Tabellen aufſtellen zu muͤſſen geglaubt: in der erſten gebe ich das Mittel der Maaße fuͤr jede der angegebenen Krankheiten, und in der andern das Mittel der Alter, auch in Bezug auf dieſelben Affectionen. Aus der Vergleichung dieſer zwei Tabellen wird man den wirklichen oder fehlenden Einfluß der Krankheiten, welche bei den Sub— jecten unſerer Beobachtungen vorhanden waren, auf die Di— menſionen des Herzens folgern koͤnnen. Beziehungen der Krankheiten auf die Maaße des Herzens. a) Höhe (Knaben und Mädchen). Krankheiten. Mittel der Dimenſionen. — — — — — Zoll. Linien. 1) Congeſtion nach den Lungen 0 Nu 2 2) Lungen-Apoplexie . 5 8 Su 2,5 3) Aphthen 2 1 . 1 2,7 4) Lungen-Emphyſem A Pleuritis und Verhaͤrtung 7 an 8 5) Verhaͤrtung des Zellgewebes 9 9 3,07 6) Einfacher icterus . 5 1 3,1 7) Verhaͤrtung und icterus . r anf: 3,2 8) Pleuritis 2 . 1 3,4 9) Enteritis Enteritis und ophthalmia purul. h 5 3,5 10) Pneumonie . 5 . 2 nne 1 3,8 11) Acute arthritis 3 a Pneumonie und Verhaͤrtung 8 1 * 12) Gastroenteritis ra 3% 8 1 4,5 13) Peritonitis 1 4,8 14) Aſphprie, Convulſionen, pleuritis u. bericarditis, Pneumonie u. icterus, . Pncumonie und Eryſipelas . 141 5 No. 1442. ie Krankbeiten. Mittel der Dimenſionen. — — — —— Zell. Linien. 15) Meningitis . . 1 6 16) Ebronifdher hydrocephalus 1 7 17) Pleuro-Pucumonie 5 1 7,5 18) Lungentuberkeln - 1 2 1 8,2 19) Scropheln . 8 4 5 1 10,5 20) Epileptiſche Zufälle . - 2 0 b) Breite (Knaben und Mädchen) Mittel der Dimenſionen. — — Linien. 1) Congeſtion F . 2 5 1 2 2) Pleuritis und Verhaͤrtung des Zellg. 1 2 3) Verhaͤrtung des Zellgewebes 21 4.07 4) Verhaͤrtung und jeterus » . 1 4,6 5) Aphthen # 8 3 1 4,7 6) Pleuritis 5 r 4,8 7) Zungen » Apoplirie, Pneumonie und Verhaͤrtung, enteritis und Oph⸗ tbalmologie . . . 1 5 8) Icterus . . 8 . . 5 1 5,06 9) Enteritis ce RR 5„1 10) Pneumonie . 1 Gastroenteritis le e . 5,5 11) Aſpbyxie ) Pleuritis und pericarditis . . 1 6 Pneumonie und Eryſipelas 12) Acute arthritis e 1 6,5 13) Peritonitis RN. ei 6,6 14) Pneumonie und icterus 0 1 Meningitis g 7 15) Convulſionen . R f . 1 8 16) Lungen: Empbufen . 1 9 17) Hydrocephalus chronicus 1 Pleuro-Pneumonie 5 . 10 18) Lungentuberkeln . . = . 1 10,5 19) Scropheln . 5 8 = . 2 1,5 20) Epileptiſche Anfälle . : 2 3 Verhaͤltniß der Krankheiten zu dem Alter des Subjects. Knaben und Mädchen. Krankbeiten. Mittel des Alters. — — — — 1) Aſphpxie h 3 . 2 - s 1 Tag 2) Lungen: Empbyfem . 0 1 a 7 2 — 3) Pleuritis und pericarditis . 4 — 4) Meningitis 5 8 . 2 5 5) Convulſionen R . . . . 7 — 6) Gastro-enteritis l 21 Apoplexie der Lunge 1 * 12 Krankheiten. Mittel des Alters. — — — —— 7) Congeſtion nach den Lungen . . . 8 — 8) Verhaͤrtung des Zellgewebes + . . . Hr — 9) Peritonitis a Sr 0 . 105 — 10) Pneumonie und icterus . . 8 * ah 11) Pleuritis . 3 . 111 — 12) Pneumonie und Babürtang 0 ° 13 — 13) Icterus . N 0 . 135 — 14) Verhaͤrtung und icterus 8 5 8 14 — 15) Aphthen . g . . . 2375 — 16) Enteritis a . . 2 . 1 M. 35 - 180 Pacumonie l 0 1 M. 10 — 18) Acute arthritis. . at au — 19) Scropheln . Jahr 2 20) Chroniſcher Nydrocephalus 1 — 3 M. 7 — 21) Lungentuberkeln 1 — 5 M. 25 — 22) Pleuro- Pneumonie . . 1 — 8 M. 2 — 23) Epileptiſche Zufaͤlle 2 — 10 — — — Wenn man dieſe letzte Tabelle mit derjenigen uͤber die Beziehungen der Krankheiten und der Maaße des Herzens vergleicht, ſo bemerkt man eine große Analogie. Die Zah— len des erſten und dritten Drittheiles ſtimmen in ſehe merkli— cher Weiſe uͤberein. Es iſt beinahe die Wiederholung der— ſelben Thatſachen, wenn man einige Verſchiedenheiten in der mittleren Periode ausnimmt. Aber dieſe Verſchiedenheiten, fuͤr ſich betrachtet, ſind noch ſehr geringfuͤgig, denn ſie ge— hen, was die Maaße anlangt, auf eine Linie und mei— ſtens auf Zehntel oder Hundertel einer Linie hinaus, und was das Alter anlangt, auf Verſchiedenheiten von einigen Tagen oder von Zehnteln von Tagen. Allein man weiß be— reits, daß die Dimen onen des Herzens mit dem Alter zu— nehmen; folglich, wenn wir durch die Analyſe finden, daß die Faͤlle, wo die Maaße am hoͤchſten ſind, bei den aͤlteſten Subjecten vorkommen und vice versa, fo koͤnnen wir fol⸗ gern, daß die Krankheit ſelbſt, welche zur Zeit unſerer clini— ſchen Beobachtung vorhanden war, entweder keinen Einfluß auf die Maaße ausgeuͤbt, oder nur eine ſehr wenig in die Augen fallende Modification veranlaßt hat. Dieß wird ſelbſt durch ein oberflaͤchliches Examen der mitgetheilten Ta: belle hinlaͤnglich dargethan. Einfluß des Geſchlechts. Um dieſen Einfluß zu ſchaͤtzen, werde ich mich be— ſchraͤnken, hier die durch die Analyſe in jedem Capitel fuͤr die Knaben und Maͤdchen erhaltenen Reſultate zuſammenzu— ſtellen. Die Folgerungen werden ſich dann aus dieſer Ver— gleichung von ſelbſt ergeben. Knaben. Maͤdchen. Mittel. Mittel. Zoll. Linien. Zoll. Linien. Hoͤhe des Herzens 5 1 2,60 1 3,11 Breite des Herzens . 1 5,67 1 5,12 Dicke des linken Ventrikels 2,15 2 Dicke des rechten Ventrikels 1715 0,98 Dicke der n der Ventrikel 8 2,4 2, Umfang der aorta an wren Urſprunge 10,60 10,20 Umfang der art. pulmonalis an ihrem Urſprunge . 10/50 1 0,98 180 Ehe die allgemeinen Folgerungen aus dieſer Abhand— lung gezogen werden, iſt es intereſſant, die Reſultate, welche ich erhalten habe, mit den fruͤher vorhandenen zu verglei— chen. Ich habe bereits des Stillſchweigens der Schriftſtel— ler uͤber dieſen Gegenſtand gedacht. Wenn wir uns mit der pathologifhen Anatomie beſchaͤftigen werden, werden wir ſehen, daß mehrere von ihnen von erweiterten und hypertro— phiſchen Wandungen ſprechen (Billard, Traite des ma- ladies des enfants nouveaux-nés, p. 590 und 74 leix, Clinique des enfaus nouveaux - nes, p. 32. Etat du coeur dans le muguet.) oder auch von dem relativen Volum des Herzens (das Volum des Her— zens iſt mir in keinem Falle vergrößert erſchienen. Val— leix a. a. O) Gleich als wenn ein urſpruͤngliches Eta— lon bekannt waͤre und man das Vermoͤgen haͤtte, angege— bene wirkliche Beziehungen feſt zuſtellen. So iſt es aber nicht der Fall. Nirgends, außer bei Herrn Bizot, deſſen Arbeiten ich weiter unten unterſuchen werde, exiſtiren Maaße, die ſich auf ein Normal-Volum des Herzens bei'm Kinde beziehen. Die einzigen Worte, welche man bei Billard findet, ſind folgende: „Ich habe oft dieſe beiden Hoͤhlen einander gleich gefunden, was die Breite der Ventrikel und die Dicke ihrer Waͤnde anbelangt.“ Man iſt jetzt im Stande, uͤber die Genauigkeit dieſer Behauptung zu ur— theilen. ; Aber Herr Bizot (a. a. O.) hat in allen Spalten ſeiner Analyſen einen Platz fuͤr die Mittel der Dimenſionen des Herzens, in Beziehung auf junge Subjecte von 1—4 Jahren. Er bat die Einfläffe ſtudirt, welche das Alter, das Geſchlecht und zuweilen die Krankheit auf dieſe Maaße haben konnten. Ich werde ſie den meinigen gegenuͤberſtel— len, in allen Faͤllen, wo die Vergleichung ſtatthaben kann, unter völlig gleichen oder beinahe gleichen Elementen. (Wer: gleiche die untenſtehende Tabelle) Man faßt hier ſchnell die Verſchiedenheit auf, welche zwiſchen den allgemeinen Reſultaten, zu welchen ich gelangt bin, und den von Herrn Bizot ausgeſprochenen exiſtirt. Meine Mittel ſind im Allgemeinen viel niedriger; dieſe Thatſache, welche ſchon in Beziehung auf Breite des Her— zens auffällt, wird es noch viel mehr in Beziehung auf Dicke des rechten Ventrikels und auf den Umfang der aorta. Der Einfluß des Geſchlechts auf das Volumen des Herzens ſtellt ſich faſt in's Gleichgewicht bei meinen Analyſen. Die Höhe iſt ſelbſt ſtaͤrker bei Maͤdchen, als bei Knaben. Bei Hrn. Bizot iſt das nicht der Fall, indem bei ihm die Mittel bei Maͤnnern immer hoͤher ſind, als die bei Wei— bern erhaltenen Mittel. Ekklaͤren ſich dieſe Verſchiedenhei— ten ſchon allein durch den Abſtand der Alter, in welchen die Beobachtungen von dem einen und dem andern gemacht worden ſind? Es iſt dieß moͤglich, aber gewiß muß man auch die kleine Anzahl der unterſuchten Thatſachen in dem einen Falle und die große Anzahl der in dem andern Falle geſammelten Thatſachen in Anſchlag bringen. 181 —— 182 Tabellariſche Vergleichung der bereits angegebenen Dimenſionen mit den von Hrn. Bizot mitgetheilten. 7 Dicke des Dicke des] Dicke der | Umfang d. arg Zahl der | Breite des | Höhe bes |,: a Umfang der Schrift⸗ Geſchlecht. Alter. PN linken Ven⸗]Trechten Scheide⸗ x Lungenar ſchlech | | Subjecte. Herzens. Herzens. trikels. Ventrikels.“ wand. aorta. here: E ſteller. Knaben |v. 1 A Jahr es 10:8, 2 . FFF 135 b. Bizet Knaben ig . 2 . 168 fl 3. 5,67 e 1 3. 2660 L. 2780 8. 1,15 e. 24 e. 10,60 f. 1 3.068 e. Bernois Mädchen v. 1—4 Jahr 8 2258. g EL. 21 L. 1 L. 27 L. 16458. 17 L. Bizot Mädchen Sn 168 f 8. 6,12 8.113. 3,11 e. 2 e. 0988 24 L.) 10,20 813.098 8&.|Bernois Es iſt mir noch moͤglich, Hrn. Bizot in einem an— Allgemeine Folgerungen aus dieſer Abhandlung. dern Theile feiner Arbeit zu folgen. Im vierten Abfchnite Die Mittel der Maaße der verſchiedenen Theile des Herzens te, unter dem Titel: Von den Dimenſionen des Herzens in ſind bei dem neugebornen Kinde: 9 3 den verſchiedenen Krankheiten, beſchraͤnkt er ſich darauf, die ar, Zoll. re 1 Tabelle uͤber die Fälle der Lungenſchwindſucht zu geben und 1) Fuͤr die Hohe 1 8,15 Mex. 2 vergleicht ſie mit denen, wo keine Tuberkeln vorhanden wa— 2) Für die Breite e ee 1 ren. Hier beſitzen wir nun Elemente, die auf gewiſſe Weiſe 2 6 vergleichbar find. Das Alter allein macht den Unterſchied; 3) Für die Dicke des linken Ventrikels 201 2 0 8 5 ? : 5 . der Krankheit 5 But) ſehr leicht auf 4) Für die Dicke des rechten Ventrikels 1,06) 20 ; 1 Vergleichende Tabelle über den Einfluß der Lungen- 9) Für die Dicke der Scheidewand 2,35) 5 ſchwindſucht auf die Dimenſionen des Herzens (Hoͤhe 6) Groͤße des Umfangs der aorta 10,43 N 1 2 und Breite) nach Herrn Bizot und den aus dieſer ® 8 Abhandlung gezogenen Thatſachen. 7) Groͤße des Umfangs der Lungenarterie 1 0,50) 11 eee Bam N Hieraus ergiebt fih, daß Geschlecht. Alter. ken u, Jab!“ Höbe des Breite dee Sczriftſel⸗ 2 die Breite des Herzens immer deträchtlicher iſt, als N der Subs Herzens | Herzens. ler. die Hoͤhe; jecte. die relative Dicke der Waͤnde ſie in folgende Ordnung 7 : T bringt: Scheidewand, linker Ventrikel, rechter Ventrikel; von 16 bis 57 Phthi⸗ Try x i : 5 { x 0 Männer | 79 Jahr bie 42; ein. 47 ein. Bigot die Muͤndung der Lungenarterie an ihrem Urſprunge — — Fit walter, als die Mündung der aorta Phtbiſiker 45 131] 5033 — Alle dieſe Reſultate find im Verhaͤltniſſe mit denen, wel ieee pern. che biszetzt die Schriftſteller erhalten hatten, die ſich mit den Knaben is 3 Jaht ori 13. 8,2 —13.10,5—[Bernois Maaßen des Herzens in fpäteren Lebensaltern beſchaͤftigt 7 r M—!̃ T hatten. ; Mittel immer niedri— 5 e 2 f en ger, als diejenigen der Die Höhe und Breite des Herzens nehmen faſt in Fälle von Pbthiſis demſelben Verhaͤltniſſe zu und entwickeln ſich gleichmaͤßig mit dem Alter. Je aͤlter alſo ein Kind iſt, deſto groͤßer ſind die Dimenſionen ſeines Herzens. Die Krankheiten, die dem Herzen ſelbſt *) fremd find, ſcheinen keinen entſchiedenen Einfluß auf die Dimenſionen dieſes Organs zu haben. Man findet an ihm nur den Ein: bis 57 Phthiſi⸗ e 41 35 — Bizot 65 Nicht: Phthiſiker 433 — Mädchen F 1 4712 — 1 3.10,5 —] Vernois „u. 38Mon. ker fluß des Alters, d. hb., daß die Krankheiten, in welchen das N Er Die weed Immer 77 Herz die kleinſte und die größte Entwickelung zeigte, den Phthiſiker niedriger, ale die aus jüngften oder den aͤlteſten Subjecten angehoͤrten. Die ein⸗ den Pöthiſtsfällen ) zige ſpecielle und den Reſultaten des Hrn. Bizot entge⸗ gengeſetzte Folgerung, die ich aus den unter ſich vergleichbas i hatſachen habe ziehen koͤnnen, iſt, daß in den Faͤllen *) Man muß bier einen Fall ausnehmen, wo das Mittel 2 Zoll een Thatſache siehen können, iſt, 5 7 giebt; aber dieſer Fall betrifft einen Knaben, den aͤlteſten der beobachteten Subjecte (S Jahr 4 Monate). Man kann da⸗ ) In einem einzigen Falle von Hypertrophie, der unter der ber nicht im Allgemeinen folgern, daß die phthisis pulmonalis Pneumonie begriffen war, fanden ſich folgende Maaße: in allen Altersperioden eine Tendenz habe, das Volum des Breite 1 Zoll 11 Linien; Höhe 1 Zoll 9 Linien; Dicke Herzens zu verringern. Wenigſtens muß man eine Ausnah⸗ des linken Ventrikels 2 Linien; Dicke des rechten Ventrikels me machen fuͤr das Alter, in welchem meine Beobachtungen 1 Linie; Dicke der Scheidewand 2! Linie. Dieſer Fall kam geſammelt wurden. bei einem 8 Tage alten Knaben vor. 12 * 185 von Lungentuberkeln, welche ich beobachtet habe, das Herz nicht kleiner geworden iſt, als in den andern Affectionen. Das Gegentheil hatte ſtatt. Der Einfluß des Geſchlechts auf die Dimenſionen des Herzens hat ein bemerkenswerthes Reſultat geliefert. So iſt, während die Hoͤhe bei Maͤdchen etwas größer iſt, die Breite merklich dieſelbe bei Mädchen und bei Kna— ben. Die Dicke, etwas betraͤchtlicher bei Knaben, in Beziehung auf den linken und rechten Ventrikel, gewaͤhrt ein identiſches Nefuitat für die Scheide vand. Die Entwicke— lung der Aortenmuͤndung und der Mündung der Lungenar— terie unterſcheidet ſich in den beiden Geſchlechtern um nur einige Zehntel Linien. An h en g. Zur Vervollſtaͤndigung dieſer Arbeit habe ich geglaubt, hier das Reſultat der Prüfung von 92 Füllen in Beziehung auf Herzdimenſionen und bei Subjecten von 30 bis 60 Jah— ren mittheilen zu muͤſſen. Ich habe in einer Tabelle dieſe Maaße mit den einzigen genauen Meſſungen verglichen, welche bisjetzt von den HHrn. Bouillaud und Bizot “) bes ) Das 1839 herausgegebene Werk des Hrn. Pigeaur berührt dieſe Arbeiten nicht. Er läßt die Frage über das Volum des Herzens in demſelben Zuſtande, in welchem ſie zu Zeiten Laennec's und Corviſart's war. „Folgendes“, ſagt der Verfaſſer, „ſind die Dimenſionen, welche man heutzutage im Allge⸗ meinen dem Herzen zuſchreibt. Doſſelbe mißt im Durchſchnitt von 5 bis 6 Zoll von feirer Spitze bis an feine Baſis 4 bis Allgemeine und vergleichende Tabelle der mittleren Maaße der verſchiedenen Theile des Herzens bei'm Erwachſe nen, nach den Unterſuchungen der Hrn. Bouillaud, Dicke 184 kannt gemacht find. Man kann alſo im Augenblick mei: ne Behauptungen verificiren, in dem, was das Geſetz des Fortſchreitens und der Entwickelung des Herzens betrifft, in den Beruͤhrungspuncten des Kindes und des erwachſenen Al— ters ꝛc Ich habe, als nuͤtzliche Nachweiſung, die pathologiſch— anatomiſche Geſchichte des Perikardiums und des Herzens ſelbſt in den unterſuchten Faͤllen beigefuͤgt, damit man den Grad des Einfluſſes dieſer Stoͤrungen auf die von mir bei— gebrachten Maaße wuͤrdigen koͤnne. Analyſe der Maaße des Herzens bei 92 Subjecten von 30 bis 60 Jahren. Zoll. Linien. Zoll. Lin. f = Min. 2 4 Mittel: 0 der Höhe des Herzens 3 55888 Mar. 4 8 maaße D der Breite ne L 0 der Dicke der Scheidewand 5,80 19 am mittle⸗J 4) des linken Ventrikels 5,75 | 3 ren Theile ) 5 10 12 5) des rechten Ventrikels . 1,06 | > 6) des Umfangs der aorta | 111 bei ihrem Urſprunge 2 7700 SR, 7) des Umfangs der kungenar— 2 terie bei ihrem Urſprunge 2 85500 2 41 Zoll in der Höhe der Ventrikel; gefähr 3 Zoll. ſein Queermaaß iſt un⸗ * Bizot und Vernois. Umfang der des] Dicke des] Dicke der Umfang d. Zahl der Sub: X Höhe des | Breite des ngen Re e het 5 Lungenarte- | Schrift: ; lter. SH c linken Ven-] rechten Scheide— Aorten-⸗ r 5 jecte. er Herzens. Herzens. krikels. Ventrikels. wand. Mundung. e ſteller. 8 Für die ohe er 9 Für die Breite | | 10 Für die Dicke . u: von 16 bis 1 L 3 L 2 3. 3 € Bouil⸗ We 35 Jahren 38.7 Les 3. 7 RL 7 25 L. ee 3. 74 tand Lungenarterie 1 Scheidewand — — 18 v. 1629. 8. 5557 3 8. 91 8| 3 IT. FE 23 v.30 49 33. 3 3. e 135 € 421 k. 2 3. 6 22 8 23. 12,8, 19 50795 33. 978 L. 4 3. 45 L. 5 3.29,388. 1 L. 53,163 S EIEL 23,11% 92 v 50605. 3 3.5550. 3 3. 8430 L. 5,75 1,05 8 5,84 L. 2 3. 77055 8.123. 875 b.] Vernois Pathologiſche Anatomie der 92 analyſirten Falle. Sein Visceralblatt zeigte weiße Flecken von verſchiedener Größe 27 Von dieſen 92 Fällen zeigte Tuberkeln und Krebsmaſſe . 1 das Pericardium 31 mal eine gelbliche Seroſitaͤt und 1 mal mit Zotal» Anfänge der zwei Blätter 2 deutlichem Oedem des Visceralblattes. Keine Alteratin . 62 2 — einen feröfen und blutigen, 92 2 — einen eitrigen Erguß; erz, weiches Gewebe 5 mal, 3 — falſche Haͤute und neugebildete Stränge; . fettes Gewebe 87 — 54 — geſunder Zuftand. 2 185 Unter 58 Fällen, wo die aorta an ihrem Urſprunge genau unterſucht wurde, fanden ſich 9 Falle von Verknoche— rung der Klappen und 1 Fall von Vegetation. Außerdem waren noch 2 Faͤlle von Vegetation der Au— riculo » Ventricular-Klappen der linken Seite und 2 Falle von außerordentlicher Dilatation des Herzens. Endlich will ich, um die Reihe dieſer Studien zu ver— vollſtaͤndigen, an eine ſehr bemerkenswerthe Arbeit des Vete— terinärarztes Herrn Leblanc erinnern, unter dem Titel: Recherches relatives A l’eiude des maladies du coeur, chez les prineipaux animaux domestiques (1840), in welchem ſich eine Tabelle findet uͤber die Maaße des Herzens im normalen Zuſtande bei gewiſſen Thieren. Man wird daſelbſt die Beſtaͤtigung der durch dieſe Abhand— lung bekanntgemachten Thatſache finden. Uebrigens hat Hr. Leblanc, nach dem Beispiele Bouillaud's, dieſe Unter: ſuchungen unerlaͤßlich gefunden, um als Einleitung zu dienen für das Studium der Störungen, wovon das Herz und deſ— ſen Anhaͤngſel der Sitz werden koͤnnen. Miscellen. Ueber das Durchlaſſen des Mercurs durch die Subſtanz des Bleies hat Hr. Henry aus Princeton, der American Philosophical Society eine Abhandlung vorgeleſen. Derſelbe hatte zufällig eine bleierne Rohre von 6 Linien Durchmeſ⸗ fer und 8 Zoll Lange mit dem einen Ende in einer Capſel voll Queckſilber getaucht gelaſſen und bemerkte einige Tage nachher, daß das Queckſilber aus ſeiner Capſel verſchwunden war und ſich auf der Erde am andern Ende der Roͤhre fand. Die Capſel wur— de von Neuem mit Queckſilber gefüllt, und dieſelbe Erſcheinung zeigte ſich am andern Tage. Das Metall war durch die Röhre gegangen, ungefahr wie Waſſer durch ein Haarroͤhrchen gehen wur— de, und fand ſich auf dem Boden. — Als man das Roͤhrchen in Stuͤcke ſchuitt, wurde es deutlich, daß das Queckſilber nicht längs der leeren Axe gegangen war, ſondern, allem Anſcheine nach, durch die Poren des ſoliden Metalls fortgeleitet worden war. Um ſich davon zu verſichern, kruͤmmte man eine ſolide Bleiſtange, von 7 Zoll Länge und I Zoll Durchmeſſer, in die Form eines Hebers. Man ſetzte das kleine Ende in ein mit Queckſilber gefülltes Uhr— glas und ſtellte ein anderes Uhralae unter das laͤngere Ende des Hebers, um das Queckſilber aufzufangen, welches durchgehen könnte. Nach vierundzwanzig Stunden bemerkte mon ein Queckſilberkuͤgel— chen an dem Ende der Bleiſtange, und fünf oder ſechs Tage her— nach war alles Queckſilber durchgegangen, ſo daß in dem oberen 186 Glaſe ein ſchoͤne Vegetatſon arbortscirender Erpſtalle von Blei— Amalgam zurückgeblieben war. — Die Transmiſſten des Qucck— fübırs hatte nicht längs der Oberflache der Stange ſtatt, denn fie gab zu keiner Veränderung in der außern Oberflache Veramaſſung. Der Gang der Penetration ließ ſich nur an einer leichten Varta tion in der Farbe des Oxyds der Oberflache wahrnet men. — Die Wirkung iſt ſehr influencirt durch die Textur des Blies. Wenn man kaltgeraͤmmertes Blei von gleicher Form und gleſchen Dimen— ſtonen anwendet, fo ließ ſich am untern Ende das Qucckſttoertuget⸗ chen erſt vierzig Tage nach dem Anfange des Verſuchs wahrnehmen, und nach drei Monaten war noch nicht alles Queckſitber aus der Capſel verſchwunden. — Die Durchdringung iſt teichter in der Richtung der Blafterchen des Metalls als die Quterc. Man ver: fertigte eine Capſel mit einer dicken Bleiplatte und goß Queck ſuber hinein; ehe noch ein Queckſilberkugelchen durch den Boden dieſer Capſel durchgedrungen war, drang davon eine Menge rund an den obern Rändern hervor. (Bib!, univ.) Ueber Tur und Zubr (Urus und Bison) findet ſich eine ausfuhrliche Abhandlung von G. G. Puſch in Warſchau, in Wiegmann's Archiv von 1830 I. S. 47, woraus der Verf. das Endreſultat ausſpricht, „daß der Name Urus und Bison — Tur und Zubr in SlaviſchLettiſchen Sprachen — Ur, Urochs— Auer, Wiſent, ſelbſt Büffel in Altdeutſchen Mundarten und Schrifs ten — nicht zwei verfdicdene neben einander lebende wilde Stier: arten, ſondern nur eine, der noch jetzt lebende Bos Urus, L. ber zeichnet, weil 1) kein Naturforſcher und Topograph des Mittelat⸗ ters eine wirklich ſpeciſiſche Verſchiedenbejt von dem mit dieſen Ins nonymen Namen bezeichneten Thiere zu er weiſen im Gtante geweſen iſt; 2) weil der Polniſche Geſchichtsſchreiber Dtugoſz im Mittelalter ſelbſt die Namen Turus und Zubro als wirktich ſynonyme Namen deſſelben Thieres gebraucht; 3) weil in den Litbauiſch⸗ Polniſchen Jagogeſetzen ſtets uur ein und niemals zwei verſchiedene Stierarten unter den jagdbaren Thieren des Landes genannt wer— den; 4) weil der Pole Kajalowicz im ſechszetnten Jahrhun- derte und ein Polniſcher Dichter des ſiebenzebneen Jahrhunderts Tur in Lithauen und Turzatko in Polen als B.zeicknung des Zubr's und Zubrkalbes gebrauchen, womit auch Czalki und uns ter den neuen Naturforſchern Jundzitt, Jarock und andere eins verſtanden find; 5) weit der Name Tur noch jetzt im Kleinruſſi⸗ ſchen Dialecte im Munde des Volkes als Bezeichnung des Zubr (Auerochſen) allein exiſtirt; 6) weil aus mehrtren Zeugniſſen aus dem ſechszebnten Jahrbunderte, unter ſich verglichen, gleichfalls nur der ſynonyme Sinn jener Tbiernamen hervorgeht; denn Gras tiani nennt Uri und Biſontes in Preußen, als daſelbſt nach Lucas David wirklich nur cine Art lebte; Mucante und Sarnſcki kennen im Jagdgehege von Wiskikki nur Biſonten und Biſontenjogden, wo Kromer, Heberſtain und Schwiecicki faſt ganz gleichzeitig den alleinigen Stand der Turi angeben; 7) weil auch die deutſcken Namen Ur und Wiſent im Nibelungenliede ebenfalls nur die beiden Geſchlechter des Bos Urus, I, bezeichnen. De. i i eat Veraͤnderung des untern Theiles des Duͤnndarms durch Entzuͤndung. Von Dr. Hodgkin. (Schluß.) 8. Die Leber war in wenigen Fällen etwas vergroͤ— Bert oder verkleinert; bei der Hälfte der Fälle erweicht und zwar einigemal in betraͤchtlichem Grade, wobei fie blaß war, nur wenig Blut enthielt und auf der Ducchſchnittsflaͤche trocken erſchien. Die Galle war meiſtens ſehr reichlich, ſehr flüfftz, roͤthlich oder gruͤnlich, in einigen Fällen truͤbe. Die Gallenblaſe enthielt dreimal wahren Eiter, wobei die Schleim— haut derſelben mehr oder minder verdickt war. . 9, Die Nieren waren einigemah erweicht und vergrößert, einmal deutlich entzündet, gewohnlich aber normal; in zwei Fallen war die Schleimhaut des Nierenbeckens geröthet und verdickt; in zwei andern Faͤllen war dieß mit der Schleimhaut der Blaſe der Fall, und in einem dritten Falle fand ſich ein kleines Geſchwuͤr in der Nähe der Harnroͤhre. 10. Die parotis war nur in einem Falle entzündet. 11. Das Herz war bei mehr als der Hälfte der Fälle normal; in den übrigen Fällen mehr oder minder er⸗ 187 bisweilen in betraͤchtlichem Grade, wobei es von lividrother Farbe und ſehr muͤrb war, waͤhrend die Hoͤhlen ein wenig Blut, mit Luft gemiſcht, enthielten. Die aorta war von hellrother Farbe, in den meiſten Faͤllen, wo das Herz erweicht war; zugleich war die innere Haut ebenfalls weich und dicker, als gewoͤhnlich. Dieſe Mißfarbigkeit war nicht gewoͤhnlich, wenn das Herz geſund war; in einem ſolchen Falle hatte die Entzuͤndung einen geringen Grad. 12. Die epiglottis war roth, an ihrer Circumferenz verdickt und mit einer Pſeudomembran bedeckt bei zwei Lei— chen. Verdickung und partielle Zerſtoͤrung an der Spitze oder an den Raͤndern fand ſich bei einem Sechstheile der Fälle, 13. Der larynx war in drei Füllen von einer Pſeu— domembran bedeckt; in einem vierten Falle fand ſich ein kleines Geſchwuͤr. 14. Die Lungen waren bei 4 normal; bei den uͤbri— gen hepatiſirt oder ſpleniſirt, jedoch gewoͤhnlich nur in ge— ringer Ausdehnung, die beiden Formen der Affection mochten getrennt oder zuſammen vorkommen. 15. Die Pleuren enthielten in kaum weniger, als der Hälfte der Faͤlle 3 — 30 Unzen blutiges Serum. 16. Die arachnoidea war in geringer Ausdehnung auf dem obern Theile des Gehirns von einer Pſeudomem— bran bedeckt, welche in zwei Faͤllen außerordentlich weich war. Die Corticalſubſtanz des Gehirns war in einigem Grade roth oder roſenfarben in ſiebzehn Fallen; die Mark— ſubſtanz war meiſtens, jedoch nur in geringer Ausdehnung, injicirt. Beide Subſtanzen waren in ſieben Füllen erweicht. Eine partielle und unbetraͤchtliche Erweichung fand ſich in zwei Fallen am septum lueidum und in einem der tha- lami; das kleine Gehirn zeigte dieſetben Veraͤnderungen, wie das große, jedoch in weniger Fällen. 17. In der Haut fanden ſich viermal tiefgehende Spuren eines erysipelas phlegmonodes. Da, wo Bla— fenpflafter aufgelegt waren, zeigte fie ſich verdickt oder vers duͤnnt, oder partiell ulcerirt, oder gan; zerſtoͤrt. Außer bei den Faͤllen von erysipelas fand ſich nur zweimal eine Veraͤnderung des fubeutanen Zellgewebes. Einmal fand ſich ein Abſceß unter dem Unterkiefer und ein andermal Em— phyſem am Halſe. Die Anſichten von Louis uͤber dieſe Verb rungen ſind folgende: Sie entſpringen nicht alle durch Entzuͤn— dung, namentlich gehoͤrt die blaſſe Erweichung der Leber und des Herzens, die Roͤthe der aorta, die Erweichung der Schleimhaut des Magens und der Daͤrme, die Spleni— ſation der Lungen, die Ergießung in die pleura, der Zu— ſtand der Milz, die allgemeine Erweichung und der roͤth— liche Zuſtand des Gehirns nicht der Entzuͤndung an, waͤh— rend die andern Erſcheinungen dahin gehoͤren. Die Ulcera— tion des pharynx, oesophagus und der epiglottis ka⸗ men nicht vor dem funfzehnten Tage der Krankheit vor, ſondern zwiſchen dem ſechszehnten und !dreißigften, während die uͤbrigen Verletzungen in dieſer letztern Periode weniger bemerkbar waren und ſpecieller in der erſten Periode vor— kamen. Bei dieſen Verſchiedenheiten in dem Vorkommen weicht, 188 einzelner Symptome kann man aber auch fragen, ob dieß nicht bloß Folge davon iſt, daß dieſe Symptome in dem betreffenden Falle uͤberhaupt weniger entwickelt waren, oder ob nur ein verſchiedener Fortſchritt und Ruͤckſchritt derſelben an zunehmen ſey. Dieß gilt namentlich von dem Zuſtande der Peyer' ſchen Druͤſen und der Gekroͤsdruͤſen. Ein Rackſchritt der Erſcheinungen iſt zwar in manchen Fällen annehmbar, doch keinesweges immer zu beweiſen; denn haͤtte eine ſolche ruͤckgaͤngige Bewegung ſtattgefunden, fo koͤnnte man immer fragen, was der Grund einer ſolchen Verſchie— denheit des Verhaͤltniſſes der einzelnen Symptome fey. Eine ſolche Verſchiedenheit ſollte nicht in Bezug auf die tiefer gehenden Verletzungen exiſtiren, z. B., die Ulceration des pharynx und des oesophagus und die Erweichung und Verduͤnnung der Magenſchleimhaut; und dennoch iſt dieſe Verſchiedenheit groß. Einen Beweis fuͤr eine retro— grade Bewegung in den Erſcheinungen entnimmt Louis aus der directen Beobachtung aus den aggregirten und Mes ſenterialdruͤſen und aus der grauen Faͤrbung der Darm— ſchleimhaut, welche immer erſt nach dem fuͤnfundzwanzigſten Tage beobachtet wird und eine Faͤrbung iſt, die uͤberhaupt entzuͤndete Organe bei ihrer Ruͤckkehr zum natuͤrlichen Zu⸗ ſtande annehmen. Von allen vorgefundenen Stoͤrungen war nur eine ein— zige conſtant und zwar die Veränderung der Peyer'ſchen Druͤſen, wozu noch die Affection der Meſenterialdruͤſen hin— zukommt. Deßwegen betrachtet ſie Louis als untrennbar von der affection typhoide, deren anatomiſchen Charac— ter ſie darſtellen, und da die Stoͤrung mehr oder weniger tief war bei Kranken vor dem achten Tage der Krankheit, da oͤfters die erſten Symptome auf eine Darmaffection hin— deuten und da die Affection des Duͤnndarms betraͤchtlicher war, als die des bisweilen normalen Dickdarms, ſo ſchloß Louis, daß die Veraͤnderung der Peyer'ſchen Druͤſen mit dem erſten Anfange der Krankheit beginne. Auch die uͤbrigen ſecundaͤren Erſcheinungen beginnen hiernach ziemlich fruͤh, da mehrere derſelben, beſonders die Erweichungen, auffallender waren zwiſchen dem achtzehnten und funfzehn— ten Tage, als ſpaͤter. Dieß ſoll, nach Louis, noch auf— fallender dadurch werden, daß, mit Ausnahme der elliptiſchen Flecke im ileum, der Geſchwuͤre im oesophagus, pha- rynx und der epiglottis (welche bloß bei dem typhus vorka⸗ men), uͤbrigens die Veränderungen diefelben find. In Be— zug auf die übrigen Erſcheinungen beftand der Unterfchied bloß in dem Verhaͤltniſſe der Faͤlle, in welchen ſie vorka— men. Dieſe Verſchiedenheit bezog ſich indeß nur auf ein— zelne Organe; denn in Bezug auf andere, z. B., die Ga— ſtrointeſtinalſchleimhaut, war eine Verſchiedenheit nicht zu bemerken; ja die Magenſchleimhaut fand ſich bei'm typhus haͤufiger normal, als bei anderen acuten Krankheiten. Ebenſo wie wir eine Peripneumonie nicht als Gaſtroperito— Pneumonie bezeichnen, obwohl nach Lungenentzuͤndungen auch eine Veraͤnderung der Magenſchleimhaut vorkommt, ſo ſind wir auch nicht berechtigt, den typhus eine gastroen- teritis zu nennen. Im Gegentheile beweiſ't die Mannig— faltigkeit der organiſchen Stoͤrungen nach den verſchiedenſten 189 — — acuten Krankheiten, daß, wenn durch eine Krankheit ſolcher Art ein länger dauerndes Fieber bedingt wird, die Mehrzahl der Organe bald der Sitz mehr oder weniger betraͤchtlicher Veranderung werden, fo auch die Darmſchleimhaut; jedoch nicht haufiger, als andere, da die Milz beim typhus, mit Ausnahme von vier Fällen, immer verändert war. Louis haͤlt dieß für ein allgemeines pathologeſches Geſetz. Da die Ulcerationen des pharynx und oesophagus bloß bei einer geringen Anzahl typhoͤſer Kranken und ſonſt niemals ſich fanz den, fo find fie zu den anatomiſchen, jedoch ſecundaͤren Characte— ren des Typhus zu rechnen, welche jedoch großen Werth haben, da fie mit adfoluter Gewißheit die Natur der Krankheit bezeichnen. Daſſelbe gilt von der Zerftörung der epiglottis; auch die Ge: ſchwuͤre des Dickdarms find noch als characteriſtiſch für den Ty— phus zu rechnen, da fie bei andern Krankbeiten ungemein ſelten vorkommen. Mit Ausnahme von drei Dickdarmgeſchwuren und einem kleinen Larynxgeſchwuͤre, hat Louis, nach feiner Angabe, keine Ulceration bei Leichen gefunden, welche nach andern acuten Krankheiten geſtorben waren; der Iyphus iſt alſo von allen übri— gen verſchieden, nicht allein im Sitze und Character der Krank— beit, ſondern auch ruͤckſichtlich der Praͤdispoſition der Häute zu Ulcerationen. Louis ftellt daher den Typhus in daſſelbe Verhaͤlt— niß zu andern acuten Krankheiten, in welchem phthieis zu den chroniſchen Krankheiten ſteht. Die Veränderungen der Milz haben auch etwas Eigenthumli— ches im Typhus, da fie, mit vier Ausnahmen, bei allen Typhus— kranken vorkommen, namentlich fand ſich keine Ausnahme zwiſchen dem achtzehnten und funfzehnten Tage: weit ſeltener waren ſie als Folge anderer Affectionen, in welchen fie namentlich niemals einen ſo hohen Grad erreicht hatten. Bei andern acuten Krank— heiten verbindet ſich Erweichung der Milz häufiger mit einem ge— ringern Umfange dieſes Organes, während fie bei'm Typhus haͤu⸗ figee mit Vergrößerung vorkoͤmmt. Da dieſe Angaben das Reſultat einer groͤßern Anzahl genauer Beobachtungen ſind, als man ſie bei irgend einer Gelegenheit zu— ſammengebracht hat, fo ſeyen mir noch einige Eroͤrterungen dar— über verſtattet. Das Wichtigſte iſt wohl der Befund ruüͤckſichtlich der aggregirten Drüfen des Darmes; zuvor muß ich aber doch be: merken, daß dirſes Ergebniß mit dem anderer Beobachter vollkom— men übereir ſtimmt; in Bezug auf einige andere Organe iſt dieß nicht ſo der Fall. Einige Erſcheinungen, welche Louis als Ent— zuͤndungsproducte betrachtet, bedingen nicht nothwendig die Ent— zuͤndung; z. B., die warzige Beſchaffenheit der Magenſchleimbaut, fo wie die Erweichung, oder die Erweichung mit Verdünnung def: ſelben Theiles; im Gegentheil ſcheinen mir einige Ergebniſſe, wel⸗ che Louis als der Entzuͤndung fremd betrachtet, derſelben im Gegentheil ahnlich oder vollkommen entſprechend zu ſeynz fo find Erweichung und andere Veränderungen der Milz hoͤchſt wahrſchein⸗ lich entzundlicher Natur, namentlich ſpricht dafür die truͤbweiße Farbe der Milz und eine blaßgelbe weiche Beſchaffenbeit der Leber, beſonders wenn dieſelbe nur partiell vorkoͤmmt. Die Spleniſation der Lungen iſt weiter nichts als die ſogenannte Pneumonie der Sterbenden, durch welche zwar active Symptome nicht bedingt ſind, aber doch mehr als bloß blutiges engorgement veranlaßt wird. Es findet eine Zrennung der Beſtandtbeile des Blutes und blei— bende Feſtigkeit der Lungentextur ſtatt, welche von bloßer Blut⸗ coagulation in den Zellen ſehr verſchieden iſt. Die Rothe der Cor: ticalſubſtanz des Gehirns muß, wenn ich mich nicht ganz irre, we— nigſtens in einigen Faͤllen als Zeichen entzuͤndlicher Reizung be— trachtet werden; denn es geht manchmal betraͤchtliche Stoͤrung der Gebirnthaͤtiakeit voraus und wirft auch einiges Licht auf das active Delirium, welches oft Falle von arachnitis begleitet, waͤhrend es in der That ſchwer zu begreifen iſt, wie eine bloße Entzündung ei⸗ ner Haut actives Delirium hervorbringen koͤnne, wenn das Seclen— organ nicht ſelbſt veraͤndert iſt. Obwohl nach der uͤbereinſtimmenden Bemerkung aller Beobach- ter, daß bei dem Typhus immer eine Veraͤnderung der aggregirten Druͤſen ſtattfinde, zu den Schtußfolgerungen führen könnte, — daß 150 das Fieber Refultat einer localen Entzündung ſey, — daß biefe Ent: zuͤndung ihren Sitz in den aggregirten Drüfen der Dünndärme habe, — daß die Symptome das Refultat krankhaſter Sympathie mit dieſem Theile des Darmcanals ſeyen — und daß die übrigen localen und weniger conftanten Veränderungen als Iscundäre oder acceſſoriſche betrachtet werden müffen, — fo muß ich doch bekennen, daß ich anſtehe, dieſe Schlüſſe anzunehmen, indem es mir vor— kommt, als wenn für alle jene feſtgeſtellten Thatſachen noch eine etwas andere Erklarung moglich ware. Ich habe bereits angege— ben, daß die aggregirten Druſen der Dünntärme in ihrer Stru⸗ ctur den Mandeln ähnlich ſeyen. Dieſe Analogie, weiter verfolgt, dient einigermaaßen zur Aufklärung des Gegenſtandes, da die affie cirten Theile in dem einen Falle beobachtet werden können, in dem andern nicht. In Bezug auf die Tonſillen ift es bekannt, daß eins zelne Individuen bei jedem Einfluſſe einer Erfältung von einer ges woͤhnlichen angina tonsillaris befallen werden; als Affection deſ⸗ ſelben Theiles kennen wir die gefährlichere angina maligna, welche oft, wo nicht immer, Folge einer Anſteckung iſt. Bei der ſchlimm— ſten Form dieſer Krankheit zeigt ſich das Fieber immer als Ty— phus. Die Fortſchritte in der localen Störung entſprechen größ— tentheils der Heftigkeit der übrigen Symptome, und die Pas thologen ſchreiben allgemein der Entzündung und dem Brandig⸗ werden der Mandeln und umgebenden Theile den Werth der haupt⸗ ſaͤchlichſten localen Affection zu, obwohl fieberhafte Störungen ohne Frage bereits vorhanden waren, bevor die Localaffection deutlich geworden iſt. Dieß entſpricht vollkommen den Anſichten Lauis's über einige locale Affectionen, z. B., Pocken und andere Exan⸗ theme, welche in mancher Beziehung dem anhaltenden Fieber ſehr ahnlich find. Hier muß alſo noch etwas neben der Localaffection vorhanden ſeyn, welches mit der Exiſtenz des Fieberzuſtandes wer ſentlich zuſammenhaͤngt. Kehren wir nun zu den aggregirten Dru⸗ ſen zuruck, fo ſteht es feſt, daß dieſelben gegen das Ende des Dünns darms hin häufig acut entzündet find und von Symptomen beglis tet werden, welche man im Allgemeinen als Fieber bezeichnet. Daſ— ſelbe iſt der Fall mit der Entzündung der Mandeln bei angina tonsillaris. Wir haben ferner eine heftige Form dieſer Entzün⸗ dung der aggregirten Druͤſen, welche einen raſchen Verlauf hat, in Ulceration übergeht, und von Hautfaͤrbungen und großer Pros ſtration begleitet ift, fo daß man den Zuſtand als putrid, typhos, adynamiſch ꝛc. bezeichnet. Dieſe Form iſt epidemiſch, verbreitet ſich durch Contagion, wird durch ahnliche Urſachen verſchlimmert und vereinigt ſich nicht ſelten in demſelben Individuum. Dies ſteht thatſaͤchlich feſt. Koͤnnen wir aber weiter geben und annehmen, daß bei allen Fiebern die aggregirten Druͤſen afficirt ſepen, haben wir dazu mehr Recht, als zu der Behauptung, daß bei allen Fäl⸗ len von Fiebern die Tonſillen entzuͤndet fenen, oder daß, wenn fie entzuͤndet ſind, dieſe Veraͤnderung als das Weſentliche zu betrach⸗ ten ſey, obwohl fie die bei weitem geringere Affection ſeyn moͤge; gerade wie man einen Fall als Pocken betrachtet, obwohl der Kranke nur wenige Puſteln gehabt bat und durch irgend ein Kopfe, Bruſt⸗ oder Unterleibsleiden als unmittelbare Todesurſache wegac⸗ rafft worden iſt? Dieß iſt, glaube ich, nicht der Fall. Obwohl ich ſelbſt in den meiſten Faͤllen von Typhus eine Affection der gagre⸗ girten Drüfin gefunden habe, fo weiß ich doch, daß ich auch Fälle unterſucht habe, welche während des Lebens die characteriſtiſchen Symptome des Fiebers dargeboten haben, bei welchen dennoch die aggregirten Drüfen nicht allein nicht weſentlich afficirt waren, fon: dern kaum bemerkt werden konnten, während Kopf- und Bruſt⸗ affectionen ſehr ſtark ausgebildet waren. Daſſelbe beftätiat Dr. Southwood Smith nach feinen ſebr zahlreichen Unterſuchun⸗ gen, die er ebenfalls in London über den Typbus angeftellt bat, Louis bat den alten Ausdruck „Fieber“ nicht gegen einen Krankheitsnamen vertauſcht, nach welchem man darauf ſchließen könnte, was er für die weſentliche Affection dabei halte (wie es Brouffais mit der gastroenteritis gemacht bat), ſondern er hat einen Namen gewaͤblt, gegen welchen ſich Manches einwenden lßt. Affection typhoide bezeichnet bei ihm daſſelbe, was man ſonſt ein „anhaltendes Fieber“ genannt bat. Aber warum ty hoide, warum nur dem Typbus ahnlich. Noch wichtiger aber iſt der Einwurf, daß die Graͤnzen der Ficberfälle, welche in der That als Typhus 191 betrachtet werden muͤſſen, ſehr unvollkommen und undeutlich ge: zeichnet ſind; woher es koͤmmt, daß oft genug von einem Practi— ker etwas Typhus genannt wird, was der andere nicht dafuͤr aner— kennen will. Ueberdieß iſt es bekannt, daß das Fieber, welches man als synochus bezeichnet, nur in den ſpaͤtern Stadien den Cha— racter des Typhus annimmt. Betrachten wir als fuͤr den Cha— racter des Typhus weſentlich die Symptome betraͤchtlicher Stoͤrung der Kräfte und eine Tendenz zur Aufiöfung der feſten und fluͤſſi— gen Theile, was man ſonſt mit dem Namen putrid bezeichnete, fo muͤſſen wir eine Menge Fälle ausſchließen, welche Louis als affection typhoide bezeichnet und welche in der That zu einer Claſſe von Fiebern gehören, deren merkwuͤrdigſtes pathologiſches Symptom die Störung der aggregirten Drüfen des ileum iſt. Auf der andern Seite kommt aͤußerſte Depreſſion der Kraͤfte, ſchwarzbelegte Zunge, sordes an den Zähnen und der Zuſtand der Fluͤſſigkeiten, welcher ſich dem putriden naͤhert, in Fällen vor, in welchen dieſer Zuſtand nur ſymptomatiſch iſt und welche Louis ſelbſt nicht zu ſeinem typhoide rechnen wuͤrde. Ich meine hier Fälle, bei welchen die dem Typhus eigenthuͤmlichen Symptome zu ſchweren Verletzungen, complicirten Fracturen, ausgebreitetem Brande, ſyphilitiſchen Geſchwuͤren, Eryſipelas u. dgl. hinzukom— men. Solche Faͤlle kann man offenbar nicht mit denen zuſammen— ſtellen, welche aus einer idiopathiſchen Entzuͤndung der aggregirten Druſen beſtehen; und ſelbſt wenn bisweilen dieſe Druͤſen afficirt gefunden würden, fo wird dadurch nur bewieſen, daß dieſer patho— logiſche Zuftand nicht das Weſen und die Urfahe des Fiebers iſt, ſondern daß fieberhafte Affectionen leicht eine Localaffection dieſer Druͤſen als ſecundaͤre Wirkung hervorrufen. Dieß wird noch fer— ner beſtätigt dadurch, daß wir Affectionen der aggregirten Duͤnn— darmdruͤſen auch noch in andern Fallen finden, als in ſolchen, wo wir ſie als die primäre Affection betrachten koͤnnen, wie, z. B., bei angina tonsillaris und angina maligna. Die Unterſuchungen von Louis ſtimmen darin mit denen anderer Pathologen überein, daß fie zeigen, wie diefe Druͤſen außerdem wenigſtens noch bei eis ner Krankheit afficirt ſind, naͤmlich bei der Cholera. Außerdem kommt eine krankhafte Veraͤnderung derſelben ſehr haͤufig bei'm Scharlachfieber vor, welches, obwohl mit allgemeinem Fieber ver— bunden, doch eine beſtimmte Krankheit darſtellt, deren characteriſti— ſches Merkmal eine verſchiedene Localaffection iſt Die aggregirten Druſen koͤnnen auch durch Arſenik ſich entzuͤnden, wie ich ſelbſt geſehen habe; und da dieß der Fall iſt, ſo iſt auch kein Zweifel, daß dieſe Druͤſen noch durch andere Agentien afficirt werden koͤn— nen, welche entweder als ingesta oder als Secretjonsproducte in dem Nahrungscanale ſich befinden. So erzählt Dr Monro von einem großen Geſchwuͤr etwa 2 Zoll oberhalb der Ilescoͤcalklappe, welches in dem ganzen Umfange des Darmes die Muskel- und Schleimhaut zerſtoͤrt hatte. Die Dünndärme waren von dunkel— livider Farbe, an vielen Stellen verwachſen und durch fluͤſſige fae- ces ſtark aufgetrieben. Dieſe Erſcheinungen fanden ſich bei einem Manne, welcher am fuͤnften Tage eines acuten Anfalles geſtorben war, der durch einen ſtarken Trunk kalten Bieres waͤhrend eines heftigen Schweißes herbeigefuͤhrt worden war. Die Symptome waren: heftiger Schmerz, bartnädige Verſtopfung, Tenesmus, haͤu— ige Blutausleerung, Erbrechen, Auftreibung des Unterleibes und belegte Zunge. (Hodgkin, Lectures on the morbid auatomy II. 1) 192 Mis cel lein Verſuche, um zu beſtimmen, ob die durch die Lun⸗ gen ausgeſchiedene Quantitat von Kohlenſäure ver: ſchieden ſey im geſunden und im kranken Zuſtande, find von Hrn. M' Gregor während ſeines Aufenthaltes in dem Royal Infirmary zu Glasgow angeſtellt und die Reſultate der Bri- tisı Association mitgetheilt. Der mittlere Procentgehalt in Ge— ſundheit fand er 35 Procent, eine Quantität, welche ſehr nahe zuſammentraf mit den von Dr. Thomſon zu Glasgow und von Dr. Apjohn, zu Dublin von denen erſterer 3 72, letzterer 3.6 erhal— ten hatte. In den Ausbruchsſtadien von Blattern, Maſern und Scharlachfieber war der Betrag der von den Lungen ausgeſchiede— nen Kohlenſaͤure beträchtlich erhoͤht: in erſterem von 6 bis 8 Pro— cent, und in den zwei letztern von 4 bis 5 Procent. Waͤhrend des Zunehmens und der boͤchſten Hoͤhe dieſer Krankheiten zeigte der Procent = Gehalt an Koblenfäure die oben angegebene Zunah— me; während im Verhaͤltniſſe, wie die Reconvalescenz ſich einſtellte, und die Haut ihre Normalbeſchaffenheit wiedererhalten hatte, der Procentgehalt an Kohlenſaͤure allmaͤlig abnahm. Zehn Faͤlle der oben angegebenen Krankheiten wurden ſo unterſucht. Auch in chroniſchen Hautkrankheiten wurde eine Vermehrung beobachtet, und in einem Falle von ichthyosis ſtieg der mittlere Procentgehalt auf 7.2 Procent. Die Beſchuppung war in dieſem Falle allgemein über den ganzen Körper verbreitet und führte zuletzt auch den Tod herbei. In dem diabetes mellitus, einer Krankheit, wo die Nah— rungsmittel in Zucker verwandelt und in der Form von urea und Zucker ausgeſchieden werden, konnte keine Abweichung von der nor— malen Kohlenſaͤure-Ausſcheidung beobachtet werden, weil die Kohle in dieſen Faͤllen in der Form von Zucker und urea ausgeleert wird. Die Paracenteſe durch die Scheide bei Eierftodss waſſerſucht iſt in einem Falle mit gutem Erfolge angewendet worden welchen Herr Ogden in der London med. Gaz. May 1840 mittheilte. Die Eierſtockswaſſerſucht entwickelte ſich ziemlich raſch bei einer 32jahrigen Frau, welche ſchwanger zu ſeyn glaubte und ſich wegen betraͤchtlichen Urinbeſchwerden an den Arzt wendete. Die Einfuͤhrung des Catheters war ſehr ſchwierig; in der Aushoͤh— lung des Kreuzbeines fuͤhlte man eine große Geſchwulſt, vor wel— cher der Finger kaum bis zum Muttermunde in die Höhe geführt werden konnte; links fuͤhlte man eine elaſtiſche Geſchwulſt, welche für die Blaſe gehalten wurde, da über vierundzwanzig Stunden kein Urin mehr gelaſſen war. Alle Verſuche, den Catheter einzu— bringen, mißlangen, und es wurde die Punction der Blaſe Über dem Schambeine gemacht, wodurch zwei Pinten dunkeln Urins ausgeleert wurden. Nach ſechs Stunden gelang die Einführung des Catheters abermals nicht, und es wurde nun die Geſchwulſt in der Scheide, welche man als Eierſtockswaſſerſucht erkannte, punctirt. Es floſſen vier Quart halbdurchſichtige Fluͤſſigkeit zu großer Er: leichterung der Kranken ab. Sie konnte nun wieder Urin laſſen. Der Abfluß aus dem Eierſtockſacke dauerte mehrere Tage, und es folgte vollkommene Heilung, welche bei paracentesis per vaginam ſelten iſt. Bibliographische Contributions to terrestrial magnetism etc. London 1840 4 M. K. Collection geologique des Roches du département du Puy- de- Dome. Clermont - Ferrand 1840. (Die Sammlung von 200 Handſtuͤcken koſtet 100 Francs.) By Edw. Sabine. Recherches anatomiques pathologiques et thérapeutiques sur la maladie connue sous les noms de ſièvre typhoide, putride, ady- Neuigkeiten namique, ataxique, bilieuse, muqueuse, gastroenterite, ente- rite folliculeuse, doth&nenterie etc. compare& avec les malu- dies aigués les plus ordinaires. Par P. C. A Louis, mede- cin de l(’Hötel Dieu etc. Deuxieme édition, considersblement augmentee Paris 1840. 2. Vols. 8. The Invalids Guide to Madeira. By William White Cooper etc, London 1840. 8. Vie de Dupuytren, Par Mr, Cruveilhier, Paris 1840. 8. — — — U Ueue Uotizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober» Medieinalraſbe Fror ep zu Wamar, und dem Medicinatraibe und Prefeſſer Frerſer ju Bet. No. 343. (Nr. 13. des XVI. Bandes.) November 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie- Comptoir zu Weimar, des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Xıbir. oder 3 Fl. 36 Kr, Die Tafel colorirte Abbildungen 6 aal. ru r KR u n d. e. Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der thieri— ſchen Organismen oder der ſogenannten kaltbluͤ— tigen Thiere. Von Becquerel. (Hierzu Figur 8 und 9 der mit Nr. 331. [Nr. 1. d. XVI. Bos. d. Bl. ausgegeb. Tafel). Ruͤckſichtlich der Hoͤhe ihrer Lebenswaͤrme laſſen ſich die Thiere in 2 Hauptabtheilungen bringen: 1) Thiere mit hoher Tem— peratur, welche die Voͤgel und Saͤugethiere umfaſſen; 2) Thiere mit niedrigerer Temperatur, wohin die Reptilien, Fiſche und alle wirbelloſen Thiere geboͤren. Bei den Zhieren mit hoher Tem— peratur ſteht die Lebenswaͤrme, in der Regel, im geraden Verhaͤlt— niſſe zur Quantität der eingeathmeten Luft. Deßhalb beſitzen die Voͤgel, welche ſtaͤrker athmen als die Saͤugethiere, eine höhere Le— benswaͤrme. Bei den niedrig temperirten Thieren iſt das Athem— holen im Allgemeinen ſehr beſchraͤnkt. Sie verbrauchen nur wenig Sauerſtoffgas und können dieſe Lehensſpeiſe oͤfters längere Zeit ent— behren, ohne zu ſterben. Dieſer Schwäche der Reſpiration iſt un— ſtreitig die Niedrigkeit ihrer Lebenswärme zuzuſchreiben, fo daß man das Vorhandenſeyn der letztern ſogar in Zweifel ſtellen konnte. Die Benennung, Thiere mit kaltem Blute, deuts te ſchon darauf hin, daß man annahm, die fo bezeichneten Thiere befäßen nur die Temperatur des fie umgebenden Mittels. Das Vorhan— denſeyn der durch das Athemholen bewirkten Art von Verbrennung ließ jedoch ſchon keinem Zweifel daruͤber Raum, daß auch bei die— ſen fuͤr kalt geltenden Thieren eine eigenthuͤmliche Waͤrme vorhan— den feg, welche natürlich bei den verſchiedenen Arten nicht dieſelbe ſeyn konnte. Dieſer phyſiologiſche Punct iſt auch von ſehr vielen Forſchern beruͤckſichtigt worden, deren Namen und Verſuche, mit Ausſchluß der mir als unbedeutend erſchienenen, im Laufe dieſes Artikels erwähnt werden ſollen. Nobili und Melloni ausgenommen, haben alle Phyſiker, welche ſich mit den bier in Rede ſtehenden Unterſuchungen beſchaͤf— tigt, das gewöhnliche Thermometer dazu benugt. Nobili und Melloni bedienten ſich zur Ermittelung der eigenthümlichen Wär: me der Inſecten des Thermo-Multiplicators. Die Einrichtung dies ſes Apparates beruht auf denſelben Grundſätzen, wie die des ther— moclectrifchen Apparates, deſſen ich mich bediente. Er weicht je⸗ doch von letzterem in ſofern ab, als dabei eine aus Spießglanz— und Wismuth⸗Platten zuſammengeſetzte Säule angebracht ift. Die Pole dieſer Säulen communiciren mit dem Galvanometer, und cine ihrer Flächen nimmt die aus den Körpern, mit wel ten experimen— tirt wird ausſtrahlende Wärme auf. Nobili und Melloni bes dienten ſich alſo des Apparates zur Meſſung der aus dem Inſec— tenkoͤrper ſtrahlenden Wärme, und fie gingen folglich nicht dar— Vo. 1443. auf aus, die innere Wärme der Inſecten zu beſtimmen. Ware dieß ihr Zweck geweſen, ſo hätten fie den thermoclectriſchen Appa⸗ rat anwenden muͤſſen. Ich benutzte dieſen letzteren Apparat zur Erforſchung der Lebenswärme der Thiere auf diefelbe Weiſe, wie ich ihn zur Beſtimmung der eigenthuͤmlichen Wärme der Pflanzen angewandt hatte. So glaube ich zuverlaͤſſigere Reſulate erlangt zu haben, als meine Vorgänger fie ſich durch Anwendung des Ther⸗ mometers verſchafften, und zwar ſtuͤtze ich meine Anſicht auf fol⸗ gende Gruͤnde. Zugegeben, daß, was ich weiter unten nachweiſen werde, die ſogenannten kaltbluͤtigen Thier mit Wirbelbeinen und ohne derglei⸗ chen eine eigenthuͤmliche Wärme befigen, welche die Temperatur des umgebenden Mediums übertrifft, muß man annehmen, daß dieſe Thiere von der umgebenden Temperatur beftändig betheiligt wer⸗ den und die ihnen eigenthuͤmliche Warme als Ueberſchuß binzutre⸗ te; daß ſie ſich alſo in dieſer Beziehung wie die Pflanzen verhal⸗ ten. Wenn man nun die Lebenswaͤrme eines ſolchen Thieres ge⸗ nau beſtimmen will, ſo muß man verſichert ſeyn, daß der Theil ſeiner Temperatur, welcher ihm von Außen zukommt, mit der des umgebenden Mediums vollkommen im Gleichgewichte ſey, d. b., daß es von der hoͤheren oder geringeren Temperatur, welcher es vor dem Zeitpuncte der Beobachtung ausgeſetzt geweſen, nichts bei ſich behalten habe. Mau muß ſich, z. B., davon uͤberzeugen, daß die ihm durch die Beruͤbrung der Hände mitgerbeilte Wärme wieder vollkommen von ihm gewichen ſey Der Verſuch muß alſo, beſon⸗ ders wenn man mit Thieren von einer gewiſſen Größe crperimen⸗ tirt, mehrere Stunden dauern, damit ſich das Gleichgewicht der von Außen kommenden Temperatur zwiſchen dem umgebenden Me⸗ dium und dem Thiere, welches dann ſeine Lebenswaͤrme zu der er⸗ worbenen Temperatur binzufügen wird, herſtellen konne. Waͤb⸗ rend der ganzen Dauer dieſes langen Verſuches darf ſich ferner die Temperatur des umgebenden Mediums nicht im Mindeſten ändern; denn ſonſt wird ſich das Thier, da es von dieſem Temperaturwech⸗ ſel erſt fpäter betheiligt wird, in Anfebung der erworbenen Tem⸗ peratur mit dem umgebenden Medium fortwährend nicht im Gleick⸗ gewicht befinden, und folglich der Unterſchied zwiſchen dem Stande des in dieſem Medium und des in dem Körper des Ihieres bes findlichen Thermometers keineswegs die eigentbümliche Wärme des Thieres anzeigen. Zur Vermeidung dieſes letzteren Beobachtungs⸗ fehlers iſt voͤthig, daß die beiden zum Vergleichen dienenden Ther⸗ mometer dieſelbe Lage einestbeils in einem todten und anderntheils in einem ganz Ähnlichen lebenden Ttierkoͤrper baben, fo daß die Veraͤnderungen der äußeren Temperatur beide Inſtrumente gleich ſtark a’ficiren. Dabei müßte auch der Gang beider Thermometer fo gleichfoͤrmig fiyn, daß ſich deren Stand durch denſelben Tempe⸗ raturwechſel genau binnen derſelben Zeit um denfeiben Betrag an⸗ derte, was faſt nie der Fall iſt. e der Zuverläfs 1 195 ſigkeſt vermißt man aber bit den Verſuchen der Beobachter, die ſich fruher des Thermometers zu der Ermittelung der Lebenswärme der ſogenannten kaltblutigen Thiere bedienten. Ueberdem haben ſie eine andere Quelle von Beobachtungsfehlern ganz unbeachtet gelaſſen. Das Thermometer, welches ihnen die Temperatur des umgebenden Mediums anzeigen ſollte, war dem Einfluſſe der ſtrah— lenden Wärme unterworfen, während das in dem Thierkoͤrper bes findliche Thermometer dieſem Einfluſſe entzogen war. Hier mals tete alſo eine Urſache der Ungleichheit in der Temperatur der beiden Thermometer ob, welche Beobachtungsfehler veranlaſſen muß: te, die bei Beſtimmung der Lebenswaͤrme der kaltbluͤtigen Thiere, die mehrentheils nur einen kleinen Bruchtheil eines Grades be— traͤgt, gewiß in Anſchlag zu bringen ſind. Aus dieſen Betrachtungen ergiebt ſich, daß die meiſten Reſul— tate, welche bisher ruͤckſichtlich der Lebens waͤrme der kaltblütigen Wirbelthiere und wirbelloſen Thiere ermittelt worden find, durch- aus kein Vertrauen verdienen. Durch die von mir bei meinen Verſuchen angewandte Methode habe ich mich vor allen oben angeführten Beobachtungsfehlern ſicher geſtellt. Bei dem thermoelectriſchen Apparate treten die Loͤthſtel— len der beiden Metallnadeln an die Stelle der von meinen Vor— gängern angewandten beiden Thermometer, und begreiflicher Weile müffen dieſe beiden Loͤthſtellen, wegen ihres geringen Umfanges, die Temperaturwechſel des auf beide gleichzeitig einwirkenden Mediums genau binnen derſelben Zeit annehmen. Sie bilden alſo ſtreng mit einander vergleichbare Thermoſcope, und in dieſer Beziehung hat der thermoelectriſche Apparat, wenn es ſich darum handelt, indi— viduelle Temperaturunterſchiede zu meſſen, zumal wenn die Tem— peraturperänderungen ſchnell und fortwährend ſtattfinden, außeror— dentliche Vorzuͤge. Der thermoelectriſche Apparat zeigt diele Ver: aͤnderungen augenblicklich an, während die Thermometer ihnen ſehr traͤge nachfolgen. Da nun die Beſtimmung der Lebenswaͤrme der niedrigtemperirten Thiere nichts weiter iſt, als die Beſtimmung des Unterſchiedes zwiſchen der Temperatur, welche die Thiere b⸗ ſizen, und derjenigen, welche gleichzeitig in dem umgebenden und ſie beruͤhrenden Medium ftattfindet, fo ergiebt ſich hieraus, daß ſich nur der thermoelectriſche Apparat zur genauen Beſtim mung dieſes Verhaͤltniſſes eigne. Zur Erreichung dieſes Zweckes hat man nur folgende Bedingungen zu erfuͤllen: 1) Die Löthftelen der beiden Nadeln muͤſſen die gewoͤhnlich un: aufhoͤrlich ſtattfindenden Veränderungen in der Temperatur des um: gebenden Mediums gleichzeitig annehmen koͤnnen. Wenn alſo die eine Nadel in dem Koͤrper eines lebenden Thieres ſteckt, ſo muß die andere in gleicher Weiſe im Koͤrper eines todten Thieres von derſelben Art und Groͤße ſich befinden. Auf dieſe Weiſe werden die Veraͤnderungen der äußeren Temperatur gleichzeitig zu den Loͤth— ſtellen der Nadeln dringen, welche uberdem in dieſer Lage vor dem Einfluſſe der ſtrahlenden Wärme geſchuͤtzt ſind. 2) Das lebende und das todte Thier, welche man mit einan— der vergleichend unterſucht, dürfen nichts mehr von der ihnen fruͤ— ber durch das umgebende Medium mitgetheilten Temperatur beſiz— zen, ſondern muͤſſen ſich in Betreff dieſer erworbenen Tem— peratur im vollſtaͤndigen Gleichgewichte mit jenem umgebenden Mediun befinden. Das todte Thler wird dann gewiß nur dieſe erworbene Temperatur befigen, während bei dem lebenden zu die— ſer Temperatur noch die eigenthuͤmliche Waͤrme hinzutritt. Dieſe Bedingung des Gleichgewichtes der erworbenen Temperatur wird man erfüllen, wenn man die beiden mit einander verglichenen Thiere einander ſehr nahe bringt, und bevor man beobachtet, hinreichend lange Zeit wartet, ſo daß ſich die Temperatur gehoͤrig in das Gleichgewicht hat ſetzen koͤnnen. Um verſichert zu ſeyn, daß das todte und das lebende Thier von dem umgebenden Medium dieſelbe Temperatur empfangen, muß man Thiere von nicht zu großem Umfange anwenden; denn ſonſt nehmen ſie in dem umgebenden Medium, welches nicht in allen Theilen eine gleiche Temperatur beſitzt, zu viel Raum ein, daher ib: nen von außerhalb nicht dieſelbe Temperatur mitgetheilt wird. Je kleiner die Thiere find und je näher fie ſich bei einander befinden, deſto wahrſcheinlicher werden fie einer gleichen äußeren Temperatur 196 unterworfen ſeyn, und deßhalb koͤnnen bei dieſen Verſuchen keine zuverlaſſigen Reſultate in Betreff großer Thiere erlangt werden. 4) Die Lebenswaͤrme der niedrigtemperirten Thiere laͤßt ſich nur genau ſchatzen, wenn man die durch ihre Tranſpiration veran— laßte Verdunſtung und Verkuͤhlung in Anſchlag bringt, wie ich dieß in Betreff der Pflanzen gethan. Ich bediente mich daher deſſelben Apparates (Figur 5), wie für die Pflanzen. An die Stelle des todten und des lebenden Pflanzenſtaͤngels brachte ich 2 Thiere glei— cher Art und Größe, von denen das eine mit heißem Waller ges toͤdtet, das andere lebendig war und die ich je an ein Stäbchen ges bunden hatte, welches in den, die runde Oeffnung der Gypsplatte bb ausfüllenden Sand geſteckt wurde. Statt der beiden Spars gelpfeifen denke man ſich zwei feſt in dem Sande ſteckende Staͤbe und oben auf dieſen zwei Inſecten angebunden, von denen das auf dem Stube e todt, das auf dem Stabe d aber lebendig iſt, und von denen jedes eine der Loͤthſtellen der beiden Nadeln in fi aufs genommen hat. Dieſe beiden Inſecten werden unter der Glasglocke derſelben aͤußeren Temperatur unterworfen, und da die umgebende Luft mit Waſſerdunſt geſättigt iſt, der durch die Verdunſtung bes wirkten Verkuͤhlung entzogen ſeyn. Da ſie gleiche Groͤße beſitzen, ſo werden ſie die Temperaturveraͤnderungen der umgebenden Luft gleich ſchnell annehmen, und da ſie alſo keine Verſchiedenheit dar— bieten, als daß das eine lebt und das andere todt iſt, ſo wird, wenn ſie eine verſchiedene Temperatur beſitzen, dieſe einzig von der ei— genthümlichen Wärme des lebenden Thieres herruͤhren. Das hier von Inſecten Geſagte gilt natürlich von allen nicht allzugroßen Thieren, z B., Froͤſchen, Krebſen u. ſ. w. Ganz große Thiere eignen ſich ohnehin nicht zu dieſen Verſuchen. Nicht immer gelang es mir, zwei Exemplare von demſelben Juſecte aufzutreiben, die ich vergleichend hätte unterſuchen koͤnnen. Alsdann ſuchte ich mir auf andere Weiſe zu helfen. Zwei aͤhnliche Koͤrper werden bei den hier in Rede ſtehenden vergleichenden Ver— ſuchen nur deßhalb angewandt, damit die Loͤthſtellen der beiden Nadeln von den Veraͤnderungen der umgebenden Temperatur zu gleicher Zeit betheiligt und die anderen Falls eintretenden Beobach— tungsfehler vermieden wuͤrden. Wenn aber die Temperatur der Luft ſich durchaus nicht ändert, fo braucht die Wärme eines le— benden Inſects nicht gerade mit der eines todten verglichen zu wer— den, inden jeder beliebige, ſtatt des letzteren angewandte Körper dieſelbe Temperatur annehmen wird, wie das todte Inſect, wenn, wie geſagt, die Temperatur des äußeren Mediums ſich nicht aͤn— dert. Von dieſer wird auch das lebende Inſect betheiligt, und die beiden Loͤthſtellen werden ſich alſo in der fraglichen Beziehung durchaus unter denſelben Bedingungen befinden. Nachdem man alſo die eine Loͤthſtelle in den Koͤrper eines lebenden Thieres ge— bracht, wird es ſich nur darum handeln, die andere in eine ſolche Lage zu bringen, daß fie dem Einfluſſe der ftrahlenden Wärme entzogen wird. Der Körper, den ich unter dieſen Umftänden ans wandte, war ein trockenes Papierrollchen, in deſſen Janeres ich die Lothſtelle der zweiten Nadel brachte. Bei meinen Unterſuchungen uͤber die Waͤrme der Pflanzen habe ich bereits angeführt, daß in dem Gemache, wo ich experimentirte, die Temperatur ſich nur une gemein wenig und langſam aͤnderte. Nun beobachtete ich, daß von der Morgendaͤmmerung bis 2 Stunden nach Sonnenaufgang die Temperatur der Luft in jenem Gemache, in der Regel, ſich ganz gleich blieb. Oft war dieß ſogar bis zu einer weit ſpaͤteren Mor- genſtunde der Fall. Dieſer Zeitraum mit conſtanter Temperatur war uͤberfluͤſſig lang genug, um die Lebenswaͤrme jedes Inſectes, von dem ich nur 1 Exemplar beſaß, genau zu beſtimmen. Wenn ich den vergleichenden Verſuch mit einem todten und einem leben— den Thiere derſelben Art anſtellen konnte, ſo toͤdtete ich das letztere, wo moͤglich erſt ganz kurze Zeit vor dem Anfange des Verſuches, und zwar durch Eintauchen in Waſſer von + 50 Grad. Dann kuͤhlte ich den Koͤrper ſchnell ab, indem ich ihn in Brunnenwaſſer von etwa + 12 Grad Temperatur tauchte. Es war für das Ger lingen meines Erfolges wichtig, daß das Thier friſch getoͤdtet war und nicht bereits in Faulniß uͤberging, da dieſe Waͤrmeentwickelung veranlaßt, wovon ich mich aus eigener Erfahrung uͤberzeugt habe. Um allen Beobachtungsfehlern vorzubeugen, wandte ich uͤbrigens diefelbe bis in das Kleinſte gehende Vorſicht an, deren ich bei Ger 197 legenheit meiner Unterſu bungen über die Temperatur der Pflanzen gedacht habe, fo wie ich denn auch die Brobachtungen über eine und dieſelbe Art nah Möglichkeit vervielfältigte. Da ich die end⸗ ſtaͤndigen Loͤthſtellen beider Nadeln immer 5 Millimeter tief in die zu prüfenden Körper einſenken mußte, fo konnte ich Thiere, welche dieſe Größe nicht darboten, nicht zu meinen Verſuchen gebrauchen. Unter den Inſecten hatte ich alſo die größeren zu wählen, während ich bei den Reptilien und Fiſchen, aus dem weiter oben angeführten Grunde und weil große Thiere ohnehin in meinem Apparate keinen Plaßg fanden, mich an die kleineren hielt. Re pt Unter den Reptilien babe ich nur den gemeinen grünen Froſch (Ran esculenta, L.), die Accoucheurkroͤte (Bufo obstetricans, Latr.) und die graue Eidechſe (Lacerta agilis /.) unterſucht. Zuvorderſt will ich meine Beobachtungen mit denjenigen verglci— chen, welche von anderen Korfchern über zwei dieſer Thiere angeſtellt worden find, und dann von denjenigen Beobachtungen handeln, wel— che verſchiedene Gelehrte an anderen Reptilien angeſtellt haben. Ueber die eigenthumliche Wärme des gemeinen Froſches liegen fol— gende Beobachtungen ver. Martine beſtimmt dieſe Wärme zu 5 Grad F. 2,7 Grad E. *) John Hunter 1 r Prevoſt und Dumas 5 2 5350 Czermak 5 N 0 f . 0,32 — 2,44 „ 47) Berthold hat ſtets gefunden, daß, wenn man den Froſch in der Luft beobachtete, derſelbe eine niedrigere Temperatur zeigt, als die letztere, wogegen dieſes Thier im Waſſer dieſelbe Tempera: tur befaß. wie dieſe Fluͤſſigkeit. Nur während des Begattungsac— tes im Waſſer entdeckte er an den Froͤſchen eine um 4 bis 1 Grad C. höhere Temperatur, als die des Waſſers ++}). Ich habe mich nicht auf die Unterſuchungen der eigenthuͤmli— chen Wärme des vollkommenen Froſches beſchraͤnkt, ſondern auch die der Froſchlarve ermittelt. Letztere beobachtete ich nicht nur in mit Waſſer geſaͤttigter Luft mittels des in Figur 5 dargeſtell— ten Apparates, ſondern auch im Waſſer ſelbſt, wobei ich mich eines ähnlichen Apparates wie Figur 4 bediente. Bei die— ſem Apparate waren die in Figur 4 abgebildeten Nadeln mit mittelſtaͤndiger durch ſolche mit endftändiger Loͤthſtelle erſetzt, die aber anders angeordnet waren, wie in Figur 5. Auf dem Boden eines ſehr hohen Glascylinders befand ſich eine dicke Sc icht feinen Sandes, in welche 2 Staͤbchen geſteckt wur: den, an die man die beiden Thiere, von denen das eine lebte und das andere todt war, feſtband. In den Körper jedes derſelben wurde die endſtaͤndige Loͤthſtelle einer der beiden Nadeln eingeführt. Hierauf füllte man den Cylinder mit Waſſer, aus welchem die bei— den Kupferenden der Nadeln heraustauchten, um ſich an den Mul— tiplicator anzuſchließen. Dieſe Einrichtung, welche man ſich auch ohne Abbildung wird leicht vorſtellen können, iſt ungefähr fo, als wenn man die durch Figur 5 erläuterte umkehrte. Der ganze Theil des Nadelapparates, welcher ſich in Figur 5 von der Baſis der Glocke in deren Inneres erbebt, fleigt hier von der Mündung des Cylinders in deſſen Inneres hinab, fo daß er ſich unter Waf— fer befindet. Der eingetauchte Theil der Nadel war, zur Vermeidung ihrer Oxydation, ſorgfältig mit Gummilackfirpiß überzogen. Hätte auch nur die geringſte Oxydation ſtattgefunden, fo würden hydroelectri— ſche Strömungen und folglich Brobachtungsfehler eingetreten ſeyn. Die Anwendung dieſes Apparates, in welchem das dem Verſuche un⸗ terworfene Thier ſich unter Waſſer befand, ſchien mir zur Beobach— tung der Lebenswaͤrme der durch Kiemen athmenden Thiere un: erlaͤßlich, da die Unterdruͤckung des Athemholens einen regelwi— en *) Essays medical and philosophical. **) Püilosophical Transactions, 1775. +) Bibl. univ, de Geneve 1821, p- 309. t) Baumgaͤrtner's phyſicaliſches Journal. 1821. tt) Neue Beobachtungen über die Temperatur der kaltblütigen Thiere. Goͤttingen 1835. London, 1740. 198 drigen Zuſtand berbeifübren würde. Die Froſchlarve athmet aber durch Lungen und Kiemen zugleich, und folglich war ihre Reſpira⸗ tion theilweiſe aufgehoben, man mochte nun das Tier in feuchter Luft oder in Waſſer unterſuchen. In dem einen Medium, wie in dem anderen, konnte ich an der Froſchſarve durchaus keine rigen: thümliche Wärme entdecken, ſendern ihre Temperatur blich ſtets dieſelbe, wie die der Luft oder des Waſſers, worin ſich das Thier brfand. Demungeacktet beſitzt daſſetbe gewiß einige Lebenswarme die jedoch fo ſchwach iſt, daß keines unferer Unterſuchungsmittel zum Erkennen derſelben hinreicht. Meine Verſuche mid Froͤſchen ſtellte ich auf mehrfache Weſſe an. Wenn die Temperatur des umgebenden Mediums ſich anderte, fo bediente ich mich neben einem lebenden Froſche eines durch Eine tauchen in heißes Waſſer getödteten und dann ſchnell mittels kal⸗ ten Waſſers abgekühlten Froſches. War ich dagegen der Unverän⸗ derlichkeit der Temperatur des umgebenden Mediums ſicher, wie z. B., unter den oben angegebenen Umftänden, fo bedeckte ich die nicht in den Körper des lebenden Froſches eingeführte Lothſtelle nur mit einem vertrockneten röhrigen Pflanzenftängel oder mit ei⸗ ner Papierrolle, um die ſtrahlende Wärme aus zuſchtießen. Uebri⸗ gens experimentirte ich bald an der freien Luft, bald in feuchter Luft, bald in Waſſer. Ich will nun in dieſer Ordnung über meine Verſuche berichten. Die Loͤthſtele einer der Nadeln wurde in das Abdomen eines Froſches eingeführt, die andere bloß mit einem trockenen Papier— rollchen bedeckt. Uebrigens war Alles wie oben geſagt, auf dem in Figur 5 dargeſtellten, aber der Glasglocke beraubten Apparat angebracht, alſo der freien Luft meines Gemachs ausgeſetzt, deſſen Temperatur damals + 18° betrug. Nachdem der Froſch die ibm durch meine Haͤnde mitgetheilte Wärme verloren hatte, blieb er fertwaͤhrend faft 1° niedriger temperirt, als die umgebende Luft. Dieſe Verkuͤhlung rübrte von der an der Oberflache ſeines Kör- pers ſtattfindenden Verdunſtung her. Nachdem ich hierauf den Apparat mit der Glasglocke bedeckt, in deren Inneren ſich die Luft mit Waſſer fättigen mußte, ſah ich, wie die verhaͤltnißmäßige Küblz heit des Froſches allmälig abnahm, und nun offenbarte ſich eine ſchwache Lebenswaͤrme, welche ſich bis 0,032 Gent. erhob, wie mir eine Abweichung von 39 der Magnetnadel des Multiplicaters an- zeigte. Die Temperatur der Luft war ſich während dieſes Verſu⸗ ches nicht gleichgeblieben, ſondern war binnen 4 Stunden von 17,19 bis 18° geſtiegen; daher das Reſultat meines Verſuchs allerdings nicht ganz genau ſeyn kann, weil die beiden Loͤthſtellen nicht genau in derſelben Weiſe bedeckt waren. Uebrigens ergiebt ſich aus dem⸗ ſelben ganz zuverlaͤſſig, daß der Froſch an der freien Luft niedriger tempetirt iſt, als die letztere, und daß er, wenn er ſich in wit Waſſerdunſt geſaͤttigter Luft befindet, eine etwas höhere Tempera⸗ tur annimmt, als die des umgebenden Mediums. Etwas fpäter ſtellte ich denſelben Verſuch mit einem anderen Froſche an, und ſenkte die Loͤthſtelle der einen Nadel in das Abdomen eines gleich großen, durch Eintauchen in heißes Waſſer getoͤdteten und dann ſchnell mittelſt kaltem Waſſer abgekühlten Froſches, waͤbrend die andere Loͤthſtelle in das Abdomen des lebenden Froſches eingeführt wurde Der Apparat ward dann mittelſt der Glasglocke bedeckt, in welcher ſich die Luft mit Waſſer ſaͤttigte. Nachdem die zur Her⸗ ſtellung des Gleichgewichts der erworbenen Temperatur zwi⸗ ſchen den beiden Froͤſchen erforderliche Zeit verſtrichen war offen⸗ barte ſich an dem lebenden, vermdae der Abweichung der Magnet- nadel um 4°, eine Lebenswaͤrme von 0,04 C., um welche die Tem⸗ peratur dis lebenden Froſches die des todten übertraf. Du ſer letz tere hatte beſtimmt die Temperatur des umgebenden Mediums, welche damals + 16° betrug. Dieſe eigentbümliche Warme zeſgte fi drei Stunden lang, während deren ich zu beobachten fortfubr, conſtant. Bei einem zweiten und dritten Verſuche erhielt ich faſt genau dieſelben Reſultate; denn bei beiden betrug die Abweſchung der Magnetnadel zwiſchen 1 und 19. Die Eigenwaͤrme des Fro⸗ ſches hielt ſich alſo dei dieſen beiden lezten Verſuchen zwiſchen 0 03 und 0.06 C., und betrug demnach 0,04 bis 0,05% (C. Die Tem⸗ peratur der Luft war bei einem dieſer Verſuche + 17,55 und bei dem andern + 14,5 9 Br 199 Demnach ift ausgemacht, daß der gemeine Froſch eine Le— benswärme von 0,04 bis 0,059 C. beſitzt, und daß viefe den Ueber— ſchuß über die Temperatur des umgebenden Mediums bildet. Zwei ähnliche Verſuche, welche ich hierauf anſtellte, indem ich die Loth— ſtelle der einen Nadel in die Schenkelmuskeln einſenkte, gaben mir daffelbe Reſultat. Nun ſtellte ich noch zwei Verſuche an, bei de— nen ich den lebenden und den todten Froſch unter Waſſer brachte und den weiter oben beſchriebenen Glascylinder anwandte. Bei einem dieſer Verſuche wurde die Lochſtelle der Nadel in das Abdo— men, bei dem andern in die Sſhenkelmuskeln eingeſenkt. Bei dem lebenden Froſche ragte nur die Schnautzenſpitze über das Waſſer hinaus, ſo daß er athmen konnte. Auch in dieſem Falle fand ich bei ihm eine Lebenswärme von 0,04° C. Die Temperatur des Waſſers betrug in dem einen Falle + 15 und in dem andern + 165°. Endlich ſtellte ich noch zwei Experimente an, wo eine der Loͤthſtellen ſich in dem Abdomen des lebenden Froſches befand und die andere nur mit dem Staͤngel einer roͤhrigen Pflanze bedeckt war. Alles war mit Waſſer bedeckte, deſſen Temperatur ſich wäh— rend der ganzen Dauer des erſten Verſuchs auf + 155°, und während des zweiten Verſuchs auf + 17,3“ erhielt. Auf dieſe Weiſe fand ich bei dem Froſche eine Lebenswaͤrme von 0,03 bis 0, ( C. Dieſe beiden letzten Verſuche bekraftigten die Richtigkeit des früher erlangten Reſultates in einer unwiderleglichen Art. Bei den vorigen Verſuchen hatte man allerdings vermuthen dürfen, daß ſich in dem vergleichend unterſuchten todten Froſche durch einen Anfang von Faulniß Warme erzeugt habe, die dann einen Theil der Lebenswarme des lebenden Froſches neutraliſirt oder unerkenn— bar gemacht haben würde. Denn der thermoelectriſche Apparat zeigt lediglich den Unterſchied der Temperaturen der beiden Koͤrper an, in welchen ſich die beiden Loͤthſtellen befinden. Nun konnte aber in dieſem Falle die in dem roͤyrigen Pflanzenftängel befindli— che Loͤthſtelle durchaus keine andere Temperatur beſitzen, ass das umgebende Medium, und die Abweichung der Magnetnadel rührte alſo lediglich von der eigenthumlichen Waͤrme des lebenden Fro— ſches her. Man wird bemerken, daß die Verſuche, die ich mit dem ge— meinen Froſche machte, bei verſchiedenen äußeren Temperaturen, und zwar ſolchen von + 145 bis 182 angeſtellt wurden. Da ich nun aber ſtets ziemlich dieſelbe Lebenswarme beobachtete, jo ergiebt ſich daraus, daß der lebende Froſch in allen Faͤllen ſich mit der Temperatur des umgebenden Mediums in's Gleichgewicht geſetzt und feine eigne hinzugefuͤgt hatte. Es läßt ſich als ausgemacht annehmen, daß bei'm Erftarren im Winter dieſe Lebenswaͤrme vers ſchwindet, und daß ſie bei Annäherung des Winters fi allmälig vermindert. Herr Edwards hat nachgewieſen, daß die Reipiras tion alsdann um Vieles ſchwaͤcher wird, und in demſelben Grade muß auch die Lebenswaͤrme abnehmen. (Fortſetzung folgt.) Eine Beſchreibung der weichen Theile und der Form der Hinterfloſſe des Ichtliyosaurus, hat Hr. R. Owen der Geological Society vorgeleſen. Da das knoͤcherne Gerüft der Floſſe des Ichthyosaurus allein direct unters ſucht worden war, ſo war die eigentliche Form und die Natur der weichen Theile nur Gegenſtand von Conjecturen geweſen. Aller— dings hatte man eine ſehr auffallende Abweichung von dem Typus der Mammalien und Reptilien erkannt; auch hatte man Aehnlich— keiten mit den Floſſen der Fiſche zugeben muͤſſen, indem die finger: ähnliche Abtheilung die Zahl fünf überftieg, dieſe Fingerſtrahlen zu: weilen gefpalten waren und aus einer außerordentlich großen An⸗ zahl Kudchelchen beſt anden; allein wegen der Form der Digital⸗ knoͤchelchen, ihrer Breite und Plattheit, und ihrem großen Umfange (wenn fie mit den Gelenken der Floſſenſtrahlen der Fiſche vergli— chen wurden), hatte man allgemein vorausgeſetzt, daß die Bewe⸗ gungsorgane des Ichthyosaurus. im Leben von einer glatten Be: deckung eingehuͤllt geweſen ſeyn moͤgen, welche, wie die der Schild⸗ kroͤten oder der Meerſchweine, keine andere Unterſtuͤtzung gehabt ha— ben, als die von den Knochen und inneren Ligamenten gewaͤhrten. 200 Sir Philipp Grey Egerton fand, in einer vor nicht langer Zeit angeſtellten Unterſuchung von ichthyoſauriſchen Reiten in Beſitz des Hrn. Lee zu Barrow⸗on-Soar, Spuren von den weichen Tyeiten der Floſſe in einem Handſtuͤcke Lias, welches eine verſtümmelte Floſſe enchielt, und nachdem er es Hrn. Owen zur Unterſuchung übergeben hatte, wurde eine in's Einzelne gehende Beſchreibung derſelben der Gegenſtand des Vortrags, wovon hier ein Auszug gegeben wird. Hr. Owen halt das Exemplar fuͤr die Hinterfloſſe des Ich- thiosaurus communis. Es zeigt Eindrücke und zerbrochene Porz tionen von ſechs Fingern, woran der Abdruck — und eine ſehr deut— lich erhaltene dunne Schicht — der dunkelen kohlenartigen Bedek— kungen der Endhaͤlfte der Floſſe, deren Contour auf dieſe Art ſehr ſchoͤn angegeben tft. Der vordere Rand iſt durch eine glatte, ununterbrochene, gut gezeichnete Linie gebildet, allem Anſcheine nach eine Duplicatur der Integumente; aber der ganze hintere Rand zeigt die Ueberreſte und Eindrucke einer Reihe Floſſenſtrahlen, durch welche die Falten der Jategumente geſtutzt waren. Unmittelbar hinter den Digital- knoͤchelchen iſt ein Streif von kohlenartiger Subſtanz von deutlich faferiger Structur, in der Breite von zwei bis vier Linien varii⸗ rend und in einer ſtumpfſpitzen Form ſich anderthalb Zoll weit uͤber die Digitalknochelchen hinaus erſtreckend. Dieſen Streif halt Hr. Owen für die Ueberbleibſel der dichten ligamentöfin Suoſtanz, welche die Knochen der Floſſe unmittelbar umkleidete und mit der umhuͤllenden Haut verband. Die oben erwahnten Strahlen ſind von dem hinteren Rande dieſer kohlenartigen ligamentoͤſen Sub- ſtanz — in welche ihre Baſen eingepflanzt geweſen zu ſeyn ſchei— nen, — fortgeſetzt bis zum Rande des Abdrucks der Bedeckungen; die oberen Strahlen ſind in die Queere gerichtet, aber die übrigen lie— gen allmälig immer mehr in der Richtung der Axe der Floſſe, je— mehr ſie ſich deren Ende nähern. Für den intereſſanteſten Zug dies ſer Strahlen erklaͤrt aber Hr. O. deren Spaltung, ſo wie ſie ſich dem Rande der Floſſe naͤhern. Aus der Seltenheit ihrer Erhaltung, ihrem Anſchen und gleich— zeitigen Beſtehen, in dem gegenwartigen Falle, mit den Reſten der Integumente, folgert Hr. O., daß ſie entſchieden nicht knochiger Natur geweſen ſey, ſondern wahrſcheinlich entweder knorpelicht oder von dem eiweißartigen, hornahnlichen Gewebe, aus welchem die Ranoſtrahlen in den Floſſen der Hayfiſche und anderer Plagioſtomen beſtehen. Außer dem Abdrucke der hinteren Randſtrahlen zeigt das Exemplar eine Reihe von feinen, erhabenen Queerlinien, welche die ganze Floſſe durchkreuzen und wahrſcheinlich eine Theilung der ri— giden Integumente in ſhilderfoͤrmige Abtheilungen andeuten, wie an der Floſſe der Seeſchildkroͤte oder an dem floßhäutigen Fuße des Crocodils; aber fie unterſcheiden ſich in der Abweſenheit von Sub: diviſionen durch fecundare longitudinale Eindrücke. Die Structur der Bedeckung der Floſſe ſtimmt alſo mit den bekannten ruptiliens artigen Characteren des Geripps des Ichthyosaurus zuſammen; und da die Haut mit ihren Anhängen den großen primären Grup— pen der Wirbelthiere einen Character giebt, fo möchte zu erwarten ſeyn, daß die Haut des Ichthyosaurus einiges Characteriſtiſche der Bedeckung jetztlebender Reptilien darbieten wuͤrde. Schließlich bemerkt Hr. Owen, daß die anderen von dem Exemplare dargebotenen neuen facta mit den Andeutungen der na— tuͤrlichen Verwandtſchaften des Ichthyosaurus übereinftimmen, wel— che ihre weniger vergaͤnglichen Theile darboten und daß alle Ab— weichungen von der Reptilienſtructur nach dem Typus der Fiſche hinneigen und nicht nach dem der Cetaccen-Reſte. i 5 e ee n. ueber die Entwickelungsgeſchichte der Mollus— kengattungen Tritonia, Aeolidia, Doris und Aply- sia (und zwar: a) die Eier im Eierſtocke; b) die eben gelegten Eier; e) die Umbildung des Dotters; d) die Bildung und weitere Entwickelung des Embryo's und e) die ausgeſchluͤpften Jungen betreffend), hat Hr. Sars recht intereſſante Beobachtungen in Wiegmann's Archiv 1840 II. S. 196 ffg. mitgetheilt, aus wels 201 chen er folgende Reſultate als die wick tigſten beraushebt: 1) Bei allen dieſen nackten Molluskengattungen (Nudibranchien ung Lutz tibranchien) fällt die Zeit des Eierlegens, ach verher gegangener Paarung im Winter, in die erſten Monate des Jahres. Die zabls reichen Eier werden in Ferm einer langen zufammenbänginden Schnur oder eines ſolchen Bandes abgeſetzt, welche von einer eben fo geformten Schleimhulle umgeben ſind, und dann von der Mut— ter ganz verlaſſen; 2) das Ei beſteht aus dem Detter, welcher dicht von der Dotterhaut umſchloſſen iſt; außerhalb dieſer befindet ſich Eiweiß, welches jedoch bäufig in mehreren Dottern gemein— ſchaftlich iſt und von der Ei- oder Schaalenhaut umſchloſſen wird; 3) der Dotter, welcher im ſtrengen Sinne das eigentliche Ei iſt, durchläuft eine Reihe von Umformungen durch regelmäßige Thei— lungen und weitere Theilungen, damit der Embryo gebildet wer— den koͤnne; 4) der ganze Dotter verwandelt ſich in den Embryo; es finder keine Abſchnurung eines einzelnen Theiles deſſelben zum Embryo ſtatt (folglich giebt es da keine vesicula umbilicalis), noch geht die Embryobildung an irgend einer gewiſſen Stelle des Dots ters, ſondern überall in demſelben vor; 5) der Embryo giebt fein Leben zuerſt durch eine rotirende Bewegung zu erkennen, welche durch zahlreiche vibrirende Cilien bewirkt wird, mit denen zwei aus ſeinem vorderen Ende hervorwachſende runde Lappen, welche Verlaͤngerungen des Mantels zu ſeyn ſcheinen, am Rande beſetzt find. Dieſe Bewegung wird allmälig ſtaͤrker, mehr variabel und willkuͤrlich. Durch fie wird auch dem Embryo ſtets neues reſpi— rables Muidum zugeführt. — Nach und nach entwickeln ſich die einzelnen Organe, das Verdauungsſyſtem mit der Leber, der Fuß (mit feinem Deckel) und, was beſonders merkwürdig iſt, eine Aus Bere Conchylie, welche die weichen Theile umfaßt. Duſeibe Con— chylie ift anfangs gelatinoͤs und weich. Der Kopf entwickelt ſich noch nicht deutlich; keine Tentakeln, keine Kiemen; 6) endlich, nach dem Zeitraume eines Monats oder etwas mehr, ſprengen die Em— bryonen die dünne Ei- oder Schaalenhaut, treten als Junge, welche an Geſtalt und Bewegungen den erwachſenen Thieren ſehr unaͤhn— 20 2 lich find, aus der aufgeleckerten allgemeinen Schteimbülle heraus und ſchwimmen raſch in der Ste umper mittelſt der vibriren den Gir lien. Die Conc ylic, welche inzwiſchen in die Lange gewachſen it und eine nautitusart'ge Geſtalt mit einer in ſic fe.bft eingeroellten Windung hat, wird nun durch aufgenemmene kalkartige Jheite bert und ſproͤde und beſchutzt das Junge vollkommen, wenn birfes ſich, wie bei aner Reizung geſchicht, ganz in fie hineinzuht. — Die fernere Entwickelung (fügt or. Sars hinzu) und die folgenden Metamoıptofen, welche die hier bemeldeten Thiere untergehen, find noch durch keine Beobachtungen entdeckt worden; daß fie aber bis deutend ſeyn müffen, konnen wir aus dem nun ſchen Bekannten ſchließen. Dieſe Mollusken können in der Hinſicht faſt den Jnſec⸗ ten an die Seite geſetzt werden, jener Thiere affe, welche man be⸗ fonders durch die merkwürdigen Verwandlungen characteriſirt bat, welche ihre Individuen in deren Entwickelung erleiden. Die Chrom ſaͤure als Aufbewahrungsmittel für mikroſcopiſche Unterſuchungen empfiehlt Dr. Hanne⸗ ver, indem in dieſer Fluͤſſigkeit nicht allein die äußere Form und die innere Structur der thieriſchen Theile vollkommen erhalten wird, fondern dieſelben auch in dem Grade erhärten, daß man die fein⸗ ſten Schnitte machen kann, ohne daß die Elemente derfeiben in Unorduung geratbhen. Düß gilt namentlich von dem Zellgewebe, dem elaͤſtiſchen Gewebe, dem Epithelium, dem Blutkörperchen; bie Cryſtalllinſe wird orange gefarbt, durchſichtig und ſehr bart. Sehr gunſtig für die Unterſuchung iſt das Mittel bei den Primitivmus⸗ kelfaſern; die Knorpelzellen und Knochenkoͤrperchen bleiben unver: ärdert, der Inhalt der Nervenprimitivfafern, coagulirten G.birnfa= fern, Gehirnzellen und Ganglienzellen find mit dieſem Mittel vor: zugsweiſe zu unterſuchen; ſelbſt die Flimmerbewegungen erhalten ſich darin Stundenlang. Man wendet es verdünnt an, 1 Theil Saure mit 16—20 Tb. Waſſer. Die Cüremſäure iſt auch zur Aufbewab⸗ rung pflanzlicher Theile, beſonders niederer Pflanzen, zu empfehlen. (Muͤller's Archiv 1840 No. 4 und 5.) rn ee. Ueber den Einfluß des Koͤrpers auf Gemuͤths— bewegungen Von Dr. William Cooke. In einer Rede uͤber die Beziebungen des Geiſtes zur Geſundheit, welche in der Hunterian Society gehalten worden iſt, geht der Verf. nach Eroͤrterung des Einfluſſes er— regender und deprimirerder Affeete über zu dem Einfluſſe des Koͤrpers auf Gemuͤthsbewegungen. — Obwohl ſich die Leidenſchaften nicht wehr auf die Eingeweide zuruͤckfuͤhren laſſen, ſo muͤſſen wir doch zugeben, daß der Zuſtand der Eingeweide einen maͤchtigen Einfluß auf den Zuſtand der intelfectuellen und moraliſchen Faͤhigkeiten hat. Es iſt all— gemein bekannt, daß Heiterkeit, in der Regel, die Folge eines guten Geſundheitszuſtandes iſt, wihrend Verdrießlich— keit häufig von mangelhafter Geſundheit herruͤhrt. Kinder werden muͤrriſch von Anſammlung in den Daͤrmen, von Störung der Seeretionen, von Wurmreiz im Darmcanale oder von Blutandrang gegen die Gefaͤre des Gehirns; nicht eben ſo allgemein bekannt iſt es, daß das Gedaͤchtniß und die Gewandtheit, Folgerungen zu ziehen, von Körperftörungen beeintraͤchtigt werden, welche auf den erſten Blick ſich kei— nesweges bemerkbar machen; Kinder werden ſehr haͤufig ge— tadelt und geſtraft in Fällen, wo fie durchaus nicht anders konnten. Bei manchen Temperamenten uͤbt der Zuſtand der Koͤrperfunctionen leichter einen Einfluß auf die Gemuͤths— bewegungen aus, als bei andern. Eine leichte Magen-, Leber oder Kopfaffection, welche bei einzelnen Individuen gar keinen Einfluß auf Gemuͤthsſtimmung ausübt, bewirkt in andern eine vollkommene Umſtimmung. Die Fähigkeit, in dieſer Beziehung beſtimmt zu werden, wird indeß immer in hohem Grade davon abhaͤngen, welcher Disciplin die moraliſchen Gefühle in der Kindheit und Jugend unterwor— fen geweſen ſind. Ebenſo wie man angeerbte Eigenthuͤmlich⸗ keit und Mangel gehoͤriger Cultur als Urſachen der Abhäns gigkeit der geiſtigen Zuftände von dem Körperbefinden aners kenne“ muß, fo muͤſſen hier auch noch andere Puncte bes ruͤckſichtigt werden. Sir W. Ellis u A erwähnen, daß Abkoͤmmlinge von Eltern, die einander bereit nahe vers wandt waren, Geiſteskrankheiten mehr unterworfen fenen, als Kinder von Eltern, die aus einander fremden Familien herſtammen. Hier iſt Praͤdispoſition; aber es muß eine ers regende Urſache hinzukommen. Die Zeit iſt nicht lange voruͤber, wo man Gemuͤths⸗ bewegungen faſt ausſchlieflich von dem Zuſtande der Leber 203 herleitete; jest gebt man weiter und ſieht ebenſo vohl auf den Zuſt ind des Migens und Darmcanals als Grund von Mißſtimmung und Muthloſigkeit. In Bezug auf den Einfluß des Körpers auf Ges muͤthsbewegungen duͤrfen wir nicht vergeſſen, daß es be— ſtimmte Epochen giebt, in welchen Veranderungen in un: ſern Organen vorgehen, mit welchen zugleich gewiſſe Ge⸗ muͤthsbewegungen ſich entwickeln und andere aufhören. In dieſen Perioden zeigt ſich oft eine große Umwaͤlzung in un— ſeren moraliſchen Zuſtaͤnden. Dieſe Veranderungen find von großer Wichtigkeit für den Pathologen, welcher o’t Abwei— chungen von dieſer Regel als erſte Zeichen einer Krankheit erkennt. Aber außer den climacteriſchen Urſachen giebt es auch manche andere Umſtaͤnde, unter welchen eine offenbare Veraͤnderung des Gem ithszuſtandes ſtattfindet und als das erſte Zeichen organiſcher Veraͤnderung betrachtet werden muß. Vor drei Jahren ſtarb einer meiner Freunde an Apoplexie in Folge von Gehirnerweichung. Er war ein Mann von großer Feſtigkeit und erzaͤhlte mir oft, daß er furchtſame und hypochondriſche Menſchen nicht begreife Er hatte gei— ſtige Beſchaͤftigung, und feine Lebensweiſe war aͤußerſt geord— net und maͤßig. In ſeinem 45. Jahre bemerkte er eine auffallende Veraͤnderung in ſeinen Gefuͤhlen. Er ſagte, jetzt ſey er vollkommen veraͤndert, aͤngſtlich, in eine Kutſche zu ſteigen, aus Furcht, ſie moͤge zuſammenbrechen; ja er eile an dem Ende einer Hecke vocuͤber, aus Furcht, es möge ihn ein Rauber überfallen, und er koͤnne zittern, wenn fi) ein Blatt bewege. Ob wehl er ſich von Zeit zu Zeit freier fuͤhlte, nahmen ſeine geiſtigen Kraͤfte doch allmaͤlig ab; aber erſt nach mehreren Jahren traten deutliche Zeichen einer Gehirnkrankheit hervor. Geſunde Erregungen haͤngen ebenſo, wie normale Em— pfindungen, nicht bloß von dem relativen Volumen der Theile gegeneinander, ſondern auch von der normalen Func— tion jedes Organes fuͤr ſeinen Theil ab; und obwohl der Koͤrper betraͤchtliches Accomodationsvermoͤgen beſitzt, ſo kann doch durch die Wirkung ſelbſt voruͤbergehender Urſachen eine Stoͤrung eintreten, welche die Lebenskraͤfte ohne Unter— ſtuͤtzung nicht wiederum in's Gleichgewicht zu bringen vermoͤ— gen. Wie viel ſchwieriger muß dieß aber ſeyn, wenn die erſte Urſache der Störung ohne Unterbrechung fortgeht. Zur Beſtaͤtigung der Angabe, daß eine Veraͤnderung in den Gefuͤhlen (oder vielmehr im Ausdrucke derſelben) das erſte Zeichen einer organiſchen Störung ſeyn koͤnne, will ich einen andern Fall anführen. In dem ſchon mitgetheil— ten Falle zeigte ſich Herabſtimmung, hier dagegen der Schein geſteigerter Heiterkeit. Der Mann, von dem ich ſpreche, war etwa 60 Jahr alt, als ſeine Neigung, zu lachen, fuͤr ihn hoͤchſt laͤſtig wurde. Er lachte heftig, wenn er von Gegenſtaͤnden ſprach, die in hohem Grade ſein Mitleiden in Anſpruch nahmen. Selbſt ſeiner Frau gegenuͤber mußte er in Lachen ausbrechen, wenn er zum Tiſchgebet auffordern wollte, und ſogar, wenn er das Abendmahl empfing, gerieth er in ein ganz hyſteriſches heftiges Lachen, waͤhrend er in: nerlich uͤber dieſe Richtung voll Kummer und Betruͤbniß war. Mehrere Monate vergingen auf dieſe Weiſe, bevor 204 er es fuͤr noͤthig hielt, aͤrztlichen Rath zu ſuchen. Es ka— men ſodan andere Symptome von Kopfaffection, Gedaͤcht— nißſchwaͤche, Schwindel, Zittern, Schwerhoͤrigkeit und die Empfindung eines aͤußerſt widerwaͤrtigen Geruches. Nach ſeinem Tode fand ſich Induration des Gehirnes, beſonders des pons; die Gehirnhaͤute und die Subſtanz waren ge— faͤßreicher in Folge einer ſchleichenden Entzuͤnduug. Bei Gehirnent uͤndung der Kinder iſt eine Veraͤnde— rung in der Gemuͤthsſtimmung anfangs haufig das einzige Symptom, ja zuweilen ſogar das einzige bis zum Stadium des Gehirndruckes. Viele Faͤlle von Herzkrankheit aͤußern ſich anfangs mehr durch Stimmungsveraͤnderung, als durch directe Herzſymptome. Es war auffallend, daß, wenn Dr. Robinſon eine Predigt hielt, er zeitweiſe des Wortes beraubt war, was von einem Gefühle von Re pirationsbe— ſchwerden mit deutlicher Gemuͤthsaufregung herruͤhrte; er ſtarb einige Jahre ſpaͤter an einem ruhigen Abende, nach— dem er ſich eben auf eine heitere Weiſe daruͤber geaͤußert hatte, wie gluͤcklich er viele Janre lang in feiner Ehe ſey. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die tumultuariſche Aufre— gung bei'm Predigen in fruͤherer Zeit ein Zeichen war, daß ſein Herz nicht ganz geſund ſey. Es iſt bekannt, daß der Zuſtand der Lungen, der Leber, der Nieren, überhaupt jede ſelbſt ſcheinbar ganz locale Krankheit auf die Gemuͤthsſtim— mung einwirke; reizbare Excreſcenzen am After find häufig die Urſache groͤßter geiſtiger Herabſtimmung, welche auf— hört, ſobald die locale Krankheit beſeitigt iſt. Selbſt eine Verſtopfung im aͤußern Gehoͤrgange vermag Traurigkeit zu veranlaſſen, und eine Fliege im Ohre brachte einen reizbaren Mann einmal beinahe zum Wahnſinne. Obwohl ich hier meinen Gegenſtand, in der That, nur eben andeuten kann, ſo genuͤgt dieß doch ſchon, um zu zei— gen, wie außerordentlich mannigfaltig die Beziehungen un— ſerer intellectuellen und moraliſchen Eigenſchaften ſind, wie dieſe nicht bloß vom Temperamente, von der Erziehung, ſondern auch von der immer wandelnden Körperbefchaffenheit ſelbſt beſtimmt wird. Es zeigt ſich, wie mannigfaltig der Einfluß unſeres Körpers auf unſere Gedanken und Gefuͤhle iſt und wie wir in dieſen Füllen eben fo gend higt find, eine genaue Unterſuchung vorzunehmen und jeden Fall nach ſei— ner eigenen Bedeutung zu wuͤrdigen, wie bei allen uͤbrigen Krankheitsformen. Wir haben indeß eine große Verant— wortlichkeit durch die Gewalt, welche wir über unſeren Geiſt beſitzen. Wenn traurige Gefuͤhle die Ueberhand gewinnen, ſo duͤrfen wir nicht gleich zu Reizmitteln unſere Zuflucht nehmen; denn die verlorne Kraft iſt nicht immer durch ein und daſſelbe Agens wieder hervorzurufen; haͤufig ſind wir gluͤcklicher, wenn wir die geſunde Function der Leber, des Magens oder des Herzens herſtellen, oder das Blut vom Kopfe ableiten, oder einen Gegenreiz in der Nähe des Ges hirns anbringen. Muskeluͤbungen, welche man neuerlich faſt ganz vernachlaͤſſigt, ſind in andern Faͤllen zu empfeb— len. Geiſtige Anſtrengungen, welche anhaltend getrieben wurden, muͤſſen auf eine maͤßige Weiſe vorgenommen wer— den. Nicht ſelten verſagen indeß die ſcheinbar indicirten Mittel ihren Dienft; wir verbinden ſodann mit denſelben 205 die Anſtrengung des Reiſens, beſonders zu Pferde und in Geſellſchaft. Laͤßt man einen Hypochondriſchen allein, fo koͤmmt er kaum vom Flecke und das Reiſen nutzt ihm nichts; wird er aber von Außen erregt, fo wirken die Körs peranſtrengungen auch wieder guͤnſtig auf die Functionen der Unterleibsorgane zuruͤck, ſo daß ihre Functionen reichli— cher und regelmaͤßiger vor ſich gehen; der Geiſt wird durch die heitere Converſation und die immer wechſelnden Natur— eindruͤcke und ſelbſt durch die Hoffnung der Heilung erhei— tert; der Reſpirationsapparat wird erregt, das Blut allge— meiner vertheilt. Die geſteigerte Reſpirationsthaͤtigkeit hat namentlich einen ſehr merklichen Einfluß auf die Beſeitigung der gedruͤckten und muthloſen Stimmung, und wenn durch ein heiteres Geſpraͤch eine lebhaftere Stimmung bedingt wird, fo geſchieht dieß hauptſaͤchlich durch die erhöhte Vita— litaͤt des Blutes, wodurch alle davon abhaͤngigen vitalen Functionen mehr Energie erlangen. Ebenſo wie aber Ge— muͤthsbewegungen vom Korperzuftande abhängen, fo kann auch jede Krankheitsform durch Gemuͤthsbewegung hervorge— bracht werden, und eine gehoͤrige Lenkung derſelben iſt ein Theil der aͤrztlichen Aufgabe. Bisweilen treibt uns die Humanitaͤt, ſelbſt Pflichten zu uͤbernehmen, die nicht, ſtreng genommen, unſeres Amtes ſind, um Kranke aus ihrem traurigen Zuſtande wieder zu erheben. So habe ich einmal einen jungen Mann von 15 Jahren aus einem Zuſtande des Idiotismus dadurch be— freit, daß ich zugleich ſeinen Arzt, ſeinen Aufſeher und ſei— nen Lehrer machte. Vier Jahre war er in einem Zuſtande von Ungelchrigkeit und Schwaͤche; er wurde zum zweiten Male nach der Stadt gebracht, um abermals einem Irren— hauſe uͤbergeben zu werden. Als ich ihn zuerſt ſah, machte er einen traurigen Eindruck, er war imbecil, von uͤbelem Humor, abgemagert, ſchlaff, mit ſchlechten Zaͤhnen und einem ab— normen, launigen Appetite mit Wiederkaͤuen; ſeit zwei Jah— ren hat er nicht ein einziges Mal ſich auf feinen Füßen getragen, noch die mindeſte Anſtrengung gemacht, wenn er angekleidet wurde. Ich begann mit einer koͤrperlichen Be— handlung, verließ mich aber am meiſten auf die geiſtige Zucht. Es war hoͤchſt merkwürdig, zu ſehen, wie das Herz afficirt war, wenn der Kranke in die aufrechte Stel— lung gebracht wurde und verſuchte, zu ſtehen Einige Wo— chen lang ſchienen die Schwierigkeiten unuͤberſteiglich; er war bloß ſo weit vorgeruͤckt, daß er gezwungen werden konnte, durch das Zimmer zu gehen und ſeine Weſte zuzuknoͤpfen; bierauf wurde ihm Intereſſe an Bildern beigebracht, ſpaͤter am Mikroſcope und Botanik, zuletzt erholte er ſich ganz und iſt nun ein Kaufmann. Es iſt ſehr oft moͤglich, Gemuͤthsbewegungen zu ei— nem guͤnſtigen Einfluſſe bei der Behandlung mancher Krank— heiten anzuwenden; zuerſt aber muͤſſen wir alsdann einzu— dringen ſuchen, um überwiegende Hinneigungen der Gedan— ken und Gefuͤhle kennen zu lernen. Es giebt viele Zuſtaͤnde koͤrperlicher Heradſtimmung, bei welchen wir obne die Huͤlfe vermehrter geiſtiger Erregung vergeblich etwas verſchreiben. Selbſt das Ausſehen des Arztes, wenn es Hoffnung und Heiterkeit ausdruͤckt, hat einen Einfluß auf die Wiederher— 206 ſtellung des Kranken, wahrend ein verdrießlicher oder muth— loſer Arzt bisweilen gerade fo viel entmutbigt, daß die Wics kung der beſten Mittel dadurch aufgehoben wird. Damit ſage ich nicht, daß wir von unferen Kranken jeden Gedan— ken an Gefahr immer ferne halten müffen; im Gegen: theile giebt es manche Krankheitsformen, bei welchen die beruhigende Wirkung einer maͤßigen Furcht zum Guten führt, Wenn Gefahr vorhanden ift und der Tod näher ruckt, fo kömmt es mir fogar, auch abgeſehen von hoͤhern Motiven, nicht ganz menſchlich vor, vor dem Kranken die Gefahr ganz und gar zu verbergen. Selbſt wenige Perſo— nen werden es vorziehen, in Unwiſſenheit ihrem Ende ent— gegen zu gehen. Sehr ſelten wird durch eine ſolche Mits theilung eine traurige Stimmung vermehrt; manchmal da— gegen offnet es dae Herz eines Sterbenden für Troft und Zuſpruch in Bezug auf dieſes und jenes Leben, wodurch zugleich der Schmerz der Ueberlebenden beträchti ch gemildert wird. (Mind and the emotions considered in rela- tion to health and disease. By William Cooke, MD. London 1839.) Betraͤchtliche Ausdehnung der Bronchien. Von Dr. Law. In der pathologiſchen Geſellſchaft zu Dublin bemerkte Dr. Law, daß jeder, der mit ſtethoſcopiſcher Unterſuchung vertraut ſey, wiſſe, wie ſchwierig in manchen Fallen die Unterſcheidung einer Erweiterung der Bronchien von den Tuberkethoͤhlen ſey; ſowohl die conſtitutionellen Symptome, als auch die phuficalifchen Zeichen find ſehr ahnlich, und ſelbſt noch nach dem Tode find von manchen Beobachtern Bronchialdilatationen für heilende Zuberkelhöhlen ge: halten worden. Das Praͤparat von Bronchialdilatation, welches der Geſellſchaft vorgelegt wurde, war aus der Leiche eines Matro⸗ fen genommen, welcher ein Jahr zuvor nach einer heftigen Erkal⸗ tung von Schmerz in der linken Seite, Huſten und zäbem Aus⸗ wurfe befallen wurde. Dieſe Krankheit dauerte fort, während Par tient durch feinen Stand nach ſehr verſchiedenen Gegenden geführt wurde. Er war in Sicilien, fpäter in London und zuletzt feit dem October in Dublin im Spital. Waͤhrend der ganzen Zeit hatte der Huſten nicht aufgehört und war bei einigen Exacetbationen hoͤchſt laͤſtig geworden. Kurz vor feiner Aufnarme in dem Epitale zu Dublin hatte der Kranke an Hämoptyſis gelitten. Bei der Uns terſuchung fand ſich, außer den conſtitutionellen Symptomen des Blutverluſtes, ſehr dumpfer Ton der linken Bruftfeite vom Schluͤſ⸗ ſelbeine bis zur Bruſtwarze; entſprechend dieſer Veränderung fand ſich nach Vorn cavernöfe Reſpiration, gurgelndes Raſſeln und Pec⸗ toriloquie. Einige Zeit nach der Aufnahme des Kranken beſtand das hauptſuͤchlichſte Symptom in dem Blutbuften; fo wie aber die⸗ fer nachließ, wurden die Zeichen einer Grcavation in der Lunge deutlicher; außerdem litt der Kranke an Huſten mit eitrigem Aus⸗ wurfe, Abmagerung, leichten Nachtſchweißen und beſchleunigtem Pulſe. Der November, December und Januar vergingen obne we— fentliche Veränderung; der dumpfe Ton bielt an, ebenſo der bron⸗ chitiſche Huſten, der eiterige Auswurf, die Pectoriloquie, das gar- gouillement und die Höhlenrefpiration ; jedoch obne Verminderung des Umfanges der afficirten Seite und ohne Abflatung der Sub» claviculargegend. Da der Fall eigentbümlich erſchien, fo zog Dr. Law mehrere mit Bruſtkrankbeiten beſonders vertraute Collegen zu Rathe. Seine eigene Anſicht war, daß eigent ich urfprünglich Pleuropneumonie vorhanden geweſen ſey, mit Graitäung in die Pleuraböble, wornach ein Ueberzug von coaqulahler &ympbe zurück; geblieben ſey, während in Folge der croniſchen Pneumcnie ſich Tuberkeln entwickelt und Tuberkelboͤhlen gebildet haben. Dr. Greene fand nicht allein die Pectoriloquie und Höhlenrefpiration ſehr deuts 207 lich, ſondern meinte auch, daß die afficirte Bruſtſeite etwas abge: flacht ſey, obwohl keine deutliche Depreſſton unter dem Schlüͤſſel— beine nachgewieſen werden konnte. Dr. Stokes konnte eine Ver: minderung des Umfanges der afficirten Seite nicht bemerken, glauste aber, daß unregelmäsige, buhtige Höhlen in der Lunge ſeyen. Ende Februar's entwickelten ſich heftige Diarrhoͤen, Shmerzbaftig: keit der Leiſtengegend mit Geſchwulſt, wogegen Blutentziehungen nichts leiſteten, worauf endlich hydropiſche Anſchwellungen eintra— ten und durch die Diarrhoͤen der Tod raſch herbeigeführt wurde. Zwei Tage vor dem Tode klagte der Kranke uͤber heftigen Schmerz in der linken Seite. In der rechten Lunge war nichts Krankhaftes zu bemerken, und der Kranke lag während feiner Krankheit fort während auf der linken Seite. An dem Präparate der linken Lunge zeigte ſich, wie leicht daſſelbe mit gewöhnlicher Tuberkel— krankheit haͤtte verwechſelt werden koͤnnen, und die Abbildung, wel— che Cruveilhier als Tuberkelhoͤhle im Proceſſe der Heilung giebt, iſt dieſem Präparate auf das Auffallendſte ähnlich. In der linken Lunge fanden ſich keine Spuren von Tuberkeln, waͤhrend in der rechten Lunge einige wenige in der Subſtanz der Lungenſpitze vertheilt waren. Das Intereſſanteſte in der linken Lunge war das Vorhandenſeyn von Bronchialdilatation, welche namentlich den obern Theil der Lunge einnahm, indem die Bronchialroͤhren trompetenartig in dieſe Erweiterungen ausmuͤndeten. An dem Präparate ſah man zugleich, wie die Krankheit anfing, und es wurden dadurch De. Corrigan's Anſichten hieruͤber vollkommen beſtaͤtigt. Die ganze Lungenſubſtanz in der Umgebung der dilatirten Bronchien war ver— dickt und vollkommen indurirt, ſo daß keine Spur der blaſigen Structur uͤbrig war; die Lunge war nicht mehr permeabel fuͤr Luft. Dieſe Verdickung und Induration war die Folge chroniſcher Pneumonie und mußte ihrerſeits auch wieder als Urſache der Di: latation der Bronchialaͤſte betrachtet werden. Während durch Lymphablagerung in den Luftzellen und in dem Lungengewebe die blaſige Structur deſſelben aufgehoben war, beſtrebt ſich die Natur, dieſen Defect durch Oeffnung und Dilatation der Bronchialroͤhren zu erſetzen. Die andere Lunge zeigte dieſelbe Krankheit in ihrem fruͤheſten Anfangsſtadium. Bemerkenswerth war in dieſem Falle, wie ſowohl die phyſica— liſchen Zeichen und Symptome waͤhrend des Lebens, als auch die Erſcheinungen nach dem Tode bewieſen, wie leicht Bronchialdila⸗ tation für gewöhnliche Phthiſis genommen werden koͤnne. Die Daͤrme deſſelben Kranken zeigten übrigens merkwürdige Beiſpiele zweier anderer pathologiſcher Veraͤnderungen, naͤmlich Emphyfem des ſubmucoͤſen Zellgewebes und Follicular-Ulceration der Schleim— haut des Duͤnn- und Dickdarms. Außerdem fand ſich Anwachſung des Blinddarms an die Bauchdecken in der Gegend eines G ſchwuͤ— res am proc. vermiformis. Dieſe Entzündung hatte ſich auf die Bauchdecken fortgepflanzt und die G-fhwulft in der Leiſtengegend veranlaßt. Die Niere zeigte die Bright'ſche Degeneration; der Urin war eiweißhaltig geweſen. (Dublin Jouen., Sept. 1840) Misc esl een. In Bezug auf Abſchaffung des Zwanges in Ir— tenhäufern, welche, wie Schon mehrmals erwähnt wurde, zu— erſt in dem Lincoln Lunatic Asylum durchgefuͤhrt worden iſt, 208 giebt Hr. Hill folgendes Reſumé der von ihm bis jetzt daſelbſt erlangten Reſultate; 1) Alle friſchen Fälle find geheilt entlaſſen worden; 2) mehrere als unheilbar betrachtete Faͤlle ſind geheilt; 3) die Kranken der Anſtalt ſind im Ganzen gluͤcklicher und fühlen ſich behaglicher, als unter dem alten Syſteme; 4) ſelbſt auf dem Saale der Widerſpenſtigen herrſcht im Allgemeinen Ruhe; die Ruhe der Anſtalt iſt im Ganzen merklich vermehrt, die Kranken laufen weniger herum und reden Beſuchende weniger an, als in irs gend einem andern Irrenhauſe; 5) Ausbruͤche von Leidenſchaften kommen ſehr ſelten vor, und Anfaͤlle von Wuth ſind von kuͤrzerer Dauer; 6) viele Kranke, welche durch fruͤhern Zwang unempfind— lich gegen Naturbeduͤrfniſſe waren, haben die Gewohnheiten der Reinlichkeit wieder angenommen und ſind dadurch beilbar gewor— den; 7) ein ernſtlicher Ungluͤcksfall iſt bei dem Syſteme der Auf— ſicht nicht vorgekommen; 8) endlich ſind auch keine Selbſtmorde vorgekommen und keine Kranken todt im Bette gefunden wor— den. Dieſes ſind die Reſultate einer vierjaͤhrigen Erfahrung, und dieſes Syſtem wird endlich in allen Irrenhaͤuſern eingefuͤhrt werden muͤſſen. Freilich erfordert es mehr und beſſere Waͤrter, als ge— woͤhnlich vorhanden find. (Lancet.) Einen neuen Fall von Paracenteſe bei angebor— nem Waſſerkopf theilt Dr. John Armſtrong in der Lon- don med. Gaz. May 1840 mit. Das Kind war mit Waſſerkopf geboren, ſchien ſich aber in den erſten Tagen gut zu befinden; nach 10 Tagen wurde der Kopf heiß, die Thaͤtigkeit des Darmcanals geſtoͤrt und das Kind unruhig. Da andere Mittel nich.s fruchtes ten, fo wurde die Punction vorgeſchlagen. Mittelſt eines kleinen Troicarts wurde an der Kranznaht ein Einſtich gemacht und die Quantität von 10 Unzen ſtrobgelber Fluͤſſigkeit abgelaſſen. Das nach fielen die Knochen zuſammen, ſo daß die Knochenraͤnder uͤber— einanderlagen. Es wurden Heftpflaſterſtreifen und eine Zirkelbinde angelegt. Der Kopf hatte nun ſeine gewoͤhnliche Groͤße. Einige Stunden nach der Operation war das Kind kalt und ſchien dem Tode nahe. Tags darauf aber erholte es ſich, es begann ſich jedoch wiederum Fluͤſſigkeit anzuſammeln. Nach drei Wochen wurden eben— falls 8 Unzen Fluͤſſigkeit abgelaſſen; danach war die Beſſerung nicht ſo auffallend, und nach 14 Tagen hatte der Kopf wiederum den fruͤhern Umfang erreicht. Nun wurden die Aeltern muthlos und verweigerten eine fernere Operation. Der Kopf wurde von da an immer groͤßer; das Kind litt ſo viel, daß haͤufig Opiate ge— geben werden mußten; es litt beſonders von einer crusta lactea, die ſich in dem heftigſten Grade entwickelte, ohne auf das Kopf— leiden einen günftigen Einfluß zu üben. Das Kind bekam zuletzt die unglaubliche Doſis von 1 Theeloͤffel tinct. opii. Das Kind ftarb in dem Alter von 13 Monate; der Umfang des Kopfes be— trug 201 Zoll. Bei der Section fanden ſich 70 Unzen oder 3 Pinte helle Fluͤſſigkeib, welche durch Hitze nicht coagulirte. Die Fluͤſſigkeit befand ſich zwiſchen der dura mater und dem großen Gehirne (2). Das letztere war von dem beſtaͤndigen Drucke abge— plattet und uͤber die innere Flaͤche dieſer großen Hoͤhle ausgebrei— tet, ſtellenweiſe nicht dicker als ein Schilling; die Hirnventrikel waren nicht zu entdecken, dagegen waren die Nerven leicht zu un— terſcheiden, mit Ausnahme des Riechnerven; die arachnoidea war injicirt die dura mater blaß. (Auch die Erfahrungen des Dr. Conqueſt find der Operation bei angebornem hydrocephalus nicht guͤnſtig.) ——. FEUERT TON To EI ETEEETREEE TER TEEERBEIR FTIR Bibliographisce Nouveaux el&mens de Zoologie, ou étude du Regne animal. Par H. Hollard, D. M. Paris 1840, 8. (Mit 22 K.) Flora der Deutschen Ostseeprovinzen. Von Fleischer und Lin- demann. Mitau 1839, 8 Essai pratique sur Paction therapeutique des eaux minerales, suivi d'un précis analytique des sources minero -thermales Nass gkeit! connues. Par M. Chenu. Tome ler lre Livraison. Paris 1840. 8. (Das Werk erſcheint in zwei Bänden in 12 Liefe- rungen.) De la gäle et de son nouveau traitement. Par Rieumes, Chi- rurgien-Major au 12me leger. Mémoire fait d’apres l’ordre de Mr. le Ministre de la Guerre, par D. Ph. Mutel. Cler- mont- Ferrand et Paris 1840. 8. 5 — nm Hene Wotizen aus dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medieinalratbe Fro rer ju Weimar, und dem Medicinalrathe und Vrofefor Fre riep in Derlin, Noe. 344. (Nr. 14. des XVI. Bandes.) November 1840. Gedruckt im Landes Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. ant u: r Unterſuchungen uͤber die Eigenwaͤrme der thieri— ſchen Organismen oder der ſogenannten kaltbluͤ— tigen Thiere. Von Becquerel. (Hierzu Figur 8 und 9 der mit Nr. 331. [Nr. 1. d. XVI. Bos. ] d. Bl. ausgegebenen Tafel.) (Fortſetzung.) Unter den uͤbrigen Batrachiern habe ich nur bei einem einzigen die Lebenswaͤrme unterſucht, nämlich bei der Accoucheur-Kroͤte (Bu- fo obstetricans, Latr.) Ich brachte fie in feuchte Luft, und wandte vergleichungsweiſe ein todtes Exemplar an. Die Loͤthſtelle der Na— del wurde in das Abdomen eingeſenkt. So fand ich, daß die ei— gentbümliche Wärme dieſes Reptils 0,12 C. betrug, welche durch eine Abweichung der Magnetnadel von 2° angezeigt wurde. Die Temperatur der umgebenden Luft betrug + 17°. Die Lebens- waͤrme dieſer Kroͤte iſt alſo ziemlich dreimal ſo bedeutend, als die des gemeinen Froſches. Nachdem ich die Glasglocke, welche den Apparat bedeckte, abgenommen, und die tedte Kroͤte durch eine trockene Papierrolle erſetzt hatte, ſah ich, daß die nun der freien Luft ausgeſetzte lebende Kroͤte um ungefähr 3° C. kuͤhler wurde, als das umgebende Medium. Dieſe Verkuͤhlung ruͤhrte alſo von der an der Oberflaͤche des Thieres ſtattfindenden Verdunſtung her. An den Larven dieſer Kroͤte konnte ich fo wenig eine deutliche Le— benswaͤrme finden, als bei denen des gemeinen Froſches. Die eigenthuͤmliche Wärme der grauen Eidechſe (Lacerta agi- lis) ſchaͤgte Czermak auf 1,25 bis 8,12 C., und zwar bei mit— telmäßig heher aͤußerer Temperatur. Bei heißem Wetter iſt, nach demſelben Beobachter, dieſe Eidechſe Fühler, als das umgebende Medium. Berthold ſchaͤtzt die Lebenswaͤrme der Lacerta agi- lie auf nur 3, und zwar bei einer Lufttemperatur von + 11 bis bis 12° C. Dieſer letztere Beobachter begnügte ſich damit, ein Thermometer in ein mit dieſen Thieren gefuͤlltes Gefäß zu bringen, welches Verfahren durchaus kein Vertrauen verdient. Der außer— ordentlich große Unterſchied, welchen Czermak in Anſehung der Temperatur verſchiedener Exemplare derſelben Species fand, bes weiſ't, meiner Anſicht nach, daß dieſer Beobachter nicht richtig verfahren bat. Ich habe mit der Lacerta agilis nur einen einzigen Verſuch angeftellt. Ich verſchaffte mir zwei Exemplare, und tödtete eines mittelſt Eintauchens in heißes Waſſer, um es mit dem lebenden vergleichungsweiſe zu unterſuchen. Zuerſt erperimentirte ich nur mit dem letztern, indem ich die Loͤthſtelle einer Nadel in deſſen Ab⸗ domen einſenkte und die Loͤthſtelle der andern Nadel mit einer Pa— pierrolle bedeckte. Die Temperatur der umgebenden Luft betrug 21,6. Ich fand auf dieſe Weiſe, daß die Eidechſe um 0,18 dis 0,20° kalter war, als das umgebende Medium. Nun brachte No. 1444, A ee ich die todte Eidechſe an die Stelle der Papierrolle, und führte die eine Loͤthſtelle in das Abdomen derſelben ein, während ſich die andere in dem Abdomen der lebenden Eidechſe befand. Alsdann bedeckte ich Alles mit der Glasglocke, und die in deren Inneren befindliche Luft fättigte ſich bald mit Feuchtigkeit. Nachdem die zur Herſtellung des Gleichgewichts der erworbenen Temperatur zwiſchen den beiden Eidechſen erforderliche Zeit verſtrichen war, fand ich, daß die Lebenswärme der lebenden Eidechſe 0,21 C. betrug, was mir die Abweichung der Magnetnadel von 35 kund that. Die Temperatur der umgebenden Luft, welche dieſelbe war, wie die der todten Eidechſe, betrug damals + 22,89, Aus dieſem Verſuche erſieht man, daß die graue Eidechſe an der freien Luft eine Temperatur beſitzt, die nicht um einen ſo be— deutenden Grad geringer iſt, als die des umgebenden Mediums, wie bei der Accoucheurkroͤte und dem gemeinen Froſche. Dieß rührt einestheils daher, daß die Lebenswärme der Eidechſe hoher iſt, als die der beiden letztern Thiere, und anderntheils hauptſaͤchlich daber, daß die Haut der Eidechſe mit Schuppen bedeckt iſt und folglich an deren Oberflaͤche keine fo ſtarke Verdunſtung von Statten gebt, folglich auch nicht fo viel Wärme gebunden wird, wie bei der Kroͤte und dem Froſche. *) Man wird bei dieſen Beobachtungen bemerken daß die Rep⸗ tilien eine um fo geringere Lebenswaͤrme haben, jemehr fie für ges woͤhnlich im Waſſer leben. Die Eidechſe, welche von den drei bier aufgeführten Amphibien die hoͤchſte eigenthümliche Wärme beſigt, bewohnt trockene Orte; die Accoucheurkroͤte, die weniger Lebens⸗ wärme, als die genannte Eidechſe und mehr, als der gemeine Froſch beſitzt, haͤlt ſich in feuchten Erdloͤchern auf, und der ger meine Froſch, der unter den drei aufgeführten Reptilien die nie drigſte eigenthuͤmliche Wärme hat, lebt eigentlich im Waſſer, wenn⸗ gleich er ſich oft auf das Land begiebt. Die Froſchlarven endlich, welche das Waſſer nie verlaſſen, beſitzen eine ſo ſchwache Lebens⸗ wärme, daß fie mit den uns jetzt zu Gebote ſtehenden thermoſco— piſchen Mitteln ſich nicht erkennen läßt. Ueber die Lebenswaͤrme der Schlangen und Schildkroͤten habe ich keine Unterſuchungen angeſtellt, weil fie ſich wegen ihrer be deutenden Größe nicht für meine Experimentirmethode eignen.“) Ich begnüge mich daher damit, die von anderen Beobachtern rück ſichtlich dieſer Thiere erlangten Reſultate mitzutheilen. Martine beobachtete an einer Landſchildkroͤte eine Lebens wärme von 5? F. (2,79 C.) *) Bei den Eidechſen wird die Verdunſtung und noͤthige Ver kuͤhlung hauptſaͤchlich durch die Schleimhaut der Mundhöhle vermittelt, daher fie auch bei hober Lufttemperatur und im heißen Sonnenſcheine das Maul weit Öffnen, D. Ueberſ. ) Die Größe der Blindſchleiche ſcheint für dergleichen Unter ſuchungen nicht zu . D. Ueberf. 211 John Hunter führte ein Thermometer in den Magen oder den Maſtdarm einer Viper ein, und beobachtete eine Temperatur, welche die der Luft um 10° F. (5,59 C.) überftieg. *) En MWalbaum fhägte die eigentliche Wärme einer Schildkröte auf 12 R. (1 25 C.) **) a Wilford hat durch einen Verſuch ermittelt, daß eine Boa 0 3 bis 0,89 kühler war, als die Atmoſphaͤre, während die Zum: peratur der letztern + 269 und 28° C betrug. ***) N Rudolphi fand bei der Lacerta maculata eine Lebenswaͤrme oder einen Ueberſchuß uͤber die Temperatur der Atmoſphaͤre von 20 RN. (2,5 C.). Die letztere hatte damals + 10 R. Am Pro- teus enguinus entdeckte er eine eigenthuͤmliche Wärme von 17 R. (1,25 C.) 1). h Die Herren Prevoft und Dumas ermittelten an einer Schildkroͤte dieſelbe Temperatur, wie die des umgebenden Mittels. Czermak, deſſen Beobachtungen uͤber die eigenthuͤmliche Wärme der Lacerta agilie weiter oben angeführt worden find, bes ſtimmt die Lebenswaͤrme mehrerer anderer Reptilien, wie folgt: Proteus anguinus 0 5 5 2,65 bis 5,67° C. Emys europaea 0 . 1,56 bis 3,54 Chereine graeca 2 5 . 12 Natrix laevis 8 = 8 . 0,21 bis 6,35 Natrix torquatus . . 0,32 bis 3,74 Anguis fragilis 8 2 . . 0,47 bis 2,40 Lacerta viridis 8 © 9 bis 7,34 Dieſe Beobachtungen wurden bei einer mittelmäßigen Tempera tur angeſtellt. Als man die Verſuche bei hoher Temperatur wie— derholte, zeigten ſich alle dieſe Reptilien kuͤhler, als die Luft. John Davy hat bei verſchiedenen Reptilien folgende Tempe— raturen gefunden. ++) Höher, als bie Temperatur der Luft, um — — — Schildkroͤte von der Inſel Aſcenſion 2,99 C. Niedriger, als die Temperatur der Luft, um Schildkröte Colombo 9 o © 2,6% C. Geometerſchildkroͤte . 919 Desgl. E & 5 0 3,92 Rana ventricosa 0 5 8 0 5 0 1,7 Iguana . > 5 . 1,220 Grüne Natter . 0 5 3 00 Braune Schlange . 8 5 4,12 Nattern verſchiedener Art. „ Berthold, deſſen Beobachtungen uͤber die Lebenswaͤrme des Froſches ich weiter oben mitgetheilt, fand bei der Geometerſchild— kroͤte dieſelbe Temperatur, wie die der umgebenden Luft, und bei der Blindſchleiche 1 Grad C. mehr, als die Lufttemperatur betrug. Er hat ruͤckſichtlich der Reptilien folgende Reſultate gewonnen: Die nackten Reptilien ſind immer kaͤlter, als die umgebende Luft und zwar wegen der an ihrer Oberflache ſtattfindenden Verdunſtung. Im Waſſer haben ſie dieſelbe Temperatur, wie dieſes und nur waͤhrend der Begattung eine hoͤhere. Die Temperatur der ſchup— pigen Reptilien iſt um 4 bis 1 Grad C. höher, als die der Luft oder des Waſſers. Aus Obigem erſieht man, wie wenig die Behauptungen der verſchiedenen Beobachter miteinander uͤbereinſtimmen. Berthold ſcheint unter allen der Wahrheit am naͤchſten gekommen zu ſeyn. Er hat, gleich mir, ermittelt, daß die Batrachier oder nackten Reptilien immer Eälter find, als die umgebende Luft; aber die ſchwache eigenthuͤmliche Waͤrme, welche dieſe Reptilien offenbaren, wenn die in freier Luft an ihrer Oberflache ſtattfindende Verdun⸗ ſtung durch Eintauchen in Waſſer unterdruͤckt wird, konnte er mit dem gewoͤhnlichen Thermometer nicht meſſen. Bei dem einzigen ) Philosophical Transactions 1778. ) Chelonographia. Lübeck. 1782. ) Journal of Sciences and Arts. London. +) Grundzüge der Phyſiologie. 1821. ++) Annales de Physique et de Chimie. Tome XXXIII. p. 180. 1826. 1819. 212 Verſuche, welchen ich mit einem Saurier anftellte, habe ich nicht, wie er, finden konnen, daß dieſe Thiere eine höhere Temperatur beſitzen als die ſie umgebende freie Luft. Unter den angefuhrten Beobachtern iſt Berthold der einzi⸗ ge, der ſich bei dieſen feinen Unterſuchungen durch angemeſſene Vorſichtsmaßregeln vor Beobachtungsfehlern geſchuͤtzt hat. Er une terwarf die Thiere lange genug dem Verſuche, daß fie die früher angenommene Temperatur vollſtaͤndig verlieren konnten, und er kam auf den Gedanken, ähnliche todte Exemplare ruͤckſichtlich der Waͤrme mit den lebenden zu vergleichen. Seine Beobachtung, daß die Froͤſche waͤhrend der Paarung eine höhere Temperatur anneh— men, wird ſich wahrſcheinlich durch ſpätere Unterſuchungen beftäti» gen. Ich, meines Theils, betrachte ſie aus theoretiſchen Grunden ſchon jetzt fuͤr ausgemacht, da der Begattungsact bei allen leben— den Weſen von einer befonders ſtarken Wärmeentwickelung begleis tet ſeyn moͤchte, indem man dieß ſogar an den Pflanzen wahr— nimmt. g Fi ſche. Ich werde hier, einzig als zur Geſchichte der Wiſſenſchaft gehoͤrig, wie bisher, die von fruͤhern Beobachtern aufgeſtellten Behauptungen mittheilen. Martine: Cyprinus alburnus, L. 1° F. (0,55 C.) Forelle (Salmo Fario, L.) 12 F. 0,55? C. Krafft h): Hecht (Esox Lucius, L.) 2,5 F. (1,389 C.) unter der Tempera⸗ tur des Waſſers. © 7° F. (8,88? C.) über der Temperatur über die Temperatur des Waſſers. Hecht . des Waſſers. John Hunter: Karpfen (Cyprinus Carpio, L. 3,59 F. (1,99 C.) über der Tem⸗ peratur des Waſſers. Brouſſonet “): Kleine Fiſche 1 bis 25 R. (0,62 bis 0,930 en, ber Tem Aal 40 R. (0,930 C.) tur des Waſſers. Karpfen . 3° C. über der Temperatur des Waſſers. Prévoſt und Dumas: Gadus Lota, L. naͤmliche Temperatur wie das Waſſer. Despretz 5): 0,86 C. Karpfen 8 0,719 C. Schleie über der Temperatur des Waſſers. John Davy: Haifiſch (Squalus Carcharias, L.) Temperatur der Muskeln 1,39 C. Scomber pelamys, L. Temperatur des Herzens 0,69 Temperatur der Muskeln 9,4° Forelle 8 0 5 1,1° Fliegender Fiſch . 8 Die Herren Eydoux und Souleyet haben auf ihrer in der Bonite angeſtellten Reiſe um die Welt zwei Verſuche uͤber die Lebenswaͤrme des Hayſiſches gemacht ++), aus denen ſich jedoch kein ſicheres Reſultat ableiten laͤßt; denn nachdem ſie die Waͤrme dieſes Fiſches mittels eines in den After eingeführten Thermometers bes ſtimmt, haben ſie nur noch das Maximum und Minimum der Luft und des Seewaſſers an den beiden Tagen, wo fie ihre Ver— ſuche anſtellten, angegeben. uͤber der Temperatur des Waſſers. ) Praelectiones in physicam theoricam. Tubing. 1750. *) Memoires de l’Ac. d. Sc. d. Paris. 1785. ) Mem. d. l’Ac. d. Sc. de Turin, Ans X. et XI. T. XII p. 88. 1 nn de physique et de chimie. T. XXVI. p. 207. 1824. 5 d. Sc. nat, 2. Série, Tom. IX. p. 190. Zoologie. 1 2 N 213 Ich will hier darauf aufmerkſam machen, daß die meiften der obenerwaͤhnten Beobachter ihre Verſuche an Fiſchen angeſtellt has ben, die ſich nicht im Waffır befanden, und dann die Tempera⸗ tur, welche dieſe Fiſche in der Luft zeigten, mit der des Waſſers verglichen, aus dem fie dieſelben genommen hatten. Auf diefe Weiſe laͤßt ſich durchaus kein bündiges Reſultat erlangen. Die Herren von Humboldt und Provençal verfuhren anders “). Sie führten Thermometer in den Körper von nicht näher be— zeichneten Fiſchen ein, die ſie im Waſſer ließen und die folglich zu atbmen fortfuhren. Sie fanden an ihnen dieſelbe Temperatur, wie die des umgebenden Mediums. Zu demſelben Reſultate ge— langte Berthold, der, wie geſagt, mit großer Gewiſſenhaftigkeit experimentirte. Er fand, daß der Karpfen, wie der Aal, genau die Temperatur des umgebenden Waſſers annahm, dieſelbe mochte nun ſteigen oder fallen. Meine Beobachtungen haben mich auf aͤhnliche Reſultate geführt. Leider habe ich deren nur zwei ange— ſtellt, und zwar mit derſelben Species, dem Cyprinus alburnus, der Martine eine eigenthuͤmliche Wärme von 0,55° C. beilegt. Ich waͤhlte dieſe Species wegen ihrer geringen Groͤße, da ich meine Verſuche auf kleine Thiere beſchraͤnken mußte, bei denen allein der ganze Koͤrper von den Veranderungen der aͤußeren Tem— peratur ſchnell betheiligt wird. Da während der ganzen Dauer des Verſuches die Reſpiration des Fiſches ihren Fortgang haben muß, fo wandte ich den obenerwaͤhnten Glas cylinder mit Waſſer an und brachte in denſelben ein lebendes und ein todtes Exemplar, von denen jedes eine Loͤthſtelle in ſeinem Koͤrper hatte. Auf dieſe Weile ging das Athemholen des Fiſches, welcher vollkommen mun— ter blieb, fortwährend gehörig kraͤftig von Statten. Die Loͤth— ſtelle war von der Seite in das Abdomen eingeſenkt. Das Reſul— tat war, daß der lebende Fiſch durchaus dieſelbe Temperatur, wie der todte und wie das umgebende Waſſer beſaß. Bei Wiederho— lung des Verſuches zeigte ſich durchaus derſelbe Erfolg. Der Ver— ſuch waͤre nun noch mit anderen Species zu wiederholen. Ich bin ſehr geneigt, zu glauben, daß man bei allen dieſelbe Abweſenheit oder vielmehr Schwäche der Lebenewärme finden werde, da dieſer geringe Grad von Waͤrme ſich unſeren feinſten thermoſcopiſchen Mitteln entzieht, was wahrſcheinlich von der Schwaͤche des Kie— menathmens herruͤhrt, durch welches nur der in dem Waſſer auf— geloͤſ'te Sauerſtoff abſorbirt wird. Mollusken und Anneliden. Einer Beobachtung Martine's zufolge, hatte eine von ihm nicht näher bezeichnete Schnecke eine eigenthuͤmliche Waͤrme von 2 Grad F. (1,11 Grad C.). Spallanzani hat mehrere Verſuche über die eigenthuͤmliche Wärme der nackten und Grhäus:Schnecen angeftellt ). Er that dieſe Weichthiere mit einem Thermometer in weite gläferne Roͤh⸗ ren Befapd ſich nur eine Schnecke in der Röhre, fo zeigte das Thermometer durchaus keine Erhohung der Temperatur; waren aber mehrere beiſammen, fo ſtieg es um 1, +, ja ſelbſt 4 Grad RN. Als er eine einzige Schnecke in eine mit Sauerſtoffgas ge: füllte Röhre that, ſtieg das Thermometer um a Grad, und wenn eine gewiſſe Anzahl Schnecken auf dieſe Weiſe in eine Atmofphäre von Sauerſtoffgas gebracht wurden, hob ſich der Stand des Ther— mometers um 1 Grad. Ein in der Nähe der Röhren befindlichts zweites Thermometer, ſagt Spal lanzani, gab mir die Gewiß⸗ beit, daß bei der Beobachtung kein Fehler vorgefallen ſey. Ich muß aber bemerken, daß diefe Ueberzeugung Spallanzani's ſich auf nichts Feſtes ftüste; denn ich habe beobachtet, daß die Tem⸗ peratur der in einem geſchloſſenen Glasgefaͤße enthaltenen Luft nie dieſelbe iſt, wie die der äußeren Luft. Ich habe dieſen Verſuch mit dem thermoelectrifchen Apparate gemacht, indem ich die Loͤth⸗ ſtelle einer der Nadeln in das Gefäß und die andere Loͤthſtelle in die Nähe feiner zußeren Wandung brachte. Iſt die Temperatur der das Gefaͤß umgebenden Luft im Abnehmen begriffen, ſo beſitzt J Mem. de la Socisté d’Arcueil. T. II. p. 398. 1809. h Memoires sur la respiration, traduits par Sennebier, p. 257. Geneve, 3 214 bie Luft im Inneren des Gefäßes gleichzeitig eine höhere Tempe» ratur, als die äußere, und zwar weil das Glas die Wirme ſchwer durchlaͤßt und daher die innere kuft eine Zeitlang die höhere Tem⸗ peratur beibebält, welche die äußere Luft früher beſaß und jener mitgetheilt hatte. Iſt die Temperatur der Atmofphäre im Steigen begriffen, fo findet natürtich das Gegentheil ſtatt. Bei den Vers ſuchen Spallanzani's konnten alfo aus dieſem Grunde leicht Beob⸗ achtungsfehler entſtehen, die ibm entgingen. Wenn man überdem mehrere Thiere in ein verſchloſſenes Gefäß bringt, um die Tempe⸗ ratur zu beobachten, welche fie zuſammen beſitzen, fo find dleſe Umſtaͤnde leicht die Veranlaſſung von ſehr bedeutenden Irrthuümern, wovon weiter unten mehr die Rede ſeyn wird. Nach John Davy hat die gemeine Aufter dieſelbe Tempera⸗ tur, wie das umgebende Medium; eben fo verbält es ſich mit dem officinellen Blutegel und einem Erdblutegel, den er auf Ceylon ge» funden hat. Berthold hat ermittelt, daß die Gartenſchnecke (Helix po- matia) um etwa 1 Grad C. kuͤhler ſey, als die umgebende Luft. Als er eine Anzahl Schnecken zuſammen in ein Gefäß that, fo beobachtete er eine Temperatur, die um 1 Grad niedriger war, als die der Luft, und als er dieſe Weichthiere unter Waſſer brachte, beſaßen ſie dieſelbe Temperatur, wie letzteres. Demnach rührte die relative Kälte, welche fie in der Luft zeigten, von der an der Ober⸗ fläche ihrer Haut ſtatifindenden Verdunſtung her. Die Anodonta anatina, der officinelle Blutegel und der Erdblutegel gaben ibm ganz dieſelben Reſultate, zu denen auch ich bei Anwendung des thermoelectriſchen Apparates gelangt bin. Meine Beobachtungen beziehen ſich auf Limax rufus, Helix pomatia und Hirudo medi- einalis, und bei keinem dieſer Thiere fand ich bei der Beobachtung in mit Waſſer geſaͤttigter Luft die geringſte Lebenswaͤrme. An der freien Luft zeigten fie ſich ſaͤmmtlich kalter, als jene, was von der Verdunſtung der organiſchen Feuchtigkeiten herrührte. Ganz neuerdings hat Hr. Valentin ſeine Unterſuchungen über die Temperatur mehrerer wirbelloſen Sesthiere aus den Claſ⸗ fen der Pflanzenthiere, Weichthiere und Ctuſtenthiere bekanntge⸗ macht ). Da diefer Beobachter aber über das bei feinen Verſu⸗ chen angewandte Verfahren gar nichts Näberes angiebt und über die Vorkehrungsmittel ſchweigt, die er zur Vermeidung der bei der: gleichen Unterſuchungen ſo leicht unterlaufenden Fehter angewandt haben dürfte, fo ſcheinen mir feine Behauptungen nicht gehörig ver⸗ bürgt. Manche der von ihm erlangten Reſultate ſind ubrigens handgreiflich unrichtig. So findet er, z. B., daß die Hautoberflä⸗ che der Aphysia leporina an der Luft eine Lebenswaͤrme von 0,6 Grad beſitzt, waͤhrend ſie im Waſſer, wo doch die durch Verdun⸗ ſtung veranlaßte Verkuͤhlung wegfällt, nur 0,5 Grad haben fol. Waͤre der Verſuch richtig angeſtellt worden, ſo haͤtte die Lebens⸗ wärme offenbar im Waſſer höher erſcheinen muͤſſen, als in der Luſt. Unter den Cephalopoden hat Hr. Valentin die nachſtehenden beiden Arten beobachtet und deren Lebenswaͤrme folgendermaßen beſtimmt. Octopus vulgaris 0,2 und 0,6 Grad C. Eledone moschata 0,9 Grad C. Hern sten a aa a Am Flußkrebſe (Astacus fluviatilis, Fab.) bat! Rudolpbi eine Temperatur beobachtet, welche der der umgebenden Luft ziem⸗ lich gleichkam. John Davy bat daſſelbe Cruſtenthier um 0,6 Grad kalter gefunden, als die Luft. Die Temperatur einer Krabbe zeigte ſich ihm als dieſelbe, wie die des Waſſers, in welchem das Thier ſich befand. Als Berthold ein kleines Thermometer in den Mar gen eines Krebſes einführte, ermittelte er dieſelbe Temperatur, wie bei dem umgebenden Waſſer. Bei zwei Verſuchen, die ich mit dem thermoclectriſchen Apparate an dem Krebſe anſtellte, erbielt ich daf- ſelbe Reſultat. Der eine Verſuch wurde in feuchter Luft und andere in Waſſer vorgenommen; aus beiden ergab ſich, daß dieſ Cruſtenthier keine deutliche Eigenwerme beſitzt. Die ß rührt, mei⸗ ner Anſicht nach, von det Schwache feiner Reſpiration her, die, ) Repertorium für Anatomie und Phyſtologie. Bd. IV. p. 859. 1839. a 14 * 215 wie bei den Fiſchen, durch Kiemen vermittelt wird. Es iſt ausge⸗ macht, daß der in Waſſer aufgeloͤſ'te Sauerſtoff, der bei'm Kin menathmen firiet wird, im Vergleich mit dem gasförmigen Sauer— ſtoffe der beim Lungenathmen und bei der Reſpiration der Inficz ten durch Tracheen abſorbirt wird, eine ſehr ſchwache Wärme er— eugt. 5 Im Widerſpruch mit dieſen Saͤtzen behauptet Hr. Valentin in dem weiter oben citirten Artikel, er habe bei zwei Seecruſtenthie— ren eine deutliche Lebenswaͤrme gefunden. Allein leider tragen ſeine Beobachtungen auch in dieſer Beziehung den Beweis, daß fie irrig find, an der Stirne. So hat er, z. B., bei einer Maja Squinado an der freien Luft in der Mundhöhle eine eigenthuͤmlichs Warme von 0,6“ beobachtet, während dieſelbe Gavität ihm, als das Thier ſich unter Waſſer befand, nur 0,3 erkennen ließ. Hätte er feinen Verſuch in einer zweckmaͤßigen Weiſe angeſtellt, ſo wuͤrde er im Gegentheil haben finden muͤſſen, daß die Temperatur des durch Verdunſtung abgekuͤhlten Thieres geringer ſey, als die des unter Waſſer beſindlichen. An der Squilla Mantis, einem andern Meer— cruſtenthiere, beobachtete er eine Lebenswaͤrme von 0,1 Grad. Ie cat en Wir waͤren nun zu den wirbelloſen Thieren gelangt, bei de— nen die Reſpiration die größte Entwickelung darbietet. Alle In⸗ ſecten, ſelbſt die im Waſſer lebenden, athmen die Luft im elaflifchs flüffigen Zuſtande und mittelſt ſtark entwickelter Organe. Es läßt ſich demnach erwarten, daß man bei ihnen eine bedeutendere Lebens— waͤrme finden werde, als bei den uͤbrigen wirbelloſen Thieren, wel— che mehrentheils die im Waſſer aufgeloͤſ'te Luft durch Kiemen, oder die claſtiſch⸗fluͤſſige Luft durch ſehr winzige Lungen athmen, in der nen der Wechſel der Luft nur ſehr langſam ſtattfindet. Daher find denn auch die Beobachtungen, welche fuͤr das Vorhandenſeyn einer eigenthuͤmlichen Waͤrme bei den Inſecten zeugen, ungemein zahl— reich. Zuerſt wurden dieſelben in Betreff der in Geſellſchaft leben— den Inſecten, in'sbeſondere der Hausbiene, gemacht, in deren Stoͤk— ken man jederzeit eine hoͤhere Temperatur beobachtet, als die der Bekannt ſind in dieſer Beziehung die Beob— achtungen von Reaumur, Huber ꝛc. Mehrere Naturforſcher haben auch in den Neſtern der Wespen, Hummeln, Ameiſen, ſo wie in Maſſen von Maikaͤfern, Spaniſchen Fliegen ꝛc., eine die Temperatur der umgebenden Luft mehr oder weniger uͤberſteigende Waͤrme gefunden. Hausmann ſcheint mir der erſte geweſen zu ſeyn, welcher die ei— genthuͤmliche Wärme von einzelnen Inſecten zu beſtimmen geſucht hat“). Er ſchloß einen Nachtfalter (Sphinx Convolvuli) mit einem kleinen Thermometer in ein Flaͤſchchen ein, während die Temperatur der ums gebenden @uft + 17° R war. Nat einer halben Stunde zeigte das im Flaͤſchchen befindliche Thermometer + 19° R.; bald dar: auf ſank die Temperatur im Flaͤſchchen wieder auf + 17°, welches die der umgebenden Luft war. Dieſelben R-fultate erhielt er, als er denſelben Verſuch mit dem Carabus hortensis anſtellte. Mei— ner Anſicht nach, ruͤhrte die Verkuͤhlung dieſer Inſecten, nachdem letztere eine hoͤhere Temperatur als die umgebende Luft gezeigt, da— ber, daß fie, aus Mangel an reſpirabler Luft in dem verſchloſſenen Flaͤſchchen, in Ohnmacht zu ſinken begannen. Weiter unten werde ich eines Verſuchs von Huber gedenken, wo ſich dieſelbe Erſchei— nung zeigte. Nach Hausmann's Verſuchen kommen, der chronologiſchen Folge nach, die, welche John David (Davy?) mit den nachſte⸗ henden 7 Inſectenarten angeſtellt hat. Temperatur des Temperatur der Inſects. Luft. umgebenden Luft. — — — — — Grad Cent. Grad C. Grad C. Großer ſchwarzer 25 24,3 Ueberſchuß zu Gunſten des 0,7 Käfer *) Inſects Leuchtwuerm 23,3 22,8 desgl. 0,5 Schabe (Blatta 28,3 zu Gunſten der Luft 4,4 orientalis) . 23,9 ) De animalium ex sanguium respiratione. Göttingae, 1803. % Scarabee, 15 Bern 216 Temperatur des Temperatur der Inſects. Luft. — — — — Grad Cent. Grad C. Grad C. Desgl. 2 29 23 3 zu Gunſten des Inſects 0,6 Heimchen). 22,5 16,7 deigl, 5,8 Wespe 5 . 24,4 23,9 desgl. 0,5 Scorpion a 25,3 26,1 zu Gunften der Luft 0,8 Jun om. 8 25,5 desgl. 0,8 Ich habe weiter oben das Verfahren angegeben, mittelſt defe fon Nobili und Melloni die eigenthumliche Wärme der Inſec— ten zu erforſchen geſucht haben *), und bemerklich gemacht, daß dieſe Phyſiker nicht die innere Waͤrme der von ihnen unterſuchten Inſecten, ſondern nur die aus dem Koͤrper der letztern ausſtrah— lende Waͤrme gemeſſen haben. Sie haben mit mehr als 40 Arten aus allen Familien und in allen Zuſtaͤnden ihrer Entwickelung exe perimentirt. Uebrigens haben ſie weder die Namen dieſer Inſecten, noch das Maaß ihrer Temperatur angegeben, ſondern ſich damit begnuͤgt, anzufuͤhren, es haſſe ſich als ausgemacht wahr— nehmen, daß die Inſecten eine, wenn auch nicht be⸗ deutend, hoͤhere Temperatur beſitzen, als die des umgebenden Mediums. Dieſer allgemeinen Behauptung has ben fie die beſondere hinzugefügt, daß die Raupen ftets eine hohere Temperatur beſitzen, als die Schmetterlinge und Puppenz allein hierin ſcheinen ſie geirrt zu haben. Berthold hat ſich mit der Erforſchung der Lebenswaͤrme der Inſecten nur wenig befaßt, und in dieſer Beziehung nur einen einzigen Verſuch angeſtellt. Er fuͤhrte ein Thermometer zwiſchen Käfer (Geotrupes stercorarius), von denen er eine gewiſſe Anzahl in ein Gefäß gebracht, ein, und fand, daß der Stand des Inſtru⸗ 05 ſich um 4 Grad über die Temperatur der umgebenden Luft erhob. Im Jahr 1837 wurden Newport's Unterſuchungen über die Temperatur der Snfecten veröffentlicht *r). Dieſe Verſu⸗ che wurden in ſehr ausgedehntem Maaßſtabe und mit großer Gewiſſenhaftigkeit angeſtellt, und doch habe ich gegen die Rich— tigkeit der gewonnenen Reſultate viel einzuwenden. Im Wi— derſpruche mit der Behauptung Nobili’s und Melloni's hat Newport gefunden, daß die Temperatur der Larve ſtets ger ringer iſt, als die des vollkommenen Inſects; er hat beobachtet, daß die Inſecten, während fie ſich bewegen, eine höhere Tempera- tur haben, als im Zuſtande der Ruhe; ſo wie, daß ſie wachend waͤrmer ſind, als ſchlafend; daß die Waͤrme der Inſecten abnimmt, wenn ihnen ihr Futter entzogen wird; daß ſie mit der Thaͤtigkeit der Circulation, d. h., mit der Haͤufigkeit der Pulſationen des Ruͤckengefaͤßes, und endlich auch mit der Haͤufigkeit der Wechſelbe— wegungen des Ein- und Ausathmens zunimmt. um dieß gehoͤrig zu verſtehen, muß man wiſſen, daß nach der von Newport zuerſt aufgeſtellten und in einer andern Abhandlung dargelegten T) Theo⸗ rie, die Inſecten mittelſt abwechſelnder Ausdehnung und Zuſam— menziehung ihres Koͤrpers Luft in ihre Tracheen einfuͤhren und aus denſelben austreiben. Die Haͤufigkrit jener Wechſelbewegungen bes urtheilt er nach den Bewegungen der Segmente des Hinterleibes Um die Lebenswaͤrme der Inſecten zu beobachten, hat New— port mehrere Verfahrungsarten angewandt. Ein einzigesmal führte er die Kugel eines kleinen Thermometers in den Körper eie nes Inſects ein; bei allen übrigen Verſuchen begnuͤgte er ſich da⸗ mit, die Kugel des Thermometers mit der Koͤrperoberflaͤche des von ihm unterſuchten Inſects in Berührung zu bringen. Wenn letzteres ſich an der freien Luft befand, ſo wurde es mit einer Pin⸗ cette feſtgehalten und hierauf das mit feinem Körper in Beruͤh— rung befindliche Thermometer mit Wolle bedeckt. Hier fand eine Urſache von Beobachtungsfehlern ſtatt, welche Hrn. Newport entgangen iſt. Das auf der einen Seite mit Wolle bedeckte und mit der andern an dem Inſectenkoͤrper anliegende Thermometer ) Grillon. ) Annales de Chimie et de Physique. T. XLVIII., p. 207. % Philosophical Transactions 1837. P. II., p. 259. +) Philosophical Transactions, 1836. P. II. 217 war der ſtrahlenden Wärme entzogen, während das vergleichungs⸗ weiſe angewandte Thermometer ſich an der freien Luft befand und alfo der Einwirkung der ſtrahlenden Wärme ausgefrgt war. Es fand hier alſo ein Nebengrund ſtatt, weßhalb die Temperatur der beiden Inſtrumente nicht dieſelbe ſeyn konnte. In andern Faͤllen that Newport das zu unterſuchende Inſect in ein Flaſchchen, und die Kugel des ebenfalls in das Flaͤſchchen eingeführten Thermome— ters ward mit dem Körper des Jaſects in Berührung gebracht. Ein anderes Thermometer zeigte die Temperatur der das Flaͤſch⸗ chen umgebenden Luft an. Newport ſorgte dafuͤr, daß weder das Inſect, noch das Flaͤſchchen durch die Berührung mit den Fin⸗ gern erwärmt ward. Ich bemerke, daß, trotz dieſer Vorſichtsmaaß— regeln, hier dieſelbe Urſache von Beobachtungsfehlern ſtattfand, wie bei einem aͤhnlichen Verfahren, das Spallanzani zur Beobach— tung der Temperatur der Schnecken anwandte und von welchem oben die Rede geweſen iſt. In dem Flaͤſchchen unterſuchte News port in'sbeſondere die gefluͤgelten Inſecten. Dieſe Beobachtungs— methode bietet, außer dem fruͤher bemerkten, noch einen Uebelſtand dar. Das in einem engen Gefäße ſich heftig abarbeitende Infect muß durch die Reibung an den Wänden deſſelben, fo wie an der Kugel des Thermometers Waͤrme erzeugen, und dieſe Reibung muß vorzuͤglich dann von Belang ſeyn, wenn das Inſect feine Flügel in ſchwirrende Bewegung ſetzt. Hr. Newport hat dieſen Ein⸗ wurf vorhergeſehen, und Verſuche angeſtellt, welche, feiner Anſicht nach, beweiſen, daß die fragliche Reibung keine merkliche Tempera- turerhoͤhung hervorbringen koͤnne, was ſich ſchwer glauben laͤßt. (Fortſetzung folgt.) Mi dee le n. Ueber zahlreiche jetzt lebende mikroſcop iſche Thiere der Kreideformation, hat Hr. Prof. Ehrenberg eine dritte Fortſetzung feiner Beobachtungen, wodurch die Zahl ders ſelben faſt verdoppelt wird und auf 40 Arten ſteigt, der Berliner Academie der Wiſſenſchaften mitgetheilt. Durch Prn. v. Ber ze— lius erhielt Hr. Ehrenberg friſchen Meeresſchlamm von der Schwediſchen Kuͤſte, den der Biſchof Eckſtroͤm auf der Inſel = 218 Zjörn in Kattegatt zu dieſem Zwecke einaefommelt hatte. Es fans den ſich darin nicht weniger als 12 lebende Arten ſolcher Kieſel⸗ ſchaalenthiere, die bisher nur foſſil in den Kreidemergeln von Gals tanifetta in Sicilien und Oran in Africa beobachtet worden. Ber ſonders intereſſant war das Vorkommen der lebenden, bisher nur in den Mergeln von Oran foſſil bekannten, Grammstophora afri- cana, nebſt der auch in den Griechiſchen Mergeln gefundenen Gramm. ocennica aus Callao in peru. Hr. E. fand außerdem eine, ſchon früher im Mergel von Oran beobachtete, vierfeitig prismatiſche Form von Kieſelſchaalentbieren im Waſſer des Kattegatt lebend. Sie bildet ein neues genus: Amphitetras antediluviana. Ferner fanden ſich noch die Dietyocha Speculum Sicilien’s, fo wie 8 Arten der Gattung Actinocyelus und zwar aus der Abthrilung ohne Scheidewaͤnde, weiche die großere Maſſe der Kieſelerde in den Krei⸗ demergeln von Galtanifetta und den Mergeln von Oran bilden bel⸗ fen, und die ſich durch die Zahl ihrer Strahlen weſentlich characte⸗ riſiren Es waren naͤmlich die Arten mit 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 15 Strahlen, Actingeyelus biternarius, septenarius, octo- narius, nonarius, denarius, undenarius, bisenarius (nicht duode- narius) und quindenarius, Aus diefer Abtbeilung war bisher noch keine lebende Art bekannt. Alle Formen find polygaſtriſche Infuſo⸗ rien aus der Familie der Bacillarſen; ſpaͤter fand Hr. E. lebend im Waſſer der Nordſee von Cuxhaven noch drei der gewöhn ichen kalkſchaaligen Polythalamien der Scbreibkreide und zwei Kieſelſchagl⸗ thiere der Kreidemergel nämlich Rotalia globulosa; Rotalia per- ſorata; Textilaria globosa; Gallinella sulcata und Navicula Didimus. Zwei ſchon länger als lebend in der Nordſee bekannte Kies ſchaalſelthierchen fanden ſich auch im Kreidemergel. Dieſe 19 neuen Kreidethierchen der Jetztwelt geben alſo mit den ſchon früher ges fundenen 21 Arten die Zabl von 40 Arten von Thieren, tbeils Polythalamien, theils Infuforien, die der Jetztwelt und der Kreide⸗ formation gemeinſam ſind. (Preuß. Staatsz.) Von fliegenden Fiſchen hat Herr Agaſſiz mehrere foſſile Arten in dem Muſeum des Collegiums zu Edinburgh aufs gefunden, welche Derſelbe ohne Zweifel in feiner Histoire des Poissons fossiles näher beſchreiben wird. Necrolog. — Der verdiente Aſtronom und Profeſſor zu Wien, Dr. von Littrow, iſt am 29. Nov. daſelbſt verſtorben. ud Ueber den Zuſtand des Blutes bei endemiſchen Fiebern. Von Henry Ancell. Wir verdanken dem Dr. Stevens ausgebreitete Bes lehtungen über die Sumpffieber der tropiſchen Climate. Derſelbe bemuͤht ſich, feſtzuſtellen, daß dieſe Fieber durch Einathmung ſchwaͤchender Gifte in der Luft bewirkt werden, welche unmittelbar auf das Blut einwirken. Er hat nach— gewieſen, daß bei den Sumpffiebern von America und Weſt— indien das Blut bereits vor dem Anfalle veraͤndert ſey, d. b. vor der Einwirkung auf das Nervenſyſtem, durch welches die Krankheit bemerkbar wird. Es fand ſich das Blut von dunkler Farbe, das Serum war nicht durchſichtig, ſondern ſchmutzig oder braun, bisweilen von oͤligem Ausſehen; feine Wärme ſank bisweilen auf 94° F. und dem entſprechend war die ganze Koͤrpertemperatur vermindert, der Puls weni— ger frequent, und nun folgten verſchiedene Symptome als Vorläufer; während des kalten Stadiums nahm die Duns kelheit des Blutes zu; in dem letzten Stadium war das Blut mehr roth, bisweilen ſogar eine Zeit lang hell; waͤh— rend der Remiſſion aber wurde es wieder dunkel. In den bösartigften Fällen war in der fpätern Zeit det Krankheit das Blut vollkommen veraͤndert, zuletzt ſchwarz und matt (vapid), wobei die Schwarze lange vor dem Tode ein» trat, bevor die Lungenaction geſtoͤrt war. Dieſes Blut blieb ſelbſt im Sauerſtoffgaſe ſchwarz und konnte nur durch Salze geröthet werden. Hieraus, fo wie aus dem Ums ſtande, daß das Blut nicht mehr ſalzig ſchmeckt, und nach directen Experimenten ſchließt Dr. Stevens, daß in dem Verlaufe dieſer und anderer bösartiger Fieber das Blut feine Salze verliere. Das Gift, von welchem dieſe remittitenden Fieber abhängen, iſt jedoch keinesweges fo tödtlih, als das⸗ jenige, welches gelbes Fieber hervorruft, Man muß i doc die zwei Arten deſſelben unterſcheiden. Das endemiſche gelbe Fieber von Weſtindien iſt die Folge langer Einwirkung der Hitze auf das Blut der Frem⸗ den aus kaͤltern Climaten; es beginnt nicht mit einem Kal 219 teſtadium, ſondern ſogleich mit heftig vermehrter Thaͤtigkeit in dem Gefaͤͤßſyſteme. Hier iſt das Blut ſchon vor der Krankheit veraͤndert und begruͤndet eine Praͤdispoſition zu der Krankheit; es iſt heller, ſal haltiger und wärmer, als im normalen Zuſtende. Nach dem Anfalle wird es mit großer Kraft hervorgetrieben, iſt heiß und ſo hell, daß man bei dem Aderlaſſe in Zweifel ſeyn kann, ob es aus einer Arterie oder einer Vene komme; die Fibrine deſſelben coagu— lirt fefl, aber der Klumpen iſt weder vertieft, noch aufge⸗ trieben und das Serum zeigt bisweilen die hellrothe Faͤr— bung des Arterienblutes. Dieſer Zuſtand, fo wie die Sym— ptome des fruͤheren Stadiums gleichen auffallend einer Ent— zuͤndung des Blutes; der Verlauf iſt aber ganz verſchieden, denn anſtatt locale Entzuͤndung und Ergießungen von li- quor sanguinis mit Fibrineablagerung zu bewirken, wird es ſchwarz und duͤnn, und dieß fuͤhrt zu dem Stadium, wobei Blutungen und Blutaustretungen vorkommen. Das africaniſche gelbe Fieber oder der typhus iete- rodes iſt, nach Dr. Stevens, eine Krankheit von an— baltendem Typus, und, wie die meiſten Übrigen boͤsartigen Fieber, die Folge eines in der Luft befindlichen Giftes, hoͤchſt wahrſcheinlich thieriſchen Urſprungs. Das Gift laͤhmt, nach ſeiner Anſicht, das Herz und die Circulation im gan— zen Körper. Das Ausſehen des Blutes in dieſer Krank: beit iſt von Ruſh, Potter, Mitchell, Warren und Stevens ziemlich auf gleiche Weiſe beſchrieben worden. Dr. Potter unterſuchte Blut von fuͤnf Perſonen, welche im inficirten Theile einer Stadt wohnten und ſich ſchein— bar wohl befanden. Dieſes Blut zeigte ein eigenthuͤmli— ches Ausſehen, waͤhrend das Blut von fuͤnf entfernt woh— nenden Perſonen ganz normal erſchien. Ein junger Mann kam aus einer entfernten Gegend nach einem infieirten Dis ſtriete. Am Tage feiner Ankunft war fein Blut normal; nach ſechzehn Tagen zeigte es mehrere Eigenſchaften des Blutes des gelben Fiebers. Das Blut iſt im Anfange der Krankheit von dunkler Farbe; unmittelbar nachdem es ge— laſſen iſt, hat es einen eigenthuͤmlichen Geruch und coagu— lirt, faſt ohne Ausnahme, ohne Cruſtenbildung Der Bluts klumpen hat ſchwarze Flecke auf ſeiner Oberflaͤche; er iſt aͤußerſt weich, und waͤhrend ſeiner Bildung ſenkt ſich eine betraͤchtliche Quantität ſchwarz faͤrbenden Stoffes auf den Boden des Gefaͤßes; das Serum hat eine dunkelgelbe, bis— weilen orangegelte Färbung, aber nicht die helle Roͤthe, welche das Serum des weſtindiſchen gelben Fiebers characte— riſirt. Der Geruch des Blutes im gelben Fieber iſt ſo ei— genthuͤmlich, daß, nach Dr. Ruſh, ein Mann, welcher ſehr haͤufig zur Ader ließ, nach dieſem Umſtande allein das Erſcheinen dieſer Krankheit in einer Stadt vorherſagen konnte, bevor noch irgend Jemand die eigenthuͤmlichen Symptome dieſer Krankheit zeigte. Dr. Mitchell fand gegen den vierten Tag das Arterienblut ſo dunkel, als das Vinenblut; die Menge des Serum betrug z oder 45 es war von ſafrangelber Farbe und faͤrbte Leinwand eben fo wie Galle. Im letzten Stadium toͤdtlicher Säle, bisweilen ſogar ziemlich früh in ſolchen ſchlimmen Fällen, wird das 220 Blut duͤnn, ſchwarz, mangelhaft verſehen mit thieriſchem Stoffe und nicht ſalzhaltig. (The Lancet, Sept. 1840.) Ein Fall von Verletzung des pharynx, nebſt eini— gen Beobachtungen uͤber die Functionen der Schling— und Stimmorgane. Mitgetheilt von Dr. Kobelt. Der Zweck gegenwaͤrtiger Mittheilung geht zunaͤchſt dahin, das aͤrztliche Publicum auf ein Individuum aufmerkſam zu machen, welches mehr als wohl je ein anderes zur Unterſuchung der Func⸗ tionen des Schlingens und der Stimmbildung geeignet iſt und ſich willfaͤhrig zu den genannten Unterſuchungen anbietet. Chriſtian Muͤller, aus Heimbach bei Baumholder in Rhein- Preußen, ſeit zwanzig Jahren, und zwar zuletzt als Unterofficier, in franzoͤſiſchem Militaͤrdienſte, wurde 1836 vor Conſtantine mit einem krummen Tuͤrkenſaͤbel (Yatagan) in den Hals verwundet. Der Streich war, waͤhrend Muͤller mit ſeinem von einer Kugel getroffenen Pferde ſtuͤrzte, und dabei den Kopf nach Ruͤckwaͤrts beugte, von der Linken zur Rechten in der Weiſe gefuͤhrt, daß die Concavität der Saͤbelſpitze, gleich einer Sichel, die Haut unter dem rechten Winkel dieſes Unterkiefers erfaßte, etwa unter der Mitte des horizontalen Aſtes des Knochens in die Rachenhoͤhle eindrang, und in derſelben Gegend der andern Seite wieder durchbrach, und fo auf dieſem Wege die vordere Wand des pharynx zwiſchen der Baſis des unverletztgebliebenen Kehldeckels und der Zungenwurzel von Hinten nach Vorn durchſchnitt. Nachdem der Verwundete une ter betraͤchtlichem Blutverluſte gegen 4 Stunden auf der Wahlſtatt liegen geblieben, wurde er in ein Hoſpital gebracht, wo die Wund— raͤnder, ohne ſich zu vereinigen, innerhalb 27 Tagen ſo weit vernarbten, daß der Kranke wieder entlaſſen werden konnte. Durch dieſe unvollkommene Heilung blieb der pharynx nach Vorn geoͤff— net; doch verſah Müller nach wie vor, mit einer feſt anfchlies ßenden Halsbinde angethan, feinen Dienſt. Da ihn jedoch die zu— ruͤckgebliebene Oeffnung im Commando hinderte, ſo wurde er vor einiger Zeit ſeines Dienſtes entlaſſen, und kehrte vor drei Wochen in fein Vaterland zuruck. — Den 15. und 16. Auguſt hatte ich waͤhrend kurzer Zeit Gelegenheit, ihn zu ſehen und in Gegenwart mehrerer Freunde einige Unterſuchungen mit ihm anzuſtellen, deren Ergebniſſe ich hier in Kürze mittheile. Die ſehr betraͤchtliche Oeffnung befindet ſich in der Mitte des vordern Theiles des Halſes, und hat durch das gegen 2 Zoll tiefe Herabſinken des Kehlkopfes die Form eines vertical ſtehenden Ova— les angenommen, deſſen Laͤngendurchmeſſer 22,“ und deſſen Queer— durchmeſſer etwa 12““ beträgt. Der am untern Theile des Halſes liegende Kehlkopf bildet nicht, wie gewoͤhnlich, einen nach Vorn zugeſchaͤrften, ſondern einen mehr kugeligen Vorſprung, uͤber wel— chem ſich die genannte Oeffnung befindet, durch die man die ganze von Vorn nach Hinten abgeplattete und von Oben nach Unten ver— laͤngerte Hoͤhle des Schlundkopfes uͤberſchauen kann. — Auf dem Boden derſelben praͤſentirt ſich zunaͤchſt nach Vorn der aufrecht— ſtehende, etwas geroͤthete Kehldeckel, hinter ihm die Muͤndung des larynx und der geſchloſſene Eingang der Speiſeroͤbre. Im obern Theile derſelben erblickt man nach Vorn den koͤrnig ausſehenden Stumpf der dicken Zungenwurzel, zwiſchen dieſer und der hintern Wand der fauces, etwas weiter nach Oßen eine in die Queere ge— ſtellte Scheidewand, den hintern Bogen des weichen Gaumens, don deſſen Scheitel die uvula herabhaͤngt und deſſen beide Schenkel ge— gen 3 Zoll weit an den Seiten des pharynx nach Unten und Hins ten herablaufen. Von dieſer Queerwand gelangt man in die Mundhöhle, hinter ihr in das Gewoͤlbe des Schlundkopfes. Dieſe letztere Paſſage erſchien hier viel enger, als man ſich gewoͤhnlich vorſtellt, indem ſich die uvula im ruhigen Zuſtande nur 3“ von der hinteren Wand des pharynx entfernt hielt. Unter den ange— führten Verhaltniſſen iſt uns ſomit in der Perſon Muͤller's die guͤnſtigſte Gelegenheit geboten, das Verhalten des Gaumenſeegels, der Zungenwurzel u. ſ. w. waͤhrend des Saug- und Schlingge— ſchaͤftes ic, von der Rachenhoͤhle aus beobachten zu koͤn⸗ 221 nen. — Zu dieſem Behufe ließ ich ihn zuerſt einige Züge Taback rauchen Im Momente des Einziehens des Rauches traten die Schenkel des vorderen Bogens des weichen Gaumens gegen die Medianlinie ſchaͤrfer hervor, der Scheitel des Bogens rückte gegen die leicht gehobene Zungenwurzel herab, und ließ nur eine kleine Oeffnung übrig, hinter welche ſich die uvula in ſchiefer Richtung von Oben und Vorn nach Unten und Hinten, wie die Klappe eis nes Ventiles anſchloß, fo daß die Spitze derſelben zugleich auf das planum inclinatum des hintern Theiles der Zungenwurzel zu lies en kam. Der hintere Bogen nahm an dieſem ganzen Glſchaͤfte einen weſentlichen Antheil. — Ganz daſſelbe fand bei'm Einſau⸗ gen tropfbarer Flüͤſſigkeiten ſtatt. — Bei'm Niederſchlucken der eingeſaugten Fluͤſſigkeit lichtete ſich das genannte Ventil der uvula, der arcus glosso-palatinus bob ſich, und die Fluſſigkeit wurde durch ein raſches Heben der basis linguse nach Hinten hervorge— preßt. Im demſelben Momente begann nun aber zugleich das eb: bafte Spiel ſämmtlicher den zweiten Act des Schlingens beſorgen— der Muskeln. Im Augenblicke, da der vordere Bogen der Fluͤſ— ſigkeit den Durchgang geſtattete, und die Zunge nach Oben und Hinten gehoben wurde, ſchob ſich der hintere Bogen (die oben beſchriebene Scheidewand) in raſchem Zuge nach Hinten und Unten binter der Zungenwurzel herab, ſeine ſcharf vorſpringenden Schen— kel naͤherten ſich einander und ließen einen nach Unten ſich erwei⸗ ternden Schlitz zwiſchen ſich, vor deſſen Spitze ſich das herabhaͤn— gende Zäpfchen anſchmiegte, und indem gleichzeitig der pharynx nach Oben gleitete und die hintere Wand deſſelben der genannten Scheidewand nach Vorn entgegenkam, legten ſich die einander zu— gewandten Flachen dieſer beiden Wände genau aneinander, fo daß hierdurch die zum Rachengewoͤlbe führende Paſſage vollkommen ge: ſchloſſen wurde. — Dieß Alles geſchah in einem ſo wunderſamen Ineinanderwirken der einzelnen Theile, daß man dadurch lebhaft an das Ueber-, In und Durcheinanderſchieben der Couliſſen, Sof: fiten und Vorhänge bei den Verwandlungen der Theaterſcene exe innert wurde. — Dabei blieb aber der abnorm herabgeſunkene Kehlkopf faſt unbeweglich in ſeiner Lage und der Kehldeckel in feiner aufrechten Stellung, was naturlich in vorliegendem Falle nicht maaßgebend ſeyn kann. — Die waͤhrend dieſes Actes an der hinteren Wand des Schlundkopfes herabgleitende Fluͤſſigkeit ſam— melte ſich auf dem Boden deſſelben, umſpuͤlte den Kehldeckel, und erfüllte zugleich den über der glottis befindlichen Raum zwiſchen den ligamenta ary-epiglottica, wobei (was ich jedoch nicht ſehen konnte) die Stimmritze nothwendig geſchloſſen ſeyn mußte, bis das fluidum über den hinteren niedrigeren Rand des Kehlkopf-Eingan— ges, wie uͤber die Schneppe eines Topfes, in die ſich oͤffnende Speiferöhre abgefloſſen war. — Dieſelben Vorgaͤnge erfolgten bei'm Schlingen eines Biſſens. Auch dieſer gleitete an der hinteren Wand in den geoͤffneten oeso- phagus hinab. Die Verſuche über die Bewegungen bei der Stimmbildung ſie⸗ len weniger befriedigend aus. — Muͤller ſprach bei hermetiſch geſchloſſener aͤußerer Oeffnung mit etwas heiſerer Stimme alle Syl— ben und Worte laut und deutlich aus, ſo daß man, wenn er ſeine Halsbinde umgelegt hatte, kaum eine ſo bedeutende und ausgedehnte Zerſtoͤrung an ſeinem Halſe vermuthen konnte. War die Oeffnung nicht geſchloſſen, ſo ſtieß er beim Verſuche zu ſprechen oder zu fingen nur die unarticulirten Toͤne der Scale mit widerlichem Ausdrucke aus der Stimmritze hervor, ohne daß ſich dabei der Kehlkopf im Verhaͤltniſſe der Hoͤhe und Tiefe der gebildeten Toͤne beträchtlich hob oder ſenkte. Die Verſuche, das Verhalten der Stimmbänder hiebei zu beobachten, ſcheiterten an der großen Em: pfindiichk:it des Kehldeckels, der keine Vorwaͤrtsbeugung deſſelben auf die Dauer zuließ, und an dem augenblicklichen und dichten Be— ſchlagen des kleinen Spiegels, den ich zu wiederholten Malen über die Stimmrige eingebracht hatte. Auch wenn ich die Oeffnung mit einem eigens zugeſcheiffenen etwas gewoͤlbten Glaſe ſchloß, konnte ich durch daſſelbe weder bei'm Sprechen, noch bei'm Singen, eine auffallende Veränderung am laryux wahrnehmen. Die Senfibilität der bloßliegenden Theile mochte wohl durch die anhaltende vierjäbrige Einwirkung aͤußerer Influenzen auf dies ſelben beträchtlich gelitten haben; denn Müller reinigte bei'm je 222 desmaligen Abnehmen der Halsbiade die ganze Flache mit feinem groben Schnupftuche, ohne dabel irgend Beſchwerde zu empfinden. Beruͤhrte ich die Wande des Schlundkopfes oder den Kebldeckel mit einem Federbarte oder mit einem naffen Pinſel, fo wurde zwur dieſe Berührung und die Temperatur der Fluſſigteit empfunden, aber erſt, wenn ich die Schleimhaut dieſer Theile mit dem Finger an ihre feftere Grundiage andrückte, entftand ein beträchtlicher Brechreiz, welcher, wie ſchon bemerkt worden, die längere Vor⸗ waͤrtsbeugung des Kehldeckels unmöglich machte. Das Betupfen dis Kehldeckels und des Schlundkopfes mit Linctura colocynthid'e blieb für den Geſchmack ohne Erfolg. Als ich aber die hintere Flache des Gaumenſeegels und der uvula damit in Berührung brachte, manl⸗ feſtirte ſich nach einigen Momenten die Empfindung des bittern Ges ſchmackes. Da jedoch das Gaumenſcegel jeden Augenblick mit der Zungenwurzel in fo vielfältige Berührung kommt, fo mochte ich aus dieſer Erſcheinung noch keinesweges einen directen Schluß auf die Geſchmacksempfaͤnglichkeit deſſelben wagen. — Endlich darf ich nicht unerwaͤhnt laſſen, daß ſich die unverlegte Haut der Uns terkinngegend gegen die Berührung mit dem Finger fo unempfind« lich zeigte, daß Müller aͤußerte, man könne ihm wohl hier ein Hautſtuͤck ausſchneiden, ohne daß er es empfinden würde. Gerne haͤtte ich dieſen für die Phyſiologſe gewiß nicht uninterefs fanten Fall mehr ausgebeutet; allein Müller mußte uns verlaffen, und fo bleibt mir nur der Wunſch übrig, daß derſelbe anderwärts ae Fachverwandten mit größerer Muße benutzt werden moͤchte. — Colik von Madrid. Unter dieſem Namen beſchreibt Dr. Hiſern in der Revue méd. Sept. 1840 eine Krankheitsform, welche ihm in einer ſehr großen Praxis jahrlich 7—8 Mal vorgekommen iſt. Aus feiner aus fuͤhrlichen Beſchreibung ergiebt ſich Folgendes: 1) Es herrſcht zu Madrid eine Krankheit, deren meiſten Sym— ptome eine Aehnlichkeit mit denen der Bleicolik auf ihren verſchie⸗ denen Snterjitäteftufen haben. Zu den fecundären Zufällen gehoren in einer gewiſſen Anzahl von Fallen auch mehr oder minder ausge: ſprochene Lähmungen der obern Extremitäten. 2) Die zweckmaͤßigſten und am allgemeinſten angewendeten Mit⸗ tel ſind Opiate zur Milderung der Schmerzen und milde, aber wiederholte Laxanzen, um Darmausleerungen zu bewirken, ferner Baͤder und Anderes. 3) Die Kranken find Recidiven unterworfen, welche fich bie: weilen mehrere Jahre hintereinander wiederholen, und überhaupt find diejenigen, welche einmal davon ergriffen waren, mehr als ans dere zu der Krankheit disponirt. Gewoͤhnlich gleichen ſich alle dieſe Krankheitsanfaͤlle in Allem auf das Vollkommenſte, beinahe bis zu der Intenſitaͤt. 4) Fraven und Kinder werden nur ſehr ſelten davon befallen. 5) Man bemerkt die Krankheit nicht bloß bei Malern oder Individuen, die mit Bleipräparaten zu thun haben, fie afficiren ſehr haͤufig auch Perſonen, welchen ſolche Beſchaͤftigungen ganz fremd find. 6) Gewoͤhnlich iſt es unmöglich, die urſachen ausfindig zu mas chen, welche zur Bildung und Entwickelung dieſer Krankheitszu⸗ ſtaͤnde Veranlaſſung gegeben haben. Uebrigens giebt es wenige Practiker zu Madrid, welche nicht Gelegenheit gehabt haͤtten, dieſe Coliken mebr oder minder häufig in ihrer Praxis zu beobachten; die Krankheit iſt ſo gemein, daß die Purganz, welche man ſeit ſehr langer Zeit gegen dieſe Coliken anwendet, in den Apotheken unter dem Namen Tisane ent colique laxative bekannt iſt. Ausdrücklich iſt zu bemerken, daß die Celik von Madrid nicht, wie man gethan bat, a's „Colique végstale“ bezeichnet werden kann; dieſer Name iſt an und für ſich bypothe⸗ tiſch und in Bezug auf die Colik von Madrid durchaus ungegrün⸗ det; die in Bezug auf Natur und Sitz fehr verſchiedenen Unter⸗ leibsaffectionen, welche zu Madrid häufia durch unpaſſenden Genuß des Eiſes, gruͤner Früchte und Gemüfe ꝛc. entſtehen, unterſcheiden ſich vollkemmen ſowohl durch ihre Symptome und Folgen, ats auch durch die Behandlung, welche fie erfordern, den der ſogenannten Colik von Madrid. 223 In Madrid find die Anſichten der Practiker getheilt: Ekaige halten die Krankheit für eine Bleivergiftung, Andere für eine Folge des Clima's und der Witterungsveränderungen; Andere glauben, die Urſachen ſeyen die einfachen und unvermiſchten Nahrungsmittel und Getränke; Andere leiten ſie von einer Vereinigung mehrerer ſolcher Urſachen her. Für die Bleivergiftung ſpricht der Umſtand, daß ein ſebr weiches und wenig kalkhaltiges Waſſer in Madrid durch Bieiroͤhren vertheilt wird, und im Sommer an Menge ſehr abnimmt, fo daß ſich in den Röhren Bleicarbonat des Bleioxyds bilden kann, welches ſich in dem Waſſer aufloͤſ't und ſo Vergiftun— gen hervorbringen koͤnnte. Jedenfalls iſt es in Madrid bekannt, daß, wenn die Regen nach der trockenen Zeit eintreten, das vorher cry— ſtallhelle Trinkwaſſer weißlich truͤb wird und ſehr haͤufig Coliken der verſchiedenſten Art hervorruft. Außerdem kann auch durch den Wein und den Weineſſig eine Art von Bleivergiftung veranlaßt werden. Die aͤrmern Leute ſind nicht im Stande, ſich die alkohol— reichen edlen Weine zu verſchaffen; fie trinken herbe, ſaure Weine aus der Umgegend ven Madrid, namentlich den Chacoli. Dieſer Wein wird ſehr häufig durch Bleizucker geſuͤßt. Die in Madrid ſo gebraͤuchlichen, in Eſſig eingemachten Capern und Gurken wer— den gewoͤhnlich in großen Gefaͤßen aufbewahrt, die immer mit ei— ner groben Glaſur verſehen ſind, wozu eine große Quantitaͤt Blei (Protosulphure de plomb) genommen wird, welches in Spanien gewohnlich mit dem Namen Alcohol bezeichnet wird (eine Corru— ption des franzoͤſiſchen Wortes Alquifoux, der Name einer reichen Bleigrube Spanien's). Die Glafur diefer Gefäße wird nach längerer Zeit an einzelnen Stellen ganz aufgeloͤſ'tz in der Fluͤſſigkeit ſchwimmen alsdann weiße Flocken, welche ſuͤßlich und ſtyptiſch ſchmecken. Fremde, welche nach Madrid kommen, erleiden, in der Re— gel, anfangs, beſonders in der heißen Jahreszeit, einige Zuſammen— ziehung des Unterleibes mit habitueller Verſtopfung; der Madrider dagegen erleidet, wenn er in die niedrigen Gegenden ſchon in der Nähe, z. B, nach Aranjuez kommt, eine Diarrhoͤe., Die climatiſchen Verhaͤltniſſe koͤnnen die Urſache davon nicht ſeyn; Alles ſpricht da— für, daß die Speiſen und Getränke mit ihrer Verunreinigung durch Blei dieſe Zufaͤlle veranlaſſen. Nachdem der Verf. die verſchiedenen Anſichten Über die Ace tiologie dieſer Krankheit hin und her erwogen hat, ſtellt er die Meinung auf, daß gewoͤhnlich dieſe Krankheit durch drei verſchie— dene Urſachen hervorgerufen werde. 1 Von einer oder mehreren prädisponirenden Urſachen indi— vidueller Art, welche natürlich unbekannt find. 2. Von einer oder mehreren allgemeinen praͤdisponirenden Urſachen, welche Veränderungen im Darmcanale hervorbringen, auf deſſen Nervenſyſtem einwirken und dadurch Verſtopfung veran— laſſen. Dieß wird durch die Speiſen und Getraͤnke, beſonders durch das Brunnenwaſſer, bedingt. 3. Bon einer fpecififchen Veranlaſſung, welche noch nicht hin— reichend bewieſen iſt und nichts Anderes zu ſeyn ſcheint, als ein Bleipraͤparat, entweder das Subacetat oder ein Carbonat des Bleies, aufgeloͤſ't im Weine, in den mit Weineſſig eingemachten Speiſen, oder im Waſſer; in dieſen Vehikeln muß indeß dieſe ſchaͤdliche Subſtanz in äußerſt geringem Verhaltniſſe vorhanden 224 ſeyn, da die Krankheit in Betracht der großen Anzahl von Indie viduen, welche denſelben Einfluͤſſen unterworfen ſind, ſehr ſelten genannt werden muß. M ies eee ee n. Die Behandlung der Varicen mit cauſtiſchem Ras li iſt von Bonnet bekanntlich allen uͤbrigen Behandlungsweiſen vorgezogen worden, nachdem er eine Reihe von Verſuchen mit den verſchiedenen Behandlungsweiſen durchgemacht hatte. Die Regeln fur die Anwendung des Kali's ſind folgende: 1) Alle 2 — 3 Zoll muſſen im Verlaufe einer ausgedehnten Vene Stucke des Achmite tels aufgelegt werden; 2) dieſes Auflegen ſollte nur an den Ve— nenſtellen geſchehen, wo Muskeln darunter liegen, alſo nur an der obern Hälfte des Unterſchenkels und an der untern Hälfte des Oberſchenkels; 3) das Cauſticum muß mindeſtens zwei Mal an derſelben Stelle aufgelegt werden, um die Vene zu erreichen; denn zur Obliteration der Vene iſt es erforderlich, daß ſie von dem Aetzmittel erreicht und geöffnet werde. Nach einmaliger Anwen— dung des Aetzmittels, wodurch nur die Haut und ein wenig Zelle gewebe zerftört wird, iſt niemals der Blutlauf aufgehoben. Es ift erſt noch zu entſcheiden, ob es beſſer ſey, die Vene durch ein einzi⸗ ges großes Stuͤck des Aetzmittels, oder durch zweimalige Anwen— dung eines kleinern Stuͤckes zu eroͤffnen. Phlebitis erfolgt niemals. Die einzige Gefahr, welche mit dieſer ſichern Verfahrungsweiſe ver— bunden iſt, beſteht darin, daß Blutungen eintreten konnen, nachdem das zweite Aetzmittel aufgelegt iſt. Vier Tage nachher hoͤrt indeß dieſe Gefahr auf, da zu dieſer Zeit die Vene bereits in einen feſten Strang umgewandelt iſt. Bonnet berichtet von einundzwanzig gluͤcklichen Curen, wobei nur zwei Mal Blutungen vorkamen, weil die Kranken nach der zweiten Aetzung das Bett nicht huͤteten und einer ſogar mit einer Stecknadel die coagula wegnahm. Bonnet empfiehlt die Operation bloß bei varicoͤſer Ausdehnung der vena saphena interna und ihrer Zweige; dagegen ſoll das Verfahren nicht helfen, wenn zugleich die vena saphena externa ausge⸗ dehnt iſt. Von einem Herzpolypen macht Dr. Boyd der Roy. med. and surg. Society May 1840 eine Mittheilung: Er war geſtielt, von der Größe einer Wallnuß, von einer glatten Haut. überzogen, die ſich in das endocardium fortſetzte und ragte in den linken Vorhof hinein. Feine Blutgefaͤße in demſelben waren von den Coronararterien aus injicirt. Die Subſtanz glich auf dem Durchſchnitte durchaus dem coagulirten Faſerſtoffe. Unter dem Mikroſcope fanden ſich eine ſehr große Anzahl feiner Gefaͤßchen in der Subſtanz. Der Kranke war dreiundſiebenzig Jahre alt, faſt pulslos, ſehr ſchwach und halbſeitig gelähmt. Ob die Geſchwulſt aus der Subſtanz des Herzens hervorgewuchert oder in der Hoͤhle des Herzens als coagulum entſtanden und ſodann mit der Herz— fubftang in organiſchen Zuſammenhang getreten ſey, iſt ſchwer zu beſtimmen; doch erinnert das Präparat an eine Injection von Hrn. Kiernan, wobei in der linken v. iliaca ein Blutcoagulum, feine Blutgefaͤßchen von der Oberflaͤche der Vene erhielt Bibliographische Neuigkeiten. Discours sur l'ensemble des phenomenes qui se sont manifestes à la surface du Globe depuis son origine jusqu'à l’&Epoque ac- tuelle. Par Mr. le Vicomte d’Archiac. Paris 1840. 4. Chatelguyon et ses eaux minerales. Par Jules Barse. 1840. 8. Riom Traité pratique des maladies des yeux, conténant etc., suivie de conseils hygieniques et thérapeutiques sur les maladies des yeux qui affectent particulierement, les hommes d'état, les gens de lettres et tous ceux qui s’occupent de travaux de cabinet et de bureau. Par le Dr. S. Furnari. Paris 1840. 8. (Mit 4 Kupf.) Pharmacopoea graeca jussu regio et approbatione collegii medici edita. Auctoribus Joanne Bouro, Med. et Chir. Dr., Path. et Therap. Prof. p. o. etc.; Xaverio Landerer, Pharmacop. Reg., Chemiae Prof. etc.; Josepho Sartori, Pharmacopoeo' aulico, Athenii 1837. 8. (Hat zwei Abtheilungen: Materia pharmaceutica und Technica pharmaceutica. Ordnung alphar betiſch. Text mit gefpaltenen Golumnen, Loteinifh und Neus griechiſch. Angehaͤngt find Lateiniſche, Franzoͤſiſche, Engliſche, Deutſche, Tuͤrkiſche und Neugriechiſche Namenregiſter, und Las teiniſche und Neugriechiſche Indices terminorum.) — — — d Vene Notizen a u 8 dem Gebiete der Nakur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medieinalratbe Fror ler zu Weimar, und dem Miedisinatrarbe und Prefeſſer Frerſer ju Berlin, No. 345. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoix zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. (Nr. 15. des XVI. Bandes.) November 1840. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Xıtir, oder 3 Fl. 36 Ar, Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. artet Nit ee FE Unterſuchungen über die Eigenwaͤrme der thieri— ſchen Organismen oder der ſogenannten kaltbluͤ— tigen Thiere. Von Becquerel. (Hierzu Figur 8 und 9 der mit Nr. 331. [Nr. f. d. XVI. Bos. ] d. Bl. ausgegeb. Tafel). (Fortſetzung.) Newport meint, die durch Anlegung der Kugel des Ther— mometers an die Oberflaͤche der auf die angegebenen Arten unter— ſuchten Inſecten in Erfahrung gebrachte Temperatur ſey nur ein Bruchtheil der innern Lebenswaͤrme, welche letztere, nach ſeiner Schaͤtzung, die fo beobachtete Temperatur um etwa 2- F. (1,19 C.) uͤberſteigt. Ich theile Nemport’s Anſicht in dieſer Beziehung keineswegs, indem ich vielmehr glaube, daß er mittelſt ſeiner Beob— achtungsmethoden ein viel zu hohes Reſultat erlangt habe. Meine Meinung ftügt ſich auf folgende Gründe: Die Inſecten nehmen, wie alle übrigen niedrig temperirten Weſen, die Temperatur des umgeben» den Mediums an, und fuͤgen zu dieſer ihre eigenthuͤmliche Waͤrme hinzu, ſo daß, wie jene auch immer, innerhalb gewiſſer Graͤnzen, beſchaffen ſeyn mag, die Temperatur des Inſects dieſelbe doch ſtets im Verhaͤltniß zu ſeiner Faͤhigkeit, Waͤrme zu erzeugen, uͤberſteigt. Man denke ſich nun ein Inſect, wie bei den von Newport angeſtellten Verſuchen, in ein Flaͤſchchen eingeſchloſſen, fo wird deſſen Lebens— waͤrme zu der von Außen angenommenen Temperatur hinzutreten, und ſo die innere Temperatur des Inſects bilden, welche ſich um einen gewiſſen Betrag über die Temperatur der im Flaͤſchchen ent— haltenen Luft erheben wird. Dieſe abgeſperrte Luft, welche ſich mit dem Inſecte, das waͤrmer iſt, als ſie, in Beruͤhrung befindet, wird aber nothwendig ſo lange eine hoͤhere Temperatur annehmen, bis fie fo warm iſt, wie das Inſect ſelbſt. Da nun dann das letz— tere nicht mehr wärmer iſt, als die es umgebende Luft, aber in ſei— nem Inneren, Waͤrme zu erzeugen, fortfaͤhrt, ſo erhebt ſich ſeine Temperatur von Neuem uͤber die der erwaͤrmten Luft, in welcher es ſich befindet. Auf dieſe Weiſe iſt es wärmer geworden, als es vor ſeiner Einfuͤhrung in das Flaͤſchchen war. Die Waͤrme der in dem Flaͤſchchen befindlichen Luft wird nun durch die Beruͤhrung mit dem höher temperirt gewordenen Inſecte abermals vermehrt, und dieß wirkt von Neuem erhitzend auf das Inſect zurück, welches im— mer ſeine eigene Waͤrme zu der des umgebenden Mediums hinzu⸗ fuͤgt. Auf dieſe Weiſe ſteigert ſich, wie man leicht einſieht, die in— nere Wärme des Inſectes fortwährend, bis endlich der in der eins geſperrten Luft enthaltene Sauerſtoff aufgezehrt iſt und folglich der Reſpiration die zur Erhaltung der Lebenswaͤrme noͤthigen Mate⸗ rialien abgehen. Alsdann ſinkt die Temperatur der im Flaͤſchchen enthaltenen Luft allmaͤlig bis zu der der Außeren Atmoſphaͤre herz Vo. 1445. ab, wie wir dieß bei den weiter oben erwaͤhnten Verſuchen Haus: mann's geſehen haben. Iſt das Flaͤſchchen nicht verſtoͤpſelt und kann die Luft darin hinreichend wechſeln, um das Athmen des Ins ſects zu unterhalten, ſo wird die Temperatur, bis zu welcher ſich das letztere erhoben und bis zu welcher es die Luft im Flaͤſchchen geſteigert bat, ſich bei einem Grade erhalten, welcher von dem, noth⸗ wendig zuletzt zwiſchen dem Betrage der fortwährenden Erwärmung der im Innern des Flaͤſchchens befindlichen Luft und dem Betrage ihrer fortwährenden Verkuͤhlung durch die Berübrung mit der aus ßeren Luft, die natuͤrlich weniger warm iſt, als die innere, von der jene durch das Glas des Flaͤſchckens, einen ſchlechten Waͤrmeleiter, getrennt wird, eintretenden Gleichgewichte beſtimmt wird. Nur weil das Gefaͤß, in welchem das Inſect mit Luft eingeſperrt iſt, die Waͤrme ſchlecht leitet, kann die eingeſchloſſene Luft eine einigerma⸗ ßen hoͤhere Temperatur annehmen, als die außerhalb des Gefäßes befindliche. Aus obigen Betrachtungen ergiebt ſich daß Newport durch feine Beobachtungen der durch in Glasflaͤſchchen eingeſchloſ⸗ ſene Inſecten entwickelten Waͤrme, nicht die wirkliche Lebenswaͤrme dieſer Inſecten, ſondern nur die Temperatur der durch die Anweſen⸗ heit der Inſecten ſtufenweiſe erwaͤrmten Luft ermittelt hat. Wenn er aber die Inſecten, an deren Körper er die Kugel des Thermo— meters anlegte, bloß mit Wolle bedeckte, umgab er ſie auch bei dieſem Verfahren mit Luft, die ſich nur langſam erneuern und ſich wegen der geringen Leitungsfähigkeit der Wolle mit der äußeren Temperatur nur ſchwer in's Gleichgewicht ſetzen konnte. Die Wir⸗ kungen dieſes letzteren Verfahrens waren alſo ziemlich dieſelben, wie bei Anwendung des Glasflaſchchens. In beiden Fallen erbielt News port für die Lebenswaͤrme der Infecten einen viel zu hohen Grad, weil er die Temperatur der in Flaſchchen oder unter der Wolle abs geſperrten Luft, welche ſtufenweiſe erwärmt worden war, für die eigenthuͤmliche Wärme des Inſectes bielt. Es haͤtte ibm moͤglich ſeyn muͤſſen, bei ſeinen Verſuchen die innere Waͤrme des Inſectes mit der daſſelbe unmittelbar beruͤhrenden Luft zu vergleichen, wenn er ein buͤndiges Reſultat haͤtte erlangen wollen. Nur auf dieſe Weiſe läßt ſich, in der That, die eigenthuͤmliche Wärme eines In⸗ ſectes, d. h., der Grad von Waͤrme, den es erzeugen und in ſeinem Inneren zu der ihm ven der äußeren Luft mitgetheilten Tempera⸗ tur hinzufügen kann, mit Beftimmtbeit ermitteln. Die umgebende Luft, welche unmittelbar an das Inſect anſtreichen kann, muß dem⸗ nach ein ſo großes Volumen beſitzen, daß ſie durch die Mittheilung der eigenthuͤmlichen Wärme des Inſectes während der Dauer des Verſuches nicht merklich erwaͤrmt wird, und außerdem muß die in⸗ nere Wärme des Inſectes mit der befonderen Wärme der daſſelbe unmittelbar umgebenden Luft verglichen werden; ſonſt wird man, wie geſagt, nur ungenaue Reſultate erhalten. Die bier dargelegten Betrachtungen führen ung unmittelbar zur Erkenntniß der Urſache, weßhalb 1 die Temperatur zuſam⸗ 0 2 minschäufter und in engen Räumen eingeſchloſſener Inſecten o br: orütend dont. An den Bienenſtoͤcken läßt ſich dieß am bequem— ſten wahrnehmen, und von Swammerdam bis auf unſere Tage haben eine Menge Beobachter dieſe Erſcheinung bei der Hausbiene wahrgenommen. Im Inneren der Bienenſtoͤcke bemerkt man ſtets eine mehr oder weniger höhere Temperatur als die der umgebenden Luft Räaumur beobachtete im Mai in einem Beenenſtocke eine Wärme von 31 Grad feines Thermometers (58,7 Grad C.) *). Die gleichzeitige Temperatur der Atmoſphaͤre hat er nicht angege— ben. Im Januar, bei — 3 Grad R., fand Réaumur die Tem— peratur im Inneren eines Bienenſtockes zu + 10 Grad R. (12,5 Grad C). Ferner beobachtete er, daß die Bienen durch ſtarkes Din: und Herbewegen in einem glaͤſernen Bienenſtocke deſſen Tempe- ratur bedeutend uͤber den Grad ſteigerten, den derſelbe darbot, als die Inſecten ſich ruhig verhielten. Die Lebens waͤrme der Bienen war alfo im bewegten Zuftande eine andere, als im ruhenden. Huber bewies durch folgenden Verſuch, daß die durch die Bienen entwickelte Waͤrme ihren Grund im Athmen hat. Er that einen Schwarm von Bienen in einen glaͤſernen Bienenſtock, bei welchem ſich die Communication des Inneren mit der äußeren Luft beliebig aufheben und wiederherſtellen ließ. Als der Bienenſtock her netiſch verſchloſſen worden war, conſumirten die Bienen bald die ſammt— liche darin befindliche reſpirable Luft und zeigten Spuren von Ohne macht. Alsdann verkuhlte ſich die Luft im Inneren des Sackes, welche vorher hoͤher temperirt geweſen war, als die aͤußere, und ſtellte ſich mit der letzteren in's Gleichgewicht. Nachdem die Con: munication der im Janeren des Bienenſtockes enthaltenen Luft mit der aͤußeren wiederhergeſtellt war, erholten ſich die Bienen wie— der, und alsbald fing auch die Temperatur des Stockes wieder an zu ſteigen. Demnach rührt die Wärme im Inneren der Bienen: ſtoͤcke von der Lebenswaͤrme der Bienen und dieſe Lebenswaͤrme vom Athemholen her. Newport hat unter allen Beobachtern die meiſten Unterſu— chungen über die Wärme im Inneren der Benenftöde angeſtellt und iſt dabei am rationellſten verfahren. Er hat, wie Rea u— mur, gefunden, daß dieſe Temperatur im Winter niedriger iſt, als im Sommer. Bei ſtrenger Kaͤlte ſinkt ſie ſogar zuweilen un— ter den Nullpunct; immer bleibt ſie aber hoͤher, als die der aͤu— ßern Luft. So beobachtete, z. B., Newport im Januar, daß die Temperatur im Inneren eines Bienenſtockes den feſten Stand von + 30 Grad F. (— 1,1 Grad C.) hatte, während die Tem: peratur der Luft + 17,5 Grad F. (— 8 Grad C.) betrug; nach⸗ dem er aber die Bienen durch wiederholtes Klopfen am Stocke aus ihrer Erſtarrung geweckt hatte und die Inſecten ſich zu bewe— gen anfingen, ſtieg die Temperatur im Inneren des Stockes binnen 6 Minuten auf 70 Grad F. (+ 21 Grad C.), alſo um 52,5 Grad F. (29,1 Grad C.) uber die Temperatur der außeren Luft und um 40 Grad F. (22,2 Grad C.) uͤber die frühere Temperatur des Stockes. Dieſer und mehrere aͤhnliche von Newport angeſtellte Ver— ſuche beſtaͤtigen REaumur's Beobachtungen über die außeror— dentliche Erhöhung der Temperatur der Bienenſtoͤcke durch die Bewegung der Bienen. In einem Falle beobachtete Newport 102 Grad F. (38,8 Grad C.), während die Temperatur der aͤu— ßeren Luft nur 34,5 Grad F. (+ 1,3 Grad C.) betrug. Dieſe bedeutende Temperaturerhoͤhung der Bienenſtoͤcke im Winter findet jedoch nur ſtatt, wenn die Inſecten fih heftig bewegen, und mit Unrecht haben manche Beobachter behauptet, daß ſich die innere Wärme der Bienenſtoͤcke im Winter auf + 28 bis 30 Grad C. halte. Während fie ein Thermometer zwiſchen die zuſammenge— haͤuften und ſich vorher ruhig verhaltenden Bienen im Stocke brach— ten, geriethen letztere naturlich in bedeutende Bewegung und er— zeugten ſo eine viel hoͤhere Temperatur, als der Stock vorher be— ſaß. So erklaͤrt Newport den hier in Rede ſtehenden Irrthum, Seinen Beobachtungen zufolge, bieten die Bienenſtoͤcke im Monat Mai und Juni die hoͤchſte mittlere Temperatur dar, was er dem Umſtande zuſchreibt, daß ſich zu jener Jahreszeit die meiſten Lars — — 8. *) M&moires pour servir à T histoire des Insectes. memoire. — 228 ven und Puppen und folglich auch die meiſten mit deren Bebruͤ— tung beſchaͤftigten Bienen im Stocke befinden. Auf dieſe Weiſe warmt er die ſeyr alte Anſicht von der Beorutung der Bienen auf, gegen welche ſchon Reaumur proteſtirt hat. Newport meint, die in ihren Zellen eingeſchloſſenen Puppen werden von den Bienen bebruͤtet, welche ihre Temperatur durch Beſchleunigung des Arhemholens willkürlich erhöhen könnten. Dieſe Bebrutung iſt kei— nes wegs erwieſen und zur Erf.ärung der zu einer Jahreszeit, wo die Stoͤcke von Bienen in allen Stadien der Entwickelung wim— meln, darin herrſchenden vorzuͤglich hohen Temperatur durchaus nicht noͤthig. Meine Anſicht uber den Grund dieſer Erſcheinung, fo wie überhaupt der in den Bienenſtoͤcken vorhandenen höheren Temperatur, als die der Atmoſphaͤre, iſt folgende. Zahlreiche in einem Gefaͤße mit Wandungen, welche die Waͤrme ſchlecht leiten, eingeſchloſſene Inſecten befinden ſich in derſelben Lage, wie das in einem Flaͤſchchen eingeſchloſſene einzelne Inſect, von dem weiter oben die Rede war. Sie muͤſſen nothwendig die mit ihnen einge— ſperrte Luft ſtufenweiſe erwaͤrmen, wie ih dieß weiter oben im Einzelnen nachgewieſen habe. Je mehr Bienen in einem Stocke vorhanden find, deſto mehr ſteigern ſie deſſen innere Wärme. Ré— aumur wollte dieſe Erſcheinung hochſt einfach durch die Erhiz— zung der Luft in einem mit vielen Menſchen gefüllten Zimmer er— klaͤren. Allein dieſer Vergleich iſt gewiſſermaßen falſch: die in eis nem Zimmer eingeſchloſſenen Menſchen konnen, fo viel ihrer auch ſeyn moͤgen, der mit ihnen eingeſchloſſenen Luft nie eine hoͤhere Temperatur mittheilen, als ſie ſelbſt beſitzen; mit Inſecten oder überhaupt niedrig temperirten Thieren verhalt es ſich anders: da dieſe ihre ſchwache Eigenwärme ſtete über die Temperatur des ſie umgebenden Mediums ſteigern können, ſo erwaͤrmen ſie ſich ſelbſt ſtu— fenweiſe hoͤher, indem ſie die umgebende Luft ein wenig erwarmen. Obwohl nun ihre Lebenswaͤrme gewoͤhnlich nur den Bruchtheil ei— nes Ganzen betraͤgt, ſo koͤnnen ſie doch, durch wiederholte Hinzufuͤ— gung dieſes Bruchtheiles, die mit ihnen eingeſchloſſene Luft ſehr be— deutend erwaͤrmen, indem nur die erkaͤltende Wirkung der aͤußeren Luft dieſer Steigerung ein Ziel ſetzt. So ſieht man ohne Schwie- rigkeit, daß die Erbitzung um ſo ſtaͤrker ſeyn wird, je mehr Bie— nen ſich in einem Stocke befinden, weil die von Außen erkaͤltend wirkende und die innere Erwaͤrmung innerhalb gewiſſer Gränzenden haltende Luft ſtets den Einfluß äußert, der Stock mag nun ſchwach oder ſtark bevoͤlkert ſeyn. Iſt die Temperatur der Atmoſphaͤre hoch, fo wird ſich die im Stocke natuͤrlich ſchneller und höher ſtei— gern. Deßhalb findet man ſie im Monat Juni am bedeutendſten, weil dann beide Urſachen der Erhoͤhung der Temperatur in den Bienenſtoͤcken, naͤmlich die ſtarke Bevoͤlkerung und die hohe Tem— peratur der Atmoſphaͤre, zuſammentreffen. Da Hrn. Newport der Umſtand nicht bekannt war, daß die Bie— nen, wie alle niedrig temperirten Thiere, die Faͤhigkeit beſitzen, ihre eir gene Wärme fort und fort über die Temperatur des umgebenden Mes diums zu ſteigern, wenngleich die letztere ſich fortwaͤhrend erhoͤht, ſo mußte ihm natuͤrlich die im Innern der Bienenſtoͤcke zu beobach— tende Temperatur fuͤr die Lebenswaͤrme der Bienen ſelbſt gelten, welche auf dieſe Weiſe als aͤußerſt veraͤnderlich erſcheint, weil fie, je nach den Umſtaͤnden, von ein wenig über 0 bis etwa 389 C. variiren kann. Indem nun Newport aus dieſen ſo verſchiedenen Waͤrmegraden das Mittel zieht, ſchaͤtzt er die normale Lebenswaͤrme der einzelnen Bienen im Zuftande der Ruhe auf 10 bis 15° F. (5 5 bis 8,3 C.) über der Temperatur des umgebenden Mediums, und giebt an, daß ſich dieſe Lebenswaͤrme im Zuſtande der Bewe— gung um ein Bedeutendes erhöhe. Wegen der geringen Groͤße der Hausbiene, konnte ich dieſes Inſect nicht mit dem thermoelectrifchen Apparate unterſuchen, um deſſen wahre Lebenswaͤrme zu ermitteln; allein wahrſcheinlich wird letztere nicht viel hoͤher ſeyn, als die der Hummel, mit welcher die Biene, in Anſehung der Organiſation und Lebensweiſe, fo viel Aehn— lichkeit hat, und deren eigenthuͤmliche Wärme weiter unten beſtimmt werden wird. Ich habe in dem erſten Capitel meiner Abhandlung gezeigt, daß die durch zuſammengehaͤufte Saamen oder Pflanzenſtoffe er— zeugte Waͤrme ihren Grund in der chemiſchen Erſcheinung der Zer— ſetzung der in Dampf verwandelten organiſchen Stoffe hat, welche 22) fih in den Zwiſchenraͤumen dieſer Saamen oder andern Stoffe ab» geſperrt befinden. Sollte nicht etwa dirfeibe Urſache von Waͤrme— entwickelung bei den in einem Bienenſtocke wahrend des Winters dicht zuſammengedraͤngten und ſich ruhig verbaltenden Bienen thär tig ſeyn? Die in den Räumen zwiſchen dieſen Inſeclen ſich vers haltenden organiſchen Ausfluſſe, ſollte man meinen, mußten eine ans fangende Zerſetzung erleiden und deßhalb eine gewiſſe Wärmeent— wickelung berbsiführen. Dieſe Frage läßt ſich indeß nicht beſtimmt entſcheiden. Die Waͤrmeentwickelung vermoͤge der Zerſetzung der in den Räumen zwiſchen angebäuften kleinen organiſchen Körpern abgeſperrten organiſchen Dünfte kann nur unter der Bedingung ſtattfinden, daß ſich die Luft in jenen Zwiſchenraͤumen nicht erneuert. Wechſelt dieſelbe dagegen, fo entwickelt ſich keine Wärme oder ver— ſchwindet doch, ſobald ſie angefangen hat, ſich zu entwickeln. Dieſe Urſache der Wärmeerzeugung zwiſchen dicht zuſammengedraͤngten Vienen kann alſo nur unter der Bedingung angenommen werden, daß ſich die Inſecten im Zuſtande der Erſtarrung oder vollſtaͤndi— gen Unbeweglichkeit befinden; denn bewegten ſie ſich, ſo wuͤrde die ihre Reſpiration unterhaltende Luft fortwährend erneuert werden. Die fragliche waͤrmeerzeugende Zerſetzung koͤnnte alſo nur im Winter ſtattſinden, wo die durch die Kälte erftarrten Bienen dicht zuſam— menfigen und längere Zeit vollkommen unbeweglich verharren. Al— lein alsdann durfte die Kälte der Zerſetzung *) ein Ziel ſetzen. Es läßt ſich demnach ſehr bezweifeln, daß die hier in Rede ſtehende Urſache von Wärme zur Erboͤhung der Temperatur der in den Stoͤcken zuſammengedraͤngten Bienen beitrage. Uebrigens entwik— kelt ſich aus angehauften animaliſchen Stoffen fo gut Wärme, wie aus angebäuften pflanzenſtoffen, wie man dieß, z. B., an Kno— chenmehlhauken oͤfters in einem hohen Grade bemerkt hat ). Gleich den Bienenjtöcden, bieten auch die Neſter gewiſſer In— ſecten eine die Temperatur der umgebenden Luft ziemlich bedeutend uͤberſteigende Wärme dar. So hat Newport in dem Neſte der gemeinen Wespe eine Waͤrme von 25 bis 28 Grad F. (13,8 bis 15,5 Grad C.) gefunden. Die Nefter des Bombus lapidarius und Bombus sylvarım boten ihm eine Wärme von 10 bis 15 Gr. F. (5,5 bis 8,3 Grad C.) dar. Endlich beobachtete er in einem Haufen der Formica herculanea, in welchem ſich die Ameiſen hef— ) So wie auch dem Annehmen der Dunſtgeſtalt von Seiten or» ganiſcher Stoffe. D. Ueberſ. Man duͤrfte die Frage aufwerfen, warum ich bei Anhäufuns fungen von lebenden Pflanzen nicht dieſelbe Urſache der Wärs meerzeugung annehme, wie bei ſolchen von kleinen lebenden Thieren. Die Pflanzen nehmen allerdings, gleich den Inſec— ten und andern niedrig temperirten Thieren, die Temperatur des ſie umgebenden Mediums an, und firaen derſelben die in ihrem Inneren erzeugte Warme hinzu. Es ſcheint alfo, als ob ſie ebenfalls die Temperatur einer um fir her befindlichen abgeſperrten Luftmaſſe, div jenen zuerſt ihren Wärmegrad mit— getheilt hat, ein wenig erböben, und demnächſt ihre eigne Tem- peratur etwas ſteigern müßten; worauf dann wieder eine Er— boͤhung der Wärme der umgebenden Luft folgen würde ꝛc. Solche durch wiederholte Steigerung erboͤhte Lebenswaͤrme würde, falls dieſe Anſicht richtig iſt, Goͤppert an den anges haͤuften Pflanzenſtoffen beobachtet haben, zwiſchen welche er fein Thermometer einführte. Dieſe hohe Temperatur würde in dieſem Falle ihren Grund nicht in der von mir angenom— menen, in den Zwiſchenraͤumen ſtattfindenden Gährung gehabt baben. Gegen dieſen Einwurf bemerke ich: Wie die Entwik⸗ kelung der Lebenswarme bei den Thieren an deren Reſpira— tionsthaͤtigkeit gebunden iſt, fo iſt dieß auch in Betreff der Erzeugung der Lebenswaͤrme grüner Pflanzentheile der Fall, und die Reſpiration der Pflanzen iſt an das Licht gebunden. Von den zuſammengehaͤuften Pflanzen ift aber der Einfluß des Lichtes ausgeſchloſſen; folglich athmen fie nicht, und folglich erzeugen ſie auch keine Lebenswaͤrme Wir muͤſſen alſo die ziemlich hohe und anhaltende Temperatur, welche Goͤppert zwiſchen angehaͤuften lebenden Pflanzen beobachtet bat, einer andern Urſache beimeffen. 250 tig bins und herbewegten, eine Wärme, welche die Temperatur der Atmoſphaͤre um 19 bis 21,6 Grad F. (10,5 bis 12 Grad C.) uberſtieg. Die Inſecten, bei welchen Newport, einzeln genommen, die hoͤchſte Temperatur fand, find die Hummeln (Bombi). Ich will eine ganz kurze Ueberſicht feiner Verſuche mittbeilen und dann über die von mir ſelbſt über denſelben Gegenſtand angeſtellten berichten. Newport hat eine aroße Anzahl von Verſuchen über die eigenthumliche Wärme der Erdhummel (Bombus terrestris) ange- ſtellt, deren ich nicht ſaͤmmtlich hier gedenten kann. Ich verweiſe den Leſer in dieſer Beziehung auf die Abhandlung des Verfaſſers, indem ich hier nur anführe, daß Newport an einem Exemplare dieſer Hummel, welches er mit einem kleinen Thermometer in ein Glasflaͤſchchen brachte und welches ſich darin ſehr heftig abarbeite⸗ te, eine Wärme beobachtete, welche die Temperatur der das Flaͤſch⸗ chen umgebenden Luft um 6.5 bis 9,5 Grad F. (3,6 bis 5 2 Grad C.) uͤberſtieg. Wenn ſich dieſes Inſect längere Zeit ganz ruhig be⸗ fand, fo zeigte ſich deſſen Temperatur nur um 1 Grad F. (0,55 Grad C.) höher, als die der das Flaſchchen umgebenden Luft. Als Newport die Kugel eines kleinen Thermometers unter das Abdomen einer geſchlechtsloſen Erdhummel brachte, welche, ſei⸗ ner Anſicht nach, mit dem Bebruten einer in ihrer Zelle einge⸗ ſchloſſenen Puppe beſchaͤftigt war, zeigte das Inſtrument eine Tem- peratur, welche die der umgebenden Luft um 227 Grad F. (12.5 Grad C.) uͤbertraf. Daraus ſchloß er, daß dieſes Juſect, behufs der angeblichen Bebruͤtung, feine Wärme durch Beſchteunigung der Reſpiration willkuͤrlich erhoͤhet babe, welche Faͤhigkeit er auch den Hausbienen zuſchreibt. Offenbar zeigte aber in dieſem Falle das Thermometer die Temperatur des Hummelneſtes und nicht die Lebenswaͤrme der Hummel an, welche ſich rubig über der Oeffnung der Zelle verbielt, in der ſich die angeblich von ihr bebrütete Puppe befand. Man muß ſich daruͤber wundern, daß Newport nicht ſelbſt hierauf verfallen iſt, da er doch ermittelt bat, daß die Hum⸗ melneſter eine bedeutend höhere Temperatur beſitzen, als die umges bende Luft. Am Bombus lapidarius beobachtete Newport, als er «in Exemplar dieſer Hummel, welches ſich ſtark abmuͤhete, in einem Flaͤſchchen unterſuchte, eine Temperatur, welche die der Atmoſphäre nur um 3,5 Grad F. (1,9 Grad C.) uͤberſtieg. Mit dem thermoelectriſchen Apparate ermittelte ich bei denſel⸗ ben Hummelarten, wie die, welche Newport unterſuchte, die Le⸗ benswaͤrme, und bei dieſen Verſuchen befritigte ich alle die Urſachen von Fehlern, welche bei den von Newport erhaltenen Reſultaten einen Irrthum vermuthen laſſen. Zuvoͤrderſt unterſuchte ich die innere Temperatur des Inſectenkoͤrpers und nicht, wie er, die Tem⸗ peratur der mit dem Inſect in einem Flaͤſchchen eingeſchtoſſenen Luft oder diejenige der Oberflaͤche des Inſectenkoͤrpers. Da bei mir die Hummel unter einer ziemlich großen Glasglocke ſich be⸗ fand, ſo konnte ſie die Temperatur der mit ihr eingeſchloſſenen Luft nicht merklich erhohen. Da ich ferner mit dem lebenden In⸗ ſecte vergleichungsweiſe ein todtes Exemplar unterſuchte und die beiden Loͤthſtellen der Nadeln ſich folglich in einander ähnlichen In⸗ ſectenkoͤrpern befanden, fo waren fie dem Einfluſſe der ſtrahlenden Wärme auf aleiche Weiſe entzogen. So vermied ich wieder eine Urſache von Beobachtungsfehlern, die bei Newport's Verſuchen ſtattfand. Da ich endlich das Inſect in mit Waſſer geiättigte Luft brachte, fo unterdruͤckte ich die durch deſſen Tranſpiration veran- laßte Verdunſtung und Abkühlung. Ich erperimentirte mit Bombus terrestris. Bombus lapidarius und Bombus hortorum. Ich tbeile nun die Einzelnheiten dieſer Verſuche mit. e Am 10. Juli früh Morgens, wo, wie oben angegeben, die Temperatur meines Cabinets mehrere Stunden lang ſich auf glei ter Höhe hielt, experimentirte ich mit einem Tags zuvor eingefanaenen Exemplare von Bombus lapidarius. Die Hummel war mittels ci⸗ nes Fadens oben an ein Stäbchen befeſtigt, wie ich dieß weiter oben näher beſchrieben habe, und die Loͤlhſtelle einer der beiden Nas deln wurde 5 Millimeter tief in den 1 Gentimeter breiten Hinter- leib eingeſenkt, die andere Löthſtelle aber mit einem Papierröllchen umhüllt, um fie dem Einfluſſe der W Wärme zu entziehen. 231 Die Temperatur der umgebenden Luft war + 19,2 Grad C. und blieb wahrene den 4 Stunden, die der Verſuch, welcher zuvorderſt an der freien Luft angeſtellt wurde, dauerte, ſtets dirſelbe. Unter dieſen Umftänden blieb das Inſect um 0,18 Grad C. kälter, als die umgebende Luft, da die Magnetnadel 3 Grad nach der Seite abwich, welche derjenigen entgegengeſetzt war, nach welcher fie ſich hatte bewegen muſſen, wenn das Inſect hoher temperirt geweſen wäre, als die in dem Papierroͤllchen befindliche Lothſtelle, welche dieſelbe Temperatur beſaß, wie die umgebende Luft. Dieſe relate Kühle des Juſectes rührte von der durch feine Tranſpiration vers anlaßten Verdunſtung her; denn fie verſchwand, ſobald ich den Ap⸗ parat mit der Glocke bedeckte, in deren Inneren ſich die Luft bald mit Waſſer ſattigte. Alsbald gab ſich die Lebenswaͤrme des Juſectes kund, da die Nadel nach der entgegengeſetzten Richtung um 5 Grad avwich und dadurch zeigte, daß die T mperatur der Hum— mel um 0,18 Grad hoͤher war, als die der umgebenden Luft. Nachdem ich nun die Glasglocke wieder abgenommen hatte, wurde das Inſect um 0,25 Grad kühler, als die freie Luft. Daß daſſelbe kalter wurde, als zu Anfange des Experimentes, rührte daher, daß die haarigen Hautbedeckungen der Hummel durch die mit Waſſer geſattigte Luft angefeuchtet worden waren, fo daß die Verdunſtung dieſer angenommenen Feuchtigkeit zu der durch die Tranſpiration veranlaßten hinzutrat. Aus dieſen Verſuchen ergiebt ſich, daß der Bombus lapidarius an der freien Lufe kalter iſt, als dieſes Me: dium, in mit Waſſer geſaͤttigter Luft aber eine Lebenswärme von 0,18 Grad zeigt, welche Warme 10 Mal geringer iſt, als diejenige (1,9 Grad C.), welche Newport an demſelben Inſecte beobach— tete, als er daſſelbe in ein Glasflaͤſchchen eingeſchloſſen hatte *). Ich wuͤnſchte, auch den Bombus terrestris zu unterſuchen, an welchem Newport die meiſten Beobachtungen angeſtellt hatte. Ich verſchaffte mir zwei ungewoͤhnlich große Exemplare, toͤdtete das eine, indem ich es in eine Glasröhre brachte und dieſe in ſehr heißes Waſſer tauchte, und fuhrte die Ldͤthſtelle der einen Nadel, nachdem die todte Hummel bis zur Temperatur der Atmoſphaͤre ab— gekuͤhlt war, in deren Hinterleib ein. Die andere Loͤthſtelle wurde in den Hinterleib der lebenden Hummel gebracht und beide Inſec— ten mit der Glasglocke bedeckt, in deren Inneren ſich die Luft bald mit Waſſer ſattigte. Die Temperatur der Atmoſphaͤre ſtieg waͤh— rend des Verſuches von + 20,3 auf 21 Grad C. Die Magnet- nadel wich um 4 Grad ab, wodurch ſich die Lebenswaͤrme des Bombus terrestris zu 0,25 Grad ergab. Uebrigens arbeitete ſich die Hummel ſehr heftig ab, um ſich zu befreien. Nun hatte New— port an dieſem Inſecte, als es ſich in einem Flaͤſchchen abmuͤhete, eine Lebenswärme von 3,6 bis 5,6 Grad C. beobachtet, welche die von mir beobachtete 14 bis 22 Mal überfteigt. Als ſich der Bom- bus terrestris in dem Fläfhchen ruhig verhielt, ermittelte New— port deſſen eigenthuͤmliche Waͤrme zu 0,55 Grad C., und dieſe Temperatur iſt noch mehr als doppelt ſo hoch, als die, welche ich 0 demſelben Inſecte im Zuſtande der hoͤchſten Aufregung beob— achtete. Der Bombus hortorum iſt eine der groͤßten Hummeln. Bei den Exemplaren, mit denen ich experimentirte, hatte der Hinter— leib 11 Millimeter Breite. Ich wuͤnſchte zu ermitteln, welchen Grad von Lebenswaͤrme dieſes Inſect im Zuſtande der heftigſten Aufregung an der freien Luft offenbaren wuͤrde. Ich huͤllte ein Exemplar von dieſer Hummel in ein Stuͤckchen Flor ein und führte die Loͤthſtelle der Nadel durch eine der Maſchen, ſo daß ſie ſich mit dem Hinterleibe in Beruͤhrung befand. Die andere Loͤthſtelle wurde in ein Papierroͤllchen gebracht, und der große Apparat ohne Glas— glocke ſtand frei in meinem Zimmer, deſſen Temperatur 21,79 C. betrug. Das Inſect bewegte ſich aͤußerſt heftig und ſeine Fluͤ— gel fuͤhrten, trotz der Florumhuͤllung, ſehr geſchwinde Schwingun— gen aus, ſo daß deſſen normale eigenthuͤmliche Waͤrme durch die ) Es fragt ſich, ob die Hummel, an welcher Newport jene hohe Temperatur beobachtete, friſch gefangen war oder nicht. Die Zeit, welche Dutrochet's Hummel in der Gefangenſchaft verlebte, reichte hin, um ihre Lebenskraft und folglich Lebens— waͤrme in bedeutendem Grade zu mindern. D. Ueberſ. 232 Muskelthaͤtigkeit gewiß um ſo viel erhoͤhet wurde, haupt moglich iſt. Die Magnetnadel wich nun um 8° ab und zeigte dadurch an, daß die mit der Körperoberfläche des Inſectes in Beruhrung befindliche Loͤthſtelle nur um 29 C. höher tem— perirt war, als die andere Lothſtelle, welche offenbar dieſelbe Tem— peratur beſaß, wie die umgebende Luft. Die höhere Temperatur der mit dem Inſect in Berührung befindlichen Loͤthſtelle ruͤhrte of— fenbar zum Theil von der Reibung an dem haarigen Koͤrper und den ſchwirrenden Flugeln, jedoch wahrſcheinlich auch von der durch die heftige Muskeldewegung geſteigerten Lebeyswärme des Thieres ſelbſt her. Als die Hummel in ihrer Florhulle ruhig gewor— den war, verminderte ſich die Temperatur ihrer Körperoberflädye auf 0,039 C., indem die Magnetnadel nur noch um 4° ab— wich. Aus dieſem Verſuche ergiebt ſich, daß die Lebenswaͤrme des Bombus hortorum an der freien Luft, ſelbſt durch die heftigſte Muskelbewegung nicht über 12 C. geſteigert werden kann, fo wie auch, daß bei dieſer Pummel die durch die Tranſpiration ver— anlaßte Verdunſtung die Temperatur dieſes Inſectes im Zuſtande der Ruhe nicht unter die der umgebenden Luft hinabdruckt, wie ich es am Bombus lapidarius beobachtet habe. Der eben erwähnte Verſuch ward mit dem Bomb yx hortorum wiederholt, ohne daß ich an dieſer Hummelart eine innere Warme hätte ermitteln konnen. Um deren Lebenswärme genau zu erfor— ſchen, experimentirte ich mit einem lebenden und todten Exemplare und brachte beide in feuchte Luft unter einer Glasglocke, wie ich es in Betreff des Bombyx terrestris angegeben. Die Lothſtelle der Nadel ward ebenfalls in das Abdomen eingeſenkt. Die Tempera— tur der Luft veränderte ſich während der Dauer dieſes Verſuchs von + 17,2 bis 17,8 C., und als die Lebenswaͤrme des Bomb x hortorum ermittelte ich 0,258. Bei einem, mit einem andern Exemplare angeſtellten Verſuche erhielt ich genau daſſelbe Reſul— tat. Die Temperatur der Luft betrug waͤhrend dieſes letzteren Verſuches fortwährend + 20,82 C. Eine der Loͤthſtellen befand ſich im Hinterleibe der Hummel, die andere in einem Papierroll— azen und der ganze Apparat in feuchter Luft. Dieſe Verſuche beweiſen, daß die Hummeln an der freien Luft zuweilen kaͤlter ſind, als letztere, und daß die Lebenswärme, wenn fie ſich unter ſolchen Umſtaͤnden kund giebt, nur aäußerſt gering iſt. Die Verkuͤhlung der Inſecten rührt in dieſem Falle von der durch die Tranſpiration erzeugten Verdunſtung ber. Die Bohrbiene (Xylocopa violacea, Fabr.), eine der größten Species, beſitzt, nach meinen Beobachtungen, eine eigenthumliche Wärme von 0,25 C., wenn man fie in feuchter Luft und mit der Lothſtelle in ihrem Hinterleibe unterſucht. Die Temperatur der umgebenden Luft betrug waͤhrend meines Verſuches fortwaͤhrend + 18,2% C. Um Herrn Newport in ſeinen Unterſuchungen Schritt fuͤr Schritt zu folgen, wende ich mich mit ihm zur Erforſchung der Lebenswaͤrme des Maikaͤfers (Melolontha vulgaris). Die Larve des Maikaͤfers beſitzt, nach Newport's For— ſchungen, eine Eigenwärme, welche um 0,1 bis 0,6 F. (0,05 his 0,339 C.) bedeutender iſt, als die Temperatur des Erdreichs, welches die Larve bewohnt. Es laͤßt ſich ohne große Schwierigkeit einſehen, wie leicht man ſich in Anſehung eines fo winzigen Tem: peraturunterſchieds zwiſchen der Erde und Larve irren koͤnne, wenn man, wie in dem fragliſhen Falle, die verkuͤhlende Wirkung der Verdunſtung nicht in Anſchlag bringen kann, welche bei der feuch— ten Erde eine andere ſeyn duͤrfte, als bei der Larve. Wie dem auch ſey, ſo trifft doch die niedrigere der beiden von Newport ausgegangenen Schaͤtzungen genau mit derjenigen uͤberein, die ich ſelbſt nach der Unterſuchung des Engerlings mit dem thermoelectri: ſchen Apparate aufgeſtellt habe, da ich deſſen eigenthuͤmliche Warme zu 0,04 C. fand, was mir eine Abweichung der Magnetnadel von 3° anzeigte. Bei dem Verſuche ward zugleich mit der leben den Maikaͤferlarve vergleichungsweiſe eine todte angewandt, und beide wurden in mit Waſſer geſaͤttigte Luft gebracht. Die Verſuche, welche Newport ruͤckſichtlich der Temperatur vieler in einer Schachtel zuſammengedraͤngten Maikaͤfer angeſtellt hat, uͤbergehe ich mit Stillſchweigen, da ſich durch dieſes Verfah— ren durchaus kein Intereſſe erweckendes Reſultat erlangen laͤßt, in— als dieß uͤber⸗ 233 dem die Inſecten, wie ich welter oben nachgewieſen, unter ſolchen Umſtaͤnden eine viel hohere Temperatur erzeugen konnen, als ihre Lebenswaͤrme. Ich berücfichtige alſo nur den Grad von eigen— thuͤmlicher Wärme, den Newport am Maikäfer gefunden hat, indem er ein kleines Thermometer in deſſen Körper einführte, worüber man in Newport's VI. Tabelle Auskunft findet. Auf dieſe Weiſe beobachtet, erhob ſich die Lebenswaͤrme des Infects auf 3,20 5 (1,77° C.) über die Temperatur der atmoſphaͤriſchen Luft, welche damals 66° F. (+ 18,8 C.) betrug. Durch ans dere Verſuche brachte Newport eine noch höhere Temperatur bei dem in lebhafter Bewegung befindlichen Maikäfer in Erfahrung, und in dieſem Falle ward die Kugel des Thermometers nur mit der Körperoberfläche des Inſects in Beruhrung gebracht. So bot ihm ein auf dem Ruͤcken liegender Malkafer, der heftige Anſtren— gungen machte, um wieder auf die Füße zu kommen, eine Tem— peratur dar, welche die der Atmoſphare um 9° F. (5° C.) über: ſtieg, welche letztere + 65,55 F. (+ 18,5% C.) beirug. Aus mei— nen Verſuchen wird man erſehen, daß die Lebenswärme des Mais kaͤfers bei Weitem nicht jo bedeutend iſt. Einem auf ein Staͤbchen feſtgebundenen und daſelbſt unbeweg— lich gehaltenen Maikafer wurde die Lothſtelle einer der Nadeln in das Abdomen eingeſenkt, waͤhrend ich die Loͤthſtelle der andern Nadel mit einem trockenen Papierroͤllchen umbüllte, Bei dieſem an der freien Luft meines Cabinets angeſtellten Verſuche ergab ſich, daß der Maikaͤfer um 0,06 bis 0,09 C. kuͤhler war, als die um: gebende Luft, und dieſer relativ kalte Zuſtand erhielt ſich eine Stunde lang auf derſelben Hoͤhe. Nun bedeckte ich den Apparat mit der Glasglocke, in der ſich die Luft bald mit Waſſer ſattigte. Bald fab ich, daß der Maikaͤfer waͤrmer wurde, als die umger bende Luft, indem die Magnetnadel um 3 Grad der Kreisſcale ab— wich, und einen Temperaturunterſchied von 0,182 C. anzeigte. Die Temperatur der umgebenden Luft betrug damals + 16“. Die an dem Maikaͤfer in der freien Luft wahrnehmbare verhaͤltnißmaͤ— ßige Kälte hatte ihren Grund in der durch deſſen Tranſpiration verurſachten Verdunſtung. Als ich dieſen Verſuch bei einer Tem— peratur der Atmoſphaͤre von + 12° wiederholte, zeigte der an der freien Luft befindliche Maikaͤfer eine um 0,03 bis 0,06 C. boͤhere Wärme, als die umgebende Luft. Dieſen Unterſchied im Refultate der beiden Verſuche ſchreibe ich dem Umſtande zu, daß die bei dem erſten hoͤhere Wärme der Atmoſphaͤre eine ſtaͤrkere Verdunſtung und folglich eine ſtaͤrkere Verkuhtung am Maikaͤfer veranlaßte. Dieſe Verſuche, bei welchen die eine Loͤthſtelle nur mit einem Papierroͤll⸗ chen bedeckt war, ließen mich die eigenthuͤmliche Waͤrme des In— ſectes nicht genau erkennen, weil die Temperatur der umgebenden Luft ſich nicht gleich blieb. Ich ſtellte alſo einen dritten Verſuch an, indem ich einen lebenden mit einem todten Maikaͤfer veralich, die ſich beide in mit Waſſer geſaͤttigter Luft befanden. Die Tem— peratur der Luft veränderte ſich während den fünf Stunden, die das Experiment dauerte, von + 14,4 bis 15,59 C. Die Lebens: wärme des Maikaͤfers betrug 0,259 mehr, als die Temperatur der umgebenden Luft. Dieſes Reſultat iſt weit von dem entfernt, 234 das Newport erhielt, welchem zufolge die innere Waͤrme des Maikaſers ſich auf 1,77“ C. belaufen wurde. (Schluß ſolgt.) Miscellen. Ueber die Temperatur, um die in geologifder Beziehung wichtige Frage über die Tiefe des unter: irdiſchen Schner’s in Nord Sibirien zu beftimmen, hat der Kaufmann Tſchergin bei dem Graben eines Brunnens in Jakutzk, in einer Tieſe von 380 Fuß, intereſſante Beobachtungen an— geſtellt. Die kaiſerliche Academie hat bereits den Plan der Ferſchun— gen mit Beihulfe von dreißig, zu dieſem Zweck eigends eingerich— teten, Thermometern entworfen. Man weiß bereits, daß das un: terirdiſce Eis in der Nähe von Jakußzk eine Dicke hat, wie man ſich dieſelbe gar nicht denken konnte, und daß, ſo dunn auch die im Sommer aufthauende Erdſchicht iſt, in derſelben doch nicht nur Geſträuche, ſondern fogar bobe Bäume und Kornarten gedeihen koͤnnen. Ein anderes wichtiges Factum iſt, daß Sibirien's Boden bis zu einer bedeutenden Tiefe aus angeſchwemmter Erde beſteht, und da ſelbige nicht im gefrorenen Zuſtande angetrieben werden konnte, fo folgt, daß die Kälte bis auf eine Ziefe von 400 Fuß die Erde erſt dann durchdrang, als ſelbige bereſts angeſchwemmt war. Die Quellen endlich, welche in der Nähe von Jakutzk aus dem unterirdiſchen Eiſe hervorſprudeln und ihren Waſſergehalt wahr ſcheinlich aus dem ſuͤdlichen Rande der Eisſchicht erhalten, geben einen muen Beweis von dem ungeheueren Kreisläufe des Waſſers. Die erſten Nachrichten über Tſchergin's Beobachtungen, welche die Academie der Wiſſenſchaften dekannt machte, erregten die Aufs merkſamkeit von ganz Europa in einem ſolchen Grade, daß die geographiſche Geſellſchaft in London ungefäumt eine Inftruction zu ahnlichen Forſchungen in England's Nordamericaniſchen Beſitzungen entwarf. In Beziehung auf die Naturgeſchichte des Blut⸗ eaels (Hirudo medicinalis) bemerkt Herr Dr. Barentin (in Wiegmann's Archiv VI. 4.), daß er ſeit Neujahr 1833 ein Exemplar beſitze, welches in dieſer Zeit funf Mol geſogen bat, während ihm das aufgeſogene Blut nie durch irgend ein Mittel ges nommen worden iſt; er gab nach jedem Saugen etwas Blut wie⸗ der von ſich, hörte aber bald damit auf. Er erhaͤlt alle vierzehn Tage, im Winter alle vier Wochen, ein Mal friſches Flußwaſſer und ftebt in einem Glaſe an einem wenig bellen Orte. „Er war nicht dahin zu bringen, feinen ganzen Körper auf einmal zu ſtrecken, ſondern ein Theil deſſelben blieb immer noch zuſammengezogen; dennoch blieb die arößte wirklich gemeſſene Streckung reichlich zehn Zoll, der man ohne Uebertreibung recht gut 2 oder 3 Zoll zulegen darf, um die ganze Laͤnge bei voͤlliger Ausdehnung, wenn dem Thiere eine ſolche moͤglich iſt, zu erhalten.“ Nekrolog. — Der als Aftronom berühmte Phyſiker, Abbate Feliciano Scarpellini, Profeſſor an der Univerfität zu Rom, iſt am 1. December daſelbſt verftorben, rn unde Ueber die Veränderung des Blutes in den Krankheiten. Von den Herren Andral und Gavarret. Am 27. Juli iſt von Herrn Andral in der Acad. roy. des sciences eine ausführliche Abhandlung. vorgeles fen worden, worüber wir folgenden Bericht aus dem Temps aufnehmen. Dieſe Arbeit iſt das Reſultat der Unterſuchung des Blutes von 200 Kranken und 360 Aderlaͤſſen. Die Un— terſuchung geſchah nach dem Verfahren der HHrn. Pre: voft und Dumas. Sie haben gefunden, daß in Krank heiten auf 1000 Theile des Blutes die Fibrine von 1— 10, die Kuͤgelchen von 185 bis 21, die feſten Beſtandtheile des Serums von 104 bis 57 und das Waſſer von 915 bis 725 variirten. In den Krankheiten iſt es ſelten, daß die verſchiedenen Beſtandtheile des Blutes gleichzeitig zunehmen oder abneh⸗ men, wenigſtens ſieht man, daß fie ſich dei ihren Veraͤnde: rungen von einander ifoliren; aber bisweilen kommt es auch vor, daß ſich zwei zu gleicher Zeit verändern, was aber als dann in umgekehrtem Sinne ftattfindet; fo kann es kom⸗ 235 men, daß, während die Fibrine zunimmt, die Kuͤgelchen ab— nehmen und umgekehrt; davon rührt eine merkwuͤrdige Vor— Anderung in den Quantitaͤtsverhaͤltniſſen her, welche dieſe Beſtandtheile unter einander haben muͤſſen. Die Krankheiten koͤnnen in Ruͤckſicht auf die Werände: rungen, die ſie in der Zuſammenſetzung des Blutes mit ſich fuͤhren, in vier Claſſen getheilt werden. Die erſte Claſſe umfaßt die Krankheiten, in wel— chen die Fibrine conſtant vermehrt iſt: dahin gehören die Entzuͤndungen; die zweite Claſſe umfaßt andere Krank— heiten, in welchen die Fibrine niemals zunimmt und haͤufig abnimmt: hierher gehoͤren die Fieber. Bei einer dritten Claſſe findet man cenſtante Verminderung der Blutkuͤgel— chen: dieß iſt die Chloroſe; endlich zu einer vierten Claſſe gebören die krankhaften Zuſtaͤnde, wo die Fundamentalver— aͤnderung in dem Blute das Eiweiß des Serums betrifft, indem dieſer Stoff vermindert iſt: dieß geſchieht bei der Bright'ſchen Krankheit. Dieß iſt aber nicht Alles; die Sache iſt nicht immer ſo einfach, und es koͤmmt haͤufig vor, daß mehrere krankhafte Thaͤtigkeiten, deren jede in dem Blute eine verſchiedene Ver— Anderung bewirkt, ſich compliciren: in dieſen Faͤllen findet man ganz einfach in dem Blute die Anzeichen dieſer Com— plication. Es werde, z. B., eine chlorotiſche Frau von ei— ner Pneumonie befallen, ſo wird das Blut fortfahren, nur ſehr wenig Kuͤgelchen zu enthalten, aber die Quantitaͤt der Fibrine wird auf der Stelle zunehmen. „Wir haben dieſe Reſultate ſo haͤufig ſich wiederholen ſehen, daß wir bloß danach, daß ſich in dem Blute irgend eines Kranken mehr als 5 Theile Fibrine finden, nicht anſtehen wuͤrden, bei die— ſem Kranken die Complication eines der Krankheitszuſtaͤnde unſerer erſten Claſſe anzunehmen; im Gegentheile wuͤrden wir daraus, daß fib weniger als zwei Theile Fibrine, anſtatt mehr als 5, vorfinden, dieſe Art der Complication laͤugnen.“ Außerhalb dem Bereiche der Krankheiten modificiren Blutverluſt und Entziehung der Nahrung die Zuſammenſez— zung des Blutes ſehr betraͤchtlich. Dieſe Einfluͤſſe complici— ren ſich ebenfalls mit denen der Krankheit. Dieſe Thatſache iſt allgemein angenommen; aber es handelte ſich darum, zu wiſſen, auf welche Weiſe und in welcher Beziehung die Zu— ſammenſetzung des Blutes alsdann veraͤndert wird. Hier— uͤber ſind folgende Reſultate erlangt worden. Blutverluſte und ſpaͤrliche Diät bewirken hauptſaͤchlich eine Verminderung der Blutkuͤgelchen; was auch ſonſt die Krankheit ſeyn mochte, in welcher die Aderlaͤſſe vorgenom— men wurden, dieſe batten die conſtante Wirkung, die Menge der Blutkuͤgelchen mehr und mehr zu vermindern, je oͤfter der Aderlaß wiederholt wurde. Es iſt aber zu bemerken, daß, von einem Aderlaſſe bis zum andern, die Blutkuͤgelchen nicht in demſelben Verhaͤltniſſe bei allen Kranken ſich vermin— dern; man findet in dieſer Beziehung ſehr große individuelle Verſchiedenheiten und eine große Ungleichheit der Reſiſtenz; ſo ſehr, daß bei einem Kranken von einem Aderlaſſe bis zum andern die Blutkuͤgelchen bloß 2 oder 8, bei einem andern dagegen 30 — 10 verlieren. Uber während die Blutentzie— hungen in allen Fällen eine Verminderung der Kuͤgelchen bes 286 wirken, fo erhalt ſich meiſtens die Fibrine auf demſelben Zahlen erhaͤltniſſe; fie nimmt ſelten ab, nimmt dagegen unter andern Umſtaͤnden zu, und es ſind auch in dieſer Be— ziehung gewiſſe Regeln feſtzuſtellen. Wenn die Krankheit. von der Natur iſt, daß eine Zunahme des Verhaͤltniſſes der Fibrine eins ihrer nothwendigen Elemente iſt, ſo findet dieſe Zunahme ſtatt, trotz der Aderlaͤſſe und trotz der Verminde— rung der Blutkuͤgelchen. Damit Blutentziehun,en im Stande ſeyen, die Verhaͤltnißzahl der Fibrine zu vermindern, iſt es noͤthig, daß ſie ſehr betraͤchtlich ſeyen und daß zuvoͤrderſt die Blutkuͤgelchen den Anfang gemacht haben, ſelbſt eine ſehr beträchtliche Verminderung zu erleiden. Es folgt alsdann ein Moment, wo das Verhältnißg ſaͤmmtlicher feſter Be: ſtandtheile des Blutes zugleich ſinkt. Von dieſer allgemeinen Expoſition gehen wir zunaͤchſt zu den Thatſachen uͤber, welche ſich auf die Veraͤnderung des Blutes bei der erſten Claſſe von Krankheiten beziehen. Dieſe erſte Claſſe umfaßt die Krankheiten, bei welchen die Fibrine vermehrt iſt. Die Zunahme der Verhaͤltniſſe dieſes Eles mentes hat ſich bei zwei Krankheiten gefunden; naͤmlich bei der Entzündung und bei der Tuberkelſchwindſucht. Die Entzuͤndungen, bei welchen das Blut unterſucht worden it, find der Gelenkrheumatismus, die pneumonie, die Capillar— bronchitis, pleuritis, peritonitis, amygdalitis, erysipelas, eystitis, acute Vereiterung der ympbodrufen und ein Furunkelausbruch mit Fieber. Das Blut ift bei 82 ſolchen Kranken und 153 bei ihnen angeſtellten Aderlaͤſſen unterſucht worden. In allen Fallen, wo ſich dieſe Krankheiten unter ihrer acuten Form gezeigt haben, und wo fie von Fieber begleitet find, hat man in dem Blute eine im- mer ſehr bemerkbare Zunahme an Fibrine gefunden; jedoch mit ei⸗ niger Variation, ſowohl zwiſchen den einzelnen Faͤllen derſelben Krankheit, als auch zwiſchen den verſchiedenen Arten von Krank— heit. Nimmt man, z. B., die Zahl 3 als die normale Mittelzahl fuͤr die Fibrine an, ſo finden ſich folgende Steigerungen. . Bei'm acuten Gelenkrheumatismus variirt die mittlere Quan— titaͤt der Fibrine zwiſchen 7 und 8, das Minimum zwiſchen 4 und 5; das Maximum erreicht 10. Die Pneumonie verhaͤlt ſich in allen Beziehungen gleich. Bei der acuten Capillarbronchitis iſt die mittlere Quantitat der Fibrine nicht mehr ſo betraͤchtlich, wie bei den beiden vorhergehenden Krank— heiten; fie bleibt zwiſchen 6 - 7, und das Maximum bleibt unter 9. Bei der acuten pleuritis nimmt die mittlere Quantität der Fibrine noch mehr ab. Sie ſchwankt zwiſchen 5—6, und das Mar rimum geht nicht über 6 hinaus, fo daß eine für Rheumatismus und Pneumonie ziemlich niedrige Zahl für die pleuritis die hoͤchſte Zahl wird. Bei der acuten peritonitis iſt die mittlere Quantität der Fie brine dieſelbe, wie bei der pleuritis (zwiſchen 5 6); das Maximum betraͤgt 7. Bei den uͤbrigen Krankheiten, z. B., acuter amygdalitis, ery- sipelas und acuter Eiterung der Lymphdruͤſen, nimmt die immer noch erhöhte Verhaͤltnißzahl der Fibrine ruckſichtlich der mittleren Quan⸗ tität noch etwas mehr ab, als bei den vorausgehenden Krankheiten; dieſe Mittelzahl beträgt kaum über 5: dennoch giebt es noch Faͤlle, in welchen das Maximum 6 und ſelbſt 7 erreicht: aber in keinem Falls ſinkt die Quantität der Fibrine unter 4, ſehr ſelten nur unter 5. So bat alfo bei allen Entzuͤndungen, bei denen das Blut uns terſucht worden iſt, welches auch ihr Sitz und ihre Intenſitaͤt ges weſen ſeyn mag, die Fibrine betrachtlich die normale Zahl übers ſchritten, und die Graͤnzen, zwiſchen welchen ſie ſchwankt, gehen von 5-1). Damit aber dieſe Regel ftebend bleibe, iſt es noͤthig, daß die doppelte Bedingung des acuten Verlaufs und des Fiebers hin« zukomme; denn wenn die Krankheit urſpruͤnglich chroniſch, oder dieß auch erſt geworden iſt, wenn kein Fieber vorhanden war oder wenn daſſelbe verſchwunden iſt, ſo hoͤrt der Ueberſchuß an Faſerſtoff in dem Blute auf. In dem acuten Zuſtande wird die Steigerung der 257 Fibrine durch die Intenfität der lecalen Symptome und durch die der fieberhaften Bewegung beſtimmt. Keine Entzundung bringt mehr Fibrine hervor, als die Pneumonie und nächſt dieſer der acute Gelenkrheumatismus. Wenn ſich die Entzündung bricht, fo vermindert ſich die Quan— titäͤt der Fibrine; wenn nach dieſem Nachlaſſe die Krankheit wieder acut wird, fo nimmt die Fibrine auf's Neue zu; wenn endtich eine acute Entzuͤndung in dem Laufe irgend einer Krankheit hinzukommt, fo bezeichnet ſich dieß auf der Stelle durch Zunahme der Fibrine des Blutes. Ganz verſchieden von der Fibrine, erleiden die Blutkuͤgelchen in keinem Falle durch Einfluß einer Entzuͤndung eine Vermehrung; bäufig ſogar ſcheinen die Blutkuͤgelchen vom erſten Anfange dieſer Krankheitsformen an vielmehr ſich vermindert zu haben. Bei jes der Entzündung, was auch bei derſelben im Anfange die Verhaͤlt— nißzahl der Kuͤgelchen geweſen ſeyn moͤge, zeigen ſie als conſtantes Gere eine Abnahme in demſelben Maaße, als ſich die Krankheit verlaͤngert; dieß findet aber, wie bereits bemerkt worden iſt, auch bei allen Faͤllen ſtatt, wo die Kranken einer ſtrengen Diät oder wiederholten Blutentziehungen unterworfen worden ſind. Eine große Verminderung der Verhaͤltnißzahl der Blutkuͤgel— chen verhinderte die Entſtehung, die Zunahme und ſelbſt die hoͤchſte Entwickelung der Entzündung durchaus nicht; auf der andern Seite ſcheint auch ein ſehr betraͤchtliches Verhaͤltniß an Blutkuͤ— gelchen durchaus die Entſtehung der Entzündung nicht zu begün: ſtigen. Aus den angeſtellten Beobachtungen ergiebt ſich, daß Ent— zuͤndung vereinbar ſey mit ſehr verſchiedenen Quantitäten der Blut— kuͤgelchen von 148 bis zu 60. Bei allen dirfin Entzundungskrankheiten haben die feſten Be— ſtandtheile des Serums keine bemerkenswerthe Veränderung er» litten. Das Waſſer ſchwankt zwiſchen 771—840. Es wurde angeführt, daß nicht bloß bei Entzündungen, fon: dern auch bei der Tuberkelſchwindſucht das Blut einen größern Fi: brinegehalt zeige. Ueber die letztere Krankheit hat ſich Folgendes herausgeſtellt. So lange die Tuberkeln ſich noch im Zuſtande der Cruditaͤt befinden, zeigt ſich eine ſehr geringe Vermehrung der Fibrine, in der Mittelzahl ungefahr zu +, und alsdann iſt eine Verminderung der Kügelchen zwar deutlich, aber noch nicht beträchtlich. Wenn die Tuberkeln anfangen, ſich zu erweichen, ſo ſteigt die Mittelzahl der Fibrine auf 41; die Quantität der Kuͤgelchen fährt fort abzunehmen. Endlich wenn in der Lunge Tuberkelboͤhlen gebildet find, fo nimmt die Fibrine noch mehr zu, in der Mittelzahl zu 5, biswei— len ſogar bis zu 6 ſich erhebend; jedoch ohne jemals die Mittel: zahl der Pneumonie zu erreichen. Wenn indeß die Tuberkelkrankheit die Kranken zu dem Au— ßerſten Grade des Marasmus herabgebracht hat, ſo beginnt die En ebenfalls dem Geſetze der Abnahme der ubrigen feften Ber andtheile des Blutes zu gehorchen: fie ſinkt unter die normale Zahl. Im Allgemeinen zeigt ſich der groͤßte Ueberſchuß an Fibrine in dem Blute der Phthiſiker zu der Zeit, wo ſich ein anhaltendes Fieber ausbildet. Indem die Blutkuͤgelchen ſich umgekehrt verhalten, wie die Fi— brine, ſo nehmen dieſelben bei dieſer Periode der Phthiſis mehr und mehr ab; während des erſten Stadiums der Krankheit blieben ſie unter (ſoll wohl heißen über) 100, obne j dech jemals ihre mit lere Quantitat zu erreichen; bei'm zweiten Grade ſinken fie in der Regel unter 100, bei'm dritten Grade wird in der Mehrzahl der Fälle ibre Quantität noch geringer, ſinkt jedoch nicht unter 81. Dieſe Verminderung iſt allerdings ſehr beträchtlich; jedoch weit ger ringer, als diejenige, welche bei der Chloroſe vorkoͤmmt. Die feſten Beſtandtheile des Secums variiren bei Pythiſikern zwiſchen 64 und 98 (die Zabl 64 fand ſich bei einem Kranken, welcher ausnahmsweiſe nur 2 Theile Fibrine batte). Das Waſſer iſt um ſo reichlicher vorhanden, in je ſpaͤterer Zrit der Krankheit das Blut unterſucht wird; es variitt zwiſchen 784 und 845. Zweite Claſſe. Krankheiten, bei welchen die Fibrine in normaler oder in verminderter Quantität vorhanden ift, waͤhrend 238 Blutkuͤgel hen in rormaler oder vermehrter Quant'tät ſich finden, Hierber gehdren: 1) die Fieber und 2) mehrere Gengeſtionen und Hämorrhagicen. VBoriäufer der anhaltenden Fieber. Hier findet ſich niemals Vermehrung, ſehr häufig Verminderung des Faferſtoffes, welches bisweilen dis auf eon ſinkt. Niemals findet ſich Abnahme der Blutkugelchen vor dem Aderlaſſe, haufig Vermehrung derſelben, bis zu dem Puncte, wo ſie über 140 hinausgehen. Einfache anhaltende Fieber. Sind dieſe nicht mit einer Los calentzündung verbunden, fo bleiben die Veränderungen diefelben, wie bei der vorausgehenden Gruppe. Einmal fanden ſich bei cis nem entzündlichen Fieber die Bluttügelchen bis zu der außeror: dentlichen Zahl von 185 vermehrt, und dennoch hielt ſich die Fi⸗ brine in ihrem normalen Verbältnijf.. Typhoͤſe Fieber. (Ein anhaltendes Fieber mit eranthematöfm und hierauf ulceröfem Zuſtande der Darmdruſen.) En'ſpre bend dem entzündlichen Ausſehen der Veranderungen in dem Darme ſollte man eigentlich die Entzundungs veränderungen des Blutes erwarten. Dieſe finden ſich aber nicht. Welche Heftigkeit die Darmentzun⸗ dung auch erreiche, die Charactere des Biutes nehmen daran nicht Theil. Beim Typhus findet man in keiner ſeiner Perioden (vom vierten bis einundzwanzigſten Tage) jemals die Fibrine über ihre Normalzahl erhoben; häufig bleibt Nie auf dieſer 3 bl, haufig ſinkt ſie aber auch darunter und zeigt alſo ein von dem gewöhnlichen in Entzündungen verſchiedenes Verhalten. Während die Fibrine bei den Entzündungen in directem Verhaltniſſe mit der Intenfität der Krankheit zunimmt, nimmt gerade bei'm Typhus die Kibrine in directem Verhaͤltniſſe zur Dertigkeit des Fiebers a, und fie kann nun dabei bis unter es ſinken. Das typhoͤſe Fieber iſt unter allen Krank: beiten diejenige, bei welcher die Zahl der Fibrine am tiefſten ae: ſunken iſt. Was die Blutkuͤgelchen betrifft, fo zeigt ſich bei den typhoͤſen Fiebern ebenfalls die entgegengeſetzte Tendenz im Ver— gleich zu den Entzuͤndungen, wo ſie ſehr haͤufig von dem Anfange der Krankheit an mit einer etwas geſteigerten Zahl ſich zeigte. Ze: mehr man das Blut in einer vom Anfange des Fiebers entfernten Epoche unterſucht, um fo mehr finden ſich Falle, in wilhen die Blutkuͤgelchen ſich nicht allein vermindert, ſondern auf eine febr merkliche Weiſe vermehrt haben. So iſt es, z. B., bis zum achten Tage nicht ſelten, die Zahl der Blutkuͤgelchen mit 140 bis 150 zu finden, während bei dem acuten Rheumatismus und bei der Pneu: monie bis zum achten Tage fie kaum über 130 ſich erheben. Noch mehr, in einer vom Anfange des typhoͤſen Fiebers bereits entferns ten Zeit ſieht man bäufig, trotz Aderlaß und fpärlicher Diät, die Blutkuͤgelchen betraͤchtlich über 130 ſich halten, was bei Entzün⸗ dungen nie vorkoͤmmt. Uebrigens iſt es ſehr merkwürdig, daß dieſe hohe Zahl auch niemals vorhanden geweſen ſeyn oder bereits aufs gebört haben kann, waͤhrend das typhöfe Fieber beginnt und um nichts weniger ſich fortentwickelt. Hier kommen daher mehrere Unterſchiede vor, welche daher rühren, daß das typhöfe Fieber ſelbſt ein viel complicirterer Krankheitszuſtand iſt, als eine Entzündung. Ausſchlagsfieber. Bei dieſem iſt die Fibrine bis auf 1 geſunken und iſt nie uͤber 4 geſtiegen, und ſelbſt dieſes Maximum hat ſich nur ein einziges Mal gefunden. Auffallend iſt es, ohne Zweifel, daß bei einer Krankheit, bei welcher, wie bei den Pocken, die Haut der Sitz einer reichlichen Eiterung iſt, das Blut nicht, nach dem Geſetze der Entzündungen, dieſen Proceß durch Vermehrung der Fibrine verrathe; es rübrt dieß daher, weil die Hautentzuͤndung der Pocke, wie die Darm⸗ entzuͤndung bei'm Typdus, nur eins der Elemente einer allgemeir nern Affection iſt, welche vorherrſcht und den Character des Blu: tes beſtimmt. Was die Blutkuͤgelchen betrifft, fo baben fie eine beträchtliche Vermehrung bei mehreren Fallen von Scharlach und Roͤtheln gezeigt, wobei fie bis auf 146 geſtiegen find, während fie bei keinem einzigen Falle von Pocken auf eine merkliche Weiſe zu⸗ genommen haben. s Intermittirende Fieber. Bei allen F Alen bat man nur per gative Reſultate erlangt, man mochte das Blut während des An- falls oder während der Apyrexie entziehen. { 4 „Nach dem, was bisjegt mitgetheilt worden iſt,“ ſagen die Bere faſſer, „ſind wir jetzt im Stande, die Frage zu beantworten, ob bei 239 einer Entzündung das Fieber oder der locale Proceß die Vermeh— rung der Fibrine bedinge. Wir koͤnnen antworten, daß es die lo— cale Entzündung iſt, und daß ohne Hinzukommen des Localproceſ— ſes das Fieber allein, welches auch ſeine Intenſitaͤt und Dauer ſeyn moͤge, nicht die Wirkung habe, die Quantitaͤt der Fibrine im Blute zu vermehren.“ Congeſtionen und Hirnblutungen. Bei der Mehrzahl der Fälle, jedoch nicht bei allen, findet ſich der Faſerſtoff unter der Normalzahl, waͤhrend die Kuͤgelchen ſich auf ihrer normalen Mit— telzahl hielten, oder dieſelbe überftiegen hatten. Dieſes Reſultat war um ſo deutlicher, je naͤher dem Anfange der Krankheit man das Blut unterſuchte. Dritte Claſſe. Krankheiten, bei welchen die Blutkuͤgel— chen vermindert ſind. Es ſind eine Anzahl Faͤlle aufgezeichnet, bei welchen eine merkliche Verminderung der Faſerblutkuͤgelchen das Characteriſtiſche ausmachten Hierher gehoͤren einige Waſſer— ſuchten, der blaſſe Abmagerungszuſtand in Folge gewiſſer Wechſel— fieber, der eigenthuͤmliche cachectiſche Zuſtand Derer, die mit Blei— präparaten arbeiten und beſonders die chlorosis. Bei dieſer letz— ten Krankheit giebt es einen erſten Grad, bei welchem die aͤußern Zeichen ſo wenig deutlich ſind, daß man fuͤr den erſten Blick die jungen Mädchen, die daran leiden, eher für plethoriſche Perſonen halten könnte; es iſt dieß eine falſche plethora, welche ſich gewiſ— ſermaßen auch durch den Zuſtand des Blutes kund giebt; denn in dieſem finden ſich bei der Analyſe bereits weniger Kuͤgelchen, als im normalen Zuſtande; aber dieſe Verminderung iſt noch wenig betraͤchtlich, ſie nimmt bald zu; alsdann zeigt ſich in dem Blute eine Verminderung der Blutkuͤgelchen, wie man fie in demſelben Grade bei keiner andern Krankheit antrifft, außer in den zufälli— gen und erſchoͤpfenden Verblutungen. Bei einem dieſer letztern Faͤlle ſank die Zahl der Blutkuͤgelchen bis auf 21; bei der chloro- sis hat man ſie von der Mittelzahl 127 bis auf 38, häufiger auf 50 ſinken ſehen. Indeß, wenn man den Chlorotiſchen einige Zeit lang Eiſen giebt und hierauf das Blut auf's Neue unterſucht, ſo findet man die Zahl der Blutkuͤgelchen wieder geſtiegen. So ſah man das Verhaͤltniß unter der Einwirkung dieſes Mittels raſch von 46 auf 95 ſich heben. Die uͤbrigen Elemente des Blutes (außer dem Waſ— ſer, welches zunimmt, in dem Verhaͤltniſſe, als ſich die Kuͤgelchen vermindern) bleiben dieſer Veränderung ganz fremd; die feſten Beſtandtheile zeigen das normale Verhaͤltniß; die Fibrine ſinkt we— der mit der Zunahme der Krankheit, noch ſteigt ſie unter Einwir— kung der Eiſenmittel. Es iſt wohl zu verſtehen, daß es ſich hier um die einfachen Chloroſen handelt; denn koͤmmt eine complici⸗ rende Entzündung hinzu, fo wird ſich dieß immer durch Steige- rung in den Verhaͤltniſſen des Faſerſtoffes kund geben. Vierte Claſſe. Krankheiten, bei welchen der Eiweißſtoff des Serums vermindert iſt. Bei derjenigen Secretionsveraͤnderung der Nieren, wobei der Urin eine gewiſſe Quantitaͤt Eiweiß ent— hält, findet man dieſes Princip in verminderter Menge in dem Blute. Dieß haben ſchon andere Beobachter gefundenz daſſelbe ergiebt ſich auch aus den Unterſuchungen der Verfaſſer, welche fanden, daß das Serum nur 56 — 60 Eiweißſtoff enthielt, anſtatt der Mittelzahl 72. Uebrigens bei den verſchiedenen Faͤllen, welche dieſe vierte Claſſe umfaßt, haben die uͤbrigen Beſtandtheile des Blutes nur 240 zufällige Modificationen erlitten, im Verhaͤltniſſe zu den zufälligen Urſachen ſelbſt. So hat, z. B., eine acute Entzuͤndung, welche auf einmal zu der Hautkrankheit hinzukam, auch ſogleich die Quan— tität der Fibrine vermehrt; bei einem andern Falle verminderte fortgeſetztes Faſten um ein Betraͤchtliches die Quantität der Blut— kuͤgelchen. So hat durch Vermehrung der Anzahl der Unterſuchungen es nach und nach ſich immer leichter gezeigt, die Urſache aller dieſer Veraͤnderungen der Zuſammenſetzung des Blutes auf einige Prin— cipe zuruͤckzufuͤhren, waͤhrend die Veraͤnderung des Blutes durch ihre Wandelbarkeit und raſche Aufeinanderfolge bei'm erſten Blicke jeder Regel ſich zu entziehen und gleichſam von einem Zufalle ab— zuhaͤngen ſcheint. Mitten in dieſer ſcheinbaren Unordnung giebt es feſte Geſetze, und um dieſe nachzuweiſen, handelt es ſich nur da— rum, die Erſcheinungen von ihren Complicationen zu befreien. Misc el lee n. Eine Fortſetzung der Entzündung der Naſen— ſchleimhaut durch die Riechnerven bis zum Gehirne beobachtete Dr. Johnſon (nach dem Medico-chirurg. Review) bei einer funfzigjahrigen, verheiratheten, nervoͤſen Perſon, welche an Auftreibung der linken Naſe, mit eiterigem Ausfluſſe, litt; eine Urſache der ſeit ſechs Wochen beſtehenden Affection war nicht nach— zuweiſen. Es wurde antiphlogiſtiſch, ableitend und endlich adftrins girend verfahren. Der Zuſtand beſſerte ſich; die Kranke ging auf's Land, kam aber nach drei Monaten ſehr abgemagert, geſchwaͤcht und fiebernd wieder. Nun zeigte ſich auffallendes Zittern, Ge— daͤchtnißloſigkeit; ſie roch den u angenehmen eiterigen Ausfluß nicht mehr und hatte lentescirendes Fieber; es zeigte ſich delirium; nach einem ſtarken Naſenbluten verfiel ſie in coma und ſtarb. Bei der Section fand ſich Injection des Gehirns, eiterige Ergießung in die Ventrikel, Ulceration des corpus striatum, ein Abſceß in dem vorderen Lappen der linken Hemiſphaͤre; auf dem linken Siebbeine lag Eiter, welcher laͤngs der Aeſte des Riechnerven mit dem Eiter in der Naſenhoͤhle communicirte. Die Siebbeinzellen waren groͤß— tentheils geoͤffnet und mit Eiter gefuͤllt. Die Wurzel des Riech— nerven, welcher in ſeinem zelligen Ende Eiter enthielt, war theil— weiſe ulcerirt, und von hier ging der Abſceß in der linken Hemi— ſphaͤre aus. Reſpirator iſt der Name eines Inſtruments, welches vor einigen Jahren Herr Jeffreys ausgeſonnen hat, um allen De— nen, welche durch das Athmen einer kalten und friſchen Luft in— commodirt oder krank werden, dieſe Luft erwaͤrmt in die Luftwege gelangen zu laſſen. Eine aus feinem Drath geformte Capſel, mit duͤnnem Zeuche überzogen, wird bei kalter Luft, am Geſicht und Halſe befeſtigt, vor dem Munde getragen, wo dann durch die aus— geathmete Luft die Draͤhte eine erhoͤhte Temperatur erhalten, ſo daß dieſe die durch ſie eingeathmete Luft ebenfalls erwaͤrmen und fuͤr reizbare Luftwege ertraͤglich und angenehm machen. Der Ge— brauch des Inſtruments ſoll in England faſt Mode geworden ſeyn. Nekrolog. — Der verdiente Großherzoglich Badiſche Me— dicinalrath Dr. Sauter, im am 30. November im Canton Thur— gau geſtorben. ——— —— — EREEETELTER Bibliographische Etude nouvelle des ph&nomenes généraux de la vie; ou Re- cherches sur la vitalité, organisation, les races humaines et animales, les forces ou puissances naturelles et morbiſiques qui accompagnent les manifestations de la vie, pour servir à histoire du regne animal etc. Par M. Gabillot. Paris 1840. 8. History of British Starfishes and other animals of the Class Echinodermata, By Edward Forbes etc. Part I. London 1840, 8. Neuigkeiten. Traité élémentaire de pathologie et de thérapeutique générale, d’apres les lecons faites à la faculté de médecine de Paris par M. Andral. Ouvrage redige et publié par M. Amedee Latour. lire Livraison. Paris 1840. 8. (Wird 3 bis 4 Baͤnde bilden.) De occasion et de l’opportunite en matiere therapeutique, Par H. Golfin, Professeur à la faculté de médecine de Montpel- lier. Montpellier 1840. 8. — ———ñ ñ— Neue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober⸗Medſefnalratde Frortev jn Welmar, und dem Mediemalratde und prefeſſer Frorier in Berlin Ne. 346. (Nr. 16. des XVI. Bandes.) December 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie- Comptoir zu Weimar. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gat. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. n a t u r n en Neue Beſteigung des Vulkans Kirauea. (Vergl. Notizen 11826] Nr. 306, [1827] Nr. 361, 363, 375 und [1881] Nr. 637.) Am 8. November wurde der Londoner geographifchen Geſellſchaft ein Bericht Über eine Beſteigung des Kirauea auf Oweihi, einer der Sandwichsinſeln, vorgeleſen, welcher dem fruͤher uͤber dieſen Vulkan Bekannten manches Neue hinzufuͤgt. Die Geſellſchaft beſtand aus dem Capitaͤn J. Shepherd und mehreren Officieren des engliſchen Kriegs— ſchiffs Sparrowhawk. Am 16. November 1839 brachen die Reiſenden in Geſellſchaft eines Dolmetſchers und eines Fuͤhrers von der Vancouvers-Bai (gegenwärtig Byrons-Bai ges nannt) auf und wanderten die erſten vier engl. Meilen auf einem guten vielbetretenen Pfade durch eine ziemlich wild und zerriſſen ausſehende, aber mit Brod-, Ohea- und Bas nanen-Baͤumen bepflanzte Gegend. In der Nachbarſchaft der Wohnungen der Eingebornen zeigten ſich anſehnliche Pflanzungen ven Zuckerrohr, Tarowurzel und ſuͤßen Bata— ten. Die naͤchſten 3 Meilen ging der Weg durch Waͤlder von Konz, Papiermaulbeer- und andern Bäumen, unter denen viele viefige Baumfarrn wuchſen. Die Schmarotzerge— waͤchſe hatten ſich in ſolcher Ueppigkeit durch die Aeſte ges ſchlungen, daß ſie gegen die brennenden Sonnenſtrahlen ei— nen wirkſamen Schutz gewaͤhrten. Als die Reiſenden den Wald im Ruͤcken hatten, betraten ſie eine offene Gegend, in welcher der Weg rauh und ſchwierig zu werden begann, da die lockern Lavaſtuͤcke dem Weiterkommen ſehr hinderlich waren und die Pferde ſich darauf die Fuͤße wund traten. Nach einem Marſche von 15 Meilen begegnete ihnen ein Unterhaͤuptling, Namens Pa ez, welcher Tags vorher auf: gebrochen war, um Vorbereitungen zu ihrem Empfange zu treffen, und in deſſen gaſtfreiem Hauſe ſie eine gute Mahl— zeit einnahmen. Nachdem ſie noch drei Stunden lang auf einem muͤhſeligen Wege weiter gereiſ't waren, erreichten ſie einige Huͤtten, wo ſie die Nacht zubrachten. Am folgen— den Morgen hatten ſie 10 Meilen zuruͤckgelegt, als die aus den Spalten im Boden dringenden Daͤmpfe ihnen anzeigten, daß fie ſich dem Crater naͤherten, welcher noch 1 Meile entfernt war. Der aus dem letztern aufſteigende Rauch rollte vor dem Paſſatwinde in Wolken dahin. No. 1446. Von dem Crater ſelbſt theilt Capit. Shepherd fol gende Beſchreibung mit: Drei ziemlich kreisrunde concen— triſche jaͤhe Waͤnde von erhaͤrteter Lava ſchließen den Raum ein, in welchem die vulkaniſche Thaͤtigkeit ſtattſindet Die Hoͤhe der aͤußern Wand betraͤgt etwa 150 Fuß, die der zweiten ungefaͤhr daſſelbe; allein die dritte, welche in den thaͤtigen Crater hinabreicht, iſt etwa 1000 Fuß hoch. Der Fuß der aͤußern und der Gipfel der zweiten oder mittlern Wand ſind durch einen etwa 3 Meile breiten horizontalen Guͤrtel oder eine Terraſſe miteinander verbunden. Die Ober— flaͤche dieſer Terraſſe iſt zerriſſen und uneben. Zwiſchen der zweiten und inneren Wand befindet ſich ein ähnlicher, unges faͤhr eben ſo breiter Guͤrtel, deſſen innerer Umkreis den von dem eigentlichen Crater eingenommenen Raum umſchließt, deſſen Durchmeſſer 3 Meilen betraͤgt. Dieſe ſteilen Waͤnde ſind uͤbrigens keineswegs ununterbrochen, ſondern an meh— rern Stellen eingeſtuͤrzt und durch den darunter zehrenden Brand unterwuͤhlt, ſo daß geboͤſchte Flaͤchen entſtanden ſind, vermittelſt deren es moͤglich wird, in den Crater hinabzu— ſteigen. Als die Reiſegeſellſchaft an den Rand der innern Wand gelangt war, bot ſich ihr ein hoͤchſt impoſantes Schauſpiel dar. Viele kleine 20 bis 50 F. hohe Kegel ſpieen unter lauten Exploſionen Schwefeldampfwolken und Lava aus; heftig wogende Seeen von geſchmolzenen Stoffen ſpritzten, indem ſich die Gaſe von Unten herauf einen Aus» weg bahnten, ihre gluͤhende Fluͤſſigkeit hoch empor; allein der intereſſanteſte Theil der Scene befand ſich nach dem oͤſtlichen Rande des Craters zu, naͤmlich ein großer ellipti— ſcher See von fluͤſſiger Lava, der 1 Meile lang und £ Meile breit war. Um dieſen zu erreichen, ſtieg die Geſell— ſchaft auf einem am weſtlichen Rande von der Natur gebil⸗ deten Pfade in den Crater hinab, in welchem fie, mit gro—⸗ ßer Vorſicht fortſchreitend, mehrere der Kegel und kleinen Seeen beſuchte und endlich an den Felſen anlangte, welche das Feuermeer umſchloſſen. Auf dem etwa 100 F. hohen Gipfel derſelben angelangt, bemerkten fie, wie die flüffige Lava von Suͤden gegen Norden ſtroͤmte, waͤhrend ihr Lauf durch ein vom oͤſtlichen Ufer bis in die Mitte des Seees queer heruͤberreichendes Vorgebirge beengt wurde. Der Schaum ſpritzte durch die heftigen Gasentladungen an vie⸗ 16 249 len Stellen 30 — 40 F. hoch, während an andern die fluſſige Maſſe ſich beſtaͤndig, ſowohl in der Faͤrbung, als Bewegung, veraͤnderte, indem ſie, je nach der Staͤrke, in welcher die unterirdiſchen Kraͤfte wirkten, bald heller, bald duͤſterer gluͤhte, bald heftiger, bald gelinder wogte. Hier und da ſtroͤmte die Feuerfluth ſo gleichformig und eben, als ob die hohen Uferwaͤnde ihr einen Schutz vor dem Winde gewaͤhrten, und am noͤrdlichen Ufer ſetzte ſie Streifen von Schlacken ab, wie die See an der Kuͤſte Tanze auswirft. Da die Geſellſchaft in der ſuͤdoͤſtlichen Uferwand eine Luͤcke bemerkte, ſo ſchien dadurch das Mittel gegeben, die Scene bei Nacht zu betrachten, wenn man ſich an die dieſer Luͤcke gegenuͤberliegende Stelle auf der innern Terraſſe begaͤbe. Zu dieſem Ende wanderte ſie durch den Crater zuruͤck, er— ſtieg die innere Wand und erreichte mit dem Einbruche der Nacht die erwaͤhnte Stelle. Eine Stunde lang hatte fie von dort das furchtbar-praͤchtige Schauſpiel betrachtet, als ihre Aufmeirkſamkeit durch einen neuen Ausbruch von Lava ſuͤdlich vom großen See gefeſſelt wurde. Unter heftigem Poltern und Krachen ward ein neuer Feuerſtrom ſichtbar, der ſich nach allen Seiten ergoß und binnen ſehr kurzer Zeit einen Flaͤchenraum von mehr als 300,000 engl. Quadrat⸗ ellen bedeckte, und wo noch vor wenigen Minuten eine ſchwarze ſchlackige Oberflaͤche geweſen, da wogte nun ein ununterbrochenes blendend glaͤnzendes Feuermeer. Von den Muͤbſeligkeiten des Tages erſchoͤpft, zog ſich die Geſellſchaft endlich von dieſem aufregenden Schauſpiele zuruͤck und be— gab ſich nach einigen am Rande des Abgrunds ſtehenden Huͤtten der Eingebornen, um dort zu uͤbernachten. Ein ſehr merkwürdiger Umſtand bei dieſem Vulkane iſt das Zuſammenſinken des den Crater umgebenden Bodens. Zuerſt war eine unebene Oberflaͤche von 15 bis 16 Meilen Umfang am ſanften Abhange eines gewaltigen Berges, des Mauna-Roa, vorhanden. Dieſe wurde nach ihrer ganzen Ausdehnung unterminirt und ſank ſenkrecht 100 F. tief ein, ſo daß eine kreisfoͤrmige jaͤhe Wand ſte— hen blieb, welche die frühere Höhe der Erdoberfläche kund giebt. Zunaͤchſt entſtand ein ahnlicher Erdfall in der Mitte der bereits ein— geſunkenen runden Ebene, von welcher nur ein I Meile breiter Ring ſtehen blieb, und endlich bildete ſich in der Mitte dieſer zum zweiten Male eingeſunkenen Flaͤche ein dritter Erdfall von 1000 F. Tiefe, der 3 Meilen Durchmeſſer hatte und, indem er den jetzigen großen Crater bildete, ebenfalls einen ringfoͤrmigen Rand ſtehen ließ, der den Gipfel der inneren Wand mit dem Fuße der mittlern verbindet, und von welchem aus man auf die im Grunde des Cra⸗ ters befindlichen Kegel und Lavaſeeen hinabblickt. Auf dieſe Weiſe moͤchte die Entſtehung dieſes gewaltigen Craters zu erklären ſeyn. Ein anderer merkwuͤrdiger Umftand, welcher ſich an den Ni— veauveränderungen der Oberfläche des Craters kund giebt, iſt, daß dieſelbe eine Neigung hat, ſich zu erhoͤhen und ſich oft ſehr ſchnell erhebt. Im Jahre 1824 lag dieſelbe 8 bis 900 F. tiefer, als ge⸗ genwaͤrtig und damals war eine ringfoͤrmige Terraſſe mehr vor: handen, welche gegenwärtig verſchuͤttet iſt. Dieß geſchah offenbar durch den Ausfluß von Lava aus den Kegeln ꝛc., und wenn man bedenkt, daß ſich eine Oberflache von 7 Quadratmeilen binnen 16 Jahren um 800 F. erhöht hat, wozu etwas mehr, als eine Kubik⸗ meile Stoff gehoͤrt, ſo erhaͤlt man einen Begriff von dem Umfange der unterirdiſchen Thaͤtigkeit. Würde dieſe Erhebung noch 18 bis 20 Jahre in derſelben Geſchwindigkeit fortgehen, ſo wuͤrde der Cra— ter ſich bis an den Gipfel der innern Wand ausfuͤllen; allein, aller Wahrſcheinlichkeit nach, wird, bevor dieß geſchieht, die Lava ſich einen tiefern Ausweg oͤffnen, oder die unterirdiſchen Gewoͤlbe wer— den wieder zuſammenbrechen, fo daß ein neuer Erdfall ftattfindet. (The Athenaeum.) 244 Unterſuchungen über die Eigenwaͤrme der thieri— ſchen Organismen oder der ſogenannten kaltbluͤ— tigen Thiere. Von Becquerel. (Hierzu Figur 8 und 9 ver mit Rr. 331. [Nr. 1. d. XVI. Bos. ] d. Bl. ausgegebenen Tafel.) (Schluß.) Um die Lebenswaͤrme des Maikaͤfers im heftig bewegten Zus ftande zu ermitteln, band ich eines dieſer Jaſecten mit dem Ruͤcken nach Unten auf ein ganz duͤnnes Bretchen, ſo daß das Thier die Fuͤße frei bewegen konnte. Durch ein im Bretchen angebrachtes Loch ließ ſich die Loͤthſtelle einer der Nadeln zwiſchen die Fluͤgel— decken in den Hinterleib einfuͤhren. Die andere Lothſtelle wurde in den Pinterleib eines todten Maikäfers gebracht und das Ganze mit der Glasglocke bedeckt, fo daß ſich die umgebende Luft mit Waſſer ſättigte. Der Maikaͤfer zappelte lebhaft mit den Fuͤßen und bewegte ſich alſo in derſelben Art, wie der auf dem Ruͤk— ken liegende Maikaͤfer Newport's, der ſich anſtrengte, auf die Fuße zu kommen, und bei welchen der eben genannte Beob— achter eine Waͤrme von 5 Grad C. uͤber die Temperatur der um— gebenden Luft fand, obgleich das Thermometer bloß mit dem Koͤr— per des Inſectes in Beruͤhrung war. Bei meinem Verſuche aber, welcher mich die innere Warme des Inſectes erkennen ließ, betrug dieſe nur 0,319, da die Magnetnadel um 5 Grad der Kreisſcale abwich. Aus diefem Verſuche ergiebt ſich offenbar, daß die Tem— peratur der Inſecten durch Muskelbewegung geſteigert wird; allein dieſe Erhoͤhung iſt ziemlich unbedeutend, indem ſie die an dem un— beweglich gehaltenen Maikaͤfer beobachtete von 0,255 nur um 0,062 uͤbertrifft. Dieſe eigenthuͤmliche Wärme von 0,312 C., die ich am Maikaͤfer im Zuſtande der Bewegung beobachtet habe, iſt 16 Mal geringer, als diejenige (5° C.), welche Newport unter denſelben Umſtaͤnden an demſelben Inſecte ermittelt haben will Dieſer Beobachter fuͤhrt in dem fraglichen Falle nicht an, ob der Maikaͤfer, mit dem er feinen Verſuch anſtellte, ſich an der freien Luft befand oder mit Wolle bedeckt war, wie er dieß ge— woͤhnlich mit den Inſecten zu halten pflegte, die er nicht in einem Flaͤſchchen beobachtete. Wahrſcheinlich war er mit Wolle bedeckt, und die an ihm bemerkte hohe Wärme von 5° C. war das Reſultat einer allmaͤligen Temperaturerhoͤhung, wie ſie, vermoͤge des oben dargelegten Proceſſes, durch Inſeeten bewirkt wird, die ſich in einem kleinen Raume eingeſchloſſen befinden. Melolontha solstitialis, Fab., iſt kleiner, als der gemeine Maikaͤfer. Newport unterſuchte deſſen Waͤrme nur, indem er ein oder mehrere Exemplare mit einem Thermometer in ein Glas— flaͤſchchen that. Als er nur eines in das Glasflaͤſchchen brachte, beobachtete er eine um 0,39 F. (0,169 C.) hoͤhere Temperatur, als die der Luft im Flaͤſchchen vor der Einfuͤhrung des Inſectes. Als ſich mehrere Maikaͤfer in dem Flaͤſchchen befanden und heftig darin 8 ſteigerte ſich der Ueberſchuß der Wärme bis 4° F. (2,2% C.) Nach dem weiter oben Bemerkten wird man die große Unge— nauigkeit dieſer Verſuche leicht ermeſſen koͤnnen. Ich habe mit Melolontha solstitialis dieſelben Verſuche wie mit Melolontha vul- garis angeſtellt und brauche daher deren Einzelnheiten nicht zu wiederholen Man hat weiter oben geſehen, daß die letztere Spe— cies an der freien Luft entweder kaͤlter oder waͤrmer iſt, als dieſe, je nachdem die mehr oder weniger hohe Temperatur der Luft die Tranſpiration und Verdunſtung des Inſectes mehr oder weniger beſchleunigt und folglich den Koͤrper des Inſectes ſtaͤrker oder ſchwaͤcher abkuͤhlt. Mit Melolontha solstitialis verhält es ſich an— ders; ich habe dieſes Inſect an der freien Luft immer um 0,06 bis 0,092 wärmer gefunden, als letztere, und wenn man es in mit Waſſer geſaͤttigte Luft brachte, Jo wich die Magnetnadel um 4° ab und zeigte alſo eine Lebenswaͤrme von 0,259 an. Dieſer Mai— kaͤfer ſcheint weniger zu tranſp'riren, als der gemeine, weil er ſich an der freien Luft nicht hinreichend ſtark abkuͤhlt, um ſcheinbar feine ganze Lebenswaͤrme einzubüßen, welche in mit Waſſer ges fättigter Luft genau dieſelbe iſt, wie die des gemeinen Mäkkaͤfers. 245 Man hat Grund, ſich darüber zu wundern, daß Newport die eigenthuͤmliche Wärme des Hirſchkafers (Lucanus cervus) nſcht durch Einführen eines Thermometers in den Körper dieſes großen Inſectes zu ermitteln geſucht hat, da er doch bei dem gemeinen Maikaͤfer auf bieſe Weiſe verfuhr. Er unterſuchte deſſen Wärme nur, indem er den Hirſchkaͤfer in eine Flaſche und indem er die Kugel des Thermometers unter deſſen Flugeldecken brachte. Ich werde hier nur von dieſem letzteren Verſuche reden. Das Thermometer, deſſen Kugel unter die Flügeldecken des im Zuſtande der Ruhe befindlichen Inſectes gebracht wurde, zeigte eine Temperatur, welche die der umgebenden Luft, welche 66,6“ F. (19.2% C.) betrug, um 1,6 F. (0,888 C.) uͤberſtieg. Nach dem das Inſect auf den Rücken gelegt worden war, und als es ſich abmuͤhete, um wieder auf die Beine zu kommen, ſtieg ſeine Temperatur bis 26° F. (1,4° C), fo daß alſo die Muskelbewe— gung die eigenthuͤmliche Wärme deſſelben faſt verdoppelte. Ich habe fowohl mit dem männlichen als mit dem weiblichen Hirſchkaͤfer Verſuche derſelben Art angeſtellt, wie mit dem gemei— nen Maikaͤfer, und die Lebenswaͤrme beider Geſchlechter in mit Waſſer geſaͤttigter Luft zu 0,20 bis 0,229 C. gefunden, was durch eine Abweichung der Magnetnadel von 31 bis 319 angezeigt wurde. Die Temperatur der umgebenden Luft betrug + 20 bis 219. An der freien Luft erhielt ſich die Wärme dieſes Inſectes auf 0, 102 über der der umgebenden Luft. Daß der Hirſchkaͤfer an der freien Luft beinahe die Hälfte feiner Lebenswaͤrme beibehaͤlt, rührt ganz gewiß von der Schwaͤche feiner Ausduͤnſtung her, die durch die dicke bornige Bedeckung ſehr behindert werden muß, und da er wenig ausduuſtet, fo wird er auch wenig abgekühlt. Ich wuͤnſchte, in Erfahrung zu bringen, ob Muskelanſtren⸗ ungen die Waͤrmeentwickelung bei dem Hirſchkaͤfer ſteigern würden. ch band alſo ein Maͤnnchen fo auf ein Bretchen, daß es die Fuͤße frei bewegen konnte, wie ich es fruͤher mit dem Maikäfer gethan, und fübrre dann die Loͤthſtelle der Nadel in das Abdomen. Waͤhrend das Inſect nun fortwaͤhrend ſeine Muskeln in Thaͤtigkeit erhielt, ſtieg deſſen Lebenswaͤrme auf 0,819, indem die Magnetna— del um 5° abwich. Genau dieſelbe Temperatur zeigte ſich bei dem gemeinen Maikaͤfer im Zuſtande der Bewegung. Bei einem anderen Verſuche mit einem maͤnnlichen Hirſchkaͤfer gelang es dieſem, ſich von den ihn vorher feſthaltenden Faͤden zu befreien und er wurde nun nur noch durch die in ſeinem Hinter— leibe ſigende hakenfoͤrmige Nadel gehalten. Indem er ſich mit den Klauen an das Stäbchen klammerte, ſtrengte er ſich gewaltig an, zu entkommen. Während dieſer heftigen Bewegung ſtieg feine ei— genthümliche Wärme bis 17 C. über die Temperatur der mit Waſ— fer gefättigten umgebenden Luft, in der das Thermometer + 19° zeigte. Die Magnetnadel wich um 8° ab. Hier ſah man alfo deutlich, wie die Muskelbewegung die Lebenswaͤrme der Inſecten vermehrt. Bei dem eben erwaͤhnten Verſuche hatte dieſe Bewe— gung den hoͤchſten Grad, wenn nicht etwa bei dem Fliegen ein noch hoͤherer ftattfindet. Dennoch wurde die Temperatur des Ins ſectes im Vergleiche mit deſſen gewoͤhnlicher Lebenswaͤrme nur um 0,0 C. geſteigert. Durch eine Vergleichung dieſer Reſultate mit denjenigen, zu welchen Newport gelangt iſt, erſieht man, daß dieſer Beobach⸗ ter bei dem Lucanus cervus im Zuſtande der Ruhe eine etwa doppelt, und bei demſelben Inſecte, wenn daſſelbe nur ſeine Fuͤße bewegte, eine 44 mal fo hohe Lebenswaͤrme gefunden hat, als ich. Unter den nicht fliegenden Goleopteren habe ich, wie New: port, den Carabus monilis, Fab., und Blaps mortisaga, Fab., unterſucht. Als Newport einzelne Exemplare diefer Inſecten in ein Flaͤſchchen brachte, gaben ſie ibm durchaus keine Lebenswaͤrme zu erkennen. Erſt als er zwei Exemplare in daſſelbe Flaͤſchchen brachte, beobachtete er eine geringe Erhoͤhung der Temperatur, nämlich um 0,1 bis 0,2“ F. (0,05 bis 0,12 C.). Meinen eigenen Beobachtungen zufolge, zeigte der Carabus monilis, als die Loͤthſtelle einer der Nadeln in fein Abdomen eins geführt war, in feuchter Luft, eine eigenthuͤmliche Wärme von 0,189 C., bei der Temperatur der Atmoſphaͤre von + 21,5°. Blaps mortisaga gab unter denſelben umſtaͤnden eine Lebens wärme von 0,12 E. zu erkennen, während die Temperatur der 245 Atmofphäre + 20,1° €. betrug. An dem Carabus auratus, Fab. fand ich dieſelbe Lebenswaͤrme, wie am Carabus monilis. An ber freien Luft zeigten ſich dieſe drei Inſecten um 0,03 bis 0,069 C. kuͤhler, ais jene. In dleſen Faͤllen habe ich alſo eine merklich ho here eigenthumliche Wärme beobachtet, als Newport. Ich theile nun die von Newport bei mehrern andern, von mir nicht unterſuchten Goleopteren beobachtete eigenthümliche Tem⸗ peratur mit. Coccionella septempunctata, L. Acht Exemplare dieſer Art, in ein Flaſchchen eingeſchloſſen, 0 89 F. (0,44 C.). Meloe proscarubaeus, L., im Zuftande der Ruhe: 1,59 F. (0,89 C.); im Zuſtande der Aufregung: 3° F. (1,6% C.). Staphylinus olens, L.: 1° F. (0.55% C.). Staphylinus erythropterus, L.: 057 F. (0,279 C.). Carabus nemoralis, L., im Zuftande der Bewegung: F. (0,220 C.). Folgende von Newport beobachtete Coleopteren ſind von mir unterſucht worden. Cetonia aurata, Fub. An der freien Luft zeigte dieß Infect dieſelbe oder eine nur hoͤchſt unbedeutend geringere Temperatur, wie jene; in mit Waſſer geſaͤttigter Luft eine Lebenswarme von 0,255 C. Die Temperatur der Atmoſphaͤre war + 16°, Chrysomela tenebricosa, Fab. (Timarcha tenebricosa, Lat.) Dieſes Inſect zeigte mir an der freien Luft cine Wärme, welche die des umgebenden Mediums, welches zu 16° temperirt war, um 012° C. überfiig. In mit Waſſer gefättigter Luft erhob ſich deſſen Lebenswaͤrme auf 0,34 C. Scarabaeus vernalis, Fab. (Geotrupes vernalis). Bei zwei Verſuchen fand ich dieſes Inſect an der freien Luft um 0,12 C. kühler, als dieſe. Die Lufttemperatur war bei'm erſten Verſuche + 19,5° und bei'm zweiten + 18°. In mit Waſſer gefättigter Luft gab ſich an demſelben Inſecte bei'm erſten Verſuche eine Lebens⸗ wärme von 0,189 und bei'm zweiten eine ſolche von 0,125 C. kund. Newport hat die Lebenswaͤrme des Gryllus viridissimus, L. (locusta viridissima, Fab.) unterſucht, indem er das Jnſect, nach feinem gewöhnlichen Verfahren, mit einem Thermometer in ein Flaͤſchchen brachte. Er hat gefunden, daß, je nachdem ſich die Heuſchrecke in Ruhe oder in Bewegung befand, deren Eebenewärme die Temperatur der umgebenden Luft um 1,7° F. bis 2.19 F. (0.9 bis 1,1 C.) übertraf. Bei einem zweiten Exemplare beob⸗ achtete er 3,7 bis 4,7 F. (2 bis 2,6 C.). Beide Exemplare waren Weibchen. Auch die von mir unterſuchten Exemplare wa⸗ ren dieſes Geſchlechts. Von zwei von mir refp. bei + 16° C. und + 20° C. Lufttemperatur beobachteten Individuen fand ich eine Lebenswaͤrme von 0,31 und 0,84% C., welche durch eine Ab⸗ weichung der Magnetnadel von 5 und 5 angezeigt wurde. Die Lothſtelle der einen Nadel wurde bei dieſen Verſuchen in das Abdo⸗ men eingeſenkt. An der freien Luft zeigte ſich dieſes Inſect um 0,06 bis 0,12 C. kühler, als jene. Nach meinen Beobachtungen wurde die Lebenswaͤrme des Gry llus viridissimus alſo kaum überfteigen und achtmal geringer ſeyn, als die, welche ihm New: port beigelegt hat. . Der Warzenfreffer (Gryllus verrueivorus, L., Locusta ver- rucivora, Fab.) beſigt, meinen Beobachtungen zufolge, eine etwas böbere Temperatur. Ich habe mit demſelben nur einen einzigen Verſuch, und zwar bei einer Temperatur der Atmofphäre von + 20,5 C., angeſtellt und dabei die Lebens warme des Inſects zu 040° gefunden. Ich ließ dieſes Exemplar, in deſſen Hinterleib die Nadel eingeſtochen worden war, und das ſich daher in einem lei⸗ denden Zuſtande befand, acht Tage lang oyne Nahrung, und ermits telte dann an demſelben nur noch eine Temperatur von 0 22°, ſo daß ſeine „ durch 1 und Mangel an Nahrung ich ziemlich um die Hälfte vermindert hatte. 5 2 Erle, lack bot mir, wie die legfgenannte Art, eine gebenswärme von 0,405 C. dar, welche durch eine Abweichung der Magnetnadel um Br der ee wird. Die Tem⸗ eratur der Atmoſphaͤre war 21,39. J An der Maulwurfsgrille (Gryllus Gryllotalpa, L.. a talpa vulgaris, Latr.) konnte ich keine hoͤhere Eebenswärme — 0,16: C. ermitteln, da die at nur um 23° abwich, waͤh⸗ 1 0,4° 247 rend die Temperatur der Atmoſphaͤre + 20° war. Dieſes Inſect beſitzt alſo keine halb fo bedeutende eigenthumliche Warme ats Gryllus campestris. Das letztere Inſect lebte an trockenen Orten, während ſich die Maulwurfsgrille in feuchter Erde aufyaͤlt und dieſe faſt nie verläßt. Hierdurch wird die oben in Betreff der Reptilien beigebrachte Bemerkung unterflügt, daß die Lebenswärme der Thiere um fo geringer iſt, je feuchter das von ihnen für ge— wohnlich bewohnte Medium iſt. Als ich die Maulwurfsgrille an der freien Luft beobachtete, fand ich ſie um faſt 4° kühler, als letz— tere, welche + 209 Temperatur hatte. Newport hat über die Lebenswaͤrme der Larve (Raupe) der Sphinx ligustri, der Dieranura vinula und der Sphinx Elpenor ſehr ausgedehnte Unterſuchungen angeſtellt. Er verglich die Entwicke— lung dieſer Wärme mit der Häufigkeit der Pulfationen des Ruk— kengefaßes, mit dem ſchlafenden oder wachenden Zuſtande, mit dem der Ruhe oder Bewegung der Larven ꝛc. Ich kann hier das Naͤ— bere dieſer weitlaͤuftigen Forſchungen nicht mittheilen, fondern muß den Leſer auf das Original verweiſen. Ich, fuͤr meinen Theil, habe nur die Lebenswaͤrme folgender Lepidopteren ſtudirt. 1) Sphinx stellatarum, L., im Larven- und vollkommenen Zus ftande. 2) Sphinx tiliae, L., im Larven- und Puppenzuſtande. 3) Sphinx Atropos, L., nur im vollkommenen Zuſtande. An der noch vom Verpuppen entfernten Raupe der Sphinx stellatarum beobachtete ich eine eigenthuͤmliche Wärme von 0,11“ C, da die Magnetnadel um 13° der Kreisſcale abwich. Die Tem— peratur der Atmoſphaͤre betrug + 19°. An dem bei einer atmos ſphaͤriſchen Temperatur von + 17,59 beobachteten vollkommenen Inſecte fand ich eine Lebenswaͤrme von 0299. Die Magnetnadel wich um 419 der Kreisſcale ab. Hieraus ergiebt ſich, daß die Temperatur des vollkommenen Inſectes weit bedeutender iſt, als die der Raupe. Von dem Lindenfalter (Sphinx tiliae, L.) habe ich nur eine einzige Raupe unterſucht, welche im Begriffe war, ſich zu verpup— pen. Ihre Farbe war bereits gelblich geworden, und fie fraß nicht mehr. Die einer Abweichung der Magnetnadel von 7° der Kreis— ſcale entſprechende Lebenswaͤrme betrug 0,432 C. Die Zemperas tur der Atmoſphaͤre ſtand damals auf + 199. Daß ich bei dieſer Raupe eine weit hoͤhere Temperatur beobachtete, als bei der Raupe von Sphinx stellatarum, dürfte daher rühren, daß jene dem Vers puppen ſehr nahe war. Bei dieſem wichtigen Prozeſſe entwickelt ſich vielleicht eine höhere Lebenswaͤrme, als man fie im normalen Zuſtande bei der Raupe findet. Die einen Monat alte Puppe des Lindenfalters bot mir eine Lebenswaͤrme von 0,349 C. dar. Die Magnetnadel wich 53? weit ab, und die Temperatur der Atmo- ſphaͤre betrug + 15° C. Die eigenthuͤmliche Wärme des Schmet— terlings zu beobachten, hatte ich keine Gelegenheit. Bei dem Todtenkopfe (Sphinx Atropos) beobachtete ich am vollkommenen Inſecte die hoͤchſte Lebenswaͤrme, die mir bei irgend einem Inſecte vorgekommen iſt. Die Magnetnadel wich naͤmlich um 91° ab und zeigte demnach eine eigenthuͤmliche Wärme von 0,580 C. an. Die Temperatur der Luft war + 15,39 C. Die Loͤthſtelle der Nadel wurde in den Hinterleib des Schmetterlings eingeſenkt, der feit 24 Stunden ausgekrochen war und keine Nah: rung zu ſich genommen, ſondern fortwaͤhrend ſtill geſeſſen hatte. Schlußfolgerung Somit haͤtte ich alſo Alles berichtet, was ich uͤber die Lebens— waͤrme der niedrig temperirten Thiere in Erfahrung gebracht. D eſe Lebenswaͤrme ift, wie man ſieht, weit geringer, als fie von früheren Beobachtern, die fie mittels des Thermometers zu erforz ſchen ſuchten, beſtimmt worden. Meine Unterſuchungen machen uͤbrigens auf keine Vollſtaͤndigkeit Anſpruch; ſie laſſen noch ſehr viel zu thun uͤbrig. Eines der merkwuͤrdigſten Reſultate, welches ſich aus meinen Arbeiten ergiebt, ift, daß das Athmen der elaſti— ſchen Luft eine weit hoͤhere Waͤrmeentwickelung veranlaßt, als das Athmen der in Waſſer aufgeloͤſ'ten Luft. Kein durch Kiemen ath— mendes Thier hat mir eine ermittelbare Lebenswaͤrme dargeboten, womit jedoch nicht geſagt ſeyn ſoll, daß dieſe Thiere gar keine ei— genthuͤmliche Waͤrme beſitzen. Nur iſt ſie ſo gering, daß wir ſie 248 mit unſeren Inſtrumenten nicht zur Erſcheinung bringen konnen. Selbſt in Bezug auf die Thiere, die mit anderen höher temperir— ten die nächſte Verwandtſchaft beſitzen, leidet dieſe Regel keine Aus— nahme. So ſteht der Krebs, als Cruſtenthier, den Inficten unges mein nahe und bictet dennoch nicht, wie dieſe, eine ermittelbare Lebenswarme dar, weil er die im Waſſer aufgeloͤſ'te Luft durch Kiemen athmet, waͤhrend Inſecten die elaſtiſche Luft durch ſehr ſtark entwickelte Reſpirationsorgane athmen und dadurch eine Le— benswaͤrme erhalten, die ſie, im vollkommenen Zuſtande, an die Spitze der niedrig temperirten Thiere ſtellt, waͤhrend ihre Larven, bei denen die Reſpiration weniger thaͤtig zu ſeyn ſcheint, eine niedrigere eigenthuͤmliche Waͤrme darbieten. Die Lebenswaͤrme der Reptilien erreicht, ſo weit ſich dieß aus meinen beſchraͤnkten Unter— ſuchungen ſchließen läßt, die eigenthumliche Wärme gewiſſer volle kommener Inſecten nicht, und dieß ſtimmt mit der Schwache ihrer Reſpiration uberein. Die Pflanzen athmen ebenfalls die elaſtiſche Luft durch ſtark entwickelte Organe, und uͤberdem abſorbiren ſie mittels ihrer Re— ſpirationsorgane nicht die atmoſphaͤriſche Luft, ſondern das durch ihre gruͤnen Theile unter dem Einfluſſe des Lichtes entbundene Sauerſtoffgas. Es laͤßt ſich alſo erwarten, daß ihre Lebenswaͤrme wenigſtens eben fo hoch und manchmal hoher ſeyn werde, als die gewiſſer Inſecten oder Reptilien. Dieß habe ich denn auch, ans fangs nicht ohne Verwunderung, beſtaͤtigt gefunden. So beſitzt, z. B, die Euphorbia lathyris eine Lebenswaͤrme, deren Maximum die Lebenswärme des Froſches um das Zehnfache übertrifft, und Thiere, welche ſo lebhaft und behend ſind, die Fiſche, geben durch— aus keine ermittelbare Lebenswärme zu erkennen, fo daß fie in die— ſer Beziehung nicht nur unter den traͤgſten Reptilien, ſondern auch unter den Inſectenlarven und allen Pflanzen ſtehen. In dem spa- dix der Blüthen der Aroiden findet man eine fo hohe Lebenswaͤr— me, wie man ſie bei keinem einzig niedrig temperirten Thiere an— trifft. Allerdings iſt dieſe Waͤrme voruͤbergehend und an die wich— tigſten Prozeſſe des Bluͤhens und der Befruchtung gebunden; allein nichtsdeſtoweniger muͤſſen wir, in Anſehung der Hoͤhe der Lebenswärme, die Pflanzen an die Spitze der niedrig temperirten or— ganiſchen Weſen ſtellen. Am Schluſſe meines Artikels will ich einige Betrachtungen mittheilen, welche ich der gruͤndlichen Erwaͤgung der Naturforſcher empfehle. Warum bieten ſaͤmmtliche Geſchoͤpfe, ruͤckſichtlich des Grades der Lebenswaͤrme, nur zwei Bedingungen der Exiſtenz dar? War— rum beſitzen die einen eine hohe Temperatur und die anderen eine ſehr niedrige, und warum finden wir zwiſchen beiden keine Weſen, die eine mittlere Lebenswaͤrme darbieten? Hat man ſich nicht in'sbeſondere daruͤber zu wundern, daß von den Wirbelthieren die einen ſehr hoch und die anderen ſehr niedrig temperirt ſind, ohne daß Wirbelthiere exiſtiren, welche, in Anſehung der Temperatur, den Uebergang bilden? Allerdings findet man waͤhrend des Winter— ſchlafes mehrerer warmbluͤtiger Thiere eine Temperatur, die weit niedriger iſt, als ihre normale, aber hoͤher als die der kaltbluͤtigen Thiere; allein der Winterſchlaf laͤßt ſich nicht als eine Uebergangs— ſtufe von der normalen Exiſtenz der warmbluͤtigen Thiere zu der der kaltbluͤtigen betrachten. Das warmbluͤtige Thier, deſſen Tem— peratur ſich waͤhrend des Winterſchlafes erniedrigt, beſitzt nur eine unvollkommene Lebensthaͤtigkeit, und dieſe wuͤrde ganz aufhoͤren, wenn der abnorme Zuſtand ſich über eine gewiſſe Zeit hinaus ver— laͤngerte. Es laͤßt ſich alſo das allgemeine Naturgeſetz aufſtellen, daß die eigenthuͤmliche Waͤrme der lebenden Weſen (Pflanzen und Thiere) entweder ſo ſchwach iſt, daß ſie oft gar nicht bemerkt werden kann, oder ſo hoch iſt, daß ſie ſich dem Waͤrmegrade naͤ— hert, bei welchem das Leben, namentlich das Thierleben, unmoͤglich wird. Dieſer conſtante Grad der aͤußeren Waͤrme, welcher mit der normalen und dauernden Exiſtenz der Thiere unvertraͤglich iſt, ſcheint ungefaͤhr + 50 Grad C. zu ſeyn. Die Lebenswaͤrme der Vogel beträgt aber bis 44 Grad C. Es gilt alſo von allen le— benden Weſen der Satz, daß ſich ihre Lebenswaͤrme entweder dem möglich hoͤchſten Grade nähert, oder daß fie einen aͤußerſt niedri— gen Grad der Temperatur beſitzt Dieß Geſetz gründet ſich ledig— lich auf die Allgemeinheit ſeines Bereiches; denn den Grund ſeiner 249 Nothwendigkeit ficht man nicht ein. Die niedrig temperirten Ges ſchoͤpfe müjfen, um in ihrem normalen Zuſtande zu leben, von der Temperatur des ſie umgebenden Mediums annehmen, wogegen die hoch temperirten Geſchoͤpfe im normalen Zuſtande ihrer Exiſtenz nothwendig von der in ihrem Inneren erzeugten Wärme an das fie umgebende Medium einen Theil abtreten muͤſſen. Für die ers ſteren eignet ſich alſo ein hoͤher, für die letzteren ein niedriger temperirtes Medium, als fie ſelbſt; denn kein warmblütiges Thier könnte in einem Medium fortleben, deſſen Temperatur eben fo hoch iſt, als die ſeinige, noch viel weniger in einem, das hoͤher temperirt iſt. Der ſchaͤdliche Einfluß einer ſolchen übermäßigen aͤußeren Waͤrme wuͤrde um ſo ſtaͤrker ſeyn, je dichter das Medium waͤre. Was die niedrig temperirten Thiere anbetrifft, ſo lehrt die Erfahrung, daß ſie in manchen Fällen auf die Lange eine weit hoͤhere Temperatur des umgebenden Mediums vertragen koͤnnen, als die warmbluͤtigen Thiere. So findet man in manchen heißen Quellen Fiſche; wollte man aber Fiſche aus nahe verwandten Gat— tungen, welche ſich in kalten Gewaͤſſern aufhalten, in jene Quel— len bringen, fo würden fie auf der Stelle ſterben. Dieſe That— ſache iſt ſchon vor Alters brobachtet worden, indem Aelian in ſeiner Schrift uͤber die Natur der Thiere von einem Seee in Libyen handelt, in deſſen ſehr heißem Waſſer Fiſche lebten, welche auf der Stelle ſterben wuͤrden, wenn man ſie in kaltes Waſſer braͤchte. Shaw beſtaͤtigt dieß in ſeiner Reiſe durch die Berberei, und fuͤhrt an, dieſe in heißem Waſſer lebenden Fiſche gehoͤrten in die Gattung Perca. Später bekraͤftigte Desfontaines die Wahrheit der Sache ). Das Waſſer einer Quelle zu Caſſa, in welcher er Fiſche ſah und fing, beſaß eine Temperatur von + 30° R. In der neueſten Zeit hat auch Herr Tripier dieſelbe Erſchei— nung in Betreff einer anderen Quelle im Gebiete von Algier, als die von Desfontaines erwähnte, beobachtet *). Ihm zufolge beträgt die Temperatur des Waſſers, in welchem Fiſche leben, die er für Barben erklaͤrt, + 40° C. Sie halten ſich auf dem Grunde auf, wo das Waſſer kuͤhler iſt, als an der Oberflaͤche, woſelbſt er deſſen Temperatur zu + 56° E. fand. Es ſchien, als ob die Fiſche ſich nie in die Hoͤhe begaͤben, weil ihnen dort die Hitze zu groß geweſen ſeyn wuͤrde. Kein warmbluͤtiges Thier koͤnnte eine fo hohe Außere Temperatur auf die Länge ertragen. Sonnerat will in der Umgegend von Manilla Fiſche ge— funden haben, welche in ſehr heißen Badequellen lebten, und be— ruft ſich in dieſer Beziehung auf das Zeugniß eines Marineliefe— ranten, Namens Provoſt, der ihm, ſo viel er ſich erinnere, die Temperatur jener Quelle zu 48 bis 50° R. (60 bis 62,5 C.) ans gegeben habe. Er fuͤhrt auch an, man habe in einem, nicht weit von den Bädern entfernten, Bache, deſſen Temperatur er zu + 69° R. (86,25 C.) beobachtet, und dem Provoſt eine ſolche von 62 bis 67 R. (83,5 bis 83,7 C.) beimaß, Fiſche gefehen. Allein bei der Unbeſtimmtheit dieſer Beobachtungen läßt ſich ihnen offenbar kein Vertrauen ſchenken. Es ſcheint kaum moͤglich, daß das Thierleben in Waſſer, das fo heiß ift, daß es den Eiweißſtoff zum Coaguliren bringen wuͤrde, und wodurch folglich eine mit der Fortſetzung der organiſchen Functionen unvertraͤgliche Veraͤn— *) Voyages dans les régences de Tunis et d’Alger, publiés par Mr. Dureau de Lamalle. T. II. p. 66. ) Comptes rendus des séances de Académie des Scien- ces. T. IX. p. 602. 250 derurg der Beſtandthelle des Körpers bewirkt werden würde, forts beſtehen koͤnne. Sonnerat und Provoft haben böchſt wahr⸗ ſcheinlich die Temperatur dieſer Waſſer an der Oberflache gemeſſen und find nicht, wie Herr Tripier, darauf verfallen, deſſen Wärs megrad in der Nahe des Grundes, wo ſich die Fiſche wahrfcheins lich aufhielten und wo das Waſſer fübler ſeyn mußte, weil ſich das heißere, wegen feiner geringeren ſpeciſiſchen Schwere, an die Ober— flaͤche erhebt, zu ermitteln. In Betreff der Gewaͤchſe ift die aͤußere Wärme, der fie ohne Gefahr für ihr Leben fortwährend ausgeſetzt ſeyn können, ſchwer zu beſtimmen. Der Grad derſelben iſt, je nach der beſonderen Natur der Gewaͤchſe, verſchieden. Diejenigen, welche die hoͤchſte conſtante Temperatur vertragen koͤnnen, gehoͤren den unterſten Claſſen an. Es find gewiſſe Cryptogamen, welche man in heißen Quellen antrifft. (Annales des Sciences naturelles, Jauviet et Fevrier 1840.) Miscellen. Das Alpaca, zu den Llama's gehörig und in den Hochge⸗ birgen von Peru einheimiſch, in Schottland zu acclimatifiren, iind ſeit einiger Zeit gelungene Verſuche gemacht worden. Seiner Wolle wegen gefchägt, wird es auch in den Parks der reichen Peruaner als Wild gehegt und liefert ein Fleiſch, das dem des Weldprets gleichkommt. Das Alpaca ift weiß, braun oder geflidt von Farbez es ſchwitzt nicht, wie die Schaafe, und braucht daher nicht einge; ſchmiert zu werden; ſeine ſchwere Wolle, die ſo fein wie Seide iſt, giebt ihm genuͤgenden Schutz gegen die Witterung in den Gebirgen von Peru, wo vier Monate hindurch im Sommer unaufbörliche Regengüſſe ftattfinden, und da die Alpaca's unmittelbar unter der Schneelinie zu finden ſind, ſo darf man annehmen, daß ein kaltes Clima ihnen ſelbſt im Winter zuſagen wird. Seine Nahrung bes ſteht in „Zeho“, einer Art welken Graſes, das auf allen Gebirgen über einer gewiſſen Höhe waͤchſ't, und man darf daraus abneh⸗ men, daß es exiſtiren kann, wo ſelbſt Schaafe nicht mehr fort kommen koͤnnen. In der Wolle des Alpaca befindet ſich keine fette thieriſche Subſtanz, fo daß es keiner Waͤſche vor der Schur ber darf und die Wolle zu 20 d. per Pfund verkauft werden kann. Während der Handels- und Manufactur-Kriſis des Jabres 1887, als Hochland-Wolle zu 31 d. per Pfund verkauft wurde, wurde fuͤr etwa 1,000,000 Pfund Alpaca-Wolle 2 sb. und 2 sh. 6 d. er Pfund bezahlt; im Ganzen ſollen etwa 8,000,000 Pfund die⸗ er Wolle aus Peru in Schottland eingeführt worden ſeyn Die aus der Alpacas Wolle gewirkten Stoffe haben viele Aehnlichkeit mit Seidenſtoffen, und koͤnnen für den dritten Theil des Preifes der Seidenſtoffe fabricirt werden. Von Baſtard⸗Faſanen giebt Herr James Lowcock fol: gende Nachricht: Der Aufſeher des Herrn H. Halſey, von Henley Park, erbielt mit einer Brut gemeiner Faſen auch eine Golodfaſan- Henne und ließ fie mit den übrigen in's Holzz das Reſultat find zwei ſchoͤne Baſtard-Faſanen, in welchen die Cha⸗ ractere der beiden Arten ſo ſchoͤn vereinigt ſind, daß Jedermann nicht umbin kann, fie auf den erſten Anblick zu erkennen. Sie haben nicht die hellen Zeichnungen des gemeinen Faſans, und eben⸗ ſowenig die prächtige Farbe des Goldfaſans, aber fie bieten die dunkeleren Faͤrbungen beider dar. Daß dieß im wilden Zuſtande vorgekommen, davon hat man noch kein Beiſpiel. e i ue bh Waſſerſucht. Bon Henle. . Die Gewebe, welche zu Waſſerſucht faſt ausſchließlich disponirt find, find Zellgewebe und ſeroͤſe Haͤute. Man betrachtet dieſelben als Abſonderungsorgane, die erſtern von Enn Fett und Serum, die letztern von feröfer Fluͤſſigkeit; wäre dieß richtig, fo koͤnnte man Waſſerſucht als einfache guan⸗ titative Veraͤnderung der Abſonderungsfluſſigkeit betrachten. Als Secretion iſt aber die Abſcheidung von Serum nicht zu betrachten. Das Fett iſt ein organiſirtes, in eigenthümli⸗ chen Zellen erzeugtes Gewebe, welches ſich zu Zellgewebe 251 verhaͤlt, wie etwa das Pigment zur eutis. Die Blutge— fiße liefern nur den Nahrungsſtoff dazu. (Es giebt freie Fettzellen ohne Zellge webe bei niedern Thieren und im Wir— belcznale der Fiſche.) Die Fluͤſſi keit in dem interſtitiellen Zell gewebe iſt von dem alle weichen Gebilde traͤnkenden Blut: waſſer nicht verſchieden. In den abſondernden Druͤſen exi— ſtiren beſondere Elementarzellen, welche das Blutwaſſer auf: nehmen, veraͤndern und dann nach der Oberflaͤche entleeren, indem ſie ſelbſt ſich damit ernaͤhren, wachſen und endlich aufloͤſen. Den Elementarzellen der Druͤſen entſprechen im Zellgewebe die Elementarcylinder, feine hohle Faſern, deren Jahalt, wenn fie hohl find, dem Secret der Druͤſen analog ſeyn wird, nicht aber die umſpuͤlende Fluͤſſigkeit. Dieſe iſt nichts, als Blutſerum, welches, vermoͤge der Porofität der Gefaͤßwandungen, transſudirt in verſchiedener Menge, je nach dem Tonus der Gefaͤße, nach dem Drucke, den ſie erleiden und nach der Dickfluͤſſigkeit des Blutes Das Zellgewebe iſt nur wegen ſeiner Dehnbarkeit vorzugsweiſe mit Serum ge— fuͤllt, und zwar um ſo mehr, je ſchlaffer es iſt und je rei— cher an Blutgefaͤßen; wegen ſeiner Schlaffheit iſt das Zell— gewebe der Augenlider und des Scrotum, wegen des Druk— kes der Blutſaͤule das Zellgewebe der Knoͤchel zuerſt oͤdema— toͤs. Daſſelbe gilt von dem geformten Zellgewebe. Fibroͤſe Gebilde find zur Infiltration nicht geneigt; die ſeroͤſen Häuie dagegen haben eine große Dispoſition dazu, denn fie ſind nichts, als Zellgewebe mit einer Oberhautſchicht. Die ſeroͤſen Hoͤhlen ſind ſowohl an den Waͤnden, wie an den Organen, die ſie enthalten, mit einer Lage von Epitheliumzellen uͤberkleidet; dieſe bilden den glatten Ueber: zug. Außerdem gehen aber auch Capillargefaͤße von den Waͤnden auf die Organe Über, wie man auf den Gelenk: flaͤchen junger Thiere ſo ſchoͤn ſieht; endlich giebt es Stel— len, wo ſelbſtſtaͤndige ſeroͤſe Haut frei zwiſchen den Waͤn— den und Organen ausgefpannt iſt; entweder indem Zellge— webe Zwiſchenraͤume ausfuͤllt (wie zwiſchen uterus und Maſtdarm oder zwiſchen den Gehirnwindungen) und nur mit einer Epitheliumſchicht uͤberzogen wird, oder indem groͤ— ßere Gefaͤß- und Nervenſtaͤmme durch die Höhle zu den Organen laufen und einen Epitheliumuͤberzug erhalten. In gewiſſen Faͤllen geht jeder Gefaͤß- und Nervenſtamm fuͤr ſich allein von der Hoͤhlenwand zum Eingeweide; jeder wird daher ringsum von Epithelium, wohl auch von Zellgewebe bekleidet, und denkt man ſich das Epithelium in ſolchem Falle iſolirt, ſo wuͤrde der Ueberzug der Wand und der des Organs, jeder einen Sack bilden, von denen der eine innerhalb des andern ſteckte und beide Saͤcke waͤren verbun— den durch hohle Cylinder, in deren Höhlen die Gefüß= und Nervenſtaͤmme lägen. So iſt es gewöhnlich bei der arach— noidea des Gehirns und Ruͤckenmarks, und hier iſt dem— nach die feröfe Haut, wenn fie den Organen feſt adhaͤrirt, nicht darſtellbar, und wird nur der Analogie nach ſuppo⸗ niet, Haͤufiger aber find die Gefaͤß- und Nervenſtaͤmme unter ſich und durch Zellgewebe verbunden, die Maſchen zwiſchen den Anaſtomoſen von Zellgewebe ausgefüllt, und fo entſtehen zwiſchen den Koͤrperwaͤnden, von denen die Gefaͤße ausgehen und den Organen, zu welchen ſie treten, membra— 252 noͤſe, gefaͤßreiche Platten, Meſenterien, die an beiden Flaͤ— chen von Oberhaut bedeckt werden; auf dieſelbe Weiſe bil— den ſich die feröjen Bänder, z. B., des Bauchfells (wozu auch das große Netz gehoͤrt), zwiſchen den Organen, wenn Gefaͤße und Zellgewebe von einem zum andern uͤbergehen. — Daſſelbe gilt von allen ſeroͤſen Haͤuten, welche keinesweges ein eigenthuͤmliches modificirtes Gewebe darſtellt. Da, wo das Zellgewebe mit ſeiner Epitheliumſchicht ſich von einer Organflaͤche nicht abloͤſen ließ, nahm man an, die ſeroͤſe Haut ſey mit dem Gewebe dieſer Flaͤche innig verwachſen; dieß laͤßt ſich wohl annehmen auf einer fibeoſen Haut, weil ſeroͤſe und fibröfe Haͤute gleiche Formelemente darbieten; es laͤßt ſich aber nicht annehmen, wo das Epithelium einer ſo— genannten ſeroͤſen Haut auf anderm, als Zellgewebe ruht, wie an der hintern Flaͤche der Hornhaut und in den Ven— trikeln des Gehirns, wo die flimmernden Es itheliumcplinder unmittelbar der Nervenſubſtanz aufſitzen. Die Epithelium— ſchicht iſt aber das Characteriſtiſche der ſeroͤſen Haͤute. Von ihrer freien Oberflaͤche rühren die Eigenſchaften derſel— ben her; ihre Schicht ſetzt ſich untrennbar uͤber Flaͤchen fort, mit welchen die ſeroͤſen Haͤute verwachſen ſeyn ſollten; laͤßt man aber frei ausgeſpannte feröfe Haͤute als vollkom— mene Bildung gelten, ſo iſt auch das Zellgewebe ein we— ſentlicher Beſtandtheil, indem er das Verhaͤltniß der Gefaͤße und die phyſiologiſchen und pathologiſchen Eigenſchaften der ſeroͤſen Haͤute beſtimmt. Seroͤſe Haut iſt wie die aͤußere Haut und Schleimhaut zuſammengeſetzt, und zwar aus Epi— thelium und Zellgewebſchicht. Die membrana Demoursii und das Fiimmerepithelium der Hirnventrikel find daher keine ſeroͤſen Haͤute. Die Zellgewebsſchicht unterſcheidet ſich, in der Regel, ſoweit fie der ſeroͤſen Haut angehört, von dem lockern (fubferöfen) Zellgewebe durch eine regelmaͤßigere Anordnung der Faſern, ſo daß ſie ſich dem fibroͤſen Ge— webe nähert ). Oft auch treten die elaftifchen Faſern, welche uͤberall das Zellgewebe durchſetzen, an der innern Oberflaͤche deſſelben und unmittelbar unter dem Epithelium zu einer continuirlichen Schicht zuſammen, die man als eine beſondere Membran beſchreiben duͤrfte. Da nun die ſeroͤſen Haͤute aus Zellgewebe gebildet ſind, ſo findet, was von dieſem bemerkt wurde, ſeine Anwen— dung auch auf jene, — der Oberhaut ſeroͤſer Saͤcke iſt kein weſentlicher Einfluß zuzuſchreiben, denn wenn ihre Zel— len auch hier und da den Zellen ſecernirender Haͤute aͤhnlich ſehen, ſo ſind ſie dagegen an andern Orten, z. B., in den Gelenken, platt und gleichſam vertrocknet, gleich den Zellen der epidermis; gerade die Epitheliumzellen der ſeroͤſen Haͤute ſind es auch, welche bei einigermaßen raſch vermehr— ter Durchſchwitzung zuerſt abgeſtoßen werden; endlich gleicht die Fluͤſſigkeit in den Schleimbeuteln, welchen die Oberhaut fehlt, vollkommen der synovia der Gelenke. Bei ſeroͤſen *) In beiden verlaufen die Zellgewebsfaſern buͤndelweiſe, in den fibroͤſen ſehr kleine wellenfoͤrmige Biegungen machend, wodurch der Atlasglanz dieſes Gewebes bedingt iſt; in dem ſeroͤſen Ge— webe bilden die aus parallelen cylintrifchen Faſern beſtehenden Buͤndel große Bogen und Windungen, durch welche ſich die Dehnbarkeit der ſeroͤſen Haͤute erklaͤrt. R. F. 253 Häuten findet nun das eſgenthuͤmliche Verhättniß ſtatt, daß in dem ſtraffen Gewebe deſſelben keine Fluſſigkejt angeſam— melt werden kann. Um fo leichter wird das Blutwaſſer aus den flaͤchenbaft⸗ausgebreiteten Gefäßen ſich in die Höh— len ergießen, welche fie begraͤnzen. Dieſe gewöhnlich leeren Höhlen nehmen groͤßere Maſſen von Serum auf, fobald unter den erwähnten Umſtaͤnden die Durchſchwitzung durch die Blutgefäße allgemein oder oͤrtlich geſteigert wird. Ber— zelius vergleicht den Inhalt ſeroͤſer Saͤcke einem Blut— waſſer, welches mit dem ſiebenfachen Volumen Waſſer ver— duͤnnt ſey. Da die Anſammlung von Fluͤſſigkeit im Zellgewebe und in ſeroͤſen Hoͤhlen nicht von der lebendigen Thaͤtigkeit dieſer Theile, ſondern vom Durchſchwitzen des Blutwaſſers durch die Gefaͤßwaͤnde abhaͤngt, (die aus mechaniſchen Gruͤn— den hier leichter vor ſich geht) ſo iſt auch die Waſſerſucht nie eine Krankheit des Zellgewebes oder der ſeroͤſen Haͤute; die Urſache ift vermehrte Erſudation von Blutwaſſer, und der Grund davon liegt in einem Mißverhaͤltniſſe der Conſiſtenz des Blutes zu der Porofität der Ges faͤß waͤnde. In dem normalen Verhaͤltniſſe beider beruht die normale Infiltration, der geſunde turgor des Zellge— webes. Im Allgemeinen laſſen ſich zwei Urſachen des kydrops ſta— tuiren: I Erboͤhte Porofität der Gefaͤßwaͤnde und II. Verminderte Dichtigkeit des Blutes. J. Die erhoͤhte Poroſitaͤt der Gefaͤßwaͤnde findet ſtatt bei grös ßerer Ausdehnung derſelben, und dieſe kann Folge eines vermehrten Druckes ſeyn, den die Gefaͤße erleiden. Aus folgenden Grunden koͤnnen daher die Gapillargefäße in einen Zuſtand vermehrter Aus: dehnung gerathen. 1) Dürch Atonie der Wände der Gapillargefäße, wahrſcheinlich nach Laͤhmung ihrer Nerven, welche entweder direct iſt bei Durch— ſchneidung und in Zuſtaͤnden allgemeiner Schwaͤche, oder indirect, d. h., antagoniſtiſch durch Reizung der centripetalen Thaͤtigkeit eis nes Nerven bedingt. Durch dieſe indirecte Laͤhmung entſteht Gons geſtion und Entzuͤndung (indem letztere gemiſcht iſt aus den Sym— ptomen erhoͤhter Thaͤtigkeit der Empfindungsnerven und den Symptomen der Atonie und Erweiterung der Gefaͤße). In allen dieſen Fällen kann auch Waſſerſucht eintreten, z. B., Oedem bei Laͤbmungen, bei Schwaͤche nach Fiebern ꝛc., bisweilen mit Eryſipe— las, fo wie auch Waſſerſucht ſeroͤſer Hohlen mit und ohne entzünde liche Gefaͤßerweiterung vorkommen kann, im letzteren Falle acut und ſchmerzhaft, wie bei jeder Entzuͤndung; fuͤr eine Krankheit des entzuͤndeten Gewebes, naͤmlich der entzuͤndeten Haut, koͤnnte dieſer hydrops inflammatorius indeß nur dann erklärt werden, wenn man die naͤchſte Urſache der Entzündung in den beſondern Geweben, ftatt in ihren Gapillargefäßen ſuchen wollte. 2) Erfolgt Erweiterung und vermehrte Permeabilitaͤt der Blutgefaͤße von Hinderniſſen der Blutbhewegung durch die Venen, durch Verſtopfung oder Compreſſion. Dieſe Waſſerſuchten ſind ſehr haͤufig, obwohl ſie nicht immer ſo gedeutet werden, z. B., Oedem bei Einſchnürung eines Gliedes, bei entzuͤndlicher Obliteration der Venen, bei Gefchwülften der Unterleibseingeweide, namentlich der Leber. Auch die Waſſerſucht bei Herzkrankheit gehoͤrt hierber, in« dem verhindertes Einſtroͤmen des Blutes in das Herz Stoͤrung der Blutbewegung durch den ganzen Koͤrper zur Folge hat. Auch hierbei iſt keine Krankheit des Blutes vorhanden; der Örtliche Grund der Krankheit liegt aber nicht an der Stelle des Oedems, ſondern oft im Innern des Koͤrpers verborgen, weßwegen die Waſſerſucht ſehr verbreitet, ja in allen Theilen vorhanden ſeyn kann und das Blut doch geſund iſt. Je näher dem Herzen das Hinderniß, um ſo allgemeiner iſt die Exſudation. Oedem der 254 Füße zeigt ſich bei Varicen der Schenkel, Dedem ber untern Ex— tremirdten und ascites bei Leberkrankheit, Dedem der untern Ex⸗ tremitäten, ascites und hydrothorax bei Herztrantheiten. II. Als zwiſte Bedingung der Waſſerſucht wurde verminderte Oſchtigkeit des Blutes aufgeſtellt. Magendie hat dieß direct ers wieſen, indem er durch Ginfprisuna von Woffer in die Venen oder durch Defibrination des Blutes bei Thieren unasarcn hervorbrachte. Auf gleiche Weiſe wirken wiederholte Adertaſſe, nach welchen viel raſcher die flüffigen, als die feſten Beſtandtbeile des Blutes ſich wiedererzeugen. Bei noch weniger bekannten Krankheiten, chlo- rosis, Blauſucht, ſcheint das Blut weniger feite Stoffe zu entbals ten und fie machen zu bydrops geneigt. Ein Ucberſchuß mäßiger Beſtandtheile im Blute muß durch Störung der Scecretionsorgane erfolgen, welche Waſſer auszuſcheiden haben, wie Haut und Ni = ren; es erfolgt bei Storung derſelben hygrops und zwar nicht etwa durch vicariirende Ausſcheidungsthaͤtigkeit des Zellgewebes oder der feröfen Haute, ſondern weil die Gefäße dieſer Gewebe dem Austreten des Waſſers am wenigſten Widerſtand hiften. Dietz iſt der Grund der Waſſerſucht bei der Bright'ſchen Krankheit und bei andern Nierenaffectionen, und in dieſen Fällen enthält die bydrepi⸗ ſche Fluſſigkeit auch Harnſtoff. Waſſerſuchten von verminderter Fluſſigkeft des Blutes find natürlich immer allgemein und äußern ſich nur zuerſt da, wo de Blutgefäße am wenigſten durch die Structur der Gewebe unters ftüst find, Bis hierher wurde die Abſorption als unverändert angenoms men; es muß aber die Exſudation mit der Reſorption des Blut⸗ waſſers im Gleichgewichte ſtehen, damit der normale turgor er- halten werde. Auch bei normaler Beſchaffenbeit des Blutes und der Blutgefäße müßte die erfudirte Fluͤſſigkeit ſich abnorm anſam⸗ meln, wenn fie nicht durch die Lymphgefäße in die Blutgefäße zu: ruͤckgefuͤhrt würde, Bei noch fo ſtarker Ergießung entitände keine Waſſerſucht, wenn die Thaͤtigkeit der Lymphgefäße in ateſchem Maaße zunaͤhme, und umgekehrt wird bei verminderter Functſon der letztern ſelbſt normale Exſudatjon zu hydrops führen. Wir kennen gewiſſe Formen von anasarca in Folge entzündlicher Ob te— ration der Lymphgefäße (phlegmasia alba), wobei allerdings guch die Venen bisweilen mitleiden. Etwas Genaueres läßt ſich über den Antheil von Lymphgefaͤßkrankheiten und Erzeugung von Waf⸗ ſerſucht nicht angeben, ſo lange die Kraft, mittelſt welcher die Auf⸗ faugung der Lymphe zu Stande koͤmmt, noch unbekannt iſt. Wenn nun auch in der Natur oft mehrere der genannten Urs ſachen zuſammenwirken mögen und eine fo ſcharfe Trennung, wie im Syſteme, nicht ſtatthaft ſeyn moͤchte, fo wird doch ſelhſt im concreten Falle eine Würdigung der verſchiedenen concurrirenden Urſachen die Diagnoſe erleichtern und dadurch auch für die Beband⸗ lung nicht nutzlos ſeyn. (Vorgeleſen in der Hufeland'ſchen Geſell⸗ ſchaft, 3. April 1840.) Mercurialzittern. Francesco Boeri, 55 Jahr alt, ein Italiener und Arbeiter in einer Spiegelfabrik, wurde in Charing-Crow-Hospital auf der Abtheilung des Dr. Chowne aufgenommen. Er gab an, daß er bereits 28 Jahr in jener Fabrik arbeite; während der erſten 5 Jahre war er geſund, nachber aber fing das Zittern an; er verließ nun 2 Monate lang die Arbeit und wurde wieder fo kräftig, als aus vor. Er kehrte hierauf zu feiner Arbeit zurück, blieb etwa 6 Jahre gefund und bekam ſodann wiederum das Zittern. Er konnte das bei gut gehen, aber beide Hände, brfonders die rechte, zitterten hef— tig; auch feine Kniec zitterten etwas, jedoch unbedeutend. Wenn er ſich ſtark aufſtuͤtzte, fo konnte er die Hände noch rubig halten; wollte er aber nach etwas faſſen, fo nabm das Zittern zu. Er war außerordentlich nervös, und wenn ibm jemand zufab, fo ſtei⸗ gerte fih das Zittern; Verlegenheit verftärkte die Zufälle jedesmal. Die Zunge war ebenfalls afficirt, und das Sprechen wurde durch ähnliche Urſachen erſchwert. Wäbrend der ganzen Zeit war fein Gefühl unverändert; das Geſicht ſchien etwas trüb und undeutlicher; bisweilen war ihm, als 255 ſey er betrunken; feine Gedanken gingen raſch von einem Gegen— ſtande zum andern. Er verließ ſeine Arbeit auf etwa 2 Monate und wurde wieder geſund. Der jetzige Anfall iſt der dritte und gleicht den uͤbrigen in al— len weſentlichen Puncten; die Beine zittern jedoch mehr, als fruͤ— ber, immer aber nicht fo ſtark, als die Hande; er geht oft wie ein Betrunkener; die Augen ſind weniger truͤb, das Geſicht klarer; die Zunge iſt mehr afficirt, als bei den fruͤgeren Anfallen; der Schlaf iſt im Allgemeinen gut, das Gedachtniß etwas geſchwaͤcht. Waͤhrend des jetzigen Anfalles fuͤhlte er öfter den Drang zum Stuhlgange, verlor aber, bevor er den Nachtſtuhl erreicht hatte, ploͤtz— lich feine Kräfte, fiel zuſammen und hatte zugleich eine unmwillführe liche Ausleerung; was jedoch nicht jedesmal dabei war. Kam Nie— mand hinzu, um ihm aufzuhelfen, ſo dauerte es gewoͤhnlich 1—2 Stunden, bevor er ſich hinlaͤnglich erholt hatte, um wieder auf— ſtehen zu koͤnnen. Vor ſeiner Aufnahme in das Spital fiel er woͤchentlich 2— 3 Mil und hatte dabei eine unwillkuͤhrliche Aus: leerung. Der Kranke meint, daß es nicht fo ſchlimm geworden wäre, wenn er, wie früher, feine Arbeit hätre verlaſſen koͤnnen; der Schmerz uͤber den Verluſt naher Verwandter mag den Zu— ftand ebenfalls verſchlimmert haben. Obwohl nie Salivation vors handen war, ſo ſind doch ſeine Zaͤhne oft locker geweſen. Bei ſeiner Aufnahme waren die allgemeinen Functionen nor— mal, der Verſtand klar, aber große Dispoſition zu Verlegenheit, Angſt und Furcht vorhanden. Das Geſicht war gut, der Appetit normal, weder Fieber noch Schmerz vorhanden; der Puls normal, weich und voll, 84; die Haut normal, der Schlaf gut und erquik⸗ kend. Im Allgemeinen fühlt ſich der Kranke ſchwach, beſonders in den Beinen; Kopf, Haͤnde und Beine zittern, die Haͤnde am meiſten; die Schwaͤche in den Knieen iſt ſehr groß; die Zunge zittert, die Sprache iſt, ſelbſt ohne Gemuͤthsaufregung, langſam und zitternd. Das Zittern nimmt aber in allen Theilen durch Ver— legenheit zu. Zuerſt bekam der Kranke eine toniſche Medicin mit Eiſen; da dieſe aber Verſtopfung veranlaßte, fo wurde eine aromatiſche Mir: tur mit Rhabarber dafuͤr gegeben. Die Extremitaͤten und das Rückgrat wurden mit einer ſtarken Reizſalbe eingerieben; bei kraͤf— tiger Diaͤt ſchien er ſich unter dieſer Behandlung in etwa 3 Wo— chen zu beſſern. Nun wurden, jedoch ohne Nutzen, wiederum to- nica gegeben. Ohne eine bemerkbare Urſache nahm die Schwaͤche und das Zittern zu. Tonica und Wein blieben ohne Erfolg; die Schwaͤche nahm zu, ohne daß beſondere Symptome ſich entwickelt haͤtten; zuletzt ging die Schwaͤche in coma uͤber, und es erfolgte der Tod. Bei der Section fand ſich in der Bruſt- und Bauchhoͤhle nichts Ungewoͤhnliches; die Hirnhaͤute ſchienen normal, die Hirnſub— ſtanz war ungewöhnlich feſt und ſchmutzig⸗gelblich. Das Rüden: mark ſchien normal. Das Zittern glich bei unſerm Kranken bis zu einem gewiſſen Grade dem delirium tremens, fo lange ſich daſſelbe nur durch un— regelmaͤsige Muskelthaͤtigkeit äußerte. Die Diagnoſe war indeß nicht ſchwierig, da bei dem Mercurialzittern die ſubjectiven Sin— nestaͤuſchungen fehlten; auch war kein profuſer klebriger Schweiß, nicht die Neigung, aus dem Bette zu ſteigen, keine Schlafloſigkeit, kein unruhiger Ausdruck der Augen, keine Haſt bei'm Sprechen und kein Irrereden vorhanden. 258 Das bloße Saͤuferzittern ohne Delirkum iſt dem Mercurialgi’s tern ahnlicher; doch liegt die Urſache vor; das erſtere zeigt fich befonders Morgens, bis ein neuer Reiz durch Branntwein gegeben iſt, wahrend das Mercurialzittern Morgens nickt ſtaͤrker iſt und auch durch ein Glas Branntwein nicht vermindert werden kann. Großer war die Aehnlichkeit mit paralysis agitans. Auch bei dieſer Krankheit giebt ſchon die Anamneſe einige Auskunft. Paraly- sis agitans iſt meiſtens Felge einer Erkaͤltung; ſie tritt ploͤtzlich ein, und nach Beſeitigung der Erkaͤltungsſymptome bleibt die Pas ralyſe zuruͤck. Bei diefer iſt das Zittern durch zufällige Umſtaͤnde nicht zu verandern; der Fuß zittert auf gleiche Weiſe; er mag aufs geſetzt oder frei gehalten werden; das Mercurialzittern dage— gen wird durch Gemuͤthsaufregung, durch den Willen, etwas zu faſſen, heftiger, während bei paralysis agitans ein beſtimmter, Wille mehr Stetigkeit verſchafft, ſo daß durch Aufregung das Ge— hen mehr erleichtert wird, wogegen Boeri, wenn er ſich beeilte und raſcher gehen wollte, in der Regel, zufammenfiel. Während des ganzen Aufenthaltes im Spftale war der Vers ftand des Bo ri nicht geſtoͤrt; jedoch war er ſehr leicht in Aufs regung und Verlegenheit zu bringen. Merkwuͤrdig iſt, daß in dieſem Falle der Franke erſt 5 Jahr, dann 6 Jahre und hierauf 15 Jahre arbeitete, bis er einen neuen Anfall bekam; der letzte Anfall dauerte 2 Jahre. Das beſte Heils mittel war, das Aufgeben der früheren Arbeit. (Lancet, 11, July 1840.) e eee Die Behandlung des varix nach Laugier, hat Herr Clay ein wenig modificirt und lobt fie nach feiner Erfahrung. Nach ihm wird dabei die varicoͤſe Vene etwa einen Zoll weit vor— ſichtig bloßgelegt; man ſtillt zuerſt die geringe Blutung, und zwar nicht mit Hoͤllenſtein, wie Laugier that; hierauf legt man ein gefenſtertes Stückchen Leinwand auf die Wunde und legt in deren Oeffnung eine Paſte aus gleichen Theilen Gyps und Kali causti- cum. Die Paſte wird mit den Enden der Compreſſe bedeckt und mittelſt eines Heftpflaſters feſt eingedruͤckt. Dieß geſchieht an zwei Stellen. Der Schmerz iſt nach einer halben Stunde voruͤber, und nach drei Tagen haben ſich Brandſchorfe gebildet; die varicöfe Vene iſt geſchloſſen, und nach drei Wochen iſt Alles geheilt. (The Lancet, Aug. 1840.) Gluͤckliche Behandlung eines Ruͤckgratsbruches durch Extenſion, wird von Herrn Hinchman Crowfoot mitgetheilt. Ein Kutſcher fuhr mit ſeinem Wagen unter einem Schlagbaume durch uud erlitt eine Fractur, wodurch der neunte und zehnte Ruͤckenwirbel auseinander und der erſte nach Vorn, der zweite nach Hinten getrieben wurden. Die untere Körperhälfte war für Bewegung und Empfindung vollkommen gelaͤhmt. Um den Verletzten nicht ganz feinem Schſckſale zu uͤberlaſſen, wurde die Extenſton verſucht, und da ſich dabei die Deformitaͤt vermin⸗ derte und die Senſibilitaͤt in geringem Grade herſtellte, ſo wurde damit fortgefahren, während längere Zeit die kraͤftigſte Antiphlo— giſtik fortgeſetzt wurde. Nach eilf Monaten konnte der Mann ſein Geſchaͤft als Kutſcher wiederum antreten. (London medic. Gaz., July 1840.) Gibliographis ch A Flora of Shropshire. By W. A. Leighton. London 1840. 8. The Flora of Yorkshire. By Henry Baines, Subcurator of the Yorkshire Philosophical Society. London 1840. 8. Traité pratique d’auscultation, ou Exposé methodique des di- verses applications de ce mode d’examen à l’etat physiologi- t Hen i gk e i ten que et morbide de l'économie. Par Barth, DM. etc., et H. Roger, DM. etc. Paris 1840. 18. Des médecins legistes, considérés dans leurs rapport avec les Cours de justice; à l’occasion du proces Lafarge. Par Ad. Berigny, DM. etc. Paris 1840. 8. u — — Ueue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medieinglratbe Fror ter zu Meunar NV. 347. und dem (Nr. 17. des XVI. Bandes.) Merteinatratbe und Preſeſſer Frerier ju Brin. December 1840. Gedruckt im Landes »Induftriss Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stuͤckes 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 XKtbir. oder 3 Fl. 36 Ar., Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Eine eigenthuͤmliche angeborne Mißbildung des Mittelfingers. Von Robert Po wer. (Hierzu die Figuren 21. u. 22. der mit Nr. 331. ausgegeb. Tafel). Der Gegenſtand dieſer ungewöhnlich ſeltenen Mißbil— dung iſt ein huͤbſches fuͤnfjaͤhriges Kind, Namens Marga— reth Keefe. Der Mittelfinger der rechten Hand dieſes Maͤdchens hat einen Umfang, wie er einem vollkommen er— wachſenen Menſchen zukommen wuͤrde; der Mittelbandkno— chen und die Phalangen nehmen an dieſer ungewoͤhnlichen Entwickelung Theil, ſind aber uͤbrigens vollkommen ſymme— triſch. Daumen und Zeigefinger haben die gewoͤhnliche Groͤße, dem Alter des Kindes entſprechend; der Zeigefinger und befonders der Ringfinger find bereits etwas größer und ſtehen von dem Mittelfinger ab, wegen der ungewoͤhnlichen Größe des letztern. Betrachtet man die Handflaͤche, fo ift die Vergrößerung an der Baſis des hypertrophiſchen Fingers ſehr auffallend und giebt dieſem Theile der Hand das Aus— ſehen der Hand eines erwachſenen Menſchen. Die Haut iſt normal, und die linke Hand, das Geſicht, ſo wie die untern Gliedmaßen, ſind vollkommen ausgebildet und ſymme— triſch. Beifolgende Zeichnungen ſtellen die Hand von beiden Flaͤchen dar. a Handflaͤche, welche beſonders die Vergroͤßerung an der Baſis des Fingers zeigt. b Handruͤcken, woran man die Hypertrophie des Mit⸗ telfingers und die Divergenz des Zeige- und Ringfingers ſieht. Es wird angegeben, daß die Mutter des Kindes un— mittelbar nach der Entbindung und bevor ſie noch das Kind geſehen haben konnte, ſich bei der Hebamme erkun— digt, ob ihr Kind an der rechten Hand Finger habe, oder ob dieſelben aneinandergewachfen ſeyen. Sie bezeichnete als Grund dieſer Frage, daß ihr im vierten Monate ihrer Schwangerſchaft ein Fenſterrahmen auf die Hand gefallen ſey und die Finger heftig gequetſcht habe, wobei beſonders der Mittelfinger gelitten hatte und ſtark geſchwollen war. Vo. 1447. So ſetzte ſich die Idee bei ihr feſt, daß ihr Kind mit einer Mißbildung zur Welt kommen werde, und ihre erſte Frage betraf daher deſſen Hand. Die Frau hat mehrere Kinder gehabt, welche niemals eine Mißbildung zeigten, und ihre Mutter theilte mit, daß auch fonft Niemand aus der Fa— milie von irgend einer Mißbildung behaftet ſey. Man kann wohl annehmen, daß die Mehrzahl der monſtroͤſen Bildungen von Entwickelungsfehlern abhaͤngen; alle Faͤlle haͤngen indeß davon nicht ab, namentlich ſind da— hin diejenigen nicht zu rechnen, welche durch einen Exceß oder durch Transpoſition der Organe ſich characteriſicen. Mangelhafte Bildungen erklaͤren ſich mehr als Entwicke— lungshemmung, wiewohl auch fie bisweilen durch Foͤtal— krankheiten bedingt find. Uebrigens darf man auch mecha- niſche Urſachen nicht uͤberſehen. Geoffroy Saint Hilaire er— waͤhnt als ſolche Urſachen die unnatuͤrlichen Adhaͤſionen zwiſchen dem foetus nnd feinen Hüllen, in der Zeit, wo die Or— gane noch rudimentaͤr ſind, ſo daß der angewachſene Theil bei der Weiterentwickelung der uͤbrigen Oegane eine abnorme Lage und Richtung bekommt, waͤhrend gleichzeitig ein Theil des Blutes in der placenta, welches fuͤr die Foͤtalorgane beſtimmt iſt, zuruͤckgehalten wird und auf dieſe Weiſe zu einer Bildungshemmung Veranlaſſung giebt. Den Ein— wurf, daß angeborene Mißbildungen ſich nicht auf die Körpers oberfläche beſchraͤnken, beſeitigt Hr. Geoffroy St. Hilaire durch die Bemerkung, daß es eine Periode in der Entwickelung des foetus gebe, wo die Organe deſſelben bloßliegen und daher ebenfalls mit der placenta adhäriren konnen, worauf ſodann die Organe oberflaͤchlich bleiben, die Waͤnde der de— treffenden Hoͤhlen ſich nicht bilden, und endlich bei zuneh⸗ mender Schwere des foetus oder durch andere Veranlaſſun— gen die Verwachſungen zerriſſen werden; die mangelhaft ent⸗ wickelten Organe ragen nun zwar nicht laͤnger hervor, blei⸗ ben aber unvollkommen entwickelt. Es ſind von Richerand, Geoffroy St. Hilaire u. A. mancherlei Experimente bier- über angeſtellt worden: Richerand brachte die befruchteten Eier einer Schleie in ein enges Gefaͤß. Die vielen Jungen hatten nun nicht hinreichend e adhaͤrirten einander 1 259 und es bildeten ſich monſtroͤſe Fiſche. Saint Hilaire bruͤtete Eier, welche zuvor an verſchirdenen Stellen gefirnißt oder ganz oder zum Theil mit Goldſchlaͤgerhaudchen belegt waren, während er bei anders Eiern die Schalen auf verſchiedene Weiſe durchbonrt hatte. Nach der gewoͤhnlichen Brutezeit fand ſich, daß in einigen Eiern die Hühnchen ſich gar nicht entwickelt, in andern ihre nalurs liche Groͤße erreicht hatten und noch in andern auf ganz widerna— tuͤrliche Weiſe entwickelt waren. Die Qualitat und Quantitat der Nahrung eines Theiles bewirkt verſchiedene Grade der Entwickelung, und Perrn Haber's (in Genf) angeſtellte Virſuche mit Bienen fpreen fur dieſe Conjectur. Er erlangte männliche, weibliche oder indifferente Bienen, je nachdem er das junge Juſect in eine Zelle mit meyr oder weniger Honig brachte. Serres leiter mans gelbafte Entwickelung einzelner Theile des Nervenſyſtems on man⸗ gelhafcer Ausbildung der Gefäße her; doch läßt ſich dieß auch auf umgekehrte Weiſe erklaͤren, was ſogar durch die Bildungsweiſe der Gefäße von einzelnen Blutpuncten aus viel wahrſcheinlicher wind, z. B., in Pſeudomembranen. Ueberdieß giedt es Falle von Ger birnmangel, bei vollſtändiger Ausbildung der carotis interna mit ihren Aeſten, welche nur ein geringeres Volumen zeigten. Die Einwirkung der Einbildungskraft der Mutter auf die Entwickelung des toetus hält man, in der Regel, für ſehr unbe— deutend und wird zum Theil ganz und gar geläugnet; doch dürfen wir keinesweges Alles verwerfen, was fuͤr dieſe Anſicht angefuͤhrt wird. Starke Gemuthsbewegungen der Mutter wirken nicht ſelten naqhtheilig und toͤdtlich auf das Kind; warum ſollen ſie in früherer Ziit nicht auch die Entwickelung hem nen koͤnnen, Falle, in wel chen die Miß bildungen erſt nach der Geburt bemerkt wurden und dann eine Veranlaſſung in Erinnerung brachten, haben keinen gro— ßen Werth; wichtiger find authentiſche Falle, in welchen die Eins bildungskraft der Mutter auf einen einzelnen Gegenſtand fo lebhaft gerichtet war, daß ſie ſchon vor der Geburt die Mißbildung vor⸗ ausſah und danach fragte, bevor ihr das Kind zu Geſüchte kam, wie in dem mitgetheilten Falle. Ein anderer merkwuͤrdiger Fall kam dem De. Beaty vor Eine Dame aͤußerte bereits waͤhrend ihrer Schwangerſchaft fortdauernd Beſorgniß für ihr Kind und er: kundigte ſich gleich nach der Geburt, noch ehe ſie das Kind geſe— ben hatte, nach dem Zuſtande des ligken Arms. Dr. Beaty fragte, warum ſie darüber beſorgt ſeyz ji? erwiderte, daß ſie über: zeugt ſey, der Arm ſey miß bildet, da ſie in der fruͤhern Zeit ih— rer Schwangerſchaft allein einen Spagiergang gemacht und von ei⸗ nem Bettler um Geld angeſprochen worden ſey, welcher auf eine abweiſende Antwort den Stumpf des linken Armes unter dem Rode ihr vorgehalten habe. Das Kind ward, in der That, mit einem Stumpfe des linken Armes geboren. (Dublin Journ., May 1840.) Ueber Gannal's Verfahren, Menſchen, vierfuͤßige Thiere und Voͤgel einzubalſamiren. Nachdem der Gebrauch des Einbalſamirens in neuerer Zeit faſt ganzlich abgekommen war und nur etwa fuͤrſtliche Perſonen mit allerhand Mitteln der Verweſung zu entreißen verſucht worden, ſtrengten ſich erſt in den letzten Zeiten einige Gelehrte an, durch Vervollkommnung der Mittel, das Einbalſamiren in's Leben zuruͤck⸗ zurufen. Unter ihnen koͤnnen wir den gelehrten Profeſſor Chauſ— fier, den Herrn Pelletan, den Baron Larrey und Andere nennen. Doch glauben wir, noch Keiner habe es zu dem Grade von Vollkommenheit gebracht, wie Herr Gannal. Ausgenommen die Dauer, die wir nicht garanticen koͤnnen, weil die Zeit allein die Probe davon liefern wird, haben die von dieſem Chemiker präpa: rirten Körper einen unſtreitbaren Vorzug vor allen den Präpara— ten, die bisjetzt bekannt ſind. — Alle die, welche einbalſamirt ha— ben: Griechen, Roͤmer, Guanchen, und, wie geſagt, die Aegypter ſelbſt, nahmen Gehirn und Eingeweide heraus; da hingegen Herr Gannal die Leichen nebſt allen ihren Organen in denſelben beibe— hält; ja, er balſamirt oft Cadaver ein, ohne daß dabei ein Tro— pfen Blutes verloren geht. — Die Aegypter arbeiteten an einem Leichname 70 Tage. Herr Gannal verrichtet feine Operation 260 in zwei bis drei Stunden, je nach der Sorafaft, die er anwendet. — Das Eindalfamiren war fur die Familien ſtets mit großen Unkos ſten verbunden; die Mäßigkeit des Preiſes macht nun auch das Einbalſamiren für minder Reiche anwendbar. Dabei findet keine Verſtummelung der Cadaver ſtatt, keine Entziehung ibrer Organe, überhaupt keine ſolche Entweihung, die das Herz der hinterlaſſenen Familien empoͤren koͤnnten. Ein blo— ßer Einſpynitt am Halſe, um die carotis dextra zu finden, genügt ihm. Durch dieſe Arterie ſpritzt er eine Fluͤſſigkeit ein, welche die thieriſchen faulenden Subſtanzen neutraliſirt, und den Leichnam ganz unverſehrt erhält. Iſt einmal die Einſpritzung vollendet, die offene Wunde mit einigen Nadelſtichen wieder geſchloſſen, ſo iſt der Leichnam fuͤr immer nicht mehr folgenden beiden Veraͤnderungen ausgeſetzt: 1) Der Wirkung der freien Luft preisgegeben, muß er mehr oder weniger ſchnell eintrocknen, w'gen des hohen Grades von Ein— wirkung der Atmoſphaͤre und in Folge der Jahreszeit; oder: 2) An einen feuchten Ort gelegt, muß der Cadaver mehr oder weniger ſchnell in Faͤulniß übergehen. Aber die von Herrn Gannal einbalfamirten Körper find fo beſchaffen, daß ſie weder eintrocknen, noch in Faͤulniß übergehen koͤnnen, und ganz unangreifbar fuͤr Wuͤrmer ſind. Es haben zwar Einige behauptet, das Einbalſamiren ſey fuͤr unſer Jahrhundert durchaus nicht geeignet, und die ehemalige Ehr— furcht fuͤr Todte liege nicht in unſeren Sitten. Herr Gannal meint, dieß ſey unrichtig und beweiſet es durch die Menge von Grabmaͤhlern, die ſich auf unſeren Gottesaͤckern befinden. Er fagt auch: es möge vielleicht lächerlich ſeyn, einen Körper einzubalſami⸗ ren, der begraben werden ſoll; es ſey aber noch laͤcherlicher, Grab— maͤhler zu errichten, Gruften und Familiengraͤber zu bauen, um darin Leichen beizuſetzen, die ſchon in Faͤulniß gerathen find, bevor nur ein Denkmal geſetzt iſt. Gewoͤhnlich T ven auch ſolche Grabmaͤhler nichts anders, als der Ausdruck der Eitelkeit von Familien, die ei— ferfübtiger darauf find, ihren Reichthum auszukramen, als von aufrichtigem Schmerz durchdrungen ſind. — Seitdem ſich Herr Gannal mit dem Einbalſamiren abgiebt, critiſirten und machten Leute, die vor ihm in das Geſchaͤft pfuſch— ten, und ſich in ihrem Intereſſe beeinträchtigt fanden die Erfindung dieſes Chemikers veraͤchtlich. Er opferte viel Zeit und Mühe, um alle Hinderniſſe zu beſeitigen. Auch ift es wahrſcheinlich, daß er der Cabale unterlegen ſeyn wuͤrde, wenn ihm nicht, ſo zu ſagen, Himmel und Hölle dabei zu Huͤlfe gekommen waͤren. Wir ſagen der Himmel: um das Gluͤck zu bezeichnen, das ihm durch das Te— ſtament des Hrn. von Quélen Erzbiſchofs von Paris, wider— fuhr, der ausdruͤcklich den Wunfch erklärte, nach feinem Tode, durch dieſen Chemiker einbalſamirt zu werden; und die Hölle: durch jenen entſetzlichen Meuchelmord, der in der Vilette an der Perſon eines zehnjaͤhrigen Kindes begangen ward. Der präparirte Leichnam des Hrn. Erzbiſchofs blieb 9 Tage lang in der Kirche Notre Dame ausgeſetzt, und gab einen thatſaͤchli⸗ chen Beweis ſeiner Kunſt. Sogar die, welche mitgeholfen hatten, den Leichnam einzubalſamiren, glaubten: es ſey nur eine Wachsfigur, die man an die Stelle des ehrwuͤrdigen Prälaten gelegt habe, Das Kind hingegen, welches in der Morgue ausgeſetzt war, wurde in Gegenwart des koͤniglichen Procurators durch Hrn. Ganz: mal präparirt. Die Einbalſamirer des Hrn. von Qus len hatten noch die Albernbeit, vorzugeben, die Mitglieder des Capit els von Notre Dame hätten freiwillig zu einer ſchaͤndlichen Taſchenſpielerei die Hand geboten. Sie konnten nun aber durchaus die Gründe nicht auf eine Sache guͤltig machen, die jetzt vor den Augen aller Welt offen lag. Der Erzbiſchof war mit allen Zeichen ſeiner hohen Wuͤrde angethan; das Opfer in der Vilette hingegen lag nackt da, vier Schritte von den Zuſchauern; Jedermann konnte es beruͤhren; und ganz Paris war darüber erſtaunt, daß, nach Verfluß von zwei Monaten, dieſes Kind noch eben fo ſchoͤn war, eben fo friſch, als am Tage ſeines Todes Wir ſchreiten nun zu Gannal's Einbalſamirungsverfahren ſelbſt. Alle Saͤugethiere, von der Größe eines Elephanten weg bis zum Eichhorne, werden durch die carotis dextra, d. i., die rechte 261 Pulsaderarterie, eingeforigt. Zur Anwendung dieſer Operation durchſchneidet man die Haut am Halſe von Oben nach Unten, vom Kopf bis zur clavicula (Schluͤſſelbein! pat man einmal Uebung darin, genügt eine Oeffnung von 5—5 Centimetern. Indem man nun die Muskeln trennt, die an der Seite des larzux (Kehlkopfes“ ſich befinden, ſtoßt man auf einen Nerven, den nervus vagus (nerf pneumogastrique). Wenn man dieſen aufhebt, fo ſiecht man die Arterie. Sorgfältig entfernt man die vena jugularis (Droffels vene), faßt die carotis, hebt fie in die Höhe und ſchiebt ein Stäbchen Holz darunter, um ſie in der Stellung zu behalten. Sodann macht man mit der Spitze eines Scalpirmeſſers darin einen leichten Einſchnitt, durch welchen man von Oben gegen Unten die Spitze eines Mundſtuͤckes von einer kleinen Spritze mit Haynen ſteckt. Mit einem Faden befeſtigt man fie an die Arterie, ſchraubt die Spritze au und injicirt eine nach der Größe des Thie⸗ res verhaͤltniß maͤßige Menge von Fluͤſſigkeit. Zur Conſervation ci» nes menſchlichen Körpers bedarf es im Sommer drei bis vier Liter der Fluſſigkeit; im Winter von eins bis drei, je nach der Größe des Individuums, nach der Temperatur der Luft und je nach der Länge der Zeit, als man es conferviren will. Ein Haſe bedarf nur einen halben Liter der Fluͤſſigkeit von 329. Die Fluͤſſigkeit läßt ſich einfach aus ſchwefelſaurer Thon— erde bereiten, wovon man ein Kilogramm in einen halben Liter warmes Waffer gießt. Am Areometer muß dieſe Fluͤſſigkeit 32° anzeigen. Da aber bloß ſchwefelgeſaͤuerte Alaunerde für die Geſundheit nicht ſchaͤdlich ift, koͤnnen in der Folge doch die Inſec— ten die eingeſpritzten Thiere angreifen. Um dieſem vorzubeugen, loͤſ't man auf ein Kilogramm von der Thonerdeaufloͤſung 100 Gram— men Kupferchlorure, oder 50 Grammen Arfenikſaure darin auf. Die Fluͤſſigkeit, die in die carotis dextra geſpritzt worden und durch den truncus anonymus in die arteria gorta gelangt iſt, kaun leicht durch die carotis sinistra, die unmittelbar aus der aorta in den Kopf führt, in denſelben gelangen, ohne daß man bei der caro- tis dextra auch aufwärts zu ſpritzen braucht. Alle kleinern Saͤugethiere, wie eine Ratte, ſpritzt man durch das Herz ein. Zu dem Ende ſchneidet man auf der linken Seite der Bruſt die Haut mit einem ſcharfen Meſſerchen auf, nimmt drei oder vier Rippen weg, entblößt das Herz, macht einen Einſchnitt hinein, in welchen man die Spitze des Mundſtuͤckes bringt; alsdann forigt man ein. Iſt dieſe Operation fertig, fo ſchließt man die Wunde und naͤht das Fell zuſammen. Alle Voͤgel werden durch den larynx eingeforigt. Die Deff: nung derſelben befindet ſich an der Baſis der Zunge. Um dieſe Operation anzuwenden zieht man die Zunge vermittelſt eines Zaͤn— gelchens hervor, und bringt in dieſer gezwungenen Stellung das Mundſtuͤck der Spritze in die Luftroͤhre. Spritzt man die fluͤſſige Materie ein, ſo bemerkt man, daß der Vogel ſeine Fluͤgel aus— fpannt und feine Füße ſtreckt. Durch das Erheben des zweiten Flügels kann man erkennen, daß man genug Ftluſſigkeit eingefprigt habe. Sobald ein Vogel injicirt iſt, ziert man ihm einen Faden durch die Naſenloͤcher und hängt ihn 24 Stunden auf. Nach Vers lauf derſelben bindet man ihn an den Fuͤßen zuſammen und haͤngt ihn fo auf daß die berausrinnende Fluͤſſigkeit abfließen kann, ohne den Vogel zu beſchmutzen. Nach Verfluß von 48 Stunden kann man dem Vogel jede beliebige Stellung geben, vermittelſt Stutzen von Holz oder Eiſendraht, die, bis das Thier ganz trocken iſt, in ihrer Stellung bleiben muͤſſen. Bei keinem Thiere erbalten ſich die Augen, und zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil die Fluͤſſigkeit, welche die Augenhoͤhle anfüllt, nur eine eiweißartige Maſſe mit einer ziemlichen Portion Waſſer iſt, das nach dem Tode des Thieres verdunſtet und die Augen einfallen macht; ein umſtand, der den Kopf des Thieres ganz und gar entſtellt. um dieſer unannehmlichkeit vorzubeugen, faßt man die Augen mit einem Zaͤngelchen, dreht ſie zwei- oder dreimal um und zieht fie aus In die Augenhoͤhle ſtoͤßt man fo viel Baumes wolle oder Lehm, um dem Kepfe ſeine normale Geſtalt zu geben. Unmittelbar kann man jetzt die Augen von Email einſetzen (was viel beſſer iſt), oder damit bis zur völligen Trockenheit des Thie⸗ res warten. — 262 Iſt dae Thier groß und will man ts ſchneller trecken babe, kann man auch die Eingeweide herausnehmen, fo wie feibft die ans dern Organe, und zwar entweder durch den anns, oder wine Ecis tenöffaung am vbdomen. In dem Falle füllt man den getterten Raum mit Baumwolle oder Werg aus. Das fo bereitete Tb ier wird natürlich ein um fo befriedigenderes Ausſehen bekommen, um fc natuͤrlicher es aufgeſtellt und unterftünt ift: beſonders aber, wenn es unter guͤnſtigen Umftändın ſobald als moͤglich trocknen kann. — Aufbewahrung von Thieren zu vergleichender Anatomie. Nach dem Verfahren des Hrn. Gannal kann man auch ohne große Vorbereitungen Thiere zu vergleichender Anatomie auf langere Zeit aufbewahren. Man leat das Tbier nur in die gleiche Fluͤſſiakeit, die auf 6° geſchwaͤcht iſt. Eden nach 15 Ta- gen bis 3 Monaten kann man es zum Studium zergliedern, je nach der Größe des Theres und der Temperatur der Luft. Die Zer- gliederung kann man auf eine unbeftimmte Zeitlang ſertſeten, wenn man nur jedesmal wenn der Gegen ſtand zu trocknen anfängt, ibn über Nacht in eine K’üffigkeit von 6° liegen laßt. — Iſt endlich das Stuck ganz zergliedert, legt man es noch 10 Minuten lang in's Waſſer, nimmt mes wieder heraus, läßt es gut vertrepfen und legt es dann zum Studium auf ein Bret. Zur fernern Aufbewab⸗ rung trocknet man es an ſtarkem Luftzuge und firniffirt ee. — Um es auf unbeſtimmt laͤngere Zeit aufzubewahren, muß man die Flüffigkeit das erſte Mal einen Monat nach dem Eir tauchen; das zweite Mal nach drei Monaten; das dritte Mal noch ſechs Monaten erneuern; hernach endlich alle Jahre. Aber dirfe zum aratomifben Studium geeigneten Stöcke find, weil ſich mit der Zeit die Farben der Federn u. ſ. w. veraͤndern, durchaus zu Pro⸗ ben in eirem Cabincte unbrauchbar. In den erſten Tagen des Monats November wurde Hr. Ganz nal in den Jardin des plantes von Paris gerufen, um einen Lö⸗ wen, einen Orang-Outang und einen Maki (Lemur) auszuſpritzen. Dieſe Thiere waren den Tag vorher Mittags ausgebalgt worden. Die beiden letzteren wurden kurze Zeit ra ihrır Pröparation zum anatomifchen Studium benutzt. Der Loͤwe hingegen blieb ausge⸗ fprigt bis zum 15. Maͤrz, auf einem Tiſche liegend, der freien Luft ausgeſetzt. Damals war cr meniaftene bis auf trocken. In ſolchem Zuſtande wurde er in eine Fluͤſſigkeit von 6° gelegt, worin er bie zum 10. April blich. An dieſem Tage ward er in Gegenwart des Herrn von Blainville, des Herrn Rouſ⸗ ſe au, chef des travaux, fo wie auch noch der im Naturaliencas binete Angeſtellten auf einen Tiſch gelegt und in allen ſeinen Thei⸗ len geoͤffnet. Nun zeigte es ſich, daß nach fünf Monaten das Fleiſch und die Eingeweide des Loͤwen nech chen fo friſch geblieben waren, als wenn das Thier erft vor 24 Stunden geſtorben wäre, — Aufſtellen der Saͤugethirre und Voͤgel. Ehe Gan nal an's Ausbalgen eines Thieres ſchreitet, ſpritzt er daſſelbe erſt aus, und zwar, wie bereits geſagt: größere . tkiere durch die carotis dextra, kleinere durch's Herz, Vogel aber durch den larynx. Die Bälge von ſolchen pröparirten Thieren bes dürfen ſodann keiner weitern Praͤſervatjvmittel, keiner Beizen, Ars ſenikſeifen u. dal. mehr. Denn die Injection gebt durch alle Ge⸗ faͤße und, wie Gan nal meint, ſelbſt durch die epiderms in Fe- dern und Haare. Auch bier wird nun der Vortheil klar, den dieß Verfabren bat; und er muß es vor allen andern Gonferpirmitteln vorzüglicher machen, da dieſe, welcher Art fie auch immer ſeyen, nur die innere Seite der Haut erhalten, worauf ſie geſtrichen wor⸗ den, hingegen auf Federn und Haare nicht dieſelbe ſchüg nde Kraft ausüben. Wir ſehen deßwegen auch unſere ſchoͤnſten Sammlungen in weniger als 10 Jahren verſchwinden. — Schon 24 Stunden nach der Injection kann man an's Ausbalgen des Tbicres ſchreiten. Gannal's Verfahren bei'm Ausbalgen der Tbiere ift fo we⸗ nig verſchieden und abweſchend von andern bereits bekannten Me⸗ tboden, daß ich die ausfuͤbrliche Beſckreibung deſſelben, wie fie in der Broſchüre auseinandergeſetzt iſt, fuͤglich übergehen kann. Ich verweiſe daher die Freunde der Naturkunde, die ſich mit der fdös nen und unterhaltenden Kunſt des Ausftopfens abgeben wollen, nur auf jene trefflichen wn, bie wir in verſchiedenen Werken 265 — 264 finden; wie auf die kreffliche „Taxidermſe, oder Lehre: Thiere aller Claſſen auszuſtopfen, von 3. Fr. Naumann. Palle 1815, S. 30 u. 41; und dann auf das ausführlichere Werk: Handbuch für Naturalienſammler von Dr. Theodor Thon. Ilmenau 1827, S. 177 u. 230. In dieſen beiden Werken findet der Naturfreund aus— führticher, wie er bei'm Ausbalgen von Znivren zu verfahren hat; und dieſelbe Methode, die Gannal benutze. Ebenſo will ich hier das in jener Broſchüre angegebene Ber: fahren des Ausſtopfens von Saugethieren übergehen ; es iſt daſ⸗ ſelbe Verfahren, das uns Thon in dem vorhin angeführten Werke beſchreibt; S. 237. N > Hingegen iſt das Ausſtopfen von Vögeln, wie es von Gan⸗ nal angegeben wird, fo fehr von dem Verfahren abweichend, wie es Thon und Naumann angeben, daß wir duvon eine gedrängte Beſchreibung jenen beiden anreihen wollen. 5 Gannal fängt das Ausſtopfen von Vogelhaͤuten das mit an, daß er die Wugen mit zerſchnittener Wolle, die Backen aber, fo wie Kopf und Hals, mit zerſchnittenem Werg ausfüllte. Als⸗ dann befeſtigt er die Flügel aneinander, das bei kleinen Arten mit Faden geſchieht, den man zwiſchen rad us und cubitus durchzieht und in einer paſſenden Entfernung knupft, damit der Oberarm an die Stelle komme, die er bei'm Vogel inne gehabt. Die Flügel von großen Arten befeſtigt er vermittelſt eines an beiden Enden zu: geſpitzten Drahtes, den man in die Hohlung eines j den Knochen⸗ Armes bringt, welchem man den Kopf abgeſchnitten. Dieſen Draht laßt man am innern Ende des Knochens herauskommen, krummt ihn an der Spitze und ſetzt ihn an ſeinen Ort. Der Koͤrper wird mit zerſchnittenem Werg ausgeſtopft. Sodann bringt Gannal die Draͤhte an: Einen ſehr kurzen für die Lange des Korpers, der an beiden Enden ſpitz ſeyn und einen Ring haben muß, welcher mit der Mitte der gemachten Oeffnung der Haut übereinſtimmt. Dieſer Draht wird durch den Hals geſtoßen, und indem man ihn ſtets zwi— ſchen den Fingern dreht, iſt es leicht, ihn durch den Schaͤdel zu ſtoßen, über den er in der Mitte etwas hervorragen muß. Die zwei andern Drähte werden durch die Fuͤße geſtoßen, ſo daß ſie über das Schienbein etwas hervorſtehen, und nachdem der Schenkel mit Wolle oder Werg ausgeſtopft worden, kruͤmmt man das aͤußere Ende des Drahtes, ſteckt ihn in den Ring des Koͤrperdrahtes und dreht alle drei mit einer Zange feſt. Alsdann ſucht man die freie Sete dieſes Koͤrperdrahtes in den Schwanz zu ſtoßen, den er feſthaͤlt. Es werden ſodann die Beindraͤhte gekruͤmmt, um Form und Stellung der Knochen nachzuahmen, die weggeſchnitten worden, und faͤngt dann an auszuſtopfen. Den Bauch naͤht man zu, be⸗ feſtigt ſodann den Vogel vermittelſt der Beindraͤhte auf ein Bret, oder eine freiſtehende Kruͤcke und giebt ihm eine paſſende Stel— lung. Es bleibt nur noch übrig, die Federn in Ordnung zu brin: gen, und ſie bis zur völligen Trockenheit durch Tuch oder Pa: pierbänder von ſchicklicher Breite feſtzuhalten. Iſt der Vogel trok— ken, ſetzt man die kuͤnſtlichen Augen ein. — . Es fen mir jetzt vergoͤnnt, zu guter Letzten in wenigen Worz ten das Verfahren anzudeuten, deſſen ich mich mit großem Bor: theil zum Ausſtopfen von Saͤugethieren und Vögeln bediene; ein Verfahren, das vom Naum anniſchen nur in einigen Theilen abweicht. Wo es mit andern Methoden uͤbereinkoͤmmt, laſſe ich die Beſchreibung weg, um nicht zu wiederholen. Wie Naumann S. 31. angiebt, ſchneide ich das Thier in den meiſten Faͤllen auf dem Ruͤcken auf, was den Vortheil hat, daß man das Thier, fobald die Beindraͤhte eingeſchoben find, auf: ſtellen, und dem Körper ſodann bei'm Ausſtopfen weit leichter und bequemer eine natuͤrliche Geſtalt geben kann. Erſt loͤſe ich die Hinterfuͤße, ziehe den Schwanz aus der Scheide, binde ein Seil um den hintern Theil des Thieres und hänge es auf, was die fernere Operation des Ausbalgens ſehr erleittert. Nachdem fo: dann die Haut bis auf die Vorderfuͤße abgezogen iſt, loͤſe ich dies ſelben mit dem Schulterblatte vom Koͤrper, ziehe die Haut uͤber den Kopf, ſchneide die Ohren hart am Kopfe weg, ſtreife das Fell dis uͤber die Augen ab und nehme dieſe heraus. Den Koͤrper ſchneide ich darauf vom Kopfe weg, reinige dieſen von allen Fleiſch— theilen und Gehirn, und ſtoße in Augen- und Hirnhoͤhlen Lehm, bei größeren Thieren auch Werg, und ſchiebe den Kopf in die Haut zuruck. Sobald die ganze Haut mit an der Luft zerfalle— nem Kalkmehle aufgetrocknet iſt, reinige ich die Fuͤße mit Beibe— haltung aller Knochen, ftoße die gegluhten Eiſendrahte durch die Fußſohylen in die Beine und gebe ihnen die naturlichen Biegun— gen. Ich befeſtige Knochen und Draht mit Werg feſt aneinander und forme auch damit die Schenkel genau nach dem wirklichen Körper. Nur bei größern Thieren, d. h. ſolchen, die größer als Fuchſe ſind, ſtopfe ich die Schenkel aus. Ich ſchneide ſodann ein trocknes, leichtes Stuck Holz, der Größe des Thieres angemeſſen, von ſolcher Lange ab, daß es von den vordern Schenkeln bis zu denen der Dinterfüße reicht, ſogar etwas daruber hinwegragt, wenn ſie in ihrer naturgemaͤßen Stellung ſind Auf beiden Enden dieſes Holzes bohre ich von der Mitte nach Oben ein Loch, und in glei— cher Richtung zu beiden Seiten, hart am Rande der Endſeite, ebene falls ein Loch in geicher Richtung, doch fo, daß ſich die Loͤ ber nicht durchkreuzen. Den noch nicht in ven‘ Körper geftoßenen Kopfdraht bringe ich nun in das mittlere Loch des einen Endes dieſes Pfahles, und koͤmmt die Spitze auf der obern Seite hervor, krumme ich ſie um und ſchlage ſie im Holze feſt. Auf dieſe Weiſe hält der Draht feſter, als wenn er, wie Gannal und Thon anratgen, in Ringen zuſammengefaßt worden iſt. Nachdem nun der Kopfdraht, der am palſe befeſtigt iſt, durch das Hinterhaupts— loch in den Kopf gejtoßen ift, daß er vorn in der Mitte heraus— kömmt, biege ich die Drähte der vordern Fuße, ſoweit fie über den Schienbeinknochen hervorragen, einwaͤrts, ſtoße ſie durch die beiden Seitenloͤcher hindurch und befeſtige ſie an der entgegengeſetzten Seite durch Einſchlagen in den Pfahl. Alsdann ſtoße ich den Schwanzdraht, der, nach Naumann's Angabe, in feine Scheide gebracht worden, in das dem Halsdrahte entgegengeſetzte Loch des andern Pfahlendes, ſodann die einwaͤrts gekruͤmmten Beindraͤhte der Hinterfuͤße in die für ſie beſtimmten Oeffnungen, befeſtige fie im Holze, und zuletzt auch den Schwanz, der in gehoͤrige Richtung gebracht worden. Jetzt kann man das Thier auf das Fußgeſtell bringen und anfangen, auszuſtopfen. Ich fange damit bei'm Halſe an, bis zu den Vorderfuͤßen, vollende ſodann den Hintertheil, und indem ich auf beiden Seiten zugleich fortfahre, naͤhe ich auch auf beiden Seiten die Haut gleich zuſammen, und ende damit auf der Mitte des Ruͤckens. Wenn bei Saͤugethieren das zufaͤllig ausgegangene Haar eine ziemliche Bloͤße der Haut gelaſſen hat wenden andere Praͤparato— ren gewoͤhnlich Gummi zur Einſetzung der Haare an. Mit weit größerem Vortheile bediene ich mich dazu folgender Operation. Ich mache das Ende eines Eiſenſtabes von mäßiger Dicke gluͤhend und ſchmelze nun auf die entbiößten Stellen eine dünne Lage von Wachs. Nach dem Erkalten deſſelben, druͤcke ich mit einem Staͤb— chen von Horn, das fleißig genetzt wird, die Haare mit ihrem une tern Ende in's Wachs, und ſo halten die Haare weit beſſer, als die mit Gummi eingeſetzten. — Mit Ausbalgen und Ausſtopfen der Vögel verfahre ich alſo: Ich oͤffne den Vogel unter dem Fluͤgel, der dann nach dem Ausſtopfen jede Spur eines Schnittes verdeckt. Nachdem der Vo— gel gaͤnzlich ausgezogen, Fluͤgel und Kopf gereinigt und in Hirn und Augenhoͤhlen Lehm geſtoßen iſt, ſchiebe ich die Halshaut über den Kopf zurück und ſetze die Augen ein. Sodann ſtoße ich die Beindraͤhte in die Sohle, befeſtige fie erſt mit Werg an die Kno— chen und umwickele fie auch damit in Form und Staͤrke des na= türlihen Schenkels. Wenn ich ſie mit Arſenikſeife beſtrichen habe, ziehe ich die Haut wieder daruͤber. Den gereinigten Steiß verſehe ich mit Arſenikſeife und ſtoße unterhalb der Schwanzfedern, von Außen, einen ſpitzen Draht von mäßiger Laͤnge hinein, ſo daß er unter den Schwanzfedern geborgen iſt. Aus Moss forme ich eis nen kuͤnſtlichen Koͤrper, ſchnuͤre ihn mit Bindfaden ſo feſt zuſam— men, als immer moglich, fo daß er in Geſtalt dem natürlichen Fleiſchkoͤrper gleich, aber etwas kleiner als derſelbe iſt. Ueber der Mitte der Bruſt dieſes Mooskoͤrpers ſtoße ich gegen die untere Seite deſſelben den Kopfdraht, und wenn er bier etwas vorzuftehen kommt, krumme ich dieſe Spitze und befeſtige ihn, indem ich ihn, noch mehr kruͤmmend, in den kuͤnſtlichen Körper drucke. Um den Halsdraht winde ich ſodann Werg, um einen Fünfttihen Hals zu 255 formen , der etwas kleiner und dünner als der natürliche ſeyn muß, aber ſehr glatt geformt iſt. Dieſen Hals, der an dem übrigen Körper mil Werg befeſtigt ſeyn muß, beſtreiche ich mit Arſenitſeife. Der Kopfdraht muß naturlich über dieſen küͤnſtlichen Hals fo weit hervorragen, daß man ihn durch das Hinterhauptsloch in den Kopf und vorn in deſſen Mitte herausſtoßen kann. Nachdem man nach dieſer Operation die Haut vorſichtig über den Koͤrper gezogen hat, ſchiebt man den Schwanzdraht in gerader Richtung in denſelben hinein. Die Beindraͤhte ſteckt man fo in den Körper, daß fie auf der entgegengeſetzten Seite unter den Flügeln hervorzuſtehen kom- men, krümmt die Spitze und drückt ſie zum Befeſtigen in den Rumpf. Alsdann giebt man den Füßen die gehörige Richtung und naht die Haut unter dem Flügel forgfältig zuſammen. Nur eine kleine Oeffnung wird gelaſſen, um, wenn es noͤthig iſt, nad): her noch Wolle unter die Haut ſtoßen zu koͤnnen, wo ſie mehr bervorftehen ſollte. Der Vogel wird ſodann auf's Geſtell gebracht, ihm eine vorläufige Stellung gegeben und mit dünnern Drähten, bei kleineren Vögeln mit Stecknadeln, die herabhaͤngenden Flügel in ihre Stellung gebracht, indem man die Draͤhte unter jedem Fluͤ— gelknochen⸗Gelenke in den Körper fiößt. Erſt dann giebt man dem Vogel feine eigentliche Stellung und bindet ihn mit Leinwandſtrei— fen, um Federn und Flügel anliegend zu machen. — Aarau, im November 1840 Eugen Zſchokke. Misc en. Ueber die Anfüllung des Holzgewebes mit fremd— artigen Stoffen, mittelſt des natürlichen vegetabili⸗— ſchen Aufſaugungs-Vermoͤgens, einer Erfindung des 266 Herrn Bouchirie, wovon ſchon früher in den Neuen Notizen Nr. 321. (XVI. Bd. Nr. 13. S. 202) die Rede war, ift jetzt der Bericht der von der Pariſer Academie niedergefegten Commiſſion ungemein günftig erſtattet. Laßt man an der Krone eines Baus mes einiges Laub und ſetzt entweder den gaͤnzlich abgeſagten oder nur theilweiſe eingeſagten Stamm in eine Flufſigteit, fo nimmt der Baum dieſe auf und fuhrt fie binnen einigen Tagen in die feirſten Aeſte und Aederungen. Auch kann man verfhicdene Klüf: ſigkelten aufſaugen laſſen, und fo nicht bloß für cie Dausrhaftig⸗ keil und das Aufſaugen des Holzes wirken, ſondern demselben fo: gar jede beliebige Farbe geben. Die Academie erklärte dieſe Er— findung für fo wichtig, daß fie ausnahmsweiſe den verſchiedenen Miniſterien eine officielle Mittheilung daruber zu machen beſchloß. (Die über Bouchirie's Verfahren auch zu Mübibaufen im Elſaß von Herrn Ed. Koͤchlin angeſtellten Verfuche, finden ſich in dem Bulletin de la Sue. industr. de Mulhouse, in Dingler 's poly⸗ techniſchem Journal und im Allgem. Anzeiger Nr. 343.) Eigenthümlich fadenförmige Körper an den Zäßh⸗— nen des Menſchen werden von Herrn Bühlmann in Müls ler's Archiv 1840, S. 442, beſchrieben. Es find ganze Maſſen unregelmaͤtzig durchſchlungener, von einer gelblich förnigen Maſſe umgebene, Faſern; bisweilen ragen fie aus diefer Maſſe wie aus einer Zwiebel hervor. was die urſprungtiche Form ſeyn könnte. Dieſe Gebilde find am haͤufigſten bei unreinen Zähnen, welche mit Schleim und Weinſtein bedeckt find; doch ſindet man fie auch noch, wenn die Zähne gereinigt find. Sie werden weder durch Säuren noch durch Alkalien aufac!öf't. Nekrolog. — Don Mariano Lagasca, Profeſſor der Botanik und Dirictor des botaniſchen Gartens zu Madrid, iſt am 23. Juni geſtorben. ee Beobachtungen und Verſuche über die Anwendung des Platins in der Medicin. Von De. Ferdinand Hoͤfer. §. 1. Vom Platin im Allgemeinen. Das Platin hat die Farbe und den Glanz des Silbers und befigt bloß eine etwas graulichere Farbe. Es iſt aͤußerſt ſtreckbar und etwas weniger bämmerbar, als das Gold. Nach Woll aſton verhaͤlt ſich die Zähigkeit des Platins zu derjenigen des Eiſens, wie 59 zu 60. Das ganz reine Platin iſt weicher, als das Sil⸗ der. Die Anweſenheit einer winzigen Menge eines fremden Mes talles bärtet es betrachtlich. Deßbalb iſt auch das im Handel vor— kommende Platin, welches gewohnlich ! Procent Iridium oder Palladium enthaͤlt, ſebr hart. Das Platin kaun als der ſchwerſte aller Körper betrachtet werden; fein ſpecifiſches Gewicht iſt 21,80. Es iſt unſchmelzbar im Feuer unſerer Oefen und ſchmilzt nur vor dem Knallgasgeblaͤſe oder durch die Wirkung einer maͤchtigen Vol⸗ taiſchen Säule. In ſehr ſtarker Weißgluͤhhitze erweicht ſich das Platin dergeſtalt, daß es geſchmiedet und, gleich dem Eiſen, mit ſich ſelbſt geſchweißt werden farn. Das Platin iſt, gleich dem Golde, ſowohl in der Waͤrme, als in der Kälte an der Luft unveraͤnderlich und unorydirbar. Gleich dem Golde wird es vom Koͤnigswaſſer aufgelöſ't. Das Koͤnigswaſſer aus dem Radical der Flußſpathfaͤure (Fluor) und aus Brom löfen es ebenfalls auf. Die Salpeterſaͤure loͤſ't das e auf, ſobald es mit einer gewiſſen Quantität Silber egirt iſt. Es würde zu langweilig ſeyn, alle die Reactionen aufzuzäh⸗ len, welche das Platin in Beruͤhrung mit vererzungsfaͤhigen und vererzenden Koͤrpern erfahren kann. Ich will mich deßhalb beanüs gen, die hauptſaͤchlichſten Zuſammenſetzungen des Platins anzufuͤh⸗ ren, deren Anwendung vielleicht einſtens viel allgemeiner werden koͤnnte, als es gegenwärtig der Fall iſt. „ e. 1. Das Platinchlorid, welches man erhält durch Auflös fung des Metalles in Koͤnigswaſſer, iſt unter allen Platinverbin⸗ dungen die am meiſten verbreitete. Auch habe ich mit ihr die mei⸗ ſten Verſuche angeſtellt. Dieſe Zuſammenſetzung iſt im feſten Zu: ſtande, oder in demjenigen einer concentrirten Loͤſung von ziegel⸗ rother Farbe und uncryſtalliſirbar. Sie zieht die Feuchtigkeit aus der Luft an, wenigſtens eben fo ſtark, als das Chlorcalcium, und deliquescirt bald. Sie iſt ſehr löslich in Waſſer und in Alcohol. Die alcoholiſche Loͤſung läßt unter Einwirkung der Wärme metal: liſches Platin fallen. Auf dieſe Weiſe kann man Glas, Porcellan u. ſ. w. mit dünnen Platinlagen überziiben Das Platinchtorid iſt eine wirkliche Saͤure, die man Chlorplatinſäure nennen kann, denn es verbindet ſich mit einer gewiſſen Zahl von Cblorme⸗ tallen, und beſonders von Chloralkalien, zu chlorplatin⸗ fauren Salzen (Chloriden), die ſehr eryſtalliſirbar find. In dieſer Hinſicht iſt die Analogie des Platinchlorids mit dem Queck. ſilberchloride (Achſublimat) und dem Goldchloride Goldſalz) voll⸗ ſtaͤndig. Wir werden ſogleich ſeben, daß ſich dieſe Analogie nicht bloß auf die chemiſchen Eigenſchaften beſchraͤnkt, ſondern viel weir ter ausbreitet. 2. Ghlorplatinfaure® Kalium (Platinkaljumchlorid) Friſch gefällt bat es cine ſchoͤne orangegelbe Farbe und Löft ſich im Waſſer ſehr mwerig auf; es find nämlich 144 Theile Waſſer von 10 C. erforderlich, um es aufzulöfen. Etwas löslicher iſt es bei Anwendung der Wärme in einem mit Hodrochlorſäͤure geſchärften Waſſer. Man erhält dieſes Präparat durch Behandlung des Kar li's oder eines Kaliſalzes mit Chlorplatinſäure. Das i Ammonium (Platinſalmiak) ik der vorhergehenden Zuſammenſetzung analog. 3. Eblorplatinfaures Natrium. Es iſt febr Idelik in Waſſer und Helene 4 5 Verdunſtung ſchoͤne prismatiſche Erd alle von blutrotber Farbe. ei Der Kalk, die Strontianerde, die Schwererde, die Talkerde, das Mangan, das Eiſen, das Kobalt, das Nickel, das Kupfer, 267 das Zink und das Cadmium geben alle analoge chlorplatinſaure Salze, in welchen zwei Aequivalente Chlorſaute ſich mit einem Aequivalent Golorbafts verbunden haben. Das Brom-, das Jod⸗ und das Fluorplatin ſind den Verbindungen des Chlors mit dem Platine analog. Das Cyanplatin, welches Anglogie mit dem Chlorplatin hat, erzeugt mehrere Sehr intereſſanze Doppelverbindungen. 4. Das cyanplatinſaure Kalium (P.atinkaliumcyanid.) Man ſtellt es dar, indem man gleiche Theile Platinſchvamm und trockenes Cyaneiſen-Kaljium bis zur Rotogluth erhitzt. Man füßt alsdann die calcinirte Maſſe mit Waſſer aus und raucht daſſelbe ab; der Ueberſchuß des Cyaneſſen-Kaliums cryſtalliſirt zuerſt; das cyanplatinfaure Kalium cryſtallifirt zuletzt in Geſtalt dunner langer Prismen, welche bei durchfallendem Lichte gelb und bei reflectirtem Lichte blau erſcheinen (“. Gmelin). 5. Cyanplatinſaures Queckſilber. Die Auftöfung des cyanplatinſauren Kali ıms giebt, mit ſalpeterſaurem Queckſilber— cxydul behandelt, einen kodaſtblauen Niederſchlag. Erhitzt man dieſen Niederſchlag im Waſſer, ſo erhalt man ſalpeterſaures Queck— ſilber, welches aufgeldſ't bleibt, und einen weißen Rüdjtand, wel— cher aus reinem cyanpla:infauren Queckſilber beſteht (Doͤbe— reiner). 6. Blaufaures Cyanp latin. Dieſe Zuſammenſetzung cryſtalliſirt in verworrener Maſſe und zerfließt raſch an feuchter Luft. Man ſtellt ſie dar, indem man Schwefelwaſſerſtoffgas in Waſſer ſtreichen läßt, in welchem cyanplatinſaures Queckſilber ſich ſchwebend befindet. Die Platinoxyde erhaͤlt man nur auf indirectem Wege; fie find wenig beftändig und noch nicht gut gekannt. Das Platin in einem Ziſtande aͤußerſter Zertheilung (Pla— tinmohr) und das Platin in einen eigenthümlichen Aggregations— zuſtande der Maſſentheilchen (Platinſchwamm) bieten bei der Berührung gewiſſer Gaſe oder gewiſſer organiſcher Subſtanzen die ſonderbarſten Erſcheinungen dar, deren die Jahrbuͤcher der Wiſſen— ſchaft Erwaͤhnung thun. A. Platinmobr. Dieſes iſt ein rusſchwarzes und ſehr ſchweres Pulver. Es verwandelt bei'm Contacte der Luft den Weingeiſt in Eſſig, das fch.orfeligfaure Gas in Schwefelſaͤure, das Waſſerſtoffgas in Waſſer, kurzum, es beſitzt die merkwuͤrdige Ei— genſchaft, die Verbindung des Waſſerſtoffgaſes nicht allein mit dem Sauerſtoffe, ſondern auch mit allen gasfoͤrmigen oder in Daͤmpfe aufzuloͤſenden Metalloiden zu vermitteln, und dabei bildet nicht ein— mal der Blauftoif eine Ausnahme. Alle Zuſammenſetzungen des Stickſtoffs (animgliſche Stoffe) werden durch einen Ueberſchuß von Waſſerſtoff in Ammoniak, und durch einen Ueberſchuß von Sauer— ſtoff in Salpeterſaͤure verwandelt. Alle dieſe Verbindungen erfol— gen unter der Einwirkung des Platinmohres, ohne daß letzterer das Geringſte von ſeiner Eigenthuͤmlichkeit verliert. Kuhlmann iſt der Meinung, daß man dieſe Eigenſchaft des fein zertheilten platins zur Fabrication des Ammoniaks, des Scheidewaſſers und des Berlinerblaues im Großen benutzen koͤnne. Der Platinmohr iſt ſonſt falſchlich als ein Suboxyd betrachtet worden. B. Platinſchwamm Dieſes iſt Platin, welches ſich in Folge der Calcination des chlorplatinfauren Ammoniums in einem Juſtande merkwuͤrdiger Poroſitaͤt befindet. Der Platinſchwamm kann in feinen Poren ungefähr ſein 745fahrs Volumen Waſſer— ſtoffgas verdichten, welches ſich mit dem Sauerſtoffe der Luft zu Waſſer verbindet. Dieſe Wirkung iſt mit einer ſo hohen Tempe— ratur verbunden, daß das Platin gluͤhend wird. Der Platin⸗ ſchwamm beſitzt ungefähr dieſelben Eigenſchaften, bloß in weniger hohem Grade, als der Platinmohr. Wönn man ſich erinnert, daß das Platin eine fehr große Verwandtſchaft zum Chlor, Chrom, Jod und Blauſtoff be— fist, daß das Platinchlorid ſich mit andern Chlormetallen ver— bindet und cryſtalliſirbare, gut characteriſirte Verbindungen liefert; daß die Platinoxyde ſehr geringe Beſtaͤndigkeit haben; daß ſie ſich leicht reduciren und häufig mit Erplofion; wenn man ſich endlich keiner großen ſpecifiſchen Schwere erinnert: ſo laͤßt ſich eine große Aehnlichkeit mit dem Golde, dem Queckſilber und dem Silber un— moͤglich verkennen. 268 $. 2. Phyſiologiſche Wirkung des Platins. Die Platinverbindungen, welche zu meinen Verſuchen gedient haben, find: 1. Das Platinchlorid oder die Chlorplatinſäure (Pt Cl). 2. Das chlorplatinſaure Natrium oder Platinnas triumchlorid (2 Pelz, NaCl). 3. Das chlorplatinſaure Kalium oder Platinka— liumchlorid (2 Pilz, KCI). 4. Das chlorplatinſaure Ammonium oder der Pla— tinſalmiak (2 PtCl-, NH3 Ch. Das Feld meiner Unterſuchungen war ganz neu, denn in feis nem mediciniſchen Werke Frankreich's oder des Auslandes iſt, meis nes Wiſſens, von Platinpraͤparaten, zugleich als phyſiologiſche und tyerapeutiſche Mittel betrachtet, die Rede. Ich hatte keine alten Beobachtungen zu controliren, fondern vielmehr ganz neue Verſuche anzuſtellen. Sind die Platinverbindungen giftig? Und in welchen Gaben find ſie «6% Dieſes waren die erſten Fragen, die ich aufzuwerfen und zu beantworten hatte. Da fat alle metalliſchen loͤslichen Präparate in mehr oder weniger großer Gabe giftig ſind, ſo mußte ich gewiſſermaßen der Analogie nach urtheilen, daß die platinpraͤparate ebenfalls giftig find und keine Regel von der Ausnahme machen. Dirſes Urtheil wurde durch die Verſuche, welche ich hier ihrem weſentlichen Inhalte nach mittheile, vollig beſtaͤtigt: A. Verſuche, an Thieren angeſtellt. Platinchlorid. Ein Kaninchen von gewoͤhnlicher Groͤße, dem ich 5 Decigrammen (8,20 Gr. Preuß. Medicinal-Gewicht.) Platinchlorid, in deſtillirtem Waſſer aufgelöſ't, eingegeben hatte, lebte fort, ohne aͤußerlich irgend eine auffallende Erſcheinung darzubieten. Vier Tage nachher reichte ich demſelben Kaninchen das Dop— pelte der obigen Gabe oder 1 Gramm (gr. 16, Pr M. Gew.) derſelben Subſtanz, ohne daß das Thier davon ftarb. Den folgenden Tag wiederholte ich denſelben Verſuch an eis nem andern Kaninchen mit 1,5 Gramm (Yj gr. 4,63 Pr. M. Gew.) Platinchlorid. Zweiundvierzig Minuten nachher ſtarb das Thier unter aͤußerſt heftigen Gonvullionen Bei der Oeffnung fand ich die Magenmundportion und die kleine Kruͤmmung des Magens ſtark gelb gefärbt. Die innere Haut dieſes Organes, wie auch die Schleimhaut des oesophagus, waren ſehr erweicht, zum Theil zer— ſtoͤrt und ließen ſich ſehr leicht wegnehmen. Das in den Herzven— trikeln enthaltene Blut war nicht geronnen und fluͤſſig. Die Le— ber, die Nieren, die Lunge und das Gehirn boten nichts Außeror— dentliches dar. Derſelbe Verſuch wurde mit einem Hunde von gewoͤhnlicher Größe angeſtellt. Er ſtarb nach 45 Minuten. Dieſelbe gelbe Fürs bung des Magens und des Zwoͤlffingerdarms. Chlorplatinſaures Natrium (Platinnatriumchlorid). Ich hatte anfangs a priori geglaubt, daß das Platinnatriumchlo— rid weit weniger giftig ſey, als das einfache Chlorid, und wahr— ſcheinlich den andern Natronſalzen, in denen die Eigenſchaften der Säure und diejenigen der Baſe gegenſeitig ncutraliſirt ſind, ſich analog verhalte. St reichte deßhalb einem ſtarken Kaninchen gleich anfangs 2 Grammen (9j gr. 8,84 Pr. M. Gew.) chlorplatinſaures Natrium; aber das Thier ſtarb nach 24 Stunde, nachdem durch den After viel halbfluͤſſige kaeces abgegangen waren, gleichſam als hatte es eine zu ſtarke Purganz erhalten. Ich fand den Magen ſehr wenig gelb gefärbt, erweicht und am untern Theile der großen Krümmung durchloͤchert; ein Theil des Mageninhaltes war durch dieſe kleine Oeffnung in die Unter— leibshoͤhle entwichen. Das Blut im Herzventrikel war geronnen. Ich reichte dieſelbe Gabe (2 Grammen = 9 gr. 8,84 Pr. M. Gew.) einem kleinen Hunde. Er ſtarb nach zwei Stunden. Bei der Oeffnung fand ich den Magen nicht durchloͤchert, wie bei dem vorhergehenden Verſuche. Chlorplatinſaures Ammonium (pPlatinſalmiak). Drei nacheinander angeſtellte Verſuche mit Gaben von 2 Grammen (83 269 gr. 8,84 Pr. M. G.), 3 Grammen (Y1j er. 9,26 Pr. M. G.) und 4 Grammen (3 Jg, 5,68 Pr. M. G.) chlorplatinſaurem Ammo— nium und ein vierter Verſuch mit 4 Grammen (3j gr. 5,68 Pr. M. G.) chlorplatinſaurem Kalium (Piatinkatiumchlorid) haben bewieſen, daß dieſe Verbindungen weniger wirkſam, als die vorhergehenden find, und daß ſie bei den ehen anacführten Gaben Kaninchen und Hunde von gewöhnlicher Größe nicht tödten. B. Verſuche, am gefunden Menſchen angeſtellt. Platinchlorid Außerlih angewendet. Wern man die Haut des Handrückens oder jedes andern Korpertheiles mit einer concentrirten Aufloͤſung (Auflöfung zu drei Viertel) von Pla— tinchlorid reibt, fo empfindet man nach zwei oder drei Minuten ein ähnliches Jucken, wie bei der Kraͤtze, an der mit der Platin— aufloͤſung geriebenen Stelle. Die Haut, welche das Platinchtorid gelb färbt, wird auch bald mit ganz ſchwachen, roſenrothen Blät— terchen bedeckt, welche nach drei oder vier Minuten verſchwinden. Die Haut bleibt gelb gefaͤrbt, gleichſam als ob ſie die Wirkung der Salpeterſaͤure erfahren hätte, ) Die epidermis iſt nicht zerſtoͤrt. Wenn man die Eichel und die Vorhaut mit der Platinauflö- ſung waͤſcht, ſo bemerkt man nach einiger Zeit die folgenden Er— ſcheinungen: Sehr heftiges Jucken, welches bald mit einer Empfindung von Wärme und ſehr laͤſtigem Stechen verbunden iſt; Symptome einer acuten Harnroͤhrenentzuͤndung; Schmerz bei'm Uriniren; geringe dysuria. Einige Stunden nachher kamen um die Eichel herum Blattern von einer etwas lividen Farbung, ſchwach hervortretend und von der Groͤße eines Nadelkopfes zum Vorſcheine. Bei einer oberflaͤch ichen Unterſuchung haͤtte man fie für beginnende ſpphiliti— ſche Geſchwuͤre (Chankers) halten koͤnnen. Nich einer Zeit von 8 bis 12 Stunden war alles in den normalen Zuſtand zuruͤckgekehrt. Platinchlorid innerlich angewendet. Nach dieſen Beobachtungen war ich ſehr neugierig, zu erfab— ren, welche Wirkung die Platinauflöfung auf den gefunden Men— ſchen innerlich ausüben würde, und bis zu welcher Gabe man ſie ohne Gefahr anwenden koͤnne. Aus den Verſuchen, welche ich mit Thieren angeſtellt hatte, kannte ich die Gabe, welche Hunde und Kaninchen toͤdtet: aber ich bin nicht der Meinung, daß man aus ſolchen Verſuchen Folgerungen herleiten koͤnne, welche genau an— wendbar fuͤr den Menſchen ſind. Da ich an meines Gleichen Verſuche weder anſtellen wollte, noch durfte, fo ſtellte ich an mir ſelbſt die folgenden phyſiologiſchen Verſuche an: Fünf Centigrammen (gr. 8,20 Pr. M. Gew.) Platinchlorid, in einem Glaſe kalten Waſſers genommen, brachten keine merkliche Wirkung hervor. Die folgenden Tage erhoͤhte ich allmaͤlig die Gabe bis zu 2 Decigrammen (gr. 3,28 Pr. M. Gew). Bei der ſer Gabe empfand ich einige Magenſaͤure, verbunden mit ſchwachem Kopfweh. Der Puls war normal. Alle dieſe Erſcheinungen wa— ren innerhalb 25 bis 30 Minuten verſchwunden. Den folgenden Tag (12. October) nahm ich um 3 Uhr Nach⸗ mittags in einer einzigen Gabe 3 Decigrammen (gr. 4,92 Pr M. Gew.) Platinchlorid in einem Glaſe Waſſer. Eine Viertelſtunde nachher ſpuͤrte ich folgende Symptome: Geringer Schauer; beſchleunigter puls (85 Pulsſchlaͤge in der Minute); Empfindung von Wärme und Schwere im epigastrium z ſehr heftiges Kopfweh, hauptſaͤchlich im Hinterkopfe; ziemlich ſtarke Zuſammenſchnuͤrung der Kehle, fo daß die Stimme und das Schluk— ken merklich behindert waren; Uebelkeiten, Neigung zum Erbrechen. Dieſe Symptome nahmen 5 bis 6 Minuten lang immer mehr zu; was ich nicht allein der Wirkung des Platins an und fuͤr ») Die bier erwähnte Thatſache iſt in der medicina forensis von einiger Wichtigkeit. Ruhrt nämlich der gelbe Fleck von Platinchtorid ber, fo laßt er ſich leicht mit Waſſer beſeitigen, waͤhrend dieſes nicht der Fall iſt bei einem von Salpeterfäure berruͤhrenden Flecke; ſogar Aetzkali nimmt ihn nicht voll ſtaͤndig weg. —ů— 270 ſich, ſondern hauptſaͤchlich der woraliſchen Wirkung beimeſſe, dern ich batte die Ueberzeuguug, vergiftet zu ſeyn. Dire Erimpfcme verſchwanden indeß raſch, und nach einer halben Stunde war ich mit der bloßen Angſt davongekommen; bloß im Munde batte ich einen ſchwachen, ſehr unangenehmen Metallgeſc mack, der einige Stunden lang dauerte. Dieſer Verſuch war in einem Zimmer gemacht worden, wo das hunderttbeilige Thermometer auf 16,25 ſtand, das Hygrometer von Sauſſure auf 75°, das Barometer auf 0,76, das Licht war verbreitet. Den 14. October (zwei Tage nachber) wiederholte ich denſel⸗ ben Verſuch zu derſelben Tagesſtunde, aber in freier Luft auf dem Hügel des Montmartre): die Witterung war ſchoͤn und heiter; das hunderttbeilige Thermometer ſtand auf 12,302; das Barcmıs ter auf 0,7530, das Sauſſurc'ſche Hygrometer auf 73°; die beiden Goldlamellen des Sauſſurc'ſchen Electroſcopes, welches ungefähr 3 Meter über dem Boden ſtand, entfernten ſich ohngefähr um 2 Gen: timeter von einander. Dieſelben Symptome, wie bei dem vorbergebenden Verſuche, aber in einem weit ſchwächeren Grade: außerdem ſpurte ich einige Stunden lang kleine unerwartete Bewegungen der Queer⸗ faſern im Hinterhauptsmuskel, in den Muskeln des Rückens und der Extremitaͤten. Daſſelbe Mittel übt alſo eine veridirdene Wirkung bri ver⸗ fchiedenen phyſiſchen Zuſtaͤnden der Atmoſphare. Bei keinem dieſer Verſuche fand Erbrechen ſtatt. Chlorplatinſaures Natrium (Platinnatriumchlorid). Ein Decigramm (gr. 1,64 Pr. M. Gew.) dieſes Satzes in einem Glaſe Waſſer in einer einzigen Gabe genommen. — Keine merkliche Wirkung. Den folgenden Tag (10 Uhr des Morgens) nahm ich 2 D ci⸗ grammen (gr. 3,28 Pr. M. Gew.) deſſelben Salzes in einem Sufe Waſſer in einer einzigen Gabe. Eine Viertelſtunde oder 20 Mi⸗ nuten nachher Wärme und Gefuͤbl von Schwere in der Gegend des Magens, Knurren im Unterleibe, vorübergehende Golifanfälle; es entwich Gas durch den Mund und durch den After; kaum merkii- cher Kopfſchmerz. Denſelben Tag (3 Uhr Nachmittags) nahm ick vier Decigram⸗ men (gr. 6,56 Pr. M. Gew.) deſſelben Salzes auf zwel Mal, mit einem Zwiſchenraume von zwei Stunden. Den vorberaebenden Symptomen geſellten ſich Uebelkeiten und Neigung zum Erbrechen hinzu: kein Erbrechen; betrachtliche Zunahme des Urins und des Speichels. Dieſe Zunahme war bauptſaͤchlich den folgenden Mor: gen merkbar “). 9. 3. Therapeutiſche Wirkung des Platine. Welches find die Mittel, die bei der Behandlung der fophilitis ſchen Krankheiten allgemein für die wirtſamſten gebalten werden r Dieſes find die Metalle von ſehr großer ſpeciſiſcher Schwere, nicht die reinen Metalle, ſondern beſonders in ihrer Verbindung mit dem Chlore, dem Jode, der Salpeterfäure u. f. w. Und welches find die Metalle, von denen man bisjetzt Gebrauch gemacht hat? Das Quecckſilber, das Gold, das Silber und das Blei. Dieſem Verzeichniſſe fehlte noch das ſchwerſte aller Metalle, das Platin. Der Gedanke iſt fern von mir, einige Aanaberung zwiſchen der Syphilis und der fpecifiihen Schwere der zu ihrer Heilung angewendeten Metalle zu ſuchen, obgleich dieſes Zuſammen⸗ treffen wirklich ſtattſindet ). Ich will nur beilaͤuſig bemerken, daß die ſogenannten miſchungsaͤndernden Medicamente, zu welchen ich auch das Platin rechne, zu gleicher Zeit die ſchwerſten und dichter „) Hr. Wedel, Stud. Med., hat die Güte gehabt, die meiſten dieſer Verſuche an ſich ſelbſt zu wiederbolen und bat die Re⸗ fuitate mit den meinigen ganz üͤbereinſtimmend gefunden. „) Es verdient bemerkt zu werden, das der ſchwerſte Kbrper zu⸗ gleich derjenige iſt, welcher die größte Capacitaͤt für die nega⸗ tive Elcctricität befige (Pelletier). 271 ſten Koͤrper der Natur ſind. Die Aerzte der alexandriniſchen Schule und des Mittelalters wuͤrden nicht in Verlegenheit geweſen ſeyn, eine Erklärung nach ihrer Art dafür aufzufinden. Dieſe Reflexionen, in Verbindung mit den fruͤher angeſtellten Verſuchen, mußten mich nach und nach beſtimmen, das Platin als therapeutiſches Mittel anzuwenden. Folgendes ſind die Reſultate, welche ich damit erlangt habe: Peter V., alt 31 Jahre, von robuſter Conſtitution, litt ſeit ungefähr 10 Jahren an einer chroniſchen Blennorrhoͤe. Das Queck— ſilber und der Copawabaſſam waren zu verſchiedenen Zeitabſchnit— ten und an verſchiedenen Orten vergebens angewendet worden. Ich behandelte den Patienten, der meine Hülfe in Anſpruch nahm, mit Platinhlorid (0,025 Platinchlorid) (gr. 1,61 Pr. M. Gew.) in einem Tranke von 180 Grammen (36 Zi ge. 15.60 Pr. M. Gew.); Localbad aus Pt, C2 — Platinchlorid 4 Grammen (Zi gr. 5,63 Pr M. Gew.) und 60 Grammen (32 Ji gr. 5,2 p. M. ) deſtillirtem Waſſer zuſammengeſetzt. Am folgenden Tage dieſer Behandlung ſpuͤrte der Patient alle Symptome einer acuten Harnroͤhrenentzuͤndung; zu gleicher Zeit waren einige Bläaͤtterchen an der Krone der Eichel zum Vorſcheine gekommen. Den folgen— den Tag waren alle dieſe Symptome verſchwunden, und den achten Tag war die Heilung vollſtaͤndig. 5 Zweite Beobachtung. Adele M., alt 22 Jahre, von ſan— guiniſchem Temperamente, litt ſeit drei Monaten an einer chroni⸗ ſchen Entzuͤndung der vaginı und an blumenkohlartigen Vegetatio⸗ nen an den aͤußern Geſchlechtstheilen die ſchmerzhaft und violetroth waren. Es fand zu gleicher Zeit eine Druͤſenentzuͤndung des rech— ten Unterkiefers ſtatt. Die antiphlogiſtiſche und Mercurialbehand— lung hatten keinen Erfolg gegeben. Die Patientin confulirte mich am 10. Auguſt 1840. Ich verordnete ihr einen Trank von 3 De: cigrammen (gr. 4,92 Pr. M. Gew.) Platinchlorid, 5 Decigram: men (gr. 8,20 Pr. M. Gew.) gereinigtem Seeſalze ) in einem Trank von 200 Grammen (36 36 92 gr. 4,08 Pr. M. Gew.), den Tag uͤber loͤffelweſſe zu nehmen. Bie folgenden Tage vermehrte ich die Gabe bis zu 3 Decigrammen (Zr. 8,20 Pr. M. Gew.); ich verband damit eine äußerliche Behandlung (ein Platinliniment, be— ſtehend aus 2 Grammen (Din gr. 12.84) Platinchlorid und 60 Grammen (32 Ji gr. 520) Olivendt). Drei Tage nachher war ren die Schmerzen dem Jucken gewichen. Den zehnten Tag war die Patientin vollkommen hergeſtellt— Derſelbe Erfolg in eilf ähnlichen Krankheitsfällen. Die Hei— lung war vollſtaͤndig am achten Tage der Behandlung in 4 Faͤl— len; am zwölften Tage in 5 Faͤllen; und am dreizehnten Tage in 2 Fällen. (Schluß folgt.) ) Das Seeſalz des Handels iſt faſt niemals rein; außer einer gewiſſen Quantität Jodnatrium enthaͤlt es faſt immer ſalpe— terſaures Kali und Chlorcalium. Nun faͤllt aber das Platin— chlorid die Kaliſalze orangegelb und neutraliſirt ſich im Ver— haͤltniſſe des Niederſchlages, den es hervorbringt. 272 Mise e le n. Ein Inſtrument zum Meſſen der Harnroͤhre, zum Eintleeren der Blaſe und zum Cauteriſiren der pars prostatica beſchreibt Cazenave in der Gaz. méd., No. 47. Er zeigt zuerſt die Schwierigkeit, welche es hat, die Laͤnge der Harnroͤhre zu beſtimmen, welche von den verſchiedenen Beobach— tern von 6 — 12 Zoll verſchieden angegeben worden iſt. Das Inſtrument iſt eine 11 Zoll lange, 3 Linien dicke, ſilberne Sonde, welche die gewoͤhnliche Catheterkruͤmmung und am vordern Ende mittelſt eines Scharniergelenkes einen beweglichen, 6 Linien langen Anſatz bat, der ſich durch eine Schraube beugen und ſtrek— ken laßt, vollkommen entſprechend dem Steintoͤffelchen von Leroi d'Etiolle (vergl. Chir. Kupfertaf. Taf. 371. Fig. 9. 10. 11.). Dieſer Urethrometer wird bis in die Harnblaſe eingeführt, wo— rauf man das vordere Ende biegt, das Inſtrument zuruckzieht und die Lage des vordern Randes der Eichel mittelſt eines Schiebers bezeichnet. Der Raum zwiſchen dem Schieber und dem Scharnierge— lenke bezeichnet die Laͤnge der Harnrohre. Iſt die Harnblaſe, in der Regel, leer, ſo daß die Einfuͤhrung dieſer Sonde Schwierig— keit hat, oder hat man die Aufgabe, zugleich die Harnroͤhre zu meſſen, die Blaſe zu entleeren und den Blaſenhals oder die pars prostatica zu cauteriſiren, z. B., bei chroniſchen Entzündungen des Blaſenhalſes, bei veralteten Blennorrhagieen und bei inconti- nentia urinae; ſo bedient man ſich der Aetzmittelſonde. Dieſe iſt aus Silber, an Laͤnge und Kruͤmmung einem gewoͤhnli— chen Catheter gleich, 3 — 4 Linien dick und der ganzen Länge nach durch eine Scheidewand in zwei Canaͤle getheilt, wovon der klei— nere, auf der convexen Seite liegend, feine Oeffnung dicht an der Spitze hat, waͤhrend der andere Canal einen gewoͤhnlichen Aetz— mitteltraͤger auf einem flexibeln Stiele enthaͤlt. Um bei der Ein— fuͤhrung eine Aufloͤſung des Hoͤllenſteins zu vermeiden, verklebt man die vordere Oeffnung mit etwas reinem Wachs. Mit dieſem In— ſtrumente kann man, nach Lallemand's Vorſchrift, die Harn— roͤhre meſſen, ſodann die Harnblaſe entleeren und den Blafenha:s cauteriſiren. Man vermeidet dadurch namentlich auch die Reizun— gen, welche damit verbunden ſind, daß man erſt eine Unterſuch— ungsſonde und dann den Aetzmitteltraͤger beſonders einfuͤhrt. Bei ängftiihen Kranken iſt es beſonders vortheilhaft, cauteriſiren zu koͤnnen, waͤhrend ſie glauben, nur catheteriſirt zu werden. Bei einer ſehr hartnaͤckigen Proſopalgie, welche ſich uͤber ſaͤmmtliche Aeſte des linken nervus quintus verbreitet hatte und, nach den leichteſten Veranlaſſungen, in ſehr heftigen Paroxysmen auftrat und auf dieſe Weiſe ſechs und zwanzig Sabre lang gedauert hatte, waͤhrend in dieſer Zeit durch die verſchieden— ſten Behandlungsweiſen keine bleibende Befferung erzielt werden konnte, obwohl eine entziehende und reizmindernde Behandlung noch am meiſten Erleichterung zu ſchaffen ſchien, fand ſich bei der Section eine betraͤchtliche aneurysmatiſche Ausdehnung der Flexur der carotis interna sinistra in dem sinus cavernosus; das gan- glion Gasseri war daher dem Drucke dieſes Aneurysma's ausgeſetzt; von dieſem ruͤckwaͤrts war der linke trigeminus verdünnt, erweicht und feines faſerigen Anſehens beraubt, und hinter feinem Urſprunge aus dem pons Varoli fand ſich ein kleines erbſengroßes, gelbliches Knoͤtchen von Lymphexſudat. (Romberg, Neuralgiae nervi quinti specimen. Berolini 1840.) .... . Bibliographische Demonstrations of Anatomy. By G. V. Ellis. don 1840. 8. Kaſchmir und das Reich der Sieks. Von C. Frhrn. v. Hügel. 1. und 2. Bd. Stuttgart 1841. 8. Mit vielen Holzſchn. (Ein 3. und 4. Bd. dieſes intereſſanten Werkes iſt noch zu erwarten.) Part. I. Lon- Wenusg.k ei iuean. Traite el&mentaire de physique, ch'mie, macie. Par C. Favrot, toxicologie et phar- Paris 1840. 8. Treatise on the nervous diseases of Women. Laycock, London 1840. 8. BV D T. ———— Ueue Notizen a u 8 dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mitgethellt von dem Ober⸗Medieinalrathe Fror ev zu Weimar, und dem Diedicinafratbe und Prefeſſer Froriep in Berlin. — No. 348. (Nr. Gedruckt im Landes- Induftries Comptoir zu Weimar. 18. des XVI. Bandes.) preis eines ganzen Bandes, von 23 Bogen, 2 Atbir. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stuͤckes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirre Abbildungen 6 ggl. December 1840. af u r Wen en . Neue Beobachtungen uͤber den Farbeſtoff des rothen Schnees. Von R. J. Schuttleworth. Hierzu die Figg. 10 —20 der mit Nr. 331. [Nr. 1 d. XVI. Bos.) d. Bl. ausgegebenen Tafel. Seit der Entdeckung des rothen Schnees von de Sauffure im Jahre 1760 und überhaupt ſeit den Beob— achtungen von Franz Bauer uͤber dieſelbe, vom Capitain Roß aus den Polargegenden mitgebrachte, Subſtanz iſt die Aufmerkſamkeit der ausgezeichnetſten Naturforſcher haͤufig auf das Studium und die Erklaͤrung dieſer Erſcheinung ge— lenkt worden. Die merkwuͤrdige Beſchaffenheit des rothen Schnees, wie auch die Umſtaͤnde, von welchen ſeine Exiſtenz und ſeine Entwickelung abhaͤngig ſind, haben zu vielen, mei— ſtens wenig befriedigenden, Hypotheſen Veranlaſſung gegeben, und es blieben den Beobachtern viele Puncte zu beſtaͤtigen und viele Zweifel aufzuhellen uͤbrig, und dieſes um ſo mehr, als offenbar noch kein Naturforſcher dieſen Schnee an den Orten ſeines Vorkommens ſelbſt mit dem Mikroſcope unter— ſucht hatte. Da ich dieſen Herbſt Gelegenheit hatte, den rothen Schnee auf dem Hoſpitium des Grimſel zu unterſuchen, wohin ich ein Mikroſcop von Oberhaͤuſer hatte ſchaffen laſſen, fo habe ich fo merkwuͤrdige Thatſachen, die ich fo wenig hier zu finden hoffte, beobachtet, daß ich die Dunkelheit, welche noch uͤber den fraglichen Gegenſtand verbreitet iſt, aufhellen zu koͤnnen hoffe. Bevor ich aber die gemachten Beobachtungen und die Reſultate, zu welchen fie mich ge— fuͤhrt haben, berichte, iſt es nothwendig, daß ich mit wenigen Worten die Beobachtungen, welche den meinigen vorherge— gangen ſind, und die Hauptmeinungeu, welche aufgeſtellt wurden, in's Gedaͤchtniß zuruͤckrufe. Im Jahre 1760 und 1778 entdeckte de Sauffure den rothen Schnee auf dem Brevent und auf andern Ber— gen, beſonders reichlich aber auf dem St. Bernhardsberge. No. 1448. Er beobachtete, daß die Farbe der gefaͤrbten Stellen ſehr ſchwach an den Raͤndern ſey, gegen die Mitte hin deutlicher werde, und daß dieſe Stellen mehr oder weniger concav ſeyen. Er betrachtete den Farbeſtoff als ein feines, mit Schnee ver— miſchtes Pulver, bemerkte, daß er viel ſchwerer als Waſſer ſey und wurde durch chemiſche Analyſen zu der Anſicht ge— bracht, daß er vegetabiliſcher Natur ſey, vielleicht Saamen— ſtaub, ohne indeß erklaͤren zu koͤnnen, auf welche Weiſe die— ſer Saamenſtaub auf den Schnee verſetzt worden ſey. Er fuͤgte noch hinzu, daß man ihn recht gut als ein Erzeugniß des Schnees ſelbſt hätte betrachten können. (De Saus- sure, Voy. II. p. 646. Neesv. Esenbeck. Brown's verm. Schrift. I. p. 594.) Im Jahre 1818 fand de Charpentier den rothen Schnee auf dem Berge Enzeindaz und auf andern Bergen bei Bex, wo er ſechs oder ſieben Jahre fruͤher ſchen von Thomas beobachtet worden war. Der rothe Schnee bil: dete entweder Streifen von 1 bis 20 Fuß Laͤnge und von 3 Zoll bis zu 4 Fuß Breite, oder Flecke von unbeſtimmter Geſtalt, die einen Durchmeſſer von 5 Zoll bis zu 3 Fuß hatten. Er machte die Bemerkung, daß der Farbeſtoff ſel⸗ ten uͤber 1 bis 2 Zoll, niemals aber uͤber 6 bis 8 Zoll, in den Schnee eindrang. Er erkannte die Gegenwart eines braͤunlich rothen Pulvers als den Faͤrbeſtoff, und als er in demſelben Jahre dieſelben Orte zum zweiten Male beſuchte, fand er nach dem Schmelzen des Schnees die umherliegen— den Kalkſteinbloͤcke mit dieſer Subſtanz uͤberzogen. Chladni über Feuermeteore, Seite 386. Wees v. Esenb. I. c. p- 595.) Im Jahre 1819 thut R. Brown des Schnees Er: waͤhnung, den die Dfficiere der Nordpol-Expedition unter dem Commando des Capitain Roß entdeckt hatten. Er erkannte die Gegenwart kleiner Kuͤgelchen als Farbeſtoff und bezeichnete fie als eine Gattung der Algae, die den einfach⸗ ſten Conferven und der Tremella eruenta, Engl. Bot. febr nahe ſtehen. (Ross voy. suppl. p. 44. Nees v. Esenb. I. c. p. 342. 18 6 275 Nach der Erzählung des Capitain Roß hatten die mit cotbem Schnee bedeckten Kuͤſten mehr als acht engliſche Mei— len Ausbreitung und erhielten den Namen Crimson eliſts (Carmoiſinklippen). Die Perſonen, welche ausgeſchickt wor— den waren, um von dieſem Schnee zu ſammeln, fanden ihn bis auf den Fels gefaͤrbt und an mehrern Stellen bis zu einer Tiefe von 10 bis 12 Fuß, waͤhrend ein anderer Offi— cier derſelben Expedition, als einen merkwürdigen Umſtand, die Beobachtung machte, daß der Farbeſtoff ſich nicht uͤber 1 oder 2 Zoll Tiefe unter die Oberflaͤche des Schnees er— ſtreckte. (Nees v. Esenb. I. c. p. 585.) (Im erſte⸗ ren Falle hat man alſo offenbar ſagen wollen, daß die ge— neigten, mit dieſem rothen Schnee bedeckten Oberflaͤchen eine Höhe von 10 bis 12 Fuß hatten). Gegen dieſelbe Zeit machte Franz Bauer, der eine Flaſche Waſſer, mit dem rothen Schnee geſaͤttigt, von der— ſelben Expedition erhalten hatte, eine lange Beſchreibung mit Figuren bekannt. Er beobachtete, daß der Farbeſtoff viel ſchwerer als das Waſſer ſey, daß er aus undurchſichtigen, dunk lroth gefaͤrbten ſphaͤriſchen Kuͤgelchen, vermiſcht mit andern farbloſen und durchſichtigen Kuͤgelchen zuſammenze— ſetzt ſey, und er bemerkte die Gegenwart anderer kleiner Kuͤ⸗ gelchen, die auf der Oberflache des Waſſers ſchwammen; Bauer glaubte zu erkennen, daß die Kuͤgelchen mit kleinen Blumenſtielchen verſehen ſeyen, und indem er ſie mit den Kuͤgeichen der Uredo foetida (U. Caries, Dec.) ver: glich, nahm er an, daß fie zu derſelben Gattung gehoͤrten und zwar als eine neue Art derſelben. Er betrachtete uͤbri— gens die rothen Kuͤgelchen als reife Individuen, und die farbloſen Kuͤgelchen als nicht entwickelte Individuen. Nach— dem Bauer das Waſſer unter dem Mikroſcope hatte ver» dunſten laſſen, bemerkte er auch dieſelbe koͤrnige Subſtanz von klebriger Conſiſtenz, welche dieſe Schwaͤmme immer dar— bieten, und ſprach deßhalb die Meinung aus, daß dieſe Sub— ſtanz die Saamenksrper derſelben enthalte. Als er eine groͤ— ßere Quantitaͤt der in der Flaſche enthaltenen Fluͤſſigkeit un— terſuchte, erkannte er die Gegenwart mehrerer Flocken einer gallertartigen und weißlichen Subſtanz von zelligem oder ar— ticulirtem Anſehen, an welchen mehrere Kuͤgelchen der Uredo ſaßen. Nachdem er eine betraͤchtliche Quantität des mit dem Farbeſtoffe des rothen Schnees beladenen Waſſers der Luft ausgeſetzt hatte, bemerkte er nach einigen Tagen, daß die rothen Kuͤgelchen nach und nach ihre Farbe verlieren und daß ſich neue Flocken der gallertartigen Matrix gebildet hats ten, an denen eine große Menge kleiner farbloſer Kuͤgelchen ſaßen, die er als junge Uredo's betrachtete. Er beobachtete, daß nach mehreren Wochen die jungen Uredo's beinahe die Dimenſionen der entwickelten Individuen, jedoch ohne Farbe anzunehmen, erlangt hatten, und daß die Flocken der gal— lertartigen Matrix die ganze Oberflaͤche des Waſſers bedeckt hatten. Nach dieſen Beobachtungen und der chemiſchen Analpſe des Dr. Wollaſton war Bauer uͤberzeugt, daß der Farbeſtoff des rothen Schnees durch eine Uredo gebil— det ſey, der er den fpecifiihen Namen nivalis gab und fie als ein wirkliches Erzeugniß des Schnees ſelbſt betrachtete. (Bauer im Journ. of Science and Arts, vol. VII. 278 p. 222. Tab. 6. Nees v. Esenb. I. e. p. 578, cum tabula.) Im Jahre 1818 theilte der Prior Biſelz des gro— fen St. Bernhards dem Bulletin Universel Bemerkun⸗ gen uͤber den rothen Schnee mit. Er hatte beobachtet, daß man ihn immer an denſelben Orten, am Fuße friſch mit Schnee bedeckter Abhaͤnge, und ſowohl an der ſuͤdlichen, als an der noͤrdlichen Abdachung, findet; daß der gefallene Schnee, welcher dieſe Orte bedeckt, von ihnen keine Farbe annimmt; daß der rothe Schnee ſich niemals an den Orten findet, wo die Schneemaſſe nicht betraͤchtlich genug iſt, um dem Schmel— zen im Fruͤhlinge zu widerſtehen; daß die Suͤd- und Suͤd— weſtwinde feine Entſtehung ſehr beguͤnſtigen, aber daß er fich ſelten vor der Mitte des Junius zeigt; daß feine Entwicke— lung in dem Maaße zunimmt, als die Temperatur ſteigt, und daß ſie ſich mit dem groͤßten Glanze in den kleinen Furchen zeigt, welche das Waſſer des ſchmelzenden Schnees aushoͤhlt, hauptſaͤchlich aber an den Orten, wo das Schmel— zen des Schnees ſich am meiſten verſpaͤtet. Peſchier zu Genf analyſirte den rothen Schnee und erkannte in demſelben vegetabiliſche Grundſtoffe, vermiſcht mit einer großen Menge mineraliſcher Elemente. (Nees v. Esenb. 1 c. p. 597.) Vor dieſer Zeit ſcheint fhon Ramond den rothen Schnee in den Pyrenaͤen gefunden zu haben. (Wees v. Esenb. I. c. p. 597.) Im Jahre 1823 machte der Baron Wrangel eine Abhandlung über zwei cryptogamiſche Pflanzen bekannt, die ſich durch ihre rothe Farbe und ihren Veilchengeruch aus— zeichneten, und die, feiner Meinung nach, von den Botani— kern und von Linné ſelbſt unter dem Namen Byssus Jolithus verwechſelt worden ſeyn ſollten. Die eine von ih— nen, faſerig, articulirt, findet ſich auf Eiefelerdebaltigem Ge— ſteine; die andere, haͤutig und aus mehlartigen Kuͤgelchen zu— ſammengeſetzt, wird auf Kalkgeſtein angetroffen. Erſtere ſollte ſeiner Meinung nach Jolithus Schwenckfeldii der deutſchen Botaniker, der Byssus Jolithus der meiſten Bo— taniker und der letztern Werke Lin né's ſeyn. Die zweite Pflanze war von Linné ſelbſt an den Felſen bei Kollmoͤr— den beobachtet worden, und er hielt fir damals für verſchie— den von der erſtern. (Linn Oländska och Gothländ- ska Resa, p. 7.) Der Baron Wrangel fand hier daſ— ſelbe Erzeugniß im Jahr 1820 wieder und hielt es für ein Lichen, welchem er den Namen Lepraria kermesina gab. (Vet. Acad. Handl. p. 71. Tab. 3. Nees v. Esenb. I. c. p. 344. cum fig.) In einer zweiten Abhandlung theilte der Baron Wran— gel mikroſcopiſche Unterſuchungen über feine Lepraria mit. Er legte damit uͤberzogene Steine in Waſſer und ſetzte ſie der Sonne aus. Die rothe Haut wurde in rotbe Kuͤgel— chen und in andere weit kleinere von weißlicher Farbe aufge— loͤf't. Nich drei Tagen bekamen dieſe Kuͤgelchen Leben, wurden Infuſionsthiere, die, ſich drehend, ſchwammen und haͤufig die Beute anderer Infuſionsthiere wurden (Para— moecium aureola. Müll.). Sie festen ſich endlich am Boden des Gefaͤßes in Gejtalt einer gallertartigen Maſſe, 277 und die kleinen Kügelchen ſchienen ſich in Faſern zu vers wandeln. Die rothe Farbe ging in Braun über, und die Faſern nahmen eine grünliche Farde an. Mit Schnee vor miſcht, theilten ſich die rothen Kügelchen in eine große Menge anderer von verſchiedenen Größen, nahmen eine lebhaftere Farbe an und verloren dieſelbe nicht einmal, als man den Schnee, den ſie enthielt, von Neuem gefrieren ließ. Unter dieſen Kuͤgelchen glaubte der Baron Wrangel mit Huͤlfe des Mikroſcopes einige zu bemerken, welche Blumenſtielchen zu haben ſchienen. Er ſah auch einige dicke Kuͤgelchen, die mit einer thieriſchen Bewegung begabt waren, im Waſſer ſchwimmen, ſich ſtoßen und zerberſten, wobei fie Kuͤgelchen der kleinern Art entſchtuͤpfen liefen. Nach dieſen Beobachtungen glaubte der Baron Wran— gel die Entwickelung ſeiner Lepraria auf folgende Weiſe bezeichnen zu können: Es ſollten ſich anfangs in der Luft durch den Einfluß der Electricitaͤt Infuſtensthierchen, verbunden mit ihrer gal— lertartigen Matrix, büden; dieſe Infuſionsthierchen würden mit den Gewittertegen auf die Erde gefuͤhrt; fie ſchwaͤm— men frei im Waſſer einige Zeit lang, ſetzen ſich ſodann auf die Steine in Geſta't eines Niederſchlages, deſſen Be— ſchaffenheit von den verſchiedenen Graden der Wirkung des Sonnenlichtes abhaͤngig ſey, und der entweder grün fen, wie die gruͤne Subſtanz Prieſtley's, oder hellroͤth— lich, oder endlich dunkelroth und zuſammengeſetzt aus Kuͤ— gelchen, welche andere kleinere, farbloſe oder gelbliche Kuͤbelchen enthalten, oder damit beſetzt find; daß dieſer Niederſchlag im Zuftande des getrockneten Haͤutchens die Lepraria kermesina fen; daß dieſes Haͤutchen oder dieſe Membran ſich von Neuem in Waſſer aufloͤſe und eine gallertartige Subſtanz bilde, deren abgeloͤſ'te Kuͤgelchen uns ter dem Einfluſſe des Sonnenlichtes das thieriſche und uns abhaͤngige Leben wieder annehmen; und daß endlich durch die Vereinigung kleiner Kuͤgelchen ſie ſich zu Faſern geſtal— ten, wenn ſie ihre kugelige Geſtalt behalten, die kleinen Kuͤgelchen, welche ſie enthalten, von ſich geben und leer und durchſichtig, oder bloß an ibren Raͤndern gefaͤrbt wer— den. (Wrangel, Mierescopiska Undersoeckingar. I. o. Nees v. Esenb. I. c. p. 349.) Agardh gab in demſelben Jahre eine Geſchichte des rothen Schnees. Er erkannte die veg tabiliſche Beſchaffen⸗ heit des Farbeſtoffes und ſtellte ihn als eine neue Algen— gattung unter dem Namen Protococeus kermesinus auf. Im Jahre 1824 hatte er Gelegenheit, die Pflanze des Ba— ron Wrangel mit der Credo Bauer's zu vergleichen, und fand ſie identiſch. Er erkannte die Gegenwart großer, undurchſichtiger Kuͤgelchen von verſchiedener Groͤße, unter denen ſich andere farbloſe und durchſichtige befanden; aber er konnte nicht die Blumenſtielchen Bauer's und ebenſo— wenig die gallertartige Matrix erkennen. Er bemerkte, daß die Kuͤgelchen haͤufig durch die Ueberreſte anderer zerſetzten Kuͤgelchen in Gruppen vereinigt wurden. Er überzeugte ſich, daß dieſes Erzeugniß nicht durch einen Niederſchlag von Gewitterregen herruͤhre, und er glaubte darin die Wirkung des ſtufenweiſen Aufthauens des Schnees und der intenſi— 278 ven Wirkung des Lichtes zu erkennen. Er ſprach ü tigens Zweifel über die wirkliche Differenz aus, welche zwiſchen den Infuſionsthieren und den einfachſten Algen beſteht, in— dem er dieſelden nicht allein als aus dem einen in das ans dere uͤbergehend, ſondern auch manchmal als dieſelbe Sache unter verſchiedenen Zuſtänden betrachtet. (Nov. net. Acad, Leopold Car. nat. Cur. Vol. XII., p. 737, Gre relle Seot. erypt. Flora IV. No. 231., p. 10.) In dımfelden Jahre unterſuchten Pefchier und De: candolle dieſelde Eubftanz, die ihnen von dem Canoni— cus Barras, des großen St. Berntard, geſendet wor⸗ den war. Sie beobachteten mittelſt eines Amici ſchen Mikrofcopes mit Vergrößerungen von 400 Durchmeſſernz daß die rothe Farbe kleinen ſphaͤriſchen Kügelgen von leb— haftem Roth angeböre, die mit einer gallertartigen und durchſichtigen Haut umgeben waren; ihr ſichtdarer Durch meſſer betrug drei bis ſechs Millimeter, Decandolle verglich ſodann die Subſtanz vom St. Bernhard mit den Ueberreſten des rothen Polarſchuees, wel— che er in feinem Herbarium aufbewahrt hatte, und fand fie identiſch. Er glaubte auch eine deſondere Gattung von Al— gen daraus machen zu muͤſſen, und nahm den Namen Agardh's an. (Bibl. Univers. Oct. 1824. p. 132.) In demſelben Jahre machte Agardh die Gattung Protococcus bekannt und ſetzte in dieſenbe den rothen Schnee unter dem Namen Protococcus nivalis. Er fügte in Geſtalt einer Bemerkung hinzu, daß die Kügelchen manchmal Leben bekommen und das Leben der Infuſions— thiere fuhren. (Syst. Alg. p. XVII. und p. 13.) Greville gab kurz darauf eine Beſchreibung und einen ſchoͤnen Kupferſtich einer analogen Alge beraus, die von Carmichael an den Ufern der Seren von Lismore in Schottland entdeckt worden war, wo fie die Reſte verſchie⸗ dener in Zerſetzung befindlicher Pflanzen dedeckte und haupt⸗ ſaͤchlich reichlich die Kalkfelſen, welche den partiellen Ueder— ſchwemmungen der Gewaͤſſer derfelben Seeen exponirt waren. Er hielt dieſe Alge fuͤr identiſch mit dem rothen Schnee der Polargegenden dem Protococeus nivalis, Agardk), von welchem er einige neue Figuren gab. Er begann ſeine Abhandlung damit, daß er eine Recapitulation alles deſſen gab, was über dieſes Ereigniß bekannt gemacht worden war, und hierauf die Schottiſche Pflanze beſchtried. Er gab die Gegenwart einer gallertartigen Matrix an, auf welcher eine große Menge ſphaͤriſcher Kuͤgelchen von glaͤnzendem Roth, faſt undurchſichtig und meiſtens von gleicher Größe, ſaßen. Kleinere Kuͤgelchen waren von einem weißen und dutchſich⸗ tigen Rande umgeben, der indeſſen in dem Maaße allmaͤlig abnahm, in welchem die Kuͤgelchen an Dimenſien zunab— men, und der endlich ganz verſchwand. In den gut ent— wickelten Kuͤgelchen beobachtete er innere Koͤrnchen, welche der Oberfläche ein netzfoͤrmiges Anſchen gaben. Hatten die Kuͤgelchen die Reite erlangt, fo ſprangen fie auf und ließen ſphäriſche Koͤrnchen, ſechs oder hochſtens acht an der Zahl, entſchluͤpfen, und bloß die Membran der Kuͤgelchen blieb farblos, durchſichtig und leichter als das Waſſer, übrig. Greville unterſchied keine Spur von willkuͤrlicher Bewe⸗ 18 * 279 daß Agardh keine gals aber obgleich Agardh gung und wunderte ſich daruͤber, lertartige Matrix beobachtet hätte; feine Gattung Protococeus bloß auf den Mangel dieſer Matrix gegründet hatte, fo behielt er doch dieſe Gattung bei, weil die Kuͤgelchen bloß auf der Oberſlaͤche der Gallerte ſaßen und nicht in der Subftanz derſelben, wie die Gattung Palmella, eingeſchloſſen waren, in welche Gattung Ho o— ker ſie verſetzen zu muͤſſen glaubte. Er folgerte aus ſeinen Beobachtungen, daß der Farbeſtoff des rothen Schnees ent— weder eine Alge, oder ein Infuſionsthier ſeyn müffe, zwi— ſchen welchen er keine große Verſchiedenheit erblickte, weil es, ſeiner Meinung nach, Gegenſtaͤnde gaͤbe, die eben ſo gut unter erſtere, als unter letztere geordnet werden könnten, weil es ferner Algen gäbe, die Infuſionsthiere erzeugen, und umgekehrt, und Infuſionsthiere, welche zu einer Zeit ihrer Exiſtenz mit Leben und thieriſcher Bewegun begabt waͤren, waͤhrend ſie zu einer andern Zeit in den ruhigen Zuſtand der Vegetabilien uͤberzugehen ſchienen; aber nach der Affini— tät, welche zwiſchen dem Farbeſtoffe des rothen Schnees und der Tremella eruenta Eng. Bot. und andern Algen be ſteht, entſchied er ſich, fie in feinem Systema Algarum als eine beſondere Gattung aufzufuͤhren und zwar unter dem Namen Protococens. (Grerille Seot. erypt. Flora. vol. IV. Tab. et no. 231.) Im Jahre 1824 machte Sommerfeld eine Ab— handlung uͤber den rothen Schnee, oder uͤber die Sphae— nella nivalis, die er in Norwegen gefunden hatte, be— kannt. Dieſe Abhandlung iſt mir nicht bekannt worden. (Magazin for naturwidenskab. An. 1824. Heft 4., p. 249.) (Sie befindet ſich in Froriep's Notizen ze, No. 218. [No. 10. des X. Bds.] S. 308.) Im Jahre 1825 beſchrieb Hooker unter dem Na: men der Palmella nivalis den rothen Schnee der Polar— gegenden, den die Entdeckungs- Expedition unter dem Com— mando des Capitaͤn Parry mitgebracht hatte. Seine Be— ſchreibung enthaͤlt nichts Neues, außer, daß der rothe Schnee als eine gallertartige Haut ſowohl die Steine und Mooſe, als auch den Schnee ſelbſt bedeckt habe. (Appendix to Parry's second voy., p. 428.) Kunze gab in demſelben Jahre eine Recapitulation alles deſſen, was uͤber die Natur des rothen Schnees ſchon bekannt war, ohne neue Beobachtungen hinzuzufuͤgen. (Flora oder Bot. Zeit. 1825, II., p. 449.) Nees von Eſenbeck ſammeite alsdann alles, was über denſelben Gegenſtand und über andere ähnliche Erzeug— niſſe geſchrieben worden war. Dieſer Zuſammenſtellung ver— danke ich einen großen Theil der Materialien dieſes Aufſatzes. (R. Brown's verm. Schriften, I., p. 342. und 571.) Zu den Abhandlungen uͤber den rothen Schnee, die ich nicht habe zu Rathe ziehen koͤnnen, gehoͤren: „Analyſe des rothen Schnees vom Pol,“ von Mas caire-Prinſep und Marcet. (Mem. de la Soc. de Physique et d’Hist, Nat. de Geneve IV., 185. Bibl. Univ. Dee. 1828, p. 290.) „Ueber die verſchiedenen Urſachen, welche den Schnee roth färben.” (Bibl. Univ. Octobre 1829, p. 172.) 280 „Notizen uͤber die verſchiedenen Urſachen der Faͤrbung des Schnees und des Eiſes.“ (Annales des sciences nat. Juin 1829. p. 212. Froriep's Notizen, Band XXVI. No. 551., p. 5.) Vor dieſer Epoche hatte Sprengel in dem Farbe— ſtoffe des rothen Schnees eine mit der Vaucheria radi- cata, Agardh, verwandte Alge geſehen (Grepille Scot. erypt. Fl. 1. c.), und im Sabre 1827 brachte er fie in feine Gattung Coccochloris, eine merkwuͤrdige Zuſam— menſtellung von in ihren Naturen und Verwandtſchaften ſehr verſchiedenen Algen. (Syst. Veg. IV. pars. I. p. 373.) Im Jahre 1829 gab Fechner eine kurze Zuſammen— ſtellung der hauptſaͤblichſten Beobachtungen, welche ſchon über die Natur des Farbeſtoffes des rothen Schnees, be ſonders in chemiſcher Hinſicht, erſchienen waren. (Reſultate der bis jetzt unternommenen Pflanzenanalyfen, S. 148.) Im Jahre 1830 erſchien in den Annalen der Ge— waͤchskun de, Hft. 4. Bd. 2. S. 135, eine Zuſammen— ſtellung der bekannten Beobachtungen über den rothen Schnee und andere aͤhnliche Erzeugniſſe, wo ſeiner Entdeckung in den Bairiſchen Alpen durch von Martius und Kittel erwaͤhnt (Kaſtner's Archiv XVI. p. 204.) und auch einer Figur gedacht wird, welche Corda in Sturm's Deutſcher Flora III., 18, von einer Alge gegeben hat, welche von ihm auf Kalkſteinen und vegetabiliſchen Truͤmmern bei Prag, und von Eck an den weißen Mauern gefunden wor— den iſt. In demſelben Jahre machte Unger eine Notiz uͤber den rothen Schnee bekannt, den er auf den Tyroler Alpen in einer Hoͤhe von ungefaͤhr 6,000 Fuß angetroffen hatte. Er bemerkte, daß die Schneeſchicht, auf welcher derſelbe ſich befand, eine Ausdehnung von 17 bis 18 Quadratklaftern Maͤchtigkeit gehabt habe, daß er auf ſeiner Oberflaͤche ge— furcht geweſen ſey und allmaͤlig in den Zuſtand des Eiſes gegen ſeine Baſis hinab uͤbergegangen ſey. Die Oberflaͤche des Schnees war mit zahlreichen Theilchen vegetabilifcher Erde uͤberſaͤet, die ihm das ſchmuzige Anfeben gaben, wel— ches in der Ebene die Ueberreſte des Schnees im Monate Maͤrz darbieten. Die geeigneten Stellen der Oberflaͤche des erhaͤrteten Schnees waren blaß-xoſenroth gefärbt, und dieſe Farbe fand ſich mit derſelben Reinheit unter den Stellen wieder, welche am meiſten von der Erdſubſtanz mißfa' ben geworden waren. Sie variirte hinſichtlich ihrer Intenſitaͤt und ging allmaͤlig von den lebhafteſten Farben zu faſt farb— loſen Tinten uͤber. Unger beobachtete, daß auf den Raͤn— dern der Schneeſchicht der Farbeſtoff gleichſam Streifen bil— dete, die, obgleich gekruͤmmt, unter einander parallel waren und die ganze Seite des Eiſes durchſetzten. Dieſe Strei— fen entſprachen einer jeden jaͤhrlichen Zunahmeſchicht des Gletſchers, und die Farbe drang eben ſo tief in die Sub— ſtanz des Eiſes, wie auf der Oberflaͤche. Gegen die Baſis des Gletſchers nahmen dieſe Streifen im Durchmeſſer ab und verloren ſich allmaͤlig. (Fortſetzung folgt.) 281 Miscellen. ueber die Lebensweiſe des Paradiesvogels (Para- disen apoda) hat Herr G. T. Lay der Zoological Society Fol— gendes mitgetheilt: „Dieſer Vogel (der zu der Beobachtung Gelegen— heit gab) iſt gegen vierzehn Jahre im Beſitze des Herrn Beale ges weſen, und ſchien im vorigen Jahre, als ich China verließ, in voller Geſundheit und Kraft zu ſeyn. Er wird hauptſaͤchtich mit gekochtem Reis gefüttert und mit einigen Heuſchrecken, als Fleiſch u feinem Gemüfe. Die letzteren frißt er ganz und gar, wenn fie lein find; größeren aber reißt er Beine und Flügel aus: die Spitze des Abdomen mit den unteren Eingeweiden verwirft er, waͤhrend er die uͤbrigen Eingeweide als cine Art Lieblingsbiſſen verzehrt. Er faßt das Inſect in der Naͤhe des Kopfes fo feſt, daß der Tod bald erfolgt. Nach jeder Operation dieſer Art iſt er ſehr ſorgſam, den Schnabel zu reinigen und zu wegen. — — Die Stimme ift laut und tönend, wean er in ſchneller Aufeinanderfolge der Noten ruft. Dieß iſt wahrſcheinlich ſeine Weiſe, in welcher er ſeinen Ge— fahrten im wilden Zuſtande antwortet und wahrſcheinlich da, wo keine Hauſer und Mauern Hinderniſſe abgeben, weit gehört wird. Wenn man ſich feinem Käfige näbert, fo empfängt er einen mit einer Formel, welche ich in meinem Memorandum den Bitt-Geſang ge— nannt habe. Er iſt kurz, aber ſehr angenehm und nicht wenig merkwürdig, denn die Noten werden in harmoniſchem Fortſchreiten wiederholt. Die erſten vier Noten werden ſehr genau intonirt, ſehr klar und ſehr angenehm. i Die drei legten werden wiederholt in einer Art von 282 Kraͤchzen, einer beträchtlichen Verſchoͤnerung der Stimme einer Dohle oder einer Krähe, aber ihr doch auffallend ähmich. Und dieß deutet auf eine lebendige Annäherung zwiſchen Krähen und Paradiesvögeln. Während dieſe Serenade erſchallt, vergrößert oder verkleinert ſich die don einer goldenen Iris unacbene Pu— pille, je nachdem das Thier fernere oder näbere Gegenſtände betrachten will. Der Schnabel klappert als ein Vorſpiet einer Mahlzeit und als Zeichen des Appetits, während der Körper durch die höchſten und ſehr leichten Sprünge von einer Seite zur anderen bewegt wird. Der Paradiesvogel vermeidet den Boden des Käfige, als wenn er fürchtete, fein zartes Gefieder zu ber ſchmutzen; denn ich darf nicht vergeſſen, zu bemerken, daß er im⸗ mer eben fo rein und fleckenlos ift, als bunt und alängend, Im wilden Zuſtande ſcheint er feine Beute entweder im Fluge zu er⸗ haſchen, wie die Schwalben, oder indem er auf fie ftößt. Form und Anordnung der Schwungfedern ſetzen ihn in den Stand, gra⸗ zids auf den Lüften zu ſchweben, nicht in ſchnellen Bewegungen fie zu durcheiten. Die Leichtigkeit, mit welcher er einherſchwebt, muß noch vermehrt werden durch die langen Seitenfedern, welche im Fliegen in die Hohe gehoben und ausgebreitet werden. Dieſe Sei: tenfedern ſind gelb an der Baſis, gegen das Ende zu weiß, mit braunem Schafte. Die Kurze der Fahne giebt ibm gegen das Ende das Anſehen von Zähnen einer Säge. Die Schwanzdeckfe⸗ dern haben lange Schaͤfte. Fuͤße und Zehen find dunkelbleiblau; ſie ſind ſtark und umfaſſen die Stange mit großer Leichtigkeit und Feſtigkeit. Ueber Zeolith-Bildungen an foffilen organi⸗ ſchen Koͤrpern hat Herr v. Buch der Geſellſchaft naturfor⸗ ſchender Freunde, in Berlin, eine Mittheilung gemacht und Anal⸗ cime, die ſich, Schrotförnern ahnlich, in der Schaale des Am- monites excavatus gebildet hatten, vorgezeigt. ä — — mn . i Ueber die erſten Andeutungen einer Geiſtes— krankheit. Von John Grantham. In No. 308 der N. Notizen (Nr. 22 des 14. Bds). iſt eine Abhandlung uͤber die Wichtigkeit der Beobachtung der erſten Andeutungen einer Geiſteskrankheit von demſelben Verfaſſer mitgetheilt. Dieſer Gegenſtand ſoll hier noch wei— ter verfolgt werden, beſonders inſofern, als ſich ſolche vor— ausgehende Erſcheinungen bei der Mehrzahl der Geiſtes— krankheiten vorfinden. Die moraliſchen Erregungszuſtaͤnde, welche beſonders beachtenswerth find, laſſen ſich unter zehn Abtheilungen auf: fuͤhren. (Obwohl ſie voruͤbergehend auch ohne Beziehung zu einer Geifterftörung vorkommen koͤnnen, fo verdienen ſie doch bei allen Fällen von Geiſteskrankbeit eine beſondere Beachtung, in Verbindung mit der allgemeinen Geſchichte eines Falles.) 1. Ungehoͤriger Verdacht. 2. Unzufriedenheit. 3. Selbſtvorwuͤrfe. 4. Abneigung. 5. Rachluſt. 6. Indolenz. 7. Aufregung. 8. Unnatuͤtliche Thaͤtigkeit in Verfolgung 8 einzelner Gegenſtaͤnde. nk n Ned . 9. Furchtſamkeit. 10. Vergeßlichkeit. Es iſt nicht meine Abſicht, hier uͤber den Werth oder Unwerth der Phrenologie zu ſprechen; dennoch muß ich mich für den Nutzen eines richtigen Gebrauchs dieſes Syſtems bei Aufſuchung der moraliſchen Urſachen erklären. Die Phrenologie lehrt, daß das Gehirn das Seelenorgan ſey und bei jeder Gemuͤths- und Geiſtesthaͤtigkeit erregt werde, daß es aber als ein Complex verſchiedener Organe in Thaͤ⸗ tigkeit trete, wodon jedes einer beſondern Geiſtesthaͤtigkeit dient und daß die Energie der Function unter ubrigens glei⸗ chen Umſtaͤnden mit der Größe des Organs im Verhaͤltniſſe ſteht. (Dieſe Beziehung der Größe des Organes wird in⸗ deß von den Phrenologen zu einſeitig aufgefaßt.) Das Ge⸗ hirn muß bei ſeinen Functionen relativ aufgefaßt werden, mit Beziehung zu der Entwickelung der Muskelkraft in dem Körper. Dr. Marſball Hall ſagt, daß das Gehirn bei feinen Willensaͤußerungen die Muskelirritabilität erſchoͤpfe und daß in Muskeln, welche von ihrer Nervenverbindung mit dem Gehirne getrennt find, die Irtitabilität ſich ans haͤufe. Geiſtesſtoͤrungen beginnen mit den leichteſten Abwei⸗ chungen von den normalen Gefühlen und konnen durch alle Nuancen hindurch bis zu den ſchwerſten Formen verfolgt werden, bei welchen der Zuſtand auf eine auffallende Weiſe mit vollkommener Verkehrtheit des Geiſtes verbunden iſt. Hat man die moraliſchen Urſachen unterſucht, ſo iſt die naͤchſte Urſache einer Geiſteskrankheit nachzuweiſen, wel⸗ 283 che, in der Regel, in einer Störung der Function irgend eines Koͤrperorganes beſteht. Hier kann man nicht in das Einzelne gehen, ohne auf eine langweili,e Weiſe die bekann- teſten pathologiſchen Erſcheinungen zu wiederholen. Es ſey nur kurz angefuͤhrt, daß die Haut ruͤckſichtlich ihrer Func— tion als abſorbirendes und exhalirendes Organ und als Re— gulator der thieriſchen Wärme zu betrachten iſt; die Mus: keln als Willensorgane, der Kopf ruͤckſichtlich der Kraft ſeiner Thaͤtigkeiten, das Blut ruͤckſichtlich ſeiner Zuſammen— ſetzung, die Affim.lationsorgane in Beziehung auf Diät und Muskelthaͤtigkeit des Darms, das Druͤſenſyſtem in Bezie— hung auf Erregung durch die organiſchen Nerven. Inſoweit ich die Diagnoſe der Vorlaͤuferſymptome von Geiſtesſtoͤrung verfolgt habe, habe ich immer gefunden, daß die erregende Urſache in dem Ruͤckenmarksſyſteme und durch Sympathie in dem Gehirne liege. Die naͤchſten Urſachen zeigen ſich unter der Form von D.preffion, Reizung und Erregung. Das die erſten Stadien einer Geiſteskrankheit begleitende Fieber iſt congeſtiver Art. Congeſtion in dem Venenſyſteme hängt gewoͤhnlich von deprimirenden Einwir— kungen ab und characteriſirt ſich durch Verminderung der thieriſchen Waͤrme auf der Koͤrperoberflaͤche, durch Vermin— derung der Herzthaͤtiskeit und durch Störung des Organes, welches der Sitz einer Congeſtion iſt. Die pathologiſche Unterſuchung muß gerichtet werden: zuerſt auf Praͤdispoſi— tion; ſodann auf Functionsſtoͤrung; drittens auf krankhafte Einwirkung. Die mediciniſche Behandlung muß natürlich hiernach ſehr verſchieden ſeyn und nach allgemeinen Regeln angeordnet werden. Als Beiſpiel führe ich zwei Fälle aus meiner Praxis an, welche das bisher Geſagte weiter erlaͤu— tern werden Erſter Fall. Am 31. Maͤrz 1840 wendete ſich ein junger Mann von 26 Jahren, von mittlerer Statur und ſanquiniſchem Temperamente, an mich. Er klagte uͤber trau— rige Stimmung und Unfaͤhis keit zu feinen gewöhnlichen Ges ſchaͤften; er hatte alles Selbſtvertrauen verloren und dachte, Jeder betrachte ihn mit Ve achtung. Seine religiofen An— ſichten wurden wankend, er hielt ſich fuͤr ewig verdammt. Er war uͤbrigens ein Mann von der groͤßten Rechtſchaffen— heit und als ſolcher von ſeinem Principale geachtet, dabei von Natur lebhaft und liebenswuͤrdig. Er hatte im No— vember 1839 ſeine Stelle als Schreiber bei einem Notar aufgegeben, wendete ſich an ſeinen Arzt, welcher, den Zu— ſtand als ein einfaches Fieber betrachtend, keine Veraͤnde— rung in Bezug auf Diaͤt und Thaͤtigkeit vorſchrieb. Nach 14 Tagen kehrte er zu ſeinen Geſchaͤften zuruͤck, worauf die Krankheit mit vermehrter Heftigkeit wieder eintrat. Zum zweiten Male wendete er ſich an einen Arzt; die er nannte den Zuſtand eine nervoͤſe Affection, empfahl eine toniſche Behandlung mit aromatiſchen Mitteln und Cam— pher und einen Aufenthalt, entfernt von London. Daſſelbe beſtaͤtigte ein anderer Arzt, und der Kranke ging nun nach der Inſel Guernſey; dort verfiel er aber in eine tiefe Mes lancholie und conſultirte wiederum einen Arzt, welcher ſtarke Bewegung empfahl, aber Arzeneien als unnoͤthig verwarf. Von da ging der Kranke nach Jerſey, wo er an noch groͤ— 284 ßerer Depreſſion litt. Hauſe zuruͤck, Nach einiger Zeit kehrte er nach fragte abermals ſeinen erſten Arzt; dieſer verordnete keine Mediein, ſondern eine Reiſe nach New: Vork. Da der Kranke davor eine graße Abneigung hatte, fo ging er auf's Land und kam in meine Behandlung. Bei der Unterſuchung fand ich, daß er keine Ruhe hatte, bisweilen über Undeutlichkeit des Geſichts und veränderten Geſchmack klagte. Das Gehör war gut, der Darmcanal unthaͤtig, der Urin blaß, die letzten Tropfen konnten nicht ausgetrieben werden; die Muskelthaͤrigkeit war mangelhaft; die Haut war trocken und hatte partiell das wechſelnde Ge— fuͤhl von Hitze und Kaͤlte. Indem ich nach einer Gelegen— heitsurſache forſchte, erfuhr ich, daß er ſeine Fuͤße in kal— tem Waſſer gewaſchen habe, unmittelbar vor Schlafen— gehen. Ich verordnete ein heißes Fußbad mit Senf unmittel— bar vor dem zu Bettegehen, hierauf am andern Morgen Er— regung der Haut durch Buͤrſten, ruhiges Verhalten, als Diät: Haferſchleim des Morgens, Hammelbruͤhe mit Brot zu Mittag, Abends keinen Thee, ſondern Haferſchleim oder Ärrow-root, dabei verbot ich gegohrne Getraͤnke und feſte Speiſen. Zweimal taͤglich erhielt er 5 Gran pilulae Hy- drargyri und eine Mixtur aus Natr. carbon., Ammo⸗ nium, Rhabarber und Campher. 2. April. Der Kranke gab an, «daß er die ganze Nacht geſchlafen habe, was ſeit ſeiner Krankheit nicht vor— gekommen ſey; ich ſetzte die Behandlung fort und ließ den Kranken ſpazieren gehen, jedoch ohne ſich zu ermuͤden. Es iſt kaum zu bemerken, daß die Unthaͤtigkeit der Beckenorgane von ungenuͤgender Thaͤtigkeit der innern Pudendalnerven, alſo des Geflechtes der Lumbar- und Sacralnerven herruͤhre, ſo daß alſo das ſpino-excitomotoriſche Syſtem eine mangelhafte Energie zeigte und durch ungenuͤgende Muskelaction die Kraͤfte des Gehirns erſchoͤpfte. Am 4. Die thieriſche Waͤrme war gleichmaͤßiger ver— theilt; der Kranke ſchlaͤft fortwaͤhrend gut; der Appetit beſ— ſert ſich; der Truͤbſinn laͤßt nach. Am 6. wurden die Ausleerungen normaler; die Haut iſt gegen Abend zu Schweiß geneigt; die Medicin wird im— mer fortgeſetzt. Am 8. Der Zuſtand beſſert ſich fortdauernd, beſonders ruͤckſichtlich der geiſtigen Stimmung; Patient fuͤhlt aber große allgemeine Schwaͤche; die Pillen werden fortgeſetzt, bis ein leichter Speichelfluß eintritt. Nun wird die Diät etwas vermehrt, der Kranke bekoͤmmt ein Ei zum Fruͤhſtuͤck. So wurde fortgefahren; je mehr die geiſtigen Thaͤtigkeiten nor— mal wurden, um fo mehr wurde die Diät verbeſſert, dabei maͤßige Koͤrperbewegung, geiſtige Ruhe, Vermeidung aller Aufregung. Am 14. Mai. Da ſich jetzt die Schwäche nur noch auf den Ruͤcken in der Gegend der untern Lenden- und obern Sa— cralnerven und auf die Beine beſchraͤnkte, ſo empfahl ich ein kaltes Schauerbad jeden Morgen und die Ruͤckkehr zu neuen Geſchaͤften. Dieß iſt geſchehen; dabei haben die Kraͤfte fort— wahrend zugenommen, und es iſt kein Ruͤckfall feiner melan— choliſchen Stimmung zu bemerken geweſen. Im Juli er— 235 fuhr ich, daß das kalte Schauerbad als tonjeum auferors dentliche Dienſte leiſte. Zweiter Fall. W. K., ein Maler und Gaſtwirth, ein kraͤftiger, bruͤnetter Mann von mittlerer Größe, kam im Jahre 1828 zu mir. Er klagte über Schmerz und Schwere im Kopfe, undeutliches Geſicht, Verluſt des Appetits, große Schwaͤche, pulſirendes Gefuͤhl im Hinterhaupte und über Zittern der Hände (offenbar in Folge des Trin— kens); ſeine Stimmung war trüb, er weinte bei der gering— ſten Veranlaſſung, ſehnte ſich nach Einſamkeit und fuͤrchtete ſich doch, allein zu fern, weil er entweder in die größte ner— voͤſe Aufregung gerieth oder in die tiefſte Traurigkeit ver— ſank. Ich verbot geiſtige Getraͤnke, ließ einen Aderlaß von 12 Unzen machen und gab Mercuriallaxanzen, welche ihn geiſtig und koͤrperlich geſund machten. Seit jener Zeit, bis zum 28. Dec. 1839, hatte ich den Mann nicht mehr gefe: hen; auf einmal wurde in Eile zu mir geſchickt, weil er ei— nen Selbſtmordverſuch gemacht habe. Er hatte einen Theil der rechten parotis eingeſchnitten und einige Arterienaͤſte verletzt, ſo daß er viel Blut verlor. Er war in Folge von Unthaͤtigkeit ſehr viel dicker geworden und hatte in unbe— ſchaͤftigtem Zuſtande reichlich Bier und Branntwein getrun— ken. Er war in der letzten Zeit reizbar und unvertraͤglich geweſen. Die conjunctiva war ent fuͤndet, der Puls 120 und zitternd, er hatte Schmerz in der Lendengegend, Magen und Dickdarm waren aufgetrieben, er batte ein unangeneh— mes Gefühl in der Gegend ſaͤmmtlicher Rückenwirbel, Laͤh— mung der rechten Zungenſeite, neuralgiſche Schmerzen in der rechten Halsſeite; der Urin war ſpaͤrlich, ſehr gefaͤrbt und machte ein braͤunliches Sediment. Nach dem Verbande ver— ordnete ich ſpaͤrliche Diät, zu Bette bleiben und alle 4 Stunden folgenden Trank: 3 Drahmen Bitterſalz; gr. Brechweinſtein und 9 Drachmen Infusum Sennae com- positum. Am 29. December nach einer unruhigen Nacht ſprach er unzuſammenhaͤngend. Ein Aderlaß von 16 Un— zen und zu obigem Tranke noch 5 Gran Queckſilberpillen. Am 30. Er hatte 2 Stunden geſchlafen und reichliche dunkele und uͤbelriechende Ausleerungen gehabt; die Zunge war weiß. Der Brechweinſtein blieb weg. Der Kranke bes kam eine Taſſe voll Fleiſchbruͤhe am Tage. Am 31. Puls 90, mehr normal, der Geiſt ruhig; das Geſicht noch unvollkommen, Ohrenklingen und Schmerz auf der rechten Seite. Es wurde nun die Mercurialbehand— lung bis zu leichtem Speichelfluſſe fortgeſetzt; ſpaͤrliche Diät, vollkommene geiſtige und koͤrpe liche Ruhe. Ich verbot alle Converſation. Der fruͤhere geiſtige stupor machte nach wenigen Tagen der bitterſten Reue und Zerknirrſchung Platz. Nichts konnte ihn uͤber ſeine Unthat beruhigen, bis ich ihm erklaͤrte, daß dieſe ſelbſt in einem unfreien Zuſtande, in Folge koͤrperlicher Krankheit, geſchehen ſey und daß ſein fruͤher un— maͤßiges Leben die Veranlaſſung gegeben habe. Er ſagte mir nun, daß er ſeit 6 - 7 Monaten ſich unwohl gefuͤhit habe, haͤufig herumgelaufen ſey, ohne zu wiſſen wohin, bis Hunger und Ermuͤdung ihn zur Beſinnung gebracht haben; zu andern Zeiten habe er die Geſellſchaft von Bekannten ge— — 286 flohen und geglaubt, daß ihn Jedermann verachte. Mein Zureden, daß Geſundheit des Geiſtes von der körperlichen Geſundheit abhaͤnge, ſchien ihm Hoffnung ein zufloͤßen; er unterwarf ſich der medicinifhen Behandlung, wobei ich bes ſonders den Zuſtand des Blutſyſtems und de erſten Wege im Auge behielt und den entzuͤndlichen Zuſtand der Gehirn— haͤute durch eine altetirende Mercurialbehand ung beſeitigte. Am 14. Febr. 1840 entließ ich ihn vollkommen hergeſtellt. (London med. Gaz., Sept. 1840.) Beobachtungen und Verſuche uͤber die Anwendung des Platins in der Medicin. Von D.. Ferdinand Höfer, (Sch lu b.) Dritte Beobachtung. M. . . „ alt 35 Zahre, litt an einer friſchen Blennorrhagie, einem weißen Aus fluſſe, welcher Blutſtreifen enthielt; das Uriniren war ſehr ſchmershaft; der pe- nis war heiß, ſteif und ruͤckwaͤrts gekrümmt. Es wurde eine Ein: ſpritzung gemacht aus 2 Grammen Platin natriumchtorid (Di er 12,34) und 250 Grammen (38 3 jv gr. 5,10) Abkodhung von Mobnkoͤpfen; als Krankendict eine verpünetige Nüchternheit. Der Patient war den fünften Tag der Behandlung bergeſtellt. Vierte Beobachtung — H.., alt 26 Jahre, von lympoatiſcher Conſtitution, litt an ſyphilitiſcen Geſchwuren (Schag— kern) an der innern Flaͤche der Vorhaut und um die Krone der Eichel herum, zugleich an einer Entzündung der rechten Leiſten⸗ drüfe (bubo). Ich verordnete einen Trank von chlorplatinſaurem Natrium loͤffelweiſe den Tag über zu nehmen; efngericben wurde eine Salbe, beſtehend aus 50 Grammen (3j gr. 12,6) Schweine⸗ fett und 2 Grammen (Yj gr. 12,84) febr fein zertheiltem Platin. Heilung nach 7 Tagen. Denſelben Erfolg in 3 ziemlich ahnlichen Faͤllen. Fuͤnfte Beobachtung. — F. R... „Halt 45 Jabre, war zu verſchiedenen Zeitabſchnitten wegen ſyphilitiſcher Krankbei⸗ ten mit Queckſilber und ſchweißtreibenden Mitteln behandelt wor— den. Dieſe Mittel hatten eine ſcheinbare Heitung herbeigeführt. Seit drei Monaten war ein Rüdfall eingetreten. Symptome: Schmerz im Rachen, der während des Schluckens zunahm, na— ſelnde timme, ſyphilitiſche Geſchwure am Gaunienficael, am Zaͤpfchen, an den Mandeln und wahrſcheintich auch an der hintern Naſenoͤffnung. Es wurde verordnet ein Trank von Plarinchlorid, womit ungefahr 3 Wochen fortgefahren wurde. Merkliche Baſſe⸗ rung am zwölften Tage dieſer Behandlung. Vollſtandige Herſtel⸗ lung nach 23 Tagen. Sechste Behandlung. — %..., alt 27 Jahre, von robuſter Conſtitution, hatte ſich zu verſchiedenen Zeiten ſypbi⸗ litiſche Geſchwüre zugezogen, welche, dem aͤußern Anſcheine nat, durch Mercurialbehandlung geheilt worden waren. Seit ungefahr zwei Monaten hatten ſich bei L. folgende Symptome einasftellt: haͤufige Kopkſchmerzen, Ameifenlaufın in den Schenken, Knochen⸗ ſchmerzen mit Exacerbationen während der Nacht, flechtenartiger Ausſchlag von der Größe eines Funffrankenſtücks am obern Theile der innern Flaͤche des rechten Schenkels. Die Pillen Dur puytren's und die Bäder von Barreges waren obne Erfolg angewendet worden. Ich ließ den Patienten folgende Pillen nehmen: Platinchlorid (gr. 8,20 Pr. M. G.) 5 Decigramm. Guajacextract (31 gr. 5,68) 4 Gramm. Puſperiſirtes Sußbolz . . „ 4. Für 20 Pillen. Die Pillen wurden eben ſo genommen, uytren's. 0 j „ Merkliche Beſſerung den achten Tag; vollſtaͤndige Heilung den ſechszehnten Tag. wie diejenigen Dur 287 Siebente Beobachtung. — J... 7 alt 30 Jahre, von nervoͤſer Conſtitution, hatte das Antlitz, die Extremitaͤten und die Bruſt mit Flechten bedeckt, die ſich ſogar auf den Lippen und am Kinn angehaͤuft hatten. Die ſchwefeligſauren Baͤder, das Queckſilber, das Jod, die antiphlogiſtiſchen Mittel waren ſaͤmmt⸗ lich erfolglos angewendet worden. Ich ließ die Platinbehandlung eintreten: Trank aus 25 Centigrammen (gr. 4,1 Pr. M. G.) Platinchlorid; Waſchmittel aus 8 Grammen (32 gr 11,36) Pla⸗ tinchlorid in 200 Grammen (36 36 92 gr. 4,08) deſtillirtem Waſſer. Der Patient war hergeſtellt den funfzehnten Tag der angegebenen Behandlung. B. . . . litt ſeit mehr als Achte Beobachtung. — 10 Jahren an vagen Rheumatismen, die bald Colik, bald Kopf: weh, bald falſche Schmerzen von Seitenſtechen, zur großen Ver— zweiflung des Patienten, verurſachten. Die diuretiſchen Mittel waren ohne ſonderlichen Erfolg ange— wendet worden. Ich verordnete einen Trank von Platinnatriumchlorid, deſſen Gabe ich allmälig ſteigerte. Dieſe Behandlung wurde 20 Tage lang (vom Zten bis zum 23ſten Junius) fortgeſetzt. Heute (den 25. October) ſind mehr als 4 Monate vergangen, ohne daß der Patient einen der Anfaͤlle empfunden hat, welche die Qual ſeines Lebens ausmachten. Ich habe einen gleichen Erfolg bei faſt allen rheumatiſchen Affectionen erlangt, die mit dieſem Mittel behan— delt wurden. Bei einigen Patienten, welche der Behandlung mit Platin— präparaten unterworfen wurden, fand eine beträchtliche Zunahme der Harnausſonderung ftatt, und manchmal auch ein ſchwacher Speichelfluß, jedoch gar nicht ſchmerzyaft und ohne Anſchwellung des Zahnfleiſches und der Zunge. Dieſe Erſcheinungen haben übrigens die Patienten gar nicht belaͤſtigt. In Bezug auf die Verdauung glaube ich haͤufiger Verſtopfung als Schlaffheit des Darmcanals bemerkt zu haben. Waͤhrend der Behandlung mit Platinpraͤparaten bringt es keinen Nutzen, wenn ſich die Patienten eine ſtrenge und laͤſtige Diät auflegen. Man muß indeß (bei den primitiven und entzuͤnd— lichen Symptomen) eine zu ſubſtantielle Nahrung und zu erre— gende Getraͤnke vermeiden. Ich habe waͤhrend der Behandlung mit Platin keinen der Zu— fälle bemerkt, die man dem Queckſilber zum Vorwurfe macht. Zuſammenfaſſung. 1) Die Platinpraͤparate (die Chlorverbindungen), ſind giftig; die Chloride find es in der Gabe von 1,05 Grammen (Yj gr. 4,63); das Platinnatriumchlorid iſt es in der Gabe von 2 Grammen (83 gr. 12,84). 2) Die Chlorverbindungen des Platins (das Platinnatrium— chlorid und das Platinchlorid) ſind weniger giftig, als das Gold— ſalz (Goldchlorid) und das Aetzſublimat. 3) Das Platinchlorid in concentrirter Aufloͤſung erzeugt leb— haftes Jucken auf der Haut, verbunden mit einem ſchwachen Haut— ausſchlage an der Stelle, wo die Aufloͤſung angewendet worden iſt. Innerlich genommen, reizt es zuerſt die Schleimhaut des Ma— gens, verurſacht Kopfweh, reagirt auf den Nervenmittelpunct und äußert dadurch eine ganz eigenthuͤmliche miſchungsaͤndern⸗ de Wirkung auf die Fluͤſſigkeiten des Organismus. 4) Das Platinnatriumchlorid bringt keine lecale Reizung auf der Haut hervor. Innerlich genommen, reagirt es nicht auf den 288 Nervenmittelpunct auf eine ſo merkliche Weiſe, als das Platinchlo⸗ rid. Es vermehrt ganz beſonders die Harnficretion. 5) Das Platinchlorid iſt ein ſehr wirkſames Mittel in der Behandlung ſyphilitiſcher Krankheiten und beſonders in der Be— handlung der eingewurzelten. 6) Das Platinnatriumchlorid eignet ſich weit beſſer zur Be— handlung primitiver ſyphilitiſcher Krankheiten, iſt auch ein fehr wirkſames Mittel in der Behandlung rheumatiſcher Affectionen. 7) Das Platin muß in die Claſſe der miſchungsaͤndernden Mittel neben dem Golde, dem Jod und dem Arſenik ſeine Stelle erhalten Es differirt vom Queckſilber darin, daß es nach einer vorgaͤngigen Aufregung wirkt, und daß die Anwendung deſſelben keinen der Zufälle herbeifuͤhrt, welche man dem Queckſilber zum Vorwurfe macht. Die Goldſalze, welche in weit ſchwaͤcheren Ga— ben, als die Platinſalze giftig zu ſeyn ſcheinen, ſind, den medicini— ſchen Schriftſtellern zufolge, nur in gewiſſen Faͤllen conſtitutioneller oder eingewurzelter syphilis wirkſam. 8) Das Platin hat als miſchungsaͤnderndes Mittel vor dem Queckſilber und dem Golde den Vorzug. (Gazette médicale de Paris. 28. Nov. 1840. No. 48.) Miscellen. Verwechſelung eines Gebärmuttervorfalls mit Bla ſenſtein, iſt, nach der Mittheilung eines Dr, Field (in the Lancet, 11. June 1840), 20 Jahre lang moͤglich geweſen, weil die Aerzte nie darauf kamen, eine Localunterſuchung vorzu— nehmen, ſondern ſich einer uͤbel angebrachten Verſchämtheit der Kranken fügten. Dr. F. wurde zu einer 70jaͤhrigen Frau gerufen, welche, nach ihrer Angabe, ſeit Jahren an Harngries und heftigen, draͤngenden Schmerzen litt und uͤber eine Geſchwulſt vor den Ge— ſchlechtstheilen klagte. Nachdem die Kranke mit einiger Schwie— rigkeit eine Unterſuchung zugelaſſen hatte, fand ſich eine ſchmerz— hafte Geſchwulſt von der Groͤße eines neugebornen Kindes; dabei war heftiger Drang zum Uriniren vorhanden, wobei jedesmal die Geſchwulſt mehr anſchwoll und ſich entzuͤndete. Die Einfuͤhrung des Catheters gelang nicht, bis durch Umſchlaͤge und Opium die Empfindlichkeit gemindert war. Sobald eine Quantität Urin durch den Catheter abgelaſſen war, ließ ſich die Geſchwulſt zuruͤckbrin— gen, worauf die Zufälle beſeitigt waren. Dr. F. hält die Ges ſchwulſt für eine inversio uteri. (Wahrſcheinlicher iſt es nach der Beſchreibung ein prolapsus uteri in Folge einer ſogenannten cy- stocele vaginalis, woruͤbher meine chirurgiſchen Kupfertafeln Heft 82. Taf. 407. zu vergleichen ſind, wo ich bei Fig. 4. ebenfalls einen prolapsus abgebildet habe, bei dem der Muttermund verwach— ſen war, wie es bei laͤnger dauernder Reizung eines Vorfalles leicht kommen kann. R. F.) Ueber die Contagioſität der Peſt find von Herrn Aubert Verſuche angeſtellt worden, welche ſehr entſcheidend er— ſcheinen, indem zu Cairo unter andern das Experiment gemacht wurde, 4 zum Tode Verurtheilten die Peſt einzuimpfen, worauf alle vier von der Krankheit noch vor dem fuͤnften Tage befallen wa— ven. (De la peste ou typhus d' Orient). Nekrolog. — Der verdiente Braunſchweigiſche Ober— ſtaabsarzt Dr. Pockels iſt am 9. December geſtorben. Bibliographische Neuigkeiten. Esperienze sulla esistenza et le leggi delle correnti elettro-fisio- logiche negli animali a sangue caldo; eseguite dai Professori Francesco Puceinotli e Luigi Pacinotti nel gabinetto fisico dell Universita di Pisa nei mesi di Giugno e Luglio del 1839. Pisa 1839. 8 Esperienze intorno alle correnti elettro-fisiologiche negli animali a sangue caldo; del Dottore Leovigildo Paolo Fario e del Pro- fessore Francesco Zantedeschi. (Memoria in dem III. Bande des Memoriale della medicina contemporanea. Venezia 1840. 8.) Practical Treatise on the bilious remitting fevers, By Dr. W. Arnold. London 1340. 8. y 8 2 Du strabisme. Par le Docteur Ch. Phillips (de Liege). Paris 1840. 8. — — — — Ueue Notizen a u 8 dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſammelt und mitgetheilt von dem Ober Medielnalratbe Fror er ju Meimar unt dem Medtenatraide und Prefeſſer Freriep ju Berlin, NV. 349. (Nr. 19. des XVI. Bandes.) December 1840. Gedruckt im Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthlr. oder 3 Fl. 36 Kr., Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Walt u r Neue Beobachtungen uͤber den Farbeſtoff des rothen Schnees. Von R. J. Shuttleworth. Hierzu die Figg. 10 —3 0 der mit Nr. 331. [Nr. 1 b. XVI. Bes.] d. Bl. ausgegebenen Tafel. (Fortſetzung.) Unger konnte den Farbeſtoff nur erſt den zweiten Tag nach ſeiner Ruͤckkehr in ſeine Wohnung unter dem Mikroſcope unterſuchen, und mit Huͤlfe einer Vergroͤßerung von 300 Durchmeſſern beobachtete er Kuͤgelchen von 2 Li— nien ſcheinbarem Durchmeſſer. Sie waren in großer Zahl in einer durchſichtigen Gallerte enthalten. Er erkannte ſie für den Protococeus nivalis, Ag., bemerkte keine Be: wegung, wohl aber, daß fie fic mit jedem Tage mehr und mehr entfaͤrbten und endlich gaͤnzlich ihre rothe Farbe ver— loren. Aus dieſen Beobachtungen folgert er, daß die Stuͤr— me und Gewitter, welche in den hohen Alpen ſo gewoͤhn— lich ſind, vegetabiliſche Erde und andere organiſche Stoffe auf die unteren Gletſcher bringen, daß dieſe Ueberreſte, wenn ſie einer modificirten Zerſetzung unterliegen, einer fernerwei— ten Organiſation eine gleichfoͤrmige Gallerte als Matrix lie— fern, und daß dieſe Organiſation ſich unter der Form der einfachſten vegetabiliſchen Subſtanz, d. h. unter derjenigen von Kuͤgelchen des Protococcus, darbietet. (Flora oder Bot. Zeit. 1830 Bd. 2. S. 772.) Die Abhandlung Unger's iſt nicht ganz klar, denn er beſchreibt die Schneeſchicht, als habe ſie 17 bis 18 Quadrat klaftern Maͤchtigkeit. Wenn ich mich nicht irre, wird dieſer rein techniſche Ausdruck nur von Geologen und zwar in der Sprache des Bergbaues angewendet, um damit die Dicke der Schichten zu bezeichnen; folglich kann man nicht von Quadrat klaftern ſprechen. Unger ſcheint auch die Schichten des alten Schnees nicht von den wirkli— chen Gletſchern zu unterſcheiden. In demſelben Jahre (1830) gab Hug i eine Beſchreibung des rothen Schnees und der No. 1449, K and e. Unterſuchungen über feine Natur und feine Entwickelung, fo zu ſagen ab ovo, heraus. Wenn man ſeine Beſchreibung lieſ't, weiß man nicht, woruͤber man am meiſten erſtaunen ſoll, uͤber die Kuͤhnheit, oder uͤber die Fruchtbarkeit ſeiner Phantaſie, denn ſie enthaͤlt ſo viel Unmoͤglichkeiten als Zei— len. Um einen Begriff davon zu geben, muͤßte ich ſeine ganze Beſchreibung wiederholen, weßhalb ich es vorziehe, den Lofer auf's Werk ſelbſt zu verweiſen, wo er außerdem noch die Beſchreibung eines anderen vegetabiliſchen Erzeugniſſes der Gletſcher finden wird, die eben ſo wunderbar, als un— wahrſcheinlich if. (Hugi naturhiſtoriſche Alpenreiſe, S. 372.) Zwiſchen den Jahren 1828 und 1838 gab Agardh eine Abbildung des Protococcus nivalis und wiederholte einen Theil der Figuren Bauer's. Dem ſchon Bekann— ten fuͤgte er nichts Neues hinzu, trennte aber davon die Schottiſche, von Greville abgebildete und beſchriebene, Pflanze, von welcher er eine Abbildung leine Copie der Greville' ſchen) unter dem Namen von Haematococcus Grevillii nebſt der Beſchreibung und der Abbildung zwei anderer Arten derſelben Gattung lieferte. Er bezeichnete die Gattung Protococcus als zuſammengeſetzt aus ein: fachen gefärbten Blaͤschen, und die Gattung Hae- matococcus als zuſammengeſetzt aus Kuͤgelchen, die mit noch kleineren Körnchen gefüllt find. (Ag. icon. Alg. Europ. tab. et no. XXI., et seq.) Als endlich Harvey im Jahre 1830 ein Exemplar des rothen Schnees, welches er von Agardh erhalten hatte, mit der Schottiſchen Pflanze verglich, ſo vereinigte er fie von Neuem unter dem Namen Protococcus nivalis. indem er immer die Gegenwart einer gallertartigen Matrix (von welcher Agardh nichts wußte) als weſent⸗ lichen Character der Gattung Protococcus betrachtete und die Gattung Haematococcus für andere Arten auffparte, denen diefe Gallerte mangelte. Beide Gattungen hatten als gemeinſchaftlichen ir“ Kuͤgelchen mit 291 Körnchen angefüllt. Hooker: Brit. Flora, vol. II., part I p. 394.) Als ich mich den 25. Auguſt des Jihres 1839 auf dem Hospitium des Grimſel befand, erfuhr ich, daß einige Schichten Schnee in der Nachbarſchaft des Hospitiums ſich roth zu faͤrben anfingen. Es war einige Tage hindurch ſehr ſchlechtes Wetter geweſen, ja es war ſogar eine große Menge Schnee gefallen, der indeſſen der Einwirkung einer mildern Temperatur und warmer Regenguͤſſe zu weichen begann. Den 2zften war Thauwetter und Nebel geweſen, und den 25ſten war der Himmel heiter, die Temperatur angenehm und in der Sonne ſelbſt warm; der wehende ſchwache Wind war nicht kalt. Ich beeilte mich alſo, in Begleitung mei— nes Freundes, des Dr. Schmidt und der Herren Muͤh— lenbeck, Schimper, Bruch und Blind, ausgezeich⸗ neter Elſaſſer Naturforſcher, deren Ankunft auf dem Grim— ſel gerade an dieſem Tage mich angenehm uͤberraſcht hatte, mich an die angezeigten Orte zu begeben. An Orten, wo der Schnee niemals gaͤnzlich ſchmilzt, fanden wir die Schichten, wo der rothe Schnee ſich zu bil— den begann. Dieſe Schichten waren wenig geneigt, und ihre Expoſition war gegen Oſt und Nordoſt; ihre Oberflaͤche war mehr oder weniger mit kleinen Ecdtheilchen uͤberſaͤet, wodurch fie das grauliche, ſchmuzige Anſehen erhielten, wel— ches immer der alte Schnee in mittleren Hoͤhen und in den Lagen darbietet, wo er von höherem Terrain beherrſcht wird. Die Oberflaͤche war ſogar gefurcht und ein Wenig ausge— hoͤhlt durch die Wirkung des Windes und den Abzug des Waſſers, welches durch das partielle Aufthauen der Ober— flaͤche erzeugt worden war. Dieſes Au'thauen wird durch die große Waͤrmeabſorption von Seiten der Erdtheilchen auf eine merkwuͤrdige Weiſe Legünftigt. Hie und da be— merkte man roſenrothe oder ſehr blaſſe blutrothe Flecke von unbeſtimmter Form und Größe, hauptſaͤchlich deutlicher in den Furchen und auf dem Boden der Aushoͤhlungen. Da die Beſchaffenheit des alten Schnees immer mehr oder we— niger eine grobkoͤrnige iſt, ſo war der Farbeſtoff in den Zwiſchenraͤumen der Koͤrner enthalten, wodurch die Ober— flaͤche, in der Nähe betrachtet, ein marmorirtes Anſehen er: hielt. Die gefaͤrbten Flecke erſtreckten ſich unter die Ober— flaͤche des Schnees bis auf eine Tiefe von einigen Zollen, haͤufig ſogar bis faſt auf die Tiefe eines Fußes. Manch— mal war die Farbe deutlicher an der Oberflaͤche; aber ein anderes Mal war ihre Intenſitaͤt ſtaͤrker in der Tiefe einiger Zolle. Da, wo Felſen oder Steine Schachte im Schnee gebildet hatten, waren die ſenkrechten Seiten dieſer Schachte auch bis auf eine Tiefe von mehreren Fußen gefaͤrbt; aber der Farbeſtoff drang nur bis auf eine ſehr geringe Tiefe in die Subſtanz des Schnees, der um deſto feſter wurde, je weiter er von der Oberflaͤche entfernt war. Eine hinlaͤngliche Quantitaͤt des ſo gefaͤrbten Schnees war geſammelt und in irdenen Gefaͤßen hingeſtellt worden, um aufzuthauen, und ich erwartete mit Ungeduld den Au— genblick, wo ich ihn unter dem Mikroſcope wuͤrde unterſu— chen koͤnnen. So wie der Schnee ſchmolz, ſetzte ſich der Farbeſtoff allmaͤlig an die Seiten und auf den Boden der 292 Gefaͤße, in Geſtalt eines dunkelrothen Pulvers, was die Ge— genwart einer gallertartigen Subſtanz ſchon unwahrſcheinlich machte; und nachdem der Schnee nach zwei oder drei Stun— den zum Theil geſchmolzen war, brachte ich einen Theil da⸗ von unter ein Mekroſcop, welches mir Vergr ßerungen von 300 Durchmeſſern gab. Da ich nur lebloſe Kuͤgelchen von Protococeus hier zu ſehen erwartete, ſo wir ich ſehr erſtaunt, als ich fand, daß das Pulver aus organiſicten Körpern von verſchiedenen Formen und Beſchaffenbeiten zuſammengeſetzt fen, von des nen ein Theil Vegetabilien waren, der groͤßte Theil aber, mit den lebhafteſten Bewegungen begabt, dem Thierreiche anger hoͤrte. Die Farbe des groͤßten Theiles von ihnen war ein lebhaftes Roth, bald in's Blutroth, bald in's Carmoiſin— roth fpielend, oder in briunliches, ſehr dunkles und fait undurchſichtiges Roth. Aber außer dieſen gefärbten Koͤr⸗ pern gab es noch andere, die gleichfalls organiſirt, farblos oder graulich waren und von denen die groͤßten offenbar animaliſcher Natur waren, aber in ſo geringer Zahl bemerkt wurden, daß ich ihre Gegenwart für zufällig halte, waͤh— rend eine unbegraͤnzte Zahl ſehr kleiner ſphaͤri ber, farblos fer Körper von offenbar vegetabilifcher Natur vorhanden war, die alle, nicht von den andern eingenommenen Raͤu— me ausfuͤllten. Fig. 1 der beiliegenden Tafel zeigt eine Portion Farbeſtoff, wie er ſich unter dem Mikroſcope dar: geſtellt hat. Da die Infuſionsthiere an Zahl die Algen bei wei— tem uͤbertrafen, ſo will ich bei ihnen die Beſchreibung der Organismen beginnen, welche den rothen Schnee bilden. 1) Die auffallendften Korper, welche durch ihre große Zahl und ihre dunkele Farbe groͤßtentheils die rothe Farbe des Schnees erzeugten, waren kleine Infuſionsthiere von ovaler Form, roͤthlichbrauner, ſehr dunkler Farbe und faſt undurchſichtig. Mit dem Mikrometer gemeſſen, betrug ihr größter Durchmeſſer ungefähr 2 Millimeter und ihr klein⸗ ſter ungefaͤhr „I; Millimeter Fig. 13.). Sie durchſetzten das Sehfeld mit einer erſtaunlichen Geſchwindigkeit und in allen Richtungen. Obgleich die groͤßte Zahl vollkommen oval, mit abgerundeten Enden war, ſo gab es doch auch Infuſionsthiere von birnfoͤrmiger Geſtalt, bei welchen naͤm— lich das eine Ende abgerundet und ‚lumpf, dagegen das ans dere in eine duͤnne Spitze zulaufend und dem Anſehen nach ſchraͤg abgeſtumpft war. Die erſteren hatten eine horizontal fortſchreitende Bewegung, waͤhrend die anderen, haͤufig in der Mitte ihres Laufes anhaltend, ſich raſch einen Augenblick lang auf ihrem ſpitzen Ende drehten, ohne ihre Stelle zu veraͤndern. Bei einigen Infuſionsthieren von ovaler Form beobachtete ich gegen das eine Ende, oder gegen den Mittelpunct hin, zwei kleine, ovale, roͤthliche und faſt durch— ſichtige Stellen, die ich, nach Ehrenberg, für Maͤgen ane ſah. Ich konnte kein anderes Zeichen der Organiſation uns terſcheiden, und als ich nach Hauſe zuruͤckgekehrt war, wo ich Ehrenberg's Werk uͤber die Infuſionsthiere zu Rathe ziehen konnte, ſtand ich nicht im Geringſten an, ſie als eine noch nicht beſchriebene Art der Gattung Astasia Eh- renb. zu betrachten, fuͤr welche ich den ſpecifiſchen Namen 293 Astasia nivalis vorſchlage. (Man vergleiche Ehren: berg's Werk uͤder die Infuſionsthiere S. 101. Taf. VII. Fig. 1.) 2) Unter dieſen Infuſionsthieren gab es, aber in ſehr kleiner Zahl, viel größere Körper von runder oder ovaler Geſtalt, ſchoͤner, blutrother, in's Carmoiſinrothe ſpielender Farbe, ziemlich durchſichtig und mit einem farbloſen Rande oder Membran umgeben. Ihre Dimenſion varlirte von 1 dis % Millimeter (Fig. 14.) Obgleich ich keine Bewegung oder Spur einer innern Organiſatien habe beobachten koͤnnen, ſo zweifle ich doch nicht, daß es Infuſionsthiere ſind, und ich betrachte ſie als eine neue Art der Familie der Kugelthiere (Volvo— eiens) und der Gattung Gyges von Bory und Ehren⸗ berg (vergleiche Ehrenberg’s Werk. S. 51. Taf. II. Fig. 41.), welcher ich den Namen Gyges sanguineus gebe. Ich bin geneigt zu glauben, daß Greville Ähnliche Infuſionsthiere und vielleicht dieſelbe Art unterſucht hat. Er hat fie abgebildet I. e. Taf. 231. Fig. 8. und Fig. 5. und o zum Theil. Wenn ich die Stelle richtig verſtehe, wo Decandolle den rothen Schnee beſchreibt, den ihm der Canonicus Barras vom St. Bernhardsberge ſendet, fo ſcheint dirfer deruͤhmte Naturforſcher dieſe Thiere eben— falls beobachtet zu haben; und dieſelbe Form findet ſich of— fenbar in einer colorirten Zeichnung wieder, welche Dr. Schmidt im Jahre 1827 auf dem Grimſel gemacht hat. 3) Es fanden ſich auch in geringer Zahl andere weit kleinere Koͤrper, die vollkommen ſphaͤriſch waren und eine ſchoͤne blutrothe Farbe, obgleich wenig Durchſichtigkeit hat— ten. In gewiſſen Lagen betrachtet, doten ſie an dem einen Rande eine kleine Spalte, oder ſehr enge Oeffnung dar. Ihr Durchmeſſer betrug ungefähr 7 Millimeter. Sie hatten eine in Kreiſen fortſchreitende Bewegung, waͤhrend welcher fie ſich zu gleicher Zeit um ihre Axe drehten (Fig. 15). Ich weiß nicht, in welche von Ehrenberg aufge— ftellte Gattung der Infuſionsthiere ich dieſes Thier bringen fol. Nach den Beſchreibungen mehrerer Naturforſcher, wel— che den Kuͤgelchen des Protococeus nivalis ſehr verſchie— dene Dimenſionen geben, und nach der ſchon erwaͤhnten Zeichnung des Dr. Schmidt zweifele ich nicht, daß man dieſen Organismus für kleine Kuͤgelchen des Protococeus gehalten hat. 4) Unter den andern Infuſionsthieren habe ich, wie wohl ſehr ſelten, vollkommen ſphaͤriſche Koͤrper von ſehr dunkler, carmoiſinrother Farbe, etwas durchſichtig an ihren Raͤndern und umgeben von einer farbloſen Membran, deob— achtet. An einer beſtimmten Stelle gegen den Rand hin bot die faͤrbende Maſſe eine durchſichtige und faſt farbloſe Oeffnung in Geſtalt eines Halbmondes dar, der mit dem haͤutigen Rande in Verbindung ſtand. Der Durchmeſſer dieſer Infuſionsthiere betrug ungefaͤhr 1 Millimeter (Fig. 16.). Ich habe an ihnen keine. Bewegung bemerkt und weiß nicht, unter welche Gattung ich ſie bringen ſoll, ob— 294 ſchon fie, gleich den vorhergehenden, wahrſcheinlich zur Gruppe der Kugelthierchen (Volvociens) gehören. Außer dieſen Infuſionsthieren, welche dazu beitrugen, den Schnee roth zu färben, gab es auch noch einige andere farblofe oder grauliche. Da ich fie nur ſehr ſelten geſehen habe, fo iſt es moͤglich, daß fie ſich zufällig unter den an— dern befanden. 5. Ein Infuſionsthier von ovaler Form, farblos und durchſichtig, weiches gegen das eine Ende hin eine koͤrnige Maſſe einſchloß. Sein größter Darchmeſſer war ungefähr 1 Millimeter; der kleinſte ungefahr 1 Millimeter (Fi⸗ gur 17). 6. Einige k einere ſphaͤriſche oder ein wenig ovale farbloſe, an ihrem Rande ducchſichtige Körper, welche eben— falls eine grauliche, undeutlich koͤrnige Maſſe enthielten und ungefähr einen Durchmeſſer von „45 Millimeter beſa⸗ ßen (Figur 18.). Dieſe Form hat hauptſaͤchlich Aehnlich⸗ keit mit der Pandorina hyalina Ehrenderg's (J. e. ©. 54. Taf. II. Fig. 34). 7. Endlich habe ich ein einziges farbloſes und durch— ſichtiges Individuum beobachtet, welches cffenbar aus zwei ſphaͤriſchen, zuſammengeklebten Kuͤgelchen, ohne irgend eine Spur von Inhalt, oder irgend einer Organiſation, beſtand. Der Durchmeſſer eines der Kuͤgelchen konnte ungefaͤhr hoͤch— ſtens b Millimeter betragen (Fig. 19) Es wäre nicht unmoͤglich, daß dieſe Form zur Monas gliscens Ehren: berg's gerechnet werden muͤßte (J. e. S. 13. Taf. J. Fig. 14). In dieſen drei farbloſen Infuſionsthieren kann ich nicht behaupten, Bewegung bemerkt zu haben. Nachdem ich, ſo gut ich es vermochte, die Orga— nismen beſchrieben habe, die ich glaube zum Tbierreiche rec nen zu muͤſſen, bleibt mir noch übrig, die eigentliche Alge des rothen Schnees und eine andere farblofe zu de— ſchreiben, die ſich an vielen andern Orten vorfindet und, wie ich glaube, zu vielen Jirthuͤmern in den Beſchreibun⸗ gen des Protococcus nivalis Veranlaſſung gegeben hat. 8. Ich habe in kleiner Anzahl, jedoch immer, fphäs riſche Kuͤgelchen von blutrother, ziemlich glaͤnzender Farbe beobachtet, die offenbar mit einer koͤrnigen Maſſe gefüllt waren und folglich eine unvollkommene Durchſich tigkeit de⸗ ſaßen. Sie hatten alle ſo ziemlich dieſelden Dimenſionen, indem ihr Durchmeſſer 3 bis 3 Millimeter betrug (Fig. 11. a.). Ich habe an ihnen weder eine gallertartige Ma⸗ trix, noch einen haͤutigen Rand, noch irgend eine Bewegung beobachtet; wenn man fie zerdruͤckte, fo ließen fie ibren Farbeſtoff in Geſtalt unendlich kleiner und fehr zahlteicher Körnchen entweichen, und es blieb nur die zerriffene und farbloſe Membran uͤbrig. Die naͤmliche Wirkung wurde hervorgebracht durch die Verdunſtung des Waſſers unter dem Mikroſcope (Fig. 11. b.). Dieſes war der Protococ- cus nivalis Agardh's. Diefer Naturforfber hatte nicht die innern Koͤrnchen gefeben, weil er zu ſtarke Ver⸗ größerungen angewendet hatte. (Schluß folgt.) 19* 295 Miscellen. Ein Exemplar des Vogels Guacharo wurde am 15. December der Geſellſchaft naturforſchender Freunde, in Berlin, vorgelegt, der, da die Sammlungen des erſten Entdeckers, Herrn v. Humboldt, durch Schiffbruch verloren gegangen ſind, bisjetzt noch nicht in den Europäifhen Muſeen geſehen worden und daher, von Seiten ſeiner Stellung im Syſteme, zweifelhaft geblieben war. Er lebt in den tiefen Tropfſteinhoͤhlen von Caripe, aus welchen er nur bei Nacht hervorkommt, um Nahrung fur ſich und ſeine Jungen zu ſuchen, die von den Saamen der dortigen Waldbaͤume ſo fett werden, daß man ſie mit Stangen aus den Neſtern in den Felſenſpalten herunterſtoͤbert, um eine Art von Butter daraus zu ſchmelzen, die ſehr wohlſchmeckend iſt und nicht leicht ranzig wird. 296 Außer dem vorgezeigten find mehrere Exemplare in Weingeiſt, ein Ei, eins von den ſehr merkwuͤrdig gebauten Neſtern und ſechs verſchiedene Arten jener Saamen, in welchen die anweſenden Bo— taniker Fruͤchte von Palmen erkannten, von Herrn L'Herminier in Guadeloupe an Herrn v. Humboldt uͤberſandt worden, der ſie den Königlichen Sammlungen geſchenkt hat. In Beziehung auf das von Herrn v. Humboldt entworfene große Syſtem magnetiſcher Beobachtun— gen, welche gegenwartig in allen Erdtheilen angeſtellt werden, hat die American Academy of Arts and Sciences beſchloſſen, cbens falls dazu mitzuwirken und 1,000 Dollars für den Ankauf der noͤthigen Inſtrumente verwilligt. Necrolog. — Der Profeſſor der Botanik ꝛc. zu Wuͤrz⸗ burg, Hofrath Pr. Heller, iſt am 20. December geſtorben. Kii en n Due. Ueber die Unſchaͤdlichkeit der Verunreinigung des Flußwaſſers und der Luft durch die Cloaken groͤ— ßerer Staͤdte. Von Dr. Albert Magnus. Der Verfaſſer hat den erwähnten Gegenſtand in Bezug auf Berlin erörtert und damit das Reſultat für alle übrigen großen Städte gewonnen. 1) Wird das Spreewaſſer, dadurch, daß ſümmtliche Abgaͤnge und Unreinlichkeiten Berlin's ſchließlich in daffelbe gelangen, bei'm Gebrauche ſchädlich oder nicht? Die Abgänge gelangen entweder direct in das Flußwaſſer, aus den an der Spree liegenden Fabriken und Haͤuſern, oder indirect durch die Rinnſteine und Cloaken. Durch die Strompolizei wird verhindert, daß feſte Subſtanzen in die Spree, durch die Straßen— polizei, daß dieſelben in die Rinnſteine und Cloaken geworfen wer— den. Nur ein Theil der Faͤcalmaſſen kommt in die Spree; es blei— ben als Gegenſtand der Unterſuchung alſo hauptſachlich nur die flüffigen Abfaͤlle aller Art, weil nur dieſe ſchließlich in die Spree gelangen. a. Abgaͤnge, welche direct in's Waſſer kommen. um zu beurtheilen, in wiefern durch dieſe fluͤſſigen Abgaͤnge das Spreewaſſer ſchaͤdlich werde, wäre zu ermitteln, welche ſchaͤdlichen Stoffe und in welcher Quantitat ſie jene Abgaͤnge enthalten. Dieſe Ermittelung iſt nicht moͤglich, weil uͤber den Verbrauch der rohen Materialien in den einzelnen Fabriken nichts Genaues zu erfahren iſt und man überdieß nicht beſtimmen kann, wie viel davon in die Abgaͤnge koͤmmt. Es wird aber genuͤgen, die Unterſuchung auf ei— nige (die an ſich ſchaͤdlichſten) Stoffe zu beſchränken und das Re: ſultat vergleichsweiſe auf die uͤbrigen Stoffe auszudehnen. Von Faͤrbereien und Druckereien werden die ſchaͤdlichſten Stoffe zugleich in groͤßter Menge angewendet; ſollten daher die von ihnen in die Spree gelangenden Abfälle einen Nachtheil nicht begruͤnden koͤnnen, fo wird daſſelbe für alle übrigen, geringere Mengen ſchaͤd⸗ licher Stoffe anwendenden, Fabricationen erwieſen ſeyn. Eine ge— naue quantitative Angabe uͤber die Abgaͤnge iſt nicht zu erlangen, da kein Fabrikbeſitzer dieſelben beachtet. Da es hier aber beſonders darauf ankommt, die ſchädlichen Stoffe in den Abgaͤngen nicht zu gering anzunehmen, ſo wird es am beſten ſeyn, in den Abgaͤngen die ganze Quantität ſchaͤdlicher Stoffe zu ſupponiren, welche über: haupt zur Fabrication benutzt worden ſind; iſt ſelbſt dieſe Quanti⸗ tät nicht im Stande, nachtheilig zu wirken, fo wird die Unſchaͤdlich⸗ keit der Abgaͤnge um ſo ſicherer feſtgeſtellt ſeyn. Die Farbeſtoffe ſelbſt enthalten nichts für die Geſundheit Nachtheiliges, ebenſo we— nig die in den Faͤrbereien angewendeten alkaliſchen und Erdſalze, wie Alaun Weinſtein u. dgl.; Arſenik wird außerordentlich fetten angewendet; außer dieſem iſt nur von den Metallſalzen (3. B., Kupfer⸗ und Eiſenvitriol) und von den mineraliſchen Saͤuren et— was zu befuͤrchten. Auch in den Druckereien werden zwar einige dieſer Mittel ſowohl zum Faͤrben, als zum Beizen angewendet; von den aufgefaͤrbten und aufgebeizten Mitteln kommt aber nur ſo viel in die Spree, als bei'm Spuͤlen der Zeuge von dieſen losgeht, d. h., eine fo geringe Quantität, daß fie ſich nicht einmal annähre rungsweiſe beſtimmen läßt. Es find alfo nur die eigentlichen Faͤr— bereien zu betrachten. Eine der bedeutendſten Wollfaͤrbereien zu Berlin verbrauchte in der ſtaͤrkſten Zeit jahrlich etwa 100 Centner Kupfer: und Eiſenvitriol, 14 Centner Schwefelſaͤure; eine andere Färberei verbrauchte 100 Centner Salpeter- und Salzſaͤure. Ob— wohl nun dieſe Subſtanzen bei'm Färben groͤßtentheils chemiſch ge— bunden und in Waſſer unlöslich gemacht werden (z. B., die Bir triolſalze bei'm Schwarzfärben mit Gerbeftoff verbunden), fo wol— len wir doch bei der Verbrauchsquantitaͤt bleiben und annehmen, daß alle Berliner Faͤrbereien eine gleiche Quantitaͤt verbrauchen, was ebenfalls zu hoch iſt. Es exiſtiren in Berlin 80 Faͤrbereien; von dieſen würden, nach obiger Annahme, jahrlich 80 Mal jene Quantitaͤten in die Spree gelangen, alfo: an Kupfer = 4000 Centner — Eiſen⸗ Vitriol . . ; . ; 0 d 4000 — — Salpeter = 8 - 7 4000 — — Salz ⸗ Säuee e All 4000 — — rauchende Schwefelſaͤure . 9 . { 1120 Das heißt für einen Tag berechnet: Kupfer = a 3 = 5 etwa 11 — Eiſen⸗ Vitriol b ° . . 11 — Salpeter s 2 8 S . 11 — Salz ⸗ Säure . . 0 A 9 — Rauchende Schwefelſaͤure . 3 == Es iſt nun zu beſtimmen, wie groß die Waſſermenge der Spree innerhalb 24 Stunden iſt. Nach dem Berichte des Koͤnigli hen Obermuͤhlen- und Bauinſpectors Schwan gehen durch einen Durchs ſchnitt der Spree bei kleinem Waſſerſtande in der Secunde 576 Cub. Fuß; bei ſehr hohem Waſſerſtande 31 Mal mehr, naͤmlich in der Secunde 2016 Cub. Fuß; bei mittlerem Waſſerſtande alſo 1296 Cub. Fuß; nehmen wir aber, um die Waſſermenge nicht zu hoch anzuſchlagen, nur den niedrigſten Waſſerſtand an, ſo erhalten wir Waſſermenge der Spree per Secunde 576 Cub. Fuß per Stunde 2,073,600 — per Tag 49,766,400 — Ein Cub. Fuß Waſſer wiegt 66 Pfund buͤrg. Gewicht; mithin betraͤgt die Waſſermenge der Spree pro Tag 5 3, 284,582,400 Pfund buͤrg. Gew. oder — — 5 . 29,859,840 Centner. Die taͤgliche Waſſermenge uͤberſteigt die Quantitaͤten der eben genannten 4 erſten ſchaͤdlichen Stoffe um mehr ais 2,000,000 Mal, die Quantität rauchender Schwefelſaͤure um mehr als 8 Millionen Mal, oder die Zuſammenſetzung des Spreewaſſers wuͤrde ſich fol— gendermaßen ausdruͤcken laſſen: Es iſt enthalten: Kupfervitriol gej; Eiſenvitriol gr); Salpeterſaͤure grj; Salze ſaͤure gr. j; rauchende Schwefelſaͤure 1 gr.; in Waſſer 5184 Pfund. An eine Wirkſamkeit jener ſchaͤdlichen Subſtanzen bei ſo gro— ßer Verdünnung iſt nicht zu denken; um fo weniger, als die Bei. miſchung ſchaͤdlicher Subſtanzen durch die Abgaͤnge in der Berech— nung bei weitem unguͤnſtiger geſtellt iſt, als ſie in der Wirklichkeit ſeyn kann. Schaͤdliche Subſtanzen kommen, außer den genannten, in Faͤrbereien nicht vor; Arſenik wurde fruͤher angewendet, was 297 jetzt gar nicht mehr geſchieht. Sollte dieß aber auch geſchehen, fo wurde es, nach ſachkundigem Urtheile, in der Faͤrberei nie auch nur den hundertſten Theil davon erreichen, was an Eiſen- und Kupfervitriol verbraucht wird; es würde fi alſo das Miſchungs— verhaltniß des Spreewaſſers mit dem Arſenik noch vielmehr als 100fach größer berausſtellen, als bei jenen Vitriolſalzen, mithin das Verhältniß von 200,000,000: 1 noch weit überfteigen. Wer möchte bei dieſem Verhaͤltniſſe noch an mögliche Gefahr denken? Es ergiebt ſich alſo, daß durch die Abfälle der Faͤrbereien und Druckereien Berlin's das Waſſer der Spree in keiner Weiſe für die Geſundheit nachtheilig werde. Damit iſt aber daſſelbe Reſultat auch für die übrigen Fabri— cationen erwieſenz denn aus den Fabriken von Scheidewaſſer und Schwefelſaͤure giebt es gar keine fluͤſſigen Abfälle; bei den Beine ſchwarzfabriken könnte hoͤchſtens etwas Oleum animale foetidum in die Spree geführt werden, wogegen polizeiliche Maaßregeln exi— ſtiren. Die Quantitat der ſogenannten Aetzwaſſer bei Metallfabri— cationen der Goldarbeiter, Bronccure, Gurtler ꝛc. iſt To gering, daß fie keiner Erwähnung bedürfen. Von Gärbereien, Saffianfa— briken, Leim und Seifenſiedereien, von Fabriken von Lichten, Stärke, Staͤrkezucker und Taback exiſtiren keine fluͤſſigen Abfälle, Aus den Wollſpinnereien und Tuchfabriken kommen, außer unſchaͤd— lichen Farbmateriatien, nur die Waſchwaſſer der Wolle in den Fluß, welche in aͤußerſt geringer Menge ein unſchaͤdliches Liniment aus dem Fette der Wolle und Urin enthalten. Ein Aehnliches liefern die Walkmüͤhlen, welche auch eine hoͤchſt verdunnte Seifenaufloͤſung geben. Die Abfälle der Oelraffinerien, fo wie das ammoniacaliſche Waſſer und der Theer aus den Gasfabriken ſind unſchadlich, dur: fen aber polizeilich wegen der dadurch bewirkten Verunreinigung nicht in die Spree abgelaſſen werden. Aus den chemiſchen Blei— chen für Zeuge und Papier (wobei Chlorkalk mit einer ſehr ver— dünnten Schwefelſaͤure zerſetzt wird), kommt eine fo verduͤnnte Chlorwaſſerſtoffſaͤure aus den Bleichbuͤtten, daß dieſe Abgänge ges wiß ohne weitere Nachtheile genoſſen werden koͤnnen. Es ergiebt ſich mithin, daß die fluͤſſigen Abgaͤnge ſämmtlicher Fabriken und Manufactur ren, welche in Berlin an der Spree liegen, in das Waſſer derſelben geſchuͤttet werden können, ohne demſelben eine für die Geſundheit nachtheilige Einwirkung bei'm Gebrauche mitzutheilen. Gegen dieſe Berechnung mit Durchſchnittsquantitäten koͤnnte man anführen, daß die Färber nicht an jedem Tage auf gleiche Weiſe färben, fo daß bisweilen lange keig ſchaͤdlicher Stoff in die Spree gelange, an einem Tage dagegen eine ungewoͤhnlich große Menge dahinfließe. Dieſer Einwurf iſt ſchon dadurch beſeitigt, daß die Berechnung nicht für eine, ſondern fuͤr mehr als 80 Fabriken gilt, wodurch nothwendig eine Vertbeilung der Abfluͤſſe auf ver— ſchiedene Tage vorkommen muß. Wollte man zweitens den Eins wurf machen, daß die Beimiſchung nur waͤhrend der Arbeitszeit der Fabriken geſchicht, alſo die Abfälle nur mit dem Waſſer ger miſcht werden, welches in 12 Stunden, nicht in 24 Stunden durch- fließt, fo würde dagegen zu erwidern ſeyn, daß über die Zeit der Abfluͤſſe nichts bekannt iſt, daß bei der Ungleichheit des Laufs und der Tiefe der Spree, jedenfalls die Miſchung langſam und wahr— ſcheinlich ſpaͤter als in 24 Stunden zu Stande koͤmmt und daß ſelbſt, wenn man das Ergebniß der obigen Berechnung auf 12 Stun⸗ den reducirt, alſo halbirt, dennoch das Spreewaſſer keine Schäds lichkeit für die Geſundheit haben würde. Man könnte aber auch noch das Bedenken haben, daß, wenn Spreewaſſer unmittelbar unter einer Einflußſtelle ſchaͤdlicher Abs gaͤnge geſchoͤpft werde, wo alſo ſchaͤdliche Subſtanzen, z. B., Ars ſenik in größerer Quantität vorhanden ſeyn koͤnnten, dieſes gefaͤhr⸗ lich werde. Dieß iſt an und fuͤr ſich unwahrſcheinlich, da Niemand Waſſer ſchoͤpfen wird, wo er daſſelbe durch Farbbruͤben u. dal. vers unreinigt ſiebt; uͤberdieß iſt das Ablaſſen der Karbbrüben nur waͤhrend der Nachtzeit geſtattet; endlich ſpricht die Erfahrung ge⸗ gen dieſe Beſorgniſſe; ſelbſt in der Zeit, wo in den Faͤrbereien der meiſte Arſenik gebraucht wurde, haben die Fiſche im Fiſchkaſten, welche unmittelbar vor der Einflußſtelle der Abfälle der Faͤrberelen (an der Fiſcherbruͤcke) fanden, nicht gelitten, die Fiſcher auch nie: mals Klage darüber geführt, Es bleibt alſo das obige Reſultat in feiner Guͤltigkeie ungeſchmaͤlert. 298 Was die Abgänge, weiche durch die Rinnſteine und Cloaken in die Spree gelangen, betrifft, alſo diejenigen aus allen nicht an der Spree liegenden Fabrik- und Wohnhäuſern, fo ſorgt auch in dies fer Beziehung die Straßenpolizei dafür, daß nur fluſſige Abfälle dahin gelangen, während feſte Abfälle an beſtimmten plätzen depos nirt und weiter verfahren werden. Die von der Spree entfernten Fabriken bilden notoriſch die Minderzahl und ſind die weniger ausgedehnten; ſie werden alſo eben fo wenig, wie die an der Sprer liegenden, eine bedenkliche Verunreinigung des Spreewaſſets bewirken konnen. So lange dieſe fluſſigen Abfalle in den Rinnſteinen ſich befinden, iſt für die Mens ſchen kein Nachtheil daraus zu befürchten; denn es wäre unmoͤg⸗ lich, dieſe Fluſſigkeit zu irgend einem Gebrauche verwenden zu wol⸗ len. Thiere, z. B., Hunde und Katzen, werden in der Regel durch ihren Inſtinct geſichert; es kommen indes Fälle vor, wo Thiere durch Rinnſteinwaſſer vergiftet wurden; z. B., erkrankten, nach dem Prov. Sanitäts Ber. fur Pommern, 1837 auf dem Hofe eines Kupfer⸗ ſchmidts plotzlich 22 Gänſe, von denen am vierten Tage 9, am fünften 11 Stuck ftarben, weil fie durch Verſchlucken einer größern Quantität Feilfpäne eine Magenentzündung bekommen hatten. Dieß geſchah auf dem Hofe, kann aber, ſofern die Beſtimmungen der Straßenpolizei befolgt werden, in den Straßenrinnfteinen nicht vorkommen. Was die Unreinlichkeiten aus ſaͤmmtlichen nicht an der Spree liegenden Haͤuſern anlangt, ſo ſind dieſelben mannichfacher Art, und es müßte, um zu beſtimmen, in wie weit durch dieſelbe das Spreewaſſer ſchaͤdlich werde, oder nicht, für jede Art eine ahnliche Unterſuchung angeſtellt werden, als im erſten Theile dieſer Arbeit über die Fabriken. Da indeß, um derglei⸗ chen Unterſuchungen für die genannten Abgänge und Unreinlichkeiten mit Erfolg anzuſtellen, die Corporation mehrerer Branchen der Adminiſtration ndthig iſt, bisjetzt auch, fo viel bekannt, keine ähnr lichen Unterſuchungen ſpeciell für Berlin vorliegen, um auf denſel— ben weiter zu fußen, fo ſcheint es einfacher, aus den Reſultaten, welche dergleichen Unterſuchungen für andere Städte ergeben haben, durch Vergleichung einen Schluß auf Berlin zu ziehen. Es ſind nämlich in Paris genaue Berechnungen über die Quantitäten einis ger der hierher gebörigen Abgänge, welche der Seine durch die Cloaken (égouts) zugeführt werden, angeſtellt, aus deren Verglei⸗ chung mit der Quantität des Seinewaſſers ſich eine vollkommene Unſchaͤdlichkeit deſſelben, fo weit ſie von dieſen Abfällen abhängen koͤnnte, ergeben hat; es wird daher eine Vergleichung der bekann⸗ ten ſtatiſtiſchen Verhaͤltniſſe beider Städte binreihen, auch die Quantitäten derſelben Abfälle von Berlin und ihren Einfluß auf das Spreewaſſer beurtheilen zu koͤnnen. Da Paris etwa 3 Mal fo viel Einwohner als Berlin und die Seine etwa 3 Mal fo viel Waſſer als die Spree hat, fo könnte man einfach ſchließen, was für Paris gefunden few, gelte für Berlin, Dieſer Schluß wäre indeß vielleicht zu voreilig, indem auf die Ver⸗ ſchiedenheit der Gebräuche beider Städte und darauf nicht Ruͤck⸗ ſicht genommen wäre, daß für Paris nur dle Unſchaͤdlichkeit einiger, nicht aller Abfälle für das Flußwaſſer nachgewieſen iſt. Es ſind alſo die Unreinlichkeiten aus den von der Spree entfernten Häur fern einzeln durchzugehen. Dieſe find: a) Die Abgänge von ſämmtlichen in Berlin geſchlachteten Thieren. b) Eine nicht geringe Quantität Urin. e) Alle Fluͤſſigkeiten, welche in den Haushaltungen weggegoſſen werden, Spülwaffr, Seifenwaſſer und das Waſſer der Badeanſtalten. d) Aller fluſſige Straßenſchmutz. . e) Alle Flufſigkeit, welche durch Regen und Wind von den Bey der Häufer mittelft der Dachrinnen in die Rinnſteine ges fuͤhrt wird. 1 1 Vergleichen wir, in wiefern jede einzelne dieſer Flüſſigkeiten auf das Seinewaſſer wirkt, vergleichen wir die Quantität des Pa⸗ riſer Schmutzes mit dem Berliner, fo wie die Waſſer mengen der Seine und Spree, fo wird ſich ein Reſultat auch für die deutſche Stadt ergeben. Ad 2) Die Abfälle von geſchlachteten Thieren (welche, nach por lizeilicher Vorſorge, nicht krank find) find für die Geſundbeit nicht nachtbeilig; kommen fie aber faulig in den Fluß, fo konnte eine Befuͤrchtung darüber entſtehen. Aus Parent du Chatelet's 299 Unterfuhungen ergiebt ſich, daß animaliſche faulende Ausduͤnſtun⸗ gen die ihnen ausgeſetzten Nahrungsmittel nicht ſchaͤdlich machen, daß dieſe aber (namentlich das Waſſer), ihnen ausgeſetzt, leicht einen uͤbeln Geruch und Geſchmick anneomen, welcher indeß wieder vers ſchwindet, wenn das Waſſer längere Zeit der atmoſphaͤriſchen Luft ausgeſetzt wird, wodurch alſo das Flußwaſſer ſehr raſch gereinigt würde. Die wirkliche Miſchung faulender thieriſchen Stoffe unters ſcheidet ſich jedoch von dieſer Durchdringung mit den Emanationen. Hierüber ſind beſondere Erfahrungen erforderlich. In Paris ge⸗ ſchieht das Schlachten an beſondern Schlachthaͤuſern (abattoirs), von welchen die Abfälle durch unterirdiſche Cloaken in die Seine gefuͤhrt werden; das abattoir Popincourt führt feine Abfaͤlle zur Seine durch den egout Amelot, welcher zugleich alle Fluſſigkeiten der voirie Monfaucon aufnimmt, in welcher jahrlich, außer ſaͤmmtli— chem Kothe von Paris, 10,000 todte Pferde der Faͤulniß uͤberlaſſen werden. Alle fluͤſſigen Abfälle haben, nach dem Berichte einer Com- miſſion zur Verbeſſerung der Räumung der Abtrittsgruben, das Waſſer der Seine ſelbſt in der unmittelbarſten Nıbe der Mündung jenes égout nicht ſchaͤdlich gemacht; nie iſt eine Klage geführt wor: den und wenige Fuße unterhalb der Mündung findet man das Seinewaſſer ſchon wieder vollkommen klar. Daſſelbe gilt für alle übrigen égouts, denn das abattoir Popincourt iſt das bedeutendſte und der égout Amelot nimmt außerdem noch die Abgänge von Mon: faucon auf. Die Summe der in den 5 abattoirs zu Paris geſchlachteten Thieren beträgt mindeſtens 801,660 Stuck. In Berlin wurden im Jahre 1838 auf die Viehmaͤrkte Berlin's zum Verkauf gebracht: Rindvieh . 5 5 23,230 Stuck Schaafe . 174,333 — Schweine = g . 73,240 — Summa. 8 5 270 803 Stuͤck Die Summe des in Paris geſchlachteten Viehs betraͤgt mithin das Dreifache des in Berlin geſchlachteten, wiewohl hier die letzte Summe zu groß angenommen iſt, da ein Theil des auf den Vieh: maͤrkten Berlin's verkauften Viehes nicht daſelbſt geſchlachtet wird. Man wird richtiger das Verhaltnis wie 4: 1 ſtellen; es werden daper in Paris 4 Mal fo viel Abgänge in die Seine, als in Ber— lin in die Spree gelangen. Nach der neueſten Meſſung der Waſ— ſermenge der Seine, beträgt dieſelbe bei niedrigſtem Waſſerſtande per Secunde 2025 Cub Fuß, in der Spree 576 Cub. Fuß. Die Waſſer— menge der Seine betraͤat alſo das Vierfache der Spree. Da nun die Abf ille in Paris und Berlin ein gleiches Verhaͤltniß zeigen und das Sci ſewaſſer durch dieſelben der Geſundheit nicht nachtheilig wurde, ſo wird dieß auch in Berlin ruͤckſichtlich des Spreewaſſers nicht der Fall ſeyn. Daſſelbe läßt fit durch eine direct auf Berlin bezogene Ber rechnung nachweiſen. Nach Valentin, iſt die Blutmenge eines Thieres relativ nach ſeinem Koͤrpergewichte zu beſtimmen; nimmt man nun, um jedenfalls das Gewicht nicht zu klein zu beſtimmen, an, daß die 270.803 in Berlin geſch eachteten Thiere ſaͤmmtlich fette Ochſen ſeyen, welche man durchſchnittlich zu 600 Pfund annimmt, und nimmt man das Verhyaͤltniß des Blutes zum Koͤrpergewicht des O yſen gleich 1: 3 an, fo wird 200 Mal 270,803 Pfund = 54,160,600 Pfund das G wicht des Blutes ſeyn, welches jaͤhrlich der Spree durch die Rinnſteine zufließen kann; dieß macht fuͤr den Tag 148 385 Pfund; die Waſſermenge der Spree beträgt bei nie drigſtem Waſſerſtande fuͤr die Secunde 576 Cub. Fuß alſo fuͤr den Tag 3. 284,582,400 Pfund Waſſer. Es verhält ſich daher die taͤg— liche Quantität der genannten Abfälle zu der Waſſermenge, wie 148,385: 3284,582400 d. b. etwa wie 1 : 30,000 oder mediciniſch ausgedritckt, wie | Gran: Zweifel uͤber die Unſchaͤdlichkeit bleiben kann. Ad b) Ob eine Beimiſchung des Urins zum Waſſer der Ge: ſundheit nachtheilig ſeyn koͤnne, iſt nicht erwieſen; die Ausduͤnſtun⸗ gen des Urins ſind es nicht, da bei techniſcher Verwendung dieſer Flünfiakeit die Arbeiter nie leiden. In Paris hat die Commiſſion zur Verbeſſerung der Raͤumung der Abtrittsgruben den Vorſchlag gemacht, die Fluͤſſigkeiten der Abtrittsgruben, alſo den Urin nebſt den übrigen Fluͤſſigkeiten, aus dem Hauſe unmittelbar in die Stra⸗ ßen zu leiten und dadurch der Seine zuzuführen; fie führt dabei 63 Unzen, wobei kein 500 an, daß der Urin in den Gruben in Faͤulniß uͤbergehe, wodurch die Salze herauscryſtalliſiren, das Ammoniak zum Theil gasförmig entwei pt, zum Theil von dem Waſſer abſorbirt werde, worauf bee reits nach 12 Tagen nicht mehr Urin, ſondern faſt nur Waſſer der Seine beigemiſcht werde. Außerdem berechnen ſie die Fluſſigkeiten der Abtri'tsgruben von Paris auf täglich 5697 Cub. Fuß, wonach die angeführte Waſſermenge bei niedrigſtem Waſſerſtande 307 10 Mal, bei mittlerem 1004417 größer iſt, wonach um jo mehr der Einfluß des Urins allein auf das Flußwaſſer in Paris = 0 zu ſetzen iſt. Fur Berlin reducirt ſich das Ganze auf ; Waäorend indeß in Paris die Contenta der Abtrittsgruben nach der voirie Montfau- don (4 davon nach Bondy) gefahren wird, fo daß nur von z das Fluſſige in zerſetztem Zuſtande in die Seine gelangt, und während nur die Salpetriere und das Hotel des Invalides, fo wie einige Privathaͤuſer, die Abtrittsfluͤſſigkeit direct in die Seine abfließen laffen, fo iſt dieß in Berlin anders. Hier liegen die Hausabtritte uͤber Miſtgruben, in welche auch (eigentlich vorſchriftswidrig) die ſogenannten Nachteimer, welche von den übrigen Hausbewohnern benutzt werden, ausgegoſſen werden; der größere Theil der Nachteimer wird Nachts an polizeilich beſtimmten Orten in den Fluß geleert. Der Urin aus den Miſtgruben iſt zerſetzt und kommt als Waſſer in die Spree; die großere Quantität aus den Nachteimern iſt wirk— licher Urin. Es iſt daber in Berlin die Beimiſchung von wirkli— chem Urin zum Flußwaſſer viel größer, als in Paris. Sieht man aber davon ab, fo hat ſich ſchon gezeigt, daß in Paris, wenn alle Abtrittsflü'ſigkeit als Urin in die Seine gelangte, dieß in dem Ver— haltniſſe von 1: 30,000 geſchehe. Nimmt man nun an, daß die tagliche Quantität Urines in Berlin ſich verhalte wie 4: 1 (weil in Paris der Fluͤſſigkeit alles unreine Waſſer aus den Haushaltun— gen beigemiſcht iſt, was in Berlin nicht vorkommt), fo bleibt das Verhaͤltniß daſſelbe, da auch das Waſſer der Seine zu dem der Spree ſich verhalt wie 4: 1. Brruͤckſichtigt man, daß in Berlin hoͤchſtens 2 aus den Nachteimern als wirklicher Urin in die Spree gelangt, fo ſtellt ſich das Verhaͤltniß in Berlin = 2 : 30,000 = 1: 45,000 bei niedrigftem Waſſerſtande, wobei wieder nicht an Schaden zu denken iſt. Wollte man eine directe Berechnung fuͤr Berlin anſtellen, ſo müßte dieß, um lieber zu hoch als zu niedrig die Anſaͤtze zu ma— chen, ſo geſchehen, daß man die Bevoͤlkerung auf 300,000 annimmt und dieſe ſaͤmmtlich als Erwachſene betrachtet, daß man, nach Sanctorinus, die Quantität des aclajfenen Urins in 24 Stun: den auf 2 Pfund anſetzt, wonach 600 C00 Pfund Urin in die Spree gelangen würde. Dieſe verhalten ſich zu der täglichen Waſſermenge von 3, 284,582,400 Pfund etwa wie 1 : 5000 oder wie 1 Gran zu 11 Unzen. Da die gemachten Annahmen viel zu groß, der nie— drigſte Waſſerſtand aber ganz exceptionell gering iſt, ſo kann man das PVerbälrnig noch balbiren und auf 1 Gran 22 Unzen ſtellen, ein Verhaͤltniß, in welchem man die ſtaͤrkſten Gifte ohne Gefahr darreichen kann. Ad ec) Das Flußwaſſer wird auch noch durch das aus den Haushaltungen weggegoſſene Spuͤlwaſſer verunreinigt; dieſes iſt an und für ſich unſchaͤdlich; man koͤnnte aber fuͤrchten, daß es in zer— ſetztem Zuſtande nachtheilig waͤre. Dieß iſt in Paris nicht der Fall, wo alles dieſes Waſſer nicht in die Straßenrinnſteine, ſondern in die Abtrittsgzuben und von da nach Monfaucon und auf dieſem Umwege durch den egout Amelot in die Seine gelangt. Die Come miſſion ſchlaͤgt ſogar vor, dieſe ganz unſchaͤdlichen Fluſſigkeiten kuͤnftig durch Roͤhren direct in die Straßenrinnſteine und in die Seine gelangen zu laſſen. Es fragt ſich nun, in welchem Verhaͤlt— niſſe die Menge jener Fluͤſſigkeiten in Paris zu der in Berlin ſtehe. Man konnte dieß nach der Bevölkerung = 3 : 1 annehmen; indeß ſind die Sitten beider Staͤdte gerade auf Production dieſer Fluͤſſigkeit (Spuͤlwaſſer Seifenwaſſer und Badewaſſer) ſehr verſchieden. Seit 10 Jahren ſind in Paris die Haushaltungen durch Roͤhrenleitung in Ueberfluß mit Waſſer verſehen; faft alle Hötels garnis, in denen ſich jahrlich über 60,000 Fremde aufhalter, haben water-closets, wos durch eine ſehr große Quantität Waſſer den Abtrittsgruben zuges führt wird. Die große Menge Garkuͤchen und cafes verbrauchen ſehr viel Waſſer; Baͤder ſind in den Spitaͤlern ſehr beliebt (im Hoſpitale St. Louis jaͤhrlich 20 000, darunter 7,750 Schwefelbaͤ⸗ der); ähnlich in den übrigen 20 Spitaͤlern, was indeß noch ein ger ringes Verhaͤltniß gegen die Bäder in Badeanſtalten und Privat⸗ 301 aͤuſern iſt, da faft in jeder Straße Babeanftalten zu finden find und n den wohlhabenden Familien faſt taglich Bader genommen wer— den. Alles dieß iſt in Berlin in ſehr geringem Verhaͤltniſſe vorhanden; es muß ſich atſo die Quantität des unreinen Waſſers in Paris und Berlin in einem andern e als das Verhaͤltniß der Einwohnerzahl; gewiß iſt ſelbſt das Verhältniß von 4: I noch viel zu gering. Da aber dieſes Verhältniß in Paris nicht ſchadet, fo wird dieß noch weniger in Berlin der Fall fenn. Ad. d) Die Beimiſchung des keine ſchädtichen Subſtanzen enthaltenden Straßenſchmuzes zu dem Flußwaſſer kann nicht ſchaͤd— lich ſeyn; indeß iſt dieß durch einen Bericht lvon Hallé und Fourcroy nachgewieſen, welcher zu Anfang dieſes Jahrhunderts erſtattet wurde, wonach das Verhaͤltniß des Pariſer Straßen— ſchmuzes zu der Waſſermenge der Seine bei niedrigſtem Waſſer— ſtande = 19600 bei nicht ganz geringem Waſſerſtande = 116000 iſt, aifo als unſchaͤdlich erkannt werden muß. Obwohl der Flaͤcheninhalt von Paris nicht 3 Mal ſo groß, als der von Berlin iſt, fo find die Straßen enger und fhmuziger, und man kann ſehr wohl die Quantität des Straßenſchmuzes von Paris und Berlin in dem Verhaͤltniſſe der Einwohnerzahl wie 3:1 nehmen. Da nun in Berlin nur der flüuͤſſige Straßenſchmuz in die Rinnſteine und in die Spree gelangt, der feſte weggefahren wird, fo ſtellt ſich das Verhältniß auf 1 9:1. Nehmen wir aber ſelbſt das viel zu große Verhaͤltniß von 4:1 an, fo iſt an eine Schaͤdlichkeit in Berlin nicht zu denken, um ſo weniger, als in Paris aller Straßenſchmuz, in Berlin bloß der fluſſige in den Fluß gelangt, wodurch ſich das Pariſer Verhältniß von 1:9600 umändert in 1214 >< 9600 = 121600. Ad e) Die von den Dachrinnen kommenden Fluͤſſigkeiten ent- halten durchaus nichts Nachtheiliges, als hoͤchſtens eine unendlich geringe Quantitat von Zinkſalzen, welche das Waſſer von Zink⸗ daͤchern herunterſpult. Wird ſolches Waſſer als Trinkwaſſer ver: wendet, ſo kann es nachtheilig wirken. Boutigny (Neue Noti— zen No. 132 Bd. VI. S. 345) hat Verſuche darüber angeſtellt, aus denen ſich ergiebt, daß Brunnen- und Regenwaſſer den Zink in freier Luft zerſetzen; es bildet ſich Zinkorydhydrat, kohlenſaures Zinkoxyd, eſſigſaures Zinkoxyd ꝛc., je nach zufaͤlligen Beimiſchun⸗ gen. Waͤren in Berlin alle Häuſer mit Zink gedeckt, ſo ließe ſich eine nicht unbedeutende Beimiſchung ſchaͤdlicher Zinkſalze zu dem Spreewaſſer befuͤrchten; Zinkdaͤcher ſind aber in Berlin, außer dem Schauſpielhauſe, der Academie, dem Zeughauſe, Schloſſe, Dom und der Bank, nur ſehr ſelten. Ueberdieß iſt die uber die Dächer kommende Quantität der Fluſſigkeit ſehr viel geringer, als die ſchon in Ber tracht gezogenen Fluſſigkeiten; ſie wuͤrden alſo, ſelbſt wenn ſie Zinkſalze in Menge enthielten, dennoch in der Spree nicht nach— theilig wirken koͤnnen. Die Quantität der Faͤcalmaſſen beträgt, nach Sanctos rinus, nur den vierten Theil des entleerten Urins. Da ſich nun der Urin zu der Menge des Spreewaſſers verhielt wie 1: 10,000, fo würden die feſten Excremente der Geſammtbevoͤlkerung Berlin's ſich dazu verhalten wie 140,000; da aber hoͤchſtens 3 der Ges fammtquantität der Excremente in die Spree gelangt, das Uebrige in die Miſtgruben gelangt und weggefahren wird, ſo ſtellt ſich das Verhaͤltniß wie 1:60,000. Dadurch iſt auch für die letzte Art der Verunreinigung die vollkommene Unſchaͤdlichkeit nachgewieſen. Es iſt namlich auch fur dieſe zweite Abtheilung gefunden, daß die aufgeführten Unreintichkeiten eigentlich gar keine nachtheiſigen Sub— ſtanzen enthalten, und daß ſie jedenfalls in einer durchaus un— ſchädlichen geringen Quantitaͤt dem Flußwaſſer beigemiſcht werden, ſo daß auch die Summe derſelben im Vergleich zur Menge des Spreewaſſers außerſt gering iſt und ebenfalls keinen nachtbeiligen Einfluß haben kann, ſo daß es alſo erwieſen iſt, daß ſämmtliche Unreinlichkeiten, welche in Berlin durch die Rinnſteine und Cloa— ken in die Spree gelangen, das Waſſer derſelben bei'm Gebrauche in keiner Weiſe für die Geſundheit ſchaͤdtich machen. . Wir kommen nun zu der Frage: ob die Emanationen der in den Rinnſteinen und Cloaken Berlin's ent⸗ haltenen Un reinlichkeiten aller Art einen nachthei⸗ ligen Einfluß auf den Gefundbeitszuftand der Ein wohner haben, oder nicht? Dieſe Frage iſt fuͤr jede groͤßere Stadt von Wichtigkeit, vor⸗ zugsweiſe aber fuͤr Berlin, wo die Rinnſteine durch alle Straßen — 302 der Stadt verlaufen und der größte Theil der Häufer in feinem Innern einen Rinnftein unter dem Thorwege bat, fo daß vie Eins wohner dem Einfluſſe fortwährend ausreicht bieſben. Eine ber gründete Klage aber Schädtihkeit der Rinnjteine ift noch nicht ge⸗ führt worden; es herrſcht aber bei den Yaicı der Glaube, daß die Rinnſteine ſchaͤdlich ſeyn müffen, well fie zu gewiſſen Zelten ſehr ubel riechen. Dieſer Geſtaut iſt durch in Yauinig ubergevende orgas niſche Subſtanzen bedingt. Es fragt ſich alſo, ob der Heruch faulender organticher Subftanzen der Geſundheit nadhrbeitig fin, oder nicht? Es entwickeln ſich irreſpirable Gasarten, welche in cingeſchleſſenen Räumen allerdings Asphyxicen und den Tod bewirken konnen, wie in den Pariſer Cloaken dieß die Arbeiter fo haufig erfahren. Diele Schädlichkeit kann in Berlin nicht vorkommen, da die Minnſtelne nicht verſchloſſene Raume darſtellen, mithin jene irtetpirabelen Gasarten ſich alsbald in der Atmeſphaͤre v.rb reiten. Der Geruch allein hat keinen nachtheitigen Einfluß; es wurde dieß oben ſchon in Bezug auf die Nahrungsmittel angeführt; auch find die Bes wohner der Haͤuſer auf den voiries (Schindangern) zu Paris durch⸗ aus nicht davon gefährdet, Fabriken, in welchen Zvi.roärme vers arbeitet werden und in denen ein unerträglicher Fäulnitgeruch herrſ et, ſind für die Arbeiter nicht nachtheilig, ja der Bewohner des Hauſes mitten in der voirie Monfaucon iſt feit 15 Zabren darin volltommen geſund. Auch Satmiakfabriten, welche einen furchterlichen Geſtank verbreiten, find fur die Arbeiter durchaus nicht nachtheilig, ebenſowenig als man gehört bätte, daß Arbeiter bei'm Miſtladen durch den intenfiven Geruch erkrankt wären. Auch andere uͤbele Gerüche, z. B., bei'm Flachsröſten, find, nach parent du Chatelet, weder durch das Waſſer noch durch die Luft nachtheilig DOrfila und parent du Chatelet bas ben daſſelbe in Bezug auf die hoͤchſt übetriechenden Abfälle und namen’lih auf das ſtinkende Ab lußwaſſer nachgewieſen, indem die Tyiere ſogar gern und ohne Nachtheil das Waller, welches dieſe Abfälle enthält, trinken. Die Ungeſundheit einiger Kartof⸗ felmehlfabriken in Frankreich ruͤhrt, nach dieſen Unterſuchungen, von der Nähe von Sümpfen ber. Den ſchlagendſten Beweis für die Uns ſchaͤdlichkeit des Faulnißgeſtankes liefern die Cloaken von Paris (außer bei Anſammlung irreſpirabeler Gasarten). Die Arbeiter in den Cloaken erreichen, in der Regel, ein hohes Alter; die Cloa⸗ ken des Hötel des Invalides werden alle 8 Tage von zwei Arbeis tern gereinigt, und nie iſt dieß ihnen oder ihren Vorgängern ſchaͤd⸗ lich geweſen. Ein Arbeiter durchläuft täglich die Cloaken der Salz petriere ſeit 25 Jahren, ohne jemals dadurch zu erkranken. Hier⸗ nach iſt auch der Geſtank auf den Straßen Bertin's als unſchaͤd⸗ lich zu betrachten. Vielleicht aber wirken die Emanationen, welche dem Geruche nicht bemerkbar werden. Hier ſchließt ſich die Unterſucung an die Lehre von der Schaͤdlichkeit der Sümpfe an. Dieſe ſchaden bloß im Sommer und Herbſte; in den übrigen Jahreszeiten ſtehen fie unter Waſſer. Eine ſchaͤdliche Wirkung zeigt ſich alfo, wenn der ſchlammige Grund zu Tage koͤmmt und eine erböhte Lufttempera⸗ tur darauf einwirkt. Erwieſen iſt, daß ſich in Sümpfen ſchaͤdliche Gasarten entwickeln; dieß find indeß nicht bekannte Gasgarten, und man hat ſie daher Sumpfmiasmen genannt; indeß ſind ſolche Gas⸗ arten weder chemiſch nachgewieſen, noch wirken ſie, wenn der Schlamm bei Tage aufgerührt wird, wohl aber bei Nacht in der Kuͤhle, wo die Gasbildung gehemmt iſt. Ueberdieß giebt es viele durch Sumpfluft berüchtigte Gegenden ohne ſchlammigen Boden, waͤhrend eine Menge Sumpfe bekannt find, wo ſich die Schaͤdlich⸗ keit der Sumpftuft nie gezeigt hat. Die Ausräumung verſch aͤmm⸗ ter Candle und Fluͤſſe, wobei der ſchlammige Boden bloßgelegt wird, und wobei die Arbeiter oft Monate lang bis über die Knie im Schlamme ſteben, veranlaſſen keine Fieber. Ein Arm der Seine, welche die Inſel Louvier bildet, wurde gereinigt, ohne daß dadurch Wechfelfieber hervorgerufen wurden, während die Arbeiter in einem 3 Fuß tiefen Schlamme ſtanden. Solcher Beifpiele were den mebrere aufgefuͤhrt. Es find alſo wobl nicht die ſich entwils kelnden Gasarten, welche die Suͤmpfe ſchadlich machen und bei Trockenlegung von Teichen und Canalen remittironde Fieber veran- laſſen. Da es überdieg Malariagegenden obne Schlamm giebt, fo ergiebt ſich, daß der Grund der Schädlichkeit der Sümpfe weder im Schlamme, noch in der Luft, ſondern nur im Waſſer liege. Iſt dieſes in den Boden infiltrirt und wird es durch die Sonne ers 803 bitt, fo verdampft es; fo wie aber die Sonne am Abend ver⸗ ſchwindet, ſo wird die uͤber dem Boden in der Atmoſphaͤre ſuspen— dirte gasfoͤrmige Feuchtigkeit niedergeſchlagen: es entſtehen Nebel mit betraͤchtlicher Abkühlung. Wenn nun die Rinnſteine durch die Stagnation des verdorbenen Waſſers Aehnlichkeit mit Suͤmpfen haben, ſo fehlt dieſe Aehnlichkeit in Bezug auf die Bedingungen zur Verdampfung, — der mit Feuchtigkeit inſiltrirte Grund, — denn fie find nie ganz von Waſſer entblößt und haben ein gepflaftertes Bette. Aber ſelbſt wenn die Rinnſteine den Suͤmpfen ahnlich waͤ— ren, ſo bieten ſie doch eine viel zu geringe Flaͤchenausdehnung dar, als daß eine Einwirkung durch Feuchtigkeit der Luft von ihnen ausgehen koͤnnte. Ueberhaupt ergiebt ſich aus allen weitern Ver— gleichungen, daß den Rinnſteinen und Cloaken Berlin's ein der Geſundheit nachtheiliger Einfluß nicht zugeſchrieben werden koͤnnte. Asphyxieen, wie in den Cloaken von Paris, ſind bisjetzt in Ber: lin nicht vorgekommen, und zwar, weil die kleinern Cloaken flach liegen, ſo daß die die Reinigung beſorgenden Arbeiter, wenn ſie darin ſtehen, mit dem Oberkörper ſich noch in freier Luft befinden; die groͤßern gewoͤlbten Cloaken werden aber in Berlin gar nicht gereis nigt. Es iſt aber nicht zu laͤugnen, daß unter beſondern Umſtaͤn⸗ den dieſe Raͤumung noͤthig werden koͤnnte, und daß alsdann auch wohl plögliche Todesfalle bei den Arbeitern vorkommen moͤchten. Und wenn alſo die Rinnſteine unbedingt unſchaͤdlich find, fo haben die Cloaken doch moͤglicher Weiſe zu gewiſſen Zeiten und unter ges wiſſen Umſtaͤnden einen ungünſtigen Einfluß auf die Geſundheit; auf letztere wird daher groͤßere Achtſamkeit und ruͤckſichtlich der Reinigung beſondere Sorgfalt raͤthlich, da ſie zu Zeiten wenigſtens verdaͤchtig werden. Dieß fuͤhrt zur Eroͤrterung der Mittel, welche in Anwendung zu bringen ſeyn duͤrften, um den laͤſtigen Geſtank der Rinnſteine und die moͤglicher Weiſe eintretende Schaͤdlichkeit der Cloaken zu verhindern. Beide Unannehmlichkeiten haben ihren Grund in zu geringem, zeitweiſe ganz gehemmtem Waſſerabfluſſe. Mit Herſtel⸗ lung eines ſchnellern und ungeſtoͤrten Waſſerabfluſſes werden daher jene Uebelſtände gehoben. Die Gründe des zu geringen Abfluſſes ſind: 1. zu geringes Gefaͤlle der Abzugscanaͤle; 2. zu geringe Speiſung derſelben mit Waſſer; 3. gaͤnzlich mangelnde oder nicht hinlänglich ſorgſame Reinigung. Das Gefälle der Abzugscanaͤle iſt durch das nicht zu ändernde Terrain und das Spreeniveau bedingt; ein Maximum iſt gegeben und nur inſofern eine Modification moͤglich, als man ſich durch veränderte Richtung der Abzugscanaͤle mehr oder minder dieſem Maximum naͤhern kann. Herr Major Banger berechnet das mindeſte Gefaͤlle auf 3,7 Zoll per 100 Fuß im Allgemeinen; ſo iſt es aber nicht im Einzelnen, da die Straßendirection und locale Terrainungleichheiten dem Gefälle häufig unguͤnſtig ſind. Daß das Gefälle wenigſtens für außergewoͤhnliche Umſtaͤnde nicht hinreicht, ſieht man im Sommer bei einem Platzregen, wo an vielen Stel— len die Straßen uͤberſchwemmt werden, was nicht Folge der Ver— ftopfung von Canalen, ſondern Folge des langſamen Abfluffes überhaupt iſt. Dieß wird ſich, als in unabaͤnderlichen Zerrainvers haͤltniſſen begruͤndet, auch in der Folge nicht vermeiden laſſen. Die Speiſung der Rinnſteine zur Circulation des in ihnen fließenden Waſſers iſt hinreichend; denn ſie liegen nie trocken, und es iſt klar, daß wenn der Schlamm aus denſelben beſeitigt waͤre, auch ein ſchnellerer Abfluß des Waſſers erfolgen würde, Es kaͤme daher nur darauf an, dieſe Hemmungen des Abfluſſes zu beſeiti— gen. Major Banger iſt nicht dieſer Anſicht, ſondern empfiehlt dringend eine kuͤnſtliche Speiſung der Rinnſteine. Wenn aber durch 304 ſtärkern Zufluß auch die Gefh.vindigkeit des Waſſers vermehrt wird, fo wird dadurch die Reinigung der Rinnen doch nicht bewerkſtel— ligt; es wuͤrde auch hierbei vorgaͤngige Reinigung der Canale noth— wendig ſeyn. Iſt dieſe aber ausgefuͤhrt, ſo iſt der Abfluß des Waſſers jedenfalls beſchleunigt; es erſcheint daher eine kuͤnſtliche Speiſung der Rinnſteine mit Waſſer nicht ſo gewinnbringend, daß fie dadurch mit den Koften im Verhaͤltniſſe ſtaͤnde. Die Reinigung der Rinnſteine iſt ſehr unvollkommenz man ſieht ſtets Schlamm in denſelben, bisweilen ſind ſie ganz davon verſtopft. Die Hauseigenthuͤmer find zwar verpflichtet, die Rinns ſteine vor ihren Grundſtuͤcken zu reinigen. Dieß iſt an und fuͤr ſich ungenügend und wird ungenügend ausgefuͤhrt; namentlich aber wird die Reinigung der Cloaken ganz verabſaͤumt. Ein Abfluß des Waſſers aus den Rinnſteinen iſt aber nicht moͤglich, wenn de— ren Ausganascandle, die Cloaken, bis zum Gewölbe mit Schlamm vollgeſtopft ſind. Um dieſe Reinigung genuͤgend auszufuͤhren, iſt ein glattes Ausmauern der Rinnſteine und Cloaken mit gebrann— ten Steinen und ein unter der Polizei ſtebendes eigenes Corps von Straßenreinigern noͤthig. Die Hauseigenthuͤmer zahlen durchfchnitts lich für die Reinhaltung ihres Rinnſteinantheils jaͤhrlich 12 Rthlr. Dieß betraͤgt für 7,000 Käufer Berlin's jahrlich von den Hausei⸗ genthuͤmern verausgabte 84,000 Rthlr. Würde jeder Hauseigen— thuͤmer nun auch nur 1 zahlen, um der Sorge fuͤr die Rinnſteine uͤberhoben zu ſeyn, ſo waͤre dieß hinreichend, um ein ziemlich zahl— reiches Arbeitercorps zu unterhalten, welches die Rinnſteine und auch die Cloaken rein zu erhalten haͤtte, wodurch alle Bedingungen zu Geruchloſigkeit und Unſchaͤd lichkeit der Rinnſteine und Cloaken ere füllt wären. (Ueber das Flußwaſſer und die Cloaken größerer Staͤdte von Albert Magnus, Dr. Med. Berlin 1841.) Miscellen. Die chemi ſchen Wirkungen galvaniſcher Stroͤ⸗ mungen zu chemiſchen Veranderungen im organi⸗ ſchen Körper für Heilzwecke zu benutzen, hat ſich ein Finnlaͤndiſcher Arzt, Dr. Cruſſel, jetzt zu St. Petersburg, zur Aufgabe gemacht. Derſelbe hat verhaͤrtete Stellen des kranken Koͤrpers, inſofern ſie mit einem galvaniſchen Leiter paſſend ver— bunden werden koͤnnen, durch den Kupferpol behandelt und bei Leucomen, Sarcomen, Verengerungen von Canaͤlen, calloſen Ge— ſchwuͤrsraͤndern die gluͤcklichſten Erfolge beobachtet. Auch den grauen Staar hat man in der dortigen Augenheilanſtalt auf dieſe Weiſe zu behandeln angefangen. Naͤheres iſt zu erwarten. Ueber die Valſalva'ſche Aneurysmenbehandlung bemerkte Dr Putegnat, daß dieſelbe bei Aneurysmen der Bauch aorta unter gewiſſen Umftänden eher ſchaͤdlich ats nuͤtzlich ſeyn koͤnne; ſchaͤdlich ſey fie namentlich bei denjenigen Aneurysmen, welche in Folge einer Verengerung des untern Theiles der aorta entſtanden find, was ſehr häufig der Fall iſt. Platzt das Aneur rysma und ergießt das Blut außerhalb des Peritonäums, ſo er— kennt man dieß zuerſt durch Ecchymoſe des Perinaͤums, des scro- tum und des penis. (Gaz. méd. No. 73.) Nekrolog. — Der, beſonders als Operateur geſchickte, verdiente Profeſſor der Chirurgie und Director des Allg. Kranken: hauſes zu Muͤnchen, Dr. Philipp Wilhelm, geb. zu Wuͤrzburg 1798, iſt am 20. December nach einem kurzen Krankenlager ges ſtorben. — ——_———————LLLL— —— Bibliographische Neuigkeiten The certainties of Geology. By Sidney Gibbson, Esq. Lon- don 1840. 8. Manuel d’Ornithologie, ou Tableau systématique des oiseaux qui se trouvent en Europe; précédé d'une analyse du systeme general d’ornithologie et suivie d’une table alphabetique des especes. Par C. J. Temminck. 2. edit, Vol. 1. et 2. Pa- ris 1841. 8. Osservazioni ed experienze elettro-fisiologiche dirette ad insti- tuire la elettricita medica; del Signor P. G. Grimelli. Mo- dena 1839. 8. On the Pathology and Diagnoses of Diseases of the chest. By Dr. C. J. B. Williams. London 1840. 8. — —— —ññ ſ— ÜUcne Notizen a us dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, geſommelt und mirnerbeilt von dem Ober Medieinalratbe Frorter zu Wemar, und dem Medismalratbe und Prefeſſer Freren iu un. Wo. Ne. 350. Gedruckt im Landes- Induſtrie-Comptoir zu Weimar. an u e Neue Beobachtungen uͤber den Farbeſtoff des rothen Schnees. Von R. J. Shuttleworth. Hierzu die Figg. 10 —20 der mit Nr. 331. [Nr. 1 d. XVI. Bos.] d. Bl. ausgegebenen Tafel. (Schluß.) 9. Unter dieſen, ſowohl animaliſchen, als vegetablli— ſchen Körpern, und um dieſelben herum, war eine unbere— chenbare Menge ſehr kleiner, ſphaͤriſcher, farbloſer, freier oder zu Gruppen vereinigter Kuͤgelchen, ohne irgend eine Spur der Bewegung, oder irgend eines Inhaltes, vorhanden. Ihr Durchmeſſer betrug hoͤchſtens „I, Millim. (Fig. 20.). Wenn man von den andern einen der dickſten Koͤrper iſo— lirte, fo ordnete ſich eine betraͤchtliche Quantitaͤt dieſer klei— nen Kuͤgelchen um denſelben herum und nahm häufig ein faſeriges, articulirtes oder zellenfoͤrmiges Anſehen an (Fig. 12. c.). In dem Maaße, in welchem das Waſſer zwi— ſchen den beiden Glasflaͤchen verdunſtete, erzeugte ſich fort— waͤhrend dieſelbe Wirkung, wobei die primitive Structur nach und nach unkenntlich wurde; wurden dieſe Koͤrper von Neuem befeuchtet, ſo nahmen ſie dieſelbe nur unvollftändig wieder an. Dieſes war der Protocoecus nebulosus Kuͤtzing's (Linnaea 1833 p. 365 Taf. III. Fig. 21.). Ich zweifle nicht, daß die kleinen farbloſen Kuͤgelchen, wel— che Bauer beobachtet hat, und andere Kuͤgelchen, welche auf der Oberflaͤche des Waſſers ſchwimmen, zu dieſem Or— ganismus gezählt werden muͤſſen; und ich zweifle nicht mehr, daß es dieſe kleinen Kuͤgelchen, durch die Wirkung der Vertrocknung und der Zerſetzung unkennbar geworden, und mit den farbloſen Reſten der Kügelchen des Proto— eoccus nivalis vermiſcht, in vielen Fällen geweſen find, welche viele Naturforſcher bewogen haben, an die nothwen— dige Eriſtenz einer Matrix oder einer gallertartigen Unters lage zu glauben. Ich muß bemerken, daß ich gegen 4 Uhr Nachmittags während einer unguͤnſtigen Witterung die vorhergehenden No. 1450. (Nr. 20. des XVI. Bandes.) December 1840. Preis einer ganzen Bandes, von 23 Becen. des einzelnen Stückes 3 gal. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirrr Abbildungen 6 ggl. 2 Ott oder 3 Fl. 36 Kr., Ane Beobachtungen angeſtellt habe, und daß die Dunkelheit mich genöthigt hat, den folgenden Tag abzuwarten, um eme Zeichnung zu entwerfen. Um 11 Ubr des Abends war der Schnee in den Gefaͤßen noch nicht gaͤnzlich geſchmolzen. Den folgenden Morgen fand ich ihn dei guter Zeit vollig geſchmolzen, und der Farbeſtoff hatte ſich auf den Boden der Gefaͤße abgeſetzt. Mittelſt des Mikroſcopes entdeckte ich nun, daß alles Leben darin aufgehört hatte, und die Kuͤgelchen des Protococcus waren von den Infuſionsthie— ren Fig. 5. der Tafel nur durch ihre beilere Farbe, ihre größere Durchſichtigkeit und ihren offenbar koͤrnigen Inhalt noch zu unterſcheiden. Die Figuren ſind alſo nach dieſen ſchon geſtorbenen Individuen gemacht. In der Hoffnung, daß zu einer guͤnſtigern Zeit der rothe Schnee ſich auf eine vollſtaͤndigere Weiſe entwickeln werde, verſchob ich es bis auf den folgenden Tag, neuen herbeizuholen; aber noch denſelben Tag verdunkelte ſich der Himmel, und den folgenden Tag fiel der Schnee in großen Flocken. Nachdem ich fuͤr mein Herbarium eine betraͤchtliche Menge Exemplare des rothen Farbeſtoffs auf Glimmer auf- getragen hatte, gab ich den Reſt in ein concaves Uhrglas und ließ ihn hier austrocknen. Geſchuͤtzt gegen die Wir⸗ kung des Lichtes durch eine Huͤlle von weißem Poſtpapiere, hat ſich die Farbe nicht veraͤndert, und wenn man den Farbeſtoff von Neuem anfeuchtet, fo laſſen ſich die Kuͤgel⸗ chen des Protococcus nivalis und der Astasia nivalis nech vollkommen unterſcheiden Ich finde auch die Kuͤgel⸗ den des Protococcus nebulosus in Geſtatt faferiger Truͤmmer wieder; aber die andern Organismen laſſen ſich nicht mehr unterſcheiden, wenigſtens nicht mit Zuverläffigs keit. Die Exemplare auf dem Glimmer haben mir eine merkwürdige Erſcheinung gewährt; denn als ich Gelegenheit hatte, fie unlaͤngſt zu unterſuchen, fand ich, daß zwei Sor⸗ ten Papier, das eine gelblichweiß und das andere blaͤulich weiß, zu Hüllen benutzt worden waren, in welchen ich die Exemplare aufbewabre, und daß der tothe Schnee in den Hüllen der erſten Sorte nichts von feiner Farbe verloren 2 507 hatte, während ich in den andern nur noch Reſte farbloſer oder in's Gruͤnliche ſpielender Kuͤgelchen erblickte. Vielleicht iſt dieſes eine Wirkung der chemiſchen Zerſetzung der beiden Papierſorten. Dieſe fo merkwuͤrdige Thatſache, die man bisjetzt noch nicht einmal vermuthet hat, daß im Schneee eine unendliche Menge mikroſcopiſcher und offenbar animaliſcher Geſchoͤpfe bei einer Temperatur exiſtiren, die ſelten einige Grade über Null ſteht und wahrſcheinlich haufig weit unter Null, zeigt uns, wie iel uns in dieſer, fo zu ſagen, neuen Welt, de: ten Graͤnzen ſich in dem Maaße erweitern, als unſere Mi: kroſcope vollkommener werden, zu entdecken noch uͤbrig bleibt. Leider iſt Ehrenberg's Werk, welches kein Naturforſcher entbehren kann, der ſich mit dem Studium dieſer Organis— men beſchaͤftigen will, du ch fein Format und feinen Preis Vielen unzugaͤnglich, welcher Umſtand die Fortſchritte dieſes Zweiges der Wiſſenſchaft gar ſehr hemmen wird. Die Coexiſtenz dieſer Infuſionsthiere mit dem Proto- coccus nivalis, von deſſen Inhalte fie ſich zu naͤhren ſcheinen, muß, wie ich hoffe, wenn die Sache ſich wirklich ſo verhaͤlt, die Meinung Derer widerlegen, welche noch die Theorie der Umgeſtaltung vegetabiliſcher Organismen in animaliſche behaupten, eine Theorie, welche, meines Erach— tens, auf falſchen Schein baſirt iſt, und die niemals hätte beſtehen ſollen, indem ſie der wahren Philoſophie, meines Dafuͤrhaltens, ganz entgegenſteht Die außerordentliche Empfindlichkeit dieſer Infuſions— thiere gegen die Wirkung der Waͤrme, in Folge welcher ſie einer Temperatur unterliegen, die um wenige Grade hoͤher, als diejenige der Oberflaͤche des Schnees iſt, vielleicht ſelbſt der Umſtand, daß fie keine Ortsveraͤnderung und Erſchuͤtte— rung vertragen koͤnnen, iſt, wie ich glaube, die Urſache, weßhalb ihre Coexiſtenz als faͤrbender Theil des rothen Schneees biejest unbekannt geblieben iſt. Ich habe keines weges die Abſicht, zu behaupten, daß die weiter oben be— ſchriebenen Snfufiongtbiere ſich immer in fo großer Anzahl als faͤrbender Theil des rothen Schneees vorfinden (in mei— nen Beobachtungen ſtanden die Kuͤgelchen des Protococ- cus nivalis zu den Infuſionsthieren ungefaͤhr in dem Ver— haͤltniſſe, wie 5 oder 10 zu 1000); vielmehr kommt es mir wahrſcheinlich vor, daß die Zahl der Kuͤgelchen des ‚Protoeoeeus häufig diejenige der Infuſionsthiere uͤbertrifft; denn bei einem ähnlichen Erzeugniſſe, dem Haematococ- eus Noltii, Ag., (im vergangenen Jahre vom Dr. Schmidt in den Gräben der Torfſtecherei von Gumlingen bei Bern gefunden) mit welchem eine Art der Astasia vermiſcht war, wie auch der Protococeus nebulosus, boten die relativen Quantitaͤten der beiden Erzeugniſſe betrachtliche Differenzen dar: bald fand ſich naͤmlich die Astasia faſt mit Ausſchluß des Haematococcus, bald bildeten die Koͤrnchen dieſes letztern bei weitem die groͤßere Zahl. Wenn man die Beobachtungen der bereits genannten Schriftſteller mit den meirigen vergleicht, fo ſcheint es mir einleuchtend zu ſern, daß beſonders Bauer und Unger die farbloſen Ueberreſte des Protococcus nivalis und — 308 4 nebulosus als gallertartige Matrix beſchrieben haben; denn was wenigſtens die Schweizer-Alpen anlangt, ſo beweiſen die allgemeine Vertheilung des Farbeſtoffes in der Subſtanz des Schneees in betraͤchtlichen Tiefen und fein allmaͤliges Abſez— zen an die Raͤnder und auf den Boden der Gefäße, je nach- dem der Schnee ſchmilzt, meines Erachtens, daß im fri— ſchen Zuſtande keine Unterlage irgend einer Art vorhanden ſeyn koͤnne. Was die Reproduction der Flocken derſelben gallertarti— gen und faſerigen Matrix und die Entwickelung neuer farb» loſer organiſirter Kuͤgelchen, wie ſie Bauer beobachtet hat, anlangt, ſo zweifele ich nicht, daß er mit ganz neuen und vom rothen Schnee unabhängigen Organismen zu thun gehabt habe. Denn keinem Beobachter, der ſich nur mit dem Studium der mikrofcopifhen Organismen, fowohl des Pflanzen- als des Thierreiches, befhartigt hat, kann es unbekannt ſeyn, mit welcher Geſchwindigkeit ſich die Arten Hygrocrocis, Protococeus etc. einer Seits, und Mo- nas und andere Infuſionsthiere anderer Seits entwickeln. Deßhalb glaube ich, daß der Protococeus nebulosus ſich recht gut waͤhrend der geringen Zeit entwickeln konnte, waͤhrend welcher ſich der Schnee des Schmelzens halber in den Gefaͤßen befand, ohne daß er vorher mit den andern Organismen des rothen Schneees coexiſtent geweſen iſt. Obgleich der berühmte Algolog A ardh erklärt hat, daß die Lepraria carmesina Wrangel's einerlei Er: zeugniß mit feinem Protococcus nivalis ſey, fo erfcheint mir dieſe Identitaͤt dennoch als zweifelhaft. Sie kann moͤglich ſeyn, aber ich geſtehe, daß ich geneigt bin, zu glau— ben, man werde noch den Beweis liefern, daß dieſes bisjetzt auf den Steinen und den zerfesten Ueberreſten anderer Pflan— zen gefundene Erzeugniß ein befonderer Organismus ſey— Nach dem, was ich weiter oben geſagt habe, brauche ich mich nicht weiter uͤber die animaliſche Beſchaffenheit der von Wrangel beobachteten Kuͤgelchen und uͤber den ange— nommenenen Uebergang vegetabiliſcher Kuͤgelchen in Infu— ſionsthiere, und umgekehrt, auszulaſſen. Die ſchottiſche, von Greville abgebildete Pflanze, und ſogar wahrſcheinlich die auf den Steinen und Mooſen der Polargegenden entdeckte und von Hooker unter dem Namen Palmella nivalis beschriebene Pflan e (von denen die erſtere ſchon von Agardh als zu einer befondern Gat— tung gehoͤrig bezeichnet iſt) ſcheinen mir nicht bloß beſon— dere Arten zu ſeyn, ſondern, wenn die Exiſtenz der gallert— artigen, von Hooker in der Polarpflanze beobachteten und ſo deutlich von Greville in beiden abgebildeten Unterlage ſich beſtaͤtigt, fo konnen dieſe Pflanzen (trotz der Bemer— kungen Harvey's) weder mit dem Protococcus niva— lis verwechſelt, noch auch zur Gattung Haematococeus gerechnet werden. Die auf den Steinen ꝛc. bei Prag beobachtete und von Corda abgebildete Pflanze iſt ſchon von Kuͤtzing (in ſei— ner Linnaea 1833, p. 372) unter feine Microeystis sanguinea (Haematococeus sanguineus, 4g., ic. Alg. Europ. Nr. und Taf. 24.) und offenbar mit Recht verſetzt worden. 809 Es ſcheint mir demnach nothwendig zu ſeyn, die vers ſchiedenen Algen, welche unter dem Namen Protococceus nivalis miteinander verwechſelt worden ſind, zu unterſchei— den; und da, nach meinen Beobachtungen, die Diagnofen der Gattungen mie nicht mehr befriedigend erſcheinen, fo will ich verſuchen, andere vorzuſchlagen, indem ich mit der einfachſten Organiſation anfange. Protococeus, Agardh, Syst. Alg. p. XVII. Globuli liberi sporulis repleti. Protococcus niva- lis, Ag., I. c. p. 13. icon. Alg. eur. n. et tabl. 21. — Pr. uivalis, tabula nostra, f. 2 Uredo uni- valis, Buuer, 1. c. Mes v. Esenb. in Bromn'g verm. Schrift. I. p. 578 cum icone, excl, f. 2. Der Character dieſer Gattung wird in Hinſicht auf unſere gegenwaͤrtigen Kenntniſſe einen großen Theil der an— dern Arten ausſchließen, die man zu derſelben gerechnet hat, wie, z. B., den Protoeoceus nebnlosus, Küsingl. c. und Fig. 10. unſerer Tafel; aber ich zweifle nicht, daß die ſtaͤrkſten Vergrößerungen nicht auch die innern Koͤrnchen ers kennen ſaſſen. Haematocoeeus, Agardh, ie. Alg. eur. n. et tab. 22 et 24. Globuli liberi sporidia sporulis re- pleta ineludentes. Haematococcus sanguineus, Ag-, I. C. n. et tab. 24. — Microcystis sanguinea Kütz. in Linn. 1833. p. 372. — Protococcus uivalis Corda in Sturm D. Fl. et Kütz. Die ſchottiſche Pflanze, von Greville abgebildet und beſchrieben, iſt auch unter dieſe Gattung unter dem Namen Haematococeus Grevillii, wegen der dicken Koͤrnchen, die fie enthaͤlt, von Agardh verſetzt worden. Dieſe Koͤrn— chen, nach dem ſchon erwähnten Haematococcus Nol- tii zu urtheilen, die ich im friſchen Zuſtande unterſucht babe, muͤſſen Sporidia, d. h. nicht sporulae, ſondern thecae ſeyn, in welchen die eigentlichen Sporulae, wie bei der Gattung Haematococcus, fo wie ich fie bezeichne, enthalten ſind Aber die Gegenwart einer gallertartigen Unterlage, hinſichtlich welcher ich (kraft des Vertrauens, welches mir die Beobachtungen meines Freundes, des Dr. Greville einflößen) kaum irgend einen Zweifet hegen kann, muß ſie natuͤrlich von dieſer Gattung ausſchließen und ihr im Syſteme einen hoͤhern Platz anweiſen. Der Gattung Palmella ſehr nahe ſtehend, wird ſie ſich doch von ihr bauptfächlich dadurch unterſcheiden, daß die Kügelchen aͤußer— lich und nicht in der Gallerte eingeſchloſſen ſind. Fuͤr dieſe Gattung will ich alfo den Namen Gloiococeus, Shuttl., (Globuli massae gelatinosae affıxi, sessiles, spo— ridia sporulis repleta ineludentes) verſchlagen. Gloiococeus Grevillii, Shuttl. — Protococ- cus nivalis, @rer., Scol. erypt. flor. n. et tab. 231. excl. syn. — Haematococcus Grevillii, Ag. icon. Alg. eur. n. et. tabl. 23. — Microcystis Grevillii, Kütz. Linn. 1833. p. 372. Ich weiß nicht, ob die Figur 9. der von Bauer ger gebenen Tafel zu dieſer letzteren Art gehoͤrt; aber es iſt um fo wahrſcheinlicher, daß Harvey die Pflanze der Polarge— genden als identiſch mit der ſchottiſchen Pflan,e betrachtet, 310 fo daß ich zır glauben geneigt bin, daf die Palmella ni- valis Pooker's I. c. hiecher zum großen Theile gehoͤrt. Schließlich muß ich noch bemerken, daß nichts unzu⸗ verlaͤſſiger iſt, als die Beobachtungen, welche an für's Her⸗ barium getrockneten oder todten mikroſcopiſchen Organismen angeſtellt werden. Ich hoffe demnach, ſpater ausführlichere Beobachtungen über die Organiſation der Infuſtonsthiere des rothen Schnees mittdeilen zu konnen, ſobald ich Gele genheit gehabt daden werde, dieſes merkwürdige Erzeugniß unter guͤnſtigern Umſtaͤnden zu unterſuchen. Bern, den 14. November 1839. Erklarung der Figuren. Fig. 10. eine Portion des Farbeſtoffes des rothen Schnees. Fig. 11. a. Kügelchen des Protococcus nivalis, Agardh. b. Ein Kügelchen, welches die Körnchen entweichen läßt. Fig 12. c. Ein Kuͤgelchen des Protocoecus niva- lis, umgeben von den Kügelchen des Protococcus nebu- losus, Kützäng. Fig. 13. Astasia nivalis, Shit. Fig. 14. Gyges sanguineus, Shuttl. Fig. 15 / Andere gefaͤrbte Infuſionsthiere des rothen Fig. 10. Schnees. Fig. 17 ) 8 4 Fig. 18. Deßgleichen ungefärbte des rothen Schnees. Fig. 19. Monas gliscens, Ehrenberg. Fig. 20. Protococeus nebulosus, Külzing. Bemerkung. — Alle dieſe Figuren find mit dem Mikroſcope unter einer Vergrößerung von 300 Ducchmefs fern gefehen worden. (Bibliothegue universelle de Ge- neve. Nouvelle Série. No. 30. Février 1840.) Miscellen. Won dem heiligen Feuer Jualamukb's erzöhlt Herr v. Hügel in feinem „Raſchmir und das Reich der Siek“ J. 85: „Das Innere des (Haupt-) Tempels, an deſſen Thüre ich ſtand, iſt folgendermoaßen eingetheilt: Eine Felswand nimmt die Hälfte der Höhe und Breite des Quadrats ein: in der Mitte der vordern Hälfte iſt eine Vertiefung von der Größe und Tiefe eines Grabens, an deren beiden Enden Plaͤtze find, auf denen Fakhiere figen. In der Mitte der Vertiefung brennt eine Maſſe Feuer, die manchmal 2 Buß im Quadrat groß wird, und an zwei andern Stellen jener eite der Vertiefung, welche man vor dem Eingange ſieht, befin⸗ den ſich Flammen an dem glatten Felſen, die ſechs bis acht Zoll tang und zwei breit ſeyn moͤgen. Die Opfernden überreichen beim Eintreten ihre meiſtens aus Blumen beftebende Gabe den Fak, bieren, welche fie vor die Flamme halten und dann in den Tempel werfen. An zwei andern Stellen der Felswand, mehrere Fuß über dem Boden des Tempels erhaben, befinden ſich ebenfalls Flammen von derſelben Größe, wie jene an den Wänden der Vertiefung. Ich vermuthete, da ich eine bedeutende Menge von Gbie (ausgelaſ⸗ ſener Butter) in Gefäßen in dem Tempel ſtehen fab, daß das Ganze ein Kunſtſtückcchen der Brab minen ſey, überzeugte mich je: doch bald in einem andern Tempel, daß ich mich bierin irtte. Ein kleiner Tempel, unweit des größırn, ift namlich Gogranath. dem Schutzpatron der Gurkha, geweibt, und ich trat ohne Umſtaͤnde, und ohne gehindert zu werden, ein. — — Ich flieg über mehrere Stu⸗ fen hinab, und fand hier zwei ir der ſenkrechten Felswand, 2 311 an welchen ſolche Flammen emporbrannten. Da, wo das Feuer brannte, ſind in dem glatten Steine kleine Vertiefungen, wie wenn man mitteift eines Brennglafes in Holz brennt und es ſieht auch eben fo aus. Die Flamme tommt nicht aus einer Oeffnung, ſon— dern aus dieſen kohlenartigen Stellen, wie dieß bei Holz der Fall iſt; der Geruch iſt vollkommen wie der von brennendem Alcchol, mit einer aromatifhen hoͤchſt angenehmen Beimiſchung, deren Ge: ruchsverwandtſchaft ich vergebens ſuchte. Unter jeder der beiden Stel— len iſt ein Becken im Boden des Felſens, in denen ſich Waſſer be— findet, welches die Temperatur der Atmoſphaͤre hat. Das Wa ſer iſt der condenſirte Ueberreſt des nicht verbrannten Gaſes, in dem jedoch noch fo viel brennbare Subſtanz vorhanden Üt, daß ein von Zeit zu Zeit an die Ooerflache gebrachtes Licht das Ganze leicht enlzuͤndet und der Brand wohl während einer Minute fortwaͤhrt. Die Waſſerflaͤche ſelbſt iſt in beſtaͤndiger Bewegung, wie ſieden— des Waſſer, durch das Ausſtroͤmen der Gasarten in die Waſſerflaͤche erzeugt; ich glaubte anfangs, daß das Waſſer ſiede, allein das Be— rühren deſſelben mit meinem Finger zeigte mir das Gegentheil. 312 Der Geſchmack des etwas trüben Waſſers ift infipid, ohne Bei— miſchung eines beſeiimmten Angenehmen oder Unangenchmen oder uberhaupt irgend eines Geſchmacks. Die Farbe des Feuers iſt rothlich; es giebt weaig Hitze. Es iſt dieß eine der wunderbarſten Erſcheinungen, die ich geſehen habe. — —“ Bei Gelegenheit eines ſpätern Beſuches heißt es noch: „Das Feuer, blaſ't man die Flam— me aus, muß von Neuem angezundet werden; der Geruch des Gaſes wird durch das Brennen nicht erhehe. Der Name juala, oder beſſer schuala, bedeutet Flamme, welchem muki, Gott, Geiſt oder das Ehrenwort jie, lieber Herr, angehängt wird. Der Ort heißt daher entweder Jualamuk oder Jualujie, Von der Dauer der Lebenskraft im Saamenkorne hat Herr Farquhar Tupper einen neuen Beweis geliefert, indem er Saamenkoͤrner, welche Sir G. Wilkinſon aus einer etwa 3,000 Jahr alten aͤgyptiſchen Mumie genommen, vorſichtig am 7. März in die Erde gelegt hatte. Eins derſelben war am 22. April aufge— gangenz er hat zwei Aehren Waizen erhalten, aus deren Körnern näch— ſtes Jahr wahrſcheinlich eine kleine Aerndle gewonnen werden wird. — — —ÄU— — .-... H. e, i ak zu en dee. Ueber acuten Waſſerkopf und deren Behandlung. Von Dr. David Davis. Dr. Davis bat in dieſem Sommer eine Schrift her— ausgegeben, deren Zweck iſt, nachzuweiſen, daß der acute Waſſerkopf eine Entzuͤndungskrankheit ſey, wie dieß auch die Ergebniſſe der Leichenoͤffnung zeigen, indem ſich hierbei Truͤbung der Haute, Bildung von Pſeudomembranen, ſeroͤſe Ergießungen in und auf dem Gehirne, Eiterergießung im Gehirne und in den benachbarten Theilen, z. B., im Schlaͤ— fenbeine und waͤſſerige Ergießung in das Gehirn vorfinden. Gegen die Behandlung der Krankheit als weſentliche Ent— zuͤndungskrankheit (bei welcher nicht bloß etwas Entzündungs— reiz hin zukommt hat man immer die Schwierigkeit erhoben, daß man ſich bei ſo jungen Kindern vor der Anwendung einer ausgedehntern Antiphlogiſtik fuͤrchtete. Dieſes Vorur— theil wirkte, nach Anſicht des Verf., um ſo nachtheiliger, als uͤberhaupt in England die Theorie der Blutentziehungen bei acuten Krankheiten, und beſonders bei acuten Krankhei— ten der Kinder, ſelbſt noch heutzutage ſehr unvollkommen gekannt ſey. Der Vorſchlag einer ſelbſt maͤßigen Blutent— ziehung bei ſehr jungen Kindern wird, nad) feiner Angabe, in England immer mit ſehr großer Kühle, wo nicht mit vollkommenem Widerſtreben, von den Aerzten aufgenommen. Obwohl daher Charles Quin im vorigen Jahrhunderte, ebenſo wie ſein Vater Henry Quin, reichliche Blutentzie— hungen bei'm hydrocephalus der Kinder als nothwendig empfahl, ſo ſind doch in allen mediciniſchen Schriften bei der Behandlung des hydrocephalus entweder gar keine Blutentziehungen oder nur ſolche durch ein Paar Blutegel an die Schlaͤfe angefuͤhrt, und dadurch erklaͤrt ſich auch, nach Prof. Davis, die große Anzahl von Todesfällen an dieſer Krankheit. Die Blutentziehung muß ſo raſch, als moͤglich, vorge— nommen werden; fo wie man erkennt, daß ein Fall wirk⸗ lich einen acuten hydrocephalus darſtellt, ſo muß die Behandlung uͤberhaupt energiſch und ſehr activ ſeyn, und unter den anzuwendenden Mitteln iſt eine reichliche und moͤglichſt früh angeſtellte Blutent iehung bei weitem das wichtigſte. Zwar koͤnnen auch andere Mittel nachher nö— thig werden; jedenfalls aber iſt eine gehoͤrige Blutentziehung, wo nicht das einzig, fo doch das zuerſt Nothige. Bei dem Ausbruche einer ſolchen fieberhaften Krankheit wird es nicht fehlen, daß dieſem oder jenem Mitgliede der Familie Um— ſtaͤnde bemerkbar werden, welche mit Recht Beſoigniſſe er— regen, und man ſollte daher die Eltern allgemein daruͤber belehren, daß der acute Waſſerkopf bei Kindern haͤufig vor— komme und daß, je fruͤher man den Arzt davon unterrichtet und ihn in den Stand ſetzt, die Krankheit zu erkennen, es unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden um fo wahrſcheinlicher werde, daß der Kranke zu retten ſey. Was die Quantität des Blutes betrifft, welches in ei— nem ſolchen Falle entzogen werden muß, jo giebt es dafuͤr bloß eine ſichere Beſtimmung; dieſe beſteht darin, daß man die erſte Blutentziehung, wenn ſie im Beginne der Krank— heit ausgefuͤhrt werden kann, bis zur Ohnmacht ſteigert und zwar nicht bloß bis zum Gefühle des Ohnmachtigwerdens, ſondern bis zu einer wahren vollſtändigen Ohnmacht. Dieſer Zuſtand von Schwaͤchung der Circulat ton geſellt ſich mit Bes wußtloſigkeit, Blaßwerden der Lippen, collapsus des Geſichtes und reichlichem kalten Schweiße über den gan en Körper, beſonders aber auf der Stirn. Bis zu dieſem Puncte der Verminderung der arteriellen Erregung muß mindeſtens für eine Zeit die Blutentziehung im Anfange des acuten hydro- cephalus geſteigert werden; iſt dieß geſchehen, ſo wird man ſelten eine zweite Blutung noͤthig finden. Man muß dabei nicht uͤberſehen, daß eine bis zur Ohnmacht geſteigerte Blut— entziehung ein weit ſichereres Verfahren iſt, welches die Kraͤfte der Kranken vor dem Einfluſſe der Anämie bei wei— tem mehr ſichert, als mehrere in Zwiſchenraͤumen von Ta— gen oder mehreren Stunden aufeinanderfolgende kleine Blut— entziehungen. Um nun die erwaͤhnte Wirkung zu erzielen iſt es noͤthig, daß das Blut in kurzer Zeit und in einem vollen Strome entzogen werde. N Vom fünften Jahre kann man die Medianvene öffnen; fruͤher entzieht man eine hinreichende Menge Blut durch 313 Schroͤpfen hinter den Ohren. Bei'm Schroͤpfen kann man die Quantität beſſer beſtimmen, als bei der Blutentziehung durch Blutegel. Bei einem Kinde von einem Jahre entzieht man 4 5 Unzen im erſten Jahre 3 — 5, je nach der Kraft des Kindes, nach der Hitze des Kopfes und nach der Heftigkeit der Entzuͤndung; im zweiten Jahre entzieht man ſelten weniger, als 6 Unzen; zwiſchen dem dritten und fuͤnf— ten Jahre nimmt man 5 — 10 Unzen oder uͤberhaupt bis zur Ohnmacht. Bei Kindern von 6 — 10 Jahren genuͤgt ſelten eine geringere Quantität als 10 — 18 Unzen Blut, je nach Geſchlecht, Conſtitution, Character der Krankheit und aͤhn— lichen Umſtaͤnden. Große Knaben werden ſelten von acutem hydrocephalus befallenz Mädchen find ſchon häufiger dem» ſelben unterworfen; für alle Alter der vorgeruͤckten Kindheit ift aber eine Venaͤſection bis zur vollſtaͤndigen Ohnmacht ohne Ausnahme ein ſicheres Verfahren. Leider wird dieſes Mittel ſehr haͤufig etwas zu ſpuͤt angewendet. Deßwegen ſollte man beſonders in Bezug auf kleine Kinder dafur ſorgen, daß überall Perſonen vorhanden waͤren, welche mit dem Schroͤpfen gut umzugehen wiſſen, was indeß bei weitem ſeltener iſt, als man gewoͤhnlich glaubt, da zum Schröpfen viel und fortgeſetzte Uebung gehoͤrt. Das beſte Erſatzmittel fuͤr das Schroͤpfen bei Kindern unter 5 Jahren iſt die Eroͤffnung der Jugularvene. Bei zarten Kindern verdient aber immer das Schroͤpfen den Vor— zug; die Anwendung der Blutegel dagegen iſt als ein lang— wieriges und unſicheres Verfahren zu verwerfen. So raſch, als möglih, nach der Ohnmacht geht Dr. Davis zu der Anwendung der Brechmittel uͤber: Fuͤr ein Kind von einem balben Jahre empfiehlt er 1 Gran Brech— weinſtein mit 5 Gran Ipecacuanha; dieſes Mittel verfehlt ſeine Wirkung nicht und iſt daher den wohlſchmeckenden Traͤnken vorzuziehen, welche gewöhnlich für Kinder empfoh— len werden und in ihrer Wirkung unſicher ſind. Die ange— gebene Doſis des Brechpulvers kann einem halbjaͤhrigen Kinde vollkommen ſicher gereicht werden; das Kind wird da— durch allerdings große Uebelkeit bekommen, aber daducch wird gerade die Erregung des Gefaͤß yſtems herabgeſtimmt; man muß daher das Blrechmittel nie weglaſſen und verſichert ſeyn, daß, wenn daſſelbe den kleinen Kranken auch einige Stunden quält, die Wahrſcheinlichkeit der Rettung um fo großer iſt, um fo raſcher auch die Beſſerung eintreten wird. Um die Wirkung des Brechmittels zu unterſtuͤtzen, muß man die Kranken nötbigen, in kleinen Zwiſchenraͤumen wälfe rige Getränke zu ſich zu nehmen. Die dritte nicht minder wichtige Maaßregel fuͤr die Be— handlung iſt eine raſche Verminderung der Hitze des Kopfes. Die Unterſuchung der Temperatur des Kopfes mit den Haͤn— den iſt leicht, aber für die Erkennung dieſer Krankheitsform ein ſehr wichtiges Unterſuchungsmittel. Zu Verminderung der Hitze des Kopfes bediente man ſich ſonſt der mit Eis— waſſer gefuͤllten Ochſenblaſen. Da dieſe naͤſſen, ſo iſt das Verfahren laͤſtig und ſehr unbequem. In neuerer Zeit wer— den von Makintoſh et Comp. vortreffliche waſſerdichte 314 Waſſerkiſſen gemacht, welche bei weitem zweckmäßiger find. Um dieſe Kiffen anzuwenden, füllt man fie zuerſt vollkom⸗ men mit Eiswaſſer, laßt ſodann die Halfte der Flüſſiakelt ausfließen, ohne daß atmoſphaͤriſche Luft eindringt und gene ſchließt alsdann das Ventil. Das Kiffen enthält alsdann zur Hälfte ſeiner Capacitaͤt Waſſer und gar keine Aut, Iſt dieß geſchehen, ſo legt man den Hinterkopf des kleinen Kranken auf das Kiſſen, wobei ſich die vordern Theile des Kiſſens um den Kopf herumlegen. Die Einwirkung auf die Temperatur des Kopfes iſt ſehr raſch, und das eiskalte Waſſer wird in Zeit einer halben Stunde ſchon einen bes traͤchtlichen Grad von Wärme erhalten haben. Wenn dieß der Fall iſt, fo muß man dann das Kiffen aufs Neue mit Fluͤſſigkeit füllen. Die Wiederholung dieſes Verfahrens rich— tet ſich nach der Temperatur des Kindskopfes; fo lange der Kopf noch heiß iſt, wird das Kind immer (fo fern es nicht bewußtlos iſt) ſich auf die Erneuerung des kalten Kiffen s freuen; fo wie aber das Kind ſich vor der Eiltern Tempera— tur eines neuen Kiſſens fürchtet, fo wird es ſich über die Ruheſtöͤrung beklagen, und alsdann muß man das Kiffen fuͤr eine Zeit oder ganz und gar bei Seite legen. Dieſe Waſſerkiſſen find übrigens ein ſehr wichtiges und hoͤchſt em- pfehlenswerthes und bequemeres Mittel gegen dieſe gefährliche Krankheit. Die Haare muͤſſen naturlich kurz abgeſchnitten werden, wenn man kalte Umſchlaͤge um den Kopf auf dieſe Weiſe verordnet. Die Anwendung der Blaſenpflaſter bei'm acuten hy- drocephalus erſcheint dem Dr. Davis nicht ſehr em: pfehlenswerth. Ueber den Gebrauch des Mercurs ſpricht er ſich folgendermaaßen aus: „Als Abfuͤhrmittel gebe ich ge— woͤhnlich 2 — 3 Gran Calomel (bisweilen ſogar das Dop— pelte) mit 6, 8 — 12 Gran Jalappe, je nach dem Alter des Patienten, ſobald die Uebelkeit nach dem Brechmittel aufgehört hat. Um die Unaanehmlichkeit und Beuntubi⸗ gung von kneifendem Unterleibsſchmerze zu verhüten, unters laſſe ich ſelten die Beifuͤgung einiger Gran Ingwer; dei ſehr hartnaͤckiger Verſtopfung iſt es bisweilen vortheilbaft, 4 oder * Tropfen Grotondt hinzuzufügen, je nach dem Alter des Kranken. In dem Anfange der Krankheit hatte ich es für höchſt wichtig, den Darmcanal vollkommen frei zu machen. Dadurch werden gleich alle reizenden Kothmaſſen entfernt, und der Calomel wirkt gleichzeitig kraͤftig, die Gallen: abſonderung anregend, was, wenn es vorzugsweiſe indicirt iſt, am beiten durch dreiftündliche Doſen von 1 — 3 Gran Calomel allein erreicht wird. Daneben darf jedoch der Zu— ſtand des Darmranals und die Indication, ihn von alten Maſſen frei zu machen, nicht vernachlaͤſſigt werden, und wo dieſe beſteht, muß man ein hinreichend kraͤftiges purgans geben. Bei dieſer Beachtung der verſchi denen Indicationen für die Darreichung des Mercuts kommt man bald auch zu der dritten Indication deſſelben, wonach die Than ken der Speicheldruͤſen angeregt werden ſoll, um die entzündliche Affection des Kopfes dadurch zu mildern Deßwegen muß aber gerade der Calomel mit großer Vorſicht und beſtaͤndiger Beachtung dieſer unangenehmen ſpecifiſchen Wirkung deſſelden gegeben werden. Die wenigen Faͤlle ven Heilung des atu⸗ 815 ten hydrocephalus, welche bisjetzt auch ohne reichliche Blutentziehung zu Stande gebracht worden find, muͤſſen hauptſaͤthlich, wo nicht ausſchließlich, wie ich glaube, der allgemeinen Wirkung des Cuomels als entzündungsmildern— des Mittel zugeſchrieben werden. Dieſe Wirkung reicht aber ſelten bis zur Lebensrettung aus: ich verlaſſe mich nie darauf, ja ich bediene mich dieſes Mittels Überhaupt nue ſelten als eines ent; zuͤndungswidrigen Mittels, außer nur zur Unterſtuͤtzung der Lancette, oder als ein boffnungsloſes Er⸗ ſatzmittel ihres Gebra liches, wenn ich es für zu ſpaͤt halte, noch wiederholte Blute ntziehungen vorzunehmen. Im Gan— zen betrachte ich den Mercur ruͤckſichtiich dieſer letzten Indi— cation als ein weit un wichtigeres Mittel im hydrocepha- lus, als irgend ein? der ubrigen beſprochenen Verfahren. (David Davis, MD., Prof. of obstetr. Med. — on Acute Hydrocephalus. London 1840.) Ueber das Vorhandenſeyn von Milch im Urin als Zeichen der Schwangerſchaft— hat Herr Golding Bird in Gup's Hospital Reports, April 1840, Unterſuchungen angeſtellt, um nachzuweiſen, ob, in der That, der Urin ſchwangerer Frauen ein ſchleimi— ges Princip enthalte, welches einige DB ftandtheile der Milch darſtellt. Dieſe Subſtanz ſoll in dem Urine ſichtbar wer— den, wenn man ihn 3 — 4 Tage in einem cylindriſchen Glaſe ſtehen läßt, wobei ſich die Subſt inz in Form kleiner undurchſichtiger Koͤrperchen auf die Oberflaͤche erhebt und eine Cruſte bildet, welche nach 3 oder 4 Tagen ſich zerſetze und in Form kleiner Flocken zu Boden ſinke. Der Verf. hat daruͤder Folgendes ermittelt: Eine Frau, im ſechsten Monate der Schwangerſchaft, wurde wegen eines Bconchialcatarrhs aufgenommen; eine halbe Pinte des erſten Urins, welchen ſie Morgens bei'm Aufſtehen ließ, wurde zu drei verſchiedenen Malen in einem Glaſe aufbewahrt und mit Papier bedeckt. Das erſte Mal zeigte ſich nach zwei Tagen eine Truͤbung, und es ſtiegen zahl— reiche, fettartig ausſehende Kuͤgelchen zur Oberflaͤche. Nach zwei Zaren war die Fluͤſſigkeit vollkommen mit einem Haͤut— chen bedeckt (ahnlich wie das Häutchen auf kalt gewordener Hammelbruͤhe). Am ſechsten Tage loͤſ'te ſich dieſe Cruſte und ſank zu Boden; in dem zweiten und dritten Glaſe (nach Heilung der bronchitis) zeigten ſich dieſelben Erſcheinungen, jedoch mit etwas dickerer Cruſte. Nach dieſem Reſultate wurde nun der Urin von 30 Frauen vom dritten bis zum letzten Monate der Schwan— gerſchaft unterſucht; jedesmal (mit drei Ausnahmen) zeigte ſich nach zwei bis drei Tagen eine reichliche Fetthaut. Der Urin mehrerer junger Frauen, welche wegen Men— ſtruationsſtoͤrungen nach dem Dispensary kamen, wurde auf gleiche Weiſe unterſucht; es fand ſich nur bei zweien eine Haut auf dem Urine: eine gab zu, daß ſie ſchwanger ſey und iſt auch ſeildem entbunden; die andere laͤugnete die Schwangerſchaft, obwohl das Ausſehen des Warzenho— fes dafür ſprach. 818 Anfangs hat dieſes Haͤutchen einen nicht unangeneh⸗ men Geruch nach friſchem Kaͤſe; ſpaͤter, wenn das Haͤutchen ſehr dick iſt, necht es nach verfaultem Kaͤſe. Der Urin ſchwangerer Frauen coagulirt nicht durch Hitze oder Salpeterſaͤure, enthaͤlt alſo kein Eiweiß oder Kaͤ— ſeſtoff. Durch Ammonium wird eine betrachtliche Menge phosphorfaure Erde niedergeſchlagen, welche ſich unter dem Mikroſcope eryſtalliſirt zeigt. Ein neues Princip wurde nicht aufgefunden. Das Haͤutchen ſelbſt hat das Ausſehen von weißem Fiſchbeine und zeigt unter dem Mikroſcope eine große Zahl ſchoͤner, dreiſeitiger Prismen in einer Maſſe einer unregel— mäßig koͤrnigen Materie, in welcher man jedoch kleine, regel- mäßige Kuͤgelchen unterſcheidet; dieſe ſchoͤnen Prismen find Cryſtalle von Tripelphosphat der Magneſig. Unterſucht man die Theilchen der Haut, wenn ſie ſich nach einigen Tagen geſenkt haben, ſo zeigen ſie dieſelben Eigenſchaften, jedoch ohne Spuren einer organiſchen Materie. Dieſe Subſtanz naͤhert ſich dem Kaͤſeſtoffe mehr, als irgend einer andern thieriſchen Subſtanz, und der Verf. macht darauf aufmerkſam, daß während der Schwangerſchaft die Bruſtdruͤſen anfangen, gewiſſe Beſtandtheile der Milch zu ſecerniren, bisweilen in ſolcher Quantitaͤt, daß man das Secret ausdruͤcken kann Er nimmt nun an, daß, wenn dieſe Secretion keinen Ausgang finde, fie in der Circulation bleiben und durch den Urin ausgeſchieden werden muͤſſe. Rayer behauptet zwar in ſeinem Werke uͤber die Krank— heiten der Nieren, daß, nach einer ziemlich großen Anzahl von Urinunterſuchungen bei ſchwangern Frauen, nur aͤußerſt ſelten Kaͤſeſtoff darin enthalten ſen. Die Erfahrungen des Herrn G. Bird ſind indeß zu ausfuͤhrlich angeſtellt und mitgetheilt, als daß ihre Reſultate durch Rayer's Behaup— tung umgeſtoßen werden koͤnnen. Die drei Frauen, bei denen Herr G. Bird das Fetthaͤut— chen nicht gefunden hat, litten an Entzuͤndungen, und bei einer derſelben erſchien das Haͤutchen auf der Stelle nach Beſeitigung der Krankheit. Auf dem Urine der Ammen iſt dieß Haͤutchen vergeb— lich geſucht worden; es fand ſich nur ein einziges Mal, da— gegen zwei Mal auf dem Urine von Frauen, welche eben aufgehoͤrt hatten, zu ſaͤugen. Die Reihe der Beobachtungen iſt nicht groß genug, um genau angeben zu koͤnnen, zu welcher Zeit der Schwan— gerſchaft das Hautten ſich zuerſt zeigt. Eine der Frauen behauptete, erſt zwei Monate ſchwanger zu ſeyn; es iſt aber nicht ausgemacht, ob dieſe Angabe richtig war. Der Verf. zieht folgende Schluͤſſe aus ſeinen Beob— achtungen: 1) Gewiſſe organiſche Stoffe, welche dem Kaͤſeſtoffe aͤhnlich ſind und in reichlicher Menge eryſtalliſirte phosphor— ſaure Salze enthalten, werden waͤhrend der Schwangerſchaft aus dem Blute ausgeſchieden und gehen, wenn es nicht auf anderem Wege geſchieht, mit dem Urin ab. 2) Diürch zufällige Umſtaͤnde, beſonders diejenigen, wo— durch die Nieren die Hautfunctionen erſetzen muͤſſen, wird temporaͤr die Entwickelung des Kaͤſeſtoffs aufgehoben, wie 317 ein ähnlicher Einfluß auch in Bezug auf andere Seeretionen ſtatt findet. 3) Die Bildung eines Fetthaͤutchens auf dem Urine bildet mit anderen Symptomen Faͤrbung des Warzenhofs und Aufhören der Menſtruation) ein Schwangerſchaftszei— chen von einigem Werthe. 0 Exſtirpation einer Geſchwulſt aus der Subſtanz des uterus. Von Amuffat. Eine Frau, welche, aus der Normandie gebürtig, ſeit mehre— ren Jahren in Paris lebte, war früher nie ernſtuch krank geweſen. Sie war von mittlerer Größe, hatte ſich jung verbeirachet, hat drei Kinder gehabt und zweimal abortirt. Im J. 1837, im Alter von 45 Jahren, bemerkte fie einige Störung ihrer Regeln, welche reichlicher wurden und häufiger und regelmäßiger wiedertehrten. Sie war darauf anfangs nicht beſonders achtſam und hielt dieſe Verände— rung für die erften Erſcheinungen der Ceſſation; aber nach einigen Monaten kamen wabre Blutungen, welche die Kranke ſchwaͤchten und dadurch anfingen, fie zu beunruhigen. Im Jahre 1838 wen— dete ſie ſich deßwegen an Herrn Trouſſet. Sie war bereits blaß, von etwas gelblicher Geſichtsfarbe, und aus der Geſammtheit der Erſcheinungen mußte man auf eine organiſche Gebärmutters krankheit, als Urſache der Blutung, ſchließen. Dieß beſtaͤtigte ſich, der uterus war vergrößert, wie im Anfange der Schwangerſchaft, er hatte ſich etwas gelenkt, fo daß der Finger den Gebaͤrmutter— hals bald erreichte. Die Vaginalportion war verſtrichen und der Muttermund ſo erweitert, daß die Spitze des Zeigefingers in ihn eingeführt werden konnte. Durch die kleine Oeffnung hindurch war ein glatter, etwas abgerundeter, gegen Druck nicht empfind— licher Körper zu fuͤhlen, welcher übrigens oberhalb des Gebaͤrmut— terhalſes mit der hintern Wand des uterus feſt zuſammenzuhaͤngen ſchien. Ein zur Gonfultation gezogener Geburtshelfer erklärte die Krankheit für einen bösartigen Polypen, der, mit der hintern ute- rus- Wand verſchmolzen, noch in der Gebärmutterhoͤhle eingeſchloſ— ſen und nicht operirbar ſey, ſo daß man nur durch Palliativbe— handlung den Uebergang in Carcinom hinausſchieben und die Kraͤfte der Kranken unterftügen koͤnne. Indeß waren die Blutungen nicht anhaltend; es waren Paus ſen von mehreren Wochen und ſelbſt Monaten; die Frau magerte ab, hatte aber keine lancinivenden Schmerzen und keinen üͤbelrie— chenden Ausfluß, aber ſie litt an Uebelkeit, Ziehen in der Lenden— gegend, Mattigkeit der untern Gliedmaßen und dem Gefühle einer Belaͤſtigung im Becken, nebſt haͤufigem Drange zum Urinjren. Der untere Theil des uterus virgrößerte ſich, die vagina wurde kuͤrzer, der Muttergrund ſtieg über den Schaambogen herauf, und die ges ringſte Koͤrperbewegung veranlaßte auf's Neue einen Blutausfluß. Die Frau ging deßwegen kaum mehr aus, die Verdauung wurde ſchlechter, die Blutungen haͤufiger; in der Zwiſchenzeit ſtellte ſich weißer Fluß ein. Obwohl die Frau die Blutungen wegen der all— gemeinen Schwaͤchung fuͤrchtete, ſo gab ſie doch an, daß ſie ſich nach jedem Blutverluſte wohler fuͤhle. So verfloſſen etwa zwei Jahre; die Blutungen wurden wieder ſeltenerz aber im April und Mai 1840 ſtellte ſich ein fo reichlicher weißer Fuß ein, daß die Kranke ſelbſt fuͤrchtete, von einem Murterkrebfe befallen zu ſeyn. Eine neue Unterſuchung zeigte, daß alles ziemeſch auf dem— felben Puncte ſtehe; doch war die Vaginalportion ſtaͤrker ausge— dehnt und der erreichbare Theil der Geſchwulſt blutete; er ſchien weißlich und glich allerdings einigermaßen einem Krebsgeſchwuͤre. Da indeß doch der Verlauf der fruheren Diagnoſe nicht entſprach, fo wurde eine Gonfultation mit Herrn Amuſſat vorgefchlagen. Dieſer erklärte nach aufmerkſamer Unterſuchung: 1) daß eine Gefhmurft in der Dicke der bintern Wand des uterus und des uterus-Halſes exiſtire; 2) daß dieſe Geſchwulſt eine runde, ſtark convexe, von Oben nach Unten laͤngliche, feſte Maſſe darſtelle, die gegen Berührung nicht empfindlich ſey; 3) daß die vordere Muttermundslippe beträchtlich verdunnt ſey; +) daß die hintere Lippe dicker und hart ſey und 318 mit der Geſchwulſl verſchmelze; 5) daß der aterus beweglich ers ſcheine, Birngeſtalt habe, ſich etwas nach Lints neige und über dem Schambegen in der Große des Kopfes eines ausgetragenen Kine des hervorrage, jedoch nirgends eine Ungleic teit der Oberflache bes merken laſſe (auch nicht bei Unterſuchung durch den Malttcım und die Scheide) ; 6) taß der Muttermund etwa die G öge eines Achte groſchenſtückes habe; 7) daß wegen der Blutung das Aus ſehen des vorliegenden Theses der Geſchwulſt nicht deutlich ſichtbar war; 8) aber, daß aus dem Ganzen ſich fchließen laſſe, daß man es nicht mit einem geſtielten Polypen, aber auch nicht mit einem Krebſe, ſondern wahrſcheinlich mit einer Faſergeſchwulſt zu thun babe, Zwei Tage darauf, nachdem die Blutung aufgehört barte und mit Hülfe des speculum wurden dieſe Ergebniſſe beſtatigt und er— gaͤnzt. Die Geſchwulſt hatte eine ſcheefergraue Farbe, war mit einem ſchleimigen, nicht übelriechenden Webersuge bedeckt und dlu⸗ tete bei der mindeſten Berührung. Die Eierſtöcke waren nicht ans geſchwollen, und der uterus zeigte eine nicht gleich maͤßſge, ovale Ausdehnung. Amuſſat war der Anſicht, daß man eine Operation vers ſuchen konne, um den nahe bevorſtehenden Tod der Kranten ab: zuwenden; indeß ſchien es ihm noͤthig, die Anſicht einiger Collegen kennen zu lernen. Bei einer gemeinſchaftlichen Unterſuchung am 8. Juni erklärten ſich die Herren Recamier und Ribes ganz und gar fuͤr die ausgeſprochene Anſicht, namenttich auch in Bezug auf die große Lebensgefahr des Zuſtandes und auf die dringende Inz dication eines Operationsverſuches. Zur Vorbereitung auf dieſe gefaͤhrliche Operation wurde ein mildes laxans gegeben und nachdem die Verwandten von der Nothwendigkeit und gleichzeitig von der Gefahr der Operation uns terrichtet waren, fo wurde am 11. Juni von Herrn Amuffat, unter Aſſiſtenz der Herren Lucian Boyer, Filhos, Le vail— lant und Trouſſel, die Operation begonnen. Die Kranke wurde, einem Fenſter gegenüber, auf ein zweckmaͤßiges Operationslager in die Steinſchnittslage gebracht, nachdem man ſich überzeugt hatte, daß Maſtdarm und Blaſe leer ſeyen. Durch allmaͤligen, jedoch Fräf: tigen Druck auf die regio hypogastrica und durch Eröffnen des Eingangs der Scheide gelang es, den Mutterhals ohne speculum ſichtbar zu machen; es erſchien der von der vordern verdünnten Muttermundslippe unvellſtandig umgebene Theil der Geſchwulſt in der Scheidenmünduna.. Amuſſat verſuchte mit dem Finger die Adhaͤrenzen der Geſchwulſt zu zerſtoͤrenz eine Muffeurfhe Da: kenzange, womit man die Geſchwulſt herabzichen wollte, genirte mehr und mußte daher abgenommen werden. Amuffat fuhr ins deß mit der Trennung der Geſchwulſt von der hintern Mutter⸗ mundslippe fort; die letztere erſchien nun eben ſo dünn, wie die vor: dere Lippe; dieß ließ eine ähnliche Verdünnung der ganzen hin⸗ tern Wand vermuthen und veranlaßte zu vermehrter Vorſicht, um eine Ruptur des uterus zu vermeiden. Durch gleichzeitige Unter: _ ſuchung durch das rectum erkannte man auf das Beſtimmteſte, daß die hintere Wand an dem Anfage der Geſchwulſt, in der That, außerordentlich dunn ſey. Es waren nun drei Hakenzangen mög: lichſt hoch in die Geſchwulſt eingeſetzt; mit dieſen wurde ſie berabs gezogen, waͤrrend der Operateur mit feinem Finger, dicht auf der Subſtanz der Geſchwulſt bleibend, dieſelbe aus dem G webe des uterus aus zuſchaͤlen ſuchte. Die Hakenzangen gingen oͤfter los und mußten auf's Neue angelegt werden; endlich war der untere Theil der Geſchwurſt ganz von feiner Verbindung mit dem Mut⸗ terbalſe geloͤſ't; dieſer Erfolg ermuthigte zur Fortſetzung; die Ger ſchwulſt wurde daher kraͤftiger herabgezogen, wobei ein Druck über dem Schambogen nachhalf. Der Muttermund wollte ſich nicht mehr erweitern laffen und wurde daher durch mehrere kleine Einſchnitte eingekerbt aber auch danach rückte die Geſchwulſt nicht tiefer herab, fo daß man fab, daß fie beſonders durch ihre Vers bindung mit dem uterus ſelbſt zurückgehalten wurde Durch die Hakenzangen war die Geſchwutſt mehrfach einger ſſen, und es zeigte ſich, daß fie eine ziemlich feſte, roͤtbliche, faſcrige Hüue babe und innen aus weißlichen, gewiſſermaßen ſehnigen Schichten beftche, die zwar weich waren, aber feſtern Widerſtand teiſteten. Die Ope⸗ ration dauerte bereits ziemlich lang, und die Kranke war mehr durch die unbequeme Lagerung und den Druck auf den Unterleib, 319 a’s durch den Operationsſchmerz oder die Blutung angegriffen. Eine Ausſchaͤlung der Geſchwulſt mit einem gebogenen Spatel ges lang nicht, und Amuſſat beſchtoß, nachdem der Kranken einige Zit Rahe vergönnt war, auf dem erſten Wege fortzufahren. Die Anlegung einer Ligarar, um die Geſchwulſt herabzuziehen und den Raum für den Finger nicht zu beengen, wie es durch die Zangen geſchah, gelan z nicht, denn die Ligatur glitt ab; man mußte daher abwechſelnd die Geſſhywulſt herabzithen und den Finger zur Aus— ſchalung wirken laſſen; dadurch ruckte die Geſchwulſt im ner tiefer und endlich zwiſchen die Scham ippen ein. Nun begann die Kranke zu drängen, wie bei einer gewöhnlichen Entbindung, was aber möglichft unterfagt wurde, weil man eine Umftulpung des uterus befürchtete. Endlich trat die Geſchwulſt hervor, immer noch nach Oben feſt anhangend, und obwohl der Finger fortfuhr, dieſe Adhaͤ— renzen zu loͤſen, fo jtulpte ſich doch der Mutterarund um. Die Geſchwulſt lag ganz frei und erſchien nun wie geſtielt. A muſ— fat verdoppelte nun feine Vorſicht, da er verſichert war, daß das peritonneum ſehr nahe liegen müſſe. Mit den Nägeln und mit der Spitze ſtumpfer Scheeren gelang es endlich, die Geſchwulſt aus dem Grunde des umgeſtuͤlpten uterus vollends auszuſchaͤlen. So— gleich ſtieg der uterus in das Becken zuruck; der Mutterhals zog ſih um den umgeſtuͤlpten Grund zuſammen, und dieſer wurde mit den Fingern i: die Hoͤhe geboben, damit er nicht eingeklemmt wurde es blieben zwei Aushoͤhlungen, deren Grund faſt durch— ſcheinend war, fo daß er offenbar pur von einer fehr dünnen Mus— kelfaſerſchicht, vielleicht fogar nur vom periton ieum, gebildet war. Einige haͤutige oder musculdſe Fetzen, welche zur Scheidenmuͤndung berausbingen, wurden mit der Scheere abgeſchnitten; das Uebrige uͤberließ man der Zerſtoͤrung durch Eiterung. Die Theile wurden mit kaltem Waſſer gewaſchen und die Kranke in ihr Bette gebracht. Dieſe muͤhſame Operation hatte 2! Stunde gedauert und war von der Kranken mit eben ſo viel Math ausgehalten, als von Amuſſat mit Koltbluͤtigkeit und außerordentlicher Geſchicklichkeit ausgeführt. Die Kranke war mehr ermüdet, als geſchwächt; fie hatte während der Operation nicht viel Blut verloren, und nach der Entfernung der Geſchwubſt hoͤrte ſogleich alle Blutung auf; die Kranke erhielt etwas Orangenzuckerwaſſer; der Puts hob ſich, es folgte reichlicher Schweiß, und die Kranke erbielt jetzt ein leichtes Opiat. Die Geſchwulſt ſah in Form, Farbe und Groͤße einem kleinen Straußei ähnlich; fie wog 11 Unzen und war + Zoll 5 Linien lang und 2 Zoll 7 Linien dick; ſie war von weicher Conſiſtenz, un— gefaͤhr wie ein mit Milch gefuͤlltes Kuheuter. Im Innern zeigte fie die perlmutterartig weiße Faͤrbung und die concentriſch durch— einandergeſchlungenen fibroͤſen Faſern, kurz die Beſchaffenheit einer gewöhnlichen fibröfen Geſchwulſt des uterus; auf ihrer Oberfläche zeigten ſich Reſte der Muskelſubſtanz des uterus, welche die Ge— ſchwulſt umhuͤllt hatte. Nachdem ſüh die Kranke von der allgemeinen Nervenerſchuͤtte— rung erholt hatte, die durch eine ſo wichtige Operation bewirkt werden mußte, gingen die nähften vier Tage ohne einen Zu: fall hin; hierauf zeigten ſich einige Erſcheinungen entzuͤndlicher Reaction, welche durch einen Aderlaß vollkommen auf die Gebaͤr— mutter beſchraͤnkt wurden. Am sten Tage wurde der Ausfluß ſchwärzlich und übelrſechend; es wurden erweichende Einfprigungen mit Eichenrindendecoct gemacht. Der uterus ftand noch über dem Schambogen, war gegen Beruͤhrung nur wenig empfindlich; ſeine hintere Wand erſchien dicker, ebenſo die Umgebungen des weniger erweiterten Muttermundes. Nun entwickelte ſich eine Art von 820 phlegmasia alba dolens des linken Beines oder vielmehr eine phle- bitis in Felge der Ausbreitung der uterus-Entzundung, oder in Folge purulenter Reſorption, oder vielleicht auch in Folge der Com— preſſion des plexus ischiadicus und der vasa erurmliu; es folg⸗ ten nun Fieberanfälle, knotige Anſchwellungen der vena sa- phena; der Puls wurde ſpaͤter ſchwach; die Kranke erhielt Ching; die Krafte ſanken immer mebr; am gten Tage war der Puls ſchwach und beſchleunigt, die Zunge trocken, ſchwaärzlich belegt, das Geſicht wid, collabirt, allgemeines Froͤſteln, der Unterleib nicht ſchmerzhaft. Es wurden Sinapismen an die Extremitäten der rede ten Seite gel gt; die Kranke wurde warm zugedeckt, erhielt etwas laudanum, Wein und Bouillon, und alle zwei Stunden wurden 15 Grammen Mercurialſalbe in den linken Schenkel eingerieben. Der Puls hob ſich, die Koͤrperwaͤrme kehrte zuruͤck, jedoch gegen Abend wiederholte ſich das Fieber; fie erhielt etwas Chinin mit lauda- num. Nun beſſerte ſich dieſer gefährliche Zuftand: in der dritten Woche ſchwoll indeß auch der rechte Fuß an, werauf ſich das All gemeinbefinden wieder bedeutend oerſchlimmerte. Nach und nach waren etwa 8 Unzen Queckſilberſalbe eingerieben, es ſtellte ſich Sa— livation ein, dagegen nahm die Geſchwulſt der untern Extremitaͤten ab. Am zZoiſten Tage konnte die Frau zum erſten Male aus dem Bette gebracht werden; nun wurde der Schlaf beſſer; ſie bekam nährendere Diät, und die MR convalescıng war eingetreten. Am 24. Auguſt, 21 Monat nach der Operation, befand ſich die Ope— rirte in einem ganz günftigen Zuſtande. (Revue med, Aout 1840) ee e Ueber die Beziehung zwiſchen Blut, Eiter, Schleim und Epidermis kommt Dr. Mandl zu folgenden Schluͤſſen: 1) Die fibrinoͤſen Kuͤgelchen des Blutes, Schleimes und Eiters find identiſch; alle Kuͤgelchen find das Product der Coagu— lation des Faſerſtoffs in dem Blutſerum, welches durch die Waͤnde der Blutgefäße durchgeſchwitzt iſt; 3) der fluͤſſige Beſtandtheil, in welchem dieſe Kügelchen ſchwimmen, ſtellt die Verſchiedenheit zwi— ſchen Eiter und Schleim dar; 4) wenn die Faſerſtoffkuͤgelchen auf der Oberflaͤche der Secretionsmembran fixirt bleiben, ſo werden ſie zu Kernen der Epidermiszellen, welche die Elemente der Epider- mis darſtellen; 5) bleiben ſie dagegen auf der Oberflaͤche der Membran frei, ſo werden ſie vom Organismus ausgeſtoßen und bilden ein Element des Eiters und Schleimes; 6) beide Flüſſigkeiten find daher nichts als filtrirtes Blut, d. h. ſie enthalten alle Elemente des Blutes außer den Blutkuͤgelchen, waͤhrend zugleich das Blutſerum chemiſche Veränderungen erlitten hat. (Gaz. med, Juil- let 18401. Kalte Waſchungen der Bruſt im Keuchhuſten em- pfiehlt Dr Hanney als das vorzuͤglichſte Mittel, die Heftigkeit der Krankheit zu mildern und die Dauer derſelben bisweilen auf wenige Tage abzukuͤrzen. Die Waſchung wird auf die Weiſe vor⸗ genommen, daß man die Hand in ein Handtuch wickelt, ſie in eiskaltes Waſſer, dem etwas Weineſſig oder Eau de Cologne zus geſetzt iſt, taucht, ſehr raſch die ganze Bruſt abwaͤſcht und ſodann ſogleich mit einem gewaͤrmten Handtuche trocknet, fo daß die Haut roth wird. Dieß wird zwei bis vier Mal taͤglich wiederholt, ſelbſt bei Complication mit bronchitis. Nekrolog. — Der beruͤhmte und um Behandlung der pſychiſchen Krankheiten hochverdiente Arzt zu Paris, Dr. Esqui- rol, iſt 11. December geſtorben. Bibliographische neuigkeiten. Elémens de tératologie vegetale ou Histoire abregee des ano- malies, de l’organisation dans les végétaux. Par A. Moquin Tandon. Paris 1840 8. Ueber die Reproduction der Gewächfe, in'sbeſondere der Holzpflan— zen. Ein Beitrag zur Pflanzen-Phyſiologie, mit An vendung auf Korits und Landwirthſchaft und auf Gartenbaukunſt. Von J. K. Waͤchter, Forſtrath. Hannover 1840. 8. Note statistique sur les Aliénes du Département du Bas- Rhin d’apres les observations recueillies a l'Hospice de Stephans- feld, pendant les années 1836, 1837, 1833, 1839. Par L. F. E. Renaudin, DM., ancien médecin de cet établissement. Strasbourg et Paris 1840. Traité de l’Enterite folliculeuse (fievre typhoide). Par C. P. Forget, Professeur de clinique médicale à la faculte de Stras- bourg etc, Paris 1840. 8. —— — Neue Uotizen aus dem Gebiete der Nakur- und Beilkunde, nefanımelt und mirgeıbeilt von dem Ober, Medirinalrarhe Froriep jn Weimar, und dem Medisimatraibe un Vrofrfior Eroriep ju Berlin, Ne. 351. (Nr. 21. des XVI. Bandes.) December 1840. Gedruckt im Landes »Induftrie: Somptoir zu Weimar. Preis einıt ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Rthir. oder 3 Fl. 36 Ar. , des einzelnen Stüdes 3 ggl. Die Tafel ſchwarze Abbildungen 3 gal. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 gal. Narren Ueber die Wiederkaͤuer mit hohlen Hoͤrnern. (Auszug aus dem erſten Abſchnitte einer Monographie des Herrn Ogilby.) Wenn der Zoolog, der die Wiederkaͤuer zum Gegens ſtande eines beſondern Studiums gemacht hat, deren Na— turgefchichte durchgeht, fo muͤſſen ihm die Verwirrung der Synonymen, die Nachlaͤſſigkeit und Ungenauigkeit der Be— ſchreibungen, die Unbeſtimmtheit der Graͤnzen der generi— ſchen und ſubgeneriſchen Gruppen, der nichtsſagenden und eingeſtandener Weiſe empiriſchen Grundſaͤtze der Claſſifica— tion und folglich die große Anzahl der vorgeblichen Arten, fo wie uͤberhaupt die unſyſtematiſche Behandlung dieſes Zweiges der Mammalogie auffallen. Die Anſichten der neuern Schriftſteller über dieſen Gegenſtand find nicht ra— tioneller, als die ihrer Vorgaͤnger, und ruͤckſichtlich der ge— neriſchen Anordnung befinden ſich die Wiederkaͤuer noch ziem— lich in demſelben Zuſtande, in welchem ſie Ray vor 150 Jahren ließ. Der Verfaſſer betrachtet nun die Geſchichte der Claſſi— fication dieſer Thiergruppe, und theilt die Anſichten der ver— ſchiedenen Schriftſteller nebſt critiſchen Bemerkungrn mit. Er beginnt mit der im J. 1693 erſchienenen „Synopsis Methodica- Has. Die Gattungen Ovinum, Bovi- num und Caprinum, welche Ray aufgeftellt hat, be: trachtet Ogilby als durchaus natuͤrliche Gruppen, woge— gen er die Charactere, durch welche ſie von einander unter— ſchieden werden und unter denen die groͤßere oder geringere Krümmung der Hörner, das Vorhandenſeyn eines Bartes oder einer Wamme, die Zahl der Zitzen, und die wollige oder haarige Beſchaffenheit des Felles die vorzuͤglichſten ſind, für trivial, willkuͤrlich und nichtsſagend erklärt. Das Systema Naturae wird zunäaͤchſt in der fragli— chen Beziehung gepruͤft, und Herr Ogilby iſt der Anſicht, daß die generiſchen Charactere, welche Rinne aufgeftellt, zwar ebenfalls willkuͤrlich und empiriſch ſeyen, allein von der logiſchen Schaͤrfe und der Einfachheit zeugten, welche dem Genie jenes großen Mannes ſo eigenthuͤmlich angehörten. Obwohl feine Claſſification weder eine natürliche, noch eine No. 1451, kunde wiſſenſchaftliche war, fo paßte fie doch wenigſtens in biagro» ſtiſcher und ausſchneßender Bezi hung auf die wenigen damals bekannten Wiederkaͤuer. Waͤb rend aber die Naturgeſchichte der zuminantia von Linné nur um Weniges weiter fortgebils det wurde, machte ſie unter den Auſpicien ſeines großen Zeitgenoſſen und Nebenbuhlers, Buffon's, ſchnelle und hoͤchſt bedeutende Fortſchritte. Schon im Jahre 1764, zwei Jahre vor dem Erſcheinen der zwoͤlften Ausgabe des Syste- ma Naturae, hatte Buffon neue Formen der Wieders kaͤuer aufgeſtellt und wichtige Beziehungen zwiſchen denen mit hohlen Hoͤrnern zur Kenntniß des Publicums gebracht. Der Artikel Gazelles im 12ten Bande feines Hauptwer— kes war das Wichtigſte, was feit Ray's Zeit hinſichtlich der generiſchen Anordnung der Wiederkaͤuer geſchehen, und muß für die erſte Monographie der zwei Jahre ſpaͤter auf diefen Artikel gegründeten und von Pallas in Vorſchlag gebrachten Gattung Antilope gelten. Zunaͤchſt betrachtet Herr Ogilby die Werke von Pallas, Pennant, Allaman, Gmelin, Erxle⸗ ben, Shaw, Illiger, Lichtenſtein, De Blain⸗ ville und dem Oberſten Hamilton Smith. Auf die Beſchaffenbeit der Schnautze und die Thrä- nengruben legte zuerſt Illiger Gewicht, und feinen An⸗ ſichten pflichteten Lichtenſtein, De Blainville und Hamilton Smith bald in ihren verſchiedenen Monogra⸗ pbieen bei, wodurch die Antitopen in etwas mehr natürliche Gruppen eingetbeilt wurden, als es nach den fruͤhern Grund⸗ ſätzen möglich war. Das Erſcheinen von Hliger's Pro- dromus machte alſo hinſichtlich der Naturgeſchichte dieſet Thiere gewiſſermaaßen Epoche. In Dr. Lichtenſte in's Monographie find 29 Ar⸗ ten beſchrieben, und dieſe zerfallen in vier Gruppen, welche durch die Anweſenheit oder Abweſenheit des Gehörns dei den Weibchen, der Thraͤnengruben, der Wamme, ſo wie durch die vethaͤltnißmaßige Länge des Schwanzes characteri⸗ ſirt werden. Allein der Verf. war in vielen Fallen mit den ſpecifiſchen Characteren der Thiere unbekannt, und ſo iſt die Zufammenftellung feiner Gruppen in verſchiedener Hinſicht fehlerhaft. Uebrigens ſind die W auf ſehr richtige 325 Anſichten gegründet, und dabei iſt auf keine fo trivialen Cha— ractere Ruͤckſicht genommen, wie die, welche De Bla in— ville und Hamilton Smith zu Huͤlfe genommen haben. Herr De Blainville, deſſen Monographie der Gat— tung Antilope im Jahre 1826 erſchien, begnuͤgte ſich da— mit, von der Hauptgruppe mehrere Arten abzuſondern, die er für die anomalſten hielt, worauf er die Charactere der ſo gebildeten Untergattungen nach den Characteren der letztere bildenden Arten feſtſtellte. Auf dieſe Weiſe gelang es ihm unſtreitig, einige natuͤrliche Gruppen zuſammenzuſtellen, ge— gen die ſich nur einwenden laͤßt, daß ſie Unterabtheilungen einer Hauptgruppe ſind, welche ihres Theils fuͤr keine na— türlihe Gattung gelten kann. Zu den acht von De Blainville aufgeſtellten Gat— tungen fügte Desmareſt noch drei hinzu, von denen zwei, naͤmlich die Trennung der aͤchten Antilopen von dem Kudu und dem Buſchbocke, fo wie von Oryx, allen Bei— fall verdienen. Das Hauptverdienſt der Monographie des Oberſten Hamilton Smith, die in Griffith's Ueberſetzung von Cuvier’s Regne animal mitgetheilt ward, beſteht darin, daß er die von De Blainville und Desmareſt un: berührt gelaſſene Gruppe in acht kleinere aufloͤſ'te, die in jeder Beziehung ſchaͤrfer characteriſirt und natuͤrlicher ſind, als jene. Der naͤchſte Abſchnitt von Ogilby's Artikel beſchaͤf— tigt ſich mit der Wuͤrdigung der, bisher in Betreff der generiſchen Vertheilung dieſer Thiere angewandten Char ractere. Die Gattungen Bos, Ovis und Capra, welche durch allbekannte Typen repraͤſentirt werden, gruͤndeten ſich auf klare und beſtimmte Begriffe und boten der Anſchauung deutliche und feſte Formen dar. Da aber die Gattung An- tilope nicht durch ein allgemein zugaͤngliches und bekann— tes Beiſpiel repraͤſentirt ward, ſo herrſchte in Bezug auf Alles, was dieſes genus betraf, große Unbeſtimmtheit der Anſchauung. Der Begriff, welchen ſich der angehende Na— turforſcher daruͤber bildete, war rein negativ; er wußte, daß die Antilope weder ein Rind, noch ein Schaaf, noch eine Ziege ſey. Die Charactere, auf welche dieſe Gattung gegruͤndet iſt, ſind uͤberdem durchaus negativer Art, indem durch diefelben nur alle übrige hohlhoͤrnige Wiederkaͤuer von den Ochſen, Schaafen und Ziegen unterſchieden, aber nicht poſitiv in eine beſtimmte Gruppe vereinigt werden, ſo daß dadurch keine natuͤrliche Gruppe begruͤndet iſt. Die Gat— tung Antilope ward daher bald der allgemeine Zufluchts— ort aller wiederkaͤuenden Thiere mit hohlen Hörnern, die ſich nicht bei den Ochſen, Schaafen und Ziegen unterbringen ließen, und ſo wurden in derſelben die abweichendſten For— men und Charactere angetroffen, bis ſich die Zoologen end— lich, theils durch die unphiloſophiſche Art der Zuſammen— ſtellung, theils durch den gaͤnzlichen Abgang von natüclichen oder kuͤnſtlichen Characteren, vorzuͤglich aber durch die aus der ungehoͤrigen Ausdehnung der Gattung entſpringenden practiſchen Uebelſtaͤnde genoͤthigt ſahen, die oben dargelegten theilweiſen Abhuͤlfen in Anwendung zu bringen, die ſich je— 324 doch durchgehends auf das Princip gruͤnden, die Gattung Antilope in diejenigen Gruppen einzutheilen, durch welche ſich jene Uebelſtaͤnde und Inconſequenzen am bequemſten ab— ſtellen und die in Anſehung der Organiſation und Lebens— weiſe am naͤchſten mit einander verwandten Arten in beſon— dere Abtheilungen vereinigen ließen. Hierbei gingen alle Naturforſcher, die ſich mit dieſer Aufgabe beſchaͤftigten, von der Anſicht aus, die Gattung Antilope ſey eine natuͤrliche Gruppe, obwohl ſie eingeſtehen mußten, daß ſie nicht einen einzigen ihr ausſchließlich eigenthuͤmlichen oder auch nur al— len Arten gemeinſchaftlich angehoͤrenden Character darbiete. Sie kann daher keineswegs auf den Namen einer natürlis chen, ja nicht einmal auf den einer kuͤnſtlichen Gruppe An— ſpruch machen. Die von Geoffroy St. Hilaire in Betracht der Beſchaffenheit des Kerns der Hoͤrner vorge— ſchlagene, fo wie die in einer Sitzung der Zoological So- ciety von Hrn. Agaſſiz aufgeſtellte Diagnoſe, als ob ſich naͤmlich dieſe Thiere dadurch von Bos, Ovis und Capra unterſchieden, daß die Windung ihrer Hoͤrner von der Lin— ken zur Rechten gerichtet ſey, gruͤndet ſich auf vorſchnelle Generaliſirung von Kennzeichen, welche ſich bei wenigſtens drei Viertheilen der Arten nicht vorfinden. Die Geſtalt oder Kruͤmmung der Hoͤrner, der Bart, die Wamme, die scopae, die Zahl der Zitzen und andere bisher zur Unterſcheidung der genera der Wiederkaͤuer ans gewandte Charactere find, der Anſicht des Herrn Ogilby zufolge, durchaus trivial, unbedeutend und zufaͤllig, indem ſie nicht nur keinen nachweisbaren Einfluß auf die Lebens— weiſe oder die organiſchen Functionen der Thiere aͤußern, ſondern auch in jedem beliebigen Grade modificirt werden, ja ganz verloren gehen koͤnnen, ohne daß die generiſchen Be— ziehungen ſich dadurch im Geringſten aͤndern Nachdem Herr Ogilby die Maͤngel der gegenwärtigen Claſſification der Wiederkaͤuer mit hohlen Hoͤrnern darge— legt, wandte er ſich zur Auseinanderſetzung der Grundſaͤtze, die er in dieſer Beziehung fuͤr die angemeſſenſten haͤlt, ſo wie der Beſchaffenheit und Ausdehnung ſeiner Forſchungen. Er will das Geſetz der Claſſification aufrecht erhalten wiſ— fen, daß keine generiſchen Charactere zulaͤſſig ſeyen, die ſich nicht auf nothwendige Beziehungen zwiſchen der organiſchen Bildung und der Lebensweiſe, fo wie den organiſchen Fune— tionen der Thiere gruͤnden. Der naͤchſte Abſchnitt der Monographie iſt der Be— trachtung der Hoͤrner der Wiederkaͤuer gewidmet. Zuerſt handelt der Verfaſſer von der Subſtanz derſelben; dann von dem Umſtande, ob ſie abgeworfen werden oder nicht; ferner von deren Anweſenheit oder Abweſenheit bei den verſchiede— nen Gattungen und Geſchlechtern und endlich von deren Zahl, Geſtalt und Biegungen. Nachdem der Verf. die allgemeinen Unterſchiede zwi— ſchen den Hoͤrnern der Hirſchfamilie und denen der Wieder— kaͤuer mit hohlen Hoͤrnern dargelegt hat, betrachtet er die mehrfachen Verſchiedenheiten in dem Kerne der Hoͤrner der letztern Gruppe. In manchen Fällen iſt die Subſtanz dieſes Knochenkerns maſſiv oder wenigſtens nur von feinen Loͤchern durchſetzt; in bei weitem den meiſten aber theilweiſe hohl oder 325 voll großer Zellen, welche mit den Stirnhoͤhlen communiciren. Dieſe Verſchiedenheiten ſind nicht auf beſondere Gruppen be— ſchraͤnkt, ſondern ebenſowohl bei den Wiederkaͤuern mit mafs ſiven, als bei denen mit hohlen Hörnern anzutreffen. So findet man, z. B., bei der Giraffe ſehr große Zellen, des— gleichen bei den Ochſen, Schaafen, Ziegen und allen bisher zu den Antilopen gerechneten groͤßern Arten. Ja ich habe den maſſiven Kern, auf welchen die Herren Cuvier und Geoffroy St. Hilaire fo großes Gewicht legen, bei keiner einzigen Art, außer A. Cervicapra, A. Doras und den dieſen verwandten Arten gefunden, Von den erhabenen Kanten und Ringen der Hoͤrner bemerkt Herr Ogilby, daß die Zahl derſelben, welche bin— nen einer gegebenen Zeit hinzukommt, ungemein verſchieden zu ſeyn ſcheine. Von der gemeinen Kuh nimmt man ge— woͤhnlich an, fie erhalte nach dem dritten Lebensjahre all: jahrlich einen Ring mehr an jedem Horne; allein dieß kann keineswegs als allgemeine Regel gelten. Zwiſchen dem 20. Juli und 31. October 1833 erhielt eine junge Oſtindiſche Antilope (A. Cervicapra), die Ogilby zu dieſem Ende gezeichnet hatte, drei Ringe an jedem Horne mehr, waͤh— rend die Hörner um volle 1 Zoll länger wurden. Aehn— liche Erſcheinungen hat der Verf. auch an andern Arten beobachtet. Der Umſtand, ob die Hoͤrner periodiſch abgeworfen werden oder nicht, ſoll davon abhaͤngen, ob dieſelben maſſiv oder hohl ſind, und Herr Ogilby bemerkt, daß es, ſtreng genommen, nicht richtig ſey, anzunehmen, die hohlen Hoͤrner blieben ein für allemal ſtehen. Das hohle Horn wird fo gut abgeworfen, wie das maſſive, nur in einer andern Weiſe. Buͤffon iſt wegen dieſer Behauptung in Betreff des Hausochſen oft laͤcherlich gemacht worden; allein er hatte viel genauer beobachtet, als feine Tadler, und Herr Ogilby ſelbſt hat ſeine Beobachtung bei vielen andern Wie— derkaͤuern beſtaͤtigt gefunden. Unterſucht man die Hörner irgend eines jungen Thieres, ſo wird man finden, daß ſie aus einer groben, rauhen, ſchwammigen Maſſe beſtehen, im Verhaͤltniſſe zu ihrer Laͤnge ſehr dick und ſtumpf und bis faſt zur Spitze hohl ſind. Man unterſuche daſſelbe Thier, wenn es erwachſen ift, und man wird finden, daß die Hörner, zumal nach der Spitze zu, eine dichte, glatte Oberflaͤche dar— bieten, verhaͤltnißmaͤßig weit duͤnner find, in eine feine Spitze auslaufen und im endſtaͤndigen Dritttheile ihrer Laͤnge ganz maſſiv ſind. Dieſe Veraͤnderungen haben ihren Grund nicht nur in der Abreibung und dadurch herdeigefuͤhr— ten Politur der Hörner, wie man gewöhnlid annimmt. Durch dieſe Annahme wird der Unterſchied in der Textur und Feſtiakeit der alten und jungen Hoͤrner nicht erklaͤrt. Die Sache verhielt ſich ſo, daß zur Zeit des Zahnwechſels das permanente Horn ſich unter oder in dem abfallenden Horne entwickelt und dieſes bei'm Fortwachſen vor ſich her und aufwaͤrts ſchiebt, ſo daß das neue Horn in dem alten, wie ein Meſſer in ſeiner Scheide, ſteckt. Das ſo von den es früher ernaͤhrenden Gefäßen getrennte Horn des jungen Thieres vertrocknet, ſpringt, wenn das neugebildete Horn ſich ausdehnt, von demſelben ab und blaͤttert ſich in Ge— 526 ftalt breiter, unregelmäßiger Streifen ab, fo daß das perma⸗ nente Horn mit feiner polirten Dterflähe und maffiven, ſchar⸗ fen, duͤnn auslaufenden Spitze zu Tage kommt. So weit Ogilby nach feinen Beobachtungen beurtheilen kann, fin⸗ det dieſe Abblaͤtterung nur einmal waͤhrend des Lebens des Thieres ſtatt, und zwar zur Zeit, wo daffelbe anf ingt, zeus gungsfaͤhig zu werden und gleich vor dem Erſcheinen des erſten Ringes. Obgleich die Erſcheinung nicht plotzlich eintritt, oder das Thier eine Zeit lang der Hörner ganz beraubt, fo findet doch ein wahres und vollſtaͤndiges Abwerfen der Hörz ner ſtatt, und es werden dadurch manche Umſtaͤnde erklärt, welche ſich, bevor man dieſe Beobachtung gemacht, nicht aufhellen ließen. So find, z. B, die Hörner bei Oryx bei'm erwachſenen Thiere vorzüglich gerade und ungemein ſcharf, dagegen bei'm Jungen ganz ſtumpf und beinahe rechtwinkelig zuruͤckgebogen; die theilweiſe leierförmigen Hör: ner des Koba oder Singsing find in der Jugend faft ges rade, was man an dem im Naturaliencabinette der Geſell— ſchaft befindlichen Exemplare bemerken kann. Es muß nur noch erwähnt werden, daß das ſpaͤter ſich abblätternde junge Horn durchaus das Gewaͤchs des erſten Jahres zu ſeyn ſcheint, wiewohl es gewoͤhnlich weit laͤnger ſtehen bleibt. Bei einer jungen Leucoryx -Antilope in dem Frankfurter Naturaliencabinette find an den 18 bis 20 Zoll langen Höre nern die Spitzen noch ſo ſtumpf, wie bei einem andern Exemplare, wo die Hörner nur 2 Zoll Länge haben. Dies ſes Stehenbleiben oder Abfallen der Hörner — denn in ei— nem allgemeinen Sinne des Ausdruckes und beſonders im Gegenſatze zu den maſſiven Organen der Hirſcharten kann das hohle Horn fuͤr nicht abwerfbar gelten — iſt ein conſtanter und unveraͤnderlicher Character, welcher auf die Lebensweiſe und die organiſchen Functionen der Thiere einen unmittelbaren und maͤchtigen Einfluß ausuͤbt. Die Hirſcharten begeben ſich zur Zeit, wo ſie das Geweih abwerfen und ein neues auf— ſetzen, an beſtimmte Orte und leben waͤhrend dieſer Periode in einer ganz eigenthuͤmlichen Weiſe; ſie werden aͤußerſt ſchuͤchtern und mager, ziehen ſich von den offenen Aeſungs⸗ plaͤtzen in Dickigte zuruͤck, und geben ihre geſellige Lebens weiſe auf, indem ſie dieſe Zeit der Verkuͤmmerung jedes fuͤr ſich verleben. Sobald jedoch das neue Gehoͤrn Feſtig⸗ keit und Staͤrke erlangt, nimmt der Hirſch auch feine fruͤ⸗ here Lebensweiſe wieder an und ethaͤlt ſeinen Muth wieder. Bei den Wiederkaͤuern mit hohlen Hörnern ſind dergleichen Erſcheinungen nicht zu bemerken; die Lebensweiſe derſelben Art iſt zu allen Jahreszeiten dieſelbe, und die dei verſchie⸗ denen Arten zu beobachtenden Abweichungen beruhen auf andern Urſachen, uͤber die wir uns ſpaͤter verbreiten werden. Die Abaͤnderungen in der organiſchen Structur, durch welche dieſe verſchiedenen Wirkungen hervorgebracht werden, ſind zu conſtant und einflußreih, als daß fie bei einer natürlichen Claſſification der Wiederkaͤuer unberuͤckſichtigt gelaſſen werden dürften. Sie find auch von Ogilby's Vorgängern beach⸗ tet worden, und es laͤßt ſich in Wahrheit behaupten, daß es die einzigen wirklich wichtigen Charactere ſind, welche man bisher zur Unterſcheidung der genera dieſer Thiere be nutzt hat. . 527 Die Anweſenheit oder Abweſenheit der Hörner bei ger wiſſen Arten oder den Weibchen iſt von mehreren Natur— forſchern zur Unterſcheidung von Gattungen theilweiſe ange— wandt worden; indeß hat man, nach der Meinung des Verf., die Bedeutung dieſes Characters nicht gehoͤrig gewüͤr— digt. Er legt deſſen Wirkung auf die Lebensweiſe und or⸗ ganiſchen Functionen der Wiederkaͤuer dar. Die Sanfte muth und Furchtſamkeit der Species, bei welchen die Weib— chen keine Hoͤrner haben, daß fie entweder ſtreng in Mono: gamie oder in kleinen abgeſonderten Familien leben, welche aus einem einzigen erwachſenen Maͤnnchen und einer uns beſtimmten Anzahl Weibchen beſtehen, daß das Maͤnn— chen zeitlebens demſelben Weibchen anhaͤngt ꝛc., alle dieſe Umſtaͤnde haͤngen mit dem wehrloſen Zuftande des Weib— chens zuſammen. Dieſe Erſcheinungen hält der Verf. den— jenigen gegenüber, welche man bei den Wiederkaͤuern be— merkt, bei denen beide Geſchlechter Hoͤrner haben. Dieſe Speties ſind außerordentlich kuͤhn, halten ſich meiſt in gro— ßen Heerden beiſammen, begatten ſich ohne Unterſchied mit den Individuen, die ihnen der Zufall zufuͤhrt, und haͤngen nur ſelten beſtimmten Weibchen an. Zunaͤchſt betrachtet Herr Ogilby die Zahl, Geſtalt und verſchiedenen Kruͤmmungen der Hörner, und gelangt ſo zu dem Schluſſe, daß alle die verſchiedenen Biegungen der Hoͤrner, ſo wie deren Zahl, Groͤße und Richtung keine nach— weisbare Beziehung zu der Lebens weiſe und den organiſchen Functionen der Thiere haben, folglich auch nicht zur Unter— ſcheidung der Gattungen benutzt werden duͤrfen ). Da— gegen hat die Form, ſo wie die Behaartheit oder Nackt— heit der Oberlippe einen entſchiedenen Einfluß auf die Lebensweiſe und die organiſchen Functionen der Wieder— kaͤuer und darf daher bei der Claſſificition dieſer Gruppe keinesweges vernachläffigt werden. Andere wichtige Charae⸗ tere koͤnnen von der Form der erumens und anderer Drü: ſen, ſo wie gewiſſen Gruben oder Hoͤhlen, die ſich, zumal am Kopfe der wiederkäͤuenden Thiere, nach Außen münden, hergeleitet werden. Die merkwuͤrdigſten und gewoͤhnlichſten unter dieſen lestern ſind die unter den Augenhoͤhlen, welche man gewoͤhnlich die Thraͤnengruben nennt, die aber Herr Ogilby mit dem Namen crumens bezeichnet, welchen Ausdruck Dr. Flemming zuerſt angewandt hat. Sie lie— gen etwas unter dem innern Augenwinkel in einer Vertie— fung des Thraͤnenbeins. Im Grunde derſelben befindet ſich eine Druͤſe, welche mittelſt mehrerer kleiner Oeffnungen in die Thraͤnengrube mündet und eine klebrige Feuchtigkeit von der Conſiſtenz des Ohtenſchmalzes ſecernirt. Nachdem der Verf. die verſchiedenen Formen dieſer ecrumens bei den ) Die Beziehungen, welche die Richtung, Stärke ꝛc. der Hoͤr⸗ ner zu den Gewohnheiten der Wiederkaͤuer haben, laſſen ſich keinesweges ganz verlaͤugnen, ſcheinen aber, ungeachtet ihrer Conſtanz, doch untergeordneter Art in Bezug auf naturhiſto— riſche Claſſificatſon. Die ganze Art des Angriffs und der Vertheidigung dieſer Thiere haͤngt von der Beſchaffenheit der Hörner, ihrer Hauptwaffe, ab; wie denn z. B., der Ochſe ſeinen Feind in die Luft zu werfen, der Buͤffel aber zu zer— quetſchen ſucht, womit die Lage und Richtung der Hoͤrner ge— nau uͤbereinſtimmen. Der Ueberſetzer 328 Wiederkaͤuern dargelegt hat, wendet er ſich zur Betrachtung ihrer Functionen und ihres Zweckes. Er beobachtete, daß die in der Menazerie der Geſellſchaft befindlichen Gazellen und Antilopen dieſen Beutel oͤfters aus der Grube heraus— trieben und die innere Ooeerflaͤche deſſelben an dem Geländer ihres Gehaͤges rieben, worauf ſie die Stellen, an denen die Reibung geſchehen, gern zu beriechen und zu delecken ſchie— nen. Eine maͤnnliche und eine weibliche Gazelle, welche ſich in aneinanderſtoßenden Gehagen befanden, vertauſchten ihre reſp. Gehaͤge miteinander, und ſie entdeckten alsbald die Stellen, wo die zaͤhe Feuchtigkeit vom andern Exemplare abgeſetzt worden war und zeigten ſich aͤußerſt aufgeregt und unruhig. Als die maͤnnliche Gazelle ein ge Tage darauf in das Gehaͤge einer indiſchen Antilope, und dieſe in das Ge— haͤge jener gebracht wurde, ſchien keines der beiden Thiere von der fruͤhern Anweſenheit ſeines Vorgaͤngers die geringſte Notiz zu nehmen. Dieß iſt allerdings nur ein einzeln da— ſtehender Verſuch, der jedoch die an ſich ungemein wahr— ſcheinliche Anſicht beſtaͤtigt, daß die zaͤhe Feuchtigkeit, welche dieſe Thiere durch das Reiben der crumens an Straͤuchern und Steinen ihrer Aufenthaltsoͤrter im Zuſtande der Wildniß abſetzen (unter den Wiederkaͤuern mit hohlen Hörz nern haben nur ſolche Thraͤnengruben, welche Steppen und Berge bewohnen), ihnen bei ihren Wanderungen als Weg— weiſer dienen, wenn Gewitter und Nebel alle ſichtbaren Ge— genſtaͤnde, mittelſt deren fie ſich orientiren konnten, ihrem Blicke entziehen. Wie ſich dieß auch verhalten mag, ſo duͤrfen wir doch nach geſunden philoſophiſchen Anſichten und dem durchgreifenden Geſetze der Planmaͤßigkeit in der ganzen Natur gewiß nicht annehmen, daß ein ſo merkwuͤrdiges Organ keine ſpecielle und angemeſſene Beſtimmung fuͤr die Lebensweiſe der betroffenen Thiere beſitze. Ein oberflaͤchlicher Spalt, welcher ſich auf beiden Seiten in einer Vertiefung des Oberkieferknochens be— findet, und den der Verfaſſer den Marillarfinus nennt, findet ſich bei mehrern bisher zu den Antilopen gezaͤhl— ten Wiederkaͤuern. Es wird durch denſelben eine duͤnne, waͤſſerige Fluͤſſigkeit ausgeſchieden, welche alſo anders be— ſchaffen iſt, als die Secretion der erumens. Die Lage dieſer Druͤſen, fo wie deren eigenthuͤmliche Secretion, vers anlaßt den Verf., ſie als beſondere Organe zu betrachten, und er bezweifelt, daß fie je mit den erumens zugleich vorhanden ſeyen, obwohl Fred. Cudier und Oberſt Ha— milton Smith dieſen Fall zuweilen angetroffen haben wollen. Der haͤutige Sack, welcher ſich hinter den Ohren der Gemſe oͤffnet, und die große Druͤſe, welche ſich, Herrn Hodgſon's Beſchreibung zufolge, in der Naſe des Chiru findet, kommen zu ſehr ausnahmsweiſe vor, als daß man ſich ihrer zur Characteriſirung der genera bedienen koͤnnte. Dagegen finden ſich zu beiden Seiten des Euters ziemlich haͤufig zwei große tiefe Saͤcke, deren Beſtimmung jedoch keinen fo bedeutenden Einfluß auf die organiſchen Functio— nen oder die Lebensweiſe der Thiere zu haben ſcheint, daß man fie als generiſche Charactere benutzen duͤrfte. Daſſelbe gilt von den ſtarkriechenden Beuteln, welche ſich an der 329 Vorhaut des Moſchusthieres und der Antilope gutturosa finden, fo daß überhaupt nur die Thraͤnengruben und die Maxillar- und Geſichtsdruͤſen als gencriſche Kennzeichen benutzt werden koͤnnen. Die verſchiedene Beſchaffenheit der Fuͤße betrachtet Hr. Ogilby als kaum beſtimmt genug, um zur Characteriſi— tung der Gattungen zu dienen. Die ſich zwiſchen den Klauen verſchiedener Wiederkaͤuer oͤffnenden Drüfen oder Poren ſind in dieſer Beziehung weit zuverlaͤſſiger, indem ſie zu der Lebensweiſe und der geographiſchen Vertheilung der Thiere in einem deutlichen Bezuge ſtehen. Dieſe Druſen be— ſitzen bei den verſchiedenen Gattungen, je nach den von ih— nen bewohnten Localitaͤten, eine bedeutendere oder geringere Große Bei den Gazellen und Antilopen, ſo wie bei Bu— balus und Oryx, welche die heißen und duͤrren Steppen von Africa und Mittelaſien bewohnen, ſind ſie ungemein groß, ſo daß ſie oft den ganzen Raum zwiſchen den erſten und zweiten Phalangen einnehmen; bei den Schaafen, den Steinboͤcken und bei Tragelaphus, die ſich auf offnen grasreihen Ebenen und Bergen von weniger duͤrrer Beſchaf— fenheit aufhalten, ſind ſie dagegen von weit geringerer Größe, während fie bei Bos, Calliope ete., deren natürs licher Wohnort in den feuchten Wäldern und in den Suͤm— pfen der heißen Zone, oder auf den grasreichen Wieſen der gemaͤßigten Zonen zu ſuchen iſt, ganz fehlen. Nachdem der Verf. die Functionen dieſer Klauenporen, ſo wie den bedeutenden Einfluß dargelegt hat, welchen die— felben auf die Lebens weiſe und den Organismus der betrof— 550 fenen Thiere aͤußern, bemerkt er, daß, feines Wiſſens, kein Naturforſcher vor ihm auf dieſe Organe aufmertſam gemacht babe, und ſchließlich ſpricht er die Hoffnung aus, daß durch Benutzung dieſes und andter einflußreicher Cbaractere, uber welche er ſich in dieſem erſten Theile ſeiner Monographie ausgeſprochen, eine logiſche, wiſſenſchaftliche und natürliche Claſſification der Wiederkaͤuer an die Stelle der bisher lbs lichen willkuͤhrlichen und kuͤnſtlichen geſetzt werden möge (Annals and Mag. of Nat. hist. No. 36 Nov. 1840) Miscellen. Die ſchwingenden Körper an den polypen der Cel lulsria avicularia bar Herr Profeffor 3. Müller in der Sitzung der Geſellſchaft naturforſchender Freunde in Berlin, am 15. December, als an einem Stiele jigende Koͤrperchen beſchrieben, die nach Vorn in einen ſtarken Zahn auslaufen und oben ein Det— kelchen haben, das gewoͤhnlich offen ſteht, aber auch plotzlich ge⸗ ſchloſſen werden kann. Die Bewegungen dieſer Körper gehen in regelmäßigen (rhythmiſchen) Schlagen von einer Seite zur andern; fie ſcheinen auch in der Function Aehnlichkeit mit den Pedicellarſen der Echinodermen zu haben, laſſen aber keinen Zuſammenhang mit dem Innern der Zellen wahrnehmen. Ueber die Tiefe des Meeres find, nach einer Americas niſchen Zeitung vom 18. November, auf dem Franzoͤſiſchen Schiffe Venus unterm 57° ſuͤdlicher Breite und 859 7, weſtlicher Ränge vom Pariſer Meridiane Meſſungen mit dem Senkbleie vorgenommen worden, und in einer Tiefe von 3,470 Yards oder 21 Engliſchen Meilen kein Grund erreicht. Das Wetter war ſehr fhön. Das Aufwinden des Senkbleies fol ſechszig Matroſen über zwei Stun: den beſchaͤſtigt haben. An einem anderen Puncte des ftillen Oceans wurde bei 4,140 Yards Tiefe kein Grund gefunden. ilk un d . Ueber die nachtheilige Einwirkung des Kali hy- droiodicum und der Jodſtaͤrke. ede write Ich habe feit einiger Zeit bemerkt, daß die Jodpraͤpa⸗ rate auf die Schleimhaͤute der Augen und der Luftwege Wirkungen hervorbringen, welche bisjetzt, meines Wiſſens, noch nicht bekannt gemacht worden ſind. Da zwei Faͤlle toͤdtlich abliefen, fo will ich darüber Einiges bekannt machen, indem ich die Faͤlle in der Ordnung mittheile, in welcher ſie in meiner Praxis vorkamen. Erſter Fall, November 1838. Ein Herr war ſeit einiger Zeit, wegen ſecundaͤrer Syphilis, in meiner Behand— lung, wodurch die Haut, der Mund und der Rachen affi— cirt waren. Mercur war in verſchiedenen Formen und ſehr kleinen Doſen verſucht worden; der Kranke war aber ſo außerordentlich empfindlich gegen dieſes Mittel, daß ich genoͤ— thigt war, daſſelbe wieder bei Seite zu legen. Ich verords nete 2% Gran Kali hydroiodieum taͤglich. Er nahm nut 3 Dofen (73 Gran); die letzte, welche er unmittelbar vor dem Zubettegehen nahm, ließ eine unangenehme Trocken— beit und Reizung im Halſe zuruͤck. Er erwachte in der Nacht mit großer Athemsnoth und Stimmloſigkeit; ich ſah den Kranken fruͤh am Morgen mit allen Symptomen eines heftigen krampfhaften Croups. Reizende Ableitungen an dem Halſe, Waͤrme und Schwefelaͤther mit Morphium brachten ſogleich Erleichterung; die Symptome ſchwanden im Laufe des Tages und kehrten nicht zurüd. Aehnliche Ans faͤlle waren ſonſt niemals vorhanden geweſen, und der Kranke befindet ſich auch ſeitdem wohl; er fühlte ſehr deutlich, daß das Kalipraͤparat die Urſache feines Anfalles war und weis gerte ſich, das Mittel laͤnger zu nehmen. Zweiter Fall. Januar 1839. Ein Herr war in meiner Behandlung nach einer Lungenentzuͤndung; ich vers ordnete das Kali hydroiodieum in einer Form, welche ich haͤufig anwende, naͤmlich 1 Drachme mit einem Pfunde Quassia-Aufguß, wovon der Kranke zweimal täglih 1 Unze nimmt. Ee hatte noch nicht die Hälfte der Mixtur auf dieſe Weiſe genommen, als in der Nacht nach mir ges ſchickt wurde. Er klagte, daß er plötzlich von dem heſtig⸗ ſten Kopfſchmerze befallen worden fen, welchen er beſchried, wie wenn ein Keil zwiſchen ſeinen Augen bis zur basis eranii getrieben wurde; dabei heftiger Schmerz in den Augen mit einer profuſern Thraͤnenabſonderung, als ich jes mals ſah; der Augenwinkel ſchmerzte heftig, war geſchwol⸗ len, und es floß ein fortdauernder Strom klarer ferd.er Fluͤſ⸗ ſigkeit aus demſelben aus. Der Kranke war ſonſt fehr mus thig und ſtandhaft, und ich din überzeugt, das feine Schmer⸗ 331 zen ſehr heftig geweſen ſeyn muͤſſen. Ich gab ſogleich ein ſalziges Abfuͤhrmittel, ſetzte Blutegel in die Schleimhaut der Naſenoͤffnungen und entzog eine reichliche Quantitaͤt Blut. Die Erleichterung trat raſch ein, und am naͤchſten Morgen waren die Symptome verſchwunden. Der Kranke wuͤnſchte ſeine bittere Mediein wieder zu nehmen, da ſie guͤnſtig auf ſeinen Appetit gewirkt hatte; doch ließ ich dieß nicht zu. Das Allgemeinbeſinden iſt nun gut. Dritter Fall. Am 10. Mai 1839 wurde ein Mann, wegen eines Krebsgeſchwuͤres in der Gegend der Zungenwurzel, in dem Spitale aufgenommen. Am 11. be: kam er 1 Drachme Jodſtaͤrke (1 Drachme enthaͤlt einen Gran Jod) Morgens und Mittags und 8 Gran Extrac- tum Hyoseyami vor Schlafengehen. Am 16. Tags zus vor, hat er ſich ohne irgend ein Localleiden unwohl gefuͤhlt und durfte nur die Haͤlfte der Jodſtaͤrke nehmen. An die— ſem Morgen nun wurde er von ſehr betraͤchtlicher Dyspnde befallen; ſein Geſicht war aͤngſtlich und blaß, der Puls auf der rechten Halsſeite intermittirend; es fand ſich vom Un— terkieferwinkel nach Unten eine umſchriebene beträchtliche und feſte Geſchwulſt, welche aber ſcheinbar mit dem larynx oder der trachea nicht in Verbindung ſtand; es wurden zwoͤlf Blutegel angeſetzt; auf der rechten Bruſtſeite iſt die Percuſſion dumpf, beſonders nach Hinten; das Reſpirations— geraͤuſch iſt uͤberall ſchwach, und nach Vorn hoͤrt man ſtar— kes Schleimraſſeln. Auf der linken Seite fanden ſich die— ſelben Erſcheinungen weniger ausgebildet; es wurde ein Brechmittel verordnet, welches reichlich wirkte; es wurde mit Erleichterung eine große Quantitaͤt zaͤhen Schleimes ausge— worfen. Am Abend wurde der Puls ſehr matt; der Kranke bekam etwas Wein; um 10 Uhr nahm die Dys— pnöe zu und um Mitternacht erfolgte der Tod ploͤtzlich. (Am Vormittage hatte ich in einer Conſultation die Tracheo— tomie vorgeſchlagen, welche indeß von den uͤbrigen Aerzten nicht gebilligt wurde). Vierter Fall. Robert Boag, 49 Jahr alt, wurde am 15. Januar 1840 in das Spital aufgenommen, wegen eines phagadaͤniſchen Venengeſchwuͤrs; einige Tage lang wurden milde Mittel verſucht; da aber das Geſchwuͤr um ſich griff, ſo wurde es reichlich mit ſtarker Salpeterſaͤure cauteriſirt, und der Kranke erhielt 2 Drachme Kali hydro- iodicum, dreimal taͤglich. Das Geſchwuͤr beſſerte ſich fo: gleich; die brandige Zerſtoͤrung hoͤrte auf, und es heilte raſch. Am 18. Januar hatte er 74 Drachme genommen und klagte nun uͤber Schmerz in beiden Augen, Heiſerkeit, Bruſt— ſchmerz, Huſten und leichte Athemsnoth. An den Augen zeigte ſich congeſtive Roͤthung der conjunctiva, fubmu: coͤſe Infiltration und Contraction der Papillen; die Reſpi— ration hatte den Character, wie bei einer ſubacuten bron— chitis; der Urin enthielt viel Jod. Das Jodpraͤparat wurde ſogleich ausgeſetzt; die Symptome ließen allmaͤlig nach, und am 25. wurde der Kranke geheilt entlaſſen. Fuͤnfter Fall. Eine Frau, 30 Jahre alt, wurde am 22. Mai 1840, wegen ſinuoͤſer Geſchwuͤre nach Bubo— nen und wegen ſecundaͤrer Geſchwuͤre der Schenkel, aufge— nommen; fie erhielt Quassia mit Jod wie in dem zwei: 382 ten Falle. Am 31. Mai war eine reichliche Eruption von Papeln im Geſichte erſchienen; die Geſchwuͤre hatten fich gebeſſert; das Jed wurde weggelaſſen. Bald darauf vers ſchwand der Ausſchlag wieder; das Jod wurde wieder ver— ordnet; der Ausſchlag kehrte aber ſogleich wieder und wurde ſehr ſtark. Am 7. Juni wurde das Jod wiederum ausge— ſetzt; am 8. klagte die Kranke uͤber Schmerz am Halſe, wo jedoch weder Rothe noch Geſchwulſt bemerkbar waren. Am 9. Juni in der Nacht wurde die Kranke plotzlich von beftiger Dyspnoͤe und Heiſerkeit befallen; Druck auf die trachea war ſchmerzhaft, und an der innern Seite der rech— ten Submarillardrüfe zeigte ſich Geſchwulſt und Schmerz; der Puls war voll, 108; es wurde ſogleich ein Aderlaß bis zur Ohnmacht angeſtellt; es wurden zwoͤlf Blutegel an den larynx angeſetzt und ſtarke Doſen Tart stibiatus inner⸗ lich gegeben. Ich ſah die Kranke um 11 Ubr Vormittags, beſchloß ſogleich die Tracheotomie vorzunehmen und bat um Aſſiſtenz des Dr. A. Buchanan. Bei ſeiner Ankunft hatten ſich die Symptome etwas gemindert, und wir be— ſchloſſen, noch 1 oder 2 Stunden zu warten. Die Kranke blieb unter genauer Aufſicht, und es war beſtimmt, daß bei der mindeſten Steigerung der Dyspnoe nach mir geſchickt werden ſolle. Um 3 Uhr, etwa 14 Stunde, nachdem ich das Spital verlaſſen hatte, ſtarb die Kranke faſt plötzlich. Section. Die rechte Submarillardrüfe war vergroͤ— ßert, mit beginnender purulenter Infiltration in das umge— bende Zellgewebe, beſonders gegen laryux und trachea hin; die Schleimhaut des obern Theiles des larynx, der rima glottidis und epiglottis waren oͤdematoͤs; die Schleim— haut der trachea und Bronchien waren ziemlich normal; die rechte und linke Lunge nach Hinten verdichtet, mit acu— ter Congeſtion; die linke etwas wenizer. Eine Lymphexſu— dation von der Schleimhaut der entzuͤndeten Theile war nicht zu bemerken. Es iſt wohl kein Zweifel, daß die Kranke durch die Tracheotomie gerettet worden waͤre, wenn man ſie ohne Aufſchub ausgefuͤhrt haͤtte; doch muß ich geſtehen, daß ich ein fo raſches Ende nicht erwartet haͤtte. Die Kranke ftarb zwoͤlf Stunden nach dem erſten Beginne der Zufaͤlle und trotz der ſehr activen Behandlung. Ich glaube, daß man, mit mir, die Symptome als Folge des Jodgebrauchs betrachten wird; dieſe Beobachtun— gen find aber neu, und Dr. A. Buchanan, welcher im Jahre 1836 (N. Notiz. Bd. I. pag. 75) eine ſo gute Abhandlung uͤber dieſen Gegenſtand bekannt gemacht hat, verſichert, daß ihm keine aͤhnlichen Faͤlle bekannt gewor— den ſeyen. Außer dieſen gefaͤhrlichern Wirkungen mache ich noch auf einige aufmerkſam, welche zum Theil oͤfters beobachtet worden ſind. 1. Sehr unangenehmer Geſchmack im Munde, daruͤ— ber wird haͤufig geklagt, und ich habe ihn ſelbſt erfahren, da ich vor einigen Monaten das Kali hydroiodicum als tonicum nahm. Ich empfand Trockenheit des Halſes und einen fo anhaltenden unangenehmen Geſchmack im Mun— de, daß ich froh war, das Mittel wieder ausſetzen zu 833 koͤnnen. Der Geſchmack dauerte jedoch noch mehrere Tage laͤnger. 2. Hautausſchlaͤge. Dr. Buchanan fuͤhrt in dem erwähnten Aufſatze an, daß ich bloß bei syphilis Auss ſchlaͤge nach dem Jodgebrauche habe entſtehen ſehen. Nach ausgebreiteteter Erfahrung muß ich dieſe Beſchraͤnkung zus ruͤcknehmen; ich habe im Gegentheile ſehr haͤufig einen Pas pelausſchlag geſehen, wo eine ſyphilitiſche Beimiſchung gar nicht moͤglich war. 3. Heftiger Kopfſchmerz, wie in folgenden 2 Faͤllen: Sechster Fall. John Carnot, 50 Jahr alt, wurde im Februar 1840, wegen ausgebreiteter Geſchwuͤre an der rechten Hüfte aufgenommen; er erhielt 1 Drachme Kali hydroiodieum, worauf ſogleich heftiger Kopfſchmerz und Tags darauf leichte Salivation mit Schmerz im Halſe eintrat, worauf das Mittel weggelaſſen wurde. Siebenter Fall. Bei einer chroniſchen Anſchwel— lung des rechten Hodens nach Verletzung, wurden unter an— dern Mitteln auch 5 Gran Kali hydroiodicum, zweimal täglich, gegeben. Nach zwei Tagen klagte der Kranke über heftigen Kopfſchmerz; die Doſis wurde um die Haͤlfte ver— mindert; der Kopfſchmerz dauerte aber fort; die Medicin wurde ausgeſetzte, und der Kopfſchmerz hörte ſogleich wies der auf. 4) Salivation koͤmmt vor, jedoch nicht ſo haͤufig, als ich erwartet hatte. Nach den oben mitgetheilten Faͤllen erſcheinen das Kali hydroiodieum und die Jodſtaͤrke als gefaͤhrliche und unſichere Mittel. Ich, fuͤr meinen Theil, bin uͤberzeugt, daß der Tod in dem dritten und fuͤnften Falle Folge des Mit— tels war. Die Unſicherheit des Praͤparats als Heilmittel iſt jedoch noch mehr zu beklagen, als die Gefaͤhrlichkeit deſ— ſelben. Wäre das Mittel bedenklich in großen und zutraͤg— lich in kleinen Doſen, oder haͤtten Krankheit und Conſti— tution einen beſtimmten Einfluß auf die giftige Wirkung des Mittels, ſo moͤchte man daſſelbe immer noch mit ziem— licher Sicherheit gebrauchen; bis jetzt jedoch kenne ich kein Merkmal, wonach man zum Voraus auf die wahrſcheinliche Wirkung ſchließen koͤnnte; daß die Quantität nichts Beſtim— mendes hat, iſt ſicher. In dem dritten Falle war bloß 5 Tage lang, zweimal taͤglich, ein Gran Jod genommen worden, und es war der Tod erfolgt, waͤhrend manche Pa— tienten des Dr. A. Buchanan in gleicher Form täglich 72 Gran Jod genommen haben, ohne ſelbſt bei Wochen— lang fortgeſetztem Gebrauche eine ſchaͤdliche Einwirkung zu empfinden. In dem fuͤnften Falle war die Frau geſtorben, nachdem ſie eine Woche lang, zwei Mal taͤglich, 5 Gran ge— nommen hatte, während, nach M'Symont, ein Mann von 50 Jahren bei Gangraͤn des penis 11 Tage lang täglich eine Drachme nahm, ohne irgend eine nachtheilige Einwir— kung und mit ſcheinbar ſehr gutem Erfolge fuͤr die Krank— heit. Ich babe Dofen von 2 Drachmen gegeben, und es find mir Fälle bekannt, in welchen 3 Unze taͤglich ohne Nachtheil gegeben worden iſt. Dieſe Unſicherheit und Ge— faͤhrlichkeit bedaure ich um fo mehr, als ich das Kali hy- droiodieum für eins der beſten neuern Heilmittel halte 334 und es haufiger verordnet habe, als irgend eine andere Mes diein. Künftig werde ich jedoch behutſamet damit umgehen. Jeder Kranke, dem man diefes Mittel verordnet, muß haufig beſucht werden, und man muß ihm empfehlen, das Mittel wegzulaſſen, ſobald irgend eine allgemeine Einwirkung deſ⸗ ſelben bemerkbar wird. Der fünfte Fall lehrt, daß man das Mittel ganz weglaſſen muß, wenn ein profuſer Papel⸗ ausſchlag erſcheint. Anſchwellung des Halſes, Heiſerkeit und Dyspnoe find, nach dem dritten und fünften Falle, die gefaͤhrlichſten Symptome, gegen welche, wie ich glaube, kein anderes Mittel als Tracheotomie, bei Zeiten angewendet, Vertrauen verdient; namentlich zeigt der fünfte Fall, daß ein Verſchieben der Operation gefaͤhrlich iſt. In einem ſpaͤ— tern Falle würde ich mich durch den Zuſtand der Bronchial⸗ ſchleimhaut von der Operation nie abhalten laſſen. Nach meinen Beobachtungen wirkt das Jod nicht di— rect reizend auf die Schleimhaͤute, ſondern indirect durch die Circulation; ich habe auch niemals beobachtet, daß das Mittel die Gaſtrointeſtinalſchleimhaut reize und Abmagerung und Atrophie der Bruſtdruͤſen und Hoden, Hectik und ans dere Symptome hervorbringe, welche von Andern dem Jode zugeſchrieben worden find. (London med. Gaz., July 1840.) Eine freiliegende Unterleibsgeſchwulſt. Nach dem Junihefte der London med. Gaz. iſt in der Med. and surg. Society ven C. Hawkins eine kurze Beſchreibung einer freiliegenden Knorpelgeſchwulſt ger geben, welche er in der Peritonaͤalhoͤhle gefunden hatte. Unter dem 19. Juni theilt Herr Douglas einige Fälle ähnlicher Excrescenzen aus der Höhle des Kniegelenkes und der tunica vaginalis testis mit: Ueber die Entſte⸗ hungsweiſe dieſer Geſchwuͤlſte kann nicht wohl ein Zweifel obwalten. Im Julihefte derſelben Zeitſchrift theilt Herr William Ilott einen Fall mit, welcher dem von Heren Hawkins aͤhnlich iſt. Er ſagt daruber Folgendes: Im Fruͤhling und Sommer 1833 behandelte ich William Green, einen Tageloͤhner von etwa 50 Jahren. Er litt ſeit langer Zeit an einer Krankheit der Unterleibseingeweide, hatte ſich aber nie an einen Arzt gewendet. Als er zu mit kam, war es klar, daß außer ſeiner Unterleibskrankheit ſich auch noch eine beträchtliche Hypertrophie des Unterleibes ent: wickelt hatte. Wie dieß ſo oft in aͤhnlichen Faͤllen geſchieht, fo trat ſein Tod ganz plotzlich ein. Ich erhielt die Ere laubniß zur Leichenoͤffnung und fand Folgendes: Der Mas gen war nicht ſehr in ſeiner Structur veraͤndert; in den Daͤrmen zeigten ſich Spuren chroniſcher Entzündung ; das peritonaeum war bettaͤchtlich verdickt, ohne viel feröfe Er⸗ gießung; die Leber war vergrößert, jedoch nicht weiter krank · haft verändert; das Herz war ſehr hypertrophiſch, aber die Lungen ziemlich geſund. Da ich nun die ganze Maſſe der Eingeweide zu genauerer Unterſuchung herausnehmen wollte, fo ließ ich, um den Maſtdarm zu unterbinden, die Maſſe der Daͤrme in die Hoͤhe heben. Hierbei ſah ich nun einen loſe in der hypogaſtriſchen Gegend liegenden Körper, wel: 335 cher auf den erſten Blick einem Stuͤcke welſen Wichſes ahn⸗ ih fab. Als ich dieſen Körper herausnabm und unters ſuchte, zeigte ſich deutlich, daß es eine Geſch wulſt war, die fruͤher von der Peritonäalhoͤhle hervorgewachſen ſeyn mußte und ſich ſpaͤter abgeloͤſ't hatte. Die Maſſe war ziemlich dreieckig, vom Umfange einer großen Wallnuß, mit einer rt von Stiel, welcher ausſah, als wenn er abgebrochen fon und mit welchem wohl ohne Zweifel die Geſchwulſt mit dem peritonaeum zuſammengehangen hatte. Hierauf meinte ich, der Mann muͤſſe wohl vor einiger Zeit einen Schlag oder irgend eine andere aͤußere Gewaltthaͤtigkeit erlitten ha— ben, und die Frau ſagte auch auf Befragen, daß vor 2--3 Jahren ihr Mann bei einer ſehr heftigen Anſtrengung ploͤtz— lich uͤber Schmerz im Unterleibe geklagt habe und daß ſeit— dem ſeine fruͤher gute Geſundheit fortdauernd mehr oder minder geſtoͤrt geweſen ſey. Es iſt wohl kaum zu bezweifeln, daß dieſe Unterleibsgeſchwulſt und die langdauernde und endlich toͤdtliche Krankheit der Unterleibs- und Bruſteingeweide mit einander im Zuſammenhange ſtehen. Bei Durchſchnei— dung der Geſchwulſt zeigte ſich, daß die aͤußern 3 aus Knor— pel, das innere Deitttheil aus Knochenablagerung beſteht. Dr. Baille ſagt in ſeiner pathologiſchen Anatomie, in einem Falle habe er eine Menge cartilaginöfe Execrescen— zen geſehen, welche von dem peritonaeum ausgingen; fie waren alle klein, meiſtens nicht großer als eine Erbſe und fanden ſich an allen Theilen der Haut. Sie waren etwas weicher, als Gelenkknorpel, hatten uͤbrigens aber wahre Knor— pelfteuctur. (London med. Gaz. July 1840.) Mis ee, l een. Ueber krankhafte Beſchaffenheit der Aortenklap⸗ pen bemerkt Dr. Osborne Folgendes: Die kleineren Arterien, z. B., die radialis, ſchwellen an, wenn ſtarke Bewegung oder ir— gend ein anderes Aufregungsmittel eingewirkt hat; Anſchwellung der größeren Arterien, wie der brachialis, findet man als conſtan— tes Symptom bloß bei Offenſtehen der Aortenklappen. So oft ich Gelegenheit gehabt habe, waͤhrend des Lebens den prallen Zuſtand der brachialis oder groͤßerer Arterien zu beobachten, habe ich auch die Zeichen der Hypertrophie des Herzens in groͤßerem oder geringerem Grade gefunden. In der That bin ich jetzt im Stande, aus dem Pulſe allein die Verhaͤltniſſe zu erkennen, welche dem pral: len Zuſtande der brachialis zu Grunde liegen. In allen ſolchen Fällen habe ich nach dem Tode die Aortenklappen mehr oder we— niger krankhaft verändert gefunden; ferner iſt dieſes Symptom als lerdings im Alter ſehr häufig, jedoch keinesweges Folge der Abma— gerung; auch kann dieſe Beſchaffenheit bei den größern Arterien durch Koͤrperbewegung nicht herbeigefuͤhrt werden, wo es nicht ſchon 336 vorher in einigem Grade vorhanden war, und wenn man endlich die Arterie nach ſedem Pulsſchlage oberhalb comprimirt, ſo wird eine pralle Auftreibung vollkommen verhuͤtet werden. Der Finger er— ſetzt hier gewiſſermaßen die Klappe und verhindert eine Regurgita— tion. Man licht aus dieſem Experimente, daß Regurgitation die Urſache der Auftreibung iſt. Derſelbe Zuſtand wird in den kleinern Arterien durch Fingerdruck nicht unterbrochen. Man hat die Aor— tenklappen gewöhnlich als geſund bezeichnet; dieß rührt aber bloß daher, daß man gewoͤhnlich als Krankheit der Klappen nur de— ren Verknoͤcherung bezeichnet. Solche Klappen konnen aber ſeyn: 1) Knochenconcretionen; 2) Dislocation der Klappen, wodurch fie in verſchiedenem Niveau liegen; 3) Perforation an der Baſis der Klappe; 4) Verdickung und Verkuͤrzung; 5) Adhaͤſionen (was bier weilen als Mangel einer Klappe bezeichnet worden ift); 6) Ver— laͤngerung und dadurch bewirktes Umſchlagen der Klappe. Solche verlängerte Klappen können zwar uͤbrigens geſund ausſehen, ragen aber bisweilen durch Falten oder durch Knorpelconcremente in den Canal hinein. Außer dieſen Faͤllen kommt aber die Auftreibung der großen Arterien auch doruͤbergehend ohne Klappenkehter vor, ent— weder nach Blutverluſt oder nach heftiger Gemuthsaufregung, une ter welchen Bedingungen überhaupt die Ventrikel cine etwas ans dere Lage haben und die Klappen nicht mehr auf normale Weiſe geſpannt ſind. Eine Durchſchneidung faͤmmtlicher Geſichts mus— keln iſt von Die ffenbach bei einem 40jaͤhrigen Manne ausge— führt worden, welcher ſeit 10 Jahren an krampfhaften Zuckungen der rechten Geſichtshaͤlfte litt, indem nach einer rheumatiſchen Ge— ſchwulſt der rechten Backe eine ſolche Reizbarkeit des n. facialis zurückolieb, daß durch die mindeſten Reize, ſogar ſchon durch das Sprechen, anhaltende Zuckungen hervorgerufen wurden. Die ganze Wange legte ſich in drei Falten, und der Mundwinkel war bis ges gen das Ohr gezogen. Alle Mittel waren erfolglos geblieben, und Dieffenbach fuͤhrte am 11. Juni die Durchſchneidung ſaͤmmtlicher Geſichtsmuskeln auf folgende Weiſe aus: Er ging mit einem lan— gen, nur wenig gekruͤmmten, ſpitzen Biſtouri kam rechten Mund- winkel ein, ſchob daſſelbe flach dicht über der Schleimhaut nach Außen und Oben bis in die Schlaͤfengegend, kehrte die Schneide nach Außen und durchſchnitt im langſamen Zuruͤckziehen der Klinge ſaͤmmtliche Gebilde zwiſchen der Schleimhaut und der aͤußern Hautz hierauf ſchob er das Meſſer auf gleiche Weiſe gegen den innern Augenwinkel vor und durchſchnitt alle in dieſer Richtung liegenden Weichtheile unter der Haut; endlich trennte er durch einen in hori— zontaler Richtung über dem proc. alveolaris des Oberkiefers fort— geführten Schnitt den buccinator bis an feinen Urſprung. Da der Ringmuskel der Augenlider ſich noch ſehr ſtark zuſammenzog, ſo wurde dieſer vom aͤußern Augenwinkel nach Außen und vom un— tern Orbitalrande bis zum lig. internum in mehrfachen ſich kreu— zenden Richtungen unter der Haut durchſchnitten. Nun waren alle Zuckungen gehoben, denn ſaͤmmtliche unter dem Einfluſſe des facialis ſtehende Muskeln der rechten Geſichtshaͤlfte waren durch— ſchnitten. Es erfolgte weder Eiterung noch eine entſtellende Narbe. Die Convulſionen haben vollkommen aufgehoͤrt, und am 1. Auguſt bemerkte man nur an einer kleinen Stelle am innern Augenwinkel mitunter noch eine kleine zitternde Bewegung. (Dieffenbach's Vorträge in der hir. Clinik von Dr. Me yer.) Bibliographische Systeme completement neuf de classification du regne animal ramenant celle-ci aux seuls veritables Prineipes qui puissent lui servir de base; exposé par le comte Charles de Perron. Paris 1840. 8. Saggi dell Elettro-magnetico e Magneto-elettrico; di Francesco Zantedeschi etc. Venezia 1839. 8. Neuigkeiten Medical and physiological Commentaries. By Martyn Paine, M., Prof, of the Theory and Practice of Medicine on the University of New-York. London 1840. II. Vols. 8. On the Nature and Treatment of Stomach and urinary Disea- ses; being an Inquiry into the connection of Diabetes, Calcu- lus and other affections of the Kidney and Bladder with In- digestion. By William Prout, MD. London 1840, 8. — — — e —ꝑ Ueue Wotizen a us dem Gebiete der Hatur- und Heilkunde, geſommelt und mirgerbeilt von dem Ober-Medleinalraıh Fror ter ju Weimar, und dem Dirbiinalratbe und prefeſſer Freter in Berlim, No. 352. — — Gedruckt im Landes- Induſtrie- Comptoir zu Weimar, (Nr. 22. des XVI. Bandes.) December 1840. Preis eines ganzen Bandes, von 24 Bogen, 2 Hthir. oder 3 Fl. 36 Kr., des einzelnen Stüdes 3 gal. Die Tafel Schwarze Abbildungen 3 ggl. Die Tafel colorirte Abbildungen 6 ggl. ost ure Ueber Gletſcher und deren fruͤheres Vorhandenſeyn in Schottland, Ireland und England wurde der Geologiſchen Geſellſchaft am 4. November 1840 ein Aufſatz des Prof. Agaſſiz vorgeleſen, in welchem zuvoͤrderſt darauf aufmerkſam gemacht wurde, daß das Stu— dium der Gletſcher ſchon lange der Beachtung der Natur: forſcher theilhaftig geweſen. Scheuchzer, Gruner und de Sauffure, fo wie in neuern Zeiten Hugi und © co: resby, haben ruͤckſichtlich der Structur und der begleiten— den Erſcheinungen der Gletſcher werthvolle Beobachtungen angeſtellt, wiewohl ſich aus deren Forſchungen keine wichti— gen geologiſchen Reſultate ergaben. Venetz und Char: pentier waren die Erſten, welche die Fortſchaffung der vereinzelten Steinbloͤcke und Steinhaufen in der Schweiz mittelſt der Gletſcher und unter der Vorausſetzung erklären wollten, daß die Alpen fruͤher eine bedeutendere Hoͤhe beſa— ßen, und daß ſich deren Gletſcher bis in die Ebenen der Schweiz und ſelbſt des Jura erſtreckt haͤtten. Hr. Agaſ— ſiz kann indeß der Anſicht nicht beitreten, daß die Alpen vormals hoͤher geweſen ſeven, als gegenwaͤrtig, da keine geologiſche Erſcheinung dafuͤr ſpreche, und weil, da die ver— einzelten Bloͤcke ſich in allen nördlichen und gemäßigten Lands ſtrichen Europa's, Aſien's und America's finden, eine allge— meinere Urſache thaͤtig geweſen ſeyn muͤſſe, als die rein lo— cale der angeblichen fruͤhern bedeutendern Hoͤhe der Alpen. Auch theilt er nicht Charpentier's Anſicht, daß jene Geſchiebe von den Gletſchern fortgeſtoßen worden ſeyen, weil dieſem die Anordnung der geſchobenen Materialien wider— ſpreche. Dieſe Schwierigkeiten veranlaßten Hrn Agaf: ſiz, das Studium der Gletſcher von Neuem vorzunehmen, und fuͤnf Sommer hintereinander dieſer Unterſuchung zu widmen Dabei überzeugte er ſich denn, daß die Entſte— hung jener alten Gletſcher nicht bloß von der gegenwaͤrtigen Geſtalt der Erdoberflache abhängig fen, ſondern auch mit den großen geologiſchen Veraͤnderungen in Verbindung ſtehe, welche die Verhaͤltniſſe auf der Erdoberfläche zuletzt umge: No. 1452. bh n De. ſtaltet haben; daß fie keine locale Erſcheinung geweſen, ſon— dern daß deren fruͤhere Verbreitung mit dem Verſchwinden der greßen, gegenwaͤrtig im Polareiſe eingefrornen Saͤuge— thiere im Zuſammenhange ſtehe. Hr. Agaffiz ift fer ner der Meinung, daß die Gletſcher nicht von den Alpen in die Ebenen ſich vorſchoben, ſondern daß fie von den Ebe— nen, die fie einſt bedeckten, ſich in's Gebirge zuruͤckgezogen haben. Dieſe neuen Anſichten unterftüst er mittelſt vieler Betrachtungen, welche fruͤhern Beobachtern entgangen ſind, und welche hauptſaͤchlich die Formverſchiedenheit und die Ab: Änderungen in der relativen Lage der zerftreuten Bloͤcke und des ſogenannten diluvialen Kieſes betreffen. Auf dieſe Weiſe gewinnt das Studium der Gletſcher ein ganz neues Inter— eſſe, indem es zwiſchen die Jetztzeit und die Epoche, wo die Thiere lebten, deren Ueberreſte man in den ſogenannten diluvialen Formationen findet, eine lange Periode ſehr ins tenſiver Kaͤlte ſetzt. Nachdem Hr. Agaſſiz ſich mit den Gletſchern der Schweiz und der benachbarten franzsſiſchen und deutſchen Provinzen gruͤndlich bekannt gemacht hatte, wuͤnſchte er ſehr, ein Land zu unterſuchen, wo die Gletſcher ſelbſt nicht mehr vorhanden, aber noch deutliche Spuren von deren ein⸗ ſtiger Exiſtenz zu finden waͤren. Dieſe Gelegenheit iſt ihm ſeit der Zuſammenkunft der Britiſchen Geſellſchaft zu Glas— gow zu Theil geworden, indem er, in Gemeinſcha't mit Dr. Buckland, einen Theil von Schottland und fpäter Nordengland, fo wie einen betraͤchtlichen Theil von Ireland unterſuchte; und nach ſorgfaͤltiger Beſichtigung des Kieſes und der zerſtreuten Bloͤcke, fo wie der politten und geritzten oder geſtreiften Oberflächen des feſten Geſteins, iſt er davon überzeugt, daß einft gewaltige Eislager und folglich Glet⸗ ſcher in Schottland, Nordengland, fo wie in den noͤtdlichen, mittlern, weſtlichen und ſuͤdoͤſtlichen Theilen Ixeland's vor: handen geweſen fenen. Hr. Agaſſiz giebt zu, daß, wenn man das Verhal⸗ ten der Gletſcher unter verſchiedenen Breiten und in ver: ſchiedenen Hoͤhen uͤber der * in Verbindung 339 mit den Wirkungen der See, wo dieſe mit den Gletſchern in Berührung kam, ſtudirt, man in Betreff der analogen Erſcheinungen in verſchiedenen Laͤndern, wo ehemals Glet— ſcher vorhanden waren, manche Abweichungen finden werde; und er iſt darauf gefaßt, daß die Einfuͤhrung eines ſo neuen Elementes wie die Gletſcher, zur Erklärung der geologiſchen Erſcheinungen einen Streit erregen werde, der jo hisig ge— fuhrt werden dürfte, wie der zwiſchen den Neptuniſten und Plutoniſten; allein er iſt darauf vorbereitet, die Frage in— nerhalb der Graͤnzen der beobachteten Thatſachen rundlich zu verhandeln, da er feine Unterſuchungen lediglich im Ins tereſſe der Wiſſenſchaft angeſtellt habe. Zur Vermeidung zweckloſen Hin- und Herredens bevorwortet er, daß er zwar den Gletſchern einen betraͤchtlichen Theil der Wirkungen bei— meſſe, die man feither ausſchließlich auf Rechnung des Waſſers geſetzt habe; daß er jedoch keinesweges behaupte, alle Erſcheinungen, die man bisher als eine Wirkung des Waſſers betrachtet habe, ſeyen durch Gletſcher erzeugt. Durch lange Uebung ſey er jedoch in den Stand geſetzt wor— den, in den meiſten Fällen das Reſultat der Thaͤtigkeit des Eiſes alsband von dem der Thaͤtigkeit des Waſſers zu uns terſcheiden. Indem Hr. Agaffiz ſich zur Darlegung feiner Beob— achtungen wendet, bemerkt er, daß die Vertheilung der zer— ſtreuten Bloͤcke und der diluvialen Kiesgeſchiebe, in Verbin⸗ dung mit geglaͤtteten und geritzten Felſen, nicht eine Folge einer ſtarken, in derſelben Richtung gehenden Waſſerſtroͤ⸗ mung ſeyn koͤnne, da die Richtung der Vertheilung nicht dieſelbe ſey, wie die der Hauptgebirgsruͤcken und Thaͤler. Der Stammfelſen der zerſtreuten Bloͤcke und Geſchiebe laͤßt ſich uͤberdem faſt immer am Gipfel jedes Thales auffinden, und dieſe Verbindung iſt, Hrn. Agaſſiz's Anſicht zufols ge, ſchon allein hinreichend, um zu beweiſen, daß die fort⸗ bewegten Materialien nicht durch Waſſerſtloͤme fortgefuͤhrt worden find. Unter dieſen durch Zerſtreuung von Materiaz lien entſtandenen Höhenzügen führt er den an, welcher ſich vom Ben Nevis bis zum Ben Lomond erſtreckt, die Gram— pians, die Berge im Oſten von Argyleſhire, die Berge von Northumberland, Weſtmoreland und Cumberland, die von Wales, Antrim, die in der Mitte von Ireland und von Wicklow, ſo wie, daß jeder derſelben durch eigenthuͤmliche Bloͤcke und Kiesgeſchiebe characteriſirt ſeyn. Dieſer Meinung, führt der Verf. fort, widerſpricht nicht der Umſtand, daß man an [der Oſtkuͤſte England's Schwediſche Bloͤcke findet, weil dieſe wahrſcheinlich durch Treibeis heruͤbergekommen ſind. Hierauf unterſucht Hr. Agaſſiz die auf der Ober— fläbe der Erde vorkommenden Anhaͤufungen von Materia— lien, welche mehr oder weniger unmittelbar von Gletſchern herruͤhren, ſo wie die Wirkung des ſich bewegenden Eiſes auf an ihrer ursprunglichen Lagerſtaͤtte befindliche Felſen. Zuvoͤrderſt beſteht er aber darauf, daß zwiſchen ſolchen Ab— lagerungen und dem geſchichteten Kieſe und Schlamme un: terſchieden werde, welche organiſche Ueberreſte enthalten und von ächten Gletſchern nicht herruͤhren koͤnnen, wiewohl die Materialien dazu vielleicht mittelbar aus dieſer Quelle ſtam— men. Dieſe geſchichteten foſſilienfuͤhrenden Ablagerungen ha— 340 ben ſich, dem Verf. zufolge, nach der Gletſcherepoche ge— bildet. Der ſchottiſche Conglomerat (till) oder jene gro— ßen, unregelmaͤßigen, nicht geſchichteten Maſſen von Schlamm und Kies mit untermiſchten Blocken und (ſelten) Saͤuge— thierknochen, ſo wie unbedeutenden Muſchelfragmenten, ſtammt, Hrn. Agaſſiz's Meinung nach, ebenfalls nicht von aͤchten Gletſchern her, obwohl deſſen Entſtehung mit den vom Eiſe herruͤhrenden Erſcheinungen in ſehr enger Verbindung iſt. Die Politur und Streifen an den eingelagerten Blocken laſſen ihm keinen Zweifel daruͤber, daß dieſelben den unter den Gletſchern in der Schweiz vorkommenden Bloͤcken ana— log ſeyen; und er nimmt an, die Materialien jener Anhaͤu— fungen ſeyen durch das aus den geſchmolzenen Gletſchern gebildete Waſſer neu geordnet worden. Aehnliche Abgaͤnge füllen den ganzen Grund der Alpenthaͤler aus, und wurden damals, als ſich die Gletſcher bis dorthin erſtreckten, zuruͤck— gelaſſen. Er verweilt bei den Umſtaͤnden, welche beweiſen, daß die oberflächlichen Ablagerungen in jenen Thaͤlern nicht durch Fluͤſſe in ihre gegenwärtige Lage gebracht werden konn— ten, und bezieht ſich zur Beſtaͤtigung feiner Anſichten in's— beſondere auf das Aarthal. Der Lauf der Aar wird zwi— ſchen den Gletſchern, aus denen ſie hervorſtroͤmt, und der Stadt Bern erſt durch den Paß ven Kirchet und dann durch den Brienzer-See, endlich durch den Thuner-See uns terbrochen, und zwiſchen dieſen beiden Seren hat fie fo we— nig Fall, daß ſie nur feinen Kies und Schlamm fortfuͤhrt. Dennoch iſt das ganze Aarthal mit geſchobenen Alpenſtei— nen beſtreut. Angenommen, der Fluß ſey einſt waſſerrei— cher geweſen, als gegenwaͤrtig, ſo laͤßt ſich doch nicht ein— ſehen, weßhalb der Brienzer- und Thuner-See nicht eben— ſowohl, wie die Ebene von Meyringen und der Grund des die beiden Seeen trennenden Thales, mit Materialien aus— gefüllt worden wären. Alle dieſe Schwierigkeiten verſchwin— den aber, wenn man annimmt, daß die Steinhaufen von Gletſchern zuruͤckgelaſſen worden ſeyen, die ſich in hoͤhere Gegenden zuruͤckgezogen haben, und daß die Stellen, wo ſich die Seeen befinden, mit Eis ausgefuͤllte Vertiefungen geweſen ſeyen. Dieſes ehemalige Vorhandenſeyn eines Gletſchers im Aarthale, aus dem ſich der gegenwartige Zus ſtand des Thales in vieler Beziehung erklaͤren laͤßt, wird aber durch die Glaͤttung der Oberflaͤche der Felſen zu beiden Seiten des Thales vom Aargletſcher bis Meyringen, auf einer Strecke von 20 engl. Meilen, bewieſen, und ſelbſt bis an die Ufer des Thuner-Sees laͤßt ſich dieſe Erſchei— nung verfolgen. Aehnliche Erſcheinungen beobachtet man in Schottland im Thale von Loch Awe und Loch Leven bei Ballachaliſh, ſo wie in England in der Nachbarſchaft von Kendal. Der Verf. beſchreibt hierauf die Moraines oder ters raſſenfoͤrmigen Steinhaufen, die ſich zu beiden Seiten man— cher Thaͤler in gleicher Hoͤhe an den gegenuͤberliegenden Berg— waͤnden hinziehen, allen Biegungen der Thaͤler folgen und oft queer durch dieſelben ſtreichende Waͤlle bilden. Sie ent— ſtanden aus den laͤngs der Seiten und an dem vordern Ende der Gleiſcher ſich anhaͤufenden Bloͤcken und Steinen, die dort durch das Schmelzen des Eiſes allmaͤlig abgeſetzt 841 — wurden. Dieſe Moraine; unterſcheiden ſich von den auf der Sohle der Thaler abgeſezten Gletſcherabfaͤllen, deren Un rdnung fid verändert hat, indem jene Mauern mit einem doppelten Abſatze bilden, von denen einer dem Gletſcher, der andere aber der Thal wand zugekehrt iſt. Dieſe Moraͤnen kommen nicht nur an den Seiten aller gegenwaͤrtig vorhan— denen Gletſcher vor, ſondern koͤnnen in manchen Thaͤlern, z. B., dem des Rhone, der Arve, Aar ꝛc. von den Gletſchern aus eine Strecke weit verfolge werden. In vielen Thaͤlern Schottland's z. B., dei Inverary, bei Muc Airn, bei dem Ausfluſſe des Loch Traig, unfern Strankaer, an den Ufern der Bucht von Beauley ꝛc.; ferner in Ireland, ſuͤdoͤſtlich von Dublin, fo wie in der Naͤhe von Enniskillen; endlich in England, im Thale von Kendal und in der Gegend von Penrith und Shap, laſſen ſich dieſe Moraͤnen ſehr deutlich wahrnehmen. So groß auch immer der Unterſchied zwiſchen Moraͤ— nen und den fruͤher betrachteten Anhaͤufungen von geſchobe— nen Steinen und Blöcken ſeyn mag, ſo laͤßt ſich doch, der Anſicht des Hrn A gaſſiz zufolge, durchaus nicht laͤugnen, daß beide einen gemeinſchaftlichen Urſprung beſitzen. Die erſtern ſind weiter nichts, als mauerartige Steinhaufen, welche ſich an der Oberflaͤche der Gletſcher bilden, und die letztern beſtehen aus Materialien, welche unter Gletſchern oder großen Eismaſſen abgerundet und geglaͤttet worden ſind, und die, nachdem ſie durch das Schmelzen des Eiſes zu Tage gebracht worden, durch Waſſerſtroͤme neu geord— net wurden. Hierauf erklaͤrt Herr Ag aſſiz den auffallenden Unter: ſchied in der Form und innern Anordnung der Materialien, aus welchen dieſe verſchiedenen Ablagerungen beſtehen. Bei geſchichtetem Kieſe ſind die Materialien weit feiner, als in den Abfaͤllen von den Gletſchern, und die feinſten Materia— lien befinden ſich mehrentheils zu oberſt; waͤhrend bei den durch das Eis gebi deten Anhaͤufungen große und kleine Fragmente ohne Ordnung miteinander vermiſcht ſind und ſich die groͤßten oft zu oberſt befinden. Wo große ſcharf— kantige Bloͤcke vorkommen, liegen dieſelben oben auf. Bei den Moraͤnen dagegen find Bloͤcke von jeder Größe und Geſtalt auf's Gerathewohl zuſammengehaͤuft, und dieſer Uns terſchied erklaͤrt ſich leicht aus dem Umſtande, daß die Mo— raͤnen aus den ſcharfkantigen Blocken, welche auf den Glet— ſcher herabfallen, fo wie aus geſchobenen und an den Kan— ten abgefuͤhrten Steinen beſteben, die, wie es ſich gerade trifft, miteinander in jenen Haufen abgelagert werden, ſo daß alſo in Anſehung der Anordnung nirgends ein feſtes Geſetz zu ermitteln iſt. Um ſeine Anſicht von dem Cauſalnexus zwiſchen den Gletſchern und den fraglichen Geſchieben ferner zu begruͤn— den, beſchreibt der Verf. zunaͤchſt die geglaͤtteten und geritz— ten Oberflaͤchen, welche man an den, noch an ihrer urſpruͤng— lichen Stelle befindlichen Felſen fo häufig wahrnimmt. Ohne dem Waſſer die Faͤhigkeit, dergleichen Wirkungen ver— anlaſſen zu koͤnnen, ſchlechthin abſprechen zu wollen, fuͤhrt der Verf. doch an, daß er an den Ufern von Fluͤſſen und Seeen nach dieſer Erſcheinung vergeblich geſucht habe; ſo * 542 daß es ihm ſcheine, als ob ſich die Einwirkung des Waſ—⸗ ſers auf das Aushöhlen der Felſen durch Be ſeitigung der weichern Theile beſchraͤnke, während dagegen die Gletſcher, ohne Unterſchied, Dberflitien aller Art, beſtehen dieſelden nun aus den härteſten oder weichſten Materialien, angrifs fen. Die durch das Eis veranlaßte Glättung zeigt ſich durchgehends; allein wenn zwiſchen dem Gletſcher und dem Felſen bewegliche Materialien ſich befanden, die eine ardiere Haͤrte beſaßen, als der Felſen, fo zeigen ſich auf der Ober: fläche des letztern auch Ritzen, welche im Allgemeinen dens ſelben Strich beſitzen, wie die einſtige Bewegung des Eiſes. Eine andere Wirkung der Gletſcher beſteht in der Ab— rundung hervorragender Maſſen, wodurch denn jene abye: rundeten Hoͤcker entſtanden ſind, welche man auf den Alpen fo häufig trifft, und denen de Sauffure den Namen roches moutonnees gab. Aehnliche Erſcheinungen hat Hr. Agaſſiz ſehr haͤufig an den Ufern von Loch Awe und Loch Leven, fo wie in der Nachbarſchaft von Kendal, beob» achtet. An der Ausmuͤndung der Thaͤler diverg'ren die Ritzen oder Streifen, und an den Thalwaͤnden zeigen ſie ſich nie horizontal, was ſie ſeyn wuͤrden, wenn ſie durch Waſ— ſerfluthen oder Treibeis entſtanden waͤren. Sie ſind durch— gehends ſchraͤg gegen den Horizont gerichtet, was, wie der Verf. angiebt, von der Ausdehnung des Eiſes nach Oben, ſo wie von der niederwaͤrtsgerichteten Bewegung des Glet— ſchers herruͤhrt. Die merkwuͤrdigſten geritzten Felſen der Alpen kommen bei Handeck und in der Nähe des Waſſer⸗ falles Piſſevache vor; die ſchoͤnſten Beiſpiele, welche Herr Agaſſiz in Schottland antraf, finden ſich bei Ballachaliſh (im Orig. ſteht dieſesmal Ballahuliſt, worunter dech wohl derſelbe Ort zu verſtehen iſt, der oben Ballachaliſh genannt wird); in Ireland ſah Hr. A. deren bei Virginia. Wenn alſo, ſagt der Verf., zwiſchen den von mit in Schottland, Ireland und Nord⸗England beobachteten Erz ſcheinungen und denen der Schweizer-Alpen die von mir vermuthete Analogie wirklich ſtattfindet, fo muß man auch zugeben, daß nicht nur fruͤher in jenen Laͤndern Gletſcher vorhanden waren, ſondern daß auch gewaltige Eislager alle Gefülde uͤberdeckten, ſich allmaͤlig in die Gebirge zuruͤckzogen und zuletzt ganz verſchwanden. Der Verf. betrachtet nun die Frage, ob die Gletſcher ſich von den Gebirgen aus abwaͤrts in die Ebene verbreitet haben, oder der Ueberteſt der großen Eismaſſen ſeyen, welche früher die Ebenen oder das ganze Land bedeckten. Wenn, ſagt er, die frühere Anſicht die richtige waͤre, ſo müßten die größten Moraͤnen am Weiteſten vom Gletſcher ent lernt ſeyn und aus den am Staͤlkſten abgeführten Steinen be: ſtehen, waͤhrend die Wirklichkeit Dem gerade entgesengefeßt zu ſeyn ſcheint, da die entfernten Materialien weitläufig zet⸗ ſtreut find und achte Moraͤnen ſich nur in den mit hohen Bergketten zuſammenhaͤngenden Thaͤlern finden. Deßhalb hat man anzunehmen, daß große Eis felder, wie die gegen⸗ wärtig in Grönland vorhandenen, einſt alle die Laͤnder de⸗ deckten, in welchen ungeſchichtete Kiesmaſſen oder Kiesge⸗ ſchiebe vorkommen, welche unter Eis abgerieben worden ſind; daß die Moraͤnen durch das Zurückweichen der Glet⸗ ar 343 ſcher entſtanden find; daß die großen ſcharfkantigen Bloͤcke, welche über abgeführten Materialien liegen, bei'm Schwel⸗ zen des Eiſes zuruͤckgeblieben find; und daß, da befannters maßen bei'm Verſchwinden oder auch Vorwaͤrtsdringen (Zus ruͤckweichen?) großer Eismaſſen Bergſtuͤrze und heftige Gieß— baͤche entſtehen, man annehmen kann, daß auf dieſe Weiſe vor Zeiten Eismaſſen fortgeſchwemmt und die in ihnen ents haltenen Steinmaſſen auf dieſe Art nach verſchiedenen Rich— tungen gefuͤhrt worden ſeyen. Die Verbindung geſchichte— ter, ſehr junger foſſilienfuͤhrender Ablagerungen mit den Gletſchern laͤßt ſich weniger leicht nachweiſen; indeß ſcheint es Hrn. Agaſſiz, daß dieſelben Urſachen, welche Thaͤler verſtopfen und Seren, wie die von Brienz, Thun und Zuͤ— rich, bilden konnten, an der Seekuͤſte die Entſtehung von Daͤmmen zu veranlaſſen vermochten, hinter denen ſich große Salzmarſchen bildeten, in welchen die Thiere lebten, deren Ueberreſte man in den uͤber dem Conglomerate (till) la— gernden Thonarten findet; wobei der b kannte arctiſche Cha⸗ racter dieſer Foſſilien ſehr in Anſchlag zu bringen iſt. Schließlich bemerkt Hr. Agaſſiz, das Studium der Gletſcher hänge mit mehreren geologiſchen Hauptfragen zus ſammen; es gewaͤhre die Erklaͤrung des Verſchwindens der im Polareiſe eingeſchloſſenen großen Saͤugethiere und der organiſchen Weſen der ſogenannten diluvialen Epoche; in der Schweiz ſtehe es in'sbeſondere mit der Erhebung der Al— pen und der Zerſtreuung der vereinzelten Bloͤcke in enger Verbindung, und mit der allgemeinen Verminderung der Erdwaͤrme ſtehe es in ſo inniger Beziehung, daß eine ge— nauere Bekanntſchaft mit den in dieſem Artikel beſproche— 344 nen Erſchelnungen die über den letzteren Gegenſtand herr— ſchenden Anſichten ſehr modificiren dürften. (The Athe- naeum.) Miscellen. Ueber Sphäroniten und einige andere Geſchlech⸗ ter, aus welchen Crinoideen entſtehen, hat Herr Leop. v. Buch der Berliner Academie der Wiſſenſchaften einen intereſ— fanten Vortrag gehalten, auf welchen ich mir vorbebalte, noch bes ſonders zuruͤckzukommen, waͤhrend ich jetzt nur darauf aufmerkſam machen will, daß auf der mit Nro. 331 (Nro. 1 dieſes ſechszehn⸗ ten Bandes) ausgegebenen Tafel ſich in Figg. 23., 24 , 25. und 26. Abbildungen „geſchloſſener Crinoideen“ befinden, welche bisher wenig und unvollkommen bekannt waren und uͤber welche man die von Herrn v. B. mit gewohnter Schaͤrfe und Deutliche keit abgefaßten Characteriſtiken in den Monatsberichten der Koͤnigl. Preuß. Academie, Monat März 1840, nachſehen kann. Fig. 23. Hemicosmites pyriformis. Fig. 24. und 25. Cryptocrinites ce- rasus und C regularis und Fig. 26. Sphaeronites regularis geben wenigſtens die äußere Anſicht dieſer merkwürdigen, bisher faſt aus⸗ ſchließlich in den Tranſitionsformationen Schwedens, Norwegens 5 der Petersburg ſuͤdlich umgebenden Huͤgel vorgekommenen, Ge— alten. In Beziehung auf mikroſcopiſche Thierchen hat Herr Profeſſor Ehrenberg, in Berlin, die Beobachtung mitges theilt, daß die Sandſchichten, welche, abwechſelnd mit Lehmſchichten, zwiſchen Schwerin, Wismar und Travemuͤnde oft 40 bis 60 Fuß hoch, den fruchtbaren Boden Mecklenburg's bilden, ſich von dem weniger fruchtbaren Sande der Mark dadurch weſentlich unter— ſcheiden, daß ſie ſehr reich an mikroſcopiſchen, doch auch ſchon dem bloßen Auge als weiße Pünctchen ſichtbaren, leeren Panzern todter Kalkſchaalenthierchen find, welche in uͤberwiegender Zahl denſelben Arten angehoͤren, die in den Kreidefelſen von Ruͤgen vorkommen und noch nicht lebend beobachtet worden ſind. Be We . Die Menſuration der Bruſt in ihrer Beziehung zu l der Conſcription. Dr. Balfour hat als Diſtrict-Milltaͤrchirurg in London uͤber die Qualification der Militaͤrpflichtigen in Be: zug auf die Weite der Bruſt Meſſungen von 1439 Rekruten angeſtellt, und die daraus genommenen Reſultate wurden in Nro. 3. des 14ten Bandes dieſer vielgeleſenen Zeitfchrift auszuͤglich mitgetheilt. Die Einberufung der Mannſchaft zu den Kriegsuͤbun— gen des Sten Armeecorps im verfloſſenen Herbſte gaben mir Veranlaſſung, an den Soldaten des Regiments, bei wel⸗ chem ich angeſtellt bin, ebenfalls ſolche Meſſungen vorzu— nehmen, und zwar, um dieſen Zweig der militaͤriſchen Koͤr— perviſitation ſeiner Vollendung wenigſtens einigermaßen naͤher zu bringen, in einem weit ausgedehnteren Maaßſtabe. Die Anzahl der Soldaten, an welchen ich dieſe Meſ— ſungen anſtellte, betraͤgt 915 Mann, welche beinahe ſaͤmmt— lich zwiſchen dem 20ſten und 26ſten Lebensjahre ſtehen und deren Geſundheit keinem Zweifel unterworfen war. Ich be— merke ausdruͤcklich, daß dieſe Leute einem Infanterie-Re— gimente angehören, deren Körpergröße zum mindeſten 5“ 5“ Wuͤrtemb. Decimalmaaß *) beträgt, daß für die Reiterei und Artillerie größere und kraͤftigere Leute ausgewählt wer— den, daß aber auch der Infanteriſt im Stande ſeyn muß, neben ſeinem Torniſter, der alle ſeine Habſeligkeiten enthaͤlt, fein Gewehr, Patrontaſche, Saͤbel ꝛc. zu tragen, deren Gewicht im Felde in summa zu 60 Pfund angenommen wird. Das Maaß, deſſen ich mich bei meinen Meſſungen bediente, iſt das neue Wuͤrtembergiſche, nach welchem der Schuh in 10“, der Zoll in 10“ eingetheilt iſt. Als Merk: zeuge benutzte ich ein Band, welches in Wuͤrtembergiſche Zolle und Linien eingetheilt iſt und einen Zaftzirkel (Hohl— zirkel). Um die Volumens ⸗Verhaͤltniſſe der Bruſt, fo wie die Verſchiedenheit derſelben an ihrer obern und untern Hälfte „) 1 Wuͤrtemb. = 11“ 2“ London und = 10" 7 Paris. 1 (12°) London — 135““ Paris. 345 genauer kennen zu lernen und hiernach einen moͤglichſt rich- tigen Maaßſtab zu erhalten, nahm ich an ihrem obern, ſo wie an ihrem untern Umfange je drei Meſſungen vor, und zwar, da der thorax, beſonders deſſen untere Hälfte, durch die Reſpiration einer bedeutenden Veränderung Junterworfen iſt, in dem Momente der ſo eben beendigten Exſpiration. 1) Ich umging mit dem Meßbande die ganze Bruſt in der Achſelhoͤh'e an den untern Raͤndern der Sehnen des m. pector. maj. und latiss. dorsi, ungefähr einen Fin⸗ ger breit über der Bruſtwarze, unter dem untern Winkel der beiden scapula. — Oberer Kreismeſſer. 2) Nun fuͤhrte ich das Meßband, in der Hoͤhe der Verbindung des corpus sterni mit dem proc. xiphoid. und des 12ten Rückenwirbels, rings um den thorax, ins dem dieſer hier, wie ich g'aube, am weiteſten iſt. — Uns terer Kreismeſſer. 3) Sodann wurden die geknoͤpften Enden des Taille zirkels in der Achſelhoͤhle, in der Hoͤhe der ſtaͤrkſten Biegung der vierten Rippe jeder Seite, aufgeſetzt, ſo daß dieſe Meſ— ſung dem niveau der obern Kreismeſſung beinahe entſprach. — Oberer Queerdurchmeſſer. 4) In gleicher Hoͤhe mit der untern Kreismeſſung wurde derſelbe Zirkel auf die am meiſten hervorragende und die größte Ausdehnung des thorax in die Breite bezeich— nende (Ste) Rippe jeder Seite aufgeſetzt, um fo den un— tern Queerdurchmefſer zu erhalten. 5) Um den obern geraden Durch meſſer zu ers mitteln, wählte ich hinten die Spitze des proc. Spinosus des zweiten Ruͤckenwirbels, vorne die vordere Flaͤche des obern Randes des manubrii sterni, deren Entfernung mir der Taſtzirkel angab. 6) Endlich wurde letzterer, in gleichem niveau mit dem untern Kreis- und Queerdurchmeſſer, vorn auf die Verbindung des corpus sterni mit dem proc. xiphoi- deus, hinten auf den proc. spinosus des 12ten Ruͤcken⸗ wirbels aufgeſetzt, um den untern geraden Durch⸗ meſſer zu erhalten. — Die Pathologen haben ſich bisher nur auf die Kreis— meſſung (mensuration eireulaire) und die Meſſung von Vorne nach Hinten (mensuration antéropostérieure) beſchraͤnkt, wohl deßhalb, weil es ihnen hauptſuͤchlich um die Vergleichung beider Bruſthaͤlften bei Erfutaten, Ver— wachſungen ꝛc. in der Bruſthoͤhle zu thun war; ſie waͤhl— ten hierbei die Bruſtwarze als denjenigen Punct, in deſſen niveau dieſe Meſſungen vorgenommen wurden. S. Cho— mel, Corbin, Woilletz, Stokes, Raciborski u. ſ. w. Der Militaͤrarzt dagegen, welcher über die Qunlificas tion des Militaͤrpflichtigen und feiner Bruſt in specie zu Tragung dieſe beengender Laſten zu entſcheiden hat, muß die Meſſung von einem andern Geſichtspuncte aus betrach— ten; ihn intereſſirt es deßhalb mehr, zu wiſſen, ob die Bruſt, abgeſehen von Volumens - Verſchiedenheiten beider 346 Huͤͤlften derſelben, die gehörige Welte und das nethwend'ge Ebenmaaß beſitze. Deßhalb gerügten mit auch die Meſſun⸗ gen Balfour’s, welcher nur die mensuration eircu- laire in Anwendung brachte, nicht. Die 915 Subjecte, welche ich gemeſſen habe, find aͤmmtlich ſolche, welche bereits 6 Monate, ja mehrere Jahre in dem Militaͤt gedient und durch Uebungen und Strapas zen ihre Qualification hierzu bewieſen haben. Was den Werth der einzelnen Durchmeſſer betrifft, fo glaube ich, daß gerade die Menfuration des Umfanges mit dem Bande allein fuͤr den Militärarzt am wenigſten practiſchen Werth habe. Der obere Kreismeſſer iſt wegen der m. m. pectoral. maj. und latiss. dorsi, von wel⸗ chen erſterer vor der axilla und auf der vorderen Bruſt⸗ flache, letzterer unter dem Winkel der scapula einen mebe oder weniger bedeutenden Wulſt bilden, größer als der uns tere, obgleich der thorax bei einer gut gebauten maͤnnlichen Bruſt unten weiter iſt als oben, wie die Taſtzitkelmeſſung beweiſ't, und feine Groͤße hängt ab hauptſaͤchlich von der Entwickelung der Muskeln überhaupt und jener beiden in's⸗ beſondere; deßhalb iſt dieſer Meſſer auch im Vergleiche mit den andern weniger conſtant und kann zu vielen Taͤuſchun⸗ gen Anlaß geben. Er wird jedoch durch den obern Queer⸗ durchmeſſer rectificirt und giebt, in Verbindung mit dieſem und dem obern geraden Durchmeffer, einen Anhaltspunct für die Menſuration. Die untere Kreismeſſung iſt von größerem Werthe, da fie weniger Veränderungen durch Vorſprünge unterworfen iſt. Für noch werthvoller für den Militaͤrarzt aber halte ich die Meſſung mit dem Taſtzirkel. Die Rips pen find ſeitlich nur von ganz platten Muskeln bedeckt, dis ren Volum keiner bedeutenden Veraͤnderung unterworfen iſt, wie bei jenen. Die beiden Queerdurchmeſſer geben daher, in Verbindung mit den geraden, die Weite des thorax und deren Abnahme nach Oden am richtigſten an, und ihre Re— ſultate werden ſeltener durch Vorſpruͤnge oder Vertiefungen der Weich- oder knoͤchernen Theile getruͤbt, wenn nicht eine bedeutende Verkruͤmmung der Wirbelſaͤule, der Rippen oder des Btruſtbeins vorhanden iſt, in welchem Falle aber ſchon dieſe vom Militaͤrdienſte freiſpricht. Das Nefultat, welch 3 man durch den obern und untern geraden Durchmeſſer er— langt, iſt bisweilen nicht ganz rein, da daſſelbe durch eine Prominenz der proc. spinosi der betreffenden Nüdenwirbel, fo wie der untere, durch eine Vertiefung oder Hervorragung, welche ſich nicht ſelten an der Verbindung des corpus sterni mit dem proc. xiphoid. findet, getrübt werden kann. Im Allgemeinen aber zeigen auch dieſe Durchmeſſer die Ab⸗ nahme der Ausdehnung des thorax von Unten nach Oben ſehr richtig an, wie wir dieſes aus den Tabellen erichen werden. Bedeutendete Abnormitäten, welche die Menfuras tion trüben konnten, fallen wenigſtens für den Militaͤrarzt weg, da derf.ibe hierdurch veranlaßt wird, ſchon deßhalb den Mititärpflichtigen freizuſprechen. Nach den von mir vorgenommenen Meſſungen finden ſich bei den 915 Mann folgende Verhaͤltniſſc. Es ber trugen: 847 Tabelle l. Der obere Kreismeſſer. Der untere Kreismeſſer. be e ee ebe e 8383 1 u. 2 aa Ne — 3. 28/3 % F ag Hu — 28“ gu — 13 26 — 26 4%“ 18! 29% — 297% 4% — 32. 26,5“ — 269, — 32. 29 5% — 29,09% — 65. 27, — 27% gu 278 30“ ın 30“ 4 “ 5 . 123. 97" 5 “ Fe 974 9 PN —. 92. 30, 5% — 30% 9% — 103. 28“ — 28, au — 149. 31“ — 31,4% 169. 28 50 — age gu — 143. 31“ gm — 31“ gu — 132. 29“ — 29“ 4“ 150. Zu — 32,04, — 119 29, % — 29,9% — 98. 32,5% — 32“, 9m — 62. 30 — 30% 4% — 88. 33, — 33, 4% — 54. 305 — 30, 9% — 37. 33“, 5% — 33,09% — 25. | 310 — 31/4, — 20. 34" . 0 8 — 4. 317 5% 3179, — 10. 310 f en ae, Zane ee, nn eee ng 34%5% neigen nd ee eli SS Meere a e te fish Hate e 83 DL e eee bi 915 M. bei 915 M Tabelle II. Der obere Queerdurchmeſſer. | Der untere Queerdurchmeſſer. a gu = ei . . . . = 2. 8 760 zu gu at 5. gi N „ —. 1. e gu or. | gug a — 8“ 4““ 194. S. . — 2. 55 gu — 8“, gu = 314. 875“ — gu gu — 72. 9% — gugu — Hl. 9, — 90 gu — 276. 9 57% — gu gu = 85. gu 5. — 9% ge en 371. AOL UNE . . 16: 102-1 Oma eee 20% 1%. . l. 10 %% , — 19. 40% Ste 1: 1046448 5 g — — 1 77 — bei 915 M. 1 805 n 8. bei 915 M. Tabelle III. Der obere gerade Durchmeſſer. Der untere gerade Durchmeſſer. enn e . | en ene 4% 2˙¹ 8 5 2 2. su 4 A| 2. 4% 3“ — 7. 5,% 6“ . . — 2. 4“ 4““ — 14. 5. HA 5 — 4. 4“ gu — gu 6% — 133. 5 gu — 5“ gu — zu zu — 41 gu — 355. 6 — 6 u, — 170. se — Hu, — 364. 6 5“ — 6 gt — 410. 5“ 5“ — 5“ 9% — 36. 7“ — Tg — 254. Hr . 2 — 1. 7% 5% — 7% 9% — 45. 8 . . — 2. 8906 — 5. — — 1, e „, e Ben gan ai Tan ER bei 915 M. Unter dieſen waren die Gewerbe in folgenden Verhaͤltniſſen vertreten: Tabelle IV. Bauern 0 5 Weber. 2 a BLEI, Stufe . 4 . 64. Weingärtner . 0 Aral). Maurer . . . . 56. Schneider . ass. Baͤcker . 5 1 34. Zimmerleute . Ä 29. n 0 3 ars Metzger 0 „ . 25: Schreiner . & . 2% Schaͤfer . . . 20. Müller 0 = 2020: Steinhauer . 3. Schmiede . 4 8 19. andere Handwerke je 3 2 u 1. Unter dieſen 915 Mann waͤhlte ich 130, deren Bruſtbau mir dem Normale am meiſten nahe zu kommen ſchien. Uater normal gebautem thorax verſtehe ich denjenigen, welcher bei in Beziehung auf Knochen- und Muskelbau vollkommenem Ebenmaaße des Koͤr— pers und geſundem Ausſehen eine der Koͤrpergroͤße correſpondirende Ausdehnung ſowohl in Bezug auf Hoͤhe als auf Breite und Tiefe (von Vorne nach Hinten) zeigt. Die Menfurationsverhältniffe dieſer 130 Mann ergeben fols gende Reſultate: Wagner. . . 1 Ziegler . le 8. Bierbrauer . . 8. Nagelſchmiede . R 6. Haͤfner 0 0 6. Gerber 1 0 Schloſſer 2 9 4 . Zeugmacher 2 . > Muſiker 9 5 el Tuchmacher . . 5. Faͤrber . 1 4 4 Glaſer = 4 ; 4. Tabelle V. Der obere Kreismeſſer. Der untere Kreismeſſer. 29%5% 0 en e e d be! 80 N b — 4 28“ — 28“ 4% 138. 30% 5%, 2 01 28,“ 5“ — 28“ 9, — 16. 507 0 ee 29“ — 290 4 — 24. 30“ gu, . 5 — 29“ 5% — 29“ 9% — 858. 310 31“ 4%. — 22 30 — 30" 4“ — 19, 31" 5% — 31“ gu = 12 30 5“ — 30% gm u? 15. 32“ — 320 4% — 34. 31“ — 31“ 4% — 11. Ju 5% gene 1121. 31 n % 5 — 4. 33% — 33% 4% 5 12 SA 0 — 1. 35% 54% 18, e Hi — 1. 4% — — — 345 17% f 4 f — 20 bei 130 M. 35 0 8 — 1. bei 130 M. Tabelle VI. Der obere Queerdurchmeſſer. Der untere Queerdurchmeſſer. 708 1 05 8 bei 1. en e „ebe N % > 2 oe 8 — 8“ 4% 20 gi ar . . — 8“ 5% Pen 8“ gu — 38. gr gu 5 4 A 5. gu — 9 zu 9 — 50. 9 gen 8 8 — 4 9% 5“ — 9“ gu — 18. 9“ su — gu 9% — 54. 10% 1% % . ra 10“ — 10“ 4" — 45. — 40 “ — F n 18% . G bei 130 M. 349 Tadel, VII. n x — Der obere gerade Durchmeſſer. Der untere gerade Durchmeſſer. — 4% 5% — 4%“, bei 48 | Ben: „+. mn 5% 6% %% — 74. „„ „ I. 3 „„ e. 6% 5% — 6,9, — 52. 2. 7% — 7% j — 66. sw, ah | „„ .,05 ge Bau =“... I. „„ Marz — Tre 7" zu z r 7 = 1% bei 130 M. 778 J 4 1 I ER ee bei 130 M. Tabelle VIII. Tabelle IX. 0 2 ̃ j˖⏑—ß—̃ — Die Körpergröße verhaͤlt ſich bei In Bezug auf die Beſchaͤftigung dieſen folgendermaßen: _ | finden ſich hierunter: —— — wGà— — — — gu 4% £ „bei Bauern. 05 > . 44 8˙% 5% * N 1. Weber 8 2 16. 5% 8“ 8 2. Weingaͤrtner 8. aa 9. . 8 13 Bäder = . . 7. - — 6“ — 6“ 4““ 8. Maurer. . . a! 10: 6˙/ 5“ — ht gt 15. Zimmerleute e > 6. 7. — 7 4% . 9. Metzger. 2 2 5 125 Muller 3 . . 5 18. Schuſter A Schreiner . > 4, 17. Schneider > R 4 zug — 7% 9% gu — gr 4% guy — 8“ gm 9, — gu 4,“ 8 5 3 a gu.gı — 9’ 9" 6. Schmiede . - F 4. 10“ — 10“ 4““ 12. Kuͤfer . 5 F a 101, 7. 11070 T. Steinhauer 2 a 2. 4. Bierbrauer . 2 1. Ziegler . a A % IAA FEDER 11“ gu P 8 3 5 ua... 12 Maine IR 5 2 Schaͤfer n De ind Zeugmacher 5 1. — bel 130 M. Delmüller R . = 1. Seifenſieder 8 5 1. Nagelſchmidt . & RE Kutſcher 8 e 1 bei 130 M. Die Durchſchnittsberechnungen dieſer Menſurationsverhaͤltniſſe erger ben folgende Reſultate: Die durchſchnittliche Größe be⸗ trägt demnach 8“ 2, 46 Kreismeſſer. | Queerdurchmeſſer. Gerader Durchmeſſer. oben | 316.31 | unten | 29/6,15““ 88,54% | 9%/8,84““ | 50,38" 7046 Zuſammenſtellung ſaͤmmtlicher Durchſchnittsberechnungen der Meſ— ſungen bei 130 Individuen mit normalem Bruſtbaue: Durchſchnittl. | Gerad. D 8 Koͤrpergroͤße. 5 Kreismeſſer Queerdurchmeſſer oben unten oben | unten oben | unten N 2, 46. Eine Vergleichung der Menſurationsverhaͤltniſſe zwiſchen dem obern und untern Theile des thorax ergiebt, nach vorſtehender Durchſchnittsberechnung, folgende Unterſchiede: Der obere Kreismeſſer iſt großer als der untere um 20, 15%. Der obere Queerdurchmeſſer iſt kleiner, als der untere, um 1316, AI 29,6. 15/58 8, 57 98, 84. 45 b, 1. 7 0 40,7 r 350 170,30“. Der obere gerade Durchmeſſer iſt kleiner, als der untere, um 20 07.“ Dieß nun ſind die Durchſchnittsberechnungen, welche ich aus den Meſſungen der Bruſte ven 130 in jeder Hiuſicht geſundet und ein vollkommenes Ebenmaaß des Korpers beſitzendet Indtoltuen er- batten habe. Allein hiervon giebt es, wie wir aus den Tabellen 1, 2. und 3. erſchen, viele nicht unbedeutende Abweichungen, welche nicht nur ohne Nachtheil für das Jadividuum beſtehen, ſondern daſſelbe nicht einmal verhindern, bei gchöriger Eigubung ſeldſt bedeutende Strapatzen ohne Nachtheil für deſſen Geſundbeit durchzumachen, wie die nun beendigten großen Kriegsübungen bewieſenz denn es er⸗ krankte unter den 915 Gemeſſenen keiner an Bruſtaffectionen oder Zu allen, welche dem Tragen der im Eingange angegebenen Laſt hätte zugeſchrieden werden tonnen. Unter ihnen finden ſich Bruſte, deren oberer Queerdurchmeſſer dem untern gleichtommt ecyindri⸗ ſcher thorax) oder gar um einige Linſen größer iſt. Ebenſo finden ſich andere, wo der Unterſchied zwiſchen dem obern und untern geraden Durchmeſſer nur um ein Paar Linien differirt, Selbſt uns ter den 130, bei welchen ich einen normalen Bruſtbau annahm, fanden ſich folgende Differenzen: Der obere Kreismeſſer war groͤßer, als der untere, um 1“ 2 als Minimum, um 4“ 5, als Moximum. Bei den Queerdurchmeſſern fand ſich der Unterſchied folgenders maßen: Minimum: 3.“ Maximum 1 8, Bei den geraden Durchmeſſern: Minimum: Maris mum: 2“ 4", Ich habe Soldaten geſehen, deren eine Seite des thorax ftärs ker prominirte und weiter war, als die andere, oder welche ein nicht unbedeutend hervorragendes oder eingedrücktes sternum hat⸗ ten, und doch bei übrigens guter Geſundheit obne Nachtheil alle Strapazen auszuhalten vermochten. Wie laffen ſich nun tiefe That⸗ ſachen mit den bisherigen vereinigen? Das Geheimniß liegt wohl darin, daß eine in dem einen Durchmeſſer zu enge Bruſt in dem andern an Weite zugenommen hat, wodurch ſich beide compenſiren, ſo daß, z. B., eine Bruſt, deren oberer Qucerdurchmeſſer unter dem Durchſchnittsmaaße ſteht, einen geraden obern oder ſolchen untern Durchmeſſer zeigt, welche das Durchſchnittsmaaß übertreffen. Hirtz (Presse med. No. 1., 2., 3. 1837), welcher den Kreis- umfang des thorax ſowohl unter den Achſeln, als im niveau des process. xipheid. maaß, fand bei 100 gefundın Männern als mittleres Verhaͤltniß des Unterſchiedes zwiſchen dem obern und uns tern Kreismeſſer 7 Centimeter, um welche erſterer den letztern übertraf. Der groͤßte Unterſchied zwiſchen beiden betrug 15 Cen⸗ timeter, der kleinſte 3 Gentimetir. Bei 15 Männern im Iſten und 2ten Stadium der phthisis fand ſich der untere Kreismeſſer im Durchſchnitte um 2 Centimcter größer, als der obere. Die Extre⸗ me waren 4 und 0 bei 100 Männern; im Sten Stadium der phtki- sis fand ſich der untere Kreismeſſer im Durchſchnitte um 4 enti⸗ meter größer, als der obere. Die Extreme waren bier 8 und 2 Centimeter. Bei fpäter vorgenommenen Meſſungen (Presse méd. No. 52. 1837) von 15 Pbthiſikern zeigte ſich bloß bei 4 der obere Kreismeſſer kteiner, als der untere; dei 2 waren fie gleich; bei 9 übertraf der obere den untern an Größe, Balfour's Meſſungen bei 1439 Recruten ergaben: daß der umfang der Bruſt bei diefer Zabl im Durchſchnitte 321 280% 91% Würtemb.) betrug, das Maximum 37“ (= 32" 9," Wür⸗ temb.) , das Minimum 28, (= 24” 9" Würtemb.). — Mars fhall zog aus dieſen Reſultaten, welche viel ungünftiger find, als die meinigen, den Schluß, daß kein Recrut als tüchtig zum Militärdienfte erkannt werden ſollte, deſſen Bruſtkaſten nicht wir nigſtens 30 — 31" (= 236 7 — 270 6 Würtemb.) meffe. Ob aus den bisberigen Meſſungen uberhaupt ſchon ein Schluß 1. 4˙%, in diefer Beziehung gezogen werden könne, zweifele ich, und wei⸗ tere Meſſungen durch Militärärzte halte ich deshalb für febr wüne ſchenswerth. Das Verhältniß der Bruſtwefte, zu Körpergröße, Statur ꝛc., iſt bei ſolchen Beftimmunrgen über Tüchtigkeit fihr in Ruͤckſicht zu nehmen; denn die Individuen, welche ſchnell aufg, wach⸗ ſen ſind, zeigen oft, in Beziehung auf die Form des thorax, keine Abnormitätz dieſer kann auch die von Ma rſball geforderte Weite hinreichend befigen, und dennoch iſt der Militärarzt gendthigt, ein * 851 ſolches Individuum deßbalb für untuͤchtig zu erklären, weil die Bruſt die dem übrigen Baue, der Größe und dem allgemeinen Aus— feben correſpondirende Weite nicht beſizt. Auf der andern Seite könen ſich die Durbmeffer einer Bruſt oft ſehr klein zeigen, und dennoch ſieht ſich der Militärarzt veranlaßt, das Individuum für tuͤchtig zu erklaͤren, wenn die Bruſt keinen Fehler zeigt und ihre Wite dem Übrigen Koͤrverbaue und der Größe angemeſſen iſt. Nicht allein dieſe Gründe find es, welche mich an der Aufſtel— lung eines Normalmaaßes für die Bruſtweite bei der Conſeription vorläufig zweifeln laſſen, ſondern auch andere, welche ich zum Theil ſchon entwickelt habe und welche ſich aus den nicht unbedeu— tenden Abweichungen ergeben, die ſelbſt bei im Allgemeinen gutem Bruſtbaue vorkommen. Man berückſichtige, z. B., nur die oben angegebenen, ſehr veraͤnderlichen Unterſchiede zwiſchen den obern und untern Druchmeſſern und Folgendes: Bei den 915 von mir Ge— meſſenen ſchwankt: Der obere Kreismeſſer zwiſchen 28“ und 35% 5%. Der untere zwiſchen 25“ 3,“ und 33“. Der obere Queerdurchmeſſer zwiſchen 6“ 9“ und 10“ 3% Der untere zwiſchen 8“ und 10“ 8". Der obere gerade Durchmeſſer zwiſchen 4 1 und 6“ 2. Der untere zwiſchen 5“ 4 und 8“ 4%. Die geringſten Unterſchiede und die conſtanteſten Verhaͤltniſſe finden ſich hier unter den Queer- und geraden Durchmeſſern, und es moͤchte deßhalb die Meſſung mit dem Taſtzirkel die geeignetſte ſeyn fuͤr die Zukunft beſtimmtere Formen für unſere Zwecke zu erforſchen. Ueber den Einfluß des Gewerbes auf die Entwickelung und den Bau der Bruſt wage ich es nicht, ein guͤltiges Reſultat aus mei— nen Meſſungen zu ziehen. Bei der Conſcription ſelbſt angeſtellte Meſſungen der Bruſt aller Militaͤrpflichtigen müßten dagegen für die Statiſtik und M:dicinalpolizei von hohem Intereſſe ſeyn und kö inten ein ſchoͤnes, dahin zielendes Reſultat zu Tage foͤrdern. Indeſſen erlaube ich mir, nachfolgende Vergleichungen in die— ſer Beziehung anzuſtellen, welche den Zweck haben, als Baſis fuͤr weitere Forſchungen zu dienen. Unter 100 Gemeſſenen im Allge-Unter 100 mit normalem Bruſt— baue befinden ſich: meinen befinden ſich: Bauern 5 5 30,8. . E 1 338. Weber a 8 SCHE B ° 12,4. Säufter . r = 6,9. R A 0 . 38. Weingaͤrtner f 83 g . . . 6,2. Maurer . % 6,1. . . . . 4,6. Schneider . 5 4,1. 0 0 8 5 3,7. Baͤcker . . 32 E - 5 5,4. Zimmerleute . 2 28,2% 0 . . 4,6. Metzger. 5 22 . 8 Kuͤfer. 5 N 3 . - 23 Schreiner & 2,3. 8 2 5 5 3,7. See een N N; ts Muͤller . 0 a 52 5 a . E 3,8. Schmiede . . 2,20, . 0 > 1,5. ' 1,8. . . . 00. Ziegler 5 8 „9087. . 5 1,5. Bierbrauer . 0,87. . . 5 1,5. Nagelſchmidt . 0 0,65 . * . * * 0,76. Gerber A 5 Hafner 0 . 0,65. 8 . . + 852 Unter 100 Gemeſſenen im All [unter 100 mit normalem Brufts gemeinen befinden ſich: baue befinden ſich: Schloſſer 8 a 0, 4. = = 2 > 0.0. Zeagmacher 8 0,54. — F . . 0,76. Muſiker . „ 8 0,5 4. 8 . 0 8 0,0. Tuchmacher 80 0,54. a . . . 00, Faͤrber . . . 0,43: 1% . . . . 00, Glaſer . . 0,43. 0 8 . . 00. Steinhauer . 0,3% |. 8 . . . 15. Aus dieſen Berechnungen wären folgende Gewerbe die für die Entwickelung und Ausbildung der Bruſt gunſtigſten: das der Wer ber, Bauern, Baͤcker, Muͤller, Zimmerleute, Metzger, Schrei— ner, Steinhauer, Ziegler, Bierbrauer, Nagelſchmiede und Zeug— macher. Weniger guͤnſtig das der Weingaͤrtner, Maurer, Schneider, Schaͤfer, Schmiede und Küfer. Am unguͤnſtigſten: das der Schuſter, Wagner, Hafner, Gers ber, Schloſſer, Muſiker, Tuchmacher, Faͤrber, Glaſer ꝛc. Dr. Seeger, Regimentsarzt im Koͤnigl. Wuͤrtemb. 7ten Inf.-Reg. Mi BC BEL ern. In Beziehung auf die ophthalmologiſche Praxis, iſt beſonders bemerkenswerth, daß Hr. Tyrrel (der Verfaſſer des ſ. 3. angeführten für die Praxis ſehr wichtigen Werkes Practie cal Treatise on the D'seases of the Eye, und ſeit zwei und zwanzig Jahre in einer ausgebreiteten gluͤcklichen Praxis an dem London Eye Infermary und dem London ophthalmie Hospital thaͤtig) in faſt allen länger dauernden Fällen und hartnaͤckigen Ent— zuͤndungen der verſchiedenen Theile des Auges immer eine generoſe Diät zuläßt und eine Behandlung von leicht toniſchen Mitteln ein— treten läßt. Faſt alle dieſe hält er für Reſultate einer in dem Körper unzureichenden Kraft zur Befritigung von Uebeln, welche aus irgend einer, vielleicht zufällig eingeführten, Krankheit entſtan— den ſind; mit andern Worten, einer allgemeinen Schwaͤche, durch welche der Koͤrper unfaͤhig wird, eine locale Krankheit durch ſeine eignen Anſtrengungen zu heilen. Das Hauptmittel bei dieſen Af— fectionen ift ihm China und Eohlenfaures Natron, fünf Gran von jedem, taͤglich drei Mal, eine milde, aber gute Nahrung und die ſorgfaͤltigſte Aufmerkſamkeit auf das allgemeine Befinden. Dieß und in beſonderen Fällen kleine, aber oͤftere, Doſen von Mercur find Hrn. T's. Hauptmittel und, wie von vielen Zeugen beftätigt wird, vom guͤnſtigſten Erfolge Peſſarien aus waſſerdichtem Gummizeuge, welche zum Aufblaſen eingerichtet ſind, werden als beſonders wirkſam fuͤr Faͤlle, in welchen gewoͤhnliche Peſſarien nicht vertragen werden oder helfen, empfohlen, in the Lancet, 28 Sept. 1839 und 18. July 1840. Ferrum tartaricum ammoniatum, eine Drachme auf 8 unzen Waſſer, dreimal täglich einen Eßloͤffel, empfiehlt ein Herr Waklewoth in the Lancet, July 1840, nach ſeiner Er⸗ fahrung, als das vorzuͤglichſte Mittel bei chorea, chlorosis und Scropheln. Bibliographische leuig keiten. On the Phenomena of sensation, 1840. 8. Surgical Anatomy of the inguinal Hernia, By T. Morton. London 1840. 8. By Dr. Johnstone. London On Epilepsy. By Dr. Sharkley. London 1840. 8. 1 On tho Cure of Squinting. By J. Duffin. London 1840. 8. R e 2 — * — zu dem ſechszehnten Bande der Neuen Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. (Die Roͤmiſchen Ziffern bezeichnen die Nummern, die Arabiſchen die Seiten.) A. Acephalocyſtenbaͤlge i. d. Milz. CCCXXXVT. 89. Agaſſiz, über Gtetſcher und deren fruͤ— heres Vorhandenſeyn in Schottland, Ir— land und England. CCCLII. 337. Alpaca. CCCXLVI. 250. Anpbitriten, Reproduction verloren ges gangener Theile derſelb., CCCXXXI. r. Amuſſat, Exſtirpation einer Geſchwulſt aus der Subſtanz des Uterus. CCCL, 317. Anatomiſche Charactere der Lungenentzuͤn— dung. CCCXXXIX, 137. Ancell, über den Zuſtand des Blutes bei endemiſchen Fiebern. CCC XLIV. 217. And ral und Gavarret, über die Veraͤnde— rungen des Blutes in den Krankheiten. CCCKLV. 233. Aneurysma art. innominataes CCCXLI. 176. - Uortenklappen, krankhafte derſelb n. CCCLI. 335. Arterie; quetſchung als Urſache des Bran⸗ tes. CCGXXXVIII. 128. Beſchaff heit B. Baſtard⸗Faſanen. CCCXLVI. 250. But, Sol im und Epidermis, Beziehung zwiſchen denſelben. CCCL. 320. — Veränderungen deſſelben in Krankheiten. CCCXLV. 253. — Zuſtand deſſelben in endemiſchen Fiebern CCCXLIV. 217. Blutegel, zur Naturgeſchichte deſſelben. CCCXLV. 234. Boucherie, über Anfuͤllung des Holzgewe⸗ bes mit fremdartigen Stoffen, vermit: telſt des natuͤrlichen vegetabiliſchen Auf— faugungsvermögens. CCCXLVII. 205. Bronchien, betraͤchtliche Ausdehnung der: ſelben. CCCXLIII. 208. Bruſtkaſten, Menſuration derſ. in Bezie⸗ bung auf die Conſcription. CCCLII. 343 v. Buch, über Sphaͤroniten und einige an⸗ dere Geſchlechter, aus welchen Crinoideen entſtehen. CCCLII, 344, C. Canton, Hoſpital daſelbſt. CCCXXXVIII. 121. Capillarphlebitis, mit Blutergießung ver⸗ bunden. CCCXXXIII. 44. Cazenave's Inſtrument zum Meſſen der Harnröhre CCCXLVII. 272. Cellularia avicularia, die ſchwingenden Körper an den Polppen derſ. CCCLI. 330. Chromfäure als Aufbewahrungsmittel für Gegenſtande mikroſcopiſcher Unterſuchun⸗ gen. CCCXLIII. 202. 351 Cirrhosis hepatis. CCCXXXV. 70. Cleaken, Unſchaͤdlichkeit der Verunreinigung des Flußwaſſers und der Luft durch die ſelben. CCCALXI. Colik von Madrid. CCCXLIV. 220. Cooke, über den Einfluß des Koͤrpers auf Gemuͤihsbewegungen. CCCXLIII. 291. Cretins, Heilanſtalt für dieſe. CCCXXXI. 16. Cricetomys gambianus. CCCXL. 154. Cruveilhier, uͤber Acephalocyſtenbaͤlge in der Milz. CCCXXXVI. 80. — über einige Localaffectionen der Nerven. CCCXL. 153. über mit Bluter: gießung verbundene Capillarphlebitis. CCCXXXIII. 44. — über Paraplegie burch Druck eines Hydatidenbalges in der Ruͤckgratshoͤhle. CCCXXXV. 21. — über verſchiedene Formen der Vari: cen. CCCXXXIV. 59. 205. D. Dalyell, über Wiedererzeugung verloren gegangener Organe (Kopf und Einge⸗ geweide) bei Holothurien, Amphitriten. CCCXAXI. 1. Darmſteine, eigenthuͤml. Art. CCCXXXIV. 64. Davis, uͤber acuten Waſſerkopf und deſſen Behandlung. CCCL. 311. Ductus arteriosus Botalli, Einfluß des linken bronchus, auf Schließung deſſelb. SOG Duͤnndarm, unterer Theil deſſelben durch Entzündung verändert. CCCXLI. 169. cCxLI. 188. Dutrochet, Unterſuchungen über die Eigen: wärme der vegetabiliſchen Organismen. CCCXXXVI. 81. CCCXXXVII. 97. CCCXXXVIII. 113. CCCXXXIX. 129. S. E. Ehrenberg, uͤber foſſile mikroſcopiſche Thier⸗ chen in Sandſchichten. CCCLII. 34g. Eierſtockswaſſerſucht durch die Scheide pa: racenteſirt. GCCXLII. 192. Eierzahl bei den verſchiedenen Voͤgelarten. CCCxXXXII. 12. CCCXXXIII. 37. R e g t er Eigen vaͤrme der thieriihen Organis— men. GCCXLIII. 103. CCCXLIV. 209. CCCXLV. 225. CCCALVI. 244. vegetabiliſchen Org⸗nism. CCCXXXVI. 81. CCCXXXVII. 97 CCCXXXVIII. 113. CCCXXXIX. 129. CCC XL. 148. Endemiſche Fieber, Zuſtond des Blutes in denſelben. CCCXLIV. 217. Entenmuſcheln, lebende, oberhalb der Mee— resflaͤche. CCCXXXI. 8. Ent zuͤndung des unteren Theils des Duͤnn⸗ darmes. CCCXLI. 169. CCCALI. 185. Eſchricht, über Anordnung des Haares am menſchlichen Körper. CCCXXXIV. 56. F. Foſſile, fliegende Fiſche. CCCXLIV. 218. Ferrum tartaricum ammoniatum gegen Chorea, Chlorosis und Scropheln. CCCLII. 352. Fractur, in Folge eines nodus nicht ge⸗ heilt. GCCXXXVII. 112. Fumerolles, CCCGXXXIII. 33. ©. Gatvanifhe Strömungen, chem'ſche Wir. kungen derſelben im organiſchen Koͤr⸗ per zu Heilzwecken angewendet. CCCXLIX. 304. Gannal'g Verfahren bei'm Einbalfamiren. CCCXLVII. 259. Gebärmutterrorfuall mit Blaſenſtein ver wechſelt. CCCXLVIII. 288. Gehirnerweichung, mikroſcopiſche Unterſu⸗ chungen üb. dieſ. CCCXXXII. 25. Gemüthsbewegungen, Einfluß des Körpers auf dieſelb. CCCXLIII. 201. Geſichtsmuskeln, ſaͤmmtlich fubcutan durch⸗ ſchnitten. CCCLI. 336. Gletſcher und deren fruͤheres Vorhanden— ſeyn in Schottland, Ireland und Eng: land. CCCLII. 337. Gluge, mikroſcopiſche Unterſuchungen über Gehirnerweichung. CCCXXXII. 25. Gonteer, Vulcan auf Java. CCCXLI. 170. Grantham (John), uͤber die erſten Andeutun⸗ gen einer Geiſtes krankheit. CCCXLVIII. 281. Guacharo. CCCXLIX. 205. Guerin's Modification der Operation ge— gen das Schielen. CCCXXXVI. 96. H. Haar, Anordnung deſſ. am menſchl. Koͤr⸗ per. CCGXXXIV. 56. Haar, Bildung des menſchl. CCCXXXIV. 49. Harnroͤhrenſtrictur, Wade's Behandlung deif. CCCxXXVI. 96. Hawkins (Caͤſar), üb. die verſchiedenen Formen d. Naſenpolypen. COCXXXVII. 105 Henle, 249. Hepatis eirrhosis. uͤber Waſſerſucht. CCCXLVI. CCCXXXV. 79. Herz, Maaße deſſelben bei'm neugebornen Kinde und im ausgewachſenen Zuſtande. CCCXLI. 161. CCCXLII. 172. Herzpolyp. CCCXLIV. 222. Hirnthaͤtigkeitsſtoͤrung bei Nierenkrankhei— ten von Kindern. CCCXXXVIII. 122. Hiſern, über die Colik von Madrid“ CCCXLIV. 222. Hodkin, über die anatomiſchen Charactere der Lungenentzuͤndung. CCCXXXIX. 137. Hodgkin, üb. d. Veränderung des untern Theiles des Duͤnndarms durch Entzuͤn— dung. CCCXLI. 169. Hoͤfer's Beobachtungen und Verſuche uͤber die Anwendung des Platins in der Me: dicin. CCUXLVII. 265. Holothurien, Reproduction verlorengegan⸗ gener Theile bei denſelben. CCCXXXI. I. Honig, giftiger. CCCXXXV. 80. Hoſpitaͤler in Canton und CCCXXXVIII. 121. Hourmann, uͤber die Gefahr von Injectio⸗ nen in den uterus. CCCXXXIV. 57. Hydotidenbalg innerhalb der Ruͤckgrats⸗ hoͤhle als urſache einer Paraplegie. CCCXXXV. 71. Macao. J. Ichthyosaurus , weiche Theile deſſelben. CCCXLIII. 199. Injectionen in den uterus zuweilen ger faͤhrlich. CCCXXKIV, 57: Jodſtaͤrke, nachtheilige Einwirkung derſelb. CCCLI. 329. Irrenhaͤuſer, Abſchaffung des Zwanges in denſelben. CCCXLIII. 207. Italieniſche Naturforſcher-Verſammlung zu Turin. CCCXLI. 170. Jualamuki's heiliges Feuer. CCL. 310. K. Kali hydroiodieum, nachtheilige Wir— kungen deſſelben. CCCLI, 329. Keuchhuſten, kalte Waſchungen der Bruſt gegen denſelben empfohlen. CCCL. 320. King, uͤber den Einfluß des linken Bron— chus auf das Schließen des ductus ar- teriosus Botalli. CGCXXXI. 5. King (Wilkinſon), über Schnelligkeit der Circulation im Lymphſyſt. CCCXXXV. 69. Kirauea, Vulcan, CCCXLVI. 241. Kobelt, über eine Verletzung des pharynx und die Functionen der Schlingorgane. CCCXLIV. 220. Koͤrper, Einfluß deſſelben auf Gemuͤthsbe— wegungen. CCCXLIII. 201. Koblenfäure, Quantität derſelben, die von den Lungen im geſunden und kranken Zuſtande ausgeſchteden wird. CCCXLII. 192. Krankheiten, Veranderung des Blutes in denſe ben. CCCXLV. 233. Kreideformation, mikroſcopiſche Thiere in derf. CCCXLIV. 212. Kuhpocken und Mauke, uͤber die Ver⸗ wandtſchaft derſ. CCCXLI. 176. im Jahre 1839. ®. Law, über eine beträchtliche Ausdehnung der Bronchien. CCCXLIII. 206. Lawrie, über die nachtheilige Einwirkung des Kali hydriodicum und der Jodftärs ke. CCCLI. 329. nei e r- Lebenskraft im Sgamenko ne. CCCL, 312. Lepitofiren. CCCXL, 135. Liſton, über Durchſchneitung des m. ster- nocleid: mastoideus, wegen eines Krop— ſes. CCCXXXIII. 48. — über Gefäßs anordnung eiternder Flachen. CCCXXXI, 16. Locomotionsmuskeln, Functionen derſelben. CCCXXXIII. 40, Luftquantitöt, die zum Athmen eines Pfer— des noͤthige. CCCXXXIV. 6r. Lungen, uͤber die von denſelben im geſun— den und kranken Zuſtande ausgeſchiede— ne Quantität Kohlenſaͤure. CCCXLII. 102. Lungenentzuͤndung, anatomiſche Charac— tere derſ. CCCXXXIX. 137. Lungenhernie. CCCGCXXXIII. 48. Lympheirculat on, Schnelligkeit derſelben. CCCXXXV. 69. Lymphſyſtem, Schnelligkeit der Circulation in demſelben. CCCXXAV. 69. NM Macao, Hofpital daſelbſt. CCCXXXVIII. 121. Magnetiſche Obſervatorien CCCXLIX. 296. Magnus, über die Unſchaͤdlichkeit der Wer: unreinigung des Flußwaſſers und der Luft durch die Cloaken groͤßerer Staͤdte. CCCÄLIX. 295. Mammouth, wovon man annimmt, daß es von den Indianern getoͤdtet worden ſey. CCCxXxIv. 54 Mauke und Kuhpocken, uͤber die Verwandt⸗ ſchaft derſ. CCCÄLI. 176. Meduſen, Bemerkungen über dieſelben. CCGXXXV. 72. Meduſen, uͤber Production dei denſelben. CCCXXXII. 26. Meer, Tiefe deſſ. CCCLI, 330. Melloni und Piria, über die vulcaniſchen Rauchſaͤulen. CCCXXXIII. 33. Menſuration der Bruſt, in ihrer Bezie— hung zu der Conſcription. CCCLII. 343. Mercur, durch die Subſtanz des Bleies hindurchdringend. CCCXLII. 185. in America. 355 Mercurkalzittern. CCCALVI, 284. Miver, G. H., über Bildung des menſchl. Haares. GCCXXANIV, 30. Mikroſcopiſche unterſuchurg der Gebirners weichung. GCCXXXII. 23. Milch, Blau- und Gelbwerden berfeiben. CCCKXXIX. 137. Milz, Acepholocyſtenbaͤlge in derſelben. CCCXAXVI. 89. Mollusken, Entwickelungsgeſchichte einiger Gattungen derſ. CCGCXLIII. 200. Mortalität der Truppen zu Sierra Leone. CCCXxL. 160. N. Nagel, eingewachſener, Behandlung deſſ. CCCxXXIII. 39. Naſenpolypen, verſchiedene Formen berf. CCCXXXVII. 105, Naſenſchleimbhautsentzuͤndung durch die Riech⸗ nerven bis zum Hirne fertgepflanzt. CCCXLV. 240. Naturforſcher und Sammler in Eütames rica. CCCÄL. 154. Necrolog: — Ruſt CCCXXXI. 16. Stieglitz. CGCXXXIII. 48. Xrera. CCCXXXIV, 64. Vigors. CCCXXXIX. 138. Gar: liste. CCCAXXIX. 144. v. Lıttromw. CCCXLIV. 218. Ecarpellini. CCCXLV. 233. Sauter. CCCXLV.240. Lagasca. CCCXLVII. 265 Podels. CCCXLVIII. 288. Heller. CCCXLIX. 295. Wilhelm. CCCXxLIX. 304. Eequirol. CCCL, 320. Nerven, Localaffectionen derſ. CCCXL. 153. Nierenkrankbeit, Bright'ſche. CCC XXXIX. 144. P. Paradiesvogel, Lebens w. deſſ. CCCXLVIII. 281. Paraplegie, durch Druck eines Hydatiden ; balges innerbalb der Rüdgratshöple. CCCXXXV. 21. 356 Pathologie des Scheakelhalsbruch;. CCCXL. 157. Pathologie, vergleichende. CCCXXXI. 9. CCCXKXIN. 29. Pay an, über Behandlung des einge wa hſe⸗ nn Nagels. CCCXXXIII. 39 Payen, über Eat vickelung der Pflanzen CCCXKXV. 65. Pelonaia. CCC XXXIX. 136. Peſſarien von Gunmizeug. CCCLII. 352. Pet, Gontagiofität derſ. CCCXLVIII. 28 Pferd, die zum Athmen deſſelben nöthige Luftquantitaͤt. CCCXXXIV. 61. Pflanzen, über Entwickelung derſelben. CCCXXKV. 65 Pharyns, Verletzung deſſelb. 220. Phbebit 's, gluͤckliche Heilung einer ſolch en. COOX XXIII. 32. Phosphorescenz einiger ruͤckgratsloſer Thiere in der Fortpflanzungszeit. CCC XXXVI. 89. Pigotit. CC XXXVII. 106, Piria und Melloni, uͤber vulcaniſche Rauch⸗ fäuten. CCCXXXIII. 33. Piatinpräparate, in der Medicin angewen— det. CCCXLVII. 265. CCCXLVIII. 286. Power, über eine eigenthuͤmliche Mißbil⸗ dung des Mittelfingers. CCCXLVII. 257. Proſopalgie, ſehr hartnäckige. CCC XLII. 272. Pulsſchlag, beim Elephanten. EGEXXKXII. 26. CCCXLIV. R. Racen der zahmen Schweine. CCCXXXIV. 53 Rauchſaͤulen, 33. Reproduction verlorengegangener Theile bei Holothurien und Anphitriten. CCCXXXI. I, vulcaniſche. CCCXXXIII. Nefpirator. CCCXLV. 240. Ruͤckgrarsbruch durch Extenſion behandelt. CCCXLVI. 256. R e u g i ſt e Riückgratsverkrüm nung, Forcke's ſogen. organiſche Behandl. derſ. CCCXXXVII. Lie. ©. Schenkelhalsbruch, Diagnoſe und Patholo⸗ gie deſſ. CCCXL. 157. Schling- und Stim morgane, d ſſ. CCCXLIV. 220. Schnee, rother und Farbeſtoff deſſelben. CCMXXVIII. 223. CCCXLIX. 289. CCCL. 305. Schweine, Racen d. zahmen. CCCXXXIV. 53. Shuttleworth, neue Beobachtungen über den Farbeſtoff des rothen Schnees. CCG VLVIII. 223. CCCXLIx. 289. CGGL. 305. Seeger, über die Menfuration der Bruft in isrer Beziehung zu der Conſcription. CCCLIT. 343. S:lbftmordmonaman’e. GCOXXXV, 80. Serres, über die Zahl der Eier, welche die verfchiedenen Voͤgelarten legen. SS i 17. COCX e 37: Snith, über die Dia noſe und Pathologie des Schenkelhalsbruches. CCCXL. 187. Sonnenſtrahlen, chemiſche Wirkungen derſ. CCCXXXVI. go Synblepharon, rartielles, von Dieffenbach operirt. CCCXXXIX. 144. Functionen T. Temperaturmeſſungen des Bodens in Nord— ſibirien. CCGXLV, 234. Thirrifhe Organismen, Eigenwaͤrme ber: ſelben. CCCXLIL. 193. — Kaltbluͤ— tige Thiere, Eigenwaͤrme derſ. CCCXLIII. 103. CCCXLIV. 209. CCCXLV. 225. CCGXLVI. 244. Thieriſche Sıbftanzen, über Aufbewahrung derſ. CCCKXKL. 7. Todesfall durch krampfhafte Affection der Halsorgane. CCCXXXIV. 63. Tonſillenvergroͤßerung und gleichzeitige Dif: formitaͤt des Bruſtkaſtens. CCC XXXVIII. 125. Tracheotomie. CCCXL. 160. Tuberkelkrankheit, Verhinderung der Ent— wickelung derſ. CCCXXXII. 32. Tyrrel in Beziehung auf ophthalmolog ſche Praxis. CCCLII. 352. U. Unger, über vergleichende Patholo— gie. CCCXXXI. 9. CCCxXXII. 29. Unterleibsgeſchuwiſt freitiegende. CCCLI. 334. uterus, Geſchwulſt aus der Subſtanz def: ſelben exſtirpirt. CCCL. 317. —In⸗ jectionen zuweilen gefahrl. CCCXXXIV. 5² · V. Valſalva's Behandlungsweiſe der Aneurys— men. CCC VLIX. 301. Varicen, Behandlung derſelben mit cauſti— ſchem Kali. CCCXLIV. 224. ver⸗ ſchiedene Formen derſelb. CCCXXXIV. 59. Varix, nach Laugier und Clay behandelt. CCCXLVI. 256. Vegetabiliſche Organismen, Eigenwaͤrme derſelb. CCGXXXVI. St. CCGXXXVII. 97. CCCXXXVILL ı13. COCXXXIX, 129. CCCXL. 148. Vegetabiliſche Subftınzen, Aufbewahrung derſ. CCCXXXI. 7. Verdauung, Chemie und Phyſiologie berf. CCCXXXI. 8. Verdier, üb d. Bruͤche. CCCXL. 159. Verein, naturwiſſenſchaftlicher, des Harzes. CCCXxXxXIII. 40. Vernois, ün. die Maaße des Herzens bei'm neugebornen Kinde, nebſt vergleichenden Unterſuchungen uͤber die Maaße dieſes Organes im ausgewachſenen Zuſtande. CCCXLI. rer. CGCXLI. 177. Vogelarten, über die Eierzahl derſelben. CCOGXXXII. 16. CCCXXXIII. 32. W. Waͤrme zur Beſtimmung d. Functionen d. Lo⸗ comotions muskeln benutzt. CCXXXIII. 40. R TE Wiederkäuer mit hohlen Hörmern, CCCLI. 321. r. Warren, über die Vergrößerung der Ton⸗ ſillen und gleichzeitigen Difformität des Bruſtkaſtens. CCCXXXVIII. 1.5. Waſſerkopf, acuter, CCCL, 311. — an⸗ gebocner, paracentefirt, CCCXLIII. 208. Waſſe ſucht, Verhalten der Gewebe dabei. CCCXLVI. 249. 8. Zähne, eigenthuͤmliche mikroſcopirt fabın: ai 8.4 reg’ ey F. Fario, L. P. CCCXLVIII, 287. Favrot, C. CCGXLVIII. 272. Fleischer u, Lindemann. CCCXLIII. 207- Forbes, Edw. CCCXLV. 239. Forget, C. P. CCCL. 320. Furnari, S. CCCXLIV. 223. A. Ammon, F. A. v. CCCXXXVI. 96. Andral. CCCXLV. 240. Archiac, Vicomte d'. CCCXLIV. 223. Arnold, W. CCCXLVIII. 288. Atkinson, Jos, CCCXXXVIII. 122. B. Baines, Henr. CCCXLVI. 255, 6. Barse, Jul. CCCXLIV, 223. Gabillot. CCCXLV. 23 — cc Barth. CCC XxL VI. 256. RR = 9 Berigny, Ad. CCCXLVI. 256. ü E a M'Gauley, Jam. Will. CCCXXXIIT. 37. Bezin, J. M. CCCXXXVI. 95. Geoff (fers) st. Hilaire, Bouro. CCCXLIV, 224, CCCXXKVI. 95 . 95 Gibson. CCCXLIX. 303, Golfin, H. CCCXLV. 230. Grimelli. CCCXLIX. 304, II. Hamburger, W. CCCXXXVII. Ia. Hausmann, U. F. CCCXXXI. 15. Höfer, Ferd. CCCXLI. 170. Hollard, H. CCCXLIII. 207. Howship, J. CCCXXXV, 29. Hügel, C, Frh. v. CCCXLVIII. 221. C. Chenu. CCCXLIM. 207. Clot-Bey. CCCXXXVII. 112. Cooper, Will. White. CCCXLII. 192, Cruveilhier. CCCXLII. 192. D. Davis, Dav. CCCXXXV. 80. Devergie. CCCXXXIII. 48. Duffin, J. CCCLII. 352. J. Johnstone. CCCLII. 35t. E. Ellis. G. v. CCCXLVIIT. 271. Ellis, W. C. CCCXXXIV. 64. Engelhardt, Ch, Mor. CCCXL. 159, K. Kane, Rob, CCCÄLI. 269. Künckel, Phil. CCCXXXIII. 38. 357 artige Körper an denſelb. CCCXLVII. 265. Zeolith Bildungen cn foffilen organiſch en Körpern. CCCXLVIII. 283. Zſchokke, Eug., üb. Gannal's Verfahren, Menſchen, vierfußige Tbisre und Vögel einzubalfamiren, CCCXLVII. 259. L. Lafond, O. de. CCGCCXXXI. 16. Landerer CCCXLIV. 223. Latour. CCCALV. 240. Laycock, T. CCCXLVIII. 272. Leighton, W. A. CCCXLVI. 255. Lesson, R. P. CCCXXXVII. III. Louis, P. C. A. CCCXLII. 19. Lucas (P. Bennet). CCCXL. 160. NM. Magnus, Alb. CCCXXXVI. 96. Marchal, CCCXXXII. 32. Mauduyt, CCCXXXII. 31. Mayer, A. F. J. C. CCCXXXIV. 63. Meissas. M. N. CCCXXXII. 31. Menestrel, CCCXXXIX. 134. Moquin-Tandon. CCCL. 319. Morton. CCCLII, 351. Mutel, Ph. CCCXLIII. 208. 0. d'Orbigny, Charl. CCCXXXL 15. CCCXXXIX. 133. P. Pacinotti, L. CCCXLVIIL 287. Paine, Martyn. CCCLI. 336. Paxton, J. CCCXXXIV. 63. Perron, C. Ch. de. CCCLI. 335. 358 Peyraud. G. CCCXXXVIII. 128. Phillips, Ch. CCCXLVIII. 288. Prout, Will. CCCLI. 336. Puccinotti, F. CCCXLVIII. 287. Q. Quain, Rich. CCCXXXV. 80. R. Renaudin, L. F. E. CCCL. 320. Rieumes. CCCXLIII. 208. Rigot. CCCXXXVIII. 127. Riviere, Baron de. CCCXXXIX, 143. Rodet, J. B. C. CCCXL. 160. Roger, H. CCCXLVI. 256, Reg i e r. Romberg, M. H. CCCG XXXIX. 144. Royle, T. Forbes. CCCXXXIII. 47. 8. Sabatin, G. CCCXXXIX. 144. Sabine, Edw. CCCXLII. 197. Sartori, Jos. CCCXLIV. 224. Sharpley. CCCLII. 352. Smith, John Pye. CCCXXXV, 79. Steiffensand, C. CCCXXXVII. II. T. Temminck. CCCXLIX. 303. Thouvenel, CCCXXXIX. 144. Tompson, J. P. CCCXXXVI. 96. V. Velpeau. CCCXXXII. 32. Vernois, Maxim. CCCXXKI. 16. W. Wächter, J. K. CCCL. 319. Williams. CCCXLIX, 304. Wylie. CCCXLI. 120. Z. Zantedeschi, F.CCCXLVIII, 288. CC CLI. 335. Allgemeiner Monatsbericht kür Deutschland. No. I. Januar und Februar 1840. Diefer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenzblatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Notizen für Natur⸗ und Heilkunde, den chirurgiſchen Kupfertafeln, dem chemiſchen Laboratorium und dem Bilderbuch für Kinder; übrigens wird der Monatsbericht auch, auf Verlangen, in Parthieen und einzeln gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Bücher, Muſikalien Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ftebt dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie fie eingehen, ſchnell abgedruckt, und für den Raum einer enggedruckten Zeile einer Spalte wird 2 Gr. S. oder 9 Kr. Rhein., berechnet. Erschienene leuig keiten. * Im December 1839 iſt erſchienen und kann durch alle Bud): handlungen bezogen werden: Genealogiſch-hiſtoriſch-ſtatiſtiſcher Al m aan a ch. Siebenzehnter Jahrgang, für das Jahr 1840. Enthaltend: Die Genealogie der Europaͤiſchen und Außereuropäiſchen Regenten⸗ familien, der mediatiſirten Standesherren und der deutſchen Füuͤrſten— hauſer, die in den deutſchen Bundesſtaaten begütert find; ſtatiſtiſche Ueberſichten des Areals und der Volksmenge der ganzen Erde, der einzelnen Staaten und Theile derſelben, nebſt Zuwachs und Ab: gang, Benutzung und Vertheilung; der Religionsverhaͤltniſſe, unter⸗ richtsanftalten und ihre Frequenz; der Finanzen und der Land- und Seemacht; der Staatsverfaſſungen und der Namen der Praͤſiden⸗ ten der Kammern, oder der Landſtaͤnde; der Hof, mit den Namen der vornehmſten Beamten; den Titel der Regenten; Beſchreibung des Wappens; die Ritterorden; die oberſten Staatsbehoͤrden und das diplomatiſche Corps mit den Namen der Beamten u. ſ. w.; a nebſt 9 ſtatiſtiſchen Tabellen. Der hiſtoriſche Theil iſt in geſchichtlichen Ueberblicken bei den einzelnen Staaten geliefert und der Preis, der groͤßern Bo— genzahl ungeachtet, nicht erhoͤhet worden. 992 Seiten gr. 16. Cartonnirt. 2 Thlr. od. 3 Fl. 36 Kr. Rh. Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. II. Braunschweig, bei G. Westermann ist erschienen, zu haben iu allen Buchhandlungen: Morus, Dr. J., Das Einbalsamiren der Leichen in alter und neuer Zeit. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin. gr. 8. fein Velinpap. geh. 20 Ggr. III Elementar- Unterricht im Naͤhen. Mit Muſter figuren. Erſte Abtheilung, wie ſie in der Induſtrie-Schule des Frauenvereins zu Weimar eingeführt iſt. (Zugleich als Vorſchriften deutſcher Currentſchrift.) Zwölf Blaͤt⸗ ter in gr. 4. Weimar, Landes-Induſtrie⸗ Comptoir 1839. Preis: 12 gGr. oder 54 Kr. Rh. 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Dieſe Säge in die Form von Schreib Vorſchriften zu bringen, damit jedes Maͤdchen ſie ſich durch Abſchreiben des in der Naͤhſchule befindlichen Exemplars um fo beſſer einprägen möge, zu welchem Behufe die Vorſchriften zugleich eine ſchoͤne Schrift liefern und mit einer ſehr compendiöfen Anleitung zum Buchſta⸗ benſchreiben verſehen find. Die zweite Abtheilung dieſes Elementar- Unterrichts im Rä⸗ hen erſcheint in ſchoͤner Engliſcher Schrift und ſchließt das Ganze. Die vollftändige Sammlung wirklich genähter Muſter⸗ ſtücke, wie fie in den, beide Abtheilungen dieſes Elementar Un: terrichts erläuternden, Figuren angedeutet find, iſt durch die Ver⸗ lagshandiung gegen baare und freie Einſendung von zwei Ther. Preuß. zu erhalten. 3 1 9 Erſchienene Neuigkeiten. IV. . Im Verlage des Geographischen Instituts zu Weimar ist 1889 erschienen und bei allen Buch- und Kunsthandlungen und Kunſthandlungen vorräthig: 'vorräthig: ih 8 Der Rhein, von seinem Ursprunge bis zu seiner Mündung. Entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Zwei anein- ander passende Blätter im gröfsten Karten-Format (Kupferstich). 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Rh. — In Etui 1 Thlr. 3 Gr. oder 2 Fl. Rh. Da in neuerer Zeit keine Karte vom ganzen Laufe dieses Stromes erschienen ist, so wird die vorliegende, im Maafsstabe von 75.555, nach den besten vorhandenen Hülfsmitteln entwor- fene, Karte, den Zweck: als ein brauchbarer Führer bei den Reisen auf dem Strome selbst, oder in den demselben näher ge- legenen Gegenden zu dienen, gewils erfüllen; da besonders die gröfste Sorgfalt darauf verwendet worden ist, die in den hier dargestellten Gegenden liegenden Kunststrafsen so genau und vollständig als möglich darzustellen. Durch die Einrichtung, dals der Lauf des Oberrheins, von seinem Ursprunge bis zu seinem Austritt aus dem Bodensee, und der Lauf des Niederrheins, von Wageningen bis zu seiner Mün- dung in die Nordsee, in besondere Cartons gelegt worden ist, wurde es möglich, die breitere Ausdehnung des Flufsgebietes zu vermeiden und der Karte den angenommenen Maafsstab. zu Be: welche von einem Theile der Schweiz, von Baden und essen- Darmstadt, der ganze Baierische Rheinkreis und Nas- ‚sau, Frankfurt und Hessen- Homburg, der gröfste Theil der Preufsischen Rheinprovinzen, so wie Theile von Würtemberg, Hohenzollern, Tyrol, Kurhessen, Waldeck, Luxemburg, Bel- gien und den Niederlanden, eine vollständige Uebersicht ge- währt, und deren hydrographischer und topographischer Theil mit derjenigen Vollständigkeit bearbeitet ist, welche der Maafs- stab nur zuliefs. Die Gebirgsdarstellung ist aus guten Gründen auf die Namen der Gebirge in ihrer Ausdehnung und auf die einzelnen ausgezeichneten Bergkuppen, sowohl namentlich als durch Bezeichnung ihrer Lage, beschränkt worden. Der höchst sorgfältige und saubere Stich dürfte allen Ansprüchen genügen, und der Preis verhältnifsmäfsig sehr billig gefunden werden. V. In allen Buchhandlungen iſt zu haben: Muͤnchhauſen. Eine Geſchichte in Arabesken. Von Karl Immermann. 4 Theile. (Zuſammen 1562 Seiten in 8.) Auf feinem Maſchinen⸗ er In farbigen Umſchlag geheftet. Preis 8 Thlr. gGr. Wenn der Verfaſſer in den „Epigonen“ den Zuſtand des Schwankens malte, in welchem ſich die Nachkommen einer bedeu— tenden Vorzeit abmuͤhen, ſo ſehen wir in dem vorliegenden Werke zwar das Verderben ſchon viel weiter vorgeſchritten, aber auch ſeine Graͤnzen bezeichnet, und erkennen die Stellen, welche es nicht ergreift, und aus denen in friſcher Kraft eine ſchoͤne Zukunft em⸗ porwaͤchſt. Bedeutende Zeiterſcheinungen werden beruͤhrt, edle Ge⸗ ſtalten entwickeln ſich, und die reinſte, gediegenſte Liebe tritt endlich verſoͤhnend in die Wirren des Zeitgeiſtes und den Zwieſpalt der Ge: genwart. Dieſes Buch iſt nicht blos ſatyriſch, nicht blos humori⸗ ſtiſch, nicht blos launig, nicht blos burlesk, es iſt Alles zuſammen. Duͤſſeldorf, den 28. Decbr. 1839. J. E. Schaub. 4 w 99 VI. 2 7. 2 2 8 In unſer'm Verlag iſt eignen in den mei n Buch 7 “ 7; * 11 % * uẽoeberſichtliche Darſtellung enn fer der ag een. In 95 Abbildungen (in Kupferſtich), mit characte⸗ riſirendem Texte. Ein Blatt im größten Karten Formate. 1838. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Durch Zuſammenſtellung der beſten vorhandenen Abbildungen von Pferden der characteriſtiſch verſchiedenen Racen und Zuchten, iſt eine Ueberſicht gewonnen worden, welche mehr Belehrung geben dürfte, als ſelbſt durch Benutzung der einzelnen, ſchwer zugängs lichen Prachtwerke zu erlangen iſt; uͤberdieß bietet die Tafel, durch Beruͤckſichtigung der Reſultate der neueſten Beſtrebungen fuͤr Veredlung der Pferdezucht in Deutſchland, dem Pferdeliebhaber noch ein beſonderes Intereſſe. Darſtellungen anderer Hausthiere werden bald folgen. Das Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. VII. In meinem Verlage iſt neu erſchienen: Das Thierreich geordnet nach ſeiner Organiſation. Als Grundlage der Naturgeſchichte der Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatomie. V o m Baron von Cuvier. Nach der zweiten, vermehrten Ausgabe uͤberſetzt und durch Zuſaͤtze erweitert von F. S. Voigt. Fuͤnfter Band, die eigentlichen Inſekten enthaltend. Gr. 8. 3 Thlr. 8 Gr. Der erſte Band (Saͤugethiere und Voͤgel), 1831, koſtet 4 Thlr.; der 2te (die Reptilien und Fiſche), 1832, 2 Thlr. 8 Gr.; der Zte (die Mollusken), 1834, 2 Thlr. 16 Gr.; der 4te (die Anneliden, Cruſtaceen, Arachniden und die ungefluͤgelten Inſekten), 1836, 2 Thlr. 8 Gr. Leipzig, im December 1839. F. A. Brockhaus. VIII. Beim Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt erſchienen: Ueber Gewitter, ’ von Fr. Arago. Aus d. Franz. gr. 12. 1839. Geb. 18 Gr. 1 Fl. 20 Kr. Rh. Mehrere Abſchnitte dieſer Schrift, welche in den Neuen Noe tizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde mitgetheilt wurden, erweckten von mehreren Seiten den Wunſch, das Ganze dieſer ſo intereſſanten Arbeit uͤberſetzt zu erhalten. Die⸗ ſem Wunſche wird hiermit in einer Ueberſetzung entſprochen, welche mit Vorliebe und Eifer gearbeitet worden iſt. 5 Erſchienene Neuigkeiten. IX. Mathematikern und Freunden dieſer Wiſſenſchaft, Korftmännern, Geodaten, Schulbibliotheken und Lehrern, Geſchaͤftsmaͤnnern und Kameraliſten, Aſtronomen und Beamten wird hiermit empfohlen: Tafeln der Quadrat- und Kubikwurzeln aller Zah— len von 1 bis 25500, der Quadratzalılen aller len von 1 bis 27000 und der Kubikzahlen aller Zahlen von 1 bis 24000. Nebst einigen an- dern Wurzel- und Potenztafeln. Entworfen von G. A. Jahn. Hoch 4. Geh. 3 Tulr. — Jol. Ambr. Barth in Leipzig. — — U X. Bei uns erschien im Januar dieses Jahres und ist in allen Buchhandlungen vorräthig: Memoranda der Semiotik. Gebunden. gr. 32m. 1 Thlr. 6 gGr. Im vorigen Jahre sind folgende Abtheilungen erschienen: Memoranda der allgemeinen Pathologie, 9 gGr.; — der allgemeinen Anatomie, 8 gGr.; — der speciellen Anatomie, 18 gGr.; — der Aetiologie, 12 gGr.; — der Toxicologie, 12 gGr. Die Memoranda, welche sich in rascher Aufeinander- folge über sämmtliche Doctrinen, zunächst der Medeein und Naturwissenschaft verbreiten sollen, haben den Zweck, Dem- jenigen, der bereits mit dem Gegenstande bekannt ist, eine vollständige Repetition aller Einzelnheiten, mit geringem Zeitaufwande, möglich zu machen. Sie enthalten, entspre- chend dem neuesten Stande der Wissenschaft, die Resultate so zusammengestellt, dafs sich das Ganze leicht und ange- nehm lesen läfst, wobei die Bearbeiter, wie wir glauben, die Aufgabe glücklich gelöst haben, etwas zu liefern, was Demjenigen genügt, der das Bedürfnifs fühlt, die Einzeln- heiten einer Doctrin in seinem Gedächtnisse wieder aufzu- frischen, dazu aber weder Zeit noch vielleicht selbst Geduld hat, ausführliche Handbücher, die vieles ihm Bekannte, oder doch, bei Erinnerung an die Resultate, von selbst wieder Hervortretende, enthalten, durchzulesen. Denen, welche die Memoranden benutzen, wird es angenehm seyn, dals die äufsere Anordnung derselben einem der vorzüglicheren aus- führlicheren Handbücher entspricht, wodurch das Nachschla- gen und tiefere Eingehen auf einzelne Puncte erleichtert wird. — Format und Ausstattung ist bequem und gefällig. Weimar, 1840, Landes - Industrie - Comptoir. XI. Bei Joh. Ambr. Barth in Lei i ienen und in allen aste tegen zu her 1 Homberg, Zinette, Mythologie der Griechen und Roͤ— mer, ſo aufgefaßt und dargeſtellt, wie es das Verſtaͤndniß antiker Kunſt und Dichtung erleichtert und den Geſchmack daran befördert; mit beſonderer Beruͤckſichtigung der EN und ethiſchen Bedeutſamkeit der Mythen. ebſt einem Anhange uͤber das aͤgyptiſche Mythenſoſtem. (41 Bog.) Cart. gr. 8. 3 Thlr. — XII. In Beziehung auf die orientalischen Fragen empfehlen wir, aufser den bekannten Karten der Asiatischen Türkei, des Persischen Reichs, Arabien u, anderen, a8 gGr., folgende bei uns erschienene Karten: Der Staat K 1 — 1 © . nebst vier Beikärtchen von den Umgegenden der Städte Algier, Bona, Constantine und Oran. Kin lithographirtes Blatt im gewöhnlichen Karten-Format. 1840. 6 gGr. = 74 Sgr. = 27 Kr. Rh. - Das Osmanische Reich, so wie die Besitzungen des Pascha’s von Aegypten in Europa, Asia und Africa. Griechenland, Iran, Afghanistan, Beludschistan, Turan und Arabien, nebst angränzenden Theilen vom Oesterreichischen Staate, vom Russischen Reiche und vom Britischen Vorderindien. Ein Blatt im gröfsten Karten-Format, in bekannter guter — = 12 gGr. = 15 Sgr. = 54 Kr. . Der westliche Theil von Mittel-Asien oder Turan, Kaukasus- Provinzen, Gouvernements Astrachan und Oren- burg, Länder der Kirgisenhorden, Chiwa und angrän- zende Länder. Ein Blatt im gewöhnlichen grofsen Karten- Format. 1838. 8 gGr. = 36 Kr, Rlı, Central- Asien, nämlich: Bokhara, Kabul, Persien, der Indusstrom und die östlich desselben gelegenen Länder. Nach den Aufnahmen von A. Burnes. Ein Blatt im gröfsten Karten - Format. 1835. 8 gGr. = 36 Kr. Rh. Das Geographische Institut zu Weimar. XIII. Bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig find erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Bretschneider, Dr., C. G., Lexicon manuale grae- co-latinum in libros Novi Testamenti. Editio III. emend. et aucta. 4. maj. Cart. 5 Thlr. — Deſſen Handbuch der Dogmatik der evangeliſch⸗lutheri⸗ un Rus oder Berfuch einer beurtheilenden lung der Grundſaͤtze, welche dieſe Kirche in ihren ſym⸗ boliſchen Schriften über die chriſtliche Glaubenslehre ausgeſprochen hat, mit Vergleichung der Glaubenslehre in den Bekenntnißſchriften der reformirten Kirche. 2 Baͤnde. 4e. verb. u. verm. Aufl. gr. 8. 5 Thlr. — — — XIV. Bei uns iſt 1839 erſchienen und an die Abonnenten gefendet worden: Chirurgiſche Kupfertafeln. Eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von aͤußerlich ſichtbaren Krankheitsformen, anatomiſchen Praͤparaten, ſo wie von Inſtrumenten und Bandagen, welche auf die Chirurgie Bezug haben, zum Gebrauch fuͤr practiſche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Rob. Froriep. Sor bis Sar Heft. Jeder von 5 Kupfertafeln Abbildungen, mit 13 bis 2 Bogen Erläuterungen in gr. 4to. Jeder Heft 12 gGr. = 15 Sgr. = 54 Kr. Rh. Inhalt: Ueber die verſchiedenen Arten der Polypen des Uterus Eigenthuͤmliche Art von Venengeſchwuͤlſten. Extraction necrotiſcher Kaochen. Neue Compreſſorien. Falſche Anchyloſen und Contracturen des Kniegelenkes Injectionen durch die Euſtachiſche Trompete. Operation der Verkruͤmmungen des Halſes, nach Dief fenbach. Complication der hydrocele und hernia congenita. Entſtehungsweiſe der angebornen Schenkelluxationen. Geſchwuͤlſte bei der Ruͤkkgratsſpalte Contracturen, welche durch Reizung einzel— ner Mus kein be ingt find. Operationen bei den höheren Graden des ectropium. Operationsverfahren zur Ausrottung des Ober- und Unterkiefers. Gebaͤrmuttervorfälle in Folge von Cyſtocele. Ge— bärmuttervorfaͤlle mit Harnblaſenvorfall complicirt. Maſtdarmver— engerungen durch Druck von Außen. Operationen am Maſtdarme. Angeborene Luxationen des Ellenbogengelenkes und am Schulterge— lenke. Gewoͤhnlichſte Anomalieen der Arterien der obern Extremität. Das Laboratorium. Eine Sammlung von Abbildungen und Beſchreibungen der beſten und neueſten Apparate zum Behuf der practi— ſchen und phyſikaliſchen Chemie. 42r und 43r Heft, in gr. 4to. 8 Tafeln Abbildungen mit 4 Bogen Erklaͤrungen. Beide Hefte 1 Thlr. = 1 Fl. 48 Kr. Inhalt: Apparate zur Elementar-Analyſe organiſcher Koͤr— per und Subſtanzen, von Liebig, Berzelius, Heß und Brun⸗ ner. Filtrir⸗Apparate von Berzelius, Marchand und Haüy Apparate zur Beſtimmung des Waſſers und der Kohlen: fäure von Sauſſure, Brunner und Fritzſche. Trocken-Ap⸗ parate und chemiſche Lampen von Berzelius, Gmelin, Balka und Brunner. Das Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. gr XV. | Erſchienen ift und zu haben in allen Buchhandlungen: Goulianof, J. A de, Archéologie Egyptienne, ou Recherches sur expression des signes hierogly- phiques et sur les elemens de la langue sacrée des Egyptiens. 3 Vol. gr. in 8. Br. 11 Thlr. 12 Gr. Joh. Ambr. Burth in Leipsig. Erſchienene Neuigkeiten. 8 XVI. Beim Landes- Industrie- Comptoir zu Weimar ist erschienen und verdient die Aufmerksamkeit aller Lehrer un: Freunde der Naturkunde: . Naturhistorischer sypnoptischer Atlas. Im gröfsten Karten- Formate. Wovon bisjetzt folgende Blätter ausgegeben sind: Zoologische Karten: Nr. 1. das Thierreich, nach Cuvier, 12 Gr.; Nr. 2. die Säu- gethiere, 18 Gr.; Nr. 3. die Vögel, 18 Gr.; Nr. 4. die Repti- lien, 18 Gr.; Nr. 5. die Fische, 18 Gr.; Nr. 6. die Mollusken, 18 Gr.; Nr. 7. die Ringelwürmer, 18 Gr.; Nr. 8. die Krusten- thiere, 18 Gr., Nr. 9. die Spinnen, 18 Gr.; Nr. 10. die Iusec- ten, 18 Gr. Botanische Karten: Nr, 1. das Pflanzenreich, nach Jussieu, das Pflanzenreich, nach Linne, 9 Gr. 12 Gr; Nr. 2. Geologische Karten: Geologische Generalkarte, oder synoptische Ueber- sicht des Zustandes der Erde in ihren verschiedenen Altern; auf eine Untersuchung von Thatsachen gegründet. Mit colorir- tem Profil der Gebirgsformationen nach vier Epochen-der Geo- logie, und 119 Abbildungen von Thieren und Pflanzen der Vor- welt. 12 gGr. oder 54 Kr. — Geologische Elementar- karte; mit systematisch -tabellarischer Uebersicht der fossil gefundenen Thier- und Pflanzengattungen, nebst vielen Abbil- dungen characteristischer Reste. Vom Obermedic. - Rath Dr. L. Fr. v. Froriep. Vier aneinander passende Blätter. 1838. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr. Rh. Die übrigen Blätter erscheinen in der ersten Hälfte des Jahres. 1840. - XVII. Bei'm Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar iſt erſchienen: 1 Darſtellungen der Krankheiten der Weiberbruſt. Von Sir Aſtley Cooper, Baronet. In zwei Theilen. Erſter Theil. Aus dem Engliſchen, mit acht illuminirten Kupfertafeln. gr. 4. 1836. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr. Folgen der ge⸗ Inhalt: Einleitende Bemerkungen. — woͤhnlichen Entzuͤndungen der Bruſt. — Chroniſche Abſceſſe. — Milchgeſchwulſt. — Arten der Hydatidengeſchwulſt. — Chroni⸗ ſche Bruſtdruͤſengeſchwulſt. — Knorpel - und Knochengeſchwulſt. — Fettgeſchwulſt — Vergroͤßerte-oder Haͤngebruſt — Scrophu— loͤſe Geſchwulſt. — Reizbare Geſchwuͤlſte. — Blutunterlaufung. Der zweite Theil dieſes Werkes wird unmittelbar nach dem Erſcheinen des Originals folgen. ö —ͤ — — Rene r Monatsbericht für Deutschland. — II. Maͤrz und April 1840. Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage ober in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs erſcheinenden Zeitſchrikten als Intelligenzblatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Notizen für Natur- und Heilkunde, den chirurgiſchen Kupfertafeln, dem chemiſchen Laboratorium und dem Bilderbuch für Kinder; übrigens wird der Monatsbericht auch, auf Verlangen, in Parthieen und einzeln gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Bücher, Muſikalien, Landkarten, Kunftfahen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie ſie eingehen, 2 Gr. S. oder 9 Kr. Rhein. er berechnet. ſchnell abgedruckt, und für den Raum einer enggedruckten Zeile einer Spalte wird TEEN 4 Ueberfegungs= Anzeige: Gavarret, Principes generaux de Statistique me- dicale, erſcheint bei uns in deutſcher Bearbeitung. Weimar, im Februar 1840. Landes- In duſtrie⸗ Comptoir. III. Da, nebat. Weimar's Al bu m zur vierten Sacularfeier der Büch der uſckſe bk un ſt am 24. Juni 1840. Commiſſions » Verlag des Landes-Induſtrie-Comptoir's zu Weimar. I. Zur Geſchichte der Hofbuchdruckerei in Weimar. Dr. Panfe. II. Erinnerungen aus dem Sachſen-Erneſtiniſchen Gefammt = Archiv zu Weimar, die Reformations-Geſchichte betreffend. Von Dr. Roͤſe. III. Wolfgang Ratich, mit ſeiner neuen Lehrart am Hofe der Herzogin Dorothea Maria von Sachſen-Weimar. Von Dr. Ernſt Weber. IV. Das Liebhaber⸗Theater am Herzoglichen Hofe zu Weimar, Tiefurt und Ettersburg, 1775 — 1783. Von Dr. Al⸗ phons Peucer. NE Einiges aus dem Journal von Tiefurt. VI. Briefe von Wieland, Goethe, Herder und von Goethe's Mutter an die Herzoginnen Amalia und Louiſe von Sachſen-Weimar. Die eg der Fraͤulein v. Goͤchhauſen, 1794 — 1806. Von Caͤcilie. Erſte Aufführung von Wallenſteins Lager und den Pic⸗ colomini in Weimar, 1798, 1799. Von derſelben. IX. Erſte Aufführung der Maria Stuart in Weimar. 1800. Von derſelben. X. Briefe des Herzogs Karl Auguſt an Schiller. XI. Friedrich Hildebrand v. Einſiedel. Geſchildert von C. W. Freiherrn von Fritſch. Das Nuͤrnberger Entenmännchen. Von — 3 Meyer. Von II. Ueberſetzungs-Anzeige: Woman’s Mission, 2d edition, London 1839; erſch eint bei uns in deulſcher Bearbeitung. Weimar, 25. April 1840. Landes-Induſtrie-Comptoir. XIII. Die Abendgeſellſchaften der Hofräthin Schopenhauer in Weimar, 1806 — 1829. Stigzirt von St. Schutze. XIV. Das Chaos, eine Zeitſchrift in Weimar, 1830, 1881. Von Amalia Winter. XV. Goethe's Arbeitszimmer. Von A. v. Sternberg. XVI. Johann Stephan Schuͤtze. Geſchildert von Fr. v. Müller, XVII. Die Gründung der Bürgerſchule zu Weimar. Von demſelben. XVIII. ueber Liedertafel⸗Texte. Eine Vorleſung von C F. Schmidt. XIX. ueber die Malereien im neuen Flügel des Weimariſchen Refidenz : Schloffes. Von L. v. Schorn. XX. Die Feier vaterländifher Erinnerungen. Von Dr. Vent. XXI. Rede zur kirchlichen Weihe des Buchdrucker » Jubiläums am 24. Juni 1840. Von Dr. Roͤhr. Beil ode. Zu Nr. IV. 1. Anſicht von Tiefurt, gezeichnet und radirt von Holdermann. 2. Anſicht von Ettersburg, von demſelben. Zu Nr. XIX. 3. Scene aus Schiller's Maria Stuart und Scene aus deſſen Jungfrau von Orleans Umriffe nach Fresko ⸗ Gemälden von Neher im Großberzoglichen Schloſſe zu Weimar, geſtochen von W. Müller. 5. Scene aus Wieland's Oberon, nach einem Tempera : Gemälde von Preller, ebendaſelbſt, rodirt don demſelben. 6. Umriß aus Simon's Arabesken zum Oberon, dar ſelbſt, geſtochen von W. Müller. Wir legen hiermit das Inhalts Verzeichniß von Weimar s Album ohne ein ſonſt wohl übliches Wort der Empfehlung und Ans preiſung vor, weil wir deſſen bei allen Deutſchen nicht zu bedürfen hoffen Aber nicht uͤberfluſſig erſcheint die Bemerkung, daß viele der einzelnen Auffäge für die Beſitzer der Schriften von Weimar's klaſſiſcen Dichtern von befonderem Intereſſe ſeyn werden. Der Ertrag iſt lediglich unſerer Penſions⸗Anſtalt gewidmet. Subſcriptionspreis 2 Thlr. Preuß. Cour., nach Johannis 8 Tolr.; auf Velin mit feinem Einband 6 Thlr. gr Med 8. Die Namen der verehrten Subſcribenten werden dem Werke vorgedruckt. Weimar am 6. April 1840. Der Vorſtand der Penſions-Anſtalt für Buchdrucker und Buchdrucker Witwen. 2 11 Erſchienene Neuigkeiten. 12 Erschienene Me unjgkeiten. I. Neuigkeiten des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Jubilate⸗Meſſe 1840. Elementar- Unterricht im Nähen. Mit Muster-Figuren. Zweite Abtheilung, wie sie in der Industrie- Schule des Frauenvereins zu Weimar eingeführt ist. Zugleich als Schreib- Vorschriften lateinischer Currentschrift. Zwölf Tafeln. gr. 4. 1 Thlr. oder 54 Kr. Die erſte Abtheilung in 12 Tafeln, als Vorſchriften deut: ſcher Currentſchrift, koſtet auch 2 Thlr. oder 54 Kr. Froriep, Dr. L. F., und Dr. Rob. Froriep, Neue Notigen aus e m Gebiete der Natur- und Heilkunde. XII. und XIII. Band. Nr. 243 bis 286. Mit Abbildungen und Regiſter. ar. 4. Jeder Band 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Kupfertafeln, chirurgiſche, 8 eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von äußerlich ſichtbaren Krankheits— formen, anatomiſchen Praͤparaten, chirurgiſchen Inſtrumenten und Bandagen. Zum Gebrauch fuͤr practiſche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Robert Froriep. 88ſter und 84ſter Heft. Jeder Heft, mit 5 Tafeln Abbildungen und circa 2 Bogen Text in gr. 4., I Thlr. oder 54 Kr. Das Laboratorium, eine Sammlung von Abbildungen und Beſchreibungen der beſten und neueſten Apparate zum Behuf der practiſchen und phyſicaliſchen Chemie. Dreiundvierzigſter Heft. 4 Tafeln Abbildungen, mit 1 Bogen Erklaͤrung. gr. 4. 2 Thlr. oder 54 Kr. } Memoranda der Semiotik. gr. 32m0. Gebunden. 1 Thir. oder 2 Fl. 15 Kr. Memoranda der Pharmacopöe.. gr. 32mo. Gebunden, 11 Thlr. oder 2 Fl. 15 Kr. Pharmacopoea universalis, oder uͤberſichtliche Zuſammenſtellung der Pharmacopoͤen von Amſterdam, Antwerpen, Dublin, Edkn⸗ burg, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, Turin, Würze burg: deren America's, Daͤnemark's, Finnland's, des neueften Code Frankreich's, Hannover's, Heſſen's, Holland's, der Niederlande, Oeſterreich's, Parma's, Polen's, Portugal's, Preußen's, Rußland's, Sachſen's, Sardinien's, Schweden's, Spanien's, Wuͤrtemberg's; der Dispenfatorien von Braunſchweig, Fulda, Heſſen, Lippe und der Pfälz; der Militärpharmacopden Daͤnemark's, Frankreich's, Preu⸗ ßen's, Rußland's und von Wurzburg; der Armenpharmacopden von Hamburg und London; der Formularien und Pharmacopden Auguſtin's, Bories's, Brera's, Brugnatelli's, Cadet de Gaſſicourt's, Coxe's, Del-Bue's, Ellis's, Ferrarini's, Gray's, Gregory's, Hufeland's, Magendie's, Phillips's, Piderit's, Pierquin's, Ratier's, Rennie'e, Saunder's, Saint⸗Maxrie's, Sembenini's, Spielmann's, Swediaur's, Taddei's, van Mons's und Wood's, und einer Pharmacopde der hombopathiſchen Lehre. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage, Zweiten Bandes, zweite Hälfte, gr. Lex. 8. 21 Thlr. od. 4 Ft. Das ganze nun vollendete Werk 9 Thlr. oder 18 Fl. 12 Kr. Uebersicht, synoptische, der Meernesseln (Zoologische Karte Nr, 18.) Ein Bogen im grössten Karten - Formate. 3 Thlr. oder 1 Fl. 21 Kr. — 2 Uebersicht, synoptische, der Zoophyten, Polypen. (Zoologische Karte Nr. 14.) fr Ein Bogen im grössten Karten - Formate, 1 Fl. 21 Kr. aun W'öoͤrter buch; deutſch-franzoͤſiſches, i bearbeitet von Profeffor Dr. O. L. B. Wolff. Als zweiter Theil des franzoͤſiſchen Woͤrterbuchs von Demſelben und von Dr. H. Leng. XIV. und XV. Lieferung. Bogen 79 bis 90. gr. Lex. 8. Jede Lieferung 6 gGr. oder 27 Kr. * * 2 Thlr. oder * Künftig erſcheint: Bertuch's Bilderbuch für Kinder. Nr. 237. gr. 4. Ausfuͤhrlicher Text dazu. Nr. 237. gr. 8. Froriep, Prof. Dr. R., Lehrbuch der Akiurgie. gr. 8. Maury, Fr., vollſtaͤndiges Handbuch der Zahnarznei— kunde. Zweite, nach der vierten Ausgabe des fran— zöfifchen Originals, vermehrte Auflage. Mit 40 Tafeln Abbildungen. gr. 8. 13 II. Neuigkeiten des Geographischen Instituts zu Weimar. Jubilate-Messe 1840. Austral-Continent, oder Neu-Holland, mit Beikärtchen der Englischen Colonie in Neu- Süd- Wales, des Plans von Port-Jackson und Sydney und der Insel Mel- ville. Von C. F. Weiland. Auch zum grossen Handatlas gehörig. Gross Imperial. 4 Thlr. oder 36 Kr, Preussische Provinz Brandenburg, mit Beikärt- chen der Umgebungen von Berlin und Potsdam. Von C. F. Weiland. Auch zum grossen Handatlas gehörig. Gross Imperial. Einzeln 4 Thlr. oder 54 Kr. Post- und Reisekarte von Deutschland und den benachbarten Ländern. Enthaltend das ganze Postwe- sen mit Angabe der Schnell- und Wasserposten, der Kisen- bahnen, Bezeichnung des Preussischen Zollverbandes und politischer Gränzillumination. Mit Notizen über die regel- mässigen See- und Fluss - Dampfschifffahrten. Von C. F. Weiland. Grösstes Imperial, Auf Leinwand, 1% Thlr. oder 8 FL Europäische Türkei, mit drei Beikärtchen. Von C. F. Weiland, Auch zu dem grossen Handatlas gehörig. Gross Imperial, J Tblr. oder 36 Kr. Netze zum Zeichnen von Landkarten, mit einer Anleitung zum Gebrauch derſelben. Zweite Liefe⸗ rung, in vier Blättern, enthaltend Aſien, Africa, America und Auſtralien. Median: Folio. „ Thlr. oder 1 Fl. 3 Kr. Die erfte Lieferung, in drei Blättern und einer Anleitung, enthält den öſtlichen und weſtlichen Planiglob, Europa und Deutſchland. 2 Thir. oder 54 Kr. * * Künftig erscheint: Schulwandkarte von Deutschland, in vier Blät- tern. Im grössten Formate. III. Bei Orell, Küßli und Comp. in Zurich iſt fo eben er- ſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Geologiſche Skizze der Umgebungen von * Baden im Aargau. Von Al b. Mouſſon. mit 4 Grflärungstafeln und 1 illuminirten Karte von Badens Umgebungen. gr. 8. Broſchirt. 1 Thir. 8 Gr. oder 2 Fl. Erſchienene Neuigkeiten. 14 IV. a Beim Landes = Induftrie Comptoir zu Weigar ift erfchienen: Die Ruh f fel, deren Naturgeſchichte, Fortpflanzung und Zucht nach den Regeln der Gartenkunſt und in Beziehung auf Benutzung für die Zwecke der ſeinern Kochkunſt. Eine Gabe für Gaſtronomen und Feinſchmecker. gr. 12mo. 1838. Mit zwei illuminirten Kupfertafeln in gr. do. 11 Thlr. = 2 Fl. 15 Kr. Rh. V. Im Verlage von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig ist so eben erschienen: D" Thomas Grahams Lehrbuch der Chemie. Bearbeitet iin Dr. Fr. Jul. Otto. Professor der Chemie am Collegio Carolino zu Braunschweig. iste und 2te Lieferung mit 56 in den Text eingedruckten Holz- schnitten, gr. 8. Fein Velinpap. Geheftet. 1 Thlr. Dieses ausgezeichnete Werk, über dessen Plan und be— sondere Vorzüge wir uns auf die allen Exemplaren vorge- heftete ausführliche Ankündigung beziehen, erscheint in zehn Lieferungen. Der Subscriptionspreis jeder Lie- ferung ist 12 gr.; der bei Valles dung des Ganzen eintre- tende Ladenpreis 16 g Gr. für die Lieferung. Wir können dasselbe nicht besser empfehlen, als durch die nachstehenden Worte des Professors Justus Lie- big in Giessen, „Mit dem hohen wissenschaftlichen Werth yon Dr. Gra- hams Lehrbuch der Chemie genau bekannt, hat der Unter- zeichnete zum Theil mit Veranlassung zur deutschen Bear- beitung desselben gegeben. Sie konnte in keine würdigere Hände gelegt werden, als in die des Professors Otto, wel- cher durch seine werthvollen literarischen und praktischen Arbeiten seit Langem schon einen ausgezeichneten Platz un- ter Deutschlands Chemikern einnimmt. Das Lehrbuch Gra- hams hat durch die gediegenen Zusätze und Erläuterungen namentlich für den Selbstunterricht ausserordentlich gewon- nen, ohne an Eigenthümlichkeit und Brauchbarkeit im Uebri- gen einzubüssen. Den Plan der Bearbeitung hat Professor Otto die Güte gehabt, mir vor der Ausführung mitzutheilen; ich habe seine Ansicht in Hinsicht auf die Verwandlung der englischen Atomgewichte in die von Berzelius n Deutsch- land eingeführten vollkommen getheilt, indem ich der Mei- nung war, dass nur durch eine Uebereinkunft aller Chemiker, ohne Nachtheil für die Verbreitung und Cultur der Wissen- schaft, eine Aenderung getroffen werden darf. Gewiss ver- dient Professor Otto den Dank des Publikums, indem die verhältnissmässig kleine Anzahl der vorzüglichen Lehrbücher Deutschlands um Eins durch ihn vermehrt worden ist, was man den besten an die Seite stellen kann.“ . Dr. Justus Liebig. 15 Erſchienene Neuigkeiten. VI. Wir empfehlen folgende in unser'm Verlag erschienene, von C. F. Weiland gezeichnete und auf's schönste in Kupfer gestochene Reisekarten: post- und Reisekarte von Deutschland und den benachbarten Ländern bis Tilsit, Pesth, Carlscrona, Triest und London. Mit Angabe der Schnell- und Wasserposten, der Eisenbahnen, Notizen über die regelmässigen See - und Fluss-Dampfschifffahrten, Bezeichnung des Preussi- schen Zollverbandes und politischer Gränz-Illumination. Kin Blatt im grössten Karten- Formate, 1339, Preis 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Rh. — In Etui 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 Fl. Rh. — Auf Leinwand 1 Thlr. 16 gGr. oder 3 Fl. Rh. Der Rhein, von seinem Ursprunge bis zu seiner Mündung, mit den angränzenden Ländertheilen. In zwei aneinander passenden Blättern, im grössten Karten- Format. 1839. Preis 1 Thlr. od. 1 Fl. 48 Kr. Rh. — In Etui 1 Thlr. 3 gGr. od. 2 Fl. Rh. — Auf Lenwand 2 Thlr. od, 3 Fl. 386 Kr. Rh. Harz-Gebirge und die umliegenden Gegenden, vorzüglich für Reisende in dieses Gebirge und auf den Brocken. Nach Berghaus, Fritsch, Gottschalk, Lasius, Rei- mann, Villefosse u. A. Mit Höhenprofil. Ein Blatt in Imperial-Folio. 1838. 12 gGr. oder 54 Kr. Rh, — In Etui, 15 gGr, oder 1 Fl. 6 Kr. Rh. Thüringer - Wald- Gebirge und die umlie- genden Gegenden, besonders für Reisende in dieses Ge- birge, Nebst einem Beikärtchen vom nordwestlichen Theil des Thüringer Waldes in grösserem Maasstabe, Höhenprofi- len und Höhentabellen. Ein Bogen im grössten Imperial- Format. 1838. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Rh. — In Etui 1 Thlr. 3 gGr. oder 2 Fl. Lausitzer Gebirge und die umliegenden Ge- genden, vorzüglich für Reisende in die Sächsische Schweiz. Ein Blatt im gewöhnlichen grossen Karten - Format. 1837. 16 gGr. oder 1 Fl. 12 Kr. Rh. — In Etui 19 gGr. oder 1 Fl. 24 Kr. Das Geographische Institut zu Weimar. VII. Bei Orell, Fuͤßli und Comp. in Zuͤrich iſt erſchienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Fauna Coleopterorum Helvetica, auctore Oswaldo Heer, Dr. 8. Pars I. Fasc. 1 et 2. Br. 1 Thlr. 20 Gr. od. 2 Fl. 45 Kr. 16 VIII. Bei J. Hölſcher in Coblenz iſt erſchienen: Reiſe in das innere Nordamerika, in den Jahren 1832 bis 1834; von Marimilian Prinz zu Wied, Zehnte Lieferung. Mit dieſer Lieferung iſt der erſte Band dieſes Prachtwerks ges ſchloſſen und werden ſich die Herren Subſcribenten uͤberzeugt haben, daß keine Koften geſpart wurden, um dieſes intereſſante Werk auf's glaͤnzendſte auszuſtatten. Die folgenden Lieferungen werden nach den getroffenen Einrichtungen ſo raſch folgen, daß das Werk noch im Herbſte dieſes Jahres beendigt ſeyn wird. Coblenz, den 15. Jan. 1840. J. Hoͤlſcher. IX. So eben ist erschienen: Monatsschrift Med 1 cin, Augenheilkunde wa Chirurgie; Verbindung mit vielen Aerzten herausgegeben von Dr. F. 4. v. Ammon, Leibarzte Sr. Majestät des Königs von Sachsen, Hofrathe, Ritter des Ordens für Verdienst und Treue, vieler Academieen und medicinischer Gesellschaften Mitgliede etc. etc. III. Bandes (Jahrgang 1840) 28 Heft. Der Jahrgang von 6 Doppelheften kostet 3 Thlr. Lsırzıe, März 1840. Weidmann’sche Buchhandlung. X. Bei uns ist erschienen und in allen soliden Buch- und Kunsthandlungen zu haben ; Specialkarte der Grofsherzogthümer Mecklenburg- Schwerin una Mecklenburg -Strelitz. Nach den bekannten besten Ortsbestimmungen und topographi- schen Karten, im Maafsstabe von 330555, entworfen und go» zeichnet von C. F. Weiland. Ein schönes Blatt im gröfsten Karten- Formate, Bezeichnung der Aemter, 1839. 12 gGr. — 15 Sgr. Das Geographische Institut zu Weimar. mit der „ Me N .e r Monatsbericht für Deutschland. No. III. Mai, Juni und Juli 1840. Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenzblatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Notizen für Natur- und Heilkunde, den chirurgiſchen Kupfertafeln, dem chemiſchen Laboratorium und dem Bilderbuch für Kinder; übrigens wird der Monatsbericht auch, auf Verlangen, in Parthieen und einzeln gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Buͤcher, Muſikalien, Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie fie eingehen, ſchnell abgedruckt, und für den Raum einer enggebrudten Zeile einer Spalte wird 2 Gr. S. oder 9 Kr. Rhein., berechnet. I. Bei uns ist soeben erschienen und kann durch alle Buch- handlungen bezogen werden: Memoranda der Pharmacopöe. Gebunden. gr. 320. 1 Thlr. 6 gGr. Im vorigen und in diesem Jahre sind folgende Abtheilungen erschienen: * Memoranda der allgemeinen Pathologie, 9 gGr.; — der allgemeinen Anatomie, 8 gGr.; — der speciellen Anatomie, 18 gGr.; — der Aetiologie, 12 gGr.; — der Toxicologie, 12 gGr; — der Semiotik, 14 Thlr. Die Memoranda, welche sich in rascher Aufeinander- folge über sämmtliche Doctrinen, zunächst der Medecin und Naturwissenschaft verbreiten sollen, haben den Zweck, Dem- jenigen, der bereits mit dem Gegenstande bekannt ist, eine vollständige Repetition aller Einzelnheiten, mit geringem Zeitaufwande, möglich zu machen. Sie enthalten, entspre- chend dem neuesten Stande der Wissenschaft, die Resultate so zusammengestellt, dass sich das Ganze leicht und ange- nehm lesen läfst, wobei die Bearbeiter, wie wir glauben, die Aufgabe glücklich gelöst haben, etwas zu liefern, was Demjenigen genügt, der das Bedürfnils fühlt, die Einzeln- heiten einer Doctrin in seinem Gedächtnisse wieder aufzu- frischen, dazu aber weder Zeit noch vielleicht selbst Geduld hat, ausführliche Handbücher, die vieles ihm Bekannte, oder doch, bei Erinnerung an die Resultate, von selbst wieder Hervortretende, enthalten, durchzulesen. Denen, welche die Memoranden benutzen, wird es angenehm seyn, dass die äussere Anordnung derselben einem der vorzüglicheren aus- führlicheren Handbücher entspricht, wodurch das Nachschla- gen und tiefere Eingehen auf einzelne Puncte erleichtert wird. — Format und Ausstattung sind bequem und gefällig. Landes - Industrie - Comptoir zu Weimar. Eieene Ueuigkeiten. II In Beziehung auf die Fragen in Asien und Africa empfehlen wir, ausser den bekannten Karten von der Europ. und Asiat. Türkei, Central-Asien, Iran (Persien), Ostindien, Arabien, à 8 gGr., folgende bei uns erschie- nene Karten: Das Osmanische Reich, die Besitzungen des Pascha’s von Aegypten, Griechenland, Persien, Turan und Arabien, nebst angränzenden Ländertheilen. Imperial - Folio. 1859. 12 gGr. oder 54 Kr. Rh. Turan „ Kaukasus- Provinzen, Gouvernements Astrachan und Orenburg, Länder der Kirgisenhorden, Chiwa und an- gränzende Länder. Imp.-Fol. 1838. 8 gGr. od. 36 Kr. Rh. Nordwestliches Africa, oder die Staaten Fes und Marokko, Algier, Tunis, Tripolis und die grosse Wüste, nebst den Azoren. Imp.-Fol. 1833. 8 gGr. od. 36 Kr. Rh. Dasselbe, Royal-Fol, 1834. 4 gGr. oder 18 Kr. Rh. Nordöstliches Africa, oder 4egypter, Nubien, Habesch, Kordofan und Darfur; nebst zwei Beikärtchen, Alexandria und Kairo mit en enthaltend. Imperial - Folio, 1834. 8 gGr. oder 36 Kr. Rh. Dasselbe, Royal-Folio. 1829. 4 gGr. oder 18 Kr. Rh. Der Staat Algier, nebst vier Beikärtchen von den Um- gegenden der Städte Algier, Bona. Constantine und Oran. Royal-Folio. 1840. 6 gGr. oder 27 Kr. Rh. Dus Geographische Institut zu Weimar. III. Bei Aug. Hirschwald in Berlin ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Reichert, Dr. K. B., das Entwickelungsleben im Wirbelthier-Reich. 34 Bogen gr. 4. Mit 5 Kupfertafeln. Geheftet. 5 „. 19 Erſchienene Neuigkeiten. IE Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comoptirs zu Weiz mar ift erſchienen: Die Mi lech, und in'sbeſondere die Milch der Ammen, betrachtet in Bezug auf die guten und ſchlechten Eigenſchaften und Alteration derſelben. Von Dr. Al. Donne. Aus dem Franzoͤſiſchen. gr. 12mo. 1838. Mit einer Tafel Abbildungen in Folio. 9 gr. = 40 Kr. Rh. Dieſe kleine Schrift ſcheint von großer praktiſcher Wichtigkeit bei der, bekanntlich bisher ſo unſichern, Auswahl der Ammen; auch hat der Verwaltungsrath der Pariſer Hoſpitaͤler bereits die Einrichtung getroffen, daß von dem Ammen-Bureau keine Amme angenommen werden darf, deren Milch nicht von dem dafür anz geſtellten Hrn. Donné oder nach dieſer feiner Anleitung, unter: ſucht worden ift. V. Intereſſante Neuigkeiten. Bei C. W. Leske in Darmſtadt erſchienen ſoeben und ſind in allen ſoliden Buchhandlungen vorraͤthig: Die Moral und Politik der Jesuiten, nad den Schriften der vorzuͤglichſten theologiſchen Autoren dieſes Ordens von J. Ellendorf. 8. Preis 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Des Verfaſſers nationale Geſinnungen ſind zu bekannt, als daß uͤber Tendenz und Gehalt des vorbemerkten Buches Etwas geſagt zu werden brauchte. Die Verlagshandlung begnuͤgt ſich da— her, auf daſſelbe aufmerkſam zu machen und anzudeuten, daß es groͤßtentheils in Auszuͤgen aus den Schriften der renommirteſten Jeſuiten die haͤrteſte und umfaſſendſte Anklage gegen dieſelben, die in Deutſchland je gemacht ift, fo wie im Anhange die Aufhebungs⸗ und Wiedereinſetzungs⸗ Bullen des Ordens der Geſellſchaft Jeſu enthaͤlt. Ahasveros oder der Jude, wie er war, ift und ſeyn wird. Eine hiſtoriſch-kritiſche Beleuchtung des Judenthums und der Juden-Emancipation. Mit ſpecieller Beziehung auf das Religionsbuch des D. Auerbach, Landrabbinen, nebſt Grundzuͤgen einer Reform des Judenthums. Von E. Bender, Privatlehrer in Darmſtadt. 8. Geheftet. Preis 1 Ttlr. 4 Gr. oder 2 Fl. Durch Anfuͤhrung hiſtoriſcher Thatſachen bemüht ſich der vor: urtheilsfreie Verf. in dieſer Schriſt darzuthun, daß von der Mehr— zahl der Juden bis auf den heutigen Tag nichts geſchehen, wodurch 20 fie der beliebten Emancipation würdig ſeyen, und daß Religions: lehrbuͤcher, wie das auf dem Titel angezogene, nicht geeigrer find, den ungebildeten Theil der Judenſchaft einer beſſeren Geiſtescultur entgegen zu führen. VI. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar iſt erſchienen: 980 Elementar⸗Unterricht im Naͤhen. ö Mit Muſterfiguren. Erſte Abtheilung, (zugleich als Vorſchriften deutſcher Currentſchrift,) 12 Blätter in gr. 4. 1839, Zweite Abtheilung, (zugleich als Vorſchriften latei— niſcher Currentſchrift) 12 Blätter in gr. 4. 1840. Preis beider Abtheilungen 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Rh. Eine in der Induſtrie-Schule zu Weimar mit guͤnſtigem Erfolg eingeführte Elementar-Claſſe für den Naͤh⸗ Unterricht, die ſich auch ſchon auf dem Lande bewaͤhrt hat, iſt die Verantaſſung, daß jetzt Unterrichts-Behoͤrden, einzelnen Schulen und Lehrerinnen, dieſer Elementar-Unterricht in der Form von Schreib-Vorſchriften dar— geboten wird, wobei man einen dreifachen Zweck vor Augen hatte. 1. In den Unterricht über weibliche Arbeiten den regelmaͤßi⸗ gen, ſtufenartigen Lehrgang einzufuͤhren und fuͤr Maͤdchenſchulen eine gewiſſe Gleichartigkeit zu erlangen. 2. Die Hauptpuncte dieſes Unterrichts in kurze deutliche Saͤtze zuſammenzudraͤngen und durch Figuren zu verſinnlichen, wedurch auch die Lehrerinnen ihr Gedaͤchtniß unterſtuͤtzen, oder ſich ſelbſt Raths erholen koͤnnen und woraus ſelbſt Schulmaͤnner, denen die Aufſicht der Schulen im Ganzen obliegt, abnehmen möchten, wor⸗ auf es weſentlich ankomme. 3. Dieſe Saͤtze in die Form von Schreib-Vorſchriften zu bringen, damit jedes Maͤdchen ſie ſich durch Abſchreiben des in der Naͤhſchule befindlichen Exemplars um ſo beſſer einpraͤgen moͤge, zu welchem Behufe die Vorſchriften zugleich eine ſchoͤne Schrift liefern und mit einer ſehr compendioͤſen Anleitung zum Buchſta⸗ benſchreiben verſehen ſind. Die vollſtaͤndige Sammlung wirklich genaͤhter Muſter⸗ ſtuͤcke, wie ſie in den, beide Abtheilungen dieſes Elementar-Un— terrichts erlaͤuternden, Figuren angedeutet find, iſt, auf Verlangen, durch die Verlagshandlung gegen baare und freie Einſendung von zwei Thlr. Preuß. zu erhalten. VII. 5 Es erschien und ist durch alle Buchhandlungen zu haben: Der Abdominal- Typhus. Monographische Skizze von Fr. Cramer, 0 prakt. Arzte zu Cassel. gr. 8. 1840. In J. C. Krieger's Verlagshandlung in Cassel. (9 Bogen.) Broschirt. Preis 20 Gr. oder 1 Fl. 30 Kr. Dr. 21 Erſchienene Neuigkeiten. 22 VIII. In unſerem Verlag iſt erſchienen und kann durch alle ſoliden Buch handlungen bezogen werden: Practiſche Darſtellung Greten, nach den geachtetſten Schriftſtellern; vorzüglich aber nach den in der Klinik des Herrn Dr. Biett geſammelten Beobachtungen und Erfahrungen. Von den D. D. A. Cazenave und H. E. Schedel. Zweite, nach der dritten Ausgabe des Originals beträchtlich vermehrte. und auf die Abbildungen in dem Atlas der Haut: krankheiten binweifende, Ausgabe, 39% Bogen gr. 8, 1839. 25 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. Das Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar. IX. Bei C. W. Leske in Darmſtadt ſind nachſtehende Werke erſchienen und in allen ſoliden Buchhandlungen zu haben: Lehrbuch der hiftorifch-comparativen Geographie. Fuͤr hoͤhere Unterrichtsanſtalten und Freunde der Erdkunde von Dr. Karl Friedrich Merleker. Drittes Buch. Umriſſe der allgemeinen phyſika— liſchen Geographie. gr. 8. Geheftet. Preis 1 Thlr. 16 Gr. oder 3 Fl. Haben ſchon die beiden erſten Buͤcher (Geſchichte der Geogra— phie und der geograph. Entdeckungen, 22 Gr. oder 1 Fl. 36 Kr.; Umriſſe der mathematiſchen oder aſtronomiſchen Geographie, 12 Gr. oder 54 Kr.) eine ſehr günftige Aufnahme gefunden, jo wird dies ſelbe dem intereſſanten dritten Buche, die Atmoſphaͤrologie, Hy— drologie, Geologie, die botaniſche, zoologiſche und anthropologiſche Geographie enthaltend, gewiß in noch groͤßerem Maaße zu Theil werden. Das vierte, die hiſtoriſch-politiſche Geographie enthaltende Buch iſt unter der Preſſe. Nouvelle grammaire élementaire de la langue francaise a usage des classes superieu- res des gymnases et des écoles polytechniques de l’Allemagne, par F. Haas, IIue cours. Syntaxe et construction. (Ce volume forme un ouvrage indépendant du Ir Cours.) gr. 8. Preis 1 Thlr. oder 1 Fl. 36 Kr. Mit dem Erſcheinen dieſes ten Curſus glaubt der Hr. Verf. den ſich geſtellten Zweck vollſtaͤndig erreicht und ein Buch gegeben zu haben, welches bei geuͤbtern Schülern beſtimmt mit vuſt und Nutzen da gebraucht wird, wo eine ſolide Grundlage gelegt iſt, namentlich in Anſtalten, worin der Unterricht auf Franzoͤſiſch er⸗ theilt wird. Derr erſte Curſus erſchien 1838 zu gleichem Preiſe und enthält eine klare und ſorgfaͤltige Darſtellung aller Formen, welche eine Elementargrammatik enthalten ſoll; die gegebenen Muſterſtellen find mit zahlreichen franzöf, und deutſchen Aufgaben begleitet, die dem Faſſungsvermoͤgen der Schüler ganz angemeſſen find, Frhr. Joſ. v. Hammer-Purgſtall, Gemätvefaat der Lebensbeſchreibungen großer moslimiſcher Herrſcher der erſten ſieben Jahrhunderte der Hidſchret Sechster (Schluß-) Band. 8. Geh. 11 Thlr. od. 2 Fl. 42 Kr. Ferd. Aug. Max. v. Ritgen, das Medicinalweſen des Großherzogthums Heſſen in feinen geſetzlichen Be: ſtimmungen dargeſtellt. gr. 8. 24 Thlr. oder 4 Fl. Notizen aus dem Leben eines ehemaligen katho— liſchen Prieſters, nebſt kurzer Darlegung der Gründe feines Uebertritis zur proteſtantiſchen Kirche. Ein Bei: trag zur Kenntniß und Wuͤrdigung des römifchen Ka— tholicismus. 8. Geh. + Thlr. oder 27 Kr. F. J. A. Schneidawind, Geſchichte des Krieges auf der pyrenaͤiſchen Halbinſel unter Kaifer Napoleon; bes gleitet von Schilderungen der politiſch oder militaͤriſch wichtigſten Perſonen, von Landſchaften, Städten, Sit: ten, Gebraͤuchen und Characteren der Bewohner des Kriegsſchauplatzes ꝛc. 9 Baͤndchen. Mit einer Karte von Spanien, einem Grundriſſe von Madrid und einem Plane der Schlacht von Medina de Rio-ſeco. 3 Thlr. 9 Gr. oder 6 Fl. X Bei dem Geographischen Institut in Weimar ist neu erschienen: Karte vom Königreich Bayern, mit einem Beikärt- chen der Umgebung von München, Entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Auch zum grossen Handatlas gehörig. Ein Blatt im gewöhnlichen grossen Karten- Format. Preis 12 gGr. oder 54 Kr. Rlı. XI In der Verlagshandlung von Fr. Mauke in Jena ist er- schienen und durch jede Buchhandlung zu beziehen; Archiv * * - * * für die gesammte Medicin. Mit Repertorium. In Verbindung mit Andreä, Beger, Cless, Eisenmann, Fränkel, Friedländer, Fuchs, Guggenbühl, Hecker, Henschel, Heufelder, Jahn, Jüngken, Phi- lipp, Radius, Riecke, Rösch, Rosenbaum, Siebenhaar, K. V. Starke, Trefurt, Troxler. Fetter, C. Vogel, Jul. Fogel etc. herausgegeben von Heinrich Hase. 1. Heft. gr. 8. Geheftet. Preis des Archivs 16 Gr. Preis des Repertoriums 8 Gr. Auf Verlangen wird auch jedes besonders abgegeben. Ausführliche Prospecte sind in allen Buchhandlungen vor- räthig. Dr. 23 XII. Wer das Bedürfniss einer schnellen Uebersicht der Erde und ihrer Bewohner fühlt, dem können wir den bei uns erschienenen TASCHEN-ATLAS in 31, von C. F. Weiland entworfenen und gezeichneten, Karten (in Kupferstich), nebst geographisch - statistischen Uebersichten sämmtlicher Länder und Staaten, gr. Quer 8., 1838, 17 Thlr. oder 23 Fl., als ein Vademecum der Geographie mit der Ueberzeugung empfehlen, dass wir allen Ansprüchen auf reiche und schöne Ausstattung vollkommen zu genügen be- stens bemüht gewesen sind. Zu gleichem Zwecke und mit gleicher Ueberzeugung em- pfehlen wir auch den zu gleicher Zeit erschienenen ERD-GLOBUS von 3 Zoll Durchmesser, auf elegantem Gestelle; 11 Thlr. od. 27 Fl. so wie Die Erde (in Merkator’s Projection), entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Ein schönes, vorzüglich dem Handelsstande gewidmetes, Blatt im grössten Karten- Formate (Kupferstich). 1838. 2 Thlr. oder 54 Kr. Diese Gegenstände unseres Verlags können durch alle so- liden Buch- und Kunsthandlungen bezogen werden. Das Geographische Institut zu Weimar. XIII. Empfehlungswerthe Werke für das Keile und Bade-Publikum. In der Verlagshandlung von C. W. Leske in Darm— ſtadt ſind erſchienen und durch jede Buchhandlung zu beziehen: Geographisches Handbuch über Deutschland, Holland, Belgien, die Schweiz und wichtige Städte benachbarter Län- der mit besonderer Rücksicht auf Topographie, Balneogra- phie, Geschichte, Industrie u. Kunst für Reise u. Haus. Mit 35 Plänchen der wichtigsten Städte und ihrer Umgebung und einer neuen Post- und Reisekarte von den obengenann- ten Ländern. In Etuis elegant gebunden mit der Post- und Reisekarte 4 Thlr. oder 7 Fl. 12 Kr. Ohne die Karte 2 Thlr. 16 Gr. oder 4 Fl. 48 Kr. Allgemeine Post- und Reisekarte von Deutschland und den Nachbarstaaten unter Mitwirkung von E. Poppele, nach den neuesten und besten Quellen gezeichnet und gravirt von Eduard Wagner. Aufgezogen in Futteral 2 Thlr. 12 Gr. oder 4 Fl. 30 Kr. In 20 einzelnen Blättern oder zusammen- gesetzt unaufgezogen in Taschenformat cartonirt 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. Allgemeine Poft:, Reife: und Zollkarte von Deutſchland und den Nachbarſtaaten, mit beſonderer Beruͤckſichtigung des Zollverbandes der deutſchen Staaten, unter Mitwirkung von E. Poppele, Regiſtrator bei der Generalpoſtdirection zu Frankfurt a. M. und L. Sartorius, Secretaͤr bei Großh. Heſſ. Zolldi— rection in Darmſtadt, entworfen und gravirt von Carl Glaſer. Preis: aufgezogen in Futteral 25 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. In 4 Blättern unaufgezogen 1 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. Erſchienene Neuigkeiten. 24 Zimmermann, D. Chr., das Harzgebirge, in beſonderer Beziehung auf Natur- und Gewerbkunde geſchildert. 2 Baͤnde mit 14 Kupfern und einer Karte. 8. Broſch. 4 Thlr. oder 7 Fl. 12 Kr. Daraus beſonders: — — Anleitung zur Bereiſung des Harzes, mit 14 Kupfern und einer Karte. Cart. 2! Thlr. oder 4 Fl. 12 Kr. Karte des Harzgebirges, colorirt 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. Dieſelbe in ſchwarzen Abdruͤcken 16 Gr. oder 1 Fl. 12 Kr. Dieſelbe colorirt und auf Sarſinet gezogen in Etuis 1 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. Brockenpanorama oder die Ausſicht von der Spitze des Brockens. 4 Blätter mit einer Scala; gezeichnet und mit erlaͤuterndem Texte verſehen von W. Saxeſen. In einzelnen Blaͤttern in Etuis oder zuſammengeſetzt in cartonnirtem Bande 1! Thlr. od. 2 Fl. 24 Kr. Grimm, A. L., Vorzeit und Gegenwart an der Bergſtraße, am Neckar und im Odenwalde. Mit 35 Landſchaften. 2te Ausgabe. 2 Thlr. 8 Gr. oder 4 Fl. Daraus beſonders: Die Bergſtraße. Mit 15 Kupfern. 1 Thlr. oder 1 Fl. 45 Kr. Der Neckar, von ſeinem Ausfluſſe bis Wimpfen beſchrieben, mit 12 Kupfern 20 Gr. oder 1 Fl. 30 Kr. Der Odenwald, mit 7 Kupfern 14 Gr. oder 1 Fl. Die malerischen und romantischen Stellen der Ber g- strasse, des Odenwaldes und der Neckargegenden, in ihrer Vorzeit und Gegenwart geschildert von A. L. Grimm. Mit 36 — 48 Stahlstichen. In Heften mit 3 An- sichten. 1. — 3. Heft à 8 Gr. oder 36 Kr. Jeden Monat erscheint 1 Heft. Das Ganze wird aus 12 bis 16 Heften bestehen und eine Specialkarte der ge- nannten Gegenden als Zugabe erhalten, Fenner von Fenneberg, D. H., Schwalbach und feine 7 ein Handbuch für Kurgaͤſte. 2te Aufl. 14 Gr. oder 1 Fi. g Deſſen Schlangenbad und ſeine Heiltugenden. 2te Auflage. 10 Gr. oder 45 Kr. Deſſen Selters und feine Heilkraͤfte. 14 Gr. oder 1 Fl. Deſſen Zur Geſchichte Schwaldachs, oder Schwalbach ſonſt und jetzt. 10 Gr. oder 45 Kr. Deſſen ueber die Bäder in Schwalbach. 16 Gr. oder 1 Fl. 12 Kr. Deſſen ueber den innerlichen Gebrauch der kohlenſauren Stahl— waſſer von Schwalbach. 10 Gr. oder 45 Kr. Schwalbach et ses environs par Fenner de Fenneberg. Avec la vue de Hohenstein. Cart. 14 gr. ou 1 fl. Trapp, D. Ed. Chr., Homburg und seine Heilquellen. 8. Eleg. geheftet 20 Gr. oder 1 Fl. 30 Kr. Description pittoresque et historique de la Bergstrasse, de Odenwald et des environs du Neckre, à l’usage des voyageurs Traduit de l’allemand de Mr. 4. L. Grimm. Ornee de 35 gravures, Cartonne 2 thlr. 8 gr. ou 4 fl. Cet Ouvrage se vend separement, savoir: La Bergstrasse. Description pittoresque et historique a usage des voyageurs. Ornée de 15 gravures, en taille douce. Cartonné 1 thlr. ou 1 fl. 45 kr. Le Neckre depuis son embouchure jusqu’a Wimpfen, avec 12 gravures. Cartonne 20 gr. ou 1 fl. 30 kr. L’Odenwald, avec 7 gravures. Cart. 14 gr. ou 1 fl. \ — — em— ——— . Allgemeiner Monatsbericht kür Deutschland. No. IV. Auguſt und September 1840. Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenzblatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Notizen für Natur- und Heilkunde, den chirurgiſchen Kupfertafeln, dem chem iſchen Laboratorium und dem Bilderbuch für Kinder; übrigens wird der Monatsbericht auch, auf Verlangen, in Parthieen und einzeln gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Buͤcher, Muſikalien, Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie ſie eingehen, ſchnell abgedruckt, und fuͤr den Raum einer enggedruckten Zeile einer Spalte wird 2 Gr. ©. oder 9 Kr. Rhein., berechnet. aneh nen di g u n g. i ! indem eine reiche Literatur mit ſorgfaͤltigſter Auswahl benutzt wurde. H erab ge j 5 6 te 9 ver ſe. Fuͤr Aerzte, welche ihrer Lage nach mit der Literatur nicht Schritt Um die Anſchaffung nachſtehender Werke meines Verlags zu J halten können, und doch von allem dem, was in dem Bereiche eines erleichtern, habe ich dieſelben vom 1ſten Sept. d. J. bis Sſtern | großen Theiles der praktiſchen Medicin, zunächſt der ſpecifiſchen k. J. auf die beigefuͤgten Preiſe herabgeſetzt, und alle Buchhand- J Methode vor ſich geht, bekannt werden wollen, iſt dieſe Zeitſchrift lungen koͤnnen ſie zu denſelben liefern. ein ſicherer Wegweiſer. Der ıllte und 12te Band koſten jeder Karlsruhe im Auguſt 1840. 4 Fl. 30 Kr. oder 2 Thlr. 12 Gr. Ch. Th. Groos. Grießelich, Dr. L., Skizzen aus der Mappe eines reifenden Ho: Hygea, Zeitschrift, besonders für spezifische Heilkunst. Nebst moopathen. gr. 8. 1882, Geh. Ladenpreis 1 Fl. 12 Kr. oder 5 kritischen und 1 Repertorium. Un- 16 Gr. Herabgeſetzter Preis nder 8 drr. ter Mitwirkung eines Vereins von Aerzten. Redigirt von Dr. | — — der Sachsenspiegel. 2 Theile. Ir Theil. Freimüthige L. Griesselich. Ir — 10r Band. Nebst einem General- Worte über die Medizin des Herrn Ritter Sachs in Königsberg register. gr. 8. 1834 — 1839. Geh. Ladenpreis 42 Fl. und Hahnemann's. Nebst einem Sendschreiben an Herrn Ritte: 54 Kr. oder 23 Thlr. 12 Gr. Herabgesetzter Preis 18 Fl. Sachs. 2r Theil. Freimüthige Worte über die Medizin des oder 10 Thlr. Herrn Obermedizinalrathes und Leibarzteg Dr. Stieglitz zu Dieſes ſeit ſechs Jahren beſtehende Journal hat zum nächften 1 Bu Tin a 5 > ee Zwecke, auf die Entwickelung einer rationellen ſpeciſiſchen Heil ⸗ in Tübingen; F. Jahn. Hofmedicus in ae und Da- methode hinzuwirken. Im Allgemeinen faßt die Hygea alles prak⸗ ee Per zultrnifnie, gr. 8. 1835. Gehbeſtet. tiſch Bewaͤhrte in ſich, was die verſchiedenen aͤrztlichen Schulen auf⸗ 5 zuweiſen haben. In den nun erſchienenen 12 Bänden findet man Ladenpreis 2 Fl. 42 Kr. oder 1 Thir. 12 Gr. Herabge- ein reiches Material; eine ganze Bibliothek wird dadurch erfegt, | Setzter Preis 1 Fl. 12 Kr. oder 16 Gr. Erschienene leuig keiten. I. Baͤder hoch verdiente Herr Verfaſſer, er * ven 5 F en feine reichen Erfahrungen einer mehr als 4Ojährigen Praxt Bei C. W. Les ke erſchienen ſoeben: albelgelegl, welche ſowohl dem ärztlichen, als heil ſuchenden Pu⸗ Fenner von Fenneberg, D. H., Ueber den in— | Plitum vom hoͤchſten Intereſſe ſeyn muͤſſen. nerlichen Gebrauch der kohlenſauren Stahl— II. waſſer von Langen-Schwalbach. 12. Geheſtet. Bei E. Anton in Halle iſt fo eben erſchienen: 10 Gr. oder 45 Kr. Germar, E. F., die Verſteinerungen des Mansfelder Ku: Deſſen, Schlangenbad und fein Heilwerth. ] pferſchiefers. Mit 2 Steindrucktaf 8. Geh. 15 Sgr. te umgeanderte und vermehrte Auflage. 12. Geheftet. | Nitzſch, Ch. L., Syſtem der Pterylographie. Naͤch 10 Gr. oder 45 Kr. f des Verf. handſchr. aufbew. Unterf. verf. v. H. Bur⸗ Der durch feine vielfachen Schriften ruͤhmlichſt bekannte, durch : Mit 10 Kupfert. gr. 4. Cart. 6 Thlc. eine unermüdete Thaͤtigkeit um das Aufblühen der Naſſauiſchen meifter i pf 9 * 27 III. Neuigkeiten des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar. Mihbaeli:Meffe 1840. Der Beruf des Weibes. Nach der zweiten Auflage des Engliſchen Originals uͤberſetzt. 7 Bogen gr. 12. Geheftet. 15 gGr. oder 1 Fl. 6 Kr. Froriep, Dr. L. F., und Dr. Rob. Froriep, Neue Notizen aus dem Gebiete der Natur: und Heilkunde. XIV. und XV. Band. Nr. 287 bis 330. Mit Abbildungen und Regiſter. gr. 4. Jeder Band 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. [2 [2 D Chirurgiſche Kupfertafeln. Eine auserleſene Sammlung der noͤthigſten Abbildungen von aͤußerlich ſichtbaren Krankheits— formen, anatomiſchen Praͤparaten, chirurgiſchen Inſtrumenten und Bandagen. Zum Gebrauch fuͤr practifche Chirurgen. Herausgegeben von Dr. Robert Froriep. Fuͤnfundachtzigſter Heft. Jeder Heft, mit 5 Tafeln Abbildungen und circa 2 Bogen Text in gr. 4., 2 Thlr. oder 54 Kr. Das Laboratorium. Eine Sammlung von Abbildungen und Beſchreibungen der beſten und neueſten Apparate zum Behuf der practiſchen und phyſicaliſchen Chemie. Vierundvierzigſter Heft. 4 Tafeln Abbildungen, mit 3 Bogen Erklaͤrung. z Thlr. oder 54 Kr. Maury, F., vollſtändiges Handbuch Zahn arznei kunde Nach dem gegenwaͤrtigen Standpuncte der Wiſſenſchaft. Zweite, nach der dritten Auflage des franzoͤſiſchen Originals bearbeitete, und mit einem Verzeichniſſe vieler Schriften uͤber Zahnarzneikunde vermehrte Auflage. Mit vierzig Tafeln Abbildungen. gr. 8. 27 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. Memoranda der Augenheilkunde. gr. 32mo. Gebunden. 14 Thlr. oder 2 Fl. gr. 4. Erſchienene Neuigkeiten. 28 Memoranda der allgemeinen Therapie. gr. 32mo. Gebunden, 4 Thlr. oder 40 Kr. Pharmacopoea universalis, oder uͤberſichtliche Zuſammenſtellung der Pharmacopoͤen von Amſterdam, Antwerpen, Dublin, Edin⸗ burgh, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, Turin, Würzs burg; deren America's, Daͤnemark's, Finnland's, des neueſten Code Frankreich's, Hannover's, Heſſen's, Holland's, der Niederlande, Oeſterreich's, Parma's, Polen's, Portugal's, Preußen's, Rußland's, Sachſen's, Sardinien's, Schweden's, Spanien's, Wuͤrtemberg'sz der Dispenfatorien von Braunſchweig, Fulda, Heſſen, Lippe und der Pfalz; der Militärpharmacopden Daͤnemark's, Frankreich's, Preu⸗ ßen's, Rußland's und von Würzburg; der Armenpharmacopden von Hamburg und London; der Formularien und Pharmacopüen Auguſtin's, Bories's, Brera's, Brugnatelli 8, Cadet de Gaſſicourt's, Coxe's, Del-Bue's, Ellis's, Ferrarini's, Gray's, Gregory’s, Hufeland's, Magendie's, Phillips's, Piderit's, Pierquin's, Ratier's, Rennie's, Saunder's, Saint-Marie's, Sembenini's, Spielmann's, Swediaur's, Taddei's, van Mons's und Wood's, und einer Pharmacopde der homöopathiſchen Lehre. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Zweiten Bandes zweiter Haͤlfte erſte Abtheilung. gr. Lex. 8. 27 Thlr. oder 47 Fl. Synoptische Uebersicht der Infusoriem (Zoologische Karte Nr, 15.) Ein Bogen im grössten Karten- Formate. 2 1 Fl. 21 Kr. Woͤrterbuch, deutſch-franzoͤſiſches, bearbeitet von Profeſſor Dr. O. 2 B. Wolff. Als zweiter Theil des franzoͤſiſchen Woͤrterbuchs von Demſelben und von Dr. H. Leng. XVI. und XVII. Lieferung. Bogen 91 bis 102. gr. Lex. 8. . Lieferung 6 gGr. 1925 27 Kr. Thlr. oder In bm o g Weimar ' s Al bu m zur vierten Saͤcularfeier der Buchdruckerkunſt am 24. Juni 1840. Mit ſechs Kupfertafeln. Royal 8. Geheftet 3 Thlr. n.; auf Velinpapier in feinem Einbande 8 Thlr. n. IV. Erschienen und versandt ist: Journal für praktische Chemie. Herausgegeben von O. L. Erdmann und Ch. F. Marchand. 2ter Bd. Is H. oder 1840 No. 17. gr. 8. Geh. Preis des Jahrgangs von 3 Bänden od. 24 Heften: 8 Thlr. Inhalt: Ueber das Pektin und die pektische Säure; von E. Fremy. — Ueber die Zuckerrunkelrübe; von H. 29 Erſchienene Braconnot. — Ueber den Zustand und die Menge des in dem Zuckerrohrsafte enthaltenen Zuckers; von Hlagne. — Ueber die Zusammensetzung der Milch des Kuhbaumes (Palo del Vacal); von Ch. F. Marchand. — Zersetzung des Acetons durch Kalihydrat und Kalium; von C. Löwig und S. Weid- 27 7 J. A. Barth in Leipzig. W. NMeuig keiten 5 des Geographischen Instituts zu Weimar. Michaeli- Messe 1840. Handatlas, allgemeiner, der ganzen Erde und des Himmels. Bestehend aus 70 Karten im ge— wöhnlichen grossen Landkartenformat oder Imperial- Folio. 1327 bis 1840. Mit sorgfältigster Illumination der Landes, Provinz- und Amtsgränzen. Entworfen und gezeichnet von C. F. Weiland. Preis 231 Thlr. oder 42 Fl. In schönem dauerhaften Einbande 25! Thlr. oder 45 Fl. 86 Kr. Generalkarte von Deutschland. Gezeichnet von C. F. Weiland. Auch zum Handatlas in 70 Karten ge- hörig. Imperial- Folio. I Thlr. oder 36 Kr. Post- und Reisekarte von Deutschland wa den benachbarten Ländern. Mit Angabe der Schnell- und Wasserposten, der Eisenbahnen, Notizen über die regelmässigen Dampfschifffahrten und Bezeichnung des Preussischen Zollverbandes. Ein Blatt im grössten Karten - Pormate. Wohlfeilere Ausgabe. % Thlr. oder 1 Fl. 75 Kr. — In Etui $ Thlr. oder 1 Fl. 21 Kr. Gaſpari, A. C., Lehrbuch der Erd— bei reibung. I. Curſus. Neunzehnte, nach den neueſten Veränderungen berichtigte und vermehrte Ausgabe. gr. 8. 1 Thlr. oder 1 Fl. 21 Kr. Lorey, A., Elementar-Unterricht in der Geographie fuͤr Realſchulen, zugleich als Vorſchriften zum Schönſchreiben, mit Kärtchen von C. F. Weiland. Erſte Lieferung in 16 Blättern in ſächſiſcher ur: rentſchrift. Quer 4. 1 Thlr. oder 1 Fl. 48 Kr. VI. So eben iſt bei Joſ. A. Finſterlin in München erſchienen: Aſtronomiſches Jahrbuch für phyſiſche und natur— hiſtoriſche Himmelsforſcher und Geologen mit den fuͤr das Jahr 1841 vorausbeſtimmten Erſcheinungen am Dim: mel. Herausgegeben von Fr. v. P. Gruithuſen, or— dentlichem Profeſſor der Aſtronomie an der Univerfitit zu Muͤnchen. Drittes Jahr. Mit J lithographiſchen Tafeln. „Dieſes Werk iſt beſtimmt, den naturwiſſenſchaftlich⸗aſtrono⸗ miſchen Theil des aſtronomiſchen Jahrbuchs von Bode, und die Neuigkeiten. 30 kleinen aſtronomiſchen Ephemeriden von Harbing und Miefen, fo wie des Herausgebers Analekten für Erd und Himmelskunde fortzufegen; weßhalb man die Aſtronomen und Geologen, bie Lich» haber dieſer Wiſſenſchaften und die Herren Bibliothekare auf dieſes periodiſche Werk aufmerkſam macht. Es hat ſtrenge Naturforſchung und die Bekanntmachung aller wichtigſten neusſten Entdeckungen und Arbeiten in den genannten Faͤchern zum Zwecke, und liefert von nun an auch vollſtaͤndigere Ephemeriden für das jedesmal zunächſt kommende Jahr. Der Preis iſt dieſesmal 2 Thlr. 12 gGr. ober 4 Fl. 48 Kr. VII. Bei Karl Groos in Heidelberg ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Handbuch der Chirurgie, zum Gebrauche bei seinen Vorlesungen von ee Zweiter Band erste Abtheilung. Fünfte Original-Auflage. Die zweite und letzte Abtheilung erscheint Ende des Jahres. Der Preis des vollständigen, aus zwei Bänden bestehenden Wer- kes ist 8 Thlr. Sächs. oder 14 Fl, 24 Kr. Rh. Bemerkungen und Betrachtungen aus dem Gebiete der Medicin, Henry Holland, Zweitem Leibarzt der Königin von England, Aus dem Englischen übertragen und mit einigen Anmerkungen versehen von Dr. Joseph Wallach, früherm Assistenzarzte der medicin. Klinik zu Marburg. Zwei Abtheilungen in gr. 8. Preis 3 Thlr. Sächs. oder 5 Fl. 24 Kr, Rh. Frie dr. Tiedemann, von den Duverney'schen, Bartholin’schen oder Coy per schen Drüsen des Weibes und der schiefen Gestaltung und Lage der Gebärmutter. Mit vier Tafeln Abbildungen. Cart. Preis 2 Thir. Sächs. oder 3 Fl. 86 Kr. Rh, Über die Erweichung des Gehirns und des Rückenmarks, von Dr. Ph. Fr. W. Vogt, tl. öffentl. Lehrer der Nosologie und Therapie an der Hoch- int, zu Bern, so wie der medicın. Klinik daselbst Mitgliede. 8. Geh. Preis 1 Thir. 6 Gr. Sächs. oder 2 Fl. 15 Kr. Rh. Fol. 31 Erſchienene Neuigkeiten. 32 VIII. * Zur Beurtheilung der Vollſtaͤndigkeit deſſelben, im Vergleich : 8 9 zu den ausfuͤhrlichſten und koſtſpieligſten bisher erſchienenen botani- Im Verlage der Unterzeichneten ist erschienen: ſchen Werken mit Abbildungen, mag die Erwähnung dienen, daß Die die bis jetzt ausgegebenen 7 Lieferungen, außer 425 erlaͤuternden Mi Figuren auf den Einleitungstafeln (No. 1—10), 523 abgebildete W 2 b 1 ˖ h 1 e r e Pflanzen der bis dahin beſchriebenen mehr als 700 Familien enthal— 1 T 2 ten und daß jede dieſer Pflanzen durch beſondere Abbildungen der 8 wichtigſten Theile noch weiter veranſchaulicht und erlaͤutert iſt. Europa S. Exemplare find in allen Buchhandlungen zur Anſicht zu finden, wo en auch fernere Subſcriptionen darauf angenommen werden. A. Graf Keyserling und Prof. I. H. Blasius. Erstes Buch: Die unterscheidenden Charactere. gr. 8. Fein Velinpap. Geh. Preis: 2 Thlr. 8 gGr. Braunschweig, August 1840. N Fr. Vieweg & Sohn. IX. In unserm Verlage ist so eben erschienen: Practische Arzneimittellehre für die Krankheiten des kindlichen Alters, von Dr. Ludwig Fränkel, Fürstl. Reuss. Badearzte u. s. w. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Taschenbuchformat. X. und 310 Seiten. 1 Thlr. Dieses tüchtige, schon in der ersten Auflage (1837) bei- fällig aufgenommene (unter Andrem in's Englische über- setzte) Werk wird in der gründlichen, zeitgemässen Umarbei- tung dem ärztlichen Publikum gewiss willkommen seyn. Berlin, August 1840. Veit et Comp. X. Anzeige für Botaniker und Ereunde der Botanik. Soeben iſt im Verlage des Unterzeichneten die 7. Lieferung erſchienen von Dr. W. L. Petermann, das Pflanzenreich in vollſtaͤndigen Beſchreibungen dargeſtellt, nach dem natuͤrlichen Syſteme geordnet und in naturgetreuen Abbildungen gezeichnet. Subſcriptions-Preis fuͤr die Lieferung 16 ggr. Dieſes vollſtaͤndige botaniſche Werk wird (wie bereits früher ungezeigt) 30 und etliche Lieferungen, jede von zwei Bogen Text und 6 Tafeln ſorgfaͤltig ausgefuͤhrter colorirter Abbildungen im größten Lexiconformat umfaſſen Der Verfaſſer iſt dabei dem na⸗ kuͤrlichen Syſteme nach Hofrath Dr. Reichenbach gefolgt, und wird am Schluſſe des Werks eine vollftändige Ueberſicht nach dem Lin⸗ neifhen Syſteme, jo wie ein alphabetiſches Regiſter hinzufügen. Leipzig, im Aug. 1840. 2 Eduard Eiſenach. XI. Im Verlage des Unterzeichneten iſt ſo eben folgende hoͤchſt wichtige Schrift erſchienen: . Ueber das Studium der Naturwiſſenſchaften und uͤber den Zuſtand der Chemie in Preußen. Vo n Dr. Justus Liebig, Profeſſor der Chemie an der Univerfität zu Gießen, Ritter u. gr. 8. Fein Velinpapier. Geheftet. Preis 8 gGr. Braunſchweig, 15. Auguſt 1840. Friedrich Vieweg und Sohn. XII. In Beziehung auf die Fragen in Asien und Africa empfehlen wir folgende bei uns erschienene Karten: Das Osmanische Reich, die Besitzungen des Pascha's von Aegypten, Griechenland, Persien, Turan und Arabien, nebst angränzenden Ländertheilen. Imperial - Folio. 12 gGr. Asiatische Türkei. Imperial-Fol. 8 gGr. Dieselbe, Royal-Fol. 4 gGr. Nordöstliches Africa, oder Aegypten, Nubien, Habesch, Kordofan und Darfur; nebst zwei Beikärtchen, Alexandria und Kairo mit Umgebung euthaltend. Imperial - Folio. 8 gr. Dasselbe, Royal- Folio. 4 gGr. Der Staat Algier 5 nebst vier Beikärtchen von den Um- gegenden der Städte Algier, Bona, Constantine und Oran, Royal-Folio. 6 gGr. Das Geographische Institut zu Weimar. ve ae ee er literarisch - artistischer Monatsbericht für Deutschland. No. v. October bis December 1840. Dieſer Monatsbericht wird allen, im Verlage oder in Commiſſion des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weimar erſcheinenden Zeitſchriften als Intelligenz ⸗ Blatt beigegeben, namentlich dieſes Jahr den Neuen Notizen für Natur- und Heilkunde, den chirurgiſchen Kupfer tafeln und dem chemiſchen Laboratorium; übrigens wird der Monatsbericht auch auf Verlangen gratis ausgegeben. Allen Bekanntmachungen, Buͤcher, Muſikalien, Landkarten, Kunſtſachen und Naturalien betreffend, ſteht dieſes Blatt offen. Sie werden in der Folge, wie ſie eingehen, ſchnell abgedruckt, 2 gGr. oder 9 Kr. Rhein., berechnet. und fuͤr den Raum einer enggedruckten Zeile einer Spalte wird Erschienene Neuigkeiten. I. Bei uns iſt erſchienen: Genealogiſch-hiſtoriſch-ſtatiſtiſcher Dim ma n mch. Achtzehnter Jahrgang fuͤr das Jahr 1841. : Beſtehend aus dem Jahrgang 1840 und der Ergaͤnzung deſſelben ſeit deſſen Er⸗ ſcheinung bis jetzt und einem alphabetiſchen Regiſter über das Ganze Preis des Ganzen 2 Thlr. oder 31 Fl., der Ergänzung bes ſonders für die Beſitzer des Jahrgangs 1840 9 gGr, od. 40 Kr. Weimar, Decbr. 1840. Landes-Induſtrie-Comptoir. II. In Baumgärtner’s Buchhandlung zu Leipzig ist so eben erschienen und an alle Buchhandlungen gesandt worden: Encyklopädie der Anatomie, oder vollständige bildliche Darstellung der gesammten menschlichen Anatomie nach Rosenmüller, Lo— der, Carl Bell, Gordon, Bock ete. Gesto- chen von J. F. Schröter, mit erklärendem Text von Dr. Th. Richter. Vierte vermehrte Auflage. 1ste und 2te Lieferung, jede Lieferung, bestehend in 4 Kupfer- tafeln in gr. 40. auf feinem Velin mit dem dazu gehörigen Text, Schwarz a 6 Gr. Colorirt à 12 Gr. Der Ankauf des ganzen Werkes, welches aus 39 Lieferun- gen besteht, wird dadurch noch billiger als früher seyn, Das Material des ganzen Werkes haben wir bereits vorrä- thig, und es wird dasselbe in kurzen und regelmässigen Zeit- räumen in die Hände unserer verehrl. Subscribenten gebracht werden, III. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Wei⸗ mar iſt im December 1840 erſchienen und an die Abnehmer ge⸗ ſendet worden: 0 * Pharmacopoea universalis, oder uͤberſichtliche Zuſammenſtellung der Pharmacopden von Amfterdam, Antwerpen, Dublin, Edins burgh, Ferrara, Genf, Hamburg, London, Oldenburg, Turin. Würz⸗ burg; deren America's, Daͤnemark's, Finnland's, Frankreich's, Hannover's, Heſſen's, Holland's, der Niederlande, Ocſterreich's, Parma's, Polen's, Portugal's, Preußen's, Rußland's, Sachſen's, Sardinien's, Schweden's, Spanien’s, Würtemberg's; der Dispen⸗ fatorien von Braunſchweig, Fulda, Heffen, kippe und der Pfalz; der Militärpharmacopöen Daͤnemark's, Frankreich's, Portugal's, Preußen's, Rußland's und von Würzburg; der Armenpharmaco⸗ pöen von Hamburg und London; der Formularien und Pharma⸗ copden Auguſtin's, Bories's, Brera’s, Brugnateli's, Cadet de Gaſſicourt's, Coxe's, Del» Buc's, Ellis s, Ferrarini's Grave, Gregory's, Hufeland's, Magendie's, Phillips's. Piderit s, Picr⸗ quin's, Ratier's, Rennie's, Saunder's, Saint: Maric's, Sembeni: ni's, Spielmann's, Swediaur's, Taddei's, van Mons's und Wood's, und einer Pharmacopde der hombopathiſchen Lehre. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Zweiten Bandes zweiter Hälfte zweite Abtheilung. Schluß des ganzen Werkes. Enthaitend deutſch⸗ englifch > franzöſiſches Regiſter und Reduc⸗ tionstabellen der Europäifhen Medicinalgewichte. 18 gGr. oder 1 Fl. 12 Kr. — Das ganze Werk mit 119% Bo⸗ gen im größten Octav-Formate 10 Thlr. oder 18 Fl. 33 IV. Im Verlage des Landes-Induſtrie-Comptoirs zu Weis mar iſt erſchienen: Atlas der Hautkrankheiten, oder Sammlung ſorgfaͤltig colorirter Abbildungen ſaͤmmtlicher Hautkrankheiten nach T. Bateman, P. Rayer und M. N. Devergie. Mit vielen Originalzeichnungen vom Medicinalrathe Dr. Robert Froriep zu Berlin. 64 ausgemalte Kupfertafeln mit erklaͤrendem Texte. gr. 4. 1829 bis 1839. 18 Thlr. oder 31 Fl. 30 Kr. Rh. Die vier erſten Lieferungen erſchienen unter dem Titel: Bateman, Th., Abbildungen der Hautkrankheiten; darſtellend die characteriſtiſchen Erſcheinungen ihrer Hauptgattun⸗ gen und Arten, nach Willan's Claſſiſication. In 40 Tafeln. Aus dem Engliſchen in 4 Lieferungen. gr. 4. 1829 und 1830. Jede Lieferung enthält 10 Tafeln und koſtet 21 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. Rh. Das ganze Werk 10 Thlr. oder 18 Fl. Rh. Die vier letzten Lieferungen, nach Rayer und Devergie, koſten jede 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. Rh. — Die ſiebente und achte Lieferung enthalten die veneriſchen Krankheiten. V. 0 Im Verlage der Unterzeichneten iſt ſo eben erſchienen: Die organiſche Chemie ihrer Anwendung auf Agricultur und Phyſiologie. Bon Dr. Justus Liebig, Profeſſor der Chemie an der Ludwigs⸗-Univerſitaͤt zu Gießen, Ritter gr. 8. Velinpapier. Geheftet. Preis 2 Thlr. Der Titel des Buchs und der Name des geiſtreichen Verfaſſers verbuͤrgen die hohe Wichtigkeit eines Werdes, welches be⸗ ſtimmt ſeyn dürfte, in der wiſſenſchaftlichen Richtung des wich— tigſten Gewerbebetriebs, — des Ackerbaues — und der Pflanzenphyſiologie, eine Revolution zu begründen. — Wir em: pfehlen daber das Buch der Beachtung der Staatsmaͤnner, Chemi⸗ ker, Phyſiologen, Botaniker, Agronomen, Pharmaceuten und Aerzte. Braunſchweig, 20. September 1840. Friedrich Vieweg und Sohn. VI. Bei C. W. Leske in Darmſtadt iſt ſoeben erſchienen und durch jede Buchhandlung zu beziehen: 850 5 Suckow, Dr. G., Profeſſor an der Univerfität zu Jena, Syſtem der Phyſik mit Beziehung auf Künſte und Gewerbe. Ein Grundriß für akademiſche Vorle— ſungen. Mit 54 in den Text eingedruckten Holzſchnit⸗ ten. gr. 8. Preis 14 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. In zweckmaͤßiger Kuͤrze und angemeſſener Verbindung mit Philoſophie und Mathematik enthaͤlt dieſer Grundriß eine ſehr klare, dem gegenwaͤrtigen Zuſtande der Wiſſenſchaft entſprechende Dar: ſtellung der wichtigſten phyſikaliſchen Lehren und ihrer Anwendun— gen auf Künfte und Gewerbe, ſowie auf ſonſtige Erſcheinungen des täglichen Lebens. % f fonftig ſcheinungen de Erſchienene Neuigkeiten. 36 “ ERS" VIL Bei dem Landes-Induſtrie-Comptoir zu Weimar ift erſchienen und kann durch alle Buchhandlungen bezogen werden: Vouſtändiges Handbuch Zahnarzneikunde, nach dem gegenwärtigen Standpuncte der Wiſſenſchaft. Von F. Maury, Dentiften an der Koͤnigl. polytechniſchen Schule zu Paris. Zweite, nach der dritten Auflage des franzoͤſiſchen Originals verbeſſerte, Auflage. Mit vierzig Tafeln Abbildungen. gr. 8. 1840. Geheftet. 2 Thlr. oder 47 Fl. Dieſes, bereits in der erſten Auflage mit verdientem Beifall aufgenommene, Handbuch erſcheint in dieſer Auflage, nach der drit— ten Auflage des Originals, noch verbeſſert und vermehrt. Angehaͤngt iſt eine ſehr brauchbare Ueberſicht der Literatur der Zahnarzneikunde. 2 Der Beruf des Weibes. Nach der zweiten Auflage des Engliſchen Originals überfegt. gr. 12. 1840. Geheftet. 15 gGr. oder 1 Fl. 6 Kr. Nach der Anerkennung, welche dieß Buͤchlein in England in den gebildeten Kreiſen gefunden hat und nach dem hoͤchſt günſtigen Urtheile, welches in Deutſchland die erſten Leſer des Originals und der Uebertragung darüber gefällt haben, glauben wir, daſſelbe mit Recht empfehlen zu konnen. VIII. So eben haben wir als Fortsetzung versandt: Dr. Thomas Graham's Lehrbuch der Chemie. Bearbeitet von Dr. Fr. Jul. Ott o, Professor der Chemie am Collegio Carolino zu Braunschweig. Bte bis te Lieferung, mit 83 in den Text eingedruckten Holzschnitten. gr. 8°. Fein Velinpapier. Geheftet. 14 Thlr. Der Subscriptionspreis jeder Lieferung ist 12 gGr., und der bei Vollendung des ganzen Werkes eintretende Ladenpreis 16 gGr. für jede Lieferung. Ueber die von Herrn Prof. Otto für zweckmässig erachtete Eintheilung, das Lehrbuch der Chemie, statt wie es früher Plan war, in einem Bande jetzt in drei Bänden erscheinen zu las- sen, spricht sich derselbe in einer den eben erschienenen Lie- ferungen beigegebenen Benachrichtigung aus, worauf wir hinzu- weisen uns erlauben. Braunschweig, 1. October 1840. Fr: Vieweg & Solim. g IX. Bei A. Förstner in Berlin ist soeben erschienen: Handbuch der angewandten medizinischen Chemie. In zwei Bänden. Von Dr. J. Franz Simon. Medizinisch- analytische Chemie. Mit 1 Kupfer» und 527 S. gr. 8. 3 Thlr. Band I. tafel. XVI. 37 Im Verlage der Unterzeichneten ist so eben erschienen: Handwörterbuch der reinen und ange- wandten Chemie. In Verbindung mit mehren Gelehrten ee von Dr. Justus Liebig. und Dr. J. C. Poggendorf, Professoren an den Universitäten in Giessen und Berlin. jeder von 5 Lieferungen à 10 Bogen. Preis für jede Lieferung 16 gGr. 1. Bandes 4. Lieferung. Dieses mit sg lebhaftem Beifall aufgenommene Werk, dessen Fortgang durch Reisen und unaufschiebbare Arbeiten des Herrn Professors Liebig unterbrochen war, wird jetzt wieder einen völlig geregelten Fortgangnehmen. Herr Prof. Dr. Wöhler in Göttingen ist der Redaction von der 4, Lieferung an beigetreten er sowohl, als die Herren Professoren Buff in Giessen und Otto in Braumn- schweig werden fortan den thätigsten Antheil als Mitarbeiter nehmen, Auch ist der Herr Dr. Rammelsberg in Berlin als Mitarbeiter gewonnen. Wir bitten, dem der 4, Lieferung angehängten Pro- spectus des Handwörterbuchs der Chemie eine erneuete Be- achtung zu schenken. In 5 Bänden, Erſchienene Neuigkeiten. Ister Prän.— 38 XI. Bei J. D. Sauerländer in Frankfurt g. m. iſt erſchie⸗ nen und vorräthig in allen Buchhandlungen des In- und Auslandes: Ueber den Gebrauch der Mineralquellen, insbeſondere derer zu Ems. Von Dr. J. A. Vogler, g Heriogl. Naſſaulſchem Ober⸗-Medizinalrath , zu Bad Ems. 1 Thlr. 12 Gr. — 2 Fl. 42 Kr. Die Zahl der Fremden, welche in den kräftigen Heilguellen von Ems Geneſung ihrer körperlichen Leiden ſuchen und zum gros ßen Theile finden, waͤchſt mit jedem Jahre; die verfloffene Salſon bot eine fo glänzende Verſammlung der hohen und hoͤchſten Gefells ſchaft, wie in keinem anderen Badeorte. Eine ausführliche, auf zwei und zwanzigjährige Erfahrung gegründete Beſchreibung der Emſer Quellen aus der Feder eines beliebten Brunnenarztes bes darf alſo keiner weiteren Empfehlung. Kranken-Tabellen für praktiſche Aerzte. Fol. 12 Gr. — 54 Kr. B raunschweig, den 15. September 1840. Friedrich Vieweg und Sohn. richtung. Empfehlen ſich durch zweckmaͤßige, uͤberſichtliche, bequeme Ein— XII. Im Verlage des Geographischen Instituts zu Weimar ist erschienen: Allgemeiner Handatlas der ganzen Erde und des Himmels. Bestehend aus 70 Karten im gewöhnlichen grossen Landkartenformat oder Imperial-Folio. 1827 bis 1840. Mie sorgfältigster Illumination der Landes-, Provinz- und Amtsgränzen. Entworfen und gezeichnet Nen d e Ning nd. Preis 23} Thlr. oder 42 Fl. — In schönem dauerhaften Einbande 251 Thlr. oder 45 Fl. 86 Kr. Planiglob der Erde, östl u. westl., 8 gGr. Planiglob der Erde, nrdl. u. südl., 8gGr. Die Erde, in Merkator's Proj., 12 gGr. EUROPA, 8 gGr. Deutschland, 8 gGr. Oesterreich. Kaiserstaat, 8 gGr, Erzherzogthum Oesterreich, 8 gGr, Böhmen, 12 gGr. Mähren und Oesterr. Schlesien, 8 gGr. Illyrien und Steyermark, 8 gGr. Tyrol, 12 gGr. Galizien, 8 gGr. Ungarische Länder, 12 gGr. Preussischer Staat, 8 gGr. Provinz Brandenburg, 12 gGr. — Pommern, 8 gGr. Schlesien, 8 gGr. Sachsen und Anhalt, 8 gr. Westphalen u. Rheinprovinz, nebst Hessen, Nassau, Waldeck und Frankfurt, 8 gGr. — Preussen und Posen, nebst dem Königreich Polen, 8 gGr. Baiern, 12 gGr. Würtemberg und Baden, 8 gGr. Königreich Sachsen, 12 gGr. MN HA L IT: Hannover, Oldenburg, Braun- schweig, Lippe, Bremen, Hamburg, Lübeck, 8 gGr, . a Mecklenburg und Holstein, 8 gGr. Mecklenburg, 12 gGr. 5 Sachsen: Grossherzogthum, Herzogthü- mer; Fürstenthümer Schwarzburg und Reuss, 16 gr. Schweiz, 8 gGr. Italien, 8 gr. Nördliches Italien, 8 gGr, Südliches Italien, 8 gr. Frankreich, 8 ver. Spanien und Portugal, 8 gGr. Grossbritannien u. Ireland, 8gGr. England, 8 gr. Scotland, 8 gr. Ireland, 8 gr. Niederlande und Belgien, 8 ger. Dänemark, 8 gGr. Schweden und Norwegen, 8 gGr. Russisches Reich, 8 gGr. Europäisches Russland, 8 gGr. Osmanisches Reich, Besitzungen des Pascha’s von Aegypten, Griechenland, Iran, Afghanistan, Beludschistan, Tu- ran, Arabien, 12 gGr. Europäische Türkei u, Griechenland, 8gGr, ASIEN, 8 gr. Asiatische Türkei, 8 gGr. Arabien, 8 gGr. i i Iran, ‚Afghanistan u. Beludschistan, 8 gGr. Turan, 8 gGr. Vorder-Indien, 8 gGr. Hinter -Indien nebst Inseln, 8 gGr, China und Japan, 8 gGr. AFRICA, 8 gGr. Nordöstliches Africa, 8 gGr. Nordwestliches Africa, 8 gGr. Senegambien, Sudan, Ober- Guinea, 8 gGr. Nieder - Guinea, 8 gGr. Südöstliches Africa, 8 gGr. Südspitze von Africa, 8 gGr. AMERICA, 8 gGr. Nordamerica, 8 gGr. Vereinigte Staaten, 8 gGr. Östlicher Theil der Verein. Staaten, 8 gGr. Westindien, 8 gGr. Südamerica, 8 gGr. AUSTRALIEN, 8 gf. Austral-Continent od. Neu-Holland, 8 gGr. DER STE HIMMEL: Nördliehe Halbkugel, 2 Südliche Halbkogels Beide 1 Thlr Planetensystem der Sonne, 8 gGr. 39 Erſchienene Neuigkeiten. 40 XIII. Im Verlage des Geographischen Instituts zu Wei mar ist erschienen: Handatlas über alle Theile der Erde. Zunächst für Bürgerschulen und Zeitungsleser bestimmt. Bestehend aus 61 Karten in Royal - Folio. 1828 bis 1839. Von C. F. Weiland. Preis 102 Thlr. oder 18 Fl. 18 Kr. — In schönem dauerhaften Einbande 115 Thlr. oder 20 Fl. 6 Kr. — Jede einzelne Karte 4 gGr. oder 18 Kr. I N H A-..köiT: Planetensystem der Sonne. Baiern. Planiglob der Erde, östl. und westl. Planiglob der Erde, nördl. und südl. EUROPA. Deutschland. Oesterreichischer Staat. Erzherzogthum Oesterreich. Böhmen. Mähren und Oesterreichisch - Schlesien, Ilyrien und Steyermark, Tyrol, Galizien. Ungarische Länder, Preussischer Staat. Sachsen, Schweiz. Italien. Nördliches Italien. Südliches Italien, Frankreich, ; burg. England. er Scotland, — Schlesien. Ireland. — Sachsen und Anhalt. Niederlande und Belgien. — Westphalen und Rheinprovinz, Dänemark, Hessen, Nassau, Waldeck, Frankfurt. — Preussen u. Posen, Königr. Polen. Handatlas über alle Theile der Erde. Bestehend aus 35 Karten in Royal - Folio. Von C. F. Weiland. Schön gebunden. 6 Thlr. oder 10 Fl. 48 Kr. (Auszug aus dem Handatlas in 61 Karten.) Compendiöser allgemeiner Atlas derganzen Erde. Bestehend aus 31 Karten. Zum geographischen Unterricht bei allen Leb büchern brauchbar eingerichtet von C. F. Weiland. Sechste Auflage. gr. 4. 1840. — 2 Thlr. oder 3 Fl. 36 Kr. — Jedes einzelne Blatt 2 gGr. oder 9 Kr. Inhalt: Planetensystem der Sonne. — Oestliche, — west- liche Halbkugel. — EUROPA. — Deutschland. — Oesterreichi- scher Kaiserstaat.— Preussische Monarchie. — Nordwestliches-, — nordöstliches-, — mittleres-, — südwestliches-, — südöst- liches Deutschland. — Ungarn, — Polen, Ost- und Westpreus- sen und Posen. — Schweiz. — Niederlande. — Frankreich. — Italien. — Spanien und Portugal. — Grossbritannien. — Däne- mark — Schweden und Norwegen. — Europäisches Russland. — Europäische Türkei. — ASIEN. — Indien, China und Af- ghanistan. — AFRICA. — AMERICA. — Nordamericanische Freistaaten. — Westindien. — AUSTRALIEN. Schulatlas der ganzen Erde. In 23 Karten. Von C. F. Weiland. gr. 4. 1839. 14 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. (Auszug aus dem Compendiösen allgem. Atlas in 31 Blättern: ) Würtemberg und Baden. Königreich Sachsen. Hannover, Oldenburg, Braunschweig etc. Mecklenburg und Holstein. Grossherzogthum und Her- zogthümer; Schwarzburg und Reuss, Spanien und Portugal. Grossbritannien und Ireland, Schweden und Norwegen, Russisches Reich. Europäisches Russland, Europäische Türkei und Grie- chenland. ASIEN. Asiatische Türkei. Iran, Afghanistan und Beludschistan. Vorder - Indien. Hinter - Indien. China und Japan, AFRICA, Nordöstliches Africa. Nordwestliches Africa. Senegambien und Ober- Guinea. Nieder- Guinea. Ostküste von Süd- Africa. Südspitze von Africa, AMERICA, Nord - America. Vereinigte Staaten. Westindien. Süd - America, AUSTRALIEN. Neuer methodischer Schul-Atlas. Erster Cursus, zu allen Lehrbüchern der Erdbeschreibung brauchbar. Von C. F. Weiland. Dritte Ausgabe. 1838. 18 gGr. oder 1 Fl. 21 Kr. — Besteht aus 15 (schriftlosen) illuminirten Kärtchen in gr. 4. Inhalt: Oestl.-, — westl. Halbkugel. — Europa. — Spanien und Portugal. — Frankreich — Helvetien. — Italien, — Deutschland. — Niederlande. — Grossbritannien. — Schwe- den mit Norwegen, und Dänemark. — Russland. — Preussische Monarchie. — Gesterr. Kaiserstaat. — Europäische Türkei. Neuer methodischer Schul-Atlas. Zweiter Cursus. Von C. F. Weiland, In 80 (schriftlosen) illumin. Kärtchen. Dritte Aus- gabe, gr. Roy. 4. 1838. 1 Thlr. 12 gGr. oder 2 Fl. 42 Kr. Inhalt: Nördliche, — südliche Halbkugel. — Europa. — Deutschland. — Oesterr. Kaiserstaat. — Preuss. und Dänische Monarchie. — Nordwestl.-, — nordöstl.-, — mittleres-, — süd- westl.- — und südöstl. Deutschland. — Preussen und Polen. — | Ungarn und Galizien. — Schweiz. — Niederlande. — Frank- reich. — Italien. — Spanien und, Portugal. — Grossbritannien. — Schweden und Norwegen. — Europäisches Russland. — Europäische Türkei. — Asien. — Südwestl,- — und südöstl. Asien. — Africa. — America. — Verein, Staaten von Nord- america. — Westindien. — Australien, Taschen-Atlas der Erde, in 31, von C. F. Weiland gezeichneten Kärtchen, mit geogra- phisch- statistischen Uebersichten aller Länder und Staaten. Ein Vademecum der Geographie und Statistik. gr. Quer 8. Gebunden. 1838. 14 Thlr. oder 2 Fl. 42 Kr. 17 des U N 7 III Neue Noti X ig 10. —— — ie - 1 L 2 zen N265N° 4 .desIHBandes \ HR SA NALESN URNoy enay v 68 94 N * er — — \ A 5 | En 5 an 17 hi Ra ee u \ 7 1 1 x 5 % v 5 „ 7 x 7 5 ’ R * 7 0 1 en 2 £ 2 51 67 » a 0 == ö er Day] 8 TTT 1 a Fancy as en? “= er W N me —— — — et nn en * 2 1 — 1 * * a 65 1 bij al AN --q a 4 1 —— BAT m: 2 — I — S 8 * 8 — 8 85 5 S Ss 2 . S - — * ARE | l Neue Notizen N MU Bandes. 2 S = 2 = — Fe | — 2 T > — 8 * — . * Ka) * =. + — * 8 - x . * \) Neue "Neue Notizen Mae A des.iV Bandes * a] n 7 ** *, 9 u * 2 0% Ar Bi * 0 vn U J« 1x sp \ 8 2 2 — 2 1 IN 2 8 — 8 rs 852 2 8 R — N N Ss 1 — S 8 — — 2 W SSIPUDEL LANSP FON 7 t N 5 N rr | = © 4 9 132 \ ul il) NE h 1 1 Vie A 8 * aan 8 1 2 — 217000 =) 7 757 ® \ 414241 Us — N a N \ = 7739 77 22 6 =, IN 2227708 | Lig 7 ® ® A ) ne N ’ Fig.21. — . 2 OR l e ones Me dar Banden. E 1 Ne In demſelben Verlag iſt erfchimen : Alibert, J. C., Phyſiologie der Leidenſchaften, oder neue Theorie der moraliſchen Empfindungen. Nach dem Franzöſiſchen Original bearbeitet von Dr. K. Scheidler. gr. 8. 1826. 13 Thlr. oder 2 Fl. 281 Kr. Rh. Keferſtein, C., Deutſchland, geognoſtiſch-geologiſch dargeſtellt. Eine Zeltſchrift in freien Heften. Mit Karten und Durchschnitts zeichnungen erläutert. 7 Bande in 20 Heften. gr. 8. 1821 bis 1882. 417 Thlr. oder 77 Fl. 555 Kr. Nh. Latreille, die natürlichen Familien des Thierreichs ꝛc. Aus dem Franzoͤſiſchen. Mit Anmerkungen und Zufägen, von Dr. A. A. Berthold. gr. 8. 1327, 27 Thle i oder 5 Fl. 10 Kr. Rh. Lindley, J., Einleitung in das natuͤrliche Syſtem der Botanik, oder ſyſtematiſche Ueberſicht der Organiſatien, natuͤrlichen Verwandtſchaften und geographiſchen Verbindun⸗ gen des ganzen Pflanzenreichs, nebſt Angaben des Nutzens der wichtigſten Arten in der une den Künften, der Haus» und Landwirthſchaft. Aus dem Engliſchen. gr. 8. 1833. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Ke. Rh. Lindley, John, Grundzüge der Botanik. Mit vier Tafeln Abbildungen. gr. 12. 1831. $ Thlr. oder 1 Fl. 71 Kr. Rh, Loudon, Encyclopaͤdie des geſammten Gartenweſens, ober Theorie und Praxis des Gemuͤſebaues, der Blumen- und Baumzucht und der Landſchaftsgaͤrtnerel; nach den neueſten Erfindungen und Verbeſſerungen. 113 Bogen Text. gr. Lexicon 8. In zwei Bänden, mit einem Bea verfehen und 57 Tafeln Abbildungen in gr. 4. 1823 bis 1826. Das vollſtaͤndige Werk 13 Thir. i oder 28 Fl. 24 Kr. ö Maximilian, des Prinzen von Wied, Beiträge zur Naturgeschichte Brasilien's. I. Band, beschreibt die Amphibien. gr. 8. Mit drei Kupfern. 18%. .3 Thlr, oder 5 El. 8 24 Kr. Rh. netto. De 8 Fo Desselben II. Band, beschreibt die Säugethiere,. gr. 8. Mit fünf Kupfern. 1826. RER 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr. Rh. netto. 9 — a besselben IH. Band erste und zweite Abtheilung, beschreibt die Vögel. gr. 8. Mr Be einer Tafel Abbildungen. 1830 und 1831. 4} Thlr. oder 7 Fl. 39 Kr. Rh. netto, = 8 FE Desselben IV. Band erste und zweite Abtheilung, beschreibt Vögel. gr. 8. Mit zwe 5 Tafeln Abbildungen. 1832. 33 Thlr. oder 6 Fl. 36 Kr. Rh. netto. — Desselben Abbildungen zur Naturgeschichte Brasilien's. Erste bis funfzehnte Lieferung. 1822 bis 1830. ‚Boyal- Folio. — Jede Lieferung von sechs sauber colorirten Kupfertafeln und sechs Blättern 1 Deutsch und Französisch, 4 Thlr. oder 7 Fl. 12 Kr. Sämmtliche Dee N 5 60 Thlr. oder 108 Fl. Rh. j Ni Teer ae Pe el rn 4 1 Oken's Lehrbuch der Naturgeſchichte. 2 Zweiter Theil. Botanik. Zweite Abtheilung Afte Hälfte. Mark⸗ und Stamm Pflanzen. gr. 8, 1826. 2 Thlr. oder 4 Fl. 30 Kr. Rh. a — Deſſelben zweiter Theil. Botanik. Zweite Abtheilung Lte Hälfte. Blüthen⸗ und Frucht⸗ Pflanzen. gr. 8. 1826. 34 Thlr. oder 6 Fl. 18 Kr. Rh. — Beide Abtheilungen 6 Thlr. oder 10 Fl. 48 Kr. Rh. Parkes, Sam., chemiſcher Katechismus, Mit Noten, Erläuterungen und Anleitung zu Verſuchen. Aus dem Engliſchen. Dritte, nach der 10ten und Iiten Augabe, berichtigte Auflage; revidirt und zum Theil umgearbeitet von Dr. J. B. Tromsdorff. gr. 8. Mit zwei Kupfern. 1826. 3 Thlr. oder 5 Fl. 24 Kr. Rh. Nachtr a ge dazu, nach der dreizehnten Auflage des Originals. 6 Bogen gr. 8. 1838. 2 Thlr. oder 54 Kr. Rh. Das ganze Werk 32 Thlr. oder 6 Fl. 18 Kr. Rh. Pfeiffer, C., Naturgeschichte deutscher Land- und Süsswasser -Mollusken. I. Abtheilung. gr. 4. Mit acht Tafeln colorirten Abbildungen nach der Natur. 1821. 74 Thlr. oder 13 Fl. 30 Kr. Rh. a — Desselben U. Abtheilung. gr. 4. Mit a cht Tafeln colorirten Abbildungen nach der Natur. 1824. 6 Thlr. oder 10 Fl. 48 Kr. Rh. — Desselben III. Abtheilung. gr. 4. Mit vielen colorirten Abbildungen nach der Natur auf acht Kupfertafeln. 1828. 6% Thlr. oder 11 Fl. 42 Kr. Rh. — Das ganze Werk, in drei Theilen, kostet 20 Thlr. oder 36 Fl. Putſche, Dr. C. W. E., Verſuch einer Monographie der Kartoffeln, oder ausführliche Beſchreibung der Kartoffeln, nach ihrer Geſchichte, Characteriſtik, Cultur und Anwendung in Deutſchland. Herausgegeben von Dr. Fr. J. Bertuch. gr. 4. Mit neun ausgemalten und vier ſchwarzen 8 Kupfern. 1819. 32 Tylt. oder 6 Fl. 18 Kr. Rh. 5 | Rap, Wilh., über die Polypen im Allgemeinen und die Actinien irsbeſondere. Nr gr. 4 1829. Mit drei Tafeln forgfättig colorirten Abbildungen. 2 Thle, oder 3 Fl. 86 Kt. Smith, Jam. Edw., botaniſche Grammatik, zur Erläuterung ſowohl der kuͤnſtlichen, als der natürlichen Claſſification; nebſt einer Darſtellung des Juſſieu' ſchen Syſtems. Aus dem ee uͤberſezt. gr. 8. Mit „ e Kupfertafeln. — Daf j elbe 7 Ale former Kupfern, 12 Thlt, oder 3 Fl. 9 Kr. PR “ x AMNH LIBRARY INN 100012028 2 | —- 99059773 epunATr® 4 N